Der markenrechtliche Begriff der Benutzung nach der Markenrechtsreform [1 ed.] 9783737015493, 9783847115496

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Der markenrechtliche Begriff der Benutzung nach der Markenrechtsreform [1 ed.]
 9783737015493, 9783847115496

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Schriften zum deutschen und internationalen Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht

Band 55

Herausgegeben von Professor Dr. Haimo Schack, Kiel, Ehemaliger Direktor des Instituts für Europäisches und Internationales Privat- und Verfahrensrecht

Julius Pakusch

Der markenrechtliche Begriff der Benutzung nach der Markenrechtsreform

V&R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Studienstiftung ius vivum. © 2023 Brill | V&R unipress, Robert-Bosch-Breite 10, D-37079 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, V&R unipress und Wageningen Academic. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 2198-6398 ISBN 978-3-7370-1549-3

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Begriff der Benutzung . . . . . . . . . . . . . B. Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . I. Fallgruppen im Markenrecht . . . . . . . . . II. Eigener Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Bedeutung der früheren (nationalen) Rechtslage

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Kapitel 2. Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts A. Der Richtlinientext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung der Verletzungstatbestände . . . . . . . . . II. Einheitliche Auslegung des Benutzungsbegriffs . . . . . . III. Benutzung für Waren oder Dienstleistungen des Dritten IV. Änderungsvorschlag der Kommission . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Erwägungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen . 1. Bedeutung der unterschiedlichen Formulierung . . . . 2. Bedeutung des Regelungszusammenhangs . . . . . . . II. Der Zweck des Markenschutzes . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Herkunftsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen 3. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Markenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die warenzeichenmäßige Benutzung . . . . . . . . . . 2. Die markenmäßige Benutzung . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

3. Die funktionsbeeinträchtigende Benutzung . . . . . . . . . 4. Die unterscheidende Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bedeutung der Markenfunktionen in der Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Benutzungsbegriff im Rahmen des Identitätsschutzes . a) Phase 1: Die Entwicklung der Funktionenlehre . . . . . aa) Die BMW-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Benutzung für Waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Benutzung für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . (c) Schranke des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 . . . . . . . . (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Hölterhoff-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Arsenal-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Anheuser-Busch-Entscheidung . . . . . . . . . . . . (1) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die Adam Opel-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Benutzung für Waren der Kategorie Spielzeug . . . . . . (b) Benutzung für Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge . . (c) Schranke des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 . . . . . . . . (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Die L’Oréal-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Phase 2: Die einzelnen Markenfunktionen . . . . . . . . aa) Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion . . . . . . . . . bb) Beeinträchtigung der Qualitätsfunktion . . . . . . . . . cc) Beeinträchtigung der Werbefunktion . . . . . . . . . . . dd) Beeinträchtigung der Investitionsfunktion . . . . . . . . c) Phase 3: Die Mitsubishi-Entscheidung . . . . . . . . . . aa) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

(1) Benutzung eines Zeichens . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vergleich zwischen benutztem Zeichen und eingetragener Marke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Beeinträchtigung der Investitionsfunktion . . . . . . . . . (4) Beeinträchtigung der Werbefunktion . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Benutzungsbegriff im Rahmen des Verwechslungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Arsenal-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Anheuser-Busch-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . c) Die O2-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die L’Oréal-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Benutzungsbegriff im Rahmen des Bekanntheitsschutzes . a) Entwicklung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bedeutung der Markenfunktionen in der Literatur . . . . . . . . 1. Markenmäßige Benutzung und alleiniger Schutz der Herkunftsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterscheidung zwischen den Verletzungstatbeständen . . . . 3. Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen Benutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Keine markenmäßige Benutzung und Schutz aller Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen Benutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückschlüsse von den besonderen Tatbestandsmerkmalen auf den Schutzzweck einzelner Verletzungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterscheidung zwischen ökonomischen und rechtlich geschützten Funktionen einer Marke . . . . . . . . . . . . d) Einfluss der Markenfunktionen auf die Verletzungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die spezifischen Interessen des Markeninhabers . . . . . (1) Die Markenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen . . . .

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Inhalt

bb) Alleiniger Schutz der Unterscheidungsfunktion und Verhältnis zur Herkunftsfunktion . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verhältnis zu Art. 3 MRL 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterscheidung zwischen einem Zeichen und einer Marke . 2. Unterscheidung zwischen Schutzvoraussetzung und Schutzumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu Art. 10 Abs. 3 MRL 2015 . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 . . . . . . . . . . . . . IV. Verhältnis zu Art. 14f. MRL 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zum deklaratorischen Charakter einer Norm . . . . . . . . 2. Überprüfung der Schrankenregelungen anhand der verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten des Benutzungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Benutzung für Waren oder Dienstleistungen des Dritten b) Markenmäßige Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Funktionsbeeinträchtigende Benutzung . . . . . . . . . aa) Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion . . . . . . . . . (1) Berücksichtigung der Schranken-Schranken . . . . . . . (2) Die spezifischen und die berechtigten Interessen des Markeninhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Berücksichtigung aller Funktionen . . . . . . . . . . . . d) Unterscheidende Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verhältnis zu Art. 27ff. MRL 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rückschlüsse auf den Benutzungsbegriff . . . . . . . . . . . 2. Die Baumwollblüte-Entscheidung des EuGH . . . . . . . . . a) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 3. Der Benutzungsbegriff des MarkenG . . . . . . . . . . . . . . A. Auslegung des MarkenG unter Berücksichtigung der Vorgaben der MRL 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Gesetzestext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Gesetzesbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Markenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV. Die Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . B. Abweichende Auslegung für Benutzungsmarken? C. Inanspruchnahme von Art. 10 Abs. 6 MRL 2015? D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2022 von der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität HalleWittenberg als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Oktober 2022 berücksichtigt werden. Herzlich danken möchte ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Malte Stieper für die schöne Zeit an seinem Lehrstuhl und die Unterstützung bei der Betreuung dieser Arbeit. Bedanken möchte ich mich zudem bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Lehrstuhls, allen voran bei Dr. Moritz Finke, der immer ein offenes Ohr hatte und mir stets mit Rat beiseite stand. Besonderer Dank gilt auch Frau Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie der Studienstiftung ius vivum für den großzügigen Druckkostenzuschuss. Von ganzem Herzen bedanke ich mich schließlich bei Jona, meinen Eltern und bei Ulli und Petra für die unermüdliche Unterstützung und den steten Zuspruch. Frankfurt, im Oktober 2022 Julius Pakusch

Kapitel 1. Einleitung

Marken verleihen ihrem Inhaber nach § 14 Abs. 1 MarkenG ein subjektives ausschließliches Recht. Wie bei allen Immaterialgüterrechten folgt hieraus vor allem ein negatives Verbotsrecht:1 Der Markeninhaber kann Dritten gemäß § 14 Abs. 2 MarkenG solche Handlungen verbieten, die ihn in seinem Markenrecht verletzen. Gerade hierauf wird es dem Markeninhaber in den meisten Fällen ankommen. Allerdings ist im Markenrecht seit jeher die Reichweite dieses Verbotsrechts umstritten. Es ist nicht klar, welche Handlungen der Markeninhaber Dritten verbieten kann.

A.

Der Begriff der Benutzung

Den drei Verletzungstatbeständen des § 14 Abs. 2 MarkenG ist gemeinsam, dass sie die »Benutzung« eines Zeichens voraussetzen. Um die Reichweite des Markenschutzes zu bestimmen, kommt es daher maßgeblich darauf an, wie der Begriff der »Benutzung« auszulegen ist. Hierüber herrscht jedoch keine Einigkeit. Ist es eine »Benutzung«, darauf hinzuweisen, dass man Fahrzeuge der Marke BMW wartet und verkauft?2 Ist es eine »Benutzung«, mit der Marke eines Fußballclubs versehene Souvenir- und Fanartikel zu verkaufen, wenn dadurch nur die Unterstützung für den Verein ausgedrückt werden soll und man darauf hinweist, dass es sich nicht um offizielle Fanartikel handelt?3 Ist es eine »Benutzung«, den Geruch der eigenen Parfums mit dem von Parfums einer bestimmten Marke zu vergleichen?4 Ist es eine »Benutzung«, Gabelstapler, von denen man zuvor die Markenzeichen eines Wettbewerbers entfernt hat, mit eigenen Markenzeichen zu versehen und zu verkaufen?5 1 2 3 4 5

Vgl. Fezer, Markenrecht, § 14, Rn. 12. Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) aa). Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) cc). Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) ff). Siehe Kapitel 2. C. II. 1. c).

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Einleitung

Die Frage nach der Bedeutung des Benutzungsbegriffs dreht sich im Kern um die Frage, was eine Marke ausmacht: Ist sie allein als Herkunftskennzeichen zu verstehen? Dient sie also lediglich der Funktion, Waren oder Dienstleistungen einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen? Dann läge in den genannten Beispielen wohl eher keine Benutzung vor, da es nicht zu einer Herkunftsverwirrung bezüglich der Waren und Dienstleistungen gekommen ist. Oder ist eine Marke hierauf nicht beschränkt? Dient eine Marke dem Markeninhaber beispielsweise auch dazu, Informationen über die Ware oder Dienstleistungen wie etwa deren Qualität zu vermitteln? Hierzu kann auch gehören, dass der Markeninhaber eine bestimmte Werbewirkung oder ein besonderes Markenimage zu erzielen versucht. Fezer hat in diesem Zusammenhang den Begriff des »produktidentifizierenden Unterscheidungszeichens« als Instrument der kommerziellen Kommunikation geprägt.6 In diesem Fall wäre das Vorliegen einer Benutzung in den genannten Beispielen nicht ohne weiteres zu verneinen. Es käme vielmehr auf weitere Faktoren an. Zu diesen weiteren Faktoren gehören vor allem die Schranken der §§ 23, 24 MarkenG.7 Diese haben die Funktion, bestimmte, eigentlich vom Schutzbereich des Markenrechts umfasste Handlungen, wieder aus dem Schutzbereich »auszusortieren«.8 Die Anwendung dieser Schranken ist wiederum von Schranken-Schranken abhängig, §§ 23 Abs. 2 und 24 Abs. 2 MarkenG. Sie fungieren als Ausnahme von der Ausnahme. Die Reichweite des Markenschutzes bestimmt sich damit insgesamt aus einem Zusammenspiel von Verletzungstatbeständen und Schrankenregelungen. Das ausschlaggebende Tatbestandsmerkmal ist dabei stets die »Benutzung« eines Zeichens. Mit der Auslegung des Benutzungsbegriffs beschäftigt sich diese Arbeit.

B.

Prüfungsmaßstab

Bei der aufgeworfenen Fragestellung kann nicht lediglich der Benutzungsbegriff der drei Verletzungstatbestände des § 14 Abs. 2 MarkenG ausgelegt werden. Zu berücksichtigen ist, dass das deutsche Markenrecht maßgeblich durch die Regelungen der europäischen Markenrichtlinien (MRL) beeinflusst wird. Aus diesen MRL ergeben sich verbindliche Vorschriften, nach denen sich das nationale Recht der Mitgliedstaaten zwingend zu richten hat.9 6 7 8 9

Fezer, Markenrecht, § 3, Rn. 9ff. Vgl. auch Fezer, Markenrecht, § 14, Rn. 48. Vgl. Oebbecke, S. 53f. Vgl. Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 14, Rn. 17; Martens, S. 173; EuGH NJW 2004, 3547, Rn. 110ff. m. w. N.

Methodisches Vorgehen

15

Die MRL bezwecken zumindest in Bezug auf das materielle Recht einer eingetragenen Marke seit jeher eine Vollharmonisierung. In ErwG 9 MRL 198910 beziehungsweise ErwG 10 MRL 200811 hieß es: »Zur Erleichterung des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs ist es von wesentlicher Bedeutung, zu erreichen, dass die eingetragenen Marken im Recht aller Mitgliedstaaten einen einheitlichen Schutz genießen.«

Auch in ErwG 10 MRL 201512 heißt es: »Es muss unbedingt gewährleistet sein, dass eingetragene Marken im Recht aller Mitgliedstaaten einen einheitlichen Schutz genießen.«

Die Vollharmonisierung einer Richtlinie hat zur Folge, dass das Schutzniveau der Richtlinie von den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung in nationales Recht weder unter- noch überschritten werden darf.13 Zu diesen vollharmonisierenden Vorschriften gehören auch die Verletzungstatbestände. Es kommt daher entscheidend darauf an, wie der Benutzungsbegriff in der MRL auszulegen ist. Erst die Beantwortung dieser Frage zeigt, welche Vorgaben sich aus der MRL für den einzelnen Mitgliedstaat und die Auslegung des nationalen Rechts ergeben. Aus diesem Grund liegt der Fokus der folgenden Untersuchung in Kapitel 2 zunächst allein auf der Auslegung des europäischen Markenrechts. Erst in einem zweiten Schritt kann in Kapitel 3 das deutsche MarkenG unter Berücksichtigung der unionsrechtsrechtlichen Vorgaben untersucht werden. Aufgrund der Vollharmonisierung der MRL wird es dabei vor allem auf die Frage ankommen, ob im MarkenG Abweichungen von den Vorgaben der MRL in Betracht kommen.14

C.

Methodisches Vorgehen

Die Frage nach der Auslegung des Benutzungsbegriffs beschäftigt die Wissenschaft bereits seit der ersten MRL 1989.15 Das Thema hat jedoch vor allem durch die Neufassung der MRL 2015 im Zuge der Markenrechtsreform wieder an Ak-

10 Erste Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (89/104/EWG). 11 Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung). 12 Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Neufassung). 13 Vgl. Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 14, Rn. 17. 14 Siehe hierzu Kapitel 3. B. und C. 15 Zur Auslegung des Benutzungsbegriffs in der Literatur siehe Kapitel 2. C. III.

16

Einleitung

tualität gewonnen.16 Auch die Mitsubishi-Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2018 hat deutlich gemacht, dass der EuGH bei der Auslegung des Benutzungsbegriffs immer wieder neue Aspekte berücksichtigt.17

I.

Fallgruppen im Markenrecht

In der Literatur ist bei der Auslegung des Benutzungsbegriffs vor allem eine Argumentation häufig zu beobachten: Einige Autor*innen orientieren sich bei der Auslegung des Benutzungsbegriffs maßgeblich an verschiedenen Fallgruppen einer rechtsverletzenden Benutzung. Dabei prüfen sie, zu welchem Ergebnis eine mögliche Bedeutung der Benutzung für eine bestimmte Fallgruppe führen würde. Anschließend lehnen sie die Auslegung ab, bei denen ihnen das Ergebnis nicht sachgemäß erscheint und begründen dies damit, dass andernfalls eine Benutzung unter den Markenschutz falle, die ersichtlich keine Markenverletzung darstellen solle oder eine grundsätzlich zulässige Form der Markenverwendung sein müsse.18 Alternativ soll eine bestimmte Bedeutung der Benutzung nur unter der Voraussetzung möglich sein, dass zum Ausgleich die Schrankenregelungen weit ausgelegt oder erweitert würden.19 Dieser Ansatz ist methodisch nicht überzeugend. Er vermischt die Auslegung der geltenden Rechtslage (de lege lata) mit persönlichen Vorstellungen sowie rechtspolitischen Erwägungen (de lege ferenda).20 Richtigerweise sollte aber nicht das Ergebnis zur Auslegung, sondern die Auslegung zum Ergebnis führen. Die Frage, von welchem Benutzungsbegriff die MRL ausgeht, muss ergebnisoffen und unabhängig von bestimmten Fallgruppen beantwortet werden.21 Sie ist zu trennen von der Frage, ob die MRL gegebenenfalls in bestimmten Punkten geändert werden sollte. Bei der Auslegung der geltenden Rechtslage kann und muss vor16 Siehe zu den Änderungen durch die MRL 2015 insbesondere Kapitel 2. A. I sowie Kapitel 2. B. 17 Siehe hierzu Kapitel 2. C. II. 1. c). 18 Vgl. Eichhammer, S. 153ff.; Ingerl, WRP 2002, 861 (864, 866); Kur, GRUR Int. 2008, 1 (12); Sack, WRP 2010, 198 (211); Steinbeck, WRP 2015, 1 (4f.); Wagner, S. 244, 247; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 14, Rn. 131 spricht von einer »ergebnisorientierten Auslegung des Benutzungsbegriffs«; problematisch in diesem Zusammenhang auch der Ansatz von Haberstumpf, MarkenR 2011, 429 (433); ders., ZGE 2011, 151 (195f.), der von einem »vorrechtlichen Vorverständnis« davon spricht, was eine rechtsverletzende Benutzung sei. 19 Kur, GRUR Int. 2008, 1 (12); dies., in: Kur/v. Bomhard/Albrecht, Markengesetz, Einl., Rn. 147; Hillebrand, S. 110f., die eine Erweiterung des Tatbestands mit einer »eigentlich unzulässigen« Ausdehnung der Schranke des § 23 MarkenG im Wege einer Analogie ausgleichen möchte; kritisch auch Haas, S. 154. 20 Paulus, S. 181f. gibt zu, dass es sich letztlich um eine rechtspolitische Erwägung handelt. 21 So auch Knaak, GRUR Int. 2009, 551 (555).

Bedeutung der früheren (nationalen) Rechtslage

17

ausgesetzt werden, dass der Richtliniengeber rechtspolitische Erwägungen bereits angestellt und in der MRL zum Ausdruck gebracht hat. Die MRL enthält dem Grunde nach auch bereits eine Abwägung der betroffenen Interessen. Ausdruck dieser Abwägung sind die Schrankenregelungen. Eine Vorschrift, die einen absoluten Schutz22 anordnet, darf daher nicht vorschnell durch zusätzliche ungeschriebene Voraussetzungen eingeschränkt werden.

II.

Eigener Ansatz

Da es aus den genannten Gründen nicht zielführend ist, die Auslegung der Benutzung von verschiedenen Fallgruppen abhängig zu machen, soll die Auslegung des Benutzungsbegriffs in dieser Arbeit abstrakt erfolgen. Bei dieser dogmatischen Herangehensweise besteht das Ziel vor allem darin, einen in systematischer Hinsicht stimmigen Benutzungsbegriff zu finden, der einheitlich auf alle Verletzungstatbestände anwendbar ist und bei dem jedem Tatbestandsmerkmal eine eigenständige Bedeutung zukommt. Auch im Verhältnis zu den Schrankenregelungen sollte ein Benutzungsbegriff gefunden werden, bei dem den Schrankenregelungen ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt.23

D.

Bedeutung der früheren (nationalen) Rechtslage

Viele Abhandlungen, die sich mit der Reichweite des Markenschutzes im Allgemeinen oder der Auslegung des Benutzungsbegriffs im Speziellen befassen, beginnen einleitend mit umfassenden Darstellungen der Rechtslage zu Zeiten des Warenzeichengesetzes (WZG).24 In diesem Zusammenhang ist jedoch entscheidend, dass das MarkenG maßgeblich durch die europäischen MRL beeinflusst wird.25 Rückschlüsse aus der Rechtslage zu Zeiten des ausschließlich national determinierten WZG auf die Auslegung des MarkenG sind höchst problematisch. Denn für den harmonisierten Bereich werden die herkömmlichen Auslegungsmaßstäbe des nationalen Rechts von der Verpflichtung überlagert, das MarkenG anhand der Bestimmungen der MRL auszulegen.26 Damit muss die 22 Vgl. ErwG 16 MRL 2015. 23 Siehe Kapitel 2. D. IV. 24 Siehe etwa Blankenburg, S. 101ff.; Danger, S. 31ff.; Eichhammer, S. 31ff.; Haas, S. 58ff.; Nägele, S. 29ff.; Viole, S. 64ff. 25 Dies galt zunächst vor allem für das materielle Recht, seit der MRL 2015 aber auch für große Teile des Verfahrensrechts. 26 So auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts und zur Umsetzung der ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. De-

18

Einleitung

Auslegung des MarkenG unabhängig von der Rechtslage zu Zeiten des WZG erfolgen.27 Hinzu kommt, dass das MarkenG als eigenständiges Gesetz ohnehin autonom auszulegen ist. Die Tatsache, dass die Vorschriften des MarkenG in bestimmten Punkten mit denen des WZG übereinstimmen oder von diesen abweichen, kann keine Auswirkungen auf deren Auslegung haben. Hieraus lässt sich weder der Schluss ziehen, dass der Gesetzgeber an der bestehenden Rechtslage festhalten, noch, dass er sie ändern wollte.28 Aus diesen Gründen ergeben sich aus der früheren Rechtslage keine Erkenntnisse für die aktuelle.29 Ein Vergleich der Vorschriften kann lediglich einen Beitrag zu rechtshistorischen Untersuchungen leisten.

zember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Markenrechtsreformgesetz), BT-Drs. 12/6581, S. 58. 27 Ebenso Fezer, GRUR 1996, 566 (568); ders., WRP 2010, 165 (174); ders., Markenrecht, § 14, Rn. 148; Hertz-Eichenrode, WRP 2008, 1499 (1500); Hotz, GRUR 2003, 993 (995); Geßner, S. 83; Will, S. 187; vgl. auch Schwartze, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 4, Rn. 27. 28 Aus der Gesetzesbegründung geht im Übrigen hervor, dass mit dem MarkenG eine Abkehr von der bislang geltenden Rechtslage erreicht werden sollte, vgl. Gesetzesbegründung, BTDrs. 12/6581, S. 59, 72. 29 So auch Peschel, S. 34f.; a. A. aber für bestimmte Fälle Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rn. 136, unzutreffend insoweit auch v. Gamm, WRP 1993, 793 (799).

Kapitel 2. Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Im Folgenden soll die MRL 2015 unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen Literatur ausgelegt werden, um den Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts zu bestimmen. Bei der Auslegung der MRL 2015 sind ähnlich der im nationalen Recht üblichen Einteilung vor allem vier Auslegungskriterien zu berücksichtigen: Die grammatikalische (A.), die historische (B.), die teleologische (C.) und die systematische Auslegung (D.).30 Während bei der grammatikalischen Auslegung der Wortlaut unter Berücksichtigung aller sprachlichen Fassungen im Vordergrund steht,31 ist bei der historischen Auslegung der Wille des Richtliniengebers zu ermitteln.32 Die teleologische Auslegung befasst sich mit dem Zweck einer Regelung.33 Bei der systematischen Auslegung ist der Regelungs- und Bedeutungszusammenhang einer Norm als Bestandteil eines Regelungsganzen zu bestimmen.34 Dabei handelt es sich bei diesen Auslegungskriterien nicht um alternative Auslegungsargumente, die einer bestimmten Rangfolge zuzuordnen wären.35 Aus den verschiedenen Auslegungskriterien sind vielmehr einzelne Auslegungsargumente abzuleiten, die in einer Gesamtabwägung im Sinne eines beweglichen Systems zu einer bestimmten, vorzugswürdigen Auslegung führen.36

30 Riesenhuber, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 10, Rn. 12; vgl. auch Müller/ Christensen, S. 26f., Rn. 8; Reimer, S. 140. 31 Riesenhuber, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 10, Rn. 13ff. 32 Riesenhuber, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 10, Rn. 33. 33 Müller/Christensen, S. 77, Rn. 79; Riesenhuber, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 10, Rn. 41f. 34 Müller/Christensen, S. 52, Rn. 43; Riesenhuber, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 10, Rn. 21f. 35 Riesenhuber, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 10, Rn. 50ff. Dennoch könne man zumindest annehmen, dass der aus dem Gesetz erkennbare subjektive Wille des Gesetzgebers Vorrang vor objektiven Erwägungen habe und dem Zweck einer Regelung eine größere Bedeutung als ihrem Wortlaut beizumessen sei. 36 Vgl. Riesenhuber, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 10, Rn. 50ff.

20

A.

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Der Richtlinientext

Betrachtet man zunächst den Richtlinientext, ergeben sich für das Vorliegen einer Markenverletzung nach Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 folgende Prüfungsschritte: In einem ersten Schritt ist festzustellen, ob »im geschäftlichen Verkehr« ein Zeichen »ohne Zustimmung des Markeninhabers« »in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen« »benutzt« wird. Anschließend ist der einschlägige Verletzungstatbestand zu bestimmen. Hier kommt es zum einen auf einen Vergleich zwischen dem benutzten Zeichen und der eingetragenen Marke an. Zum anderen sind die Waren oder Dienstleistungen, für die das Zeichen benutzt wird und für welche die Marke eingetragen ist, miteinander zu vergleichen. Im letzten Schritt sind die speziellen Voraussetzungen der einzelnen Tatbestände zu prüfen. Da es in Art. 10 Abs. 2 lit. a lediglich auf die Identität von Waren oder Dienstleistungen ankommt, wird dieser Verletzungstatbestand auch Identitätstatbestand genannt. Lit. b bezieht sich auf die Gefahr von Verwechslungen und wird daher als Verwechslungstatbestand bezeichnet. Lit. c ist allein auf bekannte Waren oder Dienstleistungen anwendbar, mithin handelt es sich um den Bekanntheitsschutz. Während beim Identitätstatbestand keine zusätzlichen Voraussetzungen zu beachten sind,37 muss im Anwendungsbereich des Verwechslungstatbestands eine Verwechslungsgefahr vorliegen. Beim Bekanntheitsschutz muss die Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen. Aus dem Richtlinientext selbst ergibt sich jedoch nicht, was unter einer »Benutzung« zu verstehen ist. In der MRL 2015 befindet sich auch keine Definition des Begriffs der Benutzung. Zwar könnte man nun das Wort »Benutzung« nach verschiedenen Bedeutungsmöglichkeiten untersuchen.38 Allerdings führt auch das nicht weiter, da es keine allgemeine Bedeutung eines Wortes geben kann.39 Aus einer abstrakten (lexikalischen) Bedeutungsbeschreibung eines Wortes kann niemals ein sicheres Indiz dafür gewonnen werden, dass das entsprechende Wort auch nur diese eine Bedeutung haben kann.40 Die Bedeutung des Wortes »Benutzung« kann daher nur im Kontext der gesamten Regelung ermittelt werden.41 Um diesen Kontext zu ermitteln, ist zunächst auf die Änderungen des Richtlinientexts durch die verschiedenen Fassungen der MRL einzugehen.

37 Man spricht daher auch von der Absolutheit des Identitätsschutzes, siehe ErwG 16 MRL 2015. 38 Siehe etwa Viole, S. 151f. 39 Busse, S. 270ff.; Kuntz, AcP 215 (2015), 387 (394); Nägele, S. 53; Larenz, S. 320f.; a. A. Viole, S. 151f. 40 Busse, S. 273. 41 Busse, S. 270ff.; Kuntz, AcP 215 (2015), 387 (394); Nägele, S. 53; Larenz, S. 320f.

Der Richtlinientext

I.

21

Entwicklung der Verletzungstatbestände

Bei einem Vergleich der verschiedenen Fassungen der MRL fällt auf, dass sich der Richtlinientext der Verletzungstatbestände durch die Neufassung der MRL 2015 verändert hat. In Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 und 2008 waren lediglich die allgemeinen Voraussetzungen »ohne seine Zustimmung« und »im geschäftlichen Verkehr« im Satzteil vor den Verletzungstatbeständen vor die Klammer gezogen: (1) […] »Dieses Recht [gemeint ist das Recht aus der Marke] gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr […]«

Die »Benutzung« »für Waren oder Dienstleistungen« wurde sowohl im Identitätstatbestand als auch im Verwechslungstatbestand gesondert aufgeführt. Der Bekanntheitsschutz des Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 und 2008 musste von den Mitgliedstaaten nicht zwangsläufig umgesetzt werden. Er war daher getrennt von den beiden übrigen Tatbeständen geregelt und enthielt nochmals alle Tatbestandsvoraussetzungen. Seit der MRL 2015 handelt es sich bei dem Bekanntheitsschutz dagegen nicht mehr nur um einen fakultativen Verletzungstatbestand. Aus diesem Grund wurden alle drei Tatbestände (nunmehr in Art. 10 Abs. 2) unter einen Absatz gefasst. Mit der MRL 2015 ist aber nicht nur der Aufbau der Norm modifiziert worden. Die Verletzungstatbestände haben sich auch darüber hinaus verändert. Es fällt auf, dass das Merkmal der »Benutzung« nun doppelt auftaucht: Zum einen wurde es als allgemeines Tatbestandsmerkmal zusammen mit den übrigen Voraussetzungen »ohne seine Zustimmung«, »im geschäftlichen Verkehr« und »in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen« vor die Klammer gezogen: (2) »Der Inhaber einer eingetragenen Marke hat […] das Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr, in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen, ein Zeichen zu benutzen, wenn […]«

Zum anderen ist das Merkmal der »Benutzung« auch noch einmal in jedem der drei Verletzungstatbestände enthalten. Gleiches gilt für die Voraussetzung »für Waren oder Dienstleistungen«, wobei hier im Satzteil vor den einzelnen Verletzungstatbeständen die Formulierung »in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen« gebraucht wird. Für die weitere Analyse stellt sich die Frage, welche Auswirkungen diese Änderungen auf die Auslegung des Benutzungsbegriffs haben und ob der Benutzungsbegriff für alle drei Tatbestände gleich auszulegen ist.

22 II.

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Einheitliche Auslegung des Benutzungsbegriffs

Teilweise wird vertreten, es müsse für die einzelnen Verletzungstatbestände von unterschiedlichen Benutzungsbegriffen ausgegangen werden.42 Dies betrifft vor allem den Benutzungsbegriff des Identitäts- und Verwechslungsschutzes auf der einen und den Benutzungsbegriff des Bekanntheitsschutzes auf der anderen Seite.43 Zur Begründung verweisen die Autoren auf die Besonderheiten des Bekanntheitsschutzes und dessen Trennung von den übrigen beiden Tatbeständen.44 Auch wenn diese Begründung bereits vorher nicht überzeugend war, ist sie aufgrund der Änderungen durch die MRL 2015 überholt. Die Ausgestaltung des Benutzungsbegriffs als allgemeines Tatbestandsmerkmal45 und die Zusammenfassung der drei Verletzungstatbestände unter einen Absatz sprechen dafür, dass spätestens mit der MRL 2015 eine Benutzung unabhängig von dem einschlägigen Verletzungstatbestand zu bestimmen ist. Damit muss man – auch im Gegensatz zum EuGH46 – das Merkmal der Benutzung für alle drei Verletzungstatbestände einheitlich auslegen.47 Dass das Tatbestandsmerkmal »Benutzung« seit der MRL 2015 doppelt aufgeführt wird, ist in diesem Zusammenhang wohl eine unerhebliche Wiederholung. Denn legt man die »Benutzung« innerhalb eines speziellen Verletzungstatbestands anders aus als die »Benutzung« aus dem Satzteil vor den Verletzungstatbeständen, hätte es des allgemeinen Merkmals nicht bedurft.

42 Blankenburg, S. 188ff.; Buhrow, S. 99; Eichhammer, S. 158f.; v. Gamm, WRP 1993, 793 (798); ders., GRUR 1994, 775 (780); Haberstumpf, ZGE 2011, 151 (153); Hacker, GRUR Int. 2002, 502 (507); Mühlberger, S. 114; Peschel, S. 45. 43 Vgl. Haberstumpf, ZGE 2011, 151 (153); Hacker, GRUR Int. 2002, 502 (507). 44 Haberstumpf, ZGE 2011, 151 (153); Hacker, GRUR Int. 2002, 502 (507). 45 Vgl. auch Wagner, S. 114. 46 Siehe hierzu Kapitel 2. C. II. 47 I.E. ebenso Danger, S. 111; Dissmann, S. 161; Fezer, GRUR 1996, 566 (567f., 570); anders jedoch später ders., GRUR 2013, 209 (215); Füller, MarkenR 2007, 365 (370); A. Heim, S. 116; Ingerl, WRP 2002, 861 (863); Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rn. 95; Karl, MarkenR 2004, 321 (323); ders., WRP 2006, 848 (851); Keller, GRUR 1996, 607 (610); Knaak, GRUR Int. 2008, 91 (95); ders., GRUR Int. 2009, 551 (555); Lerach, MarkenR 2007, 303 (307f.); Nägele, S. 61; Wagner, S. 114; Sack, WRP 2010, 198 (202f.), der jedoch der Ansicht ist, auch der EuGH vertrete einen einheitlichen Benutzungsbegriff und der das Verhältnis der Funktionsbeeinträchtigung zum Benutzungsbegriff als unklar bezeichnet; widersprüchlich Mahr, WRP 2006, 1083 (1086), die von einem einheitlichen Benutzungsbegriff ausgeht, aber eine unterschiedliche Auslegung der Markenmäßigkeit dieser Benutzung fordert; ebenso in diesem Sinne widersprüchlich Geßner, S. 140.

Der Richtlinientext

III.

23

Benutzung für Waren oder Dienstleistungen des Dritten

Venohr zufolge ist dem Richtlinientext zu entnehmen, dass sich die Benutzung nur auf eigene Waren oder Dienstleistungen – gemeint sind solche des Dritten, also des potenziellen Verletzers – beziehen kann.48 Dies ergebe sich daraus, dass im Verletzungstatbestand die Waren oder Dienstleistungen, für die das Zeichen benutzt werde, unabhängig von denjenigen erwähnt würden, für welche die Marke eingetragen wurde. Es würden damit zwei Personen und deren Waren gegenübergestellt, weshalb die Waren nicht dieselben sein könnten.49 Auch ergibt sich hieraus für Venohr ein Indiz dafür, dass es beim Verletzungstatbestand um die Grundfunktion der Marke gehe, die in der Unterscheidung von (eigenen) Produkten liege.50 Diese Argumentation verkennt jedoch, dass sich die Gegenüberstellung gerade nicht auf zwei Personen und deren Waren bezieht, sondern auf ein Zeichen und eine Marke sowie auf die Waren oder Dienstleistungen, für die das Zeichen benutzt und die Marke eingetragen wurde. Venohr liest fälschlicherweise einen Personenbezug in den Richtlinientext hinein. Die zwei Personen – Dritter und Markeninhaber – werden im Zusammenhang mit den Waren überhaupt nicht erwähnt. Waren werden bei einer Markenanmeldung auch nicht auf konkrete Warenexemplare einer bestimmten Person bezogen, sondern nach Warenklassen eingeteilt. Dabei ist zumindest innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist51 nicht erforderlich, dass es sich bei den Waren, für die eine Marke eingetragen wird, um Waren des Markeninhabers handelt. Innerhalb dieses Zeitraums ist die Marke für die entsprechenden Waren auch dann geschützt, wenn sie überhaupt nicht benutzt wird. Aus dem Richtlinientext folgt daher nur, dass zwischen einer eingetragenen »Marke« und einem potenziell markenverletzenden »Zeichen« unterschieden werden muss. Dabei muss das benutzte »Zeichen« im Falle des Art. 10 Abs. 2 lit. a MRL 2015 mit der eingetragenen »Marke« identisch sein. Anschließend müssen die Waren, für welche die Marke eingetragen und das Zeichen benutzt wird, ebenfalls verglichen werden. Entscheidend ist dabei vor allem die Identität der Warenklasse, nicht die der jeweiligen Erzeugnisse.52 Dieser Vergleich kann sich daher sowohl auf Waren beziehen, die der Markeninhaber in Verkehr ge48 Venohr, S. 219f.; Egerer, S. 82 vertritt dies nur für den Verwechslungs- und Bekanntheitsschutz, nicht aber für den Identitätsschutz; siehe zur Auseinandersetzung des EuGH mit dieser Frage Kapitel 2. C. II. 1. a) aa) (2) (a). 49 Vgl. Venohr, S. 220. 50 Venohr, S. 220; ähnlich auch Steinbeck, in: FS Ullmann, 409 (416). 51 Siehe Art. 16 MRL 2015. 52 Füller, MarkenR 2007, 365 (369); Hacker, S. 175f.; ders., in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 14, Rn. 304, 335f.

24

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

bracht hat, als auch auf solche, die der Dritte vertreibt. Letztlich ergibt sich aus diesen Gründen aus dem Richtlinientext keine Beschränkung auf Benutzungen für eigene Waren oder Dienstleistungen.53

IV.

Änderungsvorschlag der Kommission

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach dem Vorschlag der Kommission zur Änderung der MRL 2008 auch die Voraussetzung einer herkunftshinweisenden Benutzung in den Richtlinientext der MRL 2015 aufgenommen werden sollte.54 Der Identitätstatbestand sollte enthalten, dass »die Benutzung des Zeichens die Funktion der Marke, den Verbrauchern gegenüber die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht«.55

Dieser Vorschlag konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Im Gegenteil: der verabschiedete Richtlinientext enthält keine weiteren Einschränkungen, sodass auch dies prima facie dafür spricht, jede Benutzung als vom Richtlinientext umfasst anzusehen.56

V.

Zwischenergebnis

Die Stellung des Benutzungsbegriffs spricht dafür, das Tatbestandsmerkmal für alle Verletzungstatbestände identisch auszulegen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte spricht der Richtlinientext außerdem dafür, grundsätzlich jede Form der Benutzung bei der Prüfung einer Markenverletzung zu berücksichtigen. Insbesondere das Erfordernis einer herkunftshinweisenden Benutzung ergibt 53 Es sprechen darüber hinaus auch systematische Argumente gegen eine solche Sichtweise, da die Schranken der Art. 14 Abs. 1 lit. c und Art. 15 MRL 2015 nur Sinn ergeben, wenn zumindest auch eine Benutzung für Waren des Markeninhabers berücksichtigt wird. Siehe hierzu Kapitel 2. D. IV. 2. a). 54 Europäische Kommission, COM/2013/0162 final – 2013/0089 (COD), S. 19f., Art. 10 Abs. 2 lit. a; zur Auseinandersetzung mit dem Vorschlag siehe Koppensteiner, MarkenR 2014, 1; kritisch Fezer, GRUR 2013, 1185 (1191ff.); vgl. auch Figge/Techert, MarkenR 2016, 181 (189); ebenso Hacker, GRUR 2019, 235 (240). Ein ähnlicher Vorschlag befindet sich auch in der Studie des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht zum Funktionieren des europäischen Markensystems, siehe dazu Knaak/Kur/Mühlendahl, GRUR Int. 2012, 197 (201); bzgl. weiterer Vorschläge der Kommission, die sich letztlich nicht durchsetzen konnten, siehe Kur, in: FS Fezer, 649 (658). 55 Europäische Kommission, COM/2013/0162 final – 2013/0089 (COD), S. 20, Art. 10 Abs. 2 lit. a. 56 Fezer, GRUR 1996, 566 (568) spricht gar von einem insoweit eindeutigen Wortlaut; a. A. Mühlberger, S. 64; Wagner, S. 204f.

Die Erwägungsgründe

25

sich nicht aus dem Richtlinientext. Zwar deutet das Tatbestandsmerkmal »für« beziehungsweise »in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen« darauf hin, dass eine gewisse Beziehung zwischen dem Zeichen und den Waren oder Dienstleistungen, für die das Zeichen benutzt wird, bestehen muss. Es sagt aber nichts darüber aus, wie diese Beziehung ausgestaltet sein muss. Auch deutet der Richtlinientext nicht darauf hin, dass sich die Benutzung nur auf Waren oder Dienstleistungen des Dritten beziehen kann.

B.

Die Erwägungsgründe

Für die weitere Auslegung sind sodann die Erwägungsgründe der MRL 2015 heranzuziehen. Die Erwägungsgründe nehmen im europäischen Recht eine gewichtige Rolle ein und sind bei der Auslegung einer Richtlinie besonders zu berücksichtigen.57 Sie sind gemäß Art. 296 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) integraler Bestandteil des Gesetzgebungsdokuments und werden gemeinsam mit diesem amtlich publiziert.58 In den Erwägungsgründen von Richtlinien werden in zunehmender Komplexität die Hintergründe und Intentionen der Regelungen dargelegt. Sie geben daher einen wertvollen Aufschluss über den ursprünglichen Normzweck und den Willen des Gesetzgebers.59 Zwar handelt es sich bei ihnen nicht um eine selbstständige Rechtsquelle, da es ihnen an der notwendigen Bestimmtheit und der normtypischen Verbindung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge mangelt.60 Sie können daher weder herangezogen werden, um von den Bestimmungen des Richtlinientexts abzuweichen, noch, um diese in einem Sinne auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht.61 Gleichwohl sind sie mehr als einfache Gesetzesmaterialien wie beispielsweise die Gesetzesbegründungen im deutschen Recht, die aufgrund der separaten Veröffentlichung außerhalb des Gesetzblatts im Rang unter dem verabschiedeten Normtext stehen.62

57 Köndgen/Mörsdorf, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 6, Rn. 78; Leisner, EuR 2007, 689 (703) m. w. N.; Martens, S. 179; vgl. auch Buerstedde, S. 70; Müller/Christensen, S. 75, Rn. 76, S. 93, Rn. 102. 58 Köndgen/Mörsdorf, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 6, Rn. 75; Martens, S. 178. 59 Leisner, EuR 2007, 689 (703); Martens, S. 487. 60 Köndgen/Mörsdorf, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 6, Rn. 76; vgl. auch Martens, S. 178. 61 EuGH, Urteil vom 13. 09. 2018, Rs. C-287/17, Rn. 33 – Cˇeská pojisˇˇtovna; EuGH GRUR Int. 2014, 861, Rn. 31 – Karen Millen Fashions; EuGH, Urteil vom 24. 11. 2005, Rs. C-136/04, Slg. 2005, I10095, Rn. 32 m.w.N. – Deutsches Milchkontor. 62 Köndgen/Mörsdorf, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 6, Rn. 76.

26 I.

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen

Auch die Erwägungsgründe haben sich im Laufe der drei MRL erheblich verändert. In den beiden ersten MRL aus den Jahren 1989 und 2008 wurde das Tatbestandsmerkmal »Benutzung« in den Erwägungsgründen nicht erwähnt. Dies änderte sich jedoch mit der MRL 2015. Erstmals wird dort in ErwG 18 und 19 beschrieben, welche Voraussetzungen bei der Auslegung der rechtsverletzenden Benutzung beachtet werden sollen. In ErwG 18 MRL 2015 heißt es: »Es ist sachgerecht, als Voraussetzung für eine Markenrechtsverletzung vorzusehen, dass die rechtsverletzende Marke oder das rechtsverletzende Zeichen im Geschäftsverkehr zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen benutzt wird.«

Danach hätte es des Zusatzes in ErwG 19 MRL 2015 eigentlich nicht mehr bedurft. Dieser fügt – wahrscheinlich eher zur Klarstellung63 – hinzu, dass auch die Benutzung eines Zeichens als Handelsname oder ähnliche Bezeichnung als Verletzung einer Marke gelten soll, solange eine solche Benutzung der »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« dient. Während der Benutzungsbegriff darüber hinaus nicht weiter konkretisiert wird, finden sich an mehreren Stellen der MRL 2015 Hinweise darauf, was mit der Voraussetzung »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« gemeint sein könnte. Dabei fällt auf, dass zwei verschiedene Formulierungen existieren: Zum einen ist die Rede von der »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen«. Diese Formulierung wird in den bereits erwähnten ErwG 18 und 19 MRL 2015 sowie in ErwG 31 und Art. 10 Abs. 6 MRL 201564 gebraucht. Zum anderen ist aber auch die Rede von der »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solchen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen«. Diese Formulierung wird in ErwG 1365 und Art. 3 MRL 201566 gebraucht. 1.

