Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen: Philologische Studien zur sogenannten "Friedelehe" 9783110864649, 9783110139259

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen: Philologische Studien zur sogenannten "Friedelehe"
 9783110864649, 9783110139259

Table of contents :
Einleitung
Kapitel I: Die Quellen
Kapitel II: Die Darstellung des Frillenwesens in den Íslendinga sögur
Kapitel III: Das Frillenwesen der Norwegerkönige
Kapitel IV: Die Darstellung von “Frauenraub” und “Entführung” in den Íslendinga sögur
Kapitel V: Polygamie bei den Nordgermanen
Kapitel VI: Die Sturlungen und ihre Frillen
Kapitel VII: Die Frillen der Íslendinga sögur auf dem Hintergrund der Sturlungenzeit
Kapitel VIII: Die Kirche und das weltliche Frillenwesen
Kapitel IX: Die Geistlichen und ihre Frauen
Kapitel X: Das Frillenwesen im 14. Jahrhundert
Kapitel XI: Der awn. Wortschatz im Bereich der nicht-legalisierten Verbindungen
Zusammenfassung und Ergebnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Indices
Quellen
Ortsnamen

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Herausgegeben von Heinrich Beck, Heiko Steuer, Dieter Timpe Band 8

w DE

G_ Walter de Gruyter · Berlin · New York 1993

Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen Philologische Studien zur sogenannten „Friedelehe" von Else Ebel

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G_ Walter de Gruyter · Berlin · New York 1993

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Die Deutsche Bibliothek —

CIP-Einheitsaufnahme

Ebel, Else: Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen : philologische Studien zur sogenannten „Friedelehe" / von Else Ebel. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1993 (Reallexikon der germanischen Altertumskunde : Ergänzungsbände ; Bd. 8) ISBN 3-11-013925-1 Bd. 8. Ebel, Else: Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen. - 1993

© Copyright 1993 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Werner Hildebrand, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin

MEINEM VATER WILHELM EBEL

Betra er aö vera góòs manns frilla en gefin illa. Isländisches Sprichwort

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

S.

Kapitel

I:

Kapitel

II:

Die Quellen

S

S. 17

Die Darstellung des Frillenwesens in den íslendinga sôgur

S. 30

Kapitel III:

Das Frillenwesen der Norwegerkönige

S. 63

Kapitel

Die Darstellung von "Frauenraub" und "Entführung"

IV:

in den íslendinga sôgur

S. 72

Polygamie bei den Nordgermanen

S. 78 S. 83

Kapitel

V:

Kapitel

VI:

Die Sturlungen und ihre Frillen

Kapitel VII:

Die Frillen der íslendinga sôgur auf dem Hintergrund der Sturlungenzeit

S. 103

Kapitel VIII:

Die Kirche und das weltliche Frillenwesen

S. 109

Kapitel

IX:

Die Geistlichen und ihre Frauen

S. 120

Kapitel

X:

Das Frillenwesen im 14. Jahrhundert

S. 133

Kapitel XI: Der awn. Wortschatz im Bereich Verbindungen Zusammenfassungder undnicht-legalisierten Ergebnis

S. S. 147 172

Abkürzungsverzeichnis

S. 176

Literaturverzeichnis

S. 178

Indices Quellen Ortsnamen

S. 191 S. 193

Einleitung In der deutschsprachigen rechtswissenschaftlichen Literatur der letzten Jahrzehnte wird die sog. Friedelehe als eigenständiger, nachweisbarer Ehetypus bei den Germanen behandelt. Diese weitgehend anerkannte Forschungsmeinung über die Existenz einer Friedelehe gründet sich auf Arbeiten des Rechtshistorikers Herbert Meyer "Friedelehe und Mutterrecht" (1927)1 und "Ehe und Eheauffassung der Germanen" (1940)2. Dort wird dieser Ehetypus folgendermaßen gekennzeichnet: 1.

Die Friedelehe ist nur zwischen zwei Ledigen möglich. Beide Partner müssen freien Standes sein. Die Ehe wird aufgrund beiderseitiger Ubereinstimmung geschlossen.

2.

Die Ehe ist undotiert und muntfrei. Die Frau und auch die einer solchen Verbindung entstammenden Kinder stehen nicht unter der Munt des Mannes, sondern bleiben in der Familie der Frau. Diese Ehe muß mit Zustimmung des Vormundes der Frau geschlossen worden sein, sonst hatte sie keinen Rückhalt in ihrer Verwandtschaft.

3.

Diese Ehe war seitens der Frau leichter zu scheiden.

4.

Die Frau erhielt eine Morgengabe.

5.

Diese Eheform, auch "freie Ehe" oder "Konsensehe" genannt, war in früher Zeit nicht geringer geachtet als eine Vertragsehe.

In der Antrittsrede, die Herbert Meyer anläßlich seiner Ernennung zum Korrespondierenden Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften im Sommer 1939 hielt, formulierte er seine Auffassung folgendermaßen: "Die Ehe mit Mannesmunt, die sog. 'rechte Ehe* des Mittelalters, erscheint in ihrer Ausgestal-

1 Herbert Meyer, Friedelehe und Mutterrecht. In: ZRG GA 47 (1927), S. 198-286. 2 Herbert Meyer, Ehe und Eheauffassung der Germanen. In: Festschrift Emst Heymann, 1940, Bd. I, S. 1-51.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

tung und besonders in ihrer autoritären Alleingeltung als ein Gebilde, bei dem das kirchliche Streben nach Unlöslichkeit des Ehebandes stark mitgewirkt hat, während in germanischer Zeit gerade für die Freien und Edeln eine freiere Eheform geherrscht hatte, die das Weib als Genossin des Mannes und als Herrin des Hauses anerkannte"3. Als Gründe, die eine Frau oder einen Mann dazu bewogen haben könnten, eine solche "freiere Ehe" einzugehen, werden angegeben: 1.

Die Möglichkeit einer Einheirat bei einer Erbtochter bei niederem Status des Mannes.

2.

Die Frau ist höheren Standes als der Mann und kann so ihren personenrechtlichen Stand beibehalten.

3.

Die Möglichkeit einer reinen Neigungsheirat.

4.

Wiederverheiratung von Witwen ohne Mitwirkung Angehöriger.

5.

Außerhalb des Familienverbandes stehende Frauen gelangen zu ehelichen Verbindungen.

6.

Die Friedelehe ermöglichte die Mehrehe von Herrschern und Adeligen (die in einer Muntehe nicht erlaubt war). Diese (in der Diskussion vertretene) Meinung widerspricht allerdings der von Herbert Meyer aufgestellten These, eine Friedelehe sei nur zwischen Ledigen möglich.

Die Vorstellungen von einer "freieren" germanischen Eheform standen in einem krassen Gegensatz zu der bis d a h i n herrschenden Meinung, die der germanischen Frau bei der Eheschließung nur eine passive Rolle als Objekt des männlichen Herrschaftsrechts zuerkannte. Herbert Meyer leitete sie vorwiegend aus der altnordischen Literatur - und hier insbesondere aus den íslendinga sögur - ab. Wurden auch bei einigen der oben aufgeführten Punkte inzwischen gewisse Einschränkungen gemacht, so fand Herbert Meyers These schnell weitgehende Anerkennung, und bis heute wird die Existenz einer solchen undotierten und muntfreien Ehe bei den Germanen und hier besonders bei den Nordgermanen (die Verhältnisse, die zur Entstehungszeit der nordischen Quellen in Skandinavien ge-

3 Antrittsrede des Hrn. Herbert Meyer. In: Jahrbuch der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Jahrgang 1939. Berlin 1940, S. 130-133.

Einleitung

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herrscht haben, werden als ursprünglicher, germanischer, betrachtet als die kontinentalen Verhältnisse jener Zeit) kaum bezweifelt. Diejenigen, die zu Anfang besonders zur Verbreitung der Friedelehentheorie beigetragen haben, waren Gerda Merschberger mit ihrem Buch "Die Rechtsstellung der germanischen Frau"4 und Rudolf Köstler mit seinem Aufsatz "Raub-, Kauf- und Friedelehe bei den Germanen" (1943)5. Köstler hat im Wesentlichen die Thesen H.Meyers übernommen. Als weiteren Grund für die Schließung einer Friedelehe führt er an, daß der Mann die Frau nicht rauben konnte oder wollte und daß er auch den Ablösepreis nicht zahlen konnte. So kam es zur Vergabung des Mädchens zu einem Scheinpreis, die Munt blieb bei der Brautsippe, oder aber der Mann trat in die Sippe des Mädchens ein. Ausschlaggebend sei dabei der freie Wunsch des Mädchens gewesen. Unwidersprochen wurden jedoch diese Aussagen in ihrer Gesamtheit nicht hingenommen. Die Arbeit Merschbergers wurde von Claus von Schwerin gleich nach deren Erscheinen in der Savigny-Zeitschrift für Rechtsgeschichte (1938)6 kritisch besprochen. Die Mutterrechtsthese ist inzwischen weitgehend aufgegeben worden, und schon Alfred Schulze hat in seiner 1939 erschienen Untersuchung zum altnordischen Eherecht7, in der er die sog. "freie Ehe", die Friedelehe,

4 Gerda Merschberger, Die Rechtsstellung der germanischen Frau (Mannus-Bücherei 57). Leipzig 1937. 5 Rudolf Köstler, Raub-, Kauf- und Friedelehe bei den Germanen. In: ZRG GA 63 (1943), S. 92136. 6 Claus von Schwerin, in: ZRG GA 58 (1938), S. 824-839. 7 Alfred Schulze, Zum altnordischen Eherecht. SB der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig 91/1 (1939), S. 1-99. Während die ältere nordistische Forschung die "Friedelehe" als Kebsehe auffaßte (so Andreas Heusler, Germanentum [Kultur und Sprache, 8.Band], Heidelberg 4.Aufl. o.Jahr, S. 15, der darunter ein formloses Zusammenleben ohne Brautkauf verstand), geriet Gustav Neckel in eine Auseinandersetzung mit Herbert Meyer. Necket veröffentlichte 1932 eine Arbeit mit dem Titel "Liebe und Ehe bei den vorchristlichen Germanen" (Teubner, Leipzig und Berlin, 54 S. gr. 8°). Hinsichtlich der Friedelehe ist er der Auffassung, daß sie zu Unrecht "Ehe" heiße, denn es fehle ihr das Merkmal der Erbfähigkeit der Kinder, wodurch sie sich von der "freien Ehe" unterscheide. Unter "freier Ehe" versteht Neckel offenbar die Raubehe. Er hebt die allgemeine Mißbilligung des Frillenwesens in den Quellen hervor, meint jedoch, die Ursachen dafür in der "stolzen Gesinnung" der isländischen Bauemtöchterzu finden. Für Neckel war Liebe als Ehemotiv in der Ordnung (S. 47), und er glaubt, daß das "alte heidnische Seelenleben" dem unsrigen ähnlich gewesen sei. Eine klare Linie ist in dieser Arbeit nicht zu erkennen. Herbert Meyer rezensiert sie in der ZRG GA 53 (1933), S.417-421 und wirft Neckel vor, seine eigene Arbeit "Friedelehe und Mutterrecht" (1927) nicht gebührend beachet zu haben. Meyer weist Neckeis Vorwurf, er entferne sich unnötig vom Sprachgebrauch und von der Begriffswelt der Quellen, indem er für die von ihm entdeckte freie Eheform den Ausdruck Friedelehe benutze, zurück. Er sagt, daß er die Friedelehe fur die Urform der Ehe von Freien halte, und wirft Neckel

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

ausdrücklich ausspart, überzeugend dargelegt, daß die Selbstverlobung der Erbtochter, die als einer der Gründe für die Schließung einer Friedelehe angeführt worden war, nicht als Friedelehe verstanden werden kann. Der Beleg stammt aus den norwegischen Provinzialrechten (Frost. XI, 18)8 und hat folgenden Wortlaut: Um mey pá er manns αφ verdr. Meer sú er αφ verdr. hverskis αφ er hon veròr. hon má gipta sic siálfpeim er hon vili, pá er hon er xv. vetra gömul. med peirra fraenda ràdi er nánastir ero oc vitrastir, bœdi í bauggilldi oc í nefgilldi [Über das Mädchen, das jemandes Erbin wird. Das Mädchen, das Erbin wird, wessen Erbin es auch werden mag, darf sich selbst verheiraten mit wem es will, sobald es fünfzehn Winter alt ist - mit der Zustimmung ihrer Verwandten, welche die nächsten und verständigsten sind, sowohl in der Ring- wie in der Nasenbußgemeinschaft.]. Diese Bestimmung ist mit fast dem gleichen Wortlaut in die isländische Járnsífta (Hákonarbók) aufgenommen worden9. Nur die offensichtlich Ende des 13. Jahrhunderts schon veraltet anmutende Wendung: "bœdi í bauggilldi oc ( nefgilldi " ist hier ersetzt worden durch "bœdi ífodor Qtt oc modurott" [Sowohl in der Sippe des Vaters als auch in der Sippe der Mutter.]. Wie aus der Formulierung "med peirra frœnda ràdi " hervorgeht - mit Zustimmung der Verwandten -, liegt hier eindeutig eine reguläre Eheschließung mit Verlobung und Hochzeit vor, d.h. ein Vertrag zwischen zwei Sippen, eine Muntehe. Auch in seinem 1941 erschienenen Buch "Das Eherecht in den älteren angelsächsischen Königsgesetzen"10 wendet sich Alfred Schulze noch einmal nachdrücklich gegen diesen Aspekt der Einheirat des Mannes bei der Frau. In letzter Zeit steht der Begriff der "Konsensehe" zur Debatte. In dem 1987 im 6. Band des RGA veröffentlichten Artikel "Eherecht"11 bezweifelt Rainer Schulze die Existenz einer solchen reinen Konsensehe bei den Germanen. Hinsichtlich

vor, daß dieser die Muntehe ganz leugnen wolle und die Nachrichten über die Vielehe beiseite zu räumen versuche. Neckel fügt hierauf der zweiten Auflage seines Büchleins "Liebe und Ehe" (1934) einen Anhang bei (den er in etwas gekürzter Form schon 1933 in der ZfdA, Band 70, S. 197-205 unter dem Titel "Zur Stellung der Frau im germanischen Altertum" veröffentlicht hatte), in dem er sich mit der Kritik Meyers auseinandersetzt. Letzlich kommt er jedoch zu dem Schluß (S. 63): "Die freie Ehe selbst ist jedoch eine Erscheinung, in der der Göttinger Rechtshistoriker und ich übereinstimmen. " Auch hier vermißt man eine klare Definition der von Neckel angenommenen germanischen "Eheformen". 8 OEldre) Frostathingslög XI, 18. NGL I, S. 234. 9 Hákonarbók52. NGL I, S. 277. 10 Alfred Schulze, Das Eherecht in den älteren angelsächsischen Königsgesetzen. Leipzig 1941. 11 Rainer Schulze, "Eherecht" in RGA2 (Hoops) VI (1986), S. 480ff.; bes. S. 488 und 491f.

Einleitung

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des Terminus "Konsensehe" scheint jedoch in der deutschen Forschung einerseits und in der angelsächsischen und skandinavischen Forschung andererseits keine Ubereinstimmung zu herrschen. Christian Gellinek bezieht sich in seiner Untersuchung "Marriage by Consent in Literary Sources of Medieval Germany", 196712, zwar ausdrücklich auf Herbert Meyers Arbeiten (insbesondere auf die oben genannte Arbeit "Friedelehe und Mutterrecht"): S. 561: "This form of marriage (the Friedelehe) by consent is considered to have been a legitimate marriage by the time of the eleventh and twelfth century. On the combined authority of H.Meyer, O.Zallinger [gemeint ist dessen Buch "Die Ringgaben bei der Heirat und das Zusammengeben im mittelalterlichen deutschen Recht", Sitzungsberichte CCXII, Akademie der Wiss. in Wien, 1931] and R.Köstler a historical form of legitimate marriage based on mutual assent, ca. two centuries before the canonistic marriage reform can be presumed." S. 562 fährt Gellinek fort: "There exists at present no Germanistic study on the "Friedelehe" or its occurence in Middle High German Literature which takes into account the half dozen important treaties written in both the Germanistic and the Canonistic branches of the Zeitschrift für Rechtsgeschichte in the twenties, thirties and forties. " Gellinek kann jedoch in seiner Untersuchung letztlich eine Friedelehe in den literarischen Quellen der mittelhochdeutschen Zeit nicht nachweisen, sondern eher eine Muntehe, in der beide Partner zustimmen. Jenny M.Jochens, die kürzlich (1986) das Thema "Consent in Marriage"13 anhand altisländischer Quellen untersucht hat, bezieht eine gegensätzliche Position. Sie sucht zu beweisen, daß eine Konsensehe, d.h. nach ihrer Definition eine Ehe mit Zustimmung der Frau, im Norden erst durch die Kirche eingeführt worden sei. Für Island und Norwegen wäre das um das Jahr 1180 gewesen. Jochens geht es jedoch nicht um die Erscheinung der sog. "Friedelehe". Sie versucht vielmehr, das Saga-Motiv "die Frau wird nach ihren Ehewünschen gefragt" zu analysieren. Die Ansicht aber, daß eine Friedelehe bei den Germanen existiert habe, daß sie auf freier gegenseitiger Zuneigung der Partner beruht habe - ein Gesichtspunkt, der sehr modern anmutet - und daß der im Norden herrschende Individualismus dieser freieren Form der Ehe entgegengekommen sei, wird noch in alleijüngster Zeit in der deutschen Forschung vertreten.

12 Christian Gellinek, Marriage by Consent in Literary Sources of Medieval Germany. In: Collectanea Stephan Kuttner, Bd. 2, Studia Gratiana 12 (1967), S.558-579. 13 Jenny M. Jochens, Consent in Marriage. Old Norse Law, Life, and Literature. In: Scandinavian Studies 58 (1986), S. 142-176.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Angefangen mit Karl Haffs Abhandlung "Institutionen des deutschen Privatrechts" (1934, 2. Aufl. 1947)14, die sich voll auf Herbert Meyer stützt und auf die sich wiederum eine Reihe der nachfolgenden rechtshistorischen Arbeiten bezieht, seien hier nur als Beispiel genannt: Hermann Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte (1954, 2.Aufl. 1962)15, Werner Ogris, "Friedelehe" im Handwörterbuch für Rechtsgeschichte (1971)16, Hans-Jürgen Becker, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft (Konkubinat) in der Rechtsgeschichte (1978)17, Carola Gottzmann, Njáls saga (1982)18, Edith Ennen, Frauen im Mittelalter (1984)19, Völger/v. Welck, Die Braut. Zur Rolle der Frau im Kulturvergleich (1985)20, Rainer Schulze, "Eherecht" im RGA (2.Aufl. 1987)21 oder zuletzt Raymund

14 Karl Haff, Institutionen des deutschen Privatrechts. Band • : Familienrecht (l.Aufl. 1934). 2. umgearb. Aufl. Stuttgart 1947, S. 14f. Karl Haff, auf den sich offensichtlich ein Teil der späteren Vertreter der Friedelehe stützt, definiert diese folgendermaßen: "Sie ist kein rein 'tatsächliches Verhältnis' ", sondern eine Vertragsehe, wobei die Frau als gleichberechtigte Kontrahentin auftritt. Die Friedelehe darf also nicht mit der Ehe kraft Ersitzung vermengt werden. Auch darf dieselbe nicht als Konkubinat bezeichnet werden. Die Frau wählt bei dieser Eheform frei, ohne Zustimmung des Gewalthabers, den Gatten, und sie tritt nicht wie bei der rechten Ehe unter die Muntgewalt des Mannes [...] Die Friedelehe hat nach H.Meyer den Fortschritt im Eherecht gebracht. Da bei den Germanen monogame Geschlechtsverbindungen neben polygamen nachweisbar sind, brachte erst die freie Ehe das Ubergewicht zugunsten der monogamen Ehe hervor, indem hierbei die Möglichkeit gegeben war, Bedingungen zu stellen. " 15 Hermann Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. I, 1954, S. 5f. (2.Aufl. 1962, S. 37f.). 16 Wemer Ogris, "Friedelehe", in: HRG Bd. I (1971), Sp. 1296f. 17 Hans-Jürgen Becker, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft (Konkubinat) in der Rechtsgeschichte. In: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft.Hg.von Götz Landwehr. Göttingen 1978, S. 13-38. S. 19 sagt Becker: "Neben dieser Form der Vollehe (Vertragsehe oder Muntehe) gab es noch eine zweite, nämlich die muntfreie Friedelehe. Die Ehe beruht hier nicht auf einer Vereinbarung zwischen den beteiligten Sippen, sondern auf dem Konsens der Brautleute. Zur Eheschließung waren zusätzlich offenkundliche Handlungen erforderlich, wie die Heimfühmng der Braut und die Bestellung einer Morgengabe. Familienpolitische und wirtschaftliche Überlegungen werden in bestimmten Fällen zur Wahl der Friedelehe geführt haben, insbesondere dann, wenn der Brautschatz nicht geleistet werden konnte bzw. wenn die Frau (z.B. eine Erbtochter) einem höheren Stand angehörte als der Ehemann." 18 Carola Gottzmann, Njáls saga. Frankfurt/Bern 1984, S. 236f. 19 Edith Ennen, Frauen im Mittelalter. München 1984, S. 35f. 20 Völger/v.Welck [Hgg.], Die Braut. Zur Rolle der Frau im Kulturvergleich. Köln 1985. Hier werden im Glossar "Friedelehe" und "Muntehe" als gegensätzliche Formen der germanischen Ehe aufgeführt. 21 Rainer Schulze, wie Anm. 11, S. 488f.

Einleitung

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Kottje, Eherechtliche Bestimmungen der germanischen Volksrechte (1990f 2 . Raymund Kottje (a.a.O. S. 218) ist zwar noch von der Existenz einer Friedelehe überzeugt, andererseits schränkt er jedoch vorsichtig ein: "Inwieweit die verschiedenen Eheformen bei den germanischen Völkern eine Rolle gespielt haben, lassen die Volksrechte nur indirekt vermuten. Sichere Schlüsse sind nicht möglich, allerdings auch nicht auf anderem Wege, etwa über erzählende Quellen". Carola Gottzmann (a.a.O. S. 236) bezieht eine deutlichere Position. Sie behauptet, daß die Friedelehe ein echtes Gegenstück zur Sippenvertragsehe gewesen sei, die es hochgestellten Frauen und Witwen ermöglicht habe, Männer ihrer Wahl, also auch niederen Standes, zu ehelichen, ohne daß sich daraus für sie gravierende rechtliche Konsequenzen ergaben. Gottzmann ist der Auffassung (a.a.O. S. 237) - wie im übrigen auch Becker (a.a.O. S. 19f.) -, daß die Kirche die germanische Friedelehe zu einem Konkubinat abgewerte habe, vor allem wohl auch deshalb, weil sie unter Umständen die Polygamie begünstigte. Es gibt jedoch auch Gegenstimmen, die eine Gleichwertigkeit von Muntehen und Friedelehen bezweifeln. Paul Mikat betonte schon 1978 in seiner umfangreichen Arbeit "Dotierte Ehe - rechte Ehe. Zur Entwicklung des Eheschließungsrechts in fränkischer Zeit"23 eine gewisse Unsicherheit, die bei der Beurteilung der sog. "Friedelehe" zu bemerken sei. Auf S. 53 seiner Arbeit gibt er zu bedenken: "Ob die von Meyer bevorzugten Beispiele aus dem nordgermanischen Raum die Friedelehe tatsächlich als eine der Muntehe völlig gleichwertige Eheform stärker in Erscheinung treten lassen als die Rechts- und Geschichtsquellen aus merowingisch-fränkischer Zeit, bedarf noch klärender Einzeluntersuchungen." Mikat veranlaßt vor allem das Rechtsinstitut der Ersitzung der muntfreien Ehe zu der Annahme eines Eheformendualismus, der nach seiner Meinung in vorchristlicher Zeit stärker ausgeprägt war als in christlicher. Auch von nordistischer Seite her ist jüngst versucht worden, das Phänomen "außereheliche Sexualbeziehung" zu beleuchten. Ruth Mazo Karras veröffentlichte im Herbst 1990 einen Aufsatz mit dem Titel "Concubinage and Slavery in the

22 Ray mund Kottje, Eherechtliche Bestimmungen der germanischen Volksrechte (5.-8. Jahrhundert). In: Frauen in Spätantike und Frühmittelalter. Lebensbedingungen - Lebensnormen - Lebensformen. Hg .von Werner Affeldt, Sigmaringen 1990, S. 211-220. S. 213 ist zu lesen: "im Unterschied zur Frau ist der Mann nicht zur ehelichen Treue und zur Monogamie verpflichtet; zumindest weitere muntfreie Ehen (Friedelehen), die auf gegenseitiger Neigung beruhen [...], sind ihm erlaubt [...]. Neben der Muntehe bestanden - und zwar rechtmäßig - Friedelehen und Kebsehen und selbst - unter gewissen Bedingungen - Entfuhrungs- und Raubehen. " 23 Paul Mikat, Dotierte Ehe - rechte Ehe. Zur Entwicklung des Eheschließungsrechts in fränkischer Zeit. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Vorträge G 227. Opladen 1978.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Viking Age"24, in dem sie sich bemüht, den Status von Konkubinen vom Erbrecht der Kinder her zu bestimmen. Sie unterscheidet zwischen freien und unfreien Konkubinen, wobei sie unter der freien Konkubine die "Frilla" versteht. Karras benutzt fast ausschließlich frühskandinavische Rechtsquellen für ihre Untersuchung. Da in diesen vom kanonischen Recht beeinflußten Quellen kein Unterschied zwischen dem Erbrecht von Kindern freier Konkubinen oder von freigelassenen Kindern unfreier Konkubinen bestand, kommt Karras zu dem Schluß, daß auch die freie Konkubine kein besseres gesellschaftliches Ansehen gehabt habe als die Sklavenkonkubine. Hier ist allerdings zu beachten, daß es zu der Zeit, da die isländischen Gesetze aufgeschrieben wurden, schon lange keine Sklaverei mehr gab. Auch die Bezeichnung "Konkubine" bzw "Konkubinat" ist problematisch. Beide Termini wurzeln in römisch-rechtlichen Anschauungen. Für die Kirche wurde Konkubinat zu einem Sammelbegriff für alle Geschlechterbeziehungen, die nicht im kirchlichen Sinne Ehe waren. Ihr ging es darum, den monogamen Charakter der Geschlechtsgemeinschaft durchzusetzen. Zwar wurde der Konkubinat des römischen Rechts auch in der Kirche zunächst eher in der Nähe der Ehe als in der Nähe der "fornicatio" angesiedelt. Die Festigung der von Augustinus und Leo dem Großen entwickelten Ehelehre änderte aber auch die Bewertung des Konkubinats. Für einen Eheformendualismus war dabei kein Raum mehr. Im Folgenden wird deshalb zunächst auf den Terminus "Konkubinat" verzichtet. Die von mir untersuchten Partner-Beziehungen werden "Frillen-Verhältnisse" genannt. Zusammenfassend kann als Charakteristik der Forschungslage gesagt werden: Für die Germanen, insbesondere für die Nordgermanen, werden zwei Ehetypen angenommen: die Vertragsehe und die sog. Friedelehe. Auch der Terminus "Kebsehe" wird gebraucht. Hierunter versteht man heute eine durch einseitige Verfügung des Mannes über eine Unfreie begründete, auf Dauer angelegte Verbindung. Als Hauptstütze für die Annahme einer sog. "Friedelehe" werden die altisländischen Familiensagas, die íslendinga sögur, betrachtet. In der hier vorgelegten Untersuchung soll geprüft werden, ob sich diese These in einer philologischen Analyse tatsächlich aus der altisländischen Literatur ableiten läßt. Erweisen die literarischen Denkmäler des Nordens neben der Vertragsehe (die nicht angezweifelt wird) eine zweite echte "freiere" Eheform? Deuten die sozialen Verhältnisse, so wie sie sich in den Sagas darstellen, auf eine vorliterarische, ursprünglichere germanische Zeit zurück?

24 Ruth Mazo Karras, Concubinage and Slavery in the Viking Age. In: Scandinavian Studies Vol. 62, 1990, S. 141-162.

Einleitung

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Da die íslendinga sögur für die Anhänger der "Friedelehe" einen zentralen Platz einnehmen, steht ihre Analyse auch am Anfang der Untersuchung. Herbert Meyers Hauptthesen werden anhand der von ihm herangezogenen Sagastellen philologisch überprüft und in ihrem narrativen Zusammenhang analysiert. Anschließend werden die zeitgenössischen historischen und rechtshistorischen Quellen, deren Relevanz für das Thema im Kapitel "Quellen'' dargestellt wird, auf ihre Aussagen zum Thema "Frillen-Verhältnisse" hin untersucht und zu den íslendinga sögur in Bezug gesetzt. Bei dieser Arbeit geht es in erster Linie um die philologisch-literaturgeschichtliche Klärung des Frilla-Verständnisses unserer literarischen Quellen. Literaturwissenschaftliche Analysen, die auf dieser philologischen Untersuchung aufbauen können, müssen einer weiteren Arbeit vorbehalten bleiben. Die abschließenden Wortuntersuchungen stehen auf dem Boden der "Wörterund Sachenforschung". "Sache" steht dabei für den weiten Bereich des Rechts, von dem aus die Friedelehen-Diskussion geführt wurde. "Sprache und Recht", "Dichtung und Recht" waren auch in letzter Zeit aktuelle Themen. Beispielhaft können für den Sprachbereich genannt werden Klaus von Sees Untersuchungen über altnordische Rechtswörter25 oder Ruth Schmidt-Wiegands Arbeiten zur Lex Salica und zum Sachsenspiegel26. Gemeinsam ist diesen Arbeiten, daß sie sprachliche und rechtliche Verhältnisse in eine Beziehung setzen. Nur durch das Medium Sprache gewinnt das Recht Ausdruck und Inhalt. Die germanistisch-rechtsgeschichtliche Sprachforschung kann sich auf Jacob Grimm als ihren Ahnherrn berufen - ungeachtet des Wandels, den sie in ihren Anschauungen durchlaufen hat. Der Wandel betrifft in erster Linie das Verhältnis von Sprache und außersprachlicher Realität, von "Wörtern und Sachen", wie es

25 Klaus von See, Altnordische Rechtswörter. Philologische Studien zur Rechtsauffassung und Rechtsgesinnung der Germanen. (Hermaea, Germanistische Forschungen, N.F. 16). Tübingen 1964. 26 Ruth Schmidt-Wiegand, Die Wolfenbüttler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels und ihr Verhältnis zum Text Eikes von Repgow. (Wolfenbütteler Hefte 13). Wolfenbüttel 1983. Dies., Text und Bild in den Codices pitturati des "Sachsenspiegels" - Überlegungen zur Funktion der Dlustration. (Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, hg. von R. Schmidt-Wiegend, Redaktion D.HSpper, Bd. 1: Textband, Bd. 2: Bildband). (Münstersche Mittelalterschriften Bd. 55,1 und II). München 1986, S. 11-31. D i « . , Zur Geschichte der Malbergischen Glossen. In: ZRG GA 74, 1957, S. 220-231. Dies., Das fränkische Wortgut der Lex Salica als Gegenstand der Rechtssprachgeographie. In: ZRG GA 84, 1967, S. 275-293. Dies., Die Malbergischen Glossen der Lex Salica als Denkmal des Westfränkischen. In: Rhein. Vierteljahrsblätter 33, 1969, S. 396-422. Dies., Der Sachsenspiegel. Uberlieferungs- und Editionsprobleme. In: Der Sachsenspiegel als Buch. Hg.von R.Schmidt-Wiegand und D.HQpper. Frankfurt a.M. 1991, S. 19-56. (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte Bd. 1, hg.von R.Schmidt-Wiegand).

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Jacob Grimm genannt hat. Er schreibt: "Sprachforschung der ich anhänge und von der ich ausgehe, hat mich doch nie in der weise befriedigen können, dass ich nicht immer gern von den Wörtern zu den sachen gelangt wäre; ich wollte nicht bloss häuser bauen sondern auch darin wohnen, mir kam es versuchenswerth vor, ob nicht der geschichte unsers volks das bett von der spräche her stärker aufgeschüttelt werden könnte, und wie bei etymologien manchmal laienkenntnis fruchtet, umgekehrt auch die geschichte aus dem unschuldigen standpunct der spräche gewinn nehmen sollte. " 27 Jacob Grimms Wörter- und Sachen-Konzeption hat in der Germanistik nachgewirkt. Rudolf Meringer, Wilhelm Meyer-Liibke u.a. riefen 1909 eine kulturhistorische Zeitschrift für Sprach- und Sachforschung ins Leben, der sie den Titel "Wörter und Sachen" gaben. Das Institut für Frühmittelalterforschung der Universität Münster eröffnete 1981 eine Schriftenreihe (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung) mit einem Band "Wörter und Sachen im Lichte der Beziehungsforschung" 28 . Die berechtigte Kritik an der älteren Wörter- und Sachenforschung sollte nicht übersehen lassen, daß oft auch schon ihre Ahnherren das Problem erkannten. In einem Beitrag "Sachen und Wörter" schrieb H.Schuchardt schon 191229: "Nun spielen aber die Vorstellungen bei dem Verhältnis zwischen Sachen und Wörtern nicht bloß eine gelegentliche, sondern eine regelmäßige und notwendige Rolle. Wie zwischen Tatsache und Satz der Gedanke, so steht zwischen Sache und Wort immer die Vorstellung (wofern sie nicht jene vertritt), oder wie die Scholastiker des Mittelalters sagten: Voces significant res mediantibus conceptibus. " Es ist nach wie vor "das erregende Verhältnis von Wörtern und Sachen", wie Rudolf Schützeichel es nannte30, das die heutige Position bestimmt. Nachdem die behavioristisch orientierte Eliminierung der Bedeutung aus der Sprachforschung als überwunden gelten darf und die Spráchbetrachtung in Richtung einer Pragmatik und Kultursemiotik verläuft, kommt eine philologische Arbeit zu ihrem Recht, die das Problem von "Bedeutung" und "Bezeichnung" am konkreten Fall zu erläutern sucht. Die Konkretisierung betrifft in der folgenden Untersuchung den

27 Jacob Grimm, Geschichte der deutschen Sprache I. Leipzig 1848, S. XIII. 28 Wörter und Sachen im Lichte der Bezeichnungsforschung.Hg.von R. Schmidt-Wiegand (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung Bd. 1). Berlin/ New York 1981. 29 Hugo Schuchardt, Sachen und Wörter. In: Anthropos VU, 1912, S. 828. 30 Rudolf Schützeichel, Die philologische Erforschung des volkssprachigen Wortschatzes der Leges, Capitularien und Diplome. In: Sprache und Recht. Festschrift für R.Schmidt-Wiegand zum 60.Geburtstag. Hg.von K.Hauck, K.Kroeschell u.a. Berlin/ New York 1986, S. 844.

Einleitung

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Wortschatz im Sachbereich der nicht legalisierten Beziehungen zwischen Mann und Frau nach altwestnordischen Quellen. Der Bereich Dichtung und Recht kann nicht weniger Aktualität beanspruchen und sich ebenfalls auf Jacob Grimm als den berufen, der als erster eine rechtskundliche Germanistik begründete. Auch hier haben sich von der "Poesie im Recht" (1815), den "Deutschen Rechtsalterthümern" (1828) und den "Weisthümern" (1840-1842) bis heute die Anschauungen gewandelt. Es ist aber nicht die Detailkritik oder der Nachweis des Zeitbedingten, was heute das Interesse an Jacob Grimm ausmacht. Seine Aktualität liegt vielmehr in dem umfassenden Forschungsansatz, den er zu verwirklichen suchte, der "Interdisziplinär!tät" seines Denkens, das die Einzelfächer zu integrieren suchte auf einen Mittelpunkt hin, der das kulturelle Ganze meint. Sprache, Dichtung und Recht haben einen tiefgehenden Bezug. Keiner hat im 19. Jahrhundert das am konkreten Beispiel der isländischen erzählenden Literatur so demonstriert wie Konrad Maurer. Seine rechtsgeschichtliche philologisch-historische Methode bestimmt eine ganze Epoche der Sagaforschung. Die Reaktion darauf war vor allem von der sog. BuchprosaSchule getragen - mit dem Anspruch Fiktionalität (gegen Historizität) und isländische Provenienz (gegen altgermanische Relevanz). Es ist einleuchtend, daß solche Positionen auch den Quellenwert isländischer Sagas in ihrer Dichtung-RechtBeziehung in Frage stellen. Die heutige Situation kennzeichnet eine Vielzahl von Forschungsansätzen. Ungeachtet aller Unterschiede läßt sich von einer "rehistorization" sprechen - in dem Sinne, daß Sagaforschung wieder die Frage stellt, in welcher Beziehung Dichtung, Recht und anthropologische Daten im isländischen Mittelalter standen. Philologisch ist die Methode in dem Sinne, daß der Textbezug wieder konkretisiert wird nach Ort und Zeit, nach Strukturelementen der Mündlichkeit - Schriftlichkeit, der kulturellen Relevanz insgesamt. Die hier vorgelegte Arbeit greift eine Fragestellung auf, die für eine Reihe neuerer Autoren beantwortet zu sein schien. Sie sucht in einer philologischliteraturgeschichtlichen und philologisch-sprachhistorischen Argumentation das Gegenteil zu erweisen - auch in der Absicht, das Erzählen der isländischen Sagaverfasser auf ihrem sozial-anthropologischen Hintergrund besser zu verstehen.

I. Die Quellen

Eine Untersuchung über das altnordische Frillenwesen hat sich auf sehr unterschiedliche Texte zu stützen. Es ist die Aufgabe dieses Kapitels, diese Texte bzw. Textgattungen, die im Folgenden zur Sprache kommen, zu erläutern und in ihrer allgemeinen Relevanz für die Fragestellung zu charakterisieren.

1. Die íslendinga sögur (Isländische Familiensagas) Schauplatz ihrer Handlung ist vornehmlich Island in der Zeit von der Besiedlung (beginnend um 870) bis ca. 1030 (Söguöld). Die Sagas zeichnen eine Gesellschaft, die von einer scharfen ständischen Zweiteilung bestimmt war: die rechtlosen Sklaven einerseits, die (ständisch undifferenzierten) Freien andererseits. Die rechtliche Homogenität des Standes der Freien hinderte aber nicht, daß angesehene Abkunft, wirtschaftliche Tüchtigkeit, Mut und Beherztheit, Waffentüchtigkeit und ein starkes Ehrgefühl für ein beachtliches Sozialgefälle sorgten. Daraus entwickeln sich die Konflikte der íslendinga sögur. Das Faktum, daß zwischen den erzählten Ereignissen und der schriftlichen Fixierung der Sagas vornehmlich im 13. Jahrhundert 200 Jahre und mehr liegen, führte in der Sagaforschung zu dem Gegensatz von Buch- und Freiprosalehre. Strukturalistische Untersuchungen waren geneigt, die Buchprosalehre aufzugreifen. Sie haben zu zahlreichen beachtenswerten Saga-Interpretationen geführt. Heute kommen die methodischen Anregungen allerdings aus anderer Richtung. Es ist die im angelsächsischen Sprachgebrauch sogenannte "social anthropology", die versucht, die "constituent social and conceptual structures" der mittelalterlichen isländischen Gesellschaft zu erforschen1. Die literaturwissenschaftliche Betrach-

1 Kirsten Hastrup, Culture and History in Medieval Iceland. Oxford 1985. Preben Meulengracht Serensen, Saga og Samfund. En indforing i oldislandsk litteratur. Copenhagen 1977. Ders., The Unmanly Man. Concepts of Sexual Defamations in Northern Society. Odense 1988. Ders., Nogle metodiske overvejelser i studiet af sagaerne. Vortrag gehalten auf der 10. Arbeitstagung der Skandinavisten des deutschen Sprachgebietes vom 21.-29.9.1991 in Kiel. 20 Seiten (im Druck).

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

tung erlebt in ihrer Hinwendung zur "social anthropology" nicht nur eine "rehistorization" (die geschichtliche Dimension drohte sie in einigen strukturalistischen Arbeiten zu verlieren), sie gewinnt auch aus den von der "social anthropology" aufgezeigten Spannungen und Widersprüchen der isländischen Lebenswirklichkeit neue Perspektiven für die Interpretation der aus ihr erwachsenen Literatur. Beispiele solcher neuen Saga-Interpretationen sind etwa I.Millers und Th.Anderssons Ljósvetninga saga-Deutung2 oder die Hœnsa-I>ôris saga-Untersuchung von P. und D.Durrenberger und Ástrádur Eysteinsson3. Es darf davon ausgegangen werden, daß das Frillenwesen zu den anthropologischen Fakten der Sagazeit gehörte. Unbestreitbar ist auch, daß alle Formen einer nicht-legalisierten und kirchlich nicht sanktionierten Ehe im Laufe der Zeit der gesellschaftlichen und moralischen Achtung verfielen. Es ist daher zu erwarten, daß die Saga, wenn sie Partnerschaftsbeziehungen nennt, auch solche zur Darstellung bringt, die als Frillenverhältnisse zu bezeichnen sind. Die späte schriftliche Fixierung der Islendinga sögur verschärfte dabei die Spannung, die sich zwischen der Einehe des hohen Mittelalters und den pluralen Formen von Partnerbeziehungen einer früheren Zeit auftat.

2. D i e Landnámabók4

Das Landnahmebuch ist in mehreren Versionen überliefert - beginnend mit der Sturlubók (des Sturla t>óròarson, gest. 1284), gefolgt von der Hauksbók (des Haukr Erlendsson, ca. 1300) und der Melabók (nur in einem Fragment erhalten). Die intertextuellen Bezüge zwischen diesen und weiteren verlorenen Versionen werden kontrovers beurteilt5. Wahrscheinlich ist, daß neben einem Kolskeggr inn

Kirsten Hastrup, Island of Anthropology. Odense 1990. 2 Theodore M. Andersson/ William Ian Miller, Law and Literature in Medieval Iceland. Stanford University Press 1989. 3 E. Paul Durrenberger/ Dorothy Durrenberger/ Ástrádur Eysteinsson, Economic Representation and Narrative Structure in the Hcensa-Póris Saga. In: Saga-Book Vol. ΧΧΠ, Parts 3-5. London 1987-88, p. 143-164. 4 Kritische Ausgabe der Landnámabók von Jakob Benediktsson in ÍF I. Reykjavik 1968. 5 Jakob Benediktsson, Landnámabók. In: Saga-Book XVII, 1966-68, p. 275-292. Ders., Some Problems in the History of the Settlement of Iceland. In: Viking. Proceedings of the Faculty of Arts, Uppsala University June 6-9, 1977, Uppsala 1979, S. 161-165 (hg.von Thorsten Andersson und K.I.Sandred). Sveinbjörn Rafnsson, Studier i Landnámabók. Lund 1974. (Kritiska Bidrag till den isländska fristatstidens historia). Ree. von Jakob Benediktsson in: Saga-Book XIX, Parts 2-3,

Die Quellen

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fróòi aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch Ari Porgilsson, der Verfasser der ersten heimischsprachigen Geschichte Islands (ca. 1130), an einer ursprünglichen Landnámabók arbeitete. Die erhaltenen Versionen der Landnámabók sind allerdings vielfältig mit Stoff aus der Gattung der íslendinga sögur angereichert. Trotzdem darf die Landnámabók, die von 430 Siedlern und ihren Siedlungsorten und -gebieten spricht, als einzigartiges Werk des nordischen Mittelalters gelten - auch in historischer Hinsicht: Ari inn fròdi hatte noch Gewährsleute, die im 10. Jahrhundert geboren waren. Uber sie konnten Uberlieferungen laufen, die bis in die Anfänge des Freistaates zurückreichten6. Man hat natürlich gefragt, warum ein Werk wie die Landnámabók gerade zu Beginn des 12. Jahrhunderts abgefaßt worden ist. Eine mögliche Antwort auf diese Frage wäre, daß in der Landnámabók die Rechte der isländischen Bauern auf ihr Land festgelegt werden sollten. Die Gründe für die schriftliche Fixierung könnten Streitigkeiten untereinander gewesen sein. Eventuell hängt die Niederschrift auch mit der Festsetzung des Zehnten im Jahre 1096 oder 1097 zusammen, oder aber sie richtete sich gegen die Ansprüche des norwegischen Königs an die Isländer. Dieser hatte sein Interesse an Island nie aufgegeben. Eine weitere Frage stellt sich ebenfalls: Wieviel echte Uberlieferung aus der Landnahmezeit existierte noch, als die Landnámabók zusammengestellt wurde? Aus den isländischen Gesetzen geht hervor, daß die Isländer (z.B. wenn es sich um Erbangelegenheiten handelte) ihre Vorfahren auf fünf Generationen zurück kennen mußten. Das würde bedeuten, daß - rechnet man vom Jahre 1100 an zurück - fünf bis sieben Generationen zwischen der Abfassungszeit der Landnámabók und der Landnahmezeit lagen. Für die Beurteilung der Frillenverhältnisse der íslendinga sögur ist die Landnámabók von besonderer Bedeutung. Beide, Sagas und Landnáma, behandeln dieselben Zeiten, dieselben Schauplätze und vielfach dieselben Personen - mit unterschiedlicher Intention und Erzählweise allerdings. Die íslendinga sögur zeigen einen kunstvollen narrativen Aufbau, die Landnámabók folgt dem Prinzip der Aufzählung (von Landesteil zu Landesteil). Die Intention der Landnámabók

1975-76, p. 309-318. 6 Die isländische Archäologin Margret Hermanns-Audardóttir (Islands tidiga bosätting. Studier med utgángspunkt i merovingeitida-vikingatida gärdslämningar i Heijólfsdalur, Vestmannaeyjar, Island. Studia Archaeologica Universitatis Umensis 1, Umei 1989) glaubt, durch Ausgrabungen in Süd-Island feststellen zu können, daß Island nicht erst um 870 hauptsächlich von Norwegen und den britischen Inseln aus besiedelt wurde, sondern norwegische Siedlungsspuren bis in die Merowingerzeit zurückreichen - das Iandnám also rund 200 Jahre älter sei. Die schriftlichen Quellen wissen nichts davon, begründen vielmehr - wie die Islendinga sögur - die isländische Landnahme mit Herrschaftsansprüchendes norwegischen Königs Haraldr inn harfagri.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

ist vermutlich in der Legitimation von Ansprüchen bestimmter Art zu suchen, die íslendinga sögur vermitteln ihre Botschaft über eine erzählerische Kunst. Die Landnámabók erlaubt so als altertümliches Werk eine bestimmte historische Kontrolle über die narrative Gestaltung in den Sagas und deren Umgang mit dem historischen Personal.

3. Die Konunga sögur (Königssagas) Zu Beginn des 13. Jahrhunderts existierten drei Arten von Geschichten über die norwegischen Könige: zum einen knappe synoptische Überblicke wie die (verlorene) Königsliste des Ari inn fróòi oder wie das Ágrip af Nóregs konunga sögum (erhalten in Handschriften von ca. 1220-1230, jedoch mit Sicherheit vor 1200 zusammengestellt), ferner zeitgenössische Berichte wie Eirikr Oddssons sogenanntes Hryggjastykki oder die Sverris saga des isländischen Abtes Karl Jónsson, die dieser zum Teil nach König Svenire (ab 1184 König in Norwegen) eigenen Berichten schrieb, sowie lateinisch und isländisch geschriebene Erzählungen über die norwegischen Könige Óláfr Tryggvason und Óláfr Haraldsson. Die zweite Phase der norwegischen Geschichtsschreibung begann ca. 1220, als die erste Fassung der Morkinskinna, eines ausführlichen Uberblickswerkes über die Geschichte der norwegischen Könige, geschrieben wurde. Die beiden anderen für die hier vorgelegte Untersuchung relevanten Werke sind die Fagrskinna (Nóregs Konunga Tal) und Snorri Sturlusons Heimskringla. Diese Arbeiten sind länger und gehen mehr ins Detail als die Abrisse des 12. Jahrhunderts. Sie verwerten die älteren Vorlagen, fügen Skaldenstrophen ein und verarbeiten so auch mündliche Uberlieferung. Die Fagrskinna, deren aus dem 13. und 14. Jahrhundert stammende Handschriften bei dem großen Brand von Kopenhagen im Jahre 1728 zerstört worden sind, von der jedoch Papierhandschriften existieren, ist ebenfalls in den Jahren um 1220 entstanden. Sie wurde in Norwegen vermutlich von einem Isländer geschrieben und umfaßt die Regierungszeiten der norwegischen Könige von Hálfdan dem Schwarzen (9. Jahrhundert), dem Vater von Haraldr inn hárfagri, bis zu Magnus Erlingsson. Sie deckt sich weitgehend mit Snorri Sturlusons Heimskringla (abgesehen von der sagenhaften Geschichte der Ynglingar, die Snorri seinem Werk vorangestellt hat). Beide Werke stützen sich zum Teil auf dieselben älteren schriftlichen Quellen, und es ist umstritten, ob Snorri, dessen Heimskringla auch

Die Quellen

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in den 20er Jahren des 13. Jahrhunderts verfaßt worden ist, die Fagrskinna schon vorgelegen hat7. Für das Frillenwesen bilden die Konunga sögur eine aufschlußreiche Quelle. Im Gegensatz zu den íslendinga sögur, die in die Bondengesellschaft des isländischen Freistaates fuhren, berichten die Konunga sögur von der aristokratischen Gesellschaft Norwegens (und des übrigen Skandinaviens). Die ständische Gesellschaft des skandinavischen Mutterlandes unterschied sich wesentlich von der egalitären Ordnung Islands.

4. Die Byskupa sögur (Bischofssagas)8 Die Gattung der Byskupa sögur vereint biographisch-geschichtliche Daten mit hagiographischen Zügen, die den Heiligenleben des christlichen Mittelalters eigen sind. Die ältesten einheimischen Nachrichten gibt uns Ari inn fróòi in seiner íslendingabók von 1122-1133. Ca. 1215 wurde die Hungrvaka verfaßt, die einen Überblick über die Bischöfe von Skálholt bis zum Jahre 1178 gibt; von vermutlich demselben Autor stammt die Saga über Bischof Pàli Jónsson (1195-1211). Alle diese Sagas sind jedoch in verhältnismäßig späten Manuskripten erhalten. Die übrigen Bischöfe, denen eine Saga gewidmet worden ist, sind: î>orlàkr inn helgi t>órhallsson, Jón Ogmundarson (ebenfalls heilig gesprochen), Guômundr Arason, Arni I>orláksson, Laurentius Kálfsson (Bischof von Hólar 1324-1331) und Jon Halldórsson (Bischof von Skálholt 1322-1339). Auch hier ist zu sehen, wie sich aus den kurzen Ubersichtswerken des 12. Jahrhunderts längere und detailliertere Geschichten entwickelt haben, die hagiographische Züge (Mirakel etc.) aufweisen. Offenbar bestand in der Frühzeit der isländischen und norwegischen Kirche kein Gegensatz zwischen weltlichem und geistlichem Stand in der Praxis, eheliche und außereheliche Verbindungen einzugehen. Mit der Unterstellung der isländischen Bistümer Skálholt (seit 1056) und Hólar (seit 1106) unter das neue Erzbistum

7 Kritische Ausgabe der Heimskringla von Bjarni Aôalbjaraarson in: IF XXVI-XXVIII ,3.Ausg. Reykjavik 1979. Kritische Ausgabe des Ágríp af Nóregs konunga SQgum und der Fagrskinna von Bjarni Einarsson in: ÍF XXIX. Reykjavik 1984. s.a. Kolbrún Haraldsdóttir, Fagrskinna. In: RGA 2 (1991), S. 142-151. 8 Biskupa sögur. Hg.von G.Vigfiisson und J.Sigurdsson (gefnar üt af Hinu íslenzka Bókmentafélagi) I-II, Kaupmannahöfn (1856-) 1858-1878. S. Peter G. Foote, Bischofssaga (Byskupa sQgur). In: RGA 2 (1978), S. 40-43. Jorgen Hojgaard Jorgensen, Hagiography and the Icelandic Bishop Sagas. In: Peritia (Journal of the Medieval Academy of Ireland), Vol.1 (1982), p. 1-16.

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Niòaróss (Drontheim) im Jahre 1152 verstärkte sich aber die Durchsetzung des Kirchenrechtes. Kirchenbesitz und Kirchenhoheit wurden auf Island den Laien verwehrt, der Zölibat zu Beginn des 13. Jahrhunderts für Priester vorgeschrieben und in gewissem zeitlichen Abstand davon die nicht-ehelichen Verbindungen für Geistliche verboten. Oer letzte in den Byskupa sögur für Island bezeugte verheiratete Bischof war Magnus von Skálholt (gest. 1237). Die alten Landschaftsrechte von Norwegen hatten noch mit der Priesterehe gerechnet (Gulaf)ingslög 298, FrostaJjingslög VII, 17), und bis zur Reformation sind in Norwegen und auf Island die Geistlichenehen und Konkunbinenverhältnisse zu belegen - ungeachtet der in den jüngeren Christenrechten formulierten Zölibatspflichten für Priester, Diakone und Subdiakone (NGL II, S. 300, 303. Vgl. auch NGL III, S. 279)9.

5. Die Sturlunga saga Eine der wichtigsten Quellen für die Beurteilung der Frillenverhältnisse ist die Sturlunga saga10. Es handelt sich hierbei um eine Sammlung von Sagas, in denen über Ereignisse berichtet wird, die in den Zeitraum zwischen 1120 und 1264 fallen. Als Kompilator dieser Erzählungen gilt der Lagmaör f>0rör Narfason (gest. 1304), der die Zusammenstellung um 1300 vorgenommen hat. Die Sturlunga saga ist in zwei Manuskripten des 14. Jahrhunderts erhalten, der Króksfj aròarbók und der Reykj arij aròarbók. Das Kernstück der Sturlunga saga bildet die íslendinga saga von Sturla toröarson (1214-1284), dem Neffen Snorri Sturlusons. Sie umfaßt den Zeitraum von 1183 bis 1262/64 und wurde wohl direkt im Anschluß an die Sturlu saga geschrieben, die von dem Paten des Verfassers handelt. Die íslendinga saga enthält für die hier vorgelegte Untersuchung die meisten Hinweise. Sturla t'oröarson hatte wohl die Absicht gehabt, eine Gesamtdarstellung der Geschichte Islands vorzulegen, beginnend mit der Landnámabók und der Kristni saga, deren Redakteur er ebenfalls ist. Während die Er-

9 Vgl. O.Kolsmd, Noregs Kyrkjasoga I. Oslo 1958, S. 276. 10 Benutzte Ausgabe: Sturlunga saga. Hg.von Jón Jóhannesson, Magnus Finnbogason, Kristján Eldgjárn, Bd. I und II. Reykjavik 1946. S.a.: Jonas Kristjánsson, íslendinga sögur og Sturlunga. Samanburòur nokkurra einkenna og efhisatriòa. In: Sturlustefna. Hg.von Gudrun Asa Grímsdóttir, Jonas Kristjánsson. Reykjavik 1988, S. 94-111 (Stofnun Ama Magnússonará fslandi, Rit. 32). Jakob Benediktsson, Sturlunga saga. In: KLNM 17 (1972), Sp. 355-359. Ders., Sturlu saga. In: KLNM 17 (1972), Sp. 359-360. Jónas Kristjánsson, Eddas and Sagas. Icelands Medieval Literature. Transi, by Peter Foote. Reykjavik 1988, S. 187-202.

Die Quellen

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eignisse der Landnahmezeit und der Christiansierung Islands vor Sturla t>ôrôarsons Zeit lagen, hat die íslendinga saga den Vorteil, daß Sturla als Zeitgenosse die Personen seiner Darstellung kannte. Das Werk ist keine kritische Geschichtsschreibung, der Verfasser ist parteiisch, doch versucht er, seiner Darstellung einen neutralen Aspekt zu geben. Er berichtet viele Einzelheiten, verliert jedoch in seiner Erzählung nie den Faden. Ihm verdanken wir die Kenntnis einschneidender Ereignisse der isländischen Geschichte. In der isländischen Forschimg herrscht die Ansicht, daß die Sturlu saga, die íslendinga saga und auch die übrigen Erzählungen verhältnismäßig unverändert in die Kompilation von 1300 aufgenommen worden sind. Die Sturlu saga, die wohl Anfang des 13. Jahrhunderts entstanden ist, weist einen ganz anderen Stil auf als die íslendinga saga Sturlas. Sie ist unbeholfen in der Komposition, unwichtige Begebenheiten werden mit derselben Gründlichkeit berichtet wie die wesentlichen Ereignisse. Der Redakteur der Sammelhandschrift hat die ihm vorliegenden Texte offensichtlich nicht umgearbeitet. Dem allerdings widerspricht Stephen Norman Tranter in seiner 1987 erschienenen Dissertation "Sturlunga Saga. The Rôle of the Creative Compiler" 11 . Tranter vertritt die Ansicht, die Sammlung sei eine direkte Antwort auf die politische Situation, die auf Island zu Beginn des 14. Jahrhunderts geherrscht hat. Er faßt die Sturlunga saga als didaktisches (und somit literarisches) Werke auf, in dem Parallelen zur Sturlungenzeit aufgezeigt werden sollen - als Warnung für die im 14. Jahrhundert Lebenden, die Fehler, die in den Jahren vor der Aufgabe des isländischen Freistaates gemacht worden seien, nicht zu wiederholen. Tranters Arbeit beruht jedoch auf reiner Spekulation; er liefert keine konkreten Anhaltspunkte dafür, daß die Sturlunga saga tatsächlich überarbeitet worden ist. Offensichtlich ist er sich dessen auch bewußt. Er selbst benutzt häufig den Ausdruck "I suggest", vor allem in der Zusammenfassung, in der er seine "Ergebnisse" präsentiert (z.B. S. 234 oder S. 235). So schließt er seine Untersuchung mit den Worten (S. 236), "The Sturlunga saga is therefore, I suggest [Kursivsetzung von mir], a didactic work."

11 Stephen Norman Tranter, Sturlunga Saga. The Rôle of the Creative Compiler. (Europäische Hochschulschriften, Series I, German Language and Literature, Vol. 941). Peter Lang Verlag. Frankfurt a.M. 1987.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

6. Die Rechtsquellen a. Island Ari inn fròdi berichtet in seiner íslendingabók, die wohl nicht später als 1130 geschrieben worden ist (gewöhnlich wird für ihre Entstehung der Zeitraum zwischen 1122 und 1133 angenommen), daß im Winter 1117 auf 1118 im Hause von Hafliöi Másson auf Breiòabólstaòr zum ersten Male isländisches Recht schriftlich fixiert wurde. Es handelt sich hier um den ersten sicheren Hinweis darauf, daß etwas in isländischer Sprache aufgeschrieben worden ist. In den Jahren 1122 bis 1133 wurden diese Rechtsbestimmungen durch das sog. Christenrecht vervollständigt. Die Originalhandschrift, die Hafliòaskrà genannt wird, ist allerdings seit langem verloren. Die beiden erhaltenen Rechtshandschriften, die Konungsbók und die Staòarhólsbók, stammen aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhnderts, d.h. sie wurden zu einer Zeit geschrieben, als das alte isländische Recht seine Geltung verlor. Man muß demnach davon ausgehen, daß es sich bei diesen beiden Abschriften, seit dem 16. Jahrhundert Grágás benannt12, die trotz einiger Abweichungen voneinander auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen, nicht, wie bei der Hafliòaskrà, um die schriftliche Festlegung geltender Rechtsbestimmungen handelt - die Niederschrift mußte einen anderen Grund gehabt haben. Mit Sicherheit handelt es sich hier - wie bei dem Sachsenspiegel auch - um private (kasuistisch angelegte) Rechtsaufzeichnungen. Die Frage, warum diese beiden Rechtssammlungen ausgerechnet zu dem Zeitpunkt noch einmal aufgeschrieben worden oder vielleicht erst in dieser Form zusammengestellt worden sind, ist schwierig zu beantworten. Uber den Grund lassen sich nur Mutmaßungen anstellen. Die Niederschrift könnte damit in Zusammenhang stehen, daß zu dieser Zeit auch der größte Teil der íslendinga sögur ihre uns überlieferte Gestalt gefunden hat. Möglicherweise ist darin eine Reaktion derjenigen Isländer, die an ihren alten Traditionen festhalten wollten, auf die neue norwegische Herrschaft zu sehen. Vertreter dieser neuen Königsmacht war damals König Magnus Hákonarson, der 1263 den norwegischen Thron bestiegen hatte. Er schickte den Isländern zunächst

12 Im Folgenden zitiert nach: Grágás (Konungsbók), hg.von V.Finsen. Kopenhagen 1852. Grágás efter det Arnamagn. Haandskr. (Staòarhólsbók), hg.von V.Finsen. Kopenhagen 1879. Deutsche Übersetzung von A.Heusler, Isländisches Recht. (Germanenrechte Bd. 9). Weimar 1937. Snorri Sturluson berichtet in seiner Heimskringla (Magnúss saga ins góòa Kap. 16), daß König Magnus Óláfsson (1035-1047) ein Gesetzbuch habe schreiben lassen, das zu Snorris Zeit noch in Drontheim vorhanden gewesen sei und "Grágás" geheißen habe. Ob der Name der isländischen Grágás damit in Zusammenhang steht, ist nicht nachzuweisen.

