Der Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung bei der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft [1 ed.] 9783428554607, 9783428154609

Der Autor untersucht im ersten Teil des Buches den Prozess der Unternehmensveräußerung vom Verkaufsentschluss bis zur Un

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Der Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung bei der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft [1 ed.]
 9783428554607, 9783428154609

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 122

Der Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung bei der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft Von

Daniel Roggenkemper

Duncker & Humblot · Berlin

DANIEL ROGGENKEMPER

Der Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung bei der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 122

Der Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung bei der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft Von

Daniel Roggenkemper

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-15460-9 (Print) ISBN 978-3-428-55460-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-85460-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im November 2017 von der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Stand der Bearbeitung ist Januar 2018. Es war ein weiter Weg bis zum Abschluss dieser Arbeit. Das Bewusstsein, sein Ende nur durch die Hilfe vieler mir wohlgesinnter Menschen erreicht zu haben, erfüllt mich mit Demut. Mein Dank gebührt zuvorderst meiner verehrten Doktormutter, Frau Prof. Dr. Jessica Schmidt: Weder die gute Betreuung noch der große Freiraum, der mir für das Abfassen dieser Arbeit gewährt wurde, sind selbstverständlich. Herrn Prof. Dr. Karl-Georg Loritz danke ich für die äußerst schnelle Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Prof. Dr. Gerald Spindler, Herrn Prof. Dr. Hanno Merkt und Herrn Prof. Dr. Holger Fleischer gilt mein herzlicher Dank für die Aufnahme in die Schriftenreihe. Besonderer Dank gilt meinen Eltern, Frau Christiane und Herrn Detlef Roggenkemper, und meinem Lehrer, Herrn Stephan Bieke, die mir die Chance auf eine akademische Laufbahn eröffnet haben. Herrn Prof. Dr. Peter Oestmann gebührt mein Dank dafür, in mir die Leidenschaft für die Rechtwissenschaften im Allgemeinen und den Grundsatz der Privatautonomie im Besonderen geweckt und damit mein Denken – nicht nur als Jurist – bis heute geprägt zu haben. Für die fachlichen Einblicke und den intensiven gedanklichen Austausch in unzähligen Gesprächen danke ich meinen ehemaligen Kollegen der Sozietäten Milbank, Tweed, Hadley & McCloy und Willkie, Farr & Gallagher sowie Herrn Dr. Ulrich Blech. Ohne diese „Innenansichten“ wäre die Arbeit in dieser Form nicht realisierbar gewesen. Für die sorgsame Durchsicht des Manuskripts und die wertvollen Anregungen danke ich meiner Tante, Frau Suzana Scharlibbe, und meinem Onkel, Herrn Werner Roggenkemper. Meiner Freundin, Frau Charlotte Marie Blech, danke ich für die Unterstützung, die mir ihre Gegenwart jeden Tag aufs Neue bedeutet. Berlin, im März 2018

Daniel Roggenkemper

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1. Kapitel Der Unternehmenserwerb

26

§ 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 A. Das Unternehmen als Erwerbsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Erwerbsstrukturen: Asset und Share Deal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 I. Der Asset Deal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 II. Der Share Deal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 III. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 C. Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 I. Strategische Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Synergien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Marktstellung und Markteintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3. Kontrolle über den Produktionsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4. Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 5. Spezifisches Interesse an Assets des Zielunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . 33 6. Marktbereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Finanzinvestoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 D. Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 I. Asymmetrische Informationslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Prinzipal-Agent-Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Winner’s curse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Anlagenotstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 III. Negative Synergien und negativer Leverage Effect . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 E. Ablauf des Unternehmenserwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 I. Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Ansprache von Erwerbsinteressenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 III. Verhandlung und Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 IV. Vollzug und Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

10

Inhaltsverzeichnis

§ 2 Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 A. Bestimmung des anwendbaren Sachrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 I. Internationales Privatrecht: Bestimmung des Vertragsstatuts . . . . . . . . . . . . . 41 1. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Fehlende Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 B. Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 I. Anwendung der allgemeinen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 II. Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Verlust bzw. Erwerb von Eigentum an Grundstücken, § 311b Abs. 1 BGB 47 2. Verfügungen über das Vermögen, § 311b Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 48 a) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 aa) Verpflichtung zur Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände 49 bb) Verpflichtung unter Bezeichnung einzelner Vermögensgegenstände 51 b) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 c) Erkenntnisse für den Unternehmenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3. Geschäfte mit GmbH-Geschäftsanteilen, § 15 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . 54 C. Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 I. Essentialia negotii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 II. Accidentalia negotii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1. Grundsätzliche Zulässigkeit des Abbedingens gesetzlicher Regelungen

55

2. Grenzen der vertraglichen Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Negative Vertragsabschlussfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Inhaltliche Vorgaben an schuldrechtliche Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . 58 c) Allgemeine Geschäftsbedingungen im M&A-Kontext . . . . . . . . . . . . . 58 aa) Vorformulierte Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 bb) Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 (1) Extensives Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 (2) Restriktives Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 cc) Aushandeln, § 305 Abs. 1 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (a) Restriktives Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (b) Extensives Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (b) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (c) Europarechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (d) Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (e) Systematischer Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Inhaltsverzeichnis

11

(f) Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 dd) Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 ee) Zwischenfazit allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 72 III. Naturalia negotii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Europarechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Umsetzung . . . . . . 74 b) Pflicht zur einheitlichen Auslegung aus nationalem Recht . . . . . . . . . . 75 2. Anwendbarkeit des Gewährleistungsregimes, §§ 434 ff. BGB . . . . . . . . . 77 § 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente . . . . . . . . . . . . . . 79 A. Einleitung: Prozesssteuerung durch Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 B. Teaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 C. Vertraulichkeitsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 I. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 II. Aufbau und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 1. Präambel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Bestimmung des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (1) Definition der vertraulichen Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (2) Einbeziehung der Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 bb) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (1) Auswahl der Vertragspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) Drittwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (3) Verantwortlichkeit für Repräsentanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 cc) Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Sorgfaltsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Rechtsfolge der Vertraulichkeitsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 aa) Primärpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (1) Vertraulichkeits- und Schutzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (2) Nutzungsbeschränkungen und Abwerbeverbote . . . . . . . . . . . . 89 (3) Rückgabe und Vernichtung der vertraulichen Informationen 91 bb) Sekundärpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (1) Schadensersatzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (2) Informations- und Abwehrpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 cc) Weitere Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 aa) Nutzung der erlangten Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (1) Nutzungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

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Inhaltsverzeichnis (2) Nutzungsberechtigte Personen und Weitergabe von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Kein Anspruch auf Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 cc) Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 III. Erforderlichkeit eines vertraglichen Informationsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . 98 D. Information Memorandum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Haftungsrechtliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Gewährleistungsrechtliche Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2. Verschulden bei Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 E. Weitere Prozesssteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Prozessbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Gegenstand und Inhalt von Prozessbriefen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2. Weitere Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Änderungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Einbeziehung in den Anwendungsbereich der Vertraulichkeitsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 d) Benennung von Kontakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3. Rechtsnatur des Prozessbriefs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 II. Letter of Intent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

§ 4 Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 A. Hintergrund und Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 B. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 C. Rechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 II. Geheimhaltungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Aktienrechtliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Wettbewerbsrechtliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 III. Pflichten des Veräußerers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Verletzung der Aufklärungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Erfüllung der Aufklärungspflicht durch Gestattung einer Due Diligence? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Positive Fehlinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3. Wissenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 a) Tradierte Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Wissensvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Wissensorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

Inhaltsverzeichnis

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b) Stellungnahme und Systematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 aa) „Absolute Wissensnormen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) „Relative Wissensnormen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 cc) Wissenszurechnung im Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 dd) Wissenszurechnung von Organwaltern, § 31 BGB . . . . . . . . . . . . . 124 4. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen des Veräußerers . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Gewährleistungsrechtliche Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Schadensersatz, § 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 c) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, § 123 Abs. 1 Var. 1 BGB 126 IV. Pflichten des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1. Kaufrechtliche Obliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Handelsrechtliche Obliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Gesellschaftsrechtliche Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 D. Gegenstand der (Legal) Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 I. Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 II. Berechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Berechtigung des Veräußerers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 2. Berechtigung des Zielunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 III. Vertragsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. (Un-)Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Laufzeit und Beendigungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 3. Besonderheiten nach Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 IV. Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Verletzung von vertraglichen und gesetzlichen Pflichten . . . . . . . . . . . . . . 133 2. Einstandspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 § 5 Der Unternehmenskaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 I. Einfluss der US-amerikanischen Kautelarpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Atypisches Kosten-Nutzen-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 B. Parteien des Unternehmenskaufvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 C. Die Kaufabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Übertragung des Unternehmens bzw. des Unternehmensträgers . . . . . . . . . . 138 1. Verschaffung rechtlicher Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2. Verschaffung tatsächlicher Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Zahlung des Kaufpreises und Abnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Leistungszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 IV. Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

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Inhaltsverzeichnis D. Kaufpreisfindung und Kaufpreisgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Unternehmenswert und Kaufpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Unternehmenswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 a) Entscheidungswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Argumentationswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Markt- und Kaufpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 II. Unternehmensbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Bewertungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Zielgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3. Bewertungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 4. Kapitalwertorientierte Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Prognose künftiger Zahlungsströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 aa) Definition freier Zahlungsströme: Entity- und Equity-Ansätze . . . 148 bb) Prognostische Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Bewertung künftiger Zahlungsströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 III. Kaufpreisgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Variabler Kaufpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Festpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 E. Verkäuferseitige Garantien und Freistellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 II. Die gesetzliche Verantwortlichkeit des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Die Pflicht zur sachmangelfreien Verschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 a) Der Beschaffenheitsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 aa) Bezug zu den physischen Eigenschaften der Kaufsache . . . . . . . . . 153 bb) Zeitliche Grenzen des Beschaffenheitsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (1) Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (2) Dauerhafte und vorübergehende Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . 155 b) Beschaffenheit eines Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 aa) Sachlicher Bezugspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 bb) Zeitlicher Bezugspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 cc) Mögliche Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Die Pflicht zur rechtsmangelfreien Verschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Gewährleistungsrechte des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Nacherfüllung, §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Rücktritt, § 437 Nr. 2 Var. 1 i.V.m. §§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB . . . . 159 c) Minderung, § 437 Nr. 2 Var. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 d) Schadensersatz, § 437 Nr. 3 Var. 1 i.V.m. §§ 440, 280, 281, 283, 311a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4. Weitere Rechtsbehelfe des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 a) Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . 161

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b) Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Der Garantiebegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 2. Tatbestand von Garantieklauseln in Unternehmenskaufverträgen . . . . . . . 168 a) Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Qualifizierung als „selbstständiges“ Garantieversprechen . . . . . . . 168 bb) Definition des zeitlichen Bezugspunkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 cc) Verantwortlichkeitsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (1) „Knowledge Qualifier“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (2) Grundsätzliche Zulässigkeit von „Knowledge Qualifiern“ . . . . 171 (3) Abgrenzung von Haftungsausschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 dd) Verfahren bei Ansprüchen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Formulierung der Garantietatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3. Rechtsfolgen von Garantieverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Inhalt von Garantieansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Umfang von Garantieansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 aa) Haftungsuntergrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 bb) Haftungs-Caps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 c) Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 4. Zusammenstellung der Garantien im Unternehmenskaufvertrag . . . . . . . . 177 a) Legal Title-Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Bilanzgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 aa) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (1) Referenzabschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (2) Maßstab für die Richtigkeit: „Harte“ und „weiche“ Bilanzgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 IV. Freistellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Anwendungsbereich von Freistellungsklauseln in Unternehmenskaufverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Aufbau von Freistellungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 § 6 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

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Inhaltsverzeichnis 2. Kapitel Die Sachkapitalerhöhung

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§ 7 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 A. Gegenstand der Sachkapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 B. Ablauf einer Sachkapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 § 8 Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 B. Vorgaben der Gesellschaftsrechts-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 I. Entstehungsgeschichte und Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 II. Eigenkapitalstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 1. Das Prinzip des festen Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 2. Mindestkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 III. Grundsatz der realen Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Die zwingende Einlagepflicht, Art. 53 GesRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Der Umfang der Einlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 3. Erfüllung der Einlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Sacheinlagefähige Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 b) Wertprüfungs- und Berichtsverfahren für Sacheinlagen, Art. 49 GesRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 aa) Umfang und Gegenstand der Wertprüfungspflicht . . . . . . . . . . . . . 199 bb) Ausgestaltung des Wertprüfungs- und Berichtsverfahrens . . . . . . . 199 cc) Ausnahmetatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 c) Differenzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 4. Fälligkeit der Einlagepflicht, Art. 48 GesRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 IV. Grundsatz der Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Verbot der Einlagenrückgewähr und Begrenzung von Ausschüttungen, Art. 56 GesRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Ausschüttungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Zulässigkeit der Ausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 c) Rückgewähr unzulässiger Ausschüttungen, Art. 57 GesRRL . . . . . . . . 205 2. Erwerb eigener Aktien, Art. 60 GesRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 V. Gleichbehandlungsgebot, Art. 85 GesRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 VI. Aktionärsschutz bei Kapitalerhöhungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Hauptversammlungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Bezugsrecht, Art. 72 GesRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 3. Pflicht zur realen Kapitalaufbringung und Umfang der Einlagepflicht . . . 209 § 9 Der Erhöhungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 A. Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

Inhaltsverzeichnis

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B. Besondere Anforderungen bei der Sachkapitalerhöhung, § 183 AktG . . . . . . . . . 213 I. Gegenstand der Sachkapitalerhöhung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 II. Person des Inferenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 III. Austauschverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 IV. Ausgabebetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 C. Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I. Das gesetzliche Bezugsrecht, § 186 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 II. Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 1. Formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Materielle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 a) Entwicklung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 b) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 D. Beschlussmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 I. Unangemessen niedriger Ausgabebetrag, § 255 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . 228 1. Angemessener Ausgabebetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 2. Ermittlung des Wertes der jungen Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3. Bezugsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 a) Berücksichtigung sämtlicher Leistungen des Inferenten . . . . . . . . . . . . 232 b) Ausgabebetrag als Bezugsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 II. Verfolgen von Sondervorteilen, § 243 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 § 10 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 A. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 I. Externe Prüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 II. Interne Prüfung durch Vorstand und Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 B. Prüfungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 I. Erstreckung der Wertprüfung auf das Agio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 II. Prüfung des schuldrechtlichen „Agios“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 C. Prüfungsmodalitäten: Maßstab, Methoden, Zeitpunkt und Stichtag . . . . . . . . . . . 240 D. Mitwirkungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 E. Verhältnis zu den Prüfungen durch das Registergericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 § 11 Anmeldung und Eintragung des Erhöhungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 § 12 Das Zeichnungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

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Inhaltsverzeichnis B. Zeichnung und Zeichnungsschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 I. Inhalt des Zeichnungsscheins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Pflichtinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 a) Essentialia negotii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 aa) Leistung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 bb) Leistung des Zeichners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 b) Bezugnahme auf den Tag der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . 247 c) Verfallfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 aa) Dogmatik des § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 bb) Angabe der Verfallfrist und Rechtsfolgen des Bedingungseintritts 248 cc) (Keine) einheitliche Verfallfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 2. Fakultative Inhalte: Fälligkeit der Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 II. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 III. Zeitlicher Rahmen für die Abgabe der Zeichnungserklärung . . . . . . . . . . . . 251 C. Der Zeichnungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 I. Gegenstand und Inhalt des Zeichnungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 II. Parteien des Zeichnungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 III. Pflichten aus dem Zeichnungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 1. Pflichten des Zeichners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 a) Leistung der Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 aa) Inhalt der Sacheinlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 bb) Verhältnis zwischen Sach- und Bareinlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . 254 b) Abnahme der Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 2. Pflichten der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 IV. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 V. Abschluss des Zeichnungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 1. Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 2. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 3. Zeitlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 D. Mängel des Zeichnungsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I. Vor der Eintragung der Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 II. Nach der Eintragung der Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 1. Heilung, § 185 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Umgang mit nicht nach § 185 Abs. 3 AktG heilbaren Mängeln . . . . . . . . 266 a) Verletzung des Schriftformerfordernisses des § 185 Abs. 1 S. 1 AktG 266 b) Allgemeine rechtsgeschäftliche Mängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

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E. Leistungsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 I. Verletzung der Sacheinlagepflicht durch den Zeichner . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 1. Erfüllungsanspruch aus dem Zeichnungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Differenzhaftungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 3. Gewährleistungsrechte, § 437 BGB analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 4. Rechtsbehelfe aus allgemeinem Leistungsstörungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 272 a) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 b) Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 c) Herausgabe des stellvertretenden commodums, § 285 BGB . . . . . . . . . 273 d) Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 II. Verletzung der Verschaffungspflicht durch die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . 274 1. Nichtleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 2. Schlechtleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 a) Gesetzliche Gewährleistungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Vertragliche Gewährleistungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 § 13 Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . 281 A. Eintragungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 I. Vollzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 II. Leistung der Mindesteinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 III. Werthaltigkeit der Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 B. Anmeldungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 C. Registerprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 I. Werthaltigkeit der Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 II. Begleitende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 § 14 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284

3. Kapitel Der Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

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§ 15 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 § 16 Vorbereitungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 A. Transaktionsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 B. Vorfeldvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 I. Vertraulichkeitsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 1. Einschränkungen der Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 2. Veränderte Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 II. Letter of Intent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294

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Inhaltsverzeichnis

§ 17 Rechtsgeschäftliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 A. Gestaltungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 B. (Denkbare) Gestaltungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 C. Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 I. Gesellschaftsinterne Gestaltung: Der Kapitalerhöhungsbeschluss . . . . . . . . . 297 1. Festsetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 II. Gestaltung im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Inferent . . . . . . . . . . . . 300 1. Zeichnungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 2. Der Einbringungsvertrag als weiteres Gestaltungselement . . . . . . . . . . . . 301 III. Gestaltungsmöglichkeiten im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und dem Inferenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 IV. Rechtsgeschäfte mit Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 § 18 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 § 19 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 A. Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 B. Erwerb aus einem genehmigten Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 C. Bedingte Sachkapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 D. Lösungsansatz: Verbindung von Unternehmenskauf und Debt Equity Swap . . . . 309 Conclusio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

Abkürzungsverzeichnis a.A. ABlEG ABlEU Abs. AG AktG Anm. ArbR BayObLG BB BGB BGH BilanzR. BR-Drucks. bspw. BT-Drucks. ca. CCZ CFR CISG DB ders./dies. DZWIR EBOR ECL endg. EuZW EWiR f./ff. Form. GbR GmbH GmbHG GoB GRUR-Prax GWR HdB. Hrsg. Hs. i. e.

andere Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Aktiengesellschaft Aktiengesetz Anmerkung Arbeitsrecht Aktuell (Zeitschrift) Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Bilanzrecht (Zeitschrift) Bundesrat Drucksachen beispielsweise Bundestag Drucksachen circa Corporate Compliance Zeitschrift (Zeitschrift) Code of Federal Regulations United Nations Convention on the International Sale of Goods Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe/dieselbe Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (Zeitschrift) European Busniess Organization Law Review (Zeitschrift) European Company Law (Zeitschrift) endgültig Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) folgende Formular Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht (Zeitschrift) Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Handbuch Herausgeber/Herausgeberin Halbsatz it est (es ist)

22 i.E. i.R.d. i.R.v. i.S. IStR i.S.v. JA JR JURA JuS JZ Kap. KSzW Loi 66 MDR MittBayNot m.w.N. NJOZ NJW NZI NZKart OLGZ RabelsZ RegE RG RGBl. Rn. RNotZ Rs. S. scil sog. std. Rspr. UAbs. vgl. VIZ ZEuP ZGR ZGS ZHR ZIP ZJS ZPO

Abkürzungsverzeichnis im Ergebnis im Rahmen der im Rahmen von im Sinne Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) im Sinne von Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Juristische Rundschau (Zeitschrift) Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristen Zeitung (Zeitschrift) Kapitel Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Loi n866-537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins (Zeitschrift) mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Online-Zeitschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Kartellrecht (Zeitschrift) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (Zeitschrift) Regierungsentwurf Reichsgericht Reichsgesetzblatt Randnummer Rheinische Notar-Zeitschrift (Zeitschrift) Rechtssache Satz scilicet sogenannte ständige Rechtsprechung Unterabsatz vergleiche Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für das Juristische Studium (Zeitschrift) Zivilprozessordnung

Einleitung Der Titel dieser Arbeit „Der Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung“ umfasst bei genauer Betrachtung gleich zwei Themen, die zudem für sich genommen sehr unterschiedlich sind: Während der Unternehmenskauf ein vom Grundsatz der Privatautonomie geprägtes Themenfeld ist, in dem sich unter dem Einfluss der Globalisierung in den vergangenen drei Dekaden viele vom dispositiven Recht losgelöste Usancen entwickelt haben, ist die Sachkapitalerhöhung in das enge Korsett des Grundsatzes der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG gezwungen. Es ist eben diese Dichotomie, die den gedanklichen Ausgangspunkt der folgenden Untersuchung bildet: Beide Themenkomplexe werden zunächst für sich genommen untersucht. Auf der Grundlage dieser Gegenüberstellung sollen die Implikationen herausgearbeitet werden, die sich für einen als Sachkapitalerhöhung gestalteten Unternehmenserwerb ergeben. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit liegt dabei auf der Beschreibung und der rechtlichen Analyse der in der Praxis des Unternehmenserwerbs anerkannten Usancen. Die Untersuchung des Unternehmenserwerbs soll sich also gerade nicht auf das am Ende des Erwerbsprozesses stehende Verpflichtungsgeschäft beschränken, sondern den gesamten Transaktionsprozess in den Blick nehmen. Die in der Praxis auftretende Phänomene werden dazu beschrieben und in Bezug zu den allgemeinen Regeln – insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuchs – gesetzt. Ziel ist es, die sich im Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf abspielenden wirtschaftlich geprägten Abläufe rechtlich zu fassen und soweit wie möglich auf die Strukturprinzipien der deutschen Zivilrechtsordnung zurückzuführen. Da das ein über die Kenntnis des Rechts hinausgehendes Verständnis des Untersuchungsgegenstandes voraussetzt, stellt die Arbeit die entsprechenden Zusammenhänge dar und nimmt dabei auch Bezug auf Erkenntnisse anderer Disziplinen, wie etwa der Wirtschaftswissenschaften. Eine Untersuchung des Rechts der Sachkapitalerhöhung ist nur vor dem europarechtlichen Hintergrund möglich. Ausgangspunkt der Bearbeitung des zweiten Teils der Arbeit sind daher die bisher in der Kapitalrichtlinie1 geregelten europa1

Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. 10. 2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEU v. 14. 11. 2012, L 315/74; geändert durch die RL 2013/24/EU des Rates vom 13. 5. 2013, ABlEU v. 10. 6. 2013, L 158/365 und durch die RL 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 5. 2014, ABlEU v. 12. 6. 2014, L 173/190.

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Einleitung

rechtlichen Vorgaben, die im Rahmen der im Sommer 2017 erfolgten Kodifikation der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien – ohne inhaltliche Änderungen – in der Gesellschaftsrechts-RL (GesRRL)2 aufgegangen sind.3 Im Rahmen der Darstellung des wissenschaftlichen Diskussionsstands zu den Vorgaben der GesellschaftsrechtsRL für das Recht der Sachkapitalerhöhung werden auch die dahinterstehenden Prinzipien und Institute einbezogen: Hier sind insbesondere die Prinzipien des festen Grund- und des Mindestkapitals sowie die flankierenden Grundsätze der realen Kapitalaufbringung und -erhaltung hervorzuheben. Davon ausgehend widmet sich die Bearbeitung den Regelungen der §§ 183 ff. AktG, wobei der Fokus auf den für die weitere Untersuchung besonders bedeutenden rechtsgeschäftlichen Grundlagen der Sachkapitalerhöhung, dem Erhöhungsbeschluss und dem Zeichnungsgeschäft, liegt. Methodisch erfolgt die Bearbeitung unter Rückgriff auf die allgemeinen Regeln der Rechtsanwendung nahe an den normativen Vorgaben des Aktiengesetzes, um so Entwicklungen in Rechtsprechung, Wissenschaft und Praxis, wie z. B. der Lehre vom sachlichen Grund oder der verbreiteten Vereinbarung eines schuldrechtlichen „Agios“, kritisch zu hinterfragen. Dieser enge Bezug zu den Grundlagen der juristischen Methodenlehre soll diese Arbeit dabei von anderen Stellungnahmen unterscheiden. Im dritten Teil werden schließlich die bis dato gewonnenen Erkenntnisse in einer Synthese gegenübergestellt. Hier wird die Frage im Mittelpunkt stehen, ob und wie sich die im Gang der Bearbeitung deutlich gewordenen Gegensätze zwischen dem vom Grundsatz der Privatautonomie geprägten Unternehmenserwerb auf der einen und dem vom Prinzip der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG beherrschten Recht der Sachkapitalerhöhung auf der anderen Seite überwinden lassen. Soweit das nicht möglich ist, wird ein alternativer Gestaltungsvorschlag unterbreitet, der es erlaubt, die mit einem Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung verfolgten (wirtschaftlichen) Ziele in den Grenzen des zwingenden Rechts zu erreichen. Der Titelzusatz „Nicht börsennotierte Aktiengesellschaft“ bringt den Ausschluss von kapitalmarktrechtlichen Fragestellungen zum Ausdruck. Diese thematische Einhegung beschränkt sich nicht auf die Untersuchung der Kapitalerhöhung, sondern bezieht sich auch auf den Unternehmenserwerb. Mit Unternehmenserwerb meint diese Arbeit daher den außerbörslichen Unternehmenserwerb. Fragestellungen, die sich bei einer öffentlichen Übernahme von Unternehmensträgern ergeben, sind damit ebenfalls ausgenommen. Damit unterscheidet sich diese Arbeit insgesamt recht deutlich von anderen Forschungsbeiträgen, die sich mit dem Einsatz von Aktien zur Finanzierung von Beteiligungs- und Unternehmenserwerben befasst haben. Insbesondere die Arbeiten von Dietz „Aktien als Akquisitionswährung“ und Findeisen „Beteiligungserwerb 2

Richtlinie 2017/1132/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. 6. 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, ABlEU v. 30. 6. 2017, L 169/46. 3 Bayer/J. Schmidt, BB 2017, 2114; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.12.

Einleitung

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durch genehmigte Sachkapitalerhöhung“ unterscheiden sich durch einen stärkeren Fokus auf rein aktienrechtliche Fragestellungen und untersuchen (schwerpunktmäßig) die genehmigte Kapitalerhöhung, wohingegen diese Arbeit stärker den Transaktionsprozess und die ordentliche Kapitalerhöhung in den Blick nimmt.

1. Kapitel

Der Unternehmenserwerb § 1 Einführung A. Das Unternehmen als Erwerbsgegenstand Weder das Handelsgesetzbuch noch das Bürgerliche Gesetzbuch definieren den Unternehmensbegriff. Insbesondere die §§ 14 BGB, 84 Abs. 1 HGB enthalten keine allgemeingültige Definition,1 sondern nehmen die Person des Unternehmers in den Blick und dienen dabei als rechtstechnischer Anknüpfungspunkt, um den Anwendungsbereich weiterer Normen zu bestimmen.2 Das entspricht der allgemeinen Ansicht, wonach das Privatrecht keinen einheitlichen Unternehmensbegriff kennt,3 sondern es sich dabei vielmehr um einen „zweckbezogenen“ Rechtsbegriff handelt.4 Die Verwendung des Begriffs „Unternehmen“ in der Bearbeitung und die sich anschließende, auf Otto Sandrock und Julius von Gierke zurückgehende Definition des Unternehmens meint insofern das Unternehmen als Erwerbsgegenstand. Unternehmen ist danach „der durch Gewerbe (Betriebstätigkeit) geschaffene Tätigkeitsbereich mit den ihm (regelmäßig) ein- und angegliederten Sachen und Rechten einschließlich der zu ihm gehörenden Schulden“.5 Diese Definition erlaubt wertvolle Rückschlüsse: Erstens setzt sich das Unternehmen aus einer Vielzahl von Gegenständen zusammen. Die Erkenntnis findet auch in der Rechtsprechung Widerhall, wenn dort vom Unternehmen als „Inbegriff von Sachen, Rechten und sonstigen Vermögenswerten“ die Rede ist.6 Zweitens bringt das 1 Vgl. Staudinger/Habermann, BGB, 1. Aufl. 2013, § 14 Rn. 30 ff.; MüKoBGB/Micklitz/ Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 14 Rn. 1; Erman/Saenger, BGB, 15. Aufl. 2017, § 14 Rn. 1; Oetker/Vossler, HGB, 5. Aufl. 2017, § 25 – 28 Anh. Rn. 2. 2 Vgl. Staudinger/Habermann, BGB, 1. Aufl. 2013, § 14 Rn. 1; MüKoBGB/Micklitz/ Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 14 Rn. 1. 3 BGHZ 31, 105 Rn. 8; BGHZ 69, 334 Rn. 6; MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 15 Rn. 9; Hefermehl, FS Geßler, 1971, S. 203 f.; vgl. Ernsthaler, HGB, 8. Aufl. 2015, Vorb. §§ 1 – 7 Rn. 20; Staudinger/Habermann, BGB, 1. Aufl. 2013, § 14 Rn. 30 ff. mit einer Übersicht der verschiedenen Unternehmensbegriffe; Raiser (1969), S. 15 ff. 4 Hefermehl, FS Geßler, 1971, S. 204. 5 v. Gierke/Sandrock, S. 181. 6 BGH NJW 2002, 1042 Rn. 11; ähnlich BGHZ 65, 246 Rn. 10; BGH NJW 1978, 633 Rn. 21; BGHZ 97, 127 Rn. 15; BGH NJW 1988, 1668 Rn. 16; BGH NJW 1990, 44 Rn. 12; BVerwG ZOV 2013, 180 Rn. 7.

§ 1 Einführung

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Definitionsmerkmal „Tätigkeitsbereich“ eine über die statische Ansammlung von Aktiva und Passiva hinausgehende dynamische Komponente zum Ausdruck,7 die durch ein vielschichtiges Beziehungsgeflecht geprägt wird.8 Diese Dynamik kommt in der treffenden Beschreibung des Unternehmens als „lebendiger Organismus“ zur Geltung9 und macht den Unterschied zu einer reinen Sach- oder Rechtsgesamtheit deutlich:10 Die konkrete Zusammensetzung des Unternehmens ist konstitutiv. Sie generiert einen Mehrwert, indem sie die Grundlage für ein erfolgreiches Auftreten am Markt legt.11 Trotz dieses Selbstwerts, der dem Unternehmen innewohnt, ist das Unternehmen als solches nicht rechtsfähig.12 Das unterscheidet es vom Unternehmensträger, der natürlichen oder juristischen Person, der das Unternehmen rechtlich zugeordnet ist.13 Gleichwohl kann das Unternehmen Gegenstand des Rechtsverkehrs sein, wie sich aus den §§ 22 und 25 HGB ergibt.14 Verpflichtende Verträge können danach nicht nur hinsichtlich der unternehmenszugehörigen Vermögensgegenstände, sondern auch hinsichtlich des Unternehmens als solchem geschlossen werden.15

7 Diese Erkenntnis spiegelt sich auch in der betriebswirtschaftswissenschaftlichen Literatur Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 245 f. wider, wenn davon gesprochen wird, dass die Kombination der verschiedenen Wirtschaftsgüter eines Unternehmens ein mehrwertgenerierendes „System“ bildet. Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt/v. Woedtke, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 5; Matschke/Brösel, S. 4. 8 Ernsthaler, HGB, 8. Aufl. 2015, Vorb. §§ 1 – 7 Rn. 19; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305; MAH GmbH-Recht/Picot, § 2 Rn. 28 f.; MüKoHGB/Thiessen, 4. Aufl. 2016, Anh. § 25 Rn. 3; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 20. 9 Vgl. BFHE 90, 236 Rn. 10; FG Rheinland-Pfalz DStR 1979, 414 Rn. 56 f.; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305; Palzer, JURA 2011, 917, 918. 10 Vgl. MüKoHGB/Thiessen, 4. Aufl. 2016, Anh. § 25 Rn. 3; MAH GmbH-Recht/Picot, § 2 Rn. 28 f.; Hommelhoff (1975), S. 6; Immenga, AcP 171 (1971), 1, 12 („organisatorischen Zusammenhang“); Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305. Ferner: Picot, DB 2009, 2587, 2589, der zutreffend darauf hinweist, dass der Kauf eines Unternehmens „grundsätzlich mehr darstellt, als den bloßen Kauf einzelner Wirtschaftsgüter eines Unternehmens“. Vgl. BFHE 90, 236 Rn. 10. 11 Pöllath, FS Bezzenberger, 2000, S. 549, beschreibt das Unternehmen als einen „dynamischen Prozeß“; MüKoHGB/Thiessen, 4. Aufl. 2016, Anh. § 25 Rn. 3; vgl. Matschke/Brösel, S. 4. 12 Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 24; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 2; K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, § 3 Rn. 39. 13 Vgl. Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305. 14 Ernsthaler, HGB, 8. Aufl. 2015, Vorb. §§ 1 – 7 Rn. 21; vgl. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 22; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305; Staudinger/Stieper, BGB, 2017, § 90 Rn. 82. 15 Canaris, FS Georgiades, 2006, S. 71, 72; Ernsthaler, HGB, 8. Aufl. 2015, Vorb. §§ 1 – 7 Rn. 21; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305; Staudinger/Stieper, BGB, 2017, § 90 Rn. 82.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Zusammenfassend ist das Unternehmen eine nicht rechtsfähige, wirtschaftliche Funktionseinheit, die – als solche – Gegenstand von Verpflichtungsgeschäften sein kann.16

B. Erwerbsstrukturen: Asset und Share Deal Aus einem wirtschaftlichen Blickwinkel betrachtet, kann der Wechsel in der rechtlichen Zuordnung eines Unternehmens auf zwei Wegen erreicht werden, die man als (I.) Asset und (II.) Share Deal bezeichnet. Davon sind Sachverhalte (III.) abzugrenzen, bei denen es lediglich um eine Übertragung einzelner Sachen oder Rechte geht. I. Der Asset Deal Zunächst ist es möglich, die Gegenstände, die das Unternehmen bilden, auf den Erwerber zu übertragen.17 Diese als Asset Deal18 oder Asset Purchase19 bezeichnete Transaktionsstruktur ist aufgrund des sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatzes im Hinblick auf das Verfügungsgeschäft aufwendig, da dem deutschen Recht die Übereignung von Sachgesamtheiten grundsätzlich fremd ist und sich die Übertragung daher im Wege der Singularsukzession nach den für jeden einzelnen Gegenstand geltenden Regeln vollziehen muss.20 16 Ähnlich BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 453 Rn. 27, der das Unternehmen als „funktionierende Wirtschaftseinheit“ bezeichnet und auch M. Fischer, DStR 2004, 276, der das Unternehmen als „funktionelle Einheit“ sieht. 17 Vgl. BGH NJW 2013, 1083 Rn. 16; LG Düsseldorf NZKart 2016, 490 Rn. 198; Bainbridge, S. 15; Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 84; Canaris (2006), § 8 Rn. 2; Carney, Mergers and Acquisitions, 3. Aufl. 2011, S. 61 f.; Holzapfel/Pöllath/Engelhardt/ v. Woedtke, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 6; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 306; Merkt (2003), Rn. 14 ff.; Münstermann, S. 15 f.; Palzer, JURA 2011, 917, 918; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 3; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 2 Rn. 17. 18 Vgl. BGH NJW 2013, 1083 Rn. 16; LG Düsseldorf NZKart 2016, 490 Rn. 198; Bainbridge, S. 15; Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 84; Canaris (2006), § 8 Rn. 2; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 73; Holzapfel/Pöllath/Engelhardt/v. Woedtke, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 6; Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 38; Hanke/ Socher, NJW 2010, 664; Loges, BB 1997, 965; Lorenz, FS Heldrich, 2005 S. 305, 306; Merkt (2003), Rn. 16; Münstermann, S. 16; Palzer, JURA 2011, 917, 918; Eilers/Koffka/Mackensen/ Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 3; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 2 Rn. 17. 19 Carney, S. 61; Merkt (2003), Rn. 17. 20 Vgl. BGH NJW 2013, 1083 Rn. 16; Baur/Stürner, § 4 Rn. 17 ff.; Canaris (2006), § 8 Rn. 1; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 72; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 306; Münstermann, S. 17 f.; Palzer, JURA 2011, 917, 918; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 3; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 2 Rn. 17; Staudinger/ Stieper, BGB, 2017, § 90 Rn. 82.

§ 1 Einführung

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II. Der Share Deal Der Begriff Share Deal bezeichnet Rechtsgeschäfte, die auf das (mittelbare) Hervorrufen des wirtschaftlichen Effekts eines Unternehmensübergangs gerichtet sind, indem sie die Übertragung des Unternehmensträgers zum Gegenstand haben.21 Werden bloß Anteile an einer Gesellschaft erworben, so verändert sich die rechtliche Zuordnung des Unternehmens selbst nicht, weil die Gesellschaft Trägerin des Unternehmens bleibt.22 Die Veränderung der rechtlichen Zuordnung der Unternehmensträgerin entspricht der Veränderung der rechtlichen Zuordnung des Unternehmens allerdings wirtschaftlich und mediatisiert damit den Unternehmenserwerb.23 III. Abgrenzung Von einem Unternehmenserwerb kann nur die Rede sein, wenn das Unternehmen als Ganzes Gegenstand des Verpflichtungsgeschäfts ist.24 Das gilt unabhängig davon, ob sich die Parteien für den Vollzug als Asset oder Share Deal entscheiden.25 Das macht eine Abgrenzung zu Geschäften erforderlich, in denen nur Teile des Unternehmens oder Anteile am Unternehmensträger Vertragsgegenstand sind. Diese Abgrenzung erlangt im Gewährleistungsrecht erhebliche Relevanz.26 So kann es etwa beim Defekt eines LKW aus gewährleistungsrechtlicher Sicht einen Unterschied machen, ob die gesamte Spedition oder nur der einzelne LKW verkauft wurde. Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen einem Unternehmenskauf und einem bloßen Sach- oder Rechtskauf ist, ob der Vertrag nach seinem Inhalt auf die Über-

21 BGH NJW 2013, 1083 Rn. 16; Staudinger/Beckmann, BGB, § 453 Rn. 85; Canaris (2006), § 8 Rn. 2; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 73; Holzapfel/Pöllath/Engelhardt/ v. Woedtke, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 6; Hanke/Socher, NJW 2010, 664; Loges, BB 1997, 965; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 306 f.; Merkt (2003), Rn. 13 ff.; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 3; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 2 Rn. 13. 22 Vgl. BGHZ 65, 246 Rn. 7; RGZ 98, 289, 292; Lorenz, FS Heldrich S. 305, 306 f.; vgl. BGH a.a.O. Rn. 9; Merkt (2003), Rn. 17; Palzer, JURA 2011, 917, 918 f. 23 BGH NJW 1969, 184; BGHZ 65, 246 Rn. 7 ff.; BGH NJW 2013, 1083 Rn. 16; RGZ 120, 283, 287; Canaris (2006), § 8 Rn. 2; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 306 f.; Merkt (2003), Rn. 13 ff.; Reinicke/Tiedtke, Rn. 1242 f.; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 21. 24 BGH NJW 1969, 184; BGHZ 65, 246 Rn. 9 ff.; BGH NJW 2002, 1042, Rn. 11; RGZ 98, 289, 292; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 2. So auch Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 306 ff., der zutreffend darauf hinweist, dass die Unterscheidung zwischen Asset und Share Deal ausschließlich die Vollzugsebene betrifft und Gegenstand des Verpflichtungsgeschäfts immer das Unternehmen ist. 25 Vgl. Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 306 ff. 26 Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 307.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

tragung des Unternehmens oder nur einzelner Sachen oder Rechte gerichtet ist.27 Ob das der Fall ist, muss im Rahmen einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung beurteilt werden.28 Im Fall des Asset Deals ist dabei von einem Unternehmenskauf auszugehen, „wenn nicht nur einzelne Wirtschaftsgüter, sondern ein Inbegriff von Sachen, Rechten und sonstigen Vermögenswerten übertragen werden soll und der Erwerber dadurch in die Lage versetzt wird, das Unternehmen als solches weiterzuführen“.29 Erfasst der Vertrag dagegen nur einzelne Gegenstände oder bestimmte Gruppen von Gegenständen, handelt es sich im ersten Fall um einen Sach- oder Rechtskauf bzw. im zweiten Fall möglicherweise um einen Betriebskauf.30 Bei einem Share Deal setzt die eingangs beschriebene Mediatisierung eine Veränderung der Zuordnung des Unternehmens voraus. Davon kann nicht bei jeder Veränderung der Zusammensetzung des Gesellschafterkreises gesprochen werden. Nach der Rechtsprechung entspricht ein Erwerb von Anteilen am Unternehmensträger dem Erwerb des Unternehmens nur dann wirtschaftlich, wenn alle oder jedenfalls annährend alle Anteile am Unternehmensträger Vertragsgegenstand sind.31 Darüber hinaus wird teilweise gefordert, die Parteien müssten neben der Übertragung der Geschäftsanteile auch die Übertragung des Unternehmens wollen.32 Diese Auffassung ähnelt der frühen Rechtsprechung des Reichsgerichts, das davon ausging, der Kauf von Anteilen an einer Gesellschaft habe stets nur ebendiese Anteile zum Gegenstand und das Unternehmen der Gesellschaft könne als weiterer Kaufgegenstand danebentreten.33 Die Annahme überzeugt freilich nicht, denn als Verkäufer des Unternehmens kann – wie das Reichsgericht in einer späteren Entscheidung selbst bemerkt hat34 – nur der Unternehmensträger (i. e. die Gesellschaft, deren Anteile Vertragsgegenstand sind) auftreten. Eines besonderen Willens zur 27 BGH NJW 1990, 44 Rn. 12; BGH NJW 2002, 1042 Rn. 11; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 307. 28 Vgl. BGH NJW 2002, 1042 Rn. 11; Palzer, JURA 2011, 917, 918. 29 BGH NJW 2002, 1042, 1043; Staudinger/Beckmann, BGB, § 453 Rn. 89. 30 Vgl. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 24; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 307; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 2. 31 BGH NJW 1969, 184; BGH WM 1970, 819; BGH NJW 1976, 236, 237; RGZ 120, 283, 287, zustimmend Staudinger/Beckmann, BGB, § 453 Rn. 90; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 308; Reinicke/Tiedtke, Rn. 1243; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 21. 32 So etwa BGH WM 1970, 819 Rn 34; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 308; Reinicke/ Tiedtke, Rn. 1242; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 21; ähnlich Palzer, JURA 2011, 917, 919. 33 Vgl. RGZ 98, 289, 292: „Daher ist es rechtlich durchaus möglich, daß neben den Geschäftsanteilen auch noch das Geschäftsvermögen und das hierzu gehörige Geschäftsunternehmen als Ganzes […] zum besonderen Gegenstand eines Kaufes gemacht werden kann“. 34 RGZ 120, 283, 287: „Der dem Urteil RGZ. Bd. 98 S. 289 zugrundeliegenden Auffassung steht das Bedenken entgegen, daß der Inhaber der sämtlichen Geschäftsanteile nicht auch Rechtsträger der Vermögensstücke der Gesellschaft ist […]“.

§ 1 Einführung

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Übertragung des Unternehmens bedarf es daher nicht. Maßgeblich ist allein, ob der Vertrag rein tatsächlich die wirtschaftliche Übertragung des Unternehmens zum Gegenstand hat.35

C. Motive Die Motive zum Erwerb eines Unternehmens sind vielfältig. Eine erste grobe Einteilung ergibt sich aus einer Kategorisierung verschiedener Stereotypen auf Käuferseite. Hier hat sich die Unterscheidung zwischen (I.) strategischen Investoren einerseits und (II.) Finanzinvestoren andererseits etabliert.36 I. Strategische Investoren Strategische Investoren und Finanzinvestoren unterscheiden sich in ihrem unternehmerischen Ansatz, also in der Frage, wie eine möglichst hohe Eigenkapitalrendite erwirtschaftet werden soll: Während der Finanzinvestor das Zielunternehmen mit der Absicht erwirbt, dieses mittelfristig mit Gewinn wieder zu veräußern,37 zielt der strategische Investor auf einen langfristigen Betrieb bzw. eine Integration des Zielunternehmens und hofft dabei durch einen oder mehreren der folgenden Faktoren dieses Ziel zu erreichen: 1. Synergien Der Begriff Synergie beschreibt den Mehrwert, der durch die Kombination von Produktionsfaktoren im Vergleich zu ihren summierten Einzelwerten entsteht.38 Erhoffte Synergieeffekte sind die Schlüsselmotivation für Unternehmenserwerbe durch strategische Investoren.39 Ursachen von positiven Synergien sind Netzwerk-, Produktpaletten- (economies of scope) und Skaleneffekte (economies of scale).40 Als 35 Dieser Ansicht scheint m. E. das Reichsgericht in RGZ 120, 283, 287 zu teilen, das maßgeblich auf die Verkehrsauffassung abstellt: „Denn nach der Auffassung des Verkehrs wird regelmäßig ein Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile einer Gesellschaft m.b.H. als eine Veräußerung des Unternehmens selbst angesehen; dem Erwerber soll tatsächlich die gleiche Stellung eingeräumt werden, wie wenn er das Unternehmen selbst gekauft hätte“. 36 Hölters, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 1 Rz. 8; Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. A.I. 37 Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, Einl. Rn. 10 ff.; Hanke/Socher NJW 2010, 664, 665; Hölters, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 1Rz. 10. 38 Matschke/Brösel, S. 4; vgl. Bainbridge, S. 41: „The sum is greater than the whole of the parts“. 39 Brealey/Myers/Allen, S. 816; Ernst/Häcker, S. 10; Hölters, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 1 Rz. 11 ff.; Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 24; vgl. Carney, S. 15 f.; Dietz, S. 55; Hanke/Socher, NJW 2010, 664, 665. 40 Vgl. Kuhner/Maltry, S. 17 f.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

(positiver) Netzwerkeffekt wird bezeichnet, wenn der Vorteil, den die Nutzung eines Gutes seinem Nutzer vermittelt, mit der Anzahl der Nutzer steigt.41 Als Produktpaletteneffekt wird es bezeichnet, wenn der Einsatz von Produktionsfaktoren für die Produktion von zwei Gütern in einem Unternehmen pro Gut niedriger ist als bei der Produktion von nur einem Gut.42 Der Begriff Skaleneffekt beschreibt eine überproportionale Steigerung der Ausbringungsmenge durch den proportional erhöhten Einsatz von Produktionsfaktoren.43 In diesem Fall steigen die Umsätze eines Unternehmens stärker als dessen Kosten, wodurch eine höhere Marge erzielt werden kann.44 Skaleneffekte ergeben sich bspw., wenn sehr hohe Anfangsinvestitionen für die Herstellung eines Produkts erforderlich sind.45 2. Marktstellung und Markteintritt Ein Ziel, das mit dem Erwerb eines Unternehmens verfolgt wird, ist die Ausweitung der unternehmerischen Tätigkeit des Erwerbers.46 Der Erwerber möchte durch den Erwerb des Zielunternehmens entweder seinen Marktanteil erhöhen oder in einen neuen Markt eintreten und so etwaige Markteintrittsbarrieren überwinden.47 3. Kontrolle über den Produktionsprozess Ein Unternehmenserwerb kann ein Mittel sein, um die Kontrolle über den Produktionsprozess zu erhöhen oder die Kontrolle über den Vertrieb zu sichern, indem Zulieferer oder Kunden erworben werden.48 So kann bspw. ein Automobilkonzern ein opponierendes Zulieferunternehmen erwerben, um zukünftige Produktionsausfälle infolge von Lieferungsverzögerungen zu vermeiden. 4. Diversifikation Ein Wachstum in die Breite ist die sog. Diversifikation. Dabei wird das Portfolio des Unternehmens durch die Aufnahme neuer Geschäftsfelder verbreitert.49 Ein 41

Kuhner/Maltry, S. 15 f. Kuhner/Maltry, S. 17. 43 Carney, S. 15 f.; Ernst/Häcker, S. 10; Kuhner/Maltry, S. 17; Schramm/Hansmeyer/ S. Wagner, Transaktionen erfolgreich managen, 2011, S. 19. 44 Vgl. Carney, S. 15 f.; Ernst/Häcker, S. 10 f.; Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 69. 45 Vgl. Carney, S. 15 f.; Ernst/Häcker, S. 10 f.; Schramm/Hansmeyer/Wagner, Transaktionen erfolgreich managen, 2011, S. 19. 46 Ernst/Häcker, S. 10 f.; Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 24. 47 Bainbridge, S. 41; Ernst/Häcker, S. 10 f.; vgl. Gömöry, ZJS 2015, 153; Schramm/ Hansmeyer/S. Wagner, Transaktionen erfolgreich managen, 2011, S. 18. 48 Brealey/Myers/Allen, S. 816 f. 49 Müller-Stewens/Kunisch/Binder, M&A, S. 6. 42

§ 1 Einführung

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Mittel zur Diversifikation kann dabei die Übernahme von Unternehmen sein, die bereits in dem Geschäftsfeld aktiv sind, auf das der Erwerber seine Geschäftstätigkeit ausdehnen möchte.50 Eine Diversifikation kann eine strategische Alternative für die Unternehmensführung darstellen, wenn das Wachstum des Unternehmens auf anderem Wege (z. B. durch eine weitere Expansion) nicht oder nur begrenzt möglich ist. Paradigmatisch dafür ist die Konglomeratbildung im amerikanischen M&A-Markt der 1960er und 1970er Jahren: Aufgrund strenger kartellrechtlicher Vorgaben waren Übernahmen von Unternehmen der gleichen Branche nahezu ausgeschlossen, weshalb sich Unternehmen zur Akquisition von branchenfremden Unternehmen entschlossen, um die Renditeerwartungen ihrer Aktionäre zu erfüllen und sich vor branchenspezifischen Risiken zu schützen.51 5. Spezifisches Interesse an Assets des Zielunternehmens Grund für den Erwerbsentschluss kann auch ein spezifisches Interesse an einzelnen Vermögensgegenständen des Zielunternehmens sein.52 Dieses Interesse kann etwa durch Patente,53 technisches Know-How,54 hochqualifiziertes Personal,55 besondere Kundenbeziehungen56 oder durch die strategische Ausrichtung des Zielunternehmens57 getriggert werden. 6. Marktbereinigung Der Erwerber kann einen Wettbewerber aufkaufen, um anschließend dessen Betrieb stillzulegen und das Unternehmen zu liquidieren.58 II. Finanzinvestoren Erwerbsziel eines Finanzinvestors ist die Erzielung einer möglichst hohen Eigenkapitalrendite berechnet als interne Verzinsung (sog. Internal Rate of Return) durch den gewinnbringenden Weiterverkauf der Beteiligung.59 Um dieses Ziel zu 50

Müller-Stewens/Kunisch/Binder, M&A, S. 6. Vgl. Carney, S. 10; Kuhner/Maltry, S. 13. 52 Vgl. Lutter, ZIP 1997, 613. 53 Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 24; Carney, S. 10. 54 Schramm/Hansmeyer/S. Wagner, Transaktionen erfolgreich managen, 2011, S. 18. 55 Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 24; Carney, S. 10. 56 Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 24. 57 Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. A.I. 58 Hölters, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 1 Rz. 17. 59 Vgl. Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, Einl. Rn. 10 ff.; Gömöry, ZJS 2015, 153; Hanke/Socher, NJW 2010, 664, 665; BeckHdB M&A/Jäckle/Strehle/Clauss, § 49 Rn. 27, 77 ff. 51

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

erreichen, nutzen Finanzinvestoren den sog. Leverage Effect: Durch den Einsatz von Fremdkapital zur Akquisitionsfinanzierung entsteht eine Hebelwirkung.60 Ist die Rendite auf das eingesetzte Kapital höher als der Fremdkapitalzins, steigt die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital. Derartige Transaktionen mit einem hohen Fremdkapitalanteil in der Transaktionsfinanzierung bezeichnet man als Leverage Buyout.61

D. Risiken I. Asymmetrische Informationslagen Die größten Risiken im Zusammenhang mit einem Unternehmenserwerb resultieren aus asymmetrischen Informationslagen.62 Im Folgenden sollen zwei besonders wichtige Erscheinungsformen asymmetrischer Informationslagen, (1.) PrinzipalAgent-Probleme einerseits und der sog. (2.) winner’s curse andererseits dargestellt werden. 1. Prinzipal-Agent-Probleme Prinzipal-Agent-Probleme beschreiben die Folgen der Trennung des Eigentums an und der Kontrolle über eine Gesellschaft.63 Diese Trennung unterbricht zum einen den natürlichen Gleichlauf zwischen den Interessen der Gesellschafter und denen der Inhaber der Kontrolle über die Gesellschaft und begründet damit einen Interessenkonflikt zwischen Gesellschaftern und Organwaltern.64 Im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen kann dieser Interessenkonflikt Erwerbsentscheidungen befördern, die zwar dem Prestige des Managements dienen, sich aber negativ auf den shareholder value auswirken.65 In diesem Fall spricht man plastisch auch von empire building.66 Eine weitere Gefahr, 60

Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, Einl. Rn. 13; BeckHdB M&A/ Jäckle/Strehle/Clauss, § 49 Rn. 29. 61 Carney, S. 1107. 62 Vgl. dazu Ragotzky, Unternehmensverkauf und asymmetrische Information, 2003, passim. 63 Brealey/Myers/Allen, S. 816; Jensen/Meckling, 3 Journal of Financial Economics 305 – 360 (1976); Iacobucci, 6 American Law and Economic Review 319 – 344 (2004). 64 Sehr pointiert Brealey/Myers/Allen, S. 302: „Managers have no special gene that automatically aligns their personal interests with outside investors’ financial objectives“. Jensen/ Meckling, 3 Journal of Financial Economics 305 – 360 (1976). 65 Bainbridge, S. 42 f.; Brealey/Myers/Allen, S. 303; Mueller, 83 The Quarterly Journal of Economics 643 – 659 (1969); Schramm/Hansmeyer/S. Wagner, Transaktionen erfolgreich managen, 2011, S. 24. 66 Brealey/Myers/Allen, S. 303; Bainbridge, S. 42 f.; Trautwein, 11 Strategic Management Journal 283 – 295 (1990).

§ 1 Einführung

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die aus dem Interessenkonflikt zwischen Gesellschaftern und Organwaltern erwachsen kann, ist das sog. entrenching investment.67 Dabei handelt es sich um Investitionen, bei denen sich die Auswahl des Investitionsobjekts an den spezifischen Fähigkeiten und Kenntnissen des Managements und nicht am Interesse der Gesellschafter orientiert.68 Der Anreiz für die Organwalter zum entrenching investment besteht darin, Abhängigkeiten aufzubauen und damit die eigene Person schwerer ersatzbar zu machen.69 Zum anderen sind die Gesellschafter durch die Trennung von Eigentum und Kontrolle in hohem Maße von den Fähigkeiten des Managements abhängig. In diesem Zusammenhang wird seit Anfang der 2000er Jahre der Einfluss einer Selbstüberschätzung von Managern auf Investitionsentscheidungen diskutiert.70 Ausgangspunkt war ein Beitrag von Heaton, der den theoretischen Zusammenhang zwischen überoptimistischen CEOs und den Vor- und Nachteilen von freiverfügbarem Cash-Flow untersuchte.71 Auf der Grundlage psychologischer Studien aus den 1980er-Jahren charakterisierte er einen CEO als überoptimistisch, wenn dieser die Wahrscheinlichkeit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung des von ihm geführten Unternehmens systematisch über- und die einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung systematisch unterschätzte.72 Er stellte anschließend zwei Hypothesen zum Investitionsverhalten von überoptimistischen CEOs auf: Erstens begünstigt freiverfügbarer Cash-Flow wirtschaftlich nachteilige Investitionen durch überoptimistische CEOs, weil diese die Chancen über- und die Risiken unterschätzen.73 Zweitens neigen überoptimistische CEOs zu der Annahme, das von ihnen geführte Unternehmen sei am Kapitalmarkt unterbewertet, weil ihre Chancen- und Risikoannahmen von denen des Kapitalmarkts divergieren.74 Ist aufgrund fehlendem freiverfügbaren Cash-Flow eine Transaktionsfinanzierung nur durch die Ausgabe eigener Aktien möglich, nimmt ein überoptimistischer CEO deswegen eine wirtschaftlich günstige Investitionsmöglichkeit tendenziell nicht wahr.75 Ausgehend von diesem Ansatz Heatons untersuchten Malmendier und Tate im Jahr 2005 den Zusammenhang zwischen dem Investitionsverhalten und der 67

Brealey/Myers/Allen, S. 303; Shleifer/Vishny, 25 Journal of Financial Economics 123 – 139 (1989). 68 Brealey/Myers/Allen, S. 303; Shleifer/Vishny, 25 Journal of Financial Economics 123 – 139 (1989). 69 Shleifer/Vishny, 25 Journal of Financial Economics 123 – 139 (1989). 70 Heaton, 31 Financial Management 33 – 45 (2002); vgl. auch Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218, der das Problem der over-confidence bias bei der Entscheidungsfindung anspricht. 71 Heaton, 31 Financial Management 33 – 45 (2002). 72 Heaton, 31 Financial Management 33 – 45 (2002). 73 Heaton, 31 Financial Management 33 – 45 (2002). 74 Heaton, 31 Financial Management 33 – 45 (2002). 75 Heaton, 31 Financial Management 33 – 45 (2002).

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Selbsteinschätzung von CEOs erstmals empirisch.76 Dazu werteten sie Daten über Investitionsentscheidungen der 500 größten Unternehmen in den Vereinigten Staaten von Amerika aus und stellten sie in einen Zusammenhang mit der Bereitschaft ihrer CEOs, im Geld befindliche Aktienoptionen zu halten statt diese zu veräußern und so das eigene Portfolio zu diversifizieren.77 Die Ergebnisse werteten sie als Bestätigung der Annahmen von Heaton,78 was durch spätere Studien wiederum bestätigt wurde.79 2. Winner’s curse Veräußerungen von Unternehmen werden heute überwiegend in auktionsähnlich strukturierten Bieterprozessen abgewickelt.80 Die als Bieter an diesem Prozess teilnehmenden Erwerbsinteressenten sehen sich dadurch einem Phänomen ausgesetzt, das seit den 1970er-Jahren diskutiert81 und als „winner’s curse“ bezeichnet wird.82 Ausgangspunkt war die Beobachtung dreier Ingenieure, dass bei der Versteigerung von Erdöl-Förderrechten der erfolgreiche Bieter in der Regel einen in Ansehung der zu erwartenden Fördermenge zu hohen Preis für das Förderrecht zahlte.83 Diese Beobachtung wurde von Bazerman und Samuelson 1983 experimentell belegt84 und wie folgt erklärt: Im Rahmen einer common value Auktion85 können drei Typen von Bietern in Erscheinung treten: Bieter, die den Erwerbsgegenstand erstens richtig, zweitens zu niedrig oder drittens zu hoch bewerten.86 Nehmen an einer Auktion mehrere Bieter der dritten Gruppe teil, gewinnt derjenige von ihnen, der den Erwerbsgegenstand am stärksten überbewertet.87 Der Auktionsprozess begünstigt

76

Malmendier/Tate, 60 The Journal of Finance 2661 – 2700 (2005). Malmendier/Tate, 60 The Journal of Finance 2661 – 2700 (2005). 78 Malmendier/Tate, 60 The Journal of Finance 2661 – 2700 (2005). 79 Campbell/Gallmeyerl/Johnson/Rutherford/Stanley, 101 Journal of Financial Economics 695 – 712 (2011); Malmendier/Tate, 29 Journal of Economic Perspectives 37 – 60 (2015); Malmendier/Taylor, 29 Journal of Economic Perspectives 3 – 8 (2015). 80 Beisel/Andreas, Beck MandatsHdB Due Diligence § 2 Rn. 15; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 1. 81 Grundlegend: Capen/Clapp/Campbell, 23 Journal of Petroleum Technology 641 – 653 (1971). 82 Im M&A-Kontext: Bainbridge, S. 43; Carney, S. 515. Zu wirtschaftswissenschaftlichen Grundlage: Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983); Thaler, S. 50. 83 E. Capen/Clapp/Campbell, 23 Journal of Petroleum Technology 641 – 653 (1971). 84 Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983). 85 Bei einer Common value-Auktionen hat der Erwerbsgegenstand für die teilnehmenden Bieter den gleichen Wert, vgl. Thaler, S. 50. 86 Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983). 87 Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983). 77

§ 1 Einführung

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strukturell also die Bieter, die den Erwerbsgegenstand überbewerten.88 Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der letztendlich erfolgreiche Bieter einen Preis zahlt, der über dem tatsächlichen Wert des Erwerbsgegenstandes liegt.89 Auch für den „winner’s curse“ gelten asymmetrische Informationslagen als die primäre Ursache, also nicht ausreichend informierte Entscheidungen der erfolgreichen Bieter.90 Deswegen gilt: Je komplexer die Bewertung des Erwerbsgegenstands ist, desto stärker tritt der „winner’s curse“ auf.91 Ein zweiter Faktor für das Auftreten des „winner’s curse“ ist die Konkurrenzsituation in einer Auktion.92 Die Konkurrenz mit anderen Bietern führt zu einer riskanteren Herangehensweise:93 Je mehr Bieter an einem Auktionsverfahren teilnehmen, desto mehr wird sich jeder Bieter mit seinem Gebot an den von ihm ermittelten Wert nähern.94 II. Anlagenotstand Die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken und der daraus resultierende Anlagenotstand hat auch auf dem M&A-Markt zu deutlich steigenden Preisen geführt.95 Laut einer Studie der Beratungsfirma Angermann ist das Preisniveau auf dem Markt für Unternehmensübernahme auf dem höchsten Stand der vergangenen zwanzig Jahre.96 Dass Kaufpreise für Unternehmen mittlerweile in einem Bereich von einem Zehnbis fast Zwanzigfachen des EBITDA (siehe dazu: § 5 D.) liegen, ist keine Ausnahme.97

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Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983). Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983). 90 Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983); Thaler, S. 51 ff. 91 Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983); Thaler, S. 51 ff. 92 Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983); Thaler, S. 51 ff. 93 Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983); Thaler, S. 51 ff.; vgl. Gran, NJW 2008, 1409, 1410. 94 Bazerman/Samuelson, 27 Journal of Conflict Resolution 618 – 634 (1983); Thaler, S. 51 ff. 95 Bergau/Illi/Brücker, Praxis-HdB. Unternehmenskauf, 2015, S. 8. 96 M&A Monitor, 1. Halbjahr 2016, S. 6: . 97 M&A Monitor, 1. Halbjahr 2016, S. 6: . 89

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

III. Negative Synergien und negativer Leverage Effect Die Zusammenlegung von Unternehmen birgt nicht nur Kostenvorteile, sondern verursacht auch Kosten, bspw. durch die Zusammenlegung der IT-Infrastruktur.98 Auch der Einsatz von Fremdkapital zur Transaktionsfinanzierung steigert das Transaktionsrisiko und kann zu einem Vorzeichenwechsel beim dargestellten Leverage Effect führen:99 Im gleichen Maße wie der Leverage Effect die Eigenkapitalrendite zu steigern vermag, schmälert die Hebelwirkung die Eigenkapitalrendite, wenn die Rendite auf das insgesamt eingesetzte Kapital hinter der Zinslast des eingesetzten Fremdkapitals zurückbleibt.100

E. Ablauf des Unternehmenserwerbs Für den Kauf und Verkauf von Unternehmen haben sich standardisierte Abläufe herausgebildet, die in den vergangenen drei Dekaden maßgeblich von den involvierten Rechtsberatern geprägt wurden.101 Da diese Abläufe für das rechtliche Verständnis des Unternehmenserwerbs und seiner kautelarjuristischen Gestaltung wichtig sind, sollen sie im Folgenden überblicksartig dargestellt werden: I. Vorbereitung Der Veräußerungsprozess bei außerbörslichen Transaktionen wird in der überwiegenden Zahl der Fälle vom gegenwärtigen Unternehmensträger bzw. dessen Gesellschaftern initiiert und beginnt daher mit der Überlegung, das Unternehmen möglicherweise zu veräußern. Steht die Veräußerung des Unternehmens im Raum, stellt der Verkäufer zunächst ein Team zusammen, das die mögliche Veräußerung vorbereitet.102 Dieses Team kann aus eigenen Mitarbeitern bestehen, umfasst allerdings regelmäßig auch externe Berater wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Investmentbanker.103 In einem nächsten Schritt wird die Möglichkeit des Unternehmenskaufs weiter analysiert, indem etwa eine Machbarkeitsstudie durchgeführt wird und erste Preisvorstellungen entwickelt werden.104 Möglicherweise beabsichtigt der Verkäufer schon im Vorbereitungsstadium eine Entflechtung des Unter-

98

Brealey/Myers/Allen, S. 303. Vgl. Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, Einl. Rn. 12; BeckHdB M&A/Jäckle/Strehle/Clauss, § 49 Rn. 29. 100 Vgl. Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, Einl. Rn. 12. 101 Vgl. BeckHdB M&A/Schiessl, § 1 Rn. 2 ff, der das Jahr 1990 als Ausgangspunkt einer Professionalisierung der deutschen M&A-Praxis sieht. 102 Gran, NJW 2008, 1409; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 6 ff. 103 Gran, NJW 2008, 1409; Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360. 104 Gran, NJW 2008, 1409; vgl. BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 9. 99

§ 1 Einführung

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nehmens.105 Schließlich wird der Erwerbermarkt sondiert und eine Liste mit allen potenziellen Erwerbsinteressenten erstellt (sog. Long List).106 Aufgrund verschiedener Kriterien wird diese Long List weiter eingegrenzt und in der deutlich kürzeren sog. Short List zusammengefasst.107 II. Ansprache von Erwerbsinteressenten In einem nächsten Schritt werden potenzielle Erwerbsinteressenten angesprochen. Das geschieht im strukturierten Bieterverfahren durch einen sog. Teaser (siehe dazu: § 3 B.), der an die auf der Short List geführten potenziellen Erwerbsinteressenten versendet wird.108 Abhängig vom Zielunternehmen kann von vornherein nur ein sehr kleiner Kreis von potenziellen Erwerbsinteressenten infrage kommen und das Verfahren ab initio bilateral organisiert sein (sog. Negotiated Sale).109 III. Verhandlung und Vertragsschluss Nach der ersten Anbahnung des Kontakts mit potenziellen Erwerbsinteressenten beginnt der Verhandlungsprozess mit den tatsächlichen Erwerbsinteressenten mit der Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung (siehe dazu: § 3 C.).110 Nur diejenigen Erwerbsinteressenten, die sich damit vertraglich zur Vertraulichkeit verpflichten, erhalten weitere Informationen in Form des sog. Information Memorandum (siehe dazu: § 3 D.).111 Frühestens in diesem Zeitpunkt erfahren die Erwerbsinteressenten, um welches Unternehmen es sich handelt. Auf der Grundlage des Information Memorandum geben die verbleibenden Erwerbsinteressenten erste, nichtbindende Angebote, sog. Indicative Offer, ab.112 105

Gran, NJW 2008, 1409. Hanke/Socher, NJW 2010, 664, 665; Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 70; Eilers/Koffka/ Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 7; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 12, § 4 Rn. 4 ff. 107 Hanke/Socher, NJW 2010, 664, 665; Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 71; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 12. 108 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 12. 109 Hanke/Socher, NJW 2010, 664. 110 BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II 7 Anm. 3; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 13. Vgl. Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 71; Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360. 111 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360; Hettler/Stratz/Hörtnagl/ Zwirner, § 2 Rn. 82; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II 7 Anm. 3; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 8; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2904. 112 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360; Hölters, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 1 Rz. 151; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 11. 106

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Anhand derer wählt der Veräußerer den oder die Erwerbsinteressenten aus, mit denen er den Verhandlungsprozess fortsetzen möchte.113 Ihm oder ihnen räumt er die Möglichkeit ein, das Unternehmen im Rahmen einer sog. Due Diligence (siehe dazu: § 4) näher zu untersuchen. Verbleiben mehrere Erwerbsinteressenten, informiert sie der Veräußerer mittels sog. Prozessbriefe (siehe dazu: § 3 E.I.) über den weiteren Ablauf.114 Möchte er zunächst nur mit einem Erwerbsinteressenten weiterverhandeln, kann die weitere Prozessteuerung durch einen sog. Letter of Intent (siehe dazu: § 3 E.II.) erfolgen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Due Diligence-Prozesses geben die verbliebenen Erwerbsinteressenten ein weiteres, untechnisch als bindend bezeichnetes Angebot, das sog. Binding Offer, ab.115 Am Ende des Verhandlungsprozesses steht – dessen Erfolg vorausgesetzt – der Abschluss des Unternehmenskaufvertrags (siehe dazu: § 5). IV. Vollzug und Integration Üblicherweise fallen der Abschluss des Unternehmenskaufvertrags und der Vollzug, das sog. Closing, zeitlich auseinander, da der Vollzug von verschiedenen Bedingungen abhängig ist. Sind die Vollzugsvoraussetzungen erfüllt, wechselt die rechtliche und wirtschaftliche Zuordnung des Unternehmens bzw. dessen Trägers. Für den Erwerber ist der Erwerbsprozess damit noch nicht beendet. Er steht nun vor der Aufgabe, das Unternehmen in seine Strukturen zu integrieren.

§ 2 Anwendbares Recht Gegenstand der Bearbeitung ist der Unternehmenserwerb als rechtliches Phänomen. Für den Erfolg der Untersuchung ist deswegen Klarheit über das auf dieses Phänomen anwendbare Recht zwingend. Wegen der grenzüberschreitenden Bezüge, die ein Unternehmenserwerb typischerweise aufweist, setzt das im ersten Schritt die (A.) Bestimmung des anwendbaren Sachrechts voraus. In einem zweiten und dritten Schritt sind dann diejenigen rechtlichen Regelungen herauszuarbeiten, die für den (B.) Vertragsschluss und den (C.) Vertragsinhalt maßgeblich sind.

113 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360; Eilers/Koffka/Mackensen/ Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 12 f. 114 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360; Eilers/Koffka/Mackensen/ Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 14. 115 Hölters, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 1 Rz. 155 f.; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 17 ff.

§ 2 Anwendbares Recht

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A. Bestimmung des anwendbaren Sachrechts Die Frage nach dem anwendbaren Sachrecht beantwortet das (I.) internationale Privatrecht am Sitz des angerufenen Gerichts.116 Findet danach auf einen internationalen Unternehmenserwerb deutsches Sachrecht Anwendung, schließt sich die Frage an, ob dabei die (II.) Vorgaben des UN-Kaufrechts (als Teil des deutschen Sachrechts)117 zu beachten sind, was wegen des engen thematischen Bezugs bereits vorgreiflich zu untersuchen ist. I. Internationales Privatrecht: Bestimmung des Vertragsstatuts Liegt der Sitz des angerufenen Gerichts in Deutschland, ist für den Unternehmenskauf als vertragliches Schuldverhältnis des Zivilrechts der Anwendungsbereich der Rom I-VO118 eröffnet, Art. 1 Abs. 1 UAbs. 1 Rom I-VO. Für die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts nach der Rom I-VO kommt es entscheidend darauf an, ob eine (1.) Rechtswahl getroffen wurde oder eine solche (2.) fehlt. 1. Rechtswahl Die Parteien haben gemäß Art. 3 Rom I-VO das Recht, das auf den Unternehmenskaufvertrag anwendbare Recht zu wählen. Das kann ausdrücklich erfolgen: Üblicherweise enthält bereits die Vertraulichkeitsvereinbarung,119 spätestens aber der Unternehmenskaufvertrag eine Rechtswahlklausel.120 Möglich ist aber auch eine konkludente Rechtswahl. Eine solche liegt gemäß Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO vor, wenn sich das anwendbare Recht entweder eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Falles ergibt. Das ist der Fall, wenn sich dieser eindeutig auf eine Rechtsordnung bezieht,121 indem z. B. verschiedene Klauseln ausdrücklich auf das deutsche Recht Bezug nehmen und entsprechende Bezüge zu anderen Rechtsordnungen fehlen.122 Paradigmatisch ist 116

Siehe etwa Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 7 Rn. 28. Vgl. Piltz, NJW 2017, 2449, 2450 f. 118 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 6. 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABlEG v. 4. 7. 2008, L 177/6. 119 Vgl. Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. B.I.1 Anm. 1. 120 Vgl. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 7 Rn. 30; BeckHdB M&A/ Meyer-Sparenberg, § 40 Rn. 69; Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1. 121 BGH NJW-RR 1996, 1034 Rn. 6; BGH NJW-RR 2000, 1002 Rn. 23; MüKoBGB/ Martiny, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 58. 122 Vgl. BGH NJW-RR 1996, 1034 Rn. 6; BGH NJW-RR 2000, 1002 Rn. 23; MüKoBGB/ Martiny, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rom I-VO, Rn. 58. 117

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

insofern der Rekurs auf Legaldefinitionen wie die des § 121 Abs. 1 BGB. Die Umstände des Falls, aus denen sich das anwendbare Recht ergeben kann, können z. B. der Sitz des Zielunternehmens, der Erfüllungsort123 und der Ort der Zulassung der verhandlungsführenden Rechtsanwälte sein.124 Einschränkungen erfährt die Möglichkeit der freien Rechtswahl durch Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO. Danach darf eine Rechtswahl nicht dazu führen, dass einem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch die Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das nach Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO mangels Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf. Verbraucher ist gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO eine natürliche Person, die einen Vertrag zu einem Zweck schließt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Das wirft die Frage auf, ob der Abschluss eines Unternehmenskaufvertrags durch eine natürliche Person grundsätzlich ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugeordnet werden kann und damit eine Einschränkung der Rechtswahlfreiheit gemäß Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO von vornherein nicht in Betracht kommt. Zu dem – im Hinblick auf die Definition des Verbrauchers – wortgleichen Art. 13 EuGVÜ125 hat sich der Europäische Gerichtshof mehrfach für eine restriktive Auslegung des Verbraucherbegriffs ausgesprochen:126 Ob eine Person Verbraucher sei, müsse „nach der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht nach der subjektiven Stellung dieser Person zu beantworten“ sein.127 Voraussetzung für die Annahme der Verbrauchereigenschaft sei ferner die vollständige Zuordnung des Vertragszwecks zum privaten Bereich.128 Diese Erwägungen lassen sich auf die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO übertragen.129 Das ergibt sich zum einen aus dem Erwägungsgrund 24 der Rom I-VO, in dem das Erfordernis einer einheitlichen Auslegung des Verbraucherbegriffs in der Rom I-VO und EuGVVO130 hervorge123

Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 7 Rn. 43. Vgl. BGH NJW-RR 2000, 1002 Rn. 24. Kritisch: Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 7 Rn. 43. 125 Übereinkommen vom 27. 9. 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABlEG. 1972, L 299/32. 126 Vgl. EuGH v. 3. 7. 1997, Benincase ./. Dentalkit Srl., Rs. C-269/95, ECLI:EU:C:1997:337, Rn. 15 ff.; EuGH v. 20. 1. 2005, Gruber ./. Bay Wag AG, Rs. C-464/01, ECLI:EU:C:2005:32, Rn. 35 ff. 127 EuGH v. 3. 7. 1997, Benincase ./. Dentalkit Srl., Rs. C-269/95, ECLI:EU:C:1997:337, Rn. 15 ff. 128 EuGH v. 20. 1. 2005, Gruber ./. Bay Wag AG, Rs. C-464/01, ECLI:EU:C:2005:32, Rn. 42 ff. 129 Staudinger/Magnus, BGB, 2016, Art. 6 Rom I-VO Rn. 38. 130 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. 12. 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABlEG. V. 16.2011, L012/1; aufgehoben durch Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. 12. 2012, ABlEU. v. 20. 12. 2012, L 351/1. Es handelt sich um die Nachfolgeregelung zur EuGVÜ, die in ihrem Art. 15 Abs. 1 eine – im 124

§ 2 Anwendbares Recht

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hoben wird. Zum anderen spricht auch der einheitliche Schutzzweck für eine einheitliche Auslegung der Normen und damit für eine Übertragung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 13 EuGVÜ auf Art. 6 Abs. 1 Rom IVO.131 Stellt man danach auf die vom Europäischen Gerichtshof als maßgeblich angesehene Natur und Zielsetzung eines Unternehmenskaufvertrags ab, so spricht das grundsätzlich gegen die Qualifikation einer Vertragspartei als Verbraucher i.S.v. Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO. Das Ziel eines Unternehmenskaufvertrags ist die Erlangung oder die Beendigung der (ggf. mittelbaren) Stellung des Unternehmensträgers, was genuin der professionellen (d. h. beruflichen oder gewerblichen) Sphäre einer natürlichen Person zurechenbar ist. Aber auch die Natur des Unternehmenskaufs bzw. -verkaufs als komplexes, großvolumiges Geschäft spricht klar gegen eine Einordnung als Verbrauchergeschäft. Das gilt insbesondere vor dem teleologischen Hintergrund der Rom I-VO: Laut Beweggrund 24 der Rom I-VO ist es ein wesentliches Anliegen der Verordnung, die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten insbesondere für Verbraucherverträge zu ermöglichen, die regelmäßig einen geringen Streitwert haben. Zwar sind damit nicht zwingend (e contrario) Fälle mit einem hohen Streit- bzw. Gegenstandswert aus dem Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO ausgeschlossen, weil z. B. der Kauf eines teuren privatgenutzten PKW noch in den teleologischen Randbereich der Norm fallen kann.132 Anders verhält es sich jedoch bei großvolumigen, komplexen Verträgen, wie Unternehmenskaufverträgen, die eine verständige Person nur unter Hinzuziehung von (hochspezialisierten) Rechtsanwälten abschließt. Hier würde die Anwendung der Rom I-VO zu einer zufälligen Privilegierung einer an einem solchen Geschäft beteiligten Naturalpartei führen, die weder vom Schutzzweck noch vom Willen des Verordnungsgebers gedeckt ist. Für solche Verträge ist der Anwendungsbereich der Rom I-VO daher nicht eröffnet. Dem steht nicht entgegen, dass Geschäfte, die der Anlage des Privatvermögens dienen, nach allgemeiner Ansicht in der deutschen Literatur und Rechtsprechung der Privatsphäre zuzuordnen sind.133 Einerseits kann nämlich, jedenfalls wenn Investitionsentscheidungen kaufmännisch organisiert werden, von einer Zuordnung zur Privatsphäre keine Rede mehr sein.134 Und andererseits handelt es sich bei dem Hinblick auf die Definition des Verbrauchers – wortgleiche Regelung wie Art. 13 EuGVÜ enthielt. 131 Vgl. Ferrari/Ragno, Rome I Regulation, 2015, Art. 1 Rn. 10. 132 Vgl. Geimer, FS Martiny, S. 711, 717 ff., v. Hein, EuZW 2011, 369, 370. 133 OLG Hamburg IPRax 2005, 251; High Court of Justice, Queen’s Bench Division, Commercial Court v. 20. 1. 2000. Standard Bank London Ltd. ./. Apostolakis; Staudinger/ Magnus, BGB, 2016, Art. 6 Rom I-VO Rn. 42; MüKoBGB/Martiny, 7. Aufl. 2018, Art. 6 Rom I-VO Rn. 14. 134 Staudinger/Magnus, BGB, 2016, Art. 6 Rom I-VO Rn. 42; a.A. Geimer, FS Martiny, 2014, S. 711 ff.; MüKoBGB/Martiny, 7. Aufl. 2018, Art. 6 Rom I-VO Rn. 14, die den Verbraucherbegriff jedoch sinnwidrig überstrapazieren.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Erwerb bzw. der Veräußerung eines Unternehmens um eine unternehmerische Tätigkeit, die mehr als eine bloße Kapitalanlage darstellt. 2. Fehlende Rechtswahl Haben die Parteien es versäumt, das anwendbare Sachrecht ausdrücklich oder konkludent zu wählen, bestimmt sich das anwendbare Recht gemäß Art. 4 Rom IVO. Dabei ist insbesondere ungeklärt, ob es sich – wie teilweise in der Literatur vertreten – bei einem Asset Deal (siehe dazu: § 1 B.I.) um einen Kaufvertrag über bewegliche Sachen i.S.d. Art. 4 Abs. 1 lit. a) Rom I-VO handelt und sich das anwendbare Recht daher in diesem Fall nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Verkäufers richtet.135 Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Auch bei der gebotenen autonomen Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Sache“ in Art. 4 Abs. 1 lit. a) und c) Rom I-VO ergibt sich aus den Adjektiven „beweglich“ und „unbeweglich“, dass der Wortlaut der Vorschrift nur solche Gegenstände erfasst, die einen physischen Bezug aufweisen. Der Gegenstand des Unternehmenskaufvertrags ist das Unternehmen als wirtschaftliche Funktionseinheit, das durch seine Verbindung verschiedener Aktiva und Passiva mit einem Tätigkeitsbereich geprägt ist (siehe dazu: § 1 A.). Diese Zusammensetzung, die physisch nicht erfahrbar ist, begründet den Mehrwert eines Unternehmens gegenüber einer bloßen Sach- oder Rechtsgesamtheit. Das Unternehmen ist daher – unabhängig davon, ob es sich um einen Share oder Asset Deal handelt – nicht vom Sachbegriff des Art. 4 Rom I-VO erfasst. Welches Sachrecht in Ermangelung einer Rechtswahl durch die Vertragsparteien anwendbar ist, richtet sich daher nicht nach Art. 4 Abs. 1 lit. a) bzw. c), sondern nach Art. 4 Abs. 2 bis 4 Rom I-VO. II. Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts Haben Veräußerer und Erwerber ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten, stellt sich die Frage, ob die United Nations Conventions on the International Sale of Goods (CISG) Anwendung findet. Der Anwendungsbereich der CISG wird durch ihren Art. 1 Abs. 1 bestimmt. Die Konvention findet danach auf Verträge Anwendung, die einen „sale of goods“ (Kauf von Ware) zum Gegenstand haben. Was eine Ware in diesem Sinne ist, wird durch die CISG selbst zwar nicht definiert. Nach allgemeiner Ansicht ist unter einer Ware allerdings ein beweglicher, körperlicher Gegenstand zu verstehen.136 Damit nicht vom Anwendungsbereich der CISG erfasst 135 So Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 7 Rn. 44 mit einem zu pauschalen Verweis auf MüKoBGB/Martiny, 7. Aufl. 2018, Art. 4 Rom I-VO, Rn. 208, der lediglich die Möglichkeit aufzeigt, dass ein Asset Deal als Warenkauf zu qualifizieren sein kann. 136 Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari, CISG, 6. Aufl. 2013, Art. 1 Rn. 34; m.w.N. MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 1 CISG Rn. 13.

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sind Fälle, in denen ein Unternehmenserwerb als Share Deal (siehe dazu: § 1 B.II.) strukturiert ist,137 was sich auch ausdrücklich aus Art. 2 lit. d CISG ergibt, der die Anwendung auf „stocks, shares, investment securities, negotiable instruments or money“ ausschließt.138 Schwieriger gestaltet sich die Rechtslage in Fällen, in denen die Transaktion als Asset Deal (siehe dazu: § 1 B.I.) strukturiert ist: Eine Vielzahl der zu einem Unternehmen typischerweise gehörenden Vermögensgegenstände fallen für sich genommen in den sachlichen Anwendungsbereich der CISG, weil sie sich unter das Tatbestandsmerkmal Ware subsumieren lassen. Auf andere Vermögensgegenstände wäre die CISG bei isolierter Betrachtung hingegen nicht anwendbar, weil es sich dabei entweder nicht um Ware handelt oder die Anwendung der CISG ausdrücklich ausgeschlossen ist. Doch was bedeutet das für die Anwendbarkeit der CISG auf den Asset Deal? Möglich wäre es, die CISG auf einen Unternehmenskauf in Form eines Asset Deals anzuwenden, soweit dieser einen Kauf von Ware zum Gegenstand hat. Die Folge wäre die gleichzeitige Anwendung der CISG und des nationalen Kaufrechts auf denselben Vertrag. Dieser Ansatz ist grundlegenden systematischen Bedenken ausgesetzt: So regelt die Konvention gemäß Art. 4 S. 1 CISG den Vertragsschluss („This Convention governs […] the formation of the contract […].“). Würde auf den Asset Deal gleichzeitig die CISG und das nationale Kaufrecht Anwendung finden, wären Fälle denkbar, in denen es auf die Frage, ob ein Vertrag überhaupt geschlossen wurde, zwei verschiedene Antworten gäbe. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit ist nicht hinnehmbar. Die Frage, ob die CISG im Falle eines Asset Deal anwendbar ist, kann daher nur einheitlich beantwortet werden. Ein in der Literatur zu Art. 1 CISG entwickelter Ansatz stellt dazu auf den Schwerpunkt des Vertrags ab: Gegenstand des Unternehmenskaufs im Wege eines Asset Deals sei eine Sachgesamtheit.139 Darauf fände wegen des sich aus Art. 3 Abs. 2 CISG nach der Auslegungsregel des Art. 7 Abs. 2 CISG ableitbaren allgemeinen Grundsatzes die CISG Anwendung, wenn Waren i.S.d. Art. 1 Abs. 1 CISG den überwiegenden Teil der Leistung des Käufers ausmachten.140 Das überzeugt nicht, weil es dem Wesen des Unternehmens nicht gerecht wird: Gegenstand des Unternehmenserwerbs ist gerade keine bloße Sach- oder Rechtsgesamtheit, sondern eine wirtschaftliche Funktionseinheit, also eine Verknüpfung von einem Tätigkeitsbereich mit verschiedenen Sachen und Rechten. Diese wirtschaftliche Funktionseinheit begründet einen Mehrwert, der über eine Zusammenfassung von Sachen und Rechten in einer bloßen Sach- oder Rechtsgesamtheit hinausgeht (siehe dazu: § 1 A.). Das Abstellen auf einzelne Vermögensgegenstände des Zielunternehmens 137 Merkt (2003), Rn. 682 ff.; Wetzler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 15 Rz. 56. 138 Göthel, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, Rz. 6.2480 f. 139 MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 1 CISG Rn. 18. 140 MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 1 CISG Rn. 17; Staudinger/Magnus, BGB, 2013, Art. 1 CISG Rn. 51; Land, BB 2013, 2697 Fn. 20; vgl. Magnus, ZEuP 1997, 823, 830.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

geht daher an der Sache vorbei. Der Asset Deal ist weder teilweise noch überwiegend ein Kaufvertrag über bewegliche Sachen.141 Auch auf als Asset Deal strukturierte Unternehmenskäufe findet die CISG daher keine Anwendung.142

B. Vertragsschluss Auf den Vertragsschluss finden bei einem Unternehmenskauf die (I.) allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Das gilt auch für die besonders relevanten (II.) Formerfordernisse. I. Anwendung der allgemeinen Regeln Verpflichtungs- und Vollzugsgeschäfte kommen auch bei der Veräußerung und dem Erwerb von Unternehmen durch Angebot und Annahme zustande, §§ 145 ff. BGB.143 Eine Besonderheit des Vertragsschlusses liegt dabei in dem Umstand, dass neben dem Erwerber und dem Veräußerer oftmals weitere Personen Vertragsparteien werden. Da die Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit einem Unternehmenserwerb häufig nicht durch die Parteien selbst, sondern durch Stellvertreter (z. B. Rechtsanwälte) vorgenommen werden, haben ferner die §§ 164 ff. BGB eine große praktische Bedeutung. Neben der Beachtung der sogleich zu untersuchenden Formerfordernisse kann die Wirksamkeit des Vertragsschlusses außerdem von der Erfüllung von Zustimmungserfordernissen, wie sie insbesondere das Familien- und Erbrecht in den §§ 1365, 1821 ff. ggf. i.V.m. § 1915 Abs. 1 BGB vorsieht, abhängen.144 Ist die Trägerin des Zielunternehmens eine Aktiengesellschaft, kann gemäß § 179a Abs. 1 S. 1 AktG auch die Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich sein.145

141

BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 40 Rn. 68. Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari, CISG, 6. Aufl. 2013, Art. 1 Rn. 36; BeckHdB M&A/ Meyer-Sparenberg, § 40 Rn. 68; BeckOKBGB/Saenger, 43. Ed. 2017, Art. 1 CISG Rn. 6; Wetzler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 15 Rz. 57. 143 Theoretisch ist der Abschluss von Unternehmenskaufverträgen im Wege der öffentlichen Versteigerung gemäß § 156 S. 1 BGB zwar denkbar, in der Praxis hat diese Form des Vertragsschlusses allerdings keine Bedeutung. 144 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 43 Rn. 32 ff. 145 Näher dazu: Holzapfel/Pöllath/Bergjan/V. Schäfer, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 89. 142

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II. Formerfordernisse Der Unternehmenskaufvertrag und die entsprechenden Vollzugsgeschäfte unterliegen keinen speziellen Formvorschriften.146 Von den allgemeinen Formvorschriften sind insbesondere die § 311b (1.) Abs. 1 und (2.) 3 BGB und (3.) § 15 GmbHG von Relevanz. 1. Verlust bzw. Erwerb von Eigentum an Grundstücken, § 311b Abs. 1 BGB Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf gemäß § 311b Abs. 1 S. 1 BGB der notariellen Beurkundung. Maßgeblich für die Formbedürftigkeit ist die Begründung einer Verpflichtung zur Veränderung der rechtlichen Zuordnung an einem Grundstück,147 wobei unerheblich ist, ob die Übertragung bzw. der Erwerb des Grundstücks den Schwerpunkt der vertraglichen Leistung darstellt.148 Im Kontext des Unternehmenserwerbs kann der Tatbestand des § 311b Abs. 1 BGB unmittelbar ausschließlich beim Asset Deal (siehe dazu: § 1 B.I.) erfüllt sein. Sofern zum Unternehmensvermögen das Eigentum an einem Grundstück gehört, ist der Unternehmenskaufvertrag danach formbedürftig.149 Das betrifft den ganzen Vertrag und nicht bloß die Grundstücksveräußerungspflicht.150 Wird die von § 311b Abs. 1 BGB vorgegebene Form nicht gewahrt, ist der Vertrag gemäß § 125 S. 1 BGB nichtig,151 wobei die Nichtigkeit im Zweifelsfall den gesamten Unternehmenskaufvertrag betrifft, § 139 Hs. 1 BGB.152

146 Holzapfel/Pöllath/Engelhardt/v. Woedtke, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 11; vgl. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 99. 147 Vgl. BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017, § 311b Rn. 5; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 3, 7; MüKoBGB/Kanzleiter, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 11 ff.; HkBGB/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 311b Rn. 8. 148 Vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 15; Erman/Grziwotz, BGB, 15. Aufl. 2017, § 311b Rn. 14. 149 Holzapfel/Pöllath/Engelhardt/v. Maltzahn, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 1136. 150 Palandt/Grüneberg, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 27a; vgl. BGHZ 76, 80 Rn. 20; BGH NJW 1989, 898 Rn. 28; auch schon RGZ 79, 434, 435 ff.; Erman/Grziwotz, BGB, 15. Aufl. 2017, § 311b Rn. 43 f.; Staudinger/Schumacher, BGB, 2012, § 311b Rn. 152. 151 BGH NJW-RR 2017, 114 Rn. 19; BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017, § 311b Rn. 32; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 45; MüKoBGB/Kanzleiter, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 68; Jauernig/Stadler, BGB, 16. Aufl. 2015, § 311b Rn. 31. 152 Vgl. OLGR Stuttgart 2007, 881 Rn. 35 ff.; BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017, § 311b Rn. 32; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 45; MüKoBGB/Kanzleiter, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 71; Palzer, JURA 2011, 917, 919; Jauernig/Stadler, BGB, 16. Aufl. 2015, § 311b Rn. 32.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Anders verhält es sich dagegen beim Share Deal (siehe dazu: § 1 B.II.): Da sich hier die rechtliche Zuordnung der unternehmenszugehörigen Vermögensgegenstände nicht verändert, findet die Vorschrift keine unmittelbare Anwendung.153 Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht.154 Daran ändert sich nach herrschender Meinung auch in den Fällen nichts, in denen das Gesellschaftsvermögen im Wesentlichen aus Grundstücken besteht.155 Das ist nicht nur wegen der aus Verkehrsschutzgründen gebotenen streng tatbestandsgetreuen Auslegung von Formvorschriften folgerichtig.156 Es fehlt ferner an einer planwidrigen Regelungslücke, die für eine Analogie zwingend erforderlich ist.157 Denn es muss davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber die Möglichkeit bekannt war, Geschäftsanteile an einer Gesellschaft, deren überwiegendes Vermögen aus Grundstücken besteht, formlos zu erwerben. Dieses Argument hat durch die Schuldrechtsreform noch an Bedeutung gewonnen, weil dabei von einer entsprechenden Änderung des § 313 BGB a.F. abgesehen wurde. 2. Verfügungen über das Vermögen, § 311b Abs. 3 BGB Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, bedarf gemäß § 311b Abs. 3 BGB der notariellen Beurkundung. Da Unternehmen regelmäßig einen wesentlichen Vermögensbestandteil des Unternehmensträgers bilden, scheint die Vorschrift prima facie für den Unternehmenserwerb relevant zu sein. Die Anwendung des § 311b Abs. 3 BGB hätte dabei im Vergleich zu anderen Formvorschriften eine besondere Brisanz, weil etwaige Verstöße nicht durch Erfüllung heilbar wären.158 Im Folgenden ist daher der (a)) sachliche und (b)) persönliche Anwendungsbereich der Norm zu untersuchen.

153

Vgl. BGHZ 86, 367 Rn. 9; BGH NJW 1990, 444 Rn. 4; OLG Düsseldorf NZG 2007, 510 Rn. 17 f.; BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017, § 311b Rn. 7; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 5, 27a; MüKoBGB/Kanzleiter, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 14; Palzer, JURA 2011, 917, 922. 154 BGHZ 86, 367 Rn. 9; BGH NJW 1990, 444 Rn. 4; OLG Düsseldorf NZG 2007, 510 Rn. 17 f.; BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017, § 311b Rn. 7; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 5, 27a; MüKoBGB/Kanzleiter, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 14; Palzer, JURA 2011, 917, 922. 155 BGHZ 86, 367 Rn. 9; BGH NJW 1990, 444 Rn. 4; OLG Düsseldorf NZG 2007, 510 Rn. 17 f.; MüKoBGB/Kanzleiter, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 14. 156 BGHZ 86, 367 Rn. 9; OLG Düsseldorf NZG 2007, 510 Rn. 18. 157 Vgl. Larenz/Canaris (1995), S. 187 ff.; Meier/Jocham, JuS 2016, 392, 393 f.; Reimer, Rn. 568 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rn. 889 ff. 158 BGH MDR 2016, 1317 Rn. 11 f.; BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017, § 311b Rn. 45; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 68; MüKoBGB/Krüger, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 107; Palzer, JURA 2011, 917 920.

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a) Sachlicher Anwendungsbereich Bei der Bestimmung der Grenzen des sachlichen Anwendungsbereichs des § 311b Abs. 3 BGB ist zwischen der (aa)) Verpflichtung zur Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände und der (bb)) Verpflichtung unter Bezeichnung einzelner Vermögensgegenstände zu differenzieren. aa) Verpflichtung zur Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände Sachlich knüpft der Tatbestand des § 311b Abs. 3 BGB an die Verpflichtung an, über das gegenwärtige Vermögen oder einen Bruchteil davon zu verfügen. Davon ohne Weiteres erfasst sind Sachverhalte, in denen sich die Verpflichtung ausdrücklich auf das Vermögen als solches (in „Bausch und Bogen“)159 bzw. einen Bruchteil dessen bezieht. Fraglich ist dagegen, ob der sachliche Anwendungsbereich der Norm auch in Fällen eröffnet ist, in denen die Gegenstände der Verfügungsverpflichtung zwar einzeln bezeichnet sind, deren Wert aber das gesamte oder annähernd das gesamte Vermögen des Verpflichteten bilden. Der Wortlaut der Norm spricht gegen eine Anwendung von § 311b Abs. 3 BGB: Unter Vermögen wird nämlich nach allgemeiner Meinung die Summe aller geldwerten Rechte und Güter einer Person und damit ein Inbegriff von Rechtspositionen verstanden.160 Zwar entspricht die Verpflichtung einer Person, der nur ein geldwerter Gegenstand rechtlich zugeordnet ist, über diesen zu verfügen der Verpflichtung zur Verfügung über ihr Vermögen als Ganzes. Allerdings liegt darin keine Verpflichtung zur Verfügung über einen Inbegriff von Rechtspositionen. Systematisch prima facie für eine Anwendung auch auf Verfügungsverpflichtungen bezüglich einzelner Vermögensgegenstände spricht, dass der Tatbestand auch die Bestellung eines Nießbrauchs am Vermögen erfasst: Ein Nießbrauch kann gemäß § 1030 Abs. 1 BGB nur an einzelnen Sachen bestellt werden. Ergäbe sich daraus, dass die Verpflichtung, einen Nießbrauch an einem Vermögen als solches zu bestellen, einen Fall rechtlicher Unmöglichkeit darstellt, würde dies dafürsprechen, dass der Gesetzgeber mit § 311b Abs. 3 BGB auch die Verpflichtung zur Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände im Blick hatte, da die Norm ansonsten insoweit keine Anwendung finden würde. Diesem Begründungsansatz steht jedoch § 1085 BGB entgegen: Danach wird der Nießbrauch an einem Vermögen durch die Bestellung des Nießbrauchs an den einzelnen Vermögensgegenständen erlangt. Der Gesetzgeber hat die Verpflichtung zur Bestellung eines Nießbrauchs an einem Vermögen als solches also dinglich antizipiert. Binnensystematisch gegen die Anwendung auf einzelne Vermögensgegenstände spricht, dass dadurch die tatbestandliche Reichweite des § 311b Abs. 3 Var. 2 BGB ausufern würde, weil letztlich 159

Vgl. BGH NJW 1991, 353, Rn. 36; OLG Hamm NZG 2010, 118 Rn. 21; OLG München GWR 2016, 353 Rn. 43; RGZ 94, 314, 316. 160 BeckOKBGB/Fritzsche, 43. Ed. 2017, § 90 Rn. 22; Staudinger/Stieper, BGB, 2017, § 90 Rn. 74; MüKoBGB/Stresemann, 7. Aufl. 2015, § 90 Rn. 43, vgl. RGZ 69, 283, 285.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

jeder einzelne Vermögensgegenstand einen Bruchteil des gesamten Vermögens darstellt.161 Gegen die Anwendung des Formerfordernisses auf einzelne Vermögensgegenstände bestehen auch teleologisch Bedenken: Die Formvorschrift des § 311b Abs. 3 BGB erfüllt drei Funktionen: Erstens bezweckt sie eine „Befestigung der Rechtssicherheit“.162 Zweitens soll eine Umgehung der Vorschriften über die Verfügung von Todes wegen verhindert werden.163 Und drittens dient sie als Übereilungsschutz,164 weil der Verfügung über das gesamte Vermögen als „inhaltsschwerem Geschäft“165 eine besondere Tragweite beizumessen ist. Die Notwendigkeit eines Übereilungsschutzes wird dabei auch mit der Schwierigkeit des Schuldners, den Umfang der eingegangenen Verpflichtung zu überschauen, begründet.166 Sind die Gegenstände, auf die sich die Verfügungsverpflichtung bezieht, vertraglich bezeichnet, so ist der Umfang der Verpflichtung sowohl für den Rechtsverkehr als auch für den Schuldner erkennbar.167 Ein besonderes Bedürfnis an Rechtssicherheit entfällt damit und die Notwendigkeit eines Übereilungsschutzes ist jedenfalls eingeschränkt. Einzig der Umgehungsschutz kann in gleichem Maße relevant sein, wie bei der Verfügung über das Vermögen als Ganzes bzw. über einen Bruchteil des Vermögens. Auch infolge dieser teleologischen Asymmetrie ist die Einschränkung des Grundsatzes der Formfreiheit hier nicht gerechtfertigt.168 Der sachliche Anwendungsbereich des § 311b Abs. 3 BGB ist danach also nicht eröffnet, wenn die Gegenstände der Verfügungsverpflichtung vertraglich bezeichnet werden, selbst wenn sie das gesamte oder annähernd das gesamte Vermögen des Verpflichteten darstellen.169 Aus denselben Gründen wird auch die Anwendung des Formzwangs auf Sondervermögen abgelehnt.170 Sondervermögen sind Vermögensmassen, die speziellen rechtlichen Regeln unterliegen und dadurch vom allgemeinen

161

Müller, NZG 2007, 201, 203. Mot. II, S. 188 (Mugdan II, S. 103). 163 Mot. II, S. 354 (Mugdan II, S. 197). 164 Mot. II, S. 188 (Mugdan II, S. 103 f.). 165 Mot. II, S. 188 (Mugdan II, S. 104). 166 BGHZ 25, 1; Kiem, NJW 2006, 2363; MüKoBGB/Krüger, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 100. 167 Maßgeblich auf die Erkennbarkeit für den Schuldner abstellend: RGZ 94, 314, 316 f.; Böttcher/Fischer, NZG 2010, 1332,1333; MüKoBGB/Krüger, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 104. 168 A.A. Eickelberg/Mühlen, NJW 2011, 2476, 2477; Heckschen, NZG 2006, 772. 169 BGH NJW 1991, 353 Rn. 36, OLG Hamm NZG 2010, 1189 Rn. 21; RGZ 69, 416, 420; RGZ 94, 314, 316 f.; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 107; BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017, § 311b Rn. 44; MüKoBGB/Krüger, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 104. 170 BGHZ 25,1; RGZ 137, 324, 348; BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017, § 311b Rn. 44; MüKoBGB/Krüger, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 104. 162

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Vermögen einer Person getrennt sind.171 Verpflichtet sich jemand zur Verfügung über ein Sondervermögen, betrifft die Verpflichtung lediglich einen abgesonderten (und für ihn dadurch überschaubaren) Teil seines Gesamtvermögens.172 Dem Schutz des § 311b Abs. 3 BGB bedarf er daher nicht.173 bb) Verpflichtung unter Bezeichnung einzelner Vermögensgegenstände Von der Verpflichtung zur Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände sind Fälle zu unterscheiden, in denen die Verpflichtung zur Verfügung über das gesamte Vermögen unter Bezeichnung einzelner Vermögensgegenstände begründet wird. Das betrifft vor allem Unternehmenskaufverträge in denen die Gegenstände der Verfügungspflicht zwar im Einzelnen bezeichnet sind, diese Verpflichtung allerdings durch sog. „Catch All“-Klauseln auf alle nicht bezeichneten Gegenstände ausgeweitet wird.174 Diese Regelungen sind vom Sinn und Zweck des § 311b Abs. 3 BGB erfasst:175 Weder den Parteien noch dem Rechtsverkehr ist der genaue Umfang der durch sie begründeten Verpflichtung bekannt, sie zielen vielmehr gerade auf die Ausweitung der Verpflichtung auf noch unbekannte oder übersehene Vermögensgegenstände.176 Dementsprechend ist § 311b Abs. 3 BGB anwendbar, wenn nur eine negative Bezeichnung einzelner Vermögensgegenstände erfolgt, also nur diejenigen Gegenstände bezeichnet werden, die nicht von der Verfügungsverpflichtung erfasst sind.177 b) Persönlicher Anwendungsbereich Die Reichweite des persönlichen Anwendungsbereichs des § 311b Abs. 3 BGB ist umstritten: Nach herrschender Meinung findet das Formerfordernis auch Anwendung, wenn sich eine juristische Person verpflichtet, über ihr Vermögen oder einen Bruchteil davon zu verfügen.178 Diese Ansicht lässt sich bis zu einer Ent171 Vgl. BeckOKBGB/Fritzsche, 43. Ed. 2017, § 90 Rn. 22; Staudinger/Stieper, BGB, 2017, § 90 Rn. 76. Paradigmatisch ist insoweit das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, das gemäß der §§ 718 ff. BGB besonderen Bindungen unterliegt (MüKoBGB/ C. Schäfer, 7. Aufl. 2017, § 718 Rn. 2 ff.). 172 Vgl. RGZ 69, 283, 290. 173 A.A. im Hinblick auf das Sondervermögen von Personengesellschaften: Böttcher/ Grewe, NZG 2005, 950, 951 f.; Heckschen, NZG 2006, 772, 773; Müller, NZG 2007, 201, 205 f. 174 Vgl. Eickelberg/Mühlen, NJW 2011, 2476, 2478; Fortun/Neveling, BB 2011, 2568, 2569 f.; Heckschen, NZG 2006, 772, 775; Kiem, NJW 2006, 2363, 2365; Palzer, JURA 2011, 917, 921. 175 Vgl. RGZ 69, 283, 289; zurückhaltend: Kiem, NJW 2006, 2363, 2365; Palzer, JURA 2011, 917, 921; a.A. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 107; Böttcher/Grewe, NZG 2005, 950, 954; Müller, NZG 2007, 201, 205. 176 A.A. Böttcher/Grewe, NZG 2005, 950, 954; Müller, NZG 2007, 201, 205. 177 Vgl. RGZ 69, 283, 289 f. 178 OLG Hamm NZG 2010, 1189 Rn. 18 ff.; RGZ 69, 283; RGZ 76, 1, 3; RGZ 137, 324, 348; Eickelberg/Mühlen, NJW 2011, 2476, 2477; BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017,

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

scheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1908 zurückverfolgen.179 Der Senat schloss dabei unmittelbar aus der Rechtspersönlichkeit der juristischen Person auf die Anwendbarkeit der heute in § 311b Abs. 3 BGB enthaltenen Regelung des § 313 a.F. BGB.180 Ähnlich hat sich zuletzt 2010 das Oberlandesgericht Hamm gegen eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 311b Abs. 3 BGB ausgesprochen: Dem Tatbestand sei keine Beschränkung auf natürliche Personen zu entnehmen, die Gewährleistung von Übereilungsschutz und Rechtssicherheit sei auch bei Verfügungsverpflichtungen einer juristischen Person erforderlich und der Gesetzgeber habe die Norm im Rahmen der Schuldrechtsreform nicht geändert.181 Dieses Normverständnis hat Kiem mit einer Parallele zum Verfassungsrecht angegriffen:182 Wie bei Art. 19 Abs. 3 GG sei auch bei der Anwendung von privatrechtlichen Normen auf juristische Personen zunächst zu prüfen, ob sich deren Anwendungsbereich auf juristische Personen erstrecke.183 Allein das Fehlen eines Ausnahmetatbestandes begründe die Anwendbarkeit einer Norm auf eine juristische Person nicht.184 Das ergäbe sich systematisch aus dem Minderjährigen- und Erbrecht.185 Im Hinblick auf § 311b Abs. 3 BGB ergäbe sich eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf natürliche Personen aus dem Schutzzweck der Norm: Die Umgehung der Vorschriften über die Verfügung von Todes wegen sei bei juristischen Personen nicht zu besorgen.186 Der Übereilungsschutz sei durch die sich aus ihrer Binnenverfassung ergebenden Zustimmungserfordernisse (paradigmatisch insoweit § 179a AktG) gewährleistet.187 Das Bedürfnis nach Rechtssicherheit bestehe bei einer juristischen Person nicht, da infolge von Bilanzierungspflichten Klarheit über das Vermögen der juristischen Person bestehe.188 Der Wortlaut des § 311b Abs. 3 BGB spricht für eine Anwendung des Formerfordernisses auf juristische Personen.189 Die von Kiem gegen dieses Wortlautargu§ 311b Rn. 44; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 65; Heckschen, NZG 2006, 772, 773; MüKoBGB/Krüger, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 105; Müller, NZG 2007, 201, 205 f. 179 Eickelberg/Mühlen, NJW 2011, 2476, 2477; Heckschen, NZG 2006, 772; Kiem, NJW 2006, 2363, 2365 und mit Verweis auf RGZ 69, 283; unzutreffend: Böttcher/Fischer, NZG 2010, 1332, 1333, die auf eine spätere Entscheidung aus dem Jahr 1910 rekurrieren. 180 Kiem, NJW 2006, 2363, 2365 f. 181 OLG Hamm NZG 2010, 1189 Rn. 19; zustimmend: Eickelberg/Mühlen, NJW 2011, 2476, 2477; vgl. auch Palzer, JURA 2011, 917, 920. 182 Kiem, NJW 2006, 2363. 183 Kiem, NJW 2006, 2363, 2366. 184 Kiem, NJW 2006, 2363, 2366. 185 Kiem, NJW 2006, 2363, 2366. 186 Kiem, NJW 2006, 2363, 2366 f. 187 Kiem, NJW 2006, 2363, 2366 f. 188 Kiem, NJW 2006, 2363, 2366. 189 Müller, NZG 2007, 201, 203.

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ment erhobenen Einwände sind nicht stichhaltig: Wegen der Anerkennung der vollen Rechtsfähigkeit der juristischen Person ist die Anwendung der Vorschriften des Privatrechts auf juristische Personen der Regelfall und grundsätzlich weder prüfungs- noch rechtfertigungsbedürftig. Die zu Art. 19 Abs. 3 GG gezogene Parallele ist grundlegenden Bedenken ausgesetzt: Bei der Norm handelt es sich nämlich um kein „Gleichbehandlungsgebot“, das die grundsätzliche Anwendbarkeit von Grundrechten auf juristische Personen anordnet.190 Sie sieht den Grundrechtsschutz von juristischen Personen vielmehr nur dort vor, wo ein Bezug zum Grundrechtsschutz des Einzelnen besteht.191 Die vor diesem Hintergrund entwickelte Wesensprüfung ist danach für die Frage, ob § 311b Abs. 3 BGB auf juristische Personen anwendbar ist, unergiebig. Überzeugen können dagegen die systematischen und teleologischen Einwände gegen eine Anwendung des § 311b Abs. 3 BGB auf juristische Personen:192 So ist es tatsächlich kaum nachvollziehbar, eine Aktiengesellschaft, die für von § 311b Abs. 3 BGB erfasste Geschäfte die Zustimmung der Hauptversammlung einholen muss, vor Übereilung zu schützen, zumal eine Umgehung erbrechtlicher Regelungen nicht zu besorgen ist. Schließlich leuchtet auch die Ungleichbehandlung von juristischen Personen einerseits und Sondervermögen andererseits nicht ein: Die Existenz einer juristischen Person und die Anerkennung ihrer Rechtspersönlichkeit erfüllt keinen Selbstzweck, sondern hat ausschließlich dienenden Charakter. Als Personenvereinigung dient sie dem Interesse der hinter ihr stehenden – letzten Endes natürlichen – Personen. Stellt man bei wertender Betrachtung auf die in der juristischen Person (ggf. mittelbar) vereinigten natürlichen Personen ab, so verhält es sich wie beim Sondervermögen einer Personengesellschaft: Das gesellschaftliche Zweckvermögen bildet (im Regelfall) nur einen Teil des Vermögens der Gesellschafter. Insofern verdienen die Stimmen in der Literatur, die sich bei der Anwendung der Vorschrift gegen eine Differenzierung zwischen Personengesellschaft und juristischer Person wenden,193 Zustimmung, auch wenn sich nach hier vertretener Ansicht daraus ein anderer Schluss ergibt: Bei wirtschaftlicher Betrachtung bildet das Zweckvermögen juristischer Personen nur eine abgeschlossene Teilmenge des Vermögens einer oder mehrerer natürlicher Personen. Die Mediatisierung durch die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit der juristischen Person ändert daran nichts. Das Vermögen juristischer Personen ist daher nicht vom Schutzzweck des § 311b Abs. 3 BGB erfasst und dessen personeller Anwendungsbereich damit nicht eröffnet.

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So aber Kiem, NJW 2006, 2363, 2366 f. M.w.N. Maunz/Dürig/Remmert, GG, 79. EL 2016, Art. 19 Abs. 3 Rn. 26 ff. 192 Vgl. Kiem, NJW 2006, 2363, 2366. 193 Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 108; Böttcher/Grewe, NZG 2005, 950, 951 f.; Heckschen, NZG 2006, 772, 773; Müller, NZG 2007, 201, 203. 191

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

c) Erkenntnisse für den Unternehmenserwerb Aus der Zusammenschau des sachlichen und persönlichen Anwendungsbereichs ergibt sich, dass der Formzwang des § 311b Abs. 3 BGB auf den Unternehmenserwerb keine Anwendung findet. Für den Share Deal folgt das aus der abschließenden Aufzählung der Gesellschaftsanteile. Bei einem Asset Deal ist zu unterscheiden, ob auf der Veräußererseite eine natürliche oder eine juristische Person steht: Ist der Veräußerer eine natürliche Person, findet § 311b Abs. 3 BGB keine Anwendung, weil die Verfügungsverpflichtung ein Sondervermögen betrifft und damit für ihn in ihrem Umfang überschaubar ist. Ist der Veräußerer eine juristische Person, ist der persönliche Anwendungsbereich der Vorschrift nicht eröffnet. 3. Geschäfte mit GmbH-Geschäftsanteilen, § 15 GmbHG Sind die Geschäftsanteile an einer deutschen GmbH Gegenstand eines Unternehmenserwerbs, sind die Formvorschriften des § 15 GmbHG zu beachten, die sowohl das Verfügungs- als auch das Verpflichtungsgeschäft betreffen. Gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG bedarf die Abtretung von Geschäftsanteilen an einer GmbH der notariellen Form. Nach § 15 Abs. 4 S. 1 GmbHG bedarf auch eine Vereinbarung, durch die die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird, der notariellen Form.