Bedeutung der unterschiedlichen Formulierung

Zunächst ist die Frage zu klären, welche Bedeutung den unterschiedlichen Formulierungen zukommt. Keine der beiden Formulierungen nennt ausdrücklich einen Bezugspunkt für die Unterscheidung – insbesondere nicht, dass sich die Unterscheidung allein auf die (betriebliche) Herkunft67 der Ware oder Dienst63 64 65 66 67

Vgl. EuGH GRUR Int. 2007, 1007, Rn. 21ff. – Céline. So auch schon Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 und 2008. So auch schon ErwG 7 MRL 1989 und ErwG 8 MRL 2008. So auch schon Art. 2 MRL 1989 und 2008. Siehe Kapitel 2. C. III. 1.

Die Erwägungsgründe

27

leistung beziehen soll. Waren oder Dienstleistungen können zwar hinsichtlich ihrer Herkunft voneinander unterschieden werden. Die Unterscheidung kann sich aber auch auf bestimmte Merkmale wie beispielsweise die Qualität oder die Bestimmung und Zugehörigkeit zu einer anderen Ware oder einer anderen Dienstleistung beziehen. Das spricht dafür, die »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« im Sinne des ErwG 18 MRL 2015 auf sämtliche genannten Aspekte und nicht nur auf die Herkunft zu beziehen. Auch die »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen« könnte in dieser Weise auszulegen sein. Der Zusatz, dass es sich um Waren oder Dienstleistungen verschiedener Unternehmen handelt, ändert nichts daran, dass diese Waren nicht nur hinsichtlich ihrer Herkunft unterschieden werden können. Allerdings hätte dies zur Folge, dass die unterschiedliche Formulierung dann keine Bedeutung hätte. Es wäre daher überzeugender, den Bezugspunkt der Unterscheidung für die zweite Formulierung auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Unternehmen zu legen.68 Der Zusatz »eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen« könnte bedeuten, dass das jeweilige Unternehmen, dem das Produkt oder die Dienstleistung zuzuordnen ist, erkennbar sein und dass dies auch auf die zu unterscheidende Ware oder Dienstleistung zutreffen muss. Es muss in diesem Fall gerade darauf ankommen, dass die Ware oder Dienstleistung »als solche eines bestimmten Unternehmens« gekennzeichnet wird. Aus der Unterscheidung müsste dann auch hervorgehen, dass es sich um Waren oder Dienstleistungen unterschiedlicher Herkunft handelt, was einer herkunftsmäßigen Unterscheidung entspräche. 2.

Bedeutung des Regelungszusammenhangs

Anschließend stellt sich die Frage, warum diese zwei unterschiedlichen Formulierungen in der MRL 2015 verwendet werden. Auffällig ist, dass in zwei voneinander getrennten Regelungskomplexen immer nur eine der beiden Formulierungen gebraucht wird: Geht es um die Reichweite des Markenschutzes, so kommt es immer auf die »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« ohne weitere Einschränkungen an. Dies betrifft die Vorschrift des Art. 10 Abs. 6 MRL 2015, welche die Voraussetzungen statuiert, unter denen die übrigen Absätze Anwendung finden sollen. Auch in den dazugehörigen ErwG 18 und 19 MRL 2015 wird diese weite Formulierung gebraucht. In ErwG 31 MRL 2015, der in den vorherigen MRL keine Entsprechung findet, wird mit dieser Formulierung sogar der Zweck des Markenschutzes umschrieben. 68 A.A. Bröcher/Hoffmann/Sabel, S. 35.

28

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Geht es dagegen um die Voraussetzungen für den Erwerb des Markenschutzes, so kommt es auf die »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen« an. Dies betrifft Art. 3 MRL 2015, in dem die markenfähigen Zeichenformen beschrieben werden, sowie ErwG 13 MRL 2015, der eine Beispielliste solcher Zeichen vorsieht. Wenn man beide Formulierungen aus den oben genannten Gründen unterschiedlich auslegt, lässt sich aus ihrem Regelungszusammenhang daher folgende Schlussfolgerung ziehen: Bei der Frage, ob ein Zeichen der »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« dient, soll es je nach Regelungskomplex auf unterschiedliche Aspekte ankommen. Geht es um die Frage, wann ein Zeichen überhaupt als Marke eingetragen werden kann, so muss das Zeichen zumindest abstrakt dazu geeignet sein, eine herkunftsmäßige Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen zu leisten.69 Geht es dagegen um die Frage, wann ein Zeichen eine andere Marke verletzt, so reicht es aus, dass das Zeichen in seiner Verwendungsform allgemein der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dient, wobei sich die Unterscheidung auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung beziehen kann, aber nicht muss.70 Hierin liegt auch ein Argument dafür, dass ein Rückschluss von den Voraussetzungen der Markeneintragung auf die Reichweite des Markenschutzes nicht möglich ist.71 Art. 3 MRL 2015 setzt eng gefasste Mindestanforderungen an Zeichen, die als Marke eingetragen werden sollen. Der Schutz, den eine eingetragene Marke anschließend entfaltet, kann aber darüber hinausgehen.

II.

Der Zweck des Markenschutzes

In den Erwägungsgründen finden sich nicht nur Hinweise hinsichtlich der Frage, wie der Begriff der »Benutzung« oder die »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistung« auszulegen ist, sondern auch hinsichtlich des Zwecks, den der Markenschutz nach der MRL 2015 verfolgt. 1.

Die Herkunftsfunktion

Zentraler Anknüpfungspunkt für die Beschreibung des Zwecks einer Marke war bisher vor allem ErwG 10 MRL 1989, in dem es heißt:

69 Vgl. auch Riehle, MarkenR 2001, 337 (338). 70 A.A. Hillebrand, S. 104, 194, die aus der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen einen betrieblichen Herkunftsbezug ableitet; ebenso Mielke, in: Kur/v. Bomhard/Albrecht, Markengesetz, § 14, Rn. 88. 71 Siehe Kapitel 2. D. I.

Die Erwägungsgründe

29

»Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten; […]«

Dieser ErwG 10 MRL 1989 ist auch vom EuGH in der Arsenal-Entscheidung zugrunde gelegt worden, um die Bedeutung der Herkunftsfunktion als Hauptfunktion der Marke zu unterstreichen und für das Vorliegen einer rechtsverletzenden Benutzung eine Beeinträchtigung eben dieser Herkunftsfunktion zu fordern.72 In der L’Oréal-Entscheidung hat der EuGH aus ErwG 10 MRL 1989 abgeleitet, dass auch weitere Funktionen vom Markenschutz umfasst seien: Hierzu gehörten »unter anderem die Gewährleistung der Qualität [einer] Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions-, oder Werbefunktionen«.73 Der ErwG 10 hat sich seit der MRL 2008 verändert. Nunmehr heißt es in ErwG 11 MRL 2008: »Der durch die eingetragene Marke gewährte Schutz, der insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke gewährleisten sollte, […]«74

Es fällt auf, dass die Gewährleistung der Herkunftsfunktion nicht mehr ausdrücklich als Zweck des Markenschutzes bezeichnet wird. Der Zweck des Markenschutzes wird auch sonst in der MRL 2008 nicht mehr erwähnt. Zwar deutet die Formulierung »sollte« noch auf eine gewisse Zweckbestimmung hin. Sie stellt aber zumindest eine abgeschwächte Form hiervon dar. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dies nur auf die deutsche Fassung der MRL 2008 zutrifft. In der englischen bzw. französischen Fassung der MRL 2008 hat sich ErwG 10 an dieser Stelle nicht verändert. Dort heißt es einheitlich: »[…] the function of which is in particular to guarantee the trade mark as an indication of origin […]« bzw. »[…] dont le but est notamment de garantir la fonction d’origine de la marque […]«. Insgesamt scheint es sich daher um eine kleine sprachliche Änderung zu handeln, die nur die deutsche Fassung der MRL 2008 betrifft. 2.

Die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen

Mit Einführung des ErwG 31 MRL 2015 hat sich die Beschreibung des Zwecks einer Marke jedoch verändert oder zumindest erweitert.75 Der Zweck einer Marke soll (auch) darin liegen, 72 73 74 75

EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 50 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58f. – L’Oréal. Die gleiche Formulierung ist auch in ErwG 16 der aktuellen MRL 2015 gewählt worden. In der englischen Fassung des ErwG 31 MRL 2015 wird anstelle des Wortes »function« das Wort »purpose« verwendet. In der französischen Fassung wird einheitlich das Wort »fonction« verwendet.

30

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

»Waren oder Dienstleistungen voneinander zu unterscheiden und Verbrauchern zu sachkundigen Entscheidungen zu verhelfen«.

Die Herkunftsfunktion wird in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Zudem fehlt in ErwG 31 MRL 2015 der Zusatz »eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen«.76 3.

Schlussfolgerung

Dies legt den Schluss nahe, dass die Herkunftsfunktion spätestens ab Inkrafttreten der MRL 2015 nicht mehr so stark gewichtet werden sollte. Gerade den Verbrauchern wird oftmals eher zu einer sachkundigen Entscheidung verholfen, wenn sich die Unterscheidung einer Marke nicht allein auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung bezieht, sondern auch auf andere Eigenschaften oder Merkmale, die bei der Kaufentscheidung maßgeblich(er) sind. In vielen Fällen wird der Verbraucher sich wahrscheinlich nicht einmal für die Herkunft einer bestimmten Ware oder Dienstleistung interessieren.77 Eine Beschränkung des Benutzungsbegriffs auf die Herkunftsfunktion lässt sich aber auch aus einem weiteren Grund nicht überzeugend begründen: Im zweiten Halbsatz des ErwG 16 MRL 201578 heißt es, dass der Schutz im Falle der Identität zwischen der Marke und dem zugehörigen Zeichen und den Waren oder Dienstleistungen absolut sein soll.79 Auch im Falle des Verwechslungsschutzes soll nach ErwG 16 MRL 201580 die Verwechslungsgefahr die spezifische Voraussetzung für den Schutz darstellen – nicht aber eine vorgeschaltete Prüfung einer markenmäßigen Benutzung oder einer Funktionsbeeinträchtigung. Gleiches gilt für die weiteren Voraussetzungen des Bekanntheitsschutzes. Es ergibt sich damit eine Abkehr von der Fixierung auf die Herkunftsfunktion und eine Konzentration auf die Unterscheidungsfunktion. Letztere ist aber, wie oben dargelegt, weit zu verstehen und nicht auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen beschränkt.81

76 77 78 79 80 81

Siehe hierzu Kapitel 2. B. I. 1. Vgl. ausführlich schon Heydt, GRUR 1976, 7 (14). So auch schon in ErwG 10 MRL 1989 und ErwG 11 MRL 2008. A.A. aber Wagner, S. 205. So auch schon in ErwG 10 MRL 1989 und ErwG 11 MRL 2008. Siehe zum Verhältnis zwischen Unterscheidungs- und Herkunftsfunktion auch Kapitel 2. C. III. 5. d) bb).

Die Markenfunktionen

III.

31

Zwischenergebnis

Die Erwägungsgründe sprechen insgesamt dafür, den Zweck einer Marke in der Kennzeichnung und Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen zu sehen. Bei der Frage, ob ein Zeichen markenrechtsverletzend benutzt wurde, ist dabei eine herkunftsmäßige Unterscheidung zu berücksichtigen, um insbesondere den Schutz der Herkunftsfunktion zu gewährleisten. Die Benutzung ist jedoch nicht hierauf beschränkt und kann sich auch auf andere Merkmale einer Ware oder Dienstleistung beziehen, um Verbrauchern zu sachkundigen Entscheidungen zu verhelfen.

C.

Die Markenfunktionen

Der Richtlinientext und vor allem die Erwägungsgründe der MRL waren für die Auslegung des Benutzungsbegriffs bis zur Neufassung durch die MRL 2015 noch nicht sehr aussagekräftig. In der regen Diskussion um die Bedeutung des Benutzungsbegriffs ist daher vor allem der Einfluss der Markenfunktionen auf die Verletzungstatbestände und deren Benutzungsbegriff diskutiert worden.82 Die Markenfunktionen sollen zur Umschreibung der Aufgaben und Wirkungen einer Marke im geschäftlichen Verkehr dienen.83 Sie werden als Element der teleologischen Auslegung herangezogen,84 um die Reichweite des Markenschutzes zu beschränken. Dies stellt im Verhältnis zu anderen Schutzrechten des geistigen Eigentums eine Besonderheit dar und wird damit begründet, dass Marken nicht um ihrer selbst willen, sondern nur in ihren Funktionen geschützt werden könnten.85 Um diese Diskussion nachvollziehen zu können, wird im Folgenden zunächst eine Begriffsbestimmung der in der Literatur verwendeten Benutzungsbegriffe vorgenommen (I.). Anschließend werden die Rechtsprechung des EuGH (II.) und die Argumente innerhalb der Literatur (III.) zum Einfluss der Markenfunktionen auf die Verletzungstatbestände und deren Benutzungsbegriff dargelegt und bewertet.

82 83 84 85

Siehe Kapitel 2. C. III. Fezer, Markenrecht, Einl. D., Rn. 1. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Einl. VI., Rn. 73. Kur, in: BeckOK Markenrecht, Einl. D., Rn. 118.

32 I.

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Begriffsbestimmung

Die Diskussion um den Benutzungsbegriff ist geprägt von einer Fülle an unterschiedlichen Begrifflichkeiten, die oftmals uneinheitlich verwendet werden. Dies kann schnell zu Verwirrung führen und hat zur Folge, dass die Argumentation schwer nachzuvollziehen ist. Aus diesem Grund ist an dieser Stelle zunächst auf die verschiedenen Begriffe einzugehen. Keine Unterscheidung sollte zwischen den Begriffen »Benutzung« und »Verwendung« gemacht werden. Zwar werden in Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 sowie in ErwG 27 MRL 2015 beide Begriffe gebraucht. Es handelt sich dabei aber lediglich um Synonyme, denen keine unterschiedliche Bedeutung beigemessen wird. In der englischen und französischen Fassung der MRL 2015 wird einheitlich der Begriff »l’usage« beziehungsweise »the use« gebraucht. Auch die deutsche Fassung der Richtlinie geht, abgesehen von diesen beiden Stellen, immer von einer »Benutzung« aus. Daher soll auch im Folgenden nur von einer »Benutzung« die Rede sein. 1.

Die warenzeichenmäßige Benutzung

Aus historischer Sicht am geläufigsten ist der Begriff der »warenzeichenmäßigen« oder auch nur »zeichenmäßigen« Benutzung.86 Er ist zurückzuführen auf die Diskussion um die Auslegung des Benutzungsbegriffs zu Zeiten des WZG. Dieser Begriff ist von der überwiegenden Meinung in der Literatur87 sowie der Rechtsprechung88 so ausgelegt worden, dass er eine Benutzung beschreibt, bei der ein Zeichen »im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung der Ware oder in Bezug auf diese so verwendet wird, dass der unbefangene Durchschnittsverbraucher annimmt oder doch annehmen kann, das Zeichen diene zur Unterscheidung der Waren von gleichen oder gleichartigen Waren anderer Herkunft«.89 Mit anderen Worten: Die Benutzung musste als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb und das benutzte Zeichen daher als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden. Aus diesem Grund kann auch von einer herkunftsmäßigen – oder genauer: herkunftshinweisenden – Benutzung gesprochen werden. Da das WZG jedoch durch das MarkenG ersetzt worden ist, ist der Begriff der »warenzeichenmäßigen« Benutzung heute nicht mehr relevant.90

86 87 88 89 90

Kur/Ohly, GRUR 2020, 457 (460). Für eine ausführliche Darstellung des Streitstandes siehe Danger, S. 32ff. Für eine Darstellung der Rechtsprechung siehe Nägele, S. 30ff. Eichhammer, S. 34f. Siehe hierzu auch Kapitel 1. D.

Die Markenfunktionen

2.

33

Die markenmäßige Benutzung

Mit der »warenzeichenmäßigen« Benutzung gleichzusetzen ist die »markenmäßige« Benutzung. Seit Inkrafttreten des MarkenG im Jahr 1995 ist der Begriff des Warenzeichens durch den Begriff der Marke abgelöst worden. Daher ist nunmehr anstatt von einer »warenzeichenmäßigen« von einer »markenmäßigen« Benutzung gesprochen worden, ohne dass hierdurch eine inhaltliche Änderung des Begriffs bezweckt war.91 Auch die »markenmäßige« Benutzung ist also ursprünglich als herkunftsmäßige Benutzung verstanden worden. Allerdings ist zu beobachten, dass der Begriff der »markenmäßigen« Benutzung in der Diskussion um die Auslegung des Benutzungsbegriffes zunehmend uneinheitlich verwendet wird. Denn der Inhalt dessen, was unter einer »markenmäßigen« Benutzung zu verstehen ist, wird wesentlich durch das individuelle Verständnis vom Wesen einer Marke oder eines Kennzeichens beeinflusst: Versteht man die Marke als Zeichen, das nur die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen angibt,92 drückt eine »markenmäßige« Benutzung eine herkunftshinweisende Benutzung aus. Bei einem weiteren Verständnis von dem, was eine Marke ausmacht,93 erweitert sich auch der Begriff der »markenmäßigen« Benutzung. Von einigen Autor*innen wird daher vertreten, dass zwar eine »markenmäßige« Benutzung erforderlich, diese jedoch weiter als im ursprünglich verwendeten Sinne zu verstehen sei.94 Zusätzliche Verwirrung wird dadurch ausgelöst, dass einige die »markenmäßige« Benutzung auch noch je nach Verletzungstatbestand unterschiedlich auslegen wollen.95 Die Folge ist eine beinahe unüberschaubare Zahl an verschiedenen Bedeutungen der »markenmäßigen« Benutzung. Aus Gründen der Einheitlichkeit und Nachvollziehbarkeit sollte der Begriff der »markenmäßigen« Benutzung nur für folgende Bedeutung benutzt werden:96

91 Vgl. etwa Berlit, GRUR 1998, 423 (425f.); Fezer, GRUR 1996, 566 (567f.); ders., WRP 1996, 973 (974f.); Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 14, Rn. 104; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rn. 136; Starck, GRUR 1996, 688 (689); ders., MarkenR 2000, 73 (74); Keller, GRUR 1996, 607ff. spricht durchweg von einer zeichenmäßigen Benutzung; ebenso Eichmann, GRUR 1998, 201 (202f.). 92 So die Vertreter der in Kapitel 2. C. III. 1. dargestellten Ansicht. 93 So die Vertreter der in Kapitel 2. C. III. 4. dargestellten Ansicht. 94 So etwa Alexander, GRUR 2010, 482 (483); Berlit, S. 148; Ekey, MarkenR 2009, 475 (476); ders., in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, § 14, Rn. 191ff.; Krüger, GRUR 1995, 527 (529); Lange, WRP 2003, 323 (335); Thiesen, WRP 2016, 162 (164f.); wohl auch Schweyer, in: v. Schultz, Markenrecht, § 14, Rn. 18; Hacker, GRUR 2019, 235 (236) spricht in diesem Zusammenhang von einer markenmäßigen Benutzung im engeren Sinne; Wolf, S. 155f. 95 Buhrow, S. 99; Eichhammer, S. 158f.; v. Gamm, WRP 1993, 793 (798); ders., GRUR 1994, 775 (780); Haberstumpf, ZGE 2011, 151 (153); Hacker, GRUR Int. 2002, 502 (507); Mühlberger, S. 114; Peschel, S. 45. 96 Siehe auch Paulus, S. 90 m.w.N.

34

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Eine »markenmäßige« Benutzung ist eine Benutzung, die als Herkunftshinweis aufgefasst wird, die Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens also von denen eines anderen Unternehmens herkunftsmäßig unterscheiden soll.

Gleichbedeutend hiermit sind »zeichenmäßige«, »kennzeichenmäßige« oder »herkunftsmäßige« Benutzungen. 3.

Die funktionsbeeinträchtigende Benutzung

Bei einem weiten, multifunktionalen Verständnis von einer Marke sollte stattdessen der Begriff der »funktionsbeeinträchtigenden« Benutzung gewählt werden. Dieser lässt sich wie folgt definieren: Eine »funktionsbeeinträchtigende« Benutzung ist eine Benutzung, die eine Markenfunktion beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte.

Es handelt sich um eine Auslegung, die maßgeblich vom EuGH entwickelt worden ist und von diesem bis heute im Grundsatz vertreten wird.97 Häufig wird in diesem Zusammenhang in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH auch von einer Benutzung »als Marke« gesprochen. Dieser Begriff ist jedoch irreführend. Der EuGH hat die Formulierung der Benutzung »als Marke« in der BMWEntscheidung verwendet und damit eine »markenmäßige« Benutzung umschrieben.98 In späteren Verfahren ist die Formulierung der Benutzung »als Marke« lediglich noch von den Parteien der jeweiligen Rechtsstreitigkeiten oder den vorlegenden nationalen Gerichten verwendet worden.99 In den Entscheidungen des EuGH hat der Begriff der Benutzung »als Marke« jedoch an Bedeutung verloren. Die Rede ist nunmehr von einer Benutzung, die »die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Herkunftsfunktion beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte«.100 Seit der L’Oréal-Entscheidung spricht der EuGH nur noch von einer Benutzung, die »eine der Funktionen« der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte.101 In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH hat auch der BGH zunächst das Vorliegen einer »markenmäßigen« Benutzung geprüft und in

97 Siehe hierzu Kapitel 2. C. II. 98 Siehe hierzu Kapitel 2. C. II. 1. a) aa). 99 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 21ff. – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 31 – Anheuser-Busch; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 9ff. – Adam Opel. 100 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 51 – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 59 – AnheuserBusch; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 21 – Adam Opel. 101 EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 63 – L’Oréal.

Die Markenfunktionen

35

diesem Zusammenhang auch von einer Benutzung »als Marke« gesprochen.102 Nach der L’Oréal-Entscheidung des EuGH hat der BGH beim Identitätsschutz ebenfalls geprüft, ob die Benutzung eine der Markenfunktionen beeinträchtige oder beeinträchtigen könnte und dies als eine Benutzung, die »wie eine Marke« erfolge, bezeichnet.103 4.

Die unterscheidende Benutzung

Schließlich wird vertreten, dass eine rechtsverletzende Benutzung lediglich zur Unterscheidung einer Ware oder Dienstleistungen von anderen Waren oder Dienstleistungen erfolgen müsse.104 Diese Position soll im Folgenden als »unterscheidende« Benutzung bezeichnet werden.105 Der Unterschied zur »markenmäßigen« Benutzung besteht darin, dass für den Bezugspunkt der Unterscheidung nicht lediglich auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung abgestellt wird. Die Benutzung eines Zeichens muss daher nicht notwendigerweise als Herkunftshinweis aufgefasst werden. Es genügt, wenn das Zeichen die Ware oder Dienstleistung in irgendeiner Art und Weise kennzeichnet und sie dadurch von anderen Waren oder Dienstleistungen unterscheidet. Zusammengefasst bedeutet dies: Eine »unterscheidende« Benutzung ist eine Benutzung, die zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen erfolgt, wobei sich die Unterscheidung nicht zwangsläufig auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen beziehen muss.

II.

Bedeutung der Markenfunktionen in der Rechtsprechung des EuGH

In der Rechtsprechung des EuGH haben die Markenfunktionen zur Bestimmung einer rechtsverletzenden Benutzung im Laufe der Zeit eine immer entscheidendere Bedeutung eingenommen. Die überwiegende Anzahl der Entscheidungen betrifft die Auslegung des Art. 5 MRL 1989.106 Nur in zwei der für die vorliegende Untersuchung relevanten 102 BGH GRUR 2001, 158 – Drei-Streifen-Kennzeichnung; BGH GRUR 2002, 814 – Festspielhaus I; BGH GRUR 2002, 809 (811) – FRÜHSTÜCKS-DRINK I; BGH GRUR 2002, 812 (813) – FRÜHSTÜCKS-DRINK II; BGH GRUR 2003, 332 (333f.) – Abschlussstück. 103 BGH GRUR 2010, 726, Rn. 16 – Opel-Blitz II; BGH GRUR 2011, 828, Rn. 21 – Bananabay II; BGH GRUR 2011, 1135, Rn. 11 – GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE. 104 Siehe hierzu Kapitel 2. C. III. 4. 105 Danger, S. 146 spricht in diesem Zusammenhang von einer kennzeichnenden Benutzung. 106 EuGH GRUR Int. 1999, 438 – BMW; EuGH GRUR Int. 2002, 841 – Hölterhoff; EuGH GRUR Int. 2003, 229 – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2003, 353 – Davidoff; EuGH GRUR Int. 2004, 121 – Adidas/Fitnessworld; EuGH GRUR Int. 2004, 320 – Gerolsteiner Brunnen; EuGH GRUR Int. 2005, 153 – Anheuser Busch; EuGH GRUR Int. 2005, 479 – Gillette; EuGH GRUR Int. 2007,

36

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Entscheidungen ging es um den inhaltsgleichen Art. 5 MRL 2008.107 Die neue Regelung des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 hat dagegen noch keinen Eingang in die Rechtsprechung des EuGH gefunden, da die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten erst am 14. Januar 2019 abgelaufen ist und Verfahren, auf die bereits die neuen Regelungen anwendbar wären, bisher noch nicht zu einem Vorlageverfahren geführt haben. Insgesamt zeigen die Entscheidungen, dass der EuGH von einem dreigeteilten Benutzungsbegriff ausgeht. Er stellt für die drei Verletzungstatbestände des Identitäts-, Verwechslungs- und Bekanntheitsschutzes jeweils verschiedene Anforderungen an den Benutzungsbegriff. 1.

Der Benutzungsbegriff im Rahmen des Identitätsschutzes

Besonders relevant ist die Auslegung des Benutzungsbegriffs im Rahmen des Identitätsschutzes. Dies liegt vor allem daran, dass der Tatbestand neben der Benutzung eines identischen Zeichens für identische Waren oder Dienstleistungen keine weiteren Einschränkungen vorsieht. Sowohl der Verwechslungs- als auch der Bekanntheitsschutz hängen noch von weiteren Tatbestandsvoraussetzungen ab, die ihrerseits bereits den Anwendungsbereich beschränken. Deshalb hat sich der EuGH vor allem beim Identitätsschutz dazu veranlasst gesehen, die Reichweite des Tatbestands einzuschränken. Hinzu kommt, dass sich viele der im Wirtschaftsleben relevanten und strittigen Fälle gerade durch eine doppelt identische Benutzung auszeichnen. Dies betrifft beispielsweise die Benutzung eines Zeichens in vergleichender Werbung oder im Zusammenhang mit dem Keyword Advertising auf Online-Portalen.108 a) Phase 1: Die Entwicklung der Funktionenlehre Die Entscheidungen des EuGH können in drei Phasen eingeteilt werden. In der ersten Phase hat der EuGH die funktionsbezogene Auslegung des Benutzungsbegriffs entwickelt.

404 – Adam Opel; EuGH GRUR Int. 2007, 1007 – Céline; EuGH GRUR Int. 2008, 589 – Adidas/ Marca Mode; EuGH GRUR Int. 2008, 825 – O2; EuGH GRUR Int. 2009, 1010 – L’Oréal; EuGH GRUR Int. 2010, 385 – Google France; EuGH GRUR Int. 2010, 398 – Berg Spechte; EuGH GRUR Int. 2010, 861 – Portakabin; EuGH GRUR Int. 2011, 839 – L’Oréal/eBay. 107 EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 3f. – Interflora; EuGH GRUR Int. 2018, 1187 – Mitsubishi. 108 Auch die in der Einleitung unter Kapitel 1. A. aufgeführten Beispiele zeichnen sich durch eine doppelt identische Benutzung aus.

Die Markenfunktionen

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aa) Die BMW-Entscheidung Die BMW-Entscheidung ist die erste Entscheidung des EuGH zum Benutzungsbegriff der MRL 1989. Bei dem Beklagten handelte es sich um den Betreiber einer Kfz-Werkstatt, der sowohl gebrauchte BMW-Fahrzeuge verkaufte als auch deren Wartung und Instandsetzung anbot.109 In Anzeigen wies er daher auf die »Instandsetzung und Wartung von BMW-Fahrzeugen« hin und bezeichnete sich selbst als »spezialisiert auf BMW« und als »Fachmann für BMW«.110 Die Klägerin war Inhaberin des Markennamens BMW, der zwar für Kraftfahrzeuge sowie Bestandteile und Zubehör, nicht aber für Dienstleistungen eingetragen war.111 Sie sah in den Aussagen des Beklagten in seiner Werbung eine unzulässige Benutzung der Marke BMW und nahm ihn auf Unterlassung in Anspruch. (1) Entscheidung In seinen Schlussanträgen hat Generalanwalt Jacobs für die Frage der Benutzung streng zwischen der Benutzung für Waren (Verkauf von Fahrzeugen) und der für Dienstleistungen (Instandsetzung und Wartung) unterschieden, da die Marke BMW für letztere nicht eingetragen war.112 Soweit die Benutzung erfolge, um anzuzeigen, dass gebrauchte BMW-Fahrzeuge verkauft würden, falle die Benutzung unter Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989.113 Jacobs hat dies lediglich mit der Aussage begründet, dass die Benutzung in diesem Fall in Bezug auf das eigentliche Produkt erfolge, für das die Marke eingetragen wurde.114 Weitere Voraussetzungen an die rechtsverletzende Benutzung hat er nicht gestellt. Soweit die Benutzung erfolge, um anzuzeigen, dass BMW-Fahrzeuge gewartet und instandgesetzt würden, falle die Benutzung nur dann unter Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989, wenn der Fokus auf der Beschreibung des Gegenstands der Dienstleistung und nicht der Dienstleistung selbst liege.115 Liege der Fokus dagegen auf der Beschreibung der Dienstleistung, komme lediglich eine Anwendung des Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 in Betracht, da Waren und Dienstleistungen zwar ähnlich, nicht aber identisch sein könnten.116 Der EuGH ist in seinem Urteil zwar ebenfalls knapp auf die Unterscheidung zwischen der Benutzung für den Verkauf und die Instandsetzung von BMWFahrzeugen eingegangen. Er hat jedoch sowohl den Verkauf als auch die In-

109 110 111 112 113 114 115 116

EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 8 – BMW. EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 10f. – BMW. EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 6f. – BMW. Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-63/97, Slg. 1999, I-905, Rn. 31f., 43. Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-63/97, Slg. 1999, I-905, Rn. 34ff. Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-63/97, Slg. 1999, I-905, Rn. 34. Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-63/97, Slg. 1999, I-905, Rn. 35. Vgl. Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-63/97, Slg. 1999, I-905, Rn. 43ff.

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Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

standsetzung als Dienstleistung angesehen.117 Entscheidend war aus seiner Sicht allerdings, dass es sich jeweils um die Beschreibung des Gegenstands dieser Dienstleistungen und damit grundsätzlich um die Benutzung eines identischen Zeichens für identische Waren handelte. Ob diese Benutzung der BMW-Marke in den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 fällt, hat der EuGH in Abgrenzung zu Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 bestimmt.118 Darin wird es den Mitgliedstaaten freigestellt, einen weitergehenden Schutz gegenüber der Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen vorzusehen, wenn die Benutzung dieses Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Hieraus folgt für den EuGH, dass Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 nur Benutzungen zu Zwecken der Unterscheidung der Herkunft von Waren oder Dienstleistungen umfasse. Da die BMW-Marke in beiden Fällen benutzt werde, um die Herkunft der Waren zu bestimmen, die Gegenstand der Dienstleistung sind, diene die Benutzung der Unterscheidung des Gegenstands der Dienstleistung und falle in beiden Fällen unter Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989.119 Allerdings ist ein Anspruch der Klägerin letztlich verneint worden, da der EuGH – vorausgesetzt, das nationale Gericht komme bei der weiteren sachlichen Prüfung zu keinen gegenteiligen Feststellungen – die Schranken der Art. 7 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 lit. c MRL 1989 für einschlägig gehalten hat.120 (2) Bewertung Das Urteil des EuGH wird dem zu entscheidenden Fall nicht gerecht. Dies betrifft vor allem die Frage, welchen Bezug die Benutzung des Zeichens BMW in diesem Fall hat, sowie die Auslegung des Art. 5 Abs. 5 MRL 1989. Zwar ist dem EuGH entgegen der Auffassung des Generalanwalts Jacobs insofern Recht zu geben, als sowohl der Verkauf als auch die Wartung von BMW-Fahrzeugen eine Dienstleistung darstellen.121 Allerdings genügt es nicht, die Benutzung allein in Bezug auf den Gegenstand der Dienstleistungen zu betrachten. Bei genauerer Betrachtung fällt nämlich auf, dass die Benutzung des Zeichens BMW in der Werbung des Beklagten zwei Zwecke verfolgt:

117 118 119 120 121

EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 39 – BMW. EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 38 – BMW. EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 39, 42 – BMW. EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 50ff., 58ff., 64 – BMW. A.A. wohl mittlerweile EuGH GRUR Int. 2014, 945, Rn. 26f. – Flagship Store; anders dagegen noch EuGH GRUR Int. 2005, 827, Rn. 34f. – Praktiker.

Die Markenfunktionen

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(a) Benutzung für Waren Zum einen soll die Benutzung die Ware Kraftfahrzeuge, die Gegenstand der Dienstleistungen ist, genauer beschreiben. Die Benutzung erfolgt, um Fahrzeuge der Marke BMW von Fahrzeugen anderer Marken herkunftsmäßig zu unterscheiden. Da die Marke im vorliegenden Fall nur für Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge eingetragen war, hat sich der EuGH in seinen weiteren Ausführungen nur auf diesen Aspekt der Benutzung bezogen. Auch wenn der EuGH für die Benutzung wie selbstverständlich den Gegenstand der Dienstleistung als Bezugspunkt gewählt hat, löste dies eine größere Diskussion aus. Das liegt daran, dass die Benutzung für Waren des Markeninhabers und nicht für Waren des Dritten, also des angeblichen Verletzers, erfolgte. Von einigen Autor*innen wird vertreten, die Benutzung im Sinne des Art. 5 MRL 1989 erfasse nur eigene Waren oder Dienstleistungen des Dritten.122 Gleichwohl bringen die Vertreter*innen dieser Ansicht keine dogmatischen Argumente vor, die sich aus der MRL 1989 ergäben. Die Beschränkung auf Benutzungen für eigene Waren oder Dienstleistungen führt ihrer Auffassung nach nur zu sachgerechteren Ergebnissen. Dies betrifft vor allem die Fallgruppe der vergleichenden Werbung.123 Lediglich Venohr möchte die Bedingung, die Benutzung müsse sich auf Waren oder Dienstleistungen des Dritten beziehen, direkt dem Richtlinientext entnehmen. Dies leitet er jedoch aus einem vermeintlichen Personenbezug ab, der sich nicht aus dem Richtlinientext ergibt.124 Der EuGH hat auf die BMW-Entscheidung in einem späteren Urteil erneut Bezug genommen und seine Aussagen relativiert. Während er in der GilletteEntscheidung wohl noch von einer Benutzung für Waren des Markeninhabers ausgegangen war,125 hat er in der Adam Opel-Entscheidung festgestellt, dass die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens grundsätzlich nur von dem Dritten vertriebene Waren oder erbrachte Dienstleistungen betreffen könne.126 Dies hat er ohne weitere Erklärung mit dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 begründet.127 Zudem müssten die Begriffe »Waren« und »Dienstleistungen« aus systematischen Gesichtspunkten wie in Art. 6 Abs. 1 MRL 1989 122 Ingerl, WRP 2002, 861 (866); Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rn. 106; Knaak, GRUR Int. 2008, 91 (92); ders., GRUR Int. 2009, 551 (556); Steinbeck, in: FS Ullmann, 409 (416); a. A. Sack, GRUR 2008, 201 (202); offen lassend Venohr, S. 284ff. 123 Vgl. z. B. Ingerl, WRP 2002, 861 (866), wonach die Nennung eines fremden Kennzeichens im Rahmen einer vergleichenden Werbung grundsätzlich markenrechtlich irrelevant sei. 124 Siehe Kapitel 2. A. III. 125 Vgl. EuGH GRUR Int. 2005, 479, Rn. 33 – Gillette; a. A. Paulus, S. 131f., die der Entscheidung lediglich die Annahme einer Benutzung für Waren des Dritten entnimmt. 126 EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 28 – Adam Opel; bestätigend zuletzt EuGH GRUR 2019, 621, Rn. 30f. – ÖKO-Test Verlag; kritisch hierzu auch GA Mengozzi in seinen Schlussanträgen zur O2-Entscheidung, Rs. C-533/06, Slg. 2008, I-4231, Rn. 20ff. 127 EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 29 – Adam Opel.

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ausgelegt werden, wo sie sich »zwangsläufig« auf die Waren oder Dienstleistungen des Dritten bezögen.128 Dennoch seien die Aussagen aus der BMW-Entscheidung nach wie vor zutreffend, da es entscheidend auf die »spezifische und untrennbare Beziehung« zwischen der Dienstleistung und dem Gegenstand der Dienstleistung ankomme.129 Nur beim Vorliegen einer solchen »spezifischen und untrennbaren Beziehung« könne ausnahmsweise auch eine Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers relevant sein. Allerdings ist der EuGH bei den Aussagen in der Adam Opel-Entscheidung davon ausgegangen, dass die Benutzung in der BMW-Entscheidung für Dienstleistungen erfolgt ist,130 obwohl er dort tatsächlich von einer Benutzung für Waren – als dem Gegenstand der Dienstleistung – ausgegangen war. Dies macht die gesamte Argumentation widersprüchlich. Es scheint, als wolle der EuGH mit diesem Kunstgriff lediglich seine Aussagen aus der BMW-Entscheidung aufrechterhalten. Wäre es in der BMW-Entscheidung aber lediglich auf eine Benutzung für eigene Dienstleistungen angekommen, so wäre eine Markenverletzung von vornherein ausgeschlossen gewesen. Denn das Zeichen BMW sollte nicht die Herkunft der Dienstleistungen des Beklagten bezeichnen. Zudem war die Marke BMW nicht für Dienstleistungen eingetragen. In der BMW-Entscheidung kam eine rechtsverletzende Benutzung also nur in Betracht, wenn man eine Benutzung für die Ware Kraftfahrzeuge annimmt. Eine solche kann nur dann relevant werden, wenn man hierbei nicht nur die Waren des Dritten, sondern auch die des Markeninhabers selbst berücksichtigt, da der Beklagte unstreitig keine eigenen Waren unter der Marke BMW verkaufte. Der EuGH vermischt die Frage, ob die Benutzung nur für Waren und Dienstleistungen des Dritten erfolgen kann, mit der Frage, ob diese mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen sind. Der Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 spricht aber nicht gegen eine Auslegung, bei der auch die Waren des Markeninhabers berücksichtigt werden. Nicht überzeugend ist das Argument, die Begriffe der Waren und Dienstleistungen müssten aus systematischen Gesichtspunkten wie in Art. 6 Abs. 1 MRL 1989, wo sie sich zwangsläufig auf die Waren oder Dienstleistungen des Dritten bezögen, ausgelegt werden. Denn auf der anderen Seite legt der EuGH den Begriff der Benutzung sogar innerhalb der gleichen Vorschrift unterschiedlich aus. Darüber hinaus überzeugt der Verweis auf die Schrankenregelegung des Art. 6 Abs. 1 MRL 1989 auch aus einem anderen Grund nicht: Abgesehen davon, dass der EuGH nicht dargelegt hat, warum bei der Benutzung im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 MRL 1989 nur die Waren oder Dienstleistungen des Dritten relevant 128 EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 29 – Adam Opel. 129 EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 27 – Adam Opel. 130 EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 27 – Adam Opel.

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sein können,131 folgt hieraus nicht, dass dies auch für Art. 5 MRL 1989 gelten müsste. Es wäre auch nicht abwegig, die Schranke in einem anderen Sinne auszulegen: Sie könnte einem Dritten erlauben, mit dem Zeichen die Bestimmung der eigenen Dienstleistung anzugeben und gleichzeitig die fremde Ware, die Gegenstand der Dienstleistung ist, zu kennzeichnen. Denn es ist schwer vorstellbar, wie die Bestimmung einer Dienstleistung beschrieben werden soll, ohne den Gegenstand der Dienstleistung zu beschreiben. Damit bezöge sich Art. 6 Abs. 1 MRL 1989 aber gerade nicht nur auf die Waren oder Dienstleistungen des Dritten. Spätestens seit der O2-Entscheidung ist der EuGH von seinen Aussagen aus der Adam Opel-Entscheidung dementsprechend insoweit wieder abgewichen, als er in der Benutzung für Waren des Markeninhabers gleichzeitig auch eine Benutzung für eigene Waren gesehen hat.132 Zur Begründung hat der EuGH angeführt, dass der Werbende offensichtlich darauf abziele, den Absatz der eigenen Waren und Dienstleistungen zu fördern.133 Mit der Benutzung eines Zeichens für Waren oder Dienstleistungen wolle der Markeninhaber auch seine eigenen unterscheiden und mit den Eigenschaften konkurrierender Waren oder Dienstleistungen vergleichen.134 Der Werbende bezwecke, dass nicht nur die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers, sondern auch die eigenen wahrgenommen würden.135 Überträgt man diese Argumentation aber auf die BMW-Entscheidung, so erkennt man, dass eine ausdrückliche Ausnahme für den Fall einer »spezifischen und untrennbaren Beziehung« zwischen einer Dienstleistung und dem Gegenstand dieser Dienstleistung dann nicht mehr nötig wäre. Denn es liegt auf der Hand, dass mit der genauen Bezeichnung des Gegenstands der Dienstleistung immer auch der Absatz der eigenen Dienstleistung gefördert und diese von anderen unterschieden werden soll. Damit kann auf die Einschränkung, die Benutzung müsse für eigene Waren oder Dienstleistungen erfolgen, letztlich verzichtet werden.

131 Vgl. Kapitel 2. C. II. 1. a) aa) (2) (c). 132 EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 35 – O2; so auch im Rahmen des Keyword Advertising EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 70f. – Google France. 133 EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 35 – O2. 134 EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 35 – O2. 135 EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 71 – Google France.

