Der Erbbauzins in der Zwangsversteigerung unter besonderer Berücksichtigung der Beleihbarkeit des Erbbaurechts [1 ed.] 9783428475056, 9783428075058

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Der Erbbauzins in der Zwangsversteigerung unter besonderer Berücksichtigung der Beleihbarkeit des Erbbaurechts [1 ed.]
 9783428475056, 9783428075058

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WOLF-HEINRICH GEISSEL

Der Erbbauzins in der Zwangsversteigerung unter besonderer Berücksichtigung der Beleihbarkeit des Erbbaurechts

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp

Band 62

Der Erbbauzins in der Zwangsversteigerung unter besonderer Berücksichtigung der Beleihbarkeit des Erbbaurechts

Von

Wolf-Heinrich Geißel

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme GeisseI, Wolf-Heinrich: Der Erbbauzins in der Zwangsversteigerung unter besonderer Berücksichtigung der Beleihbarkeit des Erbbaurechts / von Wolf-Heinrich GeisseI. - Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd. 62) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1991 ISBN 3-428-07505-6 NE:GT

D6 Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-07505-6

Dem Andenken meines Vaters gewidmet

Vorwort Der Erbbauzins erlischt bei einer Zwangsversteigerung des Erbbaurechts, wenn aus einem im Rang vorgehenden Recht die Versteigerung betrieben wird. Als Folge von Zwangsversteigerungen kann es daher vorkommen, daß der Grundstückseigentümer seinen Erbbauzinsanspruch für einen Zeitraum von über 90 Jahren einbüßt. Das nachträgliche Entstehen eines solchen ,,Erbbaurechts ohne Erbbauzins" wird von Rechtsprechung und Literatur teilweise als grob unbillig angesehen. Die vorliegende Untersuchung setzt sich mit der Problematik des Erbbauzinses in der Zwangsversteigerung auseinander. Sie stellt die verschiedenen zwangsversteigerungsrechtlichen Situationen dar und beurteilt die von Rechtsprechung und Literatur vorgeschlagenen Lösungsansätze. In diesem Zusammenhang werden auch Auswirkungen auf die Beleihbarkeit des Erbbaurechts erläutert. Die Arbeit ist im Sommersemester 1991 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der WestfaIischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen worden. Mein herzlicher Dank gilt dabei Herrn Professor Dr. Kollhosser, der das Thema angeregt und betreut hat, sowie Herrn Bundesverfassungsrichter a. D. Professor Dr. Brox für die Erstattung des Zweitgutachtens. Der Fakultät danke ich, daß sie die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe "Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft" ermöglicht hat. Essen, im Februar 1992

Wolf-Heinrich Geißel

Inhaltsverzeichnis I. Problemstellung...................................................................

15

1. Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25.9.1981

16

2. Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 26.2.1987

17

3. Interessenlage der Beteiligten................................................

18

11. Das Erbbaurecht und der Erbbauzins ..... . .....................................

20

1. Grundzüge des Erbbaurechts ............................ . ....................

20

a) Begriff und Inhalt des Erbbaurechts .....................................

20

b) Entwicklung des Erbbaurechts ...........................................

22

2. Der Erbbauzins ................................................................

25

a) Dinglicher Erbbauzins (Erbbauzinsreallast) ................ . ............

26

b) Schuldrechtlicher Erbbauzins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

III. Die Beleihung des Erbbaurechts .................. . .............................

30

1. Grundbegriffe der Beleihungspraxis ......................... . .. . ....... .....

30

a) Verkehrswert, Beleihungswert, Beleihungsgrenze ....... :.............

30

b) Wertermittlungsverfahren .................................................

32

2. Die Ermittlung von Beleihungswerten bei Erbbaurechten ................

33

a) Die Vorschriften der Erbbaurechtsverordnung .................... . ....

34

b) Bodenwert ..................................................................

35

c) Besitzrecht des Erbbauberechtigten am Grundstück ...................

36

aa) Wertermittlungs-Richtlinien .........................................

36

bb) Der Vorschlag von Lehmann ........................ .. .............

37

cc) Stellungnahme........................................................

37

d) Der Erbbauzins als "neutrale" Vorlast ..................................

39

IV. Die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht

41

1. Der Gegenstand der Zwangsvollstreckung

41

a) Haftung des Bauwerks und anderer wesentlicher Bestandteile .......

41

b) Haftung getrennter Erzeugnisse, sonstiger Bestandteile, von Zubehör und Forderungen ..........................................................

43

c) Zusammenfassung .........................................................

44

10

Inhaltsverzeichnis 2. Die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts ................................ a) Ablauf der Zwangsversteigerung ........................................ b) Feststellung des geringsten Gebots ...................................... aa) Rechtsdogmatische Prinzipien und Bedeutung... ... ...... ........ bb) Berechnung des geringsten Gebots ................................. cc) Bildung des geringsten Gebots in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts .......................................................... dd) Abänderung des geringsten Gebots .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtswirkungen des Zuschlags ...... ... .......... ... ... ................ aa) Erwerb durch den Ersteher .......................................... bb) Erlöschen und Bestehenbleiben von Rechten ..... ........ ..... ... d) Auswirkungen der Zustimmungsbedürftigkeit gemäß § 5 Abs. 1 ErbbauVO in der Zwangsversteigerung .... ..... ........ ...... ..............

45 46 47 47 48 48 49 52 52 52 53

V. Das Schicksal des Erbbauzinses und der Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung ......................................................................

55

1. Erstrangige Erbbauzinsreallast ............................................... a) Zwangsversteigerung wegen fälliger Erbbauzinsraten ................. b) Zwangsversteigerung aus einem nachrangigen Grundpfandrecht ..... c) Wirtschaftliches Ergebnis der Zwangsversteigerung................... aa) Vollstreckung wegen fälliger Erbbauzinsansprüche .............. (1) Folgen für den Grundstückseigentümer ....................... (2) Folgen für die Grundpfandrechtsgläubiger .................... (3) Folgen für den Ersteher ......................................... bb) Vollstreckung aus einem Grundpfandrecht ........................ (1) Folgen für den Grundstückseigentümer ....................... (2) Folgen für die Grundpfandrechtsgläubiger .................... (3) Folgen für den Ersteher ......................................... cc) Zusammenfassung ....................................................

56 56 57 58 58 58 59 59 59 59 60 60 60

2. Nachrangige Erbbauzinsreallast .............................................. a) Zwangsversteigerung wegen fälliger Erbbauzinsraten ................. b) Zwangsversteigerung aus einem vorrangigen Grundpfandrecht ...... c) Wirtschaftliches Ergebnis der Zwangsversteigerung................... aa) Folgen für den Ersteher ............................................. bb) Folgen für die Grundpfandrechtsgläubiger .. ... ... ................ cc) Folgen für den Grundstückseigentümer ............................ (1) Erlöschen des Erbbauzinses und Ausfall in der Verteilung. (2) Ausfall des Eigentümers in der Zwangsversteigerung: Unrecht oder Unglück? .. ............... .... ... ..... ... .........

61 61 62 62 62 63 63 63

3. Schuldrechtlicher Erbbauzins ................................................

67

4. Vormerkung zur Anpassung der Erbbauzinsreallast ....................... a) Behandlung der Vormerkung in der Zwangsversteigerung .... ....... aa) Gesetzliche Regelung ................................................

68 68 68

65

Inhaltsverzeichnis

11

bb) Eigener Wert der Anpassungsvormerkung? . ......... ... ...... .... (1) Ersatzwert nach § 92 ZVG ..................................... (2) Zuzahlungswert nach § 51 ZVG ............................... b) Erhöhung der Erbbauzinsreallast nach der Zwangsversteigerung .... 5. Exkurs: Die analoge Anwendung von § 52 Abs. 2 ZVG auf die Erbbauzinsreallast ..........................................................................

70 70 72 73

VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ........................................... 1. Die Absicherung eines nachrangigen Grundpfandrechtsgläubigers vor einem Ausfall in der Zwangsversteigerung ................................. a) Vereinbarung über die Höhe des Zwischenzinsabzuges ............... b) Begrenzung des Ersatzanspruchs ........................................ aa) Höchstbetrag des Wertersatzes nach § 882 BGB .. ............... (1) Die Regelung des § 882 BGB ................................. (2) Anwendung auf den Erbbauzins ............................... (3) Kritik und Stellungnahme ...................................... bb) Vereinbarung eines variablen Höchstbetrages ..................... c) Stillhalteerklärung des erbbauzinsberechtigten Grundstückseigentümers ...................................................................... aa) Inhalt der Erklärung ................................................. bb) Form ................................................................... cc) Auswirkungen der Stillhalteerklärung im Zwangsversteigerungsverfahren .............................................................. (1) Abweichende Feststellung des geringsten Gebots nach § 59 ZVG .............................................................. (2) Vereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG ......................... dd) Bewertung der Stillhalteerklärung .................................. (1) Wirksamkeitsbedenken ........ ............ ...................... (2) Lösung des Rangkonflikts zwischen Eigentümer und Grundpfandrechtsgläubiger ..................................... (3) Folgen der Stillhalteerklärung für die Beleihbarkeit des Erbbaurechts ....... .... ........... ...... ....... ...... ....... ..... ee) Varianten der Stillhalteerklärung ................................... ff) Zusammenfassung........ .......... .................................. 2. Die Absicherung eines nachrangigen Grundstückseigentümers vor dem Erlöschen des Erbbauzinses in der Zwangsversteigerung ................. a) Abtretung des Rückgewähranspruchs des Erbbauberechtigten gegen den Grundschuldgläubiger ................................................ b) Abtretung des auf den Erbbauberechtigten entfallenden Versteigerungserlöses ................................................................ c) Heimfall .................................................................... aa) Zwangsversteigerung als Heimfallgrund ........................... bb) Nichteintritt in die schuldrechtlichen Bedingungen des Erbbaurechtsvertrages als Heimfallgrund ............ ...................... d) Zustimmungsvorbehalt für eine Belastung des Erbbaurechts ......... e) Zustimmungsvorbehalt für eine Veräußerung des Erbbaurechts......

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Inhaltsverzeichnis f) Stillhalteerklärung des Grundpfandrechtsgläubigers

aa) Inhalt der Erklärung ................................................. bb) Form................................................................... ce) Auswirkungen der Stillhalteerklärung .............................. (1) Abweichende Versteigerungsbedingungennach § 59ZVG.... (2) Liegenbelassungsvereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG ... dd) Bewertung .............................................................

120 121 121 122 122 123 124

VII. Zusammenfassung und Ergebnis ................................................

127

Literaturverzeichnis ...................................................................

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Abkürzungsverzeicbnis a. A. a. a. O. a. E. Abs. Abt. AK Anm. Art. Aufl. BAnz BayObLG BayObLGZ BB Bd. BGB BGBL BGH BGHZ BIGBW BVerfG bzw. DB ders. d. h. DNotZ DRiZ Einl ErbbauR ErbbauVO ff.

FGG Fn. Form. GG

Gruchot Halbbd.

= anderer Ansicht

= am angeführten Ort = am Ende = Absatz = Abteilung = Alternativ Kommentar = Anmerkung = Artikel = Auflage = Bundesanzeiger = Bayerisches Oberstes Landesgericht = Sammlung der Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen = Betriebs-Berater = Band = Bürgerliches Gesetzbuch = Bundesgesetzblatt = Bundesgerichtshof = Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen = Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht = Bundesverfassungsgericht = beziehungsweise = Der Betrieb = derselbe = das heißt = Deutsche Notar-Zeitschrift = Deutsche Richterzeitung = Einleitung = Erbbaurecht = Verordnung über das Erbbaurecht = folgende = Reichsgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit = Fußnote = Formular = Grundgesetz = Gruchots Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts = Halbband

Abkürzungsverzeichnis

14 h.M. i. S. d. i. V. m. JurBüro Kap. KG KTS LG LZ m.E. m.w.N. MDR MittBayNot MünchKomm NJW NJW-RR Nr. o. ä. OLG OLGZ R RG RGBl. RGRK RGZ Rpfleger Rspr. S. sog.

= herrschende Meinung = im Sinne des = in Verbindung mit = Das Juristische Büro = Kapitel = Kammergericht = Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen = Landgericht = Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht = meines Erachtens = mit weiteren Nachweisen = Monatsschrift für Deutsches Recht = Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins = Münchener Kommentar zum BGB = Neue Juristische Wochenschrift = NJW-Rechtsprechungs-Report = Nummer = oder ähnliches = Oberlandesgericht = Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen = Recht, -recht = Randnummer(n) = Reichsgericht = Reichsgesetzblatt = Reichsgerichtsrätekommentar zum BGB = Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen = Der Deutsche Rechtspfleger = Rechtsprechung = Seite(n) = sogenannt

v. vgl. VO WM z. B. Ziff. ZIP zit. ZPO ZVG

= vom, von = vergleiche = Verordnung = Wertpapiermitteilungen = zum Beispiel = Ziffer(n) = Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis = zitiert = ZivilprozeBordnung = Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung

Rdnr.

u.

= und

I. Problemstellung Das Institut des Erbbaurechts hat seine Regelung in der Verordnung über das Erbbaurecht (ErbbauVO) vom 15.1.1919 1 gefunden. Nach § 1 ErbbauVO ist ein Erbbaurecht "das veräußerliche und vererbliehe Recht ... , auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben". Als Gegenleistung für das Recht kann zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten vereinbart werden, daß dieser ein ,,Entgelt in wiederkehrenden Leistungen" zu erbringen hat, den Erbbauzins. Auf den Erbbauzins finden, wird er als Belastung des Erbbaurechts in das Erbbaugrundbuch eingetragen, gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO "die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Reallasten entsprechende Anwendung". Obwohl das Erbbaurecht seit nunmehr 70 Jahren rechtlich im wesentlichen unverändert ausgestaltet ist, stellt die Tatsache, daß der Grundstückseigentümer als Erbbaurechtsausgeber in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts mit seinem Erbbauzins völlig ausfallen kann, noch immer ein nicht befriedigend gelöstes Problem dar. Bereits im Jahre 1912 hat Stübben diese Frage in einem Gutachten zum 31. Deutschen Juristentag angesprochen. Damals waren für das Erbbaurecht die Vorschriften der §§ 1012 ff. BGB maßgebend. Zu dem als Reallast eingetragenen Erbbauzins in der Zwangsversteigerung führt Stübben aus: 2 "Im Zwangsversteigerungsgesetz ist die Sonderstellung des Erbbauzinses außer Acht gelassen. Fällt er nicht in das geringste Gebot, wird z. B. aus ihm die Zwangsversteigerung betrieben, so fehlt es an einer für das Erbbaurecht zutreffenden Bestimmung des Versteigerungsgesetzes. Die Anwendung des § 92 entspricht dem Erbbauzinsrechtsverhältnisse nicht."

An dieser Rechtslage hat sich, trotz Ablösung der BGB-Vorschriften durch die Verordnung über das Erbbaurecht, nichts geändert: Die Erbbauzinsreallast bleibt nur dann bestehen, wenn sie dem bestrangig betreibenden Gläubiger vorgeht. Anderenfalls erlischt sie, und es tritt gemäß § 92 Abs. 1 ZVG der Anspruch auf Ersatz des Wertes aus dem Versteigerungserlös an ihre Stelle. Der Erlös reicht aber, wenn, wie so häufig, aus einem vorrangigen Grundpfandrecht vollstreckt wird, in aller Regel zur Befriedigung dieses Anspruchs nicht aus.

1 2

RGBI. S. 72 u. 122. In: Verhandlungen des 31. Deutschen Juristentages, 2. Bd., S. 98, 104.

I. Problemstellung

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Das Erlöschen der Erbbauzinsreallast mit der Folge, daß der Ersteher durchweg über Jahrzehnte hinaus das Erbbaugrundstück ohne jegliche Zahlung an den Eigentümer benutzen kann, wird nicht nur als unbefriedigend, sondern als eine unerträgliche und geradezu absurde rechtliche Situation angesehen, die in einem solchen Maße dem Gerechtigkeitsempfinden und der Billigkeit widerspricht, daß es schlechterdings nicht hingenommen werden kann. 3

1. Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25.9.1981 Schlaglichtartig erhellt wurde dies durch ein Urteil des BGH vom 25.9.1981, 4 das eine Diskussion in der Literatur ausgelöst hat. 5 Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: 6Die Kläger, Eigentümer eines 2538 qm großen Grundstücks, hatten zugunsten einer Wohnungsbaugesellschaft mbH & Co. KG durch Vertrag vom 14.8.1973 ein Erbbaurecht an diesem Grundstück auf die Dauer von 99 Jahren bestellt. Als Erbbauzins wurde eine vierteljährliche Zahlung von DM 1.500,- vereinbart, für die eine Reallast am Erbbaurecht in Abteilung 11 des Erbbaugrundbuches eingetragen wurde. Im Oktober / November 1974 verlangte die Erbbauberechtigte von den Klägern, die gemäß § 5 des Erbbaurechtsvertrages erforderliche Zustimmung zur Belastung des Erbbaurechts mit einer Grundschuld in Höhe von DM 500.000,zu erteilen und der Grundschuld den Vorrang vor der Erbbauzinsreallast einzuräumen. Nachdem die kreditgebende Bank als Grundschuldgläubigerin den Klägern zugesichert hatte, daß die durch die Grundschuld besicherten Kredite nur für die Durchführung von Baurnaßnahmen auf dem Erbbaugrundstück bereitgestellt würden, erklärten die Kläger die Zustimmung zur Belastung und räumten der Grundschuld den Vorrang vor der Erbbauzinsreallast ein. In der Folgezeit wurde die erbbauberechtigte GmbH & Co. KG zahlungsunfähig und kam mit der Zahlung der Grundschuldzinsen in Verzug. Deshalb betrieb 1977 der nunmehrige Grundschuldgläubiger - die Grundschuld war zwischenzeitlich mehrmals abgetreten worden - die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts aus der Grundschuld.

Dies hatte zur Folge, daß die nachrangige Reallast der Eigentümer durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erlosch und damit für den Ersteher als So wörtlich das OLG Ramm, OLGZ 1986, 385, 389. BGHZ 81, 358 = NJW 1982,234; ältere obergerichtliche Rspr. vgl. OLG Ramburg, MDR 1975,853; OLG Nürnberg, MDR 1980,401. 5 Bertolini, MittBayNot 1983, 112; Groth, DNotZ 1983, 652; ders., DNotZ 1984, 372; Karow, NJW 1984, 2669; Ruland, NJW 1983, 96; Sperling, NJW 1983, 2487; Tradt, DNotZ 1984,370; Winkler, NJW 1985, 940. 6 Auf die hier interessierende Problematik konzentrierte Wiedergabe. 3

4

2. Entscheidung des BGH vom 26.2. 1987

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neuem Erbbauberechtigten die Verpflichtung entfiel, Erbbauzinsen zu zahlen. Das aufgrund des Vertrages vom 14.8.1973 von den Klägern bestellte Erbbaurecht war also bereits im Jahre 1977 zu einem "Erbbaurecht ohne Erbbauzins"7 geworden. Das wirtschaftliche Ergebnis ist für die Eigentümer einschneidend: 8 Auf 95 Jahre müssen sie ihr Grundstück dem Erbbauberechtigten unentgeltlich überlassen. Solange ist ihnen das Grundstück als Vermögenswert entzogen. Denn die Erzielung des Erbbauzinses stellte für die Laufzeit des Erbbaurechts die einzige aus dem Eigentum fließende Nutzung dar.

2. Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 26.2.1987 Die gleiche Situation in bezug auf die Erbbauzinsreallast war im Beschluß des BGH vom 26.2.1987 gegeben. 9 Rechtlich hatte sich das Gericht allerdings im Unterschied zum Urteil vom 25.9.1981 mit einer anderen Fragestellung auseinanderzusetzen. Der Beschluß hatte folgenden Sachverhalt zum Gegenstand: IODie Eigentümer mehrerer, zusammen 463 qm großer Grundstücke hatten einer Finanzierungsvermittlungs- und Bauträger GmbH durch Vertrag vom 25.6.1979 ein Erbbaurecht für 99 Jahre bestellt. Am 3.11.1980 wurden in Abteilung 11 des Erbbaugrundbuchs zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Erbbaugrundstücke eine Erbbauzinsreallast in Höhe von DM 803,40 jährlich, ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle und eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Erhöhung des Erbbauzinses eingetragen. Sodann wurde das Erbbaurecht am 13. 11. 1980 mit einer Grundschuld über DM 280.000,- belastet, und zwar mit Vorrang vor den Rechten in Abteilung 11. Die Eigentümer hatten auf Verlangen der Erbbauberechtigten der Belastung und der Einräumung des Vorrangs zugestimmt.

7 Begriff von Groth, DNotZ 1983,652 u. DNotZ 1984, 372. 8 In Literatur und Rechtsprechung wird dies zum Teil als völlig unannehmbar bezeichnet: Vgl. Ruland, NJW 1983,96,97; Winkler, NJW 1985, 940, 941; ebenso die bereits erwähnte Entscheidung des OLG Hamm, OLGZ 1986, 385, 389. Ob dieser Bewertung zugestimmt werden kann, oder ob der Schaden des Eigentümers nicht genauso beurteilt werden muß wie der anderer Realgläubiger, die in der Zwangsversteigerung ausfallen und dadurch wirtschaftliche Verluste erleiden, ist fraglich. Näher dazu unten V. 2. c). 9 BGHZ 100, 107 = NJW 1987, 1942, ergangen aufgrund eines Vorlagebeschlusses des OLG Hamm gemäß § 28 Abs. 2 FGG, OLGZ 1986,385 = WM 1986, 1290; das OLG Hamm wollte von einer Entscheidung des KG, OLGZ 1984, 171 = DNotZ 1984, 384 abweichen. 10 Vereinfacht unter Auslassung der maßgeblichen rechtlichen Problematik der Zustimmungsersetzung. 2 Geißel

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I. Problemstellung

Die Finanzierungs- und Bauträger GmbH fiel in Konkurs, und das Zwangsversteigerungsverfahren aus der Grundschuld wurde 1985 betrieben. Erteilt das Vollstreckungsgericht dem Meistbietenden den Zuschlag - dies ist ungewiß, weil die Ersetzung der Zustimmung zur Zuschlagserteilung nach § 7 Abs. 3 ErbbauVO Gegenstand des Verfahrens war und der BGH nicht abschließend entschieden hat - , so erlöschen auch hier alle Rechte, die für die Eigentümer in Abteilung TI des Erbbaugrundbuchs eingetragen sind. Die beiden dargestellten Entscheidungen zeigen in aller Deutlichkeit, daß der Eigentümer bei nachrangiger Eintragung der Erbbauzinsreallast Gefahr läuft, bereits kurze Zeit nachdem er das Erbbaurecht ausgegeben hat, den Anspruch auf den Erbbauzins infolge einer Zwangsversteigerung des Erbbaurechts zu verlieren.

3. Interessenlage der Beteiligten Im Falle der Beleihung von Erbbaurechten treffen die Interessen dreier Beteiligter aufeinander.

Der Eigentümer bestellt das Erbbaurecht regelmäßig deshalb, um aus dem Bodenwert des Grundstücks laufende Einkünfte in Form von Erbbauzinsen zu erzielen. 11 Das Erlöschen des Erbbauzinses vereitelt diesen Zweck. Der Eigentümer wird daher das Erlöschen der Erbbauzinsreallast zu vermeiden suchen, indem er sie erstrangig in das Erbbaugrundbuch eintragen läßt und sich der Forderung nach einem Rangrucktritt hinter ein Grundpfandrecht widersetzt. Der Erbbauberechtigte erwirbt das Erbbaurecht, um auf dem Grundstück ein Haus zu errichten. Fast immer wird er dies nur finanzieren können, indem er Darlehen aufnimmt, die grundpfandrechtlieh am Erbbaurecht gesichert werden. In welcher Höhe sich der Erbbauberechtigte einen Realkredit verschaffen kann, hängt entscheidend davon ab, inwieweit die Erbbauzinsreallast das Erbbaurecht bereits belastet. Denn nach einer verbreiteten Bewertungsmethode wird ein dem Grundpfandrecht vorgehender Erbbauzins bei der Ermittlung der Beleihungsmöglichkeit kapitalisiert und von der Beleihungsgrenze abgezogen. 12 In bestimmten Fällen und für einige Kreditinstitute besteht die gesetzliche Verpflichtung, in dieser Weise zu verfahren. Durch einen vorrangigen Erbbauzins wird also der Beleihungsrahmen für das Erbbaurecht unter Umständen eingeschränkt. Schließlich sind die Belange der Kreditinstitute von erheblicher Bedeutung: Diese sind bestrebt, die von ihnen gewährten Darlehen durch Grundpfandrechte nach Möglichkeit so abzusichern, daß es in einer Zwangsversteigerung nicht zu 11 Vgl. BGHZ 100, 107, 113 = NJW 1987, 1942, 1943; OLG Hamm, OLGZ 1986, 385, 391; Hartmann, DB 1970, Beilage Nr. 14, 2. 12 Vgl. nur Götz, DNotZ 1980,3,20; eingehend dazu unten ill. 2.

3. Interessenlage der Beteiligten

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Ausfallen kommt. Bei der Beleihung von Erbbaurechten versuchen sie daher häufig, den Grundstückseigentümer dazu zu bewegen, den Rangrücktritt seiner regelmäßig schon eingetragenen Erbbauzinsreallast hinter die noch einzutragenden Hypotheken oder Grundschulden zu erklären. 13 Betreibt nämlich der Eigentümer aus einem vorrangigen Erbbauzins die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts, so entsteht die Gefahr, daß wegen des unter Umständen hohen Kapitalisierungsbetrages der Reallast nachrangige Gläubiger nicht in der Lage sind, ihre Ansprüche aus dem Versteigerungserlös zu befriedigen. 14 Es stehen also die Interessen des Grundstückseigentümers auf der einen Seite denjenigen des Erbbauberechtigten und der Kreditinstitute auf der anderen Seite gegenüber. Sowohl Eigentümer als auch Grundpfandrechtsgläubiger wollen ihre Rechte jeweils erstrangig absichern. Der Erbbauberechtigte ist dabei wie die Kreditinstitute an einer Eintragung des Grundpfandrechts mit Rang vor dem Erbbauzins interessiert, weil er dadurch eine höhere Beleihbarkeit des Erbbaurechts erreicht. Von einer erstrangigen Absicherung des Erbbauzinses hat er dagegen keinerlei Vorteile. Dieser Interessengegensatz ist insofern nicht lösbar, als eines der Rechte Erbbauzinsreallast oder Grundpfandrecht -letztlich den Rang vor dem anderen Recht erhält. Für einen Ausgleich der berechtigten Interessen aller Beteiligten kann aber folgender Maßstab gebildet werden: Zum einen muß gewährleistet sein, daß der Erbbauzins in der Zwangsversteigerung nicht erlischt, zum anderen, daß der Beleihungswert des Erbbaurechts für die Kreditinstitute bestmöglich ausgenutzt wird. Ob es eine Lösung gibt, die beiden Forderungen gerecht werden kann, ist Gegenstand der folgenden Untersuchung. Dabei wird zunächst auf Begriff und Grundlagen von Erbbaurecht und Erbbauzins eingegangen, es werden die Beleihbarkeit und die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts dargestellt und das Schicksal von Erbbauzins und Grundpfandrechten in der Zwangsversteigerung erläutert. Im Anschluß daran werden Gestaltungsmöglichkeiten durch privatautonomes Handeln aufgezeigt und bewertet, mit denen versucht wird, die widerstreitenden Interessen besser auszugleichen, als dies durch die gesetzlichen Regelungen geschieht.

13 Karow, NJW 1984,2669,2670; Knothe, ErbbauR, § 13 IV, S. 260; Tradt, DNotZ 1984, 370, 371. 14 Sperling, NJW 1983,2487,2488; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 224 a. E.

2"

11. Das Erbbaurecht und der Erbbauzins 1. Grundzüge des Erbbaurechts a) Begriff und Inhalt des Erbbaurechts Das Erbbaurecht verleiht dem daraus Berechtigten die Befugnis, auf einem fremden Grundstück "ein Bauwerk zu haben". Es ist ein veräußerliches und vererbliches dingliches Recht, das in Abteilung 11 des Grundbuchs eingetragen wird. Gleichzeitig mit der Eintragung in das Grundbuch wird für das Erbbaurecht selbst gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO ein besonderes Grundbuchblatt, das Erbbaugrundbuch, angelegt, das in bezug auf das Erbbaurecht Grundbuch im Sinne der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften ist. Daraus wird die rechtliche Doppelnatur des Erbbaurechts deutlich: Das Erbbaurecht ist einerseits ein Recht an fremdem Grund und Boden, ein dingliches Nutzungsrecht, das als Belastung des Grundstücks ausgestaltet ist. I Andererseits finden auf das Erbbaurecht die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften Anwendung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO); das Erbbaurecht ist ein grundstücks gleiches Recht. 2 Obwohl seinerseits Grundstücksbelastung, wird das Erbbaurecht also zugleich in der Weise behandelt, als wenn es selbst Grundstück wäre. 3 Infolgedessen kann es selbständig mit Grundpfandrechten und anderen dinglichen Rechten belastet werden, die in das Erbbaugrundbuch eingetragen werden müssen. Der Erbbauberechtigte hat Dritten gegenüber, die sein Recht beeinträchtigen, die gleichen Abwehrrechte wie der Grundstückseigentümer. Das Erbbaurecht genießt den Schutz der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 00. 4 Auf dem Erbbaugrundstück stehende oder von dem Erbbauberechtigten auf der Grundlage des Erbbaurechts errichtete Gebäude gelten gemäß § 12 Abs. 1 ErbbauVO als wesentliche Bestandteile des Erbbaurechts. Durch das Erbbaurecht wird der in § 94 Abs. 1 BGB festgelegte Grundsatz durchbrochen, daß die GebäuI BGHZ 32, 11, 12; BayObLGZ 1976, 239, 243: "ein weitreichendes, wenn auch beschränktes dingliches Recht am Grundstück". 2 Ausführlich zu den Konstruktionsprinzipien des geltenden Rechts: Knothe, ErbbauR,

§ 4 11, S. 52 ff. 3 4

Räfle, ErbbauVO, Vor § 1 Rdnr.2. So BVerfG, NJW 1989, 1271, 1272.

1. Grundzüge des Erbbaurechts

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de das rechtliche Schicksal von Grund und Boden, auf dem sie errichtet sind, teilen ("superficies solo cedit"), der Eigentümer des Grundstücks mithin auch Eigentümer darauf vorhandener Bauwerke ist. 5 Es eröffnet dem Erbbauberechtigten die Möglichkeit, Eigentümer - besser: Berechtigter 6 - eines Bauwerks auf fremdem Boden zu werden. Das Erbbaurecht entsteht durch dingliche Einigung und Eintragung in Abteilung 11 des Grundstücks-Grundbuchs (§ 873 BGB). Erforderlich für eine wirksame Bestellung des Rechts ist die Einigung über den sich aus § 1 Abs. 1 ErbbauVO ergebenden Mindestinhalt des Erbbaurechts, die Art und Umfang des zu bestellenden Rechts hinreichend deutlich festlegt. 7 Ferner können bestimmte Vereinbarungen zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten zum Inhalt des Erbbaurechts mit der Folge gemacht werden, daß sie gegenüber allen späteren Eigentümern bzw. Erbbaurechtsinhabern gelten. In der ErbbauVO ist abschließend geregelt, welche Vereinbarungen auf diese Weise mit absoluter Wirkung ausgestattet werden können (§§ 2-5, 27 Abs. 1 Satz 2, 32 Abs. 1 Satz 2). Das Erbbaurecht ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO zwingend zur ersten Rangstelle zu bestellen. Im Zusammenspiel mit § 25 ErbbauVO - dieser greift ein, wenn aus Rechten zwangsversteigert wird, die der vierten Rangklasse vorgehen - ist damit gewährleistet, daß das Erbbaurecht in der Zwangsversteigerung des Erbbaugrundstücks nicht erlischt. Die Tatsache, daß das Erbbaurecht in jedem Fall bestehen bleibt - auch auflösende Bedingungen sind aus diesem Grunde unwirksam (§ 1 Abs. 4 ErbbauVO) - , ist die entscheidende Voraussetzung dafür, daß eine Beleihung mit Grundpfandrechten möglich ist. Der Bestellung, also dem sachenrechtlichen Begründungsakt, liegt ein schuldrechtlicher Vertrag als Kausalgeschäft zugrunde. 8 Auf diesen Vertrag findet gemäß § 11 Abs.2 ErbbauVO die Vorschrift des § 313 BGB Anwendung. Er muß notariell beurkundet werden. In der notariellen Praxis wird bei ErbbaurechtsKnothe, ErbbauR, § 3 III 3a, S. 47. Heute wird der Erbbauberechtigte einhellig als ,,Eigentümer" des auf dem Erbbaugrundstück errichteten Bauwerks bezeichnet (vgl. nur Räfle, ErbbauVO, § 12 Rdnr. 2). M. E. wird dabei § 93 BGB mißachtet. Da das Bauwerk nach § 12 Abs. 1 ErbbauVO als wesentlicher Bestandteil des Rechts ,,Erbbaurecht" gilt, kann es nicht Gegenstand eines anderen Rechts sein, also auch nicht im "Eigentum" des Erbbauberechtigten stehen. In bezug auf das Gebäude kann er daher ebenfalls nur die Position eines "Erbbauberechtigten" besitzen. Wie hier: Sauerländer, LZ 1919, 581; dagegen Knothe, ErbbauR, § 9 V 1, S. 136 f.: Der Einwand sei zu formal. Praktische Unterschiede ergeben sich allerdings nicht, da der Inhaber des Erbbaurechts, was das Bauwerk angeht, die gleichen Befugnisse - vorbehaltlich der Regelungen im Erbbaurechtsvertrag - wie ein Eigentümer hat. 7 Näher zum Bestirnmtheitserfordemis BGH, DNotZ 1988, 161, 162 m. w. N.; Räfle, ErbbauVO, § 1 Rdnr. 75. 8 Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 2; v. Oefele / Winkler, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 1; Räfle, ErbbauVO, § 1 Rdnr. 77 ff. 5

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II. Das Erbbaurecht und der Erbbauzins

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bestellungen ein Vertrag zwischen dem Grundeigentümer und dem künftigen Erbbauberechtigten geschlossen, der das Kausalgeschäft, die dingliche Einigung, schuldrechtliche Abreden über die Handhabung des Erbbaurechts und dingliche Vereinbarungen enthält, also mehrere rechtlich scharf zu trennende Abreden äußerlich zu einer Einheit zusammenfaßt. 9 Im Gegensatz zu anderen beschränkten dinglichen Rechten, die wie das Erbbaurecht als subjektiv-persönliche Rechte bestellt werden (Nießbrauch, beschränkte persönliche Dienstbarkeit), kann das Erbbaurecht veräußert und vererbt werden. Daher stellt sich die Frage nach der Dauer des Rechts. Die ErbbauVO enthält über die Zeitdauer des Erbbaurechts keine Regelung. 10 Es kann theoretisch auf unbegrenzte Zeit bestellt werden. 11 In den Erbbaurechtsverträgen hat das Erbbaurecht fast immer eine festbestimmte Laufzeit. Im Hinblick auf die Rentabilität der Bauwerkserrichtung und die Beleihbarkeit sind längere Zeiträume üblich, häufig 99 Jahre. 12

b) Entwicklung des Erbbaurechts Das Institut des Erbbaurechts hat Vorläufer sowohl im römischrechtlichen als auch im deutschrechtlichen Bereich. 13 Das aus dem römischen Recht stammende Superfiziarrecht gab seinem Inhaber das veräußerliche und vererbliche Recht, ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden zu haben. 14 Als Gegenleistung hatte er einen Bodenzins (solarium) an den Grundeigentümer zu entrichten. Im Stadtrecht des Mittelalters war die städtische Haus- oder Bauleihe verbreitet. Auf dieser Grundlage wurden die im öffentlichen Eigentum stehenden Grundstücke zu Bauzwecken an Bürger ausgegeben. Kennzeichen dieser Institute ist, daß der Grundeigentümer sein Eigentum behält, einem Dritten aber ein selbständiges und umfassendes Nutzungsrecht dinglicher Natur eingeräumt wird. Diese Form von Rechten an Grund und Boden hatte im ausgehenden 19. Jahrhundert keine allzu große Bedeutung mehr. 15 Die Verfasser des BGB schufen im Sachenrecht als vierten Abschnitt das ,,Erbbaurecht", dessen Legaldefinition (§ 1012 BGB) dem heute geltenden § 1 Abs. 1 ErbbauVO entspricht. Allerdings Näher Wufka, DNotZ 1985, 651, 654. Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 21; Sauerländer, LZ 1919, 306, 308. 11 MünchKomm / v. Oefele, § 1 ErbbauVO Rdnr. 70; Palandt / Bassenge, § 27 ErbbauVO Rdnr. 1; Staudinger/Ring, § 1 ErbbauVO Rdnr. 30. 12 So MünchKomm/v. Oefele, § 1 ErbbauVO Rdnr. 73. 13 Vgl. Erman, ErbbauR u. Kleinwohnungsbau, S. 18; Staudinger / Ring, Einl ErbbauVO Rdnr. 3. 14 Vgl. RG, Gruchot 68,555,559; Knothe, ErbbauR, § 3 I, S. 28/29; Räße, ErbbauVO, Vor § 1 Rdnr. 3. 15 Näher dazu Knothe, ErbbauR, § 6, S. 61 ff. 9

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1. Grundzüge des Erbbaurechts

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war die Regelung des BGB mit nur sechs Paragraphen (§§ 1012 bis 1017 BGB) äußerst lückenhaft. Dies machte sich um so mehr bemerkbar, als bereits kurz nach dem Inkrafttreten des BGB ein Umschwung in der Einschätzung des Rechtsinstituts ,,Erbbaurecht" einsetzte: 16 Im 19. Jahrhundert war man vererblichen Nutzungsrechten am Grundeigentum gegenüber ablehnend eingestellt, weil derartige Belastungen die Grundlage der gerade überwundenen Feudalordnung gebildet hatten. 17 Nun aber entstand infolge eines nachhaltigen Wirtschaftsaufschwungs ("Gründerjahre") und eines starken Anstiegs der Bevölkerungszahl in den Städten ein erheblicher Mangel an Wohnraum. Damit gingen vorher nicht gekannte Preissteigerungen auf dem Grundstücksmarkt und zunehmende Bodenspekulation einher. Mit diesen sozialen Entwicklungen beschäftigten sich die deutschen Bodenreformer. Sie forderten, die öffentliche Hand möge durch eine zielbewußte Bodenpolitik die Bodenspekulation eindämmen. 18 Mittel der Bodenpolitik sollte das Erbbaurecht sein. 19 Grundstücke, die im Eigentum von Gemeinden, Kirchen oder Stiftungen standen, sollten nicht mehr zu Bauzwecken verkauft, sondern im Wege des Erbbaurechts vergeben werden. Auf diese Weise sollte die öffentliche Hand ihr Grundeigentum bewahren und die Bodenrente selbst beziehen. 20 Zugleich sollte es sozial schwächeren Bevölkerungsschichten durch eine günstige Gestaltung der Erbbauverträge, etwa durch einen niedrigen Erbbauzins, ermöglicht werden, Grundstücke zu Siedlungszwecken und zum Bau von Eigenheimen zu nutzen. 21 Die Gedanken der Bodenreformer fanden in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und auch im Krieg selbst starken Anklang. 22 Statt der lückenhaften Regelung des BGB, die der dem Erbbaurecht nunmehr zugedachten Bedeutung nicht gerecht werden konnte, mußte für das Erbbaurecht eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Dies geschah durch die Verordnung über das Erbbaurecht vom 15.1.1919, die am 22.1.1919 in Kraft trat. 23 Die ErbbauVO gilt seither für alle nach dem 21.1.1919 bestellten Erbbau-

16 Vgl. Kollhosser, NJW 1974, 1302, 1303; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 1. Kap. Rdnr.3. 17 Erman, ErbbauR u. Kleinwohnungsbau, S. 18: ,,Im allgemeinen waren aber die individualistischen Tendenzen seit Ende des 18. Jahrhunderts der Bindung des Grundeigentums gerade so feindlich wie der des Individuums."; Knothe, ErbbauR, § 6 I, S. 63. 18 Vgl. Kollhosser, NJW 1974,1302,1303; Richter, Der Erbbauzins im ErbbauR, S. 9. 19 Vgl. Staudinger/Ring, Einl ErbbauVO Rdnr. 3. 20 Ausführlich Erman, ErbbauR u. Kleinwohnungsbau, S. 20 ff.; Hamelbeck, NJW 1967, 1646. 21 Hamelbeck, NJW 1967, 1646; Räße, ErbbauVO, Vor § 1 Rdnr. 3. 22 Im Reichswirtschaftsamt wurde während des Ersten Weltkriegs ein ,,Entwurf eines Reichsgesetzes über das Erbbaurecht" ausgearbeitet, der in der Sonderbeilage Nr. 104 zum Reichsanzeiger vom 03.5.1918 veröffentlicht wurde. 23 RGBl. S. 72, ber. S. 122. Die Recht~gültigkeit der durch die Revolutionsregierung erlassenen VO wurde gesichert durch das Ubergangsgesetz vom 4. 3.1919, RGBl. S. 285;

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11. Das Erbbaurecht und der Erbbauzins

rechte. Für Rechte, die bereits vor Inkrafttreten der ErbbauVO bestanden, bleiben gemäß § 38 ErbbauVO die §§ 1012 bis 1017 BGB weiter maßgebend. Die in der Zwischenzeit vorgenommenen Änderungen der Erbbau VO halten sich zahlenmäßig in Grenzen (sechs Änderungsgesetze) und sind, abgesehen von der Einfügung des § 9 a ErbbauVO durch Gesetz vom 08. 1. 1974, ohne größere Bedeutung. Die Entwicklung des Erbbaurechts hat im Hinblick auf seine Verbreitung die hochgesteckten Erwartungen, die in die ErbbauVO gesetzt worden waren, nicht erfüllt. 24 Dennoch kann festgestellt werden, daß die Anzahl der ausgegebenen Erbbaurechte nach Erlaß der Verordnung deutlich gestiegen ist. 25 Während für die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg umfassende Erhebungen auf Reichs- oder Landesebene fehlen, waren am 01. 1. 1964 nach dem Verzeichnis über die "Einheitswerte des Grundvermögens 1964" an bebauten Grundstükken 289.528 Erbbaurechte bestellt. 26 Das macht einen Anteil von 4 % im Verhältnis zur Gesamtzahl der bebauten Grundstücke aus. Auf Länderebene sind vom Bayerischen und Hessischen Ministerium der Justiz 1970 Untersuchungen des Grundbuchwesens durchgeführt worden. Danach ergab sich für Bayern eine Zahl von 39.278 und für Hessen von 19.556 Erbbaurechten. 27 Im Vergleich zu den im Jahre 1964 in den beiden Ländern bestehenden Erbbaurechten bedeutet dies eine Steigerung von 16,86 % (Bayern) bzw. 5,87 % (Hessen).28 Dem Anteil von Erbbaurechten kommt die Bedeutung der Beleihung dieser Rechte für die Praxis der Kreditwirtschaft gleich. Eine Umfrage im Jahre 1981 bei den deutschen Hypothekenbanken ergab, daß ein Geschäftsanteil von rund 3 % auf die Besicherung von Erbbaurechten entfällt. 29 Da statistische Angaben fehlten, handelt es sich nach Angaben der Banken allerdings um eine Schätzung. Entsprechend der sozialen Funktion des Erbbaurechts traten als Ausgeber zunächst nahezu ausschließlich Gemeinden, kirchliche Einrichtungen und andere zu den bodenpolitischen und sozialen Zielen der VO, vgl. v. Oefele / Winkler, Handbuch, I. Kap. Rdnr. 4 ff. 24 Götz, DNotZ 1980, 3; Knothe, ErbbauR, § 7 11 I, S.92; Kollhosser, NJW 1974, 1302. 25 Vgl. die Angaben bei Knothe, ErbbauR, § 7 11, S. 91 ff.; einzelne Zahlen finden sich bei Finger, BIGBW 1983, 221,223 f.; dieselben Zahlen aus der von Finger veranstalteten Umfrage sind auch abgedruckt im AK / Finger, vor §§ 1012 ff. / ErbbauVO / WEG Rdnr. 47 ff.; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 10 ff.; v. Oefele / Winkler, Handbuch, I. Kap. Rdnr. 15; Richter, Der Erbbauzins im ErbbauR, S. 99; zur Bedeutung des Erbbaurechts in den fünfziger Jahren, Stahlhacke, Neuordnung, S. 5 ff. 26 Einheitswerte des Grundvermögens 1964, Herausgeber: Statistisches Bundesamt Wiesbaden, Reihe 7.5.2, Fachserie 14 Finanzen und Steuern, S. 21, zit. nach Linde/ Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 11. 27 Diese Zahlen sind abgedruckt bei v. Oefele / Winkler, Handbuch, I. Kap. Rdnr. 15. 28 Vgl. die Einheitswerte des Grundvermögens 1964 bei Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 13. Danach bestanden 1964 in Bayern 33.612 und in Hessen 18.472 Erbbaurechte. Von den insgesamt vorhandenen 289.528 Erbbaurechten entfielen auf das Land Nordrhein-Westfalen 84.727, mithin 29,26 %. 29 Die Umfrage wurde von Finger durchgeführt, Finger, BlGBW 1983, 221, 224.

2. Der Erbbauzins

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Körperschaften des öffentlichen Rechts auf. 30 Nachdem seit den fünfziger Jahren verstärkt größere Bodenflächen privater Eigentümer als Bauland ausgewiesen werden, wird das Erbbaurecht auch von privaten Grundeigentümern als eine Verwertungsform von Grund und Boden angewandt. 31 Anders als bei öffentlichen Ausgebern, die in erster Linie soziale und bodenpolitische Zwecke verfolgen, steht bei den privaten Ausgebern die Erzielung eines möglichst hohen Bodenzinses im Vordergrund. Dementsprechend haben sich die rechtlichen Probleme verschoben. Soweit es darum geht, eine angemessene Vergütung für die Nutzung von Grund und Boden zu erhalten, sind die Fragen, die mit dem Erbbauzins zusammenhängen, in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. 32

2. Der Erbbauzins Der Erbbauzins ist das wiederkehrende Entgelt, das der Erbbauberechtigte an den Grundstückseigentümer entrichtet. Es ist kein begriffsnotwendiges Merkmal des Erbbaurechts. 33 Erbbaurechte können daher auch unentgeltlich oder gegen eine einmalige Zahlung bestellt werden. Unentgeltliche Erbbaurechte kommen in der Praxis nur zur Errichtung öffentlicher Gebäude, wie Museen, Theater o. ä., vor. 34 Wirtschaftlich bildet der Erbbauzins die Gegenleistung für die Einräumung der Bodennutzung. 35 Heute üblich ist eine Geldleistung, die sich in der Praxis auf etwa 4 bis 6 % des Verkehrswertes des Grundstücks beläuft. 36 Rechtlich sind zwei Erscheinungsformen des Erbbauzinses zu unterscheiden: der dingliche und der schuldrechtliche Erbbauzins. 37 Ist ein Erbbaurecht entgeltlich eingeräumt worden, bestehen beide Arten regelmäßig nebeneinander. 38 Sie 30 So Kollhosser, NJW 1974, 1302; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 1. Kap. Rdnr. 16; Räße, ErbbauVO, Vor § 1 Rdnr. 6; nach Knothe, ErbbauR, § 7 11 2, S.95, habe man bei Schaffung des Erbbaurechts auch kaum mit privaten Bestellern gerechnet. 31 Knothe, ErbbauR, § 7 11 2, S. 94 ff.; Kollhosser, NJW 1974, 1302, 1303/1304; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 1. Kap. Rdnr. 16; Räße, ErbbauVO, Vor § 1 Rdnr. 6. 32 Vgl. Hartmann, DB 1970, Beilage Nr. 14,2; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 113; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 2. 33 Erman / Hagen, § 9 ErbbauVO Rdnr. 1; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 1. 34 So Knothe, ErbbauR, § 13 11, S. 238; Richter, Der Erbbauzins im ErbbauR, S. 13; Stahlhacke, Neuordnung, S. 42. 35 Vgl. Alberty, Rpßeger 1956,330; Götz, DNotZ 1980,3,6; Knothe, ErbbauR, § 13 I, S. 236; Soergel/ Stümer, § 9 ErbbauVO Rdnr. 1. 36 Vgl. Götz, DNotZ 1980, 3, 5; Finger, BIGBW 1983, 221, 223; Knothe, ErbbauR, § 13 I, S. 237; Richter, Der Erbbauzins im ErbbauR, S. 15 Fn. 2; Stahlhacke, Neuordnung, S.41 Fn. 1 a. E.; bis in die fünfziger Jahre ist der Erbbauzins in ländlichen Gegenden auch als Sachleistung (z. B. Roggen oder Weizen) vereinbart worden, Richter, a. a. 0., S.14f. 37 Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 117; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 4. 38 Dies ist aber nicht rechtlich zwingend, Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 4; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 7; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 4.