Die Quellen

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die sog. Járnsídali, die inhaltlich an die norwegischen Landschaftsgesetze GulaJjingslög und Frosta|)ingslög sowie an die Grágás angelehnt war. Nach anfänglicher Weigerung wurde sie im Jahre 1271 auf dem isländischen Allthing angenommen. (Eine Fassung ist in der Staòarhólsbók erhalten, in der auch eine der beiden Grágás-Versionen überliefert ist.) Einer der Hauptverfasser der Jàrnsfôa war Sturla t>öröarson. Dieser Gesetzestext wurde jedoch von den Isländern als norwegisch beeinflußt angesehen und hatte deshalb nur eine kurze Geltungsdauer. Im Jahre 1280 wurde der Lagmaòr Jon Einarsson mit einem neuen Gesetzbuch nach Island geschickt, das nach ihm den Namen Jónsbók erhalten hat14. Für dieses Gesetzbuch waren die Landslög von Magnús Lagabœtir, wie er jetzt von den Isländern genannt wurde, Vorbild, aber auch die Grágás ist benutzt worden. Die Jónsbók wurde 1281 auf dem Allthing angenommen, erhielt in den Jahren 1294, 1305 und 1314 einige kleine Berichtigungen und sollte danach 400 Jahre Gültigkeit haben. Das Original ist heute verloren, doch existieren ca. 250 Abschriften - mehr als von irgendeinem anderen mittelalterlichen Werk auf Island.

b. Norwegen Norwegen war in vier Gesetzesprovinzen eingeteilt: FrostaJjing (Tröndelag), GulaJjing (Westküste), Eidsiva{)ing (Zentralnorwegen) und Borgar|üng (Oslobezirk). In den drei erstgenannten Gesetzesprovinzen wurden die Rechte schon im 11. Jahrhundert aufgezeichnet, im Borgar|>ingbezirk etwas später. Von den GulaJ)ingsund Frosta|>ingsrechten liegen Aufzeichnungen aus der Mitte des 12. Jahrhunderts vor, während vom Eidsiva^ingsrecht und vom BorgarJ)ingsrecht nur das sog. Christenrecht erhalten ist15. Magnus Hákonarson ließ zunächst aus den Gula|)ings-, BorgarJjings- und Eidsiva^ingsrechten eine neue Redaktion erstellen, die jedoch nur teilweise erhalten ist. Während der Bearbeitung des Frosta{>ingsrechts änderte er seine Pläne und ließ ein ganz neues Gesetz ausformen, unter Benutzung aller vorliegenden Quellen. Das Ergebnis ist das 1274 fertiggestellte Landrecht, das die Rechtseinheit in Norwegen herstellte. Diese Gesetze galten auch auf den Färöern; obwohl die Jónsbók von diesem Landrecht beeinflußt worden ist, kann man jedoch nicht davon ausgehen, daß nach 1281 eine Rechtsgemeinschaft zwi-

13 Járnsíóa (Hákonarbók). In: NGL I (1846), hg.von R.Keyser og P.A.Munch, S. 259-300. 14 Jónsbók in: NGL IV (1885), hg.von G.Storm, S. 183-353. 15 In: Norges Gamie Love indtil 1387. Udg. ved R.Keyser og P.A.Munch u.a. Christiania 1846ff. (=NGL).

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

sehen Norwegen und Island bestand. Dazu ist der Unterschied zwischen den norwegischen Gesetzbücher und der isländischen Jónsbók zu groß.

c. Schweden Die Landschaftsrechte 16 , die während des 13. Jahrhunderts in Schweden aufgezeichnet wurden, gelten als die zuverlässigste Quelle für die Kenntnis des alten, ererbten Rechtswesens. Die neuen Elemente, die hinzukamen, sind zurückzuführen auf das Anwachsen der Königsmacht und auf den Einfluß des Christentums. Die älteste erhaltene Handschrift - bei den älteren Landschaftsrechten handelt es sich um Aufzeichnungen rechtskundiger Männer, bei den jüngeren auch schon um eigentliche Gesetze im modernen Sinne - ist ein Fragment des Alteren Västgötarechts aus dem Jahre 1240. Eine vollständige Handschrift dieses Rechts ist aus dem Jahre 1280 bewahrt. In der Mitte des 14. Jahrhunderts wurden die Einzelrechte der verschiedenen Landschaften und Städte durch ein für das gesamte flache Land gemeinsames Landrecht und ein für sämtliche Städte geltendes Stadtrecht abgelöst. Diese Rechte werden nach dem König, unter dessen Regierung sie zusammengestellt wurden, Magnus Erikssons Landrecht und Magnus Erikssons Stadtrecht genannt.

d. Dänemark In Dänemark erfolgte die Niederschrift des Rechts erst im 12. Jahrhundert. Valdemar I. (1157-1182), unter dessen Regierung die Aufzeichnungen vorgenommen wurden, hatte offenbar starke Gesetzesänderungen veranlaßt. Die ältesten erhaltenen Texte stammen jedoch erst aus den Jahren 1202-124117. Auch hier war das Recht nach Provinzen eingeteilt, und die vorliegenden Handschriften beruhen mit Sicherheit auch auf älteren privaten Arbeiten. Die drei großen Gesetzesprovinzen unfassen die Landschaften (erstens) Schonen, Halland, Blekinge und Bornholm ( = das Schonische Recht), ferner die Inseln Seeland, Men,

16 In: Sveriges Gamia Lagar, utg. af H.S.Collin och C.J.Schlyter. Stockholm 1827ff. (=SGL). Neuschwed. Übersetzung von Ä.Holmbäck och E.Wessén, Svenska Landskapslagar tolkade och förklarade [...], 5 Bände. Stockholm 1933-1946. 17 S. Danmarks gamie landskabslove, udg. [...] under ledelse af Johs.Brandum-Nielsen og Poul Johs.Jergensen. Kbh. 1933f.

Die Quellen

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Lolland und Falster (= das Seeländische Recht), und das Jütische Recht für Jütland und etwas später auch für Fünen. Das Recht, das für die vorliegende Untersuchung Bedeutung hat, ist das Jütische Recht. Auch hier existieren ältere Rechtsbücher, die jedoch nach 1241, als das heute erhaltene Jütische Recht verfaßt wurde, ihre Bedeutung verloren. Zu diesem Jütischen Recht ist zu bemerken, daß es sich im Gegensatz zu den übrigen dänischen Rechten um Königsrecht handelt. Das könnte eventuell für die Beurteilung der Passagen über Frillenverhältnisse wichtig sein. Von dem Jütischen Recht wurde ca. 1300 eine lateinische Ubersetzung angefertigt. Im Jahre 1590 wurde ein offizieller neuer Text in einer modernisierten Sprachform verabschiedet.

Die Rechtsquellen wurden im Vorangehenden mit einer gewissen Ausführlichkeit dargelegt. Neben der erzählenden Literatur (und oft auch im Gegensatz zu ihr) bilden sie den Hauptzugang zu den Denk- und Lebensformen des mittelalterlichen Skandinaviens und Islands. Nicht von ungefähr nimmt sich die Forschungsrichtung der "social anthropology" ihrer ganz besonders an. Bemerkenswert ist, daß das Frillenwesen im engeren Sinne kein Gegenstand zu sein scheint, der einer rechtlichen Regelung bedurfte. Vermutlich ist dieses Faktum dahingehend zu interpretieren, daß ein Frillenverhältnis keinen Vertragszustand beinhaltete. Die Frau war in solchen Verhältnissen offenbar ungeschützt und in außerlegaler Beziehung zum Manne stehend. Auch dies spricht nicht für die hohe Wertung der Frillenverhältnisse, die Herbert Meyer ihnen zuschreiben wollte. Wohl aber erwähnen die Rechtstexte Erbregelungen für uneheliche Kinder im allgemeinen. Sie waren wohl die schwächsten Glieder solcher Partnerschafisverhältnisse - und ihrer nehmen sich die Gesetze an. Hervorzuheben ist an dieser Stelle auch noch, daß der Terminus frilla oder frillubarn in der Grágás nicht gebraucht wird. Dort wird das uneheliche Kind mit laungetinn bezeichnet. Der uneheliche Sohn (sonr laungetinn) steht in der Erbfolge an neunter Stelle. Die erste Stelle nimmt der ehelich geborene Sohn (sonr friáis borinn ok scirgetinn) ein. Erst die Járnsíóa führt den Terminus frillusonr oder frilludóttir in die isländische Rechtssprache ein.

7. Edda und Skaldik Die Lieder-Edda stellt eine Sammlung von Götter- und Heldenliedern höchst unterschiedlichen Alters dar. Die ältesten reichen noch in die pagane Zeit zurück. Die sog. Fremdstofflieder unter ihnen repräsentieren frühen deutschen Sagen-

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Import. Dabei ist auch deutsches Fremdwortgut nach dem Norden gelangt. Ein in diesem Zusammenhang zu diskutierendes Lexem ist fridill, das oft mit ahd .fridel gleichgesetzt wird, und die feminine Form dazu, frilla, die in einem Götterlied (Hymiskviòa 30) bezeugt ist. Die Skaldik stellt eine Literaturgattung ähnlicher Tiefendimension dar. Als Preis und Zeitdichtung reicht sie mit ihren Anfängen bis in das 9. Jahrhundert zurück (wenn die Datierung Bragis, des ältesten Skalden, in dieses Jahrhundert stimmt). Zunächst von norwegischen Skalden gepflegt, geht diese Dichtung mit dem Ende des 10. Jahrhunderts in die Pflege der Isländer über. Erst gegen 1300 erlischt diese durch stilistische Form (kenningar, heiti) und metrische Kunst gleich ausgezeichnete Gattung. Bemerkenswert ist für die Skaldik der Negativfund: Weder fridill noch frilla ist in dieser Literaturgattung bezeugt, frilla nur in den f>ulur (Namensreihen). Auch hier könnte sich bestätigen, was bei den Rechtstexten schon zu beobachten war: Eine Dichtung, die zum Preis und Ruhm eines Herrschenden dienen sollte, hat offenbar wenig Neigung, die nicht legalisierten Verhältnisse des zu Preisenden aufzugreifen (eine Ausnahme macht die Strophe des I>órbjQrn hornklofì auf König Haraldr inn hárfagri, Haraldskvaeòi Str. 14). Zur Verwendung des übrigen Wortschatzes im Umkreis von frilla ist die sprachliche Untersuchung ( S. 150f.) zu vergleichen.

8. Diplomatarien und Runeninschriften Die Urkundenbücher (Diplomatarien), die für die vier nordischen Länder Island, Norwegen, Schweden und Dänemark in lateinischer und nordischer Sprache vorliegen, sind chronologisch geordnet und nicht nach Urkundenarten. Für Island greifen die Aufzeichnungen bis zum Jahr 834 zurück und enden mit dem Jahr 1570. In Schweden begann man schon 1630 mit der Abschrift alter Briefe, und auch aus den übrigen nordischen Ländern wurden schon seit dem 17. Jahrhundert Vorarbeiten für die späteren gedruckten Ausgaben geleistet. Das erste gedruckte Diplomatarium kam 1786 in Kopenhagen heraus, 1829 folgte Schweden, 1847 Norwegen und 1857 Island18. Die in Bergen gefundenen Runeninschriften, von denen einige ergänzend zu den in Manuskripten überlieferten Texten herangezogen werden, fallen unter dem gesamten Runenmaterial insofern aus dem Rahmen, als sie zu einer Zeit ent-

18 Vgl. im Literaturverzeichnis unter "Quellen".

Die Quellen

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standen sind, als sich die lateinische Schrift schon überall durchgesetzt hatte. Die Runen sind nicht wie die der älteren Inschriften auf Waffen oder Steine geritzt, sondern sie sind auf Holztäfelchen angebracht. Die Inschriften stammen aus dem 12. und 13. Jahrhundert, und die Runen dienten offensichtlich als Gebrauchsschrift.

9. Die Testamente der lübischen Bergenfahrer Abschließend sind noch die mittelalterlichen Testamente der lübischen Bergenfahrer zu erwähnen. Sie liegen, soweit sie vor 1354 ausgestellt worden sind, in lateinischer Sprache vor. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts treten vereinzelt niederdeutsche Ausfertigungen auf19.

Wie aus den oben gegebenen Erläuterungen der Quellen zu entnehmen ist, stammen die frühesten Aufzeichnungen im Norden erst aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Die historischen Texte sind, was ihre Einstellung zur Vertragsehe und zum Frillenverhältnis betrifft, eindeutig von der Haltung, die die Kirche diesen Institutionen gegenüber e i n n i m m t , geprägt. Doch wie verhält es sich mit den íslendinga sögur und mit den Rechten? Lassen sie eventuell einen älteren, bis in die vorchristliche Zeit reichenden Zustand erkennen? Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen werden.

19 Der gesamte Bestand der Lübecker Testamente wurde zu Beginn des Zweiten Weltkrieges in ein Bernburger Salzbergwerk ausgelagert; 1946 wurden diese Bestände durch die sowjetische Besatzung beschlagnahmt, sodaß man auf die 1964 von A.von Brandt herausgegebenen Regesten angewiesen war. Die Rückgabe der Materialien erfolgte (nach freundlicher Auskunft von Frau Archiv-Direktorin Dr. Antjekathrin Graßmann) im Oktober 1990. Die Testamente sind inzwischen katalogisiert und für Benutzer im Archiv der Stadt Lübeck zugänglich. S. dazu: Alte Bestände - neue Perspektiven. Das Archiv der Hansestadt Lübeck - 5 Jahre nach der Archivriickfiihrung. Hg. von A. Graßmann, Lübeck 1992 (Kleine Hefte zur Stadtgeschichte, Heft 9).

II. Die Darstellung des Frillenwesens in den Islendinga sögur Das Saga-Corpus umfaßt narrative Groß- und Kleinformen (pœttir). In neun dieser Sagas hat die fritta (die isländische Bezeichnung wird im Folgenden verwendet) plot-relevante Funktion, d.h. sie hat Anteil am handlungsbefördernden Erzählablauf. Bei diesen neun Sagas handelt es sich auch im wesentlichen um dieselben Sagas, aus denen Herbert Meyer und seine Nachfolger die Belege zur Stützung ihrer Friedelehentheorie heranziehen. Die Sagas werden im Folgenden in der Reihenfolge ihres mutmaßlichen Alters1 vorgestellt.

1. Egils saga Skallagrímssonar2 Die Egils saga wird den älteren, teilweise den ältesten Islendinga sögur zugerechnet. Als Entstehungszeit werden die Jahre zwischen 1200 und 1230 angenommen, aber auch die Zeit um 1240 wird diskutiert3. Die ältesten erhaltenen Handschriftenfragmente stammen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Egill selbst darf als historische Person gelten; er hat von ca. 910 bis 990 oder 995 gelebt. Seine Heirat mit Asgerör, die Anlaß zu der Auseinandersetzung, in der die Frillenfrage aufkam, gegeben hat, fand nach der Saga-Chronologie etwa 939 statt. In der Egils saga wird das Frillenmotiv zweimal handlungsbefördernd verwendet.

1 Hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der Sagas richte ich mich hauptsächlich nach der von Kurt Schier zusammengestellten Übersicht in: Sagaliteratur. Sammlung Metzler (M 78). Stuttgart 1970. 2 Egils saga Skallagrímssonar, hg.von Siguröur Nordal, 1933. IF Π. 3 S. Jonas Kristjánsson, Eddas and Sagas (Translated by P.Foote). Reykjavik 1988, S. 269f.

Die Darstellung des FriUenwesens in den íslendinga sögur

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Falla) Im Kapitel 7 (S. 16ff.) wird erzählt, daß der reiche und mächtige Vasall (lendr madr) BjQrgólfr aus Hálogaland (Norwegen) zusammen mit seinem erwachsenen Sohn Brynjólfr eine Festveranstaltung besucht. Der schon recht betagte Witwer lernt auf diesem Fest die Tochter des zwar ebenfalls reichen, jedoch aus niedrigen Verhältnissen stammenden Bauern HQgni kennen. Sie gefällt ihm, und er sucht kurz darauf den Vater auf dessen Hof auf mit dem Anliegen, das Mädchen mitnehmen zu wollen. Er macht den Vorschlag, vorher mit ihr eine "lose Hochzeit" aisl. lausabrullaup - abhalten zu wollen. Der Bauer HQgni ist damit nicht einverstanden; er kann jedoch gegen den mächtigen BjQrgólfr nichts ausrichten und muß in den Vorschlag einwilligen. Das Mädchen wird nicht gefragt. Das allerdings war nach altem Landrecht (œfiir landz lag um fornum) die Regel. Erst nach Einführung des kanonischen Rechts war das Einverständnis der Frau für eine Eheschließung notwendig. Nach einheimischem Recht waren die Verlobung (festa sér konu) und die Zustimmung der Verwandten ausschlaggebend. Der Erzähler hebt deutlich den Standesunterschied zwischen BjQrgólfr und Hogni hervor. Bei der Bezeichnung BjQrgólfrs als lendr madr liegt jedoch ein Anachronismus vor. Dieser Titel war im 10. Jahrhundert, zu der Zeit, in der die Egils saga spielt, nicht gebräuchlich. Bis um die Mitte des 11. Jahrhunderts war der Häuptlingstitel hers ir in Norwegen üblich. Er geht auf Haraldr inn hárfagri zurück, der - so Snorri Sturluson - über jedes Jylki einen Jarl setzte und unter diesen vier oder mehr Hersen, oder auch einen Hersen über ein herad. Es wird angenommen, daß diese neue Hersenaristokratie die alte Häuptlingstradition der Wikingerzeit fortsetzte. Der Titel lendr madr kam erst später auf, er ist hauptsächlich für das 12. Jahrhundert belegt, vorwiegend für die Zeit von 1130 bis 1180. In der Egils saga scheinen die beiden Bezeichnugen synonym gebraucht worden zu sein. So wird ArinbjQrn in Kap. 59 und 79 hersir genannt, während er in Kap. 55 als lendr madr bezeichnet wird. Daß die Egils saga hier nicht mehr unterscheidet, kann als Indiz dafür gewertet werden, daß sich in der oralen Tradition die Unterscheidungen verwischen. Unklar ist hier, was unter dem Terminus lausabrullaup zu verstehen ist. (S. auch das Kapitel "Wortuntersuchungen", S. 168ff). Herbert Meyer, Ehe und Eheauffassung der Germanen S. 26, hält ihn für den Terminus der Eheschließung mit einer Friedel. Da dies der einzige Beleg für dieses Wort im Altnordischen ist und Herbert Meyer weitgehende Schlüsse daraus zieht, bedarf die erzählerische Episode einer genauen Analyse. Festzuhalten ist: die "Heirat" kommt gegen den Willen des Vaters der Frau zustande.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

zwischen den Partnern besteht ein Standesunterschied: Er ist lendr madr des Königs, sie eine Bauerntochter. der Mann entrichtet einen Kaufpreis, der niedriger ist, als der mundr nach norwegischem und isländischem Recht zu sein hatte. Der isländische Text verwendet das Wort kaupa, das auch "einen Vertrag abschließen" bedeuten konnte und der übliche Terminus bei Schließung eines regulären Ehevertrages war. Als Preis nennt die Saga med eyri gulls, d.h. mit einer Unze Goldes (ein eyrir war gleich 8 aurar Silbers), nach Zahlung des Betrages gengu pau í eina rekkju bcedi [sie gingen beide in ein Bett], d.h. ohne Einhaltung einer Verlobungszeit. Bei einer regulären Vertragsehe schreiben die norwegischen und isländischen Rechte folgende Formalitäten vor: Gulapingslög 51 (NGL I, S. 27): Kvennagifiir. Pat er nu pvi nest at vèr scolom pat vita hvessug vèr scolom honor kaupa med mundi, pess at barn se arfgengt. pa seal madr festa med kono peirri .xii. aura oreigi mund. oc hava vid pat vatta [Uber die Verheiratung von Frauen. Das ist nun das nächste, daß wir wissen sollen, auf welche Weise wir Frauen kaufen sollen mit dem Mund (ein Betrag, der der Braut zufällt), so daß das Kind erbfähig ist. Da soll der Mann mit der Frau ausmachen (mindestens) den Armutsmund von zwölf Ore und dafür Zeugen haben.]4. Grágás, Konungsbók la (222/ Ζ. 9f): pa er kona munde kevpt er more vi. alna avra er goldin at munde epa handsolod [...] [Dann ist ein Weib mit Mahlschatz gekauft, wenn eine Mark von (acht) Sechsellenunzen als Mahlschatz gezahlt und zugesichert ist.]5. Grágás, Staòarhólsbók 58/ Ζ. 12f.: (sechs Zeugen müssen gegenwärtig sein) oc gangi brudgumi iliose isama seeing kono [und wenn der Bräutigam bei Licht (gemeint ist: öffentlich) mit der Frau in dasselbe Bett geht.]. Die mundr- Zahlung in der Eigla-Episode ist demnach zu gering: Bjorgólfr zahlt nur acht Öre, er hätte zwölf zahlen müssen. Demgegenüber könnte natürlich die

4 Übersetzt von R.Meißner, Norweg. Recht, Bd. 6, 1935, S. 44. 5 Übersetzt von A.Heusler, Island. Recht (Germanenrechte Bd.9), 1937, S. 206.

Die Darstellung des Frillenwesens in den íslendinga sögur

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Erwähnung oc gengu pau í eina rekkju bœdi bedeuten, daß der letzte Akt der Ehe, die sog. "sängledning", vollzogen wurde. Da das lausabrullaup in der Folge Konsequenzen hinsichtlich der Erbberechtigung oder Nichterbberechtigung der dieser Verbindung entstammenden Kinder hatte und somit innerhalb der Egils saga für den weiteren Handlungsverlauf von Bedeutung ist, wäre es wichtig zu wissen, was im einzelnen unter lausabrullaup zu verstehen ist. Schon Konrad Maurer hat sich mit diesem Problem beschäftigt6, geht allerdings nicht auf die Interpretation des Terminus ein, sondern sucht die Nichterbberechtigung der dieser Verbindung entstammenden Söhne aus den diesbezüglichen Paragraphen der Grágás und der norwegischen Landschaftsrechte zu begründen. Dem hält A.Bley in seinen Eigla-Studien7 entgegen, daß dieses lausabrullaup ein Kaufangebot = Vertragsangebot (ich will deine Tochter "kaufen", sagt BjQrgólfr zu dem Vater) sei und die sängledning beinhalte und somit rechtmäßig war. Maurers Argument, die Ehe sei gegen den Willen des Vormundes (hier des Vaters) geschlossen worden, weist Bley zurück. Er führt an, daß eine zwar nicht freiwillige, jedoch formale Zustimmung stattgefunden habe. Lausabrullaup bedeute somit eine Eheschließung ohne Fristen und Formalitäten (von einer Friedelehe allerdings spricht er nicht.) Dieser Meinung hat sich auch die skandinavische Forschung angeschlossen. Lizzie Carlsson faßt in ihrem Buch "'Jag giver dig min dotter'. Trolovning och äktenskap i den svenska kvinnans äldre historia" (1965)8, in dem sie auch alle Belegstellen für das Vorkommen der Frilla in altschwedischen Texten gesammelt und erläutert hat, das lausabrullaup als eine vereinfachte Heiratsprozedur auf. Betrachtet man nun die Handschriftenüberlieferung der Egils saga, so finden sich gerade für den Terminus lausabrullaup aufschlußreiche Varianten. Die Handschrift AM 132 fol., die den meisten Ausgaben zugrunde gelegt wurde und die zwischen 1330 und 1370 datiert wird, weist die Form lausabrullaup auf. Die Handschrift AM 162 A von ca. 1350 hat lausungarbrullaup, und Ketill Jörundarson, der Schreiber der Handschrift AM 453,4°, die in das 17. Jahrhundert datiert wird (Ketill Jörundarson, ein isländischer Priester, Großvater von Arni

6 Konrad Maurer, Zwei Rechtsfälle der Eigla. In: Sitzungsberichte der Münchner Akademie der Wissenschaften I, 1895, S. 65 ff. Auf Konrad Maurer beruft sich auch Kurt Schier in den Anmerkungen zu seiner Übersetzung der Egils saga: Die Saga von Egil. Düsseldorf/ Köln 1978, S. 283. 7 A.Bley, Eigla-Studien. Gand 1909. 8 Lizzie Carlsson, "Jag giver dig min dotter''. Trolovning och äktenskap i den svenska kvinnans äldre historia. Lund 1965.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Magnusson, lebte von 1603-1670 und beschäftigte sich mit isländischer Geschichte und Literatur) änderte den Terminus in skyndibrullaup. Das Wort skyndibrullaup kann mit aisl. skyndi = "Eile" identifiziert werden. Dann würde hier darunter eine "eilige Hochzeit", d.h. eine Hochzeit ohne Formalitäten zu verstehen sein. Im 17. Jahrhundert muß der Terminus jedoch einen durchaus zweideutigen Sinn gehabt haben; darauf weisen die Belege in den beiden späten Sagas, Bósa saga und Hrólfs saga kraka, hin. Auch der semantische Typus der lausa- bzw. lausungar- Komposita deutet eher auf einen negativen Gehalt von lausabrullaup. Ein lausamaör ist eine Person ohne festen Wohnsitz, lausakör bedeutet "eine Bedingung, die nicht festgelegt ist", lausungargud meint einen falschen Gott, und unter lausungarkona gar ist eine Frau mit einem leichtlebigen Lebenswandel zu verstehen9. Die Tatsache, daß die jüngeren Handschriften den Terminus lausabrullaup gegen einen anderen ausgetauscht haben, läßt vermuten, daß den Schreibern dieses Wort nicht mehr geläufig war. Die Ausdrücke, die sie verwenden, weisen jedoch eine moralische Wertung auf. Lausungarbrullaup würde, zieht man die übrigen Komposita zum Vergleich heran, etwa "leichte, lockere" Hochzeit bedeuten, und skyndibrullaup rückt schon im 14. Jahrhundert bedeutungsgemäß in die Nähe der Vergewaltigung. Beides kann für die Egils saga nicht gelten. Da bei einer Eheschließung nach einheimischem (altem) Recht das Wichtigste die Verlobung war, die hier fehlt, wird mit dem Ausdruck lausabrullaup in der Egils saga eine Verbindung bezeichnet worden sein, die ohne einen festen Vertrag zwischen beiden Familien eingegangen worden war. Für diese Interpretation spricht auch ganz eindeutig der Fortgang der Handlung. Dem Sohne Bjorgólfrs paßt diese späte Heirat seines Vaters nicht. Nach dessen Tod schickt er die Frau und die beiden Söhne - nach der Mutter "HildiriSarSöhne" genannt - zu ihrem Vater zurück, ohne sie am Erbe zu beteiligen. Das ist aus seiner Sicht richtig, da der Kaufpreis, den BjQrgólfr entrichtet hatte, nicht als mundr aufgefaßt wurde, und weil der Standesunterschied ein Hindernis für eine legale Heirat gewesen wäre. An dieser Stelle ist auch noch auf eine Bestimmung der Grágás (la 224/ Ζ. 16f.) hinzuweisen. Dort heißt es: Ef madr quangaz er attrepr er eòa ellre fyrir rad scaparfa sins, hann a eigi mund at giallda meira eN

9 Die abwertende Bedeutung des Adjektivs lauss "lose" in Verbindung mit Personen wird besonders deutlich in der Kleiderordnung, die König Haakon Magnusson Anfang des 14. Jahrhunderts für Bergen erlassen hat (NGL ΠΙ S. 211; NGL IV S. 361f.). In dieser Verordnung (wie die Papierhandschrift aus dem Jahre 1580 ausweist, ist sie 1306 in Bergen erlassen worden) wird zwischen ehrbaren Ehefrauen (dandequinnor), Frillen (frillor), und losen Frauen (lousakonor) unterschieden.

Die Darstellung des Frillenwesens in den Islendinga sögur

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xii. avra. eN barn pat er ¡>av geta seal eigi hans arf taca eN pat seal taca aNan alian. [Heiratet ein Mann, der achtzig ist oder älter, wider den Willen seines ordentlichen Erben: ihm steht nicht zu als Mahlschatz mehr als zwölf Unzen zu zahlen, und das Kind, das sie zeugen, darf sein Erbe nicht nehmen, aber jedes andere darf es nehmen]10. Nun wird BjQrgólfrs Alter zwar nicht in Jahren angegeben, doch wird betont, daß er Witwer und betagt sei; vielleicht hat demnach auch dieser Gesichtspunkt bei der zweiten "Ehe"-Schließung eine Rolle gespielt. Nun stirbt auch der Sohn BjQrgólfrs, Brynjólfr, und dessen Sohn Bárór tritt das Erbe an. Wieder werden die Söhne aus dem lausabrullaup nicht daran beteiligt. Bárór, der eng mit Egill Skallagrimssons Vaterbruder l>órólfr Kveld-Úlfsson befreundet ist - hier beginnt sich die Handlung mit der der eigentlichen Saga Egils zu verknüpfen -, wird in der Schlacht im Bocksfjord (871) an der Seite König Haraldrs schwer verwundet. Er bittet, als er sein Ende nahen fühlt, den König darum, im Falle seines Todes selbst über sein Erbe bestimmen zu dürfen. Hier stellt sich natürlich die Frage, ob die Zustimmung des Königs im 9. Jahrhundert nötig war. Bárór hat zwar über seinen Vater das Amt des lendr madr, das ja, wie erwähnt, schon sein Großvater innehatte, geerbt, doch ist es wohl fraglich, ob König Haraldr schon vor der Schlacht im Bockst] ord eine so weitgehende Macht hatte. Nach der Egils saga stimmt König Haraldr der Bitte zu, und Bárór setzt seinen Freund ï>ôrôlfr zum Erben seines Vermögens (land ok lausa fé) ein. Darüber hinaus überläßt er ihm seine Ehefrau und bestimmt ihn zum Erzieher seines minderjährigen Sohnes. Im isländischen Text lautet die Formulierung: hann festir petta mài sem iQg váru til, d.h. er traf diese Bestimmung, wie es damals Gesetz war. Dann stirbt Bárór. Aus dem Text geht nicht klar hervor, ob sich diese Formulierung auf die gesamte Erbübertragung bezieht oder nur auf die Verlobung der Ehefrau mit t>órólfr. Auf die Verlobung bezieht sie sich mit Sicherheit. Man sollte aber wohl keine totale Verfügung über die Frau daraus lesen. Obwohl die Angelegenheit handfestr gemacht und vom König selbst gebilligt wird, läßt sich Bárórs Ehefrau Sigríór nur unter der Bedingung zu einer Zusage herbei, daß ihr Vater der Heirat zustimme11. Möglicherweise ist dies ein Zugeständnis an die Hörer oder Leser des 13. Jahrhunderts. In der Landnáma (S. 78f.) wird für das 9. Jahrhundert von einem Frauentausch berichtet. Dabei hängt sich eine der beiden Frauen, die mit dem Tausch nicht einverstanden ist, im Tempel auf. Aus

10 Übersetzt von A.Heusler, Island. Recht, S. 208. 11 S. hierzu auch Konrad Maurer, Über altnordische Kirchenverfassung und Eherecht. (Aus dem Nachlaß hg. von der Gesellschaft der Wiss. in Kristiania). Leipzig 1908, S. 637.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

der Sicht der Landnáma bestand offenbar ein völliges Abhängigkeitsverhältnis der Ehefrau von ihrem Mann. In der Egils saga wird weiter berichtet, daß die beiden Hildinöar-Söhne nun ihren Erbanspruch an Pórólfr stellen. Dieser jedoch vertritt die Meinung, daß sowohl Brynjólfr als auch Bàròr ihnen ihren Erbanteil überlassen hätten, wenn er ihnen rechtmäßig zugestanden hätte. t»órólfr fuhrt an, daß Bàròr sie frillu- Söhne genannt habe. Die beiden Brüder bieten Zeugen dafür an, daß ihre Mutter mundi keypt sei, d.h. daß für sie der mundr gezahlt worden sei, und daß sie selbst adalbornir, d.h. ehelich seien. t>órólfr hält dem entgegen, daß er gehört habe, ihre Mutter sei med valdi tekin und hernumin heim hqfd, "mit Gewalt genommen und als Gefangene heim gebracht worden". Als für die beiden Brüder keine Aussicht besteht, ihre (vermeintlichen?) Erbansprüche auf rechtlichem Wege durchzusetzen, versuchen sie, auf andere Weise an ihr Erbe zu gelangen. Sie verleumden ì>órólfr bei König Haraldr. t»órólfr fällt in Ungnade, und die beiden Brüder erhalten die Verwaltung von Hálogaland und das Privileg der "Finnenfahrt", d.h. des Steuereinzugs bei den Lappen, das t>orólfr vorher innegehabt hatte. l>órólfr wird schließlich von König Haraldr erschlagen, und die beiden Brüder werden daraufhin von den Verwandten t»órólfrs getötet. Die Auseinandersetzungen enden zunächst damit, daß t>órólfrs Familie, darunter auch sein Bruder Skalla-Grimr, der Vater Egills, nach Island auswandert. Die breite Schilderung der Erbstreitigkeiten, die sich aus der umstrittenen Heirat, dem lausabrullaup, ergeben, dient zur Fortführung der Saga-Handlung. Der Konflikt, ob die Frillensöhne ehelich oder unehelich sind, bleibt ungelöst. Else Mundal12 ist der Meinung, daß hier gezeigt werden soll, wie Königsmacht in das Gesetz eingreifen kann. Der Erzähler läßt die lausabrullaup-Probiematik in der Schwebe - und entwikkelt gerade aus dieser Unbestimmtheit das Handlungsgeschehen. Als Beleg für die Friedelehe kann der Text nicht gelten.

Fallb) Der zweite Fall in der Egils saga, der eine umstrittene Heirat behandelt, betrifft Egill Skallagrimsson selbst. In Kap. 32 (a.a.O. S. 83ff.) berichtet der Erzähler, daß Björn Brynjölfsson, Sohn eines norwegischen Hersen aus Sogn, um die Hand von t>óra hlaöhqnd Hróaldsdóttir, der Schwester des Hersen I>órir Hróaldsson,

12 Else Mundal, Kommentar til "Det andet Monster" i Thomas Bredsdorff: "Kaos og Kaerlighed". In: MoM 1973, S. 162-174.

Die Darstellung des Frillenwesens in den íslendinga sögur

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anhält. Der Bruder weist die Werbung ab, Björn gibt jedoch nicht auf. Als t>órir einmal nicht zu Hause ist, raubt er das Mädchen und bringt es zu seinen Eltern. Dort will er - ohne die Zustimmung des Bruders - mit ihr Hochzeit halten. Der Vater Björns lehnt dies ab, da er seine Freundschaft mit t>órir nicht aufs Spiel setzen will. l>óra wird wie eine Tochter auf dem Hofe Brynjólfrs gehalten. Brynjólfr bietet Pórir einen Vergleich und Bußgeld für das Vorgehen seines Sohnes an. t'olir jedoch lehnt ab und verlangt die Rückführung der Schwester. Björn reagiert auf diese Absage so, daß er das Mädchen gegen den Willen seines Vaters, doch offenbar mit Zustimmung seiner Mutter wiederum aus dem neuen Gewahrsam entführt13. In Hjaltland hält er Hochzeit mit t>óra. Hier betont die Saga ausdrücklich: kann gerdi brúdlaup til Póru. Daraufhin wird er auf Betreiben von l>óras Bruder, des Vormundes, in Norwegen geächtet. Obwohl Björn den Willen gehabt hatte, eine den Gesetzen entsprechende Vertragsehe einzugehen, und offensichtlich auch eine Hochzeitsfeier abgehalten hatte, hatte er eindeutig gegen die Gesetze verstoßen. Hier stimmt die Saga durchaus mit den im 13. Jahrhundert und auch früher geltenden Gesetzesbestimmungen überein. Die Verwandten der Frau hatten das Recht, Klage gegen den Entführer zu erheben. Im Landrecht des Königs Magnus Hákonarson aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, das zur Zeit der Abfassung der Egils saga in Norwegen galt, wird IV,414 bestimmt: Sua oc peir menn, sem konor taka med rane eòa herfange mote guds lag um oc manna, huart sem peir taka annara manna konor eòa dœtter manna eòa frendkonor fir ir vttan uilia pœira manna, er forrœdi œiga jyrir at lag um, huersu sem sidan uerdr peirra uili til, er samuist peirra uerdr f...] Nu hafa pessir menn allirfirir gort fe oc fridi, lande oc lausum œyri [...] [Ebenso auch die Männer, die Frauen nehmen mit Raub oder Waffengewalt gegen das Gesetz Gottes und der Männer, ob sie nun die Frauen anderer Männer nehmen oder die Töchter der Männer oder verwandte Frauen ohne den Willen derer, die die Vormundschaft über sie haben nach dem Gesetz, wie auch später ihr (der Frauen) Wille werde, wenn sie zusammen leben (...) Nun haben alle diese Männer verwirkt Vermögen und Frieden, Land und loses Gut (...).]. Der Vormund, hier der Bruder, hatte also nach dem Gesetz das Recht, da er mit der Verheiratung nicht einverstanden war, auf Achtung zu klagen, und Björn hatte Vermögen und Frieden, Land und fahrende Habe verwirkt, selbst wenn t>óra mit der Entführung einverstanden gewesen sein sollte.

13 S. dazu Rolf Heller, Zum Verhältnis von Sagadarstellung und Wirklichkeit. In: Altnordistik. Vielfalt und Einheit. Erinnerungsband für Walter Baetke (1884-1978). Weimar 1989, S. 66-75, der das Thema "love, in the romantic sense", bezogen auf die Sagas, behandelt. 14 Ausgabe von R.Meißner, Germanenrechte N.F., Nordgermanisches Rechi. Weimar 1941, S. 96f.

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Hiermit stimmen auch im Wortlaut die Älteren Gulajiingslög 32 (NGL I, S. 19) überein: pa ero peir ubota menn firigort fe oc fridi. lande oc lausum eyri. iamvel odalsiordum sem odrom [...] oc sva peir menn er konor taca med rane, ceda annarra manna konor (ceda) festar konor. ceda dœtr manna fir utan rad peirra er forrœde eigu firi [(...) da sind sie friedlos ohne Zulassung einer Buße und haben verwirkt Vermögen und Frieden, Land und loses Gut ebenso Odaisland wie anderes (...) und ebenso die Männer, die Ehefrauen nehmen mit Raub oder anderer Männer Verlobte oder die Töchter von Männern ohne Zustimmung derer, die über sie zu verfügen haben.]15. Die isländische Grágás (Ib 160, S. 57f.) und die schwedischen Landschaftsgesetze haben ebenfalls Bestimmungen für den Fall der Entführung einer Frau, doch steht hier nur die Verlobte unter Sonderschutz, wie z.B. das Ältere Västgöta Lag, aufgezeichnet ca. 1225, zeigt (SGL I, S. 33, Giptar bolkar 3): Vœrpcerfœsti honœ manns takin. a. IX. markier pœn skyldast ok sva fœstimapcer. ok sva konongcer ok sva cellir. meen, per skulu fripeer hans eghee uald. kome aldrigh i frip. Jyrpcen per uili cer sak sôkiœ [Wird eine Verlobte mit Raub genommen, so hat der nächste Verwandte Anspruch auf neun Mark Buße, und ebenso der Verlobte, ebenso der König und alle Männer. Sie sollen über den Frieden bestimmen. Er erhalte niemals Frieden, ehe die es wollen, die die Anklage erheben.]. Offenbar ist diese Bestimmung alt; erst die späteren Gesetze Schwedens haben einen allgemeinen Frauenfrieden (vgl. VgL II Add. 7:12). Die Frage ist natürlich, ob diese Bestimmungen auch schon für das 10. Jahrhundert, für die Zeit also, in der die Saga spielt, gegolten haben. In den älteren germanischen Rechten waren die Strafen mehr auf Bußen ausgerichtet16, während Friedlosigkeit in den jüngeren Gesetzen häutiger verhängt wird. Vermutlich sind diese neueren Bestimmungen auf kirchlichen Einfluß zurückzuführen. Dafür spricht eine aus dem Jahre 1176 überlieferte Verordnung des norwegischen Erzbischofs Eysteinn (DI I, S. 233ff.): Menn peir er konur taka med hetfangi per er med nytv hafa jafhan verit. eda per er goder menn vitv at j nauist hafa verit med peim at skiist hafa med orad sin. og skriptir Jyrir tekit. og pvi sidan halld.it med godri atferd. pa hverr er peer tekr naudgar. huort er hann festir navdgar eda eigi. pa med pvi at hann brytur j gudz rett og frelse. pat er gvd hefur tiad hverium. pa er sa hverr eptirfornre skipan j gudz banne, og papans. og allra heilagra manna, og ver endurnyjum pat bann [...] [Männer, die Frauen mit Raub nehmen, solche die immer ehrbar gewesen sind, oder von denen die Männer, die in ihrer

15 Übersetzt von R.Meißner, Germanenrechte Bd.6, Norweg. Recht. Weimar 1935, S. 29. 16 S. dazu den Artikel "Eherecht" von Rainer Schulze, in: RGA 2 , Bd. VI (1986), Sp. 480-500.

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nächsten Umgebung leben, wissen, daß sie gegen ihren Willen weggehen mußten, und die in dieser Angelegenheit gebeichtet haben, da soll jeder, der sie mit Gewalt nimmt, ob er sie sich nun mit Gewalt verlobt oder nicht, und der dadurch gegen Gottes Recht und gegen die Freiheit, die Gott einem jeden gegeben hat, verstößt, nach der alten Verordnung in Gottes, des Papstes und aller Heiligen Bann sein. Und wir erneuern diesen Bann (...).]. Diese Verordnung erinnert im Wortlaut stark an den Erlaß, den König Magnús Hákonarson gegeben hatte: taka med heifangi ok ráni und mote guds lagum (ok manna) entspricht dem taka med heifangi in Erzbischof Eysteinns Verordnung. Dort wird zusätzlich noch der kirchliche Bann ausgesprochen. Diese Verurteilung von geistlicher Seite aus kommt in den Landschaftsrechten nicht - oder noch nicht - so stark zum Ausdruck. In der Egils saga wird nun weiter berichtet, daß Björn und Póra nach Island fahren und dort von Skalla-Grimr aufgenommen werden. Als dieser jedoch von der Ächtung erfährt, stellt er BjQm zur Rede, und BjQrn muß zugeben, daß die Heirat nicht mit dem Einverständnis der Verwandten des Mädchens zustande gekommen sei. Wörtlich heißt es (S. 88): at ekki var fretta rád gQrt vid sampykki Póris, bródur hennar. Skalla-Grímr läßt sich schließlich auf Bitten seines Sohnes Pórólfr hin besänftigen. Er schickt Unterhändler nach Norwegen, und diese kommen im folgenden Sommer mit der Botschaft zurück, daß Pórir bereit sei, sich mit Bjqrn zu versöhnen. Nach dreijährigem Aufenthalt auf Island fahren Björn und Póra zurück nach Norwegen. Zwischen den beiden Familien wird nun ein Ehevertrag geschlossen, und Pórir übergibt seiner Schwester Póra das Vermögen, das er für sie verwaltet hatte, d.h. er übergibt ihr ihren Erbanteil als Mitgift. Im Isländischen wird das folgendermaßen ausgedrückt (S. 89f.): Pórir greiddi afhendifé pat, er Pora átti íhans gardi. Danach bestehen gute verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den beiden Familien. Die in der Zeit vor der legalen Eheschließung auf Island geborene Tochter der beiden, Ásger&r, bleibt bei Skalla-Grimr und dessen Frau zurück. Sie kommt erst später zu ihrem Vater nach Norwegen. Dieser hatte inzwischen - nach dem Tod seiner Frau Póra - ein zweites Mal geheiratet, diesmal ohne Komplikationen, und dieser Ehe entstammt eine weitere Tochter namens Gunnhildr. Ásgerór wird mit Pórólfr Skalla-Grimsson, Gunnhildr mit Berg-Qnundr Porgeirsson, einem reichen Norweger, verheiratet. Nach dem Tod seines Bruders Pórólfr heiratet Egill dessen Witwe Ásgerór. Sie kehren nach Island zurück und erhalten dort einige Zeit später die Nachricht, daß Ásgerórs Vater Björn in Norwegen gestorben sei und daß Berg-Qnundr das Erbe allein angetreten habe, ohne die Tochter aus erster Ehe zu berücksichtigen. Daraufhin fahren Egill und Ásgerór nach Norwegen, um das Erbe einzufordern. Sie müssen jedoch feststellen, daß Berg-Qnundr Rückhalt bei

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König Eirikr blóòox und Königin Gunnhildr hat. Für Egill ist diese Reise auch nicht ungefährlich, da er sich zuvor mit dem König und der Königin entzweit hatte. Egill ist jedoch der Auffassung, der König würde ihm Recht und Gesetzesschutz in dieser Angelegenheit zubilligen. Zunächst versucht er, mit Qnundr direkt zu verhandeln. Er fordert die Teilung des Erbes zugunsten seiner Ehefrau Asgerör. Hier nun beginnt die Episode, die von Herbert Meyer (Ehe und Eheauffassung der Germanen, S. 27) als Beweis für die Existenz einer Friedelehe angesehen wird. Egill gebraucht Qnundr gegenüber das Argument, daß die Töchter BjQrns in der Erbangelegenheit gleichberechtigt seien: at dœtr Bjarnar vœri jafnkomnar til atfs eptir hann at iQgum (a.a.O. S. 152). Er betont, daß Asgerör aus besserer Familie stamme als Gunnhildr, die zweite Tochter. Qnundr jedoch will das Erbe nicht herausgeben und behauptet, daß es aller Welt bekannt sei, daß Asgerör mütterlicherseits von einer Sklavin abstamme (pyborin at moderni, a.a.O. S. 153). Daraufhin macht Egill die Angelegenheit beim Gula-i>ing anhängig. Dieser Gerichtsverband umfaßt die Bezirke um den Sognefjord. Die höchste Entscheidung aber liegt beim König. In der Saga folgt nun die genaue Beschreibung des Gerichtsortes, 36 Richter sind zur Stelle, je 12 aus den Bezirken (fylki) Firöir, Sogn und HQròaland. Egill verlangt für Asgerör das halbe Erbe mit der Begründung, sie sei von adeliger Geburt, aus vornehmem Geschlecht und von noch edleren Ahnen abstammend (ódalborin, lendborin i aliar kynkvíslir, tíginborin fram í œttir, a.a.O. S. 155). Berg-Qnundr setzt dem entgegen, daß seine Ehefrau Gunnhildr die Tochter BjQrns und Alofs sei, der Frau, die BjQrn rechtmäßig geheiratet habe (k/gfengit). Asgerör hingegen habe keinen Erbanspruch, da ihre Mutter geraubt worden sei, dann zur Frilla gemacht und gegen den Willen ihrer Verwandten von Land zu Land geschleppt worden sei. Dies ist für Herbert Meyer die entscheidende Stelle. Im Isländischen lautet sie folgendermaßen: hernumin en sídan teMn frillutaki, ok ekki at frœndarâdi, ok flytt land af laudi. Herbert Meyer interpretiert dies so (a.a.O. S. 27): "Immerhin wird die 'frilla' deutlich von der Kebse unterschieden. So wird in der Egils saga von einer Kriegsgefangenen berichtet, der von ihrem Herrn später die Stellung der Friedel eingeräumt wird. " Wie oben gezeigt, läßt die Sagadarstellung eine solche Interpretation nicht zu. Berg-Qnundr stellt es vor Gericht zwar so dar, daß Asgerörs Mutter mit Wikingern und vom König verbannten Leuten außer Landes geflohen sei: Während dieser Verbannung sei Ásgerór geboren worden. Qnundr verlangt sogar, daß Asgerör als Magd (ambátt) dem König zugesprochen werden solle, da sie gezeugt worden sei, als Vater und Mutter in des Königs Verbannung lebten (hon var svá getin, at pá var fadir hennar ok módir í útlegd konungs, a.a.O. S. 156). Aus dem

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Ausdruck hertekin und Qnundrs Worten könnte man zwar einen "Raub" ableiten, jedoch nicht einen Unterschied zwischen einer "Kebse" und einer "Friedel". Egills Freund und Verwandter ArinbjQrn erbietet sich nun, Zeugen aufzubringen und diese beschwören zu lassen, daß zwischen beiden Familien ein Sühnevertrag geschlossen worden sei und daß Asgerör hierin nach ihrem Vater für voll erbberechtigt erklärt worden sei (hon var til αφ leidd eptir BjQrn, fodur sinn, a.a.O. S. 156). Auch, so wird gesagt, habe der König selbst Björns Verbannung aufgehoben (hann gerdi BjQrn tiendan). Die bei dem Gerichtsverfahren anwesende Königin Gunnhildr läßt es jedoch nicht zu einer Zeugenvernehmung kommen, sondern befiehlt, das Gericht auseinanderzutreiben. Egill fordert Berg-Qnundr nun zum Holmgang heraus, aber auch das wird ihm nicht gewährt. Er erhebt lauten Einspruch gegen das Verfahren und verkündet seinen Rechtsanspruch. Das alles hat nun eine Reihe von Ereignissen zur Folge. Egill wird vom König verfolgt, entkommt, wird für vogelfrei erklärt; er tötet Berg-Qnundr und erschlägt den Königssohn Rognvaldr, raubt dessen Gehöft aus und stellt zur Beschimpfung des Königs und der Königin die berühmte Neidstange auf. Im Gesamtkontext der Saga wird dieser Rechtsfall also als Anlaß verwendet, um die Auseinandersetzungen zwischen Egill Skallagrimsson und dem norwegischen König Eirikr und besonders der Königin Gunnhildr auf die Spitze zu treiben. Else Mundal in der oben genannten Rezension von Thomas Bredsdorffs Buch "Kaos og Kaerlighed"17 ist der Meinung, daß hier die Königsmacht als etwas Destruktives dargestellt werden soll. Nicht die Prozeßgegner sind die Kontrahenten, sondern letztlich Gunnhildr und Egill. Das würde wohl bedeuten, daß der Verfasser der Egils saga, die offenbar Jahrzehnte vor der Annektierung Islands durch die norwegische Krone niedergeschrieben worden ist, auf der antinorwegischen Seite zu suchen ist. Die ausführliche Darstellung ist auf jeden Fall nötig gewesen, um den Fortgang der Saga-Handlung zu motivieren. Das frillutak, das ja durch die nachträgliche legale Heirat wieder aufgehoben wird und das auch nicht beabsichtigt war, sondern durch die Umstände zustandekam, ist letztlich nebensächlich. Es wird hier ein Grund benötigt, um die Handlung der Saga zuzuspitzen. t>óra wurde weder in der Absicht, sie als Kebse zu halten, geraubt, noch liegt hier eine absichtliche "freie" Ehe vor; BjQrn Brynjólfsson hatte von Anfang an die Absicht, t'ora, die aus derselben gesellschaftlichen Schicht wie er stammte, in einer Vertragsehe zu heiraten.

17 Wie Anm. 12.

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2. Die Laxdaela saga18 Die zweite Saga, die das "Frilla"-Motiv aufgreift, ist die Laxdaela saga. Man nimmt für ihre Entstehung den Zeitraum zwischen den Jahren 1230 und 1280 an. Die Quellen, aus denen sie schöpft, sind vielfältig: Teils basiert sie wohl auf mündlicher Uberlieferung, ferner benutzt sie die íslendingabók des Ari inn fróòi, sie verwertet sicherlich irische Quellen und ist auch von der Heldendichtung beeinflußt19. Óláfr pài hat nach der Saga-Chronologie zwischen ca. 938 und 1006 gelebt; er wird - vor allem wegen seiner zahlreichen Nachkommenschaft in vielen anderen íslendinga sögur genannt. Óláfrs Vater ist HQskuldr Kollsson; dessen Vater, der norwegische Herse Kollr, wird in der Landnámabók erwähnt. Auch Óláfrs Mutter Melkorka Myrkjartansdóttir írakonungs und die Tatsache, daß Hoskuldr sie gekauft hat, werden in der Landnáma angeführt. Dort wird auch noch ein weiterer Sohn der beiden, Helgi, genannt, der jedoch in der Saga keine Rolle spielt. Die Geschichte von Melkorka, der frilla HQskuldrs, beginnt in Kap. 12 (a.a.O. S. 22ff.). Dort wird berichtet, daß Hoskuldr Kollsson auf den Brenneyjar (in Schweden) von einem russischen (oder in Rußland handelnden skandinavischen) Kaufmann namens Gilli inn gerzki eine Magd - sie wird ausdrücklich mit ambátt bezeichnet - für drei Mark Silbers (prjár merkr silfrs) kauft. Dieser Preis sei dreimal so hoch gewesen wie der für eine herkömmliche Magd, heißt es in der Laxdaela. (Das Verhältnis der Mark Goldes zur Mark Silbers beträgt 8:1. Die Mark Silbers enthält 8 aurar = 24 ertogar = 240 penningar). Die Frauen, die Gilli inn gerzki feilbietet, sind Kriegsgefangene aus den umliegenden Ländern, sie sind herfengnar. Auf sie bezieht sich die einzige Stelle in der Grágás, die vom Kauf einer Nebenfrau, d.h. einer Magd (nicht einer frilla), handelt. Grágás la 192/ Ζ. 19f., Konungsbók, hat den Wortlaut: Réti er at madr cavpe til carnapar ser amböt xii. avrom Jyrir lof from. A.Heusler (a.a.O. S. 177) übersetzt die Stelle: "Ein Mann ist berechtigt, sich eine Hörige zu kaufen zur Fleischeslust um zwölf Unzen auch ohne Erlaubnis [der Gesetzeskammer]". Die Staòarhólsbók 190/ Ζ. 12f. formuliert etwas abgewandelt: Rett er at madr kavpe

18 Laxdaela saga, hg.von Einar Ól. Sveinsson, ÍF V. Reykjavik 1934. 19 Eine Übersicht über die zahlreichen neueren Arbeiten zur Laxdaela saga gibt Heinrich Beck in seinem Aufsatz: Laxdaela saga und heutige Textwissenschaft. In: Arbeiten zur Skandinavistik (8. Arbeitstagung der Skandinavisten des Deutschen Sprachgebiets, 27.9.-3.10.1987 in Freiburg i.Br.), hg.von O.Werner. Frankfiirt a.M. 1989, S. 371-389.

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til eigin kono ambatt .xii. avrom fyrir loffram. Konrad Maurer 20 schließt eine vorherige Freilassung der Magd nicht aus, gibt dafür jedoch keine plausible Begründung. Auf Island ist ein solcher Fall nicht bekannt. Eine Parallele, die aber den Verfassern der Grágás im 12./13. Jahrhundert kaum vorgelegen haben dürfte, ist in einer Bestimmung des Edictum Rothari aus dem Jahre 643 zu finden, wo es 222 heißt: Ein freier Mann kann eine Sklavin zu seiner legitimen Ehefrau machen, wenn er sie zuvor freiläßt. Nimmt er Beziehungen zu einer langobardischen Sklavin auf, muß er dem Eigentümer 20 solidi zahlen, ist es eine "ancilla romana", kostet es 12 solidi. Beide Beträge entsprechen dem pretium der Sklavin. Auffällig ist, daß auch hier von zwölf solidi die Rede ist. Auch der Bjarkeyjar réttr, dessen älteste Handschriften aus dem 13. Jahrhundert stammen (mit einem Ursprung vielleicht schon im 11. Jahrhundert, als sich die norwegischen Städte bildeten), gibt den Preis für eine Sklavin in Übereinstimmung mit der Grágás an: Tolf aura á madur á ambátt sinne hinne bestu oc ij. aura a hvorre annare. Vgl. auch Gul. 198: En bonde seal taca a ambott sinni hinni vilstu halvan annan eyri, en holfo minna a hverri annarre. Efhann a eina pa seal su hans hin bezta 21 . [Zwölf Unzen Bußanspruch hat der Mann an seiner besten (unfreien) Magd und zwei Öre an jeder anderen. Und ein Bonde soll für seine beste (unfreie) Magd anderthalb Öre bekommen, und halb so viel für jede andere. Wenn er nur eine hat, da soll sie seine beste sein.]22. Die Laxdaela saga berichtet nun weiter, daß HQskuldr mit der Magd, von der alle annehmen, daß sie stumm ist, nach Island zurückkehrt. Das Gerücht von diesem Kauf ist schon vor ihm nach Island gelangt, und so fragt ihn seine Ehefrau Jórunn gleich nach der Magd. Hpskuldr bittet sie, diese auf dem Hof aufzunehmen. Jórunn erklärt sich dazu bereit und nennt die Magd hier zum ersten Mal frilla: eigi mun ek deila vid frillu pina, pá er pú hefìr flutt afNóregi (a.a.O. S. 26) [Ich werde nicht mit deiner Frilla streiten, die du aus Norwegen mitgebracht hast.]. Ende des Winters gebiert Melkorka, die frilla, einen Knaben, der Óláfr genannt wird. Im Sommer darauf gibt es Streit zwischen der Ehefrau Jórunn und der frilla. Jórunn verlangt, daß diese arbeiten müsse, und HQskuldr bestimmt, daß sie die Eheleute bedienen und ihren Sohn aufziehen solle. Da sich das Verhältnis zwischen den beiden Frauen jedoch nicht bessert, richtet HQskuldr der frilla eine

20 Konrad Maurer, Das Staatsrecht des isländischen Freistaates (Vorlesungen über altnordische Rechtsgeschichte Bd. 4). Leipzig 1909, S. 171. 21 Bjarkeyjar réttr: NGL I, S. 327 (auch: Germanenrechte, N.F. Bd. 3, Stadtrecht des Königs Magnus Hakonarsonfür Bergen, bearb. von R.Meißner. Weimar 1950, S. 390). Gul. in NGL I, S. 70. 22 Übersetzt von R.Meißner, Nordgerm. Recht, Bd. 3, 1950, S. 291.