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(b) Benutzung für Dienstleistungen In der BMW-Entscheidung sollte die Benutzung des Beklagten aber nicht nur die Ware Kraftfahrzeuge, die Gegenstand der Dienstleistungen war, genauer beschreiben. Sie sollte auch – zumindest indirekt136 – die angebotenen Dienstleistungen selbst genauer beschreiben.137 Der Beklagte brachte zum Ausdruck, dass sich seine Dienstleistungen auf Fahrzeuge der Marke BMW beziehen. Insofern diente die Benutzung auch der Unterscheidung seiner Dienstleistungen von denen seiner Mitbewerber, die sich beispielsweise auf den Verkauf oder die Wartung von Fahrzeugen der Marken VW oder Audi spezialisiert haben.138 An dieser Stelle ist entscheidend, welche weiteren Anforderungen man an die Benutzung stellt: In der BMW-Entscheidung hat der EuGH die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen explizit auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen bezogen. Legt man den Benutzungsbegriff in diesem Sinne aus, so wäre die Benutzung für Dienstleistungen nicht beachtlich, da die Marke BMW unstreitig nicht dazu benutzt wurde, die Herkunft der Dienstleistungen zu bestimmen. Es kam dem Beklagten erkennbar darauf an, seine eigenen Dienstleistungen genauer zu beschreiben und von anderen zu unterscheiden und nicht, diese Dienstleistungen als von BMW stammend zu kennzeichnen. Die Beschränkung des Benutzungsbegriffs auf solche Benutzungen, die sich auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen beziehen, erscheint jedoch fragwürdig. Es ist nicht nachvollziehbar, woraus der EuGH diesen Herkunftsbezug abgeleitet hat. Dem EuGH zufolge ergibt sich die Beschränkung aus einer Abgrenzung zu Art. 5 Abs. 5 MRL 1989, da die MRL 1989 nur auf herkunftsmäßige Benutzungen Anwendung finde.139 Allerdings lässt sich Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 nur entnehmen, dass die Benutzung nicht zu anderen Zwecken als der »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen«140 erfolgen darf. Der entscheidende vom EuGH angeführte Zusatz »als solchen eines bestimmten Unternehmens, also als Marke« ist im Richtlinientext gerade nicht enthalten und wird vom EuGH auch nicht weiter erläutert.141 Damit basiert die einzige Begründung des EuGH für die Auslegung des Benutzungsbegriffs im Sinne einer Herkunftskennzeichnung auf einer unzutreffenden Wiedergabe des Richtlinientextes. 136 Die Bezeichnung indirekt soll nicht signalisieren, dass dieser Teil der Benutzung weniger wichtig wäre – in den meisten Fällen kommt es dem Dritten gerade auf diesen Aspekt an. 137 Auch der EuGH berücksichtigt diesen Aspekt in späteren Urteilen, siehe EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 35 – O2; EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 53 – L’Oréal. 138 Vgl. kritisch aber mit der gleichen Begründung für die ähnliche Situation bei der vergleichenden Werbung Venohr, S. 284f. 139 EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 38 – BMW. 140 Siehe zur Bedeutung der »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« Kapitel 2. B. I. 141 So auch Danger, S. 117f.; Geßner, S. 94f.; Haas, S. 64, 92f.; Hotz, GRUR 2003, 993 (995).

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Verzichtete man dagegen auf einen Herkunftsbezug, so hätte eine Benutzung vorgelegen, da diese, wie bereits dargelegt, der Unterscheidung von anderen Dienstleistungen diente. Die Marke BMW war im vorliegenden Fall aber nicht für Dienstleistungen eingetragen. Die Benutzung für Dienstleistungen hätte somit allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Bekanntheitsschutzes nach Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 eine Verletzung der streitgegenständlichen Marke begründen können. Beim Bekanntheitsschutz kommt es nicht auf einen Vergleich der Waren oder Dienstleistungen an. (c) Schranke des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 Die Benutzung der Marke BMW für den Gegenstand der Dienstleistung, das heißt für die Ware Kraftfahrzeuge, erfolgte dagegen im Sinne einer Herkunftskennzeichnung. Insoweit stellt sich die Frage nach dem Eingreifen einer Schrankenregelung unabhängig davon, ob man eine solche Herkunftskennzeichnung für erforderlich hält oder nicht. Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 besagt: »Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, Angaben über […] die Bestimmung […] der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung […] im geschäftlichen Verkehr zu benutzen […].«

Bei der Benutzung für den Gegenstand der Dienstleistung könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass diese lediglich die Ware Kraftfahrzeuge der Marke BMW von anderen Kraftfahrzeugen anderer Marken unterscheiden soll. Sie beinhaltet daher isoliert betrachtet keine Angabe über die Bestimmung der Dienstleistung. Eine solche folgt allein aus der Benutzung der Marke BMW für die Dienstleistung. (3) Ergebnis In der BMW-Entscheidung ist zwischen zwei Bezugspunkten der Benutzung zu unterscheiden: Die Benutzung des Zeichens BMW für die Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge soll diese herkunftsmäßig von Kraftfahrzeugen anderer Marken unterscheiden. Dies stellt eine Benutzung für die Waren des Markeninhabers dar. Die Benutzung des Zeichens BMW für die eigene Dienstleistung soll die Bestimmung dieser Dienstleistung näher beschreiben und diese von anderen Dienstleistungen unterscheiden. Während letztere bei einer herkunftsbezogenen Auslegung der Benutzung mangels Herkunftsbezug markenrechtlich nie relevant wäre, hängt die Zulässigkeit der Benutzung für die eigene Dienstleistung von den Voraussetzungen der Schranke des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 ab. Es stellt sich jedoch die Frage, ob diese Schranke lediglich Benutzungen für Waren des Markeninhabers betrifft. Eine entsprechende Auslegung der Schranke wäre zwar möglich. Jedoch erscheint es überzeugender, dass die Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 vor allem die Benutzung für die eigenen Waren oder

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Dienstleistungen freistellen soll und die Benutzung für die fremden Waren allenfalls als notwendigen Bestandteil einer solchen Bestimmungsangabe mit umfasst. Die verschiedenen Tatbestandsmerkmale der Schrankenregelung beziehen sich auf Merkmale der Waren oder Dienstleistungen des Dritten und nicht des Markeninhabers. Um diesen Bezugspunkt der Benutzung mit der Schrankenregelung zu umfassen, dürfte man den Benutzungsbegriff nicht auf eine herkunftsmäßige Unterscheidung beschränken. Dem EuGH ist im Ergebnis darin zuzustimmen, dass die streitgegenständliche Benutzung nicht die Markenrechte der Klägerin verletzte, da die Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 in diesem Fall einschlägig war. Allerdings ist es dem EuGH nicht gelungen, dieses Ergebnis auf dogmatisch nachvollziehbare und überzeugende Weise zu begründen. Insbesondere den Rückschlüssen von Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 auf Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989, nach denen die Benutzung eine herkunftsmäßige Unterscheidung bezwecken müsse, ist nicht zuzustimmen. Unklar bleibt, ob der EuGH, obwohl er sich auf den Gegenstand der Dienstleistungen bezogen hat, tatsächlich von einer Benutzung für Dienstleistungen und nicht für Waren ausgegangen ist.142 bb) Die Hölterhoff-Entscheidung In der Hölterhoff-Entscheidung hatte der EuGH erneut über die Auslegung des Verletzungstatbestands aus Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 zu entscheiden. In diesem Fall handelte es sich bei dem Kläger um den Inhaber der Marken Spirit Sun und Context Cut, die in Deutschland für Edelsteine zur Weiterverarbeitung als Schmuckwaren eingetragen waren und sich durch einen besonderen Schliff auszeichneten.143 Der Beklagte, ein Edelsteinhändler, verwendete diese Bezeichnungen in einem Verkaufsgespräch mit einer Kundin ausschließlich dazu, den Schliff seiner Ware zu beschreiben.144 Dass diese Verwendung nicht dahingehend zu verstehen war, dass die Edelsteine auch aus dem Betrieb des Klägers stammten, wurde als erwiesen angesehen.145 Der Kläger sah sich dennoch in seinen Markenrechten verletzt und nahm den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch. (1) Entscheidung In seinen Schlussanträgen hat Generalanwalt Jacobs die Anwendung der Art. 5 Abs. 1 und 2 MRL 1989 auf solche Benutzungen beschränkt, die zum Zweck der herkunftsmäßigen Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen er142 In der Adam Opel-Entscheidung hat der EuGH dies so dargestellt, siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) ee) (2) (b). 143 EuGH GRUR Int. 2002, 841, Rn. 5 – Hölterhoff. 144 EuGH GRUR Int. 2002, 841, Rn. 7f. – Hölterhoff. 145 EuGH GRUR Int. 2002, 841, Rn. 10 – Hölterhoff.

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folgen.146 Dies hat er aus der Herkunftsfunktion als Hauptfunktion der Marke abgeleitet.147 Die Benutzung des Beklagten entferne sich zu sehr von dieser Hauptfunktion, als dass sie einen Markeninhaber berechtigen würde, sie nach Art. 5 MRL 1989 zu verbieten.148 Der EuGH hat in diesem Fall jedoch keine Notwendigkeit gesehen, darüber zu entscheiden, was unter dem Begriff der Benutzung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 lit. a und b MRL 1989 zu verstehen ist. Er hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 seiner Auffassung nach nur dann einschlägig sein könne, wenn die Benutzung der Marke eines der Interessen beeinträchtige, deren Schutz Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 bezwecke.149 Sodann hat er drei Voraussetzungen formuliert, bei deren Vorliegen ein solches Interesse nicht betroffen ist: 1. Der Dritte muss im geschäftlichen Verkehr auf die Marke Bezug nehmen, 2. die Bezugnahme darf ausschließlich zu Kennzeichnungszwecken erfolgen, also um über die Merkmale der Ware zu informieren, und 3. die Bezugnahme darf nicht als Hinweis auf die Herkunft der Ware verstanden werden.150 Da der Beklagte die Marken in diesem Fall nur benutzt habe, um die besonderen Eigenschaften der von ihm angebotenen Waren zu beschreiben und ausgeschlossen gewesen sei, dass dies als betriebliches Herkunftskennzeichen aufgefasst werde, ist der EuGH zu dem Schluss gekommen, dass sich der Kläger nicht auf sein Ausschließlichkeitsrecht aus Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 berufen könne.151 Auf die Frage, ob es sich hier nicht wie in der BMW-Entscheidung um einen Fall handelt, der in den Anwendungsbereich der Schranke des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 fällt, ist der EuGH anders als Generalanwalt Jacobs, der dies zumindest hilfsweise in Erwägung gezogen hat,152 nicht eingegangen. (2) Bewertung Wie bereits in der BMW-Entscheidung hat der EuGH ohne Erklärung einen Prüfungsmaßstab gewählt, der Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 so zumindest nicht direkt zu entnehmen ist. Auf den ersten Blick wirkt das Erfordernis der Interessensbeeinträchtigung dabei wie ein zusätzlicher Prüfungspunkt des Verletzungstat-

146 147 148 149 150 151 152

Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-2/00, Slg. 2002, I-4187, Rn. 37. Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-2/00, Slg. 2002, I-4187, Rn. 35ff. Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-2/00, Slg. 2002, I-4187, Rn. 39. EuGH GRUR Int. 2002, 841, Rn. 16 – Hölterhoff. EuGH GRUR Int. 2002, 841, Rn. 16 – Hölterhoff. EuGH GRUR Int. 2002, 841, Rn. 17 – Hölterhoff. Siehe Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-2/00, Slg. 2002, I-4187, Rn. 49ff.

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bestands, was der EuGH im nachfolgenden Arsenal-Urteil auch deutlich zum Ausdruck gebracht hat.153 Bei genauerer Betrachtung fällt dagegen auf, dass in der Prüfung der Interessensbeeinträchtigung alle Elemente einer Markenverletzung enthalten sind: Die Punkte 1. und 3. entsprechen zusammengenommen den Prüfungspunkten des Verletzungstatbestands aus Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989, wie sie der EuGH in der BMW-Entscheidung ausgelegt hat. Demnach stellt die Benutzung eines Zeichens zur herkunftsmäßigen Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen im geschäftlichen Verkehr eine Benutzung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 dar. Der Punkt 2. entspricht im Wesentlichen der Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989. Hiernach spricht eine Beschreibung der Merkmale einer Ware gegen eine Markenrechtsverletzung. Damit verbirgt sich hinter der Prüfung der Interessensbeeinträchtigung letztlich eine kombinierte Prüfung von Verletzungstatbestand und Schrankenregelung und eine Bestätigung der Aussagen aus der BMW-Entscheidung.154 Nicht ganz nachvollziehbar ist allerdings, warum der EuGH an dieser Stelle den Umweg über eine Interessensbeeinträchtigung gegangen ist und die Prüfung von Verletzungstatbestand und Schrankenregelung kombiniert hat. Auch in der Hölterhoff-Entscheidung hätte er lediglich darauf abstellen können, ob die Benutzung erfolgte, um die Herkunft der Waren zu bestimmen, die Gegenstand des Verkaufs waren.155 Dann wäre es aber gerade entscheidend darauf angekommen, was unter dem Begriff der Benutzung zu verstehen ist: Muss die Benutzung herkunftsmäßig erfolgen, so läge bereits keine Benutzung vor, da der Beklagte die Marken erwiesenermaßen nicht als Herkunftshinweis benutzte. Muss die Benutzung lediglich zur Unterscheidung erfolgen, so läge eine Benutzung vor, da der Beklagte die Marken zur Unterscheidung seiner Edelsteine von Edelsteinen mit anderem Schliff benutzt hat. Im zweiten Fall würde es sich im Wesentlichen um die gleiche Fallkonstellation wie in der BMW-Entscheidung handeln, mit dem Unterschied, dass die Marken des Klägers auch für die Waren, die der Beklagte vertrieb, eingetragen waren. Dann wäre die Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 zu prüfen gewesen. cc) Die Arsenal-Entscheidung Den in der Hölterhoff-Entscheidung angedeuteten Ansatz der Prüfung einer Interessensbeeinträchtigung hat der EuGH in der Arsenal-Entscheidung wieder aufgegriffen und weiterentwickelt. Erstmals hat er sich dabei mit der Fragestel153 Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) cc). 154 So auch Eichhammer, S. 101f.; a. A. Danger, S. 54f.; Venohr, S. 154. 155 So auch Kur, GRUR Int. 2008, 1 (8); kritisch auch Buhrow, S. 72f.; Ingerl, WRP 2002, 861 (862).

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lung, unter welchen Voraussetzungen eine Benutzung vorliegt, im Detail befasst und seine Aussagen aus dem Richtlinientext abgeleitet. Geklagt hatte der Arsenal Football Club (Arsenal FC), Inhaber der Wortzeichen Arsenal und Arsenal Gunners sowie der Bildzeichen eines Wappen- und eines Kanonenemblems, die unter anderem für Konfektionsartikel und Sportbekleidung als Marke eingetragen waren.156 Insbesondere Souvenir- und Fanartikel, die mit diesen Marken versehen waren, wurden über ein Netz von Vertragshändlern vertrieben.157 Der Beklagte verkaufte ebenfalls Souvenir- und Fanartikel, die mit Marken des Arsenal FC versehen waren.158 Dabei umfasste sein Sortiment sowohl offizielle, vom Arsenal FC lizensierte, als auch nicht offizielle Waren.159 In seinen Verkaufsständen wies der Beklagte auf einem großen Plakat wahrheitsgemäß darauf hin, dass offizielle Arsenal-Waren mit einem Etikett entsprechend gekennzeichnet seien und die Zeichen auf den nicht offiziellen Waren ausschließlich Dekorationszwecken dienten und keinerlei Zugehörigkeit zu oder Geschäftsbeziehungen mit den Herstellern der originalen Waren implizierten.160 (1) Entscheidung In seinen Schlussanträgen hat Generalanwalt Colomer dafür plädiert, den Markenschutz nicht lediglich auf die Herkunftsfunktion einer Marke zu beschränken, sondern ebenfalls zu berücksichtigen, dass eine Marke auch dazu bestimmt sei, den Ruf des Markeninhabers und die Qualität der von ihm verkörperten Produkte anzuzeigen.161 Eine Marke entfalte oftmals ein Eigenleben und drücke eine Qualität, einen Ruf und in bestimmten Fällen eine Lebensauffassung aus.162 Die Bestimmung einer Marke umfasse zudem die Benutzung der Marke zu Werbezwecken mit dem Ziel der Information und der Überzeugung der Verbraucher.163 Eine Benutzung als Marke liege immer dann vor, wenn sie in Bezug auf diese Aspekte irreführend sei, wobei der in diesem Fall anzuwendende Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 diesbezüglich eine widerlegbare Vermutung enthalte.164 Der EuGH ist hierauf jedoch nicht eingegangen und hat den in der HölterhoffEntscheidung angedeuteten Weg einer funktionsorientierten Betrachtung weiter fortgeführt. Auch der absolute Schutz des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 müsse auf 156 157 158 159 160 161 162 163 164

EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 12f. – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 13 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 15 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 15f. – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 17 – Arsenal. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273, Rn. 46f. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273, Rn. 46. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273, Rn. 43. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273, Rn. 49, 51ff.

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solche Benutzungen beschränkt werden, durch die ein Dritter die Funktionen der Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion als Herkunftsgarant, beeinträchtige oder beeinträchtigen könnte.165 Nur in diesen Grenzen lasse sich das Ausschließlichkeitsrecht der Marke rechtfertigen.166 Dass es sich bei der Herkunftsgarantie um die Hauptfunktion einer Marke handelt, hat der EuGH mit verschiedenen Argumenten begründet: Zum einen ergebe sich dies aus Art. 2 MRL 1989, da hiernach nur solche Zeichen als Marke eingetragen werden könnten, die geeignet seien, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.167 Zum anderen sei das Markenrecht ein wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs und müsse gewährleisten, dass ein Unternehmen seine Kunden durch die Qualität seiner Waren oder Dienstleistungen an sich binden könne.168 Dies wiederum setze Zeichen voraus, mit denen sich Waren oder Dienstleistungen identifizieren ließen und die den Verbrauchern signalisierten, dass sie unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht würden und Verwechslungen mit Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft ausschlössen.169 Diese Auslegung werde auch durch ErwG 10 MRL 1989 unterstützt, wonach der Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes insbesondere darin liege, die Herkunftsfunktion zu gewährleisten.170 Schließlich hat der EuGH auch auf die Hölterhoff-Entscheidung und die Abgrenzung zu Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 verwiesen. Die Arsenal-Entscheidung unterscheide sich aber insofern von der Hölterhoff-Entscheidung, als die Zeichen, die auf den Arsenal FC hinwiesen, »im Zusammenhang mit Verkäufen an Verbraucher und offenkundig nicht nur zu rein beschreibenden Zwecken benutzt« würden.171 Außerhalb des Verkaufsstandes sei nicht mehr gewährleistet, dass ein Verbraucher die offiziellen und nicht offiziellen Waren unterscheiden könne.172 Der EuGH ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Benutzung auf eine Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den betroffenen Waren und dem Arsenal FC schließen lasse und somit zu einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion führe.173 Folglich handele es sich um eine Benutzung, gegen die der Markeninhaber nach Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 vorgehen könne.174 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174

EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 51 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 52 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 49 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 47 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 48 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 50 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 54f. – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 57 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 56, 60 – Arsenal. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 60 – Arsenal.

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(2) Bewertung Die Arsenal-Entscheidung stellt eine Zäsur in der Rechtsprechung des EuGH dar und ist in nachfolgenden Urteilen häufig als Grundsatzurteil zitiert worden.175 Fortan prüft der EuGH nicht mehr, ob die Benutzung zu Zwecken der Unterscheidung der Herkunft von Waren oder Dienstleistungen erfolgt, sondern ob die Benutzung eine Markenfunktion beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte. In diesem Zusammenhang berücksichtigt der EuGH zunächst nur die Herkunftsfunktion der Marke. Diese sei dann betroffen, wenn das Zeichen als Angabe des Herkunftsunternehmens aufgefasst werden könnte und somit der Eindruck entstünde, dass eine Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den betroffenen Waren oder Dienstleistungen und dem Markeninhaber bestehe.176 Diese Prüfung deckt sich inhaltlich mit den Maßstäben aus der BMWEntscheidung. Allerdings hat der EuGH bereits in der Arsenal-Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass die Interessensbeeinträchtigung nicht zwangsläufig nur auf die Herkunftsfunktion bezogen werden muss: Die Ausübung des Rechts aus Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 sei auf Fälle beschränkt, in denen die Benutzung »die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion […] beeinträchtige oder beeinträchtigen könnte«.177 Es ist ausdrücklich von einer Mehrzahl an Funktionen die Rede und die Hauptfunktion wird nur als – freilich bedeutendes – Beispiel einer solchen Funktion genannt. Da in der Arsenal-Entscheidung die Hauptfunktion aber tatsächlich betroffen war, kam es auf andere Funktionen nicht mehr an.178 Nicht ganz nachvollziehbar ist der Verweis des EuGH auf die HölterhoffEntscheidung: Der EuGH hat in der Arsenal-Entscheidung festgestellt, dass der Benutzungsbegriff keine Benutzungen umfasst, die zu rein beschreibenden Zwecken erfolgen. Hierzu hat er auf die Ausführungen aus der Hölterhoff-Entscheidung verwiesen. Der Unterschied der beiden Fälle liege darin, dass die Benutzung in der Arsenal-Entscheidung im Zusammenhang mit Verkäufen an Verbraucher und offenkundig nicht nur zu rein beschreibenden Zwecken erfolgt.179 Die Frage, ob die Benutzung zu rein beschreibenden Zwecken erfolgt, betrifft dagegen die Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989. Ob die Be175 Siehe beispielsweise EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 16ff. – Adam Opel; EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58 – L’Oréal; EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 39 – Interflora; EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 34 – Mitsubishi. 176 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 56f. – Arsenal. 177 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 51 – Arsenal. 178 Die Reichweite der funktionsorientierten Auslegung des Benutzungsbegriffs wird erst in der L’Oréal-Entscheidung deutlich, in der die Herkunftsfunktion nicht betroffen war. Siehe hierzu Kapitel 2. C. II. 1. a) ff). 179 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 55 – Arsenal.

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nutzung im Zusammenhang mit Verkäufen an Verbraucher erfolgt, ist irrelevant, da es in Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 nur auf eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr ankommt. Die Benutzung im geschäftlichen Verkehr setzt voraus, dass die Benutzung im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgt.180 Ein geschäftlicher Verkehr liegt damit nicht nur im Verhältnis zu Verbrauchern vor, sondern schließt auch den Verkauf an Unternehmer ein. Es ging bei dem Vergleich vielmehr um den zeitlichen Aspekt der Benutzung.181 Tatsächlich liegt der Unterschied der beiden Fälle nämlich darin, dass die Marken des Arsenal FC der Ware dauerhaft und insbesondere auch noch nach dem Verkauf anhaften. In der Hölterhoff-Entscheidung wurden die Marken dagegen nur mündlich benutzt. Zum Zeitpunkt des Verkaufs war die Herkunftsfunktion in beiden Fällen nicht beeinträchtigt, da jeweils deutlich gemacht wurde, dass die Marken nicht die Herkunft der Waren als solche des Markeninhabers angeben sollen. dd) Die Anheuser-Busch-Entscheidung In der Anheuser-Busch-Entscheidung hat der EuGH seine funktionsorientierte Auslegung des Benutzungsbegriffs bestätigt. In dem Fall war die Klägerin Inhaberin der für Bier eingetragenen Marken Budweiser, Bud, Bud Light und Budweiser King of Beers.182 Die Beklagte war Inhaberin der ebenfalls für Bier eingetragenen Marken Budvar und Budweiser Budvar, die jedoch wegen Nichtbenutzung für verfallen erklärt wurden.183 Die Klägerin nahm die Beklagte unter anderem auf Unterlassung der Zeichen Budweiser Budvar, Budweiser, Budvar und Bud in Anspruch.184 (1) Entscheidung Da sich der Sachverhalt teilweise noch vor Inkrafttreten der MRL 1989 und des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen) abgespielt hatte, hat der EuGH entschieden, dass in dem vorliegenden Fall nationales Recht anzuwenden sei.185 Dieses müsse aber so weit wie möglich im Lichte des Wortlauts und der Ziele der MRL 1989 und

180 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 40 – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 18 – Adam Opel. 181 Hillebrand, S. 192, spricht in diesem Zusammenhang von einer Herabsetzung der Anforderungen an das Vorliegen einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion. 182 EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 24 – Anheuser-Busch. 183 EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 25 – Anheuser-Busch. 184 EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 26 – Anheuser-Busch. 185 EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 54ff. – Anheuser-Busch.

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des TRIPS-Übereinkommens ausgelegt werden, weshalb es auch auf die Auslegung dieser Vorschriften ankomme.186 In seinen Schlussanträgen hat Generalanwalt Tizzano in dieser Frage auf die bisherige Rechtsprechung des EuGH verwiesen. Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 sei demnach nur dann anwendbar, wenn die Benutzung eines Zeichens als Marke vorliege.187 Dies setze voraus, dass die Benutzung entsprechend der Hauptfunktion erfolge, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren.188 Bei der Auslegung des Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 hat auch der EuGH auf die Arsenal-Entscheidung verwiesen und diese bestätigt. Die Benutzung des Zeichens müsse »die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion« beeinträchtigen oder beeinträchtigen können.189 Hierfür sei maßgeblich, ob die Benutzung des Zeichens den Eindruck aufkommen lasse, dass eine konkrete Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den Waren des Dritten und dem Unternehmen bestehe.190 Dies wiederum sei der Fall, wenn die angesprochenen Verbraucher das Zeichen so auffassen könnten, dass es das Unternehmen angebe, von dem die Waren des Dritten stammten.191 Sollte die Benutzung dagegen zu einem anderen Zweck als dem der Unterscheidung der betroffenen Waren verwendet worden sein, sei nach Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 allein das nationale Recht des Mitgliedstaates anwendbar.192 (2) Bewertung Während die Ausführungen zur Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion inhaltlich mit denen aus der Arsenal-Entscheidung übereinstimmen und diese bestätigen, wirft der Verweis auf Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 Fragen auf. In der BMWEntscheidung hatte der EuGH der »Benutzung zu Zwecken der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« noch den Zusatz »als solchen eines bestimmten Unternehmens, also als Marke« hinzugefügt. Hieraus folge für Art. 5 Abs. 1 MRL 1989, dass dieser nur auf herkunftshinweisende Benutzungen anwendbar sein könne.193 In der Anheuser-Busch-Entscheidung hat der EuGH diesen Zusatz weggelassen. Dass ein Zeichen – entsprechend der Herkunftsfunktion – herkunftshinweisend benutzt werden muss, leitet der EuGH nunmehr 186 187 188 189 190 191 192 193

EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 56f. – Anheuser-Busch. Vgl. Schlussanträge GA Tizzano, Rs. C-245/02, Slg. 2004, I-10989, Rn. 58, 70. Schlussanträge GA Tizzano, Rs. C-245/02, Slg. 2004, I-10989, Rn. 67ff. EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 59 – Anheuser-Busch. EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 60 – Anheuser-Busch. EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 60 – Anheuser-Busch. EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 64 – Anheuser-Busch. Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) aa) (2) (b).

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direkt aus dem Tatbestand des Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 her. Allerdings spricht er in diesem Zusammenhang nicht mehr nur von einer herkunftshinweisenden Benutzung, sondern von einer, die »die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion« beeinträchtigen müsse. Geht man davon aus, dass die Herkunftsfunktion hier nur eine von mehreren zu berücksichtigenden Funktionen darstellt, so hat der EuGH den Anwendungsbereich der Art. 5 Abs. 1 bis 4 MRL 1989 damit erheblich ausgeweitet. Der Vorschrift des Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 kommt dann richtigerweise nur noch die Bedeutung zu, solche Benutzungen vom Anwendungsbereich der Art. 5 Abs. 1 bis 4 MRL 1989 auszuschließen, die nicht der »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« dienen.194 ee) Die Adam Opel-Entscheidung Die bei der BMW-Entscheidung angesprochene Bedeutung des Bezugspunktes der Benutzung wird auch in der Adam Opel-Entscheidung deutlich. In dem Fall ging es um die für Kraftfahrzeuge und Spielzeug eingetragene Bildmarke des klagenden Automobilherstellers Adam Opel AG in Form des Opel-Logos. Die beklagte Autec AG verkaufte unter anderem funkferngesteuerte verkleinerte Modelle von bekannten Originalfahrzeugen unter der Marke cartronic.195 Unter diesen Modellfahrzeugen war auch das Modell eines Opel Astra V8 Coupé. Während sowohl die Marke cartronic als auch das Zeichen AUTEC AG an verschiedenen Stellen der Verpackung, der Gebrauchsanweisung oder der Fernbedienung angebracht waren, befand sich auf dem Kühlergrill des Modellfahrzeuges wie beim Originalfahrzeug das Opel-Logo.196 Die Klägerin sah hierin eine Verletzung ihrer Markenrechte und nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. (1) Entscheidung In seinen Schlussanträgen hat sich Generalanwalt Colomer hauptsächlich auf die Art der streitigen Ware und die Wahrnehmung dieser Ware durch den Verbraucher gestützt. In der Spielzeugindustrie seien die Anforderungen der Sammler an die Qualität von Nachbildungen derart hoch, dass diese üblicherweise bis ins kleinste Detail nachgebildet werden müssten.197 Dazu gehört nach Ansicht des Generalanwalts insbesondere, das Zeichen, das den Hersteller des nachgebildeten Originalfahrzeuges angebe, auf dem Modellfahrzeug anzubringen. Andernfalls drohe die Gefahr eines Monopols auf dem Modellmarkt.198 194 195 196 197 198

Siehe Kapitel 2. D. III. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 5 – Adam Opel. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 6f. – Adam Opel. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 37ff. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 41.

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Insgesamt sei ausgeschlossen, dass der Verkehr aufgrund des Opel-Logos eine Verbindung mit anderen für die Klägerin von ihren Lizenznehmern hergestellten Modellfahrzeugen herstelle.199 Zwar verbinde der Verkehr das Modellfahrzeug mit dem realen Fahrzeug.200 Da das reale Fahrzeug und das Modellfahrzeug allerdings nicht derselben Warenkategorie angehörten, sei auch diesbezüglich eine Benutzung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 ausgeschlossen.201 Hilfsweise hat sich Colomer anschließend mit der Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 auseinandergesetzt. Da es sich bei dem Opel-Logo um einen untrennbar mit dem Originalfahrzeug verbundenen Bestandteil handele, sei hierin eine Angabe über andere Merkmale der Ware im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 zu sehen.202 Die Beklagte habe aber nicht den Eindruck erweckt, dass eine Handelsbeziehung zur Klägerin bestehe und auch nicht den Wert der Marke beeinträchtigt, indem sie die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausgenutzt habe. Die Benutzung sei daher mit den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel vereinbar.203 Der EuGH ist auf die allgemeinen Besonderheiten des Modellfahrzeugmarkts nicht gesondert eingegangen, sondern hat das Vorliegen einer Benutzung wie gewohnt anhand der Frage geprüft, ob diese die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Herkunftsfunktion beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte. Dabei hat er zunächst eine Benutzung für Waren der Kategorie Spielzeug untersucht. Für das Vorliegen einer Benutzung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 sei erforderlich, dass die Benutzung den Eindruck erwecke, dass die Waren von der Klägerin oder einem mit dieser wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten.204 Sei dies nicht der Fall, so beeinträchtige die in Rede stehende Benutzung nicht die Herkunftsfunktion der Marke.205 Zwar hat der EuGH erstmals ausdrücklich erwähnt, dass andere Funktionen der Marke als ihre Hauptfunktion beeinträchtigt sein könnten; auf diese habe sich die Klägerin aber nicht berufen.206 Sodann hat er sich der Benutzung für Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge gewidmet. Er hat zunächst auf die BMW-Entscheidung verwiesen, in der er eine Benutzung auch für Waren des Markeninhabers berücksichtigt hatte207 und dies 199 200 201 202 203 204 205 206 207

Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 43. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 43f. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 45. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 51. Vgl. Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 60. Vgl. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 24 – Adam Opel. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 24 – Adam Opel. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 25 – Adam Opel. Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) aa) (1).

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mit der besonderen untrennbaren Beziehung zwischen einer Dienstleistung und dem Gegenstand dieser Dienstleistung begründet.208 Abgesehen von dieser besonderen Konstellation sei eine Benutzung aber nur für Waren oder Dienstleistungen des Dritten denkbar.209 Da die Beklagte keine mit dem Opel-Logo versehenen Kraftfahrzeuge verkaufe, komme eine Benutzung für Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge nicht in Betracht.210 Anschließend hat der EuGH noch auf den Bekanntheitsschutz des fakultativen Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 verwiesen. Falls es sich bei dem Opel-Logo um eine bekannte Marke handele, habe das vorlegende Gericht zu prüfen, ob die in Rede stehende Benutzung die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung dieser Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutze oder beeinträchtige.211 Schließlich ist der EuGH noch auf die Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 eingegangen. Zwar hat er es nicht für ausgeschlossen gehalten, dass die Vorschrift auch die Benutzung einer nicht beschreibenden Marke als Angabe über die Art, die Beschaffenheit oder über andere Merkmale der Waren oder Dienstleistungen gestattet. Allerdings werde das Opel-Logo nicht als Angabe über ein Merkmal des Modellfahrzeugs, sondern als Teil der originalgetreuen Nachbildung der Originalfahrzeuge gebraucht.212 Damit sei die Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 in diesem Fall nicht einschlägig.213 (2) Bewertung Auch wenn der EuGH für das Ergebnis des Urteils teilweise kritisiert wurde,214 ist die Entscheidung insgesamt konsequent. Dies betrifft insbesondere die strenge Unterscheidung zwischen der Benutzung für Waren der Kategorien Spielzeug und Kraftfahrzeuge. (a) Benutzung für Waren der Kategorie Spielzeug Generalanwalt Colomer hat sich ersichtlich darum bemüht, Argumente für die Zulässigkeit der Benutzung für Waren der Kategorie Spielzeug zu finden. Die Besonderheiten des Modellfahrzeugmarktes reichen aber nicht als Argument für das Verneinen einer Markenverletzung aus. Denn auch wenn die Kunden an detailgetreue Abbilder der Originalfahrzeuge gewöhnt sind und ein Monopol auf dem Modellmarkt für eine bestimmte Marke drohte, sind dies noch keine 208 209 210 211 212 213 214

EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 27 – Adam Opel. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 28 – Adam Opel. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 30 – Adam Opel. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 34ff. – Adam Opel. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 43f. – Adam Opel. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 45 – Adam Opel. Kur, GRUR Int. 2008, 1 (6f.); Lerach, MarkenR 2007, 303 (307f.); Paulus, S. 187f., 241ff.

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Gründe, die für sich genommen gegen das Vorliegen einer rechtsverletzenden Benutzung sprechen. Ein Monopol für den Spielzeugmarkt wäre vielmehr die Konsequenz daraus, dass die Klägerin das Opel-Logo nicht nur für Kraftfahrzeuge, sondern auch für Spielzeug eintragen ließ.215 In diesem Fall ist es nur ihr gestattet, das Opel-Logo für eine detailgetreue Nachbildung eines Kraftfahrzeuges zur Unterscheidung von anderen Nachbildungen zu benutzen. Der EuGH hat die Benutzung für Waren der Kategorie Spielzeug konsequenterweise anhand der Frage beurteilt, ob diese die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte. Auf den Aspekt, dass die Beklagte beim Vertrieb der Modellfahrzeuge auch noch ihre eigenen Marken benutzt hat, ist der EuGH dagegen überraschenderweise nicht eingegangen.216 Vor dem Hintergrund der Arsenal-Entscheidung, hätte man dies erwarten können. In der Arsenal-Entscheidung hatte der EuGH entschieden, dass auch der Hinweis, dass die verkauften Waren nicht von dem Markeninhaber der auf den Waren angebrachten Marke stammten, nicht ausreiche, wenn ein solcher nach dem Verlassen des Verkaufsbereichs nicht mehr zu erkennen sei.217 Die Zeichen der Beklagten auf der Verpackung und der Fernbedienung des Modellfahrzeuges weisen zumindest Parallelen zu einem solchen Hinweis auf. Denn gerade bei Modellfahrzeugen ist es nicht unüblich oder zumindest nicht unwahrscheinlich, dass diese zum Beispiel in einer Vitrine auch ohne Verpackung aufbewahrt werden. Bei Betrachtung des Modellfahrzeugs mit dem Opel-Logo wären die Zeichen der Beklagten dann mangels Verpackung nicht mehr sichtbar. Legt man dieses Modellfahrzeug einem Verbraucher vor, könnte dieser nicht mehr unterscheiden, ob es von der Klägerin, einem Lizenznehmer oder einem unabhängigen dritten Unternehmen vertrieben wurde. Zwar kann man anführen, dass die Verbraucher bei Modellfahrzeugen an detailgetreue Nachbildungen gewöhnt sind und daher nicht von einer Verbindung zwischen der Marke auf dem Modellfahrzeug und dem Hersteller ausgehen.218 Man kann jedoch ebenso anführen, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein Bewusstsein dafür herrscht, dass fremde Marken nicht ohne weiteres auf den eigenen Produkten angebracht werden dürfen. Das vorlegende Gericht ist zu dem Schluss gekommen ist, dass

215 Hackbarth/Kurtz, WRP 2007, 1152 (1158) sind der Ansicht, dass andernfalls eine Diskriminierung von Unternehmen drohe, die sowohl Kraftfahrzeuge als auch Spielzeug unter ihrer Kontrolle herstellen lassen. 216 Generalanwalt Colomer hatte diesen Umstand als Begründung dafür herangezogen, dass die beteiligten Verkehrskreise nicht von einer Verbindung zwischen den Erzeugnissen des Dritten und dem Markeninhaber ausgehen würden, die Benutzung also den anständigen Gepflogenheiten entspräche, Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 58ff. 217 Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) cc) (1). 218 So GA Colomer in seinen Schlussanträgen, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 40.

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der Verkehr das Modellfahrzeug mit dem realen Fahrzeug verbinde.219 Es ist somit auch nicht abwegig anzunehmen, dass die angesprochenen Verkehrskreise unter diesen Umständen von einer Lizenzbeziehung ausgehen. Da nach der Rechtsprechung des EuGH schon die Möglichkeit der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion ausreicht,220 hätte dies zumindest genauer untersucht werden müssen. (b) Benutzung für Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge Was die Benutzung für Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge angeht, so hat der EuGH in wenigen Worten festgestellt, dass die Autec AG keine Autos verkaufte und das Opel-Logo daher auch nicht für Kraftfahrzeuge benutzte.221 Dabei hat er auf eine vermeintliche Verbindung zur BMW-Entscheidung hingewiesen.222 Diese Verbindung hat der EuGH in der Adam Opel-Entscheidung genutzt, um darzulegen, dass eine Benutzung grundsätzlich nur für Waren des Dritten in Betracht kommt. Dabei geht der EuGH in der Adam Opel-Entscheidung aber anscheinend davon aus, dass er in der BMW-Entscheidung eine Benutzung für Dienstleistungen bejaht hatte. Tatsächlich hatte er sich dort jedoch auf den Gegenstand der Dienstleistung bezogen.223 Bei diesem handelte es sich um Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge, die nur von dem Markeninhaber und nicht von dem Dritten vertrieben wurden. Die Frage, für wessen Waren oder Dienstleistungen die Benutzung erfolgen muss, stellte sich – geht man wie nunmehr der EuGH von einer Benutzung für Dienstleistungen aus – in der BMW-Entscheidung also nicht, da diese Dienstleistungen von dem Dritten und nicht vom Markeninhaber angeboten wurden. Darüber hinaus kann sich der EuGH seit seiner funktionsbezogenen Auslegung des Benutzungsbegriffs nicht länger auf die BMW-Entscheidung stützen. Denn die Benutzung für die Dienstleistungen war in der BMWEntscheidung nicht geeignet, die Herkunftsfunktion der Marke zu beeinträchtigen, sondern erfolgte nur, um die Art der Dienstleistung näher zu beschreiben.224 Er müsste demnach bezüglich der Benutzung für Dienstleistungen nunmehr zu dem Ergebnis kommen, dass diese die Rechte der Klägerin an der Marke

219 LG Nürnberg-Fürth WRP 2007, 840 (842). 220 Vgl. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 42, 51 – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 59, 71 – Anheuser-Busch; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 21 – Adam Opel. 221 EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 30 – Adam Opel; anders dagegen GA Colomer in seinen Schlussanträgen, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 45, wo er eine Benutzung für Kraftfahrzeuge nicht angenommen, sondern nur festgestellt hat, dass das Modellfahrzeug und das Originalfahrzeug nicht zur selben Warenkategorie gehörten. 222 EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 27ff. – Adam Opel. 223 Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) aa) (1). 224 Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) aa) (2) (b).

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BMW bereits tatbestandlich nicht verletzte. Stattdessen hatte der EuGH in der BMW-Entscheidung jedoch das Vorliegen einer Schrankenregelung bejaht.225 Unabhängig davon ist fraglich, ob das Opel-Logo in diesem Fall tatsächlich nicht für Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge benutzt wurde. In diesem Zusammenhang wäre ein Verweis auf die BMW-Entscheidung sinnvoller gewesen. Denn sowohl in der BMW-Entscheidung als auch in der Adam Opel-Entscheidung erfolgte eine Bezugnahme auf die Ware der Kategorie Kraftfahrzeuge, die von den angesprochenen Verkehrskreisen auch so verstanden wurde.226 Während dies in der BMW-Entscheidung ausdrücklich geschah, nahm der Beklagte in der Adam Opel-Entscheidung durch die Nachbildung mittelbar auf das Original Bezug und unterschied es dadurch von anderen Automarken. Anstelle des Gegenstands der Dienstleistung könnte man hier von dem Gegenstand der Nachbildung sprechen. Es wäre somit überzeugender gewesen, auch eine Benutzung für Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge anzunehmen. (c) Schranke des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 Kommt man zu dem Schluss, dass das Opel-Logo für Waren der Kategorie Spielzeug benutzt wurde, so stellt sich die Frage nach dem Eingreifen der Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989. Der EuGH hat diese mit der Begründung abgelehnt, dass das Opel-Logo nicht dazu diene, eine Angabe über ein Merkmal der Modellfahrzeuge zu machen, sondern nur ein Teil der originalgetreuen Nachbildung sei.227 Hiergegen wird angeführt, dass das Wesen der Herstellung von Modellen in der detailgetreuen Nachbildung der Wirklichkeit liege und das Markenlogo ein untrennbar mit dem Original verbundener Bestandteil und damit ein anderes Merkmal im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 sein müsse.228 Die Tatsache, dass das Zeichen Teil der originalgetreuen Nachbildung sei, schließe nicht aus, dass es gleichzeitig auch eine Angabe über sonstige Merkmale der Ware enthalte.229 Zudem seien unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Modellfahrzeugmarkts auch das Interesse der Modellhersteller an einer kostengünstigen Herstellung von Modellen und das Interesse der Verbraucher an preiswerten originalgetreuen Modellen zu berücksichtigen.230 Mit einer solchen Argumentation wäre allerdings jede Produktnachahmung zu rechtfertigen.231 Denn ein 225 EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 50ff., 58ff., 64 – BMW. 226 In der Adam Opel-Entscheidung hat sich GA Colomer sogar ausdrücklich auf diesen Umstand berufen, siehe Schlussanträge GA Colomer, Rs. C-48/05, Slg. 2007, I-1017, Rn. 43. 227 EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 44 – Adam Opel. 228 Paulus, S. 187. 229 Kur, GRUR Int. 2008, 1 (7); Paulus, S. 188. 230 Paulus, S. 243. 231 So auch Hackbarth/Kurtz, WRP 2007, 1152 (1155).

