Der gefährliche Umgang: Teil 1 [Reprint 2021 ed.] 9783112445068

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Der gefährliche Umgang: Teil 1 [Reprint 2021 ed.]
 9783112445068

Table of contents :
Vorwort
Vorrede des (französischen) Herausgebers
Erstes Buch.Der gefährliche Umgang
I. Geeilte Bolanges an Sophie Carnay (im Kloster bey den Urselinerinnen.)
2. Die Markise von Mertenil an den Grafen von Valmont, auf dem Schlosse zu * *
3. Cecilie Belanges an Sophie Carnay
4. Graf von Valmont an die Markise von Merteuil
5. Die Markisin v. Merteuil an Grafen Valmont
6. Graf Valmont an die Markise v. Merteuil
7. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
8. Die Präsidentin von Tourvel an Fran von Volanges
9. Frau v. Belanges an die Präsidentin v.Tourvel
10. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
11. Die Präsidentin von Tourvel an Frau von Bolanges
12. Cecilie Bolanges an dir Markise von Merteuil
13. Die Markise von Merteuil an Cecilie, zur Antwort
14. Cecilie Belanges an Sophie Carnay
15. Graf Valmont an die Markise von Merteuil
16. Cecilie Bolanges an Sophie Carnay
17. von Danceny an Cecilie Bolanges
18. Cecilie Bolanges an Sophie Carnay
19. Cecilie Boianges an Herrn von Danceny
20. Die Markisin v. Merteuil an Graf v. Valmont
21. Graf v. Valmont an die Markisin von Merteuil
22. Die Präsidentin von Tourvel an Frau von Bolanges
23. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
24. Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel
25. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
26. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
27. Cecilie Volanges an die Markisin von Merteuil
28. Mit Danceuy au Cecilie Velanges
29. Cecilie Belanges an Sophie Carnay
30. Cecilie Volanges an Herrn von Danceny
31. von Danceny an Cecilie Belanges
32. Frau v. Belanges an die Präsidentin v. Tourvel
33. Die Markisin von Mcrleuil au Graf Dalmonk
34. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
35. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
36. Derselbe an Dieselbe
37. Die Präsidentin von Tourvel an Frau von Belanges
38. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
39. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
40. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
41. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
42. Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel
43. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
44. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
45. Die Präsidentin v. Tourvel an Frau v. Belanges
46. von Danceny an Cecilie Volanges
47. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
48. Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel
49. Cecilie Volanges an Herrn von Danceny
50. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
Zweytes Buch. Der gefährliche Umgang
51. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
52. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
53. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
54. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
55. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
56. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
57. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
58. Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel
59. Graf v. Valmont an die Markisin v. Merteuil
60. von Danceny an Cecilie Volanges
61. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
62. Frau von Volanges an von Danerny
63. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
64. von Danceny an Frau von Volanges
65. von Danceny an Cecilie Belanges
66. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
67. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
68. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
69. Cecilie Volanges an Herr von Danceny
70. Graf v. Valmont au die Markisin v. Merteuil
71. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
72. von Danceny an Cecilie Volanges
73. Graf Valmont an Cecilie Volanges
74. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
75. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
76. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
77. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
78. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
79. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
80. von Danceny an Cecilie Volanges
81. Die Markisin von Merteuil an den Graf Valmont
82. Cecilie Volanges an Herr von Danceny
83. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
84. Graf Valmont an Cecilie Volanges
85. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
86. Die Marschallin von * * an die Markisin von Merteuil
87. Die Markisin von Merteuil an Frau von Volanges

Citation preview

Der gefährliche Umgang.

Eine

Geschichte in einer Reihe von Briefen, die in

einem gewissen Zirkel geschrieben und für andere zur Lehre und Warnung

herausgegeben worden.

Nach

dem

Französischen

des

Herrn

de la Clos

frey bearbeitet und mit einer Nachschrift begleitet,

Erster Theil. Frankfurt an der Oder,

in der akademischen Buchhandlung. »79 8.

SVoit beut französischen Original und der gegenwärtigen Bearbeitung desselben nur ein Paar Worte. Das erste führt den Titel: Les

liaifons dangereufes, ou lettres recu eil-

lies dans uns societe,

et publiecs pour

Finftruction de quelques autres; par C.

dc L... re.

Es ist gewiß allen Kennern

und Liebhabern der französischen Litteratur wenigstens den Namen nach bekannt. Das

Schicksal des

sowohl als

Buchs

scincS

Verfassers ist gleichfalls bekannt genug. (Er

stcres wurde anfänglich von der Censur in Paris verworfen und wäre, wie man er,

zahlt, schwerlich zum Druck gekommen, wenn

nid)' eine Dame von Einfluß, die düs Ma, uustript zum Durchlesen erhalten hatte, sich seiner angenommen und die Erlaubniß, es zu

drucken, bewirkt hatte. *

Es machte gleich

bey

bey seiner Erscheinung großes Aufsehn, wei­ ches sehr begreiflich ist, und in wenigen Wo, chen

wurden mehrere tausend Exemplare

verkauft.

Gleichwohl wurde der .Verkauf

bald darauf verbothen und die noch vorräthi-

gen Exemplare weggenommen, welche Maß, regel keine andere als dis gewöhnliche Wir-

kung hatte, das Buch und feinen Verfasser noch berühmter zu machen.

Nachher hat

es mehrere Auflagen erlebt und noch 1792. ist es visier dem Druckort Geneve von

neuem erschienen.

Der Verfasser,

Herr

de la Clos war Offizier unter der Artillerie, als es erschien.

Wahrend der Revolution

ist er als Sekretair des Herzogs von Orleans bekannt geworden und er soll gleichfalls auf

der Guillotine fein Leben geendigt

haben.

Bald nach der Erfcheinung deö Originals erschien auch eine deutsche Uebersehung des­

selben unter dem Titel: die gefährlichen

Bekanntschaften, oder Briefe, ge->. sammlet in einer Gesellschaft re.

Leipzig 178z.

Man darf nur wenige Sei,

ten von derselben gelesen haben,

um es be» greif,

greiflich zu finden,

daß sie bey Lesern von

einigem Geschmack kein Glück machen konnte.

Sie ist in hohem Grade steif und undeutsch, ja stellenweise ganz unverständlich und falsch;

ein mageres Skelet des Originals, von des, sen Schönheiten sie keine Spur erhalten hat. Ohnstreitigverdiente dieses Buch, das seinem

ästhetischen Werth nach den besten Roma­ nen der Ausländer an die Seite gesetzt wer­ den kann, und im Original noch täglich ge­

sucht und gelesen wird, auch einen deutschen

Hebei scher,

wie ihn Rouffeaus

Hcloise,

Richardsons Kla-

MarmontelS Schriften,

riffe, imgleichen Goldschmids,

Smollct's,

Fieldings und Sterne's Schriften in diesem Fach gesunden haben,

und nur der üble

Ruf eines unmoralischen,

den Sitten ge­

fährlichen Buchs, indem das Original steht,

kann ek> begreiflich machen,

daß Manner

von Ruf und Talenten sich mit Lieser Arbeit Vicht befaßt haben.

Ich sage, das Buch hat einen Men Ruf und ich gestehe, daß es ihn verdient, aber nur von einer Seite.

* r

Es von dieser cv

neu

nen tadelnswerthen Sette zu verbessern und den unleugbar moralischen Zweck des Ganzen

überall in Eintracht mit sich selbst zu bringen,

war ein besonderes Verdienst, nach dem der gegenwärtige Bearbeiler desselben strebte.

Die allgemeine Beziehung des Buchs auf Moralität ist hervcrsprittgend.

Sie ist

daher auch von allen Lesern immer gefühlt, wenn gleich nicht immer richtig erkannt rind beurtheilt worden. Es stellt uns ein großes Gemählde einer falschen, nur auf Sinin lichkc'it und Egoismus kalkulirten Kultur in

ihren verderblichen Folgen auf. Alles in die,

sem Gemählde ist richtig,

der Natur und

Wahrheit getreu., lebendig und anziehend. Ein entschiedenes Talent der Beobachtung

und Darstellung, ansgeschmückt mir reicher

Weltersqhrung und Menschenkcmttuiß, hat überall den Pinsel geführt.

Da in diesem

Gemählde, trotz allen! Blendenden des Wch

zes, des Verstandes und der Kultur doch das Falsche, Niedrige, Empörende in den

Gesinnungen im Ganzen genommen stark gc-

titig hervorspringt und sich dem sittlichen Gc-«I

fühl leicht aufdringt/ so kann der Eindruck,

den das Buch bey moralischen Menschen zur

rückläßt, nicht anders als tief und wohlthätig seyn.

Die Unmoralischen, die Egoisten

und Lüstlinge — die sich freylich ungern auf

den Standpunkt der alles vereinigenden Der-

rumst und ihrer Gesetzgebung erheben, wer­ den hier ein — vielleicht sehr verschönertes Bild ihrer Denkungsart finden.

Sollten

Sie cv aber wohl allenthalben, ohne ein we­

nig zu crröthen,

betrachten können? Das

wäre entweder ein kleiner Fehler am Buche — oder bey ihnen ein schlimmes Zeichen.

Ge­

nug in seiner ganzen Tendenz ist das Buch

weder gefährlich noch- sittcnverderblich —aber

der Verfasser verdient allerdings in

einzelnen P a r t h i e n den Vorwurf, den

man dem Ganzen nicht machen kann. Eine unkcusche Phantasie hat hie und da seinen Pinsel in ihre Farben getaucht —

er

hat das Laster hie und da in seinen Unter­

rahmungen und Genüssen in einer Behaglich­

keit dargestcllt,

die es in der Natur nicht

hat, und dir beydes — lockt und betrügt-

So

wenn ich die Angst ihres Gewissens erst abwechselnd hören und stillen werde. Ich bin weit entfernt, die Vorurtheile gerstöhren zn wollen, von denen sie eingenommen ist»

ist.

Selbst diese sollen mein Glück und meinen

Ruhm vermehren.

Sie mag an dir Tugend

aber sie soll sie mtr opfern.

Mögen

ihre Fehltrilte sie immerhin peinigen,

nur die

glauben,

Kraft fehle ihr,

sich von ihnen zu ermannen,

und gegen tausend Schrecknisse, die sie ängstigen, finde sie dann nirgends Ruhe und Rettung, als in meinen Armen.

Dann laß ichs mir gefallen,

dann mag sie mir gestehn, „ich bete Dich an."

Sie allein unter allen Weibern ist es würdig, Ließ zu sagen,

und ich will dann ihr einziger

Gott seyn.

Lassen Sie uns aufrichtig seyn, mei­

ne Theure.

In unsern eben so frostigen als leicht

geschlossenen Einverständnissen ist das, was wir Glück nennen, doch höchstens nur Vergnügen«

Warum sollt ichs Ihnen nicht gestehn, ich hielt mein Hrkz längst schon für zusammengewelkt, ich fand nur noch Sinnlichkeit bey mir und är,

gerte mich über mein frühes Altwerden.

Die

Tourvel hat mir dir so reizenden Tüuschereyen der Jugend wiedergegeberr.

Neben ihr denk ich

an den Genuß kaum, um glücklich zu seyn. Darinzige, was mich bey dieser Geschichte erschreckt,

ist,

die lange Zeit, die sie mir fortnchmen wird.

Denn

Denn ich darf hier nicht waghalsig verfahren. Vergebens erinnere ich mich meiner glücklichen

Verwegenheit; ich kann sie hier durchaus nicht Sie selbst muß sich mir hingebcn,

versuchen.

wenn ich ganz glücklich werden soll, und das ist wahrhaftig keine Kleinigkeit.

Doch verdient meine große Klugheit von Ih­ nen bewunden zu werden.

Das Wort Liebe ist

noch nicht über meine Lippen gekommen; bis bey

den Worten Theilnahme,

Vertrauen»,

d. gl. sind wir indessen schon.

Um sie so wenig

als möglich zu betrügen, und noch mehr um dem

Gerede zuvorzukommen, das ihr von mir zu Oh­ ren kommen und mir schaden konnte,

habe ich

ihr und zwar mit vielen Sclbsttadel einige von meinen bekanntesten Streichen selbst erzählt. Sie

müßten sich tod lachen,

wenn Sie sehn sollten,

mit welchem Ernst und Eifer sie mir dabei vor­

predigt.

Sie will mich, sagt sie, bekehren, es

fällt ihr aber nicht ein, was diese Bekehrung ihr kosten kann.

indem

Sie ahndet noch gar nicht, daß,

sie sich

der Weiber annimmt,

die ich unglücklich gemacht habe,

(ich

brauche ihre eigenen Worte) sie im Voraus in

ih-

ihrer eigenen Sache spricht. stcrn ein,

Dieß fiel mir

mitten unter ihren Predigten;

ich

konnte mir den Spas nicht versagen, sie mit der

Bemerkung zu unterbrechenr sie rede wie ei­

ne Prophetin. din.

Adreu, meine schöne Frenn-

Sie sehen, hoffe ich, doch so viel, daß ich

nicht ohne Rettung verlohren bin.

Nachschrift.

A propvs,

was macht ihr

Ritter? hat er sich auS Verzweiflung das

Leben genommen?

Wahrhaftig Sie sind

hundertmal boshafter, als ich.

den mich demüthigen,

Sie wür­

wenn ich eigenlie-

big wäre.

7. Crcilie Volangeö an Sophie Carnay. Paris tcn 1. Aug^ch habe Dir noch nicht weiter von meiner Heyrach sagen können, liebe Sophie, weil ich noch eben so wenig davon weiß, als den ersten Tag,

Im Grunde aber denke ich auch wenig mehr dar­ an, und dir Art, wie ich lebt, behagt mir täg­

lich

iich mehr, ich übe mich sehr im Singen und auf

der Harfe, und es ist mir, als wenn ich jezt weit mehr Lust zur Musik hätte, als sonst, da ich noch einen Lehrmeister haue. —

Vielleicht weil

Herr von Danceny,

ich jezt einen .bessern habe.

der junge Edelmann, von dem ich Dir schon ge­

schrieben habe, und mit dem ich hey der Frau von Merteuil sang, ist so gütig uns täglich zn besuchen, und denn singen wix ganze Stunden

zusammen.

Er ist wirklich ein sehr angenehmer

Mann; er singt wie rin Engel, und romponirt

allerliebst kleine Arien,

den Text macht.

zu denen er auch selbst

Es ist ein Unglück,

daß er

Maltheserrittex ist, ich glaube seine künftige Gat­

tin würde sehr glücklich werden, wenn erheyrathen könnte, er hat ein sehr sanftes einnehmen­

des Wesen.

Complimente macht er eigentlich gar

nicht, aber alles, was er sagt, ist schmeichelhaft. Er tadelt und meistert mich unaufhörlich, bald

bey der Musik,

bald hey einer andern Sache;

aber sein Tadel ist immer so artig und voller

Scherz, daß man ihm dafür Dank weiß.

Und

wenn er einem auch nur anfleht, so denkt man

immer, er wolle etwas verbindliches sagen. -2er gtfrUjrU Umg. l. Th.

C

Dabey

bey ist er ungemein gefällig.

Gestern, zrimDey-

spiel, war er zu einem Cvnzert eingeladen;

al?

lein er wollte lieber den Abend bey der Mama zu­

bringen.

Das war mir besonders lieb; den»

wenn er nicht da ist, so spricht kein Mensch mit

mir, und ich habe die verdrüßlichsie Langeweile; ist er aber da, so singen, oder plaudern wir zu­

sammen, denn er hat mir immer etwas zu sagen. Er und die Frau von Mertruil sind die beyde»

einzigen Personen, die ich liebenswürdig finde. Adieu, sür diesesmal, meine liebe Freundin, ich

habe versprochen, ich will morgen eine Arie sin­ gen können, die eine sehr schwierige Begleitung

hat.

Ich muß Wort halten und mich noch hur­

tig üben, ehe er wieder kommt.



Die Präsidentin von Tourvel an Fran von Volangeö. Bom Schloß zu • • den 9. Aug.

-Hch bin gerührt, gnädige Frau, durch das Ver­

trauen, welches Sie mir beweisen, und nehme

ge-

gewiß bett größten Antheil an der Verheyrathung Ihrer Fräulein Tochter. Von ganzer Seele wünsche ich ihr die Glückseligkeit, deren ich sie für würdig halte , und zu der Ihre Klugheit sie gewiß hinleiten wird. Zch kenne zwar den Herrn Grafen«. Gercourt nicht persönlich; aber die Wahl mit der Sie ihn beehren, ist hinreichend, die vortheilhaftestr Meinung von ihm zu erwecken. Zch wünsche nichts so sehr, als daß diese Ehe eben sowohl gelingen möge, als die meinige, die gleichfalls Ihr Werk ist, und für die jeder Tag meine Dankbarkeit vermehrt. Zn dem Glücke einer geliebten Tochter mögen Sie den Lohn für alles finden, was sie für das meinige gethan ha­ ben , und die treueste aller Freundinnen möge so auch die glücklichste unter allen Müttern sein. Es ist mir recht peinlich, daß ich Ihnen nicht mündlich diesen meinen herzlichen Glückwunsch darbringen und so schnell, als ichs wünsche, die Bekanntschaft Ihrer Fräulein Tochter machen . kann. Die gütigen Muttergesinnungen, die Sie auch auf mich ausdehnten, berechtigen mich, von ihr dir zärtliche Freundschaft einer Schwester zn hoffen. Haben Sie die Güte, gnädige Frau, C a sie

sie in meinen Nahmen um diese Schwesierliebe

zu bitten, ich hoffe ja, daß es mir gelingen wird, sie zu verdienen.

So lange mein Mann abwesend ist, denke ich auf dem Lande zu bleiben.

Ich willdiesegan-

ze Zeit dazu anwenden, den Umgang der verehr

rungswürdigen Frau von Nosemonde zu genießen.

Diese Dame ist noch immer liebenswürdig. hohes Alter hat ihr nichts geraubt.

Ihr

Sie hat

noch ihr ganzes Gedächtniß, ihre völlige Munter

keit.

Ihr Körper nur ist so Jahr alt geworden,

ihr Geist ist völlig jung geblieben.

Unser einsa

mes Leben gewinnt jezt viel durch den Grasen

von Valmont an Heiterkeit und Leben, der lichs

gefallen läßt, uns einige Tage Gesellschaft zu (ei» sten.

Ich kannte diesen Herren Nur durch seinen

Ruf, der mir wenig Lust zu seiner nähern De»

kanntschaft niachle, doch scheint er mir in der

That besser zu sein, als sein Ruf. Hier wo der Strudel der großen Welt ihn nicht mit fortreißt

hier spricht er zum Erstaunen vernünftig. Er

erkennt und tadelt seine Fehler mit seltner Jluf» richrigkeit, und ist überhaupt gegen mich äußerst offenherzig; obgleich ich sein Betragen mit großer

Stren»

Strenge richte.

Sie kennen ihn, und sind gewiß

auch der Meinung, daß seine Bekehrung etwas

sehr verdienstliches wäre.

Aber ich zweifle nicht,

daß troz aller seiner Verheurungen, doch acht Tm

ge in Paris alle meine schönen Predigten bey ihm in völlige Vergessenheit bringen werden.

Sein Aufenthalt bey uns macht wenigstens eine Pause in seiner gewöhnlichen Lebensweise, und

damit 'ist immer etwas

gewonnen.

Leute von

dieser Art thun wenigstens nichts böses, so lange

sie gar nichts .thun.

Er weiß, daß ich an Sie

schreibe, und hat mir aufgetragen, Sie seiner ehrfurchtvollstcn Ergebenheit zu versichern.

Neh,

men Sie auch die Versicherung der Meinigen mit Ihrer gewöhnlichen Güte auf und seyn Sie

versichert, daß ich Zeit meines Lebens mit den aufrichtigsten Gesinnungen gegen Sie verbleiben werde u. s. w
ich behalte den Ausdruck bey. (Fc bezeichnet ein kleines wohleingerichtetes Haus in nem abgelegenen £heü der Stadt oder Dorstadt, das man ins geheim bcstzt und ins geheim besucht, um dort unbekannt zu thun, was man in seinem gewöhnlichen Hause vor aller Augen zu thun nicht wagt. Anm. b. Ueh. Der geführt. Umg. 1. Th,

D

5o mußte und so gingS fort'mit uns»

Ms ich in

meinem geheimen Liebcstempel ankam, legte ich

sogleich mein bestes Deshabille an.

Dieß ist

von meiner eigenen Erfindung, 'und eine sehr reihende Tracht.

Sie sollen ein Muster davon

für Ihre Präsidentim haben, sobald Sie sie wer­

den. eines solchen Kleides würdig gemacht haben.

Nach dieserVorbrreitung und während Bitte-

rine sich mit andern kleinen Anordnungen be­

schäftigte, las ich ein Kapitel aus dem S o p h a — einen Dries der Heloise und zwey Erzählun­

gen von D e lass ntai ne, um mir den ganz ver­

schiedenen Ton geläufig zu machen, den ich heut abwechselnd

gebrauchen

wollte.

Unterdessen

kommt mein Chevalier mit seiner gewöhnlichen

Hastigkeit vor meinem Hause an.

Der Thürhü­

ter weiset ihn mit der Nachricht ab, ich sey krank.

Die erste Ueberraschung.

Er giebt ihm darauf

ein Billet, das aber nach meiner bekannten Klugheitsregel nicht von meiner Hand war.

ne hatte es geschrieben.

Vittori-

Er öffnet und liest:

Punkt neun Uhr, auf dem Boulevard vordem** Koffehause.

Er eilt dorthin. Hier

findet er einen kleinen, ihm (für jezt nemlich)

un#

unbekannten Bedienten,

(es war Victorine)

der ihn bittet, seinen Wagen zurückzuschicken, und ihm zu Fuße zn folgen.

Dieses romanhaf­

te hin und her laufen erhizt ihm schon den Kopf,

und je mehr man diesen erhitzen kann, je besser

ists.

Endlich ist er da, und Ueberraschung und

Liebe halten ihn wie in einem Zauber gefangen.

Um ihm zur Erholung Zeit zu lassen, machten wir erst hinten im Gehölze eine kleine Promena­ de,

dann führte ich ihn ins Haus zurück, w»

er für zwey Personen allein gedeckt fand.

Wir

gingen durch bis ins Boudoir, das in seinem vollen Glanze war.

Hier schlang ich sinnend und

gefühlvoll meine Arme um ihn, und sagte, in­ dem ich sanft zu seinen Füßen hinglitt: „0 mein

Freund! Um dir die Ueberraschung dieses Augen­ blicks zu verschaffen, habe ich dich leider heut durch den Anschein übeler Laune betrübt.

Nur

auf einen Augenblick hat mein Herz sich deinen Blicken vezchellr.

Vergieb mir mein Unrecht;

ich will es durch Liebe wieder gut machen." Sie können denken,

würkte.

was diese empfindsame Rede

Mein in den dritten Himmel entzückter

Chevalier, hob mich auf, und drückte mich an D a

sein

sein Herz. Wir setzten uns auf die Ottomane, und vollendeten hier unsere Versöhnung auf dieselbe Art, wie wir beide einstens hiermit vieler Lustig­ keit unsere ewige Trennung vollzogen. — Wir harten sechs Stunden mit einander zuzubringen, und ich wollte so gern, daß diese ganze Zeitihm gleich angenehm sein sollte. Ich mäßigte daher seine Hitze und ließ eine liebliche Koquetlerie bey mir den Platz der Zärtlichkeit einnehmen. Nie habe ich so darauf studirk und gearbeitet, um zu gefallen, als diesesuial und nie ist mirs so ganz gelungen als diesesmal. Nach dem Essen spielte ich abwechselnd bald das kindische, bald das vernünstige, bald das muthwillige, bald das ge­ fühlvolle — dann auch wohl das sinnliche Mäd­ chen, um ihn wie einen Sultan in seinem Se­ rail durch mehrere Favoritinnen, die ich ihm nach und nach vorgaukelte, zu beglücken. Seine wie­ derholten Liebkosungen empfing immer dasselbe Weib, indem er sie immer einer neuen Geliebten darzubringen glaubte. Endlich brach die Morgendämmerung an, und es war Zeit sich zu trennen. Was er sagte und selbst that, um mich vom Gegentheil zu überzem

zeugen, so war ihm doch diese Trennung gewiß eben so nöthig, als sie ihm verdrüßlich war. Znr Augenblick des Abschieds gab ich,ihm den Schlußscl zu diesem allerliebsten Ort, „ich habe ihn nur für Sie, sagte ich, und es ist am besten, sie be­ sitzen ihn selbst. Der Opferpriester mußHcrrdes Tempels sein? durch diese Wendung wollte ich allen Grübeleyenüber den immer verdächtigen Be­ sitz eines kleinen Hauses bey ihm zuvvrkvmmen. Ich kenne ihn genugsam, um überzeugt zu sein, daß ers ohne mich nie gebrauchen wird: und hat­ te ich einmal den Einfall, ohne ihn da zu seyn, so habe ich auch noch einen zweyten Schlüssel. Er wollte mit Gewalt, ich sollte sogleich einen Tag zu einer zweyten Zusammenkunft bestimmen. Aber noch habe ich ihn zu lieb, um ihn so bald abzunutzen. Solche Erzesse erlaubt man sich nur mit Leuten, die man gern bald los sein will. Er weiß davon freilich nichts; aber cs ist gut, daß ich es für uns beide weiß. Aber, mein Himmel, es ist drei Uhr Mow gens, und ich habe statt ein paar Worte, wies mein Vorsatz war, ein ganzes Buch geschrieben. So groß sind die Reitze vertraulicher Freund schäft.

schäft.

Sie macht, daß ich Sie noch immer m

allen liebe, obgleich mir mein Chevalier jezt rei­ fender erscheint.

Adieu.

ii*

Die Präsidentin von Tourvel an Frau von Bolangeö. Dom Schloss« zu * * den 13. Aug.

^5hr strenger Dries,

meine Verehrungswerths

Frau, hätte mich sehr beunruhigen können, wenn

ich nicht zum Glück hier überwiegende Gründe

sande,

ruhig zu seyn.

Der furchtbare Gras

Valmont, der das Schrecken aller Weiber zu seyn

scheint, muß wohl seine todbringenden Waffen alle vor seinem Eintritt in diese friedliche Burg abgelegt haben.

Ueber Plane zu brüten, das

fällt ihn bey uns so wenig ein, daß er so gar oh­ ne alle Ansprüche unter uns lebt.

Er laßt den

liebenswürdigen Man», den doch selbst feine gcitt» de in ihm erkennen, so wenig blicken, daß wir

fast nichts als eine kindliche Gutmüthigkeit an ihm

Die Landlust hat ohnstrci-

ihm gewahr werden.

eig dieses Wunder bewirkt.

Auch kann ich Ih­

nen so viel mit Wahrheit versichern, daß, obgleich

er fast immer, und wie es scheint, nicht ungern um mir ist, ihm doch nie die entfernteste Anspie-

lung auf Liebe entwischt ist. —

Nie eine von

den tausenderlei) Ausdrücken und Wendungen, die alle Männer im Munde führen, und die bey

wenigen so erträglich sind,

als sie es bey ihm

vielleicht seyn würden.

Nie hat man bey ihm jenes zurückgezogene Wesen-nöthig, das jede Frau, die Achtung für sich selbst hat, heut zu Tage in Männergesellschaft

beobachten muß, um Zudringlichkeiten abzuhal­ ten,

Erdenkt nicht daran, von der Lustigkeit,

die er hier uns allrn mittheilt, irgend einen Misbrauch zu machen.

zuviel.

Vielleicht lobt er ein wenig

Aber er thutS mit einer Feinheit, daß

er die Bescheidenheit selbst an die Tone des Lo­

bes gewöhnen würde. Bruder hatte,

Warlich, wenn ich einen

so würde ich wünschen,

daß er

ganz so wäre, als'Graf Valmont sich hier we­

nigstens zeigt.

Manche andere Frauenzimmer

würden vielleicht seine Galanterie etwas zu lang­

sam

=

56

sani finden, allein ich weiß es ihm vielen Dank, daß er mich richtig genug beurtheilt,

um mich

nicht mit jenen in eine Klasse zu werfe». Dieß Gemählde ist freylich von dem, welches

Sie von ihm entwerfen,

sehr verschieden und

dennoch könnten vielleicht beyde dem Original ähnlich seyn, wenn man nehmlich zwey Zeitpunkte unterscheidet.

Er selbst gesteht, manches Düse

gethan zu haben, und vieles hat man ihm auch wohl obendrein angedichtet,

Ich für mein Theil

habe wenig Männer gefunden, die von tugend­

haften Weibern mit mehr Hochachtung, ich möch­ te sagen, als er.

mit solcher Wärme gesprochen hätten,

Sie selbst gnädige Frau behaupten, daß

ihm wenigstens in diesem Punkt-zu trauen ist. Sein Verhalten gegen die Frau von Merteuil ist

ein offenbarer Beweis davon.

Er spricht bey

uns viel von ihr, und das mit solchem Lobe, mit einer so innigen,

aufrichtigen Anhänglichkeit,

daß ich bis zum Empfange Ihres Briefes in der That der Meinung war, sein Verhältniß zu ihr

sey ein weit zärtlicheres, als bloße Freundschaft,

wie er versichert;

ich bereue jezt dieß voreilige

Urtheil um so mehr, da er sich

gab, es

Ich weiß nicht, ob ich mich

es zu berichtigen.

irre, aber ich denke, ein Mann der einer so wahreu und dauerhaften Freundschaft für eine ach-

kann ohnmöglich

tungswerthe Frau fähig ist,

ein ganz verlohnter Lüstling fern.

Ob wir übri,

gens seine gute Aufführung bey uns irgend ei­

nem Anschläge verdanken,

den er nach Ihrer

Meinung in dieser Gegend aussühren will, kann

ich nicht entscheiden.

Es giebt wohl einige hüb­

sche Weiber hier herum; allein er geht sehr wenig

aus, des Morgens ausgenommen, wo er, wie er sagt, auf die Jagd geht.

Es ist wahr, er

bringt selten etwas von ihr mit nach Hause, al­ lein er gesteht auch, daß er ein schlechter Schütze

sey.

Ucberdem kümmere ich mich sehr wenig dar­

um, was er außer dem Hanse thut; und wenn

ich's zu wissen wünschte, so wäre es blos um un­ sern freundschaftlichen Streit über ihn leichter

entscheiden zu können.

Sie wünschen, ich soll

dahin arbeiten, daß er seinen Aufenthalt bey uns abkürze.

Allein mich dünkt, es schicke sich nicht

recht, die Tante zu bitten,

daß sie ihren Neven

von sich entferne,

den sie Überbein so sehr liebt,

Doch will ich —

aus Gehorsam gegen Ihre Wünsche

Z8 Wünsche bey einer schicklichen Gelegenheit, diese

Bitte wagen, entweder gegen die Tante, oder

gegen ihn selbst.

Was mich betrifft, so weiß

mein Mann einmal meinen Entschluß,

hier bis

zu seiner Rückkunft zu bleiben und er würde sich

mit Recht über meinen Leichtsinn wundern, wenn ich ihn ändern wollte. Das find freylich ftbr weitläuftige Erörterun«

gen, meine werthgeschüzte Frau.

Allein dieLie-

be zur Wahrheit schien mich zu einem günstigen Zeugniß für Graf Valmont aufzufordern, dessen

er bey Zhnrn so sehr bedarf.

Ich verkenne des­

halb die Freundschaft nicht im mindesten, aus der Ihre Warnungen hergeflossen sind.

Das,

was Sie über die verzögerte Hcyrath Ihrer Fräu­

lein Tochter für mich schmeichelhaftes sagen, ist

ein neuer Beweis Ihrer Güte gegen mich.

Ich

sage Ihnen dafür meinen aufrichtigsten Dank.

Allein so sehr .ich mich auch auf die glücklichen Stunden freue,

dir ich bey dieser Gelegenheit

mit Ihnen zubringen werde, so wollte ich sie doch dahin geben, wenn ich damit das Glück Ihrer

geliebten Tochter beschleunigen könnte, vorausge­

setzt nemlich, daß diese noch ein schöneres Glück finden

finden kann, als dar, Mutter zu leben,

in der Gesellschaft einer

die so ganz ihre Zärtlichkeit

und Hochachtung verdient.

Diese nemlichen Ge­

sinnungen sind es, die mich an Sie fesseln. Neh­ men Sie diese wiederholte Versicherung gütig

auf, mit der ich bin rc.

12. Cecilie Dolanges an dir Markise von Mcctcuil. len 13. Aug. N?ama isi unpaß, gnädige Frau. Sir kann

nicht ausgehn, und ich muß ihr Gesellschaft lei­ sten.

Ich kann daher heut nicht die Ehre haben,

mit Ihnen in die Oper zu gehn.

Sie können eS

mir gewiß glauben, daß ich es recht sehr bedaure,

Ihre Gesellschaft heut

entbehren

Denn ich liebe Sie recht sehr.

zu müssen.

Hätten Sie wohl

die Gewogenheit, dem Herrn von Danceny zu

sagen,

daß ich die Sammlung nicht habe, von

der er neulich sprach, und daß ichs sehr gern sehn

würde, wenn tr sie mir morgen mitbringen well, re?

6o te? Sollte er heut zu uns kommen, so würde' man ihm sagen, wir waren nicht zu -Aruse, weil

die Mama heut keinen Besuch annehmen will. Aber ich hoffe ja, —

befinden wird.

daß sie sich morgen besser

Ich habe die Ehre rc.

13.

Die Markise von Merteuil an' Cerilie, zur Antwort. den 13. Aug. Änch ich bedanre es, meine Liebe, daß ich heut nicht das Vergnügen haben soll, Sie zu sehn —•

und noch mehr,

daß eine Unpäßlichkeit Ihrer

Frau Mutter die Ursach ist.

Ich hoffe indessen

dieses Vergnügen ein andermal zu haben.

Ihr

ren Auftrag an Herrn von Daneeny werde ich

besorgen.

Er wird gewiß die Krankheit Ihrer

Frau Mutter gleichfalls sehr bedauern.

Wenn

sie morgen meinen Besuch annehmen kann und

will, so haben Sie die Güte ihr zu sagen, daß ich willens bin, ihr Gesellschaft zu leisten.

Wir

beyde die Mama und ich wollen denn dem Herrn von

6i von Belleroche *) in einer Parthie Piket tüchtig

zusetze» und wahrend wir ihm sein Geld abge-

winncn, sollen Sie uns das Vergnügen machen,

uns mit Ihrem liebenswürdigen Lehrmeister dem Herr» von Danceny etwas vorzu singen, den ich werde suchen mitzubringen.

Ist dieß Ihrer Frau

Mutter und Ihnen so anständig, so sage ich sür

mich und sür die beyden Herren auf Morgen zu. Leben Siewohl, meineLiebe, und empfehlen Sie

mich Ihrer Frau Mutter, ich umarme Sie aufs

zärtlichste.

14. Cecilie Belanges an Sophie Carnay. Pari» tcn 14. Ang.

Gestern konnte ich Dir nicht schreiben, liebe So» phi«; aber ein Vergnügen wars warlich nicht,

was mich davon abhielt.

Ach nein.

Die Ma­

ma war krank, und ich habe den lieben langen Tag bey ihr aushalten müssen. Als ich spät Abends

auf •) Der des Chevalier», reffen In re» Briefen »er Marlisln von Mereeuil EnvShimng geschieh».

auf mein Zimmer kam,

hat ich zn nichts in bis

Welt mehr Lust und ich legte mich gleich ins

Bette, um endlich von diesem verdrüßlichen Tage ein Ende zu sehn.

geworden.

Niemals ist mir einer so lang

Ich liebe meine Mutter gewiß; aber

Go« weiß, was mir gestern fehlte.

Zch sollte

mir Fran von Merteuil in die Oper gehn; Herr

von Danceny wollte auch da seyn, und Du weißt

ja, daß diese beyden Personen mir die liebsten

sind.

Als die Stunde kam, wo ich hätte gehn

sollen, fühlte ich mich so beklommen — alles war

mir so zuwider — genug ich mußte endlich wei­

nen , ich konnte es nicht lassen.

Zum Glück lag

die Mama schon im Belte und konnte mich nicht

sehen.

Herr von Danceny ist gewiß eben so ver-

drüßlich gewesen, als ich; das bin ich versichert. Aber er konnte sich doch zerstreuen durch die Oper und die Gesellschaft. anders.

Das ist doch ganz etwas

Zum Glück befindet sich die Mama heut

besser und Frau von Merteuil wird mit einem gewissen Herrn, ich glaube er heißt von Dellero-

che, und dem Herrn von Danceny heut bey uns seyn.

Allein sie kommt nur immer so spät, und

wenn ich so lange rillein bin und warte, habe ich herz-

herzliche Langeweile.

Zczt ist es erst eilf Uhr,

Loch ich muß auch noch aufmeinrr Harfe spielen,

und meine Toilette wird mir auch etwas Zeit weg­ nehmen ; denn ich will mich heut vorzüglich gut

Die Mutter Perpetua hatte wirklich

aufsehrn.

so unrecht nickt, wenn sie uns vorpredigtc; die

Mädchen würden koket,

wenn sie in

der großen Welt lebten, ich habe niemals so sehr gewünscht, hübsch zu seyn, als seit eini­

gen Tagen.

Aber leider bin ichs nicht so sehr,

als ich dachte; und gegen die Damen die roth auflegen verliehrt unser eins immer.

Die Mar-

kifln von Merteuil;. B. finden gewiß alle Män­

ner weit hübscher, als mich.

Doch das laß ich

mir gern gefallen, weil sie mich so sehr.liebt und

weil sie mich versichert hat, Herr von Danreny

fände mich hübscher, als sie.

Es ist recht brav

von ihr, daß sie mir das gesagt hat, und es schien gar nicht, als ob sie sich daraus etwas ma­ che und böse darüber wäre. Zch begreife das frey­

lich nicht. Sir liebt mich wohl sehr, aber doch —-Inzwischen hat es mir großes Vergnügen ge­

macht.

Er ist sehr hübsch, je länger man ihn

ansieht,

je schöner scheint er zu werden.

Zch

würde ihn recht viel ansehn, wenn ich mich nicht fürchtete, seinen Blicken zu begegnen.

Denn so

ost das geschieht, so oft verliehre ich die Fassung,

rind es ist mir peinlich. weiter nichts.

Doch das thut wohl

Adieu liebes Mädchen, ich muß

nun an meine Toilette,

ich liebe Dich unver-

ändert.

iSGraf Valmont an die Markise von Merteuil.

Schloß zu * • den 15. Aug. CV ^)ch bin Ihnen vielen Dank schuldig, daß Sie

mich nicht meinen traurigen Schicksal hier über­ lassen wollen.

Das Leben hier fängt an mich zu

erinüden durch sein Uebermaß von Ruhe und fa­

der Einförmigkeit.

Ais ich Ihren Brief und in

demselben die Schilderung jenes wonnereichen Abends las,

war ich mehr als zwanzigmal im

Begriff ein Geschäft vorzuschützen,

zu Ihren

Füßen Hinzuflicgen und Sie um eine Untreue an

Ihren Chevalier zu bitten, der alles wohl über­ legt, sein Glück kaum verdient.

Wahrhaftig ich

fange

fange an eifersüchtig auf ihn zu werden;

und

was Sie mit unserer ewigen Trennung so#

gen wollen, begreife ich nicht. Leu Eid,

habe.

Zch vernichte

den ich im Wahnwitz ausgesprochen

Wir waren nicht werth ihn gethan zu ha­

ben, wenn wir uns an ihn im mindesten gebun­

den glaubten.

Ach wie ich mich darnach sehne,

wich in Ihren Armen für den Verdruß schadlos

zu halten, den das Glück Ihres Chevaliers mir verursacht Hat! Zch möchte rasend werden, daß dieses Kerlchen ohne viel zu grübeln, ohne sichdie geringste Mühe kosten zu lassen — indem er

so wie ein dummes Thier seinem Herzensinstinct

uachgeht— einen Genuß finden mußte, zu dem ichs nie habe bringen können.

Aber, nur Ge­

duld! Einen Querstrich muß ich ihm machen; das müssen Sie mir wenigstens erlauben.

selbst sind ja durch ihn gedemüthigt.

Sie

Sielegen

«S darauf an, ihn zu betrügen und siehe da, er

befindet sich dabey besser als Sie selbst. ken,

Sie den­

er tragt Zhre Ketten, allein—

laubniß, Sie tragen die Seinigen.

mit Er,

Er schlaft

ganz ruhig, während Sie wachen und auf sein

'D-rgefährl.Umg.l.TH.

E

Der-

Vergnügen sinnen.

Könnte sein Sklave mehr

für ihn thun?