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ll. Das Erbbaurecht und der Erbbauzins

bilden lediglich verschiedene Verpflichtungsgründe für die von dem Erbbauberechtigten zu erbringende Leistung.

a) Dinglicher Erbbauzins (Erbbauzinsreallast) § 9 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO bestimmt, daß auf den Erbbauzins die Vorschriften des BGB über die Reallasten entsprechende Anwendung finden. Die Norm des § 9 ErbbauVO ist-neben dem erst 1974 hinzugekommenen § 9a-dereinzige Paragraph der ErbbauVO, der sich mit dem Erbbauzins befaßt. Der dingliche Erbbauzins ist danach ein reallastähnliches Recht, das als subjektiv-dingliche Belastung auf dem Erbbaurecht ruht. 39

Gläubiger der Erbbauzinsen ist stets derjenige, der bei Fälligkeit Eigentümer des Erbbaugrundstücks ist. Denn der Erbbauzinsanspruch ist in bezug auf die noch nicht fälligen Leistungen untrennbar mit dem Grundstückseigentum verbunden (§ 9 Abs. 2 Satz 2 ErbbauVO). Von den Regelungen der §§ 1105 ff. BGB sind mithin nur diejenigen entsprechend anwendbar, die sich auf subjektiv-dingliche, zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellte Reallasten beziehen. 4O Dabei bildet die Erbbauzinsreallast als solche das Stammrecht, aus dem während seiner Dauer die einzelnen Erbbauzinsraten fließen. Dieses Recht gilt gemäß §§ 96, 93 BGB als wesentlicher Bestandteil des Erbbaugrundstücks. 41 Der dingliche Erbbauzins ist daher nicht sonderrechtsfähig, also nicht selbständig übertrag- und pfändbar. 42 Dies gilt allerdings nicht für die bereits fälligen und somit vom Stammrecht losgelösten Einzelraten. Die Erbbauzinsreallast entsteht wie andere dingliche Rechte an Grundstücken bzw. grundstücksgleichen Rechten gemäß § 873 BGB durch Einigung und Eintragung. Die Einigung ist materiellrechtlich an sich nicht formbedürftig. Häufig ist sie jedoch im Erbbaurechtsvertrag enthalten, der als Ganzes der notariellen Beurkundung bedarf (§ 11 Abs.2 ErbbauVO i. V. m. § 313 BGB). Grundbuchrechtlich sind die Vorschriften der §§ 19,29 GBO zu beachten. Die Eintragung erfolgt in Abteilung 11 des Erbbaugrundbuchs. 43 Durch die dingliche Absicherung des Erbbauzinses kann sich der Grundstückseigentümer wegen rückständiger Zinsraten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO 39 Vgl. BGHZ 81, 358, 361 = NJW 1981, 234: ,,Der Erbbauzins ist nicht Inhalt, sondern Belastung des Erbbaurechts."; Erman / Hagen, § 9 ErbbauVO Rdnr. 2; Knothe, ErbbauR, § 13 ll, S. 239; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 120; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 5; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 3. 40 Vgl. nur MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 6. 41 Erman/Hagen, § 9 ErbbauVO Rdnr. 20; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 3 a. E. 42 Vgl. Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 7; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 116; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 6. 43 Zur Entstehung der Erbbauzinsreallast vgl. Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 120; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 10; Soergel/ Stümer, § 9 ErbbauVO Rdnr. 2.

2. Der Erbbauzins

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i. V. m. §§ 1107, 1147 BGB mittels Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht und die gemäß §§ 1107, 1120 ff. BGB mithaftenden Gegenstände befriedigen. 44 Daneben haftet der Erbbauberechtigte für die während der Dauer seines Rechts fälligen Einzelleistungen auch persönlich (§ 1108 BGB).

Eine Besonderheit der Erbbauzinsreallast ist, daß sie nach Zeit und Höhe für die ganze Erbbauzeit im voraus bestimmt sein muß (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ErbbauVO). Bestimmbarkeit wie sonst bei Reallasten ist nicht ausreichend. Dies bedeutet zwar nicht, daß der bei der Bestellung des Erbbaurechts vereinbarte Zins während der gesamten Laufzeit beibehalten werden muß. Eine Veränderung, insbesondere eine Erhöhung des Erbbauzinses, soll nach dieser Vorschrift aber nur zulässig sein, soweit dies im vorhinein zeit- und betragsmäßig festgelegt worden ist. 45 Entscheidend ist, daß der jeweils absolute Betrag der zu zahlenden Erbbauzinsen für jeden Zeitpunkt der Laufzeit des Erbbaurechts berechnet werden kann. Diese starre Regelung wird jedoch den Anforderungen der Praxis nicht gerecht, da die Faktoren, die für den Wert des nominell festgesetzten Erbbauzinses von Bedeutung sind - insbesondere die Inflationsrate und die allgemeine Einkommensentwicklung - , bei einer Staffelung, die dem Bestimmtheitsgrundsatz entspricht, nicht berücksichtigt werden können. 46 b) Schuldrechtlicher Erbbauzins

Neben oder auch anstelle des von § 9 ErbbauVO allein geregelten dinglichen Erbbauzinses können die Parteien des Erbbaurechtsvertrages Vereinbarungen mit lediglich schuldrechtlicher Wirkung über eine Gegenleistung für das Erbbaurecht treffen. 47 Wird ein solcher schuldrechtlicher Erbbauzins vereinbart, entstehen Rechtsbeziehungen insoweit nur zwischen den Vertragschließenden, dem ersten Grundsruckseigentümer und dem ersten Erbbauberechtigten. 48 Auf einen Rechtsnachfolger geht die schuldrechtliche Verpflichtung nur über, wenn sie durch ihn von dem Rechtsvorgänger übernommen wird. 49 MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 13. So ist z. B. eine Staffelung möglich. V gl. die Beispiele bei Richter, Der Erbbauzins im ErbbauR, S. 17; Knothe, ErbbauR, § 13 m 1, S. 240; Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 20. 46 Ausführlich zur Tendenz der Rechtswirklichkeit in Richtung auf einen variablen Erbbauzins, Knothe, ErbbauR, § 13 1lI 2, S. 240 f. So vermindert sich der Wert des Erbbauzinses während einer Laufzeit des Erbbaurechts von 100 Jahren und einer jährlichen Steigerung der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten von nur 3 % um etwa zwei Drittel gegenüber dem Stand bei Bestellung des Rechts. 47 Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 4; Linde I Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 123; MÜDchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 7; Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 4 u. 23 f.; Staudinger I Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr. 3. 48 Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 4; Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 23. 49 BGH, NIW 1972,198,199; BGH, NIW-RR 1987,74; OLG Hamm, DNotZ 1976, 534,535. 44

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11. Das Erbbaurecht und der Erbbauzins

Der schuldrechtliche Erbbauzins ermöglicht im Unterschied zur Erbbauzinsreallast keine Vollstreckung in das Erbbaurecht aus einem dinglichen Titel. Auch steht er nicht von selbst dem jeweiligen Eigentümer des Erbbaugrundstücks zu. 50 Entscheidender Vorzug des schuldrechtlichen Erbbauzinses ist aber, daß für diesen das Bestimmtheitserfordernis des § 9 Abs. 2 Satz 1 ErbbauVa nicht gilt. Daher kann eine Anpassung des obligatorischen Erbbauzinses an veränderte Umstände mit Hilfe von Wertsicherungsklauseln vertraglich vereinbart werden. 51 Von der Möglichkeit einer Abrede, nach der der Erbbauzins unter bestimmten Voraussetzungen zu erhöhen oder zu vermindern ist, wird seit dem Urteil des BGH vom 28.11.1956 52 fast ausnahmslos Gebrauch gemacht. Bei Wohnerbbaurechten schränkt § 9 a Erbbau va Erhöhungsverlangen des Eigentümers allerdings erheblich ein. Diese Vorschrift wurde 1974 eingeführt, nachdem es zu einer übermäßigen Anhebung vieler Erbbauzinsen gekommen war. 53 Der Anspruch auf Erhöhung des Erbbauzinses kann darüber hinaus mittels einer Vormerkung gesichert werden. 54 Das Institut der Vormerkung dient gemäß § 883 BGB der Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs auf eine dingliche Rechtsänderung. Gesichert wird der Anspruch aus der Anpassungsklausel auf Eintragung einer höheren Erbbauzinsreallast. 55 Auf diese Weise erlangt die schuldrechtliche Anpassungsklausel eine gleichsam dingliche Wirkung. Die Vormerkung kann nämlich den Anspruch des jeweiligen Grundstückseigentümers auf eine höhere Reallast sichern. 56 Da der Vormerkung rangwahrende Wirkung zukommt,57 geht der dingliche Erbbauzins hinsichtlich aller Erhöhungen - auch der späteren - den nachrangigen Belastungen des Erbbaurechts vor, selbst wenn diese schon früher eingetragen worden sind. Die Befriedigungsaussichten der 50 Erforderlich ist immer eine Abtretung, vgl. BOH, NJW 1983, 986, 987; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 26; der Erbbaurechtsvertrag kann aber insoweit auch als Vertrag zugunsten Dritter ausgestaltet sein, vgl. Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 4; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 7: Dies ist im Zweifel anzunehmen. 51 Heute allgemein anerkannt: BOHZ 22,220,222/223; bestätigt in BOHZ 61, 209, 211; der 1974 eingeführte § 9a ErbbauVO setzt die Anpassungsmöglichkeit des Erbbauzinses voraus. Vgl. auch Erman / Hagen, § 9 ErbbauVO Rdnr. 7; Oötz, DNotZ 1980,3, 12; Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 23; Knothe, ErbbauR, § 13 III 3, S. 242 ff.; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 45; Staudinger /Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr. 20. 52 BOHZ 22, 220. 53 Vgl. Kollhosser, NJW 1974, 1302, 1304; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 131; mit Fragen der Erbbauzinserhöhung und des § 9 a befaßt sich die Dissertation von Richter, Der Erbbauzins im ErbbauR, S. 20 ff. 54 BOHZ 22, 220, 224 ff.; heute h. M., vgl. Erman / Hagen, § 9 ErbbauVO Rdnr. 14; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 57; Staudinger / Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr. 19; Soergel/ Stümer, § 9 ErbbauVO Rdnr. 10. 55 So ausdrücklich BOH, DNotZ 1987,360,361. 56 So BOHZ 22, 220, 225. 57 BOHZ 22, 220, 224 gegen die speziell für die Vormerkung zur Erhöhung der Erbbauzinsreallast teilweise vertretene a. A.: Alberty, Rpfleger 1956, 330, 332; Hoche, NJW 1953, 1027, 1028.

2. Der Erbbauzins

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nachrangigen Gläubiger können sich folglich in einem bei Begründung ihrer Rechte nicht vorhersehbaren Maß mindern. Über die Vormerkbarkeit der ErhöhungsanspTÜche wird damit eine variable Erbbauzinsreallast geschaffen. Dies aber verbietet gerade § 9 Abs. 2 Satz 1 ErbbauVO.58 Der Grund, weshalb die Vormerkung zur Erhöhung der Erbbauzinsreallast trotz erheblicher dogmatischer Bedenken anzuerkennen ist, liegt in ihrer unbestreitbaren tatsächlichen Notwendigkeit: 59 Ohne die Möglichkeit einer dinglichen Sicherung von ErhöhungsanspTÜchen wären gegenwärtig die meisten Grundeigentümer angesichts der fortlaufenden, schleichenden Geldentwertung zur Ausgabe von Erbbaurechten nicht mehr bereit. Es handelt sich bei der Anpassung der Erbbauzinsreallast folglich um eine Frage, die für die Existenz des Erbbaurechts im Rechtsleben von entscheidender Bedeutung ist.

58 Vgl. Götz, DNotZ 1980, 3, 12 ff.; Knothe, ErbbauR, § 13 1lI 3, S.244. Beide stellen zu Recht fest, daß die Vonnerkbarkeit die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 ErbbauVO aus den Angeln hebt. Die Argumentation des BGH (BGHZ 22,220 ff.) ist demgegenüber dogmatisch oberflächlich. Dies zeigt Götz a. a. 0., S. 13 auf. 59 So Knothe, ErbbauR, § 13 1lI 3, S. 244/245.

111. Die Beleihung des Erbbaurechts Das Erbbaurecht kann wie ein Grundstück mit Hypotheken, Grundschulden, Reallasten, Dienstbarkeiten usw. belastet werden. 1 Dies ist die wichtigste Folge der sich aus § 11 Abs.l ErbbauVO ergebenden rechtlichen Konstruktion des grundstücksgleichen Rechts. 2 Im folgenden werden einige Begriffe der Beleihungspraxis erläutert und Probleme dargestellt, die bei der Wertermittlung von Erbbaurechten auftauchen. Denn der Beleihungswert und die Vorschriften über die Beleihung sind für die Stellung des Erbbauberechtigten und des Eigentümers in verschiedener Hinsicht von Bedeutung: -

Von dem Beleihungswert des Erbbaurechts hängt es ab, ob trotz vorrangigem Erbbauzins eine ausreichende Finanzierung mittels Realkredit 3 möglich ist. Ist dies der Fall, werden Grundpfandrechtsgläubiger und Erbbauberechtigter nicht unbedingt einen Rangrücktritt des Eigentümers verlangen.

-

In derselben Weise wirkt sich die Frage aus, bis zu welcher Höhe Kreditinstitute Erbbaurechte im Wege des Realkredits beleihen dürfen.

-

Wesentlich für ein zu gewährendes Darlehen ist ferner, wie die Kreditinstitute eine vorrangige Erbbauzinsreallast bewerten.

1. Grundbegriffe der Beleihungspraxis a) Verkehrswert, Beleihungswert, Beleihungsgrenze Beim Realkredit soll allein das Pfandobjekt die Ausleihung mit allen Nebenleistungen sichern. Das macht eine Bewertung der als Sicherheit dienenden GrundVgl. Räße, ErbbauVO, § 11 Rdnr. 22 ff. Stahlhacke, Neuordnung, S. 63. 3 Unter den Begriff Realkredit fallen solche Darlehen, die durch Grundpfandrechte derart gesichert sind, daß die Verzinsung und Rückzahlung jederzeit unabhängig von der Person des Kreditnehmers durch das Beleihungsobjekt gesichert ist. Allerdings ist es nicht erforderlich, daß Verzinsung und Rückzahlung durch den laufenden Ertrag des Pfandobjekts gewährleistet sind. Es reicht aus, wenn die Forderungen durch die zwangsweise Verwertung eingetrieben werden können, vgl. Steffan, Handbuch, S. 31. Folge für den Kreditnehmer ist ein günstiger Zinssatz wegen der hohen Sicherheit der Ausleihung. Auch bankenaufsichtsrechtlich hat die Klassifizierung eines Kredits als Realkredit Bedeutung, vgl. Kerl, Der Langfristige Kredit 1981, 36. 1

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1. Grundbegriffe der Beleihungspraxis

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stücke und Erbbaurechte erforderlich. Zu diesem Zweck ermitteln die Kreditinstitute in eigener Verantwortung den sogenannten Beleihungswert. 4 Der Beleihungswert ist Ausgangspunkt für den möglichen Umfang der Kreditgewährung. Von ihm zu unterscheiden ist der in der Wertermittlungspraxis gleichermaßen wichtige Begriff des Verkehrswertes. Eine Legaldefinition des Verkehrswertes findet sich in § 194 Baugesetzbuch. Danach wird der Verkehrswert durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Der Verkehrswert ist also ein flldiver Marktpreis zu einem bestimmten Bewertungsstichtag. 5 Auf seine Feststellung kommt es beispielsweise dann an, wenn Grundstückspreise für Enteignungen (§ 95 Abs. 1 Baugesetzbuch), Verkäufe oder Auseinandersetzungen bestimmt werden müssen. Die demgegenüber abweichende Funktion des Beleihungswertes - er dient als Entscheidungsgrundlage bei der Gewährung eines Realkredits - schlägt sich entsprechend in der Definition des Begriffs "Beleihungswert" nieder. Denn für die sich stets über einen längeren Zeitraum ers~eckende Kreditgewährung ist nicht nur der aktuell ermittelte, sondern auch der künftige Wert der Sicherheiten von Bedeutung. Dies erfordert Wertprognosen. 6 Der Beleihungswert ist demnach der Wert, der einem Grundstück oder Erbbaurecht unter Berücksichtigung aller für die Bewertung maßgebenden Umstände für die Dauer der Beleihung beizumessen ist. Er enthält alle wertbildenden Faktoren, die für eine zukunftsorientierte Wertfestlegung wesentlich sind. Bei der Ermittlung des Beleihungswertes darf also nur von den dauerhaften Eigenschaften und dem nachhaltig erzielbaren Ertrag ausgegangen werden. 7 In der Regel wird der Beleihungswert niedriger als der Verkehrswert sein, da die generelle Unsicherheit über künftige Entwicklungen Risikoabschläge bedingt. 8 Ausgehend vom Beleihungswert legt die Beleihungsgrenze fest, bis zu welchem Bruchteil des Beleihungswertes ein Kreditinstitut grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen gewähren kann. Die Beleihungsgrenze wird im RealkreditgeSteffan, Handbuch, S. 45; Vogels, Betriebswirtschaftliche Blätter 1983, 162. Kerl, Der Langfristige Kredit 1981, 36, 38; Landzettel, Der Langfristige Kredit 1980, 36; Ohlmeyer / Gördel, Kreditgeschäft, S. 139. 6 Vgl. Kerl, Der Langfristige Kredit 1981, 36, 37. 7 Kerl, Der Langfristige Kredit 1981, 36, 38; Ohlmeyer / Gördel, Kreditgeschäft, S. 140; Steffan, Handbuch, S. 285. 8 So Ohlmeyer / Gördel, Kreditgeschäft, S. 140, zu den angemessenen Sicherheitsabschlägen zur Festlegung des Beleihungswertes S. 154 f.; Steffan, Handbuch, S. 285: ,,Der Beleihungswert wird ihm (dem Verkehrswert) aber nur in wenigen Fällen gleichzusetzen sein, sondern meist etwas darunter liegen". 4

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III. Die Beleihung des Erbbaurechts

schäft überwiegend mit 60 % des Beleihungswertes angesetzt. 9 Teilweise ist dies sogar ausdrücklich normiert, wie in § 11 Hypothekenbankgesetz \0 und in § 5 Abs. 1 der Beleihungsgrundsätze für Sparkassen 11. Bei der Finanzierung von Privathäusern sind die Kreditinstitute zum Teil allerdings großzügiger. Es können bis zu 80 % des Wertes beliehen werden. In der Hoffnung, durch ständige Steigerung der Grundstücks- und Bauwerte würde sich in naher Zukunft ein hinreichender Beleihungswert bilden, hatte die Deutsche Bank in den siebziger Jahren sogar eine 100 % Beleihung angeboten. Wie der Verfall der Immobilienpreise zu Beginn der achtziger Jahre aber gezeigt hat, ist auch der Grundstücksmarkt vor Preisrückschlägen nicht gefeit. Zur Bemessung des freien Beleihungsraumes sind von der Beleihungsgrenze alle vorrangigen und gleichrangigen Belastungen des Grundstücks bzw. Erbbaurechts abzuziehen, soweit diese nicht schon wegen ihres Charakters als bleibende Eigenschaften des Pfandobjekts im Rahmen der Wertermittlung Berücksichtigung gefunden haben. 12 Derartige Belastungen sind in erster Linie andere Grundpfandrechte und Rechte aus Abteilung 11 des Grundbuchs, insbesondere Reallasten. \3 b) Wertermittlungsverfahren

Zur Bestimmung des Verkehrs- oder Beleihungswertes von Grundstücken bzw. Erbbaurechten haben sich drei verschiedene Verfahren herausgebildet. Diese sind im einzelnen in der Wertermittlungsverordnung 14 erläutert, die als Rechtsverordnung nach § 199 Abs. 1 Baugesetzbuch erlassen worden ist und die Wertermittlung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten im Rahmen des Baugesetzbuches, z. B. bei einer Enteignung, regelt. Beim Vergleichswertverfahren wird der Grundstückswert durch Preisvergleich bestimmt. Dazu werden die Kaufpreise vergleichbarer Liegenschaften herangezogen. Zur Ermittlung des Bodenwertes können auch sogenannte Bodenrichtwerte (§ 196 Baugesetzbuch) verwendet werden.

9 Kerl, Der Langfristige Kredit 1981, 36, 40; Ohlmeyer / Gördei, Kreditgeschäft, S. 141; Steffan, Handbuch, S. 59. 10 Bekanntmachung vom 5.2.1963, BGBl. I 81. 11 Musterfassung gemäß Beschluß des Arbeitskreises der Länder für Sparkassenfragen v. 5.2. 1970, abgedruckt bei Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, S. 1080 ff. 12 Vgl. Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, § 5 Ziff. 2, S. 196. 13 Im einzelnen näher dazu Eickmann, Die Auswirkungen von Grundbucheintragungen in Abt. 11 auf die Kreditsicherungspraxis, zu den hier besonders interessierenden Reallasten, S. 26 ff. 14 Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstükken (Wertermittlungsverordnung) vom 6.12.1988, BGBl. I 2209.

2. Die Ennittlung von Beleihungswerten

33

Durch das Ertragswertverfahren wird der Ertrag festgestellt. den das Beleihungsobjekt bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nach Lage. Art. Ausstattung und Verwendungszweck. den örtlichen Gegebenheiten sowie der Marktlage jedem Besitzer nachhaltig gewähren kann. 15 Mit dem Sachwertverfahren schließlich wird der Veräußerungswert getrennt nach Bau- und Bodenwert ermittelt. Der Bauwert kann ausgehend von den tatsächlichen Herstellungskosten. auf die ein Abschlag vorgenommen wird. festgestellt werden oder anband einer Berechnung nach dem Baupreisindex -letzteres wird vor allem bei älteren Gebäuden praktiziert. 16 Der Bodenwert wird dagegen nach dem Vergleichswertverfahren durch Preisvergleich oder Heranziehung von Bodenrichtwerten bestimmt. Für die Beleihung von Grundstücken und Erbbaurechten muß stets eine auf den genannten Methoden aufgebaute Wertberechnung vorliegen. die schriftlich zu dokumentieren ist. Welches der Verfahren im konkreten Fall anzuwenden ist. richtet sich nach der Art des Gegenstands der Wertermittlung unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls (§ 7 Abs. 2 Wertermittlungsverordnung). Dabei wird das Vergleichswertverfahren überwiegend zur Ermittlung des Bodenwertes herangezogen. l ? Das Ertragswertverfahren wird bei Renditeobjekten wie Mietwohnhäusern und Gewerbebauten angewandt. bei gewerblichen Objekten allerdings nur. soweit es sich nicht um für Spezialnutzungen errichtete Gebäude handelt. die ohne aufwendige Veränderungen nicht vermietet werden können. Nach dem Sachwertverfahren wird der Wert von Ein- und Zweifamilienhäusern. Eigentumswohnungen und schwer vermietbaren Gewerbebauten festgestellt. Diejenigen Gesichtspunkte (Ertrags- oder Sachwertkriterien) sind mithin für das jeweils geeignete Wertermittlungsverfahren maßgebend. die auch für einen potentiellen Erwerber bei seiner Kaufentscheidung ausschlaggebend wären. 18 Dies wiederum hängt von der Nutzungsart des Grundstücks ab. 19

2. Die Ermittlung von Beleihungswerten bei Erbbaurechten Grundsätzlich gilt: Der Beleihungswert von Erbbaurechten wird in gleicher Weise wie der des Grundeigentums ermittelt. 20 Das Erbbaurecht weist aber So Ohlmeyer / Görde1, Kreditgeschäft, S. 142. Oh1meyer / Görde1. Kreditgeschäft, S. 148. I? Oh1meyer / Görde1, Kreditgeschäft, S. 142 ff.; WertennittlungsVO §§ 15 Abs. 2 u. 21 Abs.2. 18 Landzettel, Der Langfristige Kredit 1980, 36, 37. 19 So BGR, NJW 1971, 2018, 2019. 15

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3 Geißel

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m. Die Beleihung des Erbbaurechts

Besonderheiten auf, die die Wertennittlung und Beleihung mit zusätzlichen Problemen behaften. Ferner bestehen besondere gesetzliche Bestimmungen. a) Die Vorschriften der Erbbaurechtsverordnung

Die ErbbauVO regelt in den §§ 18 bis 22 Fragen der Beleihung des Erbbaurechts. Die Vorschriften enthalten Sonderbestimmungen für Belastungen mit mündelsicheren Hypotheken (§§ 19 und 20 ErbbauVO) und für Beleihungen durch Hypothekenbanken und Versicherungsunternehmen (§ 21 ErbbauVO). Nach § 18 ErbbauVO ist eine Hypothek an einem Erbbaurecht zur Anlegung von Mündelgeld als sicher anzusehen, wenn sie eine Tilgungshypothek ist und den Erfordernissen der §§ 19 und 20 ErbbauVO entspricht. Gemäß § 20 Abs. 1 muß die planmäßige Tilgung unter Zuwachs der ersparten Zinsen erfolgen, spätestens mit dem Anfang des vierten auf die Gewährung des Hypothekenkapitals folgenden Kalenderjahres beginnen, spätestens zehn Jahre vor Ablauf des Erbbaurechts enden, und die Tilgung darf nicht länger dauern, als zur buchmäßigen Abschreibung des Bauwerks nach wirtschaftlichen Grundsätzen erforderlich ist. Nach Abs. 2 muß das Erbbaurecht ferner mindestens noch so lange laufen, daß eine den Vorschriften des Abs. 1 entsprechende Tilgung für jeden Erbbauberechtigten aus den Erträgen des Erbbaurechts möglich ist. Mit dieser Regelung soll der Gefahr begegnet werden, die sich daraus ergibt, daß das Erbbaurecht im Unterschied zum Eigentum am Grundstück ein zeitlich begrenztes Recht ist. Der Sicherheit der Realkreditgläubiger dient auch § 19 ErbbauVO. Danach darf die Hypothek die Hälfte des Wertes des Erbbaurechts nicht übersteigen. Die Beleihungsgrenze beträgt also 50 % statt der sonst üblichen 60 % des Beleihungswertes. Der Beleihungswert ist gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO anzunehmen als halbe Summe von Bauwert und kapitalisiertem jährlichen Mietreinertrag des Bauwerks. 21 Der sonach errechnete Wert darf den kapitalisierten Mietreinertrag jedoch nicht übersteigen (§ 19 Abs. 1 Satz 3 ErbbauVO). Die Bildung eines solchen Mittelwertes aus Sach- und Ertragswert stellt nach heutiger Ansicht keine fachgerechte Wertennittlung dar. 22 Denn ein Beleihungsgegenstand ist entweder sachwertbezogen, dann ist sein Wert vom Sachwert 20 Vgl. Sichtermann/Hennings, Eintragungen in Abt. TI, 2.7, S.27; Steffan, Handbuch, S. 280; auch die Beleihungsgrundsätze der Sparkassen stellen Erbbaurechte in bezug auf ihre Beleihbarkeit Grundstücken gleich, sofern nicht in einzelnen Vorschriften der Beleihungsgrundsätze Einschränkungen gemacht werden, Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, § 12 Ziff. 1, S. 346 u. Ziff. 3, S. 348 ff. 21 Näher zur Wertermittlung nach § 19 Abs. 1, MÜDchKomm / v. Oefele, § 19 ErbbauVO Rdnr. 2 f.; Räße, ErbbauVO § 19 Rdnr. 3 f. 22 Vgl. Vogels, Betriebswirtschaftliche Blätter 1983, 162, 166; Praxl, Der Langfristige Kredit 1980, 592.

2. Die Ennittlung von Beleihungswerten

35

abzuleiten, oder es handelt sich um ein Renditeobjekt, dann ist der Wert vom Ertragswert abzuleiten. Zur Stützung und Gegenkontrolle werden allerdings in der Regel beide Werte festgestellt. 23 Die Mehrzahl der Erbbaurechte wird an Einfamilienhausgrundstücken, also an typischen Sachwertobjekten, bestellt. Hier führt eine Wertermittlungnach § 19 Abs. 1 ErbbauVO wegen des verhältnismäßig geringen Ertragswertes von Einfamilienhäusern zu einer nicht marktgerechten Unterbewertung. Dies ist für Erbbauberechtigte und Kreditgeber gleichermaßen unbefriedigend. Der Anwendungsbereich der §§ 18 bis 20 ErbbauVO betrifft die Fälle, in denen die Mündelsicherheit einer Vermögensanlage gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Vorschriften gelten nicht generell für bestimmte Arten von Kreditinstituten, auch nicht für Sparkassen, die Kredite auf Erbbaurechte nach Maßgabe der Beleihungsgrundsätze 24 vergeben können. Demnach besteht in den meisten Fällen keine rechtliche Verpflichtung, die §§ 18 ff. ErbbauVO, insbesondere den verfehlten § 19 Abs. I, anzuwenden. Der Beleihungswert kann somit von dem jeweiligen Kreditgeber regelmäßig in eigener Verantwortung nach den speziell für ihn geltenden Vorschriften (Beleihungsgrundsätze, Hypothekenbankgesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz) ermittelt werden. Gemäß § 21 Abs. 1 ErbbauVO können Erbbaurechte von Hypothekenbanken und Versicherungsunternehmen beliehen werden, wenn eine dem § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 ErbbauVO entsprechende Tilgung vereinbart wird. Seit der Neufassung dieser Vorschrift durch Gesetz vom 8.6. 1988 25 müssen diese Kreditgeber den Wert des Erbbaurechts nicht mehr nach § 19 Abs. 1 ErbbauVO ermitteln. Insoweit richtet sich die Beleihung nur noch nach den Bestimmungen des Hypothekenbank- bzw. Versicherungsaufsichtsgesetzes. 26 b) Bodenwert

Während das auf dem Erbbaugrundstück errichtete Gebäude gemäß § 12 Abs. 1 ErbbauVO dem Erbbauberechtigten gehört, steht das Eigentum an Grund und Boden weiterhin dem Grundeigentümer zu. Demzufolge wird bei der Wertermittlung des Erbbaurechts nach dem Sachwertverfahren neben den Herstellungskosten der Baulichkeiten, dem Bauwert, ein Bodenwert nicht angesetzt. 27 Vogels, Betriebswirtschaftliche Blätter 1983, 162, 166. Maßgeblich ist § 12 der Musterfassung der Beleihungsgrundsätze. Dieser verweist auf die Tilgungsbestimmungen des § 20 ErbbauVO, die daher auch für Sparkassen gelten. Allerdings können die Darlehen nicht nur durch Hypotheken, sondern auch durch Grundschulden gesichert werden. § 19 ErbbauVO braucht nicht angewandt zu werden. 25 BOBl. 1710. 26 Zu den Schwierigkeiten vor der Neufassung, Praxl, Der Langfristige Kredit 1980, 23

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592. 3'

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III. Die Beleihung des Erbbaurechts

Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden, da sie Ergebnis der rechtlichen Ausgestaltung des Erbbaurechts als Grundstücksbelastung ist, mithin der Tatsache Rechnung trägt, daß das Grundeigentum verselbständigt bleibt, also keinesfalls mit dem Erbbaurecht haftet.

c) Besitzrecht des Erbbauberechtigten am Grundstück Während der Laufzeit des Erbbaurechts ist dem Grundeigentümer aber die aus dem Eigentum fließende Nutzungsbefugnis entzogen. Der Erbbauberechtigte ist aufgrund des ihm eingeräumten dinglichen Rechts unmittelbarer Besitzer und Nutzer des gesamten Erbbaugrundstücks. 28 Das Erbbaurecht gewährt also ein dingliches Besitzrecht am Grundstück. Fraglich ist, ob das "dingliche Recht als solches" einen Wert hat, der bei der Beleihungswertermittlung berücksichtigt werden kann. aa) Wertermittlungs-Richtlinien

Nach Nr. 5.2.1.4 der Wertermittlungs-Richtlinien (WertR 76)29 kann das Erbbaurecht einen Bodenwertanteil besitzen. Dieser ist "der sich ohne Berücksichtigung der Gebäude, Außenanlagen und besonderen Betriebseinrichtungen ergebende Wertanteil des Erbbaurechts". Ein solcher Bodenwertanteil besteht allerdings dann nicht, "wenn der im Erbbaurechtsvertrag vereinbarte oder durch Anpassungsklausel gesetzlich zulässig anpaßbare Erbbauzins der nachhaltig marktgerechten Verzinsung des Bodenwertes entspricht". Anders gewendet heißt dies, daß nur bei einem unter der marktüblichen Verzinsung liegenden Erbbauzins ein Bodenwertanteil des Erbbaurechts ermittelt wird. Ein solcher Bodenwertanteil wird bestimmt, indem der zu zahlende Erbbauzins von dem marktüblichen Liegenschaftszins (= angemessener Erbbauzins ) abgezogen wird. Ein zugunsten des Erbbauberechtigten verbleibender Differenzbetrag wird kapitalisiert und stellt den Bodenwertanteil des Erbbaurechts dar. 30 Nach Hinzurechnung des Bauwertes ergibt sich der Sachwert des Erbbaurechts.

27 Vgl. Reuter, Betriebswirtschaftliche Blätter 1983, 167, 168; Sichtermann / Hennings, Eintragungen in Abt. 11,2.7, S. 27; Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, § 12 Ziff. 3.1.1, S. 351. 28 Räfle, ErbbauVO, § 1 Rdnr. 6; Vogels, Betriebswirtschaftliche Blätter 1983, 162. 29 Wertermittlungs-Richtlinien 1976 v. 31.5.1976, Beilage zum BAnz. Nr. 146 v. 6.8. 1976, die als Richtlinien zur Wertermittlungsverordnung v. 15. 8. 1972 ergangen sind. 30 Lehmann, Wertermittlung von Erbbaurechtsgrundstücken, S. 12; Rössler / Langner / Simon, S. 383; Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, § 12 Ziff. 3.2.1, S. 356; Bruckner / Noack, NJW 1971, 736.

2. Die Ennittlung von Beleihungswerten

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bb) Der Vorschlag von Lehmann Lehmann hat sich in seiner Arbeit zum Ziel gesetzt, den Wert von Erbbaurechtsgrundstücken durch Anwendung des Vergleichswertverfahrens zu ermitteln. 31 Dabei geht er von einem sogenannten Erbbaurechtsfaktor aus, für den der zu zahlende Erbbauzins die entscheidende Größe ist. Unter Heranziehung des aus Kaufpreisanalysen gewonnenen Erbbaurechtsfaktors wird der dem Grundeigentümer zukommende Bodenwert festgestellt. Der Erbbaurechtsfaktor soll in diesem Zusammenhang aussagen, wie die Belastung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht dessen Wert gegenüber einem unbelasteten Grundstück verändert. Bei einem hohen, über dem marktüblichen Zins liegenden Erbbauzins ist der Wert des Erbbaugrundstücks höher als der einer vergleichbaren unbelasteten Liegenschaft. Die Differenz zwischen dem Wert des Erbbaugrundstücks und dem eines unbelasteten Grundstücks stellt den Wert des "Erbbaurechts an sich" dar. 32 Dies ist der Wert, um den es für die Wertermittlung des Erbbaurechts hier geht. Er ist nur dann positiv, wenn der Wert des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks geringer ist als der eines unbelasteten Grundstücks. Von den Wertermittlungs-Richtlinien unterscheidet sich die Untersuchung von Lehmann im wesentlichen durch die Vorgehensweise. Denn im Ergebnis kommt es jeweils auf die Höhe des zu zahlenden Erbbauzinses an - entweder unmittelbar durch die Differenz zwischen gefordertem und marktüblichem Erbbauzins oder mittelbar über den mit Hilfe des Erbbauzinses errechneten Erbbaurechtsfaktor. Ebenfalls ist nach beiden Verfahren ein Wert des Erbbaurechts im Sinne eines Bodenwertanteils nur vorhanden, wenn der Erbbauzins niedriger ist als der übliche Liegenschaftszins.

cc) Stellungnahme Beide Methoden gehen von der zutreffenden Überlegung aus, daß der vom Eigentümer geforderte Erbbauzins die Gegenleistung für die Einräumung der Grundstücksnutzung bildet und diese einen objektiv bestimmbaren Wert besitzt, den marktüblichen Liegenschaftszins. Durch Saldierung von Leistung und Gegenleistung ergibt sich ein Überschuß entweder zugunsten des Grundeigentümers oder zugunsten des Erbbauberechtigten. Letzterenfalls wird der Überschuß als Bodenwertanteil bei der Wertermittlung des Erbbaurechts berücksichtigt. Ist der zu zahlende Erbbauzins marktgerecht, so ergibt sich für den Erbbauberechtigten kein wirtschaftlicher Vorteil. Das reine Erbbaurecht hat in diesem Fall regelmäßig keinen eigenen Verkehrswert. 33

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Vgl. Lehmann, Wertennittlung von Erbbaurechtsgrundstücken, S. 78 ff. Lehmann, Wertennittlung von Erbbaurechtsgrundstücken, S. 80. Vgl. Rössler / Langner / Simon, S. 383.

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ill. Die Beleihung des Erbbaurechts

Eine solche Vorgehensweise wird problematisch, wenn man folgendes mit in die Betrachtung einbezieht: Ist der Erbbauzins vorrangig als Reallast im Erbbaugrundbuch eingetragen, wird er kapitalisiert und auch von der Beleihungsgrenze abgezogen. Dies führt dazu, daß der Erbbauzins doppelt abgezogen wird: Zum einen bei der Ermittlung des sogenannten Bodenwertanteils des Erbbaurechts, zum anderen als Vorlast bei der Beleihungsgrenze. Im neueren Schrifttum wird deshalb zunehmend die Auffassung vertreten, daß das Besitzrecht des Erbbauberechtigten am Boden als Faktor bei der Wertfeststellung angesetzt werden kann, ohne daß eine Saldierung mit dem tatsächlich gezahlten Erbbauzins erfolgt. 34 Diese Methode verhindert die doppelte Berücksichtigung des Erbbauzinses und wird daher den tatsächlichen Wertverhältnissen besser gerecht.

Zunächst kann nicht zweifelhaft sein, daß das "Erbbaurecht an sich", das dingliche Recht, ein bewertbares Rechtsgut darstellt. Davon gehen auch die Wertermittlungs-Richtlinien und Lehmann aus, nur daß sie den zu zahlenden Erbbauzins unmittelbar wieder abrechnen. Auch folgendes Beispiel macht dies deutlich: Würde der Erbbauzins vom Erbbauberechtigten in einer Summe im voraus entrichtet und würde er das noch unbebaute Erbbaurecht veräußern, so müßte ein Erwerber dafür einen Preis zahlen, der sich ---.: normale Marktverhältnisse vorausgesetzt - an der Kapitalsumme des nach den Umständen des Einzelfalls angemessenen Erbbauzinses orientiert. Ob sich für den Veräußerer dabei ein Gewinn ergibt, hängt von der Differenz zwischen dem von ihm im voraus gezahlten Erbbauzins und dem erlangten Verkaufspreis ab. Genauso ist es, wenn der Erbbauberechtigte, wie in der Regel, nicht einen einmaligen Betrag, sondern wiederkehrende Leistungen zu erbringen hat. Die Belastung mit der Erbbauzinspflicht ist auch in diesem Fall erst in einem zweiten Schritt von Bedeutung: dann nämlich, wenn es um die Frage geht, ob der Wert des Besitzrechts am Boden durch die Erbbauzinsreallast kompensiert oder sogar überkompensiert wird. 35 Festzuhalten ist, daß bei der Wertermittlung des Erbbaurechts ein Wertansatz

für das Besitzrecht des Erbbauberechtigten am Grundstück in Höhe des marktübli-

chen angemessenen Liegenschaftszinses erfolgen sollte.

34 Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, § 12 Ziff. 3.2.1, S. 356ff.; Vogels, Betriebswirtschaftliche Blätter 1983,162,263; Reuter, Betriebswirtschaftliche Blätter 1983, 167, 174; a. A. Kremer, Betriebswirtschaftliche Blätter 1983,271. 35 Vgl. Reuter, Betriebswirtschaftliche Blätter 1983, 167, 168.

2. Die Ennittlung von Beleihungswerten

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d) Der Erbbauzins als "neutrale" Vorlast Die Beleihung des Erbbaurechts fmdet unter Berücksichtigung des Wertes im Rang vorgehender Rechte statt. Alle vorrangigen Belastungen werden von der Beleihungsgrenze abgezogen. 36 Nach § 19 Abs. 2 Erbbau va ist auch ein der Hypothek vorgehender Erbbauzins zu kapitalisieren und von der Beleihungsgrenze in Abzug zu bringen. Die Kreditinstitute gehen nicht nur im Anwendungsbereich dieser Vorschrift, also bei mündelsicheren Ausleihungen, sondern allgemein bei der Beleihung von der Regelung des § 19 Abs. 2 Erbbauva aus. 37 Im übrigen gilt sie gemäß § 21 Abs. 2 Erbbauva für Hypothekenbanken und Versicherungsunternehmen ebenfalls verbindlich. In der Literatur wird jedoch vereinzelt die Ansicht vertreten, der Erbbauzins sei eine ,,neutrale" Vorlast und brauche deshalb bei der Ermittlung der höchstzulässigen Beleihung nicht abgezogen zu werden. Denn von einem Erwerber des Erbbaurechts werde ein angemessener Erbbauzins kalkulatorisch nicht berücksichtigt: Er bemesse sein Angebot nach dem Wert des Bauwerks. Mit der Verpflichtung, Erbbauzinsen zahlen zu müssen, rechne ein Erwerber ohnehin. 38 Die Zahlungspflicht werde - vorausgesetzt sie ist nicht überhöht - durch die Nutzungsmöglichkeit des Erbbauberechtigten an Grund und Boden ausgeglichen. Es müsse daher nur ein solcher Teil des Erbbauzinses kapitalisiert und als Vorlast berücksichtigt werden, der die angemessene Bodenwertverzinsung übersteige. 39 Daß angemessener Erbbauzins und Wert des Besitzrechts des Erbbauberechtigten wirtschaftlich gegeneinander aufgerechnet werden können, werde auch deutlich, wenn der Erbbauzins in der Zwangsversteigerung erlischt. Dann erhalte der Ersteher die Grundstücksnutzung, ohne dafür ein Entgelt entrichten zu müssen. Daher müsse ein Interessent bei ausgewogener Bieterkonkurrenz bereit sein, für das Erbbaurecht mehr zu zahlen, als dem Gebäudewert entspricht. 40 Infolgedessen erhöhe sich bei einem vorrangigen Grundpfandrecht für den Realkreditgeber der durch den Wert des Bauwerks bestimmte Beleihungswert um den Wert der Nutzungsmöglichkeit des Erbbaugrundstücks. Diese wirtschaftlichen Betrachtungen sind zutreffend: Sofern der Erbbauzins angemessen ist, wird er in der Tat von dem Wert des reinen Erbbaurechts kompensiert und braucht von einem Erwerber kalkulatorisch nicht berücksichtigt zu werden. Voraussetzung dafür ist, daß man die Frage, ob das Besitzrecht des 36 Götz, DNotZ 1980, 3, 20: Dies ist bei den Kreditinstituten ein unumstößliches Dogma. Ebenso: Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, § 12 Ziff. 3.2.3, S. 360/361: "Grundsatzfrage von hoher Bedeutung". 37 Räße, ErbbauVO, § 19 Rdnr. 6. 38 Winkler, NJW 1985,940,942. 39 Vgl. Rudolph, Bank-Information 1977 (Heft 1), 14 ff.; Götz, DNotZ 1980,3,21 f. 40 Rudolph, Bank-Information 1977 (Heft 1), 14, 15; Götz, DNotZ 1980, 3, 21.

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III. Die Beleihung des Erbbaurechts

Erbbauberechtigten an Grund und Boden einen eigenen Wert hat, bejaht. Nur dann ist eine ganz oder teilweise Kompensierung des Erbbauzinses möglich. Die Idee von der "neutralen" Vorlast und die oben dargestellte Ermittlung des Beleihungswertes unter Ansatz eines Wertes für das dingliche Recht beruhen daher auf derselben Voraussetzung und laufen auf dasselbe Ergebnis hinaus: Die Möglichkeit der Belastung des Erbbaurechts verbessert sich, und zwar im ersten Fall dadurch, daß der vorrangige Erbbauzins nicht bzw. nur soweit er unangemessen hoch ist von der Beleihungsgrenze abgezogen wird, im zweiten Fall durch die Erhöhung des Beleihungswertes, so daß sich die Berücksichtigung der Erbbauzinsreallast dementsprechend weniger deutlich auswirkt. Letztere Methode hat gegenüber der Behandlung des Erbbauzinses als "neutrale" Vorlast den Vorteil, daß sie sich im Rahmen der üblichen und zum Teil verbindlich vorgeschriebenen Vorgehensweise zur Ermittlung der Beleihungsmöglichkeiten von Erbbaurechten hält. Der Verzicht auf den Abzug des Erbbauzinses von der Beleihungsgrenze würde dagegen von der Behandlung anderer vorrangiger Rechte in Abteilung 11 abweichen, wäre also völlig systemwidrig - sofern er nicht bereits aufgrund bestehender Rechtsvorschriften, z. B. für Hypothekenbanken und Sparkassen unzulässig wäre. Eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Wertermittlung von Erbbaurechten wird auch durch die Berücksichtigung des Wertes der dem Erbbaurechtsinhaber zukommenden Grundstücksnutzung erreicht. Diese Lösung ist daher vorzuziehen.