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Dritthersteller, der eine Marke auf der Nachahmung platziert, möchte damit immer möglichst nah an das Original gelangen. Sowohl der Dritthersteller als auch der Verbraucher werden auch immer ein Interesse an einer kostengünstigeren Variante haben, die dennoch das begehrte Markenzeichen aufweist. In diesen Fällen müsste man das Markenzeichen immer dahingehend interpretieren, dass es eine Angabe über ein sonstiges Merkmal der Ware darstellt. Unabhängig davon hätte der EuGH die Schrankenregelung aber wohl auch aus einem anderen Grund abgelehnt: Die Frage nach der Schrankenregelung stellt sich nach der Rechtsprechung des EuGH nämlich nur, wenn man eine Verletzung der Herkunftsfunktion aus dem Grund annimmt, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Opel-Logo als Angabe darüber verstehen, »dass die Modelle von der Adam Opel AG oder einem mit dieser wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten«.232 Dann wäre bei Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 – auch wenn das Opel-Logo als Angabe über ein anderes Merkmal des Modellfahrzeugs zu verstehen wäre – zu prüfen, ob die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist dies aber dann nicht der Fall, wenn die Benutzung den Eindruck erwecke, dass eine Handelsbeziehung zwischen dem Dritten und dem Markeninhaber bestehe, insbesondere, dass der Dritte dem Vertriebsnetz des Markeninhabers angehöre oder dass zwischen den beiden eine besondere Beziehung bestehe.233 Hier wird erneut eine Unstimmigkeit in der Auslegung des EuGH deutlich: Mit dem gleichen Prüfungsmaßstab, mit der der EuGH die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion bejaht, verneint er das Eingreifen der Schrankenregelung. Hiermit verbliebe der Schrankenregelung allenfalls dann ein möglicher Anwendungsbereich,234 wenn andere Funktionen als die Herkunftsfunktion betroffen sind. Welche Funktionen der EuGH hier als relevant ansieht und ob deren Beeinträchtigung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel ebenfalls widerspricht, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar. Käme man zu dem Schluss, dass das Opel-Logo für Waren der Kategorie Kraftfahrzeuge benutzt wurde, wäre das Eingreifen der Schrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989 dagegen überzeugender. Die mittelbare Bezugnahme könnte als Hinweis auf die Bestimmung der Nachbildung verstanden werden.

232 Vgl. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 24 – Adam Opel. 233 EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 51, 63 – BMW; bestätigt in EuGH GRUR Int. 2005, 479, Rn. 42 – Gillette. 234 Siehe hierzu Kapitel 2. D. IV. 2. c) bb).

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(3) Ergebnis Dem EuGH ist im Ergebnis darin zuzustimmen, dass die Benutzung in der Adam Opel-Entscheidung die Markenrechte der Klägerin verletzte. Auch wenn über den funktionsorientierten Ansatz bei der Auslegung der Benutzung gestritten werden kann, erfolgt die Entscheidung in dieser Hinsicht im Einklang mit den bisherigen Entscheidungen. Allerdings hätte der EuGH den Bezugspunkt der Benutzung ähnlich wie in der BMW-Entscheidung genauer untersuchen können. Zu begrüßen ist die deutliche Absage, dem Modellfahrzeugmarkt allein aus rechtspolitischen Gründen eine dogmatisch nicht haltbare Sonderstellung zuzusprechen. ff ) Die L’Oréal-Entscheidung Spätestens in der L’Oréal-Entscheidung hat der EuGH klargestellt, dass er zukünftig an der funktionsorientierten Auslegung des Benutzungsbegriffs festhalten würde. In dem Fall ging es um die Benutzung einer Marke in einer vergleichenden Werbung.235 Die Klägerin war Inhaberin der Marken Trésor, Miracle, Anaïs-Anaïs und Noa, die für Parfums und andere Duftstoffe eingetragen waren.236 Bei den Beklagten handelte es sich um Großhändler verschiedener Handelsstufen, die Imitationen der Parfums der Klägerin verkauften.237 Dabei ordneten sie ihre Parfumimitationen in Vergleichslisten den entsprechenden Parfums der Klägerin zu und bezeichnete deren Parfums mit den oben genannten Markennamen.238 Diese Vergleichslisten wurden den Einzelhändeln beim Vertrieb übermittelt.239 Zudem wurden manche Parfums in Flakons und Schachteln verkauft, die eine allgemeine Ähnlichkeit mit den Flakons und Schachteln der Parfums der Klägerin aufwiesen.240 Dabei war jedoch unstreitig, dass die Ähnlichkeit nicht geeignet war, Wiederverkäufer oder Verbraucher bezüglich des Ursprungs der Erzeugnisse irrezuführen.241 Die Klägerin sah sich durch die Verwendung der Markennamen in den Vergleichslisten in ihren Markenrechten verletzt und nahm die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch. (1) Entscheidung In seinen Schlussanträgen hat Generalanwalt Mengozzi zunächst die bisherigen Entscheidungen des EuGH und die Schlussanträge der Generalanwälte Jacobs und Colomer zusammengefasst und festgestellt, dass die Herkunftsfunktion stets 235 236 237 238 239 240 241

EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 14ff. – L’Oréal. EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 14 – L’Oréal. EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 15 – L’Oréal. EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 21 – L’Oréal. EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 21 – L’Oréal. EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 17, 22 – L’Oréal. EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 18 – L’Oréal.

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nur beispielhaft angeführt worden und ein Schutz weiterer Funktionen damit nicht ausgeschlossen sei.242 Sodann hat er sich mit den weiteren Funktionen einer Marke befasst. Hierbei hat er zwischen der Herkunftsfunktion als der Hauptfunktion der Marke und der Qualitätsfunktion sowie den Kommunikationsfunktionen unterschieden: Während die Qualitätsfunktion als Unterfall der Herkunftsgarantie anzusehen sei, dienten die Kommunikationsfunktionen dazu, den Verbrauchern Informationen über die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu übermitteln.243 Ohne Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 auszulegen, hat Mengozzi allein aus der Existenz all dieser Funktionen geschlossen, dass sie auch geschützt sein müssten.244 Allerdings hat er die Frage aufgeworfen, ob der Schutz über Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 oder nicht eher über Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 erfolgen müsse.245 Diese Frage hat Mengozzi jedoch unbeantwortet gelassen, da er ohnehin keine der Funktionen für beeinträchtigt gehalten hat.246 Auch der EuGH hat sich auf die Begründungen seiner vorherigen Entscheidungen bezogen und festgestellt, dass zu den geschützten Funktionen im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 nicht nur die Hauptfunktion der Marke zähle.247 In diesem Zusammenhang hat er erstmals ausdrücklich als in Betracht kommende Funktionen »die Gewährleistung der Qualität der Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktionen« genannt.248 Diese Aufzählung ist wohl nicht abschließend zu verstehen, da er die genannten Funktionen nur beispielhaft und »unter anderem« angeführt hat.249 Wann eine Benutzung eine dieser Funktionen beeinträchtigt oder dazu geeignet ist, hat der EuGH nicht bestimmt, sondern die Beurteilung den nationalen Gerichten überlassen. Aus der Hölterhoff-Entscheidung könne diesbezüglich nicht geschlossen werden, dass ein Vergleich mit den Produkten des Markeninhabers grundsätzlich keine dieser Funktionen beeinträchtige. Denn in der HölterhoffEntscheidung sei die Benutzung zu rein beschreibenden Zwecken, in der L’OréalEntscheidung dagegen zu Werbezwecken erfolgt.250 242 243 244 245 246 247 248

Schlussanträge GA Mengozzi, Rs. C-487/07, Slg. 2009, I-5185, Rn. 50ff. Schlussanträge GA Mengozzi, Rs. C-487/07, Slg. 2009, I-5185, Rn. 53f. Schlussanträge GA Mengozzi, Rs. C-487/07, Slg. 2009, I-5185, Rn. 53f., 59. Schlussanträge GA Mengozzi, Rs. C-487/07, Slg. 2009, I-5185, Rn. 57. Schlussanträge GA Mengozzi, Rs. C-487/07, Slg. 2009, I-5185, Rn. 61f. EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58 – L’Oréal. EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58 – L’Oréal. Dabei ist fraglich, warum der EuGH von »Werbefunktionen« spricht. Es scheint sich hierbei um ein Versehen zu handeln, da der EuGH in folgenden Urteilen – auch wenn er in diesen die L’Oréal-Entscheidung im Wortlaut zitiert – nur von einer »Werbefunktion« spricht, siehe EuGH GRUR Int. 2010, 398, Rn. 31ff. – Berg Spechte; EuGH GRUR Int. 2010, 861, Rn. 30ff. – Portakabin; EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 38, 42 – Interflora. 249 Hackbarth, in: FS Fezer, 525 m. w. N. 250 Ebenso EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 61f. – L’Oréal.

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(2) Bewertung Auch wenn der EuGH den Schutz anderer Funktionen als der Herkunftsfunktion im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 in wenigen Sätzen und ohne weitere Begründung bejaht hat, hatte die L’Oréal-Entscheidung eine große Wirkung. Zwar hatte der EuGH in vorherigen Entscheidungen stets von mehreren Funktionen gesprochen, allerdings hat er weitere Funktionen nie ausdrücklich erwähnt. Die L’Oréal-Entscheidung macht deutlich, dass der Identitätsschutz nicht nur auf eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion beschränkt ist und dass zu den weiteren geschützten Funktionen zumindest die Qualitäts-, Kommunikations-, Investitions- und Werbefunktion gehören. Aufgrund der spärlichen Begründung bleibt jedoch weiterhin unklar, warum der EuGH gerade diese Funktionen angeführt hat und ob er auch noch weitere Funktionen als geschützt ansieht.251 Nicht überzeugend ist jedoch der Vergleich des vorliegenden Falles mit der Hölterhoff-Entscheidung: Während die Benutzung in der Hölterhoff-Entscheidung zu rein beschreibenden Zwecken erfolgte und damit keine der Funktionen einer Marke verletzte, sei dies in der L’Oréal-Entscheidung nicht anzunehmen, da die Benutzung hier Werbezwecken diene.252 Zum einen ist diesbezüglich fraglich, ob die Benutzung in der HölterhoffEntscheidung tatsächlich nur zu rein beschreibenden Zwecken erfolgte. Dort benutzte der Beklagte die Marken der Klägerin, um den Schliff der eigenen Waren zu beschreiben. Da dies aber in einem Verkaufsgespräch geschah, spricht viel dafür, dass er dabei selbstverständlich auch Werbezwecke verfolgte. Eine genaue Beschreibung des Verkaufsgegenstandes dient immer dazu, den potenziellen Käufer über die Eigenschaften der Waren und deren Vorzüge aufzuklären und damit Anreize zum Kauf zu setzen. Zum anderen ist aber auch unklar, inwieweit das Merkmal des Werbezwecks überhaupt einen Einfluss auf die rechtsverletzende Benutzung haben kann.253 Eine solche muss gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 MRL 1989 immer im geschäftlichen Verkehr erfolgen. Und auch wenn der Begriff des geschäftlichen Verkehrs weiter als der des Werbezwecks ist, leuchtet nicht ein, warum die Herkunftsfunktion nur beeinträchtigt sein kann, wenn die Benutzung im geschäftlichen Verkehr auch einen Werbezweck verfolgt. Die Verfolgung eines Werbezwecks ist allenfalls dazu geeignet, zu bestimmen, ob die Benutzung im geschäftlichen Verkehr erfolgte. Damit liegt die Parallele zur Hölterhoff-Entscheidung vor allem darin, dass es sich in beiden Fällen um eine Benutzung in einer vergleichenden Werbung handelte. 251 So auch Kur/Ohly, GRUR 2020, 457 (461f.), die alle anderen Funktionen als die Herkunftsfunktion als nicht wesensnotwendig ansehen und ihnen lediglich akzessorische Bedeutung zumessen. 252 EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 61f. – L’Oréal. 253 Kritisch auch Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rn. 155.

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b) Phase 2: Die einzelnen Markenfunktionen Die L’Oréal-Entscheidung kann als der Höhepunkt der ersten Rechtsprechungsphase des EuGH bezeichnet werden. In einer Reihe folgender Entscheidungen, die der zweiten Phase zuzuordnen sind, hat der EuGH den multifunktionalen Ansatz nicht mehr in Frage gestellt, sondern inhaltlich zu den verschiedenen Markenfunktionen Stellung genommen. Dabei hat er zum einen erneut die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion thematisiert und deren Verständnis erweitert. Zum anderen hat er aber auch erstmals Vorgaben zur Beeinträchtigung der Werbe-, Investitions- und Qualitätsfunktion statuiert. aa) Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion In den Entscheidungen der ersten Phase hat der EuGH die Frage, wann die Herkunftsfunktion beeinträchtigt wird, nicht einheitlich beantwortet. Teilweise hat er darauf abgestellt, ob die Benutzung den Eindruck erweckt, dass eine Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den betroffenen Waren oder Dienstleistungen des Dritten und dem Markeninhaber besteht.254 Teilweise hat er geprüft, ob die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen als Angabe darüber verstehen, dass die Waren vom Markeninhaber oder einem mit dem Markeninhaber wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.255 Er hat eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion auch bejaht, wenn das Zeichen in einer Weise benutzt werde, dass die Verbraucher es als Bezeichnung des Ursprungs der betreffenden Waren oder Dienstleistungen auffassten.256 Mit der Google France-Entscheidung und dem Beginn der zweiten Phase hat der EuGH diese Maßstäbe zusammengefasst. Nunmehr ist es dem EuGH darauf angekommen, ob die Benutzung einem normal informierten und angemessen aufmerksamen Verbraucher suggeriere, dass die durch die Benutzung beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten.257 Darüber hinaus sei die Herkunftsfunktion aber auch betroffen, wenn das Bestehen einer solchen wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert werde, die Benutzung aber so vage gehalten sei, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer nicht erkennen könne, ob der Benutzende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirtschaftlich verbunden sei.258

254 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 56 – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 60 – Anheuser Busch. 255 EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 24 – Adam Opel; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 60 – Anheuser Busch. 256 EuGH GRUR Int. 2007, 1007, Rn. 27 – Céline. 257 EuGH GRUR Int. 2010, 835, Rn. 84, 89 – Google France. 258 EuGH GRUR Int. 2010, 835, Rn. 90 – Google France.

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Den Maßstab der Google France-Entscheidung hat der EuGH in nachfolgenden Entscheidungen unverändert übernommen.259 Stellenweise wird der EuGH für diesen Maßstab in der Literatur kritisiert: Der EuGH definiere die Voraussetzungen für die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 anhand derselben Kriterien, die auch für das Vorliegen der Verwechslungsgefahr im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 gälten.260 Denn auch für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr komme es darauf an, ob für einen durchschnittlichen Verbraucher nicht oder nur schwer zu erkennen sei, ob die beworbenen Waren von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder von einem Dritten stammten.261 Damit bestünde zwischen den Tatbeständen des Identitäts- und Verwechslungsschutzes praktisch kein Unterschied mehr.262 Bei dieser Kritik wird übersehen, dass die Herkunftsfunktion seit der L’OréalEntscheidung nur eine von mehreren Funktionen ist, die beim Identitätsschutz nach Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 relevant sind. Der Verwechslungsschutz des Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 ist dagegen nach Ansicht des EuGH auf die Herkunftsfunktion beschränkt.263 Darüber hinaus ist das Vorliegen einer wirtschaftlichen Verbindung nur einer von insgesamt drei Aspekten, die der EuGH bei der Prüfung einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion berücksichtigt. Hinzu kommen auch Elemente der Qualitätsfunktion264 und das Recht des erstmaligen Inverkehrbringens einer Ware in den europäischen Wirtschaftsraum (EWR)265. Von einem Gleichlauf der beiden Tatbestände kann daher keine Rede sein. Dass der EuGH den rein herkunftsbezogenen Teil der Herkunftsfunktion im Sinne einer Verwechslungsgefahr auslegt, ist dagegen nur konsequent. Denn der EuGH leitet die Beschränkung des Verwechslungstatbestands auf die Herkunftsfunktion aus dem Merkmal der Verwechslungsgefahr her und setzt das Vorliegen einer solchen seit der O2-Entscheidung mit der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion gleich.266

259 EuGH GRUR Int. 2010, 398, Rn. 35f. – Berg Spechte; EuGH GRUR Int. 2010, 859, Rn. 24ff. – Bananabay; EuGH GRUR Int. 2010, 861, Rn. 34f. – Portakabin; EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 44f. – Interflora. 260 Knaak/Venohr, GRUR Int. 2010, 395 (397); Venohr, S. 202. 261 Knaak/Venohr, GRUR Int. 2010, 395 (397); Venohr, S. 202. 262 Knaak/Venohr, GRUR Int. 2010, 395 (397); Venohr, S. 202. 263 Siehe Kapitel 2. C. II. 2. 264 Siehe hierzu Kapitel 2. C. II. 1. b) bb). 265 EuGH GRUR Int. 2015, 953, Rn. 48 – TOP Logistics; bestätigt in EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 44 – Mitsubishi. 266 EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 58f. – O2; deutlich auch EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 59 – L’Oréal.

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bb) Beeinträchtigung der Qualitätsfunktion Weniger deutlich ist die Haltung des EuGH zur Qualitätsfunktion. Dabei stellt sich vor allem die Frage, ob der Qualitätsfunktion gegenüber der Herkunftsfunktion eine eigenständige Bedeutung zukommt. Sowohl in der L’Oréal-Entscheidung als auch in der Google France-Entscheidung hat der EuGH die Qualitätsfunktion als eigenständig geschützte Funktion angeführt.267 Gleichwohl hat er in der Vergangenheit Aspekte, die der Qualitätsfunktion zugeordnet werden, innerhalb der Herkunftsfunktion geprüft: In der Arsenal-Entscheidung hatte der EuGH aus der Herkunftsfunktion abgeleitet, dass die Marke die Gewähr bieten müsse, dass alle Waren oder Dienstleistungen unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht worden seien, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden könne.268 Diese Qualität sei für den Markeninhaber im System eines unverfälschten Wettbewerbs essentiell, um Kunden an sich zu binden.269 Auch in späteren Entscheidungen hat er diese Aspekte im Rahmen der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion geprüft.270 Insgesamt spricht somit einiges dafür, dass der EuGH die Qualitätsfunktion nur als eine Teil- oder Nebenfunktion der Herkunftsfunktion und damit nicht als eigenständige Funktion ansieht.271 Im Widerspruch dazu hat der EuGH jedoch bei der Prüfung der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke ausdrücklich festgestellt, dass eine Benutzung entsprechend der Herkunftsfunktion einer Marke nicht mit einer solchen verwechselt werden darf, die mit der Gewährleistung der Qualität in Zusammenhang steht.272 Dies hat zur Folge, dass eine Benutzung, die der Qualitätsfunktion zuzurechnen ist, nach Ansicht des EuGH eine potenziell markenverletzende Handlung darstellen kann. Die gleiche Benutzung könnte für den Markeninhaber aber nicht rechtserhaltend wirken. cc) Beeinträchtigung der Werbefunktion Für die Frage, wann die Werbefunktion beeinträchtigt wird, ist das Google France-Urteil von entscheidender Bedeutung. Die Auslegung des EuGH basiert auf der Annahme, dass der Inhaber einer Marke mit dieser nicht nur auf die Herkunft seiner Waren oder Dienstleistungen hinweise, sondern sie auch für Zwecke der Werbung einsetzen wolle, um den Verbraucher zu informieren und

267 EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58 – L’Oréal; EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 77 – Google France. 268 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 47f. m. w. N. – Arsenal. 269 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 47 – Arsenal. 270 EuGH GRUR Int. 2011, 839, Rn. 80ff. – L’Oréal/eBay; EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 30, 35 – Mitsubishi. 271 Grabrucker, GRUR 2018, 53; Paulus, S. 27, 164f.; Sack, GRUR 1997, 1 (3). 272 EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 42ff. – Baumwollblüte.

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zu überzeugen.273 Daher dürfe die Benutzung den Markeninhaber nicht darin beeinträchtigen, die Marke als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie einzusetzen.274 Allerdings hat der EuGH an diese Beeinträchtigung hohe Anforderungen gestellt: Auch wenn die Benutzung einer fremden Marke als Keyword Auswirkungen auf die Möglichkeit des Markeninhabers entfalte, die Marke für Werbung einzusetzen, reiche dies allein nicht aus, eine Beeinträchtigung der Werbefunktion anzunehmen.275 Schließlich sei es dem Markeninhaber nicht verwehrt, die Marke ebenfalls als Keyword zu registrieren, wodurch die Sichtbarkeit der eigenen Waren oder Dienstleistungen sichergestellt wäre.276 Dass er dabei möglicherweise einen höheren Preis-pro-Klick zahlen müsse, um die Position seiner eigenen Anzeige zu verbessern, hat für den EuGH nicht ausgereicht, um eine Beeinträchtigung zu bejahen.277 Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Benutzung einer fremden Marke im Rahmen des Keyword Advertisings damit grundsätzlich keine Beeinträchtigung der Werbefunktion darstelle.278 Auf dieses Ergebnis hat der EuGH in folgenden Entscheidungen knapp Bezug genommen und die Werbefunktion nicht weiter thematisiert.279 Lediglich in der Interflora-Entscheidung hat der EuGH eine Beeinträchtigung der Werbefunktion unter Verweis auf die Begründung aus der Google France-Entscheidung verneint. Dem Inhaber der Marke werde nicht die Möglichkeit genommen, seine Marke wirksam einzusetzen, um die Verbraucher zu informieren und zu überzeugen.280 Insgesamt scheint es, als könne eine Beeinträchtigung der Werbefunktion nach Ansicht des EuGH tatsächlich nur dann bejaht werden, wenn dem Markeninhaber die Möglichkeit, die Marke als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie einzusetzen, vollständig genommen wird.281 Jedenfalls legt der EuGH sehr hohe Anforderungen an die Beeinträchtigung der Werbefunktion.282

273 274 275 276 277 278 279 280 281 282

EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 91 – Google France. EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 92 – Google France. EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 95 – Google France. EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 94 – Google France. EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 94 – Google France. EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 98 – Google France; kritisch Eichelberger, EuZW 2010, 731 (733). EuGH GRUR Int. 2010, 398, Rn. 33f. – Berg Spechte; EuGH GRUR Int. 2010, 859, Rn. 22 – Bananabay; EuGH GRUR Int. 2010, 861, Rn. 32f. – Portakabin; EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 54ff. – Interflora. EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 59 – Interflora. Vgl. in diesem Sinne auch EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 46 – Mitsubishi. So auch Hackbarth, in: FS Fezer, 525 (527); Kur, in: BeckOK Markenrecht, Einl. D., Rn. 138; Kur/Ohly, GRUR 2020, 457 (462); Steinbeck, WRP 2015, 1 (2); Venohr, S. 199.

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dd) Beeinträchtigung der Investitionsfunktion In den ersten Entscheidungen zur Fallgruppe des Keyword Advertising hat der EuGH zunächst nur eine Beeinträchtigung der Herkunfts- und der Werbefunktion geprüft.283 Erst in der Interflora-Entscheidung hat sich der EuGH erstmals auch mit der Investitionsfunktion im Detail befasst. Er hat festgestellt, dass eine Marke von ihrem Inhaber auch dazu eingesetzt werden könne, einen Ruf zu erwerben oder zu wahren, der geeignet sei, Verbraucher anzuziehen und zu binden.284 Dabei sei eine Unterscheidung zwischen der Werbe- und der Investitionsfunktion aber nicht immer trennscharf möglich.285 Eine Beeinträchtigung der Investitionsfunktion liege dann vor, wenn es dem Markeninhaber wesentlich erschwert werde, seine Marke zum Erwerb eines Rufs einzusetzen, der geeignet sei, Verbraucher anzuziehen und zu binden.286 Für den Fall, dass die Marke einen solchen Ruf bereits innehabe, sei maßgeblich, ob die Benutzung Auswirkungen auf diesen Ruf habe und damit dessen Wahrung gefährde.287 In diesem Zusammenhang hat der EuGH auch auf die L’Oréal/eBay-Entscheidung verwiesen. In dieser hatte er die Investitionsfunktion zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber ebenfalls damit argumentiert, dass es dem Markeninhaber zur Wahrung seiner berechtigten Interessen möglich sein müsse, zu verhindern, dass die Benutzung durch einen Dritten das Image und den Ruf der Marke schädige.288 Sodann hat der EuGH den Anwendungsbereich der Investitionsfunktion aber wieder erheblich eingeschränkt: Auch die Investitionsfunktion der Marke könne es einem Markeninhaber nicht ermöglichen, gegen eine Benutzung vorzugehen, die einem fairen Wettbewerb entspreche und bei der die herkunftshinweisende Funktion der Marke gewahrt werde.289 Eine solche Benutzung setze allerdings voraus, dass sie nur zur Folge habe, dass der Inhaber dieser Marke seine Anstrengungen zum Erwerb oder zur Wahrung eines solchen Rufs »anpassen« müsse.290 Eine Benutzung könne unter diesen Umständen selbst dann zulässig sein, wenn sie einige Verbraucher veranlasse, sich von Waren oder Dienstleistungen der genannten Marke abzuwenden.291 Ein solches Verständnis wirft mehrere Fragen auf: Der Verweis auf die Herkunftsfunktion erweckt zum einen den Eindruck, als käme eine Beeinträchtigung 283 Vgl. EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 81 – Google France; EuGH GRUR Int. 2010, 398, Rn. 32 – Berg Spechte; EuGH GRUR Int. 2010, 861, Rn. 31 – Portakabin. 284 EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 60 – Interflora. 285 Venohr, S. 199f. schließt hieraus, dass die Werbefunktion einen Spezialfall der Investitionsfunktion darstellt. 286 EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 62 – Interflora. 287 EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 63 – Interflora. 288 EuGH GRUR Int. 2011, 839, Rn. 78f. – L’Oréal/eBay. 289 EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 64 – Interflora. 290 EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 64 – Interflora; kritisch Ohly, GRUR 2011, 1131f. 291 EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 64 – Interflora.

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der Investitionsfunktion nur dann in Betracht, wenn gleichzeitig auch die Herkunftsfunktion beeinträchtigt wird. Da eine Benutzung aber bereits dann vorliegt, wenn eine der Funktionen beeinträchtigt wird, käme der Investitionsfunktion damit keine eigenständige Bedeutung zu. Zum anderen bewirken die strengen Voraussetzungen ähnlich wie bei der Werbefunktion, dass letztlich nicht von einer Beeinträchtigung der Funktion die Rede sein kann.292 Es scheint vielmehr, als müsse der Marke die Möglichkeit, die Funktion zu entfalten, geradezu vollständig genommen werden.293 Schließlich bleibt unklar, was damit gemeint ist, dass der Markeninhaber seine Anstrengungen »anpassen« müsse und wie sich dies zu der Formulierung verhält, dass dem Markeninhaber seine Anstrengungen »wesentlich erschwert« werden müssten. c) Phase 3: Die Mitsubishi-Entscheidung Mit der jüngsten Entscheidung zur rechtsverletzenden Benutzung hat der EuGH die dritte Rechtsprechungsphase eingeläutet. Die Entscheidung macht deutlich, welche Gefahr eine rein funktionsorientierte Auslegung birgt. In dem Fall ging es um die Einfuhr und den Vertrieb von Gabelstaplern der Marke Mitsubishi. Die Beklagten erwarben außerhalb des EWR mit Marken der Klägerin versehene Gabelstapler und führten diese in den EWR ein. Im Zolllagerverfahren entfernten sie alle Zeichen der Mitsubishi-Marke, ersetzten diese durch eigene Markenzeichen und vertrieben die Gabelstapler anschließend unter ihren eigenen Zeichen.294 Die Klägerin sah hierin eine Verletzung ihrer Markenrechte und nahm die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch. aa) Entscheidung In seinen Schlussanträgen hat sich Generalanwalt Sánchez-Bordona ausführlich mit der Auslegung des Benutzungsbegriffs auseinandergesetzt. Er kam zu dem Ergebnis, dass das Entfernen einer Marke und der Vertrieb der Waren ohne diese Marke – also eine »Nichtbenutzung« – nicht mit einer Benutzung gleichgesetzt werden könne.295 Dabei hat er auch auf frühere Entscheidungen des EuGH verwiesen, bei denen jedoch ausnahmslos eine Benutzung und nicht eine »Nichtbenutzung« vorgelegen habe.296 Selbst in der Portakabin-Entscheidung297, in der ebenfalls die Marke des Markeninhabers entfernt wurde und die damit ein mehr

292 293 294 295 296 297

Kur/Ohly, GRUR 2020, 457 (462) halten einen Eingriff »von einiger Schwere« für erforderlich. Vgl. in diesem Sinne auch EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 46 – Mitsubishi. EuGH GRUR 2018, 917 (918) – Mitsubishi. Schlussanträge GA Sánchez-Bordona, Rs. C-129/17, Rn. 81. Schlussanträge GA Sánchez-Bordona, Rs. C-129/17, Rn. 48. Vgl. EuGH GRUR Int. 2010, 861, Rn. 85f. – Portakabin.

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oder weniger ähnliches Verhalten betreffe, habe der Dritte die Waren unter der von den Produkten entfernten Marke vertrieben.298 Genau hieran fehle es aber in der Mitsubishi-Entscheidung.299 Eine Benutzung käme daher nach Ansicht Sánchez-Bordonas allenfalls in Betracht, wenn entweder die dreidimensionale Form oder die Farbe der Ware markenrechtlich geschützt seien.300 Beides sei aber nicht der Fall.301 Auch eine systematische und teleologische Auslegung setze in jedem Fall eine Benutzung zu Zwecken der Unterscheidung voraus, die eine Entfernung der Marken nicht bewirken könne.302 Da bereits keine Benutzung vorliege, komme es nicht mehr auf eine Beeinträchtigung der Markenfunktionen an.303 Auch der EuGH hat erkannt, dass die Waren im vorliegenden Fall nicht mit der Marke Mitsubishi versehen waren. Daher hätten die Beklagten »offenbar in keiner Weise Zeichen [benutzt], die mit den fraglichen Marken identisch oder ihnen ähnlich sind, insbesondere nicht in ihrer kommerziellen Kommunikation.«304

Der EuGH hat zudem festgestellt, dass sich die Mitsubishi-Entscheidung von der Portakabin-Entscheidung unterscheide, da die Marken nicht einmal in Anzeigen für den Wiederverkauf benutzt würden.305 Dennoch hat er diesen Argumenten keine weitere Bedeutung beigemessen. Er hat die fehlende Benutzungshandlung nicht weiter thematisiert, da es seiner Ansicht nach vielmehr auf die Beeinträchtigung der Funktionen der Marke ankomme: Mit Verweis auf seine TOP Logistics-Entscheidung306 hat er festgestellt, dass die Herkunftsfunktion der Marke ihrem Inhaber auch das Recht verleihe, das erstmalige Inverkehrbringen der mit der Marke versehenen Waren im EWR zu kontrollieren.307 Aus diesem Grund beeinträchtige »jede Handlung eines Dritten«, die den Inhaber einer in einem oder mehreren Mitgliedstaaten eingetragenen Marke an der Ausübung dieses Rechts hindere, die Herkunftsfunktion der Marke.308 In wenigen Worten hat der EuGH darüber hinaus die Beeinträchtigung der Investitions- und der Werbefunktion der Marke bejaht: Dem Markeninhaber werde die Möglichkeit genommen, die Waren mit seiner Marke versehen in den 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308

Schlussanträge GA Sánchez-Bordona, Rs. C-129/17, Rn. 49. Schlussanträge GA Sánchez-Bordona, Rs. C-129/17, Rn. 49. Schlussanträge GA Sánchez-Bordona, Rs. C-129/17, Rn. 53. Schlussanträge GA Sánchez-Bordona, Rs. C-129/17, Rn. 53. Schlussanträge GA Sánchez-Bordona, Rs. C-129/17, Rn. 55, 58f. Schlussanträge GA Sánchez-Bordona, Rs. C-129/17, Rn. 69. EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 41 – Mitsubishi. EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 41 – Mitsubishi. EuGH GRUR Int. 2015, 953, Rn. 48 – TOP Logistics. EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 42ff. – Mitsubishi. EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 44 – Mitsubishi.

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Verkehr zu bringen.309 Aus diesem Grund werde es ihm wesentlich erschwert, die Marke zum Erwerb eines Rufs einzusetzen, der geeignet sei, Verbraucher anzuziehen und zu binden.310 Es werde ihm darüber hinaus auch wesentlich erschwert, die Marke als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie einzusetzen.311 Außerdem werde dem Markeninhaber die Möglichkeit genommen, den wirtschaftlichen Wert der mit der Marke versehenen Waren und somit seine Investition zu realisieren.312 Abschließend hat der EuGH noch festgestellt, dass eine solche Vorgehensweise der Beklagten auch gegen das Ziel verstoße, einen unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten.313 bb) Bewertung Die Entscheidung macht deutlich, dass der EuGH dem Prüfungspunkt der Funktionsbeeinträchtigung eine zu große Bedeutung zumisst und dabei die Prüfung einer Benutzungshandlung vernachlässigt. Auch in der Literatur wird der EuGH hierfür kritisiert.314 Die Mitsubishi-Entscheidung ist dabei aus mehreren Gründen nicht überzeugend: (1) Benutzung eines Zeichens Der EuGH verkennt, dass nicht jeder Vorgang, der die Interessen eines Markeninhabers berührt, auch einen markenrechtlich relevanten Vorgang darstellen muss. Dabei spielt nicht so sehr eine Rolle, dass der EuGH bei einem sehr weiten Verständnis der Herkunftsfunktion auch das erstmalige Inverkehrbringen von mit der Marke versehenen Waren in den EWR unter das berechtigte Interesse des Markeninhabers subsumiert.315 Es mag vertretbar sein, dass »jede Handlung eines Dritten«, die dem Markeninhaber das erste Inverkehrbringen verwehrt, das Interesse an der Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt.316 Allerdings ist das Markenrecht und insbesondere die hier auszulegende Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 MRL 2008 nicht bei »jeder Handlung eines Dritten« anwendbar. 309 310 311 312 313 314

EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 46 – Mitsubishi. EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 46 – Mitsubishi. EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 46 – Mitsubishi. EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 46 – Mitsubishi. EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 47 – Mitsubishi. Hackbarth, GRUR-Prax 2018, 425; Knaak/Kur, GRUR 2018, 1120 (1121f.); Kur, MarkenR 2019, 269 (278); Kur/Ohly, GRUR 2020, 457 (462); Mielke, in: BeckOK Markenrecht, § 14, Rn. 127.1, 139; vgl. auch Wagner, WRP 2019, 166 (168ff.), die das Ergebnis zwar mit dem Wortlaut der MRL für unvereinbar hält, den Lösungsweg aber grundsätzlich für eine konsequente Fortsetzung der Rechtsprechung des EuGH zur Funktionsbeeinträchtigung einer Marke ansieht und daher vorschlägt, das Ergebnis über eine analoge Anwendung des Verletzungstatbestands oder einen Erst-Recht-Schluss als Steigerung der Funktionsbeeinträchtigung herzuleiten; dies., S. 118f. 315 So auch schon EuGH GRUR Int. 2015, 953, Rn. 32 m.w.N. – TOP Logistics. 316 A.A. Mielke, in: BeckOK Markenrecht, § 14, Rn. 139.

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Voraussetzung ist vielmehr, dass eine »Benutzung« eines Zeichens durch einen Dritten vorliegt. Das Entfernen der Marke von den Gabelstaplern ohne deren weitere Erwähnung stellt aber gerade keine »Benutzung« eines Zeichens dar. Dem Generalanwalt Sánchez-Bordona ist darin zuzustimmen, dass eine Nichtbenutzung nicht mit einer Benutzung gleichgesetzt werden kann. Es wäre vielmehr darauf angekommen, ob das erstmalige Inverkehrbringen auch unter der entsprechenden Marke geschehen ist.317 Hierüber hilft auch nicht Art. 5 Abs. 5 MRL 2008 hinweg, der es den Mitgliedstaaten überlässt, einen weitergehenden Schutz eines Zeichens vorzusehen. Denn auch Art. 5 Abs. 5 MRL 2008 knüpft an die »Benutzung« eines Zeichens an und betrifft nur einen anderen Zweck dieser Benutzung. Damit kann das Entfernen der Marke – wie bisher auch318 – allenfalls ein wettbewerbsrechtlich relevanter Vorgang sein.319 Es kommt dem Markeninhaber hier nicht auf seine Marke als Kennzeichen an, sondern darauf, dass seine eigenen Waren von einem Mitbewerber ohne seine Zustimmung in den EWR eingeführt werden. Kern des Markenrechts ist es dagegen, dass die Marke eine Ware oder Dienstleistung kennzeichnet und sie damit von anderen Waren oder Dienstleistungen abgrenzt. Dieser Anwendungsbereich wird verlassen, wenn die Marke von der Ware entfernt wird und überhaupt nicht mehr in Erscheinung tritt. Anders als in den Entscheidungen zum Keyword Advertising, bei denen die Marke zumindest im Hintergrund des Suchprozesses noch eine Rolle spielte, kann im Fall Mitsubishi auch nicht die Rede davon sein, dass die Marke, ohne in Erscheinung zu treten, für Waren »benutzt« wird.320 (2) Vergleich zwischen benutztem Zeichen und eingetragener Marke Gänzlich unbeachtet hat der EuGH gelassen, dass bei den Verletzungstatbeständen des Art. 5 Abs. 1 und 2 MRL 2008 stets das benutzte Zeichen mit der potenziell verletzten Marke zu vergleichen ist. Alle Verletzungstatbestände setzen dabei entweder voraus, dass das benutzte Zeichen mit der eingetragenen Marke identisch oder dass es ihr zumindest ähnlich ist. Da die Marken der Klägerin von den Gabelstaplern entfernt wurden, war diesbezüglich aus den oben genannten Gründen eine Benutzung abzulehnen. Die Beklagten haben die Gabelstapler aber mit eigenen Zeichen versehen. Bezüglich dieser Zeichen ist eine Benutzungshandlung zu bejahen, da sie der Unterschei317 So auch Knaak/Kur, GRUR 2018, 1120 (1122). 318 Vgl. Kur, MarkenR 2019, 269 (278). 319 Vgl. auch Mielke, in: BeckOK Markenrecht, § 14, Rn. 139, wonach der EuGH seine eigene Funktionsrechtsprechung als Vehikel für eine Harmonisierung wettbewerbsrechtlicher Tatbestände extra legem nutze; siehe ausführlich zu den Einflüssen wettbewerbsrechtlicher Wertungen auf das Markenrecht Kur/Ohly, GRUR 2020, 457. 320 Vgl. EuGH GRUR Int. 2010, 385, Rn. 63ff. – Google France.

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dung der von den Beklagten vertriebenen Gabelstapler von anderen Gabelstaplern dienen. Allerdings müssten diese auch mit den Marken der Klägerin identisch oder ihnen ähnlich sein. Der EuGH ist hierauf jedoch nicht eingegangen und hat lediglich festgestellt, dass die Beklagten »andere Zeichen« angebracht haben.321 Da nichts darauf hindeutet, dass diese »anderen Zeichen« den Marken der Klägerin auch nur ähnlich waren, wäre eine Markenrechtsverletzung auch aus diesem Grund abzulehnen gewesen. (3) Beeinträchtigung der Investitionsfunktion Auch die Ausführungen des EuGH zur Investitionsfunktion der Marke werfen Fragen auf: Der Prüfungsmaßstab für eine Beeinträchtigung der Investitionsfunktion deckt sich zwar inhaltlich mit dem aus der Interflora-Entscheidung. Danach muss es dem Markeninhaber wesentlich erschwert werden, die Marke »zum Erwerb eines Rufs, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden, und als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie einzusetzen«.322 Neu ist dagegen der Aspekt, dass dem Markeninhaber die Möglichkeit genommen werden müsse, »den wirtschaftlichen Wert der mit der Marke versehenen Ware und somit seine Investition zu realisieren«323. Dies scheint nach dem Verständnis des EuGH eine weitere relevante Ausprägung der Investitionsfunktion zu sein. Nach den bisherigen Ausführungen des EuGH schien es sich bei der Investitionsfunktion um eine Funktion zu handeln, die nicht so sehr mit einer einzelnen Ware oder Dienstleistung, sondern vielmehr mit der Marke als solcher verbunden wird. Darüber hinaus neigt der EuGH dazu, eine Beeinträchtigung der Investitionsfunktion nur dann anzunehmen, wenn die Funktion der Marke geradezu genommen wird.324 Warum dem Markeninhaber aber durch die Einfuhr einiger Waren in den EWR die Realisierung der Investitionsfunktion der gesamten Marke vollständig genommen wird, hätte zumindest einer genaueren Begründung bedurft.325 Es stellt sich vor allem die Frage, auf welche Weise es der Klägerin erschwert wird, die Marke »zum Erwerb eines Rufs, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden« einzusetzen. Dies würde voraussetzen, dass die Ver321 EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 52 – Mitsubishi. 322 Vgl. EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 62 – Interflora; EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 46 – Mitsubishi. 323 EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 46 – Mitsubishi. 324 Siehe Kapitel 2. C. II. 1. b) dd). 325 Weniger kritisch Knaak/Kur, GRUR 2018, 1120 (1123), allerdings nur für den Fall, dass man unberücksichtigt lasse, dass der Vertrieb von Gabelstaplern unter der Originalmarke ungehindert weiterlaufe; dem EuGH vorsichtig zustimmend auch Mielke, in: BeckOK Markenrecht, § 14, Rn. 139.

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braucher die von den Beklagten vertriebenen Gabelstapler auch weiterhin mit der Klägerin verbinden und sich in großer Zahl von den Waren der Klägerin abwenden.326 Da deren Marken aber nicht mehr auf den Gabelstaplern angebracht waren und beim Vertrieb der Gabelstapler auch sonst nicht mehr erwähnt wurden, kann eine Assoziation mit der Klägerin nur noch über die Gabelstapler selbst erfolgen. Richtigerweise hat Generalanwalt Sánchez-Bordonas daher festgestellt, dass eine Benutzung allenfalls dann in Betracht kommt, wenn entweder die dreidimensionale Form oder die Farbe der Ware markenrechtlich geschützt wäre. Dies war aber nicht der Fall. Die Klägerin konnte ihre eigenen Waren weiter ungehindert unter ihrer eigenen Marke vertreiben. Unter diesen Gesichtspunkten wäre die Beeinträchtigung der Investitionsfunktion daher abzulehnen gewesen. Nicht so einfach abzulehnen ist aber die vom EuGH neu statuierte Voraussetzung, dass der Klägerin die Möglichkeit genommen werden muss, »den wirtschaftlichen Wert der mit der Marke versehenen Ware und somit ihre Investition zu realisieren«.327 Zwar erwarben die Beklagten die Gabelstapler nach den Feststellungen des EuGH von einer Gesellschaft der Mitsubishi-Gruppe.328 Man könnte daher argumentieren, dass die Klägerin den wirtschaftlichen Wert der mit der Marke versehenen Ware bei diesem Verkauf realisieren konnte.329 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Erwerb durch die Beklagten außerhalb des EWR erfolgte. Zum wirtschaftlichen Wert der mit der Marke versehenen Ware sollte auch zählen, dass die Ware innerhalb des EWR mit der Marke versehen in Umlauf gebracht wird. Damit kann ein Markeninhaber sicherstellen, dass die von ihm in den Verkehr gebrachte Ware dauerhaft mit seiner Marke verbunden wird. Da der EuGH die Beeinträchtigung einer Markenfunktion aber aus dem Benutzungsbegriff herleitet, ist erforderlich, dass die Markenfunktion durch eine markenrechtliche Benutzungshandlung beeinträchtigt wird. Eine solche lag wie bereits dargelegt nicht vor. Die Beeinträchtigung der Investitionsfunktion wäre daher nur zu bejahen gewesen, wenn eine Benutzungshandlung vorgelegen hätte.