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eigene Wirtschaft ein. Es hat sich inzwischen herausgestellt, daß sie aus einer vornehmen irischen Familie stammt, Melkorka heißt und mit 15 Jahren geraubt worden war. Der Sohn Óláfr wird zur Erziehung weggegeben, und als er älter geworden war, kümmert sich HQskuldr nicht mehr so viel um den Haushalt Melkorkas, wie er das früher getan hatte (Kap. 20, a.a.O. S. 49): HQskuldr veik meir af sér umsjá um rádahag Melkorku en verit hafdi; kvazk honum pat pykkja ekki sídr koma til Oláfs, sonar hennar; en Oláfr kvazk henni veita skyldu sina ásjá, slíka sem hann kunni at veita henni [HQskuldr kümmerte sich nicht mehr soviel um den Haushalt Melkorkas, wie er es früher getan hatte; er sagte, er meine, daß das nicht weniger Óláfrs Angelegenheit sei. Óláfr sagte, er wolle ihr (Melkorka) die Hilfe zukommen lassen, zu der er imstande sei.]. Das könnte so interpretiert werden, daß HQskuldr seinen Sohn Óláfr zum Vormund über seine Mutter einsetzt. Hier stellt sich die Frage nach der rechtlichen und sozialen Stellung Melkorkas und ihres Sohnes Óláfr. Nirgendwo in der Laxdaela saga wird gesagt, daß HQskuldr beiden die Freiheit gegeben habe. Offenbar war dies für den Sagaschreiber des 13. Jahrhunderts ohne Bedeutung. Sowohl in der Grágás als auch in den norwegischen Landschaftsrechten gibt es Regelungen für die Freilassung von Sklaven und für die Stellung von deren Kindern. Die Frostajiingslög X 47 (NGLI, S. 228) bestimmen: En sunr pyborinn ef honum er freisi gefit frá homi oc frá nappi, oc eigi elldra en prévetrum, oc toc hann hvárki til reips ne til reko. pá seal hann taca pridiungi minna rétt en faòir hans. en hann seal vid engan mann pyrmasc. En ef árborins mans syni er freisi gefit oc ambottar. oc gefr fadir freisi eòa hvergi bauggilldismanna œttborinna er gefr. pá á sá madr vid engan mann at pyrmasc. En ef hann fier cono árborinnar at scilum oc at lögum, oc getr börn med henni, pá hverfa pau aptr í átt at rètti sínum. oc taki rétt eptir fööorfedr sínum at seti oc at atfiöcu allri. en pau börn heita betrfedrungar [Und ein von einer (unfreien) Magd geborener Sohn, wenn ihm die Freiheit gegeben wird von Winkel und Napf her und er nicht älter als drei Jahre ist, und man hat ihn nicht zu Strick und Spaten genommen (gemeint ist: zu grober knechtischer Arbeit), der soll ein Drittel minderes Recht haben als sein Vater, aber er soll von niemandem abhängig sein. Und wenn dem Sohn eines Mannes aus altem Geschlecht und einer Magd die Freiheit gegeben wird, gibt sie nun der Vater oder irgendjemand aus der Ringbußgemeinschaft des Geschlechts, der soll zu niemandem in Abhängigkeit stehen. Und wenn er eine Frau aus altem Geschlecht nimmt nach Ordnung und Gesetz und Kinder mit ihr erzeugt, da kehren diese zurück ins Geschlecht mit ihrem Recht und sollen ihr Recht nach

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ihrem Vatervater bekommen in der Sitzordnung und jeder Erbnahme, und solche Kinder heißen "besser als der Vater".]23. Hätte hiernach also Hoskuldr Óláfr die Freiheit geschenkt, ehe dieser drei Jahre alt geworden wäre, hätte er zwar weniger Rechte gehabt als sein Vater, er wäre aber auch von niemandem abhängig gewesen. Ausdrücklich gesagt wird dies in der Saga jedoch nicht. Andererseits muß Óláfr freigelassen worden sein, sonst hätte er nicht die Tochter Egill Skallagrímssons heiraten können. Egill hätte sich mit Sicherheit niemals dazu herabgelassen, eine unfreie Nachkommenschaft oder eine Nachkommenschaft mit minderen Rechten in seiner Familie zu dulden. Es wäre auch denkbar, daß Hoskuldr Melkorka die Freiheit gegeben hat, nachdem er von ihrer vornehmen Abstammung erfahren hatte. Doch auch dann wäre Óláfr nicht freigeboren gewesen, denn die Grágás (la 224/ Ζ. 3f.) bestimmt, daß ein Kind nicht erbfähig war, daß lebendig geworden war im Leib der Mutter, ehe ihr die Freiheit geschenkt worden war. So ein Kind ist zwar freigeboren, aber die Mutter muß vor der Geburt freigelassen worden sein. Das aber geht aus der Saga nicht hervor. Die Unstimmigkeiten sind wohl nur so zu erklären, daß der Sagaverfasser mit den tatsächlichen Verhältnissen des 10. Jahrhunderts nicht vertraut war. Als er die Saga in der uns vorliegenden Form schrieb, war die Zeit vorbei, in der die Nordleute die umliegenden Länder heimsuchten und Frauen als Beute mitnahmen. Auch der wichtige Umschlagplatz Dublin hatte für den Sklavenhandel schon lange seine Bedeutung verloren. Bis zum Jahre 1074 war Dublin ein unabhängiges Königtum und hatte sich langsam zu einer bedeutenden Handelsstadt entwickelt. Der Name Óláfr war ein bei den Kleinkönigen von Dublin üblicher Name. Vielleicht hat das den Sagaverfasser (oder auch den Vater) dazu angeregt, Melkorkas Sohn diesen Namen zu geben. Ein typisch isländischer Name ist Óláfr nicht. Zwei Umstände spielten dabei eine Rolle, daß nach dem 11. Jahrhundert Norwegen und die anderen Länder keine irischen Sklaven mehr erhielten. Im Jahre 1102 wurde vom Westminster Council der Sklavenhandel in England verboten, und das traf auch Dublin empfindlich. Außerdem verschwand nach dem Tode von König Magnus berfoettr (1101-1104) der direkte Kontakt zwischen Skandinavien und Island einerseits und Dublin andererseits. Magnus hatte vergeblich versucht, die norwegischen Siedlungen um die Irische See zurückzugewinnen. Von da an bestanden für lange Zeit nur noch indirekte Verbindungen über die Orkaden und

23 Übersetzt von R.Meißner, Norweg. Recht, Bd. 4, 1939, S. 199f.

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die Hebriden24. Die Erinnerungen an diese Reisen blieben jedoch in den Sagas lebendig. Auch sonst gab es keine Kriegsgefangenen mehr, die in Leibeigenschaft gerieten, zumal die Gesetze in den nordischen Ländern die Leibeigenschaft nach und nach abschafften. Auf Island wurde die Leibeigenschaft zwar niemals gesetzlich aufgehoben, doch war der letzte Sklave, der in den Quellen genannt wurde, Gilli, der Sklave von I>orsteinn Siòu-Hallsson, der um die Mitte des 11. Jahrhunderts lebte. In Norwegen scheint Magnüs Erlingsson um das Jahr 1160 die Paragraphen für eine Freilassung von Sklaven fallengelassen zu haben, wahrscheinlich auch hier, weil es kaum noch Sklaven gab. Das Landrecht des Königs Magnus Hákonarson von 1274 enthält keine Bestimmungen mehr für die Freilassung. In Schweden wurde die Sklaverei durch Gesetz beendet. Im sog. Skara stadga von 1333 bestimmte Magnus Eriksson, daß die damals lebende Generation von Sklaven die letzte sein sollte. In Dänemark scheint die Sklaverei bis in das 13. Jahrhundert hinein gereicht zu haben; sie ging allmählich ohne ausdrückliches Gesetz zu Ende. Der Verfasser der Laxdaela saga hat die Geschichte von Melkorka und ihrem Sohn Óláfr demnach zu einer Zeit geschrieben, als es schon 200 Jahre keine Sklaverei mehr auf Island gab. Selbst wenn er die (in der Grágás überlieferten) Gesetze für die Freilassung von Sklaven gekannt haben sollte, konnte er sich vermutlich nicht mehr in deren Status versetzen. Er nennt Melkorka zwar eine ambátt und Óláfr einen ambáttarsonr, aber Melkorkas weiteres Verhalten, so wie er es in der Saga schildert, weist nicht auf eine Stellung, die eine ambátt im 10. Jahrhundert innegehabt hätte, hin. Vor allem die in Kap. 20 (a.a.O. S. 50) beschriebene Episode läßt nichts davon erkennen. Melkorka empfindet HQskuldrs Verhalten, nämlich Óláfr die Verantwortung für sie zu übertragen, als svivirdiliga, was mit "beschämend", "entehrend" zu übersetzen ist. Sie nimmt sich vor, etwas zu tun, was HQskuldr mißfallen könnte. Sie bittet ihren Sohn Óláfr, nach Irland zu fahren, um dort seinen Großvater aufzusuchen. Um ihm das Reisegeld hierfür zu beschaffen, entschließt sie sich, den Bauern I>orbjQrn skijúpr zu heiraten, der sie bei der Wirtschaftsführung unterstützt hat. Da die Wirtschaftsführung mit Billigung (und auf Wunsch) HQskuldrs geschehen war, ist anzunehmen, daß tOrbjQrn zu dessen Thingleuten gehörte. Im 10. Jahrhundert mußte jeder Bauer seine Zugehörigkeit zu einem Godentum erklären. Die Bauern waren verpflichtet, die außerhalb des Allthings stattfindenden Bezirks-Thingversamm-

24 S. dazu Paul Holm, The Slave Trade of Dublin, Ninth to Twelfth Centuries. In: Peritia (Journal of the Medieval Academy of Ireland), Vol. 5 (1986), p. 317-345.

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lungen zu besuchen, und jeder neunte Bauer mußte seinen Goden zum Allthing begleiten, jeder mußte eine Thingsteuer entrichten. Man konnte jedoch die Zugehörigkeit zu einem Thingbezirk wechseln; das geschah auf einer der regulären Thingversammlungen. Der Gode beanspruchte die Herrschaft über seine Leute, das sog. mannaforrad. Es waren jedoch freie Bauern. Melkorka begründet ihren Wunsch, Óláfr nach Irland schicken zu wollen, damit, daß sie nicht länger ertragen könne, daß man ihn einen ambâttarsonr nenne. Sie weiß aber auch, daß HQskuldr weder über Óláfrs Auslandsreise noch über eine Heirat ihrerseits mit >orbjQrn erfreut sein würde. Óláfr antwortet Melkorka auf ihren Vorschlag, sie möge darüber allein bestimmen (ein ràda). Óláfr richtet die Hochzeit seiner Mutter ohne Einverständnis und Wissen HQskuldrs aus und setzt allein den Vertrag fest (ok rèeI Oláfr einn máldaga). Natürlich erwartet der Leser oder Zuhörer des 13. Jahrhunderts jetzt eine Reaktion von Seiten HQskuldrs auf diese Nachricht hin. Der Sagaschreiber gibt folgende Erklärung (a.a.O. S. 51): honum líkar heldr pungliga; en med pvi at vandamenn hans áttu hlut í, pá sefadisk hann ok lét vera kyrrt [HQskuldr gefiel das recht wenig; da aber seine Verwandten an der Sache beteiligt waren, beruhigte er sich und ließ die Angelegenheit auf sich beruhen.]. Damit macht sich der Sagaschreiber die Sache einfach: Um der beteiligten Verwandten willen läßt HQskuldr die Angelegenheit auf sich beruhen. Daß der Verfasser der Laxdaela saga Melkorka eine solche Sonderstellung einräumt - er hält sich insofern an die historischen Tatsachen, daß er ihre Herkunft als die einer gekauften Magd angibt - und sich über die Fragen der Freilassung und sozialen Stellung, die im 10. Jahrhundert eine Rolle gespielt hätten, hinwegsetzt, mag darin begründet sein, daß ihr Sohn Óláfr der Held der Erzählung ist und daß für den Isländer auch des 13. Jahrhunderts eine vornehme Herkunft von besonderer Wichtigkeit war. Darin stimmt die Saga völlig mit den Vorstellungen der mittelhochdeutschen Dichtung überein, wo zu den Heldentugenden immer eines gehört: nämlich edle Abstammung25. Für die Sagahandlung ist es wichtig, daß Óláfr der Makel, ein "Magdsohn" zu sein, nicht länger anhaftet. Diese Entwicklung wird schon vor Óláfrs Geburt bei der Beschreibung Melkorkas (a.a.O. S. 27) angedeutet: Von ihr wird gesagt, sie habe stórmennskumót und sei kein afglapi. Diese Eigenschaften weisen Sklaven nicht auf, sondern nur Menschen von guter und freier Geburt. Man könnte die Ausdrücke mit "von vor-

25 Die wichtigsten Beiträge zu diesem Thema, das besonders in den 70er Jahren aktuell war, finden sich in: Ritterliches Tugendsystem, hg. von Günter Eifler, Wege der Forschung Bd. LVI. Darmstadt 1970. S. auch Werner Paravicini, Die ritterlich-höfische Kultur des Mittelalters. (Enzyklopädie dt. Geschichte). München (im Druck).

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nehmem Benehmen" und "Mensch nicht ohne Verstand" übersetzen. Es ist für den Fortgang der Handlung wichtig, daß Óláfr väterlicher- und mütterlicherseits von guter Herkunft ist. Zum einen ist es für die Heirat, die HQskuldr seinem Sohn zugedacht hat, von Bedeutung. Er will dadurch verwandtschaftliche Beziehungen zu der Familie Egill Skallagrímssons herstellen und hält für Óláfr um die Hand von Egills Tochter t>orgerör an. Diese nennt Óláfr zunächst einen ambáttarsonr, willigt jedoch, nachdem sie ihn näher kennengelernt hat, in die Heirat ein. Das zweite Mal ist die Frage nach Óláfrs Herkunft von Wichtigkeit, als es um die Teilung des väterlichen Erbes zwischen den ehelichen Söhnen HQskuldrs und Óláfr geht. Hier allerdings wird Óláfr nicht mehr als von einer unfreien Magd abstammend bezeichnet, sondern es geht um das Faktum der Unehelichkeit. Kurz vor seinem Tode ruft HQskuldr seine beiden ehelichen Söhne Bárór und Porleikr zu sich und sagt zu ihnen (a.a.O. S. 71 f.): "Pit erud sldlgetnir ok eigud at taka alian arf eptir mik. " [Ihr beide seid ehelich geboren und habt Anspruch auf das gesamte von mir hinterlassene Erbe.]. Der dritte Sohn jedoch ist eie i edliborinn. d.h. unehelich. HQskuldr verlangt von den beiden Brüdern - das Verbum beida wird gebraucht, nicht das Verbum biöja -, daß Óláfr den dritten Teil des Erbes erhält. Hier benutzt der Sagaschreiber eine Rechtsformel: at Óláfr sé leiddr til arts ok takifé at pridjungi vid ykkr [daß Óláfr in das Erbe eingeführt wird und mit euch zusammen ein Drittel des Vermögens nimmt.]. Der Sagaschreiber erweist sich als gesetzeskundig, zumindest was die Bestimmungen der in der vorliegenden Form aus dem 13. Jahrhundert stammenden Grágás betrifft. Grágás (Konungsbók) la 222/ Ζ. 7f. heißt es denn auch: sa madr er eigi arfgengr, er módir hans er eigi munde keypt mork epa meira fe eòa eigi brullavp til gert epa eigi fostnod" [Der ist nicht erbfähig, dessen Mutter nicht mit Mahlschatz gekauft ist, einer Mark oder mehr, - oder kein Brautlauf abgehalten oder keine Verlobung.]26. Da HQskuldr schon verheiratet gewesen war, als er Melkorka kaufte, war dieser Kaufpreis natürlich kein mundr. Frost. III 13 fügt dem noch hinzu, daß niemand an ein Erbe gelangen kann, dessen Mutter nicht mit mundr gekauft ist, außer er sei in gesetzlicher Weise in das Geschlecht eingeführt worden. Das hatte HQskuldr wohl nicht getan, sonst wäre die Bitte an seine ehelichen Söhne unnötig gewesen. Einer der beiden Söhne ist nicht mit dem Vorschlag des Vaters einverstanden, und auch da zeigt der Sagaschreiber Gesetzeskenntnis. Er läßt HQskuldr sagen: "eigi munu pit vilja rœna mik iQgum, at ek gefa tólf aura syni mínum svá stóreet-

tudum í módurkyn sem Óláfr er" [ihr wollt mich wohl nicht meines gesetzlichen

26 Übersetzt von A.Heusler, Germanenrechte, Bd. 9, Isl. Recht, 1937, S. 206.

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Rechts berauben, daß ich meinem Sohne, der mütterlicherseits aus einer so vornehmen Familie stammt, wie Óláfr das tut, zwölf Öre geben kann.]. Auch hier wird die vornehme Abstammung, die Óláfr mütterlicherseits aufweisen kann, hervorgehoben. Die Regelung, daß der Vater seinem unehelichen Sohn zwölf Unzen (Ore) vererben darf ohne Zustimmung der gesetzlichen Erben, stimmt sowohl mit isländischem als auch mit norwegischem Recht überein. Grágás (Konungsbók) la 247/ Ζ. 23f. formuliert: maòr a at gefa barne sino lavngetno ef haN vili xii. avra Jyrir rad scapatfa sins eN eigi meira fe nema erfingiar lofe. Eigi seal madr meira peim syne sinom gefa eN .xii. avra er eigi er scirgetiN. oc pviat eins sva ef eigi kömr miNa a aNara lut. nema erfingiar lofe [Man darf seinem unehelichen Kinde schenken, wenn man will, zwölf Unzen ohne Beistimmung des ordentlichen Erben, aber nicht mehr, außer die Erben erlauben es. Mehr als zwölf Unzen darf niemand seinem Sohne schenken, der nicht ehelich gezeugt ist, und nur dann soviel, wenn nicht weniger auf den Anteil der anderen kommt - außer die Erben erlauben es. ] 2 7 . Frost. IX 17/213 bezieht sich auf den von einer Magd geborenen Sohn, was ja hier noch näher zutrifft: Haulldr seal gefa syni si'num pybornum oc fóstra sínum hvárumtveggia .xij. aura sylfrmetna efhann vili fyrir utan erfingia sátt [Ein Odelsbonde darf seinem von einer Magd geborenen Sohne und seinem Pflegesohne, einem jeden von beiden, zwölf Ore in Silbergewicht geben, ohne die Zustimmung seiner Erben.] 28 . Zusammenfassend kann gesagt werden: Melkorka wird in der Laxdaela saga ambátt und frilla genannt. Zwischen diesen beiden Begriffen unterscheidet der Sagaschreiber nicht deutlich. Als zentrale und positiv gezeichnete Figur muß ihr Sohn Óláfr andererseits von vornehmer Abkunft sein. Der Sagaschreiber löst das Problem durch königliche Abkunft der frilla und ambátt Melkorka. Die tatsächlichen sozialen Verhältnisse, die im 10. Jahrhundert geherrscht haben, spielen hierbei eine sekundäre Rolle. Wichtig für die Saga des 13. Jahrhunderts ist die Begründung der "vornehmen Herkunft" und die glaubhafte Ausgestaltung dieses Motivs.

27 Übersetzt von A.Heusler, Germanenrechte, Bd. 9, Isl. Recht. 1937, S. 231. 28 Übersetzt von R.Meißner, Norweg. Recht, Bd. 4, 1939, S. 170.

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3. Die Vatnsdaela saga29 Als Entstehungszeitraum dieser Saga werden die Jahre zwischen 1230 und 1280 angenommen. Einar 01. Sveinsson (in der Einleitung zu seiner Ausgabe in íslenzk Fornrit) legt ihn etwas genauer fest. Er ist der Meinung, daß frühestens die Jahre um 1270 in Frage kommen. Der Verfasser der Vatnsdaela saga hat die ältere Landnáma, die Fagrskinna und die Laxdaela saga gekannt. Die ältesten erhaltenen Handschriften stammen aus dem 14. Jahrhundert. Die Sagahandlung umfaßt die Jahre von der Landnahme Ingimundrs bis zu seiner Erschlagung 930. Er wird in der Landnáma genannt, und auch die übrigen an der folgenden Geschichte beteiligten Personen werden erwähnt: Hrolleifr, der Sohn Arnaörs, der ein Bruder Saemundrs, des Ziehbruders von Ingimundr war (Landnáma S. 220), ferner der Bauer Uni und seine beiden Kinder Oddr und Hroöny. In der Landnáma allerdings wird die Geschichte kurz dargestellt: Hrolleifr bändelt mit Hroöny, der Tochter Unis, an. Im altisländischen Text wird gesagt: kannfífldi Hródnyju (S. 220). Das Verbum flfla kann im Isländischen zwei Bedeutungen haben: 1. "verfängliche Redeii führen" und 2. "ein unerlaubtes Verhältnis mit einer Frau beginnen". Fritzner 30 gibt als Beispiel für die zweite Bedeutung eine Stelle aus den Byskupa sögur an, wo fíflast frá bónda sínum mit "sich verleiten lassen, seinem Ehemann untreu zu werden" zu übersetzen ist. Aus der Landnáma geht nicht hervor, in welcher der beiden Bedeutungen die Wendung hann fífldi hier gemeint ist. Die Landnáma berichtet dann weiter, daß Oddr Unason, der Bruder Hróònys, Hrolleifr auflauert und dessen Verwandten Ljótr erschlägt. Hrolleifr wiederum erschlägt Oddr und zwei weitere Männer, die beiden anderen Begleiter Oddrs können entkommen. Daraufhin erklärt HQföa-t>orör Hrolleifr im gesamten Bezirk svá vítt sem vatnsfQll deildu til sjóvar í Skagafiròi [so weit die Wasserfalle im Skagafjord ins Meer fließen] für geächtet, und Saemundr schickt Hrolleifr zu Ingimundr dem Alten. Die Vatnsdaela saga arbeitet diese Angaben zu folgender Erzählung um31 (Kap. 18, a.a.O. S. 50): Hrolleifr, genannt inn stori, kommt mit seiner Mutter Ljót nach Island in den Hvítá-Bezirk. Die beiden werden von Hrolleifrs Vaterbruder Saemundr, dem Ziehbruder Inigmundrs, zum Winteraufenthalt eingeladen. Hrol-

29 Vatnsdaela saga, hg. von Einar Ol. Sveinsson, IF VIII. Reykjavik 1934. 30 Johan Fritzner, Ordbog Bd. I, S. 411. 31 Die Angaben der Landnáma stammen auf jeden Fall nicht aus dieser Fassung der Vatnsdaela saga. Evtl. hat dem Bearbeiter der Landnáma eine ältere schriftliche (oder mündliche) Fassung vorgelegen.

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leifr wird ebenso wie seine Mutter als übler Charakter beschrieben. Beide lassen sich später auf Anraten Saemundrs auf HQfòastrQnd nieder. Die Leute dort dulden es ungern, wagen jedoch um seiner Verwandtschaft mit Saemundr willen nicht, etwas dagegen zu unternehmen. Dort in der Gegend wohnt auch der reiche Bauer Uni mit seinen beiden Kindern. Von Hróòny wird gesagt, sie sei eine friö kona, vinnugód [eine schöne Frau und arbeitsam]. Hrolleifr hält nun förmlich bei Uni um Hróòny an. Das geht aus dem isländischen Wortlaut eindeutig hervor: [Hrolleifr:] at vit fest im mágsemd med older ok eiea ek dóttur pina" [daß wir beide Schwägerschaft miteinander vereinbaren und ich heirate deine Tochter]. Uni jedoch schlägt dieses Angebot mit der Begründung ab, Hrolleifr habe nicht den guten Charakter (skaplyndi), um eine gute Frau zu heiraten, und seine Tochter sei nicht ógiptusamlig, d.h. sie sei nicht jemand, der das Glück gegen sich habe. Hrolleifr wird zornig und antwortet dem Bauern, er würde nun das tun, was órádligra, d.h. "ungehöriger" sei, nämlich das Mädchen solle nun seine frilla werden, und das sei henni fullkosta = noch gut genug für sie. Gegen den Willen des Vaters nimmt Hrolleifr Beziehungen zu Hróòny auf; es wird gesagt, hann vandi sínar gQngur pangat ok settisk á rcedur vid Hródnyju [er ging regelmäßig dorthin und unterhielt sich mit Hróòny]. Diese Bemerkung läßt auf das Einverständnis des Mädchens schließen. Da Hrolleifr seine Besuche bei Hróòny trotz mehrfacher Aufforderung durch deren Bruder nicht einstellt, lauert dieser ihm zusammen mit vier anderen Männers auf. Oddr (der Bruder) und einer seiner Begleiter werden erschlagen, ebenso Ljótr, einer der Männer Hrolleifrs; drei Männer entkommen (nach der Landnáma sind es zwei), und Hrolleifr wird wegen Totschlags an Oddr im Bezirk geächtet. Das entspricht wieder dem Bericht der Landnáma. Der Bauer Uni erhält Hrolleifrs Land als Sohnesbuße. Hier wird ganz deutlich, wie ein Erzähler des 13. Jahrhunderts seinen Stoff behandelt und wie die Landnáma nüchtern und sachlich berichtet. Dort wird in einem Nebensatz gesagt: Hrolleifr fìfldi Hródnyju, in der Vatnsdaela saga wird daraus eine ganze Geschichte mit Rede und Antwort, Beleidigungen, Aufhetzung des Sohnes durch den Vater, der die Ehre seiner Tochter verteidigt sehen will. Interessant für unsere Untersuchung ist die Wertung der Bezeichnung frilla. An dieser Stelle kommt die Bedeutung, die das Wort zur Zeit der Abfassung der Vatnsdaela saga, in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, hatte, klar zutage. Der Terminus frilla ist hier durchweg in abwertendem Sinne gebraucht. Die Stellung einer frilla ist keineswegs mit der einer Ehefrau gleichzusetzen. Hrolleifr bietet Uni zunächst eine Vertragsehe an und bezeichnet Hann selbst den Status einer frilla als órádligr, als nicht sehr geachtet. Daß dies von Hróònys Familie ähnlich gesehen wird, zeigt ja das Eingreifen des Bruders. Zur Zeit der Niederschrift der Saga ist demnach frilla auf der semantischen Ebene von fifla anzusie-

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dein und durchaus als minderes "Verhältnis" zu verstehen. Das bestätigt auch noch eindeutig ein weiterer Beleg fur fiilla, der sich Kap. 37 der Vatnsdaela saga findet. Der Kárasár-Gode l>orgrímr Hallormsson hatte von seiner frilla Nereiör einen Sohn, der jedoch auf Geheiß seiner Ehefrau (kona hans) ausgesetzt werden mußte. Der Junge wird gerettet und schließlich von t>orgrímr anerkannt. In Kap. 42 wird ohne weitere Begründung von einer Verwandtschaft zwischen dem unehelichen Sohn t>orgnmrs torkell und dem Orkadenjarl Sigurör Hloôvésson gesprochen. torkell sucht den Jarl auf und offenbart - eine recht märchenhaft ausgeschmückte Episode - die Verwandtschaft. t>orkell wird Gefolgsmann des Jarls, und dieser gibt ihm, als er nach Island zurückfahren will, einen Goldring für torgrímr mit. Der Ring war eine halbe Mark Goldes wert und sollte der Freikaufpreis für torkells Mutter Nereiör sein. Der Jarl tut das fyrir frœndsemi, um der Verwandtschaft (mit Nereiör) willen. Mehr wird nicht gesagt. Die Geschichte erinnert stark an die Melkorka-Erzählung der Laxdaela saga. Da die Vatnsdaela saga jünger ist als die Laxdaela saga, könnte hier durchaus eine Abhängigkeit vorliegen. Man kann auch deutlich das Erzählmuster erkennen, nach welchem der Verfasser vorgegangen ist: ein tüchtiger Sohn, dessen Vater ein isländischer Gode und dessen Mutter eine Kriegsgefangene aus vornehmer Familie sind. Der uneheliche Sohn wird in das Geschlecht des Vaters aufgenommen, die Mutter erhält die Freiheit. Hier schmückt die Vatnsdaela sogar noch weiter aus als die Laxdaela saga, in der von der Freilassung Melkorkas nicht gesprochen wird, obwohl sie, als ihr Sohn Óláfr erwachsen ist, wie eine Freie geschildert wird.

4. Die Njáls saga32 In der Njáls saga, deren Entstehungszeit in die Jahre um 1280 angesetzt wird (die fünf ältesten Handschriften werden auf ca. 1300 datiert; die Urhandschrift wurde sicher nicht viel früher als 1290 angefertigt), spielt ebenfalls ein "Verhältnis" eine nicht unwesentliche Rolle für den Verlauf der Handlung. Njáll und seine Frau Bergfwra Skarphedinsdóttir hatten drei Söhne und drei Töchter. Der vierte Sohn Njálls hieß Hoskuldr, er war unehelich (laungetinn), seine Mutter war Hróòny HQskuldsdóttir, die Schwester Ingjáldrs at Keldum. Diese Familie ist nur in der Njáls saga belegt und dort mit einem ziemlich langen Stammbaum. Ingjáldr und Hróòny waren die Kinder von HQskuldr dem Weißen, dieser war der Sohn

32 Brennu-Njáls saga, hg. von Einar Ol. Sveinsson, IF ΧΠ. Reykjavik 1954.

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Ingjáldrs des Starken, dieser wiederum der Sohn Geirfinnrs des Roten, dessen Vater war SQIVÍ, der Sohn Gunnsteinns berserkjabanis. (Man erkennt hier deutlich das Interesse der Isländer an Abkunft und Verwandtschaft der Sagapersonen.) Von all diesen Namen wird nur Gunnsteinn berserkjabani in der Landnáma erwähnt (S. 366), allerdings mit anderer Verwandtschaft. In der Njáls saga wird nun folgendes erzählt: HQskuldr Njálsson und seine Mutter besitzen einen Hof in Holt, und Hoskuldr reitet häufig zwischen BergJjórsvall (dem Hofe Njálls) und Holt hin und her. Hoskuldr hat ebenfalls einen unehelichen Sohn namens Ámundi. Dieser ist blind, über die Mutter wird nichts gesagt. Auf einem dieser Ritte wird Hoskuldr von Lytingr und dessen Brüdern aus Rache für einen von den Njälssöhnen erschlagenen Verwandten, Práinn (der jedoch durch Vergleich gebüßt worden war), getötet. Hróòny findet die Leiche ihres Sohnes und läßt sie mitten in der Nacht nach Bergjrórsvall schaffen. Sie tritt an das Bett der Eheleute und sagt zu Njáll: "Steh aus dem Bett meiner elja auf und geh mit mir hinaus, ebenso sie und deine Söhne. " Interessant an dieser Stelle ist, daß Hróòny, die nicht mit Njáll verheiratet ist, die legale Ehefrau mit elja (Nebenfrau) bezeichnet. Elja gehört wahrscheinlich zu der Wortfamilie von lat. alia = die andere Frau, vgl. ahd. ellio = Nebenbuhler. Man hätte vielleicht eher erwartet, daß BergJjóra, die rechtmäßige Ehefrau, Hróòny so genannt hätte. (Vgl. dazu das Kapitel Wortuntersuchungen, S. 148f.). Hróòny fordert nun Skarpheöinn, den ältesten der Njálssohne, auf, seinen Halbbruder zu rächen, auch wenn dieser unehelich (eigi skilgetinn) gewesen sei. Auch hier ist das Motiv der "Nebenfrau die allerdings nichtjrilla genannt wird, für den Fortgang der Sagahandlung von Bedeutung: Die Njállssohne machen sich sogleich zum Gegenzug auf. Die Angelegenheit wird dann letztlich so beigelegt, daß Njáll mit dem Beauftragten Lytingrs einen Vergleich für seine Söhne abschließt.

5. Die Svarfdaela saga33 Kapitel 16 der erst um 1300 entstandenen Svarfdaela saga führt Herbert Meyer (Ehe und Eheauffassung der Germanen, S. 27) als einen seiner Hauptbelege dafür an, daß die Friedelehe (in seinem Sinne) nur eine andere, durchaus nicht mindere Form der Ehe sei. Er schreibt: "Daß die Friedelehe auch später in Island nur eine andere Form der Ehe und durchaus nichts Entehrendes war, zeigt die Bemerkung der Svarfdaela 19,56 (íslenzkar Fornsögur III, 1883, S. 56f.): En ¡>á var sem mest

33 Svarfdaela saga, hg. von lonas Kristjánsson, ÍF IX. S. 165ff. Reykjavik 1965.

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vinfengi peira Ljótólfs ok Ásgeirs raudfelds, pví at Yngvildr fögrkinn var frióla Ljótólfs [Aber zu jener Zeit bestand gerade ein sehr herzliches Verhältnis zwischen L. und A. Rotmantel, weil Y. Schönwang (A.'s Tochter) L.'s Friedel war.]." Herbert Meyer nimmt jedoch diese Bemerkung aus dem Sagazusammenhang heraus und vernachlässigt den Kontext. Die Hauptpersonen der Saga sind historisch: Ljótólfr goöi Alreksson aus dem Svarfdalr wird beiläufig in der Landnáma erwähnt, ebenso Yngvildr fagrkinn Ásgeirsdóttir (dort allerdings Yngvildr rauòkinn genannt), verheiratet mit Klaufí, dem Sohne des Wikingers HafJjórr (S. 252). Gríss, ein Verwandter Ljótólfirs, wird als Gríss gleòill, verheiratet mit Klaufís Schwester Gróa, erwähnt. Das sind die dürren Tatsachen; die Saga bildet daraus eine Personenkonstellation, in der Yngvildr zur Hauptperson wird: Ásgeirr rauöfeldr und Ljótólfr goöi waren befreundet, da Ásgeirrs Tochter Yngvildr - wie oben schon gesagt - die frilla Ljótólfrs war. Klaufí - hier Snaekolsson genannt - legt auf einem Gelage das Gelübde ab, er würde in Yngvildrs Bett kommen ohne Zustimmung Ljótólfrs (Svarfdaela saga, S. 166: koma ísQmu rekkju Yngvildi fagrkinn án vilja Ljótólfs goda.). Die an dem Gelage (und Gelübdeablegen) Beteiligten versuchen, dies sofort in die Tat umzusetzen, doch wird der Plan dadurch vereitelt, daß Ljótólfr davon erfährt und sie mit zwanzig Mann davon abhält. Im darauffolgenden Frühjahr wird Yngvildr mit Klaufí verlobt, indem dieser auf ihren Vater Druck ausübt. Sie selbst wird nicht gefragt. Uber eine legale Hochzeit der beiden wird nichts gesagt, es wird nur berichtet, daß Karl inn rauñi í»orsteinsson das Paar in ein Bett führt (S. 169: faerir Karl pau í eina seeng Klaufa ok Yngvildi). Yngvildr zieht zu Klaufí und sagt von sich (was allerdings nicht ihrer wahren Meinung entspricht, sondern Klaufí in Sicherheit wiegen soll), sie glaube nicht, daß eine Frau besser verheiratet (betr gefin) sein könne, als sie es sei. Da Verlobung und "sängledning" stattgefunden haben, könnte es sich demnach doch um eine echte Ehe, nicht um eine mindere Form handeln. Klaufí wird kurz darauf auf Anstiftung Yngvildrs hin von ihren beiden Brüdern ermordet. Diese flüchten zu Ljótólfr, dem die Ermordung Klaufís sehr willkommen ist. Auch Yngvildr zieht offenbar wieder zu Ljótólfr. Allerdings wird in Kap. 20 (S. 183) gesagt, daß dem Goden Ljótólfr die Tochter Guòmundrs des Alten aus dem EyjafjQrör als Gattin in Aussicht gestellt wird (er honum kona œtlud). Die Saga berichtet dann weiter, daß Skiòi, ein Leibeigener Ljótólfrs, von Karl mißhandelt wird, weil er die Brüder Yngvildrs, die sich auf Ljótólfrs Hof versteckt halten, nicht verraten will. Zum Dank für seine Treue darf er sich von Ljótólfr etwas wünschen. Er bittet darum, Yngvildr heiraten zu dürfen. Ljótólfr

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gewährt ihm den Wunsch, wenn auch ungern. Er will jedoch, daß vorher Yngvildrs Einwilligung eingeholt werden solle (S. 186: Ρά skulu vit leita vid hana, pvi at ek vil eigi gefa hana naudga). Es ist auffällig, daß er offenbar das Recht hat, Yngvildr zu verheiraten. Sie ist weder wie Skiôi seine Leibeigene, noch ist sie seine Ehefrau, über die er den mundr hat, sie ist vielmehr seine frilla. Yngvildr ist über den Vorschlag, Skiôi heiraten zu sollen, nicht erbaut. Skiôi ist ein Knecht, und das sagt sie auch zu Ljótólfr (S. 186): "Du scheinst mich wenig werthalten zu wollen, wenn du mich deinem Knecht (prœll) verheiraten willst." Ljórólfr verspricht, Skiôi die Freiheit zu schenken und sie selbst für die Heirat gut auszustatten. Yngvildr stellt noch eine weitere Bedingung. Sie will, daß Skiòi innerhalb von fünf Jahren die Scharte in seiner Lippe ausgewetzt haben solle, die ihm Karl geschlagen habe. Skiôi erklärt sich einverstanden, und Yngvildr übernimmt in der Saga jetzt die Rolle der "Hetzerin". Dieses Motiv (die Senna) wird in den Islendinga sögur häufig verwendet. Es hat seinen Ursprung in der Heldensage, das bekannteste Beispiel ist wohl die Brünhild-Senna aus dem Nibelungenlied. Yngvildr erreicht, daß Karl von Skiôi erschlagen wird. Als Karls Sohn herangewachsen ist, tötet er Yngvildrs Söhne und schickt Skiôi außer Landes. Yngvildr selbst nimmt er mit auf Auslandsfahrt und verkauft sie zweimal als ambátt. Jedesmal fragt er dabei, ob die Scharte in Skiôis Lippe jetzt ausgeheilt sei. Die gesamte Saga weist zahlreiche unrealistische Züge auf. Die Handlung ist unwahrscheinlich, die Gestalt Yngvildrs wird umgewandelt zu einer Hetzerin, wie sie der Heldendichtung entspricht. Der Kern der Saga ist jedoch historisch, die Personen sind bezeugt. Das Verhältnis, das Ljótólfr zu Yngvildr hat, entspricht durchaus den Verhältnissen dieser Art, die auf Island im 13. Jahrhundert üblich waren. Ljótólfr ist Gode und verheiratet sich standesgemäß. Yngvildr ist die Tochter eines unvermögenden Bauern und wird von Ljótólfr als frilla gehalten. Er hat offensichtlich auch das Recht, sie zu verheiraten - ein Recht, das sonst dem Vater zukommt. Eine Ehe, wie Herbert Meyer meint, führt er nicht mit ihr.

6. Die Finnboga saga34 Auch bei dieser Saga handelt es sich um eine späte Saga. Sie ist wohl etwa gleichzeitig mit der oben behandelten Svarfdaela saga entstanden, für die als Entstehungszeit die Jahre um 1300 angenommen werden. Die Finnboga saga ist

34 Finnboga saga, hg. von Johannes Halldórsson, IF XIV. Reykjavik 1959.

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in der Mööruvallabok enthalten, die in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geschrieben worden ist. Die Hauptpersonen der folgenden Erzählung sind die Söhne Ingimundrs des Alten ì>orsteinsson, vor allem der Sohn Jökull. Ingimundr war einer der Landnahmemänner (vgl. Landnáma S. 219). t>óra t>orgrímsdóttir, die Tochter eines reichen Bauern, kommt nur in der Saga vor. Finnbogi Ásbjamarson wird in der Landnáma erwähnt (S. 273), sein Verwandter Porkell Siguröarson wird ebenfalls nur in der Saga genannt. Kap. 30 (S. 302f.) wird berichtet, daß Jökull Ingimundarson häufig Besuche auf dem Hofe I>orgrimrs macht, um mit dessen Tochter zu reden. Es wird gemunkelt, daß er entweder um ihre Hand anhalten würde oder sie zur frilla nehmen wolle. Hier werden beide Möglichkeiten als Gegensatz zueinander gesehen: at kann mundi bidja hennar eòa taka hana frillutaki. Auch muß auf den Standesunterschied zwischen Jökull und Póra hingewiesen werden; Jökull stammt aus einer der ersten und ältesten Familien Islands, die auf die Landnahmemänner zurückgeht, während ì>óra eine Bauerntochter ist, deren Vater zwar reich, doch von geringer Herkunft ist. Nun hält Finnbogi Ásbjamarson für seinen Verwandten tOrkell um I>óras Hand an. Der Vater I>orgrimr geht recht zögernd auf das Angebot ein, da ihm der zukünftige Schwiegersohn nicht sehr tüchtig zu sein scheint, obwohl er genügend Geld hat. Diese Begründung wird im Text ausdrücklich gegeben, auf einen Standesunterschied (der wohl auch nicht besteht) wird nicht hingewiesen (S. 303): hann tok pessu máli seinliga, pótti madr ekki sköruligr, pó at penningar vœri nógir [Er (Porgrímr) nahm diese Angelegenheit sehr zurückhaltend auf; ihm schien der Mann nicht tüchtig zu sein, obwohl genügend Geld da war.]. Daß das Vermögen t>orkells penningar genannt wird, mag mit der verhältnismäßig späten Abfassungszeit der Saga zusammenhängen; in den älteren Islendinga sögur wird der Besitz mit land ok lausir aurar bezeichnet, was offenbar mehr wert war als penningar. Der Heiratsvertrag zwischen t»orkell und Porgrímr kommt jedoch zustande, da Finnbogi sehr mächtig ist, und auch der Ljósvetninga-Gode Pórgeirr etwas dabei zu sagen hat: verdr pessu keypt med ràdi Pórgeirs ok sampykkt peira mœdgna (S. 303). Jökull erfährt von der Verlobung und sucht ì»óra auf, seine vinkona, was soviel wie "Freundin" bedeutet. Er macht ihr ein recht interessantes Angebot, das Licht auf die Bedeutung des frillutak wirft. Er sagt zu ihr: "Villtu nú fora heim med mér til Hofs? Skal ek pvíheita pér, pann tima er vit skiljum, at pú skalt eigi hafa minna fé en nú er pér œtlat til móts vid Porkel" [Willst du jetzt mit mir nach Hof kommen? Ich werde dir das versprechen, daß du zu dem Zeitpunkt, an dem wir beide uns trennen werden, nicht weniger Vermögen haben wirst, als wie du es jetzt durch I>orkell erhalten wirst.]. Jökull bietet I>óra hier

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keine Heirat an, sondern eine Verbindung auf Zeit, für die er sie angemessen entschädigen will. Eine Heirat kommt sicherlich wegen des unterschiedlichen sozialen Status' der beiden Partner nicht in Frage. ì>óra jedoch will den Vertrag mit l>orkell nicht brechen, die Verlobung nicht aufheben, und geht deshalb auf Jökulls Vorschlag nicht ein. Die in ihrer Antwort enthaltene Formulierung pess parf nú eigi at leita, er pá var eng i ván, er pessu var ókeypt [daran ist nun nicht zu denken ebensowenig wie vorher, als dieser Vertrag noch nicht abgeschlossen war] läßt darauf schließen, daß diese Hochzeit vielleicht auch deshalb festgesetzt worden war, um einem Frillenverhältnis vorzubeugen. In ähnlicher Weise wiederholt Jökull seinen Vorschlag noch einmal Finnbogi und t>orkell gegenüber; er wirft t>orkell vor, ihn gekränkt zu haben, indem er um die Frau angehalten habe, für die er selbst habe sorgen wollen. Auch hier werden die Alternativen bedit peirar konu und er ek vildi umsjá veita, also legale Heirat und Frillenverhältnis, einander gegenüber gestellt. Von einem Eheangebot seitens Jökulls ist auch hier nicht die Rede; t»óras Heirat mit t>orkell findet trotz der Versuche Jökulls, diese zu verhindern, statt.

7. Die Viglundar saga35 Auch in der Anfang des 14. Jahrhunderts entstandenen Vfglundar saga findet sich die Gegenüberstellung von Heirat und frillutak. Die Handlung der Saga trägt schon recht märchenhafte Züge, obwohl einige der Personen historisch nachweisbar sind. Ketill raumr Ormsson, ein mächtiger Herse in Norwegen und Freund König Haraldrs, hat zwei Söhne und eine Tochter IngibjQrg. Ketill wird in der Landnáma (S. 216 und 217) erwähnt. Hákon aus Vik, ein reicher und tüchtiger (in anderen Quellen nicht bezeugter) Mann hält um die Hand der Tochter an. Die Bedingung für die Zustimmung Ketills zu dieser Heirat ist die, daß Hákon nach Island fahren solle, um dort Í»orgrímr prúói Eiríksson, einen Feind Ketills, zu töten. Hákon nimmt die Bedingung an und wird nach seiner Ankunft auf Island von den Brüdern Jökull und Einarr Hólm-Ketilssynir zum Winteraufenthalt eingeladen36. (Der Bauer Hólmkell wird in der Landnáma genannt.) Die beiden

35 Vfglundar saga, hg. von Johannes Halldórsson, ÍF XIV, S. 63if. Reykjavik 1959. 36 Zu der Sitte, ausländische Kaufleute und Seefahrer zum Winteraufenthalt einzuladen, s. Else Ebel, Kaufmannsgastung im Norden (dargestellt anhand altnordischer Quellen). In: Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit in Mittel- und Nordeuropa Teil VI, hg. von Herbert Jankuhn und Else Ebel: Organisationsfromen der Kaufmannsvereinigungen in der Spätantike und im frühen Mittelalter. Abh. der Akad. der Wiss. in Göttingen, Phil.-hist.

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Brüder versuchen, Hákon den Winteraufenthalt auf ihrem Hof dadurch schmackhaft zu machen, daß sie ihm das Angebot unterbreiten, er könne ihre Schwester Ketilriör entweder heiraten oder zur frilla nehmen. Auch hier werden die Begriffe eiga hana und taka hana frillutaki alternativ gebraucht. Hinter diesem Angebot steht jedoch ein Familienstreit. Eine andere Hochzeit soll verhindert werden. Der Vorschlag enthält keineswegs gleichwertige Alternativen. Der Vater Hólmkell hängt sehr an seiner Tochter, die Mutter jedoch liebt sie nicht besonders. Die Tochter Ketilnör befindet sich zur Erziehung bei eben diesem ì>orgrimr prdöi, den Hákon töten soll. Die Mutter verlangt die Rückkehr der Tochter nach Hause, da sie die Absicht hat, sie mit Hákon zu verkuppeln. Da Ketilnör sich schon heimlich verlobt hat, kommt es zu Differenzen. Hákon vergißt auf Island offenbar seine geplante Hochzeit mit der Tochter des Hersen Ketill und will Ketilnör heiraten. Er hält bei dem Vater um das Mädchen an und gebraucht die Wendung, Hólmkell möge sipta honum Ketilridi [er möge ihm Ketilnör verheiraten]. Die beiden Brüder zwingen den Vater schließlich, Hákon das Mädchen ohne dessen Zustimmung zu verloben. Soweit könnte sich die Geschichte noch in der Realität abgespielt haben. Doch dann nimmt die Handlung eine sehr melodramatische Wendung: Hákon, Jökull und Einarr werden erschlagen; Ketilnörs Verlobter Viglundr fährt außer Landes, und Ketilriôr wird um des Geldes willen an einen alten Bauern verheiratet. Es kommt jedoch zum "happy end": Der alte Bauer entpuppt sich als Onkel Viglundrs, der die Ehe mit Ketilnör nicht wirklich vollzieht, sondern seinem Neffen die Braut bewahren will. Eines jedoch geht aus der Saga deutlich hervor: Zur Entstehungszeit der Viglundar saga, zu Beginn des 14. Jahrhunderts, wird das frillutak in einem negativen Licht gesehen; es handelt sich um ein Verhältnis, nicht um eine Ehe.

8. Die Poröar saga hreöu37 Ahnlich wie die Viglundar saga beurteilt auch die um 1350 entstandene t»oröar saga hreöu das frillutak. Sigriör t'óròardóttir war (mit ihrem Einverständnis) durch Vermittlung der beiderseitigen Verwandten mit ÁsbjQrn î»orsteinsson (der nur in der Saga vorkommt) verlobt worden. Da Ásbjorn außer Landes fahren wollte, sollte der Verlobungsvertrag drei Jahre Gültigkeit haben. In der Zwischen-

Kl. 3. Folge, Nr. 183, S. 146-172. 37 Póròar saga hreöu, hg. von Johannes Halldórsson, ÍF XIV, S. 163ff. Reykjavik 1959.

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zeit kommt Ásbjorns Bruder Ormr nach Island und verlangt von seinem Mutterbruder, dem Miöfjaröar-Skeggi, der auch schon für ÁsbjQrn als Brautwerber aufgetreten war, daß er für ihn ebenfalls um die Hand Sigriôrs anhalten solle. Auf Skeggis Einwände hin reagiert Ormr mit der Drohung: "Pat hirdi ek aldripó at hon sé hans festarkona, villtu eigi bidja hennar Jyrir mina hönd, pá mun verda róstumikit i heradi, pví at pá skal ek fifla hana, ok munii brcedr hennar pat banna, en ek mun ekki pat hirda " [Darum kümmere ich mich gar nicht, daß sie meinem Bruder versprochen ist. Wenn du nicht für mich um sie werben willst, wird es im Bezirk keine Ruhe geben, denn dann werde ich sie verfuhren. Ihre Brüder werden das nicht dulden, darum werde ich mich nicht scheren.]. Nach einigem Hin und Her wird zwischen den beiden Familien vereinbart, daß Ormr Sigríór heiraten könne, wenn ÁsbjQrn innerhalb der gesetzten Frist nicht nach Island zurückgekommen sei. Das Mädchen allerdings sagt nichts zu dieser Abmachung. Als Ormr das Ergebnis von Skeggis Werbung erfährt, wird er zornig: Ormr bad hann hafa afsér enga pökk jyrir málalokin ok varò reidr mjök, kvedst aldri hirda, hvárt Pórdi líkadi vel eòa illa, - "skal hon pá vera frióla min. " [Ormr sagte, für diesen Erfolg (seiner Werbung) solle er keinen Dank haben und war sehr wütend. Er sagte, es sei ihm gleichgültig, ob es l>0rör (Sigriôrs Bruder) gefiele oder nicht gefiele; - "dann soll sie eben meine fritta sein."]. Ormr versucht nun, mit Sigríór ins Gespräch zu kommen. Nach dem dritten unerwünschten Besuch auf dem Hof ihrer Familie wird er von ihren Brüdern gewarnt (da Sigriôrs Vater gestorben war, hatten sie die Vormundschaft über das Mädchen). Ormr kümmert sich nicht um das Verbot, Sigríór weiterhin zu belästigen, und muß dies in der Folge mit dem Leben bezahlen. Bei seinem nächsten Versuch, Sigríór zu verführen, wird er von Sigriôrs Bruder l>óròr erschlagen. Auch hier, in der Saga des 14. Jahrhunderts, finden wir fritta/ frióla dem semantischen Bereich von fifla "verführen" zugeordnet, während auf der anderen Seite die festarkona, die vertraglich verlobte Frau, steht.

9. Die Vàpnfiròinga saga38 Die Darstellung des Frillenverhältnisses, so wie es sich in den íslendinga sögur finden läßt, möchte ich mit einem etwas seltsamen Bericht aus der Vàpnfiròinga saga (Kap. 6) abschließen. Hier stellt sich die Frage, ob es sich bei der folgenden Episode um eine Art Frillenverhältnis zu Lebzeiten der Ehefrau handelt oder ob

38 Vàpnfiròinga saga, hg. von Jón Jóhannesson, IF XI. Reykjavik 1950.

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hier eine recht rohe Scheidung vorliegt. Die Vàpnfirôinga saga gehört zu der älteren Schicht der Islendinga sögur; ihre Entstehungszeit wird zwischen 1230 und 1280 datiert wie die ersten der oben angeführten Sagas. Die Personen sind aus der Landnáma bekannt: Brodd-Helgi ist verheiratet mit Halla Lytingsdóttir. Die Landnáma vermerkt hierzu (S. 290, 291), daß er zuerst (fyrr) verheiratet war mit Halla, der Name einer zweiten Frau wird nicht genannt. Die in der Vápnfíróinga saga geschilderte Episode beginnt damit, daß Halla ihrem Ehemann mitteilt, daß sie krank sei und dem Haushalt nicht mehr vorstehen könne. Helgi antwortet darauf nur, er meine, daß er gut verheiratet sei, und er hoffe, sich dessen zu erfreuen, solange beide lebten. Im Isländischen lautet der Satz: Ek pykkjumk vel kvángadr, ok œtla ek at una pessu, meöan okkart lif vinnsk. Dann folgt ein Einschub des Sagaschreibers: En pat var pá sidvenja at bidjask ór bùi í peer mundir [Und das war damals üblich, sich auf diese Weise aus der Wirtschaft loszubitten.]. Diese Sitte ist sonst nirgendwo bezeugt und muß wohl als Erklärung des Sagaschreibers für das, was er nun berichtet, gelten. Helgi verlobt sich nämlich umgehend mit einer Witwe (hann fastnadi sér Porgerti silfru), bittet jedoch seine Ehefrau, den Hof nicht eher zu verlassen, als bis die neue Frau eingetroffen sei. Hallas Antwort darauf ist recht unterkühlt, was sicher ausdrücken soll, daß sie verletzt ist. Sie sagt nur: "Pat pykki per eigi of bratt", was mit "das scheint dir wohl nicht übereilt" zu übersetzen ist. In der Nachbarschaft wird dies alles nicht gut aufgenommen, denn Halla ist beliebt, vermerkt der Sagaschreiber. Halla geht zu ihrer Familie zurück, und es entsteht Streit um die Herausgabe der Mitgift. Helgi begründet seine Weigerung, diese herauszugeben, damit, daß Halla jederzeit auf seinen Hof zurückkommen könne, wenn es ihr zu Hause nicht gefallen sollte. Kurze Zeit darauf stirbt Halla, und das Verhältnis zwischen Helgi und Hailas Verwandtschaft verschlechtert sich sehr. Das ist natürlich für den Fortgang der Sagahandlung von Bedeutung. Für unser Thema wäre die Beantwortung der Frage, ob Helgi richtig gehandelt hat, interessant. Hat er sich eine frilla auf den Hof geholt, oder ist die Verlobung mit der Witwe i>orgeròr silfra, die sonst nirgendwo erwähnt wird, ohne die vorherige öffentliche Scheidung von seiner Ehefrau Halla rechtmäßig? Ob so etwas im 10. Jahrhundert, der Zeit, in der die Saga spielt, üblich war, ist aufgrund fehlender anderer Zeugnisse nicht zu entscheiden.

Wie aus den oben angeführten Beispielen aus den Islendinga sögur ersichtlich ist, scheiden sich die Sagas bei der Verwendung des Motivs der frilla deutlich in zwei Gruppen.

Die Darstellung des Frillenwesens in den íslendinga sögur

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Da ist zunächst die Gruppe der älteren Sagas, deren schriftliche Fixierung in der vorliegenden Form in die erste Hafte und die Mitte des 13. Jahrhunderts fällt. Sie wird repräsentiert durch die Egils saga und die Laxdaela saga. Das Kennzeichen der frìtta ist hier, daß sie hertekin/ hernumin, das heißt "geraubt", ist. Sie kann durchaus guter Herkunft sein. Infolge von Kriegsgefangenschaft (wie die von Wikingern geraubte Melkorka der Laxdaela saga) oder infolge von Raub (wie die Frauen der Egils saga) wird die Frau unfrei, sie wird eine ambátt und ihre Söhne werden ambáttarsynir genannt. Hier stehen die Bezeichnungen ambátt und frìtta gleichbedeutend nebeneinander. Die zweite, jüngere, Gruppe der íslendinga sögur, die das Motiv der fritta verwendet, gibt die Verhältnisse wieder, die offenbar zur Zeit der Niederschrift der Sagas auf Island tatsächlich geherrscht haben. Auch hier wird die Handlung in die sog. "Sagazeit" verlegt, doch wenn man sich damals seine frittur aus der Klasse der kriegsgefangenen Frauen holte, so nahm man sie jetzt aus den Reihen der Bauerntöchter. Eine fritta des 13. Jahrhunderts ist nicht mehr eine Unfreie, sondern eine Bauerntochter aus ärmeren Verhältnissen, die oft die Stellung einer Haushälterin bei einem Großbauern innehatte (vgl. die oben behandelten Sagas: Vatnsdaela saga, Njáls saga, Svarfdaela saga, Finnboga saga, Víglundar saga, Vápnfíróinga saga). Wird hier ein echtes Frillenverhältnis geschildert, so ist der Mann ein Gode oder zumindest vornehmer Herkunft und die Frau eine sozial niedriger gestellte Person. Auf Island hat vom Ende der Wikingerzeit bis zum 13. Jahrhundert eine gesellschaftliche Wandlung stattgefunden. Die isländischen Häuptlinge der Sturlungenzeit verhalten sich im Kleinen so, wie es die norwegischen Könige in ihrem Herrschaftsbereich taten. Auch die Könige holten sich ihre Frauen aus den Reihen der ihnen untergebenen Hersen und Bauern, während eine Heirat nur mit einer Frau aus einer ihnen ebenbürtigen Familie in Frage kam. Ehe ich nun auf die Frillen der Norwegerkönige eingehe, möchte ich noch einen kurzen Blick auf die in der Landnáma erwähnten Frillenverhältnisse werfen. Aus der Tatsache, daß dort solche Verbindungen erwähnt werden, könnte man eventuell auf eine längere Tradition des Frillenwesens schließen. Für Island fallen dabei die Belege sehr mager aus: Es ist nur einmal (Ldn. S. 81) von einer fritta die Rede: Madr hét Kaiman, sudreyskr at œtt; hann fór til Islands [...] Hann drukknadi í Hvítá, er hann hafdi farit sudr í hraun at hitta fridlu sina [Ein Mann hieß Kaiman, er stammte von den Hebriden; er fuhr nach Island (...) Er ertrank in der Hvítá, als er sich nach Süden ins Lavagebiet begeben hatte, um seine fritta zu besuchen.]. Hier wird das einzige Mal von einem Landnahmemann gesagt, daß er eine fritta gehabt habe. Im übrigen wird noch zweimal (S. 218, 314, 316) vonfrillubQrn gesprochen. Einmal handelt es sich um den Sohn und die Tochter eines norwegischen Jarls zu König Haraldrs Zeiten, das

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andere Mal um drei uneheliche Söhne, die der Orkadenjarl RQgnvaldr mit unfreien Frauen hatte (môdurœtt QU prœlborin).

III. Die Frillen der Norwegerkönige Betrachtet man die Verhältnisse in Norwegen, so wie sie die Konunga sögur darstellen, so erweist sich die Quellenlage als recht günstig, vor allem, da mehrere Versionen einer Erzählung vorliegen. Die Gattung der Konunga sögur ist zwar ebenso wie die der íslendinga sögur unter die erzählende Literatur zu rechnen, sie ist jedoch stärker historisch ausgerichtet als diese. Wie oben schon erwähnt, sind diese Sagas aus den nicht erhaltenen AlttartQlur der norwegischen Könige hervorgegangen, die im 13. Jahrhundert eine breite Ausarbeitung gefunden haben und zu Sammelwerken vereinigt worden sind. Im Folgenden soll versucht werden, anhand der beiden Sammelwerke der Fagrskinna und Snorris Heimskringla die Belege für das Vorkommen von Frillen zu interpretieren. Die beiden Sammlimgen stehen in einer gewissen Abhängigkeit zueinander, die größere Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß die Fagrskinna das ältere Werk ist. Beide Zyklen sind gegen 1230 entstanden. Von König Haraldr inn hárfagri (um 871 Alleinherrscher von Norwegen) wird übereinstimmend gesagt, er habe viele Frauen gehabt. So berichtet Snorri Sturluson in Kap. 21 der Haralds saga ins hárfagra 1 : Haraldr konungr atti margar konur ok tnqrg bçrn. Hann fekk peirar konu, er Ragnhildr hét, dóttir Eiríks konungs af Jótlaudi. Hon var kQÌlud Ragnhildr in ríka. Peira sonr var Eirikr blóÒ0x. Enn etiti hann Svanhildi, dóttur Eysteins jarls. Peira bQrn váru Oláfr Geirstadaálfr, Björn ok Ragnarr rykill. Enn átti Haraldr konungr Áshildi, dóttur Hrings Dagssonar of an af Hringariki. Peira bQrn váru Dagr ok Hringr, Guöreör skirja, Ingigerdr. Svá segja menn, at pá er Haraldr konungrfekk Ragnhildar riku,

at hann lèti pá af níu konum sínum [König Haraldr hatte viele Frauen und viele Kinder. Er heiratete die Frau, die Ragnhildr hieß, die Tochter König Eirikrs von Jütland. Sie wurde Ragnhildr die Mächtige genannt. Ihrer beider Sohn war Eirikr Blutaxt. Ferner hatte er Svanhildr, die Tochter von Jarl Eysteinn. Ihrer beider Kinder waren Óláfr Geirstaòs-Albe, Bjorbjörns läßt sich mit Sicherheit nicht so interpretieren, als ob es sich bei den Frauen aus Holmrogaland, Hardanger, Hedemarken und Helgeland um Ehefrauen Haraldrs gehandelt habe.