IV. Die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen kann grundsätzlich in das gesamte Vennögen des Schuldners betrieben werden. Zum Vennögen eines Erbbauberechtigten gehört auch das Erbbaurecht. Die Gläubiger des Erbbauberechtigten können daher in das Erbbaurecht vollstrecken, und zwar sowohl aus dinglich gesicherten Rechten als auch wegen persönlicher Forderungen. 1 Die Erbbaurechtsverordnung hat das Erbbaurecht als beschränktes dingliches Recht an einem Grundstück ausgestaltet. 2 Insofern würde es an sich wie andere dingliche Rechte an Grundstücken den Regeln über die Zwangsvollstreckung in andere Vennögensrechte gemäß § 857 ZPO unterliegen. Da aber nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauV0 die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften mit wenigen Ausnahmen auf das Erbbaurecht Anwendung finden, erfolgt die Zwangsvollstrekkung in das Erbbaurecht gemäß §§ 864 Abs. 1, 870 ZPO nach den Vorschriften der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vennögen.

1. Der Gegenstand der Zwangsvollstreckung Die Frage, was Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht sein kann, zielt darauf ab, den Haftungsumfang des Erbbaurechts festzustellen. 3 Dabei ist zum einen von Bedeutung, was wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts ist, zum anderen, welche Gegenstände in den hypothekarischen Haftungsverband fallen.

a) Haftung des Bauwerks und anderer wesentlicher Bestandteile Gemäß § 12 Abs: 1 Satz 1 ErbbauVO gilt das aufgrund des Erbbaurechts errichtete Bauwerk als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts. Nach § 93 BGB können wesentliche Bestandteile einer Sache nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Während sich § 93 BGB lediglich auf eine Sache im Sinne von § 90 BGB bezieht, fingiert ("gilt")4 § 12 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO einen körperli1 Hagemann, S. 41; Ingenstau, ErbbauVO, § 24 Rdnr. 1; Staudinger / Ring, § 24 ErbbauVO Rdnr. 2; MünchKomm/v. Oefele, § 8 ErbbauVO Rdnr. 5. 2 Knothe, ErbbauR, § 4 I, S. 50 ff. ; Staudinger / Ring, § 1 ErbbauVO Rdnr. 2. 3 Vgl. dazu Hagemann, S. 38 ff. 4 MünchKomm/v.Oefele, § 12 ErbbauVORdnr. 2; Knothe,ErbbauR, § 9V I,S. 130.

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IV. Die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht

chen Gegenstand (Bauwerk) als wesentlichen Bestandteil eines dinglichen Rechts (Erbbaurecht). Entscheidend für den Haftungsumfang des Erbbaurechts ist die Rechtsfolge, die sich aus der Eigenschaft des Bauwerks als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts ergibt: Da Bauwerk und Erbbaurecht sachenrechtlich eine untrennbare Einheit bilden, haftet für die Dauer des Erbbaurechts das Bauwerk für alle dinglichen Belastungen des Erbbaurechts. S Auch Bauwerke, die bei der Bestellung des Erbbaurechts bereits vorhanden sind, werden gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO gleichermaßen als wesentliche Bestandteile des Rechts behandelt, mit der Folge, daß sie nur noch für die Belastungen des Erbbaurechts haften, während ihre Haftung für Belastungen des Grundstücks erlischt (§ 12 Abs. 1 Satz 3 ErbbauVO). Über § 12 Abs.2 ErbbauVO sind die §§ 94, 95 BGB auf das Erbbaurecht entsprechend anzuwenden. Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen. Die Hauptbedeutung dieser Vorschrift, eine rechtliche Einheit zwischen Grundstück und Gebäude zu schaffen, kommt bei der entsprechenden Anwendung auf das Erbbaurecht nicht zum Tragen, weil bereits § 12 Abs.l ErbbauVO das Bauwerk zu einem wesentlichen Bestandteil des Erbbaurechts erklärt. Beim Erbbaurecht werden von § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB somit lediglich die übrigen mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen - falls sie nicht unter § 95 Abs. 1 BGB fallen - und die Erzeugnisse des Grundstücks erfaßt. Soweit sich das Erbbaurecht auf nicht für das Bauwerk erforderliche Teile des Grundstücks erstreckt, können also beispielsweise auch bauliche Anlagen, die außerhalb des eigentlichen Bauwerks nach Maßgabe der Erbbaurechtsbestellung errichtet worden sind (Nebengebäude, feste Straßen, Mauem), oder Pflanzen auf dem Erbbaugrundstück wesentliche Bestandteile des Erbbaurechts sein. 6 Ferner gehören nach § 94 Abs. 2 BGB auch die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen 7 zu den wesentlichen Bestandteilen der auf dem Erbbaugrundstück vorhandenen Gebäude und sind damit gleichzeitig wesentliche Bestandteile des Erbbaurechts. 8 Die Haftung aller vorgenannten Sachen bei der Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht ergibt sich unmittelbar aus ihrer Eigenschaft als wesentliche Bestandteile und der daraus folgenden sachenrechtlichen Lage.

S Vgl. Ingenstau, ErbbauVO, § 12 Rdnr. 21; MünchKomm / v. Oefele, § 12 ErbbauVO Rdnr. 8; Staudinger / Ring, § 12 ErbbauVO Rdnr. 14. 6 Vgl. v. Oefele/Winkler, Handbuch, 5. Kap. Rdnr. 148; MünchKomm/v. Oefele, § 12 ErbbauVO Rdnr. 9; zum Umfang der durch das Erbbaurecht gewährten Nutzung vgl. Knothe, ErbbauR, § 811 2, S. 106. 7 Vgl. zum BegriffMünchKomm/Holch, § 94 BOB Rdnr. 14 ff.; Palandt/Heinrichs, § 94 BOB Rdnr. 6; Soergel / Mühl, § 94 BOB Rdnr. 18 ff. 8 Ingenstau, ErbbauVO, § 12 Rdnr. 18.

1. Der Gegenstand der Zwangsvollstreckung

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b) Haftung getrennter Erzeugnisse, sonstiger Bestandteile, von Zubehör und Forderungen Durch die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das unbewegliche Vennögen werden neben dem Grundstück bzw. dem grundstücksgleichen Recht als solchem nach § 865 Abs. 1 ZPO diejenigen Gegenstände erfaßt, auf die sich die Hypothek erstreckt. In den §§ 1120 ff. BGB ist im einzelnen geregelt, welche Vennögensgegenstände für die Hypothek haften. Gegenstand der Zwangsvollstreckung in ein Erbbaurecht können daher nach

§ 1120 BGB die vom Erbbaugrundstück getrennten Erzeugnisse und sonstigen

Bestandteile sein, soweit sie nicht mit der Trennung in das Eigentum eines anderen als des Erbbauberechtigten gelangt sind.

Weil das Erbbaurecht selbst keine ,,Erzeugnisse" hervorbringt, hat § 1120 BGB im Hinblick auf die Mithaftung von Erzeugnissen nur Bedeutung, soweit sich das Erbbaurecht auf einen für das Bauwerk nicht erforderlichen Teil des Grundstücks erstreckt. 9 Außerdem unterliegt gemäß § 1120 BGB das Zubehör der Immobiliarvollstrekkung. Ein Erbbaurecht kann wie ein Grundstück Zubehör haben. \0 Bezieht man die Definition des § 97 Abs. 1 BGB auf das Erbbaurecht, so sind als Zubehör des Erbbaurechts bewegliche Sachen anzusehen, die, ohne Bestandteile des Erbbaurechts oder des Bauwerks zu sein, dem wirtschaftlichen Zweck des Bauwerks oder des Grundstücks, auf das sich das Recht erstreckt, zu dienen bestimmt sind und in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis zum Bauwerk oder Grundstück stehen. 11 Nach der Vorschrift des § 1120 BGB müssen die Zubehörstücke im Eigentum des Grundstückseigentümers stehen, beim Erbbaurecht also in dem des Erbbauberechtigten. Verfahrensrechtlich wird aber gemäß § 55 Abs. 2 ZVG darüber hinaus ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse sämtliches Zubehör erfaßt, das der Erbbauberechtigte in Besitz hat, wenn der Eigentümer sein Recht nicht nach Maßgabe des § 37 Nr.5 ZVG geltend gemacht hat. Dadurch erweitert sich der Haftungsumfang des Erbbaurechts allerdings nicht, da der Eigentümer der Zubehörstücke, dessen Recht durch den Zuschlag erlischt, im Wege der Surrogation am Versteigerungserlös berechtigt ist. Dies kann er im Verteilungsverfahren geltend machen, wenn er sich nach § 9 Nr. 2 ZVG als Beteiligter anmeldet. 12 Nach Abschluß des Versteigerungsverfahrens hat der Eigentümer einen Bereicherungsanspruch gegen denjenigen, der durch die Verwertung des Zubehörs und Vgl. Hagemann, S. 39. V. Oefele/Winkler, Handbuch, 2. Kap. Rdnr. 56; MünchKomm/v. Oefele, § 11 ErbbauVO Rdnr. 37; Staudinger I Ring, § 12 ErbbauVO Rdnr. 16. 11 Vgl. Hagemann, S. 40. 12 Brox I Walker, ZwangsvollstreckungsR, Rdnr. 888. 9

\0

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IV. Die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht

die Auskehrung des Erlöses begünstigt worden ist. \3 Fremdes Zubehör ist also zwar Gegenstand der Zwangsvollstreckung, erhöht aber den den Gläubigem verhafteten Wert des Vollstreckungsobjekts nicht. Hat der Erbbauberechtigte das Bauwerk bzw. den Grundstücksteil, auf den sich das Erbbaurecht erstreckt, vermietet oder verpachtet oder ist mit dem Erbbaurecht ein Recht auf wiederkehrende Leistungen verbunden, so unterliegen die Miet- und Pachtzinsen und die Ansprüche auf die wiederkehrenden Leistungen ebenfalls der Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht. Allerdings werden diese Forderungen nach § 21 Abs. 2 ZVG nicht von der Beschlagnahme des Erbbaurechts zum Zwecke der Zwangsversteigerung umfaßt. Der Gläubiger kann die Haftung nur verwirklichen, indem er die Zwangsverwaltungsbeschlagnahme erwirkt oder die Forderungen aufgrund eines dinglichen Titels nach den §§ 829 ff. ZPO pfänden läßt. 14 Durch diese Pfändung werden die Forderungen der Immobiliarzwangsvollstreckung unterworfen und können nicht mehr für einen persönlichen Gläubiger gepfändet werden. 15 Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen kann sich schließlich auch beim Erbbaurecht gemäß § 1127 Abs. 1 BGB aufVersicherungsforderungen erstrecken, die dem Erbbauberechtigten aus der Versicherung von Gegenständen des hypothekarischen Haftungsverbands, z. B. des Bauwerks oder der Zubehörstücke, zustehen. 16 c) Zusammenfassung

Durch die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht werden gemäß § 12 Abs. 1 ErbbauVO und § 12 Abs.2 ErbbauVO i. V. m. § 94 BGB alle fest mit dem Grund und Boden des Erbbaugrundstücks verbundenen Sachen erfaßt. Ferner haften gemäß § 11 ErbbauVO i. V. m. §§ 864 Abs. 1,865 Abs. 1 ZPO, §§ 1120 ff. BGB getrennte Erzeugnisse, sonstige Bestandteile, Zubehör, Ansprüche aus subjektiv-dinglichen Rechten, Miet-, Pachtzins- und Versicherungsforderungen. Soweit das Erbbaurecht die Nutzungsbefugnis an einem Grundstück gewährt, entspricht die Haftung umfangmäßig also derjenigen des Grundeigentums, mit dem Unterschied, daß nicht das Eigentum an Grund und Boden selbst Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist, sondern ein beschränktes dingliches Recht, das in aller Regel zeitlich begrenzt ist und für das zumeist ein Entgelt zu entrichten ist.

13 14 15

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RGZ 76, 212, 213; 88, 351, 355 f. Vgl. MünchKomm / Eickmann, § 1123 Rdnr. 18; Hagemann, S. 40. Brox/Walker, ZwangsvollstreckungsR, Rdnr. 518. Hagemann, S. 41.

2. Die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts

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2. Die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts Für die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das Erbbaurecht kommen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO i. V. m. §§ 870, 866 Abs. 1 ZPO drei Arten in Betracht: Wahlweise oder nebeneinander kann die Eintragung einer Sicherungshypothek in das Erbbaugrundbuch, die Zwangsverwaltung und die Zwangsversteigerung erfolgen. 17 Die ErbbauVO selbst enthält zwei Vorschriften, die die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht betreffen, § 8 und § 24 ErbbauVO. § 8 ErbbauVO bestimmt, daß Verfügungen, die im Wege der Zwangsvollstrekkung erfolgen, insoweit unwirksam sind, als sie die Rechte des Grundstückseigentümers aus einer Vereinbarung gemäß § 5 ErbbauVO vereiteln oder beeinträchtigen würden. Bedarf der Erbbauberechtigte zur Veräußerung und / oder Belastung des Erbbaurechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers, so gilt dies demnach auch in der Zwangsvollstreckung. 18

Die Norm des § 24 ErbbauVO vermittelt dem Grundstückseigentümer bei der Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht stets die Rechtsstellung eines Beteiligten im Sinne von § 9 ZVG. Aufgrund dessen ist der Eigentümer kraft Gesetzes, also auch ohne besondere Anmeldung nach § 9 Nr. 2 ZVG, an wichtigen Vorgängen des Zwangsvollstreckungsverfahrens zu beteiligen: 19 Ihm ist die Bestimmung des Versteigerungs- und des Verteilungstermins zuzustellen, und er kann eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen verlangen. Ferner ist der Eigentümer berechtigt, unter den Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 ZVG Sicherheitsleistung von jedem Bieter zu fordern. Gemäß § 97 Abs. 1 ZVG steht ihm die Beschwerde gegen den Zuschlag zu. 20 Im folgenden werden Ablauf, Rechtswirkungen und Besonderheiten der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts erläutert.

17 OLG Hamm, OLGZ 1985, 159, 160; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 3 E Rdnr. 11; Ingenstau, ErbbauVO, § 8 Rdnr. 3; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 5. Kap. Rdnr. 184; Soergel / Stürner, § 24 ErbbauVO Rdnr. 2; Staudinger / Ring, § 24 ErbbauVO Rdnr.

2.

Dazu näher unten bei d). Vgl. v. Oefele/Winkler, Handbuch, 5. Kap. Rdnr. 186; Erman/Hagen, § 24 ErbbauVO Rdnr. 3. 20 Staudinger / Ring, § 24 ErbbauVO Rdnr. 4. 18

19

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IV. Die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht

a) Ablauf der Zwangsversteigerung 21 Das Zwangsversteigerungsverfahren wird eingeleitet auf Antrag eines Gläubigers nach §§ 15, 16 ZVG, der an das zuständige Amtsgericht als Vollstrekkungsgericht (§ 1 Abs. 1 ZVG) zu richten ist. Liegen alle Voraussetzungen für die Zwangsversteigerung vor, so ordnet das Amtsgericht die Zwangsversteigerung durch Beschluß an. 22 Dieser wird dem Erbbauberechtigten von Amts wegen zugestellt. Zugleich ersucht das Gericht das Grundbuchamt gemäß § 19 Abs. 1 ZVG um die Eintragung eines Versteigerungsvermerks im Erbbaugrundbuch. 23 Der Anordnungsbeschluß gilt gemäß § 20 Abs. 1 ZVG zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Erbbaurechts. Dadurch wird das Erbbaurecht verstrickt und der Gläubiger bekommt ein Recht auf Befriedigung aus dem Erbbaurecht. Für den Erbbauberechtigten hat die Beschlagnahme außerdem die Wirkung eines relativen Veräußerungsverbots (§ 23 Abs. 1 ZVG). Im Anschluß an die Beschlagnahme bestimmt das Vollstreckungsgericht den Versteigerungstermin. Die Terminsbestimmung ist gemäß § 39 Abs. 1 ZVG öffentlich bekannt zu machen und muß den in § 37 ZVG im einzelnen angegebenen Inhalt besitzen. Der Versteigerungstermin ist öffentlich. Er gliedert sich in drei Abschnitte, den Bekanntmachungsteil, das Bietverfahren und die Anhörung über den Zuschlag. 24 Zunächst wird nach § 66 Abs. 1 ZVG die Sache aufgerufen, und es werden alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Erbbaurechts bekanntgegeben. Von großer Bedeutung ist die anschließende Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen. 2S Mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten beginnt die sogenannte Bietstunde (§ 73 ZVG). Diese endet, wenn das Vollstreckungsgericht die Versteigerung schließt. Im Anschluß daran sind gemäß § 74 ZVG die anwesenden Beteiligten über den Zuschlag zu hören. Sie können in diesem Verfahrensabschnitt Anträge stellen, etwa zur Versagung des Zuschlags, weil das Meistgebot unter sieben Zehnteln des Erbbaurechtswertes geblieben ist (§ 74a ZVG).26 21 Übersichtliche Darstellungen bei Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 A Rdnr. 1 ff.; Brox / Walker, ZwangsvollstreckungsR, Rdnr. 852 ff.; ausführlich Hagemann, S. 48 ff. u. Gruchot Bd. 65 (1921), 31. 22 Muster für einen Anordnungsbeschluß bei Zeller / Stöber, ZVG, § 15 Rdnr. 4.2. 23 Hagemann, S. 52. 24 Brox / Walker, ZwangsvollstreckungsR, Rdnr. 905; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 A Rdnr. 11. 2S Näher dazu unten b). 26 Vgl. im einzelnen zu den Anträgen bzw. Erklärungen, die erfolgen können, Muth, Zwangsversteigerungspraxis, I A Rdnr. 14.

2. Die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts

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Die Entscheidung über den Zuschlag trifft das Vollstreckungsgericht durch Beschluß. Es ist dabei gemäß § 79 ZVG an eine Entscheidung, die es in einem früheren Verfahrensstadium getroffen hat, nicht gebunden. Der Zuschlag ist grundsätzlich dem Meistbietenden zu erteilen (§ 81 Abs. 1 ZVG). Der Beschluß wird im Versteigerungstermin selbst oder in einem sofort zu bestimmenden Termin verkündet. Den letzten Abschnitt der Zwangsversteigerung bildet das Verteilungsverfahren. Nach Erteilung des Zuschlags bestimmt das Vollstreckungsgericht einen Termin zur Verteilung des Versteigerungserlöses (§ 105 Abs. 1 ZVG). In diesem Termin wird der endgültige Teilungsplan aufgestellt. Zweck des Verteilungsverfahrens ist es, den Erlös (Teilungsmasse) auf die Ansprüche, die auf Befriedigung aus dem Erbbaurecht gerichtet sind (Schuldenmasse), entsprechend ihrem Rang zu verteilen. Das Zwangsversteigerungsverfahren endet damit, daß das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um Berichtigung des Grundbuchs und des Erbbaugrundbuchs ersucht, weil mit dem Zuschlag deren Inhalt unrichtig geworden ist. b) Feststellung des geringsten Gebots

aa) Rechtsdogmatische Prinzipien und Bedeutung Eine grundlegende Frage des Zwangsversteigerungsverfahrens ist die Behandlung der Rechte am Objekt der Zwangsvollstreckung, die in Konkurrenz zu dem Anspruch des betreibenden Gläubigers stehen. 27 Für das ZVG sind im Zusammenhang damit zwei Grundsätze bestimmend, das Deckungsprinzip und das Übernahmeprinzip. Das Deckungsprinzip ist in § 44 Abs. 1 ZVG normiert und bedeutet, daß alle dem Anspruch des betreibenden Gläubigers im Rang vorgehenden Rechte und die Verfahrenskosten durch die abzugebenden Gebote voll gedeckt werden müssen. 28 Deshalb stellt das Vollstreckungsgericht das "geringste Gebot" fest, so daß niedrigere Gebote in der Versteigerung nicht zugelassen werden dürfen. Daneben tritt das Übernahmeprinzip: Soweit der Ersteher den Versteigerungspreis nicht gemäß § 49 Abs. 1 ZVG bar zu zahlen hat, bleiben die in das geringste Gebot fallenden Rechte nach § 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG bestehen. Der Ersteher muß sie übernehmen.

27 Steiner / Eickmann, ZVG, § 44 Rdnr. 1: ,,Es handelt sich dabei gewiß um die entscheidenste und prinzipiellste Frage des Gesetzes". 28 Steiner / Eickmann, ZVG, § 44 Rdnr. 6; Brox / Walker, ZwangsvollstreckungsR, Rdnr.892.

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IV. Die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht

Von der Höhe des geringsten Gebots hängt es ab, welche Rechte am Zwangsversteigerungsobjekt bestehen bleiben und welche erlöschen. bb) Berechnung des geringsten Gebots Die Höhe des geringsten Gebots richtet sich nach dem Rang des Anspruchs, den der betreibende Gläubiger geltend macht, bei mehreren Gläubigem oder Ansprüchen nach dem Recht, das den besten Rang hat (§ 44 Abs. 2 ZVG). Dabei werden nur die dem Gläubiger rangmäßig vorgehenden Ansprüche und die Verfahrenskosten in das geringste Gebot aufgenommen. Das Rangverhältnis der Rechte auf Befriedigung aus dem Erbbaurecht wird durch die §§ 10 ff. ZVG festgelegt. 29 § 10 ZVG teilt die Ansprüche in acht Klassen ein. Zusätzlich sind die Kosten des Verfahrens gemäß § 109 Abs. 1 ZVG dem Erlös vorweg zu entnehmen. Innerhalb der Klassen vier, sechs und acht richtet sich der Rang von Ansprüchen aus verschiedenen Rechten nach dem Verhältnis, "welches unter den Rechten besteht" (§ 11 Abs. 1 ZVG). Dafür maßgebend ist der Rang der Rechte, wie er sich entsprechend den Vorschriften der §§ 879 ff. BGB aus dem Erbbaugrundbuch ergibt. 30 In der Praxis der Zwangsversteigerung am bedeutendsten sind die unter § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG fallenden Belastungen des Erbbaurechts. Daraus ergibt sich die entscheidende Rolle, die die Eintragungsreihenfolge dinglicher Rechte im Erbbaugrundbuch bei der Versteigerung spielt. Soweit nämlich das Recht des betreibenden Gläubigers im Erbbaugrundbuch mit Rang vor anderen Rechten eingetragen ist, erlöschen diese, soweit es nachrangig eingetragen ist, bleiben die Rechte gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG i. V. m. §§ 44 Abs. 1,49 Abs. 1 ZVG bestehen. cc) Bildung des geringsten Gebots in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts Bei der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts können folgende Ansprüche im geringsten Gebot zu berücksichtigen sein: Zunächst sind von Amts wegen die Verfahrenskosten zu beachten. Danach werden auf Anmeldung gemäß § 45 Abs. 1 ZVG Ansprüche auf Ersatz von Zwangsverwaltungsvorschüssen (§ 10 Abs. 1 Nr.l ZVG) und Ansprüche auf Entrichtung öffentlicher Lasten des Erbbaurechts (§ 10 Abs. 1 Nr.3 ZVG) in das geringste Gebot aufgenommen. Ansprüche aus der zweiten Rangklasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG kommen, da sie einen land- oder forstwirtschaftlichen 29 Vgl. dazu die Übersicht bei Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 G Rdnr. 8 ff.; Zeller / Stöber, ZVG, § 44 Rdnr. 4.2. 30 Steiner / Hagemann, ZVG, § 11 Rdnr. 7 ff.

2. Die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts

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Betrieb voraussetzen, beim Erbbaurecht nicht vor. 31 Schließlich sind die Ansprüche aus den dinglichen Rechten am Erbbaurecht (§ 10 Abs. 1 Nr.4 ZVG) zu berücksichtigen. Hierzu gehören Dienstbarkeiten, Vorkaufsrechte, Reallasten einschließlich des Erbbauzinses und Grundpfandrechte. Ansprüche der Rangklassen fünf bis acht können dagegen niemals im geringsten Gebot erscheinen, da der Anspruch des die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigers jedenfalls in der fünften Klasse zu befriedigen ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG), so daß dem Anspruch des Gläubigers vorgehende Rechte nur solche sein können, die vor dieser Rangklasse stehen. Der Erbbauberechtigte ist in aller Regel durch Vereinbarungen gemäß §§ 2, 5,27 Abs. 1 Satz 2 und 32 Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO in seinem Recht beschränkt. Diese Vereinbarungen gehören zum Inhalt des Erbbaurechts, d. h., sie gestalten das Institut "Erbbaurecht" im konkreten Fall erst im einzelnen aus. 32 Es entstehen dadurch also keinesfalls selbständige dingliche Rechte am Erbbaurecht, die im geringsten Gebot zu berücksichtigen wären. 33 Gleiches gilt, wenn einzelne Ansprüche aus diesen zum Inhalt des Erbbaurechts erklärten Rechten fällig geworden sind. Durch die Vereinbarungen nach den §§ 2 ff. ErbbauVO werden eben keine mit Grundpfandrechten oder Reallasten vergleichbaren dinglichen Rechte geschaffen, so daß eine Haftung des Erbbaurechts, beispielsweise für eine verwirkte Vertragsstrafe, nicht begründet werden kann. 34

dd) Abänderung des geringsten Gebots Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 ZVG besteht die Möglichkeit, das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen abweichend von den gesetzlichen Vorschriften festzustellen. 35 Dementsprechend können die in den §§ 44 bis 52 ZVG enthal31 Hagemann, S. 69; vgl. auch Knothe, ErbbauR, § 9 I, S. 110, 113 ff. zur Unzulässigkeit von Erbbaurechten zum Zwecke der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Grundstücken. 32 Vgl. oben n. 1. a). 33 Ingenstau, ErbbauVO, § 2 Rdnr. 5; Hagemann, S. 64. 34 Heute einhellige Meinung, vgl. BGH, NJW 1990, 832: "Der Normzweck des § 2 ErbbauVO besteht darin, etwaige Rechtsnachfolger des Grundstückseigentümers oder des Erbbaurechtsnehmers an die vertraglichen Vereinbarungen zu binden. Eine weitergehende dingliche Wirkung wird dadurch nicht begründet."; Ingenstau, ErbbauVO, § 2 Rdnr. 56; Knothe, ErbbauR, § 10 n 3 d, S. 150 f.; Palandtl Bassenge, § 2 ErbbauVO Rdnr. 1; Staudinger I Ring, § 2 ErbbauVO Rdnr. 29; v. Oefele I Winkler, Handbuch, Kap. 4 Rdnr. 29; Linde I Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 85; anders noch Hagemann, S. 65 ff.; ausführlich zur früher h. M. in der Literatur: Stahlhacke, Neuordnung,

S. 33 f.

35 Nußbaum, S. 105 I 106: Auch das geringste Gebot gehört zu den Versteigerungsbedingungen. Der Begriff Versteigerungsbedingungen wird daher auch als Oberbegriff verwandt.

4 Geißel

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IV. Die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht

tenen Regelungen abgeändert werden,36 etwa in der Weise, daß der Fortbestand eines Rechts arn Erbbaurecht bestimmt wird, das nach den gesetzlichen Bedingungen sonst erlöschen würde. 37 Allerdings hat die Änderungsbefugnis eine Grenze: Grundlegende Verfahrensbestimmungen können auch bei Übereinstimmung aller Beteiligten nicht außer Kraft gesetzt werden. 38 Eine abweichende Feststellung des geringsten Gebots kann nur auf Verlangen eines an der Zwangsversteigerung Beteiligten i. S. d. § 9 ZVG erfolgen (§ 59 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Das Vollstreckungsgericht ist nicht befugt, das geringste Gebot von Amts wegen zu ändern. Es kann aber eine Änderung anregen, etwa in einem Erörterungstermin gemäß § 62 ZVG, wenn dies aufgrund der vorliegenden Verhältnisse angezeigt ist. 39 Das Gericht darf dem Verlangen eines Beteiligten auf abweichende Feststellung des geringsten Gebots nur dann stattgeben, wenn durch die Abweichung nicht das Recht eines anderen Beteiligten beeinträchtigt wird bzw. wenn die Zustimmung des Beeinträchtigten vorliegt. Wird ein von den gesetzlichen Regelungen abweichendes geringstes Gebot verlangt, kommen drei Situationen in Betracht: Das Gericht muß dem Verlangen stattgeben, wenn durch die Abweichung entweder mit Sicherheit niemand beeinträchtigt wird oder derjenige, dessen Recht beeinträchtigt wird, der geänderten Feststellung gemäß § 59 Abs. 1 Satz 2 ZVG zustimmt. Das Abweichungsverlangen ist dagegen zurückzuweisen, wenn die Beeinträchtigung von Rechten eines oder mehrerer Beteiligten von vornherein feststeht (offene Beeinträchtigung) und nicht alle Beeinträchtigten ihre Zustimmung erteilt haben. 40 Ist zweifelhaft, ob die Rechtslage eines Beteiligten durch die Abweichung verschlechtert wird und liegen auch nicht die Zustimmungserklärungen aller möglicherweise Beeinträchtigten vor, so ist das Erbbaurecht nach § 59 Abs.2 ZVG doppelt auszubieten: mit der verlangten Abweichung und ohne sie. 41 Ein solches Doppelausgebot ist die Regel, da die Frage der Beeinträchtigung eines 36 Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 9 ff. u. 32; Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 59 Rdnr. 21; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 2.4 / 2.5; kritisch zu den sich aus § 59 ergebenden Möglichkeiten: Schiffbauer, Rpfleger 1986, 342, 345: " ... der § 59 ZVG (gehört) schleunigst aufgehoben."; ebenso in Dassler, ZVG, § 59 Rdnr. 1 a. E. 37 Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 32; zu einzelnen Abweichungen Dassler / Schiffhauer, ZVG, § 59 Rdnr. 23 ff.; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 5.

38 Mutb, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rdnr. 5; Nußbaum, Zwangsversteigerung, S. 107; Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 7; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 2.4. 39 Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 39; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 3.1; Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 59 Rdnr. 2. 40 Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 59 Rdnr. 45; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 4.3; Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 46. 41 Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 59 Rdnr. 46; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 4.4.

2. Die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts

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Rechts nach allen möglichen Gesichtspunkten zu überdenken ist und sich eine Beeinträchtigung meistens erst nach durchgeführter Versteigerung feststellen läßt. 42 Da in § 59 ZVG an die Beeinträchtigung eines Beteiligten angeknüpft wird, kommt es darauf an, wann eine solche Beeinträchtigung anzunehmen ist. Dies ist nach ganz h. M. der Fall, wenn ein Recht infolge der Änderung nicht in gleicher Weise Berücksichtigung findet, wie bei einer Versteigerung nach den gesetzlichen Vorschriften. 43 Ausreichend ist danach eine bloß formale Andersbehandlung eines Rechts. Gegen diese Auffassung hat sich in jüngster Zeit Muth gewandt, der die Beeinträchtigung wirtschaftlich interpretiert. 44 Liege keine sogenannte offene Beeinträchtigung vor, so entscheide bei einem Doppelausgebot das wirtschaftliche Ergebnis der Zwangsversteigerung. Erziele das Ausgebot zu den abweichenden Bedingungen ein gleichgutes oder besseres Ergebnis, könne kein Beteiligter beeinträchtigt sein. 45 Für die Festsetzung, daß ein Recht bestehenbleiben soll, das nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen an sich erlöschen würde, gilt gemäß § 59 Abs. 3 ZVG eine Sonderregelung, nach der es nicht der Zustimmung der nachstehenden Beteiligten bedarf. In aller Regel werden die nachrangig Berechtigten durch den Fortbestand einer vorrangigen Last nicht beeinträchtigt, weil der Ersteher entsprechend weniger Bargeld aufwenden muß, um das Erbbaurecht zu ersteigern. 46 Dies ist für den Ersteher gewöhnlich günstiger, so daß es zu insgesamt höheren Geboten kommt. Streitig ist aber, ob § 59 Abs. 3 ZVG wörtlich aufzufassen ist, ein nachstehender Beteiligter also unter allen Umständen unberücksichtigt bleibt,47 oder, ob die Vorschrift als widerlegbare Vermutung anzusehen ist, so daß auch ein nachrangiger Beteiligter der Abänderung zustimmen muß, wenn er durch sie beeinträchtigt wird. 48

So Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 47; Dassler / Schiffbauer, ZVG, §59 Rdnr. 46. Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 59 Rdnr. 39 f.; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 4.2; Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 44. 44 Muth, Rpfleger 1987,397,400; ders., Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rdnr. 15. 45 Muth, Rpfleger 1987, 397, 400. 46 Nußbaum, S. 108; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 7.1. 47 So Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 33; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 7.1; anders Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 59 Rdnr. 49 f. 48 So Muth, JurBÜfO 1985, 13, 22; ders., RPfleger 1987, 397, 400; Schiffbauer, Rpfleger 1986, 326, 336. 42 43

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IV. Die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht c) Rechtswirkungen des Zuschlags

aa) Erwerb durch den Ersteher Durch den Zuschlag wird der Ersteher gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO i. V. m. § 90 Abs. 1 ZVG neuer Erbbauberechtigter kraft Gesetzes; zugleich erwirbt er nach § 90 Abs. 2 ZVG die Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt hat. 49 Die Rechtsstellung des Erstehers wird dabei durch den gesetzlichen und den vertraglich-dinglichen Inhalt des Erbbaurechts bestimmt, d. h., Vereinbarungen nach den §§ 2 ff. ErbbauVO behalten ihre Wirkung auch gegenüber dem Erwerber in der Zwangsversteigerung. 50 Im Gegensatz zum vertraglichdinglichen Inhalt gehen die nur schuldrechtlichen Vereinbarungen des Erbbaurechtsvertrages nicht auf den Ersteher über. 51 Sie bleiben unter den ursprünglichen Vertragsparteien bestehen.

bb) Erläschen und Bestehenbleiben von Rechten Mit Wirksamkeit des Zuschlags erlöschen gemäß §§ 91 Abs. 1,52 Abs. 1 Satz 2 ZVG die dinglichen Rechte am Erbbaurecht, die nicht in das geringste Gebot fallen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, daß ein Recht, welches an sich erlöschen würde, kraft Vereinbarung zwischen dem Ersteher und dem Inhaber des Rechts bestehenbleibt (§ 91 Abs. 2 ZVG). Die dazu erforderlichen Erklärungen müssen entweder im Verteilungstermin abgegeben oder durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden, bevor das Grundbuchamt um Berichtigung des Erbbaugrundbuchs ersucht worden ist. Eine derartige Vereinbarung kann für den Ersteher deshalb von Interesse sein, weil sich der von ihm bar zu zahlende Teil seines Gebots gemäß § 91 Abs.3 Satz 1 ZVG um den Betrag verringert, den sonst der Inhaber des Rechts bei der Erlösverteilung erhalten hätte. 52 Erlischt eine Belastung des Erbbaurechts durch den Zuschlag, so setzt sich dieses Recht mit seinem bisherigen Rang am Versteigerungserlös fort. Das folgt aus dem Prinzip der dinglichen Surrogation als allgemeinem Grundsatz des Zwangsversteigerungsverfahrens. 53 Für nicht auf Zahlung eines Kapitals gerichtete Rechte ist dies zudem in § 92 Abs. 1 ZVG ausdrücklich bestimmt worden. 49 Brox / Walker, ZwangsvollstreckungsR, Rdnr. 927 ff.; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 215; v. Oefele/Winkler, Handbuch, Kap. 5 Rdnr. 188; vgl. zum Gegenstand der Zwangsversteigerung im einzelnen oben 1. Der Erwerb vollzieht sich aufgrund staatlichen Hoheitsakts, so BGH, NJW 1990, 2744. 50 Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 215 u. 217; v. Oefele/Winkler, Handbuch, Kap. 5 Rdnr. 188. 51 Vgl. BGH, NJW-RR 1987,74; KG, DNotZ 1984, 384, 385 / 386; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 26. 52 Vgl. Brox/Walker, ZwangsvollstreckungsR, Rdnr. 938.

2. Die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts

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Im Gegensatz zu den dinglichen Rechten werden die persönlichen Forderungen durch die Erteilung des Zuschlags nicht berührt. Sie erlöschen grundsätzlich nur insoweit, als ihr Gläubiger aus dem Erlös befriedigt wird. 54

d) Auswirkungen der Zustimmungsbedürftigkeit gemäß § 5 Abs.l ErbbauVO in der Zwangsversteigerung Ist eine Vereinbarung nach § 5 Abs. 1 ErbbauVO zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht worden, mit der Folge, daß die Veräußerung des Erbbaurechts an die Zustimmung durch den Grundstückseigentümer gebunden ist, so gilt dies gemäß § 8 ErbbauVO auch für die Zwangsversteigerung. 55 Der Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren kann also nur dann neuer Erbbauberechtigter werden, wenn der Grundstückseigentümer die erforderliche Zustimmung erteilt bzw. diese gemäß § 7 Abs. 3 ErbbauVO durch gerichtliche Entscheidung ersetzt wird. Die Zustimmungsbedürftigkeit hindert allerdings nicht die Anordnung und Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Der Zuschlag darf jedoch nur erteilt werden, wenn die Zustimmung vorliegt oder ersetzt worden ist. 56 Eine Vereinbarung mit dem Inhalt des § 5 Abs. 1 Erbbau VO kommt in der Zwangsversteigerung somit erst im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zuschlag zum Tragen. An der Zustimmungsbedürftigkeit ändert sich auch nichts, wenn bereits eine nach § 5 Abs. 2 ErbbauVO erforderliche Zustimmung zur Belastung des Erbbaurechts erteilt worden ist und aus dieser Belastung nunmehr die Zwangsversteigerung betrieben wird. Denn nach heute h. M. umfaßt die Zustimmung zur Belastung nicht gleichzeitig das Einverständnis mit der Zwangsversteigerung, da für dessen Erteilung oder Versagung andere Gesichtspunkte maßgebend sind - insbesondere solche, die in der Person des Erstehers liegen - , so daß der Zuschlagserteilung gesondert zugestimmt werden muß. 57 53 Vgl. Zeller 1Stöber, ZVG, § 91 Rdnr. 2.5; Dassler 1Schiffbauer, ZVG, § 92 Rdnr. 1; Brox 1Walker, ZwangsvollstreckungsR, Rdnr. 931. 54 Näher Zeller 1Stöber, ZVG, § 91 Rdnr. 2.6. 55 Vgl. BGHZ 33, 76, 85 ff.; OLG Hamm, OLGZ 1986, 385, 386; v. Oefele 1 Winkler, Handbuch, Kap. 4 Rdnr. 274; Ingenstau, ErbbauVO, § 8 Rdnr. 1 u. 14. 56 So die Rspr. und ganz h. M., vgl. BGHZ 33, 76, 89190; BGH, NJW 1966, 730, 731 a. E.; Hagemann, S. 102; Ingenstau, ErbbauVO, § 8 Rdnr. 19; MÜßchKomm/v. Oefele, § 8 ErbbauVO Rdnr. 8; Soergell Stürner, § 8 ErbbauVO Rdnr. 3; Staudinger 1 Ring, § 8 ErbbauVO Rdnr. 11; ErmaniHagen, § 8 ErbbauVO Rdnr. 1; v. Oefelel Winkler, Handbuch, Kap. 4 Rdnr. 285; a. A. Furtner, NJW 1966, 182, 188. 57 BGHZ 100, 107, 112/113 = NJW 1987, 1942, 1943; MünchKomm/v. Oefele, § 8 ErbbauVO Rdnr. 10; Staudinger 1Ring, § 8 ErbbauVO Rdnr. 10; Ingenstau, ErbbauVO, § 8 Rdnr. 18; Soergell Stümer, § 8 ErbbauVO Rdnr. 1; anders die früher h. M., vgl. die Nachweise bei Ingenstau, ErbbauVO, § 8 Rdnr. 16; Erman 1 Hagen, § 8 ErbbauVO Rdnr. 5.

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IV. Die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht

Der Grundstückseigentümer ist aber nicht berechtigt, nach freiem Belieben über die Erteilung der Zustimmung zu entscheiden. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO hat der Erbbauberechtigte vielmehr einen gesetzlichen Anspruch auf die Zustimmung, wenn anzunehmen ist, daß durch die Veräußerung der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird und die Person des Erwerbers Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Verpflichtungen bietet. 58 Die Vorschrift des § 7 ErbbauVO gilt in sinngemäßer Auslegung des § 8 ErbbauVO auch für Verfügungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgen, also auch in der Zwangsversteigerung. 59 Demzufolge ist in diesen Fällen eine Ersetzung der Zustimmung durch das Amtsgericht nach § 7 Abs. 3 ErbbauVO möglich. 60 Die Voraussetzungen dafür richten sich nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO. Der Grundstückseigentümer verweigert die Zustimmung zur Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung mithin "ohne ausreichenden Grund", wenn nach § 7 Abs. 1 ErbbauVO ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung besteht. 61 Eine Vereinbarung zwischen Erbbauberechtigtem und Grundstückseigentümer nach § 5 Abs. 1 ErbbauVO steht demnach, wenn ein Grund zur Versagung der Zustimmung vorliegt, der Erteilung des Zuschlags in der Zwangsversteigerung entgegen.

58 Vgl. dazu Ingenstau, Erbbau va, § 7 Rdnr. 7 ff. u. 11 ff.; Staudinger / Ring, §§ 57 ErbbauVO Rdnr. 26; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 101. 59 BGHZ 100, 107, 111 = NJW 1987, 1942, 1943. 60 BGHZ 33, 76, 88; KG, DNotZ 1984, 384, 387; Ingenstau, ErbbauVO, § 8 Rdnr. 27 mit zahlreichen Nachweisen. 61 BGHZ 100, 107, 113 = NJW 1987, 1942, 1943; KG, DNotZ 1984,384,387; OLG Hamm, OLGZ 1986, 385, 387/388 = WM 1986, 1290, 1292.

v. Das Schicksal des Erbbauzinses und der Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung Auf den Erbbauzins sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO die Vorschriften über die Reallasten entsprechend anzuwenden. Der Erbbauzins ist eine dingliche Belastung des Erbbaurechts zugunsten des jeweiligen Grundsruckseigenrumers,1 die durch Einigung und Eintragung im Erbbaugrundbuch entsteht. Thr Schicksal in der Zwangsversteigerung wird daher entscheidend davon bestimmt, mit welchem Grundbuchrang sie eingetragen ist. 2 Dabei gilt: Die Erbbauzinsreallast wird in Abteilung 11 des Erbbaugrundbuchs eingetragen. 3 Thr Rangverhältnis zu den in Abteilung III stehenden Grundpfandrechten richtet sich somit gemäß § 879 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich nach der zeitlichen Reihenfolge der Eintragungen. 4 Daneben ist der Erbbauberechtigte aufgrund des Erbbaurechtsvertrages auch schuldrechtlich verpflichtet, ein wiederkehrendes Entgelt für die Nutzung des Erbbaugrundsrucks zu entrichten (schuldrechtlicher Erbbauzins). 5 Dinglicher und schuldrechtlicher Erbbauzins haben wirtschaftlich denselben Ursprung, sind rechtlich aber - das zeigt sich insbesondere in der Zwangsversteigerung streng auseinanderzuhalten. Die folgende Darstellung ist an den beiden Grundsituationen ausgerichtet: Entweder nimmt die Erbbauzinsreallast die Rangstelle vor den Grundpfandrechten ein (erstrangige Erbbauzinsreallast) oder sie geht mindestens einem dieser Rechte nach (nachrangige Erbbauzinsreallast). Anschließend wird auf den schuldrechtlichen Erbbauzins und die Vormerkung zur Anpassung der Erbbauzinsreallast eingegangen.

1 BGHZ 81, 358, 361 = NJW 1982,234; vgl. näher oben 11.2. a). Vgl. Winkler, DNotZ 1970, 390, 391; Steiner / Hagemann, ZVG, § 10 Rdnr. 107; oben IV. 2. b) bb). 3 Haegele / Schöner / Stöber, GrundbuchR, Rdnr. 1801; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr.1O. 4 Steiner / Hagemann, ZVG, § 11 Rdnr. 9, sog. Datumsprinzip. 5 Erman / Hagen, § 9 ErbbauVO Rdnr.6; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr.4; Hartmann, DB 1970, Beilage Nr. 14,5; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 123. 2

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

1. Erstrangige Erbbauzinsreallast Der Erbbauzins kann erstrangig, also vor allen anderen dinglichen Belastungen des Erbbaurechts abgesichert sein. Das ist häufig dann der Fall, wenn kein späterer Rangrücktritt des Eigentümers erfolgt ist, da die Verpflichtung, Erbbauzinsen zu zahlen, in der Regel bereits im Erbbaurechtsvertrag vereinbart wird, so daß ein daraufhin bestelltes Erbbaurecht von vornherein mit der Erbbauzinsreallast belastet ist.

a) Zwangsversteigerung wegen fälliger Erbbauzinsraten Der Grundstückseigentümer kann wegen fälliger Erbbauzinsraten gemäß § 9 Abs.1 Satz 1 ErbbauVO i. V. m. §§ 1107, 1147 BGB die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht betreiben. 6 Dabei fällt der Erbbauzins als dingliche Belastung des Erbbaurechts in Rangklasse 4; ebenso sind die einzelnen Zinsraten, soweit es sich um laufende (§ 13 Abs. 1 ZVG) oder aus den letzten zwei Jahren rückständige Beträge handelt, gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4, 2. Halbsatz ZVG im vierten Rang zu befriedigen. 7 Ältere Erbbauzinsrückstände, die an sich von § 10 Abs. 1 Nr. 8 ZVG erfaßt werden, stehen als Ansprüche des betreibenden Gläubigers in der fünften Rangklasse. 8 Infolge der Zwangsversteigerung erlischt die Erbbauzinsreallast nach §§ 91 Abs. 1,52 Abs. 1 Satz 2 ZVG durch den Zuschlag. Denn der Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung aus den fälligen Erbbauzinsraten, die im Rang dem Stammrecht vorgehen. Die Erbbauzinsreallast wird daher nicht in das geringste Gebot aufgenommen. 9 6 Haegele / Schöner / Stöber, GrundbuchR, Rdnr. 1807; MünchKomm / v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 13; Staudinger / Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr. 8. 7 Unrichtig Winkler, NJW 1985,940,944; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 17; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 6. Kap. Rdnr.224; beide Autoren sind der Auffassung, der die Zwangsversteigerung betreibende Eigentümer falle mit seinem Erbbauzins unter § 10 Abs. 1 Nr.5 ZVG. Dabei übersehen sie, daß der die Versteigerung betreibende Gläubiger der Rangklassen 1 bis 4 stets in seinem der Klasse 5 vorgehenden Rang zu berücksichtigen ist. Dadurch, daß er selbst der betreibende Gläubiger ist, kann er sich nicht verschlechtern. Vgl. Zeller / Stöber, § 10 Rdnr.9.2; Steiner / Hagemann, § 10 Rdnr. 144; gegen Winkler auch Muth, JurBüro 1985,969,970, Pn. 85. 8 Steiner / Hagemann, ZVG, § 10 Rdnr. 125; Zeller / Stöber, ZVG, § 10 Rdnr. 9.2; durch das Betreiben der Zwangsvollstreckung verbessern sich die betreibenden Gläubiger der Rangklassen 6 bis 8 nach Rangklasse 5. Der betreibende Gläubiger steht also mindestens im fünften Rang, soweit er nicht bereits in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist. 9 BGHZ 81, 358, 361 = NJW 1982,234; OLG Nürnberg, MDR 1980,401; OLG Hamburg, MDR 1975, 853; LG Braunschweig, Rpfleger 1976, 310, 311; Bertolini, MittBayNot 1983, 112; Hartmann, DB 1970, Beilage Nr. 14,3; Kalter, KTS 1966, 137, 142; Muth, JurBüro 1985,801, 802; ders., Zwangsversteigerungspraxis, 3 E Rdnr. 14;

1. Erstrangige Erbbauzinsreallast

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Das Stammrecht wird unter Berücksichtigung der restlichen Laufzeit des Erbbaurechts gemäß §§ 92 Abs. 1,111 ZVG kapitalisiert. 10 Der sich dabei ergebende Betrag tritt im Wege der dinglichen Surrogation als Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös an die Stelle der erloschenen Erbbauzinsreallast. 11 Die der Erbbauzinsreallast gemäß § 11 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 879 Abs. 1 Satz 2 BGB nachrangigen Grundpfandrechte erlöschen ebenfalls mit der Erteilung des Zuschlags. Auch sie setzen sich mit dem entsprechenden Rang, den sie im Erbbaugrundbuch hatten, als Anspruch auf Teilhabe arn Erlös fort. Rechtlich haben die Grundpfandrechte also, abgesehen von der nicht erforderlichen Kapitalisierung, dasselbe Schicksal wie der vorrangige Erbbauzins. Allerdings ist ihre Aussicht, bei der Verteilung des Versteigerungserlöses tatsächlich berücksichtigt zu werden, infolge des Nachrangs geringer. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Gebote unter dem Verkehrswert des Erbbaurechts bleiben. b) Zwangsversteigerung aus einem nachrangigen Grundpfandrecht Betreibt ein im Rang nach dem Erbbauzins stehender Gläubiger die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts, so ist die Erbbauzinsreallast gemäß § 44 Abs. 1 ZVG bei der Feststellung des geringsten Gebots zu berücksichtigen. Dies hat zur Folge, daß das Stammrecht gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG bestehenbleibt, also als Belastung auf den Ersteher übergeht. Die einzelnen Erbbauzinsraten werden nach §§ 49 Abs. 1, 12 Nr. 2 ZVG in den bar zu berichtigenden Teil des geringsten Gebots aufgenommen, soweit es sich um bis zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin laufende (§§ 13 Abs. 1, 47 Satz 1 ZVG) oder aus den letzten zwei Jahren rückständige Beträge handelt. 12 Für ältere Rückstände des Erbbauzinses gilt § 10 Abs. 1 Nr. 8 ZVG. Sie fallen daher nicht in das geringste Gebot. 13 Anders ist die Lage der Gläubiger nachrangiger Grundpfandrechte: Sowohl das Recht des die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigers als auch die Ruland, NJW 1983, 96, 97; Sperling, NJW 1983, 2487; Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 64; v. Oefele / Winlder, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 224; MünchKomm / v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 17; Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 16; Soergel/ Stürner, § 24 ErbbauVO Rdnr. 2; Staudinger / Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr. 8; Erman / Hagen, § 24 ErbbauVO Rdnr. 1; Palandt/Bassenge, § 24 ErbbauVO Rdnr. 1; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 120; Steiner / Eickmann, ZVG, § 52 Rdnr. 33; Zeller / Stöber, ZVG, § 52 Rdnr. 2.8c; näher zur Feststellung des geringsten Gebots oben IV. 2. b). 10 Vgl. Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 3 u; § 111 Rdnr. 2; näher unten VI. 1. a). 11 Vgl. Hartmann, DB 1970, Beilage Nr. 14, 3; Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr.64; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 17; v. Oefele/Winlder, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 224; Staudinger / Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr. 8; vgl. auch oben IV. 2. c) bb). 12 Hagemann, S.69; Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr.64; Kalter, KTS 1966, 137, 142; Winkler, DNotZ 1970,390,391; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVORdnr. 17. 13 Winkler, DNotZ 1970,390,391.

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

diesem nachgehenden Rechte finden keine Aufnahme im geringsten Gebot und erlöschen daher nach §§ 91 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG mit dem Zuschlag. Sie setzen sich als Ansprüche an dem Erlös aus der Versteigerung des Erbbaurechts fort.

c) Wirtschaftliches Ergebnis der Zwangsversteigerung In Zwangsversteigerungsverfahren muß der Zuschlag häufig auf ein Gebot erteilt werden, das unter dem Verkehrswert des Erbbaurechts liegt. 14 Denn einer verhältnismäßig hohen Anzahl von Versteigerungen steht eine deutlich geringere Nachfrage gegenüber. Angesichts des wachsenden Wohnungsmangels ist allerdings zu erwarten, daß sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf diesem Gebiet in der Zukunft ändern wird. Solange aber die Versteigerungserlöse die Verkehrswerte nicht erreichen, kann eine Zwangsversteigerung für die dinglichen Gläubiger Verluste mit sich bringen.

aa) Vollstreckung wegenjälliger Erbbauzinsansprüche (1) Folgen für den Grundstückseigentümer Die Zwangsversteigerung auf Betreiben des mit dem Erbbauzins erstrangig abgesicherten Grundeigentümers führt dazu, daß die Erbbauzinsreallast mit ihrem kapitalisierten Verkehrswert vor den anderen eingetragenen Rechten aus dem Erlös zu befriedigen ist. Der Eigentümer wird wegen seiner Erbbauzinsreallast daher in aller Regel volle Befriedigung erlangen. Er hat dann die Möglichkeit, seinen Erlösanteil wieder anzulegen, so daß er wirtschaftlich keinen Velust erleidet. Häufig kommt es dem Grundeigentümer bei der Ausgabe eines Erbbaurechts aber darauf an, eine regelmäßige Bodenrente aus dem mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück zu erzielen. Ihm soll daher nach Ansicht einiger Stimmen in der Literatur 15 in erster Linie an dem Fortbestand der Erbbauzinsreallast und nicht an einem einmaligen Kapitalbetrag, dem Erlösanteil, gelegen sein. Ob dies generell so zutrifft, ist sicherlich empirisch nicht festgestellt worden. Fest steht allerdings - und das ist im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen entscheidend - , daß der Grundstückseigentümer durch die Zwangsversteigerung wirtschaftlich nicht benachteiligt wird, da er den diskontierten Kapitalwert seines Rechts erhält.

Groth, DNotZ 1983,652,654. So Hartmann, OB 1970, Beilage Nr. 14, 3; Kalter, KTS 1966, 137, 142; Knothe, ErbbauR, § 13 IV, S. 259; Stahlhacke, Neuordnung, S. 60. 14 15

1. Erstrangige Erbbauzinsreallast

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(2) Folgen für die Grundpfandrechtsgläubiger Den nachrangigen Gläubigem verbleibt von dem Versteigerungserlös zwangsläufig umso weniger, je deutlicher das Meistgebot hinter dem Verkehrswert des Erbbaurechts zurückbleibt. Außerdem wird durch den regelmäßig recht hohen Kapitalisierungsbetrag der Erbbauzinsreallast oftmals ein Großteil des zur Verteilung stehenden Erlöses aufgezehrt. 16 (3) Folgen für den Ersteher Der Ersteher erwirbt das Erbbaurecht in seinem bestehenden Umfang, ohne daß er aufgrund einer Erbbauzinsreallast zur Zahlung von Erbbauzinsen verpflichtet ist. Das Erlöschen des Erbbauzinses kommt ihm insofern zugute, als er das Erbbaurecht unbelastet erwirbt. Er wird aber im Falle einer entsprechenden Bieterkonkurrenz ein höheres Gebot abgeben müssen, um den Zuschlag zu erhalten, weil alle Interessenten die mit ihrem Gebot verbundene Gesamtbelastung berechnen und daher bereit sind, wegen des Erlöschens des Erbbauzinses mehr für den Erwerb des Erbbaurechts aufzuwenden. 17 Der Ersteher leistet folglich für den Erwerb der Erbbauberechtigung einen Kapitalbetrag - den Mehrbetrag, um den sich sein Gebot aufgrund der Bieterkonkurrenz erhöht. 18 bb) Vollstreckung aus einem Grundpjandrecht

(1) Folgen für den Grundstückseigentümer Wird die Zwangsversteigerung aus einem nachrangigen Grundpfandrecht betrieben, so bleibt die für den Grundstückseigentümer eingetragene Erbbauzinsreallast bestehen, während die laufenden und rückständigen Erbbauzinsraten aus dem Erlös bar zu berichtigen sind. Die Zwangsversteigerung bringt für den Eigentümer also keine Veränderung mit sich. 19

16 Winkler, NJW 1985,940,944; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 224 a. E.; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 17; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 224. 17 Vgl. Götz, DNotZ 1980, 3, 21; Karow, NJW 1984,2669; Rudolph, Bank-Information 1977 (Heft 1), 14, 15; zur Frage, in welcher Höhe die Bieter den Vorteil der unentgeltlichen Nutzung berücksichtigen, vgl. Muth, JurBüro 1985,801,808: Im Durchschnitt soll bei Verträgen ohne Anpassungsklausel ein Wertfaktor von 0,5 zugrunde gelegt werden. Dies beruht auf den bereits erwähnten Erfahrungen aus der Zwangsversteigerungspraxis, ist also rechtlich letztendlich nicht greifbar. 18 Götz, DNotZ 1980, 3, 21; Kalter, KTS 1966, 137, 142. 19 Stakemann, NJW 1984,962; Winkler, NJW 1985,940,944: "Irgendwelcher Abweichungen von den gesetzlichen Vorschriften bedarf es in diesem Fall nicht".

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung (2) Folgen für die Grundpfandrechtsgläubiger

Weil die Erbbauzinsreallast bestehenbleibt, werden die Ansprüche der nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger bei der Verteilung des Versteigerungserlöses nicht durch den Kapitalisierungsbetrag des vorrangigen Erbbauzinses gefahrdet. Mit der Erbbauzinsreallast besteht jedoch auch die künftige Verpflichtung zur Zahlung der Erbbauzinsraten fort. Ein Bietinteressent für das Erbbaurecht wird dies regelmäßig berücksichtigen, wenn er seine auf das Erbbaurecht bezogene Gesamtbelastung - Bargebot und weiterbestehende Rechte - ermittelt. 20 Daher ist die Behauptung nicht richtig, bei Bestehenbleiben der Reallast würden sich allenfalls die aus den letzten zwei Jahren rückständigen Erbbauzinsen zu Lasten der Grundpfandgläubiger auswirken, da nur diese aus dem Bargebot befriedigt werden müssen. 21 Erfahrungen aus der Zwangsversteigerungspraxis zeigen allerdings, daß die Bieter oftmals nicht den vollen rechnerischen Kapitalisierungsbetrag des Erbbauzinses in Ansatz bringen. Die Grundpfandgläubiger erhalten demzufolge häufig eine höhere Zuteilung auf ihre Rechte, wenn die Erbbauzinsreallast nicht kapitalisiert wird, sondern als Belastung des Erbbaurechts bestehenbleibt. (3) Folgen für den Ersteher

Der Ersteher haftet aus der Erbbauzinsreallast gemäß § 9 Abs. I ErbbauVO i. V. m. §§ 1105 ff. BGB für die Zahlung der Erbbauzinsraten. Dies ist gerechtfertigt, da er billigerweise nicht damit rechnen kann, ein mit der Verpflichtung zur Zahlung von Erbbauzinsen bestelltes Erbbaurecht unentgeltlich auszuüben. 22 ce) Zusammenfassung

Der Grundstückseigentümer ist bei einer erstrangig abgesicherten Erbbauzinsreallast gut gestellt. Soweit er nicht selbst die Zwangsversteigerung wegen fälliger Erbbauzinsansprüche betreibt, kann die Reallast nur erlöschen, wenn aus Rangklasse 1 oder 3 des § 10 ZVG23 versteigert wird. Dies vermag der Eigentümer dadurch zu verhindern, daß er die vorrangigen Ansprüche ablöst (§ 9 Abs. 1 ErbbauVO, § 1107 BGB i. V. m. §§ 1150,268 BGB). Dazu sind in diesen Rang20 Vgl. Karow, NJW 1984, 2669; Götz, DNotZ 1980, 3, 21; a. A. offenbar Groth, DNotZ 1983,652,655. 21 So aber Groth, DNotZ 1983,652,655/656; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr.224; Sperling, NJW 1983,2487,2488. 22 OLG Hamm, OLGZ 1986, 385, 388/ 389; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 224; Bertolini, MittBayNot 1983, 112, 114; Winkler, NJW 1985,940,942. 23 Vgl. dazu oben IV. 2. b) cc); Ansprüche gemäß § 10 Abs. 1 Nr.2 ZVG kommen bei Erbbaurechten nicht vor.

2. Nachrangige Erbbauzinsreallast

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klassen regelmäßig keine erheblichen Beträge erforderlich. 24 Selbst wenn die Erbbauzinsreallast aber in der Zwangsversteigerung erlischt, wird der Eigentümer als der vorrangig Berechtigte in aller Regel vollen Kapitalersatz für sein Recht bekommen. Die nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger haben es dagegen nicht in der Hand, ob ihre Rechte erlöschen. Betreibt der Grundeigentümer wegen fälliger Erbbauzinsraten die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts, so werden sie auf ihren Anspruch am Versteigerungserlös verwiesen. Die Befriedigungsaussichten der Grundpfandgläubiger sind dabei insbesondere dadurch gefährdet, daß der Kapitalisierungswert der vorrangigen Erbbauzinsreallast, vor allem bei Erbbaurechten mit einer noch langen Restlaufzeit, häufig ziemlich hoch ist. Diese Risiken sind allerdings solche, die die unterschiedliche Rangfolge von Rechten generell mit sich bringt, so daß nachrangige Gläubiger sie typischerweise zu tragen haben.

2. Nachrangige Erbbauzinsreallast Die Kreditinstitute streben bei der Beleihung eines Erbbaurechts regelmäßig den Rangrücktritt des Grundstückseigentümers mit seinem Erbbauzins hinter die Grundpfandrechte an. 2S Gibt der Eigentümer diesem Verlangen nach, so erfolgt der Rangrücktritt gemäß § 880 BGB26. Es ist jedoch seit den Entscheidungen des BGH zum Erlöschen des Erbbauzinses in der Zwangsversteigerung 27 verstärkt zu beobachten, daß die Grundeigentümer der Forderung der Kreditinstitute nicht nachkommen, mit dem Erbbauzins hinter die Grundpfandrechte zurückzutreten. Die Kreditinstitute müssen sich in diesen Fällen mit einer nachrangigen Besicherung zufriedengeben.

a) Zwangsversteigerung wegen fälliger Erbbauzinsraten Der Eigentümer des Erbbaugrundstücks, der die Zwangsvollstreckung wegen fälliger Raten aus der Reallast betreibt, wird mit ihr nicht im geringsten Gebot Muth, JurBüro 1985, 801, 810. So BGHZ 81, 358, 362 = NJW 1982, 234, 235; Winkler, DNotZ 1970, 390; Bertolini, MittBayNot 1983, 112, 113; Tradt, DNotZ 1984,370,371; Stakemann, NJW 1984,962; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 343; Richter, Erbbauzins, Anh. I, S. 100, Rechtstatsachenforschung, Antworten zu Frage 4 u. 5: 80 % der Banken gaben an, daß bei einer Beleihung der Erbbauzins zurücktritt. 26 § 880 BGB regelt die Rangänderung. Dies ist die rechtsgeschäftliche Änderung des Rangverhältnisses zweier Rechte mit absoluter Wirkung. Voraussetzung dafür ist die Einigung des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Änderung in das Grundbuch (§ 880 Abs. 2 BGB). 27 BGHZ 81, 358 = NJW 1982, 234; BGHZ 100, 107 = NJW 1987, 1942. 24 25

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

berücksichtigt. Die Erbbauzinsreallast selbst und die einzelnen Erbbauzinsraten, letztere allerdings nur soweit sie von § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG erfaßt werden, befinden sich in der vierten Rangklasse, wobei die fälligen und rückständigen Raten vor dem Stammrecht stehen. 28 Durch den Zuschlag erlischt die Erbbauzinsreallast gemäß §§ 91 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG und es tritt nach § 92 Abs. 1 ZVG der Anspruch aufWertersatz aus dem Versteigerungserlös an ihre Stelle. 29 Der Erlös ist jedoch wegen des vorrangigen Grundpfandrechts häufig nicht ausreichend, um den Kapitalisierungsbetrag des Erbbauzinses zu decken. Die im Erbbaugrundbuch vor dem Erbbauzins eingetragenen Rechte werden dagegen in das geringste Gebot aufgenommen und bleiben mithin bestehen. Fällige Hypotheken- und Grundschuldzinsen und andere Nebenleistungen werden für die laufenden und die aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge aus dem Bargebot befriedigt (§§ 49 Abs. 1, 12 Nr. 2 ZVG).

b) Zwangsversteigerung aus einem vorrangigen Grundpfandrecht Die Erbbauzinsreallast ist als ein dem betreibenden Gläubiger nachgehendes Recht wiederum nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen, erlischt daher mit Erteilung des Zuschlags und wird nach §§ 92 Abs. 1, 111 ZVG kapitalisiert. 30 Gerade bei dieser Fallgruppe, die Gegenstand der für das Problem des Erbbauzinses in der Zwangsversteigerung maßgebenden Entscheidungen 31 war, hat sich gezeigt, daß der Versteigerungserlös bei übermäßig hoher, einer ordnungsgemäßen Kreditvergabe ganz offensichtlich nicht mehr entsprechender Beleihung 32 28 Vgl. oben 1. a); unrichtig Hagemann, S.69 und Winkler, NJW 1985, 940, 943; ders., DNotZ 1970, 390, 391, die behaupten, der dem Grundpfandrechtsgläubiger nachrangige Erbbauzins falle unter § 10 Abs. 1 Nr. 6 ZVG. Sie verwechseln dabei den Rang des Rechts mit der Frage der Beschlagnahmewirkung nach den §§ 22, 23 ZVG. Die sechste Rangklasse nimmt eine Erbbauzinsreallast nur dann ein, wenn sie zeitlich nach einer Beschlagnahme in das Erbbaugrundbuch eingetragen wird. Dem betreibenden Gläubiger gegenüber ist sie dann nämlich relativ unwirksam. Gegen Winkler auch Muth, JurBüro 1985,969,970, Fn. 85. 29 Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr.64; Staudinger / Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr.8; Hartmann, DB 1970, Beilage Nr. 14, 3; Winkler, DNotZ 1970,390,392. 30 BGHZ 81,358,361 = NJW 1982,234; BGHZ 100, 107, 115 = NJW 1987, 1942, 1944; KG, DNotZ 1984,384,385; vgl. ferner die Angaben in Fn. 9. Zur Kapitalisierung näher unten VI. 1. a). 31 BGHZ 81, 358 = NJW 1982, 234; BGHZ 100, 107 = NJW 1987, 1942; der Sachverhalt dieser Entscheidungen ist oben unter I. geschildert worden. 32 So liegt der Entscheidung BGHZ 100, 107 der Fall zugrunde, daß zugunsten der die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigerin eine Grundschuld über 280.000,DM eingetragen war, der Verkehrswert des Erbbaurechts vom Versteigerungsgericht aber nur auf 32.000,- DM festgesetzt wurde (BGHZ 100, 107, 109). Das Meistgebot in Höhe von 35.000,- DM gab die Gläubigerin selbst ab.

2. Nachrangige Erbbauzinsreallast

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nicht ausreicht, damit noch eine Zuteilung auf den Wertersatzanspruch für die Reallast erfolgen kann. 33 Aber auch bei einer wirtschaftlich vertretbaren Beleihung bleibt für die Zuteilung auf den Wertersatzanspruch nichts übrig, wenn das Meistgebot - wie häufig - nur etwa 70 % des Verkehrswertes des Erbbaurechts erreicht, da neben der vorrangigen Grundschuld ebenfalls noch die Verfahrenskosten vorab zu befriedigen sind. Die vorrangige Hypothek oder Grundschuld fällt als Recht des die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigers ebenfalls nicht in das geringste Gebot. Sie setzt sich im Wege der dinglichen Surrogation als Anspruch auf Befriedigung aus dem Versteigerungserlös an diesem fort, und zwar im bisherigen Rang gemäß § 11 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 879 Abs. 1 Satz 2 BGB vor dem Wertersatzanspruch für die Erbbauzinsreallast. Bevor der Reallastgläubiger bei der Verteilung des Erlöses etwas erhält, muß demzufolge erst der Grundpfandrechtsgläubiger wegen seiner Ansprüche aus dem Stammrecht, der Tilgungsraten und der laufenden und aus den letzten zwei Jahren rückständigen Nebenleistungen (§ 10 Abs. 1 Nr.4 ZVG) befriedigt worden sein.

c) Wirtschaftliches Ergebnis der Zwangsversteigerung Die Erbbauzinsreallast erlischt mithin sowohl bei einer Zwangsversteigerung wegen fälliger Erbbauzinsraten als auch bei einer solchen aus dem Grundpfandrecht. Beide Fallgestaltungen können daher im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Folgen gemeinsam betrachtet werden.

aa) Folgen für den Ersteher Der Ersteher erwirbt durch die Zwangsversteigerung das Erbbaurecht unbelastet ohne die Verpflichtung, Erbbauzinsen zahlen zu müssen. Er kann das ursprünglich gegen Entgelt bestellte Erbbaurecht in Zukunft also unentgeltlich ausüben. 34 Die Möglichkeit der unentgeltlichen Nutzung besitzt allerdings einen bestimmten Geldwert, und zwar in Höhe des fiktiven angemessenen Erbbauzinses. Bei einer Konkurrenzsituation verschiedener Bieter um das Erbbaurecht kann dies dazu führen, daß mehr Bargeld - eben der Wert der Erbbauzinsfreiheit - für den Erwerb des Rechts aufgewendet werden muß. 35

33 Dies entspricht auch den Erfahrungen aus der Praxis: So Muth, JurBüro 1985, 801, 810; Ruland, NJW 1983,96. 34 OLG Hamm, OLGZ 1986,385,396; Bertolini, MittBayNot 1983, 112, 114; Ruland, NJW 1983, 96, 97; Winkler, NJW 1985,940,942. 35 Vgl. Götz, DNotZ 1980, 3, 21; Rudolph, Bank-Information 1977 (Heft 1), 14, 15.

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

bb) Folgenjür die Grundpjandrechtsgläubiger Für die vorrangigen Grundpfandrechtsgläubiger sind die Folgen der Zwangsversteigerung in der Regel günstig: Ihre Rechte bleiben bestehen bzw. werden bei der Erlösverteilung vor den anderen Rechten der vierten Rangklasse befriedigt. Demnach wird regelmäßig die volle Deckung der Ansprüche erreicht, sofern das Erbbaurecht nicht zu hoch beliehen wurde oder der Versteigerungserlös nicht zu schlecht ausfällt. Außerdem kann das Erlöschen des n~chrangigen Erbbauzinses für den Grundpfandrechtsgläubiger von Vorteil sein, weil die Möglichkeit, das Erbbaurecht ohne die Verpflichtung zur Zahlung von Erbbauzinsen zu erwerben, im Falle einer entsprechenden Bieterkonkurrenz einen Anreiz zur Abgabe höherer Gebote bildet, die Versteigerung also einen höheren Erlös ergeben kann.

ce) Folgenjür den Grundstückseigentümer (1) Erlöschen des Erbbauzinses und Ausfall in der Verteilung Die Situation des Grundstückseigentümers ist dagegen unbefriedigend und widerspricht nach verbreiteter Auffassung in hohem Maße dem Gerechtigkeitsempfinden. 36 Ob dieser Beurteilung zugestimmt werden kann, wird noch näher zu untersuchen sein. Auch die erstrangige Erbbauzinsreallast erlischt und wird kapitalisiert, wenn wegen fälliger Erbbauzinsansprüche oder anderer vorrangiger Forderungen die Zwangsversteigerung betrieben wird. Die nachrangige Absicherung führt aber darüber hinaus dazu, daß der Wertersatzanspruch in Höhe des kapitalisierten Erbbauzinses regelmäßig ins Leere geht, da die vorrangigen Grundpfandrechte den Versteigerungserlös im Normalfall aufgebraucht haben. Daraus ergibt sich die eingangs bereits angesprochene Folge 37 , daß der Eigentümer für die restliche Laufzeit des Erbbaurechts gezwungen ist, dem Ersteher und dessen etwaigen Nachfolgern die Nutzung des Grundstücks zu überlassen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Das Grundeigentum ist dadurch regelmäßig auf Jahrzehnte hinaus wertlos geworden, denn das Grundstück ist unter diesen Umständen kaum veräußerbar, und es fließen dem Eigentümer auch sonst keinerlei Vorteile aus ihm ZU. 38

36 So OLG Hamm, OLGZ 1986,385,389; Bertolini, MittBayNot 1983, 112; Ruland, NJW 1983, 96, 97; Knothe, ErbbauR, § 13 IV, S. 259/260; Stahlhacke, Neuordnung, S. 46; Winkler, DNotZ 1970, 390, 393 u. NJW 1985,940,941. 37 Vgl. oben 1.; dort wurde das Problem anhand zweier Beispiele (BGH-Entscheidungen) dargestellt. 38 Ruland, NJW 1983,96.

2. Nachrangige Erbbauzinsreallast

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(2) Ausfall des Eigentümers in der Zwangsversteigerung: Unrecht oder Unglück? Allerdings sind durch die Anwendung zwangsvollstreckungs- und sachenrechtlicher Normen entstehende wirtschaftlich harte Rechtsfolgen nicht automatisch "unbillig" hart. Das Erlöschen der Erbbauzinsreallast und ihr Ausfall bei der Erlösverteilung sind Folgen des materiellen Grundbuchrangs. Es ist ein Grundsatz des Zwangsversteigerungsverfahrens, daß ein dingliches Recht aufgrund seines schlechteren Rangs erlischt. 39 Worauf die Unbilligkeit im Fall des Erbbauzinses beruhen soll, ist daher begründungsbedürftig. 40 Auch Ruland beschäftigt sich am Schluß seiner Abhandlung 41 mit dieser Frage. Er schreibt, es könne eingewandt werden, warum der Grundstückseigentümer mit dem Erbbauzins eigentlich besser stehen sollte als ein Grundpfandrechtsgläubiger, der in der Zwangsversteigerung mit seinem Recht ebenfalls ausfallen könne und dadurch Schaden erleide. Ruland meint, die Situation beim Erbbauzins sei letztlich durch die Dimension der Zeit eine andere, weil der Ersteher durch die entschädigungslose Nutzung des Grundstücks einen Jahrzehnte währenden Vorteil auf Kosten des Eigentümers erlange, der seinerseits sein Grundstück zu Lebzeiten "abschreiben" könne. 42 Dieses über ein Menschenalter hinaus festgeschriebene Ungleichgewicht sei es, das die Frage erlaube, ob eine mehr auf Interessenausgleich bedachte Regelung nicht sinnvoller wäre. Die Zeitdimension ist sicherlich ein Gesichtspunkt, der ein gewisses Unbehagen über das rechtliche Ergebnis begründen kann, so daß es - anders als etwa der Ausfall eines Grundpfandrechtsgläubigers mit einem unter Umständen betragsmäßig viel höheren Anspruch - als ungerecht empfunden wird. 43 Dennoch kann dieses Empfmden allein nicht ausreichen, die für den Eigentümer wirtschaftlich traurigen Folgen der Zwangsversteigerung aus einem vorrangigen Grundpfandrecht als unbillig zu verurteilen. Es gilt zu fragen, ob dem Eigentümer

Schiftbauer, Rpfleger 1986, 326, 343. Soweit das Schrifttum die Folgen der Zwangsversteigerung als "unbillige Härte" (Winkler, NJW 1985,940,941) oder ähnlich kritisiert, geschieht dies nur mit Blick auf das harte Ergebnis, ohne die Frage nach der "Unbilligkeit" zu problematisieren. 41 NJW 1983,96,97. 42 Auch das OLG Hamm, OLGZ 1986,385,389 stellt auf die Zeitdauer ab. Nachdem das Gericht dargestellt hat, daß ein Erbbaurecht ohne Erbbauzins in der Literatur als unerträgliche und geradezu absurde rechtliche Situation angesehen werde, führt es aus: "Diese Ansicht teilt auch der beschließende Senat. Ein Ergebnis, wonach der Ersteher ein auf 99 Jahre bestelltes (entgeltliches) Erbbaurecht für die restliche Laufzeit von (hier) 94 Jahren erwerben kann, ohne dem Eigentümer gegenüber zu irgendeiner Zahlung verpflichtet zu sein, widerspricht in solchem Maße dem Gerechtigkeitsempfmden und der Billigkeit, daß es schlechterdings nicht hingenommen werden kann". 43 Subjektiv, ohne Begründung auch Bertolini, MittBayNot 1983, 112: "Man spürt jedoch allzu deutlich, daß eine unbefriedigende Situation vorliegt". 39

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

durch den Verlust der Erbbauzinsreallast wirklich ein "Unrecht" zugefügt wird, oder ob der Verlust eher als "Unglück" anzusehen ist. Für ersteres könnte der funktionale Unterschied zwischen dem Erbbauzins und den Grundpfandrechten sprechen. Grundpfandrechte sichern in aller Regel vom Gläubiger gegebene Darlehen ab. Sie sind Mittel des Realkredits. 44 Der Verlust gewährter Darlehen ist das typische Risiko von Kreditgeschäften. Dementsprechend gehört auch der Ausfall mit den Kreditsicherungsrechten - Hypotheken und Grundschulden - zum typischen Risiko eines Grundpfandrechtsgläubigers. Die Erbbauzinsreallast entsteht demgegenüber im Zuge der Bestellung eines entgeltlichen Erbbaurechts als Gegenleistung für die vom Grundstückseigentümer gewährte Nutzung. Sie hat ihren Ursprung also nicht in einem Kreditgeschäft mit dessen Risiken. Trotzdem kann mit der Tatsache, daß die Eintragung des Erbbauzinses keine Folge eines Kreditgeschäftes ist, die Unbilligkeit des Rechtsverlustes nicht begründet werden. Denn auch alle anderen eingetragenen Rechte wie beispielsweise ein dingliches Wohnrecht oder eine Dienstbarkeit erlöschen, wenn sie einen schlechteren Rang als der betreibende Gläubiger haben. Ihre Entstehung hat aber regelmäßig ebenfalls nichts mit den typischen Risiken von Kreditgeschäften zu tun. Auch kann der Verlust den Berechtigten wirtschaftlich sehr hart treffen, insbesondere bei Wohn- und Altenteilsrechten, da diese Rechte fast immer der sozialen Absicherung des Berechtigten dienen sollen. Die Situation der Gläubiger ist in diesen Fällen daher grundsätzlich nicht anders zu bewerten als diejenige des erbbauzinsberechtigten Eigentümers. Außerdem ist bei der Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer "Unrecht" geschieht, entscheidend zu berücksichtigen, daß er freiwillig mit der Erbbauzinsreallast hinter die Grundpfandrechte zurückgetreten ist. Das Risiko des Ausfalls mit seinem Recht hat der Grundeigentümer durch seinen Rangrücktritt folglich aus freien Stücken übernommen. 45 Verwirklicht sich dieses Risiko in der Zwangsversteigerung, so stellt dies demnach für den Eigentümer kein "Unrecht" dar, sondern es ist lediglich als "Unglück" zu bewerten - freilich als ein solches, das es nach Möglichkeit zu vermeiden gilt.

44 Zum Begriff des Realkredits vgl. Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, § 23 Anm. 2, S. 558 / 559: Unter Realkredit wird eine Ausleihung verstanden, deren Verzinsung und Tilgung jederzeit unabhängig von der Person des Kreditnehmers durch das Beleihungsobjekt gewährleistet ist. 45 Ebenso BGHZ 100, 107, 115 = NJW 1987, 1942, 1944, der maßgeblich auf die durch den Rangrücktritt des Eigentümers entstandene Risikoverteilung abhebt, und es ihm daher versagt, die Zustimmung zum Zuschlag allein wegen des Erlöschens der Erbbauzinsreallast zu verweigern.

3. Schuldrechtlicher Erbbauzins

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3. Schuldrechtlicher Erbbauzins Die schuldrechtliche Verpflichtung des Erbbauberechtigten, an den Grundeigentümer Erbbauzinsen zu zahlen, wird von den oben beschriebenen Auswirkungen der Zwangsversteigerung auf die Erbbauzinsreallast nicht berührt. 46 Der schuldrechtliche Erbbauzins geht - wie auch die anderen nur schuldrechtlich wirkenden Vereinbarungen des Erbbaurechtsvertrages - von Gesetzes wegen nicht auf den Ersteher über. 47 Das ergibt sich aus dem allgemeinen Prinzip, daß obligatorische Rechte und Pflichten grundsätzlich allein zwischen den sie begründenden Parteien Geltung haben. 48 Der Ersteher kann allerdings die Zahlungsverpflichtung hinsichtlich des Erbbauzinses nach Maßgabe der §§ 414 ff. BGB übernehmen. 49 Eine solche Übernahme ist für den Grundeigentümer von entscheidender Bedeutung, wenn die Reallast gemäß § 91 Abs. 1 ZVG erlischt. Ein Anspruch auf Zahlung von Erbbauzinsen kann in diesem Falle überhaupt nur durch die Übernahme entstehen. Alleinige Grundlage für den Anspruch ist dann der obligatorische Erbbauzins. so Tritt der Ersteher aber nicht in die schuldrechtlichen Vereinbarungen über den Erbbauzins ein, so bestehen diese ausschließlich zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien fort. 51 Die daraus folgenden Ansprüche des Eigentümers gegen den ehemaligen Erbbauberechtigten sind aber kaum durchsetzbar, weil der Erbbauberechtigte in aller Regel in Vermögensverfall geraten ist, als dessen Auswirkung die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts stattgefunden hat. 52 46 Vgl. zu den persönlichen Ansprüchen in der Zwangsversteigerung Zeller / Stöber, ZVG, § 91 Rdnr. 2.6. 47 KG, DNotZ 1984, 384, 385 / 386; OLG Nümberg, MDR 1980,401; OLG Hamburg, MDR 1975, 853; Hartrnann, DB 1970, Beilage Nr. 14, 6; Kalter, KTS 1966, 137, 141; Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 64; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 66 u. 217; MünchKornrn/ v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 43; dasselbe gilt auch im umgekehrten Fall der Veräußerung des Grundstücks: BGH, NJW 1972, 198, 199. 48 Keine Drittwirkung des Schuldrechts; Ingenstau vertrat bis zur 3. Aufl. (ErbbauVO, § 9 Rdnr. 36) die aus diesem Grunde dogmatisch unhaltbare Ansicht, der Ersteher erwerbe das Erbbaurecht mit der im Erbbaurechtsvertrag vereinbarten schuldrechtlichen Erbbauzinspflicht. Dagegen Winkler, DNotZ 1970, 390, 392; Hartrnann, DB 1970, Beilage Nr. 14, 6; Ingenstau hat in der 4. Aufl. (§ 9 Rdnr. 42) seinen Standpunkt ausdrücklich aufgegeben. 49 OLG Hamm, OLGZ 1986, 385, 390; KG, DNotZ 1984, 384, 386; Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr.64; Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 23; Winkler, DNotZ 1970, 390, 392. so Zur Zulässigkeit des rein schuldrechtlichen Erbbauzinses Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 4; Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 4. 51 Hartrnann, DB 1970, Beilage Nr. 14, 6; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr.66; vgl. auch BGH, NJW 1989, 2129, 2131 zu einer gescheiterten Weitergabe einer Ankaufsverpflichtung. 52 Vgl. nur BGHZ 100, 107, 116 = NJW 1987, 1942, 1944; OLG Harnrn, OLGZ 1986,385,395; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 66.

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

Demnach verbessert sich die Situation des Grundstückseigentümers, der die Erbbauzinsreallast verloren hat und mit dem Wertersatzanspruch ausgefallen ist, auch nicht dadurch, daß zumindest der obligatorische Zinsanspruch gegen den vormaligen Erbbaurechtsinhaber bestehenbleibt, da dieser Anspruch regelmäßig wertlos ist. Anders ist es nur dann, wenn sich der Ersteher bereit findet, in den gesamten - auch schuldrechtlichen - Inhalt des Erbbaurechtsvertrages einzutreten, und er auf diese Weise den schuldrechtlichen Erbbauzins übernimmt.

4. Vormerkung zur Anpassung der Erbbauzinsreallast Der Erbbauzins ist gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 ErbbauVO nach Zeit und Höhe für die gesamte Laufzeit des Erbbaurechts im voraus festzulegen. Dies gilt anerkanntermaßen nur für den dinglichen, nicht aber für den schuldrechtlichen Erbbauzins. 53 Es ist daher zulässig und auch üblich, im Rahmen der schuldrechtlichen Regelungen des Erbbaurechtsvertrages zu vereinbaren, daß sich der Erbbauzins unter bestimmten Voraussetzungen erhöhen oder vermindern soll (Anpassungsklausel). 54 Dabei ändert sich aufgrund der Anpassungsklausel zunächst lediglich der obligatorische Erbbauzins. Die Anpassungsvereinbarung enthält darüber hinaus aber auch einen schuldrechtlichen Anspruch auf Eintragung einer höheren Erbbauzinsreallast. Dieser Anspruch hat dingliche Wirkung, wenn eine Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf "Erhöhung des Erbbauzinses" 55 im Erbbaugrundbuch eingetragen ist. 56

a) Behandlung der Vormerkung in der Zwangsversteigerung aa) Gesetzliche Regelung Die durch Eintragung einer Vormerkung gesicherten Rechte sind in der Zwangsversteigerung gemäß § 48 ZVG wie eingetragene Rechte zu beTÜcksichti53 BGHZ 22, 220, 223 = NJW 1957, 98; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 65; Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 17. 54 Ständige Rspr. seit BGHZ 22, 220, 223, bestätigt in BGHZ 61, 209, 211; ganz h. M. in der Literatur, Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 23; Ennan / Hagen, § 9 Erbbau VO Rdnr.7; MünchKomm / v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr.45; Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr.20 u. 25; Staudinger / Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr. 20; Götz, DNotZ 1980, 3, 12; Knothe, ErbbauR, § 13 II1 3, S. 242 ff. 55 Zum genauen rechtlichen Inhalt dieser Vonnerkungen vgl. MünchKomm / v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 47 mit zahlreichen Nachweisen. 56 Zur Zulässigkeit einer solchen Vonnerkung vgl. nur BGHZ 22, 220, 224; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 57; näher oben 11.

4. Vonnerkung zur Anpassung der Erbbauzinsreallast

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gen. 57 Ein vorgemerktes Recht wird also in der Weise behandelt, als sei es selbst - und nicht lediglich erst die Vormerkung - im Erbbaugrundbuch eingetragen. 58 Auf die Anpassungsvormerkung findet zudem auch der erste Teil von § 48 ZVG Anwendung, da sie mit dem Anspruch auf Eintragung einer höheren Erbbauzinsreallast ein aufschiebend bedingtes Recht sichert. Nach § 48 ZVG sind bedingte Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots als unbedingte zu behandeln. 59 Das bedeutet für den Grundstückseigentümer als dem aus der Vormerkung Berechtigten folgendes: Wird die Zwangsversteigerung aus einem der Vormerkung nachrangigen Recht betrieben, so ist die Vormerkung nach §§ 48, 44 Abs. 1 ZVG in das geringste Gebot aufzunehmen und bleibt gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG bestehen. 60 Der Ersteher erwirbt das Erbbaurecht also mit der Erhöhungsvormerkung. Nach § 51 Abs.2 ZVG i. V. m. §§ 51 Abs. 1, 50 ZVG ist ein Zuzahlungsbetrag zu bestimmen, den der Ersteher dann entrichten muß, wenn feststeht, daß das vorgemerkte Recht nicht mehr eingetragen werden wird. 61 Fällt die Vormerkung dagegen nicht in das geringste Gebot, dann erlischt sie durch den Zuschlag und an ihre Stelle tritt der Anspruch auf Ersatz des Wertes aus dem Versteigerungserlös (§ 92 Abs. 1 ZVG).62 Der Betrag des Wertersatzes wird dabei grundsätzlich durch den Wert bestimmt, den das vorgemerkte Recht für den Eigentümer hatte. 63 Da die Regelungen über bedingte Rechte gelten, kommen die §§ 119, 120 ZVG zur Anwendung. 64 Nach diesen Vorschriften erfolgt eine bedingte Zuteilung. Wenn man der Anpassungsvormerkung einen eigenen Wert zubilligt,65 muß der 57 Dies gilt allerdings nur für Vonnerkungen, die - wie hier - eine Belastungserweiterung sichern, also Vonnerkungen auf Neubestellung eines Rechts oder auf belastungsmäßige Erhöhung eines bestehenden Rechts. So BGHZ 53, 47, 49 = NJW 1970, 565; Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 48 Rdnr.6; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 B Rdnr. 7; Steiner / Eickmann, ZVG, § 48 Rdnr. 19; Zeller / Stöber, ZVG, § 48 Rdnr. 3.1. 58 Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 48 Rdnr. 1; Steiner / Eickmann, ZVG, § 48 Rdnr. 18; Zeller / Stöber, ZVG, § 48 Rdnr.3.1. 59 Vgl. Zeller / Stöber, ZVG, § 48 Rdnr.2.1. 60 Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 217; Sichtennann/Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 13.2, S. 125; Steiner / Eickmann, ZVG, § 48 Rdnr. 18; Zeller / Stöber, ZVG, § 48 Rdnr. 3.1. 61 Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 48 Rdnr. 1; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 B Rdnr.8 u. 11; Steiner / Eickmann, ZVG, § 48 Rdnr. 18; Zeller / Stöber, ZVG, § 51 Rdnr.4.7 u. § 52 Rdnr. 2.8d. 62 Sichtennann / Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 13.2, S. 125; Zeller / Stöber, ZVG, § 52 Rdnr. 2.8d u. § 92 Rdnr. 6.4. 63 Vgl. Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr.3.2; dazu, ob die Anpassungsvonnerkung überhaupt einen Wert besitzt, unten. 64 Sichtennann / Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 13.2, S. 125; Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 6.4. 65 Vgl. dazu nachfolgend bb).

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

zur Erfüllung des Wertersatzanspruchs vorgesehene Erlösanteil gemäß § 120 ZVG zugunsten des aufschiebend bedingt Berechtigten hinterlegt werden. 66 Ferner hat das Vollstreckungsgericht zu bestimmen, wie der auf die Vormerkung entfallende Erlösbetrag anderweitig verteilt werden soll, falls der bedingte Erhöhungsanspruch, der Voraussetzung für den Bestand der Vormerkung ist, endgültig fortfallt. 67 Das ist - solange dem Eigentümer des Erbbaugrundstücks ein Schuldner aus der Anpassungsvereinbarung gegenübersteht - theoretisch erst denkbar, wenn die Laufzeit des Erbbaurechts endet.

bb) Eigener Wert der Anpassungsvormerkung? (1) Ersatzwert nach § 92 ZVG Gemäß § 92 Abs. 1 ZVG tritt an die Stelle des durch Zuschlag erloschenen Rechts ein Anspruch auf Ersatz des Wertes aus dem Versteigerungserlös. Dieser Ersatzanspruch bemißt sich danach, welchen Wert das Recht - hier: die Vormerkung - für den Berechtigten hatte. 68 Dabei kommt es nicht auf den rechnerischen Wert der Vormerkung, sondern auf deren wirtschaftlichen Wert an. 69 Es ist von dem Vorteil auszugehen, den die Anpassungsvormerkung dem Eigentümer gewährt hat und dem wirtschaftlichen Nachteil, den er durch das Erlöschen der Vormerkung hat. 70 Die Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer erhöhten Erbbauzinsreallast soll die Anpassung des dinglichen Erbbauzinses ermöglichen. Die Parteien des Erbbaurechtsvertrages haben zu diesem Zweck vereinbart, daß sich der Erbbauzins unter gewissen Voraussetzungen erhöhen oder vermindern soll. Voraussetzung und Maßstab der Erbbauzinsanpassungen unterliegen grundsätzlich der freien Parteivereinbarung. 71 Eine Beschränkung ergibt sich nur für Wohnungserbbaurechte aus § 9a ErbbauVO. Die Anpassungsklauseln ermöglichen die Angleichung des Erbbauzinses an künftige Veränderungen des Geldwertes und dienen mithin in erster Linie der Wertsicherung. 72 (a) Ein Teil der Literatur geht ohne nähere Begründung davon aus, daß die Anpassungsvormerkung ebenso wie die Erbbauzinsreallast nach § 92 Abs. 1 ZVG

66 Sichtennann / Hennings, Eintragungen in Abt. n, 13.2, S. 125; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 B Rdnr. 18. 67 Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 B Rdnr. 17. 68 BGHZ 59,94,97; Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 92 Rdnr. 18; Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 3.2. 69 So ausdrücklich BGHZ 59, 94, 97. 70 Vgl. Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 3.2; so für eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) OLG Hamm, OLGZ 1984,71,72. 71 Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr.40. 72 Vgl. Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 25.

4. Vonnerkung zur Anpassung der Erbbauzinsreallast

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Wertersatz aus dem Versteigerungserlös erhält. 73 Allerdings wird eingeräumt, daß die Ermittlung der Höhe des Wertersatzes mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sei. 74 Denn sie macht eine Prognose der Entwicklung des Erbbauzinses über einen sehr langen Zeitraum erforderlich, oftmals sogar über mehr als 90 Jahre. (b) Nach anderer Auffassung ist der Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Erhöhung des Erbbauzinses kein ansetzbarer Wert zuzumessen. 75 Bei der Festsetzung des Wertersatzanspruches seien lediglich die bereits erfolgten Erhöhungen berücksichtigungsfähig. 76 Letzteres ist nur selbstverständlich, weil sich aufgrund der Anpassungsklausel in Verbindung mit der Vormerkung die bestehende Reallast erhöht hat bzw. neue Reallasten eingetragen wurden. Insofern handelt es sich bei dem festzustellenden Ersatzbetrag nicht mehr um einen solchen für die Vormerkung, sondern um Wertersatz für den Erbbauzins selbst. Eickmann begründet seine Ansicht damit, daß Wertsicherungsklauseln wie die Anpassungsvormerkung bei der Feststellung des Wertes eines Rechts generell unbeachtlich seien. 77 Denn mit der Ermittlung des Jahresbetrages einer wertgesicherten Reallast wäre ein - wirtschaftspolitisch unerwünschtes - spekulatives Element verbunden, das besonders in Zeiten mit inflationistischer Tendenz allein durch subjektive Befürchtungen oder Hoffnungen gesteuert werde. 78 Künftige Veränderungsmöglichkeiten aufgrund einer Wertsicherungsklausel müßten im Zwangsversteigerungsverfahren also auch bei Anmeldung unberücksichtigt bleiben. Nach dieser Auffassung ist es folgerichtig, der Erhöhungsvormerkung keinen eigenen Wert zuzubilligen, weil sie nur der Wertsicherung der Erbbauzinsreallast dient. 79

(c) Der Auffassung von Eickmann und Schijfhauer ist zuzustimmen: Die erlöschende Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Anpassung der Erbbauzinsreallast hat für den Grundeigentümer keinen eigenen Wert mehr, wenn die Erbbauzinsreallast ebenfalls erloschen ist. Ausgangspunkt dieser Feststellung ist das bereits erwähnte Urteil des BGH vom 23.6.1972, wonach sich der Ersatzanspruch des § 92 ZVG nach dem Wert bemißt, den die Vormerkung für den Berechtigten wirtschaftlich besaß. 80 Das

Götz, DNotZ 1980, 3, 25; Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 6.4. So Götz, DNotZ 1980,3,25. 75 Steiner / Eickmann, ZVG, § 92 Rdnr. 52; vgl. auch Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 92 Rdnr. 22 a. E. 76 Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 92 Rdnr. 22; Steiner / Eickmann, ZVG, § 92 Rdnr.47. 77 Steiner / Eickmann, ZVG, § 92 Rdnr.47. 78 Steiner / Eickmann, ZVG, § 92 Rdnr. 47. 79 Anders aber Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 6.4 u. Götz, DNotZ 1980, 3, 25 f. 80 BGHZ 59,94,97. 73

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

heißt, es ist der wirtschaftliche Nachteil festzustellen, den das Erlöschen der Vonnerkung für den Grundeigentümer bedeutet. 81 Die Anpassungsvonnerkung dient der Wertsicherung des Erbbauzinses. Diese Funktion macht auch ihren wirtschaftlichen Wert für den erbbauzinsberechtigten Eigentümer aus. Das Erlöschen der Erbbauzinsreallast in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts hat im Hinblick darauf folgende Auswirkungen: Indem der Eigentümer über den gesamten Erbbauzins in Fonn eines diskontierten Kapitalbetrages verfügen kann, ist eine Wertsicherung nicht mehr erforderlich, wie es vor der Zwangsversteigerung hinsichtlich der erst künftig fällig werdenden Erbbauzinsraten der Fall war. Mit der Kapitalisierung des Erbbauzinses hat die Anpassungsvonnerkung daher ihre Funktion verloren. Der Eigentümer erhält ohne Berücksichtigung der Wertsicherungsklausel den gegenwärtigen Kapitalwert seiner Erbbauzinsreallast einschließlich der bis zur Versteigerung eingetretenen Erhöhungen. Durch die Zuteilung eines einmaligen Kapitalbetrages endet die durch das Nominalprinzip begründete Gefahr des Kaufkraftschwundes der künftigen Erbbauzinsraten, da der Grundeigentümer das Kapital regelmäßig zu einem Zinssatz anlegen kann, der wenigstens den inflationsbedingten Wertverlust des Geldes ausgleicht. In der Zwangsversteigerung erlangt der Eigentümer als Gläubiger des wertgesicherten Erbbauzinses somit wertmäßig dasjenige, das er bei Bestehenbleiben der Erbbauzinsreallast unter Einbeziehung der Anpassungsvonnerkung auch erhalten hätte - vorausgesetzt, der Versteigerungserlös reicht für eine entsprechende Zuteilung auf die Erbbauzinsreallast überhaupt aus. Mit dem Erlöschen der Anpassungsvonnerkung ist daher ein wirtschaftlicher Nachteil nicht verbunden. Folglich kann auch kein Ersatzwert nach § 92 Abs. 1 ZVG festgestellt werden. (2) Zuzahlungswert nach § 51 ZVG Wird die Vonnerkung in das geringste Gebot aufgenommen, so ist vom Versteigerungsgericht gemäß § 51 Abs.2 ZVG i. V. m. §§ 51 Abs. 1, 50 ZVG ein Zuzahlungsbetrag zu bestimmen. Um diesen Betrag erhöht sich die Zahlungsverpflichtung des Erstehers, falls die Anpassungsvonnerkung wegfällt. Im Unterschied zum Wertersatz nach § 92 ZVG, der den für den Berechtigten durch das Erlöschen seines Rechts entstehenden Verlust ausgleichen soll, ist die Funktion des Zuzahlungsbetrages, eine Bereicherung des Erstehers zum Nachteil der anderen Beteiligten bei Fortfall einer Belastung zu verhindern. 82 Die Höhe der Zuzahlungssumme bemißt sich nach dem Betrag, um den sich der Wert des 81 82

OLG Hamm, OLGZ 1984, 71, 72; Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 3.2. Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 3.2.

4. Vormerkung zur Anpassung der Erbbauzinsreallast

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Erbbaurechts objektiv durch den Wegfall der Vonnerkung erhöht, der also bei Verkauf des Erbbaurechts ohne die Vonnerkung über den bei Veräußerung des belasteten Erbbaurechts erreichbaren Kaufpreis hinaus erzielt werden könnte. 83 Dieser Betrag ist nicht identisch mit dem nach § 92 ZVG festzustellenden Wertersatz. 84 Fällt die Anpassungsvonnerkung weg, so erhöht sich der Wert des Erbbaurechts um den Betrag, um den der Erwerber von künftigen Mehrzahlungsverpflichtungen entlastet wird. Denn für den Erbbauberechtigten macht es einen Unterschied, ob er für die Dauer des Erbbaurechts einen festen Erbbauzins zu zahlen hat, dessen Wert infolge von Inflation ständig abnimmt, oder, ob eine Anpassung und damit Erhöhung der Erbbauzinsreallast durch die Vonnerkung erfolgen kann. Anders als der Wertersatz, der bei Erlöschen der nachrangigen Vonnerkung festzulegen ist, ist der Zuzahlungsbetrag nach § 51 ZVG daher nicht lediglich mit Null anzusetzen.

b) Erhöhung der Erbbauzinsreallast nach der Zwangsversteigerung Fällt die Vonnerkung in das geringste Gebot und geht sie demnach auf den Ersteher über, so kann der Eigentümer den schuldrechtlichen Anspruch auf Erbbauzinsanpassung und auf Eintragung eines höheren dinglichen Erbbauzinses dennoch nicht dem neuen Erbbauberechtigten gegenüber geltend machen. 85 Die Vonnerkung bewirkt nicht, daß die durch sie gesicherten schuldrechtlichen Ansprüche zusammen mit ihr auf den Einzelrechtsnachfolger übergehen. 86 Sie bleiben vielmehr zwischen dem bisherigen Erbbauberechtigten und dem Grundeigentümer bestehen. 87 Verpflichtet aus der Anpassungsklausel ist weiterhin allein der Schuldner; zwischen ihm und dem Eigentümer muß daher auch die dingliche Einigung (§ 873 BGB) über die Eintragung einer erhöhten Erbbauzinsreallast zustande kommen. 88 Die Wirkung der Vonnerkung äußert sich darin, daß sie dem aus ihr Berechtigten, hier also dem Grundstückseigentümer, einen Anspruch gemäß § 888 Abs. 1 BGB gegen den jeweiligen Erbbaurechtsinhaber gibt, diejenigen ZustimmungserVgl. Dassler / Schiffhauer,ZVG, § 51 Rdnr. 8; Zeller / Stöber,ZVG, § 51 Rdnr. 3.1. So ausdrücklich OLG Hamm, OLGZ 1984, 71, 72; Dassler / Schiffhauer, ZVG, § 92 Rdnr. 18 Fn. 26. 85 So BGH, NJW-RR 1987, 74, 75 = DNotZ 1987, 360 mit Anm. Wufka, unter ausdrücklicher Ablehnung der gegenteiligen Ansicht des Berufungsgerichts. 86 BGHZ 81, 135, 144; BGH, NJW-RR 1987,74,75 = DNotZ 1987,360; Linde/ Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 218. 87 Vgl. oben 3. 88 Knothe, ErbbauR, § 13 III 3, S.246; Räfle, ErbbauVO, § 9a Rdnr.27; Linde/ Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 218. 83

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

klärungen abzugeben, die zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich sind. Der Ersteher ist deshalb verpflichtet, die zur Eintragung der Erbbauzinsänderung nach den grundbuchrechtlichen Vorschriften (§ 19 GBO) notwendige Bewilligung zu erteilen. 89 Erst wenn dies geschehen ist, kann die Veränderung im Erbbaugrundbuch eingetragen werden, also die materielle Rechtsänderung erfolgen. Der Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB verwirklicht damit die Verdinglichung des vorgemerkten Rechts, indem er dem Erwerber eine Zustimmungsverpflichtung auferlegt, deren Erfüllung der Vormerkungsberechtigte erzwingen kann. 90 Der Eigentümer muß zur Realisierung seines Anspruchs aus einer Anpassungsvereinbarung nach der Zwangsversteigerung folglich gegen zwei Schuldner vorgehen: Gegen den ursprünglichen Erbbauberechtigten hat er aus der schuldrechtlichen Verpflichtung zur dinglichen Rechtsänderung einen Anspruch auf Abgabe einer entsprechenden dinglichen Einigungserklärung. Vom Ersteher kann er gemäß § 888 Abs. 1 BGB die zur Eintragung erforderliche Bewilligung verlangen. Anders ist die Situation, wenn der Ersteher in alle schuldrechtlichen Vereinbarungen des Erbbaurechtsvertrages eingetreten ist, also auch die schuldrechtliche Anpassungsverpflichtung übernommen hat. Der Ersteher ist dann zugleich Schuldner des vormerkungsgesicherten Anspruchs und daher zur Herbeiführung der dinglichen Rechtsänderung - Erhöhung der Erbbauzinsreallast - unmittelbar verpflichtet. In diesem Falle braucht sich der Eigentümer über Fragen der Erbbauzinsanpassung nur mit einer Partei auseinanderzusetzen. Zudem ist das gesamte Verfahren zur Änderung der Reallast weniger kompliziert. Hier zeigt sich wiederum 91, wie wichtig für den Grundstückseigentümer ein Übergang der schuldrechtlichen Erbbauzinsvereinbarung auf den jeweiligen Inhaber des Erbbaurechts ist. 92

5. Exkurs: Die analoge Anwendung von § 52 Abs. 2 ZVG auf die Erbbauzinsreallast Nach § 52 Abs. 2 ZVG bleiben die Überbau- und die Notwegrenten in der Zwangsversteigerung bestehen, auch wenn sie nicht in das geringste Gebot fallen. 89 BGH, NJW-RR 1987,74,75; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 218; Räfle, ErbbauVO, § 9a Rdnr. 27. 90 Vgl. näher Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 219; BGH, DNotZ 1989, 357,358: Der Vonnerkungsberechtigte muß nicht zunächst gegen den Schuldner vorgehen, sondern er kann den Anspruch aus § 888 BGB auch dann geltend machen, wenn der gesicherte Anspruch noch nicht erfüllt worden ist. 91 Vgl. oben 3. 92 Ebenso Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 219 a. E.; Wufka, DNotZ 1987,362,365: ,,Er (der Notar) sollte darauf achten, daß der Erwerber des Erbbaurechts auch in etwaige schuldrechtliche Verpflichtungen eintritt".

5. Exkurs: Analoge Anwendung von § 52 Abs. 2 ZVG

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In der Literatur wurde der Vorschlag gemacht, diese Vorschrift auf den Erbbau-

zins analog anzuwenden. 93 Bereits im Jahre 1912 hat sich Stübben in gleicher Weise geäußert: Es sollte wegen der laufenden Erbbauzinsbeträge und der Rückstände aus den letzten beiden Jahren nach § 10 Abs. 1 Nr.4 ZVG, im übrigen aber in Anlehnung an § 52 Abs. 2 ZVG verfahren werden. 94

Seit der ablehnenden Entscheidung des BGH vom 25.9.198195 kommt die analoge Anwendung des § 52 Abs. 2 ZVG ,als Lösungsweg für die Praxis nicht mehr in Frage. Da es sich aber um einen vielbeachteten Lösungsansatz gehandelt hat, soll hierauf kurz eingegangen werden. Winkler führt in seinem dafür grundlegenden Aufsatz 96 an, die Funktion des Rechtsinstituts Erbbaurecht habe sich gewandelt. Der mit dem Erlaß der ErbbauVO verfolgte Zweck, sozial benachteiligten Kreisen der Bevölkerung den Erwerb von Familieneigenheimen zu ermöglichen und auf diese Weise die Wohnungsnot zu bekämpfen, sei durch die Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg überholt worden. 97 Demnach sei auch der Grund entfallen - Förderung der Beleihbarkeit des Erbbaurechts - , weshalb seinerzeit der Erbbauzins nicht zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht worden sei, sondern die Gefahr seines Erlöschens in Kauf genommen wurde. Folglich sei im nachhinein eine verdeckte Gesetzeslücke entstanden, da die Anwendung der generellen Vorschriften des ZVG der speziellen Ausgestaltung des Erbbaurechts und des Erbbauzinses nicht mehr gerecht werden könnten. 98 Zur Ausfüllung dieser Lücke biete sich die analoge Anwendung des § 52 Abs. 2 ZVG an, weil diese Vorschrift der beim Erbbauzins gegebenen Interessenlage nahe komme. 99 Die dort geregelten Überbau- und Notwegrenten hätten die gleiche Funktion wie der Erbbauzins: Sie entgelten dem Eigentümer die Benutzung seines Grundstücks. Ferner fänden sowohl auf die Überbau- und die Notweg93 So Winkler, DNotZ 1970, 390, 396 ff.; zustimmend Staudinger / Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr. 8: ,,Dieser gut begründete Vorschlag verdient Beachtung. Es ist zu hoffen, daß sich die Rechtsprechung ihm anschließt."; Hartmann, DB 1970, 1873; Steiner / Eickmann, ZVG, § 52 Rdnr. 33; ablehnend im Schrifttum: Götz, DNotZ 1980, 3, 19; Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr.64; Kalter, KTS 1966, 137, 143; Knothe, ErbbauR, § 13 IV, S.260; MünchKomm/v. Oefele, §9 ErbbauVO Rdnr.17; Soergel/Stümer, § 24 ErbbauVO Rdnr.2; Ruland, NJW 1983,96,97; Stahlhacke, Neuordnung, S.61; Dassler / Schiffhauer, ZVG, § 52 Rdnr. 19. 94 Stübben, Verhandlungen des 31. Deutschen Juristentages, 2. Bd., S. 98, 104. 95 BGHZ 81, 358, 361/362 = NJW 1982, 234. 96 DNotZ 1970,390. 97 Winkler, DNotZ 1970, 390, 395; zum Bedeutungswandel des Erbbaurechts auch Hartmann, DB 1970, Beilage Nr. 14,2; in zunehmenden Maße werden Großbauvorhaben im Wohn- und gewerblichen Bereich auf der Grundlage von Erbbaurechten verwirklicht, so Ruland, NJW 1983, 96, 97; Bertolini, MittBayNot 1983, 112; a. A. Götz, DNotZ 1980, 3 Fn. 1. 98 Winkler, DNotZ 1970,390,396. 99 Winkler, DNotZ 1970,390,397.

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V. Erbbauzins und Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung

rente als auch auf den Erbbauzins die Vorschriften des BGB über die Reallasten entsprechende Anwendung. Wenn der Ersteher schon für einen Überbau oder einen Notweg, durch welche das Grundstück regelmäßig nur in geringem Umfang genutzt werde, die Rente weiterbezahlen müsse, so sei dies erst recht zu bejahen bei der umfassendsten Nutzung eines fremden Grundstücks, die das Gesetz kenne, nämlich dem Erbbaurecht. 100 Der BGH hat sich mit dieser Auffassung auseinandergesetzt und - m. E. zu Recht - bereits das Vorliegen einer Gesetzeslücke verneint. 101 Selbst wenn man annimmt, daß Winklers soziologischer Befund über den Funktionswandel des Erbbaurechts zutreffend ist, so ist doch zu berücksichtigen, daß Erbbaurechte schon immer nicht nur zur Errichtung von Wohnungen, sondern unabhängig vom Nutzungszweck für Bauwerke jeder Art bestellt werden konnten. 102 Das Problem der Beleihungsfähigkeit des Erbbaurechts ist auch keineswegs derart eng mit der sozialen Funktion der ErbbauVa verbunden, daß bei einem Wegfall dieser Funktion die Regelungen über den Erbbauzins lückenhaft würden. 103 Denn die bei der Beleihung wegen des Erbbauzinses auftretenden Probleme können bei Erbbaurechten unterschiedlicher Nutzungsart vorkommen. 104 Ferner spricht entscheidend gegen eine Regelungslücke, daß die mit der Stellung des Erbbauzinses zusammenhängenden Fragen schon vor Inkrafttreten der Erbbauva Gegenstand der juristischen Diskussion waren, der Gesetzgeber aber allen Anregungen, für den Erbbauzins eine dem § 52 Abs. 2 ZVG entsprechende Vorschrift zu schaffen, nicht nachgekommen ist. 105 Außerdem ist der von Winkler gezogene Analogieschluß nicht tragHihig. Die Renten nach den §§ 912 Abs. 2, 917 Abs. 2 BGB, auf die sich die Regelung von § 52 Abs. 2 ZVG bezieht, sind mit der Erbbauzinsreallast nicht vergleichbar. Es handelt sich bei ihnen um kraft Gesetzes entstehende Entschädigungsrechte für vom Eigentümer zu duldende Beeinträchtigungen des Grundeigentums, während der Erbbauzins ein rechtsgeschäftlich vereinbartes Entgelt darstellt und demzufolge den Parteien die Möglichkeit der individuellen Gestaltung bietet. 106 Der Grundstückseigentümer hat es bei der Erbbauzinsreallast jedenfalls prinzipiell selbst in der Hand, den Rang seines Rechts und damit das von ihm übernommene Risiko zu bestimmen. 107 Winkler, DNotZ 1970,390,397. BGHZ 81, 358, 362 = NJW 1982,234,235; ebenso OLG Hamburg, MDR 1975, 853; OLG Nümberg, MDR 1980, 401. 102 So BGHZ 81, 358, 362 = NJW 1982,234/235. 103 Vgl. Knothe, ErbbauR, § l3 IV, S. 260. 104 So auch BGHZ 81, 358, 362: ,,Außerdem besteht, wie auch der vorliegende Fall zeigt, das Problem der Beleihbarkeit des Erbbaurechts zu Bauzwecken weiter". lOS BGHZ 81, 358, 363 = NJW 1982,234,235; OLG Hamburg, MDR 1975,853; Götz, DNotZ 1980,3, 19. 106 BGHZ 81, 358, 363 =NJW 1982,234,235; MünchKomm / v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 17 a. E.; Ruland, NJW 1983,96,97; Knothe, ErbbauR, § l3 IV, S. 260. 100

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5. Exkurs: Analoge Anwendung von § 52 Abs. 2 ZVG

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Überbau- und Notwegrenten sind auch insofern andersartig, als sie im Grundbuch überhaupt nicht eintragungsfähig sind und allen Rechten an dem belasteten Grundstück, auch den älteren, vorgehen (§ 914 BGB). Hieraus wird deutlich, daß diese Renten nach dem Willen des Gesetzgebers eine Sonderstellung einnehmen. Die Vorschrift des § 52 Abs. 2 ZVG ist lediglich die zwangsversteigerungsrechtliche Folge der besonderen Ausgestaltung dieser Rechte. \08 Eine analoge Anwendung auf den Erbbauzins kann daher nicht anerkannt werden.

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\08

Götz, DNotZ 1980,3, 19. Ähnlich Götz, DNotZ 1980, 3, 19.

VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten Der BGH hat in der Entscheidung vom 25.9. 1981 die Auffassung vertreten, "das geltende Recht (biete) dem Grundstückseigentümer weitgehende Möglichkeiten, seine Rechtsstellung gegenüber dem Erbbauberechtigten und dessen Gläubigem abzusichern". 1 Das Gericht weist darauf hin, als Inhalt des Erbbaurechts könne nach § 5 Abs. 1 ErbbauVO vereinbart werden, daß der Erbbauberechtigte zur Veräußerung des Erbbaurechts der Zustimmung des Grundsruckseigentümers bedürfe. 2 Außerdem bestehe die Möglichkeit, eine Belastung des Erbbaurechts von der Zustimmung des·Eigentümers abhängig zu machen. 3 Soweit der Grundstückseigentümer einem Gläubiger des Erbbauberechtigten den Vorrang vor der Erbbauzinsreallast eingeräumt habe, könne er sich für den Fall der Nichtvalutierung und WeitefÜbertragung in der Weise sichern, daß er sich den Rückgewähranspruch des Erbbaurechtsinhabers gegen den Grundpfandrechtsgläubiger im voraus abtreten und durch Eintragung einer Vormerkung sichern lasse. 4 Schließlich, so meint der BGH, stehe es dem Eigentümer frei, sich die Übernahme des verbleibenden Risikos durch den Erbbauberechtigten angemessen vergüten zu lassen. Diese ,,mannigfachen rechtsgeschäftlichen Sicherungsmöglichkeiten"S sind von der Literatur als praxisfern bzw. bedeutungslos abgelehnt worden. 6 Im folgenden werden die Vorschläge des BGH und weitere in der Literatur diskutierte Gestaltungsmöglichkeiten dargestellt und untersucht. Dabei wird wiederum danach unterschieden, ob der Erbbauzins den ersten Rang einnimmt, es also darum geht, einen Grundpfandrechtsgläubiger vor dem Ausfall mit seinem Recht in der Versteigerung zu schützen, oder, ob der Eigentümer mit dem Erbbauzins nachrangig im Erbbaugrundbuch eingetragen ist, es also darum geht, wie der Verlust der Erbbauzinsreallast vermieden bzw. wirtschaftlich kompensiert werden kann.

BGHZ 81, 358, 362 = NJW 1982,234,235. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung BGHZ 100, 107, durch die der BGH die Veräußerungszustimmung als Absicherungsmöglichkeit gegen ein Erlöschen des Erbbauzinses zur Wirkungslosigkeit verdammt hat und sich dadurch in Widerspruch zu seinem Vorschlag in BGHZ 81, 358 setzt. 3 BGHZ 81, 358, 362/363 = NJW 1982, 234, 235. 4 BGHZ 81, 358, 363 = NJW 1982,234,235. 5 So wörtlich BGHZ 81, 358, 363 = NJW 1982,234,235. 6 Vgl. Ruland, NJW 1983, 96, 97; Groth, DNotZ 1983, 652, 653; Muth, JurBüro 1985, 801, 816; Winkler, NJW 1985, 940, 941; ebenso KG, DNotZ 1984, 384, 386; OLG Hamm, OLGZ 1986, 385, 396. 1

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1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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1. Die Absicherung eines nachrangigen Grundpfandrechtsgläubigers vor einem Ausfall in der Zwangsversteigerung Geht der Erbbauzins den anderen Rechten am Erbbaurecht vor, so besteht die Gefahr, daß die Gläubiger der nachrangig abgesicherten Rechte wegen des in der Regel hohen Kapitalisierungsbetrages in der Zwangsversteigerung leer ausgehen. 7 Allerdings wird die Erbbauzinsreallast nur dann kapitalisiert, wenn aus fälligen Erbbauzinsansprüchen oder den der Reallast vorgehenden Rechten (§ 10 Abs. 1 Nr. 1-3 ZVG) zwangsversteigert wird. Betreibt dagegen der Grundpfandrechtsgläubiger die Zwangsversteigerung, wird der Erbbauzins als vorrangiges Recht im geringsten Gebot berücksichtigt. Das Problem, daß der Versteigerungserlös möglicherweise durch den Kapitalbetrag des Erbbauzinses aufgebraucht wird, entsteht nicht.

a) Vereinbarung über die Höhe des Zwischenzinsabzuges Der gemäß § 92 Abs. 1 ZVG an die Stelle des Erbbauzinses tretende Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös wird nach der Vorschrift des § 111 ZVG berechnet. 8 § 111 Satz 2 ZVG bestimmt, daß dem Gläubiger eines unverzinslichen betagten Anspruchs nur die Summe gebührt, die mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung (vorzeitige Zahlung infolge der Zwangsversteigerung) bis zur Fälligkeit (ursprünglich vorgesehener Zahlungstermin) dem Betrag des Anspruchs gleichkommt. Mit anderen Worten: Es ist ein Zwischenzins abzuziehen. Dadurch wird der Vorteil ausgeglichen, der dem Gläubiger erwächst, weil er durch die Zwangsversteigerung vorzeitig befriedigt wird und den zugeteilten Erlös seinerseits zinsbringend anlegen kann. 9 Im Erbbaurechtsvertrag ist für die einzelnen Erbbauzinsraten der Fälligkeitszeitpunkt in aller Regel kalendermäßig festgelegt. Infolge der Kapitalisierung der Reallast erhält der Grundstückseigentümer aber die Summe aller während der Restlaufzeit noch fällig werdenden Raten im Verteilungstermin, also bereits vor Fälligkeit. Der sich ergebende Betrag ist daher gemäß § 111 Satz 2 ZVG abzuzinsen.

Es wird mit dem gesetzlichen Zinssatz abgezinst, nach § 246 BGB 4 % jährlich. 10 Der dadurch entstehende Betrag des Wertersatzes ist im Hinblick auf die 7 Vgl. v. Oefele/Winkler, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 224; näher dazu oben V. 1. a) und c). 8 OLG Hamm, OLGZ 1986,385,395; Ingenstau, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 64; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 17; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 213; Staudinger / Ring, § 9 ErbbauVO Rdnr. 8; Steiner / Eickmann, ZVG, § 52 Rdnr. 33; Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 6.4. 9 Götz, DNotZ 1980, 3, 8; Steiner /Teufel, ZVG, § 111 Rdnr. 1 u. 21; Zeller / Stöber, ZVG, § 111 Rdnr. 2.9.

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

bei längerfristiger Anlage heute regelmäßig erzielbaren Renditen überhöht. 11 Denn der Grundstückseigentümer soll nach dem der Abzinsung zugrundeliegenden Zweck so gestellt werden, daß der Kapitalbetrag zuzüglich der Zinsen dem Wert der Gesamtsumme des Erbbauzinses entspricht. Wird lediglich mit 4 % abgezinst, erreicht der Eigentümer aber eine Verzinsung von beispielsweise 7 %, so erhält er im Ergebnis mehr als den Wert der Erbbauzinsreallast. 12 Vor diesem Hintergrund schlagen Götz und Muth vor, daß der Grundpfandrechtsgläubiger und der vorrangig mit dem Erbbauzins im Erbbaugrundbuch eingetragene Eigentümer eine Vereinbarung treffen, nach der ein in der Zwangsversteigerung zu kapitalisierender Erbbauzins mit einem höheren als dem gesetzlichen Zinssatz diskontiert werden soll. 13 Dabei kann der Abzinsungsfaktor von vornherein fest bestimmt oder aber die Höhe von der Geld- und Kapitalmarktlage im Zeitpunkt der Kapitalisierung abhängig gemacht werden. Als Maßstab könnten z. B. die Zinssätze inländischer Rentenpapiere dienen oder der im letzten Bundesbankbericht aufgeführte Zinssatz. 14 Derartige Abreden sind nach Auffassung von Muth in Anbetracht der langen Laufzeiten von Erbbaurechten einem festen Diskontierungsfaktor vorzuziehen. Infolge des höheren Zwischenzinsabzugs vermindert sich der Betrag, der auf den Wertersatzanspruch für den Erbbauzins aus dem Versteigerungserlös zuzuteilen ist. Dies kommt den nachrangigen Grundpfandrechtsgläubigern zugute. 15 Ihre Chancen auf Befriedigung aus dem Versteigerungserlös erhöhen sich in dem Maße wie der Anspruch des vorrangigen Grundstückseigentümers gemindert ist. Letzterer erhält auf diese Weise den Kapitalbetrag, der bei Anlage zu den geltenden Geld- und Kapitalmarktbedingungen der Summe aller künftig fällig werdenden Erbbauzinsraten entspricht, verliert also durch die höhere Abzinsung lediglich einen nicht gerechtfertigten Vorteil. 16 Im Zwangsversteigerungsverfahren wird die Vereinbarung über eine höhere Abzinsung des Wertersatzes dadurch zur Geltung gebracht, daß von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Versteigerungsbedingungen gemäß § 59 Abs. 1 ZVG verlangt werden. 17 Die Abweichung vom gesetzlichen Zinssatz beeinträchtigt das Recht des Eigentümers, weil ihm für den Erbbauzins weniger aus dem Erlös zugeteilt wird. 18 Deshalb ist nach § 59 Abs. 1 Satz 2 ZVG seine Zustimmung 10 Götz, DNotZ 1980, 3, 9; Muth, JurBüro 1985, 801, 805; Steiner / Teufel, ZVG, § 111 Rdnr. 25; Zeller / Stöber, ZVG, § 111 Rdnr. 2.8. 11 Vgl. Muth, JurBüro 1985, 801, 805. 12 Vgl. Götz, DNotZ 1980, 3, 8; Muth, JurBüro 1985, 801, 805. 13 Götz, DNotZ 1980,3,8 ff.; Muth, JurBüro 1985,801, 805/806. 14 Muth, JurBüro 1985, 801, 806. 15 So Steiner / Teufel, ZVG, § 111 Rdnr. 29; Zeller / Stöber, ZVG, § 111 Rdnr. 2.10. 16 Muth, JurBüro 1985, 801, 806; vgl. auch Götz, DNotZ 1980, 3, 9. 17 Götz, DNotZ 1980, 3, 9; Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 111 Rdnr. 3 Fn. 2; Steiner / Teufel, ZVG, § 111 Rdnr. 25; Zeller / Stöber, ZVG, § 111 Rdnr. 2.8; näher zur Abweichung von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen oben IV. 2. b) dd).

1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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erforderlich. 19 Diese muß der Eigentümer entweder im Versteigerungstermin zu Protokoll erklären oder sie ist dem Gericht nach § 84 Abs. 2 ZVG in öffentlich beglaubigter Form vorzulegen. 2o Die Vereinbarung über den Diskontierungsfaktor enthält demnach auch die Verpflichtung zur Zustimmungserteilung nach § 59 Abs. 1 Satz 2 ZVG.21 Am besten ist bereits die vorherige Zustimmung des Eigentümers in der von § 84 Abs. 2 ZVG geforderten Form abzugeben, damit der Grundstückseigentümer nicht unbedingt im Termin erscheinen bzw. sich vertreten lassen muß. Gegen den Vorschlag, daß Eigentümer und Grundpfandrechtsgläubiger eine Vereinbarung über die Höhe der Abzinsung für den Fall der Zwangsversteigerung treffen sollten, ist rechtlich nichts einzuwenden. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist zudem, daß der starre und überkommene Zinssatz von 4 % durch einen Zinsfaktor ersetzt wird, der das tatsächliche Zinsniveau widerspiegelt. 22 Allerdings handelt es sich um eine schuldrechtliche Abrede, die zwischen Einzelrechtsnachfolgem der Parteien nur wirksam ist, falls sie von diesen übernommen wird. Selbst wenn, wie dies üblich ist, eine Weitergabeverpflichtung auf Rechtsnachfolger besteht, kann dadurch nicht verhindert werden, daß ein Übergang tatsächlich nicht stattfindet. 23 Deshalb werden die Gläubiger, also regelmäßig Kreditinstitute, trotz der Vereinbarung eines höheren Diskontierungsfaktors die Erbbauzinsreallast in der Weise kapitalisieren, daß sie beim Zwischenzinsabzug lediglich 4 % zugrunde legen und den sich sonach ergebenden Betrag von der Beleihungsgrenze abziehen. 24 Der Finanzierungsspielraum für die Kreditinstitute erweitert sich daher nicht. 18 Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 59 Rdnr. 39; Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr.45: Ein Gläubiger ist beeinträchtigt, wenn er weniger erhält. 19 Vgl. Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 42; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr.4.3. 20 Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr.42; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 4.3; abweichend Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 59 Rdnr.42: öffentlich beglaubigte Fonn ist nicht erforderlich. 21 Vgl. Muth, JurBüro 1985,801,806. 22 Vgl. dazu Soergel/Teichmann, § 246 BGB Rdnr. 22 mit zahlreichen Nachweisen zur kritischen Auseinandersetzung mit dem gesetzlichen Zinssatz; Staudinger / Löwisch, § 288 BGB Rdnr. 2: Der Zinssatz von 4 % entspricht heute weder den Kredit- noch den Anlagezinsen; zu den geschichtlichen Hintergründen des Zinssatzes von 4 %, Roll, DRiZ 1973, 339, 341 f. 23 Vgl. MünchKomm/v. Oefele; § 9 ErbbauVO Rdnr. 18: Alle Erklärungen nach § 59 ZVG werden wegen des Zustimmungserfordernisses Beteiligter gemäß § 9 ZVG häufig nicht durchsetzbar sein und wirken nur schuldrechtlich, also nicht gegen Sonderrechtsnachfolger. Zum Problem der nur schuldrechtlichen Wirkung einer Vereinbarung über abweichende Versteigerungsbedingungen vgl. unten c) dd) (1) im Zusammenhang mit der Stillhalteerklärung. 24 A. A. Götz, DNotZ 1980,3,9; vgl. demgegenüber Stannigel/Kremer/Weyers, Beleihungsgrundsätze, § 12 Anm. 3.1.4, S.354: Auch eine - wegen der lediglich schuldrechtlichen Wirkung insofern vergleichbare - Stillhalteerklärung entbindet die 6 Geißel

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Außerdem bleibt trotz Erhöhung des Diskontierungsfaktors das entscheidende Problem ungelöst: Die Kapitalisierung der Erbbauzinsreallast entspricht weder den Interessen des Grundeigentümers noch denen der im Rang nachgehenden Grundpfandrechtsgläubiger. 25 Ein höherer Zwischenzinsabzug kann lediglich die Folgen der Kapitalisierung für die nachrangigen Gläubiger mildern.

b) Begrenzung des Ersatzanspruchs Als Möglichkeit, die zwangsvollstreckungsrechtlichen Auswirkungen der Erstrangigkeit des Erbbauzinses für die nachstehenden Gläubiger günstiger zu gestalten, kommt die Begrenzung des Wertersatzanspruchs für den erlöschenden Erbbauzins in Betracht.

aa) Höchstbetrag des Wertersatzes nach § 882 BGB (1) Die Regelung des § 882 BGB Gemäß § 882 BGB kann für eine Belastung an einem Grundstück bzw. grundstücksgleichen Recht ein Höchstbetrag des Ersatzes festgelegt werden, der dem Berechtigten bei Erlöschen des Rechts in der Zwangsversteigerung aus dem Erlös zustehen soll. Diese Bestimmung betrifft den Inhalt des dinglichen Rechts. Notwendig ist daher eine Einigung des Grundeigentümers bzw. des Inhabers des grundstücksgleichen Rechts mit dem dinglich Berechtigten und die Eintragung des vereinbarten Höchstbetrages in das Grundbuch (§§ 873, 882 Satz 2 BGB).26 Der nach § 882 BGB eingetragene Betrag ist für die Höhe maßgebend, mit der der Ersatzanspruch im Teilungsplan Berücksichtigung fmdet. 27 Allerdings wird dadurch der Anspruch lediglich nach oben hin begrenzt. Auf Verlangen eines gleich- oder nachrangigen Gläubigers wird der Anspruch auf den wirklichen Wert herabgesetzt. 28 Dies geschieht im Wege des Widerspruchs nach § 115 ZVG.29 Sparkasse nicht davon, den vorgehenden Erbbauzins zu kapitalisieren und den dabei ermittelten Betrag voll zu berücksichtigen.; so auch Karow, NJW 1984, 2669, 2670; Sichtermann/Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 2.7, S. 28. 2S Vgl. oben V. 1. c); Winkler, NJW 1985, 940, 942. 26 MünchKomm / Wacke, § 882 BOB Rdnr. 4; Soergel/ Stümer, § 882 BOB Rdnr. 2; Staudinger / Kutter, § 882 BGB Rdnr. 4; RGRK / Augustin, § 882 BOB Rdnr. 3. 27 Götz, DNotZ 1980, 3, 29; Ripfel, DNotZ 1969, 84, 88; Soergel / Stümer, § 882 BGB Rdnr. 1; RGRK / Augustin, § 882 BOB Rdnr. 2; Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 114 Rdnr. 31; Steiner / Eickmann, ZVG, § 92 Rdnr. 7; Zeller / Stöber, ZVG, § 92 Rdnr. 3.3 u. § 114 Rdnr. 5.12. 28 MÜDchKomm / Wacke, § 882 BGB Rdnr. 1; RORK / Augustin, § 882 BOB Rdnr. 2; Soergel/ Stürner, § 882 BGB Rdnr. 1; Staudinger / Kutter, § 882 BGB Rdnr. 5; AK / v. Schweinitz, § 882 BOB Rdnr.2; Steiner / Eickmann, ZVO, § 92 Rdnr. 19. 29 RGRK / Augustin, § 882 BGB Rdnr. 2; Staudinger / Kutter, § 882 BOB Rdnr. 5; AK/v. Schweinitz, § 882 BGB Rdnr. 2.

1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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Der eingetragene Höchstbetrag ennöglicht es nachrangigen Gläubigem, ihre Befriedigungsaussichten einigennaßen verläßlich abzuschätzen und erleichtert so eine weitere Beleihung. 30 Hennings behauptet allerdings, die Eintragung eines Höchstbetrages könne die im Rang nachstehenden Berechtigten nicht davor bewahren, daß der Eigentümer und derjenige, dessen Ersatzanspruch nach § 882 BGB festgelegt worden sei, die Wertersatzbestimmung ändern oder ganz aufheben, ohne daß die nachrangigen Gläubiger zustimmen müßten. 31 Die Höchstbetragsabrede wäre dann in der Tat im Hinblick auf den Schutz nachrangig Berechtigter bedeutungslos. Hennings' Auffassung ist aber rechtlich nicht haltbar und entgegen ihrer Aussage keineswegs "überwiegende Meinung". 32 Die Frage wird vielmehr im Bereich des § 882 BGB sonst überhaupt nicht angesprochen. Ausgangspunkt von Hennings' Argumentation ist die unbestrittene Ansicht, daß es zur Eintragung eines Höchstbetrages nicht der Zustimmung der gleichund nachrangigen Gläubiger bedarf, und zwar auch dann nicht, wenn die Höchstbetragsbestimmung erst im nachhinein erfolgt. 33 Es sei deshalb auch nicht einzusehen, warum sie dann für Änderungen erforderlich sein sollte, zumal gegen eine Verschlechterung der Rechtsstellung im Falle der Zwangsversteigerung das Rechtsmittel des Widerspruchs gegeben sei. 34 Die Autorin verkennt dabei, daß sich die nachträgliche Heraufsetzung bzw. Aufhebung des Höchstbetrages und die nachträgliche Eintragung in unterschiedlicher Weise auf die gleich- und nachrangig Berechtigten auswirken. Durch die Eintragung eines festen Ersatzbetrages nach § 882 BGB wird ein Maximalbetrag bestimmt, der auf Verlangen der gleich- und nachrangigen Gläubiger dem wirklichen Wert entsprechend herabgesetzt werden kann. In der Zwangsversteigerung kommt also entweder der Höchstbetrag zum.Tragen, der allenfalls dem tatsächlichen Wert des Rechts entspricht, in der Regel aber darunter liegt, oder es gilt - falls der Höchstbetrag übersetzt ist - der wirkliche Wert, welcher ohne eine Bestimmung gemäß § 882 BGB auch gelten würde. Die Eintragung eines Höchstbetrages kann somit niemals dazu führen, daß gleich- oder nachrangige Gläubiger benachteiligt werden. 35 30 MünchKomm/Wacke, § 882 BOB Rdnr.l; AK/v. Schweinitz, § 882 BOB Rdnr.2. 31 Sichtermann / Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 4.32, S. 64. 32 Alle von ihr angeführten Nachweise beschäftigen sich nur mit dem Fall der erstmaligen Eintragung des Höchstbetrages (auch der nachträglichen), nicht aber mit der Änderung oder der Löschung. 33 Haegele / Schöner / Stöber, GrundbuchR, Rdnr. 1167; MünchKomm / Wacke, § 882 BOB Rdnr. 4; Palandt / Bassenge, § 882 BOB Rdnr. 2; RORK / Augustin, § 882 BOB Rdnr. 3; Soergel/ Stürner, § 882 BOB Rdnr. 2; Staudinger / Kutter, § 882 BOB Rdnr.5. 34 Sichtermann / Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 4.32, S. 64. 35 Vgl. RORK / Augustin, § 882 BOB Rdnr. 3 a. E.; Staudinger / Kutter, § 882 BOB Rdnr.5.

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VI. Rechtliche Oestaltungsmöglichkeiten

Anders ist dies, wenn ein eingetragener Höchstbetrag nachträglich heraufgesetzt oder ganz aufgehoben wird. Da der Höchstbetrag zum Inhalt des in dieser Weise begrenzten Rechts gehört,36 stellt eine solche Maßnahme eine Inhaltsänderung des Rechts dar. Erforderlich sind gemäß § 873 BGB Einigung und Eintragung. Der Berechtigte kann bei Erlöschen des Rechts nun einen höheren bzw. den tatsächlichen Wert verlangen, also in der Regel mehr als er nach der ursprünglichen Begrenzung des Ersatzbetrages erhalten hätte. Entsprechend weniger wird auf die gleich- und nachrangigen Rechte zugeteilt. Demnach verschlechtert sich durch die Heraufsetzung bzw. die Aufhebung der Höchstbetragsbestimmung die Rechtsstellung dieser Gläubiger. Die Zustimmung der gleich- und nachrangigen Gläubiger ist aber immer dann notwendig, wenn infolge einer Rechtsänderung deren eigene Rechte beeinträchtigt werden. 37 Daher bedürfen auch Erhöhung und Aufhebung eines Höchstbetrages gemäß § 882 BGB regelmäßig der Zustimmung der gleich- und nachrangig Berechtigten. Eine Ausnahme besteht allerdings in den Fällen, in denen der ursprünglich festgesetzte Höchstbetrag über dem tatsächlichen Wert des Rechts lag bzw. diesem entsprach. Durch die Aufhebung einer solchen Höchstbetragsbestimmung wird die Rechtsstellung gleich- und nachrangiger Gläubiger nämlich nicht verschlechtert. Denn es ändert sich lediglich insofern etwas, als der tatsächliche Wert des erloschenen Rechts nunmehr von vornherein zu berücksichtigen ist und nicht erst auf Widerspruch der Gläubiger (§ 115 ZVG). Ein im Grundbuch eingetragener Höchstbetrag vermittelt den nachrangigen Gläubigern folglich eine Rechtsposition, die nicht gegen ihren Willen beeinträchtigt werden kann. Die Begrenzung nach Maßgabe des § 882 BGB ist mithin geeignet, die nachrangige Beleihung zu erleichtern. Von der Festlegung eines Höchstbetrags zu unterscheiden ist die Eintragung einer Ablösungssumme im Grundbuch. Letztere legt nicht nur einen Ersatzbetrag für den Fall fest, daß das betreffende Recht in der Zwangsversteigerung erlischt, sondern der Schuldner erhält darüber hinaus die Möglichkeit, das Recht durch Zahlung eines Kapitals abzulösen. 38 Die Ablösungssumme bestimmt gemäß § 92 Abs.3 ZVG auch den Anspruch auf Wertersatz.

36 MünchKomm / Wacke, § 882 BOB Rdnr. 4; RORK / Augustin, § 882 BOB Rdnr. 3; Staudinger / Kutter, § 882 BOB Rdnr. 4; Haegele / Schöner I Stöber, GrundbuchR, Rdnr.1167. 37 ROZ 132, 106, 110; MünchKomm / Wacke, § 877 BOB Rdnr. 9; RORK / Augustin, § 877 BOB Rdnr. 6; Soergel / Stürner, § 877 BOB Rdnr. 3; Staudinger /Ertl, § 877 BOB Rdnr. 1 u. 26; Westermann, SachenR, Bd. 11, § 9111 4; ausdrücklich auch Sichtermanni Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 4.32, S. 64. 38 Ripfel, DNotZ 1969, 84, 88.

1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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(2) Anwendung auf den Erbbauzins Der Wertersatz für den Erbbauzins einschließlich der Anpassungsvonnerkung kann nach § 882 BGB mittels einer Einigung zwischen dem Erbbauberechtigten und dem Eigentümer und deren Eintragung in das Erbbaugrundbuch auf einen Höchstbetrag begrenzt werden. Durch die Bestimmung eines solchen Höchstbetrages kann das Ausfallrisiko der nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger verringert werden. 39 Denn alles, was der Eigentümer auf den erloschenen Erbbauzins zugeteilt erhält, geht zu Lasten der nachrangig Berechtigten. Je niedriger der nach § 882 BGB festgesetzte Ersatzbetrag ist, umso geringer ist das Ausfallrisiko. Die Eintragung eines Höchstbetrages ist dabei regelmäßig das Ergebnis eines Kompromisses: Der Eigentümer begnügt sich mit einem geringeren Wertersatz für den Erbbauzins, während der Grundpfandrechtsgläubiger nicht auf einer erstrangigen Absicherung seines Rechts besteht. Der Höchstbetrag für den Wertersatz kann auch befristet vereinbart werden, beispielsweise auf 15 oder 30 Jahre, so daß der Erbbauzins nach dieser Zeit in vollem Umfang kapitalisiert wird. 4O Eine solche Befristung ist deshalb sinnvoll, weil der Verzicht des Eigentümers auf den vollen Ersatzbetrag nur für die Zeit notwendig und interessengerecht ist, in der der Erbbauberechtigte zur Baufinanzierung Kredite aufnehmen muß, die am Erbbaurecht durch Grundpfandrechte abgesichert werden. Zwar können Grundschulden später zur Sicherung auch anderer Forderungen gegen den Erbbauberechtigten dienen, nur besteht für den Eigentümer dann kein Grund, die Position dieser Gläubiger durch die Einschränkung eigener Rechte zu stärken. Anders ist dies, wenn es darum geht, dem Inhaber des Erbbaurechts die Finanzierung seines Baus auf dem Grundstück zu ennöglichen. Denn Zweck der Erbbaurechtsbestellung ist es gerade, daß der Erbbaurechtsnehmer ein Gebäude errichten kann. (3) Kritik und Stellungnahme Die Höchstbetragsabrede nach § 882 BGB wird von den Autoren, die sie in die Diskussion gebracht haben, im Ergebnis als Lösung verworfen. 41 Zur Begründung wird angeführt, daß der Höchstbetrag ziffemmäßig bestimmt, also starr sei: Deshalb sei es notwendig, daß sich die Beteiligten bereits bei der Vereinbarung konkrete Gedanken über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung machten,

Götz, DNotZ 1980, 3,9; Muth, JurBüro 1985, 801, 806. Vgl. Götz, DNotZ 1980,3,29; Muth, JurBüro 1985, 801, 806. 41 Muth, JurBüro 1985, 801, 807 u. 809/810; ders., WM 1985, 1281, 1282: Bis auf die Vereinbarung eines höheren Diskontierungsfaktors habe der Kreditgeber keine praxisgerechte Möglichkeit, sein Risiko bei vorrangigem Erbbauzins einzugrenzen.; ähnlich Götz, DNotZ 1980, 3, 30, der den Nachteil der Wertersatzvereinbarung gemäß § 882 BGB betont, sie in der Zusammenfassung (S. 32) aber trotzdem erwähnt. 39

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

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eine Aufgabe, die zumindest auf längere Sicht unlösbar erscheine. 42 Die Erfahrungen mit dem festen Erbbauzins (§ 9 Abs.2 Satz 1 ErbbauVO) hätten gezeigt, daß konstante Beträge über lange Zeiträume die Interessen des Eigentümers nicht zu wahren vermöchten. 43 Die Begrenzung des Wertersatzanspruchs laufe seinem Interesse zuwider, sich durch Eintragung einer Vormerkung auf Anpassung der Erbbauzinsreallast eine angemessene Rendite auch in der Zukunft zu sichern. 44 Diese Argumentation verkennt m. E. den Charakter der Höchstbetragsvereinbarung als Kompromißlösung und übersieht die Vorteile, die der erste Rang dem Eigentümer bietet. Sicher werden die Interessen des Eigentümers insofern beeinträchtigt, als er nicht den vollen Wert des Erbbauzinses geltend machen kann, wenn dieser in der Zwangsversteigerung erlischt. Der Eigentümer hat es wegen der erstrangigen Eintragung seines Erbbauzinses aber selbst in der Hand, ob es zu einem Erlöschen kommt. Vollstreckt er wegen fälliger Erbbauzinsraten, so wird das Erlöschen der Erbbauzinsreallast durch seine eigene Handlungsweise herbeigeführt. Vollstreckt hingegen ein Grundpfandgläubiger, so bleibt der Erbbauzins als Teil des geringsten Gebots bestehen, und die Höchstbetragsvereinbarung spielt folglich keine Rolle. Falls aus einem Anspruch der Rangklasse 1 oder 3 die Zwangsversteigerung betrieben wird, kann der Eigentümer das Erlöschen seines Rechts und damit das Eingreifen der Höchstbetragsbestimmung verhindern, indem er die vorrangige Forderung nach §§ 1150, 268 BGB ablöst, wozu in aller Regel nur ein unerheblicher Betrag erforderlich ist. 45 Der Vorteil, wegen der Höchstbetragsvereinbarung die erste Rangstelle behalten zu können, wiegt mithin schwerer als die Begrenzung des Ersatzanspruchs. Umgekehrt hat die Höchstbetragsvereinbarung auch für die nachrangigen Gläubiger über die unmittelbaren rechtlichen Folgen - geringerer Ersatzbetrag und damit verminderte Vorlast für die Grundpfandrechte - hinausgehende tatsächliche Auswirkungen, die ihnen zugute kommen. Die Einschränkung des Ersatzanspruchs nach § 882 BGB schützt die nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger mittelbar vor dem Erlöschen ihrer Rechte infolge einer Vollstreckung aus dem Erbbauzins. Denn der Eigentümer wird es vermeiden, aus dem Erbbauzins die Zwangsversteigerung zu betreiben, da er für ihn nicht den vollen Wertersatz erhält. Die Grundpfandrechtsgläubiger gehen andererseits mit der ziffemmäßigen Festlegung des Ersatzbetrages keinerlei Risiko ein, falls der tatsächliche Wert des Rechts unter den festgesetzten Betrag sinken sollte. Sie können dann im Versteigerungsverfahren die Herabsetzung auf den wirklichen Wert verlangen. 46 42 43 44

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So Götz, DNotZ 1980,3,30; vgl. auch AK/v. Schweinitz, § 882 BGB Rdnr.2. Muth, JurBüro 1985, 801, 806/807. So Muth, JurBüro 1985, 801, 807. Vgl. Muth, JurBüro 1985, 801, 810; vgl. oben V. 1. c) am Ende.

1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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Es kommt hinzu, daß die Höchstbetragsbestimmung nicht lediglich eine schuldrechtliche Abrede ist. Der Höchstbetrag des Wertersatzes wird in das Erbbaugrundbuch eingetragen und ist damit Inhalt des Erbbauzinses. 47 Einen über die Festsetzung hinaus gehenden Betrag kann der Grundeigentümer in der Zwangsversteigerung nicht geltend machen. Die Kreditinstitute als nachrangige Gläubiger erlangen daher eine gesicherte Rechtsstellung, die auch im Verhältnis zu Einzelrechtsnachfolgern des Grundstückseigentümers Bestand hat. Durch eine Begrenzung des Wertersatzes nach § 882 BGB kann also ein Ausgleich erreicht werden: -

Der Eigentümer behält mit dem Erbbauzins die erste Rangstelle, so daß die Versteigerung aus einem Grundpfandrecht nicht zum Erlöschen des Erbbauzinses führt.

-

Obwohl der Erbbauzins vorrangig ist, sind die Grundpfandrechte nicht durch einen hohen Kapitalisierungsbetrag gefährdet. bb) Vereinbarung eines variablen Höchstbetrages

Als Alternative zur Begrenzung des Wertersatzanspruchs gemäß § 882 BGB schlägt Götz eine Vereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer und den nachrangigen Gläubigem des Inhalts vor, daß der Eigentümer den kapitalisierten Betrag von Erbbauzins und Wertsicherungsvormerkung in einer etwaigen Zwangsversteigerung maximal bis zur Höhe des jeweiligen Grundstückswertes geltend machen darf. Hierdurch werde gewährleistet, daß der dem Gebäudewert entsprechende Anteil am Versteigerungserlös ausschließlich dem Kreditinstitut zur Verfügung stehe, während der Eigentümer die Sicherheit besitze, am Bodenwertzugewinn bis zur Versteigerung des Erbbaurechts zu partizipieren. 48 Eine derartige Vereinbarung kann allerdings nicht gemäß §§ 873, 882 Satz 2 BGB in das Erbbaugrundbuch eingetragen werden, weil sie den Wertersatz nicht auf einen ziffemmäßig bestimmten Betrag begrenzt, sondern - das sieht Götz gerade als Vorteil an - entsprechend dem Wert des Erbbaugrundstücks variabel ist. Anders als die Höchstbetragsbestimmung nach § 882 BGB hat diese Vereinbarung keine dingliche Wirkung. Durch sie wird lediglich die schuldrechtliche Verpflichtung des erbbauzinsberechtigten Eigentümers begründet, seinen Ersatzanspruch nur in Höhe des Grundstückswertes anzumelden. Die nur schuldrechtliche Wirkung und die Frage nach dem Wert des Grundstücks sind Problempunkte der von Götz vorgeschlagenen Vereinbarung. Häufig 46 MünchKomm/Wacke, § 882 BOB Rdnr.l; Staudinger /Kutter, § 882 BOB Rdnr. 5; RORK / Augustin, § 882 BOB Rdnr. 2. 47 Vgl. MünchKomm/Wacke, § 882 BOB Rdnr.4; Staudinger /Kutter, § 882 BOB Rdnr. 4; RORK / Augustin, § 882 BOB Rdnr. 3. 48

Oötz, DNotZ 1980, 3, 30.

VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

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werden Eigentümer und Grundpfandrechtsgläubiger aufgrund ihrer entgegengesetzten Interessen den Wert des Grundstücks unterschiedlich beurteilen. Der Eigentümer ist bestrebt, daß ein möglichst hoher Betrag angesetzt wird, die Gläubiger werden den Wert des Grundstücks niedrig beziffern. Einer Auseinandersetzung darüber kann aber begegnet werden, indem von vornherein bestimmt wird, daß der vom Gericht gemäß § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzte Verkehrswert maßgebend sein soll. 49 Schwerer wiegt dagegen die Tatsache, daß die Vereinbarung keine dingliche Wirkung entfaltet. Nach Auffassung von Götz ist es allerdings möglich, die schuldrechtliche Wertersatzbegrenzung durch Eintragung einer Vonnerkung zu verdinglichen. 50 Mittels Vonnerkung sicherbar sind aber nur solche Ansprüche, die auf dingliche Rechtsänderung gerichtet sind. 51 Die Abrede, den Wertersatz für den Erbbauzins nur bis zur Höhe des Grundstückswerts zu beanspruchen, erschöpft sich in der Verpflichtung, im Falle der Zwangsversteigerung in entsprechender Weise zu handeln, und zielt somit nicht auf Änderung des dinglichen Rechts "Erbbauzins" . Für die Vereinbarung selbst kann demnach keine Vonnerkung in das Erbbaugrundbuch eingetragen werden. Voraussetzung für die Vonnerkung soll ein anderer Anspruch sein: Der Grundstückseigentümer verpflichtet sich, mit der Anpassungsvonnerkung hinter das Grundpfandrecht zurückzutreten, wenn er der Wertbegrenzungsvereinbarung zuwiderhandelt. 52 Möglich wäre auch ein Rücktritt mit dem Erbbauzins und der Anpassungsvonnerkung. Eine derartige Verpflichtung zum Rangrücktritt ist auf dingliche Rechtsänderung gerichtet und somit grundsätzlich vonnerkbar. 53 Muth bezweifelt allerdings die Zulässigkeit einer Vonnerkung im konkreten Fall. Zwar stehe fonnal als dingliche Zuordnungsänderung eine Rangänderung im Raum, letztlich sollten dadurch aber lediglich Geldansprüche gesichert werden. 54 In der Praxis werde es nie zur Eintragung der vorgemerkten Rechtsänderung kommen. Denn Erbbauzinsreallast und Anpassungsvonnerkung müßten, weil aus dem Erbbaugrundbuch ersichtlich, erst im Verteilungstennin angemeldet werden (§ 114 ZVG). Mache nun der Eigentümer entgegen seiner Verpflichtung höhere Wertersatzansprüche geltend und trete daher die Bedingung für den Rangrücktritt ein, bestünden dingliche Rechte am Erbbaurecht überhaupt nicht mehr. Sie seien durch den Zuschlag erloschen und setzten sich als Ansprüche auf Befriedigung Vgl. Muth, JurBüro 1985, 801, 807 Fn. 31. DNotZ 1980, 3, 28 u. 30. 51 Vgl. MünchKomm/Wacke, § 883 BGB Rdnr.2; RGRK/ Augustin, § 883 BGB Rdnr.1. 52 Götz, DNotZ 1980, 3, 30. 53 Vgl. MünchKomm/Wacke, § 883 BGB Rdnr.16; Soerge1/Stürner, § 883 BGB Rdnr.11. 54 Muth, JurBüro 1985, 801, 807; Bedenken gegen den Vorschlag von Götz äußert auch Schifthauer, Rpfleger 1986,326,344 Fn. 304. 49

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1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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aus dem Versteigerungserlös an diesem fort. Selbst wenn der Eigentümer bereits zum Versteigerungstermin seinen Anspruch der getroffenen Vereinbarung zuwider anmelde, werde mit Hilfe der Vormerkung eine Rangänderung nicht mehr erreicht. Die Vormerkung sei kein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht, so daß der Zuschlag unabhängig davon erfolge und die dinglichen Rechte am Erbbaurecht erlöschen lasse. 55 Durch die Vormerkung gesichert würden also letztlich Wertersatzansprüche am Versteigerungserlös und nicht Ansprüche auf Änderung von Rechten am Erbbaurecht. 56 M. E. sind die von Muth geäußerten Bedenken im Hinblick auf die Zulässigkeit einer derartigen Vormerkung gerechtfertigt. Das Institut der Vormerkung, das der Sicherung schuldrechtlicher Ansprüche auf Änderung der Rechtsverhältnisse an Grundstücken dient, wird hier bewußt nicht seinem Zweck entsprechend eingesetzt. Vielmehr soll über eine Hilfskonstruktion eine nicht vormerkbare Verpflichtung abgesichert werden. Von Bedeutung ist auch, daß es niemals zur Eintragung der vorgemerkten Rangänderung im Grundbuch kommen kann. Anerkanntermaßen können nur solche Ansprüche Gegenstand einer Vormerkung sein, die ihre Erfüllung in einer endgültigen Eintragung finden können. 57 Dabei kommt es nicht nur darauf an, ob das vorgemerkte Recht im allgemeinen eintragungsfähig ist, sondern, ob es konkret an dem Gegenstand, an dem es vorgemerkt ist, eingetragen werden kann. 58 Die genannten Entscheidungen und Literaturnachweise beziehen sich allerdings auf den Fall, daß es an der Eintragungsfähigkeit aus rechtlichen Gründen fehlt. Das ist im vorliegenden Fall anders: Eine vorgemerkte Änderung des Rangs von Rechten ist im Erbbaugrundbuch ohne weiteres eintragungsfähig. Daß es aus tatsächlichen Gründen nicht zu einer Eintragung kommen kann, liegt an der Bedingung, unter der der vorgemerkte Anspruch steht. Deren Eintritt ist erst im Zwangsversteigerungsverfahren möglich. Der Grundsatz, daß nur solche Ansprüche durch eine Vormerkung gesichert werden dürfen, die durch Eintragung erfüllt werden können, ist jedoch m. E. auch auf die in Rede stehende Situation übertragbar. Jedenfalls wird aus der Tatsache, daß aufgrund des oben beschriebenen Ablaufes eine Eintragung der vorgemerkten Rangänderung nicht erfolgen kann, die funktionswidrige Verwendung der Vormerkung deutlich. Daher ist die von Götz angesprochene Absicherung der variablen Höchstbetragsvereinbarung durch eine Vormerkung als unzulässig anzusehen. Es bleibt demnach dabei, daß die Verpflichtung des Grundstückseigentümers gegenüber dem Kreditinstitut, Wertersatz für den Erbbauzins nur bis zur Höhe des Grundstückswerts zu beanspruchen, lediglich schuldrechtliche Wirkung entfaltet und deshalb im Vergleich zu einer Bestimmung des Wertersatzes nach § 882 BGB die weniger Muth, JurBüro 1985, 801, 808. So Muth, JurBüro 1985, 801, 808. 57 RGZ 55, 270, 273; MünchKomm / Wacke, § 883 BGB Rdnr. 15; RGRK / Augustin, § 883 BGB Rdnr. 24; Soergel/ Stürner, § 883 BGB Rdnr. 8. 58 BayObLG, Rpfleger 1972,442,443. 55

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

günstige Alternative ist, den Kapitalisierungsbetrag der Erbbauzinsreallast zu begrenzen. c) Stillhalteerklärung des erbbauzinsberechtigten

Grundstückseigentümers

Oft gibt der Eigentümer zugunsten eines nachrangigen Grundpfandrechtsgläubigers eine sogenannte Stillhalteerklärung - auch Nichtkapitalisierungsvereinbarung oder Liegenbelassungserklärung genannt - ab. Sie ist das in der Praxis am häufigsten verwandte Gestaltungsmittel, mit dem versucht wird, den Interessenwiderstreit zwischen Eigentümer und Grundpfandrechtsgläubiger zu lösen. S9 Dies wird auch daraus deutlich, daß die gängigen zivilrechtlichen Formularbücher und die Handbücher zum Erbbaurecht Muster derartiger Vereinbarungen enthalten. 60 Obwohl weit verbreitet, ist die rechtliche Bewertung der Stillhalteerklärung durchaus kontrovers. 61 Einerseits wird die Vereinbarung als "brauchbare und zugleich leicht zu handhabende Lösung" bezeichnet, mit deren Hilfe die Hypotheken- und Grundschuldgläubiger bei einer Zwangsversteigerung wirtschaftlich so gestellt würden, als ob sie die erste Rangstelle innehätten. 62 Andererseits wird die Auffassung vertreten, der Schutzzweck der Stillhalteerklärung werde nur teilweise erfüllt,63 sie sei kein gleichwertiger Ersatz für einen Rangrücktritt der Erbbauzinsreallast. 64

aa) Inhalt der Erklärung In der Stillhalteerklärung verpflichtet sich der Grundstückseigentümer gegenüber dem jeweiligen Gläubiger des Grundpfandrechts zu folgendem: 6S

S9 Bertolini, MittBayNot 1983, 112, 113; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 231; MünchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 18. 60 Beck'sches Formularbuch zum Bürgerlichen, Handels- und Wirtschaftsrecht / Linde, Form. IV. 40; S.572; Münchener Vertragshandbuch/Winkter, Bd. 4, 2. Halbbd., VI. 106, S. 1051; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 10. Kap. Vertragsmuster 10; Linde/ Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 273. 61 Muth, WM 1985, 1281. 62 So Sperling, NJW 1983, 2487, 2488 a. E. 63 So Götz, DNotZ 1980, 3, 28. '. 64 So Karow, NJW 1984,2669,2670. 6S Vgl. zu den folgenden Punkten die einzelnen Formularmuster: Beck'sches Formularbuch zum Bürgerlichen, Handels- und Wirtschaftsrecht / Linde, Form. IV. 40; S. 572; Münchener Vertragshandbuch / Winkter, Bd. 4, 2. Halbbd., VI. 106, S. 1051; v. Oefele / Winkter, Handbuch, 10. Kap. Vertragsmuster 10; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 273; ferner Bertolini, MittBayNot 1983, 112, 113; Muth, JurBüro 1985,969,971 u. WM 1985, 1281, 1282; Sichtermann / Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 2.64, S. 26.

1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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1. Der Eigentümer wird ohne Zustimmung des Gläubigers keinen Rechten den Vorrang oder Gleichrang mit dem Erbbauzins, der Anpassungsvormerkung und dem Vorkaufsrecht einräumen.

2. In einem eventuellen Zwangsversteigerungsverfahren verzichtet der Eigentümer auf Wertersatz für das in Abteilung II eingetragene Vorkaufsrecht. 3. Der Eigentümer sichert zu, im Falle einer Zwangsversteigerung denjeweiligen Erbbauzins (also auch die zwischenzeitlich aufgrund der Anpassungsvormerkung eingetragenen Erhöhungen) hinsichtlich der künftig fällig werdenden Raten bestehen zu lassen. Dies soll durch die Beantragung abweichender Versteigerungsbedingungen nach § 59 Abs. 1 ZVG oder durch eine Vereinbarung mit dem Ersteher gemäß § 91 Abs.2 ZVG erreicht werden. Der Eigentümer verpflichtet sich, einem Antrag des Gläubigers nach § 59 Abs. 1 ZVG zuzustimmen. oder Der Eigentümer stimmt bereits jetzt einem Antrag des Gläubigers auf entsprechende Abänderung der Versteigerungsbedingungen gemäß § 59 Abs. 1 Satz 2 ZVG zu. Der Eigentümer bevollmächtigt den jeweiligen Gläubiger, mit dem Ersteher eine Vereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG über das Bestehenbleiben des Erbbauzinses zu treffen. 4. Der Eigentümer wird das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück nur unter der Bedingung veräußern, daß der Erwerber in diese Vereinbarungen eintritt und sich verpflichtet, sie an Sonderrechtsnachfolger weiterzuübertragen. Unter dem Begriff "Stillhalteerklärung" ist also ein Bündel von Einzelabreden zusammengefaßt. 66 Zusätzlich kann noch aufgenommen werden, daß die den Erbbauzins betreffenden Vereinbarungen in gleicher Weise auf die Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Anpassung der Erbbauzinsreallast angewandt werden sollen. Denn für die Frage, ob diese Vormerkung in der Zwangsversteigerung bestehenbleibt oder untergeht, gilt nichts anderes als für den Erbbauzins selbst. 67 Daher ist es nur folgerichtig, die Anpassungsvormerkung in die Stillhalteerklärung einzubeziehen. 68 66 Es finden sich in der Literatur teilweise auch unrichtige Aussagen über den Inhalt von Stillhalteerklärungen, z. B. Knothe, ErbbauR, § 13 IV, S. 260/261, der offenbar davon ausgeht, der Eigentümer verpflichte sich lediglich dazu, mit dem Ersteher den Fortbestand des Erbbauzinses nach § 91 Abs. 2 ZVG zu vereinbaren; zumindest mißverständlich Zeller / Stöber, ZVG, § 15 Rdnr. 13.15: Zur Lösung des Interessenkonflikts können "Stillhalteerklärung" und Verpflichtung, eine Änderung der Versteigerungsbedingungen herbeizuführen und / oder ihr zuzustimmen, beitragen. 67 Vgl. oben IV. 4. a). 68 Die Vormerkung berücksichtigt Winkler im Münchener Vertragshandbuch, Bd. 4, 2. Halbbd., VI. 106, S. 1051, Ziffer (2) 3.; ebenso Muth, WM 1985, 1281, 1282; anders Beck' sches Formularbuch zum Bürgerlichen, Handels- und Wirtschaftsrecht / Linde,

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Die im Hinblick auf den Erbbauzins in der Zwangsversteigerung zentralen Aussagen finden sich unter Ziffer 3. Sie beschreiben den Zweck der Stillhalteerklärung ("den jeweiligen Erbbauzins bestehen zu lassen") und auf welche Weise dieser Zweck erreicht werden soll (über § 59 Abs. 1 ZVGoder§ 91 Abs. 2ZVG). Ziffer 3 ist daher Hauptgegenstand der folgenden Untersuchung. bb) Form

Die Stillhalteerklärung wird regelmäßig in einer öffentlich beglaubigten Urkunde abgegeben. 69 Fraglich ist aber, ob diese besondere Form überhaupt erforderlich ist. Die Aussage von Hennings, meistens werde mit der Erklärung die Veräußerungszustimmung für die Zwangsversteigerung verbunden und schon deshalb müsse sie in öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden, stellt jedenfalls keine Begründung dar, weshalb die Stillhalteerklärung wegen ihres eigentlichen Inhalts öffentlich zu beglaubigen ist. 70 Es ist also nach einer gesetzlichen Bestimmung zu suchen, aus der sich die Formbedürftigkeit ergibt. Eine rechtsgeschäftliehe Erklärung bedarf z. B. dann der Form des § 129 BGB, wenn sie Voraussetzung für eine Grundbucheintragung ist (§ 29 GBO) oder wenn es sich um eine Genehmigung in der Zwangsversteigerung handelt (§ 84 Abs. 2 ZVG). So muß die Vereinbarung zwischen dem Ersteher des Erbbaurechts und dem Eigentümer gemäß § 91 Abs. 2 ZVG, daß der an sich erlöschende Erbbauzins bestehenbleiben soll, dem Grundbuchamt durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden. Dasselbe gilt für die nach § 59 Abs. 1 Satz 2 ZVG erforderliche Zustimmung der betroffenen Beteiligten, wenn durch abweichende Feststellung der Versteigerungsbedingungen der Erbbauzins in das geringste Gebot aufgenommen wird. 71 Die in der Stillhalteerklärung begründete Verpflichtung des Grundstückseigentümers, die notwendigen Rechtshandlungen vorzunehmen, um ein Bestehenbleiben des Erbbauzinses zu erreichen, muß dagegen als solche nicht öffentlich beglaubigt werden. Beschränkt sich der Inhalt der Erklärung auf diese schuldrechtliche Vereinbarung, so ist die Stillhalteerklärung auch ohne besondere Form rechtsgültig. Form. IV. 40; S. 572; einen Rücktritt nur der Vormerkung hinter das Grundpfandrecht ("gespaltener Erbbauzins") befürworten Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr.273. 69 Vgl. Muth, JurBüro 1985, 969, 971 u. WM 1985, 1281, 1282; ebenso die oben genannten Vertragsmuster- und Handbücher. 70 Sichtermann / Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 2.64, S. 26; ebensowenig begründet Muth, JurBÜfo 1985, 969, 971, der auf seine Fn. 54 (JurBÜfo 1985, 801, 811) verweist, die Formbedürftigkeit. Fn. 54 beschäftigt sich mit dem Nachweis der Veräußerungszustimmung des Eigentümers durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde. 71 Vgl. Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 4.3.

1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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Dennoch ist eine öffentliche Beglaubigung der Erklärung angebracht, und zwar aus zwei Gründen: Der Eigentümer muß dem Antrag auf Berücksichtigung des Erbbauzinses im geringsten Gebot zustimmen. Erscheint der Eigentümer im Versteigerungstermin, so kann er dort die Erklärung zu Protokoll geben. Um die Gefahr des Nichterscheinens und der deshalb fehlenden Zustimmung zu vermeiden, ist es aber angezeigt, daß der Eigentümer bereits in der Stillhalteerklärung diese Zustimmung erteilt. 72 Die Zustimmung muß dem Versteigerungsgericht gemäß § 84 Abs. 2 ZVG durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden. Das hat zur Folge, daß die gesamte Stillhalteerklärung öffentlicher Beglaubigung bedarf. Zum anderen bevollmächtigt der Eigentümer den jeweiligen Gläubiger, mit dem Ersteher eine Vereinbarung nach § 91 Abs.2 ZVG zu treffen. Soweit der bevollmächtigte Grundpfandrechtsgläubiger außerhalb des Versteigerungstermins die entsprechende Erklärung im Namen des Grundstückseigentümers abgibt, ist für die dazu notwendige Vollmacht ebenfalls öffentlich beglaubigte Form erforderlich. 73 Daß die Stillhalteerklärung in öffentlich beglaubigter Urkunde abgegeben wird, hat seinen Grund also nicht im Inhalt der damit entstehenden schuldrechtlichen Verpflichtung, sondern beruht auf der mit der eigentlichen Erklärung zweckmäßigerweise verbundenen Zustimmung bzw. Vollmachtserteilung. ce) Auswirkungen der Stillhalteerklärung im Zwangsversteigerungsverjahren (1) Abweichende Feststellung des geringsten Gebots nach § 59 ZVG Das Erlöschen des Erbbauzinses und der Anpassungsvormerkung kann durch einen Antrag gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 ZVG, diese Rechte in das geringste Gebot aufzunehmen, verhindert werden. 74 Jeder Beteiligte kann eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen verlangen. 75 Ob die beantragte Abweichung als Versteigerungsbedingung aufgestellt wird, hängt von ihrer Auswirkung auf die Rechte anderer Beteiligter ab. Das Vollstreckungsgericht muß dem Verlangen Folge leisten, wenn entweder das Recht eines anderen Beteiligten nicht beeinträchtigt wird oder der Beeinträchtigte zustimmt. 76 Der Begriff der Beeinträchti72 Beck' sches Fonnularbuch zum Bürgerlichen, Handels- und Wirtschaftsrecht / Linde,Fonn. rv. 40; S.572, 573. 73 Dassler / Schiffhauer, ZVG, § 91 Rdnr. 17; Steiner / Eickmann, ZVG, § 91 Rdnr. 32; Beck'sches Fonnularbuch zum Bürgerlichen, Handels- und Wirtschaftsrecht/ Linde, Fonn. rv. 40; S. 572,574. 74 Muth, WM 1985, 1281, 1282; Winkter, NJW 1985, 940, 944. 75 Näher dazu oben rv. 2. b) dd). 76 Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rdnr. 8; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr.2.3.

VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

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gung wird weit gefaßt, insbesondere wird eine wirtschaftliche Schädigung nicht vorausgesetzt. 77 Eine Beeinträchtigung liegt immer vor, wenn ein Beteiligter nach den gesetzlichen Bedingungen Barzahlung zu erhalten hat, und statt dessen der Übergang des an sich erlöschenden Rechts auf den Ersteher ausbedungen werden soll.78 In diesem Fall der sogenannten offenen Beeinträchtigung steht bei Beantragung der Abweichung die Beeinträchtigung bereits fest, so daß die Änderung nur mit Zustimmung des Beeinträchtigten zugelassen werden darf. Stimmt dieser nicht zu, wird der Antrag vom Gericht zurückgewiesen. Deshalb ist die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur abweichenden Feststellung des geringsten Gebots in dem Sinne, daß der Erbbauzins und die Vormerkung fortbestehen sollen, unbedingt erforderlich. An diesem Punkt greift nun die Stillhalteerklärung ein: Durch sie ist der Eigentümer verpflichtet, die entsprechende Zustimmung abzugeben, oder er hat die Zustimmung bereits in der Erklärung erteilt - letzteres ist im Interesse des Grundpfandrechtsgläubigers vorzuziehen. 79

Der Wert der Stillhalteerklärung hängt im Ergebnis aber von der weitergehenden Frage ab, ob das Vollstreckungsgericht den Zuschlag auf das Ausgebot erteilt, nach welchem der Erbbauzins bestehenbleibt. 80 Dafür ist entscheidend, wie sich der Fortbestand des Erbbauzinses auf die anderen Beteiligten - abgesehen vom Grundstückseigentümer und dem die Abweichung beantragenden Grundpfandrechtsgläubiger - auswirkt. Beteiligter am Zwangsversteigerungsverfahren ist nicht der Ersteher. 81 Die Tatsache, daß er das Recht zu ungünstigeren Bedingungen - Fortbestand des Erbbauzinses statt erbbauzinsfreiem Recht - erwirbt, ist daher für die Frage, ob der Zuschlag auf das Ausgebot zu den abweichenden Bedingungen erteilt wird, unbeachtlich. Die dem Erbbauzins vorrangigen Gläubiger aus den Rangklassen 1 und 3 sind gemäß § 9 Nr. 2 ZVG Beteiligte des Verfahrens, wenn sie ihre Ansprüche angemeldet haben. Sie werden durch die abweichende Feststellung des geringsten Gebots aber nicht beeinträchtigt, da ihre Forderungen aus dem Versteigerungserlös befriedigt werden, bevor auf die im Erbbaugrundbuch eingetragenen Rechte eine Zuteilung erfolgt. 82 Es spielt für diese Gläubiger in aller Regel keine Rolle, ob ein Recht am Erbbaurecht erlischt oder bestehenbleibt. Lediglich in dem mehr akademischen Fall, daß sich wegen des Fortbestehens eines an sich erlöschenden Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 4.2. 78 So schon Nußbaum, S. 107; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rdnr. 13; Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 45; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr.4.2. 79 Vgl. oben bb). 80 Muth, WM 1985, 1281, 1282. 81 Bertolini, MittBayNot 1983, 112, 113; Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 45. 82 Bertolini, MittBayNot 1983,112,113; Muth, WM 1985,1281,1283; Sichtermann/ Hennings, Eintragungen in Abt. n, 2.96, S. 37. 77

1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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Rechts das Bargebot derartig vennindert, daß nicht einmal die Ansprüche aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ZVG gedeckt werden können, ist eine Beeinträchtigung gegeben. Im Hinblick auf die nachstehenden Beteiligten - das sind die nachrangigen Gläubiger und der Vollstreckungsschuldner selbst - greift die Sonderregel des Abs. 3 von § 59 ZVG ein. Nach dessen Wortlaut bedarf es der Zustimmung eines nachstehenden Beteiligten nicht, wenn das Fortbestehen eines Rechts bestimmt werden soll. Das bedeutet, daß eine etwaige Beeinträchtigung dieser Beteiligten unbeachtlich ist. Die strenge Wortlautinterpretation der Vorschrift wird in neuerer Zeit teilweise abgelehnt, mit der Folge, daß im Falle einer Beeinträchtigung Nachstehender einschließlich des Schuldners auch deren Zustimmung erforderlich ist. 83 Die nachrangigen Gläubiger und der Schuldner würden dann beeinträchtigt, wenn sie aus dem Meistgebot zu den gesetzlichen Bedingungen einen höheren Betrag erhielten als aus dem Gebot, das auf die abweichenden Bedingungen abgegeben wurde. 84 Berücksichtigt ein Bieter das Fortbestehen des Erbbauzinses mit dessen vollem Kapitalisierungsbetrag und vennindert er sein Bargebot dementsprechend, so bekommen die Gläubiger in beiden Ausgebotsarten den gleichen Betrag zugeteilt und werden mithin nicht beeinträchtigt. Besser stehen sich die Gläubiger, wenn der Bieter den fortbestehenden Erbbauzins nicht im vollen Umfang berücksichtigt. Der umgekehrte Fall, daß auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen ein insgesamt höheres Gebot abgegeben wird, für das der Ersteher noch mehr Bargeld aufwenden muß, ist nicht sehr wahrscheinlich, zumal der Bieter regelmäßig laufende Zahlungen der einmaligen Aufbringung der gesamten Summe vorziehen wird. Die nachrangigen Gläubiger und der Schuldner werden im Regelfall durch die abweichende Festsetzung des geringsten Gebots also nicht beeinträchtigt werden, so daß eine Zustimmung - hält man eine solche entgegen dem Wortlaut von § 59 Abs. 3 ZVG überhaupt grundsätzlich für erforderlich - fast immer entbehrlich ist. 8s

Einer Erteilung des Zuschlags auf das Ausgebot, nach welchem der Erbbauzins und die Anpassungsvonnerkung auf den Ersteher übergehen, stehen mithin bei Geltung der Stillhalteerklärung keine Hindernisse entgegen. 83 So Muth, JurBüro 1985, 13, 22; ders., Rpfleger 1987, 397, 400; Schiffbauer, Rpfleger 1986, 326, 336; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 7.3; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rdnr. 17 a. E.: "Im Ergebnis besteht damit zur Regelung des § 59 Abs. 1 ZVG kein Unterschied mehr."; bereits im Jahr 1916 Nußbaum, S. 108: "Diese Vorschrift (§ 59 Abs.3 ZVG) ist nicht etwa eine notwendige Folge der gesetzlichen Rangordnung, sondern sie enthält eine darüber hinausgehende Zurücksetzung der nachstehenden Berechtigten und beruht in ihrer allgemeinen Fassung wohl auf einem Versehen des Gesetzgebers". 84 Sichtermann / Hennings, Eintragungen in Abt. II, 2.96, S. 37. 8S Muth, JurBüro 1985,969,974; ders., WM 1985,1281,1283; Sichtermann/Hennings, Eintragungen in Abt. II, 2.96, S. 37; Nußbaum, S. 108: "Doch kann der Regel nach dem nachstehenden Berechtigten durch das Stehenbleiben der ihm vorgehenden Last kein Schaden erwachsen".

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(2) Vereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG Alternativ sieht die Stillhalteerklärung vor, daß der Fortbestand des Erbbauzinses mit dem Ersteher gemäß § 91 Abs. 2 ZVG vereinbart werden soll. Gleichzeitig bevollmächtigt der Grundstückseigentümer den Grundpfandrechtsgläubiger, eine derartige Vereinbarung in seinem Namen zu treffen. Mit dem Wirksamwerden des Zuschlags erlöschen alle Rechte am Erbbaurecht, die nicht nach den Versteigerungsbedingungen - seien es die gesetzlichen oder nach § 59 ZVG abweichende - bestehenbleiben. 86 Ein danach erlöschendes Recht lebt aber rückwirkend wieder auf, wenn sein Fortbestand zwischen dem Berechtigten und dem Ersteher vereinbart wird (§ 91 Abs. 2 ZVG). 87 Der Berechtigte aus dem Erbbauzins, also der Grundstückseigentümer, kann demgemäß durch Vereinbarung mit dem Ersteher nach § 91 Abs. 2 ZVG das Liegenbelassen der Erbbauzinsreallast und der Anpassungsvormerkung erreichen. 88 Diese Rechte bleiben dann zugunsten des Eigentümers mit ihrem bisherigen Inhalt und Rang bestehen. 89 Aufgrund der Stillhalteerklärung ist der Eigentümer verpflichtet, sich um eine solche Abrede mit dem Ersteher zu bemühen. Anders der Ersteher: Er ist durch die Stillhalteerklärung nicht gebunden und daher auch nicht gehalten, eine Vereinbarung gemäß § 91 Abs.2 ZVG zu treffen. Es steht ihm frei, ob er auf den Antrag des Eigentümers eingeht. Durch den Fortbestand von Erbbauzins und Anpassungsvormerkung vermindert sich der durch Zahlung zu berichtigende Teil des Meistgebots um den Betrag, der sonst dem Grundstückseigentümer gebühren würde (§ 91 Abs.3 Satz 1 ZVG).9O Der Ersteher darf durch das Bestehenbleiben nichts gewinnen, aber auch nichts einbüßen. 91 Dessen Entscheidung hängt also von den konkreten Umständen ab: Ist es ihm lieber, den Betrag für den Erbbauzins und die Vormerkung nicht in einer Summe aufzubringen, sondern in Zukunft Raten zu entrichten, dann Steiner / Eickmann, ZVG, § 91 Rdnr. 5; oben IV. 2. c) bb). BGHZ 53, 327, 330 =NJW 1970, 1188, 1189; BGH, NJW 1976, 805, 806; Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 91 Rdnr. 8 ff.; Steiner / Eickmann, ZVG, § 91 Rdnr. 27 ff. 88 Karow, NJW 1984,2669,2670; Sperling, NJW 1983,2487,2488; Zeller / Stöber, ZVG, § 91 Rdnr. 3.2. 89 Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 91 Rdnr. 22; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 4 B Rdnr. 8 f.; Steiner / Eickmann, ZVG, § 91 Rdnr.44 u. 46: "dingliche Kontinuität des Rechts". 90 BGHZ 53, 327, 330 = NJW 1970, 1188 mit zustimmender Arun. Drischler; näher zur Berechnung und den dabei auftretenden Fragen: Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 4 B Rdnr. 10 ff.; Steiner / Eickmann, ZVG, § 91 Rdnr. 47 ff.; unrichtig Groth, DNotZ 1984, 372, 373, der meint, bei einer Vereinbarung nach § 91 Abs.2 ZVG komme der Betrag des kapitalisierten Erbbauzinses aus dem Erlös dem nachrangigen Kreditgläubiger zugute. 91 So wörtlich BGH, NJW 1976, 805, 806. 86 87

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wird er sich mit der Liegenbelassung einverstanden erklären. Anderenfalls kommt es nicht zu einer Vereinbarung nach § 91 Abs.2 ZVG. Hieraus wird deutlich, daß die Stillhalteerklärung, soweit sie darauf zielt, den Erbbauzins über § 92 Abs. 2 ZVG zu erhalten, dies nicht aufgrund ihrer die Parteien verpflichtenden Wirkung vermag. Denn die Parteien der Stillhalteerklärung sind meistens nicht dieselben, die eine Liegenbelassungsvereinbarung wirksam abschließen können - eine Ausnahme besteht dann, wenn der Grundpfandrechtsgläubiger das Erbbaurecht selbst ersteigert. Aber auch wenn es zu einer Vereinbarung zwischen dem Ersteher und dem Eigentümer kommt, kann dies den nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger nicht begünstigen. Da sich der Anspruch gegen den Ersteher genau um den Betrag vermindert, der aus der Teilungsmasse auf den Eigentümer entfallen wäre, der zur Verfügung stehende Erlös also um eben diesen Betrag zu kürzen ist (§ 91 Abs.3 Satz 1 ZVG), erhält ein nachrangiger Gläubiger keine höhere Zuteilung auf sein Recht als ohne eine Abrede nach § 91 Abs.2 ZVG.92 Im Unterschied zur Aufstellung abweichender Versteigerungsbedingungen ist die Liegenbelassung aufgrund einer Vereinbarung nach § 91 Abs.2 ZVG nicht geeignet, die Gefahr zu verringern, die für die Befriedigungsaussichten des Grundpfandrechtsgläubigers durch eine Kapitalisierung des vorrangigen Erbbauzinses entsteht. Denn der Erbbauzins wird zwar nicht tatsächlich kapitalisiert, da er bestehenbleibt. Seine Kapitalisierungssumme mindert aber den vom Ersteher zu zahlenden Preis. dd) Bewertung der Stillhalteerklärung Auf der Grundlage der Stillhalteerklärung sollen die oben beschriebenen Mechanismen in der Zwangsversteigerung verhindern, daß der rangbessere Erbbauzins samt Anpassungsvormerkung kapitalisiert wird und so den zur Verteilung stehenden Erlös aufbraucht. Die Kritik an der Stillhalteerklärung läßt sich unter zwei Gesichtspunkten zusammenfassen: Einerseits bestehen Bedenken, ob die Erklärung im Zwangsversteigerungsfall tatsächlich Wirkung entfaltet, andererseits wird bezweifelt, ob der Rangkonflikt zwischen dem Eigentümer und dem nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger durch die Erklärung überhaupt zufriedensteIlend gelöst wird. Außerdem ist für die Frage, welche Vorteile eine Stillhalteerklärung mit sich bringt, von Bedeutung, ob und inwieweit sie sich auf die Beleihungsmöglichkeit des Erbbaurechts auswirkt. 92 Vgl. BGH, ZIP 1984, 1536, 1539 = NJW 1985, 388 (nur Leitsätze); BGHZ 53, 327, 330 = NJW 1970, 1188, 1189: "Die Vereinbarung kann deshalb weder zu einer Benachteiligung des Erstehers noch zu einer Begünstigung der anderen Gläubiger führen."; Dassler / Schiffbauer, ZVG, § 91 Rdnr. 23; Sichtennann / Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 2.96, S. 38; Zeller / Stöber, ZVG, § 91 Rdnr.4.3. 7 Geißel

VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

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(1) Wirksamkeitsbedenken Götz behauptet, die Stillhalteerklärung wirke nur, wenn die Zwangsversteigerung aus den Erbbauzinsansprüchen selbst betrieben werde. 93 Werde dagegen aus einem dem Erbbauzins vorrangigen Recht vollstreckt, gehe die Vereinbarung zwischen Grundstückseigentümer und nachrangigem Gläubiger deshalb ins Leere, weil das Recht eines anderen Beteiligten - des Gläubigers, der die Zwangsversteigerung betreibt - beeinträchtigt werde.

Dies trifft - wie oben bereits dargestellt wurde _94 nicht zu. Die dem Erbbauzins vorgehenden Gläubiger aus den Rangklassen eins und drei werden durch das Fortbestehen nachrangiger Rechte nicht berührt. 9S Ihre Ansprüche werden in gleicher Weise befriedigt, als wenn die Erbbauzinsreallast und die Vormerkung kapitalisiert würden. Auch die Auffassung von Groth, die Stillhalteerklärung nütze dem nachrangigen Gläubiger nichts, da ihr beabsichtigter Effekt ohnehin eintrete, wenn der Erbbauzins die erste Rangstelle behalte {md damit im geringsten Gebot berücksichtigt werde, ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig. 96 Nur wenn der nachrangige Gläubiger selbst aus seinem Grundpfandrecht vollstreckt, bleiben Erbbauzinsreallast und Anpassungsvormerkung bestehen. Das ist der in der Praxis häufigste und wegen des regelmäßig großen Umfangs der Forderung, deretwegen versteigert wird, auch folgenschwerste Fall. Wird aber aus falligen Erbbauzinsforderungen oder aus Ansprüchen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ZVG die Zwangsversteigerung betrieben, kann das Bestehenbleiben von Erbbauzins und Vormerkung nur gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 ZVG erreicht werden. In diesem Fall ist die Stillhalteerklärung von Bedeutung. Sie hat also entgegen der Ansicht von Groth einen eigenen Anwendungsbereich. Der Schwachpunkt der Stillhalteerklärung ist ihre lediglich schuldrechtliehe Wirkung. 97 Durch die Vereinbarung sind allein die Vertragsparteien gebunden, also der Eigentümer und der Grundpfandrechtsgläubiger. Sie gilt nicht zu Lasten eines möglichen Sonderrechtsnachfolgers des Grundstückseigentümers. Zwar ist dieser verpflichtet, dafür zu sorgen, daß ein späterer Erwerber in die Pflichten aus der Stillhalteerklärung eintritt. 98 Dies kann aber nicht verhindern, daß im Einzelfall ein Übergang tatsächlich nicht stattfindet und der nachrangige GläubiGötz, DNotZ 1980,3,28/29. Vgl. cc) (1). 95 Bertolini, MittBayNot 1983, 112, 113; Muth, WM 1985, 1281, 1283; Sichtermann/ Hennings, Eintragungen in Abt. 11,2.96, S. 37. 96 Groth, DNotZ 1984,372,373. 97 Vgl. Götz, DNotZ 1980,3,28; Karow, NJW 1984, 2669, 2670; Knothe, ErbbauR, § 13 IV, S. 261; MÜDchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVORdnr. 18; Muth, JurBüro 1985, 969, 974/975; Räße, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 16; Winkler, NJW 1985, 940, 944. 98 Vgl. den Inhalt der Stillhalteerklärung oben aa). 93

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1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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ger sich infolgedessen im Zwangsversteigerungsverfahren nicht auf die Stillhalteerklärung berufen kann. Das Risiko, daß die Erklärung aufgrund einer Veräußerung des Erbbaugrundstücks im Versteigerungsfall nicht zum Zuge kommt, ist bei kirchlichen und öffentlichen Ausgebern gering. 99 Denn Grundstücksverkäufe kommen bei diesen Institutionen selten vor. Sie haben das Erbbaurecht als Form der Verwertung von Grund und Boden oftmals deshalb gewählt, weil sie soziale Zwecke fördern wollen oder ihnen die Veräußerung von Grundeigentum z. B. bei einer Stiftung kraft Satzung verwehrt ist. Jedenfalls sei der Grundpfandrechtsgläubiger im Falle eines Verstoßes des Eigentümers gegen die Weiterübertragungsverpflichtung durch Schadensersatzansprüche gegen so gute Schuldner wie Kirchen und öffentliche Körperschaften und Stiftungen ausreichend geschützt. 100 Richtig ist, daß der nachrangige Gläubiger als Partei der Stillhaltevereinbarung bei Verletzung daraus folgender Pflichten, insbesondere bei einem Verstoß gegen die Übertragungsverpflichtung, grundsätzlich Schadensersatzansprüche gegen den Eigentümer haben kann. Fraglich ist aber, ob der Grundpfandrechtsgläubiger in der Lage ist, einen Schaden darzutun. Ein solcher Schaden könnte nur darin liegen, daß wegen der Kapitalisierung des Erbbauzinses ein geringerer Betrag auf das Recht des nachrangigen Gläubigers zugeteilt wurde, als wenn der Erbbauzins aufgrund einer abweichenden Feststellung des geringsten Gebots bestehen geblieben wäre. Es muß also ein bestimmtes hypothetisches Bieterverhalten nachgewiesen werden. Dies ist aber kaum möglich, zumal nicht auszuschließen ist, daß der Ersteher sein Bargebot um den Betrag der Kapitalisierungssumme der fortbestehenden Rechte gekürzt hätte. Dann hätte der Grundpfandrechtsgläubiger auch bei Geltung der Stillhalteerklärung keine höhere Zuteilung auf sein Recht erhalten, ein Schaden wäre ihm durch die Verletzung der Weitergabeverpflichtung nicht entstanden. Da aber nach den Erfahrungen bei Zwangsversteigerungen Bieter die fortbestehende Erbbauzinsreallast nicht mit dem vollen Umfang ihrer Kapitalisierungssumme berücksichtigen, ist m. E. eine Schadensschätzung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO möglich. Gilt die Stillhalteerklärung im Einzelfall nicht, so kann der Grundpfandrechtsgläubiger dennoch eine abweichende Feststellung des geringsten Gebots beantragen. Dabei besteht der Unterschied, daß die erforderliche Zustimmung des Eigentümers fehlt und dieser auch rechtlich nicht verpflichtet ist, seine Zustimmung zu erklären. Da der Grundstückseigentümer in aller Regel ein stärkeres Interesse an der Erhaltung einer inflationssicheren und der allgemeinen Einkommensentwicklung anzupassenden Einnahmequelle als an einem Wertersatzanspruch hat, 99 Götz, DNotZ 1980,3,28; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 225; Muth, WM 1985, 1281, 1284. 100 So Götz, DNotZ 1980,3,28; Muth, WM 1985, 1281, 1284.

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er also die Kapitalisierung und das Erlöschen des Erbbauzinses ebenfalls vermeiden will, 101 wird er die Zustimmung oftmals auch ohne eine dahingehende Bindung erteilen. 102 Notfalls hat der nachrangige Gläubiger noch die Möglichkeit, den Anspruch des die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigers abzulösen. Dazu sind in den Rangklassen 1 und 3 nur geringe Beträge notwendig, bei der Erbbauzinsreallast höchstens die laufenden und die aus den letzten zwei Jahren rückständigen Raten. 103 Es ist festzuhalten, daß in den Fällen, in denen die Stillhalteerklärung keine Wirkung entfaltet, weil sie nicht weiterübertragen wurde, dennoch erfolgversprechende Möglichkeiten für den nachrangigen Gläubiger bestehen, eine Kapitalisierung von Erbbauzins und Anpassungsvormerkung zu verhindern. (2) Lösung des Rangkonflikts zwischen Eigentümer und Grundpfandrechtsgläubiger Durch die Stillhalteerklärung wird der Grundpfandrechtsgläubiger nach Meinung von Sperling im Falle einer Zwangsversteigerung wirtschaftlich so gestellt, als ob er die erste Rangstelle innehätte. 104 Nach anderer Ansicht ist die Erklärung dagegen kein gleichwertiger Ersatz für einen Rangrücktritt des Eigentümers mit seinem Erbbauzins. 105 Im Vergleich zu einer vorrangigen Absicherung des Grundpfandrechts ergäben sich entscheidende Nachteile: Die Stillhalteerklärung ändere nichts daran, daß der Grundpfandgläubiger durch die vorrangige Erbbauzinsreallast möglicherweise den Schutz verliere, den ihm die Vorschriften der §§ 85 a, 74 a ZVG bei nachrangigem Erbbauzins geboten hätten. 106 Dies trifft zu: Läuft das Grundpfandrecht nämlich innerhalb der 5/10 bzw. 7/10 Grenze der §§ 85 a, 74a ZVG aus, so ist der Grundpfandrechtsgläubiger einmalig dadurch geschützt, daß der Zuschlag zu einem das Grundpfandrecht nicht deckenden Gebot nicht erteilt werden kann. 107 Soweit das Recht aber nachrangig eingetragen ist und deshalb 5/10 bzw. 7 /10 des vom Gericht festgesetzten Verkehrswertes des Erbbaurechts überschreitet, ist der über die genannten Grenzen hinausgehende Betrag nicht durch die §§ 85 a, 74a ZVG geschützt, weil bei einem Gebot ab 7 /10 der Zuschlag auch nicht auf Antrag zu versagen ist. Der Grundpfandrechtsgläubiger erleidet dann zumindest einen Teilausfall. Kalter, KTS 1966, 137, 142; Knothe, ErbbauR, § 13 IV, S. 259. Vgl. Muth, WM 1985, 1281, 1283; Winkler, NJW 1985, 940, 944. 103 Muth, JurBüro 1985, 969, 976; ders., WM 1985, 1281, 1283. 104 Sperling, NJW 1983,2487,2488. 105 Karow, NJW 1984,2669,2670. 106 Karow, NJW 1984,2669; MünchKomm / v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 18; Muth, WM 1985, 1281, 1283. 107 So Karow, NJW 1984,2669. 101

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Ferner wird zu Recht eingewandt, die Bieter ließen bei Bemessung ihres Bargebots nicht unberücksichtigt, ob der Erbbauzins samt Anpassungsvonnerkung über § 59 ZVG bestehenbleibe oder nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erlösche. 108 Die Interessenten berechnen die mit ihrem Gebot verbundene Gesamtbelastung (bar zu zahlender Teil und bestehenbleibende Rechte) und kürzen bei Fortbestehen des Erbbauzinses ihr Bargebot entsprechend. Umgekehrt hat nämlich die Möglichkeit der unentgeltlichen Nutzung des Erbbaugrundstücks einen bestimmten Wert, der, sofern der Erbbauzins angemessen ist, von diesem widergespiegelt wird. 109 Bleibt der Erbbauzins bestehen, so sind die Bargebote um den Betrag geringer, den die Bieter im Falle des Erlöschens für den Vorteil der Unentgeltlichkeit zu zahlen bereit gewesen wären. Der Fortbestand des Erbbauzinses kann für den nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger sogar zu einem ,,Nullsummenspiel" werden, wenn der Ersteher sein Bargebot genau um den Kapitalisierungsbetrag des bestehenbleibenden Zinses kürzt. 110 Allerdings, so Muth, zeige die Erfahrung aus zahlreichen.Zwangsversteigerungsverfahren, daß der Vorteil der unentgeltlichen Nutzung des Erbbaugrundstücks vom Bieter nicht in voller Höhe berücksichtigt werde. l11 Für die Gesamtbelastung bei Bestehenbleiben der Reallast heißt dies, daß der Ersteher bei Übernahme des Erbbauzinses insgesamt eine höhere Gegenleistung für den Erwerb des Erbbaurechts erbringt. Das kommt dem nachrangigen Gläubiger zugute, der danach mehr erhält, als wenn das vorgehende Recht kapitalisiert worden wäre - allerdings, wie sich aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt, nicht so viel wie im Falle einer erstrangigen Eintragung. Demnach ist wie schon Karow feststellt _112 die Behauptung Sperlings, durch die Stillhalteerklärung würden die Hypotheken- und Grundschuldgläubiger im Falle einer Zwangsversteigerung wirtschaftlich so gestellt, als ob sie die erste Rangstelle innehätten, 113 nicht zutreffend. Trotzdem ist dies kein Argument gegen die Stillhaltevereinbarung. Ihr Inhalt und Zweck ist zu verhindern, daß die Erbbauzinsreallast in der Zwangsversteigerung erlischt und kapitalisiert wird. Diesen Zweck erfüllt die Stillhalteerklärung auch. Vergleicht man die Situation mit der bei vorrangiger Absicherung der Grundpfandgläubiger, so ist zu berücksichtigen, daß im Fall der vorrangigen Absicherung die bestehenden Wertbeziehungen - Grundstücksnutzung gegen Erbbauzins, Baulichkeiten als Haftungsobjekt für die Grundpfandrechte - durch die Zwangsversteigerung aufgelöst werden. Denn bei Erstrangigkeit des GrundKarow, NJW 1984,2669. Vgl. Götz, DNotZ 1980,3,21; Rudolph, Bank-Infonnation 1977 (Heft 1), 14, 15. 110 Dies ist allerdings unwahrscheinlich, so Sichtennann I Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 2.96, S. 38; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 3 E Rdnr. 35. 111 Muth, JurBüro 1985, 801, 808. 112 Karow, NJW 1984, 2669, 2670. 113 Sperling, NJW 1983, 2487, 2488. 108

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pfandrechts fließt dessen Gläubiger zusätzlich der Wert zu, der aus der Möglichkeit der unentgeltlichen Nutzung des Erbbaugrundstücks infolge des Erlösehens von Erbbauzins und Anpassungsvonnerkung entsteht - das wegen des Wegfalls der Zinsbelastung höhere Bargebot wird ja zuerst auf das Pfandrecht zugeteilt. Damit greift der Gläubiger aber auf den Ertragsanteil des Grundstücks zu, der durch den Erbbauzins eigentlich dem Grundstückseigentümer zugewiesen ist, da der Erbbauzins das Äquivalent für das Eigentum an Grund und Boden bildet. 114 Der Gläubiger muß sich deshalb bei der Beleihung redlicherweise allein nach dem Gebäudewert bzw. den Baukosten richten. Soweit er das Erbbaurecht zu hoch belastet, verdient er keinen Schutz. 115 Daher ist die Tatsache, daß eine Stillhalteerklärung dem Hypotheken- oder Grundschuldgläubiger nicht dieselbe Stellung verschafft wie die erstrangige Eintragung im Erbbaugrundbuch, allenfalls ein Grund für diese Gläubiger, sich nicht mit einer Stillhaltevereinbarung an Stelle des ersten Ranges zufrieden zu geben, nicht aber ein Argument gegen die Stillhalteerklärung als solche. (3) Folgen der Stillhalteerklärung für die Beleihbarkeit des Erbbaurechts Für die Einschätzung der Stillhalteerklärung ist es von Bedeutung, ob durch sie der Beleihungsrahmen für nachrangige Gläubiger erweitert wird. Fraglich ist, ob das Vorliegen einer Stillhalteerklärung es rechtfertigt, die Reallast nur beschränkt oder sogar überhaupt nicht von der Beleihungsgrenze abzuziehen und so die Beleihungsmöglichkeit des Erbbaurechts auszuweiten. Dieser Ansicht ist Muth. 116 Da der Gläubiger aufgrund der Stillhalteerklärung nicht mit einer Kapitalisierung des vorrangigen Erbbauzinses zu rechnen brauche, sei es zulässig, entweder den Erbbauzins durch einen Anpassungsfaktor zu vermindern, der widerspiegelt aufweIche Weise potentielle Bieter den bestehenbleibenden Erbbauzins bei der Höhe ihrer Gebote berücksichtigen, oder bei kirchlichen und öffentlichen Erbbaurechtsausgebern sogar nur vier Jahresraten als Vorlast anzusetzen. Anders die überwiegende Gegenmeinung: 117 Die Stillhalteerklärung wirke nur schuldrechtlich zwischen dem Eigentümer und dem Grundpfandrechtsgläubiger und könne deshalb bei der Feststellung des Beleihungsrahmens keine Rolle spielen. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Vgl. Steffan, Handbuch, S. 282. Vgl. Winkler, NJW 1985, 940, 944. 116 JurBüro 1985,969,977 /978. 117 Götz, DNotZ 1980,3,29; Karow, NJW 1984,2669,2670; Sichtermann / Hennings, Eintragungen in Abt. 11, 2.64, S. 26; Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, 114 115

S.354.

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Entscheidend ist aber nicht allein die schuldrechtliche Wirkung, sondern die Tatsache, daß der Erbbauzins als Belastung weiterhin auf dem Erbbaurecht ruht und von dem Ersteher entrichtet werden muß. Die einzelnen Raten ergeben zusammengerechnet und abgezinst genau den Betrag, der als Wertersatz bei Erlöschen der Erbbauzinsreallast zu entrichten wäre. Die Stillhalteerklärung "neutralisiert" den Erbbauzins nicht etwa, sie verhindert lediglich dessen Kapitalisierung. Daß dies häufig zu einer höheren Gesamtleistung (Bargebot zuzüglich des Wertes des bestehenbleibenden Erbbauzinses) durch den Ersteher führt, ist ein erhofftes Ergebnis, das nicht auf rechtlichen Mechanismen beruht, sondern darauf zurückzuführen ist, daß für den Ersteher laufende Zahlungen in der Regel weniger belastend sind. Die Stillhalteerklärung entbindet die Kreditinstitute folglich nicht davon, den vorrangigen Erbbauzins zu kapitalisieren und von der Beleihungsgrenze abzuziehen. Daß der Erbbauzins wirtschaftlich gesehen eine ,,neutrale" Vorlast ist,118 da der angemessenen Erbbauzinsreallast der Wert des dinglichen Besitzrechts an Grund und Boden (Wert des ,,reinen" Erbbaurechts) entspricht, ändert daran nichts. Denn dieser Tatsache wird bereits dadurch Rechnung getragen, daß nach der hier vertretenen Auffassung 119 bei der Ermittlung des Beleihungswerts des Erbbaurechts der Wert des dinglichen Besitzrechts als eigener Aktivposten anzusetzen ist.

ee) Varianten der Stillhalteerklärung In der Literatur werden zwei Varianten der Stillhalteerklärung vorgeschlagen, durch welche die Vereinbarung verdinglicht werden soll, damit sie gegenüber Sonderrechtsnachfolgern des Grundstückseigentümers wirkt.

Nach Auffassung von Götz sollte eine Vormerkung in das Erbbaugrundbuch eingetragen werden. 120 Voraussetzung hierfür wäre eine Verpflichtung des Grundstückseigentümers, mit dem Erbbauzins und der Anpassungsvormerkung hinter das in Frage stehende Grundpfandrecht zurückzutreten, wenn er in der Zwangsversteigerung mehr als die faIligen Erbbauzinsraten geltend macht. Formal betrachtet würde die Vormerkung in diesem Fall einen schuldrechtlichen Anspruch auf dingliche Rechtsänderung sichern, der über die Vorschrift des § 888 BGB auch Rechtsnachfolgern des Eigentümers gegenüber durchgesetzt werden kann. Tatsächlich kann die Vormerkung aber lediglich eine veränderte Erlöszuteilung bewirken, da die Voraussetzungen des gesicherten Anspruchs erst zu einem Zeitpunkt vorliegen, in dem die dinglichen Rechte in der Zwangsversteigerung bereits erloschen sind. 121 Die Eintragung einer Vormerkung wird daher dem 118 Vgl. oben Ill. 2. d). 119 Siehe III. 2. c) cc). 120 Götz, DNotZ 1980, 3, 28. 121 So Muth, JurBÜfo 1985, 801, 807/808; ders., WM 1985, 1281, 1284; vgl. auch oben b) bb).

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

eigentlichen Zweck dieses Rechtsinstituts zuwider eingesetzt. Im einzelnen ist dies oben im Zusammenhang mit der Vereinbarung eines variablen Höchstbetrages für den Wertersatz und dessen Absicherung durch eine Vormerkung dargestellt. 122 Aus denselben Gründen ist auch eine Vormerkung zum Zwecke der Sicherung einer Stillhalteerklärung als unzulässig abzulehnen. Muth regt demgegenüber an, eine Grundschuld an dem mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück zu bestellen. 123 Auf diese Weise erhält der Grundpfandrechtsgläubiger Zugriff auf den Wertersatz für den Erbbauzins, falls sich der Eigentümer nicht an die Stillhaltevereinbarung hält und es deshalb zu einer Kapitalisierung kommt. Denn der Erbbauzins gilt gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 ErbbauVO, § 96 BGB als Bestandteil des Grundstücks und unterliegt somit der Haftung für die Grundschuld nach §§ 1192 Abs.l, 1126 BGB. Durch eine Zwangsvollstreckung in das Erbbaurechtsgrundstück kann der nachrangige Gläubiger demzufolge einen Verstoß gegen die getroffenen Vereinbarungen sanktionieren und sich für einen Ausfall bei der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts schadlos halten.

Allerdings ist der Vorschlag von Muth praxisfern, da sich ein Grundstückseigentümer kaum auf eine solche Belastung seines Grundstücks einlassen wird. 124 Zwar ist auch Muth richtigerweise der Ansicht, die Belastung des Grundstücks dürfe nicht dazu führen, daß das mögliche Verhalten des Gläubigers zu einem Risiko für den Eigentümer wird. 125 Dem soll dadurch Rechnung getragen werden, daß das Kreditinstitut verschiedene Verpflichtungserklärungen abgibt, einen vollstreckungsbeschränkenden Vertrag abschließt und eine isolierte Abtretung der Grundschuld an Dritte ausgeschlossen wird. 126 Diese Regelungen sind aber im einzelnen so kompliziert, daß die Beteiligten abgeschreckt werden. Außerdem ist folgendes zu bedenken: Nicht der Grundeigentümer ist der Kreditnehmer, sondern der Erbbauberechtigte. Sein Interesse geht nur dahin, daß das Erbbaugrundstück dem Erbbaurechtsvertrag gemäß bebaut wird. Es ist ihm daher gleichgültig, wenn der Erbbaurechtsnehmer, da die Beleihungsgrenze ausgeschöpft ist, den Bau im übrigen durch einen ungünstigeren Personalkredit finanzieren muß. Der Grundstückseigentümer ist folglich nicht in einer Lage, in der er von dem Kreditinstitut dazu gedrängt werden könnte, sein Grundeigentum mit einem

Vgl. b) bb). Muth, JurBüro 1985, 801, 809; ders., WM 1985, 1281, 1284 ff. 124 So Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 16; auch Muth räumt in JurBüro 1985,801,809 ein, daß Kirchen und Behörden als Erbbaurechtsausgeber nicht auf diesen Vorschlag eingehen werden, "weil sie sonst den Wertersatzanspruch für den erlöschenden Erbbauzins einbüßen würden". Weshalb sich private Ausgeber anders verhalten sollten, ist m. E. nicht ersichtlich. 125 Muth, WM 1985, 1281, 1285. 126 Vgl. im einzelnen Muth, WM 1985,1281,1285 f.; auf die Gefahr von sicherungswidrigen Verfügungen weist auch Räfle, ErbbauVO, § 9 Rdnr. 16 hin. 122 123

1. Absicherung nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger

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Pfandrecht zu belasten und sich dadurch in die Gefahr zu begeben, das Grundstück in einer Zwangsversteigerung zu verlieren. Auch führt eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück durch welche der nachrangige Gläubiger den Wertersatz für den erloschenen Erbbauzins zugeteilt erhält, nicht zu einer Lösung, die den berechtigten Interessen des Eigentümers entspricht. Der Erbbauzins und folglich gleichermaßen der an seine Stelle tretende Wertersatz sind das Entgelt für die Überlassung der Bodennutzung durch den Grundeigentümer und damit diesem als Bodenzins zugewiesen. Der Zugriff eines anderen Gläubigers auf den Erbbauzins ist ebenso wie das Erlöschen der Reallast mit dem Ausfall des Wertersatzanspruches in der Versteigerung kein gerechter Ausgleich, da der Eigentümer in beiden Fällen für die Restlaufzeit des Erbbaurechts die Nutzung von Grund und Boden ohne Gegenleistung zulassen muß. ff) Zusammenfassung

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Die Stillhalteerklärung hat lediglich einen begrenzten Anwendungsbereich, da im wichtigsten Zwangsvollstreckungsfall - der Vollstreckung aus dem nachrangigen Grundpfandrecht - der von ihr bezweckte Erfolg - Bestehenbleiben des Erbbauzinses und der Anpassungsvormerkung - ohnehin eintritt.

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Für den nachrangigen Gläubiger ist sie nur dann sinnvoll, wenn das Bestehenbleiben des Erbbauzinses bereits bei der Feststellung des geringsten Gebots als abweichende Versteigerungsbedingung bestimmt wird. Eine Liegenbelassungsvereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG führt nicht zu besseren Befriedigungsaussichten des Gläubigers.

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Die Stillhalteerklärung stellt den nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger nicht so, als wenn er vorrangig abgesichert wäre. Besteht der Erbbauzins aber fort, statt zu erlöschen, so wendet ein Ersteher häufig insgesamt mehr für den Erwerb des Erbbaurechts auf, weil er die Belastung durch die Erbbauzinszahlung nicht mit ihrem vollen Kapitalisierungswert berücksichtigt. Dies kommt dem nachrangigen Gläubiger zu Gute.

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Die Beleihungsmöglichkeit des Erbbaurechts wird infolge der Stillhalteerklärung nicht erweitert. Denn ein angemessener Erbbauzins wird bereits dadurch "neutralisiert", daß bei der Beleihungswertfeststellung der Wert des dinglichen Besitzrechts im vollen Umfang zu berücksichtigen ist.

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Die vereinzelt in der Literatur vertretenen Varianten der Vereinbarung sind rechtlich zweifelhaft bzw. tatsächlich nicht durchsetzbar.

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

2. Die Absicherung eines nachrangigen Grundstückseigentümers vor dem Erlöschen des Erbbauzinses in der Zwangsversteigerung Tritt der Eigentümer mit der Erbbauzinsreallast und der Anpassungsvormerkung hinter eine Hypothek oder Grundschuld zurück, so erlöschen diese Rechte, falls aus dem Grundpfandrecht die Zwangsversteigerung betrieben wird. Der Kreditgläubiger hat es damit in der Hand, ob der Erbbauzins untergeht und das ursprünglich nur gegen ein regelmäßig wiederkehrendes Entgelt bestellte Erbbaurecht zu einem Erbbaurecht ohne Erbbauzins wird. Schwierigkeiten des Erbbauberechtigten mit Zinszahlung und Tilgung bei dem durch das Grundpfandrecht gesicherten Darlehen gefährden folglich auch den Erbbauzinsanspruch des Grundstückseigentümers. Diesen abzusichern, ist das Ziel der im folgenden dargestellten rechtlichen Gestaltungen. Es geht dabei vorrangig darum, ein Erlöschen der Reallast zu verhindern.

a) Abtretung des Rückgewähranspruchs des Erbbauberechtigten gegen den Grundschuldgläubiger Der Eigentümer, der einem Grundschuldgläubiger den Vorrang vor der Erbbauzinsreallast eingeräumt hat, soll sich nach Meinung des BGH den Anspruch des Erbbauberechtigten gegen den Gläubiger auf Rückgewähr der Grundschuld im voraus abtreten und durch Eintragung einer Vormerkung sichern lassen. 1 Da die Grundschuld von der gesicherten Forderung nicht abhängig ist, steht sie auch dann weiter dem Gläubiger zu, wenn der Anspruch, dessentwegen sie bestellt wurde, erloschen ist. 2 Das Erlöschen der gesicherten Forderung bzw. deren Nichtentstehung begründet aber einen schuldrechtlichen Anspruch des Erbbauberechtigten auf Rückgewähr des dinglichen Rechts aus der mit dem Grundschuldgläubiger getroffenen Sicherungsvereinbarung und aus den §§ 1192 Abs. 1, 1169 BGB.3 Dieser Rückgewähranspruch ist ein bereits mit dem Abschluß des Sicherungsvertrages - und somit regelmäßig bei der Grundschuldbestellung - zur Entstehung gelangender, durch die Tilgung der gesicherten Forderung aufschiebend bedingter Anspruch. 4 Er kann von dem Inhaber - hier dem Erbbauberechtigten BGHZ 81, 358, 363 = NJW 1982,234,235. BGH, NJW 1981, 1505; MünchKomm/Eickmann, § 1191 BGB Rdnr. 64; Soergel/ Konzen, §§ 1191,1192 BGB Rdnr. 11. 3 Vgl. BGH, NJW 1985, 800; näher MünchKomm/Eickmann, § 1191 BGB Rdnr. 81, 87 ff.; Soergel / Konzen, §§ 1191, 1192 BGB Rdnr. 33 ff.; Staudinger / Scherübl, § 1191 BGB Rdnr. 56. 4 BGH, NJW 1977, 247. 1

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2. Absicherung nachrangiger Grundstückseigentümer

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- schon vor Fälligkeit an einen Dritten abgetreten werden. S Um eine unberechtigte aber wirksame Verfügung über die Grundschuld zu verhindern, kann der Rückgewähranspruch durch eine Vormerkung gesichert werden. 6 Ist dem Grundstückseigentümer dieser Anspruch des Erbbauberechtigten, wie der BGH vorschlägt, abgetreten worden, so gilt in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts: Der Kreditgläubiger kann die nicht oder nicht voll valutierte Grundschuld ihrem ganzen Umfang nach geltend machen, ist aber verpflichtet, den Erlös bzw. einen Teil des Erlöses dem Eigentümer als Zessionar auszukehren. 7 Denn der Rückgewähranspruch wandelt sich im Versteigerungsverfahren durch den Zuschlag kraft Surrogation in einen Anspruch auf den entsprechenden Teil des Erlöses um. 8 Der an den erbbauzinsberechtigten Grundstückseigentümer zedierte Rückgewähranspruch hat demnach in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts überhaupt nur dann einen Wert, d. h. vermittelt den Anspruch auf einen Teil des Versteigerungserlöses, wenn die Grundschuld ganz oder teilweise nicht mehr valutiert ist. Ist aber das durch die Grundschuld gesicherte Darlehen getilgt, so besteht auch keine Gefahr einer Zwangsversteigerung durch den Grundpfandrechtsgläubiger. 9 Dasselbe gilt erfahrungsgemäß, wenn der Kredit zu einem größeren Teil bereits zurückgezahlt wurde, es sei denn, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Erbbauberechtigten verschlechtern sich nachträglich. Bei valutierten Grundschulden dagegen hilft der abgetretene Rückgewähranspruch dem Eigentümer nicht, weil der Pfandrechtsgläubiger den auf sein Recht entfallenden Versteigerungserlös behält. 10 Gerade in dem für den Eigentümer gefahrlichsten Zeitraum - das Erbbaurecht ist noch jung und der Kapitalstand der Grundschuld hoch _,11 bietet der abgetretene Anspruch demnach keinen Vorteil in der Zwangsversteigerung. Hinzu kommt, daß nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute diesen gestellte Sicherheiten zur Besicherung sämtlicher Forderungen aus der Geschäftsverbindung mit der betreffenden Bank dienen. Daher wird die 5 BGH, NJW 1985, 800, 801 / 802; MünchKomm/Eickmann, § 1191 BGB Rdnr. 88, 90; Soerge1 / Konzen, §§ 1191, 1192 BGB Rdnr. 43; Staudinger / Scherüb1, § 1191 BGB Rdnr.64. 6 MÜDchKomm / Eickmann, § 1191 BGB Rdnr.93; Staudinger / Scherüb1, § 1191 BGB Rdnr. 63. 7 MünchKomm / Eickmann, § 1191 BGB Rdnr. 98 ff.; Soerge1 / Konzen, §§ 1191, 1192 BGB Rdnr.50; Staudinger / Scherüb1, § 1191 BGB Rdnr.79. 8 BGH, NJW 1977,247,248; MünchKomm/Eickmann, § 1191 Rdnr.99. 9 Ru1and, NJW 1983, 96, 97; Winkler, NJW 1985, 940, 941. 10 Groth, DNotZ 1983,652,653; Winkler, NJW 1985,940,941. 11 Daß gerade in den ersten Jahren eines Erbbaurechts die Gefahr einer Zwangsversteigerung groß ist, zeigen auch die heiden Entscheidungen BGHZ 81, 358 = NJW 1982, 234 u. BGHZ 100, 107 = NJW 1987, 1942. Dort kam es vier bzw. sechs Jahre nach der Bestellung des Erbbaurechts zur Zwangsversteigerung.

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Grundschuld, insbesondere bei gewerblichen Erbbaurechtsnehmern (z. B. Wohnungsbaugesellschaften), selbst bei fortschreitender Tilgung des Baudarlehens in aller Regel weiterhin valutiert sein. Außerdem hindert die Abtretung des Rückgewähranspruchs das Kreditinstitut nicht daran, die Grundschuld ohne Zustimmung des Zessionars neu zu valutieren. 12 Auch löst das bei Eingreifen des·Rückgewähranspruchs in der Zwangsversteigerung bewirkte Ergebnis die eigentliche Problematik nicht: Dem Grundstückseigentümer ist in erster Linie daran gelegen, die Erbbauzinsreallast mit den aus ihr fließenden Ansprüchen zu behalten. Die Abtretung des Rückgewähranspruchs führt dagegen bestenfalls dazu, daß der ansonsten durch Nichtzuteilung auf den erloschenen Erbbauzins eintretende Vermögensverlust begrenzt wird. 13 Es erfolgt mithin nur ein wirtschaftlicher Ausgleich für das Recht, nicht aber kann dessen Fortbestand erreicht werden. Zusammenfassend ist demnach die einhellige Auffassung der Literatur 14 zu bestätigen, nach der die vom BGH vorgeschlagene Abtretung des Rückgewähranspruchs für den Eigentümer kein angemessenes Sicherungsmittel darstellt.

b) Abtretung des auf den Erbbauberechtigten entfallenden Versteigerungserlöses Der Grundstückseigentümer kann sich den künftigen Anspruch des Erbbauberechtigten auf Auszahlung des auf ihn entfallenden Teils des Versteigerungserlöses abtreten lassen. 15 Diese Zession wird dem Umfang nach bestimmt durch die Höhe des im Zeitpunkt der Zwangsversteigerung rückständigen und des zu kapitalisierenden künftigen Erbbauzinses. Eine solche Abtretung sollte nach Meinung von Stakemann bereits im Erbbaurechtsvertrag enthalten sein, sie kann aber auch im Falle eines nachträglichen Rangrücktritts des Eigentümers mit seiner Reallast vereinbart werden. 16 Die Folge in der Zwangsversteigerung sei, so Stakemann, daß der Eigentümer risikolos auf das Erbbaurecht Gebote abgeben könne, da er aufgrund der Abtretung ..in die eigene Tasche" biete, ihm sein Gebot über den abgetretenen Erlösanspruch selbst zufalle. Der Grundstückseigentümer schaffe Muth, JurBüro 1985, 801, 811. So Muth, JurBüro 1985, 801, 811. 14 Vgl. Groth, DNotZ 1983,652,653; Muth, JurBüro 1985,801,811; Ruland, NJW 1983,96,97; Winkler, NJW 1985,940,941. Allerdings kann das von Groth und Winkler zusätzlich vertretene Argument, die Rückgewähransprüche seien meistens schon vorher an nachrangige Grundpfandrechtsgläubiger zediert, nicht verfangen. Denn der Eigentümer hat die Möglichkeit, seinen Rangrücktritt von der Abtretung des Anspruchs abhängig zu machen. Darüber wird aber vor der Bestellung der Grundschuld verhandelt, so daß der Eigentümer regelmäßig der erste mögliche Abtretungsempfänger ist. 15 Vgl. Stakemann, NJW 1984,962,963; Knothe, ErbbauR, § 13 IV, S. 261. 16 Stakemann, NJW 1984,962,963. 12

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sich auf diese Weise die Möglichkeit, das Erbbaurecht zu erstehen und anschließend erneut gegen einen entsprechenden Zins auszugeben. Werde er überboten, so bekomme er zumindest den abgetretenen Versteigerungserlös und erleide somit keinen Schaden. 17 Bei seinem Vorschlag übersieht Stakemann, daß der Erbbauberechtigte als Vollstreckungsschuldner nur dann einen Anteil vom Versteigerungserlös erhält, wenn alle Gläubiger im Verfahren wegen ihrer Ansprüche befriedigt sind. Angenommen, als einzige Belastungen des Erbbaurechts sind erstrangig eine Grundschuld und im zweiten Rang der Erbbauzins eingetragen, Ansprüche aus den Rangklassen eins und drei bestehen nicht, so erfolgt eine Zuteilung aus dem Erlös zunächst auf die Verfahrenskosten, dann auf die Grundschuld, anschließend auf die Erbbauzinsreallast und erst zum Schluß an den Erbbauberechtigten. Es ist dementsprechend äußerst selten, daß an den Erbbauberechtigten im Versteigerungsverfahren überhaupt ein Betrag zugeteilt wird. 18 Aber auch wenn dies der Fall sein sollte, sind die Ansprüche des Eigentümers dann bereits in vollem Umfang aus dem Erlös gedeckt, da er wegen des Erbbauzinses vor dem Erbbauberechtigten (= Schuldner) aus der Teilungsmasse befriedigt wird. Würde der Eigentümer das Erbbaurecht dagegen selbst ersteigern, so müßte er in Höhe des vorrangigen Grundpfandrechts Geld aufwenden, um später wieder laufende Zinsraten zu erhalten. Das kommt einer Ablösung des Grundpfandrechts durch den Eigentümer gleich. All dies zeigt, eine Abtretung des auf den Erbbauberechtigten entfallenden Versteigerungserlöses stellt keine Möglichkeit dar, die Interessen des Grundstückseigentümers zu wahren. c) Heimfall

Nach § 2 Nr. 4 ErbbauVO kann als Inhalt des Erbbaurechts vereinbart werden, daß der Erbbauberechtigte verpflichtet ist, das Recht bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen auf den Grundstückseigentümer zu übertragen. Dieser sogenannte Heimfall führt dazu, daß der Grundstückseigentümer oder ein von ihm nach § 3 ErbbauVO bezeichneter Dritter neuer Inhaber des Erbbaurechts wird. Dabei geht das Erbbaurecht allerdings nicht von selbst über, sondern der Eigentümer hat gegen den Erbbauberechtigten lediglich einen Anspruch auf Heimfall. 19 Zulässige und übliche Heimfallgründe sind beispielsweise die Konkurseröffnung über das Vermögen des Erbbauberechtigten oder die Anordnung der Stakemann, NJW 1984, 962, 963. So Muth, JurBüro 1985,801,815, der berichtet, daß unter den mehreren hundert Zwangsversteigerungsverfahren, die er kenne, nicht einmal fünf gewesen seien, in denen noch Zuteilungen auf den Vollstreckungsschuldner erfolgt wären. 19 Vgl. zum Heimfall Ingenstau, ErbbauVO, § 2 Rdnr. 33 ff.; Knothe, ErbbauR, § 14, S. 265 ff. 17 18

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Zwangsverwaltung bzw. Zwangsversteigerung des Erbbaurechts. 20 Denkbar ist auch, daß sich der Grundstückseigentümer ein Heimfallrecht für den Fall vorbehält, daß ein Erwerber des Erbbaurechts nicht in die schuldrechtlichen Bedingungen des Erbbauvertrages eintritt. 21 Fraglich ist, in welcher Weise sich derartige Heimfallvereinbarungen in der Zwangsversteigerung auswirken, und ob der Eigentümer dadurch eine annehmbare Möglichkeit erhält, seinen Erbbauzins zu sichern. Daß die Heimfallvereinbarung zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht werden kann, bedeutet zunächst: Jeder Erwerber - auch der Ersteher - unterliegt der im Erbbauvertrag getroffenen Abrede über den Heimfall in gleicher Weise wie der ursprüngliche Erbbauberechtigte. Wird nach Erwerb ein Heimfalltatbestand verwirklicht, muß der neue Inhaber das Erbbaurecht auf den Eigentümer übertragen. Dies ist soweit unstreitig. 22 Umstritten ist jedoch, ob ein gegenüber dem vorherigen Erbbauberechtigten bereits entstandener konkreter Heimfallanspruch auch gegen einen Rechtsnachfolger oder den Ersteher geltend gemacht werden kann, so daß das Erbbaurecht von vornherein mit der Übertragungsverpflichtung erworben wird. Nach h. M. geht die Verpflichtung aus dem Heimfallrecht, wie sie besteht, auf den Ersteher über und ist von ihm auf Verlangen des Eigentümers zu erfüllen. 23

aa) Zwangsversteigerung als Heim/al/grund Ist die Anordnung der Zwangsversteigerung als Heimfalltatbestand im Erbbaurechtsvertrag bestimmt, so ist nach der h. M. zu unterscheiden, ob der Heimfall 20 Behmer, Rpfleger 1983,477; Ingenstau, Erbbau VO, § 2 Rdnr. 44; Knothe, ErbbauR, § 1411 2b, S. 274; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 79; MÜDchKomm/v. Oefele, § 2 ErbbauVO Rdnr. 27; Räfle, ErbbauVO, § 2 Rdnr. 25; Staudinger / Ring, § 2

ErbbauVO Rdnr. 21; Weichhaus, Rpfleger 1979, 329, 330. 21 Vgl. OLG Oldenburg, DNotZ 1988,591. Die vom Gericht für zulässig gehaltene Klausel lautet: "Der jeweilige Grundstückseig~ntümer ist berechtigt, von den Erbbauberechtigten im Wege des Heimfallrechts die Ubertragung des Erbbaurechts an sich zu verlangen, wenn ein Erwerber (z. B. in der Zwangsversteigerung) nicht in die schuldrechtlichen Bedingungen des Erbbaurechtsvertrages vollinhaltlich eintritt". 22 Knothe, ErbbauR, § 1411 2b, S. 271; Scharen, Rpfleger 1983, 342. 23 Ingenstau, ErbbauVO, § 2 Rdnr.34; MünchKomm/v. Oefele, § 3 ErbbauVO Rdnr.3; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 4. Kap. Rdnr. 92 f.; Räfle, ErbbauVO § 2 Rdnr.32; Staudinger / Ring, § 2 ErbbauVO Rdnr. 20; Weichhaus, Rpfleger 1979, 329, 331; Zeller / Stöber, ZVG, § 15 Rdnr. 13.16; abweichend Scharen, Rpfleger 1983, 342: Der entstandene Anspruch wirke nur dann gegen den Ersteher, wenn er im geringsten Gebot zu berücksichtigen sei; dagegen Behmer, Rpfleger 1983, 477; ganz anders: Knothe, ErbbauR, § 1411 2b, S. 271 ff.: Der bei einer Veräußerung (Zwangsversteigerung) des Erbbaurechts schon entstandene Anspruch kann nicht gegenüber.~em Erwerber (Ersteher) geltend gemacht werden. Der Grundstückseigentümer kann die Ubertragung des Erbbaurechts nur von demjenigen Erbbauberechtigten verlangen, während dessen Rechtsinhaberschaft der Heimfallgrund eingetreten ist.

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durch Grundbucheintragung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zuschlag bereits vollzogen ist, oder ob der Heimfallanspruch noch nicht erfüllt wurde. 24 Im letzteren Fall soll der Eigentümer - wie erwähnt - auch vom Ersteher den Heimfall verlangen können. Macht er von diesem Recht Gebrauch, hat er dem Ersteher eine angemessene Vergütung für das Erbbaurecht zu gewähren (§ 32 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO). Diese Verpflichtung kann aber gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO abgeändert werden. Danach können als Inhalt des Erbbaurechts Vereinbarungen über die Höhe der Vergütung, die Art der Zahlung sowie ihre Ausschließung getroffen werden. Unabdingbar ist der Entschädigungsanspruch für den Heimfall gemäß § 32 Abs. 2 ErbbauVO jedoch dann, wenn das Erbbaurecht "zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses minderbemittelter Bevölkerungskreise" bestellt wurde. 25 Linde ist der Ansicht, die Position des Grundstückseigentümers könne in der Zwangsversteigerung dadurch verstärkt werden, daß eine unter dem Verkehrswert liegende Heimfallvergütung im Erbbaurechtsvertrag vereinbart werde. 26 Dem liegt folgende Überlegung zugrunde: Der Eigentümer erhielte das Erbbaurecht zu einem günstigen Preis und könnte es wieder ausgeben. Dabei würde ein neuer Erbbauzinsanspruch begründet. Außerdem hätte er die Möglichkeit durch die Ankündigung, den Heimfallanspruch auszuüben, den Ersteher dazu zu bringen, eine neue Erbbauzinsreallast eintragen zu lassen. 27 Diese Betrachtungsweise ist jedoch allzu vordergründig, da sie das Verhalten der Bietinteressenten in der Zwangsversteigerung unberücksichtigt läßt. Hat der Eigentümer den Heimfallanspruch bereits geltend gemacht - dies muß wegen der sechsmonatigen Verjährungsfrist (§ 4 ErbbauVO) bereits kurze Zeit nach Bekanntwerden der Voraussetzungen, also dem Beginn des Zwangsversteigerungsverfahrens, geschehen - oder ist der Eintritt der Heimfallbedingung den Bietern bekannt - so bei Anordnung der Zwangsversteigerung als Heimfallgrund - , müssen sie damit rechnen, daß sie das von ihnen ersteigerte Erbbaurecht an den Grundstückseigentümer durch den Heimfall verlieren. Allein die Tatsache des möglichen Verlustes als solche wird schon das Interesse am Erwerb des Erbbaurechts in der Zwangsversteigerung erheblich verringern. 28 Erst recht gilt dies bei einer unter dem Verkehrswert des Erbbaurechts liegenden Vergütung. 24 Anders Knothe, ErbbauR, § 1411 2b, S. 274, nach dessen Ansicht der durch den Beginn des Zwangsvollstreckungsverfahrens ausgelöste Anspruch nicht gegenüber dem Ersteher geltend gemacht werden kann. Dieser muß also nicht befürchten, das gerade erworbene Recht wieder hergeben und sich auf den Vergütungsanspruch verweisen lassen zu müssen. Der Grundstückseigentümer hat daher keine Handhabe, den Erbbauzinsanspruch durch den Heimfall wegen Zwangsversteigerung zu retten. 25 Näher dazu Knothe, ErbbauR, § 14 m 1 c, S. 279 ff. 26 Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 216. 27 Behmer, Rpfleger 1983,477; Knothe, ErbbauR, § 1411 2b, S. 274. 28 So auch Knothe, ErbbauR, § 1411 2b, S. 275.

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Die Gebote werden in diesem Falle nicht höher sein als der Vergütungsanspruch, den der Ersteher bei Heimfall gegen den Eigentümer hat. Dementsprechend vermindert sich auch die Beleihbarkeit des Erbbaurechts. 29 Muß der Grundstückseigentümer dagegen den vollen Wert des Erbbaurechts ersetzen, so kann er seinen Erbbauzinsanspruch nur dadurch wiedererlangen, daß er selbst erhebliche Beträge aufwendet. 30 Auch damit ist ihm nicht gedient. Denn er erwirbt die Nutzungsbefugnis des Grundstücks, die durch Bestellung des Erbbaurechts vom Eigentum abgespalten wurde, gegen Entgelt zurück, also ein Recht, das er ursprünglich aufgrund seines Eigentums originär und unentgeltlich besessen hatte. Falls der Grundstückseigentümer den Heimfallanspruch vor Erteilung des Zuschlags im Versteigerungsverfahren durchsetzt, also als Erbbauberechtigter eingetragen wird, hat dies auf den Fortgang des Verfahrens, wenn es von einem dinglichen Gläubiger betrieben wird, gemäß § 26 ZVG keinen Einfluß.31 Denn nach § 33 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO bleiben die Grundpfandrechte und Reallasten bestehen. Das hat zur Folge, daß der Eigentümer durch den Heimfall nur ein belastetes Erbbaurecht erhält, das er zudem durch Zuschlag an den Meistbietenden im Versteigerungsverfahren wieder verlieren wird. Problematisch ist, ob der Grundstückseigentümer seinen Heimfallanspruch auch hier dem Ersteher gegenüber geltend machen kann. Die Besonderheit liegt dabei darin, daß er ihn aus demselben Grund (Zwangsversteigerung) ein zweites Mal durchsetzen müßte. Diese Frage ist bislang noch kaum behandelt worden. Lediglich Stöber meint lapidar, bei weiterlaufendem Verfahren gehe die Übertragungsverpflichtung "unter Umständen" auf den Ersteher über. 32 Im Hinblick darauf, ob der Heimfall dem Eigentümer eine geeignete Möglichkeit bietet, den nachrangigen Erbbauzins zu sichern, kann die Frage letztlich dahingestellt bleiben: Besteht kein Anspruch gegenüber demjenigen, der das Erbbaurecht ersteigert, so war der zwischenzeitliche Heimfall bedeutungslos, bejaht man dagegen einen solchen Anspruch, dann ergibt sich dieselbe, für den Eigentümer unbefriedigende Lage, wie in dem Fall, daß der Heimfallanspruch überhaupt erst nach Zuschlagserteilung durchgesetzt werden kann.

29 So Götz, DNdtZ 1980,3,31; Knothe, ErbbauR, § 1411 2b, S. 275; dies verkennen Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 216 und Weichhaus, Rpfleger 1979,329, 332 a. E. 30 Muth, JurBüro 1985, 801, 815. 31 Muth, JurBüro 1985, 801, 814; Zeller / Stöber, ZVG, § 15 Rdnr. 13.16. 32 Zeller / Stöber, ZVG, § 15 Rdnr. 13.16 a. E.; Muth, JurBüro 1985, 801, 814, geht, ohne die Frage aufzuwerfen, offenbar davon aus, daß der Heimfallanspruch nicht ein zweites Mal ausgeübt werden kann, der Ersteher also nicht befürchten muß, das Erbbaurecht an den Grundeigentümer zu verlieren.

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bb) Nichteintritt in die schuldrechtlichen Bedingungen des Erbbaurechtsvertrages als Heim/al/grund

Voraussetzung für ein Heimfallrecht des Grundstückseigentümers kann auch die Tatsache sein, daß der Ersteher des Erbbaurechts nicht in die schuldrechtlichen Bestimmungen des Erbbauvertrages eintritt. 33 Durch den Zuschlag erwirbt der Meistbietende das Erbbaurecht mit seinem gesetzlichen Inhalt und denjenigen Abreden, die vertraglich zum Inhalt des Rechts gemacht worden sind. 34 Alle sonstigen Bedingungen des Bestellungsvertrages gelten dem neuen Erbbauberechtigten gegenüber nur dann, wenn er durch Vereinbarung mit dem Grundstückseigentümer in den gesamten Vertrag eintritt. Eine wesentliche Folge der Übernahme aller Vertragsbedingungen ist, daß der Eigentümer zumindest einen schuldrechtlichen Erbbauzinsanspruch gegen den Ersteher besitzt. 35 Dadurch, daß der Heimfall an den Umstand geknüpft wird, daß der Erwerber nicht in die schuldrechtlichen Bedingungen des Erbbauvertrages eintritt, soll ein dementsprechender Druck auf den neuen Inhaber des Erbbaurechts ausgeübt werden. Ein an den Nichteintritt gebundener Heimfallanspruch kann in der Zwangsversteigerung frühestens nach der Zuschlagsentscheidung entstehen, da erst damit überhaupt der Erwerber feststeht. Somit spielt die umstrittene Frage, ob ein gegenüber dem vorherigen Erbbauberechtigten bereits begründeter Heimfallanspruch ebenso dem Ersteher gegenüber ausgeübt werden kann, keine Rolle. Um das ersteigerte Erbbaurecht nicht sofort wieder zu verlieren, ist der Ersteher faktisch gezwungen, in die Verpflichtungen des Erbbaurechtsvertrages einzutreten. Auch hier ergibt sich der Gesichtspunkt, daß potentielle Bieter abgeschreckt werden und die Beleihungsfähigkeit des Erbbaurechts sinkt. Interessenten in der Zwangsversteigerung müssen sich von vornherein im klaren sein, daß sie sämtliche schuldrechtlichen Bindungen des Erbbaurechts übernehmen müssen und werden ihre Gebote dementsprechend vermindern. Im Unterschied zu dem Heimfallgrund ,,zwangsversteigerung" bietet der Heimfallgrund ,,Nichteintritt in den Erbbaurechtsvertrag" aber eine wesentlich größere Rechtssicherheit für den Ersteher: Der Eintritt der Heimfallvoraussetzung hängt, anders als im Falle der Zwangsversteigerung als Heimfallgrund - dort ist der Heimfallanspruch schon durch die Anordnung der Zwangsvollstreckung ausgelöst worden - , ausschließlich vom Verhalten des Erstehers ab. Jeder Bieter weiß, daß er den Heimfall durch vollinhaltlichen Eintritt in den Erbbaurechtsvertrag verhindern kann. Dagegen hat es der Grundstückseigentümer bei dem allein wegen der Zwangsversteigerung entstandenen Anspruch in der Hand, unter welchen Bedingungen er auf die Geltendmachung seines Heimfallrechts verzichten will. Je nachdem, wie stark

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Vgl. OLG Oldenburg, DNotZ 1988, 591. Vgl. oben IV. 2. c) aa). Oben V. 3.

8 Geißel

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das Interesse des neuen Erbbauberechtigten am Behaltenkönnen des Erbbaurechts ist, kann der Grundeigentümer den Ersteher damit zu erheblichen Leistungen zwingen. Die Anknüpfung eines Heimfallanspruchs daran, daß der Erwerber nicht in die schuldrechtlichen Bedingungen des Erbbaurechtsvertrages eintritt, hat demzufolge gegenüber dem Heimfall aus dem Grund der Zwangsversteigerung Vorteile. Allerdings werden Kreditinstitute bei der Beleihung des Erbbaurechts berücksichtigen müssen, daß sich die Erlöse in einer etwaigen Versteigerung wegen der Übernahme des schuldrechtlichen Erbbauzinses verringern werden. Kommt es jedoch zum Heimfall, so muß der Eigentümer für den Erhalt des Erbbauzinses aufgrund der von ihm zu zahlenden Entschädigung hohe Beträge aufwenden.

d) Zustimmungsvorbehalt für eine Belastung des Erbbaurechts Als Inhalt des Erbbaurechts kann vereinbart werden, daß der Erbbauberechtigte zur Belastung des Erbbaurechts mit einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder einer Reallast der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf (§ 5 Abs. 2 Satz 1 ErbbauVO). Diese Vereinbarung erfordert eine dingliche Einigung zwischen Erbbauberechtigtem und Eigentümer sowie die Eintragung in das Erbbaugrundbuch. 36 Dabei ist die Regelung in § 5 Abs. 2 Erbbau VO eine Ausnahme von dem sonst geltenden Grundsatz, daß die Verfügungsbefugnis über ein veräußerliches Recht rechtsgeschäftlich nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann, sondern vereinbarte Beschränkungen lediglich schuldrechtliche Wirkungen haben. 37 Eine ohne die notwendige Zustimmung erfolgte Belastung des Erbbaurechts ist dagegen gemäß § 6 Abs. 1 ErbbauVO unter Einschluß des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäftes schwebend unwirksam. 38 Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 25.9.1981 die Ansicht vertreten, das Zustimmungserfordernis nach § 5 Abs. 2 ErbbauVO sei eine der "weitgehenden Möglichkeiten" des Eigentümers, die eigene Rechtsstellung gegenüber dem Erbbauberechtigten und dessen Gläubigern abzusichern. 39 In der Tat vermittelt eine solche Abrede dem Eigentümer einen vorbeugenden Schutz. Er kann eine überhöhte Belastung des Erbbaurechts verhindern und so die Gefahr von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in Grenzen halten. 4O Nur sofern eine Belastung mit Vgl. Räfle, ErbbauVO, § 5 Rdnr.3. Ingenstau, ErbbauVO, § 5 Rdnr. 5; MünchKomm / v. Oefele, § 5 ErbbauVO Rdnr. 1 38 BGHZ 33, 76, 85; BGH, ZIP 1986,37,38. 39 BGHZ 81, 358, 362/363 = NJW 1982,234,235; dagegen Winkler, NJW 1985, 940,941. 40 Knothe, ErbbauR, § 12 11 2a, S. 224; Linde / Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 91; MünchKomm 1v. Oefele, § 5 ErbbauVO Rdnr. 1; Soergell Stürner, § 5 ErbbauVO Rdnr. 1. 36 37

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den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft vereinbar ist und der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird, kann der Erbbauberechtigte die Abgabe der Zustimmung erzwingen (§ 7 Abs. 2 und 3 ErbbauVO).41 Allerdings wird in der Praxis die Zustimmung auch zu übermäßigen Belastungen erteilt: 42 Der Erbbauberechtigte benötigt einen ausreichend hohen Kredit zur Finanzierung seines Bauvorhabens. Da der Grundeigentümer ebenfalls an der Bebauung des Grundstücks interessiert ist - zu diesem Zweck wird das Erbbaurecht ja gerade bestellt - stimmt er einer Belastung in der vom Erbbauberechtigten vorgeschlagenen Höhe zu. Insoweit spielen dieselben Gründe eine Rolle, die den Eigentümer veranlassen können, mit dem Erbbauzins im Rang zurückzutreten. Der Grundstückseigentümer, von dem die Zustimmung zur Belastung verlangt wird, sollte in diesem Zusammenhang einen Nachweis darüber fordern, daß die Belastung mit den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft vereinbar ist und die zu sichernden Darlehen für die Finanzierung des geplanten Bauvorhabens notwendig sind. Außerdem muß er darauf achten, daß die zwischen dem Erbbauberechtigten und dem Darlehensgeber vereinbarten Kreditbedingungen eine Tilgung der Belastung vor Ablauf des Erbbaurechts vorsehen. 43 Hat der Eigentümer derartige Vorsichtsmaßregeln nicht befolgt, ist dementsprechend ein übermäßig hohes Grundpfandrecht eingetragen worden und kommt es dann zur Zwangsversteigerung, hilft § 5 Abs. 2 ErbbauVO nicht mehr. Denn die Belastungszustimmung ist lediglich eine Schutzmöglichkeit des Grundeigentümers im Vorfeld der Beleihung des Erbbaurechts. Über diese Funktion der Belastungszustimmung hinausgehend, stellt Muth 44 folgende Erwägungen an: Der Ersteher benötigt zur Finanzierung seines Meistgebots häufig Kredite. Diese können durch neue Grundpfandrechte am Erbbaurecht gesichert werden. Zur Bestellung der Sicherheiten ist gemäß § 5 Abs. 2 ErbbauVO 41 Näher dazu und zu den ,,Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft": BayObLG, NJW-RR 1987,459,461/462; OLG Hamm, Rpfleger 1985,291; lngenstau, ErbbauVO, § 7 Rdnr. 20 ff.; Knothe, ErbbauR, § 12 11 2a, S. 226 f.; MünchKomm / v. Oefele, § 7 ErbbauVO Rdnr. 11 ff.; Soergel/ Stümer, § 7 ErbbauVO Rdnr. 4. 42 Bezeichnend sind die Sachverhalte der einschlägigen BGH-Entscheidungen, BGHZ 81,358 = NJW 1982,234 und BGHZ 100, 107, 108/109 = NJW 1987, 1942. ln beiden Fällen war die Zustimmung zur Belastung erforderlich. Im ersten Fall verlangte die Erbbauberechtigte von den Eigentümerinnen, einer Belastung in Höhe von 500.000,DM zuzustimmen. Der für das Erbbaurecht in der Zwangsversteigerung erzielte Erlös belief sich auf 299.514,- DM (Bargebot 77.000,- DM und übernommene Grundschuld von 222.514,- DM). Im zweiten Fall betrug die eingetragene Grundschuld 280.000,DM, während der Verkehrswert des Erbbaurechts später vom Versteigerungsgericht auf lediglich 32.000,- DM festgelegt wurde. Das Meistgebot lautete auf 35.000,- DM. 43 So Petersen, BlGBW 1959, 81, 83. 44 JurBüro 1985, 801, 813. S*

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

die Zustimmung des Eigentümers erforderlich. Daher könnte der Eigentümer Druck auf den Ersteher ausüben, um ihm gegenüber den Erbbauzinsanspruch durchzusetzen. Diese Überlegungen, die auch Muth im Ergebnis ablehnt,4S überzeugen nicht. Zunächst ist es überhaupt fraglich, ob der Ersteher den Erwerb des Erbbaurechts fmanzieren muß. Ist dies nicht der Fall, etwa weil er über ausreichende Mittel verfügt oder vorrangige Grundpfandrechte am Erbbaurecht bestehen bleiben, das Bargebot demgemäß nicht sehr hoch ist, ergibt sich die vorgenannte Möglichkeit für den Eigentümer nicht. Außerdem hat der Ersteher nach Maßgabe von § 7 Abs.2 ErbbauVO einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung, den er im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit durchsetzen kann. Die Weigerung des Eigentümers, seine Zustimmung zu erteilen, ist daher in aller Regel wenig eindrucksvoll. Schließlich weist Muth darauf hin, daß der Ersteher, falls aufgrund des Zuschlags alle dinglichen Rechte am Erbbaurecht erloschen sind, an dem erworbenen Erbbaurecht ein "Untererbbaurecht" bestellen kann. 46 Eine Beleihung dieses Untererbbaurechts ist dann ohne die Zustimmung des Eigentümers möglich. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Vereinbarung eines Zustimmungserfordernisses nach § 5 Abs. 2 ErbbauVO ein geeignetes Mittel für den Eigentümer darstellt, eine übermäßige Beleihung des Erbbaurechts zu verhindern. Dem BGH kann deshalb zugestimmt werden, wenn er darin eine Möglichkeit des Eigentümers sieht, seine Rechtsstellung abzusichern. Kommt es aber dennoch zu einer Zwangsversteigerung aus dem vorrangigen Grundpfandrecht, greift § 5 Abs.2 ErbbauVO nicht mehr.

e) Zustimmungsvorbehalt für eine Veräußerung des Erbbaurechts Ebenso wie als Inhalt des Erbbaurechts die Notwendigkeit einer Zustimmung des Eigentümers zur Belastung vereinbart werden kann, kann auch bestimmt werden, daß der Erbbauberechtigte zur Veräußerung des Rechts der Zustimmung bedarf (§ 5 Abs. 1 ErbbauVO). Damit erhält der Eigentümer die Möglichkeit, dauerhaft auf das Schicksal des Erbbaurechts Einfluß zu nehmen. 47 Hat sich der Eigentümer die Zustimmung zur Veräußerung vorbehalten, so ist dieser Vorbehalt nach § 8 ErbbauVO auch bei Verfügungen wirksam, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgen. Der Eigentümer kann also sein Recht in der Zwangsversteigerung zur Geltung bringen. Bei fehlender Zustimmung ist der Zuschlag dann gemäß § 83 Nr.6 ZVG i. V. m. § 15 ErbbauVO zu versagen. 48 JurBüro 1985, 801, 813/814. Muth, JurBüro 1985, 801, 813 / 814. 47 Vgl. BGH, ZIP 1986, 37, 38; Räfle, ErbbauVO, § 5 Rdnr. 1.

4S

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Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO ist der Grundstückseigentümer allerdings verpflichtet, seine Zustimmung zu erteilen, wenn anzunehmen ist, daß durch die Veräußerung der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird. Ferner muß die Persönlichkeit des Erwerbers Gewähr für eine ordnungsmäßige Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Verpflichtungen bieten. Die Zustimmungspflicht besteht in gleichem Umfang sowohl bei einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung als auch bei einer Veräußerung im Wege der Zwangsversteigerung. 49 Für die Frage, inwieweit eine Vereinbarung nach § 5 Abs. 1 ErbbauVO den Erbbauzinsanspruch sichern kann, ist entscheidend, ob allein die Tatsache, daß der Erbbauzins durch den Zuschlag erlischt und der Meistbietende nicht bereit ist, die schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses zu übernehmen, den Eigentümer berechtigt, seine Zustimmung zu verweigern oder dennoch die Zustimmung verlangt und gegebenenfalls durch das Amtsgericht ersetzt werden kann (§ 7 Abs. 3 ErbbauVO). In Rechtsprechung und Literatur ist dies umstritten. so Ansatzpunkt für das Recht, die Zustimmung zu verweigern, ist die erste Voraussetzung von § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO. Dann müßte dadurch, daß der Erbbauzinsanspruch des Grundeigentümers erlischt, "der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck" wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet werden.

Das Kammergericht hat die Ansicht vertreten, die Erzielung des Erbbauzinses könne nicht Zweck im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Erbbau VO sein. SI Dies begründet es damit, daß der Erbbauzins nicht zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht werden könne. 52 Der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck bestimme sich aber in erster Linie nach dem vertraglichen Inhalt des Erbbaurechts. 53 Die Auffassung des Kammergerichts hat der BGH als "zu restriktiv" bezeichnet. 54 Dem Gesetzeswortlaut sei eine solche die Belange des GrundstückseigentüVgl. Muth, JurBüro 1985, 801, 812. BGHZ 33, 76,86/87; BGHZ 100, 107, 111 =NJW 1987, 1942, 1943; KG, DNotZ 1984,384; OLG Hamm, OLGZ 1986,385,388; OLG 01denburg, Rpfleger 1985, 203; Ingenstau, ErbbauVO, § 8 Rdnr. 27; Räfle, ErbbauVO, § 8 Rdnr. 11; Staudinger / Ring, § 8 ErbbauVO Rdnr. 8. so Die Möglichkeit des Eigentümers, aus diesem Grund die Zustimmung zu verweigern, bejahen das OLG Hamm, OLGZ 1986,385; OLG Celle, DNotZ 1984,387,388; Ingenstau, ErbbauVO, § 7 Rdnr. 12; Linde/Richter, ErbbauR u. Erbbauzins, Rdnr. 102; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 237 u. 240; verneinend das KG, DNotZ 1984,384; BGHZ 100, 107 = NJW 1987, 1942 auf Vorlage des OLG Hamm (OLGZ 1986,385); MÜDchKomm / v. Oefele, § 7 ErbbauVO Rdnr. 7; Muth, JurBüro 1985,801, 812/813; Räfle, ErbbauVO, § 7 Rdnr.7. 51 KG, DNotZ 1984, 384; ebenso Muth, JurBüro 1985,801,812. 52 KG, DNotZ 1984, 384, 385. 53 Vgl. Räfle, ErbbauVO, § 7 Rdnr. 5. 48

49

118

VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

mers außer Betracht lassende Einschränkung nicht zu entnehmen. In den Fällen, in denen ein Erbbauzins vereinbart werde, das Erbbaurecht also nicht etwa unentgeltlich bestellt werde, sei die Erzielung dieses Erbbauzinses im allgemeinen ein vom Grundstückseigentümer mit der Bestellung des Erbbaurechts - jedenfalls auch - verfolgter Zweck, der auch einen Zweck im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO darstelle. 55 Der Auffassung des BGH ist zuzustimmen. Insbesondere läßt sich nirgends herleiten, daß "der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck" nur ein die Nutzung des Erbbaugrundstücks und des Bauwerks betreffender Zweck sein kann. 56 Bestimmt sich der Zweck aber - wovon die Gegenansicht ja ebenfalls ausgeht - nach dem Inhalt des Erbbaurechtsvertrages, so ist nicht einzusehen, weshalb nur der dingliche Inhalt für den Zweck bei § 7 Abs. 1 ErbbauVO maßgebend sein soll, nicht jedoch gleichermaßen die schuldrechtlichen Abreden. 57 Wie in anderem Zusammenhang schon betont wurde, ist für den Grundstückseigentümer die Bestellung eines Erbbaurechts gegen Entgelt eine Möglichkeit - neben dem Verkauf - sein Grundstück wirtschaftlich zu verwerten. Der Erbbauzins, der dem Eigentümer laufende Einkünfte verschafft, ist als Rendite von Grund und Boden daher der von dem Eigentümer mit der Belastung seines Grundstücks verfolgte Zweck. Dieser Zweck schlägt sich in den entsprechenden Klauseln des Erbbaurechtsbestellungsvertrages über die Erbbauzinspflicht und die Anpassung des Erbbauzinses nieder und wird damit zu einem auch rechtlich anzuerkennenden Zweck. 58 Im Ergebnis hat der BGH eine Berechtigung des Eigentümers aber verneint, wegen Verlustes des Erbbauzinsanspruchs die Zustimmung zur Veräußerung zu verweigern, wenn der Eigentümer einer Belastung des Erbbaurechts mit einem vorrangigen Grundpfandrecht zugestimmt hat. 59 Denn dadurch - so der BGH - schränke der Grundstückseigentümer die Verfolgung dieses Zwecks selbst ein. Die Belastungszustimmung wäre ohne Sinn, wenn die sich hieraus zwangsläufig ergebenden gesetzlichen Folgen vom Grundstückseigentümer nicht hinge-

54 BGHZ 100, 107, 114 = NJW 1987, 1942, 1943; ebenso das OLG Ramm, OLGZ 1986,385,394. 55 BGHZ 100, 107, 113 = NJW 1987, 1942, 1943. S6 Vgl. dagegen aber Räfle, ErbbauVO, § 7 Rdnr.5. 57 Vgl. auch OLG Hamm, OLGZ 1986,385,394: "Mit den Worten" ... der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck ..." ist nämlich keine eingrenzende auf den Erbbaurechtsinhalt, sondern im Gegenteil eine uneingeschränkte Verweisung auf den schuldrechtlichen Vertrag, der die Bestellung des Erbbaurechts zum Gegenstand hat und auch weitere Abreden enthalten kann, nonniert". 58 Besonders auffällig wird der Zweck, aus dem Grundstück eine Rendite zu erhalten, wenn der Vertrag, wie dies heute üblich ist, in bezug auf den Erbbauzins eine Wertsicherungsklausel enthält. So OLG Celle, DNotZ 1984,387,388. 59 BGHZ 100,107,114 = NJW 1987, 1942, 1943; kritisch dazu v. Oefele/Winkler, Handbuch, 6. Kap. Rdnr. 240.

2. Absicherung nachrangiger Grundstückseigentümer

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nommen werden müßten. 60 Auch wenn nicht in erster Linie auf das Erlöschen der Erbbauzinsreallast abgestellt werde, sondern vor allem darauf, daß der Ersteigerer die sich auf den Erbbauzins beziehenden schuldrechtlichen Verpflichtungen nicht übernimmt, folge daraus keine andere Bewertung. Insoweit greife ebenfalls der Gesichtspunkt durch, daß es mit dem Sinn der Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Bestellung einer Grundschuld an dem Erbbaurecht nicht vereinbar wäre, die Befriedigung des Grundschuldgläubigers aus dem Erbbaurecht von Voraussetzungen abhängig zu machen, die im Gesetz nicht vorgesehen seien. 61 Der BGH folgt also, was die Erzielung von Erbbauzinsen als Zweck der Bestellung eines Erbbaurechts angeht, der Argumentation der OLGe Celle und Hamm, bestätigt jedoch mit anderer Begründung die Entscheidung des Kammergerichts. Die unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich auf zwei Grundüberlegungen zurückführen: Der BGH stellt auf die vom Grundstückseigentümer durch seinen Rangrücktritt selbst geschaffene dingliche Rechtslage ab: Trete der Eigentümer mit der Erbbauzinsreallast hinter ein Grundpfandrecht zurück, so müsse er bei einer Zwangsversteigerung die sich aus dem Rangrücktritt ergebenden gesetzlichen Folgen hinnehmen. 62 Demgegenüber argumentieren die Entscheidungen der OLGe Celle und Hamm damit, daß der Grundstückseigentümer nicht verpflichtet sein könne, einer Veräußerung des Erbbaurechts - gleichgültig, ob rechtsgeschäftlich oder in der Zwangsversteigerung - zuzustimmen, wenn damit eine Verschlechterung gegenüber seiner bisherigen Rechtsposition, insbesondere im Hinblick auf den Erbbauzins, verbunden sei. Der Schutz des Eigentümers durch § 7 Abs. 1 ErbbauVO ende erst dort, wo er seine Zustimmung als Hebel zur Erreichung zusätzlicher Verpflichtungen des neuen Erbbauberechtigten einsetzen wolle. 63 Für diese Meinung spricht einerseits das praxisgerechte Ergebnis. Zwar erlischt die Erbbauzinsreallast mit Zuschlag in der Zwangsversteigerung, der Ersteher wird aber nur dann Erbbauberechtigter, wenn er die schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses übernimmt. Durch den Zustimmungsvorbehalt nach § 5 Abs. 1 ErbbauVO kann sich der Eigentümer somit vor dem Verlust des Erbbauzinses dauerhaft schützen. Die sich aus dem Zwangsvollstreckungsrecht So BGHZ 100, 107, 115 = NJW 1987, 1942, 1944. BGHZ 100, 107, 115/116 = NJW 1987, 1942, 1944. 62 BGHZ 100, 107, 115 = NJW 1987, 1942, 1944. 63 Vgl. OLG Hamm, OLGZ 1986, 385, 393; OLG Celle, DNotZ 1984, 387, 389; OLG Hamm, DNotZ 1976,534,535; Ingenstau, ErbbauVO, § 7 Rdnr. 10 u. 13; MünchKomm / v. Oefele, § 7 ErbbauVO Rdnr.9; Soergel/ Stümer, § 7 ErbbauVO Rdnr.3; teilweise wird auch mit den in Erbbaurechtsverträgen enthaltenen Nachfolgeklauseln argumentiert: so OLG Oldenburg, Rpfleger 1985, 203 mit ablehnender Anmerkung Hagemann, Rpfleger 1985,203,204. 60 61

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VI. Rechtliche Oestaltungsmöglichkeiten

ergebende Folge, daß ein gegen Entgelt bestelltes Erbbaurecht zum ,,Erbbaurecht ohne Erbbauzins" wird, würde vermieden. Andererseits ist die Gegenansicht des BGH auch dogmatisch nicht zwingend. Räumt der Orundstückseigentümer einer Hypothek oder Grundschuld den VorI:ang vor dem Erbbauzins ein, so ist zwangsläufige Folge lediglich ein Erlöschen der Erbbauzinsreallast als dingliches Recht. Der Eigentümer verliert die Möglichkeit, aus dem Erbbaurecht vor dem Grundschuldgläubiger befriedigt zu werden. Die sich aus dem Erbbaurechtsbestellungsvertrag ergebende schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung eines Erbbauzinses hingegen bleibt auch nach dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung bestehen. Erkennt man aber an, daß die Erzielung einer Bodenrendite in Form des Erbbauzinses ein mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgter Zweck sein kann, so ist es nur folgerichtig und dogmatisch nicht zu beanstanden, wenn der Nichteintritt des Erwerbers in die bestehende schuldrechtliehe Zahlungspflicht als wesentliche Beeinträchtigung des mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgten Zwecks angesehen wird. Für die Praxis ist die Entscheidung des BGH maßgebend, mit der Folge, daß das Erfordernis der Veräußerungszustimmung den Eigentümer nicht davor bewahren kann, den Erbbauzinsanspruch einzubüßen. Außerdem machen die ein Erbbaurecht beleihenden Kreditinstitute regelmäßig zur Voraussetzung für eine Finanzierung, daß der Eigentümer schon bei der Beleihung seine - allerdings bis zur Zuschlagserteilung frei widerrufliche 64 - Zustimmung zu einer künftigen Veräußerung erteilt. 65 f) Stillhalteerklärung des Grundpfandrechtsgläubigers

Der Gläubiger einer Hypothek oder Grundschuld, der mit seinem Recht vorrangig eingetragen wird, kann zugunsten des Eigentümers eine Stillhalteerklärung abgeben. Im Unterschied zu der oben behandelten Stillhalteerklärung des Grundeigentümers 66 geht es hierbei nicht darum, die Kapitalisierung des vorrangigen Erbbauzinses im Interesse des Grundpfandrechtsgläubigers zu verhindern, sondern darum, die nachrangige Erbbauzinsreallast im Interesse des Eigentümers zu erhalten. Die Verpflichtungserklärung des Grundpfandrechtsgläubigers wird trotz umgekehrter Ausgangssituation und anderer Interessenlage ebenfalls als Stillhalteerklärung bezeichnet, da die Erbbauzinsreallast mit den gleichen Mitteln gesichert werden soll: Durch die Beantragung abweichender Versteigerungsbedingungen gemäß § 59 Abs. 1 ZVG oder durch eine Vereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG.

65

Vgl. BOH, NJW 1963, 36; LO Essen, KTS 1977, 191, 193. Groth, DNotZ 1983,652,653; Ruland, NJW 1983,96,97; Winkler, NJW 1985,

66

Vgl. VI. 1. c).

64

940,941.

2. Absicherung nachrangiger Grundstückseigentümer

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aa) Inhalt der Erklärung Der Grundpfandrechtsgläubiger sichert dem Eigentümer in der Stillhalteerklärung folgendes zu: 67 1. Im Falle einer Zwangsversteigerung des Erbbaurechts sollen das Vorkaufsrecht, die Erbbauzinsreallast und die Vormerkung zur Sicherung künftiger Anpassungen des Erbbauzinses bestehenbleiben. Dies kann entweder über die Beantragung abweichender Versteigerungsbedingungen nach § 59 Abs. 1 ZVG odersofern der Ersteher damit einverstanden ist - über § 91 Abs. 2 ZVG herbeigeführt werden.

Zu diesem Zweck verpflichtet sich der Gläubiger, im Zwangsversteigerungsverfahren einen Antrag gemäß § 59 Abs. 1 ZVG zu stellen bzw. einem solchen vom Grundstückseigentümer gestellten Antrag zuzustimmen. oder: Der Grundpfandrechtsgläubiger stimmt bereits jetzt einem Antrag des Eigentümers auf entsprechende Änderung der Versteigerungsbedingungen gemäß § 59 Abs. 1 Satz 2 ZVG zu. 2. Der Grundpfandrechtsgläubiger verpflichtet sich, im Falle der Abtretung des Grundpfandrechts diese Erklärung allen Sonderrechtsnachfolgern mit der Weiterübertragungspflicht aufzuerlegen. bb) Form

Die Verpflichtung des Grundpfandrechtsgläubigers, auf ein Bestehenbleiben der in Abteilung 11 zugunsten des Eigentümers eingetragenen Rechte hinzuwirken, ist als solche formlos gültig. 68 Die erforderliche Zustimmung des Gläubigers zu den abweichenden Versteigerungsbedingungen aber ist gemäß § 84 Abs. 2 ZVG in öffentlich beglaubigter Form nachzuweisen, falls sie nicht im Termin zu Protokoll erklärt wird. 69 Je nachdem, ob die Stillhalteerklärung des Grundpfandrechtsgläubigers also eine vorweggenommene Zustimmung enthält oder nicht, muß die Erklärung öffentlich beglaubigt werden.

67 Vgl. die Formularmuster, Münchener Vertragshandbuch / Winkler, Bd. 4, 2. Halbbd., VI. 105, S. 1048/1049; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 10. Kap. Vertragsmuster 9. 68 Vgl. die Ausführungen zur Stillhalteerklärung des Grundeigentümers, VI. 1. c) bb). 69 Groth, DNotZ 1984,372,374; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rdnr. 11; Winkler, NJW 1985,940,943; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr.4.3.

122

VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

ce) Auswirkungen der Stillhalteerklärung (1) Abweichende Versteigerungsbedingungen nach § 59 ZVG Nach den Vorschriften des Zwangsversteigerungsrechts fallen die nachrangige Erbbauzinsreallast und die Anpassungsvonnerkung nicht in das geringste Gebot und erlöschen daher mit Erteilung des Zuschlags. § 59 ZVG gibt jedem Beteiligten das Recht, Versteigerungsbedingungen zu verlangen, die von den gesetzlichen Vorschriften abweichen. 70 Das geringste Gebot als Teil der Versteigerungsbedingungen kann hinsichtlich aller in den §§ 44 bis 52 ZVG enthaltenen Regelungen geändert werden. 71 Dementsprechend kann - wie die Stillhalteerklärung dies vorsieht - der Fortbestand des Erbbauzinses über § 59 ZVG erreicht werden. 72 Dabei gilt nichts anderes als bei der Stillhalteerklärung des vorrangigen Eigentümers. Entscheidend für den Erfolg der Stillhalteerklärung ist, ob das Gericht den Zuschlag auf das Ausgebot zu den abweichenden Bedingungen erteilt. Dies hängt davon ab, ob das Bestehenbleiben des Erbbauzinses zu keiner Beeinträchtigung eines Beteiligten führt oder jeder, der beeinträchtigt wird, den von den gesetzlichen Vorschriften abweichenden Versteigerungsbedingungen zustimmt. Wer Beteiligter ist, ergibt sich aus § 9 ZVG. Die Gläubiger der Rangklassen 1 und 3 sind Beteiligte nach § 9 Nr. 2 ZVG. Ein Fortbestand der Erbbauzinsreallast und der Anpassungsvonnerkung beeinträchtigt ihre Ansprüche in aller Regel nicht, da sie noch vor den eingetragenen Rechten aus dem Versteigerungserlös befriedigt werden. 73 Die Zustimmung nachrangiger Beteiligter und damit auch die des Erbbauberechtigten als Vollstreckungsschuldner ist gemäß § 59 Abs. 3 ZVG nicht erforderlich. 74 Durch das Bestehenbleiben des Erbbauzinses wird aber der vorrangige Grundpfandrechtsgläubiger möglicherweise beeinträchtigt. Denn kürzen die Bieter ihre Bargebote angesichts der höheren Gesamtbelastung der Ersteher muß ja weiterhin den Erbbauzins entrichten - , flillt das Grundpfandrecht unter Umständen teilweise aus. Dies kann vor allem dann vorkommen, wenn das Erbbaurecht zu hoch beliehen wurde. Eine solche Beeinträchtigung ist im Ergebnis aber unschädlich, weil die Stillhalteerklärung eingreift: In ihr hat sich der Grundpfandgläubiger verpflichtet, einem Antrag nach § 59 ZVG zuzustimmen bzw. diesen Antrag selbst zu stellen. 75 70 Vgl. nur Tradt, DNotZ 1984, 370, 371; Winkler, NJW 1985, 940, 943; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 3.2; vgl. zu § 59 ZVG im einzelnen die Erläuterungen oben VI. 1. c) cc) (1). 71 Vgl. Steiner / Storz, ZVG, § 59 Rdnr. 32; näher oben IV. 2. b) dd). 72 Groth, DNotZ 1984, 372, 374; Tradt, DNotZ 1984,370,371; Winkler, NJW 1985, 940,943. 73 Vgl. Sichtennann/Hennings, Eintragungen in Abt. TI, 2.96, S. 37; oben VI. 1. c) cc) (1). 74 Tradt, DNotZ 1984, 370, 371; Winkler, NJW 1985,940,943; in neuerer Zeit wird § 59 Abs. 3 ZVG zum Teil nur als widerlegbare Vennutung aufgefaßt, vgl. Muth, JurBüro 1985, 13, 22; Zeller / Stöber, ZVG, § 59 Rdnr. 7.3.

2. Absicherung nachrangiger Grundstückseigentümer

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(2) Liegenbelassungsvereinbarung gemäß § 91 Abs.2 ZVG Erlischt der Erbbauzins trotz des Antrags nach § 59 Abs. 1 ZVG aufgrund der Versteigerungsbedingungen, etwa weil eine notwendige Zustimmung fehlt, bietet § 91 Abs. 2 ZVG die Möglichkeit, den Fortbestand der Erbbauzinsreallast durch eine Vereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer als Gläubiger des Erbbauzinses und dem Ersteher zu erreichen. Die Vereinbarung bewirkt, daß der Erbbauzins rückwirkend auf den Zeitpunkt des Zuschlags wieder auflebt. 76 Er wird dann so behandelt, als wäre das Erlöschen als Wirkung des Zuschlags nicht eingetreten. Als weitere Folge der Liegenbelassungsvereinbarung mindert sich gemäß § 91 Abs. 3 Satz 1 ZVG der durch Zahlung zu berichtigende Teil des Meistgebots um den Betrag, der sonst dem Eigentümer für den erloschenen Erbbauzins gebühren würde. 77 Das Gesetz geht dabei von dem Grundsatz aus, daß der Ersteher durch die Liegenbelassung nichts gewinnen, aber auch nichts einbüßen darf. 78 Für die Frage, ob es zwischen dem nachrangig mit dem Erbbauzins im Erbbaugrundbuch eingetragenen Grundstückseigentümer und dem Ersteher zu einer solchen Vereinbarung kommt, ist daher das Verhältnis des Bargebots zum Kapitalisierungswert des Erbbauzinses entscheidend: Ist das vom Ersteher abgegebene Gebot so hoch, daß der Anspruch des Eigentümers auf Wertersatz für den Erbbauzins (§ 92 Abs. 1 ZVG) in vollem Umfang aus dem Erlös befriedigt wird, so kann der Abschluß einer Liegenbelassungsvereinbarung für den Ersteher durchaus sinnvoll sein. Denn sein bares Meistgebot vermindert sich um den Betrag, den der Eigentümer auf die Reallast erhalten hätte. Vom wirtschaftlichen Ergebnis her steht sich der Erwerber durch die Liegenbelassung weder besser noch schlechter: Er spart die Zahlung des kapitalisierten Erbbauzinses, muß dafür aber künftig entsprechende Erbbauzinsraten zahlen. Anders ist dies, wenn das Bargebot den Wertersatz für die Erbbauzinsreallast nicht oder nur zum Teil deckt. Soweit nämlich der Eigentümer für sein Recht überhaupt keinen oder lediglich teilweisen Wertersatz erhält, kann eine Minderung des Bargebotes nicht bzw. nur zum Teil erfolgen. 79 Der Mehrbelastung 75 Vgl. MÜDchener Vertragshandbuch/Winkler, Bd. 4, 2. Halbbd., VI. 105, S. 1049; v. Oefele/Winkler, Handbuch, 10. Kap. Vertragsmuster 9. 76 BGH, NJW 1976, 80S, 806; Dassler / Schiftbauer, ZVG, § 91 Rdnr. 1; Steiner / Eickmann, ZVG, § 91 Rdnr. 27 ff.; Zeller / Stöber, ZVG, § 91 Rdnr. 3.2. 77 Vgl. BGHZ 53, 327, 330 = NJW 1970, 1188; Steiner / Eickmann, ZVG, § 91 Rdnr. 47 ff.; Zeller / Stöber, ZVG, § 91 Rdnr. 4.1; dies übersehen Groth, DNotZ 1984, 372,373 u. Winkler, NJW 1985,940,945, die behaupten, bei einer Vereinbarung nach § 91 Abs.2 ZVG komme der Betrag, der ansonsten auf den kapitalisierten Erbbauzins entfiele, den nachrangigen Gläubigem zugute. 78 Vgl. BGH, NJW 1976, 80S, 806; Zeller / Stöber, ZVG, § 91 Rdnr.4.3. 79 Vgl. Dassler / Schiftbauer, ZVG, § 91 Rdnr.28.

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

aufgrund des weiter zu entrichtenden Erbbauzinses steht folglich, da die Regelung des § 91 Abs. 3 Satz 1 ZVG leerläuft, keine Entlastung gegenüber. Gerade dieser Fall ist in der Praxis allerdings die Regel: Wegen der hohen vorrangigen Belastung des Erbbaurechts durch Grundpfandrechte oder eines unter dem Verkehrswert liegenden Versteigerungserlöses fallt der Eigentümer mit seinem Wertersatzanspruch häufig ganz oder teilweise aus. 80 Der Ersteher hat aus den dargelegten Gründen aber keine Veranlassung, mit dem Eigentümer in bezug auf den Erbbauzins eine Vereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG zu treffen. Auch die Stillhalteerklärung hilft nicht weiter, da sie als schuldrechtliche Vereinbarung lediglich den Grundpfandrechtsgläubiger nicht jedoch den Ersteher verpflichtet, für das Fortbestehen der Erbbauzinsreallast zu sorgen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Erbbaurecht von dem Gläubiger des Grundpfandrechts selbst erstanden wird. Soweit also in der Stillhalteerklärung davon die Rede ist, daß der Erbbauzins über § 91 Abs.2 ZVG erhalten werden soll, kann dies wegen der fehlenden Bindung des Erstehers an die Erklärung nicht gewährleistet werden. Der Ersteher wird freiwillig nur dann bereit sein, den Erbbauzins bestehen zu lassen, wenn sich dadurch sein Bargebot über § 91 Abs. 3 Satz 1 ZVG entsprechend vermindert. dd) Bewertung

Bei der Beurteilung der Stillhalteerklärung des vorrangigen Grundpfandrechtsgläubigers treten dieselben Fragen auf, die im Zusammenhang mit der Stillhalteerklärung des Eigentümers bereits behandelt wurden. 81 Problematisch ist, daß die Stillhalteerklärung eine schuldrechtliche Lösung darstellt. 82 Tritt der Gläubiger das Grundpfandrecht ab, ohne daß die Erklärung trotz einer dahingehenden Verpflichtung an den neuen Gläubiger weitergegeben wird, entfallt der Schutz des Eigentümers. Er muß dann im Falle der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts mit dem Erlöschen seiner Erbbauzinsreallast rechnen. Allerdings besteht wegen der Verletzung der Weiterübertragungspflicht ein Schadensersatzanspruch gegen den Zedenten. 83 Da es sich bei dem Grundpfandgläubiger fast immer um ein Kreditinstitut handelt, kann sich der Eigentümer an einen solventen Schuldner halten. Auch ist - anders als in dem umgekehrten Fall der Stillhalteerklärung des Erbbauzinsberechtigten - der Schaden einfach 80 Vgl. BGHZ 81, 358 = NJW 1982,234; BGHZ 100, 107 = NJW 1987, 1942; Götz, DNotZ 1980, 3,15; MÜDchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVO Rdnr. 17; Muth, WM 1985, 1281, 1282; Ruland, NJW 1983, 96. 81 Oben 1. c) dd). 82 Vgl. Götz, DNotZ 1980,3,28; Groth, DNotZ 1984, 372, 374; Knothe, ErbbauR, § 13 IV, S. 261; MÜDchKomm/v. Oefele, § 9 ErbbauVORdnr. 18; Winkler, NJW 1985, 940,943. 83 Vgl. oben 1. c) dd) (1).

2. Absicherung nachrangiger Grundstückseigentümer

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festzustellen. Soweit der Eigentümer für seinen erloschenen Erbbauzins keinen Wertersatz erhält, ist ihm ein Schaden entstanden. Denn der Wertersatz tritt an die Stelle des Erbbauzinses, dessen Erlöschen mit Hilfe der Stillhalteerklärung über § 59 ZVG verhindert werden sollte. Eine weitere Frage ist, ob die Stillhaltevereinbarung den Rangkonflikt zwischen dem Eigentümer und den Grundpfandrechtsgläubigem angemessen löst. 84 Bleiben Erbbauzins und Anpassungsvormerkung bestehen, weil der Zuschlag auf die abweichenden Versteigerungsbedingungen erteilt wurde, so sind die Interessen des Grundstückseigentümers im Hinblick auf den Erbbauzins gewahrt. Der Grundpfandrechtsgläubiger wird entsprechend seinem Grundbuchrang (§§ 10 Abs. 1 Nr. 4, 11 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 879 BGB) vorrangig aus dem Erlös befriedigt. Wirtschaftlich betrachtet besteht im Grundsatz allerdings kein Unterschied zu dem Fall, daß das Grundpfandrecht im Rang hinter dem Erbbauzins eingetragen ist und dieser bestehenbleibt. Denn in beiden Fällen wird der Erbbauzins nicht kapitalisiert, so daß auf ihn keine Zuteilung aus dem Versteigerungserlös erfolgt. In beiden Fällen weiß der Ersteher auch, daß er für das Erbbaurecht ein Entgelt in Form von Erbbauzinsen zahlen muß. Das hat zur Folge, daß der Ersteher seine Gesamtbelastung berechnet und sein Bargebot um den Betrag kürzt, den er für die Erbbauzinsfreiheit zu zahlen bereit gewesen wäre. 8S Greift die Stillhalteerklärung durch, so ist der Betrag, den der Grundpfandgläubiger in der Zwangsversteigerung für sein Recht bekommt, mithin unabhängig vom Rang dieses Rechts. Der Vorteil, den die erste Rangstelle dem Gläubiger bietet, liegt in der Sicherheit, daß in Rangklasse 4 kein Recht vorgeht, welches ihm den Barerlös ganz oder zum Teil wegnehmen kann. Spielt demnach der Rang des Grundpfandrechts für die Befriedigung in der Zwangsversteigerung insoweit keine Rolle, als der Erbbauzins nicht kapitalisiert wird, stellt sich die Frage, ob sich das Bestehenbleiben der nachrangigen Erbbauzinsreallast auf die Beleihbarkeit des Erbbaurechts auswirkt. Der vorrangige Erbbauzins wird auch dann, wenn der Eigentümer eine Stillhalteerklärung abgegeben hat, kapitalisiert und von der Beleihungsgrenze abgezogen. Begründet wird dies damit, daß die Stillhalteerklärung nur schuldrechtlich wirke und deshalb bei der Feststellung des Beleihungsrahmens keine Rolle spielen könne. 86 Grundgedanke dieser Ansicht ist, daß auch durch die Stillhalteerklärung die Möglichkeit der Kapitalisierung des vorrangigen Erbbauzinses nicht völlig ausgeschlossen 84 Groth, DNotZ 1984, 372, 374, meint, die Erklärung "ist sicherlich geeignet, in schwierigen Fällen in dem Interessenkonflikt zwischen Grundstückseigentümer und Grundpfandrechtsgläubiger einen für beide akzeptablen Ausweg zu finden". 8S Vgl. oben 1. c) dd) (2); Karow, NJW 1984, 2669. 86 Götz, DNotZ 1980, 3, 29; Karow, NJW 1984,2669,2670; Sichtermann / Hennings, Eintragungen in Abt. n, 2.64, S. 26; Stannigel / Kremer / Weyers, Beleihungsgrundsätze, § 12 Ziff. 3.1.4, S. 354.

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VI. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

werden kann. Dieser Gedanke ist auf den Fall der nachrangigen Reallast nicht anwendbar, da eine eventuelle Nichtgeltung der Stillhalteerklärung nur für den Eigentümer, nicht aber für den vorrangigen Gläubiger negative Folgen in der Versteigerung hätte. Demgegenüber wurde oben bereits dargelegt, daß entscheidend nicht die Gefahr der Kapitalisierung, sondern die Tatsache ist, daß der Erbbauzins auf dem Erbbaurecht als Belastung ruht und von jedem Inhaber des Rechts zu entrichten ist. Bleibt der Erbbauzins nach der Zwangsversteigerung bestehen, so ist es hinsichtlich der Belastung des Erstehers mit künftigen Zahlungen ohne Belang, ob der Erbbauzins vor- oder nachrangig eingetragen ist. Dementsprechend wird das Meistgebot in beiden Fällen um den Wert der Erbbauzinsfreiheit niedriger ausfallen, als wenn der Erbbauzins erloschen wäre. Für die Beleihungsmöglichkeit des Erbbaurechts bedeutet dies: Um die Belastung des Erbbaurechts mit dem Erbbauzins vermindert sich der Beleihungsrahmen, wenn der Zins trotz Nachrangigkeit erhalten bleibt. Durch die Stillhalteerklärung des vorrangigen Grundpfandrechtsgläubigers verringert sich demzufolge der mögliche Umfang einer Belastung des Erbbaurechts.

VII. Zusammenfassung und Ergebnis 1. Das Erlöschen des Erbbauzinses in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts und der Ausfall des Wertersatzanspruchs im Verteilungstennin trifft den Grundstückseigentümer wirtschaftlich schwer. Denn einerseits realisiert sich mit dem völligen Ausfall des Erbbauzinses für die Restlaufzeit des Erbbaurechts kein typischerweise vom Eigentümer zu tragendes Risiko, andererseits wird der vorrangig eingetragene Kreditgeber nicht nur aus dem Wert des Bauwerks, sondern auch aus dem Nutzungswert des Erbbaugrundstücks befriedigt - dieser ist über den Erbbauzins eigentlich dem Grundeigentümer zugewiesen. Letzten Endes - und das ist entscheidend - wird der Eigentümer aber nicht anders behandelt als andere Berechtigte auch, die mit ihrem dinglichen Recht nur nachrangig abgesichert sind. Das Erlöschen der Erbbauzinsreallast ist daher nicht, wie oft behauptet wird, eine rechtliche Situation, die in einem solchen Maße dem Gerechtigkeitsempfinden und der Billigkeit widerspricht, daß es schlechterdings nicht hingenommen werden kann. Dennoch gilt es, das Erlöschen der Erbbauzinsreallast zu verhindern. Denn wirtschaftlich bestehen zwei Wertbeziehungen: Grundstücksnutzung gegen Erbbauzins und Bauwerk als Wertgrundlage der Beleihung. Ziel muß es sein, diese Wertbeziehungen für die Dauer des Erbbaurechts zu erhalten. a) Der Grundstückseigentümer sollte daher einen Rangrücktritt von Erbbauzinsreallast und Anpassungsvonnerkung hinter Grundpfandrechte in aller Regel ablehnen. Bei der Zwangsversteigerung aus einem nachrangigen Grundpfandrecht bleiben Erbbauzins und Vonnerkung dann nämlich bestehen. In diesem Fall wird - auch ohne zusätzliche Abreden, wie z. B. einer Stillhalteerklärung - ein interessengerechtes Ergebnis erzielt. b) Die Beleihungsmöglichkeit des Erbbaurechts wird durch einen vorrangigen Erbbauzins zwar eingeschränkt. Orientiert der Kreditgeber seine Beleihung aber richtigerweise am Wert des Bauwerks, ist der Erbbauzins wirtschaftlich betrachtet eine ,,neutrale" Vorlast. Denn soweit die Erbbauzinsreallast angemessen ist, entspricht ihr Wert dem des dinglichen Nutzungsrechts des Erbbauberechtigten am Grundstück - und nicht dieser Wert, sondern nur der des Bauwerks sollte ja Grundlage der Beleihung sein. In die Beleihungspraxis ist dies umzusetzen, indem bei der Wertennittlung des Erbbaurechts ein eigener Wert für das Nutzungsrecht festgestellt wird. Dieser entspricht der angemessenen Verzinsung des Bodenwertes. Dabei ist der Erbbauzins zunächst nicht gegenzurechnen, weil dies - wird er anschließend als Vorlast

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VII. Zusammenfassung und Ergebnis

von der Beleihungsgrenze abgezogen führen würde.

zu einer doppelten Berücksichtigung

Ausgehend von dem solchermaßen ermittelten Beleihungswert wird die Beleihungsgrenze festgelegt, von der dann die vorrangige Erbbauzinsreallast in Abzug gebracht wird. Sind die Beträge von Erbbauzins und dinglichem Nutzungsrecht gleich hoch, so verbleibt dem Kreditgeber der Wert des Bauwerks in vollem Umfang als Grundlage für die Darlehensgewährung. Je nach Verhältnis zwischen der Höhe des Erbbauzinses und dem Nutzungswert verschiebt sich der Beleihungsrahmen entsprechend. Auf diese Weise kann die Beleihbarkeit von Erbbaurechten angemessen gestaltet werden. c) Die Gläubiger der nachrangig eingetragenen Grundpfandrechte können mittels schuldrechtlicher Vereinbarungen die Gefahr verringern, die von der Vollstreckungsmöglichkeit aus dem vorrangigen Erbbauzins und der damit verbundenen Kapitalisierung der Erbbauzinsreallast ausgeht. Es bestehen folgende Möglichkeiten: -

Grundpfandrechtsgläubiger und Eigentümer vereinbaren, daß bei einer etwaigen Kapitalisierung des Erbbauzinses ein höherer als der gesetzliche Zinssatz als Zwischenzins abgezogen wird. Im Zwangsversteigerungsverfahren wird dies durch die Beantragung abweichender Versteigerungsbedingungen gemäß § 59 ZVG zur Geltung gebracht.

-

Für den Erbbauzins kann ein angemessener Höchstbetrag nach § 882 BGB festgesetzt werden, der dem Eigentümer im Falle des Erlöschens seines Rechts aus dem Erlös zustehen soll. Die Begrenzung des Ersatzbetrages ist in das Erbbaugrundbuch einzutragen. Sie hat daher den Vorteil, gegenüber jedermann zu wirken.

-

Die in der Praxis gängigste Vereinbarung ist die sogenannte Stillhalteerklärung des Grundstückseigentümers. Soweit sie vorsieht, daß über abweichende Versteigerungsbedingungen das Erlöschen von Erbbauzinsreallast und Vormerkung verhindert werden soll, ist sie ein in der Regel wirksames Instrument, die Kapitalisierung zu verhindern. Die Beleihbarkeit des Erbbaurechts verbessert sich allerdings nicht.

d) Tritt der Eigentümer entgegen der oben geäußerten Empfehlung hinter eine Hypothek oder Grundschuld zurück, so kann im Zwangsversteigerungsverfahren das Erlöschen des Erbbauzinses wirtschaftlich sinnvoll nur durch eine Vereinbarung mit dem Grundpfandrechtsgläubiger erreicht werden, nach der der Erbbauzins mittels abweichender Versteigerungsbedingungen (§ 59 ZVG) in das geringste Gebot aufgenommen werden soll. 2. Die in Rechtsprechung und Schrifttum angestellten Überlegungen zu der Problematik des Erbbauzinses in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts haben fast alle zum Ziel, das Erlöschen der Erbbauzinsreallast zu verhindern.

VII. Zusammenfassung und Ergebnis

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Daraus wird zugleich deutlich, daß die gegenwärtige gesetzliche Regelung unbefriedigend ist. Es sollte deshalb eine Sondervorschrift für den Erbbauzins geschaffen werden, nach der er in einer Zwangsversteigerung in jedem Fall unabhängig vom Grundbuchrang bestehenbleibt. Dies hätte folgende Konsequenzen: -

Bei einer Zwangsversteigerung wegen rückständiger und laufender Erbbauzinsbeträge würde das Stammrecht nicht erlöschen.

-

Grundpfandrechtsgläubigern könnte der Vorrang eingeräumt werden, so daß ihre Rechte bei einer Vollstreckung aus dem Erbbauzins in das geringste Gebot fielen.

-

Die Grundpfandrechtsgläubiger müßten allerdings auch den nachrangigen Erbbauzins bei der Ermittlung des Beleihungsumfangs berücksichtigen, da er auf den Ersteher übergeht und sich die Bargebote entsprechend der höheren Gesamtbelastung der Bieter vermindern.

Eine derartige Regelung würde den Erbbauzinsanspruch des Grundeigentümers während der gesamten Laufzeit des Erbbaurechts sichern und auch den Interessen der anderen Beteiligten gerecht werden. Rechtliche Gestaltungsinstrumente wie die Stillhalteerklärung wären überflüssig. Insgesamt würde sich die Attraktivität des Erbbaurechts für potentielle Ausgeber erhöhen; das wiederum könnte zu einer vermehrten Anwendung dieses Rechtsinstituts bei der Überwindung der bestehenden Wohnraumknappheit führen.

9 Geißel

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