C. Vertragsinhalt Ausganspunkt für den zweiten Schritt, die weitere Eingrenzung des Rechts des Unternehmenskaufs innerhalb der deutschen Rechtsordnung, ist die Erkenntnis der Konturlosigkeit des Untersuchungsgegenstands: „Mergers & Acquisition“ ist kein eigenständiges, sondern ein Schmelztiegel verschiedener, überwiegend – aber nicht ausschließlich – zivilrechtlicher Rechtsgebiete. Das vergegenwärtigt die Schwierigkeit, das anwendbare Recht abschließend zu benennen. Bei der Darstellung und Analyse der Rechtsquellen des Unternehmenserwerbs soll daher die Bestimmung und Abgrenzung der Anwendungsbereiche dieser Rechtsquellen im Vordergrund stehen. Die inhaltliche Analyse von Unternehmenskaufverträgen, Begleitdokumenten und Vorfeldvereinbarungen ist dann Gegenstand der weiteren Bearbeitung. Entsprechend der verschiedenen Geltungsgründe bietet sich bei der Topologie des anwendbaren Rechts eine Unterscheidung anhand des Geltungsgrundes zwischen der lex contractus einerseits und dem Gesetzesrecht andererseits an. Der Inhalt des Unternehmenskaufvertrags ergibt sich danach zunächst aus den durch die Vertragsparteien bestimmten (I.) essentialia negotii. Diese werden einerseits durch weitere vertragliche Regelungen, den (II.) accidentialia negotii und andererseits durch die Rechtsordnung in Form der (III.) naturalia negotii ergänzt. Die wesentliche Rechtsquelle des Unternehmenserwerbs ist damit die aus den es-

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sentialia und den accidentialia negotii bestehende lex contractus, also das, was die Parteien in „Selbstherrlichkeit“194 durch Vertrag bestimmen und die Rechtsordnung anerkennt.195 I. Essentialia negotii Die essentialia negotii sind die konstitutiven Bestandteile einer rechtsgeschäftlichen Regelung, also die Gegenstände, die von ihr erfasst sein müssen, damit ein von der Rechtsordnung anerkannter Rechtsgeschäftstyp vorliegt.196 Die essentialia negotii erschöpfen sich in der Bestimmung der Parteien (siehe dazu: § 5 B.) und (im Falle von schuldrechtlichen Verträgen) der Hauptleistungspflichten (siehe dazu: § 5 C.).197 II. Accidentalia negotii Die accidentalia negotii sind die vertraglichen Regelungen, die den von der Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsgeschäftstyp ergänzen.198 Hierunter fallen insbesondere die vertraglichen Regelungen, durch die gesetzliche Regelungen abbedungen werden.199 Die weitgehende Abbedingung von Gesetzesrecht im Rahmen von Unternehmenskaufverträgen ist in der Praxis – gerade im Hinblick auf gewährleistungsrechtliche Regelungen (siehe dazu: § 5 E.I.) – üblich. Dieses Vorgehen ist aufgrund der durch das Grundgesetz geschützten vertraglichen Gestaltungsfreiheit (1.) grundsätzlich zulässig, unterliegt allerdings den (2.) Grenzen des zwingenden Rechts. 1. Grundsätzliche Zulässigkeit des Abbedingens gesetzlicher Regelungen Für die Zulässigkeit der Abbedingung gesetzlicher Regelungen streitet der Grundsatz der Privatautonomie.200 Privatautonomie meint „das Prinzip der Selbst194

W. Flume (1992), § 1, 5. Vgl. BVerfGE 81, 242 Rn. 46: „Privatautonomie besteht nur im Rahmen der geltenden Gesetze“; BVerfGE 89, 214 Rn. 52: „Nach ihrem Regelungsgegenstand ist die Privatautonomie notwendigerweise auf staatliche Durchsetzung angewiesen.“; Erman/Armbrüster, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. §§ 145 ff. Rn. 26 („Recht sub lege“); W. Flume (1992), § 1, 4., 8. a), § 33, 6. c); Leuschner, JZ 2010, 875, 880; Lorenz (1997), S. 16; Kirchhof, FS Ulmer, 2003, S. 1211. 196 MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, § 145 Rn. 6; W. Flume (1992), § 6, 2; vgl. Palandt/ Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, Einf v § 145 Rn. 3; Möslein, S. 48. 197 Medicus/Lorenz (2015), Rn. 69, 118; Möslein, S. 48. 198 W. Flume (1992), § 6, 2; Möslein, S. 48. 199 W. Flume (1992), § 6, 2; vgl. MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, § 145 Rn. 6. Zum abdingbaren Recht: Kähler (2012), passim. 200 Vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, Einf v § 145 Rn. 7 ff.; W. Flume (1992), § 1. 195

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

gestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen“,201 was jedoch nicht mit einer Ermächtigung der Vertragsparteien zur Rechtsetzung gleichgesetzt werden darf.202 Geltungsgrund privatautonom gestalteter Rechtsverhältnisse ist vielmehr deren Anerkennung durch die Rechtsordnung.203 Im Bereich des Schuldrechts ergibt sich die Anerkennung der Abbedingung der Regelungen des positiven Rechts aus dem Prinzip der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit für verpflichtende Verträge.204 Vielen schuldrechtlichen Normen kommt nur eine Reservefunktion zu (sog. Ordnungsfunktion des dispositiven Rechts).205 Die Parteien wissen oft besser als der Gesetzgeber, welche Regelung des Sachverhalts in concreto angemessen ist. Es ist ihnen daher – auch wenn sie sich für einen gesetzlichen Vertragstyp entschieden haben – erlaubt, Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen zu vereinbaren.206 2. Grenzen der vertraglichen Gestaltungsfreiheit Die Anerkennung privatautonom gestalteter Rechtsverhältnisse durch die Rechtsordnung ist kein Selbstzweck, sondern Ausdruck der Anerkennung der Selbstbestimmung der Person207 und durch Art. 2 Abs. 1 GG vorgegeben.208 In dieser Funktion ist die Privatautonomie von zentraler Bedeutung und – wie es das Bundesverfassungsgericht in der „Handelsvertreterentscheidung“ ausgedrückt hat –

201 W. Flume (1992), § 1, 1. So auch: BVerfGE 72, 155, Rn. 46; Lorenz (1997), S. 15; Singer, Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärungen, 1995, S. 1. Vgl. ferner Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, Überbl v § 104 Rn. 1; Staudinger/ Klumpp, BGB, 2017, Vorb. §§ 104 ff. Rn. 13; Stathopoulos, AcP 194 (1994), 543, 551. 202 W. Flume (1992), § 1, 5; vgl. Lorenz (1997), S. 16. 203 Fn. 195. 204 Vgl. MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, Vor § 145 Rn. 24; Cziupka (2010), S. 1; Palandt/ Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, Einf v § 145 Rn. 13; W. Flume (1992), § 1, 8. a); Lorenz (1997), S. 17. 205 Kötz, JuS 2013, 289, 290; Möslein, S. 33 ff.; Staudinger/H. Roth, BGB, 2015, § 157 Rn. 23. 206 Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 16. 6. 2014 – 11 U 1/14, Rn. 14 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, Überbl v § 311 Rn. 11; Medicus/Lorenz (2015), Rn. 67. 207 BVerfGE 89, 214 Rn. 51; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 277; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, Überbl v § 104 Rn. 1, Einf v § 145 Rn. 7; W. Flume (1992), § 1, 9; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, 1991, S. 41 f.; Larenz (1979), S. 57; Lorenz (1997), S. 18 f.; vgl. Möslein, S. 46 ff. 208 BVerfGE 8, 274 Rn. 206 („Preisgesetz“); BVerfGE 89, 214 Rn. 51; BVerfGE 126, 286 Rn. 50; BVerfGE 139, 285 Rn. 28; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, Einf v § 145 Rn. 7; W. Flume (1992), § 1, 1.; Medicus/Lorenz (2015), Rn. 71; Kirchhof, FS Ulmer, 2003, S. 1211, 1227; Lorenz (1997), S. 18 f. Für den Kaufvertrag: NomosBGB/Büdenbender, 3. Aufl. 2016, § 433 Rn. 17. Vgl. Staudinger/Klumpp, BGB, 2017, Vorb. §§ 104 ff. Rn. 14 und auch Canaris, FS Lerche, 1993, S. 874 mit einer weitergehenden verfassungsrechtlichen Kontextualisierung der Vertragsfreiheit.

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„Strukturelement einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung“.209 Vor dem Hintergrund dieses Funktionszusammenhangs sind die Grenzen der vertraglichen Gestaltungsfreiheit sichtbar:210 Die individuelle Freiheitssphäre muss enden, wo die Selbstbestimmung des einen Fremdbestimmung eines anderen bedeutet.211 Dementsprechend versagt die Rechtsordnung Vereinbarungen, die von gesetzlichen Regelungen abweichen, die Anerkennung, wenn sie – wie Art. 2 Abs. 2 GG es ausdrückt – die „Rechte Dritter“ verletzen.212 Weitere Schranken der Vertragsfreiheit bilden dementsprechend die „verfassungsmäßige Ordnung“ und die „Sittengesetze“.213 Gesetzliche Regelungen sind also zwingend, soweit dies zum Schutz dieser Rechtsgüter erforderlich und angemessen ist. Handelt es sich bei den konfligierenden, grundrechtlich geschützten Rechtsgütern um die Rechte des Vertragspartners, erfolgt ein Schutz primär durch dessen (a)) negative Vertragsabschlussfreiheit. Nur in Ausnahmefällen kommt ein darüberhinausgehender Schutz einer Vertragspartei durch (b)) zwingendes Recht in Betracht. Eine besondere Rolle spielt dabei das Recht der (c)) allgemeinen Geschäftsbedingungen. a) Negative Vertragsabschlussfreiheit Die in der Anerkennung der in der vertraglichen Gestaltungsfreiheit zum Ausdruck kommenden Selbstbestimmung des Einzelnen rechtfertigt die Anerkennung der Fähigkeit zur Selbstbindung.214 In der Konsequenz wird der Schutz einer Person vor einer unangemessenen Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit in erster Linie durch die (negative) Vertragsabschlussfreiheit gewährleistet.215 Es steht jedem frei, einen nachteiligen Vertrag nicht abzuschließen.

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BVerfGE 81, 242 Rn. 45 („Handelsvertreter“). W. Flume (1992), § 1, 5., 6. a); vgl. BVerfGE 81, 242 Rn. 47; BVerfGE 89, 214 Rn. 54. 211 BVerfGE 81, 242 Rn. 47; BVerfGE 89, 214 Rn. 54; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, Einf v § 145 Rn. 7; Kirchhof, FS Ulmer, 2003, S. 1211, 1212; vgl. Lorenz (1997), S. 19 ff. 212 BVerfGE 103, 197 Rn. 26; Erman/Armbrüster, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. §§ 145 ff. Rn. 26; Medicus/Lorenz (2015), Rn. 71. 213 BVerfGE 103, 197 Rn. 26; Erman/Armbrüster, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. §§ 145 ff. Rn. 26; Medicus/Lorenz (2015), Rn. 71; vgl. BVerfGE 8, 274 Rn. 206 („Preisgesetz“); Lorenz (1997), S. 19 ff. 214 Canaris, AcP 200 (2000), 273, 279; vgl. Larenz (1979), S. 57; Lorenz (1997), S. 32 ff., der zwar einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Selbstbestimmung und Selbstbindung ablehnt, aber davon ausgeht, dass die Selbstbestimmung Voraussetzung der Selbstbindung ist; Stathopoulos, AcP 194 (1994), 543, 551 bringt den ideengeschichtlichen Ansatz auf den Punkt: „Das Subjekt und seine Selbstbestimmung werden zum Kern und Grund der vertraglichen Selbstbindung“. 215 Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 498; ders., JZ 2010, 875, 877; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 323 f.; vgl. Staudinger/Bork, BGB, 2015, § 145 Rn. 14; MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, Vor § 145 Rn. 11. 210

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

b) Inhaltliche Vorgaben an schuldrechtliche Verträge Reicht die negative Vertragsabschlussfreiheit nicht aus, um einen angemessenen Schutz der involvierten Interessen zu gewährleisten, kann die Rechtsordnung zum Schutz der Selbstbestimmung einer Vertragspartei inhaltliche Vorgaben durch ius cogens machen und insofern die vertragliche Gestaltungsfreiheit einschränken.216 Weichen die Vertragsparteien von diesen inhaltlichen Vorgaben ab, kann dies die Nichtigkeit des (gesamten) Rechtsgeschäfts bedeuten.217 Paradigmatisch ist insofern die Nichtigkeit wegen Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB.218 Im Fall der accidentialia negotii bedient sich der Gesetzgeber allerdings oftmals eines der folgenden drei Mittel, um seine inhaltlichen Vorgaben durchzusetzen: Erstens kann das Gesetz die Unwirksamkeit einer entsprechenden Vertragsklausel anordnen, wie das bspw. in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB der Fall ist („sind unwirksam“). Zweitens kann er es dabei bewenden lassen, dass er die Durchsetzbarkeit einer solchen Klausel ausschließt,219 wie das bspw. in § 476 Abs. 1 BGB erfolgt ist. Drittens kann die Anwendung des zwingenden Rechts davon abhängen, dass dessen Anwendung geltend gemacht wird.220 c) Allgemeine Geschäftsbedingungen im M&A-Kontext Eine inhaltliche Grenze der vertraglichen Gestaltungsfreiheit bildet das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen.221 Die Besonderheit des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen besteht darin, eigentlich dispositives Recht in zwingendes Recht zu transformieren, weil die Derogation des dispositiven Rechts in Form von allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt.222 Im Folgenden soll untersucht werden, ob die im Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf abgeschlossenen Verträge – also zum einen die Vorfeldvereinbarungen und zum anderen das Verpflichtungsgeschäft selbst (Transaktionsvereinbarungen) – als allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind, sich also für die kautelarjuristische Gestaltung von Unternehmensveräußerungen inhaltliche Anforderungen aus den §§ 305 ff. BGB ergeben. Das wäre gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB der Fall, wenn Transaktionsvereinbarungen (aa)) für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen beinhalten, die (bb)) eine Vertrags216

Vgl. Erman/Armbrüster, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. §§ 145 ff. Rn. 33 f. Kähler (2012), S. 34. 218 Canaris, AcP 200 (2000), 273, 280 f. 219 Kähler (2012), S. 34. 220 Kähler (2012), S. 34, der auf § 8 PreisklausG hinweist. Ähnlich verhält es sich mit der Rügeobliegenheit in § 556g Abs. 2 S. 1 BGB, wobei die Vereinbarung der Miete allerdings nicht rechtswirksam, sondern die zu viel gezahlte Miete nur kondiktionsfest ist. 221 Vgl. Erman/Armbrüster, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. §§ 145 ff. Rn. 33; MüKoBGB/ Busche, 7. Aufl. 2015, Vor § 145 Rn. 26. 222 Kähler (2012), S. 198; Kötz, JuS 2013, 289, 292. 217

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partei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt und die (cc)) nicht im Einzelnen ausgehandelt sind. aa) Vorformulierte Vertragsbedingungen „Vorformuliert“ sind Vertragsbedingungen, wenn die Festlegung ihres Inhalts dem Abschluss des Vertrages zeitlich vorausgeht.223 Das ist bei Transaktionsvereinbarungen, die üblicherweise zunächst durch den Veräußerer bzw. dessen rechtliche Berater gestaltet und erst im Anschluss den Erwerbsinteressenten zur Verfügung gestellt werden, fast ausnahmslos der Fall. Für eine „Vielzahl von Verwendungen“ sind Vertragsbedingungen vorformuliert, wenn jedenfalls ihre dreimalige Verwendung durch den Aufsteller beabsichtigt ist.224 Keine allgemeinen Geschäftsbedingungen sind danach Vertragsklauseln, die für den Einzelfall konzipiert wurden,225 wobei es dabei jedoch nicht auf den gesamten Vertrag, sondern auf die einzelne Vertragsklausel ankommt.226 Die Vorfeldvereinbarungen, derer sich der Veräußerer zur Prozesssteuerung bedient, werden im Rahmen eines strukturierten Bieterverfahrens schon deshalb üblicherweise für eine „Vielzahl von Verwendungen“ vorformuliert sein, weil der Veräußerer sie gegenüber einer Vielzahl von Bietern verwendet.227 Anders verhält es sich hinsichtlich des Unternehmenskaufvertrags, der für nur eine einzige Verwendung vorgesehen ist228 und der Vorfeldvereinbarungen bei Negotiated Sales. Allerdings erfolgt die Gestaltung von Transaktionsvereinbarungen üblicherweise auf der Grundlage von Musterverträgen. Da die Verwendungsabsicht in Ansehung 223 MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 305 Rn. 13 ff.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, 6. Aufl. 2013, § 305 Rn. 14; Erman/Roloff, BGB, 15 Aufl. 2017, § 305 Rn. 9; Hk-BGB/ Schulte-Nölke, 9. Aufl. 2017, § 305 Rn. 3; vgl. Ulmer/Brandner/Hensen/Habersack, AGBRecht, 12. Aufl. 2016, § 305 Rn. 21. 224 BGH NJW 2002, 138 Rn. 22; BGH NJW 2004, 1454 Rn. 17; OLG Köln v. 20. 1. 2015 – I-15 U 142/14, 15 U 142/14, Rn. 43; LG Frankfurt a.M. ZIP 2015, 2314; Rn. 17; MüKoBGB/ Basedow, 7. Aufl. 2016, § 305 Rn. 17 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 305 Rn. 9; Miethaner, NJW 2010, 3121; Hk-BGB/Schulte-Nölke, 9. Aufl. 2017, § 305 Rn. 4; Erman/Roloff, BGB, 15 Aufl. 2017, § 305 Rn. 11; Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl. 2013, § 305 Rn. 16; Staudinger/Schlosser, BGB, 2013, § 305 Rn. 20; Schiffer/Weichel, BB 2011, 1283; Ulmer/Brandner/Hensen/Habersack, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 305 Rn. 25. 225 Vgl. BGH NJW-RR 2002, 13 Rn. 24; KG Berlin VIZ 1995, 476, 478; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 305 Rn. 9; Kirchner/Giessen, BB 2015, 516, 516 f.; MaierReimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713, 1716; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 40 Rn. 47; Ulmer/Brandner/Hensen/Habersack, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 305 Rn. 21. 226 BGH NJW 1998, 2600 Rn. 17; KG Berlin VIZ 1995, 476, 478; vgl. Kirchner/Giessen, BB 2015, 516, 516; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 40 Rn. 47. Dagegen wenden sich: Maier-Reimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713, 1716. 227 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 359, 363. 228 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 359, 368; BeckHdB M&A/MeyerSparenberg, § 40 Rn. 46.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

jeder einzelnen Klausel zu prüfen ist, werden diese üblicherweise – unabhängig von der Strukturierung des Veräußerungsprozesses – in Teilen für eine „Vielzahl von Verwendungen“ gedacht sein.229 Nichts anderes dürfte für Legal Tech-Lösungen gelten, bei denen Verträge mit der Hilfe von Vertragsgeneratoren gestaltet werden. Auch dabei handelt es sich im Ergebnis um (technisch aufbereitete) Musterverträge. bb) Stellen (1) Extensives Begriffsverständnis Nach herrschender Auffassung dient das Tatbestandsmerkmal des „Stellens“ lediglich als Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung zwischen dem Verwender der Geschäftsbedingungen und seinem Vertragspartner230 und ist deshalb bereits mit dem Einbringen der Geschäftsbedingungen in die Vertragsverhandlungen und dem Verlangen nach Einbeziehung erfüllt.231 Ein „Stellen“ läge nur dann nicht vor, wenn die Einbeziehung der Geschäftsbedingungen auf einer freien Entscheidung desjenigen beruhe, der mit diesen konfrontiert werde.232 Nach einer Entscheidung des achten Zivilsenats aus dem Jahr 2016 liegt ein „Stellen“ auch vor, wenn eine Vertragspartei der Gegenseite einen Vertragsentwurf mit der Bitte, „Anmerkungen oder Änderungswünsche mitzuteilen“, übersendet.233 Da genau dieses Vorgehen den Usancen im Bereich des Unternehmenskaufs entspricht, wären Transaktionsvereinbarungen auf der Grundlage dieses extensiven Begriffsverständnisses regelmäßig als gestellt zu qualifizieren.234

229 Vgl. Kästle, NZG 2014, 288 f.; Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 516 f. W. König, KSzW 2016, 44, 47 weist zutreffend darauf hin, dass dieses Merkmal durchaus entfallen kann, soweit das Muster an die Bedürfnisse des Einzelfalls angepasst wird. Für die besonders bedeutenden Fälle der Haftungsbeschränkungen hat dieser Einwand m. E. allerdings nur geringe Relevanz. A.A. Kirchner/Giessen, BB 2015, 516, 516 f. 230 Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 516; Erman/Roloff, BGB, 15 Aufl. 2017, § 305 Rn. 12; Staudinger/Schlosser, BGB, 2013, § 305 Rn. 26; Ulmer/Brandner/Hensen/Habersack, AGBRecht, 12. Aufl. 2016, § 305 Rn. 26. 231 BGHZ 184, 259 Rn. 12; BGH ZIP 2014, 1087 Rn. 9; BGH NJW 2016, 1230 Rn. 24; OLG Köln v. 20. 1. 2015 – I-15 U 142/14, 15 U 142/14, Rn. 50; MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 305 Rn. 21; BeckOKBGB/Becker, 43. Ed. 2017, § 305 Rn. 25; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 305 Rn. 10; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 40 Rn. 50; Erman/ Roloff, BGB, 15 Aufl. 2017, § 305 Rn. 12; Schiffer/Weichel, BB 2011, 1283 f.; Staudinger/ Schlosser, BGB, 2013, § 305 Rn. 27; Ulmer/Brandner/Hensen/Habersack, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 305 Rn. 27. 232 BGHZ 184, 259 Rn. 18; BGH NJW 2016, 1230 Rn. 25; OLG Köln v. 20. 1. 2015 – I-15 U 142/14, 15 U 142/14, Rn. 53. 233 BGH NJW 2016, 1230 Rn. 26 ff. 234 Vgl. Leuschner, AcP 207 (2007), 491 516.

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(2) Restriktives Begriffsverständnis Demgegenüber wird im Schrifttum für ein restriktiveres Begriffsverständnis plädiert.235 Während einige Vertreter dieser Gegenauffassung dabei darauf abstellen wollen, ob eine Partei die rechtsgeschäftliche Gestaltungsmacht unangemessen und einseitig ausübt,236 wollen andere Autoren nur solche Vertragsklauseln als gestellt qualifizieren, die von der einbringenden Vertragspartei in der Erwartung vorgelegt werden, sie könne diese ohne Verhandlung durchsetzen.237 Eine einschränkende Auslegung wird vor allem mit dem Schutzzweck des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet: Die §§ 305 ff. BGB dienten ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners vor einer „situativen Unterlegenheit“.238 Dass dem Tatbestandsmerkmal des „Stellens“ eine eigenständige Bedeutung zukommen müsse, wird systematisch auf die Fiktion in § 310 Abs. 3 S. 1 BGB gestützt.239 Diese Erleichterung für Verbraucher deute darauf hin, dass an den Begriff des „Stellens“ im allgemeinen Geschäftsverkehr höhere Anforderungen zu richten seien.240 Bildet der Vertragsentwurf einer Vertragspartei lediglich die Grundlage für zu erwartende Vertragsverhandlungen, sind die Voraussetzungen eines „Stellens“ danach also nicht erfüllt.241 Obwohl Unternehmenserwerbe durch eine zunehmende Standardisierung der Abläufe geprägt sind (siehe dazu: § 1 E.),242 handelt es sich erkennbar nicht um Massengeschäfte.243 Ein verständiger Erwerbsinteressent wird sämtliche Transaktionsvereinbarungen einer umfassenden rechtlichen Prüfung unterziehen und regelmäßig Änderungen verlangen. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des Unternehmenskaufvertrags selbst, sondern auch in Bezug auf etwaige Vorfeldvereinbarungen. Paradigmatisch ist die Vereinbarung von Vertragsstrafen in Verschwiegenheitsvereinbarungen, die zwar regelmäßig vom Veräußerer verlangt, aber mit gleicher Regelmäßigkeit nicht durchgesetzt werden kann.244 Da der Veräußerer im M&A-Kontext mit intensiven Diskussionen über von ihm entworfene Transaktionsvereinbarungen rechnen muss, wären diese danach nicht als gestellt zu qualifizieren.245 235

Kästle, NZG 2014, 288, 289 ff.; Lischek/Mahnken, ZIP 2007, 158, 161 ff. Kaufhold, ZIP 2010, 631, 632; Lischek/Mahnken, ZIP 2007, 158, 162. 237 W. König, KSzW 2016, 44, 48; Kästle, NZG 2014, 288, 289 f.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl. 2013, § 305 Rn. 30; ähnlich schon v. Falkenhausen, BB 1977, 1124, 1126. 238 Kästle, NZG 2014, 288, 289; vgl. dazu auch Kirchner/Giessen, BB 2015, 515 ff.; Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 496. 239 Kästle, NZG 2014, 288, 290. 240 Kästle, NZG 2014, 288, 290. 241 Kästle, NZG 2014, 288, 291; Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl. 2013, § 305 Rn. 18. 242 BeckHdB M&A/Schiessl, § 1 Rn. 2 ff. 243 Vgl. Kirchner/Giessen, BB 2015, 515 ff. 244 In der Praxis sind Vorfeldvereinbarungen, anders als Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 363 annehmen, also durchaus Gegenstand von Verhandlungen. 245 Kästle, NZG 2014, 288, 291. 236

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

(3) Stellungnahme Der Wortlaut des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB ist unergiebig und lässt sowohl ein weites als auch ein enges Verständnis des Begriffs des „Stellens“ zu. Historisch geht die Norm auf § 1 Abs. 1 S. 1 AGB-Gesetz zurück. Mit dem AGB-Gesetz zielte der Gesetzgeber auf Entwicklungen der Vertragsgestaltung in der „industriellen Massengesellschaft moderner Prägung“.246 Die Regierungsbegründung geht dabei auf die Entwicklung allgemeiner Geschäftsbedingungen in Folge der industriellen Revolution ein und sieht deren rechtshistorische Wurzeln in Versicherungs- und Beförderungsverträgen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.247 Das Aufkommen von allgemeinen Geschäftsbedingungen wird als Konsequenz der Entpersönlichung des Rechtsverkehrs durch „Serienproduktion“ und „Massenservice“ gesehen.248 In einer vom „Handwerk und Kleingewerbe geprägten Wirtschaftsordnung“ hätte davon ausgegangen werden können, dass es in Ausübung der Vertragsfreiheit zu einem angemessenen Interessenausgleich kommt.249 Der Gesetzgeber hatte bei Erlass des AGB-Gesetztes also Vertragsschlüsse im Massenverkehr vor Augen, bei deren Abschluss die Geschäftsbedingungen üblicherweise hingenommen und nicht verhandelt werden.250 Dieser Befund deckt sich mit der Charakterisierung von allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Flume: „Für Geschäfte mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist typisch, daß, wenn die Parteien im Einzelfall nicht ausnahmsweise inhaltlich die Geschäftsbedingungen vereinbaren, die vertragliche Vereinbarung nur eine ,Verweisung’ auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthält.“251 Die historische Auslegung stützt also die Mindermeinung, die den Anwendungsbereich des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen von vornherein auf solche Geschäftsbedingungen begrenzen möchte, die eine Partei mit der Erwartung in die Verhandlung einführt, sie würden nicht Gegenstand von Vertragsverhandlungen sein. Damit ist der Sinn und Zweck des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits angedeutet: Die Einschränkung der verfassungsrechtlich gewährleisteten formalen Vertragsfreiheit wird durch den Schutz der materiellen Vertragsfreiheit gerechtfertigt.252 Worin allerdings genau die Bedrohung materieller Vertragsfreiheit durch die Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen besteht, wird in der Literatur teilweise nicht ausreichend gewürdigt:253 Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen dient nämlich gerade nicht dem Schutz vor einer wirtschaftli246

BT-Drucks. 7/3919, S. 9. BT-Drucks. 7/3919, S. 9 f. 248 BT-Drucks. 7/3919, S. 9 f. 249 BT-Drucks. 7/3919, S. 9 f. 250 Vgl. Kirchner/Giessen, BB 2015, 515. 251 W. Flume (1992), § 37, 1. 252 Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 312 ff. 253 Sehr pointiert Leuschner, JZ 2010, 875, 877 ff.; bereits kritisch zu den oberflächlichen Erklärungsmustern Lieb, AcP 178 (1978), 196, 201 ff. 247

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chen Überlegenheit des anderen Vertragsteils.254 Inwieweit einer wirtschaftlich unterlegenen Vertragspartei ausnahmsweise Schutz vor der wirtschaftlichen Übermacht der anderen Vertragspartei gewährt wird, kann sinnvollerweise zum einen nicht davon abhängig gemacht werden, ob sich die überlegene Vertragspartei eines Mustervertrages bedient,255 und zum anderen nicht auf vertragliche Nebenbestimmungen beschränkt sein.256 Die materielle Vertragsfreiheit desjenigen, der sich allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgesetzt sieht, wird vielmehr durch eine „Transaktionskostenasymmetrie“ bedroht:257 Während sich die Gestaltung allgemeiner Geschäftsbedingungen für den Verwender aufgrund einer Fokussierung auf bestimmte Geschäfte lohnt,258 stoßen die Vertragsbedingungen auf das „rationale Desinteresse“ des Verwenders.259 Eine Wahrung seiner Interessen ist ihm wirtschaftlich unmöglich, weil eine Prüfung und Verhandlung der Vertragsbedingungen wegen der Singularität des Vertragsschlusses zu hohe Kosten verursacht.260 Man spricht insofern von „prohibitiv hohen Transaktionskosten“.261 Dieses „rationale Desinteresse“ führt zu einem Marktversagen, einer Situation, in der ein „effizienter Konditionenwettbewerb“ nicht mehr stattfindet.262 254 Drygala, JZ 2012, 983, 984 der anhand von BGHZ 103, 316 beispielhaft zeigt, dass es keinen notwendigen Zusammenhang zwischen Marktmacht und Klauselinhalt gibt; Kirchner/ Giessen, BB 2015, 515; Leuschner, JZ 2010, 875, 878 f.; Maier-Reimer, NJW 2017, 1 f.; vgl. BGHZ 184, 259 Rn. 12. 255 Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 314: „Man kann schon die Frage stellen, ob das Vertragsrecht der richtige Ort für einen paternalistischen Schutz ist. Jedenfalls ist das dispositive Recht dafür nicht das richtige Instrument, denn es ist eben das Wesen des dispositiven Rechts, dass die Parteien es abbedingen und eigene Vorstellungen von der Angemessenheit eines Vertrags an seine Stelle setzen dürfen, wenn nur gewährleistet ist, dass sie wissen, was sie tun. Will man tatsächlich im Vertragsrecht bestimmte objektive Gerechtigkeitsstandards durchsetzen, sollte man methodenehrlicher insoweit die Anordnung zwingenden Rechts fordern.“; Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 495; ders., JZ 2010, 875, 878; Lieb, AcP 178 (1978), 196, 202; Leyens/H.-B. Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 788 ff.; Maier-Reimer, NJW 2017, 1 f. 256 Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 495. 257 Kirchner/Giessen, BB 2015, 515, 515 f.; Koller, FS Steindorff, 1990, S. 667, 669 f.; Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 496; ders., JZ 2010, 875, 879 f.; Maier-Reimer, NJW 2017, 1, 2. 258 Canaris, AcP 200 (2000), 273, 321; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 313. 259 Drygala, JZ 2012, 983, 984; Kaufhold, BB 2012, 1235, 1236; Maier-Reimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713, 1717. 260 Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 313; Kötz, JuS 2013, 289, 290. 261 MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, Vor. § 305 Rn. 5; Drygala, JZ 2012, 983, 985; vgl. Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009), 37, 50; grundlegend insofern: R. H. Coase, The Problem of Social Cost, 3 J.L. & Econ. 1 – 44 (1960). 262 MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, Vor § 305 Rn. 5 f.; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 323 ff.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl. 2013, Einl. Rn. 15; Drygala, JZ 2012, 983, 984 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, Überbl v § 305 Rn. 6; Kötz, JuS 2013, 289, 290; Ulmer/Brandner/Hensen/Habersack, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 305 Rn. 48; MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl. 2016, § 307 Rn. 41 f. Kritisch: Kaufhold, BB 2012, 1235, 1236; Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 502 f.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Der Anwendungsbereich des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen muss sich an diesem Schutzzweckzusammenhang orientieren, um seiner verfassungsrechtlichen Rechtfertigung nicht verlustig zu werden.263 Im Hinblick auf den unternehmerischen Rechtsverkehr ist das Tatbestandsmerkmal des „Stellens“ dazu der richtige Ansatzpunkt.264 Soweit es an einer Transaktionskostenasymmetrie fehlt – weil sich wie im M&A-Kontext eine intensive Prüfung und Verhandlung des Vertragsentwurfs aufgrund des Transaktionsvolumen lohnt265 – kann es nämlich keinen Unterschied machen, ob und inwieweit Verhandlungen stattgefunden haben.266 Bildet der Vertragsentwurf einer Vertragspartei lediglich die Grundlage für zu erwartende Vertragsverhandlungen, sind die Voraussetzungen eines „Stellens“ nicht erfüllt. Gelingt dem Klauselverwender in diesen Fällen eine weitreichende Derogation des dispositiven Gesetzesrechts zu seinen Gunsten, ist dies nicht der Ausnutzung der vertraglichen Gestaltungsfreiheit durch vorformulierte Klauseln geschuldet, sondern einzig seiner stärkeren Verhandlungsposition. Vor einer wirtschaftlichen Übermacht des Verhandlungsgegners schützt das deutsche Zivilrecht aber nur in den Fällen des § 138 Abs. 2 BGB.267 Nach alledem sprechen die überzeugenderen Argumente für das restriktive Begriffsverständnis. Transaktionsvereinbarungen im M&A-Kontext sind daher regelmäßig nicht gestellt. cc) Aushandeln, § 305 Abs. 1 S. 3 BGB Folgt man der hier vertretenen Auffassung nicht, könnten Transaktionsvereinbarungen wegen § 305 Abs. 1 S. 3 BGB trotzdem dem Anwendungsbereich des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen sein. Danach liegen allgemeine Geschäftsbedingungen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind, § 305 Abs. 1 S. 3 BGB.

263 Leuschner, JZ 2010, 875, 882; näher zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen ders., AcP 207 (2007), 491, 509 ff. 264 Kästle, NZG 2014, 288, 289 ff. Zustimmend: Maier-Reimer, NJW 2017, 1, 3. 265 Kirchner/Giessen, BB 2015, 516, 516. 266 Leuschner, JZ 2010, 875, 882 f.; Leyens/H.-B. Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 790 ff.; a.A. Drygala, JZ 2010, 983, 985 f.: „Voraussetzung einer Kontrollfreiheit sollte […] sein, dass tatsächlich ernsthafte Verhandlungen stattgefunden haben.“. I. E. ähnlich geht Staudinger/ Schlosser, BGB, 2013, § 305 Rn. 36a davon aus, dass der Verwendungsgegner nicht schutzwürdig ist, wenn er auf ein Aushandelsangebot nicht eingeht. Anknüpfungspunkt ist allerdings § 305 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl. auch: v. Falkenhausen, BB 1977, 1124, 1126; Kaufhold, BB 2012, 1235, 1237; Wolf, FS BGH, Bd. I, 2000, S. 111, 121). 267 Vgl. Kirchner/Giessen, BB 2015, 515; Maier-Reimer, NJW 2017, 1 f.; die zutreffend auch auf den Schutz durch das Kartellrecht aufmerksam machen.

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(1) Meinungsstand (a) Restriktives Begriffsverständnis Nach Auffassung der Rechtsprechung und Teilen des Schrifttums erfordert ein Aushandeln „mehr als ein Verhandeln“.268 Der Verwender müsse den gesetzesfremden Kern der Klausel ernsthaft zur Disposition der verhandelnden Parteien stellen und seinem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner eigenen Interessen einräumen und ihm damit zumindest die reale Möglichkeit eröffnen, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen.269 Diese Voraussetzungen sollen regelmäßig nur erfüllt sein, wenn es zu einer Änderung des Vertragstextes kommt.270 Nur wenn unter „besonderen Umständen“ ausnahmsweise eine „gründliche Erörterung“ der Klausel stattgefunden hat, soll auch bei Textidentität eine Individualvereinbarung vorliegen.271 Ein bloßes Belehren des anderen Teils über den Inhalt einer Klausel soll dabei allerdings grundsätzlich nicht ausreichen, um diese als Individualvereinbarung zu qualifizieren.272 Bemerkenswert ist dabei der Bezugspunkt, den diese Ansicht für das Aushandeln wählt: Sie rekurriert stets auf die einzelne Klausel und nicht etwa auf den gesamten Vertrag.273 Begründet wird dieses restriktive Verständnis mit dem Schutzzweck des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen274 und dem Wortlaut des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB, in dem eine „räumlich-gegenständliche Beschränkung“275 zum Ausdruck

268 BGH NJW 1988, 410 Rn. 10; BGH NJW 1991, 1678 Rn. 14; BGHZ 143, 104 Rn. 27; BGHZ 153, 311 Rn. 47; BGH NJW 2005, 2543 Rn. 20; BGH NJW 2013, 856 Rn. 10; BGHZ 200, 326 Rn. 27; BGH MDR 2016, 10 Rn. 25; BGH WM 2017, 1652 Rn. 23; OLG Celle v. 2. 12. 2015 – 3 U 113/15, Rn. 25; OLG München v. 24. 11. 2016 – 23 U 1794/16, Rn. 58; MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 305 Rn. 35; BeckOKBGB/Becker, 43. Ed. 2017, § 305 Rn. 33 ff.; Erman/Roloff, BGB, 15 Aufl. 2017, § 305 Rn. 17; Hk-BGB/Schulte-Nölke, 9. Aufl. 2017, § 305 Rn. 7; v. Westphalen, ZIP 2007, 149, 152. 269 BGH NJW 1988, 410 Rn. 10; BGH NJW 1991, 1678 Rn. 14; BGH NJW 1992, 2759 Rn. 17; BGH NJW-RR 1996, 783 Rn. 69; BGH NJW 1998, 3488 Rn. 8; BGHZ 153, 311 Rn. 47; BGH NJW 2005, 2543 Rn. 20; BGH NJW 2013, 856 Rn. 10; BGHZ 200, 326 Rn. 27; BGH MDR 2016, 10 Rn. 25; OLG Celle v. 2. 12. 2015 – 3 U 113/15, Rn. 25. 270 BGH NJW-RR 1988, 311 Rn. 11; BGHZ 143, 104 Rn. 27; BGHZ 153, 311 Rn. 47; BGHZ 206, 305 Rn. 23; BGH WM 2017, 1652 Rn. 23; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 305 Rn. 20; Erman/Roloff, BGB, 15 Aufl. 2017, § 305 Rn. 20. Tendenziell zurückhaltender: MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 305 Rn. 39 ff. 271 BGH NJW-RR 1988, 311 Rn. 11; BGHZ 143, 104 Rn. 27; BGHZ 153, 311 Rn. 47; BGH NJW 2013, 856 Rn. 10; vgl. BGH NJW 1992, 2759 Rn. 17. 272 Jeweils m.w.N. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 305 Rn. 21; Erman/Roloff, BGB, 15 Aufl. 2017, § 305 Rn. 18; vgl. BGH NJW-RR 1988, 305 Rn. 17 ff. 273 BGH NJW-RR 1996, 783 Rn. 72; BGH WM 1996, 2025, Rn. 24; BeckOKBGB/Becker, 43. Ed. 2017, § 305 Rn. 33 ff.; Erman/Roloff, BGB, 15 Aufl. 2017, § 305 Rn. 22; Hk-BGB/ Schulte-Nölke, 9. Aufl. 2017, § 305 Rn. 7; v. Westphalen, ZIP 2007, 149, 152. 274 Erman/Roloff, BGB, 15 Aufl. 2017, § 305 Rn. 17. 275 v. Westphalen, ZIP 2007, 149, 152.

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komme, die sich in dem Wort „soweit“ artikuliere.276 Selbst ein Abschwächen der Wirkung der Klausel277 oder ein Entgegenkommen an anderer Stelle genügt nach dieser Ansicht nicht, um eine Klausel als Individualvereinbarung zu qualifizieren, da der Verwender dadurch gerade nicht den „gesetzesfremden Kerngehalt“ einer Klausel zur Disposition stellt.278 Diese Grundsätze wendet der Bundesgerichtshof ausdrücklich auch auf den unternehmerischen Rechtsverkehr an.279 Es ist insofern nicht ersichtlich, dass das Gericht die Anforderungen, die es für Verbrauchergeschäfte an das Vorliegen einer Individualvereinbarung stellt, für den unternehmerischen Rechtsverkehr einschränken würde.280 Im Gegenteil hat es diese Vorgaben in seiner jüngsten Rechtsprechung durch eine extensive Auslegung von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB verschärft: Danach findet eine Inhaltskontrolle (im unternehmerischen Rechtsverkehr) auch für Entgeltklauseln (und damit Hauptleistungspflichten der Parteien!) statt.281 Nach dieser Auffassung sind Transaktionsvereinbarungen daher (teilweise) als allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, da regelmäßig bestimmte Klauseln entweder nicht verhandelt werden oder für den Veräußerer nicht verhandelbar sind und danach keine Individualvereinbarung darstellen.282 (b) Extensives Begriffsverständnis Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist – insbesondere im Hinblick auf den unternehmerischen Rechtsverkehr – in der Literatur auf massiven Widerstand gestoßen.283 Hauptkritikpunkt ist dabei zum einen die These, ein Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB setze regelmäßig eine Textänderung voraus.284 276

Hk-BGB/Schulte-Nölke, 9. Aufl. 2017, § 305 Rn. 7; v. Westphalen, ZIP 2007, 149, 152. BGH NJW 2013, 1431 Rn. 30; BGH MDR 2016, 10 Rn. 26. 278 Ausdrücklich hinsichtlich eines Entgegenkommens beim Preis gemäß v. Westphalen, ZIP 2007, 149, 154. 279 BGH WM 2017, 1652 Rn. 24; vgl. BGHZ 200, 326 Rn. 27. 280 So auch Miethaner, NJW 2010, 3121, 3126 mit einer ausführlichen Darstellung der Entwicklung der Rechtsprechung. 281 Vgl. BGH WM 2017, 1652 Rn. 26 ff. 282 Nach der Auffassung von Kästle, NZG 2014, 288, 293 steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diesem Verständnis des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB im M&A-Kontext dagegen nicht entgegen. Soweit es um den strengen Bezug zu einzelnen Klauseln geht, erklärt er die Rechtsprechung damit, dass im zugrundeliegenden Fall auf ein Klauselwerk Bezug genommen wurde, das außerhalb des eigentlichen Vertragstextes lag. Daraus ergebe sich, dass ein Änderungsvorschlag nur insoweit eine Qualifikation als Individualvereinbarung nach sich ziehe, als auf einzelne, außerhalb des eigentlichen Vertragstextes liegende Klauseln Bezug genommen wurde. 283 K. Berger, ZIP 2006, 2149 f.; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309; Kästle, NZG 2014, 288; W. König, KSzW 2016, 44; Maier-Reimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713; Maier-Reimer, NJW 2017, 1 ff.; Miethaner, NJW 2010, 3121; Kirchner/Giessen, BB 2015, 516, 518 f. 284 K. Berger, ZIP 2006, 2149, 2153; Maier-Reimer, NJW 2017, 1, 2 f. 277

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Zum anderen richtet sich der Widerstand gegen das Abstellen auf einzelne Klauseln.285 Eine Gesamtbetrachtung und die Zulässigkeit von „Paket-Lösungen“ wird gegenüber der formalen Sichtweise der Rechtsprechung als vorzugswürdig erachtet.286 Auch der 69. Deutsche Juristentag hat sich im Jahr 2012 mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, die Anforderungen an das Aushandeln von Vertragsbedingungen im unternehmerischen Rechtsverkehr den Gepflogenheiten unternehmerischer Vertragsverhandlungen anzupassen.287 Speziell im Hinblick auf den M&A-Kontext weisen Maier-Reimer und Niemeyer darauf hin, dass ein „rationales Desinteresse“, wie es typischerweise beim Verhandlungsgegner des Verwenders allgemeiner Geschäftsbedingungen vorliege, fehle, wenn über einen Vertrag tagelang verhandelt worden sei.288 Auch eine einseitige Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit liege in diesen Fällen nicht vor, sodass eine Einschränkung der grundgesetzlich geschützten Vertragsfreiheit nicht zu rechtfertigen sei.289 Auch Schlosser spricht sich klar für die Zulässigkeit von Paketlösungen im unternehmerischen Rechtsverkehr aus und sieht M&A-Verträge ausdrücklich nicht vom Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen erfasst.290 Die Vorstellung, M&A-Verträge unterfielen einer AGB-Kontrolle, grenze „ans Absurde“.291 (2) Stellungnahme (a) Wortlaut Die gesonderte Betrachtung jeder einzelnen Klausel wird mit dem Wortlaut des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB begründet, in dem eine „räumlich-gegenständliche Beschränkung“292 zum Ausdruck komme, die sich in dem Wort „soweit“ artikuliere.293 Maier-Reimer und Niemeyer haben allerdings überzeugend dargelegt, dass der Wortlaut dafür spricht, das Aushandeln auf den Vertrag als Ganzes zu beziehen.294 Der Wortlaut des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB verwendet nämlich den Plural „Allgemeine 285 MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 305 Rn. 41; K. Berger, ZIP 2006, 2149, 2152 f.; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 314; Kästle, NZG 2014, 288, 293; Maier-Reimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713, 1716 ff.; ders., NJW 2017, 1, 2. 286 K. Berger, ZIP 2006, 2149, 2152 f.; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 314; Kästle, NZG 2014, 288, 293; W. König, KSzW 2016, 44, 48; Maier-Reimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713, 1716 ff.; Staudinger/Schlosser, BGB, 2013, § 305 Rn. 36a; Wolf, FS BGH, Bd. I, 2000, S. 111, 121 f. 287 69. Deutscher Juristentag München 2012, Beschlüsse, S. 12. 288 Maier-Reimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713, 1717). 289 Maier-Reimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713, 1717). 290 Staudinger/Schlosser, BGB, 2013, § 305 Rn. 36a. 291 Staudinger/Schlosser, BGB, 2013, § 305 Rn. 36a. 292 von Westphalen, ZIP 2007, 149, 152. 293 Hk-BGB/Schulte-Nölke, 9. Aufl. 2017, § 305 Rn. 7; v. Westphalen, ZIP 2007, 149, 152. 294 Maier-Reimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713, 1716 ff.; Maier-Reimer, NJW 2017, 1, 2.

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Geschäftsbedingungen“. Darin unterscheidet sich die Vorschrift von anderen Normen der §§ 305 ff. BGB, die sich auf einzelne „Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ beziehen.295 Auch hinsichtlich des Erfordernisses einer Textänderung kann sich die herrschende Auffassung nicht auf den Wortlaut der Norm stützen. Nach der Definition des Dudens bedeutet „aushandeln“: „durch Verhandeln erreichen, zustande bringen“,296 also gerade nicht „mehr als verhandeln“. Privilegiert der Wortlaut des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB damit eine Klausel grundsätzlich bereits als Individualvereinbarung, wenn sie das Ergebnis eines Verhandlungsprozesses ist, gewähren die Anhänger des restriktiven Normverständnisses dieses Privileg nur für bestimmte, weiter qualifizierte Verhandlungsergebnisse. Das schließt Sachverhalte aus dem Anwendungsbereich der Norm aus, die nach ihrem Wortlaut tatbestandlich erfasst sind. Methodisch handelt sich also um eine teleologische Reduktion. Ob die dafür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, ist im weiteren Gang der Untersuchung zu ermitteln. (b) Historische Auslegung Das Erfordernis der Änderung des Wortlauts sah der historische Gesetzgeber „keineswegs“ als „Voraussetzung für die Annahme einer Individualvereinbarung.“297 Die vom Bundesgerichtshof angeführte Auffassung steht also im Widerspruch zum artikulierten Willen des historischen Gesetzgebers. Anders scheint es sich hinsichtlich der Reichweite eines Aushandelns zu verhalten. Hier sprechen die Gesetzesmaterialien offenbar gegen eine Gesamtbetrachtung. Nach dem Regierungsentwurf ist nämlich „der Nachweis, daß typisierte Klauseln […] ausgehandelt sind, […] hinsichtlich jeder Einzelklausel […] zu führen (,soweit‘)“ sei.298 Diese Sichtweise greift allerdings zu kurz, da der Regierungsentwurf sehr wohl „Paketlösungen“ für möglich gehalten hat, wenn es dort heißt, dass „[zahlreiche] Einfügungen oder Änderungen in einem vorformulierten Text […] im Einzelfall den Beweis erleichtern“ könnten, dass „das ganze Klauselwerk ausgehandelt ist.“299 Das Abstellen auf den Vertrag als Ganzes ist mit der Intention des historischen Gesetzgebers also durchaus vereinbar.

295 296

2016. 297 298 299

Maier-Reimer/Niemeyer, NJW 2015, 1713, 1717. Duden: , abgerufen am 25. 11. BT-Drucks. 7/3919, S. 17. BT-Drucks. 7/3919, S. 17. BT-Drucks. 7/3919, S. 17.

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(c) Europarechtlicher Hintergrund Weitere Hinweise enthält auch die KlauselRL,300 die zwar keine Anwendung auf den unternehmerischen Rechtsverkehr findet, allerdings als Auslegungshilfe herangezogen werden kann. Denn erstens dient der zweite Abschnitt des zweiten Buchs des Bürgerlichen Gesetzbuchs insgesamt der Umsetzung der KlauselRL. Und zweitens differenziert § 305 Abs. 1 S. 3 BGB – anders als § 305 Abs. 1 S. 1 BGB hinsichtlich des „Stellens“ (vgl. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) – nicht zwischen Sachverhalten innerhalb und außerhalb des Anwendungsbereichs der KlauselRL. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der KlauselRL lautet: „Die Tatsache, daß bestimmte Elemente einer Vertragsklausel oder eine einzelne Klausel im einzelnen ausgehandelt worden sind, schließt die Anwendung dieses Artikels auf den übrigen Vertrag nicht aus, sofern es sich nach der Gesamtwertung dennoch um einen vorformulierten Standardvertrag handelt.“ Das der Norm zugrundeliegende Regel-Ausnahme-Verhältnis spricht deutlich für eine grundsätzliche Anerkennung von Paketlösungen, was in dem Begriff „Gesamtwertung“ Niederschlag findet. Zwar steht es den Mitgliedstaaten gemäß Art. 8 KlauselRL frei, strengere Regelungen zu erlassen, um so ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten, weswegen ein unmittelbarer Rückschluss von Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 KlauselRL auf § 305 Abs. 1 S. 3 BGB methodisch unzulässig ist. Im unternehmerischen Rechtsverkehr erscheint es allerdings – insbesondere in der Zusammenschau mit den Gesetzesmaterialien – wenig überzeugend, höhere Anforderungen an das Vorliegen einer Individualvereinbarung zu stellen, als dies durch das Europarecht für Verbrauchergeschäfte vorgesehen ist. (d) Verfassungsrechtliche Vorgaben Die Anwendung und Auslegung von zivilrechtlichen Vorschriften durch die Zivilgerichte hat im Lichte der Grundrechte zu erfolgen.301 Bei der Auslegung des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB gilt es daher, die abwehrrechtliche Dimension des Grundsatzes der Privatautonomie (siehe dazu: 1.) zu beachten302 und nicht einseitig lediglich auf die – als Schrankenregelung freilich zu berücksichtigende – Privatautonomie des Klauselgegners abzustellen.303 Im unternehmerischen Rechtsverkehr, der durch eine höhere Eigenverantwortlichkeit der Beteiligten gekennzeichnet ist,304 dürfen die Anforderungen für das Vorliegen einer Individualabrede daher nicht zu

300 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABlEG v. 21. 4. 1993, L 95/29; geändert durch die RL 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. 11. 2011, ABlEU v. 22. 11. 2011, L 304/64. 301 Grundlegend: BVerfGE 7, 198 („Lüth“). 302 Leuschner, JZ 2010, 875, 880 ff. 303 Leuschner, JZ 2010, 875, 880 ff. 304 K. Berger, ZIP 2006, 2149, 2151; ders., NJW 2010, 465, 468; Wolf, FS BGH, Bd. I, 2000, S. 111, 119.

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hoch angesetzt werden.305 Dafür streitet auch das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Differenzierungsgebot.306 Das von der Rechtsprechung vertretene Verständnis des Tatbestandsmerkmals des Aushandelns wird diesen Anforderungen nicht gerecht und greift daher in verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigter Weise in die Privatautonomie ein. Das ergibt sich zum einen aus der auf einzelne Klauseln beschränkten Prüfung. Dadurch greift die Rechtsprechung in das im geschäftlichen Verkehr übliche Geben und Nehmen der Vertragsparteien ein. Dadurch wird das – auch in den Vertragsmodalitäten zum Ausdruck kommende – subjektive Äquivalenzverhältnis in unvorhersehbarer Weise gestört. Zum anderen wird es dem Klauselverwender durch das grundsätzliche Erfordernis einer Textänderung quasiunmöglich gemacht, mit vorformulierten Vertragsentwürfen vom dispositiven Recht abzuweichen und seine Interessen in einem privatautonomen Verhandlungsprozess durchzusetzen. Darin besteht eine – jedenfalls im unternehmerischen Rechtsverkehr nicht hinnehmbare – einseitige Privilegierung des Klauselgegners. (e) Systematischer Zusammenhang Systematisch spricht der § 139 BGB für die Zulässigkeit von Paketlösungen, in dem die hohe Bedeutung, die das Bürgerliche Gesetzbuch dem Zusammenhang zwischen den verschiedenen Regelungen eines Vertrags beimisst, deutlich zum Ausdruck kommt.307 Zwar erfährt § 139 BGB im Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen durch § 306 Abs. 1 BGB eine Einschränkung.308 Diese Einschränkung setzt allerdings das Überschreiten der Schwelle zum Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen voraus. Bei der vorgreiflichen Frage, ob überhaupt allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen, ist die – für eine Gesamtbetrachtung streitende – Wertung des § 139 BGB deswegen zu berücksichtigen. Den Vertretern des restriktiven Begriffsverständnisses ist ferner die systemwidrige Präokkupation der Prüfung des Anwendungsbereichs der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB entgegenzuhalten: Das Anknüpfen an den „gesetzesfremden Kern“ der Klausel und damit an das Abweichen von Rechtsvorschriften nimmt die § 307 Abs. 3 S. 1 BGB vorbehaltene Prüfung vorweg.309 Da der Tatbe305

Speziell für Unternehmenskaufverträge Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 528 f. Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 528 f.; vgl. ferner zum Differenzierungsgebot im Rahmen der Inhaltskontrolle: K. Berger, ZIP 2006, 2149, 2151; ders., NJW 2010, 465, 469 f. 307 Vgl. BGH NJW 1986, 2576 Rn. 30; MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, § 139 Rn. 1; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 139 Rn. 1; Staudinger/H. Roth, BGB, 2015, § 139 Rn. 1. 308 Erman/Arnold, BGB, 15. Aufl. 2017, § 139 Rn. 4; MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, § 139 Rn. 8; Hk-BGB/Dörner, 9. Aufl. 2017, § 139 Rn. 1; Staudinger/H. Roth, BGB, 2015, § 139 Rn. 7. 309 Davon geht wohl auch v. Westphalen, ZIP 2007, 149, 152 aus, der sich allerdings – ohne diesen dogmatischen Bruch nachvollziehbar zu begründen – der Auffassung des Bundesgerichtshofs anschließt. 306

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stand der Vorschrift das Vorliegen von allgemeinen Geschäftsbedingungen voraussetzt, ist dieses Vorgehen abzulehnen. (f) Telos Die im Hinblick auf die Auslegung des Tatbestandsmerkmals des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB „gestellt“ erhobenen teleologischen Einwände gegen einen zu weit gefassten Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle von Vertragsbedingungen gelten hier a maiore ad minus. Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen schützt vor dem Ausnutzen einer Transaktionskostenasymmetrie und – anders als § 138 Abs. 2 BGB – nicht vor einer wirtschaftlichen Übermacht der anderen Vertragspartei (siehe dazu: bb)(3)). Der Ansatz der Rechtsprechung, inhaltliche Anforderungen an das Verhandlungsergebnis zu stellen, ist daher zweckwidrig.310 Soweit die vom Bundesgerichtshof angeführte Auffassung für das Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB auf die einzelne Klausel abstellt, ist das im Fall von Paketlösungen ein schwerwiegender Eingriff in das subjektive Äquivalenzverhältnis.311 Denn der Verwender einer Klausel, der sich ihren Bestand durch ein Nachgeben an anderer Stelle „erkauft“ hat, wird dadurch um seine Gegenleistung gebracht.312 Zu welchem Grad diese Pervertierung des Begriffs der materiellen Vertragsgerechtigkeit fortgeschritten ist, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass ein Entgegenkommen beim Preis unbeachtlich sein soll.313 Dieses Verständnis von § 305 Abs. 1 S. 3 BGB kann sich nicht auf den Schutzauftrag aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen, denn es verletzt die Vertragsfreiheit – und zwar auch die des Klauselgegners – und schützt sie nicht.314 Indem die Rechtsordnung eine privatautonome vertragliche Regelung anerkennt (siehe dazu: 1.), erkennt sie die Selbstbestimmung aller Vertragsparteien an und nicht bloß die des durch sie Begünstigten. Eben darin drückt sich die Dialektik der Privatautonomie aus, nach der das Selbstbestimmungsrecht auch ein Selbstbindungsrecht ist.315 dd) Inhaltskontrolle Folgt man der hier vertretenen Ansicht nicht und unterzieht Transaktionsvereinbarungen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, so kommt es entscheidend auf das 310

Vgl. Miethaner, NJW 2010, 3121, 3126 f. Vgl. Kirchner/Giessen, BB 2015, 515: „Damit würden die häufig langwierigen Vertragsverhandlungen über M&A-Transaktionen zur Farce und es bestünde eine erhebliche Unsicherheit über den rechtlichen Bestand wirtschaftlich bedeutender Vertragsbestimmungen“. 312 Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 314; vgl. Miethaner, NJW 2010, 3121, 3127. 313 So v. Westphalen, ZIP 2007, 149, 154. 314 Leyens/H.-B. Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 791 sehen die Gefahr einer „opportunistischen Ausbeutung des Verwenders“. Damit wird ein wichtiger Gesichtspunkt aufgegriffen, nämlich die ökonomische Sinnhaftigkeit einer solchen Auslegung von § 305 Abs. 1 S. 3. Vgl. dazu Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009), 37, 47, die darlegen, dass effiziente gesetzliche Regelungen derartige opportunistische Verhaltensweisen unterbinden müssen. 315 Canaris, AcP 200 (2000), 273, 278 ff. 311

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Leitbild des dispositiven Rechts an, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. In der Literatur wurde in diesem Zusammenhang die Frage nach der Leitbildfähigkeit des dispositiven Rechts im unternehmerischen Rechtsverkehr aufgeworfen.316 Die Leitbildfähigkeit setze eine Regelung des dispositiven Rechts voraus, die dem hypothetischen Parteiwillen der beteiligten Verkehrskreise entspräche.317 Diese Erwägung stellt auf den Sinn und Zweck des dispositiven Rechts ab, Regelungslücken in Verträgen mit einer Auffangregelung zu schließen, die dem hypothetischen Willen verständiger und redlicher Parteien entspricht.318 Als sog. majoritarian default rules ermöglichen die Normen des dispositiven Rechts Vertragsschlüsse, die anderenfalls aufgrund der mit diesem verbundenen (dann prohibitiv wirkenden) Transaktionskosten unterblieben.319 Dieses Verständnis des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen aus der Funktion des dispositiven Rechts heraus überzeugt. Der Rekurs auf die beteiligten Verkehrskreise ist dabei naheliegend, kann in letzter Instanz unbillige Ergebnisse durch eine – grundsätzlich abzulehnende – Inhaltskontrolle verhindern und so das subjektive Äquivalenzverhältnis der Parteien aufrechterhalten. Voraussetzung ist eine Rechtsanwendung, die sich an den Usancen des M&A-Markts orientiert320 und dabei insbesondere den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Dimensionen der Risikoallokation in Unternehmenskaufverträgen berücksichtigt. Bei dem daneben notwendigen Abgleich zwischen den verkehrskreisgerecht ermittelten Anforderungen der Parteien und dem normativen Gehalt des dispositiven Rechts, muss die Normgenese eine angemessene Berücksichtigung finden. Im Bereich des Kaufrechts gilt es dabei insbesondere die Provenienz des dispositiven Kaufrechts zu berücksichtigen, dem die VerbrGK-RL321 zugrunde liegt (siehe dazu: III.1.).322 ee) Zwischenfazit allgemeine Geschäftsbedingungen Da es sich bei Transaktionsvereinbarungen regelmäßig um Individualvereinbarungen handelt, die darüber hinaus nicht gestellt sind, findet das Recht der allge316

Vgl. Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 313; K. Berger, ZIP 2006, 2149, 2150, 2153 f. Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 313; Kötz, JuS 2013, 289, 290 f.; vgl. Rabe, NJW 1987, 1978, 1983, der ebenfalls maßgeblich auf den Verkehrskreis abstellt. 318 Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, 1967, S. 127; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 285; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 313; Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009), 37, 48 ff. 319 Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 313; Kötz, JuS 2013, 289, 290 f.; Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009), 37, 48 ff. 320 W. König, KSzW 2016, 44, 46 f.; vgl. K. Berger, ZIP 2006, 2149, 2154, Rabe, NJW 1987, 1978, 1983. 321 Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. 5. 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgu¨ terkaufs und der Garantien für Verbrauchsgu¨ ter, ABlEG v. 7. 7. 1999, L 171/12; geändert durch die RL 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. 10. 2011, ABlEU v. 22. 11. 2011, L 304/64. 322 So schon K. Berger, ZIP 2006, 2149, 2150. 317

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meinen Geschäftsbedingungen auf sie keine Anwendung. Sofern nach anderer Ansicht dennoch eine Inhaltskontrolle erfolgt, sind die Usancen des M&A-Markts hinreichend zu berücksichtigen. Das dispositive Recht ist dagegen aufgrund der Besonderheiten des Unternehmenserwerbs regelmäßig nicht leitbildfähig. III. Naturalia negotii Die von den Parteien in Geltung gesetzte lex contractus ergänzt die Rechtsordnung durch die nicht abbedungenen Regelungen des dispositiven Rechts, die Regelungen des zwingenden Rechts und die ergänzende Vertragsauslegung, die zusammen als naturalia negotii bezeichnet werden.323 Besondere Bedeutung kommt dabei den vertragsergänzenden Regelungen des Schuldrechts zu.324 Da causa des Unternehmenserwerbs oft ein Kaufvertrag ist, geht es dabei vor allem um den (möglichen) Einfluss des Kaufrechts. Das deutsche Kaufrecht findet grundsätzlich auf alle Verträge Anwendung, die dem deutschen Sachrecht unterliegen und auf eine dauerhafte Übertragung eines Gegenstandes gegen Entgelt gerichtet sind. Für den Sachkauf ergibt sich das unmittelbar aus § 433 Abs. 1 BGB, für den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen aus der Verweisung in § 453 Abs. 1 BGB. Aufgrund dieses Verweises finden die §§ 433 ff. BGB auf den Unternehmenskauf entsprechende Anwendung.325 Fraglich ist indes, inwieweit bei dieser Anwendung die (1.) europarechtlichen Grundlagen der §§ 433 ff. BGB zu berücksichtigen sind und ob der Verweis in § 453 Abs. 1 BGB die (2.) Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts auf den Unternehmenskauf nach sich zieht. 1. Europarechtliche Grundlagen Die Neufassung der §§ 433 ff. BGB im Rahmen der Schuldrechtsreform erfolgte zur Umsetzung der VerbrGK-RL.326 Der Reformgesetzgeber hat sich bewusst für eine 323

W. Flume (1992), § 33, 6. c). W. Flume (1992), § 33, 6. c). 325 BT-Drucks. 14/6040, S. 242; Canaris (2006), § 8 Rn. 16; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 74; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33; M. Fischer, DStR 2004, 276; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118, 124; Hilgard, BB 2016, 1218, 1220; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 189; Knott, NZG 2002, 249, 250; Meyer, WM 2012, 2040; Palzer, JURA 2011, 917, 922; MAH GmbH-Recht/Picot, § 2 Rn. 72; Eilers/Koffka/Mackensen/ Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 1; Redeker, NJW 2012, 2471; Schröcker, ZGR 2005, 63, 72; Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49. Die teilweise diskutierte Frage, ob man im Unternehmenskauf in Form eines Share Deals einen Rechtskauf oder – was in Ansehung des wirtschaftlichen Kaufgegenstandes zutreffend ist – den Kauf eines sonstigen Gegenstandes sieht, ist unerheblich, da der Verweis in § 453 Abs. 1 BGB zu einem Gleichlauf der rechtlichen Beurteilung führt, Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 104. 326 BT-Drucks. 14/6040, S. 1. 324

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überschießende Umsetzung327 der Richtlinie entschieden, sodass – von Ausnahmen wie den Regelungen der §§ 474 ff. BGB abgesehen – die europarechtlich determinierten Vorschriften auch auf Geschäfte Anwendung finden, die nicht als Verbrauchsgüterkauf i.S.d. VerbrGK-RL zu qualifizieren sind.328 Es handelt sich bei diesen Regelungen also um hybride Rechtsnormen, weil sie teilweise europarechtlich vorgegeben sind und teilweise auf dem autonomen Anwendungsbefehl des nationalen Gesetzgebers beruhen.329 Es stellt sich daher die Frage, inwieweit der Rechtsanwender im Kontext des Unternehmenskaufs bei der Auslegung die besondere Interessenlage berücksichtigen darf oder ob er auch hier an die Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gebunden ist. a) Europarechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Umsetzung Zunächst lässt sich konstatieren, dass der sich aus dem Umsetzungsgebot des Art. 288 Abs. 3 AEUV und der Pflicht zur Unionstreue aus Art. 4 Abs. 3 EUV ergebende330 europarechtliche Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung331 nur (unmittelbare) Anwendung findet, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf i.S.d. VerbrGK-RL handelt.332 Zwar hat der Europäische Gerichtshof in mehreren Urteilen ein „klares Interesse der Gemeinschaft“ an einer einheitlichen Auslegung im Falle einer überschießenden Umsetzung von Richtlinien durch den nationalen Gesetzgeber betont, um eine einheitliche Auslegung für die Zukunft zu gewährleisten.333 Eine Pflicht zur einheitlichen Auslegung hat das Gericht jedoch verneint.334 327

279 f.

Zur überschießenden Umsetzung: Habersack/Mayer, JZ 1999, 913; Koch, JZ 1996, 277,

328 BT-Drucks. 14/6040, S. 2 spricht davon, dass einer „Rechtszersplitterung“ entgegengewirkt werden sollte; C. Berger, JZ 2004, 276, 278; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 433 Rn. 9; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118, 119; Jagersberger, S. 36. 329 Drexel, FS Heldrich, 2005, S. 67, 75; Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1, 28; Jagersberger, S. 37; vgl. Mittwoch, JuS 2017, 296, 297 (dort in Fn. 12). 330 BGHZ 195, 135 Rn. 18; Mittwoch, JuS 2017, 296; Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 288 AEUV Rn. 78. 331 Std. Rspr.: EuGH v. 10. 4. 1984, Harz ./. Deutsche Tradax, Rs. C-79/83, ECLI:EU:C:1984:155, Rn. 26, 28; EuGH v. 10. 4. 1984, v. Colson u. Kamann ./. Land Nordrhein-Westfalen, Rs. C-14/83, ECLI:EU:C:1984:153, Rn. 26 ff.; EuGH v. 15. 5. 1986, Johnston ./. Chief Constable of the Royal Ulster Constabulary, Rs. C-222/84, ECLI:EU:C:1986:206, Rn. 53; EuGH v. 8. 10. 1987, Kolpinghuis Nijmegen BV, Rs. C-80/86, ECLI:EU:C:1987:431, Rn. 12 – 14; EuGH v. 19. 4. 2016, Dansk Industri ./. Nachlass des Karsten Eigil Rasmussen, Rs. C-441/14, ECLI:EU:C:2016:278, Rn. 30 ff. 332 BGHZ 195, 135 Rn. 18; Canaris, FS Bydlinski, 2002, S. 47, 74; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 433 Rn. 9; Hess, RabelsZ 66 (2002), 470, 487; Hommelhoff, FS BGH, Bd. II, 2000, S. 889, 915; Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1, 29; Jagersberger, S. 38; Koch JZ 2006, 277, 284; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 3.63 ff.; W. Roth, FS BGH, Bd. II, 2000, S. 847, 881; J. Schmidt, GPR 2013, 210, 213; Schnorbus, RabelsZ 65 (2001), 654, 685 f. 333 Std. Rspr.: EuGH v. 18. 10. 1990, Dzodzi ./. Belgischer Staat, Rs. C-297/88, C-197/89, ECLI:EU:C:1990:360, Rn. 37; EuGH v. 17. 7. 1997, A. Leur-Bloem ./. Inspecteur der Belas-

§ 2 Anwendbares Recht

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Demgegenüber wird in der Literatur die Auffassung vertreten, aus Art. 10 Abs. 2 EGV335 ergebe sich eine grundsätzliche Pflicht zur einheitlichen Auslegung hybrider Rechtsnormen.336 Auch diese Ansicht sieht allerdings keine unbegrenzte Pflicht zur einheitlichen Auslegung und erkennt im kaufrechtlichen B2B-Bereich einen weitgehenden Spielraum des Rechtsanwenders an, damit die Besonderheiten des geschäftlichen Verkehrs hinreichend berücksichtigt werden könnten.337 b) Pflicht zur einheitlichen Auslegung aus nationalem Recht Die Ausdehnung der richtlinienkonformen Auslegung auf Sachverhalte, die vom Anwendungsbereich der zugrundeliegenden Richtlinie nicht erfasst sind, kann allerdings vor dem Hintergrund des nationalen Rechts geboten sein.338 Hat der Gesetzgeber sich bewusst für eine überschießende Umsetzung einer Richtlinie entschieden – wie bei der Umsetzung der VerbrGK-RL im Rahmen der Schuldrechtsreform – streitet im Rahmen der genetischen Auslegung eine Vermutung dafür, dass der Gesetzgeber auch diejenigen Sachverhalte, die nicht vom Anwendungsbereich der zugrundeliegenden Richtlinie erfasst sind, einer richtlinienkonformen Auslegung unterwerfen wollte.339 Wie der Bundesgerichtshof in der sog. „Heininger“Entscheidung herausgestellt hat, führt eine gespaltene Auslegung zu „erheblichen

tingdienst/Ondernemingen Amsterdam 2, Rs. C-28/95, ECLI:EU:C:1997:369, Rn. 32; EuGH v. 20. 5. 2010, Modehuis A. Zwijnenburg BV ./. Staatssecretaris van Financiën, Rs. C-352/08, ECLI:EU:C:2010:282, Rn. 33; EuGH v. 18. 10. 2012, Pelati d.o.o. ./. Republik Slowenien, Rs. C-603/10, ECLI:EU:C:2012:639, Rn. 17 ff. Sehr kritisch dazu: Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 919, die in einer Vorlage an den EuGH in Sachverhalten, die außerhalb des Anwendungsbereichs einer überschießend umgesetzten Richtlinie liegen, sogar eine Verletzung von Art. 101 GG sehen. 334 EuGH v. 16. 7. 1998, Imperial Chemical Industries plc (ICI) ./. Kenneth Hall Colmer (HM Inspector of Taxes), Rs. C-264/96, ECLI:EU:C:1998:370, Rn. 43 f. 335 Diese Regelung findet sich heute in ähnlicher Form in Art. 4 Abs. 3 UAbs. 3 EUV. Sie verbietet alle Maßnahmen, die eine Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten 336 Drexel, FS Heldrich, 2005, S. 67, 83 f. Ähnlich: W. Roth, FS BGH, Bd. II, 2000, S. 847, 884; a.A. Canaris, FS Bydlinski, 2002, S. 47, 74; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 433 Rn. 9; Hess, RabelsZ 66 (2002), 470, 487; Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1, 29; Jagersberger, S. 39; Koch JZ 2006, 277, 284; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 3.64; Mittwoch, JuS 2017, 296, 298 f.; J. Schmidt, GPR 2013, 210, 213. 337 So Drexel, FS Heldrich, 2005, S. 67, 84 f. 338 Vgl. Hommelhoff, FS BGH, Bd. II, 2000, S. 889, 915; Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1, 29 f.; Koch, JZ 2006, 277, 284; Lorenz, NJW 2013, 207, 208; Mittwoch, JuS 2017, 296, 299 f.; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 3.65; W. Roth, FS BGH, Bd. II, 2000, S. 847, 883; J. Schmidt, GPR 2013, 210, 215; Schnorbus, RabelsZ 65 (2001), 654, 677 f. 339 Hommelhoff, FS BGH, Bd. II, 2000, S. 889, 915; Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1, 29 f.; Koch, JZ 2006, 277, 284; Lorenz, NJW 2013, 207, 208; W. Roth, FS BGH, Bd. II, 2000, S. 847, 883; J. Schmidt, GPR 2013, 210, 215 Ähnlich: Schnorbus, RabelsZ 65 (2001), 654, 677 f. Tendenziell strenger: Bärenz, DB 2003, 375.

76

1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Rechtsanwendungsproblemen“.340 Gerade eine solche „Rechtszersplitterung“ will der Gesetzgeber – was er im Hinblick auf die Umsetzung der VerbrGK-RL expressis verbis artikuliert hat341 – vermeiden, wenn er sich für eine überschießende Umsetzung einer Richtlinie entscheidet.342 Daraus folgt zwar nicht die grundsätzliche Unzulässigkeit der gespaltenen Auslegung.343 Auch der Bundesgerichtshof hat seit der sog. „Quelle“-Entscheidung344 – insbesondere infolge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen „Putz“ und „Weber“345 – seine Zurückhaltung hinsichtlich einer gespaltenen Auslegung zusehends aufgeben346 und wurde darin vom Bundesverfassungsgericht bestätigt, das verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine gespaltene Auslegung eine Absage erteilt hat.347 Allerdings sollte der Gewinn an Rechtssicherheit, der sich aus einer „richtlinienorientierten“348 Auslegung ergibt, nicht für kleine Münze gegeben werden. Für die Anwendung überschießend umgesetzter kaufrechtlicher Regelungen im Kontext des Unternehmenserwerbs lassen sich zwei Schlüsse ziehen: Erstens hat die Entscheidung für eine gespaltene Auslegung Ausnahmecharakter. Die Fachgerichte reagieren damit auf Entwicklungen, die für den Gesetzgeber schwer absehbar waren. Im Regelfall – und insofern ist die „Heininger-Rechtsprechung“ nach wie vor aktuell – entsprechen die Rechtsanwendungsschwierigkeiten, die mit einer gespaltenen Auslegung einhergehen, gerade nicht dem Willen des Gesetzgebers.349 Zweitens kann in besonders gelagerten Ausnahmesituationen das Bedürfnis nach einer gespaltenen Rechtsanwendung befriedigt werden. Das betrifft Fälle, in denen der Rechtsanwender den Besonderheiten des geschäftlichen Rechtsverkehrs Rechnung tragen muss, weil eine Vorschrift einen spezifisch verbraucherschützenden Regelungsgehalt hat.350

340

BGH NJW 2002, 1881 Rn. 35 ff. („Heininger“). BT-Drucks. 14/6040, S. 2. 342 Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1, 29 f.; Koch, JZ 2006, 277, 284; Lorenz, NJW 2013, 207, 208; J. Schmidt, GPR 2013, 210, 215; vgl. Hess, RabelsZ 66 (2002), 470, 486. 343 Höpfner/Rüthers, AcP 209 (2009), 1, 29 f.; Koch, JZ 2006, 277, 284; Lorenz, NJW 2013, 207, 208 f.; J. Schmidt, GPR 2013, 210, 215 ff. 344 BGHZ 179, 27 („Quelle“). 345 EuGH v. 16. 6. 2011, Gebr. Weber GmbH ./. Wittmer, Putz ./. Medianess Electronics GmbH, Rs. C-65/09, C-87/09, ECLI:EU:C:2011:396 („Weber/Putz“). 346 Vgl. BGHZ 195, 135 Rn. 17 ff.; BGHZ 200, 337 Rn. 27; BGHZ 201, 101 Rn. 21. 347 Vgl. BVerfG WM 2016, 1431 Rn. 32 ff. 348 Vgl. dazu jüngst: Mittwoch, JuS 2017, 296 ff.; sowie zuvor schon: Lorenz, NJW 2013, 207, 208. 349 A.A. Mittwoch, JuS 2017, 296, 300 f., die eine besondere Bedeutung des gesetzgeberischen Willens bestreitet. 350 J. Schmidt, GPR 2013, 210, 219. 341

§ 2 Anwendbares Recht

77

2. Anwendbarkeit des Gewährleistungsregimes, §§ 434 ff. BGB Obgleich § 453 Abs. 1 BGB insgesamt auf „die Vorschriften über den Kauf von Sachen“ verweist,351 ist in der Literatur umstritten, inwieweit daraus auch die Anwendbarkeit des kaufrechtlichen Gewährleistungsregimes auf den Unternehmenskauf resultiert. Das ist insbesondere für die entsprechende Anwendung der Sachmangelgewährleistung umstritten. Namentlich Huber hat sich vehement gegen eine Anwendung des Gewährleistungsrechts auf den Unternehmenskauf ausgesprochen und dabei zum einen tatbestandlich argumentiert: Ein Unternehmen weise keine Standardbeschaffenheit auf, weshalb eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Sachmangel nicht in Betracht komme.352 Das eigentliche Problem des Unternehmenskaufs sei ein Informationsproblem.353 Die Haftung des Verkäufers sollte sich daher ausschließlich nach den Regelungen der culpa in contrahendo richten.354 Die Anwendung des § 434 BGB auf den Unternehmenskauf führe zu einer dogmatischen Verwerfung:355 Zum einen drohten „die systematischen Grundbegriffe des Sachmängelrechts“ ihren Sinn zu verlieren.356 Zum anderen verschwimme im Hinblick auf den Share Deal die Differenzierung zwischen Sach- und Rechtskauf.357 Den Verkäufer eines Rechts treffe nur eine Haftung für dessen Verität, nicht aber für dessen Bonität.358 Die Anwendung der Sachmängelhaftung beim Rechtskauf sei eine „durch und durch systemwidrige Lösung“.359 Diese Auffassung konfligiert mit dem ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes.360 Auch der Wortlaut des § 453 Abs. 1 BGB verweist in aller Deutlichkeit auf das gesamte Kaufrecht.361 Für eine teleologische Reduktion fehlt es bereits an der erforderlichen (verdeckten) Regelungslücke.362 Dem Argument, ein Unternehmen weise keine Standardbeschaffenheit auf, wurde in der Literatur überzeugend entgegengehalten, dass eine Ausstattung mit gewissen Betriebsmitteln in einigen Branchen von einem Unter-

351 352

33, 34. 353 354 355 356 357 358 359 360 361 362

Canaris (2006), § 8 Rn. 23; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 81. Huber, AcP 202 (2002), 179, 211 ff.; vgl. Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, Huber, AcP 202 (2002), 179, 211 ff. Huber, AcP 202 (2002), 179, 211 ff. Huber, AcP 202 (2002), 179, 213 f. Huber, AcP 202 (2002), 179, 213. Huber, AcP 202 (2002), 179, 213 f. Huber, AcP 202 (2002), 179, 214. Huber, AcP 202 (2002), 179, 214. BT-Drucks. 14/6040, S. 242. Canaris (2006), § 8 Rn. 23; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 81. Vgl. Canaris (2006), § 8 Rn. 23.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

nehmen durchaus erwartet werden kann.363 Ebenfalls wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Standardbeschaffenheit keine Voraussetzung für die Anwendung des Sachmängelgewährleistungsrechts ist, da dieses neben dem objektiven auch den subjektiven Beschaffenheitsbegriff kennt.364 Ferner hat Eidenmüller nachgewiesen, dass auch ein Recht eine Beschaffenheit aufweisen kann.365 Einer Anerkennung der entsprechenden Anwendung des § 434 BGB auf den Kauf von Rechten lässt sich damit gerade keine Ausdehnung der Veritäts- auf eine Bonitätshaftung beim Rechtskauf und eine Durchbrechung der Demarkationslinie zwischen Sach- und Rechtskauf entgegenhalten. Dieses Argument überzeugt in seiner Grundsätzlichkeit freilich schon aus sich heraus nicht: Es ist schlichtweg nicht ersichtlich, weshalb der Verkäufer eines Rechts grundsätzlich nicht auch für die Bonität eines verkauften Rechts einstehen soll.366 Das Argument Hubers, das wesentliche Problem des Unternehmenskaufs sei ein Informationsproblem, mag zutreffend sein.367 Das von ihm proklamierte Primat der culpa in contrahendo lässt sich daraus allerdings nicht ableiten. Auch im Bereich des Sachkaufs lassen sich viele Gewährleistungsansprüche auf ein Informationsproblem zurückführen, wenn z. B. der Verkäufer nicht über die fehlende Eignung der Kaufsache zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung aufgeklärt wurde. Das kauf-

363 Canaris (2006), § 8 Rn. 24; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 82; Eidenmüller, ZGS 2002, 290, 295; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 34; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 321; Palzer, JURA 2011, 917, 924 f.; Thiessen (2010), S. 200 ff. 364 Canaris (2006), § 8 Rn. 24; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 82; Eidenmüller, ZGS 2002, 290, 295; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 321. 365 Eidenmüller, ZGS 2002, 290, 290 f.; anders hingegen W. Flume (1975), S. 175 ff.; Zimmermann, AcP 213 (2013), 652, deren Ausführungen den Sachmangel bei sachbezogenen Rechten betreffen. 366 Vgl. W. Flume (1975), S. 175 ff.; Zimmermann, AcP 213 (2013), 652, die zeigen, dass auch „nichtrechtliche Eigenschaften“ eines Rechts gewährleistungsrechtlich relevant sind, was wohl teilweise als Bonitätshaftung verstanden wird. Zimmermann, AcP 213 (2013), 652, 661 betont allerdings ausdrücklich, dass sich trotz des Wegfalls von § 437 a.F. BGB weiterhin keine Haftung für die Bonität einer Forderung ergebe. Der Zweck des § 437 a.F. BGB bestand jedoch nicht darin, eine Haftung des Schuldners auf die Verität zu begrenzen, sondern diese in Ansehung des § 306 a.F. BGB zu ermöglichen, wovon auch der Reformgesetzgeber ausweislich BT-Drucks. 14/6040, S. 202 ausgegangen ist. Deswegen lässt sich m. E. aus § 437 a.F. BGB nicht der Schluss ziehen, der Schuldner hafte grundsätzlich nur auf die Verität der Forderung. Deren Einbringlichkeit ist m. E. grundsätzlich geeignet die Beschaffenheit des Rechts zu prägen. Die Argumente, die W. Flume und Zimmermann im Hinblick auf Rechte mit Sachbezug vortragen, lassen sich auch auf nichtsachbezogene Eigenschaften übertragen, da auch hier das subjektive Äquivalenzverhältnis betroffen ist. Ähnlich argumentiert Schröcker, ZGR 2005, 63, 87: „Soweit eine ausdrückliche oder konkludente Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, ist kein Grund ersichtlich, warum die Parteien nicht auch beim Kauf eines Rechtes frei über dessen Beschaffenheit disponieren können sollen und im Falle des Nichtvorliegens der vereinbarten Beschaffenheitsmerkmale rechtlich haften.“; der in letzter Konsequenz die hier vertretene Ansicht allerdings ablehnt. 367 So auch Eidenmüller, ZGS 2002, 290, 295; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 320.

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

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rechtliche Gewährleistungsregime für Sachmängel findet nach alledem auch auf den Unternehmenskauf entsprechende Anwendung.

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente A. Einleitung: Prozesssteuerung durch Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente Gegenstand dieses Paragrafen sind die sog. Vorfeldvereinbarungen368 und Begleitdokumente. Während es sich bei den Vorfeldvereinbarungen um vertragliche Vereinbarungen handelt, durch die Rechte und Pflichten zwischen den Prozessbeteiligten vor dem Abschluss des eigentlichen Verpflichtungsgeschäfts am Erwerbsprozess begründet werden, dienen die Begleitdokumente vordinglich der ersten Information der Erwerbsinteressenten. Sowohl die Vorfeldvereinbarungen als auch die Begleitdokumente sind Instrumente, denen sich der Veräußerer bedient, um den Veräußerungsprozess zu steuern, indem er bspw. vertragliche Verschwiegenheitspflichten begründet, Fristen zur Angebotsabgabe setzt oder potenzielle Erwerber anspricht.369

B. Teaser Als „Teaser“ bezeichnet man das erste Informationspaket, das den vom Veräußerer identifizierten, potenziellen Erwerbsinteressenten einen ersten, regelmäßig sehr oberflächlichen und anonymisierten Eindruck vom Zielunternehmen vermitteln soll.370 Da der Teaser ein Marketingprodukt ist und damit in der Regel kaum belastbare Angaben über das Zielunternehmen enthält, ist er juristisch weitgehend bedeutungslos. Er ist allerdings insoweit relevant, als durch seinen Versand ein vorvertragliches Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB entsteht. Zwar werden damit noch keine Vertragsverhandlungen gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB aufgenommen, weil es an der dafür charakteristischen Gegenseitigkeit 368 Vgl. Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 103, die Vorfeldvereinbarungen allerdings als Teil des Letter of Intents begreifen und den Begriff dadurch m. E. verkürzen. 369 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360 ff.; Hettler/Stratz/Hörtnagl/ Lips, § 3 Rn. 6 ff. 370 Hanke/Socher, NJW 2010, 664, 665; Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 66 ff.; Linke/ Fröhlich, GWR 2014, 449; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 12; BeckFormB BHW/MeyerSparenberg, Form. III. A 15 Anm. 1; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 8; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 12.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

fehlt.371 Der Versand des Teasers stellt allerdings eine Vertragsanbahnung i.S.d. § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB dar. Die dafür erforderliche Einwirkungsmöglichkeit des Veräußerers auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des potenziellen Erwerbsinteressenten besteht, weil schon die erste Prüfung der Informationen nicht unerhebliche Kosten verursachen kann. Ein Anvertrauen oder Gewähren dieser Einwirkungsmöglichkeit ist entgegen des Wortlauts wegen des Schutzzwecks der Norm nicht erforderlich.372 Es genügt insofern, wenn die Einwirkungsmöglichkeit eine normale Folge der Vertragsanbahnung ist.373 Da sich die Parteien mit dem Versand des Teasers erst am Beginn eines längeren Prozesses befinden, sind keine überzogenen Anforderungen an die Intensität der dadurch begründeten Rücksichtnahmepflichten zu stellen.374 Gleichwohl begründet jedenfalls die absichtliche Täuschung potenzieller Erwerbsinteressenten über die konkrete (d. h. auf den jeweiligen Erwerbsinteressenten bezogene) Veräußerungsbereitschaft auch in diesem frühen Stadium immer eine Pflichtverletzung.

C. Vertraulichkeitsvereinbarungen Der Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen (sog. Non Disclosure Agreement, kurz NDA)375 erlaubt es dem Verkäufer, den Fluss von vertraulichen Informationen im Rahmen der Transaktion – insbesondere im Zuge der Durchführung einer Due Diligence (siehe dazu: § 4) – zu kontrollieren.376 Dementsprechend ist die Vertraulichkeitsvereinbarung regelmäßig die erste Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und den Erwerbsinteressenten und Voraussetzung für die Aushändigung des sog. Information Memorandums (siehe: D.).377 Im Folgenden sollen zunächst die (I.) Rechtsnatur und der (II.) Aufbau einer Vertraulichkeitsvereinbarung dargestellt werden. Daran anschließend soll die 371 MüKoBGB/Emmerich, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 43; vgl. BeckOKBGB/Gehrlein/Sutschet, 43. Ed. 2017, § 311 Rn. 45; Jauernig/Stadler, BGB, 16. Aufl. 2015, § 311 Rn. 41; a.A. Hk-BGB/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 311 Rn. 15, auch nach dessen Verständnis dürfte der Teaser allerdings nicht den Beginn der Vertragsverhandlungen markieren. 372 BeckOKBGB/Gehrlein/Sutschet, 43. Ed. 2017, § 311 Rn. 47; MüKoBGB/Emmerich, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 45. 373 MüKoBGB/Emmerich, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 45. 374 Vgl. Bergjan, ZIP 2004, 395, 396, der zutreffend darauf hinweist, dass die Intensität der vorvertraglichen Pflichten der Parteien mit dem Verlauf der Verhandlungen zunimmt. 375 Vgl. Hettler/Stratz/Hörtnagl, § 1 Rn. 20. 376 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449 ff.; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 21; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 64; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903 ff. 377 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360; Hettler/Stratz/Hörtnagl/ Zwirner, § 2 Rn. 82; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II 7 Anm. 3; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 8; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2904; vgl. Heussen, Rn. 16.

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

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rechtliche (III.) Erforderlichkeit eines vertraglichen Informationsschutzes untersucht werden. I. Rechtsnatur Rechtstechnisch handelt es sich um einen Vertrag, der üblicherweise durch einen Briefwechsel zustande kommt.378 Der Vertragstext wird vom Veräußerer an den Erwerbsinteressenten geschickt und enthält die Aufforderung, sein Einverständnis zu erklären.379 Leistet der Erwerbsinteressent Folge, ist der Vertrag geschlossen. Erklärt er dagegen, nur unter näher bezeichneten Einschränkungen einverstanden zu sein, gilt das gemäß § 150 Abs. 2 BGB als Zurückweisung des Vertragsangebots verbunden mit einem neuen Angebot. Gewährt der Veräußerer daraufhin Zugang zu vertraulichen Informationen, ist dem im Rahmen der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB regelmäßig eine konkludente Annahme des Änderungsvorschlags zu entnehmen. Unter Umständen, wenn etwa der Änderungsvorschlag das Schutzniveau eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses unterschreitet und insofern nicht von einem Einverständnis des Veräußerers auszugehen ist, kann auch ein offener Einigungsmangel i.S.d. § 154 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen. In diesem Fall besteht (nur) ein gesetzliches Schuldverhältnis i.S.d. § 311 Abs. 2 BGB mit den Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB. II. Aufbau und Inhalt Jedenfalls bei größeren Transaktionen ist es üblich, der Vertraulichkeitsvereinbarung eine (1.) Präambel voranzustellen.380 Ansonsten divergiert der Aufbau im Detail, auch wenn die inhaltlichen Überschneidungen groß sind. Die folgende Darstellung abstrahiert mögliche Inhalte und orientiert sich – losgelöst von der Aufteilung in einzelnen Klauseln – an den Sinneinheiten (2.) Tatbestand und (3.) Rechtsfolge. 1. Präambel381 Eine Präambel kontextualisiert eine Vereinbarung und skizziert sie in ihren Grundzügen.382 Dazu wird ein Bezug zur Transaktion hergestellt, der erwartete 378

v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2903 f.; vgl. BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1. 379 Vgl. BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1. 380 Kurz, Rn. 31 ff.; vgl. BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, II 7; BeckFormB ZivilR/ Thurn/Ziegenhain, Form. N 1; Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. B.I.1. 381 Da die Funktion der Präambel im Unternehmenskaufvertrag der Funktion der Präambel in der Vertraulichkeitsvereinbarung entspricht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf eine erneute Darstellung verzichtet.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Austausch von vertraulichen Informationen dargestellt (Kontextualisierung) und festgestellt, dass die Vertraulichkeitsvereinbarung die Bedingungen für diesen Informationsaustausch zum Gegenstand hat (Skizzierung).383 Durch systematische Querverweise kann die Präambel in die Regelungssystematik des Vertrages einbezogen werden und dabei etwa der Begriffsbildung dienen.384 Sie erlaubt damit einen Rückschluss auf den tatsächlichen Willen und die Vorstellungen der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses,385 kann damit zur Vertragsauslegung386 und zur Ermittlung der Geschäftsgrundlage387 herangezogen werden und dabei sogar Auslegungsergebnisse rechtfertigen, die im Widerspruch zum Wortlaut des Vertragstextes stehen.388 2. Tatbestand Der Tatbestand einer Vertraulichkeitsvereinbarung bestimmt ihren (a)) Anwendungsbereich, also den sachlichen, personellen und zeitlichen Rahmen, in dem die Vereinbarung grundsätzlich Rechtsfolgen zeitigt. Daneben werden weitere Modalitäten, wie der maßgebliche (b)) Sorgfaltsmaßstab formuliert, von denen das Entstehen bzw. die Durchsetzbarkeit von Rechten und Pflichten aus der Vertraulichkeitsvereinbarung abhängt. a) Bestimmung des Anwendungsbereichs aa) Sachlicher Anwendungsbereich Bei der Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs der Vertraulichkeitsvereinbarung geht es erstens darum, zu konkretisieren, welche Informationen, die während der Transaktion ausgetauscht werden, durch die Vertraulichkeitsverein382

Duys/Henrich, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 16 Rz. 27 ff. Vgl. Heussen, Rn. 595 f.; Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. B.I.1.; BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1. 384 Kurz, Rn. 34; vgl. BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1: „Die Interessierte Partei verpflichtet sich: […] Vertrauliche Informationen nicht für andere Zwecke zu verwenden als für die in der Präambel beschriebenen Gespräche und die Bewertung der Transaktion“. 385 Vgl. BGH WM 2001, 1905 Rn. 13; BGH GRUR 2010, 530 Rn. 37; OLG München NZI 2016, 488 Rn. 19; Duys/Henrich, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 16 Rz. 27 f.; Heussen, Rn. 344; Pilger, BB 2000, 368, 369. 386 Vgl. BGH NJW 1981, 2059 Rn. 15; BGH NJW 1995, 3313, 3314 Rn. 5 f.; BGH WM 2001, 1905 Rn. 13; BGH GRUR 2010, 530 Rn. 33 ff.; OLG München NZI 2016, 488 Rn. 19; so auch Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 4 Rn. 9; Duys/Henrich, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 16 Rz. 27 f.; Heussen, Rn. 344; S. 10; Merkt, FS Sandrock, 2000, S 657, 659 f.; Pilger, BB 2000, 368, 369. 387 Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 4 Rn. 9; Duys/Henrich, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 16 Rz. 29; Pilger, BB 2000, 368, 369. 388 Vgl. BGH WM 2001, 1905 Rn. 13; BGH GRUR 2010, 530 Rn. 33 ff.; Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657, 659 f. 383

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barung Schutz erfahren sollen – also um die Definition der vertraulichen Informationen.389 Zweitens wird üblicherweise die Transaktion als solches in den Anwendungsbereich einbezogen. (1) Definition der vertraulichen Informationen Da der M&A-Prozess ein kommunikativer und informationsintensiver Prozess ist, fällt die Entscheidung, welche Aspekte eines besonderen Schutzes bedürfen, naturgemäß schwer. Ausgangpunkt ist die Informationsquelle: Es sind grundsätzlich alle Informationen vertraulich, die der Veräußerer dem Erwerbsinteressenten entweder zugänglich gemacht hat oder die Derivate solcher Informationen sind, unabhängig von der Art oder dem Zeitpunkt der Offenbarung oder Ableitung.390 Nehmen Wettbewerber als Erwerbsinteressenten am Veräußerungsprozess teil, kann es wettbewerbsrechtlich geboten sein, eine Abstufung in Form einer Unterdefinition von wettbewerbsrelevanten vertraulichen Informationen vorzusehen, um daran auf Rechtsfolgenseite mit besonderen Schutzmaßnahmen anknüpfen zu können (siehe dazu: 3.a)aa)(1)).391 Es würde indes zu weit gehen, jede Information, die der Veräußerer dem Erwerbsinteressenten zur Verfügung stellt, in den Anwendungsbereich der Vertraulichkeitsvereinbarung einzubeziehen, da andernfalls auch z. B. Wegbeschreibungen, Hotelempfehlungen oder bloße Zeitangaben durch den Veräußerer „vertraulich“ wären.392 Die notwendige Einschränkung kann auf zwei Wegen erfolgen: Einerseits können tatbestandlich weitere Anforderungen an eine Information gestellt werden, damit diese als vertraulich zu qualifizieren ist. Möglich ist es etwa, eine besondere Kennzeichnung von vertraulichen Informationen vorzusehen.393 In Anbetracht der Datenvolumina ist dieses Vorgehen für den Veräußerer jedoch äußerst gefährlich.394 Aus Sicht des Erwerbsinteressenten ist eine solche Gestaltung dagegen auch aus prozessualen Gründen günstig, muss doch der Veräußerer das Vorliegen dieser zusätzlichen Anforderungen als rechtsbegründende Tatsachen darlegen und beweisen, wenn er einen Anspruch aus der Vertraulichkeitsvereinbarung geltend macht. Andererseits können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden.395 Diese können z. B. so ausgestaltet sein, dass Informationen nicht als vertraulich zu qualifizieren sind, wenn 389

Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449; Söbbing, GWR 2010, 237. Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449; Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. B.I.1; BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2906. 391 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451. 392 Vgl. Kurz, Rn. 121 ff. 393 Kurz, Rn. 97; vgl. BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1. 394 Dieser Gefahr kann durch einen Auffangtatbestand begegnet werden, der vorsieht, dass vertraulich auch solche Informationen sind, die „in anderer Weise als solche [i. e. vertrauliche Informationen] erkennbar gemacht sind“ oder „aufgrund ihres Inhalts als vertraulich anzusehen sind“, vgl. BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1. 395 Vgl. Heussen, Rn. 605; Kurz, Rn. 146. 390

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

sie dem Erwerbsinteressenten bereits auf legalem Weg von Dritten zugänglich gemacht wurden oder öffentlich bekannt sind.396 Diese Gestaltung ist wiederum für den Veräußerer vorteilhaft, da den Erwerbsinteressenten die Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf den Ausnahmetatbestand trifft.397 (2) Einbeziehung der Transaktion Wird die Absicht, das Zielunternehmen zu veräußern, bekannt, kann dies negative Auswirkungen auf die Beziehungen des Zielunternehmens zu seinen Kunden, sonstigen Geschäftspartnern und Mitarbeitern haben.398 Das widerspricht sowohl den Interessen des Verkäufers als auch den Interessen des letztlich erfolgreichen Erwerbsinteressenten. Dementsprechend ist es sinnvoll, die Verhandlungen selbst in den sachlichen Anwendungsbereich der Vertraulichkeitsvereinbarung einzubeziehen.399 bb) Persönlicher Anwendungsbereich Aus dem persönlichen Anwendungsbereich ergibt sich, wer durch die Vertraulichkeitsvereinbarung berechtigt und verpflichtet ist. Die Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereichs betrifft also die ((1)) Auswahl der Vertragspartner, nicht die Frage, an wen und unter welchen Umständen eine Informationsweitergabe erfolgen darf. Die Vertraulichkeitsvereinbarung entfaltet ((2)) keine Drittwirkung. Relevant ist jedoch, wessen Verhalten sich der Erwerbsinteressent ((3)) zurechnen lassen muss. (1) Auswahl der Vertragspartner Die Erwerbsinteressenten und der Veräußerer können in komplexe Konzernstrukturen eingebunden sein, was bei der Auswahl der Vertragsparteien zu berücksichtigen ist:400 Verpflichtet die Vertraulichkeitsverpflichtung nur ein Konzernunternehmen, offenbart der Veräußerer aber Informationen unmittelbar gegenüber einem anderen Konzernunternehmen, droht die Vereinbarung ins Leere zu gehen, weil zwischen dem Informationsempfänger und den Parteien der Vertraulichkeitsvereinbarung Personenverschiedenheit besteht und damit keine Pflichten begründet

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Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II 7. Kurz, Rn. 179; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450; Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. B.I.1. Anm. 5; Söbbing, GWR 2010, 237, 238; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2906. 398 Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 14. 399 Vgl. Carney, S. 157; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 14; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 84; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450; v. Werder/ Kost, BB 2010, 2903, 2906. 400 Kurz, Rn. 36; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2904 f. 397

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werden.401 Denn auch konzernierte Unternehmen verlieren ihre rechtliche Selbstständigkeit nicht und einen allgemeinen Zurechnungstatbestand kennt das deutsche Konzernrecht nicht.402 Es bleibt daher – sofern kein besonderer Zurechnungstatbestand erfüllt ist – beim Grundsatz der Relativität von Schuldverhältnissen.403 Ähnliche Probleme ergeben sich auch bei Finanzinvestoren als Erwerbsinteressenten, weil die vertragsschließende Fondsgesellschaft und die prozesssteuernde Beratungsgesellschaft voneinander rechtlich unabhängig sind.404 Eine Ausweitung der Verpflichtung auf die als relevant identifizierten Konzernunternehmen des Erwerbsinteressenten kann durch deren Vertragsbeitritt erreicht werden.405 Auch auf Seiten des Veräußerers ist die Auswahl des Vertragspartners wesentlich. Hier gilt es ein Auseinanderfallen von Interesse und Berechtigung zu verhindern:406 Zum einen sollte – im Interesse des späteren Erwerbers – das Zielunternehmen selbst Vertragspartei sein oder jedenfalls ein eigenes Forderungsrecht haben.407 Zum anderen kann es sinnvoll sein, auf Veräußererseite weitere Personen Partei werden zu lassen oder ihnen jedenfalls ein eigenes Forderungsrecht einzuräumen, wenn bspw. die vertraulichen Informationen nicht nur die Zielgesellschaft betreffen und daher Schäden anderer Konzerngesellschaften zu besorgen sind.408 (2) Drittwirkung Keine Frage des persönlichen Anwendungsbereichs ist dagegen, mit welchen Nichtvertragsparteien der Empfänger die Informationen teilen darf: Darf der Erwerbsinteressent Informationen mit Mitarbeitern oder externen Beratern teilen, ergeben sich für diese unmittelbar weder eigene Rechte noch Pflichten. Ersteres ist dem Willen der Parteien zu entnehmen. Letzteres ist Folge der fehlenden Anerkennung von Verträgen zu Lasten Dritter durch die Rechtsordnung infolge des grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts.409 Die Frage, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen der Erwerbsinteressent Informationen mit Dritten teilen darf, bezieht sich vielmehr auf den Inhalt und den Umfang seiner Berechtigung als Vertragspartei und ist somit der Rechtsfolgenseite zuzuordnen (siehe: 3.b) 401

Vgl. v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2904 f. MüKoGmbHG/Liebscher, 2. Aufl. 2015, Anh. Die GmbH als Konzernbaustein (GmbHKonzernrecht), Rn. 215. 403 Vgl. BeckOKBGB/Gehrlein/Sutschet, 43. Ed. 2017, § 241 Rn. 8 f.; Looschelders (2016), Rn. 29; ders./Makowsky, JA 2012, 721 ff.; Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl. 2015, § 241 Rn. 4 ff. 404 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450. 405 Vgl. v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2904 f. 406 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450, 453. 407 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 83. 408 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 83. 409 RGZ 15, 355, 361; MüKoBGB/Gottwald, 7. Aufl. 2016, § 328 Rn. 258; Hk-BGB/ Schulze, 9. Aufl. 2017, § 328 Rn. 5; Erman/Westermann, BGB, 15. Aufl. 2017, Vorb. § 328 Rn. 11; vgl. BGHZ 78, 369 Rn. 22 402

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aa)(2)). Es ist allerdings denkbar, den Vertrag für Konzernunternehmen auf Veräußererseite als Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 Abs. 1 BGB auszugestalten.410 (3) Verantwortlichkeit für Repräsentanten Eng verbunden mit dem persönlichen Anwendungsbereich der Vertraulichkeitsvereinbarung ist die Frage, wann sich ein Erwerbsinteressent die Offenbarung gegenüber Mitarbeitern und Beratern auf der Ebene des Tatbestandes zurechnen lassen muss. Die Antwort darauf wird regelmäßig in der Gleichstellung der Offenbarung einer Information gegenüber einem Berater oder Mitarbeiter des Erwerbsinteressenten mit der Offenbarung gegenüber dem Erwerbsinteressenten selbst liegen.411 Große Bedeutung hat eine solche Regelung freilich nicht, weil sich diese Gleichstellung schon aus den allgemeinen Zurechnungsregeln – insbesondere des Rechtsgedanken des § 278 BGB – ergeben dürfte.412 cc) Zeitlicher Anwendungsbereich Ein weiterer Aspekt, der bei Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung zu berücksichtigen ist, ist die Laufzeit. Da das Interesse am Schutz der vertraulichen Information – insbesondere bei einem Abbruch der Verhandlungen – das Ende der Transaktion überdauert, geht die Laufzeit der Vertraulichkeitsvereinbarung über den Zeitraum der Verhandlungen hinaus.413 Es besteht aber auch ein Interesse, die Bindung an die Vertraulichkeitsvereinbarung zeitlich zu begrenzen, um nicht dauerhaft eine unübersichtliche (und damit unkontrollierbare) Pflichtenlage zu generieren.414 Teilweise ist dabei eine Abstufung der Laufzeit erforderlich, wenn etwa bestimmte Informationen deutlich länger schutzbedürftig sind als andere oder diese nach Abbruch der Transaktion nicht zurückgegeben oder vernichtet werden konnten.415 Beinhaltet die Vertraulichkeitsvereinbarung ein Abwerbeverbot, ist dessen Laufzeit regelmäßig auf zwei Jahre zu begrenzen. b) Sorgfaltsmaßstab Der Verantwortlichkeitsmaßstab des Erwerbsinteressenten für die Erfüllung seiner Pflichten aus der Vertraulichkeitsvereinbarung ergibt sich grundsätzlich aus § 276 Abs. 1 BGB. Danach hat er nur Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn 410 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 453; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II 7 Anm. 13. 411 Vgl. BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1. 412 Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 453. 413 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 21. 414 Kurz, Rn. 260; BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1 Anm. 20. 415 Vgl. BeckOFVertrag/Alfes, Form. 20.2 Anm. 14; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 453, 454.

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eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist. Er muss also für Pflichtverletzungen nur eintreten, soweit er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, § 276 Abs. 2 BGB. Dabei sind allerdings die gesteigerten Sorgfaltsanforderungen zu berücksichtigen, die für den Umgang mit sensiblen Daten von hohem wirtschaftlichem Wert gelten. Abweichend vom gesetzlichen Sorgfaltsmaßstab können vertragliche Sorgfaltsanforderungen definiert werden, indem etwa das erforderliche Maß an Sorgfalt durch vorzunehmende Schutzmaßnahmen (Pflicht zur „verschlossenen Aufbewahrung“) konkretisiert wird.416 Teilweise wird auch die diligentia quam in suis als Sorgfaltsmaßstab vorgeschlagen.417 Anders als in den Fällen des § 277 BGB418 soll eine vertragliche Vereinbarung der diligentia quam in suis regelmäßig auch gesteigerte Sorgfaltsanforderungen begründen: Das für die gesetzlichen Fälle der eigenüblichen Sorgfalt angeführte Wortlautargument („nur für diejenige Sorgfalt“)419 verfängt hier nicht, denn § 277 BGB setzt eine entsprechende Haftungsbeschränkung voraus und begründet sie nicht. Gleichwohl kann eine solche Regelung neben einer Verschärfung auch zu einer Abmilderung des anzuwendenden Sorgfaltsmaßstabs führen, da es dem Erwerbsinteressenten aufgrund einer solchen Vereinbarung nämlich grundsätzlich frei steht, sich auf einen „persönlichen Schlendrian“420 zu berufen. In Ansehung der ohnehin hohen objektiven Anforderungen an den Umgang mit vertraulichen Daten wird dies oft eine Privilegierung des Erwerbsinteressenten bedeuten, die nur selten in dieser Form gewollt sein wird. Möchte der Veräußerer dennoch sicherstellen, dass der Erwerbsinteressent auch die – per se überobligatorischen – Schutzmaßnahmen ergreift, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, muss er vertraglich auf eine Vereinbarung dringen, nach der der Erwerbsinteressent neben der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten zusätzlich auch die verkehrsübliche Sorgfalt anzuwenden hat.421

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BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7 Anm. 6. Kurz, Rn. 199; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7: „Sie werden die vertraulichen Informationen (i) mit der gleichen Sorgfalt, die Sie auch in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen, gegen den unberechtigten Zugriff Dritter schützen“. 418 Vgl. Staudinger/Caspers, BGB, 2014, § 277 Rn. 3; MüKoBGB/Grundmann, 7. Aufl. 2016, § 277 Rn. 1; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 277 Rn. 3; Hk-BGB/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 277 Rn. 3; Jauernig/Stadler, BGB, 16. Aufl. 2015, § 277 Rn. 3. 419 Vgl. Staudinger/Caspers, BGB, 2014, § 277 Rn. 3; MüKoBGB/Grundmann, 7. Aufl. 2016, § 277 Rn. 1; Jauernig/Stadler, BGB, 16. Aufl. 2015, § 277 Rn. 3. 420 Vgl. Staudinger/Caspers, BGB, 2014, § 277 Rn. 1. 421 Vgl. Kurz, Rn. 200 f. 417

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

3. Rechtsfolge der Vertraulichkeitsvereinbarung a) Pflichten Aus der Vertraulichkeitsvereinbarung erwachsen verschiedene Pflichten. Diese dienen (aa)) primär dem Interesse des Veräußerers am Schutz der von ihm offengelegten Informationen. Versagt dieser Schutz, so treffen den Erwerbsinteressenten (bb)) Sekundärpflichten. Daneben bestehen (cc)) weitere Pflichten, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Informationen stehen müssen. aa) Primärpflichten Primär ist der Erwerbsinteressent zur ((1)) Vertraulichkeit verpflichtet. Daneben legt ihm die Vertraulichkeitsvereinbarung eine allgemeine und – z. B. in Form eines Abwerbeverbots – besondere ((2)) Nutzungsbeschränkungen hinsichtlich der vertraulichen Informationen auf und sieht eine Pflicht zu deren ((3)) Rückgabe und Vernichtung vor. (1) Vertraulichkeits- und Schutzpflicht Vorderste Pflicht aus einer Vertraulichkeitsvereinbarung ist ganz offensichtlich die Geheimhaltungspflicht.422 Diese besteht, soweit der sachliche Tatbestand erfüllt ist, es sich also bei den erhaltenen Informationen um vertrauliche Informationen handelt. Regelungstechnisch kann diese Pflicht entweder als Gebot zur Verschwiegenheit oder als Verbot der Offenbarung ausgestaltet sein, wobei in jedem Fall ein Unterlassen geschuldet ist.423 Neben dieser Verschwiegenheitspflicht begründet die Vertraulichkeitsvereinbarung auch eine positive Pflicht zum Schutz der vertraulichen Informationen, also zu einem aktiven Tun.424 Soweit das nicht ausdrücklich geregelt ist, ist das der Vertraulichkeitsvereinbarung im Wege der (ggf. ergänzenden) Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu entnehmen oder es ergibt sich aus § 241 Abs. 2 BGB als Nebenpflicht aus dem (ggf. vorvertraglichen) Schuldverhältnis. Da der Schutz der vertraulichen Informationen – jedenfalls auch – im Interesse des Veräußerers erfolgt, hat dieser einen Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft über die ergriffenen Schutzmaßnahmen gegenüber dem Erwerbsinteressenten aus § 666 BGB analog (siehe näher dazu: bb)(2)).425 422 Kurz, Rn. 194 ff.; BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1 Anm. 8; v. Werder/ Kost, BB 2010, 2903, 2906. 423 Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2906. 424 Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450; BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1; zurückhaltender v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2906. 425 Vgl. RGZ 73, 286, 288: „Das Bürgerliche Gesetzbuch hat die Voraussetzungen der Rechenschaftspflicht nicht durch eine allgemeine Formel festgelegt. Es hat die Pflicht in zahlreichen Einzelfällen ausgesprochen […]. Aus diesen Einzelfällen darf man den Grundsatz

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Wie jede Rechtspflicht gilt auch die Vertraulichkeitsverpflichtung nicht uneingeschränkt: Muss etwa der Erwerbsinteressent erhaltene Informationen aufgrund zwingenden Rechts oder einer behördlichen oder gerichtlichen Anordnung offenbaren, handelt er, soweit sich die Offenbarung auf das rechtlich gebotene Maß beschränkt, nicht rechtswidrig. Das gilt – wie sich aus den folgenden drei Gründen ergibt – unabhängig davon, ob die Vertraulichkeitsvereinbarung eine entsprechende Einschränkung vorsieht oder nicht:426 Erstens ist bei der Ermittlung der Reichweite der Verschwiegenheitsverpflichtung im Rahmen der Auslegung gemäß § 157 BGB der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen. Eine Auslegung, die es dem Erwerbsinteressenten unmöglich macht, die an ihn gestellten gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, ist solange als treuwidrig abzulehnen, wie eine andere Auslegung möglich ist. Ist eine solche Auslegung nicht möglich, verstößt die Vertraulichkeitsvereinbarung zweitens gegen ein gesetzliches Verbot und ist damit nach § 134 BGB nichtig. Drittens ist ihre Erfüllung dem Erwerbsinteressenten gemäß § 275 Abs. 3 BGB jedenfalls unzumutbar, mitunter sogar unmöglich, § 275 Abs. 1 BGB. Das bedeutet freilich keine grundsätzliche Befreiung des Erwerbsinteressenten von jeder Pflicht aus der Vertraulichkeitsvereinbarung. Die Haftung für etwaige vorgelagerte Pflichtverletzungen, die z. B. eine Einleitung des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens veranlasst haben, bleibt davon unberührt.427 Ferner können den Erwerbsinteressenten Sekundärpflichten treffen (siehe dazu: bb)(2)). (2) Nutzungsbeschränkungen und Abwerbeverbote Das Interesse des Veräußerers beschränkt sich indes nicht auf den Schutz vertraulicher Informationen vor einer Veröffentlichung oder der Weitergabe an Dritte, auch deren Verwendung durch den Erwerbsinteressenten selbst bedroht die Interessen des Veräußerers. Ihre Nutzung ist daher nur innerhalb des vereinbarten Nutzungszwecks und nach Maßgabe der dafür vorgesehenen Modalitäten zulässig. Im Übrigen ist dem Erwerbsinteressenten eine Nutzung, Verwertung oder Verarbeitung der vertraulichen Informationen durch die Vertraulichkeitsvereinbarung üblicherweise untersagt.428 Als besondere Ausprägung dieser Nutzungsbeschränkung kann ein Abwerbeverbot für das Personal des Zielunternehmens (und ggf. des Veräußerers) in die ableiten, daß rechenschaftspflichtig ist, wer fremde Angelegenheiten oder solche, die zugleich eigene und fremd sind, besorgt“. darauf verweisend MüKoBGB/Seiler, Bd. 4, 6. Aufl. 2012, § 666 Rn. 4. 426 A.A. wohl v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2909. 427 Zurückhaltender v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2909, die hier lediglich „Spielraum“ sehen. Die Haftung des Erwerbsinteressenten ergibt sich jedoch m. E. ohne Weiteres aus der insofern nicht gerechtfertigten Verletzung von Vertraulichkeitspflichten. Einer besonderen vertraglichen Regelung bedarf es daher nur, wenn dem NDA ein eigener, restriktiver Schadensbegriff zugrunde liegt oder die Haftung des Erwerbsinteressenten begrenzt werden soll. 428 Vgl. BeckOFVertrag/Alfes, Form. 20.2.; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 85; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2906.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Vertraulichkeitsvereinbarung aufgenommen werden.429 Durch ein solches Abwerbeverbot ist es dem Verpflichteten verboten – selbst oder durch Dritte (etwa durch Personalberater etc.) – auf die Arbeitnehmer des Zielunternehmens einzuwirken, um diese zum Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses mit dem Verpflichteten zu verleiten.430 Zweifelhaft ist, inwieweit eine solche Vereinbarung im Hinblick auf § 75f S. 2 HGB durchsetzbar ist. Danach findet aus einer Vereinbarung, durch die sich ein Prinzipal einem anderen Prinzipal gegenüber verpflichtet, einen Handlungsgehilfen, der bei diesem im Dienst ist oder gewesen ist, nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen anzustellen, weder Klage noch Einrede statt.431 Der persönliche Anwendungsbereich dieser Vorschrift erstreckt sich gemäß § 110 GewO auf alle Arbeitnehmer. Umstritten ist allerdings die Reichweite ihres sachlichen Anwendungsbereichs. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, bloße Abwerbeverbote würden vom Wortlaut des § 75f HGB nicht erfasst.432 Die Vorschrift betreffe nur die Anstellung, die durch ein Abwerbeverbot gar nicht untersagt werde.433 Dem ist der erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Jahr 2014 entgegengetreten: Abwerbeverbote machten die Zulässigkeit einer Anstellung durch einen davon betroffenen Arbeitgeber von der Initiative des Arbeitnehmers abhängig.434 Ein Abwerbeverbot sei daher eine Vereinbarung, die eine Anstellung von Arbeitnehmern nur unter bestimmten Voraussetzungen zulasse und deshalb vom Wortlaut des § 75f HGB erfasst sei.435 Auch die Entstehungsgeschichte und der systematische Zusammenhang der Norm sprechen aus Sicht der Karlsruher Richter ebenso für eine Anwendung der Vorschrift auch auf Abwerbeverbote wie deren Sinn und Zweck.436 Das Gericht sieht die Chance des von einem Abwerbeverbot betroffenen Mitarbeiters, von beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten durch die Ansprache eines Unternehmens bzw. eines Personalberaters zu erfahren, durch das Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG geschützt.437 Allerdings erkennt der Senat auch die hinter einem Abwerbeverbot stehenden wirtschaftlichen Bedürfnisse des Arbeitgebers an und stellt dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers gegenüber.438 Die Regelung des § 75f HGB sei im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung teleologisch zu reduzieren, weshalb die Rechte 429

Vgl. Carney, S. 157; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 87: v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2909. 430 Vgl. BGHZ 201, 205 Rn. 22; Butzert, NJOZ 2015, 1153. 431 v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2909 f. 432 Butzert, NJOZ 2015, 1153; Naber, DB 2014, 2945 ff.; Wolf, NZG 2004, 366, 367. 433 Wolf, NZG 2004, 366, 367. 434 BGHZ 201, 205 Rn. 22. 435 BGHZ 201, 205 Rn. 21. 436 BGHZ 201, 205 Rn. 24 ff. 437 BGHZ 201, 205 Rn. 28. 438 BGHZ 201, 205 Rn. 30.