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Ausdrücklich von einer frilla wird jedoch in der bekannten Episode mit Gyòa gesprochen. Herbert Meyer wertet diese wohl eher als Anekdote aufzufassende Erzählung als eindeutigen Beweis dafür, daß eine Friedelehe existiert hat. S. 27f. seiner Arbeit über "Ehe und Eheauffassung der Germanen" schreibt er: "In mehreren Fällen wird von Werbungen erzählt, in denen der Bräutigam den Vater oder Bruder der Frau ersucht, ihm diese zur Friedel zu geben [Anm. Egils saga 7.9]. Oder der Werber erklärt, ihm sei beides recht, ob er sie nun als Friedel oder als Frau in seine Munt erhalte [Anm. Flóamanna, Finnboga saga, Víglundar saga]. Dabei handelt es sich mehrfach um die Schwester oder Tochter eines hochgestellten Mannes, eines Häuptlings oder Jarls. Daß hier ein Konkubinat vereinbart werde, ist danach völlig ausgeschlossen [Kursivsetzung von mir]. So bei der Werbung Harald Schönhaars um die Hand der schönen, stolzen Gyòa, der Tochter des Königs Eirik von Hardanger. Er wirbt nicht beim Vater, sondern bittet sie selbst durch Boten, seine Friedel zu werden. Sie erwidert, einen Kleinkönig wolle sie nicht, erst solle er sich ganz Norwegen unterwerfen. " Bei Snorri wird diese Episode, die die Motivation für Haraldrs Bestreben, Alleinherrscher über ganz Norwegen werden zu wollen, darstellen soll, folgendenmaßen beschrieben2: Haraldr konungr sendi menn s ina eptir meyju einni, er Gyda er nefiid, dóttir Eirtks konungs afHordalandi - hon var at fóstri á Valdresi med ríkum bóanda - er hann vildi taka til frillu sér, pví at hon var allfrid nuer ok heldr stórlát. En er sendimenn kómu par, pá báru peir upp erendi sin Jyrir meyna. Hon svaradi á pessa lund, at eigi vili hon spilla meydómi sínum til pess at taka til manns pann konung, er eigi hefir meira ríki en nQkkur fylki til forráda. "En pat pykki mér undarligt, " segir hon, "er engl er sá konungr, er svá vili eignask Noreg at vera einvaldi yfir sem hefir Gormr konungr at DanmQrku eòa Eiríkr at UppsQlum. " SendiniQnnum pykkir hon svara furdu stórliga ok spyrja hana màis um, hvar til svQr pessi skulu koma, segja, at Haraldr er konungr svá ríkr, at henni er Jullrœdi i. En pó at hon svari annan veg peira erendum en peir mundu vilja, pá sjá peir engan sinn kost til pess at sinni, at peir myndi hana i brot hafa, nema hennar vili vœri til pess, ok búask peir pá ferdar sinnar. En er peir eru búnir, leída menn pá út. Pá mcelti Gyda vid sendimenn, bad pá bera pau ord sin Haraldi konungi, at hon mun pví at einu játa at gerask eipinkona hans, ef hann vili pat géra Jyrir hennar sakir ádr at leggja undir sik alian Nóreg ok ràda pví rOdjaJnfrjálsliga sem Eiríkr konungr Svíaveldi eda Gormr konungr DanmQrku - "pví at pá pykki mér, " segir hon, "hann mega heita pjódkonungr. "

2 Wie Anm. 1, S. 96.

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Sendimenn fara nú aptr til Haralds konungs ok segja honum pessi ord meyjarinnar ok telja, at hon er furdu djorf ok óvítr, ok segja pat makligt, at konungr sendi lid mikit eptir henni vid ósoemd. Pá svarar tìaraldr konungr, at eigi heföi pessi truer illa nuelt eòa gQrt, svá at hefiida vœrijyrir vert, bad haría hafa mikla pQkk Jyrir orò sin - "hon hefir minnt mik peira hluta, " segir hann, "er mér pykkir ná undarligt, er ek hefi eigi fyrr hugleitt. " Ok enn mazlti hann: "Pess strengi er heit, ok pviskyt ek til guds, pess er mik skóp ok QIIU rœdr, at aldri skal skera hár mitt né kemba, fyrr en ek hefi eignazk alian Nóreg med skQttum ok skyldum ok forrádi, en deyja at Qdrum kosti. " [König Haraldr schickte seine Leute aus nach einem Mädchen, welches Gyòa genannt wurde, der Tochter König Eirikrs von Hardanger; sie wurde in Valdres bei einem mächtigen Bauern erzogen. Er wollte sie zu seiner fritta machen, weil sie ein überaus schönes Mädchen war und von stolzer Gesinnung. Und als die Boten dorthin kamen, brachten sie ihren Auftrag bei dem Mädchen vor. Sie antwortete in der Weise, daß sie ihre Jungfräulichkeit nicht damit vertun wolle, indem sie einen König zum Manne nahm, der über kein größeres Reich als über einige Gaue zu gebieten habe. "Und das scheint mir merkwürdig," sagt sie, "daß es keinen König gibt, der sich Norwegen als Alleinherrscher unterwerfen möchte, wie das König Gormr mit Dänemark und König Eiríkr mit Uppsala gemacht haben. " Den Boten erschien ihre Antwort sehr hochfahrend, und sie fragten sie, was sie mit ihrer Antwort bezwecken wolle. Sie sagen, daß Haraldr ein so mächtiger König sei, daß er für sie eine ausreichende Partie sei. Aber obwohl sie anders auf ihr Anliegen geantwortet hatte, als sie das gewünscht hätten, sahen sie für diesmal keine Möglichkeit, sie gegen ihren Willen mitzunehmen, und sie rüsteten sich zur Abreise. Und als sie reisefertig waren, führten Männer sie hinaus. Da sprach Gyòa zu den Boten und bat sie, dem König Haraldr auszurichten, daß sie nur unter einer Bedingung seine eiginkona werden wolle, wenn er um ihretwillen sich vorher ganz Norwegen unterwerfen würde und ebenso frei über das Land herrschen würde wie König Eiríkr über Uppsala und König Gormr über Dänemark "denn dann, so scheint mir, kann er Volkskönig heißen. " Die Boten kehrten nun zu König Haraldr zurück und richteten ihm die Botschaft des Mädchens aus. Sie sagten, daß es überaus dreist und töricht sei, und meinten, daß es passend sei, wenn der König eine große Schar Männer nach ihm sende, um ihm Schande zu bringen. Da antwortete König Haraldr, dieses Mädchen habe weder schlecht gesprochen noch gehandelt, sodaß das gerächt werden müsse, sondern er bat, daß es für seine Worte großen Dank haben solle - "denn sie hat mich an Dinge erinnert," sagt er, "von denen es mir jetzt merkwürdig vorkommt, daß ich nicht schon eher daran gedacht habe." Und weiter sagte er: "Dieses Gelübde lege ich ab, und so schwöre ich bei Gott, der mich schuf und der über

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alles herrscht, daß ich mein Haar nicht scheren will noch kämmen, ehe ich mir ganz Norwegen zu eigen gemacht habe, mit allen Steuern, Abgaben und aller Macht (darüber), andernfalls aber will ich sterben."]. Der Bericht von diesem Gelübde, jedoch ohne die Ausschmückung durch die Gyöa-Geschichte und ohne die christliche Verbrämung, ist auch in die íslendinga sögur eingegangen (so z.B. Egils saga Kap. 3) und in die Fagrskinna. Von König Haraldr wird der Terminus frilla gebraucht, Gyöa benutzt das Wort eiginkona, und die Boten fügen noch fullrœdi hinzu, was soviel wie "etwas, mit dem man zufrieden sein kann" bedeutet. Fritzner weist in seinem Altnord. Wörterbuch auf eine Parallele in der Vallaljóts saga hin, wo es um einen Heiratsantrag geht. Auch hier wird eine passende Heirat mit fiillrœdi bezeichnet. An beiden Stellen hat das Wort jedoch eine leicht abwertende Bedeutung. Um beurteilen zu können, ob es sich bei den Begriffen frilla und eiginkona hier um Synonyme handelt, ist Snorris weiterer Bericht heranzuziehen. Kap. 20 (a.a.O. S. 118) erzählt er: Haraldr konungr var nú einvaldi ordinn alls Nóregs. Pá minntisk hann pess, er marin sú in mikilláta hefòi nue It til hans. Hann sendi pá menn eptir henni ok lét hana hafa til sin ok lagdi hana hjá sér. Pess i vâru bçrn peira: Alofvar eilst, pá var Hrœrekr, pá Sigtryggr, Fròdi ok Porgils [König Haraldr war nun Alleinherrscher über ganz Norwegen geworden. Da erinnerte er sich daran, was dieses hochmütige Mädchen zu ihm gesagt hatte. Er schickte Männer nach ihm und ließ es zu sich holen und legte es sich bei. Dieses waren ihrer beider Kinder: Álof war die älteste, dann (kam) Hrörekr, dann Sigtryggr, Fróòi und Porgils.]. Hier ist nun ganz eindeutig nicht von einer Heirat die Rede, sondern von einem minderen "Verhältnis". Die Bezeichnung frilla gebraucht Snorri an dieser Stelle nicht, im darauffolgenden Kapitel berichtet er jedoch von der Heirat mit der Dänenprinzessin. Dieselbe Geschichte findet sich in einem Anhang der Fagrskinna, der in der Handschrift A nach dem Haupttext steht3. Die Darstellung ist ähnlich, nur wird hier der Unterschied zwischen der Bedeutung von frilla auf der einen und eiginkona auf der anderen Seite unmißverständlich klar gemacht. (Das Mädchen heißt hier Ragna, nicht Gyöa): Ragna en ríkuláta hét mœr ein, er átti byggö pá náliga alla, en Pótn er kçllud ok Land heitir, ok ey pá alla, er nú er Eyn byggda kallud. Pat var ok mœlt um Rçgnu, at hón var allra meyja fegrst. Ragna var dóttirAdils ens audga [... hann] var pá frá fallinn, en Ragna var einberni hans. En pá var Haraldr konungr tólf

3 Fagrskinna, Viôbœtir Π, hg. von Bjarni Einarsson, ÍF XXIX. Reykjavik 1984, S. 366f.

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vetra gamall, er fretta var, ok Ragna var ok pá tólf vetra, jafhaldra Haralds. En Haraldr lagdi elsku mikla á RQgnu. En pá er Haraldr lét ástaryrdi sin ( Ijós vid RQgnu, svaradi hón á pessa lund: "Pat mœli ek víst med sannyndum, at eigi em ek betra unnusta verá en pér erud. Veldr pví hvárttveggja konunglig byrd ydur ok svá QII konunglig tign ok fegrd, er á ydr er. En pó ádr en ek fella fulla ást til ydar, pá vil ek pess verda vQr, hvárt heldr skulu verda arfar Nerids ens rádspaka, frœnda ydvars, herra konungr, pér eòa synir Gandálfs. " Pá svaradi Haraldr reidr ok mœlti svá: "Pat œtlada ek, Ragna, at pú skyldir fyrir ástar sakar med ágcetri sœmd vera leidd til minnar sœngr, en fyrir pví at pú hefir brugdit mér pessum brigzlum, pá er nú pess vert, at pú sér svá leidd til minnar sœngr sem ein fatœk frilla. " Pat mœlti Ragna vid konunginn: "Eigi skulu pér, herra konungr, reidask vid, pó at vèr mœlim oss gaman ok hœfir pat ekki konungdómi ydrum at brjóta kapp vid kvenmenn ok pó allra sízt vid meyborn smá, sem ek em, heldr er ydur sœmd pat, herra konungr, at deila kappi vid konunga adra, er nú eru skipadir um allt land innan. Pat vil ek ok segja ydr, ef ek rœd mér sjálf pá verd ek hvártki ydur frilla né einskis manns annars, ok annat hvárt skal ek hafa pann at eignum manni, er alla Nóregs menn gerir sér at pegnum eda skal ek engan hafa. " Pá er Haraldr konungr heyrdi pessi ord, pá strengdi hann pegar heit ok sór vid hqfud sitt, at hann skyldi enga eigna konu eiga í Nóregi nema RQgnu ok pó med peim fuetti, at hann gerdi alia menn at pegnum sér í Nóregi. Pat lét hann auk fylgja, at sú kona var verdari at eiga àgœtan konung heldr en einhvern herads hQld, er svá skQrulig ord hefir í munni sér sem Ragna. [Ragna die Prächtige hieß ein Mädchen, das ganz in der Nähe seinen Wohnsitz hatte, der >ötn genannt wird und Land heißt, und die ganze Insel, die jetzt EyGegend genannt wird. Das wurde auch von Ragna gesagt, daß sie ein außerordentlich schönes Mädchen war. Ragna war die Tochter Aöils' des Reichen (...) er war damals (schon) tot, und Ragna war sein einziges Kind. Und damals war König Haraldr zwölf Jahre alt, als sich dies zutrug, und Ragna war auch zwölf Jahre alt, gleichalt wie Haraldr. Und Haraldr verliebte sich sehr in Ragna. Und als Haraldr Ragna seine Liebeserklärung machte, da antwortete sie in dieser Weise: "Das sage ich gewiß wahrheitsgemäß, daß ich keinen besseren Geliebten verdient habe, als Ihr es seid. Der Grund dafür ist sowohl Eure königliche Herkunft als auch Eure ganze königliche Pracht und Euer schönes Aussehen. Ehe ich Euch jedoch meine volle Liebe erweise, möchte ich davon in Kenntnis gesetzt werden, wer eher Erbe Eures Verwandten Neriòrs des Klugen werden wird, Ihr oder die Söhne Gandálfrs." Da antwortete Haraldr zornig und sagte folgendes: "Das hatte ich beabsichtigt, Ragna, daß du aus Liebe in hohen Ehren in mein Bett geführt werden solltest, aber deshalb, weil du mir diese Vorwürfe gemacht hast,

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da ist das nun angebracht, daß du so zu meinem Bett geführt wirst wie eine armselige frilla. " Darauf sagte Ragna zum König: "Nicht sollt Ihr Euch, Herr König, darüber erzürnen, wenn wir hier auch im Spaß reden, und es ziemt Eurer Königswürde nicht, sich mit Frauensleuten zu streiten, und am allerwenigsten mit kleinen Mädchen, wie ich es bin, Eurer Ehre geziemt es eher, mit anderen Königen Streit zu führen, Herr König, die nun das ganze (In-)Land besetzt haben. Das will ich Euch auch sagen, wenn ich über mich selbst bestimme, dann werde ich weder Eure frilla noch die eines anderen Mannes, und entweder werde ich denjenigen zum Ehemann (at eignum manni) bekommen, der sich alle Norweger zu Untertanen macht, oder aber ich werde keinen haben. " Als König Haraldr diese Worte hörte, da legte er sofort ein feierliches Gelübde ab und schwor bei seinem Haupte, daß er keine andere Ehefrau (eignar kona) in Norwegen heiraten wolle außer Ragna und außerdem, daß er sich alle Menschen in Norwegen zu Untertanen machen würde. Das sagte er auch, daß die Frau es eher wert war, einen ausgezeichneten König zu heiraten als irgendeinen (freien) Bauern aus dem Bezirk, die eine so großartige Sprache führe wie Ragna.]. Aus dem isländischen Wortgebrauch ergibt sich klar ein Bedeutungsunterschied zwischen der frilla, die als fàtœk = "arm, armselig" bezeichnet wird, und der eignar-kona, der Ehefrau, der sœmd = "Ehre" erwiesen wird. Die Bezeichnungen weisen auch auf den Standesunterschied hin. Med àgœtri sœmd kann nur eine Frau von vornehmer Herkunft bedacht werden, das Verbum eiga bedeutet "heiraten" und wird nicht in Verbindung mit einer frilla gebraucht. Ragna betont, daß sie weder Haraldrs noch irgendeines anderen Mannes frilla werden will, aber zum Ehemann (at eignum manni) will sie den König haben. Dann folgt (a.a.O. S. 368) ein interessanter Zusatz zur Fagrskinna. Hier wird König Haraldr der Erlaß eines neuen Gesetzes über die Frauen zugeschrieben: Pá gerdi ok Haraldr ny ÌQg um kvenna réti, at sá madr, er tekr konu naudga, pá skal hónutn pat verda at útlegdar SQk, ok skal hann kaupa sik med jjQgurra tiga marka sex álna eyris ífrid aptr. En sú kona, er hón legsk á laun, pá skal hón ganga í konungs gard ok tyna freisi sínu, par til er hón er leyst padan med prímr rmrkum

sex álna eyris [Da machte Haraldr auch neue Gesetze über das Recht der Frauen, daß der Mann, der eine Frau mit Gewalt nimmt, sich eine Klage auf Achtung zuzieht, und er muß seinen Frieden für 40 Mark zu 6 Ellen Unzen zurückkaufen. Und die Frau, die sich heimlich mit jemandem einläßt, soll Königsmagd werden und ihre Freiheit verlieren, solange, bis sie mit 3 Mark zu 6 Ellen Unzen ausgelöst wird.].

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Noch ein weiterer Bericht, der sowohl von Snorri als auch in der Fagrskinna wiedergegeben wird, zeigt den Unterschied an, der zwischen einer Ehefrau und einer frilla gemacht wurde. In seiner Óláfs saga4 erzählt Snorri, daß der Schwedenkönig Óláfr Eiríksson eine frilla namens Eòla hatte. Sie war die Tochter des Jarls von Vindland und war geraubt (hertekin) worden. Deshalb nannte man sie Königsmagd (konungs ambátt). Verheiratet war Óláfr jedoch mit einer Prinzessin. In Kap. 92 und 94 wird von den Heiratsplänen des Norwegerkönigs Óláfrs des Dicken gesprochen. Ihm wird zuerst die eheliche Tochter des Schwedenkönigs Ingigeròr zugesagt, Hann jedoch erhält er nur die zweite Tochter, Ástríór, die Tochter Eölas. Es wird betont, daß Ingigerör in allen Abstammungslinien königlicher Herkunft sei (konungsborin í aliar álfar), Ástríór hingegen sei zwar das Kind des Königs, ihre Mutter jedoch sei eine Magd und dazu noch eine wendische (konungs barn, módir hennar er ambátt, ok pó vindversk). Der Norwegerkönig empfindet das als eine Beleidigung, obwohl Ástríór die gleiche Mitgift (heimanjylgja) erhält, die auch Ingigerör erhalten hätte, und Óláfr mußte die gleiche Brautgabe (tilgjqf) zahlen. Trotz seines Unwillens geht Óláfr die Heirat aus politischen Erwägungen ein. Fagrskinna Kap. 30 (a.a.O. S. 178f.) erzählt diese Begebenheit in fast gleicher Weise. Zwischen Óláfr Haraldsson von Norwegen und Óláfr Eiríksson von Schweden herrschte Unfrieden, und man versuchte, Frieden zu stiften, indem man dem Schwedenkönig vorschlug, Óláfr Haraldsson seine eheliche Tochter Ingigerör zu verheiraten. Der König war zunächst einverstanden, brach jedoch aus Ärger über seine Tochter alle Verträge (hann raufstefnu ok allt sáttmál vid Óláf Nóregskonung). Auf alle Vorhaltungen hin antwortet er: "Ich habe noch eine andere Tochter, sie ist eine frillu- Tochter und heißt Ástríór. Die soll er haben, wenn er will, mit ebensoviel Vermögen und Gütern, wie ich zuvor Ingigerör gegeben hätte. " Óláfr der Dicke mußte das Angebot annehmen, und Ingigerör wurde an der König Jarizleifr von Rußland verheiratet. Auch hier zeigt sich eine deutliche Abwertung der frillu- Kinder, und man erhält einen Einblick in die Heiratspolitik der skandinavischen Könige. Von einigen anderen Norwegerkönigen wird ebenfalls berichtet, daß sie sich frillur hielten. König Haraldr Siguröarson und Königin Ellisef hatten zwei Töchter. Daneben hatte Haraldr t'ora, die Tochter von I>orberg Árnasonr. Mit ihr hatte er zwei Kinder. König Magnus berfœttr war mit Margareta, der Tochter König Ingis von Schweden, verheiratet; auch er hatte eine frilla. König Sigurör Magnusson nahm sich Borghildr, die Tochter eines reichen norwegischen Bauern, zur

4 Heimsknngla II, hg. von Bjarni Aôalbjarnarson, ÍF XXVII, S. 130. 2. Aufl. Reykjavik 1979.

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frilla (hann tók Borghiìdifrillutaki), er heiratete jedoch Malmfnôr, die Tochter von König Haraldr Valdemarsson aus Holmgaròr (Rußland). Bei den Konunga sögur lassen sich, ähnlich wie bei den íslendinga sögur, zwei Schichten erkennen. In der älteren Zeit wurden offenbar die Frauen geraubt (hertekin), während im 11. und 12. Jahrhundert, als die Herrscher ihre Machtposition in Norwegen gefestigt hatten, sich die Könige ihre Konkubinen, und das sind hier die frillur ohne Zweifel, aus den Reihen der Hersen und freien Bauern holten.

IV. Die Darstellung von "Frauenraub" und "Entführung" in den íslendinga sögur

In diesem Kapitel sollen zwei Motive, die in den oben untersuchten Sagas vereinzelt auftraten und die auch in anderen íslendinga sögur und Konunga sögur eine Verwertung gefunden haben, zusammenfassend dargestellt werden. Es handelt sich um die Themen "Frauenraub" und "Entführung". Die der in der Laxdaela saga geschilderten Melkorka-Episode entsprechenden Fälle von Frauenraub sind in den übrigen íslendinga sögur selten und beschränken sich auf die Sagas, die der älteren Periode zuzurechnen sind. (Eine Ausnahme bildet vielleicht die Nereiör-Episode in der Vatnsdaela saga, die der Laxdaela saga nachgebildet ist.) Diese Fälle haben einen historischen Kern, der durch die Landnáma bestätigt wird. Hier ist vor allem die Droplaugarsona saga zu nennen. Sie wird allgemein zu den ältesten íslendinga sögur gerechnet. Finnur Jónsson1 datiert ihre Entstehungszeit sogar noch in das 12. Jahrhundert. Auf jeden Fall ist sie spätestens in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in der vorliegenden Form niedergeschrieben worden. Kap. 1 erzählt, daß der Isländer Ketill eine Handelsfahrt nach Jämtland (Norwegen) unternimmt und sich den Winter über bei einem vornehmen Norweger aufhält. Dort fallen ihm zwei Frauen auf, die als Mägde auf dem Hof arbeiten. Er fragt die jüngere der beiden nach ihrer Herkunft. Sie erzählt ihm, daß ihr Vater Jarl Asbjorn skerablesi gewesen sei, der über die Hebriden geherrscht habe. Der Norweger VéJjormr (Ketills Gastgeber) habe zusammen mit seinen Brüdern nachts den Hof ihres Vaters überfallen, die Häuser niedergebrannt und alle Männer erschlagen. Die Frauen wurden mitgenommen und als Mägde verkauft; sie selbst und ihre Mutter habe VéJjormr zu sich genommen. Man sieht hier eine auffällige Parallele zu der Laxdaela saga. Ketill kauft VéJjormr das Mädchen zum Freundschaftspreis von einem halben Hundert Silbers ab (hälft hundrad silfrs sakar okkarrar vináttu).

1 Vgl. die Einleitung von lón Jóhannesson zu seiner Ausgabe der Droplaugarsona saga, ÍF XI. Reykjavik 1950, S. LVDIff.

"Frauenraub" und "Entführung" in den íslendinga sôgur

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Die Geschichte wird durch die Landnáma gestützt. Ketill kauft Arneiör, die Tochter von Jarl Ásbjorn skerablesi, die Hólmfastr, der Sohn Véjrormrs, geraubt (hertekit) hatte, als er zusammen mit Grimr, dem Schwestersohn VéJjormrs, den Jarl erschlug (a.a.O. S. 387). Die Landnáma gibt noch weitere Beispiele für Frauenraub2. So z.B. S. 150: Hjorr heert in Bjarmaland, worunter die Länder um das Weiße Meer zu verstehen sind, und nimmt dort Ljúívina, die Tochter des Bjarmakönigs, gefangen (tók at hetfangi). Diese Angabe allerdings trägt - ebenso wie die Berichte der Ynglinga saga über Frauenraub (Yrsa wird von König Helgi geraubt, Guöraör raubt die Königin Ása etc.) - wohl etwas märchenhafte Züge. Der Name Ljúfvina ist vermutlich angelsächsischer Herkunft und paßt nicht zu Bjarmaland. In der jüngeren Gruppe der íslendinga sôgur spielt das Motiv "Frauenraub auf Heerfahrt" keine Rolle mehr. Die Wikingerzeit war beendet, seit Mitte des 11. Jahrhunderts gibt es Sklaven dieser Art nicht mehr. Das Raub- Motiv ändert sich nun zum Entfilhrungs- Motiv, das in eine Saga eingefügt wird und zu Konflikten führt. Die Entführung von Frauen war verboten (s. oben S. 37ff.), der christliche Gesichtspunkt und die dadurch beeinflußte Gesetzgebung machen sich bemerkbar; alle Fälle von Frauenraub und -entführung werden geahndet. Abgesehen von der schon besprochenen Egils saga erscheint das Motiv in folgenden Sagas, wieder dem mutmaßlichen Alter entsprechend in Gruppen geordnet: Die Kormáks saga ist als die älteste Saga anzusehen; ihre Entstehungszeit wird nicht später als 1210-20 angesetzt3. Dann folgen die Reykdaela saga, die Ljósvetninga saga und die Laxdaela saga (ca. 1230-1280), und als letzte Gruppe sind die Finnboga saga, die Kjalnesinga saga und die Viglundar saga anzusehen, die wohl erst nach 1300 entstanden sind. Die Sagas weisen ein recht einheitliches Muster auf. Kormáks saga, Kap. IS4, wird berichtet, daß sich t>órarinn Álfsson über den Bauern Oddr ärgert und dessen Tochter SteinvQr ohne Einwilligung des Vaters (án ràdi Odds, fQÖur hennar) entführt. SteinvQr wird auf Bitten ihres Vaters hin von Hólmgongu-Bersi zurückgeholt; dieser erschlägt dabei den Entführer ì»órarinn, eine Totschlagsbuße gibt es nicht.

2 S. dazu den Artikel "Frauenraub" von Else Ebel in RGA2 mit Literaturangaben; derzeit im Druck. 3 Jonas Kristjánsson, Eddas and Sagas (wie Anm. 52 in Kap. 1), S. 228. 4 Kormáks saga, hg. von Einar Ól. Sveinsson, ÍF VIII, Reykjavik 1939, S. 203ff.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

In der Reykdaela saga, Kap. 14s, wird Póra, die Tochter des Bauern Hallsteinn Pengilsson, mit Helgi Porbjarnarson verlobt. Vémundr Mrisson raubt die Braut. Bei der Schilderung der Entführung werden märchenhafte Züge verwendet, so die Zauberkundigkeit einer dem Vémundr befreundeten Frau. Der Bräutigam holt sich seine Frau mit Gewalt zurück, und die Heirat findet statt. Die dabei anfallenden Totschläge und die Entführung werden gegeneinander aufgewogen. Auch in der Ljósvetninga saga, Kap. I 6 , geht es um eine verhinderte Entführung. Solmundr Viöarson, der als unangenehmer Mensch geschildert wird, stattet gegen den Willen der Verwandten der Tochter des Bauern Qlvir regelmäßig seine Besuche ab. Der Vater wird als guter Mann bezeichnet, der sich jedoch in einer recht schwachen Position Solmundr gegenüber befindet. Als Solmundr nun versucht, die Tochter zu entführen, wird er von Ófeigr Jàrngeròarson, den der Vater um Hilfe gebeten hatte, daran gehindert. Damit ist auch das "ungehörige Verhältnis" beendet (tókst svá affiflingar ok óscemd af tilkvámu Ófeigs). Die Laxdaela saga enthält - außer der Melkorka-Episode - nur die durch die Landnáma (a.a.O. S. 184) bestätigte Angabe, daß Óspakr Ósvífrsson wegen einer Frau namens Aldis, der Tochter von HólmgQngu-Ljótr, geächtet worden war. Er hatte das Mädchen entführt, und der Vater hatte ihn deswegen ächten lassen. In der Landnáma wird die Angelegenheit insofern etwas abweichend berichtet, als hier Aldis die Schwester Ljótrs ist. Die beiden ersten der der jüngeren Gruppe zugehörigen Sagas arbeiten das Entführungsmotiv toposartig in den Erzählzusammenhang ein. So berichtet die Finnboga saga, Kap. I 7 , daß ÁsbjQrn, verheiratet mit der Schwester des Ljósvetninga-Goden fOrgeirr, eine Tochter namens Pórny hat. Um sie hält der norwegische Kaufmann Skiöi an. Weder die Tochter noch der Norweger werden an anderer Stelle erwähnt. ÁsbjQrn verweigert dem Norweger die Heirat, die Mutter jedoch (ebenso wie offenbar das Mädchen auch, obwohl das nicht ausdrücklich gesagt wird) ist einverstanden, und als ÁsbjQrn im Sommer auf das Thing reitet, entführt Skiòi Pórny nach Norwegen und heiratet sie dort (a.a.O. S. 254: Skidi hafòi tekit í brott meyna med ràdi Porserdar. módur hennar; hann flutti harta til Nóregs ok gerdi par brullaup til hennar). Ais Strafe für ihre Einwilligung in die Entführung verbietet ÁsbjQrn daraufhin seiner Frau, das nächste Kind aufzuziehen. Es wird ausgesetzt, doch heimlich gerettet und schließlich vom Vater akzep-

5 Reykdaela saga, hg. von Björn Sigfiisson, IF X. Reykjavik 1940, S. 151ff. 6 Ljósvetninga saga, hg. von Björn Sigfiisson, ÍF X. Reykjavik 1940, S. 3ff. 7 Finnboga saga, hg. von Johannes Halldórsson, ÍF XIV. Reykjavik 1959, S. 253ff.

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tiert. Hier geht es weniger um die Entführung der Tochter als um das FindelkindMotiv, das für den Fortgang der Sagahandlung von Bedeutung ist. Auch die Kjalnesinga saga hat keinen historischen Hintergrund. Kolli und I»orgerör (Kap. 98) haben eine Tochter Ólof. Andriör und seine Frau haben einen Sohn namens Bùi, der von einer reichen irischen Witwe, Esjá, aufgezogen wurde. Eine weitere Frau, l>orgerör, hat einen sehr häßlichen Sohn namens Kolfiör. Ólof, Bùi und Kolfìòr - ein Mädchen und zwei Männer - sind die in einen Konflikt geratenden Personen. Bùi wird wegen Nicht-Opferns geächtet, die Handlung wird also in die heidnische Zeit verlegt. Er kümmert sich jedoch nicht darum. Ólof wird von drei Freiern umworben, von Kolfìòr, Bùi und einem Norweger. Der Norweger überfällt Kolfiör und wird dabei getötet. Nun fordert Kolfiör Bui zum Holmgang heraus Bùi siegt und verlangt von Ólof, daß sie nun mit ihm kommen solle. Sie zögert und wendet ein, daß ihrem Vater das nicht gefallen werde (a.a.O. S. 23; pat mun födur mínum illa hugna). Bùi entgegnet, daß der Vater gar nicht erst gefragt werden würde. Bùi bringt Ólof nun zu seiner Ziehmutter Esjá und fährt selbst außer Landes. Im Herbst darauf bringt Ólof ein Mädchen zur Welt und gibt Bùi als Vater an (mey, er hon kenndi Búa). Esjá bietet sich an, dieses Mädchen zu erziehen, und das wird von Ólof und ihrem Vater angenommen φαί págu pau Kolli). Von einer Heirat zwischen Bui und Ólof ist nicht die Rede, und Ólof befindet sich noch im mundr ihres Vaters. Sie kehrt auch zu ihm zurück. Nun wird fälschlicherweise die Nachricht nach Island gebracht, daß Bùi gestorben sei. Daraufhin erscheint Kolfiör bei Kolli und entführt Ólof gegen den Willen des Vaters (hann tók padan á brutt Ólofu ina vœnu naudga ok at óvilja födur hennar). Bùi kehrt zurück und erschlägt Kolfiör. Er holt Ólof und reitet mit ihr zu ihrem Vater zurück. Bùi begegnet Kolli da mit einer Wendung, die die Saga als späte Schöpfung ausweist (a.a.O. S. 40): "en nú skal Olof, dóttir yöur, vera med pér, par til henni bydst forlag, pvíat ek vili pó ekki elska hana, sidan Kolfìòr hefir spilli henni " [und jetzt soll Ólof, eure Tochter, bei dir bleiben, weil ich sie nun nicht mehr lieben will, nachdem Kolfiör sie verdorben hat.]. Zu dem hier gebrauchten Wort elska meint M.I.Steblin-Kamenskij in seiner viel beachteten Arbeit "Mir sagi" (The Saga Mind, 1971/73, S. 88f. der englischen Übersetzung9), es habe im allgemeinen "lieben" im christlichen Sinn bedeutet. Das ist hier mit Sicherheit nicht gemeint. Die Vorstellung, Kolfiör könne Ólof verdorben haben, entspricht nicht der üblichen Sagadarstellungsweise.

8 Kjalnesinga saga, hg. von Johannes Halldórsson, ÍF XIV. Reykjavik 1959, S. 3ff. 9 M.I.Steblin-Kamenskij, The Saga Mind (Englische Übersetzung von "Mir sagi". Leningrad 1971), übersetzt von Kenneth H.Ober. Odense 1973.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Ein letztes Beispiel aus dieser Gruppe der späten Sagas ist die Viglundar saga10, die oben schon behandelt worden ist. Es geht um die folgende Episode (auch sie beginnt in Norwegen): Jarl t>orir hat eine Tochter namens Ólof. Jarl Eirikr von Rogaland hat drei Söhne, von denen einer, Porgrímr, unehelich (frilluborinn) ist. Er soll der Schwestersohn des Hersen ï>ôrir aus Sogn sein. Diese Personen sind aus anderen Quellen weiter nicht bekannt. König Haraldr nimmt I»orgrímr zu sich. Als dieser auf einem Gelage putusonr, Hurensohn, genannt wird, erschlägt er einen Mann, und König Haraldr zahlt die Buße für diese Erschlagung an die Verwandten. Porglimr hält nun wiederholt um Ólof an, deren Vater jedoch verweigert die Einwilligung zu einer Heirat. Es wird gemunkelt, í>orgrímr und Ólof hätten sich miteinander verlobt (bundit sitt eiginord). Ólof wird nun gegen ihren Willen mit Ketill von Raumariki, dem Großvater eines der ersten Landnahmemänner, Ingimundrs des Alten, verlobt, d.h. der Heiratsvertrag (kaupit) wird abgeschlossen und der Hochzeitstermin festgesetzt. tOrgnmr trennt sich nun von König Haraldr, da dieser ihm nicht zu der gewünschten Heirat verhelfen kann. Kurz vor dem festgesetzten Hochzeitstermin sucht er Ketill auf und fragt ihn, ob er sich Ólof vertraglich zugesichert habe. Auch hier wird das Wort kaupa begraucht: "Hefir pú, Ketill, keypt Ólofu?" fragt er. Ketill bestätigt dies. t>orgrímr fragt weiter, ob Ólof dem zugestimmt habe, und Ketill gibt zur Antwort, daß Jarl Pórir über die Heirat seiner Tochter bestimmen könne (Pórir jarl mundi sjálfr eiga at ràda dóttur sinni) und daß der Vertrag, den er aufgesetzt habe, rechtmäßig sei (ok mundi pat kaup lögligt vera, sem hann gerdi). Ehe sich die Leute nun versehen, hat i>orgnmr die Braut entführt und auf sein Schiff gebracht. Es sei damals, so die Saga, die Zeit der stärksten Landnahme auf Island gewesen (landnáma timi sem mestr â fslandi). Da Porgrfmr weiß, daß er sich nach dieser Tat nicht mehr in Norwegen aufhalten kann, fährt er nach Island. Er wird dann auch, genau wie BjQrn in der Egils saga, auf Betreiben Ketills hin von König Haraldr geächtet. Auf Island heiratet tOrgrímr Ólof, und ihr gemeinsamer Sohn ist Viglundr, der Held der Saga. Diese Erzählungen, in denen das Motiv der Entführung einer Frau gegen den Willen des Vormundes thematisiert wird, haben zwar zum Teil eine recht phantastische Ausschmückung erfahren. Das Motiv verweist jedoch mit Sicherheit auf tatsächliche Gegebenheiten. Sie bilden die narrativen Entsprechungen zu den Gesetzestexten, die zwar erst im 13. Jahrhundert schriftlich fixiert, jedoch sicher älter sind, die die Achtung wegen Frauenraubes ermöglichen. Es handelt sich dabei nicht um Frauenraub an sich, sondern um Entführung von Frauen gegen

10 Viglundar saga, hg. von Johannes Halldórsson, ÍF XIV. Reykjavik 1959. S. 63ff.

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den ausdrücklichen Willen ihres Vormundes. Nicht die Ehre der Frauen, sondern die Ehre und das Ansehen und der Besitz der Familie werden gekränkt. Kommt es zu einem Prozeß, wie z.B. in der Egils saga um Erbschaftsangelegenheiten, so gilt die mit der entführten Frau während der Acht geschlossene Ehe nicht und die Kinder werden als unehelich betrachtet, sie sind frilluborn.

V. Polygamie bei den Nordgermanen Ehe die historischen Quellen des 13. Jahrhunderts zum Vergleich mit den bisher behandelten literarischen Quellen herangezogen werden, sei noch kurz auf die Frage der Polygamie oder Bigamie eingegangen. Den Begriff "Polygamie", so wie er im Folgenden verstanden wird, hat Paul Mikat in dem einschlägigen Artikel im Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte definiert1: "Der Begriff Polygamie bezeichnet die von der jeweiligen Rechtsordnung sanktionierte gleichzeitige eheliche (bzw. auch eheähnliche) Verbindung eines Menschen mit mehreren Personen anderen Geschlechts". Die bekannten Belege über Mehrehen bei den vornehmen Germanen, wie sie schon Cäsar, Bell.Gall. 1,53, für den Suebenkönig Ariovist bestätigt, oder Tacitus, Germania, c. 18, für die germanische Oberschicht (ob nobilitatesi wird als Grund angegeben) a n n i m m t , Gregor von Tours, Hist.Franc. IV,3; IV,26 oder Fredegar, Chron. IV,60, für die merowingischen Herrscher bezeugt, sollen hier beiseite gelassen und nur die nordischen Hinweise betrachtet werden. Die älteste Nachricht ist der - wie Paul Mikat urteilt, etwas tendenziöse Bericht Adam von Bremens in seiner Hamburgischen Kirchengeschichte IV,212. Adam von Bremen schreibt ca. 1030 über die Schweden: In sola mulierum copula modum nesciunt; quisque secundum facultatem suarum virium duas aut tres et amplius simul habet; divites et principes absque numero. Nam et filios ex tali coniunctione genitos habent legítimos. Capitali vero pena multatur, si quis uxorem alterius cognoverit aut vi oppressent virginem, sive qui alterum spoliaverit bonis suis aut incuriam fecerit. Aus der Angabe, daß die aus solchen Verbindungen stammenden Söhne "legitimi" sind, was dem altisländischen skilgetinn/ skilborinn entspricht, ist wohl zu schließen, daß Adam von Bremen der Auffassung war, daß es sich bei den "mulieres" um Ehefrauen handelte. Die Frage ist natürlich, ob er hier unter

1 Paul Mikat, Polygamie, in: HRG ΠΙ (1984), Sp. 1813. Ders., Die Polygamiefrage in der frühen Neuzeit. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften. Vorträge G 294. Opladen 1988. 2 Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum. Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Frh.-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, Bd. XI, hg. von R.Buchner, 1961, S. 462.

Polygamie bei den Nordgermanen

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Umständen etwas nicht richtig verstanden haben könnte, indem er eine echte Mehrehe annimmt. Die Angabe steht in seinem Text jedoch unmittelbar vor einer anderen Aussage, die in den nordischen Rechten ihre Entsprechung hat. Adam von Bremen berichtet, daß deijenige, der eines anderen Frau verfuhrt oder ein Mädchen vergewaltigt, mit dem Tode bestraft wird. Oben wurde schon auf die norwegischen Gesetze hingewiesen, die König Haraldr zum Schutz der Frauen erlassen hatte, und auch die schwedischen Landschaftsrechte bestimmen in dem Abschnitt über Frauenfrieden, daß, wenn ein Vergewaltiger überführt wird, Tod durch das Schwert auf diese Tat steht. Hier sind Adam von Bremens Angaben also zutreffend, und so könnte auch seine Aussage über die Mehrehe der Realität entsprochen haben. Auf polygame Zustände ließe vielleicht auch die Bestimmung in den Svearechten (außer in Upplandslagen) schließen, die sagt, daß der Vater verspflichtet sei, seine Kinder zu versorgen, bis sie erwachsen sind, und daß die Kinder Anspruch auf das Erbe haben. Zur Zeit der Niederschrift der Landschaftsrechte ist die Monogamie unter kanonischem Einfluß vorgeschrieben. Wenn jedoch Papst Alexander III. im Jahre 1161 an Schwedens Bischöfe schreibt, daß niemand in Bigamie leben darf, und wenn die Land- und Stadtrechte (z.B. Magnus Eriksson Stadslag, Högmälsbalken III) bestimmen, daß ein Mann, der von seiner Ehefrau geht und sich eine andere Ehefrau nimmt ( = gesetzlich heiratet), und die, die er vorher gesetzlich geheiratet hat, (allerdings "mädh kirkio rät") behält, geköpft wird, wenn es bewiesen wird, dann wird Bigamie vorgekommen sein. Vielleicht zeugen auch zwei schwedische Runensteine aus dem 11. Jahrhundert dafür, daß ein vornehmer Mann (und nur ein solcher bekam in der Regel einen Gedächtnisstein von der Familie gesetzt) zwei Frauen haben konnte. Auf dem Stein von Tuna bro, Husby sn, Östkinds härad in Östergötland (Ög 228)3 steht folgende Inschrift: hijjinkun 4- kiafluk : rastu + fit (ÍR) . ufak buanta . sin hilbi ku|j ant hans [Hidingun (und) Gjaflög errichteten (den Stein) nach Ofag, ihrem Ehemann. Helfe Gott seiner Seele.] Der Name hipinkun könnte dem (nicht belegten) altschw. Namen *Hidhingim entsprechen, kiaflug altwestn. Gjaflaug. Die Inschrift weist eine christliche Formel auf.

3 Östergötlands Runinskrifter (S venges Runinskrifter Π), utg. av E. Bra te. Stockholm 1911, S. 212.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Die andere Gedächtnisinschrift, die von zwei Frauen in Auftrag gegeben wurde, steht auf dem Stein von Uppinge in Södermanland (So 297)4. Sie lautet: + omujia + auk + mujia + litu + lakia : stain + J)ino + at + sirif + bunta + sin + auk + brujjur + sikstains + auk hulmstains [Amoda und Moda ließen diesen Stein legen nach Sigraeif, ihrem Ehemann, und dem Bruder von Sigstaein und Holmstaein.] Die Frage ist hier natürlich, ob es sich wirklich um zwei Ehefrauen handelt oder um Mutter und Tochter. Üblich ist eine solche Formulierung auf den schwedischen Runensteinen des 11. Jahrhunderts allerdings nicht. Im allgemeinen wird das Verwandtschaftsverhältnis, in dem die Auftraggeber der Inschrift und die Toten, für die der Stein errichtet wurde, zueinander stehen, angegeben. In Norwegen galt seit Ende des 12. Jahrhunderts kanonisches Recht, d.h. zu Zeiten der Niederschrift der Landschaftsrechte kann man keine älteren Bestimmungen mehr erwarten. So heißt es denn auch schon in den Alteren Gulajimgslögs: maör seal eiga eina eiena kono [...] en efhann kaupir tvœr honor mundi pa seal hann afpeirri kono lata er hann sidarr toc. oc bœta biscope morcom iij. [Ein Mann soll eine Ehefrau besitzen (...) und wenn er zwei Frauen mit dem mundr gekauft hat, dann soll er die Frau entlassen, die er als letzte nahm, und dem Bischof drei Mark Buße zahlen.]. Eine ganz ähnliche Formulierung findet sich auch im Älteren Bjarkö-Recht6: Engt madr skal tvœr honor eiga mundi kœyptar. En efhann a pa skal hann sechr vera iij. morcum vid bishup oc late af peirri er hann toc siöar [Kein Mann soll zwei mit dem mundr gekaufte Frauen besitzen. Aber wenn er (sie) besitzt, dann soll er vor dem Bischof mit drei Mark bußfällig werden und die entlassen, die er als letzte nahm.]. Rein kanonisch waren die Eherechtsbestimmungen allerdings noch nicht, denn die Ehe konnte nach älterem Recht (Gula^ingslög 54, Borgar]>ingslög 11,8) vom Mann und von der Frau aus aufgelöst werden. Solche Ehescheidungen werden auch in den íslendinga sögur häufiger beschrieben (z.B. in der Laxdaela saga oder in der Njáls saga, wo das Tragen von Männerkleidem - seitens der Ehefrau - ein Scheidungsgrund für den Mann war und Impotenz des Mannes ein Scheidungsgrund für die Frau. Auch in der Gfsla saga konnte die Nichterfüllung der ehelichen Pflichten ein Scheidungsgrund sein.).

4 Södermanlands Runinskrifter I (Sveriges Runinskrifter IH), utg. av E.Brate och E.Wessen. Stockholm 1924-1936, S. 272f. 5 NGL I, S. 16, St. 25. 6 NGL I, S. 304, Nr. 8.

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Hier könnte auch der Bericht des arabischen Gesandten al-Gäzäl, der 845 von dem Sultan Abdurrahman nach Seeland oder Jütland geschickt wurde, angeführt werden. Er schreibt in seinem Reisebericht7, daß ihm die Frau des "Normannen"-Königs erzählt habe: "Wir kennen keine Eifersucht. Unsere Frauen haben unseren Männern gegenüber durchaus ihr freies Bestimmungsrecht. Die Frau bleibt bei ihm, solange sie Lust hat, und trennt sich von ihm, wenn sie es über hat." Der König könnte Erik I. gewesen sein, der 854 gestorben ist. Das ist jedoch unsicher. Der Bericht ist in dem "Buch des Spielmanns" von Ibn Dihja enthalten, einem arabischen Dichter, der 1159 in Valencia geboren wurde und 1235 in Kairo gestorben ist. Die isländischen Sagas weisen keine eindeutigen Indizien für die Existenz echter Polygamie auf. Wenn Hroöny in der Njáls saga die Ehefrau Njálls mit elja bezeichnet, so kann damit keine "Nebenfrau" gemeint sein. Sie sagt wenig später selbst zu Njálls ältestem ehelichem Sohn Skarpheòinn, daß sein Bruder - ihr Sohn - nicht ehelich sei (Vgl. die Wortuntersuchung auf S. 148f.). Auf eine merkwürdige Bestimmung der Grágás ist an dieser Stelle noch aufmerksam zu machen. Grágás la, 226/ Ζ. 9f® steht: Sa madr er hann quangaz i aNars konvngs velde eN inoregs konvngs oc a kono her. pa a pat barn eigi arf at taca er hann getr par. Ef madr a konor ii. her a lande epa iórom logom pat varöar firobavgs Gard enda ero born peirra eigi arfgeng ef hann elr vid peirre kono er hann tóc sidaR. EN pa ahann konor .ii. er hann gengr at eiga oc gerir brupcavp til eòa geldr mundr vid enda a hann adra kono adr. Pat er stefno söc seal quedia til heimilis bva ix. apingi. pess er sottr er. oc asa söc er vili. [Zusatz] Ef scogar menn epa fiorbavgs menn. fara utan hedan oc quangaz erlendis pa ero born peirra öll arfgeng her pav er peir geta par. efpeir quangaz par at landz lögum. réttum. Sua er oc et sama efquangapir menn fara utan hedan oc taca peir aprar konor i noregs konvngs velldi at landz lögum. pa eigo pav born er par alaz at taca atf ut hingat. [Heiratet einer in der Herrschaft eines anderen Königs als des Norwegers und hat er schon ein Weib hier, dann darf das Kind nicht Erbe nehmen, daß er dort erzeugt. Hat jemand zwei Ehefrauen hierzuland oder im Bereich unserer Gesetze, darauf steht Lebensringszaun und die Kinder sind nicht erbfähig, die er mit der Frau erzeugt, die er später nahm. Zwei Ehefrauen aber hat er dann, wenn sich anschickt, eine zu nehmen, und er hat doch schon eine zur Frau. Das ist eine

7 Heinz-Joachim Graf, Orientalische Berichte des Mittelalters über die Germanen. Krefeld 1971, S. 20. 8 Grágás I, hg. von V.Finsen, Kopenhagen 1852, S. 226. Deutsche Übersetzung von A.Heusler, Isländisches Recht. Weimar 1937, S. 210.

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Vorladungsklage; man soll dazu entbieten am Ding neun Nachbarn des Beklagten, und Kläger ist, wer will. Neue Satzung: Ziehen Waldmänner oder Lebensringmänner außer Landes und heiraten im Ausland, dann sind all die Kinder hier bei uns erbfähig, die sie dort erzeugen, wofern sie sich dort nach rechtem Landesgesetz beweiben. Das selbe gilt, wenn Beweibte hier außer Landes ziehen und sich Weiber nehmen in der Herrschaft des Norwegerkönigs nach Landes Gesetz: dann dürfen die Kinder, die dort zur Welt kommen, hier draußen Erbe nehmen.]. Diese Bestimmung ist sowohl in der Konungsbók als auch in der Staòarhólsbók (Kap. 59, Finsen 1879, S. 70) enthalten. Während der erste (ältere) Teil der Gesetzesbestimmung Bigamie verurteilt (ohne jedoch auf das kanonische Recht hinzuweisen) und somit den schwedischen und norwegischen Bestimmungen, die Bigamie ebenfalls unter Strafe stellen, entspricht, so ist der Zusatz wohl unter dem Aspekt des Erbrechtes zu verstehen. Heiratet ein Isländer im nicht norwegischen Ausland ein zweites Mal, obwohl er auf Island verheiratet ist, so sind die Kinder nicht erbberechtigt. Das bedeutet, daß Ausländer auf Island kein Land erben dürfen. Heiratet ein Isländer jedoch in Norwegen den Landesgesetzen entsprechend (nach einheimischem Recht, nicht nach Kirchenrecht) zum zweiten Mal, so sind die Kinder, obwohl er auf Island auch verheiratet ist, erbfähig. Die angeführten Quellen könnten als indirekte Spuren dafür gelten, daß es in vorchristlicher Zeit Polygamie oder Bigamie bei den Nordgermanen gegeben hat. Eine sichere Aussage ist nicht möglich. Die Quellen sind - abgesehen von den Runeninschriften (deren Deutung umstritten ist) und von Adam von Bremens Bericht - erst in einer Zeit schriftlich fixiert worden, als sich das kanonische Recht mit seiner Monogamieforderung schon durchgesetzt hatte.

VI. Die Sturlungen und ihre Frillen Sind nun in den íslendinga sögur die Frillenverhältnisse meist nur beiläufig und nicht um ihrer selbst willen erwähnt, so erhält man aus der Sturlunga saga1 ein sehr viel klareres Bild der sozialen Verhältnisse, aus denen die Männer und Frauen stammten, die solche Verbindungen eingegangen sind. Der für unsere Untersuchung wichtigste und ergiebigste Teil des Sammelwerkes ist die íslendinga saga von Sturla ì>óròarson (1214-1284), dem Neffen Snorri Sturlusons. Insgesamt wird der Zeitraum von 1117 bis ca. 1255 behandelt. Für diese Zeit werden fast 50 Frauen namentlich genannt, die ausdrücklich als frilla bezeichnet werden. Da jedoch ein Mann häufig mehrere frillur hatte und über die Lebensumstände der Männer mehr bekannt ist als über die der Frauen, orientiert sich die folgende Aufstellung an diesen Männern, die fast ausnahmslos aus der sozialen Oberschicht Islands stammten.

1. Die Familie der Sturlungar stilila l*óiAaisan (1116-1183),

Gode, verheiratet:

a. mit Ingibjörg I>orgeirsdóttir aus der Familie des t>orgeirr Hallason, die das Ljosvetningagoöorö innehatte. Ingibjörg war in erster Ehe mit Helgi Eiriksson verheiratet gewesen. Der Ehe mit Sturla entstammen zwei Kinder. b. mit Guòny Böövarsdottir aus der Familie der Myra- und Garòamenn. Auch diese Familie hatte ein Godentum inne, das Jöklamanna goöorö. Dieser Ehe entstammen fünf Kinder, darunter t>orör Sturluson, der Vater des Verfassers der íslendinga saga, Sturla, und Snorri Sturluson. Daneben hatte Sturla zur frilla: a. Alof t>orgeirsdóttir (nach den jEttartQlur wird sie Vilhjálmsdóttir genannt: Sturlu Jylgdi Álof Vilhjálmsdóttir). Álofs Vater war Porgeirr Kaggason; sie

1 Im Folgenden wird die Ausgabe der Sturlunga saga von Jón Jóhannesson u.a. (wie Anm. 10 in Kap. 1) benutzt.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

war mit einem Erlendr í Svínaskógi verheiratet gewesen und hatte aus dieser Ehe eine Tochter. Weder über den Vater noch über den Ehemann wird etwas Genaueres gesagt. Álof hatte fünf Kinder von Sturla, die auch namentlich aufgeführt werden. b. Guòfìnna Sveinsdóttir. Sie hielt sich in Tunga auf und hatte einen Sohn Björn von Sturla. Offenbar hatte Sturla noch einen weiteren unehelichen Sohn namens Halldörr. Er lebte bei Verwandten seiner Mutter, über die jedoch nichts Näheres bekannt ist. Wfòr Sturluson (ca. 1165-1237), älterer Bruder Snorri Sturlusons, Gode, Diakon (djákn), verheiratet: a. mit Helga Áradóttir aus der Familie der Helgafells- und Staöarmenn. t»óròr heiratete sie wegen ihres Reichtums und wegen des Godentums. Über diese Ehe wird gesagt (1,231): Pórdr bar eigi audnu til at fella pvílíka ást til Helgu, sem vera átti, ok kom pví svá, at skilnadr peira var gerr [I»óròr gelang es nicht, Helga soviel Zuneigung entgegen zu bringen, wie es sein sollte, und es kam so, daß ihre Scheidung ausgesprochen wurde.]. Das genaue Datum der Scheidung ist nicht bekannt2. >óròr und Helga hatten keine Kinder. b. Danach verheiratete sich î>ôrôr zum zweiten Male, und zwar mit einer reichen Witwe namens Guönin Bjarnadöttir aus der Familie der Flöamenn. Sie war in erster Ehe mit t>orvarör auögi Ásgrímsson verheiratet gewesen. Mit ihr hatte Pörör Sturluson zwei Kinder, Halla und Böövarr. Böövarr war der einzige eheliche Sohn Mròrs. Uber Gudruns Todesdatum ist nichts bekannt. t>orör wurde jedoch Witwer, und Guònin dürfte vor 1224 gestorben sein, da sich t»óròr in diesem Jahr zum dritten Mal verheiratete. c. Valgerör Árnadóttir aus Tjaldanes. Von ihr ist nichts weiter bekannt. Spätestens vom Jahre 1213 an hatte Póròr Sturluson eine frilla namens t>óra, die Mutter des Verfassers der íslendinga saga, Sturla I»óròarson3. t>óròr hatte außer Sturla fünf weitere Kinder mit t>óra: Oláfr hvítaskáld, Guttormr, ï>ôrôr tiggi, Valgerör und Guönin (Sturi. 1,52). Man hat gerätselt, wer diese l»óra gewesen sein könnte und aus welchem Grunde t>óròr sie nicht geheiratet hat. Vor allem ist

2 S. dazu Úlfar Bragason, "Hart er í heimi, hórdómr mitili". In: Skirair 1989, S. 64f. 3 S. Guònin Ása Grímsdóttir, Sturla Pórdarson. In: Sturlustefna. 1984. Hg. von G.Á.Grímsdóttir/ J.Kristjánsson. Reykjavik 1988, S. 10.

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es merkwürdig, warum gerade ihr eigener Sohn Sturla, der sonst genau über die Verwandtschaftsverhältnisse auf Island Bescheid wußte, nicht angegeben hat, wer sein Großvater mütterlicherseits gewesen ist. Auch in den iEttartQlur wird lediglich vermerkt: Pórdr áttifrilla, er Póra hét (I,51f.), dann folgt die Aufzählung der Kinder. Póra starb in demselben Jahr, als sich f>orör zum dritten Mal verheiratete, im Frühjar 1224. Rolf Heller vertritt in seinem Aufsatz "t'ora, frilla Póròar Sturlusonar"4 die Ansicht, daß es sich bei der frilla !>orlákr dem Heiligen) handeln könnte. Sie hieß ebenfalls ì»óra. Im Jahre 1207 ertrank ihre Mutter Herdts, und 1211 starb ihr Vater. Póra war damals erst 18 Jahre alt und könnte zu ihrem Mutterbruder nach Hitardair gezogen sein. Da es von dort nicht allzuweit bis zu dem Hofe Staòr auf der Halbinsel Snaefellsnes, den t>orör Sturluson zu jener Zeit bewirtschaftete, war, hätte eine Bekanntschaft damals entstehen können. Heller erläutert auch die Gründe, die Sturla Póròarson dazu bewogen haben könnten, den Namen seiner Familie mütterlicherweits - den er sicher gekannt hat - zu verschweigen. Wenn I»óra nicht aus einer sozial niedrig stehenden Bauernfamilie stammte, sondern aus der angesehenen Familie des Bischofs Pàli, muß es irgendeinen Grund geben, warum Sturla dies nicht erwähnt. Heller sucht die Erklärung dafür in den verwandtschaftlichen Beziehungen der beiden Familien zueinander. Er stellt fest, daß t>óròrs zweite Frau Gu&rün und I>óra Pálsdóttir einen gemeinsamen Urgroßvater hatten. Bei einem derartigen Verwandtschaftsverhältnis war t>orör nach dem Gesetz die Ehe mit Póra nicht erlaubt. Heller beruft sich dabei auf Konrad Maurer, der schreibt: "Die norwegischen Provinzialrechte lassen dagegen ihrerseits, sowohl wenn es sich um die Witwe eines Verwandten des Nupturisten, als wenn es sich um eine Verwandte der früheren Ehefrau desselben handelt, die Ehe erst vom 5. gleichen Grad an zu, sodaß diese erst erlaubt worden ist. " 5 . Nach Karl Haff, Institutionen des deutschen Privatrechts6, kam es auf dem Laterankonzil 1215 zu einer Einschränkung auf die 4. Generation. Für Aszendenten und Deszendenten galt ein absolutes Eheverbot. Bei der Berechnung wird von der Kirche die engere Verwandtschaft mitgerechnet, nach den germanischen

4 Rolf Heller, "Póra, frilla Pöröar Sturlusonar". In: AnF 81, 1-4 (1966), S. 40-56. 5 Konrad Maurer, Vorlesungen über altnordische Rechtsgeschichte, Bd. Π. Leipzig 1908. Zum altnordischen Eherecht, § 8, besonders S. 561f. 6 Karl Haff, Institutionen des deutschen Privatrechts, Bd. Π: Familienrecht. 2. Aufl. Stuttgart 1947, S. 33f.

