Der Bischof stirbt: Zu Form, Funktion und Vorstellung bischöflicher Sterbeberichte (6.–12. Jahrhundert) [1 ed.] 9783737014915, 9783847114918

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Der Bischof stirbt: Zu Form, Funktion und Vorstellung bischöflicher Sterbeberichte (6.–12. Jahrhundert) [1 ed.]
 9783737014915, 9783847114918

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Orbis mediaevalis Vorstellungswelten des Mittelalters

Band 20

Herausgegeben von Amalie Fößel, Hans-Werner Goetz, Ludger Körntgen und Helmut G. Walther

Matthias Weber

Der Bischof stirbt Zu Form, Funktion und Vorstellung bischöflicher Sterbeberichte (6.–12. Jahrhundert)

V&R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. Die vorliegende Arbeit wurde von der Fakultät für Geschichtswissenschaften der Ruhr-Universität Bochum im Jahr 2018 als Dissertation angenommen. © 2023 Brill | V&R unipress, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung (Erkennungsbild der Reihe »Orbis mediaevalis«): Petrus de Ebulo: Liber ad honorem Augusti, Burgerbibliothek Bern, Cod. 120.II, f. 146r (Ausschnitt) Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 1438-8669 ISBN 978-3-7370-1491-5

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Der Mensch und sein Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Hinführung zum Thema und Vorgehen . . . . . . . . . . . . . .

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2 Forschungsstand und methodische Vorüberlegungen . . . . . 2.1 Der Tod im Mittelalter – Übersicht und Forschungsstand 2.2 Die Rolle des Bischofs im frühen und hohen Mittelalter . 2.3 Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 Antike Vorstellungen von Tod und Nachleben . . . . . . . . . . . . . 3.1 Der Tod und das Fortbestehen der Seele in der antiken griechischen und römischen Philosophie . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Tod und Auferstehungsgedanke im Alten und Neuen Testament. 3.2.1 Tod und Auferstehungsgedanke im Alten Testament . . . . 3.2.2 Tod und Auferstehungsgedanke im Neuen Testament . . . 3.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4 Todesvorstellungen in frühchristlicher Zeit 4.1 Ambrosius von Mailand . . . . . . . . 4.2 Augustinus von Hippo . . . . . . . . . 4.3 Gregor ›der Große‹ . . . . . . . . . . . 4.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . .

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5 Der vorbildliche Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Die Vita sancti Martini des Sulpicius Severus und deren Fortsetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Die Vita sancti Martini . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Die Briefe des Sulpicius Severus . . . . . . . . . .

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Inhalt

5.2 Die Lebensbeschreibungen der hll. Ambrosius und Augustinus . 5.2.1 Die Vita des hl. Ambrosius von Paulinus . . . . . . . . . . 5.2.2 Die Vita des hl. Augustinus von Possidius . . . . . . . . . . 5.3 Der Transitus Mariae und seine Rezeption bei Gregor von Tours 5.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Die Rolle des Bischofs bis zum Ende des 6. Jahrhunderts . . . . . 6.2 Gregor von Tours und die Decem libri historiarum . . . . . . . . 6.2.1 Gregors Verständnis von Sterben, Tod und Nachleben . . . 6.2.2 Sterbeberichte über Bischöfe in den Decem libri historiarum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a Der Tod des Märtyrers . . . . . . . . . . . . . . . b Der Tod des Bischofs – Drei Beispiele . . . . . . . c Der Tod des Bischofs in den Decem libri historiarum bis zum Jahr 573 . . . . . . . . . . . . d Der Tod des Bischofs in den Decem libri historiarum ab dem Jahr 573 . . . . . . . . . . . . e Der gute Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f Der schlechte Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . g Der neutrale Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h Gregor und seine Vorgänger – Die Liste der Bischöfe von Tours . . . . . . . . . . . . . . . i Zusammenführung und Ergebnisse . . . . . . . . 6.2.3 Liber vitae patrum – Das Buch vom Leben der Väter nebst einem Seitenblick auf die merowingische Hagiographie . . 6.3 Venantius Fortunatus – Das lyrische Werk unter besonderer Berücksichtigung des Totengedenkens . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 In der Nachfolge Gregors – Die Chronik des sogenannten Fredegar und der Liber historiae Francorum . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Die Chronik des sogenannten Fredegar . . . . . . . . . . . 6.4.2 Der Liber historiae Francorum . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert . . . . . . . . 7.1 Die Rolle der Bischöfe zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert . . . 7.2 Gutes Sterben im Karolingerreich – Anleitungen für den idealen Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Chronistik im 8. Jahrhundert – Die historia vel gesta Francorum .

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131 133 139 145 151 152 155 162 177 178 186 194 200 204 206 221 225 225 231 236 237 239 244 251

7

Inhalt

7.4 Annalistik des 8. und 9. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Annalistik der karolingischen Frühzeit . . . . . . . . . . . a Die Annales S. Amandi . . . . . . . . . . . . . . b Die Annales Mosellani-Laureshamenses . . . . . c Die Annales Alamannici-Nazariani und Guelferbytani . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Die Annales regni Francorum . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.3 Annalistik des 9. und 10. Jahrhunderts am Beispiel der Annales Bertiniani und der Annales Fuldenses . . . . a Die Annales Bertiniani . . . . . . . . . . . . . . b Exkurs: Visionsliteratur am Beispiel der Visio Bernoldi Erzbischof Hinkmars von Reims . . . . c Die Annales Fuldenses . . . . . . . . . . . . . . . d Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Historiographische Texte des 9. Jahrhunderts – Nithards vier Bücher Geschichten und die Chronik Reginos von Prüm . . . . 7.6 Hagiographie des 9. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7 Ein Ausblick auf weitere Textgattungen: die Gesta episcoporum und Libri memoriales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Der wiederentdeckte Bischofstod in der Geschichtsschreibung . . . 8.1 Der Bischof vor dem Investiturstreit . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Vorstellungen über Sterben und Tod vor dem Investiturstreit . 8.3 Der Bischofstod in der frühen Chronistik ottonischer Zeit . . . 8.3.1 Die Fortsetzung der Chronik Reginos von Prüm . . . . . 8.3.2 Die Sachsengeschichte Widukinds von Corvey . . . . . . 8.3.3 Ottonische Hagiographie am Beispiel der Viten Bruns von Köln und Ulrichs von Augsburg . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Geschichtsschreibung am Beginn des 11. Jahrhunderts – Die Quedlinburger Annalen und die Chronik Thietmars von Merseburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.1 Die Quedlinburger Annalen . . . . . . . . . . . . . . . . . a Die Quedlinburger Annalen bis zum Jahr 1002 . b Die Quedlinburger Annalen ab dem Jahr 1002 . c Die letzten Jahre der Quedlinburger Annalen . . d Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Die Chronik Bischof Thietmars von Merseburg . . . . . . a Die Entstehung der Chronik . . . . . . . . . . . b Bischöfliche Todesfälle in den Büchern I–IV . .

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Inhalt

c Ein schlechter Bischofstod in Thietmars Chronik? Zu den Erzbischöfen Hatto I. und Wilhelm von Mainz sowie Brun und Gero von Köln . . . . . . . d Der gute Tod in den Büchern I–III der Chronik Thietmars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e Der natürliche Tod in der Chronik Thietmars? Zum Ableben der Erzbischöfe von Magdeburg . . f Thietmar und die Quedlinburger Annalen – Eine exemplarische Betrachtung von Buch IV der Chronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g Die letzten Bücher der Chronik Thietmars . . . . . 8.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Sterbeberichte von Bischöfen im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Der Bischof im 11. und 12. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . 9.2 Tod und Nachleben im 11. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . 9.3 Historiographie vor dem Investiturstreit . . . . . . . . . . . . . 9.3.1 Die Chronik Hermanns des Lahmen . . . . . . . . . . . . a Der Bischofstod in der Chronik Hermanns des Lahmen bis zum Jahr 900 . . . . . . . . . . . . . b Der Bischofstod in der Chronik Hermanns des Lahmen ab dem Jahr 900 . . . . . . . . . . . . . c Die Chronik Hermanns im Netz Reichenauer Chronistik und Annalistik . . . . . . . . . . . . . d Der Bischof in der Chronik Hermanns des Lahmen vornehmlich ab den 1040er Jahren . . . 9.3.2 Die Niederaltaicher Annalen (Annales Altahenses) . . . . 9.3.3 Die Hamburgische Kirchengeschichte Adams von Bremen 9.3.4 Die Annalen Lamperts von Hersfeld . . . . . . . . . . . . 9.4 Historiographie im ausgehenden 11. Jahrhundert . . . . . . . . 9.4.1 Die Jahre bis 1054 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.2 Die Jahre bis 1080/81 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.2.1 Der schlechte Tod in der Chronik Bertholds von Reichenau – Ergänzt um weitere Texte des ausgehenden 11. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . a Heinrich von Speyer († 1075) . . . . . . . . . . . b Wilhelm von Utrecht († 1076) . . . . . . . . . . c Gregor von Vercelli († 1077) . . . . . . . . . . . d Sigehard von Aquileja († 1077) . . . . . . . . . . e Embricho von Augsburg († 1077) . . . . . . . . .

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Inhalt

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Verzeichnis der Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur Verzeichnis der Quellen . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Regestenwerke . . . . . . . . . . Verzeichnis der Literatur . . . . . . . . . . . . .

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Register . . . Bibelstellen Personen . Orte . . . .

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f Werner von Straßburg († 1077) . . . . . . . . . . g Hildolf von Köln († 1078) . . . . . . . . . . . . . h Udo von Trier († 1078) . . . . . . . . . . . . . . i Eppo von Naumburg († 1079) . . . . . . . . . . j Udalrich von Padua († 1080) . . . . . . . . . . . k Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.2.2 Der gute Tod in der Chronik Bertholds von Reichenau – Ergänzt um weitere Texte des ausgehenden 11. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . 9.4.3 Die Jahre bis 1099/1100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a Der gute Tod in der Chronik Bernolds von Konstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b Der schlechte Tod in der Chronik Bernolds von Konstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronistik am Ausgang der Salierzeit – Die Fortsetzer der Chronik Frutolfs von Michelsberg . . . . . . . . . . . . . . 9.5.1 Die Fortsetzungen I u. II und die anonyme Kaiserchronik 9.5.2 Ekkehards Chronik und die Fortsetzung bis 1125 . . . . . Ergänzungen zum gewaltsamen Bischofstod in salischer Zeit . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausblick: Der letzte Bischof – Otto von Freising . . . . . . . . .

10 Ergebnisse . . . . . . . . . . . 10.1 Quantitative Aspekte . . . 10.2 Inhalt und Vorstellung . . 10.3 Funktion . . . . . . . . . 10.4 Einordnung und Ausblick

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Oktober 2018 von der Fakultät für Geschichtswissenschaften der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen und im Mai 2019 erfolgreich verteidigt. Für den Druck wurde sie nochmals umfassend überarbeitet. Dass aus verstreuten Beispielen über bischöfliche Todesfälle, die ich als studentische Hilfskraft aus ganz anderen Gründen für das Akademieprojekt der Regesta Imperii sammelte, die vorliegende Arbeit entstehen konnte, erforderte die Unterstützung zahlreicher Menschen, denen ich an dieser Stelle ganz herzlich danken möchte. An erster Stelle gilt mein besonderer Dank Prof. Dr. Gerhard Lubich, der nicht nur durch zahlreiche Seminare und Übungen mein Interesse für das Mittelalter weckte und förderte, sondern mir auch die Möglichkeit eröffnete, zunächst als Hilfskraft, dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei den an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz angesiedelten Regesta Imperii, Abteilung III: Regesten der Salierzeit, arbeiten zu dürfen. Er brachte mir das Vertrauen entgegen, das vorliegende Thema trotz anfänglicher Skepsis zu bearbeiten und verfolgte das Voranschreiten der Arbeit mit größtem Interesse. Gleiches gilt für PD Dr. Volker Scior, dem ich nicht nur ganz herzlich für die Übernahme des Zweigutachtens danke, sondern auch für äußerst vertrauensvolle Gespräche und Rückmeldungen, für Rat und Tat zu jedem Zeitpunkt der Arbeit. Für äußerst anregende Diskussionen und die Möglichkeit, Einblicke in seine zu diesem Zeitpunkt noch unveröffentlichte Dissertation nehmen zu können, danke ich meinem Bochumer Kollegen Dr. Manuel Kamenzin, für hilfreiche Worte, stete Unterstützung und ein immer offenes Ohr gilt darüber hinaus mein Dank der gesamten Bochumer Mediävistik, namentlich Bettina Kühnemann, Dr. Iris Kwiatkowski, Dr. Jens Lieven, Prof. Dr. Klaus Oschema, Friederike Pfister M.A. und dem leider viel zu früh verstorbenen Prof. Dr. Thomas Schilp. Besonders herausheben möchte ich Dr. Dirk Jäckel und Lisa Klocke M.A., mit denen ich das große Vergnügen und Glück hatte, mir über viele Jahre hinweg ein Büro teilen zu dürfen und die mir nicht nur an der Universität, sondern zu jeder Zeit in guten wie schlechteren Phasen der Arbeit zur Seite gestanden und den

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Vorwort

Abschluss des Projektes überhaupt erst ermöglicht haben. Ihren Beitrag zu dieser Arbeit kann ich nicht hoch genug schätzen. Ein gleicher Dank gilt meinen Eltern, die mir nicht nur das Studium möglich gemacht, sondern dessen Fortschritt immer größtes Interesse entgegenbracht und sich sogar gleich mehrfach dazu bereitgefunden haben, lange Manuskriptfassungen zu lesen und zu korrigieren. Für die Lektüre der Druckfahnen möchte ich abschließend Julia Andree B.A. und Jan Lemmer M.A. meinen besonderen Dank aussprechen. Für die Möglichkeit, das Thema der Arbeit in ganz unterschiedlichen Facetten innerhalb ihrer Oberseminare, Kolloquien oder Tagungen vorstellen und zur Diskussion stellen zu können, danke ich Prof. Dr. Andreas Bihrer, Prof. Dr. Jürgen Dendorfer, Prof. Dr. Nina Gallion; Prof. Dr. Knut Görich, Prof. Dr. Rolf Große, Dr. Frederieke M. Schnack sowie Prof. Dr. Karl Ubl. Die Research School der Ruhr-Universität Bochum gewährte mir großzügig finanzielle Mittel, die es mir ermöglicht haben, die ersten Versuche am Thema im Rahmen einer an der RUB organisierten Nachwuchstagung zur Diskussion zu stellen. Zudem erlaubte ein mir von der Research School zugesprochenes IRB (International Realisation Budget) u. a. äußerst produktive Aufenthalte am Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie am Deutschen Historischen Institut in Paris. Für die unglaublich unkomplizierte und herzliche Aufnahme in Wien danke ich ganz besonders PD Dr. Andreas Zajic, für die ebenso herzliche Aufnahme in Paris gilt mein Dank Prof. Dr. Rolf Große. Für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe Orbis mediaevalis gilt mein Dank der Herausgeberin und den Herausgebern Prof. Dr. Amalie Fößel, Prof. Dr. Hans-Werner Goetz, Prof. Dr. Ludger Körntgen sowie Prof. Dr. Helmut G. Walther. Insbesondere Prof. Dr. Hans-Werner Goetz möchte ich zuletzt ganz besonders für seine Mühen danken, die Arbeit nochmals einer kritischen Sichtung unterzogen und wertvolle Hinweise gegeben zu haben.

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Einleitung

1.1

Der Mensch und sein Tod

Media vita in morte sumus.1 Aus diesem Antiphon, lange Notker »dem Stammler« zugeschrieben, wird nicht nur die Geisteshaltung des 9. Jahrhunderts deutlich; in diesen wenigen Worten findet sich eine zeitlose Wahrheit zusammengefasst. Der Tod umfasst den Menschen allgegenwärtig, kann in jedem Augenblick seiner irdischen Existenz, lange vorherzusehen oder überraschend und unerwartet, eintreten und sein Leben beenden. Der Tod begleitet den Menschen seit seiner Genese, und kein anderes Thema hat ihn zu zahlreicheren und umfassenderen Gedanken, Überlegungen, Handlungen, Religionen, Bräuchen und schließlich wissenschaftlichen Studien geführt.2 Kaum ein anderes Sujet lässt derart viele Hypothesen und vermeintliche Schlussfolgerungen zu, ohne endgültige Antworten geben zu können. Wer sich mit dem Tod auseinandersetzt, beschäftigt sich mit den ältesten Ängsten der Menschheit3 und betritt dennoch ein Feld, das nie an Aktualität und Interesse verlieren wird, selbst wenn der Tod in der modernen Gesellschaft gerne an den Rand gedrängt oder gänzlich ignoriert wird. 1 Media vita in morte sumus / quem quaerimus adiutorem, / nisi te domine! / Qui pro peccatis nostris iuste irasceris. / Sancte deus, sancte fortis, / sancte et misericors salvator noster, / amare morti ne tradas nos. Zitiert nach Bruggisser-Lanker, Musik und Liturgie im Kloster St. Gallen, S. 189. Gegen die Zuschreibung des Antiphons an Notker vgl. auch dies., Musik und Tod im Mittelalter, S. 163 Anm. 89; Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 50; Ochsenbein, Notker Balbulus deutsch, S. 217f. 2 Zu einer allgemeinen Einführung in die Geschichte des Todes vgl. das nachfolgende Kapitel. Verwiesen sei, in Zusammenhang mit dem Notker zugeschriebenen Zitat, bereits auf Angenendt, Geschichte der Religiosität, S. 661–663. Zum Wissen um die eigene Sterblichkeit als »Kultur-Generator ersten Ranges« vgl. Assmann, Tod und Kultur, bes. S. 399–406 (Zitat S. 405). 3 In Studien an Schimpansen ist deren Umgang mit verstorbenen Artgenossen untersucht worden. Deutlich wurden eindeutige, menschlichem Verhalten ähnliche Verhaltensweisen. Die Wahrnehmung des Todes einerseits und durch diesen ausgelöste Handlungen andererseits haben gezeigt, dass derartiges Verhalten nicht allein den Menschen inhärent ist. Vgl. Anderson / Gillies / Lock, Pan thanatology, S. R349–R351. Generell vgl. King, How Animals Grieve.

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Einleitung

Und doch, wohl kaum etwas ist derart aufeinander angewiesen wie Leben und Tod, ohne das eine würde es das andere nicht geben.4 Auf den ersten Blick einfach erscheint die medizinische Definition des Todes, also die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein Mensch die unumkehrbare Schwelle vom Leben zum Tod überschritten hat. Grundsätzlich werden zwei Szenarien unterschieden: Unter dem klinischen Tod wird der »Zustand in einem Zeitraum von etwa drei Minuten nach einem Herz- und Kreislaufstillstand [verstanden], innerhalb dessen eine vollständige Wiederbelebung des Organismus durch Reanimationsbehandlung und intensivmedizinische Mittel wie künstliche Beatmung möglich ist«. Bleiben diese Maßnahmen erfolglos, tritt der sogenannte Individualtod ein.5 Dem entgegen steht der Hirntod, der irreversible Ausfall verschiedener Bereiche des menschlichen Gehirns. Die Bundesärztekammer formulierte diesbezüglich im Jahr 2015: »Mit der Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms (irreversibler Hirnfunktionsausfall) ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt«.6 Dennoch ist die Diagnose des Hirntodes unklar, zumal intensivmedizinische Maßnahmen weiterhin die überlebensnotwendigen Funktionen des Körpers aufrechterhalten können.7 Es zeigt sich, dass bereits die rein objektive Fassung des Todes keine eindeutige Definition zulässt. Umso schwieriger wird es, wenn dem biologischen Tod ein weiterer gegenübergestellt wird: der soziale Tod. Der Mensch kann bereits zu Lebzeiten den sozialen Tod erleiden, oder weit über sein Ableben hinaus sozial am Leben erhalten werden.8 Umso schwieriger erscheint der Umgang des Menschen selbst mit der Thematik Tod. Die Konfrontation mit dem Tod eines anderen ist immer auch eine Bewusstwerdung der eigenen Vergänglichkeit, »[d]er Tod ist eine der wenigen universalen Erfahrungen menschlicher Existenz. Er verkörpert das unausweichliche Ereignis im menschlichen Leben, ein Ereignis, das mit absoluter Gewissheit zu erwarten ist.«9 Diese Konfrontation hat schon in frühen Prozessen der Menschwerdung einerseits zu Zeremonien und Ritualen der Bestattung geführt, 4 5 6 7

Vgl. Classen, Death and the Culture of Death, S. 1–7. Vgl. Bertels, Hirntod, S. 24f. (Zitat ebd.). Bekanntmachung der Bundesärztekammer vom 30. Januar 2015. Vgl. Bertels, Hirntod, S. 26–28. Ebd., S. 81–115, geht Bertels umfassend ethischen Fragen in Bezug auf das Konzept des Hirntodes nach. Vgl. bereits u. a. Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 67, der auf das Problem des neuzeitlichen Todes aufmerksam macht, der aufgrund medizinischer Errungenschaften wie Transplantationen oder der Aufrechterhaltung von Teilen des Gehirns nicht mehr mit der Sicherheit diagnostiziert werden könne, wie dies früher der Fall gewesen sei. Zum Tod des ›modernen‹ Menschen vgl. auch Wiesemann, Individuelles Leiden. 8 Vgl. Feldmann, Soziale Tod. 9 Barloewen, Der lange Schlaf, S. 12.

Der Mensch und sein Tod

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andererseits die Hoffnung genährt, dass dem Tod kein endgültiges Ende innewohnt, er vielmehr als Übergang zu verstehen sein muss.10 Aus seiner Unausweichlichkeit, so Constantin von Barloewen, habe sich ein vielfältiger, deutlich unterschiedlicher Umgang mit dem Tod in Religion, Kunst, Philosophie oder auch Architektur ergeben, wobei den Religionen stets die Hoffnung oder sichere Annahme einer dem irdischen Leben nachfolgenden Existenz inhärent sei.11 Sowohl prähistorische Gräberfunde als auch die heutige Bestattungskultur,12 die innerhalb der zahlreichen Religionen und Kulturen gänzlich verschiedene Formen angenommen hat, geben ein Bild von der seit Jahrhunderttausenden betriebenen Sorgfalt bei der Bestattung.13 Sicher geben Gräber, Grabbeigaben, Grabsteine, Denkmäler usw. Informationen über die dort Bestatteten ab, reflektieren aber mehr noch ein Bild, wie die Verstorbenen von den Menschen gesehen worden sind, die sie dort beigesetzt haben, und auch, wie sie gesehen werden sollen; zugleich zeigt sich, welche Wahrnehmung diejenigen, die das Grab angelegt haben, von ihren Mitmenschen erfahren wollen. Soziale Realitäten werden dadurch häufig von Idealbildern überlagert.14 Ein Blick in Traueranzeigen heutiger Tageszeitungen genügt, um sich selbst ein umfangreiches Bild davon zu machen.15 Besondere Eigenschaften der Verstorbenen werden herausgehoben, Familiensinn, berufliche Leistungen und weitere Qualitäten betont. Ein kritisches oder negatives Wort über die Verstorbenen findet sich nicht, offene Freude über das Ableben anderer würde nicht toleriert werden.16 In der vormodernen 10 Erste nachweisbare Totenrituale, die Mitnahme von Knochen Verstorbener, ohne jedoch die vollständigen Körper zu bestatten, datieren aus einer Zeit vor 500.000 Jahren. Zur Geschichte der frühen Bestattungskultur vgl. Steuer, Mensch und sein Tod, S. 117–121. Ein Nebeneinander von Körper- und Brandbestattung lässt sich bis in merowingische Zeit nachweisen, vgl. Klingenberg, Grabrecht, Sp. 632; Koch, Stätten der Totenruhe, S. 723; Lauwers, Naissance du cimetière, S. 25. 11 Vgl. Barloewen, Der lange Schlaf, S. 12f. 12 Vgl. Borckholder, Tod im 21. Jahrhundert. 13 Vgl. Brather, Bestattungsrituale zur Merowingerzeit, S. 279; Steuer, Mensch und sein Tod, S. 112. 14 Vgl. Brather, Tod und Bestattung im frühen Mittelalter, S. 94; ders., Bestattungsrituale zur Merowingerzeit, S. 281f., mit Hinweisen zu weiterer Literatur. 15 Todesanzeigen in aktuellen Tageszeitungen weisen ein hohes Maß an standardisierter Trauersprache auf. Doch gerade bei von diesem Maß abweichenden Anzeigen ist es besonders gut möglich, Einblicke in die Gedanken und Gefühle der Hinterbliebenen zu erhalten. Vgl. Zeck, »Erschüttert geben wir bekannt…«, S. 181–183. Grundsätzlich haben moderne Todesanzeigen das Interesse der Forschung geweckt. Vgl. Bronisch, Sprache der Todesanzeigen; Eckkrammer, Todesanzeige; Fuchs, Todesbilder in der modernen Gesellschaft, S. 83– 101; Lage-Müller, Text und Tod. 16 Erinnert sei an das oft zitierte Sprichwort De mortuis nil nisi bene, eine lateinische Übersetzung des Chilon von Sparta zugeschriebenen griechischen Ausspruchs Τὸν τεθνηκότα μὴ κακολογεῖν, γῆρας τιμᾶν. Die lateinische Wendung ist zwar mit »Über die Toten nur Gutes« nur unzureichend übersetzt, zeigt aber die insbesondere in heutiger Zeit als richtig empfundene dahinterliegende Intention.

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Einleitung

Gesellschaft des Mittelalters wurde innerhalb von historio- oder hagiographischem Schriftgut weit weniger zurückhaltend über das Ableben anderer geschrieben, wobei, mit wenigen Ausnahmen, allein über den Tod bedeutender Amtsträger innerhalb der überlieferten Quellen berichtet wurde. Die Erinnerungswürdigkeit war größtenteils auf eine bestimmte Gruppe von Personen begrenzt: Kaiser, Könige, weitere weltliche Herrschaftsträger wie Herzöge oder Grafen, dazu kirchliche Würdenträger, insbesondere Päpste, Äbte und – als zahlenmäßig größte Gruppe – Bischöfe.

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Hinführung zum Thema und Vorgehen

Diese Arbeit nimmt es sich zur Aufgabe, den Bischofstod im frühen und hohen Mittelalter bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts nachzuvollziehen. Das Ineinanderdenken von Bischöfen sowie deren Tod ist noch vergleichsweise selten17 und dabei häufig in Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod der Bischöfe erfolgt,18 während eine grundsätzliche Untersuchung bisher ausgeblieben ist. Diesem Forschungsdesiderat soll mit dieser Arbeit Abhilfe geschaffen werden. An einem Beispiel aus dem ausgehenden 11. Jahrhundert mag dies gleich zu Beginn illustriert werden. Am 6. April des Jahres 1088 starb Bischof Burchard II. von Halberstadt in Goslar. Der Fall erscheint eindeutig, die Quellenüberlieferung ist breit, wenn auch zumeist wenig ausführlich. Burchard ist, diesen Berichten folgend, gewaltsam ums Leben gekommen, er ist getötet worden.19 Die Texte gleichen sich darin, dass sie den Namen des Verstorbenen nennen, den Ort, an 17 Zum Bischofstod im späten Mittelalter, jedoch unter Einbezug vereinzelter Beispiele früherer Zeit vgl. Kolmer, Tod der Bischöfe. Auch Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 237–266, widmet dem Ableben der Bischöfe immerhin ein eigenes Kapitel. Ein solches bietet speziell zum Tod des Papstes auch Paravicini Bagliani, Leib des Papstes, S. 105–163, der Schwerpunkt liegt aber auf Päpsten des Spätmittelalters. Die Jahrhunderte dazwischen sind hingegen kaum in den Blick genommen worden. Daneben stehen Beiträge, die einzelne bischöfliche Todesfälle einer Analyse unterziehen, wobei das Ableben meist nur als Aufhänger dient, nicht als zentrales Sujet. Vgl. Becquet, La mort d’un évêque de Périgueux; Jourd’heul, Mort et la sépulture de Brun de Roucy; Veron, Mort de l’évêque Renaud II. 18 Vgl. Heinig, Fürstenmorde; Kaiser, Mord im Dom; ders., Évêques expulsés, évêques assassinés; Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 32–43, sowie die Beiträge im Sammelband von Fryde / Reitz (Hgg.), Bischofsmord im Mittelalter. 19 Der gewaltsame Tod Burchards begegnet in zahlreichen Chroniken und Annalen, exemplarisch Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 1088, S. 102: Buggo Halberstatensis episcopus occiditur Goslarie˛; die Annales Corbeienses a. 1088, S. 131: Buggo episcopus Goslarie˛ in seditione occisus est, oder Annales Wirziburgenses (= Annales S. Albani Moguntini) a. 1088, S. 246: Buggo, Halberstatensis episcopus, Gozlariae occiditur. Erste Überlegungen zum Komplex um den Tod Burchards von Halberstadt finden sich bereits bei Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 57–60, sowie Weber, Form und Funktion von Todesschilderungen, S. 232–235. Zu Burchard vgl. Kleinen, Bischof und Reform.

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dem er verstarb, sowie über das Verb occidere einen Interpretationsspielraum über den Hergang des Todes erlauben, jedoch keinen Zweifel lassen, dass ein gewaltsamer Tod vorgelegen hat. Allerdings gibt alleine die Sprache die Besonderheit oder besser den außerhalb des Alltäglichen stehenden Tod wieder; genauere Todesumstände werden zumeist nur dann mitgeteilt, wenn sich etwas Ungewöhnliches ereignet hat.20 Die einmütige Überlieferung dieses ›Tathergangs‹ lässt die begründete Annahme zu, dass Burchard tatsächlich nicht auf natürliche Weise aus dem Leben geschieden ist.21 Eine Rekonstruktion der genauen Umstände ist jedoch anhand der Belege nicht möglich. Ausführlicher berichtet der Chronist Bernold von Konstanz, der neben dem genauen Todestag weitere Angaben zum Hergang macht: In Saxonia piae memoriae Burchardus Halverstatensis episcopus, in causa sancti Petri firmissimus – eheu! – occiditur. Sed nichil differt, an febris, an gladius mittat nos ad Dominum. Migravit autem ad Dominum VIII. Idus Aprilis.22 Der Bericht Bernolds ermöglicht, die zuvor unpräzise gebliebenen Angaben zu ergänzen, um ein vollständigeres Bild des Mordes an Burchard II. zu erhalten. Bernold weist, durch eine emotionale Äußerung (eheu!) verstärkt, die sein Erschrecken über die sich ereignete Tat ausdrücken und ein gemeinschaftliches Gefühl des Schmerzes erzeugen soll, einmal mehr auf den gewaltsamen Hergang hin. Burchard starb eben nicht an einem Fieber. Und Bernold weiß sogar, dass der Bischof durch ein Schwert umgebracht wurde.23 Allerdings hatte der Mord für Burchard keine schlimmen Auswirkungen, vielmehr ging er daraufhin, so Bernold weiter, zum Herrn ein, erhielt also Zutritt zu den himmlischen Gefilden. Explizit von einem Martyrium spricht Bernold zwar nicht, dennoch ist Burchard gemäß Bernold zweifelsfrei als treuer Streiter Christi für die Sache des Herrn gestorben und unmittelbar in den Himmel aufgefahren.24 Er erlitt einen im Verständnis des Mittelalters als gut einzuschätzenden Tod.25 20 Vgl. Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 99. 21 Ob und wie ein natürlicher Tod innerhalb der Vorstellung des Mittelalters wahrgenommen worden ist, wird im Verlauf dieses Kapitel näher beleuchtet, vgl. Anm. 45. 22 Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1088, S. 469. 23 Lebensbeschreibungen von Märtyrern weisen häufig eine ganze Reihe von Martern auf, die der Heilige schadlos übersteht, bis er am Ende durch das Schwert enthauptet wird. Vgl. Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 94. Ein tatsächliches Martyrium Burchards II. konstruierte erst Jahrzehnte später der Annalista Saxo, Chronicon a. 1088, S. 479–481, wobei er sich der heute verlorenen Passio Burchardi II. episcopi Halberstadensis Herrands von Ilsenburg bediente (vgl. ebd., S. 479 Anm. 2 ad 1088). Vgl. Kaiser, Mord im Dom, S. 130; ders., Évêques expulsés, évêques assassinés, S. 72; Wagner, Saints évêques, S. 84f. 24 Hingewiesen sei an dieser Stelle auf eine definitorische Genauigkeit. Die synonyme Verwendung der Begriffe ›Himmel‹ und ›Paradies‹ ist unzutreffend. Jesus versprach dem reuigen der zwei mit ihm gekreuzigten Schächer, noch heute gemeinsam mit ihm im Paradies zu sein (Lk 23,43). Damit kann nicht der endgültige Himmel gemeint sein, der vor dem Jüngsten Gericht einzig den Heiligen und Märtyrern (später um Asketen, weiter gefasst unblutige

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Einleitung

Neben Bernold berichten weitere, namentlich nicht bekannte Chronisten und Annalisten ausführlicher über den Tod Burchards. Der Annalist aus Augsburg vermerkt: Purchardus Halberstatensis, fomes et nutrimentum discordiae, in seditione quadam transfixus exspiravit.26 Burchard war Zunder und Nahrung von Zwietracht, bevor er seine Seele aushauchte. Der Annalist zeichnet ein grundsätzlich verschiedenes Bild zu dem Bernolds. Ziehen wir einen weiteren Bericht, den Liber de unitate ecclesiae conservanda, ein durchaus kaiserfreundliches Werk,27 heran. Dort heißt es: Qui cum praecipue et ante omnes in hoc esset studio, ut regem deponeret a regno, qui eum sublimavit episcopali fastigio, occisus est tandem Goslariae a suis popularibus in quadam contentione, quae inter ipsos hostes vel ecclesiae vel rei publicae facta est non sine plurimorum sanguine, in diebus scilicet passionis dominicae.28 Auch in diesem Auszug findet sich kein Wort über fromme Taten Burchards. Vielmehr wurde er in einem Streit mit seinen Landsleuten erschlagen. Dem wiederum entgegen steht eine knappe Mitteilung im Chronicon Hujesburgense. Auch darin wird über den gewaltsamen Mord an Burchard in Goslar berichtet, die Ursachen für diese Tat sind hier aber in seiner Unterwürfigkeit und seinem Gehorsam gegenüber dem päpstlichen Stuhl zu suchen.29 Deutlich wird die Diskrepanz der einzelnen Schilderungen. Auf der einen Seite haben wir Burchard, einem Märtyrer gleich vom Schwert im Dienst Gottes durchstoßen, auf der anderen Burchard, den Anstoß für Neid und Missgunst, bevor er in einem Konflikt, dessen Ursache im Dunkeln liegt, durch seine populares zu Tode kam. Mitte des 12. Jahrhunderts zitiert der sogenannte Annalista Saxo ausführlich aus dem heute verlorenen zeitgenössischen Bericht über die Ermordung Burchards, verfasst von dessen Nachfolger auf dem Halberstädter Bischofsstuhl Herrand. Dieser schildert ausführlich die Umstände des

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Märtyrer erweitert) offensteht, zunächst allerdings, ohne Gottes ansichtig zu werden (vgl. Kapitel 2.1, Anm. 112). In diesem Fall bedeutet das Paradies eine Vorstufe vor dem Himmel und mag in eins gedacht werden mit Abrahams Schoß (dazu vgl. Kapitel 3.2.2, Anm. 257 und Kapitel 5.1.2, Anm. 470). Vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 83; ders., In porticu ecclesiae sepultus, S. 145; Vorgrimler, Geschichte des Paradieses, S. 38–50. Zur Abwägung eines guten und schlechten Todes im Verständnis ›des‹ mittelalterlichen Menschen vgl. das nachfolgende Kapitel. Annales Augustani a. 1088, S. 133. Zur Verfasserfrage vgl. Loewe, Annales Augustani, S. 117– 126; Tangl, Schwaben, S. 535f. Vgl. Holtzmann, Kaiser und das Reich, S. 406–409. Liber de unitate ecclesiae conservanda II, 31, S. 257. Der Verfasser fährt an späterer Stelle fort (S. 257f.): […] post haec, inquam, occisus est in seditione quadam popularium suorum Nonis Aprilis, in quarta feria dominicae passionis, anno scilicet MLXXXVII. a tempore dominicae nativitatis. Die präzise Datierung auf Todesjahr- und tag weist in beidem einen Fehler auf. Burchard starb nicht am 5. April und nicht im Jahr 1087. Ob es sich um eine bewusste Verzerrung oder einen Fehler des Verfassers handelt, muss offen bleiben. Chronicon Hujesburgense, S. 143: Hic igitur episcopus XXIX. ordinationis suae anno feliciter consummato migravit ad dominum VII Idus Aprilis occisus in Goslaria pro apostolicae sedis subiectione et obedientia.

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einzig zum Anschlag auf den Bischof durch Markgraf Ekbert inszenierten Aufstandes, Burchards in den letzten Augenblicken im Angesicht des drohenden Todes gezeigte Demut, kreuzförmig zum Gebet auf den Boden niedergeworfen, während die Aufrührer grausam viele Menschen ermordeten, Gebäude zerstörten und schließlich auch den betenden, wehrlosen Bischof mit einem Speer hinterrücks niederstachen. Dies trieb die Getreuen Burchards an, die Aufständischen zu vertreiben, um zumindest den Leichnam zu retten und würdig bestatten zu können. Burchard, so schließt der Bericht, lebte lange genug, sodass er noch seine Beichte ablegen konnte, um dann an dem von ihm gewünschten Ort beigesetzt werden zu können.30 Bereits an diesem Punkt zeigt sich, dass diese Berichte ohne Einbettung in verschiedene Zusammenhänge keine begründeten Schlussfolgerungen zulassen. Für gezielte Aussagen ist es unabdingbar, die zitierten Passagen in die Gesamtheit des jeweiligen Textes einzuordnen, die historischen Hintergründe der Entstehung desselben in den Blick zu nehmen und auch, soweit möglich, die Geisteshaltung der Verfasser zu berücksichtigen. Wenn bei der Betrachtung ins Auge gefasst wird, dass alle Texte während der Zeit des Investiturstreits verfasst worden sind, einer Zeit politischer und religiöser Unsicherheit, zahlreicher militärischer Konflikte, aber auch einer Zeit zunehmender Schriftproduktion, zahlreicher Quellenüberlieferung und zunehmender Individualisierung des Einzelnen, lassen sich diese Texte in ein deutlich weiteres Spektrum und weitreichendere Entwicklungslinien einordnen. Werden zusätzlich die Unterstützung Burchards für die Kirchenreform Papst Gregors VII. sowie sein Kampf gegen König und Kaiser Heinrich IV. in die Überlegungen einbezogen,31 konstituieren sich wiederum neue, zu beachtende Aspekte. Auf den zweiten Blick ergeben sich eine ganze Reihe von Fragen und thematischen Schwerpunkten. Welchem der Berichte über das Ableben Burchards darf Glauben geschenkt werden, und ist es überhaupt möglich, eine Rekonstruktion des Hergangs zu erreichen? Wie sind die Unterschiede in den Berichten zu erklären? Welche Gründe mag es für die Verfasser gegeben haben, verschiedene Schwerpunkte zu setzen, um ein jeweils anderes Bild Burchards zu formen? Welche Rolle spielte der Bischofstod in den Chroniken und Annalen des Mittelalters, welche Vorstellungen davon prägten diese Zeit und inwiefern haben sie Eingang in Berichte verschiedener Jahrhunderte gefunden? Kurzum, wie starb ein Bischof des frühen und hohen Mittelalters auf Grundlage der überlieferten Quellen und welche Rückschlüsse erlauben diese Quellen über die tatsächlichen Todesumstände oder vielmehr die intendierten Absichten der Verfasser? Für die Darstellung des Bischofstodes gilt, so ist anzunehmen, was Philippe Buc eher 30 Vgl. Annalista Saxo, Chronicon a. 1088, S. 479–481. 31 Vgl. die Übersicht bei Weber, Form und Funktion von Todesschilderungen, S. 225 Anm. 2.

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nebensächlich für den Tod des Herrschers (in Bezugnahme auf die ottonische Zeit) herausgestellt hat: »Death, and especially the death of kings, provided a favorite keystone for narratives. Agents and authors ›ritualized‹ the royal death – understand, they stuffed the event with pomp, references to the Scriptures, regalia, and solemn discourses. Thus it became a vector for political or ethical messages, alongside the coronation, the royal entry, and a number of other socalled ›political rituals‹.«32 Doch welche Formen und Funktionen nimmt der Bischofstod tatsächlich wahr? Und lässt sich eine bestimmte Form und Funktion über das frühe und hohe Mittelalter hinweg nachweisen? Diese Arbeit setzt sich das Ziel der Aufarbeitung der literarischen Konstitution und Funktion des Bischofstodes und dessen vorstellungsgeschichtlichen Aspekten im Zeitraum vom 6. bis zum aufkeimenden 12. Jahrhundert im Fränkischen Reich sowie seinen Nachfolgereichen. Dieses Zeitfenster bietet sich aus mehreren Gründen an. Der Fragestellung adäquat nachzugehen, erfordert einen längeren Betrachtungszeitraum, um Kontinuitäten und Umbrüche, mithin Entwicklungen allgemein nachvollziehen zu können. Während das frühe Mittelalter im 6. Jahrhundert unmittelbar an spätantike Traditionen anknüpft, steht das beginnende 12. Jahrhundert am Beginn einer neuen Zeit, die sich nicht zuletzt unter dem Schlagwort der Scholastik zusammenfassen lässt und für die Vorstellung von Tod und Nachleben fundamental neue Ansichten bereithält.33 Der ausgewählte Zeitraum verspricht somit, weitgehend auf einander aufbauenden Vorstellungen und Annahmen zu beruhen. Ebenso mag mit dieser Herangehensweise begründet werden, warum die Gruppe der Bischöfe als Untersuchungsgegenstand ausgewählt worden ist. Anders als vergleichbare Gruppen, also Könige und Kaiser, Äbte oder weltliche Herrschaftsträger, ist ihre Genese von der Antike bis ins Mittelalter im Grunde ohne Brüche nachzuverfolgen. Darüber hinaus bietet sich der Bischof allein aufgrund seines einerseits reichhaltigen Niederschlages innerhalb der historio- und hagiographischen Überlieferung an,34 der es ermöglicht, aus einem reichen Bestand heraus die Analyse zu beginnen, wenngleich, wie zu zeigen sein wird, diese Annahme nicht über den gesamten Bearbeitungszeitraum hinweg gleiche Gültigkeit beanspruchen kann. Andererseits sind viele dieser Texte parallel zueinander, jedoch in unterschied32 Buc, Noch einmal 918–919, S. 170. 33 Zur Dogmatisierung der Hölle ab dem 12. Jahrhundert vgl. Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 159–215; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 197, zur scholastischen Hölle ebd., S. 225–254. Knapp Scheffczyk, Tod, Sterben, Sp. 823–825. 34 Weder der Begriff Historiographie noch der Begriff Hagiographie bezeichnen einheitliche Textgattungen, vielmehr weisen sie viele verschiedene Ausprägungen, durchaus auch Parallelen und nicht selten Überschneidungen auf. Auf diesen Sachverhalt wird im weiteren Verlauf mehrfach hingewiesen. Vgl. bereits Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung; von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita.

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lichen geographischen, politischen und institutionellen Umfeldern entstanden, sodass, obwohl sie identische Themen behandeln, an ihnen Unterschiede in der Darstellung und Vorstellung aufgezeigt werden können. So ist zum Ende des 11. Jahrhunderts »eine von Bischöfen getragene Historiographie im Wesentlichen an ihr Ende gekommen«.35 Zum 12. Jahrhundert findet somit nicht allein eine Tod und Nachleben seit der christlichen Spätantike bestimmende Geisteshaltung neue Ausprägungen, auch auf der Ebene der konkreten Literaturproduktion ist ein Wandel auszumachen. Bischöfe, Protagonisten dieser Studie, sind vielfach selbst als Historiographen unterschiedlichster Textgattungen hervorgetreten,36 wodurch sich noch einmal ganz eigene Formen zur Darstellung des bischöflichen Todes und den mit diesen Berichten verbundenen Vorstellungen erhoffen lassen. Durch das Ausbleiben episkopaler Geschichtsschreibung – mit Otto von Freising als letztem bedeutenden nordalpinen Beispiel,37 dessen Werk den Abschluss und gleichermaßen den Ausblick der Arbeit markiert – ist dieser Studie eine zeitliche Grenze gesetzt. Insbesondere die Zeit des Investiturstreits ist hierbei als zentrales Ereignis zu benennen. Die Zeit des Geschichte schreibenden Bischofs war an ihr Ende gelangt.38 Geographisch wird nach der Aufspaltung des Fränkischen Reiches ein deutlicher Schwerpunkt auf dem Ostreich liegen. Dieser ist einerseits mit der besonderen Ausprägung der sogenannten, vielumstrittenen ottonisch-salischen Reichskirche zu begründen, andererseits mit dem Investiturstreit, der in keinem Reich zu derart massiven Umwälzungen geführt hat wie im ostfränkisch-deutschen.39 Diese Entwicklungen stehen einerseits in engster Verknüpfung mit dem Episkopat und haben andererseits eine Vielzahl an Quellen hervorgebracht, die Anlass zur Hoffnung geben, aus ihnen für die Vorstellung und Darstellung bischöflicher Todesfälle weitreichende Anhaltspunkte zu gewinnen. Beginnend mit einer generellen Übersicht über die Überlieferungssituation und einer Aufnahme des Komplettbestandes muss zunächst zu gewichten sein, ob solche Ereignisse überhaupt überliefert wurden, und wenn, in welchem Medium dies geschah. Damit sind Rückschlüsse auf die Felder möglich, in denen ein Bischof Bedeutung für eine schreibende Gesellschaft besaß. Über die Auswertung verschiedener Quellencorpora innerhalb des Bearbeitungszeitraums sollen 35 Kersken, Bischöfe als Historiker, S. 179 u. 185. 36 Vgl. Kersken, Bischöfe als Historiker, S. 187–189. Zum Problem des Gattungsbegriffs für die (hoch-)mittelalterliche Geschichtsschreibung vgl. Goetz, Geschichtsschreibung und Geschichtsbewußtsein, S. 110–124. 37 Vgl. Kersken, Bischöfe als Historiker, S. 180 u. 185. Mit wenigen Ausnahmen wird der historisch interessierte Bischof erst wieder ab dem 15. Jahrhundert greifbar (S. 186). 38 Vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 101, sowie ebd., S. 107–109, mit einer Übersicht der wissenschaftlichen Betätigungen der Bischöfe sowie zum immer seltener werdenden Typs des gelehrten Bischofs karolingisch-ottonischer Prägung. 39 Vgl. dazu die Kapitel 8.1 und 9.1.

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schließlich weitreichende Untersuchungen angeschlossen werden. So gilt es der Auffassung des Todes im Mittelalter unter Berücksichtigung der in allen Jahrhunderten zahlenmäßig stark vertretenen Gruppe der Bischöfe nachzugehen. Dabei soll nicht der tatsächliche Umgang mit dem Tod rekonstruiert werden, ein nicht zu leistender Anspruch, der über mehr oder weniger gut begründete Vermutungen zumeist nicht hinauskommt.40 Vielmehr steht im Zentrum der Untersuchung, welcher Tod besonders würdigen oder unwürdigen Personen zugeschrieben wurde, welche Rolle die vielfach innerhalb der Literatur aufgeworfenen Konzepte des guten und schlechten Todes spielen.41 Darüber hinaus geben die Schilderungen über den Tod der Bischöfe nicht nur Informationen über die Verstorbenen an sich, sondern, sogar in überwiegendem Maße, Angaben zum Verfasser sowie zu den Zeitumständen seiner Niederschrift. Es gilt also den Gründen nachzugehen, die ihn bewogen haben mögen, den Tod eines bestimmten Bischofs in einer bestimmten Form festzuhalten, und sei sie noch so schlicht und auf den ersten Blick nichtssagend, oder aus einem ihm vorliegenden Werk unverändert oder modifiziert zu übernehmen. Jeder Bischofstod, für sich genommen nicht mehr als eine meist knappe Notiz42 über das Ableben einer Person, wird im Kontext eines Werkes und einer Zeit zu einer Botschaft ganz unterschiedlichen Inhalts, die der Verfasser bewusst für einen nicht immer zweifelsfrei zu identifizierenden Rezipientenkreis eingeflochten hat.43 Zusätzlich gilt es in dieser Frage zu berücksichtigen, dass gerade historiographische Werke nicht genuin dazu angelegt worden sind, bischöfliche Todesfälle mehr oder weniger ausführlich zu schildern. Der Tod des Bischofs bildet nicht den zentralen Gegenstand eines Textes, gleichwohl aber eine gewichtige Komponente für das Verständnis von Intention und causa scribendi des Autors. Ein weiteres Interesse gilt auf der einen Seite der polemischen Anreicherung von Berichten und Schilderungen, inwiefern sie rein polemische Schilderungen bieten – dies ist jedoch nicht gleichbedeutend mit bewusst geschichtsfälschenden Darstellungen, die auch bei deutlich parteiischen Werken nicht unmittelbar angenommen werden dürfen.44 Auf der anderen Seite geben Texte möglicher-

40 Vgl. bezüglich der nicht diagnostizierbaren Tode römisch-deutscher Herrscher Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 29f. 41 Vgl. dazu das folgende Kapitel. 42 Vgl. zur Bedeutung solcher Notizen auch Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 31. 43 Es ist allerdings nicht möglich, den Rezipientenkreis eines mittelalterlichen Werkes präzise zu bestimmen. Vielmehr müsste das gedachte Publikum einer jeden angefertigten Kopie eines Werkes untersucht werden, das ganz unterschiedlich ausfallen könnte. Vgl. McKitterick, Audience for Latin Historiography. Allgemeiner Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 146. 44 Vgl. Kapitel 2.3.

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weise Formen eines nachvollziehbaren, eines natürlichen Todes wieder,45 ohne damit, wie gesagt, den uneinlösbaren Anspruch zu verfolgen, den ›tatsächlichen‹ Tod eines Bischofs rekonstruieren zu können.46 Um die Besonderheiten des Bischofstodes darzustellen, lassen sich verschiedene, in den Quellen ähnlich gut dokumentierte ›Kontrollgruppen‹ heranziehen. Naheliegend sind dafür weltliche Herrschende, Äbte sowie die zwar auch zur Gemeinschaft der Bischöfe gehörende, aber dennoch für sich zu betrachtende Gruppe der Päpste. Das dafür herangezogene Quellencorpus sollte idealerweise sämtliche historio- sowie hagiographischen Schriften des Untersuchungszeitraumes umfassen.47 Da dies jedoch auf beiden Ebenen nicht zu leisten ist, muss, insbesondere im Rahmen des hagiographischen Schriftgutes, eine Auswahl getroffen werden, die in den einzelnen Kapiteln näher begründet wird.48 Gleiches gilt für ergänzend herangezogene Nekrologe und Verbrüderungsbücher sowie weiteres Schriftgut. Diese Arbeit wird innerhalb von mehreren Schritten ihren Anspruch verfolgen. Zunächst wird die Vorstellung vom Tod anhand ausgewählter Beispiele aus 45 Was unter einem natürlichen Tod zu verstehen ist, wird innerhalb der Literatur nicht einheitlich definiert. Ariès, Geschichte des Todes, S. 138, spricht in diesem Zusammenhang von einem Tod frei von Leiden und Krankheiten. Ganz im Gegenteil charakterisiert Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 240, den aus natürlichen Ursachen hervortretenden gewöhnlichen Tod dadurch, dass er in Form von nachvollziehbaren Ursachen, wie z. B. Krankheiten, eintritt, um ihn von übernatürlichen Einflüssen wie dem Zorn Gottes abzugrenzen. Lehners, Historische Annäherung an den Tod, S. 16, lehnt eine Unterscheidung zwischen natürlichem und unnatürlichem Tod mit dem Argument ab, es gäbe keine Grundlage, darüber zu entscheiden. Die Argumente Lehners sind sicher insofern richtig, als dass dem mittelalterlichen Menschen deutlich andere Todesursachen als natürlich erschienen sein müssen als dem modernen. Innerhalb dieser Arbeit wird jedoch, dem Ansatz Scheibelreiters folgend, ein anachronistischer Blick auf die Todesschilderungen in der Frage nach ihrem natürlichen Charakter gemäß heutiger Betrachtung geworfen. Ziel ist dabei keine präzise medizinisch-fundierte Analyse sämtlicher Todesfälle, vielmehr die aus heutigen Ansichten geleitete Einschätzung der »Natürlichkeit« bestimmter Schilderungen. Sicherlich darf dabei nicht aus dem Blick geraten, dass für den modernen Menschen abwegig oder abstrus wirkende Todesformen dem mittelalterlichen Menschen absolut glaubhaft erschienen sein mögen. Wichtig ist somit ein Abwägen zwischen dem Wissen und Glauben der damaligen und heutigen Zeit. 46 Vgl. auch Kapitel 2.3. 47 Grundlage der Arbeit sind insbesondere die historiographischen Quellen. Zur Historiographie als Quelle vgl. Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 17–19. 48 Der im Folgenden häufig zu findende Begriff der Hagiographie in Gleichsetzung mit dem Leben und den Wundern außerbiblischer Heiliger findet sich erst im 11. Jahrhundert belegt, als Begriff für die Wissenschaft der Heiligen erst im 17. Jahrhundert, vgl. Heinzelmann, Hagiographie au service de l’histoire, S. 23f. Bischöfe selbst sind über das ganze Mittelalter hinweg unter die Heiligen gezählt und als solche verehrt worden, was zu zahlreichen hagiographischen Berichten geführt hat oder die entsprechende Verehrung durch solche Berichte erst initiiert worden ist. Die Ideale, die zu einer Heiligenverehrung eines Bischofs geführt haben, sind hingegen Wandlungen, die Zahl verehrter Bischöfe deutlichen Schwankungen und Strömungen unterworfen. Vgl. Wünsch, Heilige Bischof.

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Einleitung

der Antike hergeleitet. Dort nahmen die für das Mittelalter grundlegenden Vorstellungen von der unsterblichen Seele und der eng zusammenhängende Glaube an die Auferstehung sowie die Unterwelt als Ort unendlicher Pein ihren Anfang und erfuhren eine zentrale Aufarbeitung. Diese Entwicklungen werden mit den Vorstellungen der Bibel als Fundament der lateinisch-christlichen Gesellschaften des Mittelalters abgeglichen. In einem zweiten Schritt soll die Vorstellung des Todes im Mittelalter anhand grundlegender Texte von Ambrosius, Augustinus sowie Papst Gregor I. rekonstruiert werden. Hinzu treten Todesschilderungen, die für die nächsten Jahrhunderte den Hintergrund abgeben, insbesondere der exemplarische, ideale Tod des heiligen Martin von Tours gemäß der Vita und den daran angeschlossenen Briefen des Sulpicius Severus sowie der Transitus Mariae, der im 5. Jahrhundert niedergelegte Tod der Jungfrau Maria. Ein dritter Schritt sieht die Nachzeichnung des Bischofstodes im Frühmittelalter vor. Einsetzend mit Gregor von Tours sowie weiteren historiographischen und hagiographischen Schriften,49 somit in besonderem Maße basierend auf mittelalterlicher Geschichtsschreibung,50 wird dem Stellenwert des Bischofstodes in dieser Zeit und seiner literarischen Verarbeitung nachgegangen, um diesen einerseits mit dem sich wandelnden Bild des Bischofs im Laufe des Untersuchungszeitraumes und andererseits mit dem Ableben Herrschender und Päpste dieser Epoche zu vergleichen. Ein letzter Schritt führt in die Zeit des beginnenden Hochmittelalters und des Investiturstreits, um die zunehmenden Berichte über den Tod des Bischofs im Hinblick auf die zuvor erbrachten Ergebnisse einzuordnen sowie im Konflikt zwischen sacerdotium und imperium zu verorten.

49 Die Analyse des Bischofstodes ist dabei bisher eher zurückhaltend behandelt worden. Insbesondere innerhalb der Forschung zu Bischofsviten des Früh- und Hochmittelalters wäre dies zu erwarten gewesen. Einschlägige Studien von Alt, Sanctus Episcopus, Haarländer, Vitae episcoporum, und Coué, Hagiographie im Kontext, gehen nicht explizit auf den Bischofstod ein, obwohl dieser einen zentralen Bestandteil des Lebens eines Heiligen darstellt. Ebenso wenig ältere Studien, exemplarisch Brüggemann, Untersuchungen zur Vitae-Literatur der Karolingerzeit. Eine Ausnahme, jedoch nur für die frühchristliche Zeit bis zum 6. Jahrhundert und nicht explizit auf die Personengruppe der Bischöfe reduziert, bieten die Studien von Kampert, Sterben der Heiligen, sowie, auf ausgewählte exempla beschränkt, von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod. Auf den bisher wenig beachteten Tod eines Heiligen weist auch Goodich, Death of a Saint, S. 227 hin, untersucht ihn aber nur anhand von Beispielfällen aus dem 13. Jahrhundert. 50 Zur schwierigen bis unmöglichen Ausdifferenzierung historiographischer Genera in der mittelalterlichen Geschichtsschreibung vgl. Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 105–123.

2

Forschungsstand und methodische Vorüberlegungen

2.1

Der Tod im Mittelalter – Übersicht und Forschungsstand

Die Auseinandersetzung über den Tod im Mittelalter51 ist in den vergangenen Jahrzehnten vielfältig und mit differenzierter Schwerpunktsetzung vorgenommen worden.52 Es ist, so zeigt die Auswertung dieser kaum zu überblickenden 51 Einen allgemeinen, rasanten Anstieg der Textproduktion zum weiten Themenkomplex Tod sowie neuen Fragestellungen und Themenfeldern ab der Mitte der 1960er Jahre registrierte bereits 1980 Vovelle, Rediscovery of Death. Vgl. von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 9. Er konstatiert allerdings, dass in jüngerer Vergangenheit ein rückläufiges Interesse zu beobachten sei. Bereits 1992 hatte ders., Vom Tod des Heiligen, S. 139, kritisch darauf verwiesen. 52 An dieser Stelle seien nur einige ausgewählte Publikationen genannt: an erster Stelle die monumentale Studie von Ariès, Geschichte des Todes, im Original im Jahr 1977 erschienen und seitdem mit großem Einfluss auf die Behandlung dieses Themas. Ebenso Maßstäbe für die Erforschung des Todes seit dem späten Mittelalter hat die Studie von Vovelle, Mort et l’Occident, gesetzt. Speziell mit dem Tod im Mittelalter befassen sich Sammelbände von Borst (Tod im Mittelalter) sowie von DuBruck / Gusick (Death and Dying in the Middle Ages), letzterer legt den Fokus auf das spätere Mittelalter. Daneben sind die Studien von Goez, Einstellung zum Tode im Mittelalter; Stüber, Commendatio animae (unter Bezugnahme auf das europäische 13. Jh.); Ohler, Sterben und Tod im Mittelalter, sowie von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, hervorzuheben. Zusammenfassend zur deutschsprachigen Forschung seit den 1970er Jahren vgl. Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 24–26, dessen Studie zum Tod der römischen-deutschen Könige und Kaiser zwischen 1150 und 1349 den aktuellen Beitrag zu diesem Themenkomplex bietet. Die jüngst erschienene Studie von Janssen, Wie das Leben so der Tod, konnte nicht mehr berücksichtigt werden. Die Frage nach dem guten Tod ist überwiegend für die Zeit des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit unter Bezugnahme der in dieser Epoche entstandenen artes moriendi als Lebenshilfen für einen guten Tod untersucht worden. Vgl. einführend Wenninger (Hg.), Du guoter tôt; als ausgewählte Spezialuntersuchungen Babendererde, Sterben, Tod, Begräbnis; Wollgast, Zum Tod im späten Mittelalter. Bedeutsam für die früh- und hochmittelalterliche Vorstellung und Einschätzung eines guten Todes ist Schreiner, Tod Marias als Inbegriff christlichen Sterbens. Generelle Einführungen in die Geschichte des Todes von der Antike hergeleitet bis in die heutige Zeit bieten Choron, Tod im abendländischen Denken; Condrau, Der Mensch und sein Tod; Mischke, Umgang mit dem Tod; Jones, Letzte Reise; Pennington, Memento mori; Schäfer, Sicht der Wissenschaften und Religionen. Auch

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Literatur, nicht möglich, den Tod als Ganzes zu erfassen und darzustellen.53 Vielmehr lassen sich Kategorien, oder besser Lebensphasen erkennen, die zusammengeführt ein komplexes Bild über Wissen und Vorstellung des Todes im Mittelalter ergeben. Vom eigentlichen Vorgang des Sterbens ist in der Geschichtswissenschaft so gut wie nie die Rede. Dabei sei jedoch, so führt Arno Borst aus, gerade das Sterben eine Prüfung einerseits für die Menschlichkeit der Menschen, andererseits für ihren Umgang mit Geschichte.54 Wenngleich nicht am Beginn,55 so doch an prominentester Stelle der umfassenden Untersuchung zur Geschichte des Todes steht Philipp Ariès. Ariès’ Arbeit hat zahlreiche weitere Studien zu diesem Themenkomplex motiviert, und seine zu Sterben und Tod im Mittelalter aufgestellten Thesen sind vielfach und umfänglich widerlegt worden. Dennoch lässt sich anhand der von Ariès initiierten Auseinandersetzung, den von ihm angenommenen Entwicklungen sowie den ihm entgegengebrachten zahlreichen Entgegnungen und Widerlegungen aufzeigen, wie umfassend und kontrovers der Komplex um den Tod im Mittelalter die Forschung beschäftigt hat und wie viele unterschiedliche Aspekte dabei in den Fokus der Betrachtung gerückt sind. Daher soll im Folgenden unabhängig von den zahlreichen Korrekturen zunächst nochmals ausführlicher auf Ariès’ Thesen eingegangen werden, um sie mit den Ergebnissen der Forschung aus den nachfolgenden Jahrzehnten zu kontrastieren. Grundlegende Gedanken fasste Ariès in einer im französischen Original 1975 erschienenen Sammlung von Aufsätzen zusammen.56 Er erarbeitete bereits dort ein in vier chronologisch aufeinanderfolgende Abschnitte unterteiltes Schema zur Einstellung des Menschen zum Tod, das er schließlich in seiner monumentalen Studie zur Geschichte des Todes57 wieder aufgreifen sollte. Bereits in der Einleitung zu seiner Auf-

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innerhalb unterschiedlichster Lexika wird dieses Themenfeld in vielen Facetten abgedeckt, exemplarisch Reynolds, Death and Burial; Pasche, Death; Chiffoleau, Mort; Dinzelbacher, Tod, Sterben; Fitschen, Tod. Zur etymologischen Herleitung der Worte Tod und mors vgl. Spoerri, Tod als Text und Signum, S. 211–225. Vgl. Février, Mort chrétienne, S. 881. Vgl. Borst, Drei mittelalterliche Sterbefälle, S. 568. Es handelt sich um eine erweiterte Fassung von ders., Zwei mittelalterliche Sterbefälle. Die Kritik Borsts muss in Anbetracht der seitdem erschienenen Literatur abgeschwächt werden, vermehrt ist auf Durchführung und Bedeutung des Sterbeprozesses zu unterschiedlichen Zeiten eingegangen worden. Allerdings ist die Annahme insofern weiterhin richtig, da zwar das Sterben im Allgemeinen untersucht, das Sterben im Besonderen, somit das Sterben einzelner Menschen im Vergleich, zumeist unterlassen wird, was Borst auch dazu bewogen haben mag, drei mittelalterliche Sterbefälle nebeneinander zu stellen. Eine Zusammenfassung der Ariès vorangegangenen Ansätze bietet Baloup, La mort au Moyen Âge, S. 14–16. Ariès, Studien zur Geschichte des Todes. Ariès, Geschichte des Todes. Zur Entstehungsgeschichte vgl. Baloup, La mort au Moyen Âge, S. 16–19. Zu Ariès’ Auseinandersetzung mit dem Tod vgl. Mitchell, Philippe Ariès and the French Way of Death, S. 686–691. Ariès ist als bedeutendster Repräsentant einer

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satzsammlung begründet Ariès den außerordentlich langen Betrachtungszeitraum seiner Untersuchungen von bis zu einem Jahrtausend. So verändere sich die Einstellung des Menschen zum Tod nur langsam oder es würden sich erst nach einer langen Zeit ohne nennenswerte Veränderungen neue Aspekte bemerkbar machen. Es sei somit notwendig, entsprechend größere zeitliche Zusammenhänge ins Blickfeld zu nehmen.58 Gemäß dieser Vorgabe wird diese Arbeit die Untersuchung des Bischofstodes nicht auf ein oder zwei Jahrhunderte begrenzen, um weitreichendere Entwicklungslinien zu erkennen. Relevant für die zeitliche Eingrenzung dieser Arbeit sowie den Untersuchungsgegenstand sind, nun in Bezug auf Ariès’ ›Geschichte des Todes‹, insbesondere die ersten beiden Abschnitte: ›Der gezähmte Tod‹ sowie ›Der eigene Tod‹.59 Untersuchungsgegenstand für den ersten Abschnitt bei Ariès (mort apprivoisée) bilden zunächst mittelalterliche Heldenlieder und Romane. Die Helden dieser Erzählungen sterben nicht, so führt Ariès aus, ohne zuvor über das sich in Frankreich etablierten, mit der Sozialgeschichte eng verknüpften Forschungsrichtung zu nennen, die zahlreiche weitere bedeutende Studien hervorgebracht hat, unter anderem Alexandre-Bidon, Mort; Alexandre-Bidon / Treffort (Hgg.), A réveiller les morts; Chaunu, Mort à Paris; Chiffoleau, Compatibilité de l’au-delà; Lebrun, Les Hommes et la mort en Anjou; die Beiträge des Sammelbandes La mort au moyen âge; Schmitt, Le corps, les rites, les rêves, le temps; ders., Wiederkehr der Toten; Vovelle, Mort et l’Occident; ders., Mourir autrefois; ders., Piété baroque, sowie aktueller, jedoch von der ursprünglichen sozialgeschichtlichen Tendenz entfernt zugunsten einer kunstgeschichtlichen Herangehensweise Bock / Foletti / Tomasi (Hgg.), L’évêque, l’image et la mort. Deutlich wird die bis in die Gegenwart hinein weiter verlaufende Beschäftigung der französischen Forschung mit dem Gegenstand Tod, wobei der Zeitraum des früheren Mittelalters bis zum 12. Jahrhundert erst vergleichsweise spät (mit Ausnahme von Ariès) ins Blickfeld gerückt war. Eine knappe Einführung in die französische Forschungstradition zur Geschichte des Todes bieten Baloup, La mort au Moyen Âge, S. 19–22 u. 27–29; Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 22f.; Oexle, Gegenwart der Toten, S. 19f. Zusammenfassend zu Ariès’ Geschichte des Todes vgl. Kümper, Death, S. 315. Die zum Ende der 1960er, insbesondere jedoch in den 1970er Jahren sich etablierende Auseinandersetzung mit der Mentalitätsgeschichte des Todes in Frankreich im Anschluss an grundlegende Beiträge von Philippe Ariès betont noch einmal Vovelle, Attitudes devant la mort, S. 120. 58 Vgl. Ariès, Studien zur Geschichte des Todes, S. 14. Zum notwendigen Blickwinkel auf lange Zeiträume vgl. Braudel, Lange Dauer. 59 Ariès geht insgesamt von vier Stadien der Entwicklung aus, vom gezähmten Tod (mort apprivoisée) und dem eigenen Tod (mort de soi) zum Tod der anderen (mort de toi) und dem verbotenen Tod (mort interdit). Während der gezähmte und der eigene Tod für die Wahrnehmung des mittelalterlichen Menschen gegenüber dem Tod relevant seien, trete zum Ende des Ancien régime der Tod der anderen in den Blick; er sei verbunden mit romantischen, erotischen, aber auch morbiden Elementen, während sich gleichzeitig eine vorher nicht zu beobachtende Trennung von öffentlichem Leben und privater Trauer vollziehe. Der verbotene Tod zeige schließlich die aktuelle Einstellung der Jetztzeit zum Tod, so verschwinde er aus der Vorstellung, werde tabuisiert. Ariès versucht, die Einstellung der Menschen zum Tod von spätantik-frühmittelalterlichen Vorstellungen bis in die Moderne nachzuvollziehen. Überblicksartig zusammengefasst bei Gurjewitsch, Darstellung von Persönlichkeit und Zeit, S. 1–11.

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sichere Eintreten ihres Todes Gewissheit erlangt zu haben; diese erfolgt durch natürliche Zeichen oder eine innere Überzeugung. Sie unterwerfen sich, ihres nahen Todes bewusst, rituellen Zeremonien, betten sich mit dem Blick zum Himmel sowie das Gesicht nach Osten und Jerusalem zugewandt60 und erwarten unter Anteilnahme von Gefährten und Angehörigen im Gebet zu Gott sowie unter Empfang der Absolution ihr Ableben.61 Ariès extrahiert somit aus literarisch-fiktiven Texten Grundeinstellungen ›des‹ mittelalterlichen Menschen zum Tod. Ihm gelingt es, den Tod, oder besser gesagt das Sterben62 eines Menschen in einen rituell bestimmten Rahmen einzufügen, wobei Grundkonstanten für einen guten Tod im mittelalterlichen Verständnis bereits anklingen.63 Die Handlungen der genannten Helden im Vorfeld ihres Ablebens, nicht anders ist es bei den 60 Auch die bestatteten Leichname wurden nach Osten ausgerichtet in der Erwartung des ewigen Lebens. Vgl. hierzu sowie zu weiteren Beobachtungen zum bestatteten Leib im Mittelalter Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 57–63. 61 Vgl. Ariès, Studien zur Geschichte des Todes, S. 19–22. Ariès, Geschichte des Todes, S. 27, schränkt jedoch ein, selbst der Tod des größten Helden sei banal und mit dem eines ›Jedermann‹ vergleichbar. Dies ist sicher richtig, jedoch mit der Ausnahme, dass überhaupt über diesen Tod berichtet wird, er somit, sei es über historiographische oder literarische Überlieferung, im kollektiven Gedächtnis einen Platz gefunden hat. Der Tod einer herausgehobenen Persönlichkeit unterscheidet sich an sich nicht von dem eines ›Jedermann‹, wird durch seine Überlieferung aber zu einem Sonderfall. Der von Ariès extrahierte Tod des Helden der mittelalterlichen Dichtungen unterscheidet sich in seiner Grundstruktur nicht von dem des Bischofs in den Quellen des Früh- und Hochmittelalters. Vgl. Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 37; ders., Bischof in merowingischer Zeit, S. 248. 62 Die Unterscheidung von Tod und Sterben ist für diese Arbeit von großer Bedeutung. Die Berichte über das Ableben der Bischöfe schildern oft sowohl das Sterben (den Vorgang des Ablebens, die letzte Zeit auf Erden) als auch den Tod, der sich paradoxerweise im Nachleben manifestiert. Zu unterscheiden ist dabei das irdische Nachleben in Form der Beisetzung, der Grablege oder Erinnerungen im weiten Feld der memoria vom jenseitigen Nachleben, über das mittels Visionen Dritter oder auf anderem Weg Kenntnis erlangt werden kann. Im vorliegenden Fall beziehen sich die rituellen Vorbereitungen auf das Sterben eines Menschen. Eine grundlegende Unterscheidung zwischen Sterben und Tod bietet Dinzelbacher, Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, S. 9f. Zur Unterscheidung zwischen der Furcht vor dem Tod und der vor dem Sterben vgl. Birkhan, Kulturanthropologische Bemerkungen, S. 176. 63 Vg. Ariès, Geschichte des Todes, S. 23. Aufgabe des Christen ist es, seine Lebenszeit zur Vorbereitung auf den Tod zu nutzen, jedoch keine Furcht vor diesem Ereignis zu empfinden. Gemäß Ariès sei diese Furcht den Menschen des früheren Mittelalters auch fremd gewesen. Die Sorge um einen guten Tod ist entsprechend nicht in erster Linie aus der Furcht vor dem Tod zu erklären, sondern aus der Sorge und Hoffnung auf ein Nachleben in Seligkeit. Vgl. Fuhrmann, Bilder für einen guten Tod, S. 5. Wichtig sei dabei, dass sich bona mors und mala mors nicht durch friedliches und schmerzvolles Sterben unterschieden, vielmehr gehe es um einen Tod im Namen Gottes oder gegen ihn (auf Grundlage von Ps 34,19–23), vgl. ebd., S. 9, sowie bereits ders., Guter Tod – schlimmer Tod, S. 150f. Die Qualität des Todes entscheidet sich nicht durch den physischen Ablauf, sondern durch die mental-religiöse Einstellung. Vgl. auch Park, Birth and Death, bes. S. 27–33. Zu Gegensatz und Stellenwert von ›gut‹ und ›böse‹ insbesondere in der Historiographie des 12. und 13. Jahrhunderts vgl. Ehlers, Gut und Böse in der hochmittelalterlichen Historiographie.