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wegen Verletzung von Abwerbeverboten in bestimmten Fällen klagbar seien.439 Wegen der Schutzbedürftigkeit des Veräußerers gelte dies – so der Bundesgerichtshof ausdrücklich – im Fall von „Abwerbeverbote[n], die bei Risikoprüfungen vor dem Kauf von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen vereinbart werden (sog. Due-Diligence-Prüfungen)“.440 In Anlehnung an seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit von anderen Formen von Wettbewerbsverboten und im Hinblick auf § 74a Abs. 1 S. 3 HGB geht das Gericht jedoch davon aus, dass das Interesse an der Wirksamkeit des Abwerbeverbots mit der Zeit abnehme, weshalb eine Durchsetzbarkeit eines Abwerbeverbots entgegen der Regelung des § 75f S. 2 HGB nur für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des jeweiligen Vertragsverhältnisses gerechtfertigt sei.441 Ob in Ausnahmefällen auch über die Dauer von zwei Jahren hinausgehende Abwerbeverbote zulässig sind, wird ausdrücklich offen gelassen.442 Diese Auslegung von § 75f HGB durch den Bundesgerichtshof überzeugt und ist daher in der Literatur zu Recht auf überwiegende Zustimmung gestoßen.443 Dem Senat gelingt ein schonender Ausgleich zwischen den grundrechtlich geschützten Rechtspositionen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers.444 Das Urteil schafft einerseits Rechtssicherheit,445 lässt andererseits Raum für die Behandlung von besonders gelagerten Einzelfällen. Ein Abwerbeverbot in einer im Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf abgeschlossenen Vertraulichkeitsvereinbarung ist danach grundsätzlich für die Dauer von zwei Jahren durchsetzbar. (3) Rückgabe und Vernichtung der vertraulichen Informationen Die Vertraulichkeitsvereinbarung sollte den Erwerbsinteressenten zur Vernichtung oder Rückgabe von vertraulichen Informationen im Falle des Scheiterns der Verhandlungen verpflichten.446 Eine solche Pflicht ist eingeschränkt, soweit ihr rechtliche Aufbewahrungspflichten entgegenstehen.447 Darüber hinaus kann es geboten sein, die vertragliche Rückgabe und Vernichtungspflicht an interne Datensi-

439

BGHZ 201, 205 Rn. 30. BGHZ 201, 205 Rn. 32. 441 BGHZ 201, 205 Rn. 36 ff. 442 BGHZ 201, 205 Rn. 40. 443 Vgl. Becker, GRUR-Prax 2014, 465; Kolb, GWR 2014, 506; Lingemann, ArbR 2014, 518; Oetker/Kotzian-Marggraf, HGB, 5. Aufl. 2017, § 75f Rn. 2; Schwarzfischer, BB 2014, 2900. Ablehnend dagegen: MüKoHGB/v. Hoyningen-Huene, 4. Aufl. 2016, § 75f Rn. 3; Naber, DB 2014, 2945 ff. 444 Oetker/Kotzian-Marggraf, HGB, 5. Aufl. 2017, § 75f Rn. 2. 445 Becker, GRUR-Prax 2014, 465; Kolb, GWR 2014, 506; Lingemann, ArbR 2014, 518; Schwarzfischer, BB 2014, 2900. 446 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 453; vgl. Heussen, Rn. 634 ff.; Kurz, Rn. 278 ff.; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7; Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. B.I.1. 447 Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 453. 440

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

cherungsvorgänge, Dokumentations- und Compliancepflichten anzupassen.448 Derartige Beschränkungen sind bei der Gestaltung des zeitlichen Anwendungsbereichs der Vertraulichkeitsvereinbarung zu berücksichtigen.449 bb) Sekundärpflichten Legt der Erwerbsinteressent trotz seiner Geheimhaltungspflicht vertrauliche Informationen offen, erwachsen daraus in der Regel Sekundärpflichten: Erfolgt eine solche Offenlegung ungerechtfertigt, folgt daraus eine ((1)) Schadensersatzpflicht. Handelt der Erwerbsinteressent dagegen nicht gerechtfertigt, können ihn ((2)) Informations- und Abwehrpflichten treffen. (1) Schadensersatzpflicht Die gesonderte Anordnung einer Schadensersatzpflicht in der Vertraulichkeitsvereinbarung ist grundsätzlich entbehrlich, weil diese ein Schuldverhältnis i.S.v. § 241 BGB darstellt. Verletzt der Erwerbsinteressent eine sich daraus ergebende Pflicht, schuldet er gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB Schadensersatz, sofern er soweit er sich nicht nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB exkulpiert.450 Die Verletzung der Vertraulichkeitsvereinbarung stellt den aus ihr Berechtigten allerdings vor ein doppeltes prozessuales Problem: Zunächst muss er die Verletzung von Pflichten aus der Vertraulichkeitsvereinbarung darlegen und beweisen. Bereits hieran scheitert er in vielen Fällen.451 Wurde bspw. eine vertrauliche Information an Pressevertreter lanciert, lässt sich aufgrund des Informantenschutzes so gut wie nie nachvollziehen, wer dafür verantwortlich ist. Auch die vertragswidrige Verwendung von vertraulichen Informationen stellt den Veräußerer regelmäßig vor Beweisprobleme, da er keinen Einblick in die Betriebsvorgänge des Erwerbsinteressenten hat und er sich deshalb einer Verletzung vielfach gar nicht bewusst ist. Gelingt es ihm dennoch eine Verletzung der Vertraulichkeitsvereinbarung nachzuweisen, muss er darlegen und beweisen, ob und in welcher Höhe ihm ein Schaden entstanden ist, der in einem Zurechnungszusammenhang mit der Pflichtverletzung steht.452 Auch das fällt oftmals schwer.453 Dem letzteren Problem kann kautelarjuristisch mit der Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzes oder 448

Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 453; vgl. BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7.; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2909. 449 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 453. 450 Vgl. BeckOFVertrag/Alfes, Form. 20.2 Anm. 12; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 453; Söbbing, GWR 2010, 237, 239. 451 Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 64a. 452 Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 64a; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2910. 453 BeckOFVertrag/Alfes, Form. 20.2 Anm. 12; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 86; Kurz, Rn. 298; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 64a; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2910.

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

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einer Vertragsstrafe begegnet werden, was in der Praxis jedoch nur selten durchsetzbar ist.454 (2) Informations- und Abwehrpflichten Ist der Erwerbsinteressent zur (teilweisen) Offenlegung von vertraulichen Informationen gezwungen, hat der Veräußerer ein großes Interesse, darüber informiert zu werden.455 Vertraulichkeitsvereinbarungen enthalten deswegen üblicherweise eine Pflicht für den Erwerbsinteressenten, den Veräußerer bzw. einen sonstigen Berechtigten im Rahmen des rechtlich Zulässigen unverzüglich und umfassend zu informieren, soweit vertrauliche Informationen aufgrund einer gerichtlichen oder behördlichen Anordnung offenbart werden müssen.456 Da der Schutz der vertraulichen Informationen durch den Erwerbsinteressenten (auch) im Interesse des Veräußerers erfolgt, besteht eine solche Pflicht – unabhängig davon, ob sie ausdrücklich vereinbart wurde – als Teil einer umfassenden Auskunftsund Rechenschaftspflicht. Aufgrund der auftragsähnlichen Interessenlage lässt sich als Argument für eine solche Auskunfts- und Rechenschaftspflicht der dem § 665 S. 2 BGB zugrundeliegende Rechtsgedanken anführen. Danach hat der Beauftragte, der von den Weisungen des Auftraggebers berechtigterweise abweicht, vor der Abweichung dem Auftraggeber Anzeige zu machen, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Die Bindung des Beauftragten an die Weisungen des Auftraggebers ist der grundsätzlichen Verpflichtung des Erwerbsinteressenten zur Verschwiegenheit und zum Schutz vertraulicher Informationen im Interesse des Veräußerers durchaus ähnlich.457 Auch der in § 665 BGB zum Ausdruck kommende Kooperationsgedanke als Ausprägung des besonderen Vertrauensverhältnisses entspricht bei wertender Betrachtung der Interessenlage, die besteht, wenn der Veräußerer dem Erwerbsinteressenten vertrauliche Informationen offenbart.458 Die primäre Pflicht zur Verschwiegenheit und zum Schutz vertraulicher Informationen setzt sich daher bei einer rechtlich gebotenen Offenlegung vertraulicher Informationen auf Sekundärebene ex lege in einer Pflicht zur unverzüglichen Information (und Konsultation) des Veräußerers fort.

454

Vgl. BeckOFVertrag/Alfes, Form. 20.2 Anm. 12; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 86; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 453; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7 Anm. 7; BeckFormB ZivilR/Schaefer, Form. B II 16 Anm. 1; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 64a; Söbbing, GWR 2010, 237, 239; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2910. 455 Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2909. 456 BeckOFVertrag/Alfes, Form. 20.2; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450; v. Werder/ Kost, BB 2010, 2903, 2909. 457 Vgl. dazu Erman/K. Berger, BGB, 15. Aufl. 2017, § 665 Rn. 1; Staudinger/Martinek/ Omlor, BGB, 2017, § 665 Rn. 1; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 665 Rn. 3; Hk-BGB/ Wiese/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 662 Rn. 1. 458 Vgl. dazu Staudinger/Reuter, BGB, 2006, § 665 Rn. 3.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Neben reinen Informationspflichten sind Regelungen denkbar, die den Erwerbsinteressenten darüber hinaus dazu verpflichten, zumutbare Verteidigungsmittel gegen entsprechende gerichtliche oder behördliche Anordnungen einzuleiten.459 cc) Weitere Pflichten Der Abschluss der Vertraulichkeitsvereinbarung bietet dem Veräußerer die Gelegenheit, Interessen durchzusetzen, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem primären Ziel – dem Schutz vertraulicher Informationen – stehen. Die Vereinbarung hat für ihn insofern auch eine prozesssteuernde Funktion. Denkbar sind z. B. Klauseln, die es den Erwerbsinteressenten verbieten, Konsortien zu bilden oder konkurrierenden Erwerbsinteressenten durch Exklusivitätsvereinbarungen mit Banken Finanzierungsmöglichkeiten abzuschneiden.460 Auch Verhaltensregeln für den weiteren Prozess können in die Vertraulichkeitsvereinbarung aufgenommen werden, etwa indem sich der Erwerbsinteressent verpflichtet, die Kontaktaufnahme mit der Zielgesellschaft sowie mit deren Kunden und Mitarbeitern zu unterlassen.461 b) Rechte Die Vertraulichkeitsvereinbarung gewährt dem Erwerbsinteressenten ein beschränktes Recht zur (aa)) Nutzung der erlangten Informationen, aber (bb)) keinen Anspruch auf Informationen. Die Begründung darüber hinausgehender Rechte wird häufig durch weitreichende (cc)) Haftungsbeschränkungen ausgeschlossen. aa) Nutzung der erlangten Informationen Durch die Vertraulichkeitsvereinbarung ergibt sich für den Erwerbsinteressenten ein Recht zur Nutzung der offenbarten Informationen innerhalb des dadurch festgelegten ((1)) Nutzungszwecks und durch die ((2)) nutzungsberechtigten Personen. (1) Nutzungszweck Zur Bestimmung des Nutzungszwecks enthalten Vertraulichkeitsvereinbarungen üblicherweise Regelungen, wonach die zur Verfügung gestellten Informationen (ausschließlich) zum Zwecke der Transaktion genutzt werden dürfen.462 Dem Erwerbsinteressenten ist es danach erlaubt, sich durch die offenbarten Informationen eine Tatsachengrundlage zu schaffen, um über die weitere Verfolgung seiner Er459

Vgl. BeckOFVertrag/Alfes, Form. 20.2. Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 452; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2905, 2908 f. 461 Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 454; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2910. 462 Vgl. BeckOFVertrag/Alfes, Form. 20.2; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7; BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, Form. N 1. 460

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

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werbsabsicht eine informierte Entscheidung treffen zu können. Fehlt eine ausdrückliche Regelung, so ist der Nutzungszweck im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.463 Wichtige Hinweise kann dabei die Präambel (siehe dazu: 1.) enthalten. (2) Nutzungsberechtigte Personen und Weitergabe von Informationen Die Vertraulichkeitsvereinbarung regelt ferner, durch wen die vertraulichen Informationen genutzt werden dürfen. Es geht dabei gerade nicht um die Person des Berechtigten (siehe dazu: 2.a)bb)), sondern darum, durch wen der Berechtigte die ihm offenbarten Informationen auswerten lassen darf, also um den Inhalt seines Nutzungsrechts.464 Eine solche Regelung trägt dem Interesse des Veräußerers Rechnung, den Informationsfluss auch innerhalb der Sphäre des Erwerbsinteressenten zu begrenzen.465 Sie darf den Informationsfluss auf Seiten des Erwerbsinteressenten jedoch nicht zum Erliegen bringen, damit dessen – auch im Interesse des Veräußerers liegende – (effektive) Teilnahme am Prozess möglich bleibt.466 Die Definition der autorisierten Empfänger kann abstrakt erfolgen, indem etwa die Weitergabe nur an Organe oder Mitarbeiter erfolgen darf, deren Kenntnis erforderlich ist („need to know-Basis“).467 Dabei ist darauf zu achten, die Konzernierung eines Erwerbsinteressenten im notwendigen Maß zu berücksichtigen, indem nicht nur eigene Mitarbeiter, sondern auch verbundene Unternehmen und deren Mitarbeiter in den Kreis der autorisierten Empfänger aufgenommen werden.468 Abhängig vom notwendigen Maß an Vertraulichkeit kann es sinnvoll sein, den Kreis der autorisierten Empfänger auf durch den Veräußerer individuell akkreditierte Personen zu beschränken.469 Die Weitergabe vertraulicher Informationen an externe Berater sollte abstrakt auf Personen, die einer beruflichen Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegen (und ggf. Fremdkapitalgeber), beschränkt und ansonsten von einer persönlichen Akkreditierung und einem hinreichenden Vertraulichkeitsschutz abhängig gemacht werden.470 463

Kurz, Rn. 94; vgl. Stancke, BB 2013, 1418, 1424. Vgl. BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7: „Sie sind berechtigt, vertrauliche Informationen den Mitgliedern Ihrer Geschäftsleitung und Aufsichtsorgane, Mitarbeitern […] zugänglich zu machen“. Aber auch wenn diese Personen als „Berechtigte“ bezeichnet werden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dadurch tatsächlich eigene Rechte begründet werden sollen. 465 Vgl. v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2907. 466 Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 450 f.; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2907. 467 Vgl. BeckOFVertrag/Alfes, Form. 20.2: „und mit Vorhaben notwendigerweise zu befassen sind“; Heussen, Rn. 616; Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451; BeckFormB BHW/ Meyer-Sparenberg, Form. II. 7: „die vertraulichen Informationen vernünftigerweise benötigen“; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2907. 468 Kurz, Rn. 36 ff.; vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451. 469 BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7 Anm. 6. 470 Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7. 464

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Die zulässige Weitergabe von Informationen an Mitarbeiter oder Berater ist häufig davon abhängig, dass diese Personen selbst einer Verschwiegenheitspflicht unterliegen und der Erwerbsinteressent für die Erfüllung dieser Verpflichtung nach den Regelungen der Vertraulichkeitsvereinbarung einsteht.471 Um eine intensivere Auseinandersetzung der Informationsempfänger mit ihren Pflichten und eine Abschreckungswirkung zu erreichen, kann es bei besonders schutzwürdigen Informationen daneben sinnvoll sein, eine Akkreditierung von einer eigenen Verpflichtung der jeweiligen Person abhängig zu machen.472 Zum Schutz besonders vertraulicher Informationen – bspw. von wettbewerbsrelevanten Daten oder bei Transaktionen in der Rüstungsindustrie – kann es ferner sinnvoll oder sogar (kartell-)rechtlich erforderlich sein,473 die Bildung sog. Clean Teams vorzusehen. Dabei handelt es sich um eine kleine Gruppe von Mitarbeitern oder externen Beratern des Erwerbsinteressenten, die nicht in dessen operatives Geschäft eingebunden sind.474 Ihnen stehen dann die besonders vertraulichen Informationen – oftmals in einem physischen Datenraum unter Aufsicht des Veräußerers – zur Prüfung zur Verfügung.475 Die dabei erlangten Erkenntnisse dürfen den übrigen Beteiligten auf Seiten des Erwerbsinteressenten nur so konkret mitgeteilt werden, dass ein Geheimnisschutz gewährleistet bleibt.476 Handelt es sich beim Erwerbsinteressenten um einen Private Equity Fonds, müssen die Portfoliogesellschaften vom Informationsfluss abgeschnitten werden.477 Andernfalls wird die Situation aufgrund der komplexen Beteiligungsstruktur unübersichtlich und dem Veräußerer droht die Kontrolle über den Informationsfluss zu entgleiten. bb) Kein Anspruch auf Informationen Die Vertraulichkeitsvereinbarung bildet die Grundlage, auf der sich ein Informationsaustausch vollziehen kann. Ein Anspruch auf Erteilung von Informationen ergibt sich aus ihr dagegen nicht. Das bedarf keiner besonderen Erwähnung im Vertragstext, wird jedoch gleichwohl aus Gründen der Klarstellung bisweilen erwähnt.478 Ein Anspruch auf die Erteilung von Informationen kann sich freilich aus § 241 Abs. 2 BGB in Form von Aufklärungspflichten ergeben (siehe dazu: § 4 C.III.1.). 471

Vgl. BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7 Anm. 7. BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7 Anm. 7. 473 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451; Lucks, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 9 Rz. 212; vgl. dazu und allgemein zu den kartellrechtlichen Risiken einer Due Diligence: Besen/Gronemeyer, CCZ 2009, 67 ff. 474 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451. 475 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451. 476 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451. 477 Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451. 478 Vgl. BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, N 1. 472

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

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cc) Haftungsbeschränkung Da die Vertraulichkeitsvereinbarung als Rechtsgrundlage für die Durchführung der Due Diligence (siehe dazu: § 4) dient, macht der Veräußerer oftmals von der sich dadurch eröffnenden Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch, um darin seine Haftung für die Richtigkeit und die Vollständigkeit der offengelegten Informationen auszuschließen.479 Das ist grundsätzlich zulässig.480 Würden die Parteien auf den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung verzichten, bestünde zwischen ihnen gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BGB ein vorvertragliches Schuldverhältnis, durch das Pflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB begründet würden.481 Durch den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung tritt an dessen Stelle ein vertragliches Schuldverhältnis.482 In Ausübung ihrer privatautonomen Gestaltungsmacht können die Parteien damit die Pflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB aus- und umgestalten und in weiten Teilen abbedingen,483 auch wenn die der Privatautonomie immanenten Grenzen (siehe dazu: § 2 C.II.2.) – insbesondere der Grundsatz von Treu und Glauben – dabei selbstverständlich zu berücksichtigen sind.484 Als normative Grenzen sind dabei insbesondere die §§ 123, 242, 276 Abs. 3, § 826 BGB zu beachten. Da es sich bei einer im Kontext des Unternehmenskaufs abgeschlossenen Vertraulichkeitsvereinbarung nach hier vertretener Auffassung nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (siehe dazu: § 2 C.II.2.c)), ergeben sich aus § 307 BGB dagegen keine Beschränkungen.485 Relevant wird ein solcher Haftungsausschluss freilich nur, wenn die Vertragsverhandlungen scheitern oder der Unternehmenskaufvertrag unwirksam ist, weil er andernfalls durch Regelungen des Unternehmenskaufvertrags oder das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht verdrängt wird.

479

Vgl. Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 363 f.; Kurz, Rn. 378; Louven/ Böckmann, ZIP 2004, 445, 449. 480 So auch Kurz, Rn. 387. 481 BeckFormB ZivilR/Thurn/Ziegenhain, N 1. 482 A.A. wohl Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 361 ff. die von „vertraglichen Abreden über das vorvertragliche Schuldverhältnis“ sprechen. 483 MüKoBGB/Bachmann, 7. Aufl. 2016, § 241 Rn. 51; Liese, Vereinbarungen über vorvertragliche Rechtspflichten und ihre Begrenzung durch das AGB-Gesetz, 1993, S. 31. 484 MüKoBGB/Bachmann, 7. Aufl. 2016, § 241 Rn. 51; vgl. MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2016, § 242 Rn. 86 f. 485 So aber Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 362 ff.; Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 449.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

III. Erforderlichkeit eines vertraglichen Informationsschutzes Die Erforderlichkeit eines besonderen vertraglichen Informationsschutzes durch eine Vertraulichkeitsvereinbarung wurde in der Literatur bisweilen bezweifelt.486 Solche Zweifel lassen sich zunächst auf das zwischen dem Veräußerer und dem Erwerbsinteressenten bestehende vorvertragliche Schuldverhältnis i.S.v. § 311 Abs. 2 BGB (siehe dazu: B.) stützen, wonach auf die Interessen der anderen Seite Rücksicht zu nehmen ist, § 241 Abs. 2 BGB. Die sich daraus konkret ableitbaren Pflichten decken sich tatsächlich weitgehend mit denen aus der Vertraulichkeitsvereinbarung.487 Gleichwohl wird der Abschluss einer vertraglichen Vertraulichkeitsvereinbarung dadurch nicht entbehrlich: Zum einen bieten ausdrückliche Regelungen mehr Rechtssicherheit und zum anderen gibt eine vertragliche Vereinbarung den Parteien Gestaltungsraum, den sie z. B. dazu nutzen können, die Beweislast abweichend von gesetzlichen Regelungen zu verteilen.488 Ferner darf der psychologische Effekt, den die Konfrontation mit geschriebenen Vertraulichkeitspflichten erzeugt, nicht unterschätzt werden.489 Söbbing geht ferner von einem weitreichenden Schutz durch § 17 UWG aus.490 Dem liegt allerdings ein zu extensives Verständnis der Tatbestände des § 17 Abs. 1 und 2 UWG zugrunde.491 Als Täter eines Geheimnisverrates i.S.d. § 17 Abs. 1 UWG kommen der Erwerbsinteressent und seine Vertreter von vornherein nicht in Betracht, da sie vom Begriff der bei einem Unternehmen beschäftigten Person nicht erfasst sind.492 Ein Fall der Betriebsspionage gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG liegt nur vor, wenn die vertraulichen Informationen gegen den Willen des Veräußerers erlangt oder gesichert werden.493 Der Schutz des willentlichen Informationsaustausches, wie ihn eine Vertraulichkeitsvereinbarung gewährt, wird dadurch gerade nicht sichergestellt.494 Gleiches gilt für die Geheimnisverwertung gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Auch hier ist wegen des Vortaterfordernisses

486

BeckFormB ZivilR/Schaefer, Form. B 16 Anm. 2; Söbbing, GWR 2010, 237 ff. BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. II. 7 Anm. 1; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 4 Rn. 21; BeckFormB ZivilR/Schaefer, Form. B 16 Anm. 2; Stancke, BB 2013, 1418, 1424. 488 Vgl. BeckHdB M&A/Rosengarten, § 4 Rn. 21; Söbbing, GWR 2010, 237, 238. 489 Vgl. Fn. 472. 490 Söbbing, GWR 2010, 237 f. 491 Vgl. Stancke, BB 2013, 1418, 1421; v. Werder/Kost, BB 2010, 2903, 2905, die von einem „engen Anwendungsbereich“ des § 17 UWG ausgehen. 492 Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bearbeiter, UWG, 4. Aufl. 2016, § 17 Rn. 20 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 17 Rn. 14; Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 17 Rn 13. 493 Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bearbeiter, UWG, 4. Aufl. 2016, § 17 Rn. 8; Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 17 Rn. 19. 494 Stancke, BB 2013, 1418, 1421. 487

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

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grundsätzlich ein unfreiwilliger Informationsabfluss notwendig.495 Durch § 17 UWG erfährt der Veräußerer im Kontext des Unternehmenskaufs daher keinen Schutz.

D. Information Memorandum I. Gegenstand Insbesondere in einem strukturierten Bieterverfahren erhalten die Erwerbsinteressenten erste detaillierte Informationen über die Zielgesellschaft in Form eines sog. Information Memorandums.496 Dieses wird üblicherweise erst ausgehändigt, nachdem der Erwerbsinteressent eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnet hat (siehe dazu: C.). Das Information Memorandum stellt das Zielunternehmen rechtlich, finanziell und tatsächlich dar und bietet im Bieterverfahren damit die Grundlage für die Abgabe eines ersten sog. indikativen Angebots (Preliminary Bid).497 Auch die seitens des Veräußerers bevorzugte Transaktionsstruktur (Share Deal oder Asset Deal) kann bereits im Information Memorandum kommuniziert werden.498

II. Haftungsrechtliche Bedeutung Haftungsrechtliche Bedeutung kann dem Information Memorandum im Transaktionsprozess zukommen, indem es sich auf (1.) gewährleistungsrechtliche Ansprüche auswirkt. In der Praxis bedeutender ist allerdings die haftungsrechtliche Wirkung des Information Memorandum unter dem Gesichtspunkt des (2.) Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. 1. Gewährleistungsrechtliche Auswirkungen Zur nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB geschuldeten Beschaffenheit gehören gemäß § 434 Abs. 1 S. 3 BGB auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder seines Gehilfen erwarten kann. Diese

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Stancke, BB 2013, 1418, 1421; vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bearbeiter, UWG, 4. Aufl. 2016, § 17 Rn. 28 ff.; Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 17 Rn. 21. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass ein unbefugtes Sich-Verschaffen auch bei Verlust eines Nutzungsrechts vorliegt (m.w.N. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 17 Rn. 47). Dessen Begrenzung setzt ja gerade eine vertragliche Regelung voraus. 496 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360. 497 Gran, NJW 2008, 1409; Hanke/Socher, NJW 2010, 664. 498 Seibt/Reiche, DStR 2002, 1135, 1139.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Regelung wird in der Literatur zum Anlass für die Sorge genommen, das Information Memorandum begründe Gewährleistungsrechte des Käufers.499 Und tatsächlich ist das Information Memorandum dazu grundsätzlich geeignet,500 auch wenn das infolge der regelmäßig weitgehenden Abbedingung des vertraglichen Gewährleistungsrechts (siehe dazu: § 5 E.I.) nur selten Relevanz haben wird.501 Anknüpfungspunkt ist allerdings nicht § 434 Abs. 1 S. 3 BGB. Da sich das Information Memorandum nicht an einen unbestimmten Personenkreis richtet,502 ist es nämlich keine öffentliche Äußerung im Sinne der Vorschrift.503 Deutlich wird das auch durch den Abschluss der Vertraulichkeitsvereinbarung, mit der sich der Veräußerer ja gerade vor der Offenlegung von nichtöffentlichen Informationen schützen will. Das Information Memorandum kann aber die Grundlage einer (konkludenten) Beschaffenheitsvereinbarung bilden.504 Voraussetzung dafür ist jedoch, dass im Laufe des Prozesses keine präzisierenden und ggf. klarstellenden Informationen (insbesondere im Rahmen einer Due Diligence) offengelegt werden und der Unternehmenskaufvertrag keine ausdrücklichen Regelungen der geschuldeten Beschaffenheit enthält, was in der Praxis nicht vorkommen wird und damit nur theoretische Bedeutung hat. 2. Verschulden bei Vertragsverhandlungen Demgegenüber hat das Information Memorandum unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen auch praktische Relevanz. Liegen nämlich im Zielunternehmen Umstände vor, die zu einer Aufklärungspflicht des Verkäufers 499 Vgl. Knott, NZG 2002, 249, 251; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 191; Seibt/Reiche, DStR 2002, 1135, 1139; dies./Raschke, NZG 2002, 256. 500 Im Ergebnis zutreffend: Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 191; Knott, NZG 2002, 249, 251; Seibt/Reiche, DStR 2002, 1135, 1139; dies./Raschke, NZG 2002, 256. 501 So auch Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 446; a.A. wohl Seibt/Reiche, DStR 2002, 1135, 1139; dies./Raschke, NZG 2002, 256, die davon ausgehen, dass § 434 Abs. 1 S. 3 BGB nicht dispositiv sei. Diese Auffassung berücksichtigt jedoch nicht hinreichend, dass § 434 Abs. 1 S. 3 BGB zum einen gegenüber einer vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung subsidiär ist und die Parteien zum anderen das gesetzliche Gewährleistungsregime insgesamt abbedingen können. Das setzt denknotwendig voraus, dass auch Regelungen über die Beschaffenheit der Kaufsache abbedungen werden können. 502 So auch Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 446. 503 Vgl. Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 446; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 434 Rn. 99; Tröger, JuS 2005, 503, 509; Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl. 2018, § 434 Rn. 34; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 433 Rn. 28; das dürfte wohl auch im Einklang mit der Auffassung von Weiler, WM 2002, 1784, 1786 f. stehen, dessen extensivere Auslegung wohl nur eine Antwort auf ein als zu eng empfundenes wettbewerbsrechtliches Begriffsverständnis ist. 504 Vgl. Erman/Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, § 434 Rn. 24; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 434 Rn. 14.

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

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führen, kann es einen Schadensersatzanspruch des Veräußerers wegen Schlechtleistung (siehe dazu: § 4 C.III.1.a)) begründen, wenn er auf diese Umstände nicht schon im Rahmen des Information Memorandum hinweist.505 Wegen der hohen Transaktionskosten ist der Veräußerer nämlich aufgrund seiner Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB grundsätzlich angehalten, potenzielle „Deal Breaker“ unverzüglich zu kommunizieren.506 Im Information Memorandum muss er danach jedenfalls auf Umstände (abstrakt) hinweisen, die unabhängig von der Person des Erwerbers (und damit unabhängig vom Erwerbszweck) eine Aufklärungspflicht begründen. Ebenfalls schon für das Information Memorandum gilt freilich auch das Verbot positiver Fehlinformation (siehe dazu: § 4 C.III.2.).

E. Weitere Prozesssteuerung Ist die Veräußerung des Unternehmens als Bieterprozess strukturiert, steuert der Veräußerer den Veräußerungsprozess mithilfe von (I.) Prozessbriefen. Entscheidet sich der Veräußerer dagegen für bilaterale Verhandlungen, bedient er sich dazu eines (II.) Letter of Intent. I. Prozessbriefe 1. Gegenstand und Inhalt von Prozessbriefen Mithilfe von Prozessbriefen steuert der Veräußerer das Bieterverfahren.507 Abhängig von der Komplexität des Verfahrens divergiert die Anzahl der erforderlichen Prozessbriefe. Eine Prozessanpassung aufgrund einer veränderten Sachlage ist dabei jederzeit möglich, was sich der Veräußerer in seinen Prozessbriefen auch regelmäßig ausdrücklich offenhält.508 Paradigmatisch ist der Fall, indem der Veräußerer aufgrund eines sehr hohen indikativen Angebots noch vor Beginn des Due Diligence-Prozess das Verfahren bilateral fortsetzt. Den ersten Prozessbrief erhalten die Erwerbsinteressenten üblicherweise mit dem Information Memorandum.509 Er dient dazu, die Erwerbsinteressenten über die maßgeblichen Fristen und Regeln des Bieterverfahrens zu informieren.510 Insbe-

505

Vgl. Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 446 f. Ähnlich: Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 449, die allerdings bei der Ausgabe des Information Memorandums noch keine Aufklärungspflichten annehmen. 507 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 15 ff. 508 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 365. 509 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 15. 510 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 15. 506

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

sondere wird den Bietern die Frist zur Abgabe des indikativen Angebots mitgeteilt.511 Um die Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten und sich ein fundiertes Bild von der Attraktivität der verschiedenen Angebote der Erwerbsinteressenten zu machen, macht der Veräußerer im Prozessbrief abstrakte Vorgaben für deren Berechnung.512 Auch Angaben zur Finanzierung und zur Zukunftsplanung des Erwerbs können bereits im ersten Prozessbrief abgefragt werden.513 Auf der Grundlage der indikativen Angebote wählt der Veräußerer diejenigen Erwerbsinteressenten aus, mit denen er den Veräußerungsprozess fortsetzen möchte.514 Diese erhalten einen zweiten Prozessbrief, der den Ablauf der ersten Phase des Due Diligence-Prozesses (siehe dazu: § 4) skizziert.515 Daneben können weitere Veranstaltungen und Termine, wie bspw. eine Management-Präsentation, über diesen Prozessbrief kommuniziert werden.516 Ferner werden die Erwerbsinteressenten aufgefordert ihr indikatives Angebot bis zum Ende der ersten Due Diligence-Phase mit einem sog. Confirmatory Bid zu bestätigen.517 Auf der Grundlage der Conformatory Bids wählt der Verkäufer diejenigen Erwerbsinteressenten aus, die an der zweiten Phase des Due Diligence-Prozesses teilnehmen dürfen.518 Sie erhalten einen weiteren Prozessbrief, der die Aufforderung zur Abgabe des finalen Kaufpreisgebots (sog. „Binding Offer“)519 beinhaltet.520 Bei der Auswahl des geeigneten Bieters spielt für den Veräußerer nicht nur die Höhe des Gebots eine Rolle, sondern auch inwieweit die Finanzierung des Gebots521 und eine schnelle Durchführung der Transaktion gewährleistet sind.522

511

Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 360; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 16. 512 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 16. Regelmäßig besteht der Veräußerer darauf, dass das Gebot den Equity Value widerspiegelt und vom Erwerbsinteressenten verlangen, den zugrunde gelegten Enterprise Value und die Equity Bridge zu erläutern (Rosengarten, a.a.O.; siehe zur Kaufpreisberechnung: 1. Kapitel: § 5 D.III.). 513 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 16. 514 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 17. 515 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 19; vgl. BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. III. A 15. 516 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 16 vgl. BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. III. A 15. 517 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 19. 518 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 19. 519 Die Terminologie darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das verpflichtende bzw. bindende Kaufpreisangebot regelmäßig rechtlich unverbindlich ist (BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 20). Das ergibt sich für den Fall, dass es sich bei der Zielgesellschaft um eine GmbH handelt, bereits aus § 15 GmbH (Rosengarten, a.a.O.; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. III 15 Anm. 3). Im Übrigen wird der Erwerbsinteressent sein Binding Offer regelmäßig nur unter Vorbehalten abgeben (Rosengarten, a.a.O.). 520 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 20. 521 Vgl. Eilers/Koffka/Mackensen/v. Rosenberg, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 5 Rn. 1.

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

103

Der Veräußerer verlangt daher spätestens mit dem finalen Prozessbrief von den Erwerbsinteressenten die Offenlegung der Finanzierung ihres Angebots, die Offenlegung der Erwerbsstruktur, die Übermittlung eines Mark-Ups,523 die Erfüllung von gesellschaftsrechtlichen Zustimmungserfordernissen524 sowie die Darstellung von Bedingungen, die Voraussetzungen für den Vollzug (Closing) der Transaktion sind. Soweit ein Erwerbsinteressent für die Finanzierung auf Fremdkapital zurückgreifen muss, verlangt der Veräußerer üblicherweise die Vorlage eines sog. Commitment Letters, einer bedingten Finanzierungszusage durch eine Bank bzw. ein Bankenkonsortium,525 und abhängig von der Akquisitionsstruktur ferner die Abgabe eines sog. Equity Commitment Letters.526 Insbesondere beim Unternehmenserwerb durch Finanzinvestoren bedient sich der Erwerber regelmäßig eines Akquisitionsvehikels (sog. Special Purpose Vehicle, 522 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 8. Erfolgt die Veräußerung bspw. durch einen Finanzinvestor sinkt durch jede Verzögerung die Internal Rate of Return. Für einen strategischen Investor kann eine Verzögerung zu einem erhöhten Fremdmittelbedarf führen oder bedeuten, dass günstige Investitionsmöglichkeiten mangels Liquidität nicht genutzt werden können. 523 Dabei handelt es sich um eine Version des vom Veräußerer vorgeschlagenen Unternehmenskaufvertrags, aus der die vom Erwerbsinteressenten verlangten Änderungen hervorgehen. Mit dem Mark-Up muss der Erwerbsinteressent die Transaktionsstruktur bekannt geben. Der finale Prozessbrief wird die Anforderungen an das Mark-Up präzisieren. Der Veräußerer ist deshalb gut beraten, wenn er die Erwerbsinteressenten im Prozessbrief dazu auffordert, darzulegen, unter welchen Bedingungen das Closing ihrer Einschätzung nach voraussichtlich steht und wann sie mit dem Closing rechnen. 524 Wird eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch ihren Geschäftsführer oder eine Aktiengesellschaft durch ihren Vorstand rechtsgeschäftlich vertreten, wirkt dies gemäß § 164 Abs. 1 S. 1 BGB für und gegen die Gesellschaft, unabhängig davon, ob gesellschaftsrechtliche Zustimmungserfordernisse (i. e. die Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung bzw. den Aufsichtsrat) beachtet wurden oder nicht. Die Bindung an derartige Zustimmungserfordernisse wirkt nur im Innenverhältnis, § 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Außenwirkung erlangen solche Zustimmungserfordernisse, wenn das Organ eine Willenserklärung unter Genehmigungsvorbehalt abgibt, sodass diese nur in Gemäßheit der §§ 182 ff. BGB wirksam wird. Dadurch erhält der Erwerbsinteressent eine Rückzugsmöglichkeit, die den Interessen des Veräußerers zuwiderläuft. Der Veräußerer wird daher im Prozessbrief verlangen, dass ein Angebot ohne Genehmigungsvorbehalt abgegeben wird, damit er im weiteren Prozess auf den Bestand des Angebots vertrauen kann. Geht man indes davon aus, dass das als verbindlich bezeichnete Angebot regelmäßig rechtlich unverbindlich ist, kann es für den Veräußerer auch sinnvoll sein, einen Schritt weiterzugehen und zu verlangen, dass der Erwerbsinteressent nachweist, dass die – im Außenverhältnis grundsätzlich rechtlich irrelevanten – gesellschaftsrechtlichen Zustimmungserfordernisse erfüllt sind. Das stärkt freilich nicht die rechtliche Stellung des Veräußerers, da eine solche Zustimmung die dargestellten Vorbehalte des verbindlichen Angebots beinhaltet. Es dokumentiert allerdings, dass die Geschäftsführung bzw. der Vorstand für den avisierten Erwerb die Rückendeckung der Gesellschafterversammlung bzw. des Aufsichtsrats hat. 525 Vgl. BeckHdB M&A/Knepper, § 14 Rn. 39. 526 Vgl. BeckHdB M&A/Jäckle/Strehle/Clauss, § 52 Rn. 38.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

SPV), also einer Kapitalgesellschaft, die zum Erwerb gegründet oder als Mantelgesellschaft erworben wird.527 Diese Gesellschaft verfügt nur über das Stamm- bzw. Grundkapital in Höhe des Mindestkapitals.528 Soll der Erwerb durch das Akquisitionsvehikel teilweise mit Eigenkapitalmitteln finanziert werden, besteht für den Veräußerer das Risiko, dass eine dafür erforderliche Kapitalerhöhung nicht durchgeführt wird bzw. eine Einzahlung in die Kapitalrücklage unterbleibt. Diesem Risiko wird mit einem Equity Commitment Letter begegnet:529 Darin verspricht die operative Muttergesellschaft bzw. die Fondsgesellschaft (oder deren persönlich haftende Gesellschafter) die Bereitstellung des zur Durchführung der Transkation notwendigen Eigenkapitals.530 Die Zusage ist auf die einmalige Bereitstellung der entsprechenden Mittel zu einem bestimmten Zeitpunkt beschränkt, begründet also keinen Anspruch auf eine dauerhafte Finanzierung und steht unter der aufschiebenden Bedingung der Durchführung der Transaktion.531 Adressat ist das Akquisitionsvehikel.532 Dem Veräußerer ist jedoch sinnvollerweise das Recht einzuräumen, entweder die Leistung an dieses oder unmittelbar an sich selbst verlangen zu können, damit er nicht darauf angewiesen ist, zunächst in Ansprüche des Akquisitionsvehikels zu vollstrecken.533 In beiden Konstellationen liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 BGB vor, denn auch das Recht, die Leistung an einen Dritten zu verlangen, stellt einen Anspruch i.S.v. § 194 Abs. 1 BGB dar.534 2. Weitere Inhalte Über die Steuerung des Transaktionsprozesses im engeren Sinne hinaus enthalten Prozessbriefe in der Praxis verschiedene weitere Regelungen. Neben einem novierenden Haftungsausschluss für im Datenraum offengelegte Informationen sind insbesondere (a)) Änderungsvorbehalte, (b)) Kostentragungsregelungen und die 527

Vgl. BeckHdB M&A/Jäckle/Strehle/Clauss, § 52 Rn. 1 ff. Eilers/Koffka/Mackensen/v. Rosenberg, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 5 Rn. 1. 529 Leyendecker/Mackensen, NZG 2012, 129. 530 Vgl. Eilers/Koffka/Mackensen/v. Rosenberg, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 5 Rn. 1. Ferner: Leyendecker/Mackensen, NZG 2012, 129, 130, die allerdings auch Fremdkapitalmittelzusagen wie Gesellschafterdarlehen in die Definition einbeziehen, die vom Begriff des Equity Commitment Letters nicht erfasst sind. 531 Vgl. Eilers/Koffka/Mackensen/v. Rosenberg, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 5 Rn. 2. 532 Eilers/Koffka/Mackensen/v. Rosenberg, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 5 Rn. 5. Der Veräußerer wird allerdings verlangen, dass er entweder die Leistung an das SPV oder unmittelbar an sich selbst verlangen kann, damit er nicht darauf angewiesen ist, zunächst die Pfändung der Ansprüche des SPV zu betreiben, vgl. v. Rosenberg, a.a.O. In beiden Konstellationen liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 BGB vor, weil auch das Recht, die Leistung an einen Dritten zu verlangen, einen Anspruch i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB darstellt. Anders: v. Rosenberg, a.a.O., der nur in der zweiten Konstellation von einem Vertrag zugunsten Dritter ausgeht. 533 Vgl. Eilers/Koffka/Mackensen/v. Rosenberg, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 5 Rn. 5. 534 A.A. Eilers/Koffka/Mackensen/v. Rosenberg, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 5 Rn. 5. 528

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

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(c)) Einbeziehung in den Anwendungsbereich der Vertraulichkeitsvereinbarung üblich. Daneben bezeichnet der Veräußerer im Prozessbrief regelmäßig (d)) Kontaktpersonen, was aus rechtsgeschäftlicher Sicht von Bedeutung ist. a) Änderungsvorbehalte In Prozessbriefen finden sich regelmäßig Änderungsvorbehalte, durch die sich der Veräußerer die Möglichkeit offenhält, den Veräußerungsprozess abweichend zu gestalten, vollständig abzubrechen oder den Erwerbsinteressenten vom weiteren Prozess auszuschließen.535 Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung soll ein solcher Änderungsvorbehalt als Haftungsausschluss zu qualifizieren sein.536 Der Prozessbrief ziele aus Sicht der Erwerbsinteressenten darauf, ihre gleichmäßige Behandlung sicherzustellen und diene der sinnvollen Koordinierung ihrer Anstrengungen.537 Dadurch schaffe der Veräußerer einen Vertrauenstatbestand.538 Behielte er sich die Änderung des Verfahrens vor, bedeute dies nichts anderes als einen Haftungsausschluss und sei AGB-rechtlichen Bedenken ausgesetzt.539 Das überzeugt nicht. Der Veräußerer verfolgt mit dem Prozessbrief nicht das Ziel einer „gleichmäßigen Behandlung“ der Erwerbsinteressenten, sondern einer eigennützigen Prozessoptimierung. Die Information der Erwerbsinteressenten und die Bezeichnung von Fristen soll nicht deren Ressourcen schonen, sondern einen Gleichlauf der Verhandlungen mit verschiedenen Parteien gewährleisten, um eine Wettbewerbssituation im Interesse des Veräußerers aufrechtzuerhalten. Das ist für die Erwerbsinteressenten, die sich dieser Wettbewerbssituation bewusst aussetzen, erkennbar. Die Gestaltung als Bieterverfahren verträgt sich nur eingeschränkt mit den Voraussetzungen der Vertrauenshaftung wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen.540 Hält sich der Veräußerer die Änderung des Prozesses expressis verbis offen, fehlt es bereits an der Grundlage für ein etwaiges Vertrauen des Erwerbsinteressenten.541 Ein Änderungsvorbehalt schränkt insofern nicht die Haftung wegen eines Vertrauenstatbestandes ein, sondern hemmt dessen Entstehung. 535 Vgl. Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 365; Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 450; BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. III. Nr. 15. 536 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 366; Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 450. 537 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 366. 538 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 366. 539 Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 366; dagegen lehnen Louven/ Böckmann, ZIP 2004, 445, 450 f. einen solchen Verstoß i.E. weitgehend ab. 540 Vgl. dazu Canaris, FS BGH, Bd. I, 2000, S. 129, 180 ff. 541 So auch: Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 451, die sich damit m. E. allerdings in Widerspruch zu der Aussage begeben, der Änderungsvorbehalt stelle einen Haftungsausschluss

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Dem Veräußerer steht es danach grundsätzlich frei, die Vertragsverhandlungen zu jedem Zeitpunkt abzubrechen oder einzelne Erwerbsinteressenten vom weiteren Prozess auszuschließen,542 weshalb die Änderung bzw. der Abbruch des Verfahrens keine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB darstellt.543 Der Annahme, der Änderungsvorbehalt stelle einen Haftungsausschluss dar, ist damit die dogmatische Grundlage entzogen. b) Kostentragung Der Prozessbrief kann als Nebenabrede eine Klausel beinhalten, wonach jede Partei die ihr entstehenden Kosten selbst trägt. Eine solche Vereinbarung hat freilich nur eine klarstellende Funktion und ist strenggenommen überflüssig. Als Rechtsgrund für einen Aufwendungsersatzanspruch des Erwerbsinteressenten kommen allenfalls Auftrag, Geschäftsbesorgungsvertrag oder Geschäftsführung ohne Auftrag als Anspruchsgrundlage also § 670 BGB (i.V.m. § 675 BGB bzw. § 683 BGB) in Betracht. Dabei fehlt es an einer Tatbestandsvoraussetzung, die allen genannten Rechtsgründe gemein ist: Das Handeln für einen Anderen.544 Der Erwerbsinteressent handelt ausschließlich im eigenen Interesse, wenn er über den Erwerb des Zielunternehmens verhandelt und dafür Aufwendungen tätigt. Es fehlt damit an der für einen vertraglichen Aufwendungsersatzanspruch erforderlichen fremdnützigen Prägung, weshalb ein solcher Anspruch ohnehin nicht in Betracht kommt.

dar. Dieser Widerspruch löst sich auch nicht auf, wenn man einen Änderungsvorbehalt (wie Louven/Böckmann, a.a.O.) als Ausschluss des Anspruchs auf die Einhaltung des Verfahrens formuliert, da sich die materiell-rechtliche Wertung dadurch nicht verändert. 542 I.E. weitgehend übereinstimmend Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 450 ff.; vgl. BGH NJW 1996, 1884 Rn. 8; BGH NJW-RR 2001, 381 Rn. 11; OLG Stuttgart DB 1989, 1817; OLGR Naumburg 2002, 244; MüKoBGB/Emmerich, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 164 f.; BeckOKBGB/Gehrlein/Sutschet, 43. Ed. 2017, § 311 Rn. 57; Staudinger/Feldmann/Löwisch, BGB, 2012, § 311 Rn. 134; Erman/Kindl, BGB, 15 Aufl. 2017, § 311 Rn. 39. A.A. Habersack/ Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 366 f. 543 Etwas gilt in Ausnahmefällen, wenn der Veräußerer es bspw. nie in Erwägung gezogen hat, an den Erwerbsinteressenten zu verkaufen, sondern nur Druck auf den bereits als Erwerber auserkorenen Verhandlungsgegner ausüben wollte. 544 Auftrag: BeckOKBGB/Fischer, 43. Ed. 2017, § 662 Rn. 8; Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl. 2015, § 662 Rn. 3; MüKoBGB/Seiler, Bd. 4, 6. Aufl. 2012, § 662 Rn. 9; Hk-BGB/ Wiese/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 662 Rn. 1 ff.; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 662 Rn. 7. Geschäftsbesorgung: BeckOKBGB/Fischer, 43. Ed. 2017, § 675 Rn. 3; § 675 Rn. 4; MüKoBGB/Heermann, Bd. 4, 6. Aufl. 2012, § 675 Rn. 8; Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl. 2015, § 675 Rn. 6 f.; Hk-BGB/Schulte-Nölke, 9. Aufl. 2017, § 675 Rn. 4; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 675 Rn. 4. Geschäftsführung ohne Auftrag: BeckOKBGB/Gehrlein, 43. Ed. 2017, § 677 Rn. 11 ff.; Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl. 2015, § 677 Rn. 2 ff.; Hk-BGB/ Schulze, 9. Aufl. 2017, § 677 Rn. 3; MüKoBGB/Seiler, Bd. 4, 6. Aufl. 2012, § 677 Rn. 4 ff.; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 677 Rn. 3.

§ 3 Prozesssteuerung: Vorfeldvereinbarungen und Begleitdokumente

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c) Einbeziehung in den Anwendungsbereich der Vertraulichkeitsvereinbarung Die Vertraulichkeitsvereinbarung geht dem Prozessbrief voran, ist also regelmäßig schon in Kraft, wenn der Prozessbrief abgeschlossen bzw. den Erwerbsinteressenten übermittelt wird. Weil die Vertraulichkeitsvereinbarung üblicherweise auch den gesamten Verhandlungsverlauf in ihren Anwendungsbereich einbezieht, bedarf es in rechtlicher Hinsicht keiner besonderen Regelung, damit auch der Prozessbrief in ihren Schutzbereich einbezogen wird. Dennoch ist ein klarstellender Hinweis auf die Fortgeltung der Vertraulichkeitsvereinbarung üblich. d) Benennung von Kontakten Der Veräußerer gibt im Prozessbrief an, wo und bei wem (häufig handelt es sich um einen Rechtsanwalt unter Angabe seiner Geschäftsanschrift) das verpflichtende Angebot abzugeben ist. Rechtlich ist das als Kundgabe einer Innenvollmacht i.S.d. § 171 Abs. 1 Var. 1 BGB zu qualifizieren. Die bezeichnete Person bzw. die bezeichneten Personen können danach bis zu einem Widerruf gemäß § 171 Abs. 2 BGB gegenüber dem Adressaten mit Vertretungsmacht handeln, sofern dieser den entsprechenden Hinweis zur Kenntnis genommen hat.545 3. Rechtsnatur des Prozessbriefs Wie der Name bereits suggeriert, handelt es sich bei einem Prozessbrief i. d. R. nicht um einen Vertrag, sondern eine einseitige Erklärung. Fraglich ist, ob diese Erklärung als Willenserklärung zu qualifizieren ist. Eine Willenserklärung ist eine private Willensäußerung, gerichtet auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges, der nach der Rechtsordnung deswegen eintritt, weil er gewollt ist.546 Der Prozessbrief ist zuvorderst auf die Information der Erwerbsinteressenten und damit nicht auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges gerichtet. Allerdings zielen einige Klauseln auch auf eine Gestaltung der Rechtslage. Ähnlich wie durch die Vertraulichkeitsvereinbarung werden Schutzpflichten, die ohne Vorfeldvereinbarungen durch ein gesetzliches Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2 BGB begründet würden, vertraglich ausgestaltet. In einigen Fällen intendiert der Veräußerer eine Weiterentwicklung und Vertiefung des durch die Vertraulichkeitsvereinbarung begründeten Schuldverhältnisses. Bei einem solchen Prozessbrief handelt es sich um einen Antrag i.S.v. § 145 BGB, 545

Eine Kenntnisnahme wird auch von denjenigen verlangt, die in der kundgemachten Innenvollmacht eine Außenvollmacht sehen wollen, m.w.N. MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 171 Rn. 13. 546 MüKoBGB/Armbrüster, 7. Aufl. 2015, Vor § 116 BGB, Rn. 3; W. Flume (1992), § 2 1; Mot. I, S. 126 (Mugdan I, S. 421); Staudinger/Singer, BGB, 2017, § 133 Rn. 1; BeckOKBGB/ Wendtland, 43. Ed. 2017, § 133 Rn. 4.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

der von dem Erwerbsinteressenten angenommen werden muss, um den gewünschten rechtlichen Erfolg hervorzubringen. Die Annahme kann durch die Gegenzeichnung des Prozessbriefs erklärt werden. Nimmt der Erwerbsinteressent entsprechend der Modalitäten des Prozessbriefs am weiteren Transaktionsprozess teil, ist das als konkludente Annahme auszulegen. II. Letter of Intent Der Begriff Letter of Intent wird in der Literatur zwar häufig, aber uneinheitlich verwendet.547 Teilweise bestehen terminologische Überschneidungen mit anderen Vorfeldvereinbarungen, wie etwa der Vertraulichkeitsvereinbarung (siehe dazu: C.).548 Der Letter of Intent tritt im Vorfeld des Abschlusses des Unternehmenskaufvertrags auf und steht mit diesem in einem inneren Zusammenhang.549 Er dient wie die anderen Vorfeldvereinbarungen der Prozesssteuerung und kommt außerhalb von Bieterverfahren zum Einsatz.550 Er beinhaltet üblicherweise eine unverbindliche Absichtserklärung, zu einem späteren Zeitpunkt einen Unternehmenskaufvertrag abschließen zu wollen.551 In besonders gelagerten Einzelfällen kann die Auslegung des Letter of Intent allerdings auch ergeben, dass die Parteien einen rechtsverbindlichen Vorvertrag abschließen wollten.552 Der Letter of Intent dient den Parteien einerseits dazu, die bereits erzielten Verhandlungsergebnisse im Sinne einer Punktation zu fixieren.553 Andererseits kann darin der weitere Verhandlungsprozess strukturiert werden, indem – ähnlich wie durch Prozessbriefe im Bieterverfahren – gewisse Daten und Fristen in einem Ablaufplan festgehalten werden.554 Teilweise beinhaltet der Letter of Intent Exklusivitätsvereinbarungen, die es dem Verkäufer innerhalb eines bestimmten Zeitraums verbieten, mit anderen Erwerbsinteressenten über den Verkauf des Zielunternehmens zu verhandeln.555

547 Vgl. Heussen, Rn. 33 ff.; Kösters, NZG 1999, 623; Lutter, Der Letter Of Intent, 3. Aufl. 1998, S. 10 ff. 548 Vgl. Heussen, Rn. 34; Kösters, NZG 1999, 623. 549 Vgl. Kösters, NZG 1999, 623; BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 32. 550 BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 32. 551 Vgl. BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 33. 552 Vgl. BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 33. 553 Vgl. BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 34. 554 Vgl. BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 34. 555 Vgl. BeckHdB M&A/Rosengarten, § 3 Rn. 35.

§ 4 Due Diligence

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§ 4 Due Diligence Die Due Diligence ist ein wesentlicher Aspekt des M&A-Prozesses. Im Folgenden sollen zunächst (A.) Hintergrund und Begriff der Due Diligence beleuchtet werden. Im Anschluss sollen die (B.) Funktion, der (C.) rechtliche Rahmen und der (D.) Gegenstand einer Due Diligence untersucht und dargestellt werden.

A. Hintergrund und Begriff Seinen Ursprung hat das Konzept der Due Diligence in den Vereinigten Staaten von Amerika.556 Aus dem Englischen übersetzt bedeutet „Due“ „gebührend“, „geschuldet“ oder auch „geboten“ und „Diligence“ „Sorgfalt“ oder „Gewissenhaftigkeit“.557 Es besteht damit eine gewisse sprachliche Nähe zum zivilrechtlichen Sorgfaltsmaßstab des § 276 Abs. 2 BGB.558 Ursprünglich handelte es sich um eine Einrede von externen Experten gegen Prospekthaftungsansprüche gemäß Sec. 11(a) Securities Act 1933 („due diligence defense“).559 Einzug in die Transaktionspraxis erhielt das Konzept der Due Diligence durch die Übertragung auf den für öffentliche Übernahme geltenden Securities Exchange Act 1934 mit dem Erlass der sog. Rule 10b-5 durch die amerikanische Börsenaufsicht.560 Auch wenn der Begriff Due Diligence uneinheitlich definiert wird, ist im Kern anerkannt, dass es sich um die Überprüfung eines Unternehmens im Kontext eines beabsichtigten Unternehmenserwerbs handelt.561 Unterschiede zeigen die Ansätze

556 Angersbach, S. 22; Beisel/Andreas, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 1 Rn. 27 ff.; Böttcher (2005), S. 30; Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657, 666 f.; § 2 Rn. 1. 557 Angersbach, S. 22; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn. 1; Bihr, BB 1998, 1198; Garn, NJW 2008, 1409, 1410; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274; Hettler/Stratz/ Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 1; Kiethe, NZG 1999, 976, 977; Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 3 Rn. 1; Liekefett, 2005, S. 26; Loges, BB 1997, 965; Merkt, BB 1995, 1041. 558 Vgl. Beisel/Andreas, Beck MandatsHdB Due Diligence § 1 Rn. 8; Ehring, Die Due Diligence im Spannungsverhältnis zwischen kaufrechtlichem Haftungssystem und vertraglicher Gestaltung, 2010, S. 17; Fleischer/Körber, BB 2001, 841; Huber, AcP 202 (2002), 179, 193; Körber, NZG 2002, 263; Krüger/Kalbfleisch, DStR 1999, 174; Park, S. 25. 559 Angersbach, S. 22; Beisel/Andreas, Beck MandatsHdB Due Diligence § 1 Rn. 27 ff.; § 2 Rn. 1; Böttcher (2005), S. 30. 560 Beisel/Andreas, Beck MandatsHdB Due Diligence § 1 Rn. 29. 561 Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn. 1; Fleischer/Körber, BB 2001, 841; Garn, NJW 2008, 1409, 1410; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274; Huber, AcP 202 (2002), 179, 193; Kiethe, NZG 1999, 976; Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 3 Rn. 1; Launhard, S. 50; Liekefett, S. 29; Loges, BB 1997, 965; Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657, 666; MAH GmbH-Recht/Picot, § 2 Rn. 50; Schiffer/Bruß, BB 2012, 847, 848;

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

im Hinblick auf den Prüfungsumfang: In der älteren Literatur wurde Due Diligence als lediglich rechtliche Überprüfung beschrieben.562 Im neueren Schrifttum wird der Begriff Due Diligence dagegen von einigen Autoren als umfassende Überprüfung des Zielunternehmens verstanden.563 Dieser universell-quantitative Ansatz weicht allerdings zunehmend einem dynamisch-qualitativem Verständnis der Due Diligence, dem als Ziel nicht die Erlangung umfassender, sondern wesentlicher Informationen zugrunde liegt.564 Das überzeugt, wobei die terminologische Nähe zum Sorgfaltsmaßstab des § 276 Abs. 2 BGB auch inhaltlich Orientierung bietet: Genau wie alle Eventualitäten berücksichtigende Sorgfaltspflichten das menschliche Zusammenleben in unvertretbarer Weise belasten würden,565 ist eine umfassende Prüfung des Zielunternehmens nicht geboten und damit keine „Due“ Diligence. Eine umfassende Informationsgewinnung verlangt nach einer umfassenden Informationsverarbeitung und birgt das Risiko, einer ungenügenden Differenzierung zwischen wesentlichen und unwesentliche Informationen.566 Dadurch drohen nicht nur unverhältnismäßige Kosten,567 sondern auch ein Funktionsverlust der Due Diligence. Das deshalb vorzugswürdige qualitativ-dynamische Begriffsverständnis spiegelt den Wandel in der Transaktionspraxis wider, in der eine deutliche Fokussierung auf die im Lichte der Transaktion wesentlichen Informationen zu beobachten ist.568 Due Diligence ist danach die Überprüfung des Zielunternehmens, die aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls angemessen ist. Was angemessen ist, unterliegt dabei einem steten Wandel. So wird bspw. der Einsatz von Legal Tech-Lösungen in absehbarer Zeit die Fähigkeit, große Datenmengen zu verarbeiten, si-

Schroeder, DB 1997, 2161; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 43; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 53. 562 So Grabowski/Harrer, DStR 1993, 20. Ähnlich: Huber, AcP 202 (2002), 179, 193 f., der allerdings von „Due Diligence im engeren Sinne“ spricht. 563 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 1; Merkt, BB 1995, 1041, 1046. 564 Vgl. Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 3 Rn. 1. Ähnlich auch: Beisel/Andreas, Beck MandatsHdB Due Diligence § 2 Rn. 34 f., der von einer „vernünftigen Allokation von Ressourcen“ spricht. Im Zusammenhang mit der Business Judgement Rule: C. Goette, DStR 2014, 1776. 565 Vgl. Kötz/G. Wagner (2016), Rn. 59 ff. 566 Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218 („Grenznutzen zusätzlicher Informationen“); MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 53; Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 31 („Information Overload“); vgl. Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 3 Rn. 2. 567 Vgl. Liekefett, S. 38, der auf der Grundlage von älteren Zahlen von Kosten i.H.v. durchschnittlich 1,08 % des Kaufpreises ausgeht. Die Kosten dürften aufgrund der dargestellten Fokussierung des Due Diligence-Prozesses heute relativ niedriger sein (Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 56). 568 Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 3 Rn. 2.

§ 4 Due Diligence

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gnifikant steigern,569 was sich auf das Maß des Angemessenen und damit auf das Verständnis des Due Diligence-Prozesses auswirken wird.

B. Funktion Asymmetrische Informationslagen sind ein wesentliches Risiko für den Erfolg einer Investitionsentscheidung (siehe dazu: § 1 D.I.). Zu Beginn des M&A-Prozesses besteht eine solche asymmetrische Informationslage zwischen dem Veräußerer und dem Erwerbsinteressenten.570 Das Ziel der erwerberseitigen Due Diligence ist der Abbau dieses Informationsgefälle, um damit eine Informationsgrundlage zu schaffen, die es dem Erwerbsinteressenten erlaubt, eine in Ansehung der Komplexität und des Volumens der Transaktion angemessene Chancen-Risikoeinschätzung vorzunehmen und auf dieser Grundlage eine Investitionsentscheidung zu treffen.571 Durch den Due Diligence-Prozess wird dem Erwerbsinteressenten dafür zunächst ein Verständnis für das Zielunternehmen vermittelt.572 Das Verständnis für das Zielunternehmen erlaubt es in einem nächsten Schritt, die Transaktionsrisiken zu identifizieren, was Voraussetzung für eine angemessen informierte Investitionsentscheidung ist.573 Dabei geht es um Umstände, die den Erfolg der Transaktion, also regelmäßig die wirtschaftlich erfolgreiche Fortführung der Geschäftstätigkeit des Zielunternehmens574 und ggf. dessen Integration in das Unternehmen oder die Gruppe des Erwerbers575, bedrohen. Für den Umgang mit identifizierten Risiken kommen grundsätzlich drei Möglichkeiten in Betracht: Erstens deren Beseitigung: So kann bspw. ein wichtiger Vertrag verlängert, die Transaktionsstruktur angepasst oder ein Verzicht auf eine Change of Control-Klausel (siehe dazu: D.III.2.) eingeholt werden. Zweitens eine wirtschaftliche Zuweisung: Ist eine Beseitigung nicht möglich, weil etwa ein Dritter seine Zustimmung zu einer Vertragsänderung verweigert, oder nicht gewollt, weil 569

Vgl. BeckHdB M&A/Meurer, § 5 Rn. 17. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn. 1; Böttcher, NZG 2005, 49; Liekefett, S. 59. 571 Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn. 5; Böttcher, NZG 2005, 49; Cooke, S. 147; Garn, NJW 2008, 1409, 1411; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 276; Huber, AcP 202 (2002), 179, 197; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 313 f.; Liekefett, S. 39; Müller, NJW 2004, 2196. 572 Vgl. Böttcher (2005), S. 32 ff.; Huber, AcP 202 (2002), 179, 197; Kiethe, NZG 1999, 976, 977; Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 3 Rn. 4; BeckHdB M&A/ Meurer, § 5 Rn. 5. 573 Liekefett, S. 41; vgl. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn. 4; Böttcher, NZG 2005, 49; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 1; Kiethe, NZG 1999, 976, 977; Schroeder, DB 1997, 2161. 574 Vgl. Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 149; Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 3 Rn. 4; Lutter, ZIP 1997, 613. 575 Vgl. BeckHdB M&A/Meurer, § 5 Rn. 7. 570

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

etwa Unklarheit über eine umweltrechtliche Sanierungspflicht besteht und die weitere Erforschung des Sachverhalts eine solche Pflicht auslösen könnte, besteht zweitens die Möglichkeit, das Risiko wirtschaftlich einer Vertragspartei im Unternehmenskaufvertrag zuzuweisen. Drittens der Verhandlungsabbruch: Gelingt den Parteien weder die Beseitigung noch die Zuweisung des Risikos bleibt als dritte Möglichkeit nur der Abbruch der Verhandlungen. In diesem letzten Fall bezeichnet man das identifizierte Risiko als „Deal Breaker“ oder „Show Stopper“.576 Auf Veräußererseite ist die Interessenlage vielschichtiger: Einerseits hat auch der Veräußerer ein Interesse an der Durchführung einer erwerberseitigen Due Diligence. Er profitiert von der Untersuchung des Zielunternehmens durch den Erwerber, soweit er dem Erwerber gemäß § 442 BGB bzw. ähnlicher vertraglicher Regelungen nur für unbekannte Mängel haftet.577 Anderseits besteht ein natürliches Geheimhaltungsinteresse und teilweise sogar eine rechtliche Pflicht (siehe dazu: C.II.), betriebliche Interna unter Verschluss zu halten.578 Das gilt umso mehr, als er mit dem Scheitern der Transaktion rechnen muss. Gegenüber strategischen Investoren ist die Abneigung, Einblick in Interna zu gewähren, aufgrund der Wettbewerbssituation naturgemäß noch ausgeprägter. Hier ist die Gefahr einer Zweckentfremdung von vertraulichen Informationen besonders groß,579 wovor auch die Vertraulichkeitsvereinbarung wegen der angesprochenen Beweisschwierigkeiten nicht hinreichend schützen kann. Schließlich hat der Veräußerer als Verkäufer ein natürliches Interesse daran, das zu veräußernde Unternehmen möglichst positiv darzustellen. Die gezielte Aufrechterhaltung der asymmetrischen Informationslage durch die sorgfältige Auswahl des in den Datenraum einzustellenden Datenmaterials ist daher eine naheliegende Versuchung. Ihr zu erliegen ist jedoch ein Wagnis, das gravierende haftungsrechtliche Konsequenzen zeitigen kann.

C. Rechtlicher Rahmen Der Due Diligence-Prozess ist zwar von wirtschaftlichen Interessen getrieben, aber gleichwohl rechtlich geprägt. Diese Prägung gilt es im Folgenden zu untersuchen. Dabei geht es erstens um die (I.) Rechtsgrundlagen des Due Diligence-Prozesses und zweitens um etwaige (II.) Geheimhaltungspflichten des Veräußerers. In

576

Garn, NJW 2008, 1409, 1411; Liekefett, S. 42. Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 3 Rn. 4; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 47; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 53. 578 Vgl. Liekefett, S. . 113, der den Begriff „Geheimhaltungsinteresse“ auch verwendet, allerdings speziell auf die Bedürfnisse der Aktiengesellschaft bezieht, die sich aber insoweit nicht groß von denen anderer Unternehmensträger unterscheiden dürften. 579 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 280; Huber, AcP 202 (2002), 179, 196; Kiethe, NZG 1999, 976, 977; Liekefett, S. 129 ff. 577

§ 4 Due Diligence

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einem dritten und vierten Schritt sind dann Pflichten und Pflichtverletzungen von (III.) Veräußerer und (IV.) Erwerber zu thematisieren. I. Rechtsgrundlagen Die wesentlichen Rechtsgrundlagen des Due Diligence-Prozesses sind die Vorfeldvereinbarungen, insbesondere die Vertraulichkeitsvereinbarung (siehe dazu: § 3 C.), die Prozessbriefe (siehe dazu: § 3 E.I.) bzw. der Letter of Intent (siehe dazu: § 3 E.II.). Voraussetzung für den Zugang zum Datenraum ist daneben die Unterzeichnung der sog. Data Room Rules, einer vertraglichen Vereinbarung, die das Verhalten im Datenraum und den Umgang mit den zur Verfügung gestellten Dokumenten regelt.580 Ist ausnahmsweise ein physischer Datenraum eingerichtet, regeln die Data Room Rules z. B. die örtlichen Gegebenheiten (Öffnungszeiten etc.) und die Mitnahme von technischen Geräten.581 Bei einem virtuellen Datenraum stehen dagegen der Umgang mit Login-Daten und die Definition weiterer Sicherheitsstandards im Vordergrund.582 Die Data Room Rules können bereits in anderen Vorfeldvereinbarungen enthalten sein oder als gesonderte Vereinbarung abgeschlossen werden. Im letzten Fall wiederholen sie oftmals die bereits in anderen Vorfeldvereinbarungen getroffenen Regelungen, wie etwa Verschwiegenheitspflichten oder Haftungsausschlüsse.583 II. Geheimhaltungspflichten Der Veräußerer ist regelmäßig nicht vollständig frei in der Entscheidung über das Ob und Wie des Due Diligence-Prozesses, sondern unterliegt Pflichtenbindungen. Potenzielle Beschränkungen ergeben sich insbesondere aus dem (1.) Aktien- und dem (2.) Wettbewerbsrecht. Aber auch datenschutz-584 oder kapitalmarktrechtliche585 Regelungen können zu Einschränkungen führen.

580

Elfring, JuS-Beil. 2007, 3, 12; MAH GmbH-Recht/Picot, § 2 Rn. 60. BeckFormB BHW/Meyer-Sparenberg, Form. III. A 11. 582 Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form B.VI.2. 583 Vgl. Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. B.VI.2. 584 Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 17. 585 Bihr, BB 1998, 1198, 1199; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 283 ff.; Kiethe, NZG 1999, 976, 979 f.; Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 17; Schroeder, DB 1997, 2161, 2163 ff.; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 72 ff. 581

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

1. Aktienrechtliche Beschränkungen Steht auf Veräußererseite eine Aktiengesellschaft, dann ist deren Vorstand gemäß § 93 Abs. 1 S. 3 AktG dazu verpflichtet, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, Stillschweigen zu bewahren, wobei Zuwiderhandlungen durch § 404 AktG pönalisiert sind. Der § 93 Abs. 1 S. 3 AktG begründet allerdings kein „sachlich unbegrenztes Schweigegebot“.586 Liegt die Due Diligence im Gesellschaftsinteresse, steht die Geheimhaltungspflicht deren Durchführung nicht grundsätzlich entgegen.587 Auch ist es weder erforderlich, die Prüfung durch einen neutralen Dritten vornehmen zu lassen, der dem Erwerbsinteressenten lediglich seine Prüfungsergebnisse mitteilt,588 noch müssen die Informationsempfänger einer beruflichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen.589 Aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG ergeben sich jedoch Anforderungen an die Prozessgestaltung:590 So muss der Schutz vertraulicher Informationen durch eine Vertraulichkeitsvereinbarung sichergestellt sein591 und die Qualität der offengelegten In-

586

BGHZ 64, 325. Bihr, BB 1998, 1198, 1199; Fleischer, ZIP 2002, 651, 652; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 278 ff.; Hölters, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 10 Rz. 34; GKAktG/Hopt/ Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; Kiethe, NZG 1999, 976, 979; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 93 Rn. 32; Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 16; Schmidt/ Lutter/Krieger/Sailer-Coceani, AktG, 3. Auf. 2015, § 93 Rn. 27; Meincke, WM 1998, 749 750 f.; K. Mertens, AG 1996, 541, 546 f.; Müller, NJW 2000, 3452; Roschmann/J. Frey, AG 1996, 449, 452; Schroeder, DB 1997, 2161, 2162 f.; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl. 2014, § 93 Rn. 137; a.A. Lutter, ZIP 1997, 613 617 f., der davon ausgeht, dass eine Due Diligence vom Vorstand nur in absoluten Ausnahmesituationen gestattet werden könne, wenn dafür ein „ungewöhnliches und überragendes Interesse“ der Gesellschaft streite. Auch die Zulässigkeit der Einschaltung eines neutralen Sachverständigen durch den Vorstand hält er für „eher fraglich“. 588 GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; Kiethe, NZG 1999, 976, 979; diese Auffassung wurde im Hinblick auf die GmbH von Lutter, ZIP 1997, 613, 615 vertreten. 589 GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304. 590 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 280 ff.; Hölters, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 10 Rz. 38 ff.; GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 93 Rn. 32; Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 16; Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer-Coceani, AktG, 3. Auf. 2015, § 93 Rn. 27; Müller, NJW 2000, 3452, 3455; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl. 2014, § 93 Rn. 137; Schroeder, DB 1997, 2161, 2163; Liekefett, S. 118. Zu schematisch („Abwägungsplan“) dagegen: Meincke, WM 1998, 749, 751. 591 Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 281; Hölters, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 10 Rz. 42; GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 93 Rn. 32; Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 16; Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer-Coceani, AktG, 3. Auf. 2015, § 93 Rn. 27; Liekefett, S. 118; Meincke, WM 1998, 749, 751; BeckHdB M&A/Meurer, § 6 Rn. 18; Müller, NJW 2000, 3452, 3455; Schroeder, DB 1997, 2161, 2163; Roschmann/J. Frey, AG 1996, 449, 452. 587

§ 4 Due Diligence

115

formationen davon abhängen, in welchem Stadium sich die Verhandlungen befinden.592 Zuständig für die Offenlegung von Informationen im Rahmen einer Due Diligence ist, da es sich um eine Maßnahme der Geschäftsleitung handelt, das jeweilige Vorstandsmitglied, dessen Geschäftsbereich betroffen ist.593 Betrifft die Informationen die gesamte Gesellschaft, ist ein Beschluss des Gesamtvorstandes erforderlich.594 Hat der Aufsichtsrat der Veräußerung des Unternehmens zugestimmt, erfasst dieser Beschluss grundsätzlich auch die Durchführung der Due Diligence, weshalb eine gesonderte Beschlussfassung gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 4 AktG regelmäßig nicht erforderlich ist.595 2. Wettbewerbsrechtliche Beschränkungen Die wettbewerbsrechtlichen Implikationen von Unternehmenserwerben sind augenfällig. Wettbewerbsrechtliche Fragen stellen sich allerdings nicht erst mit Abschluss des Unternehmenskaufvertrags, sondern können bereits in einem deutlich früheren Stadium der Transaktion virulent werden. Hier gilt ein besonderes Augenmerk dem Austausch von wettbewerbsrechtlich sensiblen Informationen im Rahmen einer Due Diligence.596 Sollen gegenüber einem strategischen Investor z. B. Angaben zur Preisgestaltung und Rabattierungen gemacht werden, kann dies die Bildung von Clean Teams (siehe dazu: § 3 C.II.3.b)aa)(2)) erforderlich machen.597

592

Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 281; GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 16; Schmidt/Lutter/ Krieger/Sailer-Coceani, AktG, 3. Auf. 2015, § 93 Rn. 27; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl. 2014, § 93 Rn. 137. Teilweise wird der Abschluss eines Letter of Intent verlangt, so zuerst wohl: Schroeder, DB 1997, 2161, 2163. Diese Forderung scheint zu pauschal, wobei ihr zuzugeben ist, dass – abhängig von der Qualität der Informationen – ein ernsthaftes Erwerbsinteresse des Informationsempfängers dokumentiert sein sollte. 593 Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer-Coceani, AktG, 3. Auf. 2015, § 93 Rn. 27; Roschmann/ J. Frey, AG 1996, 449, 452; MüKoAktG/Spindler, 4. Aufl. 2014, § 93 Rn. 137. Bspw. Schroeder, DB 1997, 2161, 2163 verlangt einen Vorstandsbeschluss, was allerdings wohl darauf zurückzuführen ist, dass er – wie auch andere Autoren, die ähnliche Forderungen stellen – von einer Veräußerung des gesamten Unternehmens ausgeht. In diesen Fällen ist tatsächlich ein Beschluss des Vorstandes erforderlich. 594 GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; Schmidt/Lutter/Krieger/SailerCoceani, AktG, 3. Auf. 2015, § 93 Rn. 27; Müller, NJW 2000, 3452, 3455; MüKoAktG/ Spindler, 4. Aufl. 2014, § 93 Rn. 137. Wohl auch: Schroeder, DB 1997, 2161, 2163. 595 Fleischer, ZIP 2002, 651; GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; a.A. Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 2 Rn. 15. 596 Vgl. Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451. 597 Vgl. dazu etwa Linke/Fröhlich, GWR 2014, 449, 451; Lucks, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 9 Rz. 212.

116

1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

III. Pflichten des Veräußerers Im Kontext des Due Diligence-Prozesses stellt sich die Frage, welche gesetzlichen oder vertraglichen Informationspflichten den Veräußerer gegenüber den Erwerbsinteressenten treffen.598 Bei deren Beantwortung ist zwischen (1.) Aufklärungspflichten und dem Verbot von (2.) positiven Fehlinformationen zu differenzieren. Da auf Veräußererseite üblicherweise keine (natürliche) Einzelperson steht, sondern – rechtsformunabhängig – eine Organisation, kommt es im Zusammenhang mit der Informationsverantwortung des Veräußerers darauf an, inwieweit ihm im Rahmen einer (3.) Wissenszurechnung in der Organisation vorhandene Kenntnisse zuzurechnen sind. Steht der Verstoß gegen eine bestehende Informationspflicht fest, geht es um die daraus resultierenden (4.) Rechtsfolgen. 1. Aufklärungspflichten Als Ausprägung der Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB ist der Veräußerer verpflichtet, den Erwerber ungefragt über Umstände aufzuklären, die die Erfüllung des Vertragszwecks erkennbar vereiteln können und deren Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden können.599 Bei einem Unternehmenskauf geht die Rechtsprechung dabei von gesteigerten Aufklärungspflichten des Verkäufers aus.600 Dieser strenge Maßstab wird mit der wirtschaftlichen Tragweite des Geschäfts und den Schwierigkeiten des Erwerbsinteressenten begründet, sich ein zutreffendes Bild von den wertbildenden Faktoren des Zielunternehmens zu verschaffen.601 Der Veräußerer muss den Erwerbsinteressenten danach insbesondere über Umstände informieren, die geeignet sind, die Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu beeinträchtigen.602

598 Zum Begriff der Informationspflichten siehe m.w.N. MüKoBGB/Bachmann, 7. Aufl. 2016, § 241 Rn. 110, 113 ff. 599 BGH NJW 2001, 2163 Rn. 18; BGH NJW 2010, 3362 Rn. 22; BGH NJW 2013, 1807 Rn. 8; BGH, Beschl. v. 7. 7. 2015 – II ZR 104/13, Rn. 3; RGZ 111, 233, 235; MüKoBGB/ Bachmann, 7. Aufl. 2016, § 241 Rn. 124a; Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, Vor. § 433 Rn. 32; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311 Rn. 40; Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl. 2015, § 242 Rn. 19; Hk-BGB/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 241 Rn. 7. Vgl. Beisel/ Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 16 Rn. 66; Elfring, JuS-Beil. 2007, 3, 13; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 843; Loges, BB 1997, 965, 966; Mellert, BB 2011, 1667, 1673; BeckHdB M&A/Meurer, § 6 Rn. 3; Park, S. 23 f.; Rasner, WM 2006, 1425, 1426; Weißhaupt, WM 2013, 782, 785. 600 BGH NJW 2001, 2163 Rn. 19; OLG Düsseldorf NZG 2017, 152 Rn. 80. 601 BGH NJW 2001, 2163 Rn. 19; OLG Düsseldorf NZG 2017, 152 Rn. 80. 602 BGH NJW 2001, 2163 Rn. 19; OLG Düsseldorf NZG 2017, 152 Rn. 80; Beisel/ Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 16 Rn. 66; Elfring, JuS-Beil. 2007, 3, 13 f.; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 843; Huber, AcP 202 (2002), 179, 184.

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a) Verletzung der Aufklärungspflicht Der Veräußerer kann seine Aufklärungspflicht durch Nichtleistung verletzen, indem er eine Aufklärung über erkennbar entscheidungsrelevante Sachverhalte vollständig unterlässt. Denkbar sind aber auch Aufklärungspflichtverletzungen durch Schlechtleistung, indem er nicht ausreichend oder zu spät aufklärt. Eine praxisrelevante Form der Schlechtleistung ist die „versteckte“ Aufklärung: Dabei stellt der Veräußerer die Intensität des Informationsaustauschs im Rahmen der Due Diligence in seinen Dienst und teilt dem Erwerbsinteressenten aufklärungspflichtige Sachverhalte en passant (z. B. in einem Anhang) mit. Dadurch genügt der Veräußerer seiner Aufklärungspflicht nicht, weil deren Erfüllung den Eintritt des Aufklärungserfolgs und damit Kenntnisnahme und keine bloße Mitteilung voraussetzt.603 Zwar kann er sich bei Ausbleiben des Aufklärungserfolges hinsichtlich des Vertretenmüssens gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB exkulpieren, soweit er nach den konkreten Umständen des Einzelfalls davon ausgehen durfte, das zur Aufklärung seinerseits Erforderliche getan zu haben. Dazu reicht es aber keineswegs, dem Erwerbsinteressenten die maßgeblichen Informationen „unterzuschieben“.604 Aufgrund der Kostenintensität des Transaktionsprozesses ist der Veräußerer außerdem dazu verpflichtet, über aufklärungspflichtige Sachverhalte unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB – zu informieren. Bestehen bereits zu Beginn des Transaktionsprozesses konkrete existenzbedrohende Risiken, hat der Veräußerer (abstrakt) bereits im Teaser auf diese Exposition hinzuweisen (siehe dazu: § 3 D.II.2). Entsteht eine Aufklärungspflicht erst im Laufe des Transaktionsprozesses, weil bspw. erst nach Beginn der Vertragsverhandlungen im Rahmen einer Betriebsprüfung existenzbedrohende Risiken aufgedeckt wurden, muss die Aufklärung unverzüglich nach Kenntniserlangung seitens des Veräußerers erfolgen.605 b) Erfüllung der Aufklärungspflicht durch Gestattung einer Due Diligence? In der Literatur wird diskutiert, ob der Veräußerer seine Aufklärungspflicht erfüllt, indem er dem Erwerbsinteressenten die Durchführung einer Due Diligence gestattet. Eine Auffassung geht von einer weitreichenden Erfüllungswirkung der Due Diligence im Hinblick auf die Aufklärungspflichten des Veräußerers aus.606 Der Veräußerer erfülle seine Aufklärungspflicht, soweit die Due Diligence den Erwerber objektiv in die Lage versetze, „die in Anbetracht der weitreichenden wirtschaftlichen 603 604 605 606

Vgl. Mellert, BB 2011, 1667, 1673. Müller, NJW 2004, 2196, 2199. Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 449. F. Wagner, DStR 2002, 958, 965 f.

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Folgen seiner Kaufentscheidung erforderlichen Informationen zu erhalten.“607 Teilweise wird vertreten, dass eine Due Diligence die Aufklärungspflicht des Veräußerers zwar nicht automatisch erfülle, der Umfang der Aufklärungspflichten jedoch davon abhänge, inwieweit der Veräußerer Informationen im Rahmen einer Due Diligence zur Verfügung stelle.608 Nach anderer Ansicht hat die Due Diligence grundsätzlich keine Erfüllungswirkung im Hinblick auf die Aufklärungspflicht des Veräußerers.609 Der Erwerber führe die Due Diligence im eigenen Interesse durch,610 sei zu ihrer Durchführung aber nicht verpflichtet.611 Außerdem bestünden Aufklärungspflichten ohnehin nur in geringem Umfang.612 Nach hier vertretener Ansicht können Aufklärungspflichten des Veräußerers in gewissem Umfang bereits vor dem Beginn des Due Diligence-Prozesses bestehen. Schon deshalb gibt es keinen Automatismus zwischen der Gestattung einer Due Diligence und der (rechtzeitigen) Erfüllung von Aufklärungspflichten. Aber auch ansonsten wird der Veräußerer auf der Grundlage des Gesagten nicht bereits durch die Einstellung aufklärungspflichtiger Informationen in den Datenraum frei. Bleibt der Aufklärungserfolg aus, gelingt ihm die Exkulpation danach nämlich nur, wenn er aufgrund der Organisation des Datenraums ohne Weiteres von der Kenntnisnahme durch den Erwerber ausgehen durfte.613 2. Positive Fehlinformation Von den Fällen der Aufklärungspflichtverletzung sind die Fälle zu unterscheiden, in denen der Veräußerer den Erwerbsinteressenten positiv fehlinformiert:614 Bei Vertragsverhandlungen besteht grundsätzlich eine unbedingte Wahrheitspflicht.615 607

F. Wagner, DStR 2002, 958, 966. So Elfring, JuS-Beil. 2007, 3, 14; wohl auch BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 129 ff. 609 Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 16 Rn. 65; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 847; Müller, NJW 2004, 2196, 2198 f. 610 Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 16 Rn. 65; Müller, NJW 2004, 2196, 2198 f. 611 Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 847. 612 Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 847. 613 Vgl. Müller, NJW 2004, 2196, 2199. 614 MüKoBGB/Bachmann, 7. Aufl. 2016, § 241 Rn. 115; Soergel/Harke, BGB, 13. Aufl. 2013, § 311 Rn. 49; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 843; Park, S. 24; BeckOKBGB/Sutschet, 43. Ed. 2017, § 241 Rn. 79. 615 MüKoBGB/Bachmann, 7. Aufl. 2016, § 241 Rn. 115; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 843; Soergel/Harke, BGB, 13. Aufl. 2013, § 311 Rn. 49; Lorenz (1997), S. 412; ders., FS Heldrich, 2005, S. 305, 313; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 819; Rasner, WM 2006, 1425, 1426; Hk-BGB/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 241 Rn. 7; BeckOKBGB/Sutschet, 43. Ed. 2017, § 276 Rn. 79; F. Wagner, DStR 2002, 958, 959; vgl. BGH BB 1975, 62 Rn. 8; BGH NJW-RR 1988, 458 Rn. 17. 608

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Sind die im Rahmen der Due Diligence zur Verfügung gestellten Informationen objektiv unrichtig, stellt das unabhängig vom Bestehen einer Aufklärungspflicht immer eine Pflichtverletzung dar. 3. Wissenszurechnung Anders als die §§ 31, 278, 831 BGB, die bereits für sich genommen haftungsbegründende Verhaltensweisen einer Person gegenüber einer anderen Person zurechnen,616 geht es bei der Wissenszurechnung nur um die Überbrückung subjektiver Defizite, die sich infolge der Trennung zwischen der Person des Handelnden und der des Wissensträgers ergeben.617 Werden Aufklärungspflichtverletzungen durch einen Verrichtungsgehilfen i.S.v. § 278 BGB oder durch einen verfassungsmäßig berufenen Vertreter i.S.v. § 31 BGB in einer Person verwirklicht, ist die Frage der Wissenszurechnung wegen der §§ 31, 278 BGB obsolet.618 Die Wissenszurechnung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch ausschließlich in § 166 Abs. 1 BGB geregelt.619 Danach kommt, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel, durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. Über das Verhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen hinausgehende positive Regelungen fehlen dagegen.620 Insbesondere die Zurechnung des Wissens von weiteren Hilfspersonen, die an einem Vertragsschluss nicht beteiligt sind, aber als Wissensträger auf der Seite des Vertretenen stehen, ist gesetzlich nicht geregelt.621 Im Folgenden sind zunächst die (a)) tradierten Lösungsansätze in Literatur und Rechtsprechung zur Wissenszurechnung darzustellen. Daran anschließend erfolgt auf der Grundlage der jüngeren wissenschaftlichen Diskussion eine (b)) systematisierende Stellungnahme. a) Tradierte Lösungsansätze Rechtsprechung und Literatur haben mit der (aa)) Wissensvertretung und der (bb)) Wissensorganisation zwei Ansätze zur Wissenszurechnung entwickelt.622

616

Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 167. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 167. 618 Vgl. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 167; Sajnovits, WM 2016, 765, 773. Zur Verhaltenszurechnung nach § 278 BGB im M&A-Kontext: Schaefer/Ortner, DStR 2017, 1710 ff. 619 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 167; G Wagner, ZHR 181 (2017), 203, 204; vgl. Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 314. 620 Kritisch dazu: Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 225. 621 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 162 f. 622 Vgl. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 163. 617

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aa) Wissensvertretung Der erste Ansatz rekurriert auf die Stellung des Wissensträgers in der Organisation des Geschäftsherrn und wendet § 166 Abs. 1 BGB analog auf sog. „Wissensvertreter“ an:623 Das Wissen seiner Wissensvertreter ist dem Geschäftsherrn danach analog § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.624Als „Wissensvertreter“ ist dabei jeder zu qualifizieren, „der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten. Er braucht weder zum rechtsgeschäftlichen Vertreter noch zum ,Wissensvertreter’ ausdrücklich bestellt zu sein. Der Geschäftsherr muß sich seiner aber im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedienen“.625 bb) Wissensorganisation Der zweite Ansatz stellt nicht auf die Person des Wissensträgers, sondern auf die Wissensorganisation in einer arbeitsteiligen Organisation ab.626 Danach soll dem Geschäftsherrn dasjenige Wissen zuzurechnen sein, das ihm wegen der Verletzung einer Wissensorganisationspflicht nicht zur Verfügung steht.627

623

Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 163. BGHZ 83, 293 Rn. 12; BGHZ 117, 104 Rn. 11; BGHZ 171, 1 Rn. 35; BGH NJW 2014, 1294 Rn. 16; BGH NJW 2016, 3445 Rn. 61; Hk-BGB/Dörner, 9. Aufl. 2017, § 166 Rn. 7; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 166 Rn. 6 f.; Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl. 2015, § 166 Rn. 3; Niesse/Ghassemi-Tabar MDR 2013, 569, 572; Rasner, WM 2006, 1425, 1428 f.; Richardi, AcP 169 (1969), 385, 387; Schaefer/Ortner, DStR 2017, 1710, 1712; BeckOKBGB/Ha. Schäfer, 43. Ed. 2017, § 166 Rn. 17; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 27; Schultz, NJW 1990, 477. 625 So etwa BGHZ 117, 104 Rn. 11. Ähnlich: Hk-BGB/Dörner, 9. Aufl. 2017, § 166 Rn. 7; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 166 Rn. 6 f.; Richardi, AcP 169 (1969), 385, 398; Schaefer/Ortner, DStR 2017, 1710, 1712; BeckOKBGB/Ha. Schäfer, 43. Ed. 2017, § 166 Rn. 17; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 27. 626 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 163. 627 Vgl. BGHZ 132, 30 Rn. 20 ff.; OLG NJW-RR 2016, 1299 Rn. 37 ff.; Buck-Heeb, AG 2015, 801, 802 ff.; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 166 Rn. 8; Niesse/GhassemiTabar, MDR 2013, 569, 572; Rasner, WM 2006, 1425, 1428 f.; BeckOKBGB/Ha. Schäfer, 43. Ed. 2017, § 166 Rn. 22. Bereits angedeutet in: BGHZ 117, 104 Rn. 13 ff. A.A. Hoenig/ Klingen, NZG 2013, 1046, 1049, die der Auffassung sind, dass die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze auf den Unternehmenskauf wegen der Komplexität des Kaufgegenstandes und dem Verschwiegenheitsinteresse des Käufers grundsätzlich keine Anwendung fänden. Der Hinweis auf die Komplexität des Kaufgegenstandes vermag freilich nicht zu überzeugen, weil sie die Gefahr von asymmetrischen Informationslagen signifikant steigert, weshalb sogar natürliche Personen gesteigerten Anforderungen (Stichwort: „Aussagen ins Blaue hinein“) ausgesetzt sind. Auch das käuferseitige Interesse an einer diskreten Behandlung der Verhandlungen lässt sich – jedenfalls nicht pauschal – gegen dessen Interesse an einer ordnungsgemäßen Wissensorganisation ausspielen. 624

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Begründet wird die Wissensorganisationspflicht mit einer Gleichstellung von arbeitsteilig agierenden Organisationen und natürlichen Personen (sog. „Gleichstellungsargument“) sowie den Erwartungen des Geschäftsverkehrs.628 Nehme eine Organisation629 am Rechtsverkehr teil, müsse die Weitergabe erkennbar relevanter Informationen an die Personen, die diese Informationen benötigen, organisatorisch gewährleistet sein.630 Zu einer Wissenszurechnung kommt es danach, wenn die Information hätte gespeichert werden müssen und in der konkreten Situation Anlass bestand, sich ihrer zu vergewissern.631 Ob eine Information hätte gespeichert werden müssen, soll sich nach der Wahrscheinlichkeit mit der ex ante von ihrer späteren Rechtserheblichkeit auszugehen ist richten.632 Man spricht insofern von „typischerweise aktenmäßig erfasstem Wissen“.633 Inwieweit Anlass besteht, sich einer Information zu vergewissern, wird – der Logik des Gleichstellungsarguments folgend – in Analogie zum menschlichen Erinnerungsvermögen ermittelt:634 Maßgeblich ist, wie lange die Informationserlangung zurückliegt, die erkennbare Bedeutung der Information ex ante und des Anlasses, sich dieser Information zu vergewissern.635 b) Stellungnahme und Systematisierung Die analoge Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB auf „Wissensvertreter“ ist konzeptionell stichhaltig. Die Wissenszurechnung aufgrund von Wissensorganisationspflichten überzeugt dagegen nur eingeschränkt: Wie Grigoleit dogmatisch bestechend herausgearbeitet hat, muss die Beantwortung der Frage, welches Wissen dem Geschäftsherrn über § 166 Abs. 1 BGB hinausgehend zuzurechnen ist, von der 628

BGHZ 132, 30 Rn. 20 ff.; Buck-Heeb, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 2 Rn. 6; Medicus (1994), S. 4, 11 ff.; Raiser, FS Bezzenberger, 2000, S. 561, 576 f. 629 Die Organisationform spielt dabei keine Rolle: BGHZ 132, 30 Rn. 23; Bohrer DNotZ 1991, 124, 130; Buck-Heeb, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 2 Rn. 7; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 166 Rn. 8; Medicus (1994), S. 4, 12; Raiser, FS Bezzenberger, 2000, S. 561, 574 f. 630 BGHZ 132, 30 Rn. 21; Bohrer DNotZ 1991, 124, 130; Sajnovits, WM 2016, 765, 767; BeckOKBGB/Ha. Schäfer, 43. Ed. 2017, § 166 Rn. 22; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 52; Taupitz, S 16, 25 ff. 631 BGHZ 132, 30 Rn. 25 f.; Sajnovits, WM 2016, 765, 767; BeckOKBGB/Ha. Schäfer, 43. Ed. 2017, § 166 Rn. 22; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 51, 53; vgl. Niesse/ Ghassemi-Tabar, MDR 2013, 569, 572. 632 BGHZ 132, 30 Rn. 21; Medicus (1994), S. 4, 12; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 53. 633 Vgl. BGHZ 132, 30 Rn. 20; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 166 Rn. 8; Rasner, WM 2006, 1425, 1428; MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 51. 634 BGHZ 132, 30 Rn. 26; Medicus (1994), S. 4, 12; Raiser, FS Bezzenberger, 2000, S. 561, 576. Bohrer, DNotZ 1991, 124, 127 weist insofern auf die „Vergessensfähigkeit“ natürlicher Personen hin. Ähnlich auch: MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 55. 635 BGHZ 132, 30 Rn. 26; Medicus (1994), S. 4, 14.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Unterscheidung zwischen (aa)) „absoluten Wissensnormen“ und (bb)) „relativen Wissensnormen“ ausgehen.636 Besonderheiten gelten einerseits für die (cc)) deliktsrechtlichen Tatbestände und andererseits für die (dd)) Zurechnung des Wissens von Organen juristischer Personen. aa) „Absolute Wissensnormen“ „Absolute Wissensnormen“ sind Regelungen, die tatbestandlich ausschließlich an positive Tatsachenkenntnis anknüpfen.637 Diesen Normen ist der tatbestandliche Ausschluss von bloßem Kennenmüssen im Sinne einer „negativen Regelungsanordnung“ und „eines Ausschlusses informationeller Sorgfaltspflichten“ gemein.638 In ihrem Anwendungsbereich durchbricht die Gleichstellung der Verletzung von Wissensorganisationspflichten und Wissen deshalb das tatbestandlich vorgesehene Zusammenfallen von Handeln und Wissen im Sinne eines „Handeln trotz Wissens“.639 Sind die kognitiven Elemente des Tatbestandes hier nur erfüllt, weil dem Geschäftsherrn wegen der Verletzung einer Wissensorganisationspflicht Tatsachenkenntnis zugerechnet wird, ist der normativ vorausgesetzte Zusammenhang zwischen der Handlungsverantwortlichkeit einerseits und der Wissensträgerschaft andererseits unterbrochen.640 Gleiches gilt bei einer Wissenszusammenrechnung, wenn also das tatbestandlich vorausgesetzte Wissen nicht in einer Einzelperson vorhanden ist, sondern auf mehrere Personen verteilt ist.641 Auch hier fehlt es an dem charakteristischen, in der Handlung liegendem Element des „Sich-Hinwegsetzens“.642 Das schließt eine Anwendung von „absoluten Wissensnormen“ infolge einer Wissenszurechnung zwar nicht grundsätzlich aus, macht sie als Rechtfortbildung allerdings begründungsbedürftig.643 Das entspricht im Ergebnis einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Darin hat das Gericht eine Wissenszusammenrechnung im Anwendungsbereich des § 826 BGB wegen des im Merkmal der Sittenwidrigkeit zum Ausdruck kommenden 636

Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 169 ff.; vgl. Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 318 ff. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 170. 638 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 170; vgl. Bork, DB 2012, 33, 37; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 314. Altmeppen, BB 1999, 749; W. Flume, AcP 197 (1997), 441, 445 ff.; Hoenig/ Klingen, NZG 2013, 1046, 1050 f.; Jaques, BB 2002, 417, 421. 639 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 177; vgl. Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 314. Das erkennt auch Sajnovits, WM 2016, 765, 767, der dies allerdings für notwendig erachtet. 640 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 177 f. 641 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 178. 642 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 178. Vgl. G Wagner, ZHR 181 (2017), 203, 265 f., der eine Wissenszusammenrechnung aufgrund einer ökonomischen Analyse des Deliktsrechts ablehnt. 643 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 179 f.; vgl. Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 319 f. Der in der Literatur in diesem Zusammenhang benutzte Begriff der „freien Rechtsfortbildung“ (so Buck-Heeb, AG 2015, 801, 803; Sajnovits, WM 2016, 765, 767), wirkt jedenfalls beschönigend, da er über die verfassungsrechtlichen Grenzen der Rechtsfortbildung hinweggeht. 637

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moralischen Unwerturteils (und damit mangels vergleichbarer Interessenlage) abgelehnt.644 Diese Entscheidung zeigt, dass die Rechtfertigung einer analogen Anwendung nicht grundsätzlich für alle „absoluten Wissensnormen“, sondern nur für jede Norm gesondert erfolgen kann.645 Etwas anderes kann auch das wenig überzeugende Gleichstellungsargument nicht begründen. Dessen Schwäche liegt darin, die strukturellen Unterschiede zwischen natürlichen Personen und arbeitsteilig arbeitenden Organisationen nicht ausreichend zu berücksichtigen.646 Die Durchbrechung des Zusammenhangs zwischen Handlungsverantwortlichkeit und Wissensträgerschaft mithilfe des Gleichstellungsarguments bedeutet nämlich eine substanzielle Diskriminierung von arbeitsteilig arbeitenden Organisationen gegenüber natürlichen Personen, denen nach § 166 Abs. 1 BGB das Wissen des für sie handelnden Vertreters grundsätzlich nicht zugerechnet wird.647 Die dafür als Rechtfertigung angeführte These der Privilegierung arbeitsteiliger Organisationen ist bisher nicht belegt. Weil sie das Eigeninteressen der Organisation völlig ausblendet, vorhandenes Wissen den jeweils Handelnden zugänglich zu machen, ist sie jedoch gewichtigen Zweifeln ausgesetzt.648 Soweit vorhandene Informationen dennoch gezielt ungenutzt bleiben, ist der Schutz des Geschäftsgegners über die Grundsätze der Aussagen „ins Blaue“ und des bewussten „Sich-Verschließens“ bereits nach den allgemeinen Grundsätzen gewährleistet.649 bb) „Relative Wissensnormen“ Anders verhält es sich bei „relativen Wissensnormen“, die tatbestandlich das Wissen dem „Wissenmüssen“ gleichstellen.650 Diese Normen definieren informationelle Sorgfaltspflichten.651 Paradigmatisch ist insofern § 932 Abs. 2 BGB, der dem Wissen die grobfahrlässige Unkenntnis gleichstellt. Diese informationellen Sorgfaltspflichten weisen große Schnittmengen mit den sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebenden Sorgfaltspflichten einerseits und den Verkehrssicherungspflichten andererseits auf.652 Wegen des u. a. in der Anknüpfung an den Fahrlässigkeitsmaßstab zum Ausdruck kommenden objektiven Charakters dieser Pflichten ist eine Gleich644

BGH NJW 2017, 250 Rn. 13 ff., 23. So schon: Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1050. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 189 ff. 646 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 189 ff.; Sajnovits, WM 2016, 765, 768; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 315 ff. 647 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 190 ff.; Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 316 f. 648 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 191. 649 Vgl. W. Flume, AcP 197 (1997), 441, 445 ff.; Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 191 ff.; Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1051; Kähler, JZ 2007, 18, 27; G Wagner, ZHR 181 (2017), 203, 265 ff. 650 Vgl. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 180, 194. 651 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 172. 652 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 172. 645

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

stellung von Wissen und der Verletzung von Wissensorganisationspflichten für diese Normen unproblematisch.653 Dabei ist allerdings die Zurechnungsbeschränkung zu berücksichtigen, die dem Maßstab der „ordnungsgemäßen Unternehmensorganisation“ inhärent ist:654 Es erfolgt danach gerade keine uneingeschränkte, sondern eine auf das Wissen beschränkte Zurechnung, das durch zumutbare Wissensorganisation verfügbar gemacht werden kann.655 Das macht eine sachliche, zeitliche und persönliche Begrenzung erforderlich.656 cc) Wissenszurechnung im Deliktsrecht Die Wissenszurechnung im Deliktsrecht darf die Wertung des § 831 BGB nicht konterkarieren.657 Der ratio legis des § 831 Abs. 1 S. 1 BGB ist dem Geschäftsherrn folglich nur das Wissen seiner Verrichtungsgehilfen zurechenbar.658 Für das ihm danach zuzurechnende Wissen kann er sich ferner nach Maßgabe des § 831 Abs. 1 S. 2 BGB exkulpieren.659 Für die (analoge) Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB bleibt kein Raum.660 Andernfalls wäre eine Privilegierung von kognitiv geprägten gegenüber anderen (vermeintlich) deliktischen Verhaltensweisen die Konsequenz.661 Eine solche systematische Friktion ist rechtsethisch fragwürdig und in den verfassungsrechtlichen Grenzen der Rechtsfortbildung nicht begründbar. dd) Wissenszurechnung von Organwaltern, § 31 BGB Bei der Zurechnung des Wissens von Organwaltern ist die Wertung des § 31 BGB zu berücksichtigen. Danach ist der Verein für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt. In Literatur und Rechtsprechung wird dem § 31 BGB teilweise eine umfassende Wissenszurechnung des Wissens von Organwaltern entnommen, und zwar unabhängig von deren Beteiligung am jeweiligen Geschäft.662 Das widerspricht allerdings der auf die konkrete Beteiligung abstellenden Wertung des § 166 Abs. 1 BGB.663 653

Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 180; vgl. Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1051. Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 320. 655 Spindler, ZHR 181 (2017), 311, 320; vgl. MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 49. 656 MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 166 Rn. 49. 657 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 186; Sajnovits, WM 2016, 765, 770, 773. 658 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 186. 659 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 186. 660 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 186. 661 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 186. 662 BGHZ 41, 282, Rn. 20; Bork, DB 2012, 33, 34 f. 654

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4. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen des Veräußerers Verletzt der Veräußerer seine Informationspflichten gegenüber dem Erwerber bzw. dem Erwerbsinteressenten, kann dies neben (a)) gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfen des Erwerbers auch (b)) Schadensersatzansprüche wegen (vorvertraglicher) Pflichtverletzung und (c)) eine täuschungsbedingte Anfechtung zur Folge haben. a) Gewährleistungsrechtliche Rechtsbehelfe Kommt es zum Vertragsschluss, so sind zunächst gewährleistungsrechtliche Ansprüche des Veräußerers in Betracht zu ziehen. Diese können sich aus dem gesetzlichen Gewährleistungsregime ergeben, werden allerdings in den meisten Fällen dem Unternehmenskaufvertrag zu entnehmen sein. Inwieweit diese Ansprüche gegenüber einer etwaigen Haftung wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung Vorrang haben, soll im Zusammenhang mit dem Unternehmenskaufvertrag erörtert werden (siehe dazu: § 5 E.II.4.a)). b) Schadensersatz, § 280 Abs. 1 BGB Neben den gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfen kommt auch ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht, der insbesondere bei einem Scheitern der Vertragsverhandlungen von besonderer Bedeutung ist. Das kann dem Erwerbsinteressenten die Möglichkeit eröffnen, sich wegen seiner (oft erheblichen) Aufwendungen beim Veräußerer schadlos zu halten.664 Das für diesen Anspruch erforderliche Schuldverhältnis wird üblicherweise durch die Vorfeldvereinbarungen (siehe dazu: § 3) begründet, besteht aber jedenfalls ab dem Versand des Teasers nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB (siehe dazu: § 3 B.). Der Schaden des Erwerbsinteressenten ist (den allgemeinen Grundsätzen entsprechend) nach der Differenzhypothese zu ermitteln.665 Grundlage der Schadensberechnung ist danach der Abgleich zwischen dem Ist-Zustand und dem hypothetischen Zustand, der bestünde, wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten.666 Bricht also etwa der Erwerbsinteressent infolge einer verspäteten Aufklärung die Verhandlungen ab, besteht sein Schaden in den Aufwendungen, die ihm bei unverzüglicher Aufklärung erspart geblieben wären.