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Rechten nicht. Demnach wäre t>óròr Sturluson nicht mit t>óra verwandt gewesen, zumindest nicht nach kanonischem Recht. Es wäre auch ein anderer Grund denkbar, aus dem Sturla die Herkunft seiner Mutter verschweigt. Aus dem Geburtsdatum des ersten Sohnes von t>óra und £>óròr, 1214, ist abzuleiten, daß t>óròr sich l>óra spätestens im Jahre 1213 als frilla nahm. Es ist nicht belegt, ob ì>óròrs zweite Frau Guòriin zu diesem Zeitpunkt noch lebte, auch von einer Scheidung ist nicht die Rede. War t»orör 1213 noch verheiratet, so läge der Grund für das Nichteingehen einer Ehe mir Póra auf der Hand. Póròr wäre also verheiratet gewesen und hätte gleichzeitig eine frilla, die Mutter Sturlas, auf seinem Hof gehabt. Einen ähnlichen Fall hatte es in der Familie von Bischof Pàli schon einmal gegeben. Damals war das Verhältnis von kirchlicher Seite scharf verurteilt worden. Pàli war der uneheliche Sohn von Jon Loptsson, dessen Mutter l>óra die Tochter des norwegischen Königs Magnus berfoettr war; er stammte väterlicherseits aus ersten Kreisen. Pálls Mutter aber war die Schwester von Bischof torlákr dem Heiligen und kam aus einer armen Bauernfamilie. Sie war die frilla Jóns gewesen, als dessen Ehefrau noch lebte, und t>orlákr hatte ständig und schließlich mit Erfolg versucht, dieses Verhältnis zu beenden (vgl. Kap. 8 dieser Arbeit). Natürlich kann auch t'ora, die frilla I>óròrs, aus kleinen Verhältnissen stammen, und t>orör hätte sie dann aus diesem Grunde nicht geheiratet. t>óra und Guönin können in demselben Jahr (1224) gestorben sein; immerhin hat l>0rör Sturluson in diesem Jahr ein drittes Mal geheiratet. Stefan Karlsson (in einer Anmerkung zu seiner 1983 erschienenen Ausgabe der Guòmundar sögur Biskups I7) verweist auf die Aufzeichnungen des Isländers Steinn Dofri8 und meint, daß es sich bei dem in dessen íslenzkar vCviskrár vermerkten Namen ì»óra Jónsdóttir (unter dem Todesdatum 13.4.1224) um die Mutter Sturlas handeln könne. Das ist jedoch sehr unsicher, und es muß wohl offen bleiben, wer ì»óra wirklich war. Snorri Sturluson (1179-1241),

Gode.

Snorri hatte sich zweimal für längere Zeit in Norwegen aufgehalten und war dort zunächst skutilsveinn (Mundschenk, Angehöriger des königlichen Gefolges), dann lendr madr (Lehnsmann) des norwegischen Königs geworden. Er genoß in Nor-

7 Stefán Karlsson, Guòmundar sögur Biskups I. Kopenhagen 1983 (Ed. Amamagn. B. vol. 6), S. XXIV, Anm. 22. 8 Steinn Dofri (alias Jósafat Jónsson, geb. 1875) beschäftigte sich vorwiegend mit den Stammbäumen isländischer Familien von der Landnahmezeit bis ca. 1600. Stofnun Arna Magnússonar besitzt ein Privatexemplar seiner Arbeit "íslenzkar áitídaskrár", in dem sich eine diesbezügliche Randnotiz findet. (Diesen Hinweis verdanke ich Rolf Heller, Leipzig.)

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wegen hohes Ansehen; sein Neffe Sturla Poröarson behauptet in seiner íslendinga saga, daß Snorri in Norwegen mit der Aufgabe betraut worden sei, Island unter norwegische Herrschaft zu bringen. Snorri war verheiratet: a. mit Herdís Bersadóttir; sie war reich, und Snorri verfügte über kein Vermögen, da seine Mutter seine Erbschaft verschleudert hatte9. Snorri und Herdís wohnten auf Borg, sie hatten zwei Kinder, die über das Kindesalter hinauskamen. Snorri und Herdís beendeten ihr Zusammenleben, und Snorri zog nach Reykholt um. Danach heißt es von ihm (1,242): Snorri Sturluson var inn mesti Jjárgaezlumadr, jjöllyndr ok átti börn vid fleirum konum en Herdísi [Snorri Sturluson war ein sehr guter Vermögensverwalter, er war jedoch leichtfertig und hatte außer von Herdís auch noch von anderen Frauen Kinder.]. Snorri hatte jedoch nur einen einzigen ehelichen Sohn, Jon murtr; eine eheliche Tochter Hallbera. b. In zweiter Ehe heiratete Snorri 1224 Hallveig Ormsdóttir (gest. 1241). Hallveig war die uneheliche Tochter von Ormr Jónsson aus der mächtigen Familie der Oddaveijar, mit der Snorri 1215 in Streitigkeiten geraten war. Aus diesen war er jedoch als Sieger hervorgegangen, und das hatte sein Ansehen auf Island sehr gestärkt. Hallveig war in erster Ehe mit Björn i>orvaldsson auf Breiöabolstaör verheiratet gewesen; sie war Witwe. Sie hatte ihren Mutterbruder Kolskeggr Eiriksson, einen der reichsten Bauern im damaligen Island, beerbt und war die beste Partie zu jener Zeit. Das machte sie für Snorri interessant. Er ging ein helmingafélag mit Hallveig ein. Das bedeutet, daß jeder der beiden Ehepartner die Hälfte von allem besitzen soll, das der andere in die Ehe einbringt. Da Snorri auch noch zum Vermögensverwalter der beiden noch unmündigen Söhne Hallveigs bestimmt wurde, war er jetzt der vermögendste Mann auf Island. Hallveigs erster Mann, Björn Porvaldsson, war Inhaber des Dalveijagoöorös gewesen. Es ist anzunehmen, daß sich Snorri auch darüber die Kontrolle verschaffte. Mit solchen Manipulationen gewann er jedoch nicht nur Reichtum und Macht (indem er sich mit den vornehmen Familien Islands verschwägerte), er schaffte sich auch Feinde. Snorri und Hallveig hatten keine Kinder. Daneben hielt sich Snorri - offenbar schon während seiner ersten Ehe - als frilla: a. Guönin Hreinsdóttir, uneheliche Tochter des Priesters Hreinn Hermundarson aus der Familie der Gilsbekkingar und Jöklamenn. Durch seine erste Heirat

9 S. Úlfar Bragason (wie Anm. 2) S. 64f.

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mit Herdís Bersadóttir war Snorri in den Besitz des Myramannagoöorös und später auch des Joklamannagoòoròs gekommen, welches den Leuten von Gilsbakki (den Gilsbekkingar) gehört hatte. Guòrùns Mutter war die Frau des Priesters l>0rör Böövarson auf Garòar in Akranes, des Onkels von Snorri. Dieser hatte ihm 1206 die Hälfte des Goöorös der Lundarmenn gegeben. Snorri und Guörün hatten eine Tochter namens Ingibjörg, die in demselben Jahr, in dem er selbst Hallveig heiratete, mit Gizurr t>orvaldsson aus der Familie der Haukdaelir verehelicht wurde. b. Snorri hatte einen Sohn namens Oraekja von tmriör Hallsdöttir (der Tochter von Hallr Óraekjuson). Porvaldr Gizurarson, der nach der Scheidung von Ingibjörg Snorradóttir Snorris erbitterter Feind wird und der ihn schließlich am 23. September 1241 töten läßt, nennt Óraekja einen hórkonusonr (1,359) und wundert sich, daß Kolbeinn Arnórsson diesem seine ehelich geborene Schwester (systur stria skilfengna) zur Frau geben will. c. Darüber hinaus hatte Snorri eine Tochter, Cordis, von einer Oddny. Diese verheiratete er im Herbst 1224 mit dem Vatnsfiröingr t>orvaldr Snorrason. Die beiden hatten einen Sohn, Einarr. 1228 wurde t>orvaldr getötet. Cordis hatte wohl etwas die Leichtlebigkeit ihres Vaters geerbt. So wird erzählt (1,360), daß Óláfr jEòeyingr zu Snorri kam, der die Vormundschaft über seine Tochter hatte, und diesem, da er mit Cordis ein uneheliches Kind hatte, das Selbsturteil anbot. Cordis aber hatte zu jener Zeit schon ein Verhältnis mit Oddr Álason. t>uriör und Oddny werden nicht ausdrücklich als frillur bezeichnet, waren es aber sicher. Sveinn Sturluson (gest. 1203),

unehelicher Sohn von Sturla Poröarson.

Sveinn war verheiratet mit Ursula Snorradóttir, der ehelichen Tochter von Snorri Bàròarson aus der Familie der Seldaelir. Daneben hatte er einefylgikona (wörtlich heißt es: honum Jylgdi [...]) namens Cecilia Porgeirsdóttir. Diese war die Schwester des Priesters Asbjörn t"orgeirsson; ein weiterer Bruder war Óláfr I>orgeirsson, der als heimamadr (Knecht) bei Sturla t»órftarson, dem Vater Sveinns, beschäftigt war. toiör Sighvatsson katali (1210-1256),

Gode, nicht verheiratet.

Er hatte eine Tochter von Kolfinna ÍOrsteinsdóttir, der Schwester von Eyjólfr aus Geldingaholt. Sie war die eheliche Tochter von t>orsteinn Jónsson í Hvammi. Sie wird zwar Kolfinna húsfreyja genannt, doch wird 11,85 (f>óròar saga kakala, Kap. 48) gesagt: 1248 gerdi Pórdr annat bú í Geldingaholti, var par Jyrir búifrilla

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Pórdar, Kolfinna [1248 errichtete t>örör einen weiteren Hof in Geldingaholt, und diesem stand Kolfinna, die Frilla t>óròrs, vor.]. Beider Tochter hieß Halldóra. Ferner hatte Póròr zwei Söhne, I>orôr und Úlfr, von Yngvildr Úlfsdóttir, sie war ebenfalls seine frilla, einen Sohn von Nerei&r Styrmisdóttir, außerdem einen Sohn namens Jón Kárin. Hier werden die Familien, aus denen die Frauen stammen, nicht näher angegeben. Statila Sighvatsson (1199-1238),

Gode, Neffe Snorri Sturlusons.

Sturla war verheiratet mit Solveig Saemundardóttir, der unehelichen Tochter von Saemundr Jónsson (dem unehelichen Sohn von Jón Loptsson). Vor ihrer Heirat mit Sturla setzte Solveigs Vater sie als gleichberechtigte Erbin neben ihren Brüdern ein. Solveig übernahm den Haushalt in Sauòafell und gebar Sturla vier Kinder. Vor seiner Ehe hatte Sturla eine frilla namens Vigdís Gíslsdóttir Bergssonar. Mit ihr hatte er die Tochter îniriôr. Als er sich mit Solveig verheiraten wollte, sorgte seine Mutter Halldóra dafür, daß Vigdís den Hof verließ: Halldóra lét fylgja Vigdísi Gíslsdóttur til Midjjardar, er ádr ha/di verit frilla Sturlu (1,300) [Halldóra ließ Vigdís Gíslsdóttir an den Miò^Qrò bringen; sie war vorher (vor der Heirat mit Solveig) die Frilla Sturlas gewesen.]. Vigdís wurde später mit dem Bauern Ófeigr Eiríksson verheiratet. (Ihre Nichte war die frilla von Bjarni Saemundarson.) Nach seiner Eheschließung hatte Sturla offenbar keine weiteren Verhältnisse mehr. Solveig kam aus guter Familie und war vermögend; obwohl sie unehelich war, wurde sie als eine gute Partie betrachtet10. lOrgils Böövarsson skaröi (gest. 1258),

Gode, Gefolgsmann König Hákons ins gamia, nicht verheiratet.

l»orgils hatte Guòrùn Gunnarsdóttir als frilla (kann tók hana frillutaki). Mit ihr hatte er eine Tochter namens Steinunn. Gudrun war die eheliche Tochter von Gunnarr á Geitaskaröi aus der Familie der Hrafhgilingar. Ihren Bruder Illugi nahm I>orgils als Knecht auf. Das bedeutet, daß die Familie nicht sehr wohlhabend und hochstehend war. Guörüns Schwester Ingibjörg war die frilla von Jarl Gizurr.

10 Über Sturla Sighvatsson s. Marlene Ciklamini, Sturla Sighvatsson's Chieftaincy. A Moral Probe. In: Sturlustefna, wie Anm. 3, S. 222-240. Hallvard Mageray, Sturla Sighvatsson. In: Norsk biografisk leksikon 15 (1964), S. 181-188.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

2. Die Familie der Oddaveqar

Jon Loptsson (gest. 1197),

Gode, verheiratet mit Halldóra Brandsdóttir, zwei Kinder.

Jón hatte als frilla: a. Helga l>órisdóttir, mit ihr hatte einen Sohn namens Einarr. b. ¿Esa ì>orgeirsdóttir; mit ihr hatte er einen Sohn. c. Valgeròr Loptsdóttir; mit ihr hatte er zwei Kinder. d. Ragnheiòr t>orhallsdóttir; mit ihr hatte er zwei Söhne, Pàli biskupr und Ormr Breiöbaelingr; sie war die Schwester Bischof I>orlakrs des Heiligen (gest. 1193). In dessen 1211 entstandener Saga wird berichtet11, daß die Eltern rechtschaffene Leute waren, die frühzeitig verarmten. Sie mußten ihren Hof aufgeben, und die Mutter fand eine Beschäftigung als Wirtschafterin auf Oddi, wo auch ÍOrlákr bei dem dort wohnenden Priester Eyjólfr Saemundarson erzogen wurde. Als Porlákr von einem Auslandsstudium nach Island zurückkehrte, mißfiel ihm die Lebensweise seiner beiden Schwestern, besonders diejenige seiner Schwester Ragnheiör. Sie war die frilla Jón Loptsson, und er machte ihr und vor allem Jon Loptsson Vorhaltungen, wohl offenbar auch deshalb, weil Jons Ehefrau noch lebte. Jón und Ragnheiör kannten einander von Kindheit an, Ragnheiòr hatte jedoch auch Kinder von anderen Männern. í>orlákr erreichte, als er Bischof geworden war, die Trennung der beiden; Ragnheiör wurde sofort an einen weiter nicht bekannten Norweger Arnórr verheiratet. Vom Manne aus gesehen war Ehebruch nach den damaligen Landesgesetzen nicht strafbar. Ehebruch war auch kein Scheidungsgrund. Zu einer rechtlichen Verfolgung kam es nur, wenn man die Ehefrau eines anderen belästigte. Daß t>orlákr dieses Verhältnis so hartnäckig bekämpfte, mag wohl mit seiner geistlichen Stellung zu tun haben (vgl. auch Kap. 9). Es ist ein Brief erhalten, den Erzbischof Eysteinn Erlendsson von Niòaróss im Sommer 1180 an l>orlákr l>orhallsson, Bischof von Skálholt, Jón Loptsson, Bö&varr t>óròarson, Ormr Gizurarson und Gizurr Hallsson (die damals bedeutendsten Häuptlinge auf Island) sandte. Dieser Brief könnte auf Veranlassung von Bischof t>orlákr, der sich 1179 in Niòaróss aufgehalten hatte, zurückgehen,

11 Biskupa sögur I (wie Anm. 8 in Kap. 1), S. 265 und 282.

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denn darin wird den Häuptlingen ihr schlechter Lebenswandel, der kein gutes Beispiel für die Bevölkerung abgäbe, vorgehalten. Insbesondere Jón Loptsson und Gizurr Hallsson werden wegen ihrer zahlreichen Verhältnisse mit Frauen getadelt12. Ormr Jónsson (gest. 1218),

Gode, Diakon, Sohn Jón Loptssons, Bruder Saemundr Jónssons, nicht verheiratet.

Ormr hatte als fritta: a. l>óra Eiríksdóttir. t»óra war die Schwester von Kolskeggr Eiriksson, von dem gesagt wird, er sei damals der reichste Mann Islands gewesen. Póra und Ormr Jónsson hatten zwei Kinder; die Tochter Hallveig wurde die Erbin ihres Mutterbruders Kolskeggr und heiratete später Snorri Sturluson. b. Borghildr; mit ihr hatte er zwei Söhne und viele Töchter. Saemimdr Jónsson (1154-1222),

Gode, Diakon, Bruder Ormr Jónssons, nicht verheiratet.

Saemundr hatte elf uneheliche Kinder von vier Frauen. Er hatte zur fritta: a. Yngvildr Eindrí&adóttir; mit ihr hatte er vier Kinder. Sie war seine Haushälterin auf Oddi. b. Valgerör Jónsdóttir Loòmundarsonar; mit ihr hatte er zwei Töchter. Valgerör war die unehehliche Tochter von Jón Loômundarson aus der Familie der Oddaveijar. c. t>orbjörg, die als rangœsk Icona bezeichnet wird; mit ihr hatte er drei Kinder. d. Die Schwester von Porgrimr alikarl, deren Name nicht belegt ist; mit ihr hatte er zwei Kinder. Saemundr Jónsson, der als der vornehmste Isländer seiner Zeit bezeichnet wird (1,242), schien auf Island keine passende Partie für sich gefunden zu haben. Er hatte die Absicht gehabt und auch schon diesbezügliche Verhandlungen eingeleitet, die Tochter des Orkadenjarls Haraldr Madda&arson zu heiraten. Der Plan scheiterte daran, daß sich Saemundr nicht auf den Orkaden niederlassen wollte und

12 S. dazu: lón Jóhannesson, A History of the Old Icelandic Commonwealth (Islendinga Saga), transi, by H. Bessason. University of Manitoba Press 1974, S. 187, Anm. 31. Úlfar Bragason (wie Anm. 2). Roberta Frank, Marriage in Twelfth and Thirteenth Century Iceland. In: Viator. Medieval and Renaissance Studies. Vol. 4 (1973), S. 474-484. Jón Helgason, "Porláks saga helga". In: KLNM XX (1976), S. 388-391.

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der Jarl es ablehnte, seine Tochter nach Island zu schicken. Saemundr setzte somit seine unehelichen Kinder als Erben ein und verheiratete seine Tochter Solveig an Sturla Sighvatsson. An diesem Beispiel zeigt sich deutlich, daß die vornehmen Leute in der Regel innerhalb ihrer eigenen sozialen Schicht heirateten; Saemundrs Großmutter war die Tochter von König Magniis berfoettr. Saemundr hielt sich eine Reihe von Haushälterinnen, heiratete sie jedoch nicht. Unter seinen Haushälterinnen war auch seine Cousine Valgerör Jónsdóttir, mit der er die Töchter Ragnhildr und Solveig hatte. Hier bildete wahrscheinlich die Verwandtschaft des Ehehindernis. Valgerör und Saemundr hatten denselben Urgroßvater, Saemundr inn fróòi (gest. 1133). Nach kanonischer Berechnung waren sie folgendermaßen miteinander verwandt13: A (Saemundr inn fróòi) Β: Loptr D: Jon F: Saemundr

CI: Ell: G III:

Loòmundr Jon Valgerör

Demnach war die Verwandtschaft dritten Grades, die eine Ehe verbot. Björn Saemundarson (gest. 1285),

unehelicher Sohn von Saemundr Jónsson, nicht verheiratet.

Björn hatte zur frilla Guórún Mrhildardóttir. Ihre Mutter I>órhildr war Witwe, sie war die Tochter von Gísl Bergsson. tórhildrs Schwester Vigdfs war die frilla von Sturla Sighvatsson.

3. Die Familie der Vatnsfiròingar Pàli t>oröarson (gest. 1171),

Gode, Priester (prestr).

Verheiratet mit Guórún, der Tochter von Bischof Brandr Saemundarson von Hólar (Bischof von 1163-1201). Guórún war, nachdem Pàli 1171 ertrunken war, in zweiter Ehe mit Arnórr Kolbeinsson (gest. 1180) verheiratet. Pàli hatte eine frilla, Hallveig Asmundardóttir, mit der er zwei Kinder hatte, Vigfuss und Oddny.

13 Für die Berechnung s. Karl Haff (wie Anm. 6), S. 35.

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Mit Hallgeròr Rünólfsdóttir, die mit dem Priester Óláfr Sölvason verheiratet war, hatte er ein Verhältnis und entführte sie aus dem Hause ihres Ehemannes in Helgafell. Das wurde allgemein schlecht aufgenommen, und Jón Loptsson wurde im Sommer 1171 auf dem Allthing als Vermittler zwischen Pàli und dem Ehemann eingeschaltet; er verlangte von Hallgeròr, daß sie nach Hause zurückkehrte. torvaldr Snorrason (gest. 1228), Gode, Neffe Pàli t>óròarsons. Er war verheiratet mit: a. Kolfinna Einarsdóttir, der unehelichen Tochter von Einarr á Staòarhóli t>orgilsson; sie hatten drei Kinder: Einarr, Joreiör und Halldóra. Kolfinna stammte aus der Familie der Staòarhólsmenn. b. t»órdís Snorradóttir, der unehehlichen Tochter von Snorri Sturluson; sie hatten zwei Kinder: Einarr und Kolfinna. (Der Sohn Einarr aus erster Ehe war im ÎsaÇôrôr ertrunken; I»órdís' Mutter war Oddny, die frilla Snorris.) I>órdís wurde im Frühjahr 1224 mit l»orvaldr verlobt. Sie war am 6. August 1228 bei der Brenna anwesend, in der tOrvaldr umkam. 1232 bekam t>órdís ein Kind von Óláfr /Eöeyingr, 1233 eine Tochter von Oddr Alason. Oddr war allerdings verheiratet mit Steinunn Hrafhsdóttir, mit der er sechs Kinder hatte. Er stammte aus der Familie der Rauòsendir und Sandamenn. t>orvaldr Snorrason hatte zur frilla: a. Halldóra Sveinsdóttir Helgasonar, die mütterlicherseits aus einer Nebenlinie der Ámundaaett stammte. Von ihrem Vater ist nichts bekannt. Mit Halldóra hatte >orvaldr einen Sohn. b. eine Lofnheiör, von der sonst nichts gesagt wird. Er hatte beide frillur offenbar gleichzeitig, denn für das Jahr 1222 wird berichtet (1,295): Porvaldr var heima ok sjau karlar. Hann lá í lokhvílu ok tvœrfrillur hans, Halldóra, dóttir Sveins Helgasonar, ok Lofhheidr [i>orvaldr war mit sieben Männern zuhause. Er lag zusammen mit zwei seiner Frillen, Halldóra, der Tochter Sveinn Helgasons, und Lofnheiör, im Bettverschlag.]. Auch mit Lolhheiôr hatte t>orvaldr einen Sohn. c. Helga Ormsdóttir; mit ihr hatte er einen Sohn. d. I>órdís Ásgeirsdóttir; mit ihr hatte er einen Sohn. Die Frillenverhältnisse scheinen in die Zeit vor der Ehe mit t>órdís Snorradóttir zu fallen. Offenbar war die erste Frau Kolfinna gestorben. Die beiden frillur Halldóra und Lofnheiör werden für das Jahr 1222 genannt, die Hochzeit mit Cordis Snorradóttir fand 1224 statt.

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4. Die Familie der Ljósvetningar t>orvarör tOrgeirsson (gest. 1207),

Gode, Gefolgsmann (hirdmadr) des norwegischen Königs, zuletzt Mönch im Kloster l>verá auf Island.

Er war verheiratet mit Herdís Sighvatsdóttir, mit der er fünf Töchter hatte: Guòny, Györiör, Guònin, Hallbera und Ingibjörg. Außerdem hatte l»orvaròr vier unehehliche Kinder (Sigríór, Helga, Ogmundr sneis und Berghildr). Die Tochter Sigríór hatte er von Yngvildr ÍOrgilsdóttir aus der Familie der Staóarhólsmenn. Yngvildr war damals (1157) verheiratet, und zwar auf Drängen ihres Vaters mit Halldórr Bergsson. Halldörr starb (Yngvildr hatte nicht in guter Ehe mit ihm gelebt), und sie lernte den noch unverheirateten t>orvaròr kennen. Nach der Geburt der Tochter erreichte Yngvildrs Bruder Einarr l>orgilsson als Oberhaupt der Familie ein Gottesurteil. Das Verfahren verlief ergebnislos, Yngvildr verließ zusammen mit t»orvarôr Island. Eine Heirat kam auch hier nicht zustande, da beide miteinander verwandt waren. Sie hatten denselben Urgroßvater. Der Sohn Ogmundr stammte von einer Frau namens Helga. Darüberhinaus hatte I>orvarör Herdís Klaengsdóttir, die unehehliche Tochter von Klaengr Hallsson aus der Familie der Hrafngilingar, zur frilla. Von ihr hatte er die Tochter Helga. Aus der Familie von Herdís Klaengsdóttir sind noch zwei weitere frillur bekannt, Guórún Gunnarsdöttir, die frilla von t"orgils skaròi, und ihre Schwester Ingibjörg, die frilla von Jarl Gizurr. Sie lebten jedoch drei Generationen später. Herdís muß vor 1149, dem Jahr, in dem ihr Vater starb, geboren sein. Als seine Frau gestorben war, nahm sich der betagte í»orvarór noch einmal eine frilla mit Namen Birna Brandsdóttir. Aus dieser Verbindung stammt die Tochter Berghildr.

5. Die Familie der Haukdaelir Gizurr Hallsson (gest. 1206),

Gesetzessprecher, Diakon, königlicher Marschall (stallari) König Sigurörs, des Vaters von König Svenir.

Gizurr war verheiratet mit Alfheiör l>orvaldsdóttir aus der Familie der Möörvellingar und Fljótamenn. Alfheiòrs Vater war l>orvaldr auögi Guòmundarson. Gizurr

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und Alfheiör hatten fünf Kinder: l>orvaldr prestr, Hallr áboti, Magnus biskup, Ímríór und Kolfinna. Gizurr hatte drei frillur: a. Imríór Árnadóttir; mit ihr hatte er eine Tochter Halldóra. b. t»orbjörg Hreinsdóttir, eheliche Tochter von Hreinn áboti Styrmisson aus der Familie der Jöklamenn und Hallbera Hrafhsdóttir; mit ihr hatte er eine Tochter Vilborg. c. t>órny Vigfüssdóttir; mit ihr hatte er zwei Töchter: Valgeròr und l>órdís. Gizurr I>orvaldsson (1209-1268);

Gode, Beamter König Hákons des Alten, zuletzt Jarl.

Er war verheiratet mit: a. Ingibjörg Snorradóttir, der Tochter von Snorri Sturluson und dessen frilla Guörün Hreinsdóttir. Ein Sohn, starb früh. Scheidung von Ingibjörg 1231. b. Groa Álfsdóttir aus der Ámundaxtt. Gizurr hat Gróa im Herbst 1252 geheiratet; sie wird da schon "die Mutter von Hallr und ísleifr" genannt, die beide als Söhne Gizurrs bezeichnet werden. Sie müssen zu diesem Zeitpunkt schon fast erwachsen gewesen sein; es wird gesagt (1,477): kómu par synir Gizurar til móts vid hann prír, Hallr, Isleifr ok Ketilbjörn. Var hann pá fjórtán vetra, hinir váru ellri [...] [Es kamen ihm die drei Söhne Gizurrs entgegen, Hallr, ísleifr und Ketilbjörn. Dieser (Ketilbjörn) war damals 14 Jahre alt, die anderen waren älter.]. Demnach hatte Gizurr noch einen dritten Sohn, Ketilbjörn, der um 1238 geboren sein muß. Da die beiden anderen Söhne aus der Verbindung mit Gróa älter sind, muß er Gróa schon länger gekannt haben. Kap. 138 (1,436) wird schon für das Jahr 1238 gesagt, daß Gróa die Icona Gissurar sei. Bei der Erwähnung der Hochzeit für das Jahr 1252 steht noch der Zusatz var pat sampykki kennimanna (1,477) [Es gab eine Zustimmung der Geistlichen.]. Es könnte also sein, daß eine nicht bekannte Verwandtschaft zwischen Gizurr und Gróa bestand und die Geistlichen ihnen zu Anfang ein Heiratsverbot auferlegt hatten. Nach dem Tode Gróas nahm sich Gizurr eine frilla, Ingibjörg, die eheliche Tochter von Gunnarr á Geitarskaröi aus der Familie der Hrafngilingar. (Ingibjörg s Schwester war diefrilla von Porgils skaröi Böövarsson.) Gunnarr wird bóndi genannt, er war nicht ebenbürtig. Gizurr hat Ingibjörg auf jeden Fall nicht geheiratet, obwohl er ein sehr gutes Verhältnis zu ihr hatte. (1,500: hann tók til sin Ingibjörgu Gunnarsdóttur til frillu ok unni henni brátt mikit. Hon

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

var skörulig Icona ok gód vidfangs fyrir margra hluta sakir. F ór hon heim íÁs med honum [Er (Gizurr) nahm Ingibjörg Gunnarsdóttir als Frilla zu sich und liebte sie bald sehr. Sie war eine tüchtige Frau und angenehm im Umgang aus mancherlei Gründen. Sie zog mit ihm nach Hause nach Ass.], Das war im Jahre 1254, und auch 1259 wird von Ingibjörg noch gesagt (1,525): hon var ¡>á frilla jarlsins sem ádr hann fór útan [sie war damals die Frilla des Jarls so wie vor seiner Ausfahrt.].

6. Die Familie der Staòarhólsmenn Einarr t»orgilsson (1121-1185),

Gode, nicht verheiratet.

Er war der Bruder von Yngvildr î>orgilsdôttir, die mit i>orvaròr t'orgeirsson eine uneheliche Tochter hatte und außer Landes gefahren war. Einarr hatte eine uneheliche Tochter, Kolfinna, von seiner Haushälterin (bústyra) Herdis. Die Tochter wurde mit t»orvaldr Vatnsfiröingr, dem Sohn von Snorri t>óròarson, verheiratet. t>orvaldr war in zweiter Ehe mit Pórdís Snorradóttir verheiratet, der unehelichen Tochter von Snorri Sturluson. Eine weitere Frilla Einars war Salbjörg Ketilsdóttir, Haushälterin auf Staòarhóll.

7. Die Familie der Seldaelir Sveinbjörn Hrafhsson (gest. 1238),

Gode, nicht verheiratet.

Von ihm wird in den yEttartolur (1,53) berichtet: Porsteinn hét sonr Tuma laungetinn. Hann var fadir Ivars munks ok Turna ok Gudrúnar. er Medi Sveinbirni Hrafnssvni [ï>orsteinn hieß der uneheliche Sohn von Tumi. Er war der Vater von Ivarr dem Mönch und von Tumi und von Guònin, die Sveinbjörn Hrafhsson folgte.]. Den Sohn Hrafh hatte Sveinbjörn offenbar von Guònin. Krákr Hrafhsson (gest. 1238),

Bruder Sveinbjörns, nicht verheiratet.

Krákr hatte ebenfalls eine Jylgikona, und zwar Steinunn ÌOrsteinsdóttir, die Schwester Guörüns, die sein Bruder zur frilla hatte.

Die Sturlungen und ihre Frillen

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8. Männer, die nicht einer der vornehmsten Familien Islands angehörten Maga-Björn, ein Mann aus dem Norden des Landes. Er hatte eine frilla namens Jórei&r Konálsdóttir. Er verdingte sich als Knecht bei Óraekja Snorrason und starb 1235. Joreiör wird ausdrücklich frilla Bjarriar genannt (1,383). Ski&i Itorkelsson (gest. 1235), á Kvennahóli. Seine frilla (auch hier [1,385] ausdrücklich frilla Skida [...]) hieß Györiör Aradóttir. Skiöis Nachbar, Jón i>orgeirsson, hatte eine fylgikona. Wrftr Jönmdarson (Anfang des 13. Jahrunderts), seine fylgikona war Eirny Kálfsdóttir, die Tochter von Kálfr Snorrason. Eirnys Mutter war Oddny, die uneheliche Tochter von Pàli t>óròarson und dessen frilla Hallveig Asmundardóttir. Siguròr kerlinganef, Thingmann von Einarr Porgilsson (1121-1185). Seine fylgikona war Amgerör Asólfsdóttir. Hier wird die Wendung fylgja at lagi (1,79) gebraucht. Über Arngeròrs Familie erhalten wir etwas nähere Auskunft. Ihr Großvater Gunnfarör war ein ausländischer Priester (prestr útlendr) (1,65 für das Jahr 1148); er hatte drei Kinder, Ásólfr (den Vater Arngeròrs), Aòalnkr, der eine fylgikona namens Vigdis hatte, und Margret. Die Familie gehörte zu den fahrenden Leuten, die im Sommer die isländischen Höfe aufsuchten fljeir váru prifligir menn ok fóru med verkakaup um sumrum). Porgeirr Amónison; er war offenbar ein Thingmann von Sturla t>öröarson. Seine fylgikona (auch hier, 1,95, der Ausdruck fylgja at lagi) war t>órdís Bersadóttir. Als ÍOrgeirr den Mann der Schwester von l>órdís erschlug (weil dieser t>órdís gegen ihn in Schutz genommen hatte), wurde er geächtet und von Sturla außer Landes gebracht. Das geschah im Jahre 1172. Ami rauftskeggr (Anfang des 13. Jahrhunderts); in Zusammenhang mit ihm wird kurz eine Jniriör erwähnt (1,144), deretwegen er von Bischof Pàli Jónsson in den Bann gesetzt wurde, da er sich nicht von ihr trennen wollte. Sie hatten Kinder miteinander, waren jedoch nicht verheiratet; l>uríór wird fylgikona Árna genannt. Ari iKjrgeirsson (gest. 1166); er stammte aus der Familie des Porgeirr Hallason und war der Vater Bischof Guömundrs (gest. 1237). Úlfheiór Gunnarsdöttir aus der Familie der Reyknesingar, die Mutter Guömundrs und seiner drei Geschwi-

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

ster, wird als Jylgikona Ara bezeichnet. Sie war gegen ihren Willen (naudig) verheiratet worden (im Jahre 1161) und ging dann ein Verhältnis mit Ari ein (1,118: En sidan lagdipokka á hana Ari Porgeirsson ok átti vid henni börn fjögur [Und dann fand Ari t>orgeirsson Gefallen an ihr und hatte vier Kinder mit ihr.]. Von einer Heirat der beiden wird nicht gesprochen; die Wendung, die im Text gebraucht wird, lautet: en er til tók lag peira Ara ok Úlflieidar, worunter nicht, wie Herbert Meyer meinte, eine Ehe (lag η = law = das Gesetz) zu verstehen ist, vielmehr: als das Zusammenleben von Ari und Úlfheiór begann. Die Guômundar saga Arasonar nach Amgrimr Ábota Brandsson gibt nur an, daß die Eltern Bischof Guòmundrs Ari und Úlfheiór hießen. Ob sie miteinander verheiratet waren oder nicht, wird nicht gesagt. Wie aus der oben angeführten Aufstellung über die Frillen der Sturlungen und der übrigen Mitglieder der isländischen Oberschicht, soweit sie sich aus der Sturlunga saga herleiten läßt, hervorgeht, wird hier unter frilla eine Konkubine verstanden. Es handelt sich bei diesen Frauen um freie Frauen, die aus einer niedrigeren sozialen Schicht stammten als die Männer, deren Frillen sie waren. Die Wikingerzeit war lange vorbei, da Frauen auf Kriegszügen geraubt wurden. Auch die Sklaverei war zum größten Teil abgeschafft. Aus dieser Schicht der Unfreien konnten keine Frillen mehr gewonnen werden. Einschränkend muß hier angefügt werden, daß auch die freien Frauen damals unter der Vormundschaft ihrer Familie standen. Vormund war, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, i.a. der Vater. Dieser mußte demnach damit einverstanden sein, daß seine Tochter die Frilla eines vornehmen Mannes wurde. Wie die große Anzahl der namentlich genannten Frillen zeigt - fast 50 werden erwähnt -, war dieses Verhältnis kein geheimes, sondern durchaus öffentlich und auch nicht gering geachtet. Für die Bauerntöchter, und das waren sie in der Regel (wenn einmal der Vater erwähnt wird, war er ein bóndi, die Brüder, soweit genannt, waren häufig heimamenn [Knechte] auf den Höfen der Großbauern und Goden), muß es demnach von Vorteil gewesen sein, die Frilla eines vornehmen und reichen Mannes zu werden. Soweit die Männer aus der isländischen Oberschicht verheiratet waren, haben sie Frauen aus ihrer eigenen Gesellschaftsschicht geheiratet. Sie waren wie Sturla Póròarson, ï>orôr Sturluson oder Snorri Sturluson, um nur einige zu nennen, mehrfach verheiratet, und ihre Ehefrauen stammten alle aus vornehmen und begüterten Familien. In allen diesen Fällen war eine ansehnliche Mitgift zu erwarten. Diese Ehen waren oft keine Neigungsehen; sie wurden vielmehr aus Prestige und finanziellen Gründen geschlossen. Die Tochter wurde gegen ihren Willen verheiratet, wie z.B. Yngvildr >orgilsdóttir, die der Vater mit Halldörr Bergsson verheiratet hatte. Wahrscheinlich war das auch bei I>örör Sturlusons

Die Sturlungen und ihre Frillen

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erster Frau Helga der Fall gewesen. Es wird ausdrücklich gesagt, daß er seine Frau nicht liebte. Dann kam es unter Umständen zu einer Scheidung. Auch Snorri Sturlusons Ehe mit Herdts Bersadóttir wurde geschieden. Einige der Männer waren nicht verheiratet - wie die beiden Brüder Ormr Jónsson und Saemundr Jónsson. Beide besaßen den kirchlichen Grad eines Diakons, was jedoch kein Hindernis für eine Ehe bedeutete. Saemundr Jónsson hatte vor, sich zu verheiraten, und hatte, da er auf Island keine ebenbürtige Frau fand, um die Hand der Tochter des Orkadenjarls Haraldr Maddaöarson angehalten. Die Heirat kam nicht zustande, da der Jarl seine Tochter nicht nach Island schicken wollte. Saemundr heiratete nicht, hatte allerdings viele Kinder von seinen vier Frillen, die seinen Höfen als Haushälterinnen vorstanden. Auch Ormr Jónsson hielt sich zwei Frillen; Björn Saemundarson und Einarr l>orgilsson, die ebenfalls nicht verheiratet waren, hatten jeweils eine Frilla als Haushälterin auf ihren Höfen. In diesen Fällen können die Frillenverhältnisse von unbegrenzter Dauer gewesen sein; das allerdings ist nicht belegt. Bei den verheirateten Männern scheinen die Frillenverhältnisse meist (nicht immer) in die Zeit vor ihrer Ehe oder in die Zeit zwischen zwei Ehen zu fallen. So wird berichtet, daß Sturla Sighvatsson vor seiner Ehe mit der zwar unehelichen, aber vom Vater als Erbin neben ihren Brüdern eingesetzten Tochter von Saemundr Jónsson eine Frilla auf seinem Hof hatte. Seine Mutter sorgte jedoch dafür, daß man die Frau vor Eintreffen der Ehefrau wegbrachte. Sie wurde dann später mit einem Bauern verheiratet; das bedeutet, daß sie von Sturla Sighvatsson eine angemessene Mitgift für diese Ehe erhalten haben muß14. Diese finanzielle Versorgung und auch der Umstand, daß gut für die Kinder, die aus einer solchen Verbindung stammten, gesorgt wurde, machten wohl den Anreiz aus, daß viele Bauerntöchter als Frillen vornehmer Isländer zu finden sind. Wahrscheinlich führte man als Wirtschafterin auf einem großen Hof und als Frilla eines einflußreichen Mannes ein angenehmeres Leben denn als Frau eines einfachen Bauern. Eine Ehe wurde ja dann auch häutig hinterher noch geschlossen, versehen mit einer besseren Aussteuer, als sie der Vater bieten konnte. Unter Umständen hätten solche Mädchen auch gar nicht heiraten können. Der Festa Jjáttr der Grágás (Ib 38( Ζ. 12f.) weist folgenden Paragraphen auf: Efpeir menti ganga saman er mìNa fe eigo eN c lögavra vi. alna avra jyrir utan hversdags klœdnad siN omaga lavsir pa vardar peim fiorbavgs Gard nema kona se eigi

14 S. dazu Andreas Heusler, Germanentum. Heidelberg 4.Aufl. o.J. (Kultur und Sprache, Bd. 8), S. 15, der bemerkt: "[...] beim isländischen Landwirt fallen die Verhältnisse, wohlgemerkt, fast immer in die voreheliche Zeit. Die frühere Bettgenossin wird versorgt und trübt den Frieden der Ehe nicht."

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

barnbeer [Treten Leute in die Ehe, die weniger Habe besitzen als ein Hundert gesetzliche Unzen, Sechsellenunzen, über ihre Alltagskleidung hinaus, Leute, denen keine Bedürftigen aufliegen: darauf steht ihnen Lebensringzaun, außer die Frau sei nicht mehr gebärfähig.]15. Die Kinder aus den Frilllenverhältnissen waren oft finanziell nicht schlechter gestellt als die ehelichen Kinder. Waren solche nicht vorhanden, wie z.B. im Falle Saemundr Jónssons, setzte der Mann seine unehelichen Kinder zu Erben ein, was nach den Gesetzen möglich war. Die Töchter wurden mit einer Mitgift versehen und gut verheiratet. So verheiratete, wie oben gesagt, Saemundr Jónsson seine uneheliche Tochter Solveig an Sturla Sighvatsson, Snorri Sturluson verheiratete seine uneheliche Tochter Ingibjörg an Gizurr t>orvaldsson, seine ebenfalls uneheliche Tochter Cordis an t»orvaldr Snorrason, er selbst war in zweiter Ehe verheiratet mit Hallveig, der unehelichen Tochter von Ormr Jónsson. Ausschlaggebend sowohl für die Väter, die ihre Töchter verheirateten, als auch für die Männer, die die Töchter heirateten, war die gute Herkunft beider Ehepartner wenigstens in einem Zweig, die Stellung und das Vermögen der Schwiegersöhne einerseits und die Mitgift der Töchter andererseits16. Die Unehelichkeit spielte offenbar keine so große Rolle. Für den Isländer des 13. Jahrhunderts war die direkte Abstammung aus einer der ersten Landnahmefamilien wenigstens in einem Zweig, doch besser in beiden, von Wichtigkeit. Das entspricht durchaus der Auffassung, die uns auch in den norwegischen Konunga sögur entgegentritt. Wie schon oben ausgeführt, wird König Óláfr Haraldsson zunächst Ingigerôr, die Tochter des Schwedenkönigs und der Königin, zur Ehe versprochen, die ausdrücklich als konungsborin í aliar álfur bezeichnet wird. Dann jedoch muß sich Óláfr mir Ástríór zufrieden geben, die zwar des Königs Tochter ist, deren Mutter jedoch eine ambátt und noch dazu eine vindversk ambátt [eine wendische Magd] ist. Dieselbe Bedeutung, die für die Norweger die Rückführung ihres eigenen

15 Deutsche Übersetzung von A.HeusIer, Isl. Recht, a.a.O. S. 268. 16 Hier möchte ich auf eine besonders anschauliche Schilderung eines "Brautkaufes" unter ebenbürtigen Partnern hinweisen. In der Njáls saga, Kap. 2 (ÍF ΧΠ, S. 8f.) hält Hdskuldr für seinen Bruder Hnitr bei Mörör um die Hand von dessen Tochter Unnr an. Höskuldr sagt: Vili Hrútr gerask mágr pimi ok kaupa dóttur pina, ok skal ek ekJd mitt spara. " [Hrútr möchte dein Schwiegersohn werden und deine Tochter "kaufen", und an meiner Hilfe soll es dabei nicht fehlen.]. Mörör antwortet darauf: Mikit munt pú veröa fram at leggja med honum, pví at hon á arf eptir mik [Du wirst viel für ihn herausgeben müssen, denn ihr steht nach meinem Tod das gesamte Erbe zu.]. Weiter unten sagt Mörör: Hugsat hefi ek kostinn. Hon skal hafa sex tigi hundrada, ok skal aukask pridjungi ( pinum garài, en ef pit eigid erfingja, pá skal vera helmingafölag med ykkr [Ich habe über die Bedingungen für die Heirat nachgedacht. Sie soll sechzig Hunderte als Mitgift erhalten, und dazu soll von deiner Seite noch einmal die Hälfte kommen; aber wenn ihr Erben bekommt, soll das Vermögen euch zu gleichen Teilen gehören.].

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Stammbaumes auf ein Mitglied der königlichen Familie hat, hat für die Isländer die Herleitung ihrer Abstammung von den ersten Landnahmenännern. Nun werden in der Sturlunga saga noch einige Männer genannt, die nicht aus der isländischen Oberschicht kamen und denen auch frillur oder Jylgikonur zugeordnet werden. Es handelte sich dabei meist um heimamenn, d.h. Knechte, die bei einem Großbauern arbeiteten, um fahrende Leute oder auch um umherziehende Priester. Diese Leute waren offenbar nicht in der Lage, eine Vertragsehe einzugehen. Eine solche Ehe setzte ja immerhin zwei Sippen und zumindest etwas Vermögen voraus. Darüber verfügten sie wahrscheinlich nicht. Die zu solchen Männern gehörenden Frauen werden auch fast nie frilla, sondern im allgemeinen fylgikona genannt. Auch die Wendung fylgja at lagi wird gebraucht. Das kann sowohl vom Mann als auch von der Frau gesagt werden. Herbert Meyer (Ehe und Eheauffassung der Germanen, S. 29f.) übersetzt dies mit "Folgeverhältnis, weil der Mann der Frau folgt". Dieses Verhältnis, so meint er, sei keinesfalls ein Konkubinat, sondern eine Ehe. Diese Interpretation ist nicht textgemäß. Schon Johan Fritzner gibt in seinem Wörterbuch von 1886 (I, S. 507) als Bedeutung dieser Wendung an: "mit jemandem in einem Konkubinat leben (von der Frau)" und "jemanden zur Frilla oder Konkubine haben (vom Mann)"; diese Deutung ist in der älteren Forschung auch durchaus üblich. Ein Beispiel aus den Byskupa sögur (I, S. 451f.) mag das verdeutlichen: Die folgende Episode hat sich Anfang des 13. Jahrhunderts zugetragen; die Saga ist vermutlich Ende des 13. Jahrhunderts niedergeschrieben worden. Die Terminologie dürfte demnach die sein, die auch die Sturlunga saga gebraucht. Eine Frau namens Rannveig war "einem Priester gefolgt" (hon fylgòi presti), vorher war sie "einem anderen Priester gefolgt" (hon hafdifylgt ödrum presti ádr). Nun wurde sie krank, und als sie aus einer Ohnmacht erwachte, erzählte sie dem Priester Guömundr Arason (dem späteren Bischof von Hólar, 1203-1237), sie sei von Teufeln besessen gewesen, die sie in die Hölle mitgenommen hätten, um sie dort quälen zu wollen, weil sie sich mit zwei Priestern eingelassen und so deren kirchliche Tätigkeit beschmutzt habe φύ hefir lagzt undir tvá presta ok saurgat svá peira pjónustu). Auch wäre ihr gesagt worden, daß das eine "widerwärtige Hurerei" (leidiligr hórdómr) sei. Das jylgja presti wird hier sogar als hórdómr bezeichnet! Auch die Umkehrung der Wendung, daß nämlich ein Mann einer Frau folgt, ist nicht mit Herbert Meyer (Ehe und Eheauffassung, S. 30) als "Einheirat des Mannes in das Haus der Frau" zu verstehen. In der Ama saga byskups Kap. 12 (Byskupa sögur I, S. 695f.) verlangt der Bischof von einem Bauern die Scheidung von einer Frau, die dieser vertragsgerecht geheiratet hatte, da der Bauer den Rang eines Subdiakons innehatte. Der Bauer trennte sich auch von seiner Ehefrau, und

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diese wurde an einen anderen Mann verheiratet. Er selbst jedoch "folgte 1>όηιηη Valgaròsdóttir" und hatte mit dieser noch fünf Kinder. Auch Kap. 41 ist von einem Mann die Rede, der das Mißfallen des Bischofs erregte. Der Mann war verheiratet, ihm gefiel jedoch seine Ehefrau nicht mehr, und er "folgte Ingibjörg von Stokkseyrr". Schließlich läßt sich in der späten Laurentius saga (Byskupa sögur I, S. 852) noch ein eindeutiger Beleg für die Bedeutung von lag in diesem Zusammenhang finden. Es heißt dort: Ein Bauer namens t>orsteinn war unverheiratet (ôkvœntr). Er ging ein ihm nicht zustehendes Verhältnis ein (hann fylgdi óheimilu ràdi), indem er sich Guönin Illugadóttir til lags nahm. "Sie verfuhren so offen mit ihrem Verhältnis, daß er sie sich ins Bett legte wie seine Ehefrau". Auch hier zwang der Bischof den Bauern, sich von der Frau zu trennen. Wie aus den angeführten Beispielen wohl eindeutig hervorgeht, handelt es sich auch bei dieser Verbindung, dem "Folgeverhältnis", um einen Konkubinat. Der Unterschied zu den Frillenverhältnissen der älteren Zeit scheint auf Island wohl darin bestanden zu haben, daß "Folgeverhältnisse" offenbar weniger angesehen waren. Später werden die Termini frilla undfylgikona gleichbedeutend gebraucht.

VII. Die Frillen der íslendinga sögur auf dem Hintergrund der Sturlungenzeit Die Abfassung der meisten íslendinga sögur fällt in denselben Zeitraum, in dem Sturla t>óròarson seine íslendinga saga, das Kernstück der Sturlunga saga, schrieb. Es ist zu vermuten, daß die in beiden literarischen Gattungen benutzte Terminologie weitgehend identisch ist. Das heißt, bei den Sagas ist mit der Terminologie des 13. Jahrhunderts und nicht der des 10. oder 11. Jahrhunderts zu rechnen, auch wenn die beschriebenen Ereignisse und Personen in diese Jahrhunderte zu datieren sind. Die Bezeichnung fritta hat demnach in den íslendinga sögur dieselbe Bedeutung, wie sie sie in der Sturlunga saga hat. Betrachtet man vor diesem Hintergrund die in den íslendinga sögur beschriebenen Frillenverhältnisse, so ergeben sich deutliche Parallelen zu der Sturlunga saga. Die älteren Sagas, die den Ursprung eines Frillenverhältnisses im Raub oder Kauf sehen (wie etwa die Egils saga oder die Laxdaela saga) kommen für einen Vergleich weniger in Betracht. Dort sind die meisten als ambátt, gelegentlich als frilla bezeichneten Frauen unfrei, sie sind hernumin oder hertekin. Was allerdings die Laxdaela saga betrifft, so zeigt sich doch bei der Beschreibung des Verhältnisses von Melkorka zu Höskuldr der Einfluß des 13. Jahrhunderts recht deutlich. Wie schon oben ausführlich besprochen, berichtet der Sagaschreiber zwar, daß Melkorka eine irische Kriegsgefangene sei, doch bei der weiteren Behandlung ihrer Stellung auf Island als frilla Höskuldrs kommt das nicht mehr zum Ausdruck. Melkorka erhält einen Hof zur Bewirtschaftung, und sie verheiratet sich mit einem Bauern, vermutlich einem Thingmann Höskuldrs, ohne Höskuldrs Einverständnis. Auch ihr Sohn Oláfr nimmt durchaus eine Stellung ein, die einem unehelichen Sohn eines hochgestellten Vaters zukommt. Dies entspricht demnach den Verhältnissen, die im 13. Jahrhundert auf Island geherrscht haben. Die beiden Sagas, die am eindeutigsten die Einschätzung des Frillenwesens zulassen, sind die Svarfdaela saga und die Finnboga saga. Beide Sagas gehören nicht zu der ältesten Sagaschicht. Sie sind vielmehr in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts zu datieren. Das Verhältnis zwischen Yngvildr und dem Goden Ljótólfr ist, so wie es die Svarfdaela saga darstellt, ein deutliches Abbild der Verhältnisse, wie sie im 13. Jahrhundert zwischen den Goden und den Bauerntöchtern üblich waren. Yngvildrs Vater ist ein unvermögender bóndi, der in

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

gutem Einvernehmen mit dem reichen und mächtigen Goden Ljótólfr steht, der seine Tochter zur frilla hat. Diese Bemerkung bedeutet, daß er mit dem Verhältnis einverstanden war. Yngvildr wird gegen ihren und des Vaters Willen und auch gegen den Willen des Goden Ljótólfr Hals über Kopf mit einem Bauern verheiratet. Nach dessen gewaltsamem Tod nimmt Ljótólfr sie wieder in seinem Hof auf. Das heißt, daß er sie weiterhin zur frilla hat. Er selbst verheiratet sie dann mit einem seiner Freigelassenen, jedoch nicht, ohne sie vorher gut ausgestattet zu haben. Für ihn selbst kommt nur eine Heirat innerhalb seiner eigenen sozialen Schicht in Frage; in einem Nebensatz erwähnt der Sagaschreiber, daß Ljótólfr die Heirat mit der Tochter Guòmundrs des Alten in Aussicht gestellt wurde. In der Finnboga saga bemüht sich Jökull, der Sohn des Landnahmemannes Ingimundrs des Alten, um Póra, die Tochter eines zwar wohlhabenden, jedoch nicht aus den ersten Familien stammenden Bauern. Jökull bietet t»óra ein Frillenverhältnis auf seinem Hof an. Hier wird deutlich, daß es sich um ein Verhältnis auf Zeit handelt (das vermutlich so lange Bestand haben soll, bis Jökull sich standesgemäß verheiratet). Jökull verspricht Póra, sie bei der Trennung gut auszustatten. Wird in diesen beiden Sagas das Frillenverhältnis als durchaus akzeptabel und angesehen dargestellt, so gewinnt man aus den Erzählungen der Vatnsdaela saga und der Viglundar saga doch schon einen anderen Eindruck. Die Vatnsdaela saga wird in die Zeit vor 1284 datiert1. In bezug auf die Frillenverhältnisse weist sie starken geistlichen Einfluß auf. Sie läßt Hrolleifr, den Werber, das Frillenverhältnis als órádligt bezeichnen und als gut genug für Hroöny - eine Bemerkung, die natürlich aus Arger darüber gemacht wird, daß ihm der Vater Hróòny nicht rechtmäßig verheiraten will. Auch in der Viglundar saga, die in den Anfang des 14. Jahrhunderts datiert wird, werden Ehe und frillutak einander gegenübergestellt, wobei der Ehe deutlich der Vorzug gegeben wird. Wahrscheinlich sind die Sagaschreiber unterschiedlich stark von der Kirche beeinflußt. Im 13. Und 14. Jahrhundert versuchte die Kirche, im Norden die Einehe als die von ihr vorgeschriebene Eheform durchzusetzen und ging stark gegen das Frillenwesen vor (s. Kap. 8). Alle Abweichungen von der Einehe waren strafbar. Es ist auffällig, wie selten die Frillenverhältnisse in den Sagas geschildert werden. Den fast SO namentlich bekannten Frillen der Sturlungenzeit stehen lediglich zehn Frauen in den Sagas gegenüber, die entweder frilla genannt werden oder denen ein solches Verhältnis angeboten wird. Es folgt eine Übersicht über die namentlich genannten Frillen und ihre Männer:

1 Jonas Kristjánsson, Eddas and Sagas, S. 234.

Die Frillen der íslendinga sögur auf dem Hintergrund der Sturlungenzeit

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Die Namen der Frauen, die in den íslendinga sögur als frillur bezeichnet werden: Hildirfòr Hdgnadóttir, t»óra Hróaldsdóttir Hróòny Hoskuldsdóttir Hróñny Unadóttir und Nereiör Ketilriòr Hólmketilsdóttir Melkorka Myrkjánsdóttir ì»óra l>orgnmsdóttir Porgeròr sii fra Yngvildr Ásgeirsdóttir

Egils saga Njáls saga Vatnsdaela saga Viglundar saga Laxdaela saga Finnboga saga Vápnñróinga saga Svarfdaela saga

Die Namen der Töchter, von denen in den íslendinga sögur erzählt wird, daß sie graubt/ entführt wurden oder entführt werden sollten: Aldis Ljótsdóttir Árneiór Ásbjarnardóttir Olof Kolladóttir SteinvQr Oddsdóttir I»órny Asbjarnardóttir

Lax itela saga Droplaugarsona saga Kjalnesinga saga Kormáks saga Finnboga saga

Ubersicht über die namentlich bekannten Frillen der Isländer im Sturlungenzeitalter nach der Sturlunga saga und den Byskupa sögur: Álof Porgeirsdóttir Arngerôr Asólfsdóttir Biraa Brandsdóttir Borghildr Cecilia Porgeirsdóttir Eiray Kálfsdóttir Guöfuma Sveinsdóttir Gudrun Gunnarsdóttir Guönin Hreinsdóttir Guönin t>orhildardóttir Guònin I>orsteinsdóttir Gyòriòr Aradóttir Halldóra Sveinsdóttir Hallgeròr Rúnólfsdóttir Hallveig Ásmundardóttir Helga Helga Ormsdóttir Helga Pórisdóttir

fritta von

Sturla Mròarson Siguròr kerlinganef >orvarör l>orgeirsson Ormr Jónsson Sveinn Sturluson Póròr Jörundarson Sturla Póròarson torgils Boòvarsson Snorri Sturluson Björn Saemundarson Sveinbjörn Hrafhsson Skiöi >orkelsson l>orvaldr Snorrason Pàli Póròarson Pàli Póròarson t>orvaròr l>orgeirsson tOrvaldr Snorrason Jón Loptsson

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Herdts Herdís Klaengsdóttir Ingibjörg Gunnarsdóttir Jóreiòr Konálsdóttir Kolfinna t>orsteinsdóttir Lofhheiòr Nereiòr Styrmisdóttir Oddny Ragnheiòr l»órhallsdóttir Salbjörg Ketilsdóttir Steinunn l>orsteinsdóttir Ùlfheiòr Gunnarsdóttir Valgeròr Jónsdóttir Valgeròr Loptsdóttir Vigdís Gislsdóttir Yngvildr Eindriòadóttir Yngvildr Úlfsdóttir Yngvildr Porgilsdóttir l>óra t>óra Eiriksdóttir t>orbjörg t>orbjörg Hreinsdóttir t>órdís Ásgeirsdóttir ì>órdis Bersadóttir t>órny Vigfiissdóttir Iniriòr tniriòr Ámadóttir Imríór Hallsdóttir ¿Esa ì»orgeirsdóttir

frilla von

Einarr Porgeirsson t»orvarör Porgeirsson Gizurr >orvaldsson Maga-Björn l>óròr Sighvatsson Porvaldr Snorrason l>óròr Sighvatsson Snorri Sturluson Jón Loptsson Einarr I»orgilsson Krákr Hrafhsson Ari torgeirsson Saemundr Jónsson Jón Loptsson Sturla Sighvatsson Saemundr Jónsson t>ór5r Sighvatsson torvaròr l>orgeirsson Póròr Sturluson Ormr Jónsson Saemundr Jónsson Gizurr Hallsson t>orvaldr Snorrason t>orgeirr Arnóruson Gizurr Hallsson Arni rauòskeggr Gizurr Hallsson Snorri Sturluson Jón Loptsson

Übersicht über die Männer, von denen bekannt ist, daß sie frillur gehalten haben (nach der Sturlunga saga und den Byskupa sögur): Ari l»orgeirsson Arni rauòskeggr Björn Saemundarson Einarr t»orgilsson Gizurr Hallsson

hatte zur fiilla

Ülfheiör Gunnarsdóttir Puríór Guörün í>orhildardóttir 1. Herdís 2. Salbjörg Ketilsdóttir 1. imríór Ámadóttir 2. Porbjörg Hreinsdóttir

Die Frillen der íslendinga sögur auf dem Hintergrund der Sturlungenzeit

Gizurr t>orvaldsson Jon Loptsson

Krákr Hrafhsson Maga-Björn Orrnr Jónsson Pàli l>óròarson Sigurör kerlinganef Skiôi Porkelsson Snorri Sturluson

Sturla Sighvatsson Sturla t»oröarson Sveinn Sturluson Saemundr Jónsson

i»óròr Jôrundarson t>óròr Sighvatsson

ì>óròr Sturluson t>orgeirr Arnóruson Porgils Böövarsson Porvaldr Snorrason

ì>orvaròr î>orgeirsson

hatte zur fritta

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Ingibjörg Gunnarsdóttir 1. Helga t>órisdóttir 2. Ragnheiör t>órhallsdóttir 3. Valgerör Loptsdóttir 4. vEsa t»orgeirsdóttir Steinunn Porsteinsdóttir Jóreiòr Konálsdóttir 1. Borghildr 2. l>óra Eiríksdóttir 1. Hallgerör Rünólfsdóttir 2. Hallveig Ásmundardóttir Arngerör Ásólfsdóttir Gyóríór Aradóttir 1. Guórún Hreinsdóttir 2. Oddny 3. imríór Hallsdóttir Vigdís Gíslsdóttir 1. Álof í»orgeirsdóttir 2. Guöfmna Sveinsdóttir Cecila Porgeirsdóttir 1. Valgerör Jónsdóttir 2. Yngvildr Eindríóadóttir 3. l>orbjörg Eirny Kálfsdóttir 1. Kolfinna t»orsteinsdóttir 2. Nereiör Styrmisdóttir 3. Yngvildr Úlfsdóttir l>óra l>órdís Bersadóttir Guórún Gunnarsdóttir 1. Helga Ormsdóttir 2. Lofnheiör 3. l>órdís Ásgeirsdóttir 4. Halldóra Sveinsdóttir 1. Birna Brandsdóttir 2. Helga 3. Herdís Klaengsdóttir 4. Yngvildr Porgilsdóttir

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Was könnte der Grund für die Sonderstellung der íslendinga sögur sein? Thomas Bredsdotff, der sich in seinem Buch "Kaos og Kaerlighed" (1971) mit der Laxdaela saga und der Egils saga befaßt, glaubt, daß die Sagas das Frillenwesen als soziale Realität genommen hätten - darin aber sozialen Konfliktstoff gesehen hätten im Blick auf Erbstreitigkeiten, Sippenfehden und Frauenzank. Else Mundal sieht in ihrer Rezension2 des Buches in den Frillenverhältnissen der beiden Sagas keinen sozialen Sprengstoff. Das Frillenwesen an sich sei für die Sagahandlung unwichtig. Den Streit um die Ehelichkeit der HildiriSarsöhne lasse z.B. die Egils saga ungelöst. Vielmehr gehe es dem Sagaverfasser um die Frage der Königsmacht. Nicht Egill und die Hildiriöarsöhne, sondern Egill und die Königin Gunnhildr seien die eigentlichen Kontrahenten. Sie lieferten den Konfliktstoff, um den es in der Saga gehe. Die Isländersagas des 13. Jahrhunderts spiegeln nicht in allen Aspekten die sozialen Verhältnisse der söguöld wider. In einer langen Phase oraler Pflege von Geschichten und Ereignissen der ersten Phase des isländischen Freistaates geschahen auch Anpassungen an veränderte Lebens- und Denkweisen. Die Literarisierung dieser Überlieferung mag weiter beigetragen haben, diesen Anpassungsprozeß zu befördern. Mag es so im 12. und 13. Jahrhundert noch erstrebenswerte Praxis gewesen sein, als unvermögende Bauerntochter über den frilla- Status sozial aufzusteigen und die eigene Versorgung zu sichern, so wird auch gelten, daß zu gleicher Zeit bereits die Kirche solche außerehelichen Verbindungen nicht gut hieß. So könnte es erklärlich sein, daß die zeitgenössischen Sagas samtidarsögur) ein getreueres Bild der Frillensituation ihrer Zeit geben als die íslendinga sögur über die Frillensituation der söguöld. Zusammenfassend läßt sich sagen: Die altisländischen Quellen bezeugen in unterschiedlicher Weise Frillenverhältnisse, Sie bezeugen aber nicht, daß diese Verhältnisse Friedelehen-Charakter im Sinne Herbert Meyers hatten. Alle Belege sprechen dafür, daß die frilla von untergeordnetem sozialem Rang war. Ehecharakter hatten die Frillenverhältnisse in keinem Fall. Im isländischen Recht der Grágás wird die frilla nicht genannt. Wohl aber werden die Erbschaftsrechte der aus solchen außerehelichen Verbindungen stammenden Kinder erwähnt.