Merken Sie Loch das, meine schöne Freun-

din'. So lange Sie Zhre Gunst unter mehrere

theilen, fühle ich nicht die mindeste Eifersucht. Ihre Liebhaber kommen mir dann wie Alexan-

ders Nachfolger vor, alle unfähig, untereinan­

der ein Reich zu behaupten, beherrschte.

das ich ganz allein

Aber umS Himmels willen, schen,

ken Sie nie einem ausschließend Ihre Gunst. — Machen Sie nie einen allein so glücklich als ich es war; das dulde ich wahrhaftig nicht; darauf

rechnen Sie nie.

Entweder wir verbinden uns

allein wieder — oder Sie theilen sich unter meh­

rere. —

Nur keine ausschließende Gunst für

einen Einzigen, durch die Sie sich an der unver-

lezlichen Freundschaft versündigen würden,

die

wir uns geschworen haben.

Ich habe mich wahrhaftig über die Liebe schon genugsam zu beklagen.

Sie sehen,

baß ich die

Sache auS Ihrem Gesichtspunkte zu sehen anfange und Ihnen recht gebe.

Zn der That, wenn

Verliebtseyn nichts anders heißt, als ohne den

Besitz des Gegenstandes seiner Wünsche nicht le-

ben

Vcn sönnen, ihm alle Zeit— alles Vergnügen — sein ganzes übriges Leben zum Opfer bringen — ja denn bin ich wirklich verliebt. Doch bin ich noch sehr wenig weiter gekommen. Ich würde Ihnen über dieses Kapitel nichts neues zu sagen haben, wenn nicht etwas vorgefallen wäre, was mein Nachdenken fordert, und wovon ich noch nicht weiß, ob ichs für ein gutes oder für ein schlimmes Zeichen halten soll« Sie kennen meinen Jäger — einen Kerl aus Ranken zusammengesetzt — wie je einer auf dem Theater erschienen ist. Er hatte natürlicher weise die geheime Ordre, sich in das Kammermäd­ chen meiner Angebeteten zu verlieben und dem Gesinde tüchtig zuzutrinken. Der Schurke hat mehr Glück als ich. Er hat seine Absichten schon vollständig erreicht. Dieser Bursche hat so eben ausgespürt, daß die Tourvel einen Ihrer Leute den Auftrag gegeben hat, mein Thun und Lassen zu bekundschaften, und selbst mir auf meinen Vor­ mittags -Wanderungen , so weit es sich ohne Ge­ fahr der Entdeckung thun läßt, nachzuschleichen! Was in aller Welt nimmt sie sich heraus! Sie ein Muster von schüchterner Bescheidenheit — E 2 wagt

wagt Dinge, a» die Leute unserer Art sich kaum

getrauen würden? Aber ich schwöre dagegen — Doch ehe ich darauf sinne, wie ich mch für die'

se Weiberlist rächen will,

muß ich erst über­

legen, wie ich sie am besten«zu meinem? Vor­

theil wende.

Bisher halten diese Wanderungen,

die man für verdächtig hält, Zweck;

keinen besondern

jezt sollen sie einen bekommen.

Doch

bas muß ich ungesäumt in reifliche Ueberlegung

zichn: deshalb Abien für diesesmal— meine lie­ be Markisin.

16.

Geeilte Bolauges an Sophie Camay. Paris ttn 19. f.ug. liebe Sophie, wie viel neues habe ich Dir zu erzählen; Vielleicht sollte ichs Dir verschwei­ gen, aber ich muß mir Luft machen , sonst er­

drückt es mich.

Der Herr von Danceny —

ich bin so unruhig, daß ich kaum schreiben kann,

und weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Seit ich

ich Dir den herrlichen Abend *) beschrieb,

den

ich mit ihm und der Frau von Merteuil bey der

Mama zubrachte, habe ich ihn nicht wieder er­ wähnt, ich wollte gegen Niemand mehr von ihm reden,

gleichwohl dachte ich beständig an ihn.

Gelt diesen Abend also war er so niedergeschlagen, so traurig, daß es mich sehr schmerzte.

Wenn

ich ihn fragte: „was fehlt Ihnen denn" ? so ant­ worte er freylich:

wohl,

„ach nichts",

aber ich sahe

daß ihm doch etwas fehlen mußte,

stern war er es mehr als sonst. tet war er so gefällig,

zu singen.

bie­

Dem ohngeach-

mit mir wie gewöhnlich

Aber so oft er mich dabey ansahc,

fühlte ich meine Brust beklommen.

Als wir auS-

gesungen hatten, trug er meine Harfe weg, um

sie in ihr Futteral zu schließen.

Er brachte mir

denn den Schlüssel und flüsterte mir zu: ich möch­

te doch so gefällig seyn und heut Abend noch, so bald ich allein wäre,

ein wenig spielen.

Zch

harre kein Arges dabey, ja ich wollte erst nicht

ein*) Der Brief, in ttm von tiefem Atend die Rete ist, findet sich nicht. in Ihrem Schooß will ich meine Klagen niederlegen.

Hier will ich Kräfte samm-

lin von neuen zu dulden — hier werde ich theil-

nehmende Güte finden — dauern mein Trost seyn.

hier wird Ihr Be­ 0 Sie, die ich anbete,

hören Sie mich, beklagen Sie mich— helfen

Sie

Sie mir!

Zezt lag ichzu Ihren Füßen und

drückte Ihre Hände in den meinen.

Doch sie

zog sie sogleich zurück — schlug sie krcuhwcise über ihr Gesicht und rief mit der Stimme der Ver-

zweiflung: „Ach ich Unglückliche"!

in Thränen.

Sir zersiosi

Zu meinem Glück hatte ich mich itt

meine Relle so weit verlohren, daß ich gleichfalls weinte.

Ich faßte ihre Hande wieder und be-

netzte sie mit Thränen. mir nöthig;

Dieses Hülfsmittel schien

denn sie war mit ihrem eigenen

Schmerz so ganz beschäftigt, daß sie ohne diese Erinnerung von den meinigen gar nichts bemerke

hätten

So konnte ich auch mit mehr Bequemlich­

keit dieses reizende Gesicht betrachten, welches

die Thränen unendlich verschönerten.

Ich fühlte

heftige Wallungen und war so wenig Herr mei­ ner selbst/ daß ich schon in Begriff war, diesen

Augenblick zu benutzen.

Wie groß ist doch die menschliche Schwachheit,

wie groß ist die Gewalt, die Umstände über uns haben! Sie sehen, ich war selbst in Begriff mei­

nen ganzen Plan zu vergessen, und die Wonne Längerer Kampfe

und all die iniressantrnDe­

tails einer sich sträubenden Hingebung an ei­ nen

Sie sehen,

MN übereilten Sieg zu verliehren.

wie selbst der Sieger über eine Tourvel in Ge­

fahr war — gleich einem unbartiaen Knaben von

der Begierde hingerissen zu werden —

und statt

aller Früchte seiner Bemühungen nur den unbedeutenden Vortheil zu erndten, ein Weib mehr in

seinen Armen gehabt zu haben.

Aber Nein!

Nach dem Kampf erst soll sie sich ergeben, ich

will ihr nicht die Ehre des Widerstandes rauben, siezeigen ihr, so kräftig sie es vermag; nur die

Kraft zu siegen fehle ihr, —

sie fühle so mit

Muße ihre ganze Schwachheit und sey endlich ge­

zwungen, sich selbst für überwältigt'zu erklären»

Ein rechter Jager überläßt es dein zagenden Wild­ dieb, den beschlichenen Hirsch auf seiner Lauer zu

erlegen, — Er hetzt ihn im offnen Felde.

Nicht

wahr, dieser Plan ist erhabener, aber ohne die Hülfe des Zufalls klagte ich vielleicht jezt zu spätihn nicht befolgt zu haben.

Wir hörten ein Geräusch.

ES kam jemand

nach dem Saal zu. Die Tourvel sprang erschrok, ken auf, nahm ein Licht und eilte hinweg; ich

mußte es geschehn lassen.

dienter, der kam.

Es war nur ein Be­

So bald ich das wußte, ging ich

104

-—--

ich ihr nach. Kaum Haire ich einige Schritte ge» than, so hörte ich, entweder weil sie mich ersann» te, oder weil sie sich sonst graute, — sie schnel­ ler lausen und fid) in ihr Zimmer stürzen, des­ sen Thür sie hinter sich verschloß. Zch schlich hinzu; aber der Schlüssel steckte inwendig. Ich hütere mich wohl anzuklopfen; ich hätte ihr damit »vr zu einem zu leichten Widerstande Gelegenheit ge­ geben, id) hatte statt dessen den glücklichen Ein­ still durchs Schlüsselloch zu sehn — und was sah id)! Dies; anbetungswürdige Weib warf sich auf ihre Knie in Thränen schwimmend und betete zum Himmel. Welchen Gott wagte sie anzurufen! Ist einer mächtiger, als der Gott der Liebe? Vergebens fleht sie eine fremde Hülfe'an — ich dins allein, der über ihr Schicksal gebieten wird. Zch glaubte für diesen Tag genug gethan zu haben und ging nun auf mein Zimmer zurück um an Sie zu schreiben. Zch hoffte, SiebeymAbendessen wieder zu sehn, aber sie ließ fid) entschuld!« gen und sagen, sie sey nicht wohl und liege schon im Bette. Frau von Rosemonde wünschte zu ihr hinauf zu gehn, aber die Listige hatte einen Kopfschmerz vorgegeben, der ihr alles Reden be­ schwer-

===== schwerlich mache.

tos

Sie können denken, daß die

Zeit nach Tische für diesen Abend sehr abgekürzt wurde, und daß sich auch bey mir bald Kopf­ schmerzen einfanden.

Zch eilte also auf mein

Zimmer und hier schrieb ich noch einen langen

Brief an sie, um mich über diese Härte zu bekla»

gen und legte mich denn mit dem Vorsatz zu Bet­ te, ihr denselben heut früh zu geben. Wie schlecht

ich schlief, können Sie aus dem Datum dieses Briefes sehen.

Zch stand auf und las meine

Epistel wieder durch.

Ich fand, daß ich nicht

genug aufmich acht gegeben hatte; ich hatte mehr Begierde, als Liebe— mehr Verdruß als Trau­ rigkeit verrathen.

Er mußte umgearbeitet wer­

den, aber dazu mußte ich erst ruhiger seyn.

Der Tag bricht schon an, wie ich sehe. Viel­ leicht wird die kühle,

erfrischende Morgenluft

mir noch ein Stündchen Schlaf schenken.

Ich

lege mich wieder nieder und schließe mit der Ver­ sicherung; daß die Herrschaft dieser Frau über mich nie so weit gehen soll, daß sie mich verhin­

derte, recht oft an Sie zu denken. ne Theuerste.

Adieu, mei­

s=z=

io5

24.

Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel.

len 20. Aug. 4?afce« Sie Mitleid, gnädige Frau. Lassen Sie sich bewegen, den Tumult meiner Seele zu stillen,

und sagen Sie mir, was ich zu erwarten oder z« fürchten habe.

Zwischen den höchsten Gipfel der

Wonne und dem des Elends ist die Ungewißheit

eine grausame Marler.

Warum redete ich auch!

Warum widerstand ich nicht dem süßen gewalltgen Reiz, der mir mein Geheimniß entriß!

So

lange ich mich damit begnügte. Sie im stillen zu

verehren, genoß ich wenigstens ruhig das Gefühl meiner Liebe, und dieses reine Gefühl, damals noch ungetrübt von dem Bilde meiner Schmers­ zen , war zu meinem Glück hinreichend.

Aber

jezt ist diese Quelle reiner Freude — eine Quel­

le der Verzweiflung geivorden, seitdem ich Ihre Thränen fließen sah, und den schmerzlichen Aus­

ruf:

ich Unglückliche!

von Ihnen hörte.

Ewig werden diese, beyden Worte in meiner See­

le sorttönen.

Wie kommt es, daß das süßeste

unter allen Gefühlen Sie nur mit Schrecken er­

füllt?

io? füllt? Und was fürchten Sie von ihm? Gewiß das nicht — daß Sie es je erwiedern werden. Ihr Herz — gewiß ich verkannte es, wenn ichs der Liebe empfänglich hielt l das Meinige, dem Sie unaufhörlich Uebels Nachreden, ist für dieses Gefühl allein gemacht. Sogar dem Mirleiden ist das Ihrige verschlossen. Ware cs nicht so, ge­ wiß Sie harten den Unglücklichen, der Ihnen feine Leiden entdeckte, nicht so ganz jeden tröst­ lichen Laut verweigert; Sie hatte» sich nicht sei, itctt Blicken entzogen und ihm so auch das einzi­ ge Vergnügen geraubt, das ihm noch übrig ist» Sie hatten mit seiner Ruhe kein grausames Spiel getrieben, indem Sie sich als krank ansagen lie­ ßen , ohne ihm zu erlauben, sich nach Ihrem De, finden zu erkundigen; Sie würden empfunden haben, daß diese nemliche Nacht, die Ihnen zwölf Stunden süßer Ruhe brachte, für ihn ei­ ne Ewigkeit voll Schmerzen seyn werde. O sa­ gen Sie, womit verdiente ich diese niederdrückcnde Strenge! Ich nehme ohne Bedenken Sie selbst zu meinem Äichter. Was darf ich mir vor­ werfen, indem ich mich einem starken und unfrei­ willigen Gefühl hingab, das die Schönheit einfiößle

fiLßte und die Tugend rechtfertigte, das die Ehr­ furcht in Schranken hielt und dessen unschuldiger

Bekenntniß mir vom Vertrauen — nicht von

irgend einer Hoffnung entrissen wurde. Sie dies Vertrauen täuschen,

Werden

welches Sie mir

selbst zu erlauben schienen, und dem ich mich so

ganz ohne Rückhalt überließ? Nein, ich kann

es nicht glauben; ich würde Sie eines Unrechts fähig halten müssen — ein Gedanke, den mein

Herz standhaft verwirft.

Nein, ich nehme alle

meine Vorwürfe zurück. —

Nur meine Feder,

aber nicht mein Herz machte sie Ihnen.

0 ver­

gönnen Sie mirs, in Ihnen ein ganz vvllkomm,

neS Frauenzimmer zu verehren —

die einzige

Wonne, um die ich zu bitten wagen darf.

Be­

weisen Sie Sich gegen mich als ein solches da­ durch,

daß Sie mir Ihr theilnehmendes Herz

nicht ganz verschließen.

Nie haben Sie wohl ei­

nem Unglücklichen die helfende Hand gereicht, der

ihrer bedürftiger gewesen wäre, als ich.

Ver­

lassen Sie mich nicht in dem Wahnsinn, in den

Sie mich stürzten.

Leihen Sie mir Ihren Ver­

stand, da Sie mir dem meinigen raubten.

Ih­

nen gelang es mich zu bessern, vollenden Sie 3hr

Ihr Werk, indem Sie mir auch Ihre Leitung

schenken. gen.

Ich will Ihne» keine Unwahrheit sa­

Meine Leidenschaft zu

überwinden,

das würden Sie vergebens unternehmen. sie regieren und leiten,

Ihnen lernen.

Aber

das kann ich von

Schreiben Sie mir jeden Schritt

vor, den ich thun, jedes Wort, das ich reden soll,

so werden Sie mir wenigstens den Schmerz er­

sparen, Ihnen zu mißfallen.

0! vor allen Din­

gen benehmen Sie mir diese Furcht, die mein Herz zerreißt und sagen Sie mir, daß Sie mir verzeihen, daß Sie mich bedauern, daß Sie mir

Nachsicht schenken.

Ach all die Vergebung —

die ich wünschen könnte— darf ich wohl nie von

Ihnen hoffen! Wohlan! ich flehe nur um so viel als ich durchaus bedarf.

Werden Sie mir auch

diese versagen? Leben Sie wohl, gnädige Frau. Nehmen Sie mit Güte die Huldigungen meines Herzens auf;

sie thun der Ehrfurcht nicht den

mindesten Abbruch,

werde re-

milder ich zeitlebens seyn

I 10 25*

Graf Valmont an die Markism von Merteuil.

den *2. Aug.

•yicv haben Sir den Tageszettel von gestern. Um cilf Uhr ging ich zur Frau von Nosemonde ins Zimmer, und unter ihren Flügeln nahte ich

,uich der verstellten Kranken, lag.

die noch im Bette

Ihre Augen waren matt.

Ich will hoffen,

daß sir nicht besser als ich geschlafen hat.

Ich

paßte den Augenblick ab, wo Frau von Nosemon-

de den Rücken wandre, um ihr meinen Brief zu, zustecken.

Man wollte ihn nicht annehmen, aber

ich ließ ihn getrost auf dem Berre liegen und ging

ganz ehrbar hin um der Tante einen Armstuhl

zu holen, die sich zu ihrem lieben Töchter­

chen ans Bett setzen wollte.

Man mußte

den fatalen Brief also schnell wegschaffen, den Skandal zu vermeiden.

Zu ihrem Unglück

sing die Kranke an und sagte: wenig Fieber zu haben."

um

„sie glaube ein

Frau von Rosemon­

de bat mich sogleich, ihren Puls zu untersuchen, woben sie meine medizinischen Kenntnisse pries.

Meine Schöne harre so den doppelten Verdruß, mir

HL mir ihren Arm hingrben zu mässen und ihre kleine

Lüge auf der Stelle entdeckt zu sehn.

Ich nahm

wirklich ihre Hand und drückte sie in der mein«, gen, indem ich mit meiner andern ihren schönen

fetten Arm streichelte.

auf nichts.

Die Boshafte antwortete

Dies bewog mich, indem ich meine

-Hand zurückzog, zu versichern, dasi ich nicht die geringste unruhige Bewegung verspüre.

Ich vermuthete einen

strengen .strafenden

Blick — aber ich war so tückisch, ihm sorgfäl­

tig auszuweichen.

Gleich darauf sagte sie: sie

wünsche aufzustehn und so ließen wir sie allein.

Mittags erschien sie benm Essen, wobey es heut nicht eben aufgeräumt zugrng.

Sie kündigte

uns au, sie werde heut keinen Spaziergang ma­ chen, welches soviel sagen wollte, als ich würd»

keine Gelegenheit haben, sie allein zu sprechen. Ich fühlte wohl, daß hier zu einem Seufzerund zu einem schmerzlichen Blick eine schickliche Stel­ le sey.

Ohnzweifcl erwartete sie diesen auch —

denn den ganzen Tag über, war dies das einzige-

mal, daß sie mir in die Augen sahe.

So still

und bescheiden sie ist, so hat sie doch ihre kleinen Ränke so gut, wie eine andre.

Ich fand end,

lich

==

IIS

lich einen Zlngenblick zu der Frage: „Ob sie dir Güte gehabt, habe, über mein Schicksal zu ent,

scheiden," und ich wurde ein wenig überrascht, als ich zur Antwort erhielt.

„Za, Herr Graf,

ich habe Ihnen geschrieben," ich bat mir den Brief aus. Aber wars gleichfalls List, oder Unge­ schicklichkeit oder Furchtsamkeit, genug ich erhielt

ibn erst spät Abends in dem Augenblick da sie sich beurlaubte.

Hier haben Sie ihn zugleich mit

dem Entwurf des Meinigen.

Lesen Sie und

urtheilen Sie selbst, bemerken Sie nur die tiefe

Falschheit, milder sie mich versichert: nicht die geringste

Liebe für mich zu empfinden,

doch vom Gegentheil so sehr überzeugt bin.

da ich Und

doch wird sie sich beklagen, wenn ich sie hinter-

herberrüge, obgleich sie sich nicht scheut, mich

v o r h e r zu betrügen.

Glauben Sie mirs, mei­

ne schöne Freundin, der verschlagenste Mann

kommt mit der Einfältigsten Ihres Geschlecht-

niemals aus.

Und doch muß ich mich schon fiel,

len, als glaubte ich dem leeren Geschwätz und als wollt ich mich vor Verzweiflung zerreißen-

da es einmal der Madam gefallt die Gestrenge zu spielen.

Wie kann man sich bey solchen Teu-

felep-

' fcL'uOit' der Räche erwähren! doch — nur Ge­

duld l Und nun leben Sie wohl, ich habe heut

noch viel zu schreiben. N. S. Apropos.

Sie müssen mir den Brief

meiner Grausamen ja zurückschicken.

Es

wäre möglich, daß man sich in der Folge

stellen müßte,

auf solche

Armseligkeiten

einen Werth zu legen und da muß man in der Ordnung sein.

Ich sage Ihnen heut

nichts von der kleinen Volanges.

Wir re­

den nächstens von ihr.

26.

Die Präsidentin von Tourvcl an Graf Valmont,

len 21. Aug. Eie würden keinen Brief je von mir erhalten, Herr Graf, wenn mein gestriges sonderbares Be­ tragen Intel) nicht nöthigte, Ihnen einige Erläu­

terungen zu geben. es,

Ich weinte, ich gestehe

auch kann es seyn,

daß die zwey Worte,

die Sie so sorgfältig anführen, mir wirklich ent­ fahren sind.

Thränen und Worte, Sie haben

Der gesährl. ttmg. I. Tb-

H

bey-

ii4 beydes gut bemerkt; ich muß Ihnen daher alles

erklären. Ich lebte bisher nur in solchen Verhältnissen,

in denen' tugendhafte Gefühle mich mit andern verbandel»; wo ich nie etwas hörte, worüber ich

hatte erröthen dürfen und wo ich mich also natür­ licherweise einer ruhigen Sicherheit »verlassen konnte, die ich wohl zu verdiene»» glaube.

Hier

konnte ich dir Kunst nicht lernen, irgend etwas, das ich fühlte, drücken.

zu bekämpfen und zu unter­

Der Schreck, tntb die Angst, in die der

gestrige Austritt mit Ihnen mich plötzlich stürz-

ren — «ine gewiss: Furcht, die diese neue für mich unschickliche Lage mir verursachte — viel­

leicht der empörende Gedanke, mich mitWeibern,

die Sie verachten , in eine Klasse geworfen zn sehn und ihnen gleich behandelt zu werden, —

alles dieses zusammen genbmmrn zwang mir die Thränen ab, und konnte mir den Ausruf: ich

Unglückliche! wohl mit Rechtauspressen. So

stark Sie diesen Ausdruck finden, so »väre er gleichwohl viel zu schwach geivesen, hätten diese

Thränen und diese Worte eine andere Quelle ge­ habt — hatte ich, statt Ihre Empfindungen ge­

gen

ii5 gen mich > die mich beleidigen mußten, zu miß­

billigen, im mindesten fürchten dürfen, sie je zu

erwiedern.

Aber Nein, Herr Graf, diese Furcht

habe ich keinesweges, hätte ich sie, ich würde hundert Meilen weit von Ihnen fliehen;

ich

würde in eine Wüste eilen, um das Unglück Ih­

rer Bekanntschaft zu beweinen.

Doch selbst bey

dieser meiner vollkommnen Ueberzeugung, Sie

weder jezt, noch künftig jemals zu lieben, hatte

ich vielleicht besser gethan, wenn ich den Nach meiner Freunde beherzigt und jede Annäherung

von Ihrer Seite vermieden hätte. Ich glaubte aber, und dieß allein habe ich

mir vorzuwerfen — ich glaubte, Sie würden

eine tugendhafte Frau mit Ehrfurcht behandeln, die nichts so sehr wünschte, als in Ihnen einen

braven Mann zu finden und Ihnen Gerechtig­

keit widerfahren zu lassen — die Sie da noch vertheidigte, als Ihre verbrecherischen Wünsche

sie schon entehrten.

nein Herr Graf,

Sie kennen mich nicht,

Sie kennen mich warlich

nicht! sonst wäre es Ihnen wohl nicht eingefal­ len, auf Beleidigungen ein Recht zu gründen — und weil sie eS gewagt hatten, eine unschickliche

H 2

Spra«

Il6

=5

Sprache gegen mich zu führen, sich deshalb nuü auch einen noch unschicklichern Brief an mich zu erlauben. Sie harren mich nicht aufgeforderl, Ihnen Zhre Schritte und Ihre Reden vorzuschreiben. Wohlan, Schweigen und Vergessen lst.der Rath, den ich Ihnen geben muß und den Sie befolgen müssen; dadurch allein können Sie meine Verzeihung verdienen. Ja es wird nur'von Ihnen abhängen, mich so gar zur Er­ kenntlichkeit zu verpflichten. Doch Nein! ich will keine Dirre an einen Mann thun, der die Achtung gegen mich aus den Augen setzte — ich will dem keinen Beweis von Zutrauen geben, der meine ruhige Sicherheit mißbrauchte. Sie zwingen mich, Sie zu fürchten, vielleicht gar, Sie zu hassen. Das war gewiß mein Wille nicht. Ich wollte so gern einen würdigen Neffen, einer vvn mir so sehr verehrten Freundin in Ihnen sehn. Ich erhob die Stimme der Freundschaft g'egen die öffentliche Meinung, die Sie anklagte. Aber Sie selbst haben alles verdorben, und ich sehe voraus, wie wenig Sie sich bemühen werden, ihren Fehler wieder gut zu machen.

ii7

Ich bleibe bey der Erklärung, Herr Gras, daß Ihre Neigung mich beleidigt, Laß das Ge> standniß derselben mich entehrt und daß Sie, oh­ ne mich je Ihrem Wunsche geneigter zu finden, mich nur zwingen würden, Sie nie wicderzusehn, wofern Sie sich über diesen Punkt nicht «in ewiges Stillschweigen auferlegen, welches ich Mit allein Recht von Ihnen erwarten, ja fordern darf. Ich sende Ihnen hierbcy zugleich Ihren Brief zurück und ich hoffe, Sie werden mir die­ sen gleichfalls zurücksenden. Es würde mich sehr beunruhigen, wenn von dieser Begebenheit, die gar nicht hatte statt haben sollen, nur die gering­ ste Spur übrigbliebe. Ich habe die Ehre rc.

27Cecilie Volangeö an die Markifin von Mertcuil.

dm 23. Aus. ^)ewiß, Sie sind eine herrliche Frau. Wiegut haben Sie gemerkt, daß es mir viel leichter sein werde, an Sie zu schreiben, als mir Ihnen zu re-

Il8

==5

reden.

Auch ist das, was ich Ihne» zu s.wn

habe, gewiß etwas recht schweres.

Aber Sie sind

meine Freundin, nicht wahr?" Ach gewiß einr recht liebe, liebe Freundin.

Ich will mich als»

bemühen, alle meine Furcht fahren zu lassen —-

denn ich bedarf warlich Ihrer und Ihres Rathrecht sehr.

Es ist recht verdrüßlich — ich bilde

mir immer ein, alle Menschen errathen, was

ich denke und denn werde ich immer gleich roth sobald man mich ansieht.

Sie sahen mich gestern weinen;

es kam

daher, ich wollte Ihnen alles sagen, tvas ich auf dem Herzen habe und hernach wars mir wieder

nicht möglich.

Und da Sie mich fragten, was

ich denn hätte, brachen mir wider meinen Willen die Thränen hervor und ich konnte stein Wort spre»

chen.

Ohne Sie hätte die Mutter etwas gemerkt

und was wäre denn aus mir geworden; Sehen

Sie, so geht es mir, besonders seit vier Tagen.

Vor vier Tagen wars— ja ich will Ihnen alles gestehn; so lange ist es her, daß Herr von Dau»

ceny mir einen Brief schrieb.

Ich versichre Sie,

als ich den Brief fand, wußte ich erst gar nicht was er wollte.

Aber ich darf Ihnen auch nicht

trug-

(atguert, baß ich großes Vergnügen empfand, als ich',ihn las.

Gewiß meine theuerste Frau, ich

wollte mein ganzes Leben hindurch vieles entbeh­ ren, nur aber diesen Brief nicht.

Indessen fahr

ich wohl, daß ich ihm das nicht sagen dürfe; ich

versichere Sie, daß ich gegen ihn that, als wäre ich böse darüber.

Er sagte mir aber, daß ihi)

dieses sehr schmerze und ich glaube es wohl, denn

ich war wirklich entschlossen, ihm nicht zu ant­ worten; indessen konnt' ich diesen Vorsatz »irfjt

halten.

Ich habe ihm aber doch nur ein einzk

gesmai geschrieben, und dies zum Theil nur des­ wegen , ihn zu bitten, daß er an mich nicht mehr

schreiben möchte.

Dcmohngeachrer schreibt er

mir immerfort, und weil ich ihm nicht darauf antworte, so ist er deshalb traurig und dieß macht

mich noch trauriger.

was ich machen soll,

Nun weis: ich nicht mehr« und was daraus werden

wird und ich bin wirklich, in einer unglücklichen

Lage.

Sagen Sie mir, gnädige Frau,

ich bitte

Sie recht sehr darum, wäre das wohl etwas bö­

ses , wenn ich ihm dann und wann schriebe — Nur blos so lange, bis ich ihn wieder dahin ge-

bracht habe, seins Briefe an mich zu unterlassen und bis wir wieder wie sonst gegen einander wä­ ren? denn wenn das so fortgeht, so weiß ich wahrhaftig nicht, waS am Ende aus mir werden wird. Ich sage Ihnen, als ich seinen letzten Brief las, habe ich geweint, Laß ich von dem Allen kein Ende sehe und ich bin überzeugt, wenn ich ihm noch jezt nicht antworte, so wird das uns Heyden großen Kummer verursachen, so wird das uns beyden großen Kummer verursachen. Ich schicke Ihnen hier seinen Brief, eigentlich nur eine Abschrift dcffeiben und nun urtheilen Sie selbst. Sie werden sehen, daß er nichts böses verlangt. Sollten Sie indessen finden, daß cs nicht geschehen darf, so verspreche ich, Ihnen, ich will es lassen. Aber ich glaube, Sie wer­ den meiner Meinung seyn, daß Larin nichts böses tst. Ehe ich aber etwas weiter thue, erlauben Sie wir gnädige Frau, Sie um etwas zu fragen. Man hat mir immer gesagt, es sey etwas Hosts, jen'.anden zu lieben. Warum aber? Ich frage blos deshalb, weil Herr von Danceny behauptet, Larin wäre gar nichts böses und fast alle Men­ schen

schon liebten. Wäre das wahr, so wüßte ich nicht, warum ichs nicht dürste. Oder Lsts viel­ leicht nur für jrrnge Mädchen etwas böses? denn ich hörte neulich doch die Mama selbst erzählen, die Madam D * * liebte den Herrn M * * und sie sprach davon gar nicht so, als ob dabey etwas tadelhaftes wäre. Und doch weiß ich, Sie wür­ de auf mich sehr böse werden, wenn Sie nur von meiner Freundschaft für Herr v. Danceny das geringste merkte.' Sie betrachtet mich leider immer noch wie ein Kind, die Mama, und re­ det mit mir von solchen Sachen gar nicht. An­ fänglich glaubte ich, sie habe mich deshalb aus dem Kloster genommen um mich zu verheyrathen, aber nun scheint das nicht der Fall zu seyn. Ich kann Ihnen zwar versichern, das; mir das keine Unruhe macht; aber da Sie so sehr ihre Freun­ din sind, so wissen Sie vielleicht, was an der Sache ist und wenn Sie es wirsen, so denke ich werden Sie auch so gütig seyn und mir es sagen. Der Brief ist recht lang geworden. Aber da Sie mir die Erlaubniß gegeben haben, an Sie zu schreiben, so habe ich diese benutzen wol­ len um Ihnen alles zu sagen, und ich rechne

nun

nun ganz auf Ihre Freundschaft.

Ich habe Lre

Ehre rr.

-8-

Mit Danceuy au Cccilir Vekangr^ rr» 23. Aug. W-t , mein Fräulein, noch immer versagen Sie mir jede Antwort und nichts kann Sie bewegen?

Jeder Tag giebt mir neue Hoffnung und vereu

telt sie von neuen.

Sie wollen, wie Sie sagen,

meine Freundin seyn.

Aber worin soll Ihre

Freundschaft bestehen,

wenn Sie dieselbe nicht

durch Theilnahme anmeinemSchmerz beweisen— wenn Sie kalt und ruhig bleiben, während ich

von einer Leidenschaft verzehrt werde,

die ich

nicht unterdrücken kann? Ach, Sie sehn Ihren Freund leiden, und Sie wollen gar nichts thun,

ihm zu helfen! Nur ein Wort will er von Ihnen

hören und auch das versagen Sie ihm! Und Sir wollen, er soll sich mit einem so schwachen Ge­ fühl — als Ihre Freundschaft gegen ihn ist, be,

gnü-

anügen, Lessen Geständniß ihm zu wiederholen, Sie sogar Bedenken tragen?

Sie sagten gestern, Sio wollten nicht un­ dankbar seyn.

Ach, glauben Sie mir, theures

Fraulein, Liebe mit schwacher Freundschaft ver­

gelten heißt nicht die Undankbarkeit— heißt bloß Len Schein derselben vermeiden. Inzwischen

wage ichs nicht mehr, mit Ihnen von einer Nei­ gung zu reden, die Ihnen dann gewiß lästig seyn

muß, sobald Sie Ihnen gleichgültig ist.

Ich

muß sie in mich verschließen, bis es mir nach

und nach gelingt, sie ganz zu unterdrücken.

Ge­

wiß ein sehr peinliches Bestreben! doch der oft wiederholte Gedanke, daß Ihr Herz unempfind­

lich ist für dieLiebe, daß Sie LasOpser verschmäh hen, das ich Ihnen mit meinem Herzen dar­

brachte, wird mir vielleicht zu Hülfe kommen. Ich werde dabey Sie seltner zu sehn suchen unt>

ich sinne schon auf einen schicklichen Verwand für meine selrnern Besuche. So soll ich mich also von dem so süßen Ver­

gnügen entwöhnen, jeden Tag in Ihrer Gesell­ schaft zu seyn! Ach, wenigstens wird diese Ent­ behrung mir ewig schmerzlich bleiben! Ein Kum­

mer

iri nut ohne Ende wird der Lohn der zärtlichsten Liebe und das ist Ihr Wille, Ihr Werk. Ach, Nie, das fühle ich wohl, werde ich das Glück wieder finden, das ich heut verlieh«. Sie allein waren für mein Herz'geschaffen. 0 mit welchem Vergnügen würde ick> den Eid ablegen, nur für Sie zu leben. Aber Sie wollen ihn nicht annehnun. Ihr Schweigen sagt mir gnugsam, daß Ihr Herz Ihnen nichts für mich sagt. Dieß Schweigen ist ein sicherer Beweist Ihrer Gleich­ gültigkeit und zugleich die schmerzlichste Art,.sie mir bekannt zu machen. So leben Sie denn auf immer wohl. Ich wage es jezt nicht mehr an ei­ ne Antwort zu denken. Die Liebe hatte mit unruhiger Hast, di e F r e u n d s ch a f t mit Ver­ gnügen— selbst das Mitleid hätte mit einiger Freundlichkeit geschrieben, Aber Mitleid, Freund­ schaft, Liebe sind Ihrem Herzen gleich unbekannt, -9. Cecisie Belanges an Sophie Carnay.

den f±. Aug. O* ^ch sagte es Dir wohl, liebe Sophie, daß es Falle giebt, wo man schreiben kann und ich kann es

es nicht leugnen, cs reuet niidb daß ich Deiner Meinung gefolgt bin, welches uns beyden nur Kummer verursacht hat, mir nemlich und dem Herrn von Danceny. Daß ich recht hatte, isc. daraus klar, daß die Markisin von MerteuLl, eine Dame, die es gewiß versteht, endlich meiner Meinung beygetreren ist. Ihr habe ich alles gestanden. ' Im Anfänge sprach sie gerade so, wie du. Als ich aber alles recht genau sagte, wie es ist, gab sie endlich zu, daß dieser Fall ganz be­ sonders wäre. Nur das mußte ich rhr versprechen, daß ich ihr alle meine und Lanceuys Briefe zei­ gen wolle, damit sie versichert wäre, daß ich nichts unschickliches schreibe; und so bin ich nun völlig ruhig. 0 wie sehr liebe ich diese Frau! Sie ist so gütig, so herzlich! und dabey gewiß eine sehr achtungswerthe, tugendhafte Dame. Also ist weiter nichts gegen ihre Meinung zu er­ innern. 0 wie will ich nun an Danceny schrei­ ten, und wie sehr wird er nun zufrieden seyn. Noch weiß er selbst sein Glück nicht. Denn bis jezt sprach ich nur mit ihm von Freundschaft und er wollte durchaus, ich sollte Liebe sagen. Zm Grunde glaube ich, war wohl eins wie das an/

andere,

a6cr Loch wollte ich nicht vtdjt dran,

und cv bestand immer fort darauf.

Ich sagte der

Fran von Merteuil davon, diese sagte, ich hätte

ganz recht gehabt;

man müsse die Liebe durchaus

nicht eiugestchn, bis man sich nicht langer halten

rönne.

Nun fühle ich aber, daß ich mich wirk­

lich nicht langer halten kann, und endlich ist cS ja auch einerley, wie ich sage.

Nur dieses wird

ihm lieber seyn.

Auch Hal mir Frau von Merteuil versprochen,

mir Bücher zu leihen,

die von allerley solchen

Sachen handeln und aus denen ich lernen sann,

so wohl wie ich mich recht betragen, wie ich besser als bisher schreiben soll.

als auch

Denn

sieh nur, sie sagt mir alle meine Fehler und das

ist gewiß ein unleugbarer Beweis, daß sie mich

liebt.

Nur hat sie mir den Nach gegeben, der

Mama nichts von diesen Büchern zu sagen, weil das .sonst aussehen würde, als wolle sie sich in

ihre Erziehung mischen, und als fände sie meine

Bildung vernachläßigt.

Das würde denn natur,

lich die Mama übel nehmen.

Aber diese soll ge,

wiß nichts davon erfahren.

Et

Es ist Loch etwa- außerordentliches, daß efr

ne Frau, die säum mit mir verwandt ist, sich nicht Mühe mit mit giebt,

als weine eigene

Mutter! ich bi» gewiß recht glücklich, daß ich sie

habe kennen gelernt!

Sie hat die Mama um Erlaubniß gebeten, mich übermorgen mit in ihre Loge in die Oper zu

nehmen.

Da, sagte sie,

sind wir beyde ganz

allein uiid wir wollen nach Herzenslust mit ein­

ander plaudern, ohne zn besorgen, daß es je,

rnand hört.

Das ist mir lieber, als alle Oper.

Wir wollen da auch von meiner Heimath reden.

Denn sie sagt, es wäre allerdings richtig, daß ich bald hrirathen würde, aber wir haben noch

weiter nichts mit einander darüber sprechen kön­ nen.

Nun sag einmal selbst, ists nicht erstaun­

lich, daß die Mama mir von allen dem kein Wört­ chen sagt? Adieu, liebe Sophie.

sogleich an Danceny schreiben. ich froh ?

Zch will nun

Ach, was bin

12g

30. Cecilie Dolangcs an Herrn von Oanceny.

den 24. Aug. Endlich, Herr von Danceny, gebrich Ihrem Wunsche nach und anrworte, um Sie meiner Freundschaft, ja um Sie — meiner Liebe zu ver­ sichern, weil Sie, wie Sie sagen, sonst unglück­ lich seyn würden. Sie meynen, ich hatte kein gut Herz, allein glauben Sie Mir, Sie irren sich. Doch jczt hoffe ich, werden Sie nicht mehrst von mir denken. Wenn es Ihnen unlieb war, daß ich nicht wieder schrieb, so können Siege, wiß glauben, daß es mir selbst Kummer machle. Nur wollte ich um alles in der Welt willen nicht etwas thun, was unrecht gewesen wäre, und selbst jezt hätte ich Ihnen meine Liebe gewiß nicht eingestanden, wenn ich mich hatte halten können; aber Ihre Traurigkeit ging mir zu naße. .Nun hoffe ich ja, wird sie ein Ende haben, und .wir werden recht glücklich seyn. Ich rechne darauf, daß ich das Vergnügen haben werde, Sie heut zu sehn, und daß Sie recht früh kommen werben. Für meinen Wunsch kom-

Die Mama

iciumtit Sir doch immer zu spät.

ist heut Abend zu Hause und wird Ihnen gewiß

Len Vorschlag thun, bey uns zu bleiben, ich hof­ fe doch, Sie werden nicht wieder versagt seyn,

wie ehegescern.

Das war wohl eine recht an­

genehme Gesellschaft, wo Siehingingen; denn

Sie gingen ja schon so früh, nichts weiter davon.

doch ich sage

Jezt da Sie wissen, daß

ich Sie liebe, hoffe ich, werden Sie alle Zeit die

Sie übrig haben, bey mir znbringen; denn ich

bin nur dann recht froh, wenn Sie bey mir sind und ich wünsche, daß es bey Ihnen eben so sey.

Es thut mir leid, daß Sie in diesem Augen,

blick noch traurig sind, aber ich kann nicht dafür. So bald Sie kommen,

werde ich Sie bitten,

meine Harfe zu holen, damit Sie diesen Brief

gleich finden; mehr kann ich nicht thun.

Leben

Sie wohl; ich liebe Sie von ganzen Herzen. Je mehr ich Ihnen das sage,

je froher werde ich

und ich hoffe, das wird Ihnen eben so seyn.

Der gesährl. Umg. I. Cfr.