663 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 188; Erman/Maier-Reimer, BGB, 15. Aufl. 2017, § 166 Rn. 21. 664 Vgl. Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 363. 665 Vgl. jeweils m.w.N. BGH NJW-RR 2017, 566 Rn. 11; BeckOKBGB/J. Flume, 43. Ed. 2017, § 249 Rn. 37; Kötz/G. Wagner (2016), Rn. 658; MüKoBGB/Oetker, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 16. 666 Vgl. Habersack/Schürnbrand, FS Canaris, Bd. I, 2007, S. 363.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Da es sich bei der Aufklärungspflicht um eine Rücksichtnahmepflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB und nicht um eine Leistungspflicht nach § 241 Abs. 1 BGB handelt, unterliegt der Schadensersatzanspruch des Erwerbsinteressenten nicht den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB.667 c) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, § 123 Abs. 1 Var. 1 BGB Verletzt der Veräußerer seine Aufklärungspflichten oder fällt ihm eine positive Fehlinformation des Erwerbers zu Last, kann dies den Tatbestand des § 123 Abs. 1 Var. 1 BGB erfüllen und den Erwerber damit zur Anfechtung des Kaufvertrags berechtigen.668 Voraussetzung ist eine arglistige, also jedenfalls bedingt vorsätzliche Verletzung der Aufklärungspflicht.669 Die bloße Zurechnung von Wissen genügt – auch im Lichte der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs670 – zur Begründung des Arglistvorwurfs allerdings nicht. IV. Pflichten des Erwerbers Als Due Diligence bezogene Erwerberpflichten kommen zuvorderst gesetzliche oder vertragliche Vertraulichkeitspflichten in Betracht (siehe dazu: § 3 C.II.3.a)aa)). Daneben wird diskutiert, ob der Erwerber auch zur Durchführung einer Due Diligence verpflichtet ist. Dabei gilt es zwischen dem Außen- und dem Innenverhältnis zu differenzieren: Im Außenverhältnis (zum Veräußerer) kommt eine Pflicht zur Untersuchung des Zielunternehmens von vornherein nicht in Betracht.671 Hier sind allenfalls (1.) kauf- oder (2.) handelsrechtliche Obliegenheiten denkbar. Anders verhält es sich im Innenverhältnis: Steht auf der Erwerberseite eine Kapitalgesellschaft, kann für deren Organe möglicherweise eine (3.) gesellschaftsrechtliche Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence bestehen. 1. Kaufrechtliche Obliegenheit Bleibt dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt, sind seine Gewährleistungsrechte gemäß § 442 Abs. 1 S. 2 BGB weitgehend eingeschränkt: Rechte wegen eines Mangels kann er danach nur geltend machen, wenn der Ver667

Vgl. BeckOKBGB/Lorenz, 43. Ed. 2017, § 280 Rn. 25. Vgl. m.w.N. Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 123 Rn. 5 ff. In Bezug auf den Unternehmenskaufvertrag: Elfring, JuS-Beil. 2007, 3, 14 f.; Huber, AcP 202 (2002), 179, 182. 669 Vgl. BGHZ 138, 195 Rn. 21; BGHZ 168, 64 Rn. 13; BGH MDR 2017, 416 Rn. 43; Elfring, JuS-Beil. 2007, 3, 14 f.; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 123 Rn. 11; Staudinger/Singer/Finckenstein, BGB, 2017, § 123 Rn. 50; BeckOKBGB/Wendtland, 43. Ed. 2017, § 123 Rn. 17. 670 BGH NJW 2017, 250 Rn. 13 ff., 23. 671 Vgl. Müller, NJW 2004, 2196, 2197, der auf den Unterschied zwischen einer Pflicht und Obliegenheit hinweist. 668

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käufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Grob fahrlässig handelt, wem ein in objektiver Hinsicht schwerer und in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbarer Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zur Last fällt.672 Die verkehrserforderliche Sorgfalt muss dabei in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen.673 Ob das Unterlassen einer Due Diligence als grob fahrlässig zu qualifizieren ist, hat der Bundesgerichtshof zuletzt offengelassen.674 In der Literatur wird die Auffassung vertreten, das Unterlassen einer Due Diligence begründe grundsätzlich den Vorwurf grober Fahrlässigkeit, da deren Durchführung mittlerweile der Verkehrssitte entspräche.675 Andere Autoren wollen das Unterlassen einer Due Diligence jedenfalls im Rahmen des haftungsausfüllenden Tatbestands berücksichtigen und einen etwaigen Anspruch des Käufers nach § 254 Abs. 1 BGB mindern.676 Dem wird mit dem Argument entgegengetreten, die Vorstellungen von Art und Umfang einer Due Diligence divergierten im Verkehr und es gäbe daher keine Verkehrssitte.677 Ferner lege das deutsche Kaufrecht dem Käufer grundsätzlich keine vorvertragliche Untersuchungsobliegenheit auf.678 Die Diskussion über die Verkehrsüblichkeit einer Due Diligence geht an der Sache vorbei. Die Legaldefinition der einfachen Fahrlässigkeit in § 276 Abs. 2 BGB stellt ebenso wie die der groben Fahrlässigkeit in § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X auf das „erforderliche“ Maß an Sorgfalt ab. Auch Rechtsprechung und Literatur stellen bei der Definition der groben Fahrlässigkeit auf die verkehrserforderliche Sorgfalt ab.679 Auf das „verkehrsübliche“ Maß an Sorgfalt kommt es also überhaupt nicht an.680

672

So etwa BGHZ 198, 265 Rn. 26 m.w.N. BGHZ 198, 265 Rn. 26; BGH NJW-RR 2017, 596, Rn. 17; vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 277 Rn. 5; MüKoBGB/Grundmann, 7. Aufl. 2016, § 276 Rn. 94; Jauernig/Stadler, BGB, 16. Aufl. 2015, § 276 Rn. 33. 674 BGH NJW 2013, 1807 Rn. 21. 675 Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 55, im Bereich des „professionellen Unternehmenserwerbes durch geschäftsgewandte Käufer“. 676 Hasselbach/Ebbinghaus, DB 2012, 216, 221. 677 Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn. 9; Cahn, FS Stilz, 2014, S. 99, 106; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 844; Loges, BB 1997, 965, 968; Schiffer/Bruß, BB 2012, 847, 848; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 54. 678 Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn. 9; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 844; Loges, BB 1997, 965, 968. 679 Siehe Fn. 672 und 673. 680 Grundlegend: BGHZ 8, 138 Rn. 8: „Aus der Tatsache, daß erfahrene Praktiker […] üblicherweise mit ungesicherten Nervnadeln zu arbeiten pflegen, kann zwar der Schluß gezogen werden, daß der Beklagte die in seinen Berufskreisen übliche Sorgfalt angewendet hat. Hierauf kommt es aber, wie ausgeführt, nicht entscheidend an. Maßgebend ist vielmehr, ob er die objektiv erforderliche Sorgfalt beobachtet hat“. 673

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Ob und in welcher Qualität die Durchführung einer Due Diligence zur Verkehrssitte erstarkt ist, lässt daher keinen – jedenfalls keinen unmittelbaren – Schluss auf das für § 442 BGB erforderliche Maß an Sorgfalt zu. Maßgeblich ist nicht die Verkehrsübung, sondern eine umfassende Abwägung der Umstände des Einzelfalls. Deren Ausgangspunkt ist die gesetzliche Risikoallokation, die für Zurückhaltung bei der Annahme von Untersuchungsobliegenheiten spricht,681 sie aber nicht gänzlich ausschließt. 2. Handelsrechtliche Obliegenheit Auch aus § 377 Abs. 1 HGB ergibt sich keine Obliegenheit zur Durchführung einer Due Diligence. Das gilt bereits deshalb, weil die Regelungssituation des § 377 Abs. 1 HGB der Erfüllung durch den Verkäufer nachgelagert ist, während die Due Diligence bereits im Vorfeld des Vertragsschlusses durchgeführt wird.682 Ferner handelt es sich – wie im Zusammenhang mit der CISG dargelegt (siehe dazu: § 2 A.II.) – bei einem Unternehmen nicht um „Ware“, sodass § 377 Abs. 1 HGB auch zur Vornahme einer dem Vollzug nachgelagerten Due Diligence (Post Merger Due Diligence) keine Obliegenheit begründen kann.683 3. Gesellschaftsrechtliche Pflicht Damit der Vorstand einer Aktiengesellschaft in den Genuss des Haftungsprivilegs der Business Judgement Rule kommt, muss er vernünftigerweise annehmen dürfen, auf der Grundlage angemessener Informationen zu handeln, § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. Im Kontext des Unternehmenserwerbs stellt sich die Frage, ob diese Voraussetzungen im Hinblick auf die Organe des Erwerbers nur bei Durchführung einer Due Diligence erfüllt sind. Die überwiegende Ansicht im Schrifttum geht davon aus, dass die Anwendung der Business Judgement Rule zwar grundsätzlich die Durchführung einer Due Diligence verlange.684 Diese könne jedoch aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall entbehrlich sein.685 Maßgeblich sei eine Chancen- und Risikoabwägung im Einzelfall.686 681

Vgl. Reinicke/Tiedtke, Rn. 604. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn. 8; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 843. 683 Vgl. BeckHdB M&A/Meurer, § 6 Rn. 5; Müller, NJW 2004, 2196. 684 Cahn, FS Stilz, 2014, S. 99, 104 f.; Elfring, JuS-Beilage 2007, 3, 10; C. Goette, DStR 2014, 1776; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 276 f.; GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer-Coceani, AktG, 3. Auf. 2015, § 93 Rn. 27; so wohl auch Huber, AcP 202 (2002), 179, 203; Wendt/Kreiling, KSzW 2016, 67. 685 Cahn, FS Stilz, 2014, S. 99, 104 f.; Elfring, JuS-Beilage 2007, 3, 10; C. Goette, DStR 2014, 1776; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 276 f.; GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer-Coceani, AktG, 3. Auf. 2015, § 93 Rn. 27; so wohl auch Huber, AcP 202 (2002), 179, 203; Wendt/Kreiling, KSzW 2016, 67. 682

§ 4 Due Diligence

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Eine etwaige Verpflichtung zur Durchführung einer Due Diligence unterliege auch faktischen Grenzen, weil deren Vornahme von der Mitwirkung des Veräußerers abhänge.687 Zwar sei dessen Verweigerung ein deutliches Warnsignal.688 In Ansehung des konkreten Chancen-Risiko-Profils des Einzelfalls könne sich der Erwerb des Zielunternehmens ohne Durchführung einer Due Diligence gleichwohl als sinnvoll erweisen.689 Auch äußere Umstände, wie etwa der Zeitdruck im Rahmen eines strukturierten Bieterprozesses, könnten einer umfassenden Due DiligencePrüfung im Weg stehen.690 Das schließe die Anwendung der Business Judgement Rule nicht grundsätzlich aus, insbesondere wenn eine angemessene kaufvertragliche Absicherung erfolge.691 Auch die hohen Kosten einer Due Diligence seien ein Faktor, den der Vorstand im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung berücksichtigen dürfe, ohne darauf jedoch pauschal verweisen zu können.692 Eine restriktivere Ansicht lehnt dagegen ein Ermessen des Vorstands hinsichtlich der Durchführung einer Due Diligence ab.693 Das soll nach teilweise vertretener Ansicht auch in den Fällen gelten, in denen der Veräußerer die Durchführung einer Due Diligence verweigert.694 In diesem Fall sei das Ermessen des Vorstandes „auf Null reduziert“ und es käme nur noch der Abbruch der Verhandlungen in Betracht.695 Das wesentliche Risiko eines Unternehmenskaufs ist eine asymmetrische Informationslage (siehe dazu: § 1 D.I.). Dementsprechend ist eine Due Diligence grundsätzlich erforderlich, um das Tatbestandsmerkmal „auf der Grundlage angemessener Informationen“ des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zu erfüllen und in den Anwendungsbereich der Business Judgment Rule zu gelangen. Die Konkurrenzsituation im strukturierten Bieterverfahren, die in besonderem Maße die Gefahr asymmetrische Informationslagen begründet (siehe dazu: § 1 D.I.2.), ist jedenfalls kein taugliches Argument, um eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu begründen. Auch im Übrigen sollten die Forschungsergebnisse zum Einfluss von asymmetrischen Informationslagen auf den Erfolg von Investitionsentscheidungen zur Zurückhaltung 686 C. Goette, DStR 2014, 1776, 1777; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 276 f.; GKAktG/ Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304; offengelassen von OLG Oldenburg DB 2006, 2511. 687 C. Goette, DStR 2014, 1776, 1777; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 276 f.; GKAktG/ Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304. 688 C. Goette, DStR 2014, 1776, 1777. 689 C. Goette, DStR 2014, 1776, 1777; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274, 276 f.; GKAktG/ Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304. 690 C. Goette, DStR 2014, 1776, 1777; GKAktG/Hopt/M. Roth, 5. Aufl. 2015, § 93 Rn. 304. 691 C. Goette, DStR 2014, 1776, 1777. 692 C. Goette, DStR 2014, 1776, 1777. 693 Böttcher (2005), S. 299; ders., NZG 2005, 49; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 48; Kiethe, NZG 1999, 976, 982. 694 Kiethe, NZG 1999, 976, 983; a.A. Böttcher (2005), S. 299; ders., NZG 2005, 49, der die Pflicht des Vorstandes darauf beschränkt, die Durchführung einer Due Diligence „zu verlangen“. 695 Kiethe, NZG 1999, 976, 983.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

mahnen. Die nur eingeschränkte Schaffung einer Informationsgrundlage für eine Investitionsentscheidung mit den besonderen Chancen der Investition zu rechtfertigen, ist ein zirkulärer Ansatz. Andererseits geht eine pauschale Pflicht zur Durchführung einer umfassenden Due Diligence zu weit. Insbesondere die Grenzen der wirtschaftlichen Vernunft gilt es zu beachten: Die Kosten für die Prüfung des Erwerbsgegenstandes müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Investitionsvolumen stehen.

D. Gegenstand der (Legal) Due Diligence Der Due Diligence-Prozess ist nicht auf juristische Fragestellungen beschränkt. Die Prüfung des Zielunternehmens erfolgt regelmäßig auch in betriebswissenschaftlicher und – abhängig vom Tätigkeitsfeld des Zielunternehmens – in naturoder sogar sozialwissenschaftlicher Hinsicht.696 Die Gegenstände des rechtlichen Due Diligence-Prozesses betreffen im Wesentlichen vier Fragen: (I.) Struktur, (II.) Berechtigung, (III.) vertraglichen Bindungen und etwaige (IV.) Verantwortlichkeiten des Zielunternehmens. I. Struktur Zunächst ist es für den Erwerbsinteressenten wesentlich, die Struktur des Zielunternehmens zu verstehen.697 Mit Struktur ist dabei sowohl die Organisations- als auch die Konzernstruktur gemeint, wobei der rechtliche Fokus eher auf letzterer liegt. Hier sind insbesondere steuerrechtliche Themen von Bedeutung. II. Berechtigung Unter dem Gesichtspunkt der Berechtigung ist zwischen der (1.) Berechtigung des Veräußerers am Zielunternehmen und der (2.) Berechtigung des Zielunternehmens selbst zu differenzieren.

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Vgl. mit teilweisen unterschiedlichen Bezeichnungen und Gruppierungen: Beisel/ Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn. 7; Bihr, BB 1998, 1198; Böttcher (2005), S. 34 ff.; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 841 f.; Gömöry, ZJS 2015, 153, 154; Eilers/Koffka/ Mackensen, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 3 Rn. 10 ff.; Launhard, S. 52; K. Mertens, AG 1997, 541, 542; Rödder/Hötzel/Mueller-Thuns, Unternehmenskauf/Unternehmensverkauf, § 3 Rn. 37; Schiffer/Bruß, BB 2012, 847, 848; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 43. Speziell zur umweltrechtlichen Due Diligence: BeckHdB M&A/Schmidt-Kötters, § 82 Rn. 123 ff. 697 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 154.

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1. Berechtigung des Veräußerers In einem ersten Schritt prüft der Erwerbsinteressent, ob der Veräußerer überhaupt Inhaber des Zielunternehmens bzw. des Unternehmensträgers ist.698 Das ist – insbesondere bei GmbH-Geschäftsanteilen aufgrund möglicher, aus dem Handelsregister nicht ersichtlicher Zwischenverfügungen – nicht immer mit letzter Gewissheit möglich. Schon deshalb enthält jeder Unternehmenskaufvertrag eine sog. „Legal Capacity Warranty“ (siehe dazu: § 5 E.III.2.b)). 2. Berechtigung des Zielunternehmens Der Erfolg eines Unternehmenserwerbs hängt von der Möglichkeit, die Geschäftstätigkeit des Zielunternehmens fortzuführen und von dessen Vermögenslage ab.699 Die Frage nach der Berechtigung ist dafür in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Zum einen setzt die Fortführung die Zulässigkeit der Geschäftstätigkeit des Zielunternehmens voraus. Dazu ist zu untersuchen, ob die Geschäftstätigkeit öffentlich-rechtliche Genehmigungen voraussetzt, ob sie vorliegen und ob sie auf den Erwerbsinteressenten übertragen werden können.700 Ist das Zielunternehmen z. B. in der Finanzbranche tätig, ist zu prüfen, ob die Geschäftstätigkeit erlaubnispflichtige Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen i.S.v. § 32 Abs. 1 S. 1 KWG umfasst. Ein weiterer Aspekt sind etwaige zivilrechtliche Unterlassungsansprüche gegen die Fortführung des Unternehmens oder wesentliche Geschäftstätigkeiten. Zum anderen kann die Vermögenslage und unter Umständen auch die Fortführungsperspektive vom Bestand absoluter Rechte abhängen. Dann ist zu prüfen, inwieweit diese Rechte bestehen und nach der Durchführung der Transaktion Bestand haben. In diesem Zusammenhang können sich z. B. sachen-, mitgliedschafts-, marken- sowie patentrechtliche Fragen ergeben. III. Vertragsbeziehungen Wesentlich für den Wert der wirtschaftlichen Funktionseinheit Unternehmen (siehe dazu: § 1 A.) ist das vertraglich vermittelte Beziehungsgeflecht:701 Der Erfolg eines Unternehmens hängt von den Verträgen ab, die es geschlossen hat.702 Ihnen kann entnommen werden, welche Verpflichtungen das Unternehmen in Zukunft erfüllen muss und welche Rechte diesen Verpflichtungen gegenüberstehen. 698 699 700 701 702

MAH GmbH-Recht/Picot, § 2 Rn. 59. Vgl. Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 149. Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 165. Vgl. Fn. 8; Beisel/Andreas/Schroer, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 17 Rn 1. Beisel/Andreas/Schroer, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 17 Rn 1.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Aus dem vertraglichen Beziehungsgeflecht des Zielunternehmens ergeben sich damit wichtige Rückschlüsse im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Im Rahmen der Legal Due Diligence liegt ein Prüfungsschwerpunkt daher auf den wesentlichen Vertragsbeziehungen des Zielunternehmens. Dabei werden insbesondere die (1.) Wirksamkeit, die (2.) Laufzeit und die Beendigungsmöglichkeiten untersucht.703 1. (Un-)Wirksamkeit Die Unwirksamkeit von wichtigen Verträgen des Zielunternehmens kann gravierende wirtschaftliche Folgen haben: Einerseits kann ein unwirksamer Vertrag ein erhebliches Risiko darstellen.704 Das ist der Fall, wenn die Konditionen des Vertrags für das Zielunternehmen wirtschaftlich vorteilhaft sind und ein erneuter Abschluss zu gleichen Konditionen jedenfalls unsicher ist. Sind die Vertragskonditionen für das Zielunternehmen nachteilig, kann ein unwirksamer Vertrag andererseits auch verstecktes Potenzial bergen. Es ist daher wichtig, wirtschaftlich bedeutende Verträge im Rahmen der Due Diligence auf ihre Wirksamkeit hin zu untersuchen.705 Wirksamkeitsmängel können sich dabei z. B. aus den allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regeln ergeben.706 2. Laufzeit und Beendigungsmöglichkeiten Das wirtschaftliche Gewicht eines Vertrages hängt von seiner Restlaufzeit ab, weswegen ein besonderes Augenmerk auf der Prüfung der Laufzeit und der Beendigungsmöglichkeiten von wichtigen Verträgen liegt.707 Ausgangspunkt der Prüfung ist die vertraglich vereinbarte Laufzeit.708 In einem nächsten Schritt ist zu untersuchen, ob sich der Erwerbsinteressent auf die vertraglich vereinbarte Laufzeit verlassen darf bzw. muss. Das setzt erstens eine wirksame Laufzeitvereinbarung und zweitens das Fehlen von Beendigungsmöglichkeiten voraus. Das Hauptaugenmerkt bei dieser Prüfung liegt auf sog. Change of Control-Klauseln, die einer Vertragspartei ein Sonderkündigungsrecht für den Fall gewähren, dass sich die Herrschaftsbeziehungen der anderen Vertragspartei ändern,709 weshalb der Erwerb des Zielunternehmens einen Kündigungsgrund darstellen kann.710 703

Vgl. Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 158. Beisel/Andreas/Schroer, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 17 Rn 6. 705 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 160; Beisel/Andreas/Schroer, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 17 Rn 6. 706 Beisel/Andreas/Schroer, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 17 Rn. 7 ff. 707 Vgl. Beisel/Andreas/Schroer, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 17 Rn. 21. 708 Beisel/Andreas/Schroer, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 17 Rn. 21. 709 Beisel/Andreas/Schroer, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 17 Rn. 24. 710 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 160. 704

§ 4 Due Diligence

133

3. Besonderheiten nach Vertragstypen Besonderer Prüfungsbedarf kann sich abhängig von den jeweiligen Vertragsverhältnissen und Tätigkeitsschwerpunkten des Zielunternehmens ergeben. Hat das Unternehmen viele Mitarbeiter, so stellen sich neben individual- auch kollektivarbeitsrechtliche Fragestellungen.711 In einem forschungsintensiven Bereich kann bspw. das Thema Arbeitnehmererfindungen hohe Relevanz haben.712 Regelmäßig von großer Bedeutung sind die Finanzierungsverträge des Unternehmens, also sowohl die Darlehens- als auch die Sicherheitenverträge.713 IV. Verantwortlichkeit Ein weiterer Schwerpunkt der Legal Due Diligence besteht in der Prüfung der Verantwortlichkeit des Zielunternehmens. Die Verantwortlichkeit des Zielunternehmens betrifft zum einen die Frage, ob (vertragliche oder gesetzliche) (1.) Rechtspflichten verletzt wurden und inwieweit das Unternehmen dafür möglicherweise einstehen muss. Zum anderen geht es um (2.) Einstandspflichten, die unabhängig von der Verletzung von Rechtspflichten bestehen. 1. Verletzung von vertraglichen und gesetzlichen Pflichten Die Verletzung von Rechtspflichten durch das Zielunternehmen ist in zweierlei Hinsicht von besonderer Bedeutung: Erstens kann die Verletzung von vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten unmittelbare wirtschaftliche Folgen in Form von Schadensersatzansprüchen, verwirkten Vertragsstrafen, Bußgeldern (etwa nach § 30 OWiG) oder anderen Strafzahlungen haben. Wie die jüngere Geschichte gezeigt hat (Stichworte: „Dieselgate“, „Subprime“, „Libor“) können insbesondere im Ausland verhängte Strafzahlungen existenzbedrohende Dimensionen erreichen. Aber auch Schadensersatzansprüche können ein erhebliches Risiko für die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens darstellen. Von zunehmend großer Bedeutung sind hier die Schadensersatzklagen von Kartellgeschädigten. Zweitens kann die Verletzung von Rechtspflichten zu einem erheblichen Reputationsschaden führen und damit mittelbar wirtschaftliche Folgen haben. Das Vertrauen des Marktes in ein Unternehmen ist ein wesentlicher wertbildender Faktor. Geht dieses Vertrauen verloren, kann das Unternehmen auf Dauer nicht erfolgreich fortgeführt werden, auch wenn der unmittelbare wirtschaftliche Schaden überschaubar ist. 711 Vgl. Beisel/Andreas/Fischer, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 20 Rn 44 ff.; Hettler/ Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 167 ff. 712 Vgl. Beisel/Andreas/Hartmann, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 14 Rn 80 f.; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 7 Rn. 31; v. Steinau-Steinrück/Thees, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 5 Rz. 201 ff. 713 Vgl. Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 161.

134

1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Im Rahmen der Legal Due Diligence ist daher zunächst zu prüfen, ob dem Unternehmen bereits Pflichtverletzungen vorgeworfen werden oder ob Anhaltspunkte erkennbar sind, die einen solchen Vorwurf wahrscheinlich erscheinen lassen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, inwieweit ein solcher Vorwurf rechtlich begründet ist bzw. begründet wäre. Schließlich ist zu analysieren, welche unmittelbaren und mittelbaren Folgen sich daraus ergeben, wenn sich der Vorwurf ganz oder teilweise erhärtet. 2. Einstandspflichten Das Zielunternehmen kann unabhängig von Pflichtverletzung verantwortlich sein. Paradigmatisch ist insofern die Einstandspflicht des Zustandsstörers im Umweltrecht.714 Insbesondere umweltrechtliche Sanierungspflichten sind potenziell existenzbedrohend.715 Auch hier muss überprüft werden, inwieweit die Einstandspflicht bereits geltend gemacht wurde oder ob Anhaltspunkte für eine solche Einstandspflicht vorliegen.716

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag A. Einleitung Der Unternehmenskaufvertrag hat die wirtschaftlich bedeutende Funktion, die Chancen und Risiken eines Unternehmenserwerbs den Parteien zuzuordnen. Eine solche Zuordnung kann insbesondere durch Kaufpreisanpassungen, Garantien oder Freistellungen erfolgen.717 Nehmen die Parteien die dadurch eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten nicht wahr, erfolgt die Zuordnung durch das dispositive Recht. Im Prinzip muss ein Unternehmenskaufvertrag also nur die essentialia negotii (siehe dazu: § 2 C.I.) beinhalten. Tatsächlich sind Unternehmenskaufverträge aber sehr komplexe Dokumente, die nicht selten mehrere hundert Seiten umfassen.718 Das hat im Wesentlichen zwei Ursachen: den (I.) Einfluss der US-amerikanischen Kautelarpraxis auf die Usancen des Unternehmenserwerbs und ein (II.) atypisches KostenNutzen-Verhältnis.

714 Vgl. Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 177; Kiesewetter/Hoffmann, BB 2016, 1798; Beisel/Andreas/Lang, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 23 Rn 102 ff. 715 Vgl. Kiesewetter/Hoffmann, BB 2016, 1798; Beisel/Andreas/Lang, Beck MandatsHdB Due Diligence, § 23 Rn 102 ff. 716 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Zwirner, § 2 Rn. 177. 717 Vgl. Cooke, S. 147; Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 30 ff. Kiem zählt a.a.O. Rn. 5 ff. weitergehend (aber durchaus überzeugend) z. B. auch sog. MAC-Klauseln zu diesen Instrumenten. 718 Vgl. Kirchner/Giessen, BB 2015, 516, 518.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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I. Einfluss der US-amerikanischen Kautelarpraxis Die Rechtspraxis des Unternehmenskaufs ist US-amerikanisch geprägt, was sich auf die Vertragsgestaltung auswirkt.719 Während für deutsche Verträge ein hoher Abstraktionsgrad kennzeichnend ist, sind Verträge, die US-amerikanischem Recht unterliegen, sehr viel detaillierter.720 Das hat zum einen kulturelle Gründe, ist im Wesentlichen allerdings den Besonderheiten des US-amerikanischen Vertragsrechts geschuldet:721 Während die deutsche Privatrechtsordnung den Vertragsschließenden mit dem dispositiven Vertragsrecht umfassende „Reserveregelungen“ anbietet,722 fehlt es im US-amerikanischen Vertragsrecht fast vollkommen an positivem Recht.723 Verstärkend wirken dabei Auslegungsregelungen des common law:724 So geht die parole evidence rule von der Vollständigkeit eines schriftlichen Vertrages aus.725 Nach der plain meaning rule ist bei der Auslegung von Verträgen (fast) ausschließlich auf deren Wortlaut abzustellen.726 Als weitere Ursache für das Streben amerikanischer Juristen nach kautelarjuristischer Vollkommenheit werden die Mängel des amerikanischen Zivilprozesses angeführt.727 II. Atypisches Kosten-Nutzen-Verhältnis Der Umfang von Unternehmenskaufverträgen ist jedoch nicht monokausal.728 Eine zweite wichtige Ursache ist das atypische Kosten-Nutzen-Verhältnis infolge hoher Transaktionsvolumina,729 das eine effiziente individualvertragliche Zuweisung von Chancen und Risiken erlaubt. Der Umfang von Unternehmenskaufverträgen ist damit auch Ausdruck einer Annäherung an das theoretische Ideal voll719 Vgl. Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 1 ff.; Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657; Göthel/Merkt, Grenzüberschreitende M&A-Transaktionen, 2015, § 4. Mit Recht deutlich zurückhaltender: Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 86; Dietz, S. 16; BeckHdB M&A/ Meyer-Sparenberg 40 Rn. 3, 18; MAH GmbH-Recht/Picot, § 2 Rn. 65; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 237. Zum grundsätzlichen Einfluss des US-amerikanischen Rechts: Wiegand, Americanization of Law: Reception or Convergence?, in: Friedman/ Schreiber (Hrsg.), Legal Culture and the Legal Profession, 1996, S. 137 ff. 720 Langbein, 35 The American Journal of Comparative Law 381 – 394 (1987); Kötz, FS Heldrich, 2005, S. 771, 774 f.; Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657, 661; BeckHdB M&A/MeyerSparenberg, § 40 Rn. 18. 721 Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657, 661. 722 Vgl. Kötz, JuS 2013, 289, 290. 723 Kötz, FS Heldrich, 2005, S. 771, 774 f.; Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657, 662. 724 Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657, 662. 725 Kötz, FS Heldrich, 2005, S. 771, 775; Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657, 662. 726 Merkt, FS Sandrock, 2000, S. 657, 662. 727 Kötz, FS Heldrich, 2005, S. 771, 773 f.; Langbein, 35 The American Journal of Comparative Law 381 – 394 (1987). 728 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 40 Rn. 3. 729 Vgl. Kirchner/Giessen, BB 2015, 516, 516.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

ständiger Verträge:730 Verträge sind vollständig, wenn sie jedes theoretisch aus ihnen erwachsene Risiko und jede theoretische Chance in effizienzmaximierender Weise einer der Vertragsparteien zuweisen.731 Ein vollständiger Vertrag ist aus volkswirtschaftlicher Sicht ideal, weil er eine effiziente Ressourcenverteilung bewirkt.732 Die Gestaltung, der Abschluss und die Durchführung von Verträgen sind allerdings mit Kosten verbunden.733 Übersteigen die Transaktionskosten den Kooperationsgewinn, ist die Vertragsdurchführung ineffizient. Um Vertragsschlüsse zu ermöglichen, die abgesehen von den Transaktionskosten volkswirtschaftlich sinnvoll sind, bietet das dispositive Recht eine typisierende Vervollständigung von Verträgen an.734 Vor diesem Hintergrund ergibt sich die ökonomische Sinnhaftigkeit einer umfassenden vertraglichen Allokation von Chancen und Risiken auf der Grundlage von zwei Annahmen. Erstens: Der durch eine Transaktion erzielbare Kooperationsgewinn steigt mit dem Transaktionsvolumen. Zweitens: Die vertragliche Chancen- und Risiken-Allokation ist effizienter als die typisierende Zuordnung durch das dispositive Recht. Aus der ersten Annahme lässt sich ein Anstieg des Grenzwerts noch sinnvoll einsetzbarer Transaktionskosten als Folge eines gestiegenen Transaktionsvolumens ableiten. Das macht den wirtschaftlichen Einsatz von Transaktionskosten möglich, aber für sich genommen noch nicht sinnvoll. Dazu bedarf es der zweiten Annahme. Danach steigen mit dem Transaktionsvolumen auch die mit einer vertraglichen Zuordnung von Chancen und Risiken erzielbaren Effizienzgewinne. Erst daraus ergibt sich das hier postulierte atypische Kosten-Nutzen-Verhältnis, das eine umfassende vertragliche Allokation von Chancen und Risiken ökonomisch sinnvoll macht.

B. Parteien des Unternehmenskaufvertrags Die Parteien des Unternehmenskaufvertrags sind in erster Linie der Verkäufer und der Käufer. Wer Verkäufer ist, richtet sich regelmäßig – aber wegen des Abstraktionsprinzips nicht zwingend – nach der dinglichen Berechtigung, also danach, wer Eigentümer der zu veräußernden Gegenstände (im Fall des Asset Deals) oder Gesellschafter (im Falle des Share Deals) ist.735 Befindet sich ein Gegenstand im Miteigentum verschiedener Personen oder sind mehrere Personen Gesellschafter, stehen auf der Verkäuferseite mehrere Parteien.736 Gleiches gilt mutatis mutandis für den Käufer. 730 731 732 733 734 735 736

Vgl. Kornet, S. 291; Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009), 37, 44. Kornet, S. 291; vgl. Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009), 37, 44. Kornet, S. 291. R. H. Coase, The Problem of Social Cost, 3 J.L. & Econ. 1 – 44 (1960). Vgl. Eidenmüller, JZ 2005, 216, 222. Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 6. Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 6.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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Daneben kann ein Interesse daran bestehen, Dritte, die mit dem eigentlichen Pflichtenprogramm der Kaufvertragsparteien zunächst nicht befasst sind, einzubeziehen. Diese Einbeziehung dient der Sicherung der Ansprüche – etwa aus dem Garantie- und Haftungsregime (siehe: E.)737 – der anderen Vertragspartei. Die Durchsetzung möglicher Ansprüche kann etwa bedroht sein, wenn eine Gesellschaft als Verkäuferin auftritt, die nach der Transaktion den Kaufpreis an nahestehende Personen weiterleitet und als leere Hülle verbleibt.738 Aber auch zur Durchsetzung des Primäranspruchs des Käufers kann die Einbeziehung Dritter erforderlich sein, wenn etwa die Anteile an dem Unternehmensträger oder Vermögensgegenstände des Unternehmens mit Rechten Dritter belastet sind oder in deren Eigentum stehen.739 In bestimmten Konstellationen (wenn bspw. Gesellschafterdarlehen gewährt wurden) kann auch die Einbeziehung der Zielgesellschaft als Vertragspartei zweckmäßig sein.740

C. Die Kaufabrede Die erste Regelung eines Unternehmenskaufvertrags hat üblicherweise die Kaufabrede, also die Bestimmung der primären Hauptleistungspflichten der Parteien, zum Gegenstand.741 Das sind die Pflichten, die in einem synallagmatischen Verhältnis stehen, von der jeweiligen Partei also im Sinne eines do ut des nur wegen der Aussicht auf die Leistung der Gegenseite übernommen werden.742 Die Bestimmung der primären Hauptleistungspflichten betrifft zunächst deren Inhalt: Auf Seiten des Verkäufers die (I.) Übertragung des Unternehmens bzw. des Unternehmensträgers und auf Seiten des Käufers die (II.) Zahlung des Kaufpreises. Sie betrifft aber auch die Leistungsmodalitäten, wie die (III.) Leistungszeit. Die Wirksamkeit der Kaufabrede kann von der Erfüllung (IV.) aufschiebender Bedingungen abhängig sein. 737 Vgl. dazu Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 6. Auch zur Absicherung gegen Ansprüche der Finanzbehörde aus § 73 AO ist die Einschaltung eines Garantiegebers geboten, da in diesen Fällen ein Anspruch gegen den Organträger regelmäßig leerlaufen wird (Eilers/Beutel, IStR 2010, 564, 565 f.). 738 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Bergjan/V. Schäfer, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 62, 68 ff.; Eilers/Koffka/Mackensen/Raddatz/Nawroth, Private Equity, 2. Aufl. 2012, I 1 Rn. 6. 739 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Bergjan/V. Schäfer, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 62, 72 f. 740 Holzapfel /Pöllath/Bergjan/V. Schäfer, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 72. 741 Vgl. Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 2. Beispiel in Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.2: „Die Verkäuferin verkauft hiermit nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Vertrages die X-Geschäftsanteile an die Käuferin“. 742 MüKoBGB/Emmerich, 7. Aufl. 2016, § 320 Rn. 22; BeckOKBGB/H. Schmidt, 43. Ed. 2017, § 320 Rn. 4.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

I. Übertragung des Unternehmens bzw. des Unternehmensträgers Der Verkäufer wird gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB durch den Kaufvertrag verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und ihm das Eigentum an ihr zu verschaffen. Diese Pflicht gilt für den Verkäufer eines Unternehmens gemäß § 453 Abs. 1 BGB entsprechend.743 Der Verkäufer hat dem Käufer also sowohl die (1.) rechtliche als auch die (2.) tatsächliche Herrschaft über das Zielunternehmen dauerhaft zu übertragen. 1. Verschaffung rechtlicher Herrschaft Der Verkäufer ist zur dauerhaften Veränderung der rechtlichen Zuordnung des Kaufgegenstandes, also des Zielunternehmens, verpflichtet.744 Obgleich das Unternehmen als solches der Gegenstand des Verpflichtungsgeschäfts ist745 und eine genaue Beschreibung des Vollzugsgeschäfts im Verpflichtungsgeschäft nicht erforderlich ist, sollte die diesbezügliche Gestaltung des Unternehmenskaufvertrags vor dem Hintergrund erfolgen, was der Verkäufer zur Verschaffung der rechtlichen Herrschaft an dem Unternehmen schuldet: Soll die Transaktion als Asset Deal vollzogen werden, erfordert die Erfüllung dieser Verpflichtung die Verschaffung der rechtlichen Herrschaft über alle dem Zielunternehmen rechtlich zugeordneten Gegenstände (siehe dazu: § 1 B.I.). Zur Vorbereitung des Vollzugs ist daher eine möglichst präzise Bezeichnung sinnvoll.746 Ist ein Share Deal als Vollzugsform gewählt, erfüllt der Verkäufer seine Verpflichtung durch die Übertragung der Mitgliedschaftsrechte an dem Unternehmensträger (siehe dazu: § 1 B.II.). Hier sollten im Unternehmenskaufvertrag bereits die Geschäftsanteile oder Aktien genau bezeichnet werden.747 Soweit vorhanden, kann auf eine Gesellschafterliste oder ein Aktienregister Bezug genommen werden.748

743

Canaris (2006), § 8 Rn. 7, 1; vgl. (Übergabe) BGHZ 138, 195 Rn. 36. Vgl. Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 4. 745 Ernsthaler, HGB, 8. Aufl. 2015, Vorb. §§ 1 – 7 Rn. 21; vgl. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 22; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305; Staudinger/Stieper, BGB, 2017, § 90 Rn. 82. 746 Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 4 f. 747 Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 3. 748 Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 3. 744

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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2. Verschaffung tatsächlicher Herrschaft Der Kaufvertrag verpflichtet den Verkäufer, dem Käufer die Kaufsache zu übergeben, § 433 Abs. 1 Var. 1 BGB. Das gilt aufgrund von § 453 Abs. 1 BGB für den Unternehmensverkäufer entsprechend.749 Der Inhalt dieser Pflicht unterscheidet sich freilich im Vergleich zum Sachkauf: Bedeutet Übergabe dort die Verschaffung von (unmittelbarem) Besitz,750 kann das bei einem Unternehmenskauf nur bei einem Vollzug als Asset Deal und auch dort nur eingeschränkt (hinsichtlich der körperlichen Vermögensgegenstände) einen Sinn ergeben.751 Welchen Inhalt die „Übergabepflicht“ beim Unternehmenskauf hat, ergibt sich bei abstrakter Betrachtung des Übergabeerfordernisses: Die Besitzverschaffung i.S.v. § 854 Abs. 1 BGB begründet die tatsächliche Gewalt des Sachkäufers über die Kaufsache, was ihm deren tatsächliche Nutzung ermöglicht. Das Übergabeerfordernis des § 433 Abs. 1 Var. 1 BGB ist danach auf die Erlangung der mit der tatsächlichen Herrschaft über die Kaufsache einhergehende Nutzungsmöglichkeit gerichtet.752 Übertragen auf den Unternehmenskauf schuldet der Verkäufer als „Übergabe“ die Verschaffung der tatsächlichen Gewalt über das Zielunternehmen als Voraussetzung für dessen Nutzung durch den Käufer. Dazu muss der Verkäufer den Käufer in das Zielunternehmen einweisen, ihm know-how vermitteln und Betriebsgeheimnisse offenbaren.753 Allein dadurch ist die Herrschaft des Käufers über das Zielunternehmen aber noch nicht begründet. Wie die Übertragung des Besitzes im Rahmen der Übergabe durch den besitzenden Sachverkäufer von diesem die vollständige Aufgabe seines Besitzes verlangt,754 muss auch der Unternehmensverkäufer die tatsächliche Gewalt über das Zielunternehmen vollständig aufgeben. Im Hinblick auf die schwer greifbaren Unternehmensbestandteile wie know-how, Betriebsgeheimnisse und das Beziehungsgeflecht (siehe dazu: § 1 A.) ist eine Einweisung des Käufers in den Herrschaftsbereich insofern nicht ausreichend. Die Übertragung dieses unternehmerischen Tätigkeitsbereichs erfordert darüber hinaus eine Untätigkeit seitens des Verkäufers.755 Würde der Verkäufer nämlich in zeitlicher Nähe zum Verkauf des Zielunternehmens seine Geschäftstätigkeit durch die Gründung eines neuen Unternehmens wieder aufnehmen und sich damit in 749

BGHZ 138, 195 Rn. 36; Canaris (2006), § 8 Rn. 1. Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 433 Rn. 20; Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl. 2017, § 433 Rn. 14; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 433 Rn. 8; MüKoBGB/ Westermann, 7. Aufl. 2016, § 433 Rn. 45. 751 MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 433 Rn. 46. 752 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 433 Rn. 104. 753 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 87; Canaris (2006), § 8 Rn. 1; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 72 f. 754 Baur/Stürner, § 7 Rn. 17. 755 Hommelhoff (1975), S. 16 ff. 750

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Wettbewerb zum Zielunternehmen begeben, hätte er die Herrschaft über den unternehmerischen Tätigkeitsbereich nicht aufgegeben und der Käufer sie nicht erlangt,756 womit er dem Käufer nicht das Unternehmen, sondern nur einzelne Wirtschaftsgüter und Kenntnisse verschafft hätte. Die Übergabe eines Unternehmens verlangt, dass der Verkäufer dem Käufer die Übernahme der unternehmerischen Tätigkeit gewährt.757 Dieser Übergabe in Form des Gewährenlassens ist ein Wettbewerbsverbot für den Verkäufer inhärent.758 Die Übergabepflicht beim Unternehmenskauf ist also einerseits eine Einweisungs-, Aufklärungs- und Mitteilungspflicht759 und andererseits eine Unterlassungspflicht in der Form eines Wettbewerbsverbots, dessen Befolgung damit eine primäre Hauptpflicht des Verkäufers, die sich unmittelbar aus seiner Verschaffungspflicht ergibt. Als Facette der Übergabepflicht korrespondiert der Umfang des Wettbewerbsverbots mit dem Bestand des Zielunternehmens und ist entsprechend sachlich und räumlich begrenzt. Zeitlich gilt es, bis der Käufer eine hinreichend gefestigte Herrschaftsposition über das Zielunternehmen erlangt hat. Der Inhalt dieser Übergabepflicht des Verkäufers ist unabhängig davon, ob die Transaktion als Asset- oder als Share-Deal ausgestaltet ist.760 II. Zahlung des Kaufpreises und Abnahme Die primäre Hauptpflicht des Käufers besteht gemäß § 433 Abs. 2 BGB in der Zahlung des Kaufpreises.761 Die Höhe und die Berechnung des vom Käufer zu zahlenden Kaufpreis ist üblicherweise Gegenstand einer separaten Kaufpreisklausel (siehe dazu: D.).762 Die sich ebenfalls aus § 433 Abs. 2 BGB ergebende Pflicht zur Abnahme besteht auch, wenn § 433 Abs. 2 BGB aufgrund der Verweisung in § 453 Abs. 1 BGB Anwendung findet.763 Sie ist in der Regel nur eine Nebenpflicht,764 kann allerdings in besonders gelagerten Fällen auch als primäre Hauptpflicht des Käufers

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Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 47 Rn. 2. RGZ 37, 176, 178; auf diese Entscheidung verweisend Hommelhoff (1975), S. 16. 758 RGZ 37, 176, 178; Hommelhoff (1975), S. 16 ff. 759 MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 433 Rn. 46; Hommelhoff (1975), S. 14 ff. 760 BGHZ 138, 195 Rn. 36. 761 BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 433 Rn. 52; Medicus/Lorenz (2014), Rn. 38; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 365; Reinicke/Tiedtke, Rn. 114; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 433 Rn. 72. 762 Vgl. Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1. 763 Eidenmüller, ZGS 2002, 290, 292. 764 BGH NJW 1972, 99 Rn. 7; BGH NJW 2017, 1100 Rn. 29; RGZ 57, 105, 108 f.; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 433 Rn. 59; Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl. 2017, § 433 Rn. 54; Medicus/Lorenz (2014), Rn. 40; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 417; Reinicke/ Tiedtke, Rn. 174; Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl. 2018, § 433 Rn. 44; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 433 Rn. 76. 757

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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ausgestaltet sein.765 Das ist der Fall, wenn der Verkäufer an der Wegschaffung des verkauften Gegenstands ein besonderes Interesse hat.766 Für den Unternehmenskauf bedeutet das: Gehen besondere Lasten mit der Inhaberschaft des Zielunternehmens einher, etwa weil das Unternehmen operativ Verluste erwirtschaftet, für die der Unternehmensträger einstehen muss, ist die Abnahme- eine Hauptflicht. III. Leistungszeit Die Kaufabrede legt neben dem Inhalt der Leistungspflichten auch die Leistungsmodalitäten fest. Von besonderer Bedeutung ist dabei, wann der Leistungsaustausch zu erfolgen hat. Es geht dabei zunächst um die Zeitpunkte des § 271 BGB, also Erfüllbarkeit und Fälligkeit.767 Diese fallen auf den Vollzugsstichtag, das sog. Closing Date.768 Abweichend von der Vermutung des § 271 Abs. 1 BGB ist dabei ein zeitliches Auseinanderfallen von Vertragsschluss (Signing Date) und Vollzugsstichtag durchaus üblich.769 Vom Vollzugsstichtag ist der wirtschaftliche Stichtag (Effective Date)770 zu unterscheiden, zu dem die Erfüllung der Hauptleistungen wirtschaftlich erfolgen soll und damit die mit der Inhaberschaft des Zielunternehmens verbundenen Chancen und Risiken dem Käufer zugeordnet werden sollen.771 Ein Auseinanderfallen von wirtschaftlichem Stichtag und Vollzugsstichtag ergibt sich z. B., wenn im Rahmen eines sog. Locked Box-Modells (siehe dazu: D.III.2.) ein in der Vergangenheit liegender wirtschaftlicher Stichtag gewählt wird.772 In diesem Fall vereinbaren die

765 BGH NJW 1972, 99 Rn. 7; BGH NJW 2017, 1100 Rn. 29; RGZ 57, 105, 108 f.; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 433 Rn. 59; Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl. 2017, § 433 Rn. 54; Medicus/Lorenz (2014), Rn 40; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 418; Reinicke/ Tiedtke, Rn. 175; Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl. 2018, § 433 Rn. 44; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 433 Rn. 76. 766 BGH NJW 1972, 99 Rn. 7; Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl. 2018, 433 Rn. 44; vgl. Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl. 2017, § 433 Rn. 54. 767 BeckOKBGB/Lorenz, 43. Ed. 2017, § 433 Rn. 2; MüKoBGB/Krüger, 7. Aufl. 2016, § 271 Rn. 2 ff. 768 Vgl. Kiem/Neuhaus, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 5. 769 Lappe/Schmitt, DB 2007, 153. 770 Zum Begriff: Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 116 f.; Lappe/ Schmitt, DB 2007, 153; Kiem/Neuhaus, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 5. 771 BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 41 Rn. 2; vgl. Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 1 Rn. 116 f. Das Effective Date fällt nicht zwangsläufig mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, also dem Zeitpunkt, ab dem der Käufer in einer Position ist, die es ihm ermöglicht, die wesentlichen Rechte an dem erworbenen Unternehmen tatsächlich auszuüben, zusammen (Meyer-Sparenberg, a.a.O., § 41 Rn. 3). 772 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 41 Rn. 2; Kiem/Neuhaus, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 5.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Parteien, sich gegenseitig so zu stellen, als sei das Unternehmen bereits am wirtschaftlichen Stichtag übertragen worden.773 Diese zeitlichen Diskrepanzen begründen stets einen Interessenkonflikt: Liegt das Effective Date vor dem Closing Date, übt der Verkäufer die Kontrolle über das Unternehmen aus, während der Käufer die daraus erwachsenen wirtschaftlichen Konsequenzen trägt und vice versa. IV. Bedingungen Der Unternehmenskaufvertrag kann unter aufschiebenden oder auslösenden Bedingungen i.S.d. § 158 BGB abgeschlossen werden.774 Im Fall einer aufschiebenden Bedingung treten seine rechtlichen Wirkungen erst vollständig ein, wenn bestimmte künftige ungewisse Umstände eintreten, § 158 Abs. 1 BGB.775 Das beschränkt zwar die Wirksamkeit des Unternehmenskaufvertrags, beseitigt aber nicht die Bindung der Parteien: Eine einseitige Lösung setzt auch bei einem bedingten Unternehmenskaufvertrag ein vertragliches Widerrufsrecht voraus.776 Wie sich aus dem Rechtsgedanken der §§ 159 ff. BGB ergibt, sind die Parteien nämlich trotz der aufschiebenden Bedingung777 (und zwar solang bis der Ausfall des Bedingungseintritts endgültig feststeht) gebunden.778 Ferner sind nicht sämtliche Vertragspflichten vom Bedingungseintritt abhängig: So begründet der Unternehmenskaufvertrag üblicherweise Pflichten für die Schwebezeit zwischen dem Vertragsschluss und dem Bedingungseintritt.779 Ferner bestehen bestimmte Pflichten unabhängig vom Eintritt der Bedingungen. Paradigmatisch sind insofern Verschwiegenheitspflichten. Ihnen ist eine Bindungswirkung auch bei einem Scheitern der Transaktionen (wenn nicht ausdrücklich, so jedenfalls) im Wege der Auslegung zu entnehmen. Für den Ausfall von Bedingungen können die Parteien ein Verzichtsrecht vereinbaren. Das erlaubt es der durch die Bedingung begünstigten Partei, auf deren Eintritt zu verzichten.

773

BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 41 Rn. 3. Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 43 Rn. 4 ff. 775 Vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, Einf v § 158 Rn. 1; W. Flume (1992), § 38 1 a); Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl. 2015, § 158 Rn. 1; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 158 Rn. 8. 776 Vgl. MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 158 Rn. 39. 777 Vgl. BGHZ 127, 129 Rn. 15; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, Einf v § 158 Rn. 8; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 158 Rn. 39. 778 Vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 158 Rn. 3. 779 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 43 Rn. 9 f. 774

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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Typische Bedingungen sind z. B. die kartellrechtliche Freigabe,780 Finanzierungsvorbehalte,781 die Zustimmung von Gremien782 sowie das Ausbleiben einer außenwirtschaftlichen Untersagung.783 Nicht um eine Bedingung, sondern um eine Fälligkeitsregel handelt es sich dagegen, wenn der Vollzug von der Erfüllung bestimmter Pflichten durch die Parteien abhängt.784

D. Kaufpreisfindung und Kaufpreisgestaltung Die Kaufpreisgestaltung im Unternehmenskaufvertrag ist ebenso bedeutend wie komplex. Um sie nachvollziehen zu können, ist es wichtig, zunächst den grundlegenden Unterschied zwischen dem (I.) Unternehmenswert und dem Kaufpreis des Zielunternehmens aufzuzeigen.785 Davon ausgehend werden kursorisch die (II.) Grundzüge der Unternehmensbewertung vorgestellt, um auf dieser Grundlage die (III.) Kaufpreisgestaltung im Unternehmenskaufvertrag darzustellen. I. Unternehmenswert und Kaufpreis 1. Unternehmenswert Der Unternehmenswert ist der in Geld ausgedrückte situative Nutzen, den das Unternehmen seinen Eigentümern gewährt.786 Damit ist bereits die Subjektivität des Unternehmenswertes als Ausdruck einer Subjekt-Objekt-Beziehung und dessen Abhängigkeit vom individuellen Nutzen des Bewertungsobjekts für das Bewertungssubjekt angedeutet.787 Der Nutzen, den das Unternehmen in Form von Erträgen vermittelt, ist abhängig von den Zielsetzungen und Planungen für die weitere Unternehmensführung, dem unternehmerischen Geschick, dem Synergiepotenzial, den steuerlichen Rahmenbedingungen und vielen weiteren Faktoren, die in der Person des Unternehmensträgers wurzeln.788 Aufgrund dieses individuellen Bezugs gibt es keinen intersubjektiv gültigen Marktwert.789 780

Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 43 Rn. 13 f. Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 43 Rn. 66 ff. 782 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 43 Rn. 21 ff. 783 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 43 Rn. 17 f. 784 BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 43 Rn. 5. 785 Vgl. BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 6 ff.; Kleissler, NZG 2017, 531. 786 BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 8; vgl. auch Matschke/Brösel, S. 6 f. 787 Vgl. BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 8; Angermayer, S. 226; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 533; Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 245; Drefke, S 15 f.; H. Frey, S. 26 ff.; Matschke/ Brösel, S. 3 ff.; Moxter, S. 23 ff. 788 Vgl. Hering, S. 37 f.; Matschke/Brösel, S. 5 ff.; Moxter, S. 23 ff. 789 BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 6 f.; Matschke/Brösel, S. 26 ff. Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 533; Kleissler, NZG 2017, 531. Etwas anderes würde nach Arrow und Debreu auf 781

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Bei der Ermittlung des danach maßgeblichen individuellen Nutzens des Bewertungsobjekts für das Bewertungssubjekt sind die Opportunitätskosten zu berücksichtigen, die durch die Kapitalbindung infolge der Eigentümerstellung für das Bewertungssubjekt entstehen.790 Die Höhe der Opportunitätskosten sind abhängig davon, welche alternativen Anlagemöglichkeiten dem Bewertungssubjekt offenstehen.791 Der Wert eines Unternehmens ergibt sich also aus dem Verhältnis zwischen dem Nutzen, den das Unternehmen dem Unternehmensträger generiert, und dem Nutzen, den ihm eine alternative Anlage generieren würde (Relativitätsprinzip).792 Der Unternehmenswert ist nicht nur von der Person des Unternehmensträgers abhängig, es handelt sich ferner um eine bloß „situative“ Größe, weil der Unternehmenswert von der Bewertungsfunktion abhängig ist (Prinzip der Zweckadäquanz).793 Bei einem Unternehmenskauf hat die Bewertung des Zielunternehmens für Käufer und Verkäufer vor allem zwei Funktionen: Der Ermittlung von (a)) Entscheidungs- und (b)) Argumentationswerten. a) Entscheidungswerte794 Aus Sicht des Käufers ist der Kauf des Zielunternehmens nur sinnvoll, wenn der vereinbarte Kaufpreis unterhalb des Wertes liegt, den das Zielunternehmen für ihn hat.795 Ein rationaler Verkäufer wiederum wird einen Verkauf nur in Betracht ziehen, wenn der Kaufpreis den Wert übersteigt, den das Unternehmen für ihn hat.796 Der Entscheidungswert bildet diese subjektiven Grenzpreise der Parteien:797 Der subjektive Grenzpreis ist der letzte Preis, zu dem die Transaktion für die jeweilige Partei noch nicht wirtschaftlich nachteilig ist.798 Er markiert also die äußerste Grenze einer möglichen Einigung799 und ist somit als „Verhandlungslimit“ die Entscheidungseinem vollkommenen, vollständigen Markt mit vollständigem Wettbewerb gelten (siehe dazu: Matschke/Brösel, a.a.O). 790 Vgl. BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 8 f., Brealey/Myers/Allen, S. 21 ff. 791 Vgl. BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 9; Brealey/Myers/Allen, S. 26; Moxter, S. 11 ff. 792 Moxter, S. 11 ff. 793 Vgl. Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 246; Hering, S. 5 ff.; Matschke/Brösel, S. 22 ff. Der Begriff der Zweckadäquanz geht auf Moxter, S. 5 ff. zurück und hat auch in den IDW S 1Grundsätzen zur Unternehmensbewertung Niederschlag gefunden, vgl. Kuhner/Maltry, S. 73. 794 Vgl. Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 249 ff, 253 f.; Hering, S. 5 f.; Matschke/Brösel, S. 7 ff. 795 BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 12; vgl. Kuhner/Maltry, S. 59; Hering, S. 3; Moxter, S. 9. 796 BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 12; vgl. Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 250 f.; H. Frey, S. 191 f.; Kuhner/Maltry, S. 59; Moxter, S. 9. 797 Hering, S. 5; Moxter, S. 9; vgl. Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 249 ff.; Matschke/Brösel, S. 8 f. 798 Hering, S. 5; vgl. Drefke, S. 15. 799 Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 250 f.; Hering, S. 5; Matschke/Brösel, S. 8 f.; vgl. H. Frey, S. 194 ff.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

145

grundlage für die Kaufpreisverhandlungen.800 Um ihre Verhandlungsposition nicht zu schwächen, muss der Entscheidungswert der jeweiligen Partei geheim bleiben.801 b) Argumentationswerte Als Argumentationswert bezeichnet man den Wert, der als vermeintlicher subjektiver Grenzpreis der Plausibilisierung der eigenen Preisvorstellungen dient.802 2. Markt- und Kaufpreis Während der Unternehmenswert als Ausdruck individueller Wertschätzung subjektiver Natur ist, sind Marktpreise ein Faktum und damit objektive Größen.803 Es handelt sich um Austauschverhältnisse, die am Markt durch den Ausgleich der entgegenwirkenden Kräfte von Angebot und Nachfrage in einem Verhandlungsprozess entstehen.804 Der Marktpreis ergibt sich also aus den „aggregierte[n] Wertvorstellungen der Marktteilnehmer“.805 Aufgrund der Abhängigkeit des Preisbildungsprozesses von Angebot und Nachfrage ist der Marktpreis Schwankungen ausgesetzt. Der tatsächlich vereinbarte Kaufpreis ist dagegen das Ergebnis von Verhandlungen. In diesen Verhandlungen wird der erwartete Nutzen der Transaktion (i.E. Differenz zwischen dem Grenzpreis des Käufers und Verkäufers) zwischen den Parteien aufgeteilt.806 II. Unternehmensbewertung 1. Bewertungsobjekt Das Unternehmen als wirtschaftliche Funktionseinheit ist mehr als die Summe unternehmenszugehöriger Vermögensgegenstände (siehe dazu: § 1 A.). Ist die Fortführung des Zielunternehmens beabsichtigt, kann der Wert der einzelnen unternehmenszugehörigen Vermögensgegenstände bei der Unternehmensbewertung daher nur die Wertuntergrenze bilden.807 Einzelbewertungsansätze, die auf den Liquidations- oder Substanzwert der unternehmenszugehörigen Vermögensgegen800

Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 251. Vgl. Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 250, 253. 802 Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 253; Hering, S. 6. 803 Vgl. BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 10 f. 804 BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 10 f. 805 BeckHdB M&A/Aders, § 10 Rn. 11. 806 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 5. 807 Vgl. BeckHdB M&A/Aders, § 11 Rn. 2; Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 17. 801

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

stände abstellen,808 haben hier nur eine unterstützende Funktion. Maßgeblich sind vielmehr Gesamtbewertungsansätze, die auf die Ermittlung des Fortführungswertes abzielen.809 2. Zielgröße Ist danach das Unternehmen als wirtschaftliche Funktionseinheit das Bewertungsobjekt, ist eine weitere Differenzierung erforderlich, da sich ein Unternehmen regelmäßig nicht nur durch Eigen-, sondern auch durch Fremdkapital finanziert. Zwar ist der Unternehmenswert nach dem Modigliani-Miller-Theorem unter Modellbedingungen von dessen Finanzierungsstruktur unabhängig;810 Sie wirkt sich aber auf die Verteilung des vom Unternehmen erwirtschafteten Gesamtnutzen zwischen den Eigen- und den Fremdkapitalgebern aus. Zielgröße der Unternehmensbewertung ist daher nicht der finanzierungsneutrale Gesamtnutzens, der sog. Enterprise oder Entity Value,811 sondern der Nutzen, den das Unternehmen für den Käufer bzw. den Verkäufer als Eigenkapitalgeber generiert, der sog. Equity Value.812 3. Bewertungsansätze In der Literatur wird zwischen zwei Kategorien von Bewertungsansätzen differenziert: den Kapitalwertansätzen einerseits und den sog. „Marktwertansätzen“ andererseits.813 Während die Kapitalwertansätze den Unternehmenswert auf der Grundlage von zukünftigen (und damit prognostizierten) Finanzkennzahlen ermitteln,814 dienen bei den „Marktwertansätzen“ historische Marktdaten als Bewertungsgrundlage, also Kaufpreise, die für mit dem Zielunternehmen vergleichbare Unternehmen bezahlt wurden.815 Da es allerdings keine Marktwerte, sondern nur Marktpreise gibt (siehe dazu: I.2.), können „Marktwertansätze“ zwar zur Plausibilisierung des Kaufpreises eingesetzt werden und haben damit eine wichtige Funk808

Vgl. Fleischer/Hüttemann/Böcking/Rauschenberg, Unternehmensbewertung, 2015, § 2 Rn. 37 ff.; Drefke, S. 12; Keim/Jeromin, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 2 Rz. 51. 809 Vgl. BeckHdB M&A/Aders, § 11 Rn. 3; Drefke, S. 12 ff.; Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 16 f.; Keim/Jeromin, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 2 Rz. 50. 810 Modigliani/Miller, 48 The American Economic Review 261 – 297 (1958); vgl. dazu Brealey/Myers/Allen, S. 436 ff.; Hering, S. 222 ff.; S. Trautmann, S. 219 ff. 811 Vgl. BeckHdB M&A/Aders, § 11 Rn. 3; Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 203. 812 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 20; Matschke/ Brösel, S. 125. 813 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 18; Meyding/Wallisch, CF 2016, 332, 333. 814 Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 18; Meyding/Wallisch, CF 2016, 332, 333. 815 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 84 ff; Drefke, S. 14.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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tion.816 Zur Ermittlung des – sich aus der Beziehung zwischen Bewertungsobjekt und -subjekt ergebenden – Unternehmenswerts sind sie allerdings konzeptionell ungeeignet und ersetzen daher weder für den Käufer noch für den Verkäufer die Bewertung des Zielunternehmens.817 4. Kapitalwertorientierte Bewertung Kapitalwertorientierte Bewertungsmethoden wie bspw. das Discounted Cash Flow-Verfahren bewerten das Unternehmen auf der Grundlage von Zukunftserfolgswerten.818 Das geschieht (vereinfacht) in zwei Schritten: (a)) Prognose und (b)) Bewertung künftiger Zahlungsströme (Cash-Flows). Unter Umständen können dabei Anpassungen erforderlich sein, soweit der Unternehmenswert nicht vollständig durch die operativen Zahlungsströme abgebildet wird,819 weil z. B. nicht betriebsnotwendiges Vermögen vorhanden ist.820 Auch die Berücksichtigung von steuerlichen Wertbeiträgen variiert bei den kapitalwertorientierten Bewertungsmethoden. a) Prognose künftiger Zahlungsströme Die Grundlage für die Prognose von zukünftigen Zahlungsströmen bildet die Prognose künftiger Finanzkennzahlen regelmäßig des operativen Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (EBIT = Earnings before Interest and Taxes).821 Ausgehend davon werden die freien Zahlungsströme ermittelt, indem alle zahlungsunwirksamen Ausgaben addiert und alle zahlungsunwirksamen Einnahmen subtrahiert werden.822 Daneben werden weitere Anpassungen vorgenommen, wie etwa Ab- und Zuflüsse aus Investitionen bzw. Desinvestitionen und etwaige Veränderungen des Umlauf816

Vgl. Drefke, S. 14; Kuhner/Maltry, S. 311. Kuhner/Maltry, S. 311: „Subjektive Zielvorstellungen, alternative Anlagemöglichkeiten oder das Vorhandensein zielobjektspezifischen Synergiepotenzials aus der Sicht von Käufer oder Verkäufer finden damit zumindest nicht unmittelbar Eingang in das Kalkül marktorientierter Vergleichsverfahren. Gerade diese Eigenschaft macht deutlich, dass es sich bei den Ergebnissen der Vergleichsverfahren um Preise, nicht aber um Werte handelt. Marktorientierte Verfahren sind daher weniger Bewertungs- als vereinfachende Preisfindungsverfahren.“; vgl. Drefke, S. 14; Matschke, Unternehmensbewertung, S. 26 ff. 818 Vgl. Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 245; Drefke, S. 19 f.; Hering, S. 3 f. 819 Vgl. Fleischer/Hüttemann/Jonas/Wieland-Blöse, Unternehmensbewertung, 2015, § 9 Rn. 10. 820 Vgl. Fleischer/Hüttemann/Jonas/Wieland-Blöse, Unternehmensbewertung, 2015, § 9 Rn. 10. 821 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 27; Keim/Jeromin, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 2 Rz. 208; Fleischer/Hüttemann/Jonas/WielandBlöse, Unternehmensbewertung, 2015, § 9 Rn. 21. 822 Vgl. Keim/Jeromin, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 2 Rz. 342 f.; Fleischer/ Hüttemann/Jonas/Wieland-Blöse, Unternehmensbewertung, 2015, § 9 Rn. 21. 817

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

vermögens (Working Capitals),823 die im Detail abhängig von der Bewertungsmethode sind. Grundsätzliche Unterschiede bestehen einerseits bei der (aa)) Definition der freien Zahlungsströme und andererseits hinsichtlich der Prognose der künftigen Finanzkennzahlen zugrundeliegenden (bb)) Annahmen. aa) Definition freier Zahlungsströme: Entity- und Equity-Ansätze Bei der Definition der zukünftigen freien Zahlungsströme kann zwischen Entityoder Brutto-Ansätzen, die sämtliche zukünftige freie Zahlungsströme, den sog. Free Cash Flow to Firm (FCFF),824 in die Bewertung einfließen lassen825 und Equity- oder Netto-Ansätzen, die nur die freien Zahlungsströme einfließen lassen, die den Eigenkapitalgebern zur Verfügung stehen,826 differenziert werden. Während die Equity-Ansätze der unmittelbaren Ermittlung des Eigenkapitalwerts (Equity Value) dienen,827 ist Zielgröße der Entity-Ansätze der Gesamtwert des Unternehmens (Enterprise Value).828 Bei der Verwendung eines Entity-Ansatzes ist eine Überleitung zum Equity Value durch Abzug des Wertes des Fremdkapitals erforderlich.829 bb) Prognostische Annahmen Weil die Höhe der künftigen Zahlungsströme, die das Zielunternehmen generiert, von vielen Faktoren abhängt, die maßgeblich in der Person des Unternehmensträgers wurzeln,830 ist eine Unternehmensbewertung auf der Grundlage künftiger Zahlungsströme besonders aussagekräftig, wenn diese Faktoren bei der Prognose möglichst individuell – d. h. abhängig vom Bewertungssubjekt – ermittelt werden. So sollte die Prognose für die Ermittlung des Entscheidungswertes des Käufers darauf abstellen, welche Synergiepotenziale er – und nicht etwa der gegenwärtige Unternehmensträger – realisieren kann.831 823 Vgl. Keim/Jeromin, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 2 Rz. 342 f.; Fleischer/ Hüttemann/Jonas/Wieland-Blöse, Unternehmensbewertung, 2015, § 9 Rn. 21. 824 Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 27. 825 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 27; Matschke/ Brösel, S. 698 f. 826 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 27; Fleischer/Hüttemann/Jonas/Wieland-Blöse, Unternehmensbewertung, 2015, § 9 Rn. 8 f.; Matschke/Brösel, S. 698 f. 827 Drefke, S. 20; Fleischer/Hüttemann/Jonas/Wieland-Blöse, Unternehmensbewertung, 2015, § 9 Rn. 9. 828 Vgl. Drefke, S. 20. 829 Bieg/Kußmaul/Waschbusch, S. 297; Drefke, S. 20; Kuhner/Maltry, S. 226 f.; Matschke/ Brösel, S. 698. 830 Vgl. Fn. 788. 831 Vgl. zur individuellen Prognose künftiger Zahlungsströme m.w.N. Kuhner/Maltry, S. 121 ff.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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Demgegenüber werden bei sog. objektivierten Unternehmensbewertungen diese Faktoren typisierend und nicht individuell ermittelt.832 So stellt etwa die Ertragswertmethode nach IDW S 1 nicht darauf ab, welche Synergiepotenziale das individuelle Bewertungssubjekt realisieren könnte, sondern darauf, welche Synergiepotenziale jedermann (sog. unechte Synergien) realisieren könnte.833 Dieser typisierende Ansatz stellt damit eher eine „Marktwertermittlung“ als eine echte Unternehmensbewertung dar. b) Bewertung künftiger Zahlungsströme Intellektueller Ausgangspunkt der Bewertung künftiger Zahlungsströme ist die Abhängigkeit des Wertes eines Geldbetrags von dem Zeitpunkt, in dem er zur Verfügung steht:834 Wird etwa ein Geldbetrag von EUR 100 in einem Jahr ausgezahlt, beträgt dessen Gegenwartswert EUR 100 abzüglich der Rendite, die der Zahlungsempfänger innerhalb dieses Jahres damit hätte erwirtschaften können.835 Die Differenz zwischen dem Gegenwarts- und dem Zukunftswert eines Geldbetrags bildet die Kapitalkosten ab. Die Bewertung eines künftigen Zahlungsstroms erfolgt, indem diese Kapitalkosten durch eine Abzinsung (Diskontierung) in Abzug gebracht werden.836 Die Kapitalkosten teilen sich entsprechend der Zahlungsströme an die Fremd- und die Eigenkapitalgeber in Eigen- und Fremdkapitalkosten auf.837 Die Fremdkapitalkosten sind in Form von Zinssätzen im Voraus vereinbart und können so – jedenfalls teilweise – empirisch ermittelt werden.838 Die Eigenkapitalkosten sind dagegen nach dem sog. Capital Asset Pricing-Modell839 oder durch die Ermittlung individueller Opportunitätskosten zu ermitteln. 832

Vgl. m.w.N. Matschke/Brösel, S. 782 ff. Vgl. m.w.N. Matschke/Brösel, S. 782 ff. 834 Vgl. Brealey/Myers/Allen, S. 19 ff.; Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 22; Moxter, S. 9 ff. 835 Vgl. Moxter, S. 9 ff. 836 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 21. 837 Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 43 ff. 838 Vgl. Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 53. Näher dazu: Kuhner/Maltry, S. 296. Im Hinblick auf die Fremdkapitalkosten ist die steuerliche Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen zu berücksichtigen. Dieser steuerliche Vorteil wird als Tax Shield bezeichnet (Fleischer/Hüttemann/Jonas/Wieland-Blöse, Unternehmensbewertung, 2015, § 9 Rn. 18). 839 Siehe dazu Kiem/Caumanns, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 44 ff.: Die Eigenkapitalkosten sind danach die Summe aus einem risikofreien Zins und einer Risikoprämie. Der risikofreie Zins ist der Zinssatz, den der Anleger bei einer möglichst risikoarmen Alternativanlage – etwa langfristige Staatsanleihe mit höchstem Bonitätsranking – erzielen würde. Die Risikoprämie ist das Produkt aus einer Marktrisikoprämie und einem sogenannten Beta. Die Marktrisikoprämie ist der Aufschlag auf den risikofreien Zins, den ein Marktteilnehmer dafür verlangt, dass er statt der risikoarmen Anlage ein Marktportfolio hält, das sich aus unsicheren Titeln zusammensetzt. Das Beta drückt das Verhältnis zwischen den spezifischen Risiken des Investments in das Zielunternehmen und der Marktrisikoprämie aus. Ist das Risiko 833

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

III. Kaufpreisgestaltung Grundlage der Kaufpreisgestaltung im Unternehmenskaufvertrag sind die jeweiligen Argumentationswerte der Parteien. Ausgangspunkt ist dabei der Enterprise Value und Zielgröße der Equity Value. Als Grundformen möglicher Kaufpreisgestaltungen kommen (1.) Festpreise und (2.) variable Kaufpreise in Betracht. 1. Variabler Kaufpreis Liegt der wirtschaftliche Stichtag bei Abschluss des Unternehmenskaufvertrags in der Zukunft, ist eine konkrete Überleitung vom Enterprise zum Equity Value nicht möglich, da die dafür erforderlichen Abzugs- und Zuzugsposten bis zum Effective Date noch nicht feststehen.840 Am Vollzugsstichtag ist dann zunächst ein vorläufiger Kaufpreis fällig, der einer abschließenden Anpassung unterliegt. Dazu sieht der Unternehmenskaufvertrag einen variablen Kaufpreis vor und eine Formel zur Berechnung des endgültigen Kaufpreises zum Effective Date. Um Manipulationen des Kaufpreises durch den Verkäufer bzw. den Käufer durch Veränderungen des Nettoumlaufvermögens (Working Capital) zu verhindern, wird der Formelkaufpreis durch eine entsprechende Anpassungsklausel (sog. Working Capital Adjustment) abgesichert.841 2. Festpreis Sieht der Unternehmenskaufvertrag einen Festpreis vor, ist dieser am Vollzugsstichtag Zug um Zug gegen die Übertragung des Unternehmens vom Käufer zu zahlen.842 Eine spätere Kaufpreisanpassung findet nicht statt.843 Eine verbreitete Festpreisgestaltung ist das sog. Locked Box-Modell. Dabei wird der Kaufpreis auf der Grundlage von Finanzkennzahlen aus dem letzten Jahresabschluss berechnet.844 Das Äquivalenzverhältnis wird also auf den dafür maßgeblichen Stichtag rückbezogen, womit der wirtschaftliche Stichtag in der Vergangenheit liegt.845 Nach diesem Zeitpunkt eintretende Veränderungen gehen zugunsten und zulasten des Käufers.846 Das birgt für ihn das Risiko von Mittelabflüssen im Zeitraum des Investments in das Zielunternehmen geringer als das Marktrisiko, so ist das Beta kleiner als 1 und vice versa. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die einschlägige wirtschaftswissenschaftliche Literatur verwiesen. 840 Vgl. BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 25. 841 Vgl. BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 39 ff. 842 BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 7. 843 Vgl. BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 6. 844 Vgl. Gömöry, ZJS 2015, 153, 156; BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 15. 845 Vgl. BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 16. 846 Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 6 Rn. 1; BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 17.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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zwischen dem wirtschaftlichen Stichtag und dem Vollzug des Unternehmenskaufvertrags, die wegen der fehlenden Anpassung zu seinen Lasten gehen würden und deshalb zu unterbinden sind: Dazu enthält der Unternehmenskaufvertrag umfassende Regelungen, welche Geschäfte in diesem Zeitraum zulässig sind und welche zu einer Erstattungspflicht des Verkäufers führen (sog. Non-Leakage-Regime).847 Dieses Non-Leakage-Regime gibt dem Locked Box-Modell seinen Namen. Es erlaubt grundsätzlich nur Mittelabflüsse im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverlaufs („ordinary course of business“), verbietet aufgrund der erheblichen Missbrauchsgefahr Geschäfte mit dem Verkäufer nahestehenden Personen und macht andere Geschäfte von der Zustimmung des Käufers abhängig.848 Verletzt der Verkäufer die Ge- und Verbote des Non-Leakage-Regimes, ist er dem Käufer bzw. dem Zielunternehmen zum Ersatz der abgeflossenen Mittel verpflichtet. Dieser Anspruch unterliegt (naheliegend) nicht den Beschränkungen des Garantieregimes (siehe dazu: E.III.3.b)).849 Der Verkäufer verlangt bei einem Locked Box-Modell nicht nur die Abgabe eines Kaufpreisgebots von den Erwerbsinteressenten, sondern auch die Offenlegung der Überleitung vom Enterprise zum Equity Value mit einer detaillierten Darstellung der Zuzugs- und Abzugsposten.850 Diese sog. Equity Bridge erlaubt es, die Risikoabgrenzung der Parteien nachzuvollziehen und hilft dem Verkäufer, eine doppelte Berücksichtigung von (potenziell) wertmindernden Faktoren bei der Kaufpreisbildung und der Zusammenstellung von Garantien und Freistellungen zu vermeiden.851

E. Verkäuferseitige Garantien und Freistellungen I. Einleitung Die verkäuferseitigen Garantien und Freistellungen sind besonders wichtige Regelungen des Unternehmenskaufvertrags,852 die das allgemeine Leistungsstörungsrecht und das kaufrechtliche Gewährleistungsregime (weitgehend) verdrängen.853 Für das Verständnis dieser Regelungen ist es gleichwohl sinnvoll, zunächst die 847

Vgl. Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 36; BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 18. 848 Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 36. 849 Vgl. BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 18. 850 BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 20. 851 BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 20. 852 Vgl. Gömöry, ZJS 2015, 153, 156; Müller, NJW 2002, 1026. 853 Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 106; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 34; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530; Hilgard, BB 2016, 1218, 1221; Jaques, BB 2002, 417; Koppmann, BB 2014, 1673; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 207; Meyer, WM 2012, 2040; Müller, NJW 2002, 1026; Rasner, WM 2006, 1425, 1426; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 237.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Reichweite der (II.) gesetzlichen Verantwortlichkeit des Verkäufers zu betrachten.854 Anschließend soll das im M&A-Kontext übliche Gewährleistungsregime Gegenstand der weiteren Untersuchung sein. Es teilt sich auf in (III.) Garantien („Representations & Warranties“) und (IV.) Freistellungen („Indemnifications“). Sowohl Garantien als auch Freistellungen dienen – wie das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht, das sie substituieren sollen855 – der Absicherung des subjektiven Äquivalenzverhältnisses und bilden daher das „Herzstück“ des Unternehmenskaufvertrags.856 Der Unterschied liegt darin, dass Garantien weitgehend abstrakte Risiken regeln, wohingegen Freistellungen sich auf konkret erkannte Risiken beziehen.857 II. Die gesetzliche Verantwortlichkeit des Verkäufers Der Verkäufer eines Unternehmens hat dem Käufer gemäß § 453 Abs. 1, § 433 Abs. 1 S. 2 BGB die Sache frei von (1.) Sach- und (2.) Rechtsmängeln zu verschaffen.858 Verletzt der Verkäufer diese Pflicht, stehen dem Käufer die in § 437 BGB aufgeführten (3.) Gewährleistungsrechte zu. Daneben können dem Käufer (4.) weitere Rechtsbehelfe aus dem allgemeinen Teil oder dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht zustehen. 1. Die Pflicht zur sachmangelfreien Verschaffung Der Pflicht zur sachmangelfreien Verschaffung entspricht der Verkäufer, soweit die Ist-Beschaffenheit der Kaufsache in dem Zeitpunkt des Gefahrübergangs der Soll-Beschaffenheit entspricht.859 Die Soll-Beschaffenheit wird dabei gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB primär durch die Parteien definiert und subsidiär gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 BGB anhand der vertraglich vorausgesetzten Verwendung, der üblichen Verwendung und üblichen Beschaffenheit bestimmt. Zentralbegriff des kaufrechtlichen Gewährleistungsregimes ist damit der Beschaffenheitsbegriff.860 Im Folgenden sollen zunächst abstrakte Fragen des (a)) Beschaffenheitsbegriffs diskutiert werden, die für den Unternehmenskauf von Bedeutung sind. Anschließend sollen konkrete Rechtsfragen bezüglich der (b)) Beschaffenheit eines Unternehmens untersucht werden. 854

Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49. Vgl. Hommelhoff, ZGR 1982, 366, 369. 856 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 106. 857 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 125; Hilgard, BB 2016, 1218; vgl. Seibt/ Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1 Anm. 101. 858 Zur Anwendbarkeit siehe: 1. Kapitel: § 2 C.III.2. 859 Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 434 Rn. 40; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118, 120; Medicus/Lorenz (2015), Rn. 74; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 49; Reinicke/Tiedtke, Rn. 298; Schellhammer, MDR 2002, 241, 243. 860 Gronstedt/Jörgens, ZIP 2002, 52, 54; Seibt/Reiche, DStR 2002, 1135, 1136. 855

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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a) Der Beschaffenheitsbegriff Im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen kommt es bei der Bestimmung des Beschaffenheitsbegriffs zum einen darauf an, ob dieser einen (aa)) Bezug zu den physischen Eigenschaften der Kaufsache voraussetzt und welche (bb)) zeitlichen Grenzen für ihn gelten. aa) Bezug zu den physischen Eigenschaften der Kaufsache Eine Antwort auf die Frage, was unter dem Tatbestandsmerkmal „Beschaffenheit“ zu verstehen ist, hat sich der Gesetzgeber dabei bewusst verweigert861 und die Begriffsentwicklung stattdessen dem Rechtsanwender ins Pflichtenheft geschrieben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasst der Beschaffenheitsbegriff sowohl die der Sache selbst anhaftenden Umstände, als auch alle Umweltbeziehungen der Sache, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf deren Wertschätzung haben.862 Für den Unternehmenskauf, der einen nicht körperlichen Gegenstand betrifft, ist die Streitfrage erheblich, ob der Beschaffenheitsbegriff einen Bezug zu den physischen Eigenschaften der Kaufsache voraussetzt,863 was schon wegen der Entstehungsgeschichte der Norm abzulehnen ist, die auf Art. 2 Abs. 1 VerbrGK-RL zurückgeht, der „den Verkäufer ohne Einschränkung auf physische Eigenschaften verpflichtet, ,dem Kaufvertrag gemäße Güter zu liefern‘“.864 Eine Beschränkung auf physisch vermittelte Eigenschaften ist weder dem Wortlaut der Norm zu entnehmen, noch steht sie mit dem Grundsatz subjektiver Äquivalenz im Einklang, der syste861

BT-Drucks. 14/6040, S. 213: „Der Begriff ,Beschaffenheit‘ soll nicht definiert werden“. BGH NJW 2011, 1217, 1218; BGH NJW 2013, 1948 Rn. 15; BGH v. 26. 8. 2014 – VIII ZR 335/13; BGH NJW 2016, 2874 Rn. 10. 863 Für die Notwendigkeit eines physischen Bezugs: So noch BGH, Beschl. v. 26. 8. 2014 – VIII ZR 335/13, Rn. 17; OLG Hamm NJW-RR 2003, 1360; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 434 Rn. 22; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118, 122 ff.; Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl. 2017, § 434 Rn. 3; Kindl, WM 2003, 409, 411); Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 52; Ostendorf, JZ 2011, 822; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 202. Wohl auch: Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 51 f. Gegen die Notwendigkeit eines physischen Bezugs: Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 434 Rn. 6 f.; ders., JZ 2004, 276; Dauner-Lieb/ Heidel/Lepa/Ring/Büdenbender, Das Neue Schuldrecht, 2002, § 8 Rn. 29; Canaris (2002), S. 2, 59 ff.; Häublein, NJW 2003, 388, 390 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 434 Rn. 53 f.; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 836 f.; Looschelders (2017), Rn. 38; Oechsler (2007), § 2 Rn. 80; Palzer, JURA 2011, 917, 923 f.; Redeker, NJW 2012, 2471; Reinicke/Tiedtke, Rn. 306 ff.; Schröcker, ZGR 2005, 63, 75 ff.; Thiessen (2010), S. 193 f. („metaphysische[r] Beschaffenheitsbegriff“); Wolf/Kaiser, DB 2002, 411; Zimmermann, AcP 213 (2013), 652, 666. Wohl auch: BGH NJW 2011, 1217 Rn. 13; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 434 Rn. 9. 864 BGH NJW 2016, 2874 Rn. 12. Mit Art. 2 Abs. 1 VerbrGK-RL argumentieren ebenfalls: Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 434 Rn. 6 f.; ders., JZ 2004, 276, 278 ff.; Canaris (2002), S. 2, 59; Häublein, NJW 2003, 388, 390; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 837; Münstermann, S. 64 ff.; D. Schmidt, BB 2005, 2763, 2765; Schröcker, ZGR 2005, 63, 76; MüKoHGB/Thiessen, 4. Aufl. 2016, Anh. § 25 Rn. 63. 862

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

matisch dafür streitet, die Möglichkeit der privatautonomen Gestaltung des Synallagmas nicht durch einen engen Beschaffenheitsbegriff zu beschneiden.865 Unabhängig davon, ob man diese Auffassung für den Sachkauf teilt, ist sie für den Unternehmenskauf durch § 453 Abs. 1 BGB vorgegeben:866 Der Verweis in § 453 Abs. 1 BGB ordnet eine entsprechende Anwendung der kaufrechtlichen Regelungen an. Diese Anordnung umzusetzen bedeutet auch, Unterschiede, die sich aus der Nichtkörperlichkeit des Kaufgegenstandes ergeben, bei der Rechtsanwendung angemessen zu berücksichtigen.867 In Falle eines unkörperlichen Kaufgegenstandes auf dessen physische Eigenschaften zu rekurrieren, bedeutet nämlich de facto einen Anwendungsausschluss,868 der vom Gesetzgeber erkennbar nicht gewollt war.869 Auch im Rahmen des Unternehmenskaufs ist es danach grundsätzlich erforderlich, das subjektive Äquivalenzverhältnis durch § 434 BGB zu flankieren.870 bb) Zeitliche Grenzen des Beschaffenheitsbegriffs Ferner ist die exakte Vermessung der zeitlichen Grenzen des Beschaffenheitsbegriffs beim Unternehmenskauf wichtig, wobei zwei verschiedene zeitliche Aspekte von Bedeutung sind: Erstens der ((1)) maßgebliche Zeitpunkt und zweitens die Frage, ob nur ((2)) dauerhafte oder auch vorübergehende Umstände erfasst werden. (1) Maßgeblicher Zeitpunkt Die erste zeitliche Vorgabe ist § 434 Abs. 1 S. 1 BGB unmittelbar zu entnehmen. Der gewährleistungsrechtliche Abgleich zwischen Ist- und Soll-Beschaffenheit findet danach in dem Zeitpunkt des Gefahrübergangs bzw. in dem Zeitpunkt, in dem die Gefahr übergehen würde, wenn die Ist-Beschaffenheit der Kaufsache ihrer Soll-

865 Vgl. C. Berger, JZ 2004, 276, 279 f.; Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring/Büdenbender, Das Neue Schuldrecht, 2002, § 8 Rn. 29; Knott, NZG 2002, 249, 251; Lindacher, EWiR 2016, 699 f.; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 836 f.; Oechsler (2007), § 2 Rn. 80; Picot, DB 2009, 2587, 2589; Reinicke/Tiedtke, Rn. 306 ff.; D. Schmidt, BB 2005, 2763, 2765; Schröcker, ZGR 2005, 63, 75 ff.; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 525; Zimmermann, AcP 213 (2013), 652, 666. Einschränkend insofern Canaris (2002), S. 2, 61 ff., der den Beschaffenheitsbegriff zwar weitgehend zur Disposition der Parteien stellt, ihn allerdings auf Umstände aus der Sphäre des Verkäufers begrenzt. 866 Vgl. MüKoHGB/Thiessen, 4. Aufl. 2016, Anh. § 25 Rn. 62. 867 MüKoHGB/Thiessen, 4. Aufl. 2016, Anh. § 25 Rn. 62: „Selbstredend sind unrichtige Bilanzangaben oder die Ertragsfähigkeit eines Unternehmens nicht als physische Merkmale zu begreifen, sowenig ein Unternehmen eine körperliche Sache ist. Deshalb ist die Beschaffenheit eines sonstigen Gegenstands nicht dasselbe wie die Beschaffenheit einer körperlichen Sache“. So auch: Canaris (2006), § 8 Rn. 28; Thiessen (2010), S. 177 f.; Zimmermann, AcP 213 (2013), 652, 667 f. 868 C. Berger, JZ 2004, 276, 282; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118, 124 f.; Zimmermann, AcP 213 (2013), 652, 666. 869 BT-Drucks. 14/6040, S. 242. 870 Canaris (2006), § 8 Rn. 28; Zimmermann, AcP 213 (2013), 652, 667 f.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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Beschaffenheit entspräche, statt.871 Umstände, die zu diesem Zeitpunkt entweder nicht mehr fortwirken oder noch nicht angelegt sind, können danach grundsätzlich keine gewährleistungsrechtlich erhebliche Beschaffenheit der Kaufsache darstellen.872 (2) Dauerhafte und vorübergehende Umstände Eine andere Frage ist, ob der Beschaffenheitsbegriff nur solche Umstände erfasst, die nicht nur vorübergehend, sondern auf gewisse Dauer bestehen.873 Eine derartige Beschränkung des Beschaffenheitsbegriffs verträgt sich nicht mit der Vergänglichkeit des Seins, weil keine Eigenschaft von Dauer ist, was folgendes Beispiel illustriert: Die Eignung von Lebensmitteln zum Verzehr ist zweifelsohne eine Beschaffenheit i.S.v. § 434 BGB, wobei genauso wenig Zweifel bestehen, dass diese Eigenschaft nur vorübergehender Natur ist, oft nur wenige Tage, teilweise nur einige Stunden besteht. Die Parallele zum dynamischen, sich stetig wandelnden Unternehmen ist dabei größer, als es auf den ersten Blick scheint. Dem könnte zwar entgegengehalten werden, die proklamierte zeitliche Beschränkung werde als „auf Dauer“ anstatt „auf gewisse Dauer“ missverstanden, womit über die Möglichkeit hinweggegangen werde, den zeitlichen Horizont an die Bedürfnisse des jeweiligen Falls anzupassen.874 Eine so verstandene zeitliche Beschränkung des Beschaffenheitsbegriffs wäre mangels Trennschärfe allerdings nicht geeignet, einen – wie auch immer gearteten – Mehrwert zu erzeugen, weshalb sie grundsätzlich abzulehnen ist.875 Der Beschaffenheitsbegriff erfasst damit alle zum Zeitpunkt des (hypothetischen) Gefahrübergangs bestehenden Umstände, auch wenn sie nur vorübergehender Natur sind.876

871 Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 434 Rn. 5. Bei einer Abweichung der Istvon der Soll-Beschaffenheit geht die Gefahr nicht über. Daher ist hier der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Gefahr übergehen würde, wenn die Kaufsache mangelfrei wäre. 872 Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 434 Rn. 5; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 434 Rn. 34 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 434 Rn. 56; Reinicke/ Tiedtke, Rn. 312, 390; Westermann, MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 434 Rn. 50; a.A. Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 414. 873 So Huber, AcP 202 (2002), 178, 228; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 53. 874 Vgl. Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 53: „Allerdings darf dieses Kriterium vor dem Hintergrund des subjektiven Mangelbegriffes nicht zu streng verstanden werden. Es genügt jede nicht ganz flüchtige negative Abweichung bei Gefahrübergang, z. B. eine nicht ganz kurzfristige Krankheit eines verkauften Tieres“. 875 Vgl. Eidenmüller, ZGS 2002, 290, 295; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 434 Rn. 24; Knott, NZG 2002, 249, 251; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 434 Rn. 55; Reinicke/Tiedtke, Rn. 312 ff.; D. Schmidt, BB 2005, 2763, 2766 f.; MüKoBGB/ Westermann, 7. Aufl. 2016, § 434 Rn. 9. 876 Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, BGB, § 434 Rn. 55; Reinicke/Tiedtke, Rn. 314.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

b) Beschaffenheit eines Unternehmens aa) Sachlicher Bezugspunkt Bezugspunkt der Beschaffenheit beim Unternehmenskauf ist das Unternehmen als wirtschaftliche Funktionseinheit (siehe dazu: § 1 A.) selbst und nicht die unternehmenszugehörigen Vermögensgegenstände.877 Die Beschaffenheit einzelner unternehmenszugehöriger Gegenstände ist deshalb nur insoweit relevant, wie sie die Beschaffenheit des gesamten Unternehmens betreffen, der Mangel des Einzelgegenstandes also auf das Unternehmen „durchschlägt“.878 bb) Zeitlicher Bezugspunkt In zeitlicher Hinsicht kommen für den nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB maßgeblichen (hypothetischen) Gefahrübergang mit dem wirtschaftlichen Stichtag und dem Vollzugsstichtag (siehe dazu: C.III.) gleich zwei Zeitpunkte in Betracht. Fallen diese Zeitpunkte auseinander, stellt sich die Frage, auf welchen dieser Zeitpunkt kaufrechtlich abzustellen ist. Mit der Übergabe der verkauften Sache geht gemäß § 446 S. 1 BGB die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über. Stellt das Gesetz damit auf die Verschaffung der tatsächlichen Herrschaft ab (siehe dazu: C.I.2.), spricht das dafür, beim Unternehmenskauf auf den Vollzugsstichtag zu rekurrieren.879 Zweifel an dieser Sichtweise begründet jedoch § 446 S. 2 BGB. Danach gebühren dem Käufer ab der Übergabe die Nutzungen der Sache und er hat deren Lasten zu tragen. Das Gesetz geht also von einem Gleichlauf zwischen dem Übergang der wirtschaftlichen Chancen und Risiken und dem Gefahrübergang aus: In der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit des Käufers liegt die Rechtfertigung, diesem das Risiko des zufälligen Untergangs der Kaufsache zuzuweisen.880 Das wiederum spricht dafür, auf den wirtschaftlichen Übergang der Kaufsache abzustellen, beim Unternehmenskauf also von einem Übergang der Preisgefahr zum wirtschaftlichen Stichtag auszugehen. Dem stehen allerdings nicht nur der klare Wortlaut des § 446 S. 1 BGB, sondern auch schwerwiegende systematische Bedenken entgegen: Die Frage der in 877 Vgl. Barnert, WM 2003, 416, 422; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2016, § 16 Rn. 4; Canaris (2006), § 8 Rn. 21; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 80; BeckOKBGB/ Faust, 43. Ed. 2017, § 453 Rn. 27; M. Fischer, DStR 2004, 276; Lorenz, FS Heldrich, 2005, S. 305, 325; Palzer, JURA 2011, 917, 926; Picot, DB 2009, 2587, 2591; Schröcker, ZGR 2005, 63, 72 f.; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 192; Thiessen (2010), S. 180; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 525. 878 OLG Köln ZIP 2009, 2063 Rn. 33; Canaris (2006), § 8 Rn. 35 ff.; Palzer, JURA 2011, 917, 926; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 525; vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 434 Rn. 183. 879 MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 39. 880 Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 446 Rn. 2; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 446 Rn. 5.

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§ 446 BGB geregelten881 Preisgefahr stellt sich erst nach dem Übergang der Sachgefahr.882 Bei einer Gattungsschuld geht die Sachgefahr gemäß § 243 Abs. 2 BGB allerdings erst über, wenn der Schuldner das zur Leistung einer solchen Sache seinerseits Erforderliche getan hat. Würde man bei der Auslegung des § 446 S. 1 BGB daher nur an den wirtschaftlichen Übergang anknüpfen, könnte die Preisgefahr die Sachgefahr in Fällen des Gattungskaufs überholen. Auch teleologisch darf nicht übersehen werden, dass der wirtschaftliche Übergang zwar als Rechtfertigung für den Übergang der Preisgefahr herangezogen werden kann, der tatsächliche Zugriff auf die Sache dabei allerdings vorausgesetzt wird.883 Maßgeblich für den Gefahrübergang ist danach ausschließlich der Vollzugsstichtag. cc) Mögliche Gegenstände Zur Beschaffenheit des Zielunternehmens können danach alle Umstände zählen, die am Vollzugsstichtag in diesem angelegt sind. Dazu zählen etwa fehlende öffentlich-rechtliche Erlaubnisse und Genehmigungen,884 Umstände, die den Goodwill des Unternehmens zu beschädigen geeignet sind,885 aber auch historische Finanzkennzahlen.886 Sie sind Ausdruck der dem Zielunternehmen anhaftenden Fähigkeit, Umsätze und Erträge zu generieren.887 Da diese Fähigkeit in dem Zeitpunkt des Gefahrübergangs fortwirkt, ist es verkürzt, darin einen abgeschlossenen, nicht mehr gegenwärtigen Umstand zu sehen. 2. Die Pflicht zur rechtsmangelfreien Verschaffung Der Verkäufer erfüllt seine Pflicht zur rechtsmangelfreien Verschaffung der Kaufsache aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen 881 BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 446 Rn. 16; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 382; Reinicke/Tiedtke, Rn. 156; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 446 Rn. 1. 882 BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 446 Rn. 13. 883 BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 446 Rn. 1; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 446 Rn. 1. 884 Canaris (2006), § 8 Rn. 29. 885 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 105; Canaris (2006), § 8 Rn. 30; Wolf/ Kaiser, DB 2002, 411, 413 f. 886 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 105; Canaris (2006), § 8 Rn. 31; Eidenmüller, ZGS 2002, 290, 295; Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 46 ff. Staudinger/MatuscheBeckmann, BGB, 2013, § 434 Rn. 63; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn 330, Reinicke/Tiedtke, Rn. 1252 ff.; Schröcker, ZGR 2005, 63, 80; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 525; Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 414. Schon zum alten Recht: Immenga, AcP 171 (1971), 1 ff. A.A. Grigoleit/ Herresthal, JZ 2003, 118, 125; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 202, 229. 887 Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 46 f.; Immenga, AcP 171 (1971), 1, 12 f.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

können, § 435 S. 1 BGB. Die ratio legis des § 435 S. 1 BGB besteht darin, den Käufer davor zu schützen, durch Dritte in der Ausnutzung seiner erworbenen Rechtsposition gestört zu werden.888 Ein Rechtsmangel des Unternehmens liegt dementsprechend vor, soweit der Wahrnehmung der Geschäftstätigkeit Rechte Dritter entgegenstehen.889 Auch die Belastung von Anteilen beim Share Deal (z. B. Verpfändung von GmbH-Geschäftsanteilen an eine finanzierende Bank) begründet damit ohne Weiteres einen Rechtsmangel.890 Maßgeblicher Zeitpunkt, in dem der Kaufgegenstand beim Sachkauf frei von Rechtsmängeln sein muss, ist der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs.891 Bei entsprechender Anwendung gemäß § 453 Abs. 1 BGB meint das den Zeitpunkt, in dem der Käufer die uneingeschränkte rechtliche Herrschaft über das Zielunternehmen erlangt. Das ist bei einem Vollzug als Share Deal der Zeitpunkt der Anteilsübertragung und bei einem Asset Deal der Zeitpunkt der letzten Einzelrechtsübertragung. 3. Gewährleistungsrechte des Käufers Verletzt der Verkäufer seine Pflicht zur sach- und rechtsmangelfreien Verschaffung des Zielunternehmens, stehen dem Käufer die Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB zu. a) Nacherfüllung, §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB Der Käufer kann gemäß § 439 Abs. 1 BGB als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Im Fall des Unternehmenskaufs ist der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung aufgrund des Stückschuldcharakters wegen Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.892 Aber auch der Nachbesserungsanspruch wird in vielen Fällen an § 275 Abs. 1 BGB scheitern. Paradigmatisch ist insofern der durch fehlerhafte Finanzkennzahlen begründete Sachmangel des Zielunternehmens, der sich logisch nicht beheben lässt, weil ein nachträglicher Ausgleich keine Änderung der finanziellen Verhältnisse des Zielunternehmens im Berichtszeitraum bewirkt.893 888

Rn. 4. 889

Canaris (2006), § 8 Rn. 33; Westermann, MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 435

Canaris (2006), § 8 Rn. 33; ders., FS Georgiades, 2006, S. 71, 86. Thiessen (2010), S. 214. 891 BGHZ 113, 106; RGZ 111, 86, 89; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 435 Rn. 5; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 91; Reinicke/Tiedtke, Rn. 391; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 435 Rn. 2; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 435 Rn. 6. 892 Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 54; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 193; Hilgard, BB 2016, 1218, 1220 f.; Schröcker, ZGR 2005, 63, 82; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 526. 893 Barnert, WM 2003, 416, 422; Canaris (2006), § 8 Rn. 31; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 193; Kindl, WM 2003, 409, 412; Schröcker, ZGR 2005, 63, 82; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 526); Weitnauer, NJW 2002, 2511, 2514; Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 418. 890

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

159

Bedeutung kann die Nacherfüllung erlangen, soweit Betriebsmittel fehlen,894 diese belastet sind oder eine Einweisung des Käufers unterblieben ist.895 b) Rücktritt, § 437 Nr. 2 Var. 1 i.V.m. §§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB Die dem Käufer durch § 437 Nr. 2 Var. 1 i.V.m. §§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB gewährten Rücktrittsrechte werden in der Literatur fast uni sono als für den Unternehmenskauf unpassend eingeschätzt:896 Die Herausgabe eines Unternehmens durch den Käufer sei nur schwer möglich, weil sich das Unternehmen in einem fortlaufenden Wandel befinde,897 komplex und für die Stellung des Unternehmens am Markt schädlich.898 Um diesen Schwierigkeiten auszuweichen, wird diskutiert, sich des Rücktritts durch die Anwendung des § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf Rechtsfolgenseite zu entledigen:899 Nach dieser Vorschrift komme – so eine teilweise vertretene Ansicht – die Rückabwicklung eines Unternehmenskaufs regelmäßig nicht in Betracht.900 Dem ist in dieser Pauschalität allerdings nicht zu folgen: Die bloße Fortführung stellt noch keine Umgestaltung oder Verarbeitung des Zielunternehmens dar. Die Anwendung von § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB setzt vielmehr Maßnahmen von gewisser Erheblichkeit voraus, wie etwa umwandlungsrechtliche Umgestaltungen.901 Solange es sich um Maßnahmen des üblichen Geschäftsgangs handelt, bleibt es bei einer Rückabwicklung in natura.902 Eine tatbestandliche Einschränkung erfährt das Rücktrittsrecht allerdings durch § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, wonach der Rücktritt im Fall der Schlechtleistung ausgeschlossen ist, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Da die Beurteilung der Unerheblichkeit i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB auf der

894

82. 895

Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 54; Knott, NZG 2002, 249, 252; Schröcker, ZGR 2005, 63,

Vgl. Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 54, der eine Einweisungspflicht des Verkäufers allerdings ablehnt. 896 Vgl. Bisle, DStR 2013, 364, 365; Blunk/Rabe, GmbHR 2011, 408; Bormann/ O. Trautmann, GmbHR 2016, 116, 123; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33 f.; Gronstedt/Jörgens, ZIP 2002, 52, 61; Hilgard, BB 2016, 1218, 1220; Knott, NZG 2002, 249, 253; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 527; Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 418. Differenzierter: BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 43 Rn. 103 ff. 897 Bisle, DStR 2013, 364, 365; Gronstedt/Jörgens, ZIP 2002, 52, 61; Hilgard, BB 2016, 1218, 1221; Knott, NZG 2002, 249, 253; Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 418. 898 Knott, NZG 2002, 249, 253. 899 Vgl. Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 56; Gronstedt/Jörgens, ZIP 2002, 52, 61; Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 418. 900 Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 418. Wohl auch: Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 56. 901 Ähnlich Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 194, der insofern von „umfassenden Integrationsmaßnahmen“ spricht. 902 Ähnlich, aber tendenziell strenger: Schröcker, ZGR 2005, 63, 84.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung erfolgt,903 kann die Komplexität der Rückabwicklung durchaus Berücksichtigung finden.904 Im Übrigen steht aber auch dem Käufer eines mangelhaften Unternehmens grundsätzlich ein Rücktrittsrecht zu, das nicht durch einen exzessiven Rekurs auf § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB entwertet werden darf. Die dagegen erhobenen Einwände aus Praxis und Literatur vermögen zwar de lege ferenda zu überzeugen, ermächtigen den Rechtsanwender aber nicht zu einer Beschneidung der Käuferrechte de lege lata.905 Ferner sollte nicht übersehen werden, dass sich die Rückabwicklungsproblematik auch bei der Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen stellt, weil der Anspruch des Käufers hier gemäß § 249 Abs. 1 BGB auf Naturalrestitution und damit auch Rückabwicklung gerichtet ist.906 c) Minderung, § 437 Nr. 2 Var. 2 BGB Auch das Minderungsrecht aus § 441 BGB wird in der M&A-Literatur gelegentlich als Argument gegen das kaufrechtliche Gewährleistungsregime angeführt: Dessen Rechtsfolge sei – wie die Rechtsfolge des Rücktrittsrechts – für den Unternehmenskauf unpassend,907 weil der Mangelunwert nur schwer zu bewerten sei.908 Und tatsächlich zieht die Minderung einen nicht unbeachtlichen Bewertungsaufwand nach sich, da sowohl der Wert des mangelfreien als auch des mangelhaften Unternehmens bei Vertragsschluss zu ermitteln sind, § 441 Abs. 3 S. 1 BGB.909 Allerdings ist eine solche Bewertung auch bei der Schadensermittlung bei einem auf Geld gerichteten Schadensersatzanspruch erforderlich, weswegen es sich dabei um kein spezifisches Problem der Minderung handelt: Auch die käuferseitigen Garantien, die einen (verschuldensunabhängigen) Schadensersatzanspruch in Geld be903 BGH NJW 2013, 1365, 1366; BGH NJW 2014, 3229; BGH NJW 2017, 153, Rn. 27; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 323 Rn. 32; Looschelders, JR 2007, 309. 904 Ähnlich, aber m. E. zu weitgehend Gronstedt/Jörgens, ZIP 2002, 52, 62. 905 So auch MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 453 Rn. 45: „Die Bedenken gegen die Praktikabilität eines Rücktritts von einem Unternehmenskaufvertrag, die allgemein geteilt werden, dürfen nicht dahin verstanden werden, dass der Rücktritt auch rechtlich außer Betracht zu lassen ist, da seine Voraussetzungen im Einzelfall durchaus vorliegen können.“; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 208; und auch Schröcker, ZGR 2005, 63, 83 f. weist darauf hin, dass die lex lata keinen Ausschlussgrund für den Unternehmenskauf kennt und die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion nicht erfüllt sind. 906 Vgl. BGHZ 115, 213 Rn. 40; BGH NJW 1998, 302 Rn. 24; Erman/Ebert, BGB, 15. Aufl. 2017, § 249 Rn. 14; MüKoBGB/Oetker, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 355. 907 Bisle, DStR 2013, 364, 365; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 34; Hilgard, BB 2016, 1218, 1221; a.A. Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 209 der – m. E. überzeugend – in der Minderung einen „im Grundsatz sachgemäß[en] Rechtsbehelf“ sieht. 908 Bisle, DStR 2013, 364, 365; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 34; Hilgard, BB 2016, 1218, 1221. 909 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 195; Knott, NZG 2002, 249, 253.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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gründen, nehmen für die Schadensberechnung auf den Kaufpreis Bezug.910 Ferner entschärft sich die Bewertungsproblematik zum einen durch die nach § 441 Abs. 3 S. 2 BGB mögliche Schätzung des Minderungsbetrags.911 Zum anderen wird im Zuge der Transaktion regelmäßig eine Unternehmensbewertung durchgeführt, die eine ausreichende Datengrundlage liefert. d) Schadensersatz, § 437 Nr. 3 Var. 1 i.V.m. §§ 440, 280, 281, 283, 311a BGB Der Verkäufer haftet dem Käufer gemäß § 437 Nr. 3 Var. 1 i.V.m. §§ 440, 280, 281, 283, 311a BGB für Mängel der Kaufsache und deren Folgen auf Schadensersatz, soweit er die Mangelhaftigkeit der Kaufsache – was vermutet wird – zu vertreten hat.912 Bedeutender als die verschiedenen Tatbestände, auf die der Käufer seinen Anspruch stützen kann, sind die Rechtsfolgen, die diese Ansprüche nach dem allgemeinen Schadensrecht der §§ 249 ff. BGB zeitigen. Der Verkäufer haftet für sämtliche Schäden, die dem Käufer aus der Mangelhaftigkeit der Kaufsache erwachsen in unbegrenzter Höhe auf das positive Interesse. Davon erfasst sind auch mittelbare Schäden, wie etwa der entgangene Gewinn, § 252 BGB. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich die potenziell ruinösen Folgen vorzustellen, die diese weitreichende Haftung für den Unternehmensverkäufer haben kann. 4. Weitere Rechtsbehelfe des Käufers a) Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung Neben den gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfen kommen für den Käufer Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Pflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB in Betracht. Das von § 280 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Schuldverhältnis entsteht bereits mit dem Versand des Teasers (siehe dazu: § 3 B.) als gesetzliches Schuldverhältnis gemäß § 311 Abs. 2 BGB und wird ggf. zu einem späteren Zeitpunkt – etwa durch den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung (siehe dazu: § 3 C.) – durch ein vertragliches Schuldverhältnis ersetzt. Vor der Schuldrechtsreform wurde mit der Anknüpfung an vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzungen und den daraus erwachsenen Ansprüchen aus culpa in contrahendo das Gewährleistungsrecht im Bereich des Unternehmenskaufs durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weitgehend substituiert.913 Das hatte seine Ursache in den Unzulänglichkeiten des alten Kaufrechts. Dies sah in § 477 910 Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 53; vgl. Huber, AcP 202 (2002), 179, 216 f., der zur Berechnung des Schadensersatzes aus c.i.c. auf die Minderung rekurriert. 911 Knott, NZG 2002, 249, 253. 912 Vgl. dazu Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 196 f. 913 Kindl, WM 2003, 409; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 200.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Abs. 1 S. 1 BGB a.F. eine Verjährungsfrist von nur sechs Monaten vor. Außerdem war die Schadensersatzpflicht des Verkäufers gemäß § 463 BGB a.F. auf das Fehlen zugesicherter Eigenschaften und Arglist beschränkt. Das wurde als unpassend empfunden und verleitete die Rechtsprechung zu einer Beschränkung des Anwendungsbereichs des Gewährleistungsrechts durch eine engen Auslegung des Fehlerbegriffs des § 459 Abs. 1 BGB a.F.914 Mit der Annäherung der kaufrechtlichen Verjährung an die Regelverjährung und der Schaffung eines Schadensersatzanspruchs für fahrlässige Schlechtleistung sind die Gründe für die „Flucht“915 in die culpa in contrahendo entfallen.916 Die wachsende Bedeutung, die dem kaufrechtlichen Gewährleistungsregime dadurch infolge der Schuldrechtsmodernisierung zugekommen ist, muss mit einer Einschränkung des Anwendungsbereichs der Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung einhergehen. Andernfalls drohten die Wertungen des Gewährleistungsrechts unterlaufen zu werden, weil sich die Rechtsfolgen von culpa in contrahendo und Gewährleistungsrecht nach wie vor unterscheiden:917 Zum einen hängen Ansprüche wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen nicht von der Erfüllung der Obliegenheit des Käufers ab, dem Verkäufer eine zweite Andienung zu ermöglichen.918 Zum anderen bestehen auch nach der Schuldrechtsreform noch Unterschiede in der Verjährung von gewährleistungsrechtlichen Ansprüchen und solchen aus culpa in contrahendo.919 Auch die Einschränkung der

914 OLG Köln ZIP 2009, 2063 Rn. 41; Barnert, WM 2003, 416; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 834; vgl. Kindl, WM 2003, 409; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 522 f. 915 Barnert, WM 2003, 416; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 834. 916 BT-Drucks. 14/6040, S. 242; Dauner-Lieb/Thiessen, ZIP 2002, 108, 110; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 835 ff.; Schaub, AcP 202 (2002), 757, 782 f.; Schröcker, ZGR 2005, 63, 89; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 525; a.A. Barnert, WM 2003, 416 ff. 917 Vgl. BGHZ 180, 205 Rn. 13 ff.; Brors, WM 2002, 1780, 1782 f.; Dauner-Lieb/Heidel/ Lepa/Ring/Büdenbender, Das Neue Schuldrecht, 2002, § 8 Rn. 72; Canaris (2002), S. 2, 88; Erman/Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. § 437 Rn 15; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 201; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 830 ff.; Oechsler (2007), § 2 Rn. 298; Oetker/ Maultzsch (2013), § 2 Rn 329; Reinicke/Tiedtke, Rn. 860; H. Roth, JZ 2009, 1174; Schaub, AcP 202 (2002), 757, 782 f.; Schröcker, ZGR 2005, 63, 89; Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl. 2018, § 437 Rn. 51a; Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 419; a.A. BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, 437 Rn. 189 und Derleder, NJW 2004 969, 974 ff., der einen Wertungswiderspruch auf Rechtsfolgenseite vermeiden möchte. 918 Brors, WM 2002, 1780, 1782 f.; Canaris (2002), S. 2, 88; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 826 f.; Oechsler (2007), § 2 Rn. 298; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 329; Redeker, NJW 2012, 2471, 2472; Reinicke/Tiedtke, Rn. 860; H. Roth, JZ 2009, 1174 f.; MüKoBGB/ Westermann, 7. Aufl. 2016, § 437 Rn. 57; a.A. BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 437 Rn. 189. 919 B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 828; Oechsler (2007), § 2 Rn. 298; Redeker, NJW 2012, 2471, 2472; Reinicke/Tiedtke, Rn. 860; Schaub, AcP 202 (2002), 757, 782; Schröcker, ZGR 2005, 63, 89; Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 419.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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Rechtsbehelfe des Käufers in § 442 BGB würde durch ein Nebeneinander von culpa in contrahendo und Gewährleistungsrecht umgangen.920 Soweit sich die Verletzung von vorvertraglichen Pflichten auch auf die SollBeschaffenheit921 des Kaufgegenstandes bezieht, kommt eine Anwendung der Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung neben dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht ab dem (hypothetischen) Gefahr- bzw. Eigentumsübergang922 danach grundsätzlich nicht mehr in Betracht.923 Dieser Vorrang des Gewährleistungsrechts lässt sich mit dem Grundsatz lex specialis derogat legi generali begründen.924 Dass es sich bei den gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfen um lex specialis auch für vorvertragliche Pflichtverletzungen handelt, die einen Mangel begründen, wird in den § 437 Nr. 3, § 438 Abs. 3, § 442 Abs. 1 S. 2, §§ 444, 445 BGB deutlich: Wenn § 437 Nr. 3 BGB auch § 311a Abs. 2 BGB in Bezug 920 Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn 329; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 828; Reinicke/ Tiedtke, Rn. 860. 921 Der Vorrang erfasst also keine Umstände, die nur möglicher Gegenstand der Soll-Beschaffenheit der Kaufsache sind, was in Anbetracht gerade in Ansehung des hier vertretenen weiten Beschaffenheitsbegriffs geboten ist, um unbillige Haftungslücken zu vermeiden. So auch: Canaris (2002), S. 2, 89 f.; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118, 126; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 839 f.; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn 331; Reinicke/Tiedtke, Rn. 860; H. Roth, JZ 2009, 1174; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 437 Rn. 57; a.A. Erman/ Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. § 437 Rn 15; Schaub, AcP 202 (2002), 757, 782. 922 Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1378; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 437 Rn. 77; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 831; a.A. Erman/Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. § 437 Rn. 15, nach deren Auffassung es nicht auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs ankommt. 923 Vgl. BGHZ 180, 205 Rn. 19 ff.; Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 437 Rn. 33 f.; Brors, WM 2002, 1780, 1782 f.; Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1378; Dauner-Lieb/ Heidel/Lepa/Ring/Büdenbender, Das Neue Schuldrecht, 2002, § 8 Rn. 72; Canaris (2002), S. 2, 88; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118, 126; Erman/Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. § 437 Rn 15; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 832; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 329; Reinicke/Tiedtke, Rn. 860; H. Roth, JZ 2009, 1174; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 437 Rn. 25; Schaub, AcP 202 (2002), 757, 782 f.; Schröcker, ZGR 2005, 63, 89; MüKoBGB/ Westermann, 7. Aufl. 2016, § 437 Rn. 57; Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 419; a.A. Barnert, WM 2003, 416 ff.; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 437 Rn. 189; Häublein, NJW 2003, 388, 391 ff. 924 Canaris (2002), S. 2, 88; Gaul, ZHR 166 (2002), 35, 43; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 201; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 437 Rn. 73; Oechsler (2007), § 2 Rn. 298; a.A. Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn 329, der von „teleologischen Subsidiarität“ ausgeht. B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 822 sieht in dem Abstellen auf Spezialität einen methodischen Fehler. Der Verweis auf „den spezielleren […] Charakter des einen Regelungskomplexes“ enthebe „nicht von der Prüfung, ob dieser Regelungskomplex die ihm unterfallenden Sachverhalte abschließend regeln“ wolle. Darin liegt m. E. jedoch kein Widerspruch zu der hier vertretenen Ansicht, sondern nur der Hinweis auf eine Selbstverständlichkeit. Weil das Postulat der Spezialität die Annahme, dass die speziellere Norm den Sachverhalt im Verhältnis zur allgemeineren Regel abschließend regelt, inkludiert, führt die Annahme von Spezialität nicht dazu, dass der Unterschied zwischen freier und verdrängender Anspruchskonkurrenz übergangen wird. Die von Mertens a.a.O. erhobenen Einwände gegen die Auffassung von Gaul a.a.O. werden daher nicht geteilt.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

nimmt, geht es um die Verletzung der vorvertraglichen Pflicht, sich seines Leistungsvermögens zu vergewissern.925 Der Rekurs in den § 438 Abs. 3, § 442 Abs. 1 S. 2, §§ 444, 445 BGB auf die Arglist des Verkäufers knüpft ebenfalls an ein vorvertragliches Verhalten an, was die These widerlegt, bei der Haftung aus culpa in contrahendo und dem Gewährleistungsrecht handle es sich um voneinander unabhängige Haftungssysteme, die unterschiedlichen Voraussetzungen unterlägen und die deshalb in freier Anspruchskonkurrenz nebeneinander anwendbar seien.926 Leitet man mit der hier vertretenen Auffassung den Vorrang des Gewährleistungsrechts gegenüber der Haftung aus culpa in contrahendo aus dem lex specialisGrundsatz ab, ist es nur konsequent, auch in Fällen arglistiger Täuschung des Verkäufers bei Vertragsschluss eine Haftung aus culpa in contrahendo abzulehnen.927 Dieser Schluss ist auch interessengerecht: Das Gewährleistungsrecht ist für die Konfrontation mit dem unredlichen Verkäufer gewappnet,928 wie ein Blick in die § 438 Abs. 3, § 442 Abs. 1 S. 2, §§ 444, 445 BGB zeigt.929 Dass es dem Käufer danach grundsätzlich obliegt, auch dem unredlichen Verkäufer die Möglichkeit zur zweiten Andienung einzuräumen, ist hinzunehmen.930 Zum einen kann in Härtefällen durch § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB und § 281 Abs. 2 Var. 3 BGB Abhilfe geschaffen werden.931 Zum anderen hat der Verkäufer die Möglichkeit, den Vertrag gemäß § 123 Abs. 1 BGB anzufechten und so den Weg für eine Haftung des Verkäufers aus culpa in contrahendo freizumachen, wobei sein Anspruch in diesem Fall auf das negative Interesse beschränkt ist.932 925

Vgl. Canaris (2002), S. 2, 88. Vgl. Looschelders, JR 2007, 309, 310; so aber BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 437 Rn. 189. 927 I.E. auch: Looschelders, JR 2007, 309, 310; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 830 ff.; H. Roth, JZ 2009, 1174, 1175; Schaub, AcP 202 (2002), 757, 783; Jauernig/Stadler, BGB, 16. Aufl. 2015, § 311 Rn. 38. Wohl auch: Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 419. A.A. BGHZ 180, 205 Rn. 24; Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 437 Rn. 33; Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1378; Erman/Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. § 437 Rn 17; Lorenz, NJW 2006, 1925, 1927; ders., NJW 2007, 1, 4; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 437 Rn. 75; Oechsler (2007), § 2 Rn. 298, der auf das Prinzip „fraus omni[a] corrumpit“ abstellt, das m. E. in der lex lata jedoch nur eingeschränkt Niederschlag gefunden hat; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn 329; Reinicke/Tiedtke, Rn. 861; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 437 Rn. 25; Schröcker, ZGR 2005, 63, 89 f. weist darauf hin, dass das negative Interesse das positive Interesse übersteigen kann. Es scheint mir aber nicht sachgerecht, dem am Vertrag festhaltenden Käufer das negative Interesse zuzusprechen. Der Käufer, der das negative Interesse durchsetzen möchte, möge sich durch Anfechtung vom Vertrag lösen; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 437 Rn. 57. 928 Looschelders, JR 2007, 309, 310; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 830 ff.; H. Roth, JZ 2009, 1174, 1175; Schaub, AcP 202 (2002), 757, 783; Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 419. 929 Looschelders, JR 2007, 309, 310. 930 Looschelders, JR 2007, 309, 310; B. Mertens, AcP 203 (2003), 818, 830 ff.; H. Roth, JZ 2009, 1174, 1175; a.A. Oechsler (2007), § 2 Rn. 298. 931 Looschelders, JR 2007, 309, 310. 932 Looschelders, JR 2007, 309, 310. 926

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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b) Anfechtung Das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung ist durch das Gewährleistungsrecht nicht verdrängt.933 Das liegt an den divergierenden Schutzzwecken von täuschungsbedingter Anfechtung und Gewährleistungsrecht:934 Die durch § 123 BGB geschützte rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit erfährt durch das Gewährleistungsrecht keinen Schutz.935 Das Anfechtungsrecht wegen eines Eigenschaftsirrtums ist dagegen nach dem (hypothetischen) Gefahr- bzw. dem Eigentumsübergang weitgehend durch das Gewährleistungsrecht verdrängt. Zwar dient auch § 119 Abs. 2 BGB dem Schutz rechtsgeschäftlicher Entscheidungsfreiheit.936 Anders als in der Regelungssituation des § 123 BGB entfällt im Falle des § 119 Abs. 2 BGB allerdings die Schutzwürdigkeit des Verkäufers nicht. Deshalb ist der Gefahr, der Umgehung der kaufrechtlichen Verjährung und des Ausschlusses des § 442 BGB durch eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB, mit einem dahingehenden Anwendungsausschluss zu begegnen.937 c) Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB Auch die Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB werden durch das Gewährleistungsrecht verdrängt, soweit die Störung der Geschäftsgrundlage aus Umständen abgeleitet wird, die einen Sachmangel begründen.938 Der Käufer kann sich insbesondere nicht der Grundsätze über die Störung der