326 Dabei ist zu berücksichtigen, dass es der EuGH für die Beeinträchtigung der Investitionsfunktion nicht als ausreichend angesehen hat, dass der Markeninhaber seine Anstrengungen »anpassen« muss und sich nur einige Verbraucher von den Waren des Markeninhabers abwenden. Siehe hierzu Kapitel 2. C. II. 1. b) dd). 327 Bei dieser Voraussetzung handelt es sich dagegen um einen Aspekt, der weniger die Marke als solche, sondern vielmehr eine einzelne Ware betrifft. 328 EuGH GRUR 2018, 917 (918) – Mitsubishi. 329 Einen Weiterverkauf hätte sie aufgrund der Erschöpfung des Markenrechts nach Art. 15 Abs. 1 MRL 2008 ohnehin nicht kontrollieren können.

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(4) Beeinträchtigung der Werbefunktion Dass auch die Werbefunktion beeinträchtigt wird, hat der EuGH nicht weiter begründet, sondern lediglich festgestellt. Es leuchtet jedoch nicht ein, warum die Klägerin ihre Marke nicht mehr zu Zwecken der Werbung einsetzen kann. Die Marke kann weiter ungehindert dazu genutzt werden, Verbraucher zu informieren und zu überzeugen. Die Marke kann auch weiterhin als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie eingesetzt werden. Man könnte zwar annehmen, dass aus Sicht der Verbraucher mit den Beklagten ein scheinbar neuer Hersteller auf dem Markt für Gabelstapler aktiv geworden ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es für eine Beeinträchtigung der Werbefunktion nach Ansicht des EuGH nicht ausreicht, dass der Markeninhaber seine Werbeaktivitäten aufgrund eines Wettbewerbers intensivieren muss.330 Insgesamt wäre eine Beeinträchtigung der Werbefunktion daher abzulehnen gewesen. cc) Ergebnis Dem EuGH ist im Ergebnis darin zuzustimmen, dass das streitgegenständliche Verhalten der Beklagten die Interessen der Klägerin beeinträchtigt. Es handelt sich dabei auch um Interessen eines Markeninhabers, da es das erstmalige Inverkehrbringen einer Ware in den EWR und die Investitionen des Markeninhabers in mit der Marke versehene Waren betrifft. Der EuGH verkennt jedoch, dass eine markenrechtliche Beurteilung nur dann möglich ist, wenn das Verhalten des Dritten eine Benutzungshandlung im Sinne der Verletzungstatbestände der MRL 2008 darstellt. An einer solchen fehlt es, wenn eine Marke von einer Ware entfernt wird und nicht weiter in Erscheinung tritt. Es liegt dann also gerade keine »Benutzung« vor. Vielmehr handelt es sich hier um eine lauterkeitsrechtlich zu beurteilende Fallgestaltung.331 Dabei droht die Gefahr, dass der EuGH das Vorliegen einer Markenverletzung immer weiter von den Tatbestandsvoraussetzungen der Verletzungstatbestände loslöst und anhand einer allgemeinen Interessensabwägung beurteilt. Da es sich bei dieser Interessensabwägung um ein ungeschriebenes Merkmal handelt, kann der EuGH die Parameter dieser Interessensabwägung nach Belieben festlegen und jederzeit wieder verändern. Dies ist aus Gründen der Rechtssicherheit problematisch. Dass der EuGH von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, hat sich bereits in der vorliegenden Entscheidung gezeigt. Wie in diesem Abschnitt dargestellt, wäre eine Beeinträchtigung der Investitionsfunktion nach der bisherigen Definition 330 Der Markeninhaber muss selbst finanzielle Mehrkosten hinnehmen. Siehe hierzu auch Kapitel 2. C. II. 1. b) cc). 331 Das Lauterkeitsrecht ist aber anders als das Markenrecht nicht vollständig europarechtlich harmonisiert.

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Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

aus der Interflora-Entscheidung abzulehnen gewesen. Der EuGH hat dieser Definition in der Mitsubishi-Entscheidung aber – ohne dies normativ zu begründen – hinzugefügt, dass die Investitionsfunktion auch dann beeinträchtigt ist, wenn dem Markeninhaber die Möglichkeit genommen wird, den wirtschaftlichen Wert der mit der Marke versehenen Ware und somit seine Investition zu realisieren. d) Zwischenergebnis Für das Vorliegen einer Benutzung im Rahmen des Identitätsschutzes kommt es nach Ansicht des EuGH darauf an, ob die Benutzung die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Herkunftsfunktion beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte. Die Herkunftsfunktion ist betroffen, wenn aus der Benutzung für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Verbraucher nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die durch die Benutzung beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Sie bietet Gewähr dafür, dass alle Waren oder Dienstleistungen unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht wurden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Auch jede Handlung, die den Inhaber an der Ausübung seines Rechts hindert, das erste Inverkehrbringen von mit dieser Marke versehenen Waren im EWR zu kontrollieren, beeinträchtigt die Herkunftsfunktion. Darüber hinaus hat der EuGH auch die Werbe-, Investitions- und Kommunikationsfunktion als relevante Funktionen angesehen. Die Werbefunktion ist betroffen, wenn die Möglichkeit des Markeninhabers beeinträchtigt wird, die Marke als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie einzusetzen. Die Investitionsfunktion ist betroffen, wenn es dem Markeninhaber wesentlich erschwert wird, seine Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs einzusetzen, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden. Zur Kommunikationsfunktion hat sich der EuGH bislang noch nicht geäußert. Ob darüber hinaus auch noch weitere Funktionen zu berücksichtigen sind, ist unklar. Eine Markenrechtsverletzung kann nach Ansicht des EuGH sogar ohne das Vorliegen einer Benutzungshandlung zu bejahen sein, wenn nur eine Markenfunktion beeinträchtigt wird. 2.

Der Benutzungsbegriff im Rahmen des Verwechslungsschutzes

In der BMW- und der Hölterhoff-Entscheidung hat sich der EuGH nicht gesondert mit dem Verwechslungstatbestand des Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 auseinandergesetzt. Während der EuGH in der BMW-Entscheidung sogar aus-

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drücklich nur auf Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 eingegangen ist, hat er sich in der Hölterhoff-Entscheidung auf Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 insgesamt bezogen. Obwohl der EuGH in der Hölterhoff-Entscheidung nicht über die Auslegung des Benutzungsbegriffs entschieden hat, lässt sich den Ausführungen dennoch entnehmen, dass eine rechtsverletzende Benutzungshandlung im Ergebnis nur vorliegen könne, wenn die Marke im Sinne eines Herkunftshinweises benutzt werde.332 Damit schien es zunächst, als seien nach Ansicht des EuGH zumindest der Benutzungsbegriff des Identitäts- und des Verwechslungsschutzes identisch. a) Die Arsenal-Entscheidung Der Eindruck einer übereinstimmenden Auslegung wurde jedoch durch die Arsenal-Entscheidung in Frage gestellt, in welcher der EuGH den Benutzungsbegriff erstmals funktionsbezogen ausgelegt hat. Er fordert nunmehr, dass die Benutzung »die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion« beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte.333 Diese Aussagen haben sich allerdings ausdrücklich nur auf den Identitätsschutz des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 bezogen. Es war zunächst unklar, ob eine Benutzung beim Verwechslungsschutz des Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 nach wie vor eine Herkunftskennzeichnung erfordert. Dies war zwar ein Aspekt, den der EuGH auch bei der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion geprüft hat. Allerdings hat der EuGH den absoluten Schutz des Identitätstatbestands von Anfang an nicht auf die Herkunftsfunktion beschränkt.334 b) Die Anheuser-Busch-Entscheidung Bereits in der Anheuser-Busch-Entscheidung hat der EuGH klargestellt, dass die funktionsbezogene Auslegung für den Benutzungsbegriff des gesamten Art. 5 Abs. 1 MRL 1989 gelten solle.335 Es kommt damit sowohl in Fällen des Identitäts- als auch des Verwechslungsschutzes auf eine Funktionsbeeinträchtigung an. Ausgehend von dem Verständnis, dass der Identitätsschutz nicht auf eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion beschränkt ist, blieb aber die Frage, ob auch beim Verwechslungstatbestand die übrigen Markenfunktionen berücksichtigt werden können.

332 Siehe Kapitel 2. C. II. 1. a) bb) (2). 333 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 51 – Arsenal. 334 Vgl. auch EuGH GRUR Int. 2003, 353, Rn. 28 – Davidoff; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 25 – Adam Opel. 335 Vgl. EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 59 – Anheuser-Busch; Bestätigung in EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 21 – Adam Opel.

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Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

c) Die O2-Entscheidung Dass dem nicht so ist, deutete sich in der O2-Entscheidung an: Hier ging es um die Benutzung eines ähnlichen Zeichens in einer vergleichenden Werbung, mithin ausschließlich um den Verwechslungsschutz. Auffällig ist, dass der EuGH bei der Aufzählung der Tatbestandvoraussetzungen nur noch von der Beeinträchtigung »der Hauptfunktion der Marke« und nicht mehr von einer Beeinträchtigung »der Funktionen und insbesondere der Hauptfunktion« gesprochen hat.336 Danach wären beim Identitätsschutz alle Funktionen, beim Verwechslungsschutz dagegen nur die Herkunftsfunktion als Hauptfunktion der Marke zu berücksichtigen. Der EuGH hat dies damit begründet, dass Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 auf Fälle beschränkt sei, bei denen eine Verwechslungsgefahr besteht.337 Eine Verwechslungsgefahr liege vor, wenn das Publikum glauben könne, dass die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten.338 In jedem Hervorrufen einer Verwechslungsgefahr liege auch eine Beeinträchtigung der Hauptfunktion der Marke.339 Damit hat der EuGH aus dem Tatbestandsmerkmal der Verwechslungsgefahr eine Begrenzung des Benutzungsbegriffs auf die Herkunftsfunktion abgeleitet.340 d) Die L’Oréal-Entscheidung Diese Ansicht hat der EuGH in der L’Oréal-Entscheidung ausdrücklich bestätigt. Er hat festgestellt, dass der Identitätsschutz der Marke absolut und daher nicht nur auf die Beeinträchtigung der Hauptfunktion der Marke beschränkt sei.341 Der Schutz des Identitätstatbestands sei damit weiter als der des Verwechslungstatbestands, da letzterer das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr und demnach die Möglichkeit der Beeinträchtigung einer Hauptfunktion der Marke voraussetze.342 Dies bedeutet im Ergebnis, dass eine Benutzung im Rahmen des Identitätsschutzes bei jeder Beeinträchtigung einer Markenfunktion vorliegt, während eine Benutzung beim Verwechslungsschutz nur dann anzunehmen ist, wenn gerade die Hauptfunktion der Marke beeinträchtigt wird. Einzig die Formulierung, dass Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 die Möglichkeit der Beeinträchtigung »einer Hauptfunktion« voraussetze, könnte dieses Ergebnis 336 337 338 339

EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 57 – O2. EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 58 – O2. EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 59 – O2. EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 59 – O2; aus diesem Grund wird von Blankenburg, WRP 2008, 1294 (1298) zurecht die Frage aufgeworfen, welche Bedeutung einer Prüfung der Funktionsbeeinträchtigung dann noch zukommen würde. 340 So wohl auch GA Mengozzi in seinen Schlussanträgen, Rs. C-533/06, Slg. 2008, I-4231, Rn. 26. 341 EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58f. – L’Oréal. 342 EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 59 – L’Oréal.

Die Markenfunktionen

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noch in Frage stellen. Damit könnten auch mehrere Funktionen gemeint sein. Es deutet jedoch einiges darauf hin, dass es sich hierbei lediglich um einen grammatikalischen Fehler handelt und eine Beeinträchtigung »der Hauptfunktion« gemeint war. Hierfür spricht auch, dass der EuGH in der englischen und französischen Fassung der Entscheidung »the essential function« beziehungsweise »la fonction essentielle« und nicht »an essential function« beziehungsweise »une fonction essentielle« als maßgeblich angesehen hat. Im Rahmen des Identitätsschutzes hat er auf »the functions« beziehungsweise »les fonctions« abgestellt. Darüber hinaus hat der EuGH in der Vergangenheit lediglich die Herkunftsfunktion als Hauptfunktion angesehen.343 e) Zwischenergebnis Der Verwechslungsschutz ist nach Ansicht des EuGH im Gegensatz zum Identitätsschutz nicht absolut, sondern auf den Schutz der Herkunftsfunktion beschränkt. Eine Benutzung kann daher nur bejaht werden, wenn die Herkunftsfunktion beeinträchtigt wird. Die Beschränkung des Benutzungsbegriffs leitet der EuGH aus dem Tatbestandsmerkmal der Verwechslungsgefahr und nicht aus dem der Benutzung her.344 Allerdings ist die Herkunftsfunktion immer dann beeinträchtigt, wenn eine Verwechslungsgefahr vorliegt. Wenn das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr aber bereits eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion bewirkt, müsste die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion nicht auch noch bei der Prüfung der Benutzung berücksichtigt werden. Auf die Prüfung einer Herkunftsbeeinträchtigung könnte daher auch verzichtet werden, da diese in der Prüfung der Verwechslungsgefahr aufgeht.345 Bei dieser Auslegung könnte der EuGH daher auch zu dem Ergebnis kommen, dass der Benutzungsbegriff im Rahmen des Verwechslungsschutzes keinen weiteren Einschränkungen unterliegt. 3.

Der Benutzungsbegriff im Rahmen des Bekanntheitsschutzes

Erste Hinweise auf die Auslegung des Benutzungsbegriffs im Rahmen des Bekanntheitsschutzes sind in der Adidas/Fitnessworld-Entscheidung zu finden. In dem Fall ging es um eine für Kleidungsstücke bekannte Marke der Klägerin, die aus einem Motiv aus drei vertikalen, parallel verlaufenden Streifen derselben

343 EuGH GRUR Int. 2008, 825, Rn. 57 – O2; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 21 m.w.N. – Adam Opel. 344 Vgl. gegen eine solche Argumentation auch Kapitel 2. C. III. 5. b). 345 Auf die Prüfung der Verwechslungsgefahr könnte dagegen nicht verzichtet werden, da die Herkunftsfunktion nicht nur dann verletzt ist, wenn eine Verwechslungsgefahr vorliegt. Siehe hierzu Kapitel 2. C. II. 1. b) aa).

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Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Breite bestand.346 Die Beklagte vertrieb Sportkleidung, die mit einem Zeichen aus zwei parallel verlaufenden Streifen versehen waren.347 Der EuGH hatte zunächst die Frage zu beantworten, nach welchen Kriterien zu bestimmen ist, ob eine Ähnlichkeit zwischen benutztem Zeichen und der Marke im Sinne des Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 vorliegt, insbesondere, ob hierfür auch das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr erforderlich ist. Er hat festgestellt, dass die Verwechslungsgefahr nur für Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 relevant sei und die Ähnlichkeit zwischen Zeichen und Marke voraussetze, dass die beteiligten Verkehrskreise die Zeichen »gedanklich miteinander verknüpfen, ohne sie jedoch zu verwechseln«.348 Anschließend war der EuGH mit der Frage konfrontiert, welche Auswirkungen es hat, dass das streitige Zeichen nur als Verzierung aufgefasst wird. In Beantwortung dieser Frage hat der EuGH festgestellt, dass es dem durch Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 gewährten Schutz nicht entgegensteht, wenn ein Zeichen als Verzierung aufgefasst wird, sofern die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen und die Marke dennoch gedanklich miteinander verknüpfen.349 Eine solche gedankliche Verknüpfung sei aber naturgemäß ausgeschlossen, wenn die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen ausschließlich als Verzierung auffassten.350 Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Benutzung eines Zeichens, das nur als Verzierung aufgefasst wird, für sich allein nicht ausreicht, um den Tatbestand des Bekanntheitsschutzes zu erfüllen. Der EuGH hat sich hierbei nicht ausdrücklich auf den Benutzungsbegriff bezogen. Aus den Ausführungen lässt sich dennoch ableiten, dass eine Benutzung im Rahmen des Bekanntheitsschutzes nur voraussetzt, dass eine gedankliche Verknüpfung der Zeichen bei den beteiligten Verkehrskreisen hervorgerufen wird. Auf zusätzliche Voraussetzungen kommt es nicht mehr an.351 Denn die gedankliche Verknüpfung ist nach Auffassung des EuGH Folge eines bestimmten Grads der Ähnlichkeit und bewirkt bereits die in Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 genannten Beeinträchtigungen.352 Hiermit hat der EuGH der Auffassung von Generalanwalt Jacobs widersprochen, der in seinen Schlussanträgen auf Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 verwiesen und daraus abgeleitet hat, dass auch bei Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 eine kennzeichen346 347 348 349

EuGH GRUR Int. 2004, 121, Rn. 5 – Adidas/Fitnessworld. EuGH GRUR Int. 2004, 121, Rn. 7 – Adidas/Fitnessworld. EuGH GRUR Int. 2004, 121, Rn. 29 – Adidas/Fitnessworld. EuGH GRUR Int. 2004, 121, Rn. 41 – Adidas/Fitnessworld; Eichhammer, S. 115 bezeichnet diese Aussage als Tautologie. 350 EuGH GRUR Int. 2004, 121, Rn. 40 – Adidas/Fitnessworld. 351 So auch Hillebrand, S. 187; Eichhammer, S. 115, der aber der Ansicht ist, dass dies nicht klar aus den Ausführungen des EuGH hervorgeht. 352 EuGH GRUR Int. 2004, 121, Rn. 29 – Adidas/Fitnessworld.

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mäßige Benutzung des Zeichens erforderlich sei.353 Für Jacobs stellte sich daher die Frage, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn ein Zeichen nur als Verzierung aufgefasst wird.354 a) Entwicklung der Rechtsprechung Auch in folgenden Entscheidungen hat der EuGH im Rahmen des Bekanntheitsschutzes keine weiteren Voraussetzungen an den Benutzungsbegriff gestellt. Der EuGH hat eine Funktionsbeeinträchtigung bei der Prüfung des Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 stets unberücksichtigt gelassen. Besonders in der Adam Opel-Entscheidung wird dies deutlich: Hier hat der EuGH die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 denen des Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 direkt gegenübergestellt, wobei er sich jeweils auf dieselbe Handlung der Beklagten bezogen hat.355 Eine Benutzung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 lit. a MRL 1989 liege vor, »wenn diese Benutzung die Funktionen der Marke […] beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte.«356 Eine Benutzung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 MRL 1989 liege demgegenüber vor, »wenn diese Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke […] ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.«357 Es fällt auf, dass sich der EuGH beim Identitätstatbestand auf die Funktionen der Marke bezieht, diese beim Bekanntheitsschutz aber gar nicht erwähnt. Stattdessen verweist er nur auf die übrigen Tatbestandsmerkmale des Art. 5 Abs. 2 MRL 1989. Diese Auslegung hat der EuGH in nachfolgenden Entscheidungen bestätigt.358 b) Zwischenergebnis Nach Ansicht des EuGH bedarf es beim Bekanntheitsschutz keiner zusätzlichen Einschränkung des Benutzungsbegriffs. Sofern die beteiligten Verkehrskreise eine gedankliche Verknüpfung zwischen dem benutzten Zeichen und der Marke herstellen, ist eine rechtsverletzende Benutzung zu bejahen.

353 354 355 356 357

Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-408/01, Slg. 2003, I-12537, Rn. 57. Schlussanträge GA Jacobs, Rs. C-408/01, Slg. 2003, I-12537, Rn. 59. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 37 – Adam Opel EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 37 – Adam Opel. Vgl. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 37 – Adam Opel; vgl. dagegen EuGH GRUR Int. 2007, 1007, Rn. 20 – Céline. 358 EuGH GRUR Int. 2008, 589, Rn. 40ff. – Adidas/Marca Mode; EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 36ff. – L’Oréal; EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 71ff. – Interflora.

80 4.

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Zusammenfassung

Der EuGH geht hinsichtlich der drei Verletzungstatbestände von verschiedenen Benutzungsbegriffen aus. Im Rahmen des Identitätstatbestands hält der EuGH es für erforderlich, dass die Benutzung eine Markenfunktion beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte. Dabei berücksichtigt er nicht (mehr) nur die Herkunftsfunktion, die er als Hauptfunktion bezeichnet, sondern auch die Qualitäts-, Werbe-, Kommunikations- und Investitionsfunktion. Ob es darüber hinaus noch weitere relevante Markenfunktionen gibt, ist unklar. Den Schutz der Herkunftsfunktion hat der EuGH im Wesentlichen aus drei Stellen der MRL 1989 hergeleitet: Zum einen hat er sich auf Art. 2 MRL 1989 bezogen, wonach ein Zeichen nur dann eine Marke sein kann, wenn es geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Zum anderen hat er ErwG 10 MRL 1989 angeführt, wonach es Zweck des Markenschutzes ist, insbesondere die Herkunftsfunktion zu gewährleisten. Außerdem hat der EuGH auf Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 verwiesen, der es den Mitgliedstaaten freistellt, einen weitergehenden Schutz gegenüber der Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen vorzusehen. Er hat hieraus im Umkehrschluss abgeleitet, dass Art. 5 Abs. 1 und 2 MRL 1989 nur für herkunftsmäßige Benutzungen Anwendung findet. Den Schutz der übrigen Markenfunktionen hat der EuGH allein auf die Verwendung der Worte »insbesondere« und »absolut« in ErwG 10 MRL 1989 gestützt. Eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion nimmt der EuGH recht großzügig an und berücksichtigt hier im Wesentlichen drei Aspekte: Vorrangiger Anwendungsfall für die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion ist eine Benutzung, bei der für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Verbraucher der Eindruck besteht, dass die Waren oder Dienstleistungen vom Markeninhaber oder einem mit diesem wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Hierbei reicht es bereits aus, dass eine solche Verbindung zwar nicht suggeriert, die Benutzung aber so vage gehalten wird, dass der Verbraucher nicht erkennen kann, ob eine solche Verbindung besteht oder nicht. Darüber hinaus sieht der EuGH auch die Qualitätsfunktion als Teil der Herkunftsfunktion an. Die Qualitätsfunktion beinhaltet die Garantie, dass die mit der Marke gekennzeichneten Waren unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens vertrieben werden, dem sich die Verantwortung für ihre Qualität zuordnen lässt. Auch eine Benutzung, durch welche diese Garantie in Frage gestellt wird, kann die Herkunftsfunktion beeinträchtigen. Schließlich sieht der EuGH auch das Recht des erstmaligen Inverkehrbringens einer Ware in den EWR als von der Herkunftsfunktion umfasst an. Zur Beeinträchtigung der Kommunikationsfunktion hat sich der EuGH bislang noch nicht geäußert. Den Schutzinhalt der

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Investitions- und Werbefunktion hat der EuGH stark eingeschränkt, indem er strenge Voraussetzungen an die Beeinträchtigung dieser Funktionen stellt. Der Verwechslungsschutz ist nach Ansicht des EuGH auf die Herkunftsfunktion beschränkt. Daher kann eine Benutzung nur bejaht werden, wenn diese die Herkunftsfunktion beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr hat aber bereits immer zur Folge, dass die Herkunftsfunktion beeinträchtigt ist. Daher könnte auf die Prüfung der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion auch verzichtet werden. Im Rahmen des Bekanntheitsschutzes bewirken die weiteren Tatbestandsmerkmale bereits eine hinreichende Begrenzung des Anwendungsbereichs. Auf die Beeinträchtigung einer Markenfunktion kommt es daher für den EuGH nicht an. Die beteiligten Verkehrskreise müssen lediglich eine gedankliche Verknüpfung zwischen dem benutzten Zeichen und der Marke herstellen. Darüber hinaus muss die Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen.

III.

Bedeutung der Markenfunktionen in der Literatur

In der Literatur dreht sich die Diskussion um die Auslegung des Benutzungsbegriffs häufig um die Frage, ob die Verletzungstatbestände eine markenmäßige Benutzung359 voraussetzen. Im Kern der Diskussion um die markenmäßige Benutzung steht aber de facto ebenfalls die Bedeutung der Markenfunktionen. Denn Konsequenz oder vielmehr Prämisse der Ansicht, dass die Verletzungstatbestände eine markenmäßige Benutzung voraussetzen, ist, dass im Markenrecht allein die Herkunftsfunktion geschützt wird. Verlangt man dagegen keine markenmäßige Benutzung, so bedeutet dies, dass auch weitere Funktionen geschützt werden. Im Folgenden wird auch Literatur berücksichtigt, die sich mit der Auslegung des nationalen Rechts befasst. Da der deutsche Gesetzgeber die europarechtlichen Vorschriften aber in nahezu identischer Form im MarkenG umgesetzt hat,360 können Argumente, die sich auf die Vorschriften des MarkenG beziehen, an dieser Stelle ebenso berücksichtigt werden.

359 Siehe zum Begriff der markenmäßigen Benutzung unter Kapitel 2. C. I. 2. 360 Siehe Kapitel 3. A.

82 1.

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Markenmäßige Benutzung und alleiniger Schutz der Herkunftsfunktion

Ein Teil der Literatur geht davon aus, dass die rechtsverletzende Benutzung eine markenmäßige und der Markenschutz auf die Herkunftsfunktion beschränkt sein müsse.361 Dies setzt voraus, dass das Zeichen dazu benutzt wird, die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen anzugeben, für die es benutzt wird. Eine markenrechtsverletzende Benutzung kann danach nur eine solche sein, die eine Ware oder Dienstleistung eines Unternehmens herkunftsmäßig von Waren oder Dienstleistungen eines anderen Unternehmens unterscheidet. Die Vertreter dieser Ansicht stützen sich dabei im Wesentlichen auf die gleichen drei Aspekte, die auch der EuGH in seinen ersten Entscheidungen anführt: Ganz überwiegend wird zur Begründung dieser Auslegung auf Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 verwiesen.362 Da dieser den Mitgliedstaaten gestatte, eine Regelung zu erlassen, welche die Benutzung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen betreffe, folge daraus im Umkehrschluss, dass die Richtlinie sich nur auf Benutzungen zu Zwecken der Unterscheidung beziehe. Die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen wird in diesem Zusammenhang im Sinne einer herkunftsmäßigen Unterscheidung verstanden. Teilweise wird dabei auch auf den EuGH verwiesen, der die »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« aus Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 in seiner BMWEntscheidung noch mit dem Zusatz »als solchen eines bestimmten Unterneh-

361 Blankenburg, S. 183ff.; Büttner, in: FS Ullmann, 157 (167); Deutsch, GRUR 1995, 319 (321); Dreiss/Klaka, S. 80; Egerer, S. 81; Ernst-Moll, GRUR 1993, 8 (17); Füller, MarkenR 2007, 365 (369f.); Hackbarth, GRUR-Prax 2012, 499 (500); Henning-Bodewig, GRUR Int. 2008, 301 (304); Hertz-Eichenrode, WRP 2008, 1499 (1508); Ingerl, WRP 2002, 861 (862, 866) unter der Bedingung, dass die Benutzung für eigene Waren oder Dienstleistungen erfolgt; ders., WRP 2004, 809 (811); Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rn. 116, 128; deutlicher noch dies., Markengesetz, 2. Aufl. 2003, § 14, Rn. 81f.; anders noch dies., NJW 1994, 1247 (1251f.); Karl, MarkenR 2004, 321 (323); ders., WRP 2006, 848 (851ff.); Keil, MarkenR 2010, 195 (198f.); Keller, GRUR 1996, 607 (608ff.); Knaak, GRUR Int. 2008, 91 (95); ders., GRUR Int. 2009, 551 (556); Krogmann, S. 100f.; Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1990, 747 (757); anders jedoch später ders., GRUR Int. 1992, 81 (90); Lange, S. 493f.; v. Linstow, WRP 2000, 955 (956f.); Meinhardt, in: FS Ströbele, 247 (256f.); Peschel, S. 47f., 56; Piper, GRUR 1996, 429 (434); Renner, WRP 2007, 49 (50f.); Rößler, GRUR 1994, 559 (568); Sack, GRUR 1995, 81 (94), anders jedoch später ders., WRP 2010, 198 (209); Sambuc, WRP 2000, 985 (988f.); v. Schultz, GRUR 1997, 408 (409); Schultze/Schwenn, WRP 1997, 536 (538f.); Schulz, S. 89f.; Somarriello, S. 100; Spieker, WRP 2004, 985 (987); Starck, MarkenR 2000, 73 (74f.); ders., MarkenR 2005, 169 (170); anders noch ders., GRUR 1996, 688 (690f.); Steinbeck, in: FS Ullmann, 409 (416); anders jedoch später dies., WRP 2015, 1 (3); Verkade/Bruining, MarkenR 2000, 41 (43f.). 362 Dreiss/Klaka, S. 80; Egerer, S. 76f.; A. Heim, S. 142f.; Henning-Bodewig, GRUR Int. 2008, 301 (304); Keller, GRUR 1996, 607 (609); Knaak, GRUR Int. 2009, 551 (557); Krogmann, S. 100; Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1990, 747 (757); Peschel, S. 47f.; Piper, GRUR 1996, 429 (434); Rößler, GRUR 1994, 559 (568); Sack, GRUR 1995, 81 (94); v. Schultz, GRUR 1997, 408 (409); Schulz, S. 89f.; Verkade/Bruining, MarkenR 2000, 41 (43).

Die Markenfunktionen

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mens, also als Marke« versehen hatte.363 Darüber hinaus wird die alleinige Bedeutung der Herkunftsfunktion mit Art. 2 MRL 1989 beziehungsweise § 3 MarkenG begründet.364 Bei diesem Argument wird davon ausgegangen, dass für die Eintragung eines Zeichens als Marke allein die Herkunftsfunktion relevant sei. Denn nach Art. 2 MRL 1989 muss ein Zeichen dazu geeignet sein, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu unterscheiden. Die abstrakt herkunftsmäßige Unterscheidungskraft wird mit dieser Begründung als das alleinige Grundelement einer jeden Marke gesehen, das sich zwangsläufig auch auf die Reichweite des Verletzungstatbestands auswirken müsse.365 Daher sei eine Marke nur dann potenziell verletzt, wenn die Benutzung die Herkunftsfunktion betreffe. Vereinzelt wird darüber hinaus auch auf ErwG 10 MRL 1989 verwiesen, nach dem der Zweck des Markenschutzes darin liege, insbesondere den Schutz der Herkunftsfunktion zu gewährleisten.366 2.

Unterscheidung zwischen den Verletzungstatbeständen

Einige Autoren sehen eine Besonderheit im Bekanntheitsschutz: Sie befürworten zwar grundsätzlich eine Erweiterung der vom Markenschutz umfassten Funktionen durch die MRL 1989, wollen dies jedoch auf den Bekanntheitsschutz beschränken.367 Da bekannte Marken sich bereits im Markt etabliert und weitere Funktionen hinzuerworben hätten,368 beziehungsweise deren Schutz von vorneherein anderen Markenfunktionen diene,369 sei eine Begrenzung auf marken363 Henning-Bodewig, GRUR Int. 2008, 301 (304); Krogmann, S. 100. 364 Vgl. dagegen Wolf, S. 142, der hierin einen Beleg für den herausgehobenen Charakter der Unterscheidungsfunktion sieht. 365 Keil, MarkenR 2010, 195 (199); Keller, GRUR 1996, 607 (608); Piper, GRUR 1996, 429 (434); Renner, WRP 2007, 49 (50); Sambuc, WRP 2000, 985 (988); v. Schultz, GRUR 1997, 408 (409); Spieker, WRP 2004, 985 (987). 366 Keller, GRUR 1996, 607 (608), der aber einräumt, dass dies aufgrund der Erweiterung der Schutzfunktionen an anderer Stelle und der »insbesondere«-Einschränkung des ErwG 10 nicht sehr aussagekräftig sei; Piper, GRUR 1996, 429 (434). 367 Bornkamm, GRUR 2005, 97 (100); Buhrow, S. 99f.; Büscher, in: FS Ullmann, 129 (149); Eichhammer, S. 194f.; Geßner, S. 138f., 167f.; Hacker, GRUR Int. 2002, 502 (506); ders., in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, Einl., Rn. 33ff.; distanzierend mittlerweile ders., in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 14, Rn. 120; ders., S. 24ff.; Kraft, GRUR 1991, 339 (342); Mahr, WRP 2006, 1083 (1086); Ohly, in: FS Doepner, 51 (61f.); ders., GRUR 2008, 701 (702); ders., GRUR 2009, 709 (711f., 717); ders., JZ 2009, 858 (859f.); ders., GRUR 2010, 776 (782); ders., WRP 2018, 131 (132, 134ff.); Sosnitza, WRP 2003, 1186 (1189); distanzierend mittlerweile ders., S. 97f.; wohl auch Weiler, MarkenR 2011, 495 (495f.) 368 Buhrow, S. 99; Geßner, S. 135f.; Hacker, GRUR Int. 2002, 502 (506); ders., MarkenR 2009, 333 (334f.); anders jedoch später ders., S. 27, wonach für den Schutz der weiteren Markenfunktionen keine Bekanntheit gefordert werden könne; Kazemi, MarkenR 2006, 192 (194); Weiler, MarkenR 2011, 495f.; für einen Schutz der weiteren Markenfunktionen auch bei noch unbenutzten Marken Hackbarth, in: FS Fezer, 525 (531f.) m. w. N. 369 Kraft, GRUR 1991, 339 (340).

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Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

mäßige Benutzungen und damit auf den Schutz der Herkunftsfunktion in diesem Fall nicht angebracht. Aus diesem Grund seien beim Tatbestand des Identitätsund Verwechslungsschutzes nur markenmäßige, beim Bekanntheitsschutz dagegen jegliche Benutzungen zu berücksichtigen.370 Teilweise wird zur Bestärkung dieser Ansicht auch lediglich angeführt, dass hierdurch für bestimmte Fallgruppe ein überzeugenderes Ergebnis erreicht werden könne.371 Einen weiteren Hinweis auf eine unterschiedliche Auslegung sieht Keil in der Gliederung der Verletzungstatbestände des Art. 5 MRL 1989: Aus der Zusammenfassung des Identitäts- und Verwechslungsschutzes in Absatz 1 und der deutlichen Trennung des Bekanntheitsschutzes von diesen in einem eigenen Absatz 2 folge, dass erstere dem Grundsatz nach verwandt seien.372 Sie dienten im Unterschied zum Bekanntheitsschutz beide dem Kernbereich des Markenschutzes, bei dem der Herkunftsschutz im Vordergrund stehe.373 Dass es sich beim Herkunftsschutz um die Hauptfunktion und damit den Kernbereich des Markenschutzes handele, begründet er mit einem Verweis auf § 3 MarkenG.374 Auch v. Gamm hat die Ansicht vertreten, dass zwischen den einzelnen Verletzungstatbeständen unterschieden werden müsse. Dabei hat v. Gamm die Besonderheit aber nicht beim Bekanntheits- sondern beim Identitätsschutz gesehen: Eine markenmäßige Benutzung sei nur beim Verwechslungs- und Bekanntheitsschutz erforderlich.375 Dies hat er mit der Absolutheit des Identitätsschutzes begründet, die gegen eine Begrenzung des Benutzungsbegriffs bei diesem Tatbestand spreche.376 Im Gegensatz dazu sei für die übrigen Tatbestände eine markenmäßige Benutzung vorauszusetzen, »da anderenfalls eine Verwechslungsgefahr oder Rufausnutzung beziehungsweise -schädigung im Allgemeinen ausscheide«.377 370 Bornkamm, GRUR 2005, 97 (100); Buhrow, S. 99f.; Büscher, in: FS Ullmann, 129 (149); Eichhammer, S. 194f.; Geßner, S. 138f., 167f.; Hacker, GRUR Int. 2002, 502 (506); ders., in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, Einl., Rn. 33ff.; distanzierend mittlerweile ders., S. 24ff.; Kraft, GRUR 1991, 339 (342); Mahr, WRP 2006, 1083 (1086); Ohly, in: FS Doepner, 51 (61f.); ders., GRUR 2008, 701 (702); ders., GRUR 2009, 709 (711f., 717); ders., JZ 2009, 858 (859f.); ders., GRUR 2010, 776 (782); ders., WRP 2018, 131 (132, 134ff.); Sosnitza, WRP 2003, 1186 (1189); distanzierend mittlerweile ders., S. 97f.; wohl auch Weiler, MarkenR 2011, 495f.; ausdrücklich hiergegen A. Heim, S. 115; Ingerl, WRP 2002, 861 (863); Karl, MarkenR 2004, 321 (323); ders., WRP 2006, 848 (851); Wagner, S. 279f. 371 Vgl. Bornkamm, GRUR 2005, 97 (100); Kraft, GRUR 1991, 339 (342); Mahr, WRP 2006, 1083 (1088); Sosnitza, WRP 2003, 1186 (1189); Wagner, S. 247; siehe zu dieser problematischen Argumentation Kapitel 1. C. 372 Keil, MarkenR 2010, 195 (198f.); vgl. auch Blankenburg, S. 184f.; a. A. Nägele, S. 58. 373 Keil, MarkenR 2010, 195 (199). 374 Keil, MarkenR 2010, 195 (199). 375 v. Gamm, WRP 1993, 793 (798f.); ders., GRUR 1994, 775 (780); ders., in: FS Piper, 537 (540). 376 v. Gamm, WRP 1993, 793 (798); ders., GRUR 1994, 775 (780); ders., in: FS Piper, 537 (540). 377 v. Gamm, WRP 1993, 793 (798f.); ders., GRUR 1994, 775 (780); ders., in: FS Piper, 537 (540); ausdrücklich hiergegen Rößler, GRUR 1994, 559 (568); Sack, GRUR 1995, 81 (94).

Die Markenfunktionen

3.

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Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen Benutzungen

Nach dem Ansatz von Riehle ist zwischen horizontalen und vertikalen Verletzungshandlungen zu unterscheiden: Unter horizontalen Verletzungstatbeständen subsumiert er dabei solche Fälle, in denen der Verletzer gleiche oder gleichartige, jedoch ein eigenständiges Angebot darstellende Waren oder Dienstleistungen unter einem mit der geschützten Marke identischem oder ähnlichen Zeichen in den Verkehr bringt.378 Als Beispiel für die horizontale Eingriffsebene nennt er die Eintragung der Marke Canon für Filmkameras und die Benutzung desselben Zeichens für Videofilme.379 Bei vertikalen Verletzungshandlungen handele es sich um solche, bei denen der Verletzer sich notwendigerweise auf das Produkt des Markeninhabers beziehe und die ohne diesen direkten Bezug nicht denkbar seien.380 Als Beispiele für die vertikale Eingriffsebene nennt er den Ersatzteil- und Zubehörmarkt oder das Angebot einer Dienstleistung, die sich auf ein Produkt eines anderen Unternehmens bezieht.381 Für die Frage, ob und welche Markenfunktionen zu berücksichtigen sind, müsse zwischen den Eingriffsebenen unterschieden werden.382 Dabei gibt Riehle allerdings zu, dass sich die Relevanz der Markenfunktionen für den Schutzumfang eigentlich nicht aus den rechtlichen Grundlagen ergebe.383 Im Falle einer horizontalen Verletzungshandlung stelle die Herkunftsfunktion die einzige Markenfunktion dar, die bei der Auslegung des Verletzungstatbestands relevant sei.384 Dies leitet Riehle aus der Verwechslungsgefahr her, die beim Verwechslungstatbestand des Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 explizit erforderlich sei.385 Beim Identitätstatbestand ergebe sich eine Beschränkung auf die Herkunftsfunktion implizit, da der Tatbestand eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr enthalte.386 Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr setzt er dabei mit der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion gleich. Im Falle einer vertikalen Verletzungshandlung seien neben der Herkunftsfunktion dagegen noch die eigenständig geschützte Garantie- sowie die Werbe378 Riehle, MarkenR 2001, 337 (338); ders., in: FS Koppensteiner, 479 (481f.); siehe auch Buhrow, S. 53ff., die diesen Ansatz aufgreift. 379 Riehle, MarkenR 2001, 337 (338); ders., in: FS Koppensteiner, 479 (481f.). 380 Riehle, MarkenR 2001, 337 (338); ders., in: FS Koppensteiner, 479 (481f.). 381 Riehle, MarkenR 2001, 337 (338); ders., in: FS Koppensteiner, 479 (481f.). 382 Riehle, MarkenR 2001, 337 (338). 383 Vgl. Riehle, MarkenR 2001, 337 (338f.). 384 Riehle, MarkenR 2001, 337 (340), der zwar auch zugibt, dass dies bei bekannten Marken nicht ganz überzeugend sei, den Einwand jedoch mit der Begründung verwirft, dass es sich beim Bekanntheitsschutz materiell gesehen um einen wettbewerbsrechtlich und nicht markenrechtlich orientierten Schutz handele; ders., in: FS Koppensteiner, 479 (483f.). 385 Riehle, MarkenR 2001, 337 (339); ders., in: FS Koppensteiner, 479 (483 Fn. 26). 386 Riehle, MarkenR 2001, 337 (339); ders., in: FS Koppensteiner, 479 (483 Fn. 26).

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Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

funktion zu berücksichtigen.387 Dies begründet er jedoch letztlich allein mit der Rechtsprechung des EuGH zu den Parallelimport- beziehungsweise Umpackfällen.388 In diesen habe der EuGH aus der Herkunftsfunktion auch Rückschlüsse des Verbrauchers auf die Produktqualität beziehungsweise das Markenimage abgeleitet und diese Aspekte ebenfalls als Verletzungshandlung qualifiziert.389 4.

Keine markenmäßige Benutzung und Schutz aller Funktionen

Demgegenüber geht (mittlerweile) ein Großteil der Literatur davon aus, dass die MRL 1989 eine umfassende Erweiterung der geschützten Markenfunktionen mit sich gebracht habe und eine markenmäßige Benutzung daher zumindest im bisher verstandenen Sinne390 nicht mehr erforderlich sein könne.391 Zur Begründung wird oft auf den Wortlaut sowohl der Verletzungs- als auch der Schrankentatbestände verwiesen, aus dem sich eine Beschränkung auf markenmäßige Benutzungen nicht (mehr) ergebe.392 Gegen die alleinige Bedeutung 387 Riehle, MarkenR 2001, 337 (342); ders., in: FS Koppensteiner, 479 (488f.). 388 Riehle, MarkenR 2001, 337 (341f.); siehe ausführlich zu diesen Fallgruppen Sack, GRUR 1997, 1 (4ff.). 389 Vgl. Riehle, MarkenR 2001, 337 (341f.). 390 Siehe hierzu Kapitel 2. C. I. 2. 391 Ahrens, GRUR 1994, 637; Alexander, GRUR 2010, 482 (483); Berlit, GRUR 1998, 423 (426); ders., S. 145f.; Bröcher/Hoffmann/Sabel, S. 39; Danger, S. 145f.; Dissmann, S. 161ff.; Eichelberger, MarkenR 2010, 474 (475f.); Eichmann, GRUR 1998, 201 (203); wohl auch Ekey, MarkenR 2009, 475 (476); ders., in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, § 14, Rn. 191ff.; Engeländer, S. 68f.; Fezer, WRP 1996, 973 (974); ders., GRUR 1996, 566 (568ff.); ders., WRP 1998, 1 (12); ders., GRUR 2003, 457 (466); ders., MarkenR 2010, 453 (455); ders., GRUR 2010, 953 (957f.); ders., WRP 2010, 165 (174f.); ders., GRUR-Prax 2010, 377 (377f.); ders., WRP 2011, 387 (392); ders., GRUR 2013, 209 (214f.); ders., MarkenR 2017, 141 (143f.); ders., Markenrecht, Einl. D., Rn. 18ff.; Haas, S. 74ff.; Haberstumpf, MarkenR 2011, 429 (430ff.); Hacker, GRUR 2019, 235 (236, 240), anders noch ders., MarkenR 2009, 333 (337); S. Heim, GRUR Int. 2005, 545 (552f.); Helm, GRUR 2001, 291 (293); Hotz, GRUR 2003, 993 (996f., 1000); Ingerl/Rohnke, NJW 1994, 1247 (1251f.); Körner, GRUR 2005, 33 (35); wohl auch Krüger, GRUR 1995, 527 (529); Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 81 (90); Kur, CR 1996, 590 (591f.); dies., MarkenR 2001, 137 (144); dies., GRUR Int. 2008, 1 (11f.); Lange, WRP 2003, 323 (334f.); anders jedoch später ders., S. 493f.; Lema Devesa, GRUR Int. 2009, 118 (121); Meister, WRP 1995, 366 (370); Meyer, GRUR Int. 1996, 592 (602, 605); Mielke, in: BeckOK Markenrecht, § 14, Rn. 15, 124; Mühlberger, S. 124f.; Nägele, S. 163; Nordemann, NJW 1997, 1891 (1893); Pahlow, MarkenR 2006, 97 (100f.); wohl auch Paulus, S. 227f., 247; Rubusch, MarkenR 2012, 240 (242f.); Sack, WRP 2010, 198 (209), anders noch ders., GRUR 1995, 81 (94); Schmieder, NJW 1994, 1241 (1244); Starck, GRUR 1996, 688 (690f.) anders jedoch später ders., MarkenR 2000, 73 (74f.); Steinbeck, WRP 2015, 1 (3); Thiesen, WRP 2016, 162 (165), der sich allerdings nur bzgl. des Verwechslungs- und Bekanntheitsschutzes äußert; Tilmann, ZHR 158 (1994), 371 (384f.); Tönnies, MarkenR 2013, 215 (218); Völker/Elskamp, WRP 2010, 64 (71f.); Wolf, S. 168f. 392 Danger, S. 112; Eichmann, GRUR 1998, 201 (203); Ekey, MarkenR 2009, 475 (476); Engeländer, S. 69; Fezer, GRUR 1996, 566 (568); Kur, CR 1996, 590 (591); Lema Devesa, GRUR Int. 2009, 118 (121); Meister, WRP 1995, 366 (370).

Die Markenfunktionen

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der Herkunftsfunktion einer Marke spreche auch, dass die Marke im Unterschied zur Rechtslage zu Zeiten des WZG auch nicht mehr an einen bestimmten Geschäftsbetrieb geknüpft sei.393 Meister weist zudem darauf hin, dass in der europäischen, rechtspolitischen Debatte eine Einschränkung des Benutzungsbegriffs zu keinem Zeitpunkt erörtert worden sei.394 Darüber hinaus gehen die Vertreter dieser Ansicht auch auf die wesentlichen drei Argumente der Gegenansicht ein, kommen dabei aber zu anderen Ergebnissen: Aus Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 wird geschlossen, dass das europäische Recht ausdrücklich Bestimmungen im nationalen Recht der Mitgliedstaaten zulasse, die den Schutzumfang von Marken über die Herkunftsfunktion hinaus zögen.395 Sack weist darauf hin, dass Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 den Begriff »Benutzung« auch für den nicht-markenmäßigen Gebrauch verwende.396 Teilweise wird aber auch grundlegend kritisiert, dass Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 fälschlicherweise dahingehend interpretiert werde, dass die »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« mit einer herkunftsmäßigen Unterscheidung gleichzusetzen sei.397 Da sich dies nicht aus dem Wortlaut ergebe, sei eine Beschränkung des Benutzungsbegriffs auf markenmäßige Benutzungen nicht überzeugend.398 Auch aus ErwG 10 MRL 1989 wird nicht die alleinige Bedeutung der Herkunftsfunktion, sondern vielmehr die Berücksichtigung aller Funktionen abgeleitet: Sowohl die Tatsache, dass die Herkunftsfunktion hier nur »insbesondere« aufgeführt werde, als auch der Umstand, dass der EuGH von einer Hauptfunktion spreche, deute darauf hin, dass neben der Herkunftsfunktion noch weitere Markenfunktionen relevant sein müssten.399 Darüber hinaus mache ein absoluter Schutz, wie ihn ErwG 10 MRL 1989 für den Identitätsschutz vorsieht, nur dann Sinn, wenn er sich auf alle und nicht nur eine Funktion beziehe.400 Die Herkunftsfunktion sei demnach nur noch ein – wenn auch wesentlicher – Zweck des Markenschutzes.401 Schließlich wird auch ein Rückschluss von den Schutzvoraussetzungen des 393 Bröcher/Hoffmann/Sabel, S. 35; Danger, S. 97f.; Eichmann, GRUR 1998, 201 (203); Engeländer, S. 42f.; Fezer, WRP 2000, 1 (3); Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 81 (90); Meyer, GRUR Int. 1996, 592 (605); Pahlow, MarkenR 2006, 97 (101); Will, S. 188f.; Wolf, S. 140; gegen dieses Argument Mühlberger, S. 58f. 394 Meister, WRP 1995, 366 (370). 395 Dissmann, S. 161f.; Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 81 (90). 396 Sack, WRP 2010, 198 (206). 397 Danger, S. 117f.; Haas, S. 64; Hotz, GRUR 2003, 993 (995). 398 Danger, S. 117f.; Haas, S. 64; Hotz, GRUR 2003, 993 (995). 399 S. Heim, GRUR Int. 2005, 545 (552f.); Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 81 (90); Lema Devesa, GRUR Int. 2009, 118 (121); Sack, WRP 2010, 198 (208); Wolf, S. 139; a. A. Danger, S. 138, der einen Rückgriff auf ErwG 10 gänzlich ablehnt. 400 S. Heim, GRUR Int. 2005, 545 (552f.); Lema Devesa, GRUR Int. 2009, 118 (121) stellt mit diesem Argument sogar die Voraussetzung einer Beeinträchtigung irgendeiner Markenfunktion in Frage. 401 Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 81 (90).

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Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Art. 2 MRL 1989 auf die Reichweite des Markenschutzes abgelehnt, da dies weder systematisch zulässig noch inhaltlich überzeugend sei.402 Jedoch sind die Schlussfolgerungen, die aus diesen Argumenten gezogen werden, zweigeteilt: Ein Teil der Stimmen schließt sich der Auslegung und neueren Rechtsprechung des EuGH an. Danach liegt nur dann eine rechtsverletzende Benutzung vor, wenn die Benutzung eine der Markenfunktionen beeinträchtige oder beeinträchtigen könnte.403 Hierbei sollen nicht nur die Herkunfts-, sondern alle Markenfunktionen berücksichtigt werden. Ein Teil der Stimmen kritisiert die Funktionenlehre aber auch grundlegend und hält es nicht für nötig, den Benutzungsbegriff durch die Markenfunktionen zu beschränken.404 5.

Bewertung

Auffällig ist, dass sich die Argumente derjenigen, die entweder alle Funktionen oder nur die Herkunftsfunktion berücksichtigen wollen, im Wesentlichen auf dieselben Stellen der MRL 1989 beziehen. Dies betrifft die Bedeutung des Art. 3 MRL 1989 für den Schutzumfang,405 die Rolle der Herkunftsfunktion in ErwG 10 MRL 1989406 und den Einfluss des Art. 5 Abs. 5 MRL 1989 auf die Verletzungstatbestände407. Durch gegenteilige Interpretationen gelangen die jeweiligen Vertreter*innen jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der

402 Danger, S. 116; Eichhammer, S. 157; Fezer, WRP 2000, 1 (4); Haas, S. 63; Viole, S. 152; auch schon Heydt, GRUR 1971, 253 (254); vgl. auch ders., GRUR 1976, 7 (15). 403 Alexander, GRUR 2010, 482 (483); Eichelberger, MarkenR 2010, 474 (475); Ekey, MarkenR 2009, 475 (476); Fezer, GRUR 2010, 953 (957f.); ders., GRUR-Prax 2010, 377f.; ders., WRP 2010, 165 (174); ders., WRP 2011, 387 (392); ders., GRUR 2013, 209 (214ff.); ders., MarkenR 2017, 141 (143f.); Hacker, S. 238f.; wohl auch Hackbarth, in: FS Fezer, 525 (534ff.), obwohl er von einer noch nicht abgeschlossenen dogmatischen Verankerung der neuen Markenfunktionen spricht; S. Heim, GRUR Int. 2005, 545 (552f.); Lange, WRP 2003, 323 (334f.); Mielke, in: BeckOK Markenrecht, § 14, Rn. 15, 124; Mühlberger, S. 111f.; Ohly, WRP 2018, 131 (132, 134ff.); Rubusch, MarkenR 2012, 240 (242); Sack, WRP 2010, 198 (207, 209); Schweyer, in: v. Schultz, Markenrecht, § 14, Rn. 13; Thiesen, WRP 2016, 162 (164f.); Völker/Elskamp, WRP 2010, 64 (71f.); Wolf, S. 168f. 404 Bröcher/Hoffmann/Sabel, S. 62; Danger, S. 110f.; Haberstumpf, ZGE 2011, 151 (156, 196f.), der die Funktionenlehre zwar ablehnt, aber eine Begrenzung durch die Unterscheidung zwischen referentieller und attributiver Benutzung erreichen will; ders., MarkenR 2011, 429 (434ff.); Knaak, GRUR Int. 2014, 209 (214f.); Koppensteiner, MarkenR 2016, 121 (125); KunzHallstein, GRUR Int. 1992, 81 (90); eingeschränkt Kur, in: BeckOK Markenrecht, Einl. D., Rn. 148; wohl auch Meister, WRP 1995, 366 (370f.); Meyer, GRUR Int. 1996, 592 (605); Pahlow, MarkenR 2006, 97 (101); Preiss, S. 87ff.; vgl. auch Will, S. 193ff., wonach sogar Benutzungen zu dekorativen Zwecken umfasst werden sollten. 405 Siehe zu diesem Argument Kapitel 2. D. I. 406 Siehe zu diesem Argument Kapitel 2. B. II. 407 Siehe zu diesem Argument Kapitel 2. D. III.

Die Markenfunktionen

89

zu berücksichtigenden Markenfunktionen. Soweit darüber hinaus noch weitere Argumente vorgebracht werden, vermögen diese nicht zu überzeugen: a) Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen Benutzungen Nach dem Ansatz von Riehle sollen je nach Eingriffsebene unterschiedliche Markenfunktionen zu berücksichtigen sein. Problematisch an diesem Ansatz ist, dass Riehle sich dabei zu stark an den in der Praxis auftretenden Fallgruppen orientiert und zu stark von den Vorschriften der MRL 2015 entfernt. Denn die als horizontal und vertikal bezeichneten Eingriffsebenen finden in der MRL 2015 keinerlei Entsprechung. Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 setzt lediglich voraus, dass das entsprechende Zeichen im geschäftlichen Verkehr benutzt wird. Die Eingriffsebenen wurden aus den bestehenden problematischen Fällen gebildet, um diese anhand rechtspolitischer Vorstellungen besser beurteilen zu können. Dadurch kommt es zu einer unnötigen Aufspaltung des Benutzungsbegriffs innerhalb eines einzigen Tatbestands, die darüber hinaus keinen erkennbaren Mehrwert hat. Es scheint vielmehr, als sollte damit ein ganz anderes Problem gelöst werden: Nämlich die Frage, ob sich die Benutzung lediglich auf eigene oder auch auf fremde Waren oder Dienstleistungen beziehen kann. Denn bei der horizontalen Eingriffsebene handelt es sich um solche Benutzungen, die sich auf eigene Waren oder Dienstleistungen beziehen. Bei der vertikalen Eingriffsebene werden nur solche Benutzungen berücksichtigt, die für Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers erfolgen. Die Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen Benutzungen ist jedoch ebenso wenig überzeugend wie die Unterscheidung zwischen Benutzungen für eigene und fremde Waren oder Dienstleistungen.408 b)

Rückschlüsse von den besonderen Tatbestandsmerkmalen auf den Schutzzweck einzelner Verletzungstatbestände Ähnliche Argumente sprechen auch dagegen, je nach Verletzungstatbestand unterschiedliche Voraussetzungen an den Benutzungsbegriff zu stellen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass etwa die Benutzung eines bekannten Zeichens anders zu beurteilen wäre als die Benutzung eines nicht bekannten Zeichens. Spätestens seit Inkrafttreten der MRL 2015 ist der Benutzungsbegriff derselbe und den Verletzungstatbeständen vorangestellt.409 Auch Rückschlüsse von den besonderen Tatbestandsmerkmalen auf den Benutzungsbegriff sind problematisch: Es wird argumentiert, dass beim Bekanntheitsschutz die Tatbestandsmerkmale der Ausnutzung oder Beeinträchtigung 408 Siehe Kapitel 2. A. III. 409 Siehe Kapitel 2. A. I.

90

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung darauf hindeuteten, dass auch andere Funktionen als die Herkunftsfunktion geschützt werden sollten.410 Beim Verwechslungsschutz bewirke das Tatbestandsmerkmal der Verwechslungsgefahr, dass zwangsläufig nur die Herkunftsfunktion betroffen und dies auf den Benutzungsbegriff zu übertragen sei.411 Auch der EuGH argumentiert in diese Richtung.412 Richtigerweise wäre der Schutz bestimmter Funktionen aber vielmehr Konsequenz des jeweiligen Verletzungstatbestands. Die Beeinträchtigung dieser Funktionen kann nicht gleichzeitig auch die Voraussetzung dafür sein, dass eine Benutzung vorliegt. Darüber hinaus müsste die Beeinträchtigung einer bestimmten Funktion nicht auf den Benutzungsbegriff übertragen werden, wenn diese Voraussetzung bereits durch ein anderes Tatbestandsmerkmal bewirkt wird. Als plakatives Beispiel für dieses Argument könnte man § 242 StGB anführen: Dieser setzt die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache voraus. Unter einer Sache wird allgemein ein körperlicher Gegenstand subsumiert.413 Die Tatbestandsmerkmale »fremd« und »beweglich« werden aber auch nicht als Begründung dafür herangezogen, dass nur fremde und bewegliche körperliche Gegenstände eine Sache im Sinne des § 242 StGB darstellen. Überzeugender ist daher ein Benutzungsbegriff, der auf alle Tatbestände gleichermaßen anwendbar ist und bei dem jedem Tatbestandsmerkmal eine eigenständige Bedeutung zukommt. c)

Unterscheidung zwischen ökonomischen und rechtlich geschützten Funktionen einer Marke Für die Bestimmung der relevanten Funktionen wurde vor allem vor Inkrafttreten des MarkenG auch zwischen ökonomischen und rechtlich geschützten Funktionen unterschieden.414 Das heißt, dass einer Marke zwar verschiedene Funktionen faktisch zugesprochen wurden. Diese sollten jedoch nicht alle auch rechtlichen Schutz genießen. Eine solche Form der Markenfunktionenlehre wird seit Inkrafttreten der MRL 1989 nur noch von wenigen Autor*innen vertreten415

410 So beispielsweise Bornkamm, GRUR 2005, 97 (100); Hillebrand, S. 200; Keil, MarkenR 2010, 195 (198); Mahr, WRP 2006, 1083 (1085f.); Sack, WRP 2010, 198 (207); Sosnitza, S. 13f.; Weiler, MarkenR 2011, 495 (496); Will, S. 189. 411 So beispielsweise Blankenburg, WRP 2008, 1294 (1298); ders., S. 188; Eichelberger, MarkenR 2010, 474 (476); Hillebrand, S. 200; Ohly, GRUR 2009, 709 (711); Rubusch, MarkenR 2012, 240 (242); Thiesen, WRP 2016, 162 (165). 412 Siehe Kapitel 2. C. II. 2. und 3. 413 Wittig, in: BeckOK StGB, § 242, Rn. 4. 414 Grundlegend Vanzetti, GRUR Int. 1965, 128 (129ff.); Vgl. später Beier, GRUR Int. 1968, 8 (14); Beier/Krieger, GRUR Int. 1976, 125 (126); Heydt, GRUR Int. 1976, 339 (341); Sack, GRUR 1972, 402 (403ff.); ders., GRUR 1972, 445 (453). 415 So etwa noch Danger, S. 66ff.; Hacker, GRUR Int. 2002, 502 (505).

Die Markenfunktionen

91

und zurecht kritisiert416. Sie beinhaltet einen unzulässigen Zirkelschluss:417 Die Reichweite eines Verletzungstatbestands wird mit der Begründung eingeschränkt, dass dieser nur solche Benutzungen umfassen kann, welche die Interessen des Markeninhabers und damit die Funktionen beeinträchtigen. Dabei werden verschiedene Interessen genannt, allerdings wird zwischen geschützten und nicht geschützten Interessen unterschieden. In der Konsequenz dient der Markenschutz dann in jedem Fall dem Schutz der Interessen, die man zuvor benannt hat und anhand derer man den Benutzungsbegriff eingeschränkt hat.418 Auch hier gilt, dass die geschützten Funktionen nur als Konsequenz des Zusammenspiels aus Verletzungstatbestand und Schrankenbestimmungen bestimmt werden können. Sie können aber nicht gleichzeitig auch eine Voraussetzung des Benutzungsbegriffs sein. Etwas anderes wäre nur dann möglich, wenn sich aus den Verletzungstatbeständen selbst eine Beschränkung des Benutzungsbegriffs auf nur bestimmte Markenfunktionen ergäbe. Dies ist aber nicht der Fall.419 Insbesondere die Tatsache, dass der Identitätsschutz nach ErwG 16 MRL 2015420 absolut sein soll, spricht gegen eine Unterscheidung zwischen tatsächlich und rechtlich geschützten Funktionen. Denn ein absoluter Schutz muss sich auf alle existierenden Funktionen beziehen. d) Einfluss der Markenfunktionen auf die Verletzungstatbestände Auf die Frage, ob die Markenfunktionen überhaupt einen Einfluss auf die Verletzungstatbestände haben können und sollten, wird dagegen meist nicht im Detail eingegangen.421 Oft nehmen die Vertreter*innen eines funktionsorientierten Benutzungsbegriffs in dieser Frage lediglich auf den EuGH Bezug.422 Dabei lohnt es sich, noch einmal nachzuvollziehen, wie der EuGH die Bedeutung der Markenfunktionen für die Verletzungstatbestände hergeleitet hat: Obwohl es sich bei der Marke um ein ausschließliches Recht handele, könne der Markenschutz prinzipiell nicht grenzenlos sein.423 Denn der Sinn und Zweck der Verletzungstatbestände liege lediglich darin, den Markeninhaber in seinen »spezi416 Fezer, GRUR 2003, 457 (463); ders., Markenrecht, Einl. D., Rn. 20; Meyer, GRUR Int. 1996, 592 (597ff.); Nägele, S. 92; Wolf, S. 155. 417 Nägele, S. 92. 418 Nägele, S. 92; ähnlich auch Bröcher/Hoffmann/Sabel, S. 43f.; Paulus, S. 231; Wolf, S. 131. 419 So auch Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 81 (90); Meyer, GRUR Int. 1996, 592 (599). 420 So auch schon in ErwG 11 MRL 2008 beziehungsweise ErwG 10 MRL 1989. 421 Detailliert setzt sich dagegen Paulus mit dieser Frage auseinander, siehe Paulus, S. 76ff., und kommt zu dem Ergebnis, dass sich die normative Relevanz der Markenfunktionen nicht aus der MRL ergibt und die geschützten Funktionen nicht durch Auslegung ermittelt werden können, siehe dies., S. 174. 422 Ekey, MarkenR 2009, 475; Fezer, MarkenR 2010, 453 (455); ders., Markenrecht, § 14, Rn. 69; Füller, MarkenR 2007, 365 (369f.); Lange, S. 493; Sack, WRP 2010, 198 (206); Schweyer, in: v. Schultz, Markenrecht, § 14, Rn. 13. 423 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 52 – Arsenal.

92

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

fischen Interessen« zu schützen.424 Es müsse daher gewährleistet werden, dass der Schutz auf Fälle beschränkt werde, bei denen der Markeninhaber in diesen »spezifischen Interessen« betroffen sei.425 Die »spezifischen Interessen« setzt der EuGH in diesem Zusammenhang mit den Markenfunktionen gleich und kommt daher zu dem Ergebnis, dass eine Benutzung voraussetze, dass eine Markenfunktion beeinträchtigt werde.426 Bei der Frage, ob die Markenfunktionen den Schutzumfang der Marke begrenzen, kommt es damit entscheidend darauf an, worin die »spezifischen Interessen« des Markeninhabers zu sehen sind. aa) Die spezifischen Interessen des Markeninhabers Es ist sicherlich richtig, dass der Sinn und Zweck der Verletzungstatbestände des ausschließlichen Markenrechts darin liegt, den Inhaber in seinen spezifischen Interessen zu schützen. Man wird aber ebenso annehmen können, dass es auch im Interesse des Markeninhabers liegt, dass der Schutz seiner Marke so weit wie möglich reicht. Der Inhaber einer Marke möchte Dritten möglichst alle Formen der Benutzung eines mit der Marke identischen oder ähnlichen Zeichens im geschäftlichen Verkehr verbieten. Es wäre daher genau so überzeugend, aus dem ausschließlichen Recht des Markeninhabers abzuleiten, dass dessen spezifische Interessen bei jeder Benutzung betroffen sind, unabhängig davon, ob eine Markenfunktion beeinträchtigt wird. Versteht man den Identitätsschutz tatsächlich als absoluten Schutz, dann könnte man die Funktion der Marke auch darin sehen, vor jeglicher Benutzung eines identischen Zeichens für identische Waren oder Dienstleistungen zu schützen. Dann wären bei jeder Form der Benutzung immer auch die Interessen des Markeninhabers betroffen. Die Beschränkung des Schutzes auf bestimmte spezifische Interessen kann aber nur überzeugen, wenn sich dies auch aus der MRL 2015 ergibt.427 Dabei muss der Benutzungsbegriff so gewählt werden, dass er alle aus der MRL 2015 ableitbaren geschützten Interessen umfasst.

424 Vgl. EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 51 – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 59 – Anheuser-Busch; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 21 – Adam Opel; EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58 – L’Oréal. 425 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 51 – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 59 – AnheuserBusch; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 21 – Adam Opel; EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58 – L’Oréal. 426 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 51 – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 59 – AnheuserBusch; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 21 – Adam Opel; EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58 – L’Oréal. 427 Sosnitza, S. 14 weist zutreffend darauf hin, dass andernfalls weitere Markenfunktionen beliebig erdacht werden könnten; vgl. auch Sambuc, WRP 2000, 985 (988).

Die Markenfunktionen

93

(1) Die Markenfunktionen In ErwG 16 MRL 2015 steht, dass der durch die eingetragene Marke gewährte Schutz insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke gewährleisten sollte. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der Markenschutz durch die Herkunftsfunktion oder die Markenfunktionen insgesamt beschränkt sein sollte.428 Es handelt sich vielmehr um die einzige Stelle der MRL 2015, an der eine Markenfunktion überhaupt erwähnt wird.429 ErwG 16 MRL 2015 bezieht sich auch nicht nur auf die Verletzungstatbestände, sondern auf den Markenschutz insgesamt. Darüber hinaus wird in ErwG 16 MRL 2015 nur ein mindestens zu gewährleistender Schutzumfang festgelegt. Aus einem solchen kann keine Begrenzung des Schutzumfangs abgeleitet werden. Denn auch wenn die Marke vor jeglicher Benutzung schützt, gewährleistet der durch die eingetragene Marke gewährte Schutz zumindest auch die Herkunftsfunktion. (2) Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen Was sich aber aus der MRL 2015 ableiten lässt, ist, dass eine Marke ihren Inhaber nur vor solchen Benutzungen schützen sollte, die der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dienen. Eine größere Bedeutung sollte bei der teleologischen Auslegung daher ErwG 31 MRL 2015 zukommen. In diesem wird ausdrücklich beschrieben, dass der Zweck einer Marke darin liegt, Waren oder Dienstleistungen voneinander zu unterscheiden und Verbrauchern zu sachkundigen Entscheidungen zu verhelfen. Auch in ErwG 18 MRL 2015 wird es als sachgerecht bezeichnet, als Voraussetzung für eine Markenrechtsverletzung vorzusehen, dass die rechtsverletzende Marke oder das rechtsverletzende Zeichen im Geschäftsverkehr zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen benutzt wird. Wie bereits dargelegt,430 ist hiervon zwar auch eine herkunftsmäßige Unterscheidung umfasst. Die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen kann sich aber nicht nur auf deren Herkunft beziehen.

428 Dass sich die Relevanz der Markenfunktionen nicht aus der MRL ergibt, stellen auch andere Autor*innen fest: Bröcher/Hoffmann/Sabel, S. 41ff.; Eichelberger, MarkenR 2010, 474 (476); Mühlberger, S. 77f.; Ohly, in: FS Loschelder, 265 (267); Meyer, GRUR Int. 1996, 592 (599); Pahlow, MarkenR 2006, 97 (101); Paulus, S. 174; Preiss, S. 87f. 429 Eine Ausnahme bildet Art. 28 Abs. 3 MRL 2015, der an dieser Stelle aber nicht relevant ist und auch keine bestimmten Funktionen nennt. 430 Siehe Kapitel 2. B. I. 1.

94

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

bb)

Alleiniger Schutz der Unterscheidungsfunktion und Verhältnis zur Herkunftsfunktion Die genannten Argumente sprechen insgesamt dafür, dass die Herkunftsfunktion im europäischen Markenrecht an Bedeutung verloren, die Unterscheidungsfunktion dagegen an Bedeutung gewonnen hat.431 Es ist daher überzeugender, den Markenschutz auf unterscheidende Benutzungen zu beschränken. Wird ein Zeichen durch einen Dritten nicht zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen benutzt, so sind die spezifischen Interessen des Markeninhabers auch nicht betroffen. Da dieses Interesse aber weiter als die Beeinträchtigung einer Markenfunktion reicht und nur der Unterscheidungszweck in der MRL 2015 als Begrenzung des Markenschutzes verankert ist, sollte im Rahmen der teleologischen Auslegung nur auf die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen und nicht auf die Markenfunktionen abgestellt werden. In der Literatur wird daher vertreten, dass die Unterscheidungsfunktion als zentrale Markenfunktion oder auch als Grundfunktion des europäischen Markenrechts anzusehen sei.432 Dabei entspricht die Unterscheidungsfunktion dem, was ErwG 31 MRL 2015 als Zweck einer Marke beschreibt: Eine Marke soll Waren oder Dienstleistungen voneinander unterscheiden und Verbrauchern zu sachkundigen Entscheidungen verhelfen.433 Die Herkunftsfunktion ist als Unterfall der Unterscheidungsfunktion anzusehen.434 Eine Marke kann dazu dienen, Waren oder Dienstleistungen herkunftsmäßig von anderen zu unterscheiden. Die Unterscheidung kann sich aber beispielsweise auch auf bestimmte Eigenschaften einer Ware oder Dienstleistung beziehen und sie in dieser Hinsicht von anderen Waren oder Dienstleistungen unterscheiden. Die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung ist somit nur eines von mehreren Kriterien, auf das sich die Unterscheidung beziehen kann. Nicht zuzustimmen ist daher der Auffassung, der Herkunftsfunktion komme gar keine Bedeutung mehr zu.435 Geht man von einem Schutz der Unterscheidungsfunktion aus, so ist davon immer auch ein Schutz der Herkunftsfunktion umfasst.

IV.

Zwischenergebnis

Der Sinn und Zweck der Verletzungstatbestände des Art. 10 MRL 2015 gebietet es nicht, nur eine Benutzung zu berücksichtigen, die eine Markenfunktion beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung einer Markenfunktion kann auch nicht das 431 432 433 434 435

So auch Haas, S. 76; Nägele, S. 128; Wolf, S. 133ff. Danger, S. 109f.; Nägele, S. 104, 127; Paulus, S. 18; Peschel, S. 40; Preiss, S. 88; Wolf, S. 142. Siehe oben Kapitel 2. B. I. und II. Vgl. auch Eichhammer, S. 48; Keller, GRUR 1996, 607 (608); a. A. Paulus, S. 17f. Danger, S. 103; Tilmann, ZHR 158 (1994), 371 (389).

Die Markenfunktionen

95

Vorliegen einer Benutzungshandlung ersetzen. Dies liegt vor allem daran, dass eine solche herausragende Bedeutung der Markenfunktionen nicht aus den Vorschriften der MRL 2015 abgeleitet werden kann. Richtig ist zwar, dass die Verletzungstatbestände den Zweck verfolgen, den Markeninhaber in seinen spezifischen Interessen zu schützen. Es kommt jedoch entscheidend darauf an, wie diese Interessen definiert werden. Ein pauschaler Verweis auf die Herkunftsfunktion als Hauptfunktion ist in diesem Zusammenhang nicht überzeugend. Der MRL 2015 ist nicht zu entnehmen, dass der Markenschutz ausschließlich der Herkunftsfunktion dienen soll. Hiergegen spricht vor allem, dass der Markenschutz nach ErwG 16 MRL 2015 im Falle der Identität zwischen der Marke und dem zugehörigen Zeichen und den Waren oder Dienstleistungen absolut sein soll. Die Herkunftsfunktion wird hier nur »insbesondere« aufgeführt. Die übrigen Vorschriften der MRL 2015 beziehen sich immer nur auf die »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen«. Die herkunftsmäßige Unterscheidung ist zwar hiervon ein Unterfall. Sie ist jedoch nicht die einzig relevante Form der »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen«. Weitere Funktionen sind in der MRL 2015 dagegen überhaupt nicht verankert. Zwar wäre es möglich, aus den Tatbeständen des Verwechslungs- und Bekanntheitsschutzes oder bestimmten Tatbestandsmerkmalen mittelbar auf den Schutz bestimmter Funktionen zu schließen. Der Schutz dieser Funktionen wäre dann jedoch Konsequenz des jeweiligen Verletzungstatbestands und könnte nicht gleichzeitig Voraussetzung für den Benutzungsbegriff jedes einzelnen Verletzungstatbestands sein. Es wäre darüber hinaus beliebig und widerspräche einem absoluten Markenschutz, beim Identitätstatbestand nur bestimmte Funktionen zu berücksichtigen. Das weiteste in ErwG 31 MRL 2015 verankerte Interesse des Markeninhabers ist der Zweck der Marke, Waren oder Dienstleistungen voneinander zu unterscheiden und Verbrauchern zu sachkundigen Entscheidungen zu verhelfen. Dies spricht dafür, den Benutzungsbegriff der Verletzungstatbestände auf unterscheidende Benutzungen zu beschränken. Immer dann, wenn eine unterscheidende Benutzung vorliegt, sind die Interessen des Markeninhabers betroffen. Ein solcher Benutzungsbegriff hat zur Folge, dass auch herkunftsmäßige Benutzungen von den Verletzungstatbeständen umfasst werden, wodurch ErwG 16 MRL 2015 Rechnung getragen wird. Der Benutzungsbegriff ist aber nicht hierauf beschränkt. Er umfasst auch andere Formen unterscheidender Benutzungen. Die Unterscheidung kann sich in diesen Fällen etwa auf bestimmte Merkmale einer Ware oder Dienstleistung beziehen. Die weiteren Voraussetzungen für das Vorliegen einer Markenverletzung ergeben sich dann aus den Tatbestandsmerkmalen des jeweils einschlägigen Verletzungstatbestands in Verbindung mit den Schrankenregelungen.

96

D.

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Die Systematik

Im Rahmen der systematischen Auslegung stellt sich die Frage, ob sich aus dem Verhältnis der Verletzungstatbestände des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 zu den übrigen Vorschriften der MRL 2015 Rückschlüsse auf die Auslegung des Benutzungsbegriffs ergeben.

I.

Verhältnis zu Art. 3 MRL 2015

Art. 3 MRL 2015 regelt noch vor den absoluten und relativen Eintragungshindernissen, wann ein Zeichen überhaupt eine Marke darstellen kann. Nach Art. 3 lit. a MRL 2015 ist insbesondere erforderlich, dass ein Zeichen geeignet ist, »Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden«. Dies wird meist derart ausgelegt, dass ein Zeichen dazu geeignet sein muss, eine herkunftsmäßige Unterscheidung zu leisten.436 Anschließend wird diese Aussage auf die Verletzungstatbestände des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 übertragen: Die Benutzung einer nach Art. 3 MRL 2015 schutzfähigen Marke setze damit ebenfalls einen Herkunftshinweis voraus.437 Diese Argumentation ist jedoch aus mehreren Gründen nicht überzeugend: 1.

Unterscheidung zwischen einem Zeichen und einer Marke

Zum einen verkennt sie, dass es bei der rechtsverletzenden Benutzung nicht um die Benutzung einer Marke, sondern um die Benutzung eines Zeichens geht.438 In Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 wird nicht verlangt, dass der Dritte eine fremde Marke benutzt, sondern dass er ein Zeichen benutzt, das mit einer eingetragenen Marke identisch oder ihr ähnlich ist. Für das benutzte Zeichen gelten jedoch nicht die Anforderungen des Art. 3 MRL 2015. Andernfalls könnte ein mit einer eingetragenen Marke ähnliches Zeichen, das selbst nicht die Anforderungen des Art. 3 MRL 2015 erfüllt, nicht rechtsverletzend benutzt werden. Mit dem Tatbe-

436 Keil, MarkenR 2010, 195 (199); Keller, GRUR 1996, 607 (608); Piper, GRUR 1996, 429 (434); Renner, WRP 2007, 49 (50); Sambuc, WRP 2000, 985 (988); v. Schultz, GRUR 1997, 408 (409); Spieker, WRP 2004, 985 (987). 437 Keil, MarkenR 2010, 195 (199); Keller, GRUR 1996, 607 (608); Piper, GRUR 1996, 429 (434); Renner, WRP 2007, 49 (50); Sambuc, WRP 2000, 985 (988); v. Schultz, GRUR 1997, 408 (409); Spieker, WRP 2004, 985 (987); ähnlich auch schon Piper, GRUR 1996, 429 (434); ihm zustimmend v. Schultz, GRUR 1997, 408 (409); vgl. auch Deutsch, GRUR 1995, 319 (321); Keller, GRUR 1996, 607 (608) Meinhardt, in: FS Ströbele, 247 (252f.); Peschel, S. 46f. 438 So auch Danger, S. 112; vgl. auch A. Heim, S. 111f.; Nägele, S. 55f.

Die Systematik

97

standsmerkmal »Zeichen« wird nur der Gegenstand der Benutzung bestimmt, nicht aber die Art und Weise, in der dieses benutzt wird.439 2.

Unterscheidung zwischen Schutzvoraussetzung und Schutzumfang

Zum anderen kann bei der Auslegung des Verletzungstatbestands aus einem anderen Grund nicht auf Art. 3 MRL 2015 zurückgegriffen werden. Auch wenn viel dafür spricht, die »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen« im Sinne eines Herkunftshinweises zu verstehen,440 folgt hieraus nicht, dass eine Marke auch nur dann verletzt werden kann, wenn das Zeichen als Herkunftshinweis benutzt wird. Denn bei Art. 3 MRL 2015 handelt es sich um eine Voraussetzung für die Entstehung des Markenschutzes, wohingegen Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 die Verletzung einer Marke regelt und damit Teil des Schutzumfangs der Marke ist. Die MRL 2015 selbst liefert für einen Gleichlauf dieser beiden Bereiche keine Anhaltspunkte. Zudem sind keine logischen Zusammenhänge ersichtlich, nach denen dieser Schluss zwingend oder auch nur naheliegend wäre. Im Gegenteil: Die Tatsache, dass Art. 3 MRL 2015 nur den Kreis potenziell markenfähiger Zeichen definiert und Mindestvoraussetzungen an eine Marke stellt, deutet eher darauf hin, dass dieses »Eingangstor« in den Markenschutz im Anschluss nicht das allein beherrschende Element ist. Denn ansonsten hätte in ErwG 31 MRL 2015 auch genau dieser herkunftshinweisende Aspekt als (alleiniger) Zweck der Marke beschrieben werden müssen. Hier ist jedoch nur allgemein von einer »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« die Rede. Ebenso deutet ErwG 16 MRL 2015 darauf hin, dass der durch die Marke gewährte Schutz über die Anforderungen des Art. 3 MRL 2015 hinausgeht, da die Herkunftsfunktion hier nur »insbesondere« erwähnt wird. Im Falle des Identitätsschutzes soll aber ein absoluter Schutz gelten. Auch der Bekanntheitsschutz, der nicht primär der herkunftshinweisenden Funktion einer Marke dient, ließe sich andernfalls schwerlich erklären. Schließlich folgt auch aus ErwG 18 MRL 2015, dass zwischen Art. 3 und Art. 10 MRL 2015 keine systematische Übereinstimmung besteht. Denn im Unterschied zu Art. 3 MRL 2015 fehlt auch in ErwG 18 MRL 2015 bei der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen der Zusatz »eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen«.

439 Danger, S. 112; A. Heim, S. 112. 440 Siehe Kapitel 2. B. I. 1.

98 3.

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Zwischenergebnis

Insgesamt handelt es sich bei dem Argument daher um einen unzulässigen Rückschluss von den Voraussetzungen für die Eintragung einer Marke auf die Reichweite des Markenschutzes, der nicht aus der MRL 2015 abgeleitet werden kann.441

II.

Verhältnis zu Art. 10 Abs. 3 MRL 2015

Teilweise wird versucht, aus dem beispielhaft aufgeführten Katalog des Art. 10 Abs. 3 MRL 2015 Rückschlüsse auf die Auslegung des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 zu ziehen.442 Dies ist jedoch nur begrenzt möglich. In Art. 10 Abs. 3 MRL 2015 heißt es: »Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden, […].«

Aus dem Verweis auf die Voraussetzungen des Absatzes 2 ergibt sich, dass die nachfolgenden Benutzungshandlungen keine zusätzlichen Voraussetzungen beinhalten, sondern vielmehr das Vorliegen des Verletzungstatbestands voraussetzen. Wenn der Beispielskatalog aber voraussetzt, dass eine Benutzung vorliegt, kann er keine Vorgaben dafür machen, wie diese Benutzung auszulegen ist.443 Es ergibt sich lediglich, dass der Benutzungsbegriff weit genug sein muss, um die dort exemplarisch genannten Handlungsformen zu umfassen.444 Denn andernfalls könnte eine Markenverletzung bei der entsprechenden Handlung nie vorliegen. Bei genauer Betrachtung des Beispielkatalogs fällt außerdem auf, dass zwar bestimmte Handlungen beschrieben werden, nicht aber deren genauen Umstände. Je nachdem, wie ein Zeichen auf Waren oder deren Verpackung angebracht wird (lit. a), wie das Zeichen in den Geschäftspapieren oder in der Werbung benutzt (lit. e) und wie eine vergleichende Werbung im Einzelnen ausgestaltet wird (lit. f), kann eine Markenverletzung vorliegen oder aber auch nicht.445 441 So auch Danger, S. 116; Eichhammer, S. 157; Fezer, WRP 2000, 1 (4); i.E. auch ders., Markenrecht, § 14, Rn. 151; Haas, S. 63; Paulus, S. 98; vgl. auch Viole, S. 152; auch schon Heydt, GRUR 1971, 253 (254); vgl. auch ders., GRUR 1976, 7 (15); Bröcher/Hoffmann/Sabel, S. 42f.; siehe auch Kapitel 2. D. I. 442 Vgl. Berlit, GRUR 1998, 423 (426); Danger, S. 113f.; Ekey, MarkenR 2009, 475 (476); Nägele, S. 61f.; Starck, GRUR 1996, 688 (691). 443 So auch A. Heim, S. 118; Will, S. 186; vgl. auch Kur, MarkenR 2019, 269 (272f.). 444 So auch Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rn. 101; vgl. auch Fezer, GRUR 1996, 566 (569); Haas, S. 80. 445 Vgl. auch Hillebrand, S. 197.

Die Systematik

99

Es lässt sich nicht sagen, dass alle in Art. 10 Abs. 3 MRL 2015 aufgeführten Handlungen zwingend eine markenmäßige Benutzung beinhalten.446 Die genauen Umstände richten sich vielmehr nach Art. 10 Abs. 2 MRL 2015. Nur wenn danach eine Benutzung vorliegt, können die in Abs. 3 aufgeführten Handlungen verboten werden. Der Katalog des Abs. 3 ist dabei nicht abschließend, da diese Handlungen nur »insbesondere« verboten sind.

III.

Verhältnis zu Art. 10 Abs. 6 MRL 2015

Eine Beschränkung des Benutzungsbegriffs könnte sich auch aus der Vorschrift des Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 ergeben. Es wurde bereits dargelegt, warum diese nicht so verstanden werden kann, wie ihn der EuGH und ein Teil der Literatur interpretieren.447 Aus Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 folgt daher nicht, dass Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 auf herkunftshinweisende und damit markenmäßige Benutzungen beschränkt sein muss. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die MRL 2015 nur auf unterscheidende Benutzungen bezieht. Teilweise wird das systematische Argument aus Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 aber auch grundsätzlich in Frage gestellt. Zur Begründung wird angeführt, dass es sich hierbei lediglich um eine Ermächtigung handele, die es den Mitgliedstaaten freistelle, weitergehende innerstaatliche Vorschriften zu erlassen.448 Aus einer solchen Ermächtigung könne sich jedoch keine Beschränkung des Benutzungsbegriffs oder des Anwendungsbereichs der Richtlinie ergeben.449 Dieser Einwand überzeugt nicht. Es spricht nichts dagegen, aus der Vorschrift des Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 eine Beschränkung der übrigen Vorschriften zu sehen. Geht man nämlich davon aus, dass die MRL 2015 die Markenrechte der Mitgliedstaaten innerhalb ihres Anwendungsbereichs umfassend harmonisiert, macht eine Ermächtigung wie in Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 nur dann Sinn, wenn der Inhalt der Ermächtigung nicht bereits vom Anwendungsbereich der MRL 2015 umfasst wird. Denn andernfalls gäbe es zwei widersprüchliche Vorschriften: Die verbindlichen Verletzungstatbestände auf der einen und eine Ermächtigung zum Erlass von Regelungen, die bereits von den verbindlichen Verletzungstatbeständen umfasst sind, auf der anderen Seite. Dies würde den vollharmonisierenden Charakter der MRL 2015 konterkarieren. Es muss daher 446 So auch Danger, S. 114f.; Engeländer, S. 59; Nägele, S. 61. 447 Siehe Kapitel 2. B. I. 448 Buhrow, S. 99f.; Eichhammer, S. 134ff.; Engeländer, S. 59; Fezer, GRUR 1996, 566 (570); Geßner, S. 94; Hotz, GRUR 2003, 993 (995); Sack, WRP 2010, 198 (205). 449 Buhrow, S. 99f.; Eichhammer, S. 134ff.; Engeländer, S. 59; Fezer, GRUR 1996, 566 (570); Geßner, S. 94; Hotz, GRUR 2003, 993 (995); Sack, WRP 2010, 198 (205); anders noch ders., GRUR 1995, 81 (94); a. A. Danger, S. 119f.; Egerer, S. 76f.; Haas, S. 65f.