2

rzo

— 31. von Danceny an Cccilie Belanges,

O gewiß, meine Theuerste,

ttn 15. Auz. wir werden sehr

glücklich seyn. Mein Glück ist grenzenlos, da Sie mich lieben, und das Ihrige kann nie aufhören, wenn es so dauerhaft ist, als die Liebe, die ich für Sie empfinde. Also ist es wahr, Sie lieben mich! Sie tragen kein Bedenken, es mir zu gestehn — je mehr Sie es mir sagen, je froher werden Sie. — Ja, ja! ich las das beglückende Wort, ich li.efce, von Ihrer Hand geschrieben — ich Hörle Ihren schönen Mund dieß wonnevolleGeständniß wiederholen — ich sah die reizendsten Augen auf mich geheftet, und im Ausdruck der Zärtlichkeit glanzen — ich empfing von Ihnen die Detheurung, immer für mich zu leben. O meine Theure, ich schwöre Ih­ nen dagegen, Ihrem Glück mein ganzes Leben, zu weihen. Seyn Sie versichert, das; ich diesen Schwur nie brechen werde. O, welch einen Tag haben wir gestern mit einander zugebracht! War­ um hat Frau von MerteuÜ nicht alle Tage mit

3fr

Ihrer Frau Mutter etwas besonders zu reden!

Warum mischt sich in die süßeste Erinnerung, an die ich mich noch heul labe, der Gedanke an den

Zwang, den wir uns nun werden auflegen müssen! Warum kann ich die schöne Hand nicht ohne

Aufhörendrücken, Sie,

die mir schrieb:

ich liebe

und sie mit meinen Küssen bedecken —

und mich so für die größere Wonne rächen, dir Sie mir versagen!

Aber sagen Sie mir, geliebte Cecilie, als die Mama wieder herein gekommen war, und ihre Gegenwart uns nöthigte, einander gleichgülti­

ge Blicke zuzuwecftn — als Sie mich durch die Versicherung Ihrer Liebe nicht mehr für den er­

betenen— aber von Ihnen verweigerten Beweis

derselben trösten konnte —

reuete Sie da Ihre

Strenge nicht? dachten Sir da nicht: „Ein Kuß

hätte ihn noch viel glücklicher gemacht, und ich

versagte ihm dieses Glück!“ 0, versprechen Sie mir, liebenswürdige Cecilie,

daß Sie bender

ersten Gelegenheit weniger strenge seyn wollen. Dieses Versprechen wird mir Much geben, die

Hindernisse zu ertragen, bereiten.

die die Umstände uns

Die schmerzlichsten Entbehrungen wird

rz2

==a

mir der Gedanke versüßen, daß sie Ahnen eben so lästig sind, als mir. Leben Sie wohl — theuerstes Fräulein, jezt ist es Zeit zu Ahnen zu gehn. Nur um sie selbst zu sehn, kann ich mich entschließen, das Vergnügen Ahnen zu schreiben, abzukürzen. Leben Sie wohl, ge­ liebte Ceeilie l Wie sehr liebe ich Sie! Wie will ich Sie mir jedem Tage mehr lieben!

32. Frau v. Belanges an die Präsidentin v. Tourve!. ren 54. Aus. ^ie wollen also durchaus, meine Liebe, daß ich

an die Tugend des Grafen Valmont glaube. Ach gestehe, daß dieß mir noch immer schwer fallt, und daß ich ihn nach der einzigen Handlung, die Sie mir von ihm erzählen, noch eben so wenig für rechtschaffen halten kann, als ich einen aner­ kannten guten Menschen deswegen für lasterhaft halten würde, weil ich einen Fehltritt von ihm hörte. Der Mensch ist nichts ganz, sowenig böse als gut. Der Lasterhafte hat sein Gutes, so

so wie der tugendhafte Mann seine Schwache-

An diese Wahrheit muß man um so fester halten,

da sie uns erinnert, daß die Guten so wohl als die Bösen Nachsicht bedürfen, und da sie jene vor Stolz

bewahrt und

diese

vor

Muchlosigkeit

schützt. Sie werden mir ohuzweifcl verwerfen, daß

ich eben jezt diese Nachsicht schlecht übe, die ich predige.

Allein sie scheint mir dann zu einer ge­

fährlichen Schwachheit auszuarten,

wenn sie

«ns vorschreiben will, den lasterhaften Menschen

mit dem guten auf gleichen Fuß zu behandeln. Ich kann freylich die Bewegungsgründe zu der

guten Handlung des Grafen Valmont nicht un­ tersuchen; ich will gern glauben, daß sie eben so

lobenswerth sind, als die Handlang selbst. Aber hat er deswegen sein Leben weniger damit hinge­

bracht, Verwirrung, Entehrung und öffentliche

Schande über Familien zu bringen? Hören Sie, wenn Sie wollen,

immer auf die Stimme der

Unglücklichen, dem er Hülfe leistete, aber dieß müsse Sie auch nicht hindern, das Geschrey so

vieler Unglücklichen zu vernehmen, -die er hin«

opferte.

Wenn er —

nach Ihrem Ausdruck, nur

rZ4 nur ein Beyspiel von den Gefahren eines schlecht ten Umgangs ist, wird der Umgang mit ihm des­ halb weniger gefährlich seyn?

Sie glauben,

daß er für eins aufrichtige

Rükkehr zum Guten nicht ganz verlohren wä­

re. —

Ich. will noch weiter gehn und einmal

annehmen, dieß Wunder sey wirklich schon ge­

schehn — wird die öffentliche Meinung sich nicht immer fort gegen ihn erklären? Und wäre dieß

nicht schon hinreichend, Zhrem Betragen gegen

ihn Gesetze vorzuschreiben?

Nur Gott allein

kann in dein Augenblick wahrer Neue verzeihen,

denn er liefet in unfern Herzen.

Aber die Men­

schen können Gesinnungen nur aus Handlungen

beurtheilen,, und wer unter ihnen sich einmal durch seinen Wandel die Achtung der übrigen ver­ lustig gemacht hat, darf der sich wohl über ein Mistrauen beklagen,

das gegen ihn so nöthig

ist? ich gestehe gern ein, daß es bey demselben um so schwerer wird, jenes verlohrne Gut, die Achtung der Menschen, wieder zu gewinnen. Be­

denken Sie dabey, meine junge Freundin, daß

man bie gute Meinung der Weltoft allei n dadurch verliehrt, daß man eine

o, tl

gewisse Gleichgültigkeit gegen,sie aft

fecrirt und nennen Sie diese Art der Strenge ja nicht Ungerechtigkeit.

Man ist, dünkt mich,

wohl berechtigt zu glauben, daß Niemand, der

auf den guten Nus ein gegründetes Recht hat,

auf dieses köstliche Gut freywillig Verzicht thun werde und denn darf man auch gewiß den einer

schlechten Aufführung für fähiger halten, den die, sev mächtige Zügel nicht mehr zurückhält.

Und

dieß wäre gleichwohl der Gesichtspunkt, aus dem man Ihren genauern Umgang mit Graf Val,

mont beurtheilen würde, so unschuldig er viel­ leicht an sich wäre.

Betroffen über die Wärme, mit der Sie ibn

vertheidigen, eile ich einigen Einwürfen zu begeg­

nen , die ich von Ihnen voraussche.

Sie wer­

den mir die Mark, von Mcrtenil ansühren, der man diesen Umgang verziehen hat; Sie werden

mich fragen,

warum ich Valmont in meinem

eigenen Hause den Zutritt verstatte;

den mir sagen,

Sic wer­

daß sich tugendhafte Leute so

wenig von ihm entfernt halten,

daß er viel­

mehr in der so genannten guten Gesellschaft über­ all

iz6

all gelitten ist, ja so gar gesucht wird, ich glanZo, ich kann auf dieses alles antworten. Frau v. Mertcuil zuförderst, die in der That

eine sehr fchatzenswerthe Frau ist, hat den Feh­

ler — vielleicht den einzigen — daß sie auf sich selbst ein zu großes Vertrauen seht.

Sir kommt

mir vor, wie jemand, der sich auf seine Geschick­

lichkeit im Fahren etwas zu Gute thut, dem cs großes Vergnügen macht, feinen Wagen zwischen

Felsen und Abgründen herumzutummeln ,. und den der Erfolg allein rechtfertigen kann.

Die

Gerechtigkeit fordert, fie zu loben, allein es wä­ re Unvorsichtigkeit, ihr folgen zu wolleir, dasgesteht sie auch ein, ja sie tadelt sich selbst.

In dem

Maaße, in welchem ihre Erfahrungen zunehmen,

find ihre Grundsätze strenger geworden und ich kann Ihnen ohne Bedenken die Vcrsichenrng ge­ ben ,

daß sie Ihren Fall gerade so beurtheilen

würde, wie ich. —

Was mich selbst brrrift, so

will ich mich eben so wenig rechtfertigen, als die übrigen.

Es ist wahr, Valmont hat Zutritt z,n

mir, er hat ihn überall; das ist so eine von den Inkonsequenzen, die mit tausend andern im gr, stllschaftlichen Leben als Regel gelten.

Sie wis­ sen

s=s

rz7

/eit so gut, wie ich, daß man sie unaufhörlich brmerkt — tadelt und sich ihnen gleichwohl unter­ wirft. GrafVolmonc— ein junger Mann mit einem berühmten Nahmen, einem großen Ver­ mögen und einer gewissen Liebenswürdigkeit mach­ te sehr bald die Bemerkung, daß man zu einem gewissen Gewicht und Ansehn in der Gesellschaft vhnfehlbar gelange — wenn man mit einiger Geschicklichkeit das L o.b und den Spott zu hand­ haben wisse. Keiner kommt ihm in diesem zwie­ fachen Talent gleich. Wir dem ersten verführt er, mit dem zweyten macht er sich furchtbar, und wenn man ihn gleich nicht schätzt, so schmeichelt man ihm doch. Auf diese Art halt er sich in der großen Welt, die immer mehr behutsam ist: als muthig und Leute seiner Art lieber scho­ nen, als sie angreisen will. Aber weder die Frau v. Wertruil noch eine andere würde es gleichwohl wagen, sich mit einem solchen Menschen auf dem Lande fast ohne alle andre Gesellschaft zu verstecken. Der sittsamsten und bescheidensten, unter allen war es Vorbehalten, das Beyspiel dieser Unschickli chkeit zu geben. (Verzeihen Sie diesen Ausdruck, der der Freund­ schaft

-ZA schäft entwischte.)

Ihr tugendhaftes Herz, mei, wird selbst an Ihnen zum

ne liebe Freundin,

Verräthcx durch die unbefangene-Sicherheit, die es Ihnen einflößt.

Aber ich bitte Sie zu beden­

ken, welche Art von Leuten über Sie richten wer­ den ; die Sittenlosen auf der einen Seite werden Ihnen keine Tugend zutrauen, von der sie bey

sich seihst keine Spur finden, und die Boshaften

auf der andern werden sich über Ihre Tugend wenigstens ungläubig stellen, um sich eben dieser

Tugend wegen an Ihnen zu rachen.

Bedenken

Sie, daß Sie etwas thun, was so gar Manner nicht wagen würden.

Selbst unter den jungen

Leuten, deren Orakel Graf Valmont nur allzusehr

geworden ist, würden alle die, denen der Ruf einer untadelhasten Aufführung etwas werth ist,

sich sehr ungern in einem vertrauten Umgang mit

ihm blicken lassen.

Und Sie — Siescheuenkich

davor nicht? Ach kommen Sie zurück — kom­ men Sie, ich beschwöre Sie.

Sollten alle meine

Gründe nicht mächtig genug seyn, Sie zu bewe­ gen , o so geben Sie meiner Freundschaft nach,

die mich drängt, Ihnen diese Bitte unaufhörlich zu wiederholen und die siegewiß rechtfertigt, Sie

nen

nennen diese Freundschaft strenge, und ich wün,

sche sie hier überflüßig.

Aber ich will deck) lieber,

daß Sie über meine zu große Besorglichkett, als über meine zu große Sorglosig keit Sich

beklagen sollen.

20.

Die Markisin von Mcrleuil au Graf Dalmonk. den 24. Aug. 9Bcnn Sie sich fürchten, Ihr Ziel zu erreichen,

mein lieber Graf, wenn Sie selbst Waffen gegen

sich schmieden wollen, und Ihnen am Kampfe allein und nichts am Siege gelegen ist — so ha­

be ich nichts weiter zu sagen, denn ist Zhr De-

nehuien ein Meisterstück von Klugheit,

Aber es

wird auch zur größten Tollheit, sobald man Las Gegentheil bey Zhnen voraussetzt; und ich muß

es Zhnen nur gerade hin sagen — ich glaube, Sie sind auf dem falschen Wege.

Daß Sie den günstigen Augenblick nicht auf der Stelle benutzten, darüber will ich Ihnen gera­

de keinen Vorwurf machen.

Denn einslheils se­

he

T-P

'==

he ich nicht recht klar, daß er wirklich vorhanden

war und anderntheils weiß ich recht wohl, (was man auch dagegen sagen mag ) daß eine verfehlte

Gelegenheit sich wieder finden kann, indeß ein

übereilter Schritt sich niemals zurüLthun läßt.

Mer recht schülerhaft war es, daß Sie sich aufs Schreiben einließen.

Ich bitte Sie, über,

legen Sie doch einmal, wohin dieß führen kann.

Hoffen Sie denn etwa, es tiefer Frau zu drmonstriren, daß sie sich Ahnen ergeben muß?

Mich dünckt, dieß gehört zu der Klassevon Wahr­ heiten, die man fühlen muß, und die keine De­ monstration erlauben.

Um sie ihr beyzubringen,

dachte ich, Sir müßten auf Ahr Herz würkerr,

aber ums Himmelswillen, das Rässniren bleibe» lassen.

Oder glauben Sie mit Ihren Briefen dieß Herz zu rühren? Gesetzt dieß gelange, was wür­

de es Ahnen helfen, da Sie doch nie bey der Hand sind, diese Rührung zu benutzen.

Ange­

nommen, Ähre schöne Phrasen brächten dir süßr

Trunkenheit der Liebe hervor, glauben Sir denn, daß dieser Rausch so anhaltend seyn wird, daß

die Ueberlegung keine Zeit gewänne, wenigstens das

==

i4£

ras Geständniß derselben zu verhindern? Ueber» lege» Sie doch, wie viel Zeit dazu gehört, um einen Brief zu schreiben — denn ihn zu überge­

ben und fragen Sie sich, ob wohl eine Frau von Grundsätzen, wie Ihre Fromme ist, so lange bey

einem Entschluß beharren wird, den sie aus allen Kräften zu bekämpfen, sich so standhaft bemüht. Dieser Weg kann wohl bey unerfahrnen Kindern

zu etwas führen,

die nicht wissen,

das; wenn

sie sagen, ich liebe dich, dieß so viel heißt»

als: ich ergebe mich dir.

Mer die rasonni,

rende Tugend der Frau von Tourvel scheint mit

den Werth der Ausdrücke wohl zu kennen.

Auch

werden Sie, obgleich Sie bey der mündlichen Unterhandlung im Vortheil waren, in den Drie­

sen gänzlich wieder zurückgeschlagrn,

wie Sie

sehn, und ich will Zhnrn begreiflich machen, wie das zugeht.

Läßt man sich erst aufs Disputiren

«in, so will man natürlich nicht gleich nachgeben; man sieht sich also nach Gründen um, und man findet sie; man sagt sie und beharrt endlich dar­

auf, nicht weil man die^ Gründe gut findet, son­ dern nur, weil man sich nicht widersprechen und blos geben will.

Ich

Ich muß Sie ferner an eine Bemerkung er-inncrn, die Sie zu meinem Erstaunen nicht ge­

macht haben, ncmlich: daß in der Liebe nichts so schwer ist, als etwas zu schreiben, was man

nicht fühlt, ich meine so, daß es natürlich — wahrscheinlich klingt.

Man gebraucht freilich die

gewöhnlichen Ausdrücke, aber man ordnet sie nicht so — oder

vielmehr

man ordnet sie zu

sehr ■— lesen Sie nurZhren Brief wieder durch; es ist eine Ordnung drin, die Sie in jeder Zeile

verrath.

Und wenn ich auch glauben wollte, daß

Ihre Präsidentin nicht Erfahrung genug hätte,

um auch so etwas zu merken, so ist doch der Ef­ fekt darum nicht minder verfehlt.

Fehler unserer Romane.

Es ist dieß dex

Der Verfasser zermar­

tert sich, um sich in Wärme und Begeisterung

zu setzen und der Leser bleibt kalt.

Roußeaus

Heloise ist der einzige Roman, den ich von die, fern Tadel ausnehmen muß, aber deswegen habe ich auch, so viel ich dem großen Talent des Ver­ fassers auch zutraue, nie recht glauben können,

daß bey ihm nicht etwas wahres zum Grunde liege. Beym

Beym Sprechen ist es etwas anders.

Bey

der großen Gewalt, die man über feine Organe erlangt hat, gelingt der Ausdruck des Gefühls

viel leichter; die Kunst der Thränen kommt ihm zu Hülfe; die Begierde verschmilzt im Auge zur

Zärtlichkeit und das Unzusammenhängende

der

NeLe befördert den Anschein von Verwirrung und

Unruhe,

diese wahre Beredsamkeit der Liebe.

Dazu kommt noch, daß die Gegenwart des ge­

klebten Gegenstandes das Ueberlegen hindert und

das Gemüth in ein süßes Sehnen auflöset. Folgen Sie mir, Graf.

Man verbittet Ih­

re Briefe, das muß Ihnen eben recht seyn, um Ihren Fehler wieder gut zu machen.

Warten

Sie nun die Gelegenheit zum Reden ab.

Ich

muß Ihnen übrigens sagen, das; diese Fraumehr Stärke zeigt, als ich ihr zugetraur hatte. Vertheidigung ist gar nicht schlecht.

Ihre

Sie würde

sich nichtim mindesten verrathen, wenn ihrBrief nicht unnölhkg lang wäre und wenn Sie, in der Stelle, wo sie von Erkenntlichkeit spricht, Ih­

nen nicht einen Verwand ließe, den Faden wie­ der anzuknüpsen,

War

r44

==a

Was Ihnen indessen einige Hofnüng giebt ist nach meiner Meinung, daß sie alle ihre Kräfte mit eins anstrengk. Ich sehe vorher, sie wird sich in dem Wort kriege schon so erschöpfen, Laß sie in dem K a m v f ü b e r d i e S a ch e schlecht bestehn wird. — Hier haben Sie Ihre Briese zurück. . Wenn Sie klug sind, so bleibts bey diefeit beyde» bis nach erreichtem Ziel, Wäre eS nicht schon so spat, so wollte'ich Ihnen von der kleinen Belanges erzählen, die gute Fortschritte macht, und mit der ich sehr zufrieden bin. Zch glaube immer, ich komme ehr als Sie zustande, worüber Sie sich Glück zu wünschen haben. Leben Sie wohl für heut.

34-

Graf Valmont an die Markism v. Mecieuil. ten L5- Aug. ^ie sprechen wie ein Buch, meine schöne Freund bin. Aber warum strengen Sie sich an etwas zu beweise», das keine Seele bezweifelt. Um in der Liebe schnell vorwärts zu kommen, ist reden best

besser als schreiben. Das ist, wo ich nicht irre, der ganze Inhalt Ihres Briefes. Wer dieser Satz gehöre ja zu dem A. B. C. der Ver» führungskunst, und ich erinnere dabey nur, daß es nicht die eine Ausnahme von demselben, die Sie anführen, allein, sondern daß es deren zwey giebt. Außer den jungen Dingern tum», lich, die diesen Weg der Feder aus Schüchtern» heil einschlagen, und sich aus Unerfahrenheit er­ geben , muß man auch noch d i e Weiber ausneh­ men, die Schingeisterey treiben und sich darauf etwas einbilden. Diesen ist ein Briefwechsel aus Eigenliebe immer willkommen und ihre Ei» relkeit führt sie nach und nach in die Schlinge. So bin ich, zum Beyspiel gewiß, daß die Grä, fin D., die ohne Bedenken auf meinem ersten Briefantwortete, damals noch so wenig Liebe für mich hatte, als ich für sie, und daß nur die Ge, legenheit sie reihte, in einer schriftlichen Verband, lung mir ihrem Geist zu glanzen. Doch wie dem sey die Zuristen sagen» das Gesetz ist auf vorliegenden Falt nicht anwendbar. Sir sehen ganz fälschlich voraus, meine Theure, daß ich zwischen Reden

Der geführt. Umg. I. Th-

Ä

und

-—■ und Schreiben die Wahl halte.

Aber seit der

Szene vom r-ten hat meine Grausame, die sich nur auf Vertheidigung cinschrankt, es sorgfältig

zu vermeiden gewußt,

mit mir allein zu seyn,

und durch diese List die meinige geschlagen.

Sie

geht so weit darin, daß, wenn sie fortfahrt, ich jedes Mittel werde ergreifen müssen, mich in mei,

nen alten Vortheil zu setzen.

Denn warlich sie

soll mich in keinem Stück überwinden. — Selbst

meine Briefe sind jezt der Gegenstand eines be­ sondern kleinen Krieges.

Sie beantwortet

sie nicht nur nicht, sondern sie weigert sich sogar, sie anzunehmen.

List erfinden,

Für jeden muß ich eine eigene

die nicht einmal immer gelingt.

Sie erinnern sich, durch welches einfache Mittel

ich ihr den ersten beybrachce.

te nicht größere Schwierigkeit.

Oer zweyte mach­

Sie hatte ihren

Brief zurückgefordert; ich gab ihr statt dessen den

Meinigen, ohne daß sie arges ahndete.

Aber

war es Aerger sich überlistet zu sehn oder Eigen­

sinn oder vielleicht gar Tugend, ( denn am Ende

wird sie mich nöthigen, daran zu glauben) genug sie weigerte sich standhaft, den dritten anzuneh­

men.

Zch hoff» indessen, daß die Verlegenheit, in

in die ich sie um dieser Weigerung willen »versetz­ te, ihr für die Zukunst zur Warnung gereichen wird.

Daß sie diesen dritten Brief — den ich

ihr ganz geradezu hinreichte — nicht annehmen

würde, das vermuthete ich vorher.

Dabey hätte

sie sich schon etwas vergeben, und ich war auf einen länger» Widerstand gefaßt.

Nach diesem

Versuch, den ich nur so im Vorübergehn mach,

te,

schlug ich meinen Brief in ein Couvert,

paßte die Gelegenheit ab, wo Frau von Nvse,

monde und ihr Kammermädchen bey ihr war und überschickte ihn durch meinen Säger, wobey ich sagen ließ, das wäre das bewußte Papier, wel­ ches sie von mir verlangt hätte.

Sch hatte ganz

richtig vorausgesehn, daß sie, um allen Erläute,

rungen auszuweichen, die eine Weigerung nöthig

gemacht halte, den Brief annehmen würde, und mein Kerl, dem ich aufgegeben hatte, ihre Mi­

nen zu beobachten und der scharf sieht, bemerkte nur eine überfliegende Nöthe und mehr Verlegen­

heit als Zorn. Sch wünschte mir schon Glück.

weder muß sie Len Brief behalten,

Denn ent, dachte ich,

oder wenn sie ihn dir zurückgeben will, K i

so muß sie

sie dich allein zu sprechen suchen und denn hast

du Gelegenheit zu reden.

Ohngefehr eine ©tun#

de hernach kommt einer von ihren Leuten auf

mein Zimmer und bringt mir mit einer Empfch-

lung von seiner gnädigen Frau ein Päckchen von einer ganz andern Form als ein Brief und mit einer Aufschrift an mich, tu der ich die mir so

Ich reiße es hastig

theure Hand gleich erkannte.

auf, es war — mein Brief, unerbrochen und blos noch einmal zusammengebogen.

Gewiß be#

sorgte Sie, ich möchte mir weniger daraus ma­ chen ein Aergerniß zu geben,

deshalb nahm sie

zu dieser teuflischen List ihre Zuflucht.

Sie ken#

nen mich; ich darf Ihnen also meine Wuth da, bey nicht erst schildern.

Indessen hatte ich kaltes

Blut nöthig, um ein neues Mittel zu ersinnen. Das einzige was ich fand, war folgendes.

Es geht alle Morgen jemand von hier auf die Post, die ohngefehr eine halbe Stunde von

hier entfernt ist,

um Briefe zu holen.

Man

bedient sich dabey einer verschlossenen Büchse, zu der der Postmeister und Frau von Nosemonde je­ der einen Schlüssel haben.

Wer hier Briefe zu

besorgen hat, steckt sie den Tag über in die Büch­ se-

= ft. DesLtbends werden sie in derselben auf die Post getragen, und des Morgens in derselben diejenigen abgeholr, die angekommen waren. Alle Leute hier im Hause, die eigenen sowohl als die fremden, thun diesen Dienst ohne Unterschied An meinem Kerl war gerade die Reihe Nicht, aber er erbot sich zu gehn, weil er so in der Gegend Bestellungen habe. Zch schrieb indessen meinen Brief. Die Aufschrift machte ich mit verstellter Hand, auch setzte ich aufs Couvert das Postzcichcn Dijon, dar ich nachmachte und das mir ziemlich gerieth. Ich wählte diesen Ort, theils weil ich mir den Spaß machen wollte, mit dem Ehemann, dessen Rechte ich suchte, auch aus ei­ nem Ort zu schreiben — zum theil auch, weil meine Angcbete den ganzen Tag über nach Brie­ fen aus Dijon verlangt hatte, und ich ihr diese Freude machen wollte. Diesen Brief in die.Büch, se zu den übrigen eingelanftncn zu stecken, hatte keine Schwierigkeit, .und ich hatte jezt auch noch den Vortheil, daß ich selbst Zeuge des Empfan­ ges seyn konnte. Denn es ist hier Sitte, des Btorgens das Frühstück in Gesellschaft zu neh­ men und bey demselben die Ankunft der Briefe ab-

abzuwarten.

Endlich kamen die heutigen an.

Frau von Nosemonde öffnete die Büchse. „Don Dijon", sagte sie und gab den Brief der Tourvei

hin.

„Das ist nicht meines Mannes Hand,"

sagte diese unruhig und erbrach ihn hastig.

Der

erste Blick, den sie auf die Zeilen warf, gab ihr Licht und ihre Minen veränderten sich so auffal­

lend , daß Frau von Nosemonde es bemerkte und sagte: „Mein Gott, was ist Ihnen?" ich trat

gleichfalls hinzu und sagte:

„Der Brief scheint

nicht viel angenehmes zu enthalten." Die schüch­

terne Fromme wagte nicht die Augen auszuschla­ gen, und sprach kein Wort.

Um ihre Verlegen­

heit zu verbergen, that sie, als ob sie den Dries durchlieft, aber sie war jezt gewiß nicht im Stan­

de ein Wort zu lesen.

Zch belustigte mich an ih,.

rer Unruhe und sagte, um sie ein wenig zu necken:

„Ihr Gesicht wird ruhiger, meine gnädige Frau. Der Brief hat ihnen wohl nur einen kleine» Schreck, aber keinen eigentlichen Kummer ge,

macht."

Der Zorn gab ihr jezt eine Antwort

ein, die die Klugheit vergebens gesucht hatte und nicht besser hätte finden können.

„Er enthält,

rief sie, Dinge, die mich beleidigen und ich erstaur

=

ist

staune über die Frechheit, mir so etwas zu schrei­ ben." — Mein Go«, von wem ist er denn, fragte die Tante. „Er ist ohne Unterschrift/ antwortete meine Schöne mit großer Bitterkeit, „aber der Brief und sein Verfasser sind mir gleich verächtlich. Ach bitte Sie sehr um die Gefällig­ keit, nichts weiter davon zu erwähnen." Bey diesen Worten zerriß sie das verwegne Papier, steckte die Stücke zu sich, stand auf und ging hin­ aus. Ohngeachtet dieses Zorns hat sie gewiß den Brief gelesen und sie hat ihn ganz gelesen, da­ für bürgt mir ihre Neugierde. Ach übergehe die fernere kleine Geschichte die­ ses Tages um nicht zu weitlauftig zu werdenHier haben Sie die beyden Briefe und nun wis­ sen Sie so viel, wie ich. Wollen Sie mit diesem Briefwechsel im Zusammenhänge bleiben, so müs­ sen Sie sich schon gewöhnen meine kleine Schrift in den Entwürfen zu lesen. Denn um alles in der Welt willen möchte ich dieß ekelhafte Zeug nicht noch einmal abschreiben. Leben Sie wohl, meine schöne Freundin.

35« Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel. -en 2 r. Aug.

werde Ihnen gehorchen, gnädige Frau und Ihnen beweisen, baß ich ohngeachtet aller ter Vorwürfe, die Sie mir zu machen belieben, we­ nigstens so viel Feinheit besitze, mir keinen Ta­ del gegen Sie zu erlauben und Muth genug, mir die schmerzhaftesten Opfer aufzulegen. Sie gebieten mir, zu schweigen und zu verges­ sen. Wohlan, ich will meine Liebe zum Schwei­ gen verdammen, und, wenns möglich ist, die grausame Art vergessen, wie sie von Ihnen aus­ genommen ist. Sie haben recht, der Wunsch, Ihnen zu gefallen war noch kein Recht dazu und ich gestehe selbst, daß :Bedürfniß Ihrer nach­ sichtsvollen Güte noch keine» gültigen Anspruch darauf geben konnte. Wenn Sie aber meine Lie­ che— als eine Beschimpfung ansehn, so bedenfcn Sie nicht, daß Sie selbst von dieser so ge­ nannten Beleidigung — beydes die Ursach und die Rechtfertigung sind; Sie vergessen, daß das Gestandniß meiner Empfindungen für Sie eine na-

türliche Folge jener Offenherzigkeit war, die ich einmal überhaupt gegen Sie beobachtete und der ich selbst da treu blieb, wo sie mich in keinen vor, theilhasten Lichte zeigte. Sie rechnen mir das als freche Unbescheidenheit an, was allein diese treuherzige Aufrichtigkeit that; und der Lohn der zärtlichsten, der ehrfurchtsvollsten und aufrichtig­ sten Liebe ist der, daß Sie mich weit von sichzu­ rückstoßen. Za Sie bedrohen mich so gar mit Ihrem Haß. Wer würde sich über eine solche Härte nicht beklagen'. Zch unterwerfe mich ihr gleichwohl sind dulde dieß alles, ohne zu murren. Zch bet« die Hand an, die mich schlägt. Die unbegreifliche Gewalt, die Sie über mich hüben, machte Sie zu meiner unbeschränkten Gebieterin. Nur meine Liebe allein widersteht Zhnen, weil sie nicht mein Werk, sondern das Zhrige ist. Nir habe ich mich mit Hefnungen auf Ge* genliebe geschmeichelt; ich erwartete nicht einmal Mitleid vom Zhnen, wozu mich doch Ihre bishe­ rige nachsichtsvolle Güte gegen mich einigerma­ ßen berechtigen konnte. Aber Gerechtigkeit —diese glaube ich doch von Ihnen fordern zu dür­ fen. Sie sagen, gnädige Frauman habe Zh­ nen

neu eine üble Meinung von mir beyzubringon gesucht. Wenn Sie den Rath Ihrer lFreunde hätten befolgen wollen, so würden Sie jede An­ näherung von meiner Seite vermieden haben. Dieß sind Ihre eigenen Worte. Wer sind denn frage ich, diese gefälligen-Freunde? Leute ven einer so strengen und rauhen Tugend würden, sollte ich denken, sich willig und ohne Furcht nen­ nen lassen und sich nicht geflissentlich in eine Dun­ kelheit hüllen, in der man sie leicht mit nichtswür­ digen Verläumdern verwechseln könnte. Siewür­ den nicht blos den Tadel sondern auch ihren Nah­ men dazu hergeben. — Sie können wohl nicht in Abrede seyn, meine gnädige Frau, daß ich ein Recht habe, das eine wie das andre zu wis­ sen , da Sie mich nach beyden richten. Wo verurtheiit man denn einen Verbrecher, ohne ihm seine Verbrechen und seine Ankläger nahmhaft zu machen? Nur diese einzige Gewogenheit fordre ich von Ihnen und ich verpflichte mich dagegen im Voraus, mich zu rechtfertigen und meine Widersacher zu beschämen. Die leeren Schreier aus dem großen Haufen, um den ich mich wenig bekümmerte, habe ich im­ mer

mtr verachtet.

Aber mit Ihrer guten Meinung

von mir ist der Fall ganz anders.

Da sie za

verdienen, das Geschäft meines ganze,» Lebens

seyn soll, so kann ich sie mir ohnmöglich ungc, straft entreißen lassen.

Sie ist mir um so theu­

rer, da ich ihr unstreitig jene Bitte verdanken wüt, de — die Sie jezt zu thun sich scheuen, und die

mir, wie Sie sagen, Anspruch an Ihre Erkennt, lichkeit geben würde.

Ach nicht Sie — ich al,

jein will von Erkenntlichkeit sprechen / wenn Sir mir das Glück schenken wollen, Ihnen gefällig zu

werden.

Ich bitte Sie,

verkennen Sie mich

nicht länger, und lassen Sie mich Ihre Wünsche wissen.

Könnte ichs im mindesten errathen, ge­

wiß ich würde Ihnen das Gesiändniß derselben ersparen.

Schenken Sie mir zu dem Vergnügen,

Sie zu sehn, noch das Glück, Ihnen zu diene«»

und ich will sagen,

mich sind.

daß Sie sehr gütig gegen

Was kann Sie wohl abhalten! doch

nickt die Besorgniß, eine abschlägige Antwort zu

erhalten? diese könnte ich Ihnen nie verzeihen. Daß ich Ihnen Ihren Brief nicht zurückgcbe' dürfen Sie wenigstens nicht als eine verweigerte

Bitte ansehn und als ein Bcyspielanführen. Ich wün«

rz6 Wünsche gewiß weit mehr als Sie, daß dieser Brief mir entbehrlich wäre! Aber ich habe mich so sehr gewöhnt, Sie mir unter dem Bilde sanf­ ter Güte verzustellen, daß ich immer in diesen Brief sehn muß, um nicht zu vergessen wie Sie erscheinen wollen. Wenn der Wunsch, ZbrHerz zu rühren, sich in mir regt, so sagt er mir, daß -Sie ehr hundert Meilen weit von nur fliehen würden, ehe Sie dieses geschehn ließen. Wenn alles in mir meine Liebe vermehrt und sie rechtftr.tigt, so ruft er mir unaufhörlich zu, daß Sie dieselbe für eine Schmach achten. Wenn ich, in­ dem ich Sie anö-icke., die Liebe für die höchste Wonne der Erde halte, so habe ich diesen Brief .nöthig, um zu lernen, daß sie eine fürchterliche ..Peln ist. Sie sehn selbst ein, daß es ein großes Glück für mich seyn würde, wenn ich Ihnen die­ sen Brief zurückgeben könnte und wenn Sie ihn abermals fordern, so werde ich das für ein Zei.chen ansehn, daß Sie auch seinen Inhalt zurück­ nehmen. Dann dürfen Sie an meiner Bereit­ willigkeit, ihn auszulrefern, gewiß keinen Au­ genblick zweifeln.

3 6.

Derselbe an Dieselbe. wir tem Postzcichrn von Dijon.

den 23. Aug.

^hre Strenge gegen mich wird täglich größer, weine gnädige Frau, und ich fange an zu glau­ ben, daß Sie sich lieber eine Ungerechtigkeit als ein wenig Nachsicht erlauben. Erst verdammen Sie mich, ohne mich zu hören und hinterher fin­ den Sie natürlicherweise, Laß es bequemer ist, weine Gründe ungelesen zu lassen, als auf sie zu zu antworten. Sie weigern sich standhaft meine Briefe anzunehmen, oder schicken sie mit Verach­ tung zurück. Dadurch nöthigen Sie mich, zur List meine Zuflucht zu nehmen, und das zu einer Zeit, wo es mein größter Wunsch ist. Sie von meinem geraden Sinn zu überzeugen. Sie selbst haben mich in die Nothwendigkeit verseht, mich zu vertheidigen; dieß wird bey Ihnen die Mittel entschuldigen, die ich dazu ergreifen muß. Ich bin überdem von der Aufrichtigkeit meiner Gesin­ nungen so fest überzeugt, daß ich kein besseres Mittel kenne, sie bey Zhnen zu rechtfertigen, als wenn

wenn ich mich bemühe, sie Ihnen ganz darzüstel, len und zu diesem wichtigen Zweck glaubte ich mir

einen kleinen Umweg wohl erlauben zu dürfen.

Ich hoffe, Sie werden mir ihn verzeihen, und

darin nichts besonders finden, daß dir Liebe scharf­ sinniger ist, hervorzuschleichen, als die Gleich­

gültigkeit- ihr auszuweiche». Erlauben Sie mir also, gnädige Frau, daß

ich Ihnen mein ganzes Herz enthülle.

Ihnen

tzehörl es, Sie müssen es folglich ganz kennen.

Als ich zur Frau von Rosrrnonde kam, war ich

weit entfernt, zu ahnden, was mich dort erwar, rete.

Ich wußte nicht, daß ich Sie dort treffen

würde.

Ja ich sage Ihnen mit der mir nackirli,

chen Aufrichtigkeit, daß, wenn ichs auch gewußt hätte, mich das nicht im mindesten würde beun­ ruhigt haben.

Ich will damit warlich nicht der

Gerechtigkeit zu nahe treten, die Ihrer Schön­

heit gebührt.

Nein.

Aber ich hatte bisjezt nur

Begierden gekannt, und selbst diesen nur da nach, gegeben, wo

die Hoffnung mich aufmunrerte.

Oie Liebe mit ihren Schmerzen war mir bisher ganz unbekannt geblieben.

Sie

rveilen.

Zch hatte jezt schon einen ganzen Tag

mir Ihnen zugebrachr, demohngeachtet war es, (wenigstens schien mirs so) nur der so natürli,

che und rechtmäßige Wunsch — einer verehrten Tante gefällig zu werden, was mich antricb, ih,

rer Ditte nachzugeben.

Die Art zu leben, die

ich hier fand, war sehr verschieden von der,

an

die ich gewöhnt war; doch kostete es mir sehr we­ nig, mich darin zu finden, und ich schrieb diese

Aenderung, die mit mir vorging — ohne ihre wahre iUrsach zu errathen,

allein meinem ge­

schmeidigen und unfesten Charakter zu , von bei»,

ich Ihnen, dünkt mich, schon gesagt habe. Aber-unglücklicherweise — (o warum muß

dieß ein Unglück heißen ) machte ich bey der nä, Hern Bekanntschaft mit Ihnen bald dir Entdek,

lang, daß die zauberische Schönheit, die mich bis, her allein gerührt hatte, dergeringste unter Ihren

Vorzügen sey.

Zhrd himmlische Seele setzte

mich in Erstaunen — riß mich hin.

Zch bewun-

rerte Ihre Schönheit und betete Ihre Tugend

an.

'

Ohn» einen Wunsch auf Sie zu richten,

• woll,

166

====.

wollte ich Ihrer würdig werden. Ich forderte Ihre Nachsicht für mein vergangenes Leben, und warb um Ihren Beyfall für die Zukunft. Die­ se n suchte ich auf in allem, was Sie sagten, nach diesem forschte ich in Ihren Blicken — ach, und so sog ich aus diesen Blicken ein Gift, das um so tiefer eindrang, da es ohne Absicht und Willen mitgekheilt und empfangen wurde. Jetzt kannte ich die Liebe. Aber ich war weit entfernt, über sie zu klagen. Ich war entschloss fett, meine Leidenschaft mit ewigen Schweigen zu bedecken und so gab ich mich ihren wonneteü chen Gefühlen ohne Furcht und ohne Rückhalt hin. Mit jedem Tage stieg ihre Gewalt über mich. " Bisher hatte ich Ihre Gesellschaft des sanften Aergnügens wegen gesucht, das ich in ihr fand — jetzt wurde sie ein quälendes Bedürf» niß für mich. Entfernten Sie sich einen Augen, blick, so fühlte ich mein Herz beklommen; hörte ich "Sie zurückkommen, so klopfte es vor Freude. Ich lebte nur in Ihnen und für Sie. Aber ich sordre Sie selbst zum Zeugen auf, ob jemals in der Fröhligkeit unserer mvthwilligen Spiele oder in der Warme eines ernsthaften Gesprächs mit

ein

i6r

=====

ein Wort entwischte,

welches das Geheimniß

meines Herzens hätte verrathen können.

Endlich kam der Tag, an dem mein Unglück seinen Anfang nehmen sollte.

Ein unbegreifli,

ches Misgeschick wollte, daß eine lvbenswerrhe Handlung dazu die Veranlassung wäre.