933 Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 437 Rn. 31; Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/ Ring/Büdenbender, Das Neue Schuldrecht, 2002, § 8 Rn. 72; Derleder, NJW 2004, 969, 970; Erman/Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, Vorb. § 437 Rn 30; Lorenz, NJW 2006, 1925, 1926; ders., NJW 2007, 1, 4; Reinicke/Tiedtke, Rn. 803 ff.; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 437 Rn. 26. 934 Lorenz, NJW 2007, 1, 4. 935 Lorenz, NJW 2007, 1, 4. 936 Staudinger/Singer, BGB, 2017, § 119 Rn. 1; vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 7. Aufl. 2015, Vor. § 116 Rn. 20 f.; W. Flume (1992), § 21. 937 BGHZ 34, 32 Rn. 25; RGZ 61, 171, 175; Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 437 Rn. 31 f.; Brors, WM 2002, 1780, 1781 f.; Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1378; DaunerLieb/Heidel/Lepa/Ring/Büdenbender, Das Neue Schuldrecht, 2002, § 8 Rn. 72; Erman/Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, Vor. § 437 Rn 23; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 437 Rn. 24 ff.; Oechsler (2007), § 2 Rn. 299; Reinicke/Tiedtke, Rn. 792 ff.; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 437 Rn. 27; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 437 Rn. 53; a.A. BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 437 Rn. 182 f. 938 BGHZ 191, 139 Rn. 12 ff.; Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 437 Rn. 32 f.; Erman/Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, Vor. § 437 Rn 19; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 437 Rn. 43 f.; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 437 Rn. 28; MüKoBGB/ Westermann, 7. Aufl. 2016, § 437 Rn. 56.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Geschäftsgrundlage bedienen, um die Wirkung eines vertraglichen Haftungsausschlusses zu unterlaufen.939 III. Garantien Im Folgenden soll das Garantieregime des Unternehmenskaufvertrags untersucht werden. Dazu ist zunächst der (1.) Garantiebegriff zu erörtern. Im Fortgang widmet sich die Bearbeitung dem Aufbau von Garantieklauseln in Unternehmenskaufverträgen auf Ebene des (2.) Tatbestandes und der (3.) Rechtsfolgen von Garantieverletzungen sowie der (4.) Zusammenstellung der Garantien in Unternehmenskaufverträgen. 1. Der Garantiebegriff Der Begriff „Garantie“ begegnet dem Rechtsanwender an verschiedenen Stellen des Bürgerlichen Gesetzbuches, das erste Mal in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB. Danach hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffenheitsrisikos, zu entnehmen ist. Wie sich aus dem Regelungszusammenhang ergibt, beschreibt der Garantiebegriff in diesem Kontext einen Verantwortlichkeitsmaßstab: Als Ausnahme zum in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB niedergelegten Verschuldensgrundsatz steht der Schuldner, soweit er eine Garantie abgegeben hat, verschuldensunabhängig für einen Umstand ein. Das nächste Mal tritt der Garantiebegriff in den §§ 442 bis 445 BGB in Erscheinung und wird dabei in § 443 BGB legaldefiniert, der auf eine sachliche oder personelle Ausweitung der Gewährleistungsrechte des Käufers abstellt. In der wissenschaftlichen Diskussion findet sich daneben die Differenzierung zwischen selbstständigen und unselbstständigen Garantieversprechen. Letzteres soll danach vorliegen, wenn der Käufer daraus keine über die kaufrechtliche Gewährleistung hinausgehenden Rechte erhalte, sondern seine Gewährleistungsrechte lediglich modifiziert würden,940 während ein selbstständiges Garantieversprechen vorliege, wenn der Käufer weitere vertragliche Rechte aus einem Garantievertrag erhalte.941 Diese Kategorienbildung ist allerdings missglückt und sollte daher auf939 Erman/Grunewald, BGB, 15 Aufl. 2017, Vor. § 437 Rn 19; Reinicke/Tiedtke, Rn. 819; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 437 Rn. 28; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 437 Rn. 56. 940 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 108; Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 443 Rn. 9; Grützner/Schmidl, NJW 2007, 3610 f.; Medicus/Lorenz (2014), Rn. 199; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 355; Reinicke/Tiedtke, Rn. 882. 941 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 108; Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 443 Rn. 8 f.; Grützner/Schmidl, NJW 2007, 3610; Medicus/Lorenz (2014), Rn. 199; Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 355; Reinicke/Tiedtke, Rn. 883.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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gegeben werden:942 Garantiert der Verkäufer etwa die Haltbarkeit der Kaufsache, so erhält der Käufer dadurch über das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht hinausgehende Rechte, weil der Verkäufer dafür gewährleistungsrechtlich nur einstehen muss, wenn diesbezügliche Einschränkungen auf einen Sachmangel bei Gefahrübergang rückführbar sind. Dennoch wird die Haltbarkeitsgarantie des Verkäufers als Beispiel für ein unselbstständiges Garantieversprechen gesehen.943 Erklärt dagegen ein Dritter gegenüber dem Käufer, verschuldensabhängig für einen Mangel bei Gefahrübergang analog der kaufrechtlichen Gewährleistung einzustehen, würde dies als selbstständiges Garantieversprechen charakterisiert werden, obwohl der Käufer keine über das Gewährleistungsrecht hinausgehenden Rechte, sondern lediglich einen zusätzlichen Schuldner erhält. Als Argument für die Differenzierung zwischen unselbstständigen und selbstständigen Garantieversprechen führen einige Autoren deren Erforderlichkeit als Anknüpfungspunkt für die unterschiedlichen Verjährungsregime an.944 Das vermag nicht zu überzeugen: Anknüpfungspunkt des kaufrechtlichen Gewährleistungsregimes sind gemäß § 438 Abs. 1 BGB die gewährleistungsrechtlichen Ansprüche. Das Gesetz macht die Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Verjährung damit vom Anspruchsinhalt und nicht von dessen Provenienz abhängig.945 Ob eine Garantie einem selbstständigen Garantievertrag zu entnehmen ist oder als dessen Modifikation ein Bestandteil des Kaufvertrags ist, ist verjährungsrechtlich irrelevant. Für eine Differenzierung zwischen unselbstständigen und selbstständigen Garantieversprechen lässt sich auch § 444 BGB nicht ins Felde führen.946 Die in § 444 BGB zum Ausdruck kommende Ausprägung des venire contra factum propriums947 findet über § 242 BGB selbstverständlich auf Garantien jeder Art Anwendung.948 Festzuhalten bleibt damit, dass das bürgerliche Recht keinen einheitlichen Garantiebegriff kennt.949 Als Garantie kann sowohl eine Verschärfung des Maßstabs der Verantwortlichkeit als auch die sachliche oder personelle Erweiterung der Käuferrechte bezeichnet werden. Maßgeblich ist allein, wozu sich der Garantiegeber in casu 942

So auch: BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 443 Rn. 17; Staudinger/MatuscheBeckmann, BGB, 2013, § 443 Rn. 12. Ebenfalls kritisch: Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 443 Rn. 1. 943 Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 443 Rn. 9; Medicus/Lorenz (2014), Rn. 200; Reinicke/Tiedtke, Rn. 882; wohl auch: Oetker/Maultzsch (2013), § 2 Rn. 355; a.A. BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 443 Rn. 17. 944 Reinicke/Tiedtke, Rn. 879. Ferner: Grützner/Schmidl, NJW 2007, 3610, 3611, die sich (m. E. widersprüchlich) für die Anwendung des allgemeine Verjährungsrechts sowohl auf selbstständige als auch unselbstständige Garantieversprechen aussprechen. 945 Zu diesem Ergebnis kommen auch Grützner/Schmidl, NJW 2007, 3610 ff, die gleichwohl an der Differenzierung zwischen unselbstständigen und selbstständigen Garantien festhalten wollen. 946 So aber Seibt/Raschke/Reiche, NZG 2002, 256, 258 f. 947 So ausdrücklich Müller, NJW 2002, 1026. 948 A.A. Seibt/Raschke/Reiche, NZG 2002, 256, 258 f. 949 BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 443 Rn. 9 ff.; a.A. Reinicke/Tiedtke, Rn. 879.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

verpflichtet,950 was im Wege der Auslegung gemäß der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist.951 2. Tatbestand von Garantieklauseln in Unternehmenskaufverträgen Garantieklauseln in Unternehmenskaufverträgen bestehen üblicherweise aus einem (a)) allgemeinen Teil, der alle oder jedenfalls mehrere Garantietatbestände umfasst und den (b)) einzelnen Garantietatbeständen in Form von Aussagen tatsächlicher oder rechtlicher Art über das Zielunternehmen.952 a) Allgemeiner Teil Im allgemeinen Teil der Garantieklausel werden die nachfolgenden Garantietatbestände üblicherweise als (aa)) „selbständige“ Garantieversprechen qualifiziert, ihr (bb)) zeitlicher Bezugspunkt bestimmt, der (cc)) Verantwortlichkeitsmaßstab festgelegt und (dd)) Verfahrensregelungen getroffen.953 aa) Qualifizierung als „selbstständiges“ Garantieversprechen In Unternehmenskaufverträgen wird das Grantieregime häufig mit der Formulierung eingeleitet, der Verkäufer erkläre die folgenden Garantien „in Form selbstständiger Garantieversprechen gemäß § 311 BGB“.954 Diese Formulierung könnte dahingehend verstanden werden, die Parteien wollten losgelöst von dem Kaufvertrag einen selbstständigen Garantievertrag abschließen.955 Das kann im Einzelfall – insbesondere, wenn ein Dritter als Garantiegeber am Vertrag beteiligt ist – auch dem tatsächlichen Willen der Parteien entsprechen. Tatsächlich dürfte in diesem Verweis auf § 311 BGB oftmals jedoch nur eine größtmögliche Distanzierung von den §§ 443 ff. BGB zum Ausdruck kommen:956 Denn auch wenn die Parteien ihre Garantien von der Systematik des Kaufrechts emanzipiert wissen wollen, steht das Garantieregime nicht losgelöst als eigenstän950

BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 443 Rn. 17. BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 443 Rn. 17. 952 Mellert, BB 2011, 1667; Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.2. 953 Mellert, BB 2011, 1667. 954 Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 874; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 35; Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.2; vgl. ferner Mellert, BB 2011, 1667. 955 So Mellert, BB 2011, 1667. 956 Vgl. Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1 Anm. 93: „Die Qualifizierung der Verkäufergarantien als selbstständige Garantieversprechen und nicht als Beschaffenheitsvereinbarungen i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB oder Garantien für die Beschaffenheit der Sache i.S.d. § 443 BGB ist ein zentraler Baustein für die Ersetzung des gesetzlichen Haftungssystems durch das vertragliche Haftungsregime“. 951

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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diger Vertrag neben dem Unternehmenskaufvertrag. Es dient vielmehr der Absicherung des subjektiven Äquivalenzverhältnisses und ist damit tief in der systematischen Komposition des Unternehmenskaufvertrags verwurzelt. Auch die Einbeziehung in die Vertragsurkunde und in die Regelungssystematik durch Querverweise spricht gegen die Annahme eines eigenständigen Vertrags. Auch wenn es sich nach dem Ergebnis der Auslegung ausnahmsweise doch um zwei selbstständige Verträge handelt, bilden diese regelmäßig eine Geschäftseinheit und teilen daher ihr rechtliches Schicksal nach Maßgabe des § 139 BGB.957 bb) Definition des zeitlichen Bezugspunkts Die in den einzelnen Garantietatbeständen gemachten Aussagen über das Zielunternehmen sind auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogen.958 Dieser zeitliche Bezugspunkt wird üblicherweise im allgemeinen Teil der Garantieklausel definiert.959 In Betracht kommen insbesondere das Datum des Vertragsschlusses und der Vollzugsstichtag, wobei auch Kombinationen denkbar sind.960 Ist der Vollzugsstichtag für einige oder alle Garantien der maßgebliche Bezugszeitpunkt, kann es sinnvoll sein, Verfahrensregelungen aufzustellen, die eingreifen, wenn eine solche Garantie zwischen dem Signing und dem Closing Date unrichtig wird.961 cc) Verantwortlichkeitsmaßstab Durch die Abgabe einer Garantie ist der Schuldner grundsätzlich objektiv, d. h. verschuldensunabhängig, verantwortlich:962 Garantiert der Verkäufer die Richtigkeit einer Aussage über das Zielunternehmen, löst deren Unrichtigkeit die vertraglich vorgesehenen Rechtsfolgen auch dann aus, wenn er unter Berücksichtigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt von ihrer Richtigkeit ausging. In der Praxis werden Garantien in Unternehmenskaufverträgen auf Tatbestandsebene subjektiviert, indem sich die garantierte Aussage nicht auf das Ziel957

Vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 139 Rn. 5, 14 ff. m.w.N. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 877; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 35. 959 Mellert, BB 2011, 1667; Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1, C.II.2. 960 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 877 ff.; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 35; Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.2 Anm. 89; Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49, 50 f. 961 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 212. 962 Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 874; Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 31; Hk-BGB/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 276 Rn. 2. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 276 Rn. 29 weist allerdings mit Recht darauf hin, dass die verschuldensunabhängige Haftung durch die Abgabe einer Garantie nicht zwingend ist („kann (nicht muss)“). 958

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

unternehmen, sondern auf die diesbezügliche „Kenntnis“963 oder das diesbezüglich „beste Wissen“964 des Verkäufers bezieht.965 Ob der Verkäufer die danach erforderliche „Kenntnis“ oder fahrlässige Unkenntnis (i. e. „bestes Wissen“)966 hat, richtet sich grundsätzlich nach den allgemeinen Grundsätzen der Wissenszurechnung (siehe dazu: § 4 C.III.3.). In der Praxis ist es allerdings üblich, die allgemeinen Grundsätze der Wissenszurechnung durch spezielle vertragliche Regelungen sog. ((1)) „Knowledge Qualifier“967 abzubedingen.968 Dieses Vorgehen ist ((2)) grundsätzlich zulässig, muss aber von (möglicherweise unzulässigen) ((3)) Haftungsausschlüssen abgegrenzt werden. (1) „Knowledge Qualifier“ Die Ausgestaltung der Wissenszurechnung in Unternehmenskaufverträgen erfolgt in sachlicher und persönlicher Hinsicht:969 Sachlich ist zunächst zu bestimmen, welcher Verfügbarkeitsgrad vorausgesetzt wird: Spricht der Vertrag nur von „Kenntnis“, ohne den Begriff näher zu definieren, meint Kenntnis nur tatsächliche Kenntnis.970 Stellt der Vertrag dagegen auf das „beste Wissen“ der relevanten Personen ab, müssen diese sich die betreffende Information auch zurechnen lassen, wenn ihre diesbezügliche Unkenntnis auf (einfacher) Fahrlässigkeit beruht.971 Ferner 963

Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 110; Pöllath, FS Bezzenberger, 2000, S. 549, 560; Schaefer/Ortner, DStR 2017, 1710, 1713; Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1: „Nach Kenntnis der Verkäuferin (i) verfügen die X-Gesellschaften über alle Genehmigungen und Erlaubnisse nach anwendbarem öffentlichen Recht […]“. 964 Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 110; Pöllath, FS Bezzenberger, 2000, S. 549, 560; Schaefer/Ortner, DStR 2017, 1710, 1713. 965 Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 110; Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 886 ff.; Felsenstein/Gansen/ Semkowicz, KSzW 2017, 33, 36 f.; Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046; Hettler/Stratz/Hörtnagl/ Lips, § 3 Rn. 99 ff.; Meyer, WM 2012, 2040, 2045 f.; Schaefer/Ortner, DStR 2017, 1710, 1713; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 238; Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49, 50; Weißhaupt, WM 2013, 782, 788; Wendt/Kreiling, KSzW 2016, 67, 71. 966 Schaefer/Ortner, DStR 2017, 1710, 1713. Unpräzise und zu großzügig: Pöllath, FS Bezzenberger, 2000, S. 549, 560, der darauf abstellt, ob die Information „durch Einsicht in ihnen zugängliche Unterlagen oder durch Befragen ihnen berichtspflichtiger Mitarbeiter ohne weiteres erlangbar gewesen wäre“. 967 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 99. 968 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 887 ff.; Schaefer/Ortner, DStR 2017, 1710, 1715 f. 969 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 887. 970 Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 889; Pöllath, FS Bezzenberger, 2000, S. 549, 560. 971 Unpräzise und zu großzügig Pöllath, FS Bezzenberger, 2000, S. 549, 560, der darauf abstellt, ob die Information „durch Einsicht in ihnen zugängliche Unterlagen oder durch Befragen ihnen berichtspflichtiger Mitarbeiter ohne weiteres erlangbar gewesen wäre“.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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ist es möglich, bestimmte Nachforschungspflichten zu definieren (z. B. die Befragung bestimmter Mitarbeiter durch die relevanten Wissensträger).972 In persönlicher Hinsicht ist der Kreis der relevanten Wissensträger zu definieren:973 In Betracht kommt eine abstrakte Definition der relevanten Wissensträger, indem der Vertrag z. B. „alle Organträger“ oder „alle Mitglieder der Geschäftsführung“ als solche qualifiziert. Auch ein Bezug auf bestimmte Ebenen des Organigramms ist denkbar. Möglich ist es ferner, die relevanten Wissensträger konkret zu bezeichnen,974 etwa in einer dem Unternehmenskaufvertrag als Anhang angefügten Liste.975 (2) Grundsätzliche Zulässigkeit von „Knowledge Qualifiern“ Der Vereinbarung von „Knowledge Qualifiern“ stehen die allgemeinen Grundsätze der Wissenszurechnung nicht entgegen, weil die besseren Gründe für deren Nachgiebigkeit sprechen:976 Erstens haben die Grundsätze der Wissenszurechnung keine gesetzliche Grundlage, sondern stellen eine bloße Rechtsfortbildung dar.977 Das allein steht deren zwingendem Charakter nicht entgegen, wie Art. 20 Abs. 3 GG („Gesetz und Recht“) zeigt, spricht aber für die untergeordnete Bedeutung, die der Gesetzgeber der Wissenszurechnung beigemessen hat. Das spricht gegen eine große Nähe zu wesentlichen (und damit zwingenden) Strukturprinzipien der deutschen Zivilrechtsordnung. In diesem Zusammenhang ist der Gesetzesvorbehalt zu berücksichtigen, dem auch die Vertragsfreiheit unterstellt ist.978 Danach muss die Legislative bei Eingriffen in die Vertragsfreiheit über alle wesentlichen Fragen selbst entscheiden.979 In Anbetracht der potenziell gravierenden wirtschaftlichen Folgen980 972 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 888. 973 Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 888; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 37. 974 Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046; Weißhaupt, WM 2013, 782 788; Wendt/Kreiling, KSzW 2016, 67, 71. 975 Weißhaupt, WM 2013, 782, 788. 976 I.E. auch Schaefer/Ortner, DStR 2017, 1710, 1715. 977 Buck-Heeb, AG 2015, 801, 803; Sajnovits, WM 2016, 765, 767. 978 BVerfGE 95, 267 Rn. 150, 156 ff. („Altschulden“); BVerwGE 4, 24 Rn. 57. 979 BVerfGE 95, 267 Rn. 157 („Altschulden“); vgl. BVerfGE 139, 19 Rn. 53; BVerfGE 83, 130 Rn. 39 („Josefine Mutzenbacher“); BVerfGE 33, 125, Rn. 106 („Facharztbeschluss“). 980 Paradigmatisch ist insofern die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB: BGHZ 109, 327 Rn. 16: „Soll aber der mit einer Gemeinde privatrechtlich kontrahierende Bürger, wie ausgeführt, in seinem Vertrauen geschützt werden und aus der Eigenart der gemeindlichen Organisation keinen Nachteil erfahren, so erscheint es interessengerecht, die Gemeinde auch hinsichtlich der weiteren Elemente des bedingten Vorsatzes nicht besser als eine natürliche Person zu stellen. Bei einer solchen könnte nach der Lebenserfahrung von der Kenntnis eines schwerwiegenden verborgenen Mangels der vorliegenden Art auf die Einsicht und die Billigung geschlossen werden, daß der Vertragspartner (Kl.) den Mangel vielleicht nicht kennt und anderenfalls den Vertrag möglicherweise nicht oder nicht so, wie geschehen, abgeschlossen

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

der analogen Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB bzw. der (vom hier vertretenen Ansatz abweichenden) extensiven Handhabung von Wissensorganisationspflichten bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Annahme, die Grundsätze der Wissenszurechnung seien zwingend. Soweit man die Wissenszurechnung als Ergebnis einer Organisationspflicht im Interesse des Verkehrsschutzes sieht, spricht das zweitens für die Zulässigkeit einschränkender vertraglicher Regelungen: Die Risikoverteilung und das Maß an Verkehrsschutz sind keine Schutzgüter, die derart schwer wiegen, um einen so gravierenden Eingriff in die Privatautonomie981 zu rechtfertigen, den die Begrenzung der vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten insofern bedeuten würde.982 Drittens ergibt sich auch aus dem zwingenden Charakter der Verantwortlichkeit für Arglist und Vorsatz nichts anderes:983 Eine solche Verantwortlichkeit aufgrund von Wissenszurechnung kommt nach vorzugswürdiger Auffassung nämlich ohnehin nur analog § 166 Abs. 1 BGB, nicht aber wegen der Verletzung von Wissensorganisationspflichten in Betracht (siehe dazu: § 4 C.III.3.b)aa)).984 Anders als bei der eigenen Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn geht es damit nicht um die zwingende Arglist- bzw. Vorsatzverantwortlichkeit und damit den Schutz eines rechtsethischen Minimums, sondern um ein dem Recht der Stellvertretung entlehntes Problem. Die privatautonome Begrenzung der Wissenszurechnung stellt dabei einen Gleichlauf mit der (zulässigen) vertretungsrechtlichen Begrenzung der Vollmacht her.985 Das entspricht auch der Wertung des § 278 S. 2 BGB:986 Wenn nämlich sogar die Haftungszurechnung vorsätzliches Handeln von Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen werden kann, die Wissenszurechnung dagegen nur in Fällen Bedeutung erlangt, in denen die Voraussetzungen des Vorsatzes oder der Arglist nicht in einer einzigen

hätte“; a.A. Altmeppen, BB 1999, 749; W. Flume, AcP 197 (1997), 441, 445 ff., der zwar die Möglichkeit einer Arglist aufgrund von Aussagen „ins Blaue“ für möglich hält, ansonsten aber nur eine Verantwortlichkeit für Fahrlässigkeit für begründet erachtet; Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1050; Jaques, BB 2002, 417, 421. 981 Kähler, JZ 2007, 18, 19 f. 982 Weißhaupt, WM 2013, 782, 788. Ähnlich: Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1051, die auf den normativen Hintergrund von § 276 Abs. 3 BGB rekurrieren. Vgl. Jaques, BB 2002, 417, 421, der die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 444 BGB angreift unter dem Hinweis auf die Privatautonomie. 983 So aber: So Koppmann, BB 2014, 1673, 1677; Rasner, WM 2006, 1425, 1429. 984 Altmeppen, BB 1999, 749; W. Flume, AcP 197 (1997), 441, 445 ff., der zwar die Möglichkeit einer Arglist aufgrund von Aussagen „ins Blaue“ für möglich hält, ansonsten aber nur eine Verantwortlichkeit für Fahrlässigkeit für begründet erachtet; Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1050; Jaques, BB 2002, 417, 421. 985 Meyer, WM 2012, 2040, 2045. 986 Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1051; Kähler, JZ 2007, 18, 25 ff.; Meyer, WM 2012, 2040, 2045; Wendt/Kreiling, KSzW 2016, 67, 71.

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natürlichen Person erfüllt sind, spricht das im Sinne eines argumentum a maiore ad minus für die Nachgiebigkeit der Grundsätze der Wissenszurechnung.987 (3) Abgrenzung von Haftungsausschlüssen Die Zulässigkeit vertraglicher Regelungen durch „Knowledge Qualifiern“ beschränkt sich freilich auf die Grundsätze der Wissenszurechnung und betrifft damit nur die Verantwortlichkeit für fremdes Wissen.988 Begründet sich der Vorwurf der Arglist oder des Vorsatzes nicht durch die Zurechnung, sondern durch tatsächliches Wissen, geht es nicht mehr um eine Frage der Wissenszurechnung, sondern um einen Haftungsausschluss: Das ist etwa der Fall, wenn die unmittelbar Handelnden Garantien „ins Blaue hinein“ abgeben.989 Auch „Knowledge Qualifiern“ befreien daher nicht von jeder Nachforschungspflicht.990 dd) Verfahren bei Ansprüchen Dritter Ein Garantieanspruch kann sich aus Ansprüchen ergeben, die Dritte gegen das Zielunternehmen erheben. In diesem Fall ist die Interessenlage vergleichbar mit derjenigen, die im Zusammenhang mit der Anspruchsabwehr und Verfahrensführung bei Freistellungsansprüchen (siehe dazu: IV.2.) besteht. Dieser Interessengleichlauf kann sich durch einen entsprechenden Verweis auf die Regelungen für Freistellungsansprüche (und umgekehrt) in der Vertragsgestaltung niederschlagen.991 b) Formulierung der Garantietatbestände Aufgrund der teilweise sehr weitreichenden Rechtsfolgen von Garantieversprechen und der grundsätzlich verschuldensunabhängigen Einstandspflicht ist die Reichweite des Garantietatbestandes von besonderer Bedeutung. Das macht aus Verkäufersicht eine möglichst konkrete (und damit begrenzende) Beschreibung des garantierten Sachverhalts erforderlich.992 Abstufungen können durch die Verwen-

987 Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1051; Kähler, JZ 2007, 18, 25 ff.; Meyer, WM 2012, 2040, 2045; Wendt/Kreiling, KSzW 2016, 67, 71. 988 Vgl. Taupitz, S. 16, 17 ff. 989 Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1051; Kähler, JZ 2007, 18, 27. 990 Hoenig/Klingen, NZG 2013, 1046, 1051, die empfehlen, die Nachforschungspflichten vertraglich zu regeln. Das scheint sinnvoll, weil die Aussagen des Verkäufers keine falschen Erwartungen mehr begründen können, wenn die diesbezügliche Wissensgrundlage vertraglich definiert ist. In diese Richtung geht auch Weißhaupt, WM 2013, 782, 784: „Gelangt man zu einer Informationslücke, sollte der Verkäufer dies offen ansprechen. Es ist letztlich eine Frage der Risikoverteilung und entscheidet sich insbesondere danach, wie kompetitiv ein privater Auktionsprozess ist, inwieweit der Unternehmenskäufer verbleibende Informationsdefizite in seinem Kaufangebot berücksichtigt“. 991 Vgl. Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1. 992 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 58.

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dung sog. Qualifiers993 vorgenommen werden, indem etwa die Einstandspflicht von der Wesentlichkeit des Umstands im Einzelfall abhängig gemacht wird.994 Solche Wesentlichkeitsschwellen haben eine inhaltliche Schnittmenge zu den an anderer Stelle thematisierten Haftungsuntergrenzen.995 Neben der Formulierung der Garantietatbestände ist deren Einbeziehung in die Systematik des Vertrages wichtig. Dabei ist aus Sicht des Verkäufers darauf zu achten, Redundanzen durch die mehrfache Berücksichtigung von Risiken zu vermeiden.996 3. Rechtsfolgen von Garantieverletzungen a) Inhalt von Garantieansprüchen Die Rechtsfolgen von Garantieverletzungen stehen zur freien Disposition der Parteien.997 Da es sich bei den Garantieansprüchen nicht um gesetzliche Ansprüche des Käufers handelt, stellen Beschränkungen vertraglicher Garantieansprüche rechtstechnisch keine Haftungsbegrenzung dar.998 Auf der Rechtsfolgenseite beschränkt sich das Garantieregime regelmäßig auf Schadensersatzansprüche und Minderungsrechte. Rücktrittsähnliche Lösungsrechte sind Ausnahmeerscheinungen,999 die nur für Fälle vereinbart werden, in denen Vollzugsbedingungen nicht erfüllt sind oder Vollzugshandlungen nicht vorgenommen werden.1000 Für die Gestaltung von Schadensersatzklauseln hat sich in der Kautelarpraxis ein zweistufiges System etabliert:1001 Danach ist der Verkäufer zunächst zur Beseitigung des garantiewidrigen Zustandes im Wege der Naturalrestitution verpflichtet.1002 Ist die Herstellung in natura nicht möglich oder erfolgt sie nicht fristgerecht, haftet der Verkäufer auf Schadensersatz in Geld oder es findet eine Anpassung des Kaufpreises 993

Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 214. Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 36; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 102 f.; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 57 ff. 995 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 57 ff. 996 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 214; BeckHdB M&A/Ziegenhain, § 13 Rn. 4; vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 62 ff. 997 Vgl. Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 533; Hennrichs, NZG 2014, 1001, 1006; Mellert, BB 2011, 1667, 1668; Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49, 51. 998 Vgl. Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 443 Rn. 5 f.; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 443 Rn. 8; Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl. 2018, § 443 Rn. 1; MüKoBGB/ Westermann, 7. Aufl. 2016, § 443 Rn. 11. 999 Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 253; vgl. Hilgard, ZIP 2005, 1813 f.; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 193, 219. 1000 Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 292 ff. 1001 Vgl. Hilgard, ZIP 2005, 1813, 1814; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 219. 1002 Vgl. OLG Frankfurt a.M. NZG 2016, 435 Rn. 75; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 533; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 219; Hilgard, ZIP 2005, 1813, 1814. 994

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statt.1003 Der Schadensersatzanspruch in Geld kann durch von den §§ 249 ff. BGB abweichende schadensrechtliche Regelungen im Unternehmenskaufvertrag flankiert werden.1004 Soweit die Parteien auf derartige Regelungen verzichten, richtet sich die Höhe des Schadensersatzanspruchs des Käufers nach dem allgemeinen Schadensrecht.1005 b) Umfang von Garantieansprüchen Die möglichen Ansprüche des Käufers aus dem Garantieregime werden ihrem Umfang nach nur begrenzt gewährt, wobei eine solche Begrenzung durch (aa)) Haftungsunter- und (bb)) Haftungsobergrenzen in zwei Richtungen stattfindet. Besonderheiten gelten dabei für Steuergarantien.1006 aa) Haftungsuntergrenzen Da die Prüfung von Ansprüchen Ressourcen bindet, hat der Verkäufer ein besonderes Interesse daran, vom Käufer nicht wegen Garantieansprüchen behelligt zu werden, die gemessen am Kaufpreis eine Bagatellgrenze nicht überschreiten.1007 Eine solche Haftungsbegrenzung durch eine sog. de minimis-Klausel kann so ausgestaltet sein, dass der Käufer Garantieansprüche erst bei Überschreiten einer Wertgrenze geltend machen darf. Dann ist nur die Geltendmachung, nicht aber der Garantieanspruch eingeschränkt und der Verkäufer haftet bei Überschreiten der Wertgrenze in voller Höhe,1008 weshalb man von einer Freigrenze spricht.1009 Besteht der Garantieanspruch des Käufers dagegen nur, soweit sein Schaden die vereinbarte Wertgrenze überschreitet, haftet der Verkäufer für den unterhalb der Wertgrenze liegenden Schaden auch bei Überschreiten der Wertgrenze nicht.1010 Insofern spricht man von einem Freibetrag.1011

1003

Vgl. Hilgard, ZIP 2005, 1813, 1814; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 219. Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 45 Rn. 50. 1005 Vgl. BGH NJW 1999, 770 Rn. 20; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, Vorb v § 249 Rn. 4; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 45 Rn. 33 ff. 1006 Siehe dazu Eilers/Beutel, IStR 2010, 564, 565. 1007 Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 118. 1008 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 118; Holstein/Pöschke/Buckel, KSzW 2016, 38, 41; Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49, 51. 1009 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 118; Holstein/Pöschke/Buckel, KSzW 2016, 38, 41; Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49, 51. 1010 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 118; Holstein/Pöschke/Buckel, KSzW 2016, 38, 41; Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49, 51. 1011 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 118; Holstein/Pöschke/Buckel, KSzW 2016, 38, 41; Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49, 51. 1004

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De minimis-Regelungen können durch sog. Basket-Klauseln flankiert werden, die eine Bagatellgrenze für die Gesamtheit der Garantieansprüche definieren.1012 Der Käufer kann danach den Verkäufer erst in Anspruch nehmen, wenn die Gesamtheit seiner Garantieansprüche, die für sich genommen jeweils die de minimis-Wertgrenze überschreiten, auch die Wertgrenze der Basket-Klausel übersteigen.1013 Auch BasketKlauseln können dabei als Freigrenze oder als Freibetrag ausgestaltet sein.1014 bb) Haftungs-Caps Nach oben sind die Garantieansprüche des Käufers üblicherweise durch Höchstgrenzen, sog. Caps, begrenzt.1015 Die Caps orientieren sich dabei an der Kaufpreishöhe. In der Regel wird die Haftungsbegrenzung nicht einheitlich für sämtliche Garantietatbestände gewählt. So wird sich der Käufer hinsichtlich der Legal Title-Garantie (siehe dazu: 4.a)) eine Begrenzung der Haftung unterhalb des Kaufpreises verweigern,1016 wohingegen eine Haftung bis zur Höhe des Kaufpreises bei anderen Garantietatbeständen für den Verkäufer unannehmbar ist. c) Verjährung Sofern keine gesonderte Regelung getroffen ist, unterliegen die Garantieansprüche des Käufers den allgemeinen Verjährungsregelungen der §§ 194 ff. BGB und nicht der speziellen kaufrechtlichen Regelung des § 438 BGB.1017 Dessen Anwendungsbereich ist ausweichlich seines ersten Absatzes auf die Gewährleistungsansprüche des § 437 BGB beschränkt.1018 Die Verjährungsfrist beträgt daher drei Jahre, § 195 BGB.1019 Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des 1012 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 118; Holstein/Pöschke/Buckel, KSzW 2016, 38, 41. 1013 Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 118; Holstein/Pöschke/Buckel, KSzW 2016, 38, 41. 1014 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 118; Holstein/Pöschke/Buckel, KSzW 2016, 38, 41. 1015 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 119. 1016 Vgl. Holstein/Pöschke/Buckel, KSzW 2016, 38, 42; Tüxen/Mentzel, KSzW 2016, 49, 51. 1017 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 124; Grützner/Schmidl, NJW 2007, 3610, 3612. 1018 I.E. auch: Grützner/Schmidl, NJW 2007, 3610, 3612 f., deren Ausführungen hinsichtlich der sog. unselbständigen Garantieversprechen methodisch jedoch wenig überzeugen. Die Behauptung, dass die Verjährung daraus resultierender Ansprüche im Gesetz „nicht geregelt“ sei, mutet in Ansehung der klaren Systematik des BGB merkwürdig an. Es bedarf – in Ansehung des klaren Wortlauts des § 438 BGB – keiner methodischen Klimmzüge, um festzustellen, dass die in einer Garantie geregelten Rechtsbehelfe den allgemeinen Regeln unterfallen. Das übersieht auch Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 233. 1019 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 124; Grützner/Schmidl, NJW 2007, 3610, 3612 f.

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Jahres, in dem der Käufer vom Garantiefall Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis hätte erlangen müssen, § 199 Abs. 1 BGB.1020 Die gesetzlichen Verjährungsregeln und der darin vorgesehene relative Verjährungsbeginn entsprechen regelmäßig nicht den Interessen der Parteien eines Unternehmenskaufvertrags, weshalb die Verjährung üblicherweise einer Regelung im Unternehmenskaufvertrag zugeführt wird.1021 In der Praxis gelten dabei absolute Verjährungsfristen von ein bis drei Jahren als angemessen.1022 Die privatautonome Gestaltung der Verjährung ist in den Grenzen des § 202 BGB zulässig.1023 4. Zusammenstellung der Garantien im Unternehmenskaufvertrag Welche Garantien ein Unternehmenskaufvertrag konkret enthält, ist von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängig.1024 Einflussfaktoren für die Zusammensetzung des Garantiekatalogs sind die Erkenntnisse aus dem Due Diligence-Prozess,1025 zum Abschluss der Due Diligence noch bestehende Informationsasymmetrien,1026 das Verhandlungsgeschick und die Verhandlungsposition der Parteien,1027 branchenspezifische Risiken1028 und die Verkaufssituation.1029 Gleichwohl sind bestimmte Garantietatbestände fast immer oder jedenfalls häufig Bestandteil eines lege artis entworfenen Garantiekatalogs, wie die (a)) Legal Title-Garantie und die (b)) Bilanzgarantie.

1020 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 124; Grützner/Schmidl, NJW 2007, 3610, 3613 f. 1021 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 124. 1022 Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 124; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 233. Für steuerliche, sozialrechtliche oder beihilferechtliche Garantien gelten besondere Vereinbarungen, weil hier ein Interesse an einem Gleichlauf mit der materiellen Bestandskraft besteht und die vertragliche Verjährungsfrist deshalb als zu kurz empfunden wird (vgl. Eilers/Beutel, IStR 2010, 564, 565; Semler, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 7 Rz. 255). 1023 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 124; Hettler/Stratz/Hörtnagl/Lips, § 3 Rn. 233. 1024 Vgl. Blunk/Rabe, GmbHR 2011, 408; Gömöry, ZJS 2015, 153, 156; BeckHdB M&A/ Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 20. 1025 BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 26. 1026 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 30. 1027 Vgl. Blunk/Rabe, GmbHR 2011, 408. 1028 Vgl. Blunk/Rabe, GmbHR 2011, 408; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 24. 1029 So sind beim Kauf einer insolventen Zielgesellschaft Garantien oder Freistellungen kaum durchzusetzen (BeckHdB M&A/Blech, § 61 Rn. 94).

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a) Legal Title-Garantie Die Berechtigung des Verkäufers am Kaufgegenstand ist für den Käufer von nicht zu überschätzender Bedeutung. Unternehmenskaufverträge enthalten daher fast immer eine sog. Legal Title-Garantie. Darin versichert der Verkäufer, die ordnungsgemäße Gründung und den Bestand der Zielgesellschaft (Share Deal);1030 Inhaber der uneingeschränkten und unbelasteten rechtlichen Herrschaft über das Zielunternehmen bzw. der Anteile an dem Zielunternehmen zu sein;1031 die ordnungsgemäße Leistung von Einlagen (Share Deal);1032 dass keine Einlagenrückgewähr (Share Deal) stattgefunden hat;1033 dass das Unternehmen frei von Rechten Dritter ist.1034 Bezüglich des Bestands der Zielgesellschaft und der Verfügungsbefugnis des Verkäufers ist eine solche Garantie – die dem Käufer nur ein (weiteres) Recht und keine Sicherheit für dessen Durchsetzung verschafft – allenfalls aus Klarstellungsgründen erforderlich. Ist dem Verkäufer die Erfüllung des Kaufvertrags mangels Bestand des zu übertragenden Rechts gemäß § 275 Abs. 1 Var. 2 BGB oder wegen fehlender eigener Berechtigung gemäß § 275 Abs. 1 Var. 1 BGB unmöglich, besteht nämlich für den Käufer aufgrund der gesetzlichen Regelungen keine Schutzlücke: Er wird gemäß § 326 Abs. 1 Var. 1 BGB von seiner Leistungspflicht frei und kann – soweit er den Kaufpreis bereits geleistet hat – gemäß § 326 Abs. 4 i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB dessen Rückzahlung verlangen. Ferner kann er Schadensersatz statt der Leistung oder Aufwendungsersatz gemäß § 311a Abs. 2, bzw. §§ 283, 284 BGB verlangen. Diese Rechtsbehelfe sind – wenn nicht etwas anderes ausdrücklich geregelt ist – regelmäßig nicht durch das Gewährleistungsregime des Unternehmenskaufvertrags verdrängt. Dessen Regelungen beziehen sich nämlich auf Mängel der Leistung jedoch nicht auf deren vollständiges Ausbleiben. Anders verhält es sich mit der Berücksichtigung der Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften und der Freiheit von Rechten Dritter. Hier geht es um die Qualität der Leistung und damit um gewährleistungsrechtliche Aspekte.

1030

Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 895; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 36; BeckHdB M&A/MeyerSparenberg, § 44 Rn. 71. 1031 Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, BGB, § 453 Rn. 116; Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 897; BeckHdB M&A/ Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 71. 1032 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 897; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 71. 1033 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 897; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 71. 1034 Vgl. Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 36; BeckHdB M&A/MeyerSparenberg, § 44 Rn. 71.

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b) Bilanzgarantien Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen den Finanzkennzahlen und der Kaufpreisermittlung (siehe dazu: D.II.4.) ist es für den Käufer besonders wichtig, sich auf diese Finanzkennzahlen verlassen zu können.1035 Das gilt insbesondere, wenn sich die Parteien auf einen Festpreis geeinigt haben, weil der Kaufpreis in diesem Fall keine automatische Anpassung erfährt.1036 Diesem Interesse des Käufers kann durch die Abgabe einer sog. Bilanzgarantie entsprochen werden. aa) Tatbestand Der Tatbestand einer Bilanzgarantie bestimmt einerseits die durch sie in Bezug genommenen ((1)) Referenzabschlüsse und andererseits den ((2)) Maßstab, anhand dessen die Richtigkeit zu beurteilen ist.1037 (1) Referenzabschlüsse Bilanzgarantien referieren in der Regel auf den letzten (ggf. auch die letzten zwei bis drei) handelsrechtlichen Jahresabschluss.1038 Der Begriff „Bilanz“ ist dabei nicht technisch zu verstehen: Bezugspunkt ist – soweit keine ausdrücklichen Einschränkungen vorgenommen werden – der gesamte handelsrechtliche Jahresabschluss und nicht bloß die Bilanz.1039 Aus welchen Bestandteilen der handelsrechtliche Jahresabschluss besteht, ergibt sich aus den einschlägigen handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften und hängt von der Rechtsform und der Größe der Zielgesellschaft ab.1040 Ist diese Teil eines Konzerns, kann es aus Sicht des Käufers sinnvoll sein, den Konzernabschluss und Einzelabschlüsse der relevanten Konzernunternehmen in den Tatbestand der Bilanzgarantie einzubeziehen.1041 (2) Maßstab für die Richtigkeit: „Harte“ und „weiche“ Bilanzgarantien Als Richtigkeitsmaßstab kann zum einen auf den – im bilanzrechtlichen Schrifttum herrschenden – subjektiven bzw. normativ-subjektiven Fehlerbegriff 1035 Vgl. OLG Frankfurt a.M. NZG 2016, 435 Rn. 56; Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 112; Bergjan/V. Schäfer, DB 2016, 2587 f.; Bruski, BB Beilage 2005, Nr. 17, 19, 23; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530; Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 31; Kleissler, NZG 2017, 531 f.; K. König/Gießelmann, GWR 2016, 155, 156; Maier-Reimer/ Schilling, KSzW 2016, 4. 1036 Vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 76. 1037 Göthel/Fornoff, DB 2017, 530. 1038 Göthel/Fornoff, DB 2017, 530; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 76. 1039 Bergjan/V. Schäfer, DB 2016, 2587, 2588; Blunk/Rabe, GmbHR 2011, 408, 410; Bormann/O. Trautmann, GmbHR 2016, 116, 123; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530; K. König/ Gießelmann, GWR 2016, 155, 156; Pöllath, FS Bezzenberger, 2000, S. 549, 559; MaierReimer/Schilling, KSzW 2016, 4 f. Vgl. OLG Frankfurt a.M. NZG 2016, 435 Rn. 56. 1040 Göthel/Fornoff, DB 2017, 530 f. mit weiteren Ausführungen. 1041 Vgl. Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 531.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

abgestellt werden.1042 Danach setzt ein Bilanzierungsfehler den objektiven Verstoß gegen das Rechnungslegungsrecht und dessen Erkennbarkeit ex ante1043 bei pflichtgemäßer Prüfung durch einen ordentlichen und gewissenhaften Kaufmann voraus.1044 War der Jahresabschluss ex ante vertretbar, wird er danach ex post nicht deshalb unrichtig, weil sich die ihm zugrundeliegenden Annahmen nicht bewahrheiten.1045 Stellt die Bilanzgarantie dagegen auf den subjektiven Fehlerbegriff ab, spricht man von einer „weichen“ Bilanzgarantie.1046 Denkbar ist es zum anderen aber auch, einen objektiven Maßstab zu wählen und darauf abzustellen, ob der Jahresabschluss ex post objektiv richtig ist, also alle am Stichtag vorhandenen Aktiva und Passiva den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend ausweist.1047 Dabei kommt es nicht auf Fragen der Erkennbarkeit oder der Voraussehbarkeit ex ante, sondern allein auf die tatsächlichen Vermögensverhältnisse an.1048 Man spricht insofern von „harten“ Bilanzgarantien.1049 Daneben kommen verschiedenste Kompromisslösungen in Betracht, bei denen bspw. die objektive Richtigkeit von wesentlichen Bilanzposten garantiert wird.1050 In der Kautelarpraxis wird der anzuwendende Maßstab vielfach mit dem Verweis auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften,1051 der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) gemäß § 243 Abs. 1, § 264 Abs. 2 S. 1 HGB und des sog. true and fair view-Prinzips des § 264 Abs. 2 S. 1 HGB, wonach der Jahresabschluss 1042

Vgl. Bergjan/V. Schäfer, DB 2016, 2587, 2589; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 531 ff.; Hennrichs, NZG 2014, 1001, 1004; Kleissler, NZG 2017, 531, 533. 1043 Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Feststellung des Jahresabschlusses bzw. dessen Unterzeichnung nach § 245 S. 1 HGB durch den Einzelkaufmann (Schulze-Osterloh, BB 2007, 2335). Vgl. Winnefeld, Bilanz-Hdb., 5. Aufl. 2015, I Rn. 17. 1044 Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 531; Schulze-Osterloh, BB 2007, 2335; Winnefeld, Bilanz-Hdb., 5. Aufl. 2015, I Rn. 17; vgl. Hennrichs, NZG 2014, 1001, 1002. 1045 Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 531; Hennrichs, NZG 2014, 1001, 1002; Kleissler, NZG 2017, 531, 533. 1046 Vgl. Bergjan/V. Schäfer, DB 2016, 2587, 2589; Blunk/Rabe, GmbHR 2011, 408, 410; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 531 f.; K. König/Gießelmann, GWR 2016, 155, 156. 1047 Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 532; Hennrichs, NZG 2014, 1001, 1005; vgl. Bergjan/ V. Schäfer, DB 2016, 2587, 2588. 1048 Vgl. Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 532; Hennrichs, NZG 2014, 1001, 1005; K. König/ Gießelmann, GWR 2016, 155, 156. 1049 Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 112; Bergjan/V. Schäfer, DB 2016, 2587, 2588; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 531 f.; K. König/Gießelmann, GWR 2016, 155, 156; Mehrbrey/Hofmeister, NZG 2016, 419, 420. 1050 Vgl. Bergjan/V. Schäfer, DB 2016, 2587, 2588; Blunk/Rabe, GmbHR 2011, 408, 411; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 533. 1051 Die Reichweite des Verweises auf die gesetzlichen Vorschriften ist umstritten. Erfasst sind jedenfalls wegen § 264 Abs. 2 S. 1 HGB die GoB und das true and fair view-Prinzip, wenngleich deren gesonderte Nennung aus Auslegungsgründen in der Literatur empfohlen wird. Meinungsverschiedenheiten bestehen, inwieweit auch die Vorschriften über die Grundsätze der Bewertungs- und Bilanzkontinuität gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB davon abgedeckt werden. Siehe dazu m.w.N. Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 531.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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(unter dem Vorbehalt der vorbezeichneten Grundsätze)1052 ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft vermitteln muss,1053 definiert.1054 Diese und ähnliche Formulierungen werden als „weiche“ Bilanzgarantien verstanden.1055 Unsicher ist die Rechtslage dagegen, soweit die Versicherung hinsichtlich der Einhaltung des true and fair view-Prinzip nicht unter dem Vorbehalt der GoB abgegeben wird.1056 Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M.: Der Senat hatte darin über die Reichweite einer Garantie in einem Unternehmenskaufvertrag zu entscheiden, in dem die beklagte Verkäuferin versicherte, „dass der […] für die Gesellschaft gefertigte Jahresabschluss 2007 mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes und unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften erstellt worden sei und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittle“.1057 Der streitgegenständlichen Klausel fehlte es an einem (ausdrücklichen) semantischen Zusammenhang zwischen der Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes bei der Erstellung des Jahresabschlusses einerseits und der Beachtung des true and fair view-Prinzips andererseits.1058 Aufgrund dessen qualifizierte das Oberlandesgericht die Klausel als „harte“ Bilanzgarantie.1059 Es ergebe sich bereits „eindeutig“ aus dem Wortlaut der Garantie, „dass der Jahresabschluss nicht nur mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns unter Beachtung der maßgeblichen Vorschriften erstellt werden, sondern zum Stichtag die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft vollständig und richtig

1052

Rn. 78. 1053

Rn. 78.

Siehe zur Bedeutung dieses Vorbehalts BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Vgl. Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 531; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44

1054 Bergjan/V. Schäfer, DB 2016, 2587, 2588 f.; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 531; Hennrichs, NZG 2014, 1001; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 76; vgl. zum Verhältnis zwischen dem true and fair view-Prinzip und § 264 Abs. 2 HGB: MüKoBilR/Graf/ Bisle, 2013, § 264 HGB Rn. 37 f.; Koller/Kindler/W. Roth/Morck, HGB, 8. Aufl. 2015, § 264 Rn. 7. 1055 Vgl. Bergjan/V. Schäfer, DB 2016, 2587, 2588; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 532; Hennrichs, NZG 204, 1001, 1002 ff.; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 77. Teilweise wird für eine „weiche Bilanzgarantie“ eine über den bilanziellen Maßstab hinausgehende Subjektivierung durch einen „Knowledge Qualifier“ verlangt (so Kleissler, NZG 2017, 531; 533). 1056 Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 37; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 79. 1057 OLG Frankfurt a.M. NZG 2016, 435 Rn. 5. 1058 Vgl. Bergjan/V. Schäfer, DB 2016, 2587, 2590; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 79. 1059 OLG Frankfurt a.M. NZG 2016, 435 Rn. 56; so bereits zuvor Blunk/Rabe, GmbHR 2011, 408, 409 f.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

wiedergeben sollte“.1060 Das entspricht im Ergebnis der Auffassung von Blunk und Rabe, die insbesondere mit der Redundanz argumentieren, die sich ergäbe, würde man auch hinsichtlich des true and fair view-Prinzips auf den subjektiven Fehlerbegriff abstellen, da dessen Beachtung sich bereits durch die Zusicherung der Einhaltung der GoB ergebe.1061 Gleichwohl ist die Entscheidung in der Literatur auf (teilweise heftigen) Widerspruch gestoßen.1062 Dabei wurde insbesondere die fehlende Auseinandersetzung mit der Frage moniert, ob bei der Verwendung des Wortlauts bilanzrechtlicher Vorschriften nicht auch die Anwendung des subjektiven Fehlerbegriffs des Bilanzrechts gewollt sei.1063 Die von den Prozessparteien gewählte Gestaltung sei daher keineswegs „eindeutig“.1064 Dem ist jedenfalls insoweit zuzustimmen, dass eine Auseinandersetzung mit einem möglichen Zusammenhang zwischen der Rezeption von bilanzrechtlichen Begrifflichkeiten und Konzepten und dem von den Parteien gewollten Fehlerbegriff notwendig gewesen wäre. Ob sich daraus in der Sache etwas anderes ergeben hätte, ist unsicher. Der Verwendung bilanzrechtlicher Begrifflichkeiten und Konzepte muss nämlich nicht notwendig die Verwendung bilanzrechtlicher Maßstäbe folgen, wie die Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs für Zwecke der Steuerbilanz durch den Großen Senat des Bundesfinanzhofs im Jahr 2013 zeigt.1065 Auch das Redundanz-Argument von Blunk und Rabe überzeugt auf den ersten Blick,1066 verliert allerdings deutlich an Gewicht, wenn man bedenkt, dass Redundanzen in Unternehmenskaufverträgen durchaus üblich sind. Maßgeblich ist allein der gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermittelnde Wille der Parteien,1067 der durchaus auf die – um es in kaufrechtlichen Kategorien auszudrücken – objektive Beschaffenheit des Zielunternehmens gerichtet sein kann. Allerdings ist im Rahmen der Auslegung des Unternehmenskaufvertrags gemäß § 157 BGB auch Rücksicht auf die Verkehrssitte der beteiligten Kreise zu nehmen, wobei die Äußerungen aus der Praxis auf eine dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. widersprechende Verkehrssitte hindeuten.1068 1060 OLG Frankfurt a.M. NZG 2016, 435 Rn. 56; so schon OLG München v. 30. 3. 2011 – 7 U 4226/10, Rn. 35. 1061 Blunk/Rabe, GmbHR 2011, 408, 410. 1062 Vgl. Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 532; BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 79; Schiffer/C. Mayer, BB 2016, 2627 2630; Wächter, BB 2016, 711, 712. Dagegen wohl zustimmend Bormann/O. Trautmann, GmbHR 2016, 116, 123. 1063 Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 532. 1064 Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 532; vgl. BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 79. 1065 BFHE 240, 162. 1066 Fn. 1061. 1067 BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 79. 1068 Insbesondere BeckHdB M&A/Meyer-Sparenberg, § 44 Rn. 79.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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bb) Rechtsfolgen Für Bilanzgarantien gilt grundsätzlich das zu den Rechtsfolgen von Garantieverletzungen Gesagte (siehe dazu: 3.). Fraglich ist jedoch, ob eine Naturalrestitution bei der Verletzung einer Bilanzgarantie möglich ist oder sich der Anspruch des Käufers gemäß § 251 Abs. 1 Var. 1 BGB auf eine Entschädigung in Geld beschränkt.1069 Eine teilweise vertretene Ansicht sieht den Verkäufer tatsächlich zur Naturalrestitution im Wege einer sog. „Bilanzauffüllung“ verpflichtet.1070 Danach soll die Differenz zwischen dem tatsächlich gebuchten und dem – abhängig von der Art der Bilanzgarantie – richtigerweise zu buchenden Bilanzposten zu erstatten sein.1071 Dieser Ansatz ist dogmatisch nicht haltbar:1072 Erstens wird der Referenzabschluss durch die Erstattung der Differenz zwischen dem tatsächlich gebuchten und dem richtigerweise zu buchenden Bilanzposten nicht richtig. Es handelt sich damit nicht um eine Naturalrestitution.1073 Zweitens taugt dieser Ansatz nicht zur Berechnung eines Schadens des Käufers, da sich bspw. die falsche Bilanzierung eines Risikos nicht negativ im gegenwärtigen Vermögen der Zielgesellschaft niederschlagen muss.1074 IV. Freistellungen 1. Anwendungsbereich von Freistellungsklauseln in Unternehmenskaufverträgen Freistellungsklauseln werden in den Unternehmenskaufvertrag aufgenommen, um ein während des Transaktionsprozesses konkret identifiziertes Risiko dem Verkäufer zuzuordnen.1075 Es handelt sich im Gegensatz zu Garantieklauseln also weniger um abstrakte als um konkrete Risikozuweisungen.1076 Ein typischer An1069

Vgl. mit Verweis auf § 251 Abs. 1 S. 1 BGB: Wächter, NJW 2013, 1270, 1275 f. Näher dazu: Kleissler, NZG 2017, 531; 535 ff. 1070 So wohl: OLG München v. 30. 3. 2011 – 7 U 4226/10, Rn. 41 ff.; Buchwaldt, NJW 1994, 153, 157. 1071 Vgl. Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 533; Wächter, NJW 2013, 1270, 1274 ff.; die eine Bilanzauffüllung jedoch i.E. ablehnen. 1072 Näher dazu: Kleissler, NZG 2017, 531; 535 ff. 1073 Vgl. Hennrichs, NZG 2014, 1001, 1005. 1074 Vgl. Bormann/O. Trautmann, GmbHR 2016, 116, 124; Göthel/Fornoff, DB 2017, 530, 533; Hennrichs, NZG 2014, 1001, 1006 f. 1075 Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, BGB, § 453 Rn. 125; Duys/Henrich, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 16 Rz. 155; Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 952; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 35; Hilgard, BB 2016, 1218. 1076 Vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 2013, § 453 Rn. 125; Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 952; Felsenstein/Gansen/Sem-

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

wendungsbereich für Freistellungsklauseln ist die Steuerabgrenzung.1077 Dabei werden die steuerlichen Risiken anhand des wirtschaftlichen Stichtags den Parteien zugewiesen: Der Käufer hat danach die steuerlichen Risiken ab dem wirtschaftlichen Stichtag zu tragen, während ihn der Verkäufer für die Zeit davor freistellt.1078 Außer zur Steuerabgrenzung werden Freistellungsklauseln häufig für die Zuweisung von Umweltrisiken,1079 drohenden Bußgeldern,1080 Schadensersatzansprüchen oder Rückforderungen (z. B. in kartellrechtrechtlichen Sachverhalten)1081 als Gestaltungselement eingesetzt. 2. Aufbau von Freistellungsklauseln a) Tatbestand Auf der Tatbestandsebene werden die Voraussetzungen definiert, die eintreten müssen, damit der Käufer Freistellung vom Verkäufer verlangen kann. Das erfordert zunächst eine Definition des von der Freistellungsklausel erfassten Risikos. Soll die Freistellung bspw. im Hinblick auf Umweltrisiken erfolgen, muss definiert werden, welche konkreten umweltrechtlichen Verbindlichkeiten von der Freistellungsverpflichtung erfasst sein sollen.1082 Ferner muss der Tatbestand den maßgeblichen Zeitpunkt angeben, bis zu dem sich das Risiko dem Grunde nach realisiert haben muss, um einen Freistellungsanspruch zu begründen. Das wird regelmäßig der Vollzugsstichtag sein.1083 Für die Verteilung der Beweislast hat die genaue Formulierung große Bedeutung: Heißt es etwa „Umweltbelastungen sind vor dem Stichtag vorhandene …“, muss der Käufer darlegen und beweisen, dass die Umweltbelastung bereits vor dem Stichtag vorlag. kowicz, KSzW 2017, 33, 35; Hilgard, BB 2016, 1218; Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1 Anm. 101. 1077 Duys/Henrich, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 16 Rz. 156; Eilers/Beutel, IStR 2010, 564; Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 953; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 35; Hilgard, BB 2016, 1218, 1222; Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 37; Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1 Anm. 101. 1078 Eilers/Beutel, IStR 2010, 564 mit weiteren Einzeleinheiten. 1079 Duys/Henrich, in: Hölters (Hrsg.), Unternehmenskauf, Teil 16 Rz. 156; Holzapfel/ Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 953; Felsenstein/Gansen/Semkowicz, KSzW 2017, 33, 35; Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 37; Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1 Anm. 101. 1080 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 953. 1081 Vgl. Holzapfel/Pöllath/Engelhardt, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 953. 1082 Vgl. Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1. 1083 Vgl. Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1, der in Klausel 10.1.2 auf den Stichtag abstellt.

§ 5 Der Unternehmenskaufvertrag

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Lautet die Formulierung dagegen „Umweltrisiken sind …, soweit diese nicht erst nach dem Stichtag eingetreten sind …“, liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Verkäufer. Eine Besonderheit ergibt sich, wenn ein Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht bereits am Vollzugsstichtag vorliegt, sich dessen rechtliche Bewertung aber aufgrund einer Verschärfung des maßgeblichen materiellen Rechts nachträglich ändert.1084 In diesem Fall stellt sich die Frage, ob die nachträgliche Änderung der Rechtslage eine Freistellungspflicht des Verkäufers auslöst.1085 Enthält der Unternehmenskaufvertrag keine ausdrückliche Regelung,1086 ist das Risiko gemäß der §§ 133, 157 BGB zuzuweisen, wobei eine Vermutung dafür streitet, dass das vom Käufer übernommene Freistellungsrisiko nicht nur tatsächliche, sondern auch rechtliche Unsicherheiten erfasst. Daneben sind weitere Voraussetzungen denkbar, von denen das Entstehen des Freistellungsanspruchs des Käufers abhängig gemacht wird. Der Vertrag kann etwa regeln, zu welchem Grad sich das erfasste Risiko realisiert haben muss, um einen Anspruch zu begründen. So kann der Anspruch des Käufers auf Freistellung bspw. davon abhängig gemacht werden, dass ein rechtskräftiges Urteil oder ein bestandskräftiger und vollziehbarer Verwaltungsakt erlassen wurde.1087 b) Rechtsfolge Der Freistellungsanspruch des Käufers ist darauf gerichtet, den Käufer von sämtlichen Nachteilen zu befreien, die aus dem betreffenden Risiko erwachsen.1088 Daneben sehen Freistellungsklauseln regelmäßig weitere Rechtsfolgen vor. Besonders wichtig sind dabei die Mitwirkungsobliegenheiten bzw. -pflichten des Käufers und die Abwehrrechte des Verkäufers. Dahinter steht die folgende Erwägung: Wird ein Anspruch gegenüber einer Person erhoben, die für diesen Anspruch zwar rechtlich, aber nicht wirtschaftlich zuständig ist, begründet das für die wirtschaftlich zuständige Person ein erhebliches Risiko. Das natürliche Abwehrinteresse der rechtlich zuständigen Person ist nämlich mangels wirtschaftlicher Betroffenheit gehemmt, was die Gefahr opportunistischer Verhaltensweisen begründet. Dieser 1084

Im Hinblick auf umweltrechtliche Risiken: BeckHdB M&A/Schmidt-Kötters, § 82 Rn. 179. 1085 BeckHdB M&A/Schmidt-Kötters, § 82 Rn. 179. 1086 Vgl. BeckHdB M&A/Schmidt-Kötters, § 82 Rn. 179. 1087 Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1. 1088 Vgl. Kiem, Kaufpreisregelungen, 2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 36, der allerdings zu weitgehend – mit Verweis auf Rohling, MDR 2012, 257 – davon ausgeht, der Freistellungsanspruch erfasse „auch Vermögensnachteile, die unter dem gesetzlichen Schadenbegriff nicht ausgleichspflichtig wären“. Das überzeugt im Hinblick auf den weiten Schadensbegriff des § 249 Abs. 1 BGB nicht. Unterschiede dürften sich nicht auf Rechtsfolgen-, sondern – worauf Rohling hinweist – auf Tatbestandsebene ergeben, weil ein Freistellungsanspruch regelmäßig verschuldensunabhängig entsteht.

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1. Kap.: Der Unternehmenserwerb

Interessenskonflikt wird durch Regelungen zum Verfahren der Anspruchsabwehr1089 und Mitwirkungspflichten des Käufers gelöst.1090 Ob diese Mitwirkungspflichten bei der Anspruchsabwehr als Obliegenheiten oder als echte Rechtspflichten ausgestaltet sind, muss im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB ermittelt werden. Führt die unterbliebene Mitwirkung zu einer Einschränkung oder einem Verlust des Anspruchs des Käufers und hat der Verkäufer kein eigenes Interesse an der Anspruchsabwehr, spricht das für eine Obliegenheit. Hat der Verkäufer dagegen ein – über die Vermeidung seiner Inanspruchnahme aus der Freistellungsklausel hinausgehendes – erkennbares Eigeninteresse an der Anspruchsabwehr, weil er bspw. eine eigene Inanspruchnahme (etwa als Handlungsstörer) besorgen muss, deutet das auf eine echte Rechtspflicht des Käufers hin.

§ 6 Zwischenergebnis Als Ergebnis des ersten Teils der Bearbeitung lässt sich nach alledem zusammenfassen: Ein Unternehmen ist eine wirtschaftliche Funktionseinheit, deren Mehrwert sich aus der spezifischen Zusammensetzung von Sachen, Rechten und sonstigen Gegenständen ergibt. Der Erwerb eines Unternehmens vollzieht sich üblicherweise in einem vom Prinzip der Privatautonomie beherrschten Transaktionsprozess, für den sich in den vergangenen drei Dekaden unter angloamerikanischem Einfluss bestimmte Usancen herausgebildet haben. Die Steuerung des Transaktionsprozesses liegt in der Regel bei dem Veräußerer, der sich dazu verschiedener Vorfeldvereinbarungen bedient. Damit steuert er einerseits den Fluss vertraulicher Informationen und macht andererseits organisatorische Vorgaben zur Prozesskoordinierung. Das ermöglicht es ihm, in einem Bieterverfahren die Konkurrenz zwischen verschiedenen Erwerbsinteressenten gezielt einzusetzen, um einen möglichst günstigen Abschluss zu erzielen. Im Rahmen einer sog. Due Diligence erhalten die Erwerbsinteressenten die Gelegenheit, das Zielunternehmen zu prüfen, um ihre Investitionsentscheidung auf der Grundlage angemessener Informationen zu treffen. Die Gestattung einer Due Diligence ist auch dann grundsätzlich zulässig, wenn es sich bei der Trägerin des Zielunternehmens um eine Aktiengesellschaft handelt. Die Organe einer Kapitalgesellschaft auf Erwerberseite müssen (üblicherweise) eine Due Diligence durchführen, um i.S.v. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG auf der Grundlage angemessener Informationen zu handeln. 1089 1090

Vgl. Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1. Vgl. Seibt/Schrader, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, Form. C.II.1.

§ 6 Zwischenergebnis

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Im Rahmen der Due Diligence kann der Veräußerer seine sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebenden Aufklärungspflichten erfüllen. Ein Automatismus zwischen deren Gestattung und der Erfüllung von Aufklärungspflichten gibt es dabei jedoch nicht. Erfüllt der Veräußerer seine Aufklärungspflichten nicht oder schlecht, kann der spätere Erwerber sich gemäß § 123 Abs. 1 BGB durch Anfechtung vom Vertrag lösen und Schadensersatz verlangen. Ein Schadensersatzanspruch steht auch den Erwerbsinteressenten zu, die aufgrund einer vom Veräußerer zu vertretenen verzögerten Aufklärung einen Schaden erleiden. Ein Unternehmen ist ein sonstiger Gegenstand i.S.v. § 453 BGB, auf dessen Kauf daher die §§ 433 ff. BGB Anwendung finden. Damit ist auch der Anwendungsbereich des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts der §§ 434 ff. BGB eröffnet. Der Beschaffenheitsbegriff steht dem nicht entgegen, da dieser – erst recht bei nur entsprechender Anwendung gemäß § 453 BGB – nicht auf physische Eigenschaften der Kaufsache beschränkt ist. Auch der in der Literatur vorgebrachte Einwand, ein Unternehmen weise keine Standardbeschaffenheit auf, überzeugt nicht. Ein Mangel einer unternehmenszugehörigen Sache führt jedoch nur zu einem Mangel des Unternehmens, wenn dieser so erheblich ist, dass er auf das Unternehmen selbst „durchschlägt“. In der Praxis weichen Unternehmenskaufverträge jedoch stark vom dispositiven Recht der §§ 433 ff. BGB ab. Ausgehend von einer Unternehmensbewertung wird in einer Kaufpreisklausel das subjektive Äquivalenzverhältnis bestimmt. Zu dessen Aufrechterhaltung vereinbaren die Parteien unter Ausschluss des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts ein Garantie- und Freistellungsregime. Darin werden die im Zuge des Transaktionsprozesses identifizierten Chancen und Risiken zugewiesen. Der Inhalt dieser vertraglichen Gewährleistungsrechte variiert, häufig sind aber u. a. sog. Bilanzgarantien zu finden. Diese sind für den Käufer besonders wichtig, weil er damit sein Vertrauen auf die Jahresabschlüsse (insbesondere der Zielgesellschaft) schützen kann, die eine wesentliche informationelle Grundlage seiner Investitionsentscheidung bilden. Charakteristisch für das Garantieregime eines Unternehmenskaufvertrags ist die Beschränkung der Verkäuferhaftung durch Haftungsgrenzen nach oben wie nach unten.

2. Kapitel

Die Sachkapitalerhöhung § 7 Einführung A. Gegenstand der Sachkapitalerhöhung Die Höhe des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft ist zwingender Satzungsbestandteil, § 23 Abs. 3 Nr. 3 AktG. Die (Sach-)Kapitalerhöhung ist damit eine Satzungsänderung,1 was sich auch im systematischen Standort der maßgeblichen aktienrechtlichen Vorschriften im sechsten Teil des Aktiengesetzes („Satzungsänderung. Maßnahmen zur Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung“) widerspiegelt. Die ordentliche Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage (Sachkapitalerhöhung) ist ein Sonderfall der ordentlichen Kapitalerhöhung gegen Einlage, deren Besonderheit in der Art der Einlageleistung, nämlich der Einbringung eines Vermögensgegenstandes, besteht. Aus der Sicht der emittierenden Aktiengesellschaft besteht der Vorteil einer Sachkapitalerhöhung darin, einen Vermögensgegenstand ohne Abfluss liquider Mittel oder die Aufnahme von Fremdkapital erwerben zu können.2 Ähnlich verhält es sich für den künftigen Aktionär: Er kann eine Beteiligung an der emittierenden Aktiengesellschaft erwerben, ohne die zur Erfüllung der Einlageschuld erforderlichen Mittel in Geld aufbringen zu müssen. Die Sachkapitalerhöhung hat damit eine Finanzierungsfunktion.3 Außer in der im weiteren Fortgang der Bearbeitung im Vordergrund stehenden Akquisitionsfinanzierung4 werden Sachkapitalerhöhungen in der Praxis häufig im Rahmen von Debt-Equity-Swaps (Umwandlung von Fremd-

1 Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 3. Aufl. 2015, § 6 Rn. 1; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, Vor. § 182 Rn. 1; Eimer, S. 23. MüKoAktG/Heider, 4. Aufl. 2016, § 6 Rn. 16; Hirte (2016), Rn. 6.11; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 182 Rn. 1; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 15; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, Vor. §§ 182 ff., Rn. 1; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 182 Rn. 1; Bürgers/Körber/Westermann, AktG, 4. Aufl. 2017, § 7 Rn. 4. Vgl. Angermayer, S. 24; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, Vor. § 182 Rn. 1; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 182 Rn. 3. 2 Heer, ZIP 2012, 2325; vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, Vor § 182 Rn. 39. 3 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, Vor. § 182 Rn. 1; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, Vor. § 182 Rn. 1. 4 Vgl. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 5; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 183 Rn. 6.

§ 7 Einführung

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in Eigenkapital) eingesetzt.5 Aber auch zur Umstrukturierung im Konzern kann auf die Sachkapitalerhöhung als Instrument zurückgegriffen werden.6 Neben der im Vordergrund stehenden Finanzierungsfunktion hat die Sachkapitalerhöhung damit also auch eine Strukturierungsfunktion.7 Die wesentliche Herausforderung einer Sachkapitalerhöhung besteht in der Sicherstellung eines angemessenen Äquivalenzverhältnisses:8 Einerseits haben sowohl die Altaktionäre der Emittentin als auch ihre Gläubiger ein großes Interesse an der Werthaltigkeit der Sacheinlage: Ist die Sacheinlage nicht werthaltig, unterläuft das den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung (siehe dazu: § 8 B.III.) und damit die gläubigerschützende Funktion des Grundkapitals (siehe dazu: § 8 B.II.).9 Und auch den Aktionären entsteht ein Schaden, wenn die Sacheinlage überbewertet wird, weil der mit der Verwässerung ihrer Mitgliedschaftsrechte einhergehende finanzielle Abfluss dem Gesellschaftsvermögen nicht durch die Einlageleistung in gleicher Höhe wieder zufließt.10 Der normative Rahmen, den das Aktiengesetz für Sachkapitalerhöhungen vorgibt, dient dementsprechend primär der Durchsetzung des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung.11 Andererseits hat auch der künftige Aktionär ein Interesse daran, für die Hingabe seiner Sacheinlage eine angemessene Gegenleistung zu erhalten. Hier ist ungeklärt, inwieweit er dieses Interesse durch Gewährleistungen der Emittentin absichern kann (siehe dazu: § 12 E.II.).

B. Ablauf einer Sachkapitalerhöhung Grundlage der Sachkapitalerhöhung ist der nach Maßgabe der § 182 Abs. 1 bis 3, § 183 Abs. 1 AktG gefasste Kapitalerhöhungsbeschluss.12 Die Sachkapitalerhöhung ist also in jedem Fall auf den Willen der Aktionäre rückführbar. Auf die Beschlussfassung der Hauptversammlung folgt die Anmeldung des Erhöhungsbe5

Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 183 Rn. 6; Wachter/Dürr, AktG, 3. Aufl. 2014, § 183 Rn. 5; vgl. zum Debt-Equity-Swap bspw. Ekkenga, ZGR 2009, 581 ff.; Paape, DZWIR 2009, 9 ff. 6 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, Vor § 182 Rn. 41. 7 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, Vor § 182 Rn. 41. 8 Vgl. Angermayer, S. 27 ff.; Raiser/Veil (2015), § 10 Rn. 13. 9 Vgl. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 1 f.; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, Vor § 182 Rn. 42; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 183 Rn. 2; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 183 Rn. 8; Schiller, AG 1992, 20; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 1; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 183 Rn. 4. 10 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 1; vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, Vor § 182 Rn. 43; Grundmann (2011), Rn. 353; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 68; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 358; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, 183 Rn. 8. 11 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 3; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 1; vgl. Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 2. 12 Vgl. Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 182 Rn. 10.

190

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

schlusses zum Handelsregister, § 184 AktG.13 Danach wird die Sachkapitalerhöhung durchgeführt. Dazu schließt die Emittentin zunächst einen Zeichnungsvertrag mit dem Inferenten. Danach wird die Sacheinlage eingebracht. Schließlich wird die Durchführung der Sachkapitalerhöhung zum Handelsregister angemeldet, § 188 AktG. Mit der Eintragung der Durchführung wird die Kapitalerhöhung wirksam, § 189 AktG. In diesem Zeitpunkt entsteht das Mitgliedschaftsrecht.14

§ 8 Europarechtliche Vorgaben A. Einführung Der normative Rahmen, den das deutsche Aktienrecht für die Durchführung einer Sachkapitalerhöhung vorgibt, ist in hohem Maße europarechtlich determiniert.15 Neben der ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie, der sog. Publizitätsrichtlinie,16 enthielt vor allem die zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie, die Kapitalrichtlinie, umfangreiche Vorgaben. Diese Vorgaben, die mit deren Inkrafttreten am 20. 7. 201717 ohne materiellrechtliche Änderungen in der Gesellschaftsrechts-RL aufgegangen sind und die gemäß Art. 2 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL i.V.m. Anhang I GesRRL auch für die deutsche Aktiengesellschaft Geltung beanspruchen, sind im Folgenden näher zu untersuchen.

B. Vorgaben der Gesellschaftsrechts-RL I. Entstehungsgeschichte und Schutzzweck Bereits das allgemeine Programm zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft von 1961 nannte das Ziel gleichwertiger Bestimmungen zum Schutz von Gesellschaftern und

13 Es besteht wegen § 188 Abs. 4 AktG die Möglichkeit, die Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses mit der Durchführungsanmeldung zusammenzufassen. 14 Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 189 Rn. 2. 15 Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. passim. 16 Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. 9. 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaatenden Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEG. v. 1. 10. 2009, L 258/11; geändert durch Richtlinie 2012/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 7. 2012, ABlEU. v. 16. 6. 2012, L156/1 und durch die Richtlinie 2013/24/EU des Rates vom 13. 5. 2013, ABlEU. v. 10. 6. 2013, L158/365. 17 Gemäß Art. 167 GesRRL tritt die Richtlinie am zwanzigsten Tag nach der (am 30. 7. 2017 erfolgten) Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

§ 8 Europarechtliche Vorgaben

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Dritten.18 Dies griff die Kommission im Jahr 1970 mit ihrem Vorschlag für die Kapitalrichtlinie auf,19 die damit von Anfang an sowohl auf den Schutz der Gesellschafter, als auch von Dritten (Gläubigern) gerichtet war.20 Auch die konzeptionellen Grundentscheidungen für das Prinzip des festen Grundkapitals21 und ein Mindestkapital22 (siehe dazu: II.) waren bereits im Kommissionsentwurf angelegt. Um die Jahrtausendwende war die Kapitalrichtlinie Gegenstand einer umfassenden Reformdiskussion.23 Im Rahmen der vierten Phase der Simpler Legislation for the Internal Market-Initiative (SLIM-Initiative) setzte die Kommission eine Arbeitsgruppe ein, deren im Jahr 2000 vorgestellter Reformvorschlag u. a. die Abkehr vom Prinzip des festen Grundkapitals und eine Vereinfachung der Sacheinlage vorsah.24 Während die Vorschläge zur Vereinfachung der Sacheinlage von der Kommission akzeptiert wurden, stufte sie die Abkehr vom Prinzip des festen Kapitals als weiter prüfungsbedürftig ein.25 Ausgehend von diesem Vorschlag der SLIMArbeitsgruppe und einem Bericht der High Level Expert Group um Jaap Winter26 wurden die Anforderungen der Kapitalrichtlinie an Sacheinlagen im Jahr 2006 durch die Änderungs-RL 2006/68/EG vom 6. 9. 2006 wesentlich gelockert.27 Die Abschaffung des Prinzips des festen Grundkapitals wurde jedoch nicht weiterverfolgt und auch in dem im Jahr 2012 vorgestellten Aktionsplan der Kommission „Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagierte Aktionäre und bessere überlebensfähige Unternehmen“28 nicht erneut aufgegriffen.29 18

ABlEG Nr. 2 v. 15. 1. 1962, S. 39/62. KOM(1970)232 endg., S. 20. 20 Vgl. EuGH v. 30. 5. 1991 Marina Karalla und Nicolas Karallas ./. Ypourgou viomichanias, energeias kai technológiás, Organismou Anasygkrotiseos Epicheiriseon AE, Rs. C-19/90, C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 25; EuGH v. 24. 3. 1992, Syndesmos Melon tis Eleftheras Evangelikis Ekklisias u. a. ./. Griechischer Staat u. a., Rs. C-381/89, ECLI:EU:C:1992:142, Rn. 27; EuGH v. 19. 11. 1996, Siemens ./. Nold, Rs. C-42/95, ECLI:EU:C:1996:444, Rn. 13; Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 25; Grundmann (2011), Rn. 318, Santella/Turrini, EBOR 9 (2008), 427, 430. 21 Art. 2 lit. d), 22 Abs. 1 (E), KOM(1970)232 endg., S. 4, 12. 22 Art. 6 Abs. 1 (E), KOM(1970)232 endg., S. 6. 23 Grundmann (2011), Rn. 320; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.38 ff. Vgl. dazu: Baldamus, passim.; Maul/Lanfermann/Richard, FS Hellwig, 2010, S. 221 ff.; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695 ff.; Santella/Turrini, EBOR 9 (2008), 427, 430 ff. 24 KOM(2000)56 endg., S. 4 f. 25 KOM(2000)56 endg., S. 5 f. 26 Bericht der hochrangigen Gruppe von Experten aus dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa: , abgerufen am 3. 12. 2016. 27 Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.6. 28 COM(2012)740 endg. 29 Vgl. Bayer/J. Schmidt, BB 2013, 3, 16. 19

192

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Neben der Neufassung im Jahr 2012, die – abgesehen von einer kompetenzrechtlichen Änderung des Art. 6 (Art. 45 GesRRL) – ausschließlich der Kodifizierung diente,30 waren es vor allem die Nachwehen der globalen Finanzkrise, die Auswirkungen auf die Kapitalrichtlinie hatten. Sie führten erstens zur Ergänzung des Art. 45 KapRL (Art. 84 GesRRL) um einen dritten Absatz durch Art. 123 Abwicklungs-RL.31 Zweitens fanden sie Niederschlag in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs zur Kapitalrichtlinie. Galt den Luxemburger Richtern das grundsätzliche Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung zu Kapitalmaßnahmen auch in der Krise eines Finanzinstituts lange Zeit als sakrosankt, wurde diese Linie in Anbetracht der systemischen Risiken der Finanzkrise neujustiert und von den Luxemburger Richtern zum Anlass genommen, die Schutzrichtung der Gesellschaftsrechts-RL zu konkretisieren: Der den Gläubigern und Aktionären durch sie gewährte Schutz solle vor Maßnahmen der Organe der Gesellschaft schützen und damit das ordentliche Funktionieren der Gesellschaft gewährleisten.32 Kein Schutz bestehe daher vor staatlichen Rekapitalisierungsmaßnahmen, die in Erfüllungen von Bedingungen i.S.d. Art. 3 Abs. 3 lit. b) der VO (EU) Nr. 407/201033 durchgeführt würden,34 auch wenn die Durchführung dieser Maßnahmen durch Organe der Gesellschaft erfolge.35 Der vom Europäischen Gerichtshof gewählte Begründungsansatz darf jedoch nicht als Blankovollmacht für staatliche Eingriffe in die Finanzverfassung von Aktiengesellschaften missverstanden werden, sondern muss im Kontext der durch die Finanzkrise verursachten, systemischen Gefahren gesehen werden.36 Tatsächlich handelt es sich hierbei daher um keine Frage des 30 Bayer/J. Schmidt, BB 2013, 3, 6; Boyle/Birds, Company Law, 9. Aufl. 2014, S. 32; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.9; Verse, EuZW 2013, 336, 339. 31 Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 5. 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABlEU. v. 12. 6. 2014, L1738/190, geändert durch Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. 6. 2017, ABlEU. v. 30. 6. 2017, L169/46. 32 EuGH v. 8. 11. 2016, Gerard Dowling u. a. ./. Minister for Finance, Rs. C-41/15, ECLI:EU:C:2016:836, Rn. 49; vgl. EuGH, v. 16. 9. 2016, Kotnik u. a. ./. Drzˇ avni zbor Republike Slovenije, Rs. C-526/14, ECLI:EU:C:2016:767, Rn. 88. 33 Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. 5. 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus, ABlEU. v. 12. 5. 2010, L118/1; geändert durch die Verordnung (EU) 2015/1360 des Rates vom 4. 8. 2015, ABlEU. v. 7. 8. 2015, L210/1; berichtigt im ABlEU. v. 18. 7. 2012, L188/19. 34 EuGH v. 8. 11. 2016, Gerard Dowling u. a. ./. Minister for Finance, Rs. C-41/15, ECLI:EU:C:2016:836, Rn. 50 f. 35 EuGH v. 8. 11. 2016, Gerard Dowling u. a. ./. Minister for Finance, Rs. C-41/15, ECLI:EU:C:2016:836, Rn. 52. 36 Vgl. EuGH v. 8. 11. 2016, Gerard Dowling u. a. ./. Minister for Finance, Rs. C-41/15, ECLI:EU:C:2016:836, Rn. 53; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.176 ff.

§ 8 Europarechtliche Vorgaben

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Schutzzweckes (und damit des Tatbestandes), sondern um ein Problem, das dogmatisch auf der Ebene der Rechtfertigung anzusiedeln ist.37 Im Sommer 2017 ist die Kapitalrichtlinie schließlich infolge der Kodifikation der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien – ohne inhaltliche Änderungen – in der Gesellschaftsrechts-RL aufgegangen.38 II. Eigenkapitalstruktur Wesentlicher Regelungsgegenstand der Gesellschaftsrechts-RL ist die Finanzverfassung von Aktiengesellschaften.39 Prägend ist dabei das (1.) Prinzip des festen Grundkapitals.40 Aus dem Prinzip des festen Grundkapitals leiten sich drei Strukturmerkmale der durch die Gesellschaftsrechts-RL vorgegebenen Eigenkapitalstruktur der Aktiengesellschaft ab: Die Vorgabe eines (2.) Mindestkapitals sowie die Pflichten zur (III.) realen Kapitalaufbringung und zur (IV.) Kapitalerhaltung.41 1. Das Prinzip des festen Grundkapitals Das Prinzip des festen Grundkapitals verlangt ein satzungsgemäß festgelegtes Grundkapital, dessen Höhe nur durch eine Satzungsänderung (i. e. Kapitalerhöhung oder -herabsetzung) verändert werden kann.42 Dieses Prinzip macht sich die Gesellschaftsrechts-RL mit entsprechenden Anforderungen an das Recht der Mitgliedstaaten zu eigen:43 Die Höhe des Grundkapitals und eines etwaigen genehmigten Kapitals muss gemäß Art. 3 lit. c) und d) GesRRL in der Satzung oder dem Errichtungsakt der Aktiengesellschaft ausgewiesen sein. Jede Kapitalerhöhung muss von der Hauptversammlung beschlossen 37 In diese Richtung weist auch EuGH, v. 16. 9. 2016, Kotnik u. a. ./. Drzˇ avni zbor Republike Slovenije, Rs. C-526/14, ECLI:EU:C:2016:767, Rn. 91. 38 Bayer/J. Schmidt, BB 2017, 2114. 39 Vgl. Grundmann (2011), Rn. 314; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 1, Lutter/Bayer/ J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.2 f.; EnzEuR/Teichmann, § 6 Rn. 175. 40 Drinkuth, S. 129; Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 20; Hirte (2016), Rn. 5.17 f.; Lutter, Das (feste Grund-)Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, in: ders. (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 2006, S. 1; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.3, 19.37. Vgl. Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 24; Grundmann (2011), Rn. 330. 41 Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 20; Eidenmüller, FS Heldrich, 2005, S. 581, 593; vgl. Baldamus, S. 79; Ekkenga/Bayer (2006), S. 342, 343; Hirte (2016), Rn. 5.19. 42 Bayer, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 17. Kap. Rn. 1; Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 20; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 322; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.3, 19.37; vgl. Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 29. 43 Bayer, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 17. Kap. Rn. 4; ders./J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 24; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.3, 19.37.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

werden, Art. 68 Abs. 1 S. 1 GesRRL. Und auch die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals muss nach Art. 68 Abs. 2 GesRRL auf einer Ermächtigung durch die Aktionäre beruhen. Gleiches gilt für die Herabsetzung des Grundkapitals, Art. 73 GesRRL. Das feste Grundkapital gibt Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften die Möglichkeit, ein Signal der Seriosität der Unternehmung auszusenden,44 indem die Grundkapitalziffer Auskunft darüber gibt, inwieweit die Gesellschafter mit ihrem eigenen Vermögen für den Misserfolg der Unternehmung bereit sind einzustehen.45 2. Mindestkapital Anders als die Grundsätze der realen Kapitalaufbringung und -erhaltung ist die Vorgabe eines Mindestgrundkapitals keine zwingende Voraussetzung für die Umsetzung des Prinzips des festen Grundkapitals.46 Es wäre rechtstechnisch ohne Weiteres denkbar, die Höhe des festen Grundkapitals zur freien Disposition der Aktionäre zu stellen.47 Der Richtliniengeber hat sich in Art. 45 Abs. 1 GesRRL für einen anderen Weg entschieden: Die Mitgliedstaaten müssen als Voraussetzung für die Gründung bzw. die Aufnahme der Geschäftstätigkeit die Zeichnung eines Mindestkapitals von EUR 25.000 fordern. Über die gläubigerschützende Intention des Mindestkapitals besteht Einigkeit.48 Dazu, ob und wie diese Zielsetzung damit erreicht wird, finden sich jedoch verschiedene argumentative Ansätze, die zum Teil parallel herangezogen werden: Nach teilweise vertretener Ansicht schützt das Mindestkapital die Gläubiger, indem es im Gegenzug für das Haftungsprivileg der Gesellschafter die Einrichtung eines Haftungsfonds49 oder eines Verlustpuffers50 verlangt. Andere sehen den Schutzzweck

44

Drygala, ZGR 2006, 586, 599 ff.; Heine/Röpke, RabelsZ 70 (2006), 138, 151 ff.; jeweils mit Bezug auf Iacobucci, 6 American Law and Economic Review 319 – 344 (2004). Ferner: Grohmann, S. 261 f.; Jaspers, S. 196 ff.; Pentz/Priester/Schwanna (2006), S. 42, 52 f. Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, Vor. § 182 Rn. 38. 45 Drygala, ZGR 2006, 586, 595 ff.; Grohmann, S. 261 f.; Heine/Röpke, RabelsZ 70 (2006), 138, 143; Jaspers, S. 196 ff. 46 Bayer, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 17. Kap. Rn. 1; Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 20. 47 Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 20. 48 Lutter (1964), S. 49 ff.; Koll-Möllenhoff, S. 45. 49 Baldamus, S. 79; Temple Lang, Irish Jurist 7 (1972), 306, 308); Wiedemann (1980), S. 557; ders., DB 1993, 141, 147; vgl. MüKoAktG/Heider, 4. Aufl. 2016, § 1 Rn. 97, § 6 Rn. 6; Spindler/Stilz/Fock, AktG, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 83; Heidel/H. Fischer, AktG, 4. Aufl. 2014, § 6 Rn. 1. 50 Baums, ZHR 175 (2011), 160 180 f.; Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 26; Grigoleit, AktG, 2013, § 1 Rn. 29; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 17 f.; Koll-Möllenhoff, S. 45 f.; Lutter, AG 1998, 375; Wiedemann (1980), S. 557.

§ 8 Europarechtliche Vorgaben

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des Mindestkapitals durch die Sicherung der Anlauffinanzierung der Gesellschaft verwirklicht.51 Da die Höhe des Mindestkapitals nicht mit dem Unternehmensrisiko und dem Finanzbedarf der Gesellschaft korrespondiert und das Mindestkapital der Gefahr der Verwirtschaftung ausgesetzt ist, vermögen derartige Begründungsansätze allerdings nicht zu überzeugen.52 Nach vorzugswürdiger Ansicht ist das Mindestkapital – insbesondere unter dem Einfluss der ökonomischen Analyse des Rechts und verhaltensökonomischer Untersuchungen – als Element der Verhaltenssteuerung zu verstehen:53 Das Mindestkapital dient danach zum einen als Seriositätstest.54 Durch das Aufbringen des Mindestkapitals müssen die Gesellschafter ein Mindestmaß an Vertrauen in ihr Unternehmen dokumentieren, wodurch die Gründung unrentabler Gesellschaften erschwert werden soll.55 Dem Mindestkapital kommt also eine „Filterfunktion“ zu.56 Zum anderen soll das Mindestkapital – ähnlich wie der Selbstbehalt bei einer Versicherung57 – Fehlanreizen entgegenwirken.58 Damit ist Folgendes gemeint: Der vollständige Ausschluss der persönlichen Haftung der Aktionäre unterbricht den Zusammenhang zwischen Chancen und Risiken59 teil-

51 Koll-Möllenhoff, S. 46; Pentz/Priester/Schwanna (2006), S. 42, 47 ff.; Temple Lang, Irish Jurist 7 (1972), 306, 308. 52 Drygala, ZGR 2006, 586, 590; Eidenmüller, FS Heldrich, 2005, S. 581 (593); vgl. Spindler/Stilz/Fock, AktG, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 84; MüKoAktG/Heider, 4. Aufl. 2016, § 1 Rn. 97, § 7 Rn. 8; KKAktG/Dauner-Lieb, 3. Aufl. 2011, § 7 Rn. 3; Hirte (2016), Rn. 5.23; Koll-Möllenhoff, S. 44; Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695 (718 f.); Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 6 Rn. 2. 53 Drygala, ZGR 2006, 586, 595 ff.; Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 25; Grohmann, S. 262. 54 Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 29; Bezzenberger (2005), S. 30; Drygala, ZGR 2006, 586, 595 ff.; Grohmann, S. 262; Heine/Röpke, RabelsZ 70 (2006), 138, 143; Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 1; ders., AG 1998, 375; Pentz/Priester/ Schwanna (2006), S. 42, 51 f.; Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 7 Rn. 2; Bürgers/Körber/ Westermann, AktG, 4. Aufl. 2017, § 1 Rn. 15; vgl. Drinkuth, S. 131 f.; Eidenmüller, FS Heldrich, 2005, S. 581, 593; K. Schmidt (1993), S. 103, 127. Kritisch: Mülbert/Birke, EBOR 3 (2002), 695, 717 f. 55 Bezzenberger (2005), S. 30; Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 24 ff.; Bericht der hochrangigen Gruppe von Experten aus dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa, S. 88: , abgerufen am 3. 12. 2016; vgl. Bayer/ J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 29. Kritisch: Jaspers, S. 195 f. 56 Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 25; vgl. Spindler/Stilz/Drescher, AktG, 3. Aufl. 2015, § 7 Rn. 1; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 7 Rn. 1; Spindler/ Stilz/Fock, AktG, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 83. 57 Adams, Eigentum, Kontrolle und Beschränkte Haftung, S. 34 ff.; vgl. Baums, ZHR 175 (2011), 160 182 f.; Koll-Möllenhoff, S. 47. 58 Pentz/Priester/Schwanna (2006), S. 42, 50 f.; Koll-Möllenhoff, S. 47. 59 Zu diesem Zusammenhang Brealey/Myers/Allen, S. 162 ff.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

weise.60 Während die Gewinne aus risikoreichen Geschäften durch die Ausschüttung an die Gesellschafter vollständig privatisiert werden können, werden die Verluste aus solchen Geschäften infolge des Haftungsprivilegs auf die Gläubiger der Gesellschaft abgewälzt und damit sozialisiert.61 Mikroperspektivisch werden damit Geschäfte für die Gesellschafter sinnvoll, die makroperspektivisch, also unter Berücksichtigung des von den Gläubigern übernommen Risikos, nicht sinnvoll sind.62 Der durch diese Externalisierung für die Gesellschafter gesetzte Anreiz zu einem opportunistischen Verhalten zulasten der Gläubiger bezeichnet man als moral hazard.63 Das Mindestkapitalerfordernis begegnet diesem Problem, indem es durch die Möglichkeit des Einlagenverlusts in Höhe des Mindestkapitals die Risikoaversion der Gesellschafter stärkt.64 III. Grundsatz der realen Kapitalaufbringung Die Entscheidung des Richtliniengebers für das Prinzip des festes Grundkapitals würde zu einer bloßen Absichtserklärung verkommen, wenn diese Entscheidung normativ nicht durch Regelungen zur Kapitalaufbringung flankiert würde.65 Mindest- und Grundkapital können ihre Funktionen nämlich nur erfüllen, wenn auf ihre vollständige und effektive Erbringung Verlass ist.66 Aber auch für das Binnenverhältnis zwischen den Gesellschaftern ist die Durchsetzung der Regelungen über das Grund- und Mindestkapital wichtig, verhindert sie doch eine gleichheitswidrige „Quersubventionierung“, zu der es käme, wenn nur ein Teil der Gesellschafter ihrer Einlagepflicht Folge leisten würde.67 Die Kapitalaufbringung ist demnach ein wesentliches Regelungsanliegen der Gesellschaftsrechts-RL und hat in Vorschriften zum (1.) zwingenden Charakter, dem (2.) Umfang, der (3.) Erfüllung der Einlagepflicht und ihrer (4.) Fälligkeit Ausdruck

60 Baums, Beiträge zum Recht der Unternehmensfinanzierung, S. 466; Easterbrook/Fischel, S. 49 f.; Pentz/Priester/Schwanna (2006), S. 42, 50. 61 Baums, Beiträge zum Recht der Unternehmensfinanzierung, S. 466; Bezzenberger (2005), S. 90 ff.; Easterbrook/Fischel, S. 49 f.; Pentz/Priester/Schwanna (2006), S. 42, 50. 62 Vgl. Baums, Beiträge zum Recht der Unternehmensfinanzierung, S. 466. 63 Easterbrook/Fischel, S. 49 f.; Koll-Möllenhoff, S. 44; Pentz/Priester/Schwanna (2006), S. 42, 60. 64 Baldamus, S. 79; Baums, ZHR 175 (2011), 160 182 f.; Koll-Möllenhoff, S. 47; Pentz/ Priester/Schwanna (2006), S. 42, 50 f. 65 Eidenmüller/Grunewald/Noack (2006), S. 17, 20; vgl. MüKoAktG/Heider, 4. Aufl. 2016, § 1 Rn. 97; Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 23. 66 Angermayer, S. 25 f.; Drygala, ZGR 2006, 586, 600 ff.; Heine/Röpke, RabelsZ 70 (2006), 138, 154. 67 Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 30; vgl. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 16; Stein/B. Fischer, ZIP 2014, 1362, 1364.

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gefunden.68 Das Prinzip, das dieser normativen Absicherung der Entscheidung für das feste Grundkapital und das Mindestkapital zugrunde liegt, wird als Grundsatz der realen Kapitalaufbringung bezeichnet.69 1. Die zwingende Einlagepflicht, Art. 53 GesRRL Ausgangspunkt des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung ist der zwingende Charakter der Einlagepflicht:70 Nach Art. 53 GesRRL dürfen die Aktionäre nicht von ihrer Einlagepflicht befreit werden. Konsequenz dieser zwingenden Einlagepflicht ist das Verbot des originären Erwerbs eigener Aktien gemäß Art. 59 Abs. 1 GesRRL:71 Bei der Zeichnung eigener Aktien stünde dem Zufluss der Einlage nämlich ein korrespondierender Mittelabfluss gegenüber, weshalb das Vermögen der Gesellschaft unverändert bliebe.72 Die Umgehung des Selbstzeichnungsverbots durch Strohmanngeschäfte unterbindet die Fiktion des Art. 59 Abs. 2 GesRRL.73 Danach gilt die Zeichnung eines Dritten im eigenen Namen für Rechnung der Gesellschaft als Zeichnung auf eigene Rechnung. 2. Der Umfang der Einlagepflicht Die Untergrenze für den Umfang der Einlagepflicht der Aktionäre bildet Art. 47 Abs. 1 GesRRL, wonach eine Unterpariemission verboten ist. Die Aktien dürfen also nicht unter dem Nennbetrag bzw. dem Wert ihres rechnerischen Anteils am Grundkapital ausgegeben werden.74 Aufgrund des durch Art. 45 Abs. 1 GesRRL vorgegebenen Mindestkapitals ergibt sich so eine Einlagepflicht der Aktionäre in Höhe von insgesamt mindestens EUR 25.000. 3. Erfüllung der Einlagepflicht Als Gegenstand der Einlagepflicht kommen sowohl Bar- als auch „Einlagen, die nicht Bareinlagen sind“ in Betracht, wobei letztere als Sacheinlagen bezeichnet 68

Baldamus, S. 14 f.; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 24; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.47; vgl. Drinkuth, S. 129. 69 Bayer, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 17. Kap. Rn. 2; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 326; Koll-Möllenhoff, S. 43; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.47; K. Schmidt (1993), S. 103, 106. 70 Vgl. Hirte (2016), Rn. 5.17. 71 Vgl. Drinkuth, S. 196. 72 Drinkuth, S. 196; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 58; vgl. Kalss/Klampfl (2015), Rn. 344. 73 Vgl. Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.119. 74 Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 23; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.50.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

werden.75 Rechtstechnisch konstruiert die Gesellschaftsrechts-RL die Sacheinlage damit als Auffangtatbestand.76 Die Unterscheidung zwischen Bar- und Sacheinlagen hat in der Systematik der Gesellschaftsrechts-RL große Bedeutung, weil sie der tatbestandliche Anknüpfungspunkt vieler Regelungen ist.77 Gleichwohl fehlt einerseits eine Definition der Sacheinlage78 und andererseits eine stringente Terminologie, denn der Begriff „Sacheinlage“ wird nur sporadisch verwendet.79 Während die Kapitalaufbringung im Falle von Bareinlagen aufgrund des für Geldschulden geltenden Nominalismus80 ohne Weiteres nachvollzogen werden kann, ist die Erfüllung der Einlageschuld bei einer Sacheinlage und damit die effektive Kapitalaufbringung nicht aus sich heraus erkennbar.81 Das begründet die Gefahr einer nur scheinbaren Erfüllung der Einlageschuld durch die Einbringung nicht werthaltiger Gegenstände.82 Um dieser Gefahr zu begegnen, begrenzt die Gesellschaftsrechts-RL den Kreis (a)) sacheinlagefähiger Gegenstände und ordnet ein (b)) Wertprüfungs- und Berichtsverfahren an.83 Ferner ergibt sich aus Art. 53 GesRRL, dass das mitgliedstaatliche Recht einen (c)) Differenzhaftungsanspruch vorsehen muss. a) Sacheinlagefähige Gegenstände Das gezeichnete Kapital darf gemäß Art. 46 S. 1 GesRRL nur aus Vermögensgegenständen bestehen, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Der Kreis der möglichen Einlagegegenstände wird durch Art. 46 S. 2 GesRRL weiter beschränkt. Danach sind Arbeits- und Dienstleistungen (unabhängig davon, ob ihr wirtschaftlicher Wert feststellbar ist) keine tauglichen Einlagegegenstände. Die Fassung des Kommissionsentwurfs lautete noch: „das gezeichnete Kapital darf nicht aus unverwertbaren Einlagen bestehen“;84 zielte aber bereits auf den Ausschluss von Dienstleistungen als taugliche Einlagen.85 Da es dem Richtliniengeber 75

Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 29; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 328. Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 29; Koll-Möllenhoff, S. 111; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.56. 77 Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.56. 78 Koll-Möllenhoff, S. 111; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.56. 79 Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.56. 80 Dazu: BGHZ 61, 31 Rn. 23; BeckOKBGB/Grothe, 43. Ed. 2017, § 244 Rn. 12; K. Schmidt (1993), S. 103, 106. 81 Angermayer, S. 27; K. Schmidt (1993), S. 103, 106. 82 Vgl. Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 32; Schiller, AG 1992, 20. 83 Vgl. Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 30, 32. 84 Art. 10 (E), KOM(1970)232 endg., S. 7. 85 KOM(1970)232 endg., S. 26. 76

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bei dem Ausschluss von Dienstleistungen als Einlagegegenstand folglich darum ging, unverwertbare Leistungsgegenstände auszuschließen, kommen Dienstleistungen auch dann nicht als Einlagegegenstand in Betracht, wenn deren Schuldner ein Dritter ist.86 Insbesondere für das Unternehmen als Einlagegegenstand ist dabei die Klarstellung in der Begründung des Kommissionsentwurfs wichtig, wonach die Vorschrift der Einlage von immateriellen Vermögensgegenständen wie „know how“ oder „good will“ nicht entgegenstehen soll.87 b) Wertprüfungs- und Berichtsverfahren für Sacheinlagen, Art. 49 GesRRL Der Art. 49 GesRRL sieht in seinen Absätzen 1 bis 3 ein Wertprüfungs- und Berichtsverfahren für Sachgründungen vor. Dieses Verfahren findet gemäß Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 GesRRL auch auf die Sachkapitalerhöhung (siehe dazu: § 10) Anwendung. aa) Umfang und Gegenstand der Wertprüfungspflicht Nach Art. 49 Abs. 2 GesRRL muss der Sachverständigenbericht angeben, ob der von dem Sachverständigen ermittelte Wert der Sacheinlage wenigstens der Zahl und dem Nennbetrag oder, bei nennwertlosen Stückaktien, dem rechnerischen Wert und gegebenenfalls dem Mehrbetrag der dafür auszugebenden Aktien entspricht. Danach ist also auch ein etwaiges Agio von der Wertprüfungspflicht erfasst.88 bb) Ausgestaltung des Wertprüfungs- und Berichtsverfahrens Der Art. 49 Abs. 1 GesRRL beschreibt, wer und unter welchen Voraussetzungen als Sachverständiger für das Wertprüfungs- und Berichtsverfahren in Betracht kommt. Danach können Sachverständige nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten natürliche Personen, juristische Personen und Gesellschaften sein, Art. 49 Abs. 1 S. 2 GesRRL. Voraussetzung ist jedoch eine gerichtliche Bestellung oder Zulassung, Art. 49 Abs. 1 S. 1 GesRRL. Damit verlangt die Richtlinie ein Auswahlverfahren, das ein Mindestmaß an Unabhängigkeit und Sachverstand gewährleistet.89 Über die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens hinaus verlangt Art. 49 Abs. 1 S. 1 GesRRL auch die tatsächliche Unabhängigkeit des Sachverständigen. Diese Regelung zielt erkennbar darauf ab, eine unparteiische und sachkundige Prüfung der 86

Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 29; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 327. KOM(1970)232 endg., S. 27; vgl. Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.52. 88 Baldamus, S. 93 f.; Bayer, FS Ulmer, 2003, S. 21, 32 f.; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 30; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 329; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.63; Lösekrug, S. 86 f.; J. Schmidt, AG 2016, 713, 714. 89 Vgl. (zu § 33 AktG): MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 41. 87

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Sacheinlage zu gewährleisten90 und eine Entwertung des Wertprüfungs- und Berichtsverfahrens durch ein kollusives Zusammenwirken des Vorstands oder der (Mehrheits-)Gesellschafter mit den Prüfern zu verhindern: Der Prüfer soll kein willfähriger Verrichtungsgehilfe von interessierten Personen sein, der ein Gefälligkeitsgutachten abgibt. Die inhaltlichen Mindestanforderungen an den Sachverständigenbericht werden durch Art. 49 Abs. 2 GesRRL definiert.91 Danach muss der Sachverständige jede Einlage beschreiben. Eine Gesamtbewertung mehrerer Einlagegegenstände ist unzulässig. Ferner verpflichtet die Richtlinie zu Methodentransparenz: Der Sachverständigenbericht muss die angewandten Bewertungsverfahren offenlegen. Schließlich muss der Sachverständigenbericht eine Aussage darüber treffen, ob der Wert der Sacheinlagen wenigstens dem geringsten Ausgabebetrag zuzüglich eines etwaigen Agios (siehe dazu: § 9 D.I.) entspricht. Der Sachverständigenbericht ist nach Art. 49 Abs. 3 i.V.m. Art. 16 GesRRL offenzulegen. Diese Akzentuierung von Offenlegung und Transparenz im Wertprüfungs- und Berichtsverfahren ist Ausdruck des Informationsmodells im Europäischen Gesellschaftsrecht.92 cc) Ausnahmetatbestände Die Art. 49 Abs. 4 und 5, Art. 50 GesRRL erlauben es den Mitgliedstaaten für verschiedene Sachverhalte Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Wertprüfungsund Berichtsverfahrens zuzulassen. Neben den Ausnahmen für gruppeninterne Gründungen gemäß Art. 49 Abs. 4 GesRRL93 und für Verschmelzungen und Spaltungen gemäß Art. 49 Abs. 5 GesRRL94 betreffen die Ausnahmetatbestände des Art. 50 GesRRL Sachverhalte, in denen auf eine hinreichend verlässliche Bewertung rekurriert werden kann.95 c) Differenzhaftung Zwar enthält die Gesellschaftsrechts-RL keine ausdrücklichen Vorgaben für den Fall, in dem sich die Sacheinlage trotz durchgeführten Wertprüfungs- und Be90

Fankhauser, S. 146. Fankhauser, S. 146. 92 Grohmann, S. 273 ff.; vgl. Grundmann, FS Lutter, 2000, S. 61, 72 f.; angedeutet auch bei Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.223. Näher zum Informationsmodell im Europäischen Gesellschaftsrecht Bayer/J. Schmidt, BB 2013, 3, 12; Grohmann, a.a.O., passim.; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 18.4; EnzEuR/Teichmann, § 6 Rn. 114 ff. 93 Vgl. Kalss/Klampfl (2015), Rn. 330; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.67. 94 Vgl. Kalss/Klampfl (2015), Rn. 330; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.68. 95 Kalss/Klampfl (2015), Rn. 330; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.70 ff. 91

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richtsverfahren im Nachhinein als nicht werthaltig erweist.96 Gleichwohl ist die Differenzhaftung des Inferenten durch den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung europarechtlich vorgegeben.97 Mit der Erbringung einer nicht werthaltigen Sacheinlage erfüllt der Inferent nämlich seine Einlagepflicht nicht, von der ihn das mitgliedstaatliche Recht wegen Art. 53 GesRRL nicht befreien darf.98 4. Fälligkeit der Einlagepflicht, Art. 48 GesRRL Die Einlagen müssen gemäß Art. 48 Abs. 1 GesRRL in dem Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit in Höhe von mindestens 25 Prozent des Nennbetrags geleistet werden. Diese Regelung bezieht sich – wie sich e contrario aus Art. 69 S. 2 GesRRL ergibt99 – nicht auf ein etwaiges Agio.100 Für Sacheinlagen gilt Art. 48 Abs. 2 GesRRL, wonach diese innerhalb von fünf Jahren vollständig zu leisten sind. Die Regelung stellt einerseits eine Erleichterung dar, weil sie von der Pflicht zur Teilleistung in dem Zeitpunkt der Gründung bzw. der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit dispensiert.101 Andererseits verschärft sie die für Bareinlagen geltenden Anforderungen, indem sie die vollständige Leistung der Einlage innerhalb der ersten fünf Jahre nach Gründung bzw. der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit verlangt.102 Für die Sachkapitalerhöhung findet sich eine entsprechende Regelung in Art. 70 Abs. 1 GesRRL. IV. Grundsatz der Kapitalerhaltung Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung allein vermag die Durchsetzung des Prinzips des festen Grundkapitals nicht zu gewährleisten.103 Denn isolierte Regelungen der Kapitalaufbringung liefen Gefahr, unterminiert zu werden, bestünde die 96

Trölitzsch, S. 86. Vgl. Pentz/Priester/Schwanna (2006), S. 42, 60; a.A. Trölitzsch, S. 90 f. 98 Vgl. Drinkuth, S. 179 f.; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.48.; Pentz/Priester/Schwanna (2006), S. 42, 58. Das übersieht Trölitzsch, S. 90 f., der lediglich auf das Verbot der Unterpariemission abstellt. 99 Fankhauser, S. 137; Grundmann (2011), Rn. 334; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.58 Fn. 183. 100 Fankhauser, S. 137; Grundmann (2011), Rn. 334; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 26; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 328; Lösekrug, S. 82; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.58. 101 Vgl. Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.59. Das übersehen Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 26, die hinsichtlich Art. 48 Abs. 2 GesRRL pauschal von „schärfere[n] Vorgaben“ sprechen. 102 Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 26. 103 MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 57 Rn. 1. 97

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Möglichkeit, Einlagen unmittelbar nach ihrer Erbringung wieder an die Aktionäre auszuschütten.104 Um das zu verhindern, wird dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung der Grundsatz der Kapitalerhaltung normativ zur Seite gestellt.105 Er (1) verbietet jede Form der Einlagenrückgewähr und begrenzt Ausschüttungen auf den festgestellten Bilanzgewinn.106 Auch die Beschränkungen des derivativen (2) Erwerbs eigener Aktien lassen sich aus dem Grundsatz der Kapitalerhaltung ableiten.107 1. Verbot der Einlagenrückgewähr und Begrenzung von Ausschüttungen, Art. 56 GesRRL a) Ausschüttungsbegriff Durch Art. 56 GesRRL werden die Grenzen zulässiger Ausschüttungen an die Aktionäre normiert. Der Ausschüttungsbegriff wird dabei durch die Gesellschaftsrechts-RL nicht definiert.108 Teile der Literatur vertreten ein restriktives Begriffsverständnis und sehen nur offene109 bzw. – nach noch engerer Lesart – nur nach vorher festgelegten Regeln erfolgte Vermögensverlagerungen vom Ausschüttungsbegriff erfasst.110 Das ergebe sich bereits aus der Semantik des Wortes „Ausschüttung“. Darunter werde allgemein die Verteilung von Vermögen der Gesellschaft aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses ohne Gegenleistung verstanden.111 Als weiteres Argument für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf offene Ausschüttungen wird die Binnensystematik des Art. 56 GesRRL angeführt: Art. 56 Abs. 4 GesRRL erfasse „insbesondere“ die Zahlung von Dividenden und Zinsen auf Aktien und nehme damit ausschließlich auf Formen offener Vermögenszuwendungen Bezug, was eine verallgemeinerungsfähige Präzisierung des 104

Vgl. MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 57 Rn. 1; MüKoAktG/Heider, 4. Aufl. 2016, § 1 Rn. 97; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 1 Rn. 12. 105 Bayer, in: Bayer/Habersack, Grundzüge des Aktienrechts Bd. II, 17. Kap. Rn. 3; Drinkuth, S. 183; Koll-Möllenhoff, S. 44; vgl. MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 57 Rn. 1; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 1 Rn. 12; Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 23. 106 Bayer, in: Bayer/Habersack, Grundzüge des Aktienrechts Bd. II, 17. Kap. Rn. 3. 107 Vgl. MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 57 Rn. 72 ff.; KKAktG/Dauner-Lieb, 3. Aufl. 2011, § 1 Rn. 61; Drinkuth, S. 199; Spindler/Stilz/Fock, AktG, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 89; Grigoleit/Rachlitz, AktG, § 71 Rn. 6; Hirte (2016), Rn. 5.95; MüKoAktG/Oechsler, 4. Aufl. 2016, § 71 Rn. 66; Raiser/Veil (2015), § 19 Rn. 15. 108 Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.98. 109 Drinkuth, S. 185; Van Gerven, Capital Directive in Europe, 2014, S. 49. Wohl auch: Edwards, S. 69. 110 Lösekrug, S. 124; Ullrich, S. 8 f. 111 Lösekrug, S. 124; Drinkuth, S. 185; Ullrich, S. 8 ff.

