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German Pages 450 [472] Year 2023
Table of contents :
Vorwort
Vorrede des (französischen) Herausgebers
Erstes Buch.Der gefährliche Umgang
I. Geeilte Bolanges an Sophie Carnay (im Kloster bey den Urselinerinnen.)
2. Die Markise von Mertenil an den Grafen von Valmont, auf dem Schlosse zu * *
3. Cecilie Belanges an Sophie Carnay
4. Graf von Valmont an die Markise von Merteuil
5. Die Markisin v. Merteuil an Grafen Valmont
6. Graf Valmont an die Markise v. Merteuil
7. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
8. Die Präsidentin von Tourvel an Fran von Volanges
9. Frau v. Belanges an die Präsidentin v.Tourvel
10. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
11. Die Präsidentin von Tourvel an Frau von Bolanges
12. Cecilie Bolanges an dir Markise von Merteuil
13. Die Markise von Merteuil an Cecilie, zur Antwort
14. Cecilie Belanges an Sophie Carnay
15. Graf Valmont an die Markise von Merteuil
16. Cecilie Bolanges an Sophie Carnay
17. von Danceny an Cecilie Bolanges
18. Cecilie Bolanges an Sophie Carnay
19. Cecilie Boianges an Herrn von Danceny
20. Die Markisin v. Merteuil an Graf v. Valmont
21. Graf v. Valmont an die Markisin von Merteuil
22. Die Präsidentin von Tourvel an Frau von Bolanges
23. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
24. Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel
25. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
26. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
27. Cecilie Volanges an die Markisin von Merteuil
28. Mit Danceuy au Cecilie Velanges
29. Cecilie Belanges an Sophie Carnay
30. Cecilie Volanges an Herrn von Danceny
31. von Danceny an Cecilie Belanges
32. Frau v. Belanges an die Präsidentin v. Tourvel
33. Die Markisin von Mcrleuil au Graf Dalmonk
34. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
35. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
36. Derselbe an Dieselbe
37. Die Präsidentin von Tourvel an Frau von Belanges
38. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
39. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
40. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
41. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
42. Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel
43. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
44. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
45. Die Präsidentin v. Tourvel an Frau v. Belanges
46. von Danceny an Cecilie Volanges
47. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
48. Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel
49. Cecilie Volanges an Herrn von Danceny
50. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
Zweytes Buch. Der gefährliche Umgang
51. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
52. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
53. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
54. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
55. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
56. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
57. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
58. Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel
59. Graf v. Valmont an die Markisin v. Merteuil
60. von Danceny an Cecilie Volanges
61. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
62. Frau von Volanges an von Danerny
63. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
64. von Danceny an Frau von Volanges
65. von Danceny an Cecilie Belanges
66. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
67. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
68. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
69. Cecilie Volanges an Herr von Danceny
70. Graf v. Valmont au die Markisin v. Merteuil
71. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
72. von Danceny an Cecilie Volanges
73. Graf Valmont an Cecilie Volanges
74. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
75. Cecilie Volanges an Sophie Carnay
76. Graf Valmont an die Markisin von Merteuil
77. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
78. Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont
79. Graf Valmont an die Markisin v. Merteuil
80. von Danceny an Cecilie Volanges
81. Die Markisin von Merteuil an den Graf Valmont
82. Cecilie Volanges an Herr von Danceny
83. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel
84. Graf Valmont an Cecilie Volanges
85. Die Markisin von Merteuil an Graf Valmont
86. Die Marschallin von * * an die Markisin von Merteuil
87. Die Markisin von Merteuil an Frau von Volanges
Der gefährliche Umgang.
Eine
Geschichte in einer Reihe von Briefen, die in
einem gewissen Zirkel geschrieben und für andere zur Lehre und Warnung
herausgegeben worden.
Nach
dem
Französischen
des
Herrn
de la Clos
frey bearbeitet und mit einer Nachschrift begleitet,
Erster Theil. Frankfurt an der Oder,
in der akademischen Buchhandlung. »79 8.
SVoit beut französischen Original und der gegenwärtigen Bearbeitung desselben nur ein Paar Worte. Das erste führt den Titel: Les
liaifons dangereufes, ou lettres recu eil-
lies dans uns societe,
et publiecs pour
Finftruction de quelques autres; par C.
dc L... re.
Es ist gewiß allen Kennern
und Liebhabern der französischen Litteratur wenigstens den Namen nach bekannt. Das
Schicksal des
sowohl als
Buchs
scincS
Verfassers ist gleichfalls bekannt genug. (Er
stcres wurde anfänglich von der Censur in Paris verworfen und wäre, wie man er,
zahlt, schwerlich zum Druck gekommen, wenn
nid)' eine Dame von Einfluß, die düs Ma, uustript zum Durchlesen erhalten hatte, sich seiner angenommen und die Erlaubniß, es zu
drucken, bewirkt hatte. *
Es machte gleich
bey
bey seiner Erscheinung großes Aufsehn, wei ches sehr begreiflich ist, und in wenigen Wo, chen
wurden mehrere tausend Exemplare
verkauft.
Gleichwohl wurde der .Verkauf
bald darauf verbothen und die noch vorräthi-
gen Exemplare weggenommen, welche Maß, regel keine andere als dis gewöhnliche Wir-
kung hatte, das Buch und feinen Verfasser noch berühmter zu machen.
Nachher hat
es mehrere Auflagen erlebt und noch 1792. ist es visier dem Druckort Geneve von
neuem erschienen.
Der Verfasser,
Herr
de la Clos war Offizier unter der Artillerie, als es erschien.
Wahrend der Revolution
ist er als Sekretair des Herzogs von Orleans bekannt geworden und er soll gleichfalls auf
der Guillotine fein Leben geendigt
haben.
Bald nach der Erfcheinung deö Originals erschien auch eine deutsche Uebersehung des
selben unter dem Titel: die gefährlichen
Bekanntschaften, oder Briefe, ge->. sammlet in einer Gesellschaft re.
Leipzig 178z.
Man darf nur wenige Sei,
ten von derselben gelesen haben,
um es be» greif,
greiflich zu finden,
daß sie bey Lesern von
einigem Geschmack kein Glück machen konnte.
Sie ist in hohem Grade steif und undeutsch, ja stellenweise ganz unverständlich und falsch;
ein mageres Skelet des Originals, von des, sen Schönheiten sie keine Spur erhalten hat. Ohnstreitigverdiente dieses Buch, das seinem
ästhetischen Werth nach den besten Roma nen der Ausländer an die Seite gesetzt wer den kann, und im Original noch täglich ge
sucht und gelesen wird, auch einen deutschen
Hebei scher,
wie ihn Rouffeaus
Hcloise,
Richardsons Kla-
MarmontelS Schriften,
riffe, imgleichen Goldschmids,
Smollct's,
Fieldings und Sterne's Schriften in diesem Fach gesunden haben,
und nur der üble
Ruf eines unmoralischen,
den Sitten ge
fährlichen Buchs, indem das Original steht,
kann ek> begreiflich machen,
daß Manner
von Ruf und Talenten sich mit Lieser Arbeit Vicht befaßt haben.
Ich sage, das Buch hat einen Men Ruf und ich gestehe, daß es ihn verdient, aber nur von einer Seite.
* r
Es von dieser cv
neu
nen tadelnswerthen Sette zu verbessern und den unleugbar moralischen Zweck des Ganzen
überall in Eintracht mit sich selbst zu bringen,
war ein besonderes Verdienst, nach dem der gegenwärtige Bearbeiler desselben strebte.
Die allgemeine Beziehung des Buchs auf Moralität ist hervcrsprittgend.
Sie ist
daher auch von allen Lesern immer gefühlt, wenn gleich nicht immer richtig erkannt rind beurtheilt worden. Es stellt uns ein großes Gemählde einer falschen, nur auf Sinin lichkc'it und Egoismus kalkulirten Kultur in
ihren verderblichen Folgen auf. Alles in die,
sem Gemählde ist richtig,
der Natur und
Wahrheit getreu., lebendig und anziehend. Ein entschiedenes Talent der Beobachtung
und Darstellung, ansgeschmückt mir reicher
Weltersqhrung und Menschenkcmttuiß, hat überall den Pinsel geführt.
Da in diesem
Gemählde, trotz allen! Blendenden des Wch
zes, des Verstandes und der Kultur doch das Falsche, Niedrige, Empörende in den
Gesinnungen im Ganzen genommen stark gc-
titig hervorspringt und sich dem sittlichen Gc-«I
fühl leicht aufdringt/ so kann der Eindruck,
den das Buch bey moralischen Menschen zur
rückläßt, nicht anders als tief und wohlthätig seyn.
Die Unmoralischen, die Egoisten
und Lüstlinge — die sich freylich ungern auf
den Standpunkt der alles vereinigenden Der-
rumst und ihrer Gesetzgebung erheben, wer den hier ein — vielleicht sehr verschönertes Bild ihrer Denkungsart finden.
Sollten
Sie cv aber wohl allenthalben, ohne ein we
nig zu crröthen,
betrachten können? Das
wäre entweder ein kleiner Fehler am Buche — oder bey ihnen ein schlimmes Zeichen.
Ge
nug in seiner ganzen Tendenz ist das Buch
weder gefährlich noch- sittcnverderblich —aber
der Verfasser verdient allerdings in
einzelnen P a r t h i e n den Vorwurf, den
man dem Ganzen nicht machen kann. Eine unkcusche Phantasie hat hie und da seinen Pinsel in ihre Farben getaucht —
er
hat das Laster hie und da in seinen Unter
rahmungen und Genüssen in einer Behaglich
keit dargestcllt,
die es in der Natur nicht
hat, und dir beydes — lockt und betrügt-
So
wenn ich die Angst ihres Gewissens erst abwechselnd hören und stillen werde. Ich bin weit entfernt, die Vorurtheile gerstöhren zn wollen, von denen sie eingenommen ist»
ist.
Selbst diese sollen mein Glück und meinen
Ruhm vermehren.
Sie mag an dir Tugend
aber sie soll sie mtr opfern.
Mögen
ihre Fehltrilte sie immerhin peinigen,
nur die
glauben,
Kraft fehle ihr,
sich von ihnen zu ermannen,
und gegen tausend Schrecknisse, die sie ängstigen, finde sie dann nirgends Ruhe und Rettung, als in meinen Armen.
Dann laß ichs mir gefallen,
dann mag sie mir gestehn, „ich bete Dich an."
Sie allein unter allen Weibern ist es würdig, Ließ zu sagen,
und ich will dann ihr einziger
Gott seyn.
Lassen Sie uns aufrichtig seyn, mei
ne Theure.
In unsern eben so frostigen als leicht
geschlossenen Einverständnissen ist das, was wir Glück nennen, doch höchstens nur Vergnügen«
Warum sollt ichs Ihnen nicht gestehn, ich hielt mein Hrkz längst schon für zusammengewelkt, ich fand nur noch Sinnlichkeit bey mir und är,
gerte mich über mein frühes Altwerden.
Die
Tourvel hat mir dir so reizenden Tüuschereyen der Jugend wiedergegeberr.
Neben ihr denk ich
an den Genuß kaum, um glücklich zu seyn. Darinzige, was mich bey dieser Geschichte erschreckt,
ist,
die lange Zeit, die sie mir fortnchmen wird.
Denn
Denn ich darf hier nicht waghalsig verfahren. Vergebens erinnere ich mich meiner glücklichen
Verwegenheit; ich kann sie hier durchaus nicht Sie selbst muß sich mir hingebcn,
versuchen.
wenn ich ganz glücklich werden soll, und das ist wahrhaftig keine Kleinigkeit.
Doch verdient meine große Klugheit von Ih nen bewunden zu werden.
Das Wort Liebe ist
noch nicht über meine Lippen gekommen; bis bey
den Worten Theilnahme,
Vertrauen»,
d. gl. sind wir indessen schon.
Um sie so wenig
als möglich zu betrügen, und noch mehr um dem
Gerede zuvorzukommen, das ihr von mir zu Oh ren kommen und mir schaden konnte,
habe ich
ihr und zwar mit vielen Sclbsttadel einige von meinen bekanntesten Streichen selbst erzählt. Sie
müßten sich tod lachen,
wenn Sie sehn sollten,
mit welchem Ernst und Eifer sie mir dabei vor
predigt.
Sie will mich, sagt sie, bekehren, es
fällt ihr aber nicht ein, was diese Bekehrung ihr kosten kann.
indem
Sie ahndet noch gar nicht, daß,
sie sich
der Weiber annimmt,
die ich unglücklich gemacht habe,
(ich
brauche ihre eigenen Worte) sie im Voraus in
ih-
ihrer eigenen Sache spricht. stcrn ein,
Dieß fiel mir
mitten unter ihren Predigten;
ich
konnte mir den Spas nicht versagen, sie mit der
Bemerkung zu unterbrechenr sie rede wie ei
ne Prophetin. din.
Adreu, meine schöne Frenn-
Sie sehen, hoffe ich, doch so viel, daß ich
nicht ohne Rettung verlohren bin.
Nachschrift.
A propvs,
was macht ihr
Ritter? hat er sich auS Verzweiflung das
Leben genommen?
Wahrhaftig Sie sind
hundertmal boshafter, als ich.
den mich demüthigen,
Sie wür
wenn ich eigenlie-
big wäre.
7. Crcilie Volangeö an Sophie Carnay. Paris tcn 1. Aug^ch habe Dir noch nicht weiter von meiner Heyrach sagen können, liebe Sophie, weil ich noch eben so wenig davon weiß, als den ersten Tag,
Im Grunde aber denke ich auch wenig mehr dar an, und dir Art, wie ich lebt, behagt mir täg
lich
iich mehr, ich übe mich sehr im Singen und auf
der Harfe, und es ist mir, als wenn ich jezt weit mehr Lust zur Musik hätte, als sonst, da ich noch einen Lehrmeister haue. —
Vielleicht weil
Herr von Danceny,
ich jezt einen .bessern habe.
der junge Edelmann, von dem ich Dir schon ge
schrieben habe, und mit dem ich hey der Frau von Merteuil sang, ist so gütig uns täglich zn besuchen, und denn singen wix ganze Stunden
zusammen.
Er ist wirklich ein sehr angenehmer
Mann; er singt wie rin Engel, und romponirt
allerliebst kleine Arien,
den Text macht.
zu denen er auch selbst
Es ist ein Unglück,
daß er
Maltheserrittex ist, ich glaube seine künftige Gat
tin würde sehr glücklich werden, wenn erheyrathen könnte, er hat ein sehr sanftes einnehmen
des Wesen.
Complimente macht er eigentlich gar
nicht, aber alles, was er sagt, ist schmeichelhaft. Er tadelt und meistert mich unaufhörlich, bald
bey der Musik,
bald hey einer andern Sache;
aber sein Tadel ist immer so artig und voller
Scherz, daß man ihm dafür Dank weiß.
Und
wenn er einem auch nur anfleht, so denkt man
immer, er wolle etwas verbindliches sagen. -2er gtfrUjrU Umg. l. Th.
C
Dabey
bey ist er ungemein gefällig.
Gestern, zrimDey-
spiel, war er zu einem Cvnzert eingeladen;
al?
lein er wollte lieber den Abend bey der Mama zu
bringen.
Das war mir besonders lieb; den»
wenn er nicht da ist, so spricht kein Mensch mit
mir, und ich habe die verdrüßlichsie Langeweile; ist er aber da, so singen, oder plaudern wir zu
sammen, denn er hat mir immer etwas zu sagen. Er und die Frau von Mertruil sind die beyde»
einzigen Personen, die ich liebenswürdig finde. Adieu, sür diesesmal, meine liebe Freundin, ich
habe versprochen, ich will morgen eine Arie sin gen können, die eine sehr schwierige Begleitung
hat.
Ich muß Wort halten und mich noch hur
tig üben, ehe er wieder kommt.
8»
Die Präsidentin von Tourvel an Fran von Volangeö. Bom Schloß zu • • den 9. Aug.
-Hch bin gerührt, gnädige Frau, durch das Ver
trauen, welches Sie mir beweisen, und nehme
ge-
gewiß bett größten Antheil an der Verheyrathung Ihrer Fräulein Tochter. Von ganzer Seele wünsche ich ihr die Glückseligkeit, deren ich sie für würdig halte , und zu der Ihre Klugheit sie gewiß hinleiten wird. Zch kenne zwar den Herrn Grafen«. Gercourt nicht persönlich; aber die Wahl mit der Sie ihn beehren, ist hinreichend, die vortheilhaftestr Meinung von ihm zu erwecken. Zch wünsche nichts so sehr, als daß diese Ehe eben sowohl gelingen möge, als die meinige, die gleichfalls Ihr Werk ist, und für die jeder Tag meine Dankbarkeit vermehrt. Zn dem Glücke einer geliebten Tochter mögen Sie den Lohn für alles finden, was sie für das meinige gethan ha ben , und die treueste aller Freundinnen möge so auch die glücklichste unter allen Müttern sein. Es ist mir recht peinlich, daß ich Ihnen nicht mündlich diesen meinen herzlichen Glückwunsch darbringen und so schnell, als ichs wünsche, die Bekanntschaft Ihrer Fräulein Tochter machen . kann. Die gütigen Muttergesinnungen, die Sie auch auf mich ausdehnten, berechtigen mich, von ihr dir zärtliche Freundschaft einer Schwester zn hoffen. Haben Sie die Güte, gnädige Frau, C a sie
sie in meinen Nahmen um diese Schwesierliebe
zu bitten, ich hoffe ja, daß es mir gelingen wird, sie zu verdienen.
So lange mein Mann abwesend ist, denke ich auf dem Lande zu bleiben.
Ich willdiesegan-
ze Zeit dazu anwenden, den Umgang der verehr
rungswürdigen Frau von Nosemonde zu genießen.
Diese Dame ist noch immer liebenswürdig. hohes Alter hat ihr nichts geraubt.
Ihr
Sie hat
noch ihr ganzes Gedächtniß, ihre völlige Munter
keit.
Ihr Körper nur ist so Jahr alt geworden,
ihr Geist ist völlig jung geblieben.
Unser einsa
mes Leben gewinnt jezt viel durch den Grasen
von Valmont an Heiterkeit und Leben, der lichs
gefallen läßt, uns einige Tage Gesellschaft zu (ei» sten.
Ich kannte diesen Herren Nur durch seinen
Ruf, der mir wenig Lust zu seiner nähern De»
kanntschaft niachle, doch scheint er mir in der
That besser zu sein, als sein Ruf. Hier wo der Strudel der großen Welt ihn nicht mit fortreißt
hier spricht er zum Erstaunen vernünftig. Er
erkennt und tadelt seine Fehler mit seltner Jluf» richrigkeit, und ist überhaupt gegen mich äußerst offenherzig; obgleich ich sein Betragen mit großer
Stren»
Strenge richte.
Sie kennen ihn, und sind gewiß
auch der Meinung, daß seine Bekehrung etwas
sehr verdienstliches wäre.
Aber ich zweifle nicht,
daß troz aller seiner Verheurungen, doch acht Tm
ge in Paris alle meine schönen Predigten bey ihm in völlige Vergessenheit bringen werden.
Sein Aufenthalt bey uns macht wenigstens eine Pause in seiner gewöhnlichen Lebensweise, und
damit 'ist immer etwas
gewonnen.
Leute von
dieser Art thun wenigstens nichts böses, so lange
sie gar nichts .thun.
Er weiß, daß ich an Sie
schreibe, und hat mir aufgetragen, Sie seiner ehrfurchtvollstcn Ergebenheit zu versichern.
Neh,
men Sie auch die Versicherung der Meinigen mit Ihrer gewöhnlichen Güte auf und seyn Sie
versichert, daß ich Zeit meines Lebens mit den aufrichtigsten Gesinnungen gegen Sie verbleiben werde u. s. w
ich behalte den Ausdruck bey. (Fc bezeichnet ein kleines wohleingerichtetes Haus in nem abgelegenen £heü der Stadt oder Dorstadt, das man ins geheim bcstzt und ins geheim besucht, um dort unbekannt zu thun, was man in seinem gewöhnlichen Hause vor aller Augen zu thun nicht wagt. Anm. b. Ueh. Der geführt. Umg. 1. Th,
D
5o mußte und so gingS fort'mit uns»
Ms ich in
meinem geheimen Liebcstempel ankam, legte ich
sogleich mein bestes Deshabille an.
Dieß ist
von meiner eigenen Erfindung, 'und eine sehr reihende Tracht.
Sie sollen ein Muster davon
für Ihre Präsidentim haben, sobald Sie sie wer
den. eines solchen Kleides würdig gemacht haben.
Nach dieserVorbrreitung und während Bitte-
rine sich mit andern kleinen Anordnungen be
schäftigte, las ich ein Kapitel aus dem S o p h a — einen Dries der Heloise und zwey Erzählun
gen von D e lass ntai ne, um mir den ganz ver
schiedenen Ton geläufig zu machen, den ich heut abwechselnd
gebrauchen
wollte.
Unterdessen
kommt mein Chevalier mit seiner gewöhnlichen
Hastigkeit vor meinem Hause an.
Der Thürhü
ter weiset ihn mit der Nachricht ab, ich sey krank.
Die erste Ueberraschung.
Er giebt ihm darauf
ein Billet, das aber nach meiner bekannten Klugheitsregel nicht von meiner Hand war.
ne hatte es geschrieben.
Vittori-
Er öffnet und liest:
Punkt neun Uhr, auf dem Boulevard vordem** Koffehause.
Er eilt dorthin. Hier
findet er einen kleinen, ihm (für jezt nemlich)
un#
unbekannten Bedienten,
(es war Victorine)
der ihn bittet, seinen Wagen zurückzuschicken, und ihm zu Fuße zn folgen.
Dieses romanhaf
te hin und her laufen erhizt ihm schon den Kopf,
und je mehr man diesen erhitzen kann, je besser
ists.
Endlich ist er da, und Ueberraschung und
Liebe halten ihn wie in einem Zauber gefangen.
Um ihm zur Erholung Zeit zu lassen, machten wir erst hinten im Gehölze eine kleine Promena de,
dann führte ich ihn ins Haus zurück, w»
er für zwey Personen allein gedeckt fand.
Wir
gingen durch bis ins Boudoir, das in seinem vollen Glanze war.
Hier schlang ich sinnend und
gefühlvoll meine Arme um ihn, und sagte, in dem ich sanft zu seinen Füßen hinglitt: „0 mein
Freund! Um dir die Ueberraschung dieses Augen blicks zu verschaffen, habe ich dich leider heut durch den Anschein übeler Laune betrübt.
Nur
auf einen Augenblick hat mein Herz sich deinen Blicken vezchellr.
Vergieb mir mein Unrecht;
ich will es durch Liebe wieder gut machen." Sie können denken,
würkte.
was diese empfindsame Rede
Mein in den dritten Himmel entzückter
Chevalier, hob mich auf, und drückte mich an D a
sein
sein Herz. Wir setzten uns auf die Ottomane, und vollendeten hier unsere Versöhnung auf dieselbe Art, wie wir beide einstens hiermit vieler Lustig keit unsere ewige Trennung vollzogen. — Wir harten sechs Stunden mit einander zuzubringen, und ich wollte so gern, daß diese ganze Zeitihm gleich angenehm sein sollte. Ich mäßigte daher seine Hitze und ließ eine liebliche Koquetlerie bey mir den Platz der Zärtlichkeit einnehmen. Nie habe ich so darauf studirk und gearbeitet, um zu gefallen, als diesesuial und nie ist mirs so ganz gelungen als diesesmal. Nach dem Essen spielte ich abwechselnd bald das kindische, bald das vernünstige, bald das muthwillige, bald das ge fühlvolle — dann auch wohl das sinnliche Mäd chen, um ihn wie einen Sultan in seinem Se rail durch mehrere Favoritinnen, die ich ihm nach und nach vorgaukelte, zu beglücken. Seine wie derholten Liebkosungen empfing immer dasselbe Weib, indem er sie immer einer neuen Geliebten darzubringen glaubte. Endlich brach die Morgendämmerung an, und es war Zeit sich zu trennen. Was er sagte und selbst that, um mich vom Gegentheil zu überzem
zeugen, so war ihm doch diese Trennung gewiß eben so nöthig, als sie ihm verdrüßlich war. Znr Augenblick des Abschieds gab ich,ihm den Schlußscl zu diesem allerliebsten Ort, „ich habe ihn nur für Sie, sagte ich, und es ist am besten, sie be sitzen ihn selbst. Der Opferpriester mußHcrrdes Tempels sein? durch diese Wendung wollte ich allen Grübeleyenüber den immer verdächtigen Be sitz eines kleinen Hauses bey ihm zuvvrkvmmen. Ich kenne ihn genugsam, um überzeugt zu sein, daß ers ohne mich nie gebrauchen wird: und hat te ich einmal den Einfall, ohne ihn da zu seyn, so habe ich auch noch einen zweyten Schlüssel. Er wollte mit Gewalt, ich sollte sogleich einen Tag zu einer zweyten Zusammenkunft bestimmen. Aber noch habe ich ihn zu lieb, um ihn so bald abzunutzen. Solche Erzesse erlaubt man sich nur mit Leuten, die man gern bald los sein will. Er weiß davon freilich nichts; aber cs ist gut, daß ich es für uns beide weiß. Aber, mein Himmel, es ist drei Uhr Mow gens, und ich habe statt ein paar Worte, wies mein Vorsatz war, ein ganzes Buch geschrieben. So groß sind die Reitze vertraulicher Freund schäft.
schäft.
Sie macht, daß ich Sie noch immer m
allen liebe, obgleich mir mein Chevalier jezt rei fender erscheint.
Adieu.
ii*
Die Präsidentin von Tourvel an Frau von Bolangeö. Dom Schloss« zu * * den 13. Aug.
^5hr strenger Dries,
meine Verehrungswerths
Frau, hätte mich sehr beunruhigen können, wenn
ich nicht zum Glück hier überwiegende Gründe
sande,
ruhig zu seyn.
Der furchtbare Gras
Valmont, der das Schrecken aller Weiber zu seyn
scheint, muß wohl seine todbringenden Waffen alle vor seinem Eintritt in diese friedliche Burg abgelegt haben.
Ueber Plane zu brüten, das
fällt ihn bey uns so wenig ein, daß er so gar oh ne alle Ansprüche unter uns lebt.
Er laßt den
liebenswürdigen Man», den doch selbst feine gcitt» de in ihm erkennen, so wenig blicken, daß wir
fast nichts als eine kindliche Gutmüthigkeit an ihm
Die Landlust hat ohnstrci-
ihm gewahr werden.
eig dieses Wunder bewirkt.
Auch kann ich Ih
nen so viel mit Wahrheit versichern, daß, obgleich
er fast immer, und wie es scheint, nicht ungern um mir ist, ihm doch nie die entfernteste Anspie-
lung auf Liebe entwischt ist. —
Nie eine von
den tausenderlei) Ausdrücken und Wendungen, die alle Männer im Munde führen, und die bey
wenigen so erträglich sind,
als sie es bey ihm
vielleicht seyn würden.
Nie hat man bey ihm jenes zurückgezogene Wesen-nöthig, das jede Frau, die Achtung für sich selbst hat, heut zu Tage in Männergesellschaft
beobachten muß, um Zudringlichkeiten abzuhal ten,
Erdenkt nicht daran, von der Lustigkeit,
die er hier uns allrn mittheilt, irgend einen Misbrauch zu machen.
zuviel.
Vielleicht lobt er ein wenig
Aber er thutS mit einer Feinheit, daß
er die Bescheidenheit selbst an die Tone des Lo
bes gewöhnen würde. Bruder hatte,
Warlich, wenn ich einen
so würde ich wünschen,
daß er
ganz so wäre, als'Graf Valmont sich hier we
nigstens zeigt.
Manche andere Frauenzimmer
würden vielleicht seine Galanterie etwas zu lang
sam
=
56
sani finden, allein ich weiß es ihm vielen Dank, daß er mich richtig genug beurtheilt,
um mich
nicht mit jenen in eine Klasse zu werfe». Dieß Gemählde ist freylich von dem, welches
Sie von ihm entwerfen,
sehr verschieden und
dennoch könnten vielleicht beyde dem Original ähnlich seyn, wenn man nehmlich zwey Zeitpunkte unterscheidet.
Er selbst gesteht, manches Düse
gethan zu haben, und vieles hat man ihm auch wohl obendrein angedichtet,
Ich für mein Theil
habe wenig Männer gefunden, die von tugend
haften Weibern mit mehr Hochachtung, ich möch te sagen, als er.
mit solcher Wärme gesprochen hätten,
Sie selbst gnädige Frau behaupten, daß
ihm wenigstens in diesem Punkt-zu trauen ist. Sein Verhalten gegen die Frau von Merteuil ist
ein offenbarer Beweis davon.
Er spricht bey
uns viel von ihr, und das mit solchem Lobe, mit einer so innigen,
aufrichtigen Anhänglichkeit,
daß ich bis zum Empfange Ihres Briefes in der That der Meinung war, sein Verhältniß zu ihr
sey ein weit zärtlicheres, als bloße Freundschaft,
wie er versichert;
ich bereue jezt dieß voreilige
Urtheil um so mehr, da er sich
gab, es
Ich weiß nicht, ob ich mich
es zu berichtigen.
irre, aber ich denke, ein Mann der einer so wahreu und dauerhaften Freundschaft für eine ach-
kann ohnmöglich
tungswerthe Frau fähig ist,
ein ganz verlohnter Lüstling fern.
Ob wir übri,
gens seine gute Aufführung bey uns irgend ei
nem Anschläge verdanken,
den er nach Ihrer
Meinung in dieser Gegend aussühren will, kann
ich nicht entscheiden.
Es giebt wohl einige hüb
sche Weiber hier herum; allein er geht sehr wenig
aus, des Morgens ausgenommen, wo er, wie er sagt, auf die Jagd geht.
Es ist wahr, er
bringt selten etwas von ihr mit nach Hause, al lein er gesteht auch, daß er ein schlechter Schütze
sey.
Ucberdem kümmere ich mich sehr wenig dar
um, was er außer dem Hanse thut; und wenn
ich's zu wissen wünschte, so wäre es blos um un sern freundschaftlichen Streit über ihn leichter
entscheiden zu können.
Sie wünschen, ich soll
dahin arbeiten, daß er seinen Aufenthalt bey uns abkürze.
Allein mich dünkt, es schicke sich nicht
recht, die Tante zu bitten,
daß sie ihren Neven
von sich entferne,
den sie Überbein so sehr liebt,
Doch will ich —
aus Gehorsam gegen Ihre Wünsche
Z8 Wünsche bey einer schicklichen Gelegenheit, diese
Bitte wagen, entweder gegen die Tante, oder
gegen ihn selbst.
Was mich betrifft, so weiß
mein Mann einmal meinen Entschluß,
hier bis
zu seiner Rückkunft zu bleiben und er würde sich
mit Recht über meinen Leichtsinn wundern, wenn ich ihn ändern wollte. Das find freylich ftbr weitläuftige Erörterun«
gen, meine werthgeschüzte Frau.
Allein dieLie-
be zur Wahrheit schien mich zu einem günstigen Zeugniß für Graf Valmont aufzufordern, dessen
er bey Zhnrn so sehr bedarf.
Ich verkenne des
halb die Freundschaft nicht im mindesten, aus der Ihre Warnungen hergeflossen sind.
Das,
was Sie über die verzögerte Hcyrath Ihrer Fräu
lein Tochter für mich schmeichelhaftes sagen, ist
ein neuer Beweis Ihrer Güte gegen mich.
Ich
sage Ihnen dafür meinen aufrichtigsten Dank.
Allein so sehr .ich mich auch auf die glücklichen Stunden freue,
dir ich bey dieser Gelegenheit
mit Ihnen zubringen werde, so wollte ich sie doch dahin geben, wenn ich damit das Glück Ihrer
geliebten Tochter beschleunigen könnte, vorausge
setzt nemlich, daß diese noch ein schöneres Glück finden
finden kann, als dar, Mutter zu leben,
in der Gesellschaft einer
die so ganz ihre Zärtlichkeit
und Hochachtung verdient.
Diese nemlichen Ge
sinnungen sind es, die mich an Sie fesseln. Neh men Sie diese wiederholte Versicherung gütig
auf, mit der ich bin rc.
12. Cecilie Dolanges an dir Markise von Mcctcuil. len 13. Aug. N?ama isi unpaß, gnädige Frau. Sir kann
nicht ausgehn, und ich muß ihr Gesellschaft lei sten.
Ich kann daher heut nicht die Ehre haben,
mit Ihnen in die Oper zu gehn.
Sie können eS
mir gewiß glauben, daß ich es recht sehr bedaure,
Ihre Gesellschaft heut
entbehren
Denn ich liebe Sie recht sehr.
zu müssen.
Hätten Sie wohl
die Gewogenheit, dem Herrn von Danceny zu
sagen,
daß ich die Sammlung nicht habe, von
der er neulich sprach, und daß ichs sehr gern sehn
würde, wenn tr sie mir morgen mitbringen well, re?
6o te? Sollte er heut zu uns kommen, so würde' man ihm sagen, wir waren nicht zu -Aruse, weil
die Mama heut keinen Besuch annehmen will. Aber ich hoffe ja, —
befinden wird.
daß sie sich morgen besser
Ich habe die Ehre rc.
13.
Die Markise von Merteuil an' Cerilie, zur Antwort. den 13. Aug. Änch ich bedanre es, meine Liebe, daß ich heut nicht das Vergnügen haben soll, Sie zu sehn —•
und noch mehr,
daß eine Unpäßlichkeit Ihrer
Frau Mutter die Ursach ist.
Ich hoffe indessen
dieses Vergnügen ein andermal zu haben.
Ihr
ren Auftrag an Herrn von Daneeny werde ich
besorgen.
Er wird gewiß die Krankheit Ihrer
Frau Mutter gleichfalls sehr bedauern.
Wenn
sie morgen meinen Besuch annehmen kann und
will, so haben Sie die Güte ihr zu sagen, daß ich willens bin, ihr Gesellschaft zu leisten.
Wir
beyde die Mama und ich wollen denn dem Herrn von
6i von Belleroche *) in einer Parthie Piket tüchtig
zusetze» und wahrend wir ihm sein Geld abge-
winncn, sollen Sie uns das Vergnügen machen,
uns mit Ihrem liebenswürdigen Lehrmeister dem Herr» von Danceny etwas vorzu singen, den ich werde suchen mitzubringen.
Ist dieß Ihrer Frau
Mutter und Ihnen so anständig, so sage ich sür
mich und sür die beyden Herren auf Morgen zu. Leben Siewohl, meineLiebe, und empfehlen Sie
mich Ihrer Frau Mutter, ich umarme Sie aufs
zärtlichste.
14. Cecilie Belanges an Sophie Carnay. Pari» tcn 14. Ang.
Gestern konnte ich Dir nicht schreiben, liebe So» phi«; aber ein Vergnügen wars warlich nicht,
was mich davon abhielt.
Ach nein.
Die Ma
ma war krank, und ich habe den lieben langen Tag bey ihr aushalten müssen. Als ich spät Abends
auf •) Der des Chevalier», reffen In re» Briefen »er Marlisln von Mereeuil EnvShimng geschieh».
auf mein Zimmer kam,
hat ich zn nichts in bis
Welt mehr Lust und ich legte mich gleich ins
Bette, um endlich von diesem verdrüßlichen Tage ein Ende zu sehn.
geworden.
Niemals ist mir einer so lang
Ich liebe meine Mutter gewiß; aber
Go« weiß, was mir gestern fehlte.
Zch sollte
mir Fran von Merteuil in die Oper gehn; Herr
von Danceny wollte auch da seyn, und Du weißt
ja, daß diese beyden Personen mir die liebsten
sind.
Als die Stunde kam, wo ich hätte gehn
sollen, fühlte ich mich so beklommen — alles war
mir so zuwider — genug ich mußte endlich wei
nen , ich konnte es nicht lassen.
Zum Glück lag
die Mama schon im Belte und konnte mich nicht
sehen.
Herr von Danceny ist gewiß eben so ver-
drüßlich gewesen, als ich; das bin ich versichert. Aber er konnte sich doch zerstreuen durch die Oper und die Gesellschaft. anders.
Das ist doch ganz etwas
Zum Glück befindet sich die Mama heut
besser und Frau von Merteuil wird mit einem gewissen Herrn, ich glaube er heißt von Dellero-
che, und dem Herrn von Danceny heut bey uns seyn.
Allein sie kommt nur immer so spät, und
wenn ich so lange rillein bin und warte, habe ich herz-
herzliche Langeweile.
Zczt ist es erst eilf Uhr,
Loch ich muß auch noch aufmeinrr Harfe spielen,
und meine Toilette wird mir auch etwas Zeit weg nehmen ; denn ich will mich heut vorzüglich gut
Die Mutter Perpetua hatte wirklich
aufsehrn.
so unrecht nickt, wenn sie uns vorpredigtc; die
Mädchen würden koket,
wenn sie in
der großen Welt lebten, ich habe niemals so sehr gewünscht, hübsch zu seyn, als seit eini
gen Tagen.
Aber leider bin ichs nicht so sehr,
als ich dachte; und gegen die Damen die roth auflegen verliehrt unser eins immer.
Die Mar-
kifln von Merteuil;. B. finden gewiß alle Män
ner weit hübscher, als mich.
Doch das laß ich
mir gern gefallen, weil sie mich so sehr.liebt und
weil sie mich versichert hat, Herr von Danreny
fände mich hübscher, als sie.
Es ist recht brav
von ihr, daß sie mir das gesagt hat, und es schien gar nicht, als ob sie sich daraus etwas ma che und böse darüber wäre. Zch begreife das frey
lich nicht. Sir liebt mich wohl sehr, aber doch —-Inzwischen hat es mir großes Vergnügen ge
macht.
Er ist sehr hübsch, je länger man ihn
ansieht,
je schöner scheint er zu werden.
Zch
würde ihn recht viel ansehn, wenn ich mich nicht fürchtete, seinen Blicken zu begegnen.
Denn so
ost das geschieht, so oft verliehre ich die Fassung,
rind es ist mir peinlich. weiter nichts.
Doch das thut wohl
Adieu liebes Mädchen, ich muß
nun an meine Toilette,
ich liebe Dich unver-
ändert.
iSGraf Valmont an die Markise von Merteuil.
Schloß zu * • den 15. Aug. CV ^)ch bin Ihnen vielen Dank schuldig, daß Sie
mich nicht meinen traurigen Schicksal hier über lassen wollen.
Das Leben hier fängt an mich zu
erinüden durch sein Uebermaß von Ruhe und fa
der Einförmigkeit.
Ais ich Ihren Brief und in
demselben die Schilderung jenes wonnereichen Abends las,
war ich mehr als zwanzigmal im
Begriff ein Geschäft vorzuschützen,
zu Ihren
Füßen Hinzuflicgen und Sie um eine Untreue an
Ihren Chevalier zu bitten, der alles wohl über legt, sein Glück kaum verdient.
Wahrhaftig ich
fange
fange an eifersüchtig auf ihn zu werden;
und
was Sie mit unserer ewigen Trennung so#
gen wollen, begreife ich nicht. Leu Eid,
habe.
Zch vernichte
den ich im Wahnwitz ausgesprochen
Wir waren nicht werth ihn gethan zu ha
ben, wenn wir uns an ihn im mindesten gebun
den glaubten.
Ach wie ich mich darnach sehne,
wich in Ihren Armen für den Verdruß schadlos
zu halten, den das Glück Ihres Chevaliers mir verursacht Hat! Zch möchte rasend werden, daß dieses Kerlchen ohne viel zu grübeln, ohne sichdie geringste Mühe kosten zu lassen — indem er
so wie ein dummes Thier seinem Herzensinstinct
uachgeht— einen Genuß finden mußte, zu dem ichs nie habe bringen können.
Aber, nur Ge
duld! Einen Querstrich muß ich ihm machen; das müssen Sie mir wenigstens erlauben.
selbst sind ja durch ihn gedemüthigt.
Sie
Sielegen
«S darauf an, ihn zu betrügen und siehe da, er
befindet sich dabey besser als Sie selbst. ken,
Sie den
er tragt Zhre Ketten, allein—
laubniß, Sie tragen die Seinigen.
mit Er,
Er schlaft
ganz ruhig, während Sie wachen und auf sein
'D-rgefährl.Umg.l.TH.
E
Der-
Vergnügen sinnen.
Könnte sein Sklave mehr
für ihn thun?