Za,

Verehrungswerlhe! .Zn der Mitte der Unglück,

lichen, die ich gereuet hatte, hier wo sich Zhe gefühlvolles Herz in seiner ganzen Anmuth vor

mir enthüllte — und Zbrer Schönheit —

Zh,

rer Tugend einen neuen forrreißenden Reitz er, theilte. —

Hier wars — hier stieg die Verwir-

rang meines liebeberauschten Herzens auf den höchsten Grad.

Vielleicht erinnern Sie sich mei,

.«es unruhigen zerstreuten Zustandes auf dem Rückwege.

Ach, ich strengte da meine letzten

Kräfte eine Leidenschaft zu bekämpfen,

Uebermacht ich zu ahnden anfing.

deren

Schon hatte

dieser ungleiche Kampf mich erschöpft, als eia

-Zufall, den ich nicht vorhersehen konnte, uns oh­ ne Zeugen beysammen ließ.

.gestehe es.

Hier erlag ich, ich

Mein überströmendes Herz konnte

-hier nicht länger Worte und Thränen zurückhal­

ten.

Aber war dies ein Verbrechen und wenn er

Der -efährl. Umg. 1. Th.

L

eins

-■ -

163

eins war,

werde ich durch die grausamen Qua­

len, deren Opfer ich bin, nicht hinreichend be­ straft? Unter diesen Qualen hoffnungsloser Lie­ be flehte ich um Ihr Mitleid und fand Ihren Haß.

Sie zu sehn, ist mein einziges Glück,

mein Auge sucht Sie überall,

Ihren Blicken zu begegnen.

aber ich zittre,

Am Tage quäle ich

mich um meinen Kummer zu "verbergen, und des

Nachts geb' ich mich ihm gänzlich hin.

So leide

ich durch Sie, während Sie selbst ruhig und froh

von diesen Qualen nichts empfinden — als das Vergnügen, sie zu verursachen.

Und dennoch find

Sie es, die sich beklagen und ich bins, der sich

verantworten muß. Sehn Sir, gnädige Frau, dieß ist die gc,

treue Schilderung dessen was Sie mein Ver­ gehn heißen.

Sie würden es billiger mein

Unglück benennen.

Reine treue Liebe— eine

Hochachtung, die sich keinen Augenblick vergaß — eine vollkommne Unterwerfung, das sind die Em­

pfindungen, die Sie mir eingeflSßt haben.

Ich

dürfte mich nicht scheuen, sie der Gottheit selbst

zu weihen.

0 Sie — das Meisterstück dersel­

ben — werden Sie ihr an nachsichtsvoller Güte gleich.

gleich.

Wägen Die meine Leiden!

Bedenken

Sie, daß ich zwischen der Verzweiflung und dem höchsten Glück in der Mitte stehe, und daß Ihr

Ausspruch auf immer über mein Schicksal ent, scheiden wird,

37Die Präsidentin

von Tourvel an Frau

von Belanges.

tcn 25. Aug. L unterwerfe mich, verehrungswerlhe Frau,

dem Rath, den Ihre Freundschaft mir giebt.

Sie haben mich gewöhnt, beydes — Ihrer Ent,

scheidung zu folgen und ihnen immer die besten Gründe zu derselben zuzutrauen.

nen sogar gestehn,

Ich will Ih­

daß wenn Graf Valmont

sich wirklich zu dem verstellen könnte, was er

hier'zu seyn scheint, und er dabey doch so wäre,

wie Sie ihn schildern, er allerdings- rin sehr ge­

fährlicher Mensch seyn müßte. ihm wolle —

Dem sey, wie

ich will ihn von mir entfernen,

weil Sie es fordern; ich will wenigstens mein

Möglichstes deshalb treulich thun.

L r

Dennman-

che

it>4 che Dinge, so einfach sie an sich sind, setzen uns doch durch die einzige Art, wie sie geschehen kön­ nen, in große Verlegenheit. Die Tante selbst um seine Entfernung zu bitten, schien mir immer nicht recht thunlich. Eine solche Ditte würde ge­ gen Sie sowohl — als gegen ihn etwas unarti­ ges enthalten. Mich selbst zu entfernen, dazu würde ich mich eben so ungern entschließen. Sie wissen meine Gründe, die sich auf meinen Mann beziehn; und wir wollen den (doch möglichen) Fall setzen, meine Abreise wäre Valmonts Absich­ ten zuwider, würde es ihm nicht ein leichtes seyn, mir nach Paris zu folgen, und würde seine Rück­ kehr , zu der man mich leicht als die Ursach an­ sehn könnte, nicht viel auffallender seyn, als ei» zufälliges Zusammentreffen auf dem Lande bey einer Dame, die bekanntermaßen seine nahe Ver­ wandte und meine Freundin ist? Es bleibt mir also kein anderes Mittel übrig, als ihn selbst dahin zu bewegen, daß er sich ent­ ferne. 2ch fühle wohl, wie schwierig es ist, ihm diesen Vorschlag zu thun; da ihm indessen viel daran gelegen zu seyn scheint, mir zu beweisen, er sey ein besserer Mensch, als man glaubt, so den-

denke ich, soll es mir gelingen. Auf allen Fall werde ich den Versuch 'machen, um ihn zugleich auf die Probe zu stellen, ob wirklich, wie er so oft versichert, Frauenzimmer von ächter Tugend sich nie über ihn werden beklagen dürfen. Ent­ fernt er sich, so thut ers gewiß blos um meinet­ willen; denn es ist außer Zweifel, daß er sich vorgesetzt hat, den größten Theil des Herbstes hier zuzubringen. Schlägt er mir meine Ditte ab, und er besteht darauf, hier zu bleiben, so habe ich immer noch Zeit, mich selbst zu entfer­ nen, und das verspreche ich Ihnen dann auch heilig. Das war ja wohl alles, was Ihre Freund­ schaft von mir forderte. Ich eile es zu erfüllen und Ihnen zu beweisen, daß ohngeachtet der Wärme mit der ich Graf Valmont vertheidige, ich doch immer bereit bin, den Rach meiner Freunde — nicht blos zu hören, sondern auch zu befolgen. Ich habe die Ehre re.

--------

»66

38.

Die

Markisin

von

Merteuil an Graf

Valmont.

ten 17. Slug. Eben kommt ein großer Paket von Ihnen an,

mein lieber Graf, wenn das Datum drauf rich,

lig ist, so hätte ich es schon 24 Stunden frühen

haben müssen.

Doch wie dem auch sey — genug

ich kann mir jezt nicht die Zeit nehmen es zu le, feit, weil ich sonst keinen Augenblick übrig behiel­ te, Ihnen zu antworten.. Also melde ich Ihnen

hiermit blos den Empfang und nun wollen wir von andern Dingen reden. Ich hatte Ihnen freylich auch manches über

mich selbst zu sagen.

Der schLne Herbst lockt fast

alles aus Paris weg, was nur menschliche Ge­ stalt hat, und ich lebe seit einem Monat ein­

sam und ordentlich zum Umkommen.

Jedem an­

der» außer meinem Chevalier würde meine große

Standhaftigkeit beschwerlich werden. Da ich nun aber in der Welt nichts zu thun

habe, so vertreibe ich mir die Zeit mit der kleinen Belanges und sie ist eS eigentlich, von der ich

mir

mit Ihnen jezt reden will.

Wissen Sie wehl,

mein Herr, daß Sie mehr dabey verlohren haben

als Sie glauben, indem Sie sich mit diesem Kin­ de nicht einlassrn wollten?

das Mädchen macht

mir königliches Vergnügen! das hat weder Cha'

rakter — noch Grundsätze! Wie sanft, leicht und geschmeidig der Umgang mit ihr dadurch wird,

können Sie leicht denken.

Zch glaube nicht, daß

sie je durch Gefühl glänzen wird, aber alles ver­

kündigt bey ihr sehr lebhafte Sinne.

Ohne viel

Witz und ohne List hat sie gleichwohl eine natürli­

che Falschheit, die mich zuweilen selbst in (Stftau». nen setzt, und mit der sie um so eher betrügen wird, da ihr Aeusseres die lautere Aufrichtigkeit

und Unschuld anzeigt.

Sie ist von Natur schmei­

chelnd und das belustigt mich ordentlich zuweilen.

Ihr kleiner Kopf erhitzt sich mit einer unglaubli­ chen Leichtigkeit, und denn ist sie umso drolligter,

da sie nichts, schlechterdings gar nichts von allen . dem weiß, was sie doch so gern wissen möchte.

Sie verfällt denn in die poßierlichste Ungeduld. Sie lacht, sie ärgert sich, sie weint — und end, lich bittet sie mich mit einer einnehmenden Gut­

herzigkeit, sie zu belehren.

Ich bin fast eifer­

süchtig

i68 süchtig auf den,

dem dieses Vergnügen vorbei-

halten ist.

Ich weiß nicht, ob ichs Ihnen schon gesagt habe, daß ich seit vier oder fünf Tagen die Ehre habe, ihre Vertraute zu seyn.

Sie können den­

ken , daß ich anfänglich strenge that.

So bald

ich aber merkte, daß sie mich durch ihre schlechten

Gründe überwunden zu haben fest glaube, so that ich überzeugt und stellte mich ihrer Einsicht und

Beredsamkeit zu weichen. nöthig,

Diese Vorsicht war

um mich nicht zu verrathen.

Ich gab

ihr nun die Erlaubniß,

zu sagen und zu schrei­

ben; ich liebe Sie.

Noch demnemlichenTag

wußte ich, ohne daß sie diese Absicht merkte, es

so zu spielen, daß sie mit ihrem Danceny allein war.

Aber denken Sie sich den Pinsel — er

hat noch nicht einmal einen Kuß von ihr zu er­

halten gewußt, und doch macht der Bursche ah .

lerliebsie Verse.

Lieber Himmel— was sind tie.

Schöngeister einfältig!

Dieser ist es in solchem

Grade, dass ich nichts mit ihm anzufangen weiß;

denn ihn kann ich doch immermehr auch in die Schule nehmen.

Hier nun würden Sie mir von

großen Nutzen seyn.

Sie sind mit Danceny hin­ reichend

=====

i§9

reichend bekannt um sein Vertrauen leicht zu ge» winnen, und haben Sie das einmal weg, so gehn wir mit großen Schritten vorwärts. Ma­ chen Sie also doch bald ein Ende mit Ihrer Prä­ sidentin; denn ich will durchaus nicht, daß Ger» tourt so davon kömmt.

Gestern erzählte ich der kleinen Volangeö von diesem ibren Zukünftigen. Ich habe ihn aber da­ bey so abgemahlt, daß sie ihn ärger haßt, als ob sie zehn Aahr mit ihm verheyrathet wäre. Auch habe ich nicht verfehlt, zugleich über die eheliche Treue ein langes und breites zu predigen. Nichts kommt meiner Strenge über diesen Punkt gleich'. Damit gewinne ich zweyerley; ich befestige sie nemlich in ihrer Meinung von meiner Tugend, die durch zu viel Nachgiebigkeit leicht um etwas sinken könnte, und stärke sie zugleich in dem Haß, mit dem ich Ibren künftigen Gemahl gern be­ zahlen möchte. Auch denke ich, wenn ich sie über­ reden kann, sie dürfe das Glück der Liebe nur die kurze Zeit noch, da sie unverheyrathet ist, ge­ nießen, daß sie um so eifriger seyn wird, nichts davon verlohren gehn zu lassen. Leben Sie wohl,Graf.

i7o Zch muß jetzt an die Toilette, bey der

Gras.

ich ihr Päckchen durchlesen will.

39* Geeilte DolangcS

an Sophie» Carnay.

Len 27. Aug. liebe Sophie/

bin traurig und unruhig,

Fast die ganze Nacht über habe ich geweint. Nicht deshalb,

»veil ich für jezt nicht glücklich wäre,

daß dieß leider

sondern vielmehr, »veil ich sehe,

nicht lange Bestand haben wird.

Zch »var ge­

stern mit Frau von Merteuil in der Oper.

Wir

sprachen darin von meiner Derheyrathung und da habe ich Dinge gehört,

sind.

die nicht sehr tröstlich

Es ist ein gewisser Graf von Gercourt,

den ich heyrathen soll, und das wird schon im

Monat Oktober geschehn.

Er ist reich,

ein

Mann von Ansehn und Obrist unter dem Regi­ ment**.

weiter. —

So weit alles gut; aber nun höre Er ist schon alt,

denke Die,

er

hat seine sechs und dreißig Zahr hinter sich und denn, sagt die Frau von Ärerteujl, ist er dabey

ein

*■ '------

ein sehr finsterer,

T7I

ernsthafter Mann,

und sie

meint, sie zweifle dran, ob ich mit ihm glücklich seyn werde.

Zch merkte wohl, daß sie vom Ge,

gentheil völlig überzeugt war und eS nur nicht geradezu sagen wollte, um mich nicht zu sehr nie«

derzuschlagen. Sie hat mir fast den ganzen Abend

von den Pflichten der Frauen gegen ihre Männer

rorgepredigt.

Sie gesteht, daß Graf Gercourt

keineswegeü liebenswürdig ist, und doch meint

sie, müsse ich ihn durchaus lieben.

Sir sagt so«

gar, wenn ich erst verheyrathet wäre, dürfe ich an Danceny gar nicht mehr denken. Ach wie könn«

le ich das! —

Nein das versichere ich Dir, ihn

werde ich ewig lieben.

Siehst du, lieber wollt ich

gar nicht heyrathen! Herr Graf von Gercourt

kann sich ja nach einer andern Gemahlin umschn; id) habe ihn ja nicht gesucht.

Jetzt ist er in Cor/

sika, sehr weit von hier, und meinetwegen möch«

te er dock) immer dableiben.

«id)t,

Fürchtete ick) mich

wieder in mein Kloster zu müssen,



würde ich der Mama geradezu sagen, daß ich mich

für einen solchen Mann gehorsamst bedanke. Aber dann könnte es mir leicht noch schlimmer gehn.

Ach ich bin recht voller Sorgen.

Niemals habe

ich

172

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meinen Danceny so geliebt, wie jezt, und wen« ich daran denke, daß ich nur noch einen Monat, so wie ich Zezt bin, bleiben soll, so tre.cn mir so­ gleich die Thränen in die Augen. Die Freund-schäft der Frau von Merteuil ist mein einziger Trost. Sie hat ein so schönes Herz! Sie nimmt an allen meinem Kummer so großen Antheil — sie ist dabey so liebenswürdig, .daß ich in ihrer Gesellschaft fast alles andere vergesse. Ueberdem ist sie mir sehr nützlich. Denn das bischen, was ich weiß, weiß ich von ihr und sie ist eine so lie­ be Frau, daß ich ihr alles sagen kann, was ich Lenke, ohne mich zu schämen. Findet sie, daß iS nicht hübsch ist, so schilt sie mich wohl zuwei­ len, aber doch nur sehr sanft und dann umarme ich sie recht herzlich, bis sie ganz wieder gut ist. Diese Frau wenigstens werde ich doch immer lie­ ben dürfen, so sehr ich will, ohne böses dabey zu thun! das ist noch mein einzigerTrost. Wir haben indessen verabredet, daß ich in Gegenwart anderer es nicht zeigen soll, wie sehr ich sie liebe — besonders nicht vor der Mama, damit diese um so weniger etwas von Danceny merkt, Ach, glaube mir, könnte ich nur immer so fortleben wie

wie jetzt, ich würde sehr glücklich sevn.

Wenn

nur der verwünschte Graf Gercourt nicht wäre!

Doch nichts weiter von ihm, das macht mich nur traurig.

Statt dessen will ich lieber noch an

meinem Danceny schreiben.

Doch soll er nur

von meiner Liebe, nichts von meinem Kummer lesen, denn ich will ihn nicht traurig machen.

Lebewohl, liebes gutes Mädchen.

Du siehst

nun doch wohl, daß du Unrecht hast, und daß,

so sehr ich auch beschäftigt bin, wie Du Dich aus­ drückst,

es mir dennoch nicht an Zeit fehlt, an

Dich zu schreiben und Dich zu lieben *).

40,

Graf Valmont an die Markisin von Merteuik. ttn 27. Aug.

A.f meine Briefe nicht zu antworten, ja sie nicht einmal anzunehmen,

Meine Grausame nicht.

damit begnügt sich

Sie will mir auch ihren An«

*) Man wird ferner manche Briefe von (Jecitiert an Dan» reny wcgiassen, weil sie wenig interessant sind uut keine Begebenheiten enthalten.

Anblick rauir» und fordert von mir,

daß ich

Doch, worüber Sie sich

mich entfernen soll.

noch mehrwundcrn werden, ist dieß, daß ich mich

dieser Strenge unterwerfe.

vielleicht tadeln.

Sie werden mich

Inzwischen hielt ichs für nütz«

lich, mir einmal etwas von ihr befehlen zu las­ sen,

und das aus einem zwiefachen Grunde,

weilnemlich erstlich: jeder der befiehlt, sich auch verpflichtet und zweytens

weil die

scheinbare Autorität, die wir den Weibern über uns einzuräumen, uns stelle», eine von den fei«

nen Schlingen ist, sängt.

womit man sie oft am besten

Dazu kommt noch, daß sie durch ihre

Geschicklichkeit, alles Alleinseyn mit mir ju tim

meiden,

mich in eine wirklich gefährliche Lage

gebracht hat, der ich für jeden Preis ein Ende

machen muß.

Denn da ich beständig in ihrer

Gesellschaft bin,

ohne sie mit meiner Liebe be­

schäftigen zu können,

so muß ich fürchten, daß

sie sich am Ende gewöhnen wird,

mich ohne alle

Unruhe neben sich zu sehn; und Sie wissen selbst,

meine schöne Freundin, wie schwer es hält, au» diesem versiuchkenVerhältniß derGewöhnungund

Gleichgültigkeit wieder in ein besseres zu kommen. Uebri-

Uebrkgens können Sie wohl denke», daß ich

nicht ohne Bedingungen von meiner Seite gc/ horche.

Ich habe so gar die Vorsicht gebraucht,

unter diese Bedingungen eine aufzunehmen, in die sie unmöglich einwilligen kann, theils damit

ich immer Herr meines Versprechens bleibe, theilum eine mündliche oder schriftliche Verhandlung

darüber rorzubereiten, die ich zu einer Zeit anzu­ fangen gedenke, wo sie mit mir zufriedener ist, als jezt und wo ihr daran liegt,

daß auch ich er

mit ihr sey.

Und dann müßte ich wohl sehr ein­

fältig seyn,

wenn ich nicht endlich für den Ab­

stand von meiner Forderung (so unhalbar sie an

sich ist) eine Entschädigung von ihr sollte erlan­

gen können.

Nach dieser räsonnirenden Einleitung lassen

Sie uns, geliebte Leserin, nun zu dem histori­

schen der beyden letzten Tage fortschreiten.

Al-

Aktenstücke lege ich Ihnen zwey Briefe bey, den von ihr und meine Antwort drauf.

Sie sollen

mirs zum Ruhm nachsagen, daß ich an Genauig­

keit viele andere Geschichtschreiber übertreffe. Sie erinnern sich der Wirkung, die vorgestern

morgen mein Brief aus Dijon. hervvrbrachte. Dec

Der Rest des Tages war sehr stürmisch. Mei, ne reitzende Spröde ließ sich nicht ehr Wiedersehn, als da wir uns an den Tisch setzen wollten. Sie klagte über eine heftige Migraine, ein Vorwand, unter dem sie den stärksten Anfall von übler Lau, »re, den ein Weib nur haben kann, verbergen wollte. Ihr ganzes Gesicht war verändert. Dir Züge der sanften Freundlichkeit, die Dir an ihr kennen, waren in ein hartes, widerspenstiges Wesen übergegangen, daS eine neue Art der 'Schönheit bildete. Zch denke künftig von dieser Entdeckung Gebrauch zu machen und die zärtliche Geliebte zuweilen mit der trotzigen abwechseln zu lassen. Zch sahe vorher, daß es einen trüben Nach, mittag geben würde. Deshalb schützte ich Brie, fe vor, die ich zu schreiben hätte und ging auf mein Zimmer. Erst gegen sechs Uhr kam ich in den Salon zurück. Frau von Rosemonde schlug «ine Promenade vor, die angenommen wurde. Aber tn dem Augenblick, da wir in dem Wagen steigen wollten, hatte meine verstellte Kranke den höllischen Einfall, einen verdoppelten Anfall von ihrem Uebel porzuwenden, (vielleicht um sich für meine

meine vorherige Abwesenheit zu rachen) und so

mußte ich ohne Barmherzigkeit mit der Tante ab lein fahren.

Ich weiß nicht, ob meine Flüche

über diesen Teufel von Weibe erhört worden sind —

genug als wir zurückkanien, fanden wir sie schon

zu Bett. Den andern Morgen beym Frühstück war sie

wieder eine ganz andere Frau.

Ihre ganze na,

türliche Sanftheit war wieder da und ich hatte

allen Grund mich für begnadigt zu halten.

Als

das Frühstück geendigt war, stand sie mit einer unbefangenen Miene auf und ging in den Lust­

garten.

neu.

Ich hinmdrein, wie Sie denken kön,

„Wie kommen Sie, sagte ich, als ich zu ihr

trat, auf den Einfall jetzt einen Spatziergang zu

machen?" Ich habe , erwiederte sie, diesen Mor­

gen viel geschrieben und meinen Kopf dabey ein wenig erhitzt. —

„Ich bin wohl nicht so glück,

lich, sagte ich, an dieser Anstrengung Schuld zu seyn." —

geschrieben.

Doch, sagte Sie, ich habe an Sir

Aber ich bin noch unschlüssig, Ih,

ncn den Brief zu geben.

Er enthält eine Bit,

re — und Bitten von mir psiegenbey Ihnen ohne Wirkung zu bleiben. —

„0 ich schwöre Ihnen,

Der gesährl. Ums. I. Th.

M

wenn

wenn es mir in der Welt möglich ist." — Nichts ist leichter, erwiederte sie, und obgleich ich LaS,

was ich verlange, als eine Schuldigkeit von Ih­

nen fordern könnte, so will ichs doch nur als eine

Gefälligkeit von Ihnen annehmen.



Mit

diesen Worten reichte sie mir den Brief her. Ich nahm ihn und faßte zugleich ihre Hand,

die sie

zwar zurückzog, doch ohne Zorn, mehr ängstlich, als heftig.

„Die Hitze ist doch größer, als ich

dachte," fing sie jetzt an, „ich muß nur wieder zurückgehn."

Vergebens bemühte ich mich, sie

zur Fortsetzung des SpatziergangS zu bewegen.

Zum Glück bedachte ich, daß wir vielleicht beobach, tet werden könnten, und so ließ ichs beym bloßen

Zureden bewenden.

Sie ging jetzt zurück ohne

weiter ein Wort zu reden, und es war mir klar,

daß der ganze Gang keine andere Msicht gehabt hatte, als mir den Brief einzuhändigen.

Als

wir zurück waren ging sie auf ihr Zimmer,

und

ich eilte auf das meinige, um den Brief zu lesen, den Sie, nebst meiner Antwort darauf jetzt auch

erst lesen müssen, ehe. ich fortfahre.

4i.

r?S 41.

Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont. ten 25. Aug,

Betragen gegen mich zu urtheilen. scheint es, als wollten Sie

mir von Tage zn

Tage mehr Ursache geben, mit Ihnen unzufrie­

den zu seyn.

Die eigensinnige Beharrlichkeit,

mit der Sie mich unaufhörlich von einer Nei,

gung unterhalten, von der ich nichts hören will und darf — die Art, wie Sie meine unbefange­

ne Treuherzigkeit, Furchtsamkeit ohne Scheu be, nutzen, um mir Ihre Briefe in die Hände zu

spielen — besonders das sehe unartige Mittel,

dessen sie sich das letztemal dazu bedienten, und wobey Sie mich unbedenklich der Gefahr einer

Ueberraschung aussetzten, die alles hätte verrathen können, alles dieß giebt mir gerechten Grund zu parken und wohlverdienten Dorwürfen.

Doch ich will mich auf alle diese Beschwerden

nun nicht weiter einlassen, und statt dessen nur eine einfache und gerechte Ditte an Sie thun.

Gewähren Sie mir diese, so soll alles übrige von meiner Seite vergessen seyn.

Sir sagten mir ja

M »

einmal.

Igo

-

■ -

einmal, ich dürft nie eine abschlägige Antwort

von Ihnen besorgen.

Obgleich Sie zwar, durch

eine Ihnen ganz eigene Inconsequenz, mir gleich hinterdrein die einzige Ditte abschlugen, die Sie

mir damals gewahren konnten, noch hoffen,

so will ich den»

daß Sie heut einmal Ihr Wort

halten werden, das Sie mir noch vor wenig Ta­

gen von neuen gegeben haben. Ich bitte Sie, mit einem Wort, um dieGe, Migkeit, mich zu verlassen und sich von hier zu

entfernen, wo Ihr längerer Aufenthalt mich na­

türlich den Anmerkungen der Leute aussetzt — die immer geneigt sind das schlimmste zu denken,

und die — welches Ihre eigene Schuld ist

vorzüglich ihre» Dlick auf diejenigen Frauenzim­ mer hinrichten,

die mit Ihnen in einiger De»

kanntschast stehn. Schon vor einiger Zeit wurde ich vbn meinen

Freunden an diese Gefahr erinnert.

Aber ich

achtete nicht auf ihre Winke; ja ich bestritt sogar

ihren Rath, so lange Ihr Betragen mich in der Ueberzeugung ließ,

Sie würden mich nicht mit

dem Haufen von Weibern in eine Klasse setzen

wollen, für die Ihre Bekanntschaft kein Glück gewe-

gewesen ist. Jetzt aber, da ich ganz offenbar se­ he, das; Sie mich, wie jene, behandeln wollen, jetzt bin ichs der Welt, meinen Freunden und mir selbst schuldig, jenen Weg einzuschlagen. Ich finnte hinzusetzen, daß Ihre Weigerung Ihnen nichts helfen würde, da ich auf diesen Fall ent­ schlossen bin selbst abzureisen. Allein ich erkläre Ihnen auch, daß die Erfüllung meiner Bitte von Ihrer Seite eine dankenswerthe Gefälligkeit sei;n wird, da es meinen Planen in der That entgegen wäre, wenn i ch mich von hier entfer­ nen müßte. Jetzt beweisen Sie cs mir, was Sie so oft behaupten, daß achtungöwerthe Frauen nichts von Ihnen zu besorgen haben, und zeigen Sie mir, daß Sie eine Uebereilung wieder gut zu machen wissen. Wenn es einer Rechtfertigung dieser Bitte hey Ihnen bedürfte, so könnte ich sagen, daß Ihr bisheriges Leben und Ihr Ruf sie nothwen­ dig machte, und daß ich sie gleichwohl vielleicht nicht gethan hatte, hatten Sie durch Ihr Betra­ gen mich nicht- selbst dazu genöthigt. Doch kein Wort weiter von dem, was vergangen ist, und was ich gern vergessen will. Diese Erinnerungen

gen würden mich 'gegen Sie zur Strenge nöchigen und ich will Ihnen ja so gern Gelegenheit geben, meine Erkenntlichkeit zu, verdienen.

Len Sie wohl.

Le«

Es wird.ganz von Ihrem Ver­

halten abhängen, mit welchen Gesinnungen ich mich zeitlebens nennen soll re.

42.

Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvek. trn iS. Auz. So hart die Gesetze sind — Verehrungswür­

dige — die Sie mir vorschreiben,

gleichwohl bereit,

sie zu erfüllen.

so bin ich

Es ist mir

ganz unmöglich, einem Ihrer Wünsche zuwider

zu leben.

Nun aber, nach dem dieser Punkt

aufs reine gebracht ist, darf ich ja auch wohl von

meiner Seite einige Bitten wagen, die Ihnen gewiß leichter zu erfüllen seyn werden und die Sie

nur meiner völligen Unterwerfung unter Ihren

Willen gewahren sollen. Dey der ersten darf ich mich nnr an Ihr g erechtes Herz geradezu wenden.

Diese Ihre

===

iSj

Gerechtigkeit fordre ich auf, mir diejenigen, die mich bey Ihnen angeklagt haben, nahmhaft zu machen. , Diese Leute thun mir,

dünkt mich,

wohl so viel Schaden, daß ich einiges Recht fyu bt, nach ihrem Nahmen zu fragen.

Die zweyte

Bitte, die mir Ihr gütig es Herz eben so roe;

nig versagen kann, ist, daß Sie mir doch die Erlaubniß ertheilen mögen, Ihnen zuweilen den Ausdruck meiner Empfindungen ehrfurchtsvoll zu

wiedrrhohlen, die mehr als jemals Ihr Mitleid

verdienen. Bedenken Sie, gnädige Frau, daß ich Ihnen

zu gehorchen eile, obgleich dieser Gehorsam mir

mein Glück kostet — ja ich kann sagen, obgleich ich überzeugt bin, daß Sie mich nur deswegen entfernen, um den Gegenstand Ihrer Ungerecht

rigkeit nicht länger vor sich zu sehn.

Gestehn

Sie mirs nur. Sie fürchten nicht sowohl da-

Urtheil der Welt, (die Sie zu sehr verehrt, tim je von Ihnen nachtheilig zu denken,) als Sie sich durch die Gegenwart eines Menschen gepei­

nigt fühlen, den Sie leichter zu strafen, als zu tadeln wissen.

Und so entfernen Sie mich, wie

man einen Unglücklichen sich gern aus den Augen

schäft,

i84 schast, dem man nichthelfen mag. —

Aber an

wen soll ich Armer mohl meine Klagen richten,

als an Sie, wenn die Entfernung von Ihnen nun meinen Schmerz verdoppeln wird? -r von

wem außer Ihnen kann ich den Trost erwarten, den ich so nöthig haben werde? Können Sie mir ihn versagen, Sie die Urheberin meiner Leiden?

Ohnzweifel werden Sie mir auch das nicht

verargen, gnädige Frau, wenn ich wünsche, vor meiner Abreise die Empfindungen gegen Sie zu

rechtfertigen, die Sie mir eingeflößt haben und

aus Ihrem Munde den Befehl meiner Enlfernung zu empfangen, welches mir diesen sauer»

Schritt einigermaßen versüßen wird.

In dieser

zwiefachen Absicht bitte ich Sie ergebenst um ei­

ne mündliche Unterredung nur von ein paar Au­ genblicken.

Briefe können so etwas nicht abma­

chen; man schreibt Vogen voll und verständigt

sich doch nur schlecht über einen Punkt, den ein viertelstündiges Gespräch aufs reine bringt.

Es

wird sich dazu leicht ein günstiger Augenblick darbieten, den Sie selbst mir dann bestimmen

mögen.

Ich

ik-5

Ich will übrigens keinesweges zigern Ihnen in gehorchen. Indessen wissen Sie selbst, dass fiftiii von Noscmonde nichts anders erwartet, als daß ich verabrcdetcrmaßen einen Theil des Herb­ stes bey ihr zubringen werde. Ich muß daher zum wenigsten erst einen Brief abwarlen, um zu meiner Abreise von hier einen schicklichen Vor­ wand zu finden. Leben Sie nun wohl — verehrnngswürdige Frau'. Leben Sie wohll Ach, Niemals ist mir dieß Wort so schwer geworden zu schreiben, als diesesmal, da es Trennung von Ihnen bedeutet. Könnten Sie es fühlen, wie schmerzhaft sie für mich ist, gewiß, Sie würden in meinem Gehor­ sam gegen Ihren harten Befehl etwas verdienst­ liches finden. Nehmen Sie wenigstens mit eini­ ger Nachsicht die Versicherung auf von der zärt­ lichsten und rhrfurchtvollsten Liebe, mit der ich re.

Fortsetzung von 40.

(V ^etzt wollen wir weiter räsonieren, meine schöne Freundin, Sie sehn eben so gut wie ich, daß fcit

i86 die gewissenhafte,

ehrliche Tourvel meine erste

Ditte nimmermehr bewilligen und das Vertrauen ihrer Freunde verrathen wird, indem sie mirmeine Ankläger nennt.

Da aber mein Versprechen

nur unter dieser Bedingung gilt, so mache ich

mich in der Thar zu nichts anheischig.

Ferner:

schlägt sie mir die erste Ditte ab, so giebt das

zur Erfüllung der zweyten, die natürlichste Ver­

anlassung, und ich gewinne dann wenigstens so viel, daß ich mit ihr in einen regelmäßigen Brief­ wechsel trete, den sie mir bewilligen muß. Denn

auf das Rendezvous, um das ich bitte,. rechne ich sehr wenig, und ich will sie damit eigentlich nur an die künftigen im voraus ein wenig gewöhnen, die mir nöthiger seyn werden. —

Das einzige,

was mir nun vor meiner Abreise noch zu thun

übrig bleibt, ist die Leute auszukundschaften, dir

so gefällig sind, mich beyihrzuvrrschwärzen. Ich kann auf Niemanden, als auf den Herrn Ge­ mahl, den Pinsel, Verdacht haben und ich woll­

te, er wäre es.

Denn ein ehrliches Verbot ist

erstlich immer ein Sporn für die Degierde, und'

kann wäre ick zweitens sicher, daß ich von dem Augenblick an, da Sie sich mir mir in einen Brief-

wech,

wechsel einläßt, von dem Herrn Gemahl nicht­ mehr ;u besorgen hatte, weil sie sich denn selbst in die Nothwendigkeit gesetzt hak, ihn.hintergehn zu müssen.

Sollte ers aber nicht seyn, und sie

hätte etwa eine so intime Freundin, der fie alles mittheilke und die mir entgegen wäre, so müßte

ich sie mit ihr entzweyen.

Ein andres Mittel gä-

br es da nicht; und dieß denk' ich, sollte mir so schwer nicht werden.

Aber vor allen Dingen muß

ich erst ganz unterrichtet seyn.

Ich mackste deshalb

schon gestern einen Versuch, der aber mißglückte,

weil diese Frau nichts thut wie eine andere.

Wir

waren nemlich auf ihrem Zimmer, als man zu Tische rief.

Kaum konnte sie mit ihrer Toilette

fertig werden, und über dem Eilen und sich ent­

schuldigen bemerkte ich,

daß sie den Schlüssel

in ihrem Sekrctair stecken ließ.

Ihre Gewohn­

heit, das Zimmer nie zu verschließen, war mir

vorher schon bekannt.

Ich brütete darüber wäh­

rend dem Essen, und als ich ihr Kammermäd-

chrn herunter kommen hörte, faßte ich auf der Stelle meinen Entschluß, wandte Nasenbluten

vor und ging heraus.

Ichflog zu ihrem Sekrc-

tair; die Schubladen waren alle offen, aber es war

i88 war kein Papier tritt. Inzwischen har man in die­

ser Jahreszeit .nicht eben Gelegenheit, sie auf der Stelle zu verbrennen.

Wo laßt sie die Briefe,

die sie empfangt? — und sie erhalt deren nicht wenig. Ich habe nichts übersehen; alles war

offen; ich habe alle Winkel durchgesucht, aber — der einzige Lohn meiner Mühe war die Ueberzeu­ gung, daß dieser Schatz sich in ihren Taschen be» finden müsse. Wie ihn aber dort herausbringen? — Schon

seit gestern zerbreche ich mir darüber vergebens den Kopf; und doch kann ich dieß Verlangen schlechterdings nicht aufheben. Ich möchte mich

toll ärgern, daß ich in die Kunstgriffe der Ta­ schendiebe nicht cingeweiht bin. Diese Geschick, lichkeil sollte durchaus ein wesentliches Stück der

Erziehung aller Leute ausmachen, die sich mit

Ränken abgeben wollen.

Was wäre das für ei­

ne köstliche Sache — Briefe oder Gemählde von Nebenbuhlern zu stehlen! — Oder aus den Ta­

schen einer unbicgsamen Spröden die Beweise ihrer Heuchelet) zu entwenden! Aber leider denken unsere Eltern an nichts! Und was hilft es mir,

baß ich nun hinterher dran denke; ich sehe dabey nur

S=

189

nur wie ungeschickt ich bin, ohne daß ich mir im mindesten zu helfen weiß. Genug ich setzte nach, sehr mißvergnügt, wie­ der an den Tisch. Meine Schöne besänftigte in­ dessen meine üble Laune wieder ein wenig, durch die Miene der Theilnahme, die sie meiner an­ geblichen Unpäßlichkeit schenkte; wobey ich denn nicht ermangelte, mich über starke Wallungen zu beklagen, die ich jetzt seit einiger Zeit verspürte, und die mich für meine Gesundheit besorgt mach­ ten. Gewiß halt sie sich für die Ursach derselben. Sollte Sie es sich nicht zur Gewissenssache ma, chen, sie zu lindern? Aber bey aller Frömmig, keit ist sie nicht sehr barmherzig. Sie versagt je, des Almosen der Liebe, und diese Härte reicht ja, sollte ich denken, hin, einen Diebstahl zu ent­ schuldigen. Doch genug für heut. Leben Sir wohl, ich weiß kaum, was ich schwatze; denn ich habe nichts, als die verwünschten Briefe in Gedanken.

190

=3 43.

Oie Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont, den 27. Aug.

aÖSarum, Herr Graf, wollen Sie meine Dank,

barkeit vermindern?

Warum wollen Sie meine

Ditte nur halb erfüllen, und einen rühmlichen

Einschluß gleichsam

verhandeln?

Ist er

Ihnen denn nicht genug, daß ich den Werth des,

selben zu schätzen weiß? Ihre Forderungen sind nicht blos hart, nein, sie sind zu erfüllen unmög­ lich.

Wenn meine Freunde von Ihnen mit mir

gesprochen haben, so haben sie es einzig aus Lie­

be für mich gethan, und gesetzt, sie hätten dabey geirrt, so war doch ihre Absicht nicht weniger un-

radelhaft.

Und diesen Beweis vcn Wohlwollen

sollte ich — (nach Ihrem Vorschläge) damit vergelten, daß ich das Geheimniß ihres Nah,

mens verriethe? Ich that schon unrecht, daß ich dieser ganzen Sache gegen Sie erwähnte und Sie

machen mir jetzt dieses mein Unrecht sehr fühlbar. Was gegen jeden andern

—•

dine unschuldige

Aufrichtigkeit gewesen wäre, Sie — zur

wird gegen

Unbesonnenheit und

würde.

wenn

wenn ich vollends Ihren Wunsch erfüllen wollte,

eine schlechte Handlung werden.

Ich beru,

fe mich auf Sie selbst und auf Ihr Ehrgefühl —

Und frage Sie, ob Sie mich wirklich eines sol­ chen Verfahrens fähig halten? Gewiß Sie durf­ ten mir diesen Vorschlag nicht thun, und ich bin

versichert, daß Sie, so bald Sie sich ein wenig besinnen.

Sie freywillig von dieser Forderung

abstehen werden.

In Ihre Ditte, mir schreiben zu dürfen — kann ich fast eben so wenig willigen, und wenn

Sie billig seyn wollen, können Sie mir wohl

schwerlich die Schuld davon zuschreiben. Ich will Ihnen nichts unangenehmes sagen.

Aber welche

Frau wird wohl bey dem Nuf, in dem Sie stehn

und den Sie, Ihrem eigenen Geständniß nach, doch zum Theil verdienen/einen Briefwechsel mit

Ihnen eingestehn dürfen — und soll eine redliche

Frau wohl etwas thun, woran sie fühlt, daß sie es verheelen müßte.

Za wenn ich überzeugt seyn könnte, daß ich

den Inhalt Ihrer Briefe nie mißbilligen dürfte, und es immer vor mir selbst verantworten könnte, sie angenommen zu haben, vielleicht würde ich

bann

■•■TaT?

19 2*

tarnt — bloß äsn Sie zu überzeugen, daß Ver­

nunft und nicht Haß mein Betragen gegen Sie leiten — mich dennoch über diese nicht unwichti­

gen Betrachtungen wegsctzen und Ihnen diese Er­

laubniß geben, die ich eigentlich nicht geben soll­

te.

Wenn sie Ihnen in der Thar so viel Werth

ist, als Sie sagen, so werden Sie sich gern der

einzigen Bedingung unterwerfen, unter der ich sie Ihnen allein ertheilen kann, und Sie werden, wenn Sir nureinigeErkenntlichkeitfürdas, was ich in diesem Augenblick für Sie thue, empfin­

den — Ihre Abreise nun auch nicht langer auf­ schieben. Erlauben Sie mir hierbey zu bemerken, daß

Sie schon heut Morgen einen Brief empfangen, aber ihn nicht benutzt haben, der Frau von No,

semonde Ihre Rückreise anzuzeigen, wie Sie es mir versprochen hatten.

Ich hoffe doch, daß nun

kein Hinderniß Ihr Versprechen zu erfüllen,

mehr vorhanden seyn wird.

Auf die mündliche

Unterredung, um die Sie bitten, ersuche ich Sie nicht zu warten ; denn in diese werde ich aufkei-

nen Fall einwiliigen und start des mündlichen Be­

fehls, den Sie zu Ihrem Entschluß nöthig neu-, nen,

neu, begnügen Sie sich gütigst mit meiner schrift­

lichen Ditte, die ich hiermit nochmals wiederhole.