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Bischöfen, sind somit Teil eines bestimmten ordo, einer heilsgeschichtlich vorgegebenen Struktur.64 Arnold van Gennep hat dergleichen liminale Prozesse unter dem Begriff der Übergangsriten (rites de passages) zu kategorisieren versucht.65 Der Tod selbst wiederum hielt dem vergangenen Leben praktisch den Spiegel vor; angenommen wurde, der Tod böte eine Bewertung des endenden Lebens.66 Ein guter Tod nahm idealtypisch in etwa folgenden Verlauf: Der Sterbende, sich seines nahenden Todes bewusst, erwartete den Tod gen Osten liegend, jedoch niemals allein, sondern immer in Gemeinschaft. Dabei konnten neben Angehörigen auch fremde Personen am Totenbett zusammenkommen.67 Der Tod im Mittelalter war somit kein von der Außenwelt abgeschlossener, privater Vorgang, sondern ein gemeinschaftlich erlebtes Ereignis. Der Sterbende war sich des nun folgenden Ritus bewusst: Er nahm die Trauerbekundungen der Umstehenden entgegen, empfing die Absolution und verblieb gemeinsam mit den Anwesenden im Gebet bis zum Eintritt des Todes.68 Schlussendlich stand jeder Sterbende dem Tod allein gegenüber, konnte sich aber in der Hoffnung auf ein leichteres Sterben und ein glückseliges Nachleben auf Vorbilder berufen und deren Ableben imitieren. Vielfach aufgegriffene Beispiele eines idealen Todes waren hierbei der Turoner Bischof Martin oder die Gottesmutter Maria.69 Ein plötzlicher, unerwarteter, jäher, aber auch einsamer Tod war hingegen gefürchtet, denn er beraubte den Menschen der Möglichkeit der letzten Beichte und abschließenden Segnung – ausgenommen davon ist der Tod in der Schlacht im Kampf für Gott. Der zufällige Tod ohne Vorzeichen wurde auf den Zorn Gottes zurückgeführt.70 Der plötzliche Tod wies die Unwürdigkeit des Verstorbenen für 64 Vgl. Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 37. Zum schwierigen Umgang mit dem Begriff ordo vgl. Jussen, Ordo zwischen Ideengeschichte und Lexikometrie. 65 Vgl. Gennep, Übergangsriten, bes. S. 142–159. Vgl. auch Binski, Medieval Death, S. 29f. 66 Vgl. Jasinski, Image of a Dying Bishop, S. 323; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 253. 67 Vgl. dazu u. a. Albert, Der Tod in Worten, S. 32; Bynum, Death and Resurrection in the Middle Ages, S. 590f.; Dinzelbacher, Sterben/Tod, S. 281; Jones, Letzte Reise, S. 25; Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 61–65; Mischke, Umgang mit dem Tod, S. 35; Ohler, Sterben und Tod im Mittelalter, S. 52. Explizit zum Tod des Heiligen in der Vita vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 244–269; Weiss, Kostbar ist in den Augen des Herrn das Sterben seiner Heiligen, S. 1327–1331. Das Zusammenkommen von Angehörigen, Freunden und anderen am Sterbebett ist dabei kein Alleinstellungsmerkmal des Mittelalters, sondern war bereits in der Antike üblich. Vgl. für das Römische Reich Kierdorf, Totenehre im republikanischen Rom, S. 73. 68 Vgl. Ariès, Studien zur Geschichte des Todes, S. 23. Zum sich im früheren Mittelalter etablierenden Ritus des Sterbens und des Todes, der Verchristlichung dieser Vorgänge vgl. Paxton, Christianizing Death. Zusammengefasst auch ders., Birth and Death, S. 390–392. 69 Vgl. Borst, Zusammenfassung, S. 399 u. 401. Zum Tod Martins vgl. Kapitel 5.1.2, zum idealen Tod Mariens Kapitel 5.3. 70 Vgl. Ariès, Geschichte des Todes, S. 19f. u. 22; Binski, Medieval Death, S. 36; Düwel, Jetzt und in der Stunde unseres Todes, S. 47; Goez, Einstellung zum Tode im Mittelalter, S. 122;

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sein Amt aus, beispielweise für das eines Bischofs.71 Der gute Tod erforderte somit eine gewisse Vorlaufzeit, die durch bestimmte rituelle Handlungen geprägt war. Der Sterbende legte dabei seine letzte Beichte ab, empfing von einem anwesenden Priester die Wegzehrung, das Viaticum, sowie die letzte Ölung, ordnete letzte Dinge oder verfasste ein Testament, empfahl seine Seele sowie die der ihn umgebenden Freunde, Gefährten und Außenstehenden Gott und verblieb in andächtigem Gebet bis zum Eintritt des Todes.72 Er war somit bis zum letzten Moment bei klarem Verstand, um den Ritualen zu folgen und selbst an ihnen mitzuwirken.73 Nach dem Ableben einer vorbildlichen oder gar heiligen Person sollte überdies der Leichnam weiterhin die herausragende Rolle der Person in Form von besonderer Schönheit und Reinheit des toten Körpers widerspiegeln. Es konnte unmittelbar nach Eintritt des Todes über die tatsächliche Vorbildhaftigkeit der Person geurteilt werden.74 Es gibt keine feste Definition dessen, was einen guten Tod ausmachte. Eine weite Bestimmung könnte lauten, dass darunter ein friedliches Ableben als Abschluss einer rituell weitreichend festgelegten Zeremonie nach einem gottgefälligen Leben verstanden werden kann. Die rituelle Form von Sterben, Tod und Beisetzung ist im 6. Jahrhundert auch liturgisch im ältesten ordo defunctorum niedergeschrieben worden, dem im Laufe der Zeit weitere vergleichbare Anleitungen folgen sollten.75 Der Tod war nicht erst am Lebensende präsent, sondern als antizipierter Tod das gesamte Leben über an der Seite der Menschen.76 Das gewaltsame Ableben ist von der Vorstellung eines guten Todes

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Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 65–67; Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 40f.; Tschallener, Sterben und Tod, S. 14–16. Vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 254; ders., Death of the Bishop, S. 40. Vgl. Ariès, Geschichte des Todes, S. 27f.; Haas, Todesbilder im Mittelalter, S. 55–59. Weiterführend zu Viaticum und letzter Ölung sowie grundsätzlich zu den Ritualen vor Eintritt des Todes vgl. Albert, Der Tod in Worten, S. 33; Binski, Medieval Death, S. 32; Birkhan, Kulturanthropologische Bemerkungen, S. 180 u. 182–186; Grabka, Christian Viaticum, bes. S. 21–42; Ohler, Sterben, Tod und Grablege, S. 578–581; Reynolds, Death and Burial, S. 119f.; Stüber, Commendatio animae, S. 58–65, 71f. u. 80; Winkler, Ars moriendi des Mittelalters, S. 5. Insbesondere hinsichtlich der Sterberituale des antiken Christentums vgl. Volp, Tod und Ritual, S. 157–172. Bereits zum Tod Mose heißt es (Dtn 34,7): »Mose war hundertzwanzig Jahre alt, als er starb. Sein Auge war noch nicht getrübt, seine Frische war noch nicht geschwunden«. Im Gegensatz dazu erscheint bei unwürdig verstorbenen Menschen, die also einen schlechten Tod erlitten hatten, der Körper nach Eintritt des Todes als hässlich, die Haut als dunkel und abstoßend, um den Lebenden ein warnendes Beispiel geben zu können. Vgl. Jaritz, Der »gute« und der »böse« Tote, S. 327; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 160–163. Vgl. Driscoll, Death, Dying, and Burial. Allgemein Sicard, Liturgie de la mort. Knapp Reynolds, Dead, Office of the, S. 117f., der den frühesten strukturierten Totenordo um 800 verortet. Vgl. auch Kapitel 7.2. Vgl. Schönberger, Ars moriendi, S. 8.

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auszunehmen, ausgenommen sind gefallene Soldaten in der Schlacht im Kampf zu Ehren Gottes und die Gabe des eigenen Lebens für den Glauben. Ein Martyrium ist immer, unabhängig von der angewendeten Gewalt und Grausamkeit, als idealer Tod anzusehen.77 Der gewaltsame Tod durchzieht das Mittelalter konsequent; ausgelöst durch Kriege oder Pogrome, aber auch in Folge von Epidemien konnten nur die wenigsten auf einen guten Tod hoffen. Zu oft ereilte die Menschen ein grausamer, plötzlicher, gewaltsamer Tod.78 Falsch wäre es allerdings, das Mittelalter pauschal als besonders gewaltbereite Epoche zu brandmarken. Einen Hang zur Gewalt hat die Menschheit seit jeher besessen und ausgelebt. Viel interessanter ist die Frage, welche Mittel und Wege eine Gesellschaft, in diesem Fall die des Mittelalters, gefunden hat, die der Gewalt entgegengesetzt werden konnten.79 Die Existenz eines »guten« Todes impliziert die Existenz eines »schlechten« Todes. In einfachster Erklärung tritt der schlechte Tod als Konsequenz des Nichteinhaltens einiger oder aller für den guten Tod notwendigen Rituale oder einer schlechten Lebensführung an sich ein. Hinzu treten Angst und Furcht vor dem Tod als Indizien eines ungenügenden Lebens und mangelnder Vorbereitung auf das Folgende.80 Doch ist insbesondere die Schilderung des schlechten Todes mehr, nämlich Lehrstück eines zu vermeidenden Lebenswandels und Anschauungsobjekt andernfalls zu erleidender Konsequenzen.81 Die Schilderung von Todesritualen ermöglicht es, das eigene Sterben vorwegzunehmen, doch lässt insbesondere das Vor-Augen-Führen negativer Beispiele die Menschen tatsächlich ihre Lebensweise überdenken. Umso schwieriger ist es, die historio- oder auch hagiographischen Darstellungen gut oder schlecht sterbender Bischöfe zu werten, denn sie dürfen in ihrem historischen Kontext niemals als reine Tatsa77 Vgl. Binski, Medieval Death, S. 44; Jaritz, Der »gute« und der »böse« Tote, S. 327. Allgemein Straw, Settling Scores. Die Angst vor dem gewaltsamen Tod ist gemäß Mischke, Umgang mit dem Tod, S. 25, auf anthropologische Grundkonstanten des Menschen zurückzuführen, dem es nicht möglich sei, sich ein Bild vom eigenen Tod zu machen. Angst vor dem Tod bedeutete »Angst vor einem ›schlimmen‹ Ende, dem gewaltsamen Tod.« 78 Vgl. Borst, Zusammenfassung, S. 395–398. 79 Vgl. Althoff, Schranken der Gewalt. Zur oft pauschalen Bewertung des Mittelalters auch Brown, Violence in Medieval Europe, S. 2. Er hebt jedoch zu Recht hervor (ebd., S. 12), dass moderne Normen bezüglich Gewalt mit denen vergangener Epochen nicht gleichgesetzt werden dürfen. Ebenso Schmieder, Gewaltbewältigung, S. 423, wenngleich sie (S. 422) eine ausgeprägtere Gewaltbereitschaft im Mittelalter nicht rundherum ablehnen möchte. Grundsätzlich zur Problematisierung des Gewaltbegriffs im Mittelalter vgl. ebd., S. 420–424. 80 Allerdings, so hebt Haubrichs, Emotionen vor dem Tode, S. 96f., hervor, spiegeln derartige Berichte deutlich mehr die Lebenswirklichkeit. Jedoch laden solche Schilderungen dazu ein, ein (bewusst) verformtes Bild des Sterbenden zu entwerfen, nun ins Negative gewandt. 81 Vgl. Binski, Medieval Death, S. 47. Zum schlechten Tod vgl. auch Brather, Tod und Bestattung im frühen Mittelalter, S. 106; Barley, Tanz ums Grab, S. 245–247. Dass dergleichen Gedanken über einen schlechten, falschen, vorzeitigen Tod bereits in der Antike vorgeherrscht haben, zeigt Witek, Mors immatura. Weiterhin Park, Birth and Death, S. 30.

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chenberichte abgetan werden. Die diesen Berichten implizierten Handlungsaufforderungen an die Lebenden müssen, eng verbunden mit dem politischen und sozialen Umfeld der Autorinnen und Autoren, immer mitbedacht werden. Ariès glaubt, in der Einstellung der Menschen zum Tod, die er vom frühen Mittelalter bis ins 11./12. Jahrhundert datiert, eine vertraute, von Angst und Furcht befreite Beziehung erkannt zu haben, die ihn den Tod in dieser Zeit als gezähmt einstufen ließ.82 Allerdings erfolge vor dem Tod ein wehmütiger, leidvoller Rückblick des Sterbenden auf sein eigenes Leben.83 Wildheit habe der Tod erst in der Neuzeit angenommen, in heutiger Zeit sei er aus dem Alltag der Menschen verdrängt und mit vielfältigen Ängsten belegt worden – gleichzusetzen mit dem vierten von Ariès gewählten Abschnitt, dem verbotenen Tod.84 Seine Erkenntnis gewinnt Ariès allerdings einzig auf Grundlage der frühen volkssprachlichen Literatur und erscheint in Verbindung mit dem vielfach herbeigesehnten Tod als Beginn des eigentlichen Lebens schwer vereinbar. Der vermeintlich vertraute und gezähmte Tod impliziert nach Ariès nicht, dass der Tod in der Vorzeit wild und gefürchtet gewesen sei. Arno Borst beschreibt die von Ariès angenommene Entwicklung als einen Fall von Weisheit zu Ratlosigkeit im Umgang mit dem Tod; waren früher die Verhaltensweisen klar und präsent, seien sie in der Neuzeit unsicher geworden und hätten sich schließlich gänzlich verloren.85 Mitgedacht werden muss bei einer Aufarbeitung der Wahrnehmung des Todes im Mittelalter immer auch die damit untrennbar verbundene Vorstellung eines daran angeschlossenen Nachlebens.86 Der Tod selbst bedeutete somit nicht das Ende, vielmehr symbolisierte er den Beginn der eigentlichen Existenz,87 war »le jour essentiel«, »jour de sa naissance, dies natalis«.88 Oder, in den Worten von 82 Vgl. Ariès, Geschichte des Todes, S. 25. Knappe Zusammenfassungen der Ansichten Ariès’ zum ›gezähmten‹ Tod bieten Albert, Der Tod in Worten, S. 9f.; Borst, Drei mittelalterliche Sterbefälle, S. 571. 83 Vgl. Ariès, Geschichte des Todes, S. 25. Zum vertrauten Umgang des frühmittelalterlichen Menschen mit dem Tod vgl. auch Haas, Tod und Jenseits, S. 69; Jones, Letzte Reise, S. 24; Saint Priest d’Urgel, Mort au Moyen Âge, S. 171. 84 Vgl. Ariès, Geschichte des Todes, S. 42. 85 Vgl. Borst, Drei mittelalterliche Sterbefälle, S. 567. 86 Vgl. Dinzelbacher, Sterben/Tod, S. 279f.; Goez, Einstellung zum Tode im Mittelalter, S. 115. Beibehalten worden ist die bereits in der Antike nachweisbare Vorstellung, der Tod gleiche einem langen Schlaf, bis dieser zum Jüngsten Gericht wieder unterbrochen werde. Entsprechend häufig finden sich das Sterben bezeichnende Vokabeln wie obdormire oder requiescere, vgl. Ariès, Geschichte des Todes, S. 35f.; Kampert, Sterben der Heiligen, S. 272f.; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 438. Knapp Reynolds, Death and Burial, S. 118, unter Verweis auf zahlreiche Grabinschriften. Kritischer bezüglich der weiten Verbreitung dieser Vorstellung Gurjewitsch, Darstellung von Persönlichkeit und Zeit, S. 23. 87 Vgl. Boglioni, Scène de la mort, S. 192; Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 63. 88 Dalarun, Mort des saints fondateurs, S. 193. Er bezieht seine Aussage speziell auf den Tod des Heiligen, doch ist diese Ansicht für das frühere Mittelalter zu verallgemeinern. Vgl. Reynolds, Death and Burial, S. 118.

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Karls des Großen wichtigstem Berater Alkuin, die einem Trostbrief an Karl zum Tod seiner Gattin Liudgard entstammen: Nascimur, ut moriamur; morimur, ut vivamus. Numquid non felicior est vitae ingressus quam mortis?89 Infolgedessen war die Erinnerung des Todestages von besonderer Bedeutung, während Geburtstage weitgehend unbekannt und irrelevant waren.90 Erneut Alkuin: Felicior est in bono dies exitus quam nativitatis.91 Das irdische Leben erfuhr aus diesem Grund vielfach eine Abwertung, gleichermaßen wurde aber hinsichtlich der Bedeutung eines gottgefälligen Lebens gemahnt, um beim Jüngsten Gericht den Strafen der Hölle entgehen und die himmlischen Freuden genießen zu können.92 Das irdische Leben ist daher keineswegs geringzuschätzen, sondern trotz seiner zahllosen Sünden und Laster hoch zu bewerten,93 stellt es doch die einzige Möglichkeit dar, sich für das ewige Leben zu empfehlen. Peter Dinzelbacher spricht im Rahmen der Mentalitätsgeschichte von zwei möglichen Grundeinstellungen des Menschen dem Tod gegenüber: als »Übergang in eine zwar andere, mehr geistige, aber im Wesentlichen mit dem vorherigen Leben gleichartige Daseinsform« oder aber »als entscheidende Zäsur […] nach der ein ganz anderes Leben oder das Nichts beginnt, und bewusst auf die von ihm ausgehende Angst […] zu reagieren«.94 ›Der‹ mittelalterliche Mensch wäre den Ausführungen Ariès’ gemäß der ersten Grundeinstellung unterworfen und untrennbar sowie weitestgehend unreflektiert – mit Ausnahme der Auseinandersetzung mit dem Tod in Ikonographie und volkssprachlichen Texten – mit dem Glauben auf eine dem irdischen Leben nachfolgende Existenz verhaftet. Allerdings zeigt die vielfältige, auf den Grundpfeilern des Christen89 Alkuin, Epistolae n. 197, S. 326. 90 Vgl. Angenendt, Heilige und Reliquien, S. 129–132; Ohler, Sterben und Tod im Mittelalter, S. 144f. Wichtig war der Geburtstag für Bischöfe im Speziellen oder Kleriker im Allgemeinen, deren Ämter an ein bestimmtes ›kanonisches‹ Mindestalter gebunden waren. Dies konnte entsprechend nur unter Kenntnis des eigenen Alters eingehalten werden. Für Gallien wurde erstmalig auf der Synode von Agde 506 für Diakone ein Mindestalter von 25 Jahren, für Presbyter und Bischöfe von 30 Jahren festgesetzt. Vgl. Predel, Vom Presbyter zum Sacerdos, S. 107. 91 Alkuin, Epistolae n. 198, S. 328. 92 Vgl. u. a. Haas, Todesbilder im Mittelalter, S. 36. Die Sichtweise der Welt als mit Elend, Last, unrechtem Verhalten und Unterdrückung überladen äußert sich im mittelalterlichen Bild der contemptus mundi, vgl. Goez, Einstellung zum Tode im Mittelalter, S. 117. Dies soll jedoch nicht zur Verachtung der Welt Anlass geben, sondern dazu führen, sich von allem Nichtigen und Materiellen zu lösen und den Blick auf das Wesentliche zu richten, für sein eigenes Seelenheil vorzusorgen, vgl. Sprenger, Wer an den Tod denkt, S. 433. Als eine grundsätzlich lebensverneinende Epoche kann das Mittelalter folglich nicht kategorisiert werden, der Tod erscheint nicht nur als Strafe, sondern vielmehr als Beginn des zweiten oder eigentlichen Lebens; vgl. Kleinstück, Auffassung des Todes im Mittelalter, S. 41f. 93 Vgl. Dinzelbacher, Formen des Jenseitsglaubens, S. 15; Schneider, Geistesgeschichte der christlichen Antike, S. 272. 94 Dinzelbacher, Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, S. 10.

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tums basierende, Auseinandersetzung mit Sterben und Tod, die bereits in der Spätantike ihren Anfang nahm und das gesamte Mittelalter über zu beobachten bleibt, ein anderes Bild. Der Tod scheint daher keineswegs nur unreflektiert akzeptiert worden zu sein und überhaupt seien verallgemeinernde Aussagen über die Einstellung ›des‹ Menschen im Mittelalter schon von vornherein falsch.95 Peter Dinzelbacher fährt fort, als Reaktion auf die bewusste Erkenntnis des Todes als einschneidende Zäsur sei einerseits Akzeptanz und bewusste Hervorhebung dessen als alles entscheidender Zeitpunkt möglich oder, in absolutem Gegensatz dazu, Verdrängung und Leugnung. Das Bewusstwerden des unvermeidlich herannahenden Todes löse somit keineswegs von der Aussicht auf ein Nachleben in einer jenseitigen Existenz, zeige jedoch die herausragende Eigenschaft des Menschen, sich seines eigenen Endes derart bewusst werden zu können,96 auch wenn das Jenseitige außerhalb der Vorstellungskraft des Menschen liegt.97 Ebenso spricht die Bewusstwerdung des Todes nicht gegen einen im Vergleich zur heutigen Zeit vertrauteren Umgang damaliger Menschen mit dem Tod; diese Vertrautheit darf aber nicht allein auf eine unreflektierte Jenseitshoffnung zurückgeführt werden, sondern bildet das Ergebnis einer jahrhundertelangen Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Nachleben.98 Die Vertrautheit des mittelalterlichen Menschen mit dem Tod führt Ariès schließlich auf eine gewünschte und erhoffte Koexistenz von Lebenden und Toten zurück. Die Rückführung der Friedhöfe innerhalb von Dörfern und Städten, die Bestattung in oder so nahe wie möglich bei der Kirche weisen auf dieses Zusammenleben hin.99 War es in römischer Zeit üblich, extra muros außerhalb der Städte beigesetzt zu werden und die Beisetzung bis ins frühe Mittelalter hinein eine vornehmlich familiäre Angelegenheit,100 verlagerten sich die Begräbnisorte schließlich innerhalb der Siedlungsplätze um die Kirchen herum

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Vgl. Dinzelbacher, Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, S. 18. Vgl. Dinzelbacher, Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, S. 10f. Vgl. Beinert, Unsterblichkeit der Seele, S. 95; Spoerri, Tod als Text und Signum, S. 120. Sprenger, Sub specie aeternitatis, S. 64, spricht in diesem Zusammenhang passend davon, das »Verlustbewusstsein« sei im Mittelalter tief ausgeprägt gewesen, während es insbesondere in heutiger Zeit konsequent geleugnet und verdrängt werde. 99 Die Erforschung von Bestattungsritualen und Sepulkralkultur ist vielfältig vorgenommen worden und weiterhin von großer Aktualität. Unter Berücksichtigung historischer, theologischer, archäologischer, kunstgeschichtlicher, kulturwissenschaftlicher und soziologischer Einflüsse sind der Bestattung im Mittelalter vielfältige Untersuchungen gewidmet worden. An dieser Stelle kann nur auf einige ausgewählte Werke verwiesen werden: Guth, Sitte, Ritus, Brauch, S. 100–118; Steuer, Mensch und sein Tod; Jarnut / Wemhoff (Hgg.), Erinnerungskultur; Margue (Hg.), Sépulture, mort et représentation du pouvoir; Brather, Tod und Bestattung im frühen Mittelalter. In diesem Zusammenhang steht auch die 2014 erschienene monumentale Studie von Schmitz-Esser zum Leichnam im Mittelalter. 100 Vgl. Effros, Caring for Body and Soul, S. 139; Kötting, Tradition der Grabkirche, S. 69f.

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und damit auch in den Einflussbereich der Kirche hinein.101 Grundlage dieser Entwicklung war die zunehmende Bedeutung von Reliquien. Kirchen verfügten über Reliquien eines oder mehrerer Schutzheiliger, die im Innenraum der Kirche beigesetzt worden waren.102 Eine Grabstätte so nah als möglich bei den Heiligen (ad sanctos) oder, falls dies nicht möglich sein sollte, zumindest bei der Kirche sollte das Nachleben der Verstorbenen positiv beeinflussen, da auf die Fürsprache der Heiligen gehofft werden konnte.103 Die ersten christlichen Gemein-

101 Vgl. u. a. Ariès, Studien zur Geschichte des Todes, S. 26f.; Bauer, Von Tod und Bestattung, S. 4f.; Brather, Tod und Bestattung im frühen Mittelalter, S. 105; Illi, Wohin die Toten gingen, S. 11–13; Jones, Letzte Reise, S. 25f.; Kampert, Sterben der Heiligen, S. 401–403; Lebecq, Mort des Grands, S. 8f.; Oexle, Gegenwart der Toten, S. 54f.; Ohler, Sterben und Tod im Mittelalter, S. 135; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 65. Zur Bestattungstradition bei den Griechen vgl. Kurtz / Boardman, Thanatos; zum Bestattungsritus in römischer Zeit vgl. Koch, Sterben, Tod und Trauer, S. 241–252; Schrumpf, Bestattung und Bestattungswesen, bes. S. 63–66. Eine Bestätigung erfuhr die Regel der Bestattung außerhalb der Städte noch in den Codizes Justinians und Theodosius’ (Codex Justinianus III, 44, 12, S. 148; Codex Theodosianus VIIII, 17, 6, S. 465). Vgl. Kötting, Frühchristliche Reliquienkult, S. 10f. 102 Der Beginn der Zerteilung zunächst von Märtyrerleibern zur Entnahme kleiner Komponenten, um auch märtyrerlose Kirchen und Gemeinden auszustatten, ist um 350 anzusetzen, vgl. Kötting, Frühchristliche Reliquienkult, S. 23f. Brauch geworden sind die Teilungen von Leichnamen hingegen wohl erst im 9. Jh., vgl. Angenendt, Corpus Incorruptum, S. 122; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 151. Modifizierend Swinarski, Der ganze und der zerteilte Körper, S. 63–68. Swinarski fragt weniger nach dem Wahrheitsgehalt der Idee des corpus incorruptum, von Interesse sei vielmehr die beabsichtigte und tatsächliche Wirkung des dahinterliegenden Topos. Grundsätzlich zur Reliquienverehrung im Mittelalter vgl. Dinzelbacher, Realpräsenz. Dennoch ist immer auch Kritik an der Reliquienverehrung geübt worden, zunehmend ab dem 12. Jh., vgl. Schreiner, Discrimen veri ac falsi. 103 Vgl. Duval, Auprès des saints corps et âme, bes. S. 51–130; knapp Brademann, Leben bei den Toten, S. 17–19; Lauwers, Naissance du cimetière, S. 26f. Zusammengefasst bei Sparre, Bestatten in Kirchen, S. 94–100. Ariès, Geschichte des Todes, S. 45, bringt zwei unterschiedliche Dimensionen zusammen, so habe der mittelalterliche Mensch weder Furcht vor dem Tod noch Furcht vor den Toten verspürt – was jedoch, spätestens mit der Ausbreitung der Pest im 14. Jh., als äußerst zweifelhaft anzusehen ist. Die Furcht vor Wiedergängern bestand schon zuvor. Bereits Oexle, Gegenwart der Toten, S. 2, weist darauf hin, die Geschichte des Todes nicht mit der Geschichte der Toten gleichsetzen zu dürfen. Schließlich mag der Tod für den Menschen des Mittelalters nicht dieselben Emotionen ausgelöst haben wie für den Menschen heutiger Zeit, doch war die Angst vor den (wiederkehrenden) Toten allgegenwärtig, vgl. Schmitt, Macht der Toten. Der zu beobachtende Wunsch, wenn möglich ad sanctos oder zumindest apud ecclesiam bestattet zu werden, wird in der Beurteilung eines guten Bischofstodes noch eine Rolle spielen, da auch die Grabstätte zur Interpretation des vorangegangenen Lebens genutzt werden kann. Allerdings müssen Grablegen, wie es Brather, Tod und Bestattung im frühen Mittelalter, S. 94, treffend formuliert hat, als »Zerrspiegel« betrachtet werden, die kein reales Abbild der Lebenssituation des Verstorbenen abgeben, sondern idealisierte soziale Verhältnisse präsentieren, die wiederum zur Analyse zeitgenössischer Gruppenzugehörigkeiten und Identitäten eingesetzt werden können. Ders., Memoria und Repräsentation frühmittelalterlicher Bestattungen, S. 251, konzentriert dies im Begriff der Identität. »Er [sc. der Begriff Identität] stellt in den Mittelpunkt, dass sich in den Gräbern

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defriedhöfe, noch außerhalb der Städte, sind ab dem frühen 3. Jahrhundert nachzuweisen, in Rom unter dem Begriff coemeterium. Bereits ab dem 4. Jahrhundert erfolgte eine Umbettung der Märtyrergräber in die Städte, womit sich erste für das Mittelalter und bis heute charakteristische Kirchhöfe bildeten.104 Bischofsgräber lassen sich bei archäologischen Untersuchungen leicht an den beigegebenen Grabbeigaben erkennen, insbesondere Stab und Ring.105 Derart idealtypisch, wie Ariès diesen Prozess schildert, wird er nicht abgelaufen sein; während er an manchen Orten bereits sehr früh eingesetzt hat, fand diese Entwicklung andernorts erst im 10. oder 11. Jahrhundert ihren Abschluss.106 Auch die Grabstätte der Bischöfe hat eine Entwicklung durchlaufen, die vielfach ihren Endpunkt in der innerhalb der Stadt gelegenen Kathedralkirche gefunden hat, wenngleich auch die (teils erzwungene, teils vom Verstorbenen ausdrücklich gewünschte) Beisetzung in einem Kloster innerhalb oder auch außerhalb der eigenen Stadt vielfach nachzuweisen ist;107 eine dazu nicht

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zunächst die Vorstellungen der Beteiligten niedergeschlagen haben, die mit der Bestattung bestimmte Absichten verbanden« (Hervorhebung im Original). Vgl. Brandenburg, Coemeterium, S. 215, 227f. u. 231; Kötting, Frühchristliche Reliquienkult, S. 13–24; ders., Tradition der Grabkirche, S. 72–74; Lauwers, Naissance du cimetière, S. 27f.; Sparre, Bestatten in Kirchen, S. 85–94. Zusammenfassend zum ältesten christlichen Bestattungswesen vgl. Gessel, Bestattung und Todesverständnis, S. 536–553. Grundlage der Ausbildung eigener christlicher Friedhöfe sei insbesondere der Wunsch gewesen, nicht mehr gemeinsam mit den Heiden bestattet werden zu müssen, um damit die eigene Identität und Solidarität, also die Gemeinschaft im Glauben demonstrieren zu können (vgl. ebd., S. 222). Vgl. zur Entstehung der Coemeterien auch Klingenberg, Grabrecht, Sp. 627f.; zu der des mittelalterlichen Kirchhofes Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 70–76. Kritisch hinsichtlich der Bedeutung des Begriffes coemeterium und des äquivalenten griechischen Wortes koimthrion vgl. Rebillard, Koimhthrion and Coemeterium. Vgl. ders., Care of the Dead, S. 4–7; Lauwers, Naissance du cimetière, S. 115f. Vgl. Augenti / Gilchrist, Life, Death and Memory, S. 505; Schmitz-Esser, »Longue durée« im Umgang mit den Toten, S. 334. Exemplarisch dazu Päffgen, Archäologische Untersuchung der Bischofsgräber. Vgl. Lauwers, Naissance du cimetière, S. 28f.; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 68 mit Anm. 234, unter Berufung auf archäologische Erkenntnisse. Vgl. Schieffer, Grab des Bischofs in der Kathedrale, bes. S. 7f. u. 21. Er weist darauf hin, dass sich für das Regnum Teutonicum zwischen 800 und 1200 nur ansatzweise für die Hälfte der Bischöfe Nachweise über ihre Grabstätten finden lassen (es gibt wenige archäologische Spuren, die Quellenüberlieferung ist oft ungenau, teils widersprüchlich) (S. 9–13) und versucht den Begräbnisgewohnheiten in unterschiedlichen Reichsteilen nachzugehen (S. 15–19). Im Anhang (S. 28–40) bietet er eine Liste aller ›deutschen‹ Bischöfe in genanntem Zeitraum unter Angabe von Quellen bezüglich ihrer Grablegen. Für Norditalien vgl. Picard, Souvenir des évêques, der im 10. Jahrhundert eine durchgehende Beisetzungspraxis der Bischöfe in den Kathedralkirchen ausmacht, die im 11. Jahrhundert von einer präferierten Bestattung in Klöstern abgelöst worden sei. Zusammengefasst durch Dens., Sépulture des évêques en Italie du nord. Eine exemplarische Studie für den französischen Raum bietet Nimmergeers, Sépultures épiscopales. Auch Nimmergeers zeigt die verbreitete, aber keineswegs durchgehend nachzuweisende Beisetzung von Bischöfen in den Kirchen der Stadt, geschweige denn nur in der Kathedralkirche. Die Grablegen der Bischöfe verschiedenster Städte sind darüber

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unähnliche Entwicklung nahm auch der Wandel herrschaftlicher Grablegen.108 Die Bedeutung der Heiligen sowie ihrer verehrungswürdigen Reliquien spielt dabei eine entscheidende Rolle.109 Aufgrund ihres gottgefälligen Lebens war den Seelen verstorbener Heiliger – gemäß biblischer Auslegung einzig den Seelen von Märtyrern, denen bald Bekenner und Asketen gleichgestellt wurden110 – nach damaligem Verständnis der unmittelbare Aufstieg in den Himmel gestattet, während sie mit ihren Leibern weiterhin auch den Menschen auf der Erde präsent waren. Zudem trat der von ihnen erlittene Tod bald nicht mehr allein zu ihrer persönlichen Sühne ein, sondern ermöglichte auch anderen Sündern die Aussicht auf die Gnade Gottes.111 Heilige nahmen die Funktion von Vermittlern zwischen Erde und Himmel wahr,112 was den Wunsch erklärt, möglichst in ihrer

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hinaus bereits zum Sujet der Forschung geworden, exemplarisch sei verwiesen auf Gaillard, Dans ou hors la cité; Georgi, Grablegen der Erzbischöfe von Köln; Gierlich, Grabstätten der rheinischen Bischöfe; Heinz / Rothbrust / Schmid, Grabdenkmäler; Schieffer, Grab des Bischofs in der Kathedrale. Vgl. allgemein Steuer, Großgrabhügel. Die Angst vor den Toten sei immer mehr einer Angst vor der ausbleibenden Auferstehung in Folge eines verweigerten Begräbnisses oder einer unpassenden Grabstelle gewichen. Umso wichtiger war die Bestattung in der Nähe der innerhalb der Kirchen bestatteten Märtyrer, um einen Fürsprecher am Tag des Jüngsten Gerichtes an seiner Seite zu wissen, vgl. Ariès, Geschichte des Todes, S. 57. Die Bedeutung der Märtyrer hob bereits Bischof Maximus von Turin im 5. Jahrhundert hervor (Homilia LXXXI, Sp. 427f.): Sie bewahrten die Menschen davor, in Sünde zu verfallen und schließlich der Hölle überantwortet zu werden. Die grundlegende Bedeutung des Begräbnisses (zu unterscheiden von der des Grabes, das im früheren Mittelalter weitgehend anonym war und keinen Erinnerungsort darstellte) zeigt sich in der von Laktanz und Augustinus vorgenommenen Erweiterung der sechs Werke der Barmherzigkeit (Mt 24,35–36) um ein siebtes, das Begräbnis, vgl. Jaritz, Der »gute« und der »böse« Tote, S. 330; Oexle, Gegenwart der Toten, S. 33; Reynolds, Death and Burial, S. 118f.; Rose, Commentary, S. 283. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es Augustinus selbst war, der den Nutzen einer Grabstätte in der Nähe eines Heiligen als weitgehend nutzlos und unbedeutend charakterisiert hatte (vgl. Kapitel 4.2). Vgl. Borgolte, Petrusnachfolge und Kaiserimitation, S. 83f.; Kötting, Tradition der Grabkirche, S. 74–78; Mentzos, Death and Rebirth, S. 48f.; Scholz, Grab in der Kirche, S. 271–274. Vgl. Angenendt, Der Heilige: auf Erden – im Himmel, S. 34 u. 55f.; von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 15. Vgl. Angenendt, Der Heilige: auf Erden – im Himmel, S. 19. Vgl. Angenendt, Der Heilige: auf Erden – im Himmel, S. 33; ders., Theologie und Liturgie, S. 82; Auffarth, Irdische Wege und himmlischer Lohn, S. 169f.; Binski, Medieval Death, S. 12; Kötting, Tradition der Grabkirche, S. 70–72; Laudage, Etikette des Todes, S. 37. Laudage schränkt unter Bezugnahme auf die Offenbarung ein, einzig Märtyrern sei es zuerkannt worden, unmittelbar nach ihrem Tod in den Himmel aufzufahren, Heilige hätten ebenso wie die übrigen Menschen auf das Jüngste Gericht warten müssen. Märtyrer hingegen warten bereits am himmlischen Altar (Offb 6,9–11). Der Platz der Märtyrer unter dem Altar weist jedoch darauf hin, dass auch sie noch nicht die vollendete Anschauung Gottes erfahren, sich zwar im Himmel befinden, jedoch zunächst einen ›Vorausleib‹ erhalten haben, vgl. Angenendt, Der Heilige: auf Erden – im Himmel, S. 34; ders., Heilige und Reliquien, S. 102; ders., Theologie und Liturgie, S. 113f. Zum besonderen Stellenwert der Märtyrer vgl. Offb 7,13–15. Die schwierige Auslegung dieser Stelle, die mehr als eine mög-

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Nähe bestattet zu werden. Das Grab der Heiligen galt als Verbindungsglied zwischen Himmel und Erde, den beiden gleichzeitigen Existenzorten der Heiligen.113 Grundgedanke der Reliquienverehrung war die Annahme der Heiligen als Fürsprecher vor Gott, die aufgrund ihrer Verdienste die Sündenstrafen anderer verkürzen114 und beim Jüngsten Gericht zugunsten der Verstorbenen intervenieren konnten. Die Verweigerung eines Begräbnisses hingegen ist eine elementare Strafe in Religionsgemeinschaften, der Verstorbene wird aus der Gemeinschaft der Gläubigen verbannt. Im Römischen Reich ist hingerichteten Verbrechern ein Begräbnis verwehrt worden,115 während sich im Mittelalter grob drei Gruppen erkennen lassen, die dieser Strafe unterworfen wurden: als ungläubig erachtete Nicht-Christen (hierzu zählen ungetauft gebliebene Kinder christlicher Eltern), getaufte, dann allerdings vom Christentum Abgefallene (Häretiker, Exkommunizierte, Selbstmörder) sowie in Sünde ohne Reue Verstorbene (Hingerichtete).116 Im Laufe des 11. und 12. Jahrhunderts, so konstatiert Ariès, sei schließlich ein zwar kaum wahrnehmbarer, aber dennoch entscheidender Wandel (Stichwort: mort de soi) eingetreten. Im Zuge der Ausbildung der Individualität des Einzelnen117 habe auch der Umgang mit dem Tod eine Modifikation erfahren, wodurch ihm ein dramatischer und persönlicher Sinn verliehen worden wäre.118 Diese Entwicklung zeige sich deutlich in der Vorstellung vom Jüngsten Gericht.

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liche Interpretation zulässt, betont Lang, Himmel und Hölle, S. 30–32. Die Rolle der Märtyrer nach dem Tod wird ausführlich von Ameling, Jenseits, S. 71–75; Stuiber, Refrigerium interim, S. 40–42 u. 74–81, erörtert. Zum Wandel der Märtyrer- zur Heiligenverehrung nach dem Ende der Verfolgungszeit der Christen vgl. u. a. Petersohn, Bischof und Heiligenverehrung, S. 207f.; Schoberth, Mitten im Leben, S. 297; von der Nahmer, Vom Tod des Heiligen, S. 145. Zu einer Definition des ›heiligen Menschen‹ vgl. Speyer, Verehrung des Heroen, S. 49f. u. 55. Vgl. Angenendt, Corpus Incorruptum, S. 126. Vgl. Kötting, Frühchristliche Reliquienkult, S. 24–28; Kretschmer, Leichnam im alten Recht, S. 847; Laudage, Etikette des Todes, S. 37. Kretschmer weist darüber hinaus auf die diesseitige Hoffnung hin, Heilige trügen zur Linderung oder Heilung von irdischen Leiden bei. Vgl. auch Dinzelbacher, Realpräsenz, S. 121–134. Vgl. Scheler, In ungeweihter Erde, S. 157. Vgl. Schmitz-Esser, Vernichtung der Körperlichkeit, S. 220. Er weist allerdings darauf hin, dass gerade Exkommunizierten hoher Schichten ein Grab nicht lange verwehrt werden konnte. Oft seien erfolgreich Anstrengungen zur Bereinigung ihrer memoria unternommen worden (ebd., S. 221–223). Vgl. Derschka, Individuum und Persönlichkeit; Dinzelbacher, Das erzwungene Individuum, S. 41; Gurjewitsch, Individuum im europäischen Mittelalter; Morris, Discovery of the Individual. Vgl. auch Kapitel 9, Anm. 1807. Gegen den Vorwurf fehlender Individualität im Mittelalter vgl. Oexle, Memoria in der Gesellschaft, S. 322f. Vgl. grundsätzlich zur Thematik auch den Sammelband von Aertsen / Speer (Hgg.), Individuum, darin u. a. Aertsen, Einleitung. Vgl. Ariès, Studien zur Geschichte des Todes, S. 31. Dazu auch Binski, Medieval Death, S. 20; Jones, Letzte Reise, S. 27; Lauwers, Mort(s), S. 771 u. 782–784.

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Sei bis ins beginnende 12. Jahrhundert die Annahme vorherrschend gewesen, nach dem Tod des Leibes müsse – Märtyrer und Heilige ausgenommen – bis zum Jüngsten Gericht und der Auferstehung des Fleisches gewartet werden, bis ein endgültiges Urteil über die ewige Zukunft des Menschen gefällt werden würde,119 habe sich die Idee dieses Gerichtes bereits ans Sterbebett verlagert. Die dahinter liegende Vorstellung war die eines dort ausgefochtenen Kampfes der himmlischen Scharen mit den Geschöpfen der Hölle um die Seele des Sterbenden. Diesem Kampf sei der Sterbende jedoch gemäß Ariès nicht tatenlos ausgeliefert, vielmehr habe er diesen als Prüfung aufzufassen, in deren Verlauf sein Leben rekapituliert und sein Verhalten beim Anblick unterschiedlicher Lebenssituationen für den Ausgang des Konfliktes entscheidend werde.120 Die Differenz zwischen physischem Tod und endgültigem Gericht wäre aufgehoben, der Mensch würde nun unmittelbar nach seinem Tod gerichtet. Damit entfiel die zwischen Tod und Auferstehung liegende Periode der schattenartigen Existenz, nicht lebendig, aber auch nicht tot, die es zuvor den Toten in der Vorstellung der Menschen ermöglicht hatte, in Gestalt von Geistern oder Wiedergängern zurückzukehren. Entscheidend für die Menschen des ausgehenden 12., besonders aber des 14./15. Jahrhunderts wäre nicht der Glaube an eine Auferstehung am Weltende, sondern die Gewissheit der eigenen Auferstehung unmittelbar nach Eintritt des Todes.121 Für den guten Tod würde dies bedeuten: der letzte Augenblick der irdischen Existenz entscheidet nun über die Qualität des absolvierten Lebens. Dem Menschen bleibt bis zum letzten Atemzug die Möglichkeit, auf sein Schicksal Einfluss zu nehmen.122 Die zunehmende Individualisierung im Leben griff auch auf den Tod über, er galt als individuelles Schicksal. Im Augenblick des Todes würde die Entscheidung über Himmel oder

119 Wenngleich jegliche Vorstellung von einem wie auch immer gearteten ›Zwischenzustand‹, einem Warteort der Seelen auf das Jüngste Gericht, in dem eine Separierung der Seelen vorgenommen wird (Stichwort Purgatorium/Fegefeuer), ein Partikulargericht unmittelbar nach dem Tod verlangt. Zum doppelten Gericht im Mittelalter und dessen Nachweisbarkeit bereits deutlich vor der von Ariès angenommenen Zeit vgl. auch Gurjewitsch, Darstellung von Persönlichkeit und Zeit, S. 30. Eine schematische Darstellung bietet Jezler, Jenseitsmodelle, S. 19. 120 Vgl. Ariès, Studien zur Geschichte des Todes, S. 34f. 121 Vgl. Ariès, Geschichte des Todes, S. 137 u. 166. Der Glaube an die gemeinschaftliche Auferstehung bröckelte, Angst und nicht mehr Frieden wurde vermehrt mit dem Tod in Verbindung gebracht, vgl. Jones, Letzte Reise, S. 27f. Weiterhin Angenendt, Der Heilige: auf Erden – im Himmel, S. 35; ders., Theologie und Liturgie, S. 85f., mit weiteren Umbruchslinien im 12. Jh.; Bynum, Death and Resurrection in the Middle Ages, S. 592; Kümper, Death, S. 323. 122 Vgl. Hoheisel, Sterben und Weiterleben, S. 101.

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Hölle fallen.123 Wenn jedoch nun im Augenblick des Todes, wie Ariès es betont, die unwiderrufliche Entscheidung über Himmel und Hölle fallen würde, so wäre das im Mittelalter so wichtige Gebetsgedächtnis nunmehr ohne Bedeutung. Mit der unmittelbar am Lebensende festgelegten jenseitigen Zukunft des Sterbenden bliebe den Angehörigen keine Möglichkeit mehr, im Nachhinein auf das Schicksal der Toten Einfluss zu nehmen – eine Praxis, die keineswegs ab dem 12. Jahrhundert an Bedeutung eingebüßt hat. Die Beobachtungen von Ariès müssen entsprechend relativiert und eingeordnet und dürfen nicht ohne weiteres auf das spätere Mittelalter angewandt werden, würden dadurch doch Gebetsgedenken und Memoria zu weitgehend wirkungslosen Tätigkeiten degradiert werden.124 Galt der Tod als Teil des Lebens, als Vorstufe der ewigen Existenz, die, so zumindest die Annahme von Ariès, den Menschen keinerlei Furcht verursacht habe, habe sich dies im Zuge der aufkommenden Individualisierung des Menschen geändert.125 Ariès steht mit der Annahme eines Umbruchs im 12. Jahrhundert nicht allein. Peter Dinzelbacher möchte für die Epoche von der Mitte des 11. bis zum frühen 13. Jahrhundert den Begriff der »Achsenzeit« aufgrund der zahlreichen Umbrüche in allen Lebensbereichen der Menschen, insbesondere in Bezug auf die sich vollziehende Lösung des Ich-Bewusstseins aus der frühmittelalterlich gebundenen Gruppenmentalität, ins Spiel bringen, wodurch auch die Beschäftigung mit dem Tod zugenommen habe.126 Arno Borst verweist neben den genannten Veränderungen auf die zunehmenden medizinischen Kenntnisse sowie die daraus resultierende längere Lebenserwartung, woraus sich eine bewusstere Sorge um den eigenen Körper sowie die Existenz im Diesseits allgemein entwickelt habe, während die Sorge, die eigene Todesstunde voraus zu fühlen, geschwunden sei.127 Im Umkehrschluss müsste dieser postulierte, sich vielfältig 123 Vgl. Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 192; Mischke, Umgang mit dem Tod, S. 55. Zugleich lässt sich in dieser Zeit eine besondere Hinwendung zum Diesseitigen beobachten (carpe diem), vgl. Dinzelbacher, Präsenz des Todes, S. 46. 124 Zur Bedeutung von Gebetsgedenken und Memoria im Mittelalter vgl. auch Goetz, Mensch zwischen Zeit und Ewigkeit, S. 56. 125 Vgl. Ariès, Studien zur Geschichte des Todes, S. 42. 126 Vgl. Dinzelbacher, Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, S. 20. Daneben zählen zu den Veränderungen der zu verzeichnende Bevölkerungszuwachs, eine Zunahme an Kommunikation und das Auseinanderbrechen der Einheit von Geistlichem und Weltlichem (Investiturstreit). Einen umfassenden Wandel dieses langgezogenen Veränderungsprozesses glaubt Dinzelbacher zur Mitte des 12. Jahrhunderts ausmachen zu können, somit nahe dem zeitlichen Endpunkt dieser Studie. In diesem Zusammenhang ist es möglich, den postulierten Wandel auch innerhalb einer abnehmenden Zahl bischöflicher Todesschilderung nachweisen zu können. 127 Vgl. Borst, Drei mittelalterliche Sterbefälle, S. 579. Die Änderungen der Menschen zum Sterben seien dabei generell auf geschichtliche Erfahrungen zurückzuführen (ebd., S. 595). Je mehr das Diesseits in den Fokus der Menschen gerückt sei und je weniger der Glaube

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vollzogene Wandel in Form einer Zunahme an Todesschilderungen bedeutender, mächtiger Personen, denen auch Bischöfe zuzurechnen sind, ab dem 11. und 12. Jahrhundert zu fassen sein, während dieses in den Jahrhunderten zuvor nicht in diesem Ausmaß zu erwarten ist. Erst wenn der Tod nicht nur allein ein Begleiter des Alltags ist, sondern darüber hinaus eine ›dramatische‹ und auch öffentlich wirksame Komponente enthält, ist eine ausgiebige Schilderung desselben zu erwarten. Ariès’ Schlussfolgerungen haben zu umfassenden Reaktionen geführt, in deren Folge seine Thesen harsch kritisiert, zurückgewiesen oder modifiziert worden sind.128 Arno Borst warnt vor der zu Unrecht erzeugten »Märchenstimmung«129 und stellt heraus, Ariès habe den Tod in der archaischen Gesellschaft hergeleitet, ohne einen einzigen mittelalterlichen Sterbefall analysiert zu haben.130 Dennoch glaube Ariès, den Wandel des Sterbens von der Frühzeit bis in die Moderne beschreiben zu können. Borst wiederum sieht die sich wandelnden Szenarien vielmehr anhand geänderter sozialer Verhaltensweisen angesichts physischer Bedingungen, insbesondere im sich ändernden Umfeld des Todes (vom Kloster bis zum modernen Krankenhaus).131 Die von Ariès propagierte Zähmung des Todes im früheren Mittelalter lässt die durchaus paradoxe Einstellung der Menschen zu diesem nicht deutlich werden, dass »das Sterben einerseits als das entscheidende Ereignis schlechthin für den Menschen angesehen wurde, andererseits als etwas geradezu Alltägliches und wenig Sensationelles«.132 Ebenso weist Horst Fuhrmann die Annahme zurück, im Mittelalter seien die Menschen ›leicht‹ gestorben, stimmt aber der allgemeinen Linie zu, im späten Mittelalter – etwa unter dem Eindruck der Pest – seien die Menschen anders als in

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vorgehalten habe, im Jenseits einen Ort des Trostes vorfinden zu können, desto mehr habe die Angst vor dem Tod zugenommen. Gurjewitsch, Darstellung von Persönlichkeit und Zeit, S. 30, sieht hingegen keinen Anlass, einen deutlichen Unterschied in der Behandlung des Todes im frühen und späten Mittelalter anzunehmen. Eine knappe Zusammenführung einzelner Punkte wie den zu langen Betrachtungszeitraum oder die uneinheitliche Zusammenstellung des Materials ohne weithin erkennbare Logik finden sich bei Baloup, La mort au Moyen Âge, S. 18f. Vgl. Borst, Drei mittelalterliche Sterbefälle, S. 569. Borst, Drei mittelalterliche Sterbefälle, S. 571–579, nimmt sich dieses Desiderates bei Ariès umgehend an und zeigt die Probleme der Schlussfolgerungen dessen durch die Analyse zweier frühmittelalterlicher Sterbefälle auf. Vgl. Borst, Drei mittelalterliche Sterbefälle, S. 569f. Birkhan, Kulturanthropologische Bemerkungen, S. 181f. Präziser wäre in diesem Fall die sicher diskutable, aber klarere Trennung zwischen dem Sterben als Handlung sowie dem Tod als End- und Anfangspunkt. Das Sterben war alltäglich und wurde in aller Öffentlichkeit praktiziert, diesem war somit keinerlei Sensation inhärent. Der Tod jedoch bedeutete den Anfang der Ewigkeit, ein bedeutsameres Ereignis ist nicht denkbar. Den Tod somit als gezähmt darzustellen, verallgemeinert den Komplex und wird dem weitreichenden Feld des Nachlebens nicht gerecht.

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Forschungsstand und methodische Vorüberlegungen

früheren Jahrhunderten gestorben.133 In diesem Zusammenhang steht auch der durch Dieter von der Nahmer geäußerte Vorwurf, Ariès habe es unterlassen, Untersuchungen konkret am Einzelfall vorzunehmen.134 Diese Kritik liegt auf einer Linie zu der von Borst geäußerten und dem von ihm aufgezeigten Mangel an Analysen einzelner mittelalterlicher Sterbefälle. Zudem ist Ariès die Auswahl seiner Quellen, insbesondere der von ihm unberücksichtigt gebliebenen, zum Vorwurf gemacht worden.135 Arnold Angenendt verweist darüber hinaus auf die »theologisch allerdings oft unzulängliche«136 Studie von Ariès, und selbst Michel Vovelle lässt Kritik anklingen, wenn er bemerkt, die Studie von Ariès laufe hinaus »à une quête quasi mystique, dominée par la nostalgie des origines, de la mort originelle, d’un certain âge d’or«.137 Generell wird Ariès vorgehalten, er habe die Geschichte des Todes als Negativgeschichte geschrieben.138 Durch die Annahme des ›gezähmten‹ Todes im früheren Mittelalter würde eine Idealisierung des Todes angenommen, die irreführend sei.139 Außerdem unterlässt es Ariès, auf den wichtigen Zusammenhang zwischen Tod und memoria im Mittelalter einzugehen.140 Das Gedenken der Toten durch die Lebenden nahm nicht erst seit Aufkommen der Vorstellung, durch bestimmte Handlungen im Diesseits die Leidenszeit Verstorbener im Jenseits verkürzen zu können, eine zentrale Rolle ein. Teil der memoria war neben der Lesung von Messen, der Armenspeisung oder der Eintragung Verstorbener in angelegte Memorialbücher die Zusammenführung der Toten auf einem Gräberfeld, um auf diese Weise den weiterhin bestehenden Zusammenhang der Gemeinde mit den Verstorbenen zu symbolisieren.141 Memoria bedeutet somit nicht das 133 Vgl. Fuhrmann, Bilder für einen guten Tod, S. 7; ders., Überall ist Mittelalter, S. 206. Allgemeiner Kortüm, Menschen und Mentalitäten, S. 257–267. 134 Vgl. von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 16. Allerdings könne bei Ariés dennoch viel »über die Auffassung von Sterben, Tod, jenseitigem Leben, von der Begleitung dieser entscheidenden Vorgänge durch überwiegend kirchliche Riten« erfahren werden. 135 Vgl. etwa Gurjewitsch, Darstellung von Persönlichkeit und Zeit, S. 14, über die von Ariès gänzlich ignorierte Visionsliteratur. 136 Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 118. 137 Vovelle, Attitudes devant la mort, S. 130. 138 Vgl. Mischke, Umgang mit dem Tod, S. 5. 139 Vgl. Mischke, Umgang mit dem Tod, S. 5. Ebenfalls zur durch Ariès allzu »idyllisch« dargestellten vormodernen Gesellschaft in Bezug auf den Tod, wodurch gleichbedeutend die Gegenwart »dämonisiert« werde, vgl. Patschovsky, Tod im Mittelalter. Eine Einführung, S. 9. 140 Ariès, Studien zur Geschichte des Todes, S. 42, weist zwar darauf hin, dass es bis zum beginnenden 12. Jahrhundert von größerer Bedeutung gewesen sei, die Erinnerung an die Verstorbenen zu pflegen als Kenntnis davon zu besitzen, wo sie begraben worden sind. Den Formen dieser Erinnerungskultur wird jedoch nicht nachgegangen. 141 Vgl. Oexle, Gegenwart der Toten, S. 52–57. Grundsätzlich zum Komplex der memoria vgl. Geuenich, Dem himmlischen Gott in Erinnerung sein …; ders. / Ludwig (Hgg.), Gebetsgedenken; Laudage, Caritas und Memoria; Oexle, Gegenwart der Lebenden und der

Der Tod im Mittelalter – Übersicht und Forschungsstand

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bloße Andenken an die Verstorbenen, sondern erfordert soziales Handeln, lässt eine enge, sogar rechtliche Verbindung zwischen Toten und Lebenden entstehen.142 Memoria ist keine wertfreie Erinnerung, vielmehr ein bewusstes »Sich-Erinnern«, darüber hinausgehend sogar das »liebende Gedenken«.143 Deutlich wird daran die enge Verknüpfung der Bestattungs- und Erinnerungskultur im beginnenden Mittelalter. Erst die Verlagerung der Friedhöfe innerhalb der Städte sowie die Konzentration der Gräber auf einem relativ kleinen Raum ermöglichte dieses Gefühl der über den Tod hinausreichenden Verbundenheit.144 Die Leiber der Toten ruhten im Grab und gingen in der Vorstellung der Lebenden der Auferstehung entgegen, doch den Hinterbliebenen verblieb eine Erinnerung (memoria), möglich sowohl in materieller wie imaginärer Form.145 Die Verehrung von Heiligen und Märtyrern sowie die Möglichkeit, in ihrer Nähe bestattet zu werden, spielte eine ebenso große, wenn nicht größere Rolle für die memoria eines Verstorbenen. Desgleichen gilt in besonderem Maße auch für die Bischöfe, denen aufgrund ihrer bedeutenden Position ein Vorrecht auf eine Bestattung innerhalb der Kirchen eingeräumt wurde.146 Umso wichtiger ist es, einerseits den tatsächlichen Grablegen

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Toten; Schmid / Wollasch (Hgg.), Memoria; Neiske, Vision und Totengedenken. Eine Definition bietet Oexle, Memoria in der Gesellschaft, S. 297: »Im sozialen Sinn ist Memoria Ausdruck einer religiös begründeten Ethik des ›Aneinander-Denkens‹ und ›FüreinanderHandelns‹ [Assmann], in der auch den Toten der Status von Rechtssubjekten und Subjekten gesellschaftlicher Beziehungen zugewiesen ist.« Vgl. Oexle, Gegenwart der Toten, S. 29; ders., Memoria und Memorialbild, S. 385. Zur Vergegenwärtigung der Toten reicht es aus, deren in Memorialbüchern niedergeschriebene Namen auszusprechen, wodurch die Genannten in die Gegenwart zurückgeholt wurden, vgl. Oexle, Gegenwart der Toten, S. 31; ders., Gegenwart der Lebenden und der Toten, S. 81f. Berger, Wendung, S. 228, bringt es auf die adäquate Formel: »Gegenwart durch Namensnennung«. Zur Bedeutung der Namensnennung auch Oexle, Memoria in der Gesellschaft, S. 308f. Vgl. auch ders., Memoria und Memorialüberlieferung, S. 79–86. Zudem wurden Verstorbene weiterhin als Rechtssubjekte und -objekte angesehen, vgl. Kretschmer, Leichnam im alten Recht, S. 841–844; Oexle, Gegenwart der Toten, S. 33; Schmitz-Esser, »Longue durée« im Umgang mit den Toten, S. 343–345. Vgl. Finger, Memoria im frühmittelalterlichen (Erz-)Bistum Köln, S. 297. Wurden die Gräber großflächig der Anonymität preisgegeben, war die Erinnerung, die memoria der Verstorbenen auf vielfältige Art integraler Bestandteil des diesseitigen Lebens. Die Anonymität der Gräber einerseits und die Verehrung von Reliquien andererseits entbietet nicht einer als paradox zu bezeichnenden Situation: wurde den Überresten der Heiligen und ihren Reliquien große Verehrung entgegengebracht, schwand mit dem Tod das Interesse an den übrigen Leichnamen schlagartig, einzig das Heil der Verstorbenen war von Bedeutung, vgl. Schmitt, Heidenspaß und Höllenangst, S. 66. Vgl. Schmitt, Bilder als Erinnerung und Vorstellung, S. 347. Grundlegend zum ›Zusammenleben‹ zwischen Lebenden und Toten im Mittelalter vgl. Geary, Living with the Dead. Die Festsetzung, dass mit Ausnahme privilegierter Personen – neben Bischöfen sind dazu Priester und Mönche zu rechnen – niemand innerhalb der Kirchen beigesetzt werden darf, ist auf Konzilien des Mittelalters mehrfach erfolgt, vgl. Ariès, Geschichte des Todes, S. 63; Février, Mort chrétienne, S. 923f.; Kötting, Frühchristliche Reliquienkult, S. 31–36; Scholz, Grab in der Kirche, S. 271. Dass es notwendig erschienen sein muss, dieses Verbot vielfach zu

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Forschungsstand und methodische Vorüberlegungen

der Bischöfe nachzugehen, da eine Abweichung der Bestattungstraditionen nicht leichtfertig vorgenommen worden ist. Andererseits ist der Erinnerung des verstorbenen Bischofs nachzuspüren, welchen Eingang er in die kollektive Erinnerung der Menschen gefunden hat, mit welchen Mitteln der memoria ihm gedacht worden ist. Ein gänzliches Verschwinden eines Bischofs aus den Memorialquellen – wozu in besonderem Maße auch die Geschichtsschreibung zu zählen ist147 – lässt, wenngleich verschiedene Schlussfolgerungen zu prüfen sind, ein in den Augen der Zeitgenossen und Chronisten unwürdiges Leben des Kirchenmannes, womöglich verbunden mit einem entsprechenden Ende, vermuten. Generell ist bei verallgemeinernden Aussagen über die Einstellung ›des‹ mittelalterlichen Menschen zum Tod Vorsicht geboten.148 Ging Ariès davon aus, dass die von Leid begleitete Vorstellung des Jüngsten Gerichtes im früheren Mittelalter noch eine untergeordnete Rolle spielte, führt Peter Dinzelbacher als Gegenteil gerade das frühmittelalterliche Mönchtum an, das sich insbesondere der Verbildlichung des Jenseitigen angenommen, dabei jedoch nur vereinzelt positive Bilder geformt habe, während die grundlegende Einstellung von »Folterkammerphantasien« geprägt gewesen sei.149 Von kirchlicher Seite seien dagegen die positiven Aspekte des Todes betont und die Heiligen als exempla desselben in vorderste Stellung gerückt worden.150 Der von Ariès angenommene Tod ist im früheren Mittelalter somit keineswegs leicht eingetreten, gerade die große Heiligenverehrung, der Wunsch nach einer Bestattung ad sanctos u. a. spiegeln die große Zahl an Ängsten der damaligen Gesellschaft in Bezug nicht zuletzt vor Sterben, Tod und Nachleben wider.151 Die Spannung in der Geschichte des Todes, und damit auch in der Geschichte des Bischofstodes, liegt, wie Arno Borst zutreffend zusammenfasst, in der Differenz von Norm und Faktum, in der

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wiederholen und einzuschärfen, spricht für dessen geringe Befolgung. Das Verbot der Bestattung innerhalb der Kirchenmauern findet sich erstmalig in den Beschlüssen des Konzils von Braga 561, § 18. Aufgegriffen und präzisiert auf dem Konzil von Mainz 813, § LII, S. 272: Nullus mortuus infra eclesiam sepeliatur, nisi episcopi aut abbates aut digni presbyteri vel fideles laici. Somit waren vom Verbot einzig Bischöfe, Äbte, würdige Priester und im Glauben standhafte Laien ausgenommen. Der Interpretationsspielraum bezüglich Priestern und Laien ist weit, bei Bischöfen ist hingegen keine Einschränkung hinzugefügt worden. Konkret gegen die Beisetzung von Laien im Kirchenraum richtete sich die Synode von Tribur 895 c. 17, S. 352f. unter der Überschrift Ut nullus laicus in ecclesia sepeliatur. Vgl. Scholz, Grab in der Kirche, S. 286–304; knapp Hartmann, Bestattungen und Bestattungsrituale, S. 127–130 u. 132–137; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 343–345; Scholkmann, Kirche als Bestattungsplatz, S. 203f. Vgl. Goetz, Gegenwart der Vergangenheit, S. 455. Vgl. Dinzelbacher, Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, S. 18. Dinzelbacher, Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, S. 19. Zur »barbarischen« Hölle vgl. auch Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 153–155. Vgl. Dinzelbacher, Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, S. 19; Reynolds, Death and Burial, S. 119. Vgl. Dinzelbacher, Angst im Mittelalter, S. 273f.

Die Rolle des Bischofs im frühen und hohen Mittelalter

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zeitgenössischen Vorstellung des Sterbens und dem tatsächlichen Tod.152 Diesen Dimensionen, Ideal und Wirklichkeit, müssen noch weitere hinzugefügt werden, um ein umfassendes Bild erhalten zu können. Dazu gehören auf der einen Seite, vergleichbar, Ideal und Wirklichkeit des Bischofs, auf der anderen Seite Anlass und Umsetzung seitens der mittelalterlichen Annalisten und Chronisten. Die Vorstellungen vom idealen Tod aus den Quellen zu extrahieren ist vergleichsweise leicht, wenn demgegenüber die Aufgabe darin besteht, eine (konstruierte bzw. geglaubte) Wahrheit über Sterben und Tod allgemein oder der Bischöfe im speziellen zu ermitteln.

2.2

Die Rolle des Bischofs im frühen und hohen Mittelalter

Das Amt des Bischofs bietet sich für diese Studie aus verschiedenen Gründen an. Zunächst erlaubt die aus der Antike stammende und bis ins hohe Mittelalter reichende kontinuierliche Präsenz ein Untersuchungsfeld ohne Unterbrechungen. John S. Ott und Anna Trumbore Jones geben eine passende Charakterisierung: »The bishop was unquestionably one of the most important individuals of the European Middle Ages. […] He did not simply stand at the center of things – he was the center.«153 In der Qualität als Weltgeistlicher steht das Amt überdies an der Schwelle vom säkularen zum sakralen Bereich, bietet also eine Mittelposition. Schließlich erlaubt eine Analyse des Bischofsideals, wie es aus den Lebensbeschreibungen der Zeit deutlich wird, einen Zugang zu Normen, Werten und Idealen der Zeit; diese Schilderungen gilt es wiederum abzusetzen von weniger personal denn universal orientierten Zeugnissen der Geschichtsschreibung. Die Forschung hat sich in einer kaum zu überblickenden Zahl mit den Bischöfen in unterschiedlichen geographischen und zeitlichen Zusammenhängen auseinandergesetzt, um Einfluss, Wirken und Bedeutung dieser Personengruppe in verschiedenen Kontexten verstehen zu können,154 wenngleich sich u. a. Michel Parisse dazu veranlasst sah, die gegenüber der exponierten Position des Episkopats sogar vergleichsweise geringen Forschungsbemühungen zu betonen.155 Zumeist

152 Vgl. Borst, Drei mittelalterliche Sterbefälle, S. 596. 153 Ott / Jones, Introduction, S. 1 [Hervorhebung im Original]. 154 Vgl. im weiteren Verlauf sowie die Kapitel 6.1, 7.1, 8.1 und 9.1. Eine knappe Forschungsgeschichte, unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Forschung zum Episkopat bis zum 11. Jahrhundert bietet Eldevik, Bishops in the Medieval Empire. 155 Vgl. Parisse, Bishop: Prince and Prelate, S. 1. So seien in Deutschland zwar viele Arbeiten über einzelne Bischöfe entstanden, jedoch wenig synthetische Arbeiten, während in Frankreich, ausgenommen die Aufarbeitung einzelner Diözesen, große Lücken herrschen würden (ebd., S. 2). Zu einem Forschungsüberblick und weiteren Desideraten vgl. Bihrer, Vom ›Reichsbischof‹ zum ›Diözesanbischof‹, sowie den übergeordneten Sammelband von Bih-

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Forschungsstand und methodische Vorüberlegungen

ist die Forschung dabei von der Entwicklung und Wirkung des Episkopats zur Zeit oder in Bezug auf eine bestimmte Dynastie ausgegangen, hat sich somit neben der in der Spätantike vollzogenen Genese des Amtes156 mit seinen Ausformungen unter Merowingern,157 Karolingern,158 Ottonen159 und Saliern,160 dem für diese Studie relevanten zeitlichen Abschnitt, befasst. Die Bedeutung der Bischöfe in der ausgehenden Spätantike sowie den sich anschließenden Jahrhunderten kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.161 Neben dem sich bildenden Bischofsideal in der Spätantike und der Ausbildung des Bischofamtes in merowingischer Zeit standen und stehen insbesondere die lange als Einheit verstandene und als solche bezeichnete ottonisch-salische Reichskirche sowie im Besonderen die Rolle der Bischöfe während des Investiturstreits im Fokus. In der Forschung währte lange Zeit die Vorstellung eines in ottonischer Zeit vor allem durch Otto I. etablierten, bis in salische Zeit reichenden Kirchensystems, das die systematische Einsetzung von Bischöfen durch den Herrscher annahm.162 Mittlerweile ist die Annahme einer systematischen, durch Otto bewusst verfolgten Politik der Vergabe von Gütern an Bischöfe hinterfragt und plausibel zurückgewiesen oder, wohl besser, modifiziert worden.163

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rer / Bruhn (Hgg.), Jenseits des Königshofs, zum geforderten Perspektivwechsel vom gut erforschten Reichsbischof zum wenig beachteten Diözesanbischof. Vgl. exemplarisch Baumgart, Bischofsherrschaft; Heinzelmann, Bischofsherrschaft in Gallien; Jussen, Bischofsherrschaften; Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity. Vgl. Claude, Bestellung der Bischöfe, sowie insbesondere Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Studie von Patzold, Episcopus, mit einer umfangreichen Bibliografie zur bisherigen Forschung zum Episkopat im Karolingerreich (S. 21–30). Daneben in einer Zusammenfassung seiner Ergebnisse ders., Bischöfe als Träger der politischen Ordnung. Dazu insbesondere Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit. Daneben sei verwiesen auf Engels, Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert); Finck von Finckenstein, Bischof und Reich; Patzold, »Gute Streiter« und »sehr gute Hirten«; Schieffer, Ottonische Reichsepiskopat; Weinfurter, Kollegen des Königs. Vgl. einführend Weinfurter, Bischof und Reich, sowie umfassend Zielinski, Reichsepiskopat. In salischer Zeit ist die Bedeutung der Bischöfe insbesondere anhand der Konflikte Heinrichs IV. im Reich (so z. B. in Sachsen) sowie anhand des Investiturstreits nachzuvollziehen versucht worden. Dabei ist zumeist von einzelnen Bistümern ausgegangen worden, um die Rolle ihrer Bischöfe im Ringen der geistlichen und weltlichen Macht herauszuarbeiten. Es gibt praktisch kein deutsches Bistum, das eine solche Aufarbeitung bisher nicht erfahren hätte. Vgl. Parisse, Évêques et la noblesse, S. 61; Patzold, Episcopus, S. 18. Besonders verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf Santifaller, Geschichte des ottonisch-salischen Reichskirchensystems. Für weitere Literatur soll es genügen, auf die umfangreichen Angaben bei Patzold, Episcopus, S. 19, zu verweisen. Vgl. dazu insbesondere Reuter, Imperial Church System; Zielinski, Reichsepiskopat; Schieffer, Karolingische und ottonische Kirchenpolitik.

Methodik

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Dennoch stehen das 10. und beginnende 11. Jahrhundert für einen bedeutsamen Wandel im Rahmen dieser Arbeit. Erstmalig wird seit der merowingischen Historiographie, insbesondere Gregor von Tours, wieder umfassend innerhalb der Quellen auf die Besetzungspraxis von Bistümern verwiesen und die Rolle der Herrschenden in diesem Zusammenhang betont. Zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert finden sich, wie noch zu zeigen sein wird, Nachrichten über das Ableben der Bischöfe nur vereinzelt und meist auf den ersten Blick ohne rechten Zusammenhang. Erst im 10./11. Jahrhundert nimmt diese Zahl sprunghaft zu, um im beginnenden 12. Jahrhundert einzubrechen. Die Gründe dafür sind vielfältig, darauf wird noch einzugehen sein. Doch spielt dabei die in den Quellen vielfach herausgehobene Einsetzung eines Bischofs durch den König bzw. Kaiser eine entscheidende Rolle. Wurde zuvor über die Mitteilung eines Bischofstodes der Verstorbene durch eine positive Darstellung gewürdigt oder gegenteilig durch einen grausamen Tod herabgesetzt, bedeutete der Tod nun, mehr als zuvor, ein mitschwingendes Herrscherlob oder, was sich viel deutlicher abzeichnet, eine Kritik an demjenigen, der den verstorbenen, grausam zugrunde gegangenen Bischof dereinst in sein Amt gehoben und/oder dem er in der Folge die Treue gehalten hatte. Dieses aufkommende Zusammenspiel verschiedener Kräfte wird erst dann deutlich, wenn die Entwicklung der bischöflichen Todesschilderungen der Jahrhunderte zuvor ihren notwendigen Platz innerhalb dieser Arbeit gefunden hat.