Merken Sie Loch das, meine schöne Freun-
din'. So lange Sie Zhre Gunst unter mehrere
theilen, fühle ich nicht die mindeste Eifersucht. Ihre Liebhaber kommen mir dann wie Alexan-
ders Nachfolger vor, alle unfähig, untereinan
der ein Reich zu behaupten, beherrschte.
das ich ganz allein
Aber umS Himmels willen, schen,
ken Sie nie einem ausschließend Ihre Gunst. — Machen Sie nie einen allein so glücklich als ich es war; das dulde ich wahrhaftig nicht; darauf
rechnen Sie nie.
Entweder wir verbinden uns
allein wieder — oder Sie theilen sich unter meh
rere. —
Nur keine ausschließende Gunst für
einen Einzigen, durch die Sie sich an der unver-
lezlichen Freundschaft versündigen würden,
die
wir uns geschworen haben.
Ich habe mich wahrhaftig über die Liebe schon genugsam zu beklagen.
Sie sehen,
baß ich die
Sache auS Ihrem Gesichtspunkte zu sehen anfange und Ihnen recht gebe.
Zn der That, wenn
Verliebtseyn nichts anders heißt, als ohne den
Besitz des Gegenstandes seiner Wünsche nicht le-
ben
Vcn sönnen, ihm alle Zeit— alles Vergnügen — sein ganzes übriges Leben zum Opfer bringen — ja denn bin ich wirklich verliebt. Doch bin ich noch sehr wenig weiter gekommen. Ich würde Ihnen über dieses Kapitel nichts neues zu sagen haben, wenn nicht etwas vorgefallen wäre, was mein Nachdenken fordert, und wovon ich noch nicht weiß, ob ichs für ein gutes oder für ein schlimmes Zeichen halten soll« Sie kennen meinen Jäger — einen Kerl aus Ranken zusammengesetzt — wie je einer auf dem Theater erschienen ist. Er hatte natürlicher weise die geheime Ordre, sich in das Kammermäd chen meiner Angebeteten zu verlieben und dem Gesinde tüchtig zuzutrinken. Der Schurke hat mehr Glück als ich. Er hat seine Absichten schon vollständig erreicht. Dieser Bursche hat so eben ausgespürt, daß die Tourvel einen Ihrer Leute den Auftrag gegeben hat, mein Thun und Lassen zu bekundschaften, und selbst mir auf meinen Vor mittags -Wanderungen , so weit es sich ohne Ge fahr der Entdeckung thun läßt, nachzuschleichen! Was in aller Welt nimmt sie sich heraus! Sie ein Muster von schüchterner Bescheidenheit — E 2 wagt
wagt Dinge, a» die Leute unserer Art sich kaum
getrauen würden? Aber ich schwöre dagegen — Doch ehe ich darauf sinne, wie ich mch für die'
se Weiberlist rächen will,
muß ich erst über
legen, wie ich sie am besten«zu meinem? Vor
theil wende.
Bisher halten diese Wanderungen,
die man für verdächtig hält, Zweck;
keinen besondern
jezt sollen sie einen bekommen.
Doch
bas muß ich ungesäumt in reifliche Ueberlegung
zichn: deshalb Abien für diesesmal— meine lie be Markisin.
16.
Geeilte Bolauges an Sophie Camay. Paris ttn 19. f.ug. liebe Sophie, wie viel neues habe ich Dir zu erzählen; Vielleicht sollte ichs Dir verschwei gen, aber ich muß mir Luft machen , sonst er
drückt es mich.
Der Herr von Danceny —
ich bin so unruhig, daß ich kaum schreiben kann,
und weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Seit ich
ich Dir den herrlichen Abend *) beschrieb,
den
ich mit ihm und der Frau von Merteuil bey der
Mama zubrachte, habe ich ihn nicht wieder er wähnt, ich wollte gegen Niemand mehr von ihm reden,
gleichwohl dachte ich beständig an ihn.
Gelt diesen Abend also war er so niedergeschlagen, so traurig, daß es mich sehr schmerzte.
Wenn
ich ihn fragte: „was fehlt Ihnen denn" ? so ant worte er freylich:
wohl,
„ach nichts",
aber ich sahe
daß ihm doch etwas fehlen mußte,
stern war er es mehr als sonst. tet war er so gefällig,
zu singen.
bie
Dem ohngeach-
mit mir wie gewöhnlich
Aber so oft er mich dabey ansahc,
fühlte ich meine Brust beklommen.
Als wir auS-
gesungen hatten, trug er meine Harfe weg, um
sie in ihr Futteral zu schließen.
Er brachte mir
denn den Schlüssel und flüsterte mir zu: ich möch
te doch so gefällig seyn und heut Abend noch, so bald ich allein wäre,
ein wenig spielen.
Zch
harre kein Arges dabey, ja ich wollte erst nicht
ein*) Der Brief, in ttm von tiefem Atend die Rete ist, findet sich nicht. in Ihrem Schooß will ich meine Klagen niederlegen.
Hier will ich Kräfte samm-
lin von neuen zu dulden — hier werde ich theil-
nehmende Güte finden — dauern mein Trost seyn.
hier wird Ihr Be 0 Sie, die ich anbete,
hören Sie mich, beklagen Sie mich— helfen
Sie
Sie mir!
Zezt lag ichzu Ihren Füßen und
drückte Ihre Hände in den meinen.
Doch sie
zog sie sogleich zurück — schlug sie krcuhwcise über ihr Gesicht und rief mit der Stimme der Ver-
zweiflung: „Ach ich Unglückliche"!
in Thränen.
Sir zersiosi
Zu meinem Glück hatte ich mich itt
meine Relle so weit verlohren, daß ich gleichfalls weinte.
Ich faßte ihre Hande wieder und be-
netzte sie mit Thränen. mir nöthig;
Dieses Hülfsmittel schien
denn sie war mit ihrem eigenen
Schmerz so ganz beschäftigt, daß sie ohne diese Erinnerung von den meinigen gar nichts bemerke
hätten
So konnte ich auch mit mehr Bequemlich
keit dieses reizende Gesicht betrachten, welches
die Thränen unendlich verschönerten.
Ich fühlte
heftige Wallungen und war so wenig Herr mei ner selbst/ daß ich schon in Begriff war, diesen
Augenblick zu benutzen.
Wie groß ist doch die menschliche Schwachheit,
wie groß ist die Gewalt, die Umstände über uns haben! Sie sehen, ich war selbst in Begriff mei
nen ganzen Plan zu vergessen, und die Wonne Längerer Kampfe
und all die iniressantrnDe
tails einer sich sträubenden Hingebung an ei nen
Sie sehen,
MN übereilten Sieg zu verliehren.
wie selbst der Sieger über eine Tourvel in Ge
fahr war — gleich einem unbartiaen Knaben von
der Begierde hingerissen zu werden —
und statt
aller Früchte seiner Bemühungen nur den unbedeutenden Vortheil zu erndten, ein Weib mehr in
seinen Armen gehabt zu haben.
Aber Nein!
Nach dem Kampf erst soll sie sich ergeben, ich
will ihr nicht die Ehre des Widerstandes rauben, siezeigen ihr, so kräftig sie es vermag; nur die
Kraft zu siegen fehle ihr, —
sie fühle so mit
Muße ihre ganze Schwachheit und sey endlich ge
zwungen, sich selbst für überwältigt'zu erklären»
Ein rechter Jager überläßt es dein zagenden Wild dieb, den beschlichenen Hirsch auf seiner Lauer zu
erlegen, — Er hetzt ihn im offnen Felde.
Nicht
wahr, dieser Plan ist erhabener, aber ohne die Hülfe des Zufalls klagte ich vielleicht jezt zu spätihn nicht befolgt zu haben.
Wir hörten ein Geräusch.
ES kam jemand
nach dem Saal zu. Die Tourvel sprang erschrok, ken auf, nahm ein Licht und eilte hinweg; ich
mußte es geschehn lassen.
dienter, der kam.
Es war nur ein Be
So bald ich das wußte, ging ich
104
-—--
ich ihr nach. Kaum Haire ich einige Schritte ge» than, so hörte ich, entweder weil sie mich ersann» te, oder weil sie sich sonst graute, — sie schnel ler lausen und fid) in ihr Zimmer stürzen, des sen Thür sie hinter sich verschloß. Zch schlich hinzu; aber der Schlüssel steckte inwendig. Ich hütere mich wohl anzuklopfen; ich hätte ihr damit »vr zu einem zu leichten Widerstande Gelegenheit ge geben, id) hatte statt dessen den glücklichen Ein still durchs Schlüsselloch zu sehn — und was sah id)! Dies; anbetungswürdige Weib warf sich auf ihre Knie in Thränen schwimmend und betete zum Himmel. Welchen Gott wagte sie anzurufen! Ist einer mächtiger, als der Gott der Liebe? Vergebens fleht sie eine fremde Hülfe'an — ich dins allein, der über ihr Schicksal gebieten wird. Zch glaubte für diesen Tag genug gethan zu haben und ging nun auf mein Zimmer zurück um an Sie zu schreiben. Zch hoffte, SiebeymAbendessen wieder zu sehn, aber sie ließ fid) entschuld!« gen und sagen, sie sey nicht wohl und liege schon im Bette. Frau von Rosemonde wünschte zu ihr hinauf zu gehn, aber die Listige hatte einen Kopfschmerz vorgegeben, der ihr alles Reden be schwer-
===== schwerlich mache.
tos
Sie können denken, daß die
Zeit nach Tische für diesen Abend sehr abgekürzt wurde, und daß sich auch bey mir bald Kopf schmerzen einfanden.
Zch eilte also auf mein
Zimmer und hier schrieb ich noch einen langen
Brief an sie, um mich über diese Härte zu bekla»
gen und legte mich denn mit dem Vorsatz zu Bet te, ihr denselben heut früh zu geben. Wie schlecht
ich schlief, können Sie aus dem Datum dieses Briefes sehen.
Zch stand auf und las meine
Epistel wieder durch.
Ich fand, daß ich nicht
genug aufmich acht gegeben hatte; ich hatte mehr Begierde, als Liebe— mehr Verdruß als Trau rigkeit verrathen.
Er mußte umgearbeitet wer
den, aber dazu mußte ich erst ruhiger seyn.
Der Tag bricht schon an, wie ich sehe. Viel leicht wird die kühle,
erfrischende Morgenluft
mir noch ein Stündchen Schlaf schenken.
Ich
lege mich wieder nieder und schließe mit der Ver sicherung; daß die Herrschaft dieser Frau über mich nie so weit gehen soll, daß sie mich verhin
derte, recht oft an Sie zu denken. ne Theuerste.
Adieu, mei
s=z=
io5
24.
Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvel.
len 20. Aug. 4?afce« Sie Mitleid, gnädige Frau. Lassen Sie sich bewegen, den Tumult meiner Seele zu stillen,
und sagen Sie mir, was ich zu erwarten oder z« fürchten habe.
Zwischen den höchsten Gipfel der
Wonne und dem des Elends ist die Ungewißheit
eine grausame Marler.
Warum redete ich auch!
Warum widerstand ich nicht dem süßen gewalltgen Reiz, der mir mein Geheimniß entriß!
So
lange ich mich damit begnügte. Sie im stillen zu
verehren, genoß ich wenigstens ruhig das Gefühl meiner Liebe, und dieses reine Gefühl, damals noch ungetrübt von dem Bilde meiner Schmers zen , war zu meinem Glück hinreichend.
Aber
jezt ist diese Quelle reiner Freude — eine Quel
le der Verzweiflung geivorden, seitdem ich Ihre Thränen fließen sah, und den schmerzlichen Aus
ruf:
ich Unglückliche!
von Ihnen hörte.
Ewig werden diese, beyden Worte in meiner See
le sorttönen.
Wie kommt es, daß das süßeste
unter allen Gefühlen Sie nur mit Schrecken er
füllt?
io? füllt? Und was fürchten Sie von ihm? Gewiß das nicht — daß Sie es je erwiedern werden. Ihr Herz — gewiß ich verkannte es, wenn ichs der Liebe empfänglich hielt l das Meinige, dem Sie unaufhörlich Uebels Nachreden, ist für dieses Gefühl allein gemacht. Sogar dem Mirleiden ist das Ihrige verschlossen. Ware cs nicht so, ge wiß Sie harten den Unglücklichen, der Ihnen feine Leiden entdeckte, nicht so ganz jeden tröst lichen Laut verweigert; Sie hatte» sich nicht sei, itctt Blicken entzogen und ihm so auch das einzi ge Vergnügen geraubt, das ihm noch übrig ist» Sie hatten mit seiner Ruhe kein grausames Spiel getrieben, indem Sie sich als krank ansagen lie ßen , ohne ihm zu erlauben, sich nach Ihrem De, finden zu erkundigen; Sie würden empfunden haben, daß diese nemliche Nacht, die Ihnen zwölf Stunden süßer Ruhe brachte, für ihn ei ne Ewigkeit voll Schmerzen seyn werde. O sa gen Sie, womit verdiente ich diese niederdrückcnde Strenge! Ich nehme ohne Bedenken Sie selbst zu meinem Äichter. Was darf ich mir vor werfen, indem ich mich einem starken und unfrei willigen Gefühl hingab, das die Schönheit einfiößle
fiLßte und die Tugend rechtfertigte, das die Ehr furcht in Schranken hielt und dessen unschuldiger
Bekenntniß mir vom Vertrauen — nicht von
irgend einer Hoffnung entrissen wurde. Sie dies Vertrauen täuschen,
Werden
welches Sie mir
selbst zu erlauben schienen, und dem ich mich so
ganz ohne Rückhalt überließ? Nein, ich kann
es nicht glauben; ich würde Sie eines Unrechts fähig halten müssen — ein Gedanke, den mein
Herz standhaft verwirft.
Nein, ich nehme alle
meine Vorwürfe zurück. —
Nur meine Feder,
aber nicht mein Herz machte sie Ihnen.
0 ver
gönnen Sie mirs, in Ihnen ein ganz vvllkomm,
neS Frauenzimmer zu verehren —
die einzige
Wonne, um die ich zu bitten wagen darf.
Be
weisen Sie Sich gegen mich als ein solches da durch,
daß Sie mir Ihr theilnehmendes Herz
nicht ganz verschließen.
Nie haben Sie wohl ei
nem Unglücklichen die helfende Hand gereicht, der
ihrer bedürftiger gewesen wäre, als ich.
Ver
lassen Sie mich nicht in dem Wahnsinn, in den
Sie mich stürzten.
Leihen Sie mir Ihren Ver
stand, da Sie mir dem meinigen raubten.
Ih
nen gelang es mich zu bessern, vollenden Sie 3hr
Ihr Werk, indem Sie mir auch Ihre Leitung
schenken. gen.
Ich will Ihne» keine Unwahrheit sa
Meine Leidenschaft zu
überwinden,
das würden Sie vergebens unternehmen. sie regieren und leiten,
Ihnen lernen.
Aber
das kann ich von
Schreiben Sie mir jeden Schritt
vor, den ich thun, jedes Wort, das ich reden soll,
so werden Sie mir wenigstens den Schmerz er
sparen, Ihnen zu mißfallen.
0! vor allen Din
gen benehmen Sie mir diese Furcht, die mein Herz zerreißt und sagen Sie mir, daß Sie mir verzeihen, daß Sie mich bedauern, daß Sie mir
Nachsicht schenken.
Ach all die Vergebung —
die ich wünschen könnte— darf ich wohl nie von
Ihnen hoffen! Wohlan! ich flehe nur um so viel als ich durchaus bedarf.
Werden Sie mir auch
diese versagen? Leben Sie wohl, gnädige Frau. Nehmen Sie mit Güte die Huldigungen meines Herzens auf;
sie thun der Ehrfurcht nicht den
mindesten Abbruch,
werde re-
milder ich zeitlebens seyn
I 10 25*
Graf Valmont an die Markism von Merteuil.
den *2. Aug.
•yicv haben Sir den Tageszettel von gestern. Um cilf Uhr ging ich zur Frau von Nosemonde ins Zimmer, und unter ihren Flügeln nahte ich
,uich der verstellten Kranken, lag.
die noch im Bette
Ihre Augen waren matt.
Ich will hoffen,
daß sir nicht besser als ich geschlafen hat.
Ich
paßte den Augenblick ab, wo Frau von Nosemon-
de den Rücken wandre, um ihr meinen Brief zu, zustecken.
Man wollte ihn nicht annehmen, aber
ich ließ ihn getrost auf dem Berre liegen und ging
ganz ehrbar hin um der Tante einen Armstuhl
zu holen, die sich zu ihrem lieben Töchter
chen ans Bett setzen wollte.
Man mußte
den fatalen Brief also schnell wegschaffen, den Skandal zu vermeiden.
Zu ihrem Unglück
sing die Kranke an und sagte: wenig Fieber zu haben."
um
„sie glaube ein
Frau von Rosemon
de bat mich sogleich, ihren Puls zu untersuchen, woben sie meine medizinischen Kenntnisse pries.
Meine Schöne harre so den doppelten Verdruß, mir
HL mir ihren Arm hingrben zu mässen und ihre kleine
Lüge auf der Stelle entdeckt zu sehn.
Ich nahm
wirklich ihre Hand und drückte sie in der mein«, gen, indem ich mit meiner andern ihren schönen
fetten Arm streichelte.
auf nichts.
Die Boshafte antwortete
Dies bewog mich, indem ich meine
-Hand zurückzog, zu versichern, dasi ich nicht die geringste unruhige Bewegung verspüre.
Ich vermuthete einen
strengen .strafenden
Blick — aber ich war so tückisch, ihm sorgfäl
tig auszuweichen.
Gleich darauf sagte sie: sie
wünsche aufzustehn und so ließen wir sie allein.
Mittags erschien sie benm Essen, wobey es heut nicht eben aufgeräumt zugrng.
Sie kündigte
uns au, sie werde heut keinen Spaziergang ma chen, welches soviel sagen wollte, als ich würd»
keine Gelegenheit haben, sie allein zu sprechen. Ich fühlte wohl, daß hier zu einem Seufzerund zu einem schmerzlichen Blick eine schickliche Stel le sey.
Ohnzweifcl erwartete sie diesen auch —
denn den ganzen Tag über, war dies das einzige-
mal, daß sie mir in die Augen sahe.
So still
und bescheiden sie ist, so hat sie doch ihre kleinen Ränke so gut, wie eine andre.
Ich fand end,
lich
==
IIS
lich einen Zlngenblick zu der Frage: „Ob sie dir Güte gehabt, habe, über mein Schicksal zu ent,
scheiden," und ich wurde ein wenig überrascht, als ich zur Antwort erhielt.
„Za, Herr Graf,
ich habe Ihnen geschrieben," ich bat mir den Brief aus. Aber wars gleichfalls List, oder Unge schicklichkeit oder Furchtsamkeit, genug ich erhielt
ibn erst spät Abends in dem Augenblick da sie sich beurlaubte.
Hier haben Sie ihn zugleich mit
dem Entwurf des Meinigen.
Lesen Sie und
urtheilen Sie selbst, bemerken Sie nur die tiefe
Falschheit, milder sie mich versichert: nicht die geringste
Liebe für mich zu empfinden,
doch vom Gegentheil so sehr überzeugt bin.
da ich Und
doch wird sie sich beklagen, wenn ich sie hinter-
herberrüge, obgleich sie sich nicht scheut, mich
v o r h e r zu betrügen.
Glauben Sie mirs, mei
ne schöne Freundin, der verschlagenste Mann
kommt mit der Einfältigsten Ihres Geschlecht-
niemals aus.
Und doch muß ich mich schon fiel,
len, als glaubte ich dem leeren Geschwätz und als wollt ich mich vor Verzweiflung zerreißen-
da es einmal der Madam gefallt die Gestrenge zu spielen.
Wie kann man sich bey solchen Teu-
felep-
' fcL'uOit' der Räche erwähren! doch — nur Ge
duld l Und nun leben Sie wohl, ich habe heut
noch viel zu schreiben. N. S. Apropos.
Sie müssen mir den Brief
meiner Grausamen ja zurückschicken.
Es
wäre möglich, daß man sich in der Folge
stellen müßte,
auf solche
Armseligkeiten
einen Werth zu legen und da muß man in der Ordnung sein.
Ich sage Ihnen heut
nichts von der kleinen Volanges.
Wir re
den nächstens von ihr.
26.
Die Präsidentin von Tourvcl an Graf Valmont,
len 21. Aug. Eie würden keinen Brief je von mir erhalten, Herr Graf, wenn mein gestriges sonderbares Be tragen Intel) nicht nöthigte, Ihnen einige Erläu
terungen zu geben. es,
Ich weinte, ich gestehe
auch kann es seyn,
daß die zwey Worte,
die Sie so sorgfältig anführen, mir wirklich ent fahren sind.
Thränen und Worte, Sie haben
Der gesährl. ttmg. I. Tb-
H
bey-
ii4 beydes gut bemerkt; ich muß Ihnen daher alles
erklären. Ich lebte bisher nur in solchen Verhältnissen,
in denen' tugendhafte Gefühle mich mit andern verbandel»; wo ich nie etwas hörte, worüber ich
hatte erröthen dürfen und wo ich mich also natür licherweise einer ruhigen Sicherheit »verlassen konnte, die ich wohl zu verdiene»» glaube.
Hier
konnte ich dir Kunst nicht lernen, irgend etwas, das ich fühlte, drücken.
zu bekämpfen und zu unter
Der Schreck, tntb die Angst, in die der
gestrige Austritt mit Ihnen mich plötzlich stürz-
ren — «ine gewiss: Furcht, die diese neue für mich unschickliche Lage mir verursachte — viel
leicht der empörende Gedanke, mich mitWeibern,
die Sie verachten , in eine Klasse geworfen zn sehn und ihnen gleich behandelt zu werden, —
alles dieses zusammen genbmmrn zwang mir die Thränen ab, und konnte mir den Ausruf: ich
Unglückliche! wohl mit Rechtauspressen. So
stark Sie diesen Ausdruck finden, so »väre er gleichwohl viel zu schwach geivesen, hätten diese
Thränen und diese Worte eine andere Quelle ge habt — hatte ich, statt Ihre Empfindungen ge
gen
ii5 gen mich > die mich beleidigen mußten, zu miß
billigen, im mindesten fürchten dürfen, sie je zu
erwiedern.
Aber Nein, Herr Graf, diese Furcht
habe ich keinesweges, hätte ich sie, ich würde hundert Meilen weit von Ihnen fliehen;
ich
würde in eine Wüste eilen, um das Unglück Ih
rer Bekanntschaft zu beweinen.
Doch selbst bey
dieser meiner vollkommnen Ueberzeugung, Sie
weder jezt, noch künftig jemals zu lieben, hatte
ich vielleicht besser gethan, wenn ich den Nach meiner Freunde beherzigt und jede Annäherung
von Ihrer Seite vermieden hätte. Ich glaubte aber, und dieß allein habe ich
mir vorzuwerfen — ich glaubte, Sie würden
eine tugendhafte Frau mit Ehrfurcht behandeln, die nichts so sehr wünschte, als in Ihnen einen
braven Mann zu finden und Ihnen Gerechtig
keit widerfahren zu lassen — die Sie da noch vertheidigte, als Ihre verbrecherischen Wünsche
sie schon entehrten.
nein Herr Graf,
Sie kennen mich nicht,
Sie kennen mich warlich
nicht! sonst wäre es Ihnen wohl nicht eingefal len, auf Beleidigungen ein Recht zu gründen — und weil sie eS gewagt hatten, eine unschickliche
H 2
Spra«
Il6
=5
Sprache gegen mich zu führen, sich deshalb nuü auch einen noch unschicklichern Brief an mich zu erlauben. Sie harren mich nicht aufgeforderl, Ihnen Zhre Schritte und Ihre Reden vorzuschreiben. Wohlan, Schweigen und Vergessen lst.der Rath, den ich Ihnen geben muß und den Sie befolgen müssen; dadurch allein können Sie meine Verzeihung verdienen. Ja es wird nur'von Ihnen abhängen, mich so gar zur Er kenntlichkeit zu verpflichten. Doch Nein! ich will keine Dirre an einen Mann thun, der die Achtung gegen mich aus den Augen setzte — ich will dem keinen Beweis von Zutrauen geben, der meine ruhige Sicherheit mißbrauchte. Sie zwingen mich, Sie zu fürchten, vielleicht gar, Sie zu hassen. Das war gewiß mein Wille nicht. Ich wollte so gern einen würdigen Neffen, einer vvn mir so sehr verehrten Freundin in Ihnen sehn. Ich erhob die Stimme der Freundschaft g'egen die öffentliche Meinung, die Sie anklagte. Aber Sie selbst haben alles verdorben, und ich sehe voraus, wie wenig Sie sich bemühen werden, ihren Fehler wieder gut zu machen.
ii7
Ich bleibe bey der Erklärung, Herr Gras, daß Ihre Neigung mich beleidigt, Laß das Ge> standniß derselben mich entehrt und daß Sie, oh ne mich je Ihrem Wunsche geneigter zu finden, mich nur zwingen würden, Sie nie wicderzusehn, wofern Sie sich über diesen Punkt nicht «in ewiges Stillschweigen auferlegen, welches ich Mit allein Recht von Ihnen erwarten, ja fordern darf. Ich sende Ihnen hierbcy zugleich Ihren Brief zurück und ich hoffe, Sie werden mir die sen gleichfalls zurücksenden. Es würde mich sehr beunruhigen, wenn von dieser Begebenheit, die gar nicht hatte statt haben sollen, nur die gering ste Spur übrigbliebe. Ich habe die Ehre rc.
27Cecilie Volangeö an die Markifin von Mertcuil.
dm 23. Aus. ^)ewiß, Sie sind eine herrliche Frau. Wiegut haben Sie gemerkt, daß es mir viel leichter sein werde, an Sie zu schreiben, als mir Ihnen zu re-
Il8
==5
reden.
Auch ist das, was ich Ihne» zu s.wn
habe, gewiß etwas recht schweres.
Aber Sie sind
meine Freundin, nicht wahr?" Ach gewiß einr recht liebe, liebe Freundin.
Ich will mich als»
bemühen, alle meine Furcht fahren zu lassen —-
denn ich bedarf warlich Ihrer und Ihres Rathrecht sehr.
Es ist recht verdrüßlich — ich bilde
mir immer ein, alle Menschen errathen, was
ich denke und denn werde ich immer gleich roth sobald man mich ansieht.
Sie sahen mich gestern weinen;
es kam
daher, ich wollte Ihnen alles sagen, tvas ich auf dem Herzen habe und hernach wars mir wieder
nicht möglich.
Und da Sie mich fragten, was
ich denn hätte, brachen mir wider meinen Willen die Thränen hervor und ich konnte stein Wort spre»
chen.
Ohne Sie hätte die Mutter etwas gemerkt
und was wäre denn aus mir geworden; Sehen
Sie, so geht es mir, besonders seit vier Tagen.
Vor vier Tagen wars— ja ich will Ihnen alles gestehn; so lange ist es her, daß Herr von Dau»
ceny mir einen Brief schrieb.
Ich versichre Sie,
als ich den Brief fand, wußte ich erst gar nicht was er wollte.
Aber ich darf Ihnen auch nicht
trug-
(atguert, baß ich großes Vergnügen empfand, als ich',ihn las.
Gewiß meine theuerste Frau, ich
wollte mein ganzes Leben hindurch vieles entbeh ren, nur aber diesen Brief nicht.
Indessen fahr
ich wohl, daß ich ihm das nicht sagen dürfe; ich
versichere Sie, daß ich gegen ihn that, als wäre ich böse darüber.
Er sagte mir aber, daß ihi)
dieses sehr schmerze und ich glaube es wohl, denn
ich war wirklich entschlossen, ihm nicht zu ant worten; indessen konnt' ich diesen Vorsatz »irfjt
halten.
Ich habe ihm aber doch nur ein einzk
gesmai geschrieben, und dies zum Theil nur des wegen , ihn zu bitten, daß er an mich nicht mehr
schreiben möchte.
Dcmohngeachrer schreibt er
mir immerfort, und weil ich ihm nicht darauf antworte, so ist er deshalb traurig und dieß macht
mich noch trauriger.
was ich machen soll,
Nun weis: ich nicht mehr« und was daraus werden
wird und ich bin wirklich, in einer unglücklichen
Lage.
Sagen Sie mir, gnädige Frau,
ich bitte
Sie recht sehr darum, wäre das wohl etwas bö
ses , wenn ich ihm dann und wann schriebe — Nur blos so lange, bis ich ihn wieder dahin ge-
bracht habe, seins Briefe an mich zu unterlassen und bis wir wieder wie sonst gegen einander wä ren? denn wenn das so fortgeht, so weiß ich wahrhaftig nicht, waS am Ende aus mir werden wird. Ich sage Ihnen, als ich seinen letzten Brief las, habe ich geweint, Laß ich von dem Allen kein Ende sehe und ich bin überzeugt, wenn ich ihm noch jezt nicht antworte, so wird das uns Heyden großen Kummer verursachen, so wird das uns beyden großen Kummer verursachen. Ich schicke Ihnen hier seinen Brief, eigentlich nur eine Abschrift dcffeiben und nun urtheilen Sie selbst. Sie werden sehen, daß er nichts böses verlangt. Sollten Sie indessen finden, daß cs nicht geschehen darf, so verspreche ich, Ihnen, ich will es lassen. Aber ich glaube, Sie wer den meiner Meinung seyn, daß Larin nichts böses tst. Ehe ich aber etwas weiter thue, erlauben Sie wir gnädige Frau, Sie um etwas zu fragen. Man hat mir immer gesagt, es sey etwas Hosts, jen'.anden zu lieben. Warum aber? Ich frage blos deshalb, weil Herr von Danceny behauptet, Larin wäre gar nichts böses und fast alle Men schen
schon liebten. Wäre das wahr, so wüßte ich nicht, warum ichs nicht dürste. Oder Lsts viel leicht nur für jrrnge Mädchen etwas böses? denn ich hörte neulich doch die Mama selbst erzählen, die Madam D * * liebte den Herrn M * * und sie sprach davon gar nicht so, als ob dabey etwas tadelhaftes wäre. Und doch weiß ich, Sie wür de auf mich sehr böse werden, wenn Sie nur von meiner Freundschaft für Herr v. Danceny das geringste merkte.' Sie betrachtet mich leider immer noch wie ein Kind, die Mama, und re det mit mir von solchen Sachen gar nicht. An fänglich glaubte ich, sie habe mich deshalb aus dem Kloster genommen um mich zu verheyrathen, aber nun scheint das nicht der Fall zu seyn. Ich kann Ihnen zwar versichern, das; mir das keine Unruhe macht; aber da Sie so sehr ihre Freun din sind, so wissen Sie vielleicht, was an der Sache ist und wenn Sie es wirsen, so denke ich werden Sie auch so gütig seyn und mir es sagen. Der Brief ist recht lang geworden. Aber da Sie mir die Erlaubniß gegeben haben, an Sie zu schreiben, so habe ich diese benutzen wol len um Ihnen alles zu sagen, und ich rechne
nun
nun ganz auf Ihre Freundschaft.
Ich habe Lre
Ehre rr.
-8-
Mit Danceuy au Cccilir Vekangr^ rr» 23. Aug. W-t , mein Fräulein, noch immer versagen Sie mir jede Antwort und nichts kann Sie bewegen?
Jeder Tag giebt mir neue Hoffnung und vereu
telt sie von neuen.
Sie wollen, wie Sie sagen,
meine Freundin seyn.
Aber worin soll Ihre
Freundschaft bestehen,
wenn Sie dieselbe nicht
durch Theilnahme anmeinemSchmerz beweisen— wenn Sie kalt und ruhig bleiben, während ich
von einer Leidenschaft verzehrt werde,
die ich
nicht unterdrücken kann? Ach, Sie sehn Ihren Freund leiden, und Sie wollen gar nichts thun,
ihm zu helfen! Nur ein Wort will er von Ihnen
hören und auch das versagen Sie ihm! Und Sir wollen, er soll sich mit einem so schwachen Ge fühl — als Ihre Freundschaft gegen ihn ist, be,
gnü-
anügen, Lessen Geständniß ihm zu wiederholen, Sie sogar Bedenken tragen?
Sie sagten gestern, Sio wollten nicht un dankbar seyn.
Ach, glauben Sie mir, theures
Fraulein, Liebe mit schwacher Freundschaft ver
gelten heißt nicht die Undankbarkeit— heißt bloß Len Schein derselben vermeiden. Inzwischen
wage ichs nicht mehr, mit Ihnen von einer Nei gung zu reden, die Ihnen dann gewiß lästig seyn
muß, sobald Sie Ihnen gleichgültig ist.
Ich
muß sie in mich verschließen, bis es mir nach
und nach gelingt, sie ganz zu unterdrücken.
Ge
wiß ein sehr peinliches Bestreben! doch der oft wiederholte Gedanke, daß Ihr Herz unempfind
lich ist für dieLiebe, daß Sie LasOpser verschmäh hen, das ich Ihnen mit meinem Herzen dar
brachte, wird mir vielleicht zu Hülfe kommen. Ich werde dabey Sie seltner zu sehn suchen unt>
ich sinne schon auf einen schicklichen Verwand für meine selrnern Besuche. So soll ich mich also von dem so süßen Ver
gnügen entwöhnen, jeden Tag in Ihrer Gesell schaft zu seyn! Ach, wenigstens wird diese Ent behrung mir ewig schmerzlich bleiben! Ein Kum
mer
iri nut ohne Ende wird der Lohn der zärtlichsten Liebe und das ist Ihr Wille, Ihr Werk. Ach, Nie, das fühle ich wohl, werde ich das Glück wieder finden, das ich heut verlieh«. Sie allein waren für mein Herz'geschaffen. 0 mit welchem Vergnügen würde ick> den Eid ablegen, nur für Sie zu leben. Aber Sie wollen ihn nicht annehnun. Ihr Schweigen sagt mir gnugsam, daß Ihr Herz Ihnen nichts für mich sagt. Dieß Schweigen ist ein sicherer Beweist Ihrer Gleich gültigkeit und zugleich die schmerzlichste Art,.sie mir bekannt zu machen. So leben Sie denn auf immer wohl. Ich wage es jezt nicht mehr an ei ne Antwort zu denken. Die Liebe hatte mit unruhiger Hast, di e F r e u n d s ch a f t mit Ver gnügen— selbst das Mitleid hätte mit einiger Freundlichkeit geschrieben, Aber Mitleid, Freund schaft, Liebe sind Ihrem Herzen gleich unbekannt, -9. Cecisie Belanges an Sophie Carnay.
den f±. Aug. O* ^ch sagte es Dir wohl, liebe Sophie, daß es Falle giebt, wo man schreiben kann und ich kann es
es nicht leugnen, cs reuet niidb daß ich Deiner Meinung gefolgt bin, welches uns beyden nur Kummer verursacht hat, mir nemlich und dem Herrn von Danceny. Daß ich recht hatte, isc. daraus klar, daß die Markisin von MerteuLl, eine Dame, die es gewiß versteht, endlich meiner Meinung beygetreren ist. Ihr habe ich alles gestanden. ' Im Anfänge sprach sie gerade so, wie du. Als ich aber alles recht genau sagte, wie es ist, gab sie endlich zu, daß dieser Fall ganz be sonders wäre. Nur das mußte ich rhr versprechen, daß ich ihr alle meine und Lanceuys Briefe zei gen wolle, damit sie versichert wäre, daß ich nichts unschickliches schreibe; und so bin ich nun völlig ruhig. 0 wie sehr liebe ich diese Frau! Sie ist so gütig, so herzlich! und dabey gewiß eine sehr achtungswerthe, tugendhafte Dame. Also ist weiter nichts gegen ihre Meinung zu er innern. 0 wie will ich nun an Danceny schrei ten, und wie sehr wird er nun zufrieden seyn. Noch weiß er selbst sein Glück nicht. Denn bis jezt sprach ich nur mit ihm von Freundschaft und er wollte durchaus, ich sollte Liebe sagen. Zm Grunde glaube ich, war wohl eins wie das an/
andere,
a6cr Loch wollte ich nicht vtdjt dran,
und cv bestand immer fort darauf.
Ich sagte der
Fran von Merteuil davon, diese sagte, ich hätte
ganz recht gehabt;
man müsse die Liebe durchaus
nicht eiugestchn, bis man sich nicht langer halten
rönne.
Nun fühle ich aber, daß ich mich wirk
lich nicht langer halten kann, und endlich ist cS ja auch einerley, wie ich sage.
Nur dieses wird
ihm lieber seyn.
Auch Hal mir Frau von Merteuil versprochen,
mir Bücher zu leihen,
die von allerley solchen
Sachen handeln und aus denen ich lernen sann,
so wohl wie ich mich recht betragen, wie ich besser als bisher schreiben soll.
als auch
Denn
sieh nur, sie sagt mir alle meine Fehler und das
ist gewiß ein unleugbarer Beweis, daß sie mich
liebt.
Nur hat sie mir den Nach gegeben, der
Mama nichts von diesen Büchern zu sagen, weil das .sonst aussehen würde, als wolle sie sich in
ihre Erziehung mischen, und als fände sie meine
Bildung vernachläßigt.
Das würde denn natur,
lich die Mama übel nehmen.
Aber diese soll ge,
wiß nichts davon erfahren.
Et
Es ist Loch etwa- außerordentliches, daß efr
ne Frau, die säum mit mir verwandt ist, sich nicht Mühe mit mit giebt,
als weine eigene
Mutter! ich bi» gewiß recht glücklich, daß ich sie
habe kennen gelernt!
Sie hat die Mama um Erlaubniß gebeten, mich übermorgen mit in ihre Loge in die Oper zu
nehmen.
Da, sagte sie,
sind wir beyde ganz
allein uiid wir wollen nach Herzenslust mit ein
ander plaudern, ohne zn besorgen, daß es je,
rnand hört.
Das ist mir lieber, als alle Oper.
Wir wollen da auch von meiner Heimath reden.
Denn sie sagt, es wäre allerdings richtig, daß ich bald hrirathen würde, aber wir haben noch
weiter nichts mit einander darüber sprechen kön nen.
Nun sag einmal selbst, ists nicht erstaun
lich, daß die Mama mir von allen dem kein Wört chen sagt? Adieu, liebe Sophie.
sogleich an Danceny schreiben. ich froh ?
Zch will nun
Ach, was bin
12g
30. Cecilie Dolangcs an Herrn von Oanceny.
den 24. Aug. Endlich, Herr von Danceny, gebrich Ihrem Wunsche nach und anrworte, um Sie meiner Freundschaft, ja um Sie — meiner Liebe zu ver sichern, weil Sie, wie Sie sagen, sonst unglück lich seyn würden. Sie meynen, ich hatte kein gut Herz, allein glauben Sie Mir, Sie irren sich. Doch jczt hoffe ich, werden Sie nicht mehrst von mir denken. Wenn es Ihnen unlieb war, daß ich nicht wieder schrieb, so können Siege, wiß glauben, daß es mir selbst Kummer machle. Nur wollte ich um alles in der Welt willen nicht etwas thun, was unrecht gewesen wäre, und selbst jezt hätte ich Ihnen meine Liebe gewiß nicht eingestanden, wenn ich mich hatte halten können; aber Ihre Traurigkeit ging mir zu naße. .Nun hoffe ich ja, wird sie ein Ende haben, und .wir werden recht glücklich seyn. Ich rechne darauf, daß ich das Vergnügen haben werde, Sie heut zu sehn, und daß Sie recht früh kommen werben. Für meinen Wunsch kom-
Die Mama
iciumtit Sir doch immer zu spät.
ist heut Abend zu Hause und wird Ihnen gewiß
Len Vorschlag thun, bey uns zu bleiben, ich hof fe doch, Sie werden nicht wieder versagt seyn,
wie ehegescern.
Das war wohl eine recht an
genehme Gesellschaft, wo Siehingingen; denn
Sie gingen ja schon so früh, nichts weiter davon.
doch ich sage
Jezt da Sie wissen, daß
ich Sie liebe, hoffe ich, werden Sie alle Zeit die
Sie übrig haben, bey mir znbringen; denn ich
bin nur dann recht froh, wenn Sie bey mir sind und ich wünsche, daß es bey Ihnen eben so sey.
Es thut mir leid, daß Sie in diesem Augen,
blick noch traurig sind, aber ich kann nicht dafür. So bald Sie kommen,
werde ich Sie bitten,
meine Harfe zu holen, damit Sie diesen Brief
gleich finden; mehr kann ich nicht thun.