Leben Sie recht wohl.

44-

Graf Valmont an die Markisin v. Mcrtcuil. ten28. Ang. -O freuen Sie sich mit mir, liebe Markisin. — Wictoria! ich werde geliebt! ja ich habe eö be­

zwungen dieses rebellische Herz.

stellt es sich noch.

Vergebens ver­

Meine glückliche List hat ihm

sein Geheimniß gestohlen.

rastlosen Bemühungen, was ich wissen wollte.

Dank sey es meinen

endlich weiß ich alles,

Seit voriger Nacht, seit

dieser glücklichen Nacht bin ich wieder in meinem

Elemente, und habe mein wahres Leben wieder­

gefunden.

Ein doppeltes Geheimniß — dcr Lie,

be und des Frevels, ist in meinen Händen. Das eine soll mich zum Genuß, das andre zur Rache

führen; so will ich nun von Freude zu Freude ei­ len.

Der Gedanke daran reißt mich schon sosehr

hin, daß ich Mühe haben werde, mich bey meiDer geführt. llmg. i. Th.

N

mr

i?4 mr alten Klugheit zu erhalten; und kaum wird «S mir möglich seyn , bas mit Ordnung zu erzah, len, was ich Ihnen mirzurheilen habe. Doch ich will es versuchen. Vorgestern, nachdem ich Ihnen den lehten Brief geschrieben hatte, erhielt ich einen von mei­ ner Betschwester. Ich lege ihn hierbey; Sie werden aus ihm ersehen, daß sie mir darin auf die feinste Art, die sich denken läßt, die Erlaub­ niß giebt ihr zu schreiben. Aber sie dringt auch zugleich auf meine Abreise und ich fühlte, daß ich diese nun nicht langer verschieben könne, oh­ ne mir zu schaden. Indessen quälte mich die Begierde, zu erfah­ ren, wer wohl gegen mich geschrieben haben kön, Ne, Und ich war ungewiß, was ich thun sollte. Ich fiel auf den Gedanken, das Kammermäd­ chen zu gewinnen und sie zu bewegen mir die Ta­ schen ihrer Frau zuzustecken, die sie leicht ohne dem mindesten Verdacht des Abends sorenehmen und den folgenden Morgen wieder an Ort und Stelle legen konnte. Ich machte mich an ihr, und bot ihr zehn Louis'dor für diesen lumpigen Dienst. Aber ich fand an ihr einen gewissenhaf­ te«

=

195

ton und ängstlichen Maulaffen, bey dem weder Zureden noch Geld erwas vermochten.

Zch setzte

ihr noch zu, als schon das Abendessen auf dem

Tisch stand ■— aber ich mußte endlich abziehn

und konnte noch von Glück sagen, daß sie so gü­ tig war,

mir reinen Mund zu versprechen —

worauf ich aber, wie Sie denken können, auch

nicht sonderlich bauete.

Zch war eigentlich in ei­

ner verfluchten Stimmung; ich hatte mir offen­ bar selbst eine Schlinge gelegt und ich verwünsch,

re den ganzen Abend über meinen unbesonnenen Schritt.

Als ich, immer in derselben Unruhe — end, lich auf meinem Zimmer allein war, sprach^ ich

meinen Zager über die Sache, der als begün­

stigter Liebhaber hierbey von Gewicht seyn könn, re.

Zch verlangte, er solle das Mädchen entwe­

der zur Erfüllung meines Verlangens zu bewe­

gen suchen, oder sich wenigstens ihrer Derschwie, genhrit versichern.

Dieser Kerl aber, dem sonst

alles eine Kleinigkeit ist — machte bey diesem Auftrage ein sehr bedenkliches Gesicht und gab mir folgende Bemerkung zur Antwort,

deren

Gründlichkeit mich überraschte: „der gnädige Herr

N i

wis-

V)6

==

wissen so gut wie ich, fing er an, daß eines Mäd« chens Gunst genießen,

nichts anders ist, als

thun, was ihr behagt. —

Aber von ihr vertan,

gen, daß sie thun soll was uns behagt — ha, das ist ein ganz ander Ding und mit dem ersten

gar nicht einerley.

Für dieß Mädchen, fuhr er

fort, kann ich um so weniger stehn, da ich glau­ be, sie hat einen eigentlichen Liebhaber, und sucht

bey mir nureinen kleinen Zeitvertreib bey der Lan­ genweile auf dem Lande.

Auch würde ich —

ohne meinen Eifer für deS Herrn Grasen Dienst, vielleicht nur einmal — und nicht öfter — bey

ihr glücklich gewesen seyn.

(An dem Burschen

habe ich einen wahren Schatz!) Was das Schwei­ gen betrift — setzte er hinzu — so sehe ich nicht

ab, daß wir dabey viel gewinnen,, wenn wirr

uns von ihr versprechen lassen, da sie uns unge­ hindert betrügen kann, wenn sie will.

Za wenn

wir abermals davon zu reden anfangen, so wird sie nur merken, wie viel uns an der Sache liegt,

und nur um so mehr Lust bekommen, sich durch Plaudern bey ihrer Herrschaft einzuschustern." Ze richtiger diese Bemerkungen waren, je mehr vergrößerten sie meine Angst.

Zum Glück

war

m war der närrische Kerl einmal im Zuge zu schwatzen, und da ich seiner Hülst bedurfte, so Ließ ich ihn reden. Er erzählte mir von seinem .Abentheuer mit dem Mädchen ein langes und brei­ tes, wobey ich beyläufig erfuhr, daß, weil die Kammer, in der sie schläft, von dem Schlafzim­ mer der Präsidentin nur durch eine dünne Bret­ terwand geschieden ist, durch die man jedes (leine Geräusch leicht hört, — sie beyde ihre nächtli­ chen Zusammenkünfte in seiner Kammer hielten. Sogleich war mein Plan gemacht, den ich ihm mittheilte und wir führten ihn beyde mit er­ wünschtestem Glück aus. Ich wartete zwey Uhr des Nachts ab, dann ging ich der Abrede gemäß mit einem Lichte in der Hand in das Kämmerlein der Verliebten itm ter dem Vorwande, schon oft vergeblich geklin­ gelt zu haben. Mein Spießgesell, der seine Nel­ le meisterlich spielte, machte den erschrockenen Ver­ zweifelnden — flehentlich Bittenden vortreslich, bis ich ihn mit dem Befehl, mir Theewasser, zu machen, das ich nöthig zu haben vorgab, herausschickte. Mein gewissenhaftes Kammerkätzr chen, wollte, wie Sie denken können, vorDchaam und

und Angst verzweifeln, weil ich sie, war das ärgste war — in einem Aufzuge fand, den diese heiße Jahrszeit wohl verträgt- aber nicht ent­ schuldigt, und zu dem der Schelm sie beredet hak­ le, damit die Spitzbüberey besser gelänge. Je mehr sie geängstet und gedehmüthigt war, je leichter ließ sie sich bewegen. Sie mußte da­ her bleiben, wie sie war, und ich setzte' mich ru­ hig zu ihr aufs Bett, um meinen Vortrag anzu­ sangen. Ich durfte das Uebergewicht, das mir die Umstände gaben, keinesweges aufs Spiel setzen. Auch wußte ich mich in derThat in einer Faßunq und Mäßigung zu erhalten, die der Strenge ei­ nes Scipio Ehre gemacht hätte, ich erlaubte mir nicht die mindeste Freyheit und sprach mit ihr über meine Angelegenheit so ruhig, als hätte ich mit einem Precuraror zu thun. Ich that ihr den Vorschlag, ich wolle die ganze Sache geheim halten unter der Bedingung, daß sie mir die folgende Nacht um dieselbe Zeit die Tasche ihrer Herrschaft auslieferle, „ich habe ihr, setzte ich hinzu, gestern io Louisd'or für die­ sen Dienst geboten. Auch diese"soll sie jetzt noch haben. Denn ich will aus diesem Zufall keinen Vor-

Vortheil weiter ziehn. Alles wurde, wie Sie denken können, sogleich bewilligt, und so ent­ fernte ich mich und ließ das Pärchen in Freyheit. Jetzt logte ich mich ruhig schlafen und beym Erwachen entschloß ich mich, sogleich aufdie Jagd zu gehn, um unter einem schicklichen Vorwand den Brief meiner Schönen so lange unbeantwor, tcl zu lassen, bis ich die Papiere durchsucht hatte, welches erst die folgende Nacht geschehn konnte. Hier blieb ich den ganzen Tag über. Mein Empfang, als ich nach Hause kam, war ziemlich kalt. Ich glaube, man hatte mirs übel genommen, daß ich die kurze Zeit, die ich noch hier zu bleiben hatte, nicht besser benutzte, besonders nach dem viel gütigern Briefe, den ich erhallen hatte. Ich schließe das daraus, daß sie, als die Tante mich über meine lange Abwesenheit schalt, ein wenig bitter hinzusctzte: „O tadeln Sie doch den Grafen Valmont nicht, baß er dem einzigen Vergnügen nachgeht, das er hier sinken kann." Ich nannte diese Bemerkung ungerecht und versicherte, die Gesellschaft der Damen festele mich so sehr, daß ich ihrentwegen einen sehr angenehmen Brief, den ich zu schreiben hatte, aus.

aufschbbe. Ich setzte hinzu, ich hatte leider seit mehrern Nachten nicht schlafen können und heut btit Versuch machen wollen, ob die Ermüdung dagegen

h"elfen wolle.

Meine Blicke hießen über en Ge­

genstand meines Briefes und die Ursach meiner

Schlaflosigkeit keinen Zweifel.

Ich spielte den

ganzen Abend eine sanfte Melancholie, die mir ziemlich gerieth und unter der ich glücklich meine ungeduldige Sehnsucht nach der Stunde verbargt die mir ein so sorgfältig bewahrtes Geheimniß hr

die Hände liefern sollte.

Wir trennten uns end­

lich und bald erschien die getreue Zofe, um mir

den

Preis meiner Verschwiegenheit einzuhän,

digen.

Nun war ich endlich Meister dieses Schatzes und ich schritt zur Untersuchung mit aller der Klugheit, die Sie an mir kennen, um alles t6cu

so und an denselben Platz wieder hinzulegen. ZweiBriefe des Herrn Gemahls fielen mir zuerst in

die Hande —

allerley Zeug durcheinander —

von seinem Proceß, von seiner ehelichen Zärtlich­ keit , welches ich indessen ganz zu lesen die Ge,

duld hatte \ ich fand keine Silbe von mir. drüßlich legte ich sie an ihren Ort.

Ver-

Aber ich er-

hrie

heiterte mich wieder, als ich die Stücke meines berühmten Briefes von Dijon sorgfältig zusam,

mengelegt unter meinen Handen fand.

Zch har­

te den glücklichen Einfall, sie durchzusehn und denken Sie sich meine Freude, als ich auf diesen

Fragmenten hie und da Sppren von Thränen er­

blickte.

Ich gestehe Ihnen meine Schwachheit;

eine jugendliche Empfindsamkeit übermannte mich dermaßen, baß ich das Papier mit einer Begei­

sterung küßte, der ich mich langst nicht mehr für fähig gehalten hatte.

Zch setzte meine glückliche

Nachforschung fort.

Alle meine Briefe nach ih,

rem Darum geordnet fand ich wieder; ja, wel­

ches mich höchst angenehm überraschte, sogar der erste von allen, den ich mir von meiner Undank­ baren zurückgegeben glaubte, fand sich in einer

getreuen Abschrift von ihrer Hand, aber zitternd und unleserlich geschrieben, welches die Unruhe

ihres Herzens bey dieser Arbeit genugsam verrieth.

Vis jetzt hatte ich nur das Gefühl der Liebe; bald aber trat die Wuth an ihre Stelle.

Rathen

Sie einmal, wer der ist, der mich bey diesem Weibe,

die ich anbete, zu Boden treten wE

Welche Furie aus der Hölle halten Sie zu solcher Dü,

Bübercy für boshaft genug? Sie kennen sie, er ist eine Freundin, eine Verwandte von Ihnen,

es ist — die Frau v. VolangeS.

Sie können

sichs nicht denken, welch ein Gewebe von Abscheulichkcit ihr die höllische Megäre auf meine

Kosten geschrieben hat.

Sie, sie allein war-,

die das arglose Herz dieses englischen Weibes mit Bangigkeit und Angst erfüllte.

Auf ihren Rath

allein, auf ihr teuflisches Dringen und Treiben

muß ich fort von hier.

Ihrem Willen muß der

meinige nachstehn! Doch Geduld! in deiner Toch­

ter will ich meine Rache nehmen; ich will sie ver­

führen — Nein, das ist nicht hinreichend — br-

2Z4 Befangenheit der Tochter alles dies tnacht ihn schüchtern und hält ihn zurück.

Gründe dieser

Art, so stark sie an sich seyn mögen,

pfen,

zu bekäm,

darin liegt die Schwierigkeit nicht.

Mit

ki» wenig Geschick, wobey man auf den Beystand der Leidenschaft selbst sehr rechnen darf, würde

man sie vielleicht überwältigen, und das um so leichter, da man den'Schein des Lächerlichen auf

sie werfen und ihnen die allgemeine Sitte enrge-

genstellen kann.

Allein die einzige— warlich

große Schwierigkeit bey der Sache ist die, daß er sich in seinergegenwärtigen Lage glücklich fühlt;

an dieser wird alle unsere Kunst und,Mühe scheitern.

Jede erste Liebe ist in der Regel im­

mer weit redlicher,

oder.wie man das nennt,

weit reiner und daher weit langsamer in ihren Unternehmungen, als die folgenden. Das kommt

nicht vom feinern Gefühl, oder von Schüchtern­ heit, wie man gewöhnlich sagt und glaubt, son­ dern einzig daher, daß das von einem unbrkann, ten wonniglichen Gefühl überraschte. Herz so zu sagen bey jedem Schritt verweilt, um die neue

LLonne,

die es empfindet, recht zu schmecken,

und weil, diese Wonne bey Herzen ohne Erfah­

rung

vung so übermächtig ist, daß es über sie jedes an­ dre Vergnügen vergessen muß.

Dieß ist so wahr,

daß selbst der Wollüstige, so bald er liebt — ge­ setzt dieß wäre möglich — von dem Augenblick an ans den Genuß weniger begierig ist, und daß zwischen dem Verhältniß des Danceny zur klei­

nen Volanges und dem Meinigen zur Tcurvel nur der Unterschied des Grades statt findet.

Um unsern jungen Herrn zu erhitzen hatte er

mehr Schwierigkeit finden müssen,,als er gefun­

den har.

Er hätte die Schleichwege mehr bedür­

fen müssen,

dreist.

denn diese machen verwegen und

Ich bin geneigt zu glauben, daß Sie

mit Ihrer Diensiferligkeir gegen ihn unsern Pla­ nen Abbruch gerhan haben.

Za bey einem Men­

schen von Welt-Erfahrung, der blos seiner Sinn, lichkeit nachgeht, wäre dieses Benehmen gut ge,

Ivesen, aber — das hätten Sie vorhersehn kön­ nen,

daß bey einem jungen Menschen,

dessen

Herz voll ist von Edelmuts) und Liebe, Gunstbe­ zeugungen nur als Beweise der Liebe Werth Ha­

den und daß ein solcher folglich um so weniger unternehmend seyn wird, je gewisser er sich ge­

liebt weiß.

Was ist nun zu thun? ich muß ge-

stchil',

2Z6 stehn, ich weiß es nicht; und ich hoffe kaum noch 6ai?

auf, daß wir mit der Kleinen vor ihrer Heyrath

unsern Zweck erreichen. ■ Geben Sie nur Acht —

am Ende werden wir um den Lohn aller unserer Sorge und Mühe betrogen: das ärgert mich frey­ lich , aber ich weiß dabey keinen Rath. Während ich hier sitze und verdrüßliche Ab­

handlungen schreibe, wissen Sie mit Ihrem Che­ valier etwas bcssers zu thun.

Das mahnt mich

daran, daß Sie mir eine Untreue an ihm ver­

sprochen haben.

Za, ja, Madame, ich habe

darüber eine Verschreibung, die ich nicht insMakulatur zu werfen gedenke.

Die Verfallzrit ist

freylich noch nicht da; aber ich hoffe, Sie wer, den großmüthig seyn und cs so genau nicht neh­ men.

Zch sür mein Theil will Zhnen die Zinsen

richtig berechnen.

Was sagen Sie zu dem Vor­

schlag, meine schöne Freundin? Sind Sie denn

Ihrer Beständigkeit nicht endlich überdrüßig?

Ihr Chevalier muß ein Mann von besondern Vor, zügen seyn.

Doch lassen Sie mich nur machen.

Sie sollen, hoffe ich, gestehn., daß Sie ihn nur

schätzen konnten, weil Sie mich vergessen hatten, Adieu,

schöne Frau.. Zch umarme Sie mit

Sehn-

Sehnsucht.

Die Küsse Ihres Chevalier können

nicht so feurig seyn, als die, die ich Ihnen in Gedanken gebe.

58.

Graf Valmont an die Präsidentin von Tourveh,

len 7. Sept. SSSomit , gnädige Frau, habe ich. die Vorwürfe verdient, die Sie mir machen und den Zorn, den

Sie über mich aüsschütten? Die lebendigste und

ehrfurchtvellste Zuneigung' und die vollkommen­ ste Unterwerfung unter Ihre, kleinsten Winke,

das ist mit zwey Worten die Geschichte meines Her­

zens und meines Betragens gegen Sie.

Bey der

drückenden Last einer unglücklichen Leidenschaft halte ich keinen andern Trost, als den, Sie zu sehn.

Sie befahlen mir, ihn hinzugeben; und

ich gehorchte, ohne Murren.

Zu einiger Ent­

schädigung erlaubten Sie mit,. Ihnen zu schrei­ ben, und nun wollen Sie mir auch dieses einzi­

ge Vergnügen rauben.

Soll ichs hingeben —

ohne zu versuchen, ob ichs rettenkann? Daskann Der Lkfäh'rl. Umg. l. Th.

R

ich

ich nicht.

Wie theuer ist es meinem Herzen?

Es ist das einzige, was ich habe, und ich habe es von Ihnen'. Meine Briefe, sagen Sie, sind

zu häufig.

Aber ich bitte Sie, erwägen Sie doch,

daß seit den zehn Tagen, da meine Verbannung

von Ihnen dauert, kein Augenblick ohne den Gedanken an Sie vergangen ist und daß Sie gleich­ wohl nur zwey Briefe von mir empfangen haben

„Ich rede darin, sagen Sie, nur von meiner« Liebe."

Aber kann ich etwas anders sagen, als

was ich denke? Alles was ich vermochte, war,

den Ausdruck derselben zu mildern, und ich ver­ sichere Sie, dieß habe ich nach Vermögen gethan.

Sie drohen mir endlich, mir nicht mehr zu ant­ worten.

Es ist Ihnen also nicht genug, einen

Menschen, der Sie über alles schätzt, dessen Ehr­ furcht für Sie sogar seine Liebe noch übersteigt,

diesen mit Härte zu behandeln, Sie wollen ihn auch noch durch Verachtung kränken.

Und' wes­

halb diese Drohungen und dieser Zorn? Haben

Sie solche Mittel vonnöthen? Sind Sie meines Gehorsams nicht versichert, selbst bey Ihren un­

gerechten Befehlen?

Ist es mir möglich, dem

geringsten Ihrer Wünsche zu widerstreben und

ha,

-------

2Z9

habe ich das nicht schon hinreichend bewiesen?

Wollen Sie durchaus die Herrschaft, die. Sie über mich haben, zu meiner Qual gebrauchen? Ist es Ihnen so etwas leichtes, die Ruhe, die

Sie so nöthig haben, zu behaupten, nach, dem Sie mich unglücklich gemacht und ungerecht behandelt haben? Wird Ihr Gewissen Ihnen

nie znruftn: Er machte mich zur Gebieterin über sein Schicksal und ich beschloß sein Unglück — er flehte zu mir um Hülfe und ich versagte ihm mein Mitleid? Wissen Sie, wie weit die Ver-

zweiflung mich treiben kann? Nein, warlich, das

wissen Sie nicht.

Ach, wüßten Sie, in wel­

chem Grade ich Sie liebe, Sie würden geneigter

seyn, meine Leiden zu lindern — aber Sie ken­ nen mein Herz nicht.

Wem opfern Sie mich auf? Nur einer träu­

merischen Furcht, die Ihnen ein Mann verur­ sacht , der Sie anberet und über den Sie immer

die vollkommenste Gewalt haben werden.

Was

fürchten Sie von einer Neigung — was dürfen

Sie von ihr fürchten, die Sie immer nach Ih, rem Willen zu lenken im Stande seyn werden?

Aber Ihre Einbildung schäft Ihnen Ungeheuer, N i

und

2§0 und die Angst, die Ihnen diese verursachen, gr, be Sie denn der Liebe Schuld.

Haben Sie doch

ein wenig mehr Vertrauen und die Schreckbilder werden verschwinden.

Ein weiser Mann macht

die Bemerkung, daß es kein besseres Mittel ge­

gen die Furcht gebe, als das — ihre Ursach recht scharf ins Auge zu fassen.

Zn der Liebe ist die­

se Bemerkung recht an ihrem Platz — Lieben

Sie

nur und

alle Furcht wird verschwinden.

An die Stelle Ihrer Schrcckbilder werden Sie das süßeste Gefühl — und einen zärtlichen und unterwürfigen

Liebhaber finden.

Dey diesem

neuen Glück, das von nun an alle Tage Zhres Lebens verschönern wird,

werden Sie nur die

Vergangenheit bedauern, die Sie in gleichgülti­

ger Ruhe hinbrachtcn.

Selbst ich, seit ich von

meinen Verirrungen

zurückgekommen bin und

nur für die Liebe lebe , selbst ich bereue jene Zeit,

die ich der Freude zu widmen mich einbildete, und ich fühle, daß das wahre Glück des Lebens erst

jetzt — erst durch Sie für mich beginnt.

Aber

ich bitte Sie flehentlich, verbittern Sie mir das Vergnügen Ihnen zu schreiben nicht durch dir Furcht, Zhnen damit mißfällig zu werden.

Zch will

26t will Ihnen nicht ungehorsam seyn — Aber auf weinen Knien flehe ich Sie um die Wohlthat,

die Sie mir jetzt entziehn wollen, die einzige, die Ihre Güte mir bisher noch ließ.

0 hören

Sie auf mein Flehen, und sehen Sie meineThra*

nen.

Ach gnädige Frau, werden Sie mir diese

Bitte versagen ?

59-

Graf v. Valmont an die Markisin v. Mcrtcuil.

den 8. Sept, ^agen Sie mir doch, wenn Sie es wissen — was bedeutet denn des Danceny Geschwätz in fei-, nein Briese, den ich Ihnen hier beylege? War ist ihm denn begegnet? Was hat er verlohren?

Ist die Kleine etwa über seine Ehrfurcht ohne

Ende endlich verdrüßlich geworden?

man muß billig seyn.

Ze nun,

Wir Hattens» viel Geduld

warlich nicht.gehabt. Was soll ich ihm heut Abend

sggen, bey der Zusammenkunft, um die er mich bitter und die ich ihm auf gut Glück zugesagt ha­ be?

Meine Zeit ist mir wahrhaftig zu kostbar,

um

2§2 um seine verliebten Klagen anzuhören, wenn das zu weiter nichts führen kann.

Die Klagen der

Liebe hören sich nur in Obligaten, Nezitativeirund

Bravour-Arien gut an.

Sagen Sir mir also

doch, was Sie wissen und was ich thun soll- oder ich laufe davon, um der Langeweile zu entgehn,

die ich vorhersehe.

Kann ich Sie diesen Mor­

gen sprechen? Oder wenn Sie nicht allein sind, so schreiben Sie mir wenigstens und geben Sie

mir einige Winke über die Nolle,, die ich zu spic­

ken habe. Wo waren Siedenngestern? Kann ich wohl

dazu kommen, Sie zu sehn? Es lohnte warlich

nicht der Mühe, deshalb, im September in Pa­ ris auszuhalten.

Fassen Sie einen Entschluß;

denn ich erhalle eben eine dringende Einladung, von der Gräfin B< — sie auf dem Lande zu be­ suchen.

Sie schreibt mir sehr drollige:

„Ihr

Gemahl habe ein sehr schönes Gehölz, das er für

das Vergnügen seiner Freunde sorgfältig schont."

Sie wissen ja, ich habe auch einige- Rechte auf dieses Gehölz, und ich will es besuchen, wenn ich Ihnen hier nichts weiter nutzen kann.

Adieu« Der-

vergessen Sie nicht, daß Danceny gegen'^UHr zu mir kommt«

60. von Danceny an Cecklie Dolanges.

(im vorigen eingeschloffm)

teil 8. Sept.

Ach , lieber Graf, ich bin in Verzweiflung; ich

habe alles verkehren. Ich wage es nicht, diesem Papier das Geheimniß meiner Leiden anzuvertrauen; aber ich muß sie in den Dusen eines treuen, zuverläßigen Freundes ausschütten. Um welche Zeit kann ich heut zu Ihnen kommen und mir von Ihnen Trost und Rath holen? — Ach wie glücklich war ich an jenem Tage, da ich 3t); nen mein ganzes Herz öffnere! Und nun, o wie hat sich das alles so bald geändert! Was ich um meincrwillen leide, ist nur der kleinste Theil mei­ nes Kummers — Aber die Angst, die ich um den mir so theuern Gegenstand empfinde, die kann ich nicht tragen. Sie sind glücklicher, als ich. Sie dürfen sie sehn und ich erwarte von Ihrer Freunde

Freundschaft, daß Sie mir Ihren Beystand nicht

versagen werden.

Aber ich muß deshalb mit 3^

nen reden und Ihnen meine ganze Lage schildern.

Gewiß Sie werden mich beklagen und mir helfen wollen! Meine ganze Hoffnung ruht auf Ihnen.

Sie haben ein fühlbares Herz und kennen die Liebe.

Sie sind der einzige, dem ich mich aiv

vertrauen kann.

0 versagen Sir mir Ihren

Beystand nicht.

Leben Sie wohl, die einzige Linderung mei­ ner Schmerzen giebt mir der Gedanke, baß mir noch ein Freund, wie Graf Valmont übrig ist. Lassen Sie mich wissen, ich bitlesehr darum, um

welche Stunde ich Sie heut werde sprechen kön­

nen.

Kann es Vormittag nicht seyn, so wünsch^

te ich, daß es Nachmittag so bald als möglich geschehe. 61.

Cccilie Dolangcs an Sophie Carnay.

den 7. Sept.

Ach!

liebe Sophie,

Deine arme Cecilie.

bedaure Deine Cecilie.

Sie ist sehr unglücklich. Die

2§5

Die Mama har alles erfahren.

In der Welt be,

greife ich nicht, woher sie Verdacht geschöpft hat;

aber genug, sie hat alles entdeckt. Gestern Abend

.schien mirs gleich, als ob sie ein wenig finster aussähe; aber ich merkte nicht sehr darauf, und

während sie ihre Parthie Whist ausspielte, säst

ich ganz ruhig und vergnügt und plauderte mit Frau v. Merteuil, die den Abendbey nnS gegessen hatte, von meinem Danceny.

Daß sie uns hät-

te verstehn können, ist unglaublich.

Endlich

nimmt Frau v. Merteuil Abschied und ich gehr auf mein Zimmer.

Wie ich beym Ausziehn bin,

kommt die Mama und schickt das Kammermäd­ chen fort.

Sie fordert den Schlüssel zu meinem

Sekretair.

Der Ton, mit dem sie dieß that,

verursachte mir solches Zittern, daß ich kaum auf

den Füßen mich halten konnte.

Erst that ich,

als könnte ich ihn nicht sinnen; aber am Ende mußte ich ihn doch herausgeben.

Zn dem ersten

Schubkästchen, das sie herauszog, lagen gleich die Briefe von Danceny.

Zch war so verstört,

daß ich auf ihre Frage, was das für Papiere

wären, nichts vorbringen konnte, als es wäre nichts.

Als sie aber einen von den Briefen nahm

und

und zu lesen anfing, vergingen mir die Sinne.

Kaum konnte ich noch einen Stuhl erreichen. Als ich wieder zu mir selbst kam, hieß mich dir Ma­

ma, dir indessen das Mädchen wieder herbeygeru-

fctt hatte, zu Bette gehn und ging weg.

Sie

nahm aber alle Briese von Danceny mit.

Ich

bebe, wenn ich dran denke, daß ich ihr wiede-r

vor Augen kommen soll.

Die ganze Nacht habe

ich mit Weinen zugebracht.

Ich schreibe Dir jetzt mit Anbruch des Tages,

weil ich hoffe,

daß Josephine kommen wird.

Kann ich sie allein sprechen, so will ich sie bitte»

rin klein Zettelchen an Frau von Merteuil mitzu­ nehmen, wo nicht, so werde ichs in diesen Brief

mit einschließen und Du bist denn wohl so gütig, rs ihr hinzuschicken, als wenn es von Dir käme»

Nur von ihr erwarte ich einigen Trost.

We­

nigstens kann ich mit ihr doch von ihm reden; denn ihn Wiedersehn?

ach,

das werde ich

wohl niemals. Ich bin doch recht unglücklich! — Vielleicht hat sie auch die Güte mir einen Brief

an Danceny zu bestellen.

Josephinrn wage ich

nicht diesen Auftrag zu geben und meinem Kam­ mermädchen noch weniger.

Denn die ist vielleicht gerade

gerade die Verrätheriy. Sie weiß wenigstens, baß ich Briese in meinem Schreibtisch ausbcwahre. Zch breche hier ab, weil ich noch an Frau von Merteuil und an Danceny schreiben will, ehe sie kommt, damit sch die Briefe schon fertig ha­ be, wenn sie sie etwa bestellen will. Denn will ich mich wieder ins Bette legen, damit man mid) im Bette findet, wenn einer kommt. Ich wer, de mich krank stellen, um nicht zur Mutter zu müssen. Verstellung habe ich nicht einmal nöthig; mir ist übler, als wen» ich das Fieber hörte. Die Augen brennen mir vom vielen Weinen, und ich habe ein Drücken im Magen, daß ich kaum Lust holen kann. Wenn ich daran denke, daß ich Danceny nicht wieder sehn soll, so möchte ich sterben. Lebe wohl, liebe Sophie, ich kann nicht mehr schreiben, die Thränen überwältigen mich. (GecUien» Brief an die Markistn ist tveggetassen, weil er mit dem vorhergehenden fast gleiche« Jnnhalt« nxir* Der au Dancein) hat sich nicht gefüllten. Die Ursa­ che davon enthalt der 4zste Brief von Frau von Mer' teuil an Erak Va-mvnl^

-------

268

62.

Frau von Volangcs an von Danerny.

Da Sie,

mein Herr,

den 7. Sept» das Vertrauen einer

Mutter und die Unschuld eines Kindes gewiß,

braucht haben, so werden Sie sich hoffentlich nicht

wundern, wenn Sie künftig keinen Zutritt mehr in einem Hause haben können,

in welchen Sie

die Beweise her aufrichtigsten Freundschaft mit Verletzung aller Pflichten der Ehre vergolten ha,

ben.

Zch will Sie lieber selbst bitten, nicht mehr

zu mir zu kommen, als Sir durch meinen Thür,

sicher abweisen lassen — um nicht meine Dome, stiken aufmerksam zu machen und uns beyde ih­ ren Anmerkungen Preis zu geben.

Ichdarfwohk

hoffen, daß Sie mich zu diesem Mittel nicht nö­ thige» werden.

Zugleich sage ich Ihnen im Vor­

aus , daß wenn Sie in Zukunft den geringsten Versuch machen sollten,

meine Tochter in der

Verirrung zu erhalten, zu der Sie sie verleitet

haben, ich sie durch eine strenge und ewige Abge­

schiedenheit von der Welt Ihren Verfolgungen ent-

ziehn würde.

Cs wird sich nun zeigen, ob Ih­

nen

—-—-

2 §9

«en das Glück meiner Tochter eben so gleichgültig ist, als Zhnen ihre Ehre war.

trift,

Was mich be-

so ist mein Entschluß gefaßt und meine

Tochter weis ihn bereits.

Sie erhalten hierbey Ihre Briefe zurück.

Ich

rechne darauf, daß Sie dagegen die von meiner Tochter zurückgeben, und sich nicht weigern wer­

den , jede Spur eines Vorfalls zu vertilgen, des, sen Andenken mich mit Unwillen, meine Tochter

mit Schaam und Sie mit Vorwürfen gegen sich

selbst erfüllen muß.

Ich habe die Ehre rc.

6z. Die Markism von Merteuil an Graf Valmont,

len 9. Sept. Allerdings kann ich Ihnen über Dancenys Bil­ let einen Aufschluß geben.

Die ganze Geschichte

ist ja mein Werk, ich möchte sagen mein Meister­

stück.

Seit Ihrem letzten Brief bin ich nicht

müßig gewesen.

Ich dachte wie jener Athemen-

fische Baumeister: was der da sagt, werde ich

thun.

Al.

■£---»

L70

Also Hindernisse, meinen Sie, braucht uns

ser kleine Held und sein Glück schläfert ihn ein. Wohl, er kann sich darin auf mich verlassen; dar

mit will ich ihm hinreichend dienen; und ich wet­

te, sein Schlaf soll nicht mehr so ruhig seyn, wie bisher.

Es war höchst nöthig, ihn den Werth

der Zeit kennen zu lehren, und ich hoffe, daß er

jetzt die Augenblicke bedauern wird, die erveklehren hat.

Es ist ferner nöthig,

daß er Schleichwege aufsuchen muß. damit will ich ihm aushelfen.

sagen Sie, Wohl, auch

Ich habe das Gu,

te an mir, daß man mir meine Versehn nur sa­

gen darf und ich ruhe nicht eher, bis ich alles wieder gut gemacht habe.

Hören Sie nun, was

ich that. Als ich ehegestern gegen Morgen nach Haufe kam, las ich Ihren Brief. mein belehrend»

Ich fand ihn unge­

Sie hatten die Ursach des Ue­

bels nach meiner Meinung darin richtig angege­

ben und ich sann nun auf ein bequemes Heilmittel dabei.

Ich fing damit an, daß ich mich zu Bette

legte; denn mein unverdrossener Chevalier hatte

mich keinen Augenblick schlafen lassen und ich hat­ te Ruhe sehr nöthig.

Aber alles umsonst, Danceny

«uv lag mirinGedankenund das Verlangen, ihn aus seiner Unchätigkeit zu wecken, oder sie an ihm

zu bestrafen, ließ mich kein Auge schließen.

Erst

nachdem ich meinen Plan wohl durchgedacht hat, te,

konnte ich ein Paar Stunden Ruhe ge,

nießen.

Noch den nemlichen Tag ging ich Abends zur Frau von Volanges und sagte ihr meinen Plan gemäß im Vertrauen, .wie ich fast überzeugt sey,

daß zwischen dem Herrn von Danceny und ihrer

Tochter ein bedenkliches Verhältniß statt finde. Diese Frau, die sonst z. E. über Sie so scharf sieht, war hier so ganz lÜind, daß sie mir antworte­ te: ich irre mich unfehlbar, ihre Tochter sey ja noch

ein Kind u. dergl. mehr. nicht alles sagen,

Zch konnte ihr freylich

was ich über diesen Punct

wußte, aber ich versicherte, Blicke, Reden Und

dergleichen bemerkt zu haben, bey denen mei­

ne Tugend und

meine Freundschaft

nicht ruhig seyn könnten.

Zch predigte

und eiferte nun trotz der ältesten Betschwester; und that endlich den entscheidenden Schritt, indem

ich behauptete, ich hatte, wenn mich nicht alles

trüge, von Heyden Seiten Briefe geben und neh­

men

272

men gesehn.

—..... -

„Dabey fällt mir ein, führ ich fort,

baß sie eines Tages ein Schubfach ihres Sekre­ tairs vor meinen Äugen aufzog, in welchem ich Papiere sah, die sie ohnzweifel aufbewahren will.

Ist sie etwa mit jemanden in einer häufigen Cor«

respondenz?"

Hier veränderte sich das Gesicht

der Frau v. Volanges und ich sah einige Thrä­ nen aus ihren Augen fallen. nen, würdige Freundin,

„Ich danke Ih­

sagte sie endlich, in­

dem sie mir die Hand drückte, ich werde es un­ tersuchen."

Nach dieser Unterredung, die zu kurz war, um Verdacht zu erwecken- ging ich zur Tochter,

die ich aber bald darauf wieder verließ, um die Mutter zu bitten, mich bey der Tochter ja nicht

zu verrathen.

Dies versprach sie mir unz so wil­

liger, da ich ihr zu bedenken gab, wie gut es wä­

re, wenn dies Kind einiges Vertrauen zu mir

behielte, um mir ihr Herz aufzuschließrn, und mir Gelegenheit zu geben, Besten zu rathen.

ihr

zu ihrem

Ich rechne ganz fest auf

ihr mir darauf gegebnes Wort, weil sie bey der Tochter sich gern das Anschn einer großen Scharf­

sichtigkeit wird geben wollen.

So konnte ich auf eine

«ine gute Art meinen vertraulichen Ton gegen bi« Kleine beybehalten, ohne in den Augen der Muttek .falsch zu erscheinen, welches ich nicht gern möchte. Zch gewann dabey auch noch das, daß ich in der Folge bey der Kleinen so lange und so insgeheim seyn durste, als ich es wollte, ohne der Mutter damit Verdacht zu geben. Das letzte geschahe selbst diesen Abend noch. Nach geendigter Parthie schob ich die Kleine in einen Winkel und brachte sie hier auf ihren Dancctw, über dem sie unerschöpflich ist. Zch machte mir Len Spaß, ihr von dem Vergnügen, das sie morgen bey seinem Wiedersehn empfinden würde, viel vorzuschwatzen, ihr den Kopf so zu erhitzen, baß sie das tollste Zeug redete. Es war wohl bil­ lig, ihr das, was ich ihr in der Wirklichkeit ge­ raubt hatte, in der Hoffnung wiederzugeben; auch trug dieß nicht wenig dazu bey, ihr den -Schlag, der ihr bevorstand, empfindlicher zu ma,. .chen. Ze mehr sie leiden wird, je begieriger wird sie seyn, sich dey erster Gelegenheit schadlos zu halten. Es ist überdem gut, jeden, den man ■ju großen 2lbentheuern bestimmt, auch an außer­ ordentliche Vorfälle zu gewöhnen. Und dann Der geführt. Umg. I. ThT dünkt

Lünkt mich, sie kann das Vergnügen, ihren Dan.ceny zu besitzen, auch wohl mit einigen Thränen

bezahlen.

Gut'.

Verliebt ist sie in ihn bis zur Narrheit.

Ich verspreche ihr ja die vollkommenste als sie ohne

Befriedigung und vielleicht früher,

dieses Ungewitler erfolgt wäre. nur einen bösen Traum;

wonnevoll seyn.

Sie hat jetzt

das Erwachen wird

Wenn ich dieß alles erwäge,

so dünkt mich, daß sie mir wohl gar noch Dank­

barkeit schuldig ist— und hätte ich auch ein bis­ chen Bosheit mit eingemischt, je nun, man muß

ja Zeitvertreib haben.

Ein Dichter sagt:

Die Narren sind hienieden

Nur uns zum Spas bestimmt. Ich ging endlich sehr mit mir zufrieden nach Hau­

se.

Entweder wird bey Danceny, sagte ich zu

mir selbst, durch diese Hindernisse erhitzt, die

Liebe sich verdoppeln und dann werde ich ihm aus allen Kräften beystehnoder wenn er der Narr ist,

für den ich oft geneigt bin, ihn zu halten,

so wird er verzweifeln, und sich völlig geschlagen

glauben; und auf diesen Fall habe ich wenigstens,

so gut sichs thun ließ, meine Rache an ihm ge­ nommen.

Nebenbey werde ich noch die Achtung

-er Mutter,

die Freundschaft der Tochter und

das Vertrauen beyder gegen mich vermehrt haben. Was den Grafen von Gercourt, den eigentli­ chen Gegenstand meiner Bemühungen betrifft,

so müßte ich viel Unglück haben,

ungeschickt benehmen,

oder mich sehr

wenn es mir,

beyder

großen Gewalt, die ich über sein künftiges Weid zum Theil schon jetzt habe, und künftig noch weit

mehr haben werde, an Mitteln fehlen sollte, aus ihr doch am Ende,

was ich will,

zu machen.

Mit diesen angenehmen Vorstellungen legte ich mich zu Bette, schlief vortreflich und erwachte erst sehr spät.

Beym Aufstehn fand ich zwey DilletS, eins von der Mutter, eins von der Tochter. mußte recht herzlich lachen,

Ich

als ich in beyden

buchstäblich die nemliche Zeile fand:

Von Ih­

nen allein erwarte ich einigen Trost. Zsts nicht wahrhaft lustig, zwey streitende Par­

theyen zu trösten, und von zwey sich entgegen­ wirkenden Bewegungen die einzige Triebfeder zu seyn? Ich komme mir vor wie die Gottheit, zu

der

die

widersprechenden Gebete der blinden

Sterblichen aufsteigen, ohne sie in ihrem unwanS r

delba-

--------- -

2.76

delbareu Nathschluß beugen zu können.