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Ausschüttungsbegriffs darstelle.112 Drinkuth sieht das enge Verständnis des Ausschüttungsbegriffs auch durch die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „distribution“ in Art. 346 Loi 66 bestätigt: Hierunter würden in der französischen Lehre ebenfalls nur offene Vermögensverlagerungen verstanden.113 Die herrschende Meinung sieht dagegen sowohl offene als auch verdeckte Vermögensverlagerungen vom Ausschüttungsbegriff erfasst:114 Die Aufzählung in Art. 56 Abs. 4 GesRRL sei nicht abschließend, was die Formulierung „insbesondere“ artikuliere.115 Vor allem teleologische Erwägungen geböten ein verdeckte Vermögensverlagerungen erfassendes Begriffsverständnis:116 Der durch die Richtlinie intendierte effektive Schutz der Gläubiger durch die Erhaltung des Grundkapitals liefe leer, könnten die Restriktionen hinsichtlich offener Vermögensverlagerungen ohne Weiteres durch verdeckte Vermögensverlagerungen umgangen werden.117 Dieser Konnex zwischen Gläubigerschutz und Kapitalerhaltung ergebe sich aus dem 40.118 Erwägungsgrund der Gesellschaftsrechts-RL.119 Systematisch lasse sich dieses Normverständnis auf das Verbot des Erwerbs eigener Aktien durch Art. 60 GesRRL stützen.120 Hierbei handle es sich um einen besonders wichtigen Fall der verdeckten Vermögensverlagerung, mit dessen Verbot der Richtliniengeber den Willen zum Ausdruck gebracht habe, die Umgehung der Regelungen der offenen Ausschüttung zu unterbinden.121 Die herrschende Meinung überzeugt: Der Wortlaut der Norm ist unergiebig.122 Soweit die Vertreter eines restriktiven Ausschüttungsverständnisses darauf rekurrieren, die Ausschüttung sei schon begrifflich durch das Fehlen einer Gegenleistung geprägt, spricht das nicht gegen ein extensives, auch verdeckte Vermögensverlagerungen erfassendes Begriffsverständnis. Auch für die verdeckte Vermögensver112

Drinkuth, S. 185; Lösekrug, S. 123. Drinkuth, S. 185. 114 Bayer, WM 2013, 961, 967; ders./J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, Rn. 37; Fleischer (2006), S. 114, 120; ders., WM 2007, 909, 911; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 42; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 336; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.98; Mülbert, FS Lutter, 2000, S. 535, 545 ff.; Nienhaus, S. 121 ff.; Veil, WM 2003, 2169, 2171. 115 Bayer, WM 2013, 961, 967; Fleischer (2006), S. 114, 120; ders., WM 2007, 909, 911. 116 Fleischer (2006), S. 114, 120; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 42; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 336; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.98; Mülbert, FS Lutter, 2000, S. 535, 546 f.; Veil, WM 2003, 2169, 2171. 117 Grundmann (2011), Rn. 343; vgl. Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.98; Fleischer (2006), S. 114, 120; Mülbert, FS Lutter, 2000, S. 535, 546 f. 118 I.e. der fünfte Erwägungsgrund der KapRL und der vierte Erwägungsgrund der KapRL a.F. 119 Bayer, WM 2013, 961, 967; Fleischer (2006), S. 114, 120; ders., WM 2007, 909, 911; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.98; Nienhaus, S. 125 ff. 120 Fleischer (2006), S. 114, 120; ders., WM 2007, 909, 911. 121 Fleischer (2006), S. 114, 120; ders., WM 2007, 909, 911. 122 Mülbert, FS Lutter, 2000, S. 535, 545; Nienhaus, S. 121 ff. 113

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

lagerung ist das Fehlen einer (äquivalenten) Gegenleistung im Gegenzug für den Abfluss von Gesellschaftsmitteln nämlich charakteristisch.123 Das Argument, eine Ausschüttung setze bereits begrifflich die Einhaltung vorher festgelegter Regeln voraus, antizipiert, was es zu begründen vorgibt und wäre darüber hinaus in seiner Konsequenz fatal, weil der Verletzung von Ausschüttungsregeln damit eine legalisierende Wirkung zukäme. Auch die systematische Inbezugnahme von Art. 56 Abs. 4 GesRRL vermag aufgrund der offenen Formulierung ebenso wenig zu überzeugen124 wie der Rekurs auf das französische Recht, der wegen des Grundsatzes der autonomen Auslegung des Europarechts methodisch nicht haltbar ist.125 Die von den Vertretern eines weiten Begriffsverständnisses angeführten teleologischen Argumente vermögen dagegen zu überzeugen: Insbesondere der vom Richtliniengeber im 40. Erwägungsgrund zum Ausdruck gebrachte Zusammenhang zwischen Kapitalerhaltung und Gläubigerschutz sei hier nochmals hervorgehoben.126 Dessen Umsetzung bliebe ein frommer Wunsch, könnte er durch verdeckte Vermögensverlagerung ohne Weiteres umgangen werden. Da von diesen verdeckten Geschäften für die Gläubiger (und die nicht mitwirkenden Aktionäre) aufgrund der schweren Erkennbarkeit eine deutlich größere Gefahr ausgeht als von offenen Ausschüttung,127 spricht auch das argumentum a fortiori ad minus für eine Anwendung von Art. 56 GesRRL auf verdeckte Vermögensverlagerungen. b) Zulässigkeit der Ausschüttung Die Voraussetzungen, die das mitgliedstaatliche Recht an die Zulässigkeit einer Ausschüttung stellen muss, ergeben sich aus Art. 56 Abs. 1 bis 3 GesRRL. Nach Art. 56 Abs. 1 GesRRL darf – abgesehen von den Fällen der Kapitalherabsetzung – keine Ausschüttung an die Aktionäre erfolgen, wenn bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres das Nettoaktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz oder die Satzung nicht gestattet, durch eine solche Ausschüttung unterschreitet. Dieser Betrag wird gemäß Art. 56 Abs. 2 GesRRL um den Betrag des gezeichneten Kapitals, der noch nicht eingefordert ist, vermindert, sofern letzterer nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen ist. Die Vermögensbindung nach diesem sog. Bilanztest (balance sheet test)128 beschränkt sich also auf das gezeichnete Kapital und entspricht damit § 30 GmbHG.129 123

Bitter, ZHR 168 (2004), 302, 309. Fleischer (2006), S. 114, 120. 125 Vgl. Fleischer, WM 2007, 909, 911. 126 Fleischer (2006), S. 114, 120; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.98. 127 Vgl. zu den Gefahren der Umgehung von Kapitalaufbringungsvorschriften Drygala, ZGR 2006, 587, 613 f. 128 Kalss/Klampfl (2015), Rn. 335; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.96; Santella/Turrini, EBOR 9 (2008), 427, 453. 124

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Der sog. Gewinn- und Verlustrechnungstest (earned surplus test) des Art. 56 Abs. 3 GesRRL130 begrenzt die Zulässigkeit einer Ausschüttung auf den Betrag des Ergebnisses des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres, zuzüglich des Gewinnvortrags und der Entnahmen aus hierfür verfügbaren Rücklagen, jedoch vermindert um die Verluste aus früheren Geschäftsjahren sowie um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung in Rücklagen eingestellt worden sind. Da es die Gesellschaftsrechts-RL dem Recht der Mitgliedstaaten überlässt zu regeln, unter welchen Voraussetzungen Rücklagen aufgelöst werden dürfen, ist das durch Art. 56 Abs. 3 GesRRL gewährte Mindestmaß an Kapitalschutz mehr prozessualer denn materieller Natur.131 c) Rückgewähr unzulässiger Ausschüttungen, Art. 57 GesRRL Die Rechtsfolge von Verstößen gegen Art. 56 GesRRL ergibt sich aus Art. 57 GesRRL, der einen Rückgewähranspruch der Gesellschaft begründet. Danach ist jede Ausschüttung, die entgegen Art. 56 GesRRL erfolgt, zurückzugewähren, wenn die Gesellschaft die Kenntnis der Unzulässigkeit des empfangenden Aktionärs beweist. Der Kenntnis steht es gleich, wenn der empfangende Aktionär über die Unzulässigkeit nach den Umständen nicht in Unkenntnis sein konnte. Der Richtliniengeber hat sich also zum einen dafür entschieden, den Rückgewähranspruch der Gesellschaft verschuldensabhängig auszugestalten und zum anderen der Gesellschaft die Beweislast für das Verschulden des Aktionärs auferlegt. Das ist – auch als Mindeststandard – rechtspolitisch kritikwürdig. Damit droht nämlich eine Perpetuierung von rechtswidrigen Vermögensverlagerungen auch in Fällen, in denen deren Gegenstand noch im Vermögen des Gesellschafters vorhanden ist und damit ohne Weiteres abgeschöpft werden könnte. Hier droht die Privilegierung der (vermeintlich unverschuldeten) Selbstbedienung zulasten der Mitgesellschafter. 2. Erwerb eigener Aktien, Art. 60 GesRRL Anders als der originäre Erwerb ist der derivative Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaftsrechts-RL nicht vollständig ausgeschlossen. Vielmehr hat sich der Richtliniengeber in Art. 60 Abs. 1 UAbs. 1 GesRRL für ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt entschieden.132 Danach dürfen die Mitgliedstaaten den Erwerb eigener Aktien zulassen, wenn er auf der Grundlage eines Beschlusses der Hauptver129

Bezzenberger (2005), S. 27 f.; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 41; Lutter/Bayer/ J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.96. 130 Kalss/Klampfl (2015), Rn. 335; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.97; Santella/Turrini, EBOR 9 (2008), 427, 453. 131 Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 41. 132 Vgl. Kalss/Klampfl (2015), Rn. 346.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

sammlung erfolgt, ein solcher Erwerb nicht zu einer Unterschreitung des Nettoaktivvermögens der Gesellschaft unter die in Art. 56 Abs. 1 und 2 GesRRL genannten Werte führt und die erworbenen Aktien volleingezahlt sind. Entscheidet sich ein Mitgliedstaat dazu, den Erwerb eigener Aktien zuzulassen, kann dessen Zulässigkeit von weiteren in Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 GesRRL bezeichneten Bedingungen abhängig gemacht werden. V. Gleichbehandlungsgebot, Art. 85 GesRRL Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten müssen bei der Anwendung der Gesellschaftsrechts-RL gemäß Art. 85 GesRRL die Gleichbehandlung der Aktionäre, die sich in denselben Verhältnissen befinden, sicherstellen. Wie der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Audiolux entschieden hat, ist dieses Gleichbehandlungsgebot kein Ausdruck eines allgemeinen, primärrechtlichen Gleichbehandlungsgebots für das gesamte Gesellschaftsrecht.133 Aus dem 46. Erwägungsgrund der Gesellschaftsrechts-RL134 ergebe sich die ausschließliche Bezugnahme der Regelung auf Kapitalmaßnahmen,135 weshalb Art. 85 GesRRL auch für den Anwendungsbereich der in der Gesellschaftsrechts-RL aufgegangen Regelungen der früheren Kapitalrichtlinie keinen allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz enthalte.136 Wie das Gericht betont, taugt das Gleichbehandlungsgebot des Art. 85 GesRRL schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zur Ableitung spezifischer Ansprüche von Minderheitsaktionären, unabhängig davon, ob der zugrundeliegende Sachverhalt in den Anwendungsbereich der Gesellschaftsrechts-RL fällt oder nicht.137 Die Absage der Luxemburger Richter an ein anspruchsbegründendes allgemeines Gleichbehandlungsgebot steht nicht im Widerspruch zur hohen Bedeutung, die dem Gleichbehandlungsgebot im System der Gesellschaftsrechts-RL zu Recht zugeschrieben wird:138 Deren Vorgaben für die Finanzverfassung von Kapitalgesellschaften stehen im Zeichen der Gleichbehandlung, was in zahlreichen Regelungen 133 EuGH v. 15. 10. 2009, Audiolux SA u. a. ./. Groupe Bruxelles Lambert SA (GBL) u. a. und Bertelsmann AG u. a., Rs. C-101/08, ECLI:EU:C:2009:626, Rn. 37 ff. 134 Das Urteil des EuGH betraf noch den elften Erwägungsgrund der Kapitalrichtlinie. 135 EuGH v. 15. 10. 2009, Audiolux SA u. a. ./. Groupe Bruxelles Lambert SA (GBL) u. a. und Bertelsmann AG u. a., Rs. C-101/08, ECLI:EU:C:2009:626, Rn. 37. 136 EuGH v. 15. 10. 2009, Audiolux SA u. a. ./. Groupe Bruxelles Lambert SA (GBL) u. a. und Bertelsmann AG u. a., Rs. C-101/08, ECLI:EU:C:2009:626, Rn. 40, mit Verweis auf EuGH v. 18. 12. 2008, Kommission der Europäischen Gemeinschaften ./. Königreich Spanien, Rs. C-338/06, ECLI:EU:C:2008:740, Rn. 32 f. 137 EuGH v. 15. 10. 2009, Audiolux SA u. a. ./. Groupe Bruxelles Lambert SA (GBL) u. a. und Bertelsmann AG u. a., Rs. C-101/08, ECLI:EU:C:2009:626, Rn. 58. 138 Vgl. Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 84; Grundmann (2011), Rn. 325; Lang, Irish Jurist 11 (1976), 37, 58; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.258 ff.

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deutlich wird139 und im Rahmen der Auslegung in besonderem Maße zu berücksichtigen ist.140 VI. Aktionärsschutz bei Kapitalerhöhungen Die Gesellschaftsrechts-RL macht in den Artikeln 68 bis 72 umfangreiche Vorgaben für das Recht der Kapitalerhöhung, die zuvorderst dem Schutz der bisherigen Aktionäre dienen,141 weshalb der Schutz der Altaktionäre auch als das „Leitmotiv“ der Regelungen der Gesellschaftsrechts-RL über die Kapitalerhöhung bezeichnet wird.142 Dieser Schutz beruht auf drei Elementen: Der (1.) Hauptversammlungskompetenz für die Entscheidung über die Kapitalerhöhung, dem (2.) Bezugsrecht der Altaktionäre und der (3.) Pflicht zur realen Kapitalaufbringung.143 1. Hauptversammlungskompetenz Jede Kapitalerhöhung muss gemäß Art. 68 Abs. 1 S. 1 GesRRL von der Hauptversammlung beschlossen werden. Diese Kompetenzzuweisung ist zwingend, eine Beschränkung durch mitgliedstaatliches Recht also nicht möglich.144 Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn eine Einschränkung der Hauptversammlungskompetenz die Sanierung von Gesellschaften erleichtern soll,145 bei denen es sich um Finanzinstitute handelt.146 139

Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 84; Grundmann (2011), Rn. 325 („Grundidee“); Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.258 („Leitmotiv“). 140 Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.259. 141 Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, Rn. 59; Fankhauser, S. 198; Grundmann (2011), Rn. 353; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 68; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 358; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.172; vgl. Drinkuth, S. 222. 142 Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 13. Kap. Rn. 59. 143 Kalss/Klampfl (2015), Rn. 358; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.172; vgl. Drinkuth, S. 222. 144 EuGH v. 30. 5. 1991 Marina Karalla und Nicolas Karallas ./. Ypourgou viomichanias, energeias kai technológiás, Organismou Anasygkrotiseos Epicheiriseon AE, Rs. C-19/90, C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 31; EuGH v. 24. 3. 1992, Syndesmos Melon tis Eleftheras Evangelikis Ekklisias u. a. ./. Griechischer Staat u. a., Rs. C-381/89, ECLI:EU:C:1992:142, Rn. 37; EuGH v. 12. 11. 1992, Kerafina-Keramische und Finanz-Holding AG, Vioktimatiki AEVE ./. Dimosio, Organismou Anasygkrotiseos Epicheiriseon AE, Rs. C-134/91, C-135/91, ECLI:EU:C1992:434, Rn. 18; EuGH v. 12. 3. 1996, Pafitis u. a. ./. Trapeza Kentrikis Ellados AE u. a., Rs. C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rn. 39 ff.; EuGH v. 23. 3. 2000, Diamantis ./. Organismos Oikonomikis Anasygrotisis Epicheiriseon AE (OAE), Rs. C-373/97, ECLI:EU:C:2000:150, Rn. 32; Baldamus, S. 18; Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, Rn. 56; Drinkuth, S. 222 ff.; Edwards, S. 77 ff.; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 69 ff.; Hirte (2016), Rn. 6.15; Kalss/Klampfl (2015), Rn. 359; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.173 ff. 145 EuGH v. 30. 5. 1991 Marina Karalla und Nicolas Karallas ./. Ypourgou viomichanias, energeias kai technológiás, Organismou Anasygkrotiseos Epicheiriseon AE, Rs. C-19/90,

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Eine Einschränkung dieser uneingeschränkten Hauptversammlungskompetenz ist (nur) zur Abwehr von systemischen Gefahren zulässig, wie dies im Zuge der internationalen Finanzkrise zur Rekapitalisierung von als systemrelevant geltenden Banken erfolgt ist.147 2. Bezugsrecht, Art. 72 GesRRL Nach Art. 72 Abs. 1 GesRRL müssen bei jeder Erhöhung des gezeichneten Kapitals durch Bareinlage die Aktien vorzugsweise den Aktionären im Verhältnis zu dem durch ihre Aktien vertretenen Teil des Kapitals angeboten werden. Wegen dieser ausdrücklichen Beschränkung auf Barkapitalerhöhungen148 ist der Verwässerungsschutz der Altaktionäre auf europarechtlicher Ebene im Falle einer Sachkapitalerhöhung nicht durch ein Bezugsrecht abgesichert.149 Allerdings ist es aus europarechtlicher Sicht auch nicht zu beanstanden, wenn das mitgliedstaatliche Recht für den Fall der Sachkapitalerhöhung ein Bezugsrecht gewährt, wie der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „Siemens/Nold“ entschieden hat.150

C-20/90, ECLI:EU:C:1991:229, Rn. 30 f.; EuGH v. 24. 3. 1992, Syndesmos Melon tis Eleftheras Evangelikis Ekklisias u. a. ./. Griechischer Staat u. a., Rs. C-381/89, ECLI:EU:C:1992:142, Rn. 37; EuGH v. 12. 11. 1992, Kerafina-Keramische und Finanz-Holding AG, Vioktimatiki AEVE ./. Dimosio, Organismou Anasygkrotiseos Epicheiriseon AE, Rs. C-134/91, C-135/91, ECLI:EU:C1992:434, Rn. 18; EuGH v. 12. 3. 1996, Pafitis u. a. ./. Trapeza Kentrikis Ellados AE u. a., Rs. C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rn. 39 ff.; EuGH v. 12. 5. 1998, Kefalas u. a. ./. Elliniko Dimosio, Organismos Oikonomikis Anasygrotisis Epicheiriseon AE (OAE), Rs. C-367/96, ECLI:EU:C:1998:222, Rn. 24; Edwards, S. 80 ff.; Grundmann (2011), Rn. 353; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 70 ff.; Hirte (2016), Rn. 6.15; Lutter/Bayer/ J. Schmidt, EuroUR, 5. Aufl. 2012, § 20 Rn. 159. 146 EuGH v. 12. 3. 1996, Pafitis u. a. ./. Trapeza Kentrikis Ellados AE u. a., Rs. C-441/93, ECLI:EU:C:1996:92, Rn. 41 ff.; Edwards, S. 80 ff.; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 71; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.175. 147 Vgl. EuGH, v. 16. 9. 2016, Kotnik u. a. ./. Drzˇ avni zbor Republike Slovenije, Rs. C-526/ 14, ECLI:EU:C:2016:767, Rn. 89 ff.; EuGH v. 8. 11. 2016, Gerard Dowling u. a. ./. Minister for Finance, Rs. C-41/15, ECLI:EU:C:2016:836, Rn. 53; Bayer/J. Schmidt, EWiR 2011, 187, 188; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.175; Noack, AG 2009, 227, 230 f.; J. Schmidt, AG 2016, 713, 715 f. Deutlich zurückhaltender: Wieneke/Fett, NZG 2009, 8, 12 ff. Zweifelnd: Seiler/Wittgens, ZIP 2008, 2245, 2248 ff. Ablehnend: Roitzsch/Wächter, DZWIR 2009, 1, 2; Spindler, DStR 2008, 2268, 2273 f.; Ziemons, DB 2008, 2635, 2637 ff.; wohl auch: Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 72. 148 Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.207. 149 Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 79, 84; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.207; Van Gerven, Capital Directive in Europe, 2014, S. 40. 150 EuGH v. 19. 11. 1996, Siemens ./. Nold, Rs. C-42/95, ECLI:EU:C:1996:444, Rn. 18; Drinkuth, S. 240 ff; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 84; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.211; EnzEuR/Teichmann, § 6 Rn. 182.

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3. Pflicht zur realen Kapitalaufbringung und Umfang der Einlagepflicht Hinsichtlich der Pflicht zur realen Kapitalaufbringung besteht ein weitgehender Gleichlauf mit den im Gründungsrecht geltenden Regelungen.151 Fraglich ist allein, ob der Gesellschaftsrechts-RL weitere Vorgaben für die Festsetzung des Ausgabebetrags im Rahmen von Kapitalerhöhungen zu entnehmen sind oder ob die Mitgliedstaaten die Festsetzung eines Agios vollständig zur Disposition der Gesellschafter stellen können. Hierbei ist zwischen der Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht einerseits und der Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss bzw. der (bezugsrechtslosen) Sachkapitalerhöhung andererseits zu differenzieren: Da für die Gläubiger kein Anlass besteht, auf die Zahlung eines Agios zu vertrauen152 und die Gesellschafter aufgrund ihres Bezugsrechts aus Art. 72 GesRRL entsprechend ihrer Beteiligungsquote an einem günstigen Ausgabekurs partizipieren,153 sind bei der Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht Einschränkungen bei der Festsetzung des Ausgabekurses nur in besonders gelagerten Ausnahmefälle angebracht.154 Besteht dagegen kein Bezugsrecht für die Altaktionäre, berührt die Höhe des Ausgabebetrags in besonderem Maße ihre Interessen: Unterschreitet der Ausgabebetrag den wirtschaftlichen Wert der durch die Kapitalerhöhung erworbenen Mitgliedschaft, stellt das eine Vermögensverlagerung von den Altaktionären auf die Neuaktionäre dar.155 Um beurteilen zu können, wie eine solche Vermögensverlagerung im Lichte der Gesellschaftsrechts-RL zu bewerten ist, muss der vom Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache Audiolux angesprochene156 und im 46. Erwägungsgrund niedergelegte spezifische Schutzzweck des Gleichbehandlungsgebots des Art. 85 GesRRL in den Blick genommen werden, durch den die Grundsätze der realen Kapitalaufbringung und -erhaltung eine aktionärsschützende Prägung erhalten:157 Berücksichtigt man einerseits diesen Zusammenhang und andererseits den imperativen, unmittelbar die „Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten“ in den Blick nehmenden 151

Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.189. Vgl. Priester, FS Lutter, 2000, S. 617, 627. 153 Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 517; Priester, FS Lutter, 2000, S. 617, 629. 154 Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 517; Spindler/Stilz/Vatter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 9 Rn. 29 f. 155 Vgl. Priester, FS Lutter, 2000, S. 617, 629; Herchen (2004), S. 61. 156 Vgl. Fn. 135. 157 Vgl. BGHZ 190, 7 Rn. 22; Baldamus, S. 14 f.; MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 57 Rn. 2; Drinkuth, S. 268; KKAktG/Drygala, 3. Aufl. 2011, § 57 Rn. 11 ff.; Ekkenga/Bayer (2006), S. 342, 346 ff.; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 25. Die im deutschen Schrifttum teilweise vertretene Ansicht, diese Grundsätze hätten ausschließlich eine gläubigerschützende Dimension und ein etwaiger Aktionärsschutz sei lediglich ein „Reflex“ (Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, AktG, 3. Aufl. 2015, AktG, § 57 Rn. 6; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 57 Rn. 3; Fleischer, WM 2007, 909, 910) steht im evidenten Widerspruch zu diesem Strukturprinzip der Kapitalrichtlinie. 152

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Wortlaut des Art. 85 GesRRL, wird seine materiellrechtliche Dimension deutlich, worüber auch das im Vergleich zu den verfahrensrechtlichen Anforderungen höhere Abstraktionsniveau nicht hinwegtäuschen darf. Dieses ist nämlich Ausdruck einer Offenheit nur auf der Lösungs- und nicht auch auf der Wertungsebene. Will man danach die durch einen zu geringen Ausgabebetrag eintretende Vermögensverlagerung von Alt- zu Neuaktionären an Art. 85 GesRRL messen, stellt sich zunächst die Frage, ob der Anwendungsbereich überhaupt eröffnet ist. Für die Fälle, in denen der Inferent nicht bereits Aktionär der Gesellschaft ist, spricht der eine „Gleichbehandlung der Aktionäre“ verlangende Wortlaut der Norm gegen eine Eröffnung des Anwendungsbereichs: In dem Zeitpunkt der Festsetzung des Ausgabebetrags fehlt es hinsichtlich des Inferenten an der Aktionärsstellung und hinsichtlich der übrigen Aktionäre an einer Ungleichbehandlung. Um diesen Einwand zu entkräften ist zunächst zu überlegen, worin die Ungleichbehandlung zwischen Altaktionär und Inferent besteht: Es ist der höhere wirtschaftliche Beitrag, den der Altaktionär durch die Aufrechterhaltung seiner Beteiligung leisten muss, um dieselbe nominelle Beteiligung an der Aktiengesellschaft nach der Kapitalerhöhung wie der Inferent zu erreichen. Vor diesem Hintergrund sprechen zwei Gründe für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Gleichbehandlungsgebots: Erstens ist es genau diese Benachteiligung pro rata im Rahmen von Kapitalerhöhungen, auf die Art. 85 GesRRL ausweislich seines Wortlauts und des 46. Erwägungsgrundes zielt, weshalb teleologische Gründe für eine Anwendung des Gleichbehandlungsgebotes sprechen. Zweitens materialisiert sich diese Ungleichbehandlung im Moment des Entstehens des Mitgliedschaftsrechts, also in dem Zeitpunkt, in dem der Inferent zum Aktionär wird und der Anwendungsbereich des Art. 85 GesRRL auch seinem Wortlaut nach eröffnet ist. Hier wird der innere Zusammenhang zwischen der mitgliedschaftlichen Stellung des Inferenten und der Ungleichbehandlung deutlich. Dieses Ergebnis korrespondiert mit der hohen verfahrensrechtlichen Bedeutung, die dem Ausgabebetrag im Wertprüfungs- und Berichtsverfahren und bei der Begründung des Bezugsrechtsausschlusses zukommt. Steht danach eine in den Anwendungsbereich von Art. 85 GesRRL fallende Ungleichbehandlung durch einen zu geringen Ausgabebetrag fest, stellen sich zwei weitere Fragen. Erstens: Wodurch kann diese Ungleichbehandlung möglicherweise gerechtfertigt werden? Zweitens: Welche konkreten Anforderungen ergeben sich für das mitgliedstaatliche Recht, wenn eine Rechtfertigung nicht gelingt? Ausgangspunkt der Rechtfertigung eines zu geringen Ausgabebetrags muss der Schutz der Altaktionäre sein. Dabei lässt sich der von Schockenhoff für den ungleichförmigen Bezugsrechtsausschluss entwickelte Gedanke des Unterschiedsprinzips fruchtbar machen:158 Eine Rechtfertigung kommt danach nur in Betracht, wenn der zu geringe Ausgabebetrag und die damit einhergehende relative Un158

Vgl. Schockenhoff, AG 1994, 45, 52 ff.

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss

211

gleichbehandlung zu keinem absoluten Nachteil für die Altaktionäre führt, weil deren Beteiligung aufgrund eines Wertzuwachses nach der Kapitalerhöhung mindestens dem Wert vor der Kapitalerhöhung entspricht.159 Ist diese Voraussetzung erfüllt und liegt die Maßnahme im Gesellschaftsinteresse, kann die Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein, soweit sie erforderlich und angemessen ist.160 Kommt eine Rechtfertigung dagegen nicht in Betracht, verlangt die, sich aus Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 EUV i.V.m. Art. 288 Abs. 3 AEUV ergebende für Richtlinien bestehende Umsetzungspflicht eine Beseitigung der Ungleichbehandlung durch das mitgliedstaatliche Recht:161 Nach Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 EUV müssen die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung ihrer Vertragsverpflichtungen ergreifen. Eine solche Verpflichtungen ergibt sich aus Art. 288 Abs. 3 AEUV, wonach Richtlinien hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich sind. Ebenfalls auf Art. 288 Abs. 3 AEUV rückführbar ist die Offenheit hinsichtlich des Mittels zur Beseitigung der Ungleichbehandlung, weil danach den Mitgliedstaaten die Wahl der Form und der Mittel überlassen ist. Da Art. 85 GesRRL über die Zielvorgabe der Gleichbehandlung hinaus keine Vorgaben macht, ist die sich aus Art. 288 Abs. 3 AEUV ergebende Umsetzungsfreiheit nicht eingeschränkt und viele Ansätze denkbar: Ein dem Spruchverfahren entsprechendes Ausgleichsverfahren,162 ein Anfechtungsrecht, wie es § 255 Abs. 2 AktG vorsieht, oder eine gesetzliche Erweiterung der Einlagepflicht. Dabei ist allerdings das Effektivitätsgebot zu beachten.163 Danach müssen die Mitgliedstaaten Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sanktionieren.164

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss Die Kapitalerhöhung als Satzungsänderung165 fällt gemäß der § 119 Abs. 1 Nr. 5, § 179 Abs. 1 S. 1 AktG in den Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung. In § 182 Abs. 1 bis 3 AktG werden (A.) allgemeine Anforderungen definiert, die das Aktiengesetz an den danach von der Hauptversammlung zu fassenden Erhöhungsbeschluss stellt. Diese allgemeinen Anforderungen müssen auch bei einer Sachka-

159

Vgl. Schockenhoff, AG 1994, 45, 52 ff. Vgl. Schockenhoff, AG 1994, 45, 52 ff. 161 Verse (2006), S. 111 (noch zu Art. 10 EGV). Vgl. Calliess/Ruffert/Kahl/Puttler, EUV/ AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 4 EUV Rn. 56; v. d. Groeben/Schwarze/Hatje/Obwexer, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 4 EUV Rn. 96. 162 Vgl. Bayer/J. Schmidt, ZGR 2009, 805, 843. 163 Verse (2006), S. 111. 164 Verse (2006), S. 111. 165 Vgl. Fn. 1. 160

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

pitalerhöhung erfüllt sein.166 Ergänzend sind daneben die (B.) besonderen Anforderungen des § 183 AktG zu berücksichtigen. Da das deutsche Aktienrecht auch bei Sachkapitalerhöhungen ein Bezugsrecht der Aktionäre vorsieht, dieses Bezugsrecht im Rahmen der Sachkapitalerhöhung allerdings regelmäßig ausgeschlossen wird,167 sind außerdem die sich aus § 186 Abs. 3 und 4 AktG ergebenden (C.) Anforderungen für den Bezugsrechtsausschluss für die Beschlussfassung der Hauptversammlung von besonderer Bedeutung. Schließlich kann der Erhöhungsbeschluss als Hauptversammlungsbeschluss an (D.) Beschlussmängeln leiden, wobei namentlich die Besonderheiten des § 255 Abs. 2 AktG zu berücksichtigen sind.

A. Allgemeine Anforderungen Der Erhöhungsbeschluss bringt den Willen der Hauptversammlung zur Erhöhung des Grundkapitals zum Ausdruck.168 Er bedarf gemäß § 182 Abs. 1 S. 1 AktG der Zustimmung einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Bei diesem qualifizierten Mehrheitserfordernis handelt es sich um ein „weiteres Erfordernis“ i.S.v. § 133 Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG.169 Deswegen ist daneben auch eine Zustimmung mit einfacher Stimmmehrheit nach § 133 Abs. 1 AktG erforderlich.170 Das ist freilich nur im Falle von Höchststimmrechten nach § 134 Abs. 1 S. 1 AktG relevant.171

166 Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 183 AktG Rn. 16; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 8; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 13; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 183 Rn. 10; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 10; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 32. 167 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 13; Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 20; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 13; MaierReimer, FS Bezzenberger, 2000, S. 253; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 183 Rn. 10; C. Schäfer, FS Stilz, 2014, S. 525, 527; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 10; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 183 Rn. 51; vgl. BGHZ 71, 40 Rn. 12 („Kali+Salz“). 168 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 182 Rn. 9; Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 182 Rn. 19; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 182 Rn. 10. 169 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 182 Rn. 24; MüKoAktG/ Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 182, Rn. 23. 170 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, 182 Rn. 23; Henssler/Strohn/ Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 182 AktG Rn. 6 f.; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 182 Rn. 7; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 17; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 182, Rn. 23; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 182 Rn. 14. 171 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, 182 Rn. 25; Spindler/Stilz/Rieckers, AktG, 3. Aufl. 2015, § 133 Rn. 36; Heidel/Müller, AktG, 4. Aufl. 2014, § 133 Rn. 11; die jeweils auch auf etwaige Mehrstimmrechte eingehen, die allerdings nur noch für Altfälle Relevanz haben (siehe etwa Rieckers, a.a.O.).

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss

213

Das Aktiengesetz geht damit über die Anforderungen der Gesellschaftsrechts-RL hinaus,172 die nur für die Barkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis von zwei Dritteln des vertretenen Kapitals bzw. der vertretenen Anteile normiert.173 Da diese Anforderungen nur einen Mindeststandard definieren,174 ist die Abweichung unionsrechtlich jedoch nicht zu beanstanden.175

B. Besondere Anforderungen bei der Sachkapitalerhöhung, § 183 AktG Für eine Sachkapitalerhöhung stellt § 183 AktG weitere Anforderungen auf. Durch § 183 Abs. 1 S. 1 AktG werden die sich aus § 182 AktG ergebenden Anforderungen an den Inhalt des Erhöhungsbeschlusses ergänzt.176 Umstritten ist, ob auch eine verfahrensrechtliche Ergänzung durch § 183 Abs. 1 S. 2 AktG, wonach der Beschluss zur Erhöhung des Grundkapitals gegen Sacheinlage nur gefasst werden darf, wenn die Einbringung von Sacheinlagen und die dargestellten Festsetzungen ausdrücklich und ordnungsgemäß bekanntgemacht wurden, erfolgt. Die nach § 183 Abs. 1 S. 1 AktG verlangten Festsetzungen dienen der Information der Aktionäre und der Gläubiger177 und sind Grundlage für die registergerichtliche Überprüfung der Maßnahme.178 Damit sie diese Funktion erfüllen können, müssen sie hinreichend detailliert sein.179 Im Einzelnen muss der Beschluss Festsetzungen zum (I.) Gegenstand der Sachkapitalerhöhung, zur (II.) Person des Inferenten und zum (III.) Austauschverhältnis enthalten. Umstritten ist, ob die Angabe eines (IV.) Ausgabebetrags erforderlich ist. 172 Drinkuth, S. 224 ff.; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 73; Lösekrug, S. 155; Lutter/ Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.188; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 182, Rn. 21; vgl. Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 182 Rn. 1. 173 Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.188; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 182, Rn. 21. 174 Drinkuth, S. 224 ff.; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 73; Lösekrug, S. 155 f.; Lutter/ Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.188; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 182, Rn. 21. 175 Drinkuth, S. 224 ff.; Habersack/Verse (2011), 6 Rn. 73; Lösekrug, S. 155 f.; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 182, Rn. 21; vgl. Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.188. 176 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, 183 Rn. 8; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 183 Rn. 10; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 10. 177 Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 183 AktG Rn. 17; MüKoAktG/ Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 33; vgl. OLG Düsseldorf DB 1993, 974. 178 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 33; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 11; vgl. OLG Düsseldorf DB 1993, 974. 179 Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 183 AktG Rn. 17; MüKoAktG/ Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 33.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

I. Gegenstand der Sachkapitalerhöhung. Dabei muss es sich um einen sacheinlagefähigen Gegenstand handeln.180 Wie sich aus dem Verweis in § 183 Abs. 1 S. 1 AktG ergibt, gelten hier die Vorgaben des den Art. 46 GesRRL umsetzenden § 27 Abs. 2 AktG.181 Zweifel bezüglich der Identität des Einbringungsgegenstandes müssen ausgeschlossen sein,182 wobei es ausreicht, wenn dieser aufgrund der Festsetzung objektiv bestimmbar ist.183 II. Person des Inferenten Die Festsetzung muss eine zweifelsfreie Identifikation des Inferenten ermöglichen.184 Dazu genügt bei natürlichen Personen in der Regel Vor-, Nachname und Anschrift;185 u. U. (z. B. bei mehreren Namensträgern) kann es allerdings erforderlich sein, auch das Geburtsdatum anzugeben. Bei juristischen Personen oder rechtsfähigen Personengesellschaften muss die Festsetzung Firma, Sitz186 und ggf. die HRNummer enthalten.187 Nach anderer Ansicht soll auch die Festsetzung der Person des Inferenten den Anforderungen des § 183 Abs. 1 S. 1 AktG genügen, wenn dieser objektiv bestimmbar sei.188 Diese Auffassung mag de lege ferenda erwägenswert sein, vermag de lege lata jedoch aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Norm und in offensichtlicher Ermangelung einer für eine teleologische Reduktion der Vorschrift erforderlichen Regelungslücke nicht zu überzeugen.189 Eine Identität zwischen dem Inferenten und dem künftigen Aktionär ist nicht zwingend erforderlich.190 Das ergibt 180 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 11; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 11. 181 Vgl. Drinkuth, S. 137; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.54, jeweils mit dem Hinweis, dass die Umsetzung der Kapitalrichtlinie zu keiner Änderung der materiellen Rechtslage geführt hat. I. E. auch Angermayer, S. 91. 182 Angermayer, S. 91; Hoffmann-Becking, FS Lutter, 2000, S. 453, 462; vgl. Bürgers/ Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 14. 183 Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 183 AktG Rn. 17; MüKoAktG/ Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 34; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 15. 184 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 35; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 16. 185 Angermayer, S. 91; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 11; Bürgers/Körber/ Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 14; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 16; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 11. 186 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 11; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 14; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 16; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 13. 187 Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 14. 188 Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 43 m.w.N. 189 Vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 35. 190 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 35; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 16.

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss

215

sich aus dem Wortlaut des § 183 Abs. 1 S. 1 AktG, der nur auf die Person abstellt, von der die Gesellschaft den Einlagegegenstand erwirbt, allerdings keinen Anhaltspunkt für deren künftigen Aktienerwerb enthält. III. Austauschverhältnis Zur Festsetzung des Austauschverhältnisses muss der Erhöhungsbeschluss den Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der für die Sacheinlage zu gewährenden Aktien angeben, § 183 Abs. 1 S. 1 AktG.191 IV. Ausgabebetrag Umstritten ist, ob der Erhöhungsbeschluss daneben einen Ausgabebetrag festsetzen muss. Dies wird mit Blick auf den Wortlaut und die Systematik der Norm und teilweise aus teleologischen Gründen verneint:192 Der Umfang der Einlagepflicht ergebe sich bei der Sachkapitalerhöhung bereits aus der Festsetzung des Sacheinlagegegenstandes, weshalb die gesonderte Festsetzung eines Ausgabebetrags nicht erforderlich sei.193 Die vorzugswürdige und sich im Vordringen befindliche Gegenmeinung hält die Festsetzung eines Ausgabebetrags dagegen für erforderlich.194 Das ergibt sich systematisch schon aus der kumulativen Anwendung von § 183 AktG neben § 182 AktG und der von § 182 Abs. 3 AktG verlangten Festsetzung des Ausgabebetrags.195 Die Angabe des Ausgabebetrags ist für die von § 255 Abs. 2 AktG intendierte Kontrolle erforderlich, damit die Aktionäre nachvollziehen können, inwieweit die Gefahr einer Verwässerung besteht.196 Ferner ergibt sich aus dem Ausgabebetrag die Höhe der – bei Unwirksamkeit der Sacheinlage – gemäß § 183 Abs. 2, § 27 Abs. 3 AktG ersatzweise zu leistenden Bareinlage, weswegen auf eine Festsetzung zwingend erfolgen muss.197

191

Vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 36. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 12; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 9; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 15; Grigoleit/ Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 183 Rn. 12; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 43; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 37. 193 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183, Rn. 37; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 46. 194 Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 18; Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 183 AktG Rn. 17; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 15; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 183 Rn. 51. 195 Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 183 AktG Rn. 17. 196 Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 18; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 15. 197 Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 18. 192

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

C. Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss I. Das gesetzliche Bezugsrecht, § 186 Abs. 1 S. 1 AktG Jedem Aktionär muss auf sein Verlangen gemäß § 186 Abs. 1 S. 1 AktG ein seinem Anteil an dem bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der neuen Aktien zugeteilt werden. Beim Bezugsrecht handelt es sich um ein subjektives Recht, das dem Altaktionär einen Anspruch auf einen seiner bisherigen Beteiligungsquote entsprechenden Bezug junger Aktien gewährt.198 Es hat die Funktion einer „doppelten Besitzstandsgarantie‘“:199 Einerseits schützt es den Altaktionär vor der Verwässerung seines Stimmrechts und eröffnet ihm damit die Möglichkeit, seinen Einfluss auf die Aktiengesellschaft trotz der Durchführung einer Kapitalerhöhung zu erhalten.200 Andererseits verhindert es eine vermögensmäßige Verwässerung seiner Beteiligung.201 Liegt der Ausgabepreis unter dem rechnerischen Wert des Anteils, weil ein Agio nicht oder nicht in ausreichender Höhe festgesetzt ist, partizipiert der Altaktionär an dem günstigen Bezugsverhältnis entweder durch die Ausübung seines Bezugsrechts oder dessen Veräußerung.202 Aufgrund dieser für die Rechtsposition des Aktionärs grundlegenden Bedeutung wird das Bezugsrecht auch als „Grundrecht des Aktionärs“ bezeichnet203 und genießt durch Art. 14 GG auch tatsächlich grundrechtlichen Schutz.204 198 Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 508; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 4; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 186 Rn. 2; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 186 Rn. 4 f.; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186, Rn. 1. 199 Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 508; vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186, Rn. 2. 200 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 1 f.; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 508; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 186 Rn. 2; Hirte (2016), Rn. 6.23; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 2; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 186 Rn. 7; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 186 Rn. 2; Raiser/Veil (2015), § 20 Rn. 14; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 186 Rn. 2; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186, Rn. 2; vgl. BGHZ 71, 40 Rn. 9 („Kali+Salz“). 201 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 1 f.; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 508; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 186 Rn. 2; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 2; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 186 Rn. 7; Bürgers/Körber/ Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 186 Rn. 2; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 186 Rn. 2; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186, Rn. 3; vgl. BGHZ 71, 40 Rn. 9 („Kali+Salz“); Hirte (2016), Rn. 6.28; Raiser/Veil (2015), § 20 Rn. 14. 202 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 1 f.; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 508; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 2; vgl. KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 186 Rn. 7; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186, Rn. 3. 203 Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 508 mit Verweis auf Zöllner, AG 1994, 336, 341; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186, Rn. 1. Ähnlich: Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 1: „elementares Mitgliedsrecht“. 204 Hirte (2016), Rn. 6.23; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 186 Rn. 2; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186, Rn. 1; jeweils mit vgl. Verweis auf BVerfGE 100, 289; ferner BGHZ 164, 249 Rn. 19 („Mangusta/Commerzbank II“).

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss

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Anders als Art. 72 Abs. 1 GesRRL ist der Anwendungsbereich des § 186 Abs. 1 S. 1 AktG nicht auf Barkapitalerhöhungen beschränkt, sondern findet auch auf Sachkapitalerhöhungen Anwendung.205 Das Bezugsrecht ist im Rahmen der Sachkapitalerhöhung also nicht europarechtlich determiniert. Deshalb ist auch die Regelung des Bezugsrechtsausschlusses dem deutschen Gesetzgeber anheimgestellt.206 II. Bezugsrechtsausschluss Gemäß § 186 Abs. 3 S. 1 AktG kann das Bezugsrecht durch einen Beschluss der Hauptversammlung ganz oder zum Teil ausgeschlossen werden. Die Rechtmäßigkeit des Bezugsrechtsausschlusses hängt von der Erfüllung bestimmter (1.) formeller Voraussetzungen ab. Inwieweit daneben spezielle (2.) materielle Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Bezugsrechtsausschluss erfüllt sein müssen, entzieht sich einer einheitlichen Betrachtung. 1. Formelle Voraussetzungen Der Bezugsrechtsausschluss muss gemäß § 186 Abs. 3 S. 1 AktG im Erhöhungsbeschluss erfolgen und ist damit dessen untrennbarer Bestandteil.207 Wie sich e contrario aus § 186 Abs. 3 S. 3 AktG ergibt,208 kann die Satzung dafür das qualifizierte Mehrheitserfordernis des § 182 Abs. 1 S. 1 AktG (abweichend von § 182 Abs. 1 S. 2 AktG)209 nicht herabsetzen. Für die Barkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss ist das – wenn auch nur hinsichtlich einer Zweidrittelmehrheit der vertretenen Wertpapiere oder des vertretenen gezeichneten Kapitals – durch Art. 72 Abs. 4, 83 GesRRL vorgegeben. Die Beschlussfassung setzt gemäß § 186 Abs. 4 S. 1 AktG die ausdrückliche und ordnungsgemäße Bekanntmachung des Ausschlusses voraus. 205 Drinkuth, S. 240; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.211; EnzEuR/Teichmann, § 6 Rn. 182. 206 Lösekrug, S. 184. 207 Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 186 Rn. 21; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 186 Rn. 32; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 74; vgl. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 186 Rn. 15. 208 Vgl. Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 186 AktG Rn. 8; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 21; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 186 Rn. 22; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 186 Rn. 34; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 76; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 130; Spindler/Stilz/ Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 38; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 23. 209 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 57; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 21; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 186 Rn. 22; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 186 Rn. 34; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 76; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 38; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 23.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Entsprechend der Vorgaben des Art. 72 Abs. 4 S. 3 GesRRL für den Bezugsrechtsausschluss bei der Barkapitalerhöhung hat der Vorstand der Hauptversammlung gemäß § 186 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 AktG einen schriftlichen Bericht über den Grund für den teilweisen oder vollständigen Bezugsrechtsausschluss zugänglich zu machen und darin den vorgeschlagenen Ausgabebetrag zu begründen, § 186 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 AktG. Der Vorstandsbericht dient der Hauptversammlung zum einen zur Abwägung der Interessen der Gesellschaft am Bezugsrechtsausschluss mit denen der ausgeschlossenen Aktionäre.210 Zum anderen können die Altaktionäre auf der Grundlage des Vorstandsberichts die Verwässerungsgefahr, die mit dem Bezugsrechtsausschluss einhergeht, abschätzen.211 Umfang und Qualität des Vorstandsberichts haben sich an diesem Funktionszusammenhang auszurichten.212 2. Materielle Voraussetzungen In Rechtsprechung und Literatur herrscht weitgehende Einigkeit darüber, die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses nicht allein von der Erfüllung formeller, sondern daneben von der Erfüllung (ungeschriebener) materieller Voraussetzungen abhängig zu machen, wobei deren Inhalt umstritten ist. Im Folgenden soll zunächst die diesbezügliche (a)) Entwicklung der Rechtsprechung skizziert und ein Überblick über den (b)) Meinungsstand in der Literatur gegeben werden, bevor in Bezug auf den hier allein relevanten Bezugsrechtsausschluss bei der Sachkapitalerhöhung (c)) Stellung genommen wird. a) Entwicklung in der Rechtsprechung Das Reichsgericht machte den Bezugsrechtsausschluss ursprünglich nicht von materiellen Voraussetzungen abhängig. In der „Hibernia“-Entscheidung ging der erste Zivilsenat davon aus, der Bezugsrechtsausschluss stünde „im freien Ermessen“ der Hauptversammlung.213 Das Gericht sah in der Mehrheitsentscheidung – in den Grenzen der guten Sitten – eine ausreichende Legitimation des Bezugsrechtsausschlusses:214 „Die Unterwerfung der Minderheit unter den Willen der Mehrheit“ sei „unmittelbare und notwendige Folge der geltenden gesetzlichen Bestimmungen“ und verletze die Minderheitenrechte derjenige Aktionäre, deren Bezugsrecht ausge210

BGHZ 83, 319 Rn. 18 („Holzmann“); Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 186 Rn. 18; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 16; vgl. Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 186 Rn. 36. 211 BGHZ 83, 319 Rn. 18 („Holzmann“); Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 186 Rn. 2; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 16. 212 Vgl. Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 186 Rn. 26; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 186 Rn. 38; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 186 Rn. 51; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 81. 213 RGZ 68, 235, 244 („Hibernia“). 214 RGZ 68, 235, 245 („Hibernia“).

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss

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schlossen worden sei, nicht.215 Diese zurückhaltende Linie erfuhr im Jahr 1931 Einschränkungen, als der zweite Senat über eine Anfechtungsklage zu entscheiden hatte, mit der sich eine Aktionärsminderheit gegen eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss wehrte, die nach den Feststellungen des Gerichts ausschließlich darauf zielte, die Wahrnehmung von Minderheitenrechten zu beschneiden und bei der „Frage des Kapitalbedarfs […] keine Rolle spielte.“216 In der Urteilsbegründung nimmt das Gericht eine Abwägung zwischen dem Interesse der Gesellschaft an einer effektiven „Befestigung der Machtstellung der Verwaltung und der hinter ihr stehenden Mehrheit“ mit den Rechten der Minderheitsaktionäre vor.217 Der Senat kommt schließlich zu dem Ergebnis, die angegriffene Kapitalerhöhung könne keinen Bestand haben.218 Diese Entscheidung stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente: Einerseits sei die Kapitalmehrheit bei der Durchsetzung ihrer Interessen über das „erforderliche Maß“ weit hinausgegangen.219 Andererseits laufe die Beschneidung von Minderheitenrechten dem Gesellschaftsinteresse zuwider,220 da diese nicht bloß im Interesse der Minderheit, sondern auch im Interesse der Gesellschaft selbst bestünden.221 Der Bundesgerichtshof stützte eine materielle Kontrolle des Bezugsrechtsausschlusses in seiner frühen Rechtsprechung auf das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot.222 In der „Kali+Salz“-Entscheidung223 entwickelten die Karlsruher Richter dann einen deutlich strengeren Maßstab für den Bezugsrechtsausschluss: Das Gericht hebt zunächst die Schwere des Eingriffs in die Mitgliedschaft hervor, die mit dem Bezugsrechtsausschluss einhergehe, nämlich die Verwässerung der Stimmrechtsquote und die Gefahr einer vermögensmäßigen Verwässerung.224 Diese Nachteile auf Seiten der ausgeschlossenen Aktionäre würden eine sachliche Begründung für jeden Bezugsrechtsausschluss fordern.225 Es bestehe ein Vorrecht des Aktionärs „Kapital in ,seinem‘ Unternehmen investieren zu können“.226 Ein Bezugsrechtsausschluss bei einer Kapitalerhöhung sei daher nur zulässig, „wenn er aus der Sicht im Zeitpunkt der Beschlußfassung auch bei gebührender Berücksichtigung der Folgen für die ausgeschlossenen Aktionäre durch sachliche Gründe im Interesse

215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226

RGZ 68, 235, 245 („Hibernia“). RGZ 132, 149, 161 f. („Victoria“). RGZ 132, 149, 162 ff. („Victoria“). RGZ 132, 149, 166 („Victoria“). RGZ 132, 149, 165 („Victoria“). RGZ 132, 149, 165 f. („Victoria“). RGZ 132, 149, 162 f. („Victoria“). BGHZ 33, 175 Rn. 24. BGHZ 71, 40 („Kali+Salz“). BGHZ 71, 40 Rn. 9 („Kali+Salz“). BGHZ 71, 40 Rn. 10 („Kali+Salz“). BGHZ 71, 40 Rn. 9 („Kali+Salz“).

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

der Gesellschaft gerechtfertigt“ sei.227 Inwieweit diese Voraussetzung, die das Gericht als „(ungeschriebene) sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung“ verstanden wissen will, erfüllt sei, müsse durch eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ermittelt werden.228 Dieser Prüfungsmaßstab firmiert im aktienrechtlichen Schrifttum als „Lehre vom sachlichen Grund“.229 Speziell im Hinblick auf die Sachkapitalerhöhung trifft das Urteil die Aussage, ein Bezugsrechtsausschluss sei bei einer angemessenen Bewertung jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Gesellschaft „nach vernünftigen kaufmännischen Überlegungen ein dringendes Interesse am Erwerb des Gegenstandes“ habe und zu erwarten sei, dass „der damit angestrebte und allen Aktionären zugutekommende Nutzen […] den verhältnismäßigen Beteiligungsverlust und Stimmrechtsverlust der vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionären aufwiegen“ werde.230 Im Anschluss an die „Kali+Salz“-Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof in der „Holzmann“-Entscheidung deren Maßstab auf den Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung gemäß § 203 Abs. 2 AktG bei der Schaffung eines genehmigten Kapitals übernommen.231 Danach verlangte das Gericht bereits im Ermächtigungsbeschluss, die erforderliche Abwägung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmen,232 auch wenn es hinsichtlich der für die Entscheidungsgrundlage geforderten Informationstiefe Konzessionen im Gesellschaftsinteresse machte.233 Nachdem der zweite Zivilsenat diese Rechtsauffassung in späteren Entscheidungen zunächst bekräftigt hatte,234 gab er sie in der „Siemens/ Nold“-Entscheidung aufgrund von Zweifeln an ihrer Praxistauglichkeit auf235 und ließ einen Ermächtigungsbeschluss auf der Grundlage einer abstrakten Beschreibung des vom Vorstand beabsichtigten Vorhabens grundsätzlich zu.236 Ein Bezugsrechtsausschluss bzw. eine Ermächtigung des Vorstands dazu sei – so der erste Leitsatz – zulässig, „wenn die Maßnahme, zu deren Durchführung der Vorstand ermächtigt werden soll, im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt und der Hauptversammlung in abstrakter Form bekannt gegeben“ werde.237 Diese Linie, die der Senat in mehreren späteren Entscheidungen bestätigt hat,238 wurde teilweise über 227

BGHZ 71, 40 Rn. 11 („Kali+Salz“). BGHZ 71, 40 Rn. 11 („Kali+Salz“). 229 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 89. 230 BGHZ 71, 40 Rn. 12 („Kali+Salz“). 231 BGHZ 83, 319 Rn. 6 („Holzmann“). 232 BGHZ 83, 319 Rn. 7 („Holzmann“). 233 BGHZ 83, 319 Rn. 12 („Holzmann“). 234 BGHZ 120, 141 Rn. 20; BGHZ 125, 239 Rn. 19 („Deutsche Bank“). 235 BGHZ 136, 133 Rn. 13 ff. („Siemens/Nold“). 236 BGHZ 136, 133 Rn. 20 ff. („Siemens/Nold“). 237 BGHZ 136, 133 („Siemens/Nold“). 238 Vgl. BGHZ 144, 290 Rn. 14; BGHZ 164, 241 Rn. 8 („Mangusta/Commerzbank I“); BGHZ 164, 249 Rn. 17 ff. („Mangusta/Commerzbank II“); BGH ZIP 2006, 368 Rn. 4; BGH WM 2007, 2110 Rn. 5; BGHZ 181, 144 Rn. 26; BGH ZIP 2009, 1624 Rn. 24. 228

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss

221

das genehmigte Kapital hinaus als grundsätzliche Absenkung des Rechtfertigungsmaßstabs für die Beurteilung eines Bezugsrechtsausschlusses gesehen.239 Der an der Entscheidung beteiligte Richter Goette spricht insofern von einer Annäherung an „den europäischen Standard“, da den meisten Mitgliedstaaten ein Bezugsrecht bei Sacheinlagen ohnehin fremd sei.240 b) Meinungsstand in der Literatur Im aktienrechtlichen Schrifttum wurde schon früh die Auffassung vertreten, der Bezugsrechtsausschluss müsse einerseits im Interesse der Gesellschaft liegen und andererseits in Ansehung der Gefahren für die Altaktionäre auch erforderlich sein.241 Diese Lehre vom sachlichen Grund entspricht nach wie vor der ganz überwiegenden Ansicht in der Literatur.242 Das gilt sowohl für die Bar- als auch für die Sachkapitalerhöhung.243 Die üblicherweise auftretende Koinzidenz von Sachkapitalerhöhung und Bezugsrechtsausschluss rechtfertige keine Ausnahmen von den materiellen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss.244 Voraussetzung für einen rechtmäßigen Bezugsrechtsausschluss im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung sei daher einerseits ein hinreichendes Interesse der Gesellschaft am Einlagegegenstand als sachlicher Grund.245 Andererseits müsse der Bezugsrechtsausschluss zum Erwerb erforderlich, ein Erwerb unter Verwendung von Barmitteln also nicht zu ver-

239 Henze, ZHR 167 (2003), 1 ff.; Paefgen, S. 74 ff.; vgl. Fastrich (2001), S. 25; Volhard, AG 1998, 397, 402 ff. Dieser These kritisch gegenüber MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 92; Tettinger, Materielle Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluß, 2003, S. 45 ff. 240 W. Goette, DStR 1997, 1460, 1463. 241 M.w.N. Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 352 f. 242 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 186 Rn. 19; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 25; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 186 Rn. 58; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 186 Rn. 28; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 186 Rn. 40; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 40 ff.; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 34; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 186 Rn. 134. Eine vermittelnde Position vertritt MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 93 ff., der die Inhaltskontrolle als „materiell verstandene[n] Gleichbehandlungsgrundsatz“ versteht. 243 Vgl. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 68; Hofmann, Der Minderheitenschutz im Gesellschaftsrecht, 2011, S. 668 f.; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 34; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 186 Rn. 35. Für eine Gleichbehandlung von Bar- und Sachkapitalerhöhung auch MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 122. 244 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 68; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 34; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 122. 245 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 68; Hirte (1986), S. 20 ff.; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 34; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 122.

222

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

gleichbaren Konditionen darstellbar sein.246 Die dafür vertretenen Begründungsansätze variieren:247 Die überwiegende Auffassung stellt auf die Treuepflicht der Gesellschafter ab.248 Daneben sehen einige in der Einfügung des Begründungserfordernisses in § 186 Abs. 4 S. 2 AktG249 und dem argumentum e contrario aus § 186 Abs. 3 S. 4 AktG250 eine gesetzgeberische Bestätigung der Lehre vom sachlichen Grund. Insbesondere im jüngeren Schrifttum ist die Lehre vom sachlichen Grund zunehmender Kritik ausgesetzt:251 Die Kritiker betonen, eine besondere materielle Kontrolle des Bezugsrechtsausschlusses sei weder europa-252 noch verfassungsrechtlich253 geboten. Rechtsprechung und Schrifttum hätten sich in der Diskussion um den Bezugsrechtsausschluss immer weiter von der gesetzlichen Ausgangslage entfernt, die Aktionären mit einer Beteiligung am Grundkapital von weniger als 25 Prozent einerseits eine Beschränkung ihrer Herrschaftsmacht zumute, sie andererseits aber gemäß § 255 Abs. 2 AktG vor einer vermögensmäßigen Verwässerung schütze.254 Für einen rein vermögensmäßigen Schutz von Minderheitsaktionären spreche auch § 243 Abs. 2 S. 2 AktG. Dieser erlaube eine Gewährung von Sondervorteilen, sofern ein vermögensmäßiger Ausgleich gewährt werde.255 Diese gesetzgeberische Wertung werde durch die an § 243 Abs. 1 AktG anknüpfende Lehre vom sachlichen Grund unterlaufen.256 Der von Vertretern der herrschenden Auffassung angeführte Schutz von Herrschaftsrechten257 könne eine materielle Prüfung des Bezugsrechtsausschlusses neben dem durch § 255 Abs. 2 AktG gewährten Schutz nicht begründen, da das Aktiengesetz insofern von einer einheitlichen Be246 Hirte (1986), S. 20; Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 68; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 34. 247 Vgl. die Darstellung bei B. Mayer, S. 69 ff. 248 Vgl. Henze, BB 1996, 489, 497; Hirte (1986), S. 16; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 123 ff.; Timm, JZ 1980, 665, 667; Zöllner, AG 2000, 145, 154. 249 Vgl. BGHZ 83, 319 Rn. 17; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 25; Heidel/ Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 186 Rn. 40. 250 So Lutter, AG 1994, 429, 441 ff. 251 Vgl. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917 ff.; Fastrich (2001), S. 48 ff.; ders., FS Kreutz, 2010, S. 585 ff.; Martens, ZIP 1992, 1677, 1687 ff.; B. Mayer, S. 51 ff.; Paefgen, S. 66 ff.; Verse, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 13. Kap. Rn. 28 ff.; Wandrey, S. 273 ff. 252 B. Mayer, S. 53 ff. Tendenziell weitergehend: Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1918, der zwar die europarechtliche Zulässigkeit der Lehre vom sachlichen Grund nicht in Zweifel zieht, aber darauf hinweist, dass sowohl die Kommission als auch der Sozialausschuss im Bezugsrecht ein potenzielles Finanzierungshindernis gesehen haben. 253 B. Mayer, S. 56 f. 254 Mülbert (1996), S. 312 ff. 255 Mülbert (1996), S. 332, 347 ff.; Paefgen, S. 82 ff. 256 Mülbert (1996), S. 332, 347 ff.; Paefgen, S. 84; anders als Mülbert verlangt Paefgen dabei für die Anwendung von § 243 Abs. 2 S. 2 AktG einen Sondervorteil, dessen Gewährung im Interesse der Gesellschaft liege. 257 Sie dazu etwa Hirte (1986), S. 138 ff.

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss

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wertung der Mitgliedschaft ausginge, die nicht zwischen Herrschafts- und Vermögensrechten differenziere.258 Der Rekurs auf die Schwere des Eingriffs in die Mitgliedschaft, mit dem der Bundesgerichtshof in der „Kali+Salz“-Entscheidung das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses begründet,259 wird in der Literatur zum einen als inkohärent kritisiert:260 Bei gleichwertigen Eingriffen in das Mitgliedschaftsrecht, wie bspw. der Einführung von Höchststimmrechten261 oder die Auflösung der Gesellschaft,262 habe das Gericht eine materielle Beschlusskontrolle abgelehnt.263 Zum anderen möge der Bezugsrechtsausschluss zwar im Einzelfall einen schweren Eingriff in die Mitgliedschaft darstellen, dies sei allerdings nicht in jedem Fall so.264 Der Prüfungsmaßstab der „Kali+Salz“-Entscheidung bilde diese unterschiedlichen Eingriffsintensitäten nicht ab.265 Ein weiterer Kritikpunkt ist die „Verabsolutierung“ von Minderheitsinteressen durch das Sachgrunderfordernis, die sich aus der Abwägung des Gesellschafts- mit dem Minderheitsinteresse ergäbe.266 Der Verweis der Gesellschaft auf mitunter nur „suboptimale“ Mittel zur Erreichung des Gesellschaftszwecks stelle eine „Auflockerung der Zweckbindung“ dar, die im Widerspruch zu der strikten Verpflichtung der Mehrheit auf das Gesellschaftsinteresse stünde.267 Es sei unverständlich, weshalb die Partikularinteressen der Minderheit insoweit einen weiterreichenden Schutz genießen sollten als diejenigen der Mehrheit.268 Eine solche Privilegierung von Minderheitsinteressen vertrage sich ferner nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz.269 Auch Fastrich knüpft an die Zweckbindung der Gesellschafter an und 258

Mülbert (1996), S. 334 f. Siehe Fn. 224. 260 Vgl. Fastrich, FS Kreutz, 2010, S. 585, 586 ff.; Verse, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 13. Kap. Rn. 23. 261 So BGHZ 70, 117 Rn. 8: „Nach § 179 AktG kann die Hauptversammlung mit einer Mehrheit von mindestens 3/4 des vertretenen Grundkapitals, die hier vorgelegen hat, die Satzung ändern. Die Änderung darf sich im allgemeinen auf alles erstrecken, was in der ursprünglichen Satzung enthalten sein kann, dh entweder im Gesetz selbst als Regel aufgestellt oder als Abweichung von dieser Regel ausdrücklich zugelassen ist (§ 23 Abs. 5 S. 1 AktG). Wenn diese Möglichkeit ausgeschlossen oder eingeschränkt sein soll, so muß es sich […] deutlich aus dem Gesetz ergeben (RGZ 77, 255, 259; 68, 235, 240). Eine solche Einschränkung ist dem Gesetz hinsichtlich des Höchststimmrechts nicht zu entnehmen“. 262 So BGHZ 103, 184 Rn. 12: „Der Beschluß über die Auflösung der Beklagten kann nicht daraufhin überprüft werden, ob er sachlich gerechtfertigt ist“. 263 Fastrich, FS Kreutz, 2010, S. 585, 586 ff.; vgl. Verse, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 13. Kap. Rn. 23. 264 Martens, ZIP 1992, 1677, 1693 f. 265 Martens, ZIP 1992, 1677, 1693 f. 266 Vgl. Paefgen, S. 80 ff. 267 Paefgen, S. 80, ff. 268 Paefgen, S. 82. 269 Paefgen, S. 82. 259

224

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

führt gegen eine materielle Kontrolle des Bezugsrechtsausschlusses die Selbstbetroffenheit der Hauptversammlungsmehrheit ins Felde.270 Mehrheitsentscheidungen artikulierten eine „[autonome] Zweckverfolgung“,271 die sich aus dem Interessengleichlauf der Gesellschaft legitimiere.272 Dies gelte prinzipiell auch für den Bezugsrechtsausschluss, denn auch dabei säßen die Gesellschafter „grundsätzlich in einem Boot“.273 Die Minderheitsrechte seien dabei regelmäßig „verfahrensmäßig abgesichert“.274 Diese gesetzlich vorgegebene Verfahrensgerechtigkeit erlaube es, der Mehrheitsentscheidung, wie dem Bezugsrechtsausschluss, eine – in terminologischer Anlehnung an Schmidt-Rimpler275 – „Richtigkeitsgewähr“ zuzusprechen und sie einer materiellen Kontrolle zu entziehen, solange ihre Funktionsbedingungen erfüllt seien.276 Im Ergebnis sei die privatautonome Mehrheitsentscheidung der richterlichen Inhaltskontrolle als „Garant“ für die Sachgerechtigkeit einer Entscheidung daher überlegen.277 Eine materielle Prüfung des Bezugsrechtsausschlusses macht diese Auffassung situativ von einer „fehlenden Richtigkeitsgewähr“ der Mehrheitsentscheidung bzw. dem Funktionsverlust anderer Kompensationsmechanismen abhängig.278 Die Erforderlichkeit einer umfassenden materiellen Kontrolle eines Hauptversammlungsbeschlusses sei nicht vom Beschlussgegenstand, sondern von der Erfüllung dieser Funktionsbedingungen und damit von der „der Beschlussfassung zugrunde liegenden Interessenlage beim Mehrheitsgesellschafter“ abhängig.279 Eine umfassende materielle Beschlusskontrolle mit einer Darlegungsund Beweislast seitens der Gesellschaft sei dementsprechend in Fällen geboten, in denen aufgrund der Gefahr „überwiegende[r] externe[r] Interessen“ von einer „strukturell fehlende[n] Richtigkeitsgewähr“ auszugehen sei.280 Eine im Ergebnis vergleichbare Ansicht möchte eine materielle Kontrolle entsprechend der Anforderungen der „Kali+Salz“-Entscheidung des Bezugsrechtsausschlusses von einer materiellen oder formellen Ungleichbehandlung der Aktionäre abhängig machen und es ansonsten bei einer reinen Missbrauchskontrolle belassen.281 Zu einer partiellen Verschärfung der Lehre vom sachlichen Grund führt 270

Fastrich, FS Kreutz, 2010, S. 585, 590; vgl. ders. (2001), S. 21. Fastrich, FS Kreutz, 2010, S. 585, 590; vgl. ders. (2001), S. 35. 272 Fastrich (2001), S. 20 f. 273 Fastrich (2001), S. 25. 274 Fastrich, FS Kreutz, 2010, S. 585, 590. 275 Vgl. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 ff. 276 Fastrich (2001), S. 20 f, 36 ff.; ders., FS Kreutz, 2010, S. 585, 592 f.; vgl. MüKoAktG/ Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 95. 277 Vgl. Fastrich (2001), S. 21. 278 Fastrich (2001), S. 15 ff., 50 ff.; ders., FS Kreutz, 2010, S. 585 ff. 279 Fastrich, FS Kreutz, 2010, S. 585, 595. 280 Fastrich, FS Kreutz, 2010, S. 585, 596 f. 281 Vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 95; Verse, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 13. Kap. Rn. 30 ff. Ähnlich: T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1924 ff., der 271

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dagegen der in seiner Begründung ähnliche Vorschlag von Schockenhoff, einen ungleichförmigen (d. h. nur einige Aktionäre betreffenden) Bezugsrechtsausschluss neben dem Gesellschaftsinteresse am sog. Unterschiedsprinzip zu messen.282 Maßgeblich soll danach sein, ob die Kapitalerhöhung trotz des mit dem Bezugsrechtsausschluss verbundenen relativen Nachteils einen absoluten Vorteil für die ausgeschlossenen Altaktionäre bedeutet und ein zweckrational entscheidender Aktionär der Maßnahme deshalb zustimmen würde.283 c) Stellungnahme Die Rechtmäßigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses ist de lege lata von der Erfüllung materieller Anforderungen abhängig, wenn diese Anforderungen entweder den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften im Wege der Auslegung zu entnehmen sind oder die Voraussetzungen für eine Rechtsfortbildung vorliegen. Soweit die Vertreter der Lehre vom sachlichen Grund dem Begründungserfordernis des § 186 Abs. 4 S. 2 AktG eine legislative Anerkennung ihrer Auffassung entnehmen, wurde bereits von Mülbert auf die damit intendierte Umsetzung von Art. 72 Abs. 4 S. 3 GesRRL hingewiesen.284 Zur Lehre vom sachlichen Grund besteht insofern kein Bezug. Auf den ersten Blick überzeugender ist der Verweis auf § 186 Abs. 3 S. 4 AktG. Berücksichtigt man allerdings den Willen des Änderungsgesetzgebers, die Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital zu erleichtern,285 verliert dieses Argument deutlich an Strahlkraft.286 Vor diesem Hintergrund kann § 186 Abs. 3 S. 4 AktG nicht als Anerkennung des Sachgrunderfordernisses verstanden werden.287 Da die überwiegende Auffassung die materielle Prüfung des Bezugsrechtsausschlusses nicht von einer formellen oder materiellen Ungleichbehandlung der Aktionäre abhängig macht, kommt insoweit auch § 53a AktG nicht als gesetzlicher Anknüpfungspunkt in Betracht. Da es für die von der herrschenden Meinung postulierten „ungeschriebenen“ sachlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen288 danach an einer gesetzlichen Grundlage fehlt, sind die methodischen Grenzen der Auslegung überschritten. Methodisch ist zwischen einem Bezugsrechtsausschluss zugunsten „außenstehender Kapitalgeber“ und „zugunsten des Großaktionärs“ differenzieren will. 282 Schockenhoff, AG 1994, 45, 52 ff. 283 Vgl. Schockenhoff, AG 1994, 45, 52 ff. Die Besonderheit dieser Sichtweise besteht danach in der Ablehnung des Gesellschaftsinteresses als (allein) entscheidenden Maßstab. Nach der Auffassung von Schockenhoff besteht kein natürlicher Gleichlauf zwischen dem Gesellschaftsinteresse und dem Interesse der Anteilseigner. Dieser Annahme wird von Paefgen, S. 81 f. mit überzeugenden Argumenten widersprochen. 284 Mülbert (1996), S. 332 f. 285 Vgl. BT-Drucks. 12/6721, S. 10; Seibert, ZIP 1994, 914, 915. 286 Vgl. Mülbert (1996), S. 320. 287 So auch Marsch-Barner, AG 1994, 532, 533; Mülbert (1996), S. 320. 288 Vgl. BGHZ 71, 40 Rn. 11 („Kali+Salz“).

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

die Lehre vom sachlichen Grund also nicht als Rechtsanwendung, sondern als Rechtsfortbildung zu qualifizieren.289 Zwar ist die richterliche Rechtsfortbildung wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung rechtfertigungsbedürftig,290 allerdings ist die Rechtsprechung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG nicht nur an das Gesetz, sondern daneben an das Recht gebunden und daher auch zur „schöpferischen Rechtsfindung“291 berufen.292 Die Zulässigkeit einer solchen Rechtsfortbildung hängt vom funktionellen Versagen des geschriebenen Gesetzes ab, „ein Rechtsproblem gerecht zu lösen“,293 setzt also mit anderen Worten eine Regelungslücke voraus.294 Hinsichtlich der materiellrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen des Bezugsrechtsausschlusses könnte eine solche Regelungslücke in Form einer unbewussten Gesetzeslücke bestehen. Voraussetzung dafür wäre das Übersehen von regelungsbedürftigen Rechtsfragen durch den Gesetzgeber.295 Die Lehre vom sachlichen Grund beantwortet die Rechtsfrage, wie der vom Bezugsrecht ausgeschlossene Minderheitsaktionär geschützt werden soll. Diese Rechtsfrage wird – wie Mülbert überzeugend herausgearbeitet hat – allerdings bereits durch den Gesetzgeber des Aktienrechts in den § 243 Abs. 2, § 255 Abs. 2 AktG abschließend beantwortet.296 Dem steht auch der offene Wortlaut des § 255 Abs. 2 S. 1 AktG („auch“) nicht entgegen,297 der insofern auf Abs. 1 bezugnehmend nur die parallele Anwendbarkeit § 243 AktG bestätigend aufgreift. Die Lehre vom sachlichen Grund muss sich daher dem Vorwurf aussetzen, die eigenen Erwägungen an die Stelle der Erwägungen des Gesetzgebers zu setzen und damit die Grenze des methodisch Zulässigen zu überschreiten. Auch die materiellrechtlichen Einwände, wie die Kritik an der Durchbrechung der Zweckbindung und die Inkohärenz der Rechtsprechung, sprechen gegen eine Entkoppelung des Aktionärsschutzes beim Bezugsrechtsausschluss von den gesetzlichen Grundlagen durch die Lehre vom sachlichen Grund. Von besonderem Gewicht ist der Hinweis von Fastrich auf die Richtigkeitsgewähr von Mehrheitsentscheidungen: Das Sachgrunderfordernis für den Bezugsrechtsausschluss stellt einen Eingriff in die Verbandsautonomie der Aktiengesellschaft und damit in die Privatautonomie ihrer Mitglieder dar. Der undifferenzierte Hinweis auf die Schwere des Eingriffs in die Mitgliedschaft des dissentierenden Aktionärs genügt als solche 289

So auch MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 73; vgl. Larenz/Canaris (1995), S. 187 ff.; Reimer, Rn. 553. 290 Vgl. Larenz/Canaris (1995), S. 190; Reimer, Rn. 548 ff. 291 Diese Diktion des Bundesverfassungsgerichts wird in der Literatur zu Recht als widersprüchlich kritisiert Rüthers/Fischer/Birk, Rn. 824 f. 292 Vgl. BVerfGE 34, 269 Rn. 38 ff. 293 BVerfGE 34, 269 Rn. 38. 294 Vgl. BVerfGE 34, 269 Rn. 38; Larenz/Canaris (1995), S. 187 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rn 822 ff. 295 Rüthers/Fischer/Birk, Rn. 852. Strenger wohl: Larenz/Canaris (1995), S. 191. 296 Vgl. Mülbert (1996), S. 324 ff. 297 A.A. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 526.

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Rechtfertigung nicht. Mit seinem Beitritt zum Verband hat sich der Aktionär nämlich der Mehrheitsentscheidung über den Bezugsrechtsausschluss unterworfen, seine Mitgliedschaft war also a priori mit dieser Gefahr belastet. Angesichts der substanziellen Gegenargumente, der sich die Lehre vom sachlichen Grund ausgesetzt sieht, verdient der Hinweis von Verse auf das die Rechtsprechung – sowohl des Reichsgerichts als auch des Bundesgerichthofs – prägende Fallmaterial Beachtung, in denen die Mehrheit stets einen Vorteil auf Kosten der Minderheit anstrebte.298 Insofern ist der Hinweis auf den Erfahrungssatz „hard cases make bad law“ naheliegend, denn die Fokussierung von Rechtsprechung und Wissenschaft auf das Pathologische hat den Blick auf den Regelfall des Bezugsrechtsausschlusses, einer von unternehmerischen Motiven geleiteten Mehrheitsentscheidung, die im Interesse der gesamten Gesellschaft erfolgt, verstellt.299 Für die übrigen (pathologischen) Fälle bildet die lex lata ein ausreichendes Instrumentarium. Ein Rückgriff auf mit unbestimmten Rechtsbegriffen überladene materiellrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen, wie sie die Lehre vom sachlichen Grund propagiert, ist nicht geeignet, das Maß der dadurch verursachten Rechtsunsicherheit durch ein Mehr an Aktionärsschutz aufzuwiegen. Insbesondere im Rahmen von Sachkapitalerhöhungen sollte sich der Aktionärsschutz daher nicht idealisierend auf den „Unternehmer-Aktionär“ fokussieren, sondern typisierend den „Anleger-Aktionär“ vor einer vermögensmäßigen Verwässerung schützen.300 Ein Minderheitsaktionär, der sich auf der Hauptversammlung einer Mehrheit von drei Viertel des vertretenen (!) Kapitals gegenübersieht, hat keinen „unternehmerischen Einfluss“, der es Wert wäre, das sinnvolle Instrument der Sachkapitalerhöhung durch ein mit dem Bezugsrechtsausschluss zwangsläufig verbundenes, zusätzliches Anfechtungsrisiko zu schwächen. De lege ferenda wäre es deswegen wünschenswert, die Sachkapitalerhöhung vom „Ballast“ des Bezugsrechtsausschlusses zu befreien, dem „europäischen Standard“ folgend301 eine bezugsrechtslose Sachkapitalerhöhung zuzulassen und damit die Rechtsentwicklung der Rechtswirklichkeit anzupassen, in der ein Bezugsrechtsausschluss bei der Sachkapitalerhöhung die Regel und nicht die Ausnahme ist.302

298

Verse, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 13. Kap. Rn. 32. Vgl. Fastrich (2001), S. 50 f.; Verse, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 13. Kap. Rn. 32. 300 Zu diesem Aspekt vgl. Schiessl, Die Kontrollfunktion der aktienrechtlichen Anfechtungsklage – Erwiderung aus der Sicht der Praxis, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1999, Band 2, 2000, S. 57, 65 f. 301 W. Goette, DStR 1997, 1460, 1463. 302 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 13; Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 20; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 13; MaierReimer, FS Bezzenberger, 2000, S. 253; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 183 Rn. 10; C. Schäfer, FS Stilz, 2014, S. 525, 527; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 10; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 183 Rn. 51; vgl. BGHZ 71, 40 Rn. 12 („Kali+Salz“). 299

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

D. Beschlussmängel Der Erhöhungsbeschluss kann wie jeder Beschluss der Hauptversammlung an Mängeln leiden, aufgrund derer er entweder nichtig oder anfechtbar ist. Für die Anfechtung stellt das § 255 Abs. 1 AktG klar.303 Zwei Anfechtungsgründe sind von besonderem Interesse: Erstens ein (I.) unangemessen niedriger Ausgabebetrag gemäß § 255 Abs. 2 AktG und zweitens das (II.) Verfolgen von Sondervorteilen gemäß § 243 Abs. 2 AktG. I. Unangemessen niedriger Ausgabebetrag, § 255 Abs. 2 AktG Durch das besondere Anfechtungsrecht des § 255 Abs. 2 S. AktG sollen die Aktionäre vor einer vermögensmäßigen Verwässerung ihrer Beteiligung geschützt werden:304 Schließt der Erhöhungsbeschluss das Bezugsrecht der Aktionäre aus, kann die Beschlussanfechtung danach auf die Unangemessenheit des Ausgabebetrags gestützt werden.305 Dieser Anfechtungstatbestand wirft viele Fragen auf, von denen die folgenden drei für den weiteren Gang der Bearbeitung von besonderer Bedeutung sind: Erstens: Wann ist ein (1.) Ausgabebetrag angemessen? Zweitens: Welche (2.) Bewertungsvorgaben ergeben sich aus § 255 Abs. 2 S. 1 AktG? Drittens: An welcher (3.) Bezugsgröße ist der Wert der jungen Aktien zu messen? Findet dem Wortlaut des § 255 Abs. 2 S. 1 AktG entsprechend nur der Ausgabebetrag oder auch ein etwaiges schuldrechtliches Agio Berücksichtigung? 303 Vgl. Henssler/Strohn/Drescher, GesR., 3. Aufl. 2016, § 255 AktG Rn. 1; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Hüffer, AktG, 1994, § 255 Rn. 2; MüKoAktG/Koch, 4. Aufl. 2016, § 255 Rn. 4; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 1; Wachter/J. Wagner, AktG, 2. Aufl. 2014, AktG, § 255 Rn. 1. 304 Vgl. BGHZ 71, 40 Rn. 25 („Kali+Salz“); OLG Jena AG 2007, 31 Rn. 61; HoffmannBecking, FS Wiedemann, 2002, S. 999, 1003; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Hüffer, AktG, 1994, § 255 Rn. 2; MüKoAktG/Koch, 4. Aufl. 2016, § 255 Rn. 16; B. Mayer, S. 82; Mellert, NZG 2003, 1096 f.; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 1; vgl. Grigoleit/Ehmann, AktG, 2013, § 255 Rn. 5. 305 Geht man – entgegen der hier vertretenen Ansicht – davon aus, im Rahmen der Sachkapitalerhöhung müsse ein Ausgabebetrag nicht festgesetzt werden, geht die normative Anknüpfung der Norm ins Leere und ihre unmittelbare Anwendung scheidet aus. Die Vertreter dieser Auffassung sprechen sich allerdings für eine entsprechende Anwendung des § 255 Abs. 2 AktG auf die Sachkapitalerhöhung aus, wobei an die Stelle des Ausgabebetrags der Wert der Sacheinlage treten soll (BGHZ 71, 40 Rn. 25 („Kali+Salz“); OLG Jena AG 2007, 31 Rn. 61; Grigoleit/Ehmann, AktG, 2013, § 255 Rn. 5; Findeisen, S. 28; Heidel, AktG, 4. Aufl. 2014, § 255 Rn. 1; Hoffmann-Becking, FS Wiedemann 999, 1004; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/ Kropff/Hüffer, AktG, 1994, § 255 Rn. 12; Hüffer, ZHR 172 (2008), 8, 16; Johannsen-Roth/ Goslar, AG 2007, 573, 575; MüKoAktG/Koch, 4. Aufl. 2016, § 255 Rn. 12; Kossmann, AG 2005, 9, 13; Lüssow, S. 104; Martens, FS Bezzenberger, 2000, S. 267, 268 ff.; ders., FS Röhricht, 2005, S. 987, 991 f.; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 6; Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 12).

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1. Angemessener Ausgabebetrag Für das Bezugsverhältnis ergibt sich aus § 255 Abs. 2 S. 1 AktG die Vorgabe eines angemessenen Ausgabebetrags. Die negative Wendung des Wortlauts („nicht unangemessen niedrig“) hat keine materiellrechtliche Konsequenz.306 Der Maßstab für die Angemessenheit des Ausgabebetrags ist (hinsichtlich der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft) nach allgemeiner Ansicht der innere Wert der jungen Aktien.307 Welches Verhältnis des Ausgabebetrags zum inneren Wert der jungen Aktien dabei angemessen ist, entzieht sich jedoch einer einheitlichen Betrachtung: Während nach teilweise vertretener Auffassung der Ausgabebetrag bereits immer unangemessen niedrig ist, wenn er den inneren Wert der jungen Aktien unterschreitet,308 versteht die Gegenmeinung das Angemessenheitskriterium dagegen als Zumutbarkeitsgrenze.309 Die Regelung „verabsolutiere“ den Verwässerungsschutz für Aktionäre nicht und verlange „keine strikte Beachtung des Äquivalenzinteresses“.310 Der Ausgabebetrag sei nur unangemessen niedrig i.S.v. § 255 Abs. 2 S. 1 AktG, wenn er den Wert der jungen Aktien in „objektiv nicht hinnehmbarer“ Weise unterschreite.311 Die Altaktionäre müssten einen Abschlag vom wirklichen Wert gegebenenfalls hinnehmen.312 Bei der Bestimmung des angemessenen Ausgabebetrags sei insbesondere das Interesse der Gesellschaft an der Beteiligung und der Einlage des Inferenten zu berücksichtigen.313

306

Lüssow, S. 85. BGHZ 71, 40 Rn. 27 („Kali+Salz“); OLG Köln ZIP 2014, 263, Rn. 36; Grigoleit/Ehmann, AktG, 2013, § 255 Rn. 6; Bürgers/Körber/Göz, AktG, 4. Aufl. 2017, § 255 Rn. 5; Heidel, AktG, 4. Aufl. 2014, § 255 Rn. 10; Hüffer, ZHR 172 (2008), 572, 579 f. MüKoAktG/Koch, 4. Aufl. 2016, § 255 Rn. 17; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 3; GKAktG/K. Schmidt, 4. Aufl. 2012, § 255 Rn. 12. Vgl. OLG Stuttgart BB 2000, 1155 Rn. 104; Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 19. Meinungsverschiedenheiten bestehen lediglich im Hinblick auf börsennotierte Gesellschaften. 308 Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 515, 532 ff.; ders., ZHR 168 (2004), 132, 140 f.; Heidel, AktG, 4. Aufl. 2014, § 255 Rn. 10a; Hüffer, ZHR 172 (2008), 572, 579 f.; Mülbert (1996), S. 263; Zöllner, ZGR 1986, 288, 303. 309 Vgl. Grigoleit/Ehmann, AktG, 2013, § 255 Rn. 7; Kiefner/Seibel, AG 2016, 301, 306; MüKoAktG/Koch, 4. Aufl. 2016, § 255 Rn. 16 ff.; C. Schäfer, ZIP 2016, 953, 955; Schmidt/ Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 3; Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 19. In diese Richtung geht auch Bürgers/Körber/Göz, AktG, 4. Aufl. 2017, § 255 Rn. 6; Kossmann, AG 2005, 9, 14 f. 310 MüKoAktG/Koch, 4. Aufl. 2016, § 255 Rn. 16; Martens, FS Bezzenberger, 2000, S. 267, 270. 311 MüKoAktG/Koch, 4. Aufl. 2016, § 255 Rn. 17; vgl. Kiefner/Seibel, AG 2016, 301, 306; Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 19. Ähnlich: Wachter/J. Wagner, AktG, 2. Aufl. 2014, § 255 Rn. 7. 312 Bürgers/Körber/Göz, AktG, 4. Aufl. 2017, § 255 Rn. 6. 313 Bürgers/Körber/Göz, AktG, 4. Aufl. 2017, § 255 Rn. 6; Kiefner/Seibel, AG 2016, 301, 306. 307

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Intellektueller Ausgangspunkt einer Stellungnahme sollte der von Bayer überzeugend herausgestellte Zusammenhang zwischen der Wirkung des Bezugsrechtsausschlusses einerseits und dem vermögensmäßigen Verwässerungsschutz andererseits sein:314 Der Vermögensschutz des § 255 Abs. 2 S. 1 AktG muss einer – auch nur unwesentlichen – „Enteignung“ der ausgeschlossenen Aktionäre entgegenstehen, damit diese plastisch ausgedrückt nicht zu „Freiwild“ verkommen.315 Entspricht der Ausgabebetrag nämlich nicht dem tatsächlichen Wert der jungen Aktien, bedeutet das eine Vermögensverlagerung von Alt- zu Neuaktionären und damit eine partielle Enteignung.316 Vor diesem Hintergrund bedeutet Angemessenheit i.S.d. § 255 Abs. 2 S. 1 AktG aus zwei Gründen Vollwertigkeit: Erstens muss das mitgliedstaatliche Recht gemäß Art. 85 GesRRL auch eine nur geringfügige Vermögensverlagerung von den vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionären zum Inferenten unterbinden. Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt daher, Angemessenheit i.S.d. § 255 Abs. 2 S. 1 AktG als Vollwertigkeit zu verstehen. Zweitens wirkt der Bezugsrechtsausschluss wie ein Teilausschluss der betroffenen Aktionäre.317 Deren Aktieneigentum wird in gleicher Weise beeinträchtigt, wie durch eine unangemessene Abfindung im Falle des Ausschlusses aus anderem Grund. Die vom Inferenten zu leistende Einlage, an deren Wert der Altaktionär mit seinem verbliebenen Anteil am Gesellschaftsvermögen partizipiert, ist damit funktionsäquivalent zum Abfindungsanspruch im Fall des Vollausschlusses,318 weshalb die Bestimmung des angemessenen Ausgabebetrags denselben Grundsätzen zu folgen hat, wie die Bestimmung des Abfindungsanspruchs bei einem Vollausschluss.319 Für letzteren gebietet Art. 14 GG, wie das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf § 12 Abs. 1 S. 1 UmwG a.F. bereits im Jahr 1962 entschieden hat, eine Auslegung, nach der eine angemessene Barabfindung mindestens dem tatsächlichen Beteiligungswert entsprechen muss.320

314

Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 529 ff. Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 529 f. 316 Vgl. BGHZ 71, 40 Rn. 25 („Kali+Salz“); OLG Jena AG 2007, 31 Rn. 61; HoffmannBecking, FS Wiedemann, 2002, S. 999, 1003; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Hüffer, AktG, 1994, § 255 Rn. 2; MüKoAktG/Koch, 4. Aufl. 2016, § 255 Rn. 16; B. Mayer, S. 82; Mellert, NZG 2003, 1096 f.; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 1; vgl. Grigoleit/Ehmann, AktG, 2013, § 255 Rn. 5. 317 Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 532. 318 Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 532 f.; Findeisen, S. 105 f. 319 Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 532 f. 320 BVerfGE 14, 263 Rn. 68. Zur Übertragbarkeit auf die übrigen aktienrechtlichen Abfindungsansprüche: OLG Frankfurt a.M. AG 2015, 547 Rn. 16; Wachter/Müller, AktG, 2. Aufl. 2014, § 305 Rn. 16; Bürgers/Körber/Ruiz de Vagas, AktG, 4. Aufl. 2017, Anh. § 305 Rn. 3. 315

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss

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Nichts anderes kann danach für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgabebetrags gelten: Angemessenheit bedeutet also Vollwertigkeit.321 2. Ermittlung des Wertes der jungen Aktien Die Angemessenheit des Ausgabebetrags ergibt sich aus dessen Verhältnis zum inneren Wert der jungen Aktien, der wiederum dem auf sie entfallenden Anteil des Unternehmenswertes der kapitalerhöhenden Gesellschaft zzgl. etwaiger stiller Reserven entspricht.322 Eine belastbare Aussage über die Angemessenheit des Ausgabebetrags setzt damit belastbare Informationen über den Unternehmenswert der kapitalerhöhenden Gesellschaft voraus, was eine Unternehmensbewertung erforderlich macht.323 Aufgrund der skizzierten Verwässerungsgefahr für die Altaktionäre sind an diese Bewertung ebenso hohe Anforderungen zu stellen wie an die Bewertung des Sacheinlagegegenstandes.324 Die Ermittlung der Angemessenheit des Ausgabebetrags ist im Hinblick auf die grundrechtliche Implikation Rechts- und nicht Tatfrage.325 Im Rahmen der Ermittlung der maßgeblichen rechtlichen Faktoren muss das Gericht auch den Unternehmenswert feststellen.326 3. Bezugsgröße In der Literatur ist die Bezugsgröße der Angemessenheitsprüfung gemäß § 255 Abs. 2 AktG umstritten. Während sich die überwiegende Auffassung für eine (a)) Berücksichtigung sämtlicher Leistungen des Inferenten ausspricht, will die

321 Das dürfte – wie Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 532 f. zeigt – auch der Linie des Bundesgerichtshofs entsprechen, der in der „Kali+Salz“-Entscheidung einen Gleichlauf zwischen § 255 Abs. 2 AktG und den aktienrechtlichen Abfindungsansprüchen andeutet (BGHZ 71, 40 Rn. 27 („Kali+Salz“)). 322 Vgl. Grigoleit/Ehmann, AktG, 2013, § 255 Rn. 6; Heidel, AktG, 4. Aufl. 2014, § 255 Rn. 10; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 3. 323 Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 534 f.; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 228; Heidel, AktG, 4. Aufl. 2014, § 255 Rn. 10b; Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 20; a.A. OLG Frankfurt a.M. NZG 1999, 119, 121; Grigoleit/Ehmann, AktG, 2013, § 255 Rn. 9; Bürgers/Körber/Göz, AktG, 4. Aufl. 2017, § 255 Rn. 5; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 255 Rn. 6; GKAktG/K. Schmidt, 4. Aufl. 2012, § 255 Rn. 12; vgl. Kossmann, AG 2005, 9, 14. 324 Insofern vermag die Auffassung von Findeisen, S. 83 nicht zu überzeugen, die wegen des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung einen strengeren Maßstab an die Bewertung des Einlagegegenstandes als an die Bewertung der Emittentin anlegen möchte. 325 Vgl. BayObLG AG 1996, 127, Rn. 51; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 533; MüKoAktG/ Paulsen, 4. Aufl. 2015, § 305 Rn. 76. 326 Vgl. BayObLG AG 1996, 127, Rn. 51; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 533; MüKoAktG/ Paulsen, 4. Aufl. 2015, § 305 Rn. 76.

232

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Gegenmeinung ausschließlich den (b)) festgesetzten Ausgabebetrag als Bezugsgröße in Ansatz bringen. a) Berücksichtigung sämtlicher Leistungen des Inferenten Die herrschende Auffassung spricht sich dafür aus, sämtliche Leistungen des Inferenten, also insbesondere auch ein etwaiges schuldrechtliches Agio, im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigen.327 Der Ausgabebetrag definiere allein die Höhe der vom Inferenten übernommenen Wertgarantie und damit den Umfang seiner Differenzhaftung.328 Maßgeblich sei daher der tatsächliche Wert der Sacheinlage,329 wie der Bundesgerichtshof in seinem „Kali+Salz“-Urteil entschieden habe.330 Der Umstand, dass bei einem schuldrechtlichen „Agio“ die gesetzlichen Regeln der Kapitalaufbringung keine Anwendung finden und eine schuldrechtliche Einlage gegenüber einer gesellschaftsrechtlichen Einlage im Einzelfall nachteilig sein könne, ändere an der Berücksichtigungsfähigkeit eines schuldrechtlichen „Agios“ im Rahmen von § 255 Abs. 2 AktG nichts.331 Aus der „Babcock“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs332 ergebe sich insoweit nichts anderes,333 da diese die Festsetzung eines kooperativen Agios voraussetze und nicht verlange.334 Es sei Sache des Einbringungsvertrags und seiner Auslegung, wie das Risiko einer unzutreffenden Bewertung des Einlagegegenstandes zwischen der Gesellschaft und dem 327

Vgl. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 182 Rn. 55; Baums, FS Hommelhoff, 2012, S. 61, 81 f.; Kossmann, AG 2005, 9, 16 f.; Loges/Zimmermann, WM 2005, 349, 351; D. Mayer, MittBayNot 2006, 281, 290 f.; Mellert, NZG 2003, 1096 f.; Priester, FS Lutter, 2000, S. 617, 630 f.; ders., FS Röhricht, 2005, S. 467, 473; Münch. HdB. GesR. IV/ Scholz, § 57 Rn. 32; Schnorbus/Plassmann, ZIP 2016, 693, 701 ff.; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 182 Rn. 52; Stein/B. Fischer, ZIP 2014, 1362 Fn. 68; Verse, ZGR 2012, 875, 883 ff.; Wieneke, NZG 2012, 136, 138. I. E.: Hoffmann-Becking, FS Wiedemann, 2002, S. 999, 1001 ff.; Schiessl, ZGR 2003, 814, 840. Grundsätzlich auch Heer, ZIP 2012, 2325, 2328, der allerdings die vertragliche Vereinbarung eines durch entsprechende Haftungsklauseln abgesicherten Mehrwerts verlangt. Unklar ist der Standpunkt von Lüssow, S. 185 f. der teilweise als Vertreter der h.M. zitiert wird, aber wohl eher von der Möglichkeit eines Verzichts auf den Schutz durch die Altaktionäre auszugehen scheint, sich also gerade nicht für eine grundsätzliche Anrechnung des schuldrechtlichen „Agios“ ausspricht. 328 Hoffmann-Becking, FS Wiedemann, 2002, S. 999, 1001 f.; Schiessl, ZGR 2003, 814, 840. 329 Heer, ZIP 2012, 2325, 2328; Hoffmann-Becking, FS Wiedemann, 2002, S. 999, 1003; Priester, FS Lutter, 2000, S. 617, 630; Schiessl, ZGR 2003, 814, 840; vgl. Mellert, NZG 2003, 1096; Schnorbus/Plassmann, ZIP 2016, 693, 703. 330 Heer, ZIP 2012, 2325, 2328; Mellert, NZG 2003, 1096; Priester, FS Lutter, 2000, S. 617, 630; Schnorbus/Plassmann, ZIP 2016, 693, 703. 331 Schnorbus/Plassmann, ZIP 2016, 693, 703; vgl. Priester, FS Lutter, 2000, S. 617, 630 f. 332 BGHZ 191, 364 („Babcock“). 333 Schnorbus/Plassmann, ZIP 2016, 693, 703; Wieneke, NZG 2012, 136, 138. Zurückhaltend dagegen Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 32, der die „Babcock“-Entscheidung in Fn. 106 als „[möglicherweise] a.A.“ aufführt. 334 Schnorbus/Plassmann, ZIP 2016, 693, 703.

§ 9 Der Erhöhungsbeschluss

233

Inferenten verteilt wird.335 Maier-Reimer vertritt die Ansicht, im Rahmen der §§ 186, 255 Abs. 2 AktG käme es nur auf die „unmittelbar zu erbringende Einlage“ und nicht auf einen etwaigen Differenzhaftungsanspruch an.336 b) Ausgabebetrag als Bezugsgröße Die Gegenansicht will bei der Feststellung der Angemessenheit nur den festgesetzten Ausgabebetrag berücksichtigen.337 Der Wortlaut des § 255 Abs. 2 AktG stelle auf die Angemessenheit des Ausgabebetrags ab.338 Das bestätige auch § 186 Abs. 4 S. 2 AktG, der das Begründungserfordernis ebenfalls auf den Ausgabebetrag beziehe.339 Von einer Begründung der Angemessenheit durch sonstige Leistungen sei nicht die Rede.340 Die Botschaft der „Babcock“-Entscheidung sei, dass der Verwässerungsschutz mit den Mitteln der Kapitalaufbringung umzusetzen sei.341 Die Differenzhaftung des Inferenten sei dabei von wesentlicher Bedeutung für den Schutz der Altaktionäre.342 Das entspreche auch dem allgemeinen Verständnis des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung, der neben dem Schutz der Gläubiger auch dem Schutz der Aktionäre diene, ein Zusammenhang der auch in § 255 Abs. 2 AktG zum Ausdruck komme.343 Hermanns weist darauf hin, dass zwischen einem etwaigen schuldrechtlichen und kooperativen Agio auch deshalb keine Gleichwertigkeit besteht, weil der Inferent von einer schuldrechtlichen Leistungspflicht durch einen Änderungs- oder Aufhebungsvertrag befreit werden könne, diese den Altgesellschaftern also auch insofern keinen äquivalenten Schutz gewährten.344 335 Priester, FS Lutter, 2000, S. 617, 631; vgl. Maier-Reimer, FS Bezzenberger, 2000, S. 253, 255 f. In eine ähnliche Richtung scheint auch die Auffassung von Wieneke, NZG 2012, 136, 138 zu gehen: „Dann besteht hinsichtlich des überschießenden Betrags allenfalls eine rechtsgeschäftliche Wertdeckungszusage, die freilich den Anforderungen einer M&A-Transaktion entsprechend modifiziert werden kann“. 336 Maier-Reimer, FS Bezzenberger, 2000, S. 253, 263. 337 Becker, NZG 2003, 510, 514; Herchen (2004), S. 332 ff., 358 f.; C. Schäfer, ZIP 2016, 953 ff.; tendenziell auch Gottschalk, GWR 2012, 121 123 f.: „Allerdings sind der Gestaltung des schuldrechtlichen Agios Grenzen gesetzt […]. So kann im Fall eines Bezugsrechtsausschlusses ein schuldrechtliches Agio nicht ohne Weiteres zur Angemessenheit gemäß § 255 II AktG herangezogen werden“. Vgl. ferner Ekkenga, AG 2001, 615, 624; Hermanns, ZIP 2003, 788, 79; Spindler/Stilz/Vatter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 9 Rn. 37. 338 Herchen (2004), S. 333. 339 Herchen (2004), S. 333; C. Schäfer, FS Stilz, 2014, S. 525, 529; ders., ZIP 2016, 953, 955. 340 Herchen (2004), S. 333. 341 C. Schäfer, FS Stilz, 2014, S. 525, 529; ders., ZIP 2016, 953, 955. 342 C. Schäfer, FS Stilz, 2014, S. 525, 529; ders., ZIP 2016, 953, 955; vgl. Ekkenga, AG 2001, 615, 624. 343 C. Schäfer, FS Stilz, 2014, S. 525, 529; ders., ZIP 2016, 953, 955; vgl. Ekkenga, AG 2001, 615, 624. 344 Hermanns, ZIP 2003, 788, 791.

234

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

c) Stellungnahme Als Kern des Problems hat Lüssow zutreffend die Frage danach bezeichnet, wer das Risiko zu tragen habe, dass die Sacheinlage nicht den vorgesehenen Wert aufweist.345 Die herrschende Meinung ist ersichtlich von praktischen Erwägungen getrieben. Sie möchte es dem Inferenten auch nach der „Babcock“-Entscheidung ermöglichen, sich der Differenzhaftung (siehe dazu: § 12 E.I.2.) zu entziehen. Der tatbestandliche Anknüpfungspunkt des Anfechtungsrechts aus § 255 Abs. 2 AktG ist „der sich aus dem Erhöhungsbeschluss ergebende Ausgabebetrag oder der Mindestbetrag“. Dem Wortlautargument lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass vom Standpunkt der h.M. die Festsetzung eines Ausgabebetrags nicht erforderlich ist: Der Ausgabebetrag, an den § 255 Abs. 2 AktG anknüpft, bestimmt nämlich den Umfang der Wertgarantie des Inferenten und damit den Umfang der Differenzhaftung (siehe dazu: § 12 E.I.2.).346 Dass § 255 Abs. 2 AktG auf den Ausgabebetrag rekurriert, sollte daher als starkes Indiz dafür gewertet werden, dass es dem Gesetzgeber insofern auf einen Gleichlauf zur Differenzhaftung ankam. Die von Maier-Reimer aufgestellte Behauptung, im Rahmen der §§ 186, 255 Abs. 2 AktG käme es nur auf die „unmittelbar zu erbringende Einlage“ und nicht auf einen etwaigen Differenzhaftungsanspruch an,347 steht im offenen Widerspruch zum aktienrechtlichen Eigenkapitalsystem, das – nicht zuletzt aufgrund europarechtlicher Vorgaben – durch ein Zusammenspiel von realer Kapitalerhaltung und Gleichbehandlungsgrundsatz geprägt ist. Sinn und Zweck des Anfechtungsrechts aus § 255 Abs. 2 AktG ist es, die Altaktionäre vor einer vermögensmäßigen Verwässerung ihrer Beteiligung zu schützen.348 Durch § 255 Abs. 2 AktG soll gewährleistet werden, dass dem relativen Beteiligungsverlust des Altaktionärs ein Vermögenszuwachs auf Seiten der Gesellschaft gegenübersteht, der ausreicht, um den absoluten Wert der Beteiligung des Altaktionärs zu erhalten. Ging es bei der Frage, wie der Angemessenheitsbegriff zu verstehen ist, um den Leistungsumfang, geht es hier um die Qualität des Anspruchs der Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund sollte sich der Rechtsanwender vergegenwärtigen, dass es für die Altaktionäre im Ergebnis keinen Unterschied macht, ob es zu einer Vermögensverlagerung zu ihren Ungunsten kommt, weil der Inferent keine angemessene Leistung versprochen hat oder weil deren Erfüllung nicht durchsetzbar ist, da der Anspruch nicht der Differenzhaftung unterliegt. Besteht nämlich (und auch das nicht in jedem Fall) nur eine schuldrechtliche Wertdeckungszusage, ist diese in der Regel

345 346 347 348

Lüssow, S. 107. A.a.O. Fn. 328. A.a.O. Fn. 336. A.a.O. Fn. 304.

§ 10 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren

235

ihrem Umfang nach beschränkt.349 Diese Umgehung der Differenzhaftung besteht ja gerade der Gestaltungssinn.350 Soweit in der Literatur der Eindruck erweckt wird, dem Sacheinleger sei das scharfe Schwert der Differenzhaftung nicht zumutbar, muss dem in aller Deutlichkeit widersprochen werden: Diese Ansicht steht in Fundamentalopposition zur europarechtlich durch Art. 53 GesRRL vorgegebenen (siehe dazu: § 8 B.III.1.) unbedingten Einlagepflicht. Das Gesetz mutet es dem Sacheinleger – wie jedem Inferenten – zu, für seine Beitragspflicht in voller Höhe einzustehen. Durch die Vereinbarung eines schuldrechtlichen „Agios“ soll diese unbedingte Beitragspflicht auf Kosten der Altaktionäre umgangen werden. II. Verfolgen von Sondervorteilen, § 243 Abs. 2 AktG In Fällen, in denen der Inferent bereits Aktionär der emittierenden Gesellschaft ist oder einem Aktionär nahesteht, kommt neben der Anfechtung wegen eines unangemessen niedrigen Ausgabebetrags gemäß § 255 Abs. 2 AktG auch eine Anfechtung des Erhöhungsbeschlusses wegen der Verfolgung von Sondervorteilen in Betracht. Die Möglichkeit der Anfechtung des Erhöhungsbeschlusses wegen der Verfolgung von Sondervorteilen gemäß § 243 Abs. 2 AktG besteht dabei neben dem Anfechtungsrecht aus § 255 Abs. 2 AktG.351 Die Vorschriften stehen in keinem Spezialitätsverhältnis und verdrängen sich daher nicht.352

§ 10 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren Das durch die Gesellschaftsrechts-RL für die Sachkapitalerhöhung vorgegebene Wertprüfungs- und Berichtsverfahren (siehe dazu: § 8 B.III.3.b)) wird durch § 183 Abs. 3 AktG in nationales Recht umgesetzt. Zur näheren Ausgestaltung des Verfahrens verweist § 183 Abs. 3 S. 2 AktG auf die Gründungsvorschriften.

349

Vgl. Wieneke, NZG 2012, 136, 138. Vgl. Kossmann, AG 2005, 9, 16, 19. 351 Heidel, AktG, 4. Aufl. 2014, § 255 Rn. 1; Wachter/J. Wagner, AktG, 2. Aufl. 2014, § 255 Rn. 5. 352 Heidel, AktG, 4. Aufl. 2014, § 255 Rn. 1; vgl. Wachter/J. Wagner, AktG, 2. Aufl. 2014, § 255 Rn. 5. 350

236

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

A. Zuständigkeit I. Externe Prüfer Die Zuständigkeit für die Durchführung der Wertprüfung liegt nach dem Wortlaut des § 183 Abs. 3 S. 1 AktG bei einem oder mehreren externen Prüfern. Die Bestellung der externen Prüfer erfolgt nach Maßgabe der § 183 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 3 S. 2 AktG durch das gemäß § 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 4 GVG i.V.m. § 375 Nr. 3 FamFG sachlich und gemäß § 14 AktG örtlich zuständige Amtsgericht am satzungsgemäßen Sitz (§ 23 Abs. 3 Nr. 1 AktG) der Gesellschaft.353 Wer als Prüfer in Betracht kommt, wird durch § 183 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 4 und 5 AktG konkretisiert: Danach sind erstens die fachliche und zweitens die persönliche Eignung Voraussetzungen für die Bestellung zum Prüfer. Inwieweit eine Person über eine ausreichende fachliche Eignung verfügt, um die Anforderungen der § 183 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 4 AktG zu erfüllen, ist einzelfallabhängig, setzt allerdings in der Regel eine ausreichende Vorbildung und Erfahrung in der Buchführung voraus.354 Sind neben wirtschaftlichen weitere Spezialkenntnisse erforderlich, so sind – soweit ein Spezialist mit den daneben erforderlichen Kenntnissen in der Buchführung nicht zur Verfügung steht – mehrere Prüfer zu bestellen.355 Durch die § 183 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 5 AktG werden Voraussetzungen für die persönliche Eignung als Prüfer der Sacheinlage definiert, die eine persönliche Unabhängigkeit der Prüfung der Sacheinlage gewährleisten sollen.356 Voraussetzung für die persönliche Eignung als Prüfer der Sacheinlage ist gemäß der § 183 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 5 S. 1 AktG zunächst, dass die Bestellbarkeit der betreffenden Person als Sonderprüfer nicht nach § 143 Abs. 2 AktG ausgeschlossen ist. Die Regelung des § 143 Abs. 2 AktG verweist wiederum auf die Ausschlussgründe für Abschlussprüfer in den § 319 Abs. 2, 3, § 319a Abs. 1, § 319b HGB. Ebenfalls nicht als Prüfer der Sacheinlage in Betracht kommen gemäß der § 183 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 5 S. 2 AktG Personen oder Prüfungsgesellschaften, auf deren Geschäftsführung der Inferent oder derjenige, auf dessen Rechnung der Inferent handelt, maßgebenden Einfluss hat. Maßgebender Einfluss erfordert dabei weniger als beherrschender

353 Vgl. KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 33 Rn. 22; Heidel/Braunfels, AktG, 4. Aufl. 2014, § 33 Rn. 16; GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 33 Rn. 36. 354 Vgl. Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 33 Rn. 11; Heidel/Braunfels, AktG, 4. Aufl. 2014, § 33 Rn. 17; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 39. 355 KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 33 Rn. 25; Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 33 Rn. 11; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 39; GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 33 Rn. 45. 356 Angermayer, S. 74; KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 33 Rn. 26; Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 33 Rn. 12; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 41; GKAktG/ Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 33 Rn. 47.

§ 10 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren

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Einfluss i.S.d. § 17 Abs. 1 AktG.357 Die Möglichkeit der Einflussnahme reicht aus, eine tatsächliche Einflussnahme ist nicht erforderlich.358 II. Interne Prüfung durch Vorstand und Aufsichtsrat Nach teilweise vertretener Auffassung ist neben der externen auch eine interne Sacheinlageprüfung durchzuführen, die in den Zuständigkeitsbereich des Vorstandes und des Aufsichtsrats fallen soll.359 Argumentativ stützt sich diese Ansicht auf die Neufassung des § 183 Abs. 3 S. 2 AktG durch das ARUG, nach der nun auch § 34 Abs. 1 AktG vom Verweis auf das Gründungsrecht erfasst ist.360 Der § 34 Abs. 1 AktG konkretisiert den Gegenstand sowohl der durch § 33 Abs. 2 AktG vorgeschriebenen externen als auch der in § 33 Abs. 1 AktG vorgesehenen internen Gründungsprüfung durch die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats. Durch diesen erweiterten Verweis habe der Gesetzgeber mittelbar eine interne Sacheinlageprüfung durch die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat angeordnet.361 Das vermag nicht zu überzeugen.362 Wäre es dem Reformgesetzgeber beim Verweis auf § 34 Abs. 1 AktG auch darum gegangen, eine Prüfungspflicht für Vorstand und Aufsichtsrat zu statuieren, hätte er neben § 34 AktG auch § 33 Abs. 1 AktG in die Verweisung aufgenommen.363 Wie Ekkenga zutreffend anmerkt, ist in den Gesetzesmaterialien zum ARUG kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 183 Abs. 3 S. 2 AktG eine interne Prüfungspflicht begründen wollte.364 Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber § 183 Abs. 3 S. 2 AktG als Rechtsfolgenverweisung verstanden hat, die eine Prüfungspflicht aus § 183 Abs. 3 S. 1 AktG voraussetzt, aber nicht begründet. 357 KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 33 Rn. 31; Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 33 Rn. 13; GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 33 Rn. 48; Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 33 Rn. 14. 358 KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 33 Rn. 31; Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 33 Rn. 13; GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 33 Rn. 48; Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 33 Rn. 14; vgl. Heidel/Braunfels, AktG, 4. Aufl. 2014, § 33 Rn. 20. 359 Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 34; dem folgend Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 41; unklar insoweit die Position von MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 58. 360 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 218; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 34. 361 Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 34. Dem folgend: Hölters/ Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 41. Unklar insoweit die Position von MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 58. 362 So auch KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 218. 363 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 218. 364 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 218 mit Hinweis auf BT-Drucks. 16/11642, S. 36.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Auch teleologisch ist ein solches Normverständnis naheliegend, da eine zusätzliche Prüfung zum Zwecke des Aktionärsschutzes nicht geboten ist und somit ineffizient wäre.365 Aus dem Umstand, dass Vorstand und Aufsichtsrat keine interne Wertprüfung vornehmen müssen, kann allerdings nicht der Schluss gezogen werden, die Organe der emittierenden Gesellschaft träfen überhaupt keine Prüfungspflichten: Zum einen haben Vorstand und Aufsichtsrat bei der Vorbereitung der Sachkapitalerhöhung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.366 Von dieser Pflicht befreit die nachgelagerte Wertprüfung gemäß § 183 Abs. 3 S. 1 AktG nicht.367 Zum anderen ist der Vorstand in Erfüllung seiner Ausführungspflicht aus § 83 Abs. 2 AktG jedenfalls zu einer Plausibilitätsprüfung des Wertprüfungsberichts verpflichtet.368

B. Prüfungsumfang I. Erstreckung der Wertprüfung auf das Agio Die nach § 183 Abs. 3 S. 1 AktG erforderliche Prüfung der Sacheinlage hat sich gemäß § 183 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG darauf zu beziehen, ob der Wert des Einlagegegenstandes den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht. Nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG ist damit – anders als nach Art. 70 Abs. 2 i.V.m. Art. 49 Abs. 2 GesRRL (siehe dazu: § 8 B.III.3.b)aa)) – ein etwaiges Agio von der Prüfungspflicht nicht erfasst.369 Im Wege der richtlinienkonformen Auslegung muss § 34 Abs. 1 Nr. 1 AktG allerdings insoweit ergänzend interpretiert werden, als danach auch die Prüfung eines etwaigen Agios verlangt wird.370 365

Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 218 mit Verweis auf Dietz, S. 41 f. Vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 58. Die Erfüllung dieser Pflicht verlangt allerdings nicht in jedem Fall eine vollständige Wertprüfung, wie sie in § 183 Abs. 3 AktG vorgesehen ist. Da die Auswahl des Sacheinlagegegenstandes in die Kompetenz der Hauptversammlung fällt, ist der Vorstand nicht wie Schürnbrand meint zu einer vorgelagerten internen Prüfung verpflichtet (KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 251). 367 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 58. 368 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 251; vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 58. 369 KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 34 Rn. 8; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 222; Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 31; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 31; Bürgers/Körber/Lohse, AktG, 4. Aufl. 2017, § 34 Rn. 2; Lüssow, S. 205; GKAktG/Röhricht/ Schall, 5. Aufl. 2016, § 34 Rn. 12; J. Schmidt, AG 2016, 713, 714; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 62; Stein/B. Fischer, ZIP 2014, 1362, 1363; vgl. Schmidt/Lutter/ Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 34 Rn. 7; Findeisen, S. 123; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 16; Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 34 Rn. 4. 370 BGHZ 191, 364 Rn. 19 („Babcock“); KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 34 Rn. 8; Baums, FS Hommelhoff, 2012, S. 61, 65; Bayer, FS Ulmer, 2003, S. 21, 36 ff.; Schmidt/Lutter/ 366

§ 10 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren

239

II. Prüfung des schuldrechtlichen „Agios“ In der Literatur wird vereinzelt gefordert, das Wertprüfungs- und Berichtsverfahren auch auf ein schuldrechtliches „Agio“ zu erstrecken, um der von dieser Gestaltung ausgehenden Umgehungsgefahr zu begegnen.371 Fraglich ist, ob eine solche Ausweitung des Umfangs der Wertprüfung begründet werden kann: Europarechtlich ist nur die Prüfung des Agios durch Art. 49 Abs. 2 GesRRL vorgegeben, sodass der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung insoweit nicht herangezogen werden kann.372 Auch ein Rekurs auf § 117 Abs. 2 BGB kommt nicht in Betracht.373 Voraussetzung dafür wäre nämlich erstens, dass die Vereinbarung eines schuldrechtlichen „Agios“ als ein Scheingeschäft zu qualifizieren ist und es die tatsächlich gewollte rechtsgeschäftliche Begründung einer kooperativen Einlagepflicht verdeckt. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen wollen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten lassen wollen.374 Das ist hinsichtlich der Vereinbarung eines schuldrechtlichen „Agios“ nicht der Fall: Den Parteien kommt es gerade darauf an, die Rechtsfolgen abweichend von der Festsetzung eines kooperativen Agios zu regeln, weshalb ihr Wille auf eine Geschäftsvermeidung gerichtet ist.375 Als möglicher Begründungsansatz verbliebe damit nur eine Analogie, deren Zulässigkeit allerdings vom Vorhandensein einer Regelungslücke abhängt.376 An dieser fehlt es, weil der Gesetzgeber den Schutz der Altaktionäre vor einer vermöBayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 34 Rn. 7; Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 32, 65; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 222; Habersack/Verse (2011), § 6 Rn. 31; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 16; GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 34 Rn. 12 ff.; J. Schmidt, AG 2016, 713, 714 f.; Stein/B. Fischer, ZIP 2014, 1362, 1363 ff.; Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 34 Rn. 4; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 25 f.; Verse, ZGR 2012, 875, 880 f. I. E. auch: Lüssow, S. 204 ff.; Wieneke, NZG 2012, 136, 138. Vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 63 (richtlinienkonforme Rechtsfortbildung). Dem sich wohl anschließend Bürgers/Körber/Lohse, AktG, 4. Aufl. 2017, § 34 Rn. 2. Grundsätzlich auch dieser Auffassung ist Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 31, der allerdings durch das ARUG die Gegenmeinung bestätigt sieht; a.A. Dietz, S. 42 f.; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 22; Bürgers/Körber/MarschBarner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 25; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 183 Rn. 29. 371 So C. Schäfer, FS Stilz, 2014, S. 525, 535. 372 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 226; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 63; Stein/B. Fischer, ZIP 2014, 1362, 1367 f. 373 So aber Herchen (2004), S. 224 ff. 374 OLG Jena v. 19. 10. 2017 – 1 UF 221/14, Rn. 164; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 117 Rn. 3. 375 Vgl. BGH NJW-RR 2013, 687, Rn. 14 ff.; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 117 Rn. 5. 376 Larenz/Canaris (1995), S. 187 ff.; Meier/Jocham, JuS 2016, 392, 393 f.; Reimer, Rn. 568 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rn. 889 ff.