2 Else Mundal (wie Anm. 12 in Kap. 2).

Vili. Die Kirche und das weltliche Frillenwesen

Im Laufe des 12. Jahrhunderts geriet das Frillenwesen allmählich unter den Einfluß der Kirche, sodaß zunächst ein kurzer Blick auf die kirchliche Entwicklung im Norden nötig ist. Vorab ist festzustellen, daß zwischen dem norwegischen und dem isländischen Kirchenrecht wesentliche, geschichtlich gewachsene Unterschiede bestanden. Auf Island brachte es die geographische Lage mit sich, daß sich die Kirche lange Zeit dem Zugriff der kirchlichen Zentren entziehen und sich somit eine gewisse Eigenständigkeit bewahren konnte. Das macht sich vor allem in ihrem Verhältnis zum isländischen Staat bemerkbar, das bis zu Beginn des 13. Jahrhunderts im großen und ganzen gut war. Auch war Island so in der Lage, sich seine alte Kultur stärker zu bewahren, als das in den skandinavischen Nachbarländern der Fall war. Die isländische Kirche stand zunächst unter der Jurisdiktion des Erzbischofs von Hamburg/ Bremen, der auch die ersten isländischen Bischöfe weihte (ísleifr Gizurarson 1056 in Bremen, Gizurr ísleifsson 1082 in Magdeburg). Im Jahre 1104 kam sie unter das damals dänische Erzbistum Lund, und seit 1152 oder 1153, nach Gründung der Erzdiözese von Niòaróss, unterstand sie - ebenso wie die Diözesen von Norwegen, den Hebriden, den Orkaden, den Färöern und von Grönland - dem dortigen Erzbischof, und zwar bis zum Jahre 1537. Die Sonderentwicklung der isländischen Kirche führte dazu, daß es in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts des öfteren zu Unstimmigkeiten zwischen der isländisch-nationalkirchlich ausgerichteten und der römischen, durch das Erzbistum Niòaróss vertretenen Kirche kam. Die norwegischen Erzbischöfe hatten großes Interesse an Island und versuchten bald, mit einer Fülle von Verordnungen die Eigenheiten der Inselkirche zu bekämpfen und die Ordnung des römischen Kirchenrechts durchzuführen. Die Stellung des Klerus innerhalb des Staates wurde aufgewertet, und die Bindung der Kirche an Rom und damit an die kirchliche Gesetzgebung wurde verstärkt. Das ältere Christenrecht, der kristinn réttr hinn forni, wurde auf Island, wohl basierend auf dem kirchlichen Codex, den Bischof Grimkell und König Óláfr Haraldsson in Norwegen einführten, in den Jahren 1122 bis 1133 erstmals aufgeschrieben. Hieran hatten die beiden isländischen Bischöfe forlákr Runólfsson (1118-1133, Skálholt) und Ketill t>orsteinsson (1122-

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

1145, Hólar) entscheidenden Anteil. Dieses Kirchenrecht galt bis zum Jahre 1275. Die kirchlichen Angelegenheiten wurden genau festgelegt: Einerseits kam die isländische Kirche unter die Rechtsprechung der landslög, andererseits war sie ein Zweig der römisch-katholischen Kirche und unterstand somit dem "jus canonicum" in Fällen, in denen das öffentliche Recht versagte. Dadurch war häufig eine unterschiedliche Rechtsprechung bedingt, und dies führte im 12. und vor allem im 13. Jahrhundert gelegentlich zu Differenzen zwischen dçn Bischöfen und den isländischen hößingjar ("Häuptlingen"). Die Bischöfe hatten auf Island eine starke Position. Sie wurden zunächst auf dem Allthing gewählt. Später, als Island zwei Bischöfe hatte, bestimmte der jeweils überlebende Bischof den anderen und gab ihm einen Empfehlungsbrief an den Erzbischof von Niòaróss, der ihn weihen mußte, mit. Die Bischöfe waren Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung, der lôgrétta, und konnten somit auch an politischen Entscheidungen mitwirken. Da nun auf Island das private Kirchenwesen besonders stark ausgeprägt war, befanden sich die isländischen hößingjar den Bischöfen gegenüber in einer starken Machtstellung. Die Verantwortung für die Erhaltung der Gebäude und für die Abhaltung des Gottesdienstes lag in den Händen der Eigentümer; sie stellten die Priester ein und hatten auch die Möglichkeit, sich selbst zum Priester weihen zu lassen, um dann den Dienst in ihrer eigenen Kirche übernehmen zu können. Da das auch den Vorteil mit sich brachte, über die kirchlichen Einnahmen verfügen zu können, waren höhere Weihen unter den isländischen Großen durchaus nicht selten, wie schon in dem Kapitel über die Sturlungen gezeigt wurde. Oft ließen die Kirchenbesitzer auch arme Verwandte zu Priestern ausbilden, und diese mußten dann als Entgelt den Gottesdienst abhalten. Die Priester waren in der Regel Mitglieder des Haushalts des Bauern, dem die Kirche gehörte, und man kann sich ausrechnen, daß der Einfluß des Brotherrn auf den Geistlichen stärker war als der des Bischofs, der mit Ermahnungen oder durch Androhung von kirchlichen Strafen aus der Ferne auf ihn einzuwirken versuchte. Hinzu kamen natürlich noch die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Bauern und diesen sog. I>inga-Priestern, und der Rückhalt, den sie dadurch in der Bevölkerung hatten, stärkte wiederum die Position der Priester gegenüber dem Bischof. Die Auseinandersetzungen zwischen der Kirche und den privaten Kirchenbesitzern wurden erst durch das neue Christenrecht des Bischofs Arni t>orláksson (1269-1298) beseitigt. Erst dann erlangten die Bestimmungen des kanonischen Rechts auf Islands ihre volle Gültigkeit1.

1 Peter Koppenberg, Hagiographische Studien zu den Biskupa Sögur. Unter besonderer Berücksichtigung der Jons saga helga. Scandica, Wiss. Reihe 1. Bochum 1980, S. 3Iff.

Die Kirche und das weltliche Frillenwesen

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Neben den Amtern des Bischofs und des Priesters gab es auf Island noch die sechs kirchlichen Grade, die auch durchaus Laien besitzen konnten: Diakon, Subdiakon, Akolyth, Exorzist, Lektor und Ostarier. Für die kirchlichen Grade einschließlich des Diakons galt schon seit den Tagen Leos des Großen (440-461) das Gebot des Zölibats; diese Verpflichtung wurde im 12. Jahrhundert auch auf den Subdiakon ausgedehnt. Die Minoristen, zu denen Akolyth, Exorzist, Lektor und Ostarier zählten, waren davon ausgenommen2. Wie schon oben angeführt, wurden Saemundr Jónsson (gest. 1222) und sein Bruder Ormr Jónsson (gest. 1218) als djákn bezeichnet. Beide waren nicht verheiratet, doch lag der Grund wohl nicht unbedingt darin, daß sie die Weihen eines Diakons empfangen hatten. Saemundr Jónsson hatte auf jeden Fall die Absicht gehabt, sich zu verheiraten. Wie Johan Fritzner (Ordb. I, S. 247) meint, muß der Zusatz djákn, der gelegentlich bei Männernamen vorkommt, nicht unbedingt bedeuten, daß der Betreffende das Amt eines Diakons innehatte; es konnte auch ein Beiname gewesen sein. Auf jeden Fall ist festzuhalten: Das Zweite Allgemeine Laterankonzil vom Jahre 1139 erklärte Ehen, die von Subdiakonen und allen höheren kirchlichen Graden eingegangen worden waren, für ungültig. In Norwegen waren die Kirchen - anders als auf Island - keine Bauernkirchen (bcendakirkjur), sondern sie wurden entweder vom König erbaut, oder sie gehörten der Gemeinde. Es gibt schon in den ersten norwegischen Rechtsaufzeichnungen unter König Óláfr kyrri (1066-1093) ein Christenrecht, das die Aufsicht über die Kirche regelte. Überliefert ist dieses Recht jedoch erst in einer Handschrift des 13. Jahrhunderts (Gula^ingsbók), dem Codex Ranzowianus. Die Handschrift, von der dieser Codex abstammt, kann jedoch erst nach nach 1164 entstanden sein3. Auch die übrigen norwegischen Rechtsaufzeichnungen besitzen ein sog. Christenrecht. Das in den Landslög König Magnüs Lagaboetirs (entstanden 1274), in denen alle Rechtsbücher vereinigt sind, enthaltene Christenrecht besteht jedoch - abweichend vom Titel - überwiegend aus Bestimmungen über Königsrecht und Thronfolge. In Norwegen befanden sich König und Klerus in ständigem Streit darüber, ob die christenrechtlichen Fragen (Gerichtsstand der Kleriker, Eherecht, Zahlung von Zehnten, Strafen etc.) landrechtlich oder nach kanonischem Recht zu regeln seien. Erst Magnus Eiriksson konnte in seiner Rechtsbesserung von 1327 erklären, er sei mit dem Erzbischof und den Bischöfen überein gekommen, daß das Christenrecht

2 Jarl Gallen, "Célibat". In: KLNM Π (1957), Sp. 545-548. Oluf Kolsnid, Norges Kyrkjesoga. In: Millomalderen. Oslo 1958, S. 196f. 3 Tryggve Knudsen, "Gulatingsloven". In: KLNM V (1960), Sp. 559ff.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

der FrostaJjingsbók (1230/52) in ganz Norwegen gelten solle. Nach dem Vertrag der Isländer mit König Hákon Hákonarson gehörte Island zum norwegischen Königreich, und es entstand rasch eine neue Gesetzgebung, die auch das Christenrecht mit einbezog. Diese neue von der Kirche beeinflußte Gesetzgebung machte sich vor allem im Eherecht bemerkbar. Hatte die Grágás, die das Recht der Freistaatzeit enthält, hinsichtlich des Frillenwesens keinerlei Bestimmungen (dasselbe gilt auch für die älteren norwegischen Landschaftsrechte), so geht die Jónsbók gegen das Frillenwesen vor. Nach der Grágás gelten im Hinblick auf das Eherecht die landrechtlichen Bestimmungen, nach denen die Verlobung (festa sér konu) der wichtigste Teil der Eheschließung war. Die Grágás regelt die Erbansprüche der Kinder, auch die der unehelichen Nachkommen, und danach hatten die Frillenkinder dieselbe Rechtsstellung wie die (freien) unehelichen Kinder (Grágás la 218/ Ζ. Iff.). Die Bestimmungen der Jónsbók stammen aus der königlich-norwegischen Gesetzgebung, die durch die Rechtsbesserungen König Magnus Hákonarsons geprägt sind. Hier zeigt sich gerade im Eherecht der kirchliche Enfluß viel stärker als in der Grágás, obwohl natürlich auch dort schon Spuren des kanonischen Rechts erkennbar sind. Vergleichbar mit der Grágás sind, wie oben schon angedeutet, in diesem Punkt die norwegischen Landschaftsrechte, doch findet man z.B. deutliche Unterschiede dort, wo es um die Eigentumsverhältnisse der Kirche geht. In der Grágás spielt die sog. "Konsensehe" keine Rolle. Diese gründet sich auf eine Entscheidung Alexanders III. aus dem Jahre 1170. Da man die Entwicklung des kanonischen Eherechts mit der Verabschiedung der Dekrete Gregors IX. 1234 als abgeschlossen ansehen kann und die Bestimmung über die Konsensehe in die Dekretaliensammlung aufgenommen wurde, war sie damit endgültig Bestandteil des corpus iuris canonici4. Um gegen Bigamie vorzugehen, wurde auf dem 4. Laterankonzil im Jahre 1215 vorgeschrieben, daß vor Eingehen der Ehe eine Bekanntmachung in der Kirche stattfinden sollte. Auch diese Bestimmung enthält die Grágás noch nicht, sie setzte sich erst im Laufe des 13. Jahrhunderts auf Island durch. Zu Anfang wurden offenbar zwischen dem einheimischen Recht (dem Landrecht) und dem kanonischen Recht gewisse Kompromisse geschlossen. Im Christenrecht der norwegischen EidsivaJ)ingslög (1,22) wird bei der Eheschließung zwischen hiunskapr af

4 Halvar G.F.Sundberg, Kyrkorätt. Institutet för Offentlig och Internationell Ritt. Stockholm/ Helsingfors 1948, S. 23f. Karl Michaelis, Das abendländische Eherecht im Ubergang vom späten Mittelalter zur Neuzeit. In: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. I. Phil.hist. Kl., Jg. 1989, Nr. 3. Göttingen 1990, S. 105f.

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guds lagum réttum und at lagum manna unterschieden5. Nach kanonischem Recht (at guds lagum) ist das Einverständnis der Frau einzuholen, nach Landrecht (at lagum manna) ist die Verlobung durch die Familien ausschlaggebend. Diese wird auch an erster Stelle genannt; dann wird das Mädchen angehört: Antwortet es mit ja oder schweigt es, dann darf die Ehe geschlossen werden, sagt es nein, darf man es nicht zwingen. Da natürlich gerade in bezug auf das Frillenwesen die kirchlichen Vorstellungen von der Einehe stark mit den einheimischen Bräuchen kollidierten, wird wohl auch hier anfangs von Seiten der Kirche nicht allzu rigoros vorgegangen worden sein. In den Rechten ist dies allerdings nicht bezeugt. Die Vermutung der älteren Forschung, daß das Frillenwesen eine Konsensehe gewesen sei, geht offenbar auf die Vermengung kirchlicher und germanischer Formen zurück. Auch ein weiterer Gesichtspunkt, der bei der Annahme eines Eheformenpluralismus bzw. -dualismus in germanischer Zeit angeführt wird, die Frage der sog. "Ersitzung" der Ehe, läßt sich am nordischen Material nicht bestätigen. In den nordischen Rechten ist diese "Ersitzung" dreimal bezeugt.

1. jEldre Gulajnngslög

1256

Efmadr byr vid fridlu sinni .xx. vetr ceda .xx. vetrum lengr. gengr i lióse i hvilu hennar. verdr engi skilnadr peirra a pvi mele, ok koma engar lysingar a. adrar a peim .xx. vetrum. hinumfystum. pa ero born peirra erfgeng. oc leggio logfelag peirra [Wenn ein Mann mit seiner Frilla zusammen wohnt, zwanzig Winter oder länger als zwanzig Winter und geht bei Licht in ihr Bett, und es tritt keine Trennung zwischen ihnen in diesem Zeitraum ein, und es werden keine anderen Erklärungen zwischen ihnen abgegeben in jenen ersten zwanzig Wintern, da sind ihre Kinder erbfähig, und das Gesetz bestimmt die Gütergemeinschaft zwischen ihnen.].

5 R.Meißner, Bruchstücke der Rechtsbücher des Borgarthings und des Eidsivathings. Weimar 1942, S. 94f. 6 NGL I, S. 54.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

2. Jydske lov Cap. XXVII von 12417 Hwa sum hœuœr slekœfrith i garth mœth sik oc gangœr opœnbarlik mœth at sovœ oc hvn hœvœr las oc lykki oc sokœr atœ oc dryc mœth hanum opœnbarlik i thrœ wintœR. hvn skal wœr rœt husfre oc athœlkvnœ [Wer eine Frilla bei sich im Hause hat und geht offenkundig mit ihr schlafen, und sie hat Schloß und Schlüssel, ißt und trinkt offenkundig mit ihm drei Winter hindurch, da soll sie Ehefrau sein und rechtmäßige Hausfrau.]. Die von Ekenberger 1593 besorgte niederdeutsche Ubersetzung hat folgenden Wortlaut8: De eine Byschleperinne, mit sick in sinem Haue, effte in sinum Huse hefft, vnde he geit apenbarlick mit er tho Bedde. Vnde se hefft Schlote vnde Schlotel on erer vorwaringe. Stahn vnde gahn apenbarlick thosamende, tho dem Dische, vnde van dem Dische, Eten vnde Drincken mit ein ander, dre Vinter (dat js) dre Jar. Se schal sine Echte vnde Rechte Frouwe syn. Klaus von See übersetzt den Terminus slokœfrith (nd. Byschleperinne) in seiner deutschen Ausgabe des "Jütschen Rechts"9 mit "Friedelfrau". In dem dazugehörigen Kommentar (S. 173f.) erklärt er "Friedelfrau" folgendenmaßen: "slœkœfrith; concubina; vnecht wyff. Das erste Glied des Wortes hängt zusammen mit altwestnord. slcegr, adj. "schlau", schwed.dial. slöke "leichtsinniges Frauenzimmer" (Brendum-Nielsen, Gammeldansk Gramm. I, S. 222), dem zweiten Glied liegt wohl fridön "Geliebte" zugrunde (im Altschwed. slokifrilla zu altwestnord. fridla, frilla "Geliebte, Friedelfrau"). Die Zusammensetzung ist ein speziell ostnordisches Rechtswort." (Vgl. die Wortuntersuchungen auf S. 150f.) Von See betont ferner, daß in anderen germanischen Rechten diese Form der Ehegründung unbekannt sei.

7 Zitiert nach der Ausgabe von P.G.Thorsen, Kopenhagen 1853: Valdemar den Andens Jydske Lov, efter den Flensborgske Codex tilligemed den 1590 foranstaltede Udgave af Loven og den af Ekenberger 1593 besörgede plattyske Oversaettelse. S. 44f. 8 Wie Anm. 7, S. 45. 9 Klaus von See, Das Jiitsche Recht. Aus dem Altdänischen übersetzt und erläutert. Weimar 1960, S. 44.

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3. Jónsbók, Zusatz aus dem Jahre 1305 10 En ef annart huart hiona kann fra at falla peirra sem χ vetra eòa lengr hafua a samt verit ok hqfua pau iafhan halldit sik fyrir loglig hion pott hiuskapr peirra hqfui eigi verit skilvisloga anuelgadr ok eigi bygdar fleygt verit medan pau lißu bœdi milium skilrikra manna at hon vœri hans frióla eòa horkona. pa skal barn eòa börn efeptir eru i arf settiaz ok halldazjyrir skilgetin po at eigi lifui festar váttar [Wenn eines von zwei "Eheleuten" stirbt, die zehn Winter oder länger zusammengelebt haben, und wenn sie sich immer wie rechtmäßige Eheleute verhalten haben, obwohl ihre Ehe nicht öffentlich beweisbar vertraglich abgesprochen war, und wenn nicht das Gerücht entstanden war, während sie in rechtschaffener Umgebung lebten, daß sie seine Frilla oder Hure sei: dann soll das Kind oder die Kinder, die vorhanden sind, in das Erbe eingesetzt oder als ehelich angesehen werden, wenn auch keine Verlobungszeugen leben.]. Die drei Passagen sind nicht ganz gleichwertig. Das norwegische Recht regelt die Erbansprüche der Kinder, dort muß das Zusammenleben der Partner 20 Jahre erfolgt sein. Das Jütische Recht erkennt die Frilla als Ehefrau an, und das schon nach dreijährigem Zusammenleben, während nach der Jónsbók die Kinder aus einer solchen Verbindung nur dann als erbberechtigt und ehelich erklärt werden (es geht hier um das Erbe nach dem Tode eines der beiden Partner, nicht um die Legalisierung des Verhältnisses), wenn sich beide, Mann und Frau, zehn Jahre oder länger in einer rechtschaffenen Umgebung wie Eheleute verhalten haben. Aus der Zusammenstellung der beiden Bezeichnungen frilla und hórkona tritt schon deutlich die negative Konnotation zutage, die das Wort offenbar zu Anfang des 14. Jahrhunderts erhalten hat. Bei der hier angeführten "Ersitzung" handelt es sich um einen Begriff (altwestnord. hefd f.), der in den nordischen Rechten erst spät belegt ist, obwohl die Sache, die fortgesetzte Ausübung eines Rechtes, das zur Ersitzung desselben fährt, bekannt ist, und zwar vor allem dort, wo es sich um Kirchengut handelt. Das Wort an sich ist in den altnorwegischen Rechten wohl vorhanden, es wird jedoch für das lat. possessio (nicht für usucapió) gebraucht; wenn alte Sitte gelten soll, heißt es in den altnorwegischen Rechten at fornsku, at fornu fari, um daga Olafs hins helga. Eine interessante Parallele zu Gul. 125 (dieser Abschnitt ist unter Erbrecht eingeordnet) findet sich noch in Gul. 61 (vgl. auch 66). Hier wird im Abschnitt

10 DI Π, S. 344 und Jónsbók, Rettarbaetr I (NGL IV, S. 347f.), Text nach Hs. B.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Kauf unter der Überschrift "Wenn ein Mann seinem Knecht die Freiheit gibt" bestimmt11: Nu ferr prœll friáis mannz forom .xx. vetr ceda .xx. vetrum lengr. oc illir engi madrforar harts, ne kaup harts, ne kvanfong. hvárt sem hann ferr utanfyllds, ceda innanfylkis, pa er hann friáis, ef hann vil friáis kallasc [Nun fährt der Knecht eines freien Mannes Fahrten durch zwanzig Winter oder länger als zwanzig Winter, und kein Mensch beanstandet seine Fahrten, auch nicht seinen Handel oder seine Heirat, ob er nun fährt außerhalb oder innerhalb des Fylkes, da ist er frei, wenn er sich frei nennen will.]. Die Frist von zwanzig Jahren wird auch noch einmal in ML bylov 6 genannt12, wo festgesetzt wird, daß ein Haus, das zwanzig Jahre auf eines anderen Mannes Grund und Boden ohne Beanstandung gestanden hat, auch dort stehen soll. Zum Haus solle dann auch der Grund gehören. In der Rechtssprache des isländischen Freistaates ist der Terminus hefd nicht belegt. Diesen speziellen Tatbestand gab es nicht, obwohl natürlich eine dreijährige Verjährungsfrist für z.B. Vorkaufsrecht, nicht abgeholtes Erbe in Norwegen etc. bekannt war. Bei Einführung der Jónsbók 1281 wurde der Tatbestand der hefd für die Ersitzung von Rechten an Grund und Boden eingeführt, nicht jedoch der Terminus; auch hier handelt es sich um den Zeitraum von zwanzig Jahren. Das Wort ist erst in der geistlichen Ubersetzungsliteratur belegt, zum ersten Mal als rechtlicher Terminus in der Árna saga biskups Kap. 9 und Kap. 37. Da es sich bei den drei Fällen der "Ehe-Ersitzung" um Bestimmungen aus Königsrecht handelt, könnte die Vermutung naheliegen, daß hier Einfluß des kanonischen oder römischen Rechtes vorliegt (vgl. Gaius 1,111.). Die älteren Landschaftsrechte Schwedens sowie die Grágás kennen die Ersitzung der Ehe nicht. Die Quellen legen mit aller Wahrscheinlichkeit nahe, daß der Tatbestand der Ersitzung aus dem kanonischen bzw. römischen Recht übernommen wurde. Ein Eheformendualismus aus heimischem Erbe läßt sich damit nicht nachweisen. Wird nun in der Jónsbók die frilla in einem Atemzug mit der hórkona genannt, so scheinen die Frillen in den älteren Rechten besser gestellt gewesen zu sein. So ist das z.B. im Bjarkeyjar réttr der Fall. Bei diesem Recht handelt es sich um Bruchstücke des Stadtrechts von Niòaróss, deren ältestes aus dem 13. Jahrhundert stammt. Das Recht selbst ist jedoch älter; vermutlich war es eine Privatarbeit.

11 NGL I, S. 32, Nr. 61. 12 NGL II, S. 244.

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§ 129 (nach den Papierhss. X und Y) wird bestimmt13: Ef madr tekr birgiskonu sier ok hefir vátta tvá vidr ok gengr ( liósi í hvílu hennar, par á konungr öngvan rétt ά. en frœndr eigu rett ά [...] En ef annarr madr liggr med birgiskonu hans. pa skal sa bœta honum .xij. aurum at rètti sínum [Wenn ein Mann sich eine Beischläferin nimmt und hat zwei Zeugen dabei und geht bei Licht in ihr Bett (d.h. ohne sein Verhältnis zu verheimlichen), dabei hat der König keinen Bußanspruch, aber die Verwandten haben Bußanspruch [...] Und wenn ein anderer mit seiner Beischläferin liegt, da soll dieser ihm büßen mit zwölf Ore als seinem Bußanspruch.]. Der Mann hat demnach Bußanspruch für seine byrgiskona, was gleichbedeutend mit fritta ist. Ahnlich wird auch in König Sverrirs Christenrecht bestimmt, daß deijenige, der seine frilla wie eine eiginkona hält, Bußanspruch für sie haben soll (68)14: En ef madr a ser frillu oc fier han a fra henne oc hœfir han laght firir hana vistir sua at hon patfœigi annara fanga hœldr en ceigin kona hans. oc hœfir haft hana med ser til oìdrs oc till atz. oc buit sees hans oc seng oc glœpr madr hana fra honum. pa skal slikan reet a henne tàka sem a skyld kono sinni, en ef han hœfir œigi sua gort pa er hon œigi hans hœlldr en hins [Wenn ein Mann sich eine Frilla hält und sie so versorgt wie seine Ehefrau mit Essen und mit Trinken, und wenn er auch mit ihr an einem Tische sitzt (das war offenbar entscheidend), und wenn sie "Sitz und Bett" pflegt, dann hat er Bußanspruch für sie, falls sie ihm ein anderer wegnimmt. Hat er das jedoch alles nicht getan, so gehört sie weder ihm noch jenem.]. Gegen dieses Frillenwesen wandte sich die nordische Kirche schon recht früh energisch. Wie oben ausgeführt, versuchte bereits Bischof l>orlákr der Heilige (in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts), dem entgegenzutreten. Mit Unterstützung des norwegischen Erzbischofs Eysteinn richtete er an die isländischen Bonden die Aufforderung, keine Frillen auf ihren Höfen zu halten. Für t>orlákr spielte jedoch sicher auch die Tatsache eine Rolle, daß seine eigene Schwester ein Frillenverhältnis mit Jon Loptsson hatte. Ein Jahrhundert später griff die Kirche härter durch. In der Árna saga byskups Kap. 5 15 ist der Bericht über einen Brief erhalten, den Erzbischof Jon von Niòaróss an die Isländer schrieb. Die Bischöfe Arni und Jörundr ließen in Skálholt eine Versammlung einberufen und verlasen dort öffentlich die Botschaft des

13 NGL I, S. 327. Und Rudolf Meißner, Stadtrecht des Königs Magnus Hakonarson für Bergen. Germanenrechte N.F. (Nordgerman. Recht, Bd. 3). Weimar 1950, S. 390, 391 (mit deutscher Übersetzung). 14 NGL I, S. 428. 15 Wie Anm. 11 in Kap. 6, I, S. 684.

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Erzbischofs. Der Brief wird auf das Jahr 1268 datiert und hat u.a. folgenden Inhalt: at engi madrfesti sér mey eòa konu til eiginords, ádr en lyst vari í kirkju prem sinnum; svá ok at frillumönnum skuli Jyrirbjóda at taka Krists likama at páskum, utan peir festi frillur sinar til eiginords eòa skili vid pœrfullkomliga [...] [niemand darf ein Mädchen oder eine Frau heiraten, bevor er es nicht dreimal in der Kirche bekannt gemacht hätte; auch ist "Frillenmännern" (d.h. Männern, die sich Frillen hielten) verboten, zu Ostern das Abendmahl zu nehmen, es sei denn, sie heirateten ihre Frillen oder sie trennten sich völlig von ihnen.]. Diese Botschaft ließ Bischof Arni in seinem gesamten Amtsbezirk bekannt machen. Die Bestimmung, das Aufgebot in der Kirche abzuhalten, ist eine Auswirkung der Beschlüsse der Laterankonzilien, die Island mit einiger Verzögerung erreichten. So ordnete das lateranische Reformkonzil von 1215 schon die Eheerklärung vor dem Pfarrer an und zwar in facie ecclesiae, d.h. vor der Kirchentür, um die Öffentlichkeit bei der Eheschließung beizubehalten. Die ablehnende Haltung der Kirche gegenüber dem Frillenwesen der Laien schlug sich auch in einer Reihe von Anordnungen und Bestimmungen nieder. In einem Anhang zum Christenrecht der Jüngeren GulaJjingslög16, deren Abfassung in den Anfang der Regierungszeit König Magnús Hákonarsons, genannt Lagaboetir (1263-1280), fällt, steht noch die recht milde Bestimmung: Itam ollum peim sem jfrillo lifnadh Uggia sœter ek œn . iij. fimter sinar frillor festœ ceder afswœria oc siin brot bœta [All denen, die sich dem Frillenieben hingeben, setze ich die Frist von fünf Tagen, um ihre Frillen zu heiraten oder sich von ihnen loszusagen und ihre Sünden zu büßen.]. Eine Strafandrohung für die Frilla enthält dieser Passus nicht, sondern dem Mann wird nahegelegt, sie zu heiraten. Zu dieser Zeit wird das Frillenwesen (frillo lifnadhr) deutlich vom Ehebruch (hoordcemr, in der vorangehenden Bestimmung) abgesetzt. Im 14. Jahrhundert verstärkte die Kirche den Druck auf Männer und Frauen, die außereheliche Beziehungen eingegangen waren. 1320 bestimmte Erzbischof Eilifr von Norwegen in seinem Dritten Statut, das wie alle diese Erlasse in der gesamten Kirchenprovinz von Niöaross Gültigkeit hatte, Folgendes17: Ef kona sykis aa sœngar fier, pa se henne œigi neitat olean, (f hon er eigin kona manz. Enn efhon er frilla, pa neitaz henni, utan sa iati at festa hana er til hennar hefir tekit. ella iati hon skilnadi vid hann. ef henni gengr til bata [...J œigi skal fridlur edr horkonur edr peer aliar sem i sifskœpum edr frendsemi geta born i kirkiu leida eptir barnsceng. enn huerr er i leidir. giallda biskupi halfa mork [Wenn eine

16 NGL Π, S. 336. 17 NGL ΠΙ, S. 260ff.

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Frau im Kindbett erkrankt, dann soll ihr die letzte Ölung nicht versagt werden, wenn sie die Ehefrau eines Mannes ist. Aber wenn sie eine Frilla ist, dann soll sie ihr versagt werden, es sei denn, deijenige, der sie zur Frilla genommen hat, heiratet sie, oder sie stimmt der Trennung von ihm zu für den Fall, daß es ihr besser geht (..) Frillen oder Ehebrecherinnen oder alle diejenigen, die Kinder aus unerlaubten (verwandtschaftlichen) Beziehungen bekommen haben, dürfen nach dem Kindbett nicht in die Kirche geführt werden. Jeder, der sie führt, zahle dem Bischof eine halbe Mark.]. Hier wird einer Frilla nicht mehr die durchaus angesehene Stellung zugestanden, die sie im 12. und 13. Jahrhundert innehatte. Sie wird in einem Zuge mit Ehebrecherinnen und in Blutschande lebenden Frauen genannt, und es wird ihr der Eingang in die Kirche nach der Geburt eines Kindes verwehrt. Selbst die letzte Ölung wird ihr verweigert für den Fall, daß das Frillenverhältnis weiter bestehen bleibt. Durch die Anwendung solcher Mittel erreichte die Kirche bald, daß das Ansehen der Frilla sank. Das wirkte sich im Laufe der Zeit auch auf die Bedeutung des Begriffes frilla aus; sie nähert sich im 14. Jahrhundert durchaus der Bedeutung von puta, was mit "Prostituierte" zu übersetzen ist.

IX. Die Geistlichen und ihre Frauen Nachdem auf den Lateransynoden von 1059, 1074 und 1075 nachdrücklich die Einhaltung des Zölibats gefordert worden war und das Laterankonzil 1139 Ehen, die vom Subdiakon an eingegangen worden waren, für ungültig erklärt hatte, erreichten diese Bestimmungen mit einiger Verzögerung auch die skandinavischen Länder1. (Die folgende Darstellung stützt sich in der Hauptsache auf die von mir aus den Diplomatarien der einzelnen nordischen Länder exzerpierten Erlasse.) Die ersten Mahnungen aus Rom kamen schon im 12. Jahrhundert. Am 23. April 1117 schrieb Papst Paschalis II. an den Dänenkönig Niels, der offensichtlich versucht hatte, eine Ausnahmeregelung für seine Geistlichen zu erwirken, Folgendes: Vnde scire te uolumus, quia de presbiterorum et diaconorum castitate. et illi et nos uerbum mutare non possumus. 2 Das bedeutet demnach, daß Presbyter und Diakone sich strikt an den Zölibat zu halten hatten. In Norwegen ist von einem Heiratsverbot für Priester zum ersten Male im Jahre 1237 die Rede. Aus diesem Jahr ist ein Brief Gregors IX. an den Erzbischof Siguròr von Niòaróss erhalten, in dem der Papst dem Erzbischof empfiehlt, dafür Sorge zu tragen, daß Priesterehen in der norwegischen Kirche abgeschafft würden3: sicut ex parte tua fuit propositum coram nobis tarn in diocesi quam provincia Nidrosiensi abusus detestande consuetudinis inolevit, quod videlicet sacerdotes inibì existentes matrimonia contrahunt et utuntur tanquam laici sic contractis. Et licet tu iuxta officii tui debitum id curaveris artius inhibere, multi tarnen pretendentes eycusationes frivolas in peccatis, scilicet quodfelicis recordationis Hadrianus Papa predecessor noster, tunc episcopus Albanensis, dum in partibus Ulis legationis officio fungeretur, hoc fieri permisisset, quamquam super hoc nullum ipsius documentum ostendant, perire potius eligunt quam parere, longam super hoc nichilominus consuetudinem allegando. Cum igitur diuturnitas temporis peccatum non minuat sed augmentet, mandamus quatinus, si est ita, abusum

1 Jarl Galten (wie Anm. 2 in Kap. 8). 2 Diplomatarium Danicum 1,2, S. 87, Nr. 41. Dan. Übersetzung: 1,2, S. 45. 3 DN I, S. 15f., Nr. 19.

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huiusmodi studeas exstirpare, et in rebelles, si qui fiterint, censurant ecclesiasticam exercere. Die norwegischen Geistlichen hatten sich bis dahin darauf berufen, daß Papst Hadrian, der als Kardinal von Albano im Jahre 1154 Norwegen besucht hatte, die Priesterehe erlaubt habe. Ein Brief darüber ist jedoch nicht erhalten, und Papst Gregor IX. streitet diese angeblich erteilte Genehmigung energisch ab. In Schweden wurde den Geistlichen der Zölibat auf dem Kirchentag von Skänninge 1248 auferlegt. Es wurde verlangt, daß sie innerhalb eines Jahres ihre Verbindungen (Ehe oder Konkubinat) auflösten, anderenfalls sollten die Frauen als im Bann stehend betrachtet werden ebenso wie sie selbst. Die Bestimmung hinsichtlich des Kirchenbannes wurde 1258 von Papst Alexander IV. gemildert. In einem Schreiben an den Erzbischof von Uppsala4 bestimmte er, daß unter der Voraussetzung, daß die Geistlichen ihre Frauen entließen, eine mildernde Strafe angesetzt werden dürfe. Nicht nur die Ehe, auch das Halten von Frillen wurde von der Kirche verboten. Schon 1168 scheint der Erzbischof von Niòaróss, Eysteinn Erlendsson, eine Anfrage bezüglich des Haltens von Konkubinen durch seine Bischöfe an Papst Alexander III. gerichtet zu haben. Die Antwort ist in der British Library-Cottonia erhalten und lautet, daß ein Bischof, der in seinem Hause eine Konkubine hält, entlassen werden solle5. Die Bestimmungen über die Ehelosigkeit der Geistlichen und das Verbot, Frillen in ihren Häusern zu halten, ließen sich in Norwegen nur schwer durchsetzen. Noch die Älteren FrostaJjingslög sahen die Priesterehe als etwas Normales an; so bestimmt - um nur ein Beispiel zu nennen - Buch VII, 17 über die Aufgebotspflicht von Priestern6: Prestr sä er at fylkiskirkiu sitr hann seal eigi gera leidangr Jyrir sic oc cono stna ok diákn sinn eòa prest ef hann hefir med sér [Der Priester, der an einer Fylkeskirche sitzt, der soll keine Aufgebotspflicht haben für sich und seine Frau und seinen Diaconus oder einen anderen Priester, wenn er ihn bei sich hat.].

4 Svenskt Diplomatarium, Diplomatarium Suecanum. Bd. I. Stockholm 1829, S. 389-390 (vom 6. August 1258). 5 Regesta Norvegica I, S. 64, Nr. 129. 6 NGL I, S. 202 (Deutsche Übersetzung von R.MeiBner in: Norwegisches Recht: Das Rechtsbuch des Frostothings. Germanenrechte Bd. 4. Weimar 1939, S. 148.).

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Auch das Christenrecht des Eidsiva|)ings (I,49)7 legt für die Begräbnisfeier fest: Nv skal preste bioda oc Icono hans til œifis oc manne mad pœim. Sitia skal hann í annduege oc kona hans hia honum [Nun soll man den Priester einladen zum Leichenschmaus und seine Ehefrau und einen Mann mit ihnen. Er soll auf dem Ehrenplatz (gegenüber dem Hausherrn) sitzen und seine Frau neben ihm.]. Offensichtlich wurden die Vorschriften über die Ehelosigkeit der Geistlichen erst in das Christenrecht König Magnüs Lagabœtirs (1263-1280) aufgenommen: Claustrmenn, prestar, diaknar oc subdiaknar magho œighi kuanna fa 8 [Mönche, Priester, Diakone und Subdiakone dürfen keine Ehefrauen haben.]. Nachdem nun die Ehelosigkeit der Geistlichen im Norden im Laufe des 13. Jahrhunderts akzeptiert werden mußte, wurde es bei den Geistlichen üblich, in offen zur Schau getragenen Frillenverhältnissen zu leben. Auf den Kirchenkonzilien des Kontinents wurde auch dies um die Mitte des 13. Jahrhunderts verboten (1256 in England, 1260 in Köln und in Frankreich); im Norden jedoch nahm die Zahl dieser Verhältnisse zu jener Zeit, besonders während der Amtszeit Papst Alexanders IV. (1254-1261), sehr zu. Der Papst bemühte sich offensichtlich eifrig, das Verbot in den einzelnen Kirchenprovinzen durchzusetzen. So ist ein Brief erhalten, den er im Jahre 1259 an Erzbischof Einarr von Niöaross schickte, und in dem er das Frillenwesen für die Geistlichkeit strengstens verbot. Die entscheidenden Passagen lauten (nach DI I, S. 600f.)9: clerici [...] tenent in conspectu etiam populi concubinas, in quibus impudica frontis irreverentia induentes foedas manus et foetidas, quas sordidis libidinosa coinquinationis foetibus immerserunt, non erubescunt in suum periculum et juinam populi sacris misteriis immiscere, a qvibus ob publici concubinatus insaniam, qua nulla potest tergiversatione celari, secundum acta Canonum tarn quoad se, quam quoad alios sunt suspensi, et ne quis talium missas audire prasumat, arcius in eorum contemptum canonica auctoritatis const it ut io interdicit [...] Nos igitur cupientes tantum malum de medio Ecclesia tantumque scandalum ab oculis fidelium removere [...]. Ein ähnlicher Brief scheint an alle Kirchenprovinzen abgegangen zu sein. Daß zu dieser Zeit der Bann über Geistliche, die in ihren Häusern Frillen hielten, tatsächlich ausgesprochen wurde, dafür zeugen einige Briefe, die Papst

7 R.Meißner, Bruchstücke der Rechtsbücher des Borgarthings und des Eidsivathings. Weimar 1942, S. 124. 8 NGL Π, S. 300 (Nyere Borgarthings Christenret, 17). Über Magnus Lagabaetir s. Hartmut Böttcher, Das Glaubensbekenntnis im Landrecht Magnus Lagaboters (Münchener Universitätsschriften. Jur.Fak. Abhandlungen zur rechtswiss. Grundlagenforschung Bd. 1). Berlin 1971. 9 DN VID, S. 10-13, Nr. 8; DI I, S. 598-601, Nr. 151.

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Alexander IV. an die Franziskaner und Dominikaner, die im Norden innere Mission trieben, schrieb. Die Fratres hatten offenbar beim Papst angefragt, ob sie geistliche Häuser in Dänemark, Schweden und Norwegen aufsuchen dürften, die wegen des Frillenwesens unter Bann standen, ohne daß sie deshalb selbst in den Bann fielen. In den erhaltenen Antworten vom 3. Januar 1257 und vom 18. März 126110 erhielten die Fratres die Erlaubnis, auch solche Häuser zu besuchen. Die Wendung, die Papst Alexander IV. für diesen Verstoß gegen kanonisches Recht gebraucht, ist auch hier "pro detentione concubinarum Trotz dieser Versuche seitens der Päpste, das Frillenwesen der Geistlichen in den nordischen Ländern zu unterbinden, und trotz der Androhung von Kirchenstrafen wurde an der Gewohnheit, sich eine deigja (Dienerin) - so nannten die Geistlichen ihre Frillen - zu nehmen, festgehalten. Das setzte sich auch noch bis in das 14. Jahrhundert hinein fort. Im Jahre 1307 wurde in Bergen eine Bischofskonferenz abgehalten, auf der das Verbot, Frillen zu nehmen, noch einmal nachdrücklich ausgesprochen wurde. Bischof Arne von Bergen informierte sich daraufhin offenbar über die Verhältnisse, die in den Haushalten der ihm unterstellten Geistlichen herrschten, und schickte in der Folge mehrere Briefe an seine Geistlichen mit der Aufforderung, die Frillen, die sie in aller Öffentlichkeit in ihren Häusern hielten, zu entlassen. So wurde in einem an die Geistlichen Thomas, prestr auf Nes, und Kolr, prestr auf Alda, gerichteten Brief vom 16. Oktober 130811 Thomas vom Dienst suspendiert, weil er trotz der Aufforderung, seine Frilla wegzuschicken, diese noch immer in seinem Hause hatte, und Kolr wurde unter Androhung derselben Strafe befohlen, sich innerhalb von drei Tagen von seiner Frilla zu trennen. Dabei wurde dem Priester Thomas vorgeworfen, er habe seine concubina publica nicht öffentlich aus seinem Hause entfernt, obwohl er offenbar an der Synode von 1307 teilgenommen hatte. Es handelt sich hierbei auch nicht um eine kurzfristige Verbindung. Dem Bischof war vielmehr bekannt, daß er die Frau ad multas annos secum publice gehalten hatte. Die Frau des Priesters Kolr nennt Bischof Arne eine focaría publica, und er verbietet dem Priester ab sofort jegliches commercium carnale. Einen Tag später, am 17. Oktober 1308, richtet der Bischof einen Brief mit ähnlichem Inhalt an die Priester von Vinraeid, Re, Austrhaeim, Gemlestad und Hye. Auch sie werden aufgefordert, innerhalb von fünf Tagen ihre concubina

10 DN IX, S. 39-40, Nr. 37. DN VII, S. 20, Nr. 22. 11 DN IV, S. 77, Nr. 79.

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publica (so bei dem Priester von Vinraeid) und ihiefocariae publicae (so bei den übrigen Geistlichen) zu entlassen12. Ferner erhielt Bernhard, Priester in Ullensvang, von Bischof Arne von Bergen in einem Brief vom 4. Oktober 1309 die Nachricht, daß er aus seinem Amt entlassen sei, da er trotz des auf der letzten Synode ausgesprochenen Verbotes seine Frilla behalten hatte. Arne ordnete an, die Frau, die er als focaría bezeichnete, innerhalb von drei Tagen wegzuschicken, andernfalls drohe dem Priester der Kirchenbann13. Am selben Tag schickte der Bischof eine Aufforderung an die Priester von Kinservik, Ulfsvik und Odde (im Bezirk Hardanger), sich innerhalb von fünf Tagen von den suspectae mulleres, die sie bei sich hatten, zu trennen. Auch ihnen wurde für den Fall, daß sie sich dem Befehl widersetzen würden, der Kirchenbann und die Suspendierung von ihren Ämtern angedroht14. Obwohl die Bischöfe von Bergen, vor allem Arne und Auòfìnnr, die losen Verbindungen der Geistlichen, die nach Einführung des Gebotes der Ehelosigkeit üblich wurden, sehr bekämpften, hielten sich diese doch noch recht lange. Einzelne Ermahnungen scheinen nichts genützt zu haben, und so verschärften die Provinzialkonzilien von Bergen 1320 und von Niöaross 1334 und 1351 die Strafen für Geistliche, die ihre Konkubinen nicht entließen, erheblich. Danach scheint das Frillenwesen bei den Geistlichen, zumindest soweit es in aller Öffentlichkeit vor sich ging, langsam abgenommen zu haben. Es finden sich nicht mehr so viele Briefe an die einzelnen Priester, wie es noch zu Beginn des 14. Jahrhunderts der Fall war. Was nun die Bezeichnungen betrifft, die in den meist in lateinischer Sprache abgefaßten Dokumenten für die in Frage kommenden Frauen und Verhältnisse gebraucht werden, so ist folgendes zu beobachten: In den älteren Briefen wird zunächst die Priesterehe verboten, dort wird von matrimonium gesprochen. Da sich die Geistlichen auch im Norden an diese Bestimmungen halten mußten, denn ihre Ehen wurden für ungültig erklärt, gingen sie lose Verbindungen ein. Diese Frauen, die sie in ihren Haushalten aufnahmen, werden concubina publica, was der isländischen Bezeichnung frilla entspricht, genannt. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts tauchen die Benennungen focaría, was wohl mit ist. arinelja, deigja gleichzusetzen ist, und mulier suspecta auf. Die beiden erstgenannten Bezeichnungen deuten auf die Funktion der Haushälterin hin, die diese Frauen zweifellos in den Häusern der Geistlichen gehabt haben; die Bezeichnung mulier suspecta, die

12 DN ID, S. 81, Nr. 74. 13 DN ΠΙ, S. 88, Nr. 84. 14 DN ΠΙ, S. 89, Nr. 85.

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dann allgemein üblich wurde, weist jedoch deutlich eine negative Komponente auf. Man fragt sich auch, was die Priesterkonkubinen nach ihrer Entlassung aus den geistlichen Häusern getan haben könnten. Da viele der Geistlichen nicht über ein solches Vermögen verfügten wie z.B. die Großen auf Island, konnten ihre Frillen kaum mit einer ausreichenden Versorgung oder mit einer Verheiratung rechnen. Es ist auch nicht sehr wahrscheinlich, daß die der Gemeinde des Priesters angehörenden Bauern nun ausgerechnet eine ehemalige Priesterkonkubine als Magd auf ihren Höfen aufgenommen haben. So ist es denkbar, daß ein Teil dieser Frauen sogar in die norwegischen Hafenstädte ging, vor allem nach Bergen, um dort auf irgendeine Art ein Auskommen zu suchen. Nach Island, das zum Erzbistum Niöaross gehörte, kam das Gebot der Ehelosigkeit für die Geistlichen ebenfalls - wie für die Norweger - im Jahre 1237. In dem oben angeführten Brief hatte Papst Gregor IX. den Erzbischof von Niòaróss aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß der Zölibat in der gesamten Kirchenprovinz eingehalten wurde. Dieser Brief war am 16. Mai 1237 in Viterbo ausgefertigt worden. Der letzte isländische Bischof, der verheiratet war, war Magnüs Gizurarson, Bischof von Skálholt, der sein Amt vom Jahre 1216 an bis zu seinem Tode am 14. August 1237 innehatte. Magnüs stammte aus der Familie der Haukdaelir und war verheiratet mit Halldóra Hjaltadóttir aus der Familie der Klofamenn. Das Ehepaar hatte zwei Söhne, Hjalti und Gizurr djákn. Nach 1237 waren die isländischen Bischöfe dann zwar nicht mehr verheiratet, doch ist von einigen bekannt, daß sie sich Konkubinen hielten - trotz ihrer Stellung als Vorbilder für die übrige isländische Geistlichkeit. Folgende kurze Übersicht über die ersten isländischen Bischöfe (erarbeitet aus der Sturlunga saga und den Byskupa sögur) mag das zeigen. Einschränkend allerdings ist zu bemerken, daß die zur Verfügung stehenden Quellen, vor allem die Byskupa sögur, in diesem Punkt wohl kein ganz vollständiges Bild ergeben. Es ist oft nicht auszumachen, ob die erwähnten unehelichen Kinder vor oder nach der Weihe zum Priester gezeugt worden sind, auch ist über die Mütter kaum etwas bekannt.

1. Die Bischöfe von Skálholt Islräfr Gizurarson (1056-1080), erster Bischof Islands; er erhielt seine Ausbildung in Herford im Stift Paderborn, wurde dort zum Priester geweiht und heiratete nach seiner Rückkehr nach Island Dalla l>orvaldsdóttir. Das Ehepaar hatte drei Söhne; nach seiner Bischofsweihe in Bremen im Jahre 1056 - er war damals 51

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Jahre alt - soll sich ísleifr, wie die Quellen berichten, von seiner Frau Dalla getrennt haben. Allerdings könnte diese Aussage unter dem Eindruck der Zölibatsverordnungen späterer Jahre geschrieben worden sein15. Dalla verwaltete den Haushalt auf Skálholt auch weiterhin, und es ist fraglich, ob ísleifr den Zölibat eingehalten hat. Gizurr ísleifsson (1082-1118), geb. 1042, Sohn von ísleifr Gizurarson. Auch er erhielt seine Ausbildung in Herford und wurde am 4. September 1082 in Magdeburg zum Bischof geweiht. Gizurr war mit einer wohlhabenden Witwe namens Steinunn verheiratet. Nach dem Tode der Mutter Dalla stand Steinunn dem Haushalt in Skálholt vor. Gizurr und Steinunn hatten einen Sohn Teitr und eine Tochter Groa. l»orlákr Rúnólfsson (1118-1133), geb. 1085; er erhielt seine Bischofsweihen in Lund; nicht verheiratet. Magnus Einaisson (1134-1148), unverheiratet. Klaengr Itorsteinsson (1152-1176); er hatte Yngvildr l»orgilsdóttir, die Witwe von Halldórr Bergsson, zur Frilla und mit ihr eine Tochter namens Jóra, die mit t>orvaldr Gizurarson verheiratet wurde. Es ist unklar, ob Klaengr die Mutter seiner Tochter geheiratet hat. ÍOrlákr inn helgi Pórhallsson (1178-1193), unverheiratet. Es wird von »hm berichtet, daß er im Begriff stand, eine wohlhabende Witwe zu heiraten, doch dies dann aus religiöser Uberzeugung unterließ. Pàli Jónsson (1195-1211), verheiratet mit Herdfs Ketilsdóttir, vier Kinder. Pàli war der Neffe l>orlákrs. Sigvarör téttmarsson (1238-1268), Norweger, unverheiratet. Ami t"orláksson (1269-1298), unverheiratet.

15 Jon Helgason, Islands Kirke fra dens Grundlaeggelse til Reformationen. Kopenhagen 1925, S. 62ff.

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2. Die Bischöfe von Hólar Jón Ögmundarson (1106-1121), geweiht 1106 in Lund; da Jon zweimal verheiratet gewesen war (die erste Frau war gestorben, die zweite lebte noch), mußte Jon sich, ehe er zum Bischof geweiht werden konnte, nach Rom begeben, um sich bei Papst Paschaiiis II. die notwendige Dispensation einzuholen. Er erhielt sie; die zweite Ehefrau stand jedoch weiterhin dem Haushalt auf Hólar vor. Keine Kinder. Ketill î»orsteinsson (1122-1145), verheiratet mit Gróa Gizurardóttir (der Tochter von Bischof Gizurr ísleifsson); ein Sohn namens Rúnólfr prestr. Björn Glisson (1147-1162), offenbar nicht verheiratet. Brandr Saemundarson (1163-1201), verheiratet mit Auö-Helga Bjarnardóttir, drei Kinder. Guöimindr Arason (1203-1237), nicht verheiratet. Guömundr hatte eine Frilla namens Valdis und eine uneheliche Tochter namens Ingibjörg. Bótolür (1238-1246), Norweger, von ihm ist nichts weiter bekannt. Heinrekr Kársson [oder Karlsson] (1247-1261), wahrscheinlich ein Deutscher, nicht verheiratet. Heinrekr war der erste Bischof auf Island, der schärfer gegen verheiratete Geistliche vorging. Brandr Jónsson (1263-1264), nicht verheiratet; Brandr hatte einen unehelichen Sohn, dessen Mutter nicht bekannt ist. Wie aus den vorangegangenen Ausführungen ersichtlich ist, sind wir für Norwegen, was das Leben der Geistlichen betrifft, auf die erhaltenen meist lateinischen Dokumente (Papstbriefe, Verordnungen etc.) angewiesen. Darin ist über die näheren Lebensumstände der Männer nicht viel enthalten. Für Island stellt sich die Quellenlage besser dar. Wie schon oben erwähnt, geben die Byskupa sögur und auch die Sturlunga saga eine Reihe von Informationen über das krichliche Leben auf Island. Einige der Byskupa sögur haben auch ältere lateinische Fassungen gehabt, die jedoch bis auf Fragmente verlorengegangen sind. So hat z.B. Gunnlaugr Leifsson (gest. 1218) aus dem Benediktinerkloster Pingeyrar eine lateinische Vita Jón Ogmundarsons verfaßt. Hierauf basiert die älteste isländische Fassung der Saga.

