Der Taschengeldanspruch zwischen Ehegatten im Recht des Familienunterhalts [1 ed.] 9783428485581, 9783428085583

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Der Taschengeldanspruch zwischen Ehegatten im Recht des Familienunterhalts [1 ed.]
 9783428485581, 9783428085583

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TOBlAS HAUMER

Der Taschengeldanspruch zwischen Ehegatten im Recht des Familienunterhalts

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 182

Der Taschengeldanspruch zwischen Ehegatten im Recht des Familienunterhalts Von

Tobias Haumer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Haumer, Tobias:

Der Taschengeldanspruch zwischen Ehegatten im Recht des Familienunterhalts I von Tobias Haumer. - Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Schriften zum bürgerlichen Recht ; Bd. 182) Zug!.: Passau, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08558-2 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-08558-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 I§

Meiner Prinzessin

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1994/95 an der Juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation eingereicht. Für die Veröffentlichung konnten Rechtsprechung und Literatur bis Mai 1995 berücksichtigt werden. Mein Dank gilt in erster Linie meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Johann Braun, der die Anregung zur Bearbeitung dieses Themas gab und seine Bearbeitung mit großer Aufgeschlossenheit unterstützte. Danken möchte ich auch dem Zweitgutachter der Dissertation, Herrn Prof. Dr. Hans-Joachim Musie1ak. Besonderer Dank gilt ferner Frau Staatsanwältin Christine Joachimski, den Herren Rechtsanwälten Dr. Peter Bräutigam und Dr. Michael Zoller, die mir stets kritische Diskussionspartner waren, sowie Herrn Dipl. - Geograph Thomas Biersack für die tatkräftige Unterstützung bei der Formatierung der Arbeit mittels Computer.

Tobias Haumer

Inhaltsverzeichnis

Elofübruog uod ProblemsteUuog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I S Teil I Der Tascbeogeldansprudl Bestaodsaufnabme des Status quo, Kritik, Auswtrkuagea der berncbeadea Melouog 1. Kapitel Herleltuog elaes Aosprucbes aufTascbeogeld aus dea Regelo des Famllleauoterbalts oacb §§ 1360, 1360a BGB

A.

B.

I8

18

Grundlegendes . ................................ . .............. . ...... . . . I8 I.

Die Stellung des Taschengeldaospruches imUnterbaltsrecht . • . ... .. .. . ... . . . . . I8

II.

Die gesetzliche Regelung des Familienunterballs .... . ...... .. . . .... .. .. . .. . . 20

III.

Ehegatten und ein Anspruch auf Taschengeld ....... . .............. . .. . .. . . 2I

Ableitung eines Taschengeldanspruches aus dem Familienunterhalt nach §§ 1360, I360a BGB .. ..•............ ... ........... . .. . ................. . ... . .. . . 22

I.

Herleitung .. . ... . ..... .. .... ... . ........ .. .. . ...... . . . ... . . . . . . .... . 22

II.

Anspruchsberechtigung ... . ..... . .... . . . .. ....... . .. . . ..... .. .. . .... . . 23 I.

Die Rollenverteilung der EhegaUen .. .... . ............. .. ....... ..... 23 a)

Die Ehemodelle ...... . ..... . . . ...... . ........... ... ....... . . 23

b)

Haushaltsführung und Anspruch auf Taschengeld ...... . . . ..... . .. . . 25

2.

Definition des Taschengeldes . ........... . .. . ............. ... .. . .. . . 26

3.

Bedingter Bestand eines Taschengeldes .... . ..... .... ......... . . . .. . .. 27

4.

Höchstpersönlichkeit und Unabhängigkeit vom Güterstand .... . ... . ....... 29

III. Beweggründe und Begründung fiir den Anspruch . ............. .. ...... . .... 29 2. Kapitel Ausgestaltung des Tascbeageld. .spruclles uad DanteUuog des StreitstaDdes

A.

30

Der Anspruch auf Taschengeld als Bestandteil des Familienunterhalts . ... .... . . . ... .. 3I I.

Taschengeld als abgrenzbarer Teil ....... ... ...... . ... ..... .. . ....... . .. . 3I

10

Inhaltsve!Zeichnis II. Geldleistung ............ . ................. . ........................ . . 33

B.

Überlassung freier Mittel über ein Taschengeld ..... .. .. . ..................... . . 34 I.

Autonome Verwendung ... . ................. . .. . ............. . ... . ... . . 34

II. Frage der Zweckbindung der Mittel ........... . ..................... . .. . .. 35 111. Alleineigentum des Berechtigten ................................. . . ...... 36 C.

Die Höhe eines Taschengeldes ........................................... . .. 36 I.

Bemessungskriterien ..... . ................ . ..................... .... .. 36

II. Schwankungen des Taschengeldbetrages ....... . .. .. . . .. . .................. 36 III. Schätzbarkeil und prozentuale Richtwerte ......... .. .................... . .. 37 D.

Durchsetzbarkeil des Anspruches innerhalb der Ehe .............................. 38 I.

Herstellungsklage ....... . ................... . ... . ............. . ... .. .. 38

II. Leistungsklage ......... . ................... .. .. . ..................... 38 111. Problem des § 888 II ZPO .................. . ... .. . ............. . ....... 39 E.

Rechtsnatur des Anspruches ....................... . ......... . ...... . ....... 39 3. Kapitel Krldsche Würdigung der herrschenden Meinung Ungereimtheiten und Widersprüche

A.

40

Einzelne Problemkreise ....... . .. . .................................. . .. . ... 42 I.

Die grundsätzliche Anerkennung eines Taschengeldanspruches ......... . .. . ... 42

II.

Taschengeld zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse ............... .. . .... 45

111. Freie Verwendung und Verfügbarkeil ........ . .. . .. . ............. . ....... 46 IV. Die Frage des Alleineigentums an den Taschengeldmitteln ............ . .. .. ... 47 V.