240

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

gensmäßigen Verwässerung in § 255 Abs. 2 AktG abschließend geregelt hat. Dieser Schutz ist zwar mit guten Gründen rechtspolitisch kritisiert worden.377 Nach der hier vertretenen Auslegung von § 255 Abs. 2 AktG (siehe dazu: § 9 D.I.3.) ergibt sich gleichwohl keine Schutzlücke im Hinblick auf die – mit Recht kritisierte – Praxis des schuldrechtlichen „Agios“. Die Wertprüfung erstreckt sich damit nicht auf ein etwaiges schuldrechtliches „Agio“.378

C. Prüfungsmodalitäten: Maßstab, Methoden, Zeitpunkt und Stichtag Das Gesetz schreibt keine Methode zur Bewertung der Sacheinlage vor. Diese Methodenneutralität ist angesichts des Abstraktionsgrads der § 183 Abs. 3, § 33 Abs. 3 – 5, §§ 34, 35 AktG folgerichtig.379 Maßgeblicher Ausgangspunkt für die Methodenauswahl muss die Funktionsäquivalenz, also die Gleichwertigkeit von Bar- und Sacheinlage, sein.380 Das bedeutet, dass die Bewertungsmethode den Beschaffungswert abbilden muss, soweit die Sacheinlage eine Investition in einen betrieblich genutzten Gegenstand antizipiert.381 Nur wenn der Gegenstand der Sacheinlage nicht betrieblich genutzt wird und damit nur einen zu liquidierenden Vermögensgegenstand darstellt, ist auf den Liquidationswert abzustellen.382 Aus § 184 Abs. 3 S. 1 AktG ergibt sich, dass das Bewertungsverfahren vor der Anmeldung des Erhöhungsbeschlusses gemäß § 184 AktG erfolgt sein muss. Was der frühestmögliche Zeitpunkt für die Wertprüfung gemäß § 183 Abs. 3 AktG ist, lässt sich weder dem Aktiengesetz noch der zugrundeliegenden Gesellschaftsrechts-RL unmittelbar entnehmen. Dass der Prüfungsumfang frühestens mit der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung endgültig feststeht, spricht für die Beschlussfassung durch die Hauptversammlung als frühestmöglichen Bewertungszeitpunkt. Auch die systematische Stellung im dritten Absatz des § 183 AktG deutet darauf hin, dass Voraussetzung für die Durchführung des Wert377

Vgl. Bayer/J. Schmidt, ZGR 2009, 805, 843. So auch: KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 226 f.; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 16; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 182 Rn. 52; Spindler/ Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 45; Stein/B. Fischer, ZIP 2014, 1362, 1368; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 23; Wieneke, NZG 2012, 136, 138. 379 Findeisen, S. 83. 380 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 229; Penné, S. 203 ff.; Schiller, AG 1992, 20 24 ff. 381 Schiller, AG 1992, 20, 24 ff.; vgl. Penné, S. 203 ff. 382 Schiller, AG 1992, 20, 24 ff. 378

§ 10 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren

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prüfungs- und Berichtsverfahrens ist, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss bereits gefasst wurde. Eine solche zeitliche Restriktion vermag im Ergebnis allerdings nicht zu überzeugen. Solange der Prüfungsumfang der mitgliedschaftlichen Beitragspflicht entspricht, kann das Wertprüfungs- und Berichtsverfahren bereits vor der Hauptversammlung durchgeführt werden. Der Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Prüfers sollte zur Beschleunigung des Verfahrens mit der Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung statthaft sein, sodass die Möglichkeit besteht, die Maßnahme im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Hauptversammlung abzuschließen. Der maßgebliche Bewertungsstichtag ist der Zeitpunkt der Wertprüfung.383 Würde ein späterer Zeitpunkt zugrunde gelegt, liefe das auf eine Wertprognose statt einer Wertprüfung hinaus.384

D. Mitwirkungspflichten Vorstand und Aufsichtsrat der kapitalerhöhenden Gesellschaft sind gemäß § 183 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 35 Abs. 1 AktG zur Aufklärung und zur Vorlage von Nachweisen verpflichtet, soweit dies für eine sorgfältige Prüfung notwendig ist.385 Der künftige Aktionär ist dagegen kein Adressat dieser Mitwirkungspflicht.386

E. Verhältnis zu den Prüfungen durch das Registergericht Neben der Wertprüfung gemäß § 183 Abs. 3 AktG sieht das Aktiengesetz Prüfungen der Sacheinlage durch das Register im Zuge der Eintragung des Erhöhungsbeschlusses gemäß § 184 Abs. 3 AktG und im Rahmen der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung vor. Dieses dreifache Prüfungsverfahren ist keinen europarechtlichen Bedenken ausgesetzt, solange sich die Prüfungs- und Einlageobjekte entsprechen.387

383 Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 34 Rn. 9; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 231; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 34 Rn. 16; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 34 Rn. 3. 384 Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 34 Rn. 9; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 231; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 34 Rn. 16. 385 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 232. 386 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 232. 387 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 223.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

§ 11 Anmeldung und Eintragung des Erhöhungsbeschlusses Der Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals muss vom Vorstand und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden, § 184 Abs. 1 S. 1 AktG. Da die Angabe falscher Tatsachen in der Anmeldung gemäß § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG strafbewehrt ist, ist eine Stellvertretung nicht zulässig.388 Der Anmeldung ist gemäß § 184 Abs. 2 AktG der Bericht über die Prüfung der Sacheinlage beizufügen. Das Registergericht unterzieht die Anmeldung des Erhöhungsbeschlusses sowohl einer formellen als auch einer materiellen Prüfung.389 Zwar fehlt im Kapitalerhöhungsrecht eine zu § 38 AktG funktionsäquivalente Norm, dessen entsprechende Anwendung wird aber in § 184 Abs. 3 S. 2 AktG vorausgesetzt.390 In materieller Hinsicht ist insbesondere die Regelung des § 184 Abs. 3 S. 1 AktG von Bedeutung. Danach kann das Registergericht die Eintragung des Erhöhungsbeschlusses ablehnen, wenn der Wert der Sacheinlage nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt. Da die Prüfung durch das Registergericht nicht durch die Gesellschaftsrechts-RL vorgegeben ist und der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung – anders als das Wertprüfungs- und Berichtsverfahren gemäß § 183 Abs. 3 AktG – insofern keine Anwendung findet, beschränkt sich die Prüfung durch das Registergericht gemäß § 184 Abs. 3 AktG in ihrem Umfang auf das Erreichen des geringsten Ausgabebetrags.391 Diese Divergenz wird durch die Durchführungsprüfung (siehe dazu: § 13) kompensiert.392 Das abgestufte Registerverfahren im Kapitalerhöhungsrecht aus Beschluss- und Durchführungsanmeldung soll die frühzeitige Erkennung und Beseitigung etwaiger

388 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 184 Rn. 3; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 184 Rn. 11; Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 184 Rn. 7; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/ Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 184 Rn. 11; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 184 Rn. 5; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 184 Rn. 10; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 184 Rn. 4; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 184 Rn. 11. 389 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 184 Rn. 20 ff.; Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 184 Rn. 13; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 184 Rn. 13; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 184 Rn. 23 f.; vgl. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 184 Rn. 9 ff.; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 184 Rn. 31 f. 390 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 65. 391 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 184 Rn. 10; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 224, § 184 Rn. 28; Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 184 Rn. 18; Bürgers/Körber/ Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 184 Rn. 14; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 184 Rn. 11; a.A. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 31; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 184 Rn. 23. 392 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 224, § 184 Rn. 28 m.w.N.

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

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Mängel gewährleisten.393 Aus § 188 Abs. 4 AktG ergibt sich allerdings, dass die Eintragung des Erhöhungsbeschlusses keine Voraussetzung für die Durchführung der Kapitalerhöhung ist.394

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft A. Einführung Das Zeichnungsgeschäft ist einerseits die rechtsgeschäftliche Grundlage für die Übernahme der jungen Aktien und begründet andererseits die Verpflichtung zur Einlageleistung.395 Terminologisch wird zwischen der (B.) Zeichnung und dem Zeichnungsschein einerseits und dem (C.) Zeichnungsvertrag andererseits unterschieden.396 Da das Zeichnungsgeschäft die rechtsgeschäftliche Grundlage der Sachkapitalerhöhung darstellt, verdienen die dabei auftretenden (D.) Mängel und (E.) Leistungsstörungen besondere Beachtung.

B. Zeichnung und Zeichnungsschein Die Zeichnung ist eine auf den Abschluss des Zeichnungsvertrags gerichtete und i.S.v. § 130 Abs. 1 BGB empfangsbedürftige Willenserklärung des Zeichners.397 Sie stellt regelmäßig den Antrag i.S.v. § 145 BGB dar.398 In diesem Fall ist der Zeichnungsschein die bloße Verkörperung dieser Willenserklärung.399 393

Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 184 Rn. 1; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 184 Rn. 2; vgl. GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 184 Rn. 4. 394 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 184 Rn. 18; Eimer, S. 31; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 184 Rn. 3; vgl. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 184 Rn. 1. 395 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 28; Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 185 AktG Rn. 3; Hunecke, S. 114 ff.; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 166; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 1. 396 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 3; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 3; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 3; Grigoleit/ Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 3; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 167; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 2; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 2; vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 2. 397 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 3; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 3; Eimer, S. 32; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 7, 43; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 3; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 4; vgl. Dietz, S. 41; KKAktG/ Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 29; Hunecke, S. 6; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 3; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 7; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 5; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 2. 398 Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 5; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 11; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 3; Münch. HdB.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Anders verhält es sich, wenn die Zeichnung nicht den Antrag, sondern die Annahme einer Zeichnungsofferte der Gesellschaft beinhaltet. In diesem Fall geht der Inhalt des Zeichnungsscheins über den notwendigen Inhalt der Zeichnung und damit deren bloße Verkörperung hinaus: Diese müsste als reine Annahmeerklärung nämlich lediglich die Bezugnahme auf den Antrag der Gesellschaft und die darauf gerichtete Zustimmung des Zeichners beinhalten.400 Demgegenüber verlangt das Gesetz hier gemäß § 185 Abs. 1 AktG darüber hinaus die teilweise inhaltliche Wiedergabe des Antrags der Gesellschaft. Darin erschöpft sich allerdings die denkbare rechtliche Funktion eines Zeichnungsscheins. Er ist insbesondere niemals ein Wertpapier, weil es seiner zur Geltendmachung zeichnungsvertraglicher Rechte nicht bedarf.401 I. Inhalt des Zeichnungsscheins 1. Pflichtinhalt Das Aktiengesetz stellt in § 185 Abs. 1 S. 1 und 3 AktG inhaltliche Mindestanforderungen an den Zeichnungsschein und damit mittelbar auch an den Zeichnungsvertrag.402 Neben den (a)) essentialia negotii des Zeichnungsgeschäfts403 betreffen diese Mindestanforderungen die (b)) Bezugnahme auf den Hauptversammlungsbeschluss und die (c)) zeitliche Bindung des Zeichners.404 GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 167; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 8; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 9; vgl. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 3; Dietz, S. 41; Eimer, S. 32; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/ Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 7; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 3; Schmidt/ Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 4. A.A. bei Bestehen von Bezugsrechten Hunecke, S. 118 ff. 399 Vgl. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 4; KKAktG/ Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 28; Eimer, S. 32; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 3; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 3; Grigoleit/Rieder/ Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 5; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 167; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 2, 9. 400 Vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 2015, 1363 Rn. 56; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 145 Rn. 1 („[Gegenstand und] Inhalt des [Vertrags] müssen im [Antrag] so bestimmt […] angegeben werden, dass die Annahme [durch] einfaches Ja erfolgen kann“). 401 Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 10. So auch GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 14, der insofern allerdings missverständlich von einem im Zeichnungsschein „verbrieften“ Recht spricht. Vgl. RGZ 85, 284, 286; Eimer, S. 32 f.; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 3; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 5. Zum Wertpapierbegriff: Hueck/Canaris (1986), S. 1 ff. 402 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 28. 403 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 28. 404 Die ganz überwiegende Auffassung im aktienrechtlichen Schrifttum differenziert zwischen individuellen (Satz 1) und allgemeinen (Satz 3) Angaben des Zeichnungsscheins (Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 10 ff.; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/ Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 14, 22; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl.

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

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a) Essentialia negotii Der Zeichnungsschein muss gemäß § 185 Abs. 1 AktG die essentialia negotii des Zeichnungsgeschäfts enthalten,405 also die (aa)) Leistung der Gesellschaft und die (bb)) Leistung des Zeichners darstellen.406 Stellt die Zeichnung den Antrag auf Abschluss des Zeichnungsvertrags dar, ergibt sich dies bereits aus den allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB.407 aa) Leistung der Gesellschaft Die Gesellschaft verpflichtet sich durch den Zeichnungsvertrag – wie noch zu zeigen sein wird – zur Verschaffung der Mitgliedschaft im Rahmen der Kapitalerhöhung (siehe dazu: C.III.2.). Der Umfang dieser Verschaffungspflicht muss im Zeichnungsschein gemäß § 185 Abs. 1 S. 1 AktG dahingehend präzisiert werden, dass aus diesem die Beteiligung nach der Zahl und bei Nennbetragsaktien dem Nennbetrag nach und ggf. der Gattung nach hervorgeht. Da der Wortlaut der Norm „hervorgehen“ verlangt, reicht es aus, wenn diese Angaben dem Zeichnungsschein im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu entnehmen sind.408

2017, § 185 Rn. 6; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 9). Dieser Differenzierung liegt die Annahme zugrunde, dass die in S. 1 genannten Angaben von Zeichnungsschein zu Zeichnungsschein variieren, während die S. 3 aufgeführten Angaben in allen Zeichnungsscheinen identisch seien (Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 11, 13; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 9). Das vermag im Hinblick auf S. 3 Nr. 3 (a.A. Geßler/ Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 27) und (wie noch zu zeigen sein wird) auch im Hinblick auf S. 3 Nr. 4 nicht zu überzeugen. Eine solche Einteilung verkürzt die komplexe Struktur des § 185 Abs. 1 AktG. Die Unterscheidung hat auch für die Auslegungsfähigkeit der Zeichnung keine Bedeutung (a.A. Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 9). Die Auslegungsfähigkeit der Angaben nach § 185 Abs. 1 S. 1 AktG ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut. Dass die Angaben nach § 185 Abs. 1 S. 3 AktG dem Zeichnungsschein dagegen ohne den Rückgriff auf außerhalb liegende Umstände zu entnehmen sein muss, ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut („enthalten“) als auch dem Telos der Norm. Eine Unterscheidung zwischen individuellen und allgemeinen Angaben bedarf es dazu nicht. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 1 geht gar davon aus, dass (nur) die individuellen Angaben eine empfangsbedürftige Willenserklärung darstellten, was zeigt, dass diese Unterscheidung mehr Verwirrung als Nutzen stiftet. 405 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 37. 406 Die Bezeichnung der Vertragsparteien wird durch § 185 Abs. 1 S. 1 BGB nicht ausdrücklich verlangt, aber – im Hinblick auf die allgemeinen Regeln – vorausgesetzt (Geßler/ Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 15; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 16). 407 OLG Stuttgart NJW-RR 2015, 1363 Rn. 56; MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, § 145 Rn. 6. 408 So auch RGZ 85, 284, 286 f.; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 14; Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 185 AktG Rn. 12; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 38; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 9; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 4.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

bb) Leistung des Zeichners Der Zeichnungsschein muss gemäß § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 AktG die Leistung des Zeichners – also seine Einlage- und etwaige Nebenverpflichtungen – enthalten. Der Umfang der Einlagepflicht muss durch die Angabe des Ausgabebetrags der Aktien konkret bezeichnet werden.409 Im Fall der Sachkapitalerhöhung muss der Zeichnungsschein zusätzlich die entsprechenden Festsetzungen des Erhöhungsbeschlusses enthalten, § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 AktG.410 Teilweise wird die Ansicht vertreten, § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 AktG sei im Verhältnis zu Nr. 2 lex specialis.411 Abgesehen von den im Zusammenhang mit dem Erhöhungsbeschluss dargestellten Einwänden gegen diese Auffassung (siehe dazu: § 9 B.), die sich bei der Auslegung von § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 AktG fortsetzen, spricht auch die Binnensystematik der Vorschrift gegen dieses Normverständnis. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich ein Alternativverhältnis zwischen dem Ausgabebetrag und den Festsetzungen der Sacheinlage beabsichtigt, wäre es naheliegender gewesen, dies dadurch zum Ausdruck zu bringen, indem er die beiden Varianten in Nr. 2 einander gegenübergestellt hätte. Da ein etwaiges schuldrechtliches Agio kein Bestandteil der kooperativen Leistungspflicht des Zeichners ist (siehe dazu: § 10 B.II.), seine causa also nicht im Zeichnungsvertrag, sondern einer etwaigen Zusatzvereinbarung hat, ist es nicht in den Zeichnungsschein aufzunehmen.412 Wird eine Leistung, die nach dem übereinstimmenden Willen als schuldrechtliches „Agio“ vereinbart werden sollte, in den Zeichnungsschein aufgenommen, begründet das eine zeichnungsvertragliche (und damit kooperative) und keine rein schuldrechtliche Leistungspflicht. Der allgemeine Rechtsgrundsatz falsa demonstratio non noncet findet keine Anwendung, da insofern das Interesse der Allgemeinheit an einer objektiven Auslegung des Zeichnungsvertrags überwiegt. Da die Parteien in diesem Fall allerdings keine zeichnungsvertragliche Pflicht begründen, sondern nur den Inhalt einer aus anderem Rechtsgrund bestehenden Verpflichtungen wiedergeben wollen, befinden sich sowohl der Zeichner als auch die Gesellschaft in einem Erklärungsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Var. 2 BGB und können damit ihre jeweilige Erklärung anfechten (siehe dazu: D.).

409

Vgl. Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 12. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 44; Götze, AG 2002, 76 ff.; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 8; wohl auch Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 12; zurückhaltender Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 12; a.A. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 22; Happ/Herchen, in: Happ, Aktienrecht, Muster 12.02 Anm. 9.5. 411 Happ/Herchen, in: Happ, Aktienrecht, Muster 12.02 Anm. 9.5; a.A. Herchen (2004), S. 189 ff. 412 Vgl. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 5; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 44; Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 185 AktG Rn. 8; Schorling/ Vogel, AG 2003, 86, 91. 410

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

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b) Bezugnahme auf den Tag der Hauptversammlung Der Zeichnungsschein muss gemäß § 185 Abs. 1 S. 3 AktG den Tag nennen, an dem die Erhöhung des Grundkapitals beschlossen wurde. Maßgeblich ist also der Tag, an dem der Erhöhungsbeschluss gefasst, nicht der Tag, an dem dieser wirksam geworden ist.413 In der Literatur wird mit dem Hinweis auf die Erfordernisse der Praxis die Auffassung vertreten, dass der Tag, an dem der Erhöhungsbeschluss gefasst wurde, auch nachträglich eingefügt werden kann.414 c) Verfallfrist Zu den Pflichtinhalten des Zeichnungsscheins zählt ferner der Zeitpunkt, an dem die Zeichnung unverbindlich wird, wenn nicht bis dahin die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals eingetragen ist. Im Folgenden soll zunächst die (aa)) Dogmatik des § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG in den Blick genommen werden, bevor die (bb)) Angabe der Verfallfrist und Rechtsfolgen dargestellt werden und der Frage nachgegangen werden kann, ob die Norm (cc)) eine einheitliche Verfallfrist für alle Zeichner fordert. aa) Dogmatik des § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG Bei näherer Betrachtung ist die Verfallfrist des § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG in ihrer Wirkung außergewöhnlich, da sie die Bindung an die Zeichnung nicht etwa wie § 148 BGB von der Annahme durch die Gesellschaft, sondern von der Erfüllung des Zeichnungsvertrags abhängig macht. Der zeitliche Bezug könnte dazu verleiten, die Vorschrift als Befristung der Zeichnung i.S.d. § 163 BGB zu verstehen. Aufgrund des Bezugs auf die Eintragung der Durchführung in das Handelsregister als zukünftiges, ungewisses Ereignis könnte man in ihr aber auch eine auflösende Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 2 BGB sehen.415 Gegen die Annahme einer Befristung spricht jedoch, dass die Wirkung der Zeichnung nicht in jedem Fall durch Zeitablauf beseitigt wird. Auch das Verständnis als auflösende Bedingung scheint auf den ersten Blick nicht vollständig zu überzeugen, da die bloße Eintragung der Durchführung in das Handelsregister nicht in jedem Fall eine auflösende Wirkung zeitigt. Die wohl herrschende Auffassung versteht die Vorschrift daher als eine Verbindung von Be-

413 Eimer, S. 34; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 12; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 39; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 21; Spindler/ Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 29; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 15. 414 Eimer, S. 34; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 39. 415 So OLG Düsseldorf AG 2010, 878 Rn. 41 f.; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/ Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 31; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 37; offengelassen von KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 49.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

fristung und auflösender Bedingung.416 Das überzeugt nur auf den ersten Blick, denn auch der Eintritt eines Ereignisses innerhalb einer Frist ist ein zukünftiges, ungewisses Ereignis und damit möglicher Gegenstand einer Bedingung.417 Allein die zeitliche Bezugnahme überstrapaziert das Regelungsprogramm des § 158 BGB nicht. Die Angabe des Zeichners gemäß § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG stellt daher eine auflösende Bedingung der Zeichnung dar.418 bb) Angabe der Verfallfrist und Rechtsfolgen des Bedingungseintritts Der Zeichnungsschein genügt den Anforderungen des § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG, wenn ihm die Verfallfrist dergestalt zu entnehmen ist, dass sie nach dem Kalender bestimmt werden kann.419 Als Rechtsfolge eines fruchtlosen Ablaufs der Verfallfrist sieht § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG vor, dass die Zeichnung „unverbindlich“ wird. Unverbindlich bedeutet entsprechend § 158 Abs. 2 BGB, dass die Wirkungen der Zeichnung und damit des Zeichnungsvertrags (soweit dieser bereits abgeschlossen war) enden und der frühere Rechtszustand wieder eintritt.420 cc) (Keine) einheitliche Verfallfrist Das aktienrechtliche Schrifttum geht fast einhellig von der Notwendigkeit einer einheitlichen Verfallsfrist gemäß § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG für alle Zeichner aus.421 Zur Begründung wird teilweise auf das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG rekurriert.422 Dem kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG eine solche Beschränkung nicht zu entnehmen. Im Gegenteil: Tatbestandlich knüpft die Norm an die Zeichnung – also die Willenserklärung des Zeichners – und nicht etwa an den Zeichnungsvertrag. Geht es aber darum zu bestimmen, die Wirkung einer Willenserklärung zeitlich zu beschränken, fällt dies – wie sich aus § 148 BGB ergibt – in die natürliche Kompetenz des Urhebers ebendieser Willenserklärung. Weshalb die Gesellschaft berechtigt sein soll, dem Zeichner diesbezüglich über den Inhalt der eigenen Willenserklärung hinaus416

OLG Stuttgart ZIP 2012, 921 Rn. 8; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 14; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 10; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 26. 417 Vgl. OLG Karlsruhe OLGZ 1972, 277; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2015, § 158 Rn. 11. 418 Vgl. Fn. 415. 419 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 14. 420 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 49. 421 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 182 Rn. 61, § 185 Rn. 47; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 31; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 14; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 10; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 16; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 25; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 36; a.A. Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 185 AktG Rn 11. 422 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 25.

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

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gehende Vorgaben zu machen, ist nicht ersichtlich. Gegen ein solches Normverständnis spricht auch das – im aktienrechtlichen Schrifttum durchaus anerkannte423 – Bedürfnis des Zeichners, Gewissheit über das Schicksal seines Antrags zu erlangen. Dieses Bedürfnis erkennt die Rechtsordnung durch § 147 BGB allgemein als schutzwürdig an. Dem Zeichner diese Gewissheit abweichend von den allgemeinen Regeln zu versagen, ist nur in dem Maße gerechtfertigt, in dem der Zeichner selbstbestimmt über das Maß der Ungewissheit, das er hinzunehmen bereit ist, entscheiden kann. Auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots kommt nicht in Betracht. Erstens fehlt es bereits an einem Verhalten der Gesellschaft, weil die im Zeichnungsschein enthaltene Willenserklärung einschließlich der darin angegebenen Verfallsfrist (regelmäßig) vom Zeichner abgegeben wird. Zweitens wird das Gesellschaftsverhältnis als rechtlicher Anknüpfungspunkt des Gleichbehandlungsgebots nicht mit dem Zeichnungsvertrag begründet, sondern entsteht erst mit der Eintragung der Durchführung in das Handelsregister.424 2. Fakultative Inhalte: Fälligkeit der Sacheinlage Der Zeichner muss die Sacheinlage gemäß § 271 Abs. 1 Var. 1 BGB grundsätzlich sofort leisten.425 Es stellt sich die Frage, inwieweit von dieser Regelung im Zeichnungsvertrag abgewichen werden darf. Die Antwort darauf hängt davon ab, welche Vorgaben das Aktiengesetz für den Leistungszeitpunkt bei Sacheinlagen macht. Ein erster Anhaltspunkt ergibt sich aus § 188 Abs. 2 S. 1 AktG i.V.m. § 36a Abs. 2 S. 1 AktG. Danach sind Sacheinlagen vollständig zu leisten. Dem systematischen Zusammenhang zwischen § 36 Abs. 2 AktG und dem Verweis in § 188 Abs. 2 S. 1 AktG ist dabei die Durchführungsanmeldung als zeitlicher Referenzpunkt zu entnehmen. Der spätestmögliche Zeitpunkt, den eine zeichnungsvertragliche Fälligkeitsregelung in Bezug nehmen könnte, wäre danach der Zeitpunkt der Durchführungsanmeldung. Etwas anderes könnte sich aus § 36a Abs. 2 S. 2 AktG ergeben. Danach muss die Sacheinlage innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu bewirken sein, wenn sie die Verpflichtung, einen Vermögensgegenstand auf die Gesellschaft zu übertragen, beinhaltet. Zur Reichweite dieser Ausnahmevorschrift werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach einer restriktiven Auffassung soll die Vorschrift nur auf Fälle Anwendung finden, in denen 423 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 31; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 36; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 28; Geßler/Hefermehl/ Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 55 f. 424 Vgl. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 9; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 21. 425 Hunecke, S. 221. Ungenau insofern GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 183 Rn. 48, der meint die sofortige Fälligkeit ergebe sich aus § 36a Abs. 2, § 188 Abs. 2 AktG. Aus diesen Vorschriften ergeben sich jedoch lediglich die Grenzen zulässiger Fälligkeitsvereinbarungen.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

der Gegenstand der Sacheinlage ein Anspruch des Inferenten gegen einen Dritten auf Übertragung eines Vermögensgegenstandes ist.426 Demgegenüber wendet die vorzugswürdige (und herrschende) Auffassung den § 36a Abs. 2 S. 2 AktG auf alle Fälle an, in denen die Übertragung eines Gegenstandes als Sacheinlage geschuldet ist.427 Insbesondere die Gesetzesmaterialien,428 die den auf einen Gleichlauf zu Art. 48 Abs. 2 GesRRL (siehe dazu: § 8 B.III.4.) gerichteten Willen des Gesetzgebers erkennen lassen,429 sprechen dabei gegen das restriktive Normverständnis. Der Zeichnungsvertrag kann daher abweichend von § 271 Abs. 1 Abs. 1 Var. 1 BGB für die Leistung der Sacheinlage die Fälligkeit auf bis zu fünf Jahre nach der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister verschieben, soweit die Sacheinlage die Übertragung eines Gegenstandes zum Inhalt hat.430 Als Anwendungsbereich für § 36a Abs. 2 S. 1 AktG verbleiben damit Fälle, in denen die Sacheinlagepflicht keine Vollrechtsübertragung zum Gegenstand hat,431 etwa bei Gebrauchsüberlassungen oder Einräumung von obligatorischen Nutzungsrechten.432 II. Form Die Zeichnung erfolgt gemäß § 185 Abs. 1 S. 1 AktG durch Erklärung in schriftlicher Form. Danach muss der Zeichnungsschein vom Zeichner eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unter-

426 Spindler/Stilz/Döbereiner, AktG, 3. Aufl. 2015, § 36a Rn. 10; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 44 ff.; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 188 Rn. 27 f.; Wachter, AktG, 2. Aufl. 2014, § 36a Rn. 13. Wohl auch: GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 183 Rn. 49. 427 KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 36a Rn. 11 ff.; Bayer/J. Schmidt, ZGR 2009, 804, 845; dies., Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 31; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 11; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, 3. Aufl. 2015, § 36a Rn. 5; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 36a Rn. 4; Krebs/J. Wagner, AG 1998, 467, 468 ff., Bürgers/Körber/Lohse, AktG, 4. Aufl. 2017, § 36a Rn. 4; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 6. Aufl. 2018, Rn. 19.60; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 36a Rn. 13 ff.; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 188 Rn. 22; GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 36a Rn. 6 ff.; Hölters/Solveen, AktG, 3. Aufl. 2017, § 36a Rn. 5; Heidel/Terbrack, AktG, 4. Aufl. 2014, § 36a Rn. 7; Grigoleit/ Vedder, AktG, 2013, § 36a Rn. 4. Wohl auch Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 188 Rn. 16. 428 BT-Drucks. 8/1678, S. 12 f. 429 Vgl. KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 36a Rn. 11; Bayer/J. Schmidt, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, 18. Kap. Rn. 31; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, 3. Aufl. 2015, § 36a Rn. 5; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 36a Rn. 4; Krebs/J. Wagner, AG 1998, 467, 468 ff.; Bürgers/Körber/Lohse, AktG, 4. Aufl. 2017, § 36a Rn. 4; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 36a Rn. 14 ff.; GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 36a Rn. 6 ff.; Heidel/Terbrack, AktG, 4. Aufl. 2014, § 36a Rn. 7; Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 36a Rn. 4. 430 Siehe dazu im Detail die Darstellung bei Hunecke, S. 210 ff. 431 Vgl. Bürgers/Körber/Lohse, AktG, 4. Aufl. 2017, § 36a Rn. 3; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 188 Rn. 22; GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 36a Rn. 5. 432 GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 36a Rn. 5.

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

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schrieben werden, § 126 Abs. 1 BGB.433 Ein Ersatz durch die elektronische Form oder die notarielle Beurkundung ist gemäß § 126 Abs. 3 und 4 AktG möglich.434 III. Zeitlicher Rahmen für die Abgabe der Zeichnungserklärung Der Zeichnungsschein hat gemäß § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AktG den Tag, an dem die Erhöhung des Grundkapitals beschlossen worden ist, zu bezeichnen. Die Formulierung der Vorschrift im Plusquamperfekt scheint eine zeitliche Abfolge vorzugeben, die eine Zeichnung vor der Fassung des Erhöhungsbeschlusses durch die Hauptversammlung ausschließt.435 Und tatsächlich wird teilweise angenommen, eine Zeichnung sei erst nach der Fassung des Erhöhungsbeschlusses wirksam. So hält etwa Servatius diese zeitliche Abfolge deshalb für zwingend, weil andernfalls eine Beeinflussung der Hauptversammlung drohe.436 Ginge die Zeichnung der Beschlussfassung der Hauptversammlung voraus, bestünde die Gefahr, dass die Maßnahme aus Sicht der Aktionäre bereits „beschlossene Sache“ sei.437 Nach herrschender Ansicht kann die Zeichnung dagegen auch schon vor der Beschlussfassung der Hauptversammlung erfolgen.438 Da einer Zeichnung schon vor der Hauptversammlung keine schutzwürdigen Belange entgegenstünden, sei § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AktG teleologisch zu reduzieren.439 Dies ergebe sich systematisch auch aus § 235 Abs. 1 S. 2 AktG, der eine Zeichnung vor der Beschlussfassung durch

433

Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 7; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 21; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 7; vgl. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 4; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 8; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 10; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 4; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 23. 434 Eimer, S. 34; vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 12. 435 So Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 10; Spindler/Stilz/ Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 11. 436 Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 11. 437 Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 11. 438 Blaurock, FS Rittner, 1991, S. 33 35 f.; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 7; Eimer, S. 28; Kley, RNotZ 2003, 17, 30; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 6; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 39; Henssler/Strohn/ Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 185 Rn. 7; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 25; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 12; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 29; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 36. Grundsätzlich auch: KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 35; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 8, die allerdings verlangen, dass der Zeichnungsschein die Klarstellung enthält, dass eine Beschlussfassung der Hauptversammlung noch erfolgen muss. 439 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 6; vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 29.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

die Hauptversammlung ausdrücklich verlange.440 Das verdient Zustimmung. Eine Beeinflussung der Hauptversammlung ist schon deshalb nicht ernsthaft zu besorgen, weil die Zeichnung lediglich als Antrag für sich genommen unverbindlich ist. Dem informierten Aktionär darf zugetraut werden, sich durch das an die Aktiengesellschaft gerichtete Angebot zum Vertragsschluss nicht in seinem Abstimmungsverhalten beeinflussen zu lassen.

C. Der Zeichnungsvertrag I. Gegenstand und Inhalt des Zeichnungsvertrags Der Gegenstand des Zeichnungsvertrags ist die Aufnahme des Zeichners in die Gesellschaft und die damit korrespondierende Einlagepflicht.441 Der Zeichnungsvertrag ist damit funktionsäquivalent zum Vertrag über den Beitritt zu einer Personengesellschaft.442 Die zwingenden Inhalte des Zeichnungsvertrags korrespondieren wegen § 150 Abs. 2 BGB mit den Vorgaben des § 185 Abs. 1 S. 1 und 3 AktG für den Inhalt der Zeichnung (siehe dazu: B.I.1.). II. Parteien des Zeichnungsvertrags Parteien des Zeichnungsvertrags sind einerseits der Zeichner und andererseits die Gesellschaft. Es besteht also keine vertragliche Bindung zu den Altgesellschaftern.443 Als Zeichner kommt jeder in Betracht, der auch Gründer einer Aktiengesellschaft sein kann,444 also natürliche oder juristische Personen und jede Personengesellschaft.445 Das gilt ohne Ausnahme auch für die GbR.446 Bei der Anerkennung der GbR als Gründerin einer Kapitalgesellschaft betonte der zweite Zivilsenat, es gehe bei der 440 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 6; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 29. 441 Vgl. GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 29. 442 GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 29. 443 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 84; vgl. KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 6; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 10. 444 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 14; Eimer, S. 33; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 32; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 5; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 6; Spindler/Stilz/ Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 5. 445 Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 185 AktG Rn. 5; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 8; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 6; MüKoAktG/ Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 10; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 11. 446 BGHZ 78, 311 Rn. 20 ff.; Eimer, S. 33; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 8; Heidel/Rebmann, AktG, 4. Aufl. 2014, § 185 Rn. 6; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 11; a.A. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 33.

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Gründerfähigkeit nicht um die Rechts- oder Parteifähigkeit, sondern darum, dass ein Gesellschaftsanteil gesamthänderisch erworben wird.447 Diese Begründung verdient Zustimmung, mit der Konsequenz, dass auch die Erbengemeinschaft als mögliche Zeichnerin zuzulassen ist.448 III. Pflichten aus dem Zeichnungsvertrag 1. Pflichten des Zeichners Der Zeichnungsvertrag verpflichtet den Zeichner zur (a)) Leistung der Sacheinlage. Ob daneben eine Pflicht zur (b)) Abnahme der Aktien besteht, entzieht sich einer einheitlichen Betrachtung. a) Leistung der Sacheinlage Der Zeichner wird durch den Zeichnungsvertrag zur vollständigen Leistung der Sacheinlage verpflichtet.449 Das gilt unabhängig vom Zeitpunkt der Fälligkeit der Einlagepflicht.450 Fraglich ist einerseits der konkrete (aa)) Inhalt der Sacheinlagepflicht und andererseits ihr (bb)) Verhältnis zu einer etwaigen Bareinlagepflicht. aa) Inhalt der Sacheinlagepflicht Der Inhalt der Sacheinlagepflicht wird in der Literatur allenfalls oberflächlich thematisiert.451 Oftmals wird lediglich hinsichtlich etwaiger Leistungsstörungen auf die §§ 434 ff. BGB verwiesen.452 Eine umfangreiche Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Sacheinlagepflicht findet sich dagegen bei Hunecke, der i.E. allerdings auch auf kaufrechtliche Maßstäbe rekurriert:453 Der Sacheinlagegegenstand müsse 447

BGHZ 78, 311 Rn. 20. So i.E. auch OLG Hamm BB 1975, 292; MüKoAktG/Heider, 4. Aufl. 2016, § 2 Rn. 19; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 8; a.A. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 33. 449 Eimer, S. 85 ff.; Hunecke, S. 163 f.; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 24; Mülbert, AG 2003, 136, 137; ders., FS Priester, 2007, S. 485, 497; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 36. Vgl. hinsichtlich der (Bar-)Einlagepflicht: Hölters/Apfelbacher/ Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 8; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 4; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 51 f.; Bürgers/Körber/ Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 3; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 4; a.A. Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 6, die lediglich von einer Verpflichtung in Höhe der Mindesteinlage ausgehen. 450 Mülbert, FS Priester, 2007, S. 485, 497; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 52 nehmen an, die Pflicht zur Leistung der Sacheinlage stehe unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Durchführung in das Handelsregister. 451 Vgl. Hunecke, S. 168. 452 Darauf weist Hunecke, S. 168 zutreffend hin. 453 Hunecke, S. 168 ff. 448

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frei von Mängeln i.S.d. §§ 434 f. BGB sein,454 also die gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbarte bzw. – in Ermangelung einer solchen Vereinbarung – die vertraglich vorausgesetzte Beschaffenheit gemäß § 433 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB aufweisen.455 Teil dieser vertraglich vorausgesetzten Verwendung sei der Einlagezweck, weshalb der Einlagegegenstand auch werthaltig sein müsse.456 Vor dem teleologischen Hintergrund der §§ 434 f. BGB (i. e. die Konkretisierung der Leistungspflicht des Verkäufers)457 ist die Entbehrlichkeit dieses Rückgriffs auf das Kaufrecht ohne Weiteres erkennbar: Der konkrete Inhalt der Sacheinlagepflicht ergibt sich aus den Festsetzungen des Kapitalerhöhungsbeschlusses, dem damit korrespondierenden Inhalt des Zeichnungsvertrags und dem Sachverständigenbericht. Da der Sachverständigenbericht den Sacheinlagegegenstand den Vorgaben der Gesellschaftsrechts-RL entsprechend (siehe dazu: § 8 B.III.3.b)) gemäß § 183 Abs. 3, § 34 Abs. 2 S. 2 AktG beschreiben muss, ist die Konkretisierungsfunktion, die § 434 BGB im Kaufrecht wahrnimmt, für die Sachkapitalerhöhung bereits verfahrensmäßig angelegt. Der Rückgriff auf das Kaufrecht ist noch aus einem weiteren Grund abzulehnen: Während im kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht der Wert der Kaufsache keine Beschaffenheit darstellt458 und damit für das Gewährleistungsrecht grundsätzlich nicht relevant ist, kommt es bei der Sacheinlage im Hinblick auf den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung (siehe dazu: § 8 B.III.) gerade auf die Werthaltigkeit des Einlagegegenstandes an. Der Zeichner schuldet aus dem Zeichnungsvertrag also zum einen die Leistung eines den Festsetzungen des Zeichnungsvertrags entsprechenden Einlagegegenstandes. Zum anderen gibt der Zeichner eine Kapitaldeckungszusage ab und schuldet damit die Leistung einer werthaltigen Sacheinlage.459 bb) Verhältnis zwischen Sach- und Bareinlagepflicht Unklar ist auch, ob neben der Sach- noch eine Bareinlagepflicht des Zeichners besteht, die von der Sacheinlagepflicht lediglich verdrängt wird, wie es die überwiegende Auffassung befürwortet.460 Zur Begründung verweisen deren Vertreter auf 454

Hunecke, S. 169 f. Hunecke, S. 169. 456 Hunecke, S. 169. 457 Vgl. MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 434 Rn. 1. 458 BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 434 Rn. 23; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 439 Rn. 11. 459 Vgl. BGHZ 64, 52 Rn. 33; BGHZ 68, 191 Rn. 37; BGHZ 171, 293 Rn. 5; BGHZ 191, 364 Rn. 16 („Babcock“). 460 Heer, ZIP 2012, 2325, 2326; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 4; KKAktG/ Lutter, 2. Aufl. 1995, § 183 Rn. 8; Lutter (1964), S. 269, 285; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 12; Wirsch, NZG 2010, 1131, 1132; vgl. Spindler/Stilz/Benz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 4; MüKoAktG/Bungeroth, 4. Aufl. 2016, § 54 Rn. 7; Heidel/Janssen, AktG, 4. Aufl. 2014, § 54 Rn. 1, 4; Wachter/Servatius, AktG, 2. Aufl. 2014, § 54 Rn. 11; KKAktG/Drygala, 3. Aufl. 2011, § 54 Rn. 7; Henze, GroKo AktG, § 54 Rn. 13. 455

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§ 54 Abs. 2 AktG, in dem ein Vorrang der Bareinlagepflicht zum Ausdruck komme.461 Nach dieser Ansicht ist die Sacheinlagepflicht ein reines datio in solutum.462 Auch Mülbert geht von einem Nebeneinander der Sach- und Bareinlage aus, legt seiner Ansicht aber ein differenziertes Verhältnis zwischen Sach- und Bareinlagepflicht zugrunde:463 Die nichtmitgliedschaftliche Sacheinlagepflicht stehe neben der mitgliedschaftlichen Bareinlagepflicht, wobei die Erbringung der Sacheinlage die Erfüllung sowohl der nichtmitgliedschaftlichen als auch der mitgliedschaftlichen Bareinlagepflicht bewirke.464 Die Gegenansicht charakterisiert die Sacheinlagepflicht dagegen als eigene Einlageform neben der Bareinlage.465 Die Sacheinlagepflicht stelle eine gesetzlich vorgesehene Ausnahme zur grundsätzlichen Geldeinlagepflicht dar.466 Die etwaige Unmöglichkeit der Erbringung der Sacheinlage oder deren fehlende Werthaltigkeit sehen die Vertreter dieser Ansicht auf der Ebene der Leistungsstörung angesiedelt.467 Das überzeugt: Da die Gesellschaft einerseits primär nur die Leistung der Sacheinlage fordern kann und der Schuldner anderseits auch zur Leistung der Sacheinlage nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, handelt es sich bei der Sacheinlagepflicht weder um eine Wahlschuld noch um eine Ersetzungsbefugnis. b) Abnahme der Aktien Ob der Zeichner aus dem Zeichnungsvertrag auch die Abnahme der Aktien schuldet, entzieht sich einer einheitlichen Betrachtung.468 Da die Mitgliedschaft kraft Gesetzes entsteht und eine Verbriefung der Aktien nicht zwingend erforderlich ist, kommt es auf eine Mitwirkung des Zeichners grundsätzlich nicht an, weshalb in der Abnahme der jungen Aktien jedenfalls keine Hauptleistungspflicht besteht.469 Es

461 Heidel/Janssen, AktG, 4. Aufl. 2014, § 54 Rn. 1; Wachter/Servatius, AktG, 2. Aufl. 2014, § 54 Rn. 11; vgl. KKAktG/Drygala, 3. Aufl. 2011, § 54 Rn. 4. 462 KKAktG/Drygala, 3. Aufl. 2011, § 54 Rn. 7; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 4, § 185 Rn. 112; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 183 Rn. 8; Lutter (1964), S. 269; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 12. 463 Mülbert, FS Priester, 2007, S. 485, 497 ff. 464 Mülbert, FS Priester, 2007, S. 485, 497 ff. 465 Hunecke, S. 166 f.; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 13 f.; wohl auch GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 183 Rn. 27. 466 Hunecke, S. 166. 467 Hunecke, S. 166 f. 468 Dafür: MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 36; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 24; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 6; Wachter/ Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, 185 Rn. 4. Dagegen: Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 48; Hunecke, S. 145 f. 469 Hunecke, S. 145 f.

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können im Einzelfall jedoch Mitwirkungspflichten bestehen.470 So kann ein Aktionär etwa dazu verpflichtet sein, ein Depot anzugeben, auf das girosammelverwahrte Aktien eingebucht werden können. 2. Pflichten der Gesellschaft a) Meinungsstand Welche Pflichten die Gesellschaft aus dem Zeichnungsvertrag treffen, ist umstritten: Nach ganz überwiegender Auffassung ist die Gesellschaft durch den Zeichnungsvertrag nicht zur Verschaffung der Mitgliedschaft verpflichtet.471 Gegen eine solche Pflicht werden im Wesentlichen drei Argumente angeführt:472 Erstens erfolge der originäre Erwerb der Mitgliedschaft im Rahmen einer Kapitalerhöhung durch die Eintragung in das Handelsregister gemäß § 189 AktG und nicht durch eine Leistungshandlung der Gesellschaft.473 Zweitens verstoße ein Verschaffungsanspruch der Gesellschaft gegen den Grundsatz der Satzungsautonomie.474 Danach stehe es der Hauptversammlung nämlich frei, den Erhöhungsbeschluss nachträglich zu ändern oder die Verwaltung anzuweisen, ihn nicht auszuführen.475 Und drittens sei ein Verschaffungsanspruch mit dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung nicht vereinbar.476 Auch im Übrigen stünden die Pflichten der Gesellschaft aus dem Zeichnungsvertrag unter dem Vorbehalt der Aufhebung oder Änderung des Erhöhungsbeschlusses vor der Eintragung der Durchführung in das Handelsregister.477 Die einzige Bindung der Gesellschaft durch den Zeichnungsvertrag bestehe darin, dem Zeichner im Falle der Durchführung des Erhöhungsbeschlusses nicht beliebig andere Personen vorzuziehen.478 Eine Mindermeinung geht dagegen von einer zeichnungsvertraglichen Pflicht der Gesellschaft zur Verschaffung der Mitgliedschaft aus.479 Die Entstehung der Mit470

Vgl. Hunecke, S. 146 f. OLG Schleswig AG 2003, 524 Rn. 69; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 49; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 13; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 42. 472 Zusammengefasst von: Eimer, S. 4 f. Vgl. BGH NJW 2015, 3786 Rn. 13. 473 KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 19; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 30; vgl. Hellwig, FS Rowedder, 1994, S. 141, 147. 474 GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 35; vgl. KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 29. 475 GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 35; vgl. BGHZ 140, 258 Rn. 4; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 34. 476 OLG Schleswig AG 2003, 524 Rn. 87. 477 BGHZ 140, 258 Rn. 4; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 34; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 174; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 35. 478 KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 34. 479 Eimer, S. 1 ff. 471

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gliedschaft durch Eintragung gemäß § 189 AktG stehe einer Verpflichtung zur Verschaffung der Mitgliedschaft ebenso wenig entgegen wie die konstitutive Grundbucheintragung einer entsprechenden Verpflichtung im Immobiliarsachenrecht.480 Einer Kapitalgesellschaft die Möglichkeit abzusprechen, sich zur Durchführung einer Kapitalerhöhung zu verpflichten, stehe im Widerspruch zu deren unbeschränkter Rechtsfähigkeit und werde ihrem Wesen daher nicht gerecht.481 Die Durchführung der Kapitalerhöhung der Gesellschaft auch nach Abschluss eines Zeichnungsvertrags anheimzustellen, verstoße ferner gegen den Grundsatz pacta sunt servanda.482 Die zeichnungsvertraglichen Pflichten der Parteien ergäben sich nicht aus der „Kategorisierung des Vertrages“, sondern müssten den Willenserklärungen der Vertragsparteien im Wege der Auslegung gemäß der §§ 133, 157 BGB entnommen werden.483 Auf den Empfängerhorizont eines objektiven Zeichners abstellend müsse man von einer zeichnungsvertraglichen Verschaffungspflicht der Gesellschaft ausgehen.484 Die herrschende Auffassung führe zu einem – für den Zeichner unerwarteten – Ungleichgewicht:485 Während der Zeichner hinsichtlich seiner Einlage regelmäßig vorleistungspflichtig sei, dürfe er lediglich „hoffen“, nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt zu werden.486 Eine solche Auslegung des Zeichnungsvertrags zugunsten der Gesellschaft falle ohne ausdrückliche Vorbehalte schwer.487 Demgegenüber weist Hunecke zunächst darauf hin, dass der Inhalt des Zeichnungsvertrags im Wege der Auslegung gemäß der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln sei:488 Im Rahmen der Privatautonomie sei es durchaus möglich, Verpflichtungen der Gesellschaft zu begründen.489 Als mögliche Pflichten der Gesellschaft aus dem Zeichnungsvertrag kämen erstens die Pflicht zur Durchführung der Kapitalerhöhung bei Vollzeichnung und fortbestehendem Erhöhungsbeschluss; zweitens die Pflicht, die Kapitalerhöhung bei fortbestehendem Erhöhungsbeschluss weiter zu betreiben und sich um weitere Zeichnungen zu bemühen sowie drittens die Pflicht, die Aufhebung des Erhöhungsbeschlusses zu unterlassen, in Betracht.490 Für eine solche Unterlassungsverpflichtung bedürfe es jedoch aus Kompetenzgründen eines

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Eimer, S. 44; zustimmend Hunecke, S. 181; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 34. 481 Eimer, S. 8. 482 Eimer, S. 8; Hellwig, FS Rowedder, 1994, S. 141, 148 f. 483 Eimer, S. 10. 484 Eimer, S. 10. 485 Eimer, S. 10. 486 Eimer, S. 10. 487 Eimer, S. 10. 488 Hunecke, S. 181. 489 Hunecke, S. 181. 490 Hunecke, S. 181 f.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Hauptversammlungsbeschlusses mit der für den Erhöhungsbeschluss erforderlichen qualifizierten Mehrheit und einer ausdrücklichen Vereinbarung.491 Dieser Auffassung hat sich Schürnbrand weitgehend angeschlossen.492 Er betont allerdings, dass die Auslegung gemäß der §§ 133, 157 BGB regelmäßig zum von der herrschenden Meinung vertretenen Vorbehalt führe, weil die weitere Umsetzung der Kapitalmaßnahme für die Gesellschaft mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden sei, was es – für den Zeichner erkennbar – erforderlich mache, der Gesellschaft Reaktionsmöglichkeiten und ggf. den Abbruch der Maßnahme offenzuhalten.493 Für einen entsprechenden Verpflichtungswillen der Gesellschaft müsse es im Erhöhungsbeschluss und damit korrespondierend im Zeichnungsvertrag ausdrückliche Anhaltspunkte geben.494 Für das GmbH-Recht nimmt mittlerweile auch der zweite Zivilsenat eine Pflicht der Gesellschaft an, die Eintragung der Kapitalerhöhung zu fördern.495 b) Stellungnahme Das hinter der Verbandsautonomie stehende Prinzip der Selbstbestimmung verträgt sich durchaus mit einer Selbstverpflichtung zur Aufnahme von neuen Mitgliedern.496 Systematisch ergibt sich das aus § 192 Abs. 4 AktG.497 Obgleich die Pflichtenbindung der Gesellschaft durch den Zeichnungsvertrag vom Vorstand begründet wird, hat sie ihren Ausgangspunkt in der Willensäußerung der Hauptversammlung durch den Erhöhungsbeschluss und ist insofern ausreichend legitimiert. Ein schützenswertes Interesse der Gesellschaft, sich nach dem Abschluss des Zeichnungsvertrags weiterhin Reaktionsmöglichkeiten und ggf. den Abbruch der Maßnahme offenzuhalten, ist nicht ersichtlich. Die von Schürnbrand für nötig erachtete Flexibilität wird de lege lata bereits durch § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG gewährleistet: Indem die Zeichner gezwungen sind, der Gesellschaft eine Annahmefrist zu gewähren, steht ihr – abweichend von § 147 BGB – ein (üblicherweise) längerer Zeitraum zur Verfügung, um über die Annahme des Antrags zu entscheiden. Der Vorstand kann also den Zugang sämtlicher Zeichnungen abwarten und nach Ablauf der Zeichnungsfrist und innerhalb der Annahmefrist entscheiden, ob und ggf. mit wem die Gesellschaft Zeichnungsverträge abschließt. Wurde die Kapitalerhöhung nicht wie erhofft gezeichnet, kann die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt ohne Weiteres von der Maßnahme Abstand nehmen. Exemplarisch für dieses Vorgehen ist 491 492 493 494 495 496 497

Hunecke, S. 181 f. Vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 34. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 34. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 34. BGH NJW 2015, 3786 Rn. 29 f. Eimer, S. 152 ff. Eimer, S. 153; vgl. Hunecke, S. 180.

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das sog. Bookbuilding im Rahmen von Börsenplatzierungen.498 Weshalb der Grundsatz pacta sunt servanda nur für den Zeichner gelten soll, ist daher nicht zu begründen. Nach alledem ist eine Verschaffungspflicht der Gesellschaft zu bejahen, die nur insoweit unter einem Vorbehalt steht, wie ein solcher dem Zeichnungsvertrag im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu entnehmen ist. Allein die allgemeinen Unwägbarkeiten, mit denen eine Kapitalerhöhung üblicherweise verbunden ist, tragen ein solches Auslegungsergebnis jedoch nicht. IV. Rechtsnatur Noch das Reichsgericht sah in der Zeichnung ein einseitiges Rechtsgeschäft.499 Diese Auffassung vermochte allerdings aus einer Vielzahl von Gründen nicht zu überzeugen,500 sodass heute allgemein anerkannt ist, dass es sich beim Zeichnungsgeschäft um einen Vertrag handelt.501 Umstritten ist jedoch die genauere rechtliche Einordnung des Zeichnungsvertrags: Dabei geht es einerseits darum, ob es sich um einen kooperationsrechtlichen Vertrag oder einen Vertrag mit Doppelnatur handelt. Nach tradierter Auffassung ist der Zeichnungsvertrag ein kooperationsrechtlicher Vertrag.502 Begründet wird das damit, der Vertrag sei auf die Einräumung der Mitgliedschaft in der Aktiengesellschaft gerichtet.503 Insofern entspreche der Zeichnungsvertrag dem Vertrag über den Beitritt zu einer Personengesellschaft.504 Nach vorzugswürdiger und im Vordringen befindlicher Auffassung hat der Zeichnungsvertrag dagegen eine Doppelnatur.505 Für diese Ansicht spricht, dass der Zeichnungsvertrag sowohl schuld- als auch gesellschaftsrechtliche Elemente aufweist506 und es ihm an organisatorischem Regelungsgehalt fehlt.507 Da der Zeichnungsvertrag wegen dieser Doppelnatur trotzdem auch kooperationsrechtlicher Natur ist, finden die §§ 305 ff. BGB auf ihn gemäß § 310 Abs. 4 S. 1 BGB keine Anwendung. 498

Vgl. Eimer, S. 78. So etwa RGZ 79, 112, 114 f. 500 Näher dazu: Eimer, S. 31 f.; Hunecke, S. 86 ff. 501 Hunecke, S. 89 ff. 502 KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 5, 19; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 12; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 29; vgl. BGHZ 49, 117 Rn. 24. 503 GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 29. 504 GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 29. 505 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 7; Hunecke, S. 95; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 4; Mülbert, AG 2003, 281, 283 f.; Grigoleit/ Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 6; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 2. 506 Hunecke, S. 95; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, AktG, 2013, § 185 Rn. 6. 507 Hunecke, S. 95. 499

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Andererseits wird diskutiert, ob der Zeichnungsvertrag ein gegenseitiger oder ein unvollkommen zweiseitiger Vertrag ist. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit der §§ 320 ff. BGB und des § 103 InsO ist diese Frage von größerer praktischer Bedeutung.508 Nach herrschender Ansicht handelt sich beim Zeichnungsvertrag um einen unvollkommen zweiseitigen und nicht um einen gegenseitigen Vertrag i.S.d. §§ 320 ff. BGB, weshalb die §§ 320 ff. BGB jedenfalls keine unmittelbare Anwendung fänden.509 Als Begründung wird angeführt, die Gesellschaft treffe keine Verschaffungspflicht.510 Der Leistungsaustausch hänge vom gesetzlichen Entstehen der Mitgliedschaft gemäß § 189 AktG ab und beruhe nicht auf einer Handlung der Gesellschaft.511 Ferner komme die Anwendung des § 320 BGB schon deshalb nicht in Betracht, weil der Inferent (teilweise) vorleistungspflichtig sei.512 Auch Wiedemann geht davon aus, dass der Zeichnungsvertrag kein gegenseitiger Vertrag ist, sieht allerdings bei wirtschaftlicher Betrachtung eine größere Nähe des Zeichnungsvertrags zum gegenseitigen als zum unvollkommen zweiseitigen Vertrag.513 Das überzeugt nicht. Typusbildendes Merkmal des gegenseitigen Vertrags ist das do ut des, das Versprechen der Leistung im Hinblick auf die Gegenleistung.514 Maßgeblich ist die subjektive Sichtweise der Parteien: Die Vertragsschließenden müssen ihre Leistungen jeweils als „Gegenwert für die eigene Leistung“ ansehen.515 Eben eine solche Verknüpfung besteht beim Zeichnungsvertrag.516 Der Inferent verspricht die Einlageleistung einzig und allein, um im Gegenzug die Mitgliedschaft in der Aktiengesellschaft zu erwerben.517 Und auch die Einräumung des Mitgliedschaftsrechts erfolgt nur wegen der Einlageleistung. Das gilt auch, wenn man mit der überwiegenden Ansicht eine Verschaffungspflicht ablehnt und mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs518 nur 508

Vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 33, 46. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 28; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 4; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 19; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 33; vgl. Mülbert, AG 2003, 281, 282; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 42; Bürgers/Körber/Westermann, AktG, 4. Aufl. 2017, § 54 Rn. 3. 510 Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 42. 511 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 33; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 30. 512 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 114; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 21. 513 GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 30. 514 BGHZ 15, 102 Rn. 28; BGHZ 77, 359 Rn. 14; BGH NJW 2006, 2773 Rn. 21; RGZ 147, 340, 342; MüKoBGB/Emmerich, 7. Aufl. 2016, Vor. § 320 Rn. 3; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, Einf. v. § 320 Rn. 5; Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl. 2013, Vor § 320 Rn. 3; Looschelders (2016), Rn. 307. 515 Vgl. Fn. 514. 516 So auch Schleyer, AG 1957, 145; Stöber, BB 2015, 3088, 3091. 517 Schleyer, AG 1957, 145. 518 Siehe dazu Fn. 495. 509

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eine Förderungspflicht der Gesellschaft annimmt, weil auch diese Leistung solvendi causa erfolgt.519 V. Abschluss des Zeichnungsvertrags 1. Vertragsschluss Der Abschluss des Zeichnungsvertrags erfolgt nach den allgemeinen Regeln durch Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB.520 Die Zeichnung wird regelmäßig den Antrag i.S.d. § 145 BGB darstellen.521 Bei deren Annahme wird die Gesellschaft gemäß § 78 AktG durch den Vorstand vertreten.522 Die Annahme kann in diesem Fall gemäß § 151 S. 1 BGB ohne Erklärung gegenüber dem Zeichner erfolgen,523 etwa durch die Unterschrift unter das gemäß § 188 Abs. 3 Nr. 1 AktG der Durchführungsanmeldung beizufügende Verzeichnis der Zeichner524 oder durch die Aufforderung, die Einlage zu leisten.525 2. Form Das Schriftformerfordernis des § 185 Abs. 1 S. 1 AktG gilt nur für die Willenserklärung des Zeichners,526 die Willenserklärung der Gesellschaft unterliegt dagegen 519

Vgl. Schleyer, AG 1957, 145; Stöber, BB 2015, 3088, 3091. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 5 f.; Hunecke, S. 117 ff.; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 7; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 31; vgl. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 42. 521 Fn. 398. 522 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 23; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 32; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 10; a.A. Eimer, S. 39 f. 523 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 5; Dietz, S. 41; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 8; Eimer, S. 39; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 85; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 43; Hunecke, S. 116; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 23; Bürgers/Körber/MarschBarner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 12; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 11; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 174; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 4; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 31. 524 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 5; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 8; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 11; GKAktG/ Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 9, 15; vgl. BGHZ 49, 117 Rn. 30. 525 Eimer, S. 39; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 11; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 9, 15. 526 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 9; Geßler/Hefermehl/ Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 46; Hunecke, S. 189; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 7, 23a; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 13; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 23; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 7; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 15, 32. 520

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

keinem speziellen Formerfordernis.527 Damit begründet § 185 Abs. 1 S. 1 AktG kein Formerfordernis für den Zeichnungsvertrag und kann folglich kein lex specialis zu solchen Vorschriften darstellen, die Formerfordernisse für Verträge begründen. Auch aufgrund unterschiedlicher Schutzrichtungen und der strengeren Anforderungen (z. B. notarielle Beurkundung gemäß § 311b BGB) finden die allgemeinen Formvorschriften auf den Zeichnungsvertrag Anwendung.528 Hier gilt es, insbesondere die Regelungen der §§ 311b BGB, 15 Abs. 4 S. 1 GmbHG zu beachten, weil bereits durch den Zeichnungsvertrag die Sacheinlagepflicht des Zeichners begründet wird (siehe dazu: III.1.a)).529 3. Zeitlicher Rahmen Zusicherungen auf den Bezug neuer Aktien vor dem Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals sind gemäß § 187 Abs. 2 AktG der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Der früheste Zeitpunkt für den Abschluss des Zeichnungsvertrags ist deshalb die Fassung des Erhöhungsbeschlusses durch die Hauptversammlung.530 Die Eintragung des Erhöhungsbeschlusses gemäß § 184 AktG muss dagegen nicht abgewartet werden, wie sich aus § 188 Abs. 4 AktG ergibt.531 Letztmöglicher Zeitpunkt für den Abschluss des Zeichnungsvertrags ist die Durchführungsanmeldung.532 Das folgt allerdings nicht bereits aus dem Gebot der Vollzeichnung oder dem § 188 Abs. 3 Nr. 1 AktG, wonach der Anmeldung die Zweitschriften sämtlicher Zeichnungsscheine beizufügen sind,533 weil sich daraus lediglich ergibt, dass der Antrag des neuen Aktionärs in dem Zeitpunkt der Durchführungsanmeldung der Gesellschaft zugegangen sein muss. Das schließt eine 527

Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 9; Hunecke, S. 116, 189; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 7, 23a; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 13; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 175; Spindler/ Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 23; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 7; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 32. 528 Hunecke, S. 189 ff.; Mülbert, AG 2003, 281 ff.; vgl. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 9; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 13; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 175. 529 Hunecke, S. 190 f.; Mülbert, AG 2003, 281, 282 ff; vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 311b Rn. 9; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 23a; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 175; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 12. 530 Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 185 Rn. 53; Hunecke, S. 137 f.; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 25; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 14; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 172; a.A. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 23. 531 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 90; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 6; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 8; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 29. 532 Hunecke, S. 138. 533 So aber Hunecke, S. 138.

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Annahme erst nach der Durchführungsanmeldung jedoch nicht aus, wovon auch § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG auf den ersten Blick auszugehen scheint.534 Gegen die Möglichkeit einer Annahme des Zeichnungsvertrags erst nach der Durchführungsanmeldung spricht jedoch, dass der Zeichnungsvertrag in diesem Zeitpunkt gemäß der §§ 188 Abs. 2, 36a AktG bereits teilweise erfüllt sein muss und der Durchführungsanmeldung zum anderen gemäß § 188 Abs. 3 Nr. 1 AktG ein vom Vorstand unterschriebenes Verzeichnis der Zeichner beizufügen ist, was gemäß § 151 BGB als Annahme der Zeichnung zu verstehen ist, soweit diese nicht bereits erfolgt ist.535

D. Mängel des Zeichnungsgeschäfts Als Rechtsgeschäft kann das Zeichnungsgeschäft an verschiedenen Mängeln leiden. Welche Rechtsfolgen an diese Mängel geknüpft sind, hängt in vielen Fällen davon ab, ob die Durchführung der Kapitalerhöhung bereits in das Handelsregister eingetragen wurde.536 I. Vor der Eintragung der Durchführung Ist die Durchführung der Kapitalerhöhung noch nicht in das Handelsregister eingetragen, finden die allgemeinen Regeln uneingeschränkte Anwendung.537 Dazu zählen etwa die §§ 104 ff. BGB, das Recht der Willensmängel oder der § 125 BGB. Dementsprechend sind die Willenserklärung der Parteien bzw. der Zeichnungsvertrag nichtig, anfechtbar oder schwebend unwirksam, soweit ein entsprechender Mangel besteht.538 Daneben539 findet sich in § 185 Abs. 2 AktG ein spezieller Nichtigkeitstatbestand. Danach sind Zeichnungsscheine, in denen die gemäß § 185 Abs. 1 AktG erforderlichen Angaben (siehe dazu: B.I.1.) nicht vollständig enthalten sind, nichtig. Ferner sind gemäß § 185 Abs. 2 AktG auch solche Zeichnungserklärungen nichtig, 534

Vgl. wohl auch KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 91. Fn. 524. 536 Vgl. Hunecke, S. 196; Kort, S. 195 f. 537 Vgl. KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 13; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 40; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 13; Schmidt/ Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 24; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 59. 538 KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 16; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 59; vgl. Hunecke, S. 196 f.; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 24. 539 Vgl. KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 13; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 40; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 13; Schmidt/ Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 24; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 59. 535

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

die – von § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG abgesehen – Beschränkungen der Verpflichtung des Zeichners enthalten. II. Nach der Eintragung der Durchführung Treten Mängel des Zeichnungsvertrags erst nach der Eintragung der Durchführung in das Handelsregister in Erscheinung, stellt sich die Rechtslage anders dar: Hierbei ist wiederum zwischen in den Anwendungsbereich der (1.) Heilungsvorschrift des § 185 Abs. 3 AktG fallenden Mängeln und (2.) weiteren Mängeln zu differenzieren. 1. Heilung, § 185 Abs. 3 AktG Der § 185 Abs. 3 AktG enthält eine besondere Heilungsvorschrift. Danach kann sich der Zeichner auf die Nichtigkeit oder die Unverbindlichkeit des Zeichnungsscheins nicht berufen, wenn er aufgrund des Zeichnungsscheins als Aktionär Rechte ausgeübt oder Verpflichtungen erfüllt hat und die Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister eingetragen ist. In den Grenzen seines Anwendungsbereichs sorgt § 185 Abs. 3 AktG für einen umfassenden Bestandsschutz.540 Die Nichtigkeit wird ex tunc gegenüber jedermann und dauerhaft geheilt.541 Entgegen ihres missverständlichen Wortlauts schließt die Norm also nicht nur den Zeichner davon aus, sich auf die Nichtigkeit bzw. Unverbindlichkeit der Zeichnung zu berufen, sondern bindet auch die Gesellschaft.542 Tatbestandlich verlangt die Heilung nach § 185 Abs. 3 AktG mehr als die bloße Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister. Voraussetzung ist, dass sich der vermeintliche Zeichner trotz des Mangels des Zeichnungsvertrags (auch hinsichtlich der jungen Aktien) als Aktionär geriert und damit die mitgliedschaftliche Bindung bestätigt.543 Daran sind keine hohen Anforderungen zu stellen.544 Die Teilnahme an der Hauptversammlung545 oder die Entgegennahme der Aktienur-

540 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 65; Schürnbrand, AG 2014, 73, 74; vgl. Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 32. 541 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 23; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 20; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 32; C. Schäfer (2002), S. 308 f.; Schürnbrand, AG 2014, 73, 74; vgl. Hunecke, S. 194. 542 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 65; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 62; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 32. 543 KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 57; Schürnbrand, AG 2014, 73, 74; GKAktG/ Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 56. 544 Vgl. Schürnbrand, AG 2014, 73, 74. 545 Eimer, S. 38; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 63; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 30; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 63; ders., AG 2014, 73, 74; vgl. Hunecke, S. 192.

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kunde546 erfüllen den Tatbestand. Als Erfüllung von Verpflichtungen kommt die Leistung der Sacheinlage nach der Eintragung der Durchführung in das Handelsregister in Betracht.547 Davon nicht erfasst sind Handlungen, die der vermeintliche Zeichner vor der Eintragung in das Handelsregister vornimmt, wie etwa die Leistung der Mindesteinlage.548 Da die Mitgliedschaft in diesem Zeitpunkt auch bei ordnungsgemäßer Zeichnung nicht bestünde, kann ein solches Verhalten nicht als Anerkennung der mitgliedschaftlichen Bindung verstanden werden.549 Auch würde der Zeichner andernfalls des Schutzes des § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG weitgehend verlustig, weil er nach einer Teilleistung auf seine Einlagepflicht zeitlich unbegrenzt an die Zeichnung gebunden wäre.550 Der Anwendungsbereich des § 185 Abs. 3 AktG erfasst zwei Fälle: Erstens die Nichtigkeit der Zeichnung und zweitens deren Unverbindlichkeit. Letzterer bezieht sich systematisch auf Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG.551 Weniger deutlich ist die Reichweite der Nichtigkeitsheilung: Dem Wortlaut des § 185 Abs. 3 AktG ist keine unmittelbare Beschränkung des Anwendungsbereichs zu entnehmen.552 Es scheint daher denkbar, die Norm auf sämtliche Mängel des Zeichnungsscheins anzuwenden. Allerdings sprechen systematische Gründe für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf sich aus Absatz 2 ergebende Zeichnungsmängel:553 Zum einen ist auch der Bezug der Unverbindlichkeitsvariante auf Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG nicht dem Wortlaut des Abs. 3 zu entnehmen. Der offene Wortlaut indiziert somit keine uneingeschränkte Anwendung auf sämtliche Zeichnungsmängel. Zum anderen spricht die Abfolge von Nichtigkeitssanktion und Heilungsvorschrift für einen beschränkten Anwendungsbereich. Eine solche Abfolge begegnet dem Rechtsanwender an vielen Stellen der Rechtsordnung, wie etwa in § 311b Abs. 1 S. 1 und 2 BGB oder in § 15 Abs. 4 S. 1 und 2 GmbHG. Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 185 Abs. 3 AktG spricht auch die Gefahr von massiven Wertungswidersprüchen, die bei einer Anwendung auf sämtliche Zeichnungsmängel droht. So würde etwa im Anwendungsbereich des § 138 BGB eine Perpetuierung einer sittenwidrigen Rechtslage drohen, die von der Rechtsordnung schlechterdings nicht hinnehmbar ist. 546 Eimer, S. 38; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 63; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 30; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 63; ders., AG 2014, 73, 74). 547 Hunecke, S. 192 f.; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 30; a.A. wohl Eimer, S. 38. 548 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 64; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 31; Schürnbrand, AG 2014, 73, 74; a.A. Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 43. 549 Vgl. Schürnbrand, AG 2014, 73, 74. 550 KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 57; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 31. 551 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 17. 552 Vgl. Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 39; a.A. Schürnbrand, AG 2014, 73, 75, der dem Wortlaut eine Beschränkung auf § 185 Abs. 2 AktG entnehmen möchte. 553 Vgl. Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 34.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Eine Heilung nach § 185 Abs. 3 AktG kommt deswegen nur für solche Mängel in Betracht, die zu einer Nichtigkeit gemäß § 185 Abs. 2 AktG führen.554 Namentlich Verstöße gegen das Formerfordernis des § 185 Abs. 1 S. 1 AktG werden daher durch § 185 Abs. 3 AktG nicht geheilt, denn diese werden nicht durch § 185 Abs. 2 AktG, sondern durch § 125 S. 1 BGB sanktioniert.555 2. Umgang mit nicht nach § 185 Abs. 3 AktG heilbaren Mängeln Aufgrund des danach beschränkten Anwendungsbereichs des § 185 Abs. 3 AktG wird die Frage virulent, wie mit Mängeln des Zeichnungsvertrags zu verfahren ist, die nicht in den Anwendungsbereich der Norm fallen.556 Im Hinblick auf den Meinungsstand in der aktienrechtlichen Literatur bietet es sich an, zwischen dem Umgang mit (a)) Verletzungen des Schriftformerfordernisses des § 185 Abs. 1 S. 1 AktG einerseits und mit sich aus den (b)) allgemeinen Regeln ergebenden Mängeln andererseits zu differenzieren. a) Verletzung des Schriftformerfordernisses des § 185 Abs. 1 S. 1 AktG Da Verletzungen des Schriftformerfordernisses des § 185 Abs. 1 S. 1 AktG nicht durch § 185 Abs. 3 AktG geheilt werden, wird eine analoge Anwendung von § 185 Abs. 3 AktG vertreten.557 Das vermag bereits aus methodischen Gründen wegen des offenen Wortlauts der Norm nicht zu überzeugen. Ginge man davon aus, der Gesetzgeber habe das Schriftformerfordernis von § 185 Abs. 3 AktG erfasst wissen wollen, ließe sich dieses – sich in den Grenzen des Wortlauts bewegende Ergebnis – mit den Mitteln der Auslegung rechtfertigen.558 Aufgrund des methodischen Vorrangs der Auslegung gegenüber der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung bleibt daher kein Raum für eine Analogie.559 Wird vor diesem Hintergrund eine Analogie vorgeschlagen, handelt es sich um juristischen Etikettenschwindel, denn tatsächlich

554 Im Ergebnis auch Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 22; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 17; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 58 ff.; Grigoleit/ Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 34; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 24. 555 Hunecke, S. 194; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 60; Grigoleit/Rieder/ Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 34; vgl. Schürnbrand, AG 2014, 73, 75; unklar Eimer, S. 34; a.A. GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 55. 556 Vgl. Schürnbrand, AG 2014, 73 ff. 557 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 21; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 21; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 180; Schürnbrand, AG 2014, 73, 75 f.; Vogelmann, S. 250; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 58. 558 Vgl. Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 39. 559 Vgl. Larenz/Canaris (1995), S. 187 ff.

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wird keine Analogie, sondern eine Rechtsanwendung contra legem gefordert.560 Eine „analoge“ Anwendung von § 185 Abs. 3 AktG auf Verletzungen des Schriftformerfordernisses des § 185 Abs. 1 S. 1 AktG ist daher abzulehnen.561 Nach einer anderen im Schrifttum vertretenen Ansicht soll der Zeichner mit der Berufung auf die Formnichtigkeit des Zeichnungsscheins nach der Eintragung der Durchführung in das Handelsregister grundsätzlich ausgeschlossen sein.562 Dies sei Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes venire contra factum proprium.563 Diese Auffassung setzt sich weder im Ergebnis noch in ihrer methodischen Begründungskraft von der Auffassung ab, die § 185 Abs. 3 AktG auf Verletzungen des Schriftformerfordernisses des § 185 Abs. 1 S. 1 AktG analog anwenden möchte.564 Der pauschale Verweis auf § 242 BGB begründet ein Ergebnis, das die gesetzgeberische Entscheidung für das Formerfordernis in § 185 Abs. 1 S. 1 AktG vollständig unterläuft. Gewiss können die tradierten Anforderungen für eine Nichtbeachtung von Formmängeln gemäß § 242 BGB auch beim Zeichnungsvertrag erfüllt sein.565 Dafür bedarf es jedoch einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall, die nur in besonders gelagerten Fällen zu einem Einwendungsausschluss führen wird.566 Von derartigen Fällen abgesehen, sind die Verletzungen des Schriftformerfordernisses wie alle rechtsgeschäftlichen Mängel zu behandeln. b) Allgemeine rechtsgeschäftliche Mängel Nach zustimmungswürdiger und überwiegender Auffassung sollen auf das mangelbehaftete Zeichnungsgeschäft die Grundsätze über den fehlerhaften Organisationsakt Anwendung finden.567 Danach kann der Mangel des Zeichnungsgeschäfts grundsätzlich nur ex nunc geltend gemacht werden.568 Nur wenn schutz560

Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 185 Rn. 21, der (euphemistisch) eingesteht, dass mit dieser Auffassung die „Grenzen der Rechtsfortbildung […] stark strapaziert werden“. 561 So im Ergebnis auch Hunecke, S. 195. 562 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 24; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 60. Wohl auch: Hunecke, S. 195. 563 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 24; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 185 Rn. 60. 564 Vgl. Schürnbrand, AG 2014, 73, 76. 565 Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 34. 566 Vgl. Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 34; Schürnbrand, AG 2014, 73, 76. 567 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 67, 142 ff.; Huber, FS Claussen, 1997, S. 147, 148; Hunecke, S. 200; Raiser/Veil (2015), § 20 Rn. 11; Schürnbrand, AG 2014, 73, 76 ff.; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 24. 568 Huber, FS Claussen, 1997, S. 147, 148; Hunecke, S. 199; Kort, S. 196 f.; Raiser/Veil (2015), § 20 Rn. 11; Schürnbrand, AG 2014, 73, 76 f.; a.A. Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 23.

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

würdige Interessen des Zeichners, von Dritten oder der Allgemeinheit überwiegen, kann der Mangel des Zeichnungsgeschäfts ex tunc geltend gemacht werden.569 Das ist etwa der Fall, wenn die mangelhafte Zeichnung vom vermeintlichen Zeichner nicht zurechenbar veranlasst wurde, etwa weil dieser bei der Zeichnung minderjährig war.570 Ansonsten ist das Zeichnungsgeschäft bis auf Weiteres wirksam.571 Beruft sich der Zeichner auf die Mangelhaftigkeit des Zeichnungsgeschäfts, führt das nicht unmittelbar zur Unwirksamkeit der Maßnahme.572 Der Zeichner hat vielmehr einen Anspruch auf Vermittlung der Übernahme der Aktien durch einen Dritten und subsidiär auf eine Herabsetzung des Grundkapitals mit einer entgeltlichen Einziehung der Aktien gegen die Gesellschaft.573

E. Leistungsstörung Die Erfüllung der zeichnungsvertraglichen Pflichten (siehe dazu: C.III.) kann wegen einer (I.) Verletzung der Sacheinlagepflicht durch den Zeichner oder einer (II.) Verletzung der Verschaffungspflicht durch die Gesellschaft gestört sein.

I. Verletzung der Sacheinlagepflicht durch den Zeichner Der Zeichner kann seine zeichnungsvertragliche Sacheinlagepflicht verletzen, indem er sie entweder nicht oder schlecht erfüllt. Eine Schlechtleistung des Sacheinlegers liegt vor, wenn er nicht den aufgrund der Festsetzung im Zeichnungsvertrag geschuldeten Sacheinlagegegenstand leistet oder der Sacheinlagegegenstand nicht die geschuldete Qualität aufweist, also insbesondere nicht werthaltig ist. In diesen Fällen kommen als Rechtsbehelfe der Gesellschaft insbesondere der (1.) Erfüllungsanspruch aus dem Zeichnungsvertrag, der (2.) Differenzhaftungsanspruch, (3.) kaufrechtliche Gewährleistungsrechte und (4.) die Rechtsbehelfe des allgemeinen Leistungsstörungsrechts in Betracht. 1. Erfüllungsanspruch aus dem Zeichnungsvertrag Erfüllt der Zeichner seine zeichnungsvertragliche Pflicht zur Erbringung der Sacheinlage überhaupt nicht, kann die Gesellschaft unabhängig davon, ob die 569 Vgl. Hunecke, S. 199; Schürnbrand, AG 2014, 73, 76 f.; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 25. 570 Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 25. 571 Schürnbrand, AG 2014, 73, 75. 572 Kort, S. 196 f. 573 Kort, S. 197; C. Schäfer (2002), S. 309.

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Durchführung der Kapitalerhöhung bereits in das Handelsregister eingetragen wurde, Leistungsklage erheben.574 Möglicherweise kann die Gesellschaft ihr Erwerbsziel mit diesem Erfüllungsanspruch aber auch in den Fällen weiterverfolgen, in denen der Zeichner seine Einlagepflicht schlecht erfüllt. Voraussetzung wäre das Fortbestehen des Erfüllungsanspruchs trotz der Leistung einer mangelhaften Sacheinlage. Ein Untergang aufgrund von Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht, weil die Erfüllungswirkung nur eintritt, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wurde, was bei einer mangelhaften Leistung nicht der Fall ist.575 Allerdings kommt der Rekurs auf den zeichnungsvertraglichen Erfüllungsanspruch aus einem Grund nicht in Betracht: Durch die Leistung der mangelhaften Sacheinlage wandelt sich der zeichnungsvertragliche Erfüllungsanspruch in einen Differenzhaftungsanspruch. Wie der kaufrechtliche Erfüllungsanspruch sich nach der Leistung einer mangelhaften Kaufsache im Nacherfüllungsanspruch fortsetzt, setzt sich der zeichnungsvertragliche Erfüllungsanspruch im Differenzhaftungsanspruch fort. Bei Leistung einer mangelhaften Sacheinlage kann die Gesellschaft ihr Erwerbsziel daher nicht mithilfe des zeichnungsvertraglichen Erfüllungsanspruchs weiterverfolgen. 2. Differenzhaftungsanspruch Im Gegensatz zum GmbH-Recht (vgl. §§ 9, 56 Abs. 2 GmbHG) fehlt im Aktiengesetz eine gesetzliche Regelung des Differenzhaftungsanspruchs.576 Gleichwohl ist der europarechtlich durch Art. 53 GesRRL vorgegebene577 (siehe dazu: § 8 B.III.3.c)) Differenzhaftungsanspruch auch im Aktienrecht anerkannt.578 Als normativer Anknüpfungspunkt wird sowohl eine Gesamtanalogie zu den § 36a Abs. 2, §§ 183, 188 Abs. 2 S. 1 AktG579 als auch eine Analogie zu den §§ 9, 56

574

Vgl. Lutter (1964), S. 140 f. MüKoBGB/Fetzer, 7. Aufl. 2015, § 362 Rn. 3; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 362 Rn. 3; Staudinger/Olzen, BGB, 2016, § 362 Rn. 21; Hk-BGB/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 362 Rn. 11; vgl. OLG Stuttgart WM 2007, 447 Rn. 22. 576 Heer, ZIP 2012, 2325, 2326. 577 Stellt das mitgliedstaatliche Recht keinen Differenzhaftungsanspruch bereit, wird der Inferent von dem mit der Einlageleistung nicht erfüllten Teil seine Einlagepflicht befreit, was einen Verstoß gegen Art. 53 GesRRL begründen würde. A.A. Trölitzsch, S. 90 f., der als mögliche Rechtsgrundlage für eine mitgliedstaatliche Verpflichtung zur Einführung eines Differenzhaftungsanspruchs allerdings nur das Verbot der Unterpariemission in Betracht zieht. 578 BGHZ 64, 52 Rn. 33; Heer, ZIP 2012, 2325, 2326; Trölitzsch, S. 102. 579 So Heer, ZIP 2012, 2325, 2326. Siehe auch: BGHZ 191, 364 Rn. 16 („Babcock“). Der Bundesgerichtshof vertritt mehrere Begründungsansätze des Differenzhaftungsanspruchs parallel. 575

270

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Abs. 2 GmbHG580 vertreten. Ein weiterer Begründungsansatz stellt auf das Verhältnis von Sach- und Bareinlagepflicht an: Da die Sacheinlagepflicht nur ein datio in solutum sei (siehe dazu: C.III.1.a)bb)), ergebe sich die Differenzhaftung aus der Bareinlagepflicht, die nur in Höhe des Werts der Sacheinlage erfüllt sei.581 Vorzugswürdig erscheint es demgegenüber, im Zeichnungsvertrag die normative Grundlage des Differenzhaftungsanspruchs zu sehen, dem nämlich neben der Sacheinlagepflicht auch eine Kapitaldeckungszusage des Zeichners zu entnehmen ist (siehe dazu: C.III.1.a)aa)).582 Aus dieser Kapitaldeckungszusage ergibt sich eine vertragliche Garantiehaftung des Zeichners, die eine Ähnlichkeit zur kaufrechtlichen Beschaffenheitsgarantie aufweist und sich im Differenzhaftungsanspruch manifestiert.583 Trotz der vertraglichen Grundlage des Differenzhaftungsanspruchs steht dieser nicht zur Disposition der Parteien.584 Für diese Erkenntnis bedarf es allerdings weder eines Rückgriffs auf § 242 BGB noch auf den Rechtsgedanken des § 243 Abs. 2 S. 2 AktG.585 Denn die Kapitaldeckungszusage des Zeichners und ihr Umfang ergibt sich aus § 183 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 AktG. Eine Beschränkung dieses Anspruchs wäre gemäß § 183 Abs. 2 Var. 2 AktG nichtig und würde ferner gegen § 66 Abs. 2 AktG verstoßen.586 Tatbestandlich setzt der Differenzhaftungsanspruch eine wertmäßige Differenz zwischen der erbrachten Sacheinlage und der Einlageschuld zulasten der Gesellschaft voraus. Für deren Feststellung ist der Zeitpunkt der Durchführungsanmeldung maßgeblich.587 Ist die Einlage in diesem Zeitpunkt noch nicht erbracht worden, kommt es auf den Leistungszeitpunkt an.588 Nachträgliche Wertverluste sind damit ebenso irrelevant wie nachträgliche Wertaufholungen.589 580

So Schlößer/Pfeiffer, NZG 2012, 1047; Spindler/Stilz/Vatter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 9 Rn. 18; auch: BGHZ 191, 364 Rn. 16 („Babcock“). Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 71 differenziert zwischen der Haftung hinsichtlich des geringsten Ausgabebetrags und eines etwaigen Agios. Hinsicht der Differenzhaftung für den geringsten Ausgabebetrag vertritt er eine Analogie zu §§ 9, 56 Abs. 2 GmbHG. 581 Lutter (1964), S. 270, 280 ff., 285; vgl. Trölitzsch, S. 130 ff. 582 Fn. 459. Der BGH rekurriert teilweise noch auf das Verbot der Unterpariemission. 583 Vgl. BGHZ 64, 52 Rn. 33; BGHZ 68, 191 Rn. 37; BGHZ 171, 293 Rn. 5; BGHZ 191, 364 Rn. 16 („Babcock“); OLG München NZG 2006, 73 Rn. 18. BT-Drucks. 8/1347, S. 35 zu § 9 GmbHG: „Die Nachzahlungspflicht nach Absatz 1 S. 1 soll unabhängig von einem Verschulden des Gesellschafters bestehen, da sie allein ein Ausfluß der in seinem Einlageversprechen enthaltenen Deckungszusage ist“. 584 BGHZ 191, 364 Rn. 42 („Babcock“); Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 55, 63; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 73. 585 So aber Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 73 f. 586 Vgl. MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 66 Rn. 11. 587 KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 183 Rn. 66; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 73; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 8; a.A. Cavin, Kapitalaufbringung, 2012, S. 444 f., dessen Einwände allerdings nicht zu überzeugen vermögen, weil § 9 Abs. 1 GmbHG hinsichtlich des Gefahrübergangs eindeutig ist. Für eine abweichende Handhabung im Aktienrecht besteht kein Anlass. 588 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 21.

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

271

Auf Rechtsfolgenseite ist der Differenzhaftungsanspruch qualitativ auf einen Barausgleich der Wertdifferenz gerichtet.590 Quantitativ umfasst er die vollständige Differenz zwischen der Einlagepflicht (inklusive eines etwaigen kooperativen Agios) des Inferenten einerseits und dem tatsächlichen Wert des Sacheinlagegegenstandes andererseits.591 Ist der Wert des Einlagegegenstandes negativ, übersteigt der Differenzhaftungsanspruch danach die ursprüngliche Einlagepflicht.592 Darin besteht kein Widerspruch zu § 54 Abs. 1 AktG, denn bei einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung entspricht die Einlageleistung auch in diesem Fall dem Ausgabebetrag. Auf ein schuldrechtliches „Agio“ erstreckt sich der Differenzhaftungsanspruch dagegen nicht.593 3. Gewährleistungsrechte, § 437 BGB analog Nach teilweise vertretener Ansicht sollen auf die mangelhafte Sacheinlage aufgrund der großen inhaltlichen Nähe zwischen der Sachgründung bzw. der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage und dem Kaufrecht die kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln der §§ 434 ff. BGB Anwendung finden.594 Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Analogie ist eine Regelungslücke,595 deren Bestehen zweifelhaft ist. Für die Bestimmung des Inhalts der Sacheinlagepflicht wurde ein Rückgriff auf die §§ 434 f. BGB mangels Regelungslücke bereits verneint (siehe dazu: C.III.1.a)aa)). Und auch hinsichtlich der gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfe besteht keine Regelungslücke, weil das

589

Vgl. Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 8. BGHZ 64, 52 Rn. 33; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 44; Hölters/Solveen, AktG, 3. Aufl. 2017, § 27 Rn. 12. 591 Spindler/Stilz/Benz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 47; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 27 Rn. 21, § 183 Rn. 21; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 71; Spindler/Stilz/Vatter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 9 Rn. 19; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 8. 592 Spindler/Stilz/Benz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 47; Dietz, S. 66; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 44; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 73; Hölters/ Solveen, AktG, 3. Aufl. 2017, § 27 Rn. 12; Spindler/Stilz/Vatter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 9 Rn. 19; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 8; a.A. KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 183 Rn. 66; Trölitzsch, S. 221 ff. 593 MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 72; i.E. auch Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 8; a.A. C. Schäfer, ZIP 2016, 953, 954 ff.; ders., FS Stilz, 2014, S. 525, 530. 594 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 36; Staudinger/ Beckmann, BGB, 2013, § 433 Rn. 82; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 185 Rn. 28; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 439 Rn. 2; Schlößer/Pfeiffer, NZG 2012, 1047, 1048; vgl. BGHZ 45, 338 Rn. 32 ff. 595 Fn. 157. 590

272

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Recht der Sachkapitalerhöhung funktionsäquivalente Instrumente zu den kaufrechtlichen Gewährleistungsrechten anbietet.596 Die einzigen genuinen kaufrechtlichen Rechtsbehelfe sind der Nacherfüllungsanspruch aus § 439 BGB und das Minderungsrecht aus § 440 BGB. Die Anwendung des Minderungsrechts auf die Sachkapitalerhöhung kommt nicht in Betracht, weil eine Herabsetzung der Gegenleistung der Gesellschaft im Zuge des Strukturänderungsvorgangs nicht möglich ist. Für die analoge Anwendung des kaufrechtlichen Nacherfüllungsanspruchs fehlt es an einer Regelungslücke: Der Nacherfüllungsanspruch dient nämlich der Fortsetzung des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB597 und damit der Durchsetzung des Äquivalenzinteresses des Käufers. Er ist das einzige Mittel, das dem Käufer zur Verfolgung seines positiven Interesses auch in den Fällen zur Verfügung steht, in denen der Verkäufer die Schlechtleistung nicht zu vertreten hat. Das scharfe Schwert der verschuldensunabhängigen Einstandspflicht findet seine Rechtfertigung dabei im Synallagma. Im Fall der Sachkapitalerhöhung steht der Schuldner dagegen wegen des Differenzhaftungsanspruchs bereits verschuldensunabhängig für die Erfüllung seiner Einlagepflicht wertmäßig ein. Der Differenzhaftungsanspruch der Gesellschaft ist bei der Sachkapitalerhöhung insofern funktionsäquivalent zum kaufrechtlichen Nacherfüllungsanspruch.598 Die Anwendung des kaufrechtlichen Nacherfüllungsanspruchs auf die Sacheinlagepflicht des Zeichners ist daher abzulehnen.599 Die Anwendung der übrigen in § 437 BGB aufgeführten Rechtsbehelfe ergibt sich – wenn überhaupt – aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht. Der Rückgriff auf § 437 BGB als Anknüpfungsnorm für die besondere kaufrechtliche Verjährung gemäß § 438 BGB scheitert für die Sachkapitalerhöhung jedenfalls an einer nicht vergleichbaren Interessenlage, wie ein Blick auf § 9 Abs. 2 GmbHG deutlich macht. 4. Rechtsbehelfe aus allgemeinem Leistungsstörungsrecht Als Rechtsbehelfe der Gesellschaft aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht kommen Ansprüche auf (a)) Schadens- und (b)) Aufwendungsersatz, (c)) Herausgabe des stellvertretenden commodums und die (d)) Rückabwicklung des Zeichnungsvertrags in Betracht.

596 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 114: „Zumal es des Rückgriffs auf [die §§ 437 ff. BGB] […] gar nicht bedarf, um zu brauchbaren Ergebnissen zu gelangen“; K. Schmidt (2002), S. 583 f. 597 Vgl. Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 439 Rn. 1; BeckOKBGB/Faust, 43. Ed. 2017, § 439 Rn. 6. 598 Vgl. K. Schmidt (2002), S. 584. 599 So i.E. auch MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 56.

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

273

a) Schadensersatz Der Zeichnungsvertrag begründet ein Schuldverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Zeichner. Verletzt der Zeichner seine Sacheinlagepflicht, hat die Gesellschaft Schadensersatzansprüche aus den §§ 280 ff. BGB, soweit sich der Zeichner nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB exkulpieren kann. Die Gesellschaft kann danach Ersatz des Verzögerungsschadens unter den zusätzlichen Voraussetzungen der § 280 Abs. 2, § 286 BGB verlangen.600 Liegen die Voraussetzungen der § 280 Abs. 1, 3, §§ 281, 283 BGB oder des § 311a Abs. 2 BGB vor, kann die Gesellschaft den Zeichner auf Schadensersatz statt der Leistung in Anspruch nehmen.601 Das erlaubt es ihr, das mit der Sachkapitalerhöhung verfolgte Erwerbsziel im Wege der Naturalrestitution doch noch zu erreichen. b) Aufwendungsersatz Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann die Gesellschaft grundsätzlich auch gemäß § 284 BGB Ersatz der Aufwendungen verlangen, die sie im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte. Die Vorschrift dürfte für die (gescheiterte) Sachkapitalerhöhung keine große praktische Relevanz haben, weil § 284 BGB der Anwendung der Rentabilitätsvermutung im Schadensrecht nicht entgegensteht602 und nach § 284 BGB Aufwendungen, die eine wirtschaftliche Zwecke verfolgende Gesellschaft billigerweise tätigen darf, in der Regel als Schadensersatz statt der Leistung ersetzt verlangt werden können. c) Herausgabe des stellvertretenden commodums, § 285 BGB Ist dem Zeichner die Erfüllung der Sacheinlagepflicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich oder kann er deren Erfüllung nach § 275 Abs. 2 oder 3 BGB verweigern, kann die Gesellschaft gemäß § 285 Abs. 1 BGB auch das stellvertretende commodum verlangen,603 wobei sie sich dessen Wert nach § 285 Abs. 2 BGB auf einen etwaigen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung anrechnen lassen muss. Der Anspruch ist insbesondere interessant, wenn der Zeichner den Sacheinlagegegenstand anderweitig veräußert hat, weil § 285 Abs. 1 BGB auch auf die Herausgabe des commodum ex negotatione cum re gerichtet ist.604 600

KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 27 Rn. 21; Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 49; vgl. MüKoAktG/ders., 4. Aufl. 2016, § 63 Rn. 50. 601 KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 27 Rn. 19; Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 48; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 51. 602 OLG NJW 2005, 999 Rn. 77 f.; LG Bonn NJW 2004, 74 Rn. 61; Canaris, JZ 2001, 499, 517; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 281 Rn. 23, § 284 Rn. 3; Erman/Westermann, BGB, 15. Aufl. 2017, § 284 Rn. 3; a.A. Stoppel, AcP 204 (2004), 81, 112 f. 603 KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 27 Rn. 19. 604 Vgl. BGHZ 46, 260 Rn. 8; BGHZ 75, 203 Rn. 9; BGH NJW-RR 2005, 241 Rn. 14; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 285 Rn. 7; vgl. unter Einschränkungen auch

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2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

d) Rückabwicklung Ist die Durchführung der Kapitalerhöhung noch nicht in das Handelsregister eingetragen, kann die Gesellschaft nach Maßgabe des § 323 BGB vom Zeichnungsvertrag zurücktreten.605 Ein Rücktritt kann auch erfolgen, wenn die Leistung der Sacheinlage erst nach der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung fällig ist, aber bereits davor feststeht, dass der Zeichner sie nicht erbringen wird. Da nach der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung ein Rücktritt vom Zeichnungsvertrag allerdings nicht mehr in Betracht kommt und die Voraussetzungen des Rücktritts daher mitunter bei Fälligkeit nicht eintreten würden, ergibt sich dieses Rücktrittsrecht nicht aus § 323 Abs. 4 BGB. Da es sich dabei allerdings erkennbar um eine Regelungslücke handelt, findet die Vorschrift wegen der vergleichbaren Interessenlage analoge Anwendung. Wurde die Durchführung der Kapitalerhöhung bereits in das Handelsregister eingetragen, kann sich die Gesellschaft dagegen nicht mehr vom Zeichnungsvertrag lösen. Das gilt schon deshalb, weil der Rücktritt vom Zeichnungsvertrag das durch die Eintragung entstandene mitgliedschaftliche Verhältnis zwischen Zeichner und Gesellschaft nicht beseitigen würde.606 II. Verletzung der Verschaffungspflicht durch die Gesellschaft 1. Nichtleistung Auf der Grundlage der herrschenden Auffassung, die einen Verschaffungsanspruch des Zeichners gegen die Gesellschaft ablehnt (siehe dazu: C.III.2.a)), hat der Zeichner keine Möglichkeit, sein positives Interesse durchzusetzen. Vom hier vertretenen Standpunkt aus kann der Zeichner dagegen die Leistungsklage erheben, wobei das Urteil gegen die Gesellschaft gemäß § 894 ZPO vollstreckt wird.607 Als logische Folge der Verschaffungspflicht der Gesellschaft steht dem Zeichner daneben ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gegen die Gesellschaft zu.608 Als Anspruchsgrundlage kommt dabei zunächst § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB in MüKoBGB/Emmerich, 7. Aufl. 2016, § 285 Rn. 22 f.; vgl. auch schon RGZ 138, 45; so auch KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 27 Rn. 19. 605 Vgl. Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 185 Rn. 27; für die Barkapitalerhöhung auch MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 185 Rn. 52, die allerdings – entgegen der hier vertretenen Ansicht – von einer nur analogen Anwendung des § 323 BGB ausgehen; a.A. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 115, der eine (analoge) Anwendung von § 323 BGB ablehnt. 606 Geht man dagegen mit der h.M. davon aus, dass die Sacheinlage nur ein datio in solutum der Bareinlage ist, kommt ein Rücktritt nur hinsichtlich dieser Erfüllungsvereinbarung in Betracht (so etwa Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 48). 607 Vgl. Hellwig, FS Rowedder, 1994, S. 141, 149. 608 Grundlegend: Eimer, S. 172 ff.

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

275

Betracht.609 Der Zeichner muss der Gesellschaft also zunächst eine angemessene Frist setzen, § 281 Abs. 1 S. 1 BGB. Wird die Gesellschaft nach dem Abschluss des Zeichnungsvertrags gemäß § 275 BGB von ihrer Verschaffungspflicht befreit, ergibt sich der Anspruch des Zeichners dagegen aus § 280 Abs. 1, 3, § 283 BGB.610 War die Leistungspflicht der Gesellschaft schon bei Vertragsschluss ausgeschlossen, findet § 311a Abs. 2 BGB Anwendung. Alle diese Anspruchsgrundlagen setzen Vertretenmüssen, also regelmäßig eine fahrlässige Pflichtverletzung der Gesellschaft voraus, § 276 Abs. 1 BGB,611 was allerdings gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 bzw. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB vermutet wird. Anders als bei einer Barkapitalerhöhung, die z. B. am Erfordernis der Vollzeichnung scheitern kann,612 wird die Gesellschaft das Scheitern einer Sachkapitalerhöhung regelmäßig zu vertreten haben. Lehnt man dagegen mit der herrschenden Meinung einen Verschaffungsanspruch ab, kommt ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nicht in Betracht. Der Bundesgerichtshof bejaht in seiner neueren Rechtsprechung für das GmbH-Recht allerdings einen auf das negative Interesse gerichteten Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB und begründet das mit einer Treuepflichtverletzung der Gesellschaft gegenüber dem Zeichner.613 Einen solchen Anspruch befürworten auch Teile des aktienrechtlichen Schrifttums, ziehen dabei jedoch überwiegend den § 122 BGB analog als Anspruchsgrundlage heran.614 Das hätte eine verschuldensunabhängige Haftung der Gesellschaft auf das negative Interesse zur Folge. Nehmen die Parteien von der Durchführung der (Sach-)Kapitalerhöhung Abstand, soll deren Rückabwicklung nach teilweise vertretener Ansicht nach den §§ 812 ff. BGB erfolgen.615 Das überzeugt wegen der daraus folgenden Belastung des Zeichners mit den Risiken des § 818 Abs. 3 BGB dann nicht, wenn der Zeichnungsvertrag wirksam ist und die Rückabwicklung infolge einer Pflichtverletzung der Gesellschaft unterbleibt. Dementsprechend besteht nach der vorzugswürdigen Gegenansicht ein vertraglicher Rückgewähranspruch des Zeichners.616

609

Eimer, S. 173. Eimer, S. 173. 611 Eimer, S. 173 612 Siehe dazu: Eimer, S. 173. 613 BGH NJW 2015, 3786 Rn. 28 ff. 614 So Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 182 Rn. 48; Grigoleit/ Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 182 Rn. 9; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 182 Rn. 32; vgl. Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 182 Rn. 11; Wieneke, NZG 2004, 61, 68. 615 Vgl. Henssler/Strohn/Hermanns, GesR., 3. Aufl. 2016, § 185 AktG Rn. 4; Grigoleit/ Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 185 Rn. 40; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 185 Rn. 18. 616 OLG Schleswig AG 2003, 524 Rn. 69 ff. 610

276

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

2. Schlechtleistung Aus der Sicht des Zeichners ist die Interessenlage bei der Zeichnung einer Kapitalerhöhung vergleichbar mit der bei einem schuldrechtlichen Beteiligungserwerb.617 Das Interesse des Zeichners beschränkt sich daher nicht auf die Durchsetzung der Sachkapitalerhöhung bzw. der mit diesem Interesse korrespondierenden sekundären Rechtsbehelfe. Sein subjektives Äquivalenzinteresse erstreckt sich auch auf die Qualität der im Rahmen der Sachkapitalerhöhung erworbenen jungen Aktien. Das wirft die Frage auf, ob dem Zeichner (a)) gesetzliche Gewährleistungsrechte zustehen oder ihm jedenfalls (b)) vertragliche Gewährleistungsrechte eingeräumt werden können. a) Gesetzliche Gewährleistungsrechte Als Grundlage für gesetzliche Gewährleistungsrechte kommen zum einen das tauschrechtliche Gewährleistungsrecht der §§ 480, 434 ff. BGB und zum anderen das allgemeine Leistungsstörungsrecht in Betracht. Aufgrund der Doppelnatur des Zeichnungsvertrags könnten sich Gewährleistungsrechte des Zeichners aus den §§ 434 ff. BGB ergeben. Das wäre der Fall, wenn das schuldrechtliche Element des Zeichnungsvertrags dessen (jedenfalls teilweise) Qualifikation als Tausch i.S.v. § 480 BGB begründen würde. Über den Verweis auf die kaufrechtlichen Regelungen fände dann das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht Anwendung. Der Tausch ist ein Vertrag, der beide Vertragsparteien wie Verkäufer verpflichtet.618 Gegenstand des Tauschs kann daher nur sein, was auch möglicher Gegenstand eines Kaufvertrags ist.619 Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der Verschaffungspflicht der Gesellschaft nicht erfüllt: Anders als der derivative ist der originäre Aktienerwerb nämlich nicht auf den Erwerb einer Beteiligung, sondern auf die Aufnahme in den Kreis der Gesellschafter gerichtet. Die Gesellschaft gibt keinen Gegenstand aus ihrem Vermögen für die Leistung der Sacheinlage weg, sie erschafft das Mitgliedschaftsrecht in der Person des Zeichners. Diese Leistung ist kein tauglicher Kaufgegenstand. Bei diesem Aspekt des Zeichnungsvertrags handelt es sich vielmehr um eine außerhalb des Anwendungsbereichs des Tauschrechts stehende Pflicht sui generis,620 in der die kooperationsrechtliche Komponente des Zeichnungsvertrags zum Ausdruck kommt.621 Insofern scheidet nicht nur eine unmittelbare Anwendung der §§ 434 ff. BGB über § 480 BGB aus. Auch eine analoge Anwendung kommt mangels einer vergleichbaren Interessenlage nicht in Be617

Vgl. Wieneke, NZG 2004, 61, 68. Vgl. Jauernig/C. Berger, BGB, 16. Aufl. 2015, § 480 Rn. 5; Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl. 2017, § 480 Rn. 1; Hk-BGB/Saenger, 9. Aufl. 2017, § 480 Rn. 3. 619 Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl. 2017, § 480 Rn. 1. 620 Vgl. Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl. 2017, § 480 Rn. 1. 621 Das passt zu der von Wiedemann (GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 185 Rn. 29) angesprochenen Parallele zum Beitritt zur Personengesellschaft. 618

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

277

tracht.622 Denn die Aufnahme in den Kreis der Gesellschafter ist eine Leistung, die der gewährleistungsrechtlichen Formensprache nicht zugänglich ist. Die Aufnahme erfolgt oder sie erfolgt nicht. Der Zeichner kann nicht schlecht in die Gesellschaft aufgenommen werden. Vor diesem Hintergrund scheidet auch ein Rekurs auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht aus, um das positive Interesse des Gesellschafters zu befriedigen. Die Gesellschaft schuldet nämlich nur die Verschaffung der Mitgliedschaft. Zum wirtschaftlichen Erfolg des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens hat diese Pflicht dagegen keinen Bezug, weil es sich dabei um keine Qualität des Mitgliedschaftsrechts handelt. b) Vertragliche Gewährleistungsrechte Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist das subjektive Äquivalenzinteresse des Zeichners gleichwohl maßgeblich auf die wirtschaftliche Güte der erworbenen Mitgliedschaft gerichtet. Dieses Interesse würde durch die Vereinbarung (zeichnungs-)vertraglicher Gewährleistungsrechte für den Zeichner befriedigt. Die wohl überwiegende Auffassung in der aktienrechtlichen Literatur hält solche Vereinbarungen allerdings für unzulässig.623 Dogmatischer Ausgangspunkt dieser Ansicht ist der Grundsatz der Kapitalerhaltung und das daraus folgende Verbot der Einlagenrückgewähr des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG.624 Leistungen der Gesellschaft aufgrund von Gewährleistungsrechten des Zeichners erfolgten causa societatis und seien daher als verbotene Einlagenrückgewähr zu qualifizieren.625 Hunecke sieht in der Vereinbarung von Gewährleistungsrechten des Zeichners im Zeichnungsvertrag einen Verstoß gegen § 185 Abs. 2 AktG, wonach andere Beschränkungen als die zeitliche Beschränkung nach § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG nichtig sind.626 Gewährleistungsrechte des Zeichners außerhalb des Zeichnungsscheins seien gemäß § 185 Abs. 4 AktG der Gesellschaft gegenüber unwirksam.627 Nach der Auffassung von Dietz widerspricht die Vereinbarung von Gewährleistungsrechten zugunsten des Zeichners dem Erfordernis, einen 622 Es sollte nicht übersehen werden, dass die Anwendbarkeit des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts dem Zeichner regelmäßig nur wenig helfen würde, da der – im Rahmen einer Kapitalerhöhung übliche – Erwerb einer bloßen Minderheitsbeteiligung nicht als Unternehmenserwerb zu qualifizieren ist und die Gesellschaft daher nur für die Varietät und nicht auch die Bonität der getauschten Beteiligung haften würde. 623 Dietz, S. 184; Hunecke, S. 274 ff. I. E. wohl auch Maidl/Kreifels, NZG 2003, 1091, 1093 f. 624 Vgl. Brandi, NZG 2004, 600, 601 ff.; Kossmann, AG 2005, 9, 20; Maidl/Kreifels, NZG 2003, 1091, 1093 f.; Sieger/Hasselbach, BB 2004, 60, 61. 625 Hunecke, S. 275; vgl. Kossmann, AG 2005, 9, 20; Maidl/Kreifels, NZG 2003, 1091, 1093 f. 626 Hunecke, S. 274. 627 Hunecke, S. 274.

278

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

angemessenen Ausgabebetrag festzusetzen.628 Eine nachträgliche Abänderung des Bewertungsverhältnisses durch Gewährleistungsrechte des Zeichners würde zu einer unzulässigen Einschränkung der Differenzhaftung führen.629 Auch hinsichtlich des Verbots der Financial Assistance gemäß § 71a AktG und dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgebot werden von Sieger und Hasselbach Bedenken gegen Gewährleistungsrechte des Zeichners erhoben.630 Brandi geht davon aus, dass der Vereinbarung von Gewährleistungsrechten des Zeichners ab der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung die Bestandskraft des Zeichnungsvertrags entgegensteht.631 Die Gegenmeinung hält die Vereinbarung vertraglicher Gewährleistungsrechte zugunsten des Zeichners dagegen für zulässig: Ein Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1 AktG liege nicht vor, wenn das Geschäft einem Drittvergleich standhalte.632 Insoweit stellten marktübliche Gewährleistungen keinen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr dar.633 Nach Ansicht von Schaefer und Grützediek sei dem Schutz der Gläubigerinteressen genüge getan, wenn das Verbot der Unterpariemission beachtet würde und die Befriedigung der Gewährleistungsansprüche nur aus den freien Rücklagen erfolge.634 Winter hält die Vereinbarung vertraglicher Gewährleistungsrechte zugunsten des Zeichners als Fall der gemischten Sacheinlage für zulässig.635 Die Gewährleistungsansprüche des Zeichners treten danach als Gegenleistung in Form „einer latenten Zahlungspflicht“ für die Leistung der Sacheinlage neben die Verschaffung der jungen Aktien.636 Voraussetzung sei, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss diese latente Zahlungspflicht offen ausweise, sie dem Umfang nach begrenzt sei und sie im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gemäß § 255 Abs. 2 AktG berücksichtigt wird.637 Der Ansatz von Winter überzeugt: Der Grundsatz der Kapitalerhaltung ist von der Vereinbarung von (zeichnungs-)vertraglichen Gewährleistungsrechten nicht betroffen, wenn und soweit diese jedenfalls zeitgleich mit der Mitgliedschaft entstehen.638 Die Simultanität schließt die für die Anwendung des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG erforderliche Kausalität zwischen Mitgliedschaft und Leistung logisch aus. Causa 628

Dietz, S. 184. Dietz, S. 184. 630 Sieger/Hasselbach, BB 2004, 60, 62. 631 Brandi, NZG 2004, 600, 602 ff. 632 Schaefer/Grützediek, NZG 2006, 204, 206. 633 Schaefer/Grützediek, NZG 2006, 204, 206. 634 Schaefer/Grützediek, NZG 2006, 204, 206. 635 Winter, FS Röhricht, 2005, S. 709, 721 ff. Dem sich anschließend: Bürgers/Körber/ Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 9; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 54. Ähnlich wohl auch KKAktG/Drygala, 3. Aufl. 2011, § 57 Rn. 36. 636 Winter, FS Röhricht, 2005, S. 709, 723. 637 Winter, FS Röhricht, 2005, S. 709, 723. 638 Dietz, S. 183. 629

§ 12 Das Zeichnungsgeschäft

279

der Leistung der Gesellschaft auf Gewährleistungsansprüche des Zeichners ist nämlich nicht die Mitgliedschaft, sondern der Zeichnungsvertrag bzw. das im Zeichnungsvertrag niedergelegte Äquivalenzverhältnis. Diese Betrachtung bedarf vorliegend auch keiner normativen Korrektur,639 weil das Leistungsversprechen nicht im Vorgriff auf eine zukünftig zu erwartende Mitgliedschaft erfolgt.640 Auch bei wertender Betrachtung fällt die Einräumung von Gewährleistungsrechten im Zeichnungsvertrag nämlich mit dem Entstehen der Mitgliedschaft zusammen. Es verhält sich also so, dass sich der Zeichner wegen des Gewährleistungsrechts erst auf die Mitgliedschaft einlässt und ihm nicht wegen der Mitgliedschaft das Gewährleistungsrecht eingeräumt wird. Die Zulässigkeit vertraglicher Gewährleistungsrechte des Zeichners ist demnach keine Frage der Kapitalerhaltung, sondern betrifft den Umfang der Leistungspflicht und ist damit eine Frage der Kapitalaufbringung.641 Zulässigkeitsmaßstab sind daher das Verbot der Befreiung von der Einlagepflicht, das Verbot der Unterpariemission und das Verbot der Aktienübernahme auf Rechnung der Gesellschaft. Eine unzulässige Befreiung von der Einlagepflicht setzt die Übernahme der Einlagepflicht durch den Zeichner voraus. Sind die Gewährleistungsrechte bereits im Zeichnungsvertrag vereinbart, ist die Einlagepflicht des Zeichners ab initio mit dem Gewährleistungsrecht belastet. Weder deren Einräumung noch deren Geltendmachung verstoßen daher gegen den zwingenden Charakter der Einlagepflicht nach Art. 53 GesRRL (siehe dazu: § 8 B.III.1.). Das Verbot der Unterpariemission steht der Vereinbarung von Gewährleistungsrechten nicht entgegen, soweit die Einlagepflicht durch sie nicht unter den geringsten Ausgabebetrag des § 9 AktG sinkt.642 Das Verbot der Aktienübernahme für Rechnung der Gesellschaft des § 56 Abs. 3 AktG ist verletzt, soweit das aus der Aktionärsstellung erwachsende wirtschaftliche Risiko teilweise von der Gesellschaft getragen wird.643 Das wirtschaftliche Risiko, das typischerweise mit einer Beteiligung an einer Aktiengesellschaft verbunden ist, resultiert aus der Ungewissheit hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Un639 Anders ist das etwa bei der Vorwirkung von Art. 85 GesRRL dar (siehe dazu: 1. Kapitel: § 8 B.VI.3.). 640 Vgl. dazu BGH WM 2008, 161 Rn. 13; MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 57 Rn. 111; Brandi, NZG 2004, 600, 601; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, AktG, 3. Aufl. 2015, § 57 Rn. 54; Münch. HdB. GesR. IV/Rieckers, § 16 Rn. 71. So stellt es sich etwa bei der Vorwirkung von Art. 85 KapRL dar (siehe dazu: 1. Kapitel: § 8 B.VI.3.). 641 Vgl. Dietz, S. 183. Dementsprechend wird die verwandte Fragestellung nach der Zulässigkeit von Kursgarantien der Aktiengesellschaft gegenüber dem Zeichner in der Literatur im Hinblick auf das Verbot der Aktienübernahme für Rechnung der Gesellschaft gemäß § 56 Abs. 3 AktG diskutiert (MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 57 Rn. 76; Winter, FS Röhricht, 2005, S. 709 ff.). 642 Schaefer/Grützediek, NZG 2006, 204, 206. 643 OLG Hamm v. 24. 1. 2007 – 8 U 69/06, Rn. 28; MüKoAktG/Bungeroth, 4. Aufl. 2016, § 56 Rn. 57; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 56 Rn. 22; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 56 Rn. 12; Hölters/Laubert, AktG, 3. Aufl. 2017, § 56 Rn. 11; Grigoleit/ Rachlitz, AktG, 2013, § 56 Rn. 10.