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Die erhaltene Fassung A (AM 221 fol., fragmentarisch, von ca. 1300, AM 234 fol. von ca. 1325) zeigt dies am besten. Es existiert noch eine weitere Rezension der Saga, die B-Fassung (Stockh.perg.fol.no.5 von ca. 1350-60, AM 219 fol., fragmentarisch, von ca. 1380), die hinsichtlich der Eheschließung Bischof Jons eine aufschlußreiche Abweichung von der Fassung A bringt. Diese Fassung ist Anfang des 14. Jahrhunderts entstanden und wird Bergr Sokkason zugeschrieben. (Die dritte erhaltene Rezension ist eine Zusammensetzung aus A und Β und nur in zwei Papierhandschriften des 17. Jahrhunderts überliefert.) Die Jons saga A macht folgende Aussage über die Eheschließungen Jón Ögmundarsons (Kap. 5)16: Enn helgi Jón Icvángadist ok átti tvœr konur, ok lifdi hin jyrri skamma stund, en vid hvárigri átti hann börn, pau er ór barnœsku hafi komizt [Der heilige Jón verheiratete sich und hatte zwei Frauen; und die erste lebte (nur) eine kurze Zeit; und mit keiner von beiden hatte er Kinder, die über das Kindesalter hinausgekommen sind.]. Es wird also festgestellt, daß Jón zweimal verheiratet war und daß, soweit dem Sagaschreiber bekannt ist, keine Kinder vorhanden waren, die über das Kindesalter hinausgekommen sind. Ausgeschlossen werden Kinder jedoch nicht. Da die Saga zu Beginn des 13. Jahrhunderts geschrieben worden ist, stehen die Aussagen durchaus im Einklang mit den damals üblichen Verhältnissen. Eine Ehe stellte keinen Hinderungsgrund für die Weihe zum Priester dar. Die Fassung B, die ca. 100 Jahre jünger ist, sagt zu diesem Thema folgendes (Kap. 17)17: Inn heilagi Jón kvángadist skjótt, eptir er hann vígdist til prests; átti hann tvœr konur ok liföi hin Jyrri lilla rid, ok átti med hvorigri börn, né nokkurri konu annarri, svá at vèr hafim sögur frá heyrt, ok er pat margra manna œtlan, at hann hafi med hvorigri likamliga fiekkazt [Der heilige Jón verheiratete sich bald, nachdem er zum Priester geweiht worden war. Er hatte zwei Frauen, und die erste lebte (nur) kurze Zeit, und er hatte mit keiner von beiden Kinder, und auch nicht mit irgendeiner anderen Frau, sodaß wir davon gehört haben; und es ist die Ansicht vieler Leute, daß er sich mit keiner der beiden körperlich befleckt habe.]. Bei dieser Aussage ist dem Verfasser der Saga zwar bewußt, daß zu Lebzeiten Jons Ehen von Geistlichen erlaubt waren, jedoch scheint die sich verschärfende kirchliche Gesetzgebung, die zu Beginn des 14. Jahrhunderts einsetzte, durch. Der Zusatz, den die Fassung A hat, börn, pau er ór barnœsku hafi komit, ist gestrichen worden, hingegen betont der Verfasser von B, daß keine Kinder

16 Biskupa sögur (wie Anm. 7 in Kap. 1), S. 157. 17 Biskupa sögur (wie Anm. 7 in Kap. 1), S. 230.

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bekannt seien - weder von den beiden Ehefrauen noch von irgendeiner anderen Frau (Frilla). Er selbst fügt wiederum hinzu, daß die verbreitete Meinung herrsche, Jon habe mit keiner seiner Ehefrauen Umgang gehabt. Hierfür gebraucht er den Ausdruck flekkaz, was soviel wie "sich beflecken" bedeutet. Die Ehen Jons werden demnach als eine Art Josefsehen gedeutet18. Nicht nur bei den Bischöfen, auch bei den übrigen isländischen Geistlichen war es durchaus üblich, verheiratet zu sein. Daß Priesterehen als solche Ende des 12./ Anfang des 13. Jahrhunderts keinerlei Anstoß erregten, auch nicht bei einem unverheirateten Bischof, wie es Bischof t»orlákr war, zeigt folgende kleine Episode, die im Oddveija Jjáttr beschrieben wird, die sog. Baejar-Högnamal19. Der Oddveija jíáttr behandelt die Streitigkeiten, die zwischen Bischof I>orlákr inn helgi und dem isländischen Häuptling Jon Loptsson und dessen Familie entstanden waren. Er ist als Einschub in die nach 1222 entstandene Fassung Β (AM 382,4°) der >orlaks saga erhalten. Auf diese Baejar-Hognamál spielt auch die Sturlunga saga (I, S. 13 If.) kurz an. Högni tormôôarson, ein reicher Mann aus nicht sehr vornehmer Familie, der die Priesterweihen besaß (prestr at vígslu), hatte seine Tochter Snaelaug an Í"ór0r Böövarson (gest. 1220) aus der Familie der M y ra- und Garôamenn verheiratet. i>óròr war Gode und ebenfalls prestr. Snaelaug hatte bei der Heirat schon eine uneheliche Tochter, Guònin, die spätere Frilla Snorri Sturlusons. Zunächst war der Vater nicht bekannt; kurz nach der Hochzeit mit l>óròr (1183) stellte sich jedoch heraus, daß Hreinn Hermundarson - ebenfalls prestr - aus der Familie der Gilsbekkingar und Jöklamenn für die Vaterschaft verantwortlich war, und daß ì>óròr Böövarson und Hreinn Hermundarson Vettern vierten Grades (fjórmenningar) waren. Daraufhin verbot Bischof ì»orlàkr die Ehe l>0rörs mit Snaelaug und erklärte die Kinder, die nach Bekanntwerden der Verwandtschaft gezeugt worden waren, für unehelich. Das erboste den Vater der Snaelaug dermaßen, daß er dem Bischof feindlich gegenübertrat und ihm die Einweihung und Nutzung einer Kirche, die er in Baer hatte bauen lassen, verweigerte. Daraufhin verlor Högni sein Priesteramt und zwar aus zwei Gründen (med tveföldum meinum): Er hatte seine Tochter in eine unerlaubte Ehe gegeben, und er hatte sich gegen den Bischof gestellt; die Tatsache, daß es sich bei den drei beteiligten Männern um Priester handelte, kam überhaupt nicht zur Sprache. Diese Einstellung änderte sich Hann Mitte des 13. Jahrhunderts. Besonders Bischof Árni I>orláksson (Bischof von Skálholt von 1 2 6 9 - 1 2 9 8 ) wandte sich energisch gegen die Heirat derjenigen, die die Priesterweihen erhalten hatten. Als

18 S. dazu Peter Koppenberg (wie Anm. 1 in Kap. 8), S. 75ff. 19 Biskupa sögur (wie Anm. 7 in Kap. 1) I, S. 284f.

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er selbst noch einfacher Priester war, hörte er davon, daß sich ein Mann namens Oddi, djákn at vígslu, verheiraten wollte. Bei diesem Heiratsvertrag hatte auch Jarl Gizurr seine Hand mit im Spiel. Da nun schon Bischof Heinrekr von Hölar (gest. 1261) und Arnis Lehrmeister, Bischof Brandr von Hólar (1263-1265) allen Subdiakonen und denjenigen, die die höheren Weihen erhalten hatten, die Ehe untersagt hatten, verbot Arni diese Heirat ebenfalls. Trotz dieses Verbotes fand die Heirat zunächst statt. Dann jedoch kamen Jarl Gizurr Bedenken, da Árni den Kirchenbann über alle, die an der Hochzeitsfeier teilgenommen hatten, ausgesprochen hatte. Gizurr traf sich mit Arni in dieser Angelegenheit und versuchte, den Geistlichen umzustimmen. Im isländischen Text heißt es an dieser Stelle20: bar jarl fram fornan landssid, ok sjálfs sins dami ok margra annarra manna, til pess at pessháttar hjónalag, sem var med Odda ok hans konu, hefdi lengi verit lof at, en pat var ófirirsynju nokkot sinn firirbodit. Sira Árni sagdi á mòti, at páfarnir, er öllum lögum eigu med réttu at ràda, höföu svá frekliga afnumit ok firirbodit pesskyns samlag undir pinu fullkomins banns [Der Jarl führte als Argument die alte Landessitte an und sein eigenes Beispiel und das vieler Männer, daß diese Art von Eheschließung, wie sie zwischen Oddi und seiner Frau stattgefunden hatte, lange Zeit erlaubt gewesen und daß das Verbot unrechtmäßig sei. Herr Árni hielt dagegen, daß die Päpste, die zu Recht über alle Gesetze bestimmten, diese Art von Verbindungen strengstens verboten und abgeschafft hätten, und zwar unter Androhung des völligen Kirchenbannes.]. Jarl Gizurr beruft sich hier auf alte Landessitte und darauf, daß Ehen dieser Art lange von der Kirche erlaubt gewesen seien, während für Arni nur das kanonische Recht galt. Hier zeigt sich deutlich der Konflikt zwischen Kirche und Staat. Im Folgenden kommt dann natürlich der geistliche Verfasser der Saga (für den allgemein Bischof Arni Helgason, Amis Nachfolger in Skálholt von 1304-1320, gehalten wird) zum Vorschein, der sagt: um sidir lètti jarlfirir sönnum skynsemdum. d.h. Jarl Gizurr beugte sich den wahren Beweisen des Priesters. Der Bann wurde von ihm und den übrigen Hochzeitsgästen genommen, und Oddi mußte sich von seiner Ehefrau freischwören. Auch während seiner Amtszeit als Bischof von Skálholt hatte sich Arni mit diesbezüglichen Angelegenheiten zu befassen. So war Egill Sölmundarson auf Reykholt, subdjákn at vígslu, schon zu Lebzeiten von Bischof Arnis Amtsvorgänger Sigvaròr t>éttmarsson (1238-1268) eine eheliche Verbindung mit seiner Haushälterin t>órunn eingegangen, obwohl Bischof Sigvaròr dies nicht erlaubt hatte. Bischof Arni gefiel diese Verbindung, aus der inzwischen fünf Kinder hervorgegangen waren, nicht, und er drängte auf Scheidung. Der isländische Text

20 Biskupa sögur (wie Anm. 7 in Kap. 1) I, S. 682f.

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an dieser Stelle lautet21: Nú pvíat salar forms landssidar, œtternis ok ástar, ok pess er pau vóru börnum bundin [...] gekk Egill tregt at bordi um petta mài [Nun wegen der alten Landessitte, der Familie und aus Gründen der Zuneigung und deswegen, weil sie durch Kinder gebunden waren (...) gab Egill nur sehr widerstrebend in dieser Angelegenheit nach.]. Auch hier berief man sich auf die alte Landessitte, die offenbar im Gegensatz zum kanonischen Recht angeführt wird. Arni erreichte die Scheidung, und ì>órunn wurde mit einem anderen Mann verheiratet. Egill jedoch legte sich von jetzt an Frillen zu: zumächst eine Frau namens Guòny stjarna, mit der er drei Kinder hatte, und darauf l>órunn Valgaròsdóttir, von der er noch einmal fünf Kinder bekam. Für dieses letzte Verhältnis wird im Text die Wendung nokkuru siöarr fylgdi Egill Pórunni Valgardsdóttur gebraucht, was, wie oben schon erläutert und auch deutlich aus dem vorliegenden Fall hervorgeht, auf einen "Konkubinat" hinweist. Zu dieser Zeit - die Scheidung Egills von t>órunn fällt ungefähr in das Jahr 127S - durften die Geistlichen auf Island zwar nicht mehr verheiratet sein, sie konnten sich jedoch mit dem Einverständnis oder zumindest mit Duldung des Bischofs Frillen halten und mit diesen Kinder zeugen. Solche Priester werden in der Sturlunga saga häufig genannt. Nur werden ihre Frauen meist nicht als frillur bezeichnet, sondern als fylgikonur. Das gilt sowohl für das 12. als auch für das 13. Jahrhundert. So hatte der Bauer und Priester Erlendr Hallason, ein Thingmann Einarr t>orgilssons, ca. 1160 eine fylgikona namens Jórunn Grettisdóttir; Pórir ÍOrsteinsson inn auògi, Priester in Deildartunga (gest. 1177), aus der Familie der Lundarmenn, hatte zwei Kinder von Ásny Halldórsdóttir; hier (Sturi. I. S. IOS) wird gesagt: honum fylgdi at lagi Ásny Halldórsdóttir. Dann aber hielt er um I>orlaug Pálsdóttir an; diese stammte aus der Familie der Reykhyltingar und Melamenn, während von Ásny weiter nichts bekannt ist. Hier finden wir demnach dasselbe Muster wie bei den weltlichen Großen auf Island. Auch für das 13. Jahrhundert werden solche Verbindungen genannt: t>órarinn Vandraöason, Priester in Stafaholt und später in Reykjaholt (ca. 1237), hatte eine fylgikona namens Guòlaug Áladóttir, Haushälterin in Reykjaholt, oder Björn Steinmóòarson (gest. 1233), Priester in Öxnaholt, hatte I>örunn Önundardottir zur fylgikona. Diese Verbindungen bestanden ganz eindeutig zu der Zeit, zu der die Priester ihr Amt verwalteten. Nun sind jedoch auf Island bis hin zu dem letzten katholischen Bischof Jon Arason (1524-1550) uneheliche Kinder auch von höher gestellten Kirchendienern

21 Biskupa sögur (wie Anm. 7 im Kap. 1) I, S. 695f.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

bekannt. Bischof Laurentius Kálfsson (1324-1331) hatte einen Sohn namens Arni, den er zu seinem Amtskollegen Bischof Jón Halldórsson (1322-1339) nach Skálholt sandte mit der Bitte, ihn zum Priester zu weihen22. Wörtlich heißt es: at hann [Jón byskupj vtgdi hann öllum vígslum ok til prests. Laurentius hätte die Weihen selbst erteilen können, doch wollte er das bei seinem leiblichen Sohn nicht tun: syndist herra laurentio byskupi patfegra, atfadir legdi eigi vigsluhendr yfir son sinn holdligan [Herrn Bischof Laurentius erschien es schöner, daß der Vater nicht "die Weihehände über seinen leiblichen Sohn legte" = daß der Vater nicht die Weihe bei seinem leiblichen Sohn vollzöge.]. Über die Mutter des Priestersohnes ist nichts bekannt. Wie schon oben kurz erwähnt wurde, muß einschränkend gesagt werden, daß es nicht möglich ist festzustellen, ob die Kinder der höher gestellten Geistlichen vor Eintritt des Vaters in den Priesterstand gezeugt worden sind. Die Kinder wurden jedoch gut behandelt und versorgt; Bischof Jón Arason führte seine Söhne noch im 16. Jahrhundert offiziell auf dem Thing in die Familie ein (ättledning). Einige von diesen Söhnen erlangten wohlgeachtete Stellungen auf Island, und zwei starben zusammen mit dem Vater 1550 den Märtyrertod. Für die isländische Geistlichkeit gilt auf jeden Fall, daß es bis zur Reformation durchaus üblich war, eine Verbindung mit einer frilla oder Jylgikona einzugehen. Gegen Ende der Freistaatzeit finden sich zwar kaum noch verheiratete Geistliche, die Konkubinate jedoch dauern an. Die Versuche der Kirche, das Frillenwesen bei den Geistlichen zu unterbinden, hatten auf Island offensichtlich keinen Erfolg. Da jede uneheliche Geburt mit einer Kirchenstrafe (sakeyrir) bezahlt werden mußte und es für Männer unehelicher Herkunft auch nicht schwierig war, gegen Zahlung einer Gebühr sogar in den Priesterstand einzutreten, profitierte die Kirche letztlich von den außerehelichen Verbindungen ihrer Priester und ging wohl deshalb auch nicht allzu rigoros dagegen vor23.

22 Biskupa sögur (wie Anm. 7 in Kap. 1) I, S. 8S0. 23 Jón Jóhannesson (wie Anm. 12 in Kap. 6), S. 218.

X. Das Frillenwesen im 14. Jahrhundert In den beiden vorangegangenen Kapiteln wurde gezeigt, daß die Kirche nicht nur das Halten von Frillen durch ihre Geistlichen, sondern das Frillenwesen allgemein unter Verbot stellte. Sie versagte den Frillen und auch den Männern, die sich Frillen hielten, die kirchlichen Dienste, und das trug entscheidend dazu bei, daß das Ansehen der Frilla langsam sank. Im 12. und zu Beginn des 13. Jahrhunderts konnte eine Frau dadurch, daß sie ein Frillenverhältnis mit einem höherstehenden Mann einging, ihre soziale Stellung und vor allem die ihrer Kinder anheben. Gegen Ende des 13. und im Verlauf des 14. Jahrhunderts verschlechterte sich die Stellung der Frilla, sie befand sich bald auf derselben sozialen Stufe wie eine puta, eine Prostituierte. Es tauchte schon oben die Frage auf, was mit den Frillen der Geistlichen geschah, die auf Anordnung des Bischofs aus dem "Dienst" - sie versahen oft die Stellung einer bústyra, einer Haushälterin, im Hause des Geistlichen - entlassen werden mußten. Es wurde die Vermutung ausgesprochen, die allerdings nicht belegt werden kann, da die Quellen hierüber schweigen, daß diese Frauen zum Teil auch in den Hafenstädten ihr Auskommen gesucht haben könnten. Hier käme vor allem Bergen in Betracht, da gerade für diese Stadt die meisten das Frillenwesen betreffenden Bestimmungen erhalten sind. Bergen spielte unter den nordischen Handelsstädten im Mittelalter eine bedeutende Rolle. Die Entwicklung der Städte und des damit verbundenen Handels begann in Norwegen zur Zeit König Óláfrs des Stillen gegen Ende des 11. Jahrhunderts1. Im 13. Jahrhundert, als die deutschen Hansekaufleute begannen, sich für den Nordhandel zu interessieren, war vor allem Bergen ihr Ziel, und dort veränderten sich in der Folge die sozialen Verhältnisse stark. Im Jahre 1250 war ein Friedensbündnis zwischen dem norwegischen König Hákon Hákonarson und den Lübeckern geschlossen worden, das den ersten Schritt für die Festigung der Jahrhunderte andauernden Handelsbeziehungen bildete. Aus demselben Jahr

1 S. dazu Else Ebel, Der Fernhandel von der Wikingerzeit bis in das 12. Jahrhundert in Nordeuropa nach altnordischen Quellen. In: Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit in Mittel- und Nordeuropa. Teil IV: Der Handel der Karolinger- und Wikingerzeit. Hg. von K.Düwel, Η .Jankuhn, H.Siems und D.Timpe. Abh. der Akad. d. Wissenschaften in Göttingen. Phil.-hist. Kl. 3. F. Nr. 156, S. 266-312.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

stammt das älteste Privileg für die deutschen Kaufleute (Hans. UB 1, Nr. 818) und aus dem Jahre 1294 der große Freibrief für die Hanseaten (Hans. UB 1, Nr. 1114), in dem volle Handelsfreiheit und günstige Zölle garantiert wurden. Ursprünglich sollten sich die fremden Kaufleute vom 3. Mai bis zum 14. September in Bergen aufhalten dürfen. Das wurde jedoch nicht eingehalten, und bald bezogen die Kaufleute in Bergen gardar, Höfe bzw. Häuser, und wurden sog. vetrsetar, "Wintersitzer". Diese Stadthöfe lagen an der Brücke (Bryggen) in Bergen; sie waren zunächst gemietet, wurden jedoch auch in zunehmendem Maße erworben. Hier konnten bis zu 100 Personen leben, und da die Niederlassung ganzer ausländischer Familien verboten war und die Bergenfahrer ohnehin überwiegend nicht verheiratet waren, handelte es sich bei den Bewohnern von Bryggen fast ausschließlich um Männer. Ende des 13. Jahrhunderts schlossen sich diese Kaufleute zu einem eigenen Verein zusammen, um ihre Interessen zu fördern. Dies war der Keim des hansischen Kontors2. Will man nun Aufschluß über die sozialen und familiären Verhältnisse der lübeckischen Bergenfahrer erhalten, so eröffnet sich eine interessante Quelle in den mittelalterlichen Testamenten lübeckischer Bürger3. Wie aus diesen Testamenten ersichtlich ist, waren die Bergenfahrer von Hause aus meist unbemittelt und pflegten sich aus eigener Kraft am Kontor emporzuarbeiten. Sie waren zum großen Teil nicht verheiratet4; von den 187 Bergenfahrern, die ein Testament verfaßt haben, hatten nur 92, also nicht einmal die Hälfte, eine Ehefrau. Den 43 ehelichen Nachkommen stehen aber mehr als 20 uneheliche Kinder gegenüber5. Diese Kinder wurden in den Testamenten bedacht, und so wird deutlich, daß diese Männer offenbar auch in Bergen, wo sie oft den Winter verbrachten, feste Verhältnisse eingegangen waren. Einige Beispiele mögen das belegen: Johan Steding z.B. vererbt 1369 den Kindern mit Gudrit 41 Lübsche Mark in Renteneinkünften, die er in Wismar besaß. Hiervon soll die Mutter einen Teil nehmen, damit sie an einen Ort ziehen kann, wo sie ihr Auskommen findet: Johannes Steding f...] Item pueris meis per Ghiltdrit a me genitìs do 41 mr. Lub.

2 S. Knut Heller, Neueste norwegische Forschungen über die deutschen Kaufleute in Norwegen und ihre Rolle im norwegischen Außenhandel im 12. bis 14. Jahrhundert. In: HGB1 9g (1980), S. 2338. 3 Vgl. Anm. 19 in Kap. 1. 4 S. dazu Julius Hartwig, Die Frauenfrage im mittelalterlichen Lübeck. In: HGB1 14 (1908), S. 3594. 5 Friedrich Bruns, Die Lübecker Bergenfahrer und ihre Chronistik (Hanseatische Geschichtsquellen N.F. 2). Berlin 1900.

Das Frillenwesen im 14. Jahrhundert

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redditus wicbelde, quos habeo in Wismaria. De quibus Ghutdrit, matri dictorum puerorum, simpliciter 50 mr. Lub. den. erogentur, cum quibus ipsa promoveatur ad locum, in quo habebit certum panem atque victum; etiam dictis pueris meis per Ghutdrit et me genitis do omnia mea utensilia et fabrilia aurea vel argentea, que in Lubeke habeo [...] 6 . Ein Johan Steding wird am 17. September 1369 als Sohn eines bremischen Ratmannes (Hinrik Steding) genannt (Brem. UB 3, S. 392 Anm.). In dem lübeckischen Niederstadtbuch - diese Bücher liegen seit 1310 fast lückenlos vor - findet sich eine Ergänzung zu dieser Erbangelegenheit. Am 30. Juli 1376 bringt Erp Krumbeen eine Bescheinigung der Stadt Bergen bei, quod ipse integraliter persolvit Gudride filie Ziverdes, quondam concubine Johannes Steding, 44. mr. den., quas ei dictus Johannes assignavit in suo testamento [...] 1 . Offensichtlich hatte Johan Steding auch noch eine "Konkubine" in England, denn weiter unten im Testament heißt es noch (S. 17): [...] Item Malleken in Anglia in Bästene do 1 lib. steri. Später hat sich der uneheliche Sohn Johan Stedings, Bernhard Steding, offensichtlich in Lübeck niedergelassen. In seinem Testament vom 3. August 13818 bestimmt er seine Mutter Gudrid und seine Verwandten in Bergen zu Erben: Item gheve ik myner moder Gädderid 20 mr. [...] Item gheve ik Hanseken unde Helmolde, mynen vedderen to Bergen, 20 mr. Hermen Wiitstok vermacht in seinem 1429 aufgesetzten Testament9 der Mutter seiner beiden Töchter 40 Lübsche Mark und sein Bettzeug, seine vergoldete Tasse und drei silberne Löffel, womit sie die gemeinsamen Kinder in Lohn und Brot bringen soll [...] Item gheve ik myner dochter Aleheyde de schuld, de my erer suster man Gudmunder Niclawesson schuldich is, unde 1 sulveren schalen unde 3 sulvere lepele; item gheve ik Ghertrude Elochtesdochter 40 mark Lub. unde myne beddekledere unde 1 vorgulden kop unde 3 sulveren lepele; hirmede schal me desse 2 kindere the brode bringhen. Hermen Pael setzte 1432 für eine Frau mit dem Namen Solveig und für ihre Tochter Gertrud in Norwegen 40 Lübsche Mark aus, für ihren Sohn sogar 50 Lübsche Mark10: [...] Item in Norwegen eine vrowe, ere name Tzolewich, unde erer dochter Gherdruden, den beyden tosamende gheve ik 40 mr. Item Tzolewigen

6 Wie Anm. 5, S. 16f., Nr. 16. 7 Wie Anm. 5, S. 17 Anm. 8 Wie Anm. 5, S. 29f., Nr. 39. 9 Wie Anm. 5, S. 61, Nr. 88. 10 Wie Anm. 5, S. 64, Nr. 94.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

sone Clawese gheve ik 50 mr. Oder, um ein letztes von zahlreichen Beispielen anzuführen, so gibt 1442 Hermen Langhe Christina, der Mutter seines Katherinekens, 3 Pfd. Mehl und 3 Pfd. Malz zum guten Andenken, und als Mitgift Katherineken Nicolausdochter - die offenbar mit ihm zusammenlebt - 100 Lübsche Mark, ein Kopfkissen, ein paar Laken, eine Decke, einige Kleider und die Kiste neben der Hoftür mitsamt dem Inhalt11: Item geve ik Cristinen, myner Katherineken moder, 3 punt meles unde 3 punt moites to guder dechtnisse [...] Item Katherineken Nicolausdochter, de myt my is, ift se sik erliken holt unde in dat hilge echte beraden wert, so geve ik er to hulpe 100 mr. Lub., unde darto 1 bedde, enen hovetpole, en par lakene, ene dekene, en par cledere unde de kiste negest der hofdor stände in mynem huse, de is ere unde wes men darynne vint Diese letzte Fürsorge für Katherineken erinnert an die isländischen Großen, die ihre Frillen ebenfalls für eine Heirat ausstatteten. Hier liegt nun der Unterschied darin, daß die isländischen Goden ihre Konkubinen entließen, wenn sie sich standesgemäß verheiraten wollten, während Hermen Langhe sein Katherineken in seinem Testament bedachte12. Bei diesen hier angeführten Fällen handelt es sich ofensichtlich um länger andauernde Verhältnisse, die die deutschen Kaufleute mit norwegischen Frauen eingegangen waren und aus denen oft mehrere Kinder hervorgegangen waren. Es ist jedoch auch anzunehmen, daß die Handelsniederlassungen in den Hafenstädten darüber hinaus sicher Dirnen angezogen haben. Konkrete Hinweise dafür finden sich auf jeden Fall für die Niederlassungen der deutschen, dänischen und niederländischen Kaufmannsgruppen in Dänemark, die nicht nur für einheimische Frauen, sondern auch für Dirnen aus den nördlichen Teilen Deutschlands attraktiv waren. Die Kaufmannsgruppen hatten durch den Vogt des dänischen Königs zu Skanör bestimmte Plätze zugewiesen bekommen, an die sie ihren Fisch bringen konnten, die sog. Vitten. In diesen Vitten gab es Fischverarbeitungsbetriebe, Tabernen, und manche dieser Vitten des 11. bis 13. Jahrhunderts besaßen auch eine Kaufmannskirche13.

11 Wie Anm. 5, S. 75f„ Nr. 115. 12 Antjekathrin Graßmann, Zur Kultur und Sozialgeschichte der Lübecker Bergenfahrer im Mittelalter. In: Der Wagen. Ein lübeckisches Jahrbuch. 1990, S. 80-92. 13 Paul lohansen, Die Kaufmannskirche. In: Visbysymposiet för historiska vetenskaper 1963 (Acta Visbensia I)· Visby 1965, Museum Gotlands Fornsal, S. 85-134.

Das Frillenwesen im 14. Jahrhundert

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In den Monumenta Erphesftirtensia14 wird für den 16. bis 22. August 1267 die Nachricht gebracht, daß ein Schiff mit 40 Prostituierten an Bord von Rostock nach Schonen abging: Infra octavam assumtionis gloriose virginis Marie Illor gnari maris a vortu Rodestock navigantes eduxerunt pro mercede nautica XL meretrices versus Schone in Daciam. cupientes ibi in captura allecium suas spurcicias exercere, Qui cum venissent super altum pelagus,fiante ira Dei operuit eos mare, submersi sunt quasi plumbum in aquis vehementibus, omnibus simul aliis navibus, que cum ei navigabant, a periculis maria grada Dei liberatis 15. Dafür, daß dies nicht das einzige Schiff war, auf dem meretrices nach Norden fuhren, sprechen die Berichte aus Skanör und Falsterbo über das Lärmen loser Dirnen, über Schlägereien in den Tabemen und anderes mehr, das sich in den Vitten zutrug. Hier sei nur ein Beispiel angeführt, das im Buch des Lübeckischen Vogts auf Schonen festgehalten wurde16: Item ad aliud, quod Johannes Hogeri et budellus Lubicensis tabernatrices Sundenses de dominibus earum extraxerint uiolenter et easdem grauiter offensas et percussas in domum budelli posuerint et ibidem easdem talliauerint, responsum fuit, quod tabernatrices de quibuscumque partibus, eciam existentes super eorum vitta f...] quondam meretricem f...]. Ob nun diese meretrices auch die weite Reise bis nach Bergen unternommen haben oder ob sie sich mit dem Sommergeschäft in den Vitten begnügt haben, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Die Quellen sagen darüber nichts aus. Wie aus den íslendinga sögur hervorgeht (z.B. Egils saga Kap. 19 oder Kap. 47), war der Schonenmarkt schon früh ein beliebtes Ziel für die Händler aus dem Norden. Der Hafen Helsingör und der Oresund werden in den Sagas sehr häufig genannt; von einer Öresundflotte wird sogar gesprochen. Die Nordleute boten ihre Waren dort an und versorgten sich mit dem Nötigsten und darüber hinaus mit Luxusartikeln. Auch hier ist natürlich davon auszugehen, daß die in den Sagas beschriebenen Verhältnisse, was den Handel anbetrifft, wohl eher die des 13. und 14. Jahrhunderts sind, als die der Wikingerzeit. Ein Zufall ist es nun sicherlich nicht, daß uns gerade aus der Handelsstadt Bergen, in der sich die deutschen vetrsetar niedergelassen hatten, besonders viele

14 Monumenta Erphesftirtensia Saec. Xm.XIV. edidit Oswaldus Holder-Egger. Hannover et Lipsiae 1899, S. 676 (Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum ex Monumentis Germaniae historiéis separatim editi Continuatio I, Minoritae Erphondensis Pars I). 15 Der Text von operuit bis vehementibus stammt offenbar aus Exod. 15.10. 16 Hansisches UrkundenbuchΠ, bearb. von K.Höhlbaum. Halle 1879, Nr. 584, §§ 4 und 5. Diplomatarium Danicum (udg. af det danske Sprog- og Litteraturselskab, 2. raekke 11. Bind 13331336), udg. af C.A.Christensen. Kph. 1950, S. 330, Nr. 339. S. dazu Dietrich Schäfer, Das Buch des Lübeckischen Vogts auf Schonen. 2. Aufl. Lübeck 1927 (Hans. Geschichtsquellen Bd. 4), S. CLXIV Anm. 1 und 2.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Verordnungen gegen das Frillenwesen, das jetzt mit Prostitution gleichzusetzen ist, erhalten sind. Für dieses Thema begann man sich in den norwegischen Gesetzen schon um 1200 zu interessieren17. Der altnorwegische Terminus für eine Prostituierte ist puta. Der Bjarkeyjar réttr definiert dies in den beiden Fassungen des Bruchstücks III18 folgendermaßen: Prisvar skal bœta rette, efkona fyrerliggur sier, enn eckt optar. Puta er hon siöan. Und: Prisvar skal bceta riette, efkona fyrerliggur sier, og ecki optar; og prisvar er hun sek vid kong, enn ecki optar. Puta er hun siöan [Dreimal soll man büßen, wenn eine Frau sich verliegt, und nicht öfter; dreimal ist sie straffällig gegenüber dem König und nicht öfter. Eine Hure ist sie von da ab.]. Im "Retterbod" von König Hákon V. Magnússon, datiert auf den 2. Mai 131319, findet sich die Verordnung, daß almenniligar pútur nicht als Zeugen vor Gericht auftreten dürfen; dabei wird auch gesagt, was unter dieser Bezeichnung zu verstehen ist: enn pat ero pútur er pat verdr uitnisfast at peer meta sik ok tàka med pvi nafiii á sér. huart sem pat er meira edr minna. edr taka . ij. menn á einu diegri [Und das sind Prostituierte, wenn bezeugt wird, daß sie Bezahlung nehmen und damit diese Bezeichnung verdienen, ob das nun mehr oder weniger ist, oder wenn sie mit zwei Männern an einem Tag Verkehr haben.]. Diese Frauen mußten sich einfach und billig kleiden, wie in der Anm. 9 in Kap. 2 angeführten Kleiderordnung, die König Hákon Magnússon für Bergen erlassen hatte, vermerkt wird. Eine ähnliche Verordnung ist aus dem Jahre 1333 von dem unter deutscher Jurisdiktion stehenden Schonenmarkt bekannt20: Item ad aliud quod diet us Johannes Hogeri et budellus Lubicensis. quondam dominam de ciuitate Sundensi in capud ad effusionem sanguinis wlnerauerint et in domum budelli duxerint et ei omnia que habuit abstulerint. responsum fuit, quod quandam meretricem habentem pannum seu uelamen in capite textum auro per siripas, in vitta eorum arripuerunt, cui uelamen deponentes de capite restituerunt eidem, et iniunxerunt ei si ammodo uideretur cum tali uelamine in capite, uellent ei talefacere dedecus. quod carius posset esse alias. Es geht hier in erster Linie zwar um Streitigkeiten zwischen den Stralsundern und den Lübeckern in der Vitte, doch scheint die Stralsunder Prosti-

17 Allan Karker, "Prostitution". In: KLNM XIII (1968), Sp. 506f. 18 Bjarkeyjar réttr ΠΙ Y,40 und X,35. In: R.Meißner, Das Stadtrecht des Königs Magnus Hákonarson für Bergen (wie Anm. 13 in Kap. 8), S. 388 und S. 442 (mit deutscher Übersetzung). 19 NGL ffl, S. 100 20 Diplomatarium Danicum (wie Anm. 16), S. 330f., Nr. 339.

Das Frillenwesen im 14. Jahrhundert

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tuierte offenbar zu Unrecht ein "mit Goldstreifen gewebtes Tuch" oder einen Schleier auf dem Kopf getragen zu haben. Diese Kleiderordnungen für Prostituierte sowie die Tatsache, daß sie nicht vor Gericht auftreten durften, haben mit Sicherheit ihre Vorbilder auf dem Kontinent. Wie Jacques Rossiaud in seinem Buch "'Dame Venus4". Prostitution im Mittelalter"21 ausführlich am Beispiel der sûdostfranzôsischen Städtelandschaften Burgund und der Provence darstellt, gab es dort derartige Verordnungen schon seit dem 12. Jahrhundert. Da Norwegen auf literarischem Gebiet starke Einflüsse aus dem französischem Kulturraum aufweist, liegt es nahe, auch auf diesem Sektor der (kirchlichen) Gesetzgebung Nachahmungen annehmen zu dürfen. Die Übernahme des Wortes puta (die allerdings auch auf dem Umweg über das Mittelniederdeutsche erfolgt sein kann) aus altfranzösisch pute deutet ebenfalls in diese Richtung. Aber schon vor dieser Gesetzgebung im 14. Jahrhundert gab es Prostitution in Norwegen. Sowohl im Königsspiegel als auch in der Hiróskrá König Magnus Lagabaetirs, die beide um die Mittes des 13. Jahrhunderts entstanden sind, wird vor Prostituierten gewarnt: Im Königsspiegel22 weist ein Vater seinen Sohn dreimal auf die Gefahren hin, die aus dem Umgang mit solchen Frauen entstehen können: Enti ero peir luter er pu skalt sva varaz seem fiannda sialfan pat er ofdryckia oc tafl. portkonor oc prœtor oc cast um vidr logur pvi af pcessom grunndvollum timbraz hinar mœsta ugiptor oc faer iner munu leenge lasta laus ir Ufa [Dann gibt es Dinge, vor denen du dich hüten sollst, wie vor dem Teufel selbst, das sind Sauferei und Spiel, Dirnen, Zänkereien und Würfeln mit Einsätzen, denn auf diesem Fundament baut sich das größte Unglück auf, und kaum einer kann lange ohne Fehl und Sünde leben (der sich vor diesen Dingen nicht hütet).]. Und weiter: En pœsser luter ero peir er pu skalt framarlega varazk at pu vœrder œigi vid kenndr. Eidar usaerir oc lyghivitni, vutna hus eòa samsœtis dryckiur firi utan i konongs hus i eòa at samkunndum rettum [...] oc vœra hœlldr hatandi alla oradvœnde pat er oc sidgœdi at ftyia tafl oc tœninga kast, portkvœnna hus eòa œida usœra [Folgende Dinge sind es, vor denen du dich vor allen Dingen hüten mußt, daß du dich nicht deshalb beschuldigen läßt: unschwörbare Eide, erlogene Zeugenaussagen, Hurenhäuser, Trinkgelage außer im Hause des Königs oder bei rechtmäßigen Zusammenkünften (...) vielmehr alle Unredlichkeiten zu hassen.

21 Jacques Rossiaud, "Dame Venus". Prostitution im Mittelalter. München 1989, S. 60ff. (Nach der ital. Ausgabe von 1984 übers, von Emst Voltmer). 22 Konungsskuggsiá. Hg. von Finnur Jónsson. Kph. 1920, S. 11, 144, 165f. Deutsche Übersetzung: Der Königsspiegel, von R.Meißner. Weimar 1944. S. 38, 133, 149.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Das ist auch gute Sitte, zu meiden das Spiel, die Würfel, Hurenhäuser oder unschwörbare Eide.]. Die Dinge, vor denen sich der junge Mann demnach hüten soll, sind Trinkgelage, Spiel, Würfeln mit Einsätzen, unschwörbare Eide, Dirnen und Bordelle. Hierbei müssen nicht unbedingt die Verhältnisse in Bergen gemeint sein, da der Vater dem Sohn Ratschläge für Reisen und Kauffahrten auch in das Ausland gibt, doch scheinen die Ausdrücke, die benutzt werden, im Norwegischen geläufig gewesen zu sein. Neben den einzelnen portkonur nennt der Vater auch schon pútna hús und portkvœnna hús. Wenn Namen vorhanden waren, ist anzunehmen, daß es die Institution des Bordells ebenfalls gab. Auch in der Hirñskrá23 werden die portkonur im Zusammenhang mit allerlei Lastern genannt: VarazX rán ok stuld, hórdóm okfridlulífi, portkonur eòa dubl, lausyrdi eòa dramb, ofinetnad etc. Raub, Diebstahl, Ehebruch und unehelicher Verkehr (so übersetzt R.Meißner fridlulífi), Dirnen und Spiel, freche Rede und Stolz, Hochmut und anderes sollen gemieden werden. Diese Zusammenstellung war auch anderen Orts üblich. So wird z.B. im Abschnitt über die kirchlichen Einrichtungen (Kyrkobalken) des Smälandslag (Schweden), das ebenfalls zu dieser Zeit aufgezeichnet worden ist, über die Einsetzung von Priestern gesagt, daß diese nicht sein durften: moorthare eller mandrœpœre, kirkiubrytœre eller klosterlôpœre, doblare eller drinkare, putomather eller portkunwmather 24. Die Ausdrücke puta und portkona bedeuten beide "Dirne" und sind wohl paarweise alliterierend gebraucht. Holmbäck/ Wessén in ihrem Kommentar zu Smâlandslagen25 setzen diese Stelle in Zusammenhang mit einem Brief, den Papst Alexander III. (1159-1181) an den Erzbischof von Uppsala schrieb. Der Papst warnte den Erzbischof davor, Priester und Laien einsetzen zu lassen, ohne davor den Bischof angehört zu haben oder gar gegen dessen Willen. In diesem Brief wird gesagt, daß es vorgekommen sei, daß Mörder, entflohene Mönche und andere Personen, die Verbrechen begangen hatten oder die die Weihen nicht besaßen, zu Priestern bestellt worden waren. Wie die hier angeführten Stellen zeigen, scheint sich im 13. Jahrhundert, als der Handel von den umliegenden Ländern aus nach Norwegen zunahm, in den norwegischen Küstenstädten, und hier besonders in Bergen, dem Hauptsitz der deutschen Hansekaufleute, das leichte Gewerbe etabliert zu haben. (Für Island ist nichts dergleichen belegt.) Ein weiterer Faktor - wenn man ihn so deuten darf -

23 Hiróskrá. Hg. von R.Meißner. Weimar 1938, S. 32, St. 28. Deutsche Übersetzung: Das norwegische Gefolgschaftsrecht, von R.Meißner (Germanenrechte Bd. 5). Weimar 1938, S. 33 24 SGL Bd. VII (1844), S.99 (SmálL. Kristnu Bd. 4). 25 Holmbäck/ Wessen (wie Anm. 16 in Kap. 1), V. ser. S. 438.

Das Frillenwesen im 14. Jahrhundert

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weist ebenfalls in diese Richtung. Einer der ersten Frauenberufe, die für Norwegen genannt werden, ist der der badkona 26 . Von ihr wird in König Erik Magnússons Verordnung hinsichtlich des Handels und der Preise in Bergen vom Jahre 1282 gesagt, daß ihr Lohn halfan œyri á misseris kaupp 27 betragen solle. Es ist anzunehmen, daß diese badkonur in öffentlichen Badehäusern arbeiteten. Jacques Rossiaud 28 berichtet aus dem mittelalterlichen Frankreich folgendes: "Doch existierten in jeder Stadt neben den öffentlichen Dirnenhäusem noch andere Bordelle: die Badehäuser (lat. aestuarium, frz. étuve, dt. stube); und in der Tat, überall dort, wo ein öffentliches Badewesen funktionierte, zeigt sich, daß die Badestuben auch bordellartige Einrichtungen waren oder wenigstens zwei Zwekken zugleich dienten [...] und dies alles trotz der zahlreichen Vorschriften, die untersagten, Prostituierte dort einzulassen, oder die streng Badetage und -stunden entweder nur für Frauen oder Männer festsetzten. In allen Badehäusern arbeitete ein zahlreiches weibliches Bedienungspersonal, und wenn in der Regel auch Kessel und Zuber vorherrschten, so gehörte meist auch eine ansehnliche Menge von Zimmern und Betten zu ihrer Ausstattung." Es würde eher verwundern, wenn es solche Einrichtungen in einer norwegischen Hafenstadt nicht gegeben hätte. Badehäuser, badstofur, sind auf jeden Fall bezeugt. Im "Nyere Bylov" VI, 10 des Königs Magnus Hákonarson29 wird verordnet, daß Badestuben, Backöfen und Eisenschmieden wegen der drohenden Feuergefahr aus der Stadt heraus in die Außenbezirke verlegt werden mußten, und in einem weiteren Zusatz ordnete der König an, daß in ganz Norwegen für das Betreiben von Badehäusern Steuern (tiund) zu zahlen seien30. Hätte nicht in Bergen ein ebenso lebhaftes Treiben geherrscht wie in den kontinentalen mittelalterlichen Hafenstädten, so hätte der Bischof von Bergen gegen Ende des 14. Jahrhunderts nicht einen eindringlichen Hirtenbrief an die Einwohner der Stadt richten müssen, in dem er versucht, sie von ihrem sündigen Lebenswandel, vor allem was das Frillenwesen anging, abzubringen. Da dieser Brief nicht in lateinischer Sprache wie die meisten diesbezüglichen Aufrufe an die Geistlichen abgefaßt ist, sondern sich des Altnorwegischen bedient, wird er hier im Wortlaut (er

26 S. auch Else Ebel, "Frauenarbeit". In: RGA 2 (im Druck). 27 N G L i n , S. 15. 28 Jacques Rossiaud (wie Anm. 21), S. 13. 29 NGL II, S. 247. 30 NGL H, S. 474; vgl. auch den Artikel "Bastu" von Aulis Ojajärvi. In: KLNM I (1956), Sp. 384f.

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ist in einer Pergamenthandschrift der Amamagnaeanisehen Sammlung erhalten) zitiert und übersetzt31: Bergen, den 11. März 1390: Ollum monnum peim sent fretta bref sea eòr heryra innlendzskom eòr wtlendzskom j Bergvin sendir Jacob med guds naad biskop j Bergvin sama stadar quediu guds ok sina ok peim sem j sundlighu liferne cero ok leinge hajva verid kom aa pann vegh er peim maa leida till evirduliga himinrikis gledi par allre taka enda. yder vaarer allra keerazsta sunir naudgumz wer kunngera so sem vm pat oreinligt ok sundalight liferne par j Bergvin er ok allre meir einn nw sem er frillu lifverne par meir efyizt her j pessum litla stadenum. en nokrum jafii storum j ollum kristindominum oforsyniu. huarfyrir pa koma otaligher menn j skada bœdi a sio ok a lande till lifs ok till salar, ei ath einasta peir sem par j brotligher eru. vtan fleire med peim. ok jungfrur godrà manna dettr skemmazt ok vanheidrazt ok peim pat gera ma einginn afleysa vtan wer sealfver edr peir sem wer gefvum serdeilis meda till edr orlof. en pij verr petta vakta faer edr einginn. framleidis kemr par af ath pat heilagha sacramentum sem hion skapar band er gud allzvalldande skipade j paradiso mille mannz ok konu vppa pat ath mann skyllde fly flvll lifverne forsmaz ok forgeinghst. heradet legst i eyde paar vm. ok allt landet kemr j stört oord ok vanfrœgdh wer j stora a byrgslu. par nu er skipadr j pan sama stad par heilagher apostoli vorn fordum dags, nu saker pers ath wer vilium bade biuara vara saal ok peira sem oss vnder skipader eru ok forfylghia pat embœtti par oss beer afheilaghri kirkiu veghna pa gervum wer peim prefallda aminning ath peir lata afpersu syndalighu lifverne sem fyrr segher ok setium peim fyrir fyrsta aminningh atta dagha fore adre atta dagha. ok fyrer pa pridiu atta dagha. ok vilia peir paa eigi efter loghum ok kirkiunnar reett par af lata, paa fyrer biodum wer peim med pessu voru brefve ok peira frillum sem eighi vilia af lata at taka guds likama ok so forbiodum wer ollum soknar prestum j Bergvin ath gefva peim vors herra likama at paschom nu rwersta komande fyrer pann skulld ath peir menn ok kuinnur er j puiliku liferne liggia cero alltid jfullkomligre akt ok œtlan ath synda ok pij kunno peir j pessu synd allre gera fulla skript edr bcetring fyrer sinar synder. ok allt pat gott er peir parj gera helpr peim ekke til eyvirduligt lif sem eingin kemr ender vppa. biodum wer pik Jon Pordarson vndir lydni ath pu leser petta brefy fyrer pinu soknar folke huern sunnu dagh framan till pasca ath Kroskirkiu. [Allen Menschen, die diesen Brief sehen oder hören, einheimischen und ausländischen, in Bergen, sendet Jacob, durch Gottes Gnade Bischof in Bergen, daselbst Gottes Gruß und seinen, und diejenigen, die ein sündhaftes Leben führen und lange geführt haben, mögen auf den Weg kommen, der sie in die ewige

31 DN m , S. 365f.

Das Frillenwesen im 14. Jahrhundert

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Freude des Himmelreiches fuhren kann, die niemals ein Ende nimmt. Euch, unseren allerliebsten Söhnen, sind wir gezwungen, zur Kenntnis zu bringen, wie es um den unreinen und sündigen Lebenswandel dort in Bergen bestellt ist, und daß niemals vorher das Frillenwesen hier an diesem kleinen Ort größere Ausmaße angenommen hat als an irgendeinem gleichgroßen in der gesamten Christenheit. Aus diesem Grunde kommen unzählige Menschen zu Wasser und zu Lande zu Schaden an Leib und Seele, und nicht nur diejenigen, die hieran die Schuld haben, sondern viele andere mit ihnen, auch Jungfrauen, die Töchter guter Männer, werden geschändet und entehrt, und denjenigen, die das tun, darf niemand vergeben außer uns selbst oder denjenigen, denen wir besonders die Berechtigung oder die Erlaubnis dazu geben. Leider achten wenige oder niemand darauf. Vor allem ist darauf zurückzuführen, daß das heilige Sakrament, welches das Band der Ehe ist, das Gott der Allmächtige geschaffen hat im Paradies zwischen Mann und Frau, damit der Mann einen schlechten Lebenswandel vermeiden sollte, gering geachtet wird und vergeht. Deshalb verödet der Bezirk, und das gesamte Land kommt in große Unordnung und in schlechten Ruf. Wir werden nun durch die große Verantwortung, die an dem Ort, an dem einst die heiligen Apostel waren, entstanden ist, veranlaßt, daß wir sowohl unsere Seele als auch die Seele derer, die uns anvertraut sind, bewahren wollen. Und wir wollen den Auftrag erfüllen, den wir für die heilige Kirche erhalten haben, und erteilen ihnen eine dreifache Ermahnung, von dem oben erwähnten sündhaften Leben abzulassen, und wir geben ihnen eine Frist von dreimal acht Tagen, und wollen sie dann nicht nach den Gesetzen und dem Kirchenrecht davon ablassen, verbieten wir ihnen und den Frillen, die nicht davon ablassen wollen, das Abendmahl zu nehmen, und wir verbieten allen Gemeinde-Geistlichen in Bergen, ihnen am kommenden Osterfest das Abendmahl zu erteilen, und zwar deshalb, weil die Männer und Frauen, die einen solchen Lebenswandel führen, sich immer in vollkommener Sünde befinden - in Tun und Gedanken -, und weil sie deshalb nie die vollkommene Beichte und den Sündenerlaß erhalten können. Und alles Gute, was sie tun, verhilft ihnen nicht zum ewigen Leben, das keiner von ihnen erlangen wird. Deshalb gebieten wir dir, Jon I>oröarson, daß du diesen Brief deiner Gemeinde jeden Sonntag bis Ostern in der Kreuzkirche vorliest.]. Bischof Jacob von Bergen stellt hier die Ehe, die er mit pat heilagha sacramentum sem er hionskapar band bezeichnet, dem Frillenwesen gegenüber. Die Androhung, die Frillen und ihre Männer vom Abendmahl abzuschließen, wenn sie nicht innerhalb von dreimal acht Tagen von ihrem verwerflichen Tun abließen, entspricht den kirchlichen Verordnungen früherer Jahrhunderte. Interessant ist hier, daß der Bischof Bergen als den Ort bezeichnet, in dem das frillu liferni stärker betrieben wird als an irgendeinem anderen Ort vergleichbarer Größe in

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der gesamten Christenheit. Er richtet sich nicht, wie in früheren Briefen an seine Geistlichen, an einzelne Personen, von denen ihm dieser Lebenswandel bekannt ist, sondern er fordert den Geistlichen der Kreuzkirche auf, den Brief seiner Gemeinde vorzulesen. Da die Kreuzkirche in der Nähe der "Brücke" liegt, lassen sich unschwer Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Gemeinde ziehen. In dieses Bergenser Hafenmilieu paßt noch eine andere Art von Quellen, die bisher in dieser Untersuchung kaum eine Erwähnung fand, da sie für das hier behandelte Thema für die ältere Zeit keinerlei Aufschlüsse gab: die Runeninschriften. Man könnte überlegen, ob nicht die viel diskutierten (bislang noch nicht vollständig publizierten32) Runeninschriften von Bergen, soweit sie profanen Inhalts sind, ein Produkt dieses frillu liferni in den Hafenvierteln von Bergen darstellen. Zwischen 1955, als etwa die Hälfte des ältesten Stadtteils von Bergen - Bryggen - vom Feuer total zerstört wurde, und 1968 sind insgesamt 658 Inschriften, zum größten Teil auf Holz geritzt, dort gefunden worden. Hinzu kommen 8 Funde, die vor 1955 in Bergen an der Brücke oder in der Stadt gemacht wurden. Die großen Stadthöfe, die bei diesem Feuer verbrannt sind, hießen: Bugàrden, Engelgârden, Sestergàrden und Gullskogárden oder Gullskoen. Die Funde, die hier gemacht wurden, sind nach diesen Höfen benannt worden. Inhaltlich handelt es sich um sehr gemischte Inschriften. Der Bogen spannt sich von ganz alltäglichen Dingen wie Warenmarkierungen bis hin zur Schwarzen Magie, von innigsten christlichen Gebeten bis zu den gröbsten Obszönitäten. Sind Namen in den Inschriften verzeichnet, handelt es sich in der Regel um nordische Namen, doch finden sich vereinzelt auch deutsche Männernamen wie Heinrik oder Didrik darunter. Es seien hier nur einige wenige Inschriften angeführt, um das Hafenmilieu zu kennzeichnen. Im übrigen ist auf die Bibliographie in dem kürzlich erschienenen zweiten Teil des 6. Bandes von Norges Innskrifter med de yngre Runer (Bryggen i Bergen)33 zu verweisen - insbesondere auf die Arbeiten von Aslak Liest0l, der bis zu seinem viel zu früh erfolgten Tode die Bearbeitung und Herausgabe der Inschriften besorgte, und die von Ingrid Sanness Johnsen. Auf einem Runenholz mit quadratischem Querschnitt, das auf die Zeit vor 1332 datiert wird (N 650, Gullskoen) steht folgender Brief: ceinnripi: peta: atumeratgiallda: tua mœlaok: priusalld: enahngarstihi: sihtanmœla// enpuskallt: œinndripi: taka: patkonn: sem: berpor: ameratluka: eihiminna: ensehstanmœla// skalltutaka:

32 Bis jetzt erschienen: Norges Innskrifter med de yngre Runer, Band VI, H. 1-2 (Bryggen i Bergen I), utg. for Kjeldeskriftfondet ved Aslak Liestol, James E.Knirk, Ingrid Sannes Johnsen. Oslo 1980, 1990. 33 Wie Anm. 32, S. 249-259.

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epa ellihar: takpuehi: en:fapurminn bipek: athannkillti: mer: priusalld. [Eindride. Dies bist du mir schuldig zu zahlen: zwei mcelar und drei sáld, und übrigens (?) 16 mcelar. Und du sollst, Eindride, das Getreide einfordern, das mir Bergthor schuldig ist; nicht weniger als 16 mcelar sollst du nehmen, sonst nimm gar nichts. Und meinen Vater bitte ich, daß er mir drei sáld bezahlt.]34. Oder ein anderer Brief (N 648. Sestergàrden, um 1300): hau: grimi: felag: sinum: sendir: porer: fagr: kœip: iti: gups: ok: si: nna: san: nan: flaskap: okuinatomartskorter// mikfelag eki: er.mun: gatetœin: ki:ßs: kar: nir: uil: ek: at: pu: uitir: en: œigi: krœfllpu bip: bondann koma supr till uar ok siahutoslipr eggahantil en krœf pu eis kis lutamerokœgilapu// postœin lankuita senmerhazkanokora eu: sigrippœrunokospabiophenne hiitpumerekkiuetahypualapi [Dem Havgrim, seinem Geschäftspartner, sendet Tore, der Schöne, Gottes und seinen Gruß, wahre Mitarbeiterschaft und Freundschaft. Manches fehlt mir, Partner. Weder das Bier noch die Fische sind vorhanden. Ich will, daß du es wissen sollst, und nichts von mir forderst. Bitte den Hausherrn, südwärts zu uns zu kommen, und zu sehen, wie es um uns steht. Rege ihn dazu an, und verlange du nichts von mir. Und laß Thorstein den Langen (oder: Lang) nichts wissen. Sende mir einige Handschuhe. Wenn Sigrid etwas nötig hat, biete es ihr an. Tadle mich nicht wegen meines Unvermögens (wörtlich: versprich mir nicht Prügel wegen meiner Machtlosigkeit).]35. Neben diesen Handels- und Geschäftsbriefen gibt es auch Inschriften, ebenfalls auf Holzstückchen eingeritzt, die wahrscheinlich aus einer Bierlaune heraus in den Hafenkneipen angefertigt worden sind: inkebiorkunimerpaerekuar isPafakri [Ingibjörg liebte mich, als ich in Stavanger war], oder: gya: scehir: atpu: kakhceim [Gyda sagt, daß du nach Hause gehen sollst], oder unpu truer ankpœr gunnildr kys mik/ kanekpik [Liebe mich, ich liebe dich, Gunnhildr, küss mich, ich kenne dich gut.] 36 . Auf die Frage, warum diese Inschriften, die zu einer Zeit entstanden sind, als die lateinische Schrift längst ihren Einzug in die nordischen Länder gehalten hatte (die Funde stammen aus dem 12. bis 14. Jahrhundert), mit Runen geschrieben worden sind und nicht mit lateinischen Buchstaben, ist hier nicht näher einzuge-

34 Wie Anm. 32, S. 112-117, und: Ingrid Sanness Johnsen, Die Runeninschriften über Handel und Verkehr in Bergen (Norwegen). In: Untersuchungen zu Handel und Verkehr [...] (wie Anm. 1), S. 739f. 35 Wie Anm. 32, S. 97-106; und Ingrid Sannes Johnsen, wie Anm. 34, S. 739. 36 Aslak Lieste!, Runer fra Bryggen. In: Viking 1963, S. 5-56. Ders., Runic Voices from Towns of Ancient Norway. In: Scandinavica 13 (1974), S. 19-33. Ders., En uartig historisk Runeinnskrift. In: Kuml 1970, S. 91-97.

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hen. Die Runen waren auf jeden Fall in den norwegischen Hafenstädten bekannt; sie wurden zu geschäftlichen Zwecken gebraucht (z.B. zur Kennzeichnung der Waren, die zwischen Norwegen, Island und Grönland transportiert wurden) und auch zur Unterhaltung. Der Gebrauch fällt in eine Zeit, in der die deutschen Hansekaufleute eine große Rolle in Bergen spielten. Da das Nebeneinander von Deutschen und Norwegern nicht ganz problemlos war (man denke an die vielen Berichte über Schlägerein in der Stadt und an die Verbote, die die Norwegerkönige immer wieder gegen die Hansekaufleute erließen), könnte es sein, daß die Runenschrift auch als eine Art Geheimschrift von den Norwegern benutzt wurde. In den hier angeführten Quellen stellen sich anschaulich zwei ganz verschiedene Sichtweisen auf das bunte Leben in Bergen dar, so wie es im 13. und 14. Jahrhundert gewesen sein mag: Auf der einen Seite haben wir die kirchlichen Erlasse, die gegen das lockere Treiben im Hafenmilieu einschreiten wollen, auf der anderen Seite gewinnen wir durch die zum Teil sehr intimen Runeninschriften einen Einblick in das mittelalterliche Leben in der Stadt, wie wir ihn in den literarischen Zeugnissen dieser Zeit sonst kaum antreffen werden.

XI. Der awn. Wortschatz im Bereich der nicht-legalisierten Verbindungen Die folgenden Bemerkungen gelten dem Wortschatz im Bereich der nicht legalisierten Beziehungen zwischen Mann und Frau. Sie sollen die Argumentation ergänzen, die aus erzählender und geschichtlicher Literatur zu gewinnen war. Mit Bedacht sind beide Bereiche getrennt worden. Die Sprache folgt ihren eigenen Regeln, die mit denen der Sachgeschichte nur über eine komplexe Vorstellungswelt verbunden sind. Auch der Blick auf den altwestnordischen Wortschatz macht deutlich, daß die Sprachbewegungen dieser Region von früh- bis spätmittelalterlicher Zeit zwar in keinem direkten, aber doch nicht unabhängigem Verhältnis zur Realgeschichte stehen. Faktoren, die den spezifischen Wandel im Wortschatzbereich beeinflussen mögen, sind: a. der Glaubenswechsel. Er vollzieht sich im Norden insbesondere im 11. Jahrhundert und bewirkt auch eine Neubewertung außerehelicher Verbindungen (zu vergleichen ist etwa die Bedeutungsentwicklung von frilla). b. der soziale Wandel. Mit dem langsamen Verschwinden der Sklaverei ist seit dem Ende der Wikingerzeit zu rechnen. Die Höngen entfallen nun als Handelsobjekte und sexuelle Partner (vgl. ambátt, deigja). c. die Handels- und Verkehrsverbindungen. Die Hanse insbesondere schafft eine enge Verbindung über die Meere. Intensiver Handel ist aber auch schon für das 12. Jahrhundert bezeugt und führt im Gefolge typische Erscheinungen eines Hafenlebens mit sich (vgl. portkona), ebnet andererseits aber auch die Wege für kulturellen Austausch, der mit neuem Wortgut vertraut macht (pula, amia). Es ist im Folgenden nicht die Absicht, bei den besprochenen Lexemen - die ihrer Bedeutung entsprechend angeordnet sind - alle erreichbaren Belege aufzuführen. Aufgegriffen werden nur solche, die für eine semantische Beschreibung relevant erscheinen. Zu diesem Zweck konnten auch die Sammlungen des Arnamagnaeanischen Wörterbuches in Kopenhagen eingesehen werden. Leitung und Mitarbeitern des Wörterbuches dankt die Verf. herzlich für ihr Entgegenkommen.

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A. Die Gruppe der Nebenfrauen und dazugehörige Termini elja, f. Das Wort1 zeigt im Altwestnordischen eine klare Verteilung auf die heimische Literatur einerseits, die geistliche Übersetzungsliteratur andererseits. a. Snorri bestimmt in seiner Edda2: peer konvr heita elivr, er eiN maN eigv. Das Verständnis dieser Stelle hängt daran, wie eiga zu interpretieren ist: Die Frauen heißen eljur, die einen Mann "haben": als rechtlich erworbene Ehefrau, als Nebenfrau, als Geschlechtsperson. Für alle drei Möglichkeiten gibt es Belege. Gewöhnlich wird eiga vom Manne gebraucht im Sinne von "in rechtlicher Verbindung mit einer Frau stehend": eiga konu (eiginkonu). Eiga kann aber auch das Verhältnis zu einer rechtlich nicht bekräftigten Verbindung bezeichnen: eiga frillu. Eiga kann schließlich auch für den geschlechtlichen Umgang (aus der Sicht des Mannes oder der Frau) stehen: pá á [...] kona eiga bónda sinn (Frosta{)ingslög 2,3, NGL I, S. 132). In der Njáls saga ist Hróòny eine Nebenfrau Njálls (Mutter des laungetinn Hoskuldr). Sie dringt in Njálls Schlafgemach ein mit den Worten: statt pú upp ór binginum frâ elju minni [...] = "erheb dich aus dem Bett meiner elja f...]" 3 . Die Stelle macht deutlich, daß auch hier elja die Frau als sexuelle Partnerin des Mannes bezeichnet. Die weiteren Belege aus der Snorra Edda bestätigen diesen Ansatz. Auf die Frage: Hvernig skal kenna Frigg? lautet die Antwort: elju lardar ok Rindar ok Gunnladar ok Geröar (S. 110). Jòrò, Rindr, Gunnloò und Geròr werden hier also als eljur der Frigg gezählt. Geròr ist gegen die Handschriften in Gri&r zu bessern. Jörö und Frigg sind die Ehefrauen Odins, Rindr und Griôr Riesenmädchen, mit denen Odin Kinder hatte - mit Griòr den Sohn Viòarr, mit Rindr den Sohn Vali. Gunnlöö verführt der Gott, um in den Besitz des Suttungr-Mets zu kommen. Snorri geht bei seinen Erörterungen über die Kenningar für Frigg (und Erde, S. 115) von einer skaldischen Stilfigur wie elja Rindar (=Erde) bei t>jó0olfr Arnórsson (11. Jahrhundert) aus.