Ich ter,

ließ inzwischen diese erhabene Nolle, um die eines

tröstenden Engels dafür^zu übernehmen und eilte, um nach der Schrift, die betrübten Freun­

de Heimzusuchen. Dey der Alten fing ich an.

Ich fand sie in

einer solchen Traurigkeit, daß sie zum Theil schon

für den bösen Leumund gestraft ist, den sie Ihnen

bey Ihrer Präsidentin gemacht hat.

Alles ist

vorlreflich gelungen! Was mich anfänglich beun­

ruhigte, war, Frau von Volanges würde diesen Vor­

fall benutzen, das Vertrauen ihrer Tochter zu ge, winnen; welches ihr leicht hatte gelingen können,

wenn sie die Sprache der Sanftinuth und Freund­ lichkeit gegen sie gewählt,

und in ihren mütter,

lichen Rath die Miene und den Ton nachsichts­ voller Zärtlichkeit gelegt hätte.

Zu meinem Glück

aber Hal sie sich gleich,mit.Strenge gewaffnet,und

sich so einfältig benommen, als ichs nur immer wünschen konnte.

Sie hatte, den Einfall, ihre

Tochter ins Kloster znrückzuschicken und damit

hätte sie alle unsere Plane mit einem Streich ver­ nichtet.

Aber diesen Streich habe ich glücklich

abgewandt, und sie beredet,

dieses nur — für den

2'77 Len Fall, daß Danceny sichs einfallen ließe, sein Verständniß fortzusetzen,

als Drohung zu ge-

brauchen: . So denke ich sie beyde zu einer Vor­ sichtigkeit ^u nöthigen, die ich für meine Absicht

durchaus erforderlich halte. —

Hernach ging

ich zur Tochter/ Sie glauben nicht, wie sehr der Schmerz

diese verschönert hatte.

Wird sie je koket, soivird

sie oft Zu diesen Thränen greifen, dafür stehe ich. Dicsesmal weinte sie indessen aufrichtig.

selt von diesem neuen Reitz j

Gefes­

den ich jetzt zum

erstenmal an ihr entdeckte, und den ich recht mir

Muße beobachten wollte, brauchte ich anfänglich nur ungeschickte Tröstungen, die das Leiden eher

vermehren als lindern und damit trieb ich sie wirklich so weit, baß sie vor Schluchsen fast er­ stickte.

Es war dieß kein Weinen mehr.

war vor konvulsivischen Krampfen bange.

Mir Ich

riech ihr sich ins Bett zu legen, welches sie auch that.

Ich vertrat dabey die Stelle desKammer-

madchens.

Sie war noch nicht angeklcidct, Ihr

losgebundenes Haar fiel über die entblößten Schul­ tern und Brust.

Ich umarmte sie.

Sie über,

ließ sich ohne Widerstand meinen Armen und ihre

Thrä-

Thränen fingen an ruhig zu fließen.

Wie schöre

ivar das Mädchen in diesem Augenblick!

Wahr,

hastig die bußfertige Magdalena war verführcrischerals die sündigende, wenn sie eben so schön war-

AIS meine trostlose Schönheit wieder im Bette lag, fing ich an, sie im ganzen Ernst zu trö­ sten.

Ich suchte ihr die Furcht vor dem Kloster

zu benehmen, — ich machte ihr Hoffnung, Dan­ ceny heimlich zu sprechen, und setzte mich mit den

Worten: „Wenn er jetzt so hier roßte'* auf ihr Bett.

Diesen Gedanken schmückte ich

weiter aus, und so führte ich sie durch allerley

zerstreuende Bilder so weit, daß sie ihren Kum­

mer fast vergaß.

Wir würden uns ganz zufrie­

den von einander getrennt haben, hätte sie mir

nicht einen Brief an Danceny mitgeben wollen,

den ich aber zu bestellen mich standhaft weigerte. Hier haben Sie meine Gründe, die Sie gewiß

billigen werden. Erstlich hätte ach mich damit gegen Danceny

blos gegeben.

Diesen Grund allein konnte ich

der Kleinen anführen; aber ich hatte noch ande­ re, die ich Zhnen nur sagen kann.

Es ist nem-

li'ch gar nicht meinem Plan gemäß, den jungen

Leuten

279

=====

Leuten ein so leichtes Mittel, ihren Kummer zu lindern,

in die Hande zu geben.

Und denn

möchte ich sie ferner sehr gern nöthigen, einige

Domestiken mit in ihr Verständniß zu verflech­

Denn wenn dieß so weit führt, als wirs

ten.

wünschen, so muß es gleich nach der Hochzeit be­ kannt werden, und dazu sind Domestiken das be­ ste Mittel.

Auch wenn diese durch ein besonders

Wunder nicht plauderten, so würden wirü an ih­

rer statt thun und die Entdeckung des Geheim^

nisses würde doch der Geschwätzigkeit des Gesin­

des beygemessen werden. Sie müssen den Danceny heut auf dieses Mittel leiten; und da ich dem Mädchen der Klei­ nen,

in welche sie selbst Mistrauen setzt, auch

nicht recht traue, so schlagen sie ihm die Meini­ ge — meine getreue Victorine vor, dann will ich schon sorgen,

daß diese Maßregel gelingen soll-

Dieser Plan gefällt mir um so mehr, da ihre Ver­

traute nicht eigentlich in ihrem ,

serm Dienst seyn wird —

sondern in un­

denn hören Sie nur

weiter; ich bin noch nicht fertig. Während ich mich weigerte, den Brief der

Kleinen an Danceny anzunehmen, fürchtete ich je­

den

den Augenblick,

sie möchte mir den Vorschlag

thun, ihn durch die Straßenpost bestellen zu las­

sen, welches ich kaum hätte abschlagcn können.

AVer — wars Unruhe, oder Unwissenheit, oder

vielleicht der Gedanke, daß sie auf diesem Wege doch die Antwort nicht erhalten könnte, an der

ihr vielleicht mehr, als an ihrem Briefe lag, ge­ nug sie sagte glücklicherweise nichts davon.

Um

ihr indessen dieses Hülfsmittel für immer abzu­ schneiden, hatte ich auf der Stelle einen guten Einfall.

Ich beredete nemlich die Mutter, so

bald ich wieder bey ihr war, die Tochter auf ei­ nige Zeit ganz zu entfernen und mit ihr aufs Land

zu reisen. Rathen Sie wohin'. Nun', klopft Ih­

nen das Herz nicht von froher Ahndung star­

ker? — Zu Ihrer Tante, der alten Nosemonde.

Heut noch wird sie sich bey ihr anmclden.

Da

haben Sie ja mit einenmale die schönste Gele­ genheit zu Ihrer frommen Schöne zurückzukehren, die jetzt nicht mehr die Einwendung machen kann, es sey unschicklich und verdächtig, mit Ihnen al­

lein auf dem Lande zu seyn.

Und dank sey es

meiner Klugheit, Frau v. Volanges muß so den Scha--

=====

$8i

Schaben, den sie Ihnen gethan hat, selbst Wie­ der gut machen. Aber hören Sie mich und beschäftigen Sie sich mit Ihren Angelegenheiten nicht so sehr, baß Sie die gegenwärtige darüber versäumten. Be­ denken Sie, daß mir diese sehr am Herzen liegt. Ich will nemlich, daß Sie der Briefträger und Rathgeber der beyden Leute zu werden suchen. Benachrichtigen Sie also Danceny von der Abreise seiner Geliebten und biethen Sie ihm Ihre Dien­ ste an. Finden Sie nur die eine Schwierigkeit dabey, wie er einen Brief an seine Geliebte, worin Sie als Vertrauter beglaubigt werden, ihr in die Hände spielen will — und haben Sie die­ se sogleich, indem Sie ihm dazu mein Kammer­ mädchen vorschlagen. Ohnzweifel wird ihm das alles willkommen seyn, und Sie haben zum Lohn Ihrer Mühe das Vertrauen eines unerfahrnen Herzens, worin immer etwas Interessantes ist. Die arme Kleine! wie wird sie roth werden, wenn sie Ihnen den ersten Brief zusteckt! Ge­ wiß die Nolle des Vertrauten, gegen die so man­ che Vorurtheile im Gange sind, scheint mir ein nicht unangenehmer Nebenzeitvenreib zu seyn, wenn

wenn man anderweitig beschäftigt ist, und das

ist ja Ihr Fall. Die ganze Entwickelung dieses Drama's liegt

nun in Ihren Handen. blick bestimmen,

Sie müssen den Augen­

wo man am schicklichsten dir

spielenden Hauptpersonen zusammenbringt. Das Land bietet dazu tausenderlei) Gelegenheit darund Danceny wird auf dem ersten Wink, den Sie ihm geben, gewiß nicht verfehlen zu erscheinen. —

Nacht, Verkleidung, ein Fenster — doch das wird sich alles schon finden.

Kommt unsere Klei­

ne eben so von dort wieder zurück, wie sie hin­ kommt , so ist das allein Ihre Schuld, und ich

werde mich deshalb an Sie halten.

Halten Sie

es für nöthig, daß ich von meiner Seite die Klei­ ne ein wenig anfeure, so schreiben Sie es mir. Da ich ihr über die Gefahr, gewisse Briefe auf­ zuheben eine so nachdrückliche Lection gegeben ha­

be, so kann ichs wohl wagen, ihr zu schreiben; ich habe ja überdem immer noch die Absicht, sir

wir zuzuziehn. Noch muß ich Ihnen sagen, daß ich ihre»

Verdacht über den verrathenen Briefwechsel, der

anfänglich auf ihr Mädchen gefallen war, auf

ihren

28 z ihren Beichtvater hingelenkt habe.

So konnte

Und

ich zwey Fliegen mit einem Schlag treffen. nun leben Sie wohl.

Das heißt lange geschrie­

ben ! Mein Mittagsessen hat sich über dem Schrei­ Aber Eigenliebe und Freund­

ben sehr verspätet.

schaft für Sie führten mir die Feder und beyde

sind geschwätzig.

Sie erhalten indessen um 3 Uhr

diesen Brief und das ist früh genug.

Nun un­

Sie

terstehen Sie sich wieder mich zu tadeln.

können nun, wenn Sie sonst Lust haben, das

Gehölz des Grafen B —

aufsuchen.

Wenn

ers, wie Sie sagen, für das Vergnügen seiner Freunde schont,

Welt zu

so, muß der, gute Mann alle

Freunden

haben.

Adieu,

ich bin

hungrig. 64.

von Danccny an Frau von VolangcS.

den 9. Sept. (Der Entwurf dieses Briefes war dem des Grafen Valmsnt an die Markifln von Mencuil (No. 66.) bey­ gelegt. )

Ä8eder um mein Betragen bey Ihnen zu recht­ fertigen, gnädige Frau, noch um mich über das

Jhrü

Ihrige zu beklagen, schreibe ich diese Zeilen.

Nur betrüben kann ich mich über einen Vor­ fall, der drey Menschen in Kummer stürzt, die

alle drey eines bessern Schicksals würdig sind. Die Ursach desselben zu seyn, ist mir viel schmerz­ hafter, als sein Opfer zu werden, und meineLei-

den drücken mich so sehr nieder, das; es mir bis­ her durchaus an Kraft fehlte, Ihnen zu antwor­ ten, ft oft ich auch seit gestern deshalb die Feder

ansetzte.

Ich habe Ihnen indessen so manches

zu sagen, gnädige Frau, das ich mich, so viel

ichs vermag, zusammennehmen muß; und wenn

Sie in diesen! Brief Ordnung und Zusammen­ hang vermissen, so werden Sie auf die Gemüths­ stimmung, in der ich ihn schreibe, gütige Rücksicht nehmen und mich entschuldigen. Erlauben Sie mir zuförderst gegen die erste

Zeile Ihres Schreibens eine Erinnerung.

Ich

habe, das kann ich dreist sagen, wederIhr Ver­ trauen, meine gnädige Frau, noch-die Un­

schuld Ihrer Fräulein Tochter gemiß, braucht.

Durch welche meiner Handlungen

hätte ich wohl die eine oder die andere verletzt?

Meine Handlungen aber hingen allein von mir ab,

28z ab, und wenn Sie mich für das unfreywillige Gefühl, das Ihre Fraulein Tochter mir einfiößte, zur Rechenschaft ziehen wollen, so darf ich sagen, daß dieses Ihnen wohl mißfallen, aber Sie nicht beleidigen durfte. Ueber diesen Punkt, der mir empfindlicher ist, als ich es sagen kann, mögen Sie selbst meine Richterin, und meine Briefe meine Zeugen seyn. Sie untersagen mir für die Zukunft Ihr Haus — und es versteht sich, daß-ick mich allem unterwerfen werde, was Ihnen in diesem Stück zu beschließen beliebt. Wird aber eine so schnelle und gänzliche Entfernung nicht eben so gut Stoff zu jenen Anmerkungen, die Sie gern vermeiden wollen, geben, als ein Befehl an ihren Thür­ steher, den Sie aus diesem Grunde nicht gern geben wollen? Ich muß in diesem Punkt um so bedenklicher seyn, weil er in der That für das Fraulein wichtiger ist, als für mich und ich bitte Sie, gnädige Frau, hier alles recht genau zu er, wägen und Ihre Strenge, durch das, was die Klugheit fordert, mildern zu lassen. . In der Ue, berzeugnng, daß das Beste Ihrer Fräulein Tochter Ihre Entschließungen leiten wird, erwarte ich

ich in diesem Stücke von Ihnen neue Befehle.

2m Fall es Ihnen gefallen sollte, mir die Erlaub­ niß zu geben. Ihnen noch bisweilen aufwarten zu dürfen, gebe ich Ihnen die Versicherung, —

und Sie können sich auf mein Wort fest verlas­

sen — diese Güte keinerweges dazu zu mißbrau­

chen, daß ich Versuche machte, mir dem Fräulein ins geheim zu reden oder ihr Briefe von mir zu­ zustecken.

Dieses eben gegebene Versprechen ist zugleich

die einzige Antwort, die ich Ihnen auf das geben

kann, was Sie über Ihren Entschluß mit dem Fraulein zu erkennen geben,

deren Schicksal,

wie Sie sagen, von meinem Verhalten abhängen

wird.

Ich würde Sie betrügen, gnädige Frau,

wenn ich mehr verspräche.

Nur ein unedler Ver­

führer richtet sich nach Umständen, Zufälligkeiten

und schmiegt ihnen seine Plane an.

Aber die Lie­

be, die mich beseelt, erlaubt mir nur den doppel­ ten Vorsatz, muthig und treu zu seyn. ich sollte darin willigen,

Wie,

von Fraulein Cecilie

Volanges vergessen zu werden? —

Sie selbst

vergessen zu wollen? Nein, nimmermehr!

ich

werde

=

28?

werde treu seyn; ich schwur es ihr und ich erneuere noch heut diesen Schwur, Doch Verzeihung, gnädige Frau, ichvergessemich.

Zch lenkeein, um nochüber einen Punkt

mit Ihnen zu reden — über dieBriefe des Fräu­

leins,

die Sie von mir zu rück fordern.

Es ist

mir wahrlich peinlich, meine Schuld in Ihren

Augen — noch durch eine Weigerung vergrößern

zu müssen..

Aber ich bitte herzlich, hören Sie

meine Gründe;

und um das Gewicht derselben

ganz zu fühlen, erwägen Sie gütigst, daß mich über den schmerzlichen Verlust Ihrer Freundschaft

nichts trösten kann, als die Hoffnung mir Ihre Achtung zu erhalten.

Die Briefe von Fräulein Cecilie, die immer ein so großes Kleinod für mich waren, müssen mir jetzt theurer,

das

einzige

als je,

Gur,

Sie allein schildern mir

Sie sind ja

seyn.

das mir

geblieben

ist.

eine Neigung,

die

die Wonne meines Lebens machte. ich bethcure es Ihnen,

Dennoch,

würde ich nicht anstchn,

sie Ihnen hinzugeben — und mein Schmerz über dieses Opfer würde dem Wunsch weichen müssen.

Ihnen damit einen Beweis meiner ehrfurchtsvol­ len

k:i Ergebenheit zu geben, wehn nicht Gründe mich abhielten, die Sie selbst'nicht tadeln fiiv r.cn. — Sie wissen jetzt um meine Verhältnisse zu Ihrer Fräulein Tochter. Aber ich gestehe Ih, nrn frey, ich vermuthe, daß Sie dieses Geheimlüß irgend einer zufälligen Entdeckung — nicht der freiwilligen Eröffnung von Seilen des Fräu­ leins, verdanken. Ich will damit nicht einen Schritt tadeln, zu dem dieMuttcrsorge vielleicht berechtigt. Nein, ich ehre Ihre Rechte; aber sie können mich von meinen Pflichten nicht entbin­ den und ich halte es für eine der heiligsten, nie« mals das Vertrauen, das Jemand uns schenkt, zu verrathen. Dieß thäte ich offenbar, wenn ich fremden Blicken die Geheimnisse eines Herzens entschleierte, das sich nur mir allein aufschließen wollte. Will das Fräulein selbst, daß ich diese Briefe in Ihre Hände gebe, so darf sie es nur sa­ gen. Sie werden Ihnen aber zu nichts nütze seyn. Will sie im Gegentheil ihr Geheimniß in sich ver­ schließen , so werden Sie gewiß von mir nicht erwarten, daß ich es verrathe. Was Ihren Wunsch betrifft, gnädige Frau, die ganze Sache mit ewiger Verschwiegenheit W decke

deckt zu sehn, so können Sie deshalb vollkommen ruhig seyn. Zn allen Dingen, die die Zufriedenheit des Fräuleins von Volanges betreffen, darf es mein Herz so gar mit dem Mutlerherzen auf­ nehmen. Ich habe auf jeden möglichen Fall ge­ sorgt, um Ihnen alle Ursach zur Besorgniß zu nehmen. Dieß kostbare Kleinod, das wohl ein­ gepackt und versiegelt, sonst die Aufschrift hatte: Papiere zum verbrennen, ist "jetzt über­ schrieben: Schriften, die der Frau von Volanges gehören. Diese Anordnung kann Ihnen zugleich ein Beweist seyn, daß ich die Rückgabe dieser Briefe nicht deshalb verweigere, weil sie besondere Dinge enthielten, die Ihnen schmerzhaft seyn müßten.. So lang dieser Brief geworden ist, gnädige Frau, so würde er doch noch zu kurz seyn, wenn er Ihnen über die Reinheit meiner Gesinnungen, über meinen aufrichtigen Schmerz, Ihnen miß­ fällig zu werden, so wie endlich über die tiefe Ehre furcht einigen Zweifel übrig ließe, mir der ich die Ehre habe zu seyn re.

Der gefährl. Umg. I. Th.

T

6;,

65.

von Danccny an Geeilte Belanges, den 9. Sep. (Dem Brief des Grafen Valmont an die Markisln —. No. 66. gleichfalls offen beygeschlossen.)

A-, , geliebte Cecilie, was soll aus uns werden! Welcher Gott kann uns gegen die Leiden schütze»,

die uns bedrohen! Möge doch unsere Liebe uns Stärke und Muth geben,

sie zu ertragen! Wie

soll ich Ihnen mein Erstaunen, meine Verzweif­ lung schildern, als ich meine Briefe an Sie zu­

rück erhielt und das Billet Ihrer Frau Mutter las!

Wer konnte an uns zum Verräther werden? Auf

wen fallt Ihr Verdacht? Oder wären Sie selbst unvorsichtig gewesen? Was machen Sie jetzt?

Was hat man Ihnen gesagt? Ich wünsche alles

zu wissen, denn noch weiß ich von dem allen nichts. Doch vielleicht wissen Sie selbst nicht mehr, als ich.

Ich schicke Ihnen hierbey das Billet Ihrer Frau Mutter und eine Abschrift meiner Antwort. Ich hoffe, daß die letztere Ihren Beyfall haben wird.

Ich wünsche nichts mehr, als daß Sie

auch

29 T

==5

auch alle die übrigen Schritte billigen mögen, die

ich

seil der unglücklichen Entdeckung gethan habe,

und die sämtlich zur Absicht hatten, Nachrichten

von Ihnen zu empfangen und Ihnen von mir zu ertheilen — vielleicht auch uns wieder zu sehn

und mit mehr Freyheit als vorher. —

0 denken

Sie sich die Wonne, wenn wir einmal wieder zu­ sammen kommen, uns von neuem ewige Liebe

schwören, und einander in den Augen, in der

Seele lesen,

daß dieser Schwur unverbrüchlich

seyn wird! Welche Leiden vergäße man nicht über

solchen Augenblick der Wonne! Ja, meine Theu­ re, ich hoffe, daß dieser Augenblick für uns er­

scheinen wird, Schritten,

Doch —

und dieß verdanke ich eben den

die ich Sie zu genehmigen bitte.

was sage ich —

ich verdanke es viel-

mehrder trostvollen Fürsorge des zärtlichsten Freun,

des, und ich bitte Sie nur um-das einzige, die­

sen Freund in Zukunft auch als den Ihrigen an,

zusehn. Ich hatte vielleicht über Ihr Vertrauen nicht ohne Ihre ausdrückliche Einwilligung schalten

sollen; aber unser Unglück und die Nothwendig, keit müssen mich entschuldigen.

T 2

Die Liebe hak mich

-wich allein geleitet. Ihr werden Sie es ja ber? .zeihen, wenn ich von unserm Verhältniß einem Freunde Eröffnung that, ohne die wir Wahlscheinlich auf immer'getrennt gehlieben waren *). Sie kennen Liesen Freund. Er ist der Freund :ernerDame, die Sie vorzüglich schätzen; mit ei­ nem Wort, es ist Valrnont. Die Absicht, in 'der ich mich an ihn wandte, war anfänglich nur, ihn zu bitten,, daß er Frau von Wertem! bewe, gen möchte,, einen Brief von mir an Siel zu bestellen. Er fürchtete aber dieser Versuch möchte sehlschlagen und schlug mir statt ihrer ihr Kam­ mermädchen vor, die er ehr zu gewinnen glaubt, Ha sie ihm Verbindlichkeiten hat. Sie ist es, die Ihnen diesen Brief bringen wird und ihr können Sie IhreAntwort unbedenklich geben. Inzwischen würde dieses Hülfsmittel wenig helfen, wenn Sie, wie Graf Valmont glaubt, im Begriff sind, aufs Land zu .gehn. In diesem Fall aber bietet er uns selbst 'seinen Beystand an. Die Dame, zu der Sie reisen werden, ist seine Tante. Dieses Verhältniß erlaubt ihm, sie mit Ihnen *) Herr von Daneeny sagt nicht die Wahrheit. (Jr hat­ te flch an Graf Valmont früher entdeckt. Siehe 57.

=

293

Ihnen zu gleicher Zeit zu besuchen, und so wird ■tonst unser Briefwechsel durch seine Hande gehn. Er versichert mich sogar, daß wenn Sie sich sei­ nen Anordnungen anvertrauen wellen, er uns Mittel verschaffen wird, einander zu sehn, ohne das mindeste dabey zu wagen. Und nun, geliebte Cecilie, wenn Sie mich lieben, wenn Sie mich beklagen, und, wie ich hoffe, an meinen Leiden einigen Theil nehmen,— werden Sie denn doch einem Manne'Ihr Zutrauen versagen, der unser Schutzengel seyn will? Ohne ihn würde ich so unglücklich seyn, nicht einmal die Leiden, die ich Ihnen verursache, litt? dern zu können. Doch sie werden bald endigen/ das hoffe ich. Versprechen Sie mir nur, meine, zärtlich geliebte Freundin, sich nicht Ihrem Kum­ mer zu sehr hinzugeben, und sicd nicht gänzlich: von ihm Niederdrücken zu lassen. 'Der Gedanke an Ihren Schmerz ist für mich unerträgliche Pein. Mein Leben gäbe ich hin, um Sie glücklich zu machen. Doch, das wissen Sie wohl. Könnte doch die Ueberzeugung von meiner innigsten Liebe einigen Trost in Ihre Seele bringen. 0 geben Sie mir die Versicherung, .das; Sie der Liebe den Schmerz

Schmerz verzeihen,

den sie Ihnen verursacht.

Leben Sie mehl, meine Cecilie, meine zärtlich geliebte Cecilie! Leben Sie recht wohl.

66.

Graf Valmont an -ie Markisin von Mertcurk. ttn 9. Sept. Äbenn Sie die beyden beykommenden Briefe les

sen, meine schöne Freundin, so werden Sie ge­ stehn müssen, daß ich Ihre Plane nicht schlecht

ausführe.

Beyde sind von heut datirt, aber sie.

sind schon gestern auf meinem Zimmer unter mei­ nen Augen geschrieben.

Der an die kleine Vo-

langes lautet ganz, wie wirs wünschen können.

Wenn man Sie, meine Theure, nach dem Er­ folge Ihrer Unternehmungen beurtheilen wich

so muß man vor Ihrem tiefen Blick demüthigst das Knie beugen.

Danceny brennt lichterloh.

Er wird, denke ich, bey der ersten Gelegenheit Ih­ nen nichts zu wünschen oder zu tadeln übrig lassen. Will sein unerfahrnes Schätzchen nur ein wenig

gelehrig seyn, so wird bald »ach ihrer Ankunft

auf

auf dein Lande alles ein erwünschtes Ende gewin­ nen.

Dazu habe ich hundert Mittel in Bereit­

schaft.

Dank sey es Ihrer Bemühung; ich bin

jetzt der entschiedenste Busenfreund des Danceny. Dieses Bürschchen denkt übrigens noch herz-

Glauben Sie wohl, daß ichs

lich jugendlich.

von ihm erhalten konnte, gegen die Mutter sei­ ner Liebe förmlich zu entsagen? Was ist denn lä­ stiges bey einem Versprechen,

das man im Vor'

aus nicht zu halten entschlossen ist l „Ich würde sie damit nur betrügen,“ wiederholte er mir unauf­ hörlich.

Eine sehr erbauliche Bedenklichkeit —

besonders bey einem, der der Mutter die Tochter

Aber so sind die Menschen.

verführen will.

In

ihren Wünschen und Planen sind sie alle gleich boshaft.

Wenn es ihnen aber bey der Ausfüh­

rung an Muth und Kraft fehlt,

so nennen sie

das Ehrlichkeit. Ihre Sache, meine schöne Frau, ist es übri­ gens nun, zu verhindern, daß die Frau vonVo,

langes über einige^Ausdrücke, die sich der junge Herr in seinem Briefe erlaubt hat, nicht aufge­

bracht werde.

Netten Sie uns ums Himmelswil­

len vom Kloster, und rathen Sie ihr, auf die Nück-

Rückgabe der Briefe nicht zu bestehn. er giebt sie nicht heraus;

Genug

er will durchaus nicht

und darin hat er recht.

Hier ist die Liebe mit der

Klugheit einstimmig.

Ich habe mir die Gewalt

angethan, dieß läppische Zeug zu lesen.

Diese

Briefe können uns allerdings nützlich werden.

Hören Sie nur, wie.

Trotz aller Klugheit, die wir anwenden, kön­ nen wirs-vielleicht nicht verhindern, daß die Ge,

schichte ins Publicum komme.,

Natürlicherweise

würde dann aus der Heyrath mit Gercourt nichts und unsere Plane, in so fern sie diesen Gercourt

angehn, hätten ein Ende.

Auf diesen Fall be­

halte ich mirs vor, das Mädchen um ihre Ehre

zu bringen, da ich mich für meine besondere Rech­ nung an der Mutter rachen muß.

Wenn man

denn unter diesen Briefe». eine Auswahl träfe und nur einen Theil derselben zum Vorschein

brächte, die man mit den gehörigen Einleitun­

gen und Erklärungen mündlich versehn müßte, so könnte« diese leicht den Schein geben, als habe sie die ersten Schrine gethan und sich ihm ganz und

gar an den Hals geworfen. Einige von diesen Brie­ fen könnten selbst die Mutter in ein schlechtes Licht

stellen und ihr den Schandfleck einer unverzeihli­ chen Nachläßigkeit anhangen. Ich sehe wohl ein, baß der bedenkliche Danceny sich anfänglich dagegen empören'wird, indessen wenn er selbst per» sönlich gekränkt ist, so denke ich soll es doch ge­

Es ist zwar tausend gegen eins zu wttten, daß die Sache diese Wendung nicht nehmen lingen.

wird, indessen wan muß auf alles gefaßt seyn. Leben Sie wohl, schöne Freundin. Sie wa­ ren allerliebst, wenn Sie morgen Abend auch bey der Marschallin v. -7 aßen; ich habe es zusa­

gen müssen.

Daß Sie sich gegen die Vvlanges von meiner prcjeclirten Reise zur Frau von Rosemonde nichts

merken lassen müssen, darf ich Ihnen wohl nicht erst empfehlen. Ich fürchte, sie bliebe denn ganz

und gar hier.

Ist sie aber einmal da, wenn ich

komme, so wird sie deshalb nicht gleich zurückreifett und bleibt sie denn nur noch acht Tage, so

stehe ich für alles.

67Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont, ten 9. Sept. ^Sch wollte Ihnen nicht ferner antworten, Herr

Graf und meine Unruhe in diesem Augenblick be­ weiset mir genugsam, daß ichs nicht sollte.

In­

zwischen möchte ich Ihnen gern jeden Vorwand benehmen,

sich über mich zu beschweren, und

Ihnen zeigen, daß ich alles für Sie thue, was nur in meiner Macht ist/

Ich habe Ihnen, sagen Sie, dikErlaubniß gegeben, an mich zu schreiben.

nicht.

Ich leugne es

Aber glauben Sie, daß ich dabey die Be­

dingungen vergessen habe,

unter denen es ge­

schahe? Hatte ich mich an dieselben eben so stren­

ge gehalten, als Sie cs nicht gethan haben, warlich Sie hatten keine einzige Antwort ferner von mir erhalten.

Diese ist gleichwohl die dritte;

und wenn Sie gleich von Ihrer Seite alles thun, was mich bewegen könnte,

diesen Briefwechsel

aufzuheben, so denke ich von der Meinigen doch immer fort auf Mittel, ihn zu erhalten.

Ich

Lenne dazu eins und zwar nur ein einziges. Ver.

299

=

Verwerfen Sie dieses, so werden Sie mich, trotz

aller Versicherungen vom Gegentheil, doch übetzeugen, daß Sie auf unsere schriftliche Unterhal­

tungen keinen Werth setzen.

Sie müssen, mit einem Worte, nicht langer eine Sprache gegen mich führen, dir ich nicht hö­

ren kann und nicht will.

Sie müssen nicht mehr

von einer Neigung reden,

die mich beydes ang-

frißt und beleidigt und an der Sie vielleicht schon deshalb nicht länger hangen sollten,

da sie die

einzige und fortdauernde Ursache ist, die uns von einander "getrennt halt.

Ist denn diese Art der

Zuneigung die einzige, dir.Sie kennen üiid soll die Liebe in meinen Augen auch noch den Vor­

wurf verdienen,

schließt?

daß sie dir Freundschaft aus­

Oder wollen Sie sich verwerfen lassen,

die nicht zur Freundin haben zu wollen, von der Sie zärtlichere Gesinnungen forderten?

kann ich, das mag ich nicht glauben.

Das

Dieser ent­

ehrende Gedanke würde mich empören und mich

auf ewig von Ihnen entfernen.

Ich biete Ihnen meine Freundschaft an — das ist alles, was mir gehört und worüber ich

gebieten darf.

Was können Sie mehr verlan­

gen?

gen? Ich erwarte nur Ihre Einstimmung und die Versicherung, (die Sie mir geben müssen) daß diese Freundschaft zu Ihrer Zufriedenheit hinreichend ist, um mich ganz dieser sanften Em» findung zu überlassen, die meinem Herzen so wohl thut. Ich will denn alles vergessen, was man mir dagegen sagen konnte, und ich verlasse mich darauf, daß Sie alles «»wenden werden, meine Wahl in den Augen der Welt zu rechtfertigen. Sie sehen meine Aufrichtigkeit, und kLnnen daraus schließen: wie viel Leertrauen ich in Ihnen sehe. Es wird Ihnen wenig Mühe kosten, die­ ses noch zu verwehren. Aber ich sage Ihnen im Voraus, daß das erste Wort, welches Sie von Liebe reden, es auf immer zerstöhren, mich in alle meine alten Besorgnisse zurückwerfen und unfehlbar ein ewiges Stillschweigen gegen Sie zur Folge haben wird. Wenn es wahr ist, daß Sie, wie Sie sagen, von Ihren Verirrungen zurückgekommen sind, so werden Sie gewiß lieber von einem lugende haften Weibe als Freund geschätzt, als von den Gewissensbissen einer entehrten verfolgt und ge. peinigt werden wollen. Leben

=

Z0l

Leben Sie wohl, Herr Graf. Nachdem, was ich Ihnen in diesem Briefe gesagt habe, .fmtrt id) «er dem Empfange Ihrer Antwort kein Wort weiter schreiben.

68. Graf Dalmont an die Präsidentin v. Tourvel-

den »o.Sept. Wa- soll ich auf Ihren letzten Brief antworten,

gnädige Frau? Woher nehme ich den Muth, die Wahrheit zu reden , da ich voraussche, daß ich durch meine Aufrichtigkeit leicht alles bey Ihnen verlichren kann. Doch es sey; ick- will es gleich, wohl wagen. Ich sage es mir und wiederhole es mir oft, es ist besser, Ihr Herz v e r d i e n e n, als es erhalten und sollten Sie mir auch ewig ein Glück versagen, nach dem id) ewig schmachten werde, so will ich Ihnen wenigstens beweisen, daß ich dessen würdig war. Wie Schade ist es, daß id), wie Sie es neu, nen, von meinen Verirrungen zurückgekommen bin. Ware das »ich, o mit welchem Entzücken hätte

j hatte ich denn Ihren Brief gelesen, auf den ich

heut nur mit Zittern antworten kann. den darin mit Au frichtigkeit. mir Ihr Vertrauen. —

Sie re­

Sie bezeigen

Sie bieten mir end­

lich Ihre Freundschaft an.

Welche Schätze,

gnädige Frau, und wie bin ich zu beklagen, daß

ich sie nicht benutzen kann! 0 warum bin ich nicht

noch der ehemalige Valmont! Wäre ich der noch und fesselten mich an Sienur jene lockern und lo­

sen Bande,

wie Verführung und Sinnlichkeit

sie knüpfen, die man leider heut zu Tage mit der

Liebe verwechselt, — gewiß ich würde mich nicht bedenken, alles anzunehmen, was ich von Ihnen

nur irgend erhalten könnte und aus allen meinen Vortheil zu ziehn.

Ich würbe mich wenig um die

Beschaffenheit der Mittel kümmern, wenn sie

nur zu meinem Zweck führten.

Ich würde mich

immer tiefer und tiefer in Ihr Vertrauen stehlen, und Sie zu einer größer» Aufrichtig­ keit hinleiten, um Sie desto sicherer zu täuschen.

Nichts würde mir willkommner seyn, als Ihre Freundschaft, die ich leicht hoffen dürfte, ir­

re zu führen.

Gewiß erschrecken Sie bey diesem

Gemählde, vrrehrungswerkhe Frau!

und doch würde

würde es mir gleichen, wenn ich mich für das Verhältniß der Freundschaft erklärte, das Sie

mir anbieten. Wie! ich sollte bey einem Gefühl das aus Ihrem Herzen quillt, mirs gefallen laft sen, es mit andern zu theilen? Wenn ich Ihnen je so etwas sage, so glauben Sie mir kein Wort; denn von dem Augenblick fange ich an Sie zu betrügen, — und höre auf, wo nicht nach Ih­ rem Besitz zu verlangen, doch gewiß, Sie wirk» lich zu lieben. Nicht als ob liebenswürdige Aufrichtigkeit, süßes Vertrauen, herzliche Freundschaft keinen Werth in meinen Augen hatten! Aber was sinSie gegen die Liebe — gegen jene ächte, innige Liebe, wie Sie sie meinem Herzen eingeflößt ha, den. Sie schließt alle ,jene herrlichen Gefühle in sich und giebt ihnen eine größere Stärke. Aber: sie unterscheidet sich ^dadurch, daß sie die Ruhe, die Kälte der Seele nicht kennt, nicht duldet, bey der man noch vergleichen und vorziehn kann. Nein, gnädige Frau, ich werde, ich kann Ihr Freund nicht seyn, ich werde Sie lieben — mit der zärtlichsten, mit der heißesten — und mit der chrfurchtvollsten Liebe. Sie können diese Liebe

3°4 Liebe zur Verzweisiung treiben, aber Sie werben sie nicht zerstören. Mil welchem Rechte können Sie über ein .Herz gebiethen, dessen Huldigungen Sie ven schmähen? Ist es nicht eine studirte Grausam­ keit, daß Sie mir sogar die Wonne, Sie zu lie­ ben, mißgönnen? Aber diese gehört mir, Sie vermögen nichts darüber, und ich werde sie mir zu erhalten wissen. Ist sie eine Quelle bittrer Leiden, so ist sie auch eine Quelle des Trostes zugleich. Nein, und abermals nein i Beharren Sie immer auf Ihre grausame Weigerung, aber las­ sen Sie mir meine Liebe. Sie wollen mich un­ glücklich machen; wohl, es sey! Versuchen Sie es immerhin, meinen Muth auf die härtesten Proben zu stellen. Sie werden doch die Gebiete­ rin über mein Schicksal bleiben und vielleicht mir dereinst Gerechtigkeit wicderfahren lassen. Sie sollen und werden einst sagen: ich halte ihn verkannt. Doch ich sollte Sie vielmehr der Uugerechtigkeil gegen sich selbst anklagen. Sie kennen und Sie nicht lieben — Sie lieben und Sie Nicht

Zoz nichtewig lieben — das sind völlig unverträg­

liche Dinge.

Trotz der Bescheidenheit, die Ihr

schönes Herz in so hohem Grade ziert, dürfen

Sie sich doch über die Gefühle, die Sie in an­ dern Herzen erwecken,

nicht wundern, sollten

sie Ihnen auch nicht immer willkommen seyn.

Wenn ich auf irgend etwas an mir stolz seyn woll­

te , so wäre es allein dieß, daß ich fähig war, Ihren ganzen Werth zu fühlen und würdig zu

schätzen.

Dieses Verdienst kann ich mir nicht rau­

ben lassen.

Weit entfernt also, mich auf die

zweydeutigen Geschenke einzulassen, die Sie mir anbieten, erneute ich vielmehr hiermit

Ihren

Züßen den Schwur ewiger Liebe.

69.

Geeilte DolangeS an Herr von Danreny. den to. Sept. ( mit Stepstift geschritten und von D«nceny mit Diu» nachgczsgen.)

^Oie fragen, was ich mache? Ich liebe Sie und weine.

Meine Mutter spricht gar nicht mit mir.

Oer gefährl. Umg. I. Th.

«

Sie

Sie hat mir 5)inte, Feder und Papier wegge­

Zum Glück ist mir ein Endchen Bley­

nommen.

stift geblieben, mit dem ich Ihnen jetzt auf einem

Stück Papier schreibe, das ich von Ihrem Brie, feabgerissen habe.

Ich liebe Sie so sehr, daß

ich mir jedes Mittel gern gefallen lasse, durch welches

wir uns von einander Nachricht geben

können.

Lch war sonst den Graf Valmont nicht

gut, ich habe aber nicht gewußt, daß er Ihr Freund ist.

Lch werde sehen, daß ich mich an

ihn gewöhne und um Jhrentwillen, ihm gut werden.

ich nicht.

werde ich

Wer uns verrathen hat, weiß

Entweder mein Kammermädchen oder

mein Beichtvater hat es gethan.

Ach ick bin

recht unglücklich! Morgen gehn wir aufs Land, ich weiß nicht auf wie lange.

O Gott, ich soll

Sie also nicht Wiedersehn! Das Papier ist voll.

Adieu.

Zch weiß nicht, ob Sie dieß werden le­

sen können.

Diese Züge des Bleystifts werden

verlöschen — aber ewig nicht die Liebe zu Ih­

nen , die in mein Herz geschrieben ist.

=====

3°7

70.

Graf v. Valmont au die Markisin v. Merteuis. tm 11. Sept. J-> muß Ihnen eine wichtige Nachricht mitthei/ len, meine Theure.

Ich aß gestern Abend, wie

Sie wissen, bey der Marschallin von. — DieRe»

ne kam auf Sie und ich sagte bey der Gelegen­ heil von Ihnen, zwar nicht das Gute, was ich

denke, aber dafür alles das, was ich nicht denke. Die Gesellschaft schien mir beyzupflichten, und die Unterhaltung gerieth schon ins Stocken, wie

das gewöhnlich der Fall ist, wenn man von sei­ nem Nächsten Gutes spricht — als sich plötzlich

eine Art von Widerspruch hören ieß.

Erikam von

dem Herrn von Prevan. „Ich bin weit entfernt,

sagte er und stand auf, an das Wohlverhalten

der Frau Markisin von Merteuil zu zweifeln. Aber ich glaube, daß ihr untadeihafter Wandel

mehr die Folge ihres leichten, Sinnes, als ihrer Grundsätze ist.

veränderlichen

Es ist viel,

leicht so schwer nicht, ihr zu gefallen, aber die

Schwierigkeit liegt darin, ihr standhaft nachzu» gehn

Das ist weniger Männer Sachei

In,

U a

dem

goß dem man hinter einem Frauenzimmer her ist, fehlt es selten, daß einem nicht andere unterwegcns auf­

stoßen sollten, die alles, wohl erwogen unsere Auf­ merksamkeit eben sosehr, vielleicht mehr noch ver»

dienen.

Und so laßt der eine sich durch eine neue

Liebschaft zerstreuen — der andere ermüdet vorder Zeit, und das glaube ich, würde einem bey der Frau von Merteuil begegnen, die vielleicht unter

allen,Damen in Paris bisher am wenigsten in

dem Fall war, müssen.

sich ernstlich vertheidigen zu

setzte er hinzu,

Ich für mein Theil,

"durch das Lächeln einiger Damen aufgemuntert,

ich werde erst dann an die Tugend der Markisin

von Merteuil glauben, wenn ich, um ihr die

Cour zu machen,

sechs Pferde todt gefahren

Labe.", ■

Dieser schlechte Witz machte Glück, wie jeder

Einfall, wenn er boshaft ist.

Man lachte und

Prevan setzte sich wieder auf seinen Platz.

Die

Unterhaltung wurde allgemein und fiel auf andtt

-re Dinge.

Aber die beyden Gräfinnen P *,: ne,

ben denen unser Ungläubiger saß, setzten mit ihm ih.re besondere Unterredung sott, Glück zu behorchen im Stande war.

die ich zum

Man wett

te»

tetr förmlich auf den Versuch, Ihre Ero-

berung zu ma chen.

Man gab sich das Wort,

einander alles wiederzusagen, welches Versprechen in diesem ganzen Handel gewiß am heiligsten er.füllt werden wird.

Doch Sie find nun gehörig

gewarnt und — Sie wissen das Sprichwort. Noch das muß ich Ihnen sagen, daß dieser

Prevan, den Sie vielleicht noch nicht kennen, ein sehr

liebenswürdiger und

äußerst

gewandter

Ich habe Ihnen wohl.manchmal

Schelm ist.

dar Gegentheil von ihm gesagt,

aber ich habe

Ihnen was Vorgelegen, weil ich den Kerl nicht

leiden kann, und ihm gern, wo ich nur kann, eins versetze.

Ich weiß dabey, daß meine Stim­

me bey einigen Dutzenden unserer modischten Wei,

ber ein großes Gewicht hat.

Durch dieses Mit­

tel vermochte ich es eine Zeitlang, ihn von dem

grotzen Schauplatz (wie wirs nennen) entfernt zu halten.

Er that Wunder über Wunder, und

konnte doch zu keinem Stuf kommen.

Aufsehn,

welches sein

dreyfaches

Aber das Ab en,

theuer machte, zog mit eincmmale die Augen

voll allen Seiten auf ihn hin — erwarb ihm

das Vertrauen, das ihm bisher fehlte und mach­ te

le ihn eigentlich furchtbar. Er ist mit tinew Worte jetzt der einzige Mensch, den ich ungern auf meinem Wege antreffe, und — Zhr eigeyeS Interesse bey Seite, werden Sie auch mir einen wahren Dienst erweisen, wenn Sie ihm eine derbe Lächerlichkeit anhangen können. Ich übergebe ihn guten Händen. Ich hoffe, er wird, wenn ich zurückkomme, ein verlohrner Mensch seyn. Dagegen verspreche ich Ihnen, die Sache Ihres Mündels aufs Beste zu betreiben, und mich mit ihr eben so angelegentlich, als mit mei­ ner Spröden zu beschäftigen. Apropos diese letz­ tere hat mir einen Entwurf zur Capitulation zru geschickt. Zhr ganzer Brief beweiset, wie gern sie sich möchte hintergehen lassen. Sie nimmt ihre Zuflucht deshalb zu einem sehr bequemen und deswegen auch sehr abgenutzten Mittel; sie schlägt mir nemlich vor, ihr Freund zu werden. — Aber ich liebe die neuen und schwierigern Metho­ den und bin nicht gesonnen, sie so wohlfeil da, von kommen zu lassen. Oder hätte ich mir des­ halb so unsägliche Mühe gegeben, um mit einer ganz gemeinen Verführung zu endigen? Mein

3ii

Mein Plan geht auf etwas anders. Di« soll den Werth und Umfang eines jeden Opfer­ ganz empfinden, das sie mir bringt., Ich will sie nicht so überrumpeln und übereilen, daß- ihr« Gewissensbisse nicht Zeit.hätken, zu folgen. Nein, ihre Tugend soll eines langsamen, allmahligen Todes sterben und ich will ihren Blick auf diesequalvolle Schauspiel, so viel ich kann, hinlenkcn. Dann erst soll sie die Wonne, mich in ihren, Ar» men zu haben, genießen, wenn sie dieBegierde darnach nicht länger, verbergen kann. Wahrhaf­ tig ich müßte wenig taugen , wenn ich nicht so viel werth wäre, von diesem Weibe begehrt .zu werden, und ich kann diese stolze Tugendheldin, die sich schämt zu bekennen, daß sie über und über verliebt ist, ohnmkglich ohne diese Nach« davon kommen lassen. Ich habe also das kostbare Geschenk derFrcundschast — zurückgewiesen, und standhaft den Ti­ tel eines Liebhabers behauptet. So ein jämmer, liches Ding ein Titel auch sonst seyn mag, so scheint mir dieser von einer reellen Wichtigkeit zu seyn. . Ich habe außerdem diesesmal vielen Fleiß auf meine Antwort gewendet, um jenen Man­ gel

getan Ordnung hineinzabringen, der immer von einem lebhaftern Gefühl zeugr.

Ich habe Unsinn

geschwatzt, so gut ichs vermochte. Das ist, glaube idv auch der Grund, warum die Weiber uns in den Liebesbriefen so sehr überlegen sind.

Zch schloß

endlich mit einer.Schmeicheley, gleichfalls zufolge meiner tiefen Beobachtungen.

Wenn man das

Herz eines Weibes eine Zeitlang geängstigt hat, so

braucht es Ruhe, und da habe ich bemerkt, daß Line'Schmeicheley immer das sanfteste Küssen ist,

tväd-mait ihnen unterlegen kann.

Adieu, schöne Frau.

Morgen reife ich. Ha­

ben Sie etwas an die Gräfin * * zu bestellen? ich denke unterwegens bey ihr eivzusprechrn, we­ nigstens um des Mittags dort zu essen.

Es ist

mir recht verdrüßlich, abzureisen, ohne Sie vor­ her noch sprechen zu können.

0, erleuchten Sie

mich in diesem entscheidenden Augenblick mit Ih­ ren erhabenen Lehren und kommen Sie mir zu

Hülfe mit der Weisheit Ihrer Rathschläge. —-

Aber vor allen Dingen halten Sie sich den ver­ dammten Preva» vom Leibe und o, könnte ich Sie für dieses Opfer dereinst entschädigen! Adieu.

7i

3i 3

= ?r.

Graf Valmont an die Markism v. Mcrteuil.

vom Schlosse * * den 15. Sept. I?ein Windbeutel von Zager hat meine Brief­

tasche in Paris liegen lassen.

Alle die Briefe

von meiner Schönen, von Danceny, von der kleinen Volangee, alles ist dort geblieben und Loch

muß ich sie alle haben.

Er will eben zurück, um

seine Unachtsamkeit gut zu machen und während

er sein Pferd sattelt, will ich Ihnen doch dieGeschichte der eben verflößnen Nacht erzählen, dir ich hier zugebracht habe.

Sie müssen wissen,

daß ich meine Zeit immer wohl anzuwenden suche und nicht gern einen Augenblick unnütz verliehre.

Zwar von dem Abentheuer selbst ist wenig zu sa, gen — ein aufgewärnu Gericht mit der Vicom, tcsse von M.

Aber die Nebenumstande dabey

machten es interessant.

Sie können aus Lieser

Geschichte auch einmal lernen, Laß ich nicht bloß Weiber zu Grunde zu richten,

sondern cuch,

wenn ich sonst will, sie zu retten versieht.

Zch

wähle immer entweder das Schwierigste oder La-

Lustigste und ich mache mir aus einer guten Hand­ lung

V4

==

lnng auf gerate keinen Vdpwurf, so bald sie mit zur Uebung oder zur Unterhaltuyg gereicht. Al, so ich fand hier die Vicomtesse * *. Man dräng, le mich von allen Seiten, die Nacht hier zu blei­ ben. Die Vicomtesse * * fing endlich'auch an zu bitten. „Ich bins zufrieden, flüstertttich ihr zu, unter der Bedingung, daß ich fie mit Ihnen zubringe." „Das ist nicht möglich, erwiederte sie, Rosier ist hier."- Bis jetzt war, was ich ihr sag, le, nicht einmal mein Ernst gewesen; ich hatte ihr blos etwas schmeichelhaftes sagest wollen; aber ihre Antwort, „es ist unmöglich," brachte mich, wie gewöhnlich, auf. Ich ärgerte mich dem Rc, fier nachstehn zu sollen, und war auf der Stelle entschlossen, es nimmermehr zu leiden. Ich be, harrte also nun im Ernste bey meiner ForderungDie Umstande waren allerdings nid)t günstig. Rosier hatte sich so einfältig benommen, daß der Vicomte der Herr Gemahl Verdacht bekommen hatten, so daß die Vicomtesse seinen Besuch in ihrem Hause nicht mehr annehmen durfte und diese Reise zur Gräfin war eigentlich eine von bey­ den verabredete Zusammenkunft. Der Herr Gemahl hatte freylich anfänglich ein ziemlich saue­ res

res Gesicht gemacht, als erden Rosier hier fand.

Aber da die Zagdlust über die Eifersucht siegte, so war er doch geblieben und die Gräfin, die in» mer die alte ist, wie Dir sie kennen, hatte die

Dame in den großen Corridor, den Gemahl zu ihrer Rechten und den Liebhaber zur Linken ein,

quartiert und es nun ihnen selbst überlassen, sich zu vergleichen.

Aber das böse Geschick beider

harte mir mein Zimmer gerade ihnen über ange« wiesen.

An demselben Tage —

gestern heißt

das, war Rosier, der, wie Sie denken können, dem Vicomte um den Vart geht, mit demselben

auf der Jagd, ohngeachtet ihm an der Jagd rot, m'g liegt.

Er rechnete wahrscheinlich darauf, sich

in der Nacht bey der Frau für die Langeweile

schadlos zu halten, die ihm der Herr Gemahl

den Tag über verursachte.

Ich war aber anderer

Meinung; ich hielt dafür, die Ruhe, werde ihm zuträglicher seyn und sann auf Mittel, seine Ge-

liebte zu bewegen, ihm diese zu gönnen. ES gelang.

Sie versprach mir,

sich mit

ihm, sobald er zurückkäme, zu zanken und zwar

gerade über die Jagdparthie,

zu der er sich doch

offenbar nur ihrentwegen verstanden hatte.

Die, ser

fer Vorwand konnte nicht schlechter gewählt seyn.

Aber

kein Weib in der ganzen Welt besitzt

in einem solchem Grad, wie sie,

das

allen

vernünftige Gründe mit üb­

gemeine Talent,

ler .Laune niederzuschlagen,' und wenn sie am

meisten Unrecht hat,

sonstigen zu lassen.

sich am schwersten 6c,

Zu Erklärungen war Über­

bein die Zeit nicht bequem und da ich nur eine

Nacht forderte, so ließ ichs mir gern gefallen, wenn sie sich den folgenden Tag wieder vertrugen.

Man schmolte also mit dem armen Rosier, als er nach Hause kam.

Er wollte die Ursach wissen

und nun war der Zank serrig. zu rechtfertigen.

Er versuchte, sich

Aber dir Gegenwart des Man­

nes diente zum Vorwand, das Gespräch abzubr»-.

chen.

Er benutzte indessen ein kurze Entfernung

desselben, um sie zu bitten, ihn auf den Abend anzuhSren.

Nun aber stimmte die Vicomtcsse

ihren hohen Ton an.

Sie ließ ihren ganzen Un­

willen gegen die Unbescheidenheit der Männer aus, die, wenn sie einmal die Schwachheit einer Frau benutzt haben, sich nun für berechtigt halten,,

ihre Güte zu mißbrauchen, auch dann, wenn sie

ihr Ursache zum Misvergnügen gegeben haben. Durch

Durch tiefen Kunstgriff ging sie auf eine ändert Materie über und sprach so viel von Feinheit, Deliearesse und Empfindung, daß Röster stumm und verwirrt da stand, und daß ich selbst mich bepnah tauschen ließ und ihr Recht gab. Den» Sie müssen röissen, ich war als Freund bepder Theile bei; dieser Unterredung der dritte Mann. Sie erklärte endlich ganz bestimmt, sie wollt ihn von seiner Ermüdung auf der Jagd aueruhen lassen und überhaupt ihm dieses Vergnügen auf keine Art stöhreu. Jetzt kam der Herr Gemahl zurück. Der ganz zerstöhrke Rosier, der nicht mehr den Muth zu antworten hatte, wandte sich nun an mich, setzte mir seine Gründe, die ich s» gut, wie er selbst wußte, auseinander und bat mich, mit der Vieomttsse zu reden, welches ich ver­ sprach. Ich redete auch wirklich " mit ihr, um nemlich für ihre Güte zu danken und mit ihr Zeit und Umstände unseres Abentheuers näher -festzusetzen. Sie sagte mir, da sie zwischen dem Zimmer ihres Mannes und dem ihres Liebhabers logire, so habe sie es immer für rathsamer ge­ halten, auf Rosiers Zimmer zu gehn, als ihn auf -as ihrige kommen zn lassen und da ich gegen über

gi8 über wohne, so wäre es gleichfalls wohl das sicher­ ste ,

sie kommen zu mir.

Ich sollte also mein

Zimmer auftonen und sie erwarten, sobald ihr

Mädchen sie verlasse, wolle sie erscheinen. geschah, wie verabredet war. —

ein Uhr. —

Alles

Sie kam gegen

Sie könnten mirs als Eitelkeit auS-

legen, wenn ich Ihnen das Fernere erzählen woll­ te.

Doch ich denke, Sie kennen mich; ich war

bießmal besonders mit mir zufrieden. Der Tag brach endlich an und wir mußten scheiden.

Nun kommt das Erste.

Der Wind­

beutel von Weibe glaubte ihre Thür halb offen

gelassen zu haben —

aber wir fanden sie zu.

Las Schloß war abgesprnngen, der Schlüssel in­ wendig.

Sie können sich den Grad von Ver­

zweiflung unmöglich vorstellen, mit dem sie jetzt

,,ich bin verlohren" ächzete.

Lustig wäre

es gewesen, wenn ich sie in der Lage so hätte stecken lassen.

Aber das kann ich nicht leiden,

das ein Weib um meinetwillen zu Grunde gerichtet werde, ohne es durch mich zu seyn. Auch pflege ich mich nicht,, wie der Pöbel, vom

Zufall meistern zu lassen. Ich mußte ihr also hel­

fen.

=

Was hätten Sie gethan?

fen.

319

Hären Sie

was ich versuchte und wie es gelang. So viel sahe ich bald, daß die Thür sich ein, stoßen ließ, wenn man Len Lerm dabey nicht scheute.

Ich beredete also meine Schöne, jedoch

nach vieler Bemühung, sie sollte mit einmal ein

durchdringend Geschrey wie vom Schreck erheben

und Diebe, Mörder und dergleichen rufen. Auf ihre» ersten Schrey wollte ich die Thüre einren­

nen und sie sollte sich sogleich in ihr Bett werfen.

Sie glauben nicht, wie lange es wahrte, ehe sie sich entschließen konnte, selbst nachdem sie den

Vorsatz gefaßt hatte.

Indessen war kein anderer

Ausweg und auf den ersten Stoß flog die Thür

auf.

Die Vicomtesse that wohl sich nicht auszu­

halten.

Denn in demselben Augenblick war auch

der Herr Gemahl und Nosier auf dem Platz.

Das Kammermädchen kam gleichfalls sogleich herzugelaufen.

Ich war der einzige Besonnene

und verfehlte daher nicht, sogleich die Nachtlam­

pe , die noch brannte, auszulöschen und umzuwer, fen.

Denn es wäre lächerlich gewesen, sich bey

einem brennenden Lichte so erschrocken zu stellen. Ich fing, jetzt an,

den Mann und den Liebhaber über

übrr ihren Todesschlaf zu schelten, indem ich ver-'

sicherte, daß das Schreyen und meine Bemühung, die Thür einzustoßen,

dauert habe.

gute fünf Minuten ge-

Die Vicomtesse, die in ihrem Bet,

te, alle ihre Courage wieder gefunden hatte, un-

terstützte mich aufs beste und schwur aus Leibes­

daß Diebe in ihrem Zimmer gewesen

kräften,

wären,

wobey sie —

und hierin sagte sie die

Wahrheit— versicherte, sie habe in ihrem gan­ zen Leben nicht solche Angst gehabt.

allenthalben und fanden nichts.

Wir suchten

Endlich wieß ich

auf die umgeworjcne Nachtlampe hin und zog aus ihr den Schluß, eine Ratte habe gewiß die­

sen Schaden und den ganzen Schreck veranlaßt. Alles stimmte in meine Meinung und nach ctni#

gen Witzelcyen über die Ratten eilte der Vicomte

zurrst in sein Zimmer zurück, indem er seine Frau bat,

sich künftig ruhigere Ratten anzu-

schaffen. Rosier nahte sich jetzt der Vicomtesse und

mrinte, dieses sey die Rache des Liebesgottes ge­ wesen.

Sie sahe mich lächelnd an und gab zur

Antwort:

„Gewiß, ich muß ihn recht erzürnt

haben, denn er hat wariich keine kleine Rache an

mir genommen.

Doch; setzte sie hinzu, ich bin

herzlich müde und will noch schlafen."

Ich war eben in meiner gütigen Stimmung. Doshalb nahm ich mich, ehe wir uns trennten,

Les Rosier an und vermittelte eme förmliche Aus-, söhnung.

Das Liebespärchen umarmte sich und

ich hatte gleichfalls das Glück von beyden Thei­

len umarme zu werden.

An den Küssen der Vi-

romtesse lag mir nichts,

aber Aosier's Kuß

machte mir ein ganz besonders Vergnügen,

Er

dankte mir noch ein langes und breites, indem

wir jeder in sein Bett zurückgingen. Finden Sie die Geschichte unterhaltend, so

machen Sie mit ihr, was Sie wollen. Verschwie­

genheit verlange ich eben nicht, mich hat sie er­

götzt und andere mögen sich nun auch daran er­ götzen.

Adieu

ner Stunde.

Mein Jäger wartet schon seit ei­ Nur noch einen Augenblick, Sie

zu umarmen und Ihnen alle Vorsicht gegxn

den Prevan zu empfehlen,

72. von Oanccny an Cecilie Dolanges.

PeN'iS den IT. S-pk. (Dieser Brief wurde erst den 14. übergeben.) O meine theure Cecilie! Wie sehr beneide ich

den Graf Valmont, der das Glück bat, Sie morgen zu sehn.

Er wird Ihnen diesen Brief

von mir einhändigen, während ich getrennt von Ihnen schmachte und »nein Daseyn unter dem Ge-

fühl meines verlohrnen Glücks und dem schmerz,

lichsten Kummer forischleppe. zärtlich geliebte Freundin,

0 ■ geliebte



bedauern Sie mich

über das, was ich leide und mehr noch über das, was Sie leiden; denn dieß letztere schlägt meinen

Much gänzlich zu Boden. Wie bitter ist mir derGedanke, Ihnen Kum­ mer zu machen.

Ach, wäre ich nicht/ Sie wür­

den ruhig und glücklich seyn.

Werden Sie mirs

vergeben? 0 sagen Sie mir, daß ich Ihre Ver­

zeihung habe, daß Sie mich noch lieben, daß Sie

mich ohne Aushüren lieben werden, ich bedarf dieser wiederholten Versicherung.

ich an Ihrer Liebe zweifelte —

Nicht als ob

Aber je gewisser man

Z2Z Man davon überzeugt ist ,

mit je mehr Vergnü­

gen hört man die Verheurung wiederholen.

Sie

liebenmich! Nicht wahr, Ceeilie? Gewiß — Sie lieben mich mit ganzer Seele!

Ich vergesse es

nicht, dieses war das'letzte Wort, welches ich aus ZhremMunde hörrk

ne Seele.

Wie drang es in mei­

Mit welchem Entzücken wiederholt

mein ganzes Herz dieses wonnevolle Gestandniß!

Wie weit waren wir damals davon entfernt, un­ ser so nahes Unglück zu ahnden.

Lassen Sie uns

auf Mittel sinnen, es zu lindern, meine Ceeilie.

Wenn ich meinem Freund Valmont glauben kann,

so bedarf es dazu weiter nichts, als daß Sie ihm das Vertrauen schenken, das er verdient. Die ungünstige Meinung, die Sie von ihm

zu haben scheinet, war mir, ich gestehe es, nicht angenehm. Mutter her.

Sie rührt unstreitig von Ihrer Fran Aus Gefälligkeit für diese halte ich

gleichfalls diesen wirklich liebenswürdigen Man» eine Zeitlang vernachläßigt, che für mich thut,

der jetzt alles mögli­

der daran arbeitet, uns zu

vereinigen, indem Ihre Frau Mutter uns gern auf immer trennen möchte.

Ich bitte Sie herz­

lich, meine geliebte Cecilie, sehen Sie ihn mit

T r

gün-

Bedenken Sie, daß er

günstigern Augen an.

mein Freund ist und der Ihrige werden will, und

daß er mir das Glück, Sie zu sehn, verschaffen kann.

D wenn Sie diese Gründe nicht bewe­

gen, meine Cccile, so lieben Sie mich gewiß nicht

sosehr, als ich Sie liebe— nicht so sehr, als Sie mich noch vor kurzem liebten. Ach, könnten Sie

mich je weniger lieben? Aber, nein, das Herz mei­ ner Cecilie bleibt mir, bleibt mir ewig und soll ich gleich die Leiden der unglücklichen Liebe erfah­

ren, so wird Ihre Treue mich doch gewiß vor den Qualen der betrogenen Liebe bewahren. Leben Sie wohl,

liebenswürdige Freundin.

Vergessen Sie nicht, daß ich leide, und daß eS nur von Ihnen abhängt, michvollkommnen glück­ lich zu machen.

Hören Sie auf die Wünsche

meines Herzens.

Ich küsse Sie mit dem Kusse

der allerzartlichsien Liebe.

73. Eiraf Valmont an Cecilie Volanges. Auf tern Schlosse * * den 14. Sept, (mit dem vorhergehenden Briefe zusammen, persönlich überzeben.) er Freund, der Ihnen zu dienen bereit ist, hat

bemerkt,

daß es Ihnen an allem gebricht, was

zum schreiben erforderlich ist. Mangel abgeholfen.

Er hat diesem

Sie werden in dem Zim-

mer vor Ihrer Schlafstube unter dem großen

Schrank zur linken Hand einen kleinen Verrath

von Papier, Federn und Dime finden, der, so vst er verbraucht ist, ersetzt werden soll. können ihn,

Sie

wenn Sie keinen bequemern Ort

wissen, an diesem getrost liegen lassen. Er bittet Sie zugleich, eö nicht übel zu neh­

men, wenn er iu der Gesellschaft mehrerer Per­ sonen sich stellen wird, Sie wenig zu bemerken

und Sie nicht ganz wie ein erwachsenes Frauen­

zimmer zu behandeln.

Dieses Benehmen scheint

ihm nothwendig, um allen Verdacht zu entfernen und zu Ihrem und seines Freundes Glück desto

wirksamer seyn zu können.

Er wird es schon

32 6

=

zu veranstalten wissen, Sie zu sprechen, wenn

er Ihnen etwas zu sagen oder zu übergeben hat

tmb er rechnet auf Ihre Bereitwilligkeit, ihnr dabey von Ihrer Seite zu Hülfe zu kommen.

Er giebt Ihnen endlich den Rath, ihm alle

die Briefe, die Sie empfangen werden, jedes­ mal zurückzugeben, damit Sie sich mit dem Aus­ bewahren derselben keiner Gefahr aussehen.

Er schließt mit der Versicherung, daß, wenn

Sie ihm Ihr Vertrauen schenken wollen, er al­ les amvenden wird, die Strenge zu mildern, mit der eine zu harre Mutter zwey gute Menschen be­ handelt, von denen der eine sein geliebter Freund ist, und die andere ihm die zärtlichste Theilnah­

me zu verdienen scheint,

74Die Markisen von Merteuil an Graf Valmont. Paris, den 15. Sext. Seit wenn, mein lieber Graf, sind Sie denn

so schr eckhaft und furchtsam geworden? Der Pre-

van muß doch ein fürchterlicher Mensch seyn.

Aber'

•==

327

Aber sehn Sie nur, wie groß meine Einfalt und Züchtigkeit ist! Schon oft bin ich mit diesem stol­ zen Weibcrüberwinder in Gesellschaftgewesen — und kaum habe ich ihn bemerkt. Wahrhaftig — ohne einen Brief von Ihnen — hätte ich ihn vielleicht nie recht ins Auge gefaßt. Doch diese Ungerechtigkeit gegen ihn, habe ich gestern schon wieder gut gemacht. Er saß in der Oper mir fast gegenüber, und ich hatte Zeit, ihn recht genau zu betrachten. Hübsch ist er wenigstens — das muß ihm der Neid lasten, sehr hübsch. Feine, zarte, liebliche Züge, die in der Nahe noch ge­ winnen müssen. Also dieser Herr hat flchs, wie Sie sagen, vorgesetzt, meine Eroberung zu ma­ chen. Wohlan, es wird mir viel Ehre und Ver­ gnüge» seyn. Im Ernste, lieber Graf, ich ha­ be meinen Kopf auf ihn gesetzt und ich sage Ih­ ne» im Vertrauen,, daß ich ihm schon einige Schritte entgegen gethan habe. 'Es kommt nur drauf an, oh Sie mir etwas helfen werden. HSren Sie nur. Beym Herausgehn aus der Oper war er nur zwey Schritte von.mir entfernt. Hier rief ich der Markisin v... zu, das; wir uns, wie ich host-, te,

Z28

re, den Freytag Abend bey der Marschallin. , tref­ fen würden.. Dieß ist glaube ich das einzige Hauswo ich mit ihm zusammen kommen kann. Et hat mich ohnzweiscl gehört. Mir aber, wenn der Undankbare nicht käme! «Hagen Die mir -ein Zimmer hinauf — und durchwanderte auch die Zimmer der übrigen, um mich mit demTerrein bekannrzu ma­ chen, Ich machte meine Anstalten, um den Brief­ wechsel der Kleinen zu sichern und schrieb ihr nach diesem ersten Liebesdienst einige Zeilen, um sie von allem zu unterrichten und um ihr Vertrauen zu bitten. In mein Billet wickelte ich den Brief von Danceny und so ging ich in den Salon zu­ rück. Meine Schöne hatte sich indessen auf den Sopha in einer lieblichen Nachlaßigkeit hinge­ worfen, Ihr Anblick erweckte meine Begierden und goß Feuer in meine Blicke. Doch id> sahe wohl, daß ich in diese mehr Zärtlichkeit und Sehnsucht legen müsse, und ich setzte mich so, daß ich sie bequem konnte spielen lassen. Der erste Erfolg war , daß das englische Weib ihre großen schönen Augen zu Boden schlug. Ich wei­ dete mich eine Zeitlang ruhig an diesem himmli­ schen Gesicht. Dann durchlief ich die ganze herr­ liche Gestalt und labte mich an den Formen und Uuwissene, die ein leichtes Gewand der kühnen Phantasie errathen ließ. Ich wandert- von dem Kopf zu den Füßen und von diesen zum Kopfe zurück.

zurück. — Jetzt, jetzt warf sie einen Blick auf mich, aber im Augenblick schlug sie ihn wieder zu Deden. Ich wollte ihm die Rückkehr erleichtern und wandte meine Augen weg. Hier entstand unter uns jene stillschweigende Abrede — der er­ ste Vertrag der schüchternen Liebe — bey der man, um das Vergnügen sich anzusehn wechsels­ weise zu genießen, den Blicken verschreibt einan­ der Platz zu machen, bis sie sich endlich zufällig begegnen. Da nach meiner Erwartung dieß neue Vergnügen meine Schöne ganz einnehmcn. mußte, so sorgte ich unterdessen für unsere gemein­ schaftliche Sicherheit. Ich fand indessen die Ge­ sellschaft in einem lebhaften Gespräch so tief ver­ wickelt, daß sie uns nicht im mindesten beobach­ tete, und nun suchte ich ihre Augen zu einem freyern Ausdruck zu bewegen. Deshalb über­ raschte ich ihre Blicke einigemal, aber mit solcher zarten Bescheidenheit, daß die scheueste Tugend nicht davon beunruhigt werden konnte, und um das schüchterne Weib noch mehr in Freyheit zu setzen, stellte ich mich eben so verlegen als sie es war. Nach und nach gewöhnten unsere Augen sich, einander zu begegnen und blieben langer auf einan-

einander geheftet —

bis wir endlich die Blicke

gar nicht mehr von einander wegwandten und ich in dem ihrigen jenes süße Sehnen, das glückliche

Zeichen der verlangenden Liebe, glaubte.

zu bemerken

Aber dieser Zustand wahrte nur einen

Augenblick.

Sie kam gleich wieder zn sich selbst

und änderte— mit einer kleinen Nöthe— Stel­ lung und Blick.

Ich wollte sie nicht zweiselhast

lassen, daß ich alle diese verschiedene Bewegun­

gen wohl bemerkt habe.

Deshalb sprang ich jetzt

hastig vom Sitze ans und fragte sie mit erschrocke­ ner Miene— ob sie sich nicht wohl befinde.

So­

gleich versammlet: sich die ganze Gesellschaft um

sie herum. Ich machte allen Platz und eilte zur kleinen Belanges, dir am Fensteram Strickrahnr saß und sich von dieser Arbeit nicht so schnell hat­

te erheben können, um ihr unterdessen Dance­

nys Brief zu geben. Ich stand einige Schritte von ihr und warf ihr den Brief auf den Schooß.

In ihrer Ver­

wirrung wußte sie nichts mit ihm anzufangen.

So was von Ueberraschung und Verlegenheit — es war zum Todriachen'.

Ich lachte gleichwohl

nicht — denn ich war im Ernste sehr bange —

dieser

Lieser Grad von Einfalt und Ungeschick würde, «ns verrathen. Einige nachdrucksvolle Winke mit den Augen und Gcberden mit der Hand mach­ ten ihr endlich begreiflich, daß sie das Päckchen schnell in die Tasche befördern müsse. Den übrigen Theil des Tages fiel nichts be­ sonders vor. Seit dem hat sich wohl hie und da etwas ereignet, tvaö Ihren Planen und Wün­ schen, meine schöne Freundin, günstig werden kann — wenigstens in Rücksicht der kleinen Volanges; aber ich will meine jZeit lieber dazu an­ wenden, meine Plane auszuführen, als sie zu erzählen. Das ist überdem schon dir achte Seite, die ich voll schreibe und ich bin des Schreibens endlich müde. Leben Sie wohl. Daß die kleine Volanges dem Danceny geant­ wortet hat, versteht sich ja wohl, ohne daß ichs sage *). Auch habe ich von meiner Schönen ei­ ne Antwort auf meinen Brief erhalten, den ich den Tag nach meiner hiesigen AnLunft an sie schrieb. Ich lege beyde bey. Es hangt von Ihnen ab, sie zu lesen oder nicht zu lesen. Ich verdenke es Ihnen

Ihnen nicht, wenn sie von dieser Correspondenz nichts mehr sehn mögen. Dieß immer wiedergekäme Geschwätz ergötzt mich selbst ganz und gar nicht mehr und muß für jeden, der nicht weiter dabey intercssirt ist, vollends ekelhaft seyn. Noch einmal, leben Sie wohl. Zch lieb« Sie unverändert. Nur darum will ich Sie'noch bitten — wenn Sie wieder von Prevan schrei­ ben sollten, es auf tüte verständliche Art zu thun.

77. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel.

,

ten 15. Sept,

^boher, gnädige Frau, kommt Ihr grausame-

Bemühen, mir immer auszuweichen ? Wie kann die allerzärtlichste Ergebenheit von meiner Seite Sie zu einem Verhalten gegen mich veranlassen, als hätten Sie wer weiß welchen Grund mit mir unzufrieden zu seyn? Wie! mich führt die Liebe zu Ihren Füßen zurück — ein glücklicher Zufall gewährt mir einen Platz an Zhrer Seite — aber Sie wollen lieber eine Unpäßlichkeit erdichten und Ihre

Ihre Freunde in Unruhe setzen, ehe Sie es sich gefallen lassen, neben mir zu bleiben. Wie oft haben Sie gestern die Augen von mir gewandt, weil Sie mir iauch nicht das Glück eines Blickes gönnen. Und wenn diese Augen einen einzigen Augenblick weniger strenge auf mir zu ruhen schie­ nen, — so war dieß nur ein Augenblick, den Sie mirgewiß nichtausGükegewährten, sondern nur um das, was Sie versagen, mir desto fühl­ barer zu machen. Verzeihen Sie mir, wenn ich frey gestehe, daß weder die Liebe eine solche Behandlung ver­ dient, noch, die Freundschaft sie sich erlauben kann. Und sind es nicht diese beyden Gefühle, die uns verbinden? Zweifeln Sie, daß die er­ ste mich beseelt, oder darf ich nicht mit allem Rechte die zweyte von Ihnen erwarten? Hiel­ ten Sie mich Ihrer unschätzbaren Freundschaft nicht vor kurzem für würdig, oder habe ich mir etwa hinterher den Verlust derselben zugezogen? Hat mir vielleicht meine zutrauliche Offenheit bey Ihnen geschadet? und wollen Sie meine Treu­ herzigkeit bestrafen? Tragen Sie so wenig Deden, ken, beydezu meinem Schaden zu benutzen? Ach, ich

ich glaubte das Geheimniß meines Herzens ür

den Schooß einer Freundin niederzulegen! Ich

hielt cs so gar für meine Pflicht, Vorschläge abzulchnen, die ich ja so leicht hätte annehmen können, ohne ihnen nachzulcben, ja selbst um sie zu

mißbrauchen.

Oder wollen Sie durch eine un­

verdiente Strenge mich nöthigen, daß ichs be­

dauern soll, Sie nicht hintergangen und so Ihre

Nachsicht erzwungen zu

haben?

Doch nein.

Nimmermehr werde ich ein Verhalten bereuen,

das ich Ihnen, das ich mir selbst schuldig war, Aber warum muß jede meiner lobenswcrthen

Handlungen immer Anlaß zu einem neuen Un­ glück für mich werden! Das erste und einzigemal, da cs Ihnen ge-

siel, an meinem Wandel etwas rühmliches zu fin­

den, mußte ich auch sogleich das Unglück haben.

Ihnen zu mißfallen.

Gleich nach jener so harten

Probe, auf die Sie meinen Gehorsam stellten — ich meine die bittere Entfernung von Ihren Au«

gen, die Sie mir befahlen, gefiel es Ihnen al­ len Briefwechsel mit mir abzubrechen, mir auch

diesen kleinen Ersatz eines großen Opfers, das

Sie von mir gefordert hatten, zu entziehn und

mir

35i «nir alles bis äuf meine Liebe zu rauben, die Ih­ nen allein das Recht dazu hätte geben können. Endlich nachdem ich mit einer Aufrichtigkeit, die gewiß die Vortheile meiner Liebe nicht befördern' konnte, zu Ihnen geredet hakte, fangen Sie an mid) zu fliehen, als wäre id) rin gefährlicher, hinterlistiger Verführer, hinter dessen Nänkevolle» Falschheit Sie endlich gekommen waren. Wer, den Sie nicht endlich müde werden, ungerecht gegen mich zu seyn? Sagen Sie mir wenigstens, was id) von neuem versehen, womit ich mir diese neue Härte zugezogen habe und wie ich mid) Ih­ rem Wunsche gemäß verhalle» soll. Wenn ich mid) zum Enhorsam gegen Ihre Befehle verpflich­ te, kann id) denn nicht zum mindesten fordern, sie kennen zu lernen?

78.

Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont. den 16. Sepl. ©ie scheinen über mein Betragen verwundert/ Herr Graf, und es kommt mir fast vor, als woll­

ten Sie mich darüber zur Rede stellen, als ob Sie ein Recht hätten mich zu tadeln.

Mich dünkt,

ich dürste weil eher zur Verwunderung und zum Misvergnügen Ursache haben.

Doch seit der

Weigerung, die in Ihrem letzten Brief enrhal-

ten ist, hatte ich den Entschluß gefaßt, mich in eine völlige Gleichgültigkeit zurückzuziehn und

alle fernere Bemerkungen und Vorwürfe ruhen zu lassen.

Da Sie mich indessen noch um Er­

klärungen bitten, und ich. Dank sey es dem Him­

mel! mir nichts bewußt bin, das mich abhalten könnte, sie Ihnen zu geben, so will ich mich noch

einmal auf Erklärungen mit Ihnen einlassen. Wer Ihre Briefe läse, müßte mich entweder'

für ungerecht — oder für eine Närrin halten.

Gewiß verdiene ich dieses Urtheil nicht, und Sie sind weniger als irgend ei» anderer in den, Fall, eins

eine solche Meinung von mir zu fassen.

Meine

Rechtfertigung erfordert eS allerdings in die Ge­

schichte unserer Verhältnisse zurückzugehn. Wenn Sie sich einbilden, dabey etwas gewinnen zu kön­

nen, so bin ich von meiner Seile überzeugt, daß ich nichts dabey verliehren kann und am allerwe­

nigsten in Ihren Augen.

Ich scheue also diese

Rückblicke keinesweges, sondern halte sie für das einzige Mittel, um auszumachen, wer von uns

beyden dem andern etwas vorzuwerfen habe. Ich fange von dem Tage Ihrer Ankunft auf

diesem Schlosse an.

Sie werden,

glaube ich,

nicht in Abrede seyn, daß Ihr Ruf zu einer ge­ wissen Zurückhaltung gegen Sie berechtigte, und daß ich mich keiner lächerlichen Sprödigkeit wür­

de schuldig gemacht habe», wenn ich gegen Sie in den Schranken der allerkältesten Höflichkeit ge,

blieben wäre.

Sie selbst hätten mich dabey mit

Nachsicht beurtheilen und es natürlich finden müs­ sen , daß einer so wenig durch den Umgang mit der Welt gebildeten Frau die Vorzüge fehlen, die

man besitzen muß, um die Ihrigen nach Würden zu schätzen..

Ein solches Betragen gegen Sie

hätte die Klugheit gewiß gefordert.

Der gc-fährl. tli»g. I. Th.

3

Puch würde *s

es mir — ich gestehe es Ihnen frey — nicht schwer geworden seyn, ihr zu folgen, da ich bey der Nachricht von Ihrer Ankunft warlich alle meine Freundschaft für die Frau von Nosemonde zusammennehmen mußte, um ihrs nicht merken zu lassen, wie wenig angenehm mir dieser Be­ such sey. Es ist wahr, Sie zeigten sich anfänglich von. einer vortheilhastcru Seite, als ichs vermuthet hat­ te, aber dagegen können Sie wieder nicht leug­ nen, daß dieß nicht lange wahrte und daß Sie bald eines Zwanges müde wurden, für den Sie' sich — Lurch die vortheilhafte Meinung, die er mir von Ihnen machte, nicht hinreichend belohnt glaubten. Es wahrte nicht lange, so mißbrauch, len Sio meine Treuherzigkeit und Sicherheit und -überraschten mich mit Erklärungen, von denen sie wohl vorhersehen konnten, wie. sie mich ängstigen und kränken würden. Sie ließen nicht nach, mich nun auf diese Art wiederhohll zu peinigen, während ich, so geneigt zum Verzeihen und Ver­ geßen, Ihnen so manche Gelegenheit darbot, Ihr" beleidigendes Betragen gegen mich wenigstens zum Theil wieder gut zu machen. Meine Ditte war so

so gerecht, Laß Sie sie mir gar nicht abschlagen

konnten;

aber nun machten! Sie wieder aus

meiner Güte ein Recht und forderten .von mir ei,

ne Erlaubniß,

dir ich Ihnen ohn;wrifel nicht

hatte geben sollen, und die Sie gleichwohl er,

Hallen haben»

Von den Bedingungen, die da­

bey festgesetzt wurden,

haben Sie keine einzige

erfüllt und alle Ihre Briese waren so beschaffen.

Laß jeder derselben mirs zur Pstichc machte, Ih­ nen nicht weiter zu antworten.

In der Zeit,

in . der ich durch Ihren Eigensinn genöthigt wurde,

Sie von mir entfernt zu halte» —

selbst da versuchte ichs, von einer vielleicht zu ta­

delnden Nachgiebigkeit geleitet, das einzige Mit­

tel, Sie mir wieder naher zu bringen; ich bat Ihnen die schuldlosen Verhältnisse einer reine»

Freundschaft an.

Aber ich sahe — wir wenig

eine tugendhafteZuneignng in Ihren Augen werth ist.

Mit Freundschaft ist Ihnen nicht' gedient,

Ihre sinnlose Trunkenheit sucht nur Vergnügen und achtet für nichts die Schande und Las Elend

derer, die ihr Opfer werden.

So widersprechend

die Vorwürfe sind, die Sir mir wachen, so leicht, sinnig ist Ihr Betragen gegen mich». Sie ver,

Z 3

geffen

35.6

--------

gessen Ihre Versprechungen oder'vielmehr Sie spielen mit ihnen, und nachdem Sie mir Ihre Entfernung heilig zugesichert haben, erscheinen Sie gleichwohl ungerufen wieder, ohne weiter weder an meine Bitten noch an meine Gründe zu denken. Sie sind nicht einmal so artig, mir vor­ her Ihre Ankunft zu melden; Sie machen sich kein Gewissen daraus, mich einer Ueberraschung auszusehen, die, so natürlich sie auch war, doch zu ungünstigen Auslegungen bey den Personen, die gegenwärtig wären, hätte Anlaß geben kön­ nen. Sie thu» dabey nichts um meine Unruhe zu zerstreuen — Sie legen es vielmehr darauf an , sie zu vermehren, indem Sie ausdrücklich Ihren Platz neben mir nehmen. Eine kleine Un­ päßlichkeit nöthigt mich, früher als die andern aufzusteh» und mich zu entfernen. Anstatt mich nun ungestöhrt allein zu lassen — führen Sie die ganze Gesellschaft hinter mir her. Ich gehe in den Saal zurück; aber wo ich austrete, da treten sie ein; wenn ich ein Wort sage, so sind Sie es al­ lemal , ders auffLngt und beantwortet. Der al­ lergleichgültigste Ausdruck, den ich gebrauche, veranlaßt Sie allemal zu einem Gespräch, da» ich



o57

ich nicht hören will und das bey andern leicht Miß­ trauen gegen mich erwecken kann. Denn so ge,schickt und fein Sie sich auch dabey zu benehmen glauben, so dünkt mich doch immer, daß das, was

-icf) zu deuten weiß, die übrigen auch leicht ver­ liehen könnten.

Während Sie mich so zur Unbeweglichkeit und zum Schweigen zwingen, fahren Sie gleichwohl fort, mich zu verfolgen. Wenn ich meine klu­

gen aufschlage, so begegne ich den Ihrigen und ich muß sie unaufhörlich wegwenden. Es ist mir unbegreiflich, wie Sie neulich die Augen derGesellschaft auf mich hinlenken konnten in einem 2lu-

genblick, wo ich mich vor meinen eigenen Augen hatte verbergen mögen. — Und doch beklagen Sie sich über mein Betragen gegen Sie und stel­ len sich verwundert über mein Bestreben, Ihnen

auszuweichen.

Ich dächte, Sie könnten eher mei­

ne Nachsicht tadeln und sich verwundern, daß ich

nicht im Augenblick Ihrer Ankunft abgereiset bin. Dieß hätte ich vielleicht thun sollen und Sie wer­ den mich auch gewiß noch zu dieser auffallenden —

aber nothwendigen Maßregel zwingen, wenn Sie Ihre beleidigenden Verfolgungen nicht einstellen. Nein,

Nein, Herr Graf, ich vergc-sse es nicht und wer­ de es nie vergessen, was ich meiner Ruhe/ was ich den Banden, die ich knüpfte und Lis ich eint uni) liebe, schuldig bin. - Sie können gewiß über» -zeugt seyn, daß, wenn mir nur die unglücklich« Wahl übrig wäre, diese Bande oder mich selbst aufzuspsrrn, ich mich keinen Augenblick bedenken würde. Leben Sie wohl.

79-

GcafDalmont an die Markisin v.Mcrtenik,

vornSchlossr * • den is. Sex!,

'^ch wollte heue Morgen auf die Jagd gehn, aber es ist abscheuliches Wetter. Zu lesen habe ich auch nicht», als einen neue» Roman, der sb unterhaltend ist, daß auch eine Klosterjungftr dabey einschlafen müßte. Erst in zwey Stunden komme» wir zum Frühstück zusammen. Was thue ich bis dahin? ich plaudere mit Ihnen, mei, ne schöne Freundin, ohnerachtet ich Ihnen erst gestern einen langen Brief schrieb. Langeweile werde ich Ihnen gewiß nicht machen, denn ich will

tvillIhnen von dem hübschen Prevan erzählen. Sollten Sie denn wirklich von seinem berühmten

Abentheuer nichts gehört haben, das die Unz er»

rrennlichen trennte? Ich wette, bey der er­ sten Sylbe fällt Ihnen alles wieder;6cn.

Hier

haben Sie indessen die Erzählung, die Sie ver­ langen.

Das besinnen Sie sich doch, daß einmal drey junge Weiber — alle drey sehr reihend —von

gleichen Vorzügen und gleichen Ansprüchen'—

die Verwunderung von ganz Paris durch ihre ver­ baute Freundschaft auf sich zogen,

die durch ih­

ren Eintritt in die große Welt nicht im minde­ sten gestöhrt wurde.

Anfänglich suchte man den

Grund davon in Ihrer ausnehmenden Schüch­ ternheit und Zurückhaltung.

Aber auch nachher

noch, da sie von einem zahlreichen Schwarm jun­ ger Leute umgeben waren,

in deren Schmeiche-

leyen sie sich theilten und deren Huldigungen sie

über ihren Werth nicht ungewiß ließen —

war

ihre Freundschaft und Anhänglichkeit an einander nicht weniger innig und jeder Trinmxf der einen schien eine gemeinschaftliche Freude bey allen zn

verursachen.

Man hoffte indessen auf den Zeit­ punkt .

Z6a

=

punkt, da sich die Liebe bey ihnen einstrllen wür­

de; diese, meinte man, müsse nothwendig Eifer­ sucht erwecken und unsere zierlichen Stutzer wett­

eiferten um die Ehre, der Zankapfel dieser drey Göttinnen zu werden.

mangelt haben,

Ich selbst würde nicht er­

bey diesem Wettkampf in den

Schranken zu erscheinen,

wenn das große An­

sehn , zu dem die Gräfin v. — sich damals er­

hob,. mirs in dieser Zeit erlaubt hätte, ihr un­ treu zu werden,

ehe ich die Gunst erlangt hatte,

die ich suchte. Unsere drey schönen Weiber trafen indessen in dem nächsten Karneval ihre Wahl, als hätten sie

sich vergleichen und die Stürme, auf die man ge­

rechnet hatte,

erfolgten so wenig, daß im Ge­

gentheil ihre Freundschaft,

durch das, was sie

nun einander zu vertrauen hatten, niger wurde.

nur noch in­

Der Haufe der abgewiesenen Be­

werber machte nun zwar mit allen neidischen Weibern gemeinschaftliche Sache und man fing

an diese ärgerliche Beständigkeit und Treue auf

das bitterste durchzuhechelen.

Die einen meinten,

in dieser Verbindung der Unzertrennlichen, f»

nannte man sie seitdem, sey „die Gemein­

schaft

Ä=S

351

schäft aller Güter" das Grundgesetz, das

sich auch auf die Liebhaber erstrecke. Andere mein,

len, die drey Erwählten hätten zwar keine Ne, aber

benbuhler,

Nebenbuhlerinnen

und noch andere gingen so weirzn behaupten, die Herren waren nur des Anstandes wegen da, und

Hätten bloße Titel ohne alle Geschäfte. Gerede —

gleichviel

that

indessen

man

sich

ob

die Wirkung

davon

wahr gar

versprach.

Dieß

oder falsch,

nicht,

Das

die

dreyfache

Paar sahe ein, daß es sich unter diesen Angriffen um so weniger trennen dürfe, und faßte den Ent,

schluß, vereinigt dem Ungrwitter die Stirn tu blccen.

Das Publicum, das alles müde wird,

gab endlich die fruchtlosen Schmähungen auf, in­ dem es bey seiner natürlichen Veränderlichkeit auf

andere Gegenstände überging.

Man kam indes-

sen in kurzen auf diese Personen zurück und nun

verwandelte sich der Tadel in Lob.

So wie hier

zu Lande alles Mode ist, so war es auch der En­

thusiasmus für diese Personen, der bis zur Na, serey gestiegen war, als Preran dadurch aufmerk,

sam gemacht, auf den Einfall kam, diese Wun­ der genauer zu untersuchen, um für sich und für

andere

z52

s=s

andere hinter dir Wahrheit der Sache'zu'kenr-

men. Er suchte also diese Muster von Vollkommen­

heit auf

Er fand in ihrer Gesellschaft leicht

Zutritt, woraus er einen günstigen Schluß zog. Er wußte recht wohl, daß in eine kleine Gesell­

schaft glücklicher Menschen

der Zutritt mehr

Schwierigkeit macht, und crmcrirr bald darauf, daß dieses 'so gerühmte Glück — wie das Glück der Könige — mehr beneidet werde als beneidenSwcrth'sey.

Er bemerkte, cast die Gesellschaft

der Unzertrennlichen schon anfing Vergnügungen

auswärts aufznsuchcn und sich nach Zerstreuung gen zu sehnen und er schloß daraus, daß dieDaw, de der Freundschaft und der Liebe bereits sehr

schlaff geworden, oder gar zerrissen wären, und vielleicht nur durch Eitelkeit oderGewchnheitnoch znsammengehalten würden.

Die Weiber,

die

das Bedürfniß des Umgangs mehr l zusammen­ hielt, behaupteten unter sich den Anschein unrer-

ündertec Vertraulichkeit.

Aber die Manner —■

weniger gebunden in ihrer Lebensweise, fanden bald allerley Geschäfte auszurichren — allerley Obligenhciten zu erfüllen, und dergleichen, wor­

über

über sie sich-zchar sehr verdrüßlich flcGtcn, von

denen sie sich über gleichwohl nicht losmachten und

so-war die Gesellschaft des Abends selten vollstän­

dig. Der lauernde Prevan wußte dieß alles ge­ schickt zu benutzen. Er nahm feinen Platz natür­ licherweise immer bey der, die an diesem Tage die Verlassene war und so sagte er nach und nach al­

len drey Freundinnen die nehmlichen Schmeiche, leycn, wie es die Umstände mit sich brachte». Daß ersetzt keineDahl unrerihnen treffen dürfe, daß die falsche Schaam, die erste Treulose zu seyn,

diejenige ohnzweifel gegen ihn entrüsten werde,

auf die seine Wahl gefallen wäre, daß die belei­

digte Eitelkeit- der Ucbrigen diese gegen ihn in

Harnisch jagen und sie antreibon werde, ihn die ganze Strenge der hohen Grundsätze fühlen zu lassen — das alles sahe er vollkommen ein. Auch

konnte dir Eifersucht seine Nebenbuhler leichtve«r neuem in Bewegung setzen und diese waren noch

immer zu fürchten.

Hier war alles voller Hin-»

dernisse, aber alles wurde leicht, indem er den

nehmlichen Plan auf alle drey zugleich ausdehnte.

Er zog äußerlich keine vdr — er behandelte eint wie dir andere; so wurde ein: jede insgeheim

nach«

3g4 nachsichtig gegen seine besondern Bewerbungen, weil sie Vortheil davon hatte und jeder Liebhaber war gleichfalls nachsichtig, weil es ihm nicht einfiel, daß ers sey. Prevan, der damals nur mit einer einzigen Frau in Verbindung siand, hatte das Glück, daß diese einen gewissen Nus erlangte. Sie war nemlich eine Fremde und hatte die A»t>äg« eines großm Fürsten höflich zurückgewiesen. Hierdurch zog sie die.Aufmerksamkeit der Stadt und des Hofesauf sich. Auf ihren Liebhaber fiel ein Theil dieser Ehre und sie fönt ihm bey seinen neuen Liebschaf­ ten zu statten. Das Schwierigste für ihn war dabey nur, alle drey Verständnisse mit gleicher Geschwindig­ keit fortzuführen, die sich durchaus nach der lang­ samsten unter den dreyen richten mußte. Zch weiß sehr genau von einem seiner Vertrauten, daß es ihm viele Kunst gekostet hat, die Eine hinzuhalten, die vierzehn Tage früher als die beyden übrigen sich zu ergeben im Begriff war. Endlich erschien der entscheidende Tag. Prevan hatte die Einwilligung von allen dreyen endlich -erhalten und konnte jetzt seine Maßregeln nach seinem

Z6z

==

Den den drey Ehe,

seinem Belieben wählen.

männern war der eine verreiset, der andere sollte den folgenden Morgen mit Tagsanbruch gleich,

falls wcgreiscn, der dritte hatte Geschäfte in der Stadt. Die unzertrennlichen Freundinnen woll, ten diesen Abend bey der künftigen Strohwittwe

speisen — aber ihr neuer Gebieter wollte keiner

von ihnen erlauben, den alten Liebhaber gleich,

falls einzuladen.

An dem Morgen des nehmli,

chen Tages machte er aus den Briefen seiner bis,

herigen Geliebten drey Päckchen.

Dey dem ei,

nen legte er dar Bild, das er von ihr empfangen Hane — bey dem zweyten eine verschlungene Na, menschiffer, die ihre Arbeit war und bey dem drit­

Diese Drilthek, le sandte er statt des Ganzen an seine drey neuen

ten eine Locke von ihren Haaren.

Geliebten, an jede eins — als ein ihr darge, brachtes Opfer und ließ sich dafür von jeder dar

Versprechen geben, dafür mit ihrem Liebhaber

sogleichschriftlich zu brechen. es war noch nicht alles.

Das war viel; aber

Die eine, deren Ehe,

mann in der Stadt Geschäfte harte, war nup

am Tage frey.

Es wurde verabredet, daß sie um

einer vorgegebenen Unpäßlichkett willen, von dem Abend-

==

Z66

Abendessen bey ihrer Freundin Zurückbleiben und

den ganzen 'Abend für Prevan allein seyn sollte1 Die andere, deren Mann abwesend war, bewil­

ligte die Nacht zur geheimen Zusammenkunft und

die letzte bestimmte ihm den Tagesanbruch, als die Zeit der Abreise des ihrigen/ zur Schaferstun»

de.

Prevan der nichts vergaß, rannte darauf

zu seiner schönen Fremden, stellt sich übeilaunigt, macht sie verdrüßlich und zankt sich förmlich mit

ihr, um sich auf vier und zwanzig Stunden frey zu machen.

Nachdem er so alles angeordnel hat,

geht er nach Hause, um sich ein wenig auszuruhen,

aber hier erwarten ihn neue Vorfälle. Die drey Abschieds - Briefe hatten den drey

Liebhabern ein neues Licht angezündet.

Keiner

wußte zwar von dem nemlichcn Schicksal der bey,

den übrigen, aber jeder fiel für sich leicht auf den

Argwohn, daß Prevan ihn verdrängt habe» müß­

te.

Der Verdruß, sich betrogen zu sehn — der

Aerger, den die kleine Demüthigung — verab­

schiedet zu werden, allemal hervvrbringt, bewog

alle drey, als hätten sie sich verabredet, zu der­ selben Maßregel — Rache zu nehmen und von dem beglückten Nebenbuhler Genugthuung zu for­

dern.

=

3 7

i^rit Prevan fand also, als er nach Hause kam, drey Ausforderungen seiner warten. Er nahm sie an, wie ein Mann von Ehre. Da er aber weder an dem Vergnügen, noch an dem Ruhm dieses Abentheuers etwas verlichrcn wollte, so beschied er seine Gegner den folgenden Würgen früh und zwar alle drey zugleich an den nchmli, chen Ort. Er bestimmte zum letztem eines von Len Eingängen des Gehölzes von Boulogne. Der Abend kam — er ging und machte seinen dreyfachen Besuch Reihe herum mit gleichem Glück. Ich lasse die Wahrheit dessen, was er hinterher von sich gerühmt hat, unbestritten» Eitelkeit und die durch den Wechsel immer von neuem gespannte Einbildungskraft können indessen wohl solche Wunder wirken. Auch fand er in dem, was den folgenden Morgen am Gehölz von Boulogne vielleicht seiner wartete, wohl einen Grund mehr, das'äußerste zu wagen. — Doch das folgende ist völlig gewiß. Prevan stellte sich zur bestimmten Zeit und am bestimmten Ort pünktlich ein. Er fand die Herren alle drey — und zwar nicht wenig: über­ rascht durch ihr unerwartetes Zusammentreffen. Viel-

Z6F Vielleicht hatte jeder von ihnen schon 'einigen Trost darin gefunden, daß er die andern beyde zu Gefährten seines Unglücks habe. Er redete sie mit freundlichem und edeln Anstand an, und sag­ te zu ihnen folgendes, das man mir treulich hinterbrachr hat. „Meine Herren, fing er an, da Sie sich hier alle drey zusammengetroffen haben, so werden Sie daraus leicht den Schluß ziehn. Laß Sie alle drey die nemliche Ursach haben, sich von mir für gekrankt zu halten. Ich bin bereit, Ihnen Genugthuung zu geben. Das Loos mag entscheiden, wer von Ihnen zuerst seine Rache an mir versuchen soll, die Ihnen allen mit glei, chem Rechte zukommt. Ich habe hier weder ei, nen Sekundanten noch sonst einen Zeugen mitgebracht. So wie bey der Beleidigung kein Zeuge gegenwärtig war, so soll auch keiner bey der Ge­ nugthuung seyn. Ich weiß wohl, setzte.Pre, van — verein leidenschaftlicher Spieler ist, hin­ zu — ich weiß wohl, daß man ein Smleva sel, ten gewinnt. Aber welchen Ausgang auch diese Begebenheit für mich haben mag, der hat genug geliebt, dem's gelang, die Liebe der Weiber und die Achtung der Manner zu erwerben." Wah,

Während seine erstaunten Gegner sich einan­ der schweigend ansahcn und ihnen ihr feines Ehr,

gesühl vielleicht zuflüsterte, daß drey gegen einen ein ungleicher und unrühmlicher Kampf sey, nahm

Prevan wieder das Wort.

„Ich will Ihnen

nicht verheclen, meine Herren, fuhr er fort, daß

ich von dcn Strapatzcn der eben verflossenen Nacht

höllisch ermüdet bin.

Es wäre großmüthig von

Ihnen, weNn Sie mir Zeit lassen wollten, erst

meine Kräfte wieder zu sammlen.

Ich habe hier

in der Nähe ein Frühstück für uns bestellt.

Er-

weisen Sie mir die Ehre , es von mir anzuneh,

men.

Lassen Sie uns dabey lustig und guter Din»

ge seyn.

Man kann sich über solche Kleinigkeit

ren wohl einmal schlagen, aber die gute Laune müssen sie einem nicht verderben."

Der Vorschlag ward angenommen.

ging zum Frühstück.

Man

Niemals soll Prevan lie,

benswürdigcr gewesen seyn.

Er gebrauchte den

Kunstgriff, keinen seiner Gegner im mindesten

zu demüthigen, sondern sie vielmehr alle drey zu überreden, daß jeder von ihnen an seiner Stelle

sehr leicht das nemliche Glück gemacht hatt«; ja «r trieb sie zu gestehn, daß keiner von ihnen so

Der geführt. Umg. 1. Th.

Aa

wenig

wenig als er eine so, günstige Gelegenheit würde haben unbenutzt gelassen. Da man erst so weit war, fand sich das übrige von selbst. Auch war das Frühstück noch nicht verzehrt, als man sichs schon zehnmal wiederholt harre, daß Weiber von diesem Gelichter nicht verdienten, daß brave Man­ ner ihrentwegen den Degen zögen. Diese Idee führte zur Vertraulichkeit, die der Wein bald so sehr erhöht«, daß man nicht nur keinen Groll mehr gegen einander hatte, sondern sich sogar die aufrichtigste Freundschaft schwur. Prevan, der die Entwickelung der Sache un­ streitig beabsichtigt hatte, wollte indessen den Ruhm dieses Abentheuers nicht durch sie verliehren und wußte zit diesem Ende die Umstande aufs ge­ schickteste zu benutzen. „Mich dünkt, meine Her­ ren, sagte er zu den drey Beleidigten, daß Ihre Rache nicht sowohl auf mich als auf die drey treu­ losen Weiber fallen sollte. Wollen Sie diese be­ strafen, so will ich Ihnen dazu eine herrliche Ge­ legenheit veranstalten. Ich kann Ihre Kränkung gewissermaßen mit Ihnen theilen, da ich im vor­ aus weiß', daß ich bald das nemliche Schicksal haben werde. Denn wenn es keinem von Ihnen gelun-

gelungen ist, nur eine dieser drey Schönen treu zu erhalten, darf ich wohl hoffen, daß mir dieß mit allen dreyen gelingen werde? Ich stimme also mit in Ihre Beschwerden und lade sie sämmtlich für diesen Abend auf mein kleines Haus ein, wo Sie, wie ich hoffe, die gewünschteste Genug, thuung stnden sollen," Man wünschte eine na, Here Erklärung — aber er antwortete mit dem Ton der Ueberlegenheit, den die Umstände ihm anzunehmen erlaubten — „ich glaube Ihnen br, wiesen zu haben, meine Freunde, daß ich mich zu nehmen weiß. Verlassen Sie sich nur getrost auf mich." Alle sagten darauf zu, man umarmte den neuen Freund und trennte sich von ihm bis auf den Abend, wo man dem Erfolge seiner Ver, sprechungen begierig entgegen sahe. Prevan eil» re jetzt schnell nach Paris zurück und machte, wies Sitte ist, seinen neuen Gebieterinnen nach der Reihe Iseine Morgenvisite. Er beredete eine jede mit ihm Liesen Abend auf seinem kleiner» Hause in traulicher Einsamkeit zu essen. Zwey derselben fanden dabey freylich. manche Bedenk, lichkeit. — Aber was kann ein Weib den Tag nachher abschlagen. Er beschied sie so alle drey, Aa i jede

jede eine Stunde von Lee andern, um diese Ami«

schenzeic zu seinen Absichten zu benutzen.

Nach

diesen Vorbereitungen, von denen die drey Mit-

verschwornen unterrichtet wurden,

gingen alle

vier an den bestimmten Ort, um ihre Opfer zu erwarten.

Endlich kommt die erste angefahren.

Prcvan

kommt allein zum Vorschein und empfängt sie mit der Miene der Eilfertigkeit.

Er führt sie ins In­

nere desHeiligthums, in dem sie heut als Göt-

rin zu thronen gedenkt.

Er laßt sie hier unter

einem leichten Vorwande allein.

Gleich nach

ihm öffnet der verabschiedete Liebhaber die Thür

und tritt rin.

Sie können sich die Verwirrung

und Beschämung denken bey einem Weibe, die

noch keine Routine hat, und wie leicht jederSieg über sie in dieser Lage seyn wußte.

Zeder unter­

drückte Vorwurf wurde als eine Gnade angesehn und der entflohene Sklave, der hier seinem alten

Herrn wieder in die Hande gerierh, schätzte sich

glücklich,

wenn er seine Begnadigung damit er­

kaufen konnte, daß er sich die alten Fesseln wie­

der anlegen ließ.

Kaum hatte dieses Pärchen

Friede gemacht und sich

an

einen noch einsa, mern

mern Ort zurückgezogen, so erschien ein anderes

auf dem nemlichen Schauplatz, das ohngefehr die

nemliche Farce mit derselben Auflösung wieher, holte.

Noch immer glaubte indessen jede von ihnen allein im Spiel zu seyn.

Aber bis zu welchem

Grade stieg ihr Erstaunen und ihre Verlegenheit,

als beym Eintritt ins Speisezimmer alle drey Paare sich vereinigten.

Schaam und Bestür­

zung erreichten hier ihren Gipfel, als Prevan in

ihre Mitte trat und die Grausamkeit hatte, sich

bey allen dreyen auf eine solche Art zu entschuldi­ gen, die die ganze Sache verrieth und einer je­

den klar machte, wir entsetzlich sie betrogen warMan setzte sich nun zu Tische und dir Verle­

genheit verminderte sich.

Die Manner wurden

ausgelassen und die Weiber — mußten ihnen den Willen lassen.

Die ersten hatten zwar immer

noch ihren Grimm inr Herzen, aber ihre Worte

waren nichts desto weniger schmeichelnd und zärt­ lich.

Die Fröhligkeit erweckte die Begierden,

die dieser wiederum einen neuen Sporn gaben.

Kurz diese Orgien dauerten bis Tagcsanbruch

und die Weiber durften, als man sich trennte, auf

auf vollkommene Verzeihung hoffen. in irrten sie sich..

Doch dar-

Die Manner wollten nun die

wahre Rache erst beginnen.

Sie brachen nicht,

nur gleich den Morgen drauf für immer mit den

Treulosen, sondern sie gingen in ihrer Wuth so weit,

daß sie die ganze Sache ins Publikum

brachten.

Seitdem betet die eine im Kloster und

die beyden andern, büßen auf abgelegenen Land­ gütern von aller Welt verlassen.

Dieß ist die Prevansche Geschichte.

Gefällt

es Ihnen den Ruhm dieses Herrn zu vermehren

und mit an seinen» Siegeswagrn zu ziehn? Sie

können das nun überlegen. tyarlich Unruhe gemacht.

Ihr Pries hat mir Ich erwarte mit Un­

geduld Ihre Antwort auf meine letzten Vorstellung gen,, von der ich hoffe, daß sie vernünftiger — wenigstens verständlicher für niich seyn wird.

Leben Sie wohl, schöne Frau.

Ich bitte Sie

nochmals —. überlassen Sie sich Ihren Launen

und bizarren Einfällen nicht zu sehr;

zuweilen auf gefährliche Abwege.

sie führen

Bedenken Sie,

daß auf Ihrem Lebenswege- erfindrischer- Witz nicht hinreicht, daß hier eine einzige Unvorsichtig­

keit unheilbare Uebel nach sich ziehn kann, und

lassen

lassen Sie sich zuweilen die Winke und Leitungen der vorsichtigen Freundschaft auf Ahrem Lusipfade gefallen. Adieu., Ach liebe Sie gleichwohl -eben so sehr, als wenn Sie die Weisheit selbst waren.

So.

von Danccuy an Cecilr: DolangeK.

Paris, den 9, Sept, geliebte Cecilie, wenn wird die Zeit er­ scheinen, da wir uns Wiedersehn — oder wie ler­ ne ich die Entfernung von Ihnen ertragen? Wo­ her nehme ich. die Kraft und den Muth'..Jeder Tag vermehrt meine Leiden und ich sehe Lein Ende derselben. Valmont versprach mir Hülfe und Trost, aber auch Valmont vernachlaßigt mich und hat mich vielleicht vergessen. Er ist der Geliebten nahe und fühlt nicht, was man leider, wenn man fern, fern von ihr ist. Er hat mir Ihren letzten Brief ohne eine Zeile von seiner Hand geschickt. Inzwischen ist ers doch allein von dem ich erfahren muß, wann und durch welches Mit­ tel

tel ich Die sprechen kann.

Hat er mir denn gar

nichts zu sagen? Auch Sie sagen mir nichts dav>

über.

Sollten Sie nicht mehr mit mir gleich«.

Sehnsucht empfinde»? Ach Cccilie, ich bin recht

unglücklich.

Ich

liebe Sie. mehr

als jemals.

Warum muß diese Liebe, die das Glück meines Lebens ist, mir auch zur Folter Werden; Nein,

so ertrage ichs nicht langer.

Zch

muß Sir sehn, ich muß, und war es auch nur auf einen Augenblick.

Wenn ich des Morgens

aufflehe, sd sage ich zu mir: ich werde Sie heu.t nicht sehen, und wenn ich zu Bette gehe, so seuf­

ze ich: ich habe Sie nicht gesehen.

Die Tage, v>

lang sie sind, haben für mich keinen Augenblick

Freude. —

Nichts als Entbehrung —

Ver­

druß— Verzweiflung? Alles dieß Leiden fließt aus der Quelle, ans der ich das schönste Glück meines Lebens erwarte­

te.

Denken Sie- sich noch dazu meine Besorg-

nijse Ihrentwegen, und Sie haben «in Bild mei« ms unglücklichen Daseyns.

Ach wie ganz anders wars, als wir beyde noch an einem Orte beysammen waren.

te alles mir Freude.

Damals mach­

Die Gewißheit Sie wieder« 6.U«

zuseh'n, versüßte mir die Augenblicke der Entfer­ nung, und dir Zeit, die ich ohne Sie hinbrach,

te — verging doch und brachte laiche Ihnen nä­

her.

Alles was ich that hatte Beziehung auf

Sie.

Hatte ich Pflichten zu erfüllen, so mach­

ten Sie mich Ihrer würdiger;

übte ich mich

in irgend einer Geschicklichkeit, so hoffte ich, Ih­ nen damit mehr, zu gefallen; ja selbst wenn die

Zerstreuungen der großen Welt mich weil von Ih­

nen wegführten, so waren Sic doch meiner Seele immer gegenwärtig.

Im Schauspiel suehic ich

zu errathen, was Ihnen wohl am besten würde

gefallen haben; im Conzrrte erinnerte ich mich Ihrer musikalischen Talente und unserer so süßen Zeitvertreibe; in Gesellschaften wie auf Prome­ naden suchte ich Aehnlichkeiten mit Ihnen auf. Allenthalben machte ich Vergleichungen und im,

mcr sielen sie zu Ihrem Vortheil aus.

Zeder

Augenblick des Tages war Ihrer Verehrung ge­ widmet und jeden Abend legte ich de» Ausdruck

derselben zu Ihren Füßen nieder.

Und was bleibt mir nun? Schmerzhafte Er­ innerungen des Verlohrnen, Entbehrungen ohne Ende und eine — ganz kleine Hoffnung,

die. Vasi

Valmonts' Schweigen vermindert und-.das Ihrige,

in Unruhe verwandelt.

Nur zehn Meilen kren-

neu uns, aber dieser so kleine Raum wird für mich eine unübersteigliche Kluft und wenn ich meinen Freund, wenn ich meine Geliebte unt

Beystand anrusr, um über sie hinzukommen, so bleiben beyde kalr und ruhig — sie Helsen mir

nicht, sie antworten mir nicht einmal. WaL ist denn nun aus Valmoms eifriger Freundschaft geworden? Was aus den zärtlichen

Empfindungen, die Sie sonst für mich hegrenund bey denen Sie in den Mittel» uns zu sehn so ersinderisch waren 1 Zuweilen mußte ich, ich weiß es noch recht wohl, Las Vergnügen, bey Ihnen

zu seyn, aus allerley Rücksichten, Geschäften und dergleichen aufoxfern.

nicht alles zu sagen!

O was wußten Sie d« Mit welchen Einwürfen

wußten Sie da nicht meine Gründe zu bestreiten, und gewöhnlich, — vergessen Sie das nicht, ge­

liebte Ceeilie, — gewöhnlich trugen Sie zuletzt

den Sieg davon.

Ich rechne mir das gar nicht

zum Verdienst — ich kann nicht einmal sagen, das; ich Ihnen damit ein Opfer brachte — Nein,

mir selbst war mchtö in der Welt willkommener als

als gerade das, was Sie forderten. . Jetzt aber ist die Reihe zu bitten an mir. Und o wie Lillig ist das, was ich bitte! Nur einen Augenblick will ich Zhr Antlitz sehn, um den Schwur der Liebe von neuem zu geben und von neuem zu empfangen. Liegt Ihnen an diesem Gluck nicht eben so viel als mir? Doch fort mit diesem trostlosen Gedan­ ken, der mein Leiden aufö höchste bringen würdeNein, Sie lieben mich noch und werden niich immer lieben. Das glaube ich fest und daran will ich nimmer zweifeln. Aber meine Lage ist atu schenlich und ich ertrage sie langer nicht. Leben Sie wohl, geliebte Ceeilie.

8i.

Die Markisin von Merteni! an den Graf Balmont. Paris, den 20. Sen.

habe großes Mitleiden mit Ihren Besorg­ nissen. Sie beweisen mir nur, wie weit ich über Ihnen erhaben bin. Und Sie wollen mich Hof­ meistern und mich leiten? Sie armer Valmont! Welch

3ßo Welch ein Abstand von Ihnen zu mir! Selbst alt'

Ihr männlicher Dünkel reicht nicht hin, diesen Abstand aufzuheben.

Weil Sie nicht im Stande

seyn würben, meine Plane auszüführen, so neu­

nten Sie sie geradezu unmöglich.

0 stolzes und

schwaches Wesen! Es kleidet dich schlecht, meine Hülfsmittel zu berechnen und meine' Maßregeln

beurtheilen zu wollen.

Im Ernste, Graf, ich

nehme Ihnen Ihren Rath übel, ich verhcele es Ihnen nicht.

Daß Sie Ihr unglaublich unge­

schicktes Benehmen gegen dir Präsidentin d amit

verstecken wollen,

daß Sie mir gleichsam im

Briumpfe zujauchren,. wie Sie dieses furchtsa­ me, in Sie verliebte Weib einen Augenblick aus

der Fassung gebracht haben, das begreife ich. — Daß Sie sich eines Blickes und zwar eines ein,, zigru. Blickes von ihr rühmen, dazu lächle sich,

und lasse es geschehn. —

Daß Sir das Matte

und Kraftlose in Ihrem Verfahren, welches Sir selbst wider Ihren Willen recht wohl fühlen, niiv

damit aus den Augen zu rücken denken, daß Sie mich immer auf Ihr starkes Stück vertrösten — zwey Kinder nemlich zusammcnzubringen, die sich

lieben, dir vor Begierde brennen, sich zu sehn, und

38t und die — km Vorbeygchn gesagt — mir allein

diese Begierde verdanken, auch das mag Ihnen

hi »gehn. —

Das; Sie sich endlich bey diesen

glänzenden Handlungen in die Brust werfen und

mir in einemPraecptorlongurufcn: Es sey bes­ ser seine Zeit dazu anzuwenden, daß

man seine Plane a u s f ü h r c, als daß man sie erzähle, auch diese Eitelkeit, da sie

mir nicht schadet, soll Ihnen verziehen seyn. —

Aber das; Sie sich einbildcn können, ich bedürfe Ihrer Klugheit, ich würde mich ohne Ihren Rath verirren, ich müsse hier einmal meine Caprizen und Grillen beherrschen — wahrhaftig, Graf—

Sie haben sich von dem Vertrauen, das meine Güte Ihnen schenkte, zu einem gewaltigen Stol­ ze verleiten lassen.

Was haben Sie wohl in der Welt gethan, wenn ich Sie nicht tausendmal übertroffen hat­

te! Sie haben viele Weiber verführt, selbst za Grunde gerichtet.

Aber welche Schwierigkeiten

und Hindernisse standen Ihnen dabey im We­

ge? Wo ist das Verdienst, das Ihnen dabey ei­ gentlich angehört? Ihre schöne Figur — ist ein

Werk Les Zufalls und weiter nichts.

Ihr reitzen-

dcr

Z8r d-er Anstand — diesen giebt der Umgang fast im­

mer.

Witz •—

in der That, Sie haben ihn,

aber im Nothfall thut auch eine bloße geläufige

Zunge die nemlichen Dienste.

Ihre Dreistig­

keit — ist alles lobenswerrh, allein Sie verdanteil sie vielleicht nur dem Glück bei; Ihren ersten Unternehmungen.

Wo ich nicht irre, sind das

Ihre Hülfsmittel alle.

Denn was den Ruf be­

reift, den Sie sich haben zu erwerben gewußt, so kann ich Ihnen die Kunst — zu einer ärger­

lichen Geschichte den Stoff zu geben oder ihn zu

benutzen, ohnmöglich hoch anrechnen. Aber Klugheit, Feinheit, List — v welches

Weib, wenn ich auch von mir nicht einmal rede, welches Weib überträfe Sie darin nicht!

Ihre

Präsidentin,;. D. führt Sie ja, wie ein Kind am Gängelbande herum. Glauben Sie mir, Graf, man erwirbt sich

selten die Eigenschaften, die man entbehren kann«' Da ihr Manner bey. euer» Angriffen nichtswagt, so braucht ihr auch keine Vorsicht dabep.

Für

euch ist eine Niederlage nichts als fehlgeschlage, ner Versuch, im Sieg weniger.

Wenn in die­

sem ungleichen Kampfe mit euch schon das ein

Glück

Glück für uns ist, wenn wir ohne Schaden da­ von kommen, so ist das schon für euch ein Un­ glück, wenn ihr nichts gewinnt. Und wenn ich euch auch eben so Viel Talente als uns zugestthn wollte, wie weit wüßten wir euch nicht dadurch schon übertreffen, daß wir gcnLkhigt sind, die unsrigen unaufhörlich zu üben. Ich will einmal zugeben, daß ihr eben so viel Geschicklichkeit braucht, uns zu überwinden, als wir, uns zu vertheidigen oder uns auf eine gute Art überwin­ den zu lassen, so können Sie doch nicht in Abre­ de seyn, daß ihr Manner die Eurige am Ziel nicht weiter nöthig habt. Ihr gebt euch eurer neuen Neigung ganz ohne Furcht, ohne Rückhalt hin und ihre Lauer macht euch keine Sorgen. Die­ se Bande, in denen man sich gegenseitig gefesselt hält, (um die Sprache der Verliebten zu re­ den ) — ihr könnt sie nach eurem Belieben fester anzichn, oder auflösen, wobey wir noch immer gut wegkommen, wenn ihr bey unsrem Leichtsinn großmüthig genug seyd, das Geheimniß unserer Schwachheit zu bewahren, alles Prahlen unter­ laßt, euch damit begnügt, uns. blos durch eurk Untreue zu kränke» und zu drhmükhigen und —7 wenn

trenn t^r euren Abgott von gestern nicht zu eurem Schlachtopfer für morgen macht. Aber wir armen Weiber! Wie unglücklich ist das Weib, die von ihrer Seite zuerst den Druck ihrer Ketten fühlt! Wie viel wagt sie bey dem Entschluß sich ihrer zu entledigen oder sie sich auch nur zu er, leichtern! Nur mit Angst und Zittern geht sie an den Versuch, einen Mann zu entfernen, der ihr widrig geworden ist. Besteht er darauf, seinen Platz zu behaupten, so muß sie nun der Furcht hingeben, was sie vorher der Liebe zugesiand. — „Die Arme öffnen sich, das Herz ist längst verschlossen." — Nur durch große Klugheit kann sieden Knoten geschickt auflösen, den ihr Män­ ner zerhaut. Sie ist ganz in der Gewalt ihres Gegners und von allen Hülfsmitteln verlassen, sobald dieser keine Großmuch hat; auf diese aber ist nicht sonderlich zu rechnen, da man sie wohl zuweilen lobt, wo sie ist, aber es auch niemals radelt, wo sie fehlt. Sie werden diese Wahrheiten nicht bestreiten, ibie so in die Augen fallen, daß man sie auf allen Dächern predigt. Wen» Sie dennoch gleichwohl Zeuge waren, wie ich Umstande und Meinun, eiert

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gen zu beherrschen und aus diesen so furchtbaren

Heeren der Schöpfung ein Spielwerk meinerLau, nen und Einfalle zu machen im Stande war, wie ich einigen den Willen und andern dieMacht mir

zu schaden nahm, wie ich abwechselnd fesselte und entfernte, wie's Neigung und Laune mir ein» gab — Wie ich in diesem ununterbrochenen Verkehr dennoch meinen Nuf fleckenlos zu bewah­ ren wußte —

Wenn Sie dieß alles sahen und

hörten, Hanen Sie nicht daraus schließen sollen, daß ich dazu gebohren, mein Geschlecht zu rachen und das ihrige zu unterjochen, mir Hülfsmittel zu verschaffen wußte, die bisher unbekannt waren ? Sparen Sie Zhren Nach und Ihre Besorg,

Nisse «für diejenigen Weiber, die sich von einer

Art von Wahnwitz, den sie ihr Herz nennen, zu den unbesonnensten Streichen verleiten lassen, die immer schwärmen, immer sich in Gefühlen und Einbildungen herumrummeln und niemals ihren Verstand gebrauchen wollen — die nicht so

viel begreifen, daß die Liebe und ihr gegenwärti­ ger Liebhaber zwey ganz verschiedene Dinge sind —