280

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

ternehmens. Gewährleistungs- oder Garantieklauseln sind also im Hinblick auf § 56 Abs. 3 AktG unzulässig, wenn sie tatbestandlich an die zukünftige Entwicklung des Unternehmens anknüpfen. Das ist der Fall, wenn eine Gewährleistungs- oder Garantieklausel eine Absicherung hinsichtlich des prognostischen Teils der einer Bewertung (siehe dazu: § 5 D.II.4.a)bb)) der Aktiengesellschaft zugrundeliegenden Bewertungsannahmen gewährt. Keine Übernahme des unternehmerischen Risikos stellen dagegen Zusicherungen hinsichtlich der Richtigkeit vergangenheitsbezogener Bewertungsannahmen dar. Hier besteht nämlich tatsächlich – vollständige Information der Beteiligten vorausgesetzt – keine Unsicherheit. Neben dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung ergeben sich weitere Grenzen für die Vereinbarung von (zeichnungs-)vertraglichen Gewährleistungsrechten aus den § 185 Abs. 2, 4, § 255 Abs. 2 AktG: Sind die Gewährleistungsrechte nicht im Erhöhungsbeschluss der Hauptversammlung vorgesehen, liegt tatsächlich ein Verstoß gegen § 185 Abs. 2 AktG vor.644 Außerhalb des Zeichnungsvertrags stellt § 185 Abs. 4 AktG eine unüberwindbare Grenze dar.645 Werden die Gewährleistungsrechte aber im Zeichnungsvertrag vereinbart, steht dem dessen Bestandskraft freilich nicht entgegen. Auch die sich aus § 255 Abs. 2 AktG ergebende Pflicht zur Festsetzung eines angemessenen Ausgabebetrags (siehe dazu: § 9 D.I.) muss bei der Einräumung von zeichnungsvertraglichen Gewährleistungsrechten berücksichtigt werden. Sichern die dem Zeichner gewährten Gewährleistungsrechte vergangenheitsbezogen nur die Bewertungsannahmen des Zeichners ab, wird dies jedoch kaum Schwierigkeiten bereiten. Kann der Zeichner hier Gewährleistungsrechte geltend machen, korrespondiert das nämlich mit einem geringeren Wert der erworbenen Beteiligung. Die bezugsrechtslosen Altaktionäre erleiden insofern keine vermögensmäßige Verwässerung. Einige Autoren plädieren dafür, die Interessen des Zeichners an einer Gewährleistung für die Werthaltigkeit der jungen Aktien zu verwirklichen, indem die Einlagepflicht teilweise als schuldrechtliches „Agio“ ausgestaltet wird.646 Da ein schuldrechtliches „Agio“ allerdings bei der Bestimmung der Angemessenheit des Ausgabebetrags unberücksichtigt bleibt (siehe dazu: § 9 D.I.3.), kann eine solche Gestaltung – unabhängig von der Ausgestaltung im Einzelfall – das Äquivalenzinteresse des Zeichners allenfalls hinsichtlich einer Prämie auf den angemessenen Ausgabepreis absichern. Als weitere Alternative zur Vereinbarung von Gewährleistungsrechten zugunsten des Zeichners schlägt Brandi ein Rücktrittsrecht des künftigen Aktionärs bis zur Eintragung der Durchführung vor.647 Eine solche Regelung mag sinnvoll sein und ist auch im Hinblick auf § 185 Abs. 2 Var. 2 AktG rechtlich nicht zu beanstanden, sie stellt allerdings kein Funktionsäquivalent zu 644

Hunecke, S. 274. Hunecke, S. 274. 646 Brandi, NZG 2004, 600, 604 ff., der allerdings für eine solche Gestaltung im Hinblick auf § 57 Abs. 1 S. 1 AktG ein besonderes betriebliches Interesse der Gesellschaft verlangt. 647 Brandi, NZG 2004, 600, 603 f. 645

§ 13 Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung

281

echten Gewährleistungsrechten dar,648 da sie den Zeichner nur für die Zeit bis zum dinglichen Vollzug schützt.

§ 13 Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung Schlusspunkt der (Sach-)Kapitalerhöhung ist die Anmeldung der Durchführung zum und deren Eintragung in das Handelsregister. Mit der Eintragung ist das Kapital gemäß § 189 AktG erhöht und die Mitgliedschaft des Zeichners entsteht.649 Die Eintragung wirkt also konstitutiv.650

A. Eintragungsvoraussetzungen Dafür müssen die folgenden Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sein: I. Vollzeichnung Die Kapitalerhöhung ist erst durchgeführt und kann dementsprechend auch erst als durchgeführt angemeldet werden, wenn der Erhöhungsbetrag vollgezeichnet wurde.651 Das wird bei der Sachkapitalerhöhung naturgemäß nur selten Schwierigkeiten bereiten, da es in der Regel nur einen Zeichner gibt. II. Leistung der Mindesteinlage In § 188 Abs. 2 S. 1 AktG wird auf die § 36 Abs. 2, §§ 36a, 37 Abs. 1 AktG verwiesen. Da Sacheinlagen, deren Gegenstand die Übertragung eines Gegenstandes ist, nach vorzugswürdiger herrschender Auffassung gemäß § 36a Abs. 2 S. 2 AktG innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung der Durchführung in das Handelsregister zu erbringen sind (siehe dazu: § 12 B.I.2.), kommt es regelmäßig nur auf die

648

Vgl. Brandi, NZG 2004, 600, 603 f. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 189 Rn. 3; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 189 Rn. 4. 650 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 189 Rn. 2; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 189 Rn. 2. 651 Vgl. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 4; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 13; Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 188 Rn. 8; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/ Kropff/Bungeroth, AktG, 1994, § 188 Rn. 11; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 188 Rn. 8; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 188 Rn. 6; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 188 Rn. 12; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 188 Rn. 4. 649

282

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

wirksame Begründung der Einlagepflicht an.652 Da sich diese Leistungspflicht aus dem Zeichnungsvertrag ergibt und der Abschluss weiterer schuldrechtlicher Vereinbarungen daher nicht erforderlich ist,653 ergeben sich aus § 188 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 36a Abs. 2 AktG insoweit über das Gebot der Vollzeichnung und das Verbot der Unterpariemission hinausgehende Pflichten nur, wenn die Sacheinlage aufgrund zeichnungsvertraglicher Regelung oder wegen § 271 Abs. 1 BGB vor der Eintragung fällig ist. III. Werthaltigkeit der Einlage Aus § 188 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 36a Abs. 2 S. 3 AktG ergibt sich, dass die volle, also auch ein etwaiges kooperatives Agio erfassende Werthaltigkeit der Sacheinlage Anmeldungsvoraussetzung ist.

B. Anmeldungsinhalt Der Inhalt der Anmeldung und die ihr beizufügenden Unterlagen ergeben sich aus § 188 Abs. 2 und 3 AktG. Die Anmeldung muss – unter Bezeichnung des Ausgabebetrags – die Erklärung enthalten, dass die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 und des § 36a AktG erfüllt sind. Die Anmelder müssen also in jedem Fall erklären, dass der Wert der Sacheinlage dem Ausgabebetrag der dafür ausgegebenen jungen Aktien entspricht.654 Wurde die Sacheinlage vor der Anmeldung geleistet, muss die Anmeldung die Erklärung enthalten, dass die Sacheinlage zur freien Verfügung des Vorstands erbracht worden ist.655 Andernfalls ist in der Anmeldung zu erklären, wann die Leistung der Sacheinlage fällig ist.656 Die anmeldenden Organe müssen für die Richtigkeit des Inhalts der Anmeldung sowohl straf- als auch zivilrechtlich einstehen.657 Die strafrechtliche Verantwortlichkeit ergibt sich aus § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG. Die zivilrechtliche Einstandspflicht leitet sich einerseits aus den §§ 93,

652 Vgl. Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 188 Rn. 12; Heidel/Terbrack, AktG, 4. Aufl. 2014, § 36a Rn. 7. 653 GKAktG/Röhricht/Schall, 5. Aufl. 2016, § 36a Rn. 14; a.A. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 11; Heidel/Terbrack, AktG, 4. Aufl. 2014, § 36a Rn. 7. 654 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 11; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 188 Rn. 37; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 188 Rn. 24. 655 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 15; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 188 Rn. 3; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 188 Rn. 37; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 188 Rn. 24. 656 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 15; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 188 Rn. 37; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 188 Rn. 24. 657 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 16.

§ 13 Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung

283

116 AktG und andererseits aufgrund der Schutznormqualität des § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG658 aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG ab.659

C. Registerprüfung Wie im Rahmen des Registerverfahrens über den Erhöhungsbeschluss (siehe dazu: § 11) hat das Registergericht auch im Rahmen des Registerverfahrens über die Durchführung der Kapitalerhöhung eine formelle und materielle Prüfungskompetenz analog § 38 AktG.660 Materielle Prüfungspunkte sind: I. Werthaltigkeit der Sacheinlage Die Kompetenz des Registergerichts zur Prüfung der Werthaltigkeit der Sacheinlage ist allgemein anerkannt.661 Umstritten ist jedoch, aus welcher Rechtsgrundlage sich diese Prüfungskompetenz ableitet. Nach teilweise vertretener Auffassung ergibt sich diese aus einer Analogie zu § 184 Abs. 3 AktG.662 Voraussetzung einer solchen Analogie wäre eine Regelungslücke. Diese besteht – wie Ekkenga überzeugend nachgewiesen hat – allerdings nicht, da sich die Prüfungskompetenz des Registergerichts bereits aus dem Verweis auf § 36a Abs. 2 S. 3 AktG in § 188 Abs. 2 S. 1 AktG ergibt, der die Werthaltigkeit der Sacheinlage zur Eintragungsvoraussetzung macht, deren Vorliegen das Registergericht amtswegig zu überprüfen hat.663 Aus dem Verweis auf § 36a Abs. 2 S. 3 AktG ergibt sich auch der Umfang der registergerichtlichen Prüfung. Diese erstreckt sich – anders als im Rahmen von

658 BGHZ 96, 231 Rn. 29; BGHZ 105, 121 Rn. 9; Bayer, NJW 2000, 2609 in Fn. 13; Spindler/Stilz/Hefendehl, AktG, 3. Aufl. 2015, § 399 Rn. 6; Hölters/Müller-Michaels, AktG, 3. Aufl. 2017, § 399 Rn. 2; MüKoAktG/Schaal, 4. Aufl. 2017, § 399 Rn. 5. 659 Bayer, NJW 2000, 2609 in Fn. 13; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 16; Spindler/Stilz/Hefendehl, AktG, 3. Aufl. 2015, § 399 Rn. 6; Hölters/Müller-Michaels, AktG, 3. Aufl. 2017, § 399 Rn. 2; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 188 Rn. 46 f. 660 Vgl. BayObLG AG 2002, 510 Rn. 12; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 25; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 64; Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 188 Rn. 30; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 188 Rn. 37; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 188 Rn. 47; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 188 Rn. 34. 661 Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 26; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 69. 662 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 18; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 184 Rn. 11.; vgl. auch Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 26; Grigoleit/ Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 188 Rn. 37, die § 184 Abs. 3 AktG im Rahmen von § 188 AktG scheinbar unmittelbar anwenden möchten und damit nicht ausreichend zwischen der Prüfung nach § 184 AktG und derjenigen nach § 188 AktG differenzieren. 663 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 69.

284

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

§ 184 AktG – auf die Deckung des vollen Ausgabebetrags und damit auch auf ein etwaiges kooperationsrechtliches Agio.664 II. Begleitende Vereinbarungen Der Anmeldung der Durchführung sind bei einer Sachkapitalerhöhung gemäß § 188 Abs. 3 Nr. 2 AktG die Verträge, die den Festsetzungen nach § 183 AktG zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind, beizufügen. Derartige Verträge begründen ein hohes Risiko, die Grundsätze der realen Kapitalaufbringung und -erhaltung zu unterminieren.665 Deshalb unterliegen sie nach zutreffender Auffassung der materiellen Prüfung des Registergerichts.666 Nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts soll die materielle Prüfung des Registergerichts auch solche Vereinbarungen erfassen, aus denen sich ein schuldrechtliches „Agio“ ergibt.667 Diese Auffassung, die in der Literatur überwiegend auf Ablehnung gestoßen ist,668 vermag vom hier vertretenen Standpunkt wegen fehlender kooperationsrechtlicher Implikationen eines schuldrechtlichen „Agios“ nicht zu überzeugen.669

§ 14 Zwischenergebnis Als Ergebnis des zweiten Kapitels lässt sich danach zusammenfassend festhalten: Das Recht der Sachkapitalerhöhung ist, insbesondere durch die Gesellschaftsrechts-RL, in hohem Maße europarechtlich geprägt. Die Strukturprinzipien des festen Grund- und des Mindestkapitals sind darin genauso vorgegeben, wie die flankierenden Grundsätze der realen Kapitalaufbringung und -erhaltung. Die europarechtlichen Vorgaben für die Sachkapitalerhöhung dienen dabei in erster Linie dem Schutz der bezugsrechtslosen Altaktionäre. Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang das spezielle Gleichbehandlungsgebot des Art. 85 GesRRL. Die Sachkapitalerhöhung ist als Satzungsänderung ein Grundlagengeschäft. Die rechtsgeschäftliche Grundlage bildet daher der Erhöhungsbeschluss der Hauptversammlung nach Maßgabe der §§ 182 ff. AktG. Soll die Einlage des Inferenten nicht durch Barzahlung, sondern durch die Einbringung eines Gegenstandes erfolgen, muss der Erhöhungsbeschluss neben den nach § 182 Abs. 1, 3 AktG erforderlichen 664 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 70; a.A. Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 188 Rn. 26; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 188 Rn. 37. 665 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 68. 666 M.w.N. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 68; vgl. BGHZ 132, 141 Rn. 29. 667 Vgl. BayObLG AG 2002, 510 Rn. 12. 668 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 68. 669 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 188 Rn. 68.

§ 14 Zwischenergebnis

285

Festsetzungen auch den Einlagegegenstand nach Maßgabe des § 183 AktG festsetzen. Da die Regelungen nebeneinander Anwendung finden, muss der Erhöhungsbeschluss auch bei einer Sachkapitalerhöhung den Ausgabebetrag der Aktien festsetzen. Das ist bereits aus Gründen der Transparenz und im Hinblick auf einen etwaigen Differenzhaftungsanspruch der Gesellschaft zwingend. Der Ausgabebetrag muss dabei den Anforderungen des § 255 Abs. 2 AktG genügen, also angemessen sein. Angemessenheit setzt dabei das Erreichen des vollen inneren Werts der ausgegebenen Aktien voraus. Diese Auslegung ist durch Art. 85 GesRRL und Art. 14 Abs. 1 GG vorgegeben. Im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit nach § 255 Abs. 2 AktG muss ein nur schuldrechtliches „Agio“ unberücksichtigt bleiben. Da die bezugsrechtslosen Altaktionäre auf dessen Erbringung mangels eines entsprechenden Differenzhaftungsanspruchs nicht vertrauen können, müssen sie sich nicht auf eine unverbindliche Zusage des Inferenten verweisen lassen. Die verbreitete Praxis des schuldrechtlichen „Agios“ stellt danach eine unzulässige Umgehung zwingenden Aktionärsschutzes dar und steht im klaren Widerspruch zur Linie des Bundesgerichtshofs in der „Babcock“-Entscheidung. Ein über diesen Vermögensschutz hinausgehender Schutz der unternehmerischen Beteiligung durch materielle Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss ist dagegen abzulehnen. Die Lehre vom sachlichen Grund ist als Rechtsfortbildung contra legem methodisch nicht tragfähig und teleologisch nicht überzeugend. Zur Sicherung der realen Kapitalerhöhung ist bei einer Sachkapitalerhöhung ein Wertprüfungs- und Berichtsverfahren vorgesehen. Die dazu erforderliche Bewertung des Einlagegegenstandes erstreckt sich (nicht nur wegen der klaren europarechtlichen Vorgaben) auch auf ein kooperatives Agio. Methodisch hat die Bewertung des Einlagegegenstandes vom Grundsatz der Funktionsäquivalenz zwischen Bar- und Sacheinlage auszugehen. Rechtsgeschäftliche Grundlage der Sachkapitalerhöhung im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Inferenten ist der Zeichnungsvertrag. Inhaltlich muss der Zeichnungsvertrag wegen § 185 Abs. 2 AktG mit den Festsetzungen des Erhöhungsbeschlusses kongruent sein. Der Zeichner verpflichtet sich im Zeichnungsvertrag zur Leistung der Einlage. Verletzt er diese Pflicht durch Nichtleistung, kann die Gesellschaft Leistungsklage erheben, Schadensersatz wegen Verzugs oder statt der Leistung verlangen und vor der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung vom Zeichnungsvertrag zurücktreten. Erfüllt der Zeichner seine Einlageschuld schlecht, steht der Gesellschaft ein Differenzhaftungsanspruch zu. Dieser Anspruch kann nicht abbedungen werden, was durch Art. 53 GesRRL auch europarechtlich vorgegeben ist. Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht findet daneben keine (analoge) Anwendung. Die Voraussetzungen für eine Analogie sind wegen des funktionsäquivalenten Differenzhaftungsanspruchs der Gesellschaft nicht erfüllt.

286

2. Kap.: Die Sachkapitalerhöhung

Die Gesellschaft ist durch den Zeichnungsvertrag gegenüber dem Zeichner zur Verschaffung der Mitgliedschaft verpflichtet. Bei dieser Verschaffungspflicht handelt es sich um eine echte Leistungspflicht, deren Verletzung Schadensersatzansprüche des Zeichners begründet. Hinsichtlich der Qualität der jungen Aktien hat der Zeichner dagegen keine gesetzlichen Gewährleistungsrechte. Die Vereinbarung vertraglicher Gewährleistungsrechte ist jedoch als gemischte Sacheinlage zulässig, muss aber bereits im Erhöhungsbeschluss festgesetzt sein.

3. Kapitel

Der Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung § 15 Einführung Ein Unternehmen kann als sacheinlagefähiger Gegenstand im Wege der Sachkapitalerhöhung erworben werden.1 Diese Form des Unternehmenserwerbs hat für die kapitalerhöhende Gesellschaft den Vorteil, keine liquiden Mittel für den Erwerb aufwenden zu müssen.2 Für den Inferenten kann diese Gestaltung interessant sein, weil er an der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung des von ihm eingebrachten Unternehmens partizipiert. Schwierigkeiten ergeben sich aus den unterschiedlichen Vorzeichen, die für den Unternehmenserwerb auf der einen und die Sachkapitalerhöhung auf der anderen Seite gelten:3 Während der Unternehmenserwerb rechtlich vom Grundsatz der Privatautonomie beherrscht ist und vorhandene gesetzliche Regelungen weitgehend derogiert werden können, sind die aktienrechtlichen Vorgaben für die Sachkapitalerhöhung wegen des Grundsatzes der Satzungsstrenge unnachgiebig, § 23 Abs. 5 AktG. Das Primat der Hauptversammlung führt zu einer Kompetenzverschiebung: Während der Unternehmenskauf als Geschäftsführungsmaßnahme allein durch den Vorstand und den Aufsichtsrat beschlossen und durchgeführt wird und damit außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Hauptversammlung liegt,4 muss der als Sachkapitalerhöhung gestaltete Unternehmenserwerb von der Kompetenz der Hauptversammlung ausgehend gedacht werden: Die Hauptversammlung ist die „Herrin des Verfahrens“ der Sachkapitalerhöhung, deren Ausgangspunkt immer ein Erhöhungsbeschluss (siehe dazu: § 9) ist, der – wie sich aus den § 185 Abs. 2 und 4 AktG ergibt – die äußersten Grenzen einer möglichen (zeichnungsvertraglichen) Einigung zwischen dem Inferenten und der Gesellschaft definiert. Auch vorgelagerte 1 Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 13; Spindler/Stilz/Benz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 21; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 27 Rn. 16; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 32; vgl. KKAktG/Arnold, 3. Aufl. 2011, § 27 Rn. 65; Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 27 Rn. 9. 2 Dietz, S. 15. 3 Vgl. Dietz, S. 18. 4 Vgl. Fleischer, ZIP 2003, 1, 5.

288

3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

vertragliche Vereinbarungen können die alleinige Entscheidungsgewalt der Hauptversammlung nicht – auch nicht faktisch – aushebeln, da gemäß § 187 Abs. 2 AktG alle Zusicherungen über den Bezug von Aktien vor dem Erhöhungsbeschluss der Hauptversammlung der Gesellschaft gegenüber schwebend unwirksam sind.5 Diese interne Machtverschiebung schlägt auf das Außenverhältnis durch: Während bei Unternehmenskäufen – insbesondere in strukturierten Bieterverfahren – die Prozesssteuerung üblicherweise beim Veräußerer liegt,6 der zur Durchsetzung seiner Interessen z. B. auf Prozessbriefe zurückgreift (siehe dazu: § 3 E.I.), wird diese Verfahrenshoheit bei einem Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung wegen des Primats der Hauptversammlung eingeschränkt, weil auch der Veräußerer auf die zwingenden aktienrechtlichen Vorgaben keinen Einfluss hat. In der (§ 16) Vorbereitungsphase wirkt sich besonders die bei der Einberufung der Hauptversammlung zu beachtenden Ladungsfristen und Informationspflichten aus. Bei der (§ 17) rechtsgeschäftlichen Gestaltung führt die erforderliche Festsetzung eines Ausgabebetrags (siehe dazu: § 9 B.) zu erheblichen Einschränkungen: Der Wert des als Sacheinlage eingebrachten Unternehmens muss dem Ausgabebetrag der dafür ausgegebenen Aktien bei der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung entsprechen (siehe dazu: § 13). Wird – wie im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung üblich – das Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen, muss dieser Ausgabebetrag nach § 255 Abs. 2 S. 1 AktG angemessen sein und damit dem vollständigen Wert der dafür gewährten Aktien entsprechen. Dieses zwingende Erfordernis, das auch durch ein schuldrechtliches „Agios“ nicht unterlaufen werden kann (siehe dazu: § 9 D.I.3.), stellt für die Vereinbarung von in Unternehmenskaufverträgen üblichen Haftungsunter- und Haftungsobergrenzen ein Hindernis dar. Vor dem Hintergrund der damit drohenden Differenzhaftungsansprüche stellt sich außerdem die Frage, welche Besonderheiten sich für das (§ 18) Wertprüfungs- und Berichtsverfahren ergeben, wenn der Einlagegegenstand ein Unternehmen ist. Diese Einflüsse ziehen in ihrer Summe die Eignung der ordentlichen Sachkapitalerhöhung für einen Unternehmenserwerb in Zweifel, weswegen (§ 19) alternative Gestaltungsmöglichkeiten gefragt sind, mit denen der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmenserwerbs im Wege der Sachkapitalerhöhung ohne die sich aus den §§ 182 ff. AktG ergebenden Einschränkungen erreicht werden kann.

5 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 187 Rn. 21; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 187 Rn. 5; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 187 Rn. 7; Grigoleit/ Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 187 Rn. 7; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 187 Rn. 15; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 187 Rn. 9; a.A. (vollständige Nichtigkeit) Godin/Wilhelmi, AktG, 3. Aufl. 1967, § 187 Anm. 3; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 187 Rn. 11. 6 Das gilt nicht für öffentliche Übernahmen, bei denen die Initiative vom Erwerber ausgeht, der das Übernahmeangebot unterbreitet.

§ 16 Vorbereitungsphase

289

§ 16 Vorbereitungsphase Die Auswirkungen der aktienrechtlichen Vorgaben in der Vorbereitungsphase betreffen insbesondere die (A.) Transaktionsplanung und den Abschluss von (B.) Vorfeldvereinbarungen.

A. Transaktionsplanung Für die Transaktionsplanung stellt sich die Frage, ob die Einberufung der Hauptversammlung zu einer Selbstbindung führt und damit die Verhandlungen mit der Ladung abgeschlossen sein müssen. Über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht sind, dürfen nämlich gemäß § 124 Abs. 4 S. 1 AktG keine Beschlüsse gefasst werden. Nach ihrem Wortlaut bindet die Vorschrift die Verwaltung nur hinsichtlich der Tagesordnung, nicht jedoch im Hinblick auf die bekanntgemachten Beschlussvorschläge, weshalb nach herrschender Auffassung die Bekanntmachung des Wortlauts einer vorgeschlagenen Satzungsänderung zwar erforderlich ist, deren Wortlaut allerdings keine Bindungswirkung entfaltet und über einen davon abweichenden Antrag abgestimmt werden darf.7 Anders verhält es sich jedoch, soweit der Beschlussvorschlag ein Bestandteil der Tagesordnung selbst ist: Dann erstreckt sich die Bindungswirkung der Tagesordnung auf den Beschlussvorschlag.8 Aus der Formulierung der Tagesordnung ergibt sich somit der „[äußerste] Rahmen des zulässigen Beschlussinhalts“.9

7 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 124 Rn. 8; Kocher, AG 2013, 406, 408; Spindler/ Stilz/Rieckers, AktG, 3. Aufl. 2015, § 124 Rn. 46. 8 OLG Rostock AG 2013, 768 Rn. 106 ff. 9 OLG Rostock AG 2013, 768 Rn. 107; MüKoAktG/Kubis, 4. Aufl. 2018, § 121 Rn. 46.

290

3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

Inwieweit die Verwaltung von den Festsetzungen in der Bekanntmachung abweichen und sich dadurch nach dem Beginn der Ladungsfrist Flexibilität für eine Fortsetzung des Verhandlungsprozesses verschaffen kann, hängt somit davon ab, inwieweit der Inhalt des Erhöhungsbeschlusses in die Tagesordnung aufgenommen werden muss. Der Wortlaut sowohl des § 121 Abs. 3 S. 2 AktG als auch des § 124 Abs. 2 S. 3, Abs. 4 AktG ist unergiebig. Aufschluss bietet allerdings eine systematisch-teleologische Auslegung: Die § 121 Abs. 3 S. 2, § 124 Abs. 2 S. 3, Abs. 4 AktG befinden sich im zweiten Unterabschnitt des vierten Abschnitts des vierten Teils des Aktiengesetzes. Die Regelungen dieses Unterabschnitts dienen dem Schutz der Aktionäre,10 die in die Lage versetzt werden sollen, eine informierte Entscheidung über ihre Teilnahme an der Hauptversammlung und deren Vorbereitung treffen zu können.11 Um diesen Schutzzweck zu verwirklichen, muss die Tagesordnung eine Tiefe haben, die es den Aktionären erlaubt, sich eine entsprechende informationelle Grundlage zu verschaffen.12 In Anbetracht der gravierenden Auswirkungen auf die Rechtsposition der Aktionäre sind dazu bei beabsichtigten Kapitalmaßnahmen die Aufnahme der essentialia in die Tagesordnung erforderlich.13 Dazu zählen auch die nach § 183 Abs. 1 S. 2 AktG bekanntzumachenden Festsetzungen des § 183 Abs. 1 S. 1 AktG.14 Eine Änderung der in der Beschlussvorlage enthaltenen Festsetzungen kommt damit nach dem Beginn der dreißigtägigen Ladungsfrist des § 123 Abs. 1 AktG nicht mehr in Betracht. Die Parteien müssen sich also schon mit der Bekanntmachung über die gemäß § 183 Abs. 1 S. 1 AktG erforderlichen Festsetzungen (siehe dazu: § 9 B.) im Klaren sein, was einen weitgehenden Abschluss der Vertragsverhandlung vor dem Beginn der Ladungsfrist erforderlich macht: Der sich daraus ergebende Mangel an Flexibilität ist im schnelllebigen Transaktionsgeschäft ein grundsätzliches Problem und macht die Gestaltung eines Unternehmenserwerbs im Wege der ordentlichen Sachkapitalerhöhung für die Praxis unattraktiv.15 Als Lösungsansatz kommt eine Vollversammlung nach Maßgabe des § 121 Abs. 6 AktG in Betracht. Danach kann die Hauptversammlung Beschlüsse ohne Einhaltung der Bestimmungen über die Einberufung der Hauptversammlung fassen, wenn alle Aktionäre bei der Hauptversammlung erschienen oder vertreten sind und 10

Vgl. OLG Rostock AG 2013, 768 Rn. 104. Vgl. OLG Rostock AG 2013, 768 Rn. 104; Hölters/Drinhausen, AktG, 3. Aufl. 2017, § 124 Rn. 2; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 124 Rn. 1; MüKoAktG/Kubis, 4. Aufl. 2018, § 124 Rn. 1; Spindler/Stilz/Rieckers, AktG, 3. Aufl. 2015, § 124 Rn. 1. 12 Vgl. Groß, AG 1996, 111, 113; Schmidt/Lutter/Ziemons, AktG, 3. Aufl. 2015, § 121 Rn. 38. 13 OLG Rostock AG 2013, 768 Rn. 110; MüKoAktG/Kubis, 4. Aufl. 2018, § 121 Rn. 54. 14 Hölters/Drinhausen, AktG, 3. Aufl. 2017, § 121 Rn. 25; MüKoAktG/Kubis, 4. Aufl. 2018, § 121 Rn. 54; Spindler/Stilz/Rieckers, AktG, 3. Aufl. 2015, § 121 Rn. 32; a.A. wohl Kocher, AG 2013, 406, 409. 15 Dietz, S. 24; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 202 Rn. 2. 11

§ 16 Vorbereitungsphase

291

kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht. Diese Regelung gilt auch für die Bekanntmachung der Beschlussfassung über die Sachkapitalerhöhung und die Festsetzungen gemäß § 183 Abs. 1 S. 2 AktG.16 Handelt es sich um eine Aktiengesellschaft mit einem überschaubaren Aktionärskreis und besteht zwischen den Aktionären Einigkeit über den Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung, führt dies zu einer erheblichen Rückgewinnung an Flexibilität und macht die ordentliche Sachkapitalerhöhung für die Zwecke des Unternehmenserwerbs wieder nutzbar.

B. Vorfeldvereinbarungen Der Abschluss von Vorfeldvereinbarungen spielt in der Praxis des Unternehmenskaufs für die Prozesssteuerung eine große Rolle (siehe dazu: § 3). Die dahinterstehende Interessenlage verändert sich grundsätzlich nicht, wenn der Unternehmenserwerb als Sachkapitalerhöhung gestaltet wird: Wie auch in den übrigen Fällen des Unternehmenserwerbs haben die Parteien ein großes Interesse an Vertraulichkeit,17 weshalb auch hier die (I.) Vertraulichkeitsvereinbarung von besonderer Bedeutung ist. Da sich der Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung allerdings nur selten für ein Bieterverfahren eignen wird, werden Prozessbriefe kaum eine Rolle spielen. Stattdessen kommt der Abschluss eines (II.) Letter of Intents in Betracht. I. Vertraulichkeitsvereinbarung Besonderheiten für die Gestaltung einer Vertraulichkeitsvereinbarung bei einem Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung können sich aus einer möglichen (1.) Einschränkung der Vertraulichkeit aufgrund aktienrechtlicher Vorgaben und einer (2.) veränderten Interessenlage ergeben. 1. Einschränkungen der Vertraulichkeit Beim Abschluss der Vertraulichkeitsvereinbarung zur Vorbereitung eines Unternehmenserwerbs im Wege der Sachkapitalerhöhung sind ferner die Einschränkungen zu berücksichtigen, die sich aus den aktienrechtlichen Vorgaben für die Vertraulichkeit der Transaktion ergeben.18 Diese Einschränkungen resultieren zum

16

KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 85; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 183 Rn. 10; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 38; Spindler/Stilz/Servatius, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 20a. 17 Dietz, S. 36. 18 Dietz, S. 36 f.

292

3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

einen aus den sich aus dem Primat der Hauptversammlung ergebenden Informationspflichten19 und zum anderen aus dem Wertprüfungs- und Berichtsverfahren. Um die informierte Entscheidung der Hauptversammlung zu gewährleisten, verlangt das Aktiengesetz eine dreißigtägige Ladungsfrist, § 123 Abs. 1 AktG. Die Bekanntmachung hat gemäß § 121 Abs. 4 S. 1 AktG regelmäßig durch eine Veröffentlichung in den Geschäftsblättern und damit gemäß § 25 AktG im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen. In diesem Fall sind die Festsetzungen gemäß § 183 Abs. 1 AktG mindestens dreißig Tage vor der Hauptversammlung für jedermann im Internet einsehbar. Während es bei einem Unternehmenskauf üblich ist, auch die Transaktion selbst in den Anwendungsbereich der Vertraulichkeitsvereinbarung einzubeziehen (siehe dazu: § 3 C.II.2.a)aa)(2)), kann das bei einem Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung also grundsätzlich nur eingeschränkt (bis zum Beginn der Ladungsfrist) geschehen.20 Auch dieses Problem kann durch eine Vollversammlung i.S.d. § 121 Abs. 6 AktG gelöst werden. Eine Abmilderung kann auch durch eine Ladung per eingeschriebenem Brief gemäß § 121 Abs. 4 S. 2 AktG erreicht werden. Dazu müssen die Aktionäre der Gesellschaft allerdings persönlich bekannt sein, weshalb auch dieser Ansatz einen überschaubaren Aktionärskreis bei der erhöhenden Gesellschaft voraussetzt. Je mehr Aktionäre die erhöhende Gesellschaft hat, desto teurer und ineffizienter wird die Maßnahme. Und auch wenn an der erhöhenden Gesellschaft nur wenige Aktionäre beteiligt sind, ist die Vertraulichkeit jedenfalls nicht in hinreichendem Maße gewährleistet. Eine Verpflichtung der Aktionäre, Vertraulichkeit über den Gegenstand der Hauptversammlung zu wahren, besteht nämlich grundsätzlich nicht. Ein mit einer Vertraulichkeitsvereinbarung äquivalenter Schutz kann daher nicht erreicht werden. Eine weitere Besonderheit des Unternehmenserwerbs im Wege der Sachkapitalerhöhung, der die Vertraulichkeitsvereinbarung gerecht werden muss, ist das Wertprüfungs- und Berichtsverfahren (siehe dazu: § 10). Aus diesem ergeben sich zwei Einschränkungen für die Vertraulichkeit der Transaktion: Erstens besteht für die Organe der emittierenden Gesellschaft eine Mitwirkungspflicht. Diese Pflicht beinhaltet nach der zutreffenden Auffassung von Ekkenga auch Erkenntnisse über das Zielunternehmen, die im Rahmen einer Due Diligence erworben wurden.21 Zweitens haben die Prüfer einen Prüfungsbericht anzufertigen, der gemäß § 183 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 34 Abs. 4 AktG dem Gericht einzureichen ist und von jedermann eingesehen werden kann. Für die in diesem Bericht enthaltenen Informationen kann die erhöhende Gesellschaft daher ex lege keine Vertraulichkeitspflicht treffen.

19 20 21

Vgl. Dietz, S. 36 f. Vgl. Dietz, S. 36 f. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 232.

§ 16 Vorbereitungsphase

293

2. Veränderte Interessenlage Auch wenn die Interessenlage, in die eine Vertraulichkeitsvereinbarung beim Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung stößt, der bei anderen Formen des Unternehmenserwerbs grundsätzlich entspricht (siehe dazu: § 3 C.), unterscheidet sie sich doch in einem Punkt: Bei einem Unternehmenskauf ist ein (weitgehend) nur einseitiger Informationsaustausch zu erwarten. Wegen der Gestaltung als Sachkapitalerhöhung hat dagegen auch der „Veräußerer“ ein Interesse an der Durchführung einer Due Diligence, weil sich die Transaktion auch für ihn als Beteiligungserwerb darstellt. Wird dieses Interesse befriedigt, findet ein zweiseitiger Informationsaustausch statt. Hat die Vertraulichkeitsvereinbarung beim Unternehmenserwerb partiellen auftragsrechtlichen Charakter, weil der Erwerbsinteressent hinsichtlich der ihm offenbarten Informationen eine Art treuhänderische Funktion ausübt, nähert sie sich bei dieser Gestaltung stärker einem gegenseitigen Vertrag. Diese gegenseitige Verknüpfung von Vertraulichkeitspflichten wirft die Frage auf, ob deren Verletzung durch eine Seite der anderen Seite die Möglichkeit eröffnet, die Vertraulichkeitsvereinbarung gemäß § 314 Abs. 1 BGB außerordentlich aus wichtigem Grund zu kündigen und damit die eigene Pflichtenbindung zu beseitigen.22 Für ein außerordentliches Kündigungsrecht spricht das sich daraus ergebende Drohpotenzial: Die betroffene Partei kann darauf hoffen, mit der Abmahnung und einer damit verbundenen Androhung der außerordentlichen Kündigung gemäß § 314 Abs. 2 BGB den vertragsbrüchigen Teil zur Räson zu bringen. Gegen ein solches Kündigungsrecht spricht der Schutzzweck einer Vertraulichkeitsvereinbarung. Diese schützt regelmäßig Rechtsgüter und Interessen i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB. Würde einer Seite ein außerordentliches Kündigungsrecht gewährt werden, könnte dies eine Art ius talionis des Gläubigers begründen. Eine „sanktionslose Privatrache“ erkennt die deutsche Rechtsordnung – wie sich bspw. aus § 393 BGB ergibt – jedoch grundsätzlich nicht an.23 Allerdings wird durch die Kündigung der Vertraulichkeitsvereinbarung nur ein zusätzlicher vertraglicher Vertraulichkeitsschutz mit spezifischen Rechtsfolgen beendet und der Schuldner nicht völlig rechtlos gestellt. Und auch der Drittschutz, etwa durch das Datenschutzrecht, besteht fort. Die besseren Gründe sprechen daher dafür, dem Gläubiger auf der Grundlage einer für ihn günstigen, umfassenden Interessenabwägung i.S.d. § 314 Abs. 1 S. 2 BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht zu gewähren.

22 Die Kündigung gemäß § 314 Abs. 1 BGB hängt nicht von der Gegenseitigkeit des Vertrages ab. Allerdings ist der Anreiz von einem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis vor dem Hintergrund der eigenen Pflichtenbindung ausgeprägter. 23 Vgl. BeckOKBGB/Dennhardt, 43. Ed. 2017, § 393 Rn. 1; Staudinger/Gursky, BGB, 2016, § 393 Rn. 1; MüKoBGB/Schlüter, 7. Aufl. 2016, § 393 BGB Rn. 1; Hk-BGB/Schulze, 9. Aufl. 2017, § 393 Rn. 1.

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3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

II. Letter of Intent Beim Abschluss eines Letter of Intent ist die Beschränkung des § 187 Abs. 2 AktG zu berücksichtigen. Danach sind Zusicherungen vor dem Erhöhungsbeschluss der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Eine vorvertragliche Bindung ist damit jedenfalls insoweit ausgeschlossen, wie sich die Gesellschaft dadurch zur Verschaffung von jungen Aktien verpflichtet. Die Möglichkeiten, einen „harten“ Letter of Intent abzugeben, sind damit jedenfalls eingeschränkt, was im Vergleich zu anderen Formen des Unternehmenserwerbs allerdings nicht unbedingt eine Besonderheit darstellt: Auch beim Kauf von GmbH-Geschäftsanteilen ist die Bindung durch ein Vorkaufsrecht vor Abschluss des eigentlichen Unternehmenskaufvertrags wegen § 15 Abs. 4 S. 1 GmbHG formbedürftig (siehe dazu: § 3 E.II.) und wird daher in der Praxis nur selten in Betracht kommen. Es stellt sich indes die Frage, wie weit der Ausschluss des § 187 Abs. 2 AktG reicht. Einigkeit besteht jedenfalls in folgendem Punkt: Aufgrund der relativen Unwirksamkeit einer gegen § 187 Abs. 2 AktG verstoßenden Vereinbarung besteht keine Pflicht, die durch die Gesellschaft verletzt werden und damit einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB begründen könnte.24 Dieses Ergebnis entspricht auch dem Schutzzweck des § 187 Abs. 2 AktG, der seine autonomiewahrende Funktion nur erfüllen kann, wenn kein Druck auf die Hauptversammlung ausgeübt wird.25 Vor diesem teleologischen Hintergrund scheitern alle Vereinbarungen, die einen auch bloß mittelbaren Druck auf die Hauptversammlung zur Durchführung der Kapitalerhöhung enthalten an § 187 Abs. 2 AktG.26 Auch eine Haftung der Gesellschaft wegen der Verletzung einer Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB kommt insofern nicht in Betracht,27 wobei ein solcher Anspruch daneben bereits an der Erkennbarkeit der schwebenden Unwirksamkeit für den Inferenten scheitern wird, da die (fehlende) Beschlussfassung für ihn aus öffentlichen Quellen nachvollziehbar ist.28 Grundsätzlich zulässig sind dagegen Vereinbarungen, die der Gesellschaft lediglich eine Ersetzungsbefugnis einräumen, ihr also z. B. die Möglichkeit eröffnen, einen Barkaufpreis für ein Unternehmen durch die Lieferung eigener Aktien zu erfüllen.29 Eine Umgehung des § 187 Abs. 2 AktG werden derartige Vereinbarungen nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen darstellen, wenn etwa der Barkaufpreis völlig unvorteilhaft für die Gesellschaft ist. Derartig gelagerte Fälle lassen sich al24 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 187 Rn. 23; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 187 Rn. 15. 25 Vgl. Wieneke, NZG 2004, 61, 63. 26 Vgl. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 187 Rn. 8. 27 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 187 Rn. 23; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 187 Rn. 15. 28 I.E. wohl ähnlich: KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 187 Rn. 23, der auf den fehlenden Rechtsschein abstellt. 29 Ähnlich KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 187 Rn. 24.

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lerdings ohne Weiteres mit der Hilfe des § 117 BGB lösen und bereiten daher keine Schwierigkeiten: Der vereinbarte Barkauf mit Ersetzungsbefugnis ist gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig und die tatsächlich gewollte Zusicherung gemäß § 117 Abs. 2 BGB i.V.m. § 187 Abs. 2 AktG schwebend unwirksam.30

§ 17 Rechtsgeschäftliche Gestaltung Im Folgenden soll die rechtsgeschäftliche Gestaltung des Unternehmenserwerbs im Wege der Sachkapitalerhöhung näher untersucht werden. Dazu sollen zunächst die (A.) Gestaltungsziele und die (denkbaren) (B.) Gestaltungsebenen beschrieben werden. Davon ausgehend sollen abschließend die (C.) Gestaltungsmöglichkeiten untersucht werden.

A. Gestaltungsziele Die Gestaltungsziele der Parteien variieren im Einzelfall und widerstreiten einander, weshalb sie sich nur abstrakt beschreiben lassen. Ausgangspunkte sind die Finanzierungs- und die Rückbeteiligungsfunktion des als Sachkapitalerhöhung gestalteten Unternehmenserwerbs. Hinsichtlich der Finanzierungsfunktion ist von dem Willen der Parteien auszugehen, den Einfluss der Gestaltung des Unternehmenserwerbs als Sachkapitalerhöhung möglichst auf ebendiese Finanzierungsfunktion zu beschränken und sich im Übrigen soweit wie möglich den in Teil B dargestellten Usancen des Unternehmenserwerbs anzupassen, die durch ein hohes Maß privatautonomer Gestaltungsmacht der Parteien gekennzeichnet sind. Ein besonderes Interesse wird vor allem daran bestehen, die sich aus dem Unternehmenskaufvertrag ergebenden Chancen und Risiken privatautonom durch die Bestimmung des subjektiven Äquivalenzverhältnisses und dessen Absicherung durch ein eigenes Gewährleistungsregime zuzuordnen. Dabei wird es den Parteien darum gehen, etwaige Bewertungsrisiken, aber auch potenzielle Synergieeffekte, zu allokalisieren. Aus der Rückbeteiligungsfunktion des Unternehmenserwerbs im Wege der Sachkapitalerhöhung ergibt sich als weiteres Gestaltungsziel das Bedürfnis des Inferenten, für die durch ihn zu erwerbende Beteiligung an der erhöhenden Gesellschaft eine vergleichbare Absicherung seines Äquivalenzinteresses durchzusetzen, wie er sie für das von ihm einzubringende Unternehmen gewährt.

30 Das dürfte im Ergebnis der Auffassung von Wieneke, NZG 2004, 61, 64 entsprechen, der (untechnisch) darauf abstellt, ob es sich bei einer Kaufpreiszahlung um eine „echte Alternative“ handelt.

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3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

B. (Denkbare) Gestaltungsebenen Die Gestaltungsziele der Parteien sind wirtschaftlicher, nicht rechtlicher Natur. Bei der Untersuchung der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darf der Blick daher nicht auf das Verhältnis zwischen dem Inferenten und der erhöhenden Gesellschaft beschränkt werden. Denn soweit sich in diesem Verhältnis Gestaltungshindernisse ergeben, können diese möglicherweise durch die Einschaltung weiterer Akteure beschränkt werden. Auch deshalb ist es wichtig, sich die verschiedenen (möglichen) Ebenen der rechtsgeschäftlichen Gestaltung des Unternehmenserwerbs im Wege der Sachkapitalerhöhung zu vergegenwärtigen. Dabei sind die folgenden möglichen Gestaltungsebenen zu unterscheiden: Das Binnenverhältnis zwischen den Gesellschaftern der erhöhenden Gesellschaft, das Verhältnis zwischen dem Inferenten und der Gesellschaft, mögliche Rechtsverhältnisse zwischen dem Inferenten und (einzelnen) Gesellschaftern der erhöhenden Gesellschaft, sowie mögliche Rechtsverhältnisse zu Dritten.

C. Gestaltungsmöglichkeiten Nach den für den Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung zur Verfügung stehenden rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu fragen, bedeutet nach dem normativen Rahmen zu fragen, den das Aktienrecht für derartige Rechtsgeschäfte vorgibt. Analog zu den verschiedenen Gestaltungsebenen ist für die Untersuchung der Gestaltungsmöglichkeiten zwischen der (I.) gesellschaftsinternen Gestaltung und den Gestaltungsmöglichkeiten im Verhältnis zwischen der (II.) erhöhenden Gesellschaft und dem Inferenten, dem (III.) Inferenten und den Gesellschaftern der erhöhenden Gesellschaft und zu (IV.) Dritten zu differenzieren.

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I. Gesellschaftsinterne Gestaltung: Der Kapitalerhöhungsbeschluss Die rechtsgeschäftliche Grundlage des Unternehmenserwerbs im Wege der Sachkapitalerhöhung ist der Erhöhungsbeschluss der Hauptversammlung der erhöhenden Gesellschaft. Im Folgenden sollen die Besonderheiten für die (1.) Festsetzungen und den (2.) Bezugsrechtsausschluss dargestellt werden, die sich ergeben – oder jedenfalls diskutiert werden, wenn es sich bei dem Einlagegegenstand um ein Unternehmen handelt. 1. Festsetzungen Für die gemäß § 183 Abs. 1 S. 1 AktG notwendigen Festsetzungen (siehe dazu: § 9 B.) ist es – unabhängig von der Strukturierung des Erwerbs als Asset oder Share Deal – nicht erforderlich, sämtliche zum Unternehmen gehörige Vermögensgegenstände aufzuführen31 oder eine Einbringungsbilanz beizufügen.32 Eine „schlagwortartige und verkehrsübliche“33 Bezeichnung, die eine zweifelsfreie Identifikation des Unternehmens erlaubt, ist ausreichend.34 Daneben wird in der Literatur teilweise eine Klarstellung verlangt, ob auch die Passiva des Unternehmens eingebracht werden.35 Das ist jedenfalls in den Fällen abzulehnen, in denen ein Unternehmen als Ganzes Gegenstand der Sacheinlage ist. Da ein Unternehmen naturgemäß neben Aktiva auch Passiva aufweist, ist eine solche Klarstellung entbehrlich. Vorsicht ist geboten, wenn einzelne Vermögensgegenstände des Zielunternehmens nicht eingebracht werden sollen. Derartige Beschränkungen müssen wegen § 185 Abs. 2 AktG unbedingt bereits im Erhöhungsbeschluss der Hauptversammlung festgesetzt werden. Andernfalls ist ein solcher carve out als unzulässige Beschränkung der Einlagepflicht zu qualifizieren.36 Auch bei der Sachkapitalerhöhung ist die Festsetzung eines Ausgabebetrags erforderlich (siehe dazu: § 9 B.). Der Ausgabebetrag muss mindestens dem geringsten Ausgabebetrag entsprechen (§ 9 AktG) und im Regelfall eines Bezugsrechtsausschlusses angemessen i.S.v. § 255 Abs. 2 S. 1 AktG sein, wobei für dessen Festsetzung kein Ermessen zulasten der Altaktionäre besteht (siehe dazu: § 9 D.I.1.).

31 Vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 34; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 12. 32 Hoffmann-Becking, FS Lutter, 2000, S. 453, 462; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 34. 33 Hoffmann-Becking, FS Lutter, 2000, S. 453, 462; Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 14. 34 Hoffmann-Becking, FS Lutter, 2000, S. 453, 462; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 34; vgl. Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 14. 35 So etwa MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 34. 36 Vgl. MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 32.

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3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

Daran ändert sich nichts, wenn es sich bei dem Gegenstand der Sacheinlage um ein Unternehmen handelt.37 Auch hier ist dem Erwerber ein Abschlag nicht zumutbar.38 Der § 255 Abs. 2 S. 1 AktG macht für die zur Ermittlung der Angemessenheit des Ausgabebetrags notwendige Unternehmensbewertung der erhöhenden Gesellschaft nur abstrakte Vorgaben (siehe dazu: § 9 D.I.2.). Es stellt sich die Frage, ob sich diese konkretisieren, wenn es sich auch bei dem Einlagegegenstand um ein Unternehmen handelt. Das betrifft einerseits die Auswahl der anzuwendenden Bewertungsmethoden; so soll der – insbesondere im Umwandlungsrecht vertretene – Grundsatz der Methodengleichheit gelten.39 Danach sind auf die erhöhende Gesellschaft und das als Sacheinlage einzubringende Unternehmen die gleichen Bewertungsmethoden anzuwenden.40 Andere Autoren wollen den Grundsatz der Meistbegünstigung anwenden und für das jeweilige Bewertungsobjekt den Bewertungsansatz wählen, aus dem sich der für dieses jeweils höchste Bewertungsergebnis ergibt.41 Eine Auffassung schlägt vor, Methodengleichheit nicht als zwingendes Postulat, sondern als „transparenzstiftende ,good practice’“ zu verstehen.42 Die Methodengleichheit soll nach dieser Ansicht ein gewichtiger Gesichtspunkt bei der Methodenauswahl, aber kein „stures Dogma“ sein.43 Das überzeugt. Die Anwendung verschiedener Bewertungsmethoden ist danach zwar zulässig, aber begründungsbedürftig. Abweichungen können sich etwa im Rahmen von early stage-Investments ergeben, bei denen sich die Bewertung mangels ausreichender Datengrundlage schwierig gestalten kann. Andererseits stellt sich die Frage, inwieweit etwaige sich aus dem Unternehmenserwerb ergebende Synergieeffekte (siehe dazu: § 1 C.I.) (auch) zugunsten der kapitalerhöhenden Gesellschaft zu berücksichtigen sind, und inwieweit sich diese Synergieeffekte erhöhend auf den angemessenen Ausgabebetrag auswirken. Dafür könnte die Partizipation des Inferenten an der dadurch verursachten Wertsteigerung der kapitalerhöhenden Gesellschaft sprechen. Allerdings ist eine solche Anrechnung zugunsten der Altaktionäre aus mehreren Gründen abzulehnen: Zum einen soll die Angemessenheit des Ausgabebetrags i.S.v. § 255 Abs. 2 S. 1 AktG die vom Bezugsrechtsausschluss betroffenen Altaktionäre für ihren Teilausschluss entschädigen und nicht an einem aufgrund des Ausschlusses zu erwartenden, in ihrem in dem Zeitpunkt des Ausschlusses bestehenden Mitgliedschaftsrecht allerdings noch nicht

37

Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 6. Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 6. 39 Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 535. 40 Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 535); vgl. Sinewe, NZG 2002, 314 (Fn. 44); a.A. Kossmann, AG 2005, 9. 41 Vgl. Martens, FS Röhricht, 2005, S. 987, 989 f. 42 Kiefner/Seibel, AG 2016, 301, 311. 43 Kiefner/Seibel, AG 2016, 301, 311. 38

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angelegten Wertsteigerungspotenzial teilhaben lassen.44 Zum anderen widerspräche eine Berücksichtigung von Synergieeffekten dem Grundsatz der Funktionsäquivalenz von Bar- und Sacheinlage (siehe dazu: § 10 C.): Würden der kapitalerhöhenden Gesellschaft nämlich statt einer Sacheinlage im Rahmen einer Barkapitalerhöhung liquide Mittel zugeführt, müssten die sich daraus ergebenden Potenziale für eine Steigerung der Eigenkapitalrendite ebenfalls nicht bei der Bestimmung des angemessenen Ausgabebetrags Berücksichtigung finden. Die in diesem Zusammenhang teilweise diskutierte Frage, ob bei der Festsetzung des angemessenen Ausgabebetrags Synergieeffekte zugunsten des Inferenten berücksichtigt werden können,45 betrifft – auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung, nach der eine Festsetzung des Ausgabebetrags erforderlich ist – dagegen nicht die Angemessenheit des Ausgabebetrags, sondern die Werterreichung und ist daher an anderer Stelle zu erörtern (siehe dazu: § 18). 2. Bezugsrechtsausschluss Das Sachgrunderfordernis soll nach überwiegender Auffassung auch Anwendung finden, wenn der Bezugsrechtsausschluss bei einer Sachkapitalerhöhung im Hinblick auf einen Unternehmenserwerb erfolgt.46 Nach anderer Auffassung ist das Sachgrunderfordernis durch den Unternehmenserwerb regelmäßig erfüllt47 und damit auf eine Missbrauchskontrolle beschränkt.48 Für eine solche Beschränkung auf eine Missbrauchskontrolle wird die Wertung der § 192 Abs. 2 Nr. 2, § 69 UmwG angeführt.49 Soweit man an dem Sachgrunderfordernis grundsätzlich festhält, ist der Rückgriff auf die Wertungen der § 192 Abs. 2 Nr. 2, § 69 UmwG aufgrund der vergleichbaren Interessen (vom Standpunkt der Gegenansicht) folgerichtig und führt zu einer sinnvollen Einschränkung der – ohnehin kritikwürdigen (siehe dazu: § 9 C.II.2.) – Lehre vom sachlichen Grund.

44 M.w.N. Findeisen, S. 40 f., die allerdings zwischen echten und unechten Synergien differenziert; vgl. BGHZ 138, 136 Rn. 11 ff; BayObLG AG 1996, 127 Rn. 49; Sinewe, NZG 2002, 314, 315: „gegenwärtige[r] Wert der Aktien“. 45 Vgl. Heidel, AktG, 4. Aufl. 2014, § 255 Rn. 11 ff.; Herfs/Wyen, FS Hopt, Bd. I, 2010, S. 1955, 1977; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 6. 46 So BGHZ 71, 40 („Kali+Salz“); LG Aachen AG 1995, 45; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 186 Rn. 34; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 186 Rn. 126. 47 Dietz, S. 105 f.; Schiessl, ZGR 2003, 814, 840. 48 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 73; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 186 Rn. 82. 49 Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 186 Rn. 72 ff.; Lutter/Drygala, UmwG, 5. Aufl. 2014, § 13 Rn. 43; KKAktG/Lutter, 2. Aufl. 1995, § 186 Rn. 82.

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3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

II. Gestaltung im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Inferent Als Gestaltungselement steht den Parteien der (1.) Zeichnungsvertrag zur Verfügung. Daneben wird vielfach der Abschluss eines (2.) Einbringungsvertrags zumindest empfohlen. 1. Zeichnungsvertrag Auch für die rechtsgeschäftliche Gestaltung im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Inferenten setzt der Erhöhungsbeschluss der Hauptversammlung den normativen Rahmen: Vor dem Beschluss der Hauptversammlung gilt das weitreichende Zusicherungsverbot des § 187 Abs. 2 AktG. Erst nach der Beschlussfassung der Hauptversammlung kommt der Abschluss eines – die Funktion des Unternehmenskaufvertrags übernehmenden – Verpflichtungsgeschäfts in Form des Zeichnungsvertrags (siehe dazu: § 12 C.) in Betracht. Auch hierfür setzt der Erhöhungsbeschluss der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmacht der Parteien enge Grenzen, § 185 Abs. 2 AktG: Die Verpflichtung des Zeichners kann im Vergleich zum Erhöhungsbeschluss nicht wirksam beschränkt werden. Der an die Stelle des Unternehmenskaufvertrags tretende Zeichnungsvertrag folgt wegen dieses ihn beherrschenden Kongruenzerfordernisses in seiner Gestaltung folglich anderen Regeln als der Unternehmenskaufvertrag. Sein Inhalt ist der Disposition der Vertragsparteien größtenteils entzogen und erschöpft sich weitgehend in der Wiedergabe der im Erhöhungsbeschluss festgesetzten essentialia. Anders als beim Unternehmenskauf sind die Pflichten der Parteien bei einem Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung daher nicht frei verhandelbar. Insbesondere die Einlagepflicht des Inferenten ist keiner Einschränkung zugänglich, sondern durch den Kapitalerhöhungsbeschluss zwingend vorgegeben. Abweichungen davon sind wegen § 185 Abs. 2 und 4 AktG weder im Zeichnungsschein noch in sonstigen rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Inferent möglich. Das ist insbesondere bei der Gestaltung der Einlagemodalitäten (Fälligkeit etc.) und der Gewährung etwaiger Leistungsstörungsrechte (siehe dazu: § 12 E.II.2.) zu berücksichtigen.50 So kann das in Unternehmenskaufverträgen übliche Garantieregime, mit dem das dispositive Gewährleistungsrecht privatautonom abbedungen wird (siehe dazu: § 5 E.), in einem Zeichnungsvertrag allenfalls neben den Differenzhaftungsanspruch (siehe dazu: § 12 E.I.2.) treten. Eine zeichnungsvertragliche Beschränkung des Differenzhaftungsanspruchs ist als Beschränkung der unbedingten Einlagepflicht dagegen unwirksam. Das hat eine besonders schwerwiegende Konsequenz: Die in Unternehmenskaufverträgen üblichen Haftungsunter- und Haftungsobergrenzen (siehe dazu: § 5 E.III.3.b)) können bei einem Unternehmenserwerb im Wege der

50

Vgl. Eimer, S. 36 ff.

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Sachkapitalerhöhung nicht wirksam vereinbart werden. Der Veräußerer haftet unbeschränkt für die Werthaltigkeit des Unternehmens. 2. Der Einbringungsvertrag als weiteres Gestaltungselement Insbesondere bei einem Unternehmen als Einlagegegenstand51 wird als weiteres rechtsgeschäftliches Gestaltungselement im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Inferenten der Einbringungsvertrag diskutiert. Eine aktienrechtliche Grundlage für den Einbringungsvertrag gibt es nicht. Nur in § 188 Abs. 3 Nr. 2 AktG findet sich eine Andeutung auf Verträge neben dem Zeichnungsvertrag. Danach sind „Verträge, die den Festsetzungen nach § 183 zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen wurden“ der Anmeldung der Durchführung der Sachkapitalerhöhung zum Handelsregister (siehe dazu: § 13) beizufügen. Die wohl überwiegende Auffassung versteht den Einbringungsvertrag als Verpflichtungsgeschäft: Da der Erhöhungsbeschluss den Inferenten nicht zur Erbringung der Sacheinlage und zur Übernahme der jungen Aktien verpflichte, bedürfe es zur Begründung dieser Einbringungs- und Zeichnungspflicht gegenüber der Gesellschaft eines Einbringungsvertrags.52 Ebenfalls häufig findet sich daneben die Auffassung, der Einbringungsvertrag diene der Konkretisierung der Einlagepflicht.53 Nach Ansicht von Hartmann und Barcaba soll der Einbringungsvertrag auch eine – unter dem Vorbehalt der Beschlussfassung der Gesellschaft stehende – Pflicht der Gesellschaft zur Lieferung junger Aktien begründen.54 Vereinzelte Stimmen in der Literatur wollen den Einbringungsvertrag auch als dingliches Erfüllungsgeschäft verstanden wissen.55 Da das Gesetz den Begriff Einbringungsvertrag nicht kennt, hat jede dieser Ansichten gleichermaßen ihre Berechtigung. Das führt zu einer terminologischen Inkohärenz,56 derer sich bewusst zu sein für den rechtlichen Umgang mit dem Phänomen des Einbringungsvertrags wichtig ist: Unabhängig davon, was man unter dem Einbringungsvertrag versteht, Ausgangspunkt für dessen rechtliche Beurteilung sollten die §§ 182 ff. AktG sein: Bezeichnet man das dingliche Erfüllungsgeschäft als Einbringungsvertrag, wird man die Erforderlichkeit eines Einbringungsvertrags nicht bestreiten können,57 soweit die 51

MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 23. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 28; Wachter/Dürr, AktG, 2. Aufl. 2014, § 183 Rn. 15; KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 107; Heidel/ Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 24; Hartmann/Barcaba, AG 2001, 437, 440; Schmidt/ Lutter/Veil, AktG, 3. Aufl. 2015, § 183 Rn. 20. 53 Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 94; Mülbert, AG 2003, 281, 284; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 57 Rn. 53; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 26 ff.; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 183 Rn. 73. 54 Hartmann/Barcaba, AG 2001, 437, 440. 55 So wohl Aha, BB 2001, 2225. 56 Vgl. Kley, RNotZ 2003, 17, 19 ff.; Mülbert, AG 2003, 281. 57 Vgl. MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 24. 52

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3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

Sacheinlage nicht ausnahmsweise durch einen Realakt erbracht wird, weil ihr Gegenstand z. B. in einer Gebrauchsüberlassung besteht. Für das Unternehmen als Sacheinlagegegenstand hängt der Inhalt eines so verstandenen Einbringungsvertrags von der gewählten Erwerbsstruktur (siehe dazu: § 1 B.) ab. Im Fall eines Share Deals ist der Einbringungsvertrag ein Anteilsabtretungsvertrag bzw. bei Verbriefung der Aktien eine dingliche Einigung gemäß § 929 BGB, wohingegen bei einem Asset Deal wegen des sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatzes der Abschluss einer Vielzahl von „Einbringungsverträgen“ erforderlich sein wird.58 Versteht man den Einbringungsvertrag dagegen als ein Verpflichtungsgeschäft, ist dessen Abschluss rechtlich nicht geboten.59 Auch aus § 188 Abs. 3 Nr. 2 AktG lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen: Die Vorschrift begründet nämlich eine Einreichungs- und keine Abschlusspflicht.60 Das der Sachkapitalerhöhung zugrundeliegende kausale Verpflichtungsgeschäft ist der Zeichnungsvertrag.61 Und auch an der Zweckmäßigkeit des Einbringungsvertrags bestehen Zweifel: Das Bedürfnis der Gesellschaft, den künftigen Aktionär bereits vor der Fassung des Erhöhungsbeschlusses durch die Hauptversammlung zu binden, kann durch eine der Hauptversammlung vorgelagerte Zeichnung (siehe zu dieser Möglichkeit: § 12 B.III.) befriedigt werden.62 Diese bindet den Zeichner bis zur Annahme durch die Gesellschaft oder dem Ablauf der gemäß § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG gesetzten Annahmefrist.63 Wo nämlich ohnehin nur eine einseitige Bindung rechtlich möglich ist (§ 187 Abs. 2 AktG),64 genügt auch ein bindendes Angebot und es bedarf keines Vertrags. Für diesen Ansatz sprechen nicht zuletzt auch Kostengründe, insbesondere wenn das Leistungsversprechen des Inferenten beurkundungspflichtig ist.65 Die Konkretisierung der Festsetzungen des Erhöhungsbeschlusses durch einen Einbringungsvertrag ist rechtlich ein durchaus kritischer Vorgang, weil die Konkretisierung einer Pflicht häufig mit ihrer Beschränkung einhergeht. Das begründet die Gefahr, beim Abschluss eines Zeichnungsvertrags an den Anforderungen des 58

Vgl. Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 28 Rn. 9; Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 27 Rn. 29. Ferner: Holzapfel/Pöllath/Engelhardt/v. Woedtke, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 15. Aufl. 2017, Rn. 20. 59 Kley, RNotZ 2003, 17, 20 f.; Mülbert, AG 2003, 136, 139; ders., AG 2003, 281, 284 f.; MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 24 f.; a.A. Heidel/Elser, AktG, 4. Aufl. 2014, § 183 Rn. 24; GKAktG/Wiedemann, 4. Aufl. 2006, § 183 Rn. 73. Wohl auch: Hartmann/ Barcaba, AG 2001, 437, 440. 60 Eimer, S. 41; Kley, RNotZ 2003, 17, 20; Mülbert, AG 2003, 136, 138; MüKoAktG/ Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 25. 61 Vgl. Eimer, S. 41; Kley, RNotZ 2003, 17, 21; Mülbert, AG 2003, 136, 139; MüKoAktG/ Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 24. 62 Eimer, S. 41. 63 Eimer, S. 41. 64 Vgl. Aha, BB 2002, 2225. 65 Vgl. Eimer, S. 41; Hoffmann-Becking, FS Lutter, 2000, 453, 464; Kley, RNotZ 2003, 17, 20.

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§ 185 Abs. 4 AktG zu scheitern. Sowohl die Konkretisierung des Einlagegegenstandes als auch der Einlagemodalitäten sollte daher im Kapitalerhöhungsbeschluss erfolgen. Das gilt grundsätzlich unabhängig von der Komplexität des Einlagegegenstandes, denn das Aktienrecht steht detaillierten Kapitalerhöhungsbeschlüssen offen gegenüber.66 Die Gefahr einer teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit spricht gegen den Abschluss eines die Festsetzungen des Erhöhungsbeschlusses konkretisierenden Einbringungsvertrags, weil dadurch dem hohen Gut der Rechtsund Transaktionssicherheit Schaden droht. Etwas anderes gilt, wenn der Einbringungsvertrag vor der Fassung des Erhöhungsbeschlusses abgeschlossen wird und – wovon § 188 Abs. 3 Nr. 2 AktG ausgeht – auf ihn als Grundlage für die Festsetzungen in der Beschlussvorlage Bezug genommen wird. Aber auch diese Funktion kann letztlich ein antizipierter Zeichnungsschein erfüllen. III. Gestaltungsmöglichkeiten im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und dem Inferenten Als Lösung für Fälle, in denen die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Inferenten aufgrund der zwingenden aktienrechtlichen Vorgaben nicht vollständig effektiv durchgesetzt werden, kommt eine Vereinbarung zwischen einzelnen (Anker-)Aktionären und dem Inferenten in Betracht.67 Für derartige Vereinbarungen ergeben sich keine spezifischen aktienrechtlichen Vorgaben. Allein die Altgesellschafter unterliegen gesellschaftsrechtlichen Bindungen wie der Treuepflicht und dem Abspaltungsverbot.68 Diese wirken sich allerdings – wegen des hinter § 311a BGB stehenden Rechtsgedankens – lediglich auf die Durchführbarkeit, nicht aber auf die Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen aus. Im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und dem Inferenten gelten nur die allgemeinen Grenzen privatautonomer Gestaltungsmacht wie z. B. § 138 BGB.69 Als Gestaltungselemente im Verhältnis zwischen Gesellschaftern und dem Inferenten kommen Stimmbindungsvereinbarungen und Freistellungs- und Garantieverträge in Betracht.70 66

Anders MüKoAktG/Schürnbrand, 4. Aufl. 2016, § 183 Rn. 26. Vgl. KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 185 Rn. 106; Hunecke, S. 278. 68 Vgl. Maidl/Kreifels, NZG 2003, 1091. 69 Vgl. Maidl/Kreifels, NZG 2003, 1091. 70 Die in diesem Zusammenhang ebenfalls vieldiskutierten Business Combination Agreements werden üblicherweise unmittelbar zwischen den an einem Zusammenschluss beteiligten Gesellschaften abgeschlossen (Seibt, Investoren- und Zusammenschlussvereinbarungen im Zusammenhang mit öffentlichen Übernahmen, in: Kämmerer/Veil (Hrsg.), Übernahme und Kapitalmarktrecht in der Reformdiskussion, 2013, S. 105, 108; vgl. Schall, Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen, in: Kämmerer/Veil (Hrsg.), Übernahme und Kapitalmarktrecht in der Reformdiskussion, 2013, S. 75 ff.; Reichert, ZGR 2015, 1 ff.) und sollen im Folgenden daher außer Betracht bleiben. 67

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3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

Die Stimmrechtsvereinbarung kann die sich aus § 187 Abs. 2 AktG ergebende Einschränkung überbrücken und eine mittelbare Bindung der Gesellschaft bereits vor der Hauptversammlung bewirken, indem sich die Altgesellschafter darin gegenüber dem Inferenten dazu verpflichten, auf der Hauptversammlung für den Sachkapitalerhöhungsbeschluss zu stimmen. Eine solche Vereinbarung ist grundsätzlich zulässig71 und zwar unabhängig davon, ob der Inferent bereits Aktionär ist oder nicht.72 Sie begründet auch keinen Verstoß gegen das Abspaltungsverbot.73 Über eine bloße Stimmbindung hinausgehend können sich die Altgesellschafter gegenüber dem Inferenten auch verpflichten, aktiv auf die Fassung des Erhöhungsbeschlusses hinzuwirken. Durch Freistellungen der Gesellschafter kann die unbegrenzte Differenzhaftung des Inferenten auf den angemessenen Ausgabebetrag wirtschaftlich abgemildert werden. So kann z. B. ein Ankeraktionär den Inferenten von der Differenzhaftung freistellen, soweit gewisse Schwellenwerte unter- oder überschritten werden. Auch wenn eine solche Gestaltung inhaltlich den Haftungsunter- und Haftungsobergrenzen in Unternehmenskaufverträgen (siehe dazu: § 5 E.III.3.b)) entspricht, kann sie sich diesen in ihrer Wirkung lediglich annähern. Während nämlich die Haftungsgrenzen in Unternehmenskaufverträgen die Entstehung eines Anspruchs in der Person des Erwerbers hindern, lässt die Freistellung den Differenzhaftungsanspruch der Gesellschaft unberührt. Der Inferent trägt also das Insolvenzrisiko des ihn freistellenden Gesellschafters. Die Vereinbarung von Garantien zwischen Gesellschaftern und Inferent zu dessen Gunsten entspricht dagegen sehr genau der Lage bei einem in der Vollzugsform des Share Deals strukturierten Unternehmenskauf. Auch dabei ist der Gegner der Garantieansprüche regelmäßig der frühere Gesellschafter der unternehmenstragenden 71

BGHZ 48, 163 Rn. 17 ff.; BGH ZIP 1983, 432 Rn. 8; BGHZ 179, 13, Rn. 12; BGH AG 2014, 705; Grigoleit/Herrler, AktG, 2013, § 136 Rn. 28; Hölters/Hirschmann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 133 Rn. 40; Bürgers/Körber/Holzborn, AktG, 4. Aufl. 2017, § 136 Rn. 23; Hüffer/ Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 133 Rn. 27; Maidl/Kreifels, NZG 2003, 1091; Raiser/Veil (2015), § 16 Rn. 87; Spindler/Stilz/Rieckers, AktG, 3. Aufl. 2015, § 136 Rn. 48; MüKoAktG/ Arnold, 4. Aufl. 2018, § 136 Rn. 66; Schmidt/Lutter/Spindler, AktG, 3. Aufl. 2015, § 136 Rn. 36. 72 BGH ZIP 1983, 432 Rn. 8; BGH AG 2014, 705; Hölters/Hirschmann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 133 Rn. 41; Bürgers/Körber/Holzborn, AktG, 4. Aufl. 2017, § 136 Rn. 23; Hüffer/ Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 133 Rn. 27; Maidl/Kreifels, NZG 2003, 1091; Raiser/Veil (2015), § 16 Rn. 87; Spindler/Stilz/Rieckers, AktG, 3. Aufl. 2015, § 136 Rn. 50; MüKoAktG/ Arnold, 4. Aufl. 2018, § 136 Rn. 72 ff.; vgl. Schmidt/Lutter/Spindler, AktG, 3. Aufl. 2015, § 136 Rn. 37. 73 BGH AG 2014, 705; Grigoleit/Herrler, AktG, 2013, § 136 Rn. 28; Hölters/Hirschmann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 133 Rn. 41; Bürgers/Körber/Holzborn, AktG, 4. Aufl. 2017, § 136 Rn. 23; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 133 Rn. 27; Noack, Gesellschaftsvereinbarungen bei Kapitalgesellschaften, 1994 S. 149 f.; Raiser/Veil (2015), § 16 Rn. 87; Spindler/Stilz/ Rieckers, AktG, 3. Aufl. 2015, § 136 Rn. 50; MüKoAktG/Arnold, 4. Aufl. 2018, § 136 Rn. 73; Schmidt/Lutter/Spindler, AktG, 3. Aufl. 2015, § 136 Rn. 37; vgl. Maidl/Kreifels, NZG 2003, 1091.

§ 18 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren

305

Gesellschaft. Diese Gestaltung kann die Schwierigkeiten und rechtlichen Unwägbarkeiten bei der Vereinbarung von zeichnungsvertraglichen Gewährleistungen (siehe dazu: § 12 E.II.2.) überwinden74 und hat darüber hinaus den Vorteil, dass die Aktien des Zeichners durch die Befriedigung seiner Gewährleistungsansprüche nicht mittelbar entwertet werden.75 IV. Rechtsgeschäfte mit Dritten Rechtlich grundsätzlich unbedenklich ist die Einschaltung eines Dritten – bspw. eines M&A-Versicherers – als Schuldner von Freistellungs- und Gewährleistungsansprüchen der Gesellschaft bzw. des Inferenten.

§ 18 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren Bei einem Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung stellt sich im Rahmen des Wertprüfungs- und Berichtsverfahrens die Frage, wie das Zielunternehmen zu bewerten ist. Ausgangspunkt für die richtige Methodenauswahl ist – wie bei anderen Einlagegegenständen – der Grundsatz der funktionalen Äquivalenz (siehe dazu: § 10 C.): Soll das Zielunternehmen fortgeführt werden, stellt die Sacheinlage eine antizipierte Investitionsentscheidung der Gesellschaft dar und es ist auf Bewertungsmethoden zurückzugreifen, denen eine Fortführungshypothese zugrunde liegt.76 Hier sind – wie auch bei der Bewertung des Unternehmens der erhöhenden Gesellschaft – die ertragswertorientierten Verfahren wie bspw. das Discounted Cash Flow-Verfahren geeignet (siehe dazu: § 9 D.I.2.).77 Nur soweit die Fortführung des Zielunternehmens nicht oder nur teilweise beabsichtigt ist, sind die zum Unternehmen gehörenden Vermögensgegenstände einzeln zu bewerten. Auch auf diese Einzelbewertung findet der Grundsatz der funktionalen Äquivalenz Anwendung, sodass der anzubringende Bewertungsansatz davon abhängt, ob der jeweilige Gegenstand weiterhin betrieblich genutzt werden soll oder nicht betriebsnotwendig ist.78 Die Bewertung erfolgt – wie jede Bewertung (siehe dazu: § 5 D.I.) – notwendig subjektiv, wobei das maßgebliche Bewertungssubjekt die erhöhende Gesellschaft ist.79 Lege artis prognostizierte Synergieeffekte dürfen deshalb bei der Bewertung der 74 Vgl. Aha, BB 2001, 2225, 2230. Zu diesem Vorgehen im Rahmen von Venture CapitalInvestitionen siehe: Weitnauer, HdB Venture Capital, 5. Aufl. 2016, Teil F. Rn. 135 ff. 75 Aha, BB 2001, 2225, 2230. 76 Vgl. Penné, S. 203 ff. 77 KKAktG/Ekkenga, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 235; vgl. Findeisen, S. 89 ff.; Herfs/Wyen, FS Hopt, Bd. I, 2010, S. 1955, 1977; Penné, S. 203 ff.; Reuter, BB 2000, 2298, 2300. 78 Vgl. Schiller, AG 1992, 20, 25 f. 79 Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 534.

306

3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

Sacheinlage berücksichtigt werden.80 Dem steht auch § 255 Abs. 2 S. 1 AktG nicht entgegen, da es bei dessen Anwendung nur auf den Wert der jungen Aktien ankommt,81 wohingegen für die Bewertung des Zielunternehmens auf den durch dessen Erwerb erzielbaren Zukunftserfolg abzustellen (siehe dazu: § 5 D.II.) ist. Soweit dieser Zukunftserfolg aus Synergieeffekten erwächst, sind diese daher zu berücksichtigen. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um sog. „echte“, sich nur aus dem konkreten Zusammenschluss ergebende, oder „unechte“, dem Zielunternehmen grundsätzlich „anhaftende“ Synergieeffekte handelt. Erforderlich, aber auch ausreichend, sind prognostizierte Synergien im maßgeblichen Subjekt-Objekt-Verhältnis zwischen der erhöhenden Gesellschaft und dem einzubringenden Unternehmen. Davon abweichende Sichtweisen missachten – trotz gegenteiliger Beteuerungen82 – den notwendig subjektiven und zukunftsorientierten Charakter von Bewertungsvorgängen.83

§ 19 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten A. Vorüberlegungen Die teilweise unüberwindbaren Hindernisse für einen Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung werfen die Frage nach alternativen Gestaltungsmöglichkeiten auf. Ziel einer alternativen Gestaltung muss es sein, ein dem Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung wirtschaftlich entsprechendes Ergebnis zu erreichen und dabei möglichst viele der identifizierten Probleme zu lösen. Als am drängendsten haben sich dabei im Rahmen der Ausarbeitung die lange Vorlaufzeit, die frühe Publizität und die unbeschränkte Haftung des Inferenten auf den festgesetzten Ausgabebetrag erwiesen.

B. Erwerb aus einem genehmigten Kapital Ein häufig für die Finanzierung eines Unternehmenserwerbs genutztes Instrument ist die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals des § 202 Abs. 1, 2 AktG.84 Danach 80

Vgl. Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 534; Henze, AG 1993, 341, 350; Herfs/Wyen, FS Hopt, Bd. I, 2010, S. 1955, 1977; Johannsen-Roth/Goslar, AG 2007 573, 577 f.; Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, AktG, § 255 Rn. 19; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, 3. Aufl. 2015, § 255 Rn. 6. 81 Vgl. Heidel, AktG, 4. Aufl. 2014, § 255 Rn. 11b. 82 Dietz, S. 56. 83 Reuter, BB 2000, 2298, 2304 f. 84 MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 202 Rn. 1; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 202 Rn. 2; Spindler/Stilz/Wamser, AktG, 3. Aufl. 2015, § 202 Rn. 3; Wieneke, NZG 2004, 61, 62; vgl. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 202 Rn. 2; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 59 Rn. 2.

§ 19 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten

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kann die Satzung den Vorstand für bis zu fünf Jahre ermächtigen, das Grundkapital bis zu einem bestimmten Nennbetrag durch Ausgabe neuer Aktien zu erhöhen. Diese Ermächtigung kann gemäß § 203 Abs. 2 AktG die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss beinhalten und nach § 205 Abs. 1 AktG die Ausgabe von Aktien gegen Sacheinlage vorsehen und ist damit auch für einen Unternehmenserwerb nutzbar. Da über den Inhalt der Aktienrechte, die Bedingungen der Aktienausgabe und den Bezugsrechtsausschluss gemäß § 203 Abs. 2, § 204 Abs. 1 AktG der Vorstand (mit Zustimmung des Aufsichtsrats) entscheidet, verlagert sich die (konkrete) Entscheidungsgewalt im Vergleich zur ordentlichen (Sach-)Kapitalerhöhung auf die Geschäftsleitung. In ihrer Ausführung hat die genehmigte (Sach-)Kapitalerhöhung damit die Qualität einer Geschäftsführungsmaßnahme.85 Im Unterschied zur ordentlichen Sachkapitalerhöhung erfolgt die Einbindung der Aktionäre abstrakt und im Vorfeld. Ist ein genehmigtes Kapital einmal geschaffen, steht es daher ad hoc als Finanzierungsinstrument zur Verfügung und bietet so im Vergleich zur ordentlichen (Sach-)Kapitalerhöhung wesentlich größere Flexibilität.86

Die sich für den Transaktionsprozess in der Vorbereitungsphase wegen der notwendigen Einbindung der Aktionäre ergebenden Einschränkungen bestehen bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals infolge der nur abstrakten Einbeziehung der Hauptversammlung im Vorfeld nicht.87 Die Finanzierung eines Unternehmenserwerbs aus einem genehmigten Kapital führt also zu keinen nennenswerten Verzögerungen des Transaktionsprozesses und bietet – da zunächst nur der Vorstand und 85 MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 202 Rn. 86; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 202 Rn. 20. 86 Vgl. Hölters/Apfelbacher/Niggemann, AktG, 3. Aufl. 2017, § 202 Rn. 1; MüKoAktG/ Bayer, 4. Aufl. 2016, § 202 Rn. 1; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 202 Rn. 2; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 59 Rn. 2; Spindler/Stilz/Wamser, AktG, 3. Aufl. 2015, § 202 Rn. 3. 87 Vgl. Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 202 Rn. 2.

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3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

der Aufsichtsrat eingebunden werden müssen – die für Unternehmenskäufe übliche und notwendige Vertraulichkeitsgewähr.88 Grundsätzlich keine Erleichterungen gegenüber der ordentlichen Sachkapitalerhöhung ergeben sich dagegen für die Anforderungen an den (angemessenen) Ausgabebetrag und die Möglichkeit, Gewährleistungsrechte für den Zeichner zu vereinbaren. Zwar wird der Ausgabebetrag gemäß § 204 Abs. 1 AktG durch den Vorstand festgesetzt,89 der aber dabei der Bindung des § 255 Abs. 2 AktG unterliegt.90 Trotz der Unterschiede in der Art und Weise des bei Verstößen gegen diese Anforderung gewährten Rechtsschutzes, gelten in der Sache daher die zur ordentlichen Sachkapitalerhöhung gemachten Ausführungen (siehe dazu: § 9 D.I.).91 Die genehmigte Sachkapitalerhöhung ist danach nur teilweise geeignet, die sich aus den Vorgaben des Aktienrechts für den Unternehmenserwerb ergebenden Schwierigkeiten zu lösen.

C. Bedingte Sachkapitalerhöhung Ein weiteres Instrument zur Finanzierung eines Unternehmenserwerbs mit eigenen Aktien stellt das Aktienrecht mit der bedingten Kapitalerhöhungen zur Verfügung: Durch eine bedingte Kapitalerhöhung werden Umtausch- oder Bezugsrechte auf Aktien unterlegt.92 Charakteristisch ist die Abhängigkeit der Durchführung der bedingten Kapitalerhöhung von der Ausübung von Umtausch- oder Bezugsrechten.93 Bedingt ist also – anders als bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals – nicht der Erhöhungsbeschluss, sondern die Durchführung der Kapitalerhöhung.94 Die bedingte Kapitalerhöhung kann nur zu den in § 192 Abs. 2 AktG grundsätzlich enumerativ aufgezählten Zwecken eingesetzt werden.95 Gemäß § 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG ist die Vorbereitung des Zusammenschlusses mehrerer Unternehmen ein zulässiger Zweck. Zwischen den Regelungen der ordentlichen und der bedingten Sachkapitalerhöhung besteht ein weitgehender Gleichlauf. Wie bei der ordentlichen sind auch bei der bedingten Sachkapitalerhöhung die maßgeblichen Festsetzungen 88

Vgl. Dietz, S. 37. BGHZ 21, 355; BGHZ 136, 133 Rn. 25 („Siemens/Nold“); BGHZ 144, 290 Rn. 16; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 204 Rn. 7; Spindler/Stilz/Wamser, AktG, 3. Aufl. 2015, § 204 Rn. 14. 90 BGHZ 136, 133 Rn. 25 („Siemens/Nold“); BGHZ 144, 290 Rn. 16; MüKoAktG/Bayer, 4. Aufl. 2016, § 204 Rn. 15; Grigoleit/Rieder/Holzmann, AktG, 2013, § 204 Rn. 7; Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 59 Rn. 49; Spindler/Stilz/Wamser, AktG, 3. Aufl. 2015, § 204 Rn. 14. Näher dazu: Dietz, S. 150 ff. 91 Vgl. Dietz, S. 150 ff. 92 Münch. HdB. GesR. IV/Scholz, § 58 Rn. 1. 93 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 192 Rn. 2. 94 Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 192 Rn. 2. 95 Dietz, S. 25; vgl. MüKoAktG/Fuchs, 4. Aufl. 2016, § 192 Rn. 36. 89

§ 19 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten

309

von der Hauptversammlung selbst zu treffen, § 193 Abs. 2, § 194 Abs. 1 S. 1 AktG.96 Auch hier ist eine entsprechende Bekanntmachung erforderlich, § 194 Abs. 1 S. 3 AktG. Die Probleme in der Vorbereitungsphase können damit nicht gelöst werden.97

D. Lösungsansatz: Verbindung von Unternehmenskauf und Debt Equity Swap Als Lösung des Gestaltungsproblems kommt die Verbindung eines Unternehmenskaufs mit einem Debt Equity Swap in Betracht: Dazu schließen die Parteien in einem ersten Schritt einen „normalen“ Unternehmenskaufvertrag, der in Anbahnung und Inhalt den im ersten Kapitel untersuchten Usancen entspricht. In einem zweiten Schritt werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Unternehmenskaufvertrag aufgespaltet: Die Kaufpreisforderung des Verkäufers wird in ein Vereinbarungsdarlehen umgewandelt.98 Eine solche Umgestaltung ist wegen des Grundsatzes der Privatautonomie zulässig99 und kann auch bereits für eine zukünftige Forderung erfolgen.100 Der Abschluss eines Vereinbarungsdarlehens kann zum einen lediglich zu einer inhaltlichen Änderung der ursprünglichen Forderung führen.101 In diesem Fall bestehen die gegen die alte Schuld (i. e. Kaufpreiszahlungsanspruch) gegebenen Einwendungen fort.102 Es ist allerdings auch möglich, die alte Schuld durch eine Umschaffung zu ersetzen, womit auch die gegen diese gegebenen Einwendungen entfallen.103 Spaltet man die Rechte aus dem Garantie- und Freistellungsregime des Unternehmenskaufvertrags in einen selbstständigen Garantievertrag ab, kann das Vereinbarungsdarlehen umschaffend vereinbart werden. Das ist zwar – ebenso wie der Abschluss des Vereinbarungsdarlehens generell – für die weitere Gestaltung nicht zwingend erforderlich, macht aber die Trennung des rechtlichen Schicksals der Darlehensforderung von dem ursprünglichen Unternehmenskauf deutlich und ist deshalb – auch im Hinblick auf etwaige gerichtliche Auseinandersetzungen – zur Klarstellung sinnvoll. 96

Vgl. Dietz, S. 25. Ähnlich Dietz, S. 25. 98 Zum Vereinbarungsdarlehen: MüKoBGB/K. Berger, 7. Aufl. 2016, § 488 Rn. 18 ff. 99 BGH NJW 2012, 2099 Rn. 21; BGH NJW 2016, 2115 Rn. 29. 100 RGZ 152, 159, 165: „Es steht […] der […] Annahme nichts entgegen, ein Vereinbarungsdarlehen im Sinne von § 607 Abs. 2 BGB so abzuschließen, daß für eine gleichzeitig erst begründete, rechtlich andere Schuld vereinbart wird, der dem einen Teil überlassene Wert solle von ihm als Darlehen geschuldet sein […], wie auch sogar für erst künftig zu begründende Forderungen ein Darlehnsverhältnis nach § 607 Abs. 2 BGB geschaffen werden kann“; MüKoBGB/K. Berger, 7. Aufl. 2016, § 488 Rn. 19. 101 BGH NJW 2012, 2099 Rn. 22. 102 BGH NJW 2012, 2099 Rn. 22. 103 BGH NJW 1979, 426 Rn. 15 ff.; BGH NJW 2012, 2099 Rn. 22. 97

310

3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

In einem dritten Schritt wird die Darlehensforderung des Unternehmenskäufers im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung in die Aktiengesellschaft eingelegt. Einlagegegenstand ist dann nicht das Unternehmen, sondern die Darlehensforderung gegen die Gesellschaft, bei der es sich ebenfalls um einen sacheinlagefähigen Gegenstand handelt.104 Die Einbringung erfolgt durch eine Abtretung nach § 398 BGB, wodurch die Darlehensforderung im Moment des Übergangs auf die Gesellschaft gemäß § 398 S. 2 BGB durch Konfusion erlischt.105 Ebenfalls möglich ist die Einbringung durch den Abschluss eines Erlassvertrags i.S.v. § 397 BGB.106

Der Vorteil dieser Gestaltung besteht darin, dass es allein auf die Werthaltigkeit der Darlehensforderung und nicht des Unternehmens ankommt.107 Der Differenzhaftungsanspruch referiert damit nicht auf den Unternehmenswert. Die Vereinbarung von Haftungsunter- oder Haftungsobergrenzen im Unternehmenskaufvertrag ist, da es zu keiner Einschränkung der Differenzhaftung kommt, möglich. Zwischen der Werthaltigkeit der Darlehensforderung, die davon abhängt, inwieweit die Gesellschaft auch ohne die Kapitalerhöhung zu deren Erfüllung verpflichtet und imstande ist,108 die Forderung also vollwertig, fällig und liquide ist,109 und dem Wert des erworbenen Unternehmens besteht kein Zusammenhang. Sofern ein umschaffendes

104

BGHZ 110, 47 Rn. 38; Schmidt/Lutter/Bayer, AktG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 16; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 27 Rn. 17; Bürgers/Körber/ Lohse, AktG, 4. Aufl. 2017, § 27 Rn. 12; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 29; Hölters/Solveen, AktG, 3. Aufl. 2017, § 27 Rn. 8; Grigoleit/Vedder, AktG, 2013, § 27 Rn. 9. 105 Vgl. Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 27 Rn. 17; Bürgers/Körber/Lohse, AktG, 4. Aufl. 2017, § 27 Rn. 12; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 29; Hölters/Solveen, AktG, 3. Aufl. 2017, § 27 Rn. 8. 106 Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 27 Rn. 17; Bürgers/Körber/Lohse, AktG, 4. Aufl. 2017, § 27 Rn. 12; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 29; Hölters/Solveen, AktG, 3. Aufl. 2017, § 27 Rn. 8. 107 Vgl. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 27 Rn. 17; MüKoAktG/Pentz, 4. Aufl. 2016, § 27 Rn. 29. 108 Vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1991, 161 Rn. 91; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 27 Rn. 17. 109 MüKoAktG/Pentz, § 27 Rn. 29; vgl. (§ 66 AktG) m.w.N. BGHZ 191, 364 Rn. 36 („Babcock“).

§ 19 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten

311

Vereinbarungsdarlehen vereinbart wurde, sind auch mittelbare Einflüsse unter dem Gesichtspunkt der Durchsetzbarkeit hinsichtlich § 320 BGB nicht zu besorgen. Um eine Einbringung der Darlehensforderung zum Nominalwert sicherzustellen, können die Parteien durch eine entsprechende Besicherung (durch die Gesellschaft!) die Vollwertigkeit gewährleisten.110 Diese Entkopplung des Unternehmenserwerbs von der Sachkapitalerhöhung wirkt sich auch in der Vorbereitungsphase der Transaktion aus, die sich vollständig von den aktienrechtlichen Zwängen emanzipiert. Die Einbringung der Darlehensforderung im Wege der Sachkapitalerhöhung kann unabhängig vom Transaktionsprozess nachgelagert erfolgen. Dazu bietet sich etwa der Zeitraum zwischen dem Abschluss des Unternehmenskaufvertrags und dessen Vollzug an.

Rechtlich ist diese Gestaltungsalternative nicht zu beanstanden: Sie stellt weder eine verdeckte Sacheinlage noch einen Fall des Hin- und Herzahlens dar. Der dem Debt Equity Swap vorangestellte Unternehmenserwerb steht außerhalb des Anwendungsbereichs des Sachgründungsrechts. Eine verdeckte Sacheinlage liegt nämlich nur vor, wenn eine Bareinlage eines Aktionärs bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Bareinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten ist, § 27 Abs. 3 S. 1 AktG. Von einer verdeckten Sacheinlage kann also nur die Rede sein, wenn bei einer Barkapitalerhöhung die Regelungen der Sachkapitalerhöhung umgangen werden, weil die Gesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Barmittel, sondern einen Sachwert oder eine Altforderung erhält.111 Liegt bereits eine offene Sachkapitalerhöhung vor, steht das danach der Annahme einer verdeckten Sacheinlage entgegen. Die für die Sacheinlage geltenden Regelungen finden Anwendung und werden daher nicht umgangen. 110

Vgl. BGHZ 191, 364 Rn. 37(„Babcock“). Vgl. BGHZ 110, 47 Rn. 12 ff.; BGHZ 113, 335; BGHZ 166, 8; BGH ZIP 2016, 615 Rn. 28. 111

312

3. Kap.: Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung

Als Hin- und Herzahlen i.S.v. § 27 Abs. 4 AktG sind Konstellationen zu qualifizieren, in denen vor der Leistung der Einlage eine Leistung an den Aktionär vereinbart worden ist, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht und die nicht als verdeckte Sacheinlage zu beurteilen ist.112 Es geht dabei um Fälle, in denen die vom Inferenten aufzubringenden Eigenmittel tatsächlich von der Gesellschaft aufgebracht werden.113 An dem dafür charakteristischen (ggf. antizipierten) Mittelrückfluss an den Inferenten fehlt es vorliegend. Auch eine analoge Anwendung der Regeln der verdeckten Sacheinlage und des Hin- und Herzahlens kommt nicht in Betracht. Im Hinblick auf die verdeckte Sacheinlage hat der zweite Zivilsenat in den Sachen „Babcock“,114 „Eurobike“115 und „Qivive“116 große Zurückhaltung gegenüber einem extensiven Rückgriff auf dieses Instrument angemahnt: Die Rechtsordnung könne die nachteiligen Folgen des Rechts der verdeckten Sacheinlage nicht an die Nichteinhaltung eines Verfahrens knüpfen, das sie selbst für den betreffenden Vorgang nicht bereitstelle.117 Das verdient Zustimmung und steht auch mit der Wertung des § 255 Abs. 2 AktG im Einklang. Die durch den Kaufvertrag begründete und durch die Vertragsänderung in eine Darlehnsforderung gewandelte Forderung kann gegen die Gesellschaft mit den Mitteln der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden. Sie hat daher für die Gesellschaft den Wert, der bei ihr im Rahmen der Zwangsvollstreckung abgeschöpft werden würde. Ist sie solvent oder hat sie die Forderung besichert, ist das der Nominalwert. Daran ändert sich nichts, wenn die Forderung im Wege der Sachkapitalerhöhung eingebracht wird. Die Beteiligung der von einem Bezugsrechtsausschluss betroffenen Altaktionäre wird vermögensmäßig nicht verwässert. Dieses Ergebnis ist die logische Konsequenz der Entflechtung der Geschäftsleitungsmaßnahme Unternehmenserwerb und der diese Maßnahme finanzierenden Grundlagenentscheidung (Sach-)Kapitalerhöhung. Im Gegensatz zum unmittelbaren Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung handelt es sich um zwei unabhängig voneinander zu betrachtende Geschäfte, die jeweils ihren eigenen Regeln folgen. Dieses Vorgehen ist für die Altaktionäre auch nachvollziehbar. Durch die Festsetzung des Einlagegegenstandes besteht – jedenfalls bei einem Debt Equity Swap im Wege der ordentlichen Kapitalerhöhung – vollständige Transparenz. Die Aktionäre haben also eine echte Wahl und können dem Erhöhungsbeschluss die Zustimmung verweigern. Ist die Gesellschaft in einer starken Verhandlungsposition, kann sie sich für diesen Fall eine Rückabwicklungsoption vorbehalten. Andernfalls muss sie den Kaufpreis in bar entrichten und dazu ggf. Fremdkapital aufnehmen.

112 113 114 115 116 117

Vgl. BGHZ 182, 103 Rn. 9 ff.; MüKoAktG/Schürnbrand, § 183 Rn. 48. BGHZ 180, 38 Rn. 16. BGHZ 191, 364 Rn. 32 („Babcock“). BGHZ 184, 158 Rn. 17. BGHZ 180, 38 Rn. 11. BGHZ 180, 38 Rn. 11.

§ 19 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten

313

Auch die allgemeinen Regeln stehen dieser Gestaltung nicht entgegen: So handelt es sich nicht um ein Scheingeschäft i.S.d. § 117 Abs. 1 BGB. Das prägende Charakteristikum des Scheingeschäfts ist der fehlende Geschäfts- oder Rechtsbindungswille der Beteiligten,118 weshalb es schon tatbestandlich an einer Willenserklärung fehlt.119 Differentia specifica zum ernstgemeinten Rechtsgeschäft ist die Vorstellung der Parteien, zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolges genüge ein Scheingeschäft.120 Gehen die Parteien also davon aus, der von ihnen erstrebte Erfolg setze die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts voraus, liegt gerade kein Scheingeschäft vor.121 Lässt sich der von den Parteien erstrebte Erfolg durch das eigentlich dafür vorgesehene Rechtsgeschäft nicht oder nur unter Inkaufnahme damit verbundener Nachteile erreichen, setzt der erstrebte Erfolg die Wirksamkeit desjenigen Rechtsgeschäfts voraus, das an der Stelle des eigentlich dafür vorgesehenen Rechtsgeschäfts abgeschlossen wird.122 Diese Konstellation stellt eine Geschäftsvermeidung und kein Scheingeschäft dar.123 So stellt es sich auch hinsichtlich der vorgeschlagenen Gestaltung dar: Es wird bewusst darauf verzichtet, bereits das Unternehmen als Sacheinlage einzubringen. Stattdessen wird zunächst eine bloß schuldrechtliche Forderung des Inferenten begründet. Die Wirksamkeit dieses Geschäfts ist für den Verkäufer und späteren Inferenten conditio sine qua non für alle über das Bereicherungsrecht hinausgehenden Ansprüche. Bei ihm wird das Bewusstsein vorhanden sein, einen Anspruch gegen die Gesellschaft nur durch einen wirksamen Unternehmenskaufvertrag begründen zu können. Das gilt mutatis mutandis auch für die Gesellschaft, für die der wirksame Unternehmenskaufvertrag der Rechts- und damit Behaltensgrund ist. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, denn den Parteien ist es grundsätzlich erlaubt, in Ausnutzung ihrer vertraglichen Gestaltungsfreiheit alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um ihre Gestaltungsziele zu erreichen.124

118

BGHZ 36, 84 Rn. 30; BGH NJW 1980, 1572 Rn. 22; BGH NJW-RR 2007, 1209 Rn. 5; Staudinger/Singer, BGB, 2017, § 117 Rn. 10. 119 Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 117 Rn. 1 mit Verweis auf BGHZ 45, 376 (wohl) Rn. 36 mit weiteren Verweisen auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts. 120 BGHZ 36, 84 Rn. 30; Staudinger/Singer, BGB, 2017, § 117 Rn. 10; vgl. BGHZ 21, 378 Rn. 5 ff. 121 BGHZ 36, 84 Rn. 30; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 117 Rn. 4; Staudinger/Singer, BGB, 2017, § 117 Rn. 10. 122 Erman/Arnold, BGB, 15. Aufl. 2017, § 117 Rn. 2; vgl. BGH NJW 1980, 1572 Rn. 22; BGH NJW-RR 2007, 1209 Rn. 5. 123 Vgl. Fn. 122. 124 Vgl. Erman/Arnold, BGB, 15. Aufl. 2017, § 134 Rn. 23.

Conclusio Als Gesamtergebnis der Bearbeitung lässt sich damit das Folgende festhalten: Der Unternehmenserwerb ist vom Grundsatz der Privatautonomie geprägt. Grenzen bilden nur die für alle Rechtsgeschäfte geltenden Grenzen privatautonomer Gestaltungsmacht, wobei das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen allerdings weder auf den Unternehmenskaufvertrag noch auf die bei dessen Anbahnung geschlossenen Vorfeldvereinbarungen Anwendung findet. Das hat in der Praxis die Adaption von ausdifferenzierter, von der angloamerikanischen Transaktionspraxis beeinflussten Usancen ermöglicht. Die aktienrechtlichen Vorgaben für die Sachkapitalerhöhung sind wegen des Grundsatzes der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG dagegen unnachgiebig und gelten auch, wenn der Einlagegegenstand ein Unternehmen ist. Das führt zu substanziellen Einschränkungen der Privatautonomie und hat erhebliche Auswirkungen sowohl auf den Transaktionsprozess als auch auf den Inhalt des Verpflichtungsgeschäfts. Die erforderliche Beschlussfassung der Hauptversammlung verursacht aufgrund der dreißigtägigen Ladungsfrist des § 123 Abs. 1 AktG erhebliche Verzögerungen und löst einen Verhandlungsstillstand aus, da vor der Beschlussfassung der Hauptversammlung eine Bindung der Gesellschaft wegen § 187 Abs. 2 AktG ausgeschlossen ist. Eine Bindung des Inferenten kann dagegen durch eine antizipierte Zeichnung bereits vor der Hauptversammlung erreicht werden. Die bei der Einberufung zu beachtenden Informationspflichten stehen einer effektiven Vertraulichkeitsvereinbarung entgegen. Hat die Gesellschaft einen überschaubaren Aktionärskreis, kann die Einberufung einer Vollversammlung gemäß § 121 Abs. 6 AktG Abhilfe schaffen. Voraussetzung dafür ist das Erscheinen aller Aktionäre und eine einstimmige Fassung des Erhöhungsbeschlusses. Zu weiteren Einschränkungen der Vertraulichkeit führt auch das Wertprüfungs- und Berichtsverfahren, das eine Informationsweitergabe an die externen Einlageprüfer verlangt und die Veröffentlichung des Prüfungsberichts zwingend vorschreibt. An die Stelle des Unternehmenskaufvertrags tritt bei einem Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung der Zeichnungsvertrag. Trotz der Komplexität des Einlagegegenstandes ist daneben der Abschluss eines als Einbringungsvertrag bezeichneten Verpflichtungsgeschäfts weder erforderlich noch zweckmäßig. Von einer vertraglichen Konkretisierung der Festsetzung des Erhöhungsbeschlusses ist abzuraten. Die in Unternehmenskaufverträgen übliche Beschränkung der Haftung des Veräußerers ist bei einer Gestaltung des Unternehmenserwerbs als Sachkapitalerhöhung wegen der zwingenden Differenzhaftung auf einen angemessen festzusetzenden Ausgabebetrag gegen den Willen der Minderheitsaktionäre nicht darstellbar.

Conclusio

315

Die lange Vorlaufzeit einer ordentlichen Kapitalerhöhung macht das Instrument unflexibel und damit für das schnelllebige Transaktionsgeschäft unbrauchbar. Abhilfe kann insoweit die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals verschaffen, bei dem der Erhöhungsbeschluss der Hauptversammlung abstrakt und im Vorfeld gefasst wird, was zu einer Rückverlagerung der Leitungsmacht auf den Vorstand führt. Ein einmal genehmigtes Kapital steht ad hoc als Finanzierungsinstrument zur Verfügung. In der Vertragsanbahnung ist eine starke Annäherung an die Usancen des Unternehmenskaufs die Folge. So steht z. B. dem Abschluss einer weitreichenden Vertraulichkeitsvereinbarung nichts im Wege. Auch bei einem genehmigten Kapital gilt § 255 Abs. 2 AktG analog. Die üblichen Haftungsausschlüsse des Inferenten sind bei der Finanzierung des Unternehmenserwerbs durch Ausnutzung eines genehmigten Kapitals daher ebenfalls nicht machbar. Auch keine Lösung bietet das genehmigte Kapital, das ebenfalls eine konkrete Beschlussfassung der Hauptversammlung erfordert, sodass sich auch hier das Problem der langen Vorlaufzeit stellt. Wirtschaftlich können Vereinbarungen zwischen dem Inferenten und den Aktionären der Gesellschaft eine Lösung bieten. Durch Stimmbindungsvereinbarungen kann bereits vor der Hauptversammlung de facto eine ausreichende Bindung hergestellt werden, sodass das Abwarten der Hauptversammlung – ähnlich wie das Abwarten der Genehmigung einer Kartellbehörde – auch im Transaktionsgeschäft hinnehmbar ist. Ein mit einer Haftungsbeschränkung vergleichbarer wirtschaftlicher Effekt kann durch Freistellungsvereinbarungen erreicht werden. Voraussetzung dafür ist aber der Wille und nicht zuletzt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich verpflichtenden Gesellschafters, weil der Inferent weiter dem Differenzhaftungsanspruch ausgesetzt ist und damit das Insolvenzrisiko des ihn freistellenden Gesellschafters trägt. Eine echte Alternative bietet die Entflechtung von Unternehmenserwerb und Sachkapitalerhöhung durch die Aufspaltung in zwei Geschäfte. Dazu schließen die Parteien zunächst einen „normalen“ Unternehmenskaufvertrag. Anschließend spalten sie die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten vertraglich auf. Die Garantieansprüche der erwerbenden Gesellschaft werden in einen selbstständigen Garantievertrag ausgelagert und der Kaufpreisanspruch durch ein Vereinbarungsdarlehen in eine Darlehensforderung umgewandelt. Dieser Schritt ist nicht zwingend, dient aber dazu, die klare Trennung zwischen dem Unternehmenskauf und der folgenden Sachkapitalerhöhung deutlich zu machen. Im nächsten Schritt bringt der Verkäufer seine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft im Rahmen eines Debt Equity Swaps (scil.: im Wege der Kapitalerhöhung) in die Gesellschaft ein, die durch Konfusion oder Erlass erlischt. Diese Gestaltungsalternative verstößt weder gegen zwingendes Aktienrecht noch gegen die allgemeinen Regeln und erzielt ein äquivalentes wirtschaftliches Ergebnis, ohne den Beschränkungen der privatautonomen Gestaltungsmacht zu unterliegen, die mit einem Unternehmenserwerb im Wege der Sachkapitalerhöhung einhergehen.

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Stichwortverzeichnis Abwerbeverbote 89 – 91 Accidentialia negotii 55 – 73 AGB – Anwendungsbereich 64 – Aushandeln 64 – 71 – Bieterverfahren 59 – europarechtlicher Hintergrund 69 – Individualvereinbarung 64 – 71 – Inhaltskontrolle 71 f. – Musterverträge 59, 63 – Paket-Lösungen 67 f. – rationales Desinteresse 62 f. – Sinn und Zweck 62 f. – situative Unterlegenheit 61 – Stellen 60 – 64 – Transaktionskostenasymmetrie 62 f. – Vielzahl von Verwendungen 59 – vorformuliert 59 f. – wirtschaftliche Überlegenheit 63 Anfechtung 165 Angemessener Ausgabebetrag 229 – 231 Anlagenotstand 37 Anmeldung zum Handelsregister 242 f., 281 – 284 Asset Deal 28 – 31, 44 – 47, 54, 138 f., 302 Asymmetrische Informationslagen 34 – 37 Aufklärungspflichten 116 – 119, 126 Ausgabebetrag 215 Bedingte Kapitalerhöhung 308 f. Bedingungen 142 f. Bezugsrecht 208, 216 f. Bezugsrechtsausschluss 217 – 227 Bieterverfahren 38 – 40, 59 Binding Offer 40, 102 Catch All-Klauseln 51 CEO Overconfidence 35 f. Change of Control-Klausel 111 Clean Team 96

Closing 40, 169 Conformatory Bid 102 Culpa in contrahendo 78, 161 – 164 Data Room Rules 113 Debt Equity Swap 309 – 313 Dispositives Recht 55 f. Diversifikation 32 f. Due Diligence – Begriff 109 – 111 – Funktion 111 f. – Rechtsgrundlagen 113 Eigenkapitalstruktur 193 – 196 Eigenübliche Sorgfalt 87 Enterprise Value 146, 148 Entrenching Investment 34 f. Equity Value 146, 148 Erbrecht 46 Erhöhungsbeschluss 211 – 235 Erwerbsstruktur 29 – 31, 302 Essentialia negotii 55, 245 Familienrecht 46 Finanzinvestoren 33 f. Formerfordernis 266 f. Formerfordernisse – § 15 GmbHG 54 – § 311b Abs. 1 BGB 47 f. – § 311b Abs. 3 BGB 48 – 54 Formnichtigkeit 267 Garantien und Freistellungen – Baskets 175 f. – Bilanzgarantien 179 – 183 – Caps 176 – De minimis 175 f. – Freistellungen 183 – 186 – Garantiebegriff 166 – 168 – Knowledge Qualifier 170 – 173 – Legal Title 178

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Stichwortverzeichnis

– Selbstständiges Garantieversprechen 168 f. Genehmigtes Kapital 306 – 308 Gewährleistungsrecht – Anwendungsbereich 77 – 79 – Minderung 160 f. – Nacherfüllung 158 f. – Rücktritt 159 f. – Schadensersatz 161 – zeitlicher Bezugspunkt 156 f. Gleichbehandlungsgebot (Art. 85 GesRRL) 206 f. Grundsatz der Kapitalerhaltung 201 – 206 Grundsatz der realen Kapitalaufbringung 196 – 201 Handelsregister 241 f., 281 – 284 Hauptversammlungskompetenz (Art. 68 GesRRL) 207 f. Heininger Rechtsprechung 76 Hin- und Herzahlen 312 Indicative Offer 39 Information Memorandum 39, 99 – 101 Internationales Privatrecht (IPR) – fehlende Rechtswahl 44 – Rechtswahl 41 – 44 – Rom I-VO 41 – 44 Interne Sacheinlageprüfung 237 f. Kartellrecht – Diversifikation 32 f. – wettbewerbsrechtliche Beschränkungen 115 Kaufabrede 137 – 143 KlauselRL 69 Konglomerat 32 f. Legal Tech 60 Lehre vom sachlichen Grund 218 – 227 Leistungszeit – Closing 141 f. – Effective Date 141 f. – Signing 141 f. Letter of Intent 40, 108, 113, 294 Leverage Buyout 34 Leverage Effect 33 f., 38

Locked Box 141 Long List 39 Marktbereinigung 33 Markteintrittsbarrieren 32 Marktstellung 32 Modigliani-Miller-Theorem 146 Motive, Unternehmenserwerb 31 – 34 Naturalia negotii 73 – 79 NDA 39 Negotiated Sale 59 Parole evidence rule 135 Plain meaning rule 135 Präambel 81 f. Prinzipal-Agent-Probleme 34 – 36 Privatautonomie 55 – 58 Prozessbriefe 40, 101 – 108 Rechtsmangel 157 f. Richtlinienkonforme Auslegung 74 – 76, 239 Richtlinienorientierte Auslegung 75 – 77 Rückgabe vertraulicher Informationen 91 f. Schuldrechtliches Agio 231 – 235 Share Deal 29 – 31, 44 f., 48, 54, 77, 136, 138, 297 Short List 39 SLIM-Initiative 191 Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB 165 f. Strategische Investoren 31 Synergien – negative Synergien 38 – Netzwerkeffekte 31 f. – Produktpaletteneffekte 31 f. – Skaleneffekte 31 f. Tausch

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UN-Kaufrecht (CISG) 44 – 46 Unternehmensbegriff 26 – 28, 44 f. Unternehmensbewertung 145 – 149 Unternehmenskaufvertrag 40

Stichwortverzeichnis Verbraucher 42 – 44 Verdeckte Sacheinlage 311 Vereinbarungsdarlehen 309 Verfassungsmäßige Ordnung 57 Verfolgen von Sondervorteile, § 243 Abs. 2 AktG 235 Vertragsfreiheit – formale 62 – Grenzen 56 f. – materielle 62 f. – negative Vertragsabschlussfreiheit 57 – Vertragsgestaltungsfreiheit 58 Vertragsgeneratoren 60 Vertragsschluss 275 Vertragsstrafen 61 Vertrauliche Informationen 83 f. Vertraulichkeitsvereinbarung 39, 80 – 99 Vorfeldvereinbarungen 61 Warenkauf 45 Wertprüfungs- und Berichtsverfahren 235 – 241, 305 f.

Winner’s Curse 36 f. Winter-Group 191 Wissenszurechnung – Deliktsrecht 124 – Organwalter 124 – relative Wissensnormen

347

123 f.

Zeichnungsmängel 263 – 268 Zeichnungsschein 243 – 252 Zeichnungsvertrag – Abnahmepflicht 255 f. – Form 261 f. – Gegenstand 252 – Leistungsstörungsrecht 268 – 281 – Parteien 252 f. – Pflichten der Gesellschaft 256 – 259 – Rechtsnatur 259 – 261 – Sacheinlagepflicht 253 – 255 – Vertragsschluss 261 – Zeitlicher Rahmen 262 f. Zustimmungserfordernisse 46