1 Herrn Prof. Diller danke ich für seine Anregungen bei der Klärung der mit elja zusammenhängenden sprachlichen Probleme. 2 Edda Snorra Sturlusonar. Ausgabe von Finnur Jónsson. Kopenhagen 1931, S. 190. 3 ÍF ΧΠ, S. 251.

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Wenn F.Niedner die elja-Stelle der Njáls saga mit "Mitfrau, Nebenweib"4 übersetzt, trifft dies für den konkreten Fall zwar zu. Elja kann aber eine weitere Bedeutung haben und alle die Frauen miteinbeziehen, mit denen ein Mann je eine sexuelle Beziehung hatte. Rückschauend ist Snorris Beleg peer konvr heita elivr, er eiN maN eigv also so zu verstehen: Die Frauen heißen eljur, die einen gemeinsamen Mann haben oder hatten5. b. Die Belege aus der geistlichen Ubersetzungsliteratur bezeugen in gleicher Weise die Bedeutung elja = Mit-, Nebenfrau. Stjórn6 berichtet von Anna, der Kinderlosen: en elja hennar gerdi henne iafnan skapravn i ordvm [...]"aber ihre Nebenfrau kränkte sie ständig mit Worten [...]" (Vgl. 1. Sam. 1,6). Stjórn, S. 320, sagt über geschlechtliche Beziehungen: Systur konu pinnar skaltu eigi taka eòa eliu hennar - "Die Schwester deiner Frau sollst du nicht nehmen, auch nicht ihre Mitfrau". (Vgl. 3. Mose 18,18)7. Neben dem Simplex elja ist im Awn. das {Compositum arinelja, f . belegt. Das Christenrecht der Alteren Borgar|jingslög sagt dazu: ef hann fmadrj tekr kono adra ok leggr ihia ser, setr hena innan hus ser eòa henni [nml. eiginkono sinni], pat heitir arenelja (NGL I, S. 356). "Wenn ein Mann neben seiner Ehefrau eine andere Frau hat, wird diese arinelja genannt, wenn er sie bei sich oder seiner Ehefrau im Hause wohnen läßt". Die Gula}>ingslög (NGL I, S. 16) bestimmen, daß ein Mann nur eine gesetzliche Frau habe. Unter die meinkonur (zur Ansehensminderung gereichende Frauen) rechnen sie die ambátt und die arinelja. Für sie ist Strafe zu zahlen und Beichte abzulegen (s. dazu auch König Sverrirs Christenrecht, NGL I, S. 427). Elja ist nur im Awn. mit Sicherheit bezeugt. Es hat andererseits genaue Entsprechungen im Ahd. (ella, f.) und im Mittelniederdeutschen (eile) bzw. Mittelniederländischen (eile). Die Bedeutung der kontinentalen Belege "Rivalin, Nebenbuhlerin" kommt den nordischen Verhältnissen sehr nahe. Das Ahd. kennt auch eine maskuline Form ello (Rivale), ebenso das Mittelniederländische (eile). Das

4 Thüle, Bd. 4, S. 125. R.Heller benutzt in seiner Übersetzung der Njáls saga (Leipzig 1982, S. 209) den Ausdruck "Nebenbuhlerin". 5 S. auch Brennu-Njáls saga, ÍF XII, S. 251, Anm. 3. 6 Stjórn, hg. von C.R.Unger. Christiania 1862, S. 428. 7 Weitere Belege aus der Ubersetzungsliteratur: Gydinga saga, hg. von Guömundur Porláksson, Kopenhagen 1881, S. 77; Manu saga, hg. von C.R.Unger. Christiania 1871, S. 1027.

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nur in den Gesetzen bezeugte arinelja (zu arin = Herd, Feuerstätte) findet eine Parallele in lat. focaría (Küchenmagd, Zuhälterin). Du Cange% gibt für das Mittellateinische die Bedeutung ancilla, famulo quae focum curat an und betont speziell: praesertim vero Focariae appellatae Presbyterorum et Clericorum concubinae und verweist auch auf die Erklärung, die im Vocabularium des Gerardus de Schueren von 1477 gegeben wird: Focaría, Eyn huere by den hert, Meretrix foco assidens. Eventuell liegt bei arinelja eine Anlehnung an lat. focaría vor.

frilla, f./ friòill, m. Die Betrachtung der geschichtlichen und erzählenden Quellen ergab für frilla die Bedeutung "Kebsweib", d.h. freie, ohne feierliches Verlöbnis, ohne Brautgabe und Mitgift mit einem Mann öffentlich lebende Frau. Die Belege aus der eddischen Tradition, die hier nachzutragen sind, verdienen eine gesonderte Besprechung: 1. Hymiskviòa 309: Unz pat in frida frilla kenndi, ástrád mikit, eitt, er vissi: "Drep vid haus Hymisl hann er hardari, kostmóds ¡Qtuns, kálki hveriom. " [Bis daß die schöne Frilla lehrte, einen Liebesrat, den sie kannte: "Schlag auf den Schädel Hymirs, er ist härter, (der Schädel) des wagemutigen10 Riesen, als jeder Kelch."] "Hymirs Hausfrau" (wie Genzmer in der Thuleübersetzung, Edda, Bd. 2, Jena 1920, S. 22 frilla wiedergibt) gibt Thor den Rat, den Glaskelch, der unversehrt den Steinpfeiler durchschlug, am Kopf des Riesen selbst zu zerschmettern. Die Verbindung mit friör (in frida frilla) bezeugt die positive Bedeutung, die frilla

8 Du Cange, Glossarium mediae et infimae Latinitatis. Bd. m . Neudruck der Ausgabe von 188287. Graz 1954, S. 532, mit weiteren Belegen. 9 Neckel/ Kuhn, Edda. 4. umgearbeit. Aufl. Heidelberg 1962, S. 93; Wörterbuch von Hans Kuhn, Heidelberg 1968. 10 Die Bedeutung von kostmódr ist umstritten. Die übliche Ubersetzung "kostmüde, müde vom Essen" (H.Kuhn [wie Anm. 9], Wörterbuch, S. 119) gibt an dieser Stelle wenig Sinn.

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hier beinhaltet. Prilla muß andererseits mit Strophe 9 in Beziehung gesetzt werden. Hier spricht die frilla von ihrem Mann als minn fri. Die Stelle bereitet Schwierigkeiten, da metrisch eher ein zweisilbiges Wort zu erwarten wäre (daher die Konjektur frii,fridill n ) . Wahrscheinlich ist jedenfalls, daß mit fri und frilla eine Mann-Frau-Beziehung ausgedrückt wird, die als solche positiv charakterisiert wird und als ein festes Verhältnis zwischen Liebenden angesehen wird. Die Annahme, fridill/frilla entbehre auf einer älteren Stufe einer negativen Wertung, bestätigt sich damit. Die Hymiskviöa wird zwar in ihrer Datierung kontrovers beurteilt. Gustav Neckel12 sprach aber mit guten Gründen vom vorliterarischen Ursprung, und Jónas Kristjánsson13 sah jüngst keinen Einwand gegen eine Datierung in das späte 10. Jahrhundert. Im Soria Jjáttr der Flateyjarbók (1,275) wird von Freyja gesagt, daß sie die Tochter des Njörör war und Óòinn als seine frilla folgte (hon fylgde Odni ok uar fridla hans). Freyja nimmt in der späteren isländischen Uberlieferung die Stelle der Frigg ein, so daß das im SQrla J>áttr genannte Frillenverhältnis der Freyja wohl als ein eheliches zu denken ist. Der späte Mttr kann aber nicht beanspruchen, verläßlichen alten Sprachgebrauch wiederzugeben. Eher ist davon auszugehen, daß der Verfasser der zügellosen Freyja keine ehegleiche Verbindung mit Óòinn zuschreiben wollte. 2. Im Prosavorspann zur Guôninarkviôa III14 heißt es: Heriàa hét ambót Atla; hon hafdi verid frilla hans [Herkia hieß die Hörige Atlis; sie war seine frilla gewesen.]. Das Nebeneinander von ambátt und frilla erinnert an den Sprachgebrauch der Laxdaela saga: die ambátt Melkorka ist (oder wird zur) frilla Hóra MorstrstQng als ambátt erkennen. Die Zwillingsformel got. skalkos jah andbahtos (servi et ministri, Joh. 18,18) entspricht der Neuen-Testament-Ubersetzung des Oddr Gottskálksson pienarar og vnder menn (heute: pjónarnir og sveinarnir). Pjónn stellt in etwa das semantische Äquivalent zu dem kontinentalen und angelsächsischen ambaht/ ambeht, m. dar. Frillenverhältnisse, in denen als Partnerin eine ambátt genannt wird, gehören mit anderen Worten in eine Gesellschaft, die den rechtlosen Stand der Hörigen kannte. Von der eiginkona uunterscheiden sich frillur dieser Herkunft durch die fehlende Legalisierung ihrer Verbindung, d.h. der mundr und der máldagi fehlten.

deigja, f. Die Gula))ingslög und Frostaf>ingslög (NGL I, S. 70 und 234) nennen nebeneinander als die vornehmsten weiblichen Hörigen seta und deigja - neben den gleichrangigen männlichen pjónn und bryti. Für sie gelten höhere Bußen als für andere. Im Gegensatz zur seta wird die deigja auch neben der frilla genannt - so in "Erkebiskop Paals forste Statut" von 1334: eptir setningum heilagrar kirkiu

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skulu deigiur eòa fridlur allra peirra klerka sem infra sacros eru taka skriptir sva sem pro adulterio et sacrilegio pegar upp vist verdr ok se adr leynt, en sidan opinbert er ok vili pœr ceigi afleggia vpptekinn glœp aminntar skulu peer bannsetiaz (NGL III, S. 280) [Nach den Satzungen der heiligen Kirche sollen alle deigjur oder Frillen der Priester, die die höheren Weihen besitzen, die Beichte ablegen wie für einen Ehebruch oder ein Sakrileg, wenn dies erwiesen, was vorher heimlich war, und offenbar - und wenn sie erwiesene Vergehen nicht lassen, sollen sie mit dem Bann belegt werden.]. Dieser Sprachgebrauch (deigja = frilla) setzt sich in den mittelalterlichen Sprachen Skandinaviens fort: a. Mitteldänisch munkedeje = munkepige, munkefrille Mitteldänisch deje = frille, sœrlig prœstefrille 36

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b. Mittelschwedisch deghia = Haushälterin, Geliebte37. Auch hier ist die spezielle Bedeutung der Geistlichen-^riWa bezeugt: hennes kirkio herre hauer fanghit sigh andhre deye. Auch die Zusammensetzung mit scengr [Bett] erweist das Weiterleben von deygja: Mitteldänisch sengedeje = frilla, medhustru 38 Mittelschwedisch siänga deghia = frilla (auch Geistlichenkonkubine) Abwertend ist zweifellos die Bezeichnung deigja in der Lokasenna 5639: Peygi pú, Beyla, pú ert Byggvis qveen, oc meini blanditi miQc; ókynian meira koma med ása sonom, QII ertu, deigja, dritin [Schweig' du, Beyla, du bist Byggvirs Frau, und mit Unheil gefüllt; ein größerer Schandfleck kam nie zu den Asensöhnen, völlig bist du, deigja beschmutzt.]. Hans Kuhn in seinem Wörterbuch (S. 37) gibt die Ubersetzung für diese Stelle mit "Viehmagd" an. Deigja ist ursprünglich also die Bezeichnung einer unfreien Magd. Als Magd eines Geistlichen konnte sie auch in einem sexuellen Verhältnis zu ihm stehen. Aufgrund dieser Beziehung konnte deigja dann später (d.h. nach Abschaffung des Hörigenstandes) mit frilla gleichgesetzt werden.

35 O.Kalkar, Ordbog til det aeldre danske sprog, 3. Band. Kopenhagen 1892-1901, S. 147f., unter Verweis auf S.Grundtvig, Danmarks Gamie Folkeviser, Bd. 3. Kopenhagen 1862, S. 577: En muncke-die äff Danmark hun well med dryffue äff land. 36 O.Kalkar (wie Anm. 35) Bd. 1. Kopenhagen 1881-1885, S. 345, mit mehreren Belegen. 37 K.F.Söderwall, Ordbok öfver svenska medeltidsspráket, 1. Band. Lund 1884-1918, S. 184. 38 O.Kalkar (wie Anm. 35), Bd. 3, S. 706, auch in Beziehung zu Geistlichen. 39 Edda (wie Anm. 9), S. 107.

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B: Die Gruppe der Prostituierten und dazugehörige Termini portkona, f. Zwei Besonderheiten zeichnen dieses Wort im Nordgermanischen aus: a. seine Zugehörigkeit zu gelehrter und christlicher Literatur. Es fehlt in den heimischen Gattungen. b. seine Sonderstellung innerhalb der /Jori-Komposita des Nordens. Die gattungsspezifische Verteilung läßt vermuten, daß portkona ein relativ spätes Lehnwort darstellt. Den íslendinga sögur ist es ebenso unbekannt wie der Skaldik und der Grágás. Aufgegriffen wird es insbesondere in homiletischer Literatur, wo es lat. meretrix entspricht40 und wo von dem saurlifi portkvenna gesprochen wird (dem Lasterleben der portkonur, ib. S. 33). Die Hirdskrâ warnt u.a. vor hórdómr ok fridlulífi, portkonur eòa dubl (Ehebruch und Frillenleben, portkonur oder Spiel; Meißner, Hiròskrà, S. 32). F.Fischer41 ordnet portkona unter die englisch-lateinischen Lehnwörter ein und verweist auf ae. portcwén = Hafenweib. Die dort zusammengestellten port-Simplizia und Komposita bedürfen allerdings einer Trennung. Es sind zu unterscheiden Lehnwörter, die von lat. porta abzuleiten sind, und solche, die lat. portus voraussetzen. Die porta-Abkömmlinge sind vermutlich niederdeutscher Herkunft (as. porta, mhd. porte, portener, awn. port, η., portr, m., portari, m.), während portkona (porthús, portkvennahús, portlífi, portlífismadr) von ae. port = Hafen herzuleiten ist.

puta, f. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß das Wort puta, das in der altwestnordischen Literratur verbreitet ist, (letztlich) ein romanisches Lehnwort ist, und wahrscheinlich ist auch, daß puta über das Mittelniederdeutsche in das Nordische kam.

40 C.R.Unger [Hg.], Gammel norsk Homiliebog. Kristiania 1864, S. 32. 41 Frank Fischer, Die Lehnwörter im Altwestnordischen. Berlin 1909 (Palaestra 85), S. 49.

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Für das Altfranzösische (und weiter das Italienische, Spanische und Portugiesische) verzeichnen die Wörterbücher von Friedrich Diezn und W.Meyer-Lübke" eine feminine Bildung zu putus "Kind" in der Form von putta, puta "Mädchen" - auch "liederliche Dirne, Hure"44. Die lautlichen Verhältnisse scheinen nicht ganz geklärt zu sein. Doch dürfte sicher sein, daß das mittelniederdeutsche pute, dessen Bedeutung August Lilbben45 mit veretrum, meretrix angibt, davon abhängig ist. Wenn das Wort auch fraglos in den Zusammenhang romanischer Lehnwörter gehört, die der Norden der westeuropäischen Hofkultur verdankt, so kann es doch eine Frage sein, ob eine direkte Übernahme vorliegt (wie Fischer, Lehnwörter des Altwestnordischen, S. 81, a n n i m m t ) oder der Weg über das Niederdeutsche führte. Für die letztere A n n a h m e , spricht, daß Niederdeutsch und Altwestnordisch das Lehnwort als Scheltwort gebrauchen, d.h. auch sprachpragmatische Ubereinstimmungen zwischen beiden Sprachen bestehen: pú ert annathvárt hornkerling eòa puta = du bist entweder eine Eckensitzerin oder eine puta - beschuldigt Skarpheöinn die Hallgerör in der Njáls saga (ÍF XII, S. 228). Noch deutlicher ist der Scheltwortcharakter in der Zusammensetzung pütasonr: pú vanar pvtoson = du übler pii/a-Sohn - nennt Saul den Jonathan und bezeichnet dessen Mutter als schändliche Person (pinni lytafullri mœdr, Stjórn, S. 473; Vgl. weitere Belege bei Fritzner, s.v. pútusonr). Als üble Nachrede (jjQlmœli) gilt nach König Hákon Magnússons "Retterbod" von 1313 pútusonr eòa hórkonusonr (NGL III, S. 101). Die norwegischen Gesetze bestimmen, was unter puta zu verstehen ist: Pat eru putur er pat verdr vitnisfast, at pœr meta sik eòa taka tva menn a einum degi [Das sind pútur, die sich bezeugtermaßen selbst (preislich) taxieren oder zwei Männer an einem Tag haben; NGL III S. 100.]. EfkonaJyrirliggr ser [...]prisvar er hon sek vid konong en ekki optar, puta er hon sidan [hat eine Frau dreimal geschlechtlichen Umgang, ist sie vor dem König schuldig, nicht aber öfter; als puta gilt sie dann; NGL I, S. 327.].

42 Friedrich Diez, Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen. Bonn41878, S. 259. 43 W.Meyer-Lübke, Romanisches etymologisches Wörterbuch. Heidelberg 5 1972, S. 570f. 44 Ernst Gammilschegg, Etymologisches Wörterbuch der französischen Sprache. Heidelberg 1928, S. 726. 45 August Lübben, Mittelniederdeutsches Handwörterbuch. Norden/ Leipzig 1888 (Nachdruck Darmstadt 1965), S. 287.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

In der Viöroeöa líkams ok sálar, der Übersetzung eines Werkes von Hugo von St. Victor, heißt es: Pvta er sv er ollvm er heimol = eine puta ist die, die allen zur Verfügung steht46. Die Belege lassen eindeutig den Schluß zu, daß puta eine gewerblich Unzucht treibende Person bezeichnet - auf einer Stufe also mit portkona steht. Darauf deuten auch die Komposita pútnahús neben portkvennahús. Beide Termini setzen ein entsprechendes Milieu voraus. Es läßt sich vermuten, daß dies mit Handel und Handelsniederlassungen, überwinternden See- und Kaufleuten gegeben war.

skoekja, f. Das Lexem skœkja verdient im Zusammenhang der Fragestellung dieser Arbeit eine zweifache Beachtung: a. Es ist gegenüber dem bedeutungsverwandten puta semantisch abzugrenzen. b. Als Erbwort ist es den Lehnwörtern gegenüber zu stellen. Die Bedeutungsnähe von puta und skœkja wird aus der Bevers saga deutlich, wo der Held seine ehebrecherische Mutter als illa puta und vQnd skœkja beschimpft (zitiert nach Fritzner, s.v. skoekja). Auch in einer Erzählung aus der Geri/igschen visvintyri-Sammlung (Bd. I, S. 202) wird eine verheiratete Frau als skœkja beschuldigt und des Ehebruchs bezichtigt. Diese und andere Belege verdeutlichen einen wesentlichen Unterschied zwischen puta und skœkja. Im Gegensatz zu puta ist skœkja keine käufliche Person. Die moralische Verwerflichkeit der Beziehung liegt bei skœkja im ehebrecherischen Handeln. Dies könnte auch der Grund dafür sein, daß skœkja in den norwegischen Gesetzen völlig fehlt (wie auch in der Grágás). Ehebruchbestimmungen fehlten vermutlich dem vorchristlichen Recht und kamen erst mit dem

46 Finnur Jónsson [Hg. ], Hauksbók. Kopenhagen 1892-1896, S. 311.

Der awn. Wortschatz im Bereich der nicht-legalisierten Verbindungen

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Christenrecht47. Der neue Tatbestand wurde offenbar auch vornehmlich mit 48 Lehnwörtern, portkona, puta, neben der heimischen Aór-Sippe abgedeckt .

C. Die Maskulina hór(r), m. Das Erbwort hórr (möglicherweise etymologisch identisch mit lat. carus "lieb" und lett. kars "lüstern) und seine Verwandten zeigen im Altwestnordischen eine bemerkenswerte Verteilung auf die Bereiche eddische Dichtung, Rechtsliteratur und gelehrt-geistliches Schrifttum. 1. Eddische Dichtung. Die Belege verteilen sich auf die Götterlieder Hàrbaròsljóò und Lokasenna, zwei Lieder, die in derben Scheltgesprächen auch einen besonderen Wortschatz aufbieten. Loki wirft der Göttin Freyja vor, mit Asen und Alfen Buhlschaft getrieben zu haben. Lokasenna 30:

ása oc álfa f...]

hverr

hefir pinn

hót

verid.

[Asen und Alben (...) jeder ist dein Buhle gewesen].

47 Vgl. KLNM unter den Stichwörtera Lejermäl, œgteskabsbrud. Nur ein Beleg aus der Stjóm, S. 197, könnte der angenommenen Bedeutung von skœkja widersprechen. Thamar kleidet und benimmt sich wie eine käufliche Frau, um eine Verbindung mit ihrem Schwiegervater Juda zu finden. Vgl. 1. Moses 38. In der Stjórn wird an dieser Stelle skœkja gebraucht. 48 Auf zwei weitere Fremdwörter ist hier noch hinzuweisen: 1. amia, f.: Dieses Wort ist im Altwestnordischen erst spät bezeugt und ist eine Ableitung von afrz. amie. Im Altnorwegischen und Altschwedischen bedeutet es "Konkubine", während die westgermanischen Sprachen - soweit es die Belege erkennen lassen - der französischen Bedeutung näher sind: mhd. (Tristan 11492) steht es fiir "Geliebte", ebenso im Altfriesischen und im Mittelniederdeutschen (amie, amys). Es ist möglich, aber nicht sicher zu erweisen, daß amie über das Mittelniederdeutsche in das Nordische gelangt ist. 2. garpekunne, f.: Die mittelniederdeutsche Bezeichnung garpekunne ist zweimal spät belegt und wird für die Konkubinen der deutschen Kaufleute in Bergen gebraucht. Für das Jahr 1473 heißt es sowohl in Christian Gerens Chronik als auch in Johann Bulders Bericht über Bergen (wie Anm. 5 in Kap. 10, S. 364 und S. 387): in den bedeldagen [Bettagen] wolden Bergen mordtbarnen 8 persohnen [...] elchs ein garpenkunne apenbarde (Bulder), und: in den bedeldaghen wolden Bergen mortheren, dat vormeldt war von ener garpekunne. Neben der awn. Bedeutung des Wortes garpr, m. "tüchtiger Mensch" hatte dieses Wort im Altwestnordischen offenbar auch die weitere Bedeutung "Deutscher aus dem Hansekontor in Bergen" (DN Π, 1064, DN 1,122). Der zweite Bestandteil kunne ist zu mnd. kunne, n. und f . "Geschlecht" zu stellen, so. z.B. vrouwenkunne, frowerliker kunne "weiblichen Geschlechts".

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

NjQrör antwortet Lokasenna 33:

Pat er válítit

pótt sér vardir vers fái, hós eòa hvárs. [Wenig machts, ob sich Frauen einen Mann nehmen, einen Buhlen oder beides].

Selbst Thors Gattin gilt der Vorwurf Lokasenna 54: einn ec veit [...] hór oc affflórrida. [einen kenne ich (...) einen Buhlen von Hlórridi. Vgl. auch Hàrbaròsljóò 48]. VQluspá 54 schreibt der Endzeit die Auflösung der alten Ordnung zu: Die Friedensverhältnisse brechen auch unter Verwandten und Versippten, und (hart er í heimi hórdómr mikill) auch die rechtmäßigen Bindungen von Mann und Frau sind durch hórdómr bedroht. Auffällig ist bei den eddischen Belegen, daß nur Frauen des hórdómr beschuldigt werden, nicht aber Männer. Es könnte dies die alte Ordnung repräsentieren, in der nur die Frau schuldig werden konnte - sozusagen gegenüber dem mundr, den der Mann zu entrichten hatte. Die verletzte Ordnung war nicht der hjúnskapr im Sinne jüngerer Eheauffassung, sondern vielmehr das mundr-Verhältnis. Demgemäß ist hórr auch besser mit "Buhle" denn mit "Ehebrecher" wiederzugeben. 2. Rechtsliteratur. Sprachlich und inhaltlich stehen die Gesetze auf einer jüngeren Stufe. Der Wortschatz ist differenzierter als in der eddischen Dichtung und wird nur vom gelehrt-geistlichen Schrifttum übertroffen: hór(r) hóran hórdómr

hórkona hóra hórrekkja

hórkarl

hórbarn hórkonusonr hórborinn

Die FrostaJjingslög 111,5 (NGL I, S. 149) bestimmen nun gleiche Bußsätze für den männlichen und weiblichen Ehegatten, der sich des Ehebruchs (hóran) schuldig macht. Das Christenrecht des älteren Borgar^ings (NGL 4a, S. 69) spricht von hórrekkja: kona su er liggr med manne a launungu, hon heitir hórrekkja, pvi at hon a eigi forrœdi sin jyr en jrœndr hennar hafa gift hana heiman [Die Frau, die heimlich bei einem Manne liegt, heißt hórrekJg'a, denn sie besitzt noch nicht das Verfügungsrecht, bevor ihre Verwandten sie nicht von zuhause wegverheiratet haben (vgl. aber dazu NGL V, s.v. hórrekkja, S. 295).].

Der awn. Wortschatz im Bereich der nicht-legalisierten Verbindungen

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Minderen Ansehens sind die aus einem hórdómr entstammenden Kinder. Hórbarn, hórkonusonr gelten als strafbare Nachreden. Sie werden in Verbindungen genannt wiepútusonr eòa hórkonusonr (NGL III, S. 101), hórbarn eòa varpa (NGL I, S. 311). Friedlosigkeit droht nach dem Bjarkö Ret (NGL I, 128, S. 327) dem Manne, der eine Frau des hór bezichtigt, ohne dies beweisen zu können. 3. Gelehrt-geistliches Schrifttum. L.Larsson und A.Holtsmark belegen in ihren Wortschatzdarstellungen der ältesten altisländischen und altnorwegischen Handschriften, wie sehr das gelehrt-christliche Schrifttum beim Aórr-Wortschatz im Vordergrund steht. Holtsmark nennt 14 Belege für hórdómr, die alle dem norwegischen Homilienbuch angehören, Larsson führt 19 Belege für hórdómr an, von denen 16 auf das sog. Stockholmer Homilienbuch entfallen. Dazu kommt noch ein Beleg für hórhús aus anderer Tradition. Diese Belegsituation, die die ältesten Handschriften widerspiegeln, darf als indirektes Indiz dafür gelten, daß die Durchsetzung der christlichen Lebensordnung das hórdómr-Problem verschärfen mußte. Denn nicht nur die äußere Lebensführung stand nun unter dem Gebot des hreinlifi (des keuschen Lebens), auch die innere Lebensgestaltung war dem verpflichtet. Das Stockholmer Homilienbuch49 bestimmt: miNe hórdómr es sa callapr es at 0ple geresc mep ca>rlom oc conom. en sa es eN meire es í gágn öpleno es gorr af karlmanne vip carlmaN. epa vip cyqvenNde [Ein geringerer Grad von hórdómr wird der genannt, der nach der Natur mit Männern und Frauen getrieben wird, jener ist ein höherer, der gegen die Natur von Mann zu Mann oder mit Tieren geübt wird.].

kefsir, m. Im Altwestnordischen ist kefsir ein Wort der Poesie, im Altostnordischen dagegen ein gängiger Rechtsterminus. Die altwestnordischen Belege gehören der Snorra Edda und der RigsJjula an. Die Kinder von l»raell oc Mr (Höriger und Hörige) bilden nach der Rigs|jula die i>raela aettir = Geschlechter der Hörigen. Unter ihnen wird auch Kefsir genannt (Str. 12). Die Snorra Edda sagt übereinstimmend (S. 188, vgl. ibid. auch S. 200, Str. 447)50: Heitir ok prœll kefsir, pioN, avN-

49 Homiliu-Bók, ed. Theodor Wisén. Lund 1872, S. 211. 50 Zitiert nach der Ausgabe von F.Jónsson. Kopenhagen 1931.

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

vngr, piR = der Sklave heißt auch kefsir, Knecht, Sklave, Diener. In den Imlur (IV ,j, 10) werden aufgezählt: pjónar, prœlar, pírr, Qnnungar, verkmenn, kef sor ok vílmegir. Unter diesen Hörigenbezeichnungen erscheint kefsir als deijennige, der mit einer Hörigen verheiratet ist. In den altschwedischen Gesetzen lauten die Formen kafsir, kœpsir. Als Bedeutung nennt Schlyter "den som lefver tillsammans med en frilla" (der mit einer Frilla zusammenlebt). Die feminine Entsprechung ist den westgermanischen Sprachen wohlbekannt: ae. cifes = concubine, harlot; as. kevis = pelex; ahd. chebesa = pelex; mnd. keves = Kebse. Vermutlich lassen sich die maskulinen Formen des Nordens mit den femininen des Südens zur Bezeichnung des männlichen und weiblichen Höngen zusammenführen. Der Süden hätte dann das Femininum mit der spezifischen Bedeutung "Beischläferin" (ursprünglich unfreien Standes) weitertradiert, der Norden das Maskulinum in unveränderter Bedeutung. Die Verhältnisse stellen sich damit spiegelbildlich zu denen von ambátt dar: Hier kennt der Norden nur die weiblichen Formen, das Westgermanische nur die männlichen (mengl. am(m)boht = handmaid, bondwoman gilt als skandinavisches Lehnwort). Daß ambátt im Norden im Zuge einer Wortbewegung die Stelle von Kebse einnimmt, kann freilich angesichts der Beleglage nicht konkretisiert werden und muß eine Vermutung bleiben.

D. lausabrullaup, n. Das von Herbert Meyer zum Terminus für die Friedeleheverbindung erhobene lausabrullaup stellt einen singulären Beleg dar. In den Handschriften der Egils saga herrscht an dieser Stelle keine Ubereinstimmung. H.Meyers Wahl ist durch den Zufall der ihm vermutlich zur Verfügung stehenden Ausgabe bedingt (wohl Finnur Jónssons Ausgabe in der Altnordischen Sagabibliothek, Nr. 3, 1894, 2 1924). Es bieten lausabrullaup: AM 132 fol. (ca. 1350); lausungarbrullaup: AM 162 A (ca. 1350), skyndibrullaup: AM 453,4° (ca. 1600-1700). Der letztgenannte Terminus ist öfter belegt und semantisch beschreibbar: a. Bósa saga51. Bósi begegnet einer Königstochter im Walde und erklärt ihr, entweder ziehe sie freiwillig mit ihm weiter oder er bereite ihr hier im Walde

51 Bósa saga, hg. von O.L.Jiriczek. Straßburg 1893, S. 54.

Der awn. Wortschatz im Bereich der nicht-legalisierten Verbindungen

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ein skyndibrullaup (gjör nú hvórt er pii vilt, atfara med mér viljug, eòa gerì ek skyndibrúdlaup til pin hér í skóginum). b. Hrólfs saga kraka52. König Helgi nimmt eine unbekannte Frau auf. Von ihrer Schönheit ist er so angetan, daß er ihr umgehend ein skyndibrullaup bereiten will (skal nu giqra til pijn skyndi brullaup, pvi mier lyst vel á pig). Die übliche Übersetzung mit "eilige", ohne gesetzliche Formen und Bestimmungen vollzogene Heirat (skyndi, f . = Eile, Hast) hätte zu bedenken, daß die iÄ)W/-Komposita nicht nur "Eile" bedeuten, sondern diese auch immer mit einem negativen Element verbinden: skyndirád ist der übereilte Rat, skyndikona die allzu rasch bereite Frau. In diesem Sinne ist auch skyndibrullaup aufzufassen: eine hastig herbeigeführte oder erzwungene Vereinigung ohne Beachtung der eherechtlichen Formalitäten. Die Belege zeigen eindeutig, daß es sich bei dem gera skyndibrullaup til e-rrar um einen spontanen Entschluß handelt, eine Vereinigung mit einer Frau herbeizuführen. Frauenbezeichnungen wie léttlœtiskona, skyndikona gehören wohl ebenso in diesen Umkreis. Lausungarbrullaup ist demgegenüber ein Hapax legomenon. Belegt ist jedoch eine Reihe von Komposita mit lausung: Lausungargud = falscher Gott; lausungarkona = unbeständige, leichtlebige Frau; lausungarmadr = leichtfertiger Mann. In diesem Sinne ist auch lausungarbrullaup eine leichtfertig und rasch eingegangene Verbindung. Die Reihe lausabrullaup - lausungarbrullaup - skyndibrullaup läßt kaum einen Zweifel daran, daß der damit verbundene Sachverhalt keine Ehe beinhaltete. Der rasche, leichtfertige Entschluß, die fehlenden Formalitäten und die nicht auf Dauer angelegte Verbindung machen Charakteristika des lausabrullaup aus. Eine irgendwie geartete sittliche Höhe im Sinne H.Meyers ist damit in keinem Falle gegeben. Der kurze Blick auf den Wortschatz der außerehelichen Verbindungen läßt einige Schlüsse zu: a. Der Übergang von der Gesellschaft des frühen Mittelalters (mit Sklaven und Freien) in die einer rechtlich homogenen (freien) Bevölkerung findet in der altwestnordischen Literatur noch seinen Niederschlag. Im hier diskutierten Wortschatz spiegelt sich der Umbruch in der Geschichte der Lexeme ambátt, deigja, kefsir. Alle drei sind ursprünglich auf die Hörigenschicht bezogen (als Bezeichnung weiblicher und männlicher Angehöriger dieser Schicht). Den drei

52 Hrólfs saga kraka, ed. D.Slay (Ed. Arnamagn. B,l). Kopenhagen 1960, S. 32

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

Lexemen kommt aber auch eine Markierung "in einem Geschlechtsverhältnis stehendes Wesen" zu - bei ambátt ist dies im Norden noch deutlich (kaupa sér ambátt til karnadar), bei der femininen Entsprechimg von kefsir im Süden. Nur deigja überlebt im Norden den sozialen Wandel (in der Bedeutungsspezialisierung: Geistlichenfrilla). b. Die rechtlich und zeremoniell bekräftigte Ehe ließ die Möglichkeit einer weiteren "anerkannten" Verbindung offen - zumindest von Seiten des Mannes. Als Bezeichungen solcher "Mitfirauen" sind belegt: elja und frilla. Auf der Stufe unserer Texte sind sie kaum zu differenzieren. Mit der eiginkona stimmen sie semantisch darin überein, daß das Verhältnis als länger dauernd und öffentlich anzusehen ist. Sie unterscheiden sich aber im rechtlichen Charakter der damit bezeichneten Beziehung. c. Neben den Bezeichnungen für "anerkannte", "andauernde" und "öffentliche" Beziehungen treten solche, die als kurz und nicht anerkannt (im Sinne einer Ehe) zu qualifizieren sind. Dazu gehören hórr/ hora, byrgiskona. Für die hórLexeme gilt, daß sie geschlechtliche Beziehungen außerhalb der anerkannten Ordnungen bezeichnen - und dies mit dem Kriterium des Unrechtmäßigen und moralisch Verwerflichen nur für die Frau verbinden. Das Lexem byrgiskona macht andererseits deutlich, daß der Offentlichkeitscharakter zum Wesen der anerkannten Ehe und Frillenverhältnisse gehörte. d. Das Kriterium moralisch bzw. nicht-moralisch gewinnt offensichtlich mit der christlichen Wertung der Ehe mehr und mehr an Gewicht. Davon zeugen u.a. die Lexeme portkona und puta. Die Beziehungen, die sie bezeichnen, sind vor allem eine Folge der durch den Fernhandel geschaffenen Sozialverhältnisse. e. Fridill und frilla beinhalteten ursprünglich wohl keine semantischen Merkmale, die mit irgendeiner Form von Ehe zu verbinden wären. "Friedel-Ehe" ist insofern eine in sich widersprüchliche Bildung. Abgesehen von der sprachlichen Differenz, die zwischen den kontinentalen und den nordischen Formen besteht, lassen sich für die fridill- Verhältnisse keineswegs sittliche Höhe und rechtliche Freiheit wahrscheinlich machen - Eigenschaften, die H.Meyer der sogenannten Friedelehe zuschrieb. Die Verwendung von fridill in der Volundarkviòa ist denkbar weit von solchen Einschätzungen entfernt - nicht Freiheit bestimmt das Geschehen, sondern Zwang, nicht Sittlichkeit, sondern brutale Gewalt. Auch das in dem Zusammenhang der Friedelehe gebrauchte lausa-

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brullaup ist eher abwertenden Charakters, wie die dafür gebrauchten Lexeme lausungarbrullaup und skyndibrullaup nahelegen53.

53 Die für die Untersuchung benutzten Wörterbücher sind im Literaturveizeichnis aufgeführt und nicht für jeden Beleg gesondert angegeben.

Zusammenfassung und Ergebnis Aus dem Überblick über die bisherige Diskussion zum Begriff der sog. "Friedelehe" bei den Nordgermanen stellten sich für die hier vorgelegte Untersuchung folgende Aufgaben: 1. Eine kritische Betrachtung der Quellen, aus denen die Institution der sog. "Friedelehe" abgeleitet wird. 2. Die Sammlung und Interpretation aller Belege, die in diesen Quellen - es handelt sich hier vornehmlich um íslendinga sögur und geschichtliche Sagas zum Thema fridlulag vorkommen. 3. Eine Untersuchung der sozialen Verhältnisse, wie sie auf Island zur Zeit der Niederschrift der Quellen (im 12. und 13. Jahrhundert) anzutreffen waren. 4. Eine Darlegung der Weiterentwicklung, die die Institution des fridlulag in Norwegen und auf Island im Laufe des 14. Jahrhunderts erfahren hat, und zwar besonders im Hinblick auf die Rolle, die die katholische Kirche dabei gespielt hat. 5. Eine Analyse des altwestnordischen Wortschatzes, der dem Bedeutungsfeld fridlulag zuzurechnen ist. Als Ergebnis dieser Untersuchungen lassen sich nun die eingangs gestellten Fragen: 1. Läßt sich aus den ersten literarischen Denkmälern für den Norden neben der Vertragsehe die Existenz einer zweiten, echten, durch sittliche Höhe und rechtliche Freiheit ausgezeichnete Friedelehe ableiten? 2. Deuten die sozialen Verhältnisse, wie sie sich vornehmlich in der erzählenden Literatur darstellen, auf eine vorliterarische, ursprünglicher germanische Zeit hin? folgendermaßen beantworten: Bei einem Vergleich der literarischen Zeugnisse mit den historischen Quellen vorwiegend des 13. Jahrhunderts ist festzustellen, daß es die sog. "Friedelehe", die Herbert Meyer und nach ihm zahlreiche, vor allem deutsche, Rechtshistoriker

Zusammenfassung und Ergebnis

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bis zum heutigen Tage aus dem Zeugnis der íslendinga sögur abgeleitet haben, nicht gab. Die dort beschriebenen Frillenverhältnisse entsprechen durchaus den historischen Gegebenheiten, wie sie sich für das 12. und 13. Jahrhundert nach den Aussagen der Sturlunga saga und der Biskupa sögur darstellen. Auch in den ältesten Quellen kann von einer "freien Ehe zwischen zwei gleichberechtigten Partnern" keine Rede sein. Bei der Art der dort beschriebenen Verhältnisse handelt es sich eindeutig um minderrechtliche Verbindungen mit meist sozial wenig gut gestellten Frauen. Die diesen Verbindungen entsprossenen Kinder genossen allerdings einen gewissen Rechtsschutz. Die älteren westnordischen literarischen Quellen weisen zunächst ein Verhältnis aus, das zwischen einem freien Mann und einer Unfreien (ambátt) bestand. Der Mann sorgte für die Frau und die Kinder, ebenso wie er eine Verpflichtung gegenüber seinen anderen Hörigen hatte. Als die Zeit der Sklavenhaltung im Norden zu Ende war (das traf für Island im 11. und für Norwegen im 12. Jahrhundert ein), änderte sich der Status der Frauen, die als frillur gehalten wurden. Die Quellen geben hier besonders für Island Aufschluß; für Norwegen lassen sich nur Angaben über einige der Norwegerkönige machen. Die im fridlulag lebenden Frauen waren nunmehr freie Baueratöchter geringer Herkunft, die bei einem vornehmen, meist auch standesgemäß verheirateten Isländer die Stellung einer Haushälterin (bústyra) und zugleich einer Frilla innehatten. (Daß ein Nebeneinander von freien und hörigen Nebenfrauen auch in älterer Zeit existiert hat, ist nicht auszuschließen; die Quellen jedoch erwähnen dies nicht.) Dieses Verhältnis wurde zunächst nicht als etwas Entehrendes angesehen und brachte der Frau und vor allem den dieser Verbindung entsprossenen Kindern (finanzielle) Vorteile. Hier geben die meist im 13. Jahrhundert aufgezeichneten literarischen Quellen durchaus die tatsächlichen Verhältnisse wieder, die zur Zeit der Niederschrift auf Island geherrscht haben. Rückschlüsse auf ältere germanische Zustände lassen sich daraus nicht ziehen. Um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert verschlechterte sich das Ansehen einer solchen Frilla. Der Grund dafür ist in den Bemühungen der katholischen Kirche zu suchen, gegen das Frillenwesen sowohl der Laien als auch der Geistlichen vorzugehen. Bei der Durchsetzung der streng monogamen Ehevorstellung der Kirche fiel jedes vorkommende Kebsverhältnis unter das Verbot des Ehebruchs. Den Frauen wurde nach der Niederkunft der Zugang zur Kirche verweigert, ebenso die letzte Ölung; ihnen und den Geistlichen, die Frillen hielten, wurde der Kirchenbann angedroht. In dieser Zeit nahmen die öffentlich zur Schau getragenen Konkubinate ab. Daß zwischen kanonischem Eherecht und herkömmlichen Eheschließungsformen eine gewisse Diskrepanz bestand, könnte aus Formulierungen geschlossen werden,

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Der Konkubinat nach altwestnordischen Quellen

die eine rechte Ehe dann gegeben sehen, wenn sie "nach Gottes und der Männer Recht" geschlossen wurde: at gttds lögum ok manna1. Kanonisches Recht und altes Landrecht differierten z.B. da, wo es um die Rolle der Frau, bzw. ihrer Angehörigen, beim Zustandekommen der rechtmäßigen Ehe ging. Nach kanonischem Recht war die Ehegültigkeit nicht abhängig von der Zustimmung der Verwandten der Frau. Die Zustimmung der Frau war nach kanonischem Recht ausreichend, eine gültige Ehe zu begründen. Vermutlich sind die more Dánico geschlossenen Ehen auch solche, die nach der Ordnung der alten Landrechte geschlossen wurden - der mos Danicus also gleichbedeutend mit den log manna der nordischen Landrechte ist. Für die norwegische Handelsstadt Bergen ist im 14. Jahrhundert eine Sonderentwicklung zu beobachten. Die bischöflichen Erlasse geben Aufschluß darüber, daß sich das Frillenwesen, das nun nicht mehr nur Nebenfrauenverhältnisse im alten Sinne, sondern auch schon Prostitution war, besonders in dieser Handelsstadt entwickelte. Was im einzelnen Fall genau unter der Bezeichnung frilluliferni zu verstehen ist, kann nicht immer beantwortet werden. Eines jedoch wird aus außernordischen Quellen, den Testamenten der deutschen Hansekaufleute, ersichtlich: Die deutschen Kaufleute hielten sich norwegische Frauen und behandelten diese und die solchen Verbindungen entsprossenen Kinder in den belegbaren Fällen ähnlich, wie dies die isländischen Großen ein Jahrhundert früher mit ihren Frillen gehalten hatten. Frauen und Kinder wurden versorgt, wenn auch die Verbindungen aus welchen Gründen auch immer (auf Island spielte der Standesunterschied eine Rolle, in Bergen vielleicht die unterschiedliche Nationalität) nicht legalisiert wurden. Es scheint demnach in Bergen sowohl Prostitution in den Hafenvierteln als auch länger andauernde Verhältnisse zwischen ausländischen Kaufleuten und einheimischen Frauen gegeben zu haben. Die Wortuntersuchungen ergeben eine ähnliche Entwicklung: Die altwestnordischen Wörter, die die Bedeutung "Konkubine" angenommen haben (ambátt, elja, frilla), haben westgermanische Parallelen mit entweder ähnlicher oder wie im Falle der frilla abweichend positiver Bedeutung. Eine Übernahme aus dem Westgermanischen läßt sich jedoch nicht nachweisen. Es handelt sich offenbar um parallele Entwicklungen, wobei zu beachten ist, daß die westgermanische Uberlieferung bedeutend früher einsetzt als die nordgermanische. Es ist somit durchaus möglich, und die ältesten Belege lassen darauf schließen, daß ein Wort wie altwestnordisch frilla ursprünglich ebenfalls "Geliebte" oder "Braut" bedeutet haben kann, wie das im Westgermanischen der Fall ist.

1 Vgl. R.Meißner, Bruchstücke der Rechtsbücher des Borgarthings und des Eidsivathings. Weimar 1942, S. 94ff.

Zusammenfassung und Ergebnis

175

Zusammenfassend ist demnach zu sagen, daß für den Norden folgende Entwicklungsstufen sichtbar werden: 1. Die unfreie Nebenfrau 2. Die freie Nebenfrau (frilla) niederer Herkunft 3. Die Prostituierte Die Überginge zwischen den einzelnen Stadien sind fließend; unfreie und freie Frillen sowie freie Frillen und Prostituierte konnten durchaus nebeneinander existieren. Hier deckt sich die Entwicklung im Norden ganz mit den Erscheinungen im übrigen germanischen Raum. Es gab die legale Eheschließung, die standesgemäß eingegangen wurde. Daneben existierte das fridlulag und - im Norden erst relativ spät bezeugt - die Prostitution, die dort mit dem Fernhandel in Verbindung zu stehen scheint. Eine weitere echte ursprünglichere Eheform, die sich durch Sittlichkeit und Freiheit auszeichnet, wie sie Herbert Meyer und seine Nachfolger im Norden in der sogenannten "Friedelehe" sehen wollten, hat es dort nie gegeben.

Abkürzungsverzeichnis AM

Arnamagnsanische Handschriftensammlung

ANF

Arkiv för nordisk filologi

DI

Diplomatarium Islandicum

DN

Diplomatarium Norvegicum

Grimm RA

Jacob Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer. 2. Aufl. 1854.

Hans. UB

Hansisches Urkundenbuch

HGB1

Hansische Geschichtsblätter

HGR

Handwörterbuch zur Rechtsgeschichte. Hg. von A.Erler und E.Kaufmann unter philol. Mitarbeit von R. Schmidt-Wiegand. Berlin I-III. 1971-1985.

ÍF

íslenzk Fornrit. Hg. : Hiò íslenzka fornritafélag. Reykjavik 1933-1991.

KLNM

Kulturhistorisk Leksikon for nordisk middelalder fra vikingtid til reformasjonstid. Oslo 1956-1978.

MoM

Maal og Minne

NGL

Norges Gamie Love indtil 1387. Ugd. ved R.Keyser og P.A.Munch. Christiania 1846ff.

RGA2

Reallexikon der germanischen Altertumskunde (Hoops). 2. Aufl. hg. von H.Beck, H.Jankuhn, K.Ranke und R.Wenskus. Göttingen 1973ff.

SAS

Studia Anthroponymica Scandinavica (Tidskr. for nordisk personnamnsforskning). Uppsala.

SGL

Sweriges Gamia Lagar. Utg.af H.S.Collin och C.J. Schlyter. Stockholm 1827ff.

SnE

Edda Snorra Sturlusonar

Abkürzungsverzeichnis

177

ZfdA

Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur

ZRG GA

Zeitschrift der Savigny-Stifitung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung

ZRG KAN

Zeitschrift der Savigny-Stifitung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung

Literaturverzeichnis Quellen Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum (Ausgewählte Quellen zur Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein - Gedächtnisausgabe Bd.XI, hg. von R.Buchner). 1961. Biskupa sögur, gefhar üt af hinu islenzka bókmentafélagi. Bd.I, II besorgt von G.Vigfüsson und J.Sigurdsson. Kph. (1856) 1858-1878. Bósa saga, hg. von O.LJiriczek. Straßburg 1893. Danmarks gamie landskabslove, udg. under ledelse af Joh.Bremdum-Nielsen og Poul Joh.Jergensen. Kph. 1933ff. Danmarks Riges Breve I, udarb. af C.A.Christensen, Gustaf Hermaneen og Oluf Nielsen. Kbh. 1975. (Neudän. Ubersetzung von Diplomatarium Danicum) Diplomatarium Danicum I (1053-1169), udg. ved Laurits Weibull og Niels Skyum-Nielsen. Kbh. 1963. Diplomatarium Danicum, udg. af det danske Sprog- og Litteraturselskab. 2. raekke, 11. Bind 1333-1336. Udg. af C.A.Christensen. Kbh. 1950. Diplomatarium Islandicum (íslenzkt Fornbréfasafh), gef. útafhinuísl. bókmentafélagi. Kph. 1857ff. Diplomatarium Norvegicum (Oldbreve til Kundskab om Norges indre og ydre Forhold [...] i Middelalderen), utg. af Chr.C.Lange og Carl R.Unger (Bd. I-X). Christiania 1847ff. Edda. Die Lieder des Codex regius. 4. umgearbeitete Aufl. hg. von G.Neckel und H.Kuhn. Heidelberg 1962. (Wörterbuch von H.Kuhn. Heidelberg 1968) Edda Snorra Sturlusonar. Ausgabe von Finnur Jónsson. Kbh. 1931. Edictus Rothari. Leges Langobardorum, ed. F.Beyerle. GR N.F. IX (1962). Flateyjarbók. En samling af norske Konge-Sagaer samt Annaler. Bd. I-III. Christiania 1860-1868.

Literatuiveizeichnis

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190

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Indices Quellen Adam von Bremen Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontifícum (Hamburgische Kirchengeschichte) 78, 79, 82 Agrip af Nóregs konunga sögum 20 Älteres Västgötarecht 26 Árna saga byskups 101, 116, 117 jEvintyri 156, 164 Bár&ar saga Snaefellsáss 156 Baej ar-Hognamál 129 Bevers saga 164 Bjarkeyjar réttr 43, 80, 116, 138, 156, 159 Bjarkö Ret 167 BorgarJ)ingslög 25, 80, 149, 166 Bósa saga 34, 168 Cäsar De bello Gallico 78 Christenrecht des Eidsiva^ings 122 Codex Ranzowianus 111 Dekrete Gregors 112 Droplaugarsona saga 72, 105 Edda 150, 154 Edictum Rothari 43 Egils saga Skallagrímssonar 30-37, 39, 40, 61, 65, 67, 73, 76, 77, 103, 105, 108, 137, 168

Eidsivafiingslög 25, 112 Exodus 137 Fagrskinna 20, 21, 50, 63, 67, 69, 70 Finnboga saga 55, 61, 65, 73, 74, 103-105 Flateyjarbók 151, 155, 156 Flóamanna saga 65 Fredegar Chron. 78 Frosta|>ingsbók 112 FrostaJ>ingslög 8, 22, 25, 44, 48, 49, 121, 148, 160, 166 Gai us 116 Gísla saga Súrssonar 80 Glossen althochdeutsche 154 Grágás 24, 25, 27, 32-34, 38, 42-46, 48, 49, 81, 99, 108, 112, 116, 158, 159, 162, 164 Gregor von Tours Hist.Franc. 78 Große Saga von Olaf dem Heiligen 159, 160 GrottasQngr 159

Gu&mundar saga Arasonar 98 Guömundar sögur biskups 86 Guörünarkviöa III 151

192 Gulajjingsbók 111 Gulajjingslög 22, 25, 32, 38, 43, 80, 113, 115, 118, 149, 158-160 Gyòinga saga 149 Hafliòaskrà 24 Hákonarbók 8 Haralds saga ins hárfagra 63 Haraldskvaeöi 28, 64 Hárbarósljóó 165, 166 Hauksbók 18, 164 Heimskringla 20, 63, 64 Hiróskrá 139, 140, 162 Homilienbuch isländisches 157 norwegisches 167 Stockholmer 167 Homiliu-Bók 157 Hoensa-t>óris saga 18 Hrafnsmál 64 Hrólfs saga kraka 34, 169 Hrómundar jráttr 157 Hryggjastykki 20 Hungrvaka 21 Hymiskviòa 28, 150, 151, 154 Ibn Dihja Buch des Spielmanns 81 íslendingabók 21, 24, 42 Islendinga saga 22, 23, 83, 84, 87, 103 Islenzkar ^viskrár 86 Járnsíóa 8, 25, 27 Jóns saga helga 110, 128 Jónsbók 25, 112, 115, 116 Jütisches Recht 27, 115 Jydske lov 114 Kjalnesinga saga 73, 75, 105 König Sverrirs Christenrecht 117, 149, 159

Indices

Konungsbók 24, 32, 42, 48, 49, 82 Konungsskuggsiá 139 Kormáks saga 73, 105 Kristni saga 22 Króksfjaròarbók 22 Landnámabók 18-20, 22, 35, 36, 42, 50, 51, 53, 54, 56, 57, 60, 61, 72, 73, 74 Landslög 25, 111 Laurentius saga 102 Laxdaela saga 42-44, 46, 47, 49, 50, 52, 61, 72-74, 80, 103, 105, 108, 151, 158 Lieder-Edda 27 Ljósvetninga saga 18, 73, 74 Lokasenna 161, 165, 166 Lucie saga 157 Magnus Eriksson Stadslag 79 Magnús lagaboetis bylov 116 Manu saga 149 Melabók 18 Mööruvallabok 56 Monumenta Erphesfurtensia 137 Morkinskinna 20 Niederstadtbuch, lübeckisches 135 Njáls saga 10, 52, 53, 61, 80, 81, 100, 105, 148, 149, 163 Nóregs Konunga Tal 20 Nyere Bylov des Königs Magnús Hákonarson 141 Oddrúnargrátr 153 Oddveija Jíáttr 129 Óláfs saga helga 70, 159 Reykdaela saga 73, 74 Reykj arfj aròarbók 22 RígsjDula 167 Skara stadga 46

193

Ortsnamen

Smálandslag 140 Snorra Edda 148, 152, 159, 167 Staòarhólsbók 24, 25, 32, 42, 82, 159 Stjóra 149, 163, 165 Sturili saga 22, 23 Sturlubók 18 Sturlunga saga 22, 23, 83, 84, 101, 103, 105, 106, 125, 127, 129, 131, 156, 173 Svarfdaela saga 53-55, 61, 103, 105, 156 Sverris saga 20 SQrlaJjáttr 151 Tacitus Germania 78 Testament (Neues) 160

Tristan 165 Vallaljóts saga 67 Vàpnfiròinga saga 59, 60, 61, 105 VästgötaLag 38 Vatnsdaela saga 50-52, 61, 72, 104, 105 Viòroeòa lflcams ok sálar 164 Víglundar saga 57, 58, 61, 65, 73, 76, 104, 105 VQlundarkviôa 153, 170 VQluspá 166 Ynglinga saga 73 tóròar saga hreöu 58 Póròar saga kakala 88 t»orláks saga 90, 129 tmlur 168

Ortsnamen Akranes 88 Albano 121 Alda 123 Baer 129, 142 Bergen 28, 34, 43, 117, 123-125, 133-135, 137, 138, 140-146, 165, 174, 179, 180, 182, 188, 189 Bjarmaland 73 Blekinge 26 Bocksfjord 35 Borg 87, 157 Bornholm 26 Breiòabólstaór 24, 87 Bremen 78, 79, 109, 125, 178, 189, 191 Brenneyjar 42

Bugárden 144 Burgund 139 Dänemark 26, 28, 46, 66, 123, 136 Deildartunga 131 Drontheim 22, 24 Dublin 45, 46, 155, 185, 190 Engelgàrden 144 England 45, 122, 135, 183 Eyjafjoròr 54 Falster 26 Falsterbo 137 Firòir 40 Frankreich 122, 141 Fünen 26 Garöar 88, 134 Geitaskaröi 89

194 Geldingaholt 88, 89 Gemlestad 123 Gilsbakki 88 Grönland 109, 145 Gullskoen 144 Gullskogârden 144 Hálogaland 31, 36 Hamburg 109 Hardanger 64-66, 124 Hebriden 46, 61, 72, 109 Helgafell 93 Helsingör 137 Herford 125, 126 Hítardalr 85 Hjaltland 37 Hólar 21, 92, 101, 110, 127, 130 HQròaland 40 Husby 79 Hvammi 88 Hye 123 Irland 46, 47 Island 9, 17-19, 22-25, 28, 32, 35, 36, 39, 43, 45, 46, 50, 52, 53, 55, 57, 58, 59, 61, 75, 76, 82, 85, 87, 90-92, 94, 99, 102, 103, 109-111, 112, 118, 125, 127, 131, 132, 140, 145, 172174, 182, 184, 186 Jämtland 72 Jütland 26, 63, 64, 81 Kairo 81 Kinservik 124 Köln 10, 33, 122, 189 Lolland 26 Lübeck 29, 134, 135, 137, 180, 182, 184 Lund 18, 33, 65, 68, 109, 126, 127, 157, 161, 167, 179, 182, 184, 186, 189, 190

Indices

Magdeburg 109, 126 Mem 26, 180 Morstr 159 Nes 123 Niöaross 22, 90, 109, 110, 116118, 120-122, 124, 125 Norwegen 9, 19, 20, 22, 25, 28, 31, 37, 39, 43, 45, 46, 57, 63, 65-67, 69, 70-72, 74, 76, 80, 82, 86, 87, 109, 111, 112, 116, 118, 120, 121, 123, 127, 133-135, 139-141, 145, 172, 173, 184, 189 Odde 124 Oddi 90, 91 Oresund 137 Orkaden 45, 91, 109 Oslo 22, 111, 144, 159, 180, 183, 185, 186 Östergötland 79 Ostkinds härad 79 Öxnaholt 131 Paderborn 125 Provence 139 Raumariki 76 Re 123 Reykholt 87, 130 Reykjaholt 131 Rogaland 76 Rom 109, 120, 127 Rostock 136 Rußland 42, 70, 71 Sauòafell 89 Schonen 26, 65, 137, 180 Schweden 26, 28, 42, 46, 70, 78, 121, 123, 140 Seeland 26, 81 Skálholt 21, 22, 90, 109, 117, 125, 126, 129, 130, 132

195

Ortsnamen

Skänninge 121 Skanör 136, 137 Snaefellsnes 85 Södermanland 80 Sogn 36, 40, 76 Sognefjord 40 S0stergàrden 144, 145 Staòarhóll 96 Staòr 85 Stafaholt 131 Stavanger 145 Stokkseyrr 102 Sunn-Hördaland 159 Tröndelag 25

Tuna bro 79 Tunga 84 Ulfsvik 124 Ullensvang 124 Uppinge 80 Uppsala

18, 66, 121, 140, 176,

181

Valencia 81 Vindland 70 Vinraeiò 123, 124 Viterbo 125 das Weiße Meer 73 Wismar 134 I>ingeyrar 127