Kein Rangverhältnis von Taschengeld und Lebensbedarfsdeckung im übrigen ..... 50

VI. Die Höhe eines Taschengeldes und deren Ermittlung ................... . .... . 52 I.

Bedenken gegen prozentuale Richtwerte ..... . .................... . ... 52

2.

Die Übetbetonung äußerer Aspekte des Ehelebens .............. . ....... 53

3.

Die Schätzbarkeil eines Taschengeldbetrages . . . .................... . .. 56

B.

Keine Trennung von Ehe- und Eigenbereich ......... . .. . ................. . . . . .. 57

C.

Würdigung ....... ... . . .... . .......... . . . ....... . ................. . ..... 60 4. Kapitel Auswirkungen der Anerkea•u•g eines EIJIZela•spruches aufTascbe•geld

A.

61

Gläubigerzugriff auf ein Taschengeld ... . ............ . ..... .. ... ........... ... 61 I.

Die Pfändbarkeil des Anspruches . ... . . . . .. ..... . ........................ 61 I.

Zwei Gerichtsverfahren ........................................... 62

Iobaltsverzeichnis

II.

11

2.

Die mehrheitliebe Anerkennung der Pfändbarkeil ................ . . ... .. 63

3.

Die Vorschrift des§ 850b ZPO . ........... . .. . ............... . ..... 66

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in FamRZ 86, 773 ........... 68

III. Verfassungsrechtliebe Problematik der Pfändbarkeil . .. . ..................... 69 B.

Parallelproblem des Zugriffes auf Kindesunterhalt ... . ..........••...... . ... .. ... 72

I.

Keine Regelung unmittelbarer Unterhaltsansprüche der Kinder in den §§ 1360, 1360a BGB ....................................................... . . 72

II.

Unterhaltsansprüche der Kinder nach den Vorschriften der§§ 1601 ff. BGB

.... . . 74

III. Taschengeldansprüche der Kinder ........ . ........... ... . ... .... .. . ... . . 76 IV. Würdigung ............. . ................................. . .. . ...... 76 C.

D.

Auswirkungen der Pfändung des Tascbengeldansprucbes ............... . .... . .... 77

I.

Verzicht des betroffenen oder Doppelbelastung des anderen Ehegatten ...... . .... 77

II.

Divergenz von rechtlieber Konstruktion und faktischer Auswirkung •.•...•. . .... 80

Cui bono - Die Schaffung eines Pfandobjektes fiir Gläubiger .. ..... ... . . ... .. . ... . . 82

Teil 2 Der el•lleltllebe Famlllenuaterlaalt uad die UavertrigUeUelt mit einem Taseheogeldaosprucb aadt der herrscheodeo Melouog

90

1. Kßpüel Gruodlegendes

91

A.

Friktionen im Regelungsbereich des Unterhalts ...... .. .. . ...................... 91

B.

Ehe- und Familienverständnis als Grundlage unterhaltsrechtlicher Betrachtung . ... ..... 94

C.

Generalklausel des§ 1353 BGB und Familienunterhalt . . .. . ...... ... ......... . ... 98

D.

Die Begriffe Ehe und Familie im Recht des Familienunterhalts ..... . ...... .. ...... 100

E.

Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2.Kapüel Das gescblosseoe System Famllleouoterhalt

102

A.

Familienunterhalt als Summe individueller Bedürfnisse . . . ..... ... ............... 103

B.

Familienunterhalt als drei getrennte Unterhaltsarten .. . .... . ............. . ....... 104

C.

Der Familienunterhalt als einheitlieber Anspruch . ...................... ........ 104

I.

Verpflichtung und Berechtigung beider Ehegatten bezüglich des Familienunterhalts 104 l.

Gemeinsamer Beitrag der Ehepartner zum Familienunterhalt ...... .. .. . ... 105

2.

Gegenseitigkeit der V nterbaltsverpflicbtung

3.

Die Arten der Beitragsleistung zum Familienunterhalt .. .. ... .. ..... . .. .. 107

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

12

InhaltsveiZeichnis Teilhaberechtarn Familienunterhalt ......... .. ..................... . 108

4. II.

Der zwingende Charakter der beiderseitigen Unterhaltsverpflichtung .. . .. ... .. . 112

III. Umfang und Art des Familienunterhalts ... ... . .... ........ . . .. .......... . 114 IV. Gemeinschaftsbezogenheil des Familienunterhalts ... . .............. . .. . ... . 117 V.

Beschränkte Geltung allgemeiner unterhaltsrechtlicher Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . 119

VI. Die Bedeutung des einheitlichen Familienunterhalts fiir § 1357 BGB .. . ... . .... 123 VII. Die Ansprüche nach§§ 1601 ff. BGB und die Einheitlichkeit des Familienunterhalts 123 1.

Die unsystematische Regelung des Verhältnisses von Eltern und Kind im BGB 124

2.

Der Kindesunterhalt als Bestandteil des Familienunterhalts ......... . .. .. . 126

3.

Keine Beitragspflicht der Kinder zum Familienunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

VIII. Die Anerkennung der Einheit der Familie im Recht des Familienunterhalts . . .... . 131 IX. Ergebnis ........ . . . ... . .. . ............ . ... . . . .. .. ........... . .. . . . 133

3. &pitel Kongrueu der gesetzUcbea Regeluag Der elabeiOklle Aasprucb auf Famllleauaterbalt oacll §§ 1360, 1360a I, II BGB

134

A.

Wortlaut ........... . ....... . ................ . .. . .............. . .. . .... 134

B.

Systematische Auslegung ..... .. .... .. .... . . . ... . .. . .. . ........ .. .. . . . ... . 135

C.

Entstehungsgeschichte .. .. ... . . .. .... ... ... . ............ .. ......... . .. . .. 136 I.

Änderungen der Regelungen zum Familienunterhalt . . ............... . . . .... 137

II.

Die ursprüngliche Regelung des Familienunterhalts im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1.

Die Vorschriften zum Unterhalt .......... .. ..... . ............. . ... . 139

2.

Die Regelung des ehelichen Aufwands . . . ... ..... .... .•.. . ..... ... • . 141

3.

Das Verhältnis von Unterhalt zu ehelichem Aufwand ..... .. ...... . ... .. 142

4.

Die Ausgestaltung des Unterhalts und die Frage nach einem Taschengeldanspruch

. . . .. . ... .. . . .......... .. . . .. .. ........... . .... . ... . . 143

III. Zusammenfassung .... . . .. .................. .. .............. . .. . ... . 145 D.

Ratio legis .. •.. ... ... ..... . . .... .• . .. ... . . .• . . .. . . ... ... . .. .......... . 146

E.

Zusammenfassung ... . ...... . .. . .. .... ........... . ......... . . ... .. . ..... 147

4. Kapitel GesetzHebe abgreDZbare Elozelaasprücbe Im Bereich des Famllleauaterbalts ••cb §§ 1360a III t.V.m. 161311 1, 1360a IV BGB

148

A.

Grundlegendes •. . .......... . .. . ................ .. ................ • ... .• 148

B.

Die Vorschriften der§§ 1360a III und IV BGB ..... .. .. . .. . ..... .. ............ 149 I.

Der Anspruch nach§ 1360a IV BGB ... . ..... . ........ .. ........... .. ... 149

Inhaltsverzeichnis II.

13

Die Regelung der§§ l360a III i.V.m. 1613 II 1 BGB .. . ............. . .... . . 150

III. Besonderheiten der beiden Individualansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ISO 5. Kilpitel Die UovertriigUcUelt des elolleltllclleo U•terbalts der Famllle mit einem Elozelaasprucll aufTascbeogeld

152

A.

Verfehlte Bezugnahme auffrühere Rechtslage und Rechtsprechung, insbesondere die Entscheidung RGZ 97,286 und ihre Bedeutung für die Taschengelddiskussion . . . . . . . . 152

B.

Die Unverträglichkeit des einheitlichen Unterhalts der Familie mit einem Taschengeldanspruch nach der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I.

Die verfehlte Konstruktion eines Taschengeldanspruches als Einzelanspruch eines Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

II.

Die Bedeutung der Taschengeldansicht für das Verständnis von Ehe und Familie . 160

Zuammeofassu•g . ... . . .. ... ... . . ..... ... .. . ..... .......... .. ........ . .... . 163 Uteraturverzekbals ............. . . . .. . .. . ..... . . .. . . ................. . .... . 166

Die Abkürzungen von Zeitschriften und Entscheidungssammlungen wurden entsprechend Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtsspmche, 4. Auflage Berlin!New York 1993, vorgenommen. Im übrigen sind nur allgemein gebräuchliche Abkürzungen verwendet worden.

Einführung und Problemstellung Ehegatten stehen insbesondere im Bereich der inhaltlichen Konkretisierung und faktischen Organisation von Ehe und Familie unter dem Eindruck der Vielzahl von Vorstellungen und Anschauungen, die unsere pluralistische Gesellschaft mit sich bringt1• Staat und Gesetzgeber treten in diesem Regelungsbereich nicht als unumschränkte moralische und sittliche Autorität auf. Der Anspruch auf gesetzliche Regelung ist zwar nicht grundsätzlich aufgegeben worden, aber beschränkt sich auf Grundzüge. Je weiter sich die Regelungsmaterie vom personalen Bereich entfernt, der innere Aspekte betriffi, und je mehr sie den materiellen, also äußeren Teil betriffi, desto umfassendere Regelungsmöglichkeiten ergeben sich2 • Entsprechend berührt das Gesetz den persönlichen Bereich nur am Rande, während die vermögensrechtlichen Fragen ausführlicher geregelt sind. Vor diesem Hintergrund ist ein Problem zu sehen, das sowohl die Rechtslehre als auch die Gerichtspraxis seit Jahrzehnten beschäftigt: Es handelt sich dabei um die Beantwortung der Frage nach einem Taschengeldanspruch zwischen Eheleuten bei bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft und dem daraus herrührenden Folgeproblem seiner Pfä.ndbarkeit. Den mit einem Anspruch auf Taschengeld einhergehenden Problemen begegnet man im Rahmen der forensischen Praxis stets im Rahmen einer identischen Grundkonstellation. Regelmäßig liegt der Fall vor, daß ein haushaltsführender Ehegatte ohne Einkommen und ohne sonstiges Vermögen außereheliche Schulden hat. Für den Gläubiger dieses Ehegatten stellt sich die Frage, wie er Befriedigung seiner Forderung erlangen kann. Ein Zugriff auf einen Anspruch auf Taschengeld erscheint als Möglichkeit hierzu. "Der Anspruch selbst ist heute nicht mehr streitig", heißt es bei Gemhuber. Diese Aussage steht stellvertretend für die allgemeine Ansicht in Rechtslehre 1 Zum Aspekt des Pluralismus siehe etwa Pawlowski, Die "Bürgerliche Ehe" als Organisation, 6 und 13. 2

Vgl. Müller-Freienfols, Ehe und Recht, 261 ff..

1

Gernhuber/OJester-Waltjen, Familienrecht, § 21 I 15,235.

16

Einführung und Problemstellung

und Rechtsprechung, welche die grundsätzliche Existenz eines Taschengeldanspruches anerkennt. Die bisherige Diskussion wn einen Anspruch auf Taschengeld zwischen Ehegatten und seine Ausgestaltung4 konzentriert sich deshalb im Ergebnis auf die Frage der Vollstreckbarkeit, also ob auf ihn durch Gläubiger zugegriffen werden kann. Da ein Taschengeld in unserer Rechtsordnung de lege lata nicht vorgesehen ist, wird es nach ganz allgemeiner Auffassung aus den Regeln des BGB zum Familienunterhalt abgeleitet. Welche Konsequenzen sich aus dieser Herleitung ergeben, wird von der allgemeinen Ansicht völlig unzureichend berücksichtigt. Bei der bislang geführten Auseinandersetzung wird der unterhaltsrechtliche Hintergrund verkannt, vor dem sich die Frage nach einem Anspruch auf Taschengeld abspielt. Sie beschränkt sich auf eine Betrachtungsweise des Taschengeldanspruches, die seiner Stellung im Bereich des Familienunterhalts und dessen Komplexität nicht gerecht wird. Nicht der Streit um Details und seit Jahrzehnten bekannte Probleme, erst die bislang unterbliebene Klärung von Grundstrukturen im Gefüge des Rechts lassen die mit einem Anspruch auf Taschengeld verbundenen Positionen und Auswirkungen offen zutage treten. Nur dann läßt sich ein Anspruch auf Taschengeld dogmatisch eindeutig einordnen. Mit der vorliegenden Untersuchung wird erstmals versucht, der Frage nach der generellen Verträglichkeit von Familienunterhalt und Taschengeld nachzugehen. Aufgabe ist es, die Grundprinzipien der beiden Rechtsfiguren im Gefüge von Ehe- und Familienrecht offenzulegen und gegenüberzustellen. Es ist insbesondere von der Einzelbetrachtung abzukommen und das Verhältnis beider Ansprüche zueinander zu klären. Folglich ist es Ziel der Arbeit, zunächst die Struktur eines Taschengeldes sowie des darauf gerichteten Anspruches zwischen Ehegatten zu klären. In einem zweiten Schritt wird der Natur des Unterhalts der Familie unter Beachtung der Strukturprinzipien von Ehe und Familie nachgegangen. Schließlich wird die Bedeutung der beiden Ergebnisse mit den Konsequenzen dargestellt, die sich aus ihnen fiir einen Anspruch auf Taschengeld nach der herrschenden Meinung ergeben.

• Dazu sogleich unten Teill, insbesondere 2. und 3. Kapitel.

EinRilvung und Probletmtellung

17

Nur wenn die Stellung des Taschengeldes im System von Ehe und Familie sowie Familienunterhalt erkannt wird, lassen sich die damit verbundenen Positionen und Widersprüche offenlegens. Der gewonnene Überblick über die Zusammenhänge ermöglicht es, die Gesamtwirkung eines Taschengeldanspruches einzuschätzen. Deutlich wird die Bedeutung, die die Anerkennung eines Taschengeldes für die Anschauung von Ehe und Familie hat. Welche Auswirkungen sich daraus für das veränderliche Verständnis von Ehe und Familie ergeben, das dem Wandel der Zeit und der in ihr jeweils vorherrschenden Auffassungen unterliegt6, bedarf daher näherer Betrachtung. Soweit im folgenden der Terminus Unterhalt verwendet wird, sind darunter nur die Ansprüche zu verstehen, die auf ehe- oder familienrechtlichen Beziehungen beruhen. Unterhaltsverpflichtungen, die etwa aus vertraglicher oder deliktischer Beziehung herrühren, ohne spezifisch familienrechtlichen Bezug aufzuweisen, sind nicht gemeint.

' Siehe insbesondere unten Teil I, 3. und 4. Kapitel und Teil2, 5. Kapitel. 6

Vgl. die ausführliche Darstellung bei Müller-Freienfols, Ehe und Recht, 4 tT. 2 Haumer

Te i 1 1

Der Taschengeldanspruch Bestandsaufnahme des Status quo, Kritik, Auswirkungen der herrschenden Meinung Die Struktur eines Taschengeldanspruches, wie ihn die herrschende Meinung sieht, ist vorab zu klären, weil sie als Grundlage für die durchzufiihrende Untersuchung erforderlich ist: Zur Aufdeckung der Beweggründe, welche hinter einem Anspruch auf Taschengeld stehen, und um die Voraussetzung für einen Vergleich von Taschengeld und familiärem Unterhaltsrecht zu schaffen, müssen die beiden zu vergleichenden Komponenten in Hinblick auf ihre Struktur und ihre Stellung im Recht von Ehe und Familie untersucht werden. Zu Beginn wird das Phänomen eines Taschengeldanspruches zwischen Ehegatten im Vordergrund stehen; an die Bestandsaufnahme schließt sich die kritische Auseinandersetzung und folgend die Darstellung der Konsequenzen und Auswirkungen an, die mit einem Anspruch auf Taschengeld, wie ihn die überwiegende Meinung annimmt, verbunden sind.

I. Kapitel

Herleitung eines Anspruches auf Taschengeld aus den Regeln des Familienunterhalts nach §§ 1360, 1360a BGB A. Grundlegendes

I. Die Stellung des Taschengeldanspruches im Unterhaltsrecht Hinter dem allgemein verwendeten Begriff des Taschengeldes zwischen Ehegatten• -also Mittel zur freien Verfügung, auf die ein Gläubiger möglicherweise Zugriff nehmen kann - verbirgt sich ein dem Unterhaltsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches zugehöriger Anspruch. 1 Kritisch zum Ausdruck "Taschengeld" im Bereich der Ehe, namentlich für die Ehefrau, vgl. Meier-Scherling, FamRZ 59, 392 I. Sp..

l. Kapitel: Herleitung eines AnspruchesaufTaschengeld

19

Ein Taschengeldanspruch der Ehepartner wird nur für Eheleute diskutiert, die in häuslicher Lebensgemeinschaft zusanunenleben. Diese Konstellation ist unterhaltsrechtlich im 4. Buch 5. Titel"Wirkungen der Ehe im allgemeinen" in den §§ 1360, 1360a BGB geregelt. Normiert ist in diesen Vorschriften der sog. Familienunterhalt. In den anderen im BGB geregelten unterhaltsrechtlichen Fällen, die die Eheleute betreffen, stellt sich die Frage nach einem auf Barmittel gerichteten Taschengeld nicht.

hn Gegensatz zum Leben in häuslicher Gemeinschaft mit den übrigen Familienmitgliedern geht es in diesen Fällen um die Bedarfsdeckung von Einzelpersonen. Hierbei ist der gesamte Unterhalt durch Geldleistungen an den Unterhaltsberechtigten zu erbringen. Diesem stehen damit frei umsetzbare Geldmittel zur Verfügung, auf die auch ein Gläubiger gegebenenfalls zugreifen kann. Den Unterhalt bei Getrenntleben der Ehegatten, also aufgehobener häuslicher Gemeinschaft, vgl. §§ 1361 I 1 i.V.m. 1567 I BGB, regelt das BGB wie den Familienunterhalt im 4.Buch 5.Titel unter "Wirkungen der Ehe im allgemeinen". Der bedürftige, damit unterhaltsberechtigte Ehegatte hat gegenüber dem leistungsfähigen, somit zur Unterhaltsleistung verpflichteten Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt, der "nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vennögensverhältnissen der Ehegatten" angemessen ist, § 1361 I BGB. Der Trenpllßgsunterhalt ist gemäß § 1361 IV BGB auf Zahlung einer Geldrente gericht~t. Die Vorschriften über c:km. Unterhalt im Fall der Scheidung der Ehe, §§ 1564ff. BGB, enthält da$ BGB im 4.Buch ? .Titel "Scheidung der Ehe". Der gegebenenfalls zu gewährende nacheheliche Unterhalt nach den Vorschriften der §§ 1569ff. BGB ist ebenfalls durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren,§ 1585 I 1 BGB. Die Frage nach Taschengeldansprüchen der Ehegatten und folgend der Pfändbarkeil dieser Ansprüche soll darüberhinaus nur Bedeutung für solche Forderungen haben, die nicht von § 1357 BGB erfaßt werden; nach dieser Vor~chrift haften für Ansprüche aus Geschäften zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie, die von einem der Ehegatten vorgenommen werden, ohnehin grundsätzlich beide Ehepartner dem Gläubiger. Dann kann 2

SoAc/cmann, FarnRZ 83, 520 Fn. l.

20

1. Teil: Der Taschengeldanspruch - Status quo, Kritik, Auswirkungen

aber der Gläubiger den im Vergleich zur Taschengeldpfandung naheliegendereD Weg wählen, nämlich direkt auf das Einkommen oder Vennögen des erwerbstätigen Ehepartners zugreifen. Nur wenn dies nicht möglich ist, wird nach der bisherigen Diskussion eine Auseinandersetzung um Ansprüche auf Taschengeld von Ehegatten nötig. Mit dieser Argumentation wird bereits der maßgebliche Hintergedanke erkennbar, der mit dem Taschengeldanspruch verbunden ist: Es geht darum, Gläubigem Befriedigungsmöglichkeiten zu eröffnen3 • Ob einem Ehegatten gegen den anderen ein Anspruch auf Gewährung eines Taschengeldes überhaupt zusteht, betrifft nach dem Ausgeführten den unterhaltsrechtlichen Regelungsbereich, der das Zusammenleben der Ehepartner bei bestehender Ehe in häuslicher Gemeinschaft nonniert. Eine bestehende wirksame Ehe muß vorliegen, weil der Fall des Nachehelichenunterhalts, also der Unterhalt nach Auflösung der Ehe durch richterliches Gestaltungsurteil, in §§ 1569ff. BGB geregelt ist. Das Merkmal häuslicher Gemeinschaft ergibt sich aus dem Umkehrschluß zu §§ 1361 I i.V.m. 1567 I 1 BGB, die den Fall der Trennung und damit die aufgehobene häusliche Gemeinschaft regeln4 • Ein Taschengeldanspruch wird damit nur im Bereich des Familienunterhaltes relevant, der in den §§ 1360, 1360a BGB geregelt ist.

Il Die gesetzliche Regelung des Familienunterhalts Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die Familie durch ihre Arbeit und mit ihrem Vennögen angemessen zu unterhalten, § 1360 S.l BGB. Der angemessene Familienunterhalt umfaßt nach § 1360a I BGB alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigens.

3

Siehe ausfilhrlich unten Teilt, 4. Kapitel.

Fälschlich spricht aber Holzhauer, JZ 77,729 I. Sp. davon, daߧ§ 1360, 1360a BOB das "nichtgütige Getrenotleben" regeln. 4

5 Dazu ausfilhrlich unten Teil

2, insbesondere 2. Kapitel.

l. Kapitel: Herleitung eines Anspruches auf Taschengeld

21

Ausdrücklich im Gesetz geregelt ist für den Fall des Zusammenlebens in häuslicher Gemeinschaft somit nur die Verpflichtung beider Ehegatten zum Unterhalt der Familie als solchem. Das Gesetz geht damit von der traditionellen Vorstellung der ehelichen Familie aus, also daß die Ehe zwischen Mann und Frau Vorstufe sowie Grundlage der Familie ist6 , so daß im Rahmen des Familienunterhalts nicht nur die Bedarfsdeckung der beiden Ehepartner, sondern auch der gemeinschaftlichen unterhaltsberechtigten Kinder zu erfolgen hat, vgl. § 1360a I BGB. Der Familienunterhalt regelt sowohl die Bedarfsdeckung der "Gattenfamilie"7 als auch ihrer erweiterten Form, wenn zu den Ehepartnern die gemeinsamen Kinder treten. Der Unterhalt der Familie dient der als Kleinfamilie bezeichneten Gemeinschaft von Ehegatten und, sofern vorhanden, gemeinschaftlichen Kindern'; er knüpft an die familienrechtliche Beziehung aus der Ehe an. 1/L Ehegatten und ein Ansproch auf Taschengeld

Ein Taschengeldanspruch von Ehegatten ist im BGB nicht geregelt, er läßt sich nicht unmittelbar den unterhaltsrechtlichen Vorschriften der§§ 1360 und 1360a BGB entnehmen9; er wird im Rahmen der gesetzlichen Regelungen auch nicht erwähnt10• Die Vorschriften des Familienunterhalts sind jedoch Ausgangspunkt der allgemeinen Ansicht zur Begründung eines Taschengeldanspruchs.

6 Siehe schon die Regelung des Art. 119 S.l WRV, wonach die Ehe "Grundlage des Familienlebens" ist; weitergehend werden Ehe und Familie als Keimzelle des Staates betrachtet, insbesondere Ober die Zeugung und Erziehung von Kindern, vgl. etwa Art. 124 I BV, wonach Ehe und Familie "die natOrliche und sittliche Grundlage der menschlichen Gemeinschaft" sind. Die Familie wird dementsprechend als Ursprungsgemeinschaft bezeichnet, vgl. MiJller-Freienfels, Ehe und Recht, 64 ff..

7

Zu diesem Begriffsiehe Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § I I, 2.

8

Zum Begriffder Kleinfamilie von Ehegatten und Kindern siehe Lehmann, Familienrecht, I.

Ungenau sprechen aber etwa Gtunau,JurBüro 62, 113, Ernst, Anm. zu AG Neustadt a.Rgbe. Rpfleger 92, 530, 531 - U. v. 4.5.92, und Sauer!Meiendresch, FamRZ 94, 1441, 1442, von einem "gesetzlichen" Taschengeldanspruch. 9

10 Anders als Mittel Minderjähriger, auf die in § 110 BGB Bezug genommen wird, der in der Regel als "Taschengeldparagraph" bezeichnet wird.

22

1. Teil: Der Taschengeldanspruch- Status quo, Kritik, Auswirkungen

Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur besteht trotz des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ein Taschengeldanspruch im Verhältnis der Ehegatten zueinander. Dies ist einhellige Auffassung in der Gerichtsbarkeit und Literatur11 • Die grundsätzliche Existenz eines Taschengeldanspruches wird wtbestritten anerkannt, wenn auch dessen Ausgestaltung im einzelnen wnstritten ist12• B. Ableitung eines Taschengeldanspruches aus dem Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB I. Herleitung

Der gesetzlich nicht geregelte Taschengeldanspruch wird von Rechtsprechung und Literatur aus dem Anspruch auf Familienunterhalt hergeleitet und als Bestandteil desselben betrachtet13 • Zum angemessenen Unterhalt der Familie zählt die Befriedigung der "persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten", § 1360a I BGB. Die Deckung dieser persönlichen Bedürfnisse als Teil des Unterhalts der Familie soll über ein Taschengeld erfolgen••. Leistung von Taschengeld zur Ertüllung persönlicher Wünsche sei daher Unterhaltsleistung15•

11 Statt aller siehe nur Bodmann, Diss.jur., 17 m.w.N., FG Berlin FuR 92, 48 mit Anm. Niemeyer - U. v. 23.4.91, OVG Münster FamRZ 63, 137- nicht rltr. U. v. 20.7.62, BGH NJW 86, 1869- U. v. 19.3.86, BVedG FamRZ 86, 773- B. v. 13.6.86. Differenzierend Smid, JurBüro 88, 1105, 1110 ff., wonach ein Taschengeldanspruch von der Disposition der Eheleute abhängig sei. 12 Dazu

sogleich unten Tei11, 2. Kapitel.

13 Statt aller Bodmann, DissJur., 17 m.w.N., Hübner in: Staudinger, BGB, 12.A., § 1360a Rz. 17 m.w.N., OLG München FamRZ 88, 1161 m.w.N. - B. v. 14.3.88; siehe auch Meier-Scherling, FamRZ 59, 392 I.Sp., wonach sich ein Taschengeldanspruch "unschwer aus dem Gesetz herleiten" läßl

•• Siehe nur Eißer, FamRZ 59, 177, 179, Heckelma~m in: Erman, BGB, § 1360 Rz. 4, MeierScherling, FamRZ 59, 392 r. Sp., Quardt, JurBüro 61, 116, Tschernitschek.Familienrecht, Rz. 118, Wenz in: RGRK, BGB, 12.A., § l360a Rz. 12, LG Berlin NJW 67,204 - B. v. 13.10.66, LG Dortmund JurBüro 90, 1364- B. v. 20.7.89, OLG Frankfurt a.M. OLGZ 1975,488 m.w.N.- B. v. 12.3.75, OVG MünsterFamRZ 63, 137 -nicht rltr. U. v. 20.7.62, BGH NJW 86, 1869- U. v. 19.3.86. I! So

Beilzke/Lüderilz, Familienrecht, § 12II 7, 87.

l. Kapitel: Herleitung eines Anspruches auf Taschengeld

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11. Anspruchsberechtigung 1. Die Rollenverteilung der Ehegatten a) Die Ehemodelle Von Einfluß auf die Frage, wann einem Ehegatten ein Anspruch auf Taschengeld zusteht, soll Wtter anderem der Ehetyp sein. Gemeint ist damit die der ehelichen Lebensgemeinschaft zugrundeliegende Rollenverteilung, also die Aufteilung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit durch die Eheleute. Zum Teil wird ausdrücklich von einem Taschengeldanspruch und damit der Anspruchsberechtigung beider Ehegatten in gleicher Höhe gesprochen16, zum Teil wird das Bestehen eines Taschengeldanspruches nur für den haushaltsführenden Ehegatten anerkannt17; der verdienende Ehepartner bedürfe keines Taschengeldes, weil er olmehin über die nicht für den FamilienWtterhalt benötigten Beträge frei verfügen könne 18• Die Unterscheidung wird aber nicht streng eingehalten19• Im Ergebnis herrscht Einigkeit darüber, daß beiden Ehegatten frei verwendbare Mittel zur Verfügung stehen sollen. Relevant im Rahmen dieser Untersuchung ist vorrangig ein Taschengeldanspruch des haushaltsführenden Ehegatten. Die Auseinandersetzung um Modalitäten eines Taschengeldanspruches Wld dessen Pfandbarkeil drehen sich nämlich ausschließlich um den Anspruch dieses Ehegatten, da dieser oft nicht über andere Mittel verfügen kann. Die verschiedenen Ehemodelle werden sämtlich von der familienrechtlichen Unterhaltsregelung der§§ 1360, 1360a BGB erfaßt, weil diese nicht typenspezifisch ist. Dem Eherecht liegt eine partnerschaftliehe Leitidee zugrunde20; falls sich diese verwirklichen können soll, verbleibt kein Raum für eine 16 Vgl. Ambrock, Ehe und Ehescheidung, 60, Diederichsen in: Palandt, BGB, § 1360a Rz. 4, Rotland, Familienrecbt, § 1360a Rz. 4f., Wenz in: RGRK., BGB,12.A.,§ 1360a Rz. 12, KG FamRZ 79, 427, 428- B. v. 20.11.78. 17 Vgl. Hübner in: Staudinger, BGB, 12.A.,§ 1360 Rz.17, Meier-Scherling, FamRZ 59, 3921. Sp., Wendl/Stoudigl, Unterbaltsrecbt, 226 und 229 f..

11 So Hübner

in: Staudinger, BGB, 12.A, § 1360a Rz. 22.

1 ~Siebe etwa Lange in: Soergel, BGB, § 1360a Rz. 5, wonach zum Familienunterhalt ein Taschengeld für die, also beide, EhegaUen gehört und a.a.O. Rz. 8, wonach der nicht verdienende EhegaUe einen Anspruch auf Taschengeld gegen den verdienenden EhegaUen habe. 20

Vgl. Lüke, AcP 178 (1978), 1, 3.

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1. Teil: Der Taschengeldanspruch - Status quo, Kritik, Auswirkungen

gesetzliche Rollenverteilung der Eheleute oder ffir eine Regelung der Organisation der ehelichen Gemeinschaft. Demzufolge triffi das Gesetz keine Präferenz fiir einen Ehetypus. Für die Gestaltung ihrer Ehe haben die Ehegatten Wahlfreiheit, die sie in gegenseitiger Absprache verwirklichen. Gemeinhin werden drei Grundehemodelle unterschieden, die Typenvielfalt der Ehe ist im BGB selbst jedoch nur angedeutet, etwa in §§ 1356 I und II oder 1360 S. 2 BGB; es nimmt sich ihrer nicht an und verzichtet aus genannten Gründen insbesondere auf die Festlegung eines Eheleitbildes21 . Die Klassifizierung erfolgt regelmäßig entsprechend der eheinternen Arbeitsteilung und Organisation in die Doppelverdiener-, die Zusatzverdiener- und die Haushaltsfiihrungsehe22. Die Ehetypen sind jedoch nicht starr, der Wechsel von einem Typ zum anderen, als intermittierende Ehe bezeichnet, ist den Ehegatten überlassen23 •

Im Rahmen der Doppelverdienerehe sind beide Ehepartner voll berufstätig und beziehen daraus jeweils eigenes Einkommen, so daß ihnen daraus Beträge zur Verwendung ffir individuelle persönliche Bedürfnisse direkt zur Verfügung stehen24 • Die sogenannte Zuverdienerehe ist durch die volle Erwerbstätigkeit eines Ehegatten und zusätzliche Beschäftigung des ansonsten haushaltsführenden Ehegatten gekennzeichnet. Für diesen Fall und den Fall der Haushaltsfiihrungsehe, in der nur einer der beiden Ehegatten berufstätig ist, stellt sich die Frage nach einem Taschengeldanspruch des ganz oder überwiegend im Haushalt tätigen Ehegatten, der kein oder nur geringes Einkommen bezieht und dem es damit an eigenen Mitteln fehlt25 •

21

Vgl. Gernhuber, Eherecht und Ehetypen, 7 f., Wacke, FamRZ 77, SOS, S17.

Diederichsen in: Palandt, BOB, § 1360 Rz. 8 ff., Gernhuber, FamRZ 79, 193, 194, BAG FamRZ 86, 573 - U. v. 13.11.85. 12

21 Holle, Diss.jur., 5, Gernhuber, Eherecht und Ehetypen, 6, der als weiteren Typ die Mitarbeitsehe nennt, bei der ein Ehegatte im Beruf oder Geschäft des anderen tätig ist. Zum ganzen siehe auch Gernhuber, Neues Familienrecbt, 134 ff..

,.Nach Bodmann, Diss.jur., 30, haben bei beiderseitiger Berufstätigkeit die Eheleute grundsätzlich einen Anspruch auf Zurückbehaltung eines Taschengeldes. 25 Siebe aber auch Ernst, Anm. zu AG Neustadt a.Rgbe. Rpfleger 92, 530, 531 - U. v. 4.5.92, die vom Taschengeldanspruch des "vermögenslosen" Ehegatten spricht.

1. Kapitel: Herleitwtg eines Anspruches auf Taschengeld

25

b) Haushaltsführung und Anspruch auf Taschengeld Über das Taschengeld soll der einkommenslose oder -schwache Ehepartner Mittel zur freien Verfügung erhalten, die nicht für den gemeinsamen Haushalt gedacht sind. Ihm wird ein Anspruch auf Taschengeld gegen den verdienenden Ehegatten zuerkannt26 • GfUlld hierfür sei, daß der verdienende Ehegatte Geld zur persönlichen Verwendung -sein Taschengeld- mit dem Teil des Einkommens einbehalte, das nicht für den Unterhalt der Familie benötigt wird27• Er müsse nicht sein gesamtes Einkommen abführen, sondern von Gesetzes wegen nur seine Verpflichtung erfüllen, zum Familienunterhalt angemessen beizutragen28 • In der Mehrzahl der Fälle sei auch heute noch der haushaltsführende und damit gegebenenfalls taschengeldberechtigte Ehepartner die Ehefrau29 • Die ganz überwiegende Zahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen im Rahmen des Taschengeldbereiches betrifft denn auch einen Anspruch der Ehefrau auf Taschengeld im Ralnnen der Hausfrauenehe, nur vereinzelt geht es um Ansprüche des Ehemannes in einer Hausmannehe30• Darüber hinausgehend wird zum Teil auch dem gering verdienenden Ehegatten -also im Fall der Zuverdienerehe- ein Taschengeldanspruch zuerkannt, soweit sein Einkommen niedriger als ein ihm zustehender Taschengeldanspruch see•. Andernfalls, also wenn das Einkommen höher als der entsprechende Taschengeldanspruch sei, werde im Regelfall der geringverdienende Ehegatte ein angemessenes Taschengeld vorab unmittelbar von seinem Einkommen einbehalten32•

26 Vgl. Diederichsen in: Palandt, BGB, § 1360a Rz. 4, Finke in: Ennan, Gleichbe!G, § 1360a Anm.l. 27

Siehe die Nachweise oben Fn. 18.

21

So Bodmann, Diss.jur., 13, 21.

Vgl. Lange, JuS 76, 6841. Sp., Niemeyer, Anm. zu FG Berlin FuR 92, 48, 49- U. v. 23.4.91; siehe auch Hermanns,FamRZ 94, 1001, 1005 f.. 29

30 In diesem Zusammenhang ist noch nicht von Interesse, von welcher Seite die Veranlassung zu diesen Verfahren ausgeht, dazu unten 4 .Kapitel.

31

Vgl. KG FamRZ 79,427- B. v. 20.11.78, NJW-RR 92,707- U. v. 12.11.91.

In diesem Zusammenhang begegnet das streitige Problem, ob eventuell eine Verpflichtung des Zusatzverdieners besteht, aus dem Einkommen, das er du!Xh seine Aroeitsleistung verdient, zum Familienunterhalt beizusteuern. Vertreten wird, eine solche Pflicht würde dem Gesetz widersprechen. Nach § 1360 S. 2 BGB sei nämlich in der Regel die Unterhaltspflicht du!Xh Haushaltsfiihrung '2

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1. Teil: Der Taschengeldanspruch - Status quo, Kritik, Auswirkungen

Ein grundsätzlicher Anspruch auf Taschengeld in der Ehe wird übereinstimmend jedenfalls dem nicht eiWerbstätigen, dann meist haushaltsfiihrenden Ehegatten gegenüber dem berufstätigen Ehepartner zugesprochen, sofern die häusliche Lebensgemeinschaft bestehf3 • Nur in dieser Konstellation soll ein Taschengeldanspruch "aktuell werden" 34• 2. Definition des Taschengeldes Definiert wird das Taschengeld als "diejenigen Mittel, die einem hinsichtlich Kost und Wohnung in natura Versorgten für seine sonstigen Bedürfnisse zur rechenschaftsfreien VeiWendung überlassen werden"3s. Die vollumfängliche Sorge für den anderen Ehegatten durch Naturalunterhalt soll nicht von der Zubilligung eines angemessenen Taschengeldes befreien, dieses solle dem Berechtigten als Barbetrag "zur eigenen Verfügung stehen, um ihm zu ermöglichen, nach eigenem Dafürhalten und eigener freier Wahl seine persönlichen Bedürfnisse unabhängig von einer Mitsprache des zahlenden Ehegatten in dem durch die Höhe des Taschengeldes ohnehin eng begrenzten Umfange zu befriedigen"36• Das Taschengeld soll dem nicht eiWerbstätigen Ehegatten ein"bestimmtes

Maß an individuell gestalteter Bewegungsfreiheit für Kleinausgaben und Teil-

nahme am gesellschaftlich-kulturellen Leben verschaffen"37 •

Das Taschengeld dient, wie dargestellt, den Ehegatten nach überwiegender Ansicht dazu, die vom Familienunterhalt umfaßten persönlichen Bedürfnisse erfüllt, so daß nur im Einzelfall ein Geldbeitrag zum Unterhalt der Familie geschuldet sei. Vgl. Gohring, FamRZ 68, 232, 233, Wendi/Staudigl, Unterbaltsrecht, 229. A.A. die Rechtsprechung - die allerdings Ansprüche auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung betriffi -, wonach der mitverdienende Ehegatte stets auch finanziell zum Familienunterhalt beitragen muß, siebe etwa KG FamRZ 79, 427, 428- B. v. 20.11.78, BGH FamRZ 67, 380, 381 m.w.N. - U. v. 25.4.67, FamRZ 74, 366, 367 - U. v. 2.4.74, FamRZ 76, 328, 329 m.w.N. - U. v. 6.4.76. Eingebend zur Frage der Barunterhaltspflicht des zuverdienenden haushaltsführenden Ehegatten siehe Schacht, Diss.jur., 7 und 88 ff. m.w.N. 33 Siehe aber auch OLG Hamm FamRZ 85,407,408- U. v. 7.11.84, wonach ein Taschengeldanspruch unabhängig von den im Haushalt erorachten Aroeitsleistungen sei; er soll auch nicht dadurch verloren gehen, daß der nicht verdienende Ehegatte eigenen Erwero vorwertbar unterläßt, so OLG München FamRZ 81,449,450- U. v. 5.2.81.

14 So

Bodmann, Diss.jur., 31.

Js Meier-Scherling, FamRZ 59, 392 I. Sp.. 36

So OLG München FamRZ 81, 449,450- U. v. 5.2.81.

17 Roth-Stielow in:

Bastian u.a., l.EheRG, § 1360 Anm. S

1. Kapitel: Herleitung eines Anspruches auf Taschengeld

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befriedigen zu können. Dazu gehören die vielfaltigen kleineren Aufwendungen im persönlichen Bereich des einzelnen Ehegatten. Aufgefiilut werden etwa Ausgaben für Kleidung, Arztbesuche, Bücher, Theater, Konzerte, Kino, Vereine, politische Parteien, Religionsgemeinschaften und soziale Einrichtungen jeder Art, Sport, Entspannung, Urlaubsreisen, Erziehung und Unterrichtl8 • Nach den Verhältnissen der Ehegatten könne als angemessener Unterhalt sogar die Anschaffung von Schmuck oder Gegenständen zur Pflege von Liebhabereien anzusehen sein39• Weitergehend wird die Ansicht vertreten, das Taschengeld diene nicht nur der unterhaltsrechtlichen Befriedigung persönlicher Bedürfuisse im Sinne des § 1360a I BGB, obwohl es gerade als Anspruch hierfür konstruiert wird. Es stehe dem berechtigten Ehegatten zur gänzlich privaten Verwendung zur Verfügung, er könne damit machen, "was er will"