2.3

Methodik

In der Betrachtung des schriftlich festgehaltenen Bischofstodes müssen zwei Ebenen voneinander getrennt, aber dennoch einander bedingend und ineinandergreifend gedacht werden: 1. Die Position des Bischofs im Sozialgefüge der Jahrhunderte, die es für angebracht erscheinen ließ, ausführlich über sein Handeln, damit auch über sein Sterben, zu berichten. 2. Die Position des Verfassers, der, auf vielerlei Art und Weise beeinflusst, aus einer zu bestimmenden Intention heraus für eine wie auch immer geartete Rezipientengruppe als Kernbotschaft oder mehr oder minder zufälliges Beiwerk Ereignisse aus dem Leben von Bischöfen festgehalten hat. Die grundlegende Genese und Entwicklung des bischöflichen Amtes, wie im vorangegangenen Kapitel in aller Kürze skizziert und zu Beginn der einzelnen Kapitel konkreter zusammengefasst, ist nur als den Weg vorgebende Begrenzung von Bedeutung. Vielmehr spielt der Stellenwert des Bischofs als solcher eine Rolle, die Bedeutung von Amt und dieses Amt ausfüllender Person, die es verlangt, ausführlich über sie zu berichten. Dem Amt muss eine besondere Autorität innewohnen, die es als gegeben erscheinen lässt, über die dieses Amt ausübenden

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Forschungsstand und methodische Vorüberlegungen

Personen zu berichten. Steffen Patzold bemüht in diesem Punkt die schwer greifund anwendbare Kategorie der Macht in ihrem Zusammenspiel mit Wissen, ohne die Machtstrukturen sich zu etablieren nicht in der Lage seien.164 Beachtung muss dabei die Form der schriftlichen Überlieferung finden. Wird im Rahmen einer bestimmten Formen unterworfenen Vita über das Leben eines Bischofs berichtet, so weisen derartige Zeugnisse in den meisten Fällen wiederkehrende Strukturen, häufig aufgenommene Elemente sowie vergleichbare Handlungsstränge auf, sodass zwischen dem tatsächlichen historischen Ereignis und dem aufgegriffenen Topos kaum mehr unterschieden werden kann. Aus diesem Grund ist der Gattung der Vita vielfach, wenngleich zu Unrecht, der Stellenwert als für die Geschichtswissenschaft relevante Quellengruppe abgesprochen worden – die Differenzierung zwischen topischen und typischen Strukturen ist eine kaum zu leistende Aufgabe. Dennoch ist lange, insbesondere im Rahmen der hagiographischen Literatur, zur Vorverurteilung wiederkehrender Elemente in den Bereich der Topik tendiert worden.165 Dieter von der Nahmer rät, mit der vorschnellen Einstufung eines Textbestandteils als Topos sehr vorsichtig zu sein, insbesondere bei zeitnahen Abfassungen zum behandelten Protagonisten, sonst bestünde Gefahr, geschilderte Individualität vorschnell der Topik zuzuordnen.166 164 Vgl. zum Theoriekomplex Macht und Wissen unter Angabe umfangreicher Literatur Patzold, Episcopus, S. 39–45. Er verweist u. a. auf Landwehr, Diskurs – Macht – Wissen. Landwehr hält fest (S. 111): »Macht zeichnet sich nicht dadurch aus, dass einige Macht besitzen und andere Macht erleiden. Macht ist vielmehr eine Eigenschaft sozialer Beziehungen, etwas, das nur in Verhältnissen zwischen Menschen existiert, nicht jedoch permanent und unveränderlich mit einer bestimmten Institution verbunden ist.« Den Episkopat durch die Jahrhunderte hinweg grundsätzlich als Macht besitzende Elite anzusehen, ist nicht möglich. Es kommt auf die persönlichen Beziehungen der einzelnen Bischöfe zu den jeweiligen Machthabern oder auf ihren eigenen Drang zur Herrschaft in einem auftretenden Vakuum weltlicher Herrschaftsausübung an. Dieses Zusammenspiel kann weder auf den zentraleuropäischen Episkopat des Mittelalters im Allgemeinen noch auf ein bestimmtes Bistum im Speziellen uneingeschränkt angewendet werden. Eine Einzelfallanalyse bleibt immer unerlässlich. 165 Vgl. exemplarisch von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 81 u. 152–161. 166 Vgl. von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 161 u. 169. Der Topos wird in dieser Arbeit nach der Definition von Hess, Topos, S. 649, als eine »Suchformel für das Finden von Argumenten oder sprachliche Formulierung mit allgemein anerkannter kulturspezifischer Bedeutung« verstanden, die nicht gleichbedeutend ein Klischee oder eine verfestigte Denkungsart sein muss. Zwar ist festgehalten worden, dass die »mittelalterliche Hagiographie […] mit gleichbleibenden Grundzügen und festen literarischen Topoi den Wandlungen von Heiligkeitsideal und Heiligenverehrung« (Köpf, Hagiographie, Sp. 1377) folgt, dennoch muss er als offen und lebendig angesehen werden. Vgl. Bornscheuer, Topik, S. 20–23; Haarländer, Vitae episcoporum, S. 465. Denn es können gerade topische Strukturen einer Vita sein, die Auskunft über Vorstellungen einer Zeit geben können, vgl. Alt, Sanctus Episcopus, S. 17; Engels, Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert), S. 58; Garrison, Study of Emotions, S. 245–247; Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 114f. Wenn von topischen Strukturen gesprochen wird, ist dies somit nicht abwertend, sondern als Feststellung bekannter, gleichbleibender Motive, die den meisten Todesdarstellungen inhä-

Methodik

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Gerade anhand der sich zwischen den Viten stark voneinander unterscheidenden Todesdarstellungen wird deutlich, dass nicht allein Topoi die Abfassung dieser Passagen beeinflusst haben können. Auf dieses Problem wird noch an verschiedenen Stellen zurückzukommen sein. Die Abfassungsgründe einer Vita sind überdies von denen chronikalischer oder annalistischer Texte zu unterscheiden. Dort zu findende Informationen gelten, eine jeweils genaue Überprüfung verlangend, deutlich eher als der ›Realität‹ näher. Der Bischof findet sich über die Jahrhunderte hinweg konsequent innerhalb der hagiographischen und historiographischen Überlieferung. Dem Amt muss somit eine besondere Bedeutung innewohnen, eine Bedeutung, die Schreiber dazu veranlasste, die Amtsträger sowohl in den höchsten Tönen zu loben als auch der schlimmsten Kritik zu unterwerfen. Den grausamen Tod eines – in den Augen des Chronisten – von Gott verlassenen Bischofs zu schildern kann dem Menschen selbst oder dem Amt gegolten haben. Es wäre ein Leichtes gewesen, ein ›unwürdiges‹ Mitglied des Episkopats für alle Zeiten aus dem kollektiven Gedächtnis zu entfernen, indem insbesondere sein Tod verschwiegen worden wäre. Ganz im Gegenteil finden sich vielfältige Berichte gerade über den schlechten Tod des Bischofs. Wie daraus auf das Amtsverständnis der Autoren geschlossen werden kann, muss untersucht werden. Für die karolingische Epoche liegt mit der Habilitationsschrift von Steffen Patzold eine umfassende Studie vor, der jedoch selbst das bestehende Desiderat zu den anderen Epochen vom 6. bis zum 12. Jahrhundert anspricht. Insbesondere die zumeist vorgenommene Fokussierung auf hagiographische Textzeugnisse habe nur einen eingeengten Blick auf den Episkopat in der jeweiligen Zeit ermöglicht, insbesondere da sich verschiedene Textformen stark in ihrer Intention unterscheiden würden.167 Über die Analyse bischöflicher Todesfälle mögen dem Bischofsbild der genannten Jahrhunderte, auch dem in karolingischer Zeit, neue Erkenntnisse hinzugefügt werden können. Die Annalisten und Chronisten, aber auch die Verfasser der zahlreichen Lebensbeschreibungen von Bischöfen haben ihre Werke nicht allein aus einem Selbstzweck heraus angefertigt. Auf die lohnenswerte Analyse der Pragmatik168 rent sind, gemeint, oft den idealtypischen Darstellungen Marias und Martins von Tours folgend. Zum Begriff des Topos vgl. auch Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 74 mit Anm. 83, der jedoch (S. 75) deutlich macht, dass Topoi keine Zeichen gegenseitiger Abhängigkeiten bildeten oder ihr Erscheinen Darstellungen automatisch unhistorisch werden lasse. Notwendig ist weiterhin ein Blick jenseits der Topik, um einen möglicherweise natürlichen Kern zu erkennen. Vgl. weiterführend Hageneier, Jenseits der Topik. 167 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 520f. 168 »Als ›pragmatisch‹ […] werden alle Formen der Schriftlichkeit verstanden, die unmittelbar zweckhaftem Handeln dienen oder die menschliches Tun und Verhalten durch Bereitstellung von Wissen anleiten wollen« (Definition nach Keller / Worstbrock, Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit, S. 389)

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von Schriftproduktionen, der causa scribendi mittelalterlicher Geschichtswerke,169 hat in besonderem Maße Gerd Althoff aufmerksam gemacht,170 der nicht zuletzt auf die über die Darstellung reiner Heiligkeit hinausgehenden Lebensbeschreibungen von Bischöfen hingewiesen hat.171 Gerade ab dem Ende des 11. Jahrhunderts – allerdings keineswegs erst ab diesem Zeitpunkt – hätten »Veränderungen innerhalb der einzelnen Gattungen« es erlaubt, »literarische Werke zum Medium für die Verfolgung konkreter Anliegen zu machen«. Im Frühmittelalter noch auf »fast kanonisch festgelegte Gebrauchsfelder beschränkt«, hätten Historio- und Hagiographie daraufhin einen »Funktionswandel« erlebt, »der sie zur geistigen Waffe in aktuellen Auseinandersetzungen machte«.172 Doch lassen sich insbesondere aus den Schilderungen der Bischofstode Informationen über den Abfassungsgrund und über die Intention des Verfassers erfahren.173 Ziel muss es sein, die Sichtweisen der Autoren zu ergründen, um dadurch deren Schriftproduktionen und Vorstellungen verstehen zu lernen.174 Im Zentrum steht somit nicht der Bischofstod an sich, vielmehr die Wahrnehmung und Verarbeitung dieses Ereignisses durch Autoren in verschiedenen Räumen, Institutionen und Jahrhunderten. Kerstin Schulmeyer-Ahl prägt im Titel ihrer Dissertation die an den Historiker gestellte Aufgabe, die »Konstitutionsbedingungen historiographischer Nachrichten« nachzuvollziehen.175 Während Schulmeyer-Ahl diesem Anspruch anhand der Chronik Thietmars von Merseburg nachgegangen ist, wird in dieser Arbeit der Fokus nicht allein auf 169 Generell zum Stellenwert und zur Verortung von Geschichte im Mittelalter vgl. Goetz, »Geschichte« im Wissenschaftssystem des Mittelalters. 170 Vgl. Althoff, Causa scribendi, bes. S.133. Vgl. auch Goetz, Gegenwart der Vergangenheit, S. 473; ders., Geschichtsschreibung und Geschichtsbewußtsein, S. 130–134. Eine Weiterführung dieses Gedankens, nicht nur äußere, sondern auch innere Krisen hätten die pragmatische Schriftproduktion angeregt, findet sich bei Patzold, Konflikte im Kloster, S. 351– 357. Patzold spricht (S. 353) in diesem Zusammenhang von der »Multifunktionalität« historio- und hagiographischer Schriften, die somit oft nicht von vornherein auf eine pragmatische Funktion eingeschränkt werden dürfen. 171 Vgl. Althoff, Causa scribendi, S. 126f. 172 Keller / Worstbrock, Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit, S. 406f. 173 Verwiesen sei nur auf die zahlreichen, kompilatorisch zusammengestellten Annalen, denen aus diesem Grund, sollten ihre Vorlagen ebenfalls überliefert sein, ein besonderer Wert innerhalb der Geschichtswissenschaft abgesprochen wird. Es lohnt jedoch der Frage nachzugehen, warum bestimmte Ereignisse als würdig betrachtet worden sind, kopiert zu werden, darunter in auffällig hohem Maße Todesschilderungen von Bischöfen, aber auch von anderen geistlichen und weltlichen Würdenträgern. 174 Vgl. Fried, Gens und regnum, S. 92. Dazu gehöre es, sich nicht nur den Theorien der eigenen Zeit zu versichern, sondern gleichermaßen die den damaligen Autoren zugänglichen Theoriekomplexe zu berücksichtigen (ebd., S. 91). Besondere Schwierigkeiten erfährt dies, wie Gerd Althoff zu argumentieren sucht, dadurch, dass auch der historiographische Diskurs im Mittelalter anderen Spielregeln gehorcht habe, welche aber heutigen Interpretatoren nicht mehr auf den ersten Blick ersichtlich seien. Vgl. Patzold, Episcopus, S. 38. 175 Vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen.

Methodik

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eine Quelle gelegt; vielmehr werden die, um die Terminologie Schulmeyer-Ahls aufzugreifen, Konstitutionsbedingungen bischöflicher Todesfälle über Jahrhunderte und zahlreiche Texte hinweg miteinander in Beziehung gesetzt. SchulmeyerAhl hat sich verdient gemacht, der Genese eines Textes anhand ausgewählter Episoden bis ins Detail nachzuspüren. Im Rahmen dieser Arbeit gilt es, die Genese der Darstellung einer Handlung und eines Zustandes – des bischöflichen Sterbens und des bischöflichen Todes – über Jahrhunderte und verschiedene Quellengattungen zu verfolgen, um Form und Funktion dieser Nachrichten und der womöglich unterschiedlichen Intention und den Vorstellungen der Autoren näher zu kommen.176 Wertfreie, ›objektive‹ Geschichtsschreibung, in der die ›wahren‹ und ›tatsächlichen‹ Ereignisse vergangener Zeiten überliefert würden, kann es ohnehin nicht geben. Es kann nicht Aufgabe der Geschichtswissenschaft sein – wie sie aber vor allem im 19. Jahrhundert formuliert worden ist –, Quellenmaterial von ›Willensakten‹ zu befreien, um dadurch zu den ›Tatsachen‹ vordringen zu können.177 Auch der mittelalterliche Mensch hatte ein großes, heilsgeschichtlich orientiertes und somit auf ein festes, unabwendbares Ziel hin ausgerichtetes Geschichtsbewusstsein. Einerseits bestand dadurch großes Interesse an der Vergangenheit, lange vergangene Zustände wurden als Prototypen eines Idealzustandes propagiert. Andererseits erfolgte der Blick zurück nicht ohne Grund. Autoren sahen sich Aufgaben und Absichten gegenüber, von der Identitätsstiftung des regierenden Herrschergeschlechts bis zur Schaffung eines Gründungsmythos ihrer Institution.178 Es ist letztendlich irrelevant, welche Umstände einen Autor zur Feder greifen ließen; einer Parteinahme konnte er sich nicht entziehen.179 Geschichtsschreibung ist somit immer mehr als nur die Wiedergabe historischer Ereignisse – um die es trotz aller gegenwartsbezogenen Gestaltungsabsichten auch immer gegangen ist –,180 weshalb in besonderem Maße die Autoren

176 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 38. 177 Vgl. Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 4. 178 Vgl. Goetz, Gegenwart der Vergangenheit, bes. S. 456–460, 462, 465 u. 467–472. Geschichtsschreibung verbindet somit auf der einen Seite moralische Ansprüche (die ideale Vergangenheit als Spiegel der eigenen Zeit) mit praktischen, zeitgebundenen Interessen (die Rechtfertigung einer Herrschaft, Gründung, Schenkung u.v.m.). Zur heilsgeschichtlichen Anbindung vgl. auch Epp, Von Spurensuchern und Zeichendeutern. 179 Vgl. Althoff, Das argumentative Gedächtnis, S. 63; Goetz, Gegenwart der Vergangenheit, S. 472; Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 20, 22 u. 25, der eine intentionslose Abfassung eines Werkes ausschließt, die Intention jedoch nicht allein von der Persönlichkeit des Autors abhängig machen möchte, sondern auch von der äußeren Situation (z. B. dem Umfang ihm zugänglicher Quellen, der Sortierung der ihm zur Verfügung stehenden Bibliothek); ders., Mentalität und Berichtshorizont, S. 3. 180 Vgl. Goetz, Gegenwart der Vergangenheit, S. 473. Dennoch bilde Geschichtsschreibung nie das ›wirklich‹ gewesene ab, sei immer vom Geschichtsbild der eigenen Zeit geprägt, vgl. ebd., S. 454.

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Forschungsstand und methodische Vorüberlegungen

selbst in den Fokus des Interesses rücken.181 Hans-Werner Goetz hat diese Herangehensweise noch einmal verfeinert und diesen Ansatz unter dem Begriff der »Vorstellungsgeschichte« zusammengefasst,182 während Johannes Fried in zahlreichen Beiträgen darauf hingewiesen hat, dass die ›Quellen‹, auf deren Grundlage mittelalterliche Autoren (und nicht nur diese) ihre Werke schrieben, viel stärker durch Erinnerungsprozesse verformt seien und generell erinnerter Vergangenheit mit gebotener Skepsis zu begegnen sei.183 Daher sieht er es als zwingend notwendig an, Erkenntnisse der Neurobiologie, Psychologie sowie weiterer Disziplinen für die Mediävistik im Speziellen und die Geschichtswissenschaft im Allgemeinen nutzbar zu machen.184 Um die ›Wahrheit‹, den ›echten‹ bischöflichen Tod, soll und kann es folglich nicht gehen, wie ohnehin in der Geschichtswissenschaft die ›wahren‹ Vorgänge nicht zweifelsfrei rekonstruiert werden können.185 Daraus darf jedoch nicht folgen, Geschichtsschreibern grundsätzlich abzusprechen, Wahrheit berichtet zu haben, doch, wie Johannes Fried es ausdrückt, »es war die Wahrheit des Allgemeinen, des immer Wiederkehrenden, nicht die des Einmaligen, der korrekten Daten. Es war die ewige Wahrheit des mit der Vergangenheit verschmolzenen Heute, die Wahrheit des Gedächtnisses selbst«.186 Es sei daher in Abkehr lange geübter Praxis notwendig, so Fried, Quellen nicht so lange zu vertrauen, bis sie sich als unzutreffend herausgestellt haben, sondern so lange Misstrauen zu hegen, bis sie sich als zutreffend erweisen.187 Ohnehin kann ein Autor niemals Zugriff auf das gesamte Vergangenheitswissen haben, selbst das gesamte eigene 181 Vgl. Fichtenau, Vier Reichsbischöfe der Ottonenzeit, S. 81. 182 Vgl. Goetz, Vorstellungsgeschichte. Es ändere sich dadurch der Zugang zur Quelle, »die nicht länger ein bloßes Medium zum historischen Faktum ist, über das sie berichtet, sondern den unmittelbaren Zugang zu ihrem Verfasser als dem Gesprächspartner des Historikers erlaubt« (S. 9), darüber hinaus neben Anschauungen einzelner Autoren auch die Vorstellung einer Epoche zu ergründen gestattet (S. 11). 183 Vgl. bereits Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 19f. 184 Vgl. Fried, Königserhebung Heinrichs I.; ders., Veil of Memory; ders., Papst Leo III. besucht Karl den Großen in Paderborn; ders., Erinnerung und Vergessen; ders., Gedächtnis der Zeugen; ders., Recht und Verfassung; ders., Pakt von Canossa; ders., Gedächtnis und Kultur. Zusammengefasst schließlich in ders., Schleier der Erinnerung. Daneben hat Fried dies auch in zeitgeschichtlichem Kontext deutlich zu machen versucht, vgl. ders., Geschichte und Gehirn; ders., Erinnerung im Kreuzverhör. 185 Darauf hat bereits u. a. Schmale, Mentalität und Berichtshorizont, S. 2, aufmerksam gemacht. Er weist dabei ebd. auf den paradoxen Fall hin, dass Berichten am ehesten Glauben geschenkt werde, zu denen keine parallelen Vergleichstexte vorliegen. Zum Problem fragmentarischer Überlieferung vgl. auch Fried, Schleier der Erinnerung, S. 217. Gerade offiziösen Quellen unterstellt ders., Erinnerung und Vergessen, S. 578f., nur ungefähr das abzubilden, was tatsächlich geschehen ist, vielmehr jedoch gerade das, was dereinst geschehen sein sollte. Ein Vergleich mit zeitgleich abgefassten, auf den ersten Blick vielleicht abseitigen, Parallelquellen sei daher, wann immer möglich, unumgänglich. 186 Vgl. Fried, Schleier der Erinnerung, S. 325. 187 Vgl. Fried, Schleier der Erinnerung, S. 48 u. 369; ders., Veil of Memory, S. 11 u. 22.

Methodik

53

derartige Wissen galt es nicht darzustellen. Die Darstellung war vielmehr an Intentionen gebunden,188 wodurch der tatsächliche Wahrheitsgehalt eines Textes in den Hintergrund tritt. Selbst offensichtlichste Unwahrheiten sind nun nicht einfach beiseite zu schieben, im Gegenteil tritt ihr nicht selten gewolltes Auftreten in den Fokus des Interesses. Folglich sei auch nicht die Frage zu beantworten, wie etwas geschehen sei; vielmehr sei nach der Wahrnehmung und Konstruktion zu fragen.189 Frieds Einwand, Quellen grundsätzlich zu misstrauen, verliert unter dieser methodischen Herangehensweise an Gewicht, stehen nun nicht die ›harten Fakten‹ zur Disposition. Es geht vielmehr um die Hintergründe des Berichteten, die Verortung ausgewählter Episoden, die Bedingungen ihrer Entstehung und nicht zuletzt um die Denkweise und die Vorstellungen der Autoren. Erkenntnisziel ist nicht, in Rückgriff auf das zu Beginn dieser Arbeit genannte Beispiel, ob Burchard von Halberstadt wirklich erschlagen wurde, wer möglicherweise der oder die Täter war(en), warum sich die Tat ereignet hat – womit nicht der Wert dieser Informationen und die Suche nach ihnen gemindert werden soll, wie im weiteren Verlauf der Arbeit deutlich werden wird. Von Interesse ist aber in erster Linie, wie insbesondere zeitgenössische Autoren diese ihnen wie auch immer zugetragenen Ereignisse verarbeitet haben, was in ihren Augen passiert ist oder passiert sein muss, damit der Gang der Geschichte seinen ›richtigen‹ Verlauf nimmt.190 Der von Fried vehement geforderte Vergleich vorhandenen Quellenmaterials hinsichtlich dargestellter Ereignisse verliert darüber nicht an ohnehin stets eminenter Bedeutung.191 Vorsicht geboten, so erneut Johannes Fried, sei jedoch vor der verfrühten Einschätzung einer Quelle als bewusst gefälschter Geschichte. Die Grenze zwischen aufgrund etwa mangelnder Quellen oder schlechter Zeugen falscher und bewusst gefälschter Geschichte ist fließend. Autoren ein bewusstes Eingreifen zu unterstellen, dürfe somit nicht von vorn188 Vgl. Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 57, 59f. u. 85. 189 Vgl. Goetz, Wahrnehmungs- und Deutungsmuster, S. 24. Vgl. ebd., S. 25 Anm. 5: Alle Versuche, eine »vergangene Realität« zu rekonstruieren, seien von vornherein dazu verurteilt, spekulativ zu bleiben. Ausführliche Überlegungen ebd., S. 25–33. Vgl. auch Patzold, Episcopus, S. 38; Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 23. Speziell zur Bedeutung literaturwissenschaftlicher Methoden innerhalb der Geschichtswissenschaft (Stichwort ist insbesondere der linguistic turn) und den daraus hervorgehenden Folgen zur Analyse historischer Texte vgl. Spiegel, Geschichte; knapp unter Verweis auf zahlreiche Literatur Patzold, Episcopus, S. 37 mit Anm. 106. 190 Mit dem Beispiel Tassilos in den Reichsannalen vgl. Fried, Erinnerung und Vergessen, S. 576: »Niemand wollte in unserem Sinne wissen, wie es gewesen, vielmehr: was irgendwann einst geschehen sein musste, damit die Gegenwart sein konnte, wie sie sein sollte« (Hervorhebungen im Original). Vgl. auch, bezogen auf Thietmar von Merseburg, Goetz, Thietmar von Merseburg, S. 146. 191 Vgl. Fried, Schleier der Erinnerung, S. 54.

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Forschungsstand und methodische Vorüberlegungen

herein angenommen, sondern müsse zunächst erwiesen werden.192 Daher wäre es verfehlt, den Autoren zum Tod Burchards von Halberstadt, um dieses Beispiel erneut aufzugreifen, sofort böswillige Geschichtsfälschung zu unterstellen. Sie fassen und berichten ein Ereignis gemäß ihres eigenen, im Voraus wahrscheinlich zu machenden Welt- und Geschichtsbildes,193 das durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst sein mag. Böswillige Fälschung oder bewusste Verdrehung der ›Tatsachen‹ – über die ohnehin keine Gewissheit bestehen kann – ist daher eine kaum tragfähige Einschätzung. Selbst ein radikaler Gregorianer wie Bernold von Konstanz schreibt die für ihn richtige, wahre Geschichte. Wie schwer es ist, darin geradezu kriminelle Geschichtstäuschung anzunehmen, wird deutlich. Erfassbar wird dies an einer einfachen Grundüberlegung: alle Bischöfe, über deren Tod die Chronisten berichten, haben tatsächlich gelebt und sind mehr oder weniger genau zu dem Zeitpunkt gestorben, zu denen die Texte ihr Ableben angeben. Die Informationen über den Tod sind ihnen in den allermeisten Fällen mündlich oder schriftlich überliefert worden, kaum einmal waren sie anwesend. Die Schilderungen können damit einerseits nicht ›die Wirklichkeit‹ abbilden, die die Chronisten selbst nicht erlebt haben, andererseits ist auch eine bewusste Verfälschung zwar nicht auszuschließen, aber nicht ihrem Geschichtsverständnis entsprechend. Gewiss war Polemik den damaligen Autoren alles andere als unbekannt,194 und sie wussten sie durchaus bewusst in ihrem Sinn einzusetzen. Ob dies in geschichtsverfälschender Absicht erfolgte,195 muss im Einzelfall überprüft werden. Der bischöfliche Tod darf dabei nicht für sich allein betrachtet werden; der Verbreitungskreis der Texte spielt eine ebenso große Rolle. Und selbst wenn die Texte nur für den Gebrauch im eigenen Kloster bestimmt gewesen waren, eröffnet dies Möglichkeiten zur Interpretation. Insbesondere ab dem 11. Jahrhundert ergeben sich in Zusammenhang mit der Frage nach dem Empfängerkreis verfasster Texte neuartige Erklärungsmöglichkeiten, dieses Jahrhundert ist als Geburtsstunde der Streit- und Propagandaschriften – die zwingend ein gewisses Maß an Polemik voraussetzen – ausgerufen worden.196 Voraussetzung dafür sei 192 Vgl. Fried, Erinnerung und Vergessen, S. 573. 193 Vgl. zum Komplex Geschichtsbild und -bewusstsein Goetz, Geschichtsschreibung und Geschichtsbewußtsein, S. 13–39. 194 Vgl. exemplarisch Southcombe / Suerbaum / Thompson, Introduction, mit einer Annäherung an den schwer zu fassenden Begriff der Polemik. 195 Im Zusammenhang des bereits mehrfach genannten Bernold von Konstanz und der Zeit des Investiturstreits sei allgemein verwiesen auf Robinson, Authority and Resistance. 196 Vgl. Erdmann, Anfänge der staatlichen Propaganda; Mirbt, Publizistik im Zeitalter Gregors VII. Zur berechtigten Nutzung des neuzeitlichen Propaganda-Begriffs auch innerhalb der mittelalterlichen Geschichte vgl. Hruza, Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit, bes. S. 24f. Dient Propaganda im Grunde der Verteidigung der eigenen Sache, während Polemik dem Angriff anderer Anschauungen dient, fallen in Streitschriften beide Kategorien weitgehend zusammen; vgl. Münsch, Fortschritt durch Propaganda, S. 151 Anm. 1.

Methodik

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die Herausbildung einer in ihrer Zusammensetzung und ihrer tatsächlichen Wirkungsmacht schwer zu definierenden Öffentlichkeit gewesen.197 Wie auch immer sich eine solche Öffentlichkeit auf die Entstehung der Texte ausgewirkt haben mag, grundsätzlich gilt, dass diese niemals losgelöst von einer langen Reihe von Faktoren betrachtet werden dürfen. Die Fokussierung auf die Bischofstode ermöglicht es jedoch, das Zusammenspiel von Verfasser, Umfeld, Hintergrund, Intention, Wahrnehmung und Intertextualität herauszustellen und zu untersuchen.

197 Vgl. Melve, Inventing the Public Sphere. Knapp Münsch, Fortschritt durch Propaganda, S. 159–161. Dass die Schriftkultur des Mittelalters eine Kommunikationsgemeinschaft wie die ›Öffentlichkeit‹ hervorgebracht habe, weisen Keller / Worstbrock, Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit, S. 393 u. 397, jedoch zurück. Sie sehen dies erst im Zuge des aufkommenden Buchdrucks als gegeben an. Anders Hruza, Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit, S. 21, der festhält, »dass es Öffentlichkeit bzw. einen ›öffentlichen Raum‹ und Öffentliche Meinung aber auch im Mittelalter gab, muss nicht angezweifelt werden«, wenngleich er für das Hochmittelalter einschränkt, »dass diese Öffentlichkeiten […] sich nur innerhalb elitärer Gruppen bilden konnten und somit Angelegenheiten der politischen und religiösen Entscheidungs- und Herrschaftsträger waren«. Hruza spricht hier bereits von Öffentlichkeiten, die auch schon Körntgen, Königsherrschaft und Gottes Gnade, S. 36, anstelle einer unbestimmten Öffentlichkeit für das Mittelalter gesehen hat.

3

Antike Vorstellungen von Tod und Nachleben

Die Vorstellungen und Überlegungen der antiken griechischen und römischen Philosophie über den Tod, die Seele und eine dem Sterben nachfolgende Existenz scheinen auf den ersten Blick in keiner Beziehung zum Tod des früh- und hochmittelalterlichen Bischofs zu stehen. Innerhalb dieser Arbeit wird jedoch immer wieder die Frage nach einem guten und schlechten Tod gestellt, wie ein solcher wahrgenommen, wie er zur Umsetzung gebracht oder vermieden werden kann, welche Rolle er für die Chronisten und Annalisten oder die Verfasser von Lebensbeschreibungen gespielt haben mag. Das Interesse am Tod und die Wertung des Todes ist jedoch keine Neuerung des aufkommenden und sich ausbreitenden Christentums; bereits in der antiken Philosophie ist dieser Frage weitreichend und vielschichtig nachgegangen worden und sie hat enormen Einfluss auf die frühe Patristik ausgeübt,198 sodass exemplarisch Entwicklungslinien aufgezeigt werden sollen, in denen sich die mittelalterlichen Vorstellungen, bewusst oder unbewusst, verorten lassen.199 Darüber hinaus bildet die antike Philosophie die Grundlage zahlreicher christlicher Grundsätze.200 Wenn der Bibel als zentralem Dokument des Christentums unzweifelhaft größte Bedeutung auch in Fragen über Sterben, Tod und Nachleben zuzusprechen ist, so sind die dort zu findenden Vorstellungen vielfach nicht neu, sondern lassen sich in ihren Grundstrukturen auch in der heidnischen Antike nachweisen. Ganz konkret bilden die Annahme einer dem irdischen Leben nachfolgenden Existenz sowie die Trennung zwischen Seligkeit und 198 Vgl. Fischer, Studien zum Todesgedanken, S. 25f. 199 Verdeutlicht bei Kötting, Frühchristliche Reliquienkult, S. 7f. Kurz gesagt lässt sich das christliche Verständnis von Tod und Nachleben, Körper und Seele, Purgatorium, memoria und Verbindung zwischen Lebenden und Toten nur auf Grundlage der antiken Muster nachvollziehen. 200 Es bestehen unterschiedliche Ansichten, ob und inwiefern z. B. platonische Gedanken Einfluss auf das Christentum genommen haben, dennoch wird dies von der Mehrheit der Forschung angenommen. Zusammengefasst bei Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte 1, S. 17f.

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Antike Vorstellungen von Tod und Nachleben

Qualen im Tod, ausgehend vom Lebenswandel, das Grundkonstrukt der mittelalterlichen Lebensorientierung, das jedoch ohne Vorstellungen der antiken Philosophie nicht möglich gewesen wäre. Die Annahme einer unsterblichen Seele, Zentrum des christlichen Glaubens, findet seine Ursprünge in frühgriechischer Zeit. Daher ist es notwendig, einige herausragende und auch für das Mittelalter bedeutsame Philosophen und Texte herauszugreifen, um die Genese bestimmter Vorstellungen nachvollziehen sowie die mittelalterlichen Leitlinien zu Sterben und Tod als Resultat bestimmter Entwicklungen verstehen und verorten zu können.

3.1

Der Tod und das Fortbestehen der Seele in der antiken griechischen und römischen Philosophie

Bestand ursprünglich der Glaube an einen nach dem Tod folgenden unendlich langen Aufenthalt als Schatten in der Unterwelt,201 lehrten zuerst orphische und pythagoreische Vorstellungen ein Fortleben der Seele für eine ausgewählte Gruppe in elysischen Gefilden.202 Sokrates schließlich, so berichtet es Platon, hielt es einerseits für wahrscheinlich, dass auf den Tod ein ewiger, traumloser Schlaf folgt, erachtete es andererseits für möglich, dass die Seele an einen anderen, einen besseren Ort gelangt. In beiden Aussichten hatte er einen Gewinn gesehen, sodass ihm Furcht vor dem Tod als unbegründet erschien, wenngleich er einschränkte, dass die zweite Lösung nur den ›guten Männern‹ vorbehalten sein wird, die zuvor einen sittlichen Lebenswandel an den Tag gelegt hatten.203 Platon griff die Ideen seines Lehrers auf und erklärte die Hoffnung auf die Unsterblichkeit der Seele als vernünftig, den Körper hingegen als minderwertig, zum irdischen Gefängnis der Seele.204 Im Phaidon entwickelt er zudem eine Topo201 Vgl. Choron, Tod im abendländischen Denken, S. 31f.; Rehn, Tod und Unsterblichkeit, S. 103. 202 Vgl. Berner, Auferstehungs- und Unsterblichkeitsglaube, S. 268f.; Burkert, Weisheit und Wissenschaft, S. 98–123; Choron, Tod im abendländischen Denken, S. 33f.; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 262–266 u. 273f.; Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 174; Hameter, Mors perpetua est, S. 18f.; Rehn, Tod und Unsterblichkeit, S. 104; Scherer, Problem des Todes, S. 89f. Der griechische Begriff für ›Seele‹ ist erst seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. äquivalent zum deutschen zu verstehen, in früheren Texten muss er mit ›Leben‹ übersetzt werden. Vgl. Böhme, Körper und Seele; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 274; Dihle, Totenglaube und Seelenvorstellung, S. 9–12; Lang, Himmel und Hölle, S. 16f. 203 Vgl. Plat. apol. 40 c–e, S. 41f.; 41 c–d, S. 42f. Vgl. Choron, Tod im abendländischen Denken, S. 45; Enders, Zur Frage nach dem Tod in Platons Apologie, S. 259f. Zu verschiedenen Formen des vorstellbaren Nachlebens vgl. Dinzelbacher, Formen des Jenseitsglaubens. 204 Vgl. Beinert, Unsterblichkeit der Seele, S. 100; Choron, Tod im abendländischen Denken, S. 49f.; Pennington, Memento mori, S. 38; Rehn, Tod und Unsterblichkeit, S. 110f.; Scherer, Problem des Todes, S. 96–98. Allgemein vgl. Binski, Medieval Death, S. 22; Brück,

Der Tod und das Fortbestehen der Seele

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graphie der Unterwelt, aus der die meisten Seelen nach unterschiedlich langer Zeit der Buße wieder zu den Lebenden zurückkehren – Seelenwanderung –, während nur wenigen ein Schicksal im Tartaros oder ein endgültiger Aufenthalt in den ewigen Gefilden bevorsteht.205 Eine funktionale Übereinstimmung zu Himmel, Hölle und Purgatorium bzw. Fegefeuer ist nicht zu übersehen,206 wenngleich zahlreiche Unterschiede auszumachen sind. In römischer Zeit hatte auch die jüngere Stoa der Seele ihre unsterbliche Komponente, wenn auch unter Vorbehalt, zugesprochen, während die Seelenwanderung als Mythos abgelehnt wurde. Sie sei Teil des Göttlichen beim immer wiederkehrenden Weltende, auf das wiederholt die erneute Weltentstehung folgt, und könne somit nicht vergehen.207 Folglich erachtete auch Marcus Tullius Cicero den Tod nicht als Übel; Furcht besteht einzig vor dem Sterben, nicht vor dem Totsein.208 Seneca bot weder die Gewissheit noch die Hoffnung auf ein Nachleben, er forderte vielmehr zur Bewusstwerdung des Todes auf, um zu erkennen, dass die Furcht vor ihm jeder logischen Grundlage entbehrt. Vielmehr liegt das Lebensziel darin, die Seele von ihrer Selbstliebe zu befreien, um das Leben gleichmütig verlassen zu können.209 Großen Einfluss auf die Patristiker haben abschließend neuplatonische Überlegungen, z. B. Plotin und Porphyrios, genommen, die neben den grundlegenden

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Ewiges Leben oder Wiedergeburt, S. 146; Burkert, Griechische Religion, S. 478–483; Schadel, Studien zu den Todesvorstellungen, S. 26f. Vgl. Plat. Phaid. 113d–114c, S. 159/161. Vgl. Bernstein, Formation of Hell, S. 54–56; Heilmann, ›Jenseits‹-Mythos, S. 165. Zu den Unterweltsvorstellungen Platons vgl. Bernstein, S. 52–61; Lang, Himmel und Hölle, S. 22f.; Minois, Hölle – Kleine Kulturgeschichte der Unterwelt, S. 38–41. Zu den jenseitigen Strafen vgl. auch Plat. Gorg. 525b, S. 449. Vgl. Schoberth, Mitten im Leben, S. 304. Zur vorbildhaften Rolle griechischer und jüdischer Vorstellungen auf christliche Höllentouren vgl. Bremmer, Tours of Hell. Vgl. Böhme, Körper und Seele, S. 180; Choron, Tod im abendländischen Denken, S. 54 u. 66; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 284f.; Schadel, Studien zu den Todesvorstellungen, S. 43–46; Scherer, Problem des Todes, S. 104. Allerdings, darauf weist Pekáry, Jenseitsglauben, S. 87, hin, waren die Stoiker davon überzeugt, dass die Seele nach dem Tod jegliche Individualität verliert. Auf die Annahme der alten, also heidnischen, Philosophen (veteres philosophi) über die Unsterblichkeit der Seele wies noch der Erzieher Kaiser Heinrichs III., Wipo, unter Benutzung eines Cicerokommentars von Macrobius hin, vgl. Wipo, Gesta Chuonradi, Prolog, S. 5f. Vgl. Cic. Tusc. 1, 75, S. 70. Auch Cicero betrachtet das irdische Leben als Fessel der Seele, während das wahrhaftige Leben erst nach dem Tod beginnt, Cic. Tusc. 1, 75: Nam haec quidam vita mors est. Vgl. Choron, Tod im abendländischen Denken, S. 70f.; Kobusch, Tod. Elemente einer Begriffsgeschichte, S. 168; Witek, Mors immatura, S. 177–180. Vgl. Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 170; Dinzelbacher, Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, S. 13; Pekáry, Jenseitsglauben, S. 91; Schadel, Studien zu den Todesvorstellungen, S. 48–50; Scherer, Problem des Todes, S. 104 u. 106–108; Stiegler / Vogel, Erziehung zum rechten Sterben, S. 114–118.

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Antike Vorstellungen von Tod und Nachleben

platonischen Ansichten auch andere Strömungen in ihre Überlegungen integriert haben.210

3.2

Tod und Auferstehungsgedanke im Alten und Neuen Testament

Die mittelalterliche Hoffnung auf einen guten Tod gründet sich in der Aussicht auf ein Nachleben in Seligkeit sowie in der Furcht vor ewiger Pein in der Hölle. Die Erwartung der Unsterblichkeit sowie die Grundzüge einer Höllenvorstellung konnten bereits aus der griechischen und römischen Philosophie gewonnen werden, die eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die Ansichten des Mittelalters, insbesondere der Theologen und Kirchenväter der Spätantike und des frühen Mittelalters, ausüben konnte. Grundlegenden Einfluss nahm vor allem aber die Bibel als Fundament des christlichen Glaubens, in ihr sind entsprechend der Auferstehungsgedanke sowie Grundzüge eines Strafortes zu erwarten.211

3.2.1 Tod und Auferstehungsgedanke im Alten Testament Der Tod nimmt im Alten Testament nur einen geringen Stellenwert ein.212 Im Mittelpunkt steht das Leben, ohne im Umkehrschluss annehmen zu dürfen, der Tod sei verdrängt oder ignoriert worden. Dieser gehört als Selbstverständlichkeit dem Leben an, Jahwe selbst hält Leben und Tod in der Waage. Allerdings ist Jahwe vor allem Gott der Lebenden, kein gütiger und vergebender Gott wie der des Neuen Testamentes, sondern ein vergeltender Richter.213 Ziel ist es, ein gottgefälliges Leben zu führen, um es auf diesem Weg mit einem guten Tod zu beenden.214 Das Totenreich, die Scheol, gleicht dem griechischen Hades; die Toten

210 Vgl. Thiel, Tod als Grenze und als Auftrag. Zur Rezeption neuplatonischer Gedanken spätestens seit dem 3. Jahrhundert vgl. neben Thiel, S. 133, den Überblick bei Moran, Neoplatonism, bes. S. 11–18. 211 Vgl. Berg, Jenseitsvorstellungen, S. 28, zur Bedeutung des Alten und Neuen Testaments. 212 Zur geringen Sorge um die Gräber Verstorbener im Alten Testament vgl. Schoberth, Mitten im Leben, S. 293; Wolff, Tod im Alten Testament, S. 57f. Die Verweigerung des Begräbnisses galt im Judentum jedoch als schweres Übel, vgl. Scheler, In ungeweihter Erde, S. 157; Zenger, Das alttestamentliche Israel, S. 133–135. 213 Vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 120; Haas, Todesbilder im Mittelalter, S. 15f.; Maag, Tod und Jenseits, S. 181; Strauss, Tod und Auferstehung, S. 40; Utzschneider, Der friedvolle und der bittere Tod, S. 37; Zenger, Das alttestamentliche Israel, S. 141–145. 214 Vgl. Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 181; Pennington, Memento mori, S. 41; Schoberth, Mitten im Leben, S. 293.

Tod und Auferstehungsgedanke im Alten und Neuen Testament

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dämmern dort als Schatten vor sich hin, Qualen werden nicht erlitten.215 Dabei wird in keiner Weise eine Trennung von Leib und Seele innerhalb des Alten Testamentes angedeutet, die Vorstellung eines sterbenden Körpers sowie einer unsterblichen Seele lag den Israeliten fern – generell findet sich eine solche Auffassung innerhalb der Bibel nicht.216 Das Alte Testament unterliegt einer angenommenen Unvereinbarkeit von dem durch Gott geleiteten Leben und dem göttlichen Handeln entzogenen Geschick des Todes.217 Der Fokus liegt hier auf der »totale[n] Diesseitigkeit aller Lebensvorgänge«;218 der Tod wurde in hohem Alter gerne angenommen, jedoch nur äußerst selten willkommen geheißen oder als Befreiung aufgefasst.219 Dagegen wurde als Strafe bereits das plötzliche, unerwartete Ableben verstanden, wenngleich die Sorge nicht – wie im Mittelalter – in der verwehrten Beichte lag, sondern in der durch den Tod abgeschnittenen Beziehung zu Gott.220 Neu ist die erstmalig auftretende Verbindung zwischen Sünder und Tod. So wird der entgegen den Geboten Gottes Lebende von einem jähen, frühen Tod bedroht.221 Die Verstorbenen werden dem weitgehend un-

215 Exemplarisch Hi 10,21–22. Vgl. Berg, Jenseitsvorstellungen, S. 35f.; Bernstein, Formation of Hell, S. 140–146; Brandon, Judgment of the Dead, S. 57f.; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 336f.; Fischer, Tod im Alten Testament, S. 26–30; Lang, Himmel und Hölle, S. 9f.; Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 40–44; Lichtenberger, Auferweckung, S. 417; Maag, Tod und Jenseits, S. 186f. 216 Vgl. Beinert, Unsterblichkeit der Seele, S. 106; Schwarz, Christliche Hoffnung, S. 23 u. 124. Gemäßigter Hoheisel, Sterben und Weiterleben, S. 87. 217 Exemplarisch Ps 88,6. Vgl. Berg, Jenseitsvorstellungen, S. 33–35; Fischer, Tod im Alten Testament, S. 30–32; Kampert, Sterben der Heiligen, S. 80f.; Lang / McDannell, Himmel, S. 27; Maag, Tod und Jenseits, S. 184; Reventlow, Tod und Leben im Alten Testament, S. 15; Sauer, Leichnam, S. 400; Schoberth, Death, S. 782; Utzschneider, Der friedvolle und der bittere Tod, S. 43; Wolff, Tod im Alten Testament, S. 63f. 218 Reventlow, Tod und Leben im Alten Testament, S. 10. Vgl. Witte, Auf dem Weg in ein Leben nach dem Tod, S. 16. 219 Vgl. Gen 27,2. Ab einem gewissen Alter ist der Tod somit zu erwarten. Als willkommen erscheint der Tod Abrahams (Gen 25,8); in ähnlichen Worten heißt es auch über den Tod Isaaks (Gen 35,29) und Davids (1 Chron 29,28). Vgl. Berg, Jenseitsvorstellungen, S. 37; Fischer, Tod im Alten Testament, S. 36f.; Gnilka, Biblische Botschaft, S. 16f.; Maag, Tod und Jenseits, S. 184; Reventlow, Tod und Leben im Alten Testament, S. 12; Schwarz, Christliche Hoffnung, S. 23f.; Strauss, Tod und Auferstehung, S. 42; Wächter, Tod im Alten Testament, S. 64–69. 220 Vgl. Jes 38,10–12. Vgl. Dietrich / Vollenweider, Tod, S. 582; Fischer, Tod im Alten Testament, S. 39–41; Reventlow, Tod und Leben im Alten Testament, S. 12; Utzschneider, Der friedvolle und der bittere Tod, S. 40; Wolff, Tod im Alten Testament, S. 73. 221 Vgl. Hi 3,1–13. Die Verbindung zwischen gottgefälligem Leben sowie gutem Tod ist damit gegeben, vgl. Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 182; Pennington, Memento mori, S. 42. Zum Buch Hiob vgl. Brandon, Judgment of the Dead, S. 61f.

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Antike Vorstellungen von Tod und Nachleben

konkret bleibenden Schattenreich, Scheol, zugeführt, ohne dort aber Vergeltung zu erfahren.222 Über die Frage von Unsterblichkeit und Unterwelt können einzig Andeutungen ausgemacht werden. Zunächst wird Unsterblichkeit als Aufnahme einzelner Auserwählter in Gott verstanden.223 Erst zum Ende des Alten Testamentes lässt sich eine Erweiterung der Einflusssphäre Jahwes feststellen, ohne dass diese näher begründet wird.224 Konkret wird die Auferstehung nicht gedacht, doch generell ausgeschlossen wird sie ebenfalls nicht. Auf die Hoffnung in sie deutet insbesondere Dan 12,2–3, Beispiel der im 2. Jahrhundert v. Chr. aufkommenden Apokalyptik.225 Diese Stelle ist vielfach als Hinweis auf die angenommene oder erhoffte Unsterblichkeit und Aufnahme in Gott ausgedeutet worden,226 wenngleich hier weniger von der Auferstehung aller Menschen als vielmehr der Auserwählten Israels ausgegangen wird.227 Auch wenn die Annahme eines Lebens nach dem Tod keine zentrale Rolle spielt, ist die Aussicht darauf dem Alten Testament gleichwohl zu entnehmen. Insbesondere die griechische Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele hat dabei die biblische Vorstellung von der Fortexistenz in der Scheol beeinflusst.228 Diese, die Scheol, kann aus vereinzelten Passagen konkretisiert werden (u. a. Gen 222 Vgl. Beinert, Unsterblichkeit der Seele, S. 104; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 335f.; Haas, Todesbilder im Mittelalter, S. 15; Strauss, Tod und Auferstehung, S. 41; Stuiber, Refrigerium interim, S. 17. 223 Vgl. Gen 5,22–24. Diese Vorstellung ist nicht als Auferstehung zu verstehen, vielmehr als Entrückung Einzelner. Dass eine Gemeinschaft mit Gott über das Leben hinaus möglich sein kann, wird jedoch angedeutet; vgl. Berg, Jenseitsvorstellungen, S. 39; Dietrich / Vollenweider, Tod, S. 591f.; Schwarz, Christliche Hoffnung, S. 24f.; Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 57f. Gleichwohl gingen derartige Passagen in spätere Auferstehungsvorstellungen ein, vgl. Strauss, Tod und Auferstehung, S. 43. 224 Vgl. Beinert, Unsterblichkeit der Seele, S. 105; Dietrich / Vollenweider, Tod, S. 590; Fischer, Tod im Alten Testament, S. 32f.; Hoheisel, Sterben und Weiterleben, S. 86; Kühn, Totengedenken bei den Nabatäern, S. 290; Schwarz, Christliche Hoffnung, S. 25f.; Strauss, Tod und Auferstehung, S. 44; Utzschneider, Der friedvolle und der bittere Tod, S. 44f.; Wolff, Tod im Alten Testament, S. 66f.; Zenger, Das alttestamentliche Israel, S. 145 u. 148f. 225 Zum historischen Hintergrund vgl. Reventlow, Tod und Leben im Alten Testament, S. 19. Zur im Buch Daniel fassbaren Konzeption eines »post-mortem judgment« vgl. Brandon, Judgment of the Dead, S. 65–68. Vgl. Berg, Jenseitsvorstellungen, S. 42–44; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 343f.; Fischer, Tod im Alten Testament, S. 51f.; Kampert, Sterben der Heiligen, S. 84f.; Lichtenberger, Auferweckung, S. 417; Maag, Tod und Jenseits, S. 193; Sand, Tod, Sp. 822f. 226 Vgl. Berner, Auferstehungs- und Unsterblichkeitsglaube, S. 272; Choron, Tod im abendländischen Denken, S. 87; Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 181; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 82–84; Pennington, Memento mori, S. 43; Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 58. 227 Vgl. Berg, Jenseitsvorstellungen, S. 44; Hoheisel, Sterben und Weiterleben, S. 86; Lichtenberger, Auferweckung, S. 417; Schimanowski, Auferweckung im Neuen Testament, S. 55; Strauss, Tod und Auferstehung, S. 46; Stuiber, Refrigerium interim, S. 19. 228 Vgl. Lichtenberger, Auferweckung, S. 419f.

Tod und Auferstehungsgedanke im Alten und Neuen Testament

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37,35). Hierbei wird die Unterwelt noch nicht als Ort der Strafe gedacht, sondern als Ort des Todes allgemein.229 Eine neue Konnotation vermittelt Psalm 9,18: »Hinabfahren müssen die Frevler zum Totenreich, alle Heiden, die Gott vergessen«.230 Mit Bestrafung und Leid wird die Unterwelt an dieser Stelle weiterhin nicht in Beziehung gesetzt. Doch auch diese Ausformung, allerdings ohne Zusammenhang zu der Vorstellung einer Unterwelt, bietet das Alten Testament.231 Den Tod als Strafe anzusehen, der den Sündern an Gott auferlegt wird, ist in direkter Linie den griechischen Vorstellungen zu entnehmen.232 Dies ist die erstmalige Vorstellung ewiger Pein infolge eines gottlosen Lebens, wie sie im Mittelalter von zentraler Bedeutung sein sollte. Wann genau die Unterwelt von einem Ort der Schatten in einen Ort der ewigen Strafe umgedacht wurde, ist nicht festzustellen.233 Festzuhalten bleibt, dass bereits im Alten Testament sowohl die Hoffnung auf die Unsterblichkeit als auch die Möglichkeit einer Unterwelt als Ort zumindest der Toten allgemein, in Ansätzen auch als Ort der Pein, gedacht wird.234 Die nicht vorhandene Einflussnahme Gottes auf die Unterwelt war nicht aufrechtzuerhalten, sie widersprach der Allmacht Gottes. Die generelle Durchdringung sowohl des Himmels als auch der Unterwelt wird schließlich bereits im Alten Testament konstruiert und bildet die Voraussetzung für die Annahme einer Auferstehung nach dem Tod.235 Den Sieg über den Tod bietet schließlich das Neue Testament.

3.2.2 Tod und Auferstehungsgedanke im Neuen Testament Ist das Alte Testament geprägt von der Ausrichtung auf das Leben, stehen der Tod und dessen Überwindung im Neuen Testament durch die Kreuzigung Jesu und dessen Auferstehung im Mittelpunkt. Geschildert werden der Sieg über den Tod sowie die Aussicht auf das Jüngste Gericht, wenn sich zur finalen Beurteilung die 229 Gleichsam undifferenziert bei Hi 7,9 sowie Hi 10,20–22. Für weitere Verweise vgl. Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 25–27; Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 59. 230 Vgl. auch Ps 31,18; 63,10. Für weitere Verweise vgl. Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 59. 231 Judit 16,17. 232 Vgl. Spoerri, Tod als Text und Signum, S. 86; Schneider, Geistesgeschichte der christlichen Antike, S. 271; Werblowsky, Tod in der jüdischen Kultur, S. 209. 233 Vgl. Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 65. Hinzu kommt die in jüngeren alttestamentlichen Schriften deutlich werdende Genese der Scheol zu einem Zwischenzustand zwischen Tod und Jüngstem Gericht. Dort wird die leibliche Auferstehung erwartet. Vgl. Fischer, Tod im Alten Testament, S. 34; Sonnemans, Hellenisierung, S. 82; Stuiber, Refrigerium interim, S. 17–31. 234 Vgl. Sauer, Leichnam, S. 401. 235 Vgl. Ps 139,5 u. 7–8. Vgl. Reventlow, Tod und Leben im Alten Testament, S. 20; Schnocks, Konzeptionen der Übergänge vom Leben zum Tod, S. 318f.

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Gräber öffnen werden.236 Der Gott des Neuen Testamentes ist nicht nur Schöpfer der Welt, wie er es im Alten Testament ist und die Waage zwischen Leben und Tod in Händen hält, sondern er ist gleichsam der Erlöser der Menschheit aus der Erbsünde, die durch den Tod Jesu von den Menschen genommen worden ist.237 Die Hoffnung auf die Auferstehung, die Unsterblichkeit nach dem Tod, wird infolgedessen innerhalb des Neuen Testamentes vielerorts deutlich.238 Aus entsprechenden Passagen sind zwei entscheidende Punkte zu entnehmen: Einerseits besteht die realistische Aussicht auf ein Nachleben im Jenseitigen, andererseits ist dafür ein gottgefälliges Leben zwingend notwendig. Außerdem wird eine weitere Facette bereits deutlich: Jesus erscheint in zwei Rollen, als Erlöser auf der einen sowie als Richter auf der anderen Seite.239 Neu an der Konzeption des Neuen Testamentes ist die Knüpfung der Überwindung des Todes eines jeden Menschen an die Person und die Vermittlung Jesu.240 Die Konzeption des guten Todes ist untrennbar mit der Gnade und Liebe Jesu verbunden. Das erste und wohl auch berühmteste Beispiel eines diese Gnade verlorenen, tatsächlich verkauften Menschen bildet Judas Iskariot. Er soll sich gemäß Mt 27,5 erhängt haben.241 Zur Untermalung des schlechten Todes heißt es in Apg 1,18, sein Leib war bei seinem Tod auseinandergebrochen und die Eingeweide waren herausgetreten.242 Das Bild des aufbrechenden Leibes sollte ausgehend von dieser prominenten Stelle geradezu stilbildend auf Todesberichte der nachfolgenden Jahrhunderte wirken.243 Nicht eindeutig zu erschließen ist aus dem Neuen Testament der konkrete Vorgang der Auferstehung. Zu unterscheiden sind zwei Möglichkeiten: einerseits 236 1 Kor 15,51–57. Vgl. Choron, Tod im abendländischen Denken, S. 91; Haas, Todesbilder im Mittelalter, S. 16f.; Küschelm, Bewertung des Leichnams, S. 412f.; Sand, Tod, Sp. 822f. Zum Konzept des Todes im Neuen Testament vgl. Barloewen, Der lange Schlaf, S. 79–81. 237 Die nun deutliche Fokussierung auf den Tod ergibt sich u. a. aus Phil 1,20–24. Vgl. Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 184; Haas, Todesbilder im Mittelalter, S. 17; Pennington, Memento mori, S. 43f. 238 Vgl. insbes. Joh 11,25–26; dazu Joh 5,24 oder auch 1 Thess 4,14. Zu Letzterem vgl. Schimanowski, Auferweckung im Neuen Testament, S. 50. Vgl. auch Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 184. 239 Vgl. zu dieser Diskrepanz u. a. Brandon, Judgment of the Dead, S. 98f. 240 Vgl. Witte, Auf dem Weg in ein Leben nach dem Tod, S. 27f. 241 Judas bildet das gesamte Mittelalter hindurch, insbesondere innerhalb der Kunst, das prominenteste Beispiel für einen schlechten Tod, häufig kontrastiert mit der Kreuzigung Jesu. Vgl. Schnitzler, Tod des Judas, S. 221–224. Die Einstufung des Selbstmordes als Todsünde ist bereits durch Augustinus vorgenommen worden, vgl. Augustinus, De civitate Dei I, 21, S. 23. Vgl. Jones, Approaching the End, S. 68–71; Minois, Geschichte des Selbstmords, S. 48f.; Zeddies, Verwirrte oder Verbrecher, S. 67. Im Alten Testament findet sich noch kein Hinweis auf eine Ächtung des Selbstmordes, vgl. Utzschneider, Der friedvolle und der bittere Tod, S. 45f. 242 Vgl. zu diesem Bild bereits im Alten Testament 2 Chr 21,19. 243 Vgl. Muehlberger, Legend of Arius’ Death, S. 18; Schnitzler, Tod des Judas, S. 227.

Tod und Auferstehungsgedanke im Alten und Neuen Testament

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das Fortleben der unsterblichen Seele nach ihrer Trennung vom Leib, platonischer Lehre folgend, andererseits die Auferstehung des gesamten Leibes, also auch des Fleisches.244 Die Annahme einer rein seelischen Auferstehung, bei der der Leib nur in geistiger, dem Ideal Christi angeglichener Form gedacht werden kann, geht zurück auf Paulus und dessen ersten Korintherbrief. Die Auferstehung des fleischlichen Leibes wird zurückgewiesen, die Weiterexistenz der Seele gelehrt, ohne jedoch konkret darauf einzugehen.245 Daneben wird im Neuen Testament an verschiedenen Stellen von der Wiederbelebung des Leibes gesprochen.246 Auch Paulus entfernt sich im zweiten Brief an die Korinther von der Vorstellung der allein seelischen Auferstehung.247 Der Glaube an die Auferstehung des Fleisches, Alleinstellungsmerkmal des Christentums gegenüber anderen Vorstellungen und Glaubensrichtungen, geht nicht alleine auf die biblische Überlieferung zurück. Carl Schneider verweist auf zahlreiche Wurzeln, von

244 Vgl. Schneider, Geistesgeschichte der christlichen Antike, S. 273. Die Unsterblichkeit der Seele kann jedoch, entgegen platonischer Philosophie, nie aus der Seele an sich kommen, sie ist nicht an sich unsterblich, sondern erst Gott, der sie einst erschaffen hat, kann ihr diese Gnade gewähren. Vgl. Perkins, Resurrection, S. 781f.; Scherer, Problem des Todes, S. 115; Sonnemans, Hellenisierung, S. 79. Von der Unsterblichkeit der Seele zu sprechen, ist daher missverständlich. Die Bibel bietet eine ganzheitliche Sicht, der Tod bedeutet das Ende, außer für die durch Jesus erlösten. Vgl. Hoheisel, Sterben und Weiterleben, S. 100; Strauss, Tod und Auferstehung, S. 47. 245 1 Kor 15,50. Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 109; Lang, Himmel und Hölle, S. 26f.; Schneider, Geistesgeschichte der christlichen Antike, S. 273f. Barth, Auferstehung der Toten, S. 124, macht vehement darauf aufmerksam, dass die Aussagen in 1 Kor 15,50 nicht »gegen den Gedanken der leiblichen Auferstehung ausgenützt werden dürfen.« Paulus geht von einem Auferstehungsleib in geistiger, überirdischer, ›pneumatischer‹ Form aus, der nicht materiell zu denken ist. Vgl. Angenendt, Corpus Incorruptum, S. 125; ders., Der Heilige: auf Erden – im Himmel, S. 38; ders., Geschichte der Religiosität, S. 721; ders., Heilige und Reliquien, S. 108; Hoheisel, Sterben und Weiterleben, S. 91; Lang / McDannell, Himmel, S. 58; Vogel, Tod im Neuen Testament, S. 98f. Damit steht Paulus entgegen der späteren einflussreicheren augustinischen Tradition. Während Paulus einen spirituellen Auferstehungsleib als Ersatz des abgestreiften irdischen Leibes annimmt, geht Augustinus von der Auferstehung des irdischen Leibes aus. Vgl. Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 19–22. 246 Vgl. etwa Röm 8,11. Vgl. Schimanowski, Auferweckung im Neuen Testament, S. 52f. 247 Vgl. 2 Kor 5,1. Zur daraus ersichtlichen Vorbildfunktion der griechischen Seelenvorstellung vgl. Lang, Himmel und Hölle, S. 28f.; Lang / McDannell, Himmel, S. 59. Weiterhin Kampert, Sterben der Heiligen, S. 109f. Auch im Evangelium nach Lukas findet sich die Auffassung, die Auferstehung Jesu als erneute Zusammenführung von Leib und Seele zu verstehen, vgl. Angenendt, Heilige und Reliquien, S. 109. Nicht präzisiert werden im Korintherbrief Lage und Gestalt des Himmels; und auch in der frühchristlichen Literatur (Origenes, Ambrosius, Johannes Chrysostomos) findet sich keine spezifischere Definition als ›bei Christus sein‹, vgl. Dassmann, Paulus in der Visio sancti Pauli, S. 119.

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Antike Vorstellungen von Tod und Nachleben

denen er in der Apokalyptik eine besonders einflussreiche erkennt, da ohne den Leib in der Unterwelt keine Qualen zu erleiden seien.248 Die Differenzierung einer geographisch zu verortenden Unterwelt erfolgt auch im Neuen Testament nicht. Weder die Evangelisten noch die Apostel sprechen häufig von der Hölle; selbst über das Schicksal des Erzsünders Judas ebendort wird nicht gesprochen.249 Allgemein ergeben sich wenige, wenn auch eindeutige Hinweise auf die Strafe im Feuer für diejenigen, die beim Jüngsten Gericht nicht im Buch des Lebens verzeichnet sind. Prägend für das mittelalterliche Bild des Jüngsten Gerichtes sowie der Strafe im Feuersee für die Sünder ist die Offenbarung des Johannes.250 Das dort geschilderte Bild lässt sich bereits in der jüdischen Vorstellungswelt nachweisen.251 Erstmalig konkret über die Strafen der Hölle berichtet die für die Ansichten der nachfolgenden Jahrhunderte höchst bedeutsame apokryphe Petrusapokalypse, deren Abfassung um das Jahr 135 angenommen wird.252 Sehr plastisch werden darin die für Sünder unterschiedlicher Vergehen zu erwartenden Strafen geschildert, das Element Feuer nimmt unter den Strafen die größte Bedeutung ein.253 Zudem gewährt die Petrusapokalypse Einblicke in die Beschaffenheit des Paradieses, wozu die Bibel keine konkreten Angaben bietet. Gleich den vielfachen Qualen der Unterwelt wurde die idealtypische Schilderung des Himmels vorbildhaft für spätere auch künstleri-

248 Vgl. Schneider, Geistesgeschichte der christlichen Antike, S. 274f. Eine weitere Wurzel sieht Schneider in der christlichen Schöpfungslehre. Da Gott den Leib geschaffen hat, muss auch er unsterblich sein und auferstehen. 249 Vgl. Kelly, Hell with Purgatory and Two Limbos, S. 121–123; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 91–95. 250 Vgl. Offb 20,11–14. Vgl. Haas, Todesbilder im Mittelalter, S. 19; Klaiber, Gottes Gericht im Neuen Testament, S. 171–178. Zu den Jenseitsvorstellungen in der Bibel vgl. Riedel, Himmel, Hölle, Fegefeuer, S. 136f.; zum Höllenbild Bernstein, Formation of Hell, S. 203– 265. Schematische Darstellungen der biblischen Jenseitsvorstellungen bietet Jezler, Jenseitsmodelle, S. 14. 251 Vgl. Brandon, Judgment of the Dead, S. 102–104. Zur Etablierung der Hölle bei den Juden im 1./2. Jahrhundert n. Chr. vgl. Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 100f. 252 Zum Forschungsstand und umstrittenen Entstehungskontext der Petrusapokalypse vgl. Nicklas, »Insider« und »Outsider«, S. 35–41. Weiterhin Bernstein, Formation of Hell, S. 282–291; ders., Hell and its Rivals, S. 101–105; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 106f. Zur bis zu Dante reichenden Bedeutung der Petrusapokalypse vgl. Altendorf, Entstehung des theologischen Höllenbildes, S. 27. 253 Petrusapokalypse 7,8 u. 11, S. 736–740. Noch eindrucksvoller schildert die jenseitigen Strafen die ebenfalls apokryphe Paulusapokalypse (zur Datierung zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert vgl. Klauck, Apokryphe Bibel, S. 159f. u. 162f.), die in besonderem Maße von der Apokalypse des Petrus beeinflusst ist. Vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 86f.; Bernstein, Hell and its Rivals, S. 105–111; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 352; Dinzelbacher, Verbreitung der apokryphen Visio S. Pauli, bes. S. 165–168; Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 50–54; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 114f.

Tod und Auferstehungsgedanke im Alten und Neuen Testament

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sche Umsetzungen.254 Dennoch kennt das frühe Christentum kein einheitliches Bild über das Schicksal der Verdammten. Gemäß Offb 20,11–14 und Mt 25,41 werden sie in den Feuersee oder ewiges Feuer geworfen und vernichtet, von ewigen Qualen wird nicht gesprochen. Von einer vorläufigen Strafe oder einem zeitlich begrenzten Aufenthalt in der Unterwelt spricht Lk 16,19–31.255 Die Parabel von Lazarus und dem reichen Prasser gilt als die »bedeutsamste Stelle des NT über das Los der Seele unmittelbar nach dem Tod«.256 Dabei wird ein durch zwei Ebenen in unterschiedlicher Höhe gestalteter Raum entworfen, der die Gerechten (Lazarus) von den Sündern (Prasser) trennt. Während sich Lazarus im Schoß Abrahams befindet, leidet der Prasser in der Unterwelt.257 Bereits Alfred Stuiber hat darauf hingewiesen, dass es sich hier wohl um den Hades im alttestamentlichen Verständnis handelt, nicht um Vorstufen von Himmel und Hölle258 – ohnehin ist darauf aufmerksam gemacht worden, dass das Gleichnis zwar Entwicklungen über die Vorstellungen des Jenseitigen aufgreift, als Gleichnis hingegen selbst keine Informationen über das Leben nach dem Tod geben möchte.259 Dass weiterhin nur ausgesuchte Personen – der Teufel, das Tier und der falsche Prophet – ewige Qualen erdulden müssen, geht aus Offb 20,10 hervor,260 während 2 Makk 12,42–43 bereits die für das Mittelalter so entscheidende

254 Vgl. Petrusapokalypse 14,6–20, S. 742f. Vgl. Schneider, Geistesgeschichte der christlichen Antike, S. 277. 255 Die Parabel vom armen Lazarus und reichen Prasser erfährt in der frühchristlichen Auseinandersetzung breite Rezeption. Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 112f.; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 93; Sonnemans, Hellenisierung, S. 82; Stuiber, Refrigerium interim, S. 43–74. 256 Stuiber, Refrigerium interim, S. 37. Zum Ursprung der Parabel vgl. Gressmann, Vom reichen Mann und armen Lazarus, bes. S. 46–53. Kritisch gegenüber Gressmanns Überlegungen Bauckham, The Rich Man and Lazarus. 257 Merkt, Abrahams Schoß, S. 93, weist darauf hin, dass nicht zu entscheiden sei, ob Lukas hinter Abrahams Schoß einen vorläufigen oder endgültigen Zustand verstanden hat. Allgemein sieht er (S. 101) die grundsätzliche Absicht der Parabel darin, »ein bestimmtes Verhalten zu bewirken« und nicht, »Informationen über das Jenseits zu bieten«. Dennoch gehört sie zu den wenigen biblischen Stellen, die herangezogen werden, um die Existenz eines Purgatoriums zu begründen, vgl. Le Goff, Temps du purgatoire, S. 517. Vgl. zu den zahlreichen Deutungsmöglichkeiten Baschet, La sein d’ Abraham, zu Abrahams Schoß Merkt, Schweigen und Sprechen der Gräber, S. 36–43. 258 Vgl. Stuiber, Refrigerium interim, S. 37f. Dezidiertere Ausführungen finden sich neben Tertullian insbesondere bei Augustinus. Zur Beeinflussung der Parabel auf Augustinus vgl. Rebillard, Care of the Dead, S. 131; zur generellen Wirkmacht innerhalb der Patristik vgl. Merkt, Abrahams Schoß, S. 94f. 259 Vgl. Gnilka, Biblische Botschaft, S. 20. 260 Vgl. Lang, Himmel und Hölle, S. 40f. Zu den in der Bibel geschilderten Höllenstrafen vgl. Colpe u. a., Jenseits, Sp. 350f.

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Antike Vorstellungen von Tod und Nachleben

Annahme entwirft, das Schicksal der Toten im Jenseits durch diesseitige Spenden erträglicher gestalten zu können.261 Der Tod wird in der Offenbarung auf zwei Arten kategorisiert. Er ist das Ende des Lebens, lässt eine Biografie ihr Ende nehmen. Aber der Tod ist auch der Anfang eines neuen Lebens für diejenigen, die ihre irdische Existenz in den Dienst der Sache Gottes gestellt haben.262 Gleichzeitig ist der Todesbegriff um einen neuen Aspekt erweitert worden. Grund zur Furcht bietet nicht der physische, sondern gemäß der Offenbarung der ›zweite‹ Tod, die ewige Verdammnis.263 Origenes schließlich unterscheidet auf Grundlage der Bibel (Ez 18,4) einen dreifachen Tod, womit er den Gedanken Platons eine weitere Komponente hinzufügt: Neben die platonische Trennung von Leib und Seele tritt ›der Tod der Sünde‹.264 Vom Tod ist somit nur der Sünder bedroht, derjenige, der sich den Gelüsten des Körpers unterworfen und die Seele verunreinigt hat. Diese dreifache Unterscheidung des Todesbegriffes ist von Ambrosius von Mailand in die lateinische Sprachwelt überführt worden.265

3.3

Zusammenfassung

Der knappe Exkurs über die antike griechische und römische Philosophie sowie insbesondere die biblische Vorstellungswelt ließ deutlich werden, dass Komponenten wie die Unsterblichkeit der Seele, ein Nachleben nach der irdischen Existenz, aber auch eine Trennung zwischen einer himmlischen und einer strafenden Unterwelt nicht erst dem Christentum inhärent sind. Um in den Genuss des seligen Nachlebens zu gelangen, ist ein ideales irdisches Leben notwendig, selbst wenn nicht den Gläubigen, sondern den Philosophen die ideale Lebensform zugeschrieben wird. Im Christentum finden sich Elemente dieser 261 Vgl. Birkhan, Kulturanthropologische Bemerkungen, S. 179, sowie dessen auf das Mittelalter hin ausgerichtete Zusammenfassung S. 180; Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 59f. 262 Vgl. Condrau, Der Mensch und sein Tod, S. 185; Haas, Todesbilder im Mittelalter, S. 21f. Den untrennbaren Zusammenhang von gottgefälligem Leben oder Sünde für den Eintritt in die Seligkeit oder Verdammnis betont Pennington, Memento mori, S. 45. 263 Vgl. Kobusch, Tod. Elemente einer Begriffsgeschichte, S. 173f.; Vogel, Tod im Neuen Testament, S. 62. 264 Augustinus definiert dies als Gottverlassenheit; der Tod der Seele trete dann ein, wenn sie von Gott verlassen würde (Augustinus, De civitate Dei XIII, 2, S. 385). Vgl. Burt, Augustine on the Authentic Approach to Death, S. 531. Der Tod der Sünde, verbunden mit reinigendem Feuer, ist bei Origenes jedoch nicht als ewige Strafe zu Denken. Gemäß seinem Konzept der Apokatastasis (vgl. Kapitel 4.2, Anm. 325) bildet es nur einen vorübergehenden Zustand. Vgl. Ramelli, Christian Soteriology, S. 342f. Zur bereits in der Bibel angelegten dreifachen Bedeutung des Todes vgl. Choron, Tod im abendländischen Denken, S. 92; allgemeiner Haas, Todesbilder im Mittelalter, S. 18f. 265 Vgl. Kapitel 4.1.

Zusammenfassung

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Anschauungen wieder. Gibt das Alte Testament Aufschluss über einen strafenden Gott, dagegen kaum über die Aussicht auf ein Leben nach dem Tod, zeigen sich im Neuen Testament ein gnädiger Gott sowie der Sieg über den Tod in Person seines Sohnes. Die Orte der Sehnsucht und des Schreckens, Himmel und Hölle, bleiben dagegen weiterhin unkonkret. Die zu erwartenden Strafen sind nicht zu erschließen, und auch die Topografie des Himmels bleibt äußerst vage. Sehr deutlich dagegen werden die Voraussetzungen zur Erlangung der Seligkeit formuliert: ein frommes Leben in Gott zu führen und den Tod nicht zu fürchten, da er nicht das Ende, sondern den Anfang symbolisiert. Umso entscheidender ist es, das Leben mit einem guten Tod zu beenden. Die Konkretisierung der biblisch festgeschriebenen Lehren, die Ausformung von Himmel und Hölle sowie die Präzisierung der Voraussetzungen zur Erlangung des einen wie des anderen erfolgte in den Texten frühchristlicher Autoren, im Besonderen bei den Kirchenvätern Ambrosius, Augustinus und Gregor dem Großen.

4

Todesvorstellungen in frühchristlicher Zeit

Entscheidend für die Vorstellungen der mittelalterlichen Welt vom Tod sind neben den grundlegenden, allerdings oft unspezifischen und unkonkreten Angaben der Bibel die Auslegungen und Gedanken frühchristlicher Autoren, die, in der Tradition der antiken Philosophie stehend, modifizierte oder neue Ansichten zu Sterben und Tod formulierten. Einig sind sich Bibel und Patristik im Verbund mit der hellenistischen Tradition einzig in Bezug auf das festgelegte Sterbenmüssen.266 Als einer der ersten tritt Tertullian hervor, gleichsam am Beginn der gesamten lateinischen Kirchengeschichtsschreibung stehend.267 Tertullian konkretisiert in seinem Werk über die Seele (De anima) die Beschaffenheit der Unterwelt. Er erachtet diese als Aufenthaltsort aller Seelen bis zum Jüngsten Gericht, denen bereits zuvor Einlass zum Paradies gewährt wird. Ausgenommen davon sind einzig die Märtyrer.268 In diesem Zusammenhang geht bereits Tertullian davon aus, dass während dieses zeitlich begrenzten Aufenthalts in der Unterwelt Strafen oder Erquickungen erfahren werden, wobei er sich direkt auf Lk 16,19–31 bezieht.269 Daher gilt Tertullian als ein Vordenker der Idee eines Fegefeuers; die Seele wird durch den Tod nicht endgültig vom Körper getrennt, vielmehr wartet sie auf die Wiedervereinigung mit diesem.270 Tertullians An266 Vgl. Fischer, Studien zum Todesgedanken, S. 24–40 u- 65–72; Pelikan, Shape of Death; Reynolds, Death and Burial, S. 118. 267 Vgl. Campenhausen, Lateinische Kirchenväter, S. 12; Fischer, Studien zum Todesgedanken, S. 34. 268 Tertullian, De anima 55, S. 73f. 269 Tertullian, De anima 58, S. 78–80. Zur Bedeutungsvielfalt des Begriffs refrigerium und seiner Verwendung bei Tertullian und auch Cyprian vgl. Hofmann, Ort der Erfrischung, S. 103– 110. 270 Vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 82; Auffarth, Irdische Wege und himmlischer Lohn, S. 163; Caciola, Afterlives, S. 38–41; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 356–358; Fischer, Studien zum Todesgedanken, S. 28–34 u. 170–178; Gessel, Bestattung und Todesverständnis, S. 557; Kampert, Sterben der Heiligen, S. 117f. u. 122f.; Kretzenbacher, Legendenbilder aus dem Feuerjenseits, S. 45; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 120f.; Moreira, Heaven’s Purge, S. 25; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 26; Semmler, Politik und Zeitkritik, S. 12f.; Stuiber, Refrigerium interim, S. 55, unter Zu-

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Todesvorstellungen in frühchristlicher Zeit

sichten sind wegweisend für die nachfolgenden Jahrhunderte, insbesondere die Patristik.271 Exemplarisch soll im Folgenden auf Schriften der bedeutenden lateinischen Kirchenlehrer Ambrosius, Augustinus sowie Gregor des Großen näher eingegangen werden, um innerhalb ihrer Überlegungen aufgegriffene Leitlinien der antiken Philosophie sowie neue Gedanken zum Lebensende auf der einen, aber auch dem anschließenden Nachleben auf der anderen Seite zu extrahieren. Insbesondere die in der Bibel kaum präzisierten Bilder von Himmel und Hölle, den Orten der Seligkeit und der Verdammnis, finden innerhalb der frühchristlichen Autoren eine Konkretisierung, die entscheidend für den weiteren Umgang mit dem Tod im Mittelalter ist. Während Gregor der Große durch die von ihm prominent gemachte Möglichkeit der Einwirkung der Lebenden auf das Schicksal der Toten von unzweifelhafter Bedeutung für das gesamte Mittelalter gewesen ist, bieten die herangezogenen theoretischen Texte von Ambrosius und Augustinus einen ersten direkten Blick in Anspruch und Wirklichkeit des (bischöflichen) Todes an sich. Dank beiden gewidmeten zeitgenössischen Lebensbeschreibungen lässt sich darüber hinaus das in ihren Schriften aufgestellte Ideal mit ihrem von ihren Biographen konstruierten Lebens- und Sterbeverlauf in Beziehung setzen. Von Interesse ist nicht allein, welche Ansichten Ambrosius und Augustinus über Sterben und Tod vertreten haben, sondern gleichermaßen, ob sie – in den Augen der Verfasser ihrer Viten – entsprechend aus dem Leben geschieden sind.

4.1

Ambrosius von Mailand

Sowohl chronologisch wie auch in seiner Einflussnahme auf Augustinus und Gregor den Großen steht Ambrosius am Beginn dieser Übersicht.272 Wie die auf ihn einflussreich wirkenden Tertullian und Origenes orientierte sich auch Ambrosius weiterhin an der ›heidnischen‹ griechischen Philosophie,273 setzte jedoch wie die zuvor Genannten wichtige Akzente für die christliche Ansicht von Tod und Nachleben und präzisierte dabei das von Origenes aufgeworfene Bild des rückweisung, Tertullian mit dem Konzept eines Fegefeuers in Verbindung zu bringen. Auch Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 65–68, legt Unterschiede zwischen der Vorstellung des Refrigeriums und dem späteren Fegefeuer offen: im Refrigerium ruhen die Seelen bis zum Jüngsten Gericht, im Fegefeuer werden sie gestraft und gesühnt, bis die Sünden gebüßt sind. 271 Vgl. Brunhölzl, Tertullian; Fischer, Studien zum Todesgedanken, S. 34. 272 Vgl. zu ihm knapp Kraft, Ambrosius. Ausführlicher zu Ambrosius’ Familie, Ausbildung, Lebensweg und Bischofswahl vgl. Dassmann, Ambrosius von Mailand. Leben und Werk, S. 11–40. 273 Kurz zu Ambrosius’ Bedeutung sowie seiner neuplatonischen Ausrichtung vgl. Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte 1, S. 225–227.

Ambrosius von Mailand

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dreifachen Todes.274 Anders als Tertullian und Origenes schreibt nun ein Bischof selbst über Fragen von Sterben und Tod. Auch wenn der Bischofstod als solcher noch keine Berücksichtigung findet, werden exemplarisch anhand der in den letzten Lebensjahren Ambrosius’ um 390/91 verfassten275 Schrift De bono mortis klare Kontinuitätslinien aus der antiken Philosophie deutlich, die unter einer durch reiche biblische Bezüge konstruierten christlichen Anschauung aufzeigen, wie der Tod im Christentum einzustufen ist und was einen guten Tod ausmacht. Ambrosius geht, geprägt von den unruhigen Verhältnissen seiner Zeit,276 in De bono mortis der Frage nach, ob und warum der Tod als Gut oder als Übel aufzufassen ist, wobei seine Absicht gleich zu Beginn unmissverständlich formuliert wird: Es soll der Nachweis geführt werden, dass der Tod kein Übel, sondern ein Gut für den Menschen darstellt.277 Als Übel ist gemäß Ambrosius alles einzustufen, das in der Position ist, der Seele Schaden zuzufügen.278 Der Stellenwert der Seele als entscheidendem Objekt wird bereits an dieser Stelle hervorgehoben – von ihrer Unsterblichkeit ist Ambrosius überzeugt.279 An den Beginn seiner Ausführungen stellt er die Frage, ob Leben und Tod nicht als Gegensatz anzusehen sind, wobei das Leben als Gut, der Tod hingegen als Übel gesehen werden müssen.280 Dennoch ist der Tod als Wohltat aufzufassen, da er vom Elend der irdischen Existenz befreit.281 Ambrosius differenziert gleich Origenes einen dreifachen Tod: 1. Den Tod der Sünde, somit der Seele, die in der Sünde stirbt; 2. Den mystischen Tod, wenn die Seele der Sünde entsagt und ein Leben in Gott beginnt; 3. Den Tod als Scheidung von Leib und Seele gemäß der klassischplatonischen Auffassung.282 Die anfangs aufgestellte pauschale Charakterisie274 Vgl. Kapitel 3.2.2. 275 Vgl. Dassmann, Ambrosius von Mailand. Leben und Werk, S. 276 mit Anm. 865. Eine grundsätzliche Analyse von De bono mortis bietet Rebillard, In hora mortis, S. 11–28. 276 Vgl. Huhn, Einleitung, S. 9–14. 277 Vgl. Ambrosius, De bono mortis 1, 1, S. 703. Vgl. Rebillard, In hora mortis, S. 11f. Zur Abhängigkeit dieser Passage von Plotins Enneaden vgl. Courcelle, Plotin et saint Ambroise, S. 41. Den Tod als Gut stuft Ambrosius auch in De excessu fratris 2, 39, S. 270, ein. Zum Argumentationsgang dort vgl. Fenger, Tod und Auferstehung, S. 132f. 278 Vgl. Ambrosius, De bono mortis 1, 1, S. 703. 279 Vgl. Ambrosius, De bono mortis 9, 41, S. 738f. Zur teilweisen Abhängigkeit dieser Gedanken von Platons Phaidon vgl. Hadot, Platon et Plotin, S. 216. Weiterhin Ambrosius, De bono mortis 10, 43, S. 739f. Die besondere Bedeutung Plotins wiederum für Ambrosius hebt Courcelle, Nouveaux aspects du Platonisme chez saint Ambroise, S. 224, hervor. 280 Vgl. Ambrosius, De bono mortis 1, 2, S. 703. 281 Vgl. Jones, Approaching the End, S. 31. 282 Vgl. Ambrosius, De bono mortis 2, 3, S. 704. Vgl. Rebillard, In hora mortis, S. 12–14. Die Dreiteilung des Todes hat Ambrosius auch in De excessu fratris 2, 36f., S. 268f., in ganz ähnlichen Worten formuliert. Vgl. Fenger, Tod und Auferstehung, S. 131f. Zur möglichen Anleihe von Origenes und Ambrosius bei stoisch-aristotelischen Vorbildern vgl. Kobusch, Tod. Elemente einer Begriffsgeschichte, S. 174. Weiterhin Cavadini, Ambrose and Augustine, S. 233; knapp Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte 1, S. 226.

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rung des Todes als Gut wird relativiert und präzisiert. Voraussetzung dafür, im Tod eine Wohltat erkennen und erleben zu können, ist gemäß dieser von Ambrosius aufgestellten Trias eine von Sünden freie irdische Existenz, um der Seele einen anschließenden Aufenthalt in Gott ermöglichen zu können. Folglich wertet Ambrosius den Tod der Sünde als schlecht (mala), den mystischen hingegen als gut (bona), während die Trennung von Leib und Seele in der Mitte anzusetzen sei (media).283 Eine herausgehobene Rolle nehmen diesbezüglich die Heiligen ein. Sie erkennen in der Trennung von Leib und Seele bereits zu ihren Lebzeiten die größtmögliche Wohltat und können die Zeit bis zur Erlangung dieser Güte und dem Verlassen des irdischen Mühsals kaum abwarten.284 Aus dieser Mühsal des Lebens folgert Ambrosius, der Tod müsse eine Erleichterung darstellen, somit gleichbedeutend auch eine Wohltat, ein Gut für den Menschen.285 Auch Ambrosius bemüht das bereits von Platon und zahlreichen Nachfolgenden geprägte Bild der während des irdischen Lebens in Fesseln gehaltenen Seele,286 die erst mit dem Tod des zu ihrem Gefängnis herabgestuften Körpers287 diese Fesseln abstreifen kann – auch im früheren Mittelalter wird das Bild weiterhin präsent bleiben.288 Notwendig zur Befreiung der Seele ist einmal mehr ihre Reinheit infolge eines entsprechenden Lebens.289 Mit der notwendigen Buße und der daraus resultierenden Seligkeit werden bekannte Komponenten für einen guten Tod aufgeführt, wobei Ambrosius im Zusammenhang des Traktates nicht indirekt oder andeutungsweise, sondern ganz direkt von einem guten (bona) Tod

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Vgl. zum dreifach unterschiedenen Tod bei Ambrosius auch Gastgeber, Tod und Totenklage, S. 52; Jones, Approaching the End, S. 27–31; Kobusch, Tod. Elemente einer Begriffsgeschichte, S. 174. Vgl. Ambrosius, De bono mortis 2, 3, S. 704. Vgl. Ambrosius, De bono mortis 2, 3, S. 704f. Vgl. Ambrosius, De bono mortis 2, 5, S. 705f. Vgl. Cavadini, Ambrose and Augustine, S. 234; Jones, Approaching the End, S. 33. Zum Bild der im Körper gefangenen Seele bei Ambrosius vgl. Courcelle, Tradition platonicienne, S. 423–426. Zur notwendigen Feindschaft gegenüber dem Körper vgl. Ambrosius, De bono mortis 7, 26, S. 726f. Vgl. Cavadini, Ambrose and Augustine, S. 236f. Zur Abhängigkeit dieser Passage von Plotin, Enneaden I 1, 3, S. 276–279 (n. 53) vgl. Hadot, Platon et Plotin, S. 214f. Dennoch ist Ambrosius kein Gegner der fleischlichen Auferstehung, vgl. De excessu fratris 2, 56, S. 278. Allerdings vermeidet es Ambrosius ausdrücklich, Überlegungen anzustellen, welche Gestalt der Leib nach der Auferstehung haben könnte (De excessu fratris 2, 114, S. 314). Vgl. Fenger, Tod und Auferstehung, S. 134f. Ebd., S. 138f., die vorsichtige Vermutung, dass mit De excessu fratris 2, 93 u. 95, S. 299–302, davon ausgegangen werden könne, dass auch Ambrosius von einem Zwischenzustand zwischen leiblichem Tod und endgültiger Auferstehung ausgegangen ist. Zu Gründen vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 100–102. Vgl. Ambrosius, De bono mortis 2, 5, S. 706.

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spricht, vor dem Furcht zu empfinden gänzlich unnötig ist.290 Die Vorbereitung darauf ist, wie schon in der antiken Philosophie, eine lebenslange Aufgabe, in der sich insbesondere der Heilige zu bewähren weiß.291 Alles Irdische muss missachtet, der Blick immer auf das Himmlische und Ewige gerichtet werden.292 Zusammenfassend können wir mit Ambrosius schließen: »Ferner glaube ich, kann man denen, die den Tod für ein Übel halten, die passende Antwort geben, dass das Leben ein Übergang zum Tod ist, der Tod aber eine Rückkehr zum Leben; denn nur diejenigen, die gestorben sind, können auferstehen. Törichte Menschen scheuen vor dem Tod als dem Inbegriff aller Übel zurück, die Weisen aber wünschen ihn herbei als die Ruhe nach Mühe und als das Ende der Übel.«293 Deutlich wird mit Ambrosius einmal mehr, dass christliche Todes- und Jenseitsvorstellungen nicht unabhängig von antiken Gedanken und Vorstellungen betrachtet werden können.

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Für die Fortsetzung griechisch-antiker Gedanken, die Weiterführung heidnischer Vorstellungen und die Etablierung und Präzisierung christlicher Welt- und Nachweltvorstellungen ist insbesondere Augustinus (354–430) zu nennen.294 Gemeinsam mit dem Mailänder Bischof Ambrosius295 formte und konkretisierte Augustinus zentrale Ansichten der christlichen Religion, darunter Facetten von Sterben, Tod und Nachleben, Beschreibungen von Himmel und Hölle und erste Überlegungen über einen dritten Bereich zwischen diesen beiden finalen Orten, insbesondere in seinen Werken De civitate Dei, Enchiridion und De cura pro mortuis gerenda.296 Wie Ambrosius zuvor beruft sich auch Augustinus u. a. auf 290 Vgl. Ambrosius, De bono mortis 8, 31, S. 731. Vgl. Jones, Approaching the End, S. 72, Rebillard, In hora mortis, S. 19f. 291 Vgl. Ambrosius, De bono mortis 3, 9, S. 709f. Zur Übereinstimmung dieser Passage mit Platons Phaidon vgl. Hadot, Platon et Plotin, S. 210–212. Vgl. Jones, Approaching the End, S. 27, 35 u. 86. 292 Vgl. Ambrosius, De bono mortis 6, 24, S. 725. 293 Ambrosius, De bono mortis 8, 32, S. 731: His quoque qui mortem malum putant aptum responsum arbitror, quia per vitam ad mortem est transitus, per mortem autem ad vitam reditus; neque enim nisi qui mortui fuerint possunt resurgere. Insipientes autem mortem quasi summum malorum reformidant, sapientes quasi requiem post labores et finem malorum expetunt. Übersetzung: Huhn, Ambrosius, S. 58. 294 Vgl. zu seiner Person Brown, Augustinus von Hippo. Knapp Jones, Prosopography of the Later Roman Empire, S. 186–191. 295 Zu ihrer persönlichen Verbindung vgl. Brown, Augustinus von Hippo, S. 65–72, ohne dass er sich festlegen möchte, inwiefern und wenn wodurch Ambrosius Augustinus tatsächlich beeinflusst hat. 296 Vgl. Bynum, Resurrection of the Body, S. 95.

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Überlegungen Platons, die er, wie Ambrosius, in einem christlichen Sinne auslegt. Der Einfluss der Werke Augustinus’, insbesondere des Gottesstaates auf die Vorstellungen der mittelalterlichen Gesellschaft kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.297 Die Plünderung Roms durch die Westgoten unter ihrem König Alarich im Jahr 410 als vorläufigen Endpunkt des Niedergangs der Stadt Rom vor Augen und mit dem Vorwurf konfrontiert, das Christentum habe zu diesem Niedergang beigetragen, setzt sich Augustinus in seinem Werk vom Gottesstaat gegen diese Polemik zur Wehr und differenziert die Unterschiede zwischen Weltstaat und Gottesstaat.298 Dabei beschäftigt sich Augustinus neben zahlreichen theologischen Problemen nicht allein mit Sterben, Tod und Bestattung, sondern er nutzt die abschließenden Bücher 20–22 seines monumentalen Werkes, um über die Beschaffenheit von Jüngstem Gericht, Hölle und Himmel Auskunft zu geben. Augustinus ordnet den Tod ein, wie es vergleichbar auch Gregor der Große vornehmen wird: »Von einem bösen Tode kann doch nicht die Rede sein, wenn ein gutes Leben voraufgegangen ist. Denn nur das macht den Tod schlimm, was dem Tod folgt. Also nicht darum sollen die Menschen sich viel kümmern, welcher Umstand ihnen, die ohnehin sterben müssen, den Tod bringen mag, sondern darum, wohin sie gehen müssen, wenn sie sterben.«299 Ein gutes Leben ist keineswegs davon abhängig, Besitztümer zu erwerben – vergleichbare Gedanken vertrat auch Ambrosius. Einzig Glaube, Frömmigkeit und die Güte des inneren Menschen werden gemäß Augustinus für ein gutes Leben benötigt300 – immerhin hat Gott, so seine Auffassung, den Menschen die Möglichkeit zugesprochen, im irdischen Leben frei entscheiden zu können.301

297 Vgl. Schmaus, Augustinus. 298 Vgl. Andresen, Einleitung, S. V–XV. Gegen die allzu einseitige Sicht, Augustinus habe mit dem Gottesstaat allein auf die Eroberung Roms reagiert, vgl. Brown, Augustinus von Hippo, S. 272. 299 Augustinus, De civitate Dei I, 11, S. 13: Mala mors putanda non est, quam bona vita praecesserit. Neque enim facit malam mortem, nisi quod sequitur mortem. Non itaque multum curandum est eis, qui necessario morituri sunt, quid accidat ut moriantur, sed moriendo quo ire cogantur. Übersetzung: Thimme 1, S. 23. Die Annahme, einem guten Leben könne kein schlechter Tod folgen, findet sich auch bei Augustinus, Sermo de disciplina christiana 12, 13, S. 221 (Non potest male mori, qui bene vixerit). Zu Gregor dem Großen vgl. Kapitel 4.3. 300 Vgl. Augustinus, De civitate Dei I, 10, S. 10–12. Augustinus beruft sich hier auf 1 Tim 6,6–10. 301 Vgl. Colpe u. a., Jenseits, Sp. 373; Hartmann, Tod in seiner Beziehung, S. 166f. u. 181–183; Poschmann, Kirchliche Vermittlung der Sündenvergabe, S. 506–510; Scharr, Glaube an eine Reinigung, S. 161f., 163 u. 165. Weiterhin bereits Augustinus, De civitate Dei XX, 25, S. 747f., unter Berufung auf Mal 3,1–6, vgl. Ntedika, Évolution de la doctrine du purgatoire, S. 49; Shaffern, Death and the Afterlife, S. 174.

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Augustinus unterscheidet grundlegend zwei Tode: den irdischen sowie den zweiten Tod vor dem Jüngsten Gericht.302 Den irdischen Tod teilt Augustinus gleich Origenes und Ambrosius wiederum in drei Kategorien ein:303 Den Tod der Seele, wenn sie von Gott verlassen wird, den Tod des Leibes, wenn er von der Seele verlassen wird und den ganzen Tod, wenn die von Gott verlassene Seele den Leib verlässt.304 Damit unterscheidet auch er zwischen dem Tod der Seele, dem Tod des Leibes und auch dem Tod der Sünde – kein anderer liegt vor, wenn eine von Gott verlassene Seele aus dem Körper scheidet. Hervorzuheben ist, dass der Tod nach Augustinus für jeden eine Strafe darstellt. Auch wer sein Leben lang ohne Sünde geblieben ist, muss die Strafe des Todes in Kauf nehmen;305 das irdische Leben selbst straft sowohl die Guten als auch die Bösen.306 Somit müssen auch Fromme den ersten, irdischen Tod, die Trennung der Seele vom Leib erdulden.307 Anders als im platonischen Gedankengut und in den Überlegungen frühchristlicher Autoren wie Ambrosius ist die gewaltsame Trennung der Seele vom Leib niemals als Gut oder Gnade, als höchste Würdigung oder Befreiung der Seele von den Fesseln des Leibes einzuschätzen.308 Dennoch mag für die verstorbenen Rechtgläubigen der Tod gut sein, für die Bösen hingegen böse. Denn beide ruhen bis zur Auferstehung der Leiber zum Jüngsten Gericht, die Guten zum ewigen Leben, die Bösen hingegen zum ewigen Tod, den Augustinus als zweiten Tod bezeichnet.

302 Vgl. Rebillard, In hora mortis, S. 66f. 303 Auf Unterscheidungen im Detail zwischen Ambrosius und Augustinus hinsichtlich dieser Dreiteilung macht Jones, Approaching the End, S. 87, aufmerksam. 304 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XIII, 2, S. 385. Vgl. Cavadini, Ambrose and Augustine, S. 232 (zum Stellenwert von Buch 13 für die Frage nach der Einstufung des Todes in De civitate Dei) u. 237; Jones, Approaching the End, S. 39–43. 305 Dies führt Augustinus auf die erste Menschengeneration zurück, die durch die Ursünde die Natur des Menschen ins schlechtere verkehrt und den Tod als natürlichen Teil des menschlichen Lebens provoziert hat; vgl. Augustinus, De civitate Dei XIII, 3, S. 386f. Vgl. Burt, Augustine on the Authentic Approach to Death, S. 535f.; Hartmann, Tod in seiner Beziehung, S. 171. 306 Vgl. Augustinus, De civitate Dei I, 9, S. 8–10. 307 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XIII, 4, S. 387. Die Frommen werden dennoch die körperliche Auferstehung und Seligkeit erlangen, doch ist der erste Tod notwendig, so argumentiert Augustinus, um den Glauben aufrecht zu erhalten, der sich aus der Hoffnung auf das jenseitige Leben speist. Wer fromm und gottesfürchtig gelebt hat, der erleidet, obschon der Tod ein Übel darstellt, dennoch einen guten Tod, vgl. Augustinus, De civitate Dei XIII, 5, S. 389. Vgl. Jones, Approaching the End, S. 44. 308 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XIII, 6, S. 389. Auf Augustinus’ radikal andere Sichtweise weist insbesondere Cavadini, Ambrose and Augustine, S. 237f., hin. Cavadini versucht im weiteren Verlauf zu belegen, dass Augustinus Kenntnis von de bono mortis bei der Abfassung des 13. Buches von De civitate Dei gehabt hat. Vgl. auch Jones, Approaching the End, S. 43–45, sowie generell zu Parallelen im Gedankengut beider bezüglich des Todes ebd., S. 57–59.

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Diesen erleiden diejenigen, die der ewigen Verdammnis anheimfallen.309 Die Seelen erfahren zwischen leiblichem Tod und fleischlicher Auferstehung einen Vorgeschmack auf das, was sie nach dem Jüngsten Gericht erwartet: entweder eine Vorstufe der Hölle oder des Himmels.310 Augustinus fasst im Enchiridion zusammen: »Während der Zeit zwischen dem Tode des Menschen und der letzten Auferstehung verweilen die Seelen in verborgenen Aufenthaltsräumen, je nachdem die einzelne Seele Ruhe oder Schmerz verdient hat, d. h. je nach dem Los, das ihr während ihres Lebens im Fleische zugefallen ist.«311 Notwendig dafür ist die Existenz eines ersten Gerichtes unmittelbar nach dem Tod, in dem die Toten zunächst vorläufig abgeurteilt werden. Der Bibel ist ein solches Gericht unbekannt.312 Ob dergleichen bereits Ambrosius angenommen hatte, ist ungewiss. Es scheint allerdings, als habe Augustinus Buch 13 des Gottesstaates als Widerlegung ambrosianischer Gedanken verstanden.313 Besonderes Augenmerk ist abschließend auf die Ausführungen Augustinus’ zum Jüngsten Gericht sowie seinen Vorstellungen von Himmel und Hölle zu richten. Grundsätzlich geht er von zwei zeitlich versetzten Auferstehungen aus, wie er auch von zwei Toden ausgegangen ist. Die erste dieser Auferstehungen, die der Seele, tritt unmittelbar nach der Trennung der Seele vom Körper ein. Sie wird nicht jedem Menschen zuteil, sondern nur denjenigen, denen ewige Seligkeit nach entsprechendem Leben bereits zu diesem Punkt verheißen werden kann. Die zweite Auferstehung, die der Leiber, folgt zum Jüngsten Gericht. Jeder, ob gut oder böse, erfährt diese Auferstehung und muss sich dann dem Urteil über die 309 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XIII, 8, S. 391, sowie Augustinus, Enchiridion 92–93, S. 98f. Ausgenommen vom zweiten Tod sind einzig diejenigen, die von der Gnade Gottes erlöst werden, vgl. Augustinus, De civitate Dei XIII, 14, S. 395f. Vgl. Brown, Decline of the Empire of God, S. 41f.; Carozzi, Voyage de l’âme, S. 14f.; Hartmann, Tod in seiner Beziehung, S. 180. 310 Vgl. Colpe u. a., Jenseits, Sp. 373; Scheffczyk, Himmel und Hölle, S. 37; Scharr, Glaube an eine Reinigung, S. 164. 311 Augustinus, Enchiridion 109, S. 108: Tempus autem quod inter hominis mortem et ultimam resurrectionem interpositum est, animas abditis receptaculis continet, sicut unaquaeque digna est uel requie, uel aerumna, pro eo quod sortita est in carne cum uiueret. Übersetzung: Barbel, S. 181. Die Entscheidung über das Schicksal der Toten ist bereits unmittelbar nach dem Tod gefallen, auch wenn es noch nicht in vollem Umfang umgesetzt wird. Vgl. Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 117f. Auf den Einfluss dieser Passage bis ins Hochmittelalter, verdeutlicht u. a. durch die Aufnahme ins Decretum Gratiani, verweist SchmitzEsser, Leichnam im Mittelalter, S. 26f. Vgl. Carozzi, Voyage de l’âme, S. 20; Février, Mort chrétienne, S. 931; Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 96f. 312 Vgl. Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 146. Ein früher Beleg dieser Vorstellung findet sich in der Paulusapokalypse. Vgl. Bernstein, Named Others and Named Places, S. 63 Anm. 38; Dassmann, Paulus in der Visio sancti Pauli, S. 128, zur Datierung der frühesten Stufen des Textes ebd., S. 120, jeweils mit weiterer Literatur; Dinzelbacher, Persönliches Gericht und Weltgericht, S. 69f. 313 Vgl. Cavadini, Ambrose and Augustine, S. 239 u. 241.

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Aufnahme in Himmel oder Hölle stellen.314 Wer bereits die erste Auferstehung erfahren hat, kann in der zweiten nicht mehr dem Gericht anheimfallen und der Hölle überantwortet werden.315 Augustinus setzt sich genauer mit der Hölle selbst auseinander und argumentiert, wie das Leid in der Hölle zugefügt wird.316 Er erachtet das mehrfach in der Bibel genannte Element Feuer und die Würmer317 als Strafen des Leibes – wenngleich der Wurm metaphorisch, das Feuer aber real aufzufassen ist318 –, als Strafen dafür, dass der Mensch im Leben dem Fleischlichen zugewandt gewesen war. Da aber der Leib nicht ohne Seele Schmerzen erleiden kann, ist durch diese Pein die Seele automatisch mitbetroffen. »Der erste Tod treibt die Seele wider Willen aus dem Leib, der zweite Tod hält sie wider Willen im Leibe fest; der erste aber sowie der zweite Tod haben gemeinsam, dass durch sie die Seele von ihrem Leibe etwas erleidet, was sie nicht will.«319 Das Feuer selbst ist gemäß Augustinus körperlicher Natur, aber dennoch in der Lage, nichtkörperliches wie Dämonen zu strafen.320 Je nach Art der abzuleistenden Sünde (die valde mali und non valde mali) wird das Feuer jedoch mehr oder weniger schmerzhaft empfunden, entweder aufgrund unterschiedlicher Hitzestufen oder differenzierter Wahrnehmung durch die Sünder bei gleicher Temperatur und Gewalt.321 Augustinus wird, zu hoch angesetzt, gemeinsam mit Gregor dem Großen als »V[a]ter der mittelalterlichen Höllenvorstellung« geführt,322 beide, präziser, als »les vrais pères du Purgatoire«.323 Augustinus ging davon aus, dass auch nach dem Tod im Zeitraum zwischen Ableben und Jüngstem Gericht von geringeren Sünden belastete Seelen (non valde boni) durch ein Feuer gereinigt werden können, weshalb bereits Le Goff »in bemerkenswerter Inkonsequenz« Augusti314 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XX, 6, S. 707. Als Beleg für die erste Auferstehung führt Augustinus Joh 5,25, für die zweite Joh 5,27–29. 315 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XX, 6, S. 707f. 316 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXI, 3, S. 759–761. 317 Vgl. Jes 66,24 sowie Mk 9,43–47. Zu Augustinus’ Vorstellungen der Unterwelt vgl. Colpe u. a., Jenseits, Sp. 375. Zum irdischen Sinn von Jes 66,24 gemäß der modernen Exegese vgl. Minois, Hölle – Kleine Kulturgeschichte der Unterwelt, S. 49. 318 Vgl. Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 122. 319 Augustinus, De civitate Dei XXI, 3, S. 760: Prima mors animam nolentem pellit e corpore, secunda mors animam nolentem tenet in corpore; ab utraque morte communiter id habetur, ut quod non vult anima de suo corpore patiatur. Übersetzung: Thimme 2, S. 677. Die widerwillige Rückkehr der Seele in den Leib ist nur auf die Höllenqualen anzuwenden. Die Vereinigung von Seele und Körper im Himmelreich gilt als große Gnade, als erneute Komplettierung des Menschen. 320 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXI, 10, S. 775f. 321 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXI, 16, S. 783. Zu Augustinus’ Höllenvorstellungen vgl. Altendorf, Entstehung des theologischen Höllenbildes, S. 31; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 148f.; Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 117–124. 322 Altendorf, Entstehung des theologischen Höllenbildes, S. 30. 323 Le Goff, Temps du purgatoire, S. 518.

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nus als den wahren Vater des Fegefeuers bezeichnet hatte.324 Augustinus betont, Sünder würden von einem speziellen Feuer geprüft und im besten Fall, unter Schmerzen, von ihren Sünden gereinigt, um beim Jüngsten Gericht die Seligkeit erhalten zu können.325 Die Reinigung dieser Seelen, die nicht durch schwere Sünden unumkehrbar verdammt worden sind, muss zwischen leiblichem Tod und Jüngstem Gericht erfolgen, da Augustinus kategorisch ausschließt, dass eine Wiederkehr aus der Hölle möglich ist. Allerdings geht er nicht von einem zwi-

324 Vgl. Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 84. Zitat bei Merkt, Fegefeuer, S. 9 u. 91 Anm. 5 (eine generelle Definition des Fegefeuers findet sich ebd., S. 10), der den Widerspruch in der Annahme Le Goffs, das Fegefeuer sei in einer Zeit zwischen 1150 und 1250 entstanden, gleichzeitig sei jedoch Augustinus als dessen ›Vater‹ anzusehen, offenlegt. Vorsichtiger Le Goff, Temps du purgatoire, S. 517. Kritik an Le Goffs Darstellung und seinem Versuch einer linearen Entwicklung des Fegefeuers findet sich bei Angenendt, Rez. zu Le Goff, bes. Sp. 39; Bredero, Le Moyen Age et le Purgatoire; Fleischhack, Fegfeuer, S. 32–37; McGuire, Purgatory, bes S. 65f. u. 84. Zur Einstufung von Augustinus als ›Vater‹ des Fegefeuers vgl. Auffarth, Irdische Wege und himmlischer Lohn, S. 164 u. 167, wenngleich Augustinus weder genau angibt, wo sich ein solcher Zwischenzustand befindet, er vielmehr ja gerade einen Ort zwischen Himmel und Hölle ablehnt, noch, wie sich dieser Zwischenzustand zum Paradies verhält, vgl. Hofmann, Ort der Erfrischung, S. 110. Zu Pro und Contra in der älteren Forschung vgl. Ntedika, Évolution de la doctrine du purgatoire, S. 7f. Weiterhin Moreira, Heaven’s Purge, S. 5; Sachs, Christliche Lehre vom Purgatorium. 325 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXI, 26, S. 796–799. Hinweise für die Vorstellung eines reinigenden Feuers finden sich auch bei Augustinus, Enchiridion 68, S. 86. Vgl. Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 94f. u. 97–100. Zu Hinweisen in seinen Werken vgl. Ntedika, Évolution de la doctrine du purgatoire, S. 46–53. Ausführliche Auseinandersetzung diesbezüglich u. a. mit Enchiridion und De civitate Dei ebd., S. 56–66. Als biblische Grundlage eines Fegefeuers gilt 1 Kor 3,13–15; vgl. Bernstein, Hell and its Rivals, S. 171; Kretzenbacher, Legendenbilder aus dem Feuerjenseits, S. 45, mit weiteren Belegstellen; Moreira, Heaven’s Purge, S. 18–20. Ausführliche Auseinandersetzung bei Gnilka, Schriftzeugnis für das Fegfeuer. Augustinus vorausgehend hatten bereits Tertullian und Cyprian von Karthago das Konzept eines Fegefeuers in groben Zügen skizziert, vgl. Merkt, Fegefeuer, S. 33–51. Hinzu tritt Origenes und seine vielfach, u. a. von Augustinus abgelehnte Lehre der Apokatastasis, der Versöhnung aller Seelen mit Gott. Vgl. Fürst, Lasst uns erwachsen werden, S. 333–337; Altendorf, Entstehung des theologischen Höllenbildes, S. 28 u. 30; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 361f.; Dassmann, Heil zwischen Allerlösung und Prädestination, S. 177–179; Kretzenbacher, Legendenbilder aus dem Feuerjenseits, S. 6f.; ders., Versöhnung im Jenseits, S. 20–22; Lang, Himmel und Hölle, S. 56; Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 75–78; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 128–130. Zum Problem von Augustinus’ mitunter uneindeutiger Einstellung zu dieser Lehre vgl. Kretzenbacher, Versöhnung im Jenseits, S. 28–30; Ntedika, Évolution de la doctrine du purgatoire, S. 18–22. Problematisiert wird die Lehre der Allversöhnung des Origenes bei Rosenau, Allversöhnung, S. 113– 150. Die Kirche hat die Apokatastasis-Lehre auf dem Konzil von Konstantinopel im Jahr 543 verworfen, vgl. Hartinger, Erde, Himmel, Hölle, Fegfeuer, S. 177. Als Vordenker der Idee eines Fegefeuers wird Origenes bereits durch Anrich, Clemens und Origenes, eingestuft. Auch Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 72, wertet Origenes neben Clemens von Alexandrien als den griechischen ›Erfinder‹ des Purgatoriums. Weiterhin dazu Kampert, Sterben der Heiligen, S. 123f.

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schen Himmel und Hölle liegenden separaten Ort aus,326 sodass ein möglicher Zwischenzustand einem der beiden Orte zugesprochen werden muss. Jacques Le Goff fasst Augustinus’ Beiträge zum Fegefeuer unter zwei Punkten zusammen: Nur eine kleine Gruppe kommt in den Genuss, dass ihre leichten Sünden an einem der Hölle gleichen Ort gesühnt werden. Diese Sühne erfolgt zwischen individuellem Tod und Jüngstem Gericht.327 Jedoch, und darin sieht Le Goff die größte Diskrepanz zur späteren Konzeption des Fegefeuers, bejaht Augustinus zwar die Wirksamkeit von Fürbitten, woraus der Gedanke entsteht, dass sie den Eintritt Verstorbener ins Paradies beschleunigen, nicht jedoch trotz zahlreicher Sünden überhaupt erst erwirken können; eine Verbindung zwischen Fürbitten und reinigendem Feuer finde sich in keinem Werk von Augustinus.328 Zwischen irdischem Tod und Jüngstem Gericht kann jedoch ein Gebet der Lebenden zugunsten derjenigen Verstorbenen, die nicht ohne Sünde geblieben, aber noch nicht unrettbar ob ihrer Taten der Hölle versprochen worden sind, ihre Aussichten vor dem Richtstuhl Gottes verbessern.329 Eine besonders exponierte Lage der Grabstätte trägt hingegen nicht dazu bei, mag aber den Gebetseifer der Angehörigen und Gläubigen im Allgemeinen motivieren.330 Ausgehend von der Frage, ob der Empfang von Taufe und Kommunion für den Eintritt in die Seligkeit ausreicht, wird dies von Augustinus verneint. Einmal in der Hölle – oder im Himmel – gibt es keinen Weg zurück.331 Der Empfang der Taufe, die Teilnahme am Abendmahl oder die Aufrechterhaltung der Verbindung zur katholischen Kirche führt ohne entsprechenden sonstigen Lebenswandel nicht automatisch zur Seligkeit.332 Bedacht werden muss dabei auch die in Au326 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXI, 25, S. 794. Überhaupt ist unklar, ab wann das Purgatorium als ›realer‹ Ort verstanden wurde, vgl. Moreira, Heaven’s Purge, S. 4. 327 Vgl. Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 106. 328 Vgl. Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 22 u. 86–89. 329 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXI, 24, S. 789–793, sowie Augustinus, Enchiridion 110, S. 108f. Vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 85; Brown, Decline of the Empire of God, S. 42f.; Ntedika, Évolution de la doctrine du purgatoire, S. 34, 39 u. 44; ders., Évocation de l’au-delà, S. 88–103; Pasche, Death, S. 416; Rebillard, Care of the Dead, S. 164–168; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 27–29; Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 118. Zur liturgischen Rezeption von Augustinus’ Unterscheidung der valde boni, valde mali, non valde mali und non valde boni vgl. Schmitz-Esser, Bestrafung des Leichnams, S. 258. Ein schematisches Modell der Augustinischen Vorstellung bietet ders., Ertrunken und gekocht, S. 103. Aufgrund dieser Unterscheidung erkennt Angenendt, Liturgische Memoria, S. 202, die Geburt des Fegefeuers bereits in diesem Schema. 330 Ausführlich ausgeführt in De cura pro mortuis gerenda. Vgl. Duval, Auprès des saints corps et âme, S. 3–21; Kötting, Frühchristliche Reliquienkult, S. 25; Reynolds, Death and Burial, S. 118f.; Rose, Commentary, S. 102–106. 331 Vgl. Augustinus, Enchiridion 111, S. 109. 332 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXI, 19–22, S. 785–787 u. XXI, 27, S. 800–805. Vgl. Poschmann, Kirchliche Vermittlung der Sündenvergabe, S. 210–215, der die Buße bei Augustinus als Werk göttlicher Gnade hervorhebt, die aber die richtige Gesinnung des

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gustinus’ späteren Schriften niedergelegte, das Mittelalter entscheidend prägende Prädestinationslehre, somit die Annahme, mit der Geburt sei das Schicksal eines Menschen vorherbestimmt. Nicht zum Heil Vorherbestimmte können auch durch intensivste Buße nicht die Gnade Gottes erlangen.333 Gemäß seinen früheren Schriften waren Seligkeit oder Verdammnis von Verdienst oder Schuld abhängig. Der späte Augustinus lässt Gott von vornherein nur einen Teil der Menschen erlösen. Nur an den Verdammten könne die Gerechtigkeit Gottes deutlich werden.334 Während die Hölle durch das Element Feuer und das Gewürm zumindest ansatzweise eine Beschreibung erfährt, bleibt die Gestalt des Himmels vollkommen unklar.335 Augustinus beweist vielmehr die sichere Auferstehung durch die Nennung zahlreicher bisher geschehener Wunder, von denen das größte die Ausbreitung des Christentums, ausgehend von ungebildeten Fischern, gewesen ist.336 Daneben konkretisiert er die Auferstehung an sich. So nimmt er auch Frühgeborene, ungetauft gebliebene Kinder von der Auferstehung und der Seligkeit aus – die Vorstellung eines Limbus existierte noch nicht;337 die Körper auferstandener Kinder werden nicht in ihrer kindlichen, sondern in ihrer erwachsenen Größe erscheinen.338 Grundsätzlich steht somit jeder, sei er jüngeren Jahres oder als Greis gestorben, mit einem materiellen Körper auf, der sich in dem Alter befindet, das Jesus zum Zeitpunkt seines Todes erreicht hatte. Dieses Alter gilt als vollkommen, der Körper befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit.339 Die Leiber werden dann frei von Gebrechen, Verunstal-

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Büßers voraussetze. Dennoch könne keine Sünde allein durch Bußübungen gelöst werden, dies obliege allein der göttlichen Barmherzigkeit. Vgl. Brown, Augustinus von Hippo, S. 356; Dassmann, Augustinus, S. 123; Dinzelbacher, Persönliches Gericht und Weltgericht, S. 68f.; Flasch, Augustin, S. 203; ders., Philosophische Denken im Mittelalter, S. 48–50; Poschmann, Kirchliche Vermittlung der Sündenvergabe, S. 225. Vgl. Flasch, Augustin, S. 206. Allerdings verberge sich hinter der Demonstration, aufgrund des vorherbestimmten Lebensweges aller Menschen, keine Gerechtigkeit oder Gnade, sondern Grausamkeit und Willkür. Vgl. Colpe u. a., Jenseits, Sp. 374. Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXII, 5, S. 810–812. Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXII, 13, S. 833. Zum Limbus vgl. Weberberger, Limbus puerorum. Grundsätzlich wird schließlich zwischen zwei Limbi unterschieden, demjenigen der alttestamentlichen Väter, der jedoch nach der Höllenfahrt Jesu leer zurückblieb, und dem der ungetauft gestorbenen Kinder. Vgl. Kelly, Hell with Purgatory and Two Limbos, S. 126–129; Riedel, Himmel, Hölle, Fegefeuer, S. 140f. Schematische Darstellung bei Jezler, Jenseitsmodelle, S. 19. Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXII, 14, S. 833f. Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXII, 15, S. 834. Vgl. zur Rezeption Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 32 mit Anm. 61; schließlich im 12. Jahrhundert Goetz, Endzeiterwartung und Endzeitvorstellung, S. 322. Weiterhin Augenti / Gilchrist, Life, Death and Memory, S. 510; Boase, Death in the Middle Ages, S. 21; Bynum, Resurrection of the Body, S. 98 u. 122 Anm. 15.

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tungen, Deformationen oder Wunden sein. Einzig Märtyrer werden weiterhin durch ihre Narben als Zeichen ihrer Treue zu Gott geziert; sie lassen Würde und Schönheit, zwar nicht des Leibes, doch der Tugend, erstrahlen.340 Augustinus gewährt uns zwar keine Einblicke in das Himmelreich an sich, verdeutlicht aber präziser als bisher die Rahmenbedingungen der Auferstehung sowie die daraus sich ergebenden Auswirkungen. Augustinus erweiterte durch seinen Gottesstaat die Ansichten zu Sterben, Tod und Nachleben auf vielfältige Weise. Er analysiert den Einfluss der griechischen Philosophie und gesteht ihr durchaus eine gewisse Übereinstimmung und vorbildhafte Rolle für Teile der christlichen Vorstellungen zu. Er konkretisiert die erste und zweite Auferstehung sowie das Jüngste Gericht, führt intensiv in die Beschaffenheit der Hölle ein, wobei er explizit etwas wie ein an einem dritten Ort zu lokalisierendes Purgatorium kategorisch ausschließt – wenngleich sich Anzeichen der Reinigung kleinerer Sünden vor dem Jüngsten Gericht durch ein heilsames Feuer finden – und gibt Einblicke in die körperliche Auferstehung und den Eingang in den Himmel, während das Himmelreich selbst unkonkret bleibt. Deutlich ist die dualistische Ausrichtung auf den Tod auf der einen sowie den Himmel als Höhepunkt auf der anderen Seite. Nicht umsonst endet De civitate Dei mit der Schilderung von Himmel und Auferstehung. Ein guter Tod ist dabei grundsätzlich erreicht, wenn dem Ableben ein gutes Leben vorangegangen ist; elementar ist auch bei Augustinus ein die Seele rein und ungetrübt belassener Lebenswandel.

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Papst Gregor I. (590–604), dem als einem von nur zwei Päpsten das Epitheton ›der Große‹ verliehen worden ist, gilt als letzter bedeutender Kirchenlehrer am Übergang der Spätantike zum beginnenden Mittelalter.341 Der Einfluss von Gregors Werken auf die nachfolgenden Jahrhunderte kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.342 Außerdem schreibt, wie sein Zeitgenosse und Namens-

340 Vgl. Augustinus, De civitate Dei XXII, 19, S. 837–839. Vgl. Barth, Auferstehung der Toten, S. 115–118; Suda, Beurteilung, S. 419f. Grundsätzlich zum augustinischen Verständnis vgl. Angenendt, Geschichte der Religiosität, S. 722f.; Bynum, Resurrection of the Body, S. 94– 104; Kollwitz, Bestattung, Sp. 208; Rákos-Zichy, Resurrection Body, S. 375–384; Scholz, Grab in der Kirche, S. 275–277. Zu weiterer Literatur vgl. Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 19f. mit Anm. 2. 341 Vgl. zur Person Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 50– 59; Eich, Gregor der Große; Markus, Gregory the Great. 342 Vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 58f. Ausführlicher unter besonderer Berücksichtigung des in Teilen erhaltenen Briefregisters Gregors

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vetter Gregor von Tours, auch mit Gregor dem Großen ein Bischof über Begebenheiten seiner Zeit sowie theologische Grundfragen, stark geprägt durch die Ansichten von Augustinus.343 Dabei hat er sich auch mit der Aufgabe des Bischofsamtes an sich auseinandergesetzt, dessen eigentliche Verpflichtung in geistlichen und pastoralen Tätigkeiten gesehen und dazu mit der Regula pastoralis eine der einflussreichsten Schriften der folgenden Jahrhunderte verfasst.344 Andererseits musste er eingestehen, dass dem Bischofsamt aus den Zeitumständen bedingt zahlreiche weltliche Funktionen zugesprochen worden sind, deren Ausübung sich ein Bischof – insbesondere der Bischof von Rom – nicht entziehen kann. Entsprechend zieht sich Gregors Wehmut nach dem asketischen Leben wie ein roter Faden durch sein Werk, ein Leben, dass er vor Beginn seines Pontifikats hatte führen können, ohne seine nun auch weltlichen Aufgaben zu vernachlässigen.345 Als wichtigstes und bis in die heutigen Tage am meisten herangezogenes und erforschtes Werk Gregors gelten die in vier Büchern verfassten Dialogi.346 Stilistisch aufgebaut als Gespräch mit seinem Diakon Petrus eröffnet Gregor in den Büchern eins und drei umfangreiche Wundergeschichten, zunächst über die wunderbehafteten Männer im italienischen Raum der Frühzeit des Christentums, um zu beweisen, dass es dergleichen Wunder nicht alleine bei den Wüstenvätern gegeben hat. Schließlich, im dritten Buch, widmet er sich der jüngeren Vergangenheit, um Wundertaten von Männern und Frauen aus diesem Zeitraum zu berichten, teilweise von Personen, die ihm selbst noch bekannt gewesen sind. Buch zwei widmet sich ganz dem Leben Benedikts von Nursia – in auffälliger Parallele zu Martin von Tours in Szene gesetzt347 –, während das vierte Buch über den Fortgang der Seele nach dem Tod Auskunft erteilt, Beispiele von Todesfällen

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Leyser, Memory of Gregory the Great. Zu Gregors Einfluss durch seine Eschatologie vgl. Vogel, Deux conséquences de l’eschatologie grégorienne. Vgl. Atwell, From Augustine to Gregory the Great; Hauschild, Lehrbuch der Kirchenund Dogmengeschichte 1, S. 257. Vgl. Floryszczak, Regula Pastoralis, bes. S. 111–230; Heinz, Bischofsspiegel des Mittelalters. Vgl. Jenal, Gregor der Große und die Stadt Rom, S. 122–125. Ebd., S. 109f. Anm. 1 u. 2, eine Übersicht der Literatur zur Genese des Bischofsamtes in Italien im Übergang von der Spätantike zum Frühmittelalter. Ihre Authentizität wird wieder sicher angenommen, nachdem teils Zweifel an der Verfasserschaft Gregors aufgekommen waren. Die von Clark, Pseudo-Gregorian Dialogues, vorgebrachte Hypothese, die Dialoge seien unecht, die er 2003 noch einmal verteidigte (ders., ›Gregorian‹ »Dialogues«), wird von der Forschung relativ einhellig abgelehnt. Vgl. dazu u. a. Wollasch, Benedikt von Nursia; Vogüé, Grégoire le Grand. Zusammengefasst bei dal Santo, Shadow of a Doubt, S. 4f. Aufgegriffen wurde die Annahme von Dunn, Gregory the Great. Modifiziert hat die Kritik Clarks Fried, Schleier der Erinnerung, S. 345–349. Vgl. Judic, Modèles martiniens, S. 98. Zur Frage, ob es einen ›historischen‹ Benedikt gegeben hat, vgl. Fried, Schleier der Erinnerung, S. 351–356; ders., Überlegungen; Wollasch, Benedikt von Nursia.

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enthält und die Beschaffenheit der nach dem Tod zu erreichenden Orte schildert.348 Insbesondere damit greift Gregor die im Vorfeld ausführlich verfolgte Entwicklungslinie der unsterblichen Seele auf, geht aber einen Schritt darüber hinaus. Während Augustinus diesen bereits vorgezeichnet hat, formuliert Gregor das Bild eines Zustandes der temporären Bestrafung zwischen Himmel und Hölle, einer Hölle auf Zeit, die den Leidenden den Weg in die Seligkeit nach Buße der Sünden ermöglichen soll.349 Dass hier, wie teils schon bei Augustinus verdeutlicht, die Grundidee eines Fegefeuers formuliert wird, ist offensichtlich. Anders als die frühen christlichen Denker, beispielsweise Ambrosius und Augustinus, legte Gregor kaum Wert auf die Auffassungen der antiken Philosophie.350 Die Wundergeschichten des ersten sowie dritten Buches erweisen sich durchgehend als äußerst spektakulär und derart fantastisch, dass ihnen kein Glauben geschenkt werden kann, vielmehr topische Versatzstücke vielfach in unterschiedlicher Konstellation zum Einsatz gebracht werden. Doch ist die Faktizität der Berichte für die Argumentation nicht von Bedeutung. Die nicht zu rekonstruierenden realen Umstände beiseitelassend ermöglichen diese Berichte einen tiefen Einblick, wie in den Augen Gregors Sterben und Tod, ein vielfach genutzter Höhepunkt in den Wunderberichten, idealerweise auszusehen haben. Sichtbar wird, dass nicht die Wunder den Höhepunkt christlichen Strebens darstellen, dieser vielmehr in bzw. nach dem Tod zu suchen ist.351 Abt Equitius beispielsweise wurde, gemäß Gregor, in der Kirche des hl. Laurentius beigesetzt, wo er noch nach seinem Ableben Wunder wirkte.352 Der exponierte Begräbnisraum innerhalb der Kirche wird dabei noch einmal hervorgehoben.353 Anastasius wiederum, Abt des Klosters Suppentonia (heute Castel Sant’Elia nördlich von Rom), hörte eines Tages neben sieben anderen Brüdern durch den das Kloster umgebenden Fels eine donnernde Stimme, die sie zum Aufbruch aufforderte. Sofort war ihnen bewusst, dass ihr Lebensende bevorsteht, und in der Tat starben 348 Zu einer formalen Interpretation der Dialoge vgl. zusammenfassend Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 308. 349 Vgl. Dunn, Gregory the Great, S. 246; Semmler, Politik und Zeitkritik, S. 13. 350 Vgl. Dassmann, Der Grosse – Papst Gregorius, S. 138. 351 Vgl. von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 150. 352 Vgl. Gregor I., Dialogi I, 4, 20, S. 56. 353 Vgl. auch Gregor I., Dialogi III, 11, 1–6, S. 292–296. Die Bedeutung der Beisetzung innerhalb der Kirche wird mit diesen Episoden von Gregor als grundsätzlich zulässig erklärt – wenn auch nicht für jeden und nur ohne schwere Sünde. Vgl. auch Laudage, Caritas und Memoria, S. 42f.; Scholz, Grab in der Kirche, S. 280. Einen Nutzen der Grabstätte für den Verstorbenen sieht Gregor, gleich Augustinus, hingegen nicht, auch er verweist nur auf die eventuell steigende Gebetsleistung der Hinterbliebenen, vgl. Gregor I., Dialogi IV, 52, S. 176. Vgl. Bartelink, Martyr und Martyrium, S. 26f.; Heinzer, Gräber, Geister und Gesichte, S. 48f.; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 340–342, zu den die Kirchenbestattung bei Gregor behandelnden Kapiteln (IV, 53–56).

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Anastasius und die sieben Brüder wenige Tage darauf.354 Das Wissen um den Zeitpunkt des eigenen Todes galt jeher als große Gnade, dadurch bestand die Möglichkeit, sich adäquat darauf vorzubereiten. Im dritten Buch der Dialoge berichtet Gregor umfassender über Wundertaten von Bischöfen und, damit verbunden, auch über deren Ableben. So erbebte, während sich die Seele Bischof Paulinus’ von Nola vom Körper trennte, das Zimmer, in dem er lag, nicht jedoch das gesamte Haus.355 Interessant ist die Angabe über den Schmerz in der Seite, den Paulinus kurz vor seinem Tod erfuhr, sowie das anschließende Erbeben des Zimmers. Dies erinnert, wenn auch in umgekehrter Reihenfolge, an das Ableben Jesu. Auch bei dessen Tod am Kreuz soll die Erde erbebt sein (Mt 27,51). Um den Tod Jesu zu prüfen, hat schließlich ein Soldat seine Lanze in die Seite Jesu gestoßen (Joh 19,34). Beispiele über den Ausgang der Seele aus dem Körper finden sich, in einem kurzen Rückgriff auf Buch zwei der Dialoge, in der Lebensbeschreibung Benedikts von Nursia. Dieser beobachtete, wie die Seele seiner Schwester in Form einer Taube ihren Körper verließ.356 Darüber hinaus sah er, so Gregor weiter, wie die Seele Bischof Germanus’ von Capua in einer feurigen Kugel von Engeln zum Himmel getragen wurde.357 Die Sichtung vollendeter Seelen erscheint gleich einer sinnstiftenden Hinleitung zur Schilderung des Ablebens Benedikts, das sich unmittelbar darauf anschließt. Gemäß dem Bericht hat Benedikt von seinem nahenden Tod gewusst. Dieser wird von Gregor knapp, aber unter Verwendung mehrerer vorzüglicher Komponenten geschildert: Benedikt, vom Fieber geschwächt, wurde ins Oratorium getragen, erhielt das Viaticum und starb aufrecht stehend, im Beisein seiner Brüder, die Hände zum Himmel erhoben, im Gebet.358 354 Vgl. Gregor I., Dialogi I, 8, 1–3, S. 70/72. 355 Die Ansicht der Seele als gefangen im fleischlichen Körper, der erst im Augenblick des Todes der Ausweg ermöglicht wird, ist auch bei Gregor vielfach zu finden, vgl. Gregor I., Dialogi III, 1, 9, S. 139. 356 Vgl. Gregor I., Dialogi II, 34, 1–2, S. 234. 357 Vgl. Gregor I., Dialogi II, 35, 3, S. 238. Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 318, bewertet diese »kosmische Vision« Benedikts als »Höhe- und Endpunkt« seines irdischen Lebens. Das Motiv der feurigen Kugel finde sich dabei nicht in Bibel oder Patristik, aber bei Cicero, Seneca oder Boëthius, ohne dass sich Gregor auf diese Vorlagen beruft. 358 Vgl. Gregor I., Dialogi II, 37, 2, S. 244. Die Beichte seiner Sünden ist bei ihm offenbar nicht notwendig, verwiesen sei auf die idealtypischen Tode Martins von Tours und Marias, vgl. Kapitel 5.1.2 und 5.3, im Fall Marias auch zum aufrechten Tod. Die zum Himmel erhobenen Arme in Anlehnung an den gekreuzigten Jesus finden sich bereits bei Martin von Tours. Es lassen sich alle Eigenschaften, die ein wünschenswertes Ableben ausmachen, nachweisen. Vgl. Gross, Tod des hl. Benedictus. Zur Parallele zwischen dem aufrecht sterbenden Benedikt und dem durch Aaron und Hur aufrecht gehaltenen Moses in der Schlacht Israels gegen die Amalekiter (Ex 17,8–16) vgl. von der Nahmer, Vom Tod des Heiligen, S. 152. Dass die Kirchenführer wie Gregor I. entscheidend zur Verbreitung der Gabe des Viaticums beigetragen haben betont Effros, Death and Burial, S. 56. Zu den Episoden bei Gregor, die die Gabe des Viaticums beinhalten, vgl. Grabka, Christian Viaticum, S. 34f.

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Kehren wir zurück zu den Beispielen des dritten Buches. Herculanus von Perugia, geköpft und begraben, wurde 40 Tage später exhumiert und zeigte sich unverwest und unversehrt, auch der Kopf war wieder mit dem Körper verbunden.359 Die Unverwesbarkeit des Leichnams ist ein untrügliches Zeichen der Heiligkeit und daher beliebtes Stilmittel von Wunderberichten. Besonders eindrucksvoll erscheint die Erzählung um Bischof Sabinus von Canosa. Sabinus, bereits alt und erblindet, rief einen Neider, seinen Archidiakon, auf den Plan, der gerne an seiner statt das Amt des Bischofs übernehmen wollte. Daraufhin verführte dieser den Mundschenk, das Getränk des Bischofs zu vergiften. Sabinus erkannte beim Mahl die Gefahr, ergriff den Becher dennoch und sprach zum Mundschenk »[…] sed vade, dic ei qui tibi illud dedit: Ego quidem venenum bibo, sed tu episcopus non eris.« Daraufhin bekreuzigte Sabinus den Becher und leerte ihn ohne sichtbare Kennzeichen einer Vergiftung. In diesem Augenblick starb der Archidiakon, von seiner Bosheit vergiftet (venenum suae malitiae occidit).360 Der Archidiakon erleidet die göttliche Strafe für den versuchten Mord, während der Bischof vom Gift verschont bleibt. Solche Beispiele des gerechten Lebens auf der einen sowie des gerechten Todes auf der anderen Seite prägen die annalistischen und chronikalischen Berichte des frühen und hohen Mittelalters, wobei es dann auch Bischöfe selbst sein werden, die den grausamen, schlechten Tod sterben werden. Auffällig in den ersten drei Büchern der Dialoge ist das immer wiederkehrende Motiv der Totenerweckung. Insgesamt siebenmal wird über die Wiederbelebung eines Toten berichtet.361 Der Sieg über den Tod, die Wiederkehr von den Toten, erstmalig in der Person Lazarus’ greifbar, dennoch ganz auf die Person Jesu konzentriert, wird geradezu inflationär verwendet. Auch Gregor selbst wertet eine Wiederbelebung nicht als das größtmögliche Wunder. Vielmehr ist es bewundernswert, einen Sünder wieder auf die rechte, göttliche Bahn gebracht zu haben. Immerhin muss hierbei die unsterbliche Seele praktisch wiederbelebt werden, während es sich bei der Totenerweckung nur um das ohnehin sterbliche Fleisch handelt, das ins Leben zurückgeführt werden muss.362 In zwei Fällen dienen die Berichte über Wiederbelebungen, um Angaben über den Ort geben zu 359 Vgl. Gregor I., Dialogi III, 13, 1–3, S. 298–302. Zum Motiv des unversehrt gebliebenen Körpers verstorbener Heiliger vgl. Angenendt, Corpus Incorruptum; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 140–145. Zu diesem Beispiel Angenendt, Der »ganze« und »unverweste« Leib, S. 34. 360 Vgl. Gregor I., Dialogi III, 5, 3–4, S. 274/276. 361 Vgl. Gregor I., Dialogi I, 2, 5–6, S. 26/28; I, 10, 17–19, S. 106–110; I, 12, 1–3, S. 112/114; II, 11, 1–3, S. 172/174; II, 32, 1–4, S. 226/228; III, 17, 1–13, S. 336–344; III, 33, 1, S. 394. 362 Vgl. Gregor I., Dialogi III, 17, 340, S. 182. Gregor gibt zwei Beispiele für seine Annahme. So wurde zwar Lazarus von den Toten wiederbelebt, doch schweigt die Schrift über seine nachfolgenden Tugenden. Dagegen wird über Saulus’ Taten nach seiner Wandlung zu Paulus in großer Zahl berichtet.

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können, an den die vermeintlich Toten gelangt waren. Im Fall des durch Bischof Fortunatus von Todi Zurückgeholten gibt dieser an, an einen guten Ort (bonum locum) entrückt gewesen zu sein, ohne dies näher auszuführen. Ausführlicher berichtet ein durch den Presbyter Severus wiederbelebter Mann. Dieser wurde von hässlichen Leuten, denen Feuer aus Mund und Nase schlug, durch finstere Orte geführt, bis ihnen ein schöner Jüngling entgegentrat, der den Toten von seiner Wiederkehr ins Leben durch die Gnade Gottes informierte.363 Verdeutlicht wird der Gegensatz von höllischen Sphären und himmlischer Gnade: hässliche, unförmige und feuerspeiende Gestalten auf der einen, schöne, wohlgeformte Jünglinge auf der anderen Seite. Ausführlich geht Gregor auf diese Dichotomie von Himmel und Hölle im vierten Buch der Dialoge ein. In diesem widmet er sich Sterben und Tod sowie der darauffolgenden Existenz. Gregor ist zunächst bestrebt, die Unsterblichkeit der menschlichen Seele zu beweisen, wozu neben dem Glauben auch die Vernunft herangezogen werden kann. So befindet sich der Mensch als Mittelwesen zwischen den oberhalb stehenden Engeln und den unterhalb befindlichen Tieren. Engel sind geistige, fleischlose Wesen, Tiere fleischlich, sie sterben auch mit dem Fleisch. Der Mensch steht nun, so die Argumentation Gregors, zwischen Engeln und Tieren. Er ist zwar fleischlich, stirbt aber nicht mit dem Fleisch; er besitzt somit die Sterblichkeit des Fleisches wie die Tiere, aber gleichermaßen die Unsterblichkeit des Geistes wie die Engel.364 Die Seele ist die unsterbliche Komponente des Menschen, womit Gregor keine neuen Gedanken formuliert, sondern sich in die christliche und antike Tradition stellt. Die Seele selbst ist beim Austritt aus dem toten Körper nicht zu sehen, immerhin verbleibt sie auch zu Lebzeiten unsichtbar.365 Bei Lebenden bewirkt die Seele die Bewegung der Glieder, die Fortexistenz der Seele Verstorbener hingegen zeigt sich in an ihren Grabstätten gewirkten Wundertaten.366 Gregor fährt fort, umfangreiche Beispiele über Todesfälle ganz unterschiedlicher Personen aneinanderzureihen.367 Es ist nicht gewinnbringend, sämtliche Beispiele wiederzugeben. Exemplarisch gehen wir auf besondere Aspekte ein, woraus sich Komponenten des gewünschten, des guten Todes, zunächst immer aus der Perspektive Gregors heraus, jedoch mit einem Anspruch auf Allgemein363 Vgl. Gregor I., Dialogi I, 10, 18, S. 108; I, 12, 2, S. 114. 364 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 2–3, 3 / 1–2, S. 22/24. 365 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 5, 2, S. 34. Die Gabe, eine einen Körper verlassende Seele zu schauen ist nur denjenigen gegeben, die sich durch reinen Glauben und intensive Gebete dazu ausgezeichnet hatten. Gregor verweist dazu erneut auf Benedikt von Nursia (IV, 8, S. 42), der gemäß seiner Lebensbeschreibung zweimal das Austreten einer Seele beobachten konnte. 366 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 6, 1, S. 40. Vgl. Bartelink, Martyr und Martyrium, S. 17. 367 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, insbes. 9–25, S. 42–82.

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gültigkeit, herauslesen lassen. Am Beginn steht Spes, Abt des Klosters Campoli bei Nursia, der von Gott mit Blindheit geschlagen worden war und erst kurz vor seinem Tod seine Sehkraft wiedererlangte. Daraufhin empfing er stehend das Sakrament und gab in Gemeinschaft seiner Brüder betend und Psalmen singend seinen Geist auf, woraufhin eine Taube seinem Mund gen Himmel entstieg.368 Hier erscheint ein idealtypischer Fall, der mit dem Austritt der Seele in Form einer Taube, somit in symbolischer Anlehnung an den Heiligen Geist, seinen Höhepunkt erfährt. Die göttliche Prüfung des Abtes in Form einer langjährigen Blindheit führt zu seiner gnadenreichen Aufnahme in den Himmel. Als Besonderheit fällt seine aufrechte Position bei der Gabe der Sakramente auf. Während das Lebensende im Bett erwartet wird, gibt es Ausnahmen, die besondere Heiligkeit ausdrücken. Dazu gehören die Bettung auf den zuvor mit Asche bestreuten harten Boden369 oder das Erwarten des Todes in kniender, betender Position.370 Die aufrechte Position Spes’ fällt jedoch auch aus diesen Mustern heraus.371 Bekannte Motive finden sich im Sterben in Gemeinschaft, der Gabe der Sakramente und der Todesvorbereitung durch intensive Gesänge und Gebete. Wer jedoch ein lasterhaftes Leben führte, wurde bereits in der Stunde seines Todes gestraft. Ein Mönch, so setzt Gregor diese Androhung ins Bild, hatte in der Fastenzeit heimlich gegessen. Auf dem Totenbett umschlang ihn schließlich ein Drache und zog ihm die Seele aus dem Mund, bevor der Mönch die Buße ablegen konnte.372 In offensichtlicher Anlehnung an Augustinus und unter Bezug auf Weish 4,7373 sieht es Gregor als sicher an, dass dem Auserwählten, dem Gerechten, der nach dem ewigen Leben strebt, ein kurzzeitiger schwerer Tod nicht schaden kann. Somit mag auch der gewaltsame Tod oder der Tod unter Leiden nicht automatisch als Hinweis auf die dem Sterbenden drohenden höllischen Strafen eingestuft werden. Zudem bleibt unklar, ob Gregor mit dem schweren Tod (dure moriuntur) das Sterben an sich zum Ausdruck bringen möchte oder bereits auf seine Vorstellung eines Zwischenzustandes rekurriert, aus dem der Ausweg ins ewige Leben noch möglich ist. So fährt er fort, die Auserwählten haben vielleicht eine kleine Schuld auf sich geladen, die durch einen schweren Tod getilgt werden 368 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 11, 4, S. 48. Zu Abt Spes vgl. Février, Mort chrétienne, S. 886; Moreira, Heaven’s Purge, S. 43. Zur weit verbreiteten Vorstellung einer geflügelten Seele vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 105–107. Viele der Beispiele Gregors offenbaren einen ähnlichen Hergang und bieten nur wenige neue Facetten; vgl. Gregor I., Dialogi IV, 14, S. 54–58 oder IV, 15, S. 58–62. 369 Prägend bei Martin von Tours, vgl. Kapitel 5.1.2. 370 Der Tod Marias wird vielfach in dieser Form dargestellt, vgl. Kapitel 5.3. 371 Vgl. aber bereits oben zum Tod Benedikts von Nursia. Spes befindet sich also auch mit dem Tod in aufrechter Position in illustrer Gesellschaft. 372 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 40, 11–12, S. 146. Zur Darstellung des Todes bei Gregor als Kampf vgl. Caseau, Crossing the Impenetrable Frontier, S. 337f. 373 Dem Sinn nach auch Ez 33,14–16.

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muss.374 Ob dies durch ein kurzes Leiden beim Verlassen des irdischen Lebens oder längeres Leiden im Purgatorium, jedoch mit der Aussicht auf die Seligkeit erfolgen soll, ist nicht eindeutig zu bestimmen. Erstaunlich unkonkret bleibt Gregor in der Schilderung von Himmel und Hölle. Zwar ist er sich, gleich Augustinus, sicher, dass die Seelen der vollkommen Gerechten (perfectorum iustorum) bereits unmittelbar nach ihrem fleischlichen Ableben in den Himmel auffahren werden. Am Tag des Jüngsten Gerichtes wird ihnen dann zusätzlich die Gnade der fleischlichen Auferstehung zuteil.375 Wie der Himmel beschaffen ist, darüber schweigt sich Gregor hingegen aus. Genauere Einblicke gewährt er in die feurigen Tiefen der Hölle. Wie die Gerechten unmittelbar in den Himmel aufsteigen, so leiden die Ungerechten, auch davon ist Gregor überzeugt, mit dem Augenblick ihres Todes in der Hölle.376 Damit einher geht die Vorstellung eines ersten Gerichtes über die Menschen unmittelbar nach ihrem Ableben. Die Annahme eines refrigerium interim, eines reinen Aufenthaltsortes der Seelen bis zum Jüngsten Gericht – die Vorstellung daran ist in ihrer ursprünglich gedachten Form nur bis ins 3. Jahrhundert hinein nachweisbar377 – wird endgültig von himmel- und höllengleichen Orten direkt nach dem Tod abgelöst.378 Details über die Hölle gewähren in den Dialogi Erfahrungsberichte von Verstorbenen, denen die Gnade zuteilwurde, ins Leben zurückzukehren. Ein illyrischer Mönch konnte nach seiner Rückkehr ins Leben von den Höllenstrafen und unzähligen Flammenherden (inferni se supplicia atque innumera loca flammarum) Auskunft gegeben.379 Ausführlicher ist die Schilderung eines während der Pest verstorbenen, jedoch zurückgekehrten Soldaten. Er berichtete von einem schönen und wohlriechenden Ort, lichtdurchflutet, mit grünen Wiesen und duftenden Blumen – hier finden sich Andeutungen eines himmlischen Gefildes –, zu dem eine Brücke über einen schwarzen, abstoßende Dämpfe ausströmenden Fluss führte. Jeder musste diese Brücke passieren, Ungerechte 374 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 24, 2, S. 82. 375 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 26, S. 84/86. 376 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 29, 1, S. 98. Gleich Augustinus geht auch Gregor davon aus, dass die Höllenfeuer von körperlicher Natur sind, aber auch geistige Wesen peinigen können (IV, 30, S. 100/102), vgl. Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 138f. 377 Vgl. Hofmann, Ort der Erfrischung, S. 121. 378 Vgl. Effros, Caring for Body and Soul, S. 162f. Gregor greift diesen Gedanken auch in seiner Moralia in Iob auf (Gregor I., Moralia in Iob XII, 9, 13, S. 636). Bereits Augustinus hatte diese Unterteilung angenommen, jedoch nur als Möglichkeit, nicht als definitives Erscheinungsbild betrachtet (vgl. Kapitel 4.2). Zum Jenseitsbild Gregors in seiner Moralia in Iob vgl. Bernstein, Hell and its Rivals, S. 33–66, bes. S. 53–66, u. a. Bezug nehmend auf die, ebenfalls bei Gregor zu findende, Differenzierung zwischen äußerem und innerem Tod, also der Trennung der Seele vom Körper und der Trennung der Seele von Gott (S. 58 u. 70). 379 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 37, 3, S. 126. Zu den Berichten über Jenseitsreisen in Gregors Dialogen vgl. Benz, Gesicht und Schrift, S. 134–140; Zaleski, Otherworld Journeys, S. 28– 31.

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stürzten in die düsteren Fluten. Der Soldat sah einen Mann die Brücke passieren und straucheln. Er wurde daraufhin einerseits von furchtbaren Männern (teterrimis viris), die aus dem Fluss emporstiegen, hinabgezogen, andererseits von weißgekleideten, schönen Männern (albatis et speciosissimis viris) nach oben gehoben.380 Der Kampf zwischen Teufeln und Engeln über eine teilweise von Sünden durchzogene Seele wird eindrucksvoll in Szene gesetzt. Die Vorstellung eines um die Seele des Verstorbenen in den letzten Augenblicken des Lebens zwischen himmlischen und höllischen Mächten ausgetragenen Kampfes bestimmte die Vorstellungswelt insbesondere ab dem 12. Jahrhundert. Gregor setzt es hier etwas anders ins Licht, ist darum bemüht, die Brücke als Symbol zum Übertritt ins ewige und selige Leben in Szene zu setzen und vor den Gefahren eines unsteten Lebens zu warnen. Inwiefern es sich bei dem beschriebenen Ort um den Himmel selbst handelt, bleibt unklar und sollte lieber als dem Himmel ähnlicher oder die Freuden des Himmels exemplarisch präsentierender Ort gesehen werden, einer Vorstufe zum Himmel wie das Paradies oder Abrahams Schoß. Über die Verortung der Hölle ist sich Gregor nicht sicher, er vermutet sie unter der Erde gelegen.381 In den bisher wiedergegebenen Episoden unterscheiden sich seine Ansichten nicht in der Frage, ob es nach dem Tod ein Purgatorium (purgatorius ignis) gibt. Bereits Augustinus hatte auf ein läuterndes Feuer zwischen Tod und Jüngstem Gericht hingewiesen, damit aber noch keinen speziellen Ort verbunden. Derart konkret überlegt einen solchen Ort auch Gregor nicht; er geht davon aus, dass es für diejenigen, die nur leichten Sünden unterworfen sind und sich bereits zu Lebzeiten durch gute Werke vorbereitet haben – beispielsweise durch die nun wieder vermehrt nachzuweisende Sorge um die Armen382 –, ein Reinigungsfeuer

380 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 37, 7–12, S. 128–132. Zur Rolle der Engel als Begleiter und Beistand der Seelen vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 324f. Die Vorstellung eines beschwerlichen Weges von dieser in die jenseitige Welt, der nur unter Beistand von Engeln zu bewältigen ist, findet sich bereits in der ägyptischen und griechischen Vorstellungswelt, während sich in christlicher Zeit die Ansicht wandelt, dass Engel nunmehr nur ausgewählten Personen zur Seite stehen, vgl. Caseau, Crossing the Impenetrable Frontier, S. 334f. u. 337. Im Frühmittelalter wird die Vorstellung dominieren, dass sich die Seele eigenständig in den Himmel bewegen kann, vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 110. Zum Motiv der Brücke in dieser Episode bei Gregor vgl. Dinzelbacher, Jenseitsbrücke, S. 12–15. Weitergehende Überlegungen zur Brückensymbolik ebd., S. 159–180. Knapper Bernstein, Hell and its Rivals, S. 44f.; Zaleski, Otherworld Journeys, S. 65–69. 381 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 44, 1, S. 158. Sicher ist sich Gregor jedoch, dass jeder, der erst einmal in die Hölle gekommen und deren Strafen erfahren hat, diese auch für die Ewigkeit erfahren wird (IV, 46, S. 160–166). Zu Verortungen der Hölle in anderen Werken Gregors vgl. Vogel, Deux conséquences de l’eschatologie grégorienne, S. 268. 382 Vgl. Wollasch, Toten- und Armensorge, bes. S. 15f.

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Todesvorstellungen in frühchristlicher Zeit

geben muss,383 ein Feuer, dass sich nicht in einem separaten Raum befindet, sondern der Hölle angeschlossen sein muss. Bereits Augustinus hatte einen dritten Raum zwischen Himmel und Hölle ausgeschlossen. Auch gibt es, so Gregor, in der Hölle nur ein (materielles) Feuer, dass dennoch in der Lage ist, in unterschiedlichem Grad – was durchaus wörtlich zu verstehen ist – auch körperlosen Seelen Strafen zuzufügen.384 Er führt die Existenz eines Läuterungsortes zurück auf Mt 12,32: »[…] wer aber etwas gegen den heiligen Geist sagt, dem wird nicht vergeben, weder in dieser noch in der zukünftigen Welt.« Daraus folgt im Umkehrschluss die Annahme, andere Vergehen könnten noch nach dem Tod gesühnt werden.385 Damit legt Gregor neben Augustinus den Grundstein für eine der wichtigsten Annahmen des Mittelalters, auch wenn die »Geburt des Fegefeuers« gemäß Jacques Le Goff erst im 12. Jahrhundert zu verorten ist.386 Dennoch erscheint Gregor für Le Goff als »der letzte Vater des Fegefeuers« nach Clemens von Alexandrien, Origenes und Augustinus.387 Und war für Augustinus die Existenz eines reinigenden Feuers hypothetischer Natur, ist es für Gregor eine in die Welt der Lebenden hineinreichende Realität.388 Verbunden mit seinen Überlegungen zum Fegefeuer ist Gregors Konzeption der Seelenmessen, die seither Eingang in die kirchliche Praxis gefunden hat. Gleichfalls damit in Zusammenhang steht Gregors Lehre vom Heiligen als fürbittendem Mittler vor 383 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 41, 3–4, S. 148. Vgl. Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 114. Zu Gregors Ansichten von Himmel und Hölle vgl. Altendorf, Entstehung des theologischen Höllenbildes, S. 31; Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 88f., zu seinen Vorstellungen eines Purgatoriums ebd., S. 158f.; generell Bernstein, Hell and its Rivals, S. 33–66. 384 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 45, S. 158/160. Vgl. Bernstein, Hell and its Rivals, S. 35. 385 Matthäus wird damit im Okzident zum ersten Mal herangezogen, um ein Läuterungsfeuer zu belegen, vgl. Ntedika, Évocation de l’au-delà, S. 107. Als Belegstelle aus dem Neuen Testament gilt, neben der Parabel um Lazarus und den reichen Prasser, 1 Kor 3,12–13. Vgl. Bernstein, Hell and its Rivals, S. 52 u. 171; Colpe u. a., Jenseits, Sp. 376; Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 60–62; Schwarz, Christliche Hoffnung, S. 104f., unter Hinweis auf die wenigen und sehr unkonkreten Belege der Bibel, die eine Lehre vom Fegefeuer nicht tragen. Entsprechend hat z. B. Beda Venerabilis – gemäß Isabel Moreira der erste, der eine Theologie des Purgatoriums entwickelt hat – Mt 12,31–32 niemals in Zusammenhang mit einem Purgatorium zitiert, vgl. Moreira, Heaven’s Purge, S. 22. 386 Vgl. Le Goff, Geburt des Fegefeuers, u. a. S. 14f. Ergänzend Ariès, Purgatoire. Fleischhack, Fegfeuer, S. 37, weist darauf hin, dass Gregor, anders als Augustinus, davon ausgegangen sei, dass nur kleine und minderschwere Sünden noch nach dem Tod gesühnte werden könnten. Knapp McGuire, Purgatory, S. 71; Vovelle, Abendländische Visionen, S. 464f. Gregor als »primary authority« für die hochmittelalterliche Ausformung des Fegefeuers bezeichnet Dal Santo, Philosophy, Hagiology and the Early Byzantine Origins of Purgatory, S. 42. 387 Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 110. 388 Vgl. Ntedika, Évocation de l’au-delà, S. 106. Wenngleich, darauf macht Moreira, Heaven’s Purge, S. 93, in Bezug auf Gregors Dialogi aufmerksam, »[t]here are times when it seems that the final book of the Dialogues is little more than a collation of fragmentary notes taken from reading Augustine’s work«.

Gregor ›der Große‹

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Gott,389 die jedoch, wie bereits mehrfach nachzuweisen war, nicht genuin auf Gregor zurückzuführen ist, sondern bereits in den Jahrhunderten zuvor einen bedeutsamen Stellenwert eingenommen hat. Gregor hat seine Vorstellung des Purgatoriums genutzt, um darüber hinausführende Gedanken anzuknüpfen. So muss, wenn Sünden nach dem Tod nicht unlösbar sind, die Gabe des heiligen Opfers im Diesseits auch den Verstorbenen im Jenseits zugutekommen. Beispielhaft erzählt Gregor die Geschichte des Mönchs Justus, der, entgegen der Regel im Besitz von drei Goldstücken, bei seinem Tod von seinen Brüdern gemieden und danach in der Düngerstätte begraben wurde. Den Abt, Gregor selbst, reute dieses Verhalten und er trug den Brüdern auf, dreißig Tage für den verstorbenen Bruder das heilige Opfer darzubringen. Daraufhin erschien Justus einem anderen Bruder im Schlaf und teilte ihm mit, er sei in die Gemeinschaft der Gerechten aufgenommen worden. Gregor geht somit nicht nur von einem jenseitigen Ort aus, an dem Sünden reingewaschen werden können, sondern bereits darüber hinaus. Er formuliert die das gesamte Mittelalter bestimmende Option, Verstorbenen aus dem Diesseits heraus Hilfe zuteilwerden zu lassen, um ihren Aufenthalt in den Feuerstrafen des Purgatoriums zu verkürzen; die Strafen der Hölle sind auch nach Ansicht Gregors ewig und können nicht beendet werden.390 Gregor hat die bis zu diesem Punkt konkretesten Vorstellungen eines Zustandes, wenn auch noch nicht dezidiert eines dritten Ortes zwischen Himmel und Hölle formuliert, der diese Funktion übernehmen soll: leichte Sünden noch nach dem Tod sühnen zu können. Im Grundsatz ist damit das Fegefeuer bereits geboren.391

389 Vgl. Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte 1, S. 262f. 390 Vgl. Gregor I., Dialogi IV, 57, S. 184–194. In dieser Geschichte erkennt Fleischhack, Fegfeuer, S. 37, den Ursprung der gregorianischen Seelenmessen. Vgl. zu dieser Episode Angenendt, Buße und liturgisches Gedenken, S. 44; Bernstein, Hell and its Rivals, S. 64f.; Laudage, Caritas und Memoria, S. 41f.; Lauwers, Mémoire des ancêtres, S. 87f.; Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 116f.; Moreira, Heaven’s Purge, S. 90–92. Zu weiteren Beispielen bei Gregor vgl. Atwell, From Augustine to Gregory the Great, S. 180f. Die Vorstellung, Toten durch Gebete zu helfen, ist bereits in der Antike nachweisbar, vgl. Neiske, Vision und Totengedenken, S. 138f., unter beispielhafter Nennung der Episoden um Thekla und Perpetua; jene rettete ihre Adoptivmutter mittels Gebeten, diese leistete ihrem Bruder Dinocrates Gebetshilfe. 391 Die Frage um den Ursprung des Fegefeuers ist, darauf wurde bereits hingewiesen, in vielfältigen Debatten geführt worden, die an dieser Stelle nicht vollständig aufgegriffen werden können bzw. sollen. Die theoretischen Grundlagen des Fegefeuers in Schriften des 2. und 3. Jahrhunderts hat Merkt, Fegefeuer, herausgearbeitet. Zwar gewinnt das Fegefeuer als drittem Ort zwischen Himmel und Hölle seine klaren Konturen erst, wie von Le Goff, Geburt des Fegefeuers, dargelegt, im ausgehenden 12. Jahrhundert, doch liegen, wie gezeigt werden konnte, klare und konkrete Ansätze bereits insbesondere bei Augustinus und Gregor dem Großen vor. Zusammengefasst bei Angenendt, Geschichte der Religiosität, S. 705–711.

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Todesvorstellungen in frühchristlicher Zeit

Gregor transportiert über seine zahlreichen Beispiele von Todesfällen der unterschiedlichsten Personen ein klares Bild, wie ein guter und christlicher Tod idealerweise abzulaufen hat. Dazu hat er neben den vielen als Vorbild dienenden Berichten auch negative und zur Vorsicht gemahnende Fallbeispiele eingeflochten. Von größter Bedeutung ist die konkrete Ausformulierung eines zwischen Himmel und Hölle anzusiedelnden, geographisch der Hölle zuzurechnenden Reinigungsfeuers, in dem leichte Sünder ihre Taten unter Qualen büßen, in der Folge aber in den Genuss der Seligkeit kommen können. Die Zeit der Sünder in diesem reinigenden Feuer ist einerseits abhängig vom eigenen, vorangegangenen irdischen Lebenswandel, kann aber andererseits durch die Hinterbliebenen, beispielsweise in Form von Gebeten, Gaben oder gelesenen Messen, nachträglich beeinflusst werden. Diese Form der Memorialkultur sollte das Mittelalter entscheidend prägen.

4.4

Zusammenfassung

Sterben, Tod und Nachleben nehmen bei den Kirchenlehrern der Spätantike eine eminent wichtige Rolle ein. Ambrosius, Augustinus und Gregor der Große haben sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt und wichtige Beiträge zum Verständnis und zum Umgang mit dem Tod geliefert. Alle führen die Idee der unsterblichen Seele fort, die nach dem Tod, vom Körper gelöst, Einzug in die Seligkeit nimmt. Damit folgen sie im Grundsatz Ideen und Annahmen der frühen griechischen Philosophie, insbesondere der platonischen Vorstellung. Auch wenn sie, insbesondere Ambrosius und Augustinus, zu leugnen versuchen, dass ihre Ansichten auf Platon zurückreichen, bleibt die Kontinuitätslinie von der Antike bis ins beginnende Mittelalter unverkennbar. Exemplarisch aufgezeigt werden kann dies anhand der Vorstellungen zum Nachleben, das nach Auffassung aller Autoren einer gewissenhaften Vorbereitung während der diesseitigen Existenz bedarf. Die Seele muss rein und von sämtlichen Verlockungen und Lastern ferngehalten werden, um schließlich in die Seligkeit eintreten zu können. Unterschiedliche Ansichten herrschen hinsichtlich der Rolle des Körpers, ebenso über die Differenzierung der Hölle. Während Ambrosius den platonischen Annahmen folgend den Körper als gering und vernachlässigbar einstuft, wertet ihn Augustinus als wichtigen Teil des Menschen, der folglich auch im Rahmen der zweiten Auferstehung, der des Fleisches, wieder mit der Seele verbunden wird. Die Trennung zwischen Himmel und Hölle bieten alle Texte, die Genese des Fegefeuers (purgatorium) ist jedoch ungleich schwerer nachzuverfolgen. Die Existenz eines weiteren, zwischen Himmel und Hölle liegenden Bereiches, der es Sündern nach Buße ihrer Taten ermöglichen könnte, nachträglich in den Genuss der Seligkeit zu gelangen, wird bei frühchristlichen Autoren noch

Zusammenfassung

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nicht gedacht. Allerdings gehen Überlegungen von Cyprian von Karthago, Clemens von Alexandrien392 und schließlich von Augustinus und Gregor dem Großen bereits in diese Richtung. Augustinus nahm ein reinigendes Feuer an, das es Sündern milderer Vergehen nach Buße ihrer Taten ermöglichen sollte, beim Jüngsten Gericht in die Schar der Gerechten aufgenommen zu werden. Voraussetzung war ein bußfertiges Leben im Diesseits. Ähnliche, mitunter konkretere Überlegungen zu einem Purgatorium finden sich bei Gregor dem Großen in Kombination mit dem Gebet für die Verstorbenen, um ihre Leidenszeit zu verkürzen. Das Zusammenwirken von Gebet und Verkürzung der Leidenszeit Verstorbener hatte Augustinus zwar nicht ausgeschlossen, aber doch nicht explizit formuliert. Übereinstimmung herrscht zwischen Augustinus und Gregor weiterhin bei der Analyse von Bestattung und Grablege. Eine Bestattung sei nicht zwingend notwendig, falls möglich, sei sie jedoch mit aller Würde durchzuführen. Der Ort ist nebensächlich, eine Bestattung im Kirchenraum bei dort beigesetzten Heiligen hat einen eher therapeutischen Aspekt für die Hinterbliebenen, bietet jedoch keine direkte Hilfe für die Verstorbenen. Für die nachfolgende Untersuchung entscheidend ist die Verbindung von Lebenden und Toten, die Möglichkeit der Einflussnahme von Lebenden auf das Schicksal Verstorbener. Sicher hat dies Augustinus noch nicht so deutlich formuliert, wie dies schließlich Gregor der Große getan hat, doch zeigt sich bereits die theoretische Konzeption eines reinigenden Feuers zwischen fleischlichem Tod und Jüngstem Gericht, mündend in der Annahme, für die Reinigung und den Sündenerlass der Toten könnten auch die Lebenden einen Beitrag leisten. Dieses Konzept ist elementar für die nachfolgenden Jahrhunderte, unabhängig davon, ob das Fegefeuer als kirchliche Lehre anerkannt wurde (erst 1274) oder nicht. Wenn Todesnachrichten von Bischöfen oder anderen Personen niedergeschrieben wurden, dienten sie in erster Linie der Erinnerung, dem positiven oder auch negativen Gedenken, somit der Vorbereitung des Verstorbenen auf das ewige Leben. Wird dieser Bericht besonders positiv oder sehr abwertend formuliert, hatte dies in der Vorstellung der Autoren und Leser entsprechend positive wie negative Folgen für die Verstorbenen. Für dieses Verständnis ist auf der einen Seite die Nebeneinanderstellung von Himmel und Hölle notwendig, verbunden mit den Konzepten der Unsterblichkeit der Seele und der fleischlichen Auferstehung. Diesem Dualismen steht auf der anderen Seite die Annahme eines, wenn noch nicht als dritter Ort, dann als vorläufiger Zustand definierten reinigenden Feuers gegenüber, das es möglich erscheinen lässt, dass mit dem Tod über Himmel und Hölle noch nicht endgültig entschieden ist. Die Lebenden spielen nunmehr für die Toten eine entscheidende Rolle, und schriftlich das Gedenken 392 Vgl. Fischer, Studien zum Todesgedanken, S. 313; Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 127f. u. 135f.

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Todesvorstellungen in frühchristlicher Zeit

an die Verstorbenen aufrechtzuerhalten, positiv wie negativ, ist der in unterschiedlichsten Formen am häufigsten gewählte Weg. Einher geht die zunehmende Furcht vor dem eigenen Nachleben mit einer seit dem 6. Jahrhundert steigenden Angst vor der Hölle. An die Stelle der optimistischen Annahme der frühen Jahrhunderte, jedem sei Erlösung gewiss, ist die sichere Überzeugung getreten, dass niemand vor der Hölle sicher sei. Volkstümliche Ausschmückungen der Hölle nehmen zu und bieten immer neue, oft brutalere und angsteinflößendere Szenarien. In dieser Umgebung wächst die Sorge der Menschen um ihr Nachleben, zugleich steigt ihr Bewusstsein, wie einerseits zu ihren Lebzeiten, andererseits aber auch noch nach ihrem Tod ihr jenseitiger Aufenthalt beeinflusst werden kann. Die Möglichkeiten dazu sind von den Kirchenvätern angedeutet worden und finden ihre endgültige Ausformung schließlich in den Jahrhunderten danach.393

393 Vgl. Minois, Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, S. 179.

5

Der vorbildliche Tod

Die bisherigen Ausführungen haben ein vor allem theoretisches Bild über den Prozess des Sterbens, die zuvor vollbrachten Werke sowie die Aussichten auf die Zeit nach dem Tod gezeichnet. Der einfache Mensch an sich, Leben und Sterben ausgesetzt, konnte diesen philosophischen und theologischen Ansichten kaum etwas für seine eigene Lebensführung entnehmen. Erst Gregor der Große hat seinen Ausführungen zahlreiche, vermeintlich aus dem Leben gegriffene Beispiele an die Seite gestellt, die jedoch eine äußerst wunderbehaftete und idealisierte Form angenommen haben. Wenn sich Autoren über Voraussetzungen und Möglichkeiten eines guten Todes mit all seinen Notwendigkeiten und positiven Aussichten argumentativ auseinandersetzen, dient dies der theoretischen Aufarbeitung, nicht der praktischen Umsetzung. Die Zeit der artes moriendi, der Anleitungen für einen guten Tod, liegt noch in weiter Ferne. Naheliegend als Vorbild wäre Jesus selbst als Bezwinger des Todes und erster, der in den Himmel aufgefahren ist. Doch birgt die imitatio Christi erhebliche Schwierigkeiten, weniger bei der Lebensführung, doch entscheidend beim Tod. Der gewaltsame Tod, die Hinrichtung am Kreuz, das Martyrium an sich sind für die wenigsten Gläubigen umzusetzen und erstrebenswert.394 Abhilfe schaffen in dieser Situation zwei Texte, die für die folgenden Jahrhunderte Anleitungen zu einem vorbildlichen Sterben geben: Zum einen die Vita des hl. Martin von Tours inklusive dreier bald darauf entstandener Briefe aus der Feder des Sulpicius Severus. Sulpicius, ein Zeitgenosse Martins, schuf mit diesem Werk im ausgehenden 4. Jahrhundert den Prototyp der okzidentalischen Heiligenvita – wenngleich Martins Tod erst in den Briefen erzählt wird – und trug mit dazu bei, Martin bis auf den heutigen Tag im Gedächtnis der Menschen zu verankern. Zum anderen der sogenannte Transitus Mariae, der Bericht über das Ableben der Gottesmutter Maria aus dem 5. Jahr394 Vgl. von der Nahmer, Vom Tod des Heiligen, S. 144. Wenngleich es natürlich Ausnahmen gibt. Exemplarisch haben Martin von Tours (4. Jh.) und Ansgar von Bremen (9. Jh.) gemäß ihrer Biographen zu Lebzeiten das Martyrium als ihr Lebensende erstrebt, ohne es erlangt zu haben.

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Der vorbildliche Tod

hundert, der nicht zum Kanon der Bibel zählt, im Mittelalter dennoch große Popularität und Verbreitung erfuhr.395 Ist bisher die Vorstellung von Sterben, Tod und Nachleben in antiker und frühchristlicher Zeit untersucht worden, sollen die dabei gewonnenen Erkenntnisse nun auf konkrete Textzeugnisse angewendet werden.

5.1

Die Vita sancti Martini des Sulpicius Severus und deren Fortsetzungen

5.1.1 Die Vita sancti Martini Mit der Vita396 des hl. Martin tritt zum ersten Mal selbst ein Bischof als Protagonist in den Fokus dieser Studie.397 Die Vita sancti Martini Sulpicius Severus’398 bildet dazu als im Bereich der hagiographischen Literatur in Mitteleuropa vorbildhaftes und vielfach nachgeahmtes Werk den Einstiegspunkt;399 wenn395 Die Darstellung eines modellhaften, aber auch nachahmbaren Ablebens ihres Protagonisten ist den meisten Viten gemein, vgl. Lauwers, La mort et le corps des saints, S. 21. Die im Folgenden vorgestellten Beispiele nehmen aufgrund ihrer breiten Rezeption im Mittelalter eine herausgehobene Stellung ein. 396 Unter einer (hagiographischen) Vita wird die Lebensbeschreibung einer heiligen oder heiligmäßigen Person verstanden. Ihr idealtypisch beschriebenes Leben sowie die nachfolgend eintretenden Wunder dienen als Beleg der Existenz Gottes zwischen Himmelfahrt und der Wiederkehr Jesu. Hinzu kommt die Intention, über die Vita des Gründers eines Klosters oder Bistums zu gedenken, aber auch der Aspekt der Absicherung als im Dienst eines Heiligen stehend. Vgl. Vollmann, Vita. Zur notwendigen Trennung des Abfassungsgrundes einer Vita einerseits zum Beleg der Göttlichkeit in der Welt sowie andererseits aus einer konkreten historischen Situation heraus vgl. Coué, Hagiographie im Kontext, S. 5f.; Lauwers, La mort et le corps des saints, S. 29f. Eine Einführung in die Forschungsgeschichte der Hagiographie (bis zur Mitte des 20. Jh.) bieten Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 25– 39; Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 112–118. Letzterer macht (S. 114) auf die nicht förderliche und zutreffende Trennung zwischen hagiographischer und biografischer Vita aufmerksam, auch im ersten Fall könne sich ›Realität‹ abgebildet finden, beide somit dem Genus der Geschichtsschreibung zugeordnet werden. Eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Genre der Hagiographie in Spätantike und Frühmittelalter findet sich in Kapitel 6.2.3. 397 Wenngleich Zweifel angebracht worden sind, ob die Vita Martins als Bischofsvita zu bezeichnen ist. Vgl. Schieffer, Bischof zwischen civitas und Königshof, S. 20 mit Anm. 31. 398 Zu Sulpicius und der Abfassung der Martinsvita vgl. Fontaine, Introduction, S. 17–134; Frank, Martin von Tours, S. 21–28. 399 Vgl. Heinzelmann, Hagiographie mérovingienne. Panorama des documents potentiels, S. 33; Loyen, Miracles de saint Martin, S. 148; Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 112. Zu den Traditionen der antiken Biografie und jüdisch-christlichen Vorbildern vgl. Fontaine, Introduction, S. 59–71. Zur Rezeption in den nachfolgenden Jahrhunderten vgl. Leclercq, Martin dans l’hagiographie monastique; Schreiner, Vom Soldaten des Kaisers zum Soldaten Christi, S. 30–45. Zu Martin und der

Die Vita sancti Martini des Sulpicius Severus und deren Fortsetzungen

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gleich Sulpicius zunächst kein Wort über den Tod Martins verliert und diese Lücke erst in nachträglich verfassten Briefen schließen konnte. Von Belang ist zunächst, welche Wahrheiten der Autor aus dem Geist seiner Zeit zu konstruieren sich zu erlauben glaubte.400 Dies ist nicht der Ort, um die strukturelle Anlage sämtlicher Viten auf ihre Richtigkeit hin zu untersuchen, die Möglichkeit und Notwendigkeit dessen wäre ohnehin diskutabel. Von Interesse ist die Anlage der Todesschilderungen sowie möglicherweise darauf hinführende Zeichen oder Geschehnisse, die unabhängig von darin eventuell enthaltenen realistischen Facetten zu untersuchen sind.401 Die Ergebnisse der Analyse sollen den Lebensbeschreibungen von Ambrosius und Augustinus gegenübergestellt werden. Beide Kirchenlehrer haben bald nach ihrem Ableben eine eigene Vita erhalten, wodurch sich gegenüber der Vita Martins dreierlei Vergleichsmöglichkeiten bieten: 1. Inwiefern weist der Tod des Bischofs im Allgemeinen auf Grundlage dreier früher Beispiele der hagiographischen Literatur – unter Berücksichtigung der um drei Briefe des Sulpicius erweiterten Martinsvita, worin auch Martins Tod eine ausführliche Darstellung erfährt – Gemeinsamkeiten oder Unterschiede auf ? 2. Inwiefern hat die Vita sancti Martini tatsächlich vorbildhafte Strukturen für nachfolgende Viten abgegeben? 3. Inwiefern haben Ambrosius und Augustinus, gemäß ihrer Viten, einen Tod gefunden, der mit ihren eigenen theoretischen Konzeptionen von Leben, Tod und daraus resultierendem Nachleben übereinstimmt?402 Martin wurde wohl im Jahr 371 zum Bischof von Tours berufen.403 Das Bischofsamt hatte sich in den vorangehenden Jahrhunderten stark gewandelt, neu

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Ausbreitung des von ihm initiierten Kultes vgl. Ewig, Martinskult im Frühmittelalter, S. 14– 20, zu den Anfängen und, S. 23–25, zur zweiten Hochzeit unter den Karolingern; Frank, Martin von Tours, S. 54–60; Geary, Merowinger, S. 145–147; Prinz, Frühes Mönchtum im Frankenreich, S. 19–46. Exemplarisch zur Verbreitung des Martinskultes in Italien (Monte Cassino, Pavia, Padua, Ravenna, Lucca) vgl. Judic, Modèles martiniens; zu Martins Einfluss auf die Genese des Mönchtums von der Nahmer, Martin von Tours. Zum Wandel der Märtyrerverehrung der Verfolgerzeit zur Verehrung von Heiligen, die nicht mehr erlittenes Leid, sondern ihre gute Lebensführung auszeichnet, vgl. Schoberth, Mitten im Leben, S. 297; Uytfanghe, Hagiographie en occident, S. 36. Vgl. bereits die Vorbemerkungen in Kapitel 2.3. Der Vita Martins von Tours ist bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Babut, Saint Martin de Tours, vorgeworfen worden, im Großen und Ganzen eine fiktionale Zusammenstellung zu sein. Dieser rigorosen Annahme ist insbesondere durch Fontaine im Rahmen seines monumentalen Kommentars der Vita widersprochen worden, präzisiert von Stancliffe, Martin and His Hagiographer. Zusammenfassung des Forschungsgangs bei Barnes, Early Christian Hagiography, S. 200–203; Rosen, Der heilige Martin, S. 63f. Vgl. zu dieser Frage bereits von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 309. Vgl. knapp zum Lebenslauf des ›historischen‹ Martin Huber-Rebenich, Nachwort, S. 104f. Ein kurzes Lebensbild unter Einbezug der zahlreichen, oft widersprüchlichen Quellen bieten Heinzelmann, Gallische Prosopographie, S. 647; Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1267–1279; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 197–

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Der vorbildliche Tod

orientiert und verankert. Die Bischof nahm Funktionen als »erster Glaubenslehrer, Liturge und Seelsorger, dazu noch als Verwalter des Kirchenvermögens« wahr.404 Der Rückgang römischer Verwaltungsstrukturen eröffnete dem Episkopat den Zugriff auf verschiedene Teile der städtischen Verwaltung.405 Auch wenn der Einfluss späterer Jahrhunderte noch nicht erreicht war, kann bereits für das 4. Jahrhundert ein Machtzuwachs der Bischöfe konstatiert werden.406 Vielfältige Aufgaben sind ihnen übertragen und ihr Amt – gegenüber dem Priestertum – aufgewertet worden.407 Bischöfe hätten folglich, neben der »ausschließliche[n] Sachverständigkeit« in geistlichen Angelegenheiten, durch ihre auf Synoden gefällten Urteile eine Basis geschaffen, auf die die römischen Kaiser in ihren Urteilen oft zurückgegriffen hätten, auch hinsichtlich der Handlungsanweisungen für die Beamten, worin ihr deutlicher Machtzuwachs anschaulich zutage tritt.408 Deutlich wird dies am im Laufe des 5./6. Jahrhunderts an den Episkopat übertragenen ehemals staatlichen Schutzamt über die Stadt (defensor).409 Dem Episkopat gelang es, den bisher vorherrschenden comes civitatis teils

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199. Ausführlicher Delage, Auditeurs des champs; Delville, Martin de Tours. Zuletzt ist Martin durch Rosen, Martin von Tours, ein umfangreiches Lebensbild gewidmet worden. Vgl. dort zu seiner vorbischöflichen Zeit S. 45–81. Zur Frühgeschichte der Stadt Tours hat Pietri, Ville de Tours, eine umfassende Studie vorgelegt. Angenendt, Martin, S. 98. Die Bischöfe stellten die höchste moralische, ein Vorbild generierende Instanz, vgl. Lizzi Testa, Late Antique Bishop, S. 527. Vgl. Ferguson, Bishop, S. 153; Pennington, Bischof, Bischofsamt. Allgemein, Spätantike; Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity. Vgl. Gessel, Spätantike Stadt und ihr Bischof, S. 13f. Ebd., S. 11f. u. 27f., zu den grundlegenden Aufgaben von Bischöfen spätrömischer Städte; Wünsch, Heilige Bischof, S. 263. Vgl. Baumgart, Bischofsherrschaft, S. 23; Fontaine, Bishop in the Western Church, S. 2f. Bedeutsam für die rasch zunehmende Bedeutung der Bischöfe sind ihnen durch Konstantin den Großen zugestandene Privilegien. Vgl. Lizzi Testa, Late Antique Bishop, S. 528–32. Nur eine geringere Bedeutung räumt den konstantinischen Privilegien dagegen Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity, ein. Zum bischöflichen Amt gemäß den spätantiken Rechtsverfügungen vgl. Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity; Noethlichs, Materialien zum Bischofsbild. Vgl. Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 33; dazu (S. 51) eine knappe Zusammenfassung der Genese des Episkopats im 4. und 5. Jahrhundert. Vgl. Baumgart, Bischofsherrschaft, S. 23. Eine Übersicht bischöflicher Aufgabenfelder in der Diözese im ausgehenden 4. und 5. Jahrhundert, darunter die Verbindung zum Klerus, Klöster- und Landpfarreienpolitik, Missionierungsaufgaben, Bautätigkeit, Verwaltung von Kirchengut sowie bischöfliche Jurisdiktion in geistlichem und weltlichem Bereich, sowie in der civitas, dort insbesondere caritative Aufgaben, findet sich bei Gassmann, Episkopat in Gallien, S. 146–192. Knapp Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 44. Vgl. Anton, Bischof und civitas, S. 373; Beaujard, L’évêque dans la cité en Gaule, S. 132f.; Prinz, Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 4f.; Schieffer, Bischof zwischen civitas und Königshof, S. 21. Kritischer diesbezüglich Gassmann, Episkopat in Gallien, S. 190–192. Die generelle Unvereinbarkeit der bischöflichen Verteidigungspflicht auf der einen und das dem geistlichen Stand kanonisch untersagte Waffenhandwerk auf der anderen Seite problematisiert Prinz, Klerus und Krieg, S. 5–8.

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zu verdrängen, teils gleichberechtigt zu diesem Aufgaben wahrzunehmen.410 Die Aufwertung des Bischofsamtes durch den eminenten Machtzuwachs ließ dieses als Krönung einer weltlichen Laufbahn im Staatsdienst erscheinen und wurde vielfach auch als solches erstrebt.411 Gleichzeitig veränderten sich die Kriterien zur Auswahl passender Kandidaten für dieses Amt; festzustellen ist eine Verschiebung von moralischen und religiösen zu nobilistischen und genealogischen Eigenschaften. Kein Kleriker, sondern ein Verwaltungsbeamter mit rühmenswerten Vorfahren, die bereits ihrerseits wichtige Funktionen im Staat übernommen hatten, galt als Idealbesetzung des Bischofsamtes.412 Beispiele für einen solchen Lebensweg, für solche »episcopal bureaucrats« sind Ambrosius und Augustinus.413 Ebenfalls zu dieser Zeit setzte die Entwicklung ein, dass zunehmend auch Bischöfe neben Märtyrern, Bekennern und anderen Heiligen als verehrungswürdig und wundertätig eingestuft wurden, ihnen eine besondere Aura zugesprochen wurde.414 Dies findet seinen Niederschlag in der zunehmenden Zahl an Bischofsviten. Allerdings entspricht der Turoner Bischof Martin diesem Idealbild eines spätantiken Bischofs in keinem Punkt, er verkörpert vielmehr das genaue Gegenteil des geschilderten Karriereweges.415 Nicht verwunderlich ist daher die an mehreren Stellen, nicht nur in der Vita, durch Sulpicius überlieferte Distanz, die von anderen Bischöfen Martin gegenüber eingenommen, der Hass, der von diesen ihm gegenüber an den Tag gelegt worden ist.416 Bereits bei der vom Volk betriebenen Wahl Martins zum Bischof von Tours hatten andere Bischöfe ihr 410 Vgl. Ennen, Bischof und mittelalterliche Stadt, S. 32f.; Prinz, Klerus und Krieg, S. 52; ders., Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 25; Scheibelreiter, Frühfränkische Episkopat, S. 142; ders., Bischof in merowingischer Zeit, S. 175f. Vgl. zum Grafenamt dieser Zeit immer noch Claude, Untersuchungen zum frühfränkischen Comitat. 411 Vgl. Geary, Merowinger, S. 42; Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 25; Jussen, Bischofsherrschaften, S. 685; Prinz, Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 9; Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity, S. 192–194; Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 111f.; Schieffer, Bischof zwischen civitas und Königshof, S. 21; Scholz, Merowinger, S. 24f. 412 Vgl. Angenendt, Martin, S. 99, unter Bezugnahme auf die bemerkenswerte ›Stellenbeschreibung‹ Sidonius Apollinaris’ im Zuge der Besetzung des Bischofsstuhles von Bourges. Vgl. Sidonius Apollinaris, Briefe VII, 9, S. 52–61. Kritische Auseinandersetzung mit Sidonius’ Bericht bei Gassmann, Episkopat in Gallien, S. 105–108. Ebd., S. 119–144, auch Einblicke in die keineswegs einheitlichen Formen der Bischofsbesetzung im 5. Jahrhundert. Vgl. zu Sidonius’ Bericht auch Hanson, Church in Fifth-Century Gaul, S. 4–6; Jussen, Bischofsherrschaften, S. 705; Prinz, Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 9–11; Schieffer, Bischof zwischen civitas und Königshof, S. 20f. 413 Vgl. Angenendt, Martin, S. 98. Zitat bei Lizzi Testa, Late Antique Bishop, S. 536. 414 Vgl. Lizzi Testa, Late Antique Bishop, S. 537. 415 Vgl. Beard, Public Displays of Asceticism, S. 40; Jussen, Bischofsherrschaften, 701; Schreiner, Vom Soldaten des Kaisers zum Soldaten Christi, S. 28f. 416 Vgl. Sulpicius Severus, Vita sancti Martini 27, 3, S. 314. Vgl. Fontaine, Commentaire, S. 1111–1113; Hoster, Form der frühesten lateinischen Heiligenviten, S. 105–109.

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Veto eingelegt, nicht jedoch aus religiösen, sondern oberflächlichen Gründen: Martin sei unwürdig, sähe heruntergekommen aus und kleide sich mit abgetragenen Gewändern.417 Sehr bewusst wird Martin durch Sulpicius von der übrigen Gruppe der Bischöfe distanziert und als einzig wahrer Repräsentant des Bischofsamtes über den gesamten Verlauf der Vita, und sogar darüber hinaus, dem Leser präsentiert.418 Nur die Schilderung über den Tod Martins lässt zunächst, aus einem einfachen Grund, keine Rückschlüsse zu: da Sulpicius die Vita noch zu Lebzeiten Martins, wahrscheinlich 396 oder in Martins Todesjahr 397, vollendet hatte, entbehrt sie einer Darstellung des Todes; dies spricht für eine deutliche Dringlichkeit in der Abfassung.419 John Marcus Beard bewertet die durch Sulpicius vollzogene Zusammenführung von Asketentum und Bischofsamt als Hilfestellung, eine neue Balance zwischen Asketen und Bischöfen im sich wandelnden Reich zu etablieren.420 Anders als Viten späterer Jahrhunderte, die für den Gebrauch innerhalb der Liturgie konzipiert wurden und ein breites Publikum erreichten, lässt sich, trotz der beeindruckend schnellen Verbreitung der Vita, der Rezipientenkreis in Gestalt einer exklusiven Gruppe von Aristokraten zusammenfassen.421 Die Vita Martins lässt sich in drei Blöcke teilen: Martins Lebensweg, seine als Bischof gewirkten Wundertaten sowie abschließend eine erneute Schilderung der Qualitäten Martins.422 Vor seiner Erhebung zum Bischof erregen im Rahmen dieser Arbeit insbesondere drei Ereignisse Aufmerksamkeit. Am Beginn steht seine erstmalige Begegnung mit dem Teufel. Dieser prophezeite Martin, sich ihm sein Leben lang entgegenzustellen, wovon sich Martin, vom Glauben bestärkt,

417 Vgl. Sulpicius Severus, Vita sancti Martini 9, 3, S. 270 u. 272. Vgl. zur Bischofswahl Martins Fontaine, Commentaire, S. 648; Gauthier, Évêque Martin et la ville de Tours, S. 251f.; Norton, Episcopal Elections, S. 72f. 418 Sulpicius greift diesen Punkt u. a. noch einmal in seinen wahrscheinlich 403/404 oder 406 entstandenen Dialogi auf. Vgl. Sulpicius Severus, Dialogi 1, 2, 3–4, S. 108 u. 110. Vgl. Dam, Images of Saint Martin, S. 3; Rosen, Der heilige Martin, S. 61. Darüber hinaus unterhielt Martin nur eine lose Verbindung zu seiner Bischofsstadt – keine der Episoden innerhalb seiner Vita ist tatsächlich in Tours angesiedelt –, was keineswegs der Norm entsprach; vgl. McKinley, First Two Centuries of Saint Martin of Tours, S. 182; Pietri, Ville de Tours, S. 84–87. 419 Zu Gründen vgl. Elm, Macht der Weisheit, S. 82. Zur Datierung vgl. Huber-Rebenich, Nachwort, S. 103. Zum für eine Vita überraschenden Fehlen des Todesberichts vgl. von der Nahmer, Martin von Tours, S. 9. 420 Vgl. Beard, Public Displays of Asceticism, S. 36. Zur Bedeutung der schließlich asketischen Stilisierung der gallischen Bischöfe im 5. und 6. Jahrhundert vgl. Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 102–114. 421 Vgl. Heinzelmann, Neue Aspekte der biographischen und hagiographischen Literatur, S. 34f. 422 Vgl. Sulpicius Severus, Vita sancti Martini 2–10, 11–24 und 25–27. Eine detailliertere Einteilung bietet Huber-Rebenich, Nachwort, S. 92f.

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gänzlich unbeeindruckt zeigte.423 Grundsätzlich erscheint der Teufel als Inkarnation des Bösen, die Martin mehrfach in unterschiedlichster Gestalt gegenübertritt, als »Martin’s principal nemesis« innerhalb der Vita.424 Nach seiner Gründung einer Einsiedlergemeinschaft in der Nähe von Poitiers werden innerhalb der Vita zwei Totenerweckungen, somit zwei Wundertaten berichtet.425 Deutlich früher als Gregor der Große, der zahlreiche Beispiele derartiger Taten in seine Dialogi einflocht,426 weist bereits Sulpicius die Erweckung Verstorbener als Eigenschaft eines Heiligen aus. Beard macht darauf aufmerksam, dass die Wunderkräfte Martins erst ab dem Augenblick deutlich würden, nachdem er als Exorzist Teil der kirchlichen Hierarchie, sein asketisches Leben von kirchlichen Bahnen geleitet wurde. Folglich seien auch Martins spätere Leistungen mehr mit dem ihm angetragenen Bischofsamt in Verbindung gebracht worden denn mit seiner Askese.427 Zunächst widmen wir uns den Totenerweckungen. Ein Katechumene, der sich der Gemeinschaft Martins erst kurz zuvor angeschlossen hatte, war an Fieber erkrankt und bald darauf in Abwesenheit Martins gestorben. Der Tod war derart schnell eingetreten, dass der Katechumene, wie besonders betont wird, ohne Taufe (absque baptismo) gestorben war. Bei seiner Rückkehr war Martin tief betroffen, schloss sich mit dem Verstorbenen ein und begann inbrünstig zu beten. Eingedenk der Charakteristika eines wünschenswerten Todes ist offensichtlich, weshalb Martin großen Wert auf die Wiederbelebung des jungen Mannes legte, drohte ihm doch ohne Taufe ewige Qual in der Hölle. Bald bemerkte Martin, dass infolge seines Gebets die Wunderkraft Gottes wirksam wird (sensissetque per spiritum Domini adesse virtutem) und nicht lange danach regte sich der Verstorbene und kehrte unter die Lebenden zurück.428 Martin lasse sich 423 Vgl. Sulpicius Severus, Vita sancti Martini 6, 1–2, S. 264. 424 Goodrich, Satan and the Bishops, S. 85. Zum grundsätzlichen Gegensatz zwischen dem Teufel als Symbol des Bösen sowie den diesem gegenübergestellten Engeln, der in der Vita Martins im Speziellen sowie generell in den Texten der damaligen Zeit weit verbreitet war, vgl. Loyen, Miracles de saint Martin, S. 151. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte nimmt die Erscheinung des Teufels als Gegenspieler des Heiligen deutlich ab, vgl. Dinzelbacher, Angst im Mittelalter, S. 28; Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 71f. 425 Innerhalb der Dialogi wird noch eine dritte Totenerweckung geschildert (Sulpicius Severus, Dialogi 2, 4, 4–7, S. 234/236). Grundsätzlich zu den Wundertaten Martins innerhalb der Vita vgl. Loyen, Miracles de saint Martin. Zu den Totenerweckungen Martins vgl. auch Donaldson, Martin of Tours, S. 60–65. 426 Vgl. Kapitel 4.3. 427 Vgl. Beard, Public Displays of Asceticism, S. 45. 428 Vgl. Sulpicius Severus, Vita sancti Martini 7, 1–3, S. 266 u. 268 (1. Zitat S. 266, 2. S. 268). Vgl. Fontaine, Commentaire, S. 616–623; Moreira, Plucking Sinners Out of Hell, S. 42f. Noch in der Legenda Aurea des Jacobus de Voragine aus dem 13. Jahrhundert findet sich eine eng an Sulpicius’ Vita angelehnte Lebensbeschreibung Martins, ergänzt um Berichte aus Sulpicius’ Briefen und Dialogen, die auch die Episoden um seine Totenerweckungen nicht ausspart. Vgl. Jacobus de Voragine, De sancto Martino, Legenda Aurea c. 166, S. 2140–2165.

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anhand dieser Tat, so Arnold Angenendt, als »Gottesmensch« charakterisieren, als Mensch, der asketisch lebt, auf Sexualität verzichtet, spärlich isst und schläft sowie nur einfache Gewänder trägt.429 Für das Erlangen der Gabe Gottes waren Askese und Gebet Voraussetzungen, die Gabe Gottes ermöglichte es, Wunder zu wirken und sich gegen den Teufel zu schützen.430 Auf diese Weise gelingt es Martin, dem für das ganze Mittelalter stilprägenden Prototypen des ›Gottesmenschen‹ und seinen virtutes,431 auf der einen Seite Wundertaten zu wirken und sich auf der anderen Seite gegen die permanenten Angriffe des Teufels zu wappnen. Virtutes sind dabei nicht allein Ausweis der göttlichen Macht, sondern auch Zeichen des asketisch und tugendhaft lebenden Heiligen.432 Die gewirkten Wundertaten geschehen dabei aber einzig aus Gott heraus, dienen dem Nachweis seiner Wirkmacht, nicht dem Ruhm des Wirkers.433 Der von Martin wiederbelebte Katechumene konnte einen knappen Eindruck vom Jenseits geben. Er wurde vor einen Richtstuhl geführt und verurteilt, mit allerlei Gesindel an einem finsteren Ort zu verweilen. Dann wurde dem Richter – um wen es sich hierbei handelt, bleibt unkonkret434 –, zugetragen, Martin bete für den Katechumenen, woraufhin dieser zu den Lebenden zurückgeführt wurde.435 Diese Szene bleibt in vielen Punkten unklar, lässt dennoch Schlussfolgerungen zu. Zwar bleibt offen, wer als Richter über den Katechumenen urteilte, doch erfolgte dies unmittelbar nach dem Ableben. Gemäß gängiger Vorstellung – erinnert sei an Augustinus – sollte zwischen Tod sowie Auferstehung und Jüngstem Gericht eine zeitliche

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Eine leicht abgewandelte Fassung bietet Gregor von Tours, Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi IV, 30, S. 207. Eine gelähmte Frau, so berichtet Gregor, kam zum Kloster nach Ligugé und bat um Heilung, wie dereinst Martin an gleichem Ort einen Verstorbenen aus der Unterwelt (infernum) zurückgeholt hatte. Sulpicius Severus hat nicht konkretisiert, wo sich der Katechumene nach seinem Ableben aufgehalten hat, nur allgemein von einer Gerichtssituation gesprochen. Gregor ordnet Martin hingegen Jesus bei, der seinerseits ebenso, wenn auch persönlich, in die Unterwelt herabgestiegen war, um die alttestamentlichen Väter in die Seligkeit zu führen. Vgl. Moreira, Plucking Sinners Out of Hell, S. 44f. Vgl. Angenendt, Martin, S. 89; ders., Der Heilige: auf Erden – im Himmel, S. 30, 32 u. 35f.; ders., Geschichte der Religiosität, S. 160–162; ders., Heilige und Reliquien, S. 22f. u. 69–88. Vgl. bereits Bieler, Bild des »göttlichen« Menschen. Zum göttlichen Menschen in Antike und Bibel vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 129–136, zu diesem konkreten Fall S. 151. Vgl. Angenendt, Martin, S. 90–93; ders., Heilige und Reliquien, S. 21f. Vgl. Angenendt, Martin, S. 94. Gerade in der Erinnerung an den Wunder wirkenden Martin habe auch der Ursprung des in seinem Namen begründeten Kultes gelegen, vgl. Rosen, Der heilige Martin, S. 77, der jedoch die Bedeutung der Vita in diesem Prozess grundsätzlich als eher gering einschätzt (S. 78). Vgl. Heinzelmann, Funktion des Wunders, S. 32. Vgl. Uytfanghe, Heiligenverehrung, Sp. 178. Zu den Wundern Martins vgl. Milhau, Vertus de saint Martin; von der Nahmer, Martin von Tours, S. 4 Anm. 12 (»Martin ist nicht Wundertäter, sondern Beter«). Vgl. Fontaine, Commentaire, S. 629. Vgl. Sulpicius Severus, Vita sancti Martini 7, 6, S. 268. Diese Episode findet sich ebenfalls noch in der Legenda Aurea, vgl. Jacobus de Voragine, Legenda Aurea 2 c. 166, S. 2144/2146.

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Distanz liegen; hier wird eine Gerichtsszene unmittelbar im Anschluss an das Ableben angenommen. Die Aussicht, an einem finsteren Ort, augenscheinlich der Hölle, als Ungetaufter die Zeit zu verbringen, entspricht den damaligen Vorstellungen, doch muss offenbleiben, ob es sich tatsächlich um das endgültige Gericht oder einen, so bereits von Augustinus angenommenen Ausblick auf die zu erleidenden Strafen nach dem Jüngsten Gericht handelt. Damit wäre bereits hier, möglicherweise von Origenes beeinflusst, ein Hinweis auf einen zwar strafenden, dabei aber reinigenden Ort gegeben, somit ein später Fegefeuer genannter Bereich,436 für den ein Partikulargericht unmittelbar nach dem Ableben Voraussetzung ist. Weit interessanter ist darüber hinaus die mögliche Einflussnahme Martins, eines Lebenden, auf die Geschicke eines Verstorbenen. Sicher, Martin ist kein gewöhnlicher, sondern von Gott Ausersehener und Erwählter, dennoch erachtet Sulpicius die Einflussnahme Lebender auf andere über deren Tod hinaus, lange vor Papst Gregor I., grundsätzlich für möglich. Nach dieser ersten Erweckung eines Toten wiederholte Martin, immer noch vor seiner Wahl zum Bischof von Tours, dieses Wunder an einem Sklaven.437 Dieser Fall und seine Umstände geben Rätsel auf. Zunächst hat Martin, dem unmittelbar danach das Bischofsamt von Tours übertragen wurde, gemäß der Vita keine weitere Totenerweckung mehr vorgenommen. Es hat den Anschein, als habe der göttliche virtus infolge der Belastungen durch das Bischofsamt Martin nicht mehr in der Intensität zur Verfügung gestanden, habe Martin nicht mehr die Zeit und Muße für Einkehr und Gebet aufbringen können, um ein derartiges Wunder wie die Wiederbelebung eines Toten erneut vollbringen zu können.438 Zuvor aber brachte er einen Sklaven zurück ins Leben, der sich, dies gilt es zu beachten, zuvor das Leben genommen hatte.439 Martin trat daraufhin in die Kammer mit dem aufgebahrten Leichnam, legte sich über diesen und betete, bis sich die Züge des Sklaven zu regen begannen.440 Sulpicius beschreibt diese Er436 Vgl. Kapitel 4.2, Anm. 325. 437 Auf die offensichtliche Übereinstimmung der Totenerweckungen Martins mit biblischen Vorbildern (2 Kön 4,33–35; Mk 5,40–42; Apg 9,40) weist nicht zuletzt Frank, Martin von Tours, S. 34, hin. 438 Vgl. auch Sulpicius Severus, Dialogi 2, 4, 1, S. 232. Den gleichen Hinweis gibt noch Gregor von Tours in seinen Decem libri historiarum, vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 48, S. 32. Vgl. Rosen, Der heilige Martin, S. 68. McKinley, First Two Centuries of Saint Martin of Tours, S. 176, erachtet die Totenerweckungen Martins als Höhepunkt einer durch Sulpicius angelegten Entwicklung. 439 Vgl. Sulpicius Severus, Vita sancti Martini 8, 1–2, S. 270. Auch hier bietet Gregor von Tours, Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi I, 21, S. 205, eine leicht abgeänderte Geschichte, ohne die Episode um den Sklaven überhaupt zu nennen. In dieser Geschichte erbittet ein zum Tod durch den Strick Verurteilter die Hilfe Martins und überlebt. Statt eines Selbstmörders tritt ein reumütiger Verbrecher auf, der besser in das Bild Gregors gepasst haben mag. Vgl. Moreira, Plucking Sinners Out of Hell, S. 48f. 440 Vgl. Sulpicius Severus, Vita sancti Martini 8, 2–3, S. 270.

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weckung nicht so ausführlich wie die vorangehende, auch der Sklave selbst, anders als der Katechumene, war Martin nicht persönlich bekannt. Dass es sich bei dem Sklaven um einen Selbstmörder, einen Sünder nach damaligem Verständnis, handelt, der allein durch diese Tat seine Aussicht auf das Seelenheil verspielt hat, lässt die Szene noch unerklärlicher erscheinen.441 Zudem steht der Sklave durch die Verwendung des explizit genannten Stricks in einer Tradition mit Judas Iskariot, der sich ebenfalls auf diesem Weg das Leben genommen hatte.442 Dennoch scheinen die Leute um den Sklaven getrauert zu haben. Es entsteht ein unstimmiges Bild zwischen Judas auf der einen sowie einem Märtyrer auf der anderen Seite, der den Drangsalen des Sklavenstandes entronnen ist. Naheliegend, warum Sulpicius diese Episode eingefügt hat, ist sicher die Annahme von Huber-Rebenich, durch die Unterstützung eines Sklaven und darüber hinaus sogar noch eines Selbstmörders werde die überaus große Barmherzigkeit Martins besonders unterstrichen.443 Doch sind auch andere Gründe denkbar. Es wird vermutet, dass Sulpicius – neben der unwahrscheinlichen Annahme, er habe den streng asketischen Lehren Priscillians nahegestanden444 – Verfechter der Lehre von der Apokatastasis des Origenes gewesen ist.445 Grundlage innerhalb der Vita bildet eine weitere Begegnung Martins mit dem Teufel.446 Dieser beschimpfte Martin, er hätte Sünder wieder in sein Kloster aufgenommen, wo doch Verbrecher keinerlei Aussicht auf Gnade hätten. Martin antwortete daraufhin: »Selbst dir, du Elender, würde ich, wenn du aufhörtest, den Menschen nachzustellen, und deine Untaten – auch noch jetzt, da der Tag des Gerichts ganz nahe ist – bereutest, im festen Vertrauen auf den Herrn Jesus

441 Vgl. zur Wertung des Selbstmordes Signori, Rechtskonstruktionen, S. 21–25. Murray, Suicide in the Middle Ages, S. VII, weist auf diesen Fall als eines der wenigen nachzuweisenden Beispiele von Selbstmorden im beginnenden Mittelalter bis zum 9. Jahrhundert hin, ohne ihm weitere Beachtung zu schenken. Verwiesen sei auf Augustinus’ rigide Ansicht, wie er sie in De civitate Dei vorgebracht hat, vgl. Kapitel 3.2.2, Anm. 241. 442 Vgl. zum Tod des Judas Kapitel 3.2.2. Zu Galgenbefreiungswundern vgl. Gaiffier, Theme hagiographique; Lotter, Heiliger und Gehenkter, die jedoch auf diesen Fall nicht weiter eingehen. 443 Vgl. Huber-Rebenich, Nachwort, S. 82 zu Anm. 63. Interessanterweise wird exemplarisch in der Legenda Aurea die zweite Totenerweckung durch Martin zwar berichtet und auch, dass es sich um einen Menschen gehandelt hat, der sich zuvor erhängt hatte, doch bleibt unerwähnt, dass es ein Sklave war und dass um ihn getrauert worden ist. Grundsätzlich ist die Episode auf einen knappen Satz zusammengekürzt worden. Vgl. Jacobus de Voragine, Legenda Aurea 2 c. 166, S. 2146. 444 Vgl. Prinz, Testfall. Zum Priscillianerstreit und Martins Rolle darin vgl. auch Rosen, Martin von Tours, S. 135–151. 445 Vgl. Vorgrimler, Geschichte der Hölle, S. 96–98. Eine Begriffsbestimmung des Wortes Apokatastasis sowie ein Plädoyer für eine alternative Nutzung von Allversöhnung bietet Rosenau, Allversöhnung, S. 26–35. 446 Vgl. Goodrich, Satan and the Bishops, S. 84.

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Christus, Barmherzigkeit verheißen.«447 Offenkundig bietet Martin selbst dem Teufel Barmherzigkeit an. Doch macht bereits Goodrich zu Recht darauf aufmerksam, dass der erste Schritt beim Teufel liege.448 Martin biete somit nur auf den ersten Blick die sichere Gnade für den Teufel an, vielmehr könne er, so Goodrich, keineswegs als Verteidiger der Lehre von der Apokatastasis angesehen werden. Seine an den Teufel gerichtete Rede solle vielmehr den Glauben Martins in die Gnade Gottes unterstreichen.449 Auch wenn Sulpicius sicher nicht als deren Verteidiger auftritt, so ist die Kenntnis, die er von Origenes hatte, sowie dessen Einfluss auf sein Werk unbestritten.450 Dieser Einfluss zeigt sich womöglich auch in der Szene des wiedererweckten Sklaven. Durch seine Auferstehung von den Toten wird ein Bild erzeugt, dass selbst der schlimmste Sünder, in Analogie zum Selbstmörder Judas Iskariot, symbolisch das Leben zurückerhalten kann. Sulpicius formuliert es jedoch nicht derart deutlich und bleibt im Unbestimmten.

5.1.2 Die Briefe des Sulpicius Severus Der Tod Martins ist, wie ausgeführt, nicht Teil der Vita.451 Sulpicius selbst befriedigte in drei Briefen, datiert auf 397–398,452 das Interesse der Menschen an Martins Tod. Die äußerst schnell nachgeschobenen Briefe und die drei ergänzenden Dialoge mögen auch dafür sprechen, dass die Vita nicht nur auf Zustimmung gestoßen war, sodass eilig Modifikationen angebracht erschienen.453 Berichtet der erste Brief noch einzig eine Wundertat Martins, kommt Sulpicius im zweiten Brief auf das Ableben seines Protagonisten zu sprechen. Er berichtet, wie er über Gedanken an das Zukünftige, über Furcht vor dem anstehenden Gericht und den drohenden Strafen sowie von Gedanken über seine eigenen Sünden vom Schlaf übermannt wurde. Dort erschien ihm Martin, in weißem Gewand, mit feurigem Antlitz, funkelnden Augen und strahlendem Haar (prae-

447 Sulpicius Severus, Vita sancti Martini 22, 5, S. 302: Si tu ipse, miserabilis, ab hominum insectatione desisteres et te factorum tuorum, uel hoc tempore cum dies iudicii in proximo est, paeniteret, ego tibi, uere confisus in Domino Jesu Christo, misericordiam pollicerer. Übersetzung: Huber-Rebenich, S. 59. Zur Endzeiterwartung und zur angenommenen baldigen Ankunft des Antichristen in Sulpicius Severus’ Schriften vgl. Vaesen, Sulpice Sévère. 448 Vgl. Goodrich, Satan and the Bishops, S. 87. 449 Vgl. Goodrich, Satan and the Bishops, S. 87. 450 Vgl. Fontaine, Commentaire, S. 981–987; Goodrich, Satan and the Bishops, S. 90–96 (unter Bezug auf Sulpicius’ Dialoge); Seeliger, Asketischer Endzeitbischof, S. 176. 451 Zur Dreiteiligkeit von Sulpicius Severus’ Schrift über Martin (Vita, Briefe, Dialoge) vgl. Hoster, Form der frühesten lateinischen Heiligenviten, S. 115–118. 452 Vgl. Heinzelmann, Grégoire de Tours et l’hagiographie Mérovingienne, S. 157; HuberRebenich, Nachwort, S. 121. 453 Vgl. Rosen, Martin von Tours, S. 27f.

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textum toga candida, uultu igneo, stellantibus oculis, crine purpureo).454 Sulpicius umfasste daraufhin die Knie Martins, der in seinen Händen die von Sulpicius verfasste Vita hielt, und erbat dessen Segen. Martin folgte dieser Bitte, legte Sulpicius die Hand auf, sprach eine Segensformel und wurde daraufhin in den geöffneten Himmel entrückt.455 Wenig später erwachte Sulpicius und erfuhr vom Tod Martins. Sulpicius, so suggeriert er mit seinem Bericht, war Zeuge der Himmelfahrt Martins geworden, angelehnt an diejenige Jesu vom Beginn der Apostelgeschichte.456 Dennoch überkommt Sulpicius Trauer, obwohl er weiß, dass über Martin nicht getrauert werden dürfe und müsse. Er führt seine Trauer dann auch nicht auf normale menschliche Gefühle zurück, sondern auf seine eigene Schwäche, sich und seine Gefühle nicht ausreichend kontrollieren zu können. Sulpicius richtet seinen Blick schließlich auf das Positive, so sei Martin in die Gemeinschaft der Apostel aufgestiegen und er, Sulpicius, habe in Zukunft einen gewichtigen Fürsprecher (patronus) in dieser Schar.457 Die Furcht des Sulpicius vor dem Jüngsten Gericht und möglichen Strafen verfestigt die bereits getroffene Annahme, er sei kein überzeugter Anhänger der Lehren Origenes’. Daran schließt sich die Aussicht an, in Martin einen zukünftigen Fürsprecher zu haben. Daraus lässt sich mehreres erkennen. Die Notwendigkeit eines Fürsprechers gepaart mit den Vorstellungen insbesondere von zu erleidenden Strafen auf Grundlage der eigenen Sünden lassen die Aussicht auf eine jedem zuteilwerdende Gnade zurücktreten. Die Möglichkeit, einen Fürsprecher in Anspruch nehmen zu können, betont die bereits zu dieser Zeit hohe Bedeutung von Märtyrern im Leben, aber insbesondere nach dem Tod. In diesen Zusammenhang gehört auch die durch Augustinus disputierte Debatte einer Bestattung in der Nähe eines Heiligen. Sulpicius nutzt den weiteren Verlauf des Briefes – hier dringen seine realpolitischen Interessen durch – zur Stilisierung Martins nicht allein zum Heiligen, sondern notwendigerweise zum Märtyrer, lag doch das älteste Bischofsideal im Martyrium.458 Anachronistisch gesprochen hat es den Anschein, Sulpicius wolle einerseits Wert und Popularität seiner Hauptfigur noch einmal steigern, andererseits sich selbst dessen versichern, dass 454 Sulpicius Severus, Epistula secunda 3, S. 324. 455 Vgl. Sulpicius Severus, Epistula secunda 3–5, S. 326. Neben Sulpicius sollen auch die Bischöfe Severin von Köln und Ambrosius von Mailand durch Wunder den Tod Martins erfahren haben. So zumindest berichtet es Gregor von Tours, vgl. Gregor von Tours, Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi I, 4 u. 5, S. 140f. In dieser Form hat es auch Eingang in die Legenda Aurea gefunden, vgl. Jacobus de Voragine, Legenda Aurea 2 c. 166, S. 2158/2160. Vgl. Caseau, Crossing the Impenetrable Frontier, S. 338; Finger, Gehütete Hirten, S. 20f. 456 Vgl. Rosen, Martin von Tours, S. 187. 457 Vgl. Sulpicius Severus, Epistula secunda 6–8, S. 326 u. 328. Martins Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Heiligen wird durch sein weißes Gewand in Sulpicius’ Vision zusätzlich herausgestellt. Vgl. Effros, Caring for Body and Soul, S. 146. 458 Vgl. Schieffer, Bischof zwischen civitas und Königshof, S. 18.

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Martin als Märtyrer auch auf sein jenseitiges Schicksal Einfluss zu nehmen in der Lage sein wird. Zeit seines Lebens habe Martin den Drang verspürt, das Martyrium zu erleiden. Aber auch so habe er, sei auch sein Blut nicht vergossen worden, durch seine zahlreichen Leiden und Entbehrungen während seines Lebens ein vollgültiges Martyrium erlitten.459 Gleichermaßen spricht die mit aller Gewalt vorgebrachte Argumentation, Martin sei ein Märtyrer, von der Unsicherheit Sulpicius’, ob Martin tatsächlich zu dieser auserlesenen Gruppe von Menschen zu zählen ist. Auch die nicht allzu lang vergangene Zeit der Christenverfolgung mag Sulpicius beeinflusst haben. In den ersten drei nachchristlichen Jahrhunderten bestand die kirchliche Lehrmeinung darin, einzig Märtyrer erlangten den sofortigen Aufstieg in den Himmel, alle anderen überdauerten im Hades die Zeit bis zum Jüngsten Gericht.460 Dessen eingedenk erscheint es Sulpicius umso dringlicher gewesen zu sein, Martin ebenfalls in die Märtyrer einzugruppieren. Über den eigentlichen Tod Martins gibt dieser Brief keine Auskunft. Dazu muss Sulpicius’ dritter Brief herangezogen werden, wenngleich er, wie oben gesehen, dem Tod Martins nicht persönlich beigewohnt hat. Er schafft in diesem dritten Brief eine in sich abgeschlossene Szene, die allein dem Tod Martins gewidmet ist. Das bereits außergewöhnliche Ableben erfährt dadurch noch einmal eine besondere Akzentuierung gegenüber der ohnehin innerhalb zahlreicher Viten nachzuweisenden raumgreifenden Todesschilderung.461 Martin, so schildert es Sulpicius unter Zuhilfenahme zahlreicher biblischer Reminiszenzen, wusste lange vor seinem Tod von seinem Ableben und informierte seine Brüder darüber.462 Bereits damit wird die herausragende Bedeutung Martins unterstrichen, gehört doch das präzise Wissen um den eigenen Todeszeitpunkt zu den zentralen Eigenschaften eines von Gott auserwählten Gläubigen. Die Mönche hatten menschlich reagiert, Martin dazu bewegen wollen, sie noch nicht zu verlassen, wodurch dieser ihnen gegenüber noch einmal als deutlich 459 Vgl. Sulpicius Severus, Epistula secunda 9–14, S. 328, 330 u. 332. von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 95, sieht in dieser Schilderung weniger Martin als den Stolz des Autors hervortreten. Allerdings offenbart diese Passage ebenso Anzeichen von Unsicherheit und Zweifel. Das Bild des unblutigen Märtyrers ist nicht neu, es findet sich bereits in Athanasius’ Vita des Antonius. Vgl. Hoffmann, Sterben für den Glauben, S. 150–156; Reudenbach, Märtyrertode ohne Blut, S. 78; Schieffer, Bischof zwischen civitas und Königshof, S. 19; von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 9. 460 Nicht zufällig erscheinen alle Apostel (außer dem Evangelisten Johannes) und alle Päpste bis Silvester († 335) als Märtyrer. Vgl. Schieffer, Bischof zwischen civitas und Königshof, S. 18; Stuiber, Refrigerium interim, S. 43–81. 461 Vgl. Lauwers, La mort et le corps des saints, S. 22f. 462 Vgl. Sulpicius Severus, Epistula tertia 6, S. 336. Zusammenfassung bei Kampert, Sterben der Heiligen, S. 44; Ohler, Sterben, Tod und Grablege, S. 570f.; Voprˇada, Morte del vescovo, S. 335–337. Zu den klassischen Versatzstücken einer guten Todes›szene‹ in zahlreichen Viten vgl. Lauwers, La mort et le corps des saints, S. 23f. Zu biblischen Bezugnahmen vgl. Antin, La mort de saint Martin.

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überlegene Person erscheint.463 Martin übertrug die Entscheidung an Gott, er fürchtete aber, so rühmt ihn Sulpicius, weder den Tod, noch weigerte er sich, am Leben zu bleiben.464 Bald darauf plagten Martin heftige Fieberanfälle, die er auf seinem Lager aus Sack und Asche (cinere et cilicio) ins Gebet vertieft über sich ergehen ließ.465 Das einfache Lager soll augenscheinlich den bescheidenen und bußfertigen Charakter Martins widerspiegeln. Eine Krankheit wiederum markiert in den meisten Fällen in Heiligenviten den Übergang zum Sterbebericht.466 Sie wird dabei als letzte Versuchung verstanden, aber auch als Möglichkeit, sich von den Sünden zu reinigen.467 Deutlich wird das von Sulpicius gezeichnete Bild des perfekten Heiligen, der sich noch in der Stunde seines Todes auf seine virtutes – Bescheidenheit, Enthaltsamkeit und Gottesfurcht – besinnt. Seine besondere Position erscheint darüber hinaus bereits dadurch belegt, dass es für Martin nicht notwendig ist, vor seinem Ableben die Beichte abzulegen, die Absolution oder das Viaticum zu erhalten.468 Offen bleiben die Gründe dafür. Da Sulpicius nicht persönlich vor Ort war, musste er sich auf ihm zugetragene Informationen verlassen. Das nicht gereichte Viaticum sowie die fehlende Absolution erscheinen einerseits erstaunlich, dienen doch auch sie dazu, ein wohl strukturiertes Ableben zu vollenden. Allerdings 463 Zu dieser in nachfolgenden Viten vielfach nachzuweisenden Situation und ihrem topischen Charakter vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 249. Zur Situation der anwesenden Mitbrüder oder Schüler in frühchristlichen Viten vgl. Boglioni, Scène de la mort, S. 189. 464 Vgl. Sulpicius Severus, Epistula tertia 14, S. 340. Antin, La mort de saint Martin, S. 109, erkennt an dieser Stelle eine Parallele zum Tod Jesu gemäß Joh 14,27. Nicht zufällig sind auch Martins Augen und Hände vor seinem Ableben unentwegt zum Himmel gerichtet, er in stetem Gebet versunken, worin eine Anlehnung an den gekreuzigten Jesus durchaus erkannt werden kann. 465 Vgl. Sulpicius Severus, Epistula tertia 14, S. 340. 466 Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 229 u. 233. 467 Vgl. Gerlitz, Krankheit, S. 676–678. Krankheit im Mittelalter ermöglicht eine ganze Bandbreite an Interpretationsmöglichkeiten, vgl. Vanja, Krankheit, S. 223. Dennoch ist es keineswegs die Regel, dass in früh- und hochmittelalterlichen Quellen Krankheit und Heilung mit Sünde und Vergebung in Beziehung gesetzt werden, vgl. Seiler, Mittelalterliche Medizin, S. 117f. Die Krankheit oder den gesamten Bericht folglich als unglaubwürdig abzutun, ist jedoch nicht geboten, vgl. Ohler, Sterben, Tod und Grablege, S. 571. Auch von der Nahmer, Vom Tod des Heiligen, S. 148, bewertet Sulpicius’ Bericht über Martins Tod als vertrauenswürdig, zumindest eher als den des Mönchsvaters Antonius gemäß dessen Lebensbeschreibung. Zur sich ausbildenden insbesondere monastischen Tradition, Sterbende auf Asche zu betten, vgl. Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 596–598. 468 Vgl. von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 96. Zur Todesvorbereitung Martins vgl. Antin, La mort de saint Martin, S. 111f. Die nicht notwendige Erwähnung der letzten Ölung in frühchristlichen Viten bemerkt auch Boglioni, Scène de la mort, S. 192f. Die Vita Martins bietet den Beginn der nun in allen folgenden vergleichbaren Erzählungen enthaltenen »geistlich-priesterliche[n]« Elemente, wozu u. a. die Sakramente zu zählen sind. Vgl. von der Nahmer, Vom Tod des Heiligen, S. 156. Zur Sterbebuße vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 164–168.

Die Vita sancti Martini des Sulpicius Severus und deren Fortsetzungen

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mag auch Sulpicius’ Kalkül dahinterstehen, der seinen Protagonisten als schon zu Lebzeiten vollwertigen Heiligen positionieren möchte, der Viaticum und Absolution nicht nötig hat, wiederum als Märtyrer, dem Zugriff auf diese letzten Gaben kaum möglich war. Ohnehin hat Martin durch seine einfache Kleidung und sein Krankenlager auf ausgestreuter Asche umfassend Buße vor seinem Ableben geleistet. In Anbetracht dessen erscheint es abwegig, dass ein solch bußfertiger Mann, in Sulpicius’ Augen sogar ein Märtyrer, die Absolution nötig haben sollte. Das Fieber, an dem Martin leidet, erscheint in diesem Zusammenhang geradezu normal und profan. Ersichtlich wird der oft schwierige bis unauflösliche Kontrast zwischen den der Realität entlehnten sowie äußerst wunderbehafteten Versatzstücken innerhalb der Todesschilderungen von Bischöfen und anderen Personengruppen. Martin litt an starkem Fieber, doch dies allein kann einem Heiligen nicht genügen. Folglich trat im letzten Augenblick noch einmal der Teufel an Martin heran, wurde jedoch umgehend zurückgewiesen, woraufhin Martin seinen Geist dem Himmel übergab (wörtlich: spiritum caelo reddidit).469 Diese Formulierung erinnert an die platonische und stoische Vorstellung von der Rückgabe der Seele an die himmlischen Gefilde nach dem körperlichen Tod.470 Gemäß Augenzeugenberichten sah das Gesicht Martins wie ein Engel aus, sein Leib strahlte weiß wie Schnee, ganz so als sei an ihm bereits in einem verklärten Leib die Auferstehung wahrhaftig geworden.471 Aufgegriffen wird die in Paulus’ zweitem Korintherbrief geschilderte fleischliche Auferstehung in einem göttlichen, unsterb469 Vgl. Sulpicius Severus, Epistula tertia 16–17, S. 342. Der Auftritt Satans ist im ausgehenden früheren Mittelalter innerhalb der Viten nicht mehr zu beobachten, vgl. Lauwers, La mort et le corps des saints, S. 29, der dies am Beispiel von Viten über Personen aus dem heutigen Belgien untersucht hat. Ohnehin würden die Sterbenden einen friedlichen Tod sterben, worin er die Wandlung des Heiligenbildes vom Märtyrer her abgebildet sieht. Vgl. Henriet, Mort sainte et temps sacré, S. 561–563. 470 Vgl. Smolak, S. 159 Anm. 232. Dem Teufel hatte Martin entgegengeworfen, Abrahams Schoß würde ihn aufnehmen. Damit besteht eine Parallele zu Lk 16,22. Auch Lazarus war in Abrahams Schoß entrückt worden, Martin steht somit in einer Linie dazu. Vgl. von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 96. Bis ins 14. Jahrhundert hinein ist Abrahams Schoß als bildliche Darstellung der Übergangslösung Verstorbener zwischen Tod und Jüngstem Gericht nachzuweisen, nachdem ab Ende des 12. Jahrhunderts begonnen worden war, das Fegefeuer auch künstlerisch darzustellen. Vgl. Vovelle, Abendländische Visionen, S. 466– 468. Sulpicius hat dies jedoch gewiss noch anders verstanden und Martins letzte Worte als sicheren Beleg für seine unmittelbare Aufnahme in den Himmel gewertet. Vgl. Nigg, Der wundertätige Bischof von Tours, S. 46. Zu Abrahams Schoß vgl. auch Kapitel 3.2.2, Anm. 257. 471 Vgl. Sulpicius Severus, Epistula tertia 17, S. 342. Vgl. Boglioni, Scène de la mort, S. 200f. Zum Ausweis der Heiligkeit eines Leichnams vgl. Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 137–139. Zur Inszenierung des Todes von Heiligen mit Helligkeit und Licht, von Sündern dagegen mit Dunkelheit vgl. Angenendt, Heilige und Reliquien, S. 115–119. Bis zu diesem Punkt hat das Ableben Martins im Grunde identisch Eingang in die Legenda Aurea gefunden, was über die exemplarische Gestaltung dieses Todes und seine verbreitete Rezeption viel aussagt. Vgl. Jacobus de Voragine, Legenda Aurea 2 c. 166, S. 2156/2158.

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Der vorbildliche Tod

lichen Leib.472 Damit wird Martins Aufnahme in den Kreis der Märtyrer und Heiligen nochmals verdeutlicht: er gelangt unmittelbar nach seinem Ableben in den Genuss der Auferstehung. Doch ist der Todesbericht noch nicht abgeschlossen. Ausführlicher berichtet Sulpicius auch über die Begräbnisfeierlichkeiten.473 So war die ganze Stadt zusammengekommen und gab dem Leichnam ihr Geleit. Sulpicius zieht einen Vergleich zwischen dem Leichenzug und einem Triumphzug eines Militärführers. Martin, arm und anspruchslos, für den keine Menschenmassen jubeln, sondern himmlische Hymnen erklingen, findet Aufnahme im Himmel, während für den Heerführer die Hölle vorgesehen ist.474 Sulpicius inszeniert Martin noch einmal als asketisches Vorbild, der sich nicht allein des Wohlwollens der Bürger von Tours, sondern, viel entscheidender, der sicheren Aufnahme in den Himmel gewiss sein kann. Die Dichotomie von arm und reich verbunden mit Himmel und Hölle lässt uns wieder an die Parabel vom armen Lazarus und dem reichen Prasser denken (Lk 16,19–31). Von einer allen zugänglichen Gnade kann somit keine Rede sein, vielmehr von einem idealtypischen Verständnis von Himmel und Hölle, wobei Martin durch seinen Tod in die einem Apostel gleiche Position erhoben wird.475 Inwiefern Martin als Heiliger vorbildhaften Charakter annehmen sollte, ist schwer zu bestimmen. Dem durch Martin repräsentierten asketischen Bischof war keine Zukunft vergönnt.476 Offen bleiben muss zunächst, inwiefern das 472 Vgl. Kapitel 3.2.2. 473 Auch diese werden ohne Schilderung der begangenen Riten berichtet, vgl. von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 96. Gregor von Tours sollte knapp 200 Jahre später ergänzen (vgl. auch Kapitel 6.2.2 c), es habe einen Konflikt zwischen den Bürgern von Tours und Poitiers um den Leichnam Martins gegeben. Jacobus de Voragine führt ihn in seiner Legenda Aurea mit den von Sulpicius berichteten Begebenheiten zusammen, vgl. Jacobus de Voragine, Legenda Aurea 2 c. 166, S. 2158. Zu diesem möglicherweise bewusst durch Sulpicius außen vor gelassenen Konflikt vgl. Antin, La mort de saint Martin, 114–117. 474 Vgl. Sulpicius Severus, Epistula tertia 21, S. 344. Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 207; Frank, Martin von Tours, S. 51 u. 53. Leichenprozessionen von Bischöfen bedeuten immer auch eine damit einhergehende Inszenierung, für das Hochmittelalter herausgestellt von Wittekind, Bischöfliche Leichenprozessionen. 475 Eine knappe, vergleichende Übersicht der Todesschilderungen von zahlreichen saints fondateurs gemäß ihren Lebensbeschreibungen, darunter auch Martin, bietet Dalarun, Mort des saints fondateurs, S. 195–202; ausführlicher Goodich, Death of a Saint, S. 233–237. 476 Vgl. Angenendt, Martin, S. 104; Jussen, Bischofsherrschaften, S. 684; Gaiffier, Hagiographie et historiographie, S. 142f.; Scheibelreiter, Tod Landberts von Maastricht, S. 54. Die überschaubare Nachwirkung zeigt sich bereits in der zunächst geringen bis nicht vorhandenen Beachtung Martins nach Sulpicius Severus’ Tod. In den folgenden sechzig Jahren erscheint Martin kaum in den Schriften. Vgl. McKinley, First Two Centuries of Saint Martin of Tours, S. 180f. Dennoch wäre es falsch, Martin sowie seiner kultischen Ausbreitung jegliche Einflussnahme abzusprechen. Wie McKinley, S. 175f. u. 198, zutreffend anmerkt, ist die Ausbildung eines Martinskultes aus verschiedenen politischen Anlässen mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung erfolgt. Zur Genese Martins, der »immer mehr auch zum politischen Heiligen wurde«, vgl. Rosen, Der heilige Martin, S. 78.

Die Lebensbeschreibungen der hll. Ambrosius und Augustinus

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idealtypische Ableben Martins Einfluss auf die nachfolgenden Jahrhunderte genommen hat. Dazu wird sich gerade der Vergleich mit späteren Martinsviten, insbesondere der ausführlichen Schilderung Gregors von Tours anbieten. Deutlich geworden ist aber bereits, dass die Stunde des Todes in hagiographischen Texten als entscheidendes Ereignis zutage tritt, als Höhepunkt konzipiert erscheint, auf den die Anlage hinausläuft.477 Entsprechend sollen mit den Viten über Ambrosius und Augustinus weitere Beispiele der frühchristlichen Hagiographie einer genaueren Betrachtung unterzogen werden.

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Die Lebensbeschreibungen der hll. Ambrosius und Augustinus

Ambrosius’ und Augustinus’ Lehren haben klare Einblicke in Vorstellungen und Erwartungen an Sterben, Tod und Nachleben offenbart. Von Interesse ist, ob beide ihr eigenes Leben und Ableben gemäß der von ihnen beschriebenen Muster und Normen vollführen konnten.478 Dies soll nicht anhand einer Rekonstruktion ihres Lebens erfolgen, sondern der ihnen gewidmeten vitae. Paulinus von Mailand verfasste relativ bald nach Ambrosius’ Tod (397) dessen Lebensbeschreibung,479 Possidius von Calama hielt ebenso bald nach Augustinus’ Ableben (430) dessen Lebensweg fest. Beide Texte sind von Zeitzeugen konzipiert und vergleichsweise bald nach den Toden ihrer Protagonisten abgefasst worden. Damit bietet sich neben der Analyse der Lebens- und Sterbewege ein Vergleich mit der Vita des hl. Martin von Sulpicius Severus an, die einerseits als vorbildhaft für die Hagiographie Mitteleuropas eingestuft wurde, andererseits klare politische und soziale Marker aufwies, die eine Abfassung motiviert haben können und auf eine deutliche Beeinflussung der Leser über die religiöse Erbauung hinausgehend abgezielt haben. Dabei kann und soll nicht die Faktizität der Lebensbeschreibungen im Mittelpunkt stehen, sondern die von den Autoren intendierte Darstellung ihrer Protagonisten vor dem Hintergrund deren theologischer Überzeugungen und der exemplarischen Vita Martins. Hinzuweisen ist bei aller

477 Vgl. Boglioni, Scène de la mort, S. 192; Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 63; von der Nahmer, Vom Tod des Heiligen, S. 157. Eine andere Ansicht vertritt Elm, Macht der Weisheit, die in dergleichen Bischofsviten keine Entwicklung des Protagonisten ausmacht, vielmehr andere Zielsetzungen in diesen Texten erkennt. Vgl. das nachfolgende Kapitel. 478 Auch Gregor dem Großen ist mehr als eine Lebensbeschreibung gewidmet worden, abgefasst jedoch in deutlich größerem Abstand zu seinem Ableben. Die bekannteste von Johannes Diaconus datiert zum Ende des 9. Jahrhunderts. Sie werden daher an dieser Stelle nicht berücksichtigt. 479 In den Jahren 412/13 oder 422, wobei das spätere Datum präferiert wird. Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 212f.

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möglichen Einflussnahme der Martinsvita auf den von Marc van Uytfanghe aufgezeigten Unterschied zwischen dem von Sulpicius Severus angelegten Werk und den beiden Viten der Kirchenväter, womit er zugleich die zwei wichtigsten Zweige der Vitenkonzeption herausstellt. Während Sulpicius, gleich den Evangelien, Episoden mehr oder weniger chronologisch aneinandergereiht hat, sind Paulinus und, mehr noch, Possidius bemüht, ein strukturiertes und in sich geschlossenes Leben ihrer Protagonisten, ganz im Sinne der antiken Biografie nach Sueton, zu entwerfen.480 Somit sind die Vergleiche zwischen Martinsvita und den Lebensbeschreibungen der Kirchenväter weniger in der kompositorischen Anlage zu suchen als in Einzelbeobachtungen und der intentionalen Herangehensweise, insbesondere bezüglich der Todesschilderungen.

5.2.1 Die Vita des hl. Ambrosius von Paulinus Die Lebensdarstellung Martins nahm neben den Viten des Paulus und Antonius offenkundig eine vorbildhafte Funktion für Paulinus ein.481 Die Niederschrift ist dabei durch Augustinus veranlasst worden, der Ambrosius’ Leben einerseits für würdig erachtet haben muss;482 andererseits waren Augustinus sowohl die Vita Martins als auch die mit dieser Gattung verbundenen Möglichkeiten bekannt, soziale, politische und religiöse Kritik anbringen zu können. Paulinus betont gleich zu Beginn die Sonderstellung des Ambrosius.483 Bereits als Kleinkind wurde er von Gott auserwählt und ausgezeichnet: ein Bienenschwarm flog, als er schlief, in seinem Mund ein und aus und tränkte ihn mit dem himmlischen Honig.484 480 Vgl. Uytfanghe, Hagiographie en occident, S. 20f. Er betont (S. 22), dass beide Formen das gesamte Mittelalter über nachzuweisen seien, die lose Aneinanderreihung von Episoden wie in der Martinsvita aber häufiger anzutreffen sei. 481 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 1, S. 50. Vgl. Barnes, Early Christian Hagiography, S. 194 u. 196, der einen ungleich größeren Einfluss Suetons auf die Abfassung erkennt. Gegen die Einflussnahme Suetons vgl. Hoster, Form der frühesten lateinischen Heiligenviten, S. 141f.; Luck, Suetonische Biographie, S. 238f. Einen größeren Einfluss der Martinsvita auf Paulinus erkennt Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 213f. Ihrerseits sollte die Vita Einfluss auf die nachfolgenden Textzeugnisse dieser Gattung nehmen und schließlich in angepasster Form Teil der Legenda Aurea des Jacobus de Voragine werden. Vgl. Jacobus de Voragine, De sancto Ambrosio, Legenda Aurea 1 c. 57, S. 780–809. 482 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 1, S. 50. 483 Zur Struktur der Vita vgl. Hoster, Form der frühesten lateinischen Heiligenviten, S. 121– 123. 484 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 3, S. 52/54. Uytfanghe, Hagiographie: un »genre« chrétien ou antique tardif, S. 160 mit Anm. 112, erachtet das Bienenwunder als Anknüpfung an die Legendentradition bei Platon, Pindar, Vergil und Lukan. Vgl. zur Einordnung des Bienenwunders Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 214f.; Opelt, Bienenwunder, S. 40–44; von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 144f.

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Ambrosius verfolgte gemäß Paulinus bis zu seiner Wahl zum Bischof 485 ein Leben, wie er es in seinen Schriften selbst als notwendig beschrieben hatte. Er soll jedoch versucht haben, der Berufung zum Bischof durch Flucht zu entgehen;486 eine Reaktion, die sich häufig innerhalb hagiographischer Texte als Bestärkung der selbst auferlegten Bescheidenheit und Unwürdigkeit des Kandidaten findet. Im weiteren Verlauf zeichnete sich Ambrosius, anders als Martin, nicht durch ein Leben als Eremit entfernt von den alltäglichen Problemen aus, sondern als engagierter Vorkämpfer für seine Glaubensbrüder und seine Stadt.487 Wundertaten gleich den von Martin gewirkten sind in geringerer Zahl zu finden, hervor treten ein Heilungswunder und die Erweckung eines Knaben von den Toten in Parallele zur Wiederbelebung eines Knaben durch Elischa (2 Kön 4,34) – und zu Martin von Tours.488 Elischa soll sich zwar auch über den Knaben gelegt haben, von einem dabei gesprochenen Gebet ist hingegen nicht die Rede.489 Sicher mag es trivial erscheinen, darin eine besondere Bedeutung zu suchen, denn ein Gebet erscheint in einer solchen Situation naheliegend. Doch hat die Vita Martins gezeigt, wie dieser als Werkzeug die göttliche Macht transportierte, diese Macht jedoch erst infolge konzentrierten Gebets abzurufen in der Lage gewesen war. Gleichermaßen wird auch Ambrosius als ›göttlicher Mensch‹ betrachtet, der sich durch das Gebet in der Lage befand, auch Verstorbene ins Leben zurückzuholen.490 Zielgerichtet zeigt Paulinus nicht allein den weltlichen Aufstieg von Ambrosius zum weit geachteten Bischof, sondern damit verbunden auch dessen unaufhaltsam voranschreitende Annäherung an Jesus und Gott sowie auf sein gleichsam erwartetes wie glückliches Ableben.491 Dies erreichte er einerseits durch die wiederkehrende Abwehr der Angriffe Falschgläubiger, insbesondere der Arianer, andererseits durch ein enthaltsames und frommes Leben. Er erscheint als Idealtypus des von ihm selbst beschriebenen Gläubigen, um am Ende Seelenheil erlangen zu können. Selbst der Teufel, Martins Gegenspieler Nummer eins, soll vor Ambrosius Furcht empfunden und ihn gemieden haben.492 Dieses 485 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 6, S. 58. Zu den Umständen vgl. Barnes, Election of Ambrose of Milan; Dassmann, Ambrosius von Mailand. Ein frühchristlicher Bischof, S. 29. 486 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 8, S. 60. 487 Zum unterschiedlichen Heiligenideal (Mönchsbischof versus ›Reichs‹bischof) in beiden Viten vgl. Hoster, Form der frühesten lateinischen Heiligenviten, S. 160. 488 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 10, S. 64; c. 28, S. 92. 489 Anders verläuft es in der Wiederbelebung eines Knaben durch Elijas (1 Kön 17,21–22). In diesem Fall erscheint wie bei Martin und Ambrosius die körperliche Komponente, das Überden-Knaben-Legen, als eher unnötiger Akt; als entscheidend wird das Gebet eingestuft. Vgl. auch Schnocks, Konzeptionen der Übergänge vom Leben zum Tod, S. 325. 490 Vgl. Elm, Macht der Weisheit, S. 93. 491 Grundsätzlich zu Paulinus’ kompositorischem Geschick, den Lebensweg kontinuierlich ansteigen zu lassen vgl. Hoster, Form der frühesten lateinischen Heiligenviten, S. 127–140. 492 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 21, S. 80.

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Idealbild des Christen und seine Eigenschaften, die Paulinus prägnant zusammenfasst,493 erscheinen wie klassische Topoi, die hagiographische Texte generell durchziehen. Auffällig ist in diesem Fall, wie für den Ambrosius in Paulinus’ Darstellung die ambrosianischen Ansichten zu Leben und rechter Vorbereitung für ein Nachleben als Schablone herangezogen worden sind. Diese Schilderung, bei der die Enthaltsamkeit gleich zu Beginn genannt wird, somit die offenkundig bedeutsamste Tugend darstellt, stimmt mit der Gewichtung in De bono mortis überein.494 Ambrosius hatte dort durchgehend vor den Gefahren der Laster und weltlichen Genüssen sowie ihren Folgen für das eigene Seelenheil gewarnt. Er selbst scheint sich, so Paulinus, umso mehr davon entfernt gehalten und von jeglichem Besitz getrennt zu haben. Ambrosius erachtete den Tod – vorausgesetzt, sich zeitlebens Gott zugewandt und entsprechend vorbereitet zu haben – als Gut.495 Diese Ansicht vertrat Ambrosius nicht nur, sondern lebte sie gemäß Paulinus auch vor. Infolge einer Nachricht über den Tod eines anderen Bischofs brach Ambrosius in Tränen aus. Allerdings überwältigte ihn nicht Trauer, vielmehr war er einerseits in Sorge, keinen würdigen Nachfolger finden zu können, andererseits aber durch den Sachverhalt erschüttert, dass dieser Bischof ihm nun bereits vorausgegangen war.496 Fast möchte man Ambrosius in diesem Fall Anflüge von Neid unterstellen, seine Einstellung dem Tod gegenüber als wünschens- und erstrebenswertes Ereignis wird jedoch deutlich.497 Seinen eigenen Tod sah Ambrosius voraus. Er werde, so teilte er frühzeitig mit, an Ostern aus dem Leben scheiden.498 Der Ostersonntag fiel im Jahr 397 auf den 5. April, Ambrosius starb am Vorabend. Der Tod vor Ostern ist schon ein äußerst symbolträchtiges Zeichen, denn Ambrosius wird in einer Linie zu Jesus selbst gestellt, Ambrosius’ Auferstehung erscheint allein dadurch nicht nur als wahrscheinlich, sondern als gesichert.499 493 Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 38, S. 104/106. Hierin Unterschiede zum Ideal von de bono mortis erkennt von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 309f. 494 von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 309, fasst zusammen, die Vita unterscheide sich von De bono mortis insbesondere durch den gänzlichen Verzicht auf Anklänge an die griechische Philosophie. Dazu nennt er (S. 309f.) weitere Details, an denen Unterschiede ausgemacht werden können, ohne dass dadurch die grundsätzlich in beiden Texten verfolgten Argumente zurückgewiesen würden. Vgl. auch Elm, Macht der Weisheit, S. 97f. 495 Vgl. die Ausführungen zu De bono mortis, Kapitel 4.1. 496 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 40, S. 108. 497 Vgl. von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 107, zum Tod als entscheidendem Schritt der Christusnachfolge. Ambrosius sieht somit im Tod den letzten Schritt zur erfolgreichen Nachfolge Christi. Voraussetzung dafür ist, wie in c. 38 seiner Vita dargelegt, ein enthaltsames und frommes Leben. 498 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 40, S. 108/110. Zu Ambrosius’ Tod vgl. Voprˇada, Morte del vescovo, S. 337–340. 499 Zur Angabe von Todestag oder -stunde in Viten vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 307– 314; nicht selten fällt der Tod Heiliger oder heiligmäßiger Personen auf einen symbol-

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Paulinus ergänzt, Ambrosius verdiente sich dies durch intensives Flehen zum Herrn.500 Die imitatio Christi setzt sich im weiteren Verlauf fort. Jesus selbst erschien Ambrosius wenige Tage vor dessen Tod. Zum Ende hin verharrte Ambrosius, als ihn bereits eine nicht näher spezifizierte Krankheit ans Bett fesselte,501 die letzten Stunden vor seinem Tod mit kreuzförmig ausgebreiteten Armen im Gebet.502 Offensichtlich imitiert Ambrosius den gekreuzigten Jesus, dessen Erscheinung ihm gleichsam den Lohn seiner Leiden und die Sicherheit der Auferstehung vorweggenommen hat.503 Bettlägerig diktierte Ambrosius Paulinus den 43. Psalm. Dabei konnte Paulinus gemäß seiner Darstellung beobachten, wie Ambrosius’ Gesicht von Feuer bedeckt, das Feuer schließlich in den Mund des Bischofs eingedrungen und dessen Gesicht daraufhin für kurze Zeit weiß wie Schnee erschienen war.504 Die weiße Färbung ist als Kennzeichen für Reinheit und Sündenlosigkeit aus der Vita Martins bekannt. Paulinus konnte sich das Gesehene nicht erklären, erst ein Diakon belehrte ihn, er habe der Ankunft des Heiligen Geistes beigewohnt. Hierin kann eine dramaturgische Steigerung durch Paulinus erkannt werden, wie sie auch in anderen Viten deutlich wird – eindrücklich in der Vita des hl. Antonius in Gestalt seines Todes auf dem Berg Kolzim.505 Ambrosius erlebte unmittelbar vor Anbruch seiner letzten Tage auf Erden die Erfüllung seines Lebenszieles: die Gewährung des Todes und, symbolisiert durch den Einzug des Heiligen Geistes, auch die Gewissheit um die nachfolgende Seligkeit. Auch die Bienen waren zu Anfang im Mund des kleinen Kindes gelandet, hatten ihn aber noch verlassen. Nun hat sich die Verheißung aus Kindertagen im hohen Alter bewahrheitet.506

500

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trächtigen Feiertag, vgl. Gregg, Patristic Deaths, S. 422. Zum fehlenden konkreten Todestag in der Vita des Ambrosius vgl. Hoster, Form der frühesten lateinischen Heiligenviten, S. 124. Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 40, S. 108/110. Das Flehen um den Tod erklärt sich aus der Sehnsucht, die Nachfolge Christi zu vervollständigen. Ein ähnliches Flehen soll auch Augustinus gemäß seiner von Possidius niedergelegten Vita geäußert haben, vgl. Kapitel 5.2.2. Zu seiner Krankheit vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 233f. Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 47, S. 118. Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 296. Anders von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 108. Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 42, S. 112/114. Vgl. Athanasius von Alexandria, Vita Antonii c. 91–92, S. 366–373. Knapp zur Antoniusvita vgl. von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 33–36; ders., Vom Tod des Heiligen, S. 145–147. Speziell zu Antonius’ gemäß seiner Vita als ideal geschildertem Tod vgl. Alexandre, A propos du récit de la mort d’Antoine. Auch wenn dies dem Konzept der Bischofsvita gemäß Elm, Macht der Weisheit, S. 243, entgegenläuft, wonach sich eine Bischofsvita »durch die auf einen spezifischen Legitimationsbedarf zurückgehende Statik der Persönlichkeit« auszeichne, kann in diesem Fall, wenn auch keine persönlich-weltliche, jedoch eine geistig-spirituelle Entwicklung ausgemacht werden.

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Als Ambrosius’ Ableben unaufhaltsam heranschritt, wurde er von den Umstehenden gebeten, noch länger bei ihnen zu verweilen.507 Neben der obligatorischen Versammlung um den Sterbenden erscheint der geäußerte Wunsch der Umstehenden sowie Ambrosius’ Reaktion – »Ich habe nicht so unter euch gelebt, dass ich mich zu leben schäme, noch fürchte ich den Tod, denn wir haben einen gütigen Herrn«508 – in Parallele zur an Martin gerichteten Bitte. Und noch weitere Übereinstimmungen lassen sich feststellen: Die unzählbare Menschenmenge, die dem Verstorbenen das Geleit gegeben haben soll, ist zwar weniger von der Beisetzung Martins als aus der Bedeutung des Bischofs für seine Stadt heraus zu erklären; allerdings soll Ambrosius an seinem Todestag verschiedenen Leuten erschienen sein, mit ihnen gebetet und sie gesegnet haben.509 Dies wiederum erscheint offensichtlich aus Sulpicius’ Schilderungen motiviert.510 Eine Absolution hat, wie schon Martin, auch Ambrosius vor seinem Tod nicht benötigt, er erhielt hingegen, bei Martin noch ausgeblieben, das Viaticum.511 Der Tod selbst erscheint, wie bereits bei Martin, nicht wunderbeladen, sondern weist eine durchaus nachahmbare Struktur auf. Eine Himmelfahrt von Ambrosius oder Zeichen des Himmels für dessen Ankunft finden sich nicht, sind jedoch auch nicht notwendig, da, so hat es Ambrosius selbst gesehen, nach enthaltsamer Vorbereitung zu Lebzeiten in Vertrauen und Liebe zu Gott und Jesus die Auferstehung die sichere Belohnung derartiger Enthaltsamkeit und Frömmigkeit darstellt. Deutlich geworden ist die idealtypische Schilderung über Ambrosius’ Leben, die nicht als topoibeladen abgetan, sondern als Exempel, basierend auf den Schriften von Ambrosius selbst, betrachtet werden sollte.

5.2.2 Die Vita des hl. Augustinus von Possidius Der Lebensbeschreibung des Ambrosius steht nun diejenige über Augustinus, verfasst zwischen 431 und 437,512 gegenüber – die Unterschiede könnten kaum größer sein.513 Auch Augustinus wird als rechtgläubig, gewissenhaft, fromm und

507 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 45, S. 116. 508 Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 45, S. 116: Non ita inter vos vixi, ut pudeat me vivere: nec timeo mori; quia bonum Dominum habemus. Übersetzung nach Opelt, Leben des hl. Ambrosius, S. 63. 509 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 48, S. 122; c. 49, S. 122. 510 Vgl. Kapitel 5.1.2. 511 Vgl. Paulinus von Mailand, Vita Ambrosii c. 47, S. 118/120. Vgl. Barnes, Early Christian Hagiography, S. 197; Browe, Sterbekommunion, S. 16. Zur Nichterwähnung des Viaticums in anderen Berichten der Zeit vgl. Boglioni, Scène de la mort, S. 193. 512 Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 226 Anm. 79; Elm, Macht der Weisheit, S. 105; Geerlings, Einleitung, S. 14.

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enthaltsam geschildert, doch hat er Wundertaten, von Martin und Ambrosius in großer Regelmäßigkeit bewirkt, mit einer Ausnahme nicht vorzuweisen.514 Possidius, Bischof von Calama im Norden Afrikas (heute Guelma in Algerien), Schüler und Weggefährte von Augustinus,515 möchte, nicht anders als Sulpicius und Paulinus, die ihm bekannte Wahrheit über Augustinus niederschreiben,516 setzt dafür hingegen andere Prioritäten. Der Text enthält nicht, wie angesprochen, die klassische wunderbeladene Struktur,517 ergeht sich eher in Augustinus’ alltäglicher Auseinandersetzung mit zahlreichen Feinden des Glaubens, zu dem er selbst, in seiner Jugend dem Manichäismus verfallen, erst bekehrt werden musste. Der Gattungsbegriff der Heiligenvita erscheint für diesen Text nicht in vollem Maße befriedigend.518 Augustinus, schließlich Bischof der nordafrikanischen Stadt Hippo, widmete sich in erster Linie dem Kampf gegen allerlei Irrlehren. Sah sich Martin neben den Arianern insbesondere dem Teufel selbst gegenüber, Ambrosius vornehmlich den Arianern, hat es Augustinus gleich mit einer ganzen Reihe von Häretikern zu tun: neben den Arianern mit Donatisten, Manichäern, Pelagianern sowie Heiden, die er mit den klassischen Mitteln der Rhetorik in zahlreichen Disputen von den Irrlehren ihrer Ansichten zu überzeugen wusste. Die entscheidende Frage, wie Augustinus das Leben im Hinblick auf den Tod und das Nachleben einstufte, wird weitgehend oberflächlich beantwortet. An513 Dennoch sieht von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 310f., auch oder gerade in der Vita Augustini deutliche Anklänge an Ambrosius’ Schrift De bono mortis. 514 Schon Hertling, Heiligentypus, S. 260, wollte die Vita Augustini eher der Historiographie zuordnen. 515 Zu Possidius vgl. Elm, Macht der Weisheit, S. 100–104; Mandouze, Prosopographie chrétienne du Bas-Empire, S. 890–896. 516 Vgl. Possidius von Calama, Vita Augustini, Vorrede 2–3, S. 26. Possidius beruft sich gemäß seiner Vorrede auf ihm bekannte Vorbilder, lässt diese aber ungenannt; doch wird ihm die Antoniusvita ebenso bekannt gewesen sein wie die Viten Martins und Ambrosius’, letztere zitiert er wörtlich in seinem Werk. Ziel sei es, Augustinus’ Anfänge, Lebensweg und gottbestimmtes Ende zu berichten (exortu et procursu et debito fine), vgl. Possidius von Calama, Vita Augustini, Vorrede 3, S. 26. 517 Vgl. zu diesem Sachverhalt bereits Stuiber, Tod des Aurelius Augustinus, S. 5. 518 Zu einer Einordnung der Vita Augustini zusammen mit der Vita Ambrosii vgl. Lotter, Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse, S. 310; vgl. auch von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 109. Dazu kritisch Elm, Macht der Weisheit, S. 240–243. Zur Abhängigkeit dieser Vita von der antiken Tradition vgl. Stoll, Beobachtungen zur Vita Augustini des Possidius, S. 344. Stoll (S. 345–348) verteidigt Possidius auch gegen den Vorwurf, ein in sich unzusammenhängendes, unvollkommenes, geradezu gescheitertes Werk vorgelegt zu haben. Insbesondere auf das »partielle Versagen« des Possidius hat Diesner, Possidius und Augustinus, zusammenfassend S. 363–365, hingewiesen. Dagegen erneut Stoll, Vita Augustini des Possidius als hagiographischer Text, S. 3. Geerlings, Einleitung, S. 23, erachtet die Vita »zwischen Herrscher- und Asketenbiographie«, während Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 133, davon spricht, Possidius habe »die sich bereits verfestigende Form der christlichen Biographie wieder aufzubrechen versucht«.

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haltspunkt gibt der Bericht über einen Beamten, der seinen Besitz der Kirche von Hippo überschrieben hatte. Augustinus war erfreut, weil der Beamte offenkundig an sein Seelenheil dachte. In einem Nebensatz wird die Verbindung zwischen diesseitigen Taten und jenseitigen Belohnungen deutlich. Noch klarer wird dies im weiteren Verlauf der Geschichte. So forderte der Beamte Jahre später seinen Besitz zurück, wollte im Gegenzug aber einen Betrag an die Armen spenden. Augustinus erstattete den Besitz zurück, verzichtete auf die Spende und mahnte den Beamten, der offensichtlich seine einstige Schenkung nicht voller Überzeugung geleistet hatte, vor seinem Ableben Buße zu tun, um nicht mit allzu schwerer Schuld aus dem Leben zu treten.519 Darüber hinaus weiß Possidius nur knapp wiederzugeben, wie Augustinus Lebensführung und Tod in idealer Verbindung zu wissen glaubte. Vorbild war für ihn Ambrosius, Possidius zitiert dessen letzte Worte. Augustinus selbst weilte in den letzten Augenblicken des Mailänder Erzbischofs bei diesem.520 Exemplarisch ist auch die Antwort eines sterbenden Bischofs auf Augustinus’ Bitte, seine Kirche bedürfe seiner noch lebend: »Wenn ich niemals sterben müsste, dann bin ich einverstanden; wenn aber irgendwann doch, warum nicht jetzt?«521 Im Gegenzug gab Augustinus Cyprian wieder. Dieser hatte über einen Bischof geschrieben, der Angst vor dem Tod empfunden und um Verlängerung seines Lebens gebetet hatte. Possidius nutzt zwei gegenläufige Beispiele, um Augustinus’ Ansichten eines gelungenen Lebensendes einem negativen gegenüberzustellen. Dieser Kunstgriff wird sich in den historio- und hagiographischen Texten der folgenden Jahrhunderte wiederfinden, um die eigene Ansicht eines guten Todes zu unterstreichen oder das Ableben eines anderen herabzusetzen, indem diesem ein vorbildhafter Tod entgegengesetzt wird. Augustinus starb während der Belagerung Hippos durch die Vandalen.522 Er flehte, so berichtet es Possidius, der selbst vor den Vandalen geflüchtet in Hippo vor Ort und somit Augenzeuge von Augustinus’ letzten Lebenstagen war,523 Gott an, entweder die Belagerung zu beenden oder ihn aus dieser Welt abzuberufen.524 Daraufhin erkrankte Augustinus in Erfüllung seiner Bitte an einem Fieber. Darin bereits ein Vorwissen und den bald eintretenden eigenen Tod zu sehen wäre

519 Vgl. Possidius von Calama, Vita Augustini c. 24, 4–7, S. 72. 520 Vgl. Possidius von Calama, Vita Augustini c. 27, 6–7, S. 78. 521 Possidius von Calama, Vita Augustini c. 27, 9, S. 80: Si numquam, bene; si aliquando, quare non modo? Übersetzung: Ebd., S. 81. 522 Zu Augustinus’ Tod vgl. Elm, Macht der Weisheit, S. 138; Voprˇada, Morte del vescovo, S. 340–343. 523 Entsprechend wird gerade dem durch Possidius geschilderten Lebensende Augustinus’ »all the marks of authenticity« zugesprochen, vgl. Bastiaensen, Inaccuracies, S. 486. 524 Vgl. Possidius von Calama, Vita Augustini c. 29, 5, S. 87. Hierin möchte Dagemark, Funeral as a Hagiographic Motif, S. 271, eine Anleihe des Possidius in Augustinus’ Werken sehen.

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hingegen zu viel der Interpretation.525 Im Zustand der Krankheit wirkte er sein erstes und einziges Wunder, ein Heilwunder. Interessant an dieser Passage ist Augustinus’ erste Reaktion auf den Wunsch eines Mannes, seinen kranken Angehörigen zu heilen. Er erwiderte, wenn er über die Fähigkeit zur Heilung verfügen würde, hätte er sie wohl zuerst an sich selbst zur Anwendung gebracht. Ungewöhnlich rational scheint hier Possidius dem ansonsten ungetrübten Wunderglauben in dergleichen Texten entgegenzutreten. Allerdings relativiert sich dieser Eindruck recht schnell, denn der Mann konnte Augustinus überzeugen, da er im Traum von der erfolgreichen Heilung Kenntnis erhalten hatte. Daraufhin zögerte auch Augustin nicht länger und heilte den Angehörigen. Somit erfüllte Augustinus, was der zu ihm getretene Mann bereits in einer Vision gesehen hatte. Zumindest in dieser Situation erscheint auch die Position Augustinus’ als ›göttlicher Mensch‹ sehr deutlich.526 Inwiefern dahinter die vollendete göttliche Gnade steht – immerhin hatte Gott Augustinus seinen Wunsch, diese Welt zu verlassen, offensichtlich gewährt – ist nicht sicher zu beantworten. Inwieweit dies reichen mag, auch Augustinus als ›göttlichen Menschen‹ einzustufen, muss offenbleiben. Verglichen mit Martin und Ambrosius wirken seine Taten eher bescheiden, auch wenn es sein Verdienst war, den katholischen Glauben in Nordafrika wieder etabliert zu haben. Der Tod des Augustinus unterscheidet sich, Feinheiten betrachtend, erheblich von den zuvor geschilderten.527 Er bestand gemäß Possidius ganz bewusst auf einer Buße vor seinem Tod, während weder Martin noch Ambrosius dies für nötig empfunden hatten. Augustinus erbat sich mehrere Tage vor seinem Tod, von nun an ungestört im Gebet verharren zu wollen, die Einnahme des Essens sowie Arztbesuche ausgenommen.528 Die Konsultation eines Arztes ist eine neue Di525 Vgl. Jasinski, Image of a Dying Bishop, S. 325. Zu seiner als Übung charakterisierten Krankheit, einer letzten asketischen Prüfung, vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 234. 526 Vgl. Possidius von Calama, Vita Augustini c. 29, 5, S. 87. Zur kompositorischen Positionierung dieses Heilwunders während des Vandaleneinfalls und der bereits zuvor geschilderten Bußfertigkeit des Augustinus vgl. Stoll, Vita Augustini des Possidius als hagiographischer Text, S. 8f. Diesner, Possidius und Augustinus, S. 363, erachtet das Wunder leicht abfällig als Mittel zum Zweck, mit dem es Possidius möglich gewesen sei, Augustinus unter die Wundertäter einzureihen. Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 437. 527 Vgl. Possidius von Calama, Vita Augustini c. 31, 5, S. 102/104. Eine von der Vita des Possidius beeinflusste Fassung der Vita Augustini hat Eingang in die Legenda Aurea des Jacobus de Voragine gefunden. Während der Lebensweg vielfach um Begebenheiten aus den Confessiones sowie De civitate Dei erweitert worden ist, orientiert sich die Schilderung des Todes an Possidius’ Darstellung. Vgl. Jacobus de Voragine, De sancto Augustino, Legenda Aurea 2 c. 124, S. 1628–1675, zum Tod besonders S. 1656. 528 Zu Augustinus’ darin etablierter Vorbildfunktion vgl. Stoll, Vita Augustini des Possidius als hagiographischer Text, S. 9. Dies impliziert die Vorbildhaftigkeit von Augustinus’ Vorbereitung auf sein Ableben, gleichzeitig aber auch die durchaus alltäglichen Komponenten, sodass sie auch zur Nachahmung geeignet erscheinen.

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mension, in den Berichten zuvor war von einer Inanspruchnahme medizinischer Hilfe nicht die Rede. Die Existenz des Arztes ist sicher nicht mit von Augustinus vorgebrachter Sorge um seinen Tod und der Bitte, sein Leben zu verlängern, zu erklären. Vielmehr schildert Possidius die real existenten Vorbereitungen und Geschäftsgänge im Angesicht eines bald eintretenden Todes, wozu auch das Hinzuziehen eines Arztes gehörte.529 Dass Augustinus sich dennoch von ›normalen‹ Sterbenden unterscheidet, möchte Possidius nicht verschweigen. So verkündete er bis zum letzten Tag das Wort Gottes,530 blieb bis zum Ende am Körper unversehrt und verfügte bis zum Schluss über gutes Seh- und Hörvermögen. Die Unversehrtheit des Leibes mag bereits auf die auch ihm zuteilwerdende Auferstehung hinweisen, die geistige Gesundheit bis zum letzten Augenblick ist als Charakteristikum eines vorbildlichen Todes bekannt. Die Gabe des Viaticums, in der Vita des Ambrosius explizit aufgeführt, wird dagegen nicht genannt.531 Possidius nutzt das Verb dormire, um den Tod von Augustinus auszudrücken. Er entschlief, von Gebeten der Umstehenden begleitet, in Anklang an David, 1 Kön 2,10 zu seinen Vätern, womit seine unmittelbare Aufnahme in den Kreis der Altvorderen angedeutet wird.532 Während die Lebensbeschreibung auf den ersten Blick wenig Anhaltspunkte und Übereinstimmungen mit den Lehren des Augustinus enthält, vielmehr dessen unermüdliche Kämpfe gegen Irrlehren jeder Art schildert, erweist sich der Tod als Idealform ganz in Ambrosius’ Sinne, den

529 Vgl. zur Rolle des frühmittelalterlichen Medikus Flint, Early Medieval Medicus. Flint stellt, zwar anhand von Viten des 6.–8. Jh., doch auch in diesem Fall zutreffend, heraus, dass die zwar mit den überirdischen Heilkräften der Heiligen nicht nachkommenden Ärzte dennoch häufig innerhalb dergleichen Texte Erwähnung finden, was für deren große Bedeutung und deren sozialen Status spricht (S. 136). Ärzte sind jedoch nur hinzugezogen worden, um den Tod zu verhindern, nicht, um den bereits eingetretenen Tod eines Menschen festzustellen, vgl. Schäfer, Todesfeststellung, S. 107–109. Vgl. dagegen zum geringeren Nachweis von Medizin in den lateinischen Heiligenviten der ersten Jahrhunderte nach Christi Geburt Boglioni, Scène de la mort, S. 187f. u. 193. Medizin spielt für einen guten Tod keine Rolle. 530 Vgl. Jasinski, Image of a Dying Bishop, S. 326. 531 Vgl. Stuiber, Tod des Aurelius Augustinus, S. 6. 532 Vgl. Possidius von Calama, Vita Augustini c. 31, 3–5, S. 102. Zu nicht vorhandenen liturgischen Handlungen oder der Spende von Sakramenten, gleich der Vita des hl. Martin, vgl. von der Nahmer, Der Heilige und sein Tod, S. 111. Es können Argumente eine Rolle spielen, die bereits im Kontext des Ablebens Martins diskutiert worden sind. Zum Problem der nicht ohne weiteres zu identifizierenden Väter und dem wahrscheinlich dennoch gedachten Bezug zur Passion Christi vgl. ebd., S. 111. Möglicherweise spielt auch eine konstruierte Parallele zur Antoniusvita eine Rolle. Auch dieser wurde, so schildert es Athanasius, nach seinem Tod zu den Vätern versetzt (Athanasius von Alexandria, Vita Antonii c. 92, S. 370–373). In Übereinstimmung mit dem Ausruf Martins gemäß Sulpicius Severus, dass er in Abrahams Schoß aufgenommen werden wird, erachtet die hier genannten Väter dagegen Dagemark, Funeral as a Hagiographic Motif, S. 266f. Zu dieser alttestamentlichen Formel, die dort auch als Formel für ›friedlich sterben‹ oder ›eines natürlichen Todes sterben‹ gebraucht wird, vgl. Schnocks, Konzeptionen der Übergänge vom Leben zum Tod, S. 320.

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Augustinus immerhin als sein Vorbild bezeichnet hatte.533 Bei genauerer Betrachtung offenbart der Text hingegen zahlreiche Anlehnungen an Augustinus’ Werk.534 Nicht verwunderlich ist daher, dass sich die Todesschilderungen gleichen, auch wenn, beispielhaft durch die Einbeziehung eines Arztes, allem Anschein nach zeittypische alltägliche Motive Eingang in die Lebensbeschreibungen gefunden haben, die allein mit dem Begriff der Heiligenvita keine vollgültige Gattungsbeschreibung erhalten würden.

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Während Athanasius in seiner Vita Antonii seinen Protagonisten nach einem unaufhaltsamen spirituellen Aufstieg zum Tod hin in eine Reihe mit den Patriarchen des Alten Testamentes stellt und ihn symbolisch auf dem Berg Kolzim sterben lässt,535 weisen die Vita Martini und die Lebensbeschreibungen von Ambrosius und Augustinus zwar unterschiedliche Ideale eines Bischofs auf, schildern allerdings einen zwar idealtypischen, aber in großen Teilen nachahmbaren Tod. Die dort vor Augen geführten Riten und Zeremonien, die dem Ableben vorausgegangen waren, boten auch dem ›normalen‹ Sterblichen die Möglichkeit, zumindest auf Teile dieser Vorbereitungen zurückgreifen zu können – wenngleich der Rezipientenkreis solcher Texte nur eine äußerst geringe Personenzahl umschloss. Ohne die Viten bereits dem Genre der spätmittelalterlichen Artes moriendi zuschreiben zu dürfen, bilden sie dennoch anschaulich den idealen Tod in Vollendung ab. Dies heißt nicht, dass sich alle nachfolgenden hagio- oder historiographischen Schriften wörtlich auf diese frühen Texte beziehen, es ist vielmehr die hier verschriftlicht vorgefundene Tradition, die Heiligkeit mit bestimmten Todesriten in Verbindung bringt. In dieser mehr und mehr vom Christentum für sich eingenommenen Zeit in Zentraleuropa konnten (mit wenigen Ausnahmen) nur Repräsentanten dieses Glaubens, herausragende Gläubige, als Vorbilder auch für den Tod infrage kommen. Die zahlreichen Be533 Zuzustimmen ist Dagemark, Funeral as a Hagiographic Motif, S. 270: »Augustine’s behavior before death may have been affected by Ambrose’s sermon on a good death.« 534 Vgl. bereits Harnack, Possidius, S. 10. Dagemark, Funeral as a Hagiographic Motif, S. 279, sieht gerade in der nicht ausführlich geschilderten Sequenz über Augustinus’ Bestattung eine deutliche Anleihe von Possidius in dessen Werken, da Augustinus die Beisetzung nicht als Hilfe des Verstorbenen, sondern als Trost für die Hinterbliebenen erachtet hat. Somit tritt auch die Bedeutung des augustinischen Werkes in der Vita deutlich hervor. Possidius’ Abhängigkeit von Augustinus lässt sich bis in die in der Vita verwendeten Bibelzitate nachvollziehen, vgl. Geerlings, Einleitung, S. 16. Dass Possidius Augustinus vielfach sogar wörtlich zitiert, weist Pellegrino, Reminiscenze letterarie agostiniane, nach. 535 Vgl. Athanasius von Alexandria, Vita Antonii c. 91–92, S. 366–373.

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richte über Märtyrer sind dabei zwar sehr anschaulich, offenbaren jedoch nur äußerst eingeschränkt die Möglichkeit der Nachahmung. Aus diesem Grund bietet sich auch der Tod Jesu nicht zur Imitation an. Notwendig war somit, vorbildliche Tode mit bemerkenswerten Christen in Verbindung zu bringen. Kaum jemand bietet sich dafür mehr an als ein Bischof, ein offizieller Repräsentant dieses Glaubens, weshalb nicht überraschend, sondern folgerichtig die ersten bedeutenden Viten in Mitteleuropa über Martin, Ambrosius und Augustinus verfasst worden sind – und zwar nicht lange nach ihrem Ableben, sondern von Zeitgenossen, im Fall Martins sogar noch zu Lebzeiten. Neben diesen besteht ein weiterer Text, der ebenso einflussreich die nachfolgenden Jahrhunderte durchdringen, Künstler und Dichter inspirieren,536 die Menschen belehren sollte. Es handelt sich um den Transitus Mariae,537 die Schilderung über den Tod der Mutter Jesu. Berichte über das Ableben Marias finden sich nicht in der Bibel. Die früheste Aufzeichnung über ihren Tod datiert aus dem 4./5. Jahrhundert; erst zu dieser Zeit muss die Notwendigkeit aufgekommen sein, diese Geschichte niederzuschreiben.538 Damit geht dieser Text zeitlich mit den zuvor vorgestellten Viten einher. Neben dem idealtypischen Tod des guten Christen, dargestellt in Person der Bischöfe, wird nun auch auf göttlicher Ebene demonstriert, welche Formen ein guter Tod annehmen kann. Die herausragende Bedeutung dieser Schilderung zeigt sich in ihrer Aufnahme in die Legenda Aurea des Jacobus de Voragine in der Mitte des 13. Jahrhunderts.539 Der Text setzt vor der Passion Christi ein.540 Maria bat ihren Sohn, dieser möge sie drei Tage vor Eintritt über ihren Tod in Kenntnis setzen und ihre Seele, wenn 536 Vgl. Myslivec, Tod Mariens, mit Abriss zur Verbreitung des Textes; Schreiner, Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin, S. 470f. 537 De transitu beatae Mariae virginis. Zu seinem Nutzen als Anleitung vorbildlichen Sterbens für ›jedermann‹ vgl. Schreiner, Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin, S. 474–477. Zu weiteren lateinischen Fassungen des Transitus vgl. Mimouni, De l’Ascension du Christ à l’Assomption de la Vierge, S. 478. Generell zum Forschungsstand vgl. Förster, Transitus Mariae, S. 67–81. 538 Vgl. Schreiner, Tod Marias als Inbegriff christlichen Sterbens, S. 261; Spreckelmeier, Biblisches Erzählen, S. 99–101. 539 Zur Rezeption vgl. Schreiner, Tod Marias als Inbegriff christlichen Sterbens, S. 265f.; ders., Nobilitas Mariae, S. 213. Besondere Bekanntheit sollte der Text im frühen Mittelalter durch Gregor von Tours erhalten, der ihn in seinem Liber in gloria martyrum aufgegriffen und zusammengefasst aufbereitet hat. Gerade in ottonisch-salischer Zeit sollte sich schließlich eine besondere Marienfrömmigkeit insbesondere innerhalb der Herrscherdynastien ausprägen, vgl. Hehl, Maria und das ottonisch-salische Königtum. Zur Rezeption und Wandlung des Marientodes im Spätmittelalter vgl. Holzherr, Darstellung des Marientodes. 540 Zur grundsätzlichen Einteilung aller Transitus-Fassungen in fünf Bereiche und den immer wiederkehrenden Strukturen vgl. Mimouni, De l’Ascension du Christ à l’Assomption de la Vierge, S. 485f. Zu den zahlreichen und vielsprachig überlieferten Fassungen des Transitus,

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sie den Körper verlassen hat, aufnehmen.541 Deutlich wird die als positiv geschilderte Trennung der Seele vom Körper. Der Wunsch, Jesus möge ihre Seele in Empfang nehmen, ist hierbei nicht als frommer Wunsch gedacht, sondern offenbart, was Maria nach ihrem Tod zuteilwerden wird: die unmittelbare Aufnahme in den Himmel. Sie erfährt eine Auszeichnung, die dem gewöhnlichen Sterblichen nicht vergönnt ist. Das Wissen über den nahenden Tod war auch den anderen Lebensbeschreibungen inne. Unklar blieb jedoch, mit Ausnahme von Ambrosius, wie die Bischöfe das Wissen über ihren kommenden Tod erhielten. Im Fall Marias ist dies hingegen eindeutig. Zunächst gewährte Jesus seiner Mutter ihren Wunsch und versprach ihr, sie selbst bei Eintritt des Todes im Beisein der Engel, Erzengel, Heiligen und Jünger in den Himmel zu geleiten.542 Im weiteren Verlauf wird die Trennung der Seele vom Körper betont und als große Gnade benannt, worauf sich Maria sicher (pro certo) verlassen könne. Nach der Kreuzigung Jesu verbrachte Maria die folgenden zwei Jahre in stetem Gebet (diebus ac noctibus semper in oratione assistebat), bis ein Engel an sie herantrat, ihr einen Palmzweig überreichte und ihren Tod in drei Tagen ankündigte.543 Daraufhin, so fährt der Transitus fort, wusch sich Maria, kleidete sich wie eine Königin (induit se sicut regina) und schickte nach Josef von Arimathäa sowie weiteren Menschen, damit sie bei ihr wachten.544 Während sich Martin in Sackleinen gekleidet und auf Asche niederlegt hatte, reinigt und kleidet sich Maria gemäß ihrer absehbaren Position an der Seite ihres Sohnes. Die Reinigung ist dabei nicht allein als rein körperlicher Vorgang zu verstehen, sondern drückt die Befreiung von allem Weltlichen aus, was in der bereits überweltlichen Erscheinung Marias als Königin ihren Höhepunkt findet. Es ist nicht verwunderlich, dass sich auch in diesem Text keine Anzeichen finden lassen, Maria hätte vor ihrem Tod Sünden gebüßt und die Absolution erhalten. Vielmehr weisen die Reinigung und ihr Erscheinungsbild als himmlische Königin auf ihre makellos reine, bereits der Welt entrückte Position hin. Dieser Schwebezustand zwischen Irdischem und Himmlischem ist nicht zuletzt durch die Ankunft des Engels

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deren Abhängigkeitsverhältnisse zueinander noch nicht endgültig aufgeschlüsselt worden sind, vgl. Spreckelmeier, Biblisches Erzählen, S. 107–125 (Stemma S. 115). Vgl. De transitu beatae Mariae virginis, S. 113. Möglicherweise noch älter als die hier verwendete Fassung ist der von Haibach-Reinisch, Neuer Transitus Mariae des PseudoMelito, S. 63–87, herausgegebene Transitus Mariae des Pseudo-Melito, die zentralen Komponenten stimmen aber überein. Zur strittigen Datierung des Pseudo-Melito-Textes vgl. auch Spreckelmeier, Biblisches Erzählen, S. 127f. Vgl. De transitu beatae Mariae virginis, S. 113f. Vgl. De transitu beatae Mariae virginis, S. 114f. Dies und die nachfolgenden Ereignisse – Apostel, die in einer Wolke hergebracht werden und Lichter am Totenbett – gehen auf alttestamentarische Vorbilder zurück, vgl. Schreiner, Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin, S. 465–467. Vgl. De transitu beatae Mariae virginis, S. 115. Vgl. auch Schreiner, Tod Marias als Inbegriff christlichen Sterbens, S. 287.

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deutlich geworden, der ihr nicht zufällig einen Palmzweig überreicht hat. Hatte das Volk Jerusalems beim Einzug Jesu diesem zu Ehren Palmzweige auf den Weg gelegt, symbolisiert der an Maria überreichte den ihr geebneten und geschmückten Weg ins himmlische Jerusalem, ihre Aufnahme in den Himmel. Während die Anteilnahme von Familie, Nachbarn, selbst Unbekannten am Sterbebett bis zur großen Pest im 14. Jahrhundert zum Ritus gehört, offenbart sich die besondere Gnade Marias in der Anwesenheit der Jünger Jesu. Alle hatten sich an verschiedensten Orten der Welt befunden, sich plötzlich jedoch vor dem Haus Marias wiedergefunden und versprochen, mit ihr zu wachen und zu beten.545 Die Gnade, von den Aposteln und Schülern Jesu in der Stunde des eigenen Todes umgeben zu sein, kommt nur Maria zu. Doch vollführen sie in den letzten Stunden keine Wunder, sondern wachen und beten zusammen, rezitieren Psalmen, singen Kantaten.546 Anders haben sich auch Martin und Ambrosius gemäß ihrer Viten nicht vorbereitet, während sich Augustinus größtenteils erbat, alleine zu sein, auf seinem Krankenbett allerdings sein einziges Wunder wirkte. Im Augenblick des Todes kam der Heilige Geist über die Apostel und Jesus selbst trat zu seiner Mutter, um ihre Seele in Empfang zu nehmen; eine Gnade, die einem ›Normalsterblichen‹ nicht vergönnt sein wird. Vergleichbares war bereits Ambrosius zuteilgeworden. Einhergegangen waren einsetzender Wohlgeruch (odor) und Engel, die das Hohelied anstimmen (angeli cantantes cantica canticorum). Unter Psalmen, Hymnen und Liedern stieg Maria zum Himmel auf und für einen kurzen Moment war ihr Tod allen in Jerusalem deutlich sichtbar.547 Während die Teufel, die sich des Leibes Marias zu bemächtigen versuchten, mit 545 Vgl. De transitu beatae Mariae virginis, S. 116f. Nicht anwesend ist einzig der Apostel Thomas, genannt Didymos. Dass gemäß dem Text große Kerzen angezündet wurden, bringt Schreiner, Tod Marias als Inbegriff christlichen Sterbens, S. 295f., mit dem zum christlichen Sterberitual gehörenden Sakrament der geistlichen Wegzehrung, dem Viaticum, in Verbindung. Im Text selbst wird die Gabe des Viaticums nicht genannt, doch verweist Schreiner auf den seit dem 4. Jahrhundert in Jerusalem nachzuweisenden Brauch, an Mariae Lichtmess eine Lichterprozession zu veranstalten. Zudem sollten Kerzen am Sterbebett einen wirksamen Schutz gegen Teufel darstellen. Vgl. auch ders., Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin, S. 483–485. 546 Zur Bedeutung der Rezitation von Psalmen am Totenbett vgl. Schreiner, Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin, S. 479–483. 547 Vgl. De transitu beatae Mariae virginis, S. 117f. Johannes Chrysostomos verortete die Intonation von Hymnen, Psalmen und Gesängen beim Tod eines Menschen als Zeichen des Dankes gegenüber Gott, der den Verstorbenen von den Beschwernissen des Lebens erlöst, ihm die Furcht genommen und nun bei sich aufgenommen hat. Vgl. Schreiner, Tod Marias als Inbegriff christlichen Sterbens, S. 264f. Zur Erscheinung von Engeln in zahlreichen Viten als Begleiter der zum Himmel aufsteigenden Seele, einem himmlischen Chor sowie dem einsetzenden Wohlgeruch vgl. Boglioni, Scène de la mort, S. 196 u. 199f.; Kampert, Sterben der Heiligen, S. 323–336; Pasche, Death, S. 416. Zum Wohlgeruch eines Leichnams als Zeichen von der erlangten Seligkeit des Verstorbenen vgl. auch Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 154–158.

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Blindheit geschlagen wurden und sich gegenseitig erschlugen, wurde ihr Leib von den Aposteln gewaschen und zum Berg Zion, südöstlich der alten Stadtmauer von Jerusalem im Tal Josaphat, getragen, um dort bestattet zu werden.548 Auf der Hälfte des Weges stellte sich ein Jude, Ruben, dem Leichenzug entgegen und versuchte, die Trage mit dem Leichnam zur Erde zu werfen. Doch vertrockneten seine Hände bei der Berührung der Trage. Daraufhin bat er die Apostel, ihn durch Gebete zum Herrn zu befreien, woraufhin er sich taufen ließ.549 Nachdem der Leichnam Marias unter Klagen und Gesängen beigesetzt worden war, umgab die Apostel plötzlich ein heller Lichtschein und Engel hoben den Leib Marias in den Himmel empor.550 Maria wird somit, gleich ihrem Sohn, bereits die fleischliche Auferstehung unmittelbar nach ihrem Ableben gewährt. Dies liegt außerhalb dessen, was ein gewöhnlicher Sterblicher erwarten kann. Dennoch bietet der Text in seiner grundlegenden Struktur Bausteine, die für den eigenen Tod nachgeahmt werden können.551 Rezipiert wurde der Text durch Gregor von Tours, dessen Werk im weiteren Verlauf noch ausgiebig analysiert werden wird.552 Doch wollen wir bereits an dieser Stelle auf seine Bearbeitung des Todes Marias eingehen, die im Vergleich zum Transitus Mariae, aber auch zur Fassung innerhalb der Legenda Aurea,553 548 Vgl. De transitu beatae Mariae virginis, S. 118. Zur Bedeutung der Leichenwaschung im Mittelalter vgl. Alexandre-Bidon, Le corps et son linceul, S. 185f.; Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 171f. 549 Vgl. De transitu beatae Mariae virginis, S. 119. Vgl. Schreiner, Tod Marias als Inbegriff christlichen Sterbens, S. 262; ders., Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin, S. 467f. Zu postmortalen Wundern in Viten insbesondere der frühchristlichen Zeit vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 410–429. 550 Vgl. De transitu beatae Mariae virginis, S. 119. 551 Vgl. Schreiner, Tod Marias als Inbegriff christlichen Sterbens, S. 271. Ebd., S. 272f. u. 287– 298, weist er in diesem Zusammenhang auf vier Komponenten hin, die nicht allein innerhalb der zuvor behandelten Viten nachweisbar sind, vielmehr einer langen Tradition entstammen. Dazu zählt Schreiner das Wissen um den eigenen nahenden Tod (allen drei Bischöfen war dies vergönnt), den Tod in Gemeinschaft (auch dies findet sich in allen drei Berichten), das gemeinsame Gebet, die Rezitation von Psalmen und die Intonation von Hymnen und Gesängen (explizit in den Viten nicht genannt) sowie das Sakramentale und das Sakrament, die geistliche Wegzehrung, also das Viaticum. Das Viaticum erhält einzig Ambrosius, Beichte und Absolution werden hingegen nirgends erwähnt, dürfen aber im Kontext angenommen werden; Martin bettete sich zur Buße in einem Gewand aus Sackleinen auf den mit Asche bedeckten Boden, Ambrosius wurde kurz vor seinem Ableben vom Heiligen Geist durchdrungen und Augustinus zog sich unmittelbar vor seinem Tod zur Buße in die Einsamkeit zurück. 552 Vgl. Kapitel 6.2. 553 Vgl. Jacobus de Voragine, De assumptione beatae Mariae virginis, Legenda Aurea 2 c. 119, S. 1508–1569. Der Text innerhalb der Legenda Aurea orientiert sich sehr eng am Transitus Mariae, Abweichungen sind kaum festzustellen, sinnverändernde Zusätze nicht auszumachen. Allerdings unterlässt es Jacobus nicht, wenn auch nur in äußerst geringem Maße, Kritik an der apokryphen Form des Transitus Mariae zu äußern. Vgl. Schreiner, Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin, S. 472f.

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Der vorbildliche Tod

äußerst kurz ausfällt. Gregors Bericht über Maria bildet nur einen von über 100 kurzen Texten zum Ruhm der Märtyrer.554 Gregor rafft die Erzählung, verzichtet auf die durch den Engel erfolgte Verkündigung des Todes Marias und setzt unmittelbar mit dem nahenden Ende ihres Lebens ein, von dem sie dennoch Kenntnis gehabt haben muss. Daraufhin fanden sich, gemäß ihrem gen Himmel gerichteten Wunsch, die Apostel aus allen Teilen der Welt bei ihr ein und wachten gemeinsam mit Maria. Schließlich erschien Jesus selbst, nahm die Seele Marias auf und übergab sie an den Erzengel Michael.555 Gregor reduziert die Todesvorbereitungen Marias auf ihren Wunsch, die Apostel um sich zu haben; diese bilden die einzigen anwesenden Personen. Der Aufstieg der Seele Marias in den Himmel wird nicht explizit genannt, Teufel kommen nicht vor. Die Apostel wuschen, so fährt Gregor fort, den Leichnam Marias, brachten ihn zu ihrem Mausoleum, bewachten ihn dort und erwarteten die Ankunft des Herrn.556 Maria hat somit auf einem Lager geruht oder ist zumindest auf einem solchen gereinigt worden. Die geographische Verortung des Grabes spielt in der Fassung Gregors keine Rolle, ebenso wenig die Episode um den Juden. Der Bericht endet mit der Ankunft Gottes, der den Leichnam in eine Wolke gehüllt ins Paradies erhob.557 Gregor gelingt es, obwohl er den Bericht auf wenige Zeilen verkürzt, grundlegende Elemente des vorbildlichen Todes beizubehalten, die auch für ihn offensichtlich zu einem wünschenswerten Ableben gehören. Darunter fallen das Wissen um den nahenden Tod, die Gemeinschaft mit anderen, die anschließende Sorge um den Leichnam und die Bestattung. Nicht für notwendig hielt er, Komponenten wie Beichte, Absolution oder Viaticum hinzuzufügen. Gregors Bericht über Maria, nur einer von vielen in seinem Liber in gloria martyrum, vermittelt auf wenigen Zeilen Grundannahmen des wünschenswerten Todes.

5.4

Zusammenfassung

Die Lebensbeschreibung des heiligen Martin steht am Beginn der okzidentalischen Vita. Der als Idealbild des Bischofs vorgestellte Protagonist sollte in seiner weltabgewandten, eremitischen Lebensweise für die nachfolgenden Jahrhunderte zwar nicht als Vorbild herangezogen werden, doch stellt der Text das Fundament der hagiographischen Tradition in Mitteleuropa dar. In dieser Zeit bestand ein besonderes Interesse daran, sowohl in Bezug auf eine gute Lebensführung als auch hinsichtlich eines guten Todes Anschauungsmaterial gereicht zu bekom554 555 556 557

Vgl. Gregor von Tours, Liber in gloria martyrum. Vgl. Gregor von Tours, Liber in gloria martyrum c. 4, S. 39. Vgl. Gregor von Tours, Liber in gloria martyrum c. 4, S. 39. Vgl. Gregor von Tours, Liber in gloria martyrum c. 4, S. 39.

Zusammenfassung

129

men, um sich mittels dieser Schilderungen auf den eigenen Tod vorbereiten zu können. Hierfür entstand neben den Lebensbeschreibungen zahlreicher Bischöfe – in unserem Fall neben Martin exemplarisch Ambrosius und Augustinus – auch ein Bericht über das Sterben Marias, der ebenfalls von großem Einfluss für das gesamte Mittelalter werden sollte, wie die kursorisch nachvollzogene Rezeption dieses Textes hat deutlich werden lassen. Innerhalb der Bischofsviten wird mit unterschiedlichen Gestaltungsmethoden verfahren. Zwar stehen alle noch mehr oder weniger deutlich in der Tradition der Kaiserviten Suetons, doch bedienen sie sich spezifischer Darstellungsschwerpunkte. Führen die Vita Martini und die Vita Ambrosii die zahlreichen Wundertaten der Protagonisten aus, worin das Wirken Gottes seine konkrete und sichtbare Wirkung entfaltet, so zeigt die Vita Augustini einen rhetorisch gewandten Bischof, der die Irrgläubigen nicht mit Wundern, sondern mit Argumenten überzeugt. Dennoch eint diese Darstellungen der Todesbericht, zusammengesetzt aus verschiedenen, teilweise unterschiedlichen Versatzstücken, die nicht auf den Wunderglauben rekurrieren, sondern der Trauerkultur der Zeit entnommen sind, sodass sie auch dem gewöhnlichen Christen bekannt gewesen und möglicherweise nachahmenswert geschienen haben mögen. Dessen ungeachtet werden besondere Eigenschaften erwähnt, die explizit die Heiligkeit des Protagonisten herausstellen sollen. Darunter zählen Visionen oder, in besonders extremer Darstellung, die Himmelfahrt Marias im Beisein ihres Sohnes und der Apostel. Über die Analyse der Viten konnte neben dem Einfluss der Vita Martini auf die nachfolgenden Texte gezeigt werden, inwiefern Ambrosius’ und Augustinus’ theoretische Schriften über Sterben und Tod Berücksichtigung in ihren eigenen Lebensbeschreibungen gefunden haben. Insbesondere der ambrosianische Traktat De bono mortis übte einen nicht zu unterschätzenden Einfluss sowohl auf Paulinus als auch (weniger deutlich) auf Possidius aus. Dennoch offenbaren alle Viten die in einer langen theoretisch vorgeprägten Tradition stehende Ausrichtung auf das zweite, himmlische Leben nach dem Tod, führen klare Unterscheidungen zwischen den Himmel oder Hölle Versprochenen und betonen den Stellenwert des diesseitigen Lebens, das zwar für die Seele einen großen Ballast darstellt, jedoch unabdingbar für die Buße der Sünden und die Vorbereitung auf das Sterben und Nachleben ist.

6

Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

Bei der Behandlung des Bischofstodes vom Übergang der Spätantike zum Mittelalter muss einem Werk besondere Beachtung gelten: den Decem libri historiarum Gregors von Tours.558 Gregor, am Beginn des Mittelalters stehend und auf die Antike zurückblickend,559 tritt als erster mittelalterlicher ›Historiker‹ in Erscheinung.560 In seinen Decem libri historiarum schildert Gregor zunächst im Sinne der Weltchronistik und anknüpfend an Eusebius und Hieronymus,561 bald basierend auf seiner eigenen Zeit und seinen eigenen Erfahrungen, die Genese des Fränkischen Reiches mit besonderer Berücksichtigung des Turoner Raumes, ohne aber eine Geschichte der Franken niederschreiben zu wollen – wie der seit dem 11. Jahrhundert gebräuchliche, irreführende Titel Historia Francorum suggeriert.562 Gregor, aus senatorischer Familie stammend, war seit dem Jahr 573 Bischof von Tours, sodass es nicht verwundert, wenn er in seinem Werk seinen Amtsbrüdern größeren Platz einräumt, wozu auch die zahlreichen Schilderungen bischöflicher Sterbeberichten zu zählen sind. Die Decem libri historiarum 558 Vgl. zur großen Bedeutung von Gregors Werk Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 129; Ebenbauer, Historiographie, S. 80; Wood, Merovingian Kingdoms, S. 28, der jedoch auf die Unzuverlässigkeit des Werkes hinweist. Ausgewogene Diskussion zum Stellenwert Gregors als »Vater der französischen Geschichtsschreibung« bei Heinzelmann, Grégoire de Tours ›Père de l’histoire de France‹. 559 Vgl. Hellmann, Studien zur mittelalterlichen Geschichtsschreibung I, S. 63 u. 93. Gregor als Akteur an einem »liminal moment« verortet auch Reimitz, After Rome, before Francia, S. 59. 560 Vgl. Wallace-Hadrill, Gregory of Tours and Bede, S. 31. 561 Zur Gattung der Weltchronistik vgl. von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 38f. Gerade Hieronymus’ Chronik tritt das ganze Mittelalter über als Referenzpunkt in Erscheinung und kann als meistbenutztes Werk dieser Art gelten (ebd., S. 233). Gregors Decem libri historiarum einzig als Weltchronik einzustufen, hat bereits von den Brincken (S. 98) abgelehnt. 562 Vgl. Goffart, From Historiae to Historia Francorum and Back Again; ders., Narrators of Barbarian History, S. 120f.; Heinzelmann, Franken und die fränkische Geschichte, S. 327– 329; ders., Hagiographie au service de l’histoire, S. 32; Plassmann, Lateinische Stammesund Volksgeschichtsschreibung, S. 54.

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Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

(Zehn Bücher Geschichte563) stehen am Beginn der historiographischen Darstellung des bischöflichen Todes, bilden darüber hinaus auf Jahrhunderte hinweg, quantitativ wie qualitativ, einen Höhepunkt in der Berichterstattung. Dies ist insbesondere für die merowingische Historiographie nicht überraschend, bildet doch das Werk Gregors mit wenigen Ausnahmen die einzige Darstellung dieser Zeit;564 bezüglich ihres Umfanges und ihrer Detailfülle nehmen die Decem libri historiarum eine exklusive Position ein. Dennoch sollen die Decem libri historiarum nicht für sich genommen analysiert, sondern in den Kontext der weiteren Quellen des 5.–8. Jahrhunderts eingeordnet werden. Dies erfolgt zunächst bezüglich Gregors selbst. Dieser ist neben seinem umfassenden, eher historiographisch angelegten Werk als Verfasser hagiographischer Texte hervorgetreten.565 Insbesondere sein Liber vitae patrum beinhaltet zahlreiche Lebensbeschreibungen von Heiligen, vornehmlich aus dem Turoner Raum. Die darin ausführlich porträtierten Männer erfahren gleichzeitig eine Schilderung innerhalb der Decem libri historiarum. Somit besteht die Möglichkeit des Vergleiches, welche Schwerpunkte in der Schilderung des Todes innerhalb eines eher historiographischen Werkes in den Vordergrund gestellt werden, welche dagegen in den Viten besondere Betonung erfahren. Es ist allerdings nicht möglich, bei Gregor streng zwischen Historio- und Hagiographie zu trennen; auch seine Decem libri historiarum weisen Aspekte hagiographischer Literatur auf.566 Wenig sinnvoll wäre daher eine grundsätzlich getrennte Analyse historiographischer und hagiographischer Texte. Erst aus dem unmittelbaren Vergleich historio- und hagiographischer Überlieferung können fundierte Erkenntnisse gewonnen werden.567

563 Zur Argumentation, die Übersetzung ›Zehn Bücher Geschichte‹ gegenüber der Übertragung ›Zehn Bücher Geschichten‹ vorzuziehen vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 95f. 564 Eine der wenigen weiteren Quellen des 6. Jahrhunderts bildet die Fortsetzung des Geschichtswerkes des Prosper Tiro durch Marius von Avenches. Marius’ Bericht ist jedoch weit weniger umfangreich als der Gregors von Tours, setzt einen anderen geographischen Schwerpunkt und verzeichnet keinen Bericht über den Tod eines Bischofs. 565 Seine Reputation als Autor erfolgte weitgehend posthum, vgl. Shaw, Chronology, S. 138. 566 Vgl. Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 152f. Vgl. auch Kapitel 6.2, Anm. 611 und 612. 567 Zur Möglichkeit, den merowingischen Bischof trotz aller literarischen Stilisierung untersuchen zu können vgl. Scheibelreiter, Frühfränkische Episkopat, S. 134. Er betont (S. 136) auch die besondere Bedeutung von hagiographischen Texten, die eben nicht einzig Topoi aneinanderreihen und daher außer Acht gelassen werden können. Vielmehr fänden sich innerhalb dieser Texte zahlreiche zwar topisch scheinende Komponenten wieder, die sich jedoch entsprechend auch in der Realität abgespielt haben werden. Auch Reuter, Bishops, Rites of Passage, and the Symbolism of State, S. 36, hat auf die Gefahr des Historikers hingewiesen, topische und typische Elemente zu verwechseln.

Die Rolle des Bischofs bis zum Ende des 6. Jahrhunderts

133

Neben Gregor von Tours wird auf exemplarische Viten der Zeit zurückgegriffen, weiterhin auf Venantius Fortunatus. Mit Gregor bekannt und vertraut, verfasste er zahlreiche panegyrische Werke auf Bischöfe der Zeit, darunter Epitaphe. Unter den Gewürdigten finden sich auch aus Gregors Werk bekannte Bischöfe, womit sich ein weiteres Moment der Vergleichbarkeit ergibt. Für das 7. und 8. Jahrhundert werden der Liber historiae Francorum sowie die Chronik des sogenannten Fredegar herangezogen. Beide beziehen sich in großem Maße auf Gregor, wissen aber auch über die nachfolgenden Ereignisse zu berichten, wenn auch nicht so detailliert und umfangreich. Diese Werke bieten sich dennoch an, die Schilderung bischöflicher Sterbefälle qualitativ und quantitativ in der Tradition Gregors bewerten und erste Indizien für eine Tendenz innerhalb der Quellenüberlieferung ausmachen zu können.

6.1

Die Rolle des Bischofs bis zum Ende des 6. Jahrhunderts

Vorangestellt ist ein kurzer Blick auf die Position des fränkischen Bischofs zur Zeit Gregors von Tours. Das Bischofsamt im frühen Mittelalter ist, so Georg Scheibelreiter, »eine aus der Antike stammende und praktisch einzige weiterwirkende Einrichtung«568 im sich bildenden Fränkischen Reich, die schließlich im 6. Jahrhundert, »perhaps, the most secure and stable institution in an ever changing political, social and cultural reality« war.569 Die Wahrnehmung des Bischofs als »Träger antiker Traditionen, als Verkörperung adeliger Lebenshaltung und auch als ›Wanderer zwischen den Welten‹«570 zeigt dessen exponierte Position in dieser Zeit. Während im 4. Jahrhundert bereits ein gewisser Machtzuwachs der Bischöfe zu verzeichnen gewesen war,571 sind seit dem 5. Jahrhundert Belege für ein ›politisches‹ Verhalten der Bischöfe auszumachen.572 568 Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 12. Auch Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 24, konstatiert, bei den Bischöfen handle es sich »um die in einer vergleichsweise quellenarmen Zeit noch am besten fassbare Gruppe«. Vgl. Gauthier, Réseau de pouvoirs de l’évêque, S. 173; Patzold, Bischöfe im Gallien der Transformationszeit, S. 179. 569 Hen, Church in Sixth-Century Gaul, S. 234. Zu den politischen Umständen des 6. Jahrhunderts vgl. Esders, Gallic Politics in the Sixth Century; Geary, Merowinger; Scholz, Merowinger. 570 Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 12. 571 Vgl. Kapitel 5.1.1. 572 Vgl. Jussen, Bischofsherrschaften, S. 675. Als Ausweis mag ein Brief des wohl bedeutendsten Bischofs des 5. Jahrhunderts, Remigius von Reims, an den jungen Chlodwig dienen. Remigius mahnte den König darin, sich mit Ratgebern zu umgeben und besonders den Rat der Bischöfe zu achten, da erst ein Zusammenwirken beider Kräfte den Fortbestand von Chlodwigs Provinz sichern könnte (Epistolae Austrasiacae n. 2, S. 113): Et beneficium tuum castum et honestum esse debet, et sacerdotibus tuis debebis deferre et ad eorum consilia

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Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

Heinzelmann kommt zu dem Schluss, Bischöfe seien im ausgehenden 5. Jahrhundert »praktisch zum alleinigen Vertreter ihrer Stadt nach außen« geworden;573 eine Auffassung, die nicht durchgehend Zustimmung gefunden hat.574 Grundsätzlich darf die Annahme, Bischöfe seien im ausgehenden 5. und schließlich im 6. Jahrhundert unangefochtene Herren in ihren Städten gewesen, nicht als allgemeingültig verstanden werden.575 Einig ist sich die Forschung dabei, so konstatiert Jussen, »dass die ›bischöfliche Stadtherrschaft‹ eine spezifisch gallische Institution war«, während sie sich über den genauen Prozess der Ausformung dieser bischöflichen Macht nicht bewusst sei.576 Strittig ist vor allem, ob eine Delegierung des Bischofsamtes durch den Herrscher oder einer Usurpation der Bischöfe selbst stattgefunden hat.577 Unabhängig davon ist die Bildung bischöflicher Herrschaft durch bereits angesprochene Rechte und Kompetenzen bestimmt, die zumeist notdürftig als ›öffentlich‹ oder ›staatlich‹ bezeichnet werden.578 Anstatt Usurpation wird auch von Arrogierung gesprochen.579 Jussen

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semper recurre; quodsi tibi bene cum illis convenerit, provincia tua melius potest constare. Deutlich wird die starke und selbstbewusste Position des Bischofs als Vertreter der Kirche. Vgl. Hen, Church in Sixth-Century Gaul, S. 237. Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 57. Die Verbindung des Bischofsamtes mit Stadtoder Regionalherrschaft stellte dabei »eine neue charakteristische, politisch-herrschaftliche Struktur der Epoche« dar (Prinz, Fränkische Episkopat, S. 206). Vgl. Beaujard, L’évêque dans la cité en Gaule, S. 135f.; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 177. Da die Quellen aus der Gallia für das 5. Jahrhundert nur bedingt Aufschluss über diese Entwicklung geben, überträgt Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 28–32, die Entwicklung des Episkopats in Byzanz auf die Genese in der Gallia. Dagegen erachtet Anton, Bischofsherrschaften, S. 462, die den Bischöfen der Gallia des 5. Jahrhunderts zugeschriebenen Kompetenzen als überbewertet. Die Bischöfe hätten schon zuvor in ihren Städten Herrschaft ausgeübt, allerdings nicht auf Grund einer »staatlich-kaiserlichen Delegation« (S. 463). Weiterhin, gegen Annahmen von Reinhold Kaiser und Friedrich Prinz gerichtet, habe es keine Usurpation staatlicher Kompetenzen durch den Episkopat gegeben (S. 463). Vgl. Anton, Bischof und civitas, S. 373; Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 97f. Vgl. Jussen, Bischofsherrschaften, S. 679. Diese Annahme wird u. a. geteilt von Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 33. Zusammengefasst von Hen, Church in Sixth-Century Gaul, S. 240. Dagegen Anton, Bischofsherrschaften, S. 463; ders., Bischof und civitas, S. 373. Zur Beziehung zwischen Bischof und Klerus vgl. Krause, Überlegungen zur Sozialgeschichte des Klerus, S. 428–434. Jussen, Bischofsherrschaften, S. 676. Vgl. ders., Zwischen Römischem Reich und Merowingern, S. 17. Eine Zusammenfassung bisheriger Erklärungsansätze zur Transformation des Bischofsamtes sowie der ihnen innewohnenden Schwächen bietet ders., Liturgie und Legitimation, S. 80f. Vgl. zum Sonderfall der bischöflichen Genese in Gallien Patzold, Bischöfe im Gallien der Transformationszeit, S. 179. Vgl. Patzold, Sozialstruktur des Episkopats, S. 124. Zum Problem des Begriffs ›Bischofsherrschaft‹ vgl. Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 93f. Vgl. die Forschung dazu zusammenfassend und auf Probleme diesbezüglich aufmerksam machend Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 95f. Vgl. Jussen, Bischofsherrschaften, S. 677. Vielfach ist angenommen worden, die Bischöfe hätten aus reiner Notwendigkeit ihrem Tätigkeitsfeld neue Aufgaben hinzugefügt, um die Ordnung des Reiches nach dem Zusammenbruch der römischen Zentralgewalt aufrecht zu

Die Rolle des Bischofs bis zum Ende des 6. Jahrhunderts

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hat hingegen konstatiert, dass beide Lösungsvorschläge die Situation nur unzureichend erklären würden. Vielmehr habe die Senatorenaristokratie das Bischofsamt in ihrem Sinne neuartig geformt, zu einem bedeutenden Element des Reiches werden lassen, wozu sie u. a. die Liturgie modifiziert sowie den Reliquienkult zu ihren Gunsten angepasst habe.580 Es könne somit nicht reichen, nur auf die Delegation oder Usurpation von Rechten zu schauen, vielmehr müsse die Praxis bischöflicher Amtsausübung in die Betrachtung einbezogen werden.581 Alle Theorien setzen, neben einem reichsweit ausgeprägten ›Prestige‹ des Bischofsamtes – wobei es sich zunächst vielmehr um ein lokales Amt gehandelt hat582 – voraus, dass die Gruppe der Bischöfe weitgehend der Senatorenaristokratie zuzurechnen ist; eine von der Forschung vergleichsweise kritiklos aufgenommene Annahme.583 Diesbezüglich haben zuletzt Conrad Walter und Steffen Patzold Zweifel angemeldet. Am Beispiel der Turoner Kirchenprovinz konnten sie zeigen, dass die viel beschworene weitgehende Zuordnung des Episkopats zur Senatorenaristokratie durch die Quellen keineswegs abgedeckt wird und auch die tatsächliche oder hypothetische Verwandtschaft zwischen Bischöfen nicht dazu beiträgt, eine lückenlose Übereinstimmung zwischen Aristokratie und Episkopat zu erzielen. Zudem hat Steffen Patzold darauf hingewiesen, dass von den 1500 namentlich nachzuweisenden Bischöfen in der Zeit des 4.–7. Jahrhunderts584 nur bei etwas mehr als 70 Bischöfen eine senatorische Abkunft als gesi-

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erhalten. Vgl. Fontaine, Bishop in the Western Church, S. 9; Prinz, Herrschaftsformen, S. 2; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 174f.; Vittinghoff, Verfassung der spätantiken Stadt, S. 39. Doch sind die damit verbundenen Voraussetzungen und Probleme vielfach ausgeblendet worden, vgl. Jussen, Bischofsherrschaften, S. 680–682. Ähnlich argumentiert Anton, Bischof und civitas, S. 373. Die gallische Elite habe ihre Werte und Normen auf das Bischofsamt umgestellt. Vgl. Jussen, Bischofsherrschaften; ders., Liturgie und Legitimation. Knapp Geary, Merowinger, S. 43f.; Scholz, Merowinger, S. 25. Der erfolgte Umbruch sei durch die Einzelhandlungen der Aristokratie, so Jussen, nicht beabsichtigt gewesen, wenngleich er dies, wie Patzold, Sozialstruktur des Episkopats, S. 122 Anm. 7, aufzeigt, dennoch mehrmals in diese Richtung formuliert (ausgeführt u. a. S. 108–113). Zusammenfassend Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 100f., der ebd., S. 101f., auf Probleme der Annahmen Jussens hinweist; Patzold, Épiscopat du haut Moyen Âge, S. 351f.; ders., Sozialstruktur des Episkopats, S. 120f.; Walter / Patzold, Episkopat im Frankenreich der Merowingerzeit, S. 109f. Zur Liturgie in merowingischer Zeit vgl. Hen, Church in Sixth-Century Gaul, S. 250–255. Zusammengefasst bei Patzold, Bischöfe, soziale Herkunft und die Organisation lokaler Herrschaft, S. 525f. Vgl. Jussen, Bischofsherrschaften, S. 679–684. Es müsse somit erklärt werden, wie eine bisher reichsweit tätig gewordene Aristokratie Interesse an einem zunächst regionalen Amt entwickeln konnte. Zu diesem Themenkomplex vgl. immer noch Stroheker, Senatorische Adel. Zum Begriff des senator sowie zur Gruppe der senatores im 5./6. Jahrhundert vgl. Gilliard, Senators of Sixth-Century Gaul; Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity, S. 194f. Vermutlich hat es in Gallien insgesamt deutlich mehr Bischöfe gegeben. Eine Auswertung der überlieferten Bischofslisten erweist sich als schwierig, da sie häufig unvollständig und

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Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

chert oder zumindest wahrscheinlich gelten könne, damit bei etwa 5 % aller namentlich bekannten Amtsträger.585 Folglich müssten die Thesen überdacht und modifiziert werden. Zwar gelten die Annahmen sicher für einige senatorische Familien in gewissen Zeiträumen und einzelnen, für sie attraktiven Städten, doch ist dies nicht in ganz Gallien gleichermaßen verlaufen, regionale Unterschiede sind einzubeziehen.586 Es sei, so Patzold, nicht von einer Monopolisierung des Bischofsamtes in Gallien durch den senatorischen Adel auszugehen, nur von einzelnen Familien oder sogar nur Einzelpersonen senatorischen Ranges in einzelnen Regionen.587 Welche Aufgaben ein Bischof übernehmen sollte, darüber waren sich die Zeitgenossen selbst unklar. Während Sulpicius Severus den asketisch weltabgewandten Bischofstypus propagierte, zeichnete unter anderem Venantius Fortunatus das Bild eines tatkräftigen Bischofs, der sich auch für die Infrastruktur

fehlerhaft sind. Claude, Bestellung der Bischöfe, S. 4, errechnete eine Gesamtzahl von 2000 bis 3000 Bischöfen in Gallien; von etwa 2400 Bischöfen zwischen 300 und 700 geht Patzold, Sozialstruktur des Episkopats, S. 127 Anm. 31, aus. Umso geringer fällt die Zahl derer aus, die gesichert der senatorischen Schicht entstammten. Zur schwierigen Überlieferungssituation der frühen Bischofslisten vgl. Brühl, Studien zu den Bischofslisten. Zu den frühen Bischofslisten in Gallien vgl. Dubois, Composition des anciennes listes épiscopales. 585 Vgl. Patzold, Bischöfe im Gallien der Transformationszeit. Die einmütige Forschungsmeinung, bis ins 7. Jahrhundert hinein hätte sich der gallische Episkopat vorwiegend aus der Senatorenaristokratie rekrutiert, ist ebd., S. 180f. Anm. 4, zusammengefasst. Patzold selbst zieht die Monopolisierung der Bischofssitze durch die senatorische Aristokratie aufgrund der wenigen Quellennachweise in Zweifel (S. 184). Vgl. auch ders. / Walter, Episkopat im Frankenreich der Merowingerzeit, S. 109 Anm. 1 u. 111; ders., Bischöfe, soziale Herkunft und die Organisation lokaler Herrschaft, S. 523–525 u. 527–539. Zusammengefasst bei Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 98f. Gegen höhere Zahlen annehmende Berechnungen von Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 24f., vgl. Patzold, Sozialstruktur des Episkopats, S. 128f. Wieruszowski, Zusammensetzung, S. 56–60, wusste noch vom 4. bis zum 7. Jahrhundert insgesamt 80 Bischöfe senatorischem Rang oder altem romanischen Familienadel zuzuweisen. Von einer Homogenität in Genese und Wesen des Episkopats in Gallien kann folglich nicht ausgegangen werden. Vgl. Patzold, Sozialstruktur des Episkopats, S. 125f.; Scholz, Merowinger, S. 26–29. Die schwierige Quellenlage thematisiert Hen, Church in Sixth-Century Gaul, S. 239f. 586 Vgl. Walter / Patzold, Episkopat im Frankenreich der Merowingerzeit. Ihrem Beitrag angehängt finden sich Bischofslisten von Tours und seinen Suffraganbistümern unter Angabe nachweisbarer und postulierter Verwandtschaftsbeziehungen. Vgl. auch Patzold, Sozialstruktur des Episkopats. Allerdings ergibt sich ein methodisches Problem dadurch, dass sich die prozentuale Berechnung von Walter und Patzold auf alle namentlich bekannten Bischöfe bezieht und nicht allein nur auf diejenigen, die eindeutig oder eben eindeutig nicht senatorischer Abkunft waren. Für den Hinweis danke ich Hans-Werner Goetz. Es bleibt daher auch zu fragen, in welchen Zusammenhängen Geschichtsschreiber wie etwa Gregor von Tours es für nötig erachtet haben, explizit auf die Herkunft eines Bischofs hinzuweisen. 587 Vgl. Patzold, Sozialstruktur des Episkopats, S. 138; ders., Bischöfe, soziale Herkunft und die Organisation lokaler Herrschaft, S. 542f.

Die Rolle des Bischofs bis zum Ende des 6. Jahrhunderts

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seiner Stadt verantwortlich zeigte.588 Das Bischofsamt entwickelte sich zum Ziel der weltlichen Laufbahn, später auch in Form der den Bischofsstädten zahlreich gewährten Immunitäten mit verfassungsstruktureller Verfestigung.589 Sichtbar wird, dass das Amt des Bischofs innerhalb der gallorömischen Reichsaristokratie Aufnahme in die Ämterlaufbahn gefunden hatte.590 Nachdem die durch das Römische Imperium legitimierte Ordnung weggebrochen war, musste sich die gallische Aristokratie neu orientieren. Ergebnis dieses Prozesses, dieser Neuorientierung und Suche einer neuen, legitimen Ordnung war gemäß Jussen die »sogenannte gallische ›Bischofsherrschaft‹«.591 Auf die besondere Rolle der vom Episkopat in Abgrenzung zum Asketentum modifizierten oder neu etablierten Liturgie weist insbesondere Jussen hin.592 Die gallische Aristokratie verband das Bischofsamt mit ihren sozialen Grundmustern und etablierte sie als rituelle Grundlagen der neuen Gesellschaft. Die Liturgie habe das Medium dargestellt, mit dem ein »neuer politisch-sozialer Sinn« entwickelt werden konnte.593 Im Rahmen dieser Herrschaft wandelte sich auch das 588 Vgl. Jussen, Bischofsherrschaften, S. 683. Zum Verantwortungsbereich der Bischöfe im 6./ 7. Jahrhundert vgl. Gauthier, Réseau de pouvoirs de l’évêque, S. 191–194; Geary, Merowinger, S. 139f.; Kreiner, About the Bishop, S. 334–337; Riché, Von Gregor dem Großen bis Pippin dem Jüngeren, S. 606f. u. 612. Zur Bautätigkeit einzelner Bischöfe vgl. Prinz, Klerus und Krieg, S. 53f. 589 Vgl. Anton, Bischofsherrschaften, S. 464 mit Anm. 11 und weiterführender Literatur. Eine kartographische Übersicht gewährter Immunitätsprivilegien von den Merowingern bis zu Karl dem Großen bietet Kaiser, Civitas und Bischofssitz, S. 262. Zum verlagerten Betätigungsfeld des gallischen Adels vgl. Patzold, Bischöfe im Gallien der Transformationszeit, S. 180. 590 Vgl. Jussen, Bischofsherrschaften, S. 685. Von Bedeutung war nun nicht mehr die ›klassische‹ Ämterlaufbahn des Imperiums. Die Aufnahme des Bischofsamtes hatte die klassische Hierarchie neu definiert. Es ist daher kein Zufall, wenn Gregor, selbst Repräsentant der Senatorenaristokratie, innerhalb seiner Decem libri historiarum auf die senatorische Abkunft zahlreicher Bischöfe verweist. Erst zum Ende des 6. Jahrhunderts beginnt zunehmend, wenngleich dies nur in Einzelfällen belegt ist, die fränkisch-burgundische Oberschicht Einzug auf die Bischofsstühle zu erhalten. Vgl. Ewig, Lateinische Kirche im Übergang zum Frühmittelalter, S. 112; Jussen, Zwischen Römischem Reich und Merowingern, S. 18f.; Prinz, Fränkische Episkopat, S. 203. 591 Vgl. Jussen, Bischofsherrschaften, S. 687. Prinz, Fränkische Episkopat, S. 207, formuliert zurückhaltender und bewertet das Bischofsamt als »Ausweichstation« und »politisch-herrschaftliche[n] Ersatz« des gallorömischen Senatorenadels, nachdem die römische Zentralverwaltung weggefallen war. Vgl. Anton, Bischofsherrschaften, S. 464. 592 Vgl. Jussen, Liturgie und Legitimation. Vgl. auch Heinzelmann, Bischofsherrschaft in Gallien, S. 235; Scheibelreiter, Frühfränkische Episkopat, S. 139. Zur Auseinandersetzung von Asketentum und bischöflicher Autorität vgl. neben Jussen auch Beard, Public Displays of Asceticism, S. 32–36. Gegen die Annahme einer konkurrierenden Auffassung des Bischofsamtes vgl. Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 102–108. Diefenbach stellt sich auch die Frage (S. 118f., Zusammenfassung 119f.), warum nicht der Asket im bischöflichen Amt, sondern eine Form, die sozialen Status besonders betont, dominiert habe. 593 Vgl. Jussen, Zwischen Römischem Reich und Merowingern, S. 19 (mit Zitat) u. 25.

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Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

Bild der Bischofsstadt sowohl organisatorisch als auch topographisch durch die Ausrichtung auf die zentral gelegene Bischofskirche sowie das außerhalb der Stadt gelegene Märtyrergrab.594 Gleichzeitig nahm auch der Einfluss des Königtums auf den Episkopat zu, insbesondere hinsichtlich der Ernennung neuer Bischöfe. Wiederholt dafür herangezogenes Zeugnis ist das Edikt König Chlothars II. aus dem Jahr 614.595 Im neu etablierten Machtgefüge um die fränkischen Könige nahm neben den Bischöfen auch die fränkische Oberschicht eine bedeutsame Position ein.596 Zudem sei, darauf macht Hans Hubert Anton aufmerksam, bei der Auseinandersetzung der politischen Stellung der Bischöfe nicht ausreichend sowohl zeitlich als auch räumlich differenzierend vorgegangen worden.597 Abzugrenzen von den sich bis zum 6. Jahrhundert gebildeten faktischen Bischofsregimenten seien die im 7. Jahrhundert entstehenden ›Bischofsstaaten‹.598 Die Bischofsregimente im 6. Jahrhundert hätten sich insbesondere an den Rändern des Reiches, an Rhein und Mosel, etabliert, dort, wo die Durch-

594 Vgl. Prinz, Fränkische Episkopat, S. 210; ders., Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 7. Vgl. auch Anton, Bischofsherrschaften, S. 466f. mit Anm. 14, zu weiterführender Literatur. Er zählt (S. 461) gerade die Heiligenverehrung und das Reliquienwesen zu den wesentlichen Neuerungen des Christentums gegenüber der paganen Religion. Vgl. auch ders., Bischof und civitas, S. 374. Zur Bedeutung des Kirchengebäudes im 6. Jahrhundert vgl. Czock, Gottes Haus, bes. S. 51–64. Sie stellt heraus, dass nicht die Kirche an sich, sondern die in ihr gelegenen Märtyrer- oder Heiligengrabstätte(n) sowie der Altar eine Sakralisierung erfahren hätten. Zur Genese der Märtyrerverehrung in gallischen Städten vgl. Beaujard, Cités, évêques et martyrs en Gaule. 595 Vgl. Chlotharii II. Edictum. Vgl. Servatius, Zum Modus der Bischofsernennung. Zur bis dahin gültigen Form der Wahl durch Klerus und Volk und Ordination durch den Metropoliten vgl. Lotter, Designation und angebliches Kooptationsrecht, S. 148f.; zu Eingriffen des Königs Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 149–156. Vgl. auch Kapitel 6.2.2 b, Anm. 691. Ausführlicher zu den Unterschieden zwischen dem Edikt Chlothars sowie den Bestimmungen des ebenfalls 614 stattgefundenen Konzils von Paris (Concilium Parisiense, S. 275–282) vgl. neben Servatius Esders, Römische Rechtstradition, S. 449–455; Nonn, Zwischen König, Hausmeier und Aristokratie, S. 35–37; Scholz, Merowinger, S. 182– 185. Die Beteiligung des Königs an der Bischofswahl war bereits auf dem Konzil von Orléans 549 (Concilium Avrelianense c. 10, S. 151f.) festgehalten, auf dem Konzil von Paris (556–573) (Concilium Parisiense c. 8, S. 208f.) hingegen zurückgewiesen worden; vgl. Nonn, Zwischen König, Hausmeier und Aristokratie, S. 34; Thier, Hierarchie und Autonomie, S. 209–223. Zum Problem der Simonie bei Bischofswahlen der Zeit vgl. Claude, Bestellung der Bischöfe, S. 48f.; Norton, Episcopal Elections, S. 177–191; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 151f. 596 Vgl. Prinz, Fränkische Episkopat, S. 210; ders., Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 21. Vgl. zusammenfassend Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 97f. 597 Vgl. Anton, Bischofsherrschaften, S. 467–469; ders., Bischof und civitas, S. 376. 598 Eine kartographische Übersicht der zumeist von den Karolingern aufgelösten Bischofsstaaten bietet Kaiser, Civitas und Bischofssitz, S. 261. Vgl. zu den ›Bischofsstaaten‹ auch ders., Königtum und Bischofsherrschaft, S. 94–97 (dort bezeichnet als »Bistumsrepubliken«).

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setzung des fränkischen Grafeninstituts noch nicht erfolgt war.599 Im zentralen und südlichen Gallien hingegen hätten die Bischöfe in ihren civitates »die traditionellen geistlich-gesellschaftlichen Befugnisse« wahrgenommen, wozu »Caritas, Armenfürsorge, Fremdenschutz und Gefangenenbefreiung« zu zählen seien.600 Hinzu kommt ein genereller Einfluss der Bischöfe auf die Klöster ihrer Diözese, der so weit ging, auch Einfluss auf das innerklösterliche Leben nehmen zu wollen. Diese Entwicklung nahm ebenfalls im 6. Jahrhunderte seinen Anfang.601 Zusammengefasst waren die Bischöfe des 6. Jahrhunderts aufgrund der Weiterentwicklung von Teilen des spätantiken Rechts (Immunitäten) zu mächtigen Herren geworden, hatten Kult- und Frömmigkeitsformen erweitert oder neu kreiert, wobei sie selbst Mittelpunkt der Handlungen geworden waren. Die wahrgenommenen Aufgaben der Bischöfe unterschieden sich im 6. Jahrhundert geographisch zwischen dem Zentrum des Reiches und den Rändern, während die Bildungen der sogenannten Bischofsstaaten des 7. Jahrhunderts von dieser Entwicklung zu trennen sind.602

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Gregor603 war seit dem Jahr 573 Bischof von Tours. Die Tatsache, es in Gregor mit einem Bischof zu tun zu haben, ist für die weitere Analyse von hoher Bedeutung.604 Folglich können aus dem Verständnis Gregors bezüglich des Bischofs-

599 Vgl. Anton, Bischofsherrschaften, S. 468; ders., Bischof und civitas, S. 376. Zur geographischen Situierung dieser Bischofsherrschaften vgl. auch Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 66. Dagegen Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 71. Vgl. auch Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 69f.; Prinz, Fränkische Episkopat, S. 213. 600 Vgl. Anton, Bischofsherrschaften, S. 467; ders., Bischof und civitas, S. 376; Beaujard, L’évêque dans la cité en Gaule, S. 138; Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity, S. 223–234; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 177–194; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 126–129. 601 Vgl. Engelbert, Bischöfe und Klöster im Frühmittelalter, S. 162–164. Die Bischöfe nahmen Einfluss auf die Gründung der Klöster sowie die Bestellung der Äbte (S. 162f.), allerdings sind diese Interventionen nicht klaglos hingenommen und auch synodal zurückgewiesen worden (S. 163f.). Vgl. zur Epoche des 6. Jahrhunderts und dem dort festzustellenden vorläufigen Höhepunkt bischöflichen Einflusses Heinzelmann, Grégoire de Tours et l’hagiographie Mérovingienne, S. 156. 602 Vgl. zusammenfassend Anton, Bischofsherrschaften, S. 468f.; ders., Bischof und civitas, S. 376 u. 379f. 603 Die Forschungsliteratur zu Gregor von Tours und seinen Decem libri historiarum ist unüberschaubar. Neben den im Folgenden ausgiebiger zitierten Werken sei ergänzend auf einige wegweisende ältere Studien hingewiesen: Vinay, Gregorio di Tours; Wallace-Ha-

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amtes Erkenntnisse gewonnen werden, die einen ersten Erklärungsansatz für seine zahlreich aufgeführten Sterbeberichte von Bischöfen offenbaren. Doch war Gregor nicht allein Bischof, er entstammte einer Familie der gallorömischen Senatorenaristokratie; dazu lassen sich gleich mehrere Bischöfe in seiner familiären Vergangenheit nachweisen.605 Er selbst gibt sogar an, mit allen bisherigen Bischöfen von Tours, fünf ausgenommen, verwandt gewesen zu sein606 – gemäß seiner eigenen Bischofsliste waren dies 13 von 18 Bischöfen. Die Auslegung dieser Aussage Gregors ist allerdings umstritten.607 Er entspricht, unabhängig vom Wahrheitsgehalt seiner Verwandtschaft zu den früheren Turoner Bischöfen, dem oben beschriebenen Bild des merowingischen Bischofs hinsichtlich seiner sozialen Herkunft. Gregor legt, so Georg Scheibelreiter, in seinen zahlreichen Nachrufen auf Bischöfe neben besonderen liturgischen Leistungen ein Hauptaugenmerk auf die Repräsentation der eigenen Stadt und des dort verehrten Patrons sowie der eigenen Familie, weniger auf seelsorgerische, missionarische und priesterliche Aufgaben;608 wenngleich es falsch wäre, diese Komponenten dem Bischof nach Gregors Idealbild völlig abzusprechen. Gregor ist einer der sicher zur Schicht der senatorischen Aristokratie zuzurechnenden Bischöfe und bewusst weist er innerhalb seiner Decem libri historiarum mehrfach auf die senatorische Abkunft anderer Bischöfe hin.609 Dies

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drill, Long-Haired Kings. Eine biografische Auseinandersetzung mit Gregor bieten Schmidt, Grégoire de Tours; Verdon, Grégoire de Tours, S. 9–57. Zu historiographisch tätigen Bischöfen vom 5. bis zum 7. Jahrhundert vgl. Kersken, Bischöfe als Historiker, S. 173f. Vgl. Buchner, Einleitung (zu Gregor von Tours), S. X. Eine Übersicht bieten auch Verdon, Grégoire de Tours, S. 9–14; Walter / Patzold, Episkopat im Frankenreich der Merowingerzeit, S. 127. Derartige familiäre Tradition ist nicht einzigartig, es gibt vom 3. bis zum 6. Jahrhundert zahlreiche weitere Beispiele, vgl. Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity, S. 195–199. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 49, S. 262: [Q]uinque episcopos reliqui omnes, qui sacerdotium Turonicum susceperunt, parentum nostrorum prosapiae sunt coniuncti. Vgl. Kirchner, Bischöfe und »ihre« Stadt im Frankenreich, S. 90; Walter / Patzold, Episkopat im Frankenreich der Merowingerzeit, S. 117–119. Zur genauen Einordnung der verwandtschaftlichen Beziehung Gregors zu seinen Vorgängern im Amt vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 21–26; Mathisen, Family of Gregorius Florentius Gregorius. Vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 113. Er verweist auf Gregors persönliche Sicht auf seine eigenen besonders lobenswerten Taten, die sich mit sakraler Bautätigkeit, Kirchweihe und der Auffindung von Reliquien zusammenfassen lassen, vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 534f. Craig, Bishops and Balancing Acts, S. 74f., ermittelt 19 Bischöfe. Dem entgegen steht Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 109 (mit tabellarischer Übersicht), die bezüglich von 49 bei Gregor genannten Bischöfen, Gegenkandidaten und ausgeschiedenen Bewerbern von einer senatorischen Abkunft ausgeht. Eine Übersicht aller Bischöfe germanischen Namens des 7. und beginnenden 8. Jahrhunderts bot bereits Wieruszowski, Zusammensetzung, S. 69–71. Zum Problem der Zuordnung insbesondere über postulierte

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muss für ihn von besonderer Relevanz gewesen sein. Daraus leitet sich ein weiteres Kriterium für die Analyse ab: Inwiefern hat die senatorische Abkunft eines Bischofs dessen (Sterbe-)Bericht beeinflusst? Es mag erwartet werden, dass Gregor seine Amtsbrüder grundsätzlich in einem positiven Licht erscheinen lässt,610 wozu auch, ja in besonderem Maße, der Augenblick des Todes gehört. Tatsächlich zögert Gregor jedoch nicht, andere Bischöfe auch mit deutlicher Kritik zu belegen. Inwiefern sich dies auch auf Todesschilderungen auswirken mag, gilt es zu untersuchen. In einem weiteren Schritt stehen eben diese Schilderungen selbst im Mittelpunkt. Zu untersuchen gilt es, ob sich darin viele bekannte Topoi als bestätigt erweisen. Es ist schwer, Gregors Decem libri historiarum als rein historiographisches Werk zu verstehen, regelmäßig begegnen hagiographische Elemente.611 Martin Heinzelmann vertritt in dieser Frage, anders als die sowohl zur einen wie zur anderen Seite hin äußerst radikalen Ansichten von Walter, Goffart oder Breukelaar,612 offenkundig eine Mittelposition. Er sieht hagiographische Elemente in Gregors historischem Diskurs, doch würden sie stets der historischen Aussage zugutekommen.613 Die Elemente dienten, nicht anders als die Geschichtserzählung, der moralischen Erbauung.614 Wenn Gregor somit »beim Erzählen der Vergangenheitsgeschichte mehrfach den hagiographischen Diskurs einer ›objektiveren‹ Ausdrucksweise vorzieht«, so mache er »dadurch verständlich, dass er diesen Teil der Geschichte in erster Linie unter exemplarisch-erbaulichen Gesichtspunkten sieht und dass er sie in diesem Sinn

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verwandtschaftliche Beziehungen vgl. Walter / Patzold, Episkopat im Frankenreich der Merowingerzeit, S. 112 u. 119–122. Vgl. Craig, Bishops and Balancing Acts, S. 63. Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 292. Walter, Hagiographisches, hat, wenn auch zu radikal, zwischen historiographischem Gehalt und hagiographischen Anleihen in Gregors Historien unterschieden. Vgl. auch Kitchen, Gregory of Tours, Hagiography, and the Cult of the Saints, S. 390. Zur Frage des Genres der Historien Gregors vgl. Martínez Pizarro, Gregory of Tours and the Literary Imagination, S. 338–342. Breukelaar, Historiography and Episcopal Authority, S. 130, sieht »no ›hagiographical‹ disgressions« innerhalb der Historien, widerspricht sich jedoch selbst, wenn er angibt, dass der Bericht über Leben, Wunder und Tod von Abt Aredius von Limoges (X, 29) vielmehr zu den vitae patrum passt (S. 58). Auch Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 152, erachtet keinen Grund, zwischen hagiographischen Wundergeschichten und den Historien zu unterscheiden. Thürlemann, Historische Diskurs bei Gregor von Tours, S. 24, beobachtet hingegen mehrfach innerhalb der Historien integrierte Wundergeschichten, während Gregors hagiographische Werke in sich homogen seien. Heinzelmann, Hagiographie au service de l’histoire, S. 34, schließlich ordnet Gregors Werk wie das seines Vorbildes Eusebius im Rahmen der Kirchengeschichte mit der ecclesia als zentralem Objekt ein. Grundelement der Hagiographie müsse nicht zwingend der Heilige sein, ebenso könne dieses auch die Kirche bilden. Vgl. Heinzelmann, Hagiographischer und historischer Diskurs, S. 256f. Dieser Einschätzung folgt Uytfanghe, Vita im Spannungsfeld von Legende, S. 202f. Vgl. Heinzelmann, Hagiographischer und historischer Diskurs, S. 249f.

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entsprechend (um)gestaltet«.615 Darüber hinaus hat Murray auf den ab dem fünften Buch deutlich werdenden annalistischen Stil aufmerksam gemacht, der sich, beginnend mit 576, an den Regierungsjahren Childeberts II. orientiert.616 Auch im Wunderglauben war Gregor, nicht anders als seine Zeitgenossen, tief verwurzelt,617 ohne ihn mit ausgesprochener Naivität in Verbindung bringen zu wollen.618 Die Wunder als Zeichen von Heiligkeit sind, so argumentiert Heinzelmann, kein Zeichen einer Leichtgläubigkeit Gregors, sondern »konkreter Beweis der historischen Präsenz jener eschatologischen ›Kirche‹ in seiner eigenen zeitgenössischen Gesellschaft«.619 Sind somit die Todesberichte grundsätzlich – aus heutigem Verständnis heraus – unglaubwürdig oder finden sich auch darin natürliche Aspekte und Facetten?620 Spielt die Grablege der Bischöfe eine Rolle?621 Immerhin bieten Beisetzung und Grabstelle, wie Sebastian Brather explizit anhand der merowingischen Grabkultur herausgestellt hat, einen zweifachen Blick: Einerseits rückwärts gerichtet auf die vergangenen Leistungen des Verstorbenen; andererseits zukünftig orientiert, wie sich des Toten erinnert werden soll.622 Zu Beginn interessiert die Einstellung Gregors zu Sterben und Tod, seine Einschätzung eines Nachlebens. Dort hinein spielt, in welche Traditionen sich Gregor hierbei stellt, welche gedanklichen Stränge – antik, biblisch, patristisch –

615 Heinzelmann, Hagiographischer und historischer Diskurs, S. 258. Dies gelte insbesondere für die nicht-zeitgenössischen Berichte. 616 Vgl. Murray, Composition, S. 66f. (mit tabellarischer Übersicht). 617 Vgl. Buchner, Einleitung (zu Gregor von Tours), S. XVII. 618 Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 81f.; Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 114–116; Kitchen, Gregory of Tours, Hagiography, and the Cult of the Saints, S. 381. Zum Begriff der Naivität in der Gregorforschung vgl. Thürlemann, Historische Diskurs bei Gregor von Tours, S. 53–57. Zur Einstufung des kritiklosen Wunderglaubens im Mittelalter als »zwar nicht falsch, aber einseitig« vgl. Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 43–45 (Zitat S. 44). 619 Vgl. Heinzelmann, Franken und die fränkische Geschichte, S. 332; ders., Structures typologiques de l’histoire, S. 592. Zu Gregors eschatologischem Konzept vgl. das nachfolgende Kapitel. Gregor berichtet in etwa einem Fünftel der 427 Kapitel der Historien Wunder, vgl. Heinzelmann, Funktion des Wunders, S. 56. Ebd., S. 47 u. 61, über Augustinus’ wichtigen Einfluss und dessen Grundlagen zu Verständnis und erbaulichem Nutzen des Wunders für Gregor. 620 Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 240, spricht vom ›gewöhnlichen‹ Tod bei Gregor von Tours, der aus natürlichen Umständen heraus zu erklären ist. Zusammenfassend vgl. Platelle, Évêque mérovingien, S. 464f. 621 Vgl. zur Bestattungskultur in merowingischer Zeit Halsall, Burial, Ritual and Merovingian Society. Zur Rolle der Grabstätten im Gesamtwerk Gregors primär als Orte auftretender Wunder vgl. Borgolte, Bischofssitz, S. 31. Die Berichte dienten dadurch aber gleichzeitig auch der Erinnerung an die Grablegen. 622 Vgl. Brather, Memoria und Repräsentation frühmittelalterlicher Bestattungen, S. 256–260 u. 267f.

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von Gregor aufgegriffen und weitergeführt werden.623 Entscheidend ist einerseits Gregors Anlass, Geschichte zu schreiben, sowie andererseits sein dabei entworfenes Bild des Bischofs. Gregor war, wie Heinzelmann ausführt, nicht von dem Wunsch getrieben, Geschichte ›wie sie war‹ niederzulegen. Bedeutend sei für ihn eine »angemessene, pädagogisch-didaktische Präsentation historischer Gegenstände« gewesen und dessen »wichtigstes Mittel eine kunstvolle Zusammenstellung gezielt ausgewählter Episoden des gesellschaftlichen Zusammenlebens«.624 Die Auswahl dieser Episoden sei von dem »bewusst eingenommenen, subjektiven Standpunkt eines Bischofs aus und damit in der Perspektive eines ideologischen Führers der christlichen Gesellschaft im Frühmittelalter« erfolgt. Gregor habe folglich alles so ausgewählt, dass der »übergeordnete Gesichtspunkt seines Verständnisses vom Wesen der Geschichte deutlich werden konnte«, womit er vor der »doppelten Aufgabe« gestanden habe, »historische Episoden so auszuwählen oder zu gestalten, dass sie der pädagogischen Zielsetzung des Bischofs förderlich sein würden«.625 Heinzelmann macht diesbezüglich bei Gregor gerade das Prinzip des Antithetischen aus, den Gegensatz von gut und böse, rechtgläubig und kirchenfeindlich. Veranschaulicht werde dies anhand zweier Faktoren: den Königen sowie Vertretern der Kirche, insbesondere den Bischöfen.626 623 Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 83, charakterisiert Gregor als »Vorläufer einer neuen Spiritualität, die sich durch weitgehende Ausschließlichkeit des Einflusses biblischer und […] patristischer Traditionen […] charakterisieren lässt«. Zu vielfach nachzuweisenden biblischen Parallelen in den Historien Gregors vgl. ebd., S. 133. Die Forschung hat hingegen vermehrt auf die geringe Nutzung der patristischen Tradition bei Gregor verwiesen. Zusammengefasst bei Heinzelmann, S. 137. Neuerdings stellt Heinzelmann hingegen die enge strukturelle und ideologische Bindung von Gregor und Augustinus im Speziellen sowie patristischen Vorstellungen im Allgemeinen heraus. Vgl. Heinzelmann, Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition; vgl. das nachfolgende Kapitel. 624 Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 32. Zur wirkungsvollen Anordnung seines Materials durch Gregor vgl. auch Mitchell, History and Christian Society, S. 9 u. 125–129; Thürlemann, Historische Diskurs bei Gregor von Tours, S. 58. Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 182, sieht den Fokus von Gregor dagegen auf isolierten, diskontinuierlichen Szenen und Ereignissen. Ohnehin weist Goffart eine dahinterliegende Handlung, einen »Plot« bei der Abfassung der Historien zurück (S. 186). Eine vermeintlich zusammenhanglose Folge von Episoden hatte bereits Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 136f., beschrieben. 625 Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 32. Zur Schreibintention vgl. auch Breukelaar, Historiography and Episcopal Authority, S. 130f. 626 Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 91 u. 134; ders., Gregor von Tours: Die ideologische Grundlegung, S. 382; ders., Structures typologiques de l’histoire, S. 587. Deutlich macht Gregor dies im Vorwort zu seinem dritten Buch. Er stellt darin den Erzhäretiker Arius, der auf dem Abort sein Leben verlor und in die Hölle hinabfuhr, Hilarius von Poitiers gegenüber, der als Streiter gegen den Arianismus das Paradies gewann. Chlodwig, der sich bekehren ließ und seine Herrschaft damit ausweiten konnte,

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Umso mehr rücken die bischöflichen Sterbefälle in den Fokus des Interesses, zunächst inwiefern sie auf der einen Seite zumindest um Objektivität bemühte Geschichte wiedergeben. Der Begriff der Wahrheit darf entsprechend nicht nur für durch andere Quellen bestätigte oder wissenschaftlich erklärbare Ereignisse und Phänomene Verwendung finden.627 Auf der anderen Seite ist zu fragen, ob und wenn ja wie die Sterbefälle in Gregors pädagogisches Programm und seine Wahrnehmung des bischöflichen Amtes einbezogen werden und wie sie in einem antithetischen Prinzip Verwendung finden. Um dies hinreichend beurteilen sowie identische oder abweichende Darstellungsweisen aufzeigen zu können, wird vergleichend auf Todesschilderungen weltlicher Personen eingegangen, insbesondere aus der Gruppe der Könige, die im Mittelpunkt von Gregors Darstellungsinteresses standen,628 während die Bischöfe gemäß seiner Auffassung für das heilsgeschichtliche Geschehen die Verantwortung tragen. Entsprechend drücke sich die »Beziehung zwischen der bestehenden Bischofskirche und der eschatologischen Kirche des Christ […] am deutlichsten durch die überragende Rolle aus, die Gregor dem Bischofsamt in seinem Werk durchgängig zuweist.«629 Er trete in einer zweifachen Rolle in Erscheinung, als »patron féodal et patronus céleste«.630 Entsprechend agiert innerhalb der die Historien bildenden 427 Kapitel in 223 davon (mindestens) ein merowingischer König, in 163 ein Bischof

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wird Alarich gegenübergestellt, der sich verweigerte und in der Folge Herrschaft und, viel schlimmer, ewiges Leben verlor (Gregor von Tours, Libri historiarum decem III, Vorbem., S. 96f.). Vgl. auch Halsall, Preface to Book V, S. 305f. Zur Gleichsetzung der Personen mit biblischen Figuren und der dadurch hervorgehobenen typologischen Bedeutung vgl. Heinzelmann, Franken und die fränkische Geschichte, S. 338f.; ders., Heresy, 70; ders., Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, S. 298. Dass für Gregor ›Geschichte‹ die Summe der kontinuierlichen Koexistenz von Gut und Böse, heilig und unheilig bedeutet, erkennt Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 172–174. Zur engen Verbindung dieser beiden Personengruppen bei Gregor vgl. Mitchell, History and Christian Society, S. 4; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 132–134. Vgl. bereits die Vorbemerkungen in Kapitel 2.3. Zu Gregors Glaubwürdigkeit vgl. Krauskopf, Gregor von Tours, S. 69. Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 49 u. 94. Als »mandatierte Vertreter der christlichen Gesellschaft und als vor Gott verantwortlich für ihre Gestaltung« erkennt Heinzelmann (S. 113) bei Gregor Heilige, Bischöfe und Könige. Die besondere Bedeutung austrasischer Könige für die strukturelle Basis von Gregors Historien betont Murray, Composition, S. 85. Zur Kräfteverteilung zwischen Königen und Bischöfen vgl. Martínez Pizarro, Gregory of Tours and the Literary Imagination, S. 340. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 144. Zum eschatologischen ecclesia-Begriff bei Gregor vgl. ebd., S. 142–144. Heinzelmann, Hagiographie au service de l’histoire, S. 35. Zur insbesondere in der Hagiographie entworfenen Idealfigur des Bischofs, der sich gerade durch seine Vermittlertätigkeit zwischen Himmel und Erde auszeichnet, seiner Beziehung zu den Heiligen als Fürsprecher vor Gott, vgl. Terrade, Hiérarchie des perfections, S. 244 u. 251. Zu den Anfängen dieser Entwicklung im 5. Jahrhundert vgl. Baumgart, Bischofsherrschaft, S. 182–187.

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respektive Metropolit.631 Die Historien Gregors repräsentieren somit, eindeutig an die Adresse der Könige gerichtet, das »theoretische Konzept eines bereits installierten, aber noch nicht völlig zur Entfaltung gekommenen Gesellschaftsmodells, das wir heute verkürzend als ›Bischofsherrschaft‹ wiedergeben.«632 Nur die Befolgung bischöflichen Rats kann den merowingischen Königen eine erfolgreiche Herrschaft garantieren.633 Inwieweit es Gregor tatsächlich um die Herrschaft der Bischöfe ging, sei dahingestellt, die Möglichkeit ihrer Einflussnahme – auch auf die merowingischen Könige – war aber für Gregor von entscheidender Bedeutung.

6.2.1 Gregors Verständnis von Sterben, Tod und Nachleben Im Prolog des ersten Buches seiner Historien gibt Gregor sein katholisches, gegen ›die Arianer‹ gerichtetes Glaubensbekenntnis wieder,634 seinen Glauben in Gott, Jesus Christus, der schon seit Anbeginn der Zeit an der Seite seines Vaters als fleischgewordenes Wort seiner Verkündigung stand,635 den Heiligen Geist und die Unsterblichkeit der Seele.636 Mit dem Glauben an die Unsterblichkeit der Seele stellt sich Gregor in eine lange, von der Patristik umfassend aufgegriffene und weitergedachte Tradition. Gleichermaßen verweist Gregor auf das zunächst nur auf die Seele beschränkte ewige Leben und eröffnet die Möglichkeit, innerhalb seines eschatologisch ausgelegten Werkes einen besonderen Zirkelschluss zu erkennen. Heinzelmann macht darauf aufmerksam, dass sich Gregors Gesamtwerk, somit die Historien und seine übrigen Werke, insgesamt 20 Bücher, an Eusebius orientieren, die Historien speziell an Augustinus und De Civitate 631 632 633 634

Vgl. Breukelaar, Historiography and Episcopal Authority, S. 227. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 167. Vgl. Plassmann, Lateinische Stammes- und Volksgeschichtsschreibung, S. 55. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, Vorbem., S. 3f. Zu Gregors persönlichen Erfahrungen mit Tod und Nachleben und deren Einfluss auf seine Schriften vgl. Jones, Death and Afterlife, ohne dass darin die folgenden Überlegungen zu Gregors Werk bereits einen Niederschlag gefunden hätten. 635 Damit steht Gregor in einer Linie zu den Ansichten der Patristik, vgl. Heinzelmann, Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, S. 293–296. Zur bestimmenden Rolle Christi in den Historien vgl. ders., Funktion des Wunders, S. 52. 636 Anders als in anderen überlieferten Formen des Credo betont Gregor anstelle des Glaubens an die (fleischliche) Auferstehung die Unsterblichkeit der Seele, vgl. Heinzelmann, Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, S. 306f. Dass aber Gregor die fleischliche Auferstehung erwartet hat, wird im weiteren Verlauf des Kapitels deutlich werden. Gregor schließt im Übrigen, auch das ist ungewöhnlich, sein Credo mit dem Glauben an die Beschlüsse, die auf der Synode von Nicäa von den 318 anwesenden Bischöfen gefällt worden sind. Damit betont er bereits im Prolog des ersten Buches die besondere Bedeutung der Bischöfe und deren Gewicht innerhalb der Kirche; vgl. Heinzelmann, Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, S. 307.

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Dei.637 Im Vergleich zu Augustinus’ Büchern 11–22 beginnt auch Gregor mit den Ursprüngen der Kirche (= civ. 11–14), um über den nachfolgenden Exkurs (= civ. 15–18) zum eschatologischen Ende zu gelangen (= civ. 19–22).638 Das erste Buch entwickelt gemäß dieser Logik die zugrunde liegende Ekklesiologie, die Bücher 2–9 wenden diese Prinzipien auf die Geschichtsschreibung an, während Buch 10 mit einer Diskussion über Gericht und Auferstehung abschließt.639 Bezogen auf Tod und Nachleben steht am Beginn die Unsterblichkeit der Seele. Im ersten Buch gibt Gregor verschiedene Wege an, auf denen die ewige Seligkeit erlangt werden kann. In Anlehnung an Mt 20,1–7 heißt es: »Einige gehen ein zur ersten Stunde, das sind die, welche nach der Wiedergeburt durch die Taufe unberührt von aller Befleckung des Fleisches ausharren können bis an das Ende dieses Lebens; andere zur dritten Stunde, diejenigen nämlich, welche sich erst in späteren Jahren bekehren; andere zur sechsten Stunde, welche die Aufwallung der Fleischeslust im Zaum halten«.640 Auch wenn hierbei primär die Bekehrung im Fokus steht, schwingt die Aussicht auf die ewige Seligkeit mit. Im Bekenntnis 637 Vgl. Heinzelmann, Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, S. 284f. u. 287–291; ders., Gregor von Tours: Die ideologische Grundlegung, S. 384. In der Tradition eines Orosius und lange vor Otto von Freising sind Gregors Historien an der Heilsgeschichte orientiert, vgl. ders., Franken und die fränkische Geschichte, S. 333. Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 202, nahm hingegen an, Gregor habe Augustinus’ Konzeption der civitas terrena vielleicht nicht gekannt, für Heinzelmann steht dies außer Frage. Heinzelmann, Funktion des Wunders, S. 42, argumentiert zudem gegen die Interpretation der augustinischen civitas terrena und civitae caelestis mit Staat und Kirche. Vielmehr präferiert er die Übersetzung der civitas terrena mit »zeitlicher Kirche«, die in ihrem temporalen Zustand bis zum Jüngsten Gericht durch die Vermischung von Gut und Böse geprägt sei. Diesen Gegensatz zieht auch Gregor häufig und bewusst in seinen Historien heran. Zu Eusebius und Orosius als wichtigen Vorlagen für Gregors Werk und seinem Umgang mit ihnen vgl. Mitchell, History and Christian Society, S. 18–58 u. 173–185. 638 Vgl. Heinzelmann, Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, S. 287. Heinzelmann sieht jedes Kapitel als eigene Struktureinheit, vgl. ders., Franken und die fränkische Geschichte, S. 329. Goffarts Annahme eines fehlenden Plots wird damit ad acta gelegt, doch erscheint es nicht möglich, sämtliche in den Historien berichteten Begebenheiten in das eschatologische Gesamtkonzept einzufügen. Vielmehr steht die durch Heinzelmann überzeugend vorgebrachte Konzeption eines eschatologisch komponierten Gesamtwerkes neben Goffarts Annahme der Aneinanderreihung unzusammenhängender Episoden und dem durchgehend zu findenden Mittel der Satire (so u. a. Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 202). Beides schließt sich nicht von vornherein aus, lässt sich vielmehr zu dem von beiden bei Gregor gesehenen belehrenden Konzept miteinander verbinden. 639 Zusammengefasst bei Heinzelmann, ›Adel‹ und ›Societas sanctorum‹, S. 243; ders., Grégoire de Tours ›Père de l’histoire de France‹, S. 37–40; ders., Structures typologiques de l’histoire, S. 576 u. 593f. 640 Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 10, S. 12f.: Alii autem transeunt in horam primam, id est qui renati per baptismum, inmaculati ab omni inquinamentum carnis perdurare usque ad vitae praesentes exitum possunt; alii ad oram tertiam, videlicet qui maiore aetate convertuntur; alii ad sextam, qui luxoriae fervore coerceunt. Übersetzung: FSGA 2,1, S. 21.

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zur fleischlichen Auferstehung, ganz im Zeichen von Augustinus, wird die Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele schließlich im zehnten Buch der Historien aufgegriffen.641 Weitergedacht erreicht Gregor eine Zusammenführung von Altem und Neuem Testament, von antikem und christlichem Gedankengut. Die Unsterblichkeit der Seele (Buch 1) findet ihr Pendant in der Auferstehung des Leibes (Buch 10). Gregor schildert im zehnten Buch eine Disputation zwischen einem Priester und sich selbst.642 Der ungenannt gebliebene Priester, vom Gift der sadduzäischen Irrlehre befallen (Sadduceae malignitatis infectus veneno643), leugnete die zukünftige Auferstehung. Gregor erscheint gleich dem durch Possidius porträtierten Augustinus, der sich in zahlreichen Disputationen mit Häretikern auseinandergesetzt hatte und diese Konfrontationen immer zu seinen Gunsten beenden konnte. Die Parallelität tritt umso mehr hervor, da sich Gregor in den Historien nicht allein mit dem sadduzäischen Priester, sondern auch einem Juden sowie zwei Arianern einen verbalen Schlagabtausch lieferte, ohne aber einen vergleichbaren Erfolg der Augustinischen Gesprächsführung für sich verbuchen zu können.644 Der Priester argumentierte mit dem 1. Buch Mose (»Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück«). Gregor widerlegte diese Ansicht umgehend und griff dazu ebenso zunächst auf die Genesis zurück. Gott habe das Wort an Kain gerichtet, nachdem dieser seinen Bruder erschlagen hatte: »Der Herr sprach: Was hast du getan? Das Blut deines Bruders schreit zu mir vom Ackerboden.«645 Gemäß Gregors Ansicht geht aus dieser Passage hervor, dass die Seele Abels noch leben muss und auf die zukünftige Auferstehung wartet;646 die Unsterblichkeit der Seele hatte Gregor bereits im Prolog zum ersten Buch als sicher eingestuft.647 Über die Annahme einer unsterblichen Seele ist im Rahmen dieser Arbeit schon viel gesagt worden, Gregor aber genaue Kenntnisse der griechischen und römi-

641 Vgl. Heinzelmann, Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, S. 324. Zum letzten Buch und der darin enthaltenen eschatologischen Finalität der Historien vgl. ders., Franken und die fränkische Geschichte, S. 333. 642 Zu Gründen für die Aufnahme dieses umfangreichen Dialoges vgl. Lucas, Scattered Bones, S. 493. 643 Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 13, S. 496. Knapp zu den Sadduzäern vgl. Hoheisel, Sterben und Weiterleben, S. 84f. 644 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 5, S. 268–272; V, 43, S. 249–252; VI, 40, S. 310–313. Vgl. zu diesen Disputen sowie zur generellen Frage der Trinität im 6. Jahrhundert Goetz, Gott und die Welt I,1, S. 175–180. Zu Gregors ›Wirgefühl‹ der Rechtgläubigen gegenüber allen Abweichlern vgl. Blume, Menschenbild Gregors von Tours, S. 41–45. 645 Gen 3,19; 4,10. 646 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 13, S. 496. 647 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, Vorbem., S. 3–5.

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schen Philosophie unterstellen zu wollen, wäre falsch.648 Gregor verfolgt das Ziel, den Eintritt der Auferstehung zu beweisen. Die unsterbliche Seele ist dazu ein zwingend notwendiges Element. Die Auferstehung und das Jüngste Gericht sind für Gregor essenziell, ohne sie wären seine Lehren von Heil und Erlösung ebenso vergeblich wie deren Einwirkungen auf die Gesellschaft.649 Dennoch fällt auf, dass er die Unsterblichkeit der Seele aus dieser keineswegs so eindeutigen Stelle, wie Gregor sie selber anpreist, ermittelt. Anscheinend war es ihm wichtig, als eines der ersten Argumente die Unsterblichkeit der Seele einzubringen. Unterschwellig betont er einmal mehr seine eigene Position im Speziellen sowie die Rolle der Bischöfe im Allgemeinen. Immerhin ist das Ziel aller Rechtgläubigen die Gemeinschaft mit Christus, besonders nah an die jenseitige Gemeinschaft der Heiligen tritt im Diesseits in den Augen Gregors das Gremium der Bischöfe.650 Ihnen obliegt eine besondere Vermittlungsposition zwischen Diesseits und Jenseits, denn der Weg zur Herrlichkeit führt nur über sie.651 Als Zeichen der Überzeitlichkeit und Kontinuität der himmlischen Kirche nutzt Gregor dabei in der Tradition von Augustinus Berichte über eine Vielzahl an Wundern.652 Patrick Geary spricht in diesem Zusammenhang und der darin angelegten Rolle des Episkopats von der »bischöflichen Kontrolle über die Heiligen«, wodurch dem ganzen Vorgang eine systematische Komponente zugesprochen, alles Abweichende hingegen als Irrlehre charakterisiert wird.653 Von 648 Dennoch nutzt Gregor Bilder, die bereits aus der antiken Philosophie bekannt sind, auch wenn er sie nicht aus der Lektüre beispielsweise Platons erfahren hat. Exemplarisch dazu, wenngleich in leicht abgewandelter Form, das Bild der eingekerkerten Seele. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 15, S. 15: Sed haec captivitas typum illius captivitatis, ut poto, gerit, in qua anima peccatrix abducitur, quam nisi Zorobabil, id est Christus, liberaverit, horribiliter exsulavit. Vgl. zu dieser Stelle Mitchell, History and Christian Society, S. 59–61. 649 Vgl. Mitchell, History and Christian Society, S. 118f. 650 Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 109 u. 141; ders., Heresy, 71f. Bischöfe erfüllten nicht nur die Aufgabe, in der irdischen Welt die Disziplin zu erhalten, den rechten Glauben zu lehren und eine Zusammengehörigkeit zwischen verschiedenen Fraktionen entstehen zu lassen (vgl. Geary, Merowinger, S. 140), ihr Aufgabenspektrum reichte über die irdische Zeit hinaus. 651 Vgl. Nie, Views from a Many-Windowed Tower, S. 287; Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 131f., der darin die »Tendenz zu einer kollektiven bischöflichen Selbstheiligung sichtbar« werden sieht (Zitat S. 132); Geary, Merowinger, S. 143; Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 115. 652 Vgl. Heinzelmann, Funktion des Wunders, S. 61. Zur Rolle des in Gregors Historien besonders präsenten Martin von Tours vgl. Mitchell, History and Christian Society, S. 99– 107. Gerade in seinen Wundern trete er als Verteidiger des rechten Glaubens und Exempel der guten christlichen Gesellschaft auf. Weiterhin Blume, Menschenbild Gregors von Tours, S. 50–52. 653 Vgl. Geary, Merowinger, S. 143. Gregor selbst betont, dass die Erlösung der Menschen nur in Kooperation mit Märtyrern oder anderen Freunden Gottes möglich ist, Gregor von Tours, Liber de passione et virtutibus sancti Iuliani martyris c. 50, S. 134: […] non aliter nisi

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den Kämpfen unter anderem gegen die Ketzer berichten zu wollen, kündigt Gregor bereits zu Beginn des Prologs zu Buch 1 an, wenngleich dahinter keinesfalls nur Kämpfe auf dem Schlachtfeld verstanden werden dürfen.654 Folglich dient die Argumentation mit dem zweifelnden Priester nicht nur dazu, die Unwägbarkeiten in Bezug auf die Auferstehung auszuräumen, sondern auch, den besonderen Stellenwert des Episkopats und dessen Aufgabenspektrum zu betonen. Zur Untermauerung seiner Argumente diente Gregor neben den alttestamentlichen Propheten Hiob, David, Jesaja, Hezekiel und Elischa die Auferstehung Jesu selbst. Der Priester widersprach der Auferstehung des Herrn nicht, lieferte Gregor jedoch sofort die nächste argumentative Grundlage, indem er es für unmöglich hielt, dass ein zu Staub zerfallener, von Tieren zerrissener oder im Wasser ertrunkener und von Fischen verspeister Mensch wiederbelebt werden kann.655 Gregor argumentierte erneut auf biblischer Grundlage gegen die vorgebrachten Argumente, doch schwingt im Hintergrund, wenn auch direkte Anleihen nicht ausgemacht werden können, Augustinus mit.656 Dieser hatte im Rahmen seiner Ausführungen über die möglichen Vorzüge einer Grabstätte nahe den Gräbern von Heiligen darauf hingewiesen, dass dem Verbleib der fleischlichen Überreste in Bezug auf die Auferstehung keinerlei Relevanz beizumessen sei. Gregor argumentierte in seinem Streitgespräch ähnlich, berief sich dazu allerdings auf die Evangelien. Interessant ist darüber hinaus sein Hinweis, dass auch die Gottlosen zwingend die Auferstehung erfahren müssen, um gerichtet zu werden und die ewigen Strafen der Hölle erfahren zu können.657 Hingewiesen sei auf den Kern der Ausführung Gregors: […] illos, qui defuncti sunt sancti, caelum, ut credimus, retinet […] ita credimus et peccatoris in illo infernali carcere usque ad iudicium retineri. Gregor geht von einer dem Gericht vorangehenden Existenz der Seelen in Himmel oder Hölle aus. Entscheidend für die Verteilung ist das vorangehende Leben, gleichzeitig muss zwingend ein Partikulargericht unmittelbar nach dem Tod über die Verteilung der Seelen bis zum endgültigen Weltgericht angenommen werden.658 Gregor steht damit in einer Tradition, die bis zu

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martyrum reliquorumque amicorum Dei adiutoriis se posse salvari. Folglich tragen die Bischöfe als vermittelnde Instanz direkt für das Seelenheil der Menschheit die Verantwortung. Vgl. Scharff, Reden über den Krieg, S. 67. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 13, S. 496f. Gregor hat Augustinus gelesen und, jedoch nur zu Beginn seines Werkes, teilweise wörtlich übernommen. Vgl. exemplarisch Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 5, S. 7. Zur (möglichen) Rezeption von Augustinus durch Gregor vgl. auch Halsall, Preface to Book V, S. 304. Ausgehend von der Argumentation Gregors macht Lucas, Scattered Bones, S. 494, auf dessen Annahme der fleischlichen Auferstehung mit dem irdischen Leib aufmerksam. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 13, S. 498. Vgl. auch Lucas, Scattered Bones, S. 498.

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Tertullian zurückgeführt werden kann. Auch Ambrosius, Augustinus sowie der Zeitgenosse Gregors, Papst Gregor der Große, sind, wenn auch nicht immer explizit ausgeführt, von einem Zwischenzustand nach dem leiblichen Tod und vor dem Jüngsten Gericht ausgegangen.659 In den genannten Fällen wird dies überwiegend mit der Parabel vom armen Lazarus und dem reichen Prasser begründet. Auch Gregor antwortete auf den folgenden Einwand des Priesters mit dieser Parabel und gab das Lukasevangelium als Ursprung dergleichen Überlegungen an.660 Auch wenn die Stelle sicher vor allem diesseitig orientiert ist und auf den rechten Lebensweg hinweisen soll,661 ist es dennoch möglich, ihr Ansichten des Jenseitigen zu entnehmen. Der Priester gab sich auch jetzt nicht geschlagen und verwies auf Psalm 146: »Haucht der Mensch sein Leben aus / und kehrt er zurück zur Erde, / dann ist es aus mit all seinen Plänen.«662 Gregor gab ihm dahingehend recht, dass nach dem Ableben Pläne, Besitztümer, Schätze und dergleichen keine Rolle mehr spielen würden.663 Den Abschluss seiner Argumentation bezog Gregor, auch das ist keine Überraschung, aus den Briefen des Paulus an die Korinther. Diese gelten als Urbild der Vorstellung der christlichen Auferstehung, wobei Paulus darin die fleischliche Auferstehung nur indirekt berührt, vielmehr die seelische auslegt, wonach dem Menschen im Himmel ein pneumatischer Leib zugewiesen werden würde.664 Gregor formuliert innerhalb seiner sich selbst in den Mund gelegten Argumentation grundlegende Ansichten zu Leben, Sterben und Nachleben, die auf eine lange Tradition zurückblicken können. Die im ersten Buch dargelegten 659 Vgl. Kapitel 4.1, 4.2 und 4.3. Origenes, Ambrosius und Augustinus unterscheiden einen dreifachen Tod. Gregor geht, in allegorischer Auslegung von Mt 20,1–7, bereits im ersten Buch in anderer Form auf einen Dreischritt ein. 660 Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 13, S. 498: Hoc est, quod ipse Dominus per parabulam ad divitem, qui flammis tartareis cruciabatur, dicebat: ›Recepisti tu bona in vita tua, similiter et Lazarus mala.‹ Non autem cognovit dives ille purporas suas et byssum nec dilicias convivii, quas ei vel aer vel terra vel mare protulerat, sicut nec Lazarus vulnera aut putridines, quas iacens ante eius ianuas perferebat, vel cum hic in sinu Abrahae requiesceret, ille autem cruciaretur in flammis. Die bereits vielfach zitierte Stelle um Lazarus dient dabei auch Gregor, um auf die jenseitige Auferstehung vorzugreifen, gleichermaßen jedoch, um auf das irdische Leben Einfluss zu üben. 661 Vgl. Merkt, Schweigen und Sprechen der Gräber, S. 43. Die Aussicht auf das Jenseitige, verknüpft mit dem Diesseitigen, findet sich oft in Gregors Werk, gerade in seinen Prologen. Zu ihrer Bedeutung vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 106–113; ders., Grégoire de Tours et l’hagiographie Mérovingienne, S. 180f. 662 Ps 146,4. Zur Bedeutung von Psalmen im Werk Gregors vgl. Heinzelmann, Psautier de Grégoire de Tours. An insgesamt 72 Stellen verweist Gregor auf Psalmen, davon 52-mal innerhalb der Historien (ebd., S. 773f.). 663 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 13, S. 498. 664 Vgl. Angenendt, Der »ganze« und »unverweste« Leib, S. 47. Zu weiterer Literatur vgl. Kap. 3.2.2, Anm. 245.

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grundlegenden Ansichten finden zum Abschluss ihre notwendige und nachvollziehbare Spezifizierung in der Aussicht auf die fleischliche Auferstehung.665 Ganz offensichtlich zieht Gregor einzig die Bibel als Referenzquelle heran, doch stehen seine Ausführungen, wenn auch ohne direkte Zitate und konkrete Hinweise, in Abhängigkeit zu den frühchristlichen Kirchenvätern. Gregor betont dabei die Unsterblichkeit der Seele, die Relevanz des Lebens als Indikator des jenseitigen Fortbestandes, weist die Bedeutung des irdischen Leibes zurück, ohne die fleischliche Auferstehung zu leugnen,666 und ist sich ebenfalls eines temporären Aufenthaltes der Seele zwischen leiblichem Tod und Jüngstem Gericht sicher.667

6.2.2 Sterbeberichte über Bischöfe in den Decem libri historiarum Gregors Decem libri historiarum bilden zum einen den historiographischen Einstieg in die Berichterstattung bischöflicher Todesfälle in Europa, zum anderen bis ins 11. Jahrhundert gleichsam den alleinstehenden Höhepunkt. Zahlen können dies am besten verdeutlichen. Gregor schildert in seinem Werk 97 bischöfliche Sterbefälle. Einbezogen in diese Rechnung sind die Bischöfe von Rom, ausgeklammert arianische Bischöfe. Nicht in diese Rechnung aufgenommen wurde auch die von Gregor dem zehnten Buch angehängte Übersicht der ihm vorangegangenen Bischöfe von Tours, die kurze Lebensbeschreibungen sowie Informationen über Tod und Grablege enthält. Über die meisten seiner Vorgänger und deren Ableben hat Gregor den Leser bereits in den Büchern zuvor unterrichtet. Würde die Liste in die Rechnung integriert, so ergäbe sich eine Zahl von über 100 Berichten zum bischöflichen Tod. In ungefähr 63 Fällen gibt Gregor auch den Nachfolger des verstorbenen Bischofs an. Mehrfach gestaltete sich die Nachfolgesituation unübersichtlich, mehrere Kandidaten beanspruchten die 665 Deren Bedeutung für Gregor nicht zuletzt auch in der Geschichte um die sieben Epheser (Passio sanctorum martyrum septem dormientium apud Ephesum) nachzuvollziehen ist. Vgl. Heinzelmann, Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, S. 326f. 666 Diese Vorstellung vertritt Gregor nicht allein in seinen Historien. In seinen Büchern über die Wunder Martins bittet Gregor diesen persönlich darum, er möge ihn nach dem Tod, den er aufgrund seiner Sünden sicher erfahren wird, wiederbeleben und beim Jüngsten Gericht und der Auferstehung allen Fleisches Vergebung für ihn erflehen, Gregor von Tours, Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi III, 60, S. 197: De cetero vero virtutem eius [sc. Martin] deposcimus, ut qui talia praestat ex tumulo nos iam a peccatis Deo mortuos suscitare dignetur mortis istius de sepulchro, ut in illo resurrectionis carnis omni tempore nobis obteneat indulgentiam, cum ille provehitur ad coronam. Zur Datierung der Bücher (Buch III zwischen 586/87 und 588) vgl. Shaw, Chronology, S. 107–111; Verdon, Grégoire de Tours, S. 81 (Ende 587). 667 Zur Begrifflichkeit in Gregors Historien für Jenseitige Orte vgl. Carozzi, Voyage de l’âme, S. 61f.

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Nachfolge in einem Bistum, sodass die genaue Zahl nicht ohne weiteres präzise angegeben werden kann. Auffällig ist, dass nur wenige bischöfliche Todesfälle mit anschließender Information über den Nachfolger nach dem insbesondere in der Annalistik später zu beobachtenden Schema verlaufen: Bischof X stirbt, es folgt Bischof Y. Vielmehr weiß Gregor zumeist etwas über das vorangegangene Leben des Verstorbenen zu sagen, ist mit den Umständen des Todes vertraut, teilweise, wenngleich auffällig selten, auch mit der anschließenden Grablege. Gregor scheut dabei auch nicht vor negativen Todesschilderungen zurück. Natürlich bilden die Bischöfe nur eine, wenn auch die mit Abstand größte Gruppe der Sterbenden in Gregors Werk. Vielfach lassen sich, über den Tod der Bischöfe hinaus, Schilderungen über den Tod von Mitgliedern der merowingischen Herrscherdynastie finden, von Mitgliedern aus den bedeutenden Schichten des Reiches, aber auch von Mitgliedern des einfachen Klerus sowie der ›normalen‹ Bevölkerung. Ausgewählte Berichte daraus werden immer wieder vergleichend herangezogen. a Der Tod des Märtyrers Den Beginn in Gregors Werk markieren Berichte über Märtyrer und die von ihnen erlittenen Todesformen.668 19 derartiger Schilderungen lassen sich, mit einer Ausnahme im ersten Buch gebündelt, feststellen. Gregor kann dabei nicht aus eigener Anschauung berichten, er muss sich auf tradierte Erzählungen und bis ins zweite Jahrhundert zurückreichende Märtyrerakten verlassen.669 Entsprechend knapp oder legendenhaft gestalten sich diese Berichte. Dennoch ist es nicht angebracht, die frühen Bücher der Historien als weniger bedeutend einzustufen als diejenigen, in denen Gregor ›Zeitgeschichte‹ abhandelt.670 Darüber hinaus verbindet er Personen der gallischen Frühzeit, die der Verfolgung zum Opfer gefallen sind, mit seiner eigenen Familie.671 Anders als in den Berichten der weiteren Bücher blickt Gregor bei den Märtyrern über das Fränkische Reich bis nach Rom, Jerusalem oder Antiochia hinaus. Den Auftakt bilden die Märtyrertode Clemens’ I., des dritten Bischofs von Rom, Simeons von Jerusalem und

668 Der christliche Märtyrer des 2. bis 4. Jahrhunderts gilt als Urbild des Heiligen, er bekennt sich als Zeuge der Passion Christi und dessen Opfer für die Menschheit zu seinem Glauben und erleidet in einer imitatio Christi Folter und Tod, vgl. Albert, Der Tod in Worten, S. 84. Zum Bild des Märtyrers vgl. Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 91–102. 669 Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 37–46. Zum Phänomen des Märtyrers und den Märtyrerakten vgl. Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte 1, S. 125f. Zum Märtyrertum im 2. Jahrhundert vgl. Dehandschutter, Leben und/oder sterben für Gott, S. 191–196. 670 Vgl. Murray, Composition, S. 66. Zur Bedeutung des ersten Buches vgl. Reimitz, Transformations of Late Antiquity, S. 273. 671 Vgl. Reimitz, History, Frankish Identity, S. 45f.

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Ignatius’ von Antiochia, erlitten unter dem römischen Kaiser Trajan.672 Während Clemens ohne weitere Details den Märtyrertod erlitten haben soll,673 wurde Simeon ans Kreuz geschlagen und Ignatius wilden Tieren vorgeworfen. Auch der Großteil der weiteren Berichte folgt diesem Schema: Photinus von Lyon starb hochbetagt um Christi Willen, sein Nachfolger Irenäus schied nach zahlreichen Plagen aus dem Leben und Dionysius von Paris fand durch das Schwert sein Ende. Hinzu treten Berichte über Babillas von Antiochien, Sixtus (I.) von Rom, Cornelius von Rom, Cyprian von Karthago undVindemialis von Capsa (heute Gafsa in Tunesien).674 Den Bekennern werden Paulus von Narbonne, Martialis von Limoges, Catianus von Tours, Trophimos von Arles und Stremonius von Clermont zugeordnet.675 Sprachlich vermeidet es Gregor, von ›sterben‹ zu sprechen, er drückt die besonderen Todesumstände der Genannten durch klare Formulierungen aus, darunter pro Christi nomine crucifixus adseritur (I, 27), pro Christi nomine passus est (I, 29), ob domini nominis confessionem per martyrium consummati sunt (I, 30) oder praesentem vitam gladio inminente finivit (I, 30).676 Einige Beispiele verdienen besondere Aufmerksamkeit. Am Beginn steht Polykarp von Smyrna, wenngleich nicht ob seiner Todesumstände. Polykarp erlitt gemäß Gregor in seinem 80. Lebensjahr den Märtyrertod.677 Eine mögliche Antwort, warum Gregor das Alter nennt, bietet einmal mehr der Psalter. In Psalm 672 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 27, S. 21. Zuvor hatte Gregor über Herodes, die Kreuzigung Jesu unter Pontius Pilatus sowie die Christenverfolgung unter Nero berichtet. Alle drei blieben für ihre Untaten nicht straflos, sondern nahmen sich mit eigener Hand das Leben (I, 24 u. 25, S. 19f.). Dass sie in eine Linie zum Verräter Judas gestellt werden, ist offensichtlich. Zur grundsätzlichen Abwertung römischer Kaiser bei Gregor als Christenverfolger vgl. Heinzelmann, Franken und die fränkische Geschichte, S. 335. 673 Auffällig ist, dass neben Clemens I. sowie den folgenden Sixtus I. und Cornelius nur drei Päpste genannt werden, die das Martyrium erlitten haben (zwischen Clemens und Cornelius sind weitere neun hagiographisch überliefert). Sollte Gregor der Liber Pontificalis vorgelegen haben, ist schwer zu erklären, warum er nur diese Beispiele herausgenommen und ihnen keinen prominenten Platz zugewiesen hat. Vgl. Noble, Gregory of Tours and the Roman Church, S. 149. Noble erklärt dies mit der geringen Bedeutung Roms für Gregor, der die Kirche nicht als hierarchische Einheit gedacht habe; zentral für ihn sei nicht der Bischof von Rom, sondern Christus gewesen (S. 161). 674 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 29f., S. 21f.; I, 32, S. 22 u. 24; II, 3, S. 44. 675 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 30, S. 23. Über Stremonius berichtet Gregor in einem anderen Werk ausführlicher (Gregor von Tours, Liber in gloria confessorum c. 29, S. 316). Es ist keine Überraschung, dass der Bischof von Clermont anderweitig eine besondere Berücksichtigung durch Gregor erfahren hat. Darauf kommen wir im weiteren Verlauf zurück. 676 Weiterführend zu Gregors sprachlichem Stil vgl. Bourgain, Works of Gregory of Tours. 677 Vgl. Dehandschutter, Leben und/oder sterben für Gott, S. 196–198; Thompson, Martyrdom of Polycarp. Zur Bedeutung des usprünglichen Polykarpmartyriums vgl. Baumeister, Anfänge der Theologie des Martyriums, bes. S. 304–306; Hoffmann, Sterben für den Glauben, S. 72–78.

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90 heißt es: »Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn es hochkommt, sind es achtzig.«678 Polykarp wird durch die Angabe seiner Lebensjahre zusätzlich herausgehoben, er starb wortwörtlich in biblischem Alter.679 Die weiteren, bisher unbeachtet gebliebenen Berichte über Martyrien weisen legendenhafte Formen auf. Saturninus von Toulouse wurde an die Fersen eines wütenden Stiers gebunden und von einer Burg herabgeschleift. Privatus von Javols (südwestlich von Lyon) weigerte sich, Götzen zu opfern, woraufhin er mit Knüppeln niedergeschlagen wurde und wenige Tage später starb.680 Quirinus von Sisak (im heutigen Kroatien) wurde mit einem an den Hals gebundenen Mühlstein in einen Fluss geworfen. Allerdings ertrank er nicht, denn der Mühlstein schwamm auf dem Wasser. Quirinus, statt sich über dieses Wunder zu freuen, bat Christus, ihm den Märtyrertod nicht zu verweigern, woraufhin er den Tod fand.681 Gregor verändert dabei den Bericht über den Tod des Quirinus gemäß den Märtyrerakten – dort ertrinkt er sofort682 – dahingehend, dass der Wert des Martyriums besonders hervorgehoben wird. Er fügt in diese Schilderung erstmalig ein offensichtliches Wunder ein, zudem berichtet er ebenfalls zum ersten Mal von der Beisetzung eines Bischofs, ohne dass er Details nennen kann. Aus den vielfach knappen, teils, wie am Beispiel des Quirinus gezeigt, sehr ausgeschmückten Berichten der Märtyrertode lassen sich keine Rückschlüsse auf natürliche Todesumstände ermitteln. Vielmehr werden die Märtyrer in einer Zeit der überwundenen Christenverfolgung als exempla wahren und standhaften Glaubens vor Augen geführt.

678 Ps 90,10. Zur Angabe von Lebensalter und Amtsdauer in Viten des 4. bis 6. Jahrhunderts vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 303–307. Er betont, dass durch die insbesondere bei Gregor von Tours nachzuweisende chronologische Zuordnung der Sterbenden automatisch in die christliche Glaubensgemeinschaft integriert werde (S. 302). Grundsätzlich stellt der Tod nach mittelalterlichen Vorstellungen die letzte von zwischen drei und zehn angenommenen Stufen des Lebensalters dar, vgl. Arnold, Lebensalter, S. 248f. 679 Die Nennung des Alters spielt entgegen den Erwartungen in den Quellen des Früh- und Hochmittelalters keine entscheidende Rolle. Sehr häufig ist von Bischöfen nur das Todesjahr bekannt, während das Jahr der Geburt, wenn überhaupt, nur grob eingegrenzt werden kann (vgl. auch Kapitel 2.1, Anm. 90). Durch die offensichtliche Orientierung Gregors an Ps 90 wird die Aussicht Polykarps auf ewige Seligkeit bekräftigt. Folglich schließt auch Gregor unmittelbar an die Todesschilderung Polykarps an: Sed et in Galleis multi pro Christi nomine sunt per martyrium gemmis caelestibus coronati (Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 28, S. 21). 680 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 30, S. 23; I, 34, S. 26. Zu Saturninus vgl. Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 196, zu Privatus ebd, S. 162. Zum Vorfall um Privatus vgl. Brown, Violence in Medieval Europe, S. 35. 681 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 35, S. 26. 682 Vgl. Passio s. Quirini episcopi et martyris, S. 522–524.

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b Der Tod des Bischofs – Drei Beispiele Deutlich weisen die folgenden Todesschilderungen im Werk Gregors auf die sich verändernde Wahrnehmung eines heiligmäßigen Lebens sowie dem damit verbundenen guten Tod hin.683 Die geschilderten Bischofstode sind auf die Vorstellung Gregors zurückzuführen, dass sich insbesondere Heilige und Bischöfe als handelnde Personen vor Gott für die Ausgestaltung der christlichen Gesellschaft und ihrer Hinführung zu einem Leben in Gott verantwortlich zeigen.684 Ein gewaltsames Lebensende findet sich nun nur noch selten und wenn, dann nicht im Kampf für den rechten Glauben.685 Daher automatisch dahinter die Absicht erkennen zu wollen, den Betreffenden negativ zu charakterisieren, ist verfehlt. Gregor zeichnet zwar eine gewalttätige Welt, doch ist Gewalt für ihn nicht grundsätzlich schlecht, sondern im jeweiligen Zusammenhang zu betrachten.686 Während die Märtyrer in den Augen Gregors einen zwar gewaltsamen, aber dennoch herausragenden Tod gestorben sind, gibt es daneben auch den gewaltsam eingetretenen, nicht für den Glauben erlittenen Tod. Dies soll an drei Beispielen illustriert werden. Vorausgeschickt werden muss, dass sich die folgenden Fälle bereits zu Lebzeiten Gregors ereignet haben, er also nicht mehr aus langer, zeitlicher Distanz berichtet, wenngleich nicht sicher zu ermitteln ist, über welche Wege ihm seine Informationen zugetragen worden sind. Auf diese Problematik wird im weiteren Verlauf noch einzugehen sein. Gemäß Gregor wurde Austrapius, unserem ersten Beispiel, das Versprechen gegeben, nach dem Tod des Bischofs von Poitiers dessen Position einnehmen zu können; in Vorbereitung darauf erhielt er durch den König bereits einige dioeceses bei Poitiers in Champtoceaux (Sellense castrum), in denen er als Bischof amtieren konnte.687 König Charibert I., Sohn des zu diesem Zeitpunkt noch 683 Zur Abkehr vom ›klassischen Märtyrer‹ hin zum ›blutlosen Martyrium‹ nach Ende der Verfolgungszeit vgl. Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 64f. u. 101. 684 Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 109 u. 141; ders., Franken und die fränkische Geschichte, S. 334; Mitchell, Saints and Public Christianity, S. 77. Craig, Bishops and Balancing Acts, S. 73, macht die hohe Bedeutung von Bischöfen, aber auch Priestern bereits durch die hohe Zahl von Begriffen wie episcopus, pontifex oder sacerdos bei Gregor von Tours aus. 685 Der gewaltsame Bischofstod war erst wieder ab der Mitte des 7. Jahrhunderts keine Besonderheit mehr, als in der politisch äußerst unruhigen Zeit mehrere entsprechende Fälle nachzuweisen sind. Vgl. Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 41f., generell Fouracre, Why Were so Many Bishops Killed. Diese Zunahme von gewaltsamen Todesfällen sollte sich erst im Konflikt des 11. Jahrhunderts wiederholen. Gewalt gegenüber Bischöfen, nicht zwingend zum Tod führend, lässt sich von Buch 2–10 in 17 Fällen nachweisen. Demgegenüber lassen sich 70 Fälle von Gewalt gegenüber merowingischen Königen ermitteln. Vgl. mit einer präzisen Auflistung verschiedener Personengruppen und der ihnen entgegengebrachten Gewalt Newbold, Interpersonal Violence, S. 7. 686 Vgl. Brown, Violence in Medieval Europe, S. 34. 687 Vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 121 u. 162. Ob Austrapius wirklich Bischof von Sellense castrum war, wird von Scheibelreiter (S. 122 Anm. 101) in Zweifel

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lebenden Königs Chlothar I., brach das Austrapius gegebene Versprechen und ließ einen anderen Kandidaten als Bischof von Poitiers einsetzen. Austrapius, sehr verärgert, kehrte daraufhin zu seiner Burg zurück und sah sich dort einem Aufstand der Theifaler, einem dort angesiedelten gotischen Volksstamm, gegenüber. Im Verlauf dieses Aufstandes wurde er von einem Speer getötet.688 Soweit die Geschichte des Bischofs Austrapius, der furchtbar (crudiliter) aus dem Leben schied. Anhand dieser Schilderung entsteht der Eindruck, Gregor wolle ein schlechtes Bild des Bischofs zeichnen, immerhin wurde dieser vom König bei der Neubesetzung des Bistums Poitiers übergangen und von gotischen Horden ermordet. Die zusätzliche Charakterisierung des Todes als furchtbar führt das Bild drohender Jenseitsqualen vor das innere Auge des Lesers.689 Auch von einem möglicherweise erlittenen Martyrium des Austrapius ist nicht zu lesen, obwohl sich die Umstände dazu angeboten zu haben scheinen. Vielleicht ist die negative Charakterisierung des Todes auf Austrapius’ Versuch zurückzuführen, sich ein Bistum noch zu Lebzeiten des Amtsinhabers zu sichern; ein Vorgang, den Gregor in seinem Werk mehrfach kritisiert.690 Möglicherweise hat Gregor hier aber auch nur einen alltäglichen Vorgang geschildert; immerhin hat das Königtum seit dem 6. Jahrhundert vielfältig Einfluss auf die Bischofserhebungen in Gallien genommen.691 Und auch der Tod während des Aufstandes kann als ›normales‹

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gezogen. Zum historischen Ort Champtoceaux vgl. Augereau, Les secrets de noms, S. 50f. Vgl. zu Austrapius Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 302; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 180. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 18, S. 151. Auch Hilchenbach, Das vierte Buch der Historien, S. 516, fragt sich, ob in Austrapius’ Tod göttliche Macht wirksam geworden ist, um die Einheit der Kirche wiederherzustellen. Immerhin war ihm gegen kirchliche Bestimmungen noch zu Lebzeiten des Vorgängers die Nachfolge im Bischofsamt von Poitiers versprochen worden. Hilchenbach erscheint dies jedoch zweifelhaft. Vgl. exemplarisch Kapitel 6.2.2 g. Zur grundsätzlich im 6. Jahrhundert sanktionierten Übertragung von Bistümern an Laien (unter Bezugnahme auf dieses Beispiel) vgl. bereits Wieruszowski, Zusammensetzung, S. 60f. Das Problem der Bischofseinsetzung in der Spätantike sowie in frühfränkisch-merowingischer Zeit ist vielfach in der Forschung erörtert worden, wobei ganz unterschiedliche Ansätze aufgezeigt worden sind. Gegen Claude, Bestellung der Bischöfe, vor allem Lotter, Designation und angebliches Kooptationsrecht, der ihm in nahezu allen Punkten vehement widersprochen, Claudes Annahmen jedweden Bezug zur Quellengrundlage abgesprochen, teilweise sogar deutlich gemacht hat, wie Claude die Quellen zu seinen Gunsten durch Auslassungen praktisch geformt hat. Der Annahme von Claude, praktisch alle Bischofserhebungen seit der Zeit Chlodwigs seien über den König gelaufen, hat auch Dumézil, Royauté mérovingienne, widersprochen. Vgl. Engels, Pontifikatsantritt, S. 707f.; Erkens, Bischofswahl, S. 10–13; Norton, Episcopal Elections; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 115–121; Wood, Merovingian Kingdoms, S. 77–79. Über die Zeremonie der Bischofseinsetzung in merowingischer Zeit ist hingegen, anders als über Wahl und

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Ereignis in einer solchen Situation interpretiert werden. Anlass zu dieser zweiten Sichtweise, wogegen eine implizite Herabsetzung Austrapius’ zurücktritt, gibt die bisher ausgesparte Vorgeschichte. Austrapius war, so berichtet Gregor, vor seiner klerikalen Karriere Herzog, geriet in dieser Position in Konflikt mit Chramn, ebenfalls Sohn Chlothars I., und flüchtete vor diesem in die Basilika des hl. Martin in Tours.692 Chramn ließ die Basilika umstellen und verbot, den nunmehr Gefangenen mit Nahrung oder Getränken zu versorgen. Einer widersetzte sich dem Gebot und brachte Austrapius ein Gefäß mit Wasser. Ein Richter (iudex) des Ortes erfuhr dies, nahm Austrapius das Gefäß aus der Hand und goß das Wasser zu Boden. Was sich nun ereignet haben soll, lässt sich neben dem guten sowie dem neutral geschilderten Tod in einer dritten Kategorie zusammenfassen, dem schlechten Tod. Der Richter wurde noch am selben Tag von Fieber befallen und starb um Mitternacht.693 Nach diesem Wunder wurde Austrapius von vielen Menschen mit Nahrung und Wasser versorgt und selbst von König Chlothar I. geehrt.694 An diesem Punkt schließt die Geschichte über die Hinwendung Austrapius’ zum geistlichen Stand an. Nach dieser Vorgeschichte erscheint es ausgeschlossen, dass Gregor den Versuch unternommen hätte, Austrapius in schlechtem Licht erscheinen zu lassen – einen Mann, der in der Gunst Martins von Tours gestanden und von dessen Wundertaten profitiert hat. Dass gerade diesem Mann das Bischofsamt von Poitiers versagt geblieben ist und ihn ein derart unrühmlicher Tod ereilt hat, ist folglich nicht auf eine polemische Überspitzung Gregors zurückzuführen. Ganz im Gegenteil ist in einem solchen Fall vielmehr zu erwarten, dass die Ereignisse zugunsten Austrapius’ dargestellt werden.695 Doch orientiert sich Gregor hierbei möglicherweise an den tatsächlichen Begebenheiten, auch wenn das vollbrachte Wunder der Wundergläubigkeit Gregors und seiner Verehrung des hl. Martin zugeschrieben werden muss.696 Austrapius’ Tod erscheint in diesem Zusammenhang als, wenn auch sicher nicht gewöhnlich, so doch durchaus realistisch.

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Weihe, kaum etwas bekannt. Vgl. Kirchner, Bischöfe und »ihre« Stadt im Frankenreich, S. 92–94. Zur Rolle der Basilika des hl. Martin von Tours als »wichtigste[m] Asylort des Fränkischen Reiches« vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 43. Vgl. Goetz, Gott und die Welt I,1, S. 143. Zur verbreiteten Interpretation von Krankheiten als Sündenstrafen vgl. ders., Debilis, S. 23. Bezüglich der Bischöfe findet sich bei Gregor dieses Ineinanderdenken hingegen nicht. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 18, S. 150f. Anders Hilchenbach, Das vierte Buch der Historien, S. 516, der Gregor jegliche Anteilnahme an Austrapius’ Schicksal abspricht. Vielmehr wolle Gregor stillschweigend seinen Unmut über die Vorgänge in Poitiers ausdrücken. Immerhin erachtet es auch Hilchenbach als übertrieben, in Austrapius’ Tod einen göttlichen Eingriff wirksam zu sehen. Den besonderen Stellenwert des Heiligen Martin (und der Heiligen generell) fasst Gregor in seinen Libri IV de virtutibus s. Martini, IV, Praefatio, S. 199, zusammen.

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Die Vorgeschichte bis zur Hinwendung zum geistlichen Stand lässt noch eine zweite Argumentation zu. In den Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi schildert Gregor einen ähnlichen Fall. Vier Personen waren, so berichtet er im zweiten Buch, in einem Kerker gefangen und erhielten durch den Richter keine Versorgung. Daraufhin beteten sie zum hl. Martin, woraufhin ihre Fesseln zersprangen, sie sich befreien konnten und in eine Kirche flüchteten.697 Befreiungswunder aus Kerkerhaft sind innerhalb der merowingischen Hagiographie vielfach anzutreffen.698 Möglicherweise hat sich Gregor bei Austrapius’ Vorgeschichte, auch wenn diese in die politische Lage um Chramn eingebunden ist und in Details anders verläuft, inspirieren lassen. Unabhängig davon fällt die an der Person des Richters (iudex) geübte deutliche Kritik auf.699 Die Episoden lassen in übergeordneter Ebene Rückschlüsse auf das Bischofsbild der Zeit Gregors zu. Bischöfe nahmen im Fränkischen Reich zunehmend auch weltliche Funktionen wahr. Dazu zählt die Gerichtsbarkeit, jedoch nicht allein im geistlichen Bereich, sodass Konflikte mit der weltlichen Führungsschicht, darunter den Richtern, unausweichlich waren. Gregor kritisiert jedoch mitunter selbst die Ausübung weltlicher Gewalt durch Bischöfe.700 Daher müssen vor diesem Hintergrund, so die Einschätzung von Wiesheu, auch die Befreiungswunder aus Gefängnissen gelesen werden.701 Ob dies hingegen Gregors zentrale Mitteilungsabsicht war, ist fraglich. Dennoch ergänzt er in der Episode um Austrapius ein wichtiges Detail; er untermauert die Kritik am Richter, der sich vor allem den Bruch des für Gregor sehr bedeutenden Asylrechts hat zuschulden kommen lassen, durch dessen unmittelbares Ableben. Sein schnell eingetretener Tod gilt als klare Warnung, sich der Autorität der Bischöfe, hier repräsentiert durch niemand anderen als Martin von Tours selbst, in dessen Kirche sich Austrapius gerettet hatte, zu widersetzen. Gregor nutzt die Episode um Austrapius zur Verdeutlichung der Unantastbarkeit des Asylrechts, das zu unterminieren mit den schlimmsten Konsequenzen, dem Tod, geahndet wird. Ein Grund, Austrapius’ Ableben negativ aufzufassen, liegt nicht vor.702 Unser zweites Beispiel soll die Dimensionen des gewaltsamen Todes nach dem Ende der Verfolgungszeit erneut illustrieren und einmal mehr verdeutlichen, 697 Vgl. Gregor von Tours, Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi II, 35, S. 172. 698 Vgl. Wiesheu, Bischof und Gefängnis. 699 Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 65, weist auf die »exemplifizierende Tendenz eines Gregor von Tours, der seine Kollegen gerne als Verteidiger gegenüber den mali iudices stilisiert« hin. Vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 191. 700 Vgl. Gregors Bericht zum Tod des Bischofs Badigisil von Le Mans, Kapitel 6.2.2 f. 701 Vgl. Wiesheu, Bischof und Gefängnis, S. 6–10. So habe in der Sorge um das Wohlergehen von Gefangenen ein Kern bischöflicher Aktivität gelegen (ebd., S. 11). 702 Es ließe sich allerdings – ohne Parallelen – argumentieren, dass das gewaltsame Ende des Austrapius verdient war, da er den königlichen Beschluss, ihn nicht zum Bischof von Poitiers einzusetzen, ignoriert hatte.

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welch große Rolle politische Verstrickungen dabei spielen. Bischof Praetextatus von Rouen geriet nach dem Bericht Gregors mit dem fränkischen Königtum aneinander und wurde seiner Bischofsstadt verwiesen.703 Wiederaufnahme in seine Stadt erhielt er unter König Gunthram gegen den Willen Königin Fredegundes.704 Als Fredegunde in der Folge Rouen besuchte, geriet sie erneut mit dem Bischof aneinander und drohte ihm mit abermaliger Verbannung. Praetextatus widersetzte sich ihren Drohungen und prophezeite ihr, nach ihrem Ableben in die Hölle hinabgestoßen zu werden, während er das Reich Gottes erfahren werde.705 Als Praetextatus bald darauf an einem Sonntag in der Kirche auf einer Bank hingekniet die vorgeschriebenen Gesänge anstimmte, trat ein gedungener Mörder an ihn heran und stach ihn mit einem Dolch nieder.706 Der Bischof schrie 703 Praetextatus war vorgeworfen worden, Merowech, den Sohn König Chilperichs, zu Ungunsten seines Vaters unterstützt zu haben. Zum Ende bekannte der Bischof entgegen der Wahrheit sogar, den Tod Chilperichs gewollt zu haben, woraufhin er verbannt wurde. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 18, S. 216–225. Gregor hat gemäß eigener Aussage hauptsächlich Praetextatus’ Verteidigung übernommen und ihn vor der Todesstrafe bewahrt. Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 44; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 122f. Praetextatus verlor durch sein Schuldeingeständnis nicht nur die Gunst des Königs, sondern wurde auch aus der caritas der Mitbischöfe ausgeschlossen, vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 18, S. 223. Zur schwierigen Interpretation, was unter der caritas zu verstehen ist, vgl. Scholz, Religiöse und soziale Ausgrenzung, S. 159–163. Zu Praetextatus vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1515–1519; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 188–192. Zum Prozess Chilperichs gegen Praetextatus vgl. Esders, Römische Rechtstradition, S. 443–449; Keely, Early Medieval Narrative, S. 133–139; Reimitz, History, Frankish Identity, S. 39–42; ders., After Rome, before Francia, S. 61–67; Stüber, Inkriminierte Bischof, S. 218–241. Hilchenbach, Witz und Humor, S. 81f., führt aus, Gregor wolle durch die Art seiner Schilderung den Prozess ins Lächerliche ziehen. Zur Intention Gregors, der sich selbst nicht nur als Verteidiger seiner Kirche, sondern der gallischen Kirche generell präsentiert, um sich als legitimen Nachfolger Martins zu positionieren, vgl. Reimitz, History, Frankish Identity, S. 34. 704 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 16, S. 337f. 705 Gregor von Tours, Libri historiarum decem VIII, 31, S. 397: Et ille [sc. Praetextatus, an Fredegunde gewandt]: ›Ego semper et in exilio et extra exilium episcopus fui, sum et ero; nam tu non semper regalem potentiam perfrueres. Nos ab exilio provehimur, tribuente Deo, in regnum; tu vero ab hoc regno demergeris in abyssum‹. 706 Gregor von Tours, Libri historiarum decem VIII, 31, S. 397f.: Advenientem autem dominicae resurrectionis diae, cum sacerdos ad implenda aeclesiastica officia ad aeclesiam maturius properasset, antefanas iuxta consuetudinem incipere per ordinem coepit. Cumque inter psallendum formolae decumberet, crudelis adfuit homicida, qui episcopum super formolam quiescentem, extracto baltei cultro, sub ascella percutit. Zu Hergang und Hintergründen vgl. Gradowicz-Pancer, Femmes royales, S. 38–42. Gedungen war der Täter durch Fredegunde, bezahlt durch Melantius, der selbst das Bischofsamt von Rouen bekleiden wollte und dies während des Exils von Praetextatus bereits getan hatte. Auch nach dem Mord an diesem konnte Melantius dieses Amt weiterhin ausüben, ohne dass selbst Gregor ein kritisches Wort darüber verliert – wenn nicht sein Schweigen selbst als Kritik verstanden werden will –, geschweige denn ihn einem grausamen Tod zuführt – wobei festzuhalten ist, dass Melantius Gregor überlebt hat. Vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 142f.

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daraufhin auf und rief um Beistand, doch eilte ihm zunächst keiner der anwesenden Geistlichen zu Hilfe. Die bis hierher geschilderte Situation erscheint realistisch; der Mord an Bischöfen – doch nicht allein an ihnen707 – stellt zu merowingischer Zeit keine Besonderheit dar, ist vielmehr, insbesondere ab dem 7. Jahrhundert, vermehrt nachzuweisen. Dies steht nicht zuletzt mit der großen Machtfülle der merowingischen Bischöfe in Beziehung.708 Gregors ausführliche Schilderung lässt davon nichts erahnen und stellt die Grausamkeit und Abscheulichkeit der Tat in den Vordergrund, ohne aber dem Bischof irgendeine Schuld an seinem brutalen Ableben zu unterstellen. Auch wenn Praetextatus in der Seite getroffen wird, wäre es übertrieben, hier eine Parallele zur Seitenwunde Christi zu sehen,709 denn Gregor bleibt trotz seiner hagiographischen Intention äußerst naturalistisch.710 Er fährt fort, Praetextatus betete, nachdem ihm niemand beistehen wollte, die blutenden Arme zum Altar hingestreckt, und dankte Gott, bis Gläubige den Bischof in sein Gemach trugen und auf sein Bett legten. Auch Fredegunde erschien dort, vorgeblich in Sorge, wer einen solchen Anschlag angestiftet haben möge. Praetextatus bezichtigte sie daraufhin öffentlich der Tat und verfluchte sie, ordnete dann sein Haus und verstarb.711 Werfen wir einen Blick auf die Situation 707 Lebecq, Mort et Sépulture, S. 38, rechnet vor, dass zwischen 511 und 639 15 Mitglieder der merowingischen Königsfamilie gewaltsam ums Leben gekommen sind, davon 13 durch Attentate. Diesen gegenüber stehen 18 natürliche Todesfälle. 708 Zwischen 580 und 754 erleiden insgesamt 18 Bischöfe einen gewaltsamen Tod, die meisten davon in der Zeit nach Gregor von Tours. Viele Todesfälle resultierten dabei aus Konflikten der Bischöfe mit den Herrschenden. Der zunehmende Bischofsmord verdeutlicht auch die hohe politische Bedeutung der Bischöfe unter den Merowingern. Nicht zufällig nehmen die Bischofsmorde in salischer Zeit wieder zu. Vgl. Fouracre, Why Were so Many Bishops Killed, S. 13, 16, 20f., 31 u. 35. Eine Übersicht über Vertreibung und Mord an Bischöfen von der Spätantike bis ins 12. Jahrhundert bietet Kaiser, Mord im Dom, S. 97f. Vgl. auch ders., Évêques expulsés, évêques assassinés, S. 63f. Ab der Mitte des 8. Jahrhunderts enden sowohl Morde an Bischöfen wie auch von herrscherlicher Seite initiierte Mordanschläge, die zuvor nicht nur die merowingische Familie, sondern auch den Aufstieg der frühen Arnulfinger und Pippiniden begleitet hatten. Busch, Vom Attentat zur Haft, bringt diesen Wandel mit einer zunehmend wirksam werdenden Verbindung von christlichen Vorstellungen und dem Königsamt in Verbindung. 709 Joh 19,34. 710 Überhaupt ist kein hagiographischer Versuch unternommen worden, Praetextatus’ Tod als Abschluss eines Heiligenlebens zu stilisieren, obwohl sein Ableben dazu prädestiniert erscheint. Vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 263. 711 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VIII, 31, S. 398: At ille plenas sanguine manus super altarium extendens, orationem fundens et Deo gratias agens, in cubiculo suo inter manus fidelium deportatus et in suo lectulo collocatus est. Statimque Fredegundis cum Beppoleno duce et Ansovaldo adfuit, dicens: ›Non oportuerat haec nobis ac reliquae plebi tuae, o sancte sacerdos, ut ista tuo cultui evenirent. Sed utinam indicaretur, qui talia ausus est perpetrare, ut digna pro hoc scelere supplicia susteneret.‹ Sciens autem ea sacerdos haec dolose proferre, ait: ›Et quis haec fecit nisi his, qui reges interemit, qui saepius sanguinem innocentem effudit, qui diversa in hoc regno mala commisit?‹ Respondit mulier: ›Sunt aput

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des Sterbenden, fallen sofort bekannte Muster ins Auge. Praetextatus liegt auf dem Bett in seinem Gemach und ist von zahlreichen Menschen umgeben. Ärztlicher Beistand war, von Fredegunde in diesem Fall sicher nicht in bester Absicht angeboten, auch zu dieser Zeit üblich. Praetextatus verzichtet jedoch, da es, wie er es ausdrückt, der Wille Gottes sei, ihn nun aus dieser Welt abzuberufen. In einer solchen Situation oder überhaupt im Rahmen dieser Geschichte wäre ein Wunder zu erwarten gewesen, um Praetextatus’ Tod herausragend zu gestalten und den Verstorbenen in eine Linie mit den Märtyrern zu rücken. Doch Gregor verzichtet. Gleich der Episode um Austrapius beschränkt er sich im Großen und Ganzen auf nachvollziehbare Ereignisse,712 um zu verdeutlichen, dass es sich bei dem Mord an einem Bischof, hier Praetextatus, nicht um ein göttliches Urteil handelt. Dieses folgt für den Mörder und, hier sehr prominent in Person der Fredegunde, die Anstifterin, zumal ihnen in Folge dieses Anschlages das göttliche Heil entzogen wird, während Praetextatus die Seligkeit erwartet. Deutlich wird, dass die Beispiele von Bischofstoden in Folge von Gewalt nicht mehr auf einen für Gott erlittenen Tod zurückzuführen sind, sondern überwiegend aus politischen Konflikten heraus interpretiert werden müssen. Ein drittes und letztes Beispiel wird dies unterstreichen. Bischof Sagittarius von Gap hatte sich dem Usurpator Gundowald angeschlossen und war durch einen Soldaten König Gunthrams I. auf der Flucht enthauptet worden.713 Aus einem solchen Todesfall ein Martyrium zu konstruieren, wäre möglich, doch wird dies von Gregor durchgehend unterlassen. In diesem Fall wäre es auch nicht zu erwarten gewesen, König Gunthram wird von Gregor zumeist auffallend positiv in Szene gesetzt.714 Sagittarius hingegen war von ihm zuvor bereits mehrfach massiv ob nos peritissimi medici, qui hunc vulnere medere possint. Permitte, ut accedant ad te.‹ Et ille: ›Iam‹, inquid, ›me Deus praecepit de hoc mundum vocare. Nam tu, qui his sceleribus princeps inventa es, eris maledicta in saeculo, et erit Deus ultui sanguinis mei de capite tuo.‹ Cumque illa discederit, pontifex, ordinata domo sua, spiritum exalavit. Praetextatus’ Gebet ist dabei, so Haubrichs, Emotionen vor dem Tode, S. 86, bereits Teil der praeparatio, der Vorbereitung auf die Begegnung mit dem Tod. Vgl. zu Praetextatus’ Verwünschung gegenüber Fredegunde Goetz, Gott und die Welt I,1, S. 144f. Die nachfolgenden Ermittlungen gegen Fredegunde konnte diese allem Anschein nach erfolgreich verschleppen, vgl. Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 50. Zu ihr und ihrem Charakter unter Bezugnahme der Anstiftung zum Mord vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 159f. 712 Haubrichs, Emotionen vor dem Tode, S. 86, sieht in den »Todes-historiae« Gregors von Tours viele Verhaltensweisen der Vorbereitung auf den Tod präsent, sodass er die Schilderungen an sich auch als exemplarisch gemeint erachtet. Dass sie aber, um gänzlich von der Realität entfernt zu sein, zu wenige oder, in Austrapius’ Fall, gar keine Facetten der guten Vorbereitung enthalten, konnte aufgezeigt werden. 713 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 39, S. 362. Es handelt sich um einen von zehn Fällen merowingischer Bischöfe, die starben, nachdem sie sich den Herrscher zum Feind gemacht hatten, vgl. Fouracre, Why Were so Many Bishops Killed, S. 17. 714 Vgl. Wood, Secret Histories of Gregory of Tours, S. 259–261, der jedoch auf zahlreiche Episoden aufmerksam macht, in denen Gregor dem König gegenüber Kritik anbringt.

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seines Lebenswandels kritisiert worden, der schließlich dazu geführt hatte, dass der Bischof von Gap infolge des Zorns Gottes (ira dei) seines Amtes enthoben worden war.715 Der Tod, der Sagittarius ereilt, kann als vollstrecktes Gottesurteil gegenüber einem nicht mehr der Gemeinschaft der Gläubigen zugehörenden Mann, somit in den Augen Gregors keinem rechtgläubigen Bischof, zu verstehen sein. Bezeichnend ist aber, dass die von Gregor angekündigte Strafe Gottes, die Sagittarius und dessen nicht minder verwerflichen Amtsbruder Salonius von Embrun ereilen sollte, nicht in Form eines grausam-verdienten Ablebens in Erscheinung tritt, sondern sich in der Enthebung aus ihren Ämtern manifestiert. Über den Tod des Salonius wird in den Historien keine Information gegeben.716 c Der Tod des Bischofs in den Decem libri historiarum bis zum Jahr 573 Bevor wir nach diesen ersten Eindrücken auf weitere Kategorien und Zusammenhänge bischöflicher Sterbeberichte in den Decem libri historiarum zurückkommen werden, ist kurz auf den generellen Aufbau und die Entstehungsgeschichte des Werkes einzugehen. Gregor orientierte sich bei der Abfassung an den großen Weltchroniken des Eusebius und Hieronymus. Daher beginnt er sein erstes Buch mit der Erschaffung der Welt, sodass alles Nachfolgende unmittelbar in den Verlauf der Heilsgeschichte eingebettet wird. Die Entstehungsgeschichte offenbart nunmehr einige Probleme, die mit gegenteiligen Argumenten gelöst worden sind. Die ältere Forschung erachtete die ersten vier Bücher ursprünglich als eine Einheit für sich, von Gregor wohl mit Beginn seines Episkopats in Tours 573 begonnen und kurz nach dem das vierte Buch abschließenden Tod König Sigiberts 575 vollendet.717 Der Tod seines Förderers Sigibert sowie die Übernahme 715 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 20 u. 27, S. 227–229 u. 233. Zu Sagittarus sowie seinem Bruder Salonius von Embrun und deren gleich mehrfach erfolgter Enthebung aus ihren Ämtern vgl. Stüber, Inkriminierte Bischof, S. 198–212. 716 Zu Sagittarius vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1680–1683; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 161. Vgl. Brown, Violence in Medieval Europe, S. 35; Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 141f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 125f. Dennoch erachtet Prinz, Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 19f., Sagittarius als »extremes Beispiel der Pervertierung bischöflicher Macht«, wohingegen Gregor von Tours nicht dessen Ausübung von Machtmitteln kritisiert habe, etwa dessen aktive Teilnahme an Kämpfen, sondern den Missbrauch dieser Mittel. Vgl. bereits ders., Klerus und Krieg, S. 47; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 226. Zu Sagittarius’ Tod vgl. Goetz, Gott und die Welt I,1, S. 147. Er erachtet dessen Ableben sehr wohl als göttliche Strafe, bezeichnenderweise »herbeigebetet« vom anderen Verräter Gundowald. Sagittarius stirbt somit in erster Linie als Verräter am König und auch am Bischofsamt. 717 Vgl. Buchner, Einleitung (zu Gregor von Tours), S. XXI; Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 97f. Zum Entstehungsprozess vgl. auch Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 119–125. Anders Breukelaar, Historiography and Episcopal Authority, S. 41–45, der eine Niederschrift der ersten drei und des größten Teils des vierten Buches vor 573 und der Übernahme des Turoner Bischofsamtes vermutet. Eine Zusam-

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der Gewalt durch dessen Halbbruder Chilperich I. stellte für Gregor eine größere Krise dar und markiert den Zeitpunkt, ab dem er in der Folge persönlich in seinen Decem libri historiarum in Erscheinung tritt.718 Das fünfte Buch erscheint gemäß dieser Theorie vor 584 verfasst worden zu sein. Ab diesem Buch – die Bücher fünf bis zehn umfassen insgesamt nur fünfzehn Jahre, gegenüber den, gemäß Gregors Berechnung, 5596, 112, 37 und 29 Jahren abdeckenden Büchern eins bis vier719 – beginnt Gregor relativ konsequent, eine chronologische Ordnung aufrechtzuerhalten. Zudem scheinen das fünfte und alle darauffolgenden Bücher in geringem zeitlichem Abstand zu den darin geschilderten Ereignissen verfasst worden zu sein.720 Gegen diese Annahme argumentiert Alexander Murray.721 Er schlussfolgert nachvollziehbar anhand zahlreicher Beispiele, dass eine Abfassung der Historien nicht ad hoc jeweils unmittelbar nach den Ereignissen, sondern frühestens 585, womöglich sogar erst zwischen 590 und 594 erfolgt sei.722 Gregor berichtet, wird der Theorie der kontinuierlichen Abfassung gefolgt, über Geschehnisse, an denen er mittelbar, vielleicht sogar unmittelbar beteiligt gewesen ist, von denen er jedoch relativ bald Informationen erhalten haben wird und diese niedergeschrieben hat. Diese Voraussetzungen gelten auch für die von Murray überzeugend vorgebrachte Ansicht, doch bilden die Historien seiner Meinung nach ein wohl erst spät in Gregors Leben entstandenes kompositorisches Gesamtwerk.723

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menfassung verschiedener älterer Forschungspositionen bietet Halsall, Preface to Book V, S. 306f., mit anderer Auffassung zur Entstehung der ersten Bücher (S. 312). Aktuell erachtet auch Jones, Death and Afterlife, S. 104–110, die von Gregor zwischen den Jahre 574 und 576 erlittenen Erfahrungen mit Gewalt und Tod infolge der zahlreichen innermerowingischen Kriege als auslösendes Moment für ihn, seine Historien zu beginnen und befürwortet einen früheren Beginn der Abfassung unmittelbar nach dem Tod Sigiberts. Vgl. Reimitz, After Rome, before Francia, S. 62, unter Verweis auf Halsall, Preface to Book V, bes. S. 306–312. Vgl. Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 124f. Vgl. Buchner, Einleitung (zu Gregor von Tours), S. XXI–XXIII; Ganshof, Historiographie dans la monarchie franque, S. 634f.; Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 33 u. 97; Verdon, Grégoire de Tours, S. 77–80. Die ältere Ansicht zusammenfassend Murray, Composition, S. 68–72 u. 77f. Ebenso hatten bereits Goffart und Heinzelmann den zeitgeschichtlichen Ansatz Gregors betont, ohne jedoch eine asynchrone Abfassung gänzlich auszuschließen. Vgl. Murray, Composition, S. 73. Vgl. Murray, Composition, S. 71, sowie ebd., S. 80–92, zu Argumenten für eine späte Abfassung. Was der von Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 186 u. 197, vorgebrachten Annahme zuwiderläuft, die Historien würden keinen Plot aufweisen. Auch Breukelaar, Historiography and Episcopal Authority, S. 69f., erkennt eine sich entwickelnde Struktur innerhalb der Historien erst ab den ausgehenden 580er Jahren. Gegen die Einschätzung einer reinen Aneinanderreihung von Anekdoten bei Gregor vgl. bereits Wood, Merovingian Kingdoms, S. 31, sowie insbesondere Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 113–135.

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Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

Ab dem fünften Buch haben, unabhängig welcher Theorie gefolgt wird, auch die geschilderten Tode der Bischöfe keine allzu lange Überlieferungszeit hinter sich, die den eigentlichen Ablauf mit mannigfachen legendarischen Zusätzen vermischt haben mag, sondern dürften noch relativ unverfälscht an Gregor herangetragen worden sein. Nur hingewiesen sei auf die insbesondere zwischen Gerd Althoff und Johannes Fried ausgetragene Debatte, inwiefern sich längere Zeit nach den berichteten Ereignissen niedergeschriebene, auf mündlicher Überlieferung basierende Texte noch dazu eignen, historisches Geschehen rekonstruieren zu können.724 Wir können dies jedoch vernachlässigen, da nicht die Rekonstruktion historischer Todesfälle angestrebt – ein grundsätzlich zum Scheitern verurteiltes Unternehmen –, sondern die Komposition und Integration derselben in Gregors Werk sowie in Werken der folgenden Jahrhunderte untersucht wird. Besonders wird im Fall der Decem libri historiarum Gregors auf die Todesfälle zu achten sein, die sich während seines Episkopats ereignet haben. Dies hängt einerseits mit seinem daraus entwickelten bischöflichen Amtsverständnis und bischöflicher Herrschaft zusammen, andererseits mit der häufig in seinem Werk herausgestellten Verbindung zum hl. Martin von Tours, die erst nach seiner Berufung zum dortigen Bischof für ihn derartige Bedeutung erlangt haben dürfte.725 Dennoch ergibt sich in der Handhabung beider Theorien ein wesentlicher Unterschied: Während die kontinuierliche Niederschrift relativ spontane Entscheidungen Gregors verlangt haben mag, gewisse Ereignisse, darunter bischöfliche Sterbeberichte, aufzunehmen, erfordert die kompositorische Annahme einen weitblickenden Ansatz. Dies würde bedeuten, dass gerade die Berichte über Sterbefälle insbesondere ab dem fünften Buch nicht das Resultat spontaner Eingebungen Gregors oder die Umsetzung ›frisch‹ erhaltener Nachrichten, sondern das Ergebnis langfristiger Überlegungen und Sammlungen sowie bewusster Einpflegung gewesen sind. Die bischöflichen Sterbefälle gerade ab dem fünften Buch müssen demzufolge als bewusst gesetzte und nicht zufällig ›hineingeratene‹ Elemente angesehen und analysiert werden.726 724 Vgl. Althoff, Geschichtsschreibung, bes. S. 152f.; Fried, Königserhebung Heinrichs I., S. 271–276. Vgl. auch die Hinweise in Kapitel 2.3. Vgl. auch Buc, Noch einmal 918–919, S. 170, sowie ebd., S. 153–159, eine Zusammenfassung der Kontroverse zwischen Althoff und Fried, die sich an der Königserhebung Heinrichs I. 918/919 entzündet hat. 725 Dass diese Eingrenzung keineswegs allzu eng angelegt werden darf, hat das Beispiel um Austrapius von Champtoceaux deutlich gezeigt. Obwohl lange vor Gregors Episkopat gestorben, wusste Gregor dezidiert über ihn zu berichten, ohne es allzu legendenhaft auszuschmücken. Fraglich bleibt, ob Gregor die Rolle des hl. Martin dazu inspiriert hat, dieses Beispiel einzufügen oder er selbst erst der Geschichte diese Komponente hinzugefügt hat. 726 Das bewusste Auswählen der in den Historien dargebotenen Episoden hat bereits Heinzelmann herausgestellt (vgl. Kapitel 6.2). Die möglicherweise bewusste Komposition des gesamten Werkes zu einem (längeren) Zeitpunkt am Lebensende hebt diesen Umstand noch einmal besonders hervor.

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In einem ersten Schritt interessiert die geographische Verteilung. In Bezug auf die anfangs genannten Märtyrer konnte gezeigt werden, dass diese nicht nur in Gallien, sondern vielfach in weit entfernten Orten den Tod erlitten haben. Bei den Bischöfen begegnet uns ein anderes Bild. Unterschieden werden muss ferner zwischen den Todesfällen, die sich während Gregors Episkopat ereignet haben, ungefähr ab Beginn des fünften Buches, sowie den davor anzusetzenden Beispielen. Gregor vermerkt, die Märtyrer ausgeklammert, Todesfälle von Bischöfen aus 34 Bistümern, darunter drei außerhalb Galliens gelegenen. Damit werden ungefähr ein Drittel aller zur damaligen Zeit vermutlich bestandenen gallischen Bistümer repräsentiert.727 Besonders vertraut ist Gregor hierbei mit Neustrien, Burgund und Aquitanien.728 Konzentrieren wir uns auf die vor Amtsantritt Gregors verstorbenen Bischöfe, ergibt sich ein eindeutiges Bild. Aus zehn Bistümern werden insgesamt 44 Todesfälle verzeichnet. Davon fallen 19 auf Bischöfe von Tours, also die Vorgänger Gregors. Unter den übrigen Bistümern stellt Clermont, Gregors Geburtsort, mit 14 Todesfällen das zweite große Kontingent.729 Er greift somit vornehmlich auf Fälle zurück, die ihm aufgrund seiner Herkunft oder seines späteren Amtes von besonderer Bedeutung erschienen sein dürften. Bezüglich der Bischöfe von Clermont berichtet Gregor ein erstaunlich breites Spektrum an Episoden, exemplarisch über den ersten Bischof Urbicus. Dieser soll sich nach seiner Weihe zum Bischof der Unzucht mit seiner Frau schuldig gemacht haben. Er konnte sich jedoch von dieser Sünde reinwaschen und wurde, nachdem er gestorben war (migravit a saeculo), in einer Gruft an einer Landstraße später gemeinsam mit seiner Frau und seiner aus der unzüchtigen Verbindung entstammten Tochter begraben (in cripta Cantabennensi [sc. Chantoin, Vorstadt von Clermont] iuxta aggerem publicum est sepultus).730 Diese Episode zeigt zweierlei: Zum einen führt ein Fehlverhalten zu Lebzeiten nicht zwangsläufig zur ewigen Verdammnis. Zumindest unterlässt es Gregor, diesen Fall polemisch oder exemplarisch auszunutzen. Ganz im Gegenteil informiert er, zum anderen, hierbei erstmals konkret über die Grabstätte eines Bischofs, die sich, noch ganz im Zeichen antiker Tradition, an einer Ausfallstraße Clermonts befand, nicht im Innenraum einer städtischen Kirche. 727 Claude, Bestellung der Bischöfe, S. 4, geht davon aus, dass in Gallien zu dieser Zeit etwa 100 bis 110 Bistümer existiert haben dürften. Gemäß den alten Arbeiten von Duchesne, Fastes épiscopaux de l’ancienne Gaule, ist von ca. 120 Bistümern auszugehen, aufgeteilt in 15 Kirchenprovinzen, denen je ein Metropolit vorgestanden hat. Zusammengefasst bei Hen, Church in Sixth-Century Gaul, S. 238. 728 Vgl. Ganshof, Historiographie dans la monarchie franque, S. 636. 729 Vgl. Buchner, Einleitung (zu Gregor von Tours), S. X; Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 194; Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 26f. Zu den einzig zu Tours und Clermont vollständigen Bischofsreihen vgl. auch Reimitz, History, Frankish Identity, S. 35. 730 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 44, S. 29.

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Ein weiteres Beispiel aus Clermont ist hervorzuheben, weil es eine typische Art der Darstellung von Todesfällen in den Historien Gregors demonstriert. Nachdem Gregor über den Tod der Bischöfe von Clermont zumeist wenig ausführlich berichtet hat, wird er erst zu Sidonius Apollinaris († nach 479) wieder ausführlicher. Dieser wurde, nachdem ihn ein Fieber überkommen hatte, auf seinen Wunsch hin in die Kirche gebracht, wo sich viele um ihn versammelten. Von diesen wurde Sidonius daraufhin angefleht, sie nicht im Stich zu lassen.731 Die an den sterbenden Bischof gerichtete Bitte, die ohne ihn ziel-, führungs- und hilflos zurückbleibende Gemeinde nicht zurückzulassen, ist uns bereits bei Sulpicius Severus in seiner Martinsvita begegnet und ist auch sonst vielfach nachzuweisen. Sidonius, über den sich zu seinem Lebensende der Heilige Geist ergoss – erinnert sei an die Vita Ambrosii – starb eindeutig einen guten Tod, obgleich kaum Details diesbezüglich genannt werden. Zuvor gibt Gregor aber ein konträres Beispiel. Zwei Priester hatten gegen Sidonius opponiert und ihn stark bedrängt. Als aber einer der Priester den Abort aufgesucht hatte, ereilte ihn die göttliche Strafe und er starb ebendort (spiritum exalavit), Arius gleich, dem auf dem Abort die Eingeweide aus dem Leib gedrungen sein sollen (non minoris criminis hunc reum esse quam Arrium illum, cui similiter in secessum fuerunt interna deposita per partis inferioris egestum).732 Der andere Priester riss nach Sidonius’ Ableben das Vermögen der Kirche an sich und präsentierte sich als kommenden Bischof – von Gregor wird er hingegen bezeichnenderweise weiterhin als Priester, nicht als Bischof bezeichnet. Der Schenk des Priesters berichtete diesem während des Leichenmahls des verstorbenen Sidonius über eine Vision, die er erfahren hatte. Darin habe er, der Schenk, am Thron des höchsten Richters gestanden, wo Sidonius gerade Anklage gegen den anderen, auf dem Abort verstorbenen Priester geführt haben soll. Der Priester sei daraufhin in die Hölle verbannt worden. Nun sollte auch der andere, noch lebende Priester dort Rechenschaft ablegen und werde, sollte er schweigen, eines schlechten Todes sterben (Si tacueris, morte pessima morieris). Daraufhin starb auch der zweite Priester. Während der erste wie Arius starb, ereilte den zweiten, gleich Simon Magus vor Hochmut aufgeblasen, der Tod, dass sie nun gemeinsam in der Hölle leiden (unus Arii sortiretur mortem, alius tamquam Simon Magus apostoli sancti oratione ab 731 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem II, 23, S. 68. Zu Sidonius Apollinaris vgl. Harries, Sidonius Apollinaris; Kaufmann, Studien zu Sidonius Apollinaris, S. 41–64; Kitchen, Sidonius Apollinaris; Loyen, Sidoine Apollinaire; Stevens, Sidonius Apollinaris. 732 Angelehnt an Rufinus (um 345–411/12) in Fortsetzung seiner Übersetzung der Kirchengeschichte des Eusebius X, 14, S. 979f. Zu Arius’ Tod vgl. u. a. Leroy-Molinghen, Mort d’Arius; Muehlberger, Legend of Arius’ Death (zur Episode bei Rufinus S. 8f.). Gregor erzählt die Geschichte über Arius’ Tod nicht nur an dieser Stelle, sondern insgesamt vier Mal, vgl. Angenendt, Frühmittelalter, S. 183. Zur Funktion Gottes als Rächer weltlicher Untaten in Gregors Werk vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 255. Zu Gregors Bild der Unterwelt vgl. Jones, Death and Afterlife, S. 157–165.

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excelsa arce superbiae praeceps allideretur. Qui non ambiguntur pariter possidere tartarum, qui simul egerunt nequiter contra sanctum episcopum suum).733 Während Sidonius als wahrer Christ ein würdiges Ende findet, werden seine Widersacher als Häretiker eingestuft und erleiden infolge ihrer begangenen Sünde, ihrer Rebellion gegen die gegebene Autorität als göttliche Strafe einen grausamen Tod.734 Erstmalig stellt Gregor guten und schlechten Tod einander unmittelbar gegenüber. Ob er dabei einen ›wahren‹ Sachverhalt berichtet, ist unerheblich. Wie bei Arius war das unselige Ende im Geiste Judas’ oder Simons geradezu notwendig, gerade Judas gilt als »forma aller Häresiarchen«.735 Das stilistische Mittel, den guten Christen auch mit einem guten Tod auszuzeichnen, gleichsam dessen Feinde oder Rivalen mit einem grausamen Ableben zu bestrafen, findet sich mehrfach in Gregors Werk. Bei den weiteren Bistümern in Gallien, um den Faden wieder aufzugreifen, handelt es sich um Champtoceaux, Langres (zwei), Lyon (zwei), Noyon, Poitiers (zwei), Tongern und Verdun. Außerhalb Galliens wird nur auf das Bistum Piacenza verwiesen.736 Champtoceaux und dessen einziger Bischof Austrapius sind bereits ausgiebig behandelt worden.737 Bei den anderen Bistümern spielt vielfach erneut Gregors familiärer Hintergrund eine Rolle.738 Bestes Beispiel dafür ist das Bistum Langres. Im Zentrum stehen Bischof Tetricus und dessen Nachfolger Sylvester und Pappolus. Tetricus war Gregors Großonkel, der Vaterbruder seiner Mutter, entsprechend gut dürfte Gregor über ihn und dessen Nachfolger Sylvester, ebenfalls mit Gregor verwandt, informiert gewesen sein.739 Überdies war Gregors Bruder Petrus, selbst Diakon in Langres,740 in die schwie733 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem II, 23, S. 68f.; Zitate S. 69. 734 Vgl. Blume, Menschenbild Gregors von Tours, S. 73; Mitchell, History and Christian Society, S. 68–70 u. 76. 735 Vgl. Fuhrmann, Fabel von Papst Leo und Bischof Hilarius, S. 140–146 (Zitat S. 145). 736 Zu den zunehmend weniger verzeichneten Bischöfen außerhalb Galliens vgl. auch Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 109f. 737 Vgl. Kapitel 6.2.2 b. 738 Vgl. Jussen, Liturgie und Legitimation, S. 133, über die »Familiensolidarität« Gregors. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 7–9, widerspricht hingegen der weitverbreiteten Annahme, Gregor habe in seinen Historien intensiv den Stolz auf seine Herkunft aus gallorömischer Familie unterstrichen, ohne ihm persönlichen Stolz absprechen zu können, der jedoch nie in den Vordergrund trete. 739 Über seine Verwandtschaft zu Sylvester vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 201. Zu Tetricus vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 16f.; Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1863–1865; Stroheker, Senatorische Adel, S. 223; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 164. Zu Sylvester vgl. Pietri / Heijmans, S. 1810; Stroheker, S. 223; Weidemann, S. 164. Dass es sich bei Sylvester um Gregors Onkel, den Bruder seiner Mutter, gehandelt hat, vermutet Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 15. 740 Vgl. Buchner, Einleitung (zu Gregor von Tours), S. IX, mit dem dort aufgeführten Stammbaum.

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rige Nachfolge des Tetricus involviert. Tetricus, bereits in hohem Alter, hatte seinen Verwalter mit der Billigung von Gregors Bruder abgesetzt. Kurz darauf traf ihn der Schlag, er war für lange Zeit ohne Bewusstsein, das Bistum dadurch praktisch vakant.741 Dies ereignete sich gemäß Gregor unmittelbar nach der Absetzung des Diakons, ein göttliches Urteil erscheint naheliegend. Doch Gregor lässt eine solche Deutung nicht im Ansatz zu. Vielmehr hatte der Verwalter zu Lebzeiten die Armen geplündert, Tetricus somit richtig gehandelt. Der erlittene Schlag ist nicht als göttliche Strafe, sondern als medizinisches Phänomen zu verstehen. Aufgrund der familiären Nähe und der aktiven Beteiligung seines Bruders dürfte Gregor genau über die Vorgänge Bescheid gewusst haben. Die exakte Schilderung des Falles ist insofern bemerkenswert, als Gregor nur selten eine Krankheit vor dem Ableben der Bischöfe nennt, bei diesen wenigen Fällen zumeist ein unspezifisches Fieber als Ursache der Krankheit angibt. Kampert analysiert, Krankheiten würden ein Versagen der im damaligen Verständnis Ärzten weit überlegenen Heiligen bedeuten, da sie den entscheidenden letzten Lebensabschnitt beeinträchtigten.742 Dass Gregor jedoch beabsichtigt hat, dies in Tetricus’ Fall in den Vordergrund zu rücken, erscheint zweifelhaft. Vielmehr werden anhand dieses Beispiels Gregors medizinische Kenntnisse erstmalig in Ansätzen sichtbar. Wahrscheinlich ist, dass Gregor über aus der Antike

741 Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 200: Consenescente beato Tetrico ecclesiae Lingonicae sacerdote, cum Lampadio diacono, quem creditorem habuit, deicisset et frater meus, dum pauperibus, quos ille male spoliaverat, opitulare cupiens, consensisset in eius humiliatione, odium ex hoc incurrit. Interea beatus Tetricus a sanguine sauciatur. Cui cum nulla medicorum fomenta valerent, conturbati clerici et a pastore utpote destituti, Mundericum expetunt. Bereits Krusch hat in der MGH-Edition das geschilderte Krankheitsbild als Schlaganfall diagnostiziert. Das Beispiel eines handlungsunfähigen Bischofs stellt gemäß des Pariser Konzils von 614 (Concilium Parisiense c. 3 [2], S. 276) den einzigen Fall dar, der es erlaubt, einen Bischof zu Lebzeiten eines anderen zu wählen. Vgl. Nonn, Zwischen König, Hausmeier und Aristokratie, S. 37. 742 Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 236. Weiterhin Flint, Early Medieval Medicus, S. 134f., die ebenfalls auf die den Ärzten gegenüber höheren, weil übernatürlich beeinflussten Heilkräfte eingeht, ohne Kamperts Schlussfolgerung zu ziehen. Vielmehr würden von Ärzten nicht heilbare Krankheiten erst den besonderen Status von Heiligen herausstellen, denen auf vielfältige Art und Weise dennoch die Heilung scheinbar hoffnungsloser Fälle vorbehalten bleibe. Auch Kitchen, Gregory of Tours, Hagiography, and the Cult of the Saints, S. 398–402, interpretiert die Nennung von Krankheiten differenzierter. Sie können als Resultat, als Strafe eines sündigen Lebens zu verstehen sein, wobei nicht immer eine klar hervortretende Sünde zu ermitteln ist. Ebenso gibt es Beispiele, in denen die Sünde gegenüber dem Einfluss des Schicksals zurücktritt. Wenn also Gregor Krankheiten als Wegbereiter oder Ursachen des folgenden Todes nennt, darf dies nicht automatisch als Zeichen verstanden werden, dass der Sterbende darin die Konsequenzen eines nicht gottgefälligen Lebens erfährt. Jeder Fall verlangt eine einzelne Analyse. Vgl. Bergdolt, Kritik am Arzt, S. 45f.; Schipperges, Krankheit und Kranksein, S. 19.

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tradiertes medizinisches Wissen verfügt hat.743 Dies zeigt sich auch im Fall des Tetricus nachfolgenden Sylvester.744 Bevor dieser die Weihe empfangen konnte, wurde er von der Fallsucht ergriffen, in deren Folge er zwei Tage besinnungslos unter heftigem Stöhnen darniederlag, bis er am dritten Tag starb.745 Dies ist gewiss kein idealer Tod für einen Heiligen. Doch es ist auch kein schlechter Tod, sondern erneut in erster Linie die Schilderung eines Krankheitsverlaufes. Sylvester litt an Epilepsie, allerdings nicht plötzlich infolge göttlichen Willens, sondern, wie Gregor betont, bereits seit längerer Zeit (iam diu). Der Verlust des Bewusstseins sowie das heftige Stöhnen sind folglich nicht als Charakteristika eines schlechten Todes, sondern als Symptome der Epilepsie zu verstehen. Auch wenn Epilepsie im frühen Mittelalter die Schlussfolgerung nach sich zog, der Betroffene sei von bösen Geistern befallen,746 findet sich eine derartige Andeutung bei Gregor nicht. Es zeigt sich an diesen beiden Beispielen sehr deutlich, dass es falsch wäre, alle von den bekannten, idealtypischen Todesvorbereitungen, wie sie exemplarisch Martin von Tours oder auch Maria vorgelebt haben, abweichenden Beispiele automatisch als schlechten Tod zu charakterisieren. Gregor weist vielmehr auf gewöhnliche Todesfälle hin, die aus verbreiteten Krankheiten resultierten. Mögliche Brisanz erhält der Fall hingegen dadurch, dass gemäß Gregor im Nachgang zum Tod des Sylvester Gerüchte aufgekommen waren, sein Bruder Petrus habe selbst nach dem Bischofsamt in Langres gestrebt und deshalb Sylvester durch böse Taten vom Leben zum Tod befördert (ab ipso fuisse maleficiis interfectum). Der Sohn Sylvesters, von den Anschuldigungen gegenüber Petrus überzeugt, ermordete diesen zwei Jahre später sogar mit einem Speer.747 Gregor stellt den Mord in Abrede und verurteilt diese Vorwürfe vehement; vielmehr hätten die Bewohner von Langres auf Anraten von Petrus den Sylvester zu ihrem Bischof verlangt. Schwieriger gestaltet sich der Fall bei Sylvesters Nachfolger Pappolus.748 Dieser hatte, so sei Gregor versichert worden, vielerlei Unrecht verübt. Im achten Jahr seines Episkopats erschien ihm der verstorbene Bischof Tetricus im Traum, wies ihn ob seiner schändlichen Art, die Kirche von Langres zu vertreten, zurecht und schlug ihn mit einer Rute. Als Pappolus am Morgen erwachte, hatte er dort, wo 743 Vgl. James, A Sense of Wonder, S. 54f. Gregor hat in seinem Werk allein 28 medizinische, zumeist aus dem Griechischen entlehnte Fachtermini verwendet. 744 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 201. 745 Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 201: Qui vero, ut benedictionem episcopalem Lugduno accipiat, iter parat. Quae dum aguntur, ipse, quia iam diu epilenticus erat, ab hoc morbo correptus, asperius ex sensu factus et per dies duos assiduae dans mugitum, tertia die spiritum exalavit. 746 Vgl. Vanja, Krankheit, S. 223. 747 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 201f., Zitat S. 201. 748 Vgl. zu seiner Person Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1419f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 164f.

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ihn die Rute getroffen hatte, große Schmerzen. Daraufhin verweigerte er Speise und Trank und starb am dritten Tag an einem Blutsturz.749 Auf die Einordnung dieses Todes werden wir an späterer Stelle zurückkommen.750 Die familiäre Bindung wird, neben Gregors eigenem Aufenthalt als junger Kleriker in Lyon,751 auch Ausgangspunkt zur Aufnahme der Bischöfe Sacerdos und Nicetius von Lyon gewesen sein. Nicetius war, wie schon Tetricus von Langres, als Bruder der Großmutter mütterlicherseits ein Großonkel Gregors.752 Über Sacerdos kann Gregor nur den Tod ohne Einzelheiten berichten.753 Entweder wusste er nicht genau Bescheid oder wollte Sacerdos nur als dramaturgisches Mittel nutzen, um seinen für ihn deutlich bedeutsameren Nachfolger Nicetius einzuführen. Anders als bei den Bischöfen von Langres preist Gregor umfänglich die Heiligkeit des Lyoner Bischofs und gibt an, bereits in einem anderen Werk ausführlicher über dessen Leben berichtet zu haben.754 Nicetius war in den Augen Gregors ein vir totius sanctitatis, von großer Liebe erfüllt, streng gegen die Sünder, aber nachsichtig den Reuigen gegenüber, er gab Almosen und baute Häuser und Kirchen.755 Und nicht nur das: Auch nach seinem Tod, der auffällig unspektakulär in einem knappen Satz abgehandelt wird (Hic, 22 annis sacerdotio ministrato, migravit ad Dominum), hatten sich an seinem Grab Wundertaten ereignet. Der Ort des Grabes spielt dabei keine Rolle, wich749 Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 202: Denique Silvestri post transitum Lingonici iterum episcopum flagitantes, Pappolum, qui quondam archidiaconus Agustidunensis fuerat, accipiunt. Qui multa, ut asserunt, egit iniqua […] Anno octavo episcopatus sui, dum dioceses ac villas ecclesiae circuiret, quadam nocte dormienti apparuit beatus Tetricus vultu minaci. Cui ita: ›Quid tu‹, inquit, ›hic Pappole? Ut quid sedem meam polluis? Ut quid ecclesiam pervadis? Ut quid oves mihi creditas sic dispergis? Cede loco, relinque sedem, abscede longius a regione.‹ Et haec dicens, virgam quam habebet in manu pectori eius cum ictu valido inpulit. In quo ille evigilans, dum cogitat, quid hoc esset, ficta in loco illo defigitur ac dolore maximo cruciatur. Abhorret cibum potumque et mortem iam sibi proximam praestolatur. Quid plura? Tertia die, cum sanguinem ore proicerit, exspiravit. 750 Vgl. Kapitel 6.2.2 f. 751 Vgl. Reimitz, History, Frankish Identity, S. 48; Wood, Merovingian Kingdoms, S. 28. 752 Vgl. Buchner, Einleitung (zu Gregor von Tours), S. X. Gregor vermerkt dies selbst, Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 201. Zu Nicetius vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 20; Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1369–1373; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 168–170. 753 Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 36, S. 168: […] apud Parisios […] expulit Sacerdote Lugdunense episcopo. Somit war Gregor nicht einmal Sacerdos’ genauer Todesort bekannt. Zu Sacerdos vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 21; Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1674–1676; Stroheker, Senatorische Adel, S. 195; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 168. Zu den Ereignissen von c. 36 vgl. Hilchenbach, Das vierte Buch der Historien, S. 561–566. 754 Gregor von Tours, Liber vitae patrum c. 8, S. 240–252. Vgl. ausführlicher Kapitel 6.2.3. 755 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 36, S. 168. Zu einer Charakterisierung des Nicetius vgl. Reimitz, History, Frankish Identity, S. 48f. (»saintly workaholic«); Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 47f.

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tiger war es herauszustellen, dass Nicetius die Macht besessen hat, Wunder zu wirken. Das Grab erscheint nur als Mittel zum Zweck, als Anknüpfung an einen weithin bekannten Topos. Schauen wir zunächst auf die Todesschilderung. Auch wenn keine Einzelheiten über die unmittelbaren Todesvorbereitungen gegeben werden – im Grunde ist das gesamte Leben eine einzige Vorbereitung und Nicetius hat diesbezüglich, wie gesehen, umfangreiche Vorleistungen erbracht –, erscheint die genutzte Wortwahl, migravit ad Dominum, eindeutig. Anders als bei Tetricus (transire) und Sylvester von Langres (spiritum exalare) wird klar die Aufnahme in Gott, somit dessen Einzug in die Herrlichkeit offenbart. Mit transire wird dies allerdings durch die häufige Nutzung dieses Verbes durch Gregor im Zusammenhang mit dem Tod von Heiligen deutlich, mit der Wendung spiritum exalare hingegen noch nicht einmal nahegelegt.756 Gregor nutzt die Formulierung migrare ad dominum sehr häufig in seinen Historien. Dies ist nicht überraschend. Schon Pierre Boglioni hat darauf hingewiesen, dass das in der Spätantike und der Epigraphik der Friedhöfe verbreitete Bild des Toten als Schlafendem mehr und mehr vom Thema der Reise, eben der migratio ad dominum abgelöst worden sei.757 Die folgenden Wunder am Grab unterstreichen diesen Eindruck. Blinden, die das Öl der an seinem Grab entzündeten Lampe auf ihre Augen geträufelt hatten, wurde die Sehkraft zurückgegeben, böse Geister wurden aus Besessenen vertrieben, Lahme geheilt.758 Nicetius’ Ableben zeigt, dass ein guter Tod nicht von den vollumfänglichen Schilderungen der Todesvorbereitungen und -umstände abhängt, sondern weitere Faktoren herangezogen werden müssen. Dazu zählen insbesondere das vorausgegangene Leben als solches sowie das Nachleben, das sich hier in Form von Wundern manifestiert. Traten bei den Bischöfen von Langres noch realistische

756 Kampert, Sterben der Heiligen, S. 148f., weist auf einen möglichen Ursprung dieser Formulierung hin. So habe Rufinus in seiner Übertragung von Eusebius’ Kirchengeschichte den bei Markus und Lukas genutzten Begriff für den Tod Jesu mit spiritum exhalare wiedergegