Der Stimmbindungsvertrag im börsennotierten Familienunternehmen: Das Spannungsverhältnis zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG [1 ed.] 9783428589296, 9783428189298

Die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG beim Erwerb von Kapitalanteilen und das Pflichtangebot nach § 35 A

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Der Stimmbindungsvertrag im börsennotierten Familienunternehmen: Das Spannungsverhältnis zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG [1 ed.]
 9783428589296, 9783428189298

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 222

Der Stimmbindungsvertrag im börsennotierten Familienunternehmen Das Spannungsverhältnis zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG Von

Gina Rabea Rolfes

Duncker & Humblot · Berlin

GINA RABEA ROLFES

Der Stimmbindungsvertrag im börsennotierten Familienunternehmen

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 222

Der Stimmbindungsvertrag im börsennotierten Familienunternehmen Das Spannungsverhältnis zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG

Von

Gina Rabea Rolfes

Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld hat diese Arbeit im Jahr 2023 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18929-8 (Print) ISBN 978-3-428-58929-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Geschwistern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld im Wintersemester 2022/2023 als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis August 2022 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meiner Doktormutter, Frau Prof. Dr. Anne Sanders, M.Jur. (Oxford), für die hervorragende Betreuung der Arbeit. Vor allem ihre ständige Gesprächsbereitschaft sowie viele anregende Diskussionen waren von unschätzbarem Wert für das Gelingen der Arbeit. Bedanken möchte ich mich außerdem für die äußerst lehrreiche und prägende Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an ihrem Lehrstuhl, während der diese Arbeit entstanden ist. Herrn Prof. Dr. Simon Kempny, LL.M. (UWE Bristol), danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und die wertvollen Anregungen. Danken möchte ich außerdem Herrn Prof. Dr. Detlef Kleindiek für die Übernahme des Vorsitzes des Prüfungsausschusses. Der Streitbörger-Stiftung danke ich für die großzügige Förderung der Veröffentlichung der Arbeit durch die Übernahme der Druckkosten. Dem Lehrstuhlteam von Prof. Dr. Anne Sanders, M.Jur. (Oxford), möchte ich für die gemeinsamen Diskussionen und die wunderbare Zeit danken, insbesondere meinen Kollegen und Freunden Herrn Shkelqim Berisha, Herrn Dr. Oliver Nißing sowie Frau Linda Ernst. Meinen Eltern und meinen Großeltern danke ich für ihre vorbehaltslose Unterstützung und ihre Liebe während meiner gesamten Ausbildungszeit. Ein herzlicher Dank gilt Reinhard Rolfes und Askan Ghobeyshi, die meine Arbeit Korrektur gelesen haben. Von Herzen möchte ich Nils Auen für seine unendliche Unterstützung in jeder Hinsicht danken. Seine Zuversicht, seine Aufmunterungen und sein Rückhalt haben mir für dieses Projekt viel Kraft gegeben. Dass er mich auch an harten Tagen zum Lachen bringt, macht mich glücklich. In Liebe und Dankbarkeit ist die Arbeit meinen Geschwistern Jan Sebastian Rolfes, Dr. Yuno Rolfes, Tessa Marleen Barkmin und Annabell Jolyn Barkmin ge­widmet. Düsseldorf, im Juni 2023

Dr. Gina Rabea Rolfes

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einleitung 17 A. Gegenstand und Grenzen der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Teil 2 Begrifflichkeiten 22 A. „Stimmbindungsvertrag“ und „Pool“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 B. „Familienunternehmen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I. Die Besonderheiten von Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Definitionsansätze für Familienunternehmen aus der betriebswissenschaftlichen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 III. Definitionsansatz für börsennotierte Familienunternehmen der Stiftung Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Teil 3



Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags zur Erlangung der sachlichen Steuerbefreiung gemäß §§ 13a, 13b ErbStG 29

A. Die Entwicklung des Poolprivilegs gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG . . . . . . . . . 30 I. JStG 1996 und JStG 1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. ErbStRG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 III. BVerfGE 138, 136 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 B. Das Pooling im Kontext der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG . . 39 C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 I. Erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung nicht nur für Gesellschafter von Familienunternehmen möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 II. Die Begünstigungsfähigkeit von Anteilen an einer börsennotierten Familien-AG 42

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Inhaltsverzeichnis III. Typische Vorkehrungen in Familienkapitalgesellschaften zur Sicherung des Familieneinflusses als Vorbild für die Ausgestaltung des Poolprivilegs . . . . . . . . . . . . 45 1. Der Stimmbindungsvertrag in der Familien-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Motivation zum Abschluss eines Stimmbindungsvertrags in einer Familien-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Der Stimmbindungsvertrag in der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2. Einschränkung der Übertragbarkeit der Anteile an einer Familienkapital­ gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Motivation zur Einschränkung der Übertragbarkeit von Anteilen an einem Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 b) Typische Vorkehrungen zur Einschränkung der Übertragbarkeit der Anteile an einer Familienkapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) Rechtsgeschäftliche Verfügungen unter Lebenden . . . . . . . . . . . . . . . 55 (1) Vereinbarungen in der Familien-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 (2) Vereinbarungen in der Familien-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) Erbanfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (1) Vereinbarungen in der Familien-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (2) Vereinbarungen in der Familien-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 IV. Zwischenergebnis und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Verpflichtung, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Begriff der Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 a) Kein zivilrechtliches Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Verfügungen von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 aa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 bb) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 cc) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (1) Vergleich mit der 2. Alternative des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG 67 (2) Verstoß gegen § 2302 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Einheitlichkeit der Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Keine gleichzeitige Verfügung aller Anteile zu denselben Konditionen und an denselben Erwerber erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Verfügung nach einheitlichen Grundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 aa) Bestimmung des Erwerberkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (1) Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (2) Familienfremde Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (a) Familienfremde Poolmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

Inhaltsverzeichnis

11

(b) Außenstehende Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 bb) Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 II. Verpflichtung, ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 2 ErbStG) . . . . . . . . . . . 78 1. Verhältnis der 2. Alternative zur 1. Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Zeitgleicher Poolbeitritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 III. Einheitliche Ausübung des Stimmrechts gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1. Bestimmung eines Aufsichts- oder Leitungsgremiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. Stimmbindungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3. Stimmrechtslose Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 a) Stimmrechtslos ausgestaltete Anteile als Gestaltungsmöglichkeit einer einheitlichen Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 aa) Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 bb) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) Einbeziehung stimmrechtsloser Anteile bei der Ermittlung des Kapitals der Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 aa) Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung und Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 IV. Mindestbeteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. Unmittelbare Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers durch Bilden einer Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Erfüllung des Unmittelbarkeitserfordernisses durch Bilden einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 b) Ausgestaltung als Innengesellschaft als Voraussetzung zur Erfüllung des Unmittelbarkeitserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Einbeziehung von nicht gepoolten Aktien des Erblassers bzw. Schenkers . . . 97 a) Konstellation 1: Erblasser bzw. Schenker selbst erreicht Mindestbeteiligungshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Konstellation 2: Weder Erblasser bzw. Schenker selbst noch Pool erreicht die Mindestbeteiligungshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 aa) Beteiligungshöhe als Ergebnis einer Addition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 bb) Anteilsbezogene Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 cc) Zivilrechtliche Selbstständigkeit der Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

12

Inhaltsverzeichnis dd) Zusammenspiel mit dem Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 c) Konstellation 3: Nur Pool erreicht Mindestbeteiligungshöhe . . . . . . . . . . 103 aa) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 V. Form des Poolvertrags in der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 1. Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung und Meinungsstand in der Literatur 106 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

E. Das Pooling und die Behaltensfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Sinn und Zweck der Nachsteuertatbestände § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. Der Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG . . . . . . 111 1. Ausscheiden eines Poolmitglieds aus dem Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG . . . . 112 b) Verhältnis der Nachsteuertatbestände nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 ErbStG zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Verstoß durch den Zweiterwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Meinungsstand in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 c) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Erwerber hält nach Aufhebung der Poolbindung selbst mehr als 25 Prozent

122

a) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Sonderproblem: Vereinigung aller Anteile des Pools auf einen Erwerber . 125 aa) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 cc) Eigener Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4. Halten der Mindestbeteiligungshöhe als ungeschriebenes Tatbestands­ merkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Verstoß der verbliebenen Poolmitglieder gegen die Behaltensfrist bei Ausscheiden eines Poolmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Meinungsstand in der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 bb) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Kapitalerhöhung in der Hauptgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 aa) Meinungsstand in der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Inhaltsverzeichnis

13

bb) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 F. Bestimmungen im Poolvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Fortsetzungs- und Nachfolgeklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 II. Mindestdauer des Pools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Die von der Rechtsprechung geprägte Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 2. Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 a) Interesse an Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Interesse an einem möglichst langen Kündigungsausschluss . . . . . . . . . . 146 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 G. Der Verstoß gegen Bestimmungen des Poolvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 H. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Teil 4

Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG 158

A. Wesentliche Bestimmungen des WpÜG betreffend Pflichtangebote . . . . . . . . . . . . . 160 B. Zielsetzung des Pflichtangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 C. Kontrollbegriff nach § 29 Abs. 2 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 D. Kontrollerlangung mittels Stimmbindungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 E. Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten gemäß § 36 WpÜG bzw. § 37 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I. § 36 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 II. § 37 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. § 37 Abs. 1 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 2. § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 WpÜG-AngVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Kein intendiertes Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Keine Ermessensreduzierung auf Null . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 F. Umfang der Angebotspflicht und Abgabepflicht mehrerer Poolmitglieder . . . . . . . . 182 I. Umfang der Angebotspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 II. Abgabepflicht mehrerer Poolmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

14

Inhaltsverzeichnis

G. Keine Auswirkungen des Verstoßes gegen die Abgabepflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG auf die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG von gepoolten Kapitalanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 H. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Teil 5



Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG 189

A. Das Spannungsverhältnis zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG . . . . . . . . . . . . . 190 I. Erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegierter Erwerb von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an einer börsennotierten AG (Fall 1) . . . . . . . . . . . . 190 II. Schaffung der Voraussetzungen für einen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegierten Erwerb von Aktien an einer börsennotierten AG (Fall 2) . . . . 191 III. Erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegierter Erwerb von poolgebundenen Aktien an einer börsennotierten AG (Fall 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 IV. Poolbindung nach erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegiertem Erwerb von Aktien an einer börsennotierten AG (Fall 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 I. Privilegierung bestimmter Poolkonstellationen in einer börsennotierten Familien-AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 1. Erstmaliger Poolzusammenschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 a) Poolkonstellation 1a: Keine Kontrolle eines zukünftigen Poolmitglieds . 195 aa) Der beherrschte Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 bb) Teilpooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (a) Keine Zurechnung ungepoolter Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (b) Zurechnung der ungepoolten Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Poolkonstellation 1b: Alleinkontrolle eines zukünftigen Poolmitglieds . . 205 aa) Angebotspflicht des Poolmitglieds, das vor dem Poolzusammenschluss bereits Kontrolle gehalten hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 bb) Angebotspflicht der übrigen Poolmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Poolbeitritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Poolkonstellation 2a: Poolbeitritt führt zum Mehrheitspool . . . . . . . . . . . 208 b) Poolkonstellation 2b: Poolbeitritt in einen Mehrheitspool . . . . . . . . . . . . . 209

Inhaltsverzeichnis

15

aa) Angebotspflicht der dem Pool bereits angehörenden Poolmitglieder . 209 bb) Angebotspflicht des beitretenden Poolmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (1) Betritt in einen beherrschten Mehrheitspool . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (2) Poolbeitritt steht im Zusammenhang mit Nachfolgegestaltung . . 211 3. Begünstigter Erwerb durch ein Poolmitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a) Poolkonstellation 3a: Vor begünstigtem Erwerb weniger als 30 Prozent der Stimmrechte gepoolt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 aa) Angebotspflicht des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (1) § 36 Nr. 1 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (2) § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO . 216 (a) § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (b) § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 bb) Angebotspflicht der übrigen Poolmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (1) Besondere Bedeutung des Teilpoolings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (2) § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (3) Auswirkungen der Begünstigung des Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Poolkonstellation 3b: Begünstigter Erwerb in einem Mehrheitspool . . . . 224 4. Besonderheiten bei erstmaligem Poolzusammenschluss bzw. Poolbeitritt im Zusammenhang mit einem begünstigten Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 a) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Verwaltungspraxis der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 II. Unterschiedliche Zielsetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 C. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 I. Keine Herabsetzung der Mindestbeteiligungshöhe gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 II. Keine Neugestaltung des Poolprivilegs gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG . . 235 1. Investieren reine Kapitalanleger nur bei erwartbar hohen Dividendenren­ diten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Möglichkeit der Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen maßgebend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 III. Neugestaltung von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 IV. Ausgestaltung der Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 D. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

16

Inhaltsverzeichnis Teil 6



Zusammenfassung der wesentlichen Thesen 252

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

Teil 1

Einleitung Die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG beim Erwerb von Kapitalanteilen und die Pflicht zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG harmonieren auf den ersten Blick nicht miteinander. Auf der einen Seite werden die Erben bzw. Beschenkten von Kapitalanteilen in Hinblick auf die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer finanziell entlastet. Auf der anderen Seite steht die Pflicht, den außenstehenden Aktionären ein öffentliches Angebot abzugeben, also eine Verpflichtung, die zum Abschluss von Verträgen und damit zu einer finanziellen Belastung führen kann. Gerade in börsennotierten Familienunternehmen können diese beiden Rechtsfolgen durch die Gründung eines Pools bzw. den Poolbeitritt ausgelöst werden. Eine Poolgründung bzw. ein Poolbeitritt kann zunächst dazu führen, dass der Erwerb von Kapitalanteilen nach §§ 13a, 13b ErbStG begünstigt werden kann, weil die Kapitalanteile zum begünstigungsfähigen Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gehören bzw. weil nicht gegen die Behaltensfrist nach § 13b Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verstoßen wird. Durch eine Bündelung der Stimmrechte kann aber auch Kontrolle erlangt (vgl. §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) und ein Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG ausgelöst werden. Das Zusammenfallen der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung mit dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG kann also Folge des Zusammenspiels von Stimmbindungsvertrag, Börsennotierung und Familienunternehmen sein. Poolzusammenschlüsse kommen in Familienunternehmen häufig vor.1 In Deutschland sind etwa 40 Prozent der börsennotierten Unternehmen Familienunternehmen.2 Eine aktuelle Untersuchung hat Abstimmungspools in börsennotierten Gesellschaften aufgelistet.3 Unter ihnen befinden sich viele bekannte 1

Vgl. dazu ausführlich Teil 3 C. III. Stiftung Familienunternehmen, Börsennotierte Familienunternehmen in Deutschland, S. 25 f.; siehe zur Bedeutung und zu Charakteristika börsennotierter Familienunternehmen ebd., S. 25 ff., mit Praxisbeispielen; siehe zu börsennotierten Familienunternehmen instruktiv Fleischer / Maas, DB 2021, 37; Selent, Unternehmensführung in börsennotierten Familienunternehmen, 2021, S. 4 ff., 47 ff.; ferner auch Francioni, FS Hennerkes, 2000, S. 149; ­Francioni, FS Hennerkes, 2009, S. 279; MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 5 ff.; MHdB GesR Bd. 9/Schulz / Melzer, § 27; A. Sigle, FS Sigle, 2000, S. 301; A. Wiedemann / Frohnmayer, FS Hennerkes, 2009, S. 283; zum Börsengang von Fielmann siehe Fielmann, FS Binz, 2014, S. 199. 3 Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 306 f. 2

18

Teil 1: Einleitung

Familienunternehmen, wie beispielsweise die Henkel AG & Co. KGaA4. Auch in der Porsche Automobiel Holding SE wurden sämtliche stimmberechtigte Stammaktien durch einen Konsortialvertrag gebunden, um eine einheitliche Abstimmung der fünf Konsorten sicherzustellen.5 Ein weiteres Beispiel ist die Poolvereinbarung der Familiengesellschafter der Hella GmbH & Co. KGaA, die der Sicherstellung ihres Einflusses auf die Zielgesellschaft sowie der Wahrung des Charakters als Familiengesellschaft dient.6 Dass Stimmbindungsverträge in Aktien- und anderen Gesellschaften ein spannendes Forschungsfeld darstellen, wurde bereits 1928 von Zluhan7 erkannt. Daher verwundert es nicht, dass der Stimmbindungsvertrag bereits Gegenstand verschiedener monographischer Erörterungen8, grundlegender Untersuchungen zu Einzelaspekten9 und Gerichtsentscheidungen10 war. Ziel dieser Arbeit ist es, Vorschläge zu liefern, damit die Praxis besser abstimmen kann, die Begünstigung des Erwerbs von Kapitalanteilen mittels Pooling im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG in Anspruch zu nehmen, ohne zugleich ein Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG abgeben zu müssen. Dafür 4

Siehe zum Aktienbindungsvertrag in der Henkel AG & Co. KGaA auch Fleischer / Maas, DB 2021, 37 (38); Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 41 f.; siehe zum Porträt des Unternehmens Plate, in: Plate et al. (Hrsg.), Große deutsche Familienunternehmen, S. 272 ff. 5 Siehe BaFin, Befreiungsbescheid am 2. Februar 2016 veröffentlicht zugunsten der Ferdinand Porsche Familienstiftung (Zielgesellschaft: Porsche Automobil Holding SE u. a.), S. 2, abrufbar unter https://www.‌bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/ porsche_ua.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 6 Siehe BaFin, Befreiungsbescheid am 20. November 2019 veröffentlicht zugunsten der Lectura Stiftung, Hella Stiftung GmbH (Zielgesellschaft: Hella GmbH & Co. KGaA), S. 4, abrufbar unter https://www.‌bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/ hella_gmbH_co_kgaa.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 7 Zluhan, AcP 128 (1928), 62. 8 Vgl. nur Lübbert, Abstimmungsvereinbarungen, 1971; Overrath, Die Stimmrechtsbindung, 1973; Rodemann, Stimmbindungsvereinbarungen, 1998; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, 1994; S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017; Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021; ferner auch Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008; Coenen, Die konzernrechtliche Relevanz von Stimmbindungsvereinbarungen, 2014; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004; C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019. 9 Zur Wirksamkeit von Mehrheitsentscheidungen siehe Habersack, ZHR 164 (2000), 1; ­König, ZGR 2005, 417; Krieger, FS Hommelhoff, 2012, S. 593; Priester, FS Reuter, 2010, S. 1139; K. Schmidt, ZIP 2009, 737; Zöllner, FS Ulmer, 2003, S. 725; zur Kollision zwischen der vertraglichen Bindung und der mitgliedschaftlichen Bindung aus dem Gesellschaftsverhältnis siehe Zöllner, ZHR 155 (1991), 168; Wicke, DStR 2006, 1137; zur Wirksamkeit in Hinblick auf § 136 AktG siehe J. Schröder, ZGR 1978, 578 (578 ff.); Bauer / Garbe, ZEV 2014, 61; zur Verletzung der Stimmbindung und ihren Rechtsfolgen siehe MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 147 ff.; zu Stimmbindungen in Pool und Unterpool siehe Odersky, FS Lutter, 2000, S. 557; zu Stimmbindungsverträgen bei Personengesellschaften siehe A. Hueck, FS Nipperdey, 1965, S. 401. 10 Etwa BFHE 264, 279; BGHZ 179, 13 – Schutzgemeinschaft II; 48, 163; siehe auch den Rechtsprechungsüberblick zu Gesellschaftervereinbarungen von Wachter, ErbR 2016, 114 (118 f.).

A. Gegenstand und Grenzen der Untersuchung

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werden verschiedene Konstellationen untersucht, in denen in einer Familien-AG die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG beim Erwerb von Kapitalanteilen und die Pflicht zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG zusammenfallen können. Da oftmals das gesamte Vermögen der Familie in dem Unternehmen gebunden ist,11 können sowohl die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Entlastung als auch die finanzielle Belastung durch das Pflichtangebot für die Familie erheblich sein. Darüber hinaus wird ein Programm entwickelt, wie man die gesetzlichen Vorgaben für die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung von Kapitalanteilen gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG neugestalten könnte.

A. Gegenstand und Grenzen der Untersuchung Den Untersuchungsgegenstand bilden Stimmbindungsverträge in börsennotierten Familienunternehmen. Der Schwerpunkt der Untersuchung ist im Erbschaftbzw. Schenkungsteuerrecht sowie im Kapitalmarktrecht zu verorten. Inhaltlich wird die Untersuchung auf die Begünstigungsvorschrift § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG sowie den Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG begrenzt. In Bezug auf die kapitalmarktrechtlichen Auswirkungen soll das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG beleuchtet werden.12 Außerdem wird das Verhältnis dieser beiden Rechtsfolgen zueinander analysiert. Die Abhandlung befasst sich mit Aspekten, die Familienunternehmen betreffen. Für diese Beschränkung spricht, dass das Zusammenfallen der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Auswirkungen mit der Verpflichtung, ein Angebot abgeben zu müssen, ein Phänomen ist, das insbesondere in börsennotierten Familienunternehmen auftreten kann.13 Außerdem soll die Begünstigungsvorschrift § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG gerade eine Privilegierung beim Erwerb von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften ermöglichen.14 Werden also Anteile an Familienkapitalgesellschaften erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegiert erworben, ist das Zusammenfallen dieser Begünstigung mit der Angebotspflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG besonders spannend. Schließlich konzentriert sich die Untersuchung auf Stimmbindungsverträge in börsennotierten AG. Freilich wird auf Vereinbarungen zwischen GmbH-Gesellschaftern dann eingegangen, wenn es für das Verständnis der Ausführungen betreffend die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Auswirkungen dienlich 11

Vgl. Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 78; Henssler / Strohn GesR / Schlüter, BGB Vorb. §§ 80 ff. Rn. 24; Kormann, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 1 Rn. 52. 12 Siehe zu weiteren Pflichten aufgrund der Börsennotierung Fleischer / Maas, AG 2021, 893; Hopt, ZGR 1997, 1; MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 13 ff. 13 Siehe Teil 5 A. 14 Siehe dazu ausführlich Teil 3 A.; siehe auch Teil 3 C.

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Teil 1: Einleitung

oder sogar erforderlich ist. Dagegen werden Besonderheiten, die sich für andere Rechtsformen – wie etwa für die KGaA in Hinblick auf das Pflichtangebot – ergeben können, zugunsten der Übersichtlichkeit der Ausführungen ausgeklammert.

B. Gang der Untersuchung Nach einer kurzen Klärung der Begriffe „Stimmbindungsvertrag“, „Pool“ und „Familienunternehmen“ in Teil 2 widmet sich Teil 3 dem Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags zur Erlangung der sachlichen Steuerbefreiung gemäß §§ 13a, 13b ErbStG. In diesem Teil wird die Entwicklung des Poolprivilegs geschildert, bevor untersucht werden soll, wie der Poolvertrag ausgestaltet sein muss, damit er den Anforderungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG genügt. Einen weiteren Schwerpunkt der Untersuchung bildet die Erörterung, wann ein Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13b Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG vorliegt. Dieser Teil bestätigt, dass die Auslegung und Anwendung von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG und § 13b Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG in der Praxis zu Schwierigkeiten führen kann. Die vorliegende Arbeit zeigt dafür Lösungen auf. Teil 4 beschäftigt sich mit dem Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG. Dafür werden wesentliche Bestimmungen des WpÜG betreffend Pflichtangebote sowie die Zielsetzung des Pflichtangebots vorgestellt, bevor der Kontrollbegriff nach § 29 Abs. 2 WpÜG beleuchtet wird. Sodann wird auf die Kontrollerlangung mittels Stimmbindungsvertrag und die Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten nach §§ 36, 37 WpÜG eingegangen. Auf der Grundlage der Ergebnisse von Teil 3 und Teil 4 wird in Teil 5 das Spannungsverhältnis der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und des Pflichtangebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG analysiert. Die Auflösung dieses Spannungsverhältnisses steht dabei im Zentrum der Untersuchung. Für die Auflösung de lege lata werden im Besonderen verschiedene Konstellationen behandelt, die in einer börsennotierten Familien-AG ein Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG auslösen können, weil Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG erlangt wird. Ziel ist es, aufzuzeigen, dass die Durchführung des Pflichtangebots – wie die Belastung mit der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer auch – nicht zur wirtschaftlichen Unmöglichkeit der Fortführung eines Familienunternehmens führen soll. Dafür werden die für Poolmitglieder einer börsennotierten Familien-AG relevanten Aspekte, die Angebotspflicht betreffend, systematisch durchleuchtet. Dabei wird deutlich, dass in Bezug auf die Angebotspflicht für Poolmitglieder in einer börsennotierten Familien-AG eine Vielzahl möglicher Nichtberücksichtigungs- und Befreiungsgründe existiert. Überdies wird ein Programm entwickelt, wie die gesetzlichen Vorgaben für die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung beim Erwerb von Kapi-

B. Gang der Untersuchung

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talanteilen neugestaltet werden können. Die Arbeit schließt mit dem Vorschlag, diese Privilegierung nicht daran anzuknüpfen, dass der Erblasser bzw. Schenker Anteile in einer bestimmten Höhe hält, sondern dass Kapitalanteile Ausschüttungsund Abfindungsbeschränkungen unterworfen sind. Diese Regelungen würden im Zusammenspiel mit der Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG eine Vermögensbindung schaffen, die auf die Sicherung des Vermögens in der Gesellschaft zielt. Eine erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung wäre beim Erwerb von Kapitalanteilen somit (nur) in den Fällen möglich, in denen der Erwerber nicht ohne Weiteres auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen kann. Eine solche Vermögensbindung wäre zum einen überzeugender Anknüpfungspunkt für die sachliche Steuerbefreiung beim Erwerb von Kapitalanteilen; zumal Ausschüttungs- und Abfindungsbeschränkungen typischerweise in Familienunternehmen vereinbart werden,15 weshalb Kapitalanteile an Familienunternehmen weiterhin16 begünstigungsfähiges Vermögen darstellen könnten. Zum anderen würden sich die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssten, damit Kapitalanteile zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören, wesentlich von den Tatbestandsvoraussetzungen der kapitalmarktrechtlichen Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) unterscheiden. In der Folge wäre das Spannungsverhältnis der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und des Pflichtangebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG de lege ferenda aufgelöst.

15

Siehe dazu Teil 2 B. I. Siehe zur Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ausfühlich Teil 3 C. 16

Teil 2

Begrifflichkeiten A. „Stimmbindungsvertrag“ und „Pool“ Zunächst sind die Begriffe „Stimmbindungsvertrag“ und „Pool“ zu klären. Zusammenschlüsse von Gesellschaftern werden uneinheitlich u. a. als Pool, Pool-, Konsortial-, Stimmbindungs-, Schutzgemeinschafts-, Familienvertrag, Abstimmungs-, Stimmbindungs-, Poolvereinbarung oder Konsortium bezeichnet.1 Diese Untersuchung verwendet den Begriff Stimmbindungsvertrag dann, wenn sich die Vertragsparteien dazu verpflichten, das Stimmrecht nur in der vertraglich festgelegten Weise auszuüben.2 Sieht ein Zusammenschluss über die Stimmbindungen hinaus noch weitere Bindungen vor, etwa eine Verfügungsbeschränkung, ist hier von einem Pool die Rede. Der Vertrag, nach dessen Maßgabe die Anteile gepoolt werden (sog. Pooling), wird Poolvertrag genannt.

B. „Familienunternehmen“ Obwohl Familienunternehmen eine große volkswirtschaftliche Bedeutung in Deutschland haben3 und in der Forschung interdisziplinär vermehrt behandelt werden, existiert für sie keine allgemeingültige Definition. Die gesetzliche Defi 1 Vgl. Dittert, Aktionärsvereinbarungen, 2009, S. 10 f.; Hengstmann, Die Familiengesellschaft, 1935, S. 42 f.; Herriger, MittRhNotK 1993, 269 (269); Hopt, ZGR 1997, 1 (1 ff.); A. Hueck, FS Nipperdey, 1965, S. 401 (401 f.); Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 1 Rn. 2 ff., Kap. 22 Rn. 2; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1401); MHdB GesR Bd. 1/‌Schücking, § 4 Rn. 90, 114; Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 28 f.; C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 32, 35 ff.; S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 6, 11 f.; Ulmer, FS Hommelhoff, 2012, S. 2149 (2149 ff.), insbesondere für die Schutzgemeinschaft; S.  Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 216 ff.; R. Werner, StBW 2010, 700 (701); Graewe / Hippeli, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, A. Rn. 4, zufolge ist insbesondere die inhaltliche Vertragsprache, die betroffene Branche und der inhaltliche Schwerpunkt der Vereinbarung für die Bezeichnung im Einzelfall ausschlaggebend. 2 Siehe Habersack, ZHR 164 (2000), 1 (2); Herriger, MittRhNotK 1993, 269 (269); A.  Hueck, FS Nipperdey, 1965, S. 401 (401); J.  Koch, AktG § 133 Rn. 25; KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 107; Kreklau, BB 2009, 748 (749); K.  Schmidt / Lutter / Spindler, AktG § 136 Rn. 36; Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 86; siehe auch Heidel / M. Müller, AktG § 134 Rn. 18; Zöllner, ZHR 155 (1991), 168 Fn. 1. 3 90 Prozent aller deutschen Unternehmen gelten als Familienunternehmen. In Deutschland erzielen sie 52 Prozent der Umsätze und beschäftigen mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer,

B. „Familienunternehmen“

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nition für eine „Familiengesellschaft“ nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 DrittelbG4 ist für die entsprechenden Mitbestimmungsvorschriften relevant, eignet sich aber nicht als allgemeingültige Definition für Familienunternehmen.

I. Die Besonderheiten von Familienunternehmen Familienunternehmen kommen in der Praxis unterschiedlich vor.5 Zu denken ist dabei nur an den kleinen Hofladen, den Mutter und Tochter zusammen betreiben, sowie an große Unternehmen wie die BMW AG oder die Henkel AG & Co. KGaA. Zudem hat jedes Familienunternehmen eine eigene, mitunter sehr lange6 Unternehmensgeschichte. Gemeinsam ist ihnen indes, dass Familie und Unternehmen miteinander verbunden sind.7 Familienunternehmen kennzeichnet maßgeblich, dass das Unternehmen und die Familie zueinander in einem besonderen Verhältnis stehen. Sie können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden.8 Die Verflechtung dieser beiden teilweise sehr widersprüchlichen9 „Systeme“ prägt die Familie10, die Beziehung der so Stiftung Familienunternehmen, abrufbar unter https://www.familienunternehmen.de/de/ daten-fakten-zahlen; zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Familienunternehmen umfassend Stiftung Familienunternehmen, Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen. 4 Demgemäß ist eine Familiengesellschaft eine Aktiengesellschaft, deren Aktionär eine einzelne natürliche Person ist oder deren Aktionäre untereinander im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 8, Abs. 2 AO verwandt oder verschwägert sind. 5 Zur historischen Entwicklung der Familiengesellschaft siehe Hengstmann, Die Familiengesellschaft, 1935, S. 5 ff. 6 The Coatinc Company Holding GmbH ist das älteste Familienunternehmen in Deutschland und wurde 1502 gegründet, siehe https://www.‌coatinc.com/de/unternehmen/historie/; siehe ferner die Liste der ältesten Familienunternehmen Deutschlands von der Stiftung Familienunternehmen, abrufbar unter https://www.familienunternehmen.de/media/public/‌pdf/ pressebereich/meldungen/2021/deutschlands-50-aelteste-familienunter‌nehmen_2021-12-13/ die-aeltesten-familienunternehmen-deutschlands.pdf. 7 Kalss, in: Vogt / F leischer / Kalss (Hrsg.), Recht der Familiengesellschaften, S. 1 (5); Schmeing, Konfliktmanagement in Familienunternehmen, 2018, S. 193 ff.; Selent, Unternehmensführung in börsennotierten Familienunternehmen, 2021, S. 21 f.; vgl. Groth / Simon, in: Plate et al. (Hrsg.), Große deutsche Familienunternehmen, S. 19 f. 8 Schmeing, Konfliktmanagement in Familienunternehmen, 2018, S. 199; Simon / Wimmer /  Groth, Mehr-Generationen-Familienunternehmen, S. 16 f.; Sudhoff / Winkler, Familienunternehmen, § 5 Rn. 1; vgl. auch Groth / Vater, in: Rüsen / Schlippe / Groth (Hrsg.), Familienunter­nehmen, ‌ Scheller  S. 73 (77); MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 1; MHdB GesR Bd. 9 / Bochmann / /  J. Prütting, Einf vor § 1 Rn. 2; Kalss / Probst, Familienunternehmen, 2013, Rn. 2/28. 9 Siehe zu den Paradoxien in Familienunternehmen, die sich im Hinblick auf die Familie und das Unternehmen ergeben, die Tabelle von Simon, Einführung in die Theorie des Fami‌ Simon, lienunternehmens, S. 32 ff.; vgl. auch Groth / in: Plate et al. (Hrsg.), Große deutsche Familienunternehmen, S. 20 f., 31 ff. 10 Zu den Unterschieden einer Unternehmerfamilie gegenüber einer „normalen Familie“ siehe Rüsen, in: Rüsen / Schlippe / Groth (Hrsg.), Familienunternehmen, S. 233 (240 f.).

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Teil 2: Begrifflichkeiten

Gesellschafter mit dem Unternehmen11 sowie das Unternehmen insgesamt. Die Besonderheiten, die Familienunternehmen im Vergleich zu Publikumsgesellschaften kennzeichnen,12 sind letztlich Ausdruck dieses Zusammenspiels13 von Familie, Unternehmen und Eigentum. Ein typisches Merkmal ist etwa die langfristige Orientierung des Unternehmens.14 Für die Familie ist in der Regel bedeutsam, dass das Familienunternehmen an die nächste Generation weitergegeben wird.15 Daher ist in Familienunternehmen typischerweise die Geschäftspolitik langfristig ausgerichtet.16 Auch weist die Unternehmenskultur in Familienunternehmen17 aufgrund ihrer Prägung durch die von der Familie gelebten Wertvorstellungen in der Regel Besonderheiten auf.18 Außerdem lassen sich Familienunternehmen von Nicht-Familienunternehmen oftmals hinsichtlich der vom Unternehmen verfolgten Ziele unterscheiden, wenn man diese in finanzielle und nicht-finanzielle Ziele19 unterteilt. Die starke Ausprägung der nicht-finanziellen Ziele (sog. Socioemotional

11

Dazu näher W. Sigle, FS Rowedder, 1994, S. 459 (463). Siehe zu solchen besonderen und typischen Merkmalen zum Beispiel die Auflistung bei Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 17 f.; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 36 ff.; T. Hueck, Familienverfassung, 2017, S. 26 f.; Kalss / Probst, Familienunternehmen, Rn. 2/27 ff.; MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 14 ff. 13 Veranschaulicht durch das Drei-Kreise-Modell des Familienunternehmens aus dem Jahr 1982, nachgedruckt 1996 von Tagiuri / Davis, Family Business Review 1996, 199 (200); siehe auch Gersick et al., Generation to Generation, S. 6. 14 Siehe dazu Holler, DStR 2019, 931 (932); Kalss / Probst, Familienunternehmen, 2013, Rn. 2/28; Kormann, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 1 Rn. 211 ff.; Schlippe et al., in: Rüsen / Schlippe / Groth (Hrsg.), Familienunternehmen, S. 1 (16 f.); Schmeing, Konfliktmanagement in Familienunternehmen, 2018, S. 196 f.; vgl. auch S. Viskorf /‌ T. Hueck, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 364. 15 Vgl. Adenauer, FS Binz, 2014, S. 9 (10); Gräb, Rechtsformwahl in Familienunternehmungen, 1989, S. 29; Habersack, ZIP 2020, 2093 (2097); Hennerkes / Heidbreder, in: Plate et al. (Hrsg.), Große deutsche Familienunternehmen, S. 10; Holler, DStR 2019, 931 (932 f.); Holler / Mann, NZG 2021, 402 (404); Kalss / Probst, Familienunternehmen, Rn. 2/27; Krämer, Das Sonderrecht der Familiengesellschaften, 2019, S. 116 ff.; Sanders, NZG 2017, 961 (964); von Schlippe / Groth / Rüsen, Die beiden Seiten der Unternehmerfamilie, S. 28. 16 Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 18; Holler, DStR 2019, 931 (932 f.); von Holtzbrinck, FS Sigle, 2000, S. 33 (35); Kormann, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 1 Rn. 211 ff.; von Oertzen / Reich, DStR 2017, 1118 (1118); Schmeing, Konfliktmanagement in Familienunternehmen, 2018, S. 196 f.; vgl. auch von Schlippe et al., in: Rüsen / Schlippe / Groth (Hrsg.), Familienunternehmen, S. 1 (16 f.). 17 Ausführlich zu der Unternehmenskultur in Familienunternehmen Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 65 ff. 18 Habersack, ZIP 2020, 2093 (2098); Schmeing, Konfliktmanagement in Familienunternehmen, 2018, S. 198 f.; siehe auch Fabis, Gesellschafterkonflikte in Familienunternehmen, 2007, S. 47 ff.; zur werteorientierten Führung in Familienunternehmen siehe Ingelfinger, FS Binz, 2014, S. 318 (321 ff.). 19 Zum Beispiel können die Mitglieder der Eigentümerfamilie die emotionalen Beziehungen zu den anderen Familienmitgliedern als besonders wertvoll erachten und daraus einen hohen Nutzen und eine hohe Befriedigung ziehen, Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 49 m. w. N. 12

B. „Familienunternehmen“

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Wealth [SEW]20) kann dabei als eine Besonderheit von Familienunternehmen verstanden werden.21 Gomez-Mejia et al. haben herausgearbeitet, dass Familienunternehmen besonders bemüht sind, diese SEW zu sichern und zu mehren.22 Für Familienunternehmen besteht aufgrund ihrer Besonderheiten ein Bedarf an rechtlichen Gestaltungen.23 Da es allerdings weder das Familienunternehmen noch die Unternehmerfamilie gibt, existiert auch nicht das „Recht der Familienunternehmen“. Vielmehr sind Gestaltungen entsprechend dem Bedarf des jeweiligen Familienunternehmens vorzunehmen bzw. anzupassen. Sind zum Beispiel mehrere Mitglieder der Familie an der Gesellschaft beteiligt, werden typischerweise Vereinbarungen geschlossen, die den Einfluss der Familie sichern sollen. Da die Anzahl der an der Gesellschaft beteiligen Familienmitglieder in der Regel mit der Weitergabe des Unternehmens in die nächste Generation steigt,24 sind solche Vorkehrungen insbesondere in älteren Familienunternehmen zu finden. Um den bestehenden Einfluss der Familie in der Gesellschafterversammlung auszuüben, bündeln Familienmitglieder ihre Stimmrechte oftmals mittels Stimmbindungsvertrags.25 Durch die Einschränkung der Übertragbarkeit der Anteile wird ferner versucht, den bestehenden Einfluss der Familie auch für die Zukunft zu erhalten.26 20 Siehe dazu das sogenannten FIBER Modell, das SEW-Bestandteile in fünf Dimensionen (1. Family control and influence, 2. Family members’ identification with the firm, 3. Binding social ties, 4. Emotional attachement, 5. Renewal of family bonds to firm through dynastic succession) strukturiert, Berrone / Cruz / Gomez-Meja, Family Business Review 2012, 258 (262 ff.). 21 Näher dazu Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 49 ff. 22 Gomez-Mejia et al., Administrative Science Quarterly 2007, 106 (108). 23 Siehe dazu den Überblick von Sanders / Rolfes, JURA 2022, S. 461 (464 ff.); vgl. MHdB GesR Bd. 9/Bochmann / Scheller / J.  Prütting, Einf vor § 1 Rn. 4; von Rechenberg / T hies /  Wiechers / von Rechenberg, Handbuch Familienunternehmen und Unternehmerfamilien, S. 40 ff. 24 Hack, ZfB-Special Issue 2/2009, 1 (6), zufolge zeigen empirische Untersuchungen, dass der Gesellschafterkreis mit der Unternehmensgröße und mit jedem Generationswechsel zunimmt. 25 Eiling, NWB-EV 2019, 330 (330 f.); Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 1; Hölters / M. Weber / Krebs, AktG § 133 Rn. 36; Kreklau, BB 2009, 748 (749); Krieger, FS Hommelhoff, 2012, S. 593 (593); D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (283); Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 88; Scherer, BB 2010, 323 (328); vgl. auch Coenen, Die konzernrechtliche Relevanz von Stimmbindungsvereinbarungen, 2014, S. 26 f.; Dutta, ZGR 2016, 581 (591); Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 22 Rn. 4; KölnerKomm AktG /‌ Tröger, § 136 Rn. 108; Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 50 ff.; MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 137; Noack, Gesellschaftsvereinbarungen, 1994, S. 19 ff., 41; Selent, Unternehmensführung in börsennotierten Familienunternehmen, 2021, S. 80; A. Sigle, FS Sigle, 2000, S. 301 (303 f.); S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 226; Wicke, DStR 2006, 1137 (1138); zur Motivation, in einer Familien-AG einen Stimmbindungsvertrag abzuschließen, siehe ausführlich Teil 3 C. III. 1. a); zum Stimmbindungsvertrag in der AG siehe Teil 3 C. III. 1. b). 26 Siehe Dutta, ZGR 2016, 581 (591 f.); MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 138; BVerfGE 138, 136 Rn. 192, zufolge ist in verschiedenen Stellungnahmen bestätigt worden, dass in familiengeführten Unternehmen Klauseln üblich seien, die die Übertragbarkeit der Anteile einschränken, um einheitlich unternehmerisch zu handeln; vgl. MHdB GesR Bd. 9/Scheller,

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Teil 2: Begrifflichkeiten

Zudem bauen Familienunternehmen ihre Finanzierung typischerweise mehr auf Eigenkapital auf als Nicht-Familienunternehmen.27 Die Sorge vor einem Verlust des Einflusses der Familie führt nämlich dazu, dass Familienfremde nur zurückhaltend eingebunden werden.28 Vielmehr gehen die Gesellschafter Vereinbarungen ein, die den Abfluss von Kapital verhindern und die Eigenkapitalbasis sichern sollen. Weil sich Familienunternehmen wesentlich durch die Reinvestition von Gewinnen finanzieren,29 gelten in diesen Gesellschaften in der Regel andere Ausschüttungsregelungen.30 Des Weiteren wird typischerweise versucht, mittels Abfindungsbeschränkungen das Risiko eines Kapitalabflusses infolge der Abfindungszahlungen ausscheidender Familienmitglieder zu vermeiden bzw. zu verringern.31

§ 17; Scherer, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 3 Rn. 8; zu den besonderen Zielvorstellungen und Vereinbarungen in Familienunternehmen, die insbesondere der Beteiligungs- und Einflusssicherung dienen, eingehend Holler, DStR 2019, 880 (884 ff.); zur Motivation, die Übertragbarkeit von Anteilen an einem Familienunternehmen einzuschränken, siehe ausführlich Teil 3 C. III. 2. a); zu typischen Vorkehrungen, die Übertragbarkeit der Anteile an einer Familienkapitalgesellschaft einzuschränken, siehe Teil 3 C. III. 2. b). 27 Claussen, in: Tröger / Wilhelmi (Hrsg.), Rechtsfragen der Familiengesellschaften, S. 79 (81 ff.); Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 300 f.; von Schlippe et al., in: Rüsen / Schlippe / Groth (Hrsg.), Familienunternehmen, S. 1 (14); Stiftung Familienunternehmen, Börsennotierte Familienunternehmen in Deutschland, S. 51; siehe Habersack, ZIP 2020, 2093 (2097 f.); vgl. auch BVerfGE 138, 136 Rn. 192: „So ist es insbesondere, wie in der mündlichen Verhandlung in verschiedenen Stellungnahmen bestätigt wurde, in familiengeführten Unternehmen üblich, dass sich im Wege der Generationenfolge der Anteilsumfang pro Person verringern kann, diesem reduzierten Anteil aber durch gesellschaftsvertragliche Klauseln, welche die Übertragbarkeit des Anteils oder Möglichkeiten der Gewinnausschüttung einschränken, mit dem Ziel eines einheitlichen unternehmerischen Handelns Rechnung getragen wird.“ 28 Vgl. Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 82 f.; Fleischer /  Maas, DB 2021 37 (40); Holler / Mann, NZG 2021, 402 (404 f.); ferner auch Francioni, FS Hennerkes, 2000, S. 149 (156). 29 Kormann, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 1 Rn. 193; Schmeing, Konfliktmanagement in Familienunternehmen, 2019, S. 197; von Rechenberg / Thies / Wiechers /  Schneider, Handbuch Familienunternehmen und Unternehmerfamilien, S. 81, 414. 30 Hommelhoff, in: Tröger / Wilhelmi (Hrsg.), Rechtsfragen der Familiengesellschaften, S. 65 (71 ff.); S.  Viskorf / L öcherbach, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 142 ff.; siehe auch Holler / Mann, NZG 2021, 402 (404 f.); für die große Familiengesellschaft Ulmer, ZIP 2010, 549 (551); BVerfGE 138, 136 Rn. 192, zufolge ist in verschiedenen Stellungnahmen bestätigt worden, dass in familiengeführten Unternehmen Klauseln üblich seien, die die Möglichkeit der Gewinnausschüttung einschränken, um einheitlich unternehmerisch zu handeln. 31 Zu Abfindungsbeschränkungen in Familienunternehmen näher Fabis, Gesellschafterkonflikte in Familienunternehmen, 2007, S. 318 ff.; Holler, DStR 2019, 931 (940 f.); Kirchdörfer / L orz, FuS 2012, 176; MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 341 ff.; Scherer, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 3 Rn. 42 f.; S. Viskorf / L öcherbach, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 153 ff.; allgemein für die GmbH statt vieler m. w. N. Noack / Servatius / Haas / Kersting, GmbHG, § 34 Rn. 22 ff.

B. „Familienunternehmen“

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II. Definitionsansätze für Familienunternehmen aus der betriebswissenschaftlichen Forschung Um Familienunternehmen zu definieren, gibt es eine Vielzahl verschiedener Ansätze, die abhängig von der Forschungsfrage verwendet werden.32 In der betriebswissenschaftlichen Forschung werden zur Definition eines Familienunternehmens insbesondere der „Components-of-Involvement“-Ansatz, der „Essence“-Ansatz sowie die F-PEC-Skala herangezogen.33 Nach dem „Components-of-Involvement“Ansatz34 handelt es sich bei einem Unternehmen um ein Familienunternehmen, wenn die Familie in das Unternehmen eingebunden ist. Diese Einbindung kann sich dadurch manifestieren, dass die Familie an dem Unternehmen beteiligt ist, in der Geschäftsführung mitwirkt oder Kontrollrechte innehat.35 Zu welchem Grad die Familie in das Unternehmen eingebunden werden müsste, ist hingegen nicht bestimmt.36 Gemäß dem „Essence“-Ansatz37 ist neben der bloßen Einbindung der Familie in das Unternehmen zusätzlich entscheidend, dass bzw. wie sich dieser Einfluss in dem Unternehmen äußert.38 Dieser Ansatz betont die Ressource „Familie“, die das Unternehmen kennzeichnet, indem sie auch nach außen deutlich werden muss. Ferner haben Astran / S. B. Klein / Smyrnios eine Skala entwickelt, mittels derer sie den Einfluss der Familie auf das Unternehmen erfassen wollen. Dieser Ansatz geht davon aus, dass Familienunternehmen nicht klar von Nicht-Familienunternehmen abgegrenzt werden können, dass aber das Ausmaß des Merkmals „Familienunternehmen“ bewertet werden kann. Daher wird mit der F-PEC-Skala der Einfluss der Familie aufgrund ihrer Einbindung im Unternehmen („Power“), ihrer Erfahrung im Unternehmen („Experience“) sowie der besonderen Unternehmenskultur („Culture“) gemessen.39

32 Siehe etwa den Meinungsstand zum Begriff der Familiengesellschaft im Gesellschaftsrecht bei Krämer, Das Sonderrecht der Familiengesellschaften, 2019, S. 52 ff. 33 Weiterführend Hack, ZfB-Special Issue 2/2009, 1 (3 ff.). 34 Chua / Chrisman / Sharma, Entrepreneurship Theory & Practice 1999, 19; Vallejo Martos, International journal of entrepreneurship and small business 2007, 473. 35 Chua / Chrisman / Sharma, Entrepreneurship Theory & Practice 1999, 19 (24 f.). 36 Siehe auch Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 19 f.; Hack, ZfB-Special Issue 2/2009, 1 (3). 37 Chrisman / Chua / Sharma, Entrepreneurship Theory & Practice 2005, 555 (556 f.). 38 Vgl. Habbershon / Williams / MacMillian, Journal of Business Venturing 2003, 451; Litz, Family Business Review 1995, 71; siehe dazu auch Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 19. 39 Astrachan / S . B. Klein / Smyrnios, Family Business Review 2002, 45; siehe insbesondere zu den einzelnen Voraussetzungen auch die Ausführungen von Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 21 ff.; siehe auch Hack, ZfB-Special Issue 2/2009, 1 (4 f.).

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Teil 2: Begrifflichkeiten

III. Definitionsansatz für börsennotierte Familienunternehmen der Stiftung Familienunternehmen Ziel dieser Arbeit ist es nicht, bereits bestehende Definitionsansätze zu hinterfragen oder eine eigene Definition zu entwickeln. Um börsennotierte Familienunternehmen zu definieren, wird daher auf einen bereits bestehenden Definitionsansatz zurückgegriffen, namentlich den der Stiftung Familienunternehmen. Demgemäß ist ein börsennotiertes Unternehmen ein Familienunternehmen, „wenn die Person(en), die das Unternehmen gegründet oder das Gesellschaftskapital erworben hat / haben oder deren Familie(n) oder Nachfahren, aufgrund ihres Anteils am Gesellschaftskapital mindestens 25 Prozent der Entscheidungsrechte hält / halten.“40

40 Stiftung Familienunternehmen, abrufbar unter https://www.familienunter‌nehmen.de/ media/public/pdf/definition-familienunternehmen/definition-fa‌m ilienunternehmen.pdf.

Teil 3

Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags zur Erlangung der sachlichen Steuerbefreiung gemäß §§ 13a, 13b ErbStG Bei der Planung des Nachfolgeprozesses in einem Unternehmen ist der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer eine nicht zu unterschätzende Bedeutung beizumessen. Dies gilt insbesondere für Familienunternehmen. Beteiligungen, die der Familie zugeordnet sind, werden nämlich typischerweise nicht veräußert, sondern von der nächsten Generation durch Erbanfall oder Schenkung erworben, mit dem Ziel der Weiterführung des Unternehmens. In der Regel ist die Familie mit einer wesentlichen Beteiligung in der Gesellschaft involviert1, sodass es gerade in großen börsennotierten Gesellschaften um Vermögen beträchtlichen Umfangs geht. Die Erbschaftsteuer ist als Erbanfallsteuer konzipiert.2 Sowohl der Erwerb von Todes wegen als auch die Schenkung unter Lebenden stellen grundsätzlich steuerpflichtige3 Vorgänge nach dem ErbStG dar, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ErbStG. Steuerschuldner ist gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG der Erbe bzw. im Falle der Schenkung der Beschenkte sowie der Schenker4. Das ErbStG sieht allerdings bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG vor. Mithin wird bei der Planung des Nachfolgeprozesses in der Regel versucht, Vorkehrungen zu treffen bzw. Prozesse einzuleiten, um die Bereicherung des Erwerbers steuerfrei zu gestalten bzw. dessen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Belastung zu verringern. In diesem Zusammenhang kann die Mitgliedschaft des Erblassers bzw. Schenkers und ggf. des Erben bzw. Beschenkten in einem Pool im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG von entscheidender Bedeutung sein. Ein solcher Pool muss unter anderem eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsbindung vorsehen. Im Folgenden wird zunächst die Entwicklung des Poolprivilegs gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG geschildert (A.). Anschließend wird das Pooling im Kon 1

Vgl. dazu Teil 3 C. II. Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG Einl. Rn. 17. In Deutschland besteht die Erbschaftsteuer als Erbanfallsteuer seit 1922, Eckert, FS Spiegelberger, 2009, S. 79 Fn. 6; zur Entwicklung des Erbschaftsteuerrechts ausführlich F.  Müller, Unternehmensnachfolge und Erbschaftsteuer, 2016, S. 17 ff. 3 Siehe zu den Rechtfertigungsgründen für die Erhebung der Erbschaftsteuer bündig m. w. N. Eckert, FS Spiegelberger, 2009, S. 79 (80). 4 Vereinfachend wird in dieser Arbeit nur der Beschenkte als Steuerschuldner genannt. 2

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

text der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG vorgestellt (B.). Unter C. wird die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG herausgearbeitet, bevor auf die einzelnen Voraussetzungen für den Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG eingegangen wird (D.). Sodann widmet sich E. dem Pooling im Hinblick auf die Behaltensfrist als Teil des erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierungssystems. Unter F. werden einzelnen Bestimmungen im Poolvertrag beleuchtet, namentlich die Fortsetzungs- und die Nachfolgeklausel sowie die Bestimmung einer Mindestdauer des Pools. Abschließend wird untersucht, wie sich Verstöße gegen eine Poolbestimmung auf die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG auswirken (G.).

A. Die Entwicklung des Poolprivilegs gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG Die Möglichkeit der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung ist für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht seit jeher gesetzlich verankert. Auch kannte das Gesetz eine erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung für den Erwerb von Betriebsvermögen (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) lange Zeit nicht. § 13 ErbStG a. F. sah weder in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. April 19745 noch in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 19916 eine Begünstigung für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder betrieblichen Vermögen vor. Eine erstmalige erbschaftbzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung erfuhr der Erwerb von betrieblichen Vermögen erst durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG 1992)7: Neben der Anordnung der weitgehenden Übernahme der Steuerbilanzwerte gemäß § 109 BewG a. F.8 eröffnete § 28 ErbStG a. F.9 die Möglichkeit, die Steuerschuld bis zu sieben Jahre zu stunden. Eine deutliche Ausweitung der Begünstigung fand im Jahr 1993 durch die Einführung von § 13 Abs. 2a ErbStG a. F.10 statt. Demgemäß konnte Betriebsvermögen bis zu einem Wert von 500.000 Deutsche Mark außer Ansatz bleiben. Während die Möglichkeit einer Begünstigung des Erwerbs von betrieb 5 Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom 17. April 1974 (BGBl I 1974, 933). 6 Neufassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes vom 19. Februar 1991 (BGBl I 1991, 468). 7 Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992 – StÄndG 1992) vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297); zum Begriff des Betriebsvermögens siehe § 95 BewG in der durch Art. 13 Nr. 8 StÄndG 1992 neu gefassten Fassung. 8 In der durch Art. 13 Nr. 20 StÄndG 1992 geänderten Fassung. 9 In der durch Art. 16 Nr. 5 StÄndG 1992 neu gefassten Fassung. 10 Eingeführt durch Art. 13 Nr. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der steuerrechtlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschlands im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz – StandOG) vom 17. September 1993 (BGBl I 1993, 1569).

A. Die Entwicklung des Poolprivilegs gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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lichen Vermögen nunmehr explizit gesetzlich verankert war, existierte weiterhin keine Begünstigung für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft.

I. JStG 199611 und JStG 199712 Mit dem JStG 1996 wurde in § 13a Abs. 2a ErbStG a. F.13 die Möglichkeit der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung erstmals auch für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft aufgenommen. Eine solche Begünstigung setzte insbesondere voraus, dass der Erblasser bzw. Schenker am Nennkapital der Gesellschaft mindestens zu einem Viertel unmittelbar beteiligt war. Während Satz  1 des § 13a Abs. 2a ErbStG a. F. weiterhin einen Freibetrag für das Betriebsvermögen und Anteile an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von 500.000 Deutsche Mark vorsah, wurde in Satz 2 des § 13a Abs. 2a ErbStG a. F. der Bewertungsabschlag in Höhe von 25 Prozent erstmals normiert. 14 Monate später wurde § 13a ErbStG a. F. durch Art. 2 Nr. 5 JStG 1997 eingeführt. Die Möglichkeit einer erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft war nunmehr neben der Möglichkeit der Begünstigung des Erwerbs von Betriebsvermögen und land- und forstwirtschaftlichem Vermögen in einem eigenen Paragraphen verortet. Absatz 1 des § 13a ErbStG a. F. gewährte den Freibetrag unverändert in Höhe von 500.000 Deutsche Mark. Dagegen erhöhte sich der Bewertungsabschlag gemäß Absatz 2 des § 13a ErbStG a. F. auf 40 Prozent. Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a. F. knüpfte die Begünstigung für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nunmehr daran an, dass der Erblasser bzw. Schenker am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war. Die Mindestbeteiligungshöhe wurde somit von mindestens einem Viertel auf mehr als ein Viertel erhöht. Allerdings ordnete § 37 Abs. 1 ErbStG a. F.14 die rückwirkende Anwendung der Änderungen durch das JStG 1997 auf Erwerbe an, für die die Steuer nach dem 31. 12. 1995 entstanden war oder entstand.15 Insofern kam dem JStG 1996 keine Bedeutung zu. Gemäß der Übergangsregelung nach § 37 Abs. 3 ErbStG a. F. galt für den Rückwirkungszeitraum jedoch, dass die Begünstigung für Kapitalanteile dann möglich war, wenn der Erblasser bzw. Schenker mindestens zu einem Viertel am Nennkapital der Kapitalgesellschaft unmittelbar beteiligt war. Ausweislich der Begründungen zu den Entwürfen eines JStG 1996 der Fraktionen CDU / CSU und FDP sowie der Bundesregierung sollte durch die Einführung der Möglichkeit der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung des 11

Jahressteuergesetz (JStG 1996) vom 20. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250). Jahressteuergesetz (JStG 1997) vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049). 13 In der durch Art. 24 Nr. 2 b JStG 1996 neu gefassten Fassung. 14 In der durch Art. 2 Nr. 14 JStG 1997 neu gefassten Fassung. 15 Siehe zu der rückwirkenden Anwendung des ErbStG in der Fassung des JStG 1997 auch BFHE 207, 355. 12

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Erwerbs von Kapitalanteilen die Steuerbelastung bei der Unternehmensnachfolge verringert werden. Die so gewonnenen Mittel sollten „für notwendige Investitionen und den Erhalt von Arbeitsplätzen innerhalb der Kapitalgesellschaft genutzt werden.“16 Allerdings sei diese Möglichkeit der Begünstigung nur für Kapitalanteile an sog. „familienbezogenen Kapitalgesellschaften“17 vorbehalten, weshalb eine Beteiligung in Höhe von mindestens 25 Prozent verlangt wurde. Das Erfordernis der Mindestbeteiligung verhindere missbräuchliche Gestaltungen. Das Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe sei ein Indiz dafür, dass „der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt.“18 Auch in der Begründung zum Entwurf eines JStG 1997 der Fraktionen CDU / CSU und FDP wurde explizit auf die Begünstigung des Erwerbs von Anteilen an sog. Familienkapitalgesellschaften abgestellt.19 Zudem sei dadurch, dass eine wesentliche Beteiligung ab einer Beteiligungshöhe von mehr als 25 Prozent angenommen wurde, „eine Gleichbehandlung bei der Besteuerung wesentlicher Beteiligungen mit dem Einkommensteuerrecht erzielt“20 worden. Gemäß § 17 Abs. 1 S. 4 EStG a. F.21 lag nämlich eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft bei einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung von mehr als einem Viertel vor. Dass es sich bei den Kapitalanteilen aber auch tatsächlich um Anteile eines Familienunternehmens handelte, wurde nicht gefordert. Vielmehr konnte jeder Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft, der an der Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 Prozent beteiligt war, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen diese Begünstigung in Anspruch nehmen. Mittels der Erweiterungen der Steuerbegünstigungen durch das JStG 1996 und JStG 1997 sollte die Fortführung des Betriebs sichergestellt werden. Es sollte verhindert werden, dass das Unternehmen (teilweise) verkauft werden musste, um die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer begleichen zu können.22 Denn unabhängig von einem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erwerber und Erblasser bzw. Schenker seien „die Erwerber dieses Vermögens aufgrund der Sozialgebundenheit im Vergleich zu Erwerbern anderen Vermögens vermindert finanziell leistungsfähig“23. Zuvor hatte das BVerfG in seiner

16 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 158; der Text des RegE (BT-Drs. 13/1173) ist identisch mit dem Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP (BT-Drs. 13/901). 17 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/‌901, S. 157 f. 18 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/‌901, S. 158. 19 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/‌4839, S. 38. 20 Heinz Schleußer (Nordrhein-Westfalen) zum Jahressteuergesetz (JStG) 1997 am 19. 12. 1996, BR-PlPr. 707, S. 663B; vgl. dazu auch Teil 5 C. I. 21 In der Fassung der Bekanntmachung vom 7. September 1990 (BGBl I 1990, 1898, I 1991, 808) zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 22 des JStG 1996. 22 Siehe die Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/4839, S. 67; siehe dazu auch die Äußerungen von Hansgeorg Hauser (CDU / CSU) in der 2. Beratung zum JStG 1996 vom 2. 6. 1995, BT-PlPr. 13/42, S. 3361A–B; Carl-Ludwig Thiele (FDP) in der 2. Beratung zum JStG 1997 vom 7. 11. 1996, BT-PlPr. 13/135, S. 12054A–B. 23 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/4839, S. 67.

A. Die Entwicklung des Poolprivilegs gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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Entscheidung vom 22. 6. 1995 dargelegt, dass vor allem mittelständische Betriebe „in besonderer Weise gemeinwohlgebunden und gemeinwohlverpflichtet [sind]: Sie unterliegen als Garant von Produktivität und Arbeitsplätzen insbesondere durch Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern, das Betriebsverfassungsrecht, das Wirtschaftsverwaltungsrecht und durch die langfristigen Investitionen einer gesteigerten rechtlichen Bindung.“24 Die Verfügbarkeit über den Betrieb und einzelne dem Betrieb zugehörige Wirtschaftsgüter sei beschränkter als bei betrieblich ungebundenem Vermögen, was sich auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Erben auswirke. Diese „verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit“25 des Erben müsse bei der Bemessung der Erbschaftsteuerlast berücksichtigt werden (vgl. Art. 3 Abs. 1 GG) – und zwar unabhängig von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erblasser und Erben. Die Erbschaftsteuerlast sei so zu gestalten, dass die Fortführung von vor allem mittelständischen Betrieben steuerrechtlich nicht gefährdet wird.26 Letztlich stehen diese Begünstigungen im Zusammenhang mit einer Vielzahl weiterer Steuerentlastungen, die durch das JStG 199627 und ungefähr ein Jahr später auch durch das JStG 1997 beschlossen wurden. Ausgangspunkt war das Bestehen einer sehr hohen Arbeitslosigkeit. Es wurde gestritten, wie dem weiteren Anstieg der Zahl der Arbeitslosen entgegengewirkt werden sollte. Motiviert durch die vorausgegangene Bundestagswahl vom 16. 10. 1994 galt es unter anderem Wahlversprechen zu realisieren. Das Konzept der Regierungsparteien (CDU / CSU und FDP) sah dabei Steuerentlastungen als das entscheidende Instrument vor, um die Sicherung und Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland gerade im Hinblick auf den Standortwettbewerb innerhalb der Europäischen Union zu gewährleisten und Investitionen zu ermöglichen bzw. zu fördern.28 Als ein bedeutsames Ergebnis ist dabei die durch das JStG 1997 erfolgte Aussetzung der Erhebung der Vermögensteuer zu nennen.29 Diskutiert (aber nicht beschlossen) wurde in den Beratungen sowohl zum JStG 1996 als auch zum JStG 1997 ferner der Wegfall der Gewerbekapitalsteuer. Die vorgeschlagenen und zum Teil auch beschlossenen Steuerentlastungen wurden von der Opposition scharf kritisiert. Sie warf der schwarz-gelben Regierung 24

BVerfGE 93, 165 (175 f.). BVerfGE 93, 165 (176). 26 BVerfGE 93, 165 (176). 27 Der Entwurf zum JStG 1996 von CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, sieht Nettoentlastungen in Höhe von 22,5 Milliarden Deutsche Mark vor, so Theodor Waigel (Bundesminister der Finanzen, CSU) in der Debatte zum Jahressteuergesetz 1996 vom 13. 7. 1995, BTPlPr. 13/49, S. 4046C. 28 Siehe dazu die Äußerungen von Wolfgang Schäuble (Fraktionsvorsitzender der CDU /  CSU) in der 1. Beratung zum JStG 1997 vom 14. 6. 1996, BT-PlPr. 13/111, S. 9900B–9906A; Gerda Hasselfeld (CDU / CSU) in der 2. Beratung zum JStG 1997 vom 7. 11. 1996, BTPlPr. 13/135, S. 12040D–12041A. 29 Siehe zum Wegfall der Rechtsgrundlage für die Erhebung der Vermögensteuer Arndt /  Schumacher, DStR 1995, 1813; Schüppen, DStR 1997, 225. 25

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vor, durch die Entlastungen nur die Vermögenden zu privilegieren.30 Sie würde „nur dort [subventionieren], wo es [ihr passt], und nicht dort, wo es sozial notwendig und politisch dringend geboten wäre.“31 Den Erwerb von Kapitalanteilen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich zu privilegieren, um Arbeitsplätze zu schaffen bzw. zu sichern, war demnach umstritten. Statt Steuerentlastungen zu gewähren, wurde als Gegenkonzept zur Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit aufgrund der hohen Staatsverschuldung zum Sparen aufgefordert32 oder die Stärkung der Binnennachfrage verlangt33.

II. ErbStRG34 Die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung des Erwerbs von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft war bis zum 31. Dezember 2008 in § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a. F. normiert. Durch Art. 1 Nr. 12 ErbStRG wurde § 13b ErbStG a. F. eingeführt und nunmehr in dessen Absatz 1 Nr. 3 statuiert, dass Anteile an einer Kapitalgesellschaft zum begünstigten Vermögen gehören konnten. Auch in den politischen Debatten zu dieser Gesetzesreform wurde die Förderung von Familienunternehmen als Ziel der Reform mehrfach betont.35 Der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG ist zu entnehmen, dass die vorgeschlagenen Änderungen die Unternehmensnachfolge gerade für Familienunternehmen erleichtern sollten. Die Belastung durch die Erbschaftsteuer dürfe nicht den Erhalt von Arbeitsplätzen gefährden.36 Dass Betriebsvermögen gegenüber anderen Vermögensarten Besonderheiten aufweise, sei bei der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Behandlung zu berücksichtigen. Betriebsvermögen bilde „eine Basis für Wertschöpfung und Beschäftigung und den Erhalt von Arbeitsplätzen.“37 30

Siehe dazu die Äußerungen von Dieter Grasedieck (SPD) in der 1. Beratung zum JStG 1996 vom 31. 3. 1995, BT-PlPr. 13/32, S. 2507B; Gregor Gysi (PDS) in der Debatte zum Jahressteuergesetz 1996 vom 13. 7. 1995, BT-PlPr. 13/49, S. 4058D–4059B; Christine Scheel (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) in der 1. Beratung zum JStG 1997 vom 7. 11. 1996, BT-PlPr. 13/‌111, S. 9906C. 31 Christine Scheel (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) in der 1. Beratung zum JStG 1997 vom 7. 11. 1996, BT-PlPr. 13/111, S. 9908A. 32 Siehe dazu die Äußerungen von Oskar Lafontaine (Ministerpräsident des Saarlandes, SPD) in der 1. Beratung zum JStG 1997 vom 14. 6. 1996, BT-PlPr. 13/111, S. 9896B. 33 Siehe dazu die Äußerungen von Gregor Gysi (PDS) in der 1. Beratung zum JStG 1997 vom 14. 6. 1996, BT-PlPr. 13/111, S. 9914C–D. 34 Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG) vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018). 35 Siehe die Äußerungen in der 1. Beratung zum ErbStRG vom 15. 2. 2008 von Carl-Ludwig Thiele (FDP), BT-PlPr. 16/143, S. 15107B–C; Michael Meister (CDU / CSU), BT-PlPr.  16/143, S. 15108C; Florian Pronold (SPD), BT-PlPr. 16/143, S. 15116B–C; in der 2. und 3. Beratung zum ErbStRG vom 27. 11. 2008 von Florian Pronold (SPD), BT-PlPr. 16/190, S. 20441A. 36 Vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 23, 33. 37 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 33.

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Hervorgehoben wurde dabei die Bedeutung von klein- und mittelständischen Betrieben: „Die klein- und mittelständisch geprägte Unternehmenslandschaft ist für die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb von Vorteil. Regional vernetzte Familienbetriebe sind notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und damit für die Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeits- und Ausbildungsplätze in Deutschland. Klein- und mittelständische Betriebe stehen für offene Märkte und hohe Wettbewerbsintensität.“38 Ferner würden die Unternehmensgrundsätze und unternehmerische Praxis in Familienunternehmen „ein deutliches Gegengewicht zu Publikumsgesellschaften [bilden] und […] weit mehr Beschäftigungswirkung [erzielen].“39 Eine Änderung der Höhe der Mindestbeteiligung fand nicht statt. Festgehalten wurde daran, dass die Beteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent ein Indiz dafür darstelle, dass „der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt.“40 Zwar wurde eingeräumt, dass die starre Grenze dazu führe, dass Gesellschafter eines Familienunternehmens, das zum Erhalt von Arbeitsplätzen beitrage, die Mindestbeteiligungshöhe nicht erreichen würden. Die Grenze sei aber unumgänglich. Denn anderenfalls wäre die Belastung, die auf die Finanzämter und Gesellschaften zukommen würde, um im Einzelfall festzustellen, ob ein Anteilseigner die Voraussetzungen für eine Privilegierung erfüllt, im Hinblick auf Nutzen und Aufwand zu groß.41 Indes wurde mit Satz 2 des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG a. F. eine weitere Option geschaffen, um die Mindestbeteiligungshöhe erreichen zu können: das Pooling. In Familienunternehmen sei typischerweise die Erhaltung des bestimmenden Einflusses der Familie gesichert und die freie Veräußerung der Anteile nicht möglich.42 Durch die Möglichkeit der Zurechnung gepoolter Anteile wurde der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG zufolge berücksichtigt, dass in Familienkapitalgesellschaften die Weitergabe der Anteile in die nächsten Generationen dazu führen könne, dass von den einzelnen Anteilsinhabern die Mindestbeteiligungshöhe nicht mehr erreicht werde.43 Im Ergebnis wurde die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung also leichter zugänglich gemacht, um bestimmte Kapitalanteile, die anderenfalls kein begünstigungsfähiges Vermögen darstellen würden, privilegieren zu können. Konkret sollten gerade Kapitalanteile an Familienunternehmen erfasst werden.

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Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 33. Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 40 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35; siehe dazu auch bereits oben Teil 3 A. I. 41 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 42 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 43 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 39

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III. BVerfGE 138, 136 Ende 2014 stellte das BVerfG die Verfassungswidrigkeit der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Betriebsvermögensverschonung fest. Die Verschonung sei angesichts ihres Ausmaßes und der eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.44 Die Entscheidung betraf unter anderem § 13a ErbStG in der Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes45 und § 13b ErbStG in der Fassung des ErbStRG. Das BVerfG führte insbesondere aus, dass erstens eine Verschonung, die über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgeht, ohne dass eine Bedürfnisprüfung vorangestellt wird,46 zweitens ein Teil der konkreten Ausgestaltung der Lohnsummenregelung47 und drittens die Regelung über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 S. 1 ErbStG a. F.48 gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen würden. Da diese Teilbereiche wesentliche Bestandteile in dem Verschonungskonzept darstellen würden, sei die „gesamte Verschonungsregelung in ihrem Kern [erfasst].“49 Die begrenzte Fortgeltung der Normen wurde angeordnet50 und der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen51. Demgegenüber stellte das BVerfG fest, dass die §§ 13a, 13b ErbStG geeignet seien, die mit ihnen verfolgten Ziele zu erreichen.52 Als gesetzgeberisches Ziel erkannte das BVerfG an, Unternehmen vor Liquiditätsproblemen infolge einer erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Belastung zu bewahren. Geschützt werden sollen demnach „vor allem Unternehmen […], die durch einen besonderen personalen Bezug des Erblassers oder auch des Erben zum Unternehmen geprägt sind, wie es namentlich für Familienunternehmen typisch ist.“53 Eine erbschaftbzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung diene dem Ziel, bei der Unternehmensnachfolge den Bestand dieser Unternehmen und die mit ihm verbundenen Arbeitsplätze steuerrechtlich nicht zu gefährden.54 Der Gesetzgeber habe die Unternehmensstruktur in kleinen und mittelständischen, durch personale Führungsverantwortung geprägten Unternehmen  – insbesondere in Familienunternehmen  – für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands als besonders wertvoll eingeschätzt. „Die Förderung und der Erhalt […] [jener Unternehmensstruktur] und der Erhalt von Arbeitsplätzen durch den Schutz vor allem solcher Unterneh 44

BVerfGE 138, 136 Ls. 4. Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, 3950). 46 BVerfGE 138, 136 Rn. 278. 47 BVerfGE 138, 136 Rn. 279. 48 BVerfGE 138, 136 Rn. 280. 49 BVerfGE 138, 136 Rn. 281. 50 BVerfGE 138, 136 Rn. 288. 51 BVerfGE 138, 136 Rn. 293. 52 BVerfGE 138, 136 Rn. 139. 53 BVerfGE 138, 136 Rn. 133. 54 BVerfGE 138, 136 Rn. 133 ff. 45

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men vor steuerlich bedingten Liquiditätsproblemen stellen […] legitime Ziele von erheblichem Gewicht dar“55. Auch liege es im Rahmen der Einschätzungsprärogative und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, jene Unternehmen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich zu privilegieren.56 Unter anderen sei in den zu dem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen durchgängig die Einschätzung des Gesetzgebers geteilt worden, dass familiengeführte Unternehmen eine besondere Bedeutung für die deutsche Wirtschaft haben. „Familiengeführten Unternehmen wird dabei vor allem eine langfristigere Unternehmensstrategie zugeschrieben, die nicht in gleicher Weise unmittelbar renditeorientiert ausgerichtet sein soll, wie dies bei anderen Unternehmen der Fall ist. Dadurch sollen sie tendenziell zurückhaltender auf Krisensituationen reagieren, standort- und arbeitsplatzorientierter operieren als andere Unternehmen und so vor allem Arbeitnehmer regelmäßig länger im Betrieb halten.“57 Zudem bestätigte das BVerfG in Bezug auf das Erfordernis der Mindestbeteiligung im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG die Verfassungsmäßigkeit. Das BVerfG sah darin keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.58 Die Annahme des Gesetzgebers, dass der Gesellschafter erst ab einer Beteiligung von mehr als 25 Prozent unternehmerisch in das Unternehmen eingebunden ist, sei von dessen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum gedeckt.59 Das BVerfG hob dabei hervor, dass Beteiligungen unterhalb der Mindestbeteiligungsquote mit sonstigem, erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich nicht begünstigtem Vermögen vergleichbar seien.60 Die starre Grenze liege des Weiteren im Rahmen der Typisierungs- und Vereinfachungsbefugnis des Gesetzgebers.61 Die Möglichkeit der gegenseitigen Zurechnung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG berücksichtige im ausreichenden Maße die Besonderheit, dass in Familienunternehmen Anteilsinhaber auch mit geringeren Beteiligungen im Unternehmen eingebunden sein könnten. Als Beispiel wurden Gesellschafter inhabergeführter Familienunternehmen angeführt, die aufgrund der Generationenfolge die Mindestbeteiligungshöhe selbst nicht erreichen, aber gesellschaftsvertragliche Klauseln vereinbart haben, die auf ein einheitliches unternehmerisches Handeln zielen.62 Das BVerfG stellte überdies fest, dass es gerechtfertigt sei, Anteile an Personengesellschaften und land- und forstwirtschaftliches Vermögen generell zu begünstigen und die Begünstigung der Kapitalgesellschaften erst ab Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe greifen zu lassen. Der Gesetzgeber dürfe annehmen, dass Gesellschafter einer Personengesellschaft insbesondere auf Grund der stärker per 55

BVerfGE 138, 136 Rn. 138. BVerfGE 138, 136 Rn. 159 ff. 57 BVerfGE 138, 136 Rn. 162. 58 BVerfGE 138, 136 Rn. 179 ff. 59 BVerfGE 138, 136 Rn. 182; vgl. dazu bereits BVerfGE 117, 1 (63). 60 BVerfGE 138, 136 Rn. 182. 61 BVerfGE 138, 136 Rn. 190. 62 BVerfGE 138, 136 Rn. 192. 56

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sonalisierten Struktur der Personengesellschaft in das Unternehmen eingebunden seien.63 Auch die Gesellschafter land- und forstwirtschaftlicher Betriebe seien, wie die Stellungnahme des Deutschen Bauernverbands in dem Verfahren bestätigt habe, in der Regel als Familienbetriebe, die nicht mit viel Kapital ausgestattet sind, organisiert.64 In Folge dieses Urteils entfachten politische Debatten über die „richtige“ Ausgestaltung der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Betriebsvermögensverschonung.65 Am 4. November 2016 wurde schließlich das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts66 mit Wirkung zum 1. Juli 2016 beschlossen. Durch dieses Gesetz blieb § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG indes unverändert. In dem gesamten Prozess wurde eine Änderung dieser Vorschrift nicht erwogen.67 Da das BVerfG sowohl das gesetzgeberische Ziel, vor allem Unternehmen zu erhalten, die in personaler Verantwortung geführt werden, anerkannt68 als auch die Verfassungsmäßigkeit in Bezug auf das Erfordernis der Mindestbeteiligung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG bestätigt hatte, musste der Gesetzgeber insofern keine Änderung vornehmen.

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BVerfGE 138, 136 Rn. 198. BVerfGE 138, 136 Rn. 200. 65 Vgl. Lishaut, FS Crezelius, 2016, S. 587; F. Müller, Unternehmensnachfolge und Erbschaftsteuer, 2016, S. 221 ff. 66 Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 2016 (BGBl I 2016, 2464); ausführlich zu dieser Reform Warias, Die Erbschaftsteuerreform 2016, 2021; siehe auch Erkis, FS Crezelius, 2018, S. 505. 67 Vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 18/5923, S. 26; Stellungnahme des Bundesrates zum RegE (BT-Drs. 18/5923), BT-Drs. 18/6279, S. 8; Beschlüsse des Finanzausschusses zum RegE (BTDrs. 18/5923, 18/6279, 18/6410 Nr. 4), BT-Drs. 18/8911, S. 16; Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BT-Drs. 18/9690, S. 3. 68 Gegen dieses Ziel wird vorgebracht, es sei nicht empirisch belegt, dass Familienunternehmen Arbeitsplätze und Wachstum garantieren würden, Arqus-Stellungnahme, DB 2006, 2700 (2701). Es stelle sich allgemein die Frage, ob Familienunternehmen ein schutzwürdiges Gut darstellen würden, siehe dazu Dutta, Warum Erbrecht?, 2014, S. 519 ff. m. w. N.; zu Studien zum Leistungsvergleich zwischen Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen siehe die Darstellung bei Hack, ZfB-Special Issue 2/2009, 1 (20 ff.). Außerdem fehlten theoretische und empirische Belege über die Annahme, dass Erben für die Fortführung des Unternehmens besser geeignet seien als Dritte, Arqus-Stellungnahme, DB 2006, 2700 (2702); siehe zur Weitergabe des Unternehmens in der Familie und dessen Fortführung durch die Erben auch Dutta, Warum Erbrecht?, 2014, S. 514 ff. m. w. N. Hinzu komme, dass die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung unabhängig davon greife, ob der Unternehmenserbe geeignet ist, Arqus-Stellungnahme, DB 2006, 2700 (2702); siehe auch Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2008/09, S. 222. 64

B. Das Pooling im Kontext der sachlichen Steuerbefreiung 

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B. Das Pooling im Kontext der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG Die Bestimmungen über die Befreiung von der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer für Anteile an Kapitalgesellschaften gemäß §§ 13a, 13b ErbStG bilden ein komplexes Verschonungskonzept.69 § 13a ErbStG70 eröffnet die Möglichkeit, einen Verschonungsabschlag in Höhe von 85 Prozent zu erhalten (Regelverschonung). Unter erweiterten Voraussetzungen gewährt § 13a Abs. 10 ErbStG sogar einen 100-prozentigen Verschonungsabschlag (Optionsverschonung). Darüber hinaus setzt sich das Verschonungssystem insbesondere aus den folgenden Elementen zusammen: Der 26-Millionen-Euro-Grenze aus § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG, dem Abzugsbetrag in § 13a Abs. 2 ErbStG, der Lohnsummenreglungen gemäß § 13a Abs. 3 ErbStG, der in § 13a Abs. 6 ErbStG statuierten Behaltensfrist sowie dem Vorab-Abschlag in Höhe von maximal 30 Prozent nach § 13a Abs. 9 ErbStG71. Für eine sachliche Befreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG ist zunächst maßgeblich, ob die in Rede stehenden Kapitalanteile im Sinne von § 13b ErbStG72 begünstigtes Vermögen bilden. Dafür ist zu ermitteln, ob es sich um begünstigungsfähiges Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 ErbStG handelt. Das begünstigte Vermögen ergibt sich dann aus der Differenz des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens und dem gemäß § 13b Abs. 3 bis Abs. 10 ErbStG festzustellenden nicht begünstigten Verwaltungsvermögen, vgl. § 13b Abs. 2 S. 1 ErbStG.73

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Nach Dutta, ZGR 2016, 581 (584), „[ist die] Detailregelung […] an Komplexität hier kaum zu überbieten“. 70 Zur Entstehungsgeschichte von § 13a ErbStG siehe H.-U.  Viskorf / Schuck /‌ Wälzholz /  Löcherbach, ErbStG § 13a Rn. 1; Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 3 ff. 71 Da gemäß dem Wortlaut die entsprechenden Bestimmungen in der Satzung enthalten sein müssen, ist fraglich, ob der Vorab-Abschlag auch bei Anteilen einer AG in Betracht kommen kann. Ablehnend R  E  13a.20 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 ErbStR 2019 (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts [ErbschaftsteuerRicht­linie 2019 – ErbStR 2019] vom 16. Dezember 2019 [BStBl I Sondernummer 1/2019, 2]); gegen einen generellen Ausschluss des Vorab-Abschlags für die AG indes von Oertzen / Loose /  Stalleiken, ErbStG 13a Rn. 223; Wachter, GmbHR 2017, 841 (846); A. Wiedemann / Breyer, FUS 2018, 4 (5); vgl. auch Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 607; ferner wird bezweifelt, ob sich die erforderlichen Regelungen aus einem Poolvertrag ergeben können, so H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 182 m. w. N.; siehe auch Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 286.2 m. w. N.; ablehnend R E 13a.20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ErbStR 2019; bündig zu den Rechtsfolgen des Vorab-Abschlags nach § 13a Abs. 9 ErbStG siehe das Schaubild von S. Viskorf / L öcherbach / Jehle, DStR 2016, 2425 (2429); zur Nutzung des Vorab-Abschlags MHdB GesR Bd. 9/Söffing / Ch. Hübner, § 28 Rn. 77 ff. 72 Zur Entstehungsgeschichte von § 13b ErbStG siehe H.-U.  Viskorf / Schuck /‌ Wälzholz /  S. Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 1 ff. 73 Abweichend von § 13b Abs. 2 S. 1 ErbStG kann nach Satz 2 begünstigungsfähiges Vermögen vollständig von einer Begünstigung ausgenommen werden, wenn es zu mehr als 90 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Anteile an Kapitalgesellschaften können gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen. Dafür muss der Erblasser bzw. Schenker allerdings zu mehr als 25 Prozent am Nennkapital der Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen sein, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, erlaubt Satz 2 des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, dass Beteiligungen mehrerer Gesellschafter zusammengerechnet werden können. Erfüllt der Zusammenschluss die Anforderungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG, bilden die Gesellschafter einen Pool74. Dafür muss erstens eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung – zum Beispiel ein Stimmbindungsvertrag – eingegangen worden sein und zweitens eine Verpflichtung, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen (1. Alternative) oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen (2. Alternative). Der Stimmbindungsvertrag stellt also nur einen Teil eines Poolvertrags im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG dar. Diese Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) vorliegen.75 Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Gesellschafter, die sich verpflichtet haben, das Stimmrecht einheitlich auszuüben, identisch mit denen sind, die der Verfügungsbeschränkung unterliegen.76 Ferner wird allgemein angenommen, dass der Pool auch aus allen Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft bestehen kann, obgleich der Wortlaut dafür spricht, dass stets Gesellschafter vorhanden sein müssen, die ungepoolte Anteile halten.77 Der Anwendungsbereich des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist nicht nur für Anteile an einer AG, sondern auch für Anteile an inländischen und an EU- bzw. EWR-ausländischen Kapitalgesellschaften eröffnet. Im Hinblick auf Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften sind neben den Aktien einer AG gleichermaßen Kommanditakien einer KGaA, Aktien einer SE sowie Geschäftsanteile einer GmbH umfasst.78 Diese Arbeit konzentriert sich auf die Fragestellungen, die sich für die AG ergeben. 74

Siehe zum Begriff „Pool“ bereits oben Teil 2 A. So auch BFHE 264, 279 Rn. 29. 76 BayLfSt, Verfügung vom 11. 8. 2010 – S 3812b.1.1–1 St 34, DStR 2010, 2134 (2134); Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 60; d. h.: Besteht ein Pool zum Beispiel aus Gesellschafter A, B, C und D, können sich alle vier binden, das Stimmrecht einheitlich auszuüben, während die jeweilige Verfügungsbeschränkung nur zwischen A und B bzw. C und D gilt. 77 BFHE 264, 279 Rn. 26; R E 13b.6 Abs. 5 S. 8 ErbStR 2019; Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1079); Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (897); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 205; Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn.  17; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 74; Onderka /‌ Lasa, Ubg 2009, 309 (310); Riedel, ZErb 2013, 145 (147); Schulz /‌ Lehmann, ZIP 2009, 2230 (2235); Troll / Gebel /  Jülicher / Gottschalk /‌ Jülicher, ErbStG § 13b Rn.  211; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S. Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 142; Wälzholz, MittBayNot 2013, 281 (284). 78 Siehe auch die Legaldefinition für Kapitalgesellschaften in § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BewG; vgl. auch § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. 75

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG Zunächst soll die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG betrachtet werden. Diesem Aspekt widmet sich die vorliegende Arbeit bereits an dieser Stelle. Denn die in Teil 3 C. gewonnenen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die weitere Untersuchung.

I. Erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung nicht nur für Gesellschafter von Familienunternehmen möglich Die Möglichkeit, dass Kapitalanteile eines Erblassers bzw. Schenkers zum erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähigen Vermögen gehören, ist nicht nur Gesellschaftern von Familienkapitalgesellschaften vorbehalten. Zunächst statuiert § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nicht, dass die Kapitalgesellschaft ein Familienunternehmen sein muss.79 Auch verpflichtete das BVerfG in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1995 den Gesetzgeber dazu, eine verminderte Leistungsfähigkeit bei den Erben, die ein mittelständisches Unternehmen fortführen, unabhängig von einer verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erben und Erblasser bei der Gestaltung der Steuerlast zu berücksichtigen. Anderenfalls würde gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen werden.80 Schließlich wurde in der Begründung zum Entwurf eines JStG 1997 der Fraktionen CDU / CSU und FDP81 betont, dass die maßgebliche erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Entlastung nicht von einer verwandtschaftlichen Nähe zwischen dem Erblasser und Erwerber abhängig sei. Demzufolge können auch Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die kein Familienunternehmen ist, zum erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähigen Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zählen. Vielmehr sollen gemäß den Begründungen zu den Entwürfen eines JStG 1996 der Fraktionen CDU / CSU und FDP82 sowie der Bundesregierung83 und zum Regierungsentwurf eines ErbStRG84 Kapitalanteile eines unternehmerisch eingebun-

79

Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 184, mit Hinweis auf Wachter, ErbR 2016, 174 (176). 80 BVerfGE 93, 165 (175 f.). Dieser Beschluss betraf die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Entlastung von Betriebsvermögen. 81 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/4839, S. 67; siehe auch die entsprechende Forderung des BVerfGE 93, 165 (176). 82 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 158. 83 Der Text des RegE (BT-Drs. 13/1173) ist identisch mit dem Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP (BT-Drs. 13/901). 84 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

denen Erblassers bzw. Schenkers begünstigungsfähiges Vermögen darstellen.85 Ein solches unternehmerisches Interesse wird dabei dem Erblasser bzw. Schenker zugeschrieben, der zu mehr als 25 Prozent am Nennkapital der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Das Erreichen dieser Mindestbeteiligungshöhe stellt also ein Abgrenzungskriterien dar: wer sie erreicht gilt als unternehmerisch eingebunden, wer 25 Prozent oder weniger hält gilt hingegen nur als reiner Kapitalanleger. Der Erblasser bzw. Schenker kann die Mindestbeteiligungshöhe entweder selbst erreichen (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG) oder – wenn er selbst Anteile nur in Höhe von 25 Prozent oder weniger hält – aufgrund der Zurechnung nach Satz 2 des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. De lege lata stehen dem Erblasser bzw. Schenker somit zwei Möglichkeiten zur Verfügung, die Mindestbeteiligungshöhe zu erreichen und als unternehmerisch interessiert zu gelten.

II. Die Begünstigungsfähigkeit von Anteilen an einer börsennotierten Familien-AG In den politischen Debatten und Gesetzesentwürfen zu einem JStG 1996, einem JStG 1997 sowie einem ErbStRG wurde die Förderung von Familienunternehmen als Ziel der verschiedenen Reformen mehrfach betont.86 Auch kommt dem BVerfG zufolge „[d]ie bei Familienunternehmen typische personale Verantwortung für unternehmerische Entscheidungen […] dadurch zum Ausdruck, dass eine Mindestbeteiligung von über 25 Prozent Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit ist.“87 Es stellt sich demnach die Frage, ob Anteile an einer börsennotierten Familien-AG per se zum begünstigungsfähigen Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zählen. Dafür müsste ein Gesellschafter einer börsennotierten FamilienAG stets unmittelbar zu mehr als 25 Prozent am Nennkapital beteiligt sein (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG) oder aufgrund der Zurechnung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG die Mindestbeteiligungshöhe erreichen. Nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht werden bei der Berechnung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nur stimmberechtigte Anteile berücksichtigt.88 Gemäß der Definition der Stiftung Familienunternehmen müssen aufgrund des Anteils am Gesellschaftskapital mindestens 25 Prozent der Entscheidungsrechte gehalten werden, damit es sich bei einem börsennotierten Unternehmen um ein Familienunternehmen handeln kann.89 Daraus folgt, dass der Erblasser bzw. Schen-

85

Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 3 A. Siehe dazu bereits Teil 3 A. 87 BVerfGE 138, 136 Rn. 165. 88 Siehe ausführlich dazu Teil 3 D. III. 3. 89 Siehe bereits oben Teil 2 B. III.; dagegen muss sich dieser Definition zufolge bei nicht börsennotierten Unternehmen unter anderem „die Mehrheit der Entscheidungsrechte im Besitz der natürlichen Person(en), die das Unternehmen gegründet hat / haben, der natürlichen 86

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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ker, der genau zu 25 Prozent an der Gesellschaft im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG beteiligt ist und dem diese Beteiligung zugleich genau 25 Prozent der Entscheidungsrechte vermittelt, zwar ein Gesellschafter eines Familienunternehmens sein kann. Jedoch ist der Erwerb seiner Anteile nicht nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG privilegiert. Die Einbindung der Familie in das Familienunternehmen ist allerdings nicht nur anhand der Beteiligung eines einzelnen Gesellschafters zu beurteilen. Vielmehr ist die Summe der Beteiligungen aller Familienmitglieder maßgeblich. Dass die einzelnen Gesellschafter eines Familienunternehmens unmittelbar nur zu 25 Prozent oder weniger am Nennkapital der Kapitalgesellschaft im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG beteiligt sein können, ist ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG durch das Pooling gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG berücksichtigt worden.90 Deshalb stellen typische Vorkehrungen in Familienunternehmen zwar das Vorbild für die Vorgaben an einen Poolvertrag im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG dar. Aber auch Kapitalanteile an Familienunternehmen können nur bei entsprechendem Pooling zum begünstigungsfähigen Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gehören. Nicht nur der Definition der Stiftung Familienunternehmen zufolge, sondern auch nach anderen Definitionsansätzen, wie dem „Components-of-Involvement“Ansatz oder dem „Essence“-Ansatz, stellt eine bestimmte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft einen Faktor dar, um den Grad der Einbindung der Familie in das Unternehmen zu beurteilen. Dies gilt gleichermaßen für die Ermittlung des Einflusses der Familie nach der F-PEC-Skala.91 In Bezug darauf, zu welcher Höhe die Familie an der Gesellschaft beteiligt und mit welchen Rechten diese Beteiligung ausgestattet sein muss, sind die Ansätze, die (unter anderem) auf die Beteiligungshöhe der Familie abstellen, allerdings uneinheitlich. Teilweise wird eine Beteiligung in Höhe von 75 Prozent92, 60 Prozent93, der Mehrheit94 oder mindestens Person(en), die das Gesellschaftskapital des Unternehmens erworben hat / haben oder im Besitz ihrer Ehepartner, Eltern, ihres Kindes oder der direkten Erben ihres Kindes befinde[n]“, Stiftung Familienunternehmen, abrufbar unter https://www.fam‌ilienunternehmen.de/media/ public/pdf/definition-familienunternehmen/defi‌nition-familienunternehmen.pdf. 90 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 91 Siehe zum „Components-of-Involvement“-Ansatz, dem „Essence“-Ansatz und zur FPEC-Skala bereits oben Teil 2 B. II. 92 Für Kapitalgesellschaften, in denen die Beteiligungen der familienfremden Gesellschafter nicht zersplittert oder zersplittert, aber etwa vertraglich gebunden sind, Sommer, Bestandsund Nachfolgesicherung von Familienunternehmen, 1967, S. 8. Anderenfalls könne auch eine Beteiligung in Höhe von etwa 30 bis 50 Prozent genügen. 93 Donckels / Fröhlich, Family Business Review 1991, 149 (152). 94 Bonner Institut für Mittelstandsforschung, abrufbar unter https://www.ifm-bonn.org/ definitionen/familienunternehmen-definition/; Michalski, Perpetuierung von Unternehmen, 1980, S. 16; Vogel, Die Familienkapitalgesellschaften, 1974, S. 21 f.; Wittek, Die gesellschaftsrechtliche Behandlung der Familien-GmbH, 1969, S. 12, der allerdings von „51 % des Stammkapitals“ spricht, aber sodann auf die Beschlussmehrheiten abstellt.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

50 Prozent95 gefordert. Andere verlangen die Mehrheit an Stimmrechten und96/ oder am Kapital der Gesellschaft.97 Ferner wird auf den überwiegenden Teil des Kapitals98, die Mehrheit der Verwaltungsrechte99, die Mehrheit der Beteiligung und / oder Vermögensrechte100, die regelmäßige Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit in den Gesellschafterversammlungen101, die relative Mehrheit der Stimmrechte102 bzw. die Stimmrechtsmehrheit auf der Gesellschafterversammlung103, mindestens 25 Prozent des stimmberechtigten Eigenkapitals104, eine Quote in Höhe von 15 Prozent105 oder die Höhe der Anteile, die zum Erreichen der Sperrminorität erforderlich ist,106 abgestellt. Überdies modifiziert ein Teil der Stimmen ihre Anforderungen für börsennotierte Unternehmen, indem bei diesen an eine Beteiligung in Höhe von mindestens 25 Prozent der Stimmrechte107 oder die Mehrheit der Stimmrechte108 angeknüpft wird. Indem in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG also an eine bestimmte Beteiligungshöhe an dem stimmberechtigten Kapital angeknüpft wird, zählen auch Anteile an einem Familienunternehmen zum erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähigen Vermögen; allerdings nicht per se und nicht ausschließlich109. Zum einen ist entscheidend, welche Definition für Familienunternehmen verwendet wird. Zum anderen ist denkbar, dass Kapitalanteile an einem Unternehmen, das 95

S. B. Klein, Familienunternehmen, S. 17. Schulte, Die steuerrechtliche Behandlung der mittelständischen Familien-GmbH, 1985, S. 9 f. 97 Hommelhoff, in: Tröger / Wilhelmi (Hrsg.), Rechtsfragen der Familiengesellschaften, S. 65 (67); Kalss / Probst, Familienunternehmen, Rn. 2/27. 98 Für Kapitalgesellschaften Hengstmann, Die Familiengesellschaft, 1935, S. 17. 99 Krämer, Das Sonderrecht der Familiengesellschaften, 2019, 92 ff. 100 Schindler, Familienstiftungen, S. 34. 101 Kirchdörfer, FuS 2011, 32 (32). 102 Hinderer, FS Hennerkes, 2009, S. 369 (370). 103 Schmeing, Konfliktmanagement in Familienunternehmen, 2018, S. 217. 104 A. Oetker, Wachstumssicherung von Familienunternehmen, 1969, S. 110, zufolge denkbar, jedenfalls wenn kein anderer großer Anteilseigner existiert. 105 Poza / Daugherty, Family Business, S. 7. 106 Lehleiter, Die Familienstiftung, 1996, S. 23, auch für nicht börsennotierte Unternehmen. 107 EU Commission, Overview of Family-Business-Relevant Issues, S. 10; Goebel, FS Binz, 2014, S. 241 (241); Habersack, ZIP 2020, 2093 (2096); alle drei verlangen für nicht börsennotierte Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte; Hennerkes / Heidbreder, in: Plate et al. (Hrsg.), Große deutsche Familienunternehmen, S. 9, die für nicht börsennotierte Unternehmen die direkt oder indirekt bestehende Mehrheit der Entscheidungsrechte fordern. 108 Selent, Unternehmensführung in börsennotierten Familienunternehmen, 2021, S. 45 f., dem zufolge ein Unternehmen je nach Intensität des Einflusses des Familienaktionärs ein faktisches Familienunternehmen sein kann, wenn dieser jene Mehrheit nicht erreicht; Wieselhuber / L ohner / T hum, Gestaltung und Führung von Familienunternehmen, S. 13, die für nicht börsennotierte Unternehmen eine Beteiligung in Höhe von mindestens der Hälfte der Anteile verlangen. 109 Insbesondere stellt nach der Mehrzahl der vorgestellten Definitionsansätze eine (stimmberechtigte) Beteiligung an einer GmbH in Höhe von 25 Prozent und zusätzlich einem Anteil noch keine Beteiligung an einer Familien-GmbH dar; siehe zudem bereits oben Teil 3 C. I. 96

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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nach den in dieser Arbeit vorgestellten Definitionsansätzen für Familienunternehmen110 unstreitig ein Familienunternehmen ist, aufgrund der Ausgestaltung der Begünstigungsvorschrift kein begünstigungsfähiges Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG darstellen. Diese Anteile können nur bei entsprechendem Pooling zum begünstigungsfähigen Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gehören. Hat zum Beispiel ein Gründer, der Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer gewesen ist, seine Beteiligung an seine fünf Kinder vererbt, von denen zwei zusätzlich die Leitung der Gesellschaft übernommen haben, handelt es sich unstreitig um ein Familienunternehmen. Sind die fünf Kinder zu gleichen Teilen an der Gesellschaft beteiligt, hält jeder Gesellschafter 20 Prozent an dem Familienunternehmen. Damit sie ihre Beteiligungen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt an ihre eigenen Kinder weitergeben können, müssten sie nur aus diesem Grund ihre Anteile im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG poolen. Denn zum einen erreicht der einzelne Gesellschafter nicht selbst die Mindestbeteiligungshöhe nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG.111 Zum anderen mag es zwar eine Beschränkung der Übertragbarkeit der Beteiligungen geben, die fünf Geschwister werden in der Regel aber keine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung geschlossen haben. Ohne einen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich motivierten Zusammenschluss im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG würden diese Kapitalanteile daher kein begünstigungsfähiges Vermögen darstellen können.

III. Typische Vorkehrungen in Familienkapitalgesellschaften zur Sicherung des Familieneinflusses als Vorbild für die Ausgestaltung des Poolprivilegs Bei der Ausgestaltung des Poolprivilegs haben Regelungen, die typischerweise in Familienkapitalgesellschaften vereinbart werden, als Vorbild gedient. Die nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG geforderten Verpflichtungen stellen laut der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG typische Vorkehrungen dar, die Familien in Familienunternehmen treffen, damit „die Anteile nicht beliebig veräußert werden können und der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bleibt.“112 Allerdings können nicht nur Gesellschafter von Familienkapitalgesellschaften die Mindestbeteiligungshöhe durch Pooling gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erreichen.113 110

Siehe oben Teil 2 B. II. und III. Siehe auch Dutta, ZGR 2016, 581 (590). 112 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 113 So auch Dutta, ZGR 2016, 581 (585); Felten, ZEV 2010, 627 (627); Fischer / Pahlke /  Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 157; Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 52; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 63; vgl. dazu bereits oben Teil 3 C. I. 111

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Zutreffend spricht S. Viskorf in Bezug auf das Pooling gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG von einem „Ersatztatbestand“114. Ist der Erblasser bzw. Schenker nämlich nicht unmittelbar zu mehr als 25 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG), kann er die Mindestbeteiligungshöhe noch aufgrund der poolbedingten Zurechnung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erreichen. Dafür muss er sich aber entsprechend mit anderen Gesellschaftern zu einer Einheit – einem Pool – zusammengeschlossen haben. Die Anforderungen in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG an die Poolbindungen sind dabei so ausgestaltet, dass der Pool das Bild eines einzelnen Inhabers der Anteile widerspiegelt:115 Während die Möglichkeit, unternehmerischen Einfluss ausüben zu können, durch die Stimmrechtsbindung erzielt werden soll, ist die Funktion der Verfügungsbeschränkung sicherzustellen, dass diese Einflussmöglichkeit von gewisser Dauer ist. Der BFH griff diesen Standpunkt auf und hob das Ziel des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG hervor, „dass die gebundenen Gesellschafter wie ein Gesellschafter auftreten“116. Üben die Poolmitglieder also ihre Stimmrechte einheitlich aus, können sie genauso wie ein einzelner Gesellschafter, der zu mehr als 25 Prozent am Nennkapital der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, Einfluss auf den Inhalt der Beschlussfassung in der Hauptversammlung nehmen. Indem Anteile nur einheitlich übertragen werden können bzw. ausschließlich auf die anderen Poolmitglieder, beeinflussen sie außerdem die zukünftige Besetzung des Gesellschafterkreises. Die Poolmitglieder formen daher eine Einheit, die – vergleichbar mit einem einzelnen Gesellschafter  – in der Gesellschaft Einfluss ausüben kann.117 Demzufolge kann nicht nur ein einzelner Gesellschafter als unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden gelten, sondern auch eine Gruppe. Die Familie in einer Familienkapitalgesellschaft, die ihre Anteile entsprechend poolt, ist demnach (nur) ein Beispiel für eine Einheit, die als unternehmerisch interessiert gelten kann. Das Poolprivileg greift also auch bei einem rein erbschaftbzw. schenkungsteuerrechtlich motivierten Pool (sog. erbschaftsteuerrechtlicher Selbstzweckpool).118 Der Umstand, dass die Gegebenheiten in Familienkapitalgesellschaften als Vorbild für die Ausgestaltung der Vorgaben in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG dienten, kann aber bei der Anwendung und Auslegung von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG durchaus berücksichtigt werden.119 Daher sollen im Folgenden der Stimmbindungsvertrag in der Familien-AG beleuchtet werden sowie Vorkehrungen in der Familien-GmbH und der Familien-AG, die zur Einschränkung der Übertragung der Beteiligung getroffen werden. Solche Bestimmungen stehen in 114

H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 124. H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 124 f. 116 BFHE 264, 279 Rn. 23. 117 Vgl. auch Dutta, ZGR 2016, 581 (587). 118 Dutta, ZGR 2016, 581 (590). 119 Vgl. Dutta, ZGR 2016, 581 (584); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 147; Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (78); ebenso Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Fn. 5; Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 184. 115

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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Familienunternehmen in der Regel im Zusammenhang mit einer Veränderung des Gesellschafterkreises.120 Spätestens die Weitergabe der Beteiligungen an der Gesellschaft in die nächsten Generationen kann zu wesentlichen Veränderungen der Eigentümerstruktur führen.121 So kann die Übertragung der Anteile eine Anteilszersplitterung zum Beispiel in Familienstämme122 zur Folge haben. Das Pooling soll dann die bisherige Struktur der Gesellschaft erhalten123 und somit den Einfluss der Familie sichern. 1. Der Stimmbindungsvertrag in der Familien-AG a) Motivation zum Abschluss eines Stimmbindungsvertrags in einer Familien-AG Die sich aus der besonderen Einbindung der Familie in das Unternehmen124 ergebenen Folgen führen unter anderem dazu, dass ein vermehrtes Interesse besteht, Stimmrechte zu koordinieren. Die Familie kann durch ihre Beteiligung an der Gesellschaft einen starken Einfluss auf diese ausüben. Eine große Herausforderung für Familienunternehmen besteht allerdings darin, den Einfluss der Familie und somit den Charakter des Familienunternehmens trotz des wachsenden bzw. wechselnden Gesellschafterkreises125 zu bewahren. Denn im Rahmen der Abstimmung in der Hauptversammlung verfolgt jeder Aktionär sowohl seine eigenen Interessen als auch die der AG. In Familienunternehmen treten für die Familienmitglieder zusätzlich noch die Interessen der Familie bzw. für die Stammesangehörigen die Interessen des Stammes hinzu. Dies ist für Mitglieder des Zusammenschlusses in ihrer Gesamtheit als Familie bzw. Stamm dann problematisch, wenn ein Mitglied seinen persönlichen Interessen Vorrang gegenüber jenen der Familie bzw. des Stammes gewährt. Eine solche Einstellung des Einzelnen würde bedingen, dass die Mitglieder der Familie bzw. des Stammes in der Hauptversammlung nicht mehr einheitlich auftreten würden, in der Folge, dass die Interessen der Familie bzw. des 120 Zur Motivation, sich bei Veränderung der Gründungsstruktur zu einem Familien- bzw. Gründerpool, Familienstammpool oder Weitergabepool zusammenzuschließen Dutta, ZGR 2016, 581 (587 ff.); siehe auch die Beispiele bei Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 41 ff. 121 Zur Entwicklung der Eigentümerstruktur siehe Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 29 ff.; Simon, in: Simon (Hrsg.), Die Familie des Familienunternehmens, S. 35 (42 ff.); vgl. auch Groth /‌ Simon, in: Plate et al. (Hrsg.), Große deutsche Familienunternehmen, S. 24 ff. 122 Zum Stammesprinzip ausführlich Kormann, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 6; zu den Gründen Familienstämme zu bilden W. Sigle, FS Happ, 2006, S. 295 (295 f.); vgl. zu Familienstämmen auch MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 91 ff. 123 Vgl. Dutta, ZGR 2016, 581 (590). 124 Siehe dazu auch bereits oben Teil 2 B. I. 125 Hack, ZfB-Special Issue 2/2009, 1 (6), zufolge zeigen empirische Untersuchungen, dass der Gesellschafterkreis mit der Unternehmensgröße und mit jedem Generationswechsel zunimmt.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Stammes geschwächt vertreten würden.126 In diesem Zusammenhang kann auch von Bedeutung sein, welche Generation die Beteiligung hält. Während bei den Gesellschaftern in der ersten und zweiten Generation davon ausgegangen werden kann, dass die zu treffenden Entscheidungen stark an den Interessen der Familie bzw. des Stammes ausgerichtet sind, ist zweifelhaft, wie stark diese Verbundenheit noch bei den Gesellschaftern in den späteren Generationen ausgeprägt ist.127 Ist die Beteiligung der Familie also auf verschiedene Familienmitglieder verteilt, können sich die Mitglieder der Familie dazu verpflichten, ihre Stimmrechte bei Abstimmungen in der Hauptversammlung einheitlich auszuüben, um sich den Einfluss in der Gesellschaft zu sichern.128 Dabei kann der Stimmbindungsvertrag bereits präventiv einem möglichen Machtverlust eines oder mehrerer Mitglieder entgegenwirken.129 Denn der Einfluss der Familie kann schwinden, wenn Konflikte zwischen Familienmitgliedern deren Abstimmungsverhalten beeinflussen. Aufgrund der besonderen Beziehungen der Gesellschafter untereinander ist das Konfliktpotential in Familienunternehmen im Vergleich zu Nicht-Familienunternehmen ein anderes. Bezüglich möglicher Konflikte ist nach der Konflikttheorie zwischen Aufgaben-, Prozess- und Beziehungskonflikten zu unterschieden130: Aufgabenkonflikte kommen bei Uneinigkeit über Sachinhalte, zu erreichende Ziele und zu erledigende Aufgaben auf. Prozesskonflikte betreffen die Art und Weise, wie Ziele erreicht oder Aufgabenstellungen erledigt werden sollen. Beziehungskonflikte sind Konflikte, die in der interpersonalen Zusammenarbeit entstehen.

126

Vgl. Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1402). Vgl. Bochmann, NotBZ 2019, 369 (363 f.); Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1402); Sudhoff / Winkler, Familienunternehmen, § 9 Rn. 1; zu den Herausforderungen in Mehrgenerationenfamilienunternehmen siehe K. W. Lange, in: Röthel / K. Schmidt (Hrsg.), Die Verträge der Familienunternehmer, S. 33 (35 f.). 128 Eiling, NWB-EV 2019, 330 (330 f.); Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 1; Hölters / M. Weber / Krebs, AktG § 133 Rn. 36; Kreklau, BB 2009, 748 (749); Krieger, FS Hommelhoff, 2012, S. 593 (593); D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (283); Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 88; Scherer, BB 2010, 323 (328); vgl. auch Coenen, Die konzernrechtliche Relevanz von Stimmbindungsvereinbarungen, 2014, S. 26 f.; Dutta, ZGR 2016, 581 (591); Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 22 Rn. 4; KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 108; Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 50 ff.; MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 137; Noack, Gesellschaftsvereinbarungen, 1994, S. 19 ff., 41; Selent, Unternehmensführung in börsennotierten Familienunternehmen, 2021, S. 80; A. Sigle, FS Sigle, 2000, S. 301 (303 f.); S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 226; Wicke, DStR 2006, 1137 (1138). 129 Habbe / Gieseler, NZG 2016, 1010 (1011); Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1402); vgl. auch Krieger, FS Hommelhoff, 2012, S. 593 (593); Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 58 f.; siehe auch das Beispiel in Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 144 f. 130 Eingehend dazu Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 331 ff. m. w. N.; vgl. auch MHdB GesR Bd. 9/Binz / Weinand, § 45 Rn. 25 ff. 127

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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In Familienunternehmen spielen Beziehungskonflikte eine besondere Rolle, da diese in Familien „meist eine hohe emotionale und affektive Komponente [besitzen], die eine Eskalation des Konflikts begünstigt.“131 Entscheidungen der Gesellschafter können somit unter dem Einfluss von emotional aufgeladenen Beziehungen zwischen den einzelnen Gesellschaftern, die gleichzeitig Familienmitglieder sind, getroffen werden.132 Die im Vorfeld der Hauptversammlung stattfindenden Treffen, in denen über das Abstimmungsverhalten beraten und abgestimmt wird, können genutzt werden, um insbesondere die emotional aufgeladenen Streitigkeiten zwischen den einzelnen Familienmitgliedern abseits der Hauptversammlung auszufechten. Dadurch kann zudem erreicht werden, dass ein interner Streit nicht nach außen dringt.133 Der Stimmbindungsvertrag kann außerdem bei der Gestaltung des Generationswechsels in einem Familienunternehmen eine Lösung darstellen, die den verschiedenen Bedürfnissen der Beteiligten gerecht wird.134 Neben den Interessen der Mitgesellschafter und des Unternehmens stehen bei diesem Übergang die Interessen des Erwerbers denen des Erblassers bzw. Schenkers gegenüber.135 Um etwa die nächste Generation behutsam mit den Aufgaben im Unternehmen vertraut zu machen, können deren Stimmrechte beschränkt werden. Ist die unternehmerische Einbindung noch nicht gewünscht, kann zunächst nur ein Teil der Beteiligung an die nächste Generation übertragen und eine Stimmrechtsbindung vereinbart werden.136 Auf diese Weise lässt sich die nächste Generation an das Unternehmen heranführen,137 ohne dass die ältere Generation die Geschicke sofort aus der Hand geben muss. Es ist indes auch möglich, das Stimmrecht des Erblassers bzw. Schenkers zu beschränken. Der bzw. die Nachfolger könnte(n) dann mit einer kleinen Beteiligung 131

Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 333; zu Konflikten innerhalb der Unternehmerfamilie aus Sicht der Prinzipal-Agent-Theorie siehe Hack, ZfB-Special Issue 2/2009, 1 (6 f.). 132 Fabis, Konflikte im Familienunternehmen, S. 3 ff.; Habbe / Gieseler, NZG 2016, 1010 (1010); W. Sigle, FS Rowedder, 1994, S. 459 (466 ff.); vgl. auch Groth / Simon, in: Plate et al. (Hrsg.), Große deutsche Familienunternehmen, S. 35 f.; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 62 ff.; MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 2; Kalss, FS Binz, 2014, S. 343 (344 ff.); S. B. Klein, Familienunternehmen, S. 87 ff.; Schmeing, Konfliktmanagement in Familienunternehmen, 2018, S. 216 f.; ferner auch Ebel, FS Binz, 2014, S. 171; zur strukturellen Konfliktanfälligkeit von Unternehmerfamilien siehe MHdB GesR Bd. 9/Binz / Weinand, § 45 Rn. 7 ff.; zu dem Spannungsfeld Familie und Unternehmen E. Werner, Die Familiengesellschaft, S. 29 ff. 133 Dutta, ZGR 2016, 581 (591); Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 145; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1402). 134 Siehe dazu auch mit Beispiel Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 61 f. 135 Allgemein zum Interessenkonflikt im Vererbungsprozess siehe Alles, Der Tod des GmbHGesellschafers, 2017, S. 21 ff. 136 Siehe dazu zum Beispiel den von Dutta, ZGR 2016, 581 (590 f.), vorgestellten Sachverhalt zum Weitergabepool. 137 Vgl. auch Noack / Servatius / Haas / Noack, GmbHG § 47 Rn. 69.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

ggf. sogar die Stimmenmehrheit für sich entscheiden. So kann erreicht werden, dass die nächste Generation das Geschehen in dem Familienunternehmen bereits steuern kann, während die ältere Generation weiterhin die anderen, insbesondere vermögensrechtlichen Vorzüge der Beteiligung genießen kann. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass im Besonderen Familienunternehmen Generationskonflikten und emotionalen Spannungen zwischen Familienmitgliedern ausgesetzt sein können. Dies illustriert beispielsweise das Bild des Seniors, der „noch nicht loslassen“ möchte138: Der Umstand, dass eine Einflussnahme durch die Ausübung von Stimmrechten nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt besteht, muss diesen nicht davon abhalten, auf eine andere Weise (zum Beispiel über den Aufsichtsrat oder den Beirat)139 Einfluss auf das Unternehmen zu nehmen. Überdies muss der in Form der Nebenabrede ausgestaltete Stimmbindungsvertrag im Gegensatz zu der Satzung der AG nicht im Handelsregister publiziert werden.140 Dies entspricht dem in Familienunternehmen typischerweise bestehenden Wunsch nach Vertraulichkeit141. Seit 2009 ist das in der Praxis aber wohl entscheidende und ggf. sogar alleiniges Motiv für den Abschluss eines Stimmbindungsvertrags in einer Familienkapitalgesellschaft das Poolprivileg nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG.142 Mittels Stimmbindungsvertrags können ein Teil der Voraussetzungen des Zurechnungstat 138 Vgl. zu der Problematik auch Halter / Benz, in: May / Bartels (Hrsg.), Nachfolge im Familienunternehmen, S.  73; von Rechenberg / T hies / Wiechers /‌ Hagen-Eck, Handbuch Familienunternehmen und Unternehmerfamilien, S. 740 f. 139 Vgl. MHdB GesR Bd. 9/Scheller, § 17 Rn. 41; Simon / Wimmer / Groth, Mehr-Generationen-Familienunternehmen, S. 16. 140 BGH, Urteil vom 18. 12. 1986 – VII ZR 22/86, NJW 1987, 890 (891); vgl. auch Graewe /  Hippeli, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, A. Rn. 5; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, 1994, S. 18 f.; Wicke, DStR 2006, 1137 (1137). 141 MHdB GesR Bd. 9/Bode, § 15 Rn. 2; S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 228; vgl. auch MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 137; Sudhoff / Wälzholz, Familienunternehmen, § 2 Rn. 12; allgemein zum Aspekt, Gesellschaftervereinbarungen vornehmlich aufgrund eines Geheimhaltungsinteresses abzuschließen, König, ZGR 2005, 417 (419); Dittert, Aktionärsvereinbarungen, 2009, S. 58 f.; siehe zu Vertraulichkeit und Publizität in Familienunternehmen Bochmann, in: Röthel / K. Schmidt (Hrsg.), Grundfragen der Organisation von Familienunternehmen, S. 149. 142 Siehe BeckFormB GmbH-Recht / L orz, C. III. 1. Rn. 3; Dutta, ZGR 2016, 581 (583); Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 2; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 145 f.; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1402); siehe auch Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 62 ff., mit Praxisbeispiel; vgl. auch Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 47, 55; Graewe / Hippeli, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, A. Rn. 9; Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 22 Rn. 5; MHdB GesR Bd. 1/Schücking, § 4 Rn. 91; Scherer, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 3 Rn. 10; Ulmer, FS Hommelhoff, 2012, S. 1249 (1250 f.); in der QSC AG schlossen die beiden Gründer einen Stimmbindungs- und Poolvertrag ab, um bestimmte erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu können, siehe dazu Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 41, mit Verweis auf QSC AG, Geschäftsbericht 2013, S. 20.

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bestands nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erfüllt und die nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG erforderliche Mindestbeteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent erreicht werden. Stellen Kapitalanteile begünstigungsfähiges Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 dar, ist bereits eine wesentliche Voraussetzung im Hinblick auf die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG erfüllt. b) Der Stimmbindungsvertrag in der AG In der Rechtsprechung143 und Literatur144 ist heute zu Recht allgemein anerkannt, dass eine Stimmbindung unter den Gesellschaftern durch Stimmbindungsverträge zulässig bewirkt werden kann. Zum einen ist jeder Aktionär hinsichtlich der Frage, wie er sein Stimmrecht ausüben möchte, frei.145 Zum anderen wird in § 136 Abs. 2 AktG146 sowie in § 405 Abs. 3 Nr. 6 und Nr. 7 AktG die Möglichkeit der zulässigen Gestaltung eines Stimmbindungsvertrags ausdrücklich vorausgesetzt.147 Die konkrete Ausgestaltung eines Stimmbindungsvertrags kann dabei sehr unterschiedlich ausfallen. Die Bündelung von Stimmrechten ist in der Regel längerfristig beabsichtigt und als Innengesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne der

143

BGHZ 179, 13 Rn. 12 – Schutzgemeinschaft II; RGZ 133, 90 (93); siehe auch BGH, Beschluss vom 15. 7. 2014 – II ZR 375/13, AG 2014, 705 (705); BGH, Urteil vom 18. 12. 1986 – VII ZR 22/86, NJW 1987, 890 (891); RGZ 158, 248 (253); für Gesellschafter einer GmbH BFHE 264, 279 Rn. 27; BGH, Urteil vom 27. 10. 1986 – II ZR 74/85, NJW 1987, 1890 (1892); BGHZ 48, 163 Ls. 144 BeckOGK AktG / Rieckers, § 136 Rn.  52; Bürgers / Körber / Lieder / Holzborn, AktG § 136 Rn.  23; Grigoleit / Herrler, AktG § 136 Rn. 29; Großkomm AktG / Grundmann, § 136 Rn. 73; A. Hueck, FS Nipperdey, 1965, S. 401 (403); J. Koch, AktG § 133 Rn. 27; Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 22 Rn. 15; KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 114; König, ZGR 2005, 417 (418); Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 6 Rn. 231; Lübbert, Abstimmungsvereinbarungen, 1971, S. 95 ff.; MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 143; MüKoAktG / Arnold, § 136 Rn. 66; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, 1994, S. 66 ff.; Odersky, FS Lutter, 2000, S. 557 (559); Overrath, Die Stimmrechtsbindung, 1973, S. 10 ff.; Priester, FS Reuter, 2010, S. 1139 (1141); K. Schmidt, GesR, § 21 II. 4. a), S. 617; ders., ZIP 2009, 737 (741); K.  Schmidt / Lutter / Spindler, AktG § 136 Rn. 36; S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 119 ff.; J. Schröder, ZGR 1978, 578 (579); C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 38 ff.; Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 87; Rodemann, Stimmbindungsvereinbarungen, 1998, S. 24 ff.; S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 221; Wertenbruch, NZG 2009, 645 (647); H. Wiedemann, GesR II, S. 314; Zöllner, ZHR 155 (1991) 168 (170 ff.); für Gesellschafter einer GmbH A.  Hueck, FS Nipperdey, 1965, S. 401 (407 f.); Lutter / Hommelhoff / Bayer, GmbHG § 47 Rn. 19; MüKoGmbHG / Drescher, § 47 Rn.  237; Noack / Servatius / Haas / Noack, GmbHG § 47 Rn. 113; Rowedder / Pentz / Ganzer, GmbHG § 47 Rn. 36. 145 Siehe BGHZ 179, 13 Rn. 12 – Schutzgemeinschaft II; J. Koch, AktG § 133 Rn. 27; MüKoAktG / Arnold, § 136 Rn. 66; Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 87. 146 BGHZ 179, 13 Rn. 12 – Schutzgemeinschaft II. 147 J. Koch, AktG § 133 Rn. 27; MüKoAktG / Arnold, § 136 Rn. 66; Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 87; siehe auch Großkomm AktG / Grundmann, § 136 Rn. 73.

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§ 705 ff. BGB einzuordnen148. Ob es sich bei dem durch den Stimmbindungsvertrag gebildeten Zusammenschluss aber letztlich um eine Außen- oder Innen-GbR handelt, ist im Einzelfall zu bestimmen. Eine Beleuchtung der allgemeinen Diskussion, welches Merkmal den Zusammenschluss als Innen- oder Außen-GbR qualifiziert, soll aufgrund der Schwerpunktsetzung dieser Arbeit nicht vorgenommen werden. Nach den allgemeinen Grundsätzen sind zumeist zwei Indizien bedeutsam: erstens, ob die Gesellschaft als solche im Rechtsverkehr auftritt, zweitens, ob Gesellschaftsvermögen gebildet wird.149 Mit dem Inkrafttreten des MoPeG150 am 1. 1. 2024 werden die Unterscheidungsmerkmale zwischen einer rechtsfähigen und einer nicht rechtsfähigen Gesellschaft normiert sein. Künftig ist eine nicht rechtsfähige Gesellschaft anzunehmen, wenn die Gesellschaft nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter nicht am Rechtsverkehr teilnehmen soll (vgl. § 705 Abs. 2 und Abs. 3 BGB-neu) und kein Vermögen hat (vgl. § 740 Abs. 1 BGB-neu)151.152 Für nicht rechtsfähige Gesellschaften werden die §§ 740 ff. BGB-neu gelten. Im Zusammenhang mit Poolzusammenschlüssen ist zu betonen, dass in der Praxis aufgrund erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlicher Überlegungen153 in der Regel kein Gesellschaftsvermögen gebildet wird. Bei solchen Zusammenschlüssen kann es sich also auch künftig um nicht rechtsfähige Personengesellschaften handeln, vgl. § 740 Abs. 1 BGB-neu (ggf. i. V. m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB).

148 Siehe BGHZ 179, 13 Rn. 14 – Schutzgemeinschaft II; Habersack, ZHR 164 (2000), 1 (2); Herriger, MittRhNotK 1993, 269 (271); Hölters / M.  Weber / Krebs, AktG § 133 Rn. 38; Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 22 Rn. 7; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1402); KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 117; MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 137; MHdB GesR Bd. 9/Wicke / Berkefeld, § 18 Rn. 6; MüKoAktG / Arnold, § 136 Rn. 62; Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn. 86; K. Schmidt / Lutter / Spindler, AktG § 136 Rn. 39; S.  Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 239; Wertenbruch, NZG 2009, 645 (646); vgl. auch BGHZ 126, 226 (234) – Schutzgemeinschaft I; J. Koch, AktG § 133 Rn. 26. 149 Siehe hierzu statt vieler Dauner-Lieb / Langen / Heidel, BGB Schuldrecht, § 705 Rn. 206, 219 ff. m. w. N.; MHdB GesR Bd. 1 / Schücking, § 3 Rn. 1 ff.; Schäfer, Gutachten E zum 71. DJT 2016, S. E 37 f.; ferner verweist K. Schmidt, NJW 2001, 993 (1001), darauf, dass eine Abgrenzung im Einzelfall nicht immer eindeutig sei; zu alternativen Ansätzen siehe etwa Beuthien, NZG 2019, 41, der insbesondere aufgrund des vielfältigen, oftmals schwer voneinander abgrenzbaren Vorkommens der GbR für die Rechtsfähigkeit aller GbR plädiert, sowie Denga, ZfPW 2021, 73, dem zufolge zur Abgrenzung an die natürliche Publizität der Namensführung angeknüpft werden sollte; zu den verschiedenen Unterscheidungsmerkmalen siehe die Darstellung bei Szalai, Personengesellschaften, Rechtsfähigkeit und Leistungsstörungen, 2013, S. 56 ff. 150 Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) vom 10. August 2021 (BGBl I 2021, 3436). 151 Dadurch wird klargestellt, dass in einer nicht rechtsfähigen Gesellschaft kein Gesellschaftsvermögen gebildet werden kann. So bereits Flume, Die Personengesellschaft, § 1 III, S. 6; K. Schmidt, GesR, § 42 III. 2., S. 1286; siehe zu dem Streit BeckOK BGB / Schöne, § 705 Rn. 138; Schäfer, in: Verhandlungen des 71. DJT, 2016, S. E 57. 152 Vgl. auch Fleischer, DStR 2021, 430 (437 f.). 153 Siehe ausführlich Teil  3 D. IV. 1.

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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Typischerweise ist eine Stimmbindung als Regelung in der Satzung der Hauptgesellschaft oder in einer Nebenabrede vereinbart. Für die AG ergibt sich jedoch die Besonderheit, dass eine entsprechende Satzungsbestimmung auf Grund der in § 23 Abs. 5 S. 1 AktG normierten Satzungsstrenge unzulässig ist.154 Wollen Aktionäre eine solche Vereinbarung indes treffen, können sie diese in Gesellschaftervereinbarungen festhalten.155 Stimmbindungsverträge in Form einer Gesellschaftervereinbarung haben rein schuldrechtlichen Charakter.156 Die Bindung des Stimmrechts hat somit keine Auswirkungen auf die organisationsrechtlichen Regelungen, die in Bezug auf die Hauptgesellschaft gelten. Vielmehr verpflichtet sich der einzelne Aktionär schuldrechtlich, sein Stimmrecht entsprechend der Vereinbarung auszuüben.157 Die Mitglieder können demnach wirksam entgegen den Poolbindungen agieren. Um dem vorzubeugen, ist poolwidriges Verhalten zumeist mit Vertragsstrafen sanktioniert.158 Durch einen Stimmbindungsvertrag können alle Aktionäre der AG gebunden werden (sog. omnilaterale Vereinbarung159). In der Regel schließt sich aber nur ein 154

Grigoleit / Vedder, AktG § 23 Rn. 9; D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (282); vgl. KölnerKomm AktG / Z etzsche, § 179 Rn. 20; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, 1994, S. 37. 155 So ausdrücklich OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. 1. 2005 – 7 U 181/03, NZG 2005, 636 (638); siehe zur Überwindung der Satzungsstrenge durch einen Stimmbindungsvertrag in Form einer Nebenabrede auch L. Hübner, in: Bordiga / Wais (Hrsg.), Inhalt und Grenzen der Privatautonomie, S. 301 (305 ff.). 156 BGH, Urteil vom 18. 12. 1986 – VII ZR 22/86, NJW 1987, 890 (891); OLG Hamm, Urteil vom 12. 4. 2000  – 8 U 165/99, NZG 2000, 1036 (1036); Bürgers / Körber / Lieder / Holzborn, AktG § 136 Rn. 22; A. Hueck, FS Nipperdey, 1965, S. 401 (407); J. Koch, AktG § 133 Rn. 26; KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 115; MüKoAktG / Arnold, § 136 Rn. 62; K.  Schmidt /  Lutter / Spindler, AktG § 136 Rn. 39; zu den Unterschieden und zur Abgrenzung von Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag und Nebenvereinbarung ausführlich Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 5; siehe auch bereits Baumann / Reiss, ZGR 1989, 157 (158 f.); vgl. ferner Dittert, Aktionärsvereinbarungen, 2009, S. 48 ff.; Graewe / Hippeli, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, A. Rn. 12 ff.; zu den Unterschieden einer schuldrecht­ lichen und einer mitgliedschaftlichen Pflicht siehe auch KölnerKomm AktG / Drygala, § 54 Rn. 40 ff. 157 Vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. 1. 2005 – 7 U 181/03, NZG 2005, 636 (638). 158 Eiling, NWB-EV 2019, 330 (337); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 248; Habersack, ZHR 164 (2000), 1 (2); Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1406); KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 148; Kreklau, BB 2009, 748 (751); Krieger, FS Hommelhoff, 2012, S. 593 (594); D.  Mayer, MittBayNot 2006, 281 (292); von Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S.  1045 (1047 f.); von Rechenberg / T hies / Wiechers / Schick / Groß, Handbuch Familienunternehmen und Unternehmerfamilien, S. 678; Scherer / Krause, Unternehmensnachfolge, § 14 Rn. 165; vgl. auch A. Hueck, FS Nipperdey, 1965, S. 401 (407); für die GmbH BeckFormB GmbH-Recht / L orz, C. III. 1. Rn. 16; Scholz / K . Schmidt, GmbHG § 47 Rn. 61; zur Vertragsstrafe als Sicherungsmittel der Stimmbindung siehe Rodemann, Stimmbindungsvereinbarungen, 1998, S. 148 f. 159 Noack, Gesellschaftsvereinbarungen, 1994, S. 33; Priester, FS Reuter, 2010, S. 1139 (1140); S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 7; H. Wiedemann, GesR II, S. 314 f.; Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 70, „[erscheint] [d]iese Terminologie […] indes unnötig kompliziert“.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Teil der Aktionäre zusammen. Dabei kann der einzelne Aktionär entweder seine gesamten Anteile oder einen Teil der Stimmbindung unterwerfen.160 Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Ausführungen zu einem Stimmbindungsvertrag in der AG beziehen sich die nachfolgenden Untersuchungen auf Zusammenschlüsse von Aktionären einer AG, in denen kein Gesellschaftsvermögen gebildet worden ist, (sondern) die als Innen-GbR ausgestaltet sind und die einen Stimmbindungsvertrag in Form einer Nebenabrede vorsehen. 2. Einschränkung der Übertragbarkeit der Anteile an einer Familienkapitalgesellschaft a) Motivation zur Einschränkung der Übertragbarkeit von Anteilen an einem Familienunternehmen Zur Sicherung des Einflusses der Familie wird typischerweise nicht nur die Bindung der Stimmrechte vereinbart, sondern auch die Möglichkeit der Übertragung der Beteiligung einschränkt161. Denn der Einfluss der Familie verringert sich grundsätzlich, sobald Beteiligungen an familienfremde Personen übertragen werden. Familienunternehmen wollen in der Regel eine Überfremdung des Gesellschafterkreises verhindern und das Eindringen familienfremder Dritter kon­ trollieren.162 Typischerweise ist deshalb die Zughörigkeit zur Familie entscheidend, um als Gesellschafter von den übrigen Gesellschaftern akzeptiert zu werden. Es können aber auch andere bzw. weitere Anforderungen an den Erwerber gestellt werden, wie zum Beispiel Alter, fachliche Qualifikation oder Erfahrung.163

160

KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 107; Krieger, FS Hommelhoff, 2012, S. 593 (593 f.); vgl. Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 72 f. 161 Siehe Dutta, ZGR 2016, 581 (591 f.); MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 138; BVerfGE 138, 136 Rn. 192, zufolge ist in verschiedenen Stellungnahmen bestätigt worden, dass in familiengeführten Unternehmen Klauseln üblich seien, die die Übertragbarkeit der Anteile einschränken, um einheitlich unternehmerisch zu handeln; vgl. MHdB GesR Bd. 9/Scheller, § 17; Scherer, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 3 Rn. 8; zu den besonderen Zielvorstellungen und Vereinbarungen in Familienunternehmen, die insbesondere der Beteiligungs- und Einflusssicherung dienen, eingehend Holler, DStR 2019, 880 (884 ff.). 162 Binz / G. Mayer, NZG 2012, 201 (204); MHdB GesR Bd. 9/Scheller, § 17 Rn. 10; von Rechenberg / T hies / Wiechers / T hurn, Handbuch Familienunternehmen und Unternehmerfamilien, S. 102; siehe auch Crezelius, Unternehmenserbrecht, Rn. 331; Habersack, ZIP 2020, 2093 (2097); Krämer, Das Sonderrecht der Familiengesellschaften, S. 129 ff.; MAH AktG /‌ Sickinger, § 11 Rn. 45; Perzborn, RNotZ 2017, 405 (405); Scherer, BB 2010, 323 (323). 163 Siehe zu Beschränkungen der Nachfolge anhand spezifischer Kriterien MHdB GesR Bd. 9/Holler, § 30 Rn. 65 ff.; die Auswahl des Nachfolgers nur anhand der Familienzugehörigkeit vorzunehmen, kann Probleme hervorrufen, vgl. Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 252 ff.; Kalss, FS Binz, 2014, S. 343 (353 f.).

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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b) Typische Vorkehrungen zur Einschränkung der Übertragbarkeit der Anteile an einer Familienkapitalgesellschaft Vor allem infolge von rechtsgeschäftlichen Verfügungen unter Lebenden oder im Erbfall besteht die Gefahr, dass unerwünschte Dritte in das Familienunternehmen eindringen. Um den Einfluss der Familie zu bewahren, kann auf verschiedene Gestaltungsinstrumente zurückgegriffen werden. Der Vielfalt an Möglichkeiten ist der Gestaltungsauftrag immanent, ein Konzept entsprechend dem individuellen Bedarf des Familienunternehmens zu entwickeln. aa) Rechtsgeschäftliche Verfügungen unter Lebenden (1) Vereinbarungen in der Familien-GmbH In der GmbH gilt zwar die freie Übertragbarkeit der Geschäftsanteile gemäß § 15 Abs. 1 GmbHG als Grundsatz. § 15 Abs. 5 GmbHG ermöglicht den Gesellschaftern aber eine Vinkulierung der Geschäftsanteile.164 In einer Familien-GmbH165 wird in der Regel zwischen freien Übertragungen an einzelne Familiengesellschafter sowie deren Abkömmlinge, Übertragungen innerhalb eines Familienstammes und Übertragungen unter Zustimmungsvorbehalt an Familienfremde unterschieden.166 Ferner kann die freie Übertragbarkeit mittels einer Andienungspflicht und / oder der Einräumung eines Vorkaufsrechts eingeschränkt werden.167

164

Siehe MHdB GesR Bd. 9/Scheller, § 17 Rn. 4. Zur Schutzrichtung einer Vinkulierung in einer Familien-GmbH Großkomm GmbHG /  Löbbe, § 15 Rn. 232. 166 BeckFormB BHW / Wentrup, IX. 10. III. § 7 ff.; Binz / G. Mayer, NZG 2012, 201 (202); G. Mayer, FS Binz, 2014, S. 446 (447); siehe auch Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1405); für die KG siehe auch BeckFormB BHW / Blaum /‌ Scholz, VIII. D. 2. § 15. 167 Binz / G. Mayer, NZG 2012, 201 (209 f.); Eiling, NWB-EV 2019, 330 (336); Heckschen /  Heidinger / Heckschen, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 4 Rn. 430 ff.; Perzborn, RNotZ 2017, 405 (421); Otto, GmbHR 1996, 16 (17 f.); W. Sigle, FS Happ, 2006, S. 295 (304 f.); siehe zur Andienungspflicht und Vorkaufsrecht allgemein Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 26; allgemein zum Vorkaufs- bzw. Vorerwerbsrecht in der GmbH Großkomm GmbHG / L öbbe, § 15 Rn. 280 ff. Als Alternativen dieser Einschränkungsmöglichkeiten werden auch Ausgestaltungen nach anglo-amerikanischem Vorbild vorgeschlagen: Danach werden bei der Auseinandersetzung zwischen zwei gleich stark beteiligten Gesellschaftern bzw. Gesellschafterstämmen die jeweiligen Anteile nach vorher bestimmten Verfahren dem anderen Teil angeboten, vgl. Binz / G. Mayer, NZG 2012, 201 (210 f.); Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 30 Rn. 13 ff.; K. W. Lange / Sabel, NZG 2015, 1249 (1250 f.); Otto, GmbHR 1996, 16 (19 ff.). Veräußert ein Mehrheitsgesellschafter seine Anteile, kann ferner für die Minderheitsgesellschafter ein Mitverkaufsrecht vorgesehen werden, vgl. D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (286); K. W. Lange / Sabel, NZG 2015, 1249 (1251 ff.); Otto, GmbHR 1996, 16 (21 f.); siehe zu Mitveräußerungsrechten und -pflichten auch Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 23 Rn. 18 ff. 165

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

(2) Vereinbarungen in der Familien-AG Gerade Aktien einer AG sind grundsätzlich frei übertragbar.168 In der Satzung statuierte Vorkaufsrechte oder Andienungspflichten sind unzulässig.169 Nur die Übertragung von Namensaktien kann unter Einhaltung von § 68 Abs. 2 AktG die Zustimmung der Gesellschaft bzw. die des Aufsichtsrats oder der Hauptversammlung voraussetzen. Für die Familien-AG kann der Einsatz solcher vinkulierter Namensaktien gerade als Schutz vor Überfremdung der Gesellschaft sinnvoll sein.170 Dabei kann die Vinkulierung auch insofern beschränkt werden, dass zum Beispiel bei Übertragungen innerhalb eines Familienstammes von der Zustimmungspflicht abgesehen wird.171 Über die Möglichkeiten hinaus, die sich aus § 68 Abs. 2 AktG ergeben, kann durch Satzungsbestimmungen aber weder die Übertragbarkeit von Namensaktien172 noch von Inhaberaktien eingeschränkt werden. Aktien können demnach zwar nicht wie in der GmbH vinkuliert werden. Eine Einschränkung der Übertragbarkeit von Aktien ist aber mittels schuldrechtlicher Vereinbarungen möglich.173 Auf diese Weise können auch in der AG nicht nur Vorkaufsrechte oder Andienungspflichten,174 sondern auch Zustimmungspflichten vereinbart werden. Anders als statutarische Bestimmungen entfalten diese Vereinbarungen jedoch lediglich schuldrechtliche Wirkung.175 bb) Erbanfall Sowohl Geschäftsanteile einer GmbH als auch Aktien einer AG sind zwingend vererblich. In diesem Punkt unterscheiden sich die Kapitalgesellschaften grundlegend von Personengesellschaften. Diese Vererblichkeit der Anteile kann auch nicht durch Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen wer-

168

BGH, Urteil vom 20. 9. 2004 – II ZR 288/02, NZG 2004, 1109 (1110); BayObLG, Beschluss vom 24. 11. 1988 – BReg. 3 Z 111/88, BayObLGZ 1988, 371 (377); Hölters / M. Weber / B . Mayer / Albrecht vom Kolke, AktG § 68 Rn. 9; J. Koch, AktG § 68 Rn. 10; D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (284); MüKoAktG / Bayer, § 68 Rn. 34. 169 Schaub, ZEV 1995, 82 (84). 170 Sudhoff / Stracke, Familienunternehmen, § 33 Rn. 40. 171 J. Koch, AktG § 68 Rn. 14; D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (284 f.); vgl. das Formulierungsbeispiel bei MHdB GesR Bd. 9/Scheller, § 17 Rn. 50. 172 Siehe auch die Auflistung von unzulässigen und zulässigen Vinkulierungsregelungen in der AG-Satzung in Heckschen / Weitbrecht, NZG 2019, 721 (727). 173 Heckschen / Weitbrecht, NZG 2019, 721 (737); MHdB GesR Bd. 9/Scheller, § 17 Rn. 81 f.; vgl. auch Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 26 Rn. 3 f.; D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (283). 174 Dittert, Aktionärsvereinbarungen, 2009, S. 63 f., 70 f.; D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (285 f.). 175 Siehe Eckhardt / Hermanns / Hermanns, Kölner Handbuch Gesellschaftsrecht, Kap. 2 Rn. 1082; Heckschen / Weitbrecht, NZG 2019, 721 (737).

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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den.176 Sowohl § 15 Abs. 5 GmbHG177 als auch § 68 Abs. 2 AktG178 gelten nur für rechtsgeschäftliche Übertragungen. Im Besonderen ist die Regelung einer unmittelbaren Sonderrechtsnachfolge nicht möglich.179 Die Beteiligung einer GmbH oder einer AG geht im Erbfall somit stets gemäß § 1922 BGB auf den oder die Erben über. Eine Verpflichtung, in bestimmter Weise über die Beteiligung von Todes wegen zu verfügen, steht in Widerspruch zu § 2302 BGB.180 Allerdings können die Gesellschafter den Inhalt beeinflussen, mit welchem die von Todes wegen erworbene Beteiligung ausgestaltet sein soll. Auf diese Weise kann bestimmt werden, ob die Erben die Anteile „behalten dürfen“.181 Gerade in Gesellschaften mit personalistischem Zuschnitt können die Gesellschafter ein großes Interesse daran haben, Einfluss darauf zu nehmen, wer in die Gesellschaft als Gesellschafter aufgenommen wird. Insbesondere Familienunternehmen haben typischerweise das Bedürfnis, auch für die Zukunft zu bestimmen, wer als Unternehmensnachfolger in das Familienunternehmen eintreten kann.

176 Für die AG Binz / G.  Mayer, NZG 2012, 201 (211); Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 8 Rn. 380; Grüneberg / Weidlich, BGB § 1922 Rn. 23; Hoyenberg, RNotZ 2007, 377 (387); ­MüKoBGB  /  L eipold, § 1922 Rn. 103; Schaub, ZEV 1995, 82 (84); für die GmbH BeckOK GmbHG / Wilhelmi, § 15 Rn. 47; Binz / G. Mayer, NZG 2012, 201 (211); Bork / Schäfer / Brandes, GmbHG § 15 Rn. 63; Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 8 Rn.  331; Gehrlein / Born / Simon / Winter /  Schümmer, GmbHG § 15 Rn. 8; Geßler, GmbHR 1981, 206 (208); Großkomm GmbHG / L öbbe, § 15 Rn. 11; Grüneberg / Weidlich, BGB § 1922 Rn. 24; Langner / Heydel, GmbHR 2006, 291 (291); MüKoGmbHG / Weller / Reichert, § 15 Rn.  441; Noack / Servatius / Haas / Servatius, GmbHG § 15 Rn. 9, 12; Rowedder / Pentz / Görner, GmbHG § 15 Rn. 8; Scholz / Seibt, GmbHG § 15 Rn. 35, 130. 177 Ivens, ZEV 2011, 177 (181); Binz / G. Mayer, NZG 2012, 201 (211); MüKoGmbHG / Weller /  Reichert, § 15 Rn. 442; Perzborn, RNotZ 2017, 405 (408); Saenger / Inhester / Pfisterer, GmbHG § 15 Rn. 75; Wicke, GmbHG § 15 Rn. 22. 178 Binz / G.  Mayer, NZG 2012, 201 (211); Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 8 Rn. 381; Ivens, ZEV 2011, 177 (181); Schaub, ZEV 1995, 82 (85). 179 Für die AG Perzborn, RNotZ 2017, 405 (424); Raiser / Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 12 Rn. 15; für die GmbH BeckOK GmbHG / Wilhelmi, § 15 Rn.  47; Gehrlein / Born / Simon /  Winter / Schümmer, GmbHG § 15 Rn. 7; Geßler, GmbHR 1981, 206 (207); Grüneberg / Weidlich, BGB § 1922 Rn. 24; Ivo, ZEV 2006, 252 (253); Lutter / Hommelhoff / Bayer, GmbHG § 15 Rn. 12; MHLS / Ebbing, GmbHG § 15 Rn. 6, 22; MüKoGmbHG / Weller / Reichert, § 15 Rn. 443; Noack /  Servatius / Haas / Servatius, GmbHG § 15 Rn. 9; Perzborn, RNotZ 2017, 405 (407); Priester, GmbHR  1981, 206 (207); Rowedder / Pentz / Görner, GmbHG § 15 Rn. 132. 180 Siehe Teil 3 D. I. 1. b) cc) (2). Ob Verfügungen von Todes wegen Verfügungen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG darstellen, ist streitig. Eine Einbeziehung wird in dieser Arbeit abgelehnt, siehe dazu ausführlich Teil 3 D. I. 1. b). 181 Ivens, ZEV 2011, 177 (178); vgl. auch Bork / Schäfer / Brandes, GmbHG § 15 Rn. 65; Gehrlein /  Born / Simon / Winter / Schümmer, GmbHG § 15 Rn. 10; Großkomm GmbHG / L öbbe, § 15 Rn. 13; D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (283); Rowedder / Pentz / Görner, GmbHG § 15 Rn. 132 ff.; Scherer, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 3 Rn. 21.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

(1) Vereinbarungen in der Familien-GmbH Um unerwünschte Dritte aus dem Gesellschafterkreis auszuschließen, sind in einer GmbH Einziehungs- und182/oder Abtretungsklauseln verbreitet. Mittels einer Abtretungsverpflichtung kann der Erbe zur Abtretung des Geschäftsanteils an die verbliebenen Gesellschafter, an die Gesellschaft selbst oder an einen bestimmten Dritten verpflichtet werden.183 Abtretungsverpflichtungen können statutarich als gesellschaftsvertragliche Nebenleistungspflicht im Sinne von § 3 Abs. 2 GmbHG184 vereinbart werden oder rein schuldrechtlichen Charakter haben. Dabei muss allerdings das Formerfordernis aus § 15 Abs. 4 GmbHG für Vereinbarung gewahrt werden, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Bei der Festlegung eines Begünstigten ist sowohl eine konkrete Benennung möglich als auch eine Auflistung von Kriterien, anhand derer ein Nachfolgeberechtigter bestimmt werden kann.185 Die Zugehörigkeit zu einer Familie ist dabei für die Familiengesellschafter in der Regel ein entscheidender Anknüpfungspunkt. Der Begünstigte kann freilich auch von der Gesellschaft bestimmt werden.186 In Bezug auf eine Abtretungsverpflichtung an die Gesellschaft selbst ist darüber hinaus § 33 GmbHG zu beachten. Ferner kann dem Begünstigten ein Eintrittsrecht gewährt werden, durch das dieser den Anspruch auf Abtretung selbst geltend machen kann.187 Eine Einziehungsklausel kann den übrigen Gesellschaftern das Recht einräumen oder die Pflicht auferlegen, den Anteil des verstorbenen Gesellschafters einzuzie-

182

Zur Kombination dieser beiden Klauseln Alles, Der Tod des GmbH-Gesellschafters, 2017, S. 95 ff.; Ivens, ZEV 2011, 177 (181); Ivo, ZEV 2006, 252 (255); Langner / Heydel, GmbHR 2005, 377 (379, 381); Perzborn, RNotZ 2017, 405 (418); siehe auch BeckFormB BHW /  Wentrup, IX. 10. III. § 10. 183 BeckOK GmbHG / Wilhelmi, § 15 Rn. 59; Ivo, ZEV 2006, 252 (254); Lutter / Hommelhoff /  Bayer, GmbHG § 15 Rn. 16; MHdB GesR Bd. 3/Jasper / Kötteritzsch, § 25 Rn. 22; MHLS /  Ebbing, GmbHG § 15 Rn. 25; MüKoGmbHG/Weller / Reichert, § 15 Rn. 455; Perzborn, RNotZ 2017, 405 (416); allgemein zur Abtretungsklausel in der GmbH Alles, Der Tod des GmbH-­ Gesellschafters, 2017, S. 86 ff. 184 BeckOK GmbHG / Wilhelmi, § 15 Rn.  59; Bork / Schäfer / Brandes, GmbHG § 15 Rn. 65; Kesselmeier, Ausschließungs- und Nachfolgeregelung, 1989, S. 41 ff.; Lutter / Hommelhoff /  Bayer, GmbHG § 15 Rn. 16; MHdB GesR Bd. 3/Jasper / Kötteritzsch, § 25 Rn. 19; MüKo­ GmbHG/Weller / Reichert, § 15 Rn. 455; Perzborn, RNotZ 2017, 405 (416); Scherer / Krause, Unternehmensnachfolge, § 14 Rn. 63. 185 Langner / Heydel, GmbHR 2006, 291 (294); MHdB GesR Bd. 3/Jasper / Kötteritzsch, § 25 Rn. 22. 186 Alles, Der Tod des GmbH-Gesellschafters, 2017, S. 86; BeckOK GmbHG / Wilhelmi, § 15 Rn.  59; Scholz / Seibt, GmbHG § 15 Rn. 32. 187 BeckOK GmbHG / Wilhelmi, § 15 Rn. 61; Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 8 Rn. 328; Ivo, ZEV 2006, 252 (254); Noack / Servatius / Haas /‌ Servatius, GmbHG § 15 Rn. 13; vgl. auch MHdB GesR Bd. 3/Jasper / Kötteritzsch, § 25 Rn. 24; allgemein zur Eintrittsklausel Alles, Der Tod des GmbH-Gesellschafters, 2017, S. 48 ff.; Crezelius, Unternehmenserbrecht, Rn. 263 (für die OHG); MHdB GesR Bd. 9/Holler, § 30 Rn. 41 ff.

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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hen.188 Mit der Einziehung der Anteile geht die Vernichtung der Mitgliedschaftsrechte einher.189 Zu beachten ist, dass sich dadurch die Beteiligungsverhältnisse zwischen dem Pool und den außenstehenden Gesellschaftern verschieben.190 Überdies sind die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für eine Einziehung einzuhalten. Damit Geschäftsanteile eingezogen werden können, muss die Satzung die in § 34 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG geforderten Bestimmungen enthalten. Gemäß der vorherrschenden Meinung sind Klauseln unzulässig, nach denen die Geschäftsanteile bei Vorliegen bestimmter Umstände ohne Gesellschafterbeschluss „automatisch“ eingezogen werden.191 Das Recht oder die Pflicht zur Einziehung kann generell oder für bestimmte Fälle statuiert werden. Dabei können – ebenso wie bei Abtretungsklauseln – Kriterien bestimmt werden, nach denen eine Person nachfolgeberechtigt sein soll.192 Außerdem muss die Einlage vollständig bezahlt (vgl. § 19 Abs. 2 GmbHG) und die Zahlung der Abfindung gemäß § 34 Abs. 2 i. V. m. § 30 Abs. 1 GmbHG aus ungebundenem Vermögen möglich sein. Zu betonen ist, dass die Familie in einer Familien-GmbH verschiedene Möglichkeiten hat, den Verbleib familienfremder Dritter zu verhindern und den Einfluss ihrer Familie zu sichern.193 So kann etwa der Anwendungsbereich der §§ 21 ff.

188

Geßler, GmbHR 1981, 206 (209); Lutter / Hommelhoff / Bayer, GmbHG § 15 Rn. 20; MHLS / Ebbing, GmbHG § 15 Rn. 31; Perzborn, RNotZ 2017, 405 (413); siehe auch Heckschen /  Weitbrecht, NZG 2021, 709 (710); ausführlich zur Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen siehe Alles, Der Tod des GmbH-Gesellschafters, 2017, S. 77 ff.; Lutter / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG § 34 Rn. 1 ff. 189 BGHZ 9, 157 (168); 139, 299 (302); Altmeppen, GmbHG § 34 Rn. 82; Heckschen /  Heidinger / Heckschen, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 4 Rn. 589; Lutter / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG § 34 Rn. 3; MHdB GesR Bd. 3/Kort, § 28 Rn. 41; MüKoGmbHG / Strohn, § 34 Rn. 61; vgl. § 238 S. 3 AktG; dagegen plädiert Meyer, NZG 2009, 1201 (1203 ff.), für das Fortbestehen der Anteile sowie einen Erwerb dieser durch die Gesellschaft. 190 Vgl. Dutta, ZGR 2016, 581 (597). 191 ‌ Schümmer, BeckFormB BHW / Wentrup, IX. 10.  Rn.  2; Gehrlein / Born / Simon / Winter / GmbHG § 15 Rn.  11; Lutter / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG § 34 Rn. 33; MHLS / ­Sosnitza, GmbHG § 34 Rn. 102; MüKoGmbHG/Weller / Reichert, § 15 Rn.  444; Noack / Servatius / Haas /  Servatius, GmbHG § 15 Rn. 12; Rowedder / Pentz / Görner, GmbHG § 34 Rn. 13; a. A. Großkomm GmbHG / Ulmer / Habersack, § 34 Rn. 118; Kesselmeier, Ausschließungs- und Nachfolgeregelung, 1989, S. 218 ff.; Niemeier, Einziehung von GmbH-Anteilen, 1982, 337 ff.; einschränkend MHdB GesR Bd. 3/Kort, § 28 Rn. 14; MüKoGmbHG / Strohn, § 34 Rn. 28; siehe auch Scholz  /‌  Westermann, GmbHG § 34 Rn 49 f., der von den Gegenargumenten nicht überzeugt ist; für einen Überblick zum frühreren Meinungsstand siehe Kesselmeier, Ausschließungs- und Nachfolgeregelung, 1989, S. 216 f. Fn. 3, 4; Niemeier, Einziehung von GmbH-­ Anteilen, 1982, S. 333 Fn. 1, 3. 192 Cevinghaus, RNotZ 2011, 449 (457); Ivo, ZEV 2006, 252 (254); Lutter / Hommelhoff / Bayer, GmbHG § 15 Rn. 20; Perzborn, RNotZ 2017, 405 (414); siehe auch Langner / Heydel, GmbHR 2005, 377 (377 ff.); MHdB GesR Bd. 3/Jasper / Kötteritzsch, § 25 Rn. 32; allgemein zu Einziehungsgründen siehe Bork / Schäfer / T hiessen, GmbHG § 34 Rn. 12 ff.; Lutter / Hommelhoff /‌  Kleindiek, GmbHG § 34 Rn. 45 ff.; Scholz / Westermann, GmbHG § 34 Rn. 14 ff. 193 Nach Alles, Der Tod des GmbH-Gesellschafters, 2017, S. 120, und Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 15 Rn. 10, ist die freie Übertragbarkeit der GmbH-Anteile zwar gesetz-

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GmbHG durch den Gesellschaftsvertrag auf weitere Fälle erstreckt werden.194 In der Praxis kommt der Kaduzierung von Geschäftsanteilen in diesem Zusammenhang allerdings lediglich eine nachgeordnete Bedeutung zu.195 (2) Vereinbarungen in der Familien-AG Dagegen liegen für die AG andere Rahmenbedingungen vor. Im Besonderen sind Nachfolgeregelungen innerhalb der Satzung der AG nur sehr begrenzt möglich. Zum einen ergibt sich aus § 54 Abs. 1 AktG das grundsätzliche Verbot, Nebenpflichten zu begründen;196 in der Folge sind gesellschaftsvertragliche Abtretungsklauseln unzulässig197. Zum anderen kann die AG-Satzung zwar Einziehungsklauseln nach Maßgabe der § 237 ff. AktG vorsehen, die wie bei der GmbH den Untergang der Mitgliedschaftsrechte bewirken198. Auch kann festgelegt werden, dass die Klausel nur in den Fällen greift, in denen bestimmte Personen weder ausschließlich als Erben eingesetzt worden sind noch die Aktien innerhalb einer vorgesehenen Frist erworben haben.199 Allerdings geht mit jeder Einziehung von Aktien – anders als bei der Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen – eine Herabsetzung des Grundkapitals der AG einher. Folglich werden an die Einziehung von Aktien strengere Voraussetzungen gestellt, wodurch sie als Gestaltungsin­strument der Nachfolgesteuerung an Attraktivität verliert.

lich als Regelfall bestimmt, in der Praxis aber die Ausnahme; vgl. auch MHdB GesR Bd. 9/ Scheller, § 17 Rn. 6; Priester, GmbHR 1981, 206 (207); zu möglichen Varianten von Nachfolgeklauseln mit Abtretungs- und Einziehungsregelungen MHdB GesR Bd. 3/Jasper / Kötteritzsch, § 25 Rn. 16 ff. 194 Vgl. BGH, Urteil vom 20. 6. 1983 – II ZR 237/82, NJW 1983, 2880 (2881); Großkomm GmbHG / L euschner, § 21 Rn. 91 ff.; Kesselmeier, Ausschließungs- und Nachfolgeregelung, 1989, S. 53; MHLS / Ebbing, GmbHG § 21 Rn. 26; Scholz / E mmerich, GmbHG § 21 Rn. 6. 195 Vgl. MHdB GesR Bd. 3/Jasper / Kötteritzsch, § 25 Rn. 41 ff. 196 Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 8 Rn. 384; Scherer / Bregulla-Weber, Unternehmensnachfolge, § 4 Rn.  54; siehe auch Daragan / Halaczinsky /‌ R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 140; vgl. auch K. Schmidt / Lutter / Fleischer, AktG § 54 Rn. 15. 197 Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 8 Rn. 384; Dutta, ZGR 2016, 581 (598); Hoyenberg, RNotZ 2007, 377 (387); Ivens, ZEV 2011, 177 (180); MHdB GesR Bd. 9/Lieder, § 3 Rn. 54; Perzborn, RNotZ 2017, 405 (424); Reimann / Bengel / Dietz / Reimann, Testament und Erbvertrag, Teil 1 A. Rn. 748; Schaub, ZEV 1995, 82 (84); Scherer / Krause, Unternehmensnachfolge, § 14 Rn. 69. 198 BeckOGK AktG / Marsch-Barner / Maul, § 237 Rn. 42; MüKoAktG / Oechsler, § 237 Rn. 116; siehe auch Hölters / M. Weber / Haberstock / Greitemann, AktG § 237 Rn. 4; vgl. § 238 S. 3 AktG; zur mit der Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils einhergehenden Vernichtung der Mitgliedschaftsrechte siehe die Nachweise in Fn. 189 auf Seite 59. 199 Crezelius, Unternehmenserbrecht, § 8 Rn. 383; Schaub, ZEV 1995, 82 (85); vgl. Scherer, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 3 Rn. 22; Daragan / Halaczinsky / R iedel /  Riedel, ErbStG § 13b Rn. 139 f., und MüKoAktG / Oechsler, § 237 Rn. 53 ff., weisen auf die Gefahr hin, dass im Einzelfall ein Verstoß gegen § 54 Abs. 1 AktG vorliegen könne.

C. Die Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften 

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Wollen Aktionäre darüber hinaus verhindern, dass unerwünschte Dritte in das Familienunternehmen eindringen, müssen sie außerhalb der Satzung schuldrechtliche Vereinbarungen eingehen.200 In diesen können sie zum Beispiel Personen bestimmen, die nachfolgeberechtigt sein sollen und die Vertragsparteien bei Vorliegen bestimmter Umstände zur Abtretung von Anteilen verpflichten. Flankierend können statutarisch vereinbarte Einziehungsklauseln aber sehr wohl sinnvoll sein.201

IV. Zwischenergebnis und Schlussfolgerungen Anteilen an Familienkapitalgesellschaften kommt im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG eine besondere Bedeutung zu. Zwar können nicht nur diese Anteile gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegiert erworben werden. Auch gehören sie nicht per se zum erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähigen Vermögen. Die Förderung von Familienunternehmen wurde aber in den politischen Debatten und Gesetzesentwürfen zu einem JStG 1996, einem JStG 1997 sowie einem ErbStRG als Ziel der verschiedenen Reformen mehrfach betont.202 Demnach soll eine erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung beim Erwerb von Kapitalanteilen gerade an Familienunternehmen möglich sein. Bei der Ausgestaltung der Begünstigungsvorschrift dienten daher die Gegebenheiten in Familienunternehmen als Vorbild. So spiegelt die Höhe der Mindestbeteiligung (mehr als 25 Prozent) wider, dass die Familie zumeist zu mehr als 25 Prozent an einem Familienunternehmen beteiligt ist. Zudem wird durch das Poolprivileg gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG berücksichtigt, dass die Einbindung der Familie in das Familienunternehmen nicht nur anhand der Beteiligung eines einzelnen Gesellschafters zu beurteilen ist, sondern die Summe der Beteiligungen aller Familienmitglieder maßgeblich ist. Folglich kann die Mindest­ beteiligungshöhe auch dann erreicht werden, wenn die Anteile im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gepoolt sind. Die erforderlichen Poolbindungen stellen dabei typische Regelungen dar, die in Familienunternehmen zur Sicherung des Einflusses der Familie vereinbart werden. Aus dem soeben Gesagten lassen sich zwei Schlussfolgerungen ziehen, die für die weitere Auseinandersetzung grundlegend sind: 1. Für die Ausgestaltung der gesetzlichen Vorgaben für das Poolprivileg dienten Regelungen aus der Praxis als Vorbild. Seit der Einführung von § 13b Abs. 1 200 Siehe Heckschen / Weitbrecht, NZG 2019, 721 (724); Perzborn, RNotZ 2017, 405 (426); vgl. Dutta, ZGR 2016, 581 (598); Feick / J. Weber, notar 2014, 395 (402); Scherer, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 3 Rn. 8, 23. 201 Ivens, ZEV 2011, 177 (181). 202 Siehe dazu ausführlich Teil 3 A.

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Nr. 3 S. 2 ErbStG werden wiederum Vereinbarungen in der Praxis nach ebendiesen Vorgaben gestaltet. 2. Regelungen, die häufig in Familienkapitalgesellschaften getroffen werden, damit „Anteile nicht beliebig veräußert werden können und der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bleibt“203, dienten als Vorbild für die Ausgestaltung der Vorgaben des Poolprivilegs. Dies erklärt, dass  – wie die weitere Untersuchung zeigen wird – in der Diskussion zum Poolprivileg oftmals auf Regelungen zur Sicherung des Einflusses der Familie in einer Familienkapitalgesellschaft bzw. den Erhalt von Familienkapitalgesellschaften abgestellt wird. Dabei ist die Familie in einer Familienkapitalgesellschaft, die ihre Anteile entsprechend poolt, (nur) ein Beispiel für eine Einheit, die als unternehmerisch interessiert gelten kann.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG Nicht jeder Poolzusammenschluss eröffnet die Möglichkeit, Kapitalanteile nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt zu erwerben. Vielmehr bestimmt § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG, dass der Erblasser bzw. Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. Mangels deutlicherer gesetzlicher Vorgaben bezüglich der Anforderungen, die ein solcher Poolvertrag konkret erfüllen muss,204 widmet sich dieser Abschnitt den Voraussetzungen eines Poolvertrags nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG.

I. Verpflichtung, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG) Zunächst setzt § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG in der 1. Alternative die Verpflichtung voraus, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen. Nachfolgend wird der Begriff der Verfügung beleuchtet (1.), bevor untersucht wird, wann eine Verfügung einheitlich erfolgt (2.).

203

Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. In der Praxis würden sich bei Auslegung und Anwendung von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG Schwierigkeiten und Probleme ergeben, so Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (893); Scholten / Korezkij, DStR 2009, 73 (76); vgl. Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (78); Möschel, ZRP 2011, 116 (118); K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (22), zufolge ist die Regelung „völlig misslungen“; Moench / Weinmann / Weinmann, ErbStG § 13b Rn. 70, zufolge ist versucht worden einen Gestaltungsfreiraum zu lassen, insbesondere damit auch Altverträge erfasst werden können. 204

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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1. Begriff der Verfügung a) Kein zivilrechtliches Verständnis Mit der Einführung der Möglichkeit des Poolings im Jahr 2009 hat ein Teil der Literatur dafür plädiert, den Begriff „Verfügung“ im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG nach dem zivilrechtlichen Verständnis zu bestimmen.205 Nach diesem ist eine Verfügung ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar darauf gerichtet ist, auf ein Recht einzuwirken, es zu übertragen, aufzuheben oder zu verändern.206 Folgt man dieser Ansicht, ist nicht nur bei der Übertragung des privatrechtlichen Eigentums, sondern etwa auch bei der Bestellung eines Nießbrauchs sowie der Verpfändung207 das Vorliegen einer Verfügung anzunehmen, auf die sich die Verpflichtung der Poolmitglieder beziehen muss. Diese weite Auslegung des Verfügungsbegriffs sei förderlich, die freie Veräußerbarkeit der Anteile an familienfremde Dritte zu beschränken, und diene somit der Sicherung des bestimmenden Einflusses der Familie.208 Gegen die Übernahme der zivilrechtlichen Definition streite, dass in der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG209 ausdrücklich nur auf Veräußerungen der Anteile Bezug genommen wird, also deren rechtsgeschäftliche Übertragung.210 Außerdem habe der Gesetzgeber auf die in Familienunternehmen übliche Praxis, die diese Unternehmen von börsennotierten Publikumsgesellschaftern unterscheidet, anknüpfen wollen. Werden über die Beschränkung der freien Übertragbarkeit hinaus weitere Verfügungsbeschränkungen verlangt, führe dies zu unangemessenen Einschränkungen zu Lasten der Flexibilität von Familienunternehmen.211 Vornehmlich wird die Übernahme der zivilrechtlichen Definition zu Recht aufgrund eines Vergleichs mit dem Wortlaut der 2. Alternative des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG abgelehnt. Um die freie Übertragbarkeit zu beschränken, stehen in 205

Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 20; Kamps, FR 2009, 353 (356); Langenfeld, ZEV 2009, 596 (598); K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (18); Wehage, ErbStB 2009, 148 (150). 206 Siehe nur Grüneberg / Ellenberger, BGB, Überblick vor § 104 Rn. 16. 207 Vgl. Langenfeld, ZEV 2009, 596 (598); K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (18), der aber in Bezug auf die Verpfändung für eine einschränkende Auslegung plädiert; siehe indes auch Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 36, der erst bei einem Verlust des Eigentums eine schädliche Verfügung annimmt, dagegen bei der Verpfändung oder der Einräumung von Nießbrauchrechten noch nicht; insofern knüpft er nicht konsequent an den von ihm befürworteten zivilrechtlichen Verfügungsbegriff an. 208 Langenfeld, ZEV 2009, 596 (598). 209 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35: „Die Unternehmensgründer oder die Nachfolger haben aber häufig dafür gesorgt, dass die Anteile nicht beliebig veräußert werden können und der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bleibt.“ 210 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1081); Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (894); Felten, DStR 2010, 1261 (1263); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 175. 211 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 176.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

§ 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nämlich zwei Alternativen zur Verfügung. In der 2. Alternative fordert § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG, dass sich die Poolmitglieder dazu verpflichtet haben, ihre Anteile nur an Anteilseigner zu übertragen, die derselben Verpflichtung unterliegen. Zwar differenziert der Wortlaut in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zwischen „verfügen“ (1. Alternative) und „übertragen“ (2. Alternative). Die 2. Alternative steht dabei aber gleichwertig neben der 1. Alternative und verdeutlicht, dass eine Verpflichtung zur Übertragung der Anteile an andere derselben Verpflichtung unterliegenden Anteilseigner ausreichend und eben keine Beschränkung der Verfügungsmöglichkeiten im zivilrechtlichen Sinne erforderlich ist.212 Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass den Begriffen „verfügen“ und „übertragen“ ein unterschiedlicher Aussagegehalt zuzuschreiben ist. Vielmehr wird unterschieden, ob die Poolmitglieder verpflichtet sind, einheitlich über die Anteile zu verfügen (1. Alternative) oder die Anteile in jedem Fall an einen bereits in den Pool einbezogenen Erwerber zu übertragen (2. Alternative). Während von der 1. Alternative nämlich auch Übertragungen an Erwerber erfasst werden, die sich nicht dem Pool anschließen213, aber dafür einheitlich vorgenommen worden sind, wird bei einer Übertragung nach der 2. Alternative gewährleistet, dass der Erwerber aus dem bereits bestehenden Kreis der Poolmitglieder stammt214. Überwiegend wird daher zu Recht nicht auf das zivilrechtliche Verständnis abgestellt. Noch nicht abschließend geklärt ist hingegen, was stattdessen unter einer Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG zu verstehen ist. Vornehmlich wird angenommen, dass eine Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG die Übertragung215 bzw. Veräußerung216 der Kapitalanteile bedeute. Umfasst sei sowohl die entgeltliche als auch die unentgeltliche Übertragung.217 Auch die Finanzverwaltung sieht in der Übertragung des Eigentums an 212 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1081); Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (894); Felten, DStR 2010, 1261 (1263); S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn.  286; siehe auch H.-U. Viskorf /‌ Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 134; zum Verhältnis der 1. Alternative zur 2. Alternative siehe Teil 3 D. II. 1. 213 Allerdings folgt mittelbar aus der Behaltensfrist nach § 13b Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG, dass der Erwerber Poolmitglied werden muss. Siehe ausführlich dazu Teil 3 E. 214 Bzw. dem Pool zeitgleich beitritt, siehe Teil 3 D. II. 2. 215 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn.  120; Fischer / Pahlke / Wachter /  Wachter, ErbStG § 13b Rn. 174, 177; Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 34 Rn. 5; Moench / Weinmann / Weinmann, ErbStG § 13b Rn. 71; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn.  71; Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (255); ­Riedel, ZErb 2013, 145 (146); Scholten / Korezkij, DStR 2009, 73 (76); Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2233); R. Werner, StBW 2010, 700 (702). 216 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1081); Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (894); Felten, DStR 2010, 1261 (1263); Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (528). 217 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1081); Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 120, 123; Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (894); Felten, DStR 2010, 1261 (1263); von  Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1049); Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (255); Riedel, ZErb 2013, 145 (146 f.); Scholten / Korezkij, DStR 2009, 73 (76).

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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einem Anteil eine Verfügung im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG.218 Im Jahr 2019 hat sich dem auch der BFH angeschlossen.219 Unklar ist jedoch, ob die Übertragung des privatrechtlichen Eigentums und / oder des wirtschaftlichen Eigentums gemeint ist, wenn von der Übertragung des Eigentums gesprochen wird.220 Im Einzelnen wird insbesondere gestritten, ob bzw. inwieweit der Verfügungsbegriff Belastungen, wie die Verpfändung und die Einräumung eines Nießbrauchrechts, umfasst. Darauf soll in dieser Arbeit jedoch nicht eingegangen werden, da eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Frage den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen würde.221 Vielmehr wird im Folgenden beleuchtet, ob Verfügungen von Todes wegen unter den Verfügungsbegriff nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG fallen. b) Verfügungen von Todes wegen Ob Verfügungen von Todes wegen vom Verfügungsbegriff nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG erfasst werden, ist durch Auslegung der Norm zu ermitteln. aa) Wortlaut Ein Teil der Stimmen in der Literatur nimmt – ohne nähere Begründung – an, dass auch Verfügungen von Todes wegen Verfügungen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG darstellen.222 Folgt man dieser Ansicht, wären die Pool 218

R E 13b.6 Abs. 4 S. 1 ErbStR 2019. BFHE 264, 279 Rn. 18. 220 H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 134, versteht unter einer Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG die Übertragung des zumindest wirtschaftlichen Eigentums; vgl. auch Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 181; Wartenburger, MittBayNot 2011, 197 (198); siehe zur Definition des wirtschaft­ lichen Eigentums § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO; Hübschmann / Hepp / Spitaler / Fischer, AO / FGO, AO § 39 Rn. 74 ff.; Koenig / Koenig, AO § 39 Rn. 14 ff.; Tipke /‌ Kruse / Drüen, AO / FGO, § 39 AO Rn. 21 ff.; siehe zum wirtschaftlichen Eigentum an einem Anteil einer Kapitalgesellschaft statt vieler BFHE 236, 356 Rn. 15; 232, 463 Rn. 22; Hübschmann / Hepp / Spitaler / Fischer, AO /‌ FGO, AO § 39 Rn. 179 ff., jeweils m. w. N. Für steuerrechtliche Zwecke ist die Unterscheidung zwischen privatrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum bedeutsam und dient der klaren Zuordnung von Eigentum, da privatrechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinanderfallen können. 221 Dies kann insbesondere für die Fragen, wozu sich die Poolmitglieder verpflichtet haben müssen, wer sich verpflichtet haben muss (so verlangt die Finanzverwaltung etwa bei Ein­ räumung einer Unterbeteiligung, dass auch der Unterbeteiligte den Verpflichtungen der Poolvereinbarung unterliegt, vgl. R E 13b.6 Abs. 3 S. 4 ErbStR 2019) sowie ob ein Verstoß gegen die Poolbindungen anzunehmen ist, relevant sein. 222 Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (894); Felten, DStR 2010, 1261 (1263); Pauli / Maßbaum /  Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (255); Riedel, ZErb 2013, 145 (146 f.); Scholten / Korezkij, DStR 2009, 73 (76); siehe auch Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13b Rn. 209. 219

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

mitglieder angehalten, ihre Nachfolger so zu bestimmen, dass sie auch im Falle ihres Todes garantieren können, über die gepoolten Anteile einheitlich zu verfügen. Durch die Verwendung des Begriffs „verfügen“ bestimmt der Wortlaut in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG allerdings nicht eindeutig, ob lediglich auf Verfügungen unter Lebenden abgestellt werden soll oder auch Verfügungen von Todes wegen umfasst sein sollen.223 bb) Historische Auslegung In der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG wird an Vorkehrungen angeknüpft, die häufig in Familienkapitalgesellschaften getroffen würden, damit „Anteile nicht beliebig veräußert werden können und der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bleibt.“224 Dabei sind zwei Aspekte von Bedeutung: Erstens wird durch die Verwendung des Begriffs „veräußern“ ausdrücklich auf die rechtsgeschäftliche Übertragung der Anteile, aber nicht auf Verfügungen von Todes wegen Bezug genommen. Zu betonen ist, dass eine Verfügung von Todes wegen nicht nur keinen Unterfall einer rechtsgeschäftlichen Verfügung darstellt, sondern strikt von dieser zu trennen ist.225 Dies spricht dafür, dass sich § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG lediglich auf Verfügungen unter Lebenden beziehen soll.226 Zweitens wird auf Regelungen abgestellt, die häufig in Familienkapitalgesellschaften vereinbart werden und vor dem Eindringen unerwünschter Dritter schützen sollen. Um in Familienkapitalgesellschaften Schutz vor dem Eindringen unerwünschter Dritter zu gewährleisten, ist es prima facie durchaus opportun, auch Verfügungen von Todes wegen zu beschränken. Der Eintritt familienfremder Dritter könnte nämlich nicht nur in Bezug auf Übertragungen unter Lebenden gesteuert werden wollen. Verstirbt ein Gesellschafter, muss gewährleistet sein, dass sich der Familieneinfluss durch den Eintritt des oder der Erben nicht verringert oder sogar verloren geht. Da die Vererblichkeit von Aktien und GmbH-Anteilen nicht eingeschränkt werden kann, könnte das Bedürfnis bestehen, die Poolmitglieder zu verpflichten, im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG über ihre Anteile einheitlich letztwillig zu verfügen. Wird aufgrund dieser Überlegung aber gefol-

223

So auch Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (312). Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35; siehe dazu auch bereits oben Teil 3 C. III. 225 BeckOGK BGB / Tegelkamp, § 1937 Rn. 12; MüKoBGB / L eipold, § 1937 Rn. 5; Nieder /  Kössinger / Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, § 4 Rn. 1 ff.; Reimann / Bengel /  Dietz / Reimann, Testament und Erbvertrag, Teil 1 A. Rn. 4. 226 So bereits Leitzen, ZEV 2010, 401 (402); auf rechtsgeschäftliche Verfügungen abstellend Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 65; sich auf Veräußerungen beziehend Felten, ZEV  2010, 627 (629); S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 297. 224

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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gert, dass sich die Verpflichtung, einheitlich zu verfügen, auch auf Verfügungen von Todes wegen beziehen muss,227 wird verkannt, dass solche Bestimmungen in der Praxis weder üblich noch erforderlich sind. Vielmehr wird dem Eintritt unerwünschter Dritter im Falle des Todes eines Aktionärs oder GmbH-Gesellschafters mittels gesellschaftsrechtlicher Regelungen vorgebeugt.228 Kommt ein Erbe einer Abtretungsverpflichtung nach, ist zu beachten, dass die Beteiligung dann aufgrund einer Verfügung unter Lebenden übertragen wird. Diese fällt freilich in den Anwendungsbereich von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG. Die historische Auslegung kommt hier also zu dem Ergebnis, dass Verfügungen von Todes wegen nicht unter den Verfügungsbegriff nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG fallen. cc) Systematische Auslegung (1) Vergleich mit der 2. Alternative des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG Der Vergleich mit der 2. Alternative des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG229, in der auf die Übertragung der Anteile abgestellt wird, zeigt nicht, ob auch Verfügungen von Todes wegen vom Verfügungsbegriff nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG umfasst sein sollen. Denn wird eine Beteiligung von Todes wegen erworben, wird sie auf den Erwerber übertragen230 – freilich nicht rechtsgeschäftlich, sondern kraft Gesetzes, vgl. § 1922 BGB. (2) Verstoß gegen § 2302 BGB Würden Verfügungen von Todes wegen Verfügungen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG darstellen, müssten die Poolmitglieder ihre Nachfolger so bestimmen, dass auch im Falle ihres Todes eine einheitliche Verfügung sichergestellt ist. Allerdings ist eine Bestimmung, die jemanden verpflichtet, über eine Beteiligung in bestimmter Weise von Todes wegen zu verfügen, nach § 2302 BGB nichtig. Durch § 2302 BGB wird der Erblasser in seiner Testierfreiheit geschützt.231 Eine solche Verpflichtung würde also einen Verstoß gegen § 2302 BGB provozie-

227

Vgl. ohne nähere Ausführungen Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1083); Langenfeld, ZEV 2009, 596 (598); K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (18); dies., DStR 2011, 13 (13). 228 Siehe zu den typischen Vorkehrungen zur Einschränkung der Übertragbarkeit der Beteiligung an einer Familienkapitalgesellschaft im Erbfall bereits oben Teil 3 C. III. 2. b) bb). 229 In der 2. Alternative fordert § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG, dass sich die Poolmitglieder dazu verpflichtet haben, ihre Anteile nur an Anteilseigner zu übertragen, die derselben Verpflichtung unterliegen. 230 Vgl. H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 134. 231 Siehe MüKoBGB / Musielak, § 2302 Rn. 1; vgl. Grüneberg / Weidlich, BGB § 2302 Rn. 1.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

ren und kann daher nicht verlangt werden.232 Zwar könnte § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG eine Ausnahme von § 2302 BGB konstatieren. Dagegen spricht aber, dass Verfügungen von Todes wegen nicht ausdrücklich in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG genannt sind. dd) Zwischenergebnis Obwohl die Weitergabe des Unternehmens an die nächste Generation ein wesentliches Merkmal von Familienunternehmen ist, wird bei einer Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG nur auf Verfügungen unter Lebenden abgestellt. Die Annahme, die Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG erfasse auch letztwillige Verfügungen, steht im Widerspruch zu § 2302 BGB. Darüber hinaus ist eine entsprechende Verpflichtung aufgrund der in der Praxis gängigen Klauseln in Familienunternehmen weder üblich noch erforderlich, um den bestimmenden Einfluss der Familie zu erhalten. Mithin bezieht sich die Verpflichtung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG, nur einheitlich zu verfügen, lediglich auf Verfügungen unter Lebenden. Dies gilt gleichermaßen auch für die Poolbindung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 2 ErbStG.233 2. Einheitlichkeit der Verfügung Gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG müssen die Poolgesellschafter dazu verpflichtet sein, über ihre Anteile nur „einheitlich“ zu verfügen. In welchen Fällen eine Verfügung einheitlich vorgenommen wird, ist indes nicht näher bestimmt. 232 So bereits Cevinghaus, RNotZ 2011, 449 (456); Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 121; Dutta, ZGR 2016, 581 (598 f.); Felten, ZEV 2010, 627 (629); Hannes /  Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 22; Heckschen /  Heidinger / Heckschen, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 4 Rn. 587; Ivo, ZEV 2006, 252 (253); Kapp / Ebeling /‌ Geck, ErbStG § 13b Rn. 65; Kramer, GmbHR 2010, 1023 (1023 f.); Leitzen, ZEV 2010, 401 (401 ff.); von Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1050); Perzborn, RNotZ 2017, 405 (420); Richter / C . Lange, in: Leible / Windthorst (Hrsg.), Nachfolgeplanung in Familienunternehmen, S. 97 f.; Wilms / Jochum / Kirnberger, ErbStG § 13b S.  34 Fn.  6; siehe auch H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 132; vgl. zur unzulässigen Beschränkung von Verfügungen von Todes wegen nach § 2302 BGB auch Alles, Der Tod des GmbH-Gesellschafters, 2017, S. 71; Braun / Siemers, in: Prinz / ­Winkeljohan (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der GmbH, § 19 Rn. 311; MHdB GesR Bd. 3/Jasper / Kötteritzsch, § 25 Rn. 46; siehe indes S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 235, der zwar einerseits die Verpflichtung einheitlich zu verfügen wegen eines Verstoßes gegen § 2302 BGB nicht auf Verfügungen von Todes wegen erstrecken will, aber andererseits allgemeine Vinkulierungsklauseln und Zustimmungsvorbehalte als geeignete Gestaltungsinstrumente einer einheitlichen Verfügung unter anderen deshalb ablehnt, weil sie bei Verfügungen von Todes wegen nicht greifen würden (ebd., Rn. 307). 233 So auch H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 134.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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a) Keine gleichzeitige Verfügung aller Anteile zu denselben Konditionen und an denselben Erwerber erforderlich Stellt man lediglich auf den Wortlaut ab, setzt eine einheitliche Verfügung im engsten Wortsinn voraus, dass über alle Anteile gleichzeitig, zu denselben Konditionen und an denselben Erwerber verfügt werden muss. Zu Recht erfährt dieses Auslegungsergebnis in der Literatur ausschließlich Kritik. Es wird argumentiert, dass in der Praxis die Erfüllung jener Voraussetzungen nicht möglich ist.234 Insbesondere würde eine so begriffene einheitliche Verfügung bei Verfügungen von Todes wegen voraussetzen, dass alle Poolmitglieder im gleichen Zeitpunkt versterben und denselben Erben bestimmt haben.235 In Bezug auf Verfügungen von Todes wegen läuft dieses Argument jedoch ins Leere, da sich die Verpflichtung, im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG einheitlich zu verfügen, nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht nicht auf Verfügungen von Todes wegen bezieht236. Ebenso hat die Finanzverwaltung angeordnet, dass die Übertragung der Anteile weder nur auf denselben Erwerber noch von allen Poolmitgliedern zum selben Zeitpunkt erfolgen muss.237 b) Verfügung nach einheitlichen Grundsätzen Der BFH hat in seiner jüngsten Entscheidung für das Vorliegen einer einheit­ lichen Verfügung verlangt, dass sie nach einheitlichen Grundsätzen vorgenommen wird.238 Die herrschende Meinung in der Literatur nimmt eine einheitliche Verfügung ebenfalls dann an, wenn sie nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt.239 Dabei werden Grundsätze verlangt, die für Familienkapitalgesellschaften typisch seien 234

Felten, DStR 2010, 1261 (1263); ebenso Wehage, ErbStB 2009, 148 (151), der die Forderung nach einer Verpflichtung zur gemeinsamen Verfügung zur gleichen Zeit und / oder am gleichen Ort als „lebensfremd“ bezeichnet; vgl. auch Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (80). 235 Felten, DStR 2010, 1261 (1263); Langenfeld, ZEV 2009, 596 (598); K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (18). 236 Siehe dazu soeben Teil  3 D. I. 1. b). 237 R E 13b.6 Abs. 4 S. 4 ErbStR 2019. 238 BFHE 264, 279 Rn. 19. 239 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 122 (denselben Kriterien, denselben Standards und Grundsätzen); Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (895) (einheitlichen Grundsätzen bzw. Kriterien); Felten, DStR 2010, 1261 (1263) (einheitliche sachliche Kriterien und Standards); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 191; Hannes / Onderka, ZEV 2008, 16 (20); Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 64; Langenfeld, ZEV 2009, 596 (598); von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 72; Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (311) (einheitliche sachliche Kriterien); Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (256) (denselben Kriterien und denselben Standards bzw. Grundsätzen); Riedel, ZErb 2013, 145 (147) (denselben Kriterien, denselben Standards und Grundsätzen); ­Söffing / T honemann, ErbStB 2009, 325 (332); K.  Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (18 f.); ­Wehage, ErbStB 2009, 148 (151) (einheitliche Regeln).

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

und eine Abgrenzung zur reinen Publikumsgesellschaft ermöglichen würden.240 Laut der Finanzverwaltung ist entscheidend, dass hinsichtlich der gepoolten Anteile die gleichen Verfügungsregeln festgelegt sind.241 Laut dem BFH242 sowie der Finanzverwaltung243 setzt eine einheitliche Verfügung voraus, dass der Poolvertrag entweder vorsieht, dass auf der Erwerberseite ein bestimmter Personenkreis steht, oder vereinbart ist, dass Anteile nur mit Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder übertragen werden können.244 Dabei ist richtigerweise zu gewährleisten, dass faktisch nicht doch eine zustimmungsfreie Übertragung möglich ist.245 Deshalb dürfen die Grundsätze, die förderungswürdiges Vermögen identifizieren sollen, nicht so weit gefasst sein, dass Anteile im Ergebnis beliebig übertragen werden können.246 Peters zufolge müssen die Beschränkungen so ausgestaltet sein, dass regelmäßig kein fremder Dritter die Anteile erwerben kann.247 aa) Bestimmung des Erwerberkreises Eine Regelung, die den Erwerberkreis bestimmt, benennt entweder die Erwerber konkret oder stellt Kriterien auf, nach denen Personen als Erwerber bestimmt werden können. Auf diese Weise kann die freie Übertragbarkeit im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG durchaus eingeschränkt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass trotz Anordnung de facto nicht doch frei übertragen werden kann. Nicht ausreichend wäre zum Beispiel die Auflistung sehr vieler möglicher Erwerber oder eine sehr weit gefasste Vorgabe, die viele potenzielle Erwerber erfüllen könnten.

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Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (895); vgl. auch Felten, DStR 2010, 1261 (1263); Hannes / Onderka, ZEV 2008, 16 (20); Kamps, FR 2009, 353 (357); von Oertzen / Loose /  Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 72; Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (311); ferner auch Fischer /  Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 192. 241 R E 13b.6 Abs. 4 S. 2 ErbStR 2019. 242 BFHE 264, 279 Rn. 19. 243 R E 13b.6 Abs. 4 S. 3 ErbStR 2019. 244 Ebenso Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 122; Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (81); van de Loo, GWR 2012, 407 (408); Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13b Rn.  29; Troll / Gebel / Jülicher /‌ Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13b Rn. 208; Wälzholz, MittBayNot 2013, 281 (283); K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (19). 245 Hannes / Onderka, ZEV 2008, 16 (20); siehe auch Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 64. 246 Vgl. Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 76; Wälzholz, MittBayNot 2013, 281 (283). 247 Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 20.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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(1) Familie Unstreitig können Familienmitglieder als Erwerber der Anteile bestimmt werden. Zunächst ist in der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG ausdrücklich bestimmt, dass die Gesellschafter eines Familienunternehmens ihre Anteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich vergünstigt in die nächste Generation geben können sollen.248 Ebenso zählt die Finanzverwaltung für den Erwerberkreis als Beispiele Familienmitglieder, den Familienstamm und die Familienstiftung auf.249 Feick / Nordmeier zufolge können jedenfalls die Personen aufgenommen werden, die gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG in die Steuerklasse I einzuordnen sind, also insbesondere Ehegatten, Lebenspartner, Kinder und Stiefkinder.250 Schließlich führt der BFH Ehegatten oder Verwandte der Gesellschafter als Beispiele an.251 In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf, welches Verständnis von einer Familie maßgeblich ist.252 Aufgrund der Vielzahl an gelebten Familienmodellen ist darauf indes nicht weiter einzugehen; dies würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. (2) Familienfremde Dritte (a) Familienfremde Poolmitglieder Gehören die anderen Poolmitglieder nicht zur Familie des Erblassers bzw. Schenkers, können sie dennoch in den Erwerberkreis aufgenommen werden. Dies ist durch die Normierung der 2. Alternative des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ausdrücklich klargestellt worden. Denn nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 2 ErbStG kommt es dem Wortlaut nach nicht darauf an, ob das Poolmitglied auch Familienmitglied ist.253 Die Übertragung der Anteile auf andere Poolmitglieder hat zwar zur Folge, dass die im Pool bestehenden Beteiligungsverhältnisse modifiziert werden. 248

Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. R E 13b.6 Abs. 4 S. 3 ErbStR 2019. 250 Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (895). 251 BFHE 264, 279 Rn. 19. 252 Zum Begriff der Familie siehe zum Beispiel Gräb, Rechtsformwahl in Familienunternehmungen, 1989, S. 16 ff.; Kalss / Probst, Familienunternehmen, Rn. 2/32; S. B. Klein, Familienunternehmen, S. 73; Krämer, Das Sonderrecht der Familiengesellschaften, 2019, S. 81 ff.; Selent, Unternehmensführung in börsennotierten Familienunternehmen, 2021, S. 22 ff.; S­ ommer, Bestands- und Nachfolgesicherung von Familienunternehmen, 1967, S. 3 ff.; Tänzler, Corporate Governance und Corporate Responsibility, 2014, S. 10 ff.; gegen eine uferlose Erweiterung der Institution „Familie“ Kirchdörfer / Kögel, FS Möschel, 2021, S. 181 (190). 253 Vgl. von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 73, der so in Bezug auf den zeitgleichen Poolbeitritt argumentiert. Dann muss dies erst recht bei einer bereits bestehenden Poolmitgliedschaft gelten. 249

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Jedoch ist der Erwerber bereits Teil der Poolgemeinschaft. Zudem treten die verbliebenen Poolmitglieder in der Hauptversammlung der Hauptgesellschaft – abgesehen von der Personalie des Schenkers, wenn er alle poolgebundenen Anteile verschenkt hat, bzw. des Erblassers – in personell unveränderter Zusammensetzung gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern auf. (b) Außenstehende Dritte Anders verhält es sich hingegen, wenn Personen, die weder Mitglieder der Familie noch des Pools sind, als Erwerber bestimmt sind. Diesen außenstehenden Dritten kann weder aufgrund einer familiären Zugehörigkeit noch kraft ihrer bestehenden Poolmitgliedschaft zugesprochen werden, bereits in der Familie oder dem Pool integriert zu sein. Es stellt sich die Frage, ob der Erwerberkreis im Hinblick auf außenstehende Dritte einzuschränken ist, um in Familienunternehmen den bestimmenden Einfluss der Familie sichern254 und eine einheitliche Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG annehmen zu können. Denn die nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG geforderten Verpflichtungen stellen laut der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG typische Vorkehrungen dar, die Familien in Familienunternehmen treffen, damit „die Anteile nicht beliebig veräußert werden können und der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bleibt.“255 Zunächst bestehen jedoch für eine solche Einschränkung keine Anhaltspunkte im Gesetzestext.256 In § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist insbesondere im Gegensatz zu der Verfügungsbeschränkung nach § 13a Abs. 9 S. 1 Nr. 2 ErbStG – wonach eine Beschränkung der Verfügung auf Mitgesellschafter, Angehörige im Sinne des § 15 AO oder auf eine Familienstiftung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorausgesetzt wird – kein bestimmter Kreis Verfügungsbegünstigter normiert. Vielmehr liegt die Betonung auf der Einheitlichkeit der Verfügung.257 Auch ist eine Einschränkung des Erwerberkreises im Hinblick auf außenstehende Dritte nicht erforderlich, damit die Familie in einem Familienunternehmen ihren bestimmenden Einfluss behält. Denn in einem Familienunternehmen führt die Einbindung familienfremder Dritter nicht per se zu einem Verlust des bestimmenden Einflusses der Familie. So wird etwa in der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG betont, dass zur Erfüllung des Tatbestandmerkmals der einheitlichen Stimmrechtsausübung nicht erforderlich sei, dass ausschließlich durch Familienmitglieder Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft genommen 254

Siehe zur Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG bereits oben Teil 3 C. 255 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 256 So auch Wehage, ErbStB 2009, 148 (151). 257 Vgl. Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 153.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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wird. Es sei hingegen üblich, dass aufgrund früherer Verfügungen Personen mit unternehmerischem Sachverstand oder Vertreter der Arbeitnehmer einbezogen würden.258 Vielmehr ist unter Würdigung der konkreten Umstände zu beurteilen, ob in einem Familienunternehmen der Einfluss der Familie auch durch die Einschaltung eines familienfremden Dritten noch gewährleistet werden kann. Dafür müssen die Anteile aber nicht stets nur an Familienmitglieder weitergegeben werden. Fehlt zum Beispiel ein geeigneter Nachfolger in der Familie, wäre die Weitergabe innerhalb der Familie entweder gar nicht möglich oder würde zwar erreichen, dass die Beteiligung in der Familie bleibt, aber um welchen Preis. Die Nachfolgefrage ist für den Erblasser typischerweise eine schwierige und sehr persönliche Frage. Das Finden einer strategisch sinnvollen Lösung, die gleichzeitig den Interessen des Erblassers und denen aller beteiligten Personen gerecht wird, kann zu einer der schwierigsten Aufgaben in der Beratungspraxis werden.259 So kann es sinnvoll sein, jedenfalls einen Teil der Beteiligung auf einen Dritten zu übertragen. Wird dadurch nämlich die Zusammenarbeit der Gesellschafter untereinander gefördert, kann das Familienunternehmen durch die Einbindung eines familienfremden Dritten sogar gestärkt werden. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn Gesellschafterkonflikte bereits bestehen oder zu erwarten sind. Des Weiteren kann ein kompetenter Dritter fehlendes Know-How seitens der neu eintretenden Familienmitglieder ausgleichen. Dabei ist auch zu bedenken, dass das Aufrechterhalten der Poolbindung eine gewisse Zeit lang unerlässlich ist, wenn die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG vollständig erlangt werden soll. Auch wenn § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nicht unmittelbar voraussetzt, dass der Erwerber die Poolbindung der Anteile aufrechterhält, wird dennoch mittelbar durch die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG eine anhaltende Poolbindung verlangt.260 Ferner lässt sich der Begründung zum Regierungsentwurf zu § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO entnehmen, dass in der Praxis nicht nur Nachfolger aus der Familie das Unternehmen unter Beibehaltung der Unternehmensführung und -ausrichtung fortführen können, sondern ebenso zum Beispiel geeignete Mitarbeiter.261 In § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO werden Gründe bestimmt, die zu einer Befreiung von der Veröffentlichungs- und Angebotspflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG führen können. Auf diese Weise soll insbesondere die Nachfolge in 258

Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. MHdB GesR Bd. 9/Holler, § 30 Rn. 1 ff.; siehe zur Nachfolgeplanung in Familienunternehmen Bochmann, NotBZ 2019, 369; Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 203 ff.; Staake, in: Röthel /‌ K. Schmidt (Hrsg.), Grundfragen der Organisation von Familienunternehmen, S. 125. 260 Vgl. dazu ausführlich Teil 3 E. 261 Siehe dazu ausführlich Teil  5 B. I. 3. a) aa) (2). Der Befreiungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO geht eine Interessenabwägung voraus, in die einfließt, ob sich die Geschäftspolitik ändern wird. 259

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Familienunternehmen ermöglicht werden.262 In der Begründung zum Regierungsentwurf wird angeführt, dass diese Privilegierung nicht nur für Nachfolgelösungen innerhalb der Familie in Betracht kommt, sondern zum Beispiel auch dann, wenn geeignete Mitarbeiter zur Verfügung stehen.263 Überdies zeigt eine Überlegung aus der Betriebswissenschaft, dass in der Praxis nicht nur Personen aus der Familie, sondern auch familienfremde Dritte als Nachfolger in die Gesellschaft eintreten können, ohne dass der Charakter des Familienunternehmens verloren geht. Dass in Familienunternehmen die nicht-finanziellen Ziele (Socioemotional Wealth [SEW]) stark ausgeprägt sind, kann nicht nur als eine Besonderheit von Familienunternehmen verstanden werden,264 sondern auch bei der Planung der Unternehmensnachfolge von Bedeutung sein. Danach ist es nämlich möglich, dass es dem Erblasser nicht nur darauf ankommt, dass dessen Anteile innerhalb der Familie weitergegeben werden. Ihm kann es mindestens genauso wichtig sein, dass die SEW des Familienunternehmens weiterhin erhalten und geschützt wird.265 Um die SEW zu erhalten bzw. zu schützen, kann die Einbindung eines familienfremden Dritten für den Erblasser in dem konkreten Fall durchaus attraktiv sein. Ist zum Beispiel ersichtlich, dass sich die beiden nach Erbanfall zu gleichen Teilen beteiligten Kinder des Erblassers aufgrund von Meinungsverschiedenheiten oftmals nicht einigen werden, kann der Erblasser durch die Beteiligung eines familienfremden Dritten einen Kommunikationsaustausch anstreben und die beiden Kinder ggf. sogar zum Eingehen von Kompromissen bewegen. Eine solche Einbeziehung eines familienfremden Dritten dient der effizienten Entscheidungsfindung, ohne die der Familieneinfluss entweder gar nicht erst besteht oder nichts wert ist. Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass mit der Öffnung des Gesellschafterkreises für Personen außerhalb der Familie stets das Risiko einhergeht, dass der bestimmende Einfluss der Familie in der Hauptgesellschaft zukünftig nicht mehr vorhanden ist. Allerdings garantieren Übertragungen innerhalb der Familie ebenso wenig, dass das Familienunternehmen als solches noch viele Jahrzehnte bestehen bleibt. Es kann nicht nur zu unlösbaren Konflikten unter den Gesellschaftern kommen, sondern der neue Erwerber schlechthin ungeeignet sein, die ihm übertragene Verantwortung so auszuüben, dass der bestimmende Einfluss der Familie beibehalten wird bzw. das Unternehmen am Markt bestehen bleibt. Ein Gesellschafterwechsel birgt folglich in jedem Fall ein Risiko, dass der Gesellschafterkreis auseinanderbricht oder der bestimmende Familieneinfluss verloren geht.

262

Vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 30, 60, 81. Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 81. 264 Siehe dazu bereits oben Teil 2 B. I. 265 Vgl. dazu Minichhilli et al., Journal of Management Studies 2014, 1153 (1154), die diese Annahme für die Nachfolge eines CEO herausgearbeitet haben. 263

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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Schließlich ist die Möglichkeit, die Mindestbeteiligungshöhe durch das Pooling zu erreichen, nicht nur Gesellschaftern von Familiengesellschaften vorbehalten.266 Vielmehr dienen Vorkehrungen, die in Familienunternehmen getroffen werden, nur als Vorbild, und stellen somit nur ein Beispiel dar.267 Bestimmt also eine Poolregelung den Erwerberkreis, kann eine Verpflichtung, im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG einheitlich zu verfügen, unabhängig davon vorliegen, ob Familienmitglieder, familienfremde Poolmitglieder oder außenstehenden Dritte in den Erwerberkreis aufgenommen sind. Somit sind Aufzählungen etwa der Finanzverwaltung268, in der als Beispiele Familienmitglieder, der Familienstamm und die Familienstiftung genannt sind, oder des BFH269, der von Ehegatten und Verwandten der Gesellschafter spricht, lediglich beispielhaft zu verstehen. bb) Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder Des Weiteren wird diskutiert, ob im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG einheitlich verfügt werden kann, wenn Anteile mit der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder übertragen werden. Nach dem BFH, der Finanzverwaltung sowie einem Teil der Stimmen in der Literatur kann eine einheitliche Verfügung vorliegen, wenn eine Übertragung der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder bedarf.270 Wachter und Geck erkennen zwar an, dass es sich in dem Fall um eine einheitliche Verfügung handeln kann.271 Sie betonen aber, dass die Voraussetzungen, unter denen die Zustimmung erteilt wird, präzisiert sein müssten.272 Wachter zufolge darf die Entscheidung, ob die Zustimmung erteilt wird, nicht im freien Ermessen der anderen Gesellschafter bzw. der Gesellschaft stehen.273 Dagegen haben sich die Poolmitglieder dem FG Münster zufolge nicht im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG gebunden, wenn eine Zustimmungspflicht für die Übertragung von Geschäftsanteilen vereinbart wurde.274 Auch in der Literatur mehren sich die Stimmen, die dies bezweifeln oder sogar ablehnen. So 266

Siehe dazu bereits oben Teil 3 C. I. Siehe dazu bereits oben Teil 3 C. III. 268 R E 13b.6 Abs. 4 S. 3 ErbStR 2019. 269 BFHE 264, 279 Rn. 19. 270 Siehe Fn. 242, 243, 244 auf Seite 70. 271 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn.  191; Kapp / Ebeling /‌ Geck, ErbStG § 13b Rn. 63. 272 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn.  194; Kapp / Ebeling /‌ Geck, ErbStG § 13b Rn. 63. 273 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 194. 274 FG Münster, Urteil vom 9. 6. 2016 – 3 K 3171/14 Erb, BeckRS 2016, 95287 (Mehrheit von drei Vierteln der anwesenden Stimmen); FG Münster, Urteil vom 9. 12. 2013 – 3 K 3969/11 Erb, ZEV 2014, 325 (327) (einstimmiger Beschluss, wenn nicht an Mitgesellschafter oder dessen Abkömmlinge übertragen werden sollte). 267

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

steht Wehage der Annahme kritisch gegenüber, die Einholung der Zustimmung der Poolmitglieder reiche für das Vorliegen der einheitlichen Verfügung aus.275 Für Onderka / Lasa ist entscheidend, dass die eingegangenen Verpflichtungen die Charakteristika eines Familienunternehmens widerspiegeln und somit als Abgrenzungskriterien zur reinen Publikumsgesellschaft dienen. Daher müsse sich aus der Regelung ergeben, dass die Zustimmung bei Übertragungen an Familienmitglieder zu erteilen sei.276 Laut Jülicher kann nachrangig vereinbart werden, dass die Übertragung die Zustimmung der anderen Poolmitglieder bedarf. Die Beteiligung müsse aber zum Beispiel erst den anderen Poolmitgliedern angeboten worden sein.277 Ein Blick in die Praxis von Familienunternehmen zeigt278, dass die Vereinbarung einer Zustimmungspflicht der Mehrheit der Poolmitglieder typisch ist, um die Übertragbarkeit der Anteile einzuschränken. Dabei erstreckt sie sich entweder auf alle Übertragungen oder nur auf Übertragungen an familienfremde Dritte, während an Familienmitglieder zustimmungsfrei übertragen werden kann.279 In der Regel wird allerdings zusätzlich noch vorausgesetzt, dass entweder die anderen Poolmitglieder weiterhin eine gewisse Beteiligungshöhe im Pool halten, es sei denn, dass alle Gesellschafter über die im Pool gehaltenen Kapitalanteile verfügen. Oder es wird festgelegt, dass die Zustimmung der Mehrheit der Gesellschafter dann ausreicht, wenn die Anteile zuvor den anderen Poolmitgliedern zum Erwerb angeboten worden sind. Um eine einheitliche Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG annehmen zu können, ist es jedoch ausreichend, wenn der Poolvertag vorsieht, dass die Mehrheit der Poolmitglieder einer Übertragung der Anteile zustimmen muss. Es müssen weder weitere Einschränkungen vereinbart werden, noch muss bestimmt sein, dass in bestimmten Fällen die Zustimmung zu erteilen ist. Denn damit einheitlich im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG verfügt wird, muss die Verfügung nach einheitlichen Grundsätzen vorgenommen werden. Zum einen ist dafür erforderlich, dass klare Grundsätze determiniert sind, nach denen die Anteile übertragen werden können. Die Zustimmungspflicht der Mehrheit der Poolmitglieder zu einer Übertragung der Anteile stellt einen Grundsatz dar, der klar vorgibt, nach welchen Regeln übertragen werden kann. Freilich muss deutlich werden, welche Übertragungen zustimmungspflichtig sind. Außerdem darf de facto nicht doch eine freie Übertragbarkeit möglich sein. Einheitlich im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG zu verfügen ist somit nicht möglich, wenn sich die Zustimmungspflicht zum Beispiel nur auf sehr wenige Fälle erstrecken würde und die Anteile ansonsten frei übertragbar wären. 275

Wehage, ErbStB 2009, 148 (152). Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (312). 277 Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13b Rn. 208. 278 Siehe dazu auch die Gestaltung eines Gesellschaftervertrags einer Familiengesellschaft in BeckFormB BHW / Wentrup, IX. 10. III. § 8 f. 279 Vgl. Fn. 166 auf Seite 55. 276

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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Zum anderen muss sichergestellt werden, dass Übertragungen allein vom Willen des Pools getragen werden280. Denn die Poolmitglieder sollen als Einheit Einfluss auf die zukünftige Besetzung des Gesellschafterkreises nehmen können.281 Dies ist der Fall, wenn eine Übertragung der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder bedarf. Wird ein Anteil nämlich ohne die erforderliche Zustimmung übertragen, ist die Verfügung nicht einheitlich vorgenommen worden. Insofern unterscheidet sich die hiesige Regelung von einigen anderen Regelungen, die die Übertragbarkeit einschränken sollen. So besteht in der Literatur zu Recht Einigkeit darüber, dass allein weder die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts282 noch Bestimmungen zu Vorerwerbs-283 bzw. Übernahme-284 bzw. Erwerbsrechten285 genügen, um eine einheitliche Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG annehmen zu können. Denn von diesen Rechten muss kein Gebrauch gemacht werden.286 Werden sie nicht ausgeübt, ist eine freie Verfügung möglich.287 Außerdem ist die Veräußerbarkeit lediglich von dem Verhalten des jeweiligen Berechtigten abhängig.288 Dass in Familienunternehmen noch weitere Einschränkungen vereinbart werden, ist daher ohne Bedeutung. Bedarf eine Übertragung von Anteilen der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder und werden Anteile entsprechend übertragen, ist also eine einheitliche Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG anzunehmen. c) Zwischenergebnis Eine einheitliche Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG ist nach einheitlichen Grundsätzen vorzunehmen. Dafür müssen klare Grundsätze determiniert sein, die sicherstellen, dass Übertragungen allein vom Willen des Pools getragen werden. De facto darf keine freie Übertragbarkeit möglich sein.

280

Vgl. Dutta, ZGR 2016, 581 (591 f.). Siehe dazu bereits oben Teil 3 C. III. 282 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 193; Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 20; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 67; Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (81); Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (530); von Oertzen, Ubg 2008, 57 (61); ebenso Wälzholz, MittBayNot 2013, 281 (283). 283 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 193; Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 20; Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (530); von Oertzen, Ubg 2008, 57 (61). 284 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 193; Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (530); von Oertzen, Ubg 2008, 57 (61). 285 K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (19). 286 Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 20 (zum Vorerwerbs- und Vorkaufsrecht). 287 ‌ Schwind, Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 67 (zum Vorkaufsrecht); K.  Weber / ZEV 2009, 16 (19) (zu Erwerberrechten). 288 Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (81) (zum Vorkaufsrecht). 281

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Sieht der Poolvertrag eine Regelung vor, die den Erwerberkreis bestimmt, kann eine einheitliche Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG angenommen werden. Eine solche Regelung benennt entweder die Erwerber konkret oder stellt Kriterien auf, nach denen Personen als Erwerber bestimmt werden können. Dabei können Familienmitglieder, familienfremde Poolmitglieder oder außenstehenden Dritte in den Erwerberkreis aufgenommen werden. Einheitlich im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG kann ferner verfügt werden, wenn der Poolvertrag vorsieht, dass die Übertragung der Anteile der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder bedarf.

II. Verpflichtung, ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 2 ErbStG) In der 2. Alternative fordert § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG, dass sich die Poolmitglieder dazu verpflichtet haben, ihre Anteile nur an Anteilseigner zu übertragen, die derselben Verpflichtung unterliegen. Nachfolgend wird ermittelt, in welchem Verhältnis die beiden in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG normierten Gestaltungsmöglichkeiten zueinanderstehen (1.) sowie ob der Erwerber im Zeitpunkt der Übertragung bereits Gesellschafter des Pools sein musste oder ob es ausreicht, wenn er dem Pool zeitgleich mit dem Erwerb der Anteile beitritt (2.). 1. Verhältnis der 2. Alternative zur 1. Alternative In § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG sind zwei Gestaltungsmöglichkeiten zur Einschränkung der freien Übertragbarkeit angeführt, die richtigerweise alternativ vereinbart werden können289. Entscheidend ist nämlich, dass die Person des Erwerbers im Voraus zu einem gewissen Umfang konkretisiert worden ist. Der Erwerber muss entweder konkret benannt bzw. nach zuvor festgelegten Kriterien bestimmbar sein (1. Alternative) oder aus dem Kreis der Poolmitglieder stammen (2. Alternative). Freilich kann die Verpflichtung, die Anteile nur an andere Poolmitglieder zu übertragen, bei entsprechender Ausgestaltung der Vereinbarung sowohl eine Verpflichtung im Sinne der 1. Alternative als auch der 2. Alternative darstellen. Denn 289

Daragan / Halaczinsky / Riedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 125; Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (896); Felten, DStR 2010, 1261 (1263); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 171; Hannes / Onderka, ZEV 2008, 16 (20); von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 73; Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (313); Riedel, ZErb 2013, 145 (147); vgl. auch Kögel /  Layer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (80); Wälzholz, MittBayNot 2013, 281 (283), verlangt dagegen ohne nähere Begründung die kumulative Vereinbarung beider Gestaltungsmöglichkeiten und weist dabei verkennend auf die Ansicht der Finanzverwaltung hin.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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eine Verpflichtung zur einheitlichen Verfügung im Sinne der 1. Alternative legt Grundsätze fest, nach denen eine Übertragung vorgenommen werden muss, und kann vorsehen, dass Anteile nur auf einen bestimmten Erwerberkreis übertragen werden können. Erstreckt sich dieser Erwerberkreis lediglich auf die anderen Poolmitglieder, so ergeben sich de facto keine Unterschiede zwischen einer Verpflichtung im Sinne der 1. Alternative und einer Verpflichtung nach der 2. Alternative. Insofern fallen in diesem Fall die beiden Alternativen zusammen.290 2. Zeitgleicher Poolbeitritt Gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 2 ErbStG müssen die Anteile auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner übertragen werden. Fraglich ist, ob der Erwerber als ein solcher Anteilseigner zu begreifen ist, wenn er vor der Übertragung noch kein Poolmitglied gewesen ist, sondern dem Pool erst mit dem Erwerb beitritt. Vereinzelt wird auf den Wortlaut abgestellt und verlangt, dass der Erwerber im Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile erstens bereits an der Hauptgesellschaft beteiligt und zweitens schon vor der Übertragung Mitglied des Pools gewesen sein müsse.291 Richtigerweise reicht dagegen gemäß dem überwiegenden Teil der Literatur der zeitgleiche, also der mit der Übertragung in engem zeitlichem Zusammenhang stehende Poolbeitritt aus.292 Seit 2011 wird diese Ansicht auch ausdrücklich von der Finanzverwaltung geteilt.293 Die Möglichkeit, über das Pooling in den Genuss der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung zu kommen, dient nämlich dem Zweck der Vorschrift, namentlich Familienunternehmen den Gene 290 Langenfeld, ZEV 2009, 596 (598 f.), und K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (17 ff.), zufolge stellt die 2. Alternative eine Variante der 1. Alternative dar. 291 Dafür Wehage, ErbStB 2009, 148 (149, 151). 292 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 124; Dutta, ZGR 2016, 581 (599); Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (896); Felten, DStR 2010, 1261 (1263); Fischer /  Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 196; Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 77; Hannes / Onderka, ZEV 2008, 16 (20); Hannes /  Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 21; Kapp / Ebeling /  Geck, ErbStG § 13b Rn. 68; Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (81); Kreklau, BB 2009, 748 (751); Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (528); Langenfeld, ZEV 2009, 596 (599); von Oertzen / Loose /‌ Stalleiken, § 13b Rn. 73; Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (313); Pauli / Maßbaum /  Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (256); Riedel, ZErb 2013, 145 (147); Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2234); Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13b Rn.  210; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 141; Wälzholz, MittBayNot 2013, 281 (284); Wilms / Jochum / Kirnberger, ErbStG § 13b Rn. 47. 293 Siehe BayLfSt, Verfügung vom 10. 1. 2011, S 3812b.1.1–1 St 34, DStR 2011, 413 (413); R E 13b.6 Abs. 4 S. 5 ErbStR 2011 (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts [Erbschaftsteuer-Richtlinie 2011 – ErbStR 2011] vom 19. Dezember 2011 [BStBl I Sondernummer 1/2011, 2]); R E 13b.6 Abs. 4 S. 5 ErbStR 2019.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

rationswechsel zu erleichtern.294 Werden Anteile in Familienunternehmen an die nächste Generation weitergegeben, ist es typisch, dass die Erwerber dem Pool noch nicht angehören, sondern diesem zeitgleich beitreten. Darüber hinaus ist für die Sicherung des Pooleinflusses ohne Bedeutung, ob der Beitritt vor, mit oder nach dem Erwerb der Anteile erfolgt. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass der Poolbeitritt eines neuen Gesellschafters als Grundlagengeschäft der Zustimmung sämtlicher Poolgesellschafter bedarf oder einer abweichenden Bestimmung im Poolvertrag.295 Außerdem werde anderenfalls lediglich provoziert, dass der Erwerber, bevor er die gewünschte Beteiligung erwirbt, erst eine sehr kleine Beteiligung übertragen bekommt und damit dem Pool beitritt.296

III. Einheitliche Ausübung des Stimmrechts gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern Als zweite konstitutive Voraussetzung ist gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erforderlich, dass sich der Erblasser bzw. Schenker und die weiteren Poolgesellschafter untereinander dazu verpflichtet haben, das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. Eine solche Verpflichtung setzt zunächst eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Poolmitgliedern voraus.297 Klarzustellen ist, dass sich die Verpflichtung grundsätzlich auf alle Beschlüsse in der Hauptversammlung zu beziehen hat.298 Der Wortlaut in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die Stimmbindung nur für bestimmte Beschlussgegenstände vereinbart werden muss. Daher ist nicht nur eine Stimmbindung für typische Beschlüsse in Familienunternehmen zu fordern.299 Eine einheitliche Stimmrechtsausübung kann auf unterschiedliche Weise hergestellt werden. Der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG zufolge, „[muss] die Einflussnahme einzelner Anteilseigner zum Zwecke einer einheitlichen Willensbildung zurücktreten“300. Sodann werden vier Möglichkeiten aufgezeigt, die eine einheitliche Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 294

Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn.  124; Fischer / Pahlke / Wachter /  Wachter, ErbStG § 13b Rn. 196; Hannes / Onderka, ZEV 2008, 16 (20); Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2234); zustimmend Kreklau, BB 2009, 748 (751); Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (81); vgl. auch Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (896); zum Hintergrund der Einführung dieser Privilegierung siehe ausführlich bereits oben Teil 3 A.; zur Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG siehe auch Teil 3 C. 295 Siehe statt vieler Henssler / Strohn GesR / Servatius, BGB § 705 Rn. 73 m. w. N. 296 Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (896); Langenfeld, ZEV 2009, 596 (599); Schulz /  Lehmann, ZIP 2009, 2230 (2234); vgl. auch Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (81). 297 BFHE 264, 279 Rn. 25. 298 Ebenso BFHE 264, 279 Rn.  27; Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 201. 299 So hingegen Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2234 f.). 300 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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ErbStG gewährleisten können sollen. Die Stimmrechtsbündelung mittels Poolvertrag wird dabei nicht explizit genannt. Vielmehr werden die Bestimmung eines Sprechers, der Einsatz eines Aufsichts- oder Leitungsgremiums, der Stimmrechtsverzicht einzelner Anteilseigner sowie die stimmrechtslose Ausgestaltung der Anteile angeführt.301 Die Finanzverwaltung greift drei dieser vier Möglichkeiten auf. Demnach könne eine einheitliche Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG durch die Bestimmung eines Sprechers, den Einsatz eines Aufsichts- oder Leitungsgremiums sowie dem Stimmrechtsverzicht einzelner Anteilseigner erreicht werden.302 1. Bestimmung eines Aufsichts- oder Leitungsgremiums Um eine einheitliche Stimmrechtsausübung durch die Bestimmung eines Aufsichts- oder Leitungsgremiums zu erreichen, ist in der Hauptgesellschaft ein Gremium zu installieren, welches anstelle der Gesellschafterversammlung jedenfalls über alle wesentlichen Beschlussgegenstände entscheidet. In diesem Gremium müssen die Stimmrechte der Poolmitglieder durch ein entsandtes Poolmitglied ausgeübt werden.303 Als ein solches Gremium kommt gerade in Familienunternehmen der Beirat in Betracht. Dieser kann auch eine andere Bezeichnung wie zum Bespiel „Ältestenrat“, „Gesellschafterausschuss“, „Kuratorium“ oder „Familienrat“ tragen und als freiwilliges Organ304 zusätzlich neben dem obligatorischen Aufsichtsrat errichtet werden.305 Dem Beirat können nach Bedarf des jeweiligen Unternehmens verschiedene Funktionen zugesprochen werden. In Familienunternehmen kann er als Instrument der Family Business Governance306 nicht nur als Brückenbauer zwischen Familie, Gesellschaftern und Geschäftsführung307 oder zur Stärkung des Zusammenhalts und Einflusses der Familie308 eingesetzt werden, sondern auch als Moderator bei Konflikten zwischen Gesellschaftern oder Familienstämmen309, wenn er zum Bei-

301

Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. R E 13b.6 Abs. 5 S. 3 ErbStR 2019. 303 H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 143; K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (21). 304 BeckOK GmbHG / Jaeger, § 52 Rn. 82; MHLS / Giedinghagen, GmbHG § 52 Rn. 398; MüKoGmbHG / Spindler, § 52 Rn. 714. 305 So zum Beispiel in den Familienunternehmen Heraeus (Gesellschafterausschuss) und Haniel (Beirat), siehe Koeberle-Schmid / Groß / L ehmann-Tolkmitt, BB 2011, 899 (899). 306 Zum Beirat als Instrument der Family Business Governance Reich / Bode, ZIP 2017, 1798 (1798); Sanders, NZG 2017, 961 (965). 307 Kirchdörfer, Der Beirat in Familienunternehmen, S. 6. 308 Sanders, NZG 2017, 961 (967). 309 Erker, DStR 2014, 105 (106); Groß, ErbStB 2010, 216 (218); Habbe / Gieseler, NZG 2016, 1010 (1012); Heimeier, FS Bauer, 2010, S. 421 (425 f.); Reich / Bode, ZIP 2017, 1798 (1800); Sanders, NZG 2017, 961 (967). 302

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

spiel Pattsituationen auflösen kann310. Er kann ferner etwa mit Zustimmungspflichten ausgestattet werden.311 Eine entscheidende Rolle kann der Beirat außerdem bei der Unternehmensnachfolge übernehmen und die Befugnis zur Prüfung oder sogar zur Bestimmung eines Nachfolgers übertragen bekommen.312 Wegen der Satzungsstrenge nach § 23 Abs. 5 S. 1 AktG ergeben sich für die AG hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit des Beirats allerdings Besonderheiten. Demgemäß kann der Beirat in einer AG lediglich beratend unterstützen oder zur Sicherung von Geschäftsbeziehungen eingebunden werden.313 Damit durch den Einsatz eines Beirats das Stimmrecht im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG einheitlich ausgeübt werden kann, ist aber erforderlich, dass er anstelle der Gesellschafterversammlung jedenfalls über alle wesentlichen Beschlussgegenstände entscheidet. Dafür müssten auf das Gremium Kompetenzen übertragen werden, die das Gesetz der Hauptversammlung zuspricht.314 Eine Übertragung jener Kompetenzen ist in der AG allerdings unzulässig. Um eine einheitliche Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zu gewährleisten, kommt für die Poolmitglieder in der AG der Einsatz eines Beirats demnach nicht in Betracht. Dies gilt gleichermaßen für andere Aufsichts- bzw. Leitungsgremien. 2. Stimmbindungsvertrag Überdies kann mittels Stimmbindungsvertrags eine Verpflichtung zur einheit­ lichen Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begründet werden.315 Das Abstimmungsverhalten der Poolmitglieder in einer AG wird vornehmlich in Poolversammlungen ermittelt, die der Hauptversammlung vorgelagert sind. Die einzelnen Poolmitglieder sind sodann verpflichtet, in der anschließenden Hauptversammlung der Hauptgesellschaft entsprechend dem Ergebnis aus der Poolversammlung abzustimmen. Die Poolmitglieder können ihr Stimmrecht weiterhin jeweils selbst ausüben; eine dem Ergebnis aus der Poolversammlung entgegenstehende Abstimmung bleibt freilich möglich, kann aber ggf. Schadensersatzansprüche auslösen.316 310

Vgl. Heimeier, FS Bauer, 2010, S. 421 (426). Bollacher, DStR 2109, 2321 (2323); Erker, DStR 2014, 105 (105 f.); Groß, ErbStB 2010, 216 (218); Hennerkes / Binz / May, DB 1987, 469 (471 ff.); K.  W.  Lange, GmbHR 2006, 897 (900 f.); MHdB GesR Bd. 9/Scheller, § 17 Rn. 41. 312 Erker, DStR 2014, 105 (106 f.); Sanders, NZG 2017, 961 (966 f.); Wahl, FS Luik, 1991, S. 537 (556); A.  Wiedemann / Kögel, Beirat und Aufsichtsrat im Familienunternehmen, § 4 ‌ Becker, Rn. 10; vgl. MHdB GesR Bd. 9/Lieder / § 5 Rn. 34. 313 Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, § 1 II.; A. Wiedemann / Kögel, Beirat und Aufsichtsrat im Familienunternehmen, § 3 Rn. 27; vgl. MHdB GesR Bd. 9/Lieder / Becker, § 5 Rn. 16. 314 Vgl. dazu auch K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (21). 315 Vgl. Fn. 142 auf Seite 50. 316 Vgl. dazu auch bereits oben Teil 3 C. III. 1. b). 311

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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Die Stimmrechte der Poolmitglieder können aber auch gebündelt von zum Beispiel einem ausgewählten, mit Vollmacht ausgestatteten Poolmitglied ausgeübt werden.317 Dagegen ist eine Übertragung des Stimmrechts aufgrund des in der AG geltenden Abspaltungsverbots318 nicht möglich.319 3. Stimmrechtslose Anteile Im Hinblick auf das Pooling nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG stellt sich die Frage, ob stimmrechtslos ausgestaltete Aktien in diesem Sinne gepoolt werden können. Um dies annehmen zu können, müsste mittels stimmrechtsloser Ausgestaltung der Anteile eine einheitliche Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erzielt werden können. Das Stimmrecht stellt sowohl für einen Aktionär einer AG als auch für einen GmbH-Gesellschafter ein wesentliches Recht seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft dar.320 Im Grundsatz gewährt jede Aktie einer AG gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 AktG das Stimmrecht. In der GmbH hat grundsätzlich jeder Gesellschafter gemäß § 47 Abs. 2 GmbHG so viele Stimmen, wie er Geschäftsanteile hat. Während in der GmbH von § 47 Abs. 2 GmbHG abgewichen werden kann und einzelne Geschäftsanteile stimmrechtslos ausgestaltet werden können321, ist dies in der AG nur eingeschränkt möglich. Denn das Stimmrecht für Stammaktien kann nicht ausgeschlossen werden.322 Allerdings können Aktien in Gestalt von stimmrechtslosen Vorzugsaktien auch ohne Stimmrecht ausgegeben werden, vgl. § 12 Abs. 1 S. 2 AktG. Die Einfügung solcher stimmrechtslosen Vorzugsaktien ist bei Errichtung der Gesellschaft in der Satzung mit aufzunehmen bzw. bedarf später einer entsprechenden Satzungsänderung.323 Zu beachten ist, dass Vorzugsaktien ohne 317 BeckFormB GmbH-Recht / L orz, C. III. 1. Rn. 11; Eiling, NWB-EV 2019, 330 (336); ­Hannes  /  Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 § 3 Abs. 2, § 5 Rn. 33; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1404); Kreklau, BB 2009, 748 (749); D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (291); von Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1049); Scherer / Krause, Unternehmensnachfolge, § 14 Rn.  164; Wilms / Jochum / Kirnberger, ErbStG § 13b Rn. 48; vgl. von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn.  76; H.-U.  Viskorf / Schuck / Wälzholz /  S. Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 143; siehe zur Bevollmächtigung § 134 Abs. 3 AktG. 318 Grundlegend zum Abspaltungsverbot statt vieler BGH, Urteil vom 17. 11. 1986 – II ZR 96/86, NJW 1987, 780 (780) m. w. N. 319 Siehe Dutta, ZGR 2016, 581 (592). 320 Für den Aktionär Heidel / Wagner, AktG § 12 Rn. 2; Henssler / Strohn GesR / Wöstmann, AktG § 12 Rn. 1; für den GmbH-Gesellschafter Altmeppen, GmbHG § 47 Rn. 36; allgemein für die juristische Person vgl. Flume, Die juristische Person, § 7 II. 1., S. 201; vgl. auch A. Teichmann, Gestaltungsfreiheit, 1970, S. 218. 321 Henssler / Strohn GesR / Hillmann, GmbHG § 47 Rn. 26 m. w. N.; MüKoGmbHG / Drescher, § 47 Rn.  124 m. w. N.; Noack / Servatius / Haas /‌ Noack, GmbHG § 47 Rn. 67 ff.; siehe auch die Ausführungen von Fleischer, FS Köndgen, 2016, S. 201 (213 ff.). 322 H. Wiedemann, GesR I, S. 367. 323 J.  Koch, AktG § 139 Rn. 15; MüKo / Arnold, AktG § 139 Rn. 6; K.  Schmidt / Lutter /  Spindler / Bayer, AktG § 139 Rn. 10 f.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Stimmrecht gemäß § 139 Abs. 2 AktG nur bis zur Hälfte des Grundkapitals ausgegeben werden dürfen. Gerade für eine Familien-AG stellt die Ausgabe stimmrechtslos ausgestalteter Anteile eine überaus attraktive Gestaltungsmöglichkeit dar, trotz des Eintritts neuer Aktionäre in die AG den Einfluss der Familie in der Hauptversammlung unverändert zu erhalten. Auf diese Weise kann durch die Gewinnung neuer Aktionäre eine Steigerung des Eigenkapitals bewirkt werden, um zum Beispiel den Börsengang zu finanzieren, ohne eine Veränderung der Stimmrechtsmehrheiten hinnehmen zu müssen.324 Daraus ergibt sich aber, dass die Familie in einem Familienunternehmen selbst in der Regel keine bzw. nicht viele stimmrechtslose Vorzugsaktien hält. Zudem ist es theoretisch zwar möglich, die Generationsnachfolge mittels einer Umwandlung der Stammaktien in stimmrechtslose Vorzugsaktien zu gestalten. Wegen der Notwendigkeit einer Satzungsänderung und der Zustimmungspflicht der anderen Aktionäre325 ist die Umsetzung dieser Idee jedoch praxis­ fern326 und deshalb in der vorliegenden Untersuchung nicht zu beleuchten. Es ist allerdings denkbar, dass der Erblasser bzw. Schenker oder ein anderes Poolmitglied sowohl Stammaktien als auch stimmrechtslose Vorzugsaktien hält. a) Stimmrechtslos ausgestaltete Anteile als Gestaltungsmöglichkeit einer einheitlichen Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG aa) Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung Die Finanzverwaltung stellt klar, dass stimmrechtslos ausgestaltete Anteile nicht in die Poolvereinbarung miteinbezogen werden können.327 Dabei wird auf die Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG Bezug genommen; konkret darauf, „dass die Einflussnahme einzelner Anteilseigner zum Zwecke einer einheit 324

So teilte zum Beispiel die Henkel AG & Co. KGaA ihre Anteile 1985 in Stamm- und Vorzugsaktien, siehe https://www.zeitreise.henkel.de/?id=‌683638; Plate, in: Plate et al. (Hrsg.), Große deutsche Familienunternehmen, S. 279; bis heute besteht deren Grundkapital aus Stamm- und stimmrechtslosen Vorzugsaktien, siehe Nr. 6 Abs. 1 der Satzung der Henkel AG & Co. KGaA, Stand 16. 4. 2021, abrufbar unter https://www.henkel.de/re‌source/blob/ 1117144/a49d9c749aaef3ae785f1f0a2ed9dc0f/data/henkel-sat‌zung-2021-a5.pdf; allgemein siehe K. Schmidt / Lutter / Spindler / Bayer, AktG § 139 Rn. 6; vgl. auch J. Koch, AktG § 139 Rn. 2; MüKoAktG  /‌  Arnold, § 139 Rn. 4; Schaub, ZEV 1995, 82 (89); siehe aber auch die Ausführungen von Habersack, ZIP 2020, 2093 (2097 f.); zu den Vor- und Nachteilen der Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien für Familienunternehmen siehe Selent, Unternehmensführung in börsennotierten Familienunternehmen, 2021, S. 69 ff. 325 J. Koch, AktG § 139 Rn. 16; K. Schmidt / Lutter / Spindler / Bayer, AktG § 139 Rn. 11. 326 Siehe auch Bayer, ZGR 2002, 588 (591), für den deshalb eine nachträgliche Einführung der Vinkulierung für Publikumsgesellschaften ausscheidet. 327 R E 13b.6 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 ErbStR 2019; ebenso bereits R E 13b.6 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 ErbStR 2011.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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lichen Willensbildung zurücktreten muss“328. Voraussetzung dafür, dass Anteile im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gepoolt werden können, ist demnach die Möglichkeit mittels Ausübung des Stimmrechts Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zu nehmen. Dafür muss der Anteil aber mit einem Stimmrecht ausgestattet sein. Trotz Ablehnung in der Literatur teilte das bayrische Landesamt für Steuern diese Ansicht in seiner Verfügung vom 19. 3. 2013, die im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder erging.329 bb) Meinungsstand in der Literatur Die Ansicht der Finanzverwaltung stößt in der Literatur bis heute auf Kritik. Ein großer Teil der Stimmen in der Literatur befürwortet, dass stimmrechtslos ausgestaltete Anteile in die Poolvereinbarung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG miteinbezogen werden können.330 Dabei wird teilweise auf den Wortlaut abgestellt, gemäß dem lediglich verlangt wird, dass die Beteiligungen der Poolmitglieder insgesamt die Mindestbeteiligungshöhe erreichen. Mangels weiterer Voraussetzungen der Norm wird deshalb bezweifelt, dass darüber hinaus auch ein Stimmrecht tatsächlich vorhanden sein müsse.331 Wäre die Berücksichtigung stimmrechtlos ausgestalteter Anteile bei einem Zusammenschluss nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nicht möglich, sei des Weiteren die unterschiedliche Behandlung dieser Anteile im Rahmen von Satz 1 und Satz 2 des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nicht nachvollziehbar.332 Denn bei der Berechnung der vom Erblasser bzw. Schenker selbst unmittelbar gehaltenen Beteiligung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG sol 328 R E 13b.6 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 ErbStR 2019; ebenso bereits R E 13b.6 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 ErbStR 2011; siehe Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 329 BayLfSt, Verfügung vom 19. 2. 2013 – S 3812b.1.1–7/4 St 34, ZErb 2013, 153 (154). 330 Crezelius, in: Röthel / K. Schmidt (Hrsg.), Die Verträge der Familienunternehmer, S. 9 (27); Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 127 f., 130; Fischer / Pahlke /  Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 204; Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 62; Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 185 f.; Hannes /  von Freeden, Ubg 2008, 624 (626); Ihle, RNotZ 2009, 621 (637); Kapp /‌ Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 60; von Oertzen, Ubg 2008, 57 (62); Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (257); Riedel, ZErb 2013, 145 (148 ff.); Zipfel / Mühlhaus, ErbStB 2011, 313 (314); ohne Begründung Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (897); Kögel /  Layer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (79); vgl. auch Scholten / Korezkij, DStR 2009, 73 (77); K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (20); R. Werner, ZEV 2012, 244 (249 f.); wohl auch Richter /  C. Lange, in: Leible / Windthorst (Hrsg.), Nachfolgeplanung in Familienunternehmen, S. 99; der Gegenansicht gegenüber kritisch Mannek, ZEV 2012, 6 (11); H.-U. Viskorf /‌ Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 145. 331 Crezelius, in: Röthel / K. Schmidt (Hrsg.), Die Verträge der Familienunternehmer, S. 9 (27); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 204; Mannek, ZEV 2012, 6 (11); Riedel, ZErb 2013, 146 (148). 332 Mannek, ZEV 2012, 6 (11); Riedel, ZErb 2013, 146 (148).

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

len auch stimmrechtslos ausgestaltete Anteile miteinbezogen werden können.333 Ferner wird vorgebracht, dass anderenfalls bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien wegen der Möglichkeit des Wiederauflebens des Stimmrechts nach § 140 Abs. 2 AktG im Zeitpunkt der Übertragung eine Prüfung durch die Verwaltung erfolgen müsse.334 Ein starkes Argument liefere schließlich die Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG.335 Um die Stimmrechte einheitlich auszuüben, wird dort nämlich nicht nur die Möglichkeit aufgezeigt, einen gemeinsamen Sprecher oder ein Aufsichts- oder Leitungsgremium zu bestimmen, sondern es werden auch der Stimmrechtsverzicht sowie Anteile, die von vornherein stimmrechtslos ausgestaltet sind, ausdrücklich aufgeführt.336 Dass von der Finanzverwaltung neben der gemeinsamen Bestimmung eines Sprechers oder eines Aufsichts- oder Leitungsgremiums nur die Möglichkeit des Stimmrechtsverzichts übernommen worden ist und stimmrechtslos ausgestaltete Anteile hingegen nicht aufzählt werden337, wird in der Literatur kritisiert. Es mache keinen Unterschied, ob ein Anteilsinhaber auf sein Stimmrecht verzichtet oder die Beteiligung von vornherein stimmrechtslos ausgestaltet ist.338 Im letzteren Fall habe der Anteilsinhaber vielmehr bereits im Zeitpunkt der Übernahme des stimmrechtlos ausgestalten Anteils die Beschränkung des Stimmrechts deutlich gemacht.339 Dagegen schließt ein anderer Teil der Literatur ebenso wie die Finanzverwaltung die Möglichkeit aus, stimmrechtslos ausgestaltete Anteile in einen Zusammenschluss nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG einzubringen.340 Begründet wird

333 Vgl. dazu BayLfSt, Verfügung vom 19. 2. 2013 – S 3812b.1.1–7/4 St 34, ZErb 2013, 153 (153 f.); Felten, ZEV 2012, 84 (86); Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 42.1; Mannek, ZEV 2012, 6 (11); Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13b Rn. 22; Moench / Weinmann / Weinmann, ErbStG § 13b Rn. 58; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 49; Troll /  Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13b Rn. 200; siehe auch R E 13b.6 Abs. 1 S. 2 ErbStR 2019. 334 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 128; Riedel, ZErb 2013, 146 (148); Zipfel / Mühlhaus, ErbStB 2011, 313 (314). 335 Crezelius, in: Röthel / K. Schmidt (Hrsg.), Die Verträge der Familienunternehmer, S. 9 (27); Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 60; Mannek, ZEV 2012, 6 (11); Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13b Rn. 31; Riedel, ZErb 2013, 146 (148); vgl. auch H.-U.  Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 145. 336 Siehe dazu Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 337 Siehe R E 13b.6 Abs. 5 S. 3 ErbStR 2019. 338 Crezelius, in: Röthel / K. Schmidt (Hrsg.), Die Verträge der Familienunternehmer, S. 9 (27); Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn.  127; Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 204; Riedel, ZErb 2013, 146 (148); Zipfel / Mühlhaus, ErbStB 2011, 313 (314); vgl. auch Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13b Rn.  31; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 145. 339 Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 60; Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13b Rn. 31; vgl. auch Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 186. 340 Gelhaar / Saecker, ZEV 2012, 358 (360); Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmensund Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 23; Moench / Weinmann / Weinmann, ErbStG § 13b Rn. 73; Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk /‌ Jülicher, ErbStG § 13b Rn. 200.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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diese Ansicht von Gelhaar / Saecker mit dem Sinn und Zweck der Privilegierung:341 Eine steuerrechtliche Entlastung setze gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG eine unmittelbare Beteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent voraus. Ab dieser Beteiligungshöhe werde dem Anteilsinhaber nach der Gesetzesbegründung ein unternehmerisches Interesse zugeschrieben. Er könne in dem Unternehmen Einfluss nehmen und gemäß § 179 Abs. 2 AktG das Zustandekommen von satzungsändernden Beschlüssen verhindern. Anteile, die nicht mit einem Stimmrecht ausgestattet sind, seien aber nicht geeignet, diese Sperrminorität zu bilden. Deshalb komme auch deren Einbeziehung in die Poolvereinbarung nicht in Betracht. cc) Stellungnahme Ob stimmrechtslos ausgestaltete Anteile im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gepoolt werden können, ist davon abhängig, ob die zu poolenden Anteile tatsächlich mit einem Stimmrecht ausgestattet sein müssen, damit eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG möglich ist. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG setzt die Verpflichtung voraus, das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich „auszuüben“. Aus dem Wortlaut geht nicht eindeutig hervor, ob das Stimmrecht tatsächlich ausgeübt werden können muss oder ob auch stimmrechtslos ausgestaltete Anteile gebunden werden können und die Verpflichtung in dem Fall ins Leere geht. In der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG sind stimmrechtslos ausgestaltete Anteile bei der Aufzählung von Möglichkeiten, das Stimmrecht einheitlich auszuüben, zwar ausdrücklich aufgenommen worden.342 Allerdings steht Satz 2 des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG im Zusammenhang mit Satz 1. Auch in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG ist ein Teil der Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, damit Kapitalanteile begünstigungsfähiges Vermögen darstellen, normiert. Demnach ist unter anderem erforderlich, dass der Erblasser bzw. Schenker selbst unmittelbar zu mehr als 25 Prozent am Nennkapital der Gesellschaft beteiligt ist. Dabei ist hervorzuheben, dass dem Wortlaut in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG nach allein auf die kapitalmäßige Beteiligungsquote abgestellt wird. Erreicht der Erblasser bzw. Schenker selbst diese Mindestbeteiligungshöhe nicht, so wird ihm gemäß Satz 2 des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG eine zusätzliche Möglichkeit geboten, um gerade dieses Erfordernis zu erfüllen. Darüber hinaus hat Satz 2 des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG allerdings keinen Regelungsgehalt. Vielmehr ergänzt Satz 2 den Satz 1.

341 Gelhaar / Saecker, ZEV 2012, 358 (360); ebenso argumentiert auch van de Loo, GWR 2012, 407 (409), der gleichwohl stimmrechtslose Anteile so lange in der Poolvereinbarung zulässt und auch bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe miteinbezieht, wie mindestens eines der Poolmitglieder noch einen Anteil mit Stimmrecht hält. 342 Siehe Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Nur dann, wenn der Erblasser bzw. Schenker mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft hält, kann ihm der Begründung zu dem Entwurf eines JStG 1996 der Fraktionen CDU / CSU und FDP sowie der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG zufolge ein unternehmerisches Interesse zugeschrieben werden.343 Dem BVerfG „erscheint [diese Erwägung des Gesetzgebers] nicht unplausibel“344, da mit einer Beteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent eine Sperrminorität gebildet und das Zustandekommen von satzungsändernden Beschlüssen verhindert werden könne (vgl. § 179 Abs. 2 AktG bzw. § 53 Abs. 2 GmbHG). Demnach ist Anknüpfungspunkt für die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung die mögliche Einflussnahme eines Anteilseigners auf Beschlussfassungen in der Hauptgesellschaft durch das Bilden einer Sperrminorität. Das Bilden einer Sperrminorität setzt voraus, dass die Anteile mit einem Stimmrecht ausgestattet sind. Jedoch besitzt der Inhaber stimmrechtslos ausgestalteter Aktien in der Hauptversammlung der Hauptgesellschaft gar kein Stimmrecht.345 Folglich kann er gar keine Sperrminorität bilden bzw. nicht dazu „beitragen“, dass eine Sperrminorität gebildet wird, und auf diese Weise keinen Einfluss auf Beschlussfassungen nehmen, für die es gemäß § 179 Abs. 2 AktG bzw. § 53 Abs. 2 GmbHG mindestens einer Dreiviertelmehrheit bedarf. Insofern ist den Ausführungen von Gelhaar / Saecker346 beizupflichten. Überdies ist klarzustellen, dass zwischen einem Stimmrechtsverzicht auf Grund der Verpflichtung im Poolvertrag und einem von Anfang an stimmrechtslos ausgestalteten Anteil unterschieden werden muss. Kommt der Anteilsinhaber der Verpflichtung, auf sein Stimmrecht zu verzichten, nach und gibt keine Stimme ab, so unterscheiden sich die beiden Gestaltungsmöglichkeiten zwar im Ergebnis nicht.347 Dennoch ist der Stimmrechtsverzicht nicht mit stimmrechtslos ausgestalteten Anteilen gleichzustellen. Verzichtet ein Aktionär im Rahmen einer schuldrechtlichen Vereinbarung auf sein Stimmrecht, hält er einen Anteil, der ihm in der Hauptversammlung der Hauptgesellschaft grundsätzlich ein Stimmrecht gewährt. Es wird lediglich eine Vereinbarung eingegangen, auf dieses Stimmrecht zu verzichten und dementsprechend keine Stimme abzugeben. Dagegen steht dem Inhaber stimmrechtsloser Vorzugsaktien in der Hauptgesellschaft von vornherein gar kein Stimmrecht zu. Der Inhaber hätte hier also schon gar nicht die Möglichkeit, eine Stimme abzugeben, selbst dann nicht, wenn er wollte. Und genau dieser Unterschied ist entscheidend. Der Inhaber, der lediglich auf sein Stimmrecht verzichtet, könnte nämlich trotz der Vereinbarung, auf das Stimmrecht zu verzichten, 343

Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 158; Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35; siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 3 A. 344 BVerfGE 117, 1 (63); dieses Argument aufgreifend BVerfGE 138, 136 Rn. 189. 345 Vgl. auch Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 6 Rn. 195; wegen der Möglichkeit, dass das Stimmrecht gemäß § 140 Abs. 2 AktG auflebt, spricht H. Wiedemann, GesR I, S. 367, dem Inhaber von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ein latentes Stimmrecht zu. 346 Gelhaar / Saecker, ZEV 2012, 358 (360); siehe dazu bereits oben Teil 3 D. III. 3. a) bb). 347 In beiden Fällen wird keine Stimme abgegeben, und eine einheitliche Stimmabgabe ist somit möglich.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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abstimmen. Er könnte sich zwar im Innenverhältnis auf der Ebene der GbR schadensersatzpflichtig machen. Bei der Abstimmung in der Hauptgesellschaft würde seine Stimme aber dennoch zählen. Das Bilden einer Sperrminorität ist demnach möglich. Dagegen ist eine Stimmabgabe bei Halten eines stimmrechtslos ausgestalteten Anteils nicht zulässig. Damit eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG möglich ist, müssen die zu poolenden Anteile somit tatsächlich mit einem Stimmrecht ausgestattet sein. Die Finanzverwaltung348 sowie ein Teil der Literatur349 nehmen daher zu Recht an, dass stimmrechtslos ausgestaltete Anteile nicht im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gepoolt werden können. Es schließt sich die Frage an, ob stimmrechtslos ausgestaltete Aktien im Rahmen der Berechnung der Mindestbeteiligungshöhe bei der Ermittlung des Nennkapitals überhaupt Berücksichtigung finden. b) Einbeziehung stimmrechtsloser Anteile bei der Ermittlung des Kapitals der Gesellschaft? Ob zur Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers dessen maßgebliche Beteiligung ins Verhältnis zum gesamten Nennkapital der Gesellschaft oder nur ins Verhältnis zum stimmberechtigten Kapital der Gesellschaft gesetzt wird, kann ausschlaggebend dafür sein, dass der Erblasser bzw. Schenker die Mindestbeteiligungshöhe erreicht. aa) Beispielsfall Zur Verdeutlichung der Auswirkung dient folgendes Beispiel: Der Erblasser bzw. Schenker hält selbst Stammaktien in Höhe von zehn Prozent. Des Weiteren werden ihm weitere 15 Prozent über § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zugerechnet. Andere, nicht am Pool beteiligte Aktionäre halten stimmrechtslose Vorzugsaktien in Höhe von 25 Prozent. Wird die für den Erblasser bzw. Schenker maßgebliche Beteiligung (25 Prozent) ins Verhältnis zum gesamten Nennkapital der Hauptgesellschaft gesetzt, wäre er zu 25 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt. Eine erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung des Erwerbs der Anteile des Erblassers bzw. Schenkers nach §§ 13a, 13b ErbStG käme in diesem Fall nicht in Betracht. Wird dagegen die Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers (25 Prozent) nur ins Verhältnis zum stimmberechtigten Kapital der Gesellschaft (75 Prozent) ge 348 349

Fn. 327 auf Seite 84, Fn. 329 auf Seite 85. Fn. 340 auf Seite 86.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

setzt, so ergibt sich eine Beteiligungshöhe in Höhe von 33 1/3 Prozent für den Erblasser bzw. Schenker. Mithin würden die Anteile des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen. bb) Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung und Meinungsstand in der Literatur Gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist die Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers am Nennkapital der Gesellschaft entscheidend. Der Finanzverwaltung zufolge ist das Nennkapital der Gesellschaft gleichgesetzt mit dem Nennbetrag des Stammkapitals in der GmbH bzw. mit dem Nennbetrag des Grundkapitals in der AG.350 Bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers seien stimmrechtslos ausgestaltete Anteile grundsätzlich miteinzubeziehen.351 Ebenso werden von der Literatur352 stimmrechtslos ausgestaltete Vorzugsaktien berücksichtigt und die aus Stamm- und stimmrechtslosen Vorzugsaktien bestehende Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers ins Verhältnis zum gesamten Nennkapital der Gesellschaft gesetzt. cc) Stellungnahme Dem Wortlaut nach ist die Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers am Nennkapital der Gesellschaft entscheidend (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Demnach müsste die maßgebliche Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers ins Verhältnis zum gesamten Nennkapital der Gesellschaft gesetzt werden. Allerdings müssen nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht die zu poolenden Anteile tatsächlich mit einem Stimmrecht ausgestattet sein, damit eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG möglich ist. Denn nur dann kann eine Sperrminorität gebildet und somit ein unternehmerisches Interesse des Erblassers bzw. Schenkers angenommen werden.353 Führt man diese Argumentation konsequent fort, sind stimmrechtslos ausgestaltete Anteile bei der Berechnung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG weder im Dividenden noch im Divisor zu berücksichtigen. Dies gilt auch bei der Berechnung der vom Erblasser 350

R E 13b.6 Abs. 2 S. 1 ErbStR 2019. Erstmals angeordnet in R E 13b.6 Abs. 1 S. 2 ErbStR 2019; siehe indes bereits BayLfSt, Verfügung vom 19. 2. 2013 – S 3812b.1.1–7/4 St 34, ZErb 2013, 153 (153 f.). 352 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 112; Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13b Rn. 22; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 49; Troll / Gebel /  Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13b Rn.  200; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 106. 353 Siehe dazu bereits oben Teil  3 D. III. 3. a) cc). 351

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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bzw. Schenker selbst unmittelbar gehaltenen Beteiligung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG.354 Folgerichtig ist, die maßgebliche, aus Stammaktien bestehende Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers allein ins Verhältnis zum stimmberechtigten Kapital zu setzen.355 Der Wert dieses Quotienten spiegelt die tatsächlichen Möglichkeiten der Einflussnahme durch die Ausübung von Stimmrechten wider. Überdies verdeutlicht ein Vergleich mit Anteilen, die die Gesellschaft selbst hält, dass stimmrechtslos ausgestaltete Anteile bei der Berechnung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers gänzlich unberücksichtigt bleiben. Hält die Gesellschaft selbst Anteile an der Gesellschaft, mindern diese das Nennkapital der Gesellschaft und erhöhen folglich die Beteiligungsquote des Gesellschafters.356 Hält eine GmbH selbst Anteile, ruhen die Stimmrechte aus diesen Geschäftsanteilen.357 Für die AG ist das Ruhen der Rechte aus den eigenen Anteilen ausdrücklich in § 71b AktG normiert. Die Möglichkeit, Einfluss auf die Beschlussfassung in der Hauptgesellschaft nehmen zu können, ist also ebenso wenig gegeben, wie beim Halten von stimmrechtslos ausgestalteten Aktien. c) Zwischenergebnis Unternehmerisches Interesse zu haben bedeutet durch das Bilden einer Sperrminorität Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen nehmen zu können. Die Bildung einer Sperrminorität setzt voraus, dass die Anteile mit einem Stimmrecht ausgestattet sind. Daher sind stimmrechtslos ausgestaltete Anteile bei der Berechnung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG weder im Dividenden noch im Divisor zu berücksichtigen. Bei Vorliegen stimmrechtslos ausgestalteter Anteile und Anteilen, die die Gesellschaft selbst hält, ist die Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG wie folgt zu berechnen:

354

A. A. Fn. 333 auf Seite 86. Vgl. auch die Überlegung von Riedel, ZErb 2013, 145 (150). 356 R E 13b.6 Abs.  2 S.  2 ErbStR 2019; Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 113; Schulz / Althof / Markl, BB 2008, 528 (533); H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 112; beachte, dass die Finanzverwaltung erst seit der Anweisung vom 25. 6. 2009 Anteile, die die Gesellschaft selbst hält, nicht mehr bei der Bestimmung des Nennkapitals berücksichtigt, Abschnitt 21 Abs. 2 S. 2 AEErb (Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 25. Juni 2009, Anwendung der geänderten Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes [BStBl I 2009, 713]). Gemäß R 53 Abs. 2 S. 2 ErbStR 2003 (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Erbschaftsteuerund Schenkungsteuerrechts [Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003 – ErbStR 2003] vom 17. März 2003 [BStBl I Sondernummer 1/2003, 2]) führten sie bis dahin zu keiner Minderung des Nennkapitals der Gesellschaft und sollten bei der Prüfung der Beteiligungshöhe eines Gesellschafters nicht ausscheiden. 357 BGH, Urteil vom 30. 1. 1995 – II ZR 45/94, NJW 1995, 1027 (1028). 355

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags  Summe der mit einem Stimmrecht ausgestalteten Anteile, die der Erblasser bzw. Schenker selbst unmittelbar hält und ihm nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zugerechnet werden Nennbetrag des Grundkapitals der AG abzüglich stimmrechtslos ausgestalteter Anteile sämtlicher Aktionäre und abzüglich Anteile, die AG selbst hält Abbildung 1: Berechnung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG bei Vorliegen stimmrechtslos ausgestalteter Anteile und Anteilen, die die Gesellschaft selbst hält

IV. Mindestbeteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent Das Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Kapitalanteile des Erblassers bzw. Schenkers gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigungsfähiges Vermögen darstellen können. Bedeutsam ist daher, welche Anteile bei der Berechnung der Mindestbeteiligungshöhe einbezogen werden können. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG setzt voraus, dass der Erblasser bzw. Schenker unmittelbar zu mehr als 25 Prozent am Nennkapital der Gesellschaft beteiligt ist. Demgemäß ist ausschließlich die Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers von Bedeutung.358 Daraus folgt, dass es auf die Höhe der Beteiligung des Erwerbers nicht ankommt. Ferner sind nicht nur Anteile, die die Gesellschaft selbst hält,359 sondern nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht auch stimmrechtslos ausgestaltete Anteile360 bei der Berechnung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nicht miteinzubeziehen. Auf besondere Beteiligungsformen wie zum Beispiel Treuhand361 wird aufgrund der Schwerpunktsetzung dieser Arbeit nicht eingegangen. Im Folgenden wird erörtert, ob eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gebildet werden kann, ohne dass dadurch die Möglichkeit der Privilegierung verloren geht (1.). Da der Erblasser bzw. Schenker sowohl gepoolte als auch nicht 358

Vgl. auch BVerfGE 138, 136 Rn. 195; kritisch BFHE 198, 342 (367); Fischer / Pahlke / Wachter /  Wachter, ErbStG § 13b Rn. 123; H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 2. c) aa); Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn.  41; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 102; ebenso Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 Fn. 61; indes wegen der „nicht unplausibel [erscheinenden]“ Begründung des Gesetzgebers offengelassen vom BVerfGE 117, 1 (63). 359 Siehe dazu Fn. 356 auf Seite 91 sowie Teil 3 D. III. 3. b) cc). 360 Siehe dazu ausführlich oben Teil 3 D. III. 3. 361 Siehe dazu statt vieler m. w. N. Milatz / Schulz, ZEV 2018, 366.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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gepoolte Anteile halten kann, wird anschließend unter 2. analysiert, ob bei der Berechnung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG dessen nicht gepoolten Anteile und sämtliche gepoolten Anteile addiert werden können. In dem Zusammenhang wird außerdem untersucht, ob die nicht gepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt erworben werden können, wenn der Pool die Mindestbeteiligungshöhe erreicht. 1. Unmittelbare Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers durch Bilden einer Personengesellschaft Schließen sich Gesellschafter zu einem Pool im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zusammen, bilden sie in der Regel eine GbR.362 Bringen sie zusätzlich ihre Anteile in den Pool ein, entsteht eine vermögensverwaltende GbR. Nachfolgend wird beleuchtet, ob der Erblasser bzw. Schenker in dem Fall noch im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG unmittelbar an der Hauptgesellschaft beteiligt sein kann. a) Erfüllung des Unmittelbarkeitserfordernisses durch Bilden einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft? Dem FG Köln zufolge können Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft unmittelbar am Nennkapital der Hauptgesellschaft im Sinne von § 13a Abs. 4 Nr. 3 S. 2 ErbStG a. F.363 beteiligt sein.364 Auch Stimmen in der Literatur erachten eine Begünstigung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG weiter für möglich, wenn Anteile in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft eingebracht werden.365 Demnach ist es nicht erforderlich, dass der Erblasser oder Schenker im zivilrechtlichen Sinne Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist, um unmittelbar im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG beteiligt zu sein.

362

Vgl. dazu bereits Teil  3 C. III. 1. b). § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG in der Fassung vom 27. 2. 1997 (BGBl I 1997, 378) entspricht § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG n. F. 364 FG Köln, Urteil vom 16. 11. 2011 – 9 K 3087/10, DStRE 2012, 429 (430 ff.). 365 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1080 f.); Daragan, ZErb 2013, 319 (321); Felten, DStR 2012, 1218 (1219 f.); Götz, NWB 2002, 3871 (3874); ders., ErbStB 2004, 84 (87); H. Hübner, DStR 2013, 2257 (2260); Kamps, FR 2009, 353 (356); van de Loo, GWR 2012, 407 (408); Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (254); Troll / Gebel / Jülicher46/Jülicher, ErbStG, § 13b Rn.  217; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz /‌ S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 110; Wohlschlegel, DStR 1997, 1589 (1592); siehe auch Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn.  49; von Oertzen / Loose /‌ Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 51; vgl. auch Schulz / Althof /  Markl, BB 2008, 528 (533). 363

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Zur Begründung wird dabei insbesondere auf § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG366 abgestellt.367 Nach dieser Vorschrift gilt der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung einer Personengesellschaft oder einer anderen Gesamthandsgemeinschaft als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter. Geht es um die Frage, ob eine Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG für den Erwerb der Anteile an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft in Betracht kommt, sei zunächst zu ermitteln, was Gegenstand der Zuwendung ist. Sodann sei zu prüfen, ob die Voraussetzungen aus §§ 13a, 13b ErbStG vorliegen.368 § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG kläre abschließend, dass der Anteil an der Kapitalgesellschaft den Erwerbsgegenstand darstelle und die Gesellschaft insofern transparent zu betrachten sei.369 Auch das FG Köln sieht in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG mangels Anhaltspunkten in der Gesetzesbegründung sowie dem Sinn und Zweck der Regelung keine Spezialregelung zu § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG.370 Ebenso wird in der Literatur vereinzelt betont, dass § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden sei.371 Ferner wird angeführt, dass durch das Unmittelbarkeitserfordernis in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG vielmehr andere Kapitalgesellschaften oder gewerbliche Personengesellschaften identifiziert werden sollen, für die § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG nicht gilt. Diese sollen von der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung ausgenommen werden, aber nicht die vermögensverwaltende Personengesellschaft.372 Darüber hinaus wird § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zur Begründung herangezogen und Bezug auf die ertragsteuerrechtliche Besteuerung genommen. Denn zur Ermittlung der Ertragsteuer findet § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO Anwendung. Demgemäß werden Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. In der Folge sei die vermögensverwaltende Personengesellschaft insofern transparent und werde wie eine Bruchteilsgemeinschaft behandelt.373 Diese 366 Durch Art. 2 Nr. 2 a bb JStG 1997 (BGBl I 1996, 2049) wurde § 10 Abs. 1 S. 3 ErbStG eingefügt, dessen Inhalt § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG n. F. entspricht. Neugefasst in § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG durch Art. 1 Nr. 8 a cc ErbStRG (BGBl I 2008, 3018). 367 FG Köln, Urteil vom 16. 11. 2011  – 9 K 3087/10, DStRE 2012, 429 (430 f.); Balmes /  Felten, FR 2009, 1077 (1080 f.); Götz, NWB 2002, 3871 (3873 f.); ders., ErbStB 2004, 84 (86 f.); H. Hübner, DStR 2013, 2257 (2259 f.); van de Loo, GWR 2012, 407 (408); Troll / Gebel /  Jülicher46/Jülicher, ErbStG, § 13b Rn.  217; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 110; Wohlschlegel, DStR 1997, 1589 (1592); sich der Argumentation des FG Köln anschließend Felten, DStR 2012, 1218 (1219); von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 51; die Begründung von Götz, ErbStB 2004, 84 (86 f.), befürwortend Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 49. 368 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1081); Götz, NWB 2002, 3871 (3873). 369 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1081). 370 FG Köln, Urteil vom 16. 11. 2011 – 9 K 3087/10, DStRE 2012, 429 (432 f.); sich anschließend van de Loo, GWR 2012, 407 (408). 371 H. Hübner, DStR 2013, 2257 (2259). 372 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1081); Götz, NWB 2002, 3871 (3874). 373 Vgl. FG Köln, Urteil vom 16. 11. 2011 – 9 K 3087/10, DStRE 2012, 429 (431); Götz, NWB 2002, 3871 (3872 f.); Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (254).

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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Betrachtung gelte auch im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG.374 Dass § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG durch das Statuieren des Erfordernisses einer unmittelbaren Beteiligung gegenüber § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO eine lex spezialis darstelle, ergebe sich weder aus dessen Sinn und Zweck noch aus der Gesetzesbegründung.375 Im Gegenteil: Hält eine vermögensverwaltende Personengesellschaft Kapitalanteile und wird sie für ertragsteuerrechtliche Zwecke im Rahmen der Besteuerung nach § 17 EStG gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO transparent behandelt, sei es widersprüchlich, eine andere Betrachtungsweise einzunehmen, wenn es um die Zuwendung eben dieser Anteile geht.376 Auch Milatz / F.  Müller kritisieren die Abweichung vom Transparenzprinzip, welches durch § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG Einzug ins ErbStG gefunden hat.377 Daragan beruft sich ferner auf die bisherige Rechtsprechung des BFH, der zur Ermittlung der Inhaberschaft des Gesellschaftsvermögens in Personengesellschaften im Einkommensteuerrecht das Transparenzprinzip heranzieht, und folgert daraus, dass auch im Erbschaftsteuerrecht eine Zuwendung durch die Gesellschafter anzunehmen sei.378 Überdies betonen Stimmen in der Literatur, dass die Gesellschafter durch das Einbringen der Anteile in den Pool engere Bindungen eingehen würden als beim bloßen Zusammenschluss. Auch aus diesem Grund sei die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung bei dem Erwerb solcher Anteile zu ermöglichen.379 Dadurch, dass sich kraft des Einbringens insbesondere die Bindungen betreffend der Beschränkungen der freien Übertragbarkeit der Anteile verstärken würden, sei dieser Gestaltungsweg im Besonderen für die Aktionäre in Familienunternehmen attraktiv.380 Das Familienvermögen könne auf diese Weise als Einheit verwaltet werden und im Interesse der Familie generationsunabhängig gehalten und genutzt werden.381

374

FG Köln, Urteil vom 16. 11. 2011 – 9 K 3087/10, DStRE 2012, 429 (431); Götz, NWB 2002, 3871 (3872 f.); ders., ErbStB 2004, 84 (86); Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (254); ebenso Felten, DStR 2012, 1218 (1219); siehe auch Kamps, FR 2009, 353 (356). 375 FG Köln, Urteil vom 16. 11. 2011 – 9 K 3087/10, DStRE 2012, 429 (432 ff.); ebenso Götz, ErbStB 2004, 84 (86). 376 FG Köln, Urteil vom 16. 11. 2011  – 9 K 3087/10, DStRE 2012, 429 (431 f.); Götz, NWB 2002, 3871 (3872 f.). 377 Milatz / F. Müller, GmbHR 2013, 940 (944 f.). 378 Daragan, ZErb 2013, 319 (320 f.). 379 H. Hübner, DStR 2013, 2257 (2260); Onderka / L asa, Ubg 2008, 309 (311); Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (255); siehe auch Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2231), die außerdem noch eine Regelungslücke annehmen und somit eine analoge Anwendung für mittelbar gehaltene Anteile vorschlagen. 380 D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (286). 381 Götz, ErbStB 2004, 84 (85).

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

b) Ausgestaltung als Innengesellschaft als Voraussetzung zur Erfüllung des Unmittelbarkeitserfordernis Dagegen wird von der Finanzverwaltung382 und dem BFH383 das Vorliegen der unmittelbaren Beteiligung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG verneint, wenn eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gebildet wird. Nach diesen zwei Entscheidungen des BFH im Jahr 2013 ist die Diskussion in der Literatur verhallt.384 Überwiegend folgt die Literatur385 nunmehr der Ansicht des BFH – aufgrund dessen überzeugender Argumentation zu Recht. Zunächst ist der Wortlaut der Begünstigungsvorschrift eindeutig. Entscheidend ist das zivilrechtliche Merkmal der Gesellschafterstellung in der Kapitalgesellschaft.386 Das Erfordernis der Unmittelbarkeit ist nicht nur bereits seit Einführung der Regelung normiert.387 Auch wurde im Rahmen der verschiedenen Reformen keine Korrektur vorgenommen.388 Des Weiteren ist § 10 ErbStG systematisch nicht im Bereich der Steuervergünstigungen nach §§ 13a, 13b ErbStG einzuordnen, weshalb § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG als Auslegungsmaßstab für § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG nicht geeignet ist.389 Mit der Einführung von § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG a. F.390 ist (lediglich) bezweckt worden, dass der Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft als gemischte Schenkung besteuert werden kann.391 382

R E 13b.6 Abs. 2 S. 3 ErbStR 2019; ebenso bereits R E 13b.6 Abs. 2 S. 3 ErbStR 2011. BFHE 241, 392 Rn. 11 ff.; BFH, Urteil vom 18. 9. 2013 – II R 63/11, GmbHR 2014, 270 Rn. 21; jeweils zu § 13a Abs. 4 Nr. 3 S. 1 ErbStG a. F., der § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG entspricht. 384 Siehe insbesondere Troll / Gebel / Jülicher46 / Jülicher, ErbStG, § 13b Rn. 217. Dort wurde noch vertreten, dass eine unmittelbare Beteiligung vorliegt. Seit Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk47 / Jülicher, ErbStG, § 13b Rn. 217, wird dann aber auf Grund der beiden Urteile des BFH aus dem Jahr 2013 davon abgeraten ein Gesamthandsvermögen zu bilden. 385 Siehe Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 100, 118; Fischer / Pahlke /  Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 107; Langenfeld, ZEV 2009, 596 (597); Meincke / Hannes /  Holtz, ErbStG § 13b Rn. 22; von Oertzen, Ubg 2008, 57 (61); Scherer / Krause, Unternehmensnachfolge, § 14 Rn. 168; Scholten / Korezkij, DStR 2009, 73 (76); Wälzholz, MittBayNot 2013, 281 (282 f.). 386 BFHE 241, 392 Rn. 14; BFH, Urteil vom 18. 9. 2013 – II R 63/11, GmbHR 2014, 270 Rn. 21; jeweils zu § 13a Abs. 4 Nr. 3 S. 1 ErbStG a. F. 387 BFHE 241, 392 Rn. 32 ff. 388 von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 51; anders dagegen Felten, DStR 2012, 1218 (1219 f.), der in der fehlenden Anpassung ein Argument dafür sieht, dass § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG gleichermaßen wie § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG auszulegen ist. 389 BFHE 241, 392 Rn. 17 (zu § 13a Abs. 4 Nr. 3 S. 1 ErbStG a. F.). 390 § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG entspricht § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG a. F., der durch Art. 2 Nr. 2 bb des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250) eingeführt wurde. 391 BFHE 241, 392 Rn. 20; vgl. dazu auch die Begründung des Berichts zu dem Entwurf eines JStG 1997 der Fraktionen der CDU / CSU und FDP (BT-Drs. 13/4839) der Abgeordneten Gisela Frick, Gerda Hasselfeldt, Dr. Barbara Hendricks, Christine Scheel und Dr. Uwe-Jens Rössel, BT-Drs. 13/5952, S. 42; vgl. auch Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 10 Rn. 25; von Oertzen / Loose / Fumi, ErbStG § 10 Rn. 9; kritisch H. Hübner, DStR 2013, 2257 (2259 f.). 383

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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Schließlich ist vorrangig zu ermitteln, ob § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als bereichsspezifische Auslegungsregel nicht von dem jeweiligen Steuergesetz verdrängt wird.392 Bei der Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wird für die steuerrechtliche Betrachtung die zivilrechtliche Gesamthand zerschlagen und dem einzelnen Beteiligten ein Bruchteil des Gesamthandsvermögens zugerechnet.393 Die Begünstigungsvorschrift des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG stellt jedoch ausdrücklich auf die unmittelbare Beteiligung ab.394 Es sind auch keine anderen Anhaltpunkte ersichtlich, die im Hinblick auf den Erwerb der Anteile an der Kapitalgesellschaft einen direkten Zugriff auf die Gesellschafter und somit eine personenbezogene Betrachtung erforderlich machen. Im Gegenteil ist eine Besteuerung in Bezug auf den Erwerb der Anteile an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft nicht ausgeschlossen, weshalb § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG eine lex spezialis zu § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO statuiert. Zudem weist § 17 EStG, bei dem § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO Anwendung findet, gegenüber § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG deutliche Unterschiede auf:395 Zum einen lässt der Wortlaut ausdrücklich sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Beteiligung zu. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG hingegen verlangt ausdrücklich nach einer unmittelbaren Beteiligung. Zum anderen wird im Rahmen von § 17 EStG auf das wirtschaftliche Eigentum abgestellt396. Somit ist ein Gesellschafter, der seine Beteiligung in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft eingebracht hat, an der Hauptgesellschaft nicht unmittelbar im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG beteiligt. 2. Einbeziehung von nicht gepoolten Aktien des Erblassers bzw. Schenkers Unterwirft ein Aktionär nur einen Teil seiner Aktien der Poolbindung, stellt sich die Frage, ob bzw. inwieweit die nicht gepoolten Aktien bei der Begünstigung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG berücksichtigt werden können. Gerade in größeren Familienunternehmen unterliegen mitunter nicht sämtliche Anteile eines Gesellschafters den Beschränkungen des Poolvertrags.397 Poolt der Erblasser bzw. Schenker nur einen Teil seiner Anteile kann die Einbeziehung seiner ungepoolten Anteile indes entscheidend dafür sein, dass er überhaupt die Mindestbeteiligungshöhe erreicht. Dem widmet sich die Arbeit im Folgenden. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu untersuchen, ob nicht nur der Erwerb der gepoolten Anteile des 392

Vgl. auch Hübschmann / Hepp / Spitaler / Fischer, AO / FGO, AO § 39 Rn. 298; Klein / Ratschow, AO § 39 Rn. 77; Tipke / Lang / Englisch, Steuerrecht Rn. 5.141. 393 Hübschmann / Hepp / Spitaler / Fischer, AO / FGO, AO § 39 Rn. 297; Klein /‌ Ratschow, AO § 39 Rn. 80. 394 Siehe auch BFHE 241, 392 Rn. 26 ff. (zu § 13a Abs. 4 Nr. 3 S. 1 ErbStG a. F.). 395 BFHE 241, 392 Rn. 28 f. (zu § 13a Abs. 4 Nr. 3 S. 1 ErbStG a. F.). 396 Siehe dazu auch m. w. N. BeckOK EStG / Trossen, § 17 Rn.  247 ff.; Brandis / Heuermann /  Vogt, EStG § 17 Rn. 261; L. Schmidt / L evedag, EStG § 17 Rn. 76. 397 Schulz / Althof / Markl, BB 2008, 528 (532).

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Erblassers bzw. Schenkers, sondern auch der Erwerb seiner ungepoolten Anteile privilegiert werden kann, wenn der Erblasser bzw. Schenker aufgrund der Zurechnung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG die Mindestbeteiligungshöhe erreicht. Um die Bedeutung der Einbeziehung von nicht gepoolten Aktien des Erblassers bzw. Schenkers bei der Begünstigung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zu verdeutlichen, wird nachfolgend zwischen drei Sachverhalten differenziert: In Konstellation 1 hält der Erblasser bzw. Schenker selbst mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft (a)). Dagegen erreicht in Konstellation 2 weder der Erblasser bzw. Schenker selbst noch der Pool die Mindestbeteiligungshöhe. Vielmehr machen die gesamten im Pool gebundenen Anteile und die nicht gepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft aus (b)). In der dritten Konstellation sind im Pool mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft gebunden. Der Erblasser bzw. Schenker selbst erreicht die Mindestbeteiligungshöhe indes nicht (c)). a) Konstellation 1: Erblasser bzw. Schenker selbst erreicht Mindestbeteiligungshöhe In der ersten Konstellation erreicht der Erblasser bzw. Schenker selbst die Mindestbeteiligungshöhe. Beispiel  1: Der Erblasser bzw. Schenker hält unmittelbar 30 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft.

In Konstellation 1 kann der Erwerb von Anteilen des Erblassers bzw. Schenkers bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen unabhängig davon, ob die Anteile gepoolt sind, begünstigt werden. Da der Erblasser bzw. Schenker selbst zu mehr als 25 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt ist, greift richtigerweise § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG.398 b) Konstellation 2: Weder Erblasser bzw. Schenker selbst noch Pool erreicht die Mindestbeteiligungshöhe In Konstellation 2 erreicht weder der Erblasser bzw. Schenker selbst noch der Pool die Mindestbeteiligungshöhe. Vielmehr machen die gesamten im Pool gebundenen Anteile und die nicht gepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft aus.

398

Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1086); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 126; Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (530); Wehage, ErbStb 2009, 148 (153); vgl. auch Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 66.

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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Beispiel  2: Der Erblasser bzw. Schenker hält unmittelbar 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft. Davon sind fünf Prozent in einem Pool gebunden, der Bindungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG vorsieht. Jedoch sind im Pool nur insgesamt 15 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft gebunden, sodass die Mindestbeteiligungshöhe durch die gesamten der Poolvereinbarung unterworfenen Anteile nicht erreicht wird.

In dieser Konstellation entscheidet eine Einbeziehung der ungepoolten Aktien des Erblassers bzw. Schenkers darüber, ob dieser die Mindestbeteiligungshöhe überhaupt erreicht. Weder hält er selbst mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft noch wird die Mindestbeteiligungshöhe durch die im Pool gebundenen Anteile in ihrer Gesamtheit erreicht. Mithin würde die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung des Erwerbs von Anteilen des Erblassers bzw. Schenkers nur dann in Betracht kommen, wenn zu den gesamten im Pool gebundenen Anteilen die nicht gepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers addiert werden könnten und auf diese Weise mehr als 25 Prozent erreicht würden. Ein Teil der Stimmen in der Literatur befürwortet bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers, dass neben sämtlichen gepoolten Anteilen auch dessen nicht im Pool gebundenen Anteile berücksichtigt würden. Dies ergebe die sog. gesellschafterbezogene Auslegung. Vermittels dieser könne der Sinn und Zweck des Poolings, namentlich die Sicherung des dem Erblasser bzw. Schenker zugeschriebenen unternehmerischen Einflusses, realisiert werden.399 Demgegenüber lehnt ein anderer Teil der Stimmen in der Literatur zu Recht ab, dass der Erwerb von Anteilen des Erblassers bzw. Schenkers in Konstellation 2 eine erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung erfahren kann.400 aa) Beteiligungshöhe als Ergebnis einer Addition § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG bestimmt nicht, ob auch die ungepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers oder der anderen Poolmitglieder mitzuzählen sind. Zwar ist der Norm zu entnehmen, dass die Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers im Ergebnis eine Summe ist. Jedoch geht nicht eindeutig hervor, wie die beiden Summanden zu bestimmen sind. Der erste Summand kann entweder die Zahl der gesamten, dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile oder nur die Zahl seiner poolgebundenen Anteile sein. Zudem kommt als zweiter Summand nicht nur die Zahl der poolgebundenen Anteile der anderen Poolmitglieder in Betracht, sondern auch ebendiese Zahl vermehrt um deren nicht gepoolten Anteile. 399

Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1086), deren angeführtes Beispiel allerdings nicht zu dem beschriebenen Sachverhalt passt, sondern Konstellation 3 wiedergibt; K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (21). 400 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 135; Kreklau, BB 2009, 748 (748); von Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1055); Scholten / Korezkij, DStR 2009, 73 (77); Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk /‌ Jülicher, ErbStG § 13b Rn. 213.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

bb) Anteilsbezogene Auslegung § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist richtigerweise anteilsbezogen auszulegen, sodass lediglich „die Anteile“, die an die Beschränkungen der Poolvereinbarung gebunden sind, privilegiert erworben werden können.401 Die Anwendung des Satzteils „wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben“ ist nämlich auf beide Summanden zu erstrecken. Demnach werden über § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nur bestimmte Anteile addiert – und zwar Anteile, die eine Gemeinsamkeit aufweisen: die Poolbindung. Die Privilegierung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist somit nicht nur aufgrund der gepoolten Anteile möglich, sondern auch nur in Bezug auf diese.402 cc) Zivilrechtliche Selbstständigkeit der Anteile Bezogen auf die ungepoolten Anteile ist der Gesellschafter nicht verpflichtet, die Rechte entsprechend den Poolbindungen auszuüben.403 Im Gegenteil kann er die Rechte aus seinen Gesellschaftsanteilen aufgrund deren Selbstständigkeit404 unterschiedlich ausüben. Indem § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG eine Mindestbeteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent voraussetzt, sollen Gesellschafter identifiziert werden, die durch das Bilden einer Sperrminorität Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen nehmen können, weshalb ihnen ein unternehmerisches Interesse an der Kapitalgesellschaft zugeschrieben wird.405 Bei der Ermittlung dieser Mindestbeteiligung wird an Gesellschaftsanteile angeknüpft, bei denen erwartet wird, dass deren Rechte – insbesondere das Stimmrecht – einheitlich ausgeübt werden. Eine einheitliche Ausübung des Stimmrechts wird zum einen in Bezug auf die Gesellschaftsanteile angenommen, die der Erblasser bzw. Schenker selbst hält, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG. Dabei ist ohne Bedeutung, ob das Stimmrecht tatsächlich einheitlich ausgeübt wird oder ob die Anteile (teilweise) gepoolt sind406. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG stellt nämlich ausdrücklich und ausschließlich auf die unmittelbare Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers ab. 401

von Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1055); siehe dazu auch Schulz / Althof / Markl, BB 2008, 528 (532), die zugleich den Gesetzgeber auffordern, die Zusammenrechnung entsprechend einer gesellschafterbezogenen Auslegung zu normieren (ebd., S. 532 f.). 402 Vgl. auch Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 226. 403 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 226. Teilweise wird diskutiert, ob ein Poolmitglied aufgrund der Treupflicht verpflichtet ist, das Stimmrecht aus seinen ungebundenen Aktien entsprechend der Poolentscheidung auszuüben, siehe dazu Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 246 ff. 404 Siehe ausdrücklich für die GmbH § 15 Abs. 2 GmbHG. 405 Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 3 A. sowie Teil 3 D. III. 3. a) cc). 406 Siehe oben Konstellation 1 unter Teil 3 D. IV. 2. a).

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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Zum anderen wird in Bezug auf gepoolte Gesellschaftsanteile erwartet, dass das Stimmrecht einheitlich ausgeübt wird. Denn gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist eine einheitliche Stimmrechtsausübung zu gewährleisten. Freilich gilt die Poolbindung nicht für die ungepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers. Daher kann eine einheitliche Ausübung des Stimmrechts aus diesen Anteilen nur erwartet werden, wenn pauschal angenommen werden kann, dass sie entsprechend der Poolbindungen ausgeübt werden. Eine Ausübung in gleicher Weise ist zwar zu erwarten, wenn sich der Gesellschafter mit dem Pool stark identifiziert. Zum Beispiel kann die Mitgliedschaft in einem Familienpool ein Ausdruck der eigenen Identifikation mit der Familie bzw. dem Familienstamm sein. Das Poolmitglied positioniert sich innerhalb des Unternehmens als der Familie bzw. dem Familienstamm angehörend. Für eine Zusammenrechnung sämtlicher gepoolter Anteile sowie der nicht gepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers spricht in dem Fall, dass eine solche Identifikation oder Positionierung ein Merkmal der Person des Inhabers der Anteile ist und sich nicht nur auf gewisse Anteile bezieht. Allerdings steht weder fest, dass eine solche Identifikation auch tatsächlich vorliegt, noch ist nicht sicher, dass sie nicht schwindet. Zudem ist von Bedeutung, inwieweit das Poolmitglied Einfluss auf die Beschlussfassungen im Pool hat. Setzt sich in dem Pool die Stimmrechtsmehrheit stets neu zusammen oder ist der Erblasser bzw. Schenker Minderheitsgesellschafter in einem beherrschten Pool, kann die Beschlussfassung durchaus im Widerspruch zu seinen Interessen stehen. Beherrscht ein Poolmitglied den Pool dagegen als Mehrheitsgesellschafter, bestimmt er grundsätzlich den Inhalt der Beschlussfassung im Pool. Hält der Erblasser bzw. Schenker die für die konkrete Beschlussfassung im Pool erforderliche Mehrheit, kann ggf. von einer einheitlichen Ausübung der gepoolten und ungepoolten Stimmrechte des Erblassers bzw. Schenkers ausgegangen werden. Demgegenüber ist ungewiss, ob auch in Bezug auf die ungepoolten Anteile entsprechend den Poolbindungen verfügt bzw. übertragen wird. Die Gründe für das sog. Teilpooling können freilich vielseitig sein. Insbesondere in Familienunternehmen kann das Teilpooling eine Möglichkeit bieten, um sich eigenständig zu positionieren.407 In dem Fall ist ein einheitliches Auftreten der Poolmitglieder nur hinsichtlich der gepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers anzunehmen. Ferner kann das Poolen nur eines Teils von Aktien an einer börsennotierten AG lediglich eine Gestaltung zur Erlangung der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Vorteile bei gleichzeitiger Vermeidung von kapitalmarktrechtlichen Folgen408 sein, die mit einem solchen Zusammenschluss einhergehen können. 407

Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (46). Siehe dazu ausführlich auch Teil 5 B. I. 1. a) bb) (2). Umfassend zum Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG Teil 4.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Bereits diese Überlegungen zeigen, dass nicht pauschal angenommen werden kann, dass die Rechte der ungepoolten Anteile entsprechend den Poolbindungen ausgeübt werden. Daher kann eine einheitliche Ausübung der Rechte in Bezug auf die ungepoolten Anteile nicht erwartet werden. Vielmehr sind die gepoolten und die nicht gepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers selbstständig zu betrachten. dd) Zusammenspiel mit dem Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG Diese Trennung zwischen gepoolten und nicht gepoolten Anteilen setzt sich auch im Hinblick auf den Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG fort. Demnach muss die Poolbindung eine gewisse Zeit lang aufrechterhalten werden, damit die poolbedingte erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung vollständig erlangt werden kann.409 So sind nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht die gepoolten von den nicht gepoolten Anteilen zu trennen, wenn der Erwerber nach der Aufhebung der Poolbindung selbst zu mehr als 25 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt ist. Ein Verstoß gegen die Behaltensfrist ist allein danach zu beurteilen, ob die Poolbindung der ursprünglich gepoolten Anteile aufgehoben wird.410 Vor diesem Hintergrund wäre es widersinnig, die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung anzuerkennen, wenn weder der Erblasser bzw. Schenker selbst noch der Pool die Mindestbeteiligungshöhe erreicht. Denn es könnte nur im Hinblick auf einen Teil der Anteile das Fortbestehen der Poolbindung gefordert werden. Dagegen müsste nach einer Aufhebung der Poolbindung der erworbenen, gepoolten Anteile für den gesamten Erwerb eine entsprechende Nachsteuer erhoben werden. Zudem ist fraglich, ob die Mindestbeteiligungshöhe gehalten werden kann, wenn die im Pool gebundenen Anteile in Konstellation 2 noch nicht einmal die Mindestbeteiligungshöhe erreichen. Denn nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht stellt das anhaltende Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Nachsteuertatbestands nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG dar.411 Auch müssten Folgeprobleme beachtet werden, wie zum Beispiel, wenn der Erblasser bzw. Schenker seine Beteiligung auf mehrere Erwerber verteilt und die einzelnen Erwerber mangels Poolbindung aller Anteile des Erblassers bzw. Schenkers die Mindestbeteiligungshöhe nicht mehr erreichen.

409

Siehe zur Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG ausführlich Teil 3 E. Siehe ausführlich dazu Teil 3 E. II. 3. 411 Siehe ausführlich dazu Teil 3 E. II. 4. 410

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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ee) Zwischenergebnis § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist anteilsbezogen auszulegen. Wird die Mindestbeteiligungshöhe lediglich aufgrund der Zurechnung der Anteile der anderen Poolmitglieder gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erreicht, ist bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nur auf die Summe der im Pool gebundenen Anteile des Erblassers bzw. Schenkers und der weiteren Poolmitglieder abzustellen. Von diesen zu trennen sind die Anteile, die der Erblasser bzw. Schenker darüber hinaus noch hält und für welche die Poolbindungen nicht gelten. Jene Anteile sind erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich wie andere Vermögenswerte zu behandeln. Das unternehmerische Interesse eines Erblassers bzw. Schenkers wird eben nur deshalb vermutet, weil in einem Pool mehr als 25 Prozent der Anteile der Kapitalgesellschaft gebunden sind.412 Anderenfalls könnten zwei Gesellschafter, die jeweils zu 25 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt sind und sich zu einem Pool zusammenschließen, in dem sie jeweils ein Prozent gepoolt haben, die Mindestbeteiligungshöhe erreichen. Erreicht also weder der Erblasser bzw. Schenker noch der Pool die Mindestbeteiligungshöhe (Konstellation 2), ist der Erwerb von Anteilen des Erblassers bzw. Schenkers weder nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG noch nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigungsfähig. c) Konstellation 3: Nur Pool erreicht Mindestbeteiligungshöhe In Konstellation 3 sind im Pool mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft gebunden. Indes erreicht der Erblasser bzw. Schenker selbst die Mindestbeteiligungshöhe nicht. Beispiel 3: Wie in Beispiel 2, allerdings machen die im Pool gebundenen Anteile insgesamt mehr als 25 Prozent aus.

Anders als in Konstellation 2 erreicht der Erblasser bzw. Schenker in dieser Konstellation die Mindestbeteiligungshöhe gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG. Somit ist in jedem Fall der Erwerb seiner im Pool gebundenen Anteile privilegiert. Es stellt sich aber die Frage, ob auch der Erwerb seiner ungepoolten Anteile privilegiert werden kann. aa) Meinungsstand in der Literatur Die Mehrzahl der Stimmen in der Literatur befürwortet, dass die nicht im Pool gebundenen Anteile in Konstellation 3 ebenfalls erbschaft- bzw. schenkung 412 Siehe dazu Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35; vgl. auch Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 158.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

steuerrechtlich begünstigungsfähiges Vermögen darstellen.413 Der Erblasser bzw. Schenker habe dadurch, dass der Pool Beteiligungen bindet, die insgesamt mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft ausmachen, die Eigenschaft erworben, unternehmerisch interessiert zu sein. Diese Eigenschaft erstrecke sich auch auf dessen weitere, nicht gepoolte Anteile.414 Dagegen wird von anderen Stimmen in der Literatur abgelehnt, dass ungepoolte Anteile automatisch positiv „infiziert“ würden.415 Aus dem Wortlaut der Begünstigungsvorschrift ergebe sich, dass nur die der Poolbindung unterliegenden Anteile begünstigt werden sollten. Anderenfalls könne das Halten eines einzigen gepoolten Anteils ausreichen, damit die gesamte Beteiligung begünstigt erworben werden kann.416 bb) Stellungnahme Im Gegensatz zu Konstellation 2 wird dem Erblasser bzw. Schenker in dieser Konstellation deshalb ein unternehmerisches Interesse zugeschrieben, weil die Summe der im Pool gebundenen Anteile mehr als 25 Prozent ausmacht. Dass die ungepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers dadurch „infiziert“ werden, ist jedoch konsequent abzulehnen. Ebenso wie in Konstellation 2 spricht die zivilrechtliche Selbstständigkeit der Anteile sowie das Zusammenspiel mit dem Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG für die anteilsbezogene Auslegung und damit gegen die Erstreckung des unternehmerischen Interesses auf die ungepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers. Insofern ist auf die entsprechenden Ausführungen zu Konstellation 2 zu verweisen.417 Mithin können die gepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen begünstigt erworben werden. Indes ist der Erwerb ungepoolter Anteile nicht nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigungsfähig. Das Halten einer Poolaktie kann somit nicht zu einer Begüns-

413

Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 135; Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 66; Kreklau, BB 2009, 748 (748); Scholten /  Korezkij, DStR 2009, 73 (77); Schulz / Althof / Markl, BB 2008, 528 (532); Troll / Gebel / Jülicher /  Gottschalk  /‌  Jülicher, ErbStG § 13b Rn. 213; vgl. wegen deren Beispiels auch die Ausführungen von Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1086). 414 ‌ Markl, Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 136; Schulz / Althof / BB 2008, 528 (532); vgl. auch Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 66; Riedel, ZErb 2013, 146 (149), der gepoolte Anteile, die stimmrechtslos ausgestaltet sind, nicht für die Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers heranzieht, aber betont, dass sich das unternehmerische Interesse des Erblassers bzw. Schenkers auch auf diese Anteile auswirke. 415 Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (530); Wehage, ErbStb 2009, 148 (152 f.). 416 Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (530). 417 Siehe oben Teil  3 D. IV. 2. b) cc) und dd).

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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tigung des Erwerbs sämtlicher Anteile des Erblassers bzw. Schenkers führen, nur weil der Pool insgesamt die Mindestbeteiligungshöhe erreicht.418 Dagegen spricht auch nicht, dass die im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangenen Verfügung des bayrischen Landesamtes für Steuern vom 19. 3. 2013419 zufolge auch die stimmrechtslos ausgestalteten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers begünstigungsfähiges Vermögen darstellen, wenn der Erblasser bzw. Schenker die Mindestbeteiligungshöhe nicht selbst, sondern nur aufgrund der Zurechnung der gepoolten Anteile der anderen Poolmitglieder erreicht.420 Vereinzelt wird der Finanzverwaltung zugestimmt, da sich das dem Gesellschafter mit Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe zugeschriebene unternehmerische Interesse auch auf dessen stimmrechtslos ausgestaltete Anteile auswirke.421 Denn gemäß der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht können die stimmrechtslos ausgestalteten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers nicht positiv „infiziert“ werden. Damit der Erblasser bzw. Schenker als unternehmerisch interessiert gelten kann, muss er nämlich durch das Bilden einer Sperrminorität Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen nehmen können. Die Bildung einer Sperrminorität setzt jedoch voraus, dass die Anteile mit einem Stimmrecht ausgestattet sind. Mangels Stimmrechts zählen stimmrechtslos ausgestattete Anteile demnach nicht zum erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähigen Vermögen.422

V. Form des Poolvertrags in der AG Damit die Kapitalanteile des Erblassers bzw. Schenkers gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zum erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähigen Vermögen gehören können, muss der Poolvertrag bestimmte Anforderungen erfüllen. In § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist nicht bestimmt, ob die Wirksamkeit des Poolvertrags von einer bestimmten Form abhängig ist. In der Folge stellt sich die Frage, ob der Poolvertrag einer besonderen Form bedarf. Dem widmet sich die vorliegende Arbeit im Folgenden. 418

Dagegen ergibt sich Schulz / Althof / Markl, BB 2008, 528 (532 f.), zufolge ein zweifelhaftes Bild: Erreichen alle im Pool gebundenen Aktien die Mindestbeteiligungshöhe, kann das Halten einer einzigen Poolaktie dazu führen, dass weitere, nicht poolgebundene Aktien des Erblassers bzw. Schenkers begünstigt erworben werden können. Dagegen unterfällt eine Beteiligung des Erblassers bzw. Schenkers in Höhe von 25 Prozent keiner Privilegierung nach § 13a Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, wenn auch die im Pool gebundenen Aktien aller Poolmitglieder nicht mehr als 25 Prozent ausmachen. Zu beachten ist dabei, dass Schulz / Althof / Markl in Kostellation 3 die Begünstigung auch auf die nicht gepoolten Anteile erstrecken, aber in Konstellation 2 bei der Ermittlung der maßgeblichen Beteiligungshöhe die Zusammenrechnung verneinen. 419 BayLfSt, Verfügung vom 19. 2. 2013 – S 3812b.1.1–7/4 St 34, ZErb 2013, 153. 420 BayLfSt, Verfügung vom 19. 2. 2013 – S 3812b.1.1–7/4 St 34, ZErb 2013, 153 (154). 421 Riedel, ZErb 2013, 146 (149). 422 Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 3 D. III. 3.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

1. Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung und Meinungsstand in der Literatur Der Finanzverwaltung423 sowie einzelnen Stimmen in der Literatur424 zufolge muss sich die Poolvereinbarung im Besteuerungszeitpunkt aus dem Gesellschaftsvertrag oder einer schriftlichen Vereinbarung ergeben. Dagegen nimmt die Mehrheit der Stimmen in der Literatur an, dass der Poolvertrag keiner besonderen Form bedürfe und somit formfrei möglich sei, wenn sich Gesellschafter einer AG zu einem Pool zusammenschließen.425 Dafür streite, dass das Gesetz kein Formerfordernis normiere.426 2. Stellungnahme Damit ein Aktionärspool formlos wirksam geschlossen werden kann, ist entscheidend, dass die in einem Poolvertrag vereinbarten Regelungen weder gesondert noch in ihrer Gesamtheit einer besonderen Form bedürfen. Um die Anforderungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zu erfüllen, ist eine Stimmrechtsbindung sowie eine entsprechende Verfügungsbeschränkung zu vereinbaren. Die Gesellschafter bilden dabei typischerweise eine Innen-GbR427, deren Gründung grundsätzlich formlos möglich ist428. Auch kann ein Stimmbindungsvertrag sowohl in der AG als auch in der GmbH formlos vereinbart werden.429 Dies gilt 423

R E 13b.6 Abs. 6 ErbStR 2019. Moench / Weinmann / Weinmann, ErbStG § 13b Rn.  69; Troll / Gebel / Jülicher /‌ Gottschalk /  Jülicher, ErbStG § 13b Rn. 212; sich der Finanzverwaltung anschließend Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13b Rn. 132; Riedel, ZErb 2013, 145 (148). 425 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1080); Eiling, NWB-EV 2019, 330 (332); Fischer / Pahlke /  Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 209 f.; Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 83; Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmensund Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 8, 16; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 61.1, 70; ‌ Hannes  ­Meincke / / Holtz, ErbStG § 13b Rn. 27; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 65; Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (310); Scherer / Krause, Unternehmensnachfolge, § 14 Rn.  169; Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (255); Priester, FS Reuter, 2010, S.  1139 (1140); H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13b Rn. 128; S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 245, 343; Wehage, ErbStB 2009, 148 (154); vgl. auch D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (283); MHdB GesR Bd. 7/Reich, § 76 Rn. 21. 426 Felten, ZEV 2010, 627 (627); Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 18; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 65; Onderka /  Lasa, Ubg 2009, 309 (310); so auch Wachter, ErbR 2016, 114 (118), der hervorhebt, dass weder § 23 AktG noch § 179 ff. AktG direkt oder analog Anwendung finden. 427 Vgl. dazu bereits oben Teil  3 C. III. 1. b) sowie Teil  3 D. IV. 1. 428 In Bezug auf die GbR allgemein Henssler / Strohn GesR / Servatius, BGB § 705 Rn. 27; MüKoBGB / Schäfer, § 705 Rn.  32; Dauner-Lieb / Langen / Heidel, BGB Schuldrecht, § 705 Rn. 141. 429 Für die AG BGH, Urteil vom 25. 9. 1986 – II ZR 272/85, NJW 1987, 890 (891); BeckOGK AktG / Rieckers, § 136 Rn. 51; Grigoleit / Herrler, AktG § 136 Rn. 27; KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 115; für die GmbH BFHE 264, 279 Ls. 2, Rn. 27; Herriger, MittRhNotK 1993, 269 (269). 424

D. Der Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG

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nach herrschender Meinung richtigerweise auch dann, wenn der Stimmbindungsvertrag satzungsändernde Beschlüsse zum Ziel hat.430 Indes liegt die Beweislast, dass diese Vereinbarung tatsächlich besteht, bei demjenigen, der sich auf diese beruft.431 Außerdem bedarf die geforderte Verfügungsbeschränkung in einer AG keiner bestimmten Form.432 Ein anderes ist weder dem AktG noch § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zu entnehmen. Auch hat der BFH betreffend einer Poolvereinbarung bei einer GmbH lediglich klargestellt, dass sich die Verfügungsbeschränkung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG entweder aus dem Gesellschaftsvertrag oder einer gesonderten Vereinbarung ergeben könne.433 Daraus geht indes nicht hervor, dass die Verfügungsbeschränkung eine bestimmte Form voraussetzt. Inwiefern dagegen der Poolvertrag in einer GmbH notariell beurkundet sein muss, weil die Verfügungsbeschränkung im Einzelfall eine Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils im Sinne von § 15 Abs. 4 GmbHG darstellt,434 kann in dieser Arbeit mangels Relevanz für die AG dahinstehen. Dem AktG ist eine § 15 Abs. 4 GmbHG entsprechende Norm nämlich fremd. Folglich ist entgegen der von der Finanzverwaltung und einzelnen Stimmen in der Literatur vertretenen Auffassung die Wirksamkeit eines Poolvertrags im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nicht von einer besonderen Form abhängig, wenn sich Gesellschafter einer AG zusammenschließen. Indes bietet es sich aus Beweisgründen an, den Zusammenschluss zumindest in Schriftform zu dokumentieren.435

430

Statt vieler S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 217 ff. m. w. N.; siehe für eine Stimmbindungsvereinbarung in einer GmbH, die sich auf eine Satzugsänderung bezog, OLG Köln, Urteil vom 25. 7. 2002 – 18 U 60/02, BeckRS 2003, 4618 Rn. 53 ff. 431 BFHE 264, 279 Rn. 27. 432 Zur grundsätzlichen Formfreiheit schuldrechtlicher Abreden in der AG siehe K. Schmidt /  Lutter / Fleischer, AktG § 54 Rn. 18. 433 BFHE 264, 279 Ls. 1, Rn. 20. 434 Für eine notarielle Beurkundungspflicht Felten, ZEV 2010, 627 (627); Fischer / Pahlke /  Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 210; Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 8, 16; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 61.1; Lohr, GmbHStB 2014, 301 (301); Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (255); Wehage, ErbStB 2009, 148 (154); R. Werner, StBW 2010, 700 (704); vgl. auch BeckFormB GmbH-Recht / L orz, C. III. 1. Rn. 4; Gluth, ErbStB 2009, 89 (91); Kamps, FR 2009, 353 (357); Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (531); Rowedder / Pentz / Ganzer, GmbHG § 47 Rn. 39; siehe aber auch Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13b Rn. 27, sowie von Oertzen /‌ Loose /  Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 65, die das generelle, auf § 15 Abs. 4 GmbHG gestützte Erfordernis einer notariellen Beurkundung ablehnen. 435 Vgl. Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 1 Rn. 23.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

E. Das Pooling und die Behaltensfrist Damit gepoolte Kapitalanteile begünstigungsfähiges Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG darstellen können, muss ein entsprechender Poolvertrag zum Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer bestehen.436 Es ist hingegen nicht erforderlich, dass er eine gewisse Vorlaufzeit bereits bestanden hat.437 Überdies ergibt sich aus § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nicht unmittelbar, dass der Erwerber selbst die Mindestbeteiligungshöhe erreichen oder dem Pool zwingend beitreten muss. Kapitalanteile können demnach selbst dann zum begünstigungsfähigen Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zählen, wenn der Erwerber gar nicht erst Poolmitglied wird oder die Aufhebung der Poolbindung direkt im Anschluss an den Erwerb erfolgt. Allerdings folgt mittelbar aus der Behaltensfrist nach § 13b Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG, dass der Poolvertrag auch nach dem Erwerb bis zum Ablauf der Behaltensfrist weiter bestehen muss und sogar, dass der Erwerber Poolmitglied werden bzw. bleiben muss438, damit nicht der Wegfall der Begünstigung droht. Dem widmet sich dieser Teil 3 E. Das Gesetz sieht in § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1–Nr. 5 ErbStG einen abschließenden439 Katalog an Nachsteuertatbeständen vor. Wird ein Nachsteuertatbestand verwirklicht, kann die ursprünglich festgesetzte Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit geändert werden. Denn der Verstoß gegen die Behaltensfrist stellt verfahrensrechtlich ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar.440 Mit der Möglichkeit, eine Nachsteuer zu erheben, wird auf ein dem ErbStG bekanntes Steuerungsinstrument zurückgegriffen. So wurden bereits im ErbStG 1951441 bestimmte Steuerbefreiungen gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 ErbStG a. F. an die Einhaltung einer zehnjährigen Behaltensfrist geknüpft. Auch das ErbStG von 1974442, 436

R E 13b.6 Abs. 1 S. 1 ErbStR 2019. Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 216; Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 59; Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 39; Kamps, FR 2009, 353 (356); Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap.  34 Rn.  7; Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13b Rn.  206; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13b Rn. 126; Wilms /  Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 211. 438 So auch Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13b Rn. 27; von Oertzen / Loose /‌ Stalleiken, ErbStG § 13b Rn. 62. 439 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 417; Kapp / Ebeling /‌ Geck, ErbStG § 13a Rn.  100; Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn. 194. 440 Vgl. dazu auch R  E  13a.12 Abs. 1 S. 4 ErbStR 2019; Daragan / Halaczinsky /‌ Riedel /  Riedel, ErbStG § 13a Rn. 177, der von einer „sozusagen“ auflösenden Bedingung spricht (ebd., Rn.  174); Moench / Weinmann / Weinmann, ErbStG § 13a Rn. 125, der dies als eine „gleichsam“ auflösende Bedingung bezeichnet; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 135, der eine auflösende Bedinung annimmt; Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn.  199; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 79. 441 Erbschaftsteuergesetz in der Fassung vom 30. 6. 1951 (ErbStG) (BGBl I 1951, 764). 442 Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom 17. April 1974 (BGBl I 1974, 933). 437

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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auf welches die darauffolgenden Neufassungen des ErbStG im Wesentlichen aufbauen, statuierte in § 13 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 und Nr. 3 S. 2 ErbStG a. F. die Möglichkeit des Wegfalls von zuvor gewährten Steuerbefreiungen. Ebenso wurde die durch das Standortsicherungsgesetz443 mit Wirkung ab dem 1. 1. 1994 eingeführte Steuer­ befreiung in Höhe von 500.000 DM für Betriebsvermögen mit einer Behaltensfrist versehen (vgl. § 13 Abs. 2a S. 3 ErbStG a. F.). Erwirbt ein Erbe bzw. Beschenkter gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt Kapitalanteile, darf unter anderem nicht gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 sowie Nr. 5 ErbStG verstoßen werden. Demnach fallen der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG, der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG und ggf. auch der Entlastungsbetrag nach § 19a ErbStG (vgl. § 19a Abs. 5 S. 1 ErbStG) zeitanteilig444 rückwirkend weg, wenn der Erwerber innerhalb von fünf bzw. sieben Jahren445 nach Erwerb der Kapitalgesellschaftsanteile die Anteile veräußert (vgl. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG) oder die Stimmbindung oder Verfügungsbeschränkung aufgehoben wird (vgl. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG).446 Dabei ist für die Verwirklichung des in § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG vorgesehenen Veräußerungsverbots unerheblich, ob im Sinne einer den Anforderungen des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG entsprechenden Poolregelung einheitlich veräußert worden ist.447 Aufgrund der Eigenständigkeit der einzelnen Nachsteuertatbestände und des eindeutigen Gesetzeswortlauts ist jegliche Veräußerung durch den Erwerber schädlich, und zwar unabhängig davon, wer die Anteile erwirbt.

443 Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz – StandOG) vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, 1569). 444 Siehe § 13a Abs. 6 S. 2 ErbStG. 445 Nach § 13a Abs. 10 S. 1 Nr. 6 ErbStG erhöht sich die Behaltensfrist auf sieben Jahre, wenn gemäß § 13a Abs. 10 S. 1 Nr. 1 ErbStG ein Verschonungsabschlag in Höhe von 100 Prozent gewährt wird. 446 Der Regierungsentwurf eines ErbStRG sah eine Behaltensfrist von 15 Jahren und den vollständigen Entfall der Begünstigung vor, siehe Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 8 f.; die heute für die Behaltensfrist maßgebliche Dauer von fünf bzw. sieben Jahren wurde mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz 2010 vom 22. 12. 2009 (BGBl I 2009, 3950) eingeführt; die Frist für zu kurz haltend BFHE 238, 241 Rn. 86; dagegen gebilligt BVerfGE 138, 136 Rn. 230; siehe dazu auch Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 409 ff. 447 So auch R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStR 2019; Daragan / Halaczinsky /‌ R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn. 269; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 181; Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2236); siehe dazu aber auch die Kritik von Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 250 f.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

I. Sinn und Zweck der Nachsteuertatbestände § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 ErbStG Die einzelnen Bedingungen, die zwecks Erhebung einer Nachsteuer verwirklicht sein müssen, sind im Kontext des Regelungskonzepts der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG insgesamt einzuordnen. Die endgültige Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer stellt ein komplexes System dar. Insbesondere in den Regelungen über die Behaltensfrist sowie die Lohnsumme kommt zum Ausdruck, dass die sachliche Steuerbefreiung nur in dem Fall gewährt werde, dass das Unternehmen fortgeführt wird, ohne dass sich der Personalbestand wesentlich vermindert.448 Die Nachsteuertatbestände bieten über den Zeitpunkt des Erwerbs hinaus eine Korrekturmöglichkeit, sodass auf die konkreten Entwicklungen in den nachfolgenden Jahren reagiert werden kann. Werden Kapitalanteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt erworben, soll der Nachsteuertatbestand Nr. 4 des § 13a Abs. 6 S. 1 ErbStG gewährleisten, dass das erworbene Vermögen eine gewisse Zeit bei dem Erwerber verbleibt. Ermöglicht indessen erst das Pooling die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung, soll durch die zusätzliche Bedingung gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verhindert werden, dass die erforderlichen Poolbindungen nur für eine kurze Zeit eingegangen worden sind, um die Privilegierung in Anspruch nehmen zu können.449 Anderenfalls würde die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung von Betriebsvermögen bzw. bestimmten Anteilen an einer Kapitalgesellschaft verfehlt. Von dem begünstigungsfähigen Vermögen gehe eine Gemeinwohlbindung aus.450 Der Erwerber solle aufgrund der Bindung des Vermögens in dem Unternehmen nicht (vollständig) mit der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer belastet werden.451 Die durch die Entlastung zur Verfügung stehenden liquiden Mittel sollten stattdessen dafür genutzt werden, notwendige Investitionen durchzuführen oder Maßnahmen zu finanzieren, die Arbeitsplätze erhalten.452 Werden diese Erwartungen enttäuscht, sei die Privilegierung hingegen nicht gewollt.453 448

Kempny, ZEV 2017, 677 (678). Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn.  92; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 132. 450 Siehe BVerfGE 93, 165 (175 f.); vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 12/4487 S. 47; Begr. Gesetzes­ entwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 157; siehe dazu auch ­Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 59; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn.  134; Wilms /‌ Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 13.4.; siehe dazu auch bereits oben Teil 3 A. 451 Vgl. Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 12/1108, S. 37; Begr. RegE, BT-Drs. 12/4487 S. 47; Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 157; Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/4839, S. 65, 67. 452 Begr. RegE, BT-Drs. 12/4487 S. 47; Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 158. 453 Siehe Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 158. 449

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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Auch das BVerfG stellte bereits 1995 klar, dass nur der Erwerber, der die Sozialbindung beibehält, die von dem ihm zugedachten Vermögen ausgeht, eine aus dem Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Privilegierung erfahren dürfe.454 Im Jahr 2013 billigte das BVerfG die Bestimmung einer Behaltensfrist als festen Bestandteil der gesetzlichen Ausgestaltung der Verschonungsregelungen nicht nur,455 sondern erkannte sie mit Blick auf das Gesamtkonzept der Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG als unverzichtbar an. Durch Regelungen wie die Haltefrist werde nämlich das förderungswürdige Vermögen erfasst und das Ziel der Begünstigung abgesichert.456

II. Der Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG Zielt der Erwerber gepoolter Anteile darauf ab, die Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG vollständig zu erhalten, ist er verpflichtet, die Poolbindung bis zum Ablauf der Behaltensfrist aufrechtzuerhalten, vgl. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG. Ein Verstoß gegen diesen Nachsteuertatbestand kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Erblasser bzw. Schenker selbst nicht unmittelbar zu mehr als 25 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt ist und somit die Mindestbeteiligungshöhe ohne das Pooling nicht erreicht hätte. Anderenfalls wäre der Erwerb bereits nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG privilegiert und ein Rückgriff auf Satz 2 nicht erforderlich. In dem Fall könnte der Erwerber lediglich gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG verstoßen. Eine Aufhebung der Poolbindung jeglicher Art schadet deshalb in dem Fall nicht mehr.457 Zum 1. 1. 2009 trat der Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG458 gleichzeitig mit der Möglichkeit, die Mindestbeteiligungshöhe gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG mittels Poolings zu erreichen, in Kraft. Indes hat die Finanzverwaltung erst mit dem AEErb vom 25. 6. 2009 Stellung bezogen. Vornehmlich bis zu diesem Erlass bot sich in der Literatur viel Raum für Diskussionen rund um den „neuen“ Nachsteuertatbestand. Nachfolgend widmet sich die Untersuchung verschiedenen Aspekten betreffend den Nachsteuertatbestand § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG. Zunächst soll erörtert werden, ob seitens eines ausgeschiedenen Poolmitglieds ein Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG vorliegt (1.). Anschließend wird behandelt, ob die Aufhebung der Poolbindung durch einen Zweiterwerber einen 454

BVerfGE 93, 165 (175 f.). BVerfGE 138, 136 Rn. 135 ff., 230. 456 BVerfGE 138, 136 Rn. 167. 457 So auch Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn. 262; H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 5. b) ee). 458 § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG entspricht § 13a Abs. 5 Nr. 5 ErbStG a. F., der durch Art. 1 Nr. 11 ErbStRG (BGBl I 2008, 3018) eingefügt wurde. 455

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Verstoß gegen die Behaltensfrist darstellt (2.). Zudem wird analysiert, ob von der Annahme eines Verstoßes abgesehen werden kann, wenn der Erwerber selbst im Zeitpunkt der Aufhebung die Mindestbeteiligungshöhe erreicht (3.). In diesem Zusammenhang soll auch beleuchtet werden, ob ein Verstoß anzunehmen ist, wenn alle Poolanteile auf einen Erwerber vereint werden. Abschließend wird untersucht, ob das Halten der Mindestbeteiligungshöhe ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal im Rahmen von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG darstellt (4.). 1. Ausscheiden eines Poolmitglieds aus dem Pool a) Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verlangt die „Aufhebung“ der Verfügungsbeschränkung oder Stimmrechtsbündelung zur Verwirklichung des Nachsteuertatbestands. Demnach ist der Tatbestand jedenfalls dann verwirklicht, wenn wegen der Aufhebung des Poolvertrags insgesamt die Poolbindung für alle Poolmitglieder endet.459 Der Poolvertrag kann unter anderem einvernehmlich durch alle Gesellschafter oder durch Zeitablauf aufgehoben werden. Des Weiteren folgt der Kündigung eines Gesellschafters gemäß § 723 BGB, dessen Tod gemäß § 727 BGB oder dessen Insolvenz gemäß § 728 BGB die Auflösung der Gesellschaft, wenn der Gesellschaftsvertrag keine entsprechende Fortsetzungsklausel vorsieht. Wird die GbR fortgesetzt (vgl. § 736 Abs. 1 BGB)460, stellt sich die Frage, ob die Poolbindung für das ausgeschiedene Poolmitglied im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG endet, wenn die Anteile nach dem Ausscheiden des Gesellschafters nicht mehr poolgebunden sind.461 Die Hinzuziehung der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG ist dabei wenig hilfreich. Denn in dieser wird lediglich auf den „Wegfall“462 jener Bindungen abgestellt. Das Bayerische Landesamt für Steuern hat die einseitige Kündigung als Auf­ hebung der Poolbindung qualifiziert.463 Indes ist das Ausscheiden eines Poolmitglieds von der Finanzverwaltung in der ErbStR 2019 nicht ausdrücklich als Verstoß gegen die Behaltensfrist angeordnet. Vielmehr trifft sie verschiedene Anordnungen, die den „Wegfall der Verfügungsbeschränkung oder der Stimmrechtsbindung“464 betreffen. R E 13a.17 Abs. 1 ErbStR 2019 zählt Sachverhalte auf, in denen die geforderte Verfügungsbeschränkung noch nicht verloren gehe. In Absatz 2 des 459

Nachträgliche Änderungen der Poolvereinbarung oder bestehender Verfügungsbeschränkungen oder Stimmrechtsbindungen, die die vorgeschriebenen Bindungen nicht aufheben, sind unschädlich, H.-U. Viskorf / Schuck /‌ Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 135. 460 Vgl. dazu Teil 3 F. I. 1. 461 Zum Verstoß durch den Zweiterwerber siehe Teil 3 E. II. 2. 462 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 34. 463 BayLfSt, Verfügung vom 11. 8. 2010 S 3812b.1.1–1 St 34, DStR 2010, 2134 (2134 f.). 464 R E 13a.17 ErbStR 2019.

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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R E 13a.17 ErbStR 2019 werden Tatbestände angeführt, bei deren Verwirklichung die Begünstigung wegfalle; dabei handelt es sich um einen nicht abschließenden („insbesondere“) Katalog (Nr. 1–Nr. 3). Nach Nr. 2 in R E 13a.17 Abs. 2 ErbStR 2019 nimmt die Finanzverwaltung einen Verstoß dann an, wenn die Poolvereinbarung aufgehoben wird. Insofern entspricht die Anordnung dem Gesetzeswortlaut in § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG. Allerdings ordnet die Finanzverwaltung einen Verstoß gegen die Behaltensfrist an, wenn die Beteiligung der Poolgesellschafter nur noch 25 Prozent oder weniger ausmacht, vgl. R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 3 ErbStR 2019.465 Als Auslöser für das Sinken sind dabei explizit, aber nur beispielhaft das Ausscheiden eines Poolgesellschafters und die Kapitalerhöhung genannt. Zudem wird in R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 ErbStR 2019 ein Verlust der Begünstigung für die Poolmitglieder, die dem Pool weiterhin angehören, angeordnet, wenn sämtliche im Pool gebundenen Anteile nach einer Übertragung von Anteilen die Höhe der Mindestbeteiligung nicht mehr erreichen. Allerdings wird dieser, in R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 ErbStR einzig aufgeführte Sachverhalt bereits von R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 3 ErbStR 2019 erfasst und dient mithin nur der Klarstellung. Ebenso ist R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStR 2019 – und damit dem Aufzählungsglied Nr. 1 in R E 13a.17 Abs. 2 ErbStR 2019 insgesamt – eine rein deklaratorische Wirkung zuzuschreiben. Denn die Finanzverwaltung stellt in R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStR 2019 lediglich klar, dass ein Poolmitglied selbst dann gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG verstößt, wenn die Anteile entsprechend den Poolbestimmungen übertragen werden.466 Dieser Anordnung ist eine Konkretisierung des Nachsteuertat­ bestands § 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 4 ErbStG beizumessen und schafft Rechtssicherheit. Darüber hinaus ordnet R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 ErbStR 2019 aber keinen Verstoß gegen § 13b Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG an. Dies ist auch nicht der Systematik zu entnehmen, wenngleich die Bestimmung in R E 13a.17 ErbStR 2019 und nicht in R E 13a.16 ErbStR 2019 aufgeführt ist. Kommt nach der Übertragung467 von Anteilen eines Poolgesellschafters bzw. nach dem Ausscheiden468 eines Poolmitglieds etwa aufgrund einer Kündigung sogar ein Verstoß seitens der Gesellschafter in Betracht, die weiterhin der Poolbindung unterliegen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass seitens des aus dem Pool ausgeschiedenen Gesellschafters keine Aufhebung im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG vorliegt. Wenn die verbliebenen Poolmitglieder nämlich einzig deswegen sanktioniert werden können, weil die Höhe der Poolbeteiligungen so weit gesunken ist, dass die Mindestbeteiligungshöhe nicht mehr erreicht wird, 465

Siehe dazu ausführlich Teil 3 E. II. 4. Anders noch die Anordnung gemäß Abschn. 14 Abs. 1 S. 4 AEErb, die bei einer Übertragung an Poolmitglieder einen Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 5 ErbStG a. F. bestimmt; dieser Anordnung kritisch gegenüber Söffing / T honemann, ErbStB 2009, 325 (331). 467 Vgl. R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 und Nr. 3 ErbStR 2019. 468 Vgl. R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 3 ErbStR 2019. 466

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

kann erst recht nicht derjenige, der dieses Absinken ausgelöst hat, mit dem Argument verschont bleiben, der Poolvertrag bestehe aufgrund des Zusammenschlusses der verbliebenen Poolgesellschafter noch. In der Literatur wird insofern richtigerweise einhellig vertreten, dass mit dem Ausscheiden eines Poolmitglieds bei diesem die Aufhebung der Poolbindung im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG einhergeht.469 b) Verhältnis der Nachsteuertatbestände nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 ErbStG zueinander Kündigt ein Poolmitglied seine Mitgliedschaft im Pool und hält es aber weiterhin die Anteile, kommt ein Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG mangels steuerschädlicher Veräußerung nicht in Betracht. Mithin ist allein entscheidend, ob der Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG in dem konkreten Fall verwirklicht worden ist. Das Ausscheiden aus dem Pool kann aber auch mit der Veräußerung der Kapitalanteile einhergehen. Werden poolgebundene Anteile weiterveräußert, stellt sich die Frage, wie die Nachsteuertatbestände Nr. 4 und Nr. 5 des § 13a Abs. 6 S. 1 ErbStG zueinanderstehen. Die Finanzverwaltung ordnet jedenfalls den Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG an.470 Daneben geht aus dem Schrifttum nicht eindeutig hervor, ob die Veräußerung poolgebundener Kapitalanteile als Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG und / oder § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG zu qualifizieren ist.471 Außer Frage steht, dass die Veräußerung der Anteile in jedem Fall einen Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG darstellt. Ob darüber hinaus aber auch ein Verstoß gegen Nr. 5 vorliegt, ist davon abhängig, ob die Anteile nach der Veräußerung noch der Poolbindung unterliegen. 469

Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1087 f.); Felten, ZEV 2010, 627 (630); Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 187; Meincke / Hannes /‌ Holtz, ErbStG § 13a Rn. 89; Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (315); (jedenfalls) für den Fall der Kündigung Daragan / Halaczinsky / R iedel /  Riedel, ErbStG § 13a Rn. 267; Dutta, ZGR 2016, 581 (600); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn.  469; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 154; MHdB GesR Bd. 7/Reich, § 76 Rn.  12; Moench / Weinmann / Weinmann, ErbStG § 13a Rn. 186; Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (531); von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 183; V. Schmidt / L eyh, NWB 2009, 2257 (2567); H.-U.  Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 137; Wilms /  Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 210; siehe auch von Oertzen, Ubg 2008, 57 (67); offenlassend Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2236). 470 R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStR 2019; siehe dazu auch bereits oben Teil 3 E. II. 1. a). 471 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 474, erkennt keinen Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG, sondern gegen Nr. 4 an; a. A. wohl Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 156, für den die Übertragung der Anteile an ein anderes Poolmitglied einen Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG darstellt; dagegen nehmen Meincke / Hannes /‌ Holtz, ErbStG § 13a Rn. 90, ausdrücklich sowohl ein Verstoß nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG als auch nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG an.

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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Allein die Veräußerung der Anteile führt nicht zur Aufhebung von deren Poolbindung. Vielmehr stellen die Poolbindungen in Form einer Nebenabrede individuelle Verpflichtungen dar und sind kein Bestandteil der Mitgliedschaft. Folglich gehen sie nicht ipso iure auf den Rechtsnachfolger über. Indes können in den Poolvertrag Bestimmungen aufgenommen werden, die die Poolmitglieder dazu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass der Erwerber die Aktien der Poolbindung zu unterwerfen hat.472 Tritt der Erwerber sodann zeitgleich mit dem Erwerb dem Pool bei, kann überdies die Verfügungsbeschränkung aus § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 2 ErbStG verwirklicht werden.473 Aus dem Umstand, dass der ausgeschiedene Poolgesellschafter nicht mehr an die Poolbestimmungen gebunden ist, folgt daher nicht, dass fortan die Anteile stets nicht mehr poolgebunden sind. Die Poolbindung kann nämlich von dem neuen Erwerber aufrechterhalten werden. Veräußert demnach der Erwerber (E1), der die Anteile nach §§ 13a, 13b ErbStG begünstigt erworben hatte, die Anteile und tritt der neue Erwerber (E2) dem Pool nicht bei, wird seitens E1 nicht nur gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG, sondern auch gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verstoßen. Dagegen liegt keine Aufhebung der Poolbindung im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG vor, wenn die Anteile nach der Veräußerung poolgebunden bleiben. Es ist jedoch zu beachten, dass E1 sodann davon abhängig ist, dass E2 die Anteile nicht innerhalb der noch von E1 einzuhaltenden Behaltensfrist von der Poolbindung löst oder ein anderer Umstand zu einem Wegfall der Begünstigung nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG führt. Daher sollte E1 bis zum Ablauf der Behaltensfrist das weitere Schicksal der gepoolten Anteile beobachten.474 Werden die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt erworbenen Anteile veräußert, handelt es sich bei der Einordnung, ob über einen Verstoß 472

D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (285 f.); siehe dazu den Formulierungsvorschlag in Münchener VertragsHdB Bd. 1/Favoccia, V. 105 § 8 Abs. 5; vgl. ferner Baumann / Reiss, ZGR 1989, 157 (158 f., 179). 473 Siehe dazu bereits oben Teil 3 D. II. 2. 474 Vgl. dazu auch sogleich Teil 3 E. II. 2. und die Regelung der Finanzverwaltung für den Fall, dass der Erwerber das begünstigte Vermögen weiterverschenkt: Die Schenkung innerhalb der Behaltensfrist selbst löst gemäß R E 13a.12 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 und Abs. 5 S. 1 ErbStR 2019 keinen Wegfall der Begünstigung aus. Verstößt aber der nachfolgende Erwerber innerhalb der für den vorangegangenen Erwerber noch nicht abgelaufenen Behaltensfrist gegen die Behaltensregelungen, fällt gemäß R E 13a.19 Abs. 5 S. 2 ErbStR 2019 ebenfalls die Verschonung des vorangegangenen Erwerbers zeitanteilig weg. So auch Daragan / Halaczinsky / R iedel /  Riedel, ErbStG § 13a Rn.  191 f.; Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 420; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 106; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn.  193; Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn. 247. Verschenkt demnach ein Erwerber Anteile, die er selbst nur aufgrund des Poolings erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt erworben hat, führt die Verwirklichung der Nachsteuertatbestände § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 ErbStG durch den nachfolgenden Erwerber so lange auch zu einem zeitanteiligen Wegfall der Begünstigung bei dem vorangegangenen Erwerber, bis dessen Behaltensfrist abgelaufen ist. Ihm schadet folglich sowohl die Veräußerung als auch die Aufhebung der Poolbindung durch den nachfolgenden Erwerber.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG hinaus zusätzlich auch der Nachsteuertatbestand gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verwirklicht ist, wohl vorwiegend um ein akademisches Problem. In der Praxis ist für die meisten Fälle relevant, dass jedenfalls ein Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG vorliegt und die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung wieder wegfällt. Indessen ist entscheidend, gegen welchen Nachsteuertatbestand konkret verstoßen wird, wenn eine nachsteuerunschädliche Übertragung einen Verstoß nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG (vorerst) ausschließt475. Dagegen bleibt es nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht wohl eine in der Praxis nicht weniger relevante Frage, ob konkret ein Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 ErbStG oder nur gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG vorliegt, wenn gepoolte Anteile veräußert werden und der Veräußerungserlös entsprechend der Reinvestitionsklausel nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 S. 3 und S. 4 ErbStG innerhalb von sechs Monaten investiert wird. Die Reinvestitionsklausel wurde mit dem ErbStRG Teil des Privilegierungskonzepts gemäß §§ 13a, 13b ErbStG. Demnach ist von der rückwirkenden Besteuerung abzusehen, wenn der Erlös innerhalb der jeweils nach § 13 Abs. 1 ErbStG begünstigungsfähigen Vermögensart verbleibt. Denn dann werde die Zweckbindung der Privilegierung aufrechterhalten, sodass auf die Nachsteuer verzichtet werden könne.476 Diese Möglichkeit ist allerdings nur den Nachsteuertatbeständen Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 des § 13a Abs. 6 S. 1 ErbStG vorbehalten. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG ist indes nicht aufgeführt.477 Dies erscheint zunächst auch folgerichtig. Denn aus der Aufhebung der Poolbindung selbst resultiert kein Veräußerungserlös, der investiert werden könnte.478 Verstößt ein Erwerber durch die Veräußerung gepoolter Anteile gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 ErbStG, muss aber von der rückwirkenden Besteuerung insgesamt abgesehen werden, wenn eine „Wiedergutmachung“ nach Satz 3 und Satz 4 des § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG erfolgt. Während § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG darauf abstellt, dass die Anteile bei dem Erwerber verbleiben, verlangt § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG die Poolbindung der Anteile auch über den Erwerb hinaus. Beide Anliegen treten aber zurück, wenn gepoolte Anteile veräußert werden und der Erlös entsprechend § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 S. 3 und S. 4 ErbStG reinvestiert wird. Diese Kompensationsleistung „berichtigt“ nämlich nicht nur den Verstoß gegen die Behaltensfrist im Hinblick auf das Veräußerungsverbot, sondern auch den Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG. So wurde in den politischen Debatten zum ErbStRG in Bezug auf die Reinvestitionsklausel betont, dass der „einzige […] schädliche Tatbestand für ein solches Familienunternehmen, das die Absicht verfolgt, umzustrukturieren, […] die Verlagerung von Betriebsvermögen

475

Wie zum Beispiel im Falle der Schenkung, siehe dazu Fn. 474 auf Seite 116. Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 34. 477 Daraus folgert von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 187, dass der Abschluss eines „neuen“ Poolvertrags die Aufhebung der Poolbindung nicht „heilen“ kann. 478 Vgl. auch Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 506. 476

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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ins Privatvermögen [ist]“479. Wird auf die rückwirkende Besteuerung sogar im Hinblick auf einen Erwerber verzichtet, der nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG zum Beispiel Anteile in Höhe von 50 Prozent begünstigt erworben hat, diese veräußert und den Erlös entsprechend reinvestiert, so muss erst Recht davon abgesehen werden, wenn ein Erwerber Anteile in Höhe von zehn Prozent veräußert, die er begünstigt nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erworben hat, und anschließend den Veräußerungserlös reinvestiert. Ob die Anteile poolgebunden waren oder nicht, ist nicht von Bedeutung. 2. Verstoß durch den Zweiterwerber Richtigerweise stellt das Weiterübertragen durch Schenkung480 oder Vererbung481 der Anteile keinen Verstoß gegen die Behaltensfrist dar. Erwirbt also ein Erwerber (Ersterwerber) erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigtes Vermögen, kann dieses innerhalb der Behaltensfrist durch Schenkung oder von Todes wegen auf einen Erben bzw. Beschenkten (Zweiterwerber) übergehen, ohne dass dem Ersterwerber der Wegfall der Begünstigung nach § 13a Abs. 6 ErbStG droht. Sodann stellt sich aber die Frage, ob künftig noch gegen die Behaltensfrist, die in Bezug auf den Erwerb des Ersterwerbers angelaufen ist, verstoßen werden kann. Das Veräußern der Anteile oder die Aufhebung der Poolbindung vor Ablauf jener Behaltensfrist durch den Zweiterwerber hätte dann den Wegfall der Privilegierung bei dem Ersterwerber zur Folge, obwohl gar nicht der Ersterwerber selbst, sondern der Zweiterwerber gegen die Behaltensfrist verstoßen hat. Vornehmlich in Familienunternehmen kann zum Beispiel der (plötzliche) Tod eines Familienmitglieds kurz nach dessen Erwerb der Kapitalanteile482 oder die Beteiligung der nachfolgenden Generation im Anschluss an einen Generationswechsel483 dazu führen, dass die Behaltensfrist beim Ersterwerber im Zeitpunkt der

479

Peer Steinbrück (Bundesminister der Finanzen) in der 2. und 3. Beratung zum ErbStRG vom 27. 11. 2008, BT-PlPr 16/190, S. 20456B; so auch Georg Fahrenschon (Bayern) zum ErbStRG am 5. 12. 2008, BR-PlPr 852, S. 442C. 480 R E 13a.12 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 und R E 13a.19 Abs. 5 S. 1 ErbStR 2019; Fischer / Pahlke /  Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 420; Kapp / Ebeling /‌ Geck, ErbStG § 13a Rn. 104; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn.  193; zustimmend Daragan / Halaczinsky / R iedel /  Riedel, ErbStG § 13a Rn. 192. 481 R E 13a.12 Abs.  2 Nr.  1 ErbStR 2019; Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn.  420; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 154, 157; zustimmend Daragan / Halaczinsky /  Riedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn. 192; vgl. auch von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 193. 482 Beispiel: Sohn (S) erwirbt Anteile seiner Mutter gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigt. S verstirbt kurz darauf (plötzlich). Die zwei Kinder von S erben die Anteile. 483 Beispiel: Sohn (S) erwirbt Anteile seiner Mutter (M) gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigt. Die Tochter (T) von S soll bereits an das Unternehmen herangeführt werden. Deshalb schenkt S der T einen Teil der kurz zuvor von M erworbenen Anteile.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Verwirklichung eines Nachsteuertatbestands durch den Zweiterwerber noch nicht abgelaufen ist. Gerade in den Fällen, in denen sich die nachfolgende Generation nicht mit dem Unternehmen als solches oder den dort herrschenden Strukturen identifizieren kann, besteht die Gefahr, dass der Zweiterwerber die erworbenen Anteile veräußert oder die Poolbindung aufhebt. Freilich kann für den Zweiterwerber bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ebenfalls ein erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegierter Erwerb angenommen werden.484 Der Zweiterwerber hätte dann zukünftig „seine eigene“ Behaltensfrist einzuhalten. Folgerichtig führt ein Verstoß gegen diese Behaltensfrist in jedem Fall zum Verlust der Privilegierung bei dem Zweiterwerber. Dass aber auch gegen den Zweiterwerber eine Behaltensfrist läuft, ist nicht zwingend. Hat der Ersterwerber zum Beispiel von einem Erblasser oder Schenker, der selbst zu 30 Prozent an der Gesellschaft beteiligt war, nur die Hälfe von dessen Kapitalanteilen erworben, gehören die erworbenen Kapitalanteile im Rahmen des Übergangs auf den Ersterwerber nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG zum begünstigungsfähigen Vermögen. Verschenkt oder vererbt der Ersterwerber diese Anteile an den Zweiterwerber und erfüllt der Ersterwerber im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer die Voraussetzungen des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nicht, kann der Zweiterwerber die Anteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich nicht begünstigt erwerben. Für den Zweiterwerber läuft demnach auch keine „eigene“ Behaltensfrist an. a) Meinungsstand in der Rechtsprechung Sowohl das FG Berlin als auch das FG Münster nahmen den Wegfall der Begünstigung beim Ersterwerber an, wenn der Zweiterwerber innerhalb der noch für den Ersterwerber laufenden Behaltensfrist einen Nachsteuertatbestand verwirklicht hatte.485 Während das FG Berlin darüber urteilte, ob ein Verstoß vorliegt, wenn der Ersterwerber die begünstigt erworbenen Anteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge weiterveräußert hat, ist in dem vom FG Münster entschiedenen Sachverhalt der Ersterwerber verstorben. Dem FG Berlin zufolge dient die Behaltensfrist der Rechtfertigung der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung. Das privilegierte Vermögen soll demnach eine gewisse Zeit lang unverändert erhalten bleiben.486 Die sprachliche Änderung der Regelung durch das JStG 1997487 sei ohne Bedeutung und wird unter Berufung auf die Begründung zum 484

Beachte ferner § 27 ErbStG, demgemäß sich der Steuerbetrag ermäßigen kann. FG Berlin, Urteil vom 4. 6. 2002 – 5 K 5042/00, ZEV 2003, 37; FG Münster, Urteil vom 12. 6. 2013 – 3 K 204/11 Erb, ZEV 2014, 51. 486 FG Berlin, Urteil vom 4. 6. 2002 – 5 K 5042/00, ZEV 2003, 37 (38). 487 Änderung des § 13 Abs. 2a ErbStG in der Fassung vom 13. 9. 1993 (BGBl I 1993, 1569): „soweit innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb […] veräußert wird“ (= passive Form) zu § 13a Abs. 5 ErbStG in der Fassung vom 20. 12. 1996 (BGBl I 1996, 2049): „soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren […] veräußert“ (= aktive Form). 485

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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Entwurf eines JStG 1997 der Fraktionen CDU / CSU und FDP488 mit der Aufnahme neuer Tatbestände erklärt.489 Löse ein Verstoß durch den Zweiterwerber gegen die noch laufende Behaltensfrist des Ersterwerbers keinen Wegfall der Begünstigung beim Ersterwerber aus, sei die Umgehung der Behaltensfrist möglich. Letztlich obliege es dem Ersterwerber durch die Gestaltung der vertraglichen Bestimmungen zu verhindern, dass der Beschenkte die Anteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerschädlich weiterveräußere.490 Laut dem FG Münster unterscheide der Wortlaut der Vorschrift weder zwischen Erst- und Zweiterwerber noch bestimme er das Ende der Behaltensfrist, wenn der Ersterwerber verstirbt. Dahingehend sei die Vorschrift auch nicht teleologisch zu reduzieren. Keinen Verstoß anzunehmen, widerspreche vielmehr dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Ziel sei es, den Betrieb in seiner Gesamtheit zu erhalten und zu ermöglichen, dass dieser auf die nachfolgende Generation unentgeltlich übergehen kann. Es spiele keine Rolle, ob die Fortführung durch den Erst- oder Zweiterwerber erfolgt. Die Behaltensfrist solle Missbräuche verhindern. Der Ersterwerber habe Anteile erworben, die mit der Behaltensfrist „belastet“ seien, und genau in diesem Zustand gehe das Vermögen auch auf den Erben (Zweiterwerber) über.491 b) Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung Der Finanzverwaltung zufolge fällt die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich Begünstigung beim Ersterwerber dann rückwirkend weg, wenn erstens der Ersterwerber die begünstigt erworbenen Anteile an den Zweiterwerber verschenkt hat, ohne dabei einen Nachsteuertatbestand zu verwirklichen, und zweitens der Zweiterwerber innerhalb der noch für den Ersterwerber laufenden Behaltensfrist gegen einen Nachsteuertatbestand verstößt.492 Dagegen ist bei Versterben des Ersterwerbers das Ende der Behaltensfrist angeordnet.493 Ein Verstoß durch den nachfolgenden Erwerber stellt demnach einen Verstoß gegen die Behaltensfrist dar, die von dem Ersterwerber einzuhalten ist, wenn erstens die Behaltensfrist des Ersterwerbers noch nicht abgelaufen ist, zweitens der Ersterwerber die Kapitalanteile zuvor an den Zweiterwerber verschenkt hat und drittens der Ersterwerber noch lebt.

488 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/4839, S. 68: „Absatz 5 [des § 13a ErbStG a. F.] enthält die bisherige Behaltensregelung. Sie wird im Hinblick auf die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft ergänzt.“ 489 FG Berlin, Urteil vom 4. 6. 2002 – 5 K 5042/00, ZEV 2003, 37 (38); zustimmend FG Münster, Urteil vom 12. 6. 2013 – 3 K 204/11 Erb, ZEV 2014, 51 (52). 490 FG Berlin, Urteil vom 4. 6. 2002 – 5 K 5042/00, ZEV 2003, 37 (39). 491 FG Münster, Urteil vom 12. 6. 2013 – 3 K 204/11 Erb, ZEV 2014, 51 (51 f.). 492 R E 13a.19 Abs. 5 S. 2 ErbStR 2019. 493 R E 13a.19 Abs. 6 ErbStR 2019; erstmals 2009 in Abschn. 16 Abs. 6 AEErb angeordnet; ErbStR 2003 sah eine entsprechende Anordnung noch nicht vor.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

c) Meinungsstand in der Literatur In der Literatur wird diese Problematik zwar aufgegriffen, aber nicht lebhaft diskutiert. Vereinzelt wird im Rahmen der Besteuerung die Zurechnung von Drittverhalten insgesamt kritisiert, weil der Steuerpflichtige auf das Verhalten des Dritten keinen Einfluss nehmen könne.494 Crezelius fordert deshalb, dass das Steuersubjekt auch den Tatbestand verwirklichen müsse.495 Die Mehrzahl der Stimmen in der Literatur nimmt hingegen für den Fall, dass der Ersterwerber die Anteile an den Zweiterwerber verschenkt hat, auch einen Wegfall der Begünstigung beim Ersterwerber an, wenn der Zweiterwerber einen Nachsteuertatbestand innerhalb der noch für den Ersterwerber laufenden Behaltensfrist verwirklicht hat.496 Zum Teil wird mit der Rechtsprechung497 argumentiert, dass die Privilegierung eine sachliche Steuerbefreiung darstelle, die nur an den Übergang des Vermögens anknüpfe.498 Indem der Verstoß des Zweiterwerbers auch auf den Ersterwerber durchschlage, könne eine doppelte Korrektur der Verschonung vorgenommen werden.499 Dem Ersterwerber wird ferner empfohlen zu seinem Schutz ein schuldrechtliches Rückforderungsrecht gegen den Zweiterwerber zu vereinbaren.500 Wie sich ein Verstoß des Zweiterwerbers in Bezug auf die Behaltensfrist eines verstorbenen Ersterwerbers auswirkt, wird nur vereinzelt behandelt. Laut Stalleiken endet die Nachsteuerperiode des Ersterwerbers, wenn der Erwerber verstirbt.501 Auch Geck nimmt lediglich einen Verstoß seitens des Rechtsnachfolgers an.502 Dagegen fällt die Begünstigung für den Ersterwerber Löcherbach zufolge weg, wenn der Zweiterwerber einen Nachsteuertatbestand verwirklicht.503

494

Crezelius, FR 2002, 805 (809 ff.); ders., FR 2009, 881 (887); vgl. bereits ders., DB 1997, 1584 (1586); vgl. auch Söffing / T honemann, ErbStB 2009, 325 (330), im Rahmen von § 13a Abs. 3 ErbStG in der Fassung vom 1. 1. 2009 (BGBl I 2008, 3018). 495 Crezelius, FR 2009, 881 (887). 496 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn.  191 f.; Fischer /‌ Pahlke / Wachter /  Wachter, ErbStG § 13a Rn. 420; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 106; von Oertzen /  Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn.  193; Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn.  247; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 146. 497 Siehe soeben Teil  3 E. II. 2. a). 498 Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn. 247. 499 Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 106. 500 Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn.  106; Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn. 248. 501 von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 193. 502 Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 157. 503 H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 146.

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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d) Stellungnahme § 13a Abs. 6 ErbStG unterscheidet weder zwischen einem Erst- und Zweiterwerber noch ordnet die Vorschrift das Ende der Behaltensfrist im Falle des Todes des Erwerbers an. Vielmehr ist das Vermögen weiterhin fünf bzw. sieben Jahre dergestalt zu erhalten, dass die Privilegierung gerechtfertigt ist, um die Begünstigung vollständig in Anspruch nehmen zu können. Diese Bedingung wird nicht obsolet, sobald die Anteile auf einen Zweiterwerber übergegangen sind. Dies gilt unabhängig davon, ob der Ersterwerber im Zeitpunkt des Verstoßes noch lebt. Es existiert kein allgemein gültiger Grundsatz, der bestimmt, dass nach dem Tod ein steuerschädlicher Sachverhalt nicht mehr zu berücksichtigen ist. Im Gegenteil geht die latente Nachsteuerpflicht gemäß § 13a Abs. 6 ErbStG stets auf den neuen Erwerber mit über. Der Zweiterwerber hat also die Anteile nur insoweit begünstigt erworben, als nicht gegen die Behaltensfrist verstoßen wird. Anderenfalls würde Raum für Missbrauch geschaffen. Insbesondere dann, wenn der Erbe bzw. Beschenkte selbst keine Behaltensfrist einzuhalten hat, besteht die Gefahr, dass das Ziel der Begünstigung nicht ausreichend abgesichert wird504. Dies gilt unabhängig davon, ob der Ersterwerber noch lebt. Der Zweiterwerber könnte anderenfalls die Anteile veräußern bzw. die Poolbindung aufheben, ohne dass er selbst oder der Ersterwerber eine Nachsteuer fürchten müsste. Dies wird besonders in dem Fall deutlich, in dem der Zweiterwerber nicht nur selbst keine Behaltensfrist einhalten muss, sondern zugleich das gesamte Vermögen des Ersterwerbers erwirbt. Hat der Ersterwerber zum Beispiel eine Beteiligung in Höhe von 20 Prozent begünstigt nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG erworben, hält er zusätzlich keine weiteren Anteile und sind die Anteile nicht gepoolt, ist der weitere Erwerb dieser Anteile für den Zweiterwerber nach §§ 13a, 13b ErbStG nicht privilegiert. Erwirbt der Zweiterwerber die gesamte Beteiligung des Ersterwerbers in Höhe von 20 Prozent, erwirbt er ein Vermögen, das beim Ersterwerb aufgrund der sach­ lichen Steuerbefreiung nicht um diese Privilegierung vermindert wurde. Könnte er nunmehr die Anteile veräußern, ohne dass die Begünstigung für den Ersterwerbs wegen des Verstoßes gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG (teilweise) wegfällt, verfehlt die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung ihr Ziel. Außerdem entfaltet die Änderung der ursprünglich festgesetzten Steuer im Falle eines Verstoßes gegen die Behaltensfrist rückwirkende Wirkung. Insofern wird mit der Nachversteuerung eine Korrektur vorgenommen, die auf dem Erwerbszeitpunkt des Ersterwerbers datiert und somit dem Ersterwerber zuzuweisen ist.

504 Zum Hintergrund der Einführung dieser Privilegierung siehe ausführlich bereits oben Teil 3 A.; zum Sinn und Zweck der Nachsteuertatbestände § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 ErbStG siehe bereits oben Teil 3 E. I.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Mithin ist die Verwirklichung eines Nachsteuertatbestands durch den Zweiterwerber auch für den Ersterwerber von Bedeutung, sodass die Begünstigung für den Erwerb des Ersterwerbers (teilweise) wegfällt, wenn „dessen“ Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist. Dabei ist der Zweiterwerber ggf. durch vertragliche Vereinbarungen im Falle der Verwirklichung eines Nachsteuertatbestands dem Ersterwerber gegenüber verpflichtet. Zudem können die Entscheidungen des beschenkten Zweiterwerbers zu Lebzeiten des Ersterwerbers durch die anhaltende Einflussnahme des Schenkers geprägt sein. Des Weiteren endet die „eigene“ Behaltensfrist entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung und einem Teil der Stimmen in der Literatur nicht mit dem eigenen Tod. Folglich wird der Zweiterwerber, der Anteile geerbt hat, in der Regel abwägen, ob er den Nachsteuertatbestand verwirklichen möchte, da ihn als Rechtsnachfolger die Nachsteuerpflicht treffen wird. 3. Erwerber hält nach Aufhebung der Poolbindung selbst mehr als 25 Prozent Werden gepoolte Anteile gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt erworben, stellt sich die Frage, ob die Aufhebung der Poolbindung einen Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG darstellt, wenn der Erwerber selbst zu mehr als 25 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt ist. Dies ist insbesondere dann denkbar, wenn der Erwerber vor dem Erwerb bereits selbst an der Hauptgesellschaft beteiligt gewesen ist oder nach dem Erwerb weitere Anteile hinzuerwirbt, sowie nach einer Kapitalherabsetzung. a) Meinungsstand in der Literatur Einzelne Stimmen in der Literatur qualifizieren die Aufhebung der Poolbindung dann nicht als einen Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG, wenn nach der Aufhebung der Erwerber selbst505 bzw. jeder Poolbeteiligter selbst506 die Mindestbeteiligungshöhe erreicht. Da der Erwerber im Zeitpunkt der Aufhebung selbst zu mehr als 25 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt ist, wird ihm ein unternehmerisches Interesse zugeschrieben.507 Dagegen plädieren Meincke / Hannes / Holtz ohne nähere Begründung dafür, dass die Aufhebung der Poolbindung zu einem Verstoß gegen die Behaltensfrist führt, wenngleich der Erwerber mehr als 25 Prozent der Anteile hält.508 505 H.  Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 5. b) ee); Kapp /‌ Ebeling / G eck, ErbStG § 13a Rn. 158; von Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1055); V. Schmidt / L eyh, NWB 2009, 2257 (2567). 506 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1087); Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (315). 507 Siehe Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 158; V. Schmidt / Leyh, NWB 2009, 2257 (2567). 508 Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 93.

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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b) Stellungnahme Wird die Poolbindung innerhalb der Behaltensfrist aufgehoben, liegt ein Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG vor. Die konkrete Beteiligungshöhe des Erwerbers ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Dafür streitet zunächst der Wortlaut des Nachsteuertatbestands in § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG. Es wird nämlich lediglich darauf abgestellt, ob die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird. Ausnahmen, bei deren Vorliegen trotz Aufhebung der Poolbindung von einem Verstoß abgesehen werden soll, werden hingegen nicht bestimmt. Erreicht der Erblasser bzw. Schenker nur aufgrund der Zurechnung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG die Mindestbeteiligungshöhe, kommt die Privilegierung selbst dann in Betracht, wenn der Erblasser bzw. Schenker die Poolbindung nur eine logische Sekunde vor der Entstehung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer eingegangen ist509. Könnte der Erwerber die Poolbindung (umgehend) nach dem Erwerb wieder aufheben, ohne gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG zu verstoßen, könnten Kapitalanteile aufgrund einer (nur kurzzeitigen) Poolmitgliedschaft erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt erworben werden. Durch den Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG soll aber gerade verhindert werden, dass die erforderlichen Poolbindungen nur für eine kurze Zeit eingegangen werden, um die Privilegierung in Anspruch nehmen zu können.510 Zudem wäre fraglich, ob bzw. wie sich das Absinken der Beteiligungshöhe des Erwerbers auf die Nachsteuer auswirken würde. Denn nach der in dieser Arbeit vertreten Ansicht beinhaltet § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, nämlich das fortwährende Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe.511 Würde der Erwerber die Poolbindungen aufheben können, ohne gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG zu verstoßen, würde die Korrekturmöglichkeit durch diesen Nachsteuertatbestand in Bezug auf die vorläufig gewährte Steuerbefreiung verloren gehen. Zwar könnte argumentiert werden, dass es dieser Korrekturmöglichkeit nicht mehr bedarf, wenn der Erblasser bzw. Schenker selbst die Mindestbeteiligungshöhe erreicht. Das Pooling ist dann nämlich nicht mehr erforderlich, damit der Erwerber als unternehmerisch interessiert gelten kann. Die Beteiligungshöhe des Erwerbers spielt aber nicht nur bei der Ermittlung begünstigungsfähigen Vermögens nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG512, sondern auch in Bezug auf die Verwirklichung des Nachsteuertatbestands gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG keine Rolle. Dies gilt unabhängig davon, ob der Erwerber selbst zu 0, 5, 25, 30, 60

509

Damit gepoolte Kapitalanteile begünstigungsfähiges Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG darstellen können, muss ein entsprechender Poolvertrag keine bestimmte Vorlaufzeit bereits bestanden haben, siehe bereits oben Teil 3 E. 510 Siehe dazu bereits oben Teil 3 E. I. 511 Siehe dazu ausführlich Teil 3 E. II. 4. 512 Siehe dazu bereits oben Teil 3 D. IV.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

oder 75 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt ist.513 Würde von einem Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG abgesehen, wenn der Erwerber selbst die Mindestbeteiligungshöhe erreicht, könnte die Beteiligungshöhe des Erwerbers über die Verwirklichung dieses Nachsteuertatbestands entscheiden. In der Folge würde der Umstand, dass der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigte Erwerb der Anteile nur aufgrund des Poolings gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG möglich gewesen ist, nach dem Erwerb unvermittelt nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Würde zum Beispiel C die Beteiligung von B in Höhe von 20 Prozent gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG privilegiert erwerben, wäre im Falle der Aufhebung der Poolbindung von Bedeutung, ob C zuvor eine Beteiligung in Höhe von mehr als fünf Prozent innehatte. Denn dann wäre C nunmehr selbst zu mehr als 25 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt, sodass trotz Aufhebung der Poolbindung kein Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG vorliegen würde. Würde C hingegen selbst nur Anteile in Höhe von fünf Prozent oder weniger halten, würde er die Mindestbeteiligungshöhe nach dem Erwerb der Anteile des B nicht erreichen. Somit wäre der Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG im Falle der Aufhebung der Poolbindung verwirklicht. Wenn die Poolbindung aufgehoben werden könnte, ohne dass der Erwerber gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verstoßen würde, weil dieser selbst die Mindestbeteiligungshöhe erreicht, dann könnte in Betracht gezogen werden, den Erwerb von Kapitalanteilen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich zu privilegieren, wenn zwar der Erblasser bzw. Schenker die Mindestbeteiligungshöhe nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nicht erreicht, aber der Erwerber bereits vor oder jedenfalls nach dem Erwerb.514 Würden gepoolte Anteile von einem anderen Poolmitglied erworben, ließe sich überdies argumentieren, dass in Bezug auf die ursprünglich von dem Erblasser bzw. Schenker gehaltenen Anteile und die Anteile, die der Erwerber bereits hielt, eine Bindung quasi weiterhin dadurch vorliegen würde, dass diese Anteile nunmehr auf B vereint sind. Dagegen spricht aber zum einen, dass die Rechte aus den einzelnen Geschäftsanteilen bzw. Aktien selbstständig wahrgenommen werden können.515 Zum anderen bedarf ein Poolzusammenschluss gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 513

Ist der Erwerber nach dem Erwerb zu 100 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt, existiert kein Pool mehr. Vielmehr haben sich alle gepoolten Anteile auf den letzten Poolgesellschafter vereint. Siehe dazu ausführlich sogleich Teil 3 E. II. 3. c). 514 So befürworten etwa H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 5. b) ee), und Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 158, von dem Verstoß gegen die Behaltensfrist abzusehen, wenn der Erwerber selbst zu mehr als 25 Prozent beteiligt ist. Sie kritisieren indes auch, dass bei der Ermittlung des begünstigungsfähigen Vermögens nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG lediglich auf die Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers abgestellt wird, siehe H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 2. c) aa); Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13b Rn. 41. 515 Siehe zur zivilrechtlichen Selbstständigkeit der Anteile bereits oben Teil 3 D. IV. 2. b) cc).

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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S. 2 ErbStG als GbR (grundsätzlich)516 mindestens zwei personenverschiedene Poolmitglieder. Mithin kann die Vereinigung der Anteile auf einen Gesellschafter nicht mit der Mitgliedschaft in einem Pool gleichgestellt werden. An dieser Stelle zeigt sich allerdings ein weiteres Problem, das einer Klärung bedarf: Erwirbt ein Poolgesellschafter die Anteile aller anderen Poolgesellschafter bzw. des letzten anderen Poolgesellschafters, besteht der Pool als ein Zusammenschluss von mindestens zwei Personen nicht mehr. Dazu sogleich. Erwirbt der Erbe bzw. Beschenkte Kapitalanteile gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt, ist demnach unabhängig von der Beteiligungshöhe des Erwerbers zu beurteilen, ob die Aufhebung der Poolbindung einen Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG darstellt. Dies gilt auch für den Fall, dass der Erwerber selbst mehr als 25 Prozent an der Hauptgesellschaft hält. Eine besondere Situation stellt in diesem Zusammenhang die Vereinigung aller Anteile auf ein Poolmitglied dar. Dieser Sachverhalt kann im Besonderen bei Poolzusammenschlüssen in Familienunternehmen auftreten und wird im Folgenden behandelt. c) Sonderproblem: Vereinigung aller Anteile des Pools auf einen Erwerber Der Vereinigung aller gepoolten Anteile auf den letzten Poolgesellschafter folgen die Auflösung sowie zugleich die Beendigung des als Innen-GbR ausgestalteten Pools.517 Eine solche Vereinigung ereignet sich etwa, wenn der vorletzte Poolgesellschafter verstirbt und das andere Poolmitglied als Erbe eingesetzt worden ist. Hatten alle Gesellschafter ihre Anteile gepoolt, ist das letzte Poolmitglied nach dem Erwerb sogar zu 100 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt. Nachfolgend wird untersucht, ob § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verwirklicht ist, wenn sich sämtliche im Pool gebundenen Anteile auf ein Poolmitglied vereinen und dieses (sodann) mehr als 25 Prozent hält. Während Stimmen in der Literatur diesen Sachverhalt zwar thematisieren, aber eine vertiefte Auseinandersetzung vermissen lassen, positioniert sich die Finanzverwaltung klar.

516 In der Literatur werden verschiedene Ausnahmen diskutiert, das Bestehen einer Einpersonen-GbR anzuerkennen, zum Beispiel dann, wenn Anteile mit einem Nießbrauch belastet sind oder der Erwerber die Anteile als Vorerbe hält. Siehe dazu statt vieler m. w. N. Henssler /  Strohn GesR / Servatius, BGB § 705 Rn. 21; MüKoBGB / Schäfer, § 705 Rn. 61 ff. 517 Henssler / Strohn GesR / Servatius, BGB § 705 Rn. 21; MüKoBGB / Schäfer, § 705 Rn. 60 m. w. N.; Sudhoff / Stracke, Familienunternehmen, § 33 Rn. 34; siehe auch BGH, Urteil vom 16. 12. 1999 – VII ZR 53/97, NZG 2000, 474; siehe zu den in der Literatur diskutierten Ausnahmen Fn. 516 auf Seite 125.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

aa) Meinungsstand in der Literatur In der Literatur herrscht im Wesentlichen Einigkeit darüber, dass die Vereinigung aller Anteile des Pools auf einen Erwerber als ein besonderer Fall zu behandeln ist. Dabei wird vornehmlich auf die Vereinigung aller Anteile auf ein Poolmitglied nach Erbanfall Bezug genommen. Verstirbt das vorletzte Poolmitglied und erbt dessen Anteile das andere Poolmitglied, wird von vielen Stimmen in der Literatur die Verwirklichung des Nachsteuertatbestands nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verneint.518 Nicht einheitlich beantwortet wird dabei, ob diese Vereinigung überhaupt eine Aufhebung der Poolbindung im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG darstellt. Während Meincke / Hannes / Holtz jedenfalls die Aufhebung der Bindung in Bezug auf die Stimmrechtsausübung annehmen519 und Wachter sich ebenfalls – wenn auch zögerlich – für eine Aufhebung ausspricht520, liegt anderen Stimmen zufolge schon gar keine Aufhebung im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG vor521. Außerdem wird teilweise auf den Normzweck abgestellt und ein Verstoß deshalb abgelehnt, weil der Vereinigung kein Rechtsgeschäft zu Grunde liege, sondern die gesetzliche Bestimmung der Gesamtrechtsnachfolge.522 Ferner wird deshalb von einer Nachsteuer abgesehen, weil der Erwerber nunmehr selbst die Mindestbeteiligungshöhe erreiche.523 Überdies lehnt ein Teil der Stimmen in der Literatur einen Verstoß gegen die Behaltensfrist nicht nur dann ab, wenn das letzte Poolmitglied die Anteile erbt, sondern auch in dem Fall, dass sich die Anteile aufgrund einer auf Rechtsgeschäft beruhenden Übertragung auf ein Poolmitglied vereinen.524 Während dabei teil 518

Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn.  265; Fischer / Pahlke / Wachter /  Wachter, ErbStG § 13a Rn. 473; Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 91; Kapp /‌ Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 156; Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (532); van de Loo, GWR 2012, 407 (410); Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (316); Troll /  Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn.  408; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz /  Löcherbach, ErbStG § 13a Rn. 141; wohl auch Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 92; offengelassen Pauli /‌ Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (291 f.); Schulz / Althof / Markl, BB 2008, 528 (533 f.). 519 Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 92. 520 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 473. 521 Ohne nähere Begründung Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 245 (292); wohl mangels rechtsgeschäftlichen Handelns der Beteiligten auch Troll / Gebel /  Jülicher / Gottschalk, ErbStG § 13a Rn. 408. 522 Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (532); vgl. auch Fischer / Pahlke / Wachter /‌ Wachter, ErbStG § 13a Rn.  473; H.-U. Viskorf /‌ Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 141. 523 Dutta, ZGR 2016, 581 (601); Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 154, der darüber hinaus stets dann keinen Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG annimmt, wenn der Erwerber nach der Aufhebung der Poolbindung selbst mehr als 25 Prozent hält (ebd., Rn. 158); Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (532); van de Loo, GWR 2012, 407 (410); Schulz / Althof / Markl, BB 2008, 528 (534); H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 141. 524 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 473; Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (532); van de Loo, GWR 2012, 407 (410); Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (316); Troll / Gebel /  Jülicher / Gottschalk, ErbStG § 13a Rn.  408; H.-U.  Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 141.

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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weise der Rechtsgedanke aus § 10 Abs. 3 ErbStG herangezogen wird525, wird von anderen auch in diesem Fall argumentiert, dass der Erwerber nunmehr selbst mehr als 25 Prozent hält526. Zudem wird vereinzelt angeführt, dass der Tatbestand des § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG nicht erfüllt sei, da kein Aufhebungsvertrag vorliege, sondern eine Veräußerung aller Anteile des vorletzten Poolmitglieds an den letzten Poolgesellschafter.527 bb) Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung Die Finanzverfassung verneint in R E 13a.17 Abs. 1 Nr. 3 ErbStR 2019 das Vorliegen der Aufhebung der Verfügungsbeschränkung, wenn die Anteile des vorletzten Poolgesellschafters auf den letzten Poolgesellschafter übergehen.528 Während sie bei anderen Bestimmungen sehr genau zwischen Schenkung und Erbanfall differenziert,529 wird an dieser Stelle nicht unterschieden, ob der Übergang der Anteile auf einem Erbanfall oder einer Schenkung beruht. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Anordnung nur in einem der beiden Fälle greift. Unglücklich ist die Regelung allerdings dahingehend formuliert, als lediglich die Aufhebung der Verfügungsbeschränkung negiert wird. Dem Wortlaut ist nämlich nicht zu entnehmen, ob die Einschränkung in Bezug auf die Stimmrechtsausübung weiterhin vorausgesetzt wird und falls ja, in welchem Umfang. Da die Rechte aus den einzelnen Anteilen selbstständig wahrgenommen werden können,530 könnte verlangt werden, dass der Erwerber weiterhin zumindest faktisch die Stimmrechte einheitlich abgeben muss. Ein solcher Standpunkt findet allerdings weder im Gesetz noch in den Bestimmungen der Finanzverwaltung eine Stütze und wäre folglich nur schwer vertretbar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung aus Gründen der Praktikabilität R E 13a.17 Abs. 1 Nr. 3 ErbStR 2019 in Absatz 1 mit aufgenommen hat. Denn bei dem Verfassen von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften etc. wird typischerweise beabsichtigt, nur so 525

Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn.  473; Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk /  Jülicher, ErbStG § 13a Rn. 408. 526 Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (532); van de Loo, GWR 2012, 407 (410). 527 Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 211, allerdings sei ein Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG seitens des veräußernden Poolgesellschafters möglich. 528 In den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25. 6. 2009 noch nicht angeordnet. Erstmals in R E 13a.10 Abs. 1 Nr. 3 ErbStR 2011 statuiert. 529 Zum Beispiel das Ablehnen eines Verstoßes gegen die Behaltensfrist, wenn die Anteile auf den Erben übergehen (R E 13a.12 Abs. 2 Nr. 1 ErbStR 2019) bzw. unentgeltlich übertragen werden (R E 13a.12 Abs. 2 Nr. 1 ErbStR 2019). Ferner endet gemäß R E 13a.19 Abs. 6 ErbStR 2019 die Behaltensfrist für den Erwerber im Falle seines Todes. Dagegen bestimmt R E 13a.19 Abs. 5 ErbStR 2019, dass die Behaltensfrist auch dann weiterläuft, wenn der Erwerber die Anteile verschenkt. Demnach hat der Verstoß des Beschenkten der Finanzverwaltung zufolge auch einen Verstoß des Ersterwerbers zur Folge, wenn die von dem Ersterwerber einzuhaltende Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist, siehe dazu auch oben Teil 3 E. II. 2. b). 530 Siehe dazu bereits oben Teil  3 D. IV. 2. b) cc).

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

viele Vorschriften und Absätze wie nötig zu schaffen. R E 13a.17 Abs. 1 ErbStR 2019 bestimmt in Nr. 1 und Nr. 2, ob bzw. wann die Nießbrauchbestellung (Nr. 1) oder die Verpfändung der Anteile (Nr. 2) einen Verstoß gegen die Verfügungsbeschränkung darstellt. Da R E 13a.17 Abs. 2 ErbStR 2019 Beispiele aufzählt, nach denen kein Verstoß vorliegt, hätte anderenfalls für die Anordnung nach Absatz 1 Nr. 3 ein eigener dritter Absatz geschaffen werden müssen. Die Verortung von Nr. 3 in R E 13a.17 Abs. 1 ErbStR 2019 ist demnach dogmatisch nicht ganz stimmig. Es ist aber nicht ersichtlich, dass lediglich ein Verstoß gegen die Verfügungsbeschränkung ausgeschlossen sein soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass nach der Auffassung der Finanzverfassung kein Verstoß gegen die Behaltensfrist vorliegt, wenn der verbliebene Poolgesellschafter die gepoolten Anteile des vorletzten Poolgesellschafters erwirbt. cc) Eigener Lösungsansatz Beabsichtigt ein Gesellschafter, der selbst nur zu 25 Prozent oder weniger an der Hauptgesellschaft beteiligt ist, seine Anteile an einen anderen Gesellschafter zu vererben oder zu verschenken, kann eine erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung dieses Erwerbvorgangs dadurch erzielt werden, dass sich der Erblasser bzw. Schenker mit dem künftigen Erwerber eine logische Sekunde vor der Übertragung zu einem Pool zusammenschließt.531 Voraussetzung dafür ist freilich, dass der Erblasser bzw. Schenker sodann gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG die Mindestbeteiligungshöhe erreicht. Würde die Vereinigung aller gepoolten Anteile auf den Erwerber in diesem Fall nicht als Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG begriffen, könnte bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen die sachliche Steuerbefreiung durch einen solchen Zusammenschluss, der nicht nur offensichtlich weder vor noch nach dem Erwerb tatsächlich gelebt worden ist bzw. werden sollte, sondern auch nach dem Erwerb gar nicht mehr besteht, vollständig gefordert werden. Faktisch wird auf diese Weise erreicht, dass bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers dessen Beteiligung und die des Erwerbers addiert werden und der Erwerber nach dem Erwerb so gestellt wird, als hätte es die Poolbindungen nie gegeben. Dabei ist ein Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG unabhängig von der Beteiligungshöhe des Erwerbers zu beurteilen,532 weshalb es ohne Bedeutung ist, dass das letzte Poolmitglied nach der Vereinigung aller gepoolten Anteile auf ihn eine Beteiligung an der Hauptgesellschaft in Höhe von mehr als 25 Prozent hält.

531

Damit gepoolte Kapitalanteile begünstigungsfähiges Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG darstellen können, muss ein entsprechender Poolvertrag keine bestimmte Vorlaufzeit bereits bestanden haben, siehe bereits oben Teil 3 E. 532 Siehe dazu soeben Teil  3 E. II. 3. b).

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

129

Die Vereinigung aller gepoolten Anteile auf ein Poolmitglied kann jedoch nicht nur das Ergebnis einer Gestaltung zur Erlangung erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlicher Privilegien darstellen, sondern auch die Folge eines Vorgangs im Rahmen der Unternehmensnachfolge sein. Dabei ist im Besonderen an Sachverhalte in Familienunternehmen533 zu denken, in denen der Pool nur aus wenigen Gesellschaftern besteht, die in einem engen Verhältnis zueinanderstehen. Gibt zum Beispiel eine Mutter ihre Anteile an ihren Sohn weiter oder haben sich zwei Schwestern gegenseitig als Nachfolgerinnen ihrer Anteile eingesetzt, folgt dem Übergang der Anteile die Vereinigung sämtlicher im Pool gebundenen Anteile, wenn der Pool nur aus der Mutter und dem Sohn bzw. aus den zwei Schwestern besteht. Dafür kann etwa zunächst nur ein kleiner Anteil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an den bzw. die Nachfolger unentgeltlich übertragen werden. Schließen sich nun zum Beispiel Mutter und Sohn zu einem Pool zusammen, sodass die Mutter die Mindestbeteiligungshöhe aufgrund der Zurechnung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erreicht, und lernt der Sohn durch die Zusammenarbeit mit seiner Mutter das Unternehmen kennen, ist es nicht sachgerecht, wenn die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung nach dem Tod der Mutter nur deshalb wegfällt, weil kein Pool als solcher mehr besteht.534 Der Wegfall der erbschaftbzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung würde für derartige Fälle einen Widerspruch zu dem Zweck der beabsichtigten Privilegierung darstellen. Die in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG vorgesehene Begünstigung des erworbenen Vermögens soll nämlich gerade die Unternehmensnachfolge erleichtern und dabei auch die Besonderheiten von Familienunternehmen berücksichtigen.535 Zudem sollte die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung des Erwerbs gepoolter Kapitalanteile nicht davon abhängig gemacht werden, ob sich zwei oder mehr Gesellschafter zu einem Pool zusammengeschlossen haben. Besteht der Pool nämlich nur aus zwei Gesellschaftern, ist die Vereinigung aller im Pool gebundenen Anteile auf ein Poolmitglied zwingende Folge, wenn eines der beiden Mitglieder aus dem Pool ausscheidet und das andere Mitglied dessen Anteile erwirbt. Vereinen sich sämtliche im Pool gebundenen Anteile auf das letzte Poolmitglied, ist daher von der Erhebung einer Nachsteuer wegen eines Verstoßes gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG abzusehen, obwohl die Poolbindung aufgrund der Beendigung des Pools aufgehoben ist. Indes sollte die Finanzverwaltung in den Fällen, in denen der Poolzusammenschluss offensichtlich weder vor noch nach dem Erwerb tatsächlich gelebt worden ist bzw. werden sollte, bereits das Vorliegen einer Poolvereinbarung nicht anerkennen.

533

Siehe zur Bedeutung von Anteilen an Familienkapitalgesellschaften im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG bereits oben Teil 3 C. 534 Siehe dazu auch das Beispiel von Schulz / Althof / Markl, BB 2008, 528 (533 f.). 535 Vgl. dazu bereits oben Teil 3 A. und C.

130

Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

Allerdings darf nicht verkannt werden, dass der Erwerber, der gepoolte Anteile gehalten hat und auf den sich sämtliche im Pool gebundenen Anteile vereinen, bessergestellt wird als ein Erwerber, der als einer von mindestens drei Poolgesellschaftern alle Anteile von einem der anderen Poolgesellschafter erwirbt, ohne dass die Poolbindung aufgehoben wird. Denn § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG setzt nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht neben der Forderung, die Poolbindung aufrechtzuerhalten, das Halten der Mindestbeteiligungshöhe als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal voraus.536 Haben sich indes sämtliche im Pool gebundenen Anteile auf ein Poolmitglied vereint, ist der Pool mit der Vereinigung aufgelöst und beendet. Somit existieren keine im Pool gebundenen Anteile mehr, die die Mindestbeteiligungshöhe erreichen könnten. Um diese Diskrepanz zu lösen, wird in dieser Arbeit eine Ausweitung des Veräußerungsverbots aus § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG vorgeschlagen. Vereinen sich alle Poolanteile auf das letzte Poolmitglied, lassen sich dessen Anteile in zwei Gattungen unterteilen: Zum einen hält es Anteile, die es soeben erst erworben hat. Sind diese erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegiert übergegangen, unterliegen sie der Behaltensfrist. Zum anderen hält es Anteile, die es bereits vor dem Erwerb, der zur Vereinigung führte, innehatte. Diese Anteile können (teilweise) einer „eigenen Behaltensfrist“ unterliegen. In Bezug auf die Anteile, die der Gesellschafter gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt erworben hat, kann zwar der Nachversteuerungstatbestand gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG nicht mehr verwirklicht werden. Ein Verstoß gegen die Behaltensfrist ist aber dann möglich, wenn jene Anteile veräußert werden, vgl. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG. Dass der Gesellschafter in den Genuss der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung nur aufgrund des Poolings gekommen ist, darf auch nach dem Erwerb nicht unberücksichtigt bleiben. Deshalb sollte sich das Veräußerungsverbot nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG auf sämtliche Anteile beziehen, die im Zeitpunkt der Beendigung des Pools zum Erreichen der Mindestbeteiligung in Höhe von mindestens 25 Prozent und zusätzlich einem Anteil erforderlich sind. Eine solche Erstreckung des Veräußerungsverbots ist somit begrenzt: Es werden lediglich Anteile in der Höhe erfasst, die notwendig sind, um die Mindest­ beteiligungshöhe zu erreichen. Dagegen gilt das Veräußerungsverbot nicht für die Anteile, die darüber hinaus gehalten werden. Mithin ist der Zeitpunkt der Beendigung des Pools entscheidend. Folglich ist ein nachträgliches Absinken der Beteiligungshöhe zum Beispiel aufgrund einer Kapitalerhöhung unschädlich. Insofern wird ein Gleichlauf zu einem begünstigten Erwerb ohne Pooling nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG geschaffen. Auch bei einem solchen Erwerb ist nur entscheidend, dass im Zeitpunkt des Erwerbs die Mindestbeteiligungshöhe erreicht wird. Eine nachfolgend eintretende Veränderung der Beteiligungshöhe spielt sodann für die Verwirklichung eines Nachsteuertatbestands keine Rolle mehr. 536

Siehe ausführlich sogleich Teil 3 E. II. 4.

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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Zwar findet eine solche Erstreckung des Veräußerungsverbots im Gesetz keine Stütze, die Annahme einer gesonderten Behandlung im Falle der Vereinigung aller Anteile auf den letzten Poolgesellschafter aber ebenso wenig. Während die grundlegende Frage, ob überhaupt eine besondere Betrachtung erforderlich ist, eine rechtspolitische Frage darstellt, ist die Frage, ob es einer Korrektur des auf diese Weise modellierten Ergebnisses bedarf, eine die Auswirkungen berücksichtigende, Interessen abwägende Entscheidung. 4. Halten der Mindestbeteiligungshöhe als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal Ferner stellt sich die Frage, ob gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verstoßen wird, wenn die Beteiligungshöhe des Erwerbers auf 25 Prozent oder weniger gesunken ist. Mangels Aufhebung der Poolbindung ist jener Nachsteuertatbestand dem Wortlaut nach in dem Fall nicht verwirklicht. Ob aber nicht trotzdem ein Verstoß gegen die Behaltensfrist vorliegen kann, wird nachfolgend untersucht. Dabei werden die Sachverhalte aufgegriffen, die in diesem Zusammenhang von der Finanzverwaltung und in der Literatur diskutiert werden, namentlich das Ausscheiden eines Poolmitglieds sowie die Kapitalerhöhung der Hauptgesellschaft. a) Verstoß der verbliebenen Poolmitglieder gegen die Behaltensfrist bei Ausscheiden eines Poolmitglieds Ist ein Poolmitglied aus dem Pool ausgeschieden und liegt die Summe sämtlicher im Pool gebundenen Anteile weiterhin bei mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft, verstoßen die verbliebenen Gesellschafter richtigerweise nicht gegen „ihre eigene“ Behaltensfrist gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG.537 Denn die Poolbindung ist weder aufgehoben noch ist die Mindestbeteiligungshöhe unterschritten. Sinkt jene Beteiligungshöhe in der Folge des Ausscheidens eines Poolmitglieds dagegen auf 25 Prozent oder weniger, ist umstritten, ob seitens der übrigen Poolmitglieder der Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verwirklicht ist.

537

Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1088); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn.  469 f.; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 154; von Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1055); Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (315); Pauli / Maßbaum / Pauli / Korezkij, Erbschaftsteuerreform 2009, S.  245 (292); Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn. 405; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 138; im Falle der Übertragung der Anteile ausdrücklich auch die Finanzverwaltung, R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 Hs. 2 ErbStR 2019; wohl auch Schulz / Althof / Markl, BB 2008, 528 (534).

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

aa) Meinungsstand in der Finanzverwaltung Wird die Mindestbeteiligungshöhe kraft der im Pool gebundenen Anteile nicht mehr erreicht, nachdem ein Poolmitglied aus dem Pool ausgeschieden ist, wird laut der Finanzverwaltung gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verstoßen.538 Diese ausdrückliche Anordnung existiert allerdings erst seit der ErbStR 2011.539 Davor war lediglich bestimmt, dass die Übertragung eines Anteils durch ein Poolmitglied nur bei diesem zu einem Verlust der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung führt.540 Indes stand laut Schulz / Lehmann in den internen Vorentwürfen der Ländererlasse noch, dass kein Verstoß der verbliebenen Poolmitglieder vorliege, wenn die Beteiligungshöhe sämtlicher im Pool gebundenen Anteile derartig sinkt.541 Demgegenüber nahm das Baye­ rische Landesamt für Steuern in seiner Verfügung vom 11. 8. 2010 einen Verstoß an, wenn die verbliebenen Poolmitglieder nur noch zu 25 Prozent oder weniger an der Hauptgesellschaft beteiligt sind.542 bb) Meinungsstand in der Literatur Ein großer Teil der Stimmen in der Literatur lehnt die Verwirklichung des Nachsteuertatbestands nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG seitens der im Pool verbliebenen Gesellschafter ab, wenn nach dem Ausscheiden eines Poolmitglieds die im Pool gebundenen Anteile nur noch 25 Prozent oder weniger ausmachen.543 Dabei wird vornehmlich mit dem Wortlaut des Nachsteuertatbestands argumentiert. Demgemäß werde nämlich lediglich auf die Aufhebung entweder der Verfügungsbeschränkung oder der Stimmrechtsbündelung abgestellt.544 Ferner könne

538

R E 13a.17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 und Nr. 3 ErbStR 2019. Siehe R E 13a.10 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 und Nr. 3 ErbStR 2011. 540 Siehe Abschn. 14 Abs. 2 AEErb. 541 Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2236). 542 BayLfSt, Verfügung vom 11. 8. 2010 – S 3812b.1.1–1 St 34, DStR 2010, 2134 (2135). 543 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1088); Felten, ZEV 2012, 84 (86); Fischer / Pahlke /  Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 469 f.; Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S.  251 f.; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 154; Korezkij, DStR 2011, 1733 (1734); Lahme /  Zikesch, DB 2009, 527 (531); Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 93; von Oertzen, Ubg 2008, 57 (67); von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 183 (im Grundsatz); ­Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (315); MHdB GesR Bd. 7/‌Reich, § 76 Rn. 14; Stein, GS Schindhelm, 2009, S.  549 (562); Troll / Gebel /‌ Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn. 406; H.-U. Viskorf / Schuck /‌ Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 138; wohl auch BeckFormB GmbH-Recht / L orz, C. III. 1. Rn. 18. 544 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1088); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 470; Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 92; MHdB GesR Bd. 7/Reich, § 76 Rn. 14; von Oertzen, Ubg 2008, 57 (67); Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (315); H.-U.  Viskorf /  Schuck / Wälzholz /‌ L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 138; so auch Felten, ZEV 2010, 627 (630); vgl. auch Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 251. 539

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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anderenfalls das Handeln eines anderen zu einer Bestrafung der verbliebenen Poolmitglieder führen545 sowie bereits die Aussicht auf den Verlust der erbschaftbzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung für andere Poolmitglieder von dem ausscheidungswilligen Gesellschafter als Druckmittel benutzt werden.546 Des Weiteren würde die Poolbindung bloß das Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe ermöglichen. Eine darüber hinausgehende Funktion sei dem Pooling in Bezug auf die Mindestbeteiligungshöhe hingegen nicht zuzuschreiben.547 Zudem wird darauf verwiesen, dass bei einem begünstigten Erwerb nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG die Beteiligungshöhe des Erwerbers548 bzw. das Sinken dessen Beteiligungshöhe zum Beispiel durch eine Kapitalerhöhung549 keine Auswirkungen auf die Privilegierung habe. Andere argumentieren, dass die Beteiligungshöhe auf der Seite des Erwerbers im Rahmen der Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG insgesamt keine Rolle spiele.550 Dagegen wird von einem Teil der Stimmen in der Literatur ein Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG angenommen, wenn die Beteiligungshöhe sämtlicher im Pool gebundenen Anteile auf 25 Prozent oder weniger sinkt.551 Dies entspreche dem „Objektcharakter der Steuerbegünstigung des § 13a ErbStG“552. Einen vermittelnden Lösungsansatz schlagen Lahme / Zikesch für den Fall vor, dass entgegen ihrer Auffassung die Verwirklichung des Nachsteuertatbestands § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG angenommen würde, wenn die im Pool gebundenen Anteile die Mindestbeteiligungshöhe nicht mehr erreichen. Dann soll der Wegfall der Begünstigung in Anlehnung an den Rechtsgedanken der Reinvestitionsklausel nach § 13a Abs. 6 S. 3 und S. 4 ErbStG dadurch abgewendet werden können, dass der Pool die Mindestbeteiligungshöhe innerhalb von sechs Monaten wieder erreicht.553

545

Ebenso Kapp / Ebeling / G eck, ErbStG § 13a Rn. 154; dagegen lehnt Wilms /‌ Jochum /  Söffing, ErbStG § 13a Rn. 210.1, dieses Argument mit dem Hinweis ab, gesellschaftsvertragliche Regelungen müssten eine Benachteiligung abfangen. 546 Korezkij, DStR 2011, 1733 (1734 f.). 547 H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 5. b) ee). 548 H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 138, der zudem den Ausnahmecharakter des Nachsteuertatbestands gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG betont. 549 Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1088); Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (315 f.); vgl. auch Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 251 f. 550 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 470; vgl. ferner Meincke / Hannes /  Holtz, ErbStG § 13a Rn. 92. 551 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn. 268; von Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1055); Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 210.1. 552 Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 210.1. 553 Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (531); sich anschließend Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk /  Jülicher, ErbStG § 13a Rn. 407.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

cc) Stellungnahme Dass der Wortlaut in § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG das fortwährende Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe nicht verlangt, spricht dafür, dass ein Absinken kein die Nachsteuer auslösendes Moment darstellt. Der Wortlaut selbst ist zwar an dieser Stelle grammatikalisch fehlerhaft.554 Unter Berücksichtigung dieser sprachlichen Ungenauigkeit lässt sich die Vorschrift entweder erwerberbezogen555 („soweit der Erwerber […] die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufhebt“) oder personenneutral556 („soweit […] die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird“) auslegen. Aber keine der beiden Auslegungsmöglichkeiten schafft in diesem Zusammenhang Klarheit, da sie sich bloß darauf beziehen, ob der Erwerber die Poolbindung aufgehoben haben muss. Würde allerdings lediglich auf das Aufrechterhalten der Poolbindung abgestellt, wäre der Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG fruchtlos. Die Poolbindung zeigt nämlich nur dann einen Effekt, wenn auf diese Weise das unternehmerische Interesse weiterhin Bestand hat.557 Dafür ist aber neben dem Fortbestehen der Poolbindung erforderlich, dass die im Pool gebundenen Anteile auch künftig mehr als 25 Prozent ausmachen. Denn als unternehmerisch interessiert gilt, wer durch das Bilden einer Sperrminorität Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen nehmen kann.558 Möchte zum Beispiel Gesellschafterin N ihre Anteile an der Hauptgesellschaft in Höhe von einem Prozent erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt übertragen, muss sie diese im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG binden. Schließt sie sich deshalb mit den Gesellschaftern O (Beteiligung: ein Prozent) und P (Beteiligung: 40 Prozent) zu einem solchen Pool zusammen, sind die Anteile der N gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigungsfähig. Überträgt N ihre Anteile sodann an den zuvor nicht an der Hauptgesellschaft beteiligten A gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt, tritt A dem Pool bei und scheidet P kurz darauf wieder aus dem Pool aus, ergibt sich folgendes Bild: A und O sind zusammen nur noch zu zwei Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt. Würde ein solches Absinken der Beteiligungshöhe keinen Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG zur Folge haben, wäre dieser Nachsteuertatbestand in dem Beispiel nicht verwirklicht, weil die erworbenen Anteile weiterhin poolgebunden sind. Indes erreicht der Pool die Mindestbeteiligungshöhe nicht mehr. Kraft der im Pool gebundenen Anteile kann somit keine Sperrminorität mehr gebildet werden. Dieses Beispiel zeigt darüber hinaus das 554 § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG: „soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren […] die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird.“ 555 Dafür Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 88. 556 Dafür BayLfSt, Verfügung vom 11. 8. 2010 S 3812b.1.1–1 St 34, DStR 2010, 2134 (2135); wohl auch von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 182. 557 Siehe dagegen aber auch die Ausführungen von Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 93. 558 Siehe dazu bereits oben Teil  3 D. III. 3. a) cc).

E. Das Pooling und die Behaltensfrist

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Missbrauchspotential auf, das besteht, wenn das Sinken der Beteiligungshöhe des Pools auf 25 Prozent oder weniger in Bezug auf die Verwirklichung des Nachsteuertatbestands nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG ohne Bedeutung ist.559 Denn ein Verstoß wäre auch für den Fall, dass von vornherein geplant ist, dass C nur dem Pool beitritt, damit die Mindestbeteiligungshöhe erreicht wird, und aus dem Pool wieder austritt, sobald A die Anteile begünstigt übertragen hat, zu verneinen. Vor diesem Hintergrund überzeugt die Annahme, dass das fortwährende Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal im Rahmen von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG darstellt. Wird diese Mindestbeteiligungshöhe im Pool unterschritten, wird demnach genauso gegen die Behaltensfrist verstoßen wie im Falle der Aufhebung der Verfügungsbeschränkung oder Stimmrechtsbündelung. Dabei ist der Grund für das Absinken der Beteiligungshöhe der gepoolten Anteile unerheblich. Mithin kann das Ausscheiden eines Poolmitglieds für die übrigen Poolmitglieder zur Folge haben, dass sie trotz des eigenen Verbleibs in dem Pool selbst zur Zahlung einer Nachsteuer verpflichtet werden können; dahingehend sind die Poolmitglieder also abhängig voneinander. Damit kann ein Poolmitglied freilich ein Druckmittel gegen die übrigen Poolmitglieder haben. Um dem entgegenzuwirken, könnte der Poolvertrag aber eine Vereinbarung über eine Mindestdauer des Pools beinhalten.560 Die Privilegierung des Erwerbs von Anteilen gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zieht folglich nach sich, dass die Voraussetzungen, die zu der Privilegierung geführt haben, auch nach dem Erwerb weiter aufrechterhalten werden müssen. Im Vergleich zu Anteilen, die nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG privilegiert erworben worden sind, ist dies eine zusätzliche Anordnung. Dieses „Mehr“ an Vorbehalten auf der Seite der Erwerber ist aber mit Blick auf das soeben Gesagte hinzunehmen, wenn die Privilegierung nur aufgrund des Poolings möglich ist. Ferner ist der vermittelnde Lösungsvorschlag entsprechend der Reinvestitionsklausel von Lahme / Zikesch abzulehnen. Für diesen Ansatz spricht zwar, dass dem Erwerber eine Handlungsoption bereitgestellt wird. Insbesondere kann diese flexiblere Gestaltung einen Ausweg bieten, wenn das Absinken für eine kurze Zeit unvermeidbar ist, aufgrund eines unvorhergesehenen Ereignisses eintritt oder wenn der Poolaustritt von einem Poolmitglied als Druckmittel genutzt wird. Allerdings fehlen dafür nicht nur Anhaltspunkte im Gesetzestext. Vielmehr ist zum Beispiel unklar, wie oft die Mindestbeteiligungshöhe unterschritten werden darf und ob jedes Unterschreiten die sechsmonatige Frist wieder neu beginnen lässt, wenn die Beteiligungshöhe der im Pool gebundenen Anteile aufgrund verschiedener Ereignisse innerhalb der Behaltensfrist nicht bloß einmal 25 Prozent oder weniger beträgt.

559

Insofern verkennend Felten, ZEV 2010, 627 (630), der in seiner Argumentation gegen das Bestehen eines Missbrauchsrisikos lediglich auf das Ausscheiden des Erwerbers abstellt, wodurch der Ausgeschiedene selbst nach einhelliger Ansicht gegen die Behaltensfrist verstößt. 560 Siehe dazu Teil 3 F. II.

136

Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

b) Kapitalerhöhung in der Hauptgesellschaft Nicht nur das Ausscheiden eines Poolmitglieds, sondern auch eine Kapitalerhöhung der Hauptgesellschaft kann dazu führen, dass sich die Höhe der Beteiligung der im Pool gebundenen Anteile insgesamt so stark verringert, sodass diese die Mindestbeteiligungshöhe nicht mehr erreichen. aa) Meinungsstand in der Finanzverwaltung Gemäß der Finanzverwaltung wird ausdrücklich nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG gegen die Behaltensfrist verstoßen, wenn aufgrund einer Kapitalerhöhung die Beteiligungshöhe des Pools auf 25 Prozent oder weniger absinkt.561 bb) Meinungsstand in der Literatur In der Literatur wird in diesem Fall die Verwirklichung des Nachsteuertatbestands nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG nur vereinzelt und ohne nähere Begründung angenommen.562 Dagegen verneint der überwiegende Teil der Stimmen in der Literatur einen Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG mangels Aufhebung der Poolbindung.563 Dabei ist zunächst auf die unter Teil 3 E. II. 4. a) bb) dargestellten Argumente zu verweisen, die im Falle des Ausscheidens eines Poolmitglieds gegen die Annahme der Verwirklichung des Nachsteuertatbestands § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG seitens der verbliebenen Poolmitglieder vorgebracht werden, wenn die Mindestbeteiligungshöhe nicht mehr erreicht wird. Denn gleichermaßen wird auch argumentiert, wenn die im Pool gebundenen Anteile aufgrund einer Kapitalerhöhung nur noch 25 Prozent oder weniger ausmachen. Außerdem widerspreche der Annahme eines Verstoßes, dass der Mitgliederbestand564 bzw. der Umfang des begünstigten Vermögens565 unverändert bestehen bleiben. Des Weiteren seien die Poolmitglieder anderenfalls gezwungen, die Kapitalerhöhung zu 561

R  E  13a.17 Abs. 2 Nr. 3 ErbStR 2019; ebenso Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn. 268. 562 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn. 268. 563 Felten, ZEV 2012, 84 (86); Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 27; Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 92; Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 252; Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 154; Korezkij, DStR 2011, 1733 (1735); Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 92; MHdB GesR Bd. 7/Reich, § 76 Rn. 16; Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (316); Troll /  Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn.  406; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz /  Löcherbach, ErbStG § 13a Rn. 142; siehe auch Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 210.1. 564 Felten, ZEV 2012, 84 (86). 565 Korezkij, DStR 2011, 1733 (1735); ebenso Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 210.1.

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verhindern566 bzw. sich an dieser zu beteiligen567, um nicht gegen die Behaltensfrist zu verstoßen. Schließlich wird auf den abschließenden Charakter des Katalogs in § 13a Abs. 6 S. 1 ErbStG hingewiesen.568 cc) Stellungnahme Damit die vollständige erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung gewährt werden kann, muss der Pool die Mindestbeteiligungshöhe auch nach dem Erwerb bis zum Ablauf der Behaltensfrist erreichen. Mittels der im Pool gebundenen Anteile muss nämlich durch das Bilden einer Sperrminorität Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen genommen werden können.569 Sinkt die Beteiligungshöhe der im Pool gebundenen Anteile aufgrund einer Kapitalerhöhung auf 25 Prozent oder weniger, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine abweichende Auffassung gegenüber der Annahme eines Verstoßes bei Absinken der Beteiligungshöhe nach dem Ausscheiden eines Poolmitglieds rechtfertigen. Vielmehr sind die Gründe für das Absinken unerheblich.570 Demnach wird gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verstoßen, wenn der Pool infolge einer Kapitalerhöhung der Hauptgesellschaft die Mindestbeteiligungshöhe nicht mehr erreicht.

F. Bestimmungen im Poolvertrag I. Fortsetzungs- und Nachfolgeklausel Für die meisten Poolzusammenschlüsse bieten sich Bestimmungen an, die Regelungen für den Fall des Versterbens oder Ausscheidens eines Poolmitglieds treffen.571 Ausgangspunkt jener Überlegungen ist, dass gemäß § 727 Abs. 1 BGB die Auflösung des Pools folgt, wenn ein Poolmitglied verstirbt und eine abweichende Regelung fehlt.572 Der Poolvertrag, der typischerweise den Gesellschaftsvertrag der GbR darstellt, kann allerdings mittels einer Fortsetzungsklausel festlegen, dass gemäß § 736 Abs. 1 BGB der Pool mit den übrigen Poolmitgliedern fortgesetzt 566

Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 92. von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 183; ebenso Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 252. 568 Kapp / Ebeling / Geck, ErbStG § 13a Rn. 154. 569 Siehe dazu bereits oben Teil  3 E. II. 4. a) cc). 570 Siehe dazu bereits oben Teil  3 E. II. 4. a) cc). 571 Vgl. dazu Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 17 Rn. 11, 25. 572 Gemäß dem mit dem MoPeG eingeführten § 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB-neu führt der Tod eines Gesellschafters zum Ausscheiden des Gesellschafters, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht die Auflösung der Gesellschaft bestimmt. Somit ist die Fortsetzungsklausel in dem Fall keine konstitutive Voraussetzung mehr für den Fortbestand der Gesellschaft. 567

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wird und das verstorbene Poolmitglied ausscheidet.573 Entsprechendes gilt gemäß § 736 Abs. 1 BGB unter anderem für den Fall, dass ein Gesellschafter kündigt.574 Soll der Pool darüber hinaus mit dem bzw. den Erben des verstorbenen Poolmitglieds fortgeführt werden, bedarf es zudem einer entsprechenden Anordnung durch eine Nachfolgeklausel.575 Die inhaltliche Ausgestaltung der Klauseln ist freilich an den konkreten Bedürfnissen der Beteiligten auszurichten. Für den Fall, dass ein Erbe in der Hauptgesellschaft nicht nachfolgeberechtigt ist und deshalb aus der Hauptgesellschaft ausscheidet, kann der Poolvertrag gleichlaufend dazu das Ausscheiden auf der Ebene des Pools bestimmen.576 So kann sichergestellt werden, dass die Poolmitglieder auch weiterhin gleichzeitig Gesellschafter in der Hauptgesellschaft sind.577

II. Mindestdauer des Pools In der Regel beinhaltet der Poolvertrag einen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts für eine bestimmte Zeit. Während unter anderem in einem Regierungsentwurf für die Erbschaftsteuerreform578 gefordert wurde, dass die Poolbindungen unwiderruflich ausgestaltet sein müssten, ist eine solche Vorgabe im Gesetz nicht festgeschrieben worden. Mangels vorrangiger Bestimmungen insbesondere in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG sind somit die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen heranzuziehen. Bezugspunkt ist dabei ein als Innen-GbR ausgestalteter Pool, zu dem sich Gesellschafter auf unbegrenzte Dauer zusammengeschlossen haben und der die Voraussetzungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erfüllt. Ein solcher kennt gemäß § 723 BGB von Gesetzes wegen neben dem außerordentlichen Kündigungsrecht auch das ordentliche Kündigungsrecht. 573 Siehe Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 123; zur Wirkung der Fortsetzungsklausel bündig MüKoBGB / Schäfer, § 736 Rn. 20; allgemein zur Fortsetzungsklausel Alles, Der Tod des GmbH-Gesellschafters, 2017, S. 45 ff. 574 Gemäß dem mit dem MoPeG eingeführten § 723 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BGB-neu führt die Kündigung im dispositven Grundsatz zum Ausscheiden des Gesellschafters. 575 Grundlegend zur Nachfolgeklausel siehe BeckOK BGB / Schöne, § 727 Rn. 13 ff.; Henssler /  Strohn GesR / Kilian, BGB § 727 Rn. 12 ff.; zur einfachen und qualifizierten Nacholgeklausel allgemein siehe auch Alles, Der Tod des GmbH-Gesellschafters, 2017, S. 57 ff.; Crezelius, Unternehmenserbrecht, Rn. 257 ff. (in der OHG); MHdB GesR Bd. 9/Holler, § 30 Rn. 23 ff. 576 Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1405); vgl. auch Baumann / Reiss, ZGR 1989, 157 (180); Hohmann, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, B. Rn. 45; Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 17 Rn. 23. 577 Deshalb sollte das Ausscheiden aus dem Pool auch für den Fall vereinbart werden, dass ein Poolmitglied keine Anteile an der Gesellschaft mehr hält, siehe dazu auch die entsprechende Regelung in Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 § 7 Abs. 2. 578 RegE eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (ErbStRG) vom 20. 11. 2007, S. 11, abrufbar unter https://www.gmb‌h r.de/heft/24_07/ErbStRG_RefEntw_ 071120.pdf.

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Hiervon abweichende Vereinbarungen sind insbesondere an § 138 BGB, § 242 BGB und § 723 Abs. 3 BGB zu messen. Da das Gesetz an die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts in einer unbefristeten Personengesellschaft keine weiteren Voraussetzungen knüpft, ist einem Zusammenschluss wie dem Pool stets die Gefahr immanent, dass sich in der Zukunft einzelne Poolgesellschafter von den Bindungen lösen möchten, während die anderen an dem Vertrag festhalten wollen. Das Vereinbaren des Ausschlusses eines ordentlichen Kündigungsrechts für eine gewisse Dauer stellt einen Versuch dar, darauf einzuwirken, dass die gepoolten Anteile weiterhin im Pool gebunden bleiben.579 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Grenzen im Hinblick auf die vereinbarte Dauer des Ausschlusses des ordentlichen Kündigungsrechts nach § 723 Abs. 1 S. 1 BGB zu ziehen sind. Dies wird nachfolgend untersucht. Zwar kann dabei nicht vertieft auf die allgemein bestehende Kontroverse eingegangen werden, inwieweit das ordentliche Kündigungsrecht in einer Personengesellschaft, die auf unbestimmte Zeit eingegangen worden ist, ausgeschlossen werden kann. Dennoch lässt sich der Kündigungsausschluss in einem erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich motivierten Poolvertrag nicht ohne diese Diskussion beleuchten, da der Pool eben üblicherweise eine GbR darstellt. Daher wird zunächst anhand der wesentlichen Entscheidungen und der maßgeblichen Ansichten in der Literatur die von der Rechtsprechung geprägte Ausgangslage vorgestellt, die – unabhängig von dem Zusammenschluss als Pool  – für Personengesellschaften, die für eine unbestimmte Zeit geschlossen worden sind, besteht. Sie dient als Diskussionsgrundlage, die in dieser Arbeit nicht hinterfragt, sondern für die Erörterung über die Zulässigkeit einer vereinbarten Mindestdauer eines Poolvertrags als Prämisse zugrundegelegt wird. 1. Die von der Rechtsprechung geprägte Ausgangslage Es ist zwar ständige Rechtsprechung des BGH, dass das in § 723 Abs. 1 S. 1 BGB normierte ordentliche Kündigungsrecht aufgrund der Vertragsfreiheit auch bei einer Gesellschaft, die auf unbestimmte Zeit geschlossen worden ist, für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen werden kann.580 Gleichwohl ziehe insbesondere

579 Zum Beispiel ist in der Henkel AG & Co. KGaA der Aktienbindungsvertrag der Familie Henkel im Jahr 2014 verlängert worden und kann nunmehr erstmals mit Wirkung zum 31. 12. 2033 gekündigt werden, siehe https://‌www.henkel.de/spotlight/2014-02-24-newsfamilie-henkel-verlaengert-ak‌tienbindungsvertrag-50280. 580 Zur generellen Möglichkeit, einen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts in einer GbR zu vereinbaren, siehe BGH, Urteil vom 22. 5. 2012 – II ZR 205/10, NZG 2012, 984 Rn. 13; in einer OHG siehe BGHZ 10, 91 (98); in Bezug auf eine Unterbeteiligung an OHG-Anteilen siehe BGHZ 50, 316 (322); in einer stillen Gesellschaft siehe bereits RGZ 129 (134 f.).

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§ 723 Abs. 3 BGB einer solchen Modifikation des ordentlichen Kündigungsrechts Grenzen.581 Festzustellen ist, dass in der Rechtsprechung ein Umdenken stattgefunden hat. War sie 1967 gegenüber sehr langen Bindungen noch offen,582 steht nunmehr die Würdigung des Einzelfalls im Vordergrund. Aufgrund dieses Wandels und der Einzelfallbetrachtung hat sich, die Dauer eines Kündigungsausschlusses betreffend, eine umfangreiche Kasuistik herausgebildet.583 Auch in der Literatur ist ein solches Umdenken zu beobachten. Während früher ebenfalls die Meinung vorherrschte, dass unbeschadet § 724 BGB bzw. § 134 HGB eine sehr lange Bindung grundsätzlich zulässig sei,584 wurde dieser Standpunkt ab 1970 zunehmend kritisiert und eingeschränkt585.586 Vornehmlich durchgesetzt hat sich schließlich im Einklang mit der Rechtsprechung, dass die Zulässigkeit für den

581

BGH, Urteil vom 22. 5. 2012 – II ZR 205/10, NZG 2012, 984 Rn. 13, 16 ff., mit ausführlicher Darstellung der Entwicklung des Begründungsansatzes, von der in der Vergangenheit vorherrschenden Annahme, dass allein auf § 138 Abs. 1 BGB abgestellt werden müsse, hin zu dem Standpunkt, dass vornehmlich ein Verstoß gegen § 723 Abs. 3 BGB anzunehmen sei. 582 30 Jahre im Allgemeinen zulässig: BGH, Urteil vom 19. 1. 1967 – II ZR 27/65, WM 1967 (316); eine Bindung über 15 Jahre erklärte bereits RGZ, 129 (134 f.), unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Familienunternehmens für zulässig. 583 Kündigungsausschluss über eine Zeit von zwölf Jahren im Einzelfall für unzulässig erklärt: BGH, Urteil vom 21. 3. 2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 472 (474); 30 Jahre unzulässig: BGH, Urteil vom 18. 9. 2006, NJW 2007, 295 Rn. 12 ff.; 31 Jahre unzulässig: BGH, NZG 2012, 984 Rn. 16 ff.; ebenso: BGH, Urteil vom 6. 11. 2012 – II ZR 176/12, BeckRS 2012, 24615 Rn. 22; siehe aber auch Fn. 582 auf Seite 140. 584 Andörfer, Ausschluss und Beschränkung des Kündigungsrechts, 1967, S. 39; Flume, Die Personengesellschaft, § 13 II, S. 194 ff.; ders., ZHR 148 (1984), 503 (520); Staub3/Ulmer, § 134 Rn. 7; A. Hueck, FS Larenz, 1973, 741 (746 ff.); Merle, FS Bärmann, 1975, S. 631 (640 ff., 647); Staudinger / Keßler, BGB § 724 Rn. 2. 585 Siehe dazu Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, 1970, S. 367 ff., der für den Gesellschafter, der persönlich sowohl haftet als auch geschäftsführend tätig ist, eine fünfjährige Bindung als Höchstgrenze bestimmt und für den beschränkt haftenden Gesellschafter, der ausschließlich oder vornehmlich kapitalmäßig beteiligt ist, eine Höchstgrenze von zehn bis 15 Jahren befürwortet; H. Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung, 1994, S. 499 f., zufolge muss der Ausschluss durch einen sachlichen Grund legitimiert sein, in der Folge, dass die Dauer des Ausschlusses dann nicht zu begrenzen sei; ähnlich auch H. Wiedemann, GesR I, S. 399, der zunächst die Bestimmung einer Gesellschaftsdauer nur bei Darlegung eines sachlichen Grundes akzeptiert, bzw. später eine Einzelfallprüfung vornimmt und sich – ähnlich Nitschke – im Zweifel bei tätigen Gesellschaftern für eine Höchstfrist von fünf Jahren und bei kapitalistisch beteiligten Gesellschaftern für eine Höchstfrist von zehn Jahren ausspricht, H. Wiedemann, GesR II, S. 272 f.; ferner Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1970, S. 54, der fordert, dass das Ende so bestimmt sein muss, dass es von den Gesellschaftern wahrscheinlich erlebt wird. 586 Vgl. dazu auch die ausführliche Darstellung von Merle, FS Bärmann, 1975, S. 631 (640 ff.), zu der in der Literatur geführten Diskussion über die Vereinbarung einer Vertragsdauer, die die mutmaßliche Lebensdauer eines Gesellschafters übersteigt.

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jeweiligen Einzelfall zu beurteilen sei.587 Teilweise wird dabei eine Bindung von 30 Jahren als kritische Grenze aufgezeigt.588 Ebenso plädiert Ulmer für die Zulässigkeit einer 30-jährigen Bindung als Höchstfrist für große, generationsübergreifende Familiengesellschaften. In einer solchen Gesellschaft überwiege das von den Gründern geprägte Interesse an einem langfristigen Bestand des Unternehmens, das der finanziellen Absicherung von Familienmitgliedern dient und auch von der nachfolgenden Generation aufrechterhalten werden kann, gegenüber dem Interesse des Gesellschafters, der nicht nur selbst nicht geschäftsführend tätig ist, sondern auch nur aufgrund des Erbanfalls in die Gesellschafterstellung gerückt ist.589 Nach gefestigter Rechtsprechung sind bei der Bestimmung der Zulässigkeit der vereinbarten Mindestdauer der Personengesellschaft alle Umstände des Einzelfalls abzuwägen. Entscheidend sei, ob die Bindung an die Personengesellschaft zeitlich unüberschaubar ist und der Gesellschafter in seiner persönlichen und wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit unvertretbar eingeschränkt wird.590 In diese Abwägung seien „außer den schutzwürdigen Interessen der einzelnen Gesellschafter an absehbaren, einseitigen, ohne wichtigen Grund gewährten Lösungsmöglichkeiten auch die Struktur der Gesellschaft, die Art und das Ausmaß der für die […] [Beteiligten] aus dem Gesellschaftsvertrag folgenden Pflichten sowie das durch den Gesellschaftszweck begründete Interesse an möglichst langfristigem Bestand der Gesellschaft“591 einzubeziehen. 2. Meinungsstand in der Literatur Die Mehrzahl der Stimmen in der Literatur orientiert sich bei der Bestimmung der Höchstdauer des Ausschlusses eines ordentlichen Kündigungsrechts für einen Poolzusammenschluss an der soeben dargestellten Ausgangslage.592 Teilweise 587 Siehe Grüneberg / Sprau, BGB § 723 Rn. 2; MüKoBGB / Schäfer, § 723 Rn. 66; H. Wiedemann, GesR II, S. 272 f.; Staub / Schäfer, HGB, § 132 Rn. 34 (in der OHG). 588 So bereits BGB-RGRK / Fischer, § 723 Rn. 13; Gersch, BB 1977, 871 (874); Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1970, S. 54; Knur, Die Familiengesellschaft, 1941, S. 30; siehe auch MüKoBGB / Schäfer, § 723 Rn.  66; Staub / Schäfer, HGB, § 132 Rn. 34 (in der OHG); MüKoHGB /‌ K. Schmidt / Fleischer, § 132 Rn. 33 f. (in der OHG und KG [jedenfalls] für den Gesellschafter, dem als natürliche, persönlich haftende Person das Kündigungsrecht ersatzlos entzogen wurde); K. Schmidt, GesR, § 50 II. 4. c) bb), S. 1456 (für den Gesellschafter, der als natürliche Person unbeschränkt haftet und seine Beteiligung nicht veräußern kann). 589 Ulmer, ZIP 2010, 805 (807); sich wohl anschließend EBJS / L orz, HGB, § 132 Rn. 26; dagegen befindet Hopt / Roth, HGB, § 132 Rn. 13, eine 30-jährige Bindung auch in großen Familienunternehmen für zu lang. 590 BGHZ 50, 316 (322); siehe auch BGH, Urteil vom 18. 9. 2006, NJW 2007, 295 Rn. 11; vgl. ferner BGH, Urteil vom 14. 11. 1953 – II ZR 232/52, NJW 1954, 106 (106). 591 BGH, Urteil vom 22. 5. 2012 – II ZR 205/10, NZG 2012, 984 Rn. 19. 592 Siehe zum Beispiel Großkomm AktG / Grundmann, § 136 Rn. 101; vgl. auch Hohmann, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, B. Rn. 55 ff.; Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 124; kritisch dazu Kirchdörfer / L orz, FS Hennerkes, 2009, 343

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wird eine 30-jährige Bindung als Höchstgrenze angenommen.593 Empfohlen wird überdies von einem großen Teil der Stimmen, an die Behaltensfrist anzuknüpfen und das ordentliche Kündigungsrecht während der laufenden Haltefristen auszuschließen.594 Eine solche Gestaltung müsste demnach stets an den letzten Erwerb anknüpfen und dann für jedenfalls fünf bzw. sieben Jahre einen entsprechenden Ausschluss der Kündigung bestimmen. Bei der „Bestimmung der ‚richtigen‘ Laufzeit“595 wirft Klein-Wiele ferner den Gedanken auf, dass bei der Gestaltung der Poolbindungen berücksichtigt werden sollte, dass sich eine zu lange „Zementierung“ bestehender Stammesstrukturen nachteilig auf das Finden von stammesübergreifenden, sachbezogenen Lösungsansätzen auswirke.596 In Bezug auf typische Nebenvereinbarungen von generationsübergreifenden Familiengesellschaften wie etwa dem Poolvertrag plädiert Holler hingegen für einen unbegrenzt langen Kündigungsausschluss. § 723 Abs. 1 und Abs. 3 BGB finde aufgrund eines ungeschriebenen Sonderrechts keine Anwendung bzw. sei teleologisch zu reduzieren.597 Eine generationsübergreifende Familiengesellschaft zeichne sich durch ihren besonderen Gesellschaftszweck aus, namentlich der generationsübergreifenden Verwaltung und Erhaltung des Vermögens.598 Zumeist überwiege deshalb das Bestandsinteresse der Familiengesellschaft.599 Die Diskussion über das Bestimmen der Höchstgrenze werde insbesondere für Unternehmensgründer, die bereits mit 25 Jahren eine Familiengesellschaft gründen, ad libitum geführt, sodass mit einer Festsetzung bei 30 Jahren keine interessengerechte Lösung gefunden sei.600 (346 f.), die insbesondere mit dem Hinweis auf die spiegelbildliche Gesetzeslage im GmbHRecht eine zeitgerechte und überdachte Auseinandersetzung mit der Abbedingung des ordentlichen Kündigungsrechts im Personengesellschaftsrecht fordern. 593 Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1405); D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (291); für Gesellschaftsvereinbarungen allgemein Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, Kap. 17 Rn. 35; siehe auch BeckFormB GmbH-Recht / L orz, C. III. 1. Rn. 17. 594 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 471; Empfehlung, einen Kündigungsausschluss für sieben Jahre zu vereinbaren: Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1405 f.); für fünf bis sieben Jahre: Wälzholz, MittBayNot 2013, 281 (283); für mindestens fünf Jahre: Hannes /  Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 39; für mindestens zehn Jahre: Eiling, NWB-EV 2019, 330 (331). 595 Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1405). 596 Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1405); siehe auch von Rechenberg / T hies / Wiechers /  Hagen-Eck, Handbuch Familienunternehmen und Unternehmerfamilien, S. 755; vgl. dazu ferner J. Prütting, in: K. W. Lange /‌ Windthorst (Hrsg.), Sicherung des Familieneinflusses in Familienunternehmen, S. 35 (41). 597 Holler, DStR 2019, 931 (941 f.); auf diese Weise kann MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 320 ff., zufolge die Zulässigkeit einer Höchstgrenze von bis zu 50 Jahren unabhängig von der Größe der Familiengesellschaft und der Anzahl ihrer Mitglieder begründet werden, wenn sie auf Generationen angelegt ist. 598 Holler, DStR 2019, 931 (935 f.); MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 49 ff. 599 MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 63 ff. 600 Holler, DStR 2019, 931 (942).

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3. Stellungnahme Zwar ist die Forderung Hollers nach einem Sonderrecht für generationsübergreifende Familienunternehmen601 verständlich. Zunächst ist aber zweifelhaft, dass ein Unternehmensgründer sofort einen Pool gründet.602 Außerdem ist die Abgrenzung zwischen Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen schwierig.603 Schließlich stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit eines Sonderwegs für Familienunternehmen.604 In Bezug auf die Beurteilung der Zulässigkeit von Höchstgrenzen einer Mindestdauer eines Pools in Familienunternehmen ist nicht ersichtlich, wieso von der in Rechtsprechung und Literatur vorherrschenden Einzelfallbetrachtung abgewichen werden sollte. Bei dieser werden ja gerade die Besonderheiten des konkreten Familienunternehmens berücksichtigt. Ziel dieser Arbeit ist es an dieser Stelle nicht, die soeben vorgestellte ständige Rechtsprechung des BGH grundlegend zur Diskussion zu stellen, sondern eben diese Rechtsprechung auf die Vereinbarung einer Mindestdauer in einem Poolvertrag anzuwenden. Die Zulässigkeit einer vereinbarten Höchstgrenze ist demnach in Einklang mit der Rechtsprechung und der vorherrschenden Meinung in der Literatur im Einzelfall zu beurteilen. Für jeden Fall ist ein gerechter Ausgleich zwischen dem Interesse des ausscheidungswilligen Gesellschafters, sich von dem Vertrag lösen zu können, einerseits und dem Interesse der verbliebenen Gesellschafter an einem möglichst langen Kündigungsausschluss andererseits zu finden. Im Folgenden werden die Besonderheiten herausgearbeitet, die sich in Bezug auf die Interessen eines Gesellschafters in einem Familienunternehmen ergeben, der Mitglied in einem Pool im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist.

601

Holler, DStR 2019, 880; ders., DStR 2019, 931; MHdB GesR Bd. 7/ders., § 75 Rn. 79 ff.; noch zurückhaltend ders., BB 2012, 719 (für die Familien-KG); siehe auch die zuvor von Ulmer, ZIP 2010, 549, formulierte Forderung eines Sonderrechts für die große, generationsübergreifende Familien-KG; ders., ZIP 2010, 805; vgl. auch Krämer, Das Sonderrecht der Familiengesellschaften, 2019, der insb. für eine qualifizierte Treupflicht der Gesellschafter einer Familiengesellschaft (ebd., S. 204 ff.) und einen größzügigeren Berurteilungsmaßstab bei Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen von Familiengesellschaften plädiert (ebd., S. 247 ff.); für stärkere Beschränkungsmöglichkeiten des Abfindungsanspruchs bei großen Familiengesellschaften MüKoBGB / Schäfer, § 738 Rn. 60; Erman / Westermann, BGB Vorb. § 705 Rn. 24, zufolge ist ein Sonderrecht für große Familienpersonengesellschaften im Entstehen. 602 Zur Motivation sich bei Veränderung der Gründungsstruktur in einem inhabergeführten Unternehmen zu einem Gründerpool zusammenzuschließen Dutta, ZGR 2016, 581 (587 f.). 603 Ebenso MHdB GesR Bd. 9/Bochmann / Scheller / J. Prütting, Einf vor § 1 Rn. 7. 604 Dagegen MHdB GesR Bd. 9/Bochmann / Scheller / J. Prütting, Einf vor § 1 Rn. 6 ff.; MHdB GesR Bd. 9/Lieder, § 3 Rn. 108 ff.; kritisch gegenüber der Notwendigkeit eines Sonderrechts für die Familien-GmbH MüKoGmbHG /‌ Fleischer, Einl. Rn. 40 m. w. N.

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a) Interesse an Lösungsmöglichkeiten Die Beweggründe, sich zu einem Pool zusammenzuschließen bzw. einem bestehenden Pool beizutreten, sind mannigfaltig. Freilich können sich Umstände ändern605 oder die mit der Poolmitgliedschaft verbundenen Risiken falsch eingeschätzt worden sein606, sodass der Wunsch entstehen kann, jenen Zusammenschluss wieder verlassen zu wollen, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt oder dieser zunächst dargelegt und bewiesen werden muss. Dem steht eine Vereinbarung langer Bindungen indes entgegen. Sie führt vielmehr zu einer „Zementierung“607 bestehender Koalitionen. Gesellschafter, die ihre Anteile im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG poolen, binden sich kraft ihrer Poolmitgliedschaft jedenfalls im Hinblick auf die Ausübung von zwei wesentlichen Rechten aus der Mitgliedschaft in der Hauptgesellschaft. Sie verpflichten sich nämlich erstens, untereinander über die Anteile an der Hauptgesellschaft nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen, sowie zweitens, das Stimmrecht aus den Anteilen an der Hauptgesellschaft gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. Mithin sind der für die GmbH und AG geltende Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Beteiligung608 sowie die Einflussnahme der Gesellschafter auf die interne Willensbildung in der Hauptgesellschaft durch die Ausübung des Stimmrechts609 betroffen. Insbesondere in Familienunternehmen, in denen oftmals das gesamte Vermögen einer Familie in dem Unternehmen gebunden ist610, können die aus dem Poolvertrag resultierenden Einschränkungen für das einzelne Poolmitglied erheblich sein. Wird die einheitliche Stimmrechtsausübung durch Vorabstimmungen in Poolversammlungen gewährleistet, in denen das Ergebnis auf Mehrheitsentscheidungen611 zurückzuführen ist, kann die Willensbildung im Pool nicht nur kompliziert 605 So kann etwa die Vertragsparität während der Laufzeit verloren gehen, ausführlich dazu Sanders, Statischer Vertrag und dynamische Vertragsbeziehung, 2008, S. 308 ff. 606 Vgl. dazu Sanders, Statischer Vertrag und dynamische Vertragsbeziehung, 2008, S. 313 ff., nach der Fehleinschätzungen möglicher Risiken bei der Gründung einer Gesellschaft mit dem Phänom der begrenzten Rationalität erklärt werden kann. 607 Fn. 596 auf Seite 142. 608 Für die GmbH: § 15 Abs. 1 GmbHG; für die AG: BGH, Urteil vom 20. 9. 2004 – II ZR 288/02, NZG 2004, 1109 (1110); BayObLG, Beschluss vom 24. 11. 1988 – BReg. 3 Z 111/88, BayObLGZ 1988, 371 (377); Hölters / M.  Weber / B .  Mayer / Albrecht vom Kolke, AktG § 68 Rn. 9; J. Koch, AktG § 68 Rn. 10; D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (284); MüKoAktG /‌ Bayer, § 68 Rn. 34. 609 Vgl. K. Schmidt, GesR, § 15 I. 1. a), S. 434; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, 1963, S. 12. 610 Vgl. Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 78; Henssler / Strohn GesR / Schlüter, BGB Vorb. §§ 80 ff. Rn. 24; Kormann, in: Scherer et al. (Hrsg.), Familienunternehmen, Kap. 1 Rn. 52. 611 Nach vorherrschender Ansicht schlägt (jedenfalls bei einem Pool bestehend aus einzelnen Gesellschaftern) ein Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit bei der Beschlussfassung in der

F. Bestimmungen im Poolvertrag

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und zeitaufwendig sein612. Auch vermag ein Gesellschafter, der den Pool beherrscht und somit das Ergebnis der Beschlussfassung im Pool wesentlich lenken kann, seinen Standpunkt bei der Beschlussfassung auf der Ebene der Hauptgesellschaft durchzusetzen, wenn der Pool die erforderliche Stimmrechtsmehrheit in der Hauptversammlung erreicht. Wäre ein anderes Ergebnis erzielt worden, wenn die Minderheitsgesellschafter im Pool auf der Ebene der Hauptversammlung entsprechend ihrer Meinung abgestimmt hätten, ist die Poolbindung für diese Poolgesellschafter besonders einschneidend.613 Überdies können Spannungen im Pool bewirken, dass ein Poolmitglied kündigen möchte. Ein Zusammenschluss von Familienmitgliedern ist aufgrund der besonderen Beziehungen der Gesellschafter zueinander und der typischerweise daraus resultierenden Streitanfälligkeit prädestiniert für das Entstehen widerstreitender Interessen.614 Werden Entscheidungen von Emotionen geleitet und treten sachliche Argumente in den Hintergrund, drohen Zerwürfnisse unter den Poolgesellschaftern. Außerdem können ein Gesellschafterwechsel sowie die Verschiebung der Machtverhältnisse die Dynamik im Pool ändern und zu Spannungen führen. InsHauptgesellschaft nicht auf die Anforderungen an den Poolbeschluss durch, siehe BGHZ 179, 13 Ls. a), Rn. 18 ff. – Schutzgemeinschaft II; Eckhardt / Hermanns / Hermanns, Kölner Handbuch Gesellschaftsrecht, Kap. 2 Rn. 1121; Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1404); KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 109; König, ZGR 2005, 417 (421 ff.); MHdB GesR Bd. 3/Priester, § 21 Rn. 16; MHdB GesR Bd. 7/‌Holler, § 75 Rn. 146; Krieger, FS Hommelhoff, 2012, S. 593 (597 f.); Noack, Gesellschaftervereinbarungen, 1994, S. 207 ff.; Odersky, FS Lutter, 2000, S. 557 (559 f.); Podewils, BB 2009, 733 (735 f.); Priester, FS Reuter, 2010, S. 1139 (1142 ff.); K. Schmidt, ZIP 2009, 737 (741 f.); S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 244; Wertenbruch, NZG 2009, 645 (647 f.); H. Wiedemann, GesR II, S. 315; Zöllner, FS Ulmer, 2003, S. 725 (732 ff.); siehe auch für die GmbH Rowedder / Pentz / ­Schnorbus, GmbHG § 53 Rn. 65 f.; a. A. Habersack, ZHR 164 (2000), 1 (14 ff.); D. Mayer, MittBayNot 2006, 281 (287); MüKoAktG3/Pentz, § 23 Rn. 195; MüKoHGB2/Enzinger, § 119 Rn. 37; allerdings ist im Personengesellschaftsrecht die Wirksamkeit eines Beschlusses im Wege der zweistufigen Beschlussmängelkontrolle zu beurteilen, in der Folge, dass nicht nur entscheidend ist, ob der konkrete Beschluss formell mit der im Poolvertrag (rechtmäßig) geforderten Mehrheit gefasst worden ist, sondern auch, dass materiell nicht gegen ein gesetzliches Verbot oder die gesellschafterliche Treupflicht der Poolmehrheit gegenüber der Minderheit verstoßen worden ist, siehe BGHZ 170, 283 – Otto. 612 Vgl. W. Sigle, FS Happ, 2006, S. 295 (297). 613 W. Sigle, FS Happ, 2006, S. 295 (298), bezeichnet dieses Phänomen als „Problem verfälschter Mehrheiten“. 614 Fabis, Konflikte im Familienunternehmen, S. 3 ff.; Habbe / Gieseler, NZG 2016, 1010 (1010); W. Sigle, FS Rowedder, 1994, S. 459 (466 ff.); vgl. auch Groth / Simon, in: Plate et al. (Hrsg.), Große deutsche Familienunternehmen, S. 35 f.; Hennerkes / Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, S. 62 ff.; MHdB GesR Bd. 7/Holler, § 75 Rn. 2; Kalss, FS Binz, 2014, S. 343 (344 ff.); S. B. Klein, Familienunternehmen, S. 87 ff.; Schmeing, Konfliktmanagement in Familienunternehmen, 2018, S. 216 f.; ferner auch Ebel, FS Binz, 2014, S. 171; zur strukturellen Konfliktanfälligkeit von Unternehmerfamilien siehe MHdB GesR Bd. 9/Binz / Weinand, § 45 Rn. 7 ff.; zu dem Spannungsfeld Familie und Unternehmen E. Werner, Die Familiengesellschaft, S. 29 ff.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

besondere wenn eine neue Generation eingebunden wird, können verschiedene Wertvorstellungen aufeinandertreffen.615 Ist der Poolvertrag zum Beispiel zur Sicherung des Einflusses eines Stammes errichtet worden und kann sich die nachfolgende Generation mit dem „Stammesdenken“ nicht mehr identifizieren,616 droht innerhalb des Pools eine Aufspaltung in die „Seniorengeneration“ einerseits und die „Juniorengeneration“ andererseits617. b) Interesse an einem möglichst langen Kündigungsausschluss Das Interesse der übrigen Poolmitglieder an einem möglichst langen Kündigungsausschluss findet seinen Ursprung in dem Gesellschaftszweck des Pools. Dieser kann zwar geändert werden, wird aber zunächst durch die Gründer bestimmt und gilt auch für die Nachfolger, sogar dann, wenn sie selbst andere Ziele verfolgen. Denn der Erbe bzw. Beschenkte rückt in die Stellung des Erblassers bzw. Schenkers dergestalt ein, wie sie zum Zeitpunkt des Erwerbs vorliegt. Mithin erfolgt in Bezug auf die Person des Nachfolgers keine Beschneidung bestehender Rechte. Die Poolmitglieder eines (auch) erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich motivierten Pools haben typischerweise ein Interesse daran, dass die Anteile weiterhin im Pool gebunden bleiben, damit die gepoolten Anteile insgesamt (auch) künftig die Mindestbeteiligungshöhe erreichen. In der Regel wollen sie, dass die Erwerber ihrer Anteile (genauso618) in den Genuss erbschaft- bzw. schenkungsteuerrecht­ licher Begünstigungen kommen.619 Insbesondere in Familienunternehmen verfolgen die Poolmitglieder regelmäßig das Ziel, dass auch die nachfolgenden Erwerber in den Genuss einer erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung kommen. Das Bestreben der Anteilsinhaber, die Anteile an die nächste Generation weiterzugeben, zeichnet das Bild von Familienunternehmen einerseits als Unternehmen, in dem die Familie auch über den Generationswechsel hinaus ihren Einfluss im Unternehmen verankern will. Andererseits kann das Unternehmen als beständige Einheit in der Unternehmenslandschaft aufblühen. Diese von einer Gesellschafter-Generation losgelöste Beständigkeit des Unternehmens spricht für ein Interesse, die Poolbindung aufrechtzuerhalten.

615 Siehe Eiling, NWB-EV 2019, 330 (331); vgl. dazu auch Langenscheidt, FS Binz, 2014, S. 393. 616 Siehe Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1405). 617 Siehe Eiling, NWB-EV 2019, 330 (331). 618 BVerfGE 138, 136 Rn. 195, zufolge wurde es so von Vertretern der Bundesregierung in mündlichen Verhandlungen dargelegt; vgl. aber auch BVerfGE 138, 136 Rn. 195: „[Erfüllt sich diese Erwartung nicht, werde der Gesetzgeber] zu erwägen haben, inwieweit daraus Konsequenzen für die Begünstigungsfähigkeit von Anteilen an Kapitalgesellschaften zu ziehen sind, insbesondere im Hinblick auf die Forderung nach einer Mindestquote auch auf Erwerberseite.“ 619 Vgl. auch Dutta, ZGR 2016, 581 (600).

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Außerdem droht dem Erwerber, der die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrecht­ liche Begünstigung aufgrund des Poolings gewährt bekommen hat, bei Unterschreiten ein Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13b Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG.620 Dabei ist zu beachten, dass der Beginn der Behaltensfrist an den Zeitpunkt des Anteilserwerbs anknüpft. In der Folge beginnt der Fristlauf mit jeder Anteilsübertragung neu.621 c) Zwischenergebnis Die Festlegung einer starren Höchstgrenze, wie lange der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts vereinbart werden kann, ist aufgrund der Vielfalt von Poolzusammenschlüssen nicht sachgerecht. Während für den einen Pool eine konkrete Bindung eine ungerechtfertigte Gewichtung zulasten der Lösungsmöglichkeiten eines Poolmitglieds darstellt, kann dieselbe Mindestdauer für einen anderen Pool unproblematisch zulässig sein. Die jeweiligen Interessen der Poolmitglieder sind nicht nur in jedem einzelnen Zusammenschluss unterschiedlich stark ausgeprägt, sondern auch abhängig von den gegebenen, sich wandelnden Umständen. Nicht außer Acht gelassen werden darf dabei insbesondere die weitere Entwicklung des Pools bzw. der Familie. Denn der Gesellschafterkreis verändert sich im Laufe der Zeit und wächst insbesondere in Familienunternehmen zumeist auch deutlich. Daraus folgt, dass eine Bindung, die 30 Jahre oder mehr – selbst wenn sie zulässig sein sollte – nur in wenigen Fällen vereinbart werden sollte. Vielmehr bieten sich Bindungen zwischen fünf und 15 Jahren. Um den Pool als erfolgreiches Governance-Instrument für die Hauptgesellschaft einzusetzen, sollte sich der Pool nämlich flexibel in diese einfügen. Er sollte Stabilität geben, ohne Strukturen zu zementieren. Die Haltung, Mitglied des Pools zu sein, sollte nicht nur durch rechtliche Strukturen geformt werden, sondern auch tatsächlich gelebt werden. Muss der Kündigungsausschluss zum Beispiel in regelmäßigen Abständen bestätigt werden, kann diese Einbindung der Poolmitglieder dazu beitragen, dass sich diese mit dem Pool identifizieren. Ferner kann sich der Ausstieg einzelner auch positiv auf das Unternehmen auswirken, wenn so zum Beispiel die Eskalation eines Streits verhindert wird.622 Zudem kommt auch die Auflösung des Pools und ggf. das Bilden einer neuen Koalition in Betracht. Demnach sind Regelungen vorzugswürdig, die eine gewisse Flexibilität für den Einzelfall bieten. Eine Bindung von fünf bzw. sieben Jahren entspricht außerdem der Dauer der Haltfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 bzw. Abs. 10 S. 1 Nr. 6 ErbStG und eignet sich demnach insbesondere für erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich motivierte Pools. 620

Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 3 E. II. 4. Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1087); Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 24; Onderka / L asa, Ubg 2009, 309 (314). 622 Siehe dazu Kalss, FS Binz, 2014, S. 343 (352 f.). 621

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

G. Der Verstoß gegen Bestimmungen des Poolvertrags Die Begünstigung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG setzt ein erfolgreiches Pooling voraus. Die Poolgesellschafter haben sich kraft ihrer Mitgliedschaft dazu verpflichtet, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht einheitlich auszuüben. Gegen diese Verpflichtungen kann allerdings im Einzelfall, gelegentlich oder aber dauernd verstoßen werden. Im Folgenden wird erörtert, wie sich solche Verfehlungen auf die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG auswirken.

I. Meinungsstand in der Literatur Der Mehrzahl der Stimmen in der Literatur zufolge ist nicht jeder Verstoß schädlich.623 Vielmehr wird im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung insbesondere unter Berücksichtigung der Häufigkeit und Schwere des Verstoßes und der tatsächlichen Durchsetzung von vereinbarten Vertragsstrafen abgewogen, welche Auswirkungen der Verstoß auf die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG hat. Teilweise wird betont, dass § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG keinen Verstoß, sondern die Aufhebung der Verfügungsbeschränkung oder der Stimmrechtsbündelung sanktioniere.624 Der einmalige Verstoß gegen eine Poolbestimmung stelle noch keine Aufhebung im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG dar.625 Die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB könne allerdings ergeben, dass der Verstoß als Kündigung zu deuten ist.626 Es sei von einer konkludenten Aufhebung oder einem vergleichbaren Sachverhalt auszugehen, wenn die verständige Würdigung aller Umstände ergebe, dass die Poolvereinbarung nicht ernstlich „gelebt“ wird.627 Andere nehmen bei systematischen Verletzungen eine stillschweigende Aufhebung des Poolvertrags an.628 Ferner sei der Poolvertrag faktisch aufgehoben, wenn über einen längeren Zeitraum gegen Poolbindungen verstoßen wird und die im Poolvertrag vorgesehenen Sank 623

A. A. Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 210.1., der bei jedem Verstoß gegen die Verfügungsbeschränkung oder Stimmrechtsbindung eine „faktische“ Aufhebung der Poolvereinbarung bejaht. 624 Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 472; von Oertzen /‌ Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 185; Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2235); vgl. H.-U. Viskorf / Schuck /  Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 140. 625 Lahme / Zikesch, DB 2009, 527 (532); V. Schmidt / L eyh, NWB 2009, 2257 (2570); Troll /  Gebel / Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn.  404; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz /  Löcherbach, ErbStG § 13a Rn.  140; ebenso Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn. 264; vgl. Frese, in: Graewe (Hrsg.), Gesellschaftervereinbarungen in der GmbH, K. Rn. 94. 626 MHdB GesR Bd. 7/Reich, § 76 Rn. 18. 627 von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG § 13a Rn. 185. 628 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn.  264; Fischer / Pahlke / Wachter /  Wachter, ErbStG § 13a Rn. 472.

G. Der Verstoß gegen Bestimmungen des Poolvertrags

149

tionsmöglichkeiten nicht auferlegt werden.629 Vereinzelt wird dem Verstoß gegen die Verfügungsbeschränkung eine höhere Relevanz beigemessen. Denn eine solche Verfehlung könne ggf. die konkludente630 bzw. „faktische“631 Aufhebung der Poolvereinbarung zur Folge haben. Zudem wird vorgebracht, dass die Vereinbarung einer Vertragsstrafe die Ernsthaftigkeit des Poolabschlusses unterstreiche.632 Insofern widerspreche der Umstand, dass eine Poolvereinbarung eine Vertragsstrafe vorsieht, der Annahme einer konkludenten Aufhebung, wenn in Einzelfällen gegen Bestimmungen verstoßen wird.633 Außerdem haben Schulz / Lehmann zufolge bei einem einseitigen Verstoß eines Poolmitglieds die übrigen Mitglieder keinen Wegfall „ihrer“ Steuerbegünstigungen zu befürchten.634 Nur wenige Stimmen in der Literatur machen geltend, dass der Verstoß gegen die Vereinbarung zu keiner Aufhebung im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG führe.635 Denn dem Wortlaut nach sei die Vereinbarung der Beschränkung erforderlich, aber auch ausreichend.636 Ferner liege keine „Aufhebung“ der Verfügungsbeschränkung vor, wenn gegen diese verstoßen wird.637 Letztlich drücke das Zahlen der Vertragsstrafe aus, dass keine Aufhebung des Poolvertrags gewünscht sei.638 In der Literatur wird der Umgang mit einer Verfehlung vermehrt im Rahmen der Verwirklichung des Nachsteuertatbestands diskutiert. Einzelne Stimmen in der Literatur weisen indes darauf hin, dass die Finanzverwaltung möglicherweise eine Anerkennung des Poolvertrags ablehne, wenn sie davon ausgeht, dass dieser tatsächlich nicht gelebt wird.639 Ferner verneinen Meincke / Hannes / Holtz, dass die Nicht-Geltendmachung vereinbarter Sanktionsmöglichkeiten durch die anderen Poolmitglieder zu einem Verstoß gegen die Behaltensfrist führe. Allerdings könne auch die Anerkennung der Poolvereinbarung als Begünstigungsvoraussetzung scheitern.640

629

Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 44. Kreklau, BB 2009, 748 (751). 631 H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 140. 632 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn.  264; Fischer / Pahlke / Wachter /  Wachter, ErbStG § 13b Rn. 248; Wehage, ErbStb 2009, 148 (153). 633 Daragan / Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn.  264; Troll / Gebel /‌ Jülicher / Gottschalk / Jülicher, ErbStG § 13a Rn. 404. 634 Schulz / L ehmann, ZIP 2009, 2230 (2235). 635 H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil 3 B. III. 2. c) cc) (1), zu einem Verstoß gegen die Verfügungsbeschränkung; Wehage, ErbStb 2009, 148 (153). 636 In Bezug auf einen Verstoß gegen die Verfügungsbeschränkung Wehage, ErbStb 2009, 148 (153); vgl. auch H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 2. c) cc) (1). 637 H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 2. c) cc) (1); Wehage, ErbStb 2009, 148 (153). 638 Wehage, ErbStb 2009, 148 (153). 639 Kreklau, BB 2009, 748 (751). 640 Meincke / Hannes / Holtz, ErbStG § 13a Rn. 94. 630

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

II. Stellungnahme Das Gesetz bestimmt ausdrücklich keine Rechtsfolgen für den Fall eines Verstoßes gegen eine Poolbestimmung. Ein Verstoß gegen die Poolbindungen kann aber zum einen dazu führen, dass der Zusammenschluss der Gesellschafter nicht als Pool im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG anerkannt wird, nämlich dann, wenn bereits bei Entstehung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer der Nachweis scheitert, dass die Vereinbarung eingehalten wird. In dem Fall würden die Anteile des Erblassers bzw. Schenkers schon gar kein begünstigungsfähiges Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG darstellen.641 Zum anderen kann nach dem begünstigten Erwerb gepoolter Anteile der Verstoß gegen die Poolbindungen mit einer Aufhebung der Poolbindung im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG gleichgesetzt werden. Damit die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung (vollständig) in Anspruch genommen werden kann, ist nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht entscheidend, dass der Poolvertrag von allen Poolmitgliedern ernst genommen wird. Sowohl in Familienunternehmen als auch in Nicht-Familienunternehmen kommt es freilich naturgemäß vor, dass zwischen den Poolgesellschafter Meinungsverschiedenheiten entstehen. Können diese nicht gelöst werden, ist ggf. der Verstoß gegen den Poolvertrag die Konsequenz. Es wäre nicht sachgerecht, wenn jeder Verstoß dazu führen würde, dass der Zusammenschluss nicht mehr als Pool im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG anerkannt bzw. der Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verwirklicht würde. In der Regel entscheiden die Qualität des Verstoßes und deren Quantität, ob eine schädliche Nichteinhaltung der Poolbindungen vorliegt. Die Verfehlung kann vornehmlich anhand der Folgen für den Pool insgesamt und die einzelnen Poolmitglieder sowie der Häufigkeit der Verstöße beurteilt werden. Dies ist insbesondere davon abhängig, ob – und bei Bejahung, wie stark – der Pool aufgrund der Missbilligung an Einfluss verliert. Ernsthaftigkeit wird etwa bei einem Poolmitglied vermisst, das systematisch gegen die Vereinbarungen verstößt; was ggf. sehr schwer festzustellen ist. Außerdem kann das Bestehen eines Poolvertrags nicht mehr angenommen werden, wenn jeder Verstoß – einzeln betrachtet – zwar nur eine „kleinere“ Verfehlung darstellt, aber über einen längeren Zeitraum eine Vielzahl von Verstößen zu verzeichnen ist. Dagegen zeigt die Erfüllung von Vertragsstrafen, dass sich die Poolmitglieder grundsätzlich an den Poolvertrag gebunden fühlen. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ist indes keine zwingende Voraussetzung für die Anerkennung eines Pools im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG.642 Da die Bindungen in der Form 641

Vgl. MHdB GesR Bd. 9/Söffing / Ch. Hübner, § 28 Rn. 11. K.  Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (21); Wehage, ErbStB 2009, 148 (153); wohl auch H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / S . Viskorf, ErbStG § 13b Rn. 131; siehe auch BayLfSt, Verfügung vom 10. 1. 2011 S 3812b.1.1–1 St 34, DStR 2011, 413 (413). 642

H. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 3

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einer Gesellschaftervereinbarung aber nur schuldrechtliche Wirkung entfalten, wird dringend empfohlen, dass im Poolvertrag eine Vertragsstrafe bestimmt wird, um sämtliche Poolmitglieder zum Einhalten der Poolbindungen zu motivieren.643 Von Bedeutung ist an dieser Stelle, dass aufgrund eines schädlichen Verstoßes eines Poolmitglieds nicht per se ein Verstoß aller Poolmitglieder anzunehmen ist. Ob ein Verstoß vorliegt, ist für jedes Poolmitglied einzeln zu beurteilen. Dabei kann auch den übrigen Gesellschaftern die Nichteinhaltung der Poolvereinbarungen vorgeworfen werden. Voraussetzung dafür ist, dass sie – etwa aufgrund einer Bestimmung im Poolvertrag – die (rechtliche) Möglichkeit haben, auf den Verstoß eines Poolmitglieds zu reagieren und sich darum nicht bemühen. Demnach ist ein Verstoß der übrigen Poolmitgliedern zum Beispiel dann anzunehmen, wenn der Poolvertrag für den Fall, dass ein Poolmitglied gegen die Poolbindungen verstößt, eine Vertragsstrafe vorsieht und die übrigen Poolmitglieder sich nicht um deren Durchsetzung bemühen.

H. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 3 1. Mit dem JStG 1996 wurde die Möglichkeit der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung erstmals auch für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft normiert. Auf diese  – umstrittene  – Weise sollte die Steuerbelastung bei der Unternehmensnachfolge verringert werden. Die so gewonnenen Mittel sollten insbesondere dem Erhalt von Arbeitsplätzen dienen.644 Das Halten der Mindestbeteiligung sei ein Indiz dafür, dass „der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt.“645 2. Mit dem ErbStRG wurde die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung leichter zugänglich gemacht, um bestimmte Kapitalanteile, die anderenfalls kein begünstigungsfähiges Vermögen darstellen würden, privilegieren zu können. Seither ist in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG das Poolprivileg normiert – eine weitere Option, um die Mindestbeteiligungshöhe erreichen zu können.646 643

Vgl. Eiling, NWB-EV 2019, 330 (337); Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13b Rn. 248; Habersack, ZHR 164 (2000), 1 (2); Klein-Wiele, NZG 2018, 1401 (1406); KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 148; Kreklau, BB 2009, 748 (751); Krieger, FS Hommelhoff, 2012, S. 593 (594); D.  Mayer, MittBayNot 2006, 281 (292); von Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S.  1045 (1047 f.); von Rechenberg / T hies / Wiechers / Schick / Groß, Handbuch Familienunternehmen und Unternehmerfamilien, S. 678; Scherer / Krause, Unternehmensnachfolge, § 14 Rn. 165; vgl. auch A. Hueck, FS Nipperdey, 1965, S. 401 (407); für die GmbH BeckFormB GmbH-Recht / L orz, C. III. 1. Rn. 16; Scholz / K . Schmidt, GmbHG § 47 Rn. 61; zur Vertragsstrafe als Sicherungsmittel der Stimmbindung siehe Rodemann, Stimmbindungsvereinbarungen, 1998, S. 148 f. 644 Siehe Teil  3 A. I. 645 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 158. 646 Siehe Teil  3 A. II.

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

3. Das BVerfG647 hat im Hinblick auf das Erfordernis der Mindestbeteiligungshöhe im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG die Verfassungsmäßigkeit bestätigt; es liege kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Dabei berücksichtige die Möglichkeit der gegenseitigen Zurechnung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG im ausreichenden Maße die Besonderheit, dass in Familienunternehmen Anteilsinhaber auch mit geringeren Beteiligungen in der Gesellschaft eingebunden sein könnten.648 4. Das Pooling ist Teil des komplexen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Verschonungssystems nach §§ 13a, 13b ErbStG und ermöglicht, dass Kapitalanteile des Erblassers bzw. Schenkers zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören können, obwohl dieser unmittelbar nur zu 25 Prozent oder weniger an der Hauptgesellschaft beteiligt ist.649 Ein Zusammenschluss erfüllt die Anforderungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG, wenn erstens eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung – zum Beispiel ein Stimmbindungsvertrag – eingegangen worden ist und zweitens eine Verpflichtung, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen (1. Alternative) oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen (2. Alternative). Der Stimmbindungsvertrag ist also nur einen Teil eines Poolvertrags im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG. 5. Die Möglichkeit, dass Kapitalanteile eines Erblassers bzw. Schenkers zum erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähigen Vermögen gehören, ist nicht nur Gesellschaftern von Familienkapitalgesellschaften vorbehalten. Damit Kapitalanteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegiert erworben werden können, muss der Erblasser bzw. Schenker vielmehr als unternehmerisch eingebunden gelten.650 6. Zwar wurde die Förderung von Familienunternehmen in den politischen Debatten und Gesetzesentwürfen zu einem JStG 1996, einem JStG 1997 sowie einem ErbStRG als Ziel der verschiedenen Reformen mehrfach betont.651 Allerdings zählen Anteile an einer börsennotierten Familien-AG nicht per se zum begünstigungsfähigen Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Denn ein Gesellschafter eines börsennotierten Familienunternehmens ist nicht in jedem Fall zu mehr als 25 Prozent an dessen stimmberechtigten Kapital beteiligt oder Mitglied eines Pools im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG. Vielmehr kann es sogar bei Kapitalanteilen, die unstreitig Anteile an einem Familienunternehmen darstellen, notwendig sein, dass Gesellschafter ihre Anteile im Sinne § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG poolen müssen, um die Mindestbeteiligungshöhe zu erreichen.652 647

BVerfGE 138, 136 Rn. 179 ff. Siehe Teil  3 A. III. 649 Siehe Teil 3 B. 650 Siehe Teil  3 C. I. 651 Siehe Teil 3 A. 652 Siehe Teil  3 C. II. 648

H. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 3

153

7. Anteile an Familienkapitalgesellschaften haben im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG aber eine besondere Bedeutung. Denn die Gegebenheiten in Familienunternehmen dienten als Vorbild bei der Ausgestaltung der Begünstigungsvorschrift.653 Insbesondere handelt es sich bei den nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG geforderten Verpflichtungen um typische Vorkehrungen in Familienunternehmen zur Sicherung des Familieneinflusses. Dafür werden nämlich typischerweise Stimmbindungsverträge eingegangen654 sowie Vorkehrungen getroffen, um die Möglichkeit der Übertragung der Beteiligung einzuschränken655. Für die AG gilt dabei die in § 23 Abs. 5 S. 1 AktG normierte Satzungsstrenge, weshalb die Stimmbindung und in der Regel auch die Beschränkung der Übertragbarkeit in Gesellschaftervereinbarungen festgehalten werden. Die Familie in einer Familienkapitalgesellschaft, die ihre Anteile entsprechend poolt, ist also (nur) ein Beispiel für eine Einheit, die als unternehmerisch interessiert gelten kann.656 8. Bezüglich der Verpflichtung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen, ist der Begriff der Verfügung nicht nach dem zivilrechtlichen Verständnis zu bestimmen. Überwiegend wird eine Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG vielmehr bei der Übertragung des Eigentums an einem Kapitalanteil angenommen. Unklar ist jedoch, ob dabei die Übertragung des privatrechtlichen Eigentums und / oder des wirtschaftlichen Eigentums gemeint ist.657 Außerdem muss sich die Verpflichtung lediglich auf Verfügungen unter Lebenden beziehen. Dies gilt gleichermaßen auch für die Poolbindung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 2. ErbStG.658 9. Eine einheitliche Verfügung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG ist anzunehmen, wenn sie nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt.659 Sieht der Poolvertrag eine Regelung vor, die den Erwerberkreis bestimmt, kann in diesem Sinne einheitlich verfügt werden. Als Erwerber können sowohl Familienmitglieder, familienfremde Poolmitglieder oder andere außenstehende Dritte eingesetzt werden.660 Eine Verfügung nach einheitlichen Grundsätzen kann ferner vorliegen, wenn der Poolvertrag vorsieht, dass die Übertragung der Anteile der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder bedarf. Denn in dem Fall sind klare Grundsätze determiniert, die sicherstellen, dass Übertragungen allein vom Willen des Pools getragen werden.661 653

Siehe Teil 3 C. II. und III. Siehe Teil  3 C. III. 1. 655 Siehe Teil  3 C. III. 2. 656 Siehe Teil  3 C. III. 657 Siehe Teil  3 D. I. 1. a). 658 Siehe Teil  3 D. I. 1. b). 659 Siehe Teil  3 D. I. 2. b). 660 Siehe Teil  3 D. I. 2. b) aa). 661 Siehe Teil  3 D. I. 2. b) bb). 654

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

10. Alternativ zur Verpflichtung, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen, können sich die Poolmitglieder dazu verpflichten, die Anteile ausschließlich auf andere, derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 2 ErbStG.662 In diesem Zusammenhang ist ein zeitgleicher, also mit der Übertragung in engem zeitlichem Zusammenhang stehender Poolbeitritt ausreichend.663 11. Eine einheitliche Stimmrechtsausübung im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG kann auf unterschiedliche Weise hergestellt werden. Für die Poolmitglieder in einer AG kommt dafür der Einsatz eines Aufsichts- oder Leitungsgremiums wegen der Satzungsstrenge nach § 23 Abs. 5 S. 1 AktG nicht in Betracht. Denn auf das Gremium müssten Kompetenzen übertragen werden, die das Gesetz der Hauptversammlung zuspricht.664 Das Stimmrecht kann indes mittels Stimmbindungsvertrags einheitlich im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ausgeübt werden.665 Stimmrechtslos ausgestaltete Anteile bleiben bei der Berechnung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG sowohl im Dividenden als auch im Divisor unberücksichtigt. Denn unternehmerisches Interesse zu haben bedeutet durch das Bilden einer Sperrminorität Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen nehmen zu können. Voraussetzung aber für die Bildung einer Sperrminorität ist, dass die Anteile mit einem Stimmrecht ausgestattet sind.666 12. Werden Anteile in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft eingebracht, ist der Erblasser bzw. Schenker nicht mehr unmittelbar im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG an der Hauptgesellschaft beteiligt. Zunächst ist der Wortlaut der Begünstigungsvorschrift dahingehend eindeutig. Des Weiteren ist weder § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG als Auslegungsmaßstab für § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG heranzuziehen, noch statuiert § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG eine lex specialis zu § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.667 13. Der Erblasser bzw. Schenker kann sowohl gepoolte als auch ungepoolte Anteile halten. Ist er selbst zu mehr als 25 Prozent an der Hauptgesellschaft beteiligt, gehören dessen Anteile unabhängig davon, ob sie gepoolt sind, gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG zum begünstigungsfähigen Vermögen.668 Erreicht dagegen weder der Erblasser bzw. Schenker selbst noch der Pool die Mindestbeteiligungshöhe, ist der Erwerb von Anteilen des Erblassers bzw. Schenkers weder nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG noch nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 662

Siehe Teil  3 D. II. 1. Siehe Teil  3 D. II. 2. 664 Siehe Teil  3 D. III. 1. 665 Siehe Teil  3 D. III. 2. 666 Siehe Teil  3 D. III. 3. 667 Siehe Teil  3 D. IV. 1. 668 Siehe Teil  3 D. IV. 2. a). 663

H. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 3

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ErbStG begünstigungsfähig. Denn die zivilrechtliche Selbstständigkeit der Anteile sowie das Zusammenspiel mit dem Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG sprechen dafür § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG anteilsbezogen auszulegen. Deshalb ist bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nur auf die Summe der im Pool gebundenen Anteile abzustellen.669 Sind im Pool mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft gebunden, ist zwar der Erwerb der gepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigungsfähig. Die anteilsbezogene Auslegung führt hingegen dazu, dass dessen ungepoolten Anteile nicht positiv „infiziert“ werden und somit nicht zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen.670 14. Die Wirksamkeit eines Poolvertrags im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist nicht von einer besonderen Form abhängig, wenn sich Gesellschafter einer AG zusammenschließen. Aus Beweisgründen bietet es sich indes an, den Zusammenschluss zumindest in Schriftform zu dokumentieren.671 15. Zielt der Erwerber gepoolter Anteile darauf ab, die Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG vollständig zu erhalten, ist er verpflichtet, die Poolbindung bis zum Ablauf der Behaltensfrist aufrechtzuerhalten, vgl. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG. Dadurch soll verhindert werden, dass die erforderlichen Poolbindungen nur für eine kurze Zeit eingegangen worden sind, um die Privilegierung in Anspruch nehmen zu können.672 16. Der Nachsteuertatbestand gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG ist verwirklicht, wenn wegen der Aufhebung des Poolvertrags insgesamt die Poolbindung für alle Poolmitglieder endet. Darüber hinaus gilt folgendes: – Die Poolbindung endet für das ausgeschiedene Poolmitglied im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG, wenn die Anteile nach dem Ausscheiden des Gesellschafters nicht mehr poolgebunden sind, der Pool aber fortgesetzt wird (vgl. § 736 Abs. 1 BGB).673 – Zwar stellt das Weiterübertragen durch Schenkung oder Vererbung der Anteile keinen Verstoß gegen die Behaltensfrist dar. Sodann ist die Verwirklichung eines Nachsteuertatbestands durch den Zweiterwerber jedoch auch für den Ersterwerber von Bedeutung, sodass die Begünstigung für den Erwerb des Ersterwerbers (teilweise) wegfällt, wenn „dessen“ Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist. Insbesondere endet die Behaltensfrist des Ersterwerbers nicht mit dessen Tod.674

669

Siehe Teil  3 D. IV. 2. b). Siehe Teil  3 D. IV. 2. c). 671 Siehe Teil  3 D. V. 672 Siehe Teil  3 E. I. 673 Siehe Teil  3 E. II. 1. 674 Siehe Teil  3 E. II. 2. 670

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Teil 3: Der Stimmbindungsvertrag als Teil des Poolvertrags 

– Erwirbt der Erbe bzw. Beschenkte Kapitalanteile gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt, ist unabhängig von der Beteiligungshöhe des Erwerbers zu beurteilen, ob die Aufhebung der Poolbindung einen Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG darstellt. Deshalb bleibt unberücksichtigt, wenn der Erwerber selbst mehr als 25 Prozent der Anteile an der Hauptgesellschaft hält.675 – Vereinen sich sämtliche im Pool gebundenen Anteile auf das letzte Poolmitglied, wird zwar die Poolbindung aufgrund der Beendigung des Pools aufgehoben. Es ist aber von einem Verstoß gegen § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG abzusehen. Liegt offensichtlich eine Missbrauchskonstellation vor, sollte die Finanzverwaltung bereits das Vorliegen einer Poolvereinbarung nicht anerkennen. Jedoch wird der Erwerber, auf den sich sämtliche im Pool gebundenen Anteile vereinen, durch dieses Ergebnis bessergestellt als ein Erwerber, der gepoolte Anteile erwirbt, ohne dass die Poolbindung aufgehoben wird. Deshalb wird vorgeschlagen, das Veräußerungsverbot nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG auf sämtliche Anteile zu erstrecken, die im Zeitpunkt der Beendigung des Pools zum Erreichen der Mindestbeteiligung in Höhe von mindestens 25 Prozent und zusätzlich einem Anteil erforderlich sind.676 – Das fortwährende Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe stellt ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal im Rahmen von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG dar. Führt also das Ausscheiden eines Poolmitglieds677 oder eine Kapitalerhöhung der Hauptgesellschaft678 dazu, dass sich die Höhe der Beteiligung der im Pool gebundenen Anteile insgesamt so stark verringern, dass der Pool die Mindestbeteiligungshöhe nicht mehr erreicht, wird gegen die Behaltensfrist verstoßen. 17. Der Poolvertrag beinhaltet in der Regel eine Fortsetzungs- und Nachfolgeklausel679 sowie einen Ausschluss für das ordentliche Kündigungsrecht für eine bestimmte Zeit680. Wie lange der Ausschluss für das ordentliche Kündigungsrecht höchstens vereinbart werden kann, ist in Einklang mit der Rechtsprechung und der vorherrschenden Meinung in der Literatur im Einzelfall zu beurteilen. Für Gesellschafter in einem Familienunternehmen, die Mitglieder in einem Pool im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG sind, ergeben sich folgende Besonderheiten: – Der Wunsch, sich zu lösen, kann bestehen, weil sich die Poolmitglieder kraft ihrer Poolmitgliedschaft jedenfalls im Hinblick auf die Ausübung von zwei wesentlichen Rechten aus der Mitgliedschaft in der Hauptgesellschaft binden. Die Einschränkungen betreffen nämlich die freie Übertragbarkeit der Anteile sowie die Ausübung des Stimmrechts. Ferner können sich aufgrund der besonderen Ein-

675

Siehe Teil  3 E. II. 3. a) und b). Siehe Teil  3 E. II. 3. c). 677 Siehe Teil  3 E. II. 4. a). 678 Siehe Teil  3 E. II. 4. b). 679 Siehe Teil  3 F. I. 1. 680 Siehe Teil  3 F. I. 2. 676

H. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 3

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bindung der Familie in den Pool Spannungen im Pool entwickeln und bewirken, dass ein Poolmitglied kündigen möchte.681 – Der Wunsch, einen möglichst langen Kündigungsausschluss zu vereinbaren, kann bestehen, damit die gepoolten Anteile insgesamt (auch) künftig die Mindestbeteiligungshöhe erreichen. Denn die Anteile der Poolmitglieder können gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt erworben werden, wenn mehr als 25 Prozent der Anteile gepoolt sind. Außerdem droht dem Erwerber, der die erbschaftbzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung aufgrund des Poolings gewährt bekommen hat, bei Unterschreiten ein Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13b Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG.682 18. Damit die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung (vollständig) in Anspruch genommen werden kann, ist entscheidend, dass der Poolvertrag von allen Poolmitgliedern ernstgenommen wird. Der Verstoß gegen die Poolbindungen kann abhängig davon, ob vor oder nach Entstehung der Erbschaftbzw. Schenkungsteuer verstoßen wird, zur Folge haben, dass entweder der Zusammenschluss der Gesellschafter nicht als Pool im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG anerkannt werden kann oder der Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verwirklicht ist. Ob eine schädliche Nichteinhaltung vorliegt, ist unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei sind in der Regel die Qualität des Verstoßes und dessen Quantität entscheidend.683

681

Siehe Teil  3 F. II. 3. a). Siehe Teil  3 F. II. 3. b). 683 Siehe Teil 3 G. 682

Teil 4

Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG Aufgrund der besonderen Einbindung der Familie in das Unternehmen besteht in einem Familienunternehmen – auch aus den oben beschriebenen steuerrechtlichen Gründen – ein vermehrtes Interesse daran, einen Stimmbindungsvertrag abzuschließen.1 Allerdings können mittels Stimmbindungsvertrags nicht nur die beabsichtigten Ziele erreicht werden. Vielmehr kann der Abschluss eines Stimmbindungsvertrags bzw. der Vertragsbeitritt auch weitere, ggf. unerwünschte Rechtsfolgen auslösen, wie zum Beispiel in einer börsennotierten Familien-AG die Pflicht zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG. Das Pflichtangebot wurde mit Inkrafttreten des WpÜG zum 1. Januar 20022 gesetzlich verankert. Gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG ist derjenige, der unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt, verpflichtet, ein Angebot zum Erwerb aller übrigen Aktien3 der Gesellschaft abzugeben. Dabei sind Gesellschafter einer börsennotierten (Familien-)‌AG, deren Anteile am organisierten Markt gehandelt werden und die somit Zielgesellschaft im Sinne von §§ 1, 2 Abs. 3 und 7 WpÜG4 ist, Adressaten dieses Gebots. Nach § 29 Abs. 2 WpÜG kontrolliert derjenige die Gesellschaft, der mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft hält. Bei der Berechnung der maßgeblichen Stimmanteile des Bieters5 werden aber nicht nur die Stimmrechte, die dieser selbst hält, einbezogen, sondern dem Bieter6 können darüber hinaus gemäß § 30 1

Ausführlich dazu bereits oben Teil 3 C. III. 1. a). Siehe Art. 12 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3822); zur geschichtlichen Entwicklung des Übernahmerechts in Deutschland und in der EU Ames, Befreiung vom übernahmerechtlichen Pflichtangebot, 2014, S. 7 ff.; Heinbach, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, 2005, S. 9 ff.; siehe auch Rulf, Zurechnungstatbestände, 2009, S. 21 ff. 3 Tatsächlich sind alle Wertpapiere im Sinne von § 2 Abs. 2 WpÜG erfasst. Vereinfachend wird in dieser Arbeit von Aktien oder Anteilen gesprochen. 4 Näher zur Zielgesellschaft KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 29 Rn. 67 ff. 5 „Bieter“ sind gemäß § 2 Abs. 4 WpÜG natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften, die allein oder gemeinsam mit anderen Personen ein Angebot abgeben, ein solches beabsichtigen oder zur Abgabe verpflichtet sind. 6 Zur Verwendung des Begriffs „Bieter“ im Rahmen von § 30 WpÜG Baums / Thoma / Verse /  Diekmann, WpÜG § 30 Rn. 12; von Bülow / Bücker, ZGR 2004, 669 (696 f.); KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 28 f. 2

Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht

159

WpÜG bestimmte Stimmrechte aus den Aktien der Zielgesellschaft zugerechnet werden. Haben sich Gesellschafter zu einem Pool zusammengeschlossen und sich (jedenfalls) mittels eines Stimmbindungsvertrags dazu verpflichtet, die Ausübung des Stimmrechts nur in der vertraglich festgelegten Weise vorzunehmen, sind dem Bieter gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG die Stimmrechte aus den Aktien der anderen Poolmitglieder zuzurechnen. Demnach kann der Stimmbindungsvertrag die Angebotspflicht auslösen, wenn der Bieter aufgrund dieser Zurechnung die Kontrollschwelle erreicht bzw. überschreitet. Vor dem Hintergrund, dass ein Pflichtangebot in Familienunternehmen in der Regel im Zusammenhang mit der Steuerung der Nachfolge in einer börsennotierten Familien-AG steht7 und die Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots mit enormen Kosten8 für die Familie verbunden sein kann, ist der Stimmbindungsvertrag eine Vereinbarung im Kontext börsennotierter Familien-AG mit nicht zu unterschätzenden möglichen Konsequenzen. Dabei ist insbesondere an erb- und schenkungsteuerrechtlich motivierte Pools zu denken, die unter anderem so gestaltet sind, dass sie eine Verpflichtung zur einheitlichen Ausübung des Stimmrechts im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG vorsehen und die Mindestbeteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent erreichen, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG. Im Folgenden werden zunächst die wesentlichen Bestimmungen des WpÜG, die das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG betreffen (A.), sowie die Zielsetzung des Pflichtangebots (B.) dargestellt. Anschließend wird der Kontrollbegriff nach § 29 Abs. 2 WpÜG untersucht (C.), bevor die Kontrollerlangung mittels Stimmbindungsvertrags erörtert wird (D.). Allerdings folgt einer Kontrollerlangung nicht in jedem Fall die Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Angebots. Deshalb widmet sich E. den Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten gemäß §§ 36, 37 WpÜG. Sodann wird der Umfang der Angebotspflicht kurz vorgestellt und beleuchtet, ob das einzelne Poolmitglied ein Angebot abgeben muss, wenn mehrere Poolmitglieder angebotspflichtig sind (F.). Abschließend soll ermittelt werden, ob der Verstoß gegen die Abgabepflicht Auswirkungen auf die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG von Kapitalanteilen hat, die mittels Poolings nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt erworben werden sollen bzw. worden sind (G.).

7

Vgl. MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 50; siehe dazu auch die Ausführungen zur Motivation beim Abschluss eines Stimmbindungsvertrags in einer Familien-AG bereits oben Teil 3 C. III. 1. a); zur praktischen Relevanz von Befreiungsanträgen, die sich auf unentgeltliche Zuwendungen von Aktien im Falle des Beitritts zu einem Familienpool beziehen, siehe BaFin, Jahresbericht 2009, S. 205. 8 Der Bieter hat den übrigen Aktionären eine angemessene Gegenleistung anzubieten, §§ 39, 31 Abs. 1 WpÜG i. V. m. §§ 3 ff. WpÜG-AngVO. Umfassend zur Art und Höhe der zu gewährenden Gegenleistung siehe Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 235 ff.

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Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

A. Wesentliche Bestimmungen des WpÜG betreffend Pflichtangebote § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG statuiert die Veröffentlichungspflicht desjenigen, der unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt. Überdies ist der Bieter9 gemäß § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG verpflichtet, der Bundesanstalt innerhalb von vier Wochen nach dieser Veröffentlichung eine Angebotsunterlage zu übermitteln und das Angebot nach § 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG zu veröffentlichen.10 Die im 5. Abschnitt des WpÜG normierten Regelungen über Pflichtangebote (§§ 35– 39 WpÜG) werden mit dem Verweis über § 39 WpÜG auf die Bestimmungen der Abschnitte 3 und 4 komplettiert.11 Das Pflichtangebot – als „Rechtsfolge bereits erlangter Kontrolle“12 über die Zielgesellschaft – knüpft an den Kontrollbegriff in § 29 Abs. 2 WpÜG an. Gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG ist Kontrolle das Halten von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft. Maßgeblich sind dabei nicht nur die Stimmrechte aus den Aktien der Zielgesellschaft, die der Bieter selbst hält, sondern auch die Stimmrechte, die ihm nach § 30 WpÜG zugerechnet werden. Hat der Bieter Kontrolle erlangt, ist er zunächst zur Abgabe des Angebots verpflichtet. Systematisch sehen §§ 35 ff. WpÜG keine Bereichsausnahme der Angebotspflicht vor.13 Erst auf Antrag des Bieters ist in einem zweiten Schritt das Vorliegen der Voraussetzungen der in § 20 WpÜG i. V. m. § 39 WpÜG, § 35 Abs. 3 WpÜG, § 36 WpÜG sowie § 37 WpÜG normierten Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungstatbestände zu prüfen. Diese Prüfung ist bewusst14 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)15 als Aufsichtsbehörde überlassen worden.16 Damit die Abgabepflicht eingehalten wird, setzt das Gesetz nicht nur einen finanziellen Impuls, indem der Verstoß gemäß § 60 WpÜG mit einem Bußgeld sanktioniert und dem säumigen Bieter nach § 38 WpÜG eine Verzinsungspflicht auferlegt wird. Es wird zudem die Verkürzung von Mitgliedschaftsrechten in Aus-

9 Zum Begriff „Bieter“ im Rahmen von § 35 Abs. 2 WpÜG Gansmeier, ZBB 2020, 225 (227). 10 Siehe für Definitionen weiterer Arten von Angeboten im Übernahmerecht (Einfaches Angebot, Übernahme-, Aufstockungs-, Erwerbsangebot) MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 11; siehe zu den verschiedenen Angebotsarten nach dem WpÜG auch BaFin, Jahresbereicht 2002 Teil A, S. 172 f.; Hippeli / Weigold / T. Müller, BaFin-Journal 3/2018, 15 (17). 11 Siehe zur Systematik der §§ 29 ff. WpÜG Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 9. 12 Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 131; siehe auch MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 2. 13 MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 56; Steinmeyer / Klepsch, WpÜG § 36 Fn. 9 m. w. N. 14 MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 56. 15 Die BaFin ist gemäß § 14 Abs. 1 und Abs. 2 FinDAG eine bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn und Frankfurt am Main. 16 Vgl. auch Steinmeyer / Klepsch, WpÜG § 36 Rn. 3.

B. Zielsetzung des Pflichtangebots

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sicht gestellt. § 59 WpÜG bestimmt nämlich den Verlust sämtlicher der Mitgliedschaft entspringenden Rechte.17

B. Zielsetzung des Pflichtangebots Pflichtangebotsregelungen sind weit verbreitet und finden sich auch im nationalen Recht zahlreicher anderer europäischer Länder.18 Mit der Einführung des Pflichtangebots sollte ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland geleistet werden.19 Das Pflichtangebot ist konzipiert worden, „um einem Minderheitsaktionär im Falle einer Unternehmensübernahme […] auch die Möglichkeit zu geben, seine Beteiligung an der Gesellschaft zu einem angemessenen Preis veräußern zu können.“20 Auf diese Weise sollen außenstehende Aktionäre geschützt werden, wenn sich die Beherrschungsverhältnisse derartig ändern, dass sie entweder erstmals einer Kontrollsituation ausgesetzt sind oder im Falle des Kontrollwechsels einem neuen kontrollierenden Aktionär gegenüberstehen.21 Teilweise wird die (oftmals) damit einhergehende Änderung der Geschäftspolitik betont.22 Auslöser der Angebotspflicht kann demnach sowohl die erstmalige Entstehung einer Kontrollposition als auch der Wechsel der Person des Kontrollträgers sein.23 Ändert sich dagegen die Verteilung der Stimmrechtsanteile, die die ursprüngliche Kontrollerlangung begründeten  – wie etwa beim

17

Vgl. auch BGH, Urteil vom 11. 6. 2013 – II ZR 80/12, NZG 2013, 939 Rn. 22. FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 3. 19 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 27 f. 20 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 30. 21 Vgl. Baums / T homa / Verse / Baums / Hecker, WpÜG Vor § 35 Rn. 89 ff.; Cahn, in: Mülbert /  Kiem / Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, S. 77 (78 f.); FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 33; Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 131; H ­ arbarth, ZIP 2002, 321 (322); Kleindiek, ZGR 2002, 546 (571); MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 5 f.; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 35 WpÜG Rn. 4. 22 Baums / T homa / Verse / Baums / Hecker, WpÜG Vor § 35 Rn. 90; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 33; Harbarth, ZIP 2002, 321 (322); siehe auch Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 131; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 5. 23 BaFin, Befreiungsbescheid am 18. Februar 2014 veröffentlicht zugunsten der Georg Heinz Nemetschek u. a. (Zielgesellschaft: Nemetschek AG), S. 8 f., abrufbar unter https:// www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Be‌freiungsentscheidung/nemetschek.pdf?__blob= publicationFile&v=1; Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 41; Habersack, ZHR 181 (2017), 603 (633); Harbarth, ZIP 2002, 321 (323); Kleindiek, ZGR 2002, 546 (558); Liebscher, ZIP 2002, 1005 (1014); Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 138 ff.; Seibt / Heiser, ZHR 165 (2001), 466 (479). So auch Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 35 WpÜG Rn. 5 ff., die in der 3. Aufl. noch eine teleologische Reduktion des Begriffs „wer erlangt“ für die Fälle befürworteten, in denen der Wechsel der Kontrolle nicht auf ein Unternehmen im Sinne des Konzernrechts stattfand, siehe Schwark /‌ Noack / Z etzsche, KMRK, § 35 WpÜG Rn. 6 ff.; dagegen nicht immer von einer Verschärfung der Gefahrensituation durch Kontrollwechsel ausgehend Ekkenga / Hofschroer, DStR 2002, 768 (774). 18

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Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

Wechsel des Zurechnungsgrunds24 oder im Falle des Erwerbs von bereits nach § 30 WpÜG zugerechneten Aktien25  –, liegt keine Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG vor. Durch das Pflichtangebot soll also einem Aktionär bei Veränderung bestimmter Faktoren, die die Grundlage seiner ursprünglichen Investitionsentscheidung betreffen, der Verkauf seiner Anteile zu angemessenen Konditionen ermöglicht werden.26 Indem das Pflichtangebot die Erwartung der Anleger an die Kontinuität der Beteiligungsverhältnisse schützen soll27, soll es das langfristige Vertrauen der Anleger in den Markt fördern und somit einen Anreiz setzen zu investieren28. Es diene der Kapitalmarkttransparenz29 sowie der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts30. Ziel des WpÜG ist es, „Rahmenbedingungen bei Unternehmensübernahmen und anderen öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren in Deutschland zu schaffen, die den Anforderungen der Globalisierung und der Finanzmärkte angemessen Rechnung tragen, und hierdurch den Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Deutschland auch im internationalen Wettbewerb weiter stärken.“31 Das Pflichtangebot habe somit eine kapitalmarktrechtliche Ausrichtung.32 Dass die funktionale Zuordnung des Pflichtangebots für das deutsche Recht intensiv diskutiert worden ist und andere gewichtige Stimmen in der Literatur33 das

24

MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 86; Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 61 m. w. N.; zu § 34 WpHG BaFin, Emittentenleidfaden, Modul B, Stand: 30. 10. 2018, S. 18. 25 ‌ Zetzsche, KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn.  22; Schwark / Zimmer / Noack / KMRK, § 35 WpÜG Rn. 10; siehe auch Paschos / F leischer /‌ Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 31 ff. 26 ‌ Witt, Vgl. dazu FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 33; Hommelhoff / FS Nobel, 2005, S. 125 (127); Kleindiek, ZGR 2002, 546 (558). 27 Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 131; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 6. 28 Kleindiek, ZGR 2002, 546 (560). 29 Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 6. 30 Braun, NZG 2008, 928 (931); FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 35; Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 96; Kleindiek, ZGR 2002, 546 (560); Steinmeyer /  Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 7; vgl. auch Hopt, ZHR 161 (1997), 368 (374). 31 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 28. 32 BGH, Urteil vom 11. 6. 2013  – II ZR 80/12, NZG 2013, 939 Rn. 19; siehe auch Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Plötzsch, WpÜG § 35 Rn. 31 ff. m. w. N.; Braun, NZG 2008, 928 (931); Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 6 ff.; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 35 ff.; Hommelhoff / Witt, FS Nobel, 2005, S. 125 (130); Kleindiek, ZGR 2002, 546 (558 ff.); KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 1 ff.; Schütz, Pflichtangebote an Aktionäre, 2005, S.  100 ff.; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 35 WpÜG Rn. 4; Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 8 f.; siehe MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 8 m. w. N.; vgl. auch Habersack, ZIP 2001, 1230 (1235); Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 94 f.; gegen die konzernrechtliche Interpretation Beurskens / Ehricke /‌ Ekkenga /  Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 35 Rn. 8. 33 Altmeppen, ZIP 2001, 1073 (1083); Baums / T homa / Verse / Baums / Hecker, WpÜG Vor § 35 Rn. 89 ff.; Harbarth, ZIP 2002, 321 (322); Hopt, FS Rittner, 1991, S. 187 (200 f.); Mülbert, ZIP 2001, 1221 (1226 f.) m. w. N.; näher zu dieser Ansicht Fleischer, NZG 2002, 545 (548);

B. Zielsetzung des Pflichtangebots

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Pflichtangebot als ein Mittel des Konzerneingangsschutzes einordnen, bedarf in dieser Arbeit keiner weiteren Erörterung. Obwohl die Einführung des Pflichtangebots in Deutschland34 lange Zeit äußerst umstritten war,35 ist es nach allgemeiner Meinung verfassungsgemäß36.37 Darauf soll hier nicht näher eingegangen werden.

Kleindiek, ZGR 2002, 546 (554 ff.); siehe für die Pflichtangebotsregelung in den Richtlinienentwürfen der Jahre 1989 und 1990 als Instrument des Konzerneingangsschutzes die Nachweise bei Kleindiek, ZGR 2002, 546 Fn. 39; zum konzernrechtlichen Charakter des Pflichtangebotes ausführlich Eggers, Das Pflichtangebot im Spannungsfeld, 2008, S. 55 ff.; siehe auch Reul, Die Pflicht zur Gleichbehandlung der Aktionäre, 1991, S. 303 f., der einen nicht nur kapitalmarktrechtlichen, sondern gesellschaftsrechtlichen Ansatz befürwortet. 34 Zur Entstehungsgeschichte ausführlich KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 10 ff.; Merkt, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 53 (55 ff.); MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 17 ff.; zum Gesezgebungsverfahren des WpÜG Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 28; Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 9 ff.; Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 15 ff.; zum europä­ ‌ Pötzsch, ischen Rahmen Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / WpÜG § 35 Rn. 18 ff.; ­Faden,  Pflichtangebot, 2008, S. 12 ff.; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 17 ff.; ­Habersack, ZHR 181 (2017), 603 (604 ff.); Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 22 ff; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 10 ff.; Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 3 ff.; bis Oktober 2001 auch Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 27 f.; zu den verschiedenen Richtlinienentwürfen der EG seit dem ersten Entwurf von 1989 Kleindiek, ZGR 2002, 546 (548 ff.); zum europäischen und deutschen Übernahmerecht bis 1997 Hopt, ZHR 161 (1997), 368. 35 Zur rechtspolitischen Diskussion näher Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause /  Plötzsch, WpÜG § 35 Rn. 42 ff.; Baums, ZIP 1989, 1376 (1377 ff.); Hopt, ZHR 161 (1997), 368 (385) m. w. N.; Houben, WM 2000, 1873 (1876 ff.); KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 10 ff.; Merkt, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 53 (57 f.); MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 38 ff.; Letzel, NZG 2001, 260 (260 ff.); für weitere Nachweise siehe Kleindiek, ZGR 2002, 546 Fn. 3; die erhobenen Bedenken gegen das Pflichtangebot zusammengefasst von Falkenhausen, ZHR 174 (2010), 293 (295 ff.); zur ökonomischen Diskussion Heinbach, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, 2005, S. 43 ff.; siehe auch die ökonomische Analyse von Krause, Übernahmeangebot, 1996, S. 93 ff. 36 Ausführlich Krause, Übernahmeangebot, 1996, S. 166 ff.; siehe auch Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 35 Rn.  10 ff.; Assmann / Pötzsch /‌ Uwe H.  Schneider / Krause / Plötzsch, WpÜG § 35 Rn. 36 ff.; Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 17 f.; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 47 ff.; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 32; Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn 10; siehe zu den Rechten des Veräußerers und des Bieters zum Beispiel Heinbach, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, 2005, S. 50 ff.; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 33 ff. m. w. N.; näher zu den verfassungsrechtlichen Bedenken Thoma, ZIP 1996, 1725 (1731 ff.); Kallmeyer, ZHR 161 (1997), 435 (436 ff.); vgl. auch Letzel, NZG 2001, 260 (260 ff.); Liebscher, ZIP 2001, 853 (866). 37 Siehe indes Habersack, ZHR 181 (2017), 603 (610 ff., 629 ff.), der die Legitimation des Pflichtangebots aufgrund der Veränderungen der Rahmenbedingungen in den nunmehr rund 50 Jahren in Frage stellt.

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Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

C. Kontrollbegriff nach § 29 Abs. 2 WpÜG Ausgangspunkt für die Pflicht, ein Angebot abgeben zu müssen, ist die Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG.38 Diesem Kontrollbegriff liegt eine formell zu bestimmende39, starre40 Kontrollschwelle zugrunde, namentlich das Halten von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft41. Das WpÜG trat am 1. 1. 2002 in Kraft.42 Ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf orientiert sich die Grenze von 30 Prozent der Stimmrechte an Bestimmungen anderer europäischer Länder sowie den Präsenzen in Hauptversammlungen deutscher Unternehmen.43 Es wird auf die Grenzwerte in Frankreich, Italien, Österreich, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich hingewiesen, die 30 Prozent oder 1/3 betragen.44 Würde eine niedrigere Kontrollschwelle (zum Beispiel 25 Prozent) gewählt, würde Unternehmen aufgrund der Regelungen zum Pflichtangebot die Möglichkeit genommen werden, Minderheitsbeteiligungen zu erwerben.45 Eine europarechtlich vorgegebene, einheitliche Kontrollschwelle exis 38 Zur Entwicklung der gesetzlichen Regelungen betreffend dem Kontrollbegriff Paschos /  Fleischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 10 ff. 39 Baums / T homa / Verse / Diekmann, WpÜG § 29 Rn. 5, 37; Braun, NZG 2008, 928 (930); Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Beurskens, WpÜG § 29 Rn. 3; KölnerKomm WpÜG / von Bülow /  Schwarz, § 29 Rn. 70; MükoAktG /‌ Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 7; Paschos / F leischer / Rothen­ fußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 18; Poelzig, Kapitalmarktrecht, Rn. 681; Steinmeyer /  Steinmeyer, WpÜG § 29 Rn. 13. 40 Braun, NZG 2008, 928 (930); KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 29 Rn. 70; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 31; Thoma, NZG 2002, 105 (111). 41 Bei der Berechnung ist auf die absolute Zahl der Stimmrechte abzustellen, Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 53; zur Berechnung des Stimmrechtsanteils siehe Assmann / Pötzsch /  Uwe H.  Schneider / Assmann / Favoccia, WpÜG § 29 Rn.  17 ff.; Beurskens / Ehricke / Ekkenga /  Beurskens, WpÜG § 29 Rn. 32 ff.; Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 28 ff.; Heinbach, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, 2005, S. 70 ff.; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 29 Rn.  78 ff.; MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 46 ff.; Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 74 ff.; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 71 ff; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 33 ff.; Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 29 Rn. 17a ff. 42 Art. 12 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3822). 43 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 2, 30, 53. 44 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 53; zum Schwellenwert des Kontrollbegriffs in Österreich, der Schweiz sowie nach dem London City Code siehe Baums / T homa / Verse / Diekmann, WpÜG § 29 Rn. 7 ff.; FK-WpÜG / Haarmann, § 29 Rn. 6 ff.; siehe auch die rechtvergleichende Betrachtung bei Wymeersch, ZGR 2002, 520 (528 ff.); zu den Regelungen betreffend Unternehmensübernahmen im Vereinigten Königreich, in Österreich und der Schweiz siehe Baums /  Thoma / Verse / Baums / Hecker, WpÜG Vor § 35 Rn. 3 ff., 49 ff.; Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 271 ff.; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 29 Rn. 7 ff.; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 24 ff.; zu den Regelungen im Vereinigten Königreich, in Frankreich, Österreich, Italien und der Schweiz siehe Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 33 ff. 45 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 53; sich anschließend Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 24.

C. Kontrollbegriff nach § 29 Abs. 2 WpÜG

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tiert hingegen nicht. Gemäß Art. 5 Abs. 3 der Übernahmerichtlinie vom 21. April 200446 ist es den Mitgliedstaaten vorbehalten die Kontrollschwelle zu bestimmen.47 Mit dem Übernahmerichtlinien-Umsetzungsgesetz48 wurde diese Richtlinie vom deutschen Gesetzgeber in nationales Recht umgesetzt. Bei der Berechnung des maßgeblichen Stimmrechtsanteils werden sowohl die Stimmrechte aus den dem Bieter gehörenden Aktien der Zielgesellschaft als auch die dem Bieter nach § 30 WpÜG zugerechneten Stimmrechten einbezogen.49 Materielle Kriterien fließen dagegen nicht ein.50 Vielmehr wird das Erlangen der Kontrolle über die Zielgesellschaft unwiderlegbar vermutet, wenn die Kontrollschwelle erreicht bzw. überschritten ist.51 Dies gilt unabhängig davon, auf welche Weise die Kontrollerlangung stattgefunden hat,52 sodass ohne Bedeutung ist, ob der Bieter die Kontrolle passiv, also gegen seinen Willen, ohne Kenntnis oder ohne eigenes Zutun, erlangt hat53. Hervorzuheben ist, dass der Kontrollbegriff im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG weder mit der Abhängigkeit im Sinne des § 17 AktG54 noch mit einem Kontroll 46 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EU Nr. L 142 vom 30. 4. 2004, S. 12; zur Entstehung der europäischen Übernahmerichtlinie umfassend Baums / T homa / Verse / Baums / Hecker, WpÜG Vor § 35 Rn. 34 ff.; Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 22 ff. 47 Siehe zu verschiedenen Kontrollschwellen von Mitgliedstaaten Hopt, Europäisches Übernahmerecht, S. 41 ff. 48 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 8. Juli 2006. 49 Umfassend zur Entstehung der Regelungen betreffend den Kontrollerwerb und die Zurechnung von Stimmrechten Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 10 ff. 50 Baums / T homa / Verse / Diekmann, WpÜG § 29 Rn.  37; Habersack / Mülbert /‌ Schlitt / Riehmer / Binder, KapMarktInfo-HdB, § 14 Rn. 43; Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 21; C.  Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 159 f.; Schwark / Zimmer / Noack /‌ Z etzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 31; Thoma, NZG 2002, 105 (111); siehe KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 82 f.; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 66; ferner Teil 5 B. I. 1. a) aa); dagegen für die Maßgeblichkeit der materiellen Mitgliedschaft im Rahmen von § 35 WpÜG Förster, Mitgliedschaft, 2018, S. 340. 51 OLG München, Urteil vom 27. 4. 2005 – 7 U 2792/04, NZG 2005, 848 (849); Ekkenga /  Hofschroer, DStR 2002, 768 (772); MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG AV §§ 8–12 Rn. 53; C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 159; Schwark / Zimmer / Noack /  Zetzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 31; siehe auch Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 29 Rn. 13; vgl. Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Assmann / Favoccia, WpÜG § 29 Rn. 15; Baums /  Thoma / Verse / Diekmann, WpÜG § 29 Rn. 38. 52 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 59. 53 Heinbach, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, 2005, S. 81 f.; Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 24; siehe MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 89; vgl. auch Beurskens /  Ehricke / Ekkenga / E kkenga / Schirrmacher, WpÜG § 35 Rn. 27 ff.; Faden,  Pflichtangebot, 2008, S. 41 f.; Fleischer /‌ Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 135 f.; R. Koch, ZIP 2008, 1260; Paschos / Fleischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 105 ff. 54 Diese fehlende Abstimmung bemängelnd Baums / T homa / Verse / Baums /‌ Hecker, WpÜG Vor § 35 Rn. 107, 110; Mülbert, ZIP 2001, 1221 (1225 ff.); Emmerich / Habersack, Konzern-

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Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

begriff in anderen Bestimmungen,55 die an die materielle Beherrschung anknüpfen, gleichzusetzen ist.56 Im Besonderen vor Inkrafttreten des WpÜG wurde sowohl für eine höhere57 als auch eine niedrigere58 Schwelle plädiert sowie die alleinige Anknüpfung an den Stimmrechtsanteil kritisiert59. Aber auch noch nach dem Inkrafttreten des WpÜG wird über die Höhe der Kontrollschwelle diskutiert. Es wird eingewendet, dass 30 Prozent der Stimmrechte zwar in Unternehmen mit hohem Streubesitz die Hauptversammlungsmehrheit begründen könnten,60 jedoch vermittle der Stimmrechtsanteil in Höhe von 30 Prozent in Unternehmen, in denen sich nur wenige Anteile im Streubesitz befinden, keine Mehrheit in der Hauptversammlung.61 Ferner wird bedauert, dass in der Satzung die Kontrollschwelle nicht auf bis zu 49 Prozent individuell festgelegt werden kann (sog. opting up).62 Zinser hatte in den Jahren 2000 und 2001 angeregt, über diese Möglichkeit, die in der Schweiz gemäß Art. 32 Abs. 1 BEHG-Schweiz besteht, nachzudenken.63

recht, § 9a Rn. 34 f.; Fleischer, NZG 2002, 545 (549); Habersack, ZHR 166 (2002), 619 (623 f.); Harbarth, ZIP 2002, 321 (323); Hopt / Mülbert / Kumpan, AG 2005, 109 (111); MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 42; vgl. auch Cahn, in: Mülbert / K iem / Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, S. 77 (87 ff.); indes gegen eine Harmonisierung Eggers, Das Pflichtangebot im Spannungsfeld, 2008, S. 188 ff.; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 40; Hommelhoff /‌ Witt, FS Nobel, 2005, S. 125 (130); siehe auch Beurskens / Ehricke /‌ Ekkenga / Beurskens, WpÜG § 29 Rn. 15 f. 55 So ausdrücklich insbesondere Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 53. 56 BGH, Urteil vom 15. 12. 2011  − I ZR 129/10, NZG 2020, 1033 Rn. 22; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 29 Rn. 74 ff.; MükoAktG /‌ Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 7; ­Paschos / Fleischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 22; Schwark / Zimmer / Noack /  Zetzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 23; siehe zu § 17 AktG auch Emmerich / Habersack /‌ Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, Vorb. § 311 Rn. 27; Poelzig, Kapitalmarktrecht, Rn. 681; siehe aber auch BeckOGK AktG / Schall, § 17 Rn. 31, der für § 17 AktG die gesetzliche Wertung des § 29 Abs. 2 WpÜG übernimmt und eine widerlegbare Vermutung annimmt. 57 Assmann, AG 1995, 563 (571); Pluskat, WM 2001, 1937 (1942); siehe auch Schuster, Die Bank 1995, 609 (611 f.); Loritz / Wagner, WM 1991, 709 (716), zufolge vermittelt ein Drittel der Stimmrechte an der Zielgesellschaft noch keinen beherrschenden Einfluss; im europäischen Parlament hat sich weder eine Schwelle von 33 1/3 noch von 50 Prozent durchgesetzt, siehe AG-Report, AG 1990, R 40. 58 Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion, BT-Drs. 13/8164 (§ 32 Abs. 1 des Entwurfs: 25 Prozent); Peltzer, ZGR Sonderheft 9, 1990, 179 (194), der für 25 Prozent plädiert; Strenger, WM 2000, 952 (952). 59 Munscheck, RIW 1995, 998 (999 ff.). 60 Angerer / Geibel / Süßmann / Süßmann, WpÜG § 29 Rn. 17, zufolge ist eine eher rückläufige Hauptversammlungspräsenz bei Gesellschaften mit breitem Streubesitz zu verzeichnen. 61 Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 26; vgl. Steinmeyer /  Steinmeyer, WpÜG § 29 Rn. 14; in dem Fall kommt allerdings der Befreiungsgrund nach § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO in Betracht. 62 FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 29; Hommelhoff / Witt, FS Nobel, 2005, S. 125 (127 f.); MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 43; siehe zur Verschiebung der Kontrollschwelle nach unten, sog. opting out, auch Hopt, Europäisches Übernahmerecht, S. 43 ff. 63 Zinser, NZG 2001, 391 (396); ders., ZRP 2001, 363 (366); ders., NZG 2000, 573 (578).

C. Kontrollbegriff nach § 29 Abs. 2 WpÜG

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Gestützt auf die tatsächlichen Hauptversammlungspräsenzen billigt dagegen eine Vielzahl der Stimmen in der Literatur die Kontrollschwelle in Höhe von 30 Prozent. Hält eine Person 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, sei nämlich davon auszugehen, dass sie über die Hauptversammlungsmehrheit verfügt.64 Ende der neunziger Jahre – also in dem für die Schaffung des WpÜG maßgeblichen Zeitraum – habe derjenige, der 31,7 Prozent der Stimmrechte gehalten hat, Kontrolle ausüben können.65 Trotz mehrerer gesetzgeberischer Modifikationen des Aktienrechts, die die Erhöhung der Hauptversammlungspräsenz zum Ziel hatten, sei die Kontrollschwelle noch passend.66 Obwohl der erwartete Anstieg der Hauptversammlungspräsenzen trotz eines verstärkten Einsatzes des Internets oder sonstiger neuer Medien ausgeblieben ist,67 zeigen aktuelle Statistiken, dass sich die Hauptversammlungspräsenzen (leicht) erhöhen68. Zwar besteht noch kein Bedarf einer Anpassung der Kontrollschwelle. Es ist aber die Entwicklung dieser Präsenzen auch mit Blick auf die Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften69 weiterhin zu beobachten und im Falle ihres fortdauernden Anstiegs die Angemessenheit der Kontrollschwelle in Höhe von 30 Prozent zu überprüfen.70 Bedeutsam sind dabei sowohl

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Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 35 Rn. 12; Assmann / Pötzsch /‌ Uwe H. Schneider / Assmann / Favoccia, WpÜG § 29 Rn.  9; Baums / T homa /‌ Verse / Diekmann, WpÜG § 29 Rn. 5; Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 111; H ­ ouben, WM 2000, 1873 (1879); MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 9, mit Hinweis auf die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 62 ff.; siehe auch Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 93, der die Kontrollschwelle für angemessen hält; Stumpf, NJW 2003, 9 (15), dagegen „mutet [sie] verhältnismäßig willkürlich an.“ 65 Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Beurskens, WpÜG § 29 Rn. 15; siehe den statistischen Überblick zu Hauptversammlungspräsenzen der Jahre 1995 bis 1997 bei Benner-Heinacher, DB 1997, 2521 (2522); siehe auch Claussen, AG 2001, 161 (163). 66 S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 111 ff.; siehe auch Assmann / Pötzsch /  Uwe H.  Schneider / Assmann / Favoccia, WpÜG § 29 Rn. 9, der dabei auf die Möglichkeit die Stimme durch Briefwahl abzugeben (vgl. § 118 Abs. 2 AktG) hinweist. 67 Ebenso MükoAktG4/Schlitt, WpÜG, § 35 Fn. 4; aufgrund dieser Erwartung wurde teilweise für eine erneute Überprüfung der Angemessenheit der Höhe der Kontrollschwelle plädiert, FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 29 m. w. N.; Hommelhoff / Witt, FS Nobel, 2005, S. 125 (130); zurückhaltender Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 29 Rn. 14. 68 So auch Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 30; siehe für den Zeitraum 2005 bis 2015 die Statistik des Sdk e. V., abrufbar unter https://sdk.org/assets/ Statistiken/HV-Praesenzen/praesenz-dax15.pdf; für den Zeitraum 2012 bis 2021 die Statistik der Barkow Consulting, abrufbar unter https://www.barkowconsulting.com/wp-content/ uploads/2021/‌06/HV-2021-Infograph-FINAL2.png. 69 Siehe dazu das Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften und Änderungen genossenschafts- sowie insolvenz- und restrukturierungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Juli 2022 (BGBl I 2022, 1166); vgl. auch Dürr / Kuthe / Sickinger, ZIP 2022, 363. 70 Ebenso MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 42.

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Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

der Durchschnittswert als auch die Präsenzen bei den einzelnen Gesellschaften, die sehr unterschiedlich ausfallen können.71 Eine formell zu bestimmende, starre Kontrollschwelle bietet Planungssicherheit72, Rechtsklarheit73, Rechtssicherheit74 und eine einfache Handhabung der Regelung75 und ist daher vorzugswürdig. Die notwendige Flexibilität für Ausnahmen vom Pflichtangebot wird durch die Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungstatbestände nach §§ 36, 37 WpÜG erreicht.76 Über die Befreiungstatbestände finden nämlich materielle Kontrollkriterien Berücksichtigung.77 Gewichtige Stimmen in der Literatur sprechen dabei von einer „[materiellen] Eingrenzung des […] Kon­ trollbegriffs“78 durch § 37 WpÜG.

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Siehe zur Entwicklung der Hauptversammlungspräsenzen für die Jahre 2006–2011 Cahn, in: Mülbert / K iem / Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, S. 77 (81 ff.); vgl. auch Selent, Unternehmensführung in börsennotierten Familienunternehmen, 2021, S. 33 ff.; aufgrund dieser Unterschiede plädiert Cahn, in: Mülbert / K iem / Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, S. 77 (98 ff.), für eine Ergänzung des formalen Kontrollbegriffs durch einen an den Hauptversammlungspräsenzen der einzelnen Gesellschaft orientierten materiellen Kontrollbegriff; einen die Hauptversammlungsmehrheit berücksichtigenden Kontrolltatbestand hat bereits Eggers, Das Pflichtangebot im Spannungsfeld, 2008, S. 191 ff., vorgeschlagen. 72 Begr. RegE, BT-Drs.  14/7034, S.  53; Angerer / Geibel / Süßmann / Süßmann, WpÜG § 29 Rn.  17; Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Assmann / Favoccia, WpÜG § 29 Rn. 9; Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 88; Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 24; FK-WpÜG /  Hommelhoff / Witt, Vor §§ 35 Rn. 27; Hommelhoff / Witt, FS Nobel, 2005, S. 125 (126); Zinser, NZG 2000, 573 (578); ders., NZG 2001, 391 (396). 73 Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 31; Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 29 Rn. 13; vgl. auch Braun, NZG 2008, 928 (930); Kleindiek, ZGR 2002, 546 (563); Krause, WM 1996, 893 (899). 74 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Assmann / Favoccia, WpÜG § 29 Rn. 9; Baums /  Thoma / Verse / Diekmann, WpÜG § 29 Rn. 5, 38; Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 88; von Falkenhausen, ZHR 174 (2010), 293 (300); Houben, WM 2000, 1873 (1878); Schwark / Zimmer /‌ Noack / Z etzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 31; Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 29 Rn. 13; vgl. auch Braun, NZG 2008, 928 (930); Krause, WM 1996, 893 (899); ders., AG 1996, 209 (213). 75 Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 88; Hommelhoff / Witt, FS Nobel, 2005, S. 125 (126); vgl. Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 29 Rn. 13; Zinser, NZG 2000, 573 (578). 76 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Assmann / Favoccia, WpÜG § 29 Rn. 9; Baums /  Thoma / Verse / Baums / Hecker, WpÜG Vor § 35 Rn. 111; Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 111 f.; für Flexibilität durch die Befreiungsmöglichkeit nach § 37 WpÜG i. V. m. den Bestimmungen der §§ 8 ff. WpÜG-AngVO Kleindiek, ZGR 2002, 546 (563); vgl. auch Angerer / Geibel / Süßmann / Süßmann, WpÜG § 29 Rn. 12; Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 25; ausführlich zu §§ 36, 37 WpÜG siehe Teil 4 E. 77 MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 8; C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 161; Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 29 Rn. 13; siehe auch Braun, NZG 2008, 928 (930 f.). 78 KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 37 Rn. 3; siehe auch MükoAktG /‌ Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 8; wegen § 37 Abs. 1 Var. 4 und Var. 5 WpÜG eine teilweise Annäherung an einen materiellen Kontrollbegriff annehmend Hommelhoff / Witt, FS Nobel, 2005, S. 125 (127); FK-WpÜG  /‌  Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 1; vgl. ferner Kleindiek, ZGR 2002, 546 (563 f.).

D. Kontrollerlangung mittels Stimmbindungsvertrags

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D. Kontrollerlangung mittels Stimmbindungsvertrags Die Mitgliedschaft in einem Pool, der jedenfalls einen Stimmbindungsvertrag enthält, kann dazu führen, dass aufgrund der Zurechnung der Stimmrechte der anderen Poolmitglieder die Kontrollschwelle erreicht bzw. überschritten wird, vgl. §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG. Die Zurechnungstatbestände in § 30 WpÜG ergänzen § 29 Abs. 2 WpÜG79 und sind abschließend80.81 Durch sie wird versucht, Sachverhalte aufzugreifen, die materiell die Ausübung von Einfluss ermöglichen können, ohne dass Anteile formal in einer Hand liegen.82 § 30 Abs. 2 WpÜG ist nach dem aus dem britischen City Code stammenden „acting in concert“ konzipiert,83 obwohl kein international einheitlich verstandener Begriff, der einen derartigen Umstand erfasst, existiert84. Gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 79

Baums / Thoma / Verse / Diekmann, WpÜG § 30 Rn. 1; FK-WpÜG / Walz, § 30 Rn. 1; Kölner­ Komm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 5. 80 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 220; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 2, 42; Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 130; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 95; Schwark / Zimmer /‌ Noack / Z etzsche, KMRK, § 30 WpÜG Rn. 3; zu § 34 WpHG BaFin, Emittentenleidfaden, Modul B, Stand: 30. 10. 2018, S. 18; gegen eine analoge Anwendung von § 30 Abs. 2 WpÜG BGH, Urteil vom 18. 9. 2006 – II ZR 137/05, NZG 2006, 945 Rn. 17; Pentz, ZIP 2003, 1478 (1480). 81 Zur Entwicklung der gesetzlichen Regelungen betreffend den Zurechnungstatbestand gemäß § 30 WpÜG siehe Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 147 ff.; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 6 ff.; Paschos /  Fleischer  /‌  Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 16 f. 82 Vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 25. 6. 2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, NZG 2004, 865 (867); Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 37; Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 114; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 5; S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 338; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 30 WpÜG Rn. 3. 83 Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 115; Holz‌ Zetzsche, born / Blank, NZG 2002, 948 (949); Schwark / Zimmer / Noack / KMRK, § 30 WpÜG Rn. 23, mit weiteren Ausführungen zum Vorkommen des Begriffs im Londoner City Code; zum europarechtlichen Hintergrund und Vorgaben des § 30 WpÜG siehe Weiß, Zurechnungstatbestand, 2007, S. 29 ff. 84 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 25. 6. 2004  – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, NZG  2004, 865 (867); Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 144; von Bülow / Bücker, ZGR 2004, 670 (671 ff.); Casper, ZIP 2003, 1469 ‌ Walz, (1470 f.); FK-WpÜG / Schüppen / § 30 Rn. 66; Gätsch / Schäfer, NZG 2008, 846 (847); Ge‌ Schwarz, sell, FS Maier-Reimer, 2010, S. 123 (126 ff.); KölnerKomm WpÜG / von Bülow / § 30 Rn. 204; Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 234; Rulf, Zurechnungstatbestände, 2009, S. 164 f.; Schockenhoff / Schumann, ZGR 2005, 568 (570 f.); Schwark / Zimmer /  Noack / Z etzsche, KMRK, § 30 WpÜG Rn. 23; Seibt, ZIP 2004, 1829 (1831); vgl. Hopt, Europä­ isches Übernahmerecht, S. 61 ff.; umfassend zum Begriff des acting in concert Gaede, Koordiniertes Aktionärsverhalten, 2008, S. 77 ff.; zum Hintergrund der europarechtlichen Vorgaben Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 30 Rn. 52 f.; zu Unterschieden zwischen einem abgestimmten Verhalten nach § 30 Abs. 2 S. 1 WpÜG und dem Begriff „acting in concert“ nach dem im Vereinigten Königreich geltenden City Code siehe KölnerKomm WpÜG /‌ von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 226; zum acting in Concert im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht ausführlich

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Hs. 1 WpÜG werden dem Bieter Stimmrechte eines Dritten aus Aktien der Zielgesellschaft in voller Höhe zugerechnet, mit dem er sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmt.85 Dabei liegt kein abgestimmtes Verhalten nach § 30 Abs. 2 WpÜG vor, wenn Gesellschafter eine familiäre Verbundenheit oder ein ähnliches Verhältnis eint, aber keine weiteren Umstände hinzutreten.86 Dennoch ist dieser Zurechnungstatbestand für börsennotierte Familienunternehmen von besonderer Bedeutung. Denn der Stimmbindungsvertrag ist als Vereinbarung im Sinne von § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG87 zu qualifizieren.88 Erwähnenswert ist in diesem ZusamPsaroudakis, Acting in Concert, 2009, S. 160 ff., außerdem zum Acting in Concert im englischen Recht (ebd., S. 222 ff.), zum action de concert im französischen Recht (ebd., S. 338 ff.) und zu Verhaltenabstimmungen zwischen Aktionären im griechischen Recht (ebd., S. 382 ff.). 85 Zu den einzelnen Voraussetzungen der 1. Alternative des § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 WpÜG näher Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 30 Rn. 54 ff. In § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 WpÜG ist die Einzelfallausnahme geregelt. Ob ein solcher Einzelfall vorliegt, ist ausschließlich formal – also anhand der Häufigkeit der Stimmrechtsausübung – zu bestimmen, so für § 22 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 WpHG a. F. BGH, Urteil vom 25. 9. 2018 – II ZR 190/17, NZG 2018, 1350 Ls. 2, Rn. 31 ff. Diese Entscheidung ist sowohl auf den inhaltsgleichen § 34 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 WpHG (so auch Ulrich, GmbHR 2019, R21 (R22)) als auch auf den inhaltsgleichen § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 WpÜG übertragbar. Sich dem BGH anschließend BaFin, Befreiungsbescheid am 14. November 2019 veröffentlicht zugunsten der Assicurazioni Generali S.p.A., Generali CEE Holding B. V. (Zielgesellschaft: OVB Holding AG), S. 4, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/ DE/Be‌freiungsentscheidung/ovb_holding_ag.pdf?__blob=publicationFile&v=1. Zur Ratio von § 30 Abs. 2 WpÜG näher Gaede, Koordiniertes Aktionärsverhalten, 2008, S. 162 ff. 86 Casper, ZIP 2003, 1469 (1475); Gaede, Koordiniertes Aktionärsverhalten, 2008, S. 265 f.; ‌ Walz, Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 75; FK-WpÜG / Schüppen / § 30 Rn. 72; Pentz, ZIP 2003, 1478 (1485); Schockenhoff / Schumann, ZGR 2005, 568 (591 ff.); Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 30 Rn. 64; vgl. Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 274; zu § 22 Abs. 2 WpHG a. F., aber offengelassen für Personen, die im selben Haushalt leben, und minderjährige Kinder OLG Stuttgart, Urteil vom 10. 11. 2004 – 20 U 16/03, NZG 2005, 432 (436); vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 22. 5. 2007 – 5u 33/06, AG 2008, 87 (89); gegen per se Zurechnung Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 205; allgemein gegen Vermutungsregeln im Rahmen der Zurechnungsvorschrift ­Liebscher, ZIP  2002, 1005 (1009); Seibt, ZIP 2004, 1829 (1834); dagegen für eine widerlegbare Vermutung ­Wiesbrock / Z ens, ZEV 2006, 137 (140); zu § 22 WpHG a. F. LG Köln, Urteil vom 5. 10. 2007 – 82 O 114/06, AG 2008, 336 (338); zu § 34 Abs. 2 WpHG für Ehegatten, minderjährige Kinder und Lebenspartner, mit dem der Meldepflichtige im selben Haushalt wohnt, Assmann / Schneider / Mülbert / Uwe H. Schneider, WpHG § 34 Rn. 179; Beurskens / Ehricke /  Ekkenga / Beurskens, WpÜG § 30 Rn. 50, zufolge können Familienbeziehungen als Indikatoren für Verbundenheit vorsichtig berücksichtigt werden. 87 Zum Begriff der Vereinbarung FK-WpÜG / Schüppen / Walz, § 30 Rn. 71; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 235; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 268 ff.; Veil, FS K.  Schmidt, 2009, S. 1645 (1652); siehe auch MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 30 Rn. 38. 88 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 159, 203; Baums / T homa / Verse / Diekmann, WpÜG § 30 Rn.  79; Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Beurskens, WpÜG § 30 Rn. 148; Drinkuth, in: Marsch-Barner / Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn.  62.215; FK-WpÜG  /‌  Schüppen / Walz, § 30 Rn. 71; Hannes / Peters, Formularbuch Unterneh‌ Schwarz, mens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 11; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / § 30 Rn.  283; Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 315, 344; C. Roth,

D. Kontrollerlangung mittels Stimmbindungsvertrags

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menhang, dass der Stimmbindungsvertrag ebenso eine Vereinbarung im Sinne von § 34 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpHG darstellt.89 Mangels Relevanz für die weitere Untersuchung ist an dieser Stelle aber weder näher auf die Mitteilungspflichten nach §§ 33 ff. WpHG einzugehen noch zu entscheiden, ob stets ein Gleichlauf der Zurechnungsnorm § 30 Abs. 2 WpÜG mit der Parallelnorm § 34 Abs. 2 WpHG besteht90 oder jede Norm für sich auszulegen ist91. Nach § 30 Abs. 2 WpÜG werden die Stimmrechte der Poolmitglieder wechselseitig zugerechnet,92 sofern die Aktie das Stimmrecht vermittelt93. Dies gilt unabhängig davon, ob etwaige Hindernisse bei der Ausübung bestehen.94 Indem jedoch Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 166 f.; S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S.  336; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 30 WpÜG Rn. 39; Steinmeyer / Steinmeyer, WpÜG § 30 Rn. 58; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 269 f.; Heinbach, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, 2005, S. 76; Witt, DStR 2014, 2132 (2136); siehe auch OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 25. 6. 2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, NZG 2004, 865 (867). 89 BaFin, Emittentenleidfaden, Modul B, Stand: 30. 10. 2018, S. 27; BeckOGK AktG / Petersen, § 22 Rn. 91; von Bülow, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 137 (150 ff.); Poelzig, Kapitalmarktrecht, Rn. 620; zu § 22 Abs. 2 WpHG a. F. Gesell, FS Maier-Reimer, 2010, S. 123 (134); Veil, FS K. Schmidt, 2009, S. 1645 (1647). 90 Statt vieler C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 219 m. w. N.; K. Schmidt /  Lutter / Veil, AktG, Anh. 22: Vor §§ 33 ff. WpHG Rn. 10 m. w. N.; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 345 ff.; vgl. auch BaFin, Emittentenleidfaden, Modul B, Stand: 30. 10. 2018, Fn. 60; zu § 22 Abs. 2 WpHG a. F. Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 53; FK-WpÜG / Schüppen /  Walz, § 30 Rn.  88; Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 171 ff. 91 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 10 ff.; Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Beurskens, WpÜG § 30 Rn. 89; von Bülow / Bücker, ZGR 2004, 669 (703 f.); Casper, FS 25 Jahre WpHG, 2019, S. 801 (808 f.); KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 20 ff.; Poelzig, Kapitalmarktrecht, Rn.  682; Schwark / Zimmer /‌ Noack /  Zetzsche, KMRK, § 30 WpÜG Rn. 4; zu § 22 Abs. 2 WpHG a. F. OLG Stuttgart, Urteil vom 10. 11. 2004 – 20 U 16/03, NZG 2005, 432 (436); Casper, ZIP 2003, 1469 (1472 f.); Drinkuth, ZIP 2008, 676; KölnerKomm WpHG / von Bülow, § 22 Rn. 32 ff.; Psaroudakis, Acting in Concert, 2009, S. 294 ff.; Seibt, ZIP 2004, 1829 (1831). 92 BGHZ 169, 98 Rn. 12 ff.  – WMF; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 25. 6. 2004  – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, NZG 2004, 865 (867)  – Pixelpark; Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 192 (grundsätzlich); Braun, NZG 2008, 928 (929); Mülbert, NZG 2004, 633 (637), zufolge ist die wechselseitige Zurechnung der Stimmrechte vereinbar mit der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. 4. 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABIEG vom 30. 4. 2004 Nr. L 142, S. 12; vgl. auch im Zusammenhang mit § 34 WpHG BaFin, Emittentenleidfaden, Modul B, Stand: 30. 10. 2018, S. 28. 93 Zum Umfang der Zurechnung ausführlich KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn.  31 ff.; Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 301 ff. 94 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 53; MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 52 m. w. N., der dies jedenfalls im Grundsatz annimmt; Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 97; Pötzsch, Das neue Übernahmerecht, S. 46 f.; siehe auch KölnerKomm ‌ Schwarz, WpÜG / von Bülow / § 29 Rn. 108, der darlegt, dass die Gesetzesbegründung die Berücksichtigung nur für die Gesamtzahl der bei der Zielgesellschaft bestehenden Stimmrechte („Nenner“) klarstelle, dies aber ebenso für die Berechnung der vom betroffenen Rechtsträger gehaltenen Stimmrechte („Zähler“) gelten müsse; siehe auch Baums / T homa / Verse / Baums /  Hecker / Verse, WpÜG § 35 Rn. 51 f.

172

Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

von einem Teil der Stimmen in der Literatur betont wird, dass die wechselseitige Zurechnung dann erfolgt, wenn der Pool so strukturiert ist, dass sich die Mehrheit im Pool in jedem Einzelfall neu und frei bilden kann, wird eine Einschränkung dieser Rechtsfolge konstruiert.95 Wird also mittels Stimmbindungsvertrags die Kontrollschwelle in Höhe von 30 Prozent erreicht bzw. überschritten, ist im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt worden. Dass keine weiteren Voraussetzungen erfüllt sein müssen bzw. keine Ausnahmeregeln kodifiziert sind, ist Konsequenz der Ausgestaltung des Kontrollbegriffs96 und der Zielsetzung des Pflichtangebots97.

E. Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten gemäß § 36 WpÜG bzw. § 37 WpÜG Ist Kontrolle im Sinne von § 29 WpÜG erlangt worden, ist die Verpflichtung zur Abgabe eines öffentlichen Angebots keine stets zwingende Folge. Die Bundesanstalt lässt gemäß § 36 WpÜG bei Vorliegen der gesetzlich näher bestimmten Voraussetzungen zu, dass Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils unberücksichtigt bleiben. Auch kann sie in bestimmten Fällen den Bieter gemäß § 37 WpÜG von den Verpflichtungen nach §§ 35 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 WpÜG befreien. Folglich sind die Pflichtangebotsregelungen nach §§ 35 ff. WpÜG als Gesamtsystem zu betrachten. Infolgedessen, dass bereits das Erreichen bzw. Überschreiten der Kontrollschwelle die Kontrollerlangung und somit auch die Verpflichtung zur Abgabe des öffentlichen Angebots bedingt, kommt sowohl § 36 WpÜG98 als auch § 37 WpÜG99 die Funktion eines

95

Baums / T homa / Verse / Diekmann, WpÜG § 30 Rn. 87; von Bülow, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 137 (152); KölnerKomm WpÜG / von Bülow /  Schwarz, § 30 Rn. 284; C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 167 f.; S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 339; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 30 WpÜG Rn. 40; Wunsch, BB 2011, 2315 (2316); siehe dazu näher Teil 5 B. I. 1. a) aa). ­Kocher / Mattig, BB 2018, 1667 (1667 ff.), hingegen rechnen Stimmrechte nur dem beherrschenden Poolmitgliedern zu; existiert kein beherrschendes Poolmitglied, erfolge gar keine Zurechnung. 96 Siehe dazu bereits oben Teil 4 C. 97 Siehe dazu bereits oben Teil 4 B. 98 Vgl. Steinmeyer / Klepsch, WpÜG § 36 Rn. 2. 99 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 5; Beurskens /‌ Ehricke /  Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 37 Rn. 1; Merkt, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 53 (61); MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn.  5; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 15; siehe auch Angerer /‌ Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 37 Rn. 4; Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 2; vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. 5. 2003  – WpÜG 1/03, ZIP 2003, 1297 (1298)  – ProSieben AG.

E. Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten 

173

Korrektivs zu. Teilweise wird betont, dass erst diese Befreiungsmöglichkeiten den verfassungsmäßigen Zustand des Pflichtangebots schaffen100 bzw. dass durch § 37 WpÜG die notwendige Flexibilität erreicht wird101. Eine Befreiung vom Pflichtangebot nach §§ 36, 37 WpÜG102 ist ein begünstigender Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG und setzt zwingend einen Antrag des Bieters voraus. Erwähnenswert ist, dass in der Praxis deutlich mehr Befreiungsverfahren eingeleitet als Pflichtangebote abgegeben werden. Im Jahr 2021 wurden drei Pflichtangebote abgegeben, aber 67 Befreiungsanträge gestellt. Für das Jahr 2020 wurden fünf Pflichtangebote gezählt, wohingegen 39 Befreiungsverfahren eingeleitet wurden.103 Die Anzahl der im Jahr 2019 abgegebenen Pflichtangebote lag bei drei104, die Anzahl an Befreiungsanträgen indes bei 65105. Dass deutlich mehr Befreiungsanträge gestellt werden, als Angebote abzugeben sind, ist keine neuere Entwicklung. Dies zeigt ein Vergleich mit dem Zeitraum von 2002 bis 2007, in dem 433 stattgegebene Befreiungsanträge 85 Pflichtangeboten gegenüberstanden106.

I. § 36 WpÜG Die in § 36 WpÜG bestimmten Nichtberücksichtigungstatbestände erfassen gemäß der Begründung zum Regierungsentwurf Sachverhalte, „bei denen die Abgabe eines Pflichtangebots nicht sachgerecht erscheint“107. Es soll insbesondere die Nachfolge in Familienunternehmen ermöglicht werden.108 Neben den Aktien, deren Erlangung durch Erbgang, Erbauseinandersetzung oder unentgeltliche Zuwendung unter Ehegatten, Lebenspartnern oder bestimmten Verwandten oder durch Vermögensauseinandersetzung aus Anlass der Auflösung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft erfolgt ist (Nr. 1), werden auch solche begünstigt, die durch einen Rechtsformwechsel (Nr. 2) oder eine Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns (Nr. 3) erlangt worden sind.

100 Bewilogua, Der Aktionär  – Spielball der Wertpapieraufsicht?, 2005, S. 147 f.; Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (706). 101 Kleindiek, ZGR 2002, 546 (563 f.). 102 Vereinfachend wird in dieser Arbeit nachfolgend sowohl im Falle der Nichtberücksichtigung von Stimmrechten nach § 36 WpÜG als auch bei der Befreiung vom Pflichtangebot nach § 37 WpÜG von einer Befreiung vom Pflichtangebot gesprochen. 103 BaFin, Jahresbericht 2021, S. 75. 104 BaFin, Jahresbericht 2021, S. 75. 105 BaFin, Jahresbericht 2019, S. 109. 106 Merkt, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 53 (62). 107 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 60. 108 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 30.

174

Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

Die Aufzählung dieser Nichtberücksichtigungsgründe ist abschließend.109 Liegen die Voraussetzungen vor, bleiben die entsprechend erlangten Stimmrechte auf Antrag110 bei der Berechnung der Kontrolleschwelle – also auf der Tatbestandsseite111 – unberücksichtigt. § 36 WpÜG bewirkt demnach die gesetzliche Fiktion, dass die Kontrolle gar nicht erst erlangt worden ist.112 Der BaFin steht bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 36 WpÜG kein Ermessen zu. Die Nichtberücksichtigungsentscheidung ist folglich eine gebundene113 und unterscheidet sich diesbezüglich wesentlich von der Befreiungsentscheidung nach § 37 WpÜG, die eine Ermessensentscheidung darstellt.114

II. § 37 WpÜG Die Befreiungsmöglichkeit nach § 37 WpÜG ergänzt § 36 WpÜG115 und nimmt weitere Fälle aus der Angebotspflicht aus. Anders als nach § 36 WpÜG, gemäß dem die Nichtberücksichtigung von Stimmrechten maßgeblich davon abhängt, dass einer der pauschal ausgestalteten Nichtberücksichtigungsgründe gegeben ist,

109

Begr. RegE, BT-Drs.  14/7034, S.  60 f.; Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Rosengarten, WpÜG § 36 Rn.  1; Beurskens /‌ Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 36 Rn. 1; FK-WpÜG /‌ Hommelhoff / Witt, § 36 Rn. 1; Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 137; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 1; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn. 3; Steinmeyer / Klepsch, WpÜG § 36 Rn. 1 m. w. N. 110 Für eine Nichtberücksichtigung von Gesetzes wegen MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 11; dagegen fordert KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn. 11, eine Anpassung der Rechtsfolgenregelung an das Befreiungsverfahren nach § 37 WpÜG; siehe dazu auch Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 36 Rn. 5 f. 111 Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 32. 112 Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (40); Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (707). 113 Begr. RegE, BT-Drs.  14/7034, S.  60 f.; Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Rosengarten, WpÜG § 36 Rn.  21; Angerer / Geibel /‌ Süßmann / Meyer, WpÜG § 36 Rn. 1; Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 36 Rn.  96;  Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Ekkenga /  Schirrmacher, WpÜG § 36 Rn. 3, 33; Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (40); Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 227; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn. 2; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 68; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 ‌ Zetzsche, Rn.  2; Schwark / Zimmer / Noack / KMRK, § 36 WpÜG Rn. 20; Steinmeyer / Klepsch, WpÜG § 36 Rn. 7. 114 Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 37 Rn. 1; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 1; Poelzig, Kapitalmarktrecht, Rn. 720; Steinmeyer / Klepsch, WpÜG § 36 Rn. 1; Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 1; vgl. auch ‌ Witt, FK-WpÜG / Hommelhoff / § 36 Rn. 2; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn. 16; MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 61. 115 Begr. RegE, BT-Drs.  14/7034, S.  61; Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 37 Rn. 2, der aber die Bedeutung als Korrektiv zu § 35 WpÜG betont; Assmann / Pötzsch / Uwe H. Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 1; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 1; Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (708); MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 4; Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 1.

E. Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten 

175

ermöglicht § 37 WpÜG die Würdigung der Umstände des Einzelfalls116. Die Tatbestände der einzelnen Befreiungsgründe stellen nicht nur im Wesentlichen auf materielle Umstände ab. Auch sind die in § 37 Abs. 1 WpÜG angeführten Befreiungstatbestände weit gefasst117 und bieten somit mehr Befreiungsmöglichkeiten als § 36 WpÜG. Besonders hervorzuheben ist, dass die Erteilung der Befreiung von der Angebotspflicht bei Vorliegen der Voraussetzungen im Ermessen der BaFin liegt118 und deren Entscheidung erst nach Abwägung der Interessen des Antragstellers mit den Interessen der außenstehenden Aktionäre ergeht119. Die Ermessensfehlerfreiheit der Entscheidung ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme.120 Während die Nichtberücksichtigung von Stimmrechten nach § 36 WpÜG dazu führt, dass Stimmrechte bereits bei der Berechnung des maßgeblichen Stimmrechtsanteils unberücksichtigt bleiben, ist im Falle der Befreiung nach § 37 WpÜG die Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG zwar erlangt; indem aber von der

116

Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 37 Rn. 1; Hippeli / Schmi­ ady, ZIP 2015, 705 (708); Merkt, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S.  53 (61); Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 15; Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 2; vgl. auch Assmann / Pötzsch / Uwe H. Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 5; Strunk / Salomon / Holst, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 1 (25). 117 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 20; siehe auch Baums /  Thoma / Verse / Hecker, WpÜG § 37 Rn. 1; Bernau, WM 2004, 809 (811); KölnerKomm WpÜG /  ‌ Schmiady, Hasselbach, § 37 Rn. 83; Steinmeyer / WpÜG § 37 Rn. 4; Weiß, Zurechnungstatbestand, 2007, S. 47. 118 Begr. RegE, BT-Drs.  14/7034, S.  61; Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 79 ff.; Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (41); Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 231 ff.; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 37 Rn. 96; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 65 f.; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn.  4; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 37 WpÜG Rn. 1; Steinmeyer / Schmiady, ‌ Hofschroer, WpÜG § 37 Rn. 56 ff.; kritisch Ekkenga / DStR 2002, 768 (772). 119 Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 37 Rn. 62 f.; Assmann / Pötzsch /‌ Uwe H. Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn.  80; Baums / Thoma / Verse /‌ Hecker, WpÜG § 37 Rn. 15 ff.; FK-WpÜG /  Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 51; Harbarth, ZIP 2002, 321 (332); Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (41); Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, 147 ff.; Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (708); MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 65; Schwark / Zimmer /  Noack / Z etzsche, KMRK, § 37 WpÜG Rn. 19; Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 56 ff.; allgemein zur Betätigung des Ermessens Kopp / Ramsauer / Ramsauer, VwVfG § 40 Rn. 68 ff. 120 Allgemein zu Ermessensfehlern BeckOK VwGO / Decker, § 114 Rn. 13 ff.; BeckOK VwVfG / Aschke, § 40 Rn.  78 ff.; Ehlers / P ünder / Jestaedt, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 60 ff.; Erbguth / Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 43 ff.; Eyermann /  Rennert, VwGO § 114 Rn.  16 ff.; Fehling / Kastner / Störmer VerwR / Schwarz, VwGO § 114 Rn.  42 ff.; Kopp / Ramsauer / Ramsauer, VwVfG § 40 Rn. 74 ff.; Kopp / Schenke / Ruthig, VwGO § 114 Rn. 7 ff.; Maurer / Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 19 ff.; Schoch /  J.-P. Schneider / Riese, VwGO § 114 Rn. 56 ff.; Sodan / Ziekow / Wolff, VwGO § 114 Rn. 114a ff.; siehe auch bereits Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 156 f.; zur Ermessensfehlerlehre siehe Schoch / J.-P. Schneider / Geis, VwVfG § 40 Rn. 87 ff.; gegen eine Überhöhung von Ermessensfehlern und entsprechenden Lehren Kempny / Reifegerste / Reifegerste, Fälle zum Allgemeinen Verwaltungsrecht, I. Teil Rn. 109 m. w. N.

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Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

Angebotspflicht befreit wird, schafft § 37 WpÜG auf der Rechtsfolgenseite einen gewissen Ausgleich121. 1. § 37 Abs. 1 WpÜG § 37 WpÜG sieht in Absatz 1 fünf abstrakte Befreiungsgründe vor, die zur Befreiung der Angebotspflicht führen können. Demnach stellen die Art der Erlangung, die mit der Erlangung der Kontrolle beabsichtigte Zielsetzung, ein nach der Erlangung der Kontrolle erfolgendes Unterschreiten der Kontrollschwelle, die Beteiligungsverhältnisse an der Zielgesellschaft sowie die tatsächliche Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle Befreiungsgründe dar. Dieser Katalog an Fällen ist abschließend.122 Insofern ist der Wortlaut mangels entsprechender Formulierung – wie etwa „insbesondere“ – eindeutig.123 2. § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 WpÜG-AngVO Überdies wird über § 37 Abs. 2 WpÜG die Möglichkeit eröffnet, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots zu erlassen; davon hat das Bundesministerium der Finanzen im Jahr 2001 Gebrauch gemacht. Mithin sind über § 37 Abs. 2 WpÜG neun, in § 9 WpÜG-AngVO124 statuierte materielle Befreiungsgründe hinzuzuziehen. Durch sie werden die fünf, in § 37 Abs. 1 WpÜG normierten Befreiungstatbestände konkretisiert.125 Sie stellen also keine zusätzlichen Befreiungstatbestände 121

Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 29 WpÜG Rn. 32. Ames, Befreiung vom übernahmerechtlichen Pflichtangebot, 2014, S. 169; Baums / Thoma /  Verse / Hecker, WpÜG § 37 Rn.  1; Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 37 Rn. 31; Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider /‌ Seiler, WpÜG § 37 Rn. 20; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 2; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 37 Rn. 83; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn.  2; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 78; Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 4; Harbarth, ZIP 2002, 321 (330); a. A. Bernau, WM 2004, 809 (811); Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 37 Rn. 18; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 37 WpÜG Rn. 4. 123 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 20; Harbarth, ZIP 2002, 321 (330); KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 37 Rn. 83; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 18. 124 Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots (WpÜG-Angebotsverordnung) vom 27. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 4263). 125 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜG-AngVO Rn. 3; Baums /  Thoma / Verse / Hecker, WpÜG § 37 Rn.  21; Beurskens /‌ Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 37 Rn. 18; Harbarth, ZIP 2002, 321 (323); Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (41); ‌ Schmiady, Hippeli / ZIP 2015, 705 (709); Holzborn / Blank, NZG 2002, 948 (950); KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 1; Paschos /‌ F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 80; Steinmeyer /‌ Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 19. 122

E. Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten 

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dar,126 sondern Regelbeispiele127. Anders als die Aufzählungen in § 36 WpÜG und § 37 Abs. 1 WpÜG ist der Katalog in § 9 WpÜG-AngVO jedoch nicht abschließend128. Ebenso wie für § 37 Abs. 1 WpÜG129 ergibt sich dies aus dem Wortlaut, im Gegensatz zu § 37 Abs. 1 WpÜG aber durch die entsprechende Formulierung („insbesondere“)130. Liegt hingegen kein Befreiungsgrund nach § 9 WpÜG-AngVO vor, wird keine Sperrwirkung entfaltet, weshalb ein Rückgriff auf § 37 Abs. 1 WpÜG weiterhin möglich ist.131 Ob sodann auf der Ermessensebene Berücksichtigung findet, dass kein konkreter Befreiungsgrund einschlägig ist, ist umstritten132, aber für diese Untersuchung nicht weiter relevant. In der Literatur wird gefordert, dass der Umstand, dass ein Befreiungsgrund nach § 9 WpÜG-AngVO vorliegt, bei dem Ermessensspielraum der BaFin zu berücksichtigen sei. Während teilweise von einer Lenkung der Ermessensausübung133 bzw. der Indizierung der Interessenabwägung134 gesprochen wird, gehen andere sogar von einer Ermessensreduzierung auf Null aus135. Manche Stimmen differenzieren zwischen den einzelnen Befreiungsgründen136 und nehmen zum Beispiel eine Reduzierung des Ermessens auf Null an, wenn der Befreiungstatbestand nach § 9 S. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 WpÜG-AngVO vorliegt137. Auch laut der BaFin ist die In 126

Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜG-AngVO Rn. 4. MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn.  62; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 37 WpÜG Rn. 2; Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 19. 128 Harbarth, ZIP 2002, 321 (323); KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 4. 129 Siehe soeben Teil  4 E. II. 1. 130 Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 37 Rn. 18, die sich indes gegen eine abschließende Aufzählung in § 37 Abs. 1 WpÜG aussprechen; Harbarth, ZIP 2002, 321 (323); Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (41); MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 89; siehe aber auch KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 4. 131 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜG-AngVO Rn. 3; Baums /  Thoma / Verse / Hecker, WpÜG § 37 Rn. 21; Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 190; Harbarth, ZIP 2002, 321 (323); Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (41); Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (709); Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 46; Strunk / Salomon / Holst, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 1 (25); a. A. Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 146 f. 132 Siehe statt vieler Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 46 m. w. N. 133 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜG-AngVO Rn. 3; Beurskens /  Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 37 Rn. 53; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 80; vgl. auch KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, WpÜGAngVO § 9 Rn. 2; Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 22, zufolge hat „[der Verordnungsgeber] eine Tendenz für die Ausübung im Einzelfall erkennen lassen.“ 134 Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 37 Rn. 22 („intendierte Entscheidung“, „Ermessensleitung“); MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 62; Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 57. 135 Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 37 Rn. 35 (grundsätzlich); Assmann / Pötzsch /  Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 83 (wohl im Regelfall); MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 66 (in vielen Fällen). 136 Siehe nur FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 56 mit Fn. 124. 137 So etwa Bernau, WM 2004, 809 (813); FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 56. 127

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Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

teressenabwägung in Teilen antizipiert, wenn der Befreiungstatbestand nach § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO greift. Betont wird dabei die inhaltliche Nähe von § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO zu § 36 Nr. 1 WpÜG, bei dessen Vorliegen die BaFin die Stimmrechte bei der Berechnung des maßgeblichen Stimmrechtsanteils nicht berücksichtigen dürfte.138 a) Kein intendiertes Ermessen Wäre das Ermessen intendiert, wäre die „Richtung [der Ermessensbetätigung] vom Gesetz vorgezeichnet“139. Dabei handelt es sich um eine von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsfigur140, die von der (verwaltungsrechtlichen) Literatur stark kritisiert wird141. Die Befreiung vom Pflichtangebot würde dann den Regelfall darstellen, die die BaFin entgegen § 39 Abs. 1 VwVfG nicht begründen müsste.142 Sowohl der Wortlaut in § 37 Abs. 1 WpÜG als auch in § 9 S. 1 und S. 2 WpÜGAngVO spricht gegen Ermessensintendierung. Dem Wort „kann“ ist zu entnehmen, dass die Behörde nicht zum Maßnahmenerlass verpflichtet sein soll, sondern insofern eine gewisse Entscheidungsfreiheit besitzt.143 Sie darf also den Bieter von der Angebotspflicht befreien, sie muss es aber nicht. Hätte hingegen die Befreiung von der Angebotspflicht im Regelfall erteilt und der BaFin nur für atypische Fälle 138

BaFin, Befreiungsbescheid am 20. Juni 2022 veröffentlicht zugunsten der Gerhard und Ilse Schick Stiftung (Zielgesellschaft: Bechtle Aktiengesellschaft), S. 14, abrufbar unter https:// www.bafin.de/SharedDocs/Down‌loads/DE/Befreiungsentscheidung/bechtle_ag.pdf?__blob= publicationFile&v=1. 139 BVerwGE 72, 1 (6). 140 Siehe nur BVerwGE 72, 1 (6); 91, 82 (90); 105, 55 (57 f.); siehe ferner die Entscheidungsübersicht zum intendierten Ermessen von Beuermann, Intendiertes Ermessen, 2002, S. 173 ff. 141 Statt vieler Maurer / Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 12 m. w. N.; Stelkens / Bonk / Sachs / Sachs, VwVfG § 40 Rn. 30 m. w. N.; bündig zur Kritik Schoch / J.-P. Schneider / Geis, VwVfG § 40 Rn. 34. 142 Vgl. BVerwGE 72, 1 (6); 105, 55 (57 f.); ausführlich zum intendierten Ermessen Beuermann, Intendiertes Ermessen, 2002; Borowski, DVBl. 2000, 149; Schoch, JURA 2010, 358; allgemein Schoch / J.-P. Schneider / Geis, VwVfG § 40 Rn.  27 ff.; Stelkens / Bonk / Sachs / Sachs, VwVfG § 40 Rn. 28 ff.; BeckOK VwVfG / Aschke, § 40 Rn. 40 ff.; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 322 f.; Erbguth / Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 40; Kopp / Ramsauer / Ramsauer, VwVfG § 40 Rn. 35 f.; Kopp / Schenke / Ruthig, VwGO § 114 ‌ Waldhoff, Rn. 21b; Maurer / Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 12; Schoch / J.-P. Schneider /  Riese, VwGO § 114 Rn. 27 ff.; Sodan / Ziekow / Wolff, VwGO § 114 Rn. 143 ff. 143 Umfassend zum Verwaltungsermessen Elsner, Das Ermessen im Lichte der Reinen Rechtslehre, 2011; allgemein BeckOK VwGO / Decker § 114 Rn. 4 ff; Ehlers / P ünder / Jestaedt, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 55 ff.; Kopp / Ramsauer / Ramsauer, VwVfG § 40 Rn. 30 ff.; Maurer / Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 7 f.; Schoch, JURA 2004, 462; Schoch / J.-P. Schneider / Riese, VwGO § 114 Rn. 14 ff.; grundlegend Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 140 ff., der bereits 1927 erkannte, dass Ermessen Freiheit von rechtlicher Bindung bedeutet und Ermessensfehler Verstöße gegen Rechtsnormen sind.

E. Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten 

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ein Ermessensspielraum eingeräumt werden sollen, hätte eine Soll-Vorschrift144 erlassen werden können. Zwar kann das Normieren von Regelbeispielen durchaus den Ermessensrahmen einschränken.145 Intendiertes Ermessen ist deshalb aber noch nicht anzunehmen.146 Vielmehr ist durch Auslegung zu ermitteln, ob eine Vorschrift eine bestimmte Entscheidung intendiert.147 Dabei kann insbesondere der Zweck der Norm maßgeblich sein.148 In §§ 35 ff. WpÜG wird versucht, einen Ausgleich zu finden zwischen dem Interesse des Bieters, kein Angebot abgeben zu müssen, und dem Interesse der außenstehenden Aktionäre, ein Pflichtangebot zu erhalten. Letztere überwiegen nach der Konzeption der Pflichtangebotsregelungen grundsätzlich, wenn Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG erlangt worden ist. Denn das Gesetz knüpft die Angebotspflicht an die Kontrollerlangung, ohne dass eine Interessenabwägung stattfindet, vgl. § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG. Die Interessen des Bieters finden erst in einem zweiten Schritt Berücksichtigung, vgl. §§ 36, 37 WpÜG. Eine Befreiung von der Angebotspflicht nach § 37 Abs. 1 WpÜG kann nur bei Vorliegen eines Befreiungsgrundes und nach einer umfassenden Interessenabwägung erteilt werden. Liegt ein Befreiungsgrund nach § 9 WpÜG-AngVO vor, also ein einen abstrakten Befreiungsgrund nach § 37 Abs. 1 WpÜG konkretisierendes Regelbeispiel, kann ein intendiertes Ermessen – vorausgesetzt, man erkennt diese dogmatische Figur an – mithin nur dann angenommen werden, wenn in dem Fall die außenstehenden Aktionäre in der Regel nicht schutzwürdig sind. Dafür müssen in der Regel entweder deren Interessen ausreichend geschützt sein149 oder die Interessen des Bieters überwiegen. Dies kann vorliegend nicht pauschal angenommen werden, sondern ist für jedes Regelbeispiel in § 9 WpÜG-AngVO gesondert zu prüfen.150 Da Familienunternehmen mit dem Pflichtangebot im Besonderen im Zusammenhang mit Nachfolgekonstellationen in Berührung kommen151, wird in dieser

144 Allgemein zur Soll-Vorschrift BeckOK VwVfG / Aschke, § 40 Rn. 39 f.; Borowski, DVBl. 2000, 149 (156 ff.); Kempny / Reifegerste / Reifegerste, Fälle zum Allgemeinen Verwaltungsrecht, I. Teil Rn.  122 ff.; Schoch / J.-P. Schneider / Geis, VwVfG § 40 Rn. 26; Schoch / J.-P. Schneider / Riese, VwGO § 114 Rn.  24 f.; Stelkens / Bonk / Sachs / Sachs, VwVfG § 40 Rn. 26 ff. 145 Siehe Sodan / Ziekow / Wolff, VwGO § 114 Rn. 130 (zur Ermessensreduzierung auf Null). 146 Stelkens / Bonk / Sachs / Sachs, VwVfG § 40 Rn. 30, mit Verweis auf OVG Bautzen, Urteil vom 29. 9. 1999 – 2 S 775/98, SächsVBl. 2000, 118 (119). 147 Borowski, DVBl. 2000, 149 (154); Kopp / Schenke / Ruthig, VwGO § 114 Rn. 21b; Schoch, JURA 2010, 358 (360); vgl. Eyermann / Rennert, VwGO § 114 Rn. 14; Kopp / Ramsauer / Ramsauer, VwVfG § 40 Rn. 30; Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 150. 148 Vgl. § 40 VwVfG; BeckOK VwVfG / Aschke, § 40 Rn. 41; Beuermann, Intendiertes Ermessen, 2002, S. 93; Erbguth / Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 41; Schoch / J.-P. Schneider / Riese, VwGO § 114 Rn. 28; Sodan / Ziekow / Wolff, VwGO § 114 Rn. 130. 149 Vgl. M.  Schröder, Genehmigungsverwaltungsrecht, 2016, S. 209, mit Hinweis auf BVerfGE 18, 247 (250), dem zufolge das Ermessen auf Null reduziert sein kann, wenn der Tatbestand umfassende Genehmigungskriterien voraussetzt. 150 Vgl. auch Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 242. 151 Vgl. dazu Teil  5 B. I. 3. a) aa).

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Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

Arbeit untersucht, ob die BaFin die Befreiung vom Pflichtangebot erteilen darf, ohne sie begründen zu müssen, wenn ein Befreiungsgrund nach § 9 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WpÜG-AngVO vorliegt. Dafür wird analysiert, welche Besonderheiten sich bei der Interessenabwägung ergeben, wenn der Bieter durch Erbschaft, im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung oder durch Schenkung Kontrolle erlangt hat und Erblasser bzw. Schenker und Bieter nicht verwandt sind im Sinne des § 36 Nr. 1 WpÜG. Der Begründung zum Regierungsentwurf zufolge werden in § 9 WpÜG-AngVO „Sachverhalte [aufgezählt], bei denen eine Befreiung nach Abwägung der Umstände im Einzelfall typischerweise in Betracht kommen kann.“152 Durch die Verwendung des Wortes „typischerweise“ wird deutlich, dass im Regelfall, nicht aber in jedem Fall, von der Erteilung einer Befreiung ausgegangen wird. Dies streitet für ein intendiertes Ermessen, falls man die Existenz dieser Rechtsfigur überhaupt bejaht. Jedoch soll die Befreiung vom Pflichtangebot nach § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WpÜG-AngVO laut der Begründung zum Regierungsentwurf die Nachfolge bei kleinen und mittleren Unternehmen ohne Pflichtangebot ermöglichen, wenn die Nachfolgelösung in der Familie nicht in Betracht kommt, aber zum Beispiel geeignete Mitarbeiter zur Verfügung stehen.153 Es ist jedoch keine empirische Untersuchung ersichtlich, die darlegt, dass sich Bieter großer Unternehmen nur ausnahmsweise auf jene Befreiungsgründe berufen, oder die überhaupt bestätigt, dass andernfalls ein Unternehmen in diesen Fällen häufig nicht mehr fortgeführt werden kann. In Bezug auf letzteres ist etwa denkbar, dass der Bieter die Anteile beleiht, die er erwirbt, um das Pflichtangebot zu finanzieren. Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass die außenstehenden Aktionäre in der Regel nicht schutzwürdig sind. Dafür streitet außerdem, dass an einer anderen Stelle in der Begründung zum Regierungsentwurf der Befreiungsgrund nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG zuerst durch die in § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO aufgezählten Sachverhalte konkretisiert wird, bevor gefordert wird, dass in jedem dargestellten Fall eine Interessenabwägung vorzunehmen ist.154 Ferner sind die Interessen der außenstehenden Aktionäre nicht bereits ausreichend wahrgenommen, um auf Zweckmäßigkeitserwägungen in der Regel zu verzichten, weil ein Befreiungsgrund nach § 9 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WpÜG-AngVO vorliegt. Zwar können Erblasser und Erbe bzw. Schenker und Beschenkter entweder persönlich oder im Kontext mit dem Unternehmen in einer besonderen Beziehung zueinanderstehen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass sich deshalb die Geschäftspolitik nicht ändern wird155. Im Gegenteil kann eine Kursänderung sogar notwendig sein, damit das Unternehmen am Markt bestehen bleibt. 152

Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 81. Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 81. 154 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 61. 155 Zur Zielsetzung des Pflichtangebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG siehe bereits oben Teil  4 B. 153

E. Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten 

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Des Weiteren überwiegen die Interessen des Bieters in der Regel nicht, wenn Kontrolle durch Erbschaft oder Schenkung erlangt wird, ohne dass der Bieter mit dem Erblasser bzw. Schenker verwandt ist im Sinne des § 36 Nr. 1 WpÜG. In Bezug auf die Interessen des Bieters ergibt sich aber eine Besonderheit, wenn Kontrolle durch Erbschaft erlangt wird. Da die Annahme mit der Kontrollerlangung einhergeht, muss sich der Erbe nämlich überlegen, die Erbschaft anzunehmen. Insofern ist der Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG berührt, denn die Erbrechtsgarantie gewährleistet das Recht des Erben auf Gesamtrechtsnachfolge156. Dieses Recht ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Dass deshalb aber das Interesse des Bieters, kein Angebot abzugeben, in der Regel überwiegt, ist abzulehnen. Liegt also ein Befreiungsgrund nach § 9 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WpÜG-AngVO vor, ist das Ermessen der BaFin nicht intendiert (selbst wenn man die Existenz dieser Rechtsfigur anerkennt). b) Keine Ermessensreduzierung auf Null Würde das Ermessen auf Null reduziert, wäre nur eine einzige Entscheidung – hier die Befreiung vom Pflichtangebot – ermessensfehlerfrei möglich157; anders gewendet, der BaFin wäre nur die Befreiung erlaubt, das Nichterteilen wäre ihr verboten. Freilich stellt sich dann die Frage, gegen welches Verbot letzteres Verhalten verstößt. Eine solche Ermessensreduzierung ist für den Einzelfall zu ermitteln und nur in Ausnahmefällen anzunehmen.158 Sie kann sich insbesondere aus Grundrechten ergeben.159 156 Dreier / Wieland, GG Art.  14 Rn.  79; Dürig / Herzog / Scholz / Papier / Shirvani, GG Art. 14 Rn.  404; Sachs / Wendt, GG Art. 14 Rn. 194; die Regelungen zum Pflichtangebot stellen eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, vgl. Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 35 Rn.  14 ff.; Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Pötzsch, WpÜG § 35 Rn. 41; Heinbach, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, 2005, S. 57 f.; KölnerKomm WpÜG /  Hasselbach, § 35 Rn. 47 f.; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 33, 35; Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 13. 157 Ausführlich zur Ermessensreduzierung auf Null Di Fabio, VerwArch 86 (1995), 214; allgemein BeckOK VwVfG / Aschke, § 40 Rn.  72 ff.; Kopp /‌ Ramsauer / Ramsauer, VwVfG § 40 Rn.  61 ff.; Schoch / J.-P. Schneider / Geis, VwVfG § 40 Rn. 37 ff.; Ehlers / P ünder / Jestaedt, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 64 f.; Erbguth / Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 48; Maurer / Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 24 f.; Eyermann /  Rennert, VwGO § 114 Rn. 32; Schoch / J.-P. Schneider / Riese, VwGO § 114 Rn. 39 ff.; Sodan /  Ziekow / Wolff, VwGO § 114 Rn. 128 ff. 158 Statt vieler BVerwG, Beschluss vom 15. 1. 1988 – BVerfG 7 B 182.87, NVwZ 1988, 525 (526); Schoch / J.-P.  Schneider / Riese, VwGO § 114 Rn. 40 m. w. N.; Sodan / Ziekow / Wolff, VwGO § 114 Rn. 129 m. w. N. 159 Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 336; Erbguth / Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 48; Maurer / Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 25; Peine / Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 207; Schoch / J.-P. Schneider / Riese, VwGO § 114 Rn. 40; siehe auch Schoch / J.-P. Schneider / Geis, VwVfG § 40 Rn. 37; M. Schröder, Genehmigungsverwaltungsrecht, 2016, S. 209; vgl. Schwabe, FS Folz, 2003, S. 305 (313 f.).

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Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

Es kann – wie soeben dargestellt160 – nicht angenommen werden, dass die außenstehenden Aktionäre in der Regel nicht schutzwürdig sind, ein öffentliches Angebot zu erhalten. Daher ist kein Verbot ersichtlich, eine Befreiung bei Vorliegen eines Befreiungsgrundes nach § 9 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WpÜG-AngVO nicht zu erteilen. Hätte die BaFin unter den genannten Voraussetzungen hingegen verpflichtet sein sollen, die Befreiung zu erteilen (sog. gebundene Entscheidung161), hätte dies durch entsprechende Formulierungen162 deutlich gemacht werden können. Außerdem hätten die Regelbeispiele nach § 9 WpÜG-AngVO in § 36 WpÜG verortet werden können, wenn die vollziehende Gewalt bei Vorliegen des Tatbestands stets von der Angebotspflicht absehen muss. Liegt nämlich ein Nichtberücksichtigungsgrund vor, ist nur eine einzige Entscheidung der BaFin möglich, namentlich die Nichtberücksichtigung der Stimmrechte. Gerade in diesem Punkt unterscheidet sich die Nichtberücksichtigung von Stimmrechten nach § 36 WpÜG von der Befreiung von der Angebotspflicht nach § 37 Abs. 1 WpÜG bzw. § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 WpÜG-AngVO. c) Zwischenergebnis Durch § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO wird der Befreiungsgrund nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG („Art der Kontrollerlangung“) konkretisiert. Dadurch ist das Ermessen der BaFin aber weder auf Null reduziert163 noch intendiert (selbst wenn man die Existenz dieser Rechtsfigur anerkennt). Liegt ein Befreiungsgrund nach § 9 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WpÜG-AngVO vor, darf die BaFin also eine Befreiung vom Pflichtangebot erteilen, ohne es zu müssen. Auf diese Weise wird der Vielfalt der Lebenssachverhalte gerecht.164 Die Entscheidung der BaFin ist in jedem Fall zu begründen, vgl. § 39 Abs. 1 VwVfG.

F. Umfang der Angebotspflicht und Abgabepflicht mehrerer Poolmitglieder Um die tatsächlichen Auswirkungen der Angebotspflicht im Zusammenhang mit einem Stimmbindungsvertrag beurteilen zu können, wird nachfolgend der Umfang der Angebotspflicht kurz vorgestellt und die Abgabepflicht der einzel 160

Siehe oben Teil  4 E. II. 2. a). Allgemein zur gebundenen Entscheidung Beuermann, Intendiertes Ermessen, 2002, S. 28; Kempny / Reifegerste / Reifegerste, Fälle zum Allgemeinen Verwaltungsrecht, I. Teil Rn. 99 f. 162 Wie etwa „Befreiung muss erteilt werden“ oder „Befreiung ist zu erteilen“. 163 Ebenso FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 57, die fälschlicherweise § 9 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO nennen. 164 Vgl. Erbguth / Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 38; MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 61; Peine / Siegel, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn.207; Schwabe, FS Folz, 2003, S. 305 (313). 161

F. Umfang der Angebotspflicht und Abgabepflicht mehrerer Poolmitglieder

183

nen Poolmitglieder untersucht, wenn mehrere Poolmitglieder als Bieter zu qualifizieren sind.

I. Umfang der Angebotspflicht Der Bieter hat grundsätzlich gemäß §§ 39, 32 WpÜG ein Vollangebot abzugeben.165 Die Angebotspflicht erstreckt sich hingegen nicht auf die Aktien, aus denen dem Bieter nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG Stimmrechte zugerechnet werden.166

II. Abgabepflicht mehrerer Poolmitglieder Sind nach wechselseitiger Zurechnung und Berücksichtigung der Befreiungsmöglichkeiten im konkreten Fall mehrere Poolmitglieder als Bieter zu qualifizieren, stellt sich die Frage, ob letztlich auch mehrere Pflichtangebote abgegeben werden müssen. Das Gesetz ordnet diesbezüglich keine Regelung an.167 Zwar haben insbesondere Braun168 und C. Roth169 diese Frage bereits beleuchtet. Allerdings ist dieser Aspekt für einen Poolzusammenschluss nicht nur typisch, sondern auch zur Beurteilung der tatsächlichen Belastung des einzelnen Poolmitglieds bedeutsam. Daher erfolgt eine verkürzte Auseinandersetzung mit ausgewählten, in diesem Zusammenhang in der Literatur behandelten Fragestellungen, indem für die eigene Stellungnahme im Wesentlichen auf die überzeugenden, von C. Roth und Braun aufgegriffenen bzw. entwickelten Argumente Bezug genommen wird. Teilweise wird befürwortet, dass ein gemeinsames Angebot abgegeben werden könne170 – als sog. Bietergemeinschaft171. Dafür streite, dass den übrigen Aktionä-

165

Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 60; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 35 Rn. 94; Hommelhoff / Witt, FS Nobel, 2005, S. 125 (140); Steinmeyer /‌ Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 96. 166 Siehe dazu nur Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 238 ff., unter anderem mit umfassender Darstellung des Meinungsstandes in der Literatur. 167 C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 169 m. w. N. 168 Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 233 ff. 169 C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 169 ff. 170 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Pötzsch, WpÜG § 35 Rn. 198; Casper, ZIP 2003, 1469 (1474) mit Fn. 53; Coenen, Die konzernrechtliche Relevanz von Stimmbindungsvereinbarungen, 2014, S. 229; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 240; Paschos /  Fleischer  /‌  Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 362 f.; Schütz, Pflichtangebote an Aktionäre, 2005, S. 143 ff.; einschränkend für die Poolmitglieder, die aufgrund der Zurechnung und nicht schon aufgrund eigener Anteile die Kontrollschwelle erreicht bzw. überschritten haben, Schwark / Zimmer /‌ Noack / Z etzsche, KMRK, § 35 WpÜG Rn. 19. 171 BaFin, Befreiungsbescheid am 6. November 2019 veröffentlicht zugunsten Robus SCSp SICAV-FIAR u. a. (Zielgesellschaft: Gerry Weber International AG), S. 9, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Down‌loads/DE/Befreiungsentscheidung/gerry_weber_

184

Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

ren ermöglicht werden solle, geordnet aus der Zielgesellschaft auszusteigen, wozu sie aber nicht mehrere Angebote erhalten müssten.172 Jedoch ist ein gemeinsames Angebot abzulehnen, weil dem typischerweise als BGB-Innengesellschaft ausgestalteten Pool die Rechtsfähigkeit fehlt173 und der Gesetzeswortlaut keine Anhaltspunkte für ein solches Angebot bietet174. Des Weiteren wird angenommen, dass die Abgabe eines Angebots durch ein Poolmitglied zum Untergang der Pflicht seitens der anderen Pflichtigen führe.175 Auch hier wird argumentiert, dass durch die Abgabe eines Angebots der Schutz der Anleger ausreichend gewährt sei.176 Voraussetzung sei allerdings, dass das abgegebene Pflichtangebot den Bedingungen entspricht, die den Aktionären der Zielgesellschaft im für sie günstigsten Fall von einem der Kontrollerwerber hätten geboten werden müssen.177 Zu Recht wird eine solche Absorption abgelehnt.178 Obwohl jene Rechtsfolge in § 33 Abs. 3 DiskE179 vorgesehen war, hat sie keinen Einzug ins Gesetz gefunden. Dass nun daraus geschlossen werden kann, dass diese Rechtsfolge bewusst nicht gewollt gewesen ist,180 ist mangels weiterer Anhaltspunkte zu bezweifeln. Da aber eine solche Regelung gerade fehlt, ist zunächst davon auszugehen, dass jeder Bieter de lege lata verpflichtet ist, die Abgabepflicht zu erfüllen.181

international_ag_robus.pdf?__blob=publicationFile&v=1, mit Verweis auf § 2 Abs. 4 WpÜG; ‌ Pötzsch, BaFin, Jahresbericht 2010, S.  225 f.; Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / WpÜG § 35 Rn. 198; Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 90; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 303; Süßmann, WM 2003, 1453 (1457); wohl auch Angerer / Geibel / Süßmann / Süßmann, WpÜG § 29 Rn. 33. 172 Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 35 WpÜG Rn. 19. 173 Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 235 f.; C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 170. 174 Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 236; Pentz, ZIP 2003, 1478 (1488). 175 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Pötzsch, WpÜG § 35 Rn. 196; Drinkuth, in: Marsch-Barner / Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rn. 62.225; Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 90; KölnerKomm WpÜG /‌ Hasselbach, § 35 Rn. 241; König, ZGR 2005, 417 (435); MükoAktG  /‌  Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 52; Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 294 f.; Poelzig, Kapitalmarktrecht, Rn. 721; Schütz, Pflichtangebote an Aktionäre, 2005, S. 143 ff.; Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 94; Thaeter / Brandi / T haeter, Öffentliche Übernahmen, Teil 2 Rn. 602; vgl. auch Süßmann, WM 2003, 1453 (1457). 176 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Pötzsch, WpÜG § 35 Rn. 196; Kölner‌ Schlitt, Komm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 241; MükoAktG / WpÜG § 35 Rn. 52; Poelzig, Kapitalmarktrecht, Rn. 721; Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 94; vgl. auch Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 177. 177 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Pötzsch, WpÜG § 35 Rn. 197; siehe Kölner­ Komm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 240. 178 Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 35 Rn. 64; Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 236 f.; FK-WpÜG /‌ Hommelhoff / Witt, § 35 Rn. 72; ferner S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 340 f. 179 Abgedruckt in NZG 2000, 844. 180 So wohl S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 341. 181 Vgl. auch FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 35 Rn. 72.

F. Umfang der Angebotspflicht und Abgabepflicht mehrerer Poolmitglieder

185

Demnach müssten de lege lata den außenstehenden Aktionären stets mehrere Angebote unterbreitet werden, wenn mehrere Bieter in Betracht kommen. Dieses Ergebnis überzeugt indes nicht in jedem Fall. Das Pflichtangebot soll außenstehende Aktionäre schützen, wenn sich die Beherrschungsverhältnisse derartig ändern, dass sie entweder erstmals einer Kontrollsituation ausgesetzt sind oder im Falle des Kontrollwechsels einem neuen kontrollierenden Aktionär gegenüberstehen.182 Kann dieser Schutz bereits durch (mindestens) ein Pflichtangebot eines der grundsätzlich verpflichteten Poolmitglieder ausreichend gewährleistet werden, bedarf es keiner weiteren Angebote. Deshalb ist in dem Fall eine Korrektur vorzunehmen.183 Dafür ist aber weder die Möglichkeit eines gemeinsamen Angebots noch eine automatisch eintretende pflichtbefreiende Wirkung im Falle der Abgabe eines Pflichtangebots durch einen von mehreren Verpflichteten zu konstruieren. Mangels gesetzlicher Regelungen ist die Angebotspflicht eines jeden Poolmitglieds aufgrund des in § 29 Abs. 2 WpÜG formal ausgestalteten Kontrollbegriffs sowie der Konzeption der §§ 35 ff. WpÜG zunächst zu bejahen, wenn dieser die Kon­trollschwelle erstmals erreicht bzw. überschritten hat. Allerdings ist von der BaFin auf Antrag eine Befreiungsmöglichkeit nach §§ 36, 37 WpÜG zu prüfen. Als Befreiungsgrund wird in diesem Zusammenhang zu Recht die Art der Kontrollerlangung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG angeführt.184 Da es im Ermessen der BaFin liegt, wen sie von der Angebotspflicht befreit,185 können die Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden. Dabei sei im Besonderen eine Einigung unter den Pflichtigen, wer das Angebot abgeben soll bzw. wer befreit werden soll, zu beachten.186 Dies überzeugt, da grundsätzlich kein schützenswertes Interesse der außenstehenden Aktionäre besteht, gerade von einem bestimmten Kontrollerwerber das Pflichtangebot zu erhalten.187 Braun zufolge können ferner das Einflusspotential der einzelnen Poolmitglieder, deren Anteilsbesitz188, Umstände, die zum Auslösen der Angebotspflicht geführt haben, sowie in Anlehnung an § 9 S. 1

182

Siehe bereits oben Teil 4 B. Siehe Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 32; siehe auch die Argumente gegen ein Pflichtangebot durch jedes Mitglied eines Pools ohne Beherrschungssituation von C.  Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 169; vgl. auch FKWpÜG / Hommelhoff / Witt, § 35 Rn. 72. 184 Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 236; im Falle der Ablehnung der Absorption wohl für eine Befreiung über § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG Assmann / Pötzsch / Uwe H. Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 32; a. A. FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 44, die ohne nähere Begründung eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 Var. 4 WpÜG in Betracht ziehen. 185 Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 237; siehe Assmann /‌ Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Pötzsch, WpÜG § 35 Rn. 200. 186 Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 237; vgl. Assmann /‌ Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Pötzsch, WpÜG § 35 Rn. 199; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn.  244; Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 95. 187 Vgl. Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Pötzsch, WpÜG § 35 Rn. 199; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 35 Rn. 244. 188 Vgl. auch die Überlegung von Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 303, der jedoch eine teleologische Reduktion erwägt. 183

186

Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

Nr. 6 WpÜG-AngVO das nachträgliche Unterschreiten der Kontrollschwelle durch eine direkte Kündigung des Poolvertrags als Kriterien herangezogen werden.189 Des Weiteren führen Krause / Plötzsch in diesem Zusammenhang die Bonität der Verpflichteten und ihre Beziehungen zueinander an, im Besonderen die Autorität eines Poolmitglieds.190

G. Keine Auswirkungen des Verstoßes gegen die Abgabepflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG auf die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG von gepoolten Kapitalanteilen Wird gegen die Abgabepflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG verstoßen, ist im Besonderen für Mitglieder erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich motivierter Pools von Bedeutung, ob der Verstoß auf die sachliche Steuerbefreiung von Kapitalanteilen nach §§ 13a, 13b ErbStG Auswirkungen hat, wenn die Anteile mittels Poolings nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt erworben werden sollen bzw. worden sind. Ist der Bieter zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG verpflichtet, bestimmt § 59 WpÜG im Falle des Unterlassens den Verlust sämtlicher der Mitgliedschaft entspringenden Rechte, also auch den Verlust des Stimmrechts191. Diese Rechtsfolge betrifft nicht nur die Aktien des Bieters, die ursächlich für das Erreichen oder Überschreiten der Kontrollschwelle gewesen sind, sondern dessen gesamte Aktien.192 Darüber hinaus erstreckt sich dieser Rechtsverlust auch auf die Aktien, die dem Bieter zugerechnet werden,193 also die der anderen Poolmitglieder194. Erfolgt der Stimmrechtsverlust vor dem Erwerb der gepoolten Anteile und wird das Pflichtangebot nicht nachgeholt, wäre die Privilegierung des Erwerbs gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gar nicht möglich, wenn dieser Verlust dazu führte, dass das Vorliegen der Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung im 189

Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 237. Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Krause / Pötzsch, WpÜG § 35 Rn. 200. 191 Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 295; von Falkenhausen, ZHR 174 (2010), 293 (314); Wunsch, BB 2011, 2315 (2317). 192 OLG Frankfurt, Urteil vom 14. 11. 2006 – 5 U 158/05, NZG 2007, 553 (557); KölnerKomm WpÜG / Bachmann / Brunk, § 59 Rn. 57 m. w. N.; Wunsch, BB 2011, 2315 (2317). 193 Begr. RegE, BT-Drs.  14/7034, S.  68; Habersack / Mülbert / Schlitt / Götze, KapMarktInfoHdB, § 27 Rn. 92. 194 Wunsch, BB 2011, 2315 (2317). Zu beachten ist, dass die alte Rechtslage bei einem Verstoß gegen Mitteilungspflichten nach § 21 f. WpHG a. F. keinen Rechtsverlust der anderen Poolmitglieder vorsah, siehe Wunsch, BB 2011, 2315 (2318 f.). Seit 2015 wird jedoch zwischen den Zurechnungstatbeständen nicht mehr unterschieden, Begr. RegE, BT-Drs. 18/5010, S. 48. Folglich statuiert § 44 WpHG bei einem Verstoß gegen Mitteilungspflichten nach § 33 f. WpHG den Rechtsverlust auch der anderen Poolmitglieder, siehe dazu auch Habersack /  Mülbert / Schlitt / Götze, KapMarktInfo-HdB, § 27 Rn. 47. 190

H. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 4

187

Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nicht angenommen werden könnte. Würde dagegen nach einem gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigten Erwerb gegen § 59 WpÜG verstoßen, wäre der Nachsteuertatbestand nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG verwirklicht, wenn der Verlust des Stimmrechts eine Aufhebung der Poolbindung im Sinne dieses Nachsteuertatbestands darstellen würde. Zwar können die Poolmitglieder ihre Stimmrechte in der Hauptversammlung nicht ausüben, solange der Bieter gemäß § 59 WpÜG sanktioniert wird. § 59 WpÜG ändert aber nichts am Bestehen der Stimmrechte.195 Die Stimmrechte stehen trotz des Stimmrechtsverlusts dem jeweiligen Inhaber zu.196 Daher ist insbesondere ein Vergleich mit stimmrechtslosen Anteilen abzulehnen. Des Weiteren kann der Bieter das Entfallen der Voraussetzungen des Verlustes selbst bewirken. Sobald das Pflichtangebot nachgeholt ist, bestehen die gemäß § 59 WpÜG eingebüßten Rechte wieder. Ferner herrscht in der Literatur Einigkeit, dass die betroffenen Stimmrechte unabhängig von der Sanktionierung nach § 59 WpÜG bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils im Rahmen des WpÜG weiterhin berücksichtigt werden.197 Mithin führt der Stimmrechtsverlust nach § 59 WpÜG weder dazu, dass das Vorliegen einer Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG abzulehnen ist, noch dazu, dass die Bindung des Stimmrechts im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG aufgehoben ist. Nimmt man hingegen im Falle des Stimmrechtsverlusts nach § 59 WpÜG die Verwirklichung des Nachsteuertatbestands nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG – entgegen der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht – an, könnte in Betracht gezogen werden, ob in Anlehnung an den Rechtsgedanken der Reinvestitionsklausel nach § 13a Abs. 6 S. 3 und S. 4 ErbStG ein Verstoß gegen die Behaltensfrist noch abgewendet werden kann, wenn das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG innerhalb von sechs Monaten nachgeholt wird.

H. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 4 1. Haben sich Aktionäre einer börsennotierten Familien-AG zu einem Pool zusammengeschlossen, der jedenfalls einen Stimmbindungsvertrag vorsieht, kann aufgrund der Zurechnung der Stimmrechte der anderen Poolmitglieder die Kontrollschwelle erreicht bzw. überschritten werden, vgl. §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1

195 KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 29 Rn. 109; a. A. MükoAktG /‌ Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 54. 196 Angerer / Geibel / Süßmann / Süßmann, WpÜG § 29 Rn. 32. 197 Angerer / Geibel / Süßmann / Süßmann, WpÜG § 29 Rn. 32; Assmann /‌ Pötzsch / Uwe H. Schnei­ der / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn.  204; Baums / T homa / Verse / Diekmann, WpÜG § 29 Rn. 60; Faden,  Pflichtangebot, 2008, S. 34; R.  Koch, ZIP 2008, 1260 (1264); KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 29 Rn. 109; MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 29 Rn. 54.

188

Teil 4: Der Stimmbindungsvertrag als Auslöser der Angebotspflicht 

Hs. 1 Alt. 1 WpÜG.198 In der Folge ist ein Pflichtangebot gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG abzugeben, wenn nicht nach §§ 36, 37 WpÜG von dieser Pflicht befreit wird199. 2. Die Kontrollschwelle in Höhe von 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft (vgl. § 29 Abs. 2 WpÜG) bedarf gegenwärtig keiner Anpassung. Allerdings ist die Entwicklung der Hauptversammlungspräsenzen auch mit Blick auf die Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften200 weiterhin zu beobachten. Denn steigen diese weiter an, ist die Angemessenheit der Kontrollschwelle in Höhe von 30 Prozent zu überprüfen.201 3. Der Bieter hat grundsätzlich gemäß §§ 39, 32 WpÜG ein Vollangebot abzugeben. Die Angebotspflicht erstreckt sich jedoch nicht auf die Aktien, aus denen dem Bieter nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG Stimmrechte zugerechnet werden.202 4. Können nach wechselseitiger Zurechnung und Berücksichtigung der Befreiungsmöglichkeiten im konkreten Fall mehrere Poolmitglieder als Bieter qualifiziert werden, ist jeder von diesen verpflichtet, ein Angebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG abzugeben. Ist indes der Schutz der Anleger durch die Abgabe eines Angebots ausreichend gewahrt, ist eine Befreiung für die übrigen Bieter aufgrund der Art der Kontrollerlangung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG denkbar.203 5. Der Stimmrechtsverlust nach § 59 WpÜG im Falle des Verstoßes gegen die Abgabepflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG führt weder dazu, dass das Vorliegen einer Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG abzulehnen ist, noch dazu, dass die Bindung des Stimmrechts im Sinne von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG aufgehoben ist.204

198

Siehe Teil 4 D. Siehe Teil 4 E. 200 Siehe dazu das Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften und Änderungen genossenschafts- sowie insolvenz- und restrukturierungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Juli 2022 (BGBl I 2022, 1166); vgl. auch Dürr / Kuthe / Sickinger, ZIP 2022, 363. 201 Siehe Teil 4 C. 202 Siehe Teil  4 F. I. 203 Siehe Teil  4 F. II. 204 Siehe Teil 4 G. 199

Teil 5

Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG Bündeln Aktionäre einer börsennotierten AG ihre Stimmrechte mittels eines Stimmbindungsvertrags, erfüllen sie sowohl einen Teil der Voraussetzungen des Zurechnungstatbestands nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG als auch den Zurechnungstatbestand nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG.1 Soll über § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erreicht werden, dass der Erwerb von Kapitalanteilen durch Erbanfall bzw. Schenkung erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegiert wird, kann demnach zugleich Kontrolle gemäß §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erlangt werden. Fallen die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG zusammen, entsteht ein Spannungsverhältnis. Auf der einen Seite werden die Erben bzw. Beschenkten erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich finanziell entlastet. Diese Privilegierung wird gewährt, um zu verhindern, dass das Unternehmen (teilweise) verkauft werden muss, damit die Erwerber die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer begleichen können.2 Auf der anderen Seite ist ein Pflichtangebot abzugeben. Diese Pflicht kann für den einzelnen Aktionär eine große finanzielle Herausforderung darstellen. Um die Angebotspflicht erfüllen zu können, muss er ggf. Anteile verkaufen,3 im äußersten Fall ist sogar die Fortführung des Unternehmens nicht mehr möglich4. In diesem Teil werden verschiedene Konstellationen untersucht, damit die Praxis besser abstimmen kann, dass Anteile einer börsennotierten Familien-AG gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG begünstigt erworben werden können, ohne dass zugleich ein Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG abgegeben werden muss. Darüber hinaus wird ein Programm entwickelt, wie man die gesetzlichen 1

Vgl. auch Wunsch, BB 2011, 2315 (2316). Siehe Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/4839, S. 67; siehe auch die Äußerungen von Hansgeorg Hauser (CDU / CSU) in 2. Beratung zum JStG 1996 vom 2. 6. 1995, BT-PlPr. 13/42, S. 3361A–B; Carl-Ludwig Thiele (FDP) in der 2. Beratung zum JStG 1997 vom 7. 11. 1996, BT-PlPr. 13/135, S. 12054A–B; Carl-Ludwig Thiele (FDP) in der 1. Beratung zum ErbStRG vom 15. 2. 2008, BT-PlPr. 16/143, S. 15107C; ders. in der 2. Beratung zum ErbStRG vom 27. 11. 2008, BT-PlPr. 16/190, S. 20444A–C. 3 Vgl. MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 13. 4 Vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 60. 2

190

Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

Vorgaben für die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung von Kapitalanteilen gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG neugestalten könnte, um das Spannungsverhältnis zwischen der Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG aufzulösen. Dafür soll zunächst das Spannungsverhältnis zwischen der sachlichen Steuerbefreiung gemäß §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG verdeutlicht werden (A.). Anschließend wird die Auflösung dieses Spannungsverhältnisses sowohl de lege lata (B.) als auch de lege ferenda (C.) analysiert.

A. Das Spannungsverhältnis zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG A. Das Spannungsverhältnis zwischen Steuerbefreiung und Pflichtangebot

Zur Verdeutlichung des Spannungsverhältnisses zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG werden nachfolgend vier Fälle beispielhaft dargestellt, in denen sowohl die Mindestbeteiligungshöhe nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG als auch die Kontrollschwelle nach § 29 Abs. 2 WpÜG erreicht bzw. überschritten wird. Werden in Fall 2 bis Fall 4 Anteile im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gepoolt, ist anzunehmen, dass die Stimmrechte durch einen Stimmbindungsvertrag gebündelt werden, um die Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung zu erfüllen. In jedem Fall gilt: Hat der Erwerber bereits vor dem Erwerb die Kontrollschwelle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG erreicht bzw. überschritten, stellt der Erwerb weiterer Stimmrechte eine bloße Kontrollverstärkung dar. Diese ist keine Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG.5 Zudem kann der Bieter nach §§ 36, 37 WpÜG von der Angebotspflicht befreit werden; dies gilt insbesondere dann, wenn die Kontrollerlangung im Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge in einem Familienunternehmen steht.6

I. Erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegierter Erwerb von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an einer börsennotierten AG (Fall 1) Im ersten Fall ist der Erblasser bzw. Schenker selbst zu 30 Prozent am Nennkapital einer börsennotierten AG beteiligt. Diese Beteiligung vermittelt ebenfalls 30 Prozent der Stimmrechte an der AG. Der Erblasser bzw. Schenker ist zu mehr

5 6

Siehe dazu Teil  5 B. I. 1. b) aa). Siehe dazu bereits oben Teil 4 E. sowie Teil 5 B. I.

A. Das Spannungsverhältnis zwischen Steuerbefreiung und Pflichtangebot

191

als 25 Prozent an der AG beteiligt und erreicht somit selbst die in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG geforderte Mindestbeteiligungshöhe. Hält der Erbe bzw. Beschenkte selbst noch keine Stimmrechte und erwirbt er die gesamte Beteiligung, hält er nunmehr 30 Prozent der Stimmrechte an der AG. Folglich erreicht bzw. überschreitet er die Kontrollschwelle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG.

II. Schaffung der Voraussetzungen für einen erbschaftbzw. schenkungsteuerrechtlich privilegierten Erwerb von Aktien an einer börsennotierten AG (Fall 2) Im zweiten Fall möchte der Erblasser bzw. Schenker die Voraussetzungen für einen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegierten Erwerb seiner Aktien an einer börsennotierten AG schaffen. Damit eine solche Privilegierung überhaupt möglich ist, muss der Erblasser bzw. Schenker, der selbst zu 25 Prozent oder weniger am Nennkapital der AG beteiligt ist und somit die Mindestbeteiligungshöhe nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG nicht erreicht, seine Anteile im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG poolen. Dafür kann sich der Erblasser bzw. Schenker erstmals mit einem anderen Gesellschafter bzw. anderen Gesellschaftern zusammenschließen. Durch die Bindung der Stimmrechte erlangt er indes zugleich Kontrolle im Sinne von §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG, wenn dabei mindestens mehr als 30 Prozent der Stimmrechte an der AG gebündelt werden.7 Der Erblasser bzw. Schenker kann aber auch einem bereits bestehenden Pool, der (sodann) Verpflichtungen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG vorsieht, beitreten. Bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen kann er auf diese Weise gleichermaßen nicht nur die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung herbeiführen, sondern auch Kontrolle im Sinne von §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erlangen.8 Poolt er indes nur einen Teil der Anteile, kann zwar bewirkt werden, dass die Mindestbeteiligungshöhe nach § 13b Abs. 1 ErbStG erreicht wird, ohne Kontrolle im Sinne von §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zu erlangen. Allerdings können gemäß der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht lediglich die gepoolten Anteile zum begünstigungsfähigen Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG gehören. Die ungepoolten Anteile hingegen sind wie andere Vermögenswerte zu behandeln.9

7

Siehe zum Pflichtangebot im Falle des erstmaligen Poolzusammenschlusses Poolkon­ stellation 1 unter Teil  5 B. I. 1. 8 Siehe zum Pflichtangebot im Falle des Poolbeitritts Poolkonstellation 2 unter Teil 5 B. I. 2. 9 Siehe bereits oben Teil  3 D. IV. 2. c) sowie Teil  5 B. I. 1. a) bb) (2).

192

Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

III. Erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegierter Erwerb von poolgebundenen Aktien an einer börsennotierten AG (Fall 3) Im dritten Fall werden Aktien einer börsennotierten AG aufgrund des Poolings nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG privilegiert erworben. Der Erbe bzw. Beschenkte erhält dabei weniger als 30 Prozent der Stimmrechte an der AG. Um die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung vollständig in Anspruch nehmen zu können, hat der Erwerber in diesem Fall die Poolbindung aufrechtzuerhalten. Ist der Erwerber noch kein Poolmitglied, muss er dafür dem Pool beitreten. Anderenfalls droht ein Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG.10 Obwohl der Erbe bzw. Beschenkte in diesem Fall weniger als 30 Prozent der Stimmrechte an der AG erwirbt, kann er erstmals Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG erlangen. Zum einen kann der Erwerb weiterer Stimmrechte dann zur Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG führen, wenn der Erwerber bereits vor dem Erwerb Stimmrechte an der AG in Höhe von weniger als 30 Prozent gehalten hat und die Summe der von ihm bereits vor dem Erwerb gehaltenen und der erworbenen Stimmrechte mindestens 30 Prozent ergibt. Ferner ist es möglich, dass der Erbe bzw. Beschenkte die Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG mit dem Poolbeitritt erlangt. Tritt er nämlich einem Pool bei, der den Anforderungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG entspricht, kann er aufgrund der mit dem Pooling einhergehenden Zurechnung von Stimmrechten gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG die Kontrollschwelle erstmals erreichen bzw. überschreiten.11

IV. Poolbindung nach erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegiertem Erwerb von Aktien an einer börsennotierten AG (Fall 4) Im vierten Fall ist der Erblasser bzw. Schenker selbst zu mehr als 25 Prozent am Nennkapital einer börsennotierten AG beteiligt und der Erwerb seiner Anteile gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG privilegiert. Erwirbt der Erbe bzw. Beschenkte dabei Stimmrechte in der Höhe, die nicht ausreichend dafür ist, dass er die Kontrollschwelle nach § 29 Abs. 2 WpÜG erreicht bzw. überschreitet, erlangt er infolge eines anschließenden Poolzusammenschlusses oder Poolbeitritts Kontrolle im Sinne von §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG, wenn er sodann 10 Siehe zum Pooling und der Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG ausführlich bereits oben Teil 3 E. 11 Siehe zum Pflichtangebot im Falle des Poolbeitritts Poolkonstellation 2 unter Teil 5 B. I. 2. sowie die Ausführungen unter Teil 5 B. I. 4., wenn der Poolbeitritt mit einem begünstigten Erwerb zusammentrifft.

A. Das Spannungsverhältnis zwischen Steuerbefreiung und Pflichtangebot

193

mindestens 30 Prozent der Stimmrechte hält.12 Die Motivation zum Pooling kann zum Beispiel deshalb bestehen, weil der Erwerber in Zukunft selbst die Mindestbeteiligungshöhe nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erreichen will oder der Familieneinfluss mittels entsprechender Poolbindungen sichergestellt werden soll.13

V. Zwischenergebnis Die Privilegierung des Erwerbs von Aktien an einer börsennotierten AG gemäß §§ 13a, 13b ErbStG kann mit der Verpflichtung, ein öffentliches Angebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG abgeben zu müssen, zusammenfallen. Dabei kann Stimmbindungsverträgen aufgrund der Zurechnungsvorschriften § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG und § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG eine entscheidende Rolle zukommen. Ist der Abschluss eines Stimmbindungsvertrags erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich motiviert und greift für das Pflichtangebot keine Befreiung nach §§ 36, 37 WpÜG, prallen mit der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung auf der einen Seite und dem Pflichtangebot auf der anderen Seite zwei eigenständige Rechtsfolgen aufeinander, die nicht harmonieren. Im äußersten Fall kommen sogar zwei Pflichtangebote in Betracht. Denn nicht nur der Erblasser bzw. Schenker kann bei Schaffung der Voraussetzungen für einen erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich privilegierten Erwerb seiner Aktien durch Pooling im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erstmals Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG erlangen (Fall 2). Auch der Erbe bzw. Beschenkte kann in diesem Zusammenhang die Kontrollschwelle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG erreichen bzw. überschreiten; und zwar entweder durch den Erwerb, wenn er bereits vor dem Erwerb Stimmrechte gehalten hat, oder aufgrund des Poolbeitritts, der erforderlich ist, um nicht gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG zu verstoßen (Fall 3). Prima facie drängt sich somit ein Spannungsverhältnis auf: Auf der einen Seite soll der Erwerber mittels der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung finanziell entlastet werden. Auf der anderen Seite könnte der Erblasser bzw. Schenker und / oder der Erbe bzw. Beschenkte durch die Verpflichtung, ein öffentliches Angebot abgeben zu müssen, finanziell stark belastet werden.

12

Siehe zum erstmaligen Poolzusammenschluss Poolkonstellation 1 unter Teil 5 B. I. 1.; zum Poolbeitritt Poolkonstellation 2 unter Teil 5 B. I. 2.; trifft der erstmalige Poolzusammenschluss bzw. Poolbeitritt mit einem begünstigten Erwerb zusammen siehe zudem die Ausführungen unter Teil  5 B. I. 4. 13 Siehe dazu auch Beispiel 1 unter Teil  5 B. I. 4. c).

194

Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata De lege lata wird dieses soeben aufgezeigte Spannungsverhältnis in zweierlei Hinsicht aufgelöst. Zum einen bestehen für bestimmte Poolkonstellationen in einer börsennotierten Familien-AG Befreiungsmöglichkeiten nach §§ 36, 37 WpÜG. Zum anderen haben die Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG einerseits und das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG andererseits unterschiedliche Zielsetzungen, sodass das Spannungsverhältnis hinzunehmen ist.

I. Privilegierung bestimmter Poolkonstellationen in einer börsennotierten Familien-AG Wird Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) erlangt, ist de lege lata eine Befreiung vom Pflichtangebot gemäß § 36, 37 WpÜG14 möglich. Zwar ist nicht jeder Bieter mit Bezug zu einem Familienunternehmen per se von der Angebotspflicht befreit. Jedoch existiert in Bezug auf die Angebotspflicht für Poolmitglieder in einer börsennotierten Familien-AG eine Vielzahl möglicher Nichtberücksichtigungs- und Befreiungsgründe. Im Folgenden werden drei Poolkonstellationen untersucht. Der erstmalige Poolzusammenschluss wird in der ersten Poolkonstellation (Poolkonstellation 1) behandelt. In der zweiten Poolkonstellation (Poolkonstellation 2) wird der Poolbeitritt erörtert. Zuletzt erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Angebotspflicht im Zusammenhang mit einem begünstigten Erwerb durch ein Poolmitglied (Poolkonstellation 3). Innerhalb dieser drei Konstellationen ist jeweils zu unterscheiden, ob einer der Poolmitglieder bzw. der Pool bereits vor der Veränderung die Kontrollschwelle erreicht bzw. überschritten hat. Sind in dem Pool mindestens 30 Prozent sämtlicher Stimmrechte gebündelt, ist er ein Mehrheitspool. Dagegen handelt es sich um einen Minderheitspool, wenn weniger als 30 Prozent gepoolt sind.15 Auf den Übergang von gemeinsamer Kontrolle auf Alleinkontrolle wird nicht eingegangen.16

14

Siehe dazu bereits oben Teil 4 E. Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 140, unterscheidet ebenfalls zwischen Mehrheits- und Minderheitspool, setzt für einen Mehrheitspool aber voraus, dass mehr als 30 Prozent gebündelt sind. 16 Siehe ausführlich dazu bereits C.  Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 187 ff.; Verse, NZG 2009, 1331. 15

195

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

1. Erstmaliger Poolzusammenschluss In Poolkonstellation 1 schließen sich einzelne Gesellschafter erstmals zusammen, die ihr Stimmverhalten bisher nicht abgestimmt haben und sich demzufolge keine weiteren Stimmrechte nach § 30 Abs. 2 WpÜG zurechnen lassen mussten. Die im Pool gebundenen Stimmrechte machen sodann mindestens 30 Prozent aus. Innerhalb dieser Konstellation sind zwei Sachverhalte zu unterscheiden. In Poolkonstellation 1a hielt jeder Gesellschafter vor dem Poolzusammenschluss Stimmrechte in Höhe von unter 30 Prozent. In Poolkonstellation 1b vereinte bereits vor dem Poolzusammenschluss ein Gesellschafter mindestens 30 Prozent der Stimmrechtsanteile auf sich (Alleinkontrolle). Pool-­ konstellation

Ausgangssituation

1a

1b

Veränderung

Ergebnis

Gesellschafter A, Gesellschafter B und Gesellschafter C halten jeweils weniger als 30 Prozent der Stimmrechte

Erstmaliger Pool­ zusammenschluss

Mehrheitspool Poolmitglieder: A, B, C

Gesellschafter A hält mindestens 30 Prozent (= Alleinkontrolle)

Erstmaliger Pool­ zusammenschluss

Mehrheitspool Poolmitglieder: A, B, C

Gesellschafter B und Gesellschafter C halten jeweils weniger als 30 Prozent der Stimmrechte Abbildung 2: Poolkonstellationen 1a und 1b

a) Poolkonstellation 1a: Keine Kontrolle eines zukünftigen Poolmitglieds Halten die zukünftigen Poolmitglieder vor dem Poolzusammenschluss jeweils weniger als 30 Prozent der Stimmrechte, erlangen sie aufgrund der wechselseitigen Zurechnung nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erstmals Kontrolle über die Zielgesellschaft. Mithin sind die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG erfüllt. Dass der Poolzusammenschluss einen Grund für eine Nichtberücksichtigung der Stimmrechte nach § 36 WpÜG oder eine Befreiung von der Angebotspflicht nach § 37 Abs. 1 WpÜG bzw. § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 WpÜG-AngVO darstellt, ist ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht ersichtlich. Die Kontrollerlangung durch Pooling als solches ist nicht privilegiert. Im Gegenteil führt die Erfüllung des Zurechnungstatbestands gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG

196

Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

gerade zur Kontrollerlangung und somit auch zur Angebotspflicht. In der Folge ist grundsätzlich jedes Poolmitglied Bieter und verpflichtet, ein Angebot abzugeben. Allerdings können weitere Umstände im Einzelfall eine Befreiung nach §§ 36, 37 WpÜG nach sich ziehen. Zunächst ist auf die Ausführungen unter Teil 5 B. I. 4. zu verweisen, wenn dem Zusammenschluss ein begünstigter Erwerb vorausgeht, aber erst die Zurechnung der Stimmrechte nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zur Kontrollerlangung führt. Besonderheiten können sich des Weiteren insbesondere in einem beherrschten Pool ergeben. Zudem stellt sich die Frage, ob gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG nur die gepoolten oder auch die ungepoolten Stimmrechte zugerechnet werden, wenn ein Poolmitglied nur einen Teil seiner Stimmrechte poolt. aa) Der beherrschte Pool Hält ein Poolmitglied die für die Beschlussfassung erforderliche Mehrheit der Stimmrechte am Pool, beherrscht es den Pool.17 Sind im Pool so viele Stimmrechte gebunden, dass die Beschlussfassung auf der Ebene der Hauptgesellschaft bestimmt werden kann, kann dieser Gesellschafter seinen Willen sogar bei den Abstimmungen in der Zielgesellschaft durchsetzen. Schließen sich Aktionäre einer börsennotierten AG erstmals zu einem beherrschten Mehrheitspool zusammen, ist ein Minderheitsgesellschafter gemäß § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG zur Abgabe eines Angebots verpflichtet, wenn die im Pool gebundenen Stimmrechte auch diesem wechselseitig zugerechnet werden und keine Befreiung nach §§ 36, 37 WpÜG greift. In der Literatur ist indes umstritten, ob in einem beherrschten Pool die im Pool gebundenen Stimmrechte nur einseitig dem Mehrheitsgesellschafter zugerechnet werden.18 Eine solche Zurechnung hätte zur Folge, dass der Minderheitsgesellschafter schon gar keine Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG erlangen würde. Der Meinungsstand mitsamt den vorgebrachten Argumenten wurde bereits von Braun, C. Roth, Gansmeier, Veil und Löhdefink19 nicht nur eingehend und umfassend aufbereitet, sondern auch kritisch hinterfragt. Eine vertiefte Darstellung sowie die Entwicklung eines eigenen Lösungsvorschlags würden daher an dieser Stelle keinen wissenschaftlichen Mehrwert bringen. Da diese Besonderheit für die

17 Siehe dazu das Beispiel bei Gansmeier, ZBB 2020, 225 (228); zu verschiedenen Motivationslagen eines Mehrheits-Poolgesellschafters C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 55 ff.; weiterführend zur Unterwanderung Ulmer, FS Hommelhoff, 2012, S. 2149 (1250 ff.). 18 Vereinzelt wird eine einseitige Zurechnung sogar nur in Richtung des Inhabers, der den größten Stimmrechtsanteil hält, befürwortet, so Krause, NJW 2002, 705 (713 f.), mit Hinweis auf City Code Rule 9.2.; vgl. ferner Poelzig, Kapitalmarktrecht, Rn. 721. 19 Braun, NZG 2008, 928 (229 ff.); C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 172 ff.; Gansmeier, ZBB 2020, 225 (228 ff.); Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 326 ff.; Veil, FS K. Schmidt, 2009, S. 1645 (1653 ff.).

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

197

Angebotspflicht der einzelnen Poolmitglieder allerdings relevant ist, kann auf eine Erörterung nicht gänzlich verzichtet werden. Deshalb wird anhand der bestehenden Ausführungen der Meinungsstand dargestellt und eine eigene Stellungnahme auf bereits entwickelte Argumente gestützt. Teilweise wird die Angebotspflicht des einflusslosen Poolmitglieds abgelehnt. C. Roth unterteilt die Begründungsansätze überzeugend in zwei Gruppen:20 Während die erste Gruppe21 an die Bietereigenschaft anknüpft und nur den Mehrheitsgesellschafter als Bieter qualifiziert, argumentiert die zweite Gruppe22 mit der Zurechnungswirkung und rechnet die im Pool gebundenen Stimmrechte nur dem Mehrheitsgesellschafter zu. Teilweise befürworten Vertreter der letztgenannten Gruppe für den Minderheitsgesellschafter eine teleologische Reduktion von § 30 Abs. 2 S. 1 WpÜG.23 Dagegen nimmt ein anderer Teil der Literatur24 sowie die BaFin25 richtigerweise stets die gegenseitige Zurechnung der Stimmrechte an. Für den Minderheits-

20

C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 173 f.; siehe auch Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 326 f. 21 von Bülow / Bücker, ZGR 2004, 669 (708); siehe die Nachweise bei C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, Fn. 611, sowie Braun, NZG 2008, 928 Fn. 11. 22 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 193, 203; Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Beurskens, WpÜG § 30 Rn. 138; Kocher / Mattig, BB 2018, 1667 (1670); Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 290 ff.; S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S.  338 f.; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 30 WpÜG Rn. 41; siehe weitere Nachweise bei C.  Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, Fn. 610, sowie Braun, NZG 2008, 928 Fn. 6–10. 23 Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 329 ff.; S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 338 f.; Veil, FS K. Schmidt, 2009, S. 1645 (1653 ff.); siehe die Nachweise bei C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, Fn. 613, sowie Braun, NZG 2008, 928 Fn. 12; ablehnend MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 66; Paschos / Fleischer /‌ Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 158, 166 ff.; Gansmeier, ZBB 2020, 225 (229 ff.); für eine teleologische Reduktion im Rahmen von § 34 Abs. 2 WpHG K. Schmidt / Lutter / Veil, AktG, Anh. § 22: § 34 WpHG Rn. 44. 24 Gansmeier, ZBB 2020, 225 (233); MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 30 Rn. 65 m. w. N.; siehe weitere Nachweise bei C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, Fn. 621, sowie Braun, NZG 2008, 928 Fn. 17. 25 BaFin, Befreiungsbescheid am 30. August 2021 veröffentlicht zugunsten Ströer-Familienstiftung (Zielgesellschaft: Ströer SE & Co. KGaA), S. 5 f., abrufbar unter https://www.bafin. de/SharedDocs/Downloads/DE/Befrei‌ungsentscheidung/Stroeer_Familienstiftung.docx?__ blob=publicationFile&‌v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 10. November 2021 veröffentlicht zugunsten Alexander Nemetschek (Zielgesellschaft: Nemetschek SE), S. 5, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befrei‌ungsentscheidung/nemetschek_se_ alexander_nemetschek.pdf?__blob=pub‌ l icationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 18. Juli 2022 veröffentlicht zugunsten Ralf Nemetschek (Zielgesellschaft: Nemetschek SE), S. 7, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befrei‌ungsentscheidung/ nemetschek_se_dr_ralf_nemetschek_2022.pdf?__blob=‌publicationFile&v=1; zur Parallelvorschrift § 34 WpHG BaFin, Emittentenleitfaden, Modul B, Stand: 30. 10. 2018, S. 28 f.

198

Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

gesellschafter eines beherrschten Pools kann laut der BaFin26 und Stimmen in der Literatur27 allerdings der Befreiungsgrund nach § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG greifen. Vereinzelt wird auf die Befreiungsmöglichkeit gemäß § 37 WpÜG28, § 37 WpÜG i. V. m. § 9 WpÜG-AngVO29 bzw. § 37 Abs. 1 WpÜG30 hingewiesen. Hinsichtlich der angeführten Argumente für die gegenseitige Zurechnung in jedem Fall ist auf die umfassende Darstellung von Braun zu verweisen.31 Im Besonderen überzeugt, dass der Gesetzeswortlaut („in voller Höhe“) keinen Anhalts-

26 BaFin, Befreiungsbescheid am 5. September 2012 veröffentlicht zugunsten Bodo Sohnemann, Matthias Sohnemann (Zielgesellschaft: KWS SAAT AG), abrufbar unter https:// www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Be‌f reiungsentscheidung/kws_saat.pdf?__blob= publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 12. November 2012 veröffentlicht zugunsten Matthias Döpfner (Zielgesellschaft: Axel Springer Aktiengesellschaft), abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungs‌entscheidung/axel_springer.pdf? __blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 22. Februar 2013 veröffentlicht zugunsten der BAUER Stiftung (Zielgesellschaft: BAUER Aktiengesellschaft), abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/‌bauer_stiftung.pdf? __blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 14. Juni 2019 veröffentlicht zugunsten Alois Fridolin Sauter (Zielgesellschaft: VERBIO Vereinigte BioEnergie AG), abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/‌verbio_ alois_fridolin_sauter.pdf?__blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 18. Juli 2022 veröffentlicht zugunsten Ralf Nemetschek (Zielgesellschaft: Nemetschek SE), S. 7 f., abrufbar unter https://‌www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/ nemetschek_se_dr_ralf_nemetschek_2022.pdf?__blob=publicationFile&v=1; BaFin, Jahresbericht 2005, S. 176 f. Schließen sich zwei, jeweils hälftig beteiligte Gesellschafter zusammen, so dass keiner der beiden Gesellschafter die Möglichkeit hat, die Kontrolle tatsächlich auszuüben, kann laut der BaFin § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG ebenfalls einschlägig sein, BaFin, Befreiungsbescheid am 6. November 2019 veröffentlicht zugunsten Robus SCSp SICAV-FIAR u. a. (Zielgesellschaft: Gerry Weber International AG), abrufbar unter https://www.bafin.de/ SharedDocs/Downloads/DE/Be‌f reiungsentscheidung/gerry_weber_international_ag_robus. pdf?__blob=‌publicationFile&v=1. Im Rahmen der Interessenabwägung war in diesem von der BaFin zu entscheidenen Fall von Bedeutung, dass keine außenstehenden Aktionäre vorhanden waren, deren Schutz ein Pflichtangebot dienen könnte. 27 Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 37 Rn. 54; Braun, NZG 2008, 928 (932); ­Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (711); vgl. auch Cahn, in: Mülbert / K iem / Wittig (Hrsg.), 10  Jahre WpÜG, S. 77 (84); dagegen Gansmeier, ZBB 2020, 225 (233); S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 340. 28 Hannes / Peters, Formularbuch Unternehmens- und Vermögensnachfolge, C. 2 Rn. 11; MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 30 Rn. 65. 29 MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 35 Rn. 68. 30 Strunk / Salomon / Holst, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 1 (32). 31 Braun, NZG 2008, 928 (930 ff.), der diese auch befürwortet. Ferner schlägt Braun, NZG 2008, 928 (932), vor, eine Sonderregel zu konstatieren, die die Herausnahme Einzelner aus der Angebotspflicht auf Antrag durch eine gebundene Entscheidung der BaFin zur Folge hat. Siehe auch die ausführliche Auseinandersetzung mit Argumenten sowohl für die wechselseitige als auch für die einseitige Zurechnung von C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 175 ff., die selbst die einseitige Zurechnung mittels einer teleologischen Reduktion von § 30 Abs. 2 S. 1 WpÜG befürwortet.

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

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punkt für eine einseitige Zurechnung bietet.32 Ferner erfolgt die Ermittlung der Kontrollerlangung rein formal33, sodass materielle Aspekte erst in einem zweiten Schritt – nämlich durch die Möglichkeit einer Befreiung nach §§ 36, 37 WpÜG – Berücksichtigung finden.34 Als Befreiungsgrund kommt das Fehlen der tatsächlichen Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG in Betracht. Auf diese Weise sollen die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse angemessen berücksichtigt werden.35 Entscheidend ist, dass trotz Erreichen bzw. Überschreiten der Kontrollschwelle keine Möglichkeit besteht, die Geschäftsund Unternehmenspolitik der Zielgesellschaft allein zu bestimmen36 und mithin keine relevante Änderung auf Investitionsentscheidung zu erwarten ist37. Dabei wird allein auf die Einflussmöglichkeiten aufgrund der Beteiligungsverhältnisse abgestellt und insofern die formelle Betrachtungsweise konsequent fortgeführt, nach der auch die Kontrollschwelle bestimmt wird.38 Für die Verwirklichung des Befreiungstatbestands ist somit unerheblich, ob das beherrschte Poolmitglied auf andere Weise Einfluss auf die Meinungsbildung oder Entscheidungsfindung des dominierenden Poolmitglieds hat.39 Das Einflusspotential eines Poolmitglieds ist von der BaFin zu beurteilen40 und kann bei der Ermessensausübung im Rahmen der Interessenabwägung Berücksichtigung finden. bb) Teilpooling Hält ein Gesellschafter mehrere Aktien, kann er von diesen entweder alle oder nur einen Teil der Stimmbindung unterwerfen.41 Bei der Berechnung der Beteiligungshöhe des Bieters sind sowohl die Stimmrechte aus den Aktien, die er selbst

32 Zur Parallelvorschrift § 34 WpHG BaFin, Emittentenleidfaden, Modul B, Stand: 30. 10. 2018, S. 29. 33 Siehe zum Kontrollbegriff gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG bereits oben Teil 4 C. 34 Braun, NZG 2008, 928 (930 f.); MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 30 Rn. 65. 35 MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 53. 36 BaFin, Befreiungsbescheid am 6. November 2019 veröffentlicht zugunsten Robus SCSp SICAV-FIAR u. a. (Zielgesellschaft: Gerry Weber International AG), S. 8, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Down‌loads/DE/Befreiungsentscheidung/gerry_weber_ international_ag_robus.pdf?__blob=publicationFile&v=1; vgl. auch FK-WpÜG / Hommelhoff /  Witt, § 37 Rn. 46. 37 Braun, NZG 2008, 928 (932), mit weiteren Ausführungen betreffend die Entscheidung über die Befreiung. 38 Vgl. Bernau, WM 2004, 809 (816). 39 A.  A. Gansmeier, ZBB 2020, 225 (233 f.), der dem Minderheitsgesellschafter diesen Einfluss stets zuschreibt und in der Folge die Befreiungsmöglichkeit nach § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG ablehnt. Eine Befreiung sei somit ausschließlich gemäß § 37 Abs. 1 Var. 3 WpÜG bei Auflösung der Abstimmungsvereinbarung möglich. 40 Vgl. Weiß, Zurechnungstatbestand, 2007, S. 142 f. 41 KölnerKomm AktG / Tröger, § 136 Rn. 107; Krieger, FS Hommelhoff, 2012, S. 593 (593 f.); vgl. Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 72 f.

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hält, als auch die ihm gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zugerechneten Stimmrechte eines Dritten aus Aktien der Zielgesellschaft zu berücksichtigen. Es ist umstritten, ob den anderen Poolmitgliedern neben den gepoolten auch die ungepoolten Stimmrechte eines Poolmitglieds nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zugerechnet werden.42 Die praktische Relevanz des Teilpoolings zeigt sich etwa in veröffentlichten Befreiungsentscheidungen durch die BaFin, in denen Aktionäre nur einen Teil ihrer Aktien poolten.43 (1) Meinungsstand (a) Keine Zurechnung ungepoolter Anteile Die BaFin44, das OLG Düsseldorf45 und Stimmen in der Literatur46 verneinen eine Zurechnung für Stimmrechte, die nicht ausdrücklich dem Stimmbindungsvertrag unterworfen sind. Es bestehe kein Automatismus, wonach auch die nicht im Pool gebundenen Stimmrechte stets zuzurechnen seien.47 Bereits aus dem Wortlaut in § 30 Abs. 2 WpÜG ergebe sich, dass nur gepoolte Stimmrechte zugerechnet würden, da sich die Verhaltensabstimmung nur auf einen Teil der Stimmrechte beziehe.48 Des Weiteren erfordere eine Vereinbarung eine bewusste Koordination; eine Vermutung für ein abgestimmtes Verhalten gebe es nicht.49 Die Annahme, voraussichtlich in der Lage zu sein, auch über die nicht im Pool einbezogenen Stimmrechte zu verfügen, reiche aufgrund der einschneidenden Rechtsfolgen nicht 42

Siehe dazu auch die Ausführungen von Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (45 f.). BaFin, Befreiungsbescheid am 12. November 2012 veröffentlicht zugunsten Matthias Döpfner (Zielgesellschaft: Axel Springer Aktiengesellschaft), S. 2, abrufbar unter https:// www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Be‌f reiungsentscheidung/axel_springer.pdf?__ blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 20. November 2019 veröffentlicht zugunsten der Lectura Stiftung, Hella Stiftung GmbH (Zielgesellschaft: Hella GmbH & Co. KGaA), S. 4, abrufbar unter https://www.bafin.de/Shared‌Docs/Downloads/DE/ Befreiungsentscheidung/hella_gmbH_co_kgaa.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 44 Zur Parallelvorschrift § 34 Abs. 2 WpHG BaFin, Emittentenleidfaden, Modul B, Stand: 30. 10. 2018, S. 29; bereits zu § 22 Abs. 2 WpHG a. F. BaFin, Emittentenleitfaden, Stand 28. April 2009, S. 147. 45 Zu § 22 Abs. 2 WpHG a. F. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. 6. 2013 – I-6 U 148/12, juris Rn. 132. 46 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 194, 203; Baums / T homa / Verse / Diekmann, WpÜG § 30 Rn.  79; Beurskens / Ehricke / Ekkenga /  Beurskens, WpÜG § 30 Rn. 143; Brellochs, ZIP 2011, 2225 (2231); Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (45 f.); KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 274, 285; S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 342; zu § 22 Abs. 2 WpHG a. F. Fuchs / Zimmermann, WpHG § 22 Rn. 105; Merkner / Sustmann, NZG 2013, 1361 (1366). 47 Zu § 22 Abs. 2 WpHG a. F. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. 6. 2013 – I-6 U 148/12, juris Rn. 132. 48 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 194. 49 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Favoccia, WpÜG § 30 Rn. 194. 43

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aus, um nach dem Sinn und Zweck der Zurechnungsregeln von diesen erfasst zu werden. Vielmehr sollten diejenigen Bieter sein, die rechtlich oder tatsächlich in der Lage sind, 30 Prozent der Stimmrechte auszuüben oder deren Ausübung zu beeinflussen bzw. zu kontrollieren.50 Da ungepoolte Stimmrechte nicht die Möglichkeit eröffneten, auf das Abstimmungsverhalten einzuwirken, wird teilweise sogar eine teleologische Reduktion befürwortet.51 Zudem bestünde die Gefahr, ungewollt die Kontrollschwelle zu überschreiten, wenn ungepoolte Anteile zugerechnet würden und ein anderes Poolmitglied weitere Stimmrechte erwerben und sie nicht der Poolbindung unterwerfen würde.52 (b) Zurechnung der ungepoolten Anteile Einem Teil der Stimmen in der Literatur zufolge werden hingegen auch die ungepoolten Stimmrechte der anderen Poolmitglieder zugerechnet.53 Zunächst sei der Wortlaut („in voller Höhe“) dahingehend klar.54 Auch sei die Vermutung, dass das Stimmrecht aus den nicht gepoolten Stimmrechten ebenfalls einheitlich ausgeübt wird, Bestandteil des Tatbestands.55 Jedenfalls in Bezug auf Aktionäre, die ihre Aktien im eigenen Interesse halten, wird verneint, dass – abgesehen von der Ausnutzung einer Umgehungsmöglichkeit – Gründe existieren könnten, nur einen Teil der Stimmrechte zu poolen. Allenfalls käme dies für Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Betracht.56 Letztlich seien die Stimmrechte der anderen Poolmitglieder ohne Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall zuzurechnen, um eine eindeutige Ermittlung des Kontrollerwerb sicherzustellen.57 (2) Stellungnahme Hasselbach / Alles stellen überzeugend heraus, dass die Formulierung, Stimmrechte seien „in voller Höhe“ zuzurechnen, keine Zurechnung der ungepoolten Stimmrechte eines Poolmitglieds konstatiert, sondern klarstellt, dass keine quo 50

Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (45 f.). Brellochs, ZIP 2011, 2225 (2231); S. Schneider, Der Stimmbindungsvertrag, 2017, S. 342. 52 Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (46), mit Verweis auf diese Überlegung von Merkner /  Sustmann, NZG 2009, 813 (818), zu § 22 Abs. 2 WpHG a. F. 53 Braun, NZG 2008, 928 (930); von Bülow / Bücker, ZGR 2004, 669 (701); Gaede, Koordiniertes Aktionärsverhalten, 2008, S. 263; MükoAktG /‌ Wackerbath, WpÜG § 30 Rn. 67, jedenfalls für den Regelfall; Paschos / F leischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 307; Weiß, Zurechnungstatbestand, 2007, S. 141 f.; zu § 34 WpHG BeckOGK AktG / Petersen, § 22 Rn. 97. 54 Paschos / Fleischer / Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 307; vgl. auch Brellochs, ZIP 2011, 2225 (2231); zu § 34 WpHG BeckOGK AktG / Petersen, § 22 Rn. 97. 55 Weiß, Zurechnungstatbestand, 2007, S. 142. 56 MükoAktG / Wackerbath, WpÜG § 30 Rn. 67. 57 Braun, NZG 2008, 928 (930). 51

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tale Zurechnung erfolgt.58 Einem mit 15 Prozent am Pool beteiligten Poolmitglied werden somit die vollen 20 Prozent der gepoolten Stimmrechte eines anderen Poolmitglieds zugerechnet, nicht nur 15 Prozent von 20 Prozent. Vermittels der Zurechnungstatbestände nach § 30 WpÜG sollen Sachverhalte erfasst werden, die materiell die Ausübung von Einfluss ermöglichen können.59 Für die Zurechnung ist also entscheidend, ob ein Poolmitglied seine gepoolten und nicht gepoolten Stimmrechte stets einheitlich ausübt.60 Denn in dem Fall könnte auf die Ausübung der ungepoolten Stimmrechte Einfluss genommen werden, sodass eine Zurechnung der ungepoolten Stimmrechte zu fordern wäre. Dabei wird nicht verkannt, dass das Erreichen der Kontrollschwelle formal bestimmt wird und materielle Gesichtspunkte erst im zweiten Schritt über die Befreiungsmöglichkeiten nach §§ 36, 37 WpÜG einfließen.61 Über die Zurechnungstatbestände werden aber gerade materielle Aspekte beleuchtet62, sodass bei der Frage, ob dieser Sachverhalt von einem Zurechnungstatbestand erfasst ist, untersucht werden muss, inwieweit einem Poolmitglied ungepoolte Stimmrechte eines anderen Poolmitglieds Einfluss vermitteln. Anders als bei der Frage, ob die Kontrollerlangung eines einflusslosen Poolmitglieds trotz des eindeutigen Wortlauts abzulehnen ist,63 bietet der Wortlaut in diesem Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht gepoolte Stimmrechte eines Poolmitglieds den anderen Poolmitgliedern zugerechnet werden. Während der Telos im Kontext des beherrschten Pools von einem Teil der Stimmen in der Literatur herangezogen wird, um die Kontrollerlangung nur des dominierenden Poolmitglieds zu begründen, wird im Zusammenhang mit dem Teilpooling ermittelt, ob gerade die Zurechnung der ungepoolten Stimmrechte erfolgen muss. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Poolmitglied die Stimmrechte aus seinen gepoolten und nicht gepoolten Anteilen stets einheitlich ausübt, ist von besonderer Bedeutung, warum ein Gesellschafter seine Stimmrechte nur zum Teil poolt. Das Poolmitglied kann bereits im Zeitpunkt des Zusammenschlusses seine Stimmrechte nur teilweise der Poolbindung unterwerfen oder weitere, ungepoolte Anteile erwerben. Wird durch die Koordination der Stimmrechte ein Auftreten als Einheit bezweckt, kann ein großes Interesse der übrigen Poolmitglieder daran bestehen, dass ein Poolmitglied seine ungepoolten Stimmrechte in gleicher Weise wie die gepoolten ausübt. Bündeln etwa Familienmitglieder nur einen Teil ihrer Stimm 58

Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (46), die sich Angerer / Geibel / Süßmann /‌ Süßmann, WpÜG § 30 Rn. 3, anschließen, dessen Ausführungen sich allerdings auf § 30 Abs. 1 S. 3 WpÜG beziehen. 59 Siehe bereits oben Teil 4 D. 60 Teilweise wird diskutiert, ob ein Poolmitglied aufgrund der Treupflicht gehalten ist, das Stimmrecht aus seinen ungebundenen Aktien entsprechend der Poolentscheidung auszuüben, siehe dazu Liefke, Verträge unter Aktionären, 2021, S. 246 ff. 61 Ausführlich zum Kontrollbegriff gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG bereits oben Teil 4 C. 62 Vgl. Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Beurskens, WpÜG § 30 Rn. 3, 94. 63 Ausführlich dazu bereits oben Teil  5 B. I. 1. a) aa).

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rechte an einer börsennotierten Familien-AG, kann für die Familie bedeutsam sein, dass sämtliche – also gepoolte sowie ungepoolte – Stimmrechte der Familie einheitlich ausgeübt werden, um nach außen ein geschlossenes Bild zu vermitteln. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass neben der Zurechnung aufgrund des Stimmbindungsvertrags (vgl. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) stets auch eine Zurechnung aufgrund einer Abstimmung in sonstiger Weise nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 2 WpÜG in Betracht kommt. In der Familien-AG sind dabei besonders die Beziehungen der Poolmitglieder zueinander zu würdigen, zum Beispiel die Autorität eines Poolmitglieds. Ob eine solche Abstimmung im konkreten Fall vorliegt, ist freilich anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und wird in dieser Arbeit nicht behandelt.64 Indes zeigen Hasselbach / Alles richtigerweise auf, dass Gesellschafter ein berechtigtes Interesse daran haben können, nur einen Teil ihrer Stimmrechte mit der Stimmrechtsbindung zu belasten. Durch die Ausübung der ungepoolten Stimmrechte sei insbesondere in Familienunternehmen eine eigenständige Positionierung möglich.65 Schließlich kann das Bündeln nur eines Teils der Aktien an einer börsennotierten AG auch eine Gestaltung sein, um erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Vorteile zu erlangen bei gleichzeitiger Vermeidung kapitalmarktrechtlicher Folgen. Werden in einem Pool, der die Voraussetzungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erfüllt, Beteiligungen gebunden, die mehr als 25 Prozent am Nennkapital einer börsennotierten AG ausmachen, ist die Möglichkeit einer Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG eröffnet.66 Werden zugleich weniger als 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft dem Stimmbindungsvertrag unterworfen, wird keine Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG erlangt. Sind also zum Beispiel Aktionär A, B und C je zu elf Prozent an der Zielgesellschaft beteiligt und unterwerfen sie jeweils nur neun Prozent der Poolbindung, befinden sich 27 Prozent der Aktien an der Zielgesellschaft im Pool, während jeder von ihnen weitere zwei Prozent ungepoolt hält. Demnach erreicht aufgrund der Zurechnung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG jeder Poolgesellschafter 27 Prozent und somit die nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG geforderte Mindestbeteiligungshöhe. Bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG bleiben ungepoolte Anteile nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht außen vor, wenn zwar der Pool die Mindestbeteiligungshöhe erreicht, der Erblasser bzw. Schenker hingegen nicht.67 Dagegen sind bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe des Bieters nach §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG 64 Näher dazu Weiß, Zurechnungstatbestand, 2007, S. 160 ff.; siehe auch Casper, ZIP 2003, 1469 (1475); allgemein zur 2.  Alternative Baums /‌ T homa / Verse / Diekmann, WpÜG § 30 Rn. 74 ff.; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 236 f., 256 ff.; Paschos / Fleischer /  Rothenfußer, Hdb. Übernahmerecht, § 11 Rn. 328 ff. 65 Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (46). 66 Siehe dazu ausführlich Teil 3. 67 Ausführlich dazu bereits oben Konstellation 3 unter Teil 3 D. IV. 2. c).

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sowohl die gepoolten als auch ungepoolten Stimmrechte aus den Aktien, die dieser selbst hält, zu berücksichtigen. Zwar kann der Bieter die Stimmrechte aus den Aktien, die er selbst hält, unterschiedlich ausüben. Aus diesem Grund werden bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nur dessen gepoolten Anteilen berücksichtigt.68 Der Bieter hat aber gleichermaßen die Möglichkeit, die Stimmrechte einheitlich auszuüben, weshalb er Kontrolle im Sinne von §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG ausüben kann, wenn dessen ungepoolte Stimmrechte sowie sämtliche im Pool gebundene Stimmrechte die Kontrollschwelle erreichen bzw. überschreiten. An dieser Stelle wird die Relevanz der Frage deutlich, ob die Zurechnung nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG nur im Hinblick auf die gepoolten Stimmrechte eines anderen Poolmitglieds erfolgt oder auch dessen ungepoolte Stimmrechte erfasst. Denn würden zu den eigenen Stimmrechten des Bieters nur die im Pool gebundenen Stimmrechte zugerechnet, hielte in dem Beispielsfall jeder Gesellschafter gemäß §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG insgesamt 29 Prozent. In der Folge wäre die Kontrollschwelle nicht erreicht. Auf diese Weise könnten erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Vorteile genutzt werden, ohne dass die Angebotspflicht drohte. Dagegen würden die Poolmitglieder bei Zurechnung auch der ungepoolten Stimmrechte die Kontrollschwelle erreichen bzw. überschreiten. Denn dann würden jedem Poolmitglied über § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG nicht nur die im Pool gebundenen Stimmrechte in Höhe von zweimal neun Prozent zugerechnet, sondern auch die ungepoolten Stimmrechte der beiden anderen Poolmitglieder in Höhe von jeweils zwei Prozent. Jeder Gesellschafter hielte sodann 33 Prozent der Stimmrechte und hätte somit Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt, vgl. §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG. Poolt ein Gesellschafter also nur einen Teil seiner Aktien, um erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Vorteile zu erlangen und dabei kapitalmarktrechtliche Folgen zu vermeiden, kann daraus ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht ableitet werden, wie ein Poolmitglied die Stimmrechte der ungepoolten Aktien ausübt. Deshalb ist eine eigene Positionierung eines Poolmitglieds durch unterschiedliche Ausübung der gepoolten und ungepoolten Stimmrechte denkbar. Bereits diese Ausführungen zeigen, dass nicht pauschal angenommen werden kann, dass ein Poolmitglied sowohl seine ungepoolten als auch seine gepoolten Stimmrechte stets einheitlich ausübt. Ein Poolmitglied hat keinen Einfluss darauf, wie sich das andere Poolmitglied in Bezug auf die Ausübung seiner ungepoolten Stimmrechte verhält.69 Die Zurechnung der ungepoolten Stimmrechte ist somit aufgrund fehlender Anhaltspunkte im Gesetz abzulehnen; um die Kontrollerlangung eindeutig zu ermitteln, gilt dies in jedem Fall.

68 69

Ausführlich dazu bereits oben Konstellation 2 unter Teil 3 D. IV. 2. b). So auch Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Beurskens, WpÜG § 30 Rn. 143.

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b) Poolkonstellation 1b: Alleinkontrolle eines zukünftigen Poolmitglieds Anders als in Poolkonstellation 1a hat in Poolkonstellation 1b ein zukünftiges Poolmitglied bereits vor dem Poolzusammenschluss mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft auf sich vereint (Alleinkontrolle). Dagegen erreichen bzw. überschreiten die anderen zukünftigen Poolmitglieder die Kontrollschwelle erstmals wegen des Poolzusammenschlusses aufgrund der wechselseitigen Zurechnung gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG. In dieser Poolkonstellation ist zwischen der Angebotspflicht desjenigen Poolmitglieds, das vor dem Zusammenschluss bereits Kontrolle hielt, und den übrigen Poolmitgliedern zu differenzieren. aa) Angebotspflicht des Poolmitglieds, das vor dem Poolzusammenschluss bereits Kontrolle gehalten hat Das Poolmitglied, das vor dem Zusammenschluss bereits Kontrolle gehalten hat, baut seine Kontrolle lediglich aus (Kontrollverstärkung70). Ein Ausbau der Kontrolle ist jedoch nicht als Kontrollerwerb oder Kontrollwechsel zu qualifizieren,71 weshalb dieses Poolmitglied kein neues Angebot abgeben muss72. bb) Angebotspflicht der übrigen Poolmitglieder Dagegen erlangen die übrigen Poolmitglieder nach einhelliger Meinung in der Literatur gemäß §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erstmals Kontrolle.73 Da ein Poolmitglied vor dem Zusammenschluss bereits Kontrolle gehalten hat, werden allerdings Befreiungsmöglichkeiten für die übrigen Poolmitglieder diskutiert. Behält der bisherige Kontrollinhaber im Wesentlichen seinen dominierenden Einfluss, zieht ein großer Teil der Stimmen in der Literatur die Befreiungsmöglichkeit aufgrund der Art der Kontrollerlangung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG in Betracht.74 Betont wird dabei die fehlende Schutzwürdigkeit außenstehender Aktionäre.75 70

Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 35 WpÜG Rn. 11. Braun, NZG 2008, 928 (930); vgl. auch C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 205 m. w. N. 72 Harbarth, ZIP 2002, 321 (324); Liebscher, ZIP 2002, 1005 (1015); Schwark / Zimmer /  Noack / Z etzsche, KMRK, § 35 WpÜG Rn. 11; vgl. auch Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle, 2007, S. 394 f. 73 Statt vieler C. Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 205 m. w. N. 74 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 33; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn.  19; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 90; C.  Roth, Der majorisierte Stimmbindungspool, 2019, S. 205 f.; vgl. KölnerKomm WpÜG /  Hasselbach, § 37 Rn. 55; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 28. 75 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 33; Paschos /‌ Fleischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 90; vgl. MüKoAktG /‌ Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 28. 71

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Richtigerweise findet der Umstand, dass das den Pool beherrschende Poolmitglied bereits vor dem Zusammenschluss Kontrolle gehalten hat, bei der Angebotspflicht der beherrschten Poolmitglieder Berücksichtigung. Dagegen überzeugt nicht, dass in diesem Fall auf die Art der Kontrollerlangung gemäß § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG abgestellt werden soll. § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG greift insbesondere dann, wenn der Bieter für den Kontrollerwerb nicht verantwortlich ist oder den Aktionären der Zielgesellschaft die Schutzbedürftigkeit fehlt.76 Gegen die Befreiungsmöglichkeit aufgrund der Art der Kontrollerlangung ist zunächst einzuwenden, dass der Zusammenschluss bewusst erfolgt ist. Die Kontrollerlangung durch bewusstes Pooling stellt nämlich keinen besonderen Vorgang der Kontrollerlangung dar, selbst dann nicht, wenn einer der Poolmitglieder bereits vor dem Zusammenschluss Kontrolle gehalten hat.77 Ein solcher Zusammenschluss führt gerade dazu, dass der Zurechnungstatbestand gemäß § 30 Abs. 2 WpÜG erfüllt wird und bei Erreichen bzw. Überschreiten der Kontrollschwelle Kontrolle erlangt wird. Im Umkehrschluss kann dies nicht als besonderer Vorgang der Kontrollerlangung qualifiziert werden. Überdies ist der Befreiungsgrund nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG auch nicht wegen fehlender Schutzwürdigkeit der übrigen Aktionäre einschlägig. Die Schutzbedürftigkeit der übrigen Aktionäre wird bei einer Befreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG zuvörderst bei der Ermessensausübung im Rahmen der Interessensabwägung berücksichtigt. Dass ihr Fehlen eine Befreiung aufgrund der Art der Kontrollerlangung nach sich ziehen kann, ist zwar anerkannt. Gleichwohl sollte bei fehlender Schutzbedürftigkeit der übrigen Aktionäre nur subsidiär auf § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG zurückgegriffen werden, also dann, wenn in dem konkreten Fall kein anderer Nichtberücksichtigungs- oder Befreiungsgrund einschlägig ist. Schließen sich mehrere Gesellschafter so zusammen, dass das Poolmitglied, das ursprünglich Kontrolle gehalten hat, den Pool beherrscht, greift indes der Befreiungsgrund des Fehlens der tatsächlichen Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG. Insofern ist auf die obigen Ausführungen zum beherrschten Pool unter Teil 5 B. I. 1. a) aa) zu verweisen.78 Dass das beherrschende Poolmitglied bereits vor dem Poolzusammenschluss Kontrolle hielt, ist somit zunächst unerheblich. Im Besonderen ist nicht ersichtlich, warum ein Minderheitsgesellschafter nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG befreit werden soll, wenn er sich mit einem Gesellschafter zusammengeschlossen hat, der bereits vor dem Zusammenschluss Alleinkontrolle erlangt hatte, während die Befreiung eines Minderheitsgesellschafters, der einem beherrschten Pool beigetreten ist, auf 76

Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 25 ff.; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 12; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 23 f.; siehe auch Beurskens / Ehricke / Ekkenga /‌ Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 37 Rn. 20. 77 KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 37 Rn. 82. 78 Siehe BaFin, Befreiungsbescheid am 11. September 2012 veröffentlicht zugunsten SAK Invest GmbH u. a. (Zielgesellschaft: BHE Beteiligungs-Aktiengesellschaft), S. 13 ff., abrufbar unter https://www.bafin.de/Shared‌Docs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/sak_invest_ ua.pdf?__blob=publicationFile&v=1.

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den Befreiungsgrund gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG gestützt wird79. In beiden Fällen kommt die Befreiung deshalb in Betracht, weil ein Poolmitglied Minderheitsgesellschafter in einem beherrschten Pool ist. Folglich ist in beiden Fällen auf den Befreiungsgrund nach § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG abzustellen und die fehlende Schutzbedürftigkeit der übrigen Aktionäre für die Ermessensausübung bedeutsam. Auch die BaFin80 berücksichtigt erst bei der Ausübung ihres Ermessens, dass das beherrschende Poolmitglied bereits vor dem Poolzusammenschluss Alleinkontrolle erlangt hat. Entscheidend ist demnach, ob sich die ursprüngliche Kontrollsituation geändert hat. Überdies sind nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht nur die gepoolten Stimmrechte nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zuzurechnen, wenn ein Aktionär nur einen Teil seiner Stimmrechte poolt.81 Geht dem Zusammenschluss ein begünstigter Erwerb voraus, führt aber erst die Zurechnung der Stimmrechte nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zur Kontrollerlangung. Dann stellt sich zusätzlich die Frage, ob wegen der Begünstigung des Erwerbs eine Befreiung von der Angebotspflicht in Betracht kommt.82 2. Poolbeitritt In Poolkonstellation 2 tritt ein Gesellschafter einem bereits bestehenden Pool bei und unterwirft seine bisher noch ungepoolten Stimmrechte der Poolbindung. Die im Pool gebundenen Stimmrechte machen nach dem Beitritt mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft aus. Unterschieden wird zwischen Poolkonstellation 2a, in der vor dem Beitritt weniger als 30 Prozent der Stimmrechte mittels Poolvertrag gebunden gewesen sind, und Poolkonstellation 2b, in der ein Gesellschafter einem Mehrheitspool beitritt. Pool-­ konstellation

Ausgangssituation

Veränderung

Ergebnis

Minderheitspool Poolmitglieder: A, B

Poolbeitritt von Gesellschafter C, der weitere Stimmrechte den Poolbindungen unterwirft

Mehrheitspool Poolmitglieder: A, B, C

Mehrheitspool Poolmitglieder: A, B

Poolbeitritt von Gesellschafter C

Mehrheitspool Poolmitglieder: A, B, C

2a

2b

Abbildung 3: Poolkonstellationen 2a und 2b 79

Siehe Teil  5 B. I. 2. b) bb); vgl. auch bereits oben Teil  5 B. I. 1. a) aa). Fn. 78 auf Seite 206. 81 Vgl. oben Teil  5 B. I. 1. a) bb). 82 Ausführlich dazu unter Teil 5 B. I. 4. 80

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

Für Familienunternehmen ist Poolkonstellation 2 im Besonderen deshalb relevant, weil die Familie zur Sicherung ihres Einflusses typischerweise ein großes Interesse daran hat, dass Familienmitglieder, die in das Familienunternehmen eintreten, auch dem Pool beitreten. Überdies kann in erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich motivierten Pools die Aufrechterhaltung der Poolbindung der übertragenen Anteile erforderlich sein, um nicht gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG zu verstoßen.83 a) Poolkonstellation 2a: Poolbeitritt führt zum Mehrheitspool Erlangen die Poolmitglieder gemäß §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erstmals Kontrolle, weil der Pool nach dem Beitritt eines weiteren Poolmitglieds ein Mehrheitspool ist, sind grundsätzlich alle Poolmitglieder Bieter.84 Die Kontrollerlangung eines Poolmitglieds durch den Beitritt zu einem bereits bestehenden Pool ist als solche ebenso wenig privilegiert wie die, die mit dem Beitretenlassen eines neuen Poolmitglieds korreliert. Ist der Bieter Minderheitsgesellschafter in einem beherrschten Pool, gelten freilich die bereits behandelten Besonderheiten.85 Zudem kann das beitretende Poolmitglied die Zielgesellschaft vor dem Poolbeitritt allein kontrolliert haben. Dominiert dieser Gesellschafter nach seinem Beitritt den Pool, kann dieser Umstand bei der Befreiungsentscheidung der übrigen Poolmitglieder im Rahmen der Ermessensausübung Berücksichtigung finden.86 Das beitretende Poolmitglied dagegen baut seine Kontrolle lediglich aus, weshalb er kein neues Angebot abgeben muss.87 Darüber hinaus sind Besonderheiten zu berücksichtigen, wenn ein Poolmitglied nur einen Teil seiner Anteile gepoolt hat.88 Wird mit der vorzugswürdigen Meinung angenommen, dass eine Zurechnung ungepoolter Stimmrechte gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG stets ausscheidet, kann ein Poolmitglied, das nur einen Teil seiner Stimmrechte poolt, die Kontrollschwelle bereits vor dem Poolbeitritt erreicht bzw. überschritten haben. Dieses Poolmitglied ist im Falle der Erhöhung der im Pool gebundenen Stimmrechte nicht verpflichtet, ein Pflichtangebot abzugeben, da es lediglich seine bereits erlangte Kontrolle ausbaut. Werden hingegen ungepoolte Stimmrechte der Poolmitglieder zugerechnet, erlangen alle Poolmitglieder vor dem Poolbeitritt Kontrolle, sobald die Summe der gepoolten und nicht gepoolten Stimmrechte der Poolmitglieder mindestens 30 Prozent ergibt.

83

Ausführlich dazu bereits oben Teil 3 E. I. Braun, NZG 2008, 928 (931). 85 Siehe oben Teil  5 B. I. 1. a) aa). 86 Vgl. dazu bereits oben Teil  5 B. I. 1. b) bb). 87 Vgl. dazu bereits oben Teil  5 B. I. 1. b) aa). 88 Siehe dazu bereits oben Teil  5 B. I. 1. a) bb). 84

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

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Wird durch einen Poolbeitritt aufgrund der Zurechnung der Stimmrechte nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG Kontrolle erlangt, nachdem Stimmrechte begünstigt erworben worden sind, stellt sich zudem die Frage, ob wegen der Begünstigung des Erwerbs eine Befreiung von der Angebotspflicht möglich ist.89 b) Poolkonstellation 2b: Poolbeitritt in einen Mehrheitspool Poolkonstellation 2b unterscheidet sich von Poolkonstellation 2a dahingehend, dass schon vor dem Pooleintritt eines Gesellschafters mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft mittels Stimmbindungsvertrags gebunden gewesen sind. Ob sich die Anzahl der im Pool gebundenen Stimmrechte durch den Poolbeitritt erhöht, ist unerheblich. Somit erfasst diese Konstellation auch den Poolmitgliedswechsel, bei dem das neue Mitglied die Stimmrechte eines ausscheidenden Mitglieds erwirbt und dem Pool beitritt. Betreffend die Angebotspflicht ist zwischen der Verpflichtung der Gesellschafter, die bereits dem Pool angehören, und der des beitretenden Poolmitglieds zu differenzieren. aa) Angebotspflicht der dem Pool bereits angehörenden Poolmitglieder Die dem Pool schon vor dem Beitritt des neuen Poolmitglieds angehörenden Poolmitglieder haben die Kontrollschwelle aufgrund der wechselseitigen Zurechnung gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG vor dem Poolbeitritt erreicht bzw. überschritten. Deshalb müssen die Poolmitglieder, die dem Pool bereits angehört haben, kein neues Angebot abgeben. Geht mit dem Beitritt eines neuen Poolmitglieds eine Erhöhung der im Pool gebundenen Stimmrechte einher, bauen die dem Pool bereits angehörenden Gesellschafter ihre Kontrolle nämlich lediglich aus.90 Ferner wird aus der Sicht der übrigen Poolmitglieder bei einem Poolmitgliedswechsel bloß der Dritte ausgetauscht, dessen Stimmrechte gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zugerechnet werden. Diese Veränderung der personellen Zusammensetzung des Pools ist im Hinblick auf die Angebotspflicht der übrigen Poolmitglieder jedoch unerheblich.

89 90

Ausführlich dazu Teil  5 B. I. 4. Braun, NZG 2008, 928 (931); vgl. auch oben Teil 5 B. I. 1. b) aa).

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

bb) Angebotspflicht des beitretenden Poolmitglieds Dagegen erlangt das beitretende Poolmitglied erstmals Kontrolle,91 wenn es die Kontrollschwelle nicht zuvor bereits erreicht bzw. überschritten hat. Daher stellt sich die Frage, ob ein Befreiungsgrund nach § 36 WpÜG oder § 37 WpÜG greift und somit eine Befreiung des neuen Poolmitglieds von der Angebotspflicht möglich ist. Haben sich Familienmitglieder in einem Familienunternehmen zu einem Pool zusammengeschlossen und tritt ein neues Mitglied in diesen Pool ein, kann die Angebotspflicht des beitretenden Poolmitglieds entfallen, weil dem Poolbeitritt ein begünstigter Erwerb der Stimmrechte vorausgeht. Insofern ist auf die Ausführungen unter Teil 5 B. I. 4. zu verweisen. Des Weiteren kommt eine Befreiung insbesondere dann in Betracht, wenn die Kontrollerlangung mit dem Beitritt in einen beherrschten Mehrheitspool einhergeht oder im Zusammenhang mit der Nachfolgegestaltung steht. (1) Betritt in einen beherrschten Mehrheitspool Bleibt die dominierende Stellung eines anderen Poolmitglieds nach dem Poolbeitritt erhalten, wird von einem Teil der Stimmen in der Literatur für das beitretende Poolmitglied eine Befreiung aufgrund der Art der Kontrollerlangung gemäß § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG in Betracht gezogen.92 Zwar kann der Umstand, dass ein anderes Mitglied im Pool eine dominierende Stellung hat, dazu führen, dass die beherrschten Poolmitglieder von der Angebotspflicht befreit werden, jedoch nicht wegen der Art der Kontrollerlangung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG93. Erstens stellt der Poolbeitritt keinen besonderen Vorgang der Kontrollerlangung dar. Vielmehr führt der Poolbeitritt gerade dazu, dass der Zurechnungstatbestand gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG greift und das neue Poolmitglied bei Erreichen bzw. Überschreiten der Kontrollschwelle Kontrolle erlangt. Zweitens ist wegen fehlenden Schutzbedürfnisses der übrigen Aktionäre nicht auf die Art der Kontrollerlangung abzustellen, wenn ein anderer Nichtberücksichtigungs- oder Befreiungsgrund greift. Wird in einen beherrschten Pool eingetreten und bleibt diese dominierende Stellung eines anderen Poolmitglieds nach dem Bei 91

Baums / T homa / Verse / Baums / Hecker / Verse, WpÜG § 35 Rn. 79;  Steinmeyer / Santelmann, WpÜG § 35 Rn. 62; Thaeter / Brandi /‌ T haeter, Öffentliche Übernahmen, Teil 2 Rn. 586; vgl. auch Lenz / Linke, AG 2002, 361 (368); Liebscher, ZIP 2002, 1005 (1016). 92 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 34; Paschos / Fleischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 90. 93 Vgl. dazu die obigen Ausführungen zur Angebotspflicht der Poolmitglieder, die sich erstmals zusammengeschlossen haben und von einem anderen Poolmitglied beherrscht werden, das bereits vor dem Zusammenschluss Alleinkontrolle gehalten hat, unter Teil 5 B. I. 1. b) bb).

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

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tritt bestehen, kommt richtigerweise der Befreiungsgrund des Fehlens der tatsächlichen Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG in Betracht. Daher findet (erst) im Rahmen der Abwägungen der Interessen der übrigen Aktionäre mit den Interessen des Antragstellers Berücksichtigung, dass die Kontrollschwelle vermittels der im Pool gebundenen Stimmrechte bereits vor dem Poolbeitritt erreicht bzw. überschritten worden ist.94 (2) Poolbeitritt steht im Zusammenhang mit Nachfolgegestaltung In der Literatur wird überdies eine Befreiung im Zusammenhang mit Nachfolgegestaltungen in Familienunternehmen diskutiert. Das Gesetz sieht keinen Befreiungsgrund vor, der Nachfolgegestaltungen in Familienunternehmen stets privilegiert. Hasselbach / Alles zufolge kommt aber eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG dann in Betracht, wenn in einem Familienunternehmen ein kontrollierendes Aktienpaket in einer Familie bleibt bzw. in deren wirtschaftlichem Interesse gehalten wird. Wird nämlich ein Familienunternehmen in die nächste Generation geleitet, werde die Nachfolge typischerweise von Personen angetreten, die bereits im Unternehmen tätig bzw. in Entscheidungsprozesse eingebunden gewesen sind und den Charakter des Familienunternehmens aufrechterhalten wollen. Demnach soll von der Angebotspflicht befreit werden können, wenn zwar kein Regelbeispiel des § 9 WpÜG-AngVO greift, aber der Schutz der übrigen Aktionäre deshalb nicht notwendig ist, weil keine wesentliche Veränderung der bisher schon bestehenden Einflussnahme der Familie auf das Unternehmen zu erwarten ist.95 Laut Hippeli ist das beitretende Poolmitglied gemäß § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG von der Angebotspflicht zu befreien, wenn kein Kontrollwechsel i. e. S. vorliegt und die übrigen Aktionäre mithin nicht schutzwürdig sind. Ein solcher Wechsel liege dann vor, wenn eine Kontrollposition lediglich innerhalb der Familie weitergereicht oder auf einzelne Familienmitglieder ausgedehnt wird.96 So nahm die BaFin in einer Befreiungs 94

Siehe BaFin, Befreiungsbescheid am 12. November 2012 veröffentlicht zugunsten Matthias Döpfner (Zielgesellschaft: Axel Springer Aktiengesellschaft), S. 4 f., abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Down‌loads/DE/Befreiungsentscheidung/axel_springer.pdf? __blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 14. Juni 2019 veröffentlicht zugunsten Alois Fridolin Sauter (Zielgesellschaft: VERBIO Vereinigte BioEnergie AG), S. 4, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Down‌loads/DE/Befreiungsentscheidung/ verbio_alois_fridolin_sauter.pdf?__blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 21. Dezember 2021 veröffentlicht zugunsten Sachs Assets GmbH, Reiner Sachs (Zielgesellschaft: Intershop Communications AG), S. 5, abrufbar unter https://‌www.bafin.de/ SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/intershop_communications_ag.pdf?__ blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 18. Juli 2022 veröffentlicht zugunsten Ralf Nemetschek (Zielgesellschaft: Nemetschek AG), S. 8, abrufbar unter https://‌www. bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/nemetschek_se_dr_ralf_nemet schek_2022.pdf?__blob=publicationFile&v=1; siehe zur Angebotspflicht in einem beherrschten Pool auch die obigen Ausführungen unter Teil 5 B. I. 1. a) aa). 95 Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (42). 96 MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 63.

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

entscheidung betreffend einen Poolwechsel in einem nicht beherrschten Pool an, dass vermittels Poolbeitritt des Erwerbers beabsichtigt werde, den ursprünglichen Zustand der materiellen Kontrollsituation wiederherzustellen; deshalb sei keine strategische Neuausrichtung zu befürchten. Auch die Aktionärsstruktur der Zielgesellschaft habe sich aufgrund der Übertragung der Aktien und Stimmrechte nur unwesentlich geändert. Mangels Schutzwürdigkeit der übrigen Aktionäre wurde die Befreiung auf den Befreiungsgrund gemäß § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG gestützt.97 Soll die Befreiung mangels anderer einschlägiger Befreiungsgründe erteilt werden, weil die übrigen Aktionäre nicht schutzwürdig sind, kann auf die Art der Kontrollerlangung gemäß § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG abgestellt werden.98 Dafür ist für den jeweiligen Fall zu prüfen, ob sich durch den Beitritt ein Faktor verändert hat, der die Grundlage der ursprünglichen Investitionsentscheidung der übrigen Aktionäre betrifft, weshalb der Verkauf ihrer Anteile zu angemessenen Konditionen ermöglicht werden muss.99 Dabei kann von Bedeutung sein, dass Beziehungskonflikte, die gerade in Familienunternehmen auftreten können,100 durch die Einbeziehung eines neuen Familienmitglieds hervorgerufen bzw. verschärft werden können. Treten zum Beispiel Familienmitglieder der nächsten Generation dem Pool bei, können persönliche Befindlichkeiten in den Pool hereingetragen oder Lagerbildungen begünstigt werden oder Überzeugungen, Visionen und Werte verschiedener Generationen aufeinanderprallen.101 Ebenso kann es für die übrigen Aktionäre entscheidend sein, dass das Unternehmen – etwa infolge der Einbeziehung eines familienfremden Dritten – seinen Charakter als Familienunternehmen nicht verliert.102 Ist hingegen keine relevante Veränderung zu erwarten, kommt für das neue Poolmitglied eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG in Betracht. 3. Begünstigter Erwerb durch ein Poolmitglied In Poolkonstellation 3 erwirbt eines der Poolmitglieder weitere Stimmrechte, und zwar in der Weise, dass ein Nichtberücksichtigungs- bzw. Befreiungstatbestand nach §§ 36, 37 WpÜG greift. Dabei sind zwei Sachverhalte zu unterscheiden. In Poolkonstellation 3a sind vor dem begünstigten Erwerb durch das Poolmitglied weniger als 30 Prozent der Stimmrechte im Pool gebunden gewesen. Nach dem Erwerb erreicht jedenfalls der Erwerber aufgrund seiner eigenen und der ihm ge 97

BaFin, Befreiungsbescheid am 14. November 2019 veröffentlicht zugunsten Assicurazioni der Generali S.p.A., Generali CEE Holding B. V. (Zielgesellschaft: OVB Holding AG), S. 5 f., abrufbar unter https://www.bafin.‌de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/ ovb_holding_ag.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 98 Siehe auch Fn. 76 auf Seite 206. 99 Zur Zielsetzung des Pflichtangebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG siehe oben Teil  4 B. 100 Siehe dazu bereits oben Teil 3 C. III. 1. a). 101 Vgl. Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 333 m. w. N. 102 Vgl. dazu auch oben Teil  3 D. I. 2. b) aa) (2) (b).

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B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

mäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zugerechneten Stimmrechte erstmals die Kontrollschwelle. Dagegen handelte es sich in Poolkonstellation 3b bereits vor dem begünstigten Erwerb um einen Mehrheitspool. Pool-­ konstellation

Ausgangssituation

Veränderung

Ergebnis

Minderheitspool Poolmitglieder: A, B

Begünstigter Erwerb eines Poolmitglieds (A)

Die Stimmrechte, die A selbst hält, sowie die ihm nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zugerechneten Stimmrechte machen erstmals mindestens 30 Prozent aus

Mehrheitspool Poolmitglieder: A, B

Begünstigter Erwerb eines Poolmitglieds (A)

Mehrheitspool Poolmitglieder: A, B

3a

3b

Abbildung 4: Poolkonstellationen 3a und 3b

a) Poolkonstellation 3a: Vor begünstigtem Erwerb weniger als 30 Prozent der Stimmrechte gepoolt Sind vor dem begünstigten Erwerb durch ein Poolmitglied weniger als 30 Prozent der Stimmrechte im Pool gebunden und erreicht bzw. überschreitet (jedenfalls) der Erwerber nach dem Erwerb weiterer Stimmrechte erstmals die Kontrollschwelle, ist sowohl die Angebotspflicht des erwerbenden Poolmitglieds als auch die der übrigen Poolmitglieder zu beleuchten. aa) Angebotspflicht des Erwerbers Unabhängig davon, ob die erworbenen Stimmrechte gepoolt werden, erlangt der Erwerber erstmals Kontrolle im Sinne von §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG. Die Summe aus den Stimmrechten, die A selbst hält, und den ihm nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zugerechneten ergibt nämlich mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft. Haben die anderen Poolmitglieder nur einen Teil ihrer Stimmrechte gepoolt, sind auch nur die gepoolten Anteile zuzurechnen.103 Betreffend die Angebotspflicht des Erwerbers kann als Befreiungsgrund zunächst das Fehlen der tatsächlichen Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG in Betracht kommen, wenn die erworbenen Stimm 103

Siehe bereits oben Teil  5 B. I. 1. a) bb).

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

rechte gepoolt werden und der Pool von einem anderen Poolmitglied beherrscht wird.104 Zudem ist eine Befreiung von der Angebotspflicht möglich, wenn der Erwerb weiterer Stimmrechte, der zur Kontrollerlangung geführt hat, nach §§ 36, 37 WpÜG begünstigt ist. Familienunternehmen kommen mit dem Pflichtangebot im Besonderen im Zusammenhang mit Nachfolgekonstellationen in Berührung, weshalb im Folgenden der Nichtberücksichtigungsgrund nach § 36 Nr. 1 WpÜG und die Befreiungsgründe nach § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO vorgestellt werden.105 (1) § 36 Nr. 1 WpÜG § 36 Nr. 1 WpÜG ist Hippeli / Schmiady zufolge das in der Verwaltungspraxis vom Gesetzgeber wichtigste zur Verfügung gestellte Instrument zur Privilegierung eines Kontrollerwerbes, der im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge steht.106 Gemäß § 36 Nr. 1 WpÜG kann der Erwerber einen Antrag auf Nichtberücksichtigung der erworbenen Stimmrechte bei der Berechnung seines Stimmrechtsanteils stellen, wenn die Aktien durch Erbgang107, Erbauseinandersetzung oder unentgeltlicher Zuwendung108 unter Ehegatten, Lebenspartnern oder Verwandten in gerader Linie und bis zum dritten Grade109 oder durch Vermögensauseinandersetzung aus Anlass der Auflösung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft erlangt worden sind. 104

Siehe bereits oben Teil  5 B. I. 1. a) aa). Vgl. auch Fleischer / Maas, AG 2021, 893 Rn. 20 ff.; MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 56; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S. 304 f. 106 Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (707); zum Beispiel habe Stefan Quandt, der im Jahr 2015 nach dem Tod seiner Mutter Johanna Quandt 34, 2 Prozent der Stimmrechte an der BMW AG hielt, aufgrund des Erbanfalls einen Antrag auf Befreiung vom Pflichtangebot gestellt, siehe Handelsblatt vom 11. 8. 2015: „Quandt-Kinder erben BMW-Anteile gemeinsam“, https://‌www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/susanne-klatten-und-stefanquandt-quandt-kinder-erben-bmw-anteile-gemeinsam/12174022.html?ti‌cket=ST-3676508-lyz Zj7X5hGq4JMBGs2r2-cas01.example.org; siehe dazu auch Fleischer / Maas, AG 2021, 893 Rn. 23. 107 Siehe zu erfassten Erwerben Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 36 Rn. 24 ff.; FKWpÜG / Hommelhoff / Witt, § 36 Rn. 12; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn. 25; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 14; die vorweggenommene Erbfolge wird entweder als Unterfall des Erbfalls oder als unentgeltliche Zuwendung begriffen, siehe dazu MHdB GesR Bd. 9/ Hippeli, § 13 Rn. 57 m. w. N. 108 Siehe zu erfassten Zuwendungen Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 36 Rn. 33 ff.; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 36 Rn. 14; zur Unentgeltlichkeit einer Zuwendung MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 17; zu Zuwendungen im Zusammenhang mit der Durchführung der familieninternen Unternehmensnachfolge Beurskens / Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 36 Rn. 9; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 32, zufolge steht der Poolbeitritt der Annahme der Unentgeltlichkeit nicht entgegen. 109 Zu den Begriffen Ehegatten, Lebenspartner und Verwandte in gerader Linie bis zum dritten Grade Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 36 Rn. 20 f.; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 36 Rn. 15 ff. 105

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

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Ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf soll mittels dieser Regelung insbesondere die Nachfolge in Familienunternehmen ohne Pflichtangebot ermöglicht werden, da die mit dem Pflichtangebot verbundenen Kosten die Fortführung des Unternehmens wirtschaftlich unmöglich machen würde.110 So werde die Weitergabe des Unternehmens innerhalb der Familie geschützt.111 Teilweise wird argumentiert, dass es sich bei diesem Vorgang nur um übliche Nachfolgeregelungen im familienrechtlichen Bereich handle und der Erwerb der Stimmrechte mit keiner außergewöhnlichen Änderungen der Kontrollstruktur einhergehe.112 Der Erwerber verfolge typischerweise keinen bestimmten Plan, den er sogleich umsetzen könne und der eine Entwertung der Anlage des Minderheitsaktionärs zur Folge habe.113 Dass der neue kontrollierende Aktionär keine andere Geschäftspolitik verfolge, wird in dieser Allgemeinheit vereinzelt indes in Frage gestellt.114 Heuber zufolge führt die Nichtberücksichtigung der Stimmrechte sogar zur Unvereinbarkeit mit Europarecht und mithin zur Angebotspflicht des Erwerbers, wenn offensichtlich widerlegt ist, dass kein tatsächlicher Kontrollwechsel erfolgt.115 Obwohl die Einführung dieses Nichtberücksichtigungstatbestands insbesondere mit der Ermöglichung der Nachfolge in Familienunternehmen begründet wird, verlangt § 36 Nr. 1 WpÜG nicht, dass die Zielgesellschaft ein Familienunternehmen ist.116 Überdies ist weder zu prüfen, ob das Familienunternehmen tatsächlich fortgeführt wird,117 noch, ob die Finanzierung des Pflichtangebots im Einzelfall möglich ist118. Ferner ist der Anwendungsbereich mit der Mehrheit der Stimmen in der Literatur119 nicht auf den Übergang einer bestehenden Kontrollposition auf den Erwerber teleologisch zu reduzieren120. Denn dem Zweck der Regelung ist nicht zu entnehmen, dass nur bestimmte Nachfolgegestaltungen in Familienunternehmen privilegiert werden sollen.121Allerdings setzt § 36 Nr. 1 WpÜG im 110 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 60; siehe auch Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (707); MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 13. 111 Steinmeyer / Klepsch, WpÜG § 35 Rn. 13 m. w. N. 112 Holzborn / Blank, NZG 2002, 948 (949). 113 Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 36 Rn. 14. 114 Fleischer / Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 137. 115 Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 125 ff. 116 MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 13. 117 Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (40); Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (707); MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 58. 118 Fleischer / Maas, AG 2021, 893 Rn. 21; Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (40); Hippeli /  Schmiady, ZIP 2015, 705 (708); MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 58; MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 13; Steinmeyer / Klepsch, WpÜG § 35 Rn. 13, 14. 119 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Rosengarten, WpÜG § 36 Rn. 4; Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 148; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 36 Rn. 10; R.  Koch, ZIP 2008, 1260 (1263 f.); KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn. 24; MükoAktG  /‌  Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 13; i. E. auch Harbath, ZIP 2002, 321 (329). 120 Siehe dazu die Überlegungen von Harbath, ZIP 2002, 321 (329). 121 Siehe Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Rosengarten, WpÜG § 36 Rn. 4; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn. 24.

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

Besonderen ein bestimmtes enges Verwandtschaftsverhältnis voraus.122 Liegt dieses nicht vor, kommt ggf. ein Befreiungsgrund nach § 37 WpÜG i. V. m. einer Rechtsverordnung123 in Betracht, konkret § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO124. (2) § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO Über § 37 Abs. 2 WpÜG sind die in § 9 WpÜG-AngVO bestimmten materiellen Befreiungsgründe hinzuzuziehen.125 Im Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge in einem Familienunternehmen sind insbesondere Nr. 1 und Nr. 2 des § 9 S. 1 WpÜG-AngVO bedeutsam. (a) § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO Gemäß § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO kann eine Befreiung von der Angebotspflicht erteilt werden, wenn der Bieter die Kontrolle über die Zielgesellgesellschaft durch Erbschaft oder im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung erlangt hat und mit dem Erblasser nicht verwandt ist im Sinne von § 36 Nr. 1 WpÜG.126 Unerheblich sind die Struktur des Unternehmens127 sowie die tatsächliche Möglichkeit der Finanzierung des Pflichtangebots128. Ob Erblasser und Bieter aber in einer bestimmten Beziehung zueinanderstehen müssen, damit § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO greift, wird von der Verwaltungspraxis und den Stimmen in der Literatur uneinheitlich beurteilt. Die BaFin setzt zwar 122

Siehe zu den einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen von § 36 Nr. 1 WpÜG Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 127 ff.; Wiesbrock / Z ens, ZEV 2006, 137 (140 ff.), die zudem kritisieren, dass Übertragungen auf Geschwister, Neffen bzw. Nichten oder Schwieger­ kinder nicht umfasst sind; siehe aber auch Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (708), die den privilegierten Personenkreis auch auf Schwiegerkinder und Stiefkinder erstrecken sowie eine Ausweitung auf Übertragungen an Neffen und Nichten sowie von Geschwistern untereinander befürworten. 123 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 60. 124 Harbarth, ZIP 2002, 321 (328); auf § 37 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO abstellend MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 23; Pittroff, Zurechnung von Stimmrechten, 2004, S.  322; Schwark / Zimmer /‌ Noack / Z etzsche, KMRK, § 36 WpÜG Rn. 4; auf § 37 Abs. 1 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO abstellend Baums / Thoma /‌ Verse / Hecker, WpÜG § 36 Rn. 19; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn. 31; vgl. auch Beurskens /  Ehricke / Ekkenga / Ekkenga / Schirrmacher, WpÜG § 36 Rn. 7; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 29 f.; Steinmeyer / Klepsch, WpÜG § 36 Rn. 14, 16. 125 Siehe dazu bereits oben Teil 4 E. II. 2. 126 Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 166, sieht diese Befreiungsmöglichkeit als rechts- bzw. wirtschaftspolitisches Zugeständnis und betrachtet sie eher kritisch. 127 Siehe KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 9. 128 KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 9; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 95.

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

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kein Verwandtschaftsverhältnis voraus, stellt aber auf eine bestimmte Beziehung zwischen dem Erblasser und dem Bieter ab, wenn sie ihre Befreiungsentscheidungen damit begründet, dass nicht vorgesehen sei, dass das familiär geprägte Unternehmen ungeachtet seiner Größe oder Bedeutung beispielsweise durch Geschwister, verdiente Mitarbeiter oder durch der Familie nahestehende oder zugeordnete Rechtssubjekte nur kurzfristig fortgeführt werde.129 Diese Aufzählung weist Parallelen mit der Begründung zum Regierungsentwurf auf.130 Ihr zufolge soll die Nachfolge bei kleinen und mittleren Unternehmen ohne Pflichtangebot ermöglicht werden, wenn die Nachfolgelösung in der Familie nicht in Betracht kommt, aber zum Beispiel geeignete Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Denn die mit der Abgabe des Angebots verbundenen Kosten könnten die Fortführung solcher Unternehmen häufig wirtschaftlich unmöglich machen.131 In anderen Entscheidungen stellt die BaFin darauf ab, dass die Zielgesellschaft als familiär geprägte Gesellschaft fortgeführt wird.132 129 BaFin, Befreiungsbescheid am 20. Juni 2022 veröffentlicht zugunsten der Gerhard und Ilse Schick Stiftung (Zielgesellschaft: Bechtle Aktiengesellschaft), S. 13, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Down‌loads/DE/Befreiungsentscheidung/bechtle_ ag.pdf?__blob=publicationFile&v=1; zu § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO BaFin, Befreiungsbescheid am 10. November 2021 veröffentlicht zugunsten der Nemetschek Familienstiftung (Zielgesellschaft: Nemetschek SE), S. 4, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/nemetschek_se_nemetschek_familienstiftung.pdf? __blob=publicationFile‌&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 18. Februar 2014 veröffentlicht zugunsten Georg Heinz Nemetschek u. a. (Zielgesellschaft: Nemetschek AG), S. 7, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Be‌freiungsentscheidung/nemetschek. pdf?__blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 2. Februar 2016 veröffentlicht zugunsten der Ferdinand Porsche Familienstiftung (Zielgesellschaft: Porsche Automobil Holding SE u. a.), S. 8, abrufbar unter https://www.bafin.de/‌SharedDocs/Downloads/DE/ Befreiungsentscheidung/porsche_ua.pdf?__‌blob=publicationFile&v=1; BaFin, Jahresbericht 2008, S. 185 f.; siehe auch BaFin, Befreiungsbescheid am 11. September 2017 veröffentlicht zugunsten der Daniel Hopp Familienstiftung (Zielgesellschaft: Agennix AG i.L.), S. 4, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Down‌loads/DE/Befreiungsentscheidung/ agennix_ag_2017.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 130 Vgl. auch BaFin, Befreiungsbescheid am 10. November 2021 veröffentlicht zugunsten der Nemetschek Familienstiftung (Zielgesellschaft: Nemetschek SE), S. 4, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Down‌loads/DE/Befreiungsentscheidung/nemetschek_se_ nemetschek_familienstiftung.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 131 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 81. 132 Zu § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO BaFin, Befreiungsbescheid am 22. September 2014 veröffentlicht zugunsten Grenke Beteiligung GmbH & Co. KG, Grenke Vermögensverwaltung GmbH (Zielgesellschaft: GRENKELEASING AG), S. 10, abrufbar unter https://www. bafin.de/‌SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/grenkeleasing_2014.‌pdf?__ blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 11. September 2017 veröffentlicht zugunsten der Daniel Hopp Familienstiftung (Zielgesellschaft: Agennix AG i.L.), S. 4, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/ agennix_ag_2017.pdf?__blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 1. Januar 2019 veröffentlicht zugunsten Manuela Pleichinger (Zielgesellschaft: Uzin Utz AG), S. 4, abrufbar unter https://‌www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/ uzin_utz_ag.pdf?__blob=publicationFile&v=1.

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

Auch Schmiady versteht diesen Befreiungsgrund als Privilegierung für den Fall, dass familiär geprägte Unternehmen fortgeführt und die Stimmrechte zum Beispiel an Geschwister oder verdiente Mitarbeiter vererbt werden.133 Ferner fordern Holzborn / Blank ein Verhältnis zwischen Erblasser und Erbe, das wegen seiner tatsächlichen Ausprägung der engen Verwandtschaft aus § 36 Nr. 1 WpÜG gleichwertig ist.134 Dagegen betont die Mehrheit der Stimmen in der Literatur richtigerweise, dass zum einen kein verwandtschaftliches Verhältnis verlangt werden kann.135 Das Gesetz bietet dafür nämlich keinen Anhaltspunkt.136 Zum anderen wird auch die Notwendigkeit eines Verhältnisses zwischen Erblasser und Bieter abgelehnt, das wegen seiner tatsächlichen Ausprägung der Verwandtschaft im Sinne von § 36 Nr. 1 WpÜG gleichsteht.137 Denn im Gegensatz zu § 36 Nr. 1 WpÜG wird in § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO eben gerade kein bestimmtes Verhältnis zwischen Erblasser und Bieter ausdrücklich vorausgesetzt. Sind Erblasser und Bieter also nicht verwandt im Sinne von § 36 Nr. 1 WpÜG, ist zunächst nur zu prüfen, ob der Bieter die Kontrolle durch Erbschaft oder im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung erlangt hat. Liegen die Voraussetzungen vor, ist die Befreiungsentscheidung jedoch keine gebundene. Vielmehr steht die Befreiungsentscheidung im Ermessen der BaFin und wird letztlich durch das Ergebnis der Abwägung der Interessen des Bieters und der übrigen Aktionäre maßgeblich bestimmt.138 Dabei ist bedeutsam, ob mit der Kontrollerlangung wesentliche Veränderungen in der Geschäftspolitik zu erwarten sind.139 Erst hier kommt der Begründung zum Regierungsentwurf Bedeutung zu. Sie stellt zuvörderst klar, dass durch die Privilegierung die Fortführung des Unternehmens bezweckt wird. Indem sie darüber hinaus aber aufzeigt, dass eine Privilegierung nicht nur für eine Nachfolgelösung innerhalb der Familie in Betracht kommt, sondern auch dann,

133

Steinmeyer / Schmiady, WpÜG § 37 Rn. 23. Holzborn / Blank, NZG 2002, 948 (950). 135 Ames, Befreiung vom übernahmerechtlichen Pflichtangebot, 2014, S. 173 f.; Angerer /  Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 37 Rn.  33; Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜG-AngVO Rn.  10 f.; Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 37 Rn. 76; Hasselbach /  Alles, DB 2020, 39 (41); Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (709); KölnerKomm WpÜG /  Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 12; MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 62; Paschos /  Fleischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 94; Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 37 WpÜG Rn. 5; vgl. MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 96. 136 Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 37 Rn. 33; Assmann / Pötzsch / Uwe H. Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜG-AngVO Rn. 11; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Fn. 16. 137 KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 12; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 96; Heuber, Befreiung vom Pflichtangebot, 2006, S. 158, der die Befreiung aber regelmäßig nur auf solche Tatbestände beschränkt, in denen die Befreiung auch tatsächlich erforderlich ist, eine angemessene Unternehmensnachfolge sicherzustellen (ebd., S. 159). 138 Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 4 E. II. 2.  139 Vgl. dazu Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 166; Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (709). 134

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

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wenn zum Beispiel geeignete Mitarbeiter als Nachfolger ausgewählt werden, wird impliziert, dass nicht nur Familienmitglieder das Unternehmen unter Beibehaltung der Unternehmensführung und -ausrichtung fortführen können, sondern eben auch geeignete Mitarbeiter. Dies liegt nahe, da die Erblasser bzw. Schenker und Erwerber typischerweise ohnehin entweder persönlich oder im Kontext mit dem Unternehmen in einer besonderen Beziehung zueinanderstehen. Eine Eingrenzung dahingehend, dass lediglich bestimmte Erwerbe privilegiert werden können, ist der Begründung zum Regierungsentwurf indes nicht zu entnehmen. Vielmehr ist die Aufzählung beispielhaft zu verstehen. Für dieses Ergebnis streitet, dass § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO eine Konkretisierung des Befreiungsgrunds aufgrund der Art der Kontrollerlangung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG darstellt140. Die Privilegierung knüpft daher an die Art der Kontrollerlangung an141 und nicht an die Beziehung zwischen Erblasser und Erwerber. Die Befreiungsmöglichkeit nach § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO ist somit als Ergänzung zu § 36 Nr. 1 WpÜG142 zu verstehen, die es ermöglicht, dass auch Nachfolgelösungen außerhalb der Familie privilegiert werden können. (b) § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO Gemäß § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO kann eine Befreiung von der Angebotspflicht erteilt werden, wenn der Bieter die Kontrolle über die Zielgesellschaft durch Schenkung erlangt hat und mit dem Erblasser nicht verwandt im Sinne von § 36 Nr. 1 WpÜG ist. Da die Erwägungen zu § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO ebenfalls für diese Befreiungsmöglichkeit gelten143, kann im Wesentlichen auf die

140

Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 26, 40 f.; Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (709); MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 63; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 37 Rn.  39; vgl. auch Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 37 Rn. 33; Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 165 f.; Harbarth, ZIP 2002, 321 (331); Holzborn / Blank, NZG 2002, 948 (950); MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 34 f.; Schwark /  Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 37 WpÜG Rn. 5; zu § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO BaFin, Befreiungsbescheid am 22. September 2014 veröffentlicht zugunsten Grenke Beteiligung GmbH & Co. KG, Grenke Vermögensverwaltung GmbH (Zielgesellschaft: GRENKELEASING AG), S. 8, abrufbar unter https://‌www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Befreiungsentscheidung/grenkeleasing_2014.pdf?__blob=publicationFile&v=1; Begr. RegE, BT-Drs. 14/‌7034, S. 61, zufolge sollen unter § 37 Abs. 1 Var. 1 auch Fälle fallen, die nicht von § 36 Nr. 1 WpÜG erfasst sind. 141 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜG-AngVO Rn. 7; Kölner­ Komm WpÜG / Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 8; vgl. auch Angerer / Geibel / Süßmann /  Meyer, WpÜG § 37 Rn. 36; Paschos / Fleischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 93 f.; ferner auch FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 13. 142 Holzborn / Blank, NZG 2002, 948 (950); KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, WpÜGAngVO § 9 Rn. 5. 143 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 81.

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

Ausführungen soeben zu § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO verwiesen werden. Auch § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO ist als Ergänzung zu § 36 Nr. 1 WpÜG verstehen144 und greift dann, wenn Schenker und Erwerber nicht verwandt sind im Sinne von § 36 Nr. 1 WpÜG145. bb) Angebotspflicht der übrigen Poolmitglieder Erwirbt ein Poolmitglied weitere Stimmrechte und erreichen bzw. überschreiten deshalb die übrigen Poolmitglieder erstmals die Kontrollschwelle, sind sie grundsätzlich gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG angebotspflichtig. Allerdings sind in diesem Zusammenhang neben den Besonderheiten, die Gesellschafter betreffen, die einem beherrschten Pool146 angehören, drei Aspekte hervorzuheben: Zunächst ist bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe der übrigen Poolmitglieder zu beachten, dass die erworbenen Anteile nicht zwingend gepoolt werden müssen, weshalb dem Teilpooling eine besondere Bedeutung zukommt. Außerdem wird in der Literatur eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG befürwortet, wenn Stimmrechte zugerechnet werden, auf deren Erwerb der Bieter keinen Einfluss hat nehmen können. Schließlich stellt sich die Frage, ob sich die Begünstigung des Erwerbs auch auf die Kontrollerlangung der übrigen Poolmitglieder auswirkt. (1) Besondere Bedeutung des Teilpoolings Würden ungepoolte Stimmrechte von einem Poolmitglied begünstigt erworben und würde der Erwerber in der Folge die Kontrollschwelle erstmals erreichen bzw. überschreiten, würden auch die übrigen Poolmitglieder erstmals Kontrolle erlangen, wenn ungepoolte Stimmrechte eines Poolmitglieds gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zugerechnet würden.147 Wird dagegen mit der vorzugswürdigen Meinung angenommen, dass eine Zurechnung ungepoolter Stimmrechte gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG stets ausscheidet, erreicht bzw. überschreitet jedes Poolmitglied dann die Kontrollschwelle, wenn die erworbenen Stimmrechte der Poolbindung unterworfen werden und im Pool sodann mindestens 30 Prozent der Stimmrechte gebunden sind. Hat ein Poolmitglied indes bereits vor dem begünstigten Erwerb Kontrolle erlangt, 144

Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜG-AngVO Rn. 15; Holzborn /  Blank, NZG 2002, 948 (950); KölnerKomm WpÜG /‌ Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 5; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 99; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 97. 145 Ames, Befreiung vom übernahmerechtlichen Pflichtangebot, 2014, S. 174; Assmann /  Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn. 41; Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (709). 146 Vgl. dazu bereits oben Teil  5 B. I. 1. a) aa). 147 Ausführlich dazu bereits oben Teil  5 B. I. 1. a) bb).

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

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weil es neben den gepoolten Stimmrechten auch ungepoolte hält, wird dessen Kontrolle im Falle der Erhöhung der im Pool gebundenen Stimmrechte lediglich ausgebaut. Dieses Poolmitglied ist somit nicht verpflichtet, ein Pflichtangebot abzugeben.148 (2) § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG Teilweise wird die Befreiungsmöglichkeit nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG bei der Zurechnung erworbener Stimmrechte eines Dritten in Betracht gezogen, wenn dem Bieter die Einflussnahme auf den Erwerb nicht möglich gewesen ist.149 Erlangt ein Poolmitglied Kontrolle, weil ein anderes Poolmitglied weitere Stimmrechte erwirbt, dann liegt jedoch kein Vorgang vor, der eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG rechtfertigt. Eine Befreiung aufgrund der Art der Kontrollerlangung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG ist dann denkbar, wenn die Kontrollerlangung ohne Zutun erfolgt ist und der Bieter keine Möglichkeit gehabt hat, sie zu steuern oder zu verhindern.150 Maßgebliches Kriterium ist der Vorgang – also das Wie – der Kontrollerlangung, wobei der gezielte entgeltliche Erwerb weiterer Stimmrechte durch rechtsgeschäftliche Übertragung das Gegenbild zu einer die Befreiung rechtfertigenden Kontrollerlangung zeichnet.151 Zwar haben die anderen Poolmitglieder in der Regel keinen Einfluss darauf, ob bzw. wie viele Stimmrechte ein anderes Poolmitglied erwirbt. Allerdings wirkt sich der Erwerb weiterer Stimmrechte eines Poolmitglieds nur dann auf die Höhe der von den anderen Poolmitgliedern gehaltenen Stimmrechte aus, wenn entweder ungepoolte Stimmrechte stets nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zugerechnet werden152 oder die erworbenen Stimmrechte der Poolbindung unterworfen werden153. Letzteres ist ohne die (antizipierte) Zustimmung der Gesellschafter nicht möglich.154 Daher könnte für die Kontrollerlangung ohne Zutun des Bieters lediglich dann gestritten werden, wenn 148

Vgl. bereits oben Teil  5 B. I. 1. b) aa). Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 37 Rn.  29; Baums / T homa / Verse /  Hecker, WpÜG § 37 Rn. 29, der zudem eine Ermessensreduzierung auf Null und damit einen Anspruch auf Befreiung annimmt, wenn der Dritte durch den Erwerb der Stimmrechte ebenfalls Kontrolle erlangt hat und deshalb verpflichtet ist, ein Angebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG abzugeben; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 37 Rn. 43; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 23; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 85; vgl. auch Bernau, WM 2004, 809 (813). 150 Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 37 Rn. 25, 27 ff.; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 84; siehe auch Fn. 76 auf Seite 206. 151 KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 37 Rn. 34. 152 Siehe dazu bereits oben ausführlich Teil 5 B. I. 1. a) bb). 153 Siehe zu den Besonderheiten, die sich ergeben, wenn ungepoolte Stimmrechte begünstigt erworben und der Poolbindung unterworfen werden, sogleich Teil 5 B. I. 4. 154 Vgl. BeckOGK BGB / Kell, § 719 Rn.  74 ff.; Dauner-Lieb / Langen / Hanke, BGB Schuldrecht, § 719 Rn. 11 ff.; Henssler / Strohn GesR / Kilian, BGB § 736 Rn. 1; ferner Ames, Befreiung vom übernahmerechtlichen Pflichtangebot, 2014, S. 183; BeckOGK BGB / R. Koch, § 736 Rn. 2. 149

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

die erworbenen Stimmrechte nicht gepoolt werden und der Annahme gefolgt wird, dass sich die Zurechnung auch auf die ungepoolten Stimmrechte der Poolmitglieder erstreckt. Selbst in dem Fall handelt es sich aber um keinen besonderen Vorgang der Kontrollerlangung, sondern nur um eine aus der Poolmitgliedschaft resultierende Konsequenz und damit um ein einzukalkulierendes Risiko. Dass die Poolmitglieder in diesem Fall nicht gesondert betrachtet werden, sondern das Handeln eines einzelnen Poolmitglieds durchaus Folgen für die anderen nach sich ziehen kann, ist vor dem Hintergrund, dass sich der als GbR ausgestaltete Pool typischerweise durch intensive persönliche Beziehungen der Gesellschafter zueinander auszeichnet155, auch sachgerecht. Erwirbt ein Poolmitglied begünstigt Stimmrechte und erlangen die übrigen Poolmitglieder sodann Kontrolle, können sich die übrigen Poolmitglieder demzufolge nicht darauf berufen, dass wegen der Art der Kontrollerlangung der Befreiungsgrund nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG einschlägig ist. (3) Auswirkungen der Begünstigung des Erwerbs Fraglich ist, ob sich die übrigen Poolmitglieder, die aufgrund der Zurechnung nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG der begünstigt erworbenen Stimmrechte eines Poolmitglieds Kontrolle erlangt haben, ebenfalls auf den in Rede stehenden Begünstigungstatbestand berufen können. In der Literatur und in den Befreiungsentscheidungen der BaFin sind dazu nur vereinzelt Ausführungen zu finden, die aber überwiegend zum Ergebnis kommen, dass sich nicht nur der Erwerber selbst, sondern auch die anderen Poolmitglieder auf die Begünstigung stützen können. Hinsichtlich der Begründungen ist indes zu unterscheiden, ob die Begünstigung auf einem Befreiungstatbestand nach § 9 WpÜG-AngVO oder einem Nichtberücksichtigungstatbestand nach § 36 WpÜG basiert. Ist der Erwerb nach § 9 WpÜGAngVO begünstigt, wird von einem Teil der Stimmen in der Literatur ohne weitere Ausführungen festgestellt, dass es ausreichend sei, wenn ein Dritter, dessen Stimmrechte dem Antragssteller zugerechnet werden, die dort vorausgesetzten Sachverhalte selbst verwirklicht156 bzw. die dort genannten Voraussetzungen erfüllt157. Der BaFin zufolge ist der Anwendungsbereich von § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜGAngVO nicht auf Personen beschränkt, die selbst Stimmrechte unmittelbar durch Übertragung von Aktien aufgrund einer Schenkung erhalten haben. Eine solche Wertung enthalte diese Vorschrift nicht, da sich die weitere Voraussetzung des

155

Vgl. Sudhoff / Stracke, Familienunternehmen, § 33 Rn. 34; Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, 1970, S. 21. 156 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜG-AngVO Rn. 5; KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, WpÜG-AngVO § 9 Rn. 7. 157 FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 37 Rn. 60; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 92.

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§ 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO, namentlich das fehlende Verwandtschaftsverhältnis im Sinne von § 36 Nr. 1 WpÜG, dem Wortlaut nach auf den Schenker und den Bieter beziehe.158 Beruht die Begünstigung auf einem Nichtberücksichtigungstatbestand nach § 36 WpÜG, stellt ein Teil der Literatur ebenfalls auf den Wortlaut der Norm ab. Werden auf Grund der in § 36 WpÜG genannten Vorgänge Stimmrechte erstmals nach § 30 WpÜG zugerechnet, werde durch die Verwendung des Wortes „erlangt“ klargestellt, dass die Kontrollerlangung der übrigen Poolmitglieder gleichermaßen erfasst sei.159 Hasselbach hingegen erweitert den Anwendungsbereich des § 36 WpÜG teleologisch. § 36 WpÜG solle alle kontrollrelevanten Vorgänge bei diesen Sachverhaltskonstellationen erfassen, weshalb auch die Kontrollerlangung durch Zurechnung von Stimmrechten eingeschlossen sei.160 Teilweise wird indes gefordert, dass auch die Person, der die Stimmrechte zugerechnet werden, die Voraussetzungen des § 36 WpÜG erfüllen müsse.161 Der Wortlaut weder des Nichtberücksichtigungstatbestands nach § 36 Nr. 1 WpÜG noch der Befreiungstatbestände nach § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO bietet einen Anhaltspunkt dafür, dass sich auch die übrigen Poolmitglieder auf die Begünstigung berufen können, wenn ein Poolmitglied diese begünstigt erworben hat und diese Stimmrechte den übrigen Poolmitgliedern nach § 30 Abs. 2 WpÜG zugerechnet werden. Genauso wenig bestimmen die Vorschriften aber, dass die Begünstigung nur für den Erwerber selbst greift. Allerdings würde die Privilegierung ins Leere laufen,162 wenn beispielsweise in einem Familienunternehmen alle Mitglieder des Familien-Pools verpflichtet

158

Zu § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO BaFin, Befreiungsbescheid am 18. Februar 2014 veröffentlicht zugunsten der Georg Heinz Nemetschek u. a. (Zielgesellschaft: Nemetschek AG), S. 7 f., abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/ nemetschek.pdf?__blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 22. September 2014 veröffentlicht zugunsten Grenke Beteiligung GmbH & Co. KG, Grenke Vermögensverwaltung GmbH (Zielgesellschaft: GRENKELEASING AG), S. 9, abrufbar unter https:// www.‌bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/grenkeleasing_2014.pdf? __blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 16. März 2016 veröffentlicht zugunsten Geraldine Porsche (Zielgesellschaft: Porsche Automobil Holding SE u. a.), S. 10, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/ porsche_ua_2016.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 159 Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Uwe H. Schneider / Rosengarten, WpÜG § 36 Rn. 3; siehe auch Baums / T homa / Verse / Hecker, WpÜG § 36 Rn. 13 f., der das Tatbestandsmerkmal „Aktien erlangt“ dahingehend weit auslegt. 160 KölnerKomm WpÜG / Hasselbach, § 36 Rn. 20. 161 Auf den Zweck des § 36 WpÜG abstellend Baums / T homa / Verse / Diekmann, WpÜG § 30 Rn. 18; KölnerKomm WpÜG / von Bülow / Schwarz, § 30 Rn. 45; ohne nähere Begründung ­Faden, Pflichtangebot, 2008, S. 167. 162 Siehe zum Zweck des Nichtberücksichtigungsgrunds nach § 36 Nr. 1 WpÜG sowie der Befreiungsgründe nach § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO bereits oben Teil  5 B. I. 3. a) aa) (1) und (2).

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

wären, ein Angebot abzugeben, nur das erwerbende Poolmitglied nicht.163 Daher muss es richtigerweise möglich sein, dass sich auch die anderen Poolmitglieder auf die Begünstigung stützen können. Dies gilt jedenfalls in Bezug auf den Nichtberücksichtigungsgrund nach § 36 Nr. 1 WpÜG und die Befreiungsgründe nach § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO. Indem also nicht nur der Erwerb als solcher, sondern auch dessen Begünstigung für die übrigen Poolmitglieder relevant ist, werden die Poolmitglieder konsequent als Einheit betrachtet. Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht, da den als GbR ausgestalteten Pool intensive persönliche Beziehungen der Gesellschafter zueinander typischerweise kennzeichnen164. b) Poolkonstellation 3b: Begünstigter Erwerb in einem Mehrheitspool Erwirbt ein Mitglied eines Pools, in dem bereits vor dem Erwerb mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft gebunden sind, weitere Stimmrechte, stellt dieser Erwerb für den Erwerber und im Falle der Zurechnung auch für die übrigen Poolmitglieder lediglich einen Ausbau der Kontrolle dar. Diese Kontrollverstärkung ist nicht als Kontrollerwerb oder Kontrollwechsel zu qualifizieren, sodass kein neues Angebot abgegeben werden muss.165 Zu beachten ist indes, dass eine Verschiebung der Stimmrechtsverhältnisse möglich ist. Dies kann im Besonderen für einen Minderheitsgesellschafter eines beherrschten Pools von Bedeutung sein, wenn dessen Befreiung von der Angebotspflicht unter dem Widerrufsvorbehalt steht, dass der Bieter auch in Zukunft beherrscht bleibt.166

163

Vgl. jeweils mit Beispiel Assmann / Pötzsch / Uwe H.  Schneider / Seiler, WpÜG § 9 WpÜGAngVO Rn. 5; MüKoAktG / Schlitt, WpÜG § 37; WpÜG-AV §§ 8–12 Rn. 92. 164 Fn. 155 auf Seite 222. 165 Vgl. bereits oben Teil  5 B. I. 1. b) aa). 166 Vgl. dazu zum Beispiel den Widerrufsvorbehalt in BaFin, Befreiungsbescheid am 12. November 2012 veröffentlicht zugunsten Matthias Döpfner (Zielgesellschaft: Axel Springer Aktiengesellschaft), S. 2 f., abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Befreiungsentscheidung/axel_springer.pdf?__blob=publicationFile&v=1; BaFin, Befreiungs­ bescheid am 14. Juni 2019 veröffentlicht zugunsten Alois Fridolin Sauter (Zielgesellschaft: VERBIO Vereinigte BioEnergie AG), S. 1 f., abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Befreiungsent‌scheidung/verbio_alois_fridolin_sauter.pdf?__blob=publication File&v=1; BaFin, Befreiungsbescheid am 21. Dezember 2021 veröffentlicht zugunsten Sachs Assets GmbH, Reiner Sachs (Zielgesellschaft: Intershop Communications AG), S. 1, abrufbar unter https://www.bafin.de/‌SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/intershop_ communi‌cations_ag.pdf?__blob=publicationFile&v=1.

225

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

4. Besonderheiten bei erstmaligem Poolzusammenschluss bzw. Poolbeitritt im Zusammenhang mit einem begünstigten Erwerb Betreffend die Angebotspflicht kann sich eine zusätzliche Besonderheit ergeben, wenn der Gründung des Pools bzw. dem Poolbeitritt ein nach §§ 36, 37 WpÜG begünstigter Erwerb durch ein (zukünftiges) Poolmitglied vorausgeht und nach dem Poolzusammenschluss bzw. Poolbeitritt mindestens 30 Prozent der Stimmrechte gepoolt sind. Pool-­ konstellation

4a

4b

Ausgangssituation

Veränderung

Ergebnis

A, der kein Poolmitglied ist, erwirbt begünstigt Stimmrechte

A gründet mit Gesellschafter B und C einen Pool bzw. tritt dem Pool von B und C bei

Mehrheitspool Poolmitglieder: A, B, C

Minderheitspool Poolmitglieder: B, C

Gesellschafter A tritt dem Pool von B und C bei

Mehrheitspool Poolmitglieder: A, B, C

B hat Stimmrechte begünstigt erworben

Abbildung 5: Zwei Beispiele für den Fall, dass der Kontrollerlangung aufgrund der Zurechnung nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG ein begünstigter Erwerb vorausgeht

Zunächst gelten im Wesentlichen sowohl für die Angebotspflicht des Poolmitglieds, der die Stimmrechte begünstigt erworben hat, als auch für die übrigen Poolmitglieder die Ausführungen zum erstmaligen Poolzusammenschluss167 bzw. Poolbeitritt168 sowie zum begünstigten Erwerb durch ein Poolmitglied169. Da aber nicht der Erwerb der Stimmrechte selbst, sondern erst die Zurechnung der Stimmrechte nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zur Kontrollerlangung geführt hat, stellt sich zusätzlich die Frage, ob die Befreiung von der Angebotspflicht möglich ist, weil Stimmrechte nach §§ 36, 37 WpÜG begünstigt erworben worden sind. Entsprechendes gilt ferner für den Fall, dass mit der vorzugswürdigen Ansicht die Zurechnung ungepoolter Stimmrechte abgelehnt wird170 und ein Poolmitglied weitere Stimmrechte begünstigt erwirbt und der Poolbindung unterwirft. Erreichen bzw. überschreiten die übrigen Poolmitglieder aufgrund der Erhöhung der im Pool gebundenen Stimmrechte erstmals die Kontrollschwelle, ist betreffend ihre Angebotspflicht eine Befreiung nämlich dann denkbar, wenn sie sich darauf berufen können, dass ein anderes Poolmitglied Stimmrechte nach §§ 36, 37 WpÜG begünstigt erworben hat. 167

Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 5 B. I. 1. Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 5 B. I. 2. 169 Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 5 B. I. 3. 170 Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 5 B. I. 1. a) bb). 168

226

Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

a) Meinungsstand in der Literatur In der Literatur wird die Kausalität zwischen dem begünstigten Erwerb und der Kontrollerlangung in zwei Fällen diskutiert. Beiden ist gemeinsam, dass zunächst Stimmrechte begünstigt erworben werden. Sodann wird die Kontrollschwelle erreicht bzw. überschritten, weil weitere Stimmrechte entweder nach § 30 WpÜG zugerechnet oder dieses Mal nicht begünstigt erworben171 werden. Nachfolgend werden die zu beiden Fällen vorgebrachten Argumente dargestellt, da die Inte­ ressenlage sowohl der Poolmitglieder als auch der übrigen Aktionäre im Hinblick auf die Frage, ob der begünstigte Erwerb noch angeführt werden kann, in beiden Fällen gleich ist. Teilweise wird bei mehreren Erwerben deren zeitliche Reihenfolge für unerheblich erachtet.172 Der letzte Erwerb müsse demnach nicht der begünstigte sein, damit die Privilegierung greifen könne. Entscheidend sei, ob insgesamt 30 Prozent der Stimmrechte erworben worden sind, ohne dass ein Nichtberücksichtigungstatbestand einschlägig ist. Weder schränke der Wortlaut in diesem Fall die Begünstigung ein173, noch rechtfertige die Ratio der Norm im Hinblick auf die betroffenen Interessen eine unterschiedliche Behandlung.174 Allerdings kann sich Schlitt zufolge auf die Begünstigung nicht mehr berufen werden, wenn der Erwerb zu lange zurückliegt.175 Abgesehen von dem von Schlitt präsentierten Beispiel, in dem die Begünstigung auch nach einem Jahr noch angeführt werden können soll, wird jedoch nicht dargelegt, wie viel Zeit zwischen dem begünstigten Erwerb und der Zurechnung bzw. dem weiteren Erwerb verstreichen darf, ohne dass die Begünstigung „verfällt“. Die Mehrzahl der Stimmen in der Literatur fordert hingegen, dass die Begünstigung nur dann greife, wenn der Erwerb der Stimmrechte zur Kontrollerlangung führt, ohne dass noch ein weiterer, für das Erreichen bzw. Überschreiten der Kontrollschwelle notwendiger Vorgang dazwischengeschaltet ist.176 Betreffend der 171

Siehe dazu die Beispiele bei MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 46, und Schwark /  Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 37 WpÜG Rn. 25. 172 Harbarth, ZIP 2002, 321 (330); R. Koch, ZIP 2008, 1260 (1264); MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 46. 173 R. Koch, ZIP 2008, 1260 (1264). 174 Harbarth, ZIP 2002, 321 (330). 175 MükoAktG / Schlitt, WpÜG § 36 Rn. 46. 176 Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 36 Rn. 2; im Rahmen von § 36 WpÜG Baums /  Thoma / Verse / Hecker, WpÜG § 36 Rn. 16; Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 158, der dies zwar im Rahmen von § 36 Nr. 3 WpÜG diskutiert, jedoch zeigt insbesondere das Beispiel, dass auf § 36 WpÜG insgesamt Bezug genommen wird; KölnerKomm WpÜG /‌  Hasselbach, § 36 Rn.  21; Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 23; FK-WpÜG / Hommelhoff / Witt, § 36 Rn. 31, die aber bei unbilligen Ergebnissen Korrekturen zulassen; im Rahmen von § 37 Abs. 1 Var. 1 und 2 WpÜG Schwark / Zimmer / Noack / Z etzsche, KMRK, § 37 WpÜG Rn. 25, mit Beispiel für die Privilegierung nach § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜGAngVO.

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

227

Nichtberücksichtigung nach § 36 WpÜG ergibt sich dies laut Diekmann aus dem Wortlaut („durch“) sowie aus dem Sinn und Zweck der Regelung, nur die genannten Vorgänge zu privilegieren.177 Um den Anlegerschutz zu gewährleisten, plädiert Meyer für die teleologische Reduktion von § 36 WpÜG, wenn ein Erwerb, der nicht nach § 36 WpÜG begünstigt ist, notwendige Bedingung für die Kontrollerlangung ist oder die Kontrollerlangung in keinem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem nach § 36 WpÜG begünstigten Erwerb steht.178 Ist der eigentliche Vorgang der Kontrollerlangung wirtschaftlich motiviert, seien die Stimmrechte zu berücksichtigen.179 Andere Stimmen betrachten den Vorgang näher, der letztlich zum Erreichen bzw. Überschreiten der Kontrollschwelle geführt hat. Steht dieser in einem hinreichenden sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem begünstigten Erwerb, bestehe Kausalität.180 Dabei sei für den Einzelfall im Besonderen zu beurteilen, ob der Kontrollerwerb in einem inneren Zusammenhang mit dem privilegierten Erwerb steht oder einer eigenen (wirtschaftlichen) Motivation folgt.181 b) Verwaltungspraxis der BaFin Die BaFin hat in zwei Entscheidungen die Antragssteller von der Angebotspflicht befreit, obwohl erst die Zurechnung nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG das Erreichen bzw. Überschreiten der Kontrollschwelle zur Folge gehabt hat. In der ersten Entscheidung stellte die BaFin auf eine Aktienschenkung ab, die im Sinne von § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO begünstigt war und dem Poolbeitritt, der erst zur Kon­trollerlangung führte, vorausging.182 In der zweiten Entscheidung erteilte die BaFin die Befreiung deshalb, weil sie einen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Kontrollerlangung und dem begünstigten Erwerb annahm. Zwar war die Antragstellerin dem Pool schon seit längerem beigetreten, jedoch hatten ihre Rechte und Pflichten als Mitglied der Poolvereinbarung geruht, solange sie selbst keine Stückaktien der Zielgesellschaft gehalten hatte. Mit dem Erwerb der Stimmrechte lebten diese Rechte und Pflichten wieder auf und die Antragstellerin erlangte Kontrolle an der Zielgesellschaft. Da die Stimmrechte jedoch im Sinne 177

Paschos / F leischer / Diekmann, Hdb. Übernahmerecht, § 12 Rn. 23. Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 36 Rn. 2. 179 Angerer / Geibel / Süßmann / Meyer, WpÜG § 36 Rn. 2; Braun, Befreiung vom Pflichtangebot, 2008, S. 158, der dies zwar im Rahmen von § 36 Nr. 3 WpÜG diskutiert, jedoch zeigt insbesondere das Beispiel, dass auf § 36 WpÜG insgesamt Bezug genommen wird. 180 Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (708); MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 58. 181 Hippeli / Schmiady, ZIP 2015, 705 (708); MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 58, mit Verweis auf die Verwaltungspraxis der BaFin. 182 BaFin, Befreiungsbescheid am 5. September 2012 veröffentlicht zugunsten Bodo Sohne­ mann, Matthias Sohnemann (Zielgesellschaft: KWS SAAT AG), abrufbar unter https:// www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/‌Befreiungsentscheidung/kws_saat.pdf?__blob= publicationFile&v=1. 178

228

Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

von § 9 S. 1 Nr. 1 WpÜG-AngVO begünstigt erworben wurden und der begünstigte Erwerb und die Kontrollerlangung in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang standen, befreite die BaFin die Antragstellerin von der Angebotspflicht.183 Für die BaFin ist wohl nicht entscheidend, ob im ersten Schritt Stimmrechte begünstigt erworben werden und im zweiten Schritt Kontrolle erlangt wird oder umgekehrt. In einer weiteren Entscheidung erteilte sie nämlich eine Befreiung von der Angebotspflicht, obwohl die Antragstellerin bereits vor dem begünstigten Erwerb aufgrund der Zurechnung nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG Kontrolle erlangt hatte. Einen Tag vor dem begünstigten Erwerb der Stimmrechte gemäß § 9 S. 1 Nr. 2 WpÜG-AngVO war sie einem Mehrheitspool beigetreten. Die BaFin stützte die Befreiung von der Angebotspflicht auf den begünstigten Erwerb wegen des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen diesem und der Kontrollerlangung.184 Demgegenüber lehnen einzelne Stimmen in der Literatur die Befreiung von der Angebotspflicht ab, wenn der Antragssteller im Hinblick auf den bevorstehenden, durch § 36 WpÜG privilegierten Kontrollerwerb weitere Stimmrechte an der Zielgesellschaft erworben hat.185 c) Stellungnahme Wird das Pooling nur aufgrund des begünstigten Erwerbs vorgenommen und soll es gerade dem Zweck dienen, den der begünstigte Erwerb fördern will – namentlich der Fortführung des Unternehmens – ist es nicht sachgerecht, nur den Vorgang des Poolings zu betrachten und deshalb eine Befreiung nach §§ 36, 37 WpÜG abzulehnen. Im Rahmen dieser Befreiungsmöglichkeiten nach §§ 36, 37 WpÜG kommt der Erleichterung der Nachfolge in Familienunternehmen eine herausragende Bedeutung zu. Das Familienunternehmen soll ohne die mit dem Pflichtangebot verbundene finanzielle Belastung fortgeführt werden können, um den Erhalt des Unternehmens nicht zu gefährden186 und zahlreiche Arbeitsplätze zu erhalten187. Daher soll ihnen eine Unternehmensnachfolge ohne Pflichtangebot ermöglicht werden.188 Diesen Überlegungen ist die Wertung zu entnehmen, dass 183 BaFin, Befreiungsbescheid am 20. November 2019 veröffentlicht zugunsten der Lectura Stiftung, Hella Stiftung GmbH (Zielgesellschaft: Hella GmbH & Ca. KGaA), S. 7 f., abrufbar unter https://www.‌bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/hella_ gmbH_co_kgaa.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 184 BaFin, Befreiungsbescheid am 1. Januar 2019 veröffentlicht zugunsten Manuela Pleichinger (Zielgesellschaft: Uzin Utz AG), S. 2, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Befreiungsentscheidung/uzin_utz_ag.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 185 Baums / Thoma / Verse / Hecker, WpÜG § 36 Rn. 17; KölnerKomm WpÜG /‌ Hasselbach, § 36 Rn. 21. 186 Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (39). 187 MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 55. 188 Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 30, 60 (zu § 36 Nr. 1 WpÜG), 81 (zu § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO); siehe dazu auch ausführlich bereits oben Teil 5 B. I. 3. a) aa) (1) und (2).

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

229

grundsätzlich das Interesse der Familie, kein Pflichtangebot abgeben zu müssen, Vorrang gegenüber dem Interesse der übrigen Aktionäre an einem Pflichtangebot genießt.189 Zur Verdeutlichung dienen zwei Beispiele. Beispiel  1: Ein Gesellschafter, der 40 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft hält, möchte seine Beteiligung zu gleichen Teilen seiner Tochter (T) und seinem Sohn (S) schenken. Beide Kinder erwerben also 20 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft. Um in Zukunft selbst die Mindestbeteiligungshöhe nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zu erreichen und / oder um den Einfluss der Familie zu sichern, schließen sich T und S sodann zu einem Pool zusammen. In der Folge erlangen sie Kontrolle gemäß §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG. Zwar ist der Erwerb nach § 36 Nr. 1 WpÜG begünstigt, allerdings führt erst der anschließende Poolzusammenschluss aufgrund der Zurechnung von Stimmrechten gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zur Kontrollerlangung. Beispiel 2: Die Brüder A und B haben sich zu einem Pool zusammengeschlossen. Jeder von ihnen hält 20 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft und hat diese im Pool gebunden. A möchte seine Stimmrechte poolgebunden an seine Tochter (T) weitergeben. T soll entweder kurz vor oder nach dem Erwerb dem Pool beitreten. Auch hier ist zwar der Erwerb nach § 36 Nr. 1 WpÜG begünstigt. Kontrolle erlangt sie jedoch durch den Poolbeitritt aufgrund der Zurechnung der Stimmrechte gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG.

Demgegenüber sind durchaus Fälle denkbar, in denen mit dem Pooling ein eigener Zweck verfolgt wird, weshalb Stimmrechte unabhängig vom begünstigten Erwerb gebunden werden. Deshalb kann die Befreiung von einer Angebotspflicht nicht in jedem Fall darauf gestützt werden, dass Stimmrechte nach §§ 36, 37 WpÜG begünstigt erworben worden sind, wenn die Kontrolle aufgrund der Zurechnung von Stimmrechten gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erlangt wird. Vielmehr ist erforderlich, dass die Kontrollerlangung in einem zeitlichen und inneren Zusammenhang zu dem begünstigten Erwerb steht. Wann aber ein solcher Zusammenhang besteht, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern ist für den Einzelfall zu bestimmen. Dabei ist der Sinn und Zweck der Privilegierung, namentlich die Fortführung des Unternehmens und insbesondere die Erleichterung der Nachfolge in Familienunternehmen, maßgeblich. Gerade in Familienunternehmen ist es typisch, dass der Gesellschafterkreis mit jedem Generationswechsel wächst und Poolbindungen eingegangen werden.190 Ein innerer Zusammenhang liegt in der Regel dann vor, wenn im Hinblick auf die Verteilung der Stimmrechte ein ähnlicher Zustand hergestellt wird wie vor dem Erwerb. Schließen sich demnach mehrere Erwerber (wie in Beispiel 1) zusammen oder erfolgt (wie in Beispiel 2) ein Poolmitgliedswechsel, steht das Pooling typischerweise im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge. Würde sich T in Beispiel 1 hingegen nicht mit S, sondern mit einem anderen Gesellschafter, der beispielsweise 15 Prozent der Stimmrechte hält, zusammenschließen, müssten besondere Umstände vorliegen, um einen inneren Zusammenhang zwischen begünstigtem Erwerb und Kontrollerlangung annehmen zu können. Gleiches gilt, wenn sich die Stimmrechtsver 189 190

Hasselbach / Alles, DB 2020, 39 (39). Siehe dazu bereits oben Teil 3 C. III.

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

hältnisse in einem bereits bestehenden Pool wesentlich ändern. Je stärker also aufgrund des Poolings (nicht des Erwerbs!) eine Änderung der Geschäftspolitik zu erwarten ist, desto mehr muss es der Fortführung des Unternehmens dienen, damit zwischen begünstigtem Erwerb und Pooling ein innerer Zusammenhang angenommen werden kann. 5. Zwischenergebnis Poolzusammenschlüsse haben typischerweise einen dynamischen Charakter. Haben sich Gesellschafter einer börsennotierten AG zusammengeschlossen und sieht der Poolvertrag (jedenfalls) einen Stimmbindungsvertrag vor, können Veränderungen auf der Poolebene Kontrollerlangung einzelner bzw. aller Poolmitglieder zur Folge haben. Allerdings existieren für bestimmte Poolkonstellationen in einer börsennotierten Familien-AG Befreiungsmöglichkeiten nach §§ 36, 37 WpÜG. Hervorzuheben ist, dass die Wertungen zugunsten der Erhaltung von Familienunternehmen sowohl die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG191 als auch die Befreiungsmöglichkeiten vom Pflichtangebot nach § 36 Nr. 1 WpÜG192 sowie § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO193 prägen. Weder die Durchführung des Pflichtangebots noch die Zahlung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer soll zur wirtschaftlichen Unmöglichkeit der Fortführung eines Familienunternehmens führen.194 De lege lata ist es möglich, die Aktien innerhalb der Familie weiterzugeben, ohne dass ein Pflichtangebot abgegeben werden muss. Dagegen ist für den erstmaligen Poolzusammenschluss oder den Poolbeitritt als solchen keine Befreiung vorgesehen.195 Der erstmalige Poolzusammenschluss oder Poolbeitritt, der notwendig ist, damit die Anteile nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche privilegiert erworben werden können, kann somit dazu führen, dass Kontrolle erlangt wird, ohne dass ein Befreiungstatbestand nach §§ 36, 37 WpÜG greift.

II. Unterschiedliche Zielsetzungen Fallen das Pflichtangebot und die Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG zusammen, ist das Spannungsverhältnis hinzunehmen. Denn das Pflichtangebot und die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung stehen jeweils in einem unterschiedlichen Kontext. Während das Pflichtangebot eine kapitalmarkt 191

Vgl. dazu bereits oben Teil 3 A. sowie Teil 3 C. II. und III. Siehe dazu bereits oben Teil  5 B. I. 3. a) aa) (1). 193 Siehe dazu bereits oben Teil  5 B. I. 3. a) aa) (2). 194 Vgl. MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 55. 195 Siehe dazu oben die Poolkonstellationen 1 und 2 unter Teil 5 B. I. 1. und 2. 192

B. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege lata

231

rechtliche Funktion erfüllt,196 ist die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG im Kontext der Erbschaft- und Schenkungsteuer einzuordnen197. Gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG erlangt Kontrolle, wer mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft hält. Kapitalanteile gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, wenn der Erblasser bzw. Schenker zu mehr als 25 Prozent am Nennkapital der Gesellschaft unmittelbar beteiligt ist. Insbesondere dadurch, dass keine große Differenz zwischen den Zahlen der Schwellenwerte zu mehr als 25 Prozent gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG auf der einen Seite und mindestens 30 Prozent gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG auf der anderen Seite besteht, kann ein Sachverhalt leicht zugleich beide Tatbestände erfüllen. Freilich werden die Quoten unterschiedlich berechnet, insbesondere weil § 30 WpÜG einen umfassenden Katalog an Zurechnungstatbeständen enthält. Außerdem stellt § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG auf die Beteiligung am Nennkapital ab, wohingegen für § 29 Abs. 2 WpÜG der Stimmrechtsanteil maßgeblich ist. Allerdings sind bei der Ermittlung der Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht lediglich Stammaktien ins Verhältnis zum stimmberechtigten Kapital zu setzen,198 weshalb die Berechnung der Quoten dahingehend gleichläuft. In diesem Zusammenhang ist dem Stimmbindungsvertrag eine besondere Bedeutung beizumessen. Denn durch diesen kann sowohl ein Teil der Voraussetzungen des Zurechnungstatbestands nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG als auch die einzige Voraussetzung des Zurechnungstatbestands nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erfüllt werden. Werden Stimmrechte aus Aktien gebündelt, kann daher bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen sowohl die Angebotspflicht nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG als auch die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung des Erwerbs von Aktien ausgelöst werden. Demnach ist das Zusammenfallen des Pflichtangebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG und der Begünstigung des Erwerbs von Aktien gemäß §§ 13a, 13b ErbStG insbesondere dadurch bedingt, dass sich die Tatbestandsvoraussetzungen der kapitalmarktrechtlichen Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) sowie des begünstigungsfähigen Vermögens nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ähneln. Das Spannungsverhältnis ist folglich nur die Konsequenz der Tatsache, dass ähnliche Tatbestandsvoraussetzungen verschiedene Rechtsfolgen in zwei unterschiedlichen Kontexten auslösen können. Es entsteht dadurch, dass die eine Rechtsfolge  – namentlich die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung – gewünscht und die andere Rechtsfolge – namentlich die Pflicht zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG – unerwünscht ist. 196

Siehe zur Zielsetzung des Pflichtangebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG bereits oben Teil  4 B. 197 Vgl. dazu bereits oben Teil 3 A. 198 Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 3 D. III. 3.

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

C. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege ferenda Das Spannungsverhältnis zwischen der Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG könnte auch durch die Neugestaltung der gesetzlichen Vorgaben für die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung beim Erwerb von Kapitalanteilen aufgelöst werden. Diese müssten dafür derart neugestaltet werden, dass ein Sachverhalt – anders als nach geltendem Recht199 – nicht zugleich die Tatbestände nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG und § 29 Abs. 2 WpÜG bzw. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 und S. 2 ErbStG und §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erfüllt.

I. Keine Herabsetzung der Mindestbeteiligungshöhe gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG Eine (deutliche) Herabsetzung der Mindestbeteiligungshöhe gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG würde dazu führen, dass die Differenz zwischen den Schwellenwerten gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG und § 29 Abs. 2 WpÜG größer werden würde. In der Folge könnten mehr Kapitalanteile begünstigungsfähiges Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG darstellen, ohne dass zugleich die Tatbestands­ voraussetzungen der kapitalmarktrechtlichen Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) erfüllt würden. Ungeachtet dessen stößt der Schwellenwert gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG in Höhe von mehr als 25 Prozent auf Kritik. Teilweise wird diese Höhe als willkürlich200 oder „deutlich überzogen“201 bezeichnet.202 Soll aus Gründen der Vereinfachung eine gewisse Mindestbeteiligungshöhe gelten, müsse diese deutlich unter 25 Prozent liegen, zum Beispiel bei zehn Prozent.203 Ferner wird von einem Teil der Stimmen in der Literatur aufgrund der Entwicklung der Beteiligungsgrenze in § 17 EStG204 gefordert, die Mindestbeteiligungshöhe nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG gleichermaßen von mehr als 25 Prozent 199

Siehe dazu soeben Teil 5 B. II. Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme Nr. 26/08, S. 12; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2005/06, S. 289. 201 H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 2. c) aa). 202 Nur vereinzelt wird die Höhe der Mindestbeteiligung gebilligt. Dabei wird auf die bestehende Sperrminorität verwiesen, so Riedel, ZErb 2013, 145 (146). 203 Müller-Gatermann, FR 2008, 353 (355). 204 Siehe zu dieser Entwicklung BeckOK EStG / Trossen, § 17 Rn.  16 ff.; Brandis / Heuermann /  Vogt, EStG § 17 Rn.  1; Herrmann / Heuer / Raupach / Schmidt, EStG / KStG, § 17 EStG Rn. 1; Korn / Strahl / Winkler, EStG § 17 Rn.  84 ff.; Littmann / Bitz / P ust / Karrenbrock, Einkommensteuerrecht, § 17 EStG Rn. 19 ff.; Musil / Weber-Grellet / Kister, Europäisches Steuerrecht, EStG § 17 Rn. 2; bis einschließlich der Herabsetzung auf mindestens zehn Prozent BVerfGE 127, 61 (63 ff.); zur Entstehung und Entwicklung der Vorschrift umfassend P. Kirchhof / Söhn / Mellinghoff / Schneider, EStG § 17 Rn. A150 ff. 200

C. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege ferenda

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auf ein Prozent205 zu senken.206 Bei der Bestimmung der Mindestbeteiligungshöhe, die eine unternehmerische Beteiligung kennzeichne, soll sich nämlich auch an der wesentlichen Beteiligung nach dem Einkommensteuerrecht orientiert worden sein,207 namentlich an § 17 EStG208.209 Allerdings ist eine Herabsetzung der Mindestbeteiligungshöhe gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG abzulehnen. De lege lata knüpft die sachliche Steuerbefreiung beim Erwerb von Kapitalanteilen daran an, dass der Erblasser bzw. Schenker eine Beteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent hält, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Nach der Begründung zum Entwurf eines JStG 1997 der Fraktionen CDU / CSU und FDP stellt das Erreichen der Mindestbeteiligungshöhe ein Indiz dafür dar, dass „der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt.“210 Diese Annahme liegt laut dem BVerfG im gesetzgeberischen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum211 bzw. ist nicht unplausibel212. Unternehmerisches Interesse zu haben bedeutet durch das Bilden einer Sperrminorität Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen nehmen zu können.213 Da bei satzungsändernden Beschlüssen nach dem GmbHG und dem AktG erst ab einem Stimmrechtsanteil in Höhe von mehr als 25 Prozent über die Sperrminorität verfügt wird214, ist die Mindestbeteiligungshöhe nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG passend.215 205

Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 EStG gehört der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens einem Prozent beteiligt gewesen ist. 206 S. Viskorf / Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 265 f., der sich alternativ auch für eine Abschaffung der Mindestbeteiligung ausspricht; Wachter, ZErb 2006, 391 (399); Crezelius, DB 1997, 1584 (1588), plädiert für eine Angleichung an die zu dem Zeitpunkt maßgebliche Beteiligungsgrenze in Höhe von zehn Prozent; vgl. auch K. Weber /  Schwind, ZEV 2009, 16 (16), die in dem fehlenden Gleichlauf einen Wertungswiderspruch sehen. 207 Siehe dazu die Äußerungen von Heinz Schleußer (Nordrhein-Westfalen) zum Jahressteuergesetz (JStG) 1997 am 19. 12. 1996, BR-PlPr. 707, S. 663B; vgl. auch Crezelius, DB 1997, 1584 (1587). 208 Zum Zweck der Vorschrift BeckOK EStG / Trossen, § 17 Rn.  5 ff.; Brandis / Heuermann /  Vogt, EStG § 17 Rn. 16 ff.; Bordewin / Brandt / Oellerich, EStG § 17 Rn. 22 ff.; P. Kirchhof / Seer /  Gosch, EStG § 17 Rn.  1; P.  Kirchhof / Söhn / Mellinghoff / Schneider, EStG § 17 Rn. A20 ff.; ‌ Winkler, Korn / Strahl / EStG § 17 Rn. 3 ff.; bündig Musil / Weber-Grellet / Kister, Europäisches Steuerrecht, EStG § 17 Rn. 1; L. Schmidt / L evedag, EStG § 17 Rn. 3. 209 Indes weist Jülicher, ZEV 1996, 97 (101), darauf hin, dass die mit dem JStG 1996 erstmals eingeführte Mindestbeteiligungshöhe nach § 13 Abs. 2a ErbStG a. F. bereits ab einer Beteiligungshöhe von 25 Prozent griff, während § 17 EStG a. F. eine Beteiligungshöhe von mehr als 25 Prozent forderte. 210 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/‌901, S. 158. 211 BVerfGE 138, 136 Rn. 182. 212 BVerfGE 117, 1 (63). 213 Siehe dazu bereits ausführlich oben Teil  3 A., Teil  3 D. III. 3. a) cc) sowie Teil  3 D. IV. 2. b) cc). 214 So auch BVerfGE 117, 1 (63); vgl. § 179 Abs. 2 S. 1 AktG, § 53 Abs. 2 GmbHG. 215 Dies verkennend Reith / Gehweiler, BWNotZ 2006, 129 (131), die fordern, dass Beteiligungen in Höhe von 25 Prozent gleichermaßen wie Beteiligungen über 25 Prozent privilegiert werden sollen, falls die Möglichkeit, eine Sperrminorität zu bilden, maßgebend sein soll.

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

Sie ist auch nicht entsprechend § 17 EStG auf ein Prozent zu senken. Zum einen sollen von § 17 EStG Veräußerungsgewinne erfasst werden, die anderenfalls steuerfrei wären, wohingegen § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigungsfähiges Vermögen identifizieren soll.216 Zum anderen ist die Herabsetzung der Beteiligungsgrenze im Rahmen von § 17 EStG im Zusammenhang mit den Änderungen der Regelungen zur Einkommensteuer zu beurteilen. Mit dem EStG vom 10. August 1925217 wurde eine Beteiligungsgrenze zur Bestimmung einer wesentlichen Beteiligung das erste Mal erwähnt. Gemäß § 30 Abs. 3 S. 2 EStG 1925 lag diese bei mehr als einem Viertel. Das EStG vom 16. Oktober 1934218 verortete die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in einer eigenen Norm. Die bis zu diesem Zeitpunkt geltende Beteiligungsgrenze von mehr als einem Viertel blieb indes unverändert, vgl. § 17 Abs. 1 S. 2 EStG 1934. Sodann wurde die Beteiligungsgrenze von mehr als 25 Prozent auf ein Prozent sukzessive herabgesetzt. Zunächst war noch eine Beteiligung in Höhe von mindestens zehn Prozent erforderlich, vgl. § 17 Abs. 1 S. 4 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2001219.220 Dies sollte der Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zufolge zur „Verbreiterung der Besteuerungsgrundlage“221 beitragen. Zudem wurde laut dem BVerfG in der Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen angeführt, dass „[d]ie Ähnlichkeit zum Mitunternehmer […] auch bei einer Beteiligungsgrenze von 10 % noch gegeben [sei].“222 Die Neuregelung sei ferner aufgrund der durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2001 gewährten Steuererleichterungen gerechtfertigt und diene der Missbrauchsbekämpfung.223 Schließlich wurde mit dem StSenkG224 die Beteiligungsgrenze gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 EStG in der Fassung des StSenkG auf mindestens ein Prozent herabgesetzt und im Gesetzeswortlaut nicht mehr von einer wesentlichen Beteiligung gesprochen.225 Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollten auf diese Weise Steuerumgehungen vermieden werden.226 Auch in der Begründung 216

Siehe auch Jülicher, ZEV 1996, 97 (97). Einkommensteuergesetz vom 10. August 1925 (RGBl I 1925, 189). 218 Einkommensteuergesetz (EStG) vom 16. Oktober 1934 (RGBl I 1934, 1005). 219 Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2001 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402). 220 Zur Verfassungsmäßigkeit der auf zehn Prozent abgesenkten Wesentlichkeitsgrenze für Anteilsveräußerungen BFHE 209, 285 (290 ff.); siehe auch BVerfGE 127, 61 (78 f.). 221 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 14/ 23, S. 126 f., 178. „Die Begründung […] ist bemerkenswert offen“, so Bordewin / Brandt /  Oellerich, EStG § 17 Rn. 8. 222 BVerfGE 127, 61 (74). 223 BVerfGE 127, 61 (74). 224 Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz – StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433). 225 Zur Verfassungsmäßigkeit der Beteiligungsgrenze von einem Prozent im Sinne von § 17 Abs. 1 S. 1 EStG siehe BFHE 239, 334. 226 Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BTDrs. 14/2683, S. 114; dagegen handelt es sich dabei Korn / Strahl / Winkler, EStG § 17 Rn. 5, zufolge „um eine fiskalisch motivierte ‚Gegenfinanzierungsmaßnahme‘.“ 217

C. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege ferenda

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zu den vom Finanzausschuss empfohlenen Änderungen für diesen Gesetzesentwurf wird angeführt, § 17 EStG habe künftig die Funktion, die gleichzeitig eingeführte Halbeinkünftebesteuerung auf der Ebene des Anteilseigners, der seine Anteile nicht im Betriebsvermögen hält, sicherzustellen. Auf die Wesentlichkeit komme es dagegen nicht mehr an.227 Solange die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung also mit dem unternehmerischen Interesse des Erblassers bzw. Schenkers begründet wird, ist eine Herabsetzung der Mindestbeteiligungshöhe gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG abzulehnen.

II. Keine Neugestaltung des Poolprivilegs gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG Poolmitglieder, deren Anteile aufgrund des Poolprivilegs nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen, haben sich dazu verpflichtet, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. Werden Stimmrechte aus Aktien lediglich erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich motiviert gebündelt und wird aufgrund dieser Stimmrechtsbündelung Kontrolle im Sinne von §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erlangt, entsteht ein Spannungsverhältnis.228 Diese Dissonanz zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG könnte aufgelöst werden, wenn in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nicht an eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung angeknüpft würde, sondern zum Beispiel an Ausschüttungs- und ggf. auch Abfindungs­ beschränkungen. Auch hat das BVerfG im Jahr 2014 in Bezug auf das Pooling nicht auf eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung abgestellt, sondern auf Klauseln, die die Übertragbarkeit des Anteils oder Möglichkeiten der Gewinnausschüttung einschränken.229

227 Begr. zu den vom Finanzausschuss empfohlenen Änderungen zum Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BT-Drs. 14/2683), BT-Drs. 14/3366, S. 118. 228 Siehe zu diesem Spannungsverhältnis ausführlich bereits oben Teil 5 A. 229 BVerfGE 138, 136 Rn. 192: „So ist es insbesondere, wie in der mündlichen Verhandlung in verschiedenen Stellungnahmen bestätigt wurde, in familiengeführten Unternehmen üblich, dass sich im Wege der Generationenfolge der Anteilsumfang pro Person verringern kann, diesem reduzierten Anteil aber durch gesellschaftsvertragliche Klauseln, welche die Übertragbarkeit des Anteils oder Möglichkeiten der Gewinnausschüttung einschränken, mit dem Ziel eines einheitlichen unternehmerischen Handelns Rechnung getragen wird.“

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

Würde das Poolprivileg derart neugestaltet werden, dass Poolbindungen erforderlich wären, die die freie Übertragbarkeit der Anteile sowie den Anspruch der Gesellschafter auf Gewinnausschüttung und ggf. auch deren Abfindungsanspruch beschränken würden, stellte sich die Frage, ob unternehmerisch interessierte Gesellschafter identifiziert werden könnten. Denn Kapitalanteile können nach der aktuellen Ausgestaltung der sachlichen Steuerbefreiung nur dann begünstigt erworben werden, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser bzw. Schenker unternehmerisch interessiert ist.230 Dem widmet sich die vorliegende Arbeit im Folgenden. 1. Investieren reine Kapitalanleger nur bei erwartbar hohen Dividendenrenditen? Reine Kapitalanleger sollen von der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrecht­ lichen Privilegierung ausgenommen werden; sie hätten kein unternehmerisches Interesse.231 Würden reine Kapitalanleger nur in Aktien investieren, die eine hohe Dividendenrendite aufweisen (sog. Dividendenstrategie232), könnte argumentiert werden, dass Gesellschafter, die (teilweise) auf Gewinnausschüttungen verzichten, keine reinen Kapitalanleger sind. Dann könnte die Beschränkung der Gewinnausschüttung ein Indiz dafür sein, dass die Gesellschafter (jedenfalls) in Bezug auf die Anteile, die diesen Beschränkungen unterworfen sind, als unternehmerisch interessiert gelten. Allerdings kann ein Gesellschafter Gewinne nicht nur durch sein Dividendenbzw. Gewinnbezugsrecht vereinnahmen. Es kann sich aus Sicht eines Kapitalanlegers ebenso lohnen, in eine Gesellschaft zu investieren, die ihre Gewinne nicht bzw. nur teilweise an Aktionäre ausschüttet233. Gewinne können sodann etwa im Falle einer Änderung der Ausschüttungspolitik oder durch einen Verkauf der Beteiligung vorliegen, wenn der Unternehmenswert gestiegen ist und der erzielte Veräußerungspreis die Anschaffungskosten übersteigt (sog. Veräußerungsgewinn). Ein Blick in die Praxis zeigt, dass börsennotierte Gesellschaften wie etwa die Hello­Fresh SE oder home24 SE keine Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten.234 230

Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 3 A. Siehe Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 158 (zum JStG 1997); Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35 (zum ErbStRG); vgl. BVerfGE 117, 1 (63); BVerfGE 138, 136 Rn. 180 ff. 232 Grundlegend bereits Graham, The Intelligent Investor. 233 Siehe weiterführend Prokot, Strategische Ausschüttungspolitik, 2006. 234 Siehe für HelloFresh SE https://www.finanzen.net/dividende/hellofresh; https://haupt versammlungs-termine.de/dividende-hellofresh/; für home24 SE https://www.finanzen.net/ dividende/home24; https://hauptversamm‌lungs-termine.de/dividende-home24/; vgl. ferner auch die Auflistung der Dividendenrenditen zahlreicher Gesellschaften unter https://www. boerse-online.de/nachrichten/aktien/die-hoechsten-dividendenrenditen-welche-aktien-ausdax-mdax-und-co-besonders-ueberzeugen-1000520629/1. 231

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Auch Global Player wie die Amazon.com Inc., Alphabet Inc. und die Netflix Inc. zahlen keine Dividenden aus.235 Die Annahme, diese Gesellschaften hätten keine Gesellschafter, die als reine Kapitalanleger in die Gesellschaft investieren, ist nicht haltbar. Vielmehr gibt es verschiedene Finanzierungsstrategien; die Dividendenstrategie ist dabei nur eine von vielen. Es kann somit nicht angenommen werden, dass Gesellschafter, die (teilweise) auf Gewinnausschüttungen verzichten, keine reinen Kapitalanleger sein können. 2. Möglichkeit der Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen maßgebend Anstelle der Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung kann im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG nur dann an andere Bindungen angeknüpft werden, wenn diese Verpflichtung nicht erforderlich ist, um unternehmerisch interessierte Gesellschafter zu identifizieren. Der Erblasser bzw. Schenker gilt als unternehmerisch interessiert, wenn eine Sperrminorität gebildet und auf diese Weise Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen genommen werden kann.236 Freilich ist eine Einflussnahme auch anders als durch die Ausübung von Stimmrechten möglich,237 wie etwa durch eine Position im Vorstand bzw. in der Geschäftsführung oder im Aufsichtsrat. So stellt etwa nach der F-PEC-Skala die Beteiligung der Familie nur einen Faktor dar, der bei der Messung des Einflusses der Familie einzubeziehen ist.238 Jedoch können Gesellschafter auf unternehmerische Entscheidungen der Gesellschaft gerade dadurch Einfluss nehmen, dass sie durch die Ausübung ihrer Stimmrechte an der internen Willensbildung der Gesellschaft teilnehmen.239 Stimmberechtigte Gesellschafter haben nämlich letzten Endes die Entscheidungshoheit. Insbesondere wählen sie in der AG die Mitglieder des Aufsichtsrats (vgl. § 101 Abs. 1 S. 1 AktG) und können damit mittelbar auch die Mitglieder des Vorstandes 235 Siehe https://www.finanzen.net/dividende/amazon (für Amazon.com Inc.); https://www. finanzen.net/dividende/alphabet (für Alphabet Inc.); https://www.finanzen.net/dividende/ netflix (für Netflix Inc.). 236 Siehe dazu bereits ausführlich oben Teil  3 A., Teil  3 D. III. 3 a) cc) sowie Teil  3 D. IV. 2. b) cc). 237 Vgl. MHdB GesR Bd. 9/Hippeli, § 13 Rn. 2; von Schlippe / Groth / Rüsen, Die beiden Seiten der Unternehmerfamilie, S. 27; Stiftung Familienunternehmen, Börsennotierte Familienunternehmen in Deutschland, S. 5 ff.; auch nach dem Börsenindex DAXPlus Family Index der Deutschen Börse AG gelten börsennotierte Unternehmen als Familienunternehmen, „bei denen die Gründerfamilie mindestens einen 25-prozentigen Stimmrechtsanteil hat oder in Vorstand oder Aufsichtsrat sitzt und mindestens einen Stimmrechtsanteil von 5 Prozent hält“, https:// www.dax-indices.com/index-details?isin=DE000A0YKTL4. 238 Siehe dazu Abb. 1. 5. bei Felden / Hack / Hoon, Management von Familienunternehmen, S. 22; zur F-PEC-Skala siehe bereits oben Teil 2 B. II. 239 Vgl. K. Schmidt, GesR § 15 I 1. a), S. 434; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 12 f.

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bestimmen240 bzw. haben in der GmbH gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG die Kompetenz zur Berufung und Abberufung der Geschäftsführer inne. Damit der Erblasser bzw. Schenker, der nicht selbst zu mehr als 25 Prozent an der Gesellschaft beteiligt ist, als unternehmerisch interessiert gelten kann, muss er also jedenfalls eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung eingegangen sein. Verzichtet man im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG auf die Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung, könnte zudem nicht mehr angenommen werden, dass die Poolmitglieder eine Einheit formen, die in der Gesellschaft  – vergleichbar mit einem einzelnen Gesellschafter  – Einfluss ausüben kann.241 Denn jene Verpflichtung dient gerade dazu, ein einheitliches Auftreten der Poolgesellschafter in der Hauptversammlung sicherzustellen. Letztlich spricht auch ein Vergleich mit der Privilegierung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG gegen die Anknüpfung an Gewinnausschüttungs- und ggf. Abfindungsbeschränkungen beim Pooling nach Satz 2 des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG verlangt nämlich weder eine Ausschüttungs- noch eine Abfindungsbeschränkung. 3. Zwischenergebnis Unternehmerisch interessierte Gesellschafter sind anhand der Möglichkeit, auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft Einfluss nehmen zu können, zu identifizieren. Dabei ist entscheidend, dass eine Sperrminorität gebildet und auf diese Weise Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen genommen werden kann. Es ist daher abzulehnen, beim Pooling nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG auf eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung zu verzichten und stattdessen auf andere Regelungen wie zum Beispiel Ausschüttungs- und ggf. auch Abfindungsbeschränkungen abzustellen. Darüber hinaus gewährleistet die Einschränkung der freien Übertragbarkeit der Anteile, dass die Poolmitglieder auf die zukünftige Besetzung des Gesellschafterkreises des Pools Einfluss nehmen können.242 Auf diese Weise können sie ggf. darauf einwirken, wer in Zukunft Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen haben kann. Insofern ist die Ausgestaltung des Poolings gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG passend. Freilich besteht die Möglichkeit, erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähiges Vermögen weiter zu konkretisieren. So könnte im Rahmen 240

Gemäß § 84 Abs. 1 S. 1 AktG werden Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat bestellt. Sind mehrere Vorstandsmitglieder bestellt, kann der Aufsichtsrat nach § 84 Abs. 2 AktG einen Vorsitzenden ernennen. Gemäß § 84 Abs. 4 AktG kann der Aufsichtsrat bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen sowohl die Bestellung zum Vorstandsmitglied als auch die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstandes widerrufen. Dabei kann der Widerruf auch auf einem Vertrauens­ entzug durch die Hauptversammlung beruhen, vgl. § 84 Abs. 4 S. 2 Fall 3 AktG. 241 Vgl. oben Teil 3 C. III. 242 Siehe dazu bereits oben Teil 3 C. III. 2. a).

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von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zusätzlich etwa an Regelungen angeknüpft werden, die auf die Sicherung des Vermögens in der Gesellschaft zielen (wie etwa Ausschüttungs- und / oder Abfindungsbeschränkungen). Ob dieser Wunsch besteht, ist letztlich eine wirtschafts- sowie steuerpolitische Frage.

III. Neugestaltung von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG Schließlich könnte das Spannungsverhältnis zwischen der sachlichen Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG durch eine Neugestaltung der Voraussetzungen aufgelöst werden, die zu erfüllen sind, damit Kapitalanteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähiges Vermögen darstellen. Diese Voraussetzungen müssten sich dann wesentlich von den Tatbestandsvoraussetzungen der kapitalmarktrechtlichen Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) unterscheiden.243 Derzeit können Kapitalanteile nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigt erworben werden, wenn der Erblasser bzw. Schenker zu mehr als 25 Prozent an der Gesellschaft beteiligt ist und somit als unternehmerisch interessiert gilt.244 Zwar ist es nicht unüblich, auf die Beteiligungshöhe abzustellen, um zu typisieren.245 So ist etwa im Rahmen der Abgrenzung zwischen der Kapitalverkehrsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit dem EuGH zufolge letztere einschlägig, wenn „die Beteiligung, auf die sich […] [die nationale] Regelung bezieht, ausreicht, um es ihrem Inhaber zu ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen.“246 Dabei stelle die Beteiligungshöhe ein Abgrenzungskriterium dar.247 Indem Kapitalanteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt erworben werden können, soll verhindert werden, dass zur Begleichung von Steuerschulden entweder Gewinne ausgeschüttet werden248 oder das Unternehmen (teil-

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Das Zusammenfallen des Pflichtangebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG und der Begünstigung des Erwerbs von Aktien gemäß §§ 13a, 13b ErbStG ist insbesondere dadurch bedingt, dass sich die Tatbestandsvoraussetzungen der kapitalmarktrechtlichen Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) sowie des begünstigungsfähigen Vermögens nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ähneln, siehe dazu bereits oben Teil 5 B. II. 244 Siehe dazu ausführlich bereits oben Teil 3 A. 245 Siehe zu Beteiligungsgrenzen im Einkommensteuer- und Gesellschaftsrecht Richter / C.  Lange, in: Leible / Windthorst (Hrsg.), Nachfolgeplanung in Familienunternehmen, S. 97 f. 246 EuGH, Urteil vom 19. 7. 2012 – C-31/11, IStR 2012, 723 Rn. 24 – Scheunemann; siehe dazu auch m. w. N. Musil / Weber-Grellet / Desens, GewStG § 8 Abs. 5 Rn. 30. 247 Siehe Musil / Weber-Grellet / Desens, GewStG § 8 Abs. 5 Rn. 31. 248 BVerfGE 138, 136 Rn. 187.

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weise)  verkauft werden muss249. Demgegenüber wurde vorgebracht, dass in der Regel keine Gefährdung der Unternehmensfortführung aufgrund der Belastung des Erwerbers von Kapitalanteilen mit der Erbschaftsteuer bestehe.250 Das Argument, durch die Unternehmensbegünstigung werde verhindert, dass das Unternehmen (teilweise) verkauft werden muss, um die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer begleichen zu können, sei durch keinen Fall belegt.251 Eine empirische Untersuchung darüber, ob in Deutschland die Zahlung von Erbschaftsteuer einen Arbeitsplatz gekostet hat, sei nicht bekannt.252 Zunächst nennt die Bundesregierung kein Beispiel, in dem ein Unternehmen ausschließlich aufgrund der Erhebung bzw. Androhung der Erhebung von Erbschaftsteuer nicht fortgeführt bzw. veräußert worden oder aufgrund der Erbschaftsteuerbelastung zahlungsunfähig geworden ist.253 Auch habe eine Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern keinen empirischen Beleg für die Gefährdung des Unternehmensfortbestandes durch die Erbschaftsteuer gefunden, obgleich eine solche nicht gänzlich ausgeschlossen sei.254 Eine derartige Privilegierung des unternehmerischen Vermögens oder die Abschaffung der Erbschaftsteuer sei außerdem nicht erforderlich, um durch die Erbschaftsteuer ausgelöste Liquiditätsprobleme zu lösen.255 Ferner ist es dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen zufolge zwar denkbar, dass die Erbschaftsteuer ungünstige Liquiditätseffekte auslöse. Jedoch wird die schwache empirische Evidenz für die Annahme, die Erbschaftsteuer führe zu einem Liquiditätsentzug, der Betriebe in Schwierigkeiten bringe, beanstandet.256 Zudem sei die Befürchtung, dass der Unternehmensübergang zu Verlusten von Arbeitsplatzen führe, unbegründet.257 Schließlich ist zu bezweifeln, dass der Verkauf der Anteile zur Begleichung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer notwendig sei; denkbar wäre zum Beispiel die Beleihung der Anteile. 249

Siehe Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/4839, S. 67; siehe auch die Äußerungen von Hansgeorg Hauser (CDU / CSU) in 2. Beratung zum JStG 1996 vom 2. 6. 1995, BT-PlPr. 13/42, S. 3361A–B; Carl-Ludwig Thiele (FDP) in der 2. Beratung zum JStG 1997 vom 7. 11. 1996, BT-PlPr. 13/135, S. 12054A–B; Carl-Ludwig Thiele (FDP) in der 1. Beratung zum ErbStRG vom 15. 2. 2008, BT-PlPr. 16/143, S. 15107C; ders. in der 2. Beratung zum ErbStRG vom 27. 11. 2008, BT-PlPr. 16/190, S. 20444A–C. 250 Siehe die Nachweise bei Dutta, Warum Erbrecht?, 2014, Fn. 1949; siehe auch BFHE 198, 342 (366): „Die Prämisse, die Erbschaftsteuer gefährde generell die Existenz mittelständischer Unternehmen, ist nicht zu verifizieren.“ An dieser Auffassung festhaltend BFHE 238, 241 Rn. 84, 86. 251 Piltz, DStR 2013, 228 (231); vgl. auch Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2005/06, S. 291. 252 Piltz, DStR 2013, 228 (231). 253 Siehe die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Barbara Höll, Axel Troost, Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE (BTDrs. 16/1180), BT-Drs. 16/1350, S. 5. 254 Arqus-Stellungnahme, DB 2006, 2700 (2701). 255 Arqus-Stellungnahme, DB 2006, 2700 (2702). 256 BMF-Druck 1/2012, Die Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer, S. 28 ff. 257 BMF-Druck 1/2012, Die Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer, S. 27.

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Nach Auffassung des BVerfG hingegen „durfte [der Gesetzgeber] eine Gefährdung der Liquidität von Unternehmen durch eine ohne Verschonung drohende Belastung mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer annehmen und eine Verschonungsregelung daher grundsätzlich für erforderlich halten.“258 Insbesondere könne „[a]us dem Fehlen von Referenzfällen für Unternehmensgefährdungen […] nicht auf das Fehlen einer solchen Gefahr überhaupt geschlossen werden.“259 Denn es sei zu berücksichtigen, dass der Erwerb von betrieblichen Vermögen bereits seit Anfang der 1990er Jahre in unterschiedlicher Form und Intensität eine erbschaftbzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung erfährt.260 Aufgrund dieser Entscheidung des BVerfG wird in der vorliegenden Arbeit davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber eine Verschonungsregelung grundsätzlich für erforderlich halten durfte. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage, ob es erforderlich ist, dass Kapitalanteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt erworben werden können, würde nämlich den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es stellt sich indes die Frage, ob die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung beim Erwerb von Kapitalanteilen an die Beteiligungshöhe des Erblassers bzw. Schenkers anknüpfen sollte.261 Denn dem BVerfG zufolge müssen die Begünstigungsvorschriften zielgenau ausgestaltet sein.262 Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 22. 6. 1995 dargelegt, dass bei der Gestaltung der Steuerlast zu berücksichtigen sei, dass vor allem mittelständische Unternehmen „in besonderer Weise gemeinwohlgebunden und gemeinwohlverpflichtet sind: Sie unterliegen als Garant von Produktivität und Arbeitsplätzen insbesondere durch Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern, das Betriebsverfassungsrecht, das Wirtschaftsverwaltungsrecht und durch die langfristigen Investitionen einer gesteigerten rechtlichen Bindung.“263 Aufgrund dieser Bindungen sei das erworbene Vermögen betrieblich gebunden. Gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 7. 11. 2006 soll die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Be 258

BVerfGE 138, 136 Rn. 143. BVerfGE 138, 136 Rn. 145. 260 BVerfGE 138, 136 Rn. 145 f. 261 Vgl. auch H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil 3 B. III. 2. c) aa), dem zufolge es schwierig ist, die Abgrenzung anhand einer Beteiligungsquote vorzunehmen. Ferner fordern Reith / Gehweiler, BWNotZ 2006, 129 (131), nicht auf den Unternehmer abzustellen, sondern auf den Fortbestand der Kapitalgesellschaft. Laut der arqus-Stellungnahme, DB 2006, 2700 (2701 f.), sollte jedoch weder der Erhalt von Arbeitsplätzen unabhängig von der Produktivität des Unternehmens zu einer erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung führen noch sollten Unternehmen als eigenständige, von den Interessen des Eigentümers losgelöste Institution betrachtet werden. Kempny, ZEV 2017, 677 (679), zufolge setzt das Verschonungskonzept nach §§ 13a, 13b ErbStG bereits einen Anreiz, das Unternehmen für eine gewisse Dauer „überhaupt und im Wesentlichen unverändert fortzuführen“. 262 Vgl. BVerfGE 138, 136 Rn. 165, 167, mit Hinweis auf BVerfGE 117, 1 (32 f.); ferner auch Müller-Gatermann, FR 2008, 353 (355), der – ohne weitere Ausführungen – die Zielgenauigkeit der Verschonungsregelung infrage stellt, da die Sperrminorität regelmäßig nicht die erforderlichen Einflussmöglichkeiten vermittle, um Arbeitsplätze zu erhalten. 263 BVerfGE 93, 165 (175 f.); siehe dazu auch bereits oben Teil 3 A. I. 259

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

günstigung beim Erwerb von Kapitalanteilen die Betriebsfortführung ermöglichen und Investitionsanreize setzen.264 Es wird also darauf abgestellt, dass Vermögen im Unternehmen gebunden ist und der Erwerber nicht ohne Weiteres auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen kann. Aber dann sollte die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung auch genau daran anknüpfen; und nicht eine Mindestbeteiligungshöhe von mehr als 25 Prozent gefordert werden, um Gesellschafter zu identifizieren, die unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden sind, weil sie Einfluss auf Beschlussfassungen in der Hauptgesellschaft nehmen können.265 Würden aufgrund entsprechender Regelungen weniger das Vermögen des Erwerbers vermehrt werden, sondern der Gesellschaft mehr Vermögen zur Verfügung stehen, könnte das Unternehmen etwa vor Krisen bewahrt werden bzw. Krisen überstehen, ohne dass Arbeitsplätze wegfallen müssten. Außerdem könnte dieses Vermögen genutzt werden, um Investitionen zu tätigen und ggf. sogar der Schaffung von Arbeitsplätzen dienen. In der vorliegenden Arbeit wird daher vorgeschlagen, den Anknüpfungspunkt für die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung beim Erwerb von Kapitalanteilen zu ändern. Es könnten Regelungen verlangt werden, die auf die Sicherung des Vermögens in der Gesellschaft zielen. Dabei werden Vorschläge aufgegriffen, die bereits im Rahmen der durch die Entscheidung des BVerfG vom 17. 12. 2014266 ausgelöste Diskussion um eine Neugestaltung der Verschonungsregelungen unterbreitet wurden. So wurde erwogen, die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung beim Erwerb von Kapitalanteilen unter anderem an Thesaurierungsvorgaben, Entnahmebeschränkungen und Abfindungsklauseln anzuknüpfen.267 Die verminderte Leistungsfähigkeit von Unternehmenserben kann, laut G.  Kirchhof, insbesondere in Thesaurierungsvorgaben und Entnahmebeschränkungen „gesetzlich gefasst werden“268. Paulus zufolge stellen unter anderem Thesaurierungsvorgaben, Entnahmebeschränkungen und Abfindungsklauseln „abstrakt-typisierende Merkmale einer Kapitalbindung“269 dar, die indiziert, dass das unternehmerische Kapital in dem Unternehmen gebunden ist und die Gesellschafter nicht ohne Weiteres darauf zugreifen können.270 264

BVerfGE 117, 1 (63 f.). Der Erblasser bzw. Schenker gilt als unternehmerisch interessiert, wenn eine Sperrminorität gebildet und auf diese Weise Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen genommen werden kann, siehe dazu bereits ausführlich oben Teil 3 A., Teil 3 D. III. 3. a) cc) sowie Teil  3 D. IV. 2. b) cc). 266 BVerfGE 138, 136; siehe zu der Entscheidung näher oben Teil 3 A. III. 267 Vgl. dazu G.  Kirchhof, Gemeinwohlgebundene Unternehmen, S. 16, mit Hinweis auf ­Paulus, „Bedürfnisprüfung“ und Kapitalbindung, auf Bäuml, FR 2015, 73 (75) (Hinweis erstreckt ‌ Vogel, sich zusätzlich auf S. 76), auf Bäuml / FR 2015, 736 (739) (Hinweis erstreckt sich nur auf S. 738) sowie für eine tabellarische Übersicht verschiedener Reformvorschläge auf Kirchdörfer / L ayer, DB 2015, 451 (454 f.). 268 G. Kirchhof, Gemeinwohlgebundene Unternehmen, S. 16. 269 Paulus, „Bedürfnisprüfung“ und Kapitalbindung, S. 1. 270 Paulus, „Bedürfnisprüfung“ und Kapitalbindung, S. 1 ff. 265

C. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege ferenda

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Um eine solche Vermögensbindung herzustellen und effektiv abzusichern, bedarf es Regelungen, die Auszahlungen an den Gesellschafter beschränken und bestimmtes Verhalten des Gesellschafters sanktionieren. Mit der Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG wird bereits abgesichert, dass der Verkauf der Beteiligung, die Auflösung der Gesellschaft sowie die Herabsetzung des Nennkapitals nicht folgenlos bleiben, sondern zur Erhebung einer Nachsteuer führen können. Darüber hinaus bedürfte es aber noch Gewinnausschüttungsbeschränkungen und Abfindungsklauseln, um Auszahlungen an die Gesellschafter zu beschränken. Das Zusammenspiel dieser Regelungen würde eine Vermögensbindung schaffen, mit der eine erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung beim Erwerb von Kapitalanteilen begründet werden kann. Dabei wird nicht verkannt, dass es Unterschiede im Hinblick auf die Bedeutung von Abfindungsklauseln in einer GmbH auf der einen Seite und in der AG auf der anderen Seite gibt. In einer GmbH hat ein Gesellschafter, der ausgetreten oder durch Zwangseinziehung, Zwangsabtretung oder Gestaltungsurteil ausgeschlossen worden ist, grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung.271 Im Gegensatz zur GmbH ist das Bedürfnis nach Ausschließungsregeln bei der AG hingegen geringer.272 Es ist sogar umstritten, ob ein Ausschluss aus wichtigem Grund überhaupt möglich ist.273 Von Gesetzes wegen kommen in der AG ein Gesellschafterausschluss und damit ein Abfindungsanspruch dann in Betracht, wenn Aktien gemäß § 237 AktG eingezogen oder für verlustig erklärt worden sind, weil ein Gesellschafter in Bezug auf seine Einlagepflicht nach § 64 AktG säumig ist (sog. Kaduzierung). Darüber hinaus können Minderheitsaktionäre nach § 327a ff. AktG gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung ausgeschlossen werden (sog. Squeeze-out). Existiert ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag, kann ein außenstehender Aktionär ferner verlangen, dass dessen Aktien zu einer im Vertrag bestimmten angemessenen Abfindung erworben werden, vgl. § 305 AktG. Würde anstelle einer Mindestbeteiligung auf Ausschüttungs- und Abfindungsbeschränkungen abgestellt werden, könnte das Ziel, durch die Verschonungsregelungen Familienunternehmen privilegieren zu wollen, weiterhin erreicht werden. Denn um den Einfluss der Familie zu sichern, werden solche Regelungen in Familienunternehmen in der Regel vereinbart.274 Freilich könnten die Voraussetzungen die zu erfüllen sind, damit Kapitalanteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähiges Vermögen dar 271

Wicke, GmbHG Anh. § 34 Rn. 14. K. Schmidt, GesR, § 28 I 5., S. 803; BGHZ 9, 157 (163): „Bei der Aktiengesellschaft liegen die Dinge anders; bei ihr ist die gesellschaftliche Bindung kapitalbedingter als bei der GmbH, die Aktie ist leichter verwertbar als der Geschäftsanteil, die Persönlichkeit der Gesellschafter spielt eine geringere Rolle und das gesellschaftliche Verhältnis erfordert kein solches Vertrauensverhältnis wie dies vielfach bei der GmbH der Fall ist.“ 273 Statt vieler m. w. N. MüKoAktG / Oechsler, § 237 Rn. 56. 274 Siehe dazu bereits oben Teil 2 B. I.; vgl. auch Bäuml / Vogel, FR 2015, 736 (739). 272

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stellen, weiter konkretisiert werden. Dies erscheint gerade vor dem Hintergrund, dass etwa börsennotierte Gesellschaften wie zum Beispiel die HelloFresh SE oder home24 SE keine Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten und es verschiedene Finanzierungsstrategien gibt,275 sinnvoll. Es könnte sogar diskutiert werden, ob die Vorgaben entsprechend auch für den Erwerb von Beteiligungen an Personengesellschaften gelten sollten. Eine Mindestbeteiligung wird für die sachliche Steuerbefreiung bei dem Erwerb von Anteilen an einer Personengesellschaft nämlich nicht vorausgesetzt, weshalb eine Vielzahl der Stimmen in der Literatur im Hinblick auf die aktuelle Ausgestaltung des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG eine Benachteiligung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften annimmt.276 Diese Kritik wäre gegenstandslos, wenn sich der Anknüpfungspunkt für die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen änderte und sich dadurch eine Gleichbehandlung erzielen ließe. An dieser Stelle wird deutlich, dass es letztlich eine wirtschafts- sowie steuerpolitische Frage ist, welches Vermögen zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen soll.

IV. Ausgestaltung der Vorgaben Nach dem soeben Gesagten wird vorgeschlagen, die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung beim Erwerb von Kapitalanteilen nicht an das Erreichen einer Mindestbeteiligungshöhe durch den Erblasser bzw. Schenker zu knüpfen, sondern daran, dass Ausschüttungs- und Abfindungsbeschränkungen vereinbart worden sind. Zur Gewährleistung von Rechtssicherheit wäre eine inhaltlich klare Ausgestaltung der Vorgaben wünschenswert. Es ist möglich, die Ausschüttung von Gewinnen an Gesellschafter auf unterschiedliche Weise zu beschränken – freilich unter Einhaltung der gesetzlichen Regelungen, wie etwa § 29 GmbHG277 in der GmbH und § 58 AktG in der AG. So kann bereits auf die Höhe des Bilanzgewinns278 in der AG Einfluss genommen werden, über deren Verwendung die Hauptversammlung gemäß § 174 AktG durch Beschluss entscheidet,

275

Siehe dazu bereits oben Teil 5 C. II. 1. Balmes / Felten, FR 2009, 1077 (1077); Feick / Nordmeier, DStR 2009, 893 (893); H. Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, Teil  3 B. III. 2. c) aa); Kögel / L ayer, FS Hennerkes, 2009, S. 65 (77); Langenfeld, ZEV 2009, 596 (596); Möschel, ZRP 2011, 116 (118); Müller-Gatermann, FR 2008, 353 (355); Reith / Gehweiler, BWNotZ 2006, 129 (131); vgl. auch S.  Viskorf  /‌  Wachter, Familienunternehmen in der Nachfolgeplanung, Rn. 265 f.; einen systematischen Bruch annehmend Grolig, Folgerichtigkeitsgebot und Erbschaftsteuer, 2013, S. 188; K. Weber / Schwind, ZEV 2009, 16 (16). 277 Zur Ergebnisverwendung in der GmbH siehe Fromm, GmbH-StB 2018, 190. 278 Vgl. § 158 Abs. 1 Nr. 5 HGB. Zur Erklärung der in § 58 AktG verwendeten Fachbegriffen (Jahresabschluss, Jahresüberschuss, Bilanzgewinn und Rücklagen verschiedener Art) bündig J. Koch, AktG § 58 Rn. 3 f. 276

C. Auflösung des Spannungsverhältnisses de lege ferenda

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bzw. auf den Betrag des Ergebnisses in der GmbH279, über deren Verwendung die Gesellschafterversammlung beschließt (vgl. § 29 GmbHG). Des Weiteren können Beschränkungen betreffend den Anspruch eines Aktionärs auf den Bilanzgewinn bzw. den Anspruch eines Gesellschafters auf das Ergebnis vereinbart werden. So kann in der Satzung einer AG der teilweise oder vollständige Ausschluss der Verteilung des Bilanzgewinns an die Aktionäre bestimmt werden, vgl. § 58 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 AktG sowie § 254 AktG.280 Zudem ist es zwar möglich, dass ein Aktionär auf seine Dividenden verzichtet,281 unklar ist jedoch, ob die Satzung vorgeben kann, dass diese Dividenden zur Rücklagenbildung verwendet werden282. Auch in der GmbH kann der Ausschluss von Gewinnausschüttungen statutarisch vereinbart werden.283 Überdies können im Gesellschaftsvertrag Gewinnverteilungsklauseln vereinbart (vgl. § 29 Abs. 3 S. 2 GmbHG)284 und einzelne GmbH-Gesellschafter vom Gewinnrecht ausgeschlossen werden285. Bei der Ausgestaltung der Vorgaben könnte auf die Erfahrungen mit den Regelungen in § 13a Abs. 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 ErbStG – im Besonderen deren Auslegung und Anwendung – zurückgegriffen werden. Demgemäß ist für Kapitalgesellschaften ein Vorab-Abschlag möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung286 279

Wicke, GmbHG § 29 Rn. 12: „Die Stärkung des Eigenkapitals der Gesellschaft kann dadurch erreicht werden, dass im Gesellschaftsvertrag festgelegt wird, dass ein bestimmter Anteil des Jahresüberschusses in die Gewinnrücklagen eingestellt wird, der somit nicht mehr ausgeschüttet werden kann.“ 280 Siehe Henssler / Strohn GesR / Paefgen, AktG § 58 Rn. 25 f.; Grigoleit /‌ Grigoleit / Z ellner, AktG § 58 Rn. 29; MüKoAktG / Bayer, § 58 Rn. 88 m. w. N.; K. Schmidt / Lutter / Fleischer, AktG § 58 Rn. 42 m. w. N.; zur Mindestdividende siehe J. Koch, FS Heidel, 2021, S. 849. 281 BeckOGK AktG / Cahn, § 60 Rn. 30; Grigoleit / Grigoleit / Rachlitz, AktG § 60 Rn. 18; K. Schmidt / Lutter / Fleischer, AktG § 60 Rn. 20; siehe auch J. Koch, AktG § 60 Rn. 11. 282 Siehe dazu nur MüKoAktG / Bayer, § 58 Rn. 95; J.  Koch, AktG § 60 Rn. 12, jeweils m. w. N.; zur Verpflichtung, diese Dividenden als Gewinnvortrag einzustellen, siehe MüKoAktG / Bayer, § 58 Rn. 96. 283 Wicke, GmbHG § 29 Rn. 12. 284 Siehe zu abweichenden Abreden etwa BeckOK GmbHG / Deussen, § 29 Rn. 34 ff. 285 BGHZ 14, 264 (271); Fleischer, FS Köndgen, 2016, S. 201 (209 ff.); bündig m. w. N. ­Sanders / Rolfes / Hawickenbrauck, ZIP 2021, 1424 (1428); zu Gestaltungsmöglichkeiten der Gewinnverteilung in der GmbH siehe Grever, RNotZ 2019, 1 (6 ff.). 286 Da gemäß dem Wortlaut die entsprechenden Bestimmungen in der Satzung enthalten sein müssen, ist fraglich, ob der Vorab-Abschlag auch bei Anteilen einer AG in Betracht kommen kann, ablehnend R E 13a.20 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 ErbStR 2019 (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts [Erbschaftsteuer-Richt­linie 2019  – ErbStR 2019] vom 16. Dezember 2019 [BStBl I Sondernummer 1/2019, 2]); gegen einen generellen Ausschluss des Vorab-Abschlags für die AG indes von Oertzen / Loose /  Stalleiken, ErbStG 13a Rn. 223; Wachter, GmbHR 2017, 841 (846); A. Wiedemann / Breyer, FUS 2018, 4 (5); vgl. auch Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 607; ferner wird bezweifelt, ob sich die erforderlichen Regelungen aus einem Poolvertrag ergeben können, so H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 182 m. w. N.; siehe auch Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 286.2 m. w. N.; ablehnend R E 13a.20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ErbStR 2019; bündig zu den Rechtsfolgen des Vorab-Abschlags nach § 13a Abs. 9 ErbStG siehe das Schaubild von S. Viskorf / L öcherbach / Jehle, DStR 2016, 2425 (2429); zur Nutzung des Vorab-Abschlags MHdB GesR Bd. 9/Söffing / Ch. Hübner, § 28 Rn. 77 ff.

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unter anderem eine Ausschüttungs- (Nr. 1)287 und eine Abfindungsbeschränkung (Nr. 3)288 vorsieht.289 Inwieweit diese Bestimmungen jedoch als positive Vorbilder dienen könnten, wäre zu hinterfragen.290 Denn in der Literatur wird insbesondere der unklare Gesetzeswortlaut im Hinblick auf die Berechnung des Gewinnanteils in § 13a Abs. 9 S. 1 Nr. 1 ErbStG291 sowie die Ausgestaltung der Abfindungsbeschränkung nach § 13a Abs. 9 S. 1 Nr. 3 ErbStG292 kritisiert.

V. Zwischenergebnis Nach der aktuellen Ausgestaltung der sachlichen Steuerbefreiung können Kapitalanteile begünstigt erworben werden, wenn der Erblasser bzw. Schenker als unternehmerisch interessiert gilt. Dafür ist entscheidend, dass eine Sperrminorität gebildet werden kann, sodass eine Einflussnahme auf bestimmte Beschlussfassungen möglich ist. Insofern ist zum einen die Höhe der Mindestbeteiligung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG (mehr als 25 Prozent) passend, weshalb ihre Herabsetzung abzulehnen ist. Zum anderen muss das Pooling nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG jedenfalls eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung voraussetzen. Denn jene Verpflichtung dient gerade dazu, ein einheitliches Auftreten der Poolgesellschafter sicherzustellen, weshalb an ihrer Stelle etwa nicht auf Ausschüttungs- und ggf. auch Abfindungsbeschränkungen abgestellt werden kann. Damit Kapitalanteile erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigungsfähiges Vermögen darstellen, wird in dieser Arbeit vorgeschlagen, dass nicht daran angeknüpft wird, dass der Erblasser bzw. Schenker eine Mindestbeteiligungshöhe erreicht, sondern verlangt wird, dass Ausschüttungs- und Abfindungsbeschränkungen vereinbart worden sind. Diese Regelungen würden im Zusammenspiel mit der Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG eine Vermögensbindung schaffen, mit der sich die sachliche Steuerbefreiung beim Erwerb der Kapitalanteile be 287

Siehe zu dieser Voraussetzung Daragan / Halaczinsky / Riedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn. 344; Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn.  621 ff.; H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz /  Löcherbach, ErbStG § 13a Rn. 186 ff.; Wilms / Jochum / Söffing, ErbStG § 13a Rn. 289.9 ff. 288 Siehe zu dieser Voraussetzung Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 671 ff.; von Oertzen / Loose / Stalleiken, ErbStG 13a Rn.  235 ff.; H.-U.  Viskorf / Schuck / Wälzholz /  Löcherbach, ErbStG § 13a Rn. 201 f. 289 Zur Entstehungsgeschichte des Vorab-Abschlags nach § 13a Abs. 9 ErbStG siehe Fischer /  Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 564 ff. 290 Vgl. zur Kritik an den Regelungen etwa Fechner / T humbs, FS Crezelius, 2018, S. 523; F. Müller, Unternehmensnachfolge und Erbschaftsteuer, 2016, S. 386 ff.; ferner auch Erkis, FS Crezelius, 2018, S. 505 (516). 291 Siehe Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 628 m. w. N.; vgl. auch Daragan /  Halaczinsky / R iedel / Riedel, ErbStG § 13a Rn. 345; Haaf, Schutz des Familienvermögens, 2021, S. 192 ff., 257. 292 Siehe Fischer / Pahlke / Wachter / Wachter, ErbStG § 13a Rn. 675 f.; Mühlenstädt, ErbStB 2022, 74 (76); H.-U. Viskorf / Schuck / Wälzholz / L öcherbach, ErbStG § 13a Rn. 202; vgl. ferner S. Viskorf / L öcherbach / Jehle, DStR 2016, 2425 (2430), die auf Beweisprobleme hinweisen.

D. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 5  

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gründen ließe. Denn der Erwerber der Kapitalanteile könnte nicht ohne Weiteres auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen. Eine solche Vermögensbindung zielt auf die Sicherung des Vermögens in der Gesellschaft und könnte der Fortführung des Unternehmens sowie dem Erhalt und ggf. sogar der Schaffung von Arbeitsplätzen dienen. Überdies stellen Ausschüttungs- und Abfindungsbeschränkungen Regelungen dar, die typischerweise in Familienunternehmen vereinbart werden. Würden die gesetzlichen Vorgaben für die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung beim Erwerb von Kapitalanteilen derartig neugestaltet, würde das Spannungsverhältnis zwischen der Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG aufgelöst. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen der kapitalmarktrechtlichen Kontroll­ erlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) und die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Kapitalanteile zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zählen, würden sich deutlich unterscheiden.

D. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 5  1. Fallen in einer börsennotierten AG die Privilegierung des Erwerbs von Kapitalanteilen nach §§ 13a, 13b ErbStG mit der Verpflichtung, ein öffentliches Angebot nach §§ 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG abzugeben, zusammen, drängt sich prima facie ein Spannungsverhältnis auf: Während der Erwerber durch die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Privilegierung finanziell entlastet werden soll, könnte der Erblasser bzw. Schenker und / oder der Erbe bzw. Beschenkte durch die Verpflichtung, ein öffentliches Angebot abgeben zu müssen, finanziell stark belastet werden.293 2. Allerdings soll weder die Zahlung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer noch die Durchführung des Pflichtangebots zur wirtschaftlichen Unmöglichkeit der Fortführung eines Familienunternehmens führen. Wird also in einer börsennotierten Familien-AG Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) erlangt, kommt de lege lata eine Vielzahl möglicher Befreiungsgründe nach § 36, 37 WpÜG in Betracht. Im Einzelnen gilt folgendes: – Schließen sich einzelne Gesellschafter, die jeweils weniger als 30 Prozent der Stimmrechte halten, zu einem Mehrheitspool zusammen, erlangt jeder Poolgesellschafter aufgrund der wechselseitigen Zurechnung nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erstmals Kontrolle über die Zielgesellschaft. Die Nichtberücksichtigung von Stimmrechten bzw. eine Befreiung von der Angebotspflicht ist ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht ersichtlich.294 293 294

Siehe Teil 5 A. Siehe Teil  5 B. I. 1. a).

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Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

Besonderheiten können sich insbesondere in einem beherrschten Pool ergeben. Beherrscht ein Poolmitglied den Pool, kommt für die Minderheitsgesellschafter als Befreiungsgrund das Fehlen der tatsächlichen Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG in Betracht.295 Zudem sind den anderen Poolmitgliedern nur die gepoolten Stimmrechte nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zuzurechnen, wenn ein Aktionär nur einen Teil seiner Stimmrechte poolt.296 – Hat ein zukünftiges Poolmitglied eines Mehrheitspools die Zielgesellschaft bereits vor dem Poolzusammenschluss kontrolliert (Alleinkontrolle), baut dieser Aktionär seine Kontrolle lediglich aus und muss kein neues Pflichtangebot abgeben.297 Beherrscht jenes Poolmitglied den Pool, kann eine Befreiung der übrigen Poolgesellschafter auf den Befreiungsgrund nach § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG gestützt werden. Auch in diesem Fall sind nur gepoolte Stimmrechte gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zuzurechnen.298 – Führt der Poolbeitritt eines Aktionärs zu einem Mehrheitspool und erlangen die Poolmitglieder gemäß §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG erstmals Kontrolle, sind grundsätzlich alle Poolmitglieder Bieter. Besonderheiten ergeben sich insbesondere dann, wenn ein Poolmitglied den Pool beherrscht, der beitretende Poolgesellschafter die Zielgesellschaft vor dem Beitritt allein kontrolliert hat oder Poolgesellschafter aufgrund des Teilpoolings bereits vor dem Poolbeitritt die Kontrollschwelle erreicht haben.299 – Tritt ein Aktionär einem Mehrheitspool bei, bauen die dem Pool bereits angehörenden Poolmitglieder ihre Kontrolle lediglich aus, weshalb sie kein neues Pflichtangebot abgeben müssen.300 Erlangt das beitretende Poolmitglied hingegen erstmals Kontrolle, kann eine Befreiung insbesondere in Betracht kommen bei einem Beitritt in einen beherrschten Mehrheitspool nach § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG301 oder gemäß § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG, wenn der Poolbeitritt im Zusammenhang mit einer Nachfolgegestaltung steht, kein anderer Nichtberücksichtigungs- oder Befreiungsgrund greift und die übrigen Aktionäre nicht schutzwürdig sind302. – Erwirbt ein Poolmitglied eines Minderheitspools weitere Stimmrechte und machen sodann die Stimmrechte, die dieses Poolmitglied selbst hält, sowie die ihm nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zugerechneten Stimmrechte erstmals mindestens 30 Prozent aus, erlangt dieses Poolmitglied Kontrolle (vgl. §§ 29 295

Siehe Teil  5 B. I. 1. a) aa). Siehe Teil  5 B. I. 1. a) bb). 297 Siehe Teil  5 B. I. 1. b) aa). 298 Siehe Teil  5 B. I. 1. b) bb). 299 Siehe Teil  5 B. I. 2. a). 300 Siehe Teil  5 B. I. 2. b) aa). 301 Siehe Teil  5 B. I. 2. b) bb) (1). 302 Siehe Teil  5 B. I. 2. b) bb) (2). 296

D. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 5  

249

Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG). Auch in diesem Fall sind nur die gepoolten Stimmrechte der anderen Poolmitglieder zuzurechnen. Betreffend der Angebotspflicht des Erwerbers kann als Befreiungsgrund zunächst das Fehlen der tatsächlichen Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG in Betracht kommen, wenn der Pool von einem anderen Poolmitglied beherrscht wird. Zudem ist eine Befreiung von der Angebotspflicht möglich, wenn der Erwerb der Stimmrechte, der zur Kontrollerlangung geführt hat, nach §§ 36, 37 WpÜG begünstigt ist. Für Familienunternehmen sind in diesem Zusammenhang insbesondere der Nichtberücksichtigungsgrund nach § 36 Nr. 1 WpÜG sowie die Befreiungsgründe nach § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜGAngVO von Bedeutung.303 – Betreffend die Angebotspflicht der übrigen Poolmitglieder ist zunächst zu betonen, dass die ungepoolten Stimmrechte des Erwerbers nicht zugerechnet werden.304 Erlangen die übrigen Poolmitglieder Kontrolle, weil ein anderes Poolmitglied Stimmrechte erwirbt, können sie zwar nicht wegen der Art der Kontrollerlangung nach § 37 Abs. 1 Var. 1 WpÜG befreit werden.305 Ist der Erwerb durch das andere Poolmitglied aber nach §§ 36, 37 WpÜG begünstigt, können sich die übrigen Poolmitglieder ebenfalls auf den in Rede stehenden Begünstigungstatbestand berufen. Dies gilt jedenfalls in Bezug auf den Nichtberücksichtigungsgrund nach § 36 Nr. 1 WpÜG und die Befreiungsgründe nach § 37 Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG-AngVO.306 – Erwirbt ein Mitglied eines Mehrheitspools weitere Stimmrechte, stellt dieser Erwerb für den Erwerber und im Falle der Zurechnung der erworbenen Stimmrechte auch für die übrigen Poolmitglieder lediglich einen Ausbau der Kontrolle dar. Ein neues Angebot muss somit nicht abgegeben werden.307 – Geht der Gründung des Pools bzw. dem Poolbeitritt ein nach §§ 36, 37 WpÜG begünstigter Erwerb durch ein (zukünftiges) Poolmitglied voraus und besteht nach dem Poolzusammenschluss bzw. Poolbeitritt ein Mehrheitspool, kann sich betreffend die Angebotspflicht eine zusätzliche Besonderheit ergeben. Hat nämlich nicht der begünstigte Erwerb der Stimmrechte selbst, sondern erst die Zurechnung der Stimmrechte nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG zur Kontrollerlangung geführt, kann die Nichtberücksichtigung der Stimmrechte bzw. die Befreiung von der Angebotspflicht auf die Begünstigung des Erwerbs von der Angebotspflicht gestützt werden, wenn die Kontrollerlangung in einem zeitlichen und inneren Zusammenhang zu dem begünstigten Erwerb steht.308

303

Siehe Teil  5 B. I. 3. a) aa). Vgl. Teil  5 B. I. 3. a) bb) (1). 305 Siehe Teil  5 B. I. 3. a) bb) (2). 306 Siehe Teil  5 B. I. 3. a) bb) (3). 307 Siehe Teil  5 B. I. 3. b). 308 Siehe Teil  5 B. I. 4. 304

250

Teil 5: Auflösung des Spannungsverhältnisses 

3. Fallen das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG und die Privilegierung gemäß §§ 13a, 13b ErbStG zusammen, ist das Spannungsverhältnis wegen der unterschiedlichen Zielsetzung des Pflichtangebots einerseits und der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung andererseits hinzunehmen. Das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG erfüllt eine kapitalmarktrechtliche Funktion. Dagegen ist die sachliche Steuerbefreiung gemäß §§ 13a, 13b ErbStG im Kontext der Erbschaft- und Schenkungsteuer insgesamt einzuordnen.309 4. Das Zusammenfallen des Pflichtangebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG und der Begünstigung des Erwerbs von Aktien gemäß §§ 13a, 13b ErbStG ist insbesondere dadurch bedingt, dass sich die Tatbestandsvoraussetzungen der kapitalmarktrechtlichen Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) sowie des begünstigungsfähigen Vermögens nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ähneln. Vor diesem Hintergrund könnte das Spannungsverhältnis zwischen der Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG de lege ferenda durch eine Neugestaltung der gesetzlichen Vorgaben für erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung beim Erwerb von Kapitalanteilen aufgelöst werden.310 5. Damit der Erblasser bzw. Schenker nach der aktuellen Ausgestaltung der sachlichen Steuerbefreiung als unternehmerisch interessiert gilt, muss er durch das Bilden einer Sperrminorität Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen nehmen können. Dann können seine Anteile gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigt erworben werden. Aus diesem Grund ist es zum einen passend, dass der Erblasser bzw. Schenker zu mehr als 25 Prozent beteiligt sein muss, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG.311 Zum anderen muss das Pooling nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG jedenfalls eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung voraussetzen. Denn jene Verpflichtung dient gerade dazu, die Möglichkeit der Einflussnahme durch ein einheitliches Auftreten der Poolmitglieder zu gewährleisten.312 6. In dieser Arbeit wird de lege ferenda vorgeschlagen, die sachliche Steuerbefreiung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nicht daran zu knüpfen, dass der Erblasser bzw. Schenker eine Mindestbeteiligungshöhe erreicht. Vielmehr sollte die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung in Betracht kommen können, wenn Ausschüttungs- und Abfindungsbeschränkungen vereinbart worden sind. Denn diese Regelungen würden im Zusammenspiel mit der Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG eine Vermögensbindung schaffen, auf die sich die sachliche Steuerbefreiung beim Erwerb der Kapitalanteile überzeugend stützen ließe. Der Erwerber der Kapitalanteile könnte dann nicht ohne Weiteres auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen. Diese Vermögensbindung zielt auf die Sicherung des Vermögens in der Gesellschaft und könnte der Fortführung des Unternehmens 309

Siehe Teil  5 B. II. Siehe Teil 5 C. 311 Siehe Teil  5 C. I. 312 Siehe Teil  5 C. II. 310

D. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zu Teil 5  

251

sowie dem Erhalt und ggf. sogar der Schaffung von Arbeitsplätzen dienen. Außerdem stellen Ausschüttungs- und Abfindungsbeschränkungen Regelungen dar, die typischerweise in Familienunternehmen vereinbart werden. Durch eine derartige Neugestaltung der gesetzlichen Vorgaben für die erbschaftbzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung beim Erwerb von Kapitalanteilen würde das Spannungsverhältnis zwischen der Privilegierung nach §§ 13a, 13b ErbStG und dem Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG aufgelöst.313

313

Siehe Teil  5 C. III.

Teil 6

Zusammenfassung der wesentlichen Thesen 1. Das Poolprivileg wurde mit dem ErbStRG in Satz 2 des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG a. F. normiert; die Vorschrift trat zum 1. Januar 2009 in Kraft. Seit dem JStG 1996 konnten Kapitalanteile zwar bereits erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich begünstigt erworben werden. Durch die im Jahr 2009 eingeführte Zurechnungsmöglichkeit gepoolter Anteile anderer Gesellschafter wurde die Begünstigung aber leichter zugänglich gemacht. Konkret sollten gerade Kapitalanteile an Familienunternehmen erfasst werden.1 Denn damit Kapitalanteile nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen, muss der Erblasser bzw. Schenker zu mehr als 25 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt sein. Dies sei ein Indiz dafür, dass „der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt.“2 Dem BVerfG „erscheint [diese Auffassung] nicht unplausibel“3, da mit einer Beteiligung in Höhe von mehr als 25 Prozent eine Sperrminorität gebildet und das Zustandekommen von satzungsändernden Beschlüssen verhindert werden könne (vgl. § 179 Abs. 2 AktG bzw. § 53 Abs. 2 GmbHG). 2. Anteile an Familienkapitalgesellschaften zählen weder ausschließlich noch per se zum begünstigungsfähigen Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Allerdings stellen die Poolbindungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf eines ErbStRG typische Ausprägungen der Vorkehrungen dar, die Familien in Familienunternehmen treffen, um ihren Familieneinfluss zu sichern.4 Für die Ausgestaltung der gesetzlichen Vorgaben für das Poolprivileg dienten also Regelungen aus der Praxis als Vorbild. Seit der Einführung von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG werden wiederum Vereinbarungen in der Praxis nach ebendiesen Vorgaben gestaltet.5 3. In Bezug auf die Anforderungen an den Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG bestehen für die Praxis aufgrund der Ausgestaltung dieser Vorschrift Rechtsunsicherheiten.6 Es wären deutlichere gesetzliche Vorgaben wünschenswert. Richtigerweise kann etwa eine Verpflichtung, über die Anteile nur einheit 1

Siehe zur Entwicklung des Poolprivilegs ausführlich Teil 3 A. Begr. Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU / CSU und FDP, BT-Drs. 13/901, S. 158. 3 BVerfGE 117, 1 (63); dieses Argument aufgreifend BVerfGE 138, 136 Rn. 189. 4 Begr. RegE, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 5 Siehe dazu ausführlich Teil 3 C. 6 Ausführlich zum Poolvertrag nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG Teil 3 D. 2

Teil 6: Zusammenfassung der wesentlichen Thesen

253

lich zu verfügen (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Alt. 1 ErbStG), vorliegen, wenn familienfremde Dritte in den Erwerberkreis aufgenommen worden sind.7 Außerdem ist stimmrechtslosen Anteilen im Rahmen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG keine Bedeutung beizumessen.8 4. Unterwirft ein Aktionär nur einen Teil seiner Aktien der Poolbindung, werden die nicht gepoolten Aktien des Erblassers bzw. Schenkers bei der poolbedingten erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung nicht miteinbezogen. Diese anteilsbezogene Auslegung ist insbesondere deshalb vorzugswürdig, weil nicht angenommen werden kann, dass die Rechte der ungepoolten Anteile entsprechend den Poolbindungen ausgeübt werden. Das unternehmerische Interesse wird dem Erblasser bzw. Schenker also nicht nur aufgrund der gepoolten Anteile zugesprochen, sondern auch nur in Bezug auf diese. Demgemäß werden weder sämtliche gepoolten Anteile und die ungepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers bei der Ermittlung dessen Beteiligungshöhe addiert9 noch gehören die ungepoolten Anteile des Erblassers bzw. Schenkers zum begünstigungsfähigen Vermögen, nur weil der Pool die Mindestbeteiligungshöhe erreicht10. 5. Damit die erforderlichen Poolbindungen nicht nur für eine kurze Zeit eingegangen werden, um die Privilegierung in Anspruch nehmen zu können, kann gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 5 ErbStG eine Nachsteuer erhoben werden, wenn die Poolbindung nicht bis zum Ablauf der Behaltensfrist aufrechterhalten wird.11 Allerdings ist nicht eindeutig vorgegeben, wann konkret ein Verstoß gegen die Behaltensfrist vorliegt,12 weshalb für die Praxis auch hier erhebliche Rechtsunsicherheiten bestehen. Beispielsweise wird zu Recht das Halten der Mindestbeteiligungshöhe als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal begriffen.13 6. Damit in einem Familien-Pool, der den Anforderungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG genügt, die gepoolten Anteile insgesamt (auch) künftig die Mindestbeteiligungshöhe erreichen, kann ein Ausschluss für das ordentliche Kündigungsrecht für eine bestimmte Zeit vereinbart werden. Wie lange der Ausschluss für das ordentliche Kündigungsrecht höchstens vereinbart werden kann, ist in Einklang mit der Rechtsprechung und der vorherrschenden Meinung in der Literatur im Einzelfall zu beurteilen. Dabei ist aber auch das Interesse des ausscheidungswilligen Gesellschafters, sich von dem Vertrag lösen zu können, zu berücksichtigen. Denn kraft der Poolmitgliedschaft ist er in Bezug auf die freie Übertragbarkeit der Anteile sowie die Ausübung des Stimmrechts eingeschränkt. Ferner

7

Näher dazu Teil  3 D. I. 2. b) aa) (2). Näher dazu Teil  3 D. III. 3. 9 Ausführlich dazu Teil  3 D. IV. 2. b). 10 Ausführlich dazu Teil  3 D. IV. 2. c). 11 Siehe Teil  3 E. I. 12 Ausführlich dazu Teil 3 E. II. 13 Näher dazu Teil  3 E. II. 4. 8

254

Teil 6: Zusammenfassung der wesentlichen Thesen

können sich aufgrund der besonderen Einbindung der Familie in den Pool Spannungen im Pool entwickeln und dazu führen, dass ein Poolmitglied kündigen möchte.14 7. Werden Stimmrechte (erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich motiviert) gebündelt, kann zugleich Kontrolle erlangt (vgl. §§ 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) und ein Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG ausgelöst werden.15 8. Fallen die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG beim Erwerb von Aktien einer börsennotierten AG und das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG zusammen, drängt sich ein Spannungsverhältnis auf. Auf der einen Seite soll die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Begünstigung den Erwerber finanziell entlasten, um zu verhindern, dass das Unternehmen zur Begleichung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer (teilweise) verkauft werden muss. Auf der anderen Seite steht eine finanzielle Belastung des Bieters durch das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG, weshalb er ggf. Anteile verkaufen muss oder die Fortführung des Unternehmens nicht mehr möglich ist.16 9. Die Auflösung dieses Spannungsverhältnisses erfolgt de lege lata in zweierlei Hinsicht. Zum einen soll weder die Zahlung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer noch die Durchführung des Pflichtangebots zur wirtschaftlichen Unmöglichkeit der Fortführung eines Familienunternehmens führen. Daher kommen gerade in Bezug auf die Angebotspflicht eines Mitglieds eines Familien-Pools eine Vielzahl möglicher Befreiungsgründe nach § 36, 37 WpÜG in Betracht.17 Zum anderen haben die sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG und das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG unterschiedliche Zielsetzungen, sodass das Spannungsverhältnis hinzunehmen ist, wenn sie zusammenfallen. Das Spannungsverhältnis ist nämlich nur die Konsequenz der Tatsache, dass ähnliche Tatbestandsvoraussetzungen – namentlich die der kapitalmarktrechtlichen Kontrollerlangung im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG (ggf. i. V. m. § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Alt. 1 WpÜG) sowie die des begünstigungsfähigen Vermögens nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG – verschiedene Rechtsfolgen in zwei unterschiedlichen Kontexten auslösen können. Das Spannungsverhältnis entsteht dadurch, dass die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung gewünscht und die Pflicht zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG unerwünscht ist.18 10. Schließlich könnte jenes Spannungsverhältnisses de lege ferenda aufgelöst werden, wenn die gesetzlichen Vorgaben für die erbschaft- bzw. schenkungsteuer 14

Ausführlich zur Mindestdauer des Pools Teil 3 F. II. Siehe Teil 4 A.–F., insbesondere Teil 4 D. 16 Ausführlich zu diesem Spannungsverhältnis Teil 5 A. 17 Ausführlich zur Privilegierung bestimmter Poolkonstellationen in einer börsennotierten Familien-AG Teil  5 B. I. 18 Siehe Teil  5 B. II. 15

Teil 6: Zusammenfassung der wesentlichen Thesen

255

rechtliche Begünstigung beim Erwerb von Kapitalanteilen entsprechend neugestaltet werden.19 – Nach der aktuellen Ausgestaltung der sachlichen Steuerbefreiung ist entscheidend, dass der Erblasser bzw. Schenker als unternehmerisch interessiert gilt. Dafür muss er durch das Bilden einer Sperrminorität Einfluss auf bestimmte Beschlussfassungen nehmen können. Vor diesem Hintergrund ist die Höhe der Mindestbeteiligung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG (mehr als 25 Prozent) passend, weshalb ihre Herabsetzung abzulehnen ist.20 Außerdem muss das Pooling nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG richtigerweise jedenfalls eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung voraussetzen, um die Möglichkeit der Einflussnahme durch ein einheitliches Auftreten der Poolmitglieder zu gewährleisten.21 – Anstatt auf das unternehmerische Interesse des Erblassers bzw. Schenkers – und damit auf dessen Beteiligungshöhe – abzustellen, wird in dieser Arbeit vorgeschlagen, § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG neuzugestalten und die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Privilegierung (jedenfalls) an Regelungen zu knüpfen, die der Sicherung des Vermögens der Gesellschaft dienen. Der Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen wäre dem Erwerber der Kapitalanteile dann nicht ohne Weiteres möglich. Würde der Gesellschaft indes mehr Vermögen zur Verfügung stehen, könnte das Unternehmen etwa vor Krisen bewahrt werden bzw. Krisen überstehen, ohne dass Arbeitsplätze wegfallen müssten. Außerdem könnte dieses Vermögen genutzt werden, um Investitionen zu tätigen und ggf. sogar der Schaffung von Arbeitsplätzen dienen. Um eine effektive Vermögensbindung zu schaffen, müssten Ausschüttungs- und Abfindungsbeschränkungen vereinbart worden sein. Denn diese Regelungen würden im Zusammenspiel mit der Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG eine Vermögensbindung schaffen, die bewirken könnten, dass das Vermögen der Gesellschaft weniger dafür verwendet wird, das Vermögen des Erwerbers zu vermehren, sondern jedenfalls zum Teil in der Gesellschaft verbleibt. Der Erwerber könnte nicht mehr ohne Weiteres auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen. Auf eine solche Vermögensbindung ließe sich die sachliche Steuerbefreiung beim Erwerb von Kapitalanteilen überzeugend stützen.22

19

Eine Reformierung der Vorschrift § 13b ErbStG ist im Besonderen mit Blick auf den Koalitionsvertrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, in den nichts Entsprechendes Einzug gefunden hat, in der aktuellen Legislaturperiode nicht ersichtlich. 20 Ausführlich dazu Teil 5 C. I. 21 Ausführlich dazu Teil 5 C. II. 22 Näher zu dieser Neugestaltung von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG Teil 5 C. III.

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Stichwortverzeichnis Befreiung vom Pflichtangebot  160, 172 ff., 194 ff. – Ermessensreduzierung auf Null  181 f. – intendiertes Ermessen  178 ff. Behaltensfrist  108 ff. – Ausscheiden  112 ff., 131 ff. – Kapitalerhöhung  136 f. – Mindestbeteiligung  122 ff., 131 ff. – Sinn und Zweck  110 f. – Verstoß  111 ff. – Zweiterwerber  117 ff. BVerfGE 138, 136  36 ff. „Components-of-Involvement“-Ansatz  27, 43 f. Einschränkung der Übertragbarkeit – Familien-AG  56 ff. – Familien-GmbH  55 ff. – Familienkapitalgesellschaften  54 ff. – Motivation 25, 54, 56 f. Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer  29 ff. „Essence“-Ansatz  27, 43 f. Familienunternehmen – Besonderheiten  23 ff. – börsennotierte  17 f., 28 – Definition  22 ff., 28, 43 f. – Erbschaft- bzw. schenkungsteuer­ rechtliche Begünstigung 41 ff., 61 f., 239 ff. – Recht der Familienunternehmen  25 f., 142 f. F-PEC-Skala  27, 43 f. JStG 1996  31 ff. JStG 1997  31 ff. Konflikttheorie  48 f.; 212 Kontrollbegriff  161 f., 164 ff. Mindestbeteiligung  92 ff., 232 ff.

Nichtberücksichtigung siehe Befreiung vom Pflichtangebot Pool – Begriff 22 – Pooling siehe Poolvertrag Poolprivileg  30 ff., 235 ff. Poolvertrag – Begriff 22 – ErbStG  62 ff. – ErbStRG  34 f., 45 ff. – Form  105 ff. – Fortsetzungs- und Nachfolgeklausel ​137 f. – Mindestdauer  138 ff. – Verstoß  148 ff. Pflichtangebot  158 ff. – Abgabepflicht mehrerer Pool­m itglieder ​ 183 ff. – begünstigter Erwerb  212 ff., 225 ff. – beherrschte Pool  196 ff. – erstmaliger Poolzusammenschluss ​195  ff. – Poolbeitritt  207 ff. – Umfang der Angebotspflicht  183 – Verstoß  186 f. Socioemotional Wealth  24 f., 74 Spannungsverhältnis  17, 158, 189 ff., 230 f. – Auflösung de lege ferenda  232 ff. – Auflösung de lege lata  194 ff. Stimmbindungsvertrag – Begriff 22 – ErbStG  82 f. – Familien-AG  47 ff. – Kontrollerlangung  169 ff. – Motivation  25, 47 ff. – Verbreitung  17 f. Sachliche Steuerbefreiung  39 f. Stimmrecht – einheitliche Ausübung  80 ff. – stimmrechtslos  83 ff. – Zurechnung  171 f., 196 ff.

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Stichwortverzeichnis

Teilpooling  97 ff., 103 ff., 199 ff., 208, 213, 220 f. Unternehmerisch interessiert  32, 35 ff., 88, 100, 236 ff.

Verfügung – Begriff  63 ff. – einheitliche  68 ff. Vermögensbindung  26, 239 ff. Vermögensverwaltende Personengesellschaft  93 ff.