Leben
Sie wohl; ich liebe Sie von ganzen Herzen. Je mehr ich Ihnen das sage,
je froher werde ich
und ich hoffe, das wird Ihnen eben so seyn.
Der gesährl. Umg. I. Cfr.
2
rzo
— 31. von Danceny an Cccilie Belanges,
O gewiß, meine Theuerste,
ttn 15. Auz. wir werden sehr
glücklich seyn. Mein Glück ist grenzenlos, da Sie mich lieben, und das Ihrige kann nie aufhören, wenn es so dauerhaft ist, als die Liebe, die ich für Sie empfinde. Also ist es wahr, Sie lieben mich! Sie tragen kein Bedenken, es mir zu gestehn — je mehr Sie es mir sagen, je froher werden Sie. — Ja, ja! ich las das beglückende Wort, ich li.efce, von Ihrer Hand geschrieben — ich Hörle Ihren schönen Mund dieß wonnevolleGeständniß wiederholen — ich sah die reizendsten Augen auf mich geheftet, und im Ausdruck der Zärtlichkeit glanzen — ich empfing von Ihnen die Detheurung, immer für mich zu leben. O meine Theure, ich schwöre Ih nen dagegen, Ihrem Glück mein ganzes Leben, zu weihen. Seyn Sie versichert, das; ich diesen Schwur nie brechen werde. O, welch einen Tag haben wir gestern mit einander zugebracht! War um hat Frau von MerteuÜ nicht alle Tage mit
3fr
Ihrer Frau Mutter etwas besonders zu reden!
Warum mischt sich in die süßeste Erinnerung, an die ich mich noch heul labe, der Gedanke an den
Zwang, den wir uns nun werden auflegen müssen! Warum kann ich die schöne Hand nicht ohne
Aufhörendrücken, Sie,
die mir schrieb:
ich liebe
und sie mit meinen Küssen bedecken —
und mich so für die größere Wonne rächen, dir Sie mir versagen!
Aber sagen Sie mir, geliebte Cecilie, als die Mama wieder herein gekommen war, und ihre Gegenwart uns nöthigte, einander gleichgülti
ge Blicke zuzuwecftn — als Sie mich durch die Versicherung Ihrer Liebe nicht mehr für den er
betenen— aber von Ihnen verweigerten Beweis
derselben trösten konnte —
reuete Sie da Ihre
Strenge nicht? dachten Sir da nicht: „Ein Kuß
hätte ihn noch viel glücklicher gemacht, und ich
versagte ihm dieses Glück!“ 0, versprechen Sie mir, liebenswürdige Cecilie,
daß Sie bender
ersten Gelegenheit weniger strenge seyn wollen. Dieses Versprechen wird mir Much geben, die
Hindernisse zu ertragen, bereiten.
die die Umstände uns
Die schmerzlichsten Entbehrungen wird
rz2
==a
mir der Gedanke versüßen, daß sie Ahnen eben so lästig sind, als mir. Leben Sie wohl — theuerstes Fräulein, jezt ist es Zeit zu Ahnen zu gehn. Nur um sie selbst zu sehn, kann ich mich entschließen, das Vergnügen Ahnen zu schreiben, abzukürzen. Leben Sie wohl, ge liebte Ceeilie l Wie sehr liebe ich Sie! Wie will ich Sie mir jedem Tage mehr lieben!
32. Frau v. Belanges an die Präsidentin v. Tourve!. ren 54. Aus. ^ie wollen also durchaus, meine Liebe, daß ich
an die Tugend des Grafen Valmont glaube. Ach gestehe, daß dieß mir noch immer schwer fallt, und daß ich ihn nach der einzigen Handlung, die Sie mir von ihm erzählen, noch eben so wenig für rechtschaffen halten kann, als ich einen aner kannten guten Menschen deswegen für lasterhaft halten würde, weil ich einen Fehltritt von ihm hörte. Der Mensch ist nichts ganz, sowenig böse als gut. Der Lasterhafte hat sein Gutes, so
so wie der tugendhafte Mann seine Schwache-
An diese Wahrheit muß man um so fester halten,
da sie uns erinnert, daß die Guten so wohl als die Bösen Nachsicht bedürfen, und da sie jene vor Stolz
bewahrt und
diese
vor
Muchlosigkeit
schützt. Sie werden mir ohuzweifcl verwerfen, daß
ich eben jezt diese Nachsicht schlecht übe, die ich predige.
Allein sie scheint mir dann zu einer ge
fährlichen Schwachheit auszuarten,
wenn sie
«ns vorschreiben will, den lasterhaften Menschen
mit dem guten auf gleichen Fuß zu behandeln. Ich kann freylich die Bewegungsgründe zu der
guten Handlung des Grafen Valmont nicht un tersuchen; ich will gern glauben, daß sie eben so
lobenswerth sind, als die Handlang selbst. Aber hat er deswegen sein Leben weniger damit hinge
bracht, Verwirrung, Entehrung und öffentliche
Schande über Familien zu bringen? Hören Sie, wenn Sie wollen,
immer auf die Stimme der
Unglücklichen, dem er Hülfe leistete, aber dieß müsse Sie auch nicht hindern, das Geschrey so
vieler Unglücklichen zu vernehmen, -die er hin«
opferte.
Wenn er —
nach Ihrem Ausdruck, nur
rZ4 nur ein Beyspiel von den Gefahren eines schlecht ten Umgangs ist, wird der Umgang mit ihm des halb weniger gefährlich seyn?
Sie glauben,
daß er für eins aufrichtige
Rükkehr zum Guten nicht ganz verlohren wä
re. —
Ich. will noch weiter gehn und einmal
annehmen, dieß Wunder sey wirklich schon ge
schehn — wird die öffentliche Meinung sich nicht immer fort gegen ihn erklären? Und wäre dieß
nicht schon hinreichend, Zhrem Betragen gegen
ihn Gesetze vorzuschreiben?
Nur Gott allein
kann in dein Augenblick wahrer Neue verzeihen,
denn er liefet in unfern Herzen.
Aber die Men
schen können Gesinnungen nur aus Handlungen
beurtheilen,, und wer unter ihnen sich einmal durch seinen Wandel die Achtung der übrigen ver lustig gemacht hat, darf der sich wohl über ein Mistrauen beklagen,
das gegen ihn so nöthig
ist? ich gestehe gern ein, daß es bey demselben um so schwerer wird, jenes verlohrne Gut, die Achtung der Menschen, wieder zu gewinnen. Be
denken Sie dabey, meine junge Freundin, daß
man bie gute Meinung der Weltoft allei n dadurch verliehrt, daß man eine
o, tl
gewisse Gleichgültigkeit gegen,sie aft
fecrirt und nennen Sie diese Art der Strenge ja nicht Ungerechtigkeit.
Man ist, dünkt mich,
wohl berechtigt zu glauben, daß Niemand, der
auf den guten Nus ein gegründetes Recht hat,
auf dieses köstliche Gut freywillig Verzicht thun werde und denn darf man auch gewiß den einer
schlechten Aufführung für fähiger halten, den die, sev mächtige Zügel nicht mehr zurückhält.
Und
dieß wäre gleichwohl der Gesichtspunkt, aus dem man Ihren genauern Umgang mit Graf Val,
mont beurtheilen würde, so unschuldig er viel leicht an sich wäre.
Betroffen über die Wärme, mit der Sie ibn
vertheidigen, eile ich einigen Einwürfen zu begeg
nen , die ich von Ihnen voraussche.
Sie wer
den mir die Mark, von Mcrtenil ansühren, der man diesen Umgang verziehen hat; Sie werden
mich fragen,
warum ich Valmont in meinem
eigenen Hause den Zutritt verstatte;
den mir sagen,
Sic wer
daß sich tugendhafte Leute so
wenig von ihm entfernt halten,
daß er viel
mehr in der so genannten guten Gesellschaft über all
iz6
all gelitten ist, ja so gar gesucht wird, ich glanZo, ich kann auf dieses alles antworten. Frau v. Mertcuil zuförderst, die in der That
eine sehr fchatzenswerthe Frau ist, hat den Feh
ler — vielleicht den einzigen — daß sie auf sich selbst ein zu großes Vertrauen seht.
Sir kommt
mir vor, wie jemand, der sich auf seine Geschick
lichkeit im Fahren etwas zu Gute thut, dem cs großes Vergnügen macht, feinen Wagen zwischen
Felsen und Abgründen herumzutummeln ,. und den der Erfolg allein rechtfertigen kann.
Die
Gerechtigkeit fordert, fie zu loben, allein es wä re Unvorsichtigkeit, ihr folgen zu wolleir, dasgesteht sie auch ein, ja sie tadelt sich selbst.
In dem
Maaße, in welchem ihre Erfahrungen zunehmen,
find ihre Grundsätze strenger geworden und ich kann Ihnen ohne Bedenken die Vcrsichenrng ge ben ,
daß sie Ihren Fall gerade so beurtheilen
würde, wie ich. —
Was mich selbst brrrift, so
will ich mich eben so wenig rechtfertigen, als die übrigen.
Es ist wahr, Valmont hat Zutritt z,n
mir, er hat ihn überall; das ist so eine von den Inkonsequenzen, die mit tausend andern im gr, stllschaftlichen Leben als Regel gelten.
Sie wis sen
s=s
rz7
/eit so gut, wie ich, daß man sie unaufhörlich brmerkt — tadelt und sich ihnen gleichwohl unter wirft. GrafVolmonc— ein junger Mann mit einem berühmten Nahmen, einem großen Ver mögen und einer gewissen Liebenswürdigkeit mach te sehr bald die Bemerkung, daß man zu einem gewissen Gewicht und Ansehn in der Gesellschaft vhnfehlbar gelange — wenn man mit einiger Geschicklichkeit das L o.b und den Spott zu hand haben wisse. Keiner kommt ihm in diesem zwie fachen Talent gleich. Wir dem ersten verführt er, mit dem zweyten macht er sich furchtbar, und wenn man ihn gleich nicht schätzt, so schmeichelt man ihm doch. Auf diese Art halt er sich in der großen Welt, die immer mehr behutsam ist: als muthig und Leute seiner Art lieber scho nen, als sie angreisen will. Aber weder die Frau v. Wertruil noch eine andere würde es gleichwohl wagen, sich mit einem solchen Menschen auf dem Lande fast ohne alle andre Gesellschaft zu verstecken. Der sittsamsten und bescheidensten, unter allen war es Vorbehalten, das Beyspiel dieser Unschickli chkeit zu geben. (Verzeihen Sie diesen Ausdruck, der der Freund schaft
-ZA schäft entwischte.)
Ihr tugendhaftes Herz, mei, wird selbst an Ihnen zum
ne liebe Freundin,
Verräthcx durch die unbefangene-Sicherheit, die es Ihnen einflößt.
Aber ich bitte Sie zu beden
ken, welche Art von Leuten über Sie richten wer den ; die Sittenlosen auf der einen Seite werden Ihnen keine Tugend zutrauen, von der sie bey
sich seihst keine Spur finden, und die Boshaften
auf der andern werden sich über Ihre Tugend wenigstens ungläubig stellen, um sich eben dieser
Tugend wegen an Ihnen zu rachen.
Bedenken
Sie, daß Sie etwas thun, was so gar Manner nicht wagen würden.
Selbst unter den jungen
Leuten, deren Orakel Graf Valmont nur allzusehr
geworden ist, würden alle die, denen der Ruf einer untadelhasten Aufführung etwas werth ist,
sich sehr ungern in einem vertrauten Umgang mit
ihm blicken lassen.
Und Sie — Siescheuenkich
davor nicht? Ach kommen Sie zurück — kom men Sie, ich beschwöre Sie.
Sollten alle meine
Gründe nicht mächtig genug seyn, Sie zu bewe gen , o so geben Sie meiner Freundschaft nach,
die mich drängt, Ihnen diese Bitte unaufhörlich zu wiederholen und die siegewiß rechtfertigt, Sie
nen
nennen diese Freundschaft strenge, und ich wün,
sche sie hier überflüßig.
Aber ich will deck) lieber,
daß Sie über meine zu große Besorglichkett, als über meine zu große Sorglosig keit Sich
beklagen sollen.
20.
Die Markisin von Mcrleuil au Graf Dalmonk. den 24. Aug. 9Bcnn Sie sich fürchten, Ihr Ziel zu erreichen,
mein lieber Graf, wenn Sie selbst Waffen gegen
sich schmieden wollen, und Ihnen am Kampfe allein und nichts am Siege gelegen ist — so ha
be ich nichts weiter zu sagen, denn ist Zhr De-
nehuien ein Meisterstück von Klugheit,
Aber es
wird auch zur größten Tollheit, sobald man Las Gegentheil bey Zhnen voraussetzt; und ich muß
es Zhnen nur gerade hin sagen — ich glaube, Sie sind auf dem falschen Wege.
Daß Sie den günstigen Augenblick nicht auf der Stelle benutzten, darüber will ich Ihnen gera
de keinen Vorwurf machen.
Denn einslheils se
he
T-P
'==
he ich nicht recht klar, daß er wirklich vorhanden
war und anderntheils weiß ich recht wohl, (was man auch dagegen sagen mag ) daß eine verfehlte
Gelegenheit sich wieder finden kann, indeß ein
übereilter Schritt sich niemals zurüLthun läßt.
Mer recht schülerhaft war es, daß Sie sich aufs Schreiben einließen.
Ich bitte Sie, über,
legen Sie doch einmal, wohin dieß führen kann.
Hoffen Sie denn etwa, es tiefer Frau zu drmonstriren, daß sie sich Ahnen ergeben muß?
Mich dünckt, dieß gehört zu der Klassevon Wahr heiten, die man fühlen muß, und die keine De monstration erlauben.
Um sie ihr beyzubringen,
dachte ich, Sir müßten auf Ahr Herz würkerr,
aber ums Himmelswillen, das Rässniren bleibe» lassen.
Oder glauben Sie mit Ihren Briefen dieß Herz zu rühren? Gesetzt dieß gelange, was wür
de es Ahnen helfen, da Sie doch nie bey der Hand sind, diese Rührung zu benutzen.
Ange
nommen, Ähre schöne Phrasen brächten dir süßr
Trunkenheit der Liebe hervor, glauben Sir denn, daß dieser Rausch so anhaltend seyn wird, daß
die Ueberlegung keine Zeit gewänne, wenigstens das
==
i4£
ras Geständniß derselben zu verhindern? Ueber» lege» Sie doch, wie viel Zeit dazu gehört, um einen Brief zu schreiben — denn ihn zu überge
ben und fragen Sie sich, ob wohl eine Frau von Grundsätzen, wie Ihre Fromme ist, so lange bey
einem Entschluß beharren wird, den sie aus allen Kräften zu bekämpfen, sich so standhaft bemüht. Dieser Weg kann wohl bey unerfahrnen Kindern
zu etwas führen,
die nicht wissen,
das; wenn
sie sagen, ich liebe dich, dieß so viel heißt»
als: ich ergebe mich dir.
Mer die rasonni,
rende Tugend der Frau von Tourvel scheint mit
den Werth der Ausdrücke wohl zu kennen.
Auch
werden Sie, obgleich Sie bey der mündlichen Unterhandlung im Vortheil waren, in den Drie
sen gänzlich wieder zurückgeschlagrn,
wie Sie
sehn, und ich will Zhnrn begreiflich machen, wie das zugeht.
Läßt man sich erst aufs Disputiren
«in, so will man natürlich nicht gleich nachgeben; man sieht sich also nach Gründen um, und man findet sie; man sagt sie und beharrt endlich dar
auf, nicht weil man die^ Gründe gut findet, son dern nur, weil man sich nicht widersprechen und blos geben will.
Ich
Ich muß Sie ferner an eine Bemerkung er-inncrn, die Sie zu meinem Erstaunen nicht ge
macht haben, ncmlich: daß in der Liebe nichts so schwer ist, als etwas zu schreiben, was man
nicht fühlt, ich meine so, daß es natürlich — wahrscheinlich klingt.
Man gebraucht freilich die
gewöhnlichen Ausdrücke, aber man ordnet sie nicht so — oder
vielmehr
man ordnet sie zu
sehr ■— lesen Sie nurZhren Brief wieder durch; es ist eine Ordnung drin, die Sie in jeder Zeile
verrath.
Und wenn ich auch glauben wollte, daß
Ihre Präsidentin nicht Erfahrung genug hätte,
um auch so etwas zu merken, so ist doch der Ef fekt darum nicht minder verfehlt.
Fehler unserer Romane.
Es ist dieß dex
Der Verfasser zermar
tert sich, um sich in Wärme und Begeisterung
zu setzen und der Leser bleibt kalt.
Roußeaus
Heloise ist der einzige Roman, den ich von die, fern Tadel ausnehmen muß, aber deswegen habe ich auch, so viel ich dem großen Talent des Ver fassers auch zutraue, nie recht glauben können,
daß bey ihm nicht etwas wahres zum Grunde liege. Beym
Beym Sprechen ist es etwas anders.
Bey
der großen Gewalt, die man über feine Organe erlangt hat, gelingt der Ausdruck des Gefühls
viel leichter; die Kunst der Thränen kommt ihm zu Hülfe; die Begierde verschmilzt im Auge zur
Zärtlichkeit und das Unzusammenhängende
der
NeLe befördert den Anschein von Verwirrung und
Unruhe,
diese wahre Beredsamkeit der Liebe.
Dazu kommt noch, daß die Gegenwart des ge
klebten Gegenstandes das Ueberlegen hindert und
das Gemüth in ein süßes Sehnen auflöset. Folgen Sie mir, Graf.
Man verbittet Ih
re Briefe, das muß Ihnen eben recht seyn, um Ihren Fehler wieder gut zu machen.
Warten
Sie nun die Gelegenheit zum Reden ab.
Ich
muß Ihnen übrigens sagen, das; diese Fraumehr Stärke zeigt, als ich ihr zugetraur hatte. Vertheidigung ist gar nicht schlecht.
Ihre
Sie würde
sich nichtim mindesten verrathen, wenn ihrBrief nicht unnölhkg lang wäre und wenn Sie, in der Stelle, wo sie von Erkenntlichkeit spricht, Ih
nen nicht einen Verwand ließe, den Faden wie der anzuknüpsen,
War
r44
==a
Was Ihnen indessen einige Hofnüng giebt ist nach meiner Meinung, daß sie alle ihre Kräfte mit eins anstrengk. Ich sehe vorher, sie wird sich in dem Wort kriege schon so erschöpfen, Laß sie in dem K a m v f ü b e r d i e S a ch e schlecht bestehn wird. — Hier haben Sie Ihre Briese zurück. . Wenn Sie klug sind, so bleibts bey diefeit beyde» bis nach erreichtem Ziel, Wäre eS nicht schon so spat, so wollte'ich Ihnen von der kleinen Belanges erzählen, die gute Fortschritte macht, und mit der ich sehr zufrieden bin. Zch glaube immer, ich komme ehr als Sie zustande, worüber Sie sich Glück zu wünschen haben. Leben Sie wohl für heut.
34-
Graf Valmont an die Markism v. Mecieuil. ten L5- Aug. ^ie sprechen wie ein Buch, meine schöne Freund bin. Aber warum strengen Sie sich an etwas zu beweise», das keine Seele bezweifelt. Um in der Liebe schnell vorwärts zu kommen, ist reden best
besser als schreiben. Das ist, wo ich nicht irre, der ganze Inhalt Ihres Briefes. Wer dieser Satz gehöre ja zu dem A. B. C. der Ver» führungskunst, und ich erinnere dabey nur, daß es nicht die eine Ausnahme von demselben, die Sie anführen, allein, sondern daß es deren zwey giebt. Außer den jungen Dingern tum», lich, die diesen Weg der Feder aus Schüchtern» heil einschlagen, und sich aus Unerfahrenheit er geben , muß man auch noch d i e Weiber ausneh men, die Schingeisterey treiben und sich darauf etwas einbilden. Diesen ist ein Briefwechsel aus Eigenliebe immer willkommen und ihre Ei» relkeit führt sie nach und nach in die Schlinge. So bin ich, zum Beyspiel gewiß, daß die Grä, fin D., die ohne Bedenken auf meinem ersten Briefantwortete, damals noch so wenig Liebe für mich hatte, als ich für sie, und daß nur die Ge, legenheit sie reihte, in einer schriftlichen Verband, lung mir ihrem Geist zu glanzen. Doch wie dem sey die Zuristen sagen» das Gesetz ist auf vorliegenden Falt nicht anwendbar. Sir sehen ganz fälschlich voraus, meine Theure, daß ich zwischen Reden
Der geführt. Umg. I. Th-
Ä
und
-—■ und Schreiben die Wahl halte.
Aber seit der
Szene vom r-ten hat meine Grausame, die sich nur auf Vertheidigung cinschrankt, es sorgfältig
zu vermeiden gewußt,
mit mir allein zu seyn,
und durch diese List die meinige geschlagen.
Sie
geht so weit darin, daß, wenn sie fortfahrt, ich jedes Mittel werde ergreifen müssen, mich in mei,
nen alten Vortheil zu setzen.
Denn warlich sie
soll mich in keinem Stück überwinden. — Selbst
meine Briefe sind jezt der Gegenstand eines be sondern kleinen Krieges.
Sie beantwortet
sie nicht nur nicht, sondern sie weigert sich sogar, sie anzunehmen.
List erfinden,
Für jeden muß ich eine eigene
die nicht einmal immer gelingt.
Sie erinnern sich, durch welches einfache Mittel
ich ihr den ersten beybrachce.
te nicht größere Schwierigkeit.
Oer zweyte mach
Sie hatte ihren
Brief zurückgefordert; ich gab ihr statt dessen den
Meinigen, ohne daß sie arges ahndete.
Aber
war es Aerger sich überlistet zu sehn oder Eigen
sinn oder vielleicht gar Tugend, ( denn am Ende
wird sie mich nöthigen, daran zu glauben) genug sie weigerte sich standhaft, den dritten anzuneh
men.
Zch hoff» indessen, daß die Verlegenheit, in
in die ich sie um dieser Weigerung willen »versetz te, ihr für die Zukunst zur Warnung gereichen wird.
Daß sie diesen dritten Brief — den ich
ihr ganz geradezu hinreichte — nicht annehmen
würde, das vermuthete ich vorher.
Dabey hätte
sie sich schon etwas vergeben, und ich war auf einen länger» Widerstand gefaßt.
Nach diesem
Versuch, den ich nur so im Vorübergehn mach,
te,
schlug ich meinen Brief in ein Couvert,
paßte die Gelegenheit ab, wo Frau von Nvse,
monde und ihr Kammermädchen bey ihr war und überschickte ihn durch meinen Säger, wobey ich sagen ließ, das wäre das bewußte Papier, wel ches sie von mir verlangt hätte.
Sch hatte ganz
richtig vorausgesehn, daß sie, um allen Erläute,
rungen auszuweichen, die eine Weigerung nöthig
gemacht halte, den Brief annehmen würde, und mein Kerl, dem ich aufgegeben hatte, ihre Mi
nen zu beobachten und der scharf sieht, bemerkte nur eine überfliegende Nöthe und mehr Verlegen
heit als Zorn. Sch wünschte mir schon Glück.
weder muß sie Len Brief behalten,
Denn ent, dachte ich,
oder wenn sie ihn dir zurückgeben will, K i
so muß sie
sie dich allein zu sprechen suchen und denn hast
du Gelegenheit zu reden.
Ohngefehr eine ©tun#
de hernach kommt einer von ihren Leuten auf
mein Zimmer und bringt mir mit einer Empfch-
lung von seiner gnädigen Frau ein Päckchen von einer ganz andern Form als ein Brief und mit einer Aufschrift an mich, tu der ich die mir so
Ich reiße es hastig
theure Hand gleich erkannte.
auf, es war — mein Brief, unerbrochen und blos noch einmal zusammengebogen.
Gewiß be#
sorgte Sie, ich möchte mir weniger daraus ma chen ein Aergerniß zu geben,
deshalb nahm sie
zu dieser teuflischen List ihre Zuflucht.
Sie ken#
nen mich; ich darf Ihnen also meine Wuth da, bey nicht erst schildern.
Indessen hatte ich kaltes
Blut nöthig, um ein neues Mittel zu ersinnen. Das einzige was ich fand, war folgendes.
Es geht alle Morgen jemand von hier auf die Post, die ohngefehr eine halbe Stunde von
hier entfernt ist,
um Briefe zu holen.
Man
bedient sich dabey einer verschlossenen Büchse, zu der der Postmeister und Frau von Nosemonde je der einen Schlüssel haben.
Wer hier Briefe zu
besorgen hat, steckt sie den Tag über in die Büch se-
= ft. DesLtbends werden sie in derselben auf die Post getragen, und des Morgens in derselben diejenigen abgeholr, die angekommen waren. Alle Leute hier im Hause, die eigenen sowohl als die fremden, thun diesen Dienst ohne Unterschied An meinem Kerl war gerade die Reihe Nicht, aber er erbot sich zu gehn, weil er so in der Gegend Bestellungen habe. Zch schrieb indessen meinen Brief. Die Aufschrift machte ich mit verstellter Hand, auch setzte ich aufs Couvert das Postzcichcn Dijon, dar ich nachmachte und das mir ziemlich gerieth. Ich wählte diesen Ort, theils weil ich mir den Spaß machen wollte, mit dem Ehemann, dessen Rechte ich suchte, auch aus ei nem Ort zu schreiben — zum theil auch, weil meine Angcbete den ganzen Tag über nach Brie fen aus Dijon verlangt hatte, und ich ihr diese Freude machen wollte. Diesen Brief in die.Büch, se zu den übrigen eingelanftncn zu stecken, hatte keine Schwierigkeit, .und ich hatte jezt auch noch den Vortheil, daß ich selbst Zeuge des Empfan ges seyn konnte. Denn es ist hier Sitte, des Btorgens das Frühstück in Gesellschaft zu neh men und bey demselben die Ankunft der Briefe ab-
abzuwarten.
Endlich kamen die heutigen an.
Frau von Nosemonde öffnete die Büchse. „Don Dijon", sagte sie und gab den Brief der Tourvei
hin.
„Das ist nicht meines Mannes Hand,"
sagte diese unruhig und erbrach ihn hastig.
Der
erste Blick, den sie auf die Zeilen warf, gab ihr Licht und ihre Minen veränderten sich so auffal
lend , daß Frau von Nosemonde es bemerkte und sagte: „Mein Gott, was ist Ihnen?" ich trat
gleichfalls hinzu und sagte:
„Der Brief scheint
nicht viel angenehmes zu enthalten." Die schüch
terne Fromme wagte nicht die Augen auszuschla gen, und sprach kein Wort.
Um ihre Verlegen
heit zu verbergen, that sie, als ob sie den Dries durchlieft, aber sie war jezt gewiß nicht im Stan
de ein Wort zu lesen.
Zch belustigte mich an ih,.
rer Unruhe und sagte, um sie ein wenig zu necken:
„Ihr Gesicht wird ruhiger, meine gnädige Frau. Der Brief hat ihnen wohl nur einen kleine» Schreck, aber keinen eigentlichen Kummer ge,
macht."
Der Zorn gab ihr jezt eine Antwort
ein, die die Klugheit vergebens gesucht hatte und nicht besser hätte finden können.
„Er enthält,
rief sie, Dinge, die mich beleidigen und ich erstaur
=
ist
staune über die Frechheit, mir so etwas zu schrei ben." — Mein Go«, von wem ist er denn, fragte die Tante. „Er ist ohne Unterschrift/ antwortete meine Schöne mit großer Bitterkeit, „aber der Brief und sein Verfasser sind mir gleich verächtlich. Ach bitte Sie sehr um die Gefällig keit, nichts weiter davon zu erwähnen." Bey diesen Worten zerriß sie das verwegne Papier, steckte die Stücke zu sich, stand auf und ging hin aus. Ohngeachtet dieses Zorns hat sie gewiß den Brief gelesen und sie hat ihn ganz gelesen, da für bürgt mir ihre Neugierde. Ach übergehe die fernere kleine Geschichte die ses Tages um nicht zu weitlauftig zu werdenHier haben Sie die beyden Briefe und nun wis sen Sie so viel, wie ich. Wollen Sie mit diesem Briefwechsel im Zusammenhänge bleiben, so müs sen Sie sich schon gewöhnen meine kleine Schrift in den Entwürfen zu lesen. Denn um alles in der Welt willen möchte ich dieß ekelhafte Zeug nicht noch einmal abschreiben. Leben Sie wohl, meine schöne Freundin.
35« Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel. -en 2 r. Aug.
werde Ihnen gehorchen, gnädige Frau und Ihnen beweisen, baß ich ohngeachtet aller ter Vorwürfe, die Sie mir zu machen belieben, we nigstens so viel Feinheit besitze, mir keinen Ta del gegen Sie zu erlauben und Muth genug, mir die schmerzhaftesten Opfer aufzulegen. Sie gebieten mir, zu schweigen und zu verges sen. Wohlan, ich will meine Liebe zum Schwei gen verdammen, und, wenns möglich ist, die grausame Art vergessen, wie sie von Ihnen aus genommen ist. Sie haben recht, der Wunsch, Ihnen zu gefallen war noch kein Recht dazu und ich gestehe selbst, daß :Bedürfniß Ihrer nach sichtsvollen Güte noch keine» gültigen Anspruch darauf geben konnte. Wenn Sie aber meine Lie che— als eine Beschimpfung ansehn, so bedenfcn Sie nicht, daß Sie selbst von dieser so ge nannten Beleidigung — beydes die Ursach und die Rechtfertigung sind; Sie vergessen, daß das Gestandniß meiner Empfindungen für Sie eine na-
türliche Folge jener Offenherzigkeit war, die ich einmal überhaupt gegen Sie beobachtete und der ich selbst da treu blieb, wo sie mich in keinen vor, theilhasten Lichte zeigte. Sie rechnen mir das als freche Unbescheidenheit an, was allein diese treuherzige Aufrichtigkeit that; und der Lohn der zärtlichsten, der ehrfurchtsvollsten und aufrichtig sten Liebe ist der, daß Sie mich weit von sichzu rückstoßen. Za Sie bedrohen mich so gar mit Ihrem Haß. Wer würde sich über eine solche Härte nicht beklagen'. Zch unterwerfe mich ihr gleichwohl sind dulde dieß alles, ohne zu murren. Zch bet« die Hand an, die mich schlägt. Die unbegreifliche Gewalt, die Sie über mich hüben, machte Sie zu meiner unbeschränkten Gebieterin. Nur meine Liebe allein widersteht Zhnen, weil sie nicht mein Werk, sondern das Zhrige ist. Nir habe ich mich mit Hefnungen auf Ge* genliebe geschmeichelt; ich erwartete nicht einmal Mitleid vom Zhnen, wozu mich doch Ihre bishe rige nachsichtsvolle Güte gegen mich einigerma ßen berechtigen konnte. Aber Gerechtigkeit —diese glaube ich doch von Ihnen fordern zu dür fen. Sie sagen, gnädige Frauman habe Zh nen
neu eine üble Meinung von mir beyzubringon gesucht. Wenn Sie den Rath Ihrer lFreunde hätten befolgen wollen, so würden Sie jede An näherung von meiner Seite vermieden haben. Dieß sind Ihre eigenen Worte. Wer sind denn frage ich, diese gefälligen-Freunde? Leute ven einer so strengen und rauhen Tugend würden, sollte ich denken, sich willig und ohne Furcht nen nen lassen und sich nicht geflissentlich in eine Dun kelheit hüllen, in der man sie leicht mit nichtswür digen Verläumdern verwechseln könnte. Siewür den nicht blos den Tadel sondern auch ihren Nah men dazu hergeben. — Sie können wohl nicht in Abrede seyn, meine gnädige Frau, daß ich ein Recht habe, das eine wie das andre zu wis sen , da Sie mich nach beyden richten. Wo verurtheiit man denn einen Verbrecher, ohne ihm seine Verbrechen und seine Ankläger nahmhaft zu machen? Nur diese einzige Gewogenheit fordre ich von Ihnen und ich verpflichte mich dagegen im Voraus, mich zu rechtfertigen und meine Widersacher zu beschämen. Die leeren Schreier aus dem großen Haufen, um den ich mich wenig bekümmerte, habe ich im mer
mtr verachtet.
Aber mit Ihrer guten Meinung
von mir ist der Fall ganz anders.
Da sie za
verdienen, das Geschäft meines ganze,» Lebens
seyn soll, so kann ich sie mir ohnmöglich ungc, straft entreißen lassen.
Sie ist mir um so theu
rer, da ich ihr unstreitig jene Bitte verdanken wüt, de — die Sie jezt zu thun sich scheuen, und die
mir, wie Sie sagen, Anspruch an Ihre Erkennt, lichkeit geben würde.
Ach nicht Sie — ich al,
jein will von Erkenntlichkeit sprechen / wenn Sir mir das Glück schenken wollen, Ihnen gefällig zu
werden.
Ich bitte Sie,
verkennen Sie mich
nicht länger, und lassen Sie mich Ihre Wünsche wissen.
Könnte ichs im mindesten errathen, ge
wiß ich würde Ihnen das Gesiändniß derselben ersparen.
Schenken Sie mir zu dem Vergnügen,
Sie zu sehn, noch das Glück, Ihnen zu diene«»
und ich will sagen,
mich sind.
daß Sie sehr gütig gegen
Was kann Sie wohl abhalten! doch
nickt die Besorgniß, eine abschlägige Antwort zu
erhalten? diese könnte ich Ihnen nie verzeihen. Daß ich Ihnen Ihren Brief nicht zurückgcbe' dürfen Sie wenigstens nicht als eine verweigerte
Bitte ansehn und als ein Bcyspielanführen. Ich wün«
rz6 Wünsche gewiß weit mehr als Sie, daß dieser Brief mir entbehrlich wäre! Aber ich habe mich so sehr gewöhnt, Sie mir unter dem Bilde sanf ter Güte verzustellen, daß ich immer in diesen Brief sehn muß, um nicht zu vergessen wie Sie erscheinen wollen. Wenn der Wunsch, ZbrHerz zu rühren, sich in mir regt, so sagt er mir, daß -Sie ehr hundert Meilen weit von nur fliehen würden, ehe Sie dieses geschehn ließen. Wenn alles in mir meine Liebe vermehrt und sie rechtftr.tigt, so ruft er mir unaufhörlich zu, daß Sie dieselbe für eine Schmach achten. Wenn ich, in dem ich Sie anö-icke., die Liebe für die höchste Wonne der Erde halte, so habe ich diesen Brief .nöthig, um zu lernen, daß sie eine fürchterliche ..Peln ist. Sie sehn selbst ein, daß es ein großes Glück für mich seyn würde, wenn ich Ihnen die sen Brief zurückgeben könnte und wenn Sie ihn abermals fordern, so werde ich das für ein Zei.chen ansehn, daß Sie auch seinen Inhalt zurück nehmen. Dann dürfen Sie an meiner Bereit willigkeit, ihn auszulrefern, gewiß keinen Au genblick zweifeln.
3 6.
Derselbe an Dieselbe. wir tem Postzcichrn von Dijon.
den 23. Aug.
^hre Strenge gegen mich wird täglich größer, weine gnädige Frau, und ich fange an zu glau ben, daß Sie sich lieber eine Ungerechtigkeit als ein wenig Nachsicht erlauben. Erst verdammen Sie mich, ohne mich zu hören und hinterher fin den Sie natürlicherweise, Laß es bequemer ist, weine Gründe ungelesen zu lassen, als auf sie zu zu antworten. Sie weigern sich standhaft meine Briefe anzunehmen, oder schicken sie mit Verach tung zurück. Dadurch nöthigen Sie mich, zur List meine Zuflucht zu nehmen, und das zu einer Zeit, wo es mein größter Wunsch ist. Sie von meinem geraden Sinn zu überzeugen. Sie selbst haben mich in die Nothwendigkeit verseht, mich zu vertheidigen; dieß wird bey Ihnen die Mittel entschuldigen, die ich dazu ergreifen muß. Ich bin überdem von der Aufrichtigkeit meiner Gesin nungen so fest überzeugt, daß ich kein besseres Mittel kenne, sie bey Zhnen zu rechtfertigen, als wenn
wenn ich mich bemühe, sie Ihnen ganz darzüstel, len und zu diesem wichtigen Zweck glaubte ich mir
einen kleinen Umweg wohl erlauben zu dürfen.
Ich hoffe, Sie werden mir ihn verzeihen, und
darin nichts besonders finden, daß dir Liebe scharf sinniger ist, hervorzuschleichen, als die Gleich
gültigkeit- ihr auszuweiche». Erlauben Sie mir also, gnädige Frau, daß
ich Ihnen mein ganzes Herz enthülle.
Ihnen
tzehörl es, Sie müssen es folglich ganz kennen.
Als ich zur Frau von Rosrrnonde kam, war ich
weit entfernt, zu ahnden, was mich dort erwar, rete.
Ich wußte nicht, daß ich Sie dort treffen
würde.
Ja ich sage Ihnen mit der mir nackirli,
chen Aufrichtigkeit, daß, wenn ichs auch gewußt hätte, mich das nicht im mindesten würde beun ruhigt haben.
Ich will damit warlich nicht der
Gerechtigkeit zu nahe treten, die Ihrer Schön
heit gebührt.
Nein.
Aber ich hatte bisjezt nur
Begierden gekannt, und selbst diesen nur da nach, gegeben, wo
die Hoffnung mich aufmunrerte.
Oie Liebe mit ihren Schmerzen war mir bisher ganz unbekannt geblieben.
Sie
rveilen.
Zch hatte jezt schon einen ganzen Tag
mir Ihnen zugebrachr, demohngeachtet war es, (wenigstens schien mirs so) nur der so natürli,
che und rechtmäßige Wunsch — einer verehrten Tante gefällig zu werden, was mich antricb, ih,
rer Ditte nachzugeben.
Die Art zu leben, die
ich hier fand, war sehr verschieden von der,
an
die ich gewöhnt war; doch kostete es mir sehr we nig, mich darin zu finden, und ich schrieb diese
Aenderung, die mit mir vorging — ohne ihre wahre iUrsach zu errathen,
allein meinem ge
schmeidigen und unfesten Charakter zu , von bei»,
ich Ihnen, dünkt mich, schon gesagt habe. Aber-unglücklicherweise — (o warum muß
dieß ein Unglück heißen ) machte ich bey der nä, Hern Bekanntschaft mit Ihnen bald dir Entdek,
lang, daß die zauberische Schönheit, die mich bis, her allein gerührt hatte, dergeringste unter Ihren
Vorzügen sey.
Zhrd himmlische Seele setzte
mich in Erstaunen — riß mich hin.
Zch bewun-
rerte Ihre Schönheit und betete Ihre Tugend
an.
'
Ohn» einen Wunsch auf Sie zu richten,
• woll,
166
====.
wollte ich Ihrer würdig werden. Ich forderte Ihre Nachsicht für mein vergangenes Leben, und warb um Ihren Beyfall für die Zukunft. Die se n suchte ich auf in allem, was Sie sagten, nach diesem forschte ich in Ihren Blicken — ach, und so sog ich aus diesen Blicken ein Gift, das um so tiefer eindrang, da es ohne Absicht und Willen mitgekheilt und empfangen wurde. Jetzt kannte ich die Liebe. Aber ich war weit entfernt, über sie zu klagen. Ich war entschloss fett, meine Leidenschaft mit ewigen Schweigen zu bedecken und so gab ich mich ihren wonneteü chen Gefühlen ohne Furcht und ohne Rückhalt hin. Mit jedem Tage stieg ihre Gewalt über mich. " Bisher hatte ich Ihre Gesellschaft des sanften Aergnügens wegen gesucht, das ich in ihr fand — jetzt wurde sie ein quälendes Bedürf» niß für mich. Entfernten Sie sich einen Augen, blick, so fühlte ich mein Herz beklommen; hörte ich "Sie zurückkommen, so klopfte es vor Freude. Ich lebte nur in Ihnen und für Sie. Aber ich sordre Sie selbst zum Zeugen auf, ob jemals in der Fröhligkeit unserer mvthwilligen Spiele oder in der Warme eines ernsthaften Gesprächs mit
ein
i6r
=====
ein Wort entwischte,
welches das Geheimniß
meines Herzens hätte verrathen können.
Endlich kam der Tag, an dem mein Unglück seinen Anfang nehmen sollte.
Ein unbegreifli,
ches Misgeschick wollte, daß eine lvbenswerrhe Handlung dazu die Veranlassung wäre.