100

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

gewährleistet werden, dass sich die Anwendungsbereiche der beiden Vorschriften nicht widersprechen. Für eine solche Auslegung spricht außerdem auch der Wortlaut des Abs. 6, in dem es heißt: »Die Absätze 1, 2, 3 und 5 berühren nicht die in einem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen über den Schutz gegenüber der Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen, […].«

Logische Konsequenz hieraus ist, dass die Absätze 1, 2, 3 und 5 den Schutz gegenüber der Verwendung eines Zeichens zu Zwecken der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen berühren. Aus diesem systematischen Zusammenhang folgt, dass Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 eine Prüfungsvoraussetzung für den Benutzungsbegriff des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 beinhaltet. In diesem Sinne hat auch der EuGH die Vorschrift ausgelegt – auch wenn er sie inhaltlich unzutreffend wiedergegeben hat.450

IV.

Verhältnis zu Art. 14f. MRL 2015

Ein weiteres systematisches Argument zur Auslegung des Benutzungsbegriffs ergibt sich aus dem Verhältnis der Verletzungstatbestände zu den Schrankenregelungen der Art. 14 und 15 MRL 2015. Das Argument ist keineswegs neu451 und geht von folgender Überlegung aus: Die Schrankenregelungen sollen eine Beschränkung der Wirkungen der Marke beziehungsweise eine Erschöpfung der Rechte aus der Marke bewirken. Dies setzt aber logisch voraus, dass einer Marke diese Wirkung ohne eine solche Beschränkung auch zukommt beziehungsweise, dass die Marke dieses Recht ohne eine solche Erschöpfung überhaupt verleiht. Denn andernfalls hätte es der Beschränkung oder Erschöpfung nicht bedurft. Auch in der Literatur wird dieser Ansatz berücksichtigt und festgestellt, dass die Gefahr drohe, die Schrankenregelungen bei einer zu weitgehenden Einschränkung der Verletzungstatbestände überflüssig zu machen.452 Hiergegen

450 EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 38ff. – BMW; EuGH GRUR 2003, 143, Rn. 30ff. – Robelco; EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 53f. – Arsenal; siehe auch Kapitel 2. C. II. 1. a) aa) (2) (b). 451 Siehe schon Heydt, Mitt. 1969, 319f.; ders., GRUR 1971, 253; ders., GRUR 1976, 7 (8). 452 Vgl. Engeländer, S. 66f.; Fezer, WRP 1996, 973 (974); ders., GRUR 1996, 566 (569); ders., MarkenR 2017, 141 (148); A. Heim, S. 122f.; Hillebrand, S. 105f., 109; Hotz, GRUR 2003, 993 (996f.); Ingerl, WRP 2002, 861 (865); angedeutet auch schon Ingerl/Rohnke, NJW 1994, 1247 (1252); Kur, CR 1996, 590 (592); dies., GRUR Int. 2008, 1 (11); vgl. auch dies., in: FS Fezer, 649 (651f., 655f.); Kur/Ohly, GRUR 2020, 457 (469); v. Linstow, GRUR 2009, 111; Nägele, S. 63; Ohly, in: FS Büscher, 117 (125); Sack, WRP 2010, 198 (207); Schmieder, NJW 1994, 1241 (1244); Starck, GRUR 1996, 688 (691); Steinbeck, WRP 2015, 1 (5f.); a. A. Haas, S. 152, der

Die Systematik

101

wird, soweit ersichtlich, auch kein normatives Argument vorgebracht. Umso erstaunlicher ist, dass dieser systematische Zusammenhang dennoch nicht weiter berücksichtigt wird. Er wird meist lediglich mit der Begründung abgetan, dass der Schrankenregelung immerhin noch eine deklaratorische Bedeutung verbleibe.453 1.

Zum deklaratorischen Charakter einer Norm

Die Aussage, dass einer Norm lediglich eine deklaratorische Bedeutung zukomme, ist methodisch fragwürdig. Denn damit ließe sich letztlich jedes systematische Argument zu Fall bringen. Bei der systematischen Auslegung geht es darum, die einzelnen Regelungen eines Regelungsganzen in »sachliche Übereinstimmung« zu bringen.454 Hierzu gehört es, zu verhindern, dass die Auslegung einer Norm den Anwendungsbereich einer anderen Norm »minimiert, sie leerlaufen lässt, ihren Regelungsanspruch oder ihre praktische Wirksamkeit aushöhlt«.455 Aus diesem Grund ist eine Auslegung, die einer Norm eine konstitutive Funktion einräumt, immer gegenüber einer solchen Auslegung zu bevorzugen, nach der eine Norm lediglich noch eine deklaratorische Bedeutung hat.456 Ansonsten könnten die jeweiligen Rechtsanwender*innen darüber bestimmen, ob eine bestimmte Norm zu berücksichtigen ist oder nicht.457 Anders als die Erwägungsgründe beinhalten die Schrankenregelungen als Rechtsnormen einen Tatbestand und eine Rechtsfolge.458 Auch dies spricht dagegen, ihnen lediglich einen deklaratorischen Regelungsgehalt beizumessen oder dies hinzunehmen. Zudem trägt Art. 14 MRL 2015 die Überschrift »Beschränkung der Wirkungen der Marke«. Eine Beschränkung ist gerade keine Klarstellung, sondern eine Korrektur eines andernfalls zu weitgehenden Schutzumfangs.

453

454 455 456 457 458

dieses Argument kategorisch ablehnt; ebenso Blankenburg, S. 278; kritisch auch Mühlberger, S. 65; Wagner, S. 212ff. Danger, S. 129; A. Heim, S. 122f.; Paulus, S. 111, die daher bei der Darstellung ihres eigenen Lösungsvorschlags (S. 328, 330) die Streichung bestimmter Schrankenregelungen empfiehlt, da diese keinen eigenständigen Anwendungsbereich mehr hätten und daher mehr Verwirren als Nutzen stiften würden; ähnlich auch Ohly, GRUR 2009, 709 (712 Fn. 46), der die Schrankenregelung in diesem Fall als gesetzliches Beispiel einer »lauteren« Benutzung beschreibt; ebenso ders., in: FS Doepner, 51 (60 Fn. 72); zum WZG auch schon v. Gamm, GRUR 1974, 539 (541). Vgl. Larenz, S. 325. Reimer, S. 164. So auch Larenz, S. 325; Reimer, S. 164, der diesbezüglich von einer Vermutung für die Wirkungserhaltung spricht; vgl. in Bezug auf das Verhältnis zwischen Tatbestandsmerkmalen auch BVerfG NJW 2010, 3209, Rn. 79 m.w.N. Vorausgesetzt, es existieren mehrere vertretbare Auslegungsmöglichkeiten. Vgl. Köndgen/Mörsdorf, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 6, Rn. 76; Martens, S. 178.

102

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Hierin unterscheiden sich die Schranken auch von den Regelbeispielen des Katalogs aus Art. 10 Abs. 3 MRL 2015. Bei einem Regelbeispiel handelt es sich lediglich um einen unvollständigen Rechtssatz, der dazu dient, die Rechtsfolge eines vollständigen Rechtssatzes näher zu bestimmen.459 Bei einem Regelbeispiel wäre die Qualifizierung als klarstellende Norm daher durchaus möglich.460 Die Schrankenregelungen sollten aber nicht als Regelbeispiel verstanden werden. Es werden keine Beispielsfälle aufgezählt, in denen das ausschließliche Recht aus einer Marke nicht besteht, sondern es sollen Fälle vom Markenrecht ausgenommen werden, die einen bestimmten Verletzungstatbestand erfüllen. Anders als Art. 10 Abs. 3 MRL 2015 wird Art. 14 MRL 2015 nämlich nicht etwa eingeleitet mit: »Sind die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 erfüllt, so gewährt eine Marke ihrem Inhaber insbesondere nicht das Recht […]«. Dies spricht im Ergebnis gegen eine solche Auslegung des Benutzungsbegriffs, die auf Ebene der Verletzungstatbestände bereits so viele Benutzungen vom Markenschutz ausschließt, dass einer Schrankenregelung kein eigener sinnvoller Anwendungsbereich mehr verbleibt. 2.

Überprüfung der Schrankenregelungen anhand der verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten des Benutzungsbegriffs

Im Folgenden ist daher zu prüfen, bei welcher Bedeutung des Benutzungsbegriffs einer Schrankenregelung ein sinnvoller Anwendungsbereich zukommt. Je nachdem, von welchem Benutzungsbegriff man ausgeht, kommt die Anwendung unterschiedlicher Schranken in Betracht. Darüber hinaus sind auch die Schranken-Schranken der Art. 14 Abs. 2 und 15 Abs. 2 MRL 2015 zu berücksichtigen. Denn wenn ein bestimmter Benutzungsbegriff dazu führt, dass die Schranken-Schranken immer einschlägig sind, verbleibt den Schranken ebenfalls kein Anwendungsbereich. a) Benutzung für Waren oder Dienstleistungen des Dritten Die bisherige Untersuchung hat bereits gezeigt, dass es keine gewichtigen Gründe dafür gibt, die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen nur auf solche des Dritten zu beschränken.461 Am deutlichsten wird dies jedoch, wenn man auch die Schranke des Art. 14 Abs. 1 lit. c MRL 2015 berücksichtigt. 459 Vgl. Larenz, S. 257ff. In diesem Fall bezieht sich der Beispielskatalog des Art. 10 Abs. 3 MRL 2015 als erläuternder Rechtssatz auf das Tatbestandsmerkmal der »Benutzung« des vollständigen Rechtssatzes aus Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 und zählt beispielhaft Benutzungshandlungen auf, die verboten sind, wenn die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 vorliegen. 460 Vgl. auch Kur, MarkenR 2019, 269 (272). 461 Siehe Kapitel 2. A. III.

Die Systematik

103

In der MRL 2008 bezog sich diese Schranke lediglich auf Handlungen, bei denen die Marke »als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung«462 benutzt wird. Der EuGH hatte diese Handlungen in der Adam Opel-Entscheidung als einziges Beispiel dafür genannt, dass in Ausnahmefällen auch eine Benutzung für Waren des Markeninhabers relevant sein könne.463 Mit der MRL 2015 wurde die Schranke grundlegend erweitert und nimmt nun solche Handlungen vom Markenschutz aus, bei denen die Marke »zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen als die des Inhabers dieser Marke [benutzt wird], insbesondere wenn die Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung erforderlich ist.«464

Die Benutzung »als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil« wird damit nur noch als Unterfall der neuen Schranke aufgeführt. Legt man die Verletzungstatbestände nun so aus, dass nur Benutzungen für Waren oder Dienstleistungen des Dritten markenrechtlich relevant sind, handelt es sich bei den Handlungen, die von der Schranke des Art. 14 Abs. 1 lit. c MRL 2015 freigestellt werden sollen, schon um keine Benutzungen im Sinne des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015. Dann hätte die Schranke keinen Anwendungsbereich. Denn Art. 14 Abs. 1 lit. c MRL 2015 betrifft immer Benutzungen für Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers und nicht des Dritten. Nur so lassen sich Waren oder Dienstleistungen »als solche des Markeninhabers« identifizieren. Die Benutzung »als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil« kann daher auch nicht (mehr) als einziger Ausnahmefall der Benutzung für Waren des Markeninhabers gesehen werden.465 Dieser systematische Widerspruch besteht dagegen nicht, wenn man bei den Verletzungstatbeständen des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 Benutzungen für Waren oder Dienstleistungen sowohl des Dritten als auch des Markeninhabers berücksichtigt. Liegt einer der Verletzungstatbestände vor, so bestimmt sich die Beurteilung der Zulässigkeit einer Benutzung für Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers nach Art. 14 Abs. 1 lit. c MRL 2015. Im Übrigen geht auch die Schranke der Erschöpfung von einer Benutzung für Waren des Markeninhabers aus.466 Denn die Erschöpfung bezieht sich gemäß Art. 15 MRL 2015 auf solche Waren, die vom Markeninhaber oder mit dessen 462 463 464 465 466

Art. 6 Abs. 1 lit. c MRL 2008. EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 27 – Adam Opel. Art. 14 Abs. 1 lit. c MRL 2015. So aber EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 28 – Adam Opel. Sack, WRP 2010, 198 (204).

104

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind. Müsste sich die Benutzung dagegen immer auf die Waren des potenziellen Verletzers beziehen, so läge in einem Weiterverkauf von Waren bereits keine rechtsverletzende Benutzung und es hätte einer Schranke der Erschöpfung nicht bedurft. b) Markenmäßige Benutzung Legt man die Verletzungstatbestände so aus, dass nur markenmäßige Benutzungen relevant sind, so ergibt sich ein ähnliches Bild. Eigentlich hatte sich der EuGH in der Gerolsteiner Brunnen-Entscheidung mit dem Verhältnis der markenmäßigen Benutzung zu den Schranken zu befassen. Der BGH hatte dem EuGH folgende Fragen vorgelegt: »Ist Art. 6 Abs. 1 lit. b467 der ersten Markenrichtlinie auch anwendbar, wenn ein Dritter die dort aufgeführten Angaben markenmäßig benutzt?«468

Und bejahendenfalls: »Ist die markenmäßige Benutzung ein Umstand, der im Rahmen der nach Art. 6 Abs. 1 letzter Halbsatz der Ersten Markenrichtlinie gebotenen Abwägung beim Merkmal der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel mit zu berücksichtigen ist?«469

Zu diesem Zeitpunkt ist der BGH davon ausgegangen, dass der Benutzungsbegriff der Verletzungstatbestände aus Art. 5 MRL 1989 nur markenmäßige Benutzungen umfasst. Der EuGH hat die beiden Fragen, die sich auf das grundsätzliche Verhältnis zwischen Verletzungstatbestand und Schranken im Falle einer markenmäßigen Benutzung bezogen, aber nicht direkt beantwortet, sondern ist vor allem auf das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne des Art. 5 Abs. 1 lit. b MRL 1989 eingegangen.470 Er hat entschieden, dass das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr noch nicht für die Annahme genüge, dass die Benutzung nicht den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspreche.471 Danach hatte der BGH aber genau genommen nicht gefragt. Wahrscheinlich wollte der EuGH einer direkten Beantwortung der Frage entgehen und den systematischen Widerspruch nicht weiter thematisieren.472 Dies ist bedauerlich, da es in der Chiemsee-Entscheidung noch so klang, als sei die Schrankenregelung nach Auffassung des EuGH im Falle einer markenmä-

467 468 469 470 471

Entspricht Art. 14 Abs. 1 lit. b MRL 2015. EuGH GRUR Int. 2004, 320, Rn. 11 – Gerolsteiner Brunnen. EuGH GRUR Int. 2004, 320, Rn. 11 – Gerolsteiner Brunnen. EuGH GRUR Int. 2004, 320, Rn. 24ff. – Gerolsteiner Brunnen. EuGH GRUR Int. 2004, 320, Rn. 25 – Gerolsteiner Brunnen; vgl. bezüglich Art. 6 lit. b MRL 1989 auch EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 81 – Anheuser-Busch; kritisch hierzu Jonas/ Hamacher, WRP 2009, 535 (536). 472 v. Linstow, GRUR 2009, 111 (112).

Die Systematik

105

ßigen Benutzung nicht anwendbar.473 Problematisch war auch für die aufgeworfene Frage in der Gerolsteiner Brunnen-Entscheidung die markenmäßige Benutzung und nicht die Verwechslungsgefahr. Denn die in der Schranke des Art. 6 Abs. 1 lit. b MRL 1989474 geregelten Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass das Zeichen gerade nicht der Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft dient. Es geht hier nicht um eine herkunftsmäßige Unterscheidung von anderen Waren oder Dienstleistungen. Stattdessen sollen bestimmte Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie die Beschaffenheit, die Menge oder die Bestimmung genauer beschrieben werden. Fordert man aber, dass auf Ebene der Verletzungstatbestände nur eine markenmäßige Benutzung zu berücksichtigen ist, würde die Beschreibung der genannten Merkmale nie eine Benutzung darstellen. Hiermit hätte sich der EuGH in Beantwortung der ersten Frage auseinandersetzen müssen. Erst für den Fall, dass er diese bejaht, wäre es auf die ebenfalls interessante Frage angekommen, ob eine markenmäßige Benutzung, die eine Verwechslungsgefahr bewirkt, überhaupt den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entsprechen kann. Verlangt man bei den Verletzungstatbeständen des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015, dass das Zeichen markenmäßig benutzt wird, so scheiden beschreibende Benutzungen bereits auf dieser Ebene aus, ohne dass es auf eine Schranke oder deren Schranken-Schranke ankäme. Dann hätte die Schrankenregelung des Art. 14 Abs. 1 lit. b MRL 2015 keinen Anwendungsbereich. c) Funktionsbeeinträchtigende Benutzung Schließlich besteht die Möglichkeit, den Begriff der Benutzung im Sinne einer funktionsbeeinträchtigenden Benutzung auszulegen. Hier sind wiederum zwei unterschiedliche Lesarten denkbar: Es kann lediglich die Herkunftsfunktion berücksichtigt werden. Es können aber auch alle Markenfunktionen berücksichtigt werden. aa) Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion Der Unterschied der markenmäßigen Benutzung zur Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion besteht darin, dass der EuGH unter die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion nicht nur rein herkunftshinweisende Fälle subsumiert: Nach Ansicht des EuGH liegt eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion auch dann vor, wenn für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Verbraucher nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die Waren oder Dienstleis473 EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 28 – Chiemsee. Hier hat der EuGH entschieden, dass es dem Dritten aufgrund des Art. 6 lit. b MRL 1989 nicht erlaubt sei, das entsprechende Zeichen »als Marke«, sondern lediglich beschreibend zu benutzen; in diesem Sinne auch Fezer, WRP 1996, 973 (974); Ingerl, WRP 2002, 861 (865). 474 Und damit auch in Art. 14 Abs. 1 lit. b MRL 2015.

106

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

tungen vom Markeninhaber oder einem mit diesem wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.475 Hierbei reiche es bereits aus, dass eine solche Verbindung zwar nicht suggeriert, die Benutzung aber so vage gehalten werde, dass der Verbraucher nicht erkennen könne, ob eine solche Verbindung bestehe oder nicht.476 Darüber hinaus hat der EuGH eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion auch bejaht, wenn die Garantie, dass die mit der Marke gekennzeichneten Waren unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens vertrieben würden, dem sich die Verantwortung für ihre Qualität zuordnen lasse, in Frage gestellt werde477 oder wenn das Recht des erstmaligen Inverkehrbringens einer Ware in den EWR betroffen sei478. Zwar lässt sich nicht sagen, dass in all diesen Fällen der Tatbestand einer Schranke nicht einschlägig sein kann. Bei der Frage, ob eine Schranke einen Anwendungsbereich hat, sind aber auch die Schranken-Schranken zu berücksichtigen. (1) Berücksichtigung der Schranken-Schranken Gemäß Art. 14 Abs. 2 MRL 2015 sind die Schrankenregelungen des Art. 14 Abs. 1 MRL 2015 bei Missachtung der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel nicht anwendbar. Ein systematischer Widerspruch ergibt sich, wenn man berücksichtigt, wie der EuGH die Beeinträchtigung einer Markenfunktion als Voraussetzung einer Benutzung begründet und dies damit vergleicht, wie der EuGH die Schranken-Schranke des Art. 14 Abs. 2 MRL 2015 auslegt: Dass eine rechtsverletzende Benutzung nur im Falle einer funktionsbeeinträchtigenden Benutzung anzunehmen sei, hat der EuGH in der Arsenal-Entscheidung damit begründet, dass das ausschließliche Recht aus einer Marke nur gewährt worden sei, um dem Markeninhaber den Schutz seiner »spezifischen Interessen als Markeninhaber« zu ermöglichen.479 Eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion hat er sodann damit begründet, dass die Benutzung den

475 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 56 – Arsenal; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 60 – Anheuser Busch; EuGH GRUR Int. 2010, 835, Rn. 84, 89 – Google France. 476 EuGH GRUR Int. 2010, 835, Rn. 90 – Google France; EuGH GRUR Int. 2010, 398, Rn. 35f. – Berg Spechte; EuGH GRUR Int. 2010, 859, Rn. 24ff. – Bananabay; EuGH GRUR Int. 2010, 861, Rn. 34f. – Portakabin; EuGH GRUR Int. 2011, 1050, Rn. 44f. – Interflora. 477 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 47f. – Arsenal. 478 EuGH GRUR 2018, 917, Rn. 44 – Mitsubishi. 479 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 51 – Arsenal; bestätigt in EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 59 – Anheuser-Busch; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 21 – Adam Opel; EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58 – L’Oréal.

Die Systematik

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Eindruck aufkommen lasse, dass eine »Verbindung im geschäftlichen Verkehr« zwischen den betroffenen Waren und dem Markeninhaber bestehe.480 Dass die Schrankenregelungen unter dem Vorbehalt der Einhaltung der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel stünden, hat der EuGH damit begründet, dass so sichergestellt werde, dass den »berechtigten Interessen des Markeninhabers« nicht in unlauterer Weise zuwidergehandelt werde.481 Eine Zuwiderhandlung liege vor, wenn sie in einer Weise erfolge, die den Eindruck erwecken könne, dass eine »Handelsbeziehung zwischen dem Wiederverkäufer und dem Markeninhaber« bestehe, insbesondere, dass das Unternehmen des Wiederverkäufers dem Vertriebsnetz des Markeninhabers angehöre oder dass zwischen den beiden Unternehmen eine besondere Beziehung bestehe.482 (2) Die spezifischen und die berechtigten Interessen des Markeninhabers Vergleicht man diese Formulierungen, so fällt auf, dass sich die »spezifischen Interessen des Markeninhabers« und die »berechtigten Interessen des Markeninhabers« nahezu wortgleich entsprechen. Das gleiche gilt für die »Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den betroffenen Waren und dem Markeninhaber« und die »Handelsbeziehung zwischen dem Wiederverkäufer und dem Markeninhaber«. Auch wenn man annähme, dass eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion nicht automatisch den anständigen Gepflogenheiten in Handel und Gewerbe widerspricht, sind bei diesen Maßstäben keine Fälle denkbar, in denen eine unterschiedliche Beurteilung möglich erscheint. Eine Benutzung, welche die Herkunftsfunktion beeinträchtigt, missachtet immer auch die berechtigten Interessen des Markeninhabers, da der EuGH die Voraussetzung der Beeinträchtigung einer Markenfunktion aus genau diesen Interessen hergeleitet hat. Dies hat zur Folge, dass eine solche Benutzung nie den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entsprechen kann.483 Damit wäre aber keine der Schrankenregelungen des Art. 14 Abs. 1 MRL 2015 anwendbar, wenn die Herkunftsfunktion beeinträchtigt wird. Erstaunlicherweise hat der EuGH in der Portakabin-Entscheidung sogar auf diesen Umstand hingewiesen: Er hat festgestellt, dass »die Umstände, unter denen der Markeninhaber […] berechtigt ist, die Benutzung eines mit der Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens als Schlüsselwort durch einen 480 EuGH GRUR Int. 2003, 229, Rn. 56 – Arsenal; bestätigt in EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 60 – Anheuser-Busch; EuGH GRUR Int. 2007, 404, Rn. 24 – Adam Opel. 481 Vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 61 – BMW; bestätigt in EuGH GRUR Int. 2004, 320, Rn. 24 – Gerolsteiner Brunnen; EuGH GRUR Int. 2005, 153, Rn. 82 – Anheuser-Busch; EuGH GRUR Int. 2005, 479, Rn. 41 – Gillette. 482 EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 51, 63 – BMW; bestätigt in EuGH GRUR Int. 2005, 479, Rn. 42 – Gillette. 483 So auch Steinbeck, WRP 2015, 1 (5f.).

108

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Werbenden zu verbieten, […] ohne Weiteres einem Sachverhalt entsprechen [können], bei dem der Werbende nicht geltend machen könnte, im Einklang mit den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel zu handeln […].«484

Wie eingangs erwähnt, hat der EuGH jedoch nicht nur den unzutreffenden Eindruck einer »Verbindung im geschäftlichen Verkehr« unter die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion subsumiert. Den Schrankenregelungen könnte noch ein Anwendungsbereich verbleiben, wenn sie in den weiteren von der Herkunftsfunktion umfassten Fällen in Betracht kämen. Allerdings entsprechen sich die verschiedenen Fälle der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion in etwa in ihrer Intensität. Dies muss auch auf Ebene der Schranken-Schranke gelten. Darüber hinaus ist die Beeinträchtigung einer Markenfunktion und damit auch jeder einzelne Aspekt der Herkunftsfunktion auf die »spezifischen Interessen des Markeninhabers« zurückzuführen. Handelt es sich bei allen Beeinträchtigungen der Herkunftsfunktion um Benutzungen, welche die »spezifischen Interessen des Markeninhabers« verletzen, ist schwer zu begründen, warum manche Fälle davon dennoch den »berechtigten Interessen des Markeninhabers« entsprechen sollten. Auch eine Benutzung, die beispielsweise das Recht des Markeninhabers zum erstmaligen Inverkehrbringen einer Ware in den EWR verletzt, widerspricht den »berechtigten Interessen des Markeninhabers« und damit den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel. Letztlich folgt hieraus, dass den Schrankenregelungen kein sinnvoller Anwendungsbereich verbleibt, wenn man bei den Verletzungstatbeständen des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 nur solche Benutzungen berücksichtigt, welche die Herkunftsfunktion beeinträchtigen. bb) Berücksichtigung aller Funktionen Auch wenn man alle Markenfunktionen im Rahmen des Benutzungsbegriffs berücksichtigt, ist fraglich, ob die Beeinträchtigung einer Markenfunktion überhaupt den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entsprechen kann. Dabei gelten dieselben Prüfungsmaßstäbe wie zuvor: Dass nur solche Benutzungen rechtsverletzend sein können, die eine Markenfunktion verletzen, folgt für den EuGH aus der Tatsache, dass das Markenrecht nur insoweit gewährt werden könne, wie es der Schutz der »spezifischen Interessen des Markeninhabers« erfordere.485 Von Anfang an hat der EuGH diese Aussage nicht auf die Herkunftsfunktion beschränkt. Auch die übrigen Markenfunktionen leitet der EuGH aus den »spezifischen Interessen des Markeninhabers« ab. Die Anwendung der Schranken-Schranke ist unabhängig von der jeweils beeinträchtigten

484 EuGH GRUR Int. 2010, 861, Rn. 69 – Portakabin. 485 EuGH GRUR Int. 2009, 1010, Rn. 58 – L’Oréal.

Die Systematik

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Markenfunktion zu prüfen und richtet sich nach den »berechtigten Interessen des Markeninhabers«. Da sich die Voraussetzungen bereits auf dieser Ebene entsprechen, führt dies zu dem gleichen Ergebnis wie bei der Beschränkung auf die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion. Die Herkunftsfunktion kann mit einer beliebigen anderen Funktion ausgetauscht werden. Denn auch die übrigen Funktionen sind aus dem »spezifischen Interesse des Markeninhabers« abzuleiten. An die Beeinträchtigung der übrigen Markenfunktionen hat der EuGH außerdem sehr strenge Maßstäbe gelegt.486 Dies spricht erst recht dafür, dass eine Beeinträchtigung dieser Funktionen nicht dem »berechtigten Interesse des Markeninhabers« und damit den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entsprechen kann. Bisher gab es jedoch noch keine Entscheidungen, bei denen der EuGH die Markenverletzung allein auf die Beeinträchtigung einer anderen als der Herkunftsfunktion gestützt hat. d) Unterscheidende Benutzung Verlangt man dagegen, dass die Benutzung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen erfolgen muss, ergeben sich keine systematischen Widersprüche. Die Schranken sind alle auf unterscheidende Benutzungen anwendbar. Insbesondere die Beschreibung bestimmter Merkmale einer Ware oder Dienstleistung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 lit. b MRL 2015 dient der Unterscheidung von anderen Waren oder Dienstleistungen. Auch die Schranken-Schranke ist nicht in jedem Fall einer unterscheidenden Benutzung anwendbar. Denn anders als die markenmäßige oder funktionsbeeinträchtigende Benutzung ist die unterscheidende Benutzung nicht derart mit den »spezifischen Interessen des Markeninhabers« verknüpft, dass die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel in jedem Fall verletzt sind. 3.

Schlussfolgerung

Die Tendenz, den Benutzungsbegriff der Verletzungstatbestände durch ungeschriebene Merkmale zunehmend einzuschränken, birgt die Gefahr, dass die Schrankenregelungen überflüssig werden. Könnte sich die Benutzung nur auf eigene Waren oder Dienstleistungen des Dritten beziehen, so verbliebe der Schranke des Art. 14 Abs. 1 lit. c MRL 2015 kein sinnvoller Anwendungsbereich. Müsste die Benutzung markenmäßig erfolgen, so würden alle von der Schranke des Art. 14 Abs. 1 lit. b MRL 2015 umfassten Fälle bereits den Tatbestand des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 nicht erfüllen.

486 Siehe Kapitel 2. C. II. 1. b) cc) und dd).

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Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Bei einer funktionsbeeinträchtigenden Benutzung besteht ein systematischer Widerspruch zum Tatbestandsmerkmal der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel der Schranken-Schranke des Art. 14 Abs. 2 MRL 2015. Denn tatsächlich geht es bei der Prüfung der Funktionsbeeinträchtigung (»spezifische Interessen des Markeninhabers«) und der Übereinstimmung mit den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel (»berechtigte Interessen des Markeninhabers«) um dieselbe Frage. Dies führt dazu, dass eine Beeinträchtigung der Markenfunktionen stets zur Folge hat, dass die Benutzung nicht den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht. Damit ist die Schranken-Schranke in jedem Fall einer Funktionsbeeinträchtigung anwendbar und lässt den Schranken über diesen »Umweg« faktisch ebenfalls keinen Anwendungsbereich. Gleiches gilt für die Erschöpfung gemäß Art. 15 Abs. 1 MRL 2015. Diese Schranke findet gemäß Art. 15 Abs. 2 MRL 2015 keine Anwendung, wenn »berechtigte Gründe« es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt. Der EuGH legt die bei Art. 15 Abs. 2 MRL 2015 zu prüfenden »berechtigten Gründe« im gleichen Sinne wie die »anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel« des Art. 14 MRL 2015 aus.487 Auch dies spricht gegen eine funktionsorientierte Auslegung des Benutzungsbegriffs im Sinne des EuGH.488 Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Funktionenlehre damit überflüssig ist. Die Maßstäbe, die der EuGH für die Beeinträchtigung der jeweiligen Markenfunktionen entwickelt hat, können und sollten bei der Prüfung der »anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel« im Sinne des Art. 14 Abs. 2 MRL 2015 beziehungsweise der »berechtigten Gründe« im Sinne des Art. 15 Abs. 2 MRL 2015 berücksichtigt werden.489 Hier liegt der dogmatische Anknüpfungspunkt einer Abwägung zwischen den Interessen des Dritten und des Markeninhabers – nicht aber innerhalb der Verletzungstatbestände.490 Berücksichtigt man auf Ebene der Verletzungstatbestände dagegen alle unterscheidenden Benutzungen, werden systematische Widersprüche vermieden und die Schranken angemessen berücksichtigt: Bezieht sich die Benutzung auf Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers, so richtet sich die Zulässig487 EuGH GRUR Int. 1999, 438, Rn. 62f. – BMW; EuGH GRUR Int. 2005, 479, Rn. 41 – Gillette. 488 Vgl. auch Steinbeck, WRP 2015, 1 (6), die zwar die gleichen Bedenken teilt, aber zu dem Schluss kommt, dass auf Ebene der Schranken nur geprüft werden sollte, ob in eine Markenfunktion eingegriffen wird. Für diese Frage müsse bereits die Möglichkeit einer Verletzung ausreichen. Die Verletzung sei dann erst im Rahmen einer Interessenabwägung im Bereich der Schranken abschließend zu beurteilen. 489 Einen ähnlichen Vorschlag hat auch der BGH innerhalb eines Vorlagebeschlusses gemacht: Vgl. BGH GRUR 2002, 613 (615) – GERRI/KERRY Spring; vgl. auch Kur, MarkenR 2019, 269 (277); Preiss, S. 89f. 490 Vgl. auch Kur, in: BeckOK Markenrecht, Einl. D., Rn. 146.

Die Systematik

111

keit einer solchen Benutzung nach Art. 14 Abs. 1 lit. c MRL 2015. Bezieht sich die Unterscheidung auf bestimmte Merkmale oder Eigenschaften der Ware oder Dienstleistungen, so richtet sich die Zulässigkeit einer solchen Benutzung nach Art. 14 Abs. 1 lit. b MRL 2015. Ist keine der Schranken anwendbar, so liegt eine Markenverletzung vor.

V.

Verhältnis zu Art. 27ff. MRL 2015

Schließlich lassen auch die Vorschriften über die erstmals in der MRL 2015 detailliert geregelte491 Garantie- und Gewährleistungsmarke Rückschlüsse auf den Benutzungsbegriff des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 zu. Aus Art. 1 und Art. 28 Abs. 3 bis 5 MRL 2015 ergibt sich, dass die Vorschriften der MRL 2015 entsprechend auf Garantie- oder Gewährleistungsmarken anwendbar sind. Mangels spezieller Vorschriften richtet sich die Verletzung einer Garantie- und Gewährleistungsmarke damit nach Art. 10 Abs. 2 MRL 2015. Eine Garantie- und Gewährleistungsmarke zeichnet sich gemäß Art. 27 lit. a MRL 2015 dadurch aus, dass sie geeignet ist, »Waren und Dienstleistungen, für die der Inhaber der Marke das Material, die Art und Weise der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen, die Qualität, Genauigkeit oder andere Eigenschaften gewährleistet, von solchen zu unterscheiden, für die keine derartige Gewährleistung besteht«.

Die Unterscheidung wird bei den Garantie- und Gewährleistungsmarken also im Unterschied zu einer herkömmlichen Marke spezifiziert und nur auf bestimmte Unterscheidungsparameter beschränkt. Die Garantie- und Gewährleistungsmarke gibt insbesondere nicht die Herkunft der Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen an.492 Auch Art. 28 Abs. 3 MRL 2015 geht davon aus, dass Garantie- oder Gewährleistungsmarken nur diese Unterscheidungsfunktion erfüllen.

491 Zuvor wurden Garantie- und Gewährleistungsmarken in der MRL lediglich erwähnt und die Mitgliedstaaten waren gemäß Art. 15 Abs. 1 MRL 2008 (ebenso schon in Art. 15 Abs. 1 MRL 1989) ermächtigt, in Bezug auf Garantie- und Gewährleistungsmarken abweichende Vorschriften zu erlassen. 492 Vgl. Dissmann/Somboonvong, GRUR 2016, 657; Dröge, GRUR 2017, 1198; ders., MarkenR 2016, 549 (550); Grabrucker, GRUR 2018, 53 (56); Hacker, GRUR 2019, 235 (243).

112 1.

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

Rückschlüsse auf den Benutzungsbegriff

Daraus folgt, dass der Benutzungsbegriff des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 nicht so ausgelegt werden kann, dass er nur markenmäßige oder herkunftsbeeinträchtigende Benutzungen umfasst. Denn wenn einer Garantie- oder Gewährleistungsmarke eine solche Funktion überhaupt nicht zukommt,493 könnte sie bei einer solchen Auslegung auch niemals verletzt werden. Zwar wäre es denkbar, die Benutzung im Sinne des EuGH als funktionsbeeinträchtigende Benutzung auszulegen und dabei alle denkbaren Funktionen zu berücksichtigen. Dann müsste der EuGH aber den Kanon der zu berücksichtigenden Funktionen immer an die jeweils betroffene Marke anpassen. Dies hätte zur Folge, dass der EuGH nicht nur für jeden einzelnen Verletzungstatbestand einen unterschiedlichen Benutzungsbegriff zu Grunde legen müsste, sondern zusätzlich auch noch für jede Markenform. Dies ist jedoch nicht überzeugend und würde zu einer unüberschaubaren Einzelfallpraxis führen. Hinzu kommt, dass der Verwechslungsschutz auf Garantie- oder Gewährleistungsmarken überhaupt nicht anwendbar sein dürfte, da er nach Ansicht des EuGH nur die Herkunftsfunktion einer Marke schützt.494 Zu einer einheitlichen Beurteilung kommt man dagegen, wenn man im Rahmen des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 eine unterscheidende Benutzung voraussetzt. Auf diesem Weg kann auf beide Markenformen der gleiche Verletzungstatbestand mit dem gleichen Benutzungsbegriff angewandt werden. Denn sowohl herkömmliche Marken als auch Garantie- oder Gewährleistungsmarken haben gemeinsam, dass sie der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dienen. Sie unterscheiden sich lediglich darin, welchen Bezugspunkt die Unterscheidung hat: Herkömmliche Marken können Waren oder Dienstleistungen in jeglicher Hinsicht voneinander unterscheiden. Garantie- oder Gewährleistungsmarken unterscheiden Waren oder Dienstleistungen, für die der Inhaber eine bestimmte Eigenschaft garantiert, von solchen Waren oder Dienstleistungen, für die keine solche Garantie besteht. 2.

Die Baumwollblüte-Entscheidung des EuGH

Dass die Integration von Garantie- oder Gewährleistungsmarken in das bisherige Schutzsystem auch auf anderen Ebenen zu widersprüchlichen Ergebnissen führen kann, hat sich in der Baumwollblüte-Entscheidung des EuGH gezeigt. Die 493 So auch Dissmann/Somboonvong, GRUR 2016, 657; Dröge, GRUR 2017, 1198; ders., MarkenR 2016, 549 (550); Grabrucker, GRUR 2018, 53 (56); Hacker, GRUR 2019, 235 (243); a. A. Fezer, GRUR 2017, 1188 (1195ff.), der in diesem Zusammenhang von einer konkretisierten Herkunftsfunktion bzw. einer spezifischen Gewährleistungsfunktion spricht. 494 Siehe Kapitel 2. C. II. 2. b).

Die Systematik

113

Entscheidung bezog sich zwar auf die rechtserhaltende Benutzung495 gemäß Art. 15 Abs. 1 GMV 2009, sie verdeutlicht aber dennoch das grundsätzliche Problem. In dem Fall handelte es sich bei dem Kläger um einen Verein, der Inhaber einer Unionsbildmarke mit einer Baumwollblüte als Symbol war.496 Diese Marke wurde von Herstellern, die Mitglieder des klägerischen Vereins waren und mit diesem Lizenzverträge geschlossen hatten, mehrere Jahrzehnte lang zur Gewährleistung der Zusammensetzung und Qualität ihrer Textilien aus Baumwollfasern verwendet.497 Der Beklagte verwendete ein mit der Baumwollblüte des Klägers »hochgradig ähnliches Zeichen« ebenfalls für Textilien aus Baumwollfasern, ohne jedoch seinerseits mit dem Kläger einen Lizenzvertrag geschlossen zu haben.498 Der Verletzungsklage hielt der Beklagte entgegen, dass die Gewährleistungsmarke499 Baumwollblüte nicht als Herkunftshinweis diene, also nicht ernsthaft rechtserhaltend im Sinne des Art. 15 Abs. 1 GMV 2009 benutzt werden könne und daher zu löschen sei.500 a) Entscheidung Der EuGH hat entschieden, dass die Benutzung einer Marke als Gütezeichen zur Gewährleistung einer bestimmten Eigenschaft zwar unter Umständen eine Benutzung entsprechend einer anderen Funktion wie insbesondere der Gewährleistung der Qualität darstellen könne.501 Darin liege aber keine Benutzung entsprechend der (Haupt-)Funktion als Herkunftshinweis.502 Aus diesem Grund könne die Benutzung einer Marke als Gütezeichen auch nicht rechtserhaltend503

495 Die Aufrechterhaltung des Schutzes einer eingetragenen Marke ist grundsätzlich nur von der Aufrechterhaltung der Eintragung im Markenregister abhängig. Da der Markenschutz damit theoretisch endlos ist, sehen Art. 16 MRL 2015 und Art. 16 der Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV 2009) vor, dass eine eingetragene Marke innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren auch tatsächlich und ernsthaft benutzt werden muss. Hierbei wird von der rechtserhaltenden Benutzung gesprochen. Vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 26, Rn. 1ff. 496 EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 18 – Baumwollblüte. 497 EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 19f. – Baumwollblüte. 498 EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 21, 26, 28 – Baumwollblüte. 499 Da auf diesen Sachverhalt noch nicht die Regelungen der UMV anwendbar waren und die GMV 2009 die Markenform einer Garantie- oder Gewährleistungsmarke nicht kannte, war das Zeichen Baumwollblüte als »herkömmliche« Individualmarke eingetragen worden. 500 EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 24 – Baumwollblüte. 501 Vgl. EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 42, 44 – Baumwollblüte. 502 EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 45 – Baumwollblüte. 503 Der EuGH ist schon in früheren Entscheidungen davon ausgegangen, dass eine rechtserhaltende Benutzung entsprechend der Hauptfunktion einer Marke als Herkunftshinweis erfolgen müsse, siehe grundlegend EuGH GRUR 2003, 425, Rn. 36 – Ansul/Ajax; danach bestätigend etwa EuGH GRUR 2006, 582, Rn. 70 – VITAFRUIT; EuGH GRUR 2009, 410, Rn. 17 – Silberquelle/Maselli.

114

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

im Sinne des Art. 15 Abs. 1 GMV 2009 wirken.504 Etwas anderes gelte nur dann, wenn das Gütezeichen den Verbrauchern auch und zugleich garantiere, dass die Waren aus einem einzigen Unternehmen stammten, unter dessen Kontrolle die Waren hergestellt würden und das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden könne.505 Nur wenn dies der Fall sei, berechtige eine solche Marke ihren Inhaber nach Art. 9 Abs. 1 lit. b GMV 2009, die Anbringung eines ähnlichen Zeichens durch einen Dritten auf identischen Waren zu verbieten, wenn dessen Anbringung für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen schaffe.506 b) Bewertung Mit dieser Entscheidung hat der EuGH der Eintragung einer reinen Gewährleistungsmarke als Individualmarke letztlich eine Absage erteilt. Denn eine Gewährleistungsmarke erfüllt gerade keine Herkunftsfunktion.507 Sie könnte zwar rechtsverletzend benutzt werden, da diese Benutzung nach der Auslegung des EuGH nicht auf die Herkunftsfunktion beschränkt ist.508 Der Markenschutz kann aber nur für die Dauer der Benutzungsschonfrist von fünf Jahren aufrechterhalten werden, weil eine reine Gewährleistungsmarke in ihrer eigentlichen Funktion von ihrem Inhaber faktisch nicht rechtserhaltend benutzt werden kann. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang zwar, dass die GMV 2009 eine reine Gewährleistungsmarke auch noch nicht kannte.509 Spätestens mit der Einführung einer Unionsgewährleistungsmarke durch die Unionsmarkenverordnung (UMV) aus dem Jahr 2015 besteht aber auch hier ein systematischer Widerspruch zu den übrigen Vorschriften: Die Vorschriften zur neuen Unionsgewährleistungsmarke befinden sich in den Art. 74aff. UMV 2015, denen Art. 83ff. der kodifizierten Fassung (UMV 2017) entsprechen. Wie auch in der MRL 2015 sind gemäß Art. 83 Abs. 3 UMV 2017 die übrigen Vorschriften der UMV 2017 auf Unionsgewährleistungsmarken anwendbar, soweit in den Art. 83ff. UMV 2017 nichts anderes bestimmt ist. Die rechtserhaltende Benutzung der Unionsgewährleistungsmarke richtet sich daher nach Art. 18 UMV 2017. Zwar existiert eine besondere Vorschrift in Art. 87 UMV 2017. Diese erweitert im Vergleich zu Art. 18 UMV 2017 aber nur den Kreis der Personen, die eine Marke rechtserhaltend benutzen können.510 Im Übrigen wird auf die weiteren Voraussetzungen des Art. 18 UMV 2017 verwiesen. Sollte der EuGH also daran festhalten, dass die rechtserhaltende Benutzung gemäß 504 505 506 507 508 509 510

EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 46 – Baumwollblüte. EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 46 – Baumwollblüte. Vgl. EuGH GRUR Int. 2017, 630, Rn. 51 – Baumwollblüte. Siehe Kapitel 2. D. V. 1. Vgl. auch Art. 83 Abs. 1 UMV 2017. Auch wenn diese Auslegung aus den oben genannten Gründen nicht überzeugend ist. So auch Dissmann/Somboonvong, GRUR 2017, 777 (779); Fezer, GRUR 2017, 1188 (1194). Gleichlautend auch Art. 28 Abs. 5 MRL 2015.

Die Systematik

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Art. 18 UMV 2017 der Herkunftsfunktion entsprechen muss, dann könnte die neue Unionsgewährleistungsmarke nicht rechtserhaltend benutzt werden.511 Gleiches gilt für die Garantie- oder Gewährleistungsmarke der MRL 2015. Es muss daher ein Benutzungsbegriff gewählt werden, der auf alle Markenformen anwendbar ist.

VI.

Zwischenergebnis

Aus der Systematik der MRL 2015 lassen sich Rückschlüsse auf die Auslegung der Verletzungstatbestände und damit den Benutzungsbegriff ziehen. Vor allem aus einem Umkehrschluss zu Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 ergibt sich, dass die Verletzungstatbestände des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 nur solche Benutzungen umfassen, die der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dienen. Nur innerhalb dieses Anwendungsbereichs findet eine Harmonisierung durch die MRL 2015 statt. Weitergehende Vorschriften können durch die Mitgliedstaaten zwar erlassen werden, die Voraussetzungen für eine solche Benutzung richten sich dann aber allein nach Art. 10 Abs. 6 MRL 2015. Kein logischer Zusammenhang besteht zwischen den Vorschriften der Schutzfähigkeit von Zeichen als Marke gemäß Art. 3 MRL 2015 und den Verletzungstatbeständen des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015. Denn aus einer Mindestvoraussetzung für die Eintragung einer Marke folgt nicht, dass diese Voraussetzung auch bei der Reichweite des Markenschutzes zum beherrschenden Maßstab werden muss. Hinzu kommt, dass sich die Voraussetzungen der Art. 3 und 10 MRL 2015 auch nicht decken: Während in Art. 3 MRL 2015 die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen noch mit dem Zusatz »eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen« versehen ist, fehlt diese zusätzliche Voraussetzung bei Art. 10 Abs. 2 und 6 MRL 2015. Auch aus den Beispielstatbeständen des Art. 10 Abs. 3 MRL 2015 ergeben sich keine Konsequenzen für die Verletzungstatbestände. Denn die Beispiele setzen allesamt voraus, dass eine Benutzung im Sinne des Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 vorliegt. Ein weiteres gewichtiges Argument für die Auslegung der Verletzungstatbestände ist deren Verhältnis zu den Schrankenregelungen. Schränkt man den Benutzungsbegriff bereits auf Tatbestandsebene zu stark ein, besteht die Gefahr, 511 A.A. Fezer, GRUR 2017, 1188 (1197), der eine »spezifische Gewährleistungsfunktion« der Gewährleistungsmarke mit der Herkunftsfunktion einer Individualmarke gleichsetzen möchte. Damit sei eine Beeinträchtigung der Gewährleistungsfunktion beziehungsweise eine Benutzung entsprechend der Gewährleistungsfunktion ausreichend; Grabrucker, GRUR 2018, 53 (56f.) fordert die Berücksichtigung der Qualitätsfunktion anstelle der Herkunftsfunktion, um dies zu vermeiden.

116

Der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts

dass den Schrankenregelungen kein Anwendungsbereich mehr verbleibt. Dies betrifft vor allem die markenmäßige Benutzung. Wenn die rechtsverletzende Benutzung immer einen betrieblichen Herkunftshinweis voraussetzen würde, wäre die Schrankenregelung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Alt. 2 MRL 2015 gegenstandslos, da es hier nicht um die Herkunft, sondern die Eigenschaften einer Ware oder Dienstleistungen geht. Aber auch bei einer funktionsorientierten Auslegung des Benutzungsbegriffs im Sinne des EuGH besteht diese Gefahr. Denn die Schrankenregelungen stehen ihrerseits unter dem Vorbehalt, dass die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Der EuGH beurteilt sowohl die Markenfunktionen als auch die anständigen Gepflogenheiten anhand der Beeinträchtigung der Interessen des Markeninhabers. Beeinträchtigt eine Benutzung die spezifischen Interessen des Markeninhabers (und damit eine Markenfunktion), ist nicht ersichtlich, wie eine solche Benutzung gleichzeitig den berechtigten Interessen des Markeninhabers (und damit den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel) entsprechen soll. Die Schranken-Schranke wäre bei der Beeinträchtigung einer Markenfunktion daher immer einschlägig und der Schranke verbliebe auch bei einer funktionsbeeinträchtigenden Benutzung kein Anwendungsbereich. Schließlich kann der Benutzungsbegriff auch deshalb nicht auf eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion beschränkt werden, weil die Verletzungstatbestände nach der Konzeption der MRL 2015 auch auf Garantie- oder Gewährleistungsmarken anwendbar sind. Garantie- und Gewährleistungsmarken zeichnen sich aber dadurch aus, dass sie keine Herkunftsfunktion erfüllen. Die genannten systematischen Widersprüche bestehen jedoch nicht, wenn im Rahmen der Verletzungstatbestände auf eine unterscheidende Benutzung abgestellt wird. Auf diesem Weg gilt für alle drei Verletzungstatbestände derselbe Benutzungsbegriff, die Schrankenregelungen dienen nicht lediglich einem deklaratorischen Zweck und die Verletzungstatbestände sind sowohl auf herkömmliche Marken als auch auf Garantie- oder Gewährleistungsmarken anwendbar.

E.

Ergebnis

Während der Richtlinientext offenlässt, was unter einer Benutzung zu verstehen ist und jegliche Auslegungsarten zuließe, lassen sich bereits aus den Erwägungsgründen Anforderungen an den Benutzungsbegriff ableiten: Die Benutzung muss zur »Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen« erfolgen. Liest man die Erwägungsgründe genau, so fällt auf, dass diese Unterscheidung an manchen Stellen noch mit einem Herkunftsbezug versehen ist, dies aber nicht auf die Abschnitte zutrifft, die sich mit der Reichweite des Markenschutzes befassen.

Ergebnis

117

Auch der Zweck einer Marke wird ganz allgemein so definiert, dass eine Marke »Waren oder Dienstleistungen voneinander unterscheiden und Verbrauchern zu sachkundigen Entscheidungen verhelfen« soll. Konsequenz hieraus ist, dass die Verletzungstatbestände auch nur dann anwendbar sein sollten, wenn dieser Zweck betroffen ist. Als beherrschendes Element ist dabei die Unterscheidungsfunktion, nicht aber die Herkunftsfunktion anzusehen. Weitere Funktionen sind in der MRL 2015 nicht verankert. Damit ist eine Benutzung nur dann zu bejahen, wenn sie der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dient. Die Unterscheidung kann sich auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistungen beziehen, ist aber nicht hierauf beschränkt. Dieser Benutzungsbegriff ist in allen drei Verletzungstatbeständen gleich auszulegen. Die Frage, ob eine solche Benutzung auch markenverletzend ist, richtet sich nach den weiteren Voraussetzungen des jeweils einschlägigen Verletzungstatbestands sowie der Berücksichtigung der Schranken. Auf diese Weise ergibt sich ein stimmiges Stufenverhältnis innerhalb der Verletzungstatbestände und eine überzeugende Systematik zu den Schrankenregelungen: Den umfassendsten Schutz bietet der Identitätsschutz des Art. 10 Abs. 2 lit. a MRL 2015. Dieser setzt voraus, dass sowohl das benutzte Zeichen und die potenziell verletzte Marke als auch die Waren oder Dienstleistungen, für die das Zeichen benutzt und die Marke eingetragen wurde, identisch sind. Ein Schutz auch gegen die Benutzung ähnlicher Zeichen oder gegen eine Benutzung für ähnliche Waren ist gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. b MRL 2015 dann gegeben, wenn zusätzlich eine Verwechslungsgefahr besteht. Bekannte Marken genießen darüber hinaus gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. c MRL 2015 auch Schutz gegen Benutzungen eines identischen oder ähnlichen Zeichens für jegliche Waren oder Dienstleistungen, wenn durch die Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird. Ein Ausgleich insbesondere gegenüber dem absoluten Schutz im Falle des Identitätsschutzes ist durch die Schrankenregelungen der Art. 14 und 15 MRL 2015 nur dann möglich, wenn der Benutzungsbegriff nicht bereits auf Ebene der Verletzungstatbestände so stark eingeschränkt wird, dass die Schrankenregelungen keinen Anwendungsbereich mehr haben. Dabei ist durch das Merkmal der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel gemäß Art. 14 Abs. 2 MRL 2015 beziehungsweise der berechtigten Interessen des Markeninhabers gemäß Art. 15 Abs. 2 MRL 2015 ein schonender Ausgleich zwischen den Interessen des Markeninhabers und des Dritten möglich. Die Markenfunktionenlehre sollte richtigerweise an dieser Stelle dogmatisch verortet werden.

Kapitel 3. Der Benutzungsbegriff des MarkenG

Nachdem der Benutzungsbegriff des europäischen Markenrechts bestimmt wurde, kann nun das MarkenG untersucht werden. Das MarkenG ist dabei nicht autonom auszulegen. Aus dem vollharmonisierenden Charakter der MRL 2015 folgt, dass sich das nationale MarkenG bezüglich der Reichweite des Markenschutzes nach den Vorgaben der MRL 2015 zu richten hat und richtlinienkonform auszulegen ist.512 Dennoch kann eine richtlinienkonforme Auslegung nur insoweit gefordert werden, als es die nationalen Auslegungsmethoden zulassen.513 Sollte die aus dem europäischen Recht abzuleitende Vorgabe nicht mit dem nationalen Recht in Einklang gebracht werden können, bliebe nur der Schluss, dass das nationale Recht nicht anwendbar ist und der Gesetzgeber korrigierend eingreifen muss.514 Dabei ist zu berücksichtigen, dass das MarkenG im Vergleich zur MRL 2015 einen weiteren Anwendungsbereich hat: Im MarkenG setzt der Markenschutz gemäß § 4 MarkenG nicht in jedem Fall eine Eintragung (Nr. 1) voraus.515 Der Markenschutz entsteht darüber hinaus auch durch die Benutzung im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat (Nr. 2).516 Die MRL 2015 bezieht sich dagegen gemäß Art. 1 MRL 2015 nur auf eingetragene Marken. Die aus dem Ge-

512 Vgl. Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 14, Rn. 17; Martens, S. 173; EuGH NJW 2004, 3547, Rn. 110ff. m. w. N. 513 Vgl. EuGH NJW 2014, 44, Rn. 31f.; EuGH NJW 2004, 3547, Rn. 113; Roth/Jopen, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 13, Rn. 52ff.; Stotz, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 22, Rn. 36. 514 Vgl. Roth/Jopen, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 13, Rn. 52ff. 515 Das MarkenG ist darüber hinaus auch auf geschäftliche Bezeichnungen und geographische Herkunftsangaben anwendbar. Für diese Kennzeichen befinden sich in den §§ 5 und 15 bzw. §§ 126ff. MarkenG Spezialvorschriften, die nicht auf der MRL 2015 beruhen. 516 Der Markenschutz entsteht gemäß § 4 Nr. 3 MarkenG auch durch notorische Bekanntheit. Hierauf soll an dieser Stelle aber nicht weiter eingegangen werden.

120

Der Benutzungsbegriff des MarkenG

meinschaftsrecht abzuleitenden verbindlichen Vorgaben können daher auch nur für eingetragene Marken gelten.517 Schließlich gelten die Vorgaben der MRL 2015 gemäß Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 auch nicht für Benutzungen zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen, wenn ein Mitgliedstaat hierfür eigene Bestimmungen vorgesehen hat und die Benutzung dieses Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Eine Abweichung des nationalen Rechts von den Vorgaben der MRL 2015 wäre damit möglich, wenn der deutsche Gesetzgeber von dieser Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht hat. Im Folgenden ist daher zunächst das MarkenG in Bezug auf eingetragene Marken und unter Berücksichtigung der Vorgaben der MRL 2015 auszulegen (A.). Anschließend stellt sich die Frage, ob im deutschen Recht eine abweichende Auslegung für die durch Benutzung entstandenen Marken vorzunehmen ist (B.) und ob der deutsche Gesetzgeber von der Regelungsbefugnis des Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 Gebrauch gemacht hat (C.).

A.

Auslegung des MarkenG unter Berücksichtigung der Vorgaben der MRL 2015

Die Umsetzung der neuen Vorgaben aus der MRL 2015 ist durch das Markenrechtsmodernisierungsgesetz (MaMoG)518 erfolgt. Der deutsche Gesetzgeber hat die drei Verletzungstatbestände des Art. 10 Abs. 2 lit. a bis c MRL 2015 nahezu wortgleich in § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG umgesetzt.519 Die Verpflichtung, das nationale Recht so auszulegen, dass es mit der Auslegung der Richtlinie durch den Gerichtshof übereinstimmt, hat der EuGH im Falle einer »quasi wörtlichen Umsetzung« von Richtlinienbestimmungen noch einmal besonders hervorgehoben.520 Ein Unterschied besteht lediglich beim Bekanntheitsschutzes gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG: Anders als in Art. 10 Abs. 2 lit. c MRL 2015 und § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG a. F. ist nunmehr auf einen Vergleich der Waren oder Dienstleistungen, für die das Zeichen benutzt und die Marke eingetragen wurde, 517 Siehe hierzu unten Kapitel 3. B. 518 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 11. Dezember 2018, Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2018, Teil I, Nr. 45, 2357. 519 Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, § 14, Rn. 3; Schweyer, in: v. Schultz, Markenrecht, § 14, Rn. 2. 520 EuGH NJW 2014, 44, Rn. 31f.

Auslegung des MarkenG unter Berücksichtigung der Vorgaben der MRL 2015

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verzichtet worden. Durch diese Änderung sollte eine Vorgabe der Rechtsprechung des EuGH umgesetzt werden.521 Der EuGH hatte in der Davidoff-Entscheidung festgestellt, dass eine bekannte Marke im Falle der Benutzung eines Zeichens für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen keinen geringeren Schutz bieten könne als im Falle der Benutzung für nicht ähnliche Waren oder Dienstleistungen.522 Da sich die Benutzung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ähnlichen Zeichens damit auf identische, ähnliche und nicht ähnliche Waren oder Dienstleistungen beziehen kann, kommt es auf einen Vergleich der Waren oder Dienstleistungen nicht mehr an. Auch die Schrankenregelungen der §§ 23 und 24 MarkenG entsprechen im Wesentlichen Art. 14 und 15 MRL 2015. Ein Unterschied besteht bei § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG im Vergleich zu Art. 14 Abs. 1 lit. b MRL 2015: Bei der beispielhaften Aufzählung der Merkmale oder Eigenschaften fehlt die Angabe der »Menge« einer Ware. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es sich hierbei wohl um ein redaktionelles Versehen handelt.523 Hierfür spricht vor allem, dass die Gesetzesbegründung Art. 14 Abs. 1 lit. b MRL 2015 ausdrücklich als Vorgabe bezeichnet und sich auch auf den gleichlautenden Art. 14 Abs. 1 lit. b UMV bezieht.524 Dort ist die »Menge« einer Ware jeweils in der Aufzählung enthalten. Bei der Schranken-Schranke des § 23 Abs. 2 MarkenG ist mittlerweile die Formulierung der »anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel« aus der MRL 2015 übernommen worden. In § 23 MarkenG a.F. kam es noch darauf an, dass die Benutzung »nicht gegen die guten Sitten verstößt«. Hierdurch sollte jedoch lediglich eine begriffliche Anpassung an Art. 14 Abs. 2 MRL 2015 erreicht werden.525 In der Praxis wird dies keinen Einfluss haben.526

521 Mielke, in: BeckOK Markenrecht, § 14, Rn. 7. 522 EuGH GRUR Int. 2003, 353, Rn. 25 – Davidoff. Warum dies nicht bereits in der MRL 2008 berücksichtigt wurde, ist nicht ersichtlich. Der Richtlinienvorschlag der Kommission (COM (2006)812 final) stammt vom 19. 12. 2006 und ist damit fast vier Jahre nach der DavidoffEntscheidung des EuGH vom 09. 01. 2003 verfasst worden. In Art. 5 Abs. 2 MRL 2008 war nur der Fall geregelt, dass sich die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen nicht ähnlich sind. Art. 10 Abs. 2 lit. c MRL 2015 bestimmt, dass der Inhaber einer bekannten Marke die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens unabhängig davon verbieten kann, ob es »für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind oder denjenigen ähnlich sind oder nicht ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist«. 523 Fezer, Markenrecht, § 23, Rn. 1, 58. 524 Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/ 2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Markenrechtsmodernisierungsgesetz – MaMoG), BT-Drs. 19/2898, S. 70. 525 Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/2898, S. 70. 526 Kretschmar, in: Kur/v. Bomhard/Albrecht, Markengesetz, § 23, Rn. 24.

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Der Benutzungsbegriff des MarkenG

Auch bei der Auslegung des MarkenG kommt es auf eine Gesamtabwägung anhand der bereits zuvor genannten Auslegungskriterien527 an.528 Bei der Auslegung des MarkenG ist daher zunächst auf die grammatikalische (I.) und die historische (II.) Auslegung einzugehen. Anschließend stellt sich im Rahmen der teleologischen Auslegung die Frage nach der Bedeutung der Markenfunktionen (III.). Schließlich sind auch die systematischen Zusammenhänge der Vorschriften des MarkenG zu berücksichtigen (IV.).

I.

Der Gesetzestext

Auch im MarkenG wird der Begriff der Benutzung nicht definiert und es ergeben sich aus dem Wortlaut keine Rückschlüsse auf die genaue Bedeutung des Benutzungsbegriffs. Da die Regelungen der MRL 2015 bei der Umsetzung nahezu identisch übernommen wurden, kann im Wesentlichen auf die Argumente zum Richtlinientext verwiesen werden.529 Im Unterschied zu Art. 10 Abs. 2 MRL 2015 wird der Benutzungsbegriff in § 14 Abs. 2 MarkenG nicht doppelt aufgeführt. Er wird nicht im Satzteil vor den einzelnen Verletzungstatbeständen zusammen mit den allgemeinen Voraussetzungen »ohne seine Zustimmung«, »im geschäftlichen Verkehr« und »in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen« vor die Klammer gezogen. Stattdessen wird in jedem der drei Verletzungstatbestände vorausgesetzt, dass ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird. Auch wenn die Benutzung damit nicht als allgemeines und für alle drei Verletzungstatbestände anwendbares Tatbestandsmerkmal ausgestaltet wurde, spricht die Verwendung desselben Begriffs dennoch dafür, diesen auch einheitlich auszulegen.

II.

Die Gesetzesbegründung

Zwar existiert im deutschen Recht keine mit den Erwägungsgründen einer Richtlinie vergleichbare Ziel- und Zweckbestimmung.530 Dennoch kann die Gesetzesbegründung als Erkenntnisquelle zur Ermittlung der Regelungsabsicht und der Zwecke des Gesetzgebers beitragen.531 Zu berücksichtigen ist, dass so527 528 529 530

Siehe zu den Auslegungskriterien die Einleitung zu Kapitel 2. Vgl. Larenz, S. 343ff.; Reimer, S. 138. Siehe Kapitel 2. A. Vgl. Köndgen/Mörsdorf, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 6, Rn. 76; Larenz, S. 329, 344. 531 Vgl. Köndgen/Mörsdorf, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 6, Rn. 78; Larenz, S. 330.

Auslegung des MarkenG unter Berücksichtigung der Vorgaben der MRL 2015

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wohl das MaReG532 als auch das MaMoG erlassen worden sind, um die Vorgaben der MRL umzusetzen. Dies folgt nicht nur aus dem Titel der jeweiligen Gesetze, sondern ist ausdrücklich in den Zielbestimmungen und den Gesetzesbegründungen festgehalten worden.533 Das bedeutet, dass sich das deutsche Recht maßgeblich an der europäischen Rechtslage orientiert und eine übereinstimmende Regelungsgesamtheit geschaffen werden soll. Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass mit dem MarkenG eine »Abkehr […] von der geltenden Rechtslage, nach der im Kern lediglich die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion markenrechtlich geschützt wird«, erreicht werden sollte.534 Es ist zudem die Rede davon, dass »mit der völligen Neugestaltung des deutschen Markenrechts ein Neuanfang bei der Auslegung des neuen Gesetzes« gemacht werden soll.535 Auch an anderen Stellen der Gesetzesbegründung wird die Bedeutung weiterer Funktionen neben der Herkunftsfunktion betont.536 Genannt werden in diesem Zusammenhang beispielsweise die Qualitäts- und die Werbefunktion. Die Gesetzesbegründung spricht daher zumindest dagegen, bei der Auslegung der Verletzungstatbestände eine markenmäßige Benutzung beziehungsweise eine solche, bei der allein die Herkunftsfunktion der Marke zu berücksichtigen wäre, zu verlangen.

III.

Die Markenfunktionen

Auch im MarkenG ist der Sinn und Zweck der Verletzungstatbestände darin zu sehen, dass sie den Markeninhaber in seinen spezifischen Interessen schützen sollen. Der Verletzungstatbestand kann daher auch nur so weit reichen, wie es die Interessen des Markeninhabers erfordern. An dieser Stelle sind in richtlinienkonformer Auslegung die Wertungen aus der MRL 2015 in das deutsche Recht zu übernehmen:537 Danach dient eine Marke primär dem Zweck, Waren oder Dienstleistungen voneinander zu unterscheiden und Verbrauchern zu sachkundigen Entscheidungen zu verhelfen. Die Interessen des Markeninhabers sind also immer dann betroffen, wenn das potenziell verletzende Zeichen zur Un-

532 Gesetz zur Reform des Markenrechts und zur Umsetzung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Markenrechtsreformgesetz). 533 Gesetzesbegründungen, BT-Drs. 19/2898, S. 50f., BT-Drs. 12/6581, S. 53f. 534 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 72. 535 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 59. 536 Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 82, 86. 537 Vgl. Roth/Jopen, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 13, Rn. 45.

124

Der Benutzungsbegriff des MarkenG

terscheidung von Waren oder Dienstleistungen benutzt wird und die übrigen Voraussetzungen des jeweiligen Verletzungstatbestands vorliegen.

IV.

Die Systematik

Da die Normen des MarkenG und der MRL 2015 in allen wesentlichen Punkten übereinstimmen, ergeben sich auch bei der Auslegung des MarkenG die gleichen systematischen Argumente wie bei der Auslegung der MRL 2015.538 Insbesondere aus dem Verhältnis der Verletzungstatbestände zu den Schrankenregelungen des § 23 MarkenG sowie den Vorschriften über die Gewährleistungsmarke in §§ 106aff. MarkenG folgt daher, dass der Benutzungsbegriff nicht auf Ebene der Verletzungstatbestände so stark eingeschränkt werden kann, dass den §§ 23, 106aff. MarkenG kein Anwendungsbereich verbleibt.

V.

Zwischenergebnis

Die nationalen Auslegungsmethoden stehen einer richtlinienkonformen Auslegung des MarkenG nicht entgegen. Das MarkenG ist dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass im Rahmen des § 14 MarkenG nur solche Benutzungen erfasst sind, die zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen erfolgen.

B.

Abweichende Auslegung für Benutzungsmarken?

Auch wenn die bisherige Auslegung dafür spricht, dass der Benutzungsbegriff des MarkenG und der MRL 2015 identisch ist, stellt sich die Frage, ob dieser Maßstab auf alle Markenformen anwendbar ist. Das MarkenG unterscheidet innerhalb der Vorschriften, die sich auf Marken beziehen und damit durch die MRL 2015 beeinflusst wurden, nicht danach, ob es sich um durch Eintragung oder durch Benutzung entstandene Marken handelt. Dies kommt in § 1 Nr. 1 MarkenG zum Ausdruck.539 Die MRL 2015 bezieht sich dagegen gemäß Art. 1 MRL 2015 nur auf eingetragene Marken. Der deutsche Gesetzgeber hat damit Vorschriften, die auf der MRL 2015 beruhen, auch auf Sachverhalte au-

538 Siehe Kapitel 2. D. 539 Weiler, in: BeckOK Markenrecht, § 1, Rn. 6; Fezer, Markenrecht, § 1, Rn. 12.

Abweichende Auslegung für Benutzungsmarken?

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ßerhalb des Anwendungsbereichs der MRL 2015 erstreckt. In diesem Fall spricht man von einer überschießenden Umsetzung einer Richtlinie.540 Die überschießende Umsetzung einer Richtlinie ist grundsätzlich zulässig – es stellt sich allerdings die Frage, ob die Richtlinie auch in dem nicht vom Regelungsbereich der Richtlinie umfassten Fall als Maßstab für die Auslegung des nationalen Rechts herangezogen werden kann.541 Würde man dies verneinen, so wäre es grundsätzlich denkbar, an den Benutzungsbegriff in Bezug auf eingetragene Marken andere Anforderungen als an den Benutzungsbegriff in Bezug auf Benutzungsmarken zu stellen. Andernfalls wären die Regelungen einheitlich auszulegen. Eine unmittelbare oder zumindest mittelbare Pflicht zur einheitlichen Auslegung solcher sogenannten Hybridnormen wird in der Literatur zwar diskutiert, aber überwiegend abgelehnt.542 Auch der EuGH hat sich gegen eine solche Pflicht ausgesprochen.543 Allerdings besteht eine starke Vermutung für eine einheitliche Auslegung.544 Eine solche Vermutung kann vor allem durch den zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers545 sowie die strukturelle Entscheidung zur Schaffung einer einheitlichen Norm546 bestätigt werden.547 Der Gesetzgeber hat die überschießende Umsetzung in der Gesetzesbegründung mehrfach thematisiert und betont, dass die einheitliche Bezeichnung »Marke« für alle Kategorien von Marken gelten solle und eine Vereinheitlichung aller Regelungen angestrebt werde.548 Es ist die Rede von einer Übereinstimmung des formellen Markenschutzes durch Eintragung und des materiellen Markenschutzes durch Benutzung.549 Die Erwerbstatbestände sollten dabei gleichberechtigt nebeneinander bestehen und sogar kumulativ vorliegen können.550 Auch ein unterschiedlicher Schutzumfang für eingetragene und nicht eingetragene 540 Vgl. Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 14, Rn. 1, 11. 541 Vgl. Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 14, Rn. 4, 18, 20ff. 542 Siehe hierzu ausführlich Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 14, Rn. 25ff. m. w. N.; Weiss, EuZW 2012, 733 (734) m. w. N. 543 EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012, Rs. C-602/10, Rn. 40, 52 – SC Volksbank Romania SA/CJPC; EuGH EuZW 1999, 20, Rn. 34 – ICI/HM Inspector of Taxes; EuGH EuZW 1991, 319, Rn. 41f. – Dzodzi. 544 Vgl. Bärenz, DB 2003, 375 (375f.); Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 14, Rn. 41; Staudinger, NJW 2002, 653 (655); Beckmann, in: Staudinger BGB, Vorbemerkungen zu §§ 433ff., Rn. 90; Lorenz, in: MüKo BGB, vor § 474, Rn. 4. 545 Hierzu auch Mittwoch, JuS 2017, 296 (300). 546 So auch Kuhn, EuR 2015, 216 (225). 547 Vgl. Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, § 14, Rn. 41; nach einem Ansatz von Weiss soll eine einheitliche Auslegung nur dann erfolgen, wenn sich durch eine gespaltene Auslegung ein Widerspruch im Gesetz ergibt, Weiss, EuZW 2012, 733 (735). 548 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 55. 549 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 65. 550 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 65.

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Der Benutzungsbegriff des MarkenG

Marken erscheine angesichts der grundsätzlichen Gleichwertigkeit des durch Eintragung und des durch Benutzung erworbenen Schutzes nicht gerechtfertigt.551 Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass sich eingetragene Marken und Benutzungsmarken allein durch die Art und Weise der Entstehung des Markenschutzes unterscheiden sollen. Die Reichweite des Markenschutzes und damit die Auslegung der Verletzungs- und Schrankentatbestände soll dagegen einheitlich beurteilt werden. Diese Vorstellungen des Gesetzgebers haben sich auch in der Gesetzessystematik niedergeschlagen, indem bei den Regelungen in Bezug auf Marken nicht nach der Entstehung des Markenschutzes unterschieden wird. Im Ergebnis ist daher eine abweichende Auslegung für Benutzungsmarken abzulehnen.

C.

Inanspruchnahme von Art. 10 Abs. 6 MRL 2015?

Es bestünde auch die Möglichkeit, eine abweichende Auslegung des Benutzungsbegriffs im MarkenG vorzunehmen, wenn der deutsche Gesetzgeber von der Regelungsbefugnis des Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 Gebrauch gemacht hätte.552 Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 begrenzt den Anwendungsbereich der MRL 2015 auf solche Benutzungen, die zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen erfolgen.553 Gleichzeitig werden die Mitgliedstaaten aber auch ermächtigt, eine Vorschrift zu erlassen, die eine Benutzung zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als Benutzungshandlung erfasst. Allerdings steht Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 wiederum unter dem Vorbehalt, dass eine solche Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen muss. Unter diesen Voraussetzungen würde eine Vorschrift, die auch nicht-unterscheidende Benutzungen umfasst, nicht gegen die MRL 2015 verstoßen. Wollte man annehmen, dass im MarkenG auch Benutzungen zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen vom Mar551 So in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 75 im Zusammenhang mit dem Bekanntheitsschutz. Zu § 14 MarkenG heißt es allgemein: »Die Bestimmung umfasst alle Marken im Sinne von § 4 MarkenG. Das Markengesetz kennt damit nicht mehr, wie das geltende Recht in den §§ 24 und 25 WZG, zwei verschiedene Anspruchsgrundlagen für eingetragene und für nicht eingetragene Marken.«, siehe Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/ 6581, S. 74. 552 So auch Keller, GRUR 1996, 607 (609f.); vgl. auch Rößler, GRUR 1994, 559 (568); Sack, GRUR 1995, 81 (82). 553 Siehe Kapitel 2. D. III.

Inanspruchnahme von Art. 10 Abs. 6 MRL 2015?

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kenschutz umfasst werden, so müsste sich also aus den Verletzungstatbeständen ergeben, dass solche Benutzungen die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen müssen. Diese Voraussetzung trifft jedoch allein auf den Bekanntheitsschutz des § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 MarkenG zu. Nur der Benutzungsbegriff des Bekanntheitsschutzes könnte daher richtlinienkonform so ausgelegt werden, dass er auch Benutzungen umfasst, die nicht der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dienen. Es deutet jedoch nichts darauf hin, dass beim Bekanntheitsschutz ein anderer Benutzungsbegriff als bei den übrigen Verletzungstatbeständen des § 14 Abs. 2 MarkenG zugrunde gelegt werden sollte.554 Die einheitliche Verwendung des Begriffs der Benutzung spricht im Gegenteil dafür, diesen auch einheitlich auszulegen.555 Darüber hinaus beziehen sich die Tatbestandsmerkmale der Ausnutzung oder Beeinträchtigung nicht auf den Benutzungsbegriff, sondern sie sind sinnvollerweise erst zu prüfen, wenn eine Benutzung bereits bejaht wurde. In der Gesetzesbegründung heißt es außerdem: Es bestehen »Zweifel daran […], ob es gerechtfertigt ist, einen markenrechtlichen Anspruch dann zu gewähren, wenn die Marke nicht zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen […] verwendet wird. [… Es] würden sich schwierige Abgrenzungsfragen ergeben, wenn auch sonstige Fälle der Verwendung einer Marke vom Ausschlussrecht erfasst werden sollten.«556

Auch an anderer Stelle der Gesetzesbegründung wurde zum Ausdruck gebracht, dass bei den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 MarkenG an den Erfordernissen des markenmäßigen Gebrauchs festgehalten werden soll.557 Der markenmäßige Gebrauch wird dabei allerdings so definiert, dass er eine Benutzung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen meint.558 Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass der deutsche Gesetzgeber von der Regelungsbefugnis des Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 keinen Gebrauch gemacht hat.559

554 So auch Keller, GRUR 1996, 607 (610). 555 Dass zumindest dem Identitäts- und Verwechslungstatbestand ein einheitlicher Benutzungsbegriff zugrunde liegt, wird in § 143 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG zum Ausdruck gebracht. Hier wird für beide Tatbestände derselbe Benutzungsbegriff verwendet. 556 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 61. 557 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 66. 558 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/6581, S. 70. 559 So auch Danger, S. 121; Keller, GRUR 1996, 607 (610), Kur, in: Kur/v. Bomhard/Albrecht, Markengesetz, § 14, Rn. 2; Mielke, in: BeckOK Markenrecht, § 14, Rn. 2.

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D.

Der Benutzungsbegriff des MarkenG

Ergebnis

Im MarkenG sind die Vorschriften der MRL 2015 bezüglich des Schutzinhalts einer Marke nahezu wortgleich umgesetzt worden. Das MarkenG ist dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass im Rahmen des § 14 MarkenG nur solche Benutzungen erfasst sind, die zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen erfolgen. Der deutsche Gesetzgeber hat die MRL 2015 überschießend umgesetzt und die durch die MRL 2015 beeinflussten Vorschriften auch auf solche Marken erstreckt, die durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr (§ 4 Nr. 2 MarkenG) oder notorische Bekanntheit (§ 4 Nr. 3 MarkenG) entstanden sind. Die Vorschriften des MarkenG in Bezug auf Marken sind jedoch einheitlich auszulegen. Mithin erfordert die Verletzung aller durch das MarkenG geschützten Marken, dass eine Benutzung eines Zeichens vorliegt, durch die Waren oder Dienstleistungen voneinander unterschieden werden. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber von der Regelungsbefugnis des Art. 10 Abs. 6 MRL 2015 Gebrauch gemacht und auch Benutzungen zu anderen Zwecken im MarkenG geregelt hat.

Kapitel 4. Zusammenfassung

Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich insbesondere durch die Neufassung der MRL 2015 zahlreiche Anhaltspunkte für die Auslegung des Benutzungsbegriffs ergeben. Der EuGH und Teile der Literatur beschränken sich bei der Begründung ihrer Auslegung aber häufig auf wenige knappe Argumente. Dabei werden die Vorschriften der MRL nicht immer richtig wiedergegeben und systematische Widersprüche in Kauf genommen. Hinzu kommt, dass sich die Vielzahl der unterschiedlichen Auslegungsvorschläge vor allem dadurch erklären lässt, dass sie bei der Lösung eines bestimmten Falls oder einer Fallgruppe ein überzeugenderes Ergebnis versprechen. Es ist jedoch eine dogmatisch überzeugende Lösung zu bevorzugen, bei der nicht das Ergebnis zur Auslegung, sondern die Auslegung zum Ergebnis führt. Der EuGH geht grundsätzlich davon aus, dass die Reichweite des Markenschutzes durch die Markenfunktionen begrenzt wird. Eine Benutzung setzt daher voraus, dass eine Markenfunktion beeinträchtigt wird. Lediglich beim Bekanntheitsschutz kann auf die Prüfung einer Funktionsbeeinträchtigung verzichtet werden, da die übrigen Tatbestandsmerkmale bereits eine ausreichende Begrenzung des Tatbestands sicherstellen. Hinsichtlich der zu berücksichtigenden Funktionen unterscheidet der EuGH wiederum zwischen dem Identitätsund dem Verwechslungsschutz: Während beim Identitätsschutz alle Markenfunktionen zu berücksichtigen sind, ist der Verwechslungsschutz auf den Schutz der Herkunftsfunktion beschränkt. Gegen diese Auslegung spricht, dass sich die Begrenzung des Markenschutzes durch die Markenfunktionen nicht überzeugend aus der MRL 2015 ableiten lässt. Außerdem führt eine solche Auslegung zu einer unnötigen Aufspaltung des Benutzungsbegriffs. Es wäre nicht nur für jeden Verletzungstatbestand ein eigener Benutzungsbegriff zugrunde zu legen, sondern auch für jede Markenform. Da die mit der MRL 2015 eingeführte Garantie- und Gewährleistungsmarke gerade keine Herkunftsfunktion erfüllt, wäre ein rein herkunftsbezogener Verwechslungsschutz auf diese Markenform nicht anwendbar.

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Zusammenfassung

Die Mitsubishi-Entscheidung hat darüber hinaus deutlich gemacht, dass es für den EuGH selbst dann auf die Prüfung einer Funktionsbeeinträchtigung ankommt, wenn ein mit der potenziell verletzten Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen überhaupt nicht in Erscheinung tritt – also überhaupt keine Benutzungshandlung vorliegt. Hierdurch entsteht die Gefahr, dass das Vorliegen einer Markenverletzung immer weiter von den Tatbestandsvoraussetzungen losgelöst und anhand einer allgemeinen Interessensabwägung beurteilt wird. Weiterhin wird bei der umfassenden Prüfung einer Funktionsbeeinträchtigung bereits auf Ebene der Verletzungstatbestände abschließend darüber entschieden, ob eine Markenverletzung vorliegt. Denn die Beeinträchtigung einer Markenfunktion widerspricht den berechtigten Interessen des Markeninhabers, weshalb die Schranken-Schranken immer einschlägig sind. Dies führt zu dem systematischen Widerspruch, dass den Schranken kein eigener sinnvoller Anwendungsbereich verbleibt. Vorzugswürdig ist es daher nach der hier vertretenen Ansicht, den Benutzungsbegriff für alle Verletzungstatbestände gleich auszulegen. Eine Benutzung sollte dabei lediglich voraussetzen, dass sie zu Zwecken der Unterscheidung einer Ware oder Dienstleistung von anderen Waren oder Dienstleistungen erfolgt. Allein dieser Zweck ist in der MRL 2015 im Sinne einer Begrenzung des Markenschutzes verankert und soll gewährleisten, dass Verbrauchern zu sachkundigen Entscheidungen verholfen wird. Hierin liegt der Kern dessen, was eine Marke ausmacht. Die Unterscheidung kann sich auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistungen beziehen, ist aber nicht hierauf beschränkt. Auf diese Weise ergibt sich ein stimmiges Stufenverhältnis innerhalb der Verletzungstatbestände und eine überzeugende Systematik zu den übrigen Vorschriften der MRL 2015, bei der jedem Tatbestandsmerkmal und jeder Vorschrift ein eigener sinnvoller Anwendungsbereich verbleibt. Dabei muss die Funktionenlehre nicht unberücksichtigt gelassen werden. Ihr dogmatischer Anknüpfungspunkt liegt aber in den Schranken-Schranken und nicht auf Ebene der Verletzungstatbestände. An dieser Stelle können die vom EuGH entwickelten Grundsätze zur Beeinträchtigung der einzelnen Markenfunktionen herangezogen werden, um im Rahmen einer Abwägung im Einzelfall einen schonenden Ausgleich zwischen den Interessen des Dritten und des Markeninhabers zu erreichen. Im deutschen Recht kann das Vorliegen einer Benutzung nicht an strengere oder weniger strengere Voraussetzungen geknüpft werden. Auch der Benutzungsbegriff der Verletzungstatbestände des § 14 Abs. 2 MarkenG setzt daher voraus, dass die Benutzung der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dient. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, die Richtlinie überschießend umzusetzen. Dieser Benutzungsbegriff ist daher einheitlich sowohl auf eingetragene Marken als auch auf durch Benutzung oder notorische

Zusammenfassung

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Bekanntheit entstandene Marken anzuwenden. Keinen Gebrauch hat der Gesetzgeber von der Ermächtigung gemacht, im MarkenG auch Benutzungen zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen zu regeln.

Literaturverzeichnis

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Weitere Bände dieser Reihe Band 54: Florian Eckert Das Innenverhältnis urheberrechtlicher Verwertungsgesellschaften 2022. 506 Seiten, gebunden € 65,– D ISBN 978-3-8471-1441-3

Band 53: Melanie Horn Parodien im Immaterialgüterrecht 2022. 299 Seiten, gebunden € 45,– D ISBN 978-3-8471-1374-4

Band 52: Maximilian Maierhofer Die schlichte Einwilligung in urheberrechtliche Onlinenutzungen im Internationalen Privatrecht 2021. 271 Seiten, gebunden € 45,– D ISBN 978-3-8471-1294-5

Band 51: Juliane Kotzur Verstoßene Werke 2020. 188 Seiten, gebunden € 35,– D ISBN 978-3-8471-1188-7

Band 50: Christian Kube Die Nutzung von Musik im politischen Wahlkampf 2020. 99 Seiten, gebunden € 25,– D ISBN 978-3-8471-1174-0

Band 49: Nico Einfeldt Open Content Lizenzen und das Bearbeitungsrecht 2020. 227 Seiten, gebunden € 35,– D ISBN 978-3-8471-1107-8

Band 48: Marius Tillwich Kartellverbot bei Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit im Immaterialgüterrecht 2019. 141 Seiten, gebunden € 30,– D ISBN 978-3-8471-0972-3

Band 47: Jochen Christoph Hegener Die angemessene Vergütung im Urhebervertragsrecht

2019. 214 Seiten, gebunden € 40,– D ISBN 978-3-8471-0955-6