Za,
Verehrungswerlhe! .Zn der Mitte der Unglück,
lichen, die ich gereuet hatte, hier wo sich Zhe gefühlvolles Herz in seiner ganzen Anmuth vor
mir enthüllte — und Zbrer Schönheit —
Zh,
rer Tugend einen neuen forrreißenden Reitz er, theilte. —
Hier wars — hier stieg die Verwir-
rang meines liebeberauschten Herzens auf den höchsten Grad.
Vielleicht erinnern Sie sich mei,
.«es unruhigen zerstreuten Zustandes auf dem Rückwege.
Ach, ich strengte da meine letzten
Kräfte eine Leidenschaft zu bekämpfen,
Uebermacht ich zu ahnden anfing.
deren
Schon hatte
dieser ungleiche Kampf mich erschöpft, als eia
-Zufall, den ich nicht vorhersehen konnte, uns oh ne Zeugen beysammen ließ.
.gestehe es.
Hier erlag ich, ich
Mein überströmendes Herz konnte
-hier nicht länger Worte und Thränen zurückhal
ten.
Aber war dies ein Verbrechen und wenn er
Der -efährl. Umg. 1. Th.
L
eins
-■ -
163
eins war,
werde ich durch die grausamen Qua
len, deren Opfer ich bin, nicht hinreichend be straft? Unter diesen Qualen hoffnungsloser Lie be flehte ich um Ihr Mitleid und fand Ihren Haß.
Sie zu sehn, ist mein einziges Glück,
mein Auge sucht Sie überall,
Ihren Blicken zu begegnen.
aber ich zittre,
Am Tage quäle ich
mich um meinen Kummer zu "verbergen, und des
Nachts geb' ich mich ihm gänzlich hin.
So leide
ich durch Sie, während Sie selbst ruhig und froh
von diesen Qualen nichts empfinden — als das Vergnügen, sie zu verursachen.
Und dennoch find
Sie es, die sich beklagen und ich bins, der sich
verantworten muß. Sehn Sir, gnädige Frau, dieß ist die gc,
treue Schilderung dessen was Sie mein Ver gehn heißen.
Sie würden es billiger mein
Unglück benennen.
Reine treue Liebe— eine
Hochachtung, die sich keinen Augenblick vergaß — eine vollkommne Unterwerfung, das sind die Em
pfindungen, die Sie mir eingeflSßt haben.
Ich
dürfte mich nicht scheuen, sie der Gottheit selbst
zu weihen.
0 Sie — das Meisterstück dersel
ben — werden Sie ihr an nachsichtsvoller Güte gleich.
gleich.
Wägen Die meine Leiden!
Bedenken
Sie, daß ich zwischen der Verzweiflung und dem höchsten Glück in der Mitte stehe, und daß Ihr
Ausspruch auf immer über mein Schicksal ent, scheiden wird,
37Die Präsidentin
von Tourvel an Frau
von Belanges.
tcn 25. Aug. L unterwerfe mich, verehrungswerlhe Frau,
dem Rath, den Ihre Freundschaft mir giebt.
Sie haben mich gewöhnt, beydes — Ihrer Ent,
scheidung zu folgen und ihnen immer die besten Gründe zu derselben zuzutrauen.
nen sogar gestehn,
Ich will Ih
daß wenn Graf Valmont
sich wirklich zu dem verstellen könnte, was er
hier'zu seyn scheint, und er dabey doch so wäre,
wie Sie ihn schildern, er allerdings- rin sehr ge
fährlicher Mensch seyn müßte. ihm wolle —
Dem sey, wie
ich will ihn von mir entfernen,
weil Sie es fordern; ich will wenigstens mein
Möglichstes deshalb treulich thun.
L r
Dennman-
che
it>4 che Dinge, so einfach sie an sich sind, setzen uns doch durch die einzige Art, wie sie geschehen kön nen, in große Verlegenheit. Die Tante selbst um seine Entfernung zu bitten, schien mir immer nicht recht thunlich. Eine solche Ditte würde ge gen Sie sowohl — als gegen ihn etwas unarti ges enthalten. Mich selbst zu entfernen, dazu würde ich mich eben so ungern entschließen. Sie wissen meine Gründe, die sich auf meinen Mann beziehn; und wir wollen den (doch möglichen) Fall setzen, meine Abreise wäre Valmonts Absich ten zuwider, würde es ihm nicht ein leichtes seyn, mir nach Paris zu folgen, und würde seine Rück kehr , zu der man mich leicht als die Ursach an sehn könnte, nicht viel auffallender seyn, als ei» zufälliges Zusammentreffen auf dem Lande bey einer Dame, die bekanntermaßen seine nahe Ver wandte und meine Freundin ist? Es bleibt mir also kein anderes Mittel übrig, als ihn selbst dahin zu bewegen, daß er sich ent ferne. 2ch fühle wohl, wie schwierig es ist, ihm diesen Vorschlag zu thun; da ihm indessen viel daran gelegen zu seyn scheint, mir zu beweisen, er sey ein besserer Mensch, als man glaubt, so den-
denke ich, soll es mir gelingen. Auf allen Fall werde ich den Versuch 'machen, um ihn zugleich auf die Probe zu stellen, ob wirklich, wie er so oft versichert, Frauenzimmer von ächter Tugend sich nie über ihn werden beklagen dürfen. Ent fernt er sich, so thut ers gewiß blos um meinet willen; denn es ist außer Zweifel, daß er sich vorgesetzt hat, den größten Theil des Herbstes hier zuzubringen. Schlägt er mir meine Ditte ab, und er besteht darauf, hier zu bleiben, so habe ich immer noch Zeit, mich selbst zu entfer nen, und das verspreche ich Ihnen dann auch heilig. Das war ja wohl alles, was Ihre Freund schaft von mir forderte. Ich eile es zu erfüllen und Ihnen zu beweisen, daß ohngeachtet der Wärme mit der ich Graf Valmont vertheidige, ich doch immer bereit bin, den Rach meiner Freunde — nicht blos zu hören, sondern auch zu befolgen. Ich habe die Ehre re.
--------
»66
38.
Die
Markisin
von
Merteuil an Graf
Valmont.
ten 17. Slug. Eben kommt ein großer Paket von Ihnen an,
mein lieber Graf, wenn das Datum drauf rich,
lig ist, so hätte ich es schon 24 Stunden frühen
haben müssen.
Doch wie dem auch sey — genug
ich kann mir jezt nicht die Zeit nehmen es zu le, feit, weil ich sonst keinen Augenblick übrig behiel te, Ihnen zu antworten.. Also melde ich Ihnen
hiermit blos den Empfang und nun wollen wir von andern Dingen reden. Ich hatte Ihnen freylich auch manches über
mich selbst zu sagen.
Der schLne Herbst lockt fast
alles aus Paris weg, was nur menschliche Ge stalt hat, und ich lebe seit einem Monat ein
sam und ordentlich zum Umkommen.
Jedem an
der» außer meinem Chevalier würde meine große
Standhaftigkeit beschwerlich werden. Da ich nun aber in der Welt nichts zu thun
habe, so vertreibe ich mir die Zeit mit der kleinen Belanges und sie ist eS eigentlich, von der ich
mir
mit Ihnen jezt reden will.
Wissen Sie wehl,
mein Herr, daß Sie mehr dabey verlohren haben
als Sie glauben, indem Sie sich mit diesem Kin de nicht einlassrn wollten?
das Mädchen macht
mir königliches Vergnügen! das hat weder Cha'
rakter — noch Grundsätze! Wie sanft, leicht und geschmeidig der Umgang mit ihr dadurch wird,
können Sie leicht denken.
Zch glaube nicht, daß
sie je durch Gefühl glänzen wird, aber alles ver
kündigt bey ihr sehr lebhafte Sinne.
Ohne viel
Witz und ohne List hat sie gleichwohl eine natürli
che Falschheit, die mich zuweilen selbst in (Stftau». nen setzt, und mit der sie um so eher betrügen wird, da ihr Aeusseres die lautere Aufrichtigkeit
und Unschuld anzeigt.
Sie ist von Natur schmei
chelnd und das belustigt mich ordentlich zuweilen.
Ihr kleiner Kopf erhitzt sich mit einer unglaubli chen Leichtigkeit, und denn ist sie umso drolligter,
da sie nichts, schlechterdings gar nichts von allen . dem weiß, was sie doch so gern wissen möchte.
Sie verfällt denn in die poßierlichste Ungeduld. Sie lacht, sie ärgert sich, sie weint — und end, lich bittet sie mich mit einer einnehmenden Gut
herzigkeit, sie zu belehren.
Ich bin fast eifer
süchtig
i68 süchtig auf den,
dem dieses Vergnügen vorbei-
halten ist.
Ich weiß nicht, ob ichs Ihnen schon gesagt habe, daß ich seit vier oder fünf Tagen die Ehre habe, ihre Vertraute zu seyn.
Sie können den
ken , daß ich anfänglich strenge that.
So bald
ich aber merkte, daß sie mich durch ihre schlechten
Gründe überwunden zu haben fest glaube, so that ich überzeugt und stellte mich ihrer Einsicht und
Beredsamkeit zu weichen. nöthig,
Diese Vorsicht war
um mich nicht zu verrathen.
Ich gab
ihr nun die Erlaubniß,
zu sagen und zu schrei
ben; ich liebe Sie.
Noch demnemlichenTag
wußte ich, ohne daß sie diese Absicht merkte, es
so zu spielen, daß sie mit ihrem Danceny allein war.
Aber denken Sie sich den Pinsel — er
hat noch nicht einmal einen Kuß von ihr zu er
halten gewußt, und doch macht der Bursche ah .
lerliebsie Verse.
Lieber Himmel— was sind tie.
Schöngeister einfältig!
Dieser ist es in solchem
Grade, dass ich nichts mit ihm anzufangen weiß;
denn ihn kann ich doch immermehr auch in die Schule nehmen.
Hier nun würden Sie mir von
großen Nutzen seyn.
Sie sind mit Danceny hin reichend
=====
i§9
reichend bekannt um sein Vertrauen leicht zu ge» winnen, und haben Sie das einmal weg, so gehn wir mit großen Schritten vorwärts. Ma chen Sie also doch bald ein Ende mit Ihrer Prä sidentin; denn ich will durchaus nicht, daß Ger» tourt so davon kömmt.
Gestern erzählte ich der kleinen Volangeö von diesem ibren Zukünftigen. Ich habe ihn aber da bey so abgemahlt, daß sie ihn ärger haßt, als ob sie zehn Aahr mit ihm verheyrathet wäre. Auch habe ich nicht verfehlt, zugleich über die eheliche Treue ein langes und breites zu predigen. Nichts kommt meiner Strenge über diesen Punkt gleich'. Damit gewinne ich zweyerley; ich befestige sie nemlich in ihrer Meinung von meiner Tugend, die durch zu viel Nachgiebigkeit leicht um etwas sinken könnte, und stärke sie zugleich in dem Haß, mit dem ich Ibren künftigen Gemahl gern be zahlen möchte. Auch denke ich, wenn ich sie über reden kann, sie dürfe das Glück der Liebe nur die kurze Zeit noch, da sie unverheyrathet ist, ge nießen, daß sie um so eifriger seyn wird, nichts davon verlohren gehn zu lassen. Leben Sie wohl,Graf.
i7o Zch muß jetzt an die Toilette, bey der
Gras.
ich ihr Päckchen durchlesen will.
39* Geeilte DolangcS
an Sophie» Carnay.
Len 27. Aug. liebe Sophie/
bin traurig und unruhig,
Fast die ganze Nacht über habe ich geweint. Nicht deshalb,
»veil ich für jezt nicht glücklich wäre,
daß dieß leider
sondern vielmehr, »veil ich sehe,
nicht lange Bestand haben wird.
Zch »var ge
stern mit Frau von Merteuil in der Oper.
Wir
sprachen darin von meiner Derheyrathung und da habe ich Dinge gehört,
sind.
die nicht sehr tröstlich
Es ist ein gewisser Graf von Gercourt,
den ich heyrathen soll, und das wird schon im
Monat Oktober geschehn.
Er ist reich,
ein
Mann von Ansehn und Obrist unter dem Regi ment**.
weiter. —
So weit alles gut; aber nun höre Er ist schon alt,
denke Die,
er
hat seine sechs und dreißig Zahr hinter sich und denn, sagt die Frau von Ärerteujl, ist er dabey
ein
*■ '------
ein sehr finsterer,
T7I
ernsthafter Mann,
und sie
meint, sie zweifle dran, ob ich mit ihm glücklich seyn werde.
Zch merkte wohl, daß sie vom Ge,
gentheil völlig überzeugt war und eS nur nicht geradezu sagen wollte, um mich nicht zu sehr nie«
derzuschlagen. Sie hat mir fast den ganzen Abend
von den Pflichten der Frauen gegen ihre Männer
rorgepredigt.
Sie gesteht, daß Graf Gercourt
keineswegeü liebenswürdig ist, und doch meint
sie, müsse ich ihn durchaus lieben.
Sir sagt so«
gar, wenn ich erst verheyrathet wäre, dürfe ich an Danceny gar nicht mehr denken. Ach wie könn«
le ich das! —
Nein das versichere ich Dir, ihn
werde ich ewig lieben.
Siehst du, lieber wollt ich
gar nicht heyrathen! Herr Graf von Gercourt
kann sich ja nach einer andern Gemahlin umschn; id) habe ihn ja nicht gesucht.
Jetzt ist er in Cor/
sika, sehr weit von hier, und meinetwegen möch«
te er dock) immer dableiben.
«id)t,
Fürchtete ick) mich
wieder in mein Kloster zu müssen,
s»
würde ich der Mama geradezu sagen, daß ich mich
für einen solchen Mann gehorsamst bedanke. Aber dann könnte es mir leicht noch schlimmer gehn.
Ach ich bin recht voller Sorgen.
Niemals habe
ich
172
==
meinen Danceny so geliebt, wie jezt, und wen« ich daran denke, daß ich nur noch einen Monat, so wie ich Zezt bin, bleiben soll, so tre.cn mir so gleich die Thränen in die Augen. Die Freund-schäft der Frau von Merteuil ist mein einziger Trost. Sie hat ein so schönes Herz! Sie nimmt an allen meinem Kummer so großen Antheil — sie ist dabey so liebenswürdig, .daß ich in ihrer Gesellschaft fast alles andere vergesse. Ueberdem ist sie mir sehr nützlich. Denn das bischen, was ich weiß, weiß ich von ihr und sie ist eine so lie be Frau, daß ich ihr alles sagen kann, was ich Lenke, ohne mich zu schämen. Findet sie, daß iS nicht hübsch ist, so schilt sie mich wohl zuwei len, aber doch nur sehr sanft und dann umarme ich sie recht herzlich, bis sie ganz wieder gut ist. Diese Frau wenigstens werde ich doch immer lie ben dürfen, so sehr ich will, ohne böses dabey zu thun! das ist noch mein einzigerTrost. Wir haben indessen verabredet, daß ich in Gegenwart anderer es nicht zeigen soll, wie sehr ich sie liebe — besonders nicht vor der Mama, damit diese um so weniger etwas von Danceny merkt, Ach, glaube mir, könnte ich nur immer so fortleben wie
wie jetzt, ich würde sehr glücklich sevn.
Wenn
nur der verwünschte Graf Gercourt nicht wäre!
Doch nichts weiter von ihm, das macht mich nur traurig.
Statt dessen will ich lieber noch an
meinem Danceny schreiben.
Doch soll er nur
von meiner Liebe, nichts von meinem Kummer lesen, denn ich will ihn nicht traurig machen.
Lebewohl, liebes gutes Mädchen.
Du siehst
nun doch wohl, daß du Unrecht hast, und daß,
so sehr ich auch beschäftigt bin, wie Du Dich aus drückst,
es mir dennoch nicht an Zeit fehlt, an
Dich zu schreiben und Dich zu lieben *).
40,
Graf Valmont an die Markisin von Merteuik. ttn 27. Aug.
A.f meine Briefe nicht zu antworten, ja sie nicht einmal anzunehmen,
Meine Grausame nicht.
damit begnügt sich
Sie will mir auch ihren An«
*) Man wird ferner manche Briefe von (Jecitiert an Dan» reny wcgiassen, weil sie wenig interessant sind uut keine Begebenheiten enthalten.
Anblick rauir» und fordert von mir,
daß ich
Doch, worüber Sie sich
mich entfernen soll.
noch mehrwundcrn werden, ist dieß, daß ich mich
dieser Strenge unterwerfe.
vielleicht tadeln.
Sie werden mich
Inzwischen hielt ichs für nütz«
lich, mir einmal etwas von ihr befehlen zu las sen,
und das aus einem zwiefachen Grunde,
weilnemlich erstlich: jeder der befiehlt, sich auch verpflichtet und zweytens
weil die
scheinbare Autorität, die wir den Weibern über uns einzuräumen, uns stelle», eine von den fei«
nen Schlingen ist, sängt.
womit man sie oft am besten
Dazu kommt noch, daß sie durch ihre
Geschicklichkeit, alles Alleinseyn mit mir ju tim
meiden,
mich in eine wirklich gefährliche Lage
gebracht hat, der ich für jeden Preis ein Ende
machen muß.
Denn da ich beständig in ihrer
Gesellschaft bin,
ohne sie mit meiner Liebe be
schäftigen zu können,
so muß ich fürchten, daß
sie sich am Ende gewöhnen wird,
mich ohne alle
Unruhe neben sich zu sehn; und Sie wissen selbst,
meine schöne Freundin, wie schwer es hält, au» diesem versiuchkenVerhältniß derGewöhnungund
Gleichgültigkeit wieder in ein besseres zu kommen. Uebri-
Uebrkgens können Sie wohl denke», daß ich
nicht ohne Bedingungen von meiner Seite gc/ horche.
Ich habe so gar die Vorsicht gebraucht,
unter diese Bedingungen eine aufzunehmen, in die sie unmöglich einwilligen kann, theils damit
ich immer Herr meines Versprechens bleibe, theilum eine mündliche oder schriftliche Verhandlung
darüber rorzubereiten, die ich zu einer Zeit anzu fangen gedenke, wo sie mit mir zufriedener ist, als jezt und wo ihr daran liegt,
daß auch ich er
mit ihr sey.
Und dann müßte ich wohl sehr ein
fältig seyn,
wenn ich nicht endlich für den Ab
stand von meiner Forderung (so unhalbar sie an
sich ist) eine Entschädigung von ihr sollte erlan
gen können.
Nach dieser räsonnirenden Einleitung lassen
Sie uns, geliebte Leserin, nun zu dem histori
schen der beyden letzten Tage fortschreiten.
Al-
Aktenstücke lege ich Ihnen zwey Briefe bey, den von ihr und meine Antwort drauf.
Sie sollen
mirs zum Ruhm nachsagen, daß ich an Genauig
keit viele andere Geschichtschreiber übertreffe. Sie erinnern sich der Wirkung, die vorgestern
morgen mein Brief aus Dijon. hervvrbrachte. Dec
Der Rest des Tages war sehr stürmisch. Mei, ne reitzende Spröde ließ sich nicht ehr Wiedersehn, als da wir uns an den Tisch setzen wollten. Sie klagte über eine heftige Migraine, ein Vorwand, unter dem sie den stärksten Anfall von übler Lau, »re, den ein Weib nur haben kann, verbergen wollte. Ihr ganzes Gesicht war verändert. Dir Züge der sanften Freundlichkeit, die Dir an ihr kennen, waren in ein hartes, widerspenstiges Wesen übergegangen, daS eine neue Art der 'Schönheit bildete. Zch denke künftig von dieser Entdeckung Gebrauch zu machen und die zärtliche Geliebte zuweilen mit der trotzigen abwechseln zu lassen. Zch sahe vorher, daß es einen trüben Nach, mittag geben würde. Deshalb schützte ich Brie, fe vor, die ich zu schreiben hätte und ging auf mein Zimmer. Erst gegen sechs Uhr kam ich in den Salon zurück. Frau von Rosemonde schlug «ine Promenade vor, die angenommen wurde. Aber tn dem Augenblick, da wir in dem Wagen steigen wollten, hatte meine verstellte Kranke den höllischen Einfall, einen verdoppelten Anfall von ihrem Uebel porzuwenden, (vielleicht um sich für meine
meine vorherige Abwesenheit zu rachen) und so
mußte ich ohne Barmherzigkeit mit der Tante ab lein fahren.
Ich weiß nicht, ob meine Flüche
über diesen Teufel von Weibe erhört worden sind —
genug als wir zurückkanien, fanden wir sie schon
zu Bett. Den andern Morgen beym Frühstück war sie
wieder eine ganz andere Frau.
Ihre ganze na,
türliche Sanftheit war wieder da und ich hatte
allen Grund mich für begnadigt zu halten.
Als
das Frühstück geendigt war, stand sie mit einer unbefangenen Miene auf und ging in den Lust
garten.
neu.
Ich hinmdrein, wie Sie denken kön,
„Wie kommen Sie, sagte ich, als ich zu ihr
trat, auf den Einfall jetzt einen Spatziergang zu
machen?" Ich habe , erwiederte sie, diesen Mor
gen viel geschrieben und meinen Kopf dabey ein wenig erhitzt. —
„Ich bin wohl nicht so glück,
lich, sagte ich, an dieser Anstrengung Schuld zu seyn." —
geschrieben.
Doch, sagte Sie, ich habe an Sir
Aber ich bin noch unschlüssig, Ih,
ncn den Brief zu geben.
Er enthält eine Bit,
re — und Bitten von mir psiegenbey Ihnen ohne Wirkung zu bleiben. —
„0 ich schwöre Ihnen,
Der gesährl. Ums. I. Th.
M
wenn
wenn es mir in der Welt möglich ist." — Nichts ist leichter, erwiederte sie, und obgleich ich LaS,
was ich verlange, als eine Schuldigkeit von Ih
nen fordern könnte, so will ichs doch nur als eine
Gefälligkeit von Ihnen annehmen.
—
Mit
diesen Worten reichte sie mir den Brief her. Ich nahm ihn und faßte zugleich ihre Hand,
die sie
zwar zurückzog, doch ohne Zorn, mehr ängstlich, als heftig.
„Die Hitze ist doch größer, als ich
dachte," fing sie jetzt an, „ich muß nur wieder zurückgehn."
Vergebens bemühte ich mich, sie
zur Fortsetzung des SpatziergangS zu bewegen.
Zum Glück bedachte ich, daß wir vielleicht beobach, tet werden könnten, und so ließ ichs beym bloßen
Zureden bewenden.
Sie ging jetzt zurück ohne
weiter ein Wort zu reden, und es war mir klar,
daß der ganze Gang keine andere Msicht gehabt hatte, als mir den Brief einzuhändigen.
Als
wir zurück waren ging sie auf ihr Zimmer,
und
ich eilte auf das meinige, um den Brief zu lesen, den Sie, nebst meiner Antwort darauf jetzt auch
erst lesen müssen, ehe. ich fortfahre.
4i.
r?S 41.
Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont. ten 25. Aug,
Betragen gegen mich zu urtheilen. scheint es, als wollten Sie
mir von Tage zn
Tage mehr Ursache geben, mit Ihnen unzufrie
den zu seyn.
Die eigensinnige Beharrlichkeit,
mit der Sie mich unaufhörlich von einer Nei,
gung unterhalten, von der ich nichts hören will und darf — die Art, wie Sie meine unbefange
ne Treuherzigkeit, Furchtsamkeit ohne Scheu be, nutzen, um mir Ihre Briefe in die Hände zu
spielen — besonders das sehe unartige Mittel,
dessen sie sich das letztemal dazu bedienten, und wobey Sie mich unbedenklich der Gefahr einer
Ueberraschung aussetzten, die alles hätte verrathen können, alles dieß giebt mir gerechten Grund zu parken und wohlverdienten Dorwürfen.
Doch ich will mich auf alle diese Beschwerden
nun nicht weiter einlassen, und statt dessen nur eine einfache und gerechte Ditte an Sie thun.
Gewähren Sie mir diese, so soll alles übrige von meiner Seite vergessen seyn.
Sir sagten mir ja
M »
einmal.
Igo
-
■ -
einmal, ich dürft nie eine abschlägige Antwort
von Ihnen besorgen.
Obgleich Sie zwar, durch
eine Ihnen ganz eigene Inconsequenz, mir gleich hinterdrein die einzige Ditte abschlugen, die Sie
mir damals gewahren konnten, noch hoffen,
so will ich den»
daß Sie heut einmal Ihr Wort
halten werden, das Sie mir noch vor wenig Ta
gen von neuen gegeben haben. Ich bitte Sie, mit einem Wort, um dieGe, Migkeit, mich zu verlassen und sich von hier zu
entfernen, wo Ihr längerer Aufenthalt mich na
türlich den Anmerkungen der Leute aussetzt — die immer geneigt sind das schlimmste zu denken,
und die — welches Ihre eigene Schuld ist
vorzüglich ihre» Dlick auf diejenigen Frauenzim mer hinrichten,
die mit Ihnen in einiger De»
kanntschast stehn. Schon vor einiger Zeit wurde ich vbn meinen
Freunden an diese Gefahr erinnert.
Aber ich
achtete nicht auf ihre Winke; ja ich bestritt sogar
ihren Rath, so lange Ihr Betragen mich in der Ueberzeugung ließ,
Sie würden mich nicht mit
dem Haufen von Weibern in eine Klasse setzen
wollen, für die Ihre Bekanntschaft kein Glück gewe-
gewesen ist. Jetzt aber, da ich ganz offenbar se he, das; Sie mich, wie jene, behandeln wollen, jetzt bin ichs der Welt, meinen Freunden und mir selbst schuldig, jenen Weg einzuschlagen. Ich finnte hinzusetzen, daß Ihre Weigerung Ihnen nichts helfen würde, da ich auf diesen Fall ent schlossen bin selbst abzureisen. Allein ich erkläre Ihnen auch, daß die Erfüllung meiner Bitte von Ihrer Seite eine dankenswerthe Gefälligkeit sei;n wird, da es meinen Planen in der That entgegen wäre, wenn i ch mich von hier entfer nen müßte. Jetzt beweisen Sie cs mir, was Sie so oft behaupten, daß achtungöwerthe Frauen nichts von Ihnen zu besorgen haben, und zeigen Sie mir, daß Sie eine Uebereilung wieder gut zu machen wissen. Wenn es einer Rechtfertigung dieser Bitte hey Ihnen bedürfte, so könnte ich sagen, daß Ihr bisheriges Leben und Ihr Ruf sie nothwen dig machte, und daß ich sie gleichwohl vielleicht nicht gethan hatte, hatten Sie durch Ihr Betra gen mich nicht- selbst dazu genöthigt. Doch kein Wort weiter von dem, was vergangen ist, und was ich gern vergessen will. Diese Erinnerungen
gen würden mich 'gegen Sie zur Strenge nöchigen und ich will Ihnen ja so gern Gelegenheit geben, meine Erkenntlichkeit zu, verdienen.
Len Sie wohl.
Le«
Es wird.ganz von Ihrem Ver
halten abhängen, mit welchen Gesinnungen ich mich zeitlebens nennen soll re.
42.
Graf Valmont an die Präsidentin von Tourvek. trn iS. Auz. So hart die Gesetze sind — Verehrungswür
dige — die Sie mir vorschreiben,
gleichwohl bereit,
sie zu erfüllen.
so bin ich
Es ist mir
ganz unmöglich, einem Ihrer Wünsche zuwider
zu leben.
Nun aber, nach dem dieser Punkt
aufs reine gebracht ist, darf ich ja auch wohl von
meiner Seite einige Bitten wagen, die Ihnen gewiß leichter zu erfüllen seyn werden und die Sie
nur meiner völligen Unterwerfung unter Ihren
Willen gewahren sollen. Dey der ersten darf ich mich nnr an Ihr g erechtes Herz geradezu wenden.
Diese Ihre
===
iSj
Gerechtigkeit fordre ich auf, mir diejenigen, die mich bey Ihnen angeklagt haben, nahmhaft zu machen. , Diese Leute thun mir,
dünkt mich,
wohl so viel Schaden, daß ich einiges Recht fyu bt, nach ihrem Nahmen zu fragen.
Die zweyte
Bitte, die mir Ihr gütig es Herz eben so roe;
nig versagen kann, ist, daß Sie mir doch die Erlaubniß ertheilen mögen, Ihnen zuweilen den Ausdruck meiner Empfindungen ehrfurchtsvoll zu
wiedrrhohlen, die mehr als jemals Ihr Mitleid
verdienen. Bedenken Sie, gnädige Frau, daß ich Ihnen
zu gehorchen eile, obgleich dieser Gehorsam mir
mein Glück kostet — ja ich kann sagen, obgleich ich überzeugt bin, daß Sie mich nur deswegen entfernen, um den Gegenstand Ihrer Ungerecht
rigkeit nicht länger vor sich zu sehn.
Gestehn
Sie mirs nur. Sie fürchten nicht sowohl da-
Urtheil der Welt, (die Sie zu sehr verehrt, tim je von Ihnen nachtheilig zu denken,) als Sie sich durch die Gegenwart eines Menschen gepei
nigt fühlen, den Sie leichter zu strafen, als zu tadeln wissen.
Und so entfernen Sie mich, wie
man einen Unglücklichen sich gern aus den Augen
schäft,
i84 schast, dem man nichthelfen mag. —
Aber an
wen soll ich Armer mohl meine Klagen richten,
als an Sie, wenn die Entfernung von Ihnen nun meinen Schmerz verdoppeln wird? -r von
wem außer Ihnen kann ich den Trost erwarten, den ich so nöthig haben werde? Können Sie mir ihn versagen, Sie die Urheberin meiner Leiden?
Ohnzweifel werden Sie mir auch das nicht
verargen, gnädige Frau, wenn ich wünsche, vor meiner Abreise die Empfindungen gegen Sie zu
rechtfertigen, die Sie mir eingeflößt haben und
aus Ihrem Munde den Befehl meiner Enlfernung zu empfangen, welches mir diesen sauer»
Schritt einigermaßen versüßen wird.
In dieser
zwiefachen Absicht bitte ich Sie ergebenst um ei
ne mündliche Unterredung nur von ein paar Au genblicken.
Briefe können so etwas nicht abma
chen; man schreibt Vogen voll und verständigt
sich doch nur schlecht über einen Punkt, den ein viertelstündiges Gespräch aufs reine bringt.
Es
wird sich dazu leicht ein günstiger Augenblick darbieten, den Sie selbst mir dann bestimmen
mögen.
Ich
ik-5
Ich will übrigens keinesweges zigern Ihnen in gehorchen. Indessen wissen Sie selbst, dass fiftiii von Noscmonde nichts anders erwartet, als daß ich verabrcdetcrmaßen einen Theil des Herb stes bey ihr zubringen werde. Ich muß daher zum wenigsten erst einen Brief abwarlen, um zu meiner Abreise von hier einen schicklichen Vor wand zu finden. Leben Sie nun wohl — verehrnngswürdige Frau'. Leben Sie wohll Ach, Niemals ist mir dieß Wort so schwer geworden zu schreiben, als diesesmal, da es Trennung von Ihnen bedeutet. Könnten Sie es fühlen, wie schmerzhaft sie für mich ist, gewiß, Sie würden in meinem Gehor sam gegen Ihren harten Befehl etwas verdienst liches finden. Nehmen Sie wenigstens mit eini ger Nachsicht die Versicherung auf von der zärt lichsten und rhrfurchtvollsten Liebe, mit der ich re.
Fortsetzung von 40.
(V ^etzt wollen wir weiter räsonieren, meine schöne Freundin, Sie sehn eben so gut wie ich, daß fcit
i86 die gewissenhafte,
ehrliche Tourvel meine erste
Ditte nimmermehr bewilligen und das Vertrauen ihrer Freunde verrathen wird, indem sie mirmeine Ankläger nennt.
Da aber mein Versprechen
nur unter dieser Bedingung gilt, so mache ich
mich in der Thar zu nichts anheischig.
Ferner:
schlägt sie mir die erste Ditte ab, so giebt das
zur Erfüllung der zweyten, die natürlichste Ver
anlassung, und ich gewinne dann wenigstens so viel, daß ich mit ihr in einen regelmäßigen Brief wechsel trete, den sie mir bewilligen muß. Denn
auf das Rendezvous, um das ich bitte,. rechne ich sehr wenig, und ich will sie damit eigentlich nur an die künftigen im voraus ein wenig gewöhnen, die mir nöthiger seyn werden. —
Das einzige,
was mir nun vor meiner Abreise noch zu thun
übrig bleibt, ist die Leute auszukundschaften, dir
so gefällig sind, mich beyihrzuvrrschwärzen. Ich kann auf Niemanden, als auf den Herrn Ge mahl, den Pinsel, Verdacht haben und ich woll
te, er wäre es.
Denn ein ehrliches Verbot ist
erstlich immer ein Sporn für die Degierde, und'
kann wäre ick zweitens sicher, daß ich von dem Augenblick an, da Sie sich mir mir in einen Brief-
wech,
wechsel einläßt, von dem Herrn Gemahl nicht mehr ;u besorgen hatte, weil sie sich denn selbst in die Nothwendigkeit gesetzt hak, ihn.hintergehn zu müssen.
Sollte ers aber nicht seyn, und sie
hätte etwa eine so intime Freundin, der fie alles mittheilke und die mir entgegen wäre, so müßte
ich sie mit ihr entzweyen.
Ein andres Mittel gä-
br es da nicht; und dieß denk' ich, sollte mir so schwer nicht werden.
Aber vor allen Dingen muß
ich erst ganz unterrichtet seyn.
Ich mackste deshalb
schon gestern einen Versuch, der aber mißglückte,
weil diese Frau nichts thut wie eine andere.
Wir
waren nemlich auf ihrem Zimmer, als man zu Tische rief.
Kaum konnte sie mit ihrer Toilette
fertig werden, und über dem Eilen und sich ent
schuldigen bemerkte ich,
daß sie den Schlüssel
in ihrem Sekrctair stecken ließ.
Ihre Gewohn
heit, das Zimmer nie zu verschließen, war mir
vorher schon bekannt.
Ich brütete darüber wäh
rend dem Essen, und als ich ihr Kammermäd-
chrn herunter kommen hörte, faßte ich auf der Stelle meinen Entschluß, wandte Nasenbluten
vor und ging heraus.
Ichflog zu ihrem Sekrc-
tair; die Schubladen waren alle offen, aber es war
i88 war kein Papier tritt. Inzwischen har man in die
ser Jahreszeit .nicht eben Gelegenheit, sie auf der Stelle zu verbrennen.
Wo laßt sie die Briefe,
die sie empfangt? — und sie erhalt deren nicht wenig. Ich habe nichts übersehen; alles war
offen; ich habe alle Winkel durchgesucht, aber — der einzige Lohn meiner Mühe war die Ueberzeu gung, daß dieser Schatz sich in ihren Taschen be» finden müsse. Wie ihn aber dort herausbringen? — Schon
seit gestern zerbreche ich mir darüber vergebens den Kopf; und doch kann ich dieß Verlangen schlechterdings nicht aufheben. Ich möchte mich
toll ärgern, daß ich in die Kunstgriffe der Ta schendiebe nicht cingeweiht bin. Diese Geschick, lichkeil sollte durchaus ein wesentliches Stück der
Erziehung aller Leute ausmachen, die sich mit
Ränken abgeben wollen.
Was wäre das für ei
ne köstliche Sache — Briefe oder Gemählde von Nebenbuhlern zu stehlen! — Oder aus den Ta
schen einer unbicgsamen Spröden die Beweise ihrer Heuchelet) zu entwenden! Aber leider denken unsere Eltern an nichts! Und was hilft es mir,
baß ich nun hinterher dran denke; ich sehe dabey nur
S=
189
nur wie ungeschickt ich bin, ohne daß ich mir im mindesten zu helfen weiß. Genug ich setzte nach, sehr mißvergnügt, wie der an den Tisch. Meine Schöne besänftigte in dessen meine üble Laune wieder ein wenig, durch die Miene der Theilnahme, die sie meiner an geblichen Unpäßlichkeit schenkte; wobey ich denn nicht ermangelte, mich über starke Wallungen zu beklagen, die ich jetzt seit einiger Zeit verspürte, und die mich für meine Gesundheit besorgt mach ten. Gewiß halt sie sich für die Ursach derselben. Sollte Sie es sich nicht zur Gewissenssache ma, chen, sie zu lindern? Aber bey aller Frömmig, keit ist sie nicht sehr barmherzig. Sie versagt je, des Almosen der Liebe, und diese Härte reicht ja, sollte ich denken, hin, einen Diebstahl zu ent schuldigen. Doch genug für heut. Leben Sir wohl, ich weiß kaum, was ich schwatze; denn ich habe nichts, als die verwünschten Briefe in Gedanken.
190
=3 43.
Oie Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont, den 27. Aug.
aÖSarum, Herr Graf, wollen Sie meine Dank,
barkeit vermindern?
Warum wollen Sie meine
Ditte nur halb erfüllen, und einen rühmlichen
Einschluß gleichsam
verhandeln?
Ist er
Ihnen denn nicht genug, daß ich den Werth des,
selben zu schätzen weiß? Ihre Forderungen sind nicht blos hart, nein, sie sind zu erfüllen unmög lich.
Wenn meine Freunde von Ihnen mit mir
gesprochen haben, so haben sie es einzig aus Lie
be für mich gethan, und gesetzt, sie hätten dabey geirrt, so war doch ihre Absicht nicht weniger un-
radelhaft.
Und diesen Beweis vcn Wohlwollen
sollte ich — (nach Ihrem Vorschläge) damit vergelten, daß ich das Geheimniß ihres Nah,
mens verriethe? Ich that schon unrecht, daß ich dieser ganzen Sache gegen Sie erwähnte und Sie
machen mir jetzt dieses mein Unrecht sehr fühlbar. Was gegen jeden andern
—•
dine unschuldige
Aufrichtigkeit gewesen wäre, Sie — zur
wird gegen
Unbesonnenheit und
würde.
wenn
wenn ich vollends Ihren Wunsch erfüllen wollte,
eine schlechte Handlung werden.
Ich beru,
fe mich auf Sie selbst und auf Ihr Ehrgefühl —
Und frage Sie, ob Sie mich wirklich eines sol chen Verfahrens fähig halten? Gewiß Sie durf ten mir diesen Vorschlag nicht thun, und ich bin
versichert, daß Sie, so bald Sie sich ein wenig besinnen.
Sie freywillig von dieser Forderung
abstehen werden.
In Ihre Ditte, mir schreiben zu dürfen — kann ich fast eben so wenig willigen, und wenn
Sie billig seyn wollen, können Sie mir wohl
schwerlich die Schuld davon zuschreiben. Ich will Ihnen nichts unangenehmes sagen.
Aber welche
Frau wird wohl bey dem Nuf, in dem Sie stehn
und den Sie, Ihrem eigenen Geständniß nach, doch zum Theil verdienen/einen Briefwechsel mit
Ihnen eingestehn dürfen — und soll eine redliche
Frau wohl etwas thun, woran sie fühlt, daß sie es verheelen müßte.
Za wenn ich überzeugt seyn könnte, daß ich
den Inhalt Ihrer Briefe nie mißbilligen dürfte, und es immer vor mir selbst verantworten könnte, sie angenommen zu haben, vielleicht würde ich
bann
■•■TaT?
19 2*
tarnt — bloß äsn Sie zu überzeugen, daß Ver
nunft und nicht Haß mein Betragen gegen Sie leiten — mich dennoch über diese nicht unwichti
gen Betrachtungen wegsctzen und Ihnen diese Er
laubniß geben, die ich eigentlich nicht geben soll
te.
Wenn sie Ihnen in der Thar so viel Werth
ist, als Sie sagen, so werden Sie sich gern der
einzigen Bedingung unterwerfen, unter der ich sie Ihnen allein ertheilen kann, und Sie werden, wenn Sir nureinigeErkenntlichkeitfürdas, was ich in diesem Augenblick für Sie thue, empfin
den — Ihre Abreise nun auch nicht langer auf schieben. Erlauben Sie mir hierbey zu bemerken, daß
Sie schon heut Morgen einen Brief empfangen, aber ihn nicht benutzt haben, der Frau von No,
semonde Ihre Rückreise anzuzeigen, wie Sie es mir versprochen hatten.
Ich hoffe doch, daß nun
kein Hinderniß Ihr Versprechen zu erfüllen,
mehr vorhanden seyn wird.
Auf die mündliche
Unterredung, um die Sie bitten, ersuche ich Sie nicht zu warten ; denn in diese werde ich aufkei-
nen Fall einwiliigen und start des mündlichen Be
fehls, den Sie zu Ihrem Entschluß nöthig neu-, nen,
neu, begnügen Sie sich gütigst mit meiner schrift
lichen Ditte, die ich hiermit nochmals wiederhole.
Leben Sie recht wohl.
44-
Graf Valmont an die Markisin v. Mcrtcuil. ten28. Ang. -O freuen Sie sich mit mir, liebe Markisin. — Wictoria! ich werde geliebt! ja ich habe eö be
zwungen dieses rebellische Herz.
stellt es sich noch.
Vergebens ver
Meine glückliche List hat ihm
sein Geheimniß gestohlen.
rastlosen Bemühungen, was ich wissen wollte.
Dank sey es meinen
endlich weiß ich alles,
Seit voriger Nacht, seit
dieser glücklichen Nacht bin ich wieder in meinem
Elemente, und habe mein wahres Leben wieder
gefunden.
Ein doppeltes Geheimniß — dcr Lie,
be und des Frevels, ist in meinen Händen. Das eine soll mich zum Genuß, das andre zur Rache
führen; so will ich nun von Freude zu Freude ei len.
Der Gedanke daran reißt mich schon sosehr
hin, daß ich Mühe haben werde, mich bey meiDer geführt. llmg. i. Th.
N
mr
i?4 mr alten Klugheit zu erhalten; und kaum wird «S mir möglich seyn , bas mit Ordnung zu erzah, len, was ich Ihnen mirzurheilen habe. Doch ich will es versuchen. Vorgestern, nachdem ich Ihnen den lehten Brief geschrieben hatte, erhielt ich einen von mei ner Betschwester. Ich lege ihn hierbey; Sie werden aus ihm ersehen, daß sie mir darin auf die feinste Art, die sich denken läßt, die Erlaub niß giebt ihr zu schreiben. Aber sie dringt auch zugleich auf meine Abreise und ich fühlte, daß ich diese nun nicht langer verschieben könne, oh ne mir zu schaden. Indessen quälte mich die Begierde, zu erfah ren, wer wohl gegen mich geschrieben haben kön, Ne, Und ich war ungewiß, was ich thun sollte. Ich fiel auf den Gedanken, das Kammermäd chen zu gewinnen und sie zu bewegen mir die Ta schen ihrer Frau zuzustecken, die sie leicht ohne dem mindesten Verdacht des Abends sorenehmen und den folgenden Morgen wieder an Ort und Stelle legen konnte. Ich machte mich an ihr, und bot ihr zehn Louis'dor für diesen lumpigen Dienst. Aber ich fand an ihr einen gewissenhaf te«
=
195
ton und ängstlichen Maulaffen, bey dem weder Zureden noch Geld erwas vermochten.
Zch setzte
ihr noch zu, als schon das Abendessen auf dem
Tisch stand ■— aber ich mußte endlich abziehn
und konnte noch von Glück sagen, daß sie so gü tig war,
mir reinen Mund zu versprechen —
worauf ich aber, wie Sie denken können, auch
nicht sonderlich bauete.
Zch war eigentlich in ei
ner verfluchten Stimmung; ich hatte mir offen bar selbst eine Schlinge gelegt und ich verwünsch,
re den ganzen Abend über meinen unbesonnenen Schritt.
Als ich, immer in derselben Unruhe — end, lich auf meinem Zimmer allein war, sprach^ ich
meinen Zager über die Sache, der als begün
stigter Liebhaber hierbey von Gewicht seyn könn, re.
Zch verlangte, er solle das Mädchen entwe
der zur Erfüllung meines Verlangens zu bewe
gen suchen, oder sich wenigstens ihrer Derschwie, genhrit versichern.
Dieser Kerl aber, dem sonst
alles eine Kleinigkeit ist — machte bey diesem Auftrage ein sehr bedenkliches Gesicht und gab mir folgende Bemerkung zur Antwort,
deren
Gründlichkeit mich überraschte: „der gnädige Herr
N i
wis-
V)6
==
wissen so gut wie ich, fing er an, daß eines Mäd« chens Gunst genießen,
nichts anders ist, als
thun, was ihr behagt. —
Aber von ihr vertan,
gen, daß sie thun soll was uns behagt — ha, das ist ein ganz ander Ding und mit dem ersten
gar nicht einerley.
Für dieß Mädchen, fuhr er
fort, kann ich um so weniger stehn, da ich glau be, sie hat einen eigentlichen Liebhaber, und sucht
bey mir nureinen kleinen Zeitvertreib bey der Lan genweile auf dem Lande.
Auch würde ich —
ohne meinen Eifer für deS Herrn Grasen Dienst, vielleicht nur einmal — und nicht öfter — bey
ihr glücklich gewesen seyn.
(An dem Burschen
habe ich einen wahren Schatz!) Was das Schwei gen betrift — setzte er hinzu — so sehe ich nicht
ab, daß wir dabey viel gewinnen,, wenn wirr
uns von ihr versprechen lassen, da sie uns unge hindert betrügen kann, wenn sie will.
Za wenn
wir abermals davon zu reden anfangen, so wird sie nur merken, wie viel uns an der Sache liegt,
und nur um so mehr Lust bekommen, sich durch Plaudern bey ihrer Herrschaft einzuschustern." Ze richtiger diese Bemerkungen waren, je mehr vergrößerten sie meine Angst.
Zum Glück
war
m war der närrische Kerl einmal im Zuge zu schwatzen, und da ich seiner Hülst bedurfte, so Ließ ich ihn reden. Er erzählte mir von seinem .Abentheuer mit dem Mädchen ein langes und brei tes, wobey ich beyläufig erfuhr, daß, weil die Kammer, in der sie schläft, von dem Schlafzim mer der Präsidentin nur durch eine dünne Bret terwand geschieden ist, durch die man jedes (leine Geräusch leicht hört, — sie beyde ihre nächtli chen Zusammenkünfte in seiner Kammer hielten. Sogleich war mein Plan gemacht, den ich ihm mittheilte und wir führten ihn beyde mit er wünschtestem Glück aus. Ich wartete zwey Uhr des Nachts ab, dann ging ich der Abrede gemäß mit einem Lichte in der Hand in das Kämmerlein der Verliebten itm ter dem Vorwande, schon oft vergeblich geklin gelt zu haben. Mein Spießgesell, der seine Nel le meisterlich spielte, machte den erschrockenen Ver zweifelnden — flehentlich Bittenden vortreslich, bis ich ihn mit dem Befehl, mir Theewasser, zu machen, das ich nöthig zu haben vorgab, herausschickte. Mein gewissenhaftes Kammerkätzr chen, wollte, wie Sie denken können, vorDchaam und
und Angst verzweifeln, weil ich sie, war das ärgste war — in einem Aufzuge fand, den diese heiße Jahrszeit wohl verträgt- aber nicht ent schuldigt, und zu dem der Schelm sie beredet hak le, damit die Spitzbüberey besser gelänge. Je mehr sie geängstet und gedehmüthigt war, je leichter ließ sie sich bewegen. Sie mußte da her bleiben, wie sie war, und ich setzte' mich ru hig zu ihr aufs Bett, um meinen Vortrag anzu sangen. Ich durfte das Uebergewicht, das mir die Umstände gaben, keinesweges aufs Spiel setzen. Auch wußte ich mich in derThat in einer Faßunq und Mäßigung zu erhalten, die der Strenge ei nes Scipio Ehre gemacht hätte, ich erlaubte mir nicht die mindeste Freyheit und sprach mit ihr über meine Angelegenheit so ruhig, als hätte ich mit einem Precuraror zu thun. Ich that ihr den Vorschlag, ich wolle die ganze Sache geheim halten unter der Bedingung, daß sie mir die folgende Nacht um dieselbe Zeit die Tasche ihrer Herrschaft auslieferle, „ich habe ihr, setzte ich hinzu, gestern io Louisd'or für die sen Dienst geboten. Auch diese"soll sie jetzt noch haben. Denn ich will aus diesem Zufall keinen Vor-
Vortheil weiter ziehn. Alles wurde, wie Sie denken können, sogleich bewilligt, und so ent fernte ich mich und ließ das Pärchen in Freyheit. Jetzt logte ich mich ruhig schlafen und beym Erwachen entschloß ich mich, sogleich aufdie Jagd zu gehn, um unter einem schicklichen Vorwand den Brief meiner Schönen so lange unbeantwor, tcl zu lassen, bis ich die Papiere durchsucht hatte, welches erst die folgende Nacht geschehn konnte. Hier blieb ich den ganzen Tag über. Mein Empfang, als ich nach Hause kam, war ziemlich kalt. Ich glaube, man hatte mirs übel genommen, daß ich die kurze Zeit, die ich noch hier zu bleiben hatte, nicht besser benutzte, besonders nach dem viel gütigern Briefe, den ich erhallen hatte. Ich schließe das daraus, daß sie, als die Tante mich über meine lange Abwesenheit schalt, ein wenig bitter hinzusctzte: „O tadeln Sie doch den Grafen Valmont nicht, baß er dem einzigen Vergnügen nachgeht, das er hier sinken kann." Ich nannte diese Bemerkung ungerecht und versicherte, die Gesellschaft der Damen festele mich so sehr, daß ich ihrentwegen einen sehr angenehmen Brief, den ich zu schreiben hatte, aus.
aufschbbe. Ich setzte hinzu, ich hatte leider seit mehrern Nachten nicht schlafen können und heut btit Versuch machen wollen, ob die Ermüdung dagegen
h"elfen wolle.
Meine Blicke hießen über en Ge
genstand meines Briefes und die Ursach meiner
Schlaflosigkeit keinen Zweifel.
Ich spielte den
ganzen Abend eine sanfte Melancholie, die mir ziemlich gerieth und unter der ich glücklich meine ungeduldige Sehnsucht nach der Stunde verbargt die mir ein so sorgfältig bewahrtes Geheimniß hr
die Hände liefern sollte.
Wir trennten uns end
lich und bald erschien die getreue Zofe, um mir
den
Preis meiner Verschwiegenheit einzuhän,
digen.
Nun war ich endlich Meister dieses Schatzes und ich schritt zur Untersuchung mit aller der Klugheit, die Sie an mir kennen, um alles t6cu
so und an denselben Platz wieder hinzulegen. ZweiBriefe des Herrn Gemahls fielen mir zuerst in
die Hande —
allerley Zeug durcheinander —
von seinem Proceß, von seiner ehelichen Zärtlich keit , welches ich indessen ganz zu lesen die Ge,
duld hatte \ ich fand keine Silbe von mir. drüßlich legte ich sie an ihren Ort.
Ver-
Aber ich er-
hrie
heiterte mich wieder, als ich die Stücke meines berühmten Briefes von Dijon sorgfältig zusam,
mengelegt unter meinen Handen fand.
Zch har
te den glücklichen Einfall, sie durchzusehn und denken Sie sich meine Freude, als ich auf diesen
Fragmenten hie und da Sppren von Thränen er
blickte.
Ich gestehe Ihnen meine Schwachheit;
eine jugendliche Empfindsamkeit übermannte mich dermaßen, baß ich das Papier mit einer Begei
sterung küßte, der ich mich langst nicht mehr für fähig gehalten hatte.
Zch setzte meine glückliche
Nachforschung fort.
Alle meine Briefe nach ih,
rem Darum geordnet fand ich wieder; ja, wel
ches mich höchst angenehm überraschte, sogar der erste von allen, den ich mir von meiner Undank baren zurückgegeben glaubte, fand sich in einer
getreuen Abschrift von ihrer Hand, aber zitternd und unleserlich geschrieben, welches die Unruhe
ihres Herzens bey dieser Arbeit genugsam verrieth.
Vis jetzt hatte ich nur das Gefühl der Liebe; bald aber trat die Wuth an ihre Stelle.
Rathen
Sie einmal, wer der ist, der mich bey diesem Weibe,
die ich anbete, zu Boden treten wE
Welche Furie aus der Hölle halten Sie zu solcher Dü,
Bübercy für boshaft genug? Sie kennen sie, er ist eine Freundin, eine Verwandte von Ihnen,
es ist — die Frau v. VolangeS.
Sie können
sichs nicht denken, welch ein Gewebe von Abscheulichkcit ihr die höllische Megäre auf meine
Kosten geschrieben hat.
Sie, sie allein war-,
die das arglose Herz dieses englischen Weibes mit Bangigkeit und Angst erfüllte.
Auf ihren Rath
allein, auf ihr teuflisches Dringen und Treiben
muß ich fort von hier.
Ihrem Willen muß der
meinige nachstehn! Doch Geduld! in deiner Toch
ter will ich meine Rache nehmen; ich will sie ver
führen — Nein, das ist nicht hinreichend — br-
2Z4 Befangenheit der Tochter alles dies tnacht ihn schüchtern und hält ihn zurück.
Gründe dieser
Art, so stark sie an sich seyn mögen,
pfen,
zu bekäm,
darin liegt die Schwierigkeit nicht.
Mit
ki» wenig Geschick, wobey man auf den Beystand der Leidenschaft selbst sehr rechnen darf, würde
man sie vielleicht überwältigen, und das um so leichter, da man den'Schein des Lächerlichen auf
sie werfen und ihnen die allgemeine Sitte enrge-
genstellen kann.
Allein die einzige— warlich
große Schwierigkeit bey der Sache ist die, daß er sich in seinergegenwärtigen Lage glücklich fühlt;
an dieser wird alle unsere Kunst und,Mühe scheitern.
Jede erste Liebe ist in der Regel im
mer weit redlicher,
oder.wie man das nennt,
weit reiner und daher weit langsamer in ihren Unternehmungen, als die folgenden. Das kommt
nicht vom feinern Gefühl, oder von Schüchtern heit, wie man gewöhnlich sagt und glaubt, son dern einzig daher, daß das von einem unbrkann, ten wonniglichen Gefühl überraschte. Herz so zu sagen bey jedem Schritt verweilt, um die neue
LLonne,
die es empfindet, recht zu schmecken,
und weil, diese Wonne bey Herzen ohne Erfah
rung
vung so übermächtig ist, daß es über sie jedes an dre Vergnügen vergessen muß.
Dieß ist so wahr,
daß selbst der Wollüstige, so bald er liebt — ge setzt dieß wäre möglich — von dem Augenblick an ans den Genuß weniger begierig ist, und daß zwischen dem Verhältniß des Danceny zur klei
nen Volanges und dem Meinigen zur Tcurvel nur der Unterschied des Grades statt findet.
Um unsern jungen Herrn zu erhitzen hatte er
mehr Schwierigkeit finden müssen,,als er gefun
den har.
Er hätte die Schleichwege mehr bedür
fen müssen,
dreist.
denn diese machen verwegen und
Ich bin geneigt zu glauben, daß Sie
mit Ihrer Diensiferligkeir gegen ihn unsern Pla nen Abbruch gerhan haben.
Za bey einem Men
schen von Welt-Erfahrung, der blos seiner Sinn, lichkeit nachgeht, wäre dieses Benehmen gut ge,
Ivesen, aber — das hätten Sie vorhersehn kön nen,
daß bey einem jungen Menschen,
dessen
Herz voll ist von Edelmuts) und Liebe, Gunstbe zeugungen nur als Beweise der Liebe Werth Ha
den und daß ein solcher folglich um so weniger unternehmend seyn wird, je gewisser er sich ge
liebt weiß.
Was ist nun zu thun? ich muß ge-
stchil',
2Z6 stehn, ich weiß es nicht; und ich hoffe kaum noch 6ai?
auf, daß wir mit der Kleinen vor ihrer Heyrath
unsern Zweck erreichen. ■ Geben Sie nur Acht —
am Ende werden wir um den Lohn aller unserer Sorge und Mühe betrogen: das ärgert mich frey lich , aber ich weiß dabey keinen Rath. Während ich hier sitze und verdrüßliche Ab
handlungen schreibe, wissen Sie mit Ihrem Che valier etwas bcssers zu thun.
Das mahnt mich
daran, daß Sie mir eine Untreue an ihm ver
sprochen haben.
Za, ja, Madame, ich habe
darüber eine Verschreibung, die ich nicht insMakulatur zu werfen gedenke.
Die Verfallzrit ist
freylich noch nicht da; aber ich hoffe, Sie wer, den großmüthig seyn und cs so genau nicht neh men.
Zch sür mein Theil will Zhnen die Zinsen
richtig berechnen.
Was sagen Sie zu dem Vor
schlag, meine schöne Freundin? Sind Sie denn
Ihrer Beständigkeit nicht endlich überdrüßig?
Ihr Chevalier muß ein Mann von besondern Vor, zügen seyn.
Doch lassen Sie mich nur machen.
Sie sollen, hoffe ich, gestehn., daß Sie ihn nur
schätzen konnten, weil Sie mich vergessen hatten, Adieu,
schöne Frau.. Zch umarme Sie mit
Sehn-
Sehnsucht.
Die Küsse Ihres Chevalier können
nicht so feurig seyn, als die, die ich Ihnen in Gedanken gebe.
58.
Graf Valmont an die Präsidentin von Tourveh,
len 7. Sept. SSSomit , gnädige Frau, habe ich. die Vorwürfe verdient, die Sie mir machen und den Zorn, den
Sie über mich aüsschütten? Die lebendigste und
ehrfurchtvellste Zuneigung' und die vollkommen ste Unterwerfung unter Ihre, kleinsten Winke,
das ist mit zwey Worten die Geschichte meines Her
zens und meines Betragens gegen Sie.
Bey der
drückenden Last einer unglücklichen Leidenschaft halte ich keinen andern Trost, als den, Sie zu sehn.
Sie befahlen mir, ihn hinzugeben; und
ich gehorchte, ohne Murren.
Zu einiger Ent
schädigung erlaubten Sie mit,. Ihnen zu schrei ben, und nun wollen Sie mir auch dieses einzi
ge Vergnügen rauben.
Soll ichs hingeben —
ohne zu versuchen, ob ichs rettenkann? Daskann Der Lkfäh'rl. Umg. l. Th.
R
ich
ich nicht.
Wie theuer ist es meinem Herzen?
Es ist das einzige, was ich habe, und ich habe es von Ihnen'. Meine Briefe, sagen Sie, sind
zu häufig.
Aber ich bitte Sie, erwägen Sie doch,
daß seit den zehn Tagen, da meine Verbannung
von Ihnen dauert, kein Augenblick ohne den Gedanken an Sie vergangen ist und daß Sie gleich wohl nur zwey Briefe von mir empfangen haben
„Ich rede darin, sagen Sie, nur von meiner« Liebe."
Aber kann ich etwas anders sagen, als
was ich denke? Alles was ich vermochte, war,
den Ausdruck derselben zu mildern, und ich ver sichere Sie, dieß habe ich nach Vermögen gethan.
Sie drohen mir endlich, mir nicht mehr zu ant worten.
Es ist Ihnen also nicht genug, einen
Menschen, der Sie über alles schätzt, dessen Ehr furcht für Sie sogar seine Liebe noch übersteigt,
diesen mit Härte zu behandeln, Sie wollen ihn auch noch durch Verachtung kränken.
Und' wes
halb diese Drohungen und dieser Zorn? Haben
Sie solche Mittel vonnöthen? Sind Sie meines Gehorsams nicht versichert, selbst bey Ihren un
gerechten Befehlen?
Ist es mir möglich, dem
geringsten Ihrer Wünsche zu widerstreben und
ha,
-------
2Z9
habe ich das nicht schon hinreichend bewiesen?
Wollen Sie durchaus die Herrschaft, die. Sie über mich haben, zu meiner Qual gebrauchen? Ist es Ihnen so etwas leichtes, die Ruhe, die
Sie so nöthig haben, zu behaupten, nach, dem Sie mich unglücklich gemacht und ungerecht behandelt haben? Wird Ihr Gewissen Ihnen
nie znruftn: Er machte mich zur Gebieterin über sein Schicksal und ich beschloß sein Unglück — er flehte zu mir um Hülfe und ich versagte ihm mein Mitleid? Wissen Sie, wie weit die Ver-
zweiflung mich treiben kann? Nein, warlich, das
wissen Sie nicht.
Ach, wüßten Sie, in wel
chem Grade ich Sie liebe, Sie würden geneigter
seyn, meine Leiden zu lindern — aber Sie ken nen mein Herz nicht.
Wem opfern Sie mich auf? Nur einer träu
merischen Furcht, die Ihnen ein Mann verur sacht , der Sie anberet und über den Sie immer
die vollkommenste Gewalt haben werden.
Was
fürchten Sie von einer Neigung — was dürfen
Sie von ihr fürchten, die Sie immer nach Ih, rem Willen zu lenken im Stande seyn werden?
Aber Ihre Einbildung schäft Ihnen Ungeheuer, N i
und
2§0 und die Angst, die Ihnen diese verursachen, gr, be Sie denn der Liebe Schuld.
Haben Sie doch
ein wenig mehr Vertrauen und die Schreckbilder werden verschwinden.
Ein weiser Mann macht
die Bemerkung, daß es kein besseres Mittel ge
gen die Furcht gebe, als das — ihre Ursach recht scharf ins Auge zu fassen.
Zn der Liebe ist die
se Bemerkung recht an ihrem Platz — Lieben
Sie
nur und
alle Furcht wird verschwinden.
An die Stelle Ihrer Schrcckbilder werden Sie das süßeste Gefühl — und einen zärtlichen und unterwürfigen
Liebhaber finden.
Dey diesem
neuen Glück, das von nun an alle Tage Zhres Lebens verschönern wird,
werden Sie nur die
Vergangenheit bedauern, die Sie in gleichgülti
ger Ruhe hinbrachtcn.
Selbst ich, seit ich von
meinen Verirrungen
zurückgekommen bin und
nur für die Liebe lebe , selbst ich bereue jene Zeit,
die ich der Freude zu widmen mich einbildete, und ich fühle, daß das wahre Glück des Lebens erst
jetzt — erst durch Sie für mich beginnt.
Aber
ich bitte Sie flehentlich, verbittern Sie mir das Vergnügen Ihnen zu schreiben nicht durch dir Furcht, Zhnen damit mißfällig zu werden.
Zch will
26t will Ihnen nicht ungehorsam seyn — Aber auf weinen Knien flehe ich Sie um die Wohlthat,
die Sie mir jetzt entziehn wollen, die einzige, die Ihre Güte mir bisher noch ließ.
0 hören
Sie auf mein Flehen, und sehen Sie meineThra*
nen.
Ach gnädige Frau, werden Sie mir diese
Bitte versagen ?
59-
Graf v. Valmont an die Markisin v. Mcrtcuil.
den 8. Sept, ^agen Sie mir doch, wenn Sie es wissen — was bedeutet denn des Danceny Geschwätz in fei-, nein Briese, den ich Ihnen hier beylege? War ist ihm denn begegnet? Was hat er verlohren?
Ist die Kleine etwa über seine Ehrfurcht ohne
Ende endlich verdrüßlich geworden?
man muß billig seyn.
Ze nun,
Wir Hattens» viel Geduld
warlich nicht.gehabt. Was soll ich ihm heut Abend
sggen, bey der Zusammenkunft, um die er mich bitter und die ich ihm auf gut Glück zugesagt ha be?
Meine Zeit ist mir wahrhaftig zu kostbar,
um
2§2 um seine verliebten Klagen anzuhören, wenn das zu weiter nichts führen kann.
Die Klagen der
Liebe hören sich nur in Obligaten, Nezitativeirund
Bravour-Arien gut an.
Sagen Sir mir also
doch, was Sie wissen und was ich thun soll- oder ich laufe davon, um der Langeweile zu entgehn,
die ich vorhersehe.
Kann ich Sie diesen Mor
gen sprechen? Oder wenn Sie nicht allein sind, so schreiben Sie mir wenigstens und geben Sie
mir einige Winke über die Nolle,, die ich zu spic
ken habe. Wo waren Siedenngestern? Kann ich wohl
dazu kommen, Sie zu sehn? Es lohnte warlich
nicht der Mühe, deshalb, im September in Pa ris auszuhalten.
Fassen Sie einen Entschluß;
denn ich erhalle eben eine dringende Einladung, von der Gräfin B< — sie auf dem Lande zu be suchen.
Sie schreibt mir sehr drollige:
„Ihr
Gemahl habe ein sehr schönes Gehölz, das er für
das Vergnügen seiner Freunde sorgfältig schont."
Sie wissen ja, ich habe auch einige- Rechte auf dieses Gehölz, und ich will es besuchen, wenn ich Ihnen hier nichts weiter nutzen kann.
Adieu« Der-
vergessen Sie nicht, daß Danceny gegen'^UHr zu mir kommt«
60. von Danceny an Cecklie Dolanges.
(im vorigen eingeschloffm)
teil 8. Sept.
Ach , lieber Graf, ich bin in Verzweiflung; ich
habe alles verkehren. Ich wage es nicht, diesem Papier das Geheimniß meiner Leiden anzuvertrauen; aber ich muß sie in den Dusen eines treuen, zuverläßigen Freundes ausschütten. Um welche Zeit kann ich heut zu Ihnen kommen und mir von Ihnen Trost und Rath holen? — Ach wie glücklich war ich an jenem Tage, da ich 3t); nen mein ganzes Herz öffnere! Und nun, o wie hat sich das alles so bald geändert! Was ich um meincrwillen leide, ist nur der kleinste Theil mei nes Kummers — Aber die Angst, die ich um den mir so theuern Gegenstand empfinde, die kann ich nicht tragen. Sie sind glücklicher, als ich. Sie dürfen sie sehn und ich erwarte von Ihrer Freunde
Freundschaft, daß Sie mir Ihren Beystand nicht
versagen werden.
Aber ich muß deshalb mit 3^
nen reden und Ihnen meine ganze Lage schildern.
Gewiß Sie werden mich beklagen und mir helfen wollen! Meine ganze Hoffnung ruht auf Ihnen.
Sie haben ein fühlbares Herz und kennen die Liebe.
Sie sind der einzige, dem ich mich aiv
vertrauen kann.
0 versagen Sir mir Ihren
Beystand nicht.
Leben Sie wohl, die einzige Linderung mei ner Schmerzen giebt mir der Gedanke, baß mir noch ein Freund, wie Graf Valmont übrig ist. Lassen Sie mich wissen, ich bitlesehr darum, um
welche Stunde ich Sie heut werde sprechen kön
nen.
Kann es Vormittag nicht seyn, so wünsch^
te ich, daß es Nachmittag so bald als möglich geschehe. 61.
Cccilie Dolangcs an Sophie Carnay.
den 7. Sept.
Ach!
liebe Sophie,
Deine arme Cecilie.
bedaure Deine Cecilie.
Sie ist sehr unglücklich. Die
2§5
Die Mama har alles erfahren.
In der Welt be,
greife ich nicht, woher sie Verdacht geschöpft hat;
aber genug, sie hat alles entdeckt. Gestern Abend
.schien mirs gleich, als ob sie ein wenig finster aussähe; aber ich merkte nicht sehr darauf, und
während sie ihre Parthie Whist ausspielte, säst
ich ganz ruhig und vergnügt und plauderte mit Frau v. Merteuil, die den Abendbey nnS gegessen hatte, von meinem Danceny.
Daß sie uns hät-
te verstehn können, ist unglaublich.
Endlich
nimmt Frau v. Merteuil Abschied und ich gehr auf mein Zimmer.
Wie ich beym Ausziehn bin,
kommt die Mama und schickt das Kammermäd chen fort.
Sie fordert den Schlüssel zu meinem
Sekretair.
Der Ton, mit dem sie dieß that,
verursachte mir solches Zittern, daß ich kaum auf
den Füßen mich halten konnte.
Erst that ich,
als könnte ich ihn nicht sinnen; aber am Ende mußte ich ihn doch herausgeben.
Zn dem ersten
Schubkästchen, das sie herauszog, lagen gleich die Briefe von Danceny.
Zch war so verstört,
daß ich auf ihre Frage, was das für Papiere
wären, nichts vorbringen konnte, als es wäre nichts.
Als sie aber einen von den Briefen nahm
und
und zu lesen anfing, vergingen mir die Sinne.
Kaum konnte ich noch einen Stuhl erreichen. Als ich wieder zu mir selbst kam, hieß mich dir Ma
ma, dir indessen das Mädchen wieder herbeygeru-
fctt hatte, zu Bette gehn und ging weg.
Sie
nahm aber alle Briese von Danceny mit.
Ich
bebe, wenn ich dran denke, daß ich ihr wiede-r
vor Augen kommen soll.
Die ganze Nacht habe
ich mit Weinen zugebracht.
Ich schreibe Dir jetzt mit Anbruch des Tages,
weil ich hoffe,
daß Josephine kommen wird.
Kann ich sie allein sprechen, so will ich sie bitte»
rin klein Zettelchen an Frau von Merteuil mitzu nehmen, wo nicht, so werde ichs in diesen Brief
mit einschließen und Du bist denn wohl so gütig, rs ihr hinzuschicken, als wenn es von Dir käme»
Nur von ihr erwarte ich einigen Trost.
We
nigstens kann ich mit ihr doch von ihm reden; denn ihn Wiedersehn?
ach,
das werde ich
wohl niemals. Ich bin doch recht unglücklich! — Vielleicht hat sie auch die Güte mir einen Brief
an Danceny zu bestellen.
Josephinrn wage ich
nicht diesen Auftrag zu geben und meinem Kam mermädchen noch weniger.
Denn die ist vielleicht gerade
gerade die Verrätheriy. Sie weiß wenigstens, baß ich Briese in meinem Schreibtisch ausbcwahre. Zch breche hier ab, weil ich noch an Frau von Merteuil und an Danceny schreiben will, ehe sie kommt, damit sch die Briefe schon fertig ha be, wenn sie sie etwa bestellen will. Denn will ich mich wieder ins Bette legen, damit man mid) im Bette findet, wenn einer kommt. Ich wer, de mich krank stellen, um nicht zur Mutter zu müssen. Verstellung habe ich nicht einmal nöthig; mir ist übler, als wen» ich das Fieber hörte. Die Augen brennen mir vom vielen Weinen, und ich habe ein Drücken im Magen, daß ich kaum Lust holen kann. Wenn ich daran denke, daß ich Danceny nicht wieder sehn soll, so möchte ich sterben. Lebe wohl, liebe Sophie, ich kann nicht mehr schreiben, die Thränen überwältigen mich. (GecUien» Brief an die Markistn ist tveggetassen, weil er mit dem vorhergehenden fast gleiche« Jnnhalt« nxir* Der au Dancein) hat sich nicht gefüllten. Die Ursa che davon enthalt der 4zste Brief von Frau von Mer' teuil an Erak Va-mvnl^
-------
268
62.
Frau von Volangcs an von Danerny.
Da Sie,
mein Herr,
den 7. Sept» das Vertrauen einer
Mutter und die Unschuld eines Kindes gewiß,
braucht haben, so werden Sie sich hoffentlich nicht
wundern, wenn Sie künftig keinen Zutritt mehr in einem Hause haben können,
in welchen Sie
die Beweise her aufrichtigsten Freundschaft mit Verletzung aller Pflichten der Ehre vergolten ha,
ben.
Zch will Sie lieber selbst bitten, nicht mehr
zu mir zu kommen, als Sir durch meinen Thür,
sicher abweisen lassen — um nicht meine Dome, stiken aufmerksam zu machen und uns beyde ih ren Anmerkungen Preis zu geben.
Ichdarfwohk
hoffen, daß Sie mich zu diesem Mittel nicht nö thige» werden.
Zugleich sage ich Ihnen im Vor
aus , daß wenn Sie in Zukunft den geringsten Versuch machen sollten,
meine Tochter in der
Verirrung zu erhalten, zu der Sie sie verleitet
haben, ich sie durch eine strenge und ewige Abge
schiedenheit von der Welt Ihren Verfolgungen ent-
ziehn würde.
Cs wird sich nun zeigen, ob Ih
nen
—-—-
2 §9
«en das Glück meiner Tochter eben so gleichgültig ist, als Zhnen ihre Ehre war.
trift,
Was mich be-
so ist mein Entschluß gefaßt und meine
Tochter weis ihn bereits.
Sie erhalten hierbey Ihre Briefe zurück.
Ich
rechne darauf, daß Sie dagegen die von meiner Tochter zurückgeben, und sich nicht weigern wer
den , jede Spur eines Vorfalls zu vertilgen, des, sen Andenken mich mit Unwillen, meine Tochter
mit Schaam und Sie mit Vorwürfen gegen sich
selbst erfüllen muß.
Ich habe die Ehre rc.
6z. Die Markism von Merteuil an Graf Valmont,
len 9. Sept. Allerdings kann ich Ihnen über Dancenys Bil let einen Aufschluß geben.
Die ganze Geschichte
ist ja mein Werk, ich möchte sagen mein Meister
stück.
Seit Ihrem letzten Brief bin ich nicht
müßig gewesen.
Ich dachte wie jener Athemen-
fische Baumeister: was der da sagt, werde ich
thun.
Al.
■£---»
L70
Also Hindernisse, meinen Sie, braucht uns
ser kleine Held und sein Glück schläfert ihn ein. Wohl, er kann sich darin auf mich verlassen; dar
mit will ich ihm hinreichend dienen; und ich wet
te, sein Schlaf soll nicht mehr so ruhig seyn, wie bisher.
Es war höchst nöthig, ihn den Werth
der Zeit kennen zu lehren, und ich hoffe, daß er
jetzt die Augenblicke bedauern wird, die erveklehren hat.
Es ist ferner nöthig,
daß er Schleichwege aufsuchen muß. damit will ich ihm aushelfen.
sagen Sie, Wohl, auch
Ich habe das Gu,
te an mir, daß man mir meine Versehn nur sa
gen darf und ich ruhe nicht eher, bis ich alles wieder gut gemacht habe.
Hören Sie nun, was
ich that. Als ich ehegestern gegen Morgen nach Haufe kam, las ich Ihren Brief. mein belehrend»
Ich fand ihn unge
Sie hatten die Ursach des Ue
bels nach meiner Meinung darin richtig angege
ben und ich sann nun auf ein bequemes Heilmittel dabei.
Ich fing damit an, daß ich mich zu Bette
legte; denn mein unverdrossener Chevalier hatte
mich keinen Augenblick schlafen lassen und ich hat te Ruhe sehr nöthig.
Aber alles umsonst, Danceny
«uv lag mirinGedankenund das Verlangen, ihn aus seiner Unchätigkeit zu wecken, oder sie an ihm
zu bestrafen, ließ mich kein Auge schließen.
Erst
nachdem ich meinen Plan wohl durchgedacht hat, te,
konnte ich ein Paar Stunden Ruhe ge,
nießen.
Noch den nemlichen Tag ging ich Abends zur Frau von Volanges und sagte ihr meinen Plan gemäß im Vertrauen, .wie ich fast überzeugt sey,
daß zwischen dem Herrn von Danceny und ihrer
Tochter ein bedenkliches Verhältniß statt finde. Diese Frau, die sonst z. E. über Sie so scharf sieht, war hier so ganz lÜind, daß sie mir antworte te: ich irre mich unfehlbar, ihre Tochter sey ja noch
ein Kind u. dergl. mehr. nicht alles sagen,
Zch konnte ihr freylich
was ich über diesen Punct
wußte, aber ich versicherte, Blicke, Reden Und
dergleichen bemerkt zu haben, bey denen mei
ne Tugend und
meine Freundschaft
nicht ruhig seyn könnten.
Zch predigte
und eiferte nun trotz der ältesten Betschwester; und that endlich den entscheidenden Schritt, indem
ich behauptete, ich hatte, wenn mich nicht alles
trüge, von Heyden Seiten Briefe geben und neh
men
272
men gesehn.
—..... -
„Dabey fällt mir ein, führ ich fort,
baß sie eines Tages ein Schubfach ihres Sekre tairs vor meinen Äugen aufzog, in welchem ich Papiere sah, die sie ohnzweifel aufbewahren will.
Ist sie etwa mit jemanden in einer häufigen Cor«
respondenz?"
Hier veränderte sich das Gesicht
der Frau v. Volanges und ich sah einige Thrä nen aus ihren Augen fallen. nen, würdige Freundin,
„Ich danke Ih
sagte sie endlich, in
dem sie mir die Hand drückte, ich werde es un tersuchen."
Nach dieser Unterredung, die zu kurz war, um Verdacht zu erwecken- ging ich zur Tochter,
die ich aber bald darauf wieder verließ, um die Mutter zu bitten, mich bey der Tochter ja nicht
zu verrathen.
Dies versprach sie mir unz so wil
liger, da ich ihr zu bedenken gab, wie gut es wä
re, wenn dies Kind einiges Vertrauen zu mir
behielte, um mir ihr Herz aufzuschließrn, und mir Gelegenheit zu geben, Besten zu rathen.
ihr
zu ihrem
Ich rechne ganz fest auf
ihr mir darauf gegebnes Wort, weil sie bey der Tochter sich gern das Anschn einer großen Scharf
sichtigkeit wird geben wollen.
So konnte ich auf eine
«ine gute Art meinen vertraulichen Ton gegen bi« Kleine beybehalten, ohne in den Augen der Muttek .falsch zu erscheinen, welches ich nicht gern möchte. Zch gewann dabey auch noch das, daß ich in der Folge bey der Kleinen so lange und so insgeheim seyn durste, als ich es wollte, ohne der Mutter damit Verdacht zu geben. Das letzte geschahe selbst diesen Abend noch. Nach geendigter Parthie schob ich die Kleine in einen Winkel und brachte sie hier auf ihren Dancctw, über dem sie unerschöpflich ist. Zch machte mir Len Spaß, ihr von dem Vergnügen, das sie morgen bey seinem Wiedersehn empfinden würde, viel vorzuschwatzen, ihr den Kopf so zu erhitzen, baß sie das tollste Zeug redete. Es war wohl bil lig, ihr das, was ich ihr in der Wirklichkeit ge raubt hatte, in der Hoffnung wiederzugeben; auch trug dieß nicht wenig dazu bey, ihr den -Schlag, der ihr bevorstand, empfindlicher zu ma,. .chen. Ze mehr sie leiden wird, je begieriger wird sie seyn, sich dey erster Gelegenheit schadlos zu halten. Es ist überdem gut, jeden, den man ■ju großen 2lbentheuern bestimmt, auch an außer ordentliche Vorfälle zu gewöhnen. Und dann Der geführt. Umg. I. ThT dünkt
Lünkt mich, sie kann das Vergnügen, ihren Dan.ceny zu besitzen, auch wohl mit einigen Thränen
bezahlen.
Gut'.
Verliebt ist sie in ihn bis zur Narrheit.
Ich verspreche ihr ja die vollkommenste als sie ohne
Befriedigung und vielleicht früher,
dieses Ungewitler erfolgt wäre. nur einen bösen Traum;
wonnevoll seyn.
Sie hat jetzt
das Erwachen wird
Wenn ich dieß alles erwäge,
so dünkt mich, daß sie mir wohl gar noch Dank
barkeit schuldig ist— und hätte ich auch ein bis chen Bosheit mit eingemischt, je nun, man muß
ja Zeitvertreib haben.
Ein Dichter sagt:
Die Narren sind hienieden
Nur uns zum Spas bestimmt. Ich ging endlich sehr mit mir zufrieden nach Hau
se.
Entweder wird bey Danceny, sagte ich zu
mir selbst, durch diese Hindernisse erhitzt, die
Liebe sich verdoppeln und dann werde ich ihm aus allen Kräften beystehnoder wenn er der Narr ist,
für den ich oft geneigt bin, ihn zu halten,
so wird er verzweifeln, und sich völlig geschlagen
glauben; und auf diesen Fall habe ich wenigstens,
so gut sichs thun ließ, meine Rache an ihm ge nommen.
Nebenbey werde ich noch die Achtung
-er Mutter,
die Freundschaft der Tochter und
das Vertrauen beyder gegen mich vermehrt haben. Was den Grafen von Gercourt, den eigentli chen Gegenstand meiner Bemühungen betrifft,
so müßte ich viel Unglück haben,
ungeschickt benehmen,
oder mich sehr
wenn es mir,
beyder
großen Gewalt, die ich über sein künftiges Weid zum Theil schon jetzt habe, und künftig noch weit
mehr haben werde, an Mitteln fehlen sollte, aus ihr doch am Ende,
was ich will,
zu machen.
Mit diesen angenehmen Vorstellungen legte ich mich zu Bette, schlief vortreflich und erwachte erst sehr spät.
Beym Aufstehn fand ich zwey DilletS, eins von der Mutter, eins von der Tochter. mußte recht herzlich lachen,
Ich
als ich in beyden
buchstäblich die nemliche Zeile fand:
Von Ih
nen allein erwarte ich einigen Trost. Zsts nicht wahrhaft lustig, zwey streitende Par
theyen zu trösten, und von zwey sich entgegen wirkenden Bewegungen die einzige Triebfeder zu seyn? Ich komme mir vor wie die Gottheit, zu
der
die
widersprechenden Gebete der blinden
Sterblichen aufsteigen, ohne sie in ihrem unwanS r
delba-
--------- -
2.76
delbareu Nathschluß beugen zu können.
Ich ter,
ließ inzwischen diese erhabene Nolle, um die eines
tröstenden Engels dafür^zu übernehmen und eilte, um nach der Schrift, die betrübten Freun
de Heimzusuchen. Dey der Alten fing ich an.
Ich fand sie in
einer solchen Traurigkeit, daß sie zum Theil schon
für den bösen Leumund gestraft ist, den sie Ihnen
bey Ihrer Präsidentin gemacht hat.
Alles ist
vorlreflich gelungen! Was mich anfänglich beun
ruhigte, war, Frau von Volanges würde diesen Vor
fall benutzen, das Vertrauen ihrer Tochter zu ge, winnen; welches ihr leicht hatte gelingen können,
wenn sie die Sprache der Sanftinuth und Freund lichkeit gegen sie gewählt,
und in ihren mütter,
lichen Rath die Miene und den Ton nachsichts voller Zärtlichkeit gelegt hätte.
Zu meinem Glück
aber Hal sie sich gleich,mit.Strenge gewaffnet,und
sich so einfältig benommen, als ichs nur immer wünschen konnte.
Sie hatte, den Einfall, ihre
Tochter ins Kloster znrückzuschicken und damit
hätte sie alle unsere Plane mit einem Streich ver nichtet.
Aber diesen Streich habe ich glücklich
abgewandt, und sie beredet,
dieses nur — für den
2'77 Len Fall, daß Danceny sichs einfallen ließe, sein Verständniß fortzusetzen,
als Drohung zu ge-
brauchen: . So denke ich sie beyde zu einer Vor sichtigkeit ^u nöthigen, die ich für meine Absicht
durchaus erforderlich halte. —
Hernach ging
ich zur Tochter/ Sie glauben nicht, wie sehr der Schmerz
diese verschönert hatte.
Wird sie je koket, soivird
sie oft Zu diesen Thränen greifen, dafür stehe ich. Dicsesmal weinte sie indessen aufrichtig.
selt von diesem neuen Reitz j
Gefes
den ich jetzt zum
erstenmal an ihr entdeckte, und den ich recht mir
Muße beobachten wollte, brauchte ich anfänglich nur ungeschickte Tröstungen, die das Leiden eher
vermehren als lindern und damit trieb ich sie wirklich so weit, baß sie vor Schluchsen fast er stickte.
Es war dieß kein Weinen mehr.
war vor konvulsivischen Krampfen bange.
Mir Ich
riech ihr sich ins Bett zu legen, welches sie auch that.
Ich vertrat dabey die Stelle desKammer-
madchens.
Sie war noch nicht angeklcidct, Ihr
losgebundenes Haar fiel über die entblößten Schul tern und Brust.
Ich umarmte sie.
Sie über,
ließ sich ohne Widerstand meinen Armen und ihre
Thrä-
Thränen fingen an ruhig zu fließen.
Wie schöre
ivar das Mädchen in diesem Augenblick!
Wahr,
hastig die bußfertige Magdalena war verführcrischerals die sündigende, wenn sie eben so schön war-
AIS meine trostlose Schönheit wieder im Bette lag, fing ich an, sie im ganzen Ernst zu trö sten.
Ich suchte ihr die Furcht vor dem Kloster
zu benehmen, — ich machte ihr Hoffnung, Dan ceny heimlich zu sprechen, und setzte mich mit den
Worten: „Wenn er jetzt so hier roßte'* auf ihr Bett.
Diesen Gedanken schmückte ich
weiter aus, und so führte ich sie durch allerley
zerstreuende Bilder so weit, daß sie ihren Kum
mer fast vergaß.
Wir würden uns ganz zufrie
den von einander getrennt haben, hätte sie mir
nicht einen Brief an Danceny mitgeben wollen,
den ich aber zu bestellen mich standhaft weigerte. Hier haben Sie meine Gründe, die Sie gewiß
billigen werden. Erstlich hätte ach mich damit gegen Danceny
blos gegeben.
Diesen Grund allein konnte ich
der Kleinen anführen; aber ich hatte noch ande re, die ich Zhnen nur sagen kann.
Es ist nem-
li'ch gar nicht meinem Plan gemäß, den jungen
Leuten
279
=====
Leuten ein so leichtes Mittel, ihren Kummer zu lindern,
in die Hande zu geben.
Und denn
möchte ich sie ferner sehr gern nöthigen, einige
Domestiken mit in ihr Verständniß zu verflech
Denn wenn dieß so weit führt, als wirs
ten.
wünschen, so muß es gleich nach der Hochzeit be kannt werden, und dazu sind Domestiken das be ste Mittel.
Auch wenn diese durch ein besonders
Wunder nicht plauderten, so würden wirü an ih
rer statt thun und die Entdeckung des Geheim^
nisses würde doch der Geschwätzigkeit des Gesin
des beygemessen werden. Sie müssen den Danceny heut auf dieses Mittel leiten; und da ich dem Mädchen der Klei nen,
in welche sie selbst Mistrauen setzt, auch
nicht recht traue, so schlagen sie ihm die Meini ge — meine getreue Victorine vor, dann will ich schon sorgen,
daß diese Maßregel gelingen soll-
Dieser Plan gefällt mir um so mehr, da ihre Ver
traute nicht eigentlich in ihrem ,
serm Dienst seyn wird —
sondern in un
denn hören Sie nur
weiter; ich bin noch nicht fertig. Während ich mich weigerte, den Brief der
Kleinen an Danceny anzunehmen, fürchtete ich je
den
den Augenblick,
sie möchte mir den Vorschlag
thun, ihn durch die Straßenpost bestellen zu las
sen, welches ich kaum hätte abschlagcn können.
AVer — wars Unruhe, oder Unwissenheit, oder
vielleicht der Gedanke, daß sie auf diesem Wege doch die Antwort nicht erhalten könnte, an der
ihr vielleicht mehr, als an ihrem Briefe lag, ge nug sie sagte glücklicherweise nichts davon.
Um
ihr indessen dieses Hülfsmittel für immer abzu schneiden, hatte ich auf der Stelle einen guten Einfall.
Ich beredete nemlich die Mutter, so
bald ich wieder bey ihr war, die Tochter auf ei nige Zeit ganz zu entfernen und mit ihr aufs Land
zu reisen. Rathen Sie wohin'. Nun', klopft Ih
nen das Herz nicht von froher Ahndung star
ker? — Zu Ihrer Tante, der alten Nosemonde.
Heut noch wird sie sich bey ihr anmclden.
Da
haben Sie ja mit einenmale die schönste Gele genheit zu Ihrer frommen Schöne zurückzukehren, die jetzt nicht mehr die Einwendung machen kann, es sey unschicklich und verdächtig, mit Ihnen al
lein auf dem Lande zu seyn.
Und dank sey es
meiner Klugheit, Frau v. Volanges muß so den Scha--
=====
$8i
Schaben, den sie Ihnen gethan hat, selbst Wie der gut machen. Aber hören Sie mich und beschäftigen Sie sich mit Ihren Angelegenheiten nicht so sehr, baß Sie die gegenwärtige darüber versäumten. Be denken Sie, daß mir diese sehr am Herzen liegt. Ich will nemlich, daß Sie der Briefträger und Rathgeber der beyden Leute zu werden suchen. Benachrichtigen Sie also Danceny von der Abreise seiner Geliebten und biethen Sie ihm Ihre Dien ste an. Finden Sie nur die eine Schwierigkeit dabey, wie er einen Brief an seine Geliebte, worin Sie als Vertrauter beglaubigt werden, ihr in die Hände spielen will — und haben Sie die se sogleich, indem Sie ihm dazu mein Kammer mädchen vorschlagen. Ohnzweifel wird ihm das alles willkommen seyn, und Sie haben zum Lohn Ihrer Mühe das Vertrauen eines unerfahrnen Herzens, worin immer etwas Interessantes ist. Die arme Kleine! wie wird sie roth werden, wenn sie Ihnen den ersten Brief zusteckt! Ge wiß die Nolle des Vertrauten, gegen die so man che Vorurtheile im Gange sind, scheint mir ein nicht unangenehmer Nebenzeitvenreib zu seyn, wenn
wenn man anderweitig beschäftigt ist, und das
ist ja Ihr Fall. Die ganze Entwickelung dieses Drama's liegt
nun in Ihren Handen. blick bestimmen,
Sie müssen den Augen
wo man am schicklichsten dir
spielenden Hauptpersonen zusammenbringt. Das Land bietet dazu tausenderlei) Gelegenheit darund Danceny wird auf dem ersten Wink, den Sie ihm geben, gewiß nicht verfehlen zu erscheinen. —
Nacht, Verkleidung, ein Fenster — doch das wird sich alles schon finden.
Kommt unsere Klei
ne eben so von dort wieder zurück, wie sie hin kommt , so ist das allein Ihre Schuld, und ich
werde mich deshalb an Sie halten.
Halten Sie
es für nöthig, daß ich von meiner Seite die Klei ne ein wenig anfeure, so schreiben Sie es mir. Da ich ihr über die Gefahr, gewisse Briefe auf zuheben eine so nachdrückliche Lection gegeben ha
be, so kann ichs wohl wagen, ihr zu schreiben; ich habe ja überdem immer noch die Absicht, sir
wir zuzuziehn. Noch muß ich Ihnen sagen, daß ich ihre»
Verdacht über den verrathenen Briefwechsel, der
anfänglich auf ihr Mädchen gefallen war, auf
ihren
28 z ihren Beichtvater hingelenkt habe.
So konnte
Und
ich zwey Fliegen mit einem Schlag treffen. nun leben Sie wohl.
Das heißt lange geschrie
ben ! Mein Mittagsessen hat sich über dem Schrei Aber Eigenliebe und Freund
ben sehr verspätet.
schaft für Sie führten mir die Feder und beyde
sind geschwätzig.
Sie erhalten indessen um 3 Uhr
diesen Brief und das ist früh genug.
Nun un
Sie
terstehen Sie sich wieder mich zu tadeln.
können nun, wenn Sie sonst Lust haben, das
Gehölz des Grafen B —
aufsuchen.
Wenn
ers, wie Sie sagen, für das Vergnügen seiner Freunde schont,
Welt zu
so, muß der, gute Mann alle
Freunden
haben.
Adieu,
ich bin
hungrig. 64.
von Danccny an Frau von VolangcS.
den 9. Sept. (Der Entwurf dieses Briefes war dem des Grafen Valmsnt an die Markifln von Mencuil (No. 66.) bey gelegt. )
Ä8eder um mein Betragen bey Ihnen zu recht fertigen, gnädige Frau, noch um mich über das
Jhrü
Ihrige zu beklagen, schreibe ich diese Zeilen.
Nur betrüben kann ich mich über einen Vor fall, der drey Menschen in Kummer stürzt, die
alle drey eines bessern Schicksals würdig sind. Die Ursach desselben zu seyn, ist mir viel schmerz hafter, als sein Opfer zu werden, und meineLei-
den drücken mich so sehr nieder, das; es mir bis her durchaus an Kraft fehlte, Ihnen zu antwor ten, ft oft ich auch seit gestern deshalb die Feder
ansetzte.
Ich habe Ihnen indessen so manches
zu sagen, gnädige Frau, das ich mich, so viel
ichs vermag, zusammennehmen muß; und wenn
Sie in diesen! Brief Ordnung und Zusammen hang vermissen, so werden Sie auf die Gemüths stimmung, in der ich ihn schreibe, gütige Rücksicht nehmen und mich entschuldigen. Erlauben Sie mir zuförderst gegen die erste
Zeile Ihres Schreibens eine Erinnerung.
Ich
habe, das kann ich dreist sagen, wederIhr Ver trauen, meine gnädige Frau, noch-die Un
schuld Ihrer Fräulein Tochter gemiß, braucht.
Durch welche meiner Handlungen
hätte ich wohl die eine oder die andere verletzt?
Meine Handlungen aber hingen allein von mir ab,
28z ab, und wenn Sie mich für das unfreywillige Gefühl, das Ihre Fraulein Tochter mir einfiößte, zur Rechenschaft ziehen wollen, so darf ich sagen, daß dieses Ihnen wohl mißfallen, aber Sie nicht beleidigen durfte. Ueber diesen Punkt, der mir empfindlicher ist, als ich es sagen kann, mögen Sie selbst meine Richterin, und meine Briefe meine Zeugen seyn. Sie untersagen mir für die Zukunft Ihr Haus — und es versteht sich, daß-ick mich allem unterwerfen werde, was Ihnen in diesem Stück zu beschließen beliebt. Wird aber eine so schnelle und gänzliche Entfernung nicht eben so gut Stoff zu jenen Anmerkungen, die Sie gern vermeiden wollen, geben, als ein Befehl an ihren Thür steher, den Sie aus diesem Grunde nicht gern geben wollen? Ich muß in diesem Punkt um so bedenklicher seyn, weil er in der That für das Fraulein wichtiger ist, als für mich und ich bitte Sie, gnädige Frau, hier alles recht genau zu er, wägen und Ihre Strenge, durch das, was die Klugheit fordert, mildern zu lassen. . In der Ue, berzeugnng, daß das Beste Ihrer Fräulein Tochter Ihre Entschließungen leiten wird, erwarte ich
ich in diesem Stücke von Ihnen neue Befehle.
2m Fall es Ihnen gefallen sollte, mir die Erlaub niß zu geben. Ihnen noch bisweilen aufwarten zu dürfen, gebe ich Ihnen die Versicherung, —
und Sie können sich auf mein Wort fest verlas
sen — diese Güte keinerweges dazu zu mißbrau
chen, daß ich Versuche machte, mir dem Fräulein ins geheim zu reden oder ihr Briefe von mir zu zustecken.
Dieses eben gegebene Versprechen ist zugleich
die einzige Antwort, die ich Ihnen auf das geben
kann, was Sie über Ihren Entschluß mit dem Fraulein zu erkennen geben,
deren Schicksal,
wie Sie sagen, von meinem Verhalten abhängen
wird.
Ich würde Sie betrügen, gnädige Frau,
wenn ich mehr verspräche.
Nur ein unedler Ver
führer richtet sich nach Umständen, Zufälligkeiten
und schmiegt ihnen seine Plane an.
Aber die Lie
be, die mich beseelt, erlaubt mir nur den doppel ten Vorsatz, muthig und treu zu seyn. ich sollte darin willigen,
Wie,
von Fraulein Cecilie
Volanges vergessen zu werden? —
Sie selbst
vergessen zu wollen? Nein, nimmermehr!
ich
werde
=
28?
werde treu seyn; ich schwur es ihr und ich erneuere noch heut diesen Schwur, Doch Verzeihung, gnädige Frau, ichvergessemich.
Zch lenkeein, um nochüber einen Punkt
mit Ihnen zu reden — über dieBriefe des Fräu
leins,
die Sie von mir zu rück fordern.
Es ist
mir wahrlich peinlich, meine Schuld in Ihren
Augen — noch durch eine Weigerung vergrößern
zu müssen..
Aber ich bitte herzlich, hören Sie
meine Gründe;
und um das Gewicht derselben
ganz zu fühlen, erwägen Sie gütigst, daß mich über den schmerzlichen Verlust Ihrer Freundschaft
nichts trösten kann, als die Hoffnung mir Ihre Achtung zu erhalten.
Die Briefe von Fräulein Cecilie, die immer ein so großes Kleinod für mich waren, müssen mir jetzt theurer,
das
einzige
als je,
Gur,
Sie allein schildern mir
Sie sind ja
seyn.
das mir
geblieben
ist.
eine Neigung,
die
die Wonne meines Lebens machte. ich bethcure es Ihnen,
Dennoch,
würde ich nicht anstchn,
sie Ihnen hinzugeben — und mein Schmerz über dieses Opfer würde dem Wunsch weichen müssen.
Ihnen damit einen Beweis meiner ehrfurchtsvol len
k:i Ergebenheit zu geben, wehn nicht Gründe mich abhielten, die Sie selbst'nicht tadeln fiiv r.cn. — Sie wissen jetzt um meine Verhältnisse zu Ihrer Fräulein Tochter. Aber ich gestehe Ih, nrn frey, ich vermuthe, daß Sie dieses Geheimlüß irgend einer zufälligen Entdeckung — nicht der freiwilligen Eröffnung von Seilen des Fräu leins, verdanken. Ich will damit nicht einen Schritt tadeln, zu dem dieMuttcrsorge vielleicht berechtigt. Nein, ich ehre Ihre Rechte; aber sie können mich von meinen Pflichten nicht entbin den und ich halte es für eine der heiligsten, nie« mals das Vertrauen, das Jemand uns schenkt, zu verrathen. Dieß thäte ich offenbar, wenn ich fremden Blicken die Geheimnisse eines Herzens entschleierte, das sich nur mir allein aufschließen wollte. Will das Fräulein selbst, daß ich diese Briefe in Ihre Hände gebe, so darf sie es nur sa gen. Sie werden Ihnen aber zu nichts nütze seyn. Will sie im Gegentheil ihr Geheimniß in sich ver schließen , so werden Sie gewiß von mir nicht erwarten, daß ich es verrathe. Was Ihren Wunsch betrifft, gnädige Frau, die ganze Sache mit ewiger Verschwiegenheit W decke
deckt zu sehn, so können Sie deshalb vollkommen ruhig seyn. Zn allen Dingen, die die Zufriedenheit des Fräuleins von Volanges betreffen, darf es mein Herz so gar mit dem Mutlerherzen auf nehmen. Ich habe auf jeden möglichen Fall ge sorgt, um Ihnen alle Ursach zur Besorgniß zu nehmen. Dieß kostbare Kleinod, das wohl ein gepackt und versiegelt, sonst die Aufschrift hatte: Papiere zum verbrennen, ist "jetzt über schrieben: Schriften, die der Frau von Volanges gehören. Diese Anordnung kann Ihnen zugleich ein Beweist seyn, daß ich die Rückgabe dieser Briefe nicht deshalb verweigere, weil sie besondere Dinge enthielten, die Ihnen schmerzhaft seyn müßten.. So lang dieser Brief geworden ist, gnädige Frau, so würde er doch noch zu kurz seyn, wenn er Ihnen über die Reinheit meiner Gesinnungen, über meinen aufrichtigen Schmerz, Ihnen miß fällig zu werden, so wie endlich über die tiefe Ehre furcht einigen Zweifel übrig ließe, mir der ich die Ehre habe zu seyn re.
Der gefährl. Umg. I. Th.
T
6;,
65.
von Danccny an Geeilte Belanges, den 9. Sep. (Dem Brief des Grafen Valmont an die Markisln —. No. 66. gleichfalls offen beygeschlossen.)
A-, , geliebte Cecilie, was soll aus uns werden! Welcher Gott kann uns gegen die Leiden schütze»,
die uns bedrohen! Möge doch unsere Liebe uns Stärke und Muth geben,
sie zu ertragen! Wie
soll ich Ihnen mein Erstaunen, meine Verzweif lung schildern, als ich meine Briefe an Sie zu
rück erhielt und das Billet Ihrer Frau Mutter las!
Wer konnte an uns zum Verräther werden? Auf
wen fallt Ihr Verdacht? Oder wären Sie selbst unvorsichtig gewesen? Was machen Sie jetzt?
Was hat man Ihnen gesagt? Ich wünsche alles
zu wissen, denn noch weiß ich von dem allen nichts. Doch vielleicht wissen Sie selbst nicht mehr, als ich.
Ich schicke Ihnen hierbey das Billet Ihrer Frau Mutter und eine Abschrift meiner Antwort. Ich hoffe, daß die letztere Ihren Beyfall haben wird.
Ich wünsche nichts mehr, als daß Sie
auch
29 T
==5
auch alle die übrigen Schritte billigen mögen, die
ich
seil der unglücklichen Entdeckung gethan habe,
und die sämtlich zur Absicht hatten, Nachrichten
von Ihnen zu empfangen und Ihnen von mir zu ertheilen — vielleicht auch uns wieder zu sehn
und mit mehr Freyheit als vorher. —
0 denken
Sie sich die Wonne, wenn wir einmal wieder zu sammen kommen, uns von neuem ewige Liebe
schwören, und einander in den Augen, in der
Seele lesen,
daß dieser Schwur unverbrüchlich
seyn wird! Welche Leiden vergäße man nicht über
solchen Augenblick der Wonne! Ja, meine Theu re, ich hoffe, daß dieser Augenblick für uns er
scheinen wird, Schritten,
Doch —
und dieß verdanke ich eben den
die ich Sie zu genehmigen bitte.
was sage ich —
ich verdanke es viel-
mehrder trostvollen Fürsorge des zärtlichsten Freun,
des, und ich bitte Sie nur um-das einzige, die
sen Freund in Zukunft auch als den Ihrigen an,
zusehn. Ich hatte vielleicht über Ihr Vertrauen nicht ohne Ihre ausdrückliche Einwilligung schalten
sollen; aber unser Unglück und die Nothwendig, keit müssen mich entschuldigen.
T 2
Die Liebe hak mich
-wich allein geleitet. Ihr werden Sie es ja ber? .zeihen, wenn ich von unserm Verhältniß einem Freunde Eröffnung that, ohne die wir Wahlscheinlich auf immer'getrennt gehlieben waren *). Sie kennen Liesen Freund. Er ist der Freund :ernerDame, die Sie vorzüglich schätzen; mit ei nem Wort, es ist Valrnont. Die Absicht, in 'der ich mich an ihn wandte, war anfänglich nur, ihn zu bitten,, daß er Frau von Wertem! bewe, gen möchte,, einen Brief von mir an Siel zu bestellen. Er fürchtete aber dieser Versuch möchte sehlschlagen und schlug mir statt ihrer ihr Kam mermädchen vor, die er ehr zu gewinnen glaubt, Ha sie ihm Verbindlichkeiten hat. Sie ist es, die Ihnen diesen Brief bringen wird und ihr können Sie IhreAntwort unbedenklich geben. Inzwischen würde dieses Hülfsmittel wenig helfen, wenn Sie, wie Graf Valmont glaubt, im Begriff sind, aufs Land zu .gehn. In diesem Fall aber bietet er uns selbst 'seinen Beystand an. Die Dame, zu der Sie reisen werden, ist seine Tante. Dieses Verhältniß erlaubt ihm, sie mit Ihnen *) Herr von Daneeny sagt nicht die Wahrheit. (Jr hat te flch an Graf Valmont früher entdeckt. Siehe 57.
=
293
Ihnen zu gleicher Zeit zu besuchen, und so wird ■tonst unser Briefwechsel durch seine Hande gehn. Er versichert mich sogar, daß wenn Sie sich sei nen Anordnungen anvertrauen wellen, er uns Mittel verschaffen wird, einander zu sehn, ohne das mindeste dabey zu wagen. Und nun, geliebte Cecilie, wenn Sie mich lieben, wenn Sie mich beklagen, und, wie ich hoffe, an meinen Leiden einigen Theil nehmen,— werden Sie denn doch einem Manne'Ihr Zutrauen versagen, der unser Schutzengel seyn will? Ohne ihn würde ich so unglücklich seyn, nicht einmal die Leiden, die ich Ihnen verursache, litt? dern zu können. Doch sie werden bald endigen/ das hoffe ich. Versprechen Sie mir nur, meine, zärtlich geliebte Freundin, sich nicht Ihrem Kum mer zu sehr hinzugeben, und sicd nicht gänzlich: von ihm Niederdrücken zu lassen. 'Der Gedanke an Ihren Schmerz ist für mich unerträgliche Pein. Mein Leben gäbe ich hin, um Sie glücklich zu machen. Doch, das wissen Sie wohl. Könnte doch die Ueberzeugung von meiner innigsten Liebe einigen Trost in Ihre Seele bringen. 0 geben Sie mir die Versicherung, .das; Sie der Liebe den Schmerz
Schmerz verzeihen,
den sie Ihnen verursacht.
Leben Sie mehl, meine Cecilie, meine zärtlich geliebte Cecilie! Leben Sie recht wohl.
66.
Graf Valmont an -ie Markisin von Mertcurk. ttn 9. Sept. Äbenn Sie die beyden beykommenden Briefe les
sen, meine schöne Freundin, so werden Sie ge stehn müssen, daß ich Ihre Plane nicht schlecht
ausführe.
Beyde sind von heut datirt, aber sie.
sind schon gestern auf meinem Zimmer unter mei nen Augen geschrieben.
Der an die kleine Vo-
langes lautet ganz, wie wirs wünschen können.
Wenn man Sie, meine Theure, nach dem Er folge Ihrer Unternehmungen beurtheilen wich
so muß man vor Ihrem tiefen Blick demüthigst das Knie beugen.
Danceny brennt lichterloh.
Er wird, denke ich, bey der ersten Gelegenheit Ih nen nichts zu wünschen oder zu tadeln übrig lassen. Will sein unerfahrnes Schätzchen nur ein wenig
gelehrig seyn, so wird bald »ach ihrer Ankunft
auf
auf dein Lande alles ein erwünschtes Ende gewin nen.
Dazu habe ich hundert Mittel in Bereit
schaft.
Dank sey es Ihrer Bemühung; ich bin
jetzt der entschiedenste Busenfreund des Danceny. Dieses Bürschchen denkt übrigens noch herz-
Glauben Sie wohl, daß ichs
lich jugendlich.
von ihm erhalten konnte, gegen die Mutter sei ner Liebe förmlich zu entsagen? Was ist denn lä stiges bey einem Versprechen,
das man im Vor'
aus nicht zu halten entschlossen ist l „Ich würde sie damit nur betrügen,“ wiederholte er mir unauf hörlich.
Eine sehr erbauliche Bedenklichkeit —
besonders bey einem, der der Mutter die Tochter
Aber so sind die Menschen.
verführen will.
In
ihren Wünschen und Planen sind sie alle gleich boshaft.
Wenn es ihnen aber bey der Ausfüh
rung an Muth und Kraft fehlt,
so nennen sie
das Ehrlichkeit. Ihre Sache, meine schöne Frau, ist es übri gens nun, zu verhindern, daß die Frau vonVo,
langes über einige^Ausdrücke, die sich der junge Herr in seinem Briefe erlaubt hat, nicht aufge
bracht werde.
Netten Sie uns ums Himmelswil
len vom Kloster, und rathen Sie ihr, auf die Nück-
Rückgabe der Briefe nicht zu bestehn. er giebt sie nicht heraus;
Genug
er will durchaus nicht
und darin hat er recht.
Hier ist die Liebe mit der
Klugheit einstimmig.
Ich habe mir die Gewalt
angethan, dieß läppische Zeug zu lesen.
Diese
Briefe können uns allerdings nützlich werden.
Hören Sie nur, wie.
Trotz aller Klugheit, die wir anwenden, kön nen wirs-vielleicht nicht verhindern, daß die Ge,
schichte ins Publicum komme.,
Natürlicherweise
würde dann aus der Heyrath mit Gercourt nichts und unsere Plane, in so fern sie diesen Gercourt
angehn, hätten ein Ende.
Auf diesen Fall be
halte ich mirs vor, das Mädchen um ihre Ehre
zu bringen, da ich mich für meine besondere Rech nung an der Mutter rachen muß.
Wenn man
denn unter diesen Briefe». eine Auswahl träfe und nur einen Theil derselben zum Vorschein
brächte, die man mit den gehörigen Einleitun
gen und Erklärungen mündlich versehn müßte, so könnte« diese leicht den Schein geben, als habe sie die ersten Schrine gethan und sich ihm ganz und
gar an den Hals geworfen. Einige von diesen Brie fen könnten selbst die Mutter in ein schlechtes Licht
stellen und ihr den Schandfleck einer unverzeihli chen Nachläßigkeit anhangen. Ich sehe wohl ein, baß der bedenkliche Danceny sich anfänglich dagegen empören'wird, indessen wenn er selbst per» sönlich gekränkt ist, so denke ich soll es doch ge
Es ist zwar tausend gegen eins zu wttten, daß die Sache diese Wendung nicht nehmen lingen.
wird, indessen wan muß auf alles gefaßt seyn. Leben Sie wohl, schöne Freundin. Sie wa ren allerliebst, wenn Sie morgen Abend auch bey der Marschallin v. -7 aßen; ich habe es zusa
gen müssen.
Daß Sie sich gegen die Vvlanges von meiner prcjeclirten Reise zur Frau von Rosemonde nichts
merken lassen müssen, darf ich Ihnen wohl nicht erst empfehlen. Ich fürchte, sie bliebe denn ganz
und gar hier.
Ist sie aber einmal da, wenn ich
komme, so wird sie deshalb nicht gleich zurückreifett und bleibt sie denn nur noch acht Tage, so
stehe ich für alles.
67Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont, ten 9. Sept. ^Sch wollte Ihnen nicht ferner antworten, Herr
Graf und meine Unruhe in diesem Augenblick be weiset mir genugsam, daß ichs nicht sollte.
In
zwischen möchte ich Ihnen gern jeden Vorwand benehmen,
sich über mich zu beschweren, und
Ihnen zeigen, daß ich alles für Sie thue, was nur in meiner Macht ist/
Ich habe Ihnen, sagen Sie, dikErlaubniß gegeben, an mich zu schreiben.
nicht.
Ich leugne es
Aber glauben Sie, daß ich dabey die Be
dingungen vergessen habe,
unter denen es ge
schahe? Hatte ich mich an dieselben eben so stren
ge gehalten, als Sie cs nicht gethan haben, warlich Sie hatten keine einzige Antwort ferner von mir erhalten.
Diese ist gleichwohl die dritte;
und wenn Sie gleich von Ihrer Seite alles thun, was mich bewegen könnte,
diesen Briefwechsel
aufzuheben, so denke ich von der Meinigen doch immer fort auf Mittel, ihn zu erhalten.
Ich
Lenne dazu eins und zwar nur ein einziges. Ver.
299
=
Verwerfen Sie dieses, so werden Sie mich, trotz
aller Versicherungen vom Gegentheil, doch übetzeugen, daß Sie auf unsere schriftliche Unterhal
tungen keinen Werth setzen.
Sie müssen, mit einem Worte, nicht langer eine Sprache gegen mich führen, dir ich nicht hö
ren kann und nicht will.
Sie müssen nicht mehr
von einer Neigung reden,
die mich beydes ang-
frißt und beleidigt und an der Sie vielleicht schon deshalb nicht länger hangen sollten,
da sie die
einzige und fortdauernde Ursache ist, die uns von einander "getrennt halt.
Ist denn diese Art der
Zuneigung die einzige, dir.Sie kennen üiid soll die Liebe in meinen Augen auch noch den Vor
wurf verdienen,
schließt?
daß sie dir Freundschaft aus
Oder wollen Sie sich verwerfen lassen,
die nicht zur Freundin haben zu wollen, von der Sie zärtlichere Gesinnungen forderten?
kann ich, das mag ich nicht glauben.
Das
Dieser ent
ehrende Gedanke würde mich empören und mich
auf ewig von Ihnen entfernen.
Ich biete Ihnen meine Freundschaft an — das ist alles, was mir gehört und worüber ich
gebieten darf.
Was können Sie mehr verlan
gen?
gen? Ich erwarte nur Ihre Einstimmung und die Versicherung, (die Sie mir geben müssen) daß diese Freundschaft zu Ihrer Zufriedenheit hinreichend ist, um mich ganz dieser sanften Em» findung zu überlassen, die meinem Herzen so wohl thut. Ich will denn alles vergessen, was man mir dagegen sagen konnte, und ich verlasse mich darauf, daß Sie alles «»wenden werden, meine Wahl in den Augen der Welt zu rechtfertigen. Sie sehen meine Aufrichtigkeit, und kLnnen daraus schließen: wie viel Leertrauen ich in Ihnen sehe. Es wird Ihnen wenig Mühe kosten, die ses noch zu verwehren. Aber ich sage Ihnen im Voraus, daß das erste Wort, welches Sie von Liebe reden, es auf immer zerstöhren, mich in alle meine alten Besorgnisse zurückwerfen und unfehlbar ein ewiges Stillschweigen gegen Sie zur Folge haben wird. Wenn es wahr ist, daß Sie, wie Sie sagen, von Ihren Verirrungen zurückgekommen sind, so werden Sie gewiß lieber von einem lugende haften Weibe als Freund geschätzt, als von den Gewissensbissen einer entehrten verfolgt und ge. peinigt werden wollen. Leben
=
Z0l
Leben Sie wohl, Herr Graf. Nachdem, was ich Ihnen in diesem Briefe gesagt habe, .fmtrt id) «er dem Empfange Ihrer Antwort kein Wort weiter schreiben.
68. Graf Dalmont an die Präsidentin v. Tourvel-
den »o.Sept. Wa- soll ich auf Ihren letzten Brief antworten,
gnädige Frau? Woher nehme ich den Muth, die Wahrheit zu reden , da ich voraussche, daß ich durch meine Aufrichtigkeit leicht alles bey Ihnen verlichren kann. Doch es sey; ick- will es gleich, wohl wagen. Ich sage es mir und wiederhole es mir oft, es ist besser, Ihr Herz v e r d i e n e n, als es erhalten und sollten Sie mir auch ewig ein Glück versagen, nach dem id) ewig schmachten werde, so will ich Ihnen wenigstens beweisen, daß ich dessen würdig war. Wie Schade ist es, daß id), wie Sie es neu, nen, von meinen Verirrungen zurückgekommen bin. Ware das »ich, o mit welchem Entzücken hätte
j hatte ich denn Ihren Brief gelesen, auf den ich
heut nur mit Zittern antworten kann. den darin mit Au frichtigkeit. mir Ihr Vertrauen. —
Sie re
Sie bezeigen
Sie bieten mir end
lich Ihre Freundschaft an.
Welche Schätze,
gnädige Frau, und wie bin ich zu beklagen, daß
ich sie nicht benutzen kann! 0 warum bin ich nicht
noch der ehemalige Valmont! Wäre ich der noch und fesselten mich an Sienur jene lockern und lo
sen Bande,
wie Verführung und Sinnlichkeit
sie knüpfen, die man leider heut zu Tage mit der
Liebe verwechselt, — gewiß ich würde mich nicht bedenken, alles anzunehmen, was ich von Ihnen
nur irgend erhalten könnte und aus allen meinen Vortheil zu ziehn.
Ich würbe mich wenig um die
Beschaffenheit der Mittel kümmern, wenn sie
nur zu meinem Zweck führten.
Ich würde mich
immer tiefer und tiefer in Ihr Vertrauen stehlen, und Sie zu einer größer» Aufrichtig keit hinleiten, um Sie desto sicherer zu täuschen.
Nichts würde mir willkommner seyn, als Ihre Freundschaft, die ich leicht hoffen dürfte, ir
re zu führen.
Gewiß erschrecken Sie bey diesem
Gemählde, vrrehrungswerkhe Frau!
und doch würde
würde es mir gleichen, wenn ich mich für das Verhältniß der Freundschaft erklärte, das Sie
mir anbieten. Wie! ich sollte bey einem Gefühl das aus Ihrem Herzen quillt, mirs gefallen laft sen, es mit andern zu theilen? Wenn ich Ihnen je so etwas sage, so glauben Sie mir kein Wort; denn von dem Augenblick fange ich an Sie zu betrügen, — und höre auf, wo nicht nach Ih rem Besitz zu verlangen, doch gewiß, Sie wirk» lich zu lieben. Nicht als ob liebenswürdige Aufrichtigkeit, süßes Vertrauen, herzliche Freundschaft keinen Werth in meinen Augen hatten! Aber was sinSie gegen die Liebe — gegen jene ächte, innige Liebe, wie Sie sie meinem Herzen eingeflößt ha, den. Sie schließt alle ,jene herrlichen Gefühle in sich und giebt ihnen eine größere Stärke. Aber: sie unterscheidet sich ^dadurch, daß sie die Ruhe, die Kälte der Seele nicht kennt, nicht duldet, bey der man noch vergleichen und vorziehn kann. Nein, gnädige Frau, ich werde, ich kann Ihr Freund nicht seyn, ich werde Sie lieben — mit der zärtlichsten, mit der heißesten — und mit der chrfurchtvollsten Liebe. Sie können diese Liebe
3°4 Liebe zur Verzweisiung treiben, aber Sie werben sie nicht zerstören. Mil welchem Rechte können Sie über ein .Herz gebiethen, dessen Huldigungen Sie ven schmähen? Ist es nicht eine studirte Grausam keit, daß Sie mir sogar die Wonne, Sie zu lie ben, mißgönnen? Aber diese gehört mir, Sie vermögen nichts darüber, und ich werde sie mir zu erhalten wissen. Ist sie eine Quelle bittrer Leiden, so ist sie auch eine Quelle des Trostes zugleich. Nein, und abermals nein i Beharren Sie immer auf Ihre grausame Weigerung, aber las sen Sie mir meine Liebe. Sie wollen mich un glücklich machen; wohl, es sey! Versuchen Sie es immerhin, meinen Muth auf die härtesten Proben zu stellen. Sie werden doch die Gebiete rin über mein Schicksal bleiben und vielleicht mir dereinst Gerechtigkeit wicderfahren lassen. Sie sollen und werden einst sagen: ich halte ihn verkannt. Doch ich sollte Sie vielmehr der Uugerechtigkeil gegen sich selbst anklagen. Sie kennen und Sie nicht lieben — Sie lieben und Sie Nicht
Zoz nichtewig lieben — das sind völlig unverträg
liche Dinge.
Trotz der Bescheidenheit, die Ihr
schönes Herz in so hohem Grade ziert, dürfen
Sie sich doch über die Gefühle, die Sie in an dern Herzen erwecken,
nicht wundern, sollten
sie Ihnen auch nicht immer willkommen seyn.
Wenn ich auf irgend etwas an mir stolz seyn woll
te , so wäre es allein dieß, daß ich fähig war, Ihren ganzen Werth zu fühlen und würdig zu
schätzen.
Dieses Verdienst kann ich mir nicht rau
ben lassen.
Weit entfernt also, mich auf die
zweydeutigen Geschenke einzulassen, die Sie mir anbieten, erneute ich vielmehr hiermit
Ihren
Züßen den Schwur ewiger Liebe.
69.
Geeilte DolangeS an Herr von Danreny. den to. Sept. ( mit Stepstift geschritten und von D«nceny mit Diu» nachgczsgen.)
^Oie fragen, was ich mache? Ich liebe Sie und weine.
Meine Mutter spricht gar nicht mit mir.
Oer gefährl. Umg. I. Th.
«
Sie
Sie hat mir 5)inte, Feder und Papier wegge
Zum Glück ist mir ein Endchen Bley
nommen.
stift geblieben, mit dem ich Ihnen jetzt auf einem
Stück Papier schreibe, das ich von Ihrem Brie, feabgerissen habe.
Ich liebe Sie so sehr, daß
ich mir jedes Mittel gern gefallen lasse, durch welches
wir uns von einander Nachricht geben
können.
Lch war sonst den Graf Valmont nicht
gut, ich habe aber nicht gewußt, daß er Ihr Freund ist.
Lch werde sehen, daß ich mich an
ihn gewöhne und um Jhrentwillen, ihm gut werden.
ich nicht.
werde ich
Wer uns verrathen hat, weiß
Entweder mein Kammermädchen oder
mein Beichtvater hat es gethan.
Ach ick bin
recht unglücklich! Morgen gehn wir aufs Land, ich weiß nicht auf wie lange.
O Gott, ich soll
Sie also nicht Wiedersehn! Das Papier ist voll.
Adieu.
Zch weiß nicht, ob Sie dieß werden le
sen können.
Diese Züge des Bleystifts werden
verlöschen — aber ewig nicht die Liebe zu Ih
nen , die in mein Herz geschrieben ist.
=====
3°7
70.
Graf v. Valmont au die Markisin v. Merteuis. tm 11. Sept. J-> muß Ihnen eine wichtige Nachricht mitthei/ len, meine Theure.
Ich aß gestern Abend, wie
Sie wissen, bey der Marschallin von. — DieRe»
ne kam auf Sie und ich sagte bey der Gelegen heil von Ihnen, zwar nicht das Gute, was ich
denke, aber dafür alles das, was ich nicht denke. Die Gesellschaft schien mir beyzupflichten, und die Unterhaltung gerieth schon ins Stocken, wie
das gewöhnlich der Fall ist, wenn man von sei nem Nächsten Gutes spricht — als sich plötzlich
eine Art von Widerspruch hören ieß.
Erikam von
dem Herrn von Prevan. „Ich bin weit entfernt,
sagte er und stand auf, an das Wohlverhalten
der Frau Markisin von Merteuil zu zweifeln. Aber ich glaube, daß ihr untadeihafter Wandel
mehr die Folge ihres leichten, Sinnes, als ihrer Grundsätze ist.
veränderlichen
Es ist viel,
leicht so schwer nicht, ihr zu gefallen, aber die
Schwierigkeit liegt darin, ihr standhaft nachzu» gehn
Das ist weniger Männer Sachei
In,
U a
dem
goß dem man hinter einem Frauenzimmer her ist, fehlt es selten, daß einem nicht andere unterwegcns auf
stoßen sollten, die alles, wohl erwogen unsere Auf merksamkeit eben sosehr, vielleicht mehr noch ver»
dienen.
Und so laßt der eine sich durch eine neue
Liebschaft zerstreuen — der andere ermüdet vorder Zeit, und das glaube ich, würde einem bey der Frau von Merteuil begegnen, die vielleicht unter
allen,Damen in Paris bisher am wenigsten in
dem Fall war, müssen.
sich ernstlich vertheidigen zu
setzte er hinzu,
Ich für mein Theil,
"durch das Lächeln einiger Damen aufgemuntert,
ich werde erst dann an die Tugend der Markisin
von Merteuil glauben, wenn ich, um ihr die
Cour zu machen,
sechs Pferde todt gefahren
Labe.", ■
Dieser schlechte Witz machte Glück, wie jeder
Einfall, wenn er boshaft ist.
Man lachte und
Prevan setzte sich wieder auf seinen Platz.
Die
Unterhaltung wurde allgemein und fiel auf andtt
-re Dinge.
Aber die beyden Gräfinnen P *,: ne,
ben denen unser Ungläubiger saß, setzten mit ihm ih.re besondere Unterredung sott, Glück zu behorchen im Stande war.
die ich zum
Man wett
te»
tetr förmlich auf den Versuch, Ihre Ero-
berung zu ma chen.
Man gab sich das Wort,
einander alles wiederzusagen, welches Versprechen in diesem ganzen Handel gewiß am heiligsten er.füllt werden wird.
Doch Sie find nun gehörig
gewarnt und — Sie wissen das Sprichwort. Noch das muß ich Ihnen sagen, daß dieser
Prevan, den Sie vielleicht noch nicht kennen, ein sehr
liebenswürdiger und
äußerst
gewandter
Ich habe Ihnen wohl.manchmal
Schelm ist.
dar Gegentheil von ihm gesagt,
aber ich habe
Ihnen was Vorgelegen, weil ich den Kerl nicht
leiden kann, und ihm gern, wo ich nur kann, eins versetze.
Ich weiß dabey, daß meine Stim
me bey einigen Dutzenden unserer modischten Wei,
ber ein großes Gewicht hat.
Durch dieses Mit
tel vermochte ich es eine Zeitlang, ihn von dem
grotzen Schauplatz (wie wirs nennen) entfernt zu halten.
Er that Wunder über Wunder, und
konnte doch zu keinem Stuf kommen.
Aufsehn,
welches sein
dreyfaches
Aber das Ab en,
theuer machte, zog mit eincmmale die Augen
voll allen Seiten auf ihn hin — erwarb ihm
das Vertrauen, das ihm bisher fehlte und mach te
le ihn eigentlich furchtbar. Er ist mit tinew Worte jetzt der einzige Mensch, den ich ungern auf meinem Wege antreffe, und — Zhr eigeyeS Interesse bey Seite, werden Sie auch mir einen wahren Dienst erweisen, wenn Sie ihm eine derbe Lächerlichkeit anhangen können. Ich übergebe ihn guten Händen. Ich hoffe, er wird, wenn ich zurückkomme, ein verlohrner Mensch seyn. Dagegen verspreche ich Ihnen, die Sache Ihres Mündels aufs Beste zu betreiben, und mich mit ihr eben so angelegentlich, als mit mei ner Spröden zu beschäftigen. Apropos diese letz tere hat mir einen Entwurf zur Capitulation zru geschickt. Zhr ganzer Brief beweiset, wie gern sie sich möchte hintergehen lassen. Sie nimmt ihre Zuflucht deshalb zu einem sehr bequemen und deswegen auch sehr abgenutzten Mittel; sie schlägt mir nemlich vor, ihr Freund zu werden. — Aber ich liebe die neuen und schwierigern Metho den und bin nicht gesonnen, sie so wohlfeil da, von kommen zu lassen. Oder hätte ich mir des halb so unsägliche Mühe gegeben, um mit einer ganz gemeinen Verführung zu endigen? Mein
3ii
Mein Plan geht auf etwas anders. Di« soll den Werth und Umfang eines jeden Opfer ganz empfinden, das sie mir bringt., Ich will sie nicht so überrumpeln und übereilen, daß- ihr« Gewissensbisse nicht Zeit.hätken, zu folgen. Nein, ihre Tugend soll eines langsamen, allmahligen Todes sterben und ich will ihren Blick auf diesequalvolle Schauspiel, so viel ich kann, hinlenkcn. Dann erst soll sie die Wonne, mich in ihren, Ar» men zu haben, genießen, wenn sie dieBegierde darnach nicht länger, verbergen kann. Wahrhaf tig ich müßte wenig taugen , wenn ich nicht so viel werth wäre, von diesem Weibe begehrt .zu werden, und ich kann diese stolze Tugendheldin, die sich schämt zu bekennen, daß sie über und über verliebt ist, ohnmkglich ohne diese Nach« davon kommen lassen. Ich habe also das kostbare Geschenk derFrcundschast — zurückgewiesen, und standhaft den Ti tel eines Liebhabers behauptet. So ein jämmer, liches Ding ein Titel auch sonst seyn mag, so scheint mir dieser von einer reellen Wichtigkeit zu seyn. . Ich habe außerdem diesesmal vielen Fleiß auf meine Antwort gewendet, um jenen Man gel
getan Ordnung hineinzabringen, der immer von einem lebhaftern Gefühl zeugr.
Ich habe Unsinn
geschwatzt, so gut ichs vermochte. Das ist, glaube idv auch der Grund, warum die Weiber uns in den Liebesbriefen so sehr überlegen sind.
Zch schloß
endlich mit einer.Schmeicheley, gleichfalls zufolge meiner tiefen Beobachtungen.
Wenn man das
Herz eines Weibes eine Zeitlang geängstigt hat, so
braucht es Ruhe, und da habe ich bemerkt, daß Line'Schmeicheley immer das sanfteste Küssen ist,
tväd-mait ihnen unterlegen kann.
Adieu, schöne Frau.
Morgen reife ich. Ha
ben Sie etwas an die Gräfin * * zu bestellen? ich denke unterwegens bey ihr eivzusprechrn, we nigstens um des Mittags dort zu essen.
Es ist
mir recht verdrüßlich, abzureisen, ohne Sie vor her noch sprechen zu können.
0, erleuchten Sie
mich in diesem entscheidenden Augenblick mit Ih ren erhabenen Lehren und kommen Sie mir zu
Hülfe mit der Weisheit Ihrer Rathschläge. —-
Aber vor allen Dingen halten Sie sich den ver dammten Preva» vom Leibe und o, könnte ich Sie für dieses Opfer dereinst entschädigen! Adieu.
7i
3i 3
= ?r.
Graf Valmont an die Markism v. Mcrteuil.
vom Schlosse * * den 15. Sept. I?ein Windbeutel von Zager hat meine Brief
tasche in Paris liegen lassen.
Alle die Briefe
von meiner Schönen, von Danceny, von der kleinen Volangee, alles ist dort geblieben und Loch
muß ich sie alle haben.
Er will eben zurück, um
seine Unachtsamkeit gut zu machen und während
er sein Pferd sattelt, will ich Ihnen doch dieGeschichte der eben verflößnen Nacht erzählen, dir ich hier zugebracht habe.
Sie müssen wissen,
daß ich meine Zeit immer wohl anzuwenden suche und nicht gern einen Augenblick unnütz verliehre.
Zwar von dem Abentheuer selbst ist wenig zu sa, gen — ein aufgewärnu Gericht mit der Vicom, tcsse von M.
Aber die Nebenumstande dabey
machten es interessant.
Sie können aus Lieser
Geschichte auch einmal lernen, Laß ich nicht bloß Weiber zu Grunde zu richten,
sondern cuch,
wenn ich sonst will, sie zu retten versieht.
Zch
wähle immer entweder das Schwierigste oder La-
Lustigste und ich mache mir aus einer guten Hand lung
V4
==
lnng auf gerate keinen Vdpwurf, so bald sie mit zur Uebung oder zur Unterhaltuyg gereicht. Al, so ich fand hier die Vicomtesse * *. Man dräng, le mich von allen Seiten, die Nacht hier zu blei ben. Die Vicomtesse * * fing endlich'auch an zu bitten. „Ich bins zufrieden, flüstertttich ihr zu, unter der Bedingung, daß ich fie mit Ihnen zubringe." „Das ist nicht möglich, erwiederte sie, Rosier ist hier."- Bis jetzt war, was ich ihr sag, le, nicht einmal mein Ernst gewesen; ich hatte ihr blos etwas schmeichelhaftes sagest wollen; aber ihre Antwort, „es ist unmöglich," brachte mich, wie gewöhnlich, auf. Ich ärgerte mich dem Rc, fier nachstehn zu sollen, und war auf der Stelle entschlossen, es nimmermehr zu leiden. Ich be, harrte also nun im Ernste bey meiner ForderungDie Umstande waren allerdings nid)t günstig. Rosier hatte sich so einfältig benommen, daß der Vicomte der Herr Gemahl Verdacht bekommen hatten, so daß die Vicomtesse seinen Besuch in ihrem Hause nicht mehr annehmen durfte und diese Reise zur Gräfin war eigentlich eine von bey den verabredete Zusammenkunft. Der Herr Gemahl hatte freylich anfänglich ein ziemlich saue res
res Gesicht gemacht, als erden Rosier hier fand.
Aber da die Zagdlust über die Eifersucht siegte, so war er doch geblieben und die Gräfin, die in» mer die alte ist, wie Dir sie kennen, hatte die
Dame in den großen Corridor, den Gemahl zu ihrer Rechten und den Liebhaber zur Linken ein,
quartiert und es nun ihnen selbst überlassen, sich zu vergleichen.
Aber das böse Geschick beider
harte mir mein Zimmer gerade ihnen über ange« wiesen.
An demselben Tage —
gestern heißt
das, war Rosier, der, wie Sie denken können, dem Vicomte um den Vart geht, mit demselben
auf der Jagd, ohngeachtet ihm an der Jagd rot, m'g liegt.
Er rechnete wahrscheinlich darauf, sich
in der Nacht bey der Frau für die Langeweile
schadlos zu halten, die ihm der Herr Gemahl
den Tag über verursachte.
Ich war aber anderer
Meinung; ich hielt dafür, die Ruhe, werde ihm zuträglicher seyn und sann auf Mittel, seine Ge-
liebte zu bewegen, ihm diese zu gönnen. ES gelang.
Sie versprach mir,
sich mit
ihm, sobald er zurückkäme, zu zanken und zwar
gerade über die Jagdparthie,
zu der er sich doch
offenbar nur ihrentwegen verstanden hatte.
Die, ser
fer Vorwand konnte nicht schlechter gewählt seyn.
Aber
kein Weib in der ganzen Welt besitzt
in einem solchem Grad, wie sie,
das
allen
vernünftige Gründe mit üb
gemeine Talent,
ler .Laune niederzuschlagen,' und wenn sie am
meisten Unrecht hat,
sonstigen zu lassen.
sich am schwersten 6c,
Zu Erklärungen war Über
bein die Zeit nicht bequem und da ich nur eine
Nacht forderte, so ließ ichs mir gern gefallen, wenn sie sich den folgenden Tag wieder vertrugen.
Man schmolte also mit dem armen Rosier, als er nach Hause kam.
Er wollte die Ursach wissen
und nun war der Zank serrig. zu rechtfertigen.
Er versuchte, sich
Aber dir Gegenwart des Man
nes diente zum Vorwand, das Gespräch abzubr»-.
chen.
Er benutzte indessen ein kurze Entfernung
desselben, um sie zu bitten, ihn auf den Abend anzuhSren.
Nun aber stimmte die Vicomtcsse
ihren hohen Ton an.
Sie ließ ihren ganzen Un
willen gegen die Unbescheidenheit der Männer aus, die, wenn sie einmal die Schwachheit einer Frau benutzt haben, sich nun für berechtigt halten,,
ihre Güte zu mißbrauchen, auch dann, wenn sie
ihr Ursache zum Misvergnügen gegeben haben. Durch
Durch tiefen Kunstgriff ging sie auf eine ändert Materie über und sprach so viel von Feinheit, Deliearesse und Empfindung, daß Röster stumm und verwirrt da stand, und daß ich selbst mich bepnah tauschen ließ und ihr Recht gab. Den» Sie müssen röissen, ich war als Freund bepder Theile bei; dieser Unterredung der dritte Mann. Sie erklärte endlich ganz bestimmt, sie wollt ihn von seiner Ermüdung auf der Jagd aueruhen lassen und überhaupt ihm dieses Vergnügen auf keine Art stöhreu. Jetzt kam der Herr Gemahl zurück. Der ganz zerstöhrke Rosier, der nicht mehr den Muth zu antworten hatte, wandte sich nun an mich, setzte mir seine Gründe, die ich s» gut, wie er selbst wußte, auseinander und bat mich, mit der Vieomttsse zu reden, welches ich ver sprach. Ich redete auch wirklich " mit ihr, um nemlich für ihre Güte zu danken und mit ihr Zeit und Umstände unseres Abentheuers näher -festzusetzen. Sie sagte mir, da sie zwischen dem Zimmer ihres Mannes und dem ihres Liebhabers logire, so habe sie es immer für rathsamer ge halten, auf Rosiers Zimmer zu gehn, als ihn auf -as ihrige kommen zn lassen und da ich gegen über
gi8 über wohne, so wäre es gleichfalls wohl das sicher ste ,
sie kommen zu mir.
Ich sollte also mein
Zimmer auftonen und sie erwarten, sobald ihr
Mädchen sie verlasse, wolle sie erscheinen. geschah, wie verabredet war. —
ein Uhr. —
Alles
Sie kam gegen
Sie könnten mirs als Eitelkeit auS-
legen, wenn ich Ihnen das Fernere erzählen woll te.
Doch ich denke, Sie kennen mich; ich war
bießmal besonders mit mir zufrieden. Der Tag brach endlich an und wir mußten scheiden.
Nun kommt das Erste.
Der Wind
beutel von Weibe glaubte ihre Thür halb offen
gelassen zu haben —
aber wir fanden sie zu.
Las Schloß war abgesprnngen, der Schlüssel in wendig.
Sie können sich den Grad von Ver
zweiflung unmöglich vorstellen, mit dem sie jetzt
,,ich bin verlohren" ächzete.
Lustig wäre
es gewesen, wenn ich sie in der Lage so hätte stecken lassen.
Aber das kann ich nicht leiden,
das ein Weib um meinetwillen zu Grunde gerichtet werde, ohne es durch mich zu seyn. Auch pflege ich mich nicht,, wie der Pöbel, vom
Zufall meistern zu lassen. Ich mußte ihr also hel
fen.
=
Was hätten Sie gethan?
fen.
319
Hären Sie
was ich versuchte und wie es gelang. So viel sahe ich bald, daß die Thür sich ein, stoßen ließ, wenn man Len Lerm dabey nicht scheute.
Ich beredete also meine Schöne, jedoch
nach vieler Bemühung, sie sollte mit einmal ein
durchdringend Geschrey wie vom Schreck erheben
und Diebe, Mörder und dergleichen rufen. Auf ihre» ersten Schrey wollte ich die Thüre einren
nen und sie sollte sich sogleich in ihr Bett werfen.
Sie glauben nicht, wie lange es wahrte, ehe sie sich entschließen konnte, selbst nachdem sie den
Vorsatz gefaßt hatte.
Indessen war kein anderer
Ausweg und auf den ersten Stoß flog die Thür
auf.
Die Vicomtesse that wohl sich nicht auszu
halten.
Denn in demselben Augenblick war auch
der Herr Gemahl und Nosier auf dem Platz.
Das Kammermädchen kam gleichfalls sogleich herzugelaufen.
Ich war der einzige Besonnene
und verfehlte daher nicht, sogleich die Nachtlam
pe , die noch brannte, auszulöschen und umzuwer, fen.
Denn es wäre lächerlich gewesen, sich bey
einem brennenden Lichte so erschrocken zu stellen. Ich fing, jetzt an,
den Mann und den Liebhaber über
übrr ihren Todesschlaf zu schelten, indem ich ver-'
sicherte, daß das Schreyen und meine Bemühung, die Thür einzustoßen,
dauert habe.
gute fünf Minuten ge-
Die Vicomtesse, die in ihrem Bet,
te, alle ihre Courage wieder gefunden hatte, un-
terstützte mich aufs beste und schwur aus Leibes
daß Diebe in ihrem Zimmer gewesen
kräften,
wären,
wobey sie —
und hierin sagte sie die
Wahrheit— versicherte, sie habe in ihrem gan zen Leben nicht solche Angst gehabt.
allenthalben und fanden nichts.
Wir suchten
Endlich wieß ich
auf die umgeworjcne Nachtlampe hin und zog aus ihr den Schluß, eine Ratte habe gewiß die
sen Schaden und den ganzen Schreck veranlaßt. Alles stimmte in meine Meinung und nach ctni#
gen Witzelcyen über die Ratten eilte der Vicomte
zurrst in sein Zimmer zurück, indem er seine Frau bat,
sich künftig ruhigere Ratten anzu-
schaffen. Rosier nahte sich jetzt der Vicomtesse und
mrinte, dieses sey die Rache des Liebesgottes ge wesen.
Sie sahe mich lächelnd an und gab zur
Antwort:
„Gewiß, ich muß ihn recht erzürnt
haben, denn er hat wariich keine kleine Rache an
mir genommen.
Doch; setzte sie hinzu, ich bin
herzlich müde und will noch schlafen."
Ich war eben in meiner gütigen Stimmung. Doshalb nahm ich mich, ehe wir uns trennten,
Les Rosier an und vermittelte eme förmliche Aus-, söhnung.
Das Liebespärchen umarmte sich und
ich hatte gleichfalls das Glück von beyden Thei
len umarme zu werden.
An den Küssen der Vi-
romtesse lag mir nichts,
aber Aosier's Kuß
machte mir ein ganz besonders Vergnügen,
Er
dankte mir noch ein langes und breites, indem
wir jeder in sein Bett zurückgingen. Finden Sie die Geschichte unterhaltend, so
machen Sie mit ihr, was Sie wollen. Verschwie
genheit verlange ich eben nicht, mich hat sie er
götzt und andere mögen sich nun auch daran er götzen.
Adieu
ner Stunde.
Mein Jäger wartet schon seit ei Nur noch einen Augenblick, Sie
zu umarmen und Ihnen alle Vorsicht gegxn
den Prevan zu empfehlen,
72. von Oanccny an Cecilie Dolanges.
PeN'iS den IT. S-pk. (Dieser Brief wurde erst den 14. übergeben.) O meine theure Cecilie! Wie sehr beneide ich
den Graf Valmont, der das Glück bat, Sie morgen zu sehn.
Er wird Ihnen diesen Brief
von mir einhändigen, während ich getrennt von Ihnen schmachte und »nein Daseyn unter dem Ge-
fühl meines verlohrnen Glücks und dem schmerz,
lichsten Kummer forischleppe. zärtlich geliebte Freundin,
0 ■ geliebte
—
bedauern Sie mich
über das, was ich leide und mehr noch über das, was Sie leiden; denn dieß letztere schlägt meinen
Much gänzlich zu Boden. Wie bitter ist mir derGedanke, Ihnen Kum mer zu machen.
Ach, wäre ich nicht/ Sie wür
den ruhig und glücklich seyn.
Werden Sie mirs
vergeben? 0 sagen Sie mir, daß ich Ihre Ver
zeihung habe, daß Sie mich noch lieben, daß Sie
mich ohne Aushüren lieben werden, ich bedarf dieser wiederholten Versicherung.
ich an Ihrer Liebe zweifelte —
Nicht als ob
Aber je gewisser man
Z2Z Man davon überzeugt ist ,
mit je mehr Vergnü
gen hört man die Verheurung wiederholen.
Sie
liebenmich! Nicht wahr, Ceeilie? Gewiß — Sie lieben mich mit ganzer Seele!
Ich vergesse es
nicht, dieses war das'letzte Wort, welches ich aus ZhremMunde hörrk
ne Seele.
Wie drang es in mei
Mit welchem Entzücken wiederholt
mein ganzes Herz dieses wonnevolle Gestandniß!
Wie weit waren wir damals davon entfernt, un ser so nahes Unglück zu ahnden.
Lassen Sie uns
auf Mittel sinnen, es zu lindern, meine Ceeilie.
Wenn ich meinem Freund Valmont glauben kann,
so bedarf es dazu weiter nichts, als daß Sie ihm das Vertrauen schenken, das er verdient. Die ungünstige Meinung, die Sie von ihm
zu haben scheinet, war mir, ich gestehe es, nicht angenehm. Mutter her.
Sie rührt unstreitig von Ihrer Fran Aus Gefälligkeit für diese halte ich
gleichfalls diesen wirklich liebenswürdigen Man» eine Zeitlang vernachläßigt, che für mich thut,
der jetzt alles mögli
der daran arbeitet, uns zu
vereinigen, indem Ihre Frau Mutter uns gern auf immer trennen möchte.
Ich bitte Sie herz
lich, meine geliebte Cecilie, sehen Sie ihn mit
T r
gün-
Bedenken Sie, daß er
günstigern Augen an.
mein Freund ist und der Ihrige werden will, und
daß er mir das Glück, Sie zu sehn, verschaffen kann.
D wenn Sie diese Gründe nicht bewe
gen, meine Cccile, so lieben Sie mich gewiß nicht
sosehr, als ich Sie liebe— nicht so sehr, als Sie mich noch vor kurzem liebten. Ach, könnten Sie
mich je weniger lieben? Aber, nein, das Herz mei ner Cecilie bleibt mir, bleibt mir ewig und soll ich gleich die Leiden der unglücklichen Liebe erfah
ren, so wird Ihre Treue mich doch gewiß vor den Qualen der betrogenen Liebe bewahren. Leben Sie wohl,
liebenswürdige Freundin.
Vergessen Sie nicht, daß ich leide, und daß eS nur von Ihnen abhängt, michvollkommnen glück lich zu machen.
Hören Sie auf die Wünsche
meines Herzens.
Ich küsse Sie mit dem Kusse
der allerzartlichsien Liebe.
73. Eiraf Valmont an Cecilie Volanges. Auf tern Schlosse * * den 14. Sept, (mit dem vorhergehenden Briefe zusammen, persönlich überzeben.) er Freund, der Ihnen zu dienen bereit ist, hat
bemerkt,
daß es Ihnen an allem gebricht, was
zum schreiben erforderlich ist. Mangel abgeholfen.
Er hat diesem
Sie werden in dem Zim-
mer vor Ihrer Schlafstube unter dem großen
Schrank zur linken Hand einen kleinen Verrath
von Papier, Federn und Dime finden, der, so vst er verbraucht ist, ersetzt werden soll. können ihn,
Sie
wenn Sie keinen bequemern Ort
wissen, an diesem getrost liegen lassen. Er bittet Sie zugleich, eö nicht übel zu neh
men, wenn er iu der Gesellschaft mehrerer Per sonen sich stellen wird, Sie wenig zu bemerken
und Sie nicht ganz wie ein erwachsenes Frauen
zimmer zu behandeln.
Dieses Benehmen scheint
ihm nothwendig, um allen Verdacht zu entfernen und zu Ihrem und seines Freundes Glück desto
wirksamer seyn zu können.
Er wird es schon
32 6
=
zu veranstalten wissen, Sie zu sprechen, wenn
er Ihnen etwas zu sagen oder zu übergeben hat
tmb er rechnet auf Ihre Bereitwilligkeit, ihnr dabey von Ihrer Seite zu Hülfe zu kommen.
Er giebt Ihnen endlich den Rath, ihm alle
die Briefe, die Sie empfangen werden, jedes mal zurückzugeben, damit Sie sich mit dem Aus bewahren derselben keiner Gefahr aussehen.
Er schließt mit der Versicherung, daß, wenn
Sie ihm Ihr Vertrauen schenken wollen, er al les amvenden wird, die Strenge zu mildern, mit der eine zu harre Mutter zwey gute Menschen be handelt, von denen der eine sein geliebter Freund ist, und die andere ihm die zärtlichste Theilnah
me zu verdienen scheint,
74Die Markisen von Merteuil an Graf Valmont. Paris, den 15. Sext. Seit wenn, mein lieber Graf, sind Sie denn
so schr eckhaft und furchtsam geworden? Der Pre-
van muß doch ein fürchterlicher Mensch seyn.
Aber'
•==
327
Aber sehn Sie nur, wie groß meine Einfalt und Züchtigkeit ist! Schon oft bin ich mit diesem stol zen Weibcrüberwinder in Gesellschaftgewesen — und kaum habe ich ihn bemerkt. Wahrhaftig — ohne einen Brief von Ihnen — hätte ich ihn vielleicht nie recht ins Auge gefaßt. Doch diese Ungerechtigkeit gegen ihn, habe ich gestern schon wieder gut gemacht. Er saß in der Oper mir fast gegenüber, und ich hatte Zeit, ihn recht genau zu betrachten. Hübsch ist er wenigstens — das muß ihm der Neid lasten, sehr hübsch. Feine, zarte, liebliche Züge, die in der Nahe noch ge winnen müssen. Also dieser Herr hat flchs, wie Sie sagen, vorgesetzt, meine Eroberung zu ma chen. Wohlan, es wird mir viel Ehre und Ver gnüge» seyn. Im Ernste, lieber Graf, ich ha be meinen Kopf auf ihn gesetzt und ich sage Ih ne» im Vertrauen,, daß ich ihm schon einige Schritte entgegen gethan habe. 'Es kommt nur drauf an, oh Sie mir etwas helfen werden. HSren Sie nur. Beym Herausgehn aus der Oper war er nur zwey Schritte von.mir entfernt. Hier rief ich der Markisin v... zu, das; wir uns, wie ich host-, te,
Z28
re, den Freytag Abend bey der Marschallin. , tref fen würden.. Dieß ist glaube ich das einzige Hauswo ich mit ihm zusammen kommen kann. Et hat mich ohnzweiscl gehört. Mir aber, wenn der Undankbare nicht käme! «Hagen Die mir -ein Zimmer hinauf — und durchwanderte auch die Zimmer der übrigen, um mich mit demTerrein bekannrzu ma chen, Ich machte meine Anstalten, um den Brief wechsel der Kleinen zu sichern und schrieb ihr nach diesem ersten Liebesdienst einige Zeilen, um sie von allem zu unterrichten und um ihr Vertrauen zu bitten. In mein Billet wickelte ich den Brief von Danceny und so ging ich in den Salon zu rück. Meine Schöne hatte sich indessen auf den Sopha in einer lieblichen Nachlaßigkeit hinge worfen, Ihr Anblick erweckte meine Begierden und goß Feuer in meine Blicke. Doch id> sahe wohl, daß ich in diese mehr Zärtlichkeit und Sehnsucht legen müsse, und ich setzte mich so, daß ich sie bequem konnte spielen lassen. Der erste Erfolg war , daß das englische Weib ihre großen schönen Augen zu Boden schlug. Ich wei dete mich eine Zeitlang ruhig an diesem himmli schen Gesicht. Dann durchlief ich die ganze herr liche Gestalt und labte mich an den Formen und Uuwissene, die ein leichtes Gewand der kühnen Phantasie errathen ließ. Ich wandert- von dem Kopf zu den Füßen und von diesen zum Kopfe zurück.
zurück. — Jetzt, jetzt warf sie einen Blick auf mich, aber im Augenblick schlug sie ihn wieder zu Deden. Ich wollte ihm die Rückkehr erleichtern und wandte meine Augen weg. Hier entstand unter uns jene stillschweigende Abrede — der er ste Vertrag der schüchternen Liebe — bey der man, um das Vergnügen sich anzusehn wechsels weise zu genießen, den Blicken verschreibt einan der Platz zu machen, bis sie sich endlich zufällig begegnen. Da nach meiner Erwartung dieß neue Vergnügen meine Schöne ganz einnehmcn. mußte, so sorgte ich unterdessen für unsere gemein schaftliche Sicherheit. Ich fand indessen die Ge sellschaft in einem lebhaften Gespräch so tief ver wickelt, daß sie uns nicht im mindesten beobach tete, und nun suchte ich ihre Augen zu einem freyern Ausdruck zu bewegen. Deshalb über raschte ich ihre Blicke einigemal, aber mit solcher zarten Bescheidenheit, daß die scheueste Tugend nicht davon beunruhigt werden konnte, und um das schüchterne Weib noch mehr in Freyheit zu setzen, stellte ich mich eben so verlegen als sie es war. Nach und nach gewöhnten unsere Augen sich, einander zu begegnen und blieben langer auf einan-
einander geheftet —
bis wir endlich die Blicke
gar nicht mehr von einander wegwandten und ich in dem ihrigen jenes süße Sehnen, das glückliche
Zeichen der verlangenden Liebe, glaubte.
zu bemerken
Aber dieser Zustand wahrte nur einen
Augenblick.
Sie kam gleich wieder zn sich selbst
und änderte— mit einer kleinen Nöthe— Stel lung und Blick.
Ich wollte sie nicht zweiselhast
lassen, daß ich alle diese verschiedene Bewegun
gen wohl bemerkt habe.
Deshalb sprang ich jetzt
hastig vom Sitze ans und fragte sie mit erschrocke ner Miene— ob sie sich nicht wohl befinde.
So
gleich versammlet: sich die ganze Gesellschaft um
sie herum. Ich machte allen Platz und eilte zur kleinen Belanges, dir am Fensteram Strickrahnr saß und sich von dieser Arbeit nicht so schnell hat
te erheben können, um ihr unterdessen Dance
nys Brief zu geben. Ich stand einige Schritte von ihr und warf ihr den Brief auf den Schooß.
In ihrer Ver
wirrung wußte sie nichts mit ihm anzufangen.
So was von Ueberraschung und Verlegenheit — es war zum Todriachen'.
Ich lachte gleichwohl
nicht — denn ich war im Ernste sehr bange —
dieser
Lieser Grad von Einfalt und Ungeschick würde, «ns verrathen. Einige nachdrucksvolle Winke mit den Augen und Gcberden mit der Hand mach ten ihr endlich begreiflich, daß sie das Päckchen schnell in die Tasche befördern müsse. Den übrigen Theil des Tages fiel nichts be sonders vor. Seit dem hat sich wohl hie und da etwas ereignet, tvaö Ihren Planen und Wün schen, meine schöne Freundin, günstig werden kann — wenigstens in Rücksicht der kleinen Volanges; aber ich will meine jZeit lieber dazu an wenden, meine Plane auszuführen, als sie zu erzählen. Das ist überdem schon dir achte Seite, die ich voll schreibe und ich bin des Schreibens endlich müde. Leben Sie wohl. Daß die kleine Volanges dem Danceny geant wortet hat, versteht sich ja wohl, ohne daß ichs sage *). Auch habe ich von meiner Schönen ei ne Antwort auf meinen Brief erhalten, den ich den Tag nach meiner hiesigen AnLunft an sie schrieb. Ich lege beyde bey. Es hangt von Ihnen ab, sie zu lesen oder nicht zu lesen. Ich verdenke es Ihnen
Ihnen nicht, wenn sie von dieser Correspondenz nichts mehr sehn mögen. Dieß immer wiedergekäme Geschwätz ergötzt mich selbst ganz und gar nicht mehr und muß für jeden, der nicht weiter dabey intercssirt ist, vollends ekelhaft seyn. Noch einmal, leben Sie wohl. Zch lieb« Sie unverändert. Nur darum will ich Sie'noch bitten — wenn Sie wieder von Prevan schrei ben sollten, es auf tüte verständliche Art zu thun.
77. Graf Valmont an die Präsidentin v. Tourvel.
,
ten 15. Sept,
^boher, gnädige Frau, kommt Ihr grausame-
Bemühen, mir immer auszuweichen ? Wie kann die allerzärtlichste Ergebenheit von meiner Seite Sie zu einem Verhalten gegen mich veranlassen, als hätten Sie wer weiß welchen Grund mit mir unzufrieden zu seyn? Wie! mich führt die Liebe zu Ihren Füßen zurück — ein glücklicher Zufall gewährt mir einen Platz an Zhrer Seite — aber Sie wollen lieber eine Unpäßlichkeit erdichten und Ihre
Ihre Freunde in Unruhe setzen, ehe Sie es sich gefallen lassen, neben mir zu bleiben. Wie oft haben Sie gestern die Augen von mir gewandt, weil Sie mir iauch nicht das Glück eines Blickes gönnen. Und wenn diese Augen einen einzigen Augenblick weniger strenge auf mir zu ruhen schie nen, — so war dieß nur ein Augenblick, den Sie mirgewiß nichtausGükegewährten, sondern nur um das, was Sie versagen, mir desto fühl barer zu machen. Verzeihen Sie mir, wenn ich frey gestehe, daß weder die Liebe eine solche Behandlung ver dient, noch, die Freundschaft sie sich erlauben kann. Und sind es nicht diese beyden Gefühle, die uns verbinden? Zweifeln Sie, daß die er ste mich beseelt, oder darf ich nicht mit allem Rechte die zweyte von Ihnen erwarten? Hiel ten Sie mich Ihrer unschätzbaren Freundschaft nicht vor kurzem für würdig, oder habe ich mir etwa hinterher den Verlust derselben zugezogen? Hat mir vielleicht meine zutrauliche Offenheit bey Ihnen geschadet? und wollen Sie meine Treu herzigkeit bestrafen? Tragen Sie so wenig Deden, ken, beydezu meinem Schaden zu benutzen? Ach, ich
ich glaubte das Geheimniß meines Herzens ür
den Schooß einer Freundin niederzulegen! Ich
hielt cs so gar für meine Pflicht, Vorschläge abzulchnen, die ich ja so leicht hätte annehmen können, ohne ihnen nachzulcben, ja selbst um sie zu
mißbrauchen.
Oder wollen Sie durch eine un
verdiente Strenge mich nöthigen, daß ichs be
dauern soll, Sie nicht hintergangen und so Ihre
Nachsicht erzwungen zu
haben?
Doch nein.
Nimmermehr werde ich ein Verhalten bereuen,
das ich Ihnen, das ich mir selbst schuldig war, Aber warum muß jede meiner lobenswcrthen
Handlungen immer Anlaß zu einem neuen Un glück für mich werden! Das erste und einzigemal, da cs Ihnen ge-
siel, an meinem Wandel etwas rühmliches zu fin
den, mußte ich auch sogleich das Unglück haben.
Ihnen zu mißfallen.
Gleich nach jener so harten
Probe, auf die Sie meinen Gehorsam stellten — ich meine die bittere Entfernung von Ihren Au«
gen, die Sie mir befahlen, gefiel es Ihnen al len Briefwechsel mit mir abzubrechen, mir auch
diesen kleinen Ersatz eines großen Opfers, das
Sie von mir gefordert hatten, zu entziehn und
mir
35i «nir alles bis äuf meine Liebe zu rauben, die Ih nen allein das Recht dazu hätte geben können. Endlich nachdem ich mit einer Aufrichtigkeit, die gewiß die Vortheile meiner Liebe nicht befördern' konnte, zu Ihnen geredet hakte, fangen Sie an mid) zu fliehen, als wäre id) rin gefährlicher, hinterlistiger Verführer, hinter dessen Nänkevolle» Falschheit Sie endlich gekommen waren. Wer, den Sie nicht endlich müde werden, ungerecht gegen mich zu seyn? Sagen Sie mir wenigstens, was id) von neuem versehen, womit ich mir diese neue Härte zugezogen habe und wie ich mid) Ih rem Wunsche gemäß verhalle» soll. Wenn ich mid) zum Enhorsam gegen Ihre Befehle verpflich te, kann id) denn nicht zum mindesten fordern, sie kennen zu lernen?
78.
Die Präsidentin von Tourvel an Graf Valmont. den 16. Sepl. ©ie scheinen über mein Betragen verwundert/ Herr Graf, und es kommt mir fast vor, als woll
ten Sie mich darüber zur Rede stellen, als ob Sie ein Recht hätten mich zu tadeln.
Mich dünkt,
ich dürste weil eher zur Verwunderung und zum Misvergnügen Ursache haben.
Doch seit der
Weigerung, die in Ihrem letzten Brief enrhal-
ten ist, hatte ich den Entschluß gefaßt, mich in eine völlige Gleichgültigkeit zurückzuziehn und
alle fernere Bemerkungen und Vorwürfe ruhen zu lassen.
Da Sie mich indessen noch um Er
klärungen bitten, und ich. Dank sey es dem Him
mel! mir nichts bewußt bin, das mich abhalten könnte, sie Ihnen zu geben, so will ich mich noch
einmal auf Erklärungen mit Ihnen einlassen. Wer Ihre Briefe läse, müßte mich entweder'
für ungerecht — oder für eine Närrin halten.
Gewiß verdiene ich dieses Urtheil nicht, und Sie sind weniger als irgend ei» anderer in den, Fall, eins
eine solche Meinung von mir zu fassen.
Meine
Rechtfertigung erfordert eS allerdings in die Ge
schichte unserer Verhältnisse zurückzugehn. Wenn Sie sich einbilden, dabey etwas gewinnen zu kön
nen, so bin ich von meiner Seile überzeugt, daß ich nichts dabey verliehren kann und am allerwe
nigsten in Ihren Augen.
Ich scheue also diese
Rückblicke keinesweges, sondern halte sie für das einzige Mittel, um auszumachen, wer von uns
beyden dem andern etwas vorzuwerfen habe. Ich fange von dem Tage Ihrer Ankunft auf
diesem Schlosse an.
Sie werden,
glaube ich,
nicht in Abrede seyn, daß Ihr Ruf zu einer ge wissen Zurückhaltung gegen Sie berechtigte, und daß ich mich keiner lächerlichen Sprödigkeit wür
de schuldig gemacht habe», wenn ich gegen Sie in den Schranken der allerkältesten Höflichkeit ge,
blieben wäre.
Sie selbst hätten mich dabey mit
Nachsicht beurtheilen und es natürlich finden müs sen , daß einer so wenig durch den Umgang mit der Welt gebildeten Frau die Vorzüge fehlen, die
man besitzen muß, um die Ihrigen nach Würden zu schätzen..
Ein solches Betragen gegen Sie
hätte die Klugheit gewiß gefordert.
Der gc-fährl. tli»g. I. Th.
3
Puch würde *s
es mir — ich gestehe es Ihnen frey — nicht schwer geworden seyn, ihr zu folgen, da ich bey der Nachricht von Ihrer Ankunft warlich alle meine Freundschaft für die Frau von Nosemonde zusammennehmen mußte, um ihrs nicht merken zu lassen, wie wenig angenehm mir dieser Be such sey. Es ist wahr, Sie zeigten sich anfänglich von. einer vortheilhastcru Seite, als ichs vermuthet hat te, aber dagegen können Sie wieder nicht leug nen, daß dieß nicht lange wahrte und daß Sie bald eines Zwanges müde wurden, für den Sie' sich — Lurch die vortheilhafte Meinung, die er mir von Ihnen machte, nicht hinreichend belohnt glaubten. Es wahrte nicht lange, so mißbrauch, len Sio meine Treuherzigkeit und Sicherheit und -überraschten mich mit Erklärungen, von denen sie wohl vorhersehen konnten, wie. sie mich ängstigen und kränken würden. Sie ließen nicht nach, mich nun auf diese Art wiederhohll zu peinigen, während ich, so geneigt zum Verzeihen und Ver geßen, Ihnen so manche Gelegenheit darbot, Ihr" beleidigendes Betragen gegen mich wenigstens zum Theil wieder gut zu machen. Meine Ditte war so
so gerecht, Laß Sie sie mir gar nicht abschlagen
konnten;
aber nun machten! Sie wieder aus
meiner Güte ein Recht und forderten .von mir ei,
ne Erlaubniß,
dir ich Ihnen ohn;wrifel nicht
hatte geben sollen, und die Sie gleichwohl er,
Hallen haben»
Von den Bedingungen, die da
bey festgesetzt wurden,
haben Sie keine einzige
erfüllt und alle Ihre Briese waren so beschaffen.
Laß jeder derselben mirs zur Pstichc machte, Ih nen nicht weiter zu antworten.
In der Zeit,
in . der ich durch Ihren Eigensinn genöthigt wurde,
Sie von mir entfernt zu halte» —
selbst da versuchte ichs, von einer vielleicht zu ta
delnden Nachgiebigkeit geleitet, das einzige Mit
tel, Sie mir wieder naher zu bringen; ich bat Ihnen die schuldlosen Verhältnisse einer reine»
Freundschaft an.
Aber ich sahe — wir wenig
eine tugendhafteZuneignng in Ihren Augen werth ist.
Mit Freundschaft ist Ihnen nicht' gedient,
Ihre sinnlose Trunkenheit sucht nur Vergnügen und achtet für nichts die Schande und Las Elend
derer, die ihr Opfer werden.
So widersprechend
die Vorwürfe sind, die Sir mir wachen, so leicht, sinnig ist Ihr Betragen gegen mich». Sie ver,
Z 3
geffen
35.6
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gessen Ihre Versprechungen oder'vielmehr Sie spielen mit ihnen, und nachdem Sie mir Ihre Entfernung heilig zugesichert haben, erscheinen Sie gleichwohl ungerufen wieder, ohne weiter weder an meine Bitten noch an meine Gründe zu denken. Sie sind nicht einmal so artig, mir vor her Ihre Ankunft zu melden; Sie machen sich kein Gewissen daraus, mich einer Ueberraschung auszusehen, die, so natürlich sie auch war, doch zu ungünstigen Auslegungen bey den Personen, die gegenwärtig wären, hätte Anlaß geben kön nen. Sie thu» dabey nichts um meine Unruhe zu zerstreuen — Sie legen es vielmehr darauf an , sie zu vermehren, indem Sie ausdrücklich Ihren Platz neben mir nehmen. Eine kleine Un päßlichkeit nöthigt mich, früher als die andern aufzusteh» und mich zu entfernen. Anstatt mich nun ungestöhrt allein zu lassen — führen Sie die ganze Gesellschaft hinter mir her. Ich gehe in den Saal zurück; aber wo ich austrete, da treten sie ein; wenn ich ein Wort sage, so sind Sie es al lemal , ders auffLngt und beantwortet. Der al lergleichgültigste Ausdruck, den ich gebrauche, veranlaßt Sie allemal zu einem Gespräch, da» ich
■
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ich nicht hören will und das bey andern leicht Miß trauen gegen mich erwecken kann. Denn so ge,schickt und fein Sie sich auch dabey zu benehmen glauben, so dünkt mich doch immer, daß das, was
-icf) zu deuten weiß, die übrigen auch leicht ver liehen könnten.
Während Sie mich so zur Unbeweglichkeit und zum Schweigen zwingen, fahren Sie gleichwohl fort, mich zu verfolgen. Wenn ich meine klu
gen aufschlage, so begegne ich den Ihrigen und ich muß sie unaufhörlich wegwenden. Es ist mir unbegreiflich, wie Sie neulich die Augen derGesellschaft auf mich hinlenken konnten in einem 2lu-
genblick, wo ich mich vor meinen eigenen Augen hatte verbergen mögen. — Und doch beklagen Sie sich über mein Betragen gegen Sie und stel len sich verwundert über mein Bestreben, Ihnen
auszuweichen.
Ich dächte, Sie könnten eher mei
ne Nachsicht tadeln und sich verwundern, daß ich
nicht im Augenblick Ihrer Ankunft abgereiset bin. Dieß hätte ich vielleicht thun sollen und Sie wer den mich auch gewiß noch zu dieser auffallenden —
aber nothwendigen Maßregel zwingen, wenn Sie Ihre beleidigenden Verfolgungen nicht einstellen. Nein,
Nein, Herr Graf, ich vergc-sse es nicht und wer de es nie vergessen, was ich meiner Ruhe/ was ich den Banden, die ich knüpfte und Lis ich eint uni) liebe, schuldig bin. - Sie können gewiß über» -zeugt seyn, daß, wenn mir nur die unglücklich« Wahl übrig wäre, diese Bande oder mich selbst aufzuspsrrn, ich mich keinen Augenblick bedenken würde. Leben Sie wohl.
79-
GcafDalmont an die Markisin v.Mcrtenik,
vornSchlossr * • den is. Sex!,
'^ch wollte heue Morgen auf die Jagd gehn, aber es ist abscheuliches Wetter. Zu lesen habe ich auch nicht», als einen neue» Roman, der sb unterhaltend ist, daß auch eine Klosterjungftr dabey einschlafen müßte. Erst in zwey Stunden komme» wir zum Frühstück zusammen. Was thue ich bis dahin? ich plaudere mit Ihnen, mei, ne schöne Freundin, ohnerachtet ich Ihnen erst gestern einen langen Brief schrieb. Langeweile werde ich Ihnen gewiß nicht machen, denn ich will
tvillIhnen von dem hübschen Prevan erzählen. Sollten Sie denn wirklich von seinem berühmten
Abentheuer nichts gehört haben, das die Unz er»
rrennlichen trennte? Ich wette, bey der er sten Sylbe fällt Ihnen alles wieder;6cn.
Hier
haben Sie indessen die Erzählung, die Sie ver langen.
Das besinnen Sie sich doch, daß einmal drey junge Weiber — alle drey sehr reihend —von
gleichen Vorzügen und gleichen Ansprüchen'—
die Verwunderung von ganz Paris durch ihre ver baute Freundschaft auf sich zogen,
die durch ih
ren Eintritt in die große Welt nicht im minde sten gestöhrt wurde.
Anfänglich suchte man den
Grund davon in Ihrer ausnehmenden Schüch ternheit und Zurückhaltung.
Aber auch nachher
noch, da sie von einem zahlreichen Schwarm jun ger Leute umgeben waren,
in deren Schmeiche-
leyen sie sich theilten und deren Huldigungen sie
über ihren Werth nicht ungewiß ließen —
war
ihre Freundschaft und Anhänglichkeit an einander nicht weniger innig und jeder Trinmxf der einen schien eine gemeinschaftliche Freude bey allen zn
verursachen.
Man hoffte indessen auf den Zeit punkt .
Z6a
=
punkt, da sich die Liebe bey ihnen einstrllen wür
de; diese, meinte man, müsse nothwendig Eifer sucht erwecken und unsere zierlichen Stutzer wett
eiferten um die Ehre, der Zankapfel dieser drey Göttinnen zu werden.
mangelt haben,
Ich selbst würde nicht er
bey diesem Wettkampf in den
Schranken zu erscheinen,
wenn das große An
sehn , zu dem die Gräfin v. — sich damals er
hob,. mirs in dieser Zeit erlaubt hätte, ihr un treu zu werden,
ehe ich die Gunst erlangt hatte,
die ich suchte. Unsere drey schönen Weiber trafen indessen in dem nächsten Karneval ihre Wahl, als hätten sie
sich vergleichen und die Stürme, auf die man ge
rechnet hatte,
erfolgten so wenig, daß im Ge
gentheil ihre Freundschaft,
durch das, was sie
nun einander zu vertrauen hatten, niger wurde.
nur noch in
Der Haufe der abgewiesenen Be
werber machte nun zwar mit allen neidischen Weibern gemeinschaftliche Sache und man fing
an diese ärgerliche Beständigkeit und Treue auf
das bitterste durchzuhechelen.
Die einen meinten,
in dieser Verbindung der Unzertrennlichen, f»
nannte man sie seitdem, sey „die Gemein
schaft
Ä=S
351
schäft aller Güter" das Grundgesetz, das
sich auch auf die Liebhaber erstrecke. Andere mein,
len, die drey Erwählten hätten zwar keine Ne, aber
benbuhler,
Nebenbuhlerinnen
und noch andere gingen so weirzn behaupten, die Herren waren nur des Anstandes wegen da, und
Hätten bloße Titel ohne alle Geschäfte. Gerede —
gleichviel
that
indessen
man
sich
ob
die Wirkung
davon
wahr gar
versprach.
Dieß
oder falsch,
nicht,
Das
die
dreyfache
Paar sahe ein, daß es sich unter diesen Angriffen um so weniger trennen dürfe, und faßte den Ent,
schluß, vereinigt dem Ungrwitter die Stirn tu blccen.
Das Publicum, das alles müde wird,
gab endlich die fruchtlosen Schmähungen auf, in dem es bey seiner natürlichen Veränderlichkeit auf
andere Gegenstände überging.
Man kam indes-
sen in kurzen auf diese Personen zurück und nun
verwandelte sich der Tadel in Lob.
So wie hier
zu Lande alles Mode ist, so war es auch der En
thusiasmus für diese Personen, der bis zur Na, serey gestiegen war, als Preran dadurch aufmerk,
sam gemacht, auf den Einfall kam, diese Wun der genauer zu untersuchen, um für sich und für
andere
z52
s=s
andere hinter dir Wahrheit der Sache'zu'kenr-
men. Er suchte also diese Muster von Vollkommen
heit auf
Er fand in ihrer Gesellschaft leicht
Zutritt, woraus er einen günstigen Schluß zog. Er wußte recht wohl, daß in eine kleine Gesell
schaft glücklicher Menschen
der Zutritt mehr
Schwierigkeit macht, und crmcrirr bald darauf, daß dieses 'so gerühmte Glück — wie das Glück der Könige — mehr beneidet werde als beneidenSwcrth'sey.
Er bemerkte, cast die Gesellschaft
der Unzertrennlichen schon anfing Vergnügungen
auswärts aufznsuchcn und sich nach Zerstreuung gen zu sehnen und er schloß daraus, daß dieDaw, de der Freundschaft und der Liebe bereits sehr
schlaff geworden, oder gar zerrissen wären, und vielleicht nur durch Eitelkeit oderGewchnheitnoch znsammengehalten würden.
Die Weiber,
die
das Bedürfniß des Umgangs mehr l zusammen hielt, behaupteten unter sich den Anschein unrer-
ündertec Vertraulichkeit.
Aber die Manner —■
weniger gebunden in ihrer Lebensweise, fanden bald allerley Geschäfte auszurichren — allerley Obligenhciten zu erfüllen, und dergleichen, wor
über
über sie sich-zchar sehr verdrüßlich flcGtcn, von
denen sie sich über gleichwohl nicht losmachten und
so-war die Gesellschaft des Abends selten vollstän
dig. Der lauernde Prevan wußte dieß alles ge schickt zu benutzen. Er nahm feinen Platz natür licherweise immer bey der, die an diesem Tage die Verlassene war und so sagte er nach und nach al
len drey Freundinnen die nehmlichen Schmeiche, leycn, wie es die Umstände mit sich brachte». Daß ersetzt keineDahl unrerihnen treffen dürfe, daß die falsche Schaam, die erste Treulose zu seyn,
diejenige ohnzweifel gegen ihn entrüsten werde,
auf die seine Wahl gefallen wäre, daß die belei
digte Eitelkeit- der Ucbrigen diese gegen ihn in
Harnisch jagen und sie antreibon werde, ihn die ganze Strenge der hohen Grundsätze fühlen zu lassen — das alles sahe er vollkommen ein. Auch
konnte dir Eifersucht seine Nebenbuhler leichtve«r neuem in Bewegung setzen und diese waren noch
immer zu fürchten.
Hier war alles voller Hin-»
dernisse, aber alles wurde leicht, indem er den
nehmlichen Plan auf alle drey zugleich ausdehnte.
Er zog äußerlich keine vdr — er behandelte eint wie dir andere; so wurde ein: jede insgeheim
nach«
3g4 nachsichtig gegen seine besondern Bewerbungen, weil sie Vortheil davon hatte und jeder Liebhaber war gleichfalls nachsichtig, weil es ihm nicht einfiel, daß ers sey. Prevan, der damals nur mit einer einzigen Frau in Verbindung siand, hatte das Glück, daß diese einen gewissen Nus erlangte. Sie war nemlich eine Fremde und hatte die A»t>äg« eines großm Fürsten höflich zurückgewiesen. Hierdurch zog sie die.Aufmerksamkeit der Stadt und des Hofesauf sich. Auf ihren Liebhaber fiel ein Theil dieser Ehre und sie fönt ihm bey seinen neuen Liebschaf ten zu statten. Das Schwierigste für ihn war dabey nur, alle drey Verständnisse mit gleicher Geschwindig keit fortzuführen, die sich durchaus nach der lang samsten unter den dreyen richten mußte. Zch weiß sehr genau von einem seiner Vertrauten, daß es ihm viele Kunst gekostet hat, die Eine hinzuhalten, die vierzehn Tage früher als die beyden übrigen sich zu ergeben im Begriff war. Endlich erschien der entscheidende Tag. Prevan hatte die Einwilligung von allen dreyen endlich -erhalten und konnte jetzt seine Maßregeln nach seinem
Z6z
==
Den den drey Ehe,
seinem Belieben wählen.
männern war der eine verreiset, der andere sollte den folgenden Morgen mit Tagsanbruch gleich,
falls wcgreiscn, der dritte hatte Geschäfte in der Stadt. Die unzertrennlichen Freundinnen woll, ten diesen Abend bey der künftigen Strohwittwe
speisen — aber ihr neuer Gebieter wollte keiner
von ihnen erlauben, den alten Liebhaber gleich,
falls einzuladen.
An dem Morgen des nehmli,
chen Tages machte er aus den Briefen seiner bis,
herigen Geliebten drey Päckchen.
Dey dem ei,
nen legte er dar Bild, das er von ihr empfangen Hane — bey dem zweyten eine verschlungene Na, menschiffer, die ihre Arbeit war und bey dem drit
Diese Drilthek, le sandte er statt des Ganzen an seine drey neuen
ten eine Locke von ihren Haaren.
Geliebten, an jede eins — als ein ihr darge, brachtes Opfer und ließ sich dafür von jeder dar
Versprechen geben, dafür mit ihrem Liebhaber
sogleichschriftlich zu brechen. es war noch nicht alles.
Das war viel; aber
Die eine, deren Ehe,
mann in der Stadt Geschäfte harte, war nup
am Tage frey.
Es wurde verabredet, daß sie um
einer vorgegebenen Unpäßlichkett willen, von dem Abend-
==
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Abendessen bey ihrer Freundin Zurückbleiben und
den ganzen 'Abend für Prevan allein seyn sollte1 Die andere, deren Mann abwesend war, bewil
ligte die Nacht zur geheimen Zusammenkunft und
die letzte bestimmte ihm den Tagesanbruch, als die Zeit der Abreise des ihrigen/ zur Schaferstun»
de.
Prevan der nichts vergaß, rannte darauf
zu seiner schönen Fremden, stellt sich übeilaunigt, macht sie verdrüßlich und zankt sich förmlich mit
ihr, um sich auf vier und zwanzig Stunden frey zu machen.
Nachdem er so alles angeordnel hat,
geht er nach Hause, um sich ein wenig auszuruhen,
aber hier erwarten ihn neue Vorfälle. Die drey Abschieds - Briefe hatten den drey
Liebhabern ein neues Licht angezündet.
Keiner
wußte zwar von dem nemlichcn Schicksal der bey,
den übrigen, aber jeder fiel für sich leicht auf den
Argwohn, daß Prevan ihn verdrängt habe» müß
te.
Der Verdruß, sich betrogen zu sehn — der
Aerger, den die kleine Demüthigung — verab
schiedet zu werden, allemal hervvrbringt, bewog
alle drey, als hätten sie sich verabredet, zu der selben Maßregel — Rache zu nehmen und von dem beglückten Nebenbuhler Genugthuung zu for
dern.
=
3 7
i^rit Prevan fand also, als er nach Hause kam, drey Ausforderungen seiner warten. Er nahm sie an, wie ein Mann von Ehre. Da er aber weder an dem Vergnügen, noch an dem Ruhm dieses Abentheuers etwas verlichrcn wollte, so beschied er seine Gegner den folgenden Würgen früh und zwar alle drey zugleich an den nchmli, chen Ort. Er bestimmte zum letztem eines von Len Eingängen des Gehölzes von Boulogne. Der Abend kam — er ging und machte seinen dreyfachen Besuch Reihe herum mit gleichem Glück. Ich lasse die Wahrheit dessen, was er hinterher von sich gerühmt hat, unbestritten» Eitelkeit und die durch den Wechsel immer von neuem gespannte Einbildungskraft können indessen wohl solche Wunder wirken. Auch fand er in dem, was den folgenden Morgen am Gehölz von Boulogne vielleicht seiner wartete, wohl einen Grund mehr, das'äußerste zu wagen. — Doch das folgende ist völlig gewiß. Prevan stellte sich zur bestimmten Zeit und am bestimmten Ort pünktlich ein. Er fand die Herren alle drey — und zwar nicht wenig: über rascht durch ihr unerwartetes Zusammentreffen. Viel-
Z6F Vielleicht hatte jeder von ihnen schon 'einigen Trost darin gefunden, daß er die andern beyde zu Gefährten seines Unglücks habe. Er redete sie mit freundlichem und edeln Anstand an, und sag te zu ihnen folgendes, das man mir treulich hinterbrachr hat. „Meine Herren, fing er an, da Sie sich hier alle drey zusammengetroffen haben, so werden Sie daraus leicht den Schluß ziehn. Laß Sie alle drey die nemliche Ursach haben, sich von mir für gekrankt zu halten. Ich bin bereit, Ihnen Genugthuung zu geben. Das Loos mag entscheiden, wer von Ihnen zuerst seine Rache an mir versuchen soll, die Ihnen allen mit glei, chem Rechte zukommt. Ich habe hier weder ei, nen Sekundanten noch sonst einen Zeugen mitgebracht. So wie bey der Beleidigung kein Zeuge gegenwärtig war, so soll auch keiner bey der Ge nugthuung seyn. Ich weiß wohl, setzte.Pre, van — verein leidenschaftlicher Spieler ist, hin zu — ich weiß wohl, daß man ein Smleva sel, ten gewinnt. Aber welchen Ausgang auch diese Begebenheit für mich haben mag, der hat genug geliebt, dem's gelang, die Liebe der Weiber und die Achtung der Manner zu erwerben." Wah,
Während seine erstaunten Gegner sich einan der schweigend ansahcn und ihnen ihr feines Ehr,
gesühl vielleicht zuflüsterte, daß drey gegen einen ein ungleicher und unrühmlicher Kampf sey, nahm
Prevan wieder das Wort.
„Ich will Ihnen
nicht verheclen, meine Herren, fuhr er fort, daß
ich von dcn Strapatzcn der eben verflossenen Nacht
höllisch ermüdet bin.
Es wäre großmüthig von
Ihnen, weNn Sie mir Zeit lassen wollten, erst
meine Kräfte wieder zu sammlen.
Ich habe hier
in der Nähe ein Frühstück für uns bestellt.
Er-
weisen Sie mir die Ehre , es von mir anzuneh,
men.
Lassen Sie uns dabey lustig und guter Din»
ge seyn.
Man kann sich über solche Kleinigkeit
ren wohl einmal schlagen, aber die gute Laune müssen sie einem nicht verderben."
Der Vorschlag ward angenommen.
ging zum Frühstück.
Man
Niemals soll Prevan lie,
benswürdigcr gewesen seyn.
Er gebrauchte den
Kunstgriff, keinen seiner Gegner im mindesten
zu demüthigen, sondern sie vielmehr alle drey zu überreden, daß jeder von ihnen an seiner Stelle
sehr leicht das nemliche Glück gemacht hatt«; ja «r trieb sie zu gestehn, daß keiner von ihnen so
Der geführt. Umg. 1. Th.
Aa
wenig
wenig als er eine so, günstige Gelegenheit würde haben unbenutzt gelassen. Da man erst so weit war, fand sich das übrige von selbst. Auch war das Frühstück noch nicht verzehrt, als man sichs schon zehnmal wiederholt harre, daß Weiber von diesem Gelichter nicht verdienten, daß brave Man ner ihrentwegen den Degen zögen. Diese Idee führte zur Vertraulichkeit, die der Wein bald so sehr erhöht«, daß man nicht nur keinen Groll mehr gegen einander hatte, sondern sich sogar die aufrichtigste Freundschaft schwur. Prevan, der die Entwickelung der Sache un streitig beabsichtigt hatte, wollte indessen den Ruhm dieses Abentheuers nicht durch sie verliehren und wußte zit diesem Ende die Umstande aufs ge schickteste zu benutzen. „Mich dünkt, meine Her ren, sagte er zu den drey Beleidigten, daß Ihre Rache nicht sowohl auf mich als auf die drey treu losen Weiber fallen sollte. Wollen Sie diese be strafen, so will ich Ihnen dazu eine herrliche Ge legenheit veranstalten. Ich kann Ihre Kränkung gewissermaßen mit Ihnen theilen, da ich im vor aus weiß', daß ich bald das nemliche Schicksal haben werde. Denn wenn es keinem von Ihnen gelun-
gelungen ist, nur eine dieser drey Schönen treu zu erhalten, darf ich wohl hoffen, daß mir dieß mit allen dreyen gelingen werde? Ich stimme also mit in Ihre Beschwerden und lade sie sämmtlich für diesen Abend auf mein kleines Haus ein, wo Sie, wie ich hoffe, die gewünschteste Genug, thuung stnden sollen," Man wünschte eine na, Here Erklärung — aber er antwortete mit dem Ton der Ueberlegenheit, den die Umstände ihm anzunehmen erlaubten — „ich glaube Ihnen br, wiesen zu haben, meine Freunde, daß ich mich zu nehmen weiß. Verlassen Sie sich nur getrost auf mich." Alle sagten darauf zu, man umarmte den neuen Freund und trennte sich von ihm bis auf den Abend, wo man dem Erfolge seiner Ver, sprechungen begierig entgegen sahe. Prevan eil» re jetzt schnell nach Paris zurück und machte, wies Sitte ist, seinen neuen Gebieterinnen nach der Reihe Iseine Morgenvisite. Er beredete eine jede mit ihm Liesen Abend auf seinem kleiner» Hause in traulicher Einsamkeit zu essen. Zwey derselben fanden dabey freylich. manche Bedenk, lichkeit. — Aber was kann ein Weib den Tag nachher abschlagen. Er beschied sie so alle drey, Aa i jede
jede eine Stunde von Lee andern, um diese Ami«
schenzeic zu seinen Absichten zu benutzen.
Nach
diesen Vorbereitungen, von denen die drey Mit-
verschwornen unterrichtet wurden,
gingen alle
vier an den bestimmten Ort, um ihre Opfer zu erwarten.
Endlich kommt die erste angefahren.
Prcvan
kommt allein zum Vorschein und empfängt sie mit der Miene der Eilfertigkeit.
Er führt sie ins In
nere desHeiligthums, in dem sie heut als Göt-
rin zu thronen gedenkt.
Er laßt sie hier unter
einem leichten Vorwande allein.
Gleich nach
ihm öffnet der verabschiedete Liebhaber die Thür
und tritt rin.
Sie können sich die Verwirrung
und Beschämung denken bey einem Weibe, die
noch keine Routine hat, und wie leicht jederSieg über sie in dieser Lage seyn wußte.
Zeder unter
drückte Vorwurf wurde als eine Gnade angesehn und der entflohene Sklave, der hier seinem alten
Herrn wieder in die Hande gerierh, schätzte sich
glücklich,
wenn er seine Begnadigung damit er
kaufen konnte, daß er sich die alten Fesseln wie
der anlegen ließ.
Kaum hatte dieses Pärchen
Friede gemacht und sich
an
einen noch einsa, mern
mern Ort zurückgezogen, so erschien ein anderes
auf dem nemlichen Schauplatz, das ohngefehr die
nemliche Farce mit derselben Auflösung wieher, holte.
Noch immer glaubte indessen jede von ihnen allein im Spiel zu seyn.
Aber bis zu welchem
Grade stieg ihr Erstaunen und ihre Verlegenheit,
als beym Eintritt ins Speisezimmer alle drey Paare sich vereinigten.
Schaam und Bestür
zung erreichten hier ihren Gipfel, als Prevan in
ihre Mitte trat und die Grausamkeit hatte, sich
bey allen dreyen auf eine solche Art zu entschuldi gen, die die ganze Sache verrieth und einer je
den klar machte, wir entsetzlich sie betrogen warMan setzte sich nun zu Tische und dir Verle
genheit verminderte sich.
Die Manner wurden
ausgelassen und die Weiber — mußten ihnen den Willen lassen.
Die ersten hatten zwar immer
noch ihren Grimm inr Herzen, aber ihre Worte
waren nichts desto weniger schmeichelnd und zärt lich.
Die Fröhligkeit erweckte die Begierden,
die dieser wiederum einen neuen Sporn gaben.
Kurz diese Orgien dauerten bis Tagcsanbruch
und die Weiber durften, als man sich trennte, auf
auf vollkommene Verzeihung hoffen. in irrten sie sich..
Doch dar-
Die Manner wollten nun die
wahre Rache erst beginnen.
Sie brachen nicht,
nur gleich den Morgen drauf für immer mit den
Treulosen, sondern sie gingen in ihrer Wuth so weit,
daß sie die ganze Sache ins Publikum
brachten.
Seitdem betet die eine im Kloster und
die beyden andern, büßen auf abgelegenen Land gütern von aller Welt verlassen.
Dieß ist die Prevansche Geschichte.
Gefällt
es Ihnen den Ruhm dieses Herrn zu vermehren
und mit an seinen» Siegeswagrn zu ziehn? Sie
können das nun überlegen. tyarlich Unruhe gemacht.
Ihr Pries hat mir Ich erwarte mit Un
geduld Ihre Antwort auf meine letzten Vorstellung gen,, von der ich hoffe, daß sie vernünftiger — wenigstens verständlicher für niich seyn wird.
Leben Sie wohl, schöne Frau.
Ich bitte Sie
nochmals —. überlassen Sie sich Ihren Launen
und bizarren Einfällen nicht zu sehr;
zuweilen auf gefährliche Abwege.
sie führen
Bedenken Sie,
daß auf Ihrem Lebenswege- erfindrischer- Witz nicht hinreicht, daß hier eine einzige Unvorsichtig
keit unheilbare Uebel nach sich ziehn kann, und
lassen
lassen Sie sich zuweilen die Winke und Leitungen der vorsichtigen Freundschaft auf Ahrem Lusipfade gefallen. Adieu., Ach liebe Sie gleichwohl -eben so sehr, als wenn Sie die Weisheit selbst waren.
So.
von Danccuy an Cecilr: DolangeK.
Paris, den 9, Sept, geliebte Cecilie, wenn wird die Zeit er scheinen, da wir uns Wiedersehn — oder wie ler ne ich die Entfernung von Ihnen ertragen? Wo her nehme ich. die Kraft und den Muth'..Jeder Tag vermehrt meine Leiden und ich sehe Lein Ende derselben. Valmont versprach mir Hülfe und Trost, aber auch Valmont vernachlaßigt mich und hat mich vielleicht vergessen. Er ist der Geliebten nahe und fühlt nicht, was man leider, wenn man fern, fern von ihr ist. Er hat mir Ihren letzten Brief ohne eine Zeile von seiner Hand geschickt. Inzwischen ist ers doch allein von dem ich erfahren muß, wann und durch welches Mit tel
tel ich Die sprechen kann.
Hat er mir denn gar
nichts zu sagen? Auch Sie sagen mir nichts dav>
über.
Sollten Sie nicht mehr mit mir gleich«.
Sehnsucht empfinde»? Ach Cccilie, ich bin recht
unglücklich.
Ich
liebe Sie. mehr
als jemals.
Warum muß diese Liebe, die das Glück meines Lebens ist, mir auch zur Folter Werden; Nein,
so ertrage ichs nicht langer.
Zch
muß Sir sehn, ich muß, und war es auch nur auf einen Augenblick.
Wenn ich des Morgens
aufflehe, sd sage ich zu mir: ich werde Sie heu.t nicht sehen, und wenn ich zu Bette gehe, so seuf
ze ich: ich habe Sie nicht gesehen.
Die Tage, v>
lang sie sind, haben für mich keinen Augenblick
Freude. —
Nichts als Entbehrung —
Ver
druß— Verzweiflung? Alles dieß Leiden fließt aus der Quelle, ans der ich das schönste Glück meines Lebens erwarte
te.
Denken Sie- sich noch dazu meine Besorg-
nijse Ihrentwegen, und Sie haben «in Bild mei« ms unglücklichen Daseyns.
Ach wie ganz anders wars, als wir beyde noch an einem Orte beysammen waren.
te alles mir Freude.
Damals mach
Die Gewißheit Sie wieder« 6.U«
zuseh'n, versüßte mir die Augenblicke der Entfer nung, und dir Zeit, die ich ohne Sie hinbrach,
te — verging doch und brachte laiche Ihnen nä
her.
Alles was ich that hatte Beziehung auf
Sie.
Hatte ich Pflichten zu erfüllen, so mach
ten Sie mich Ihrer würdiger;
übte ich mich
in irgend einer Geschicklichkeit, so hoffte ich, Ih nen damit mehr, zu gefallen; ja selbst wenn die
Zerstreuungen der großen Welt mich weil von Ih
nen wegführten, so waren Sic doch meiner Seele immer gegenwärtig.
Im Schauspiel suehic ich
zu errathen, was Ihnen wohl am besten würde
gefallen haben; im Conzrrte erinnerte ich mich Ihrer musikalischen Talente und unserer so süßen Zeitvertreibe; in Gesellschaften wie auf Prome naden suchte ich Aehnlichkeiten mit Ihnen auf. Allenthalben machte ich Vergleichungen und im,
mcr sielen sie zu Ihrem Vortheil aus.
Zeder
Augenblick des Tages war Ihrer Verehrung ge widmet und jeden Abend legte ich de» Ausdruck
derselben zu Ihren Füßen nieder.
Und was bleibt mir nun? Schmerzhafte Er innerungen des Verlohrnen, Entbehrungen ohne Ende und eine — ganz kleine Hoffnung,
die. Vasi
Valmonts' Schweigen vermindert und-.das Ihrige,
in Unruhe verwandelt.
Nur zehn Meilen kren-
neu uns, aber dieser so kleine Raum wird für mich eine unübersteigliche Kluft und wenn ich meinen Freund, wenn ich meine Geliebte unt
Beystand anrusr, um über sie hinzukommen, so bleiben beyde kalr und ruhig — sie Helsen mir
nicht, sie antworten mir nicht einmal. WaL ist denn nun aus Valmoms eifriger Freundschaft geworden? Was aus den zärtlichen
Empfindungen, die Sie sonst für mich hegrenund bey denen Sie in den Mittel» uns zu sehn so ersinderisch waren 1 Zuweilen mußte ich, ich weiß es noch recht wohl, Las Vergnügen, bey Ihnen
zu seyn, aus allerley Rücksichten, Geschäften und dergleichen aufoxfern.
nicht alles zu sagen!
O was wußten Sie d« Mit welchen Einwürfen
wußten Sie da nicht meine Gründe zu bestreiten, und gewöhnlich, — vergessen Sie das nicht, ge
liebte Ceeilie, — gewöhnlich trugen Sie zuletzt
den Sieg davon.
Ich rechne mir das gar nicht
zum Verdienst — ich kann nicht einmal sagen, das; ich Ihnen damit ein Opfer brachte — Nein,
mir selbst war mchtö in der Welt willkommener als
als gerade das, was Sie forderten. . Jetzt aber ist die Reihe zu bitten an mir. Und o wie Lillig ist das, was ich bitte! Nur einen Augenblick will ich Zhr Antlitz sehn, um den Schwur der Liebe von neuem zu geben und von neuem zu empfangen. Liegt Ihnen an diesem Gluck nicht eben so viel als mir? Doch fort mit diesem trostlosen Gedan ken, der mein Leiden aufö höchste bringen würdeNein, Sie lieben mich noch und werden niich immer lieben. Das glaube ich fest und daran will ich nimmer zweifeln. Aber meine Lage ist atu schenlich und ich ertrage sie langer nicht. Leben Sie wohl, geliebte Ceeilie.
8i.
Die Markisin von Merteni! an den Graf Balmont. Paris, den 20. Sen.
habe großes Mitleiden mit Ihren Besorg nissen. Sie beweisen mir nur, wie weit ich über Ihnen erhaben bin. Und Sie wollen mich Hof meistern und mich leiten? Sie armer Valmont! Welch
3ßo Welch ein Abstand von Ihnen zu mir! Selbst alt'
Ihr männlicher Dünkel reicht nicht hin, diesen Abstand aufzuheben.
Weil Sie nicht im Stande
seyn würben, meine Plane auszüführen, so neu
nten Sie sie geradezu unmöglich.
0 stolzes und
schwaches Wesen! Es kleidet dich schlecht, meine Hülfsmittel zu berechnen und meine' Maßregeln
beurtheilen zu wollen.
Im Ernste, Graf, ich
nehme Ihnen Ihren Rath übel, ich verhcele es Ihnen nicht.
Daß Sie Ihr unglaublich unge
schicktes Benehmen gegen dir Präsidentin d amit
verstecken wollen,
daß Sie mir gleichsam im
Briumpfe zujauchren,. wie Sie dieses furchtsa me, in Sie verliebte Weib einen Augenblick aus
der Fassung gebracht haben, das begreife ich. — Daß Sie sich eines Blickes und zwar eines ein,, zigru. Blickes von ihr rühmen, dazu lächle sich,
und lasse es geschehn. —
Daß Sir das Matte
und Kraftlose in Ihrem Verfahren, welches Sir selbst wider Ihren Willen recht wohl fühlen, niiv
damit aus den Augen zu rücken denken, daß Sie mich immer auf Ihr starkes Stück vertrösten — zwey Kinder nemlich zusammcnzubringen, die sich
lieben, dir vor Begierde brennen, sich zu sehn, und
38t und die — km Vorbeygchn gesagt — mir allein
diese Begierde verdanken, auch das mag Ihnen
hi »gehn. —
Das; Sie sich endlich bey diesen
glänzenden Handlungen in die Brust werfen und
mir in einemPraecptorlongurufcn: Es sey bes ser seine Zeit dazu anzuwenden, daß
man seine Plane a u s f ü h r c, als daß man sie erzähle, auch diese Eitelkeit, da sie
mir nicht schadet, soll Ihnen verziehen seyn. —
Aber das; Sie sich einbildcn können, ich bedürfe Ihrer Klugheit, ich würde mich ohne Ihren Rath verirren, ich müsse hier einmal meine Caprizen und Grillen beherrschen — wahrhaftig, Graf—
Sie haben sich von dem Vertrauen, das meine Güte Ihnen schenkte, zu einem gewaltigen Stol ze verleiten lassen.
Was haben Sie wohl in der Welt gethan, wenn ich Sie nicht tausendmal übertroffen hat
te! Sie haben viele Weiber verführt, selbst za Grunde gerichtet.
Aber welche Schwierigkeiten
und Hindernisse standen Ihnen dabey im We
ge? Wo ist das Verdienst, das Ihnen dabey ei gentlich angehört? Ihre schöne Figur — ist ein
Werk Les Zufalls und weiter nichts.
Ihr reitzen-
dcr
Z8r d-er Anstand — diesen giebt der Umgang fast im
mer.
Witz •—
in der That, Sie haben ihn,
aber im Nothfall thut auch eine bloße geläufige
Zunge die nemlichen Dienste.
Ihre Dreistig
keit — ist alles lobenswerrh, allein Sie verdanteil sie vielleicht nur dem Glück bei; Ihren ersten Unternehmungen.
Wo ich nicht irre, sind das
Ihre Hülfsmittel alle.
Denn was den Ruf be
reift, den Sie sich haben zu erwerben gewußt, so kann ich Ihnen die Kunst — zu einer ärger
lichen Geschichte den Stoff zu geben oder ihn zu
benutzen, ohnmöglich hoch anrechnen. Aber Klugheit, Feinheit, List — v welches
Weib, wenn ich auch von mir nicht einmal rede, welches Weib überträfe Sie darin nicht!
Ihre
Präsidentin,;. D. führt Sie ja, wie ein Kind am Gängelbande herum. Glauben Sie mir, Graf, man erwirbt sich
selten die Eigenschaften, die man entbehren kann«' Da ihr Manner bey. euer» Angriffen nichtswagt, so braucht ihr auch keine Vorsicht dabep.
Für
euch ist eine Niederlage nichts als fehlgeschlage, ner Versuch, im Sieg weniger.
Wenn in die
sem ungleichen Kampfe mit euch schon das ein
Glück
Glück für uns ist, wenn wir ohne Schaden da von kommen, so ist das schon für euch ein Un glück, wenn ihr nichts gewinnt. Und wenn ich euch auch eben so Viel Talente als uns zugestthn wollte, wie weit wüßten wir euch nicht dadurch schon übertreffen, daß wir gcnLkhigt sind, die unsrigen unaufhörlich zu üben. Ich will einmal zugeben, daß ihr eben so viel Geschicklichkeit braucht, uns zu überwinden, als wir, uns zu vertheidigen oder uns auf eine gute Art überwin den zu lassen, so können Sie doch nicht in Abre de seyn, daß ihr Manner die Eurige am Ziel nicht weiter nöthig habt. Ihr gebt euch eurer neuen Neigung ganz ohne Furcht, ohne Rückhalt hin und ihre Lauer macht euch keine Sorgen. Die se Bande, in denen man sich gegenseitig gefesselt hält, (um die Sprache der Verliebten zu re den ) — ihr könnt sie nach eurem Belieben fester anzichn, oder auflösen, wobey wir noch immer gut wegkommen, wenn ihr bey unsrem Leichtsinn großmüthig genug seyd, das Geheimniß unserer Schwachheit zu bewahren, alles Prahlen unter laßt, euch damit begnügt, uns. blos durch eurk Untreue zu kränke» und zu drhmükhigen und —7 wenn
trenn t^r euren Abgott von gestern nicht zu eurem Schlachtopfer für morgen macht. Aber wir armen Weiber! Wie unglücklich ist das Weib, die von ihrer Seite zuerst den Druck ihrer Ketten fühlt! Wie viel wagt sie bey dem Entschluß sich ihrer zu entledigen oder sie sich auch nur zu er, leichtern! Nur mit Angst und Zittern geht sie an den Versuch, einen Mann zu entfernen, der ihr widrig geworden ist. Besteht er darauf, seinen Platz zu behaupten, so muß sie nun der Furcht hingeben, was sie vorher der Liebe zugesiand. — „Die Arme öffnen sich, das Herz ist längst verschlossen." — Nur durch große Klugheit kann sieden Knoten geschickt auflösen, den ihr Män ner zerhaut. Sie ist ganz in der Gewalt ihres Gegners und von allen Hülfsmitteln verlassen, sobald dieser keine Großmuch hat; auf diese aber ist nicht sonderlich zu rechnen, da man sie wohl zuweilen lobt, wo sie ist, aber es auch niemals radelt, wo sie fehlt. Sie werden diese Wahrheiten nicht bestreiten, ibie so in die Augen fallen, daß man sie auf allen Dächern predigt. Wen» Sie dennoch gleichwohl Zeuge waren, wie ich Umstande und Meinun, eiert
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gen zu beherrschen und aus diesen so furchtbaren
Heeren der Schöpfung ein Spielwerk meinerLau, nen und Einfalle zu machen im Stande war, wie ich einigen den Willen und andern dieMacht mir
zu schaden nahm, wie ich abwechselnd fesselte und entfernte, wie's Neigung und Laune mir ein» gab — Wie ich in diesem ununterbrochenen Verkehr dennoch meinen Nuf fleckenlos zu bewah ren wußte —
Wenn Sie dieß alles sahen und
hörten, Hanen Sie nicht daraus schließen sollen, daß ich dazu gebohren, mein Geschlecht zu rachen und das ihrige zu unterjochen, mir Hülfsmittel zu verschaffen wußte, die bisher unbekannt waren ? Sparen Sie Zhren Nach und Ihre Besorg,
Nisse «für diejenigen Weiber, die sich von einer
Art von Wahnwitz, den sie ihr Herz nennen, zu den unbesonnensten Streichen verleiten lassen, die immer schwärmen, immer sich in Gefühlen und Einbildungen herumrummeln und niemals ihren Verstand gebrauchen wollen — die nicht so
viel begreifen, daß die Liebe und ihr gegenwärti ger Liebhaber zwey ganz verschiedene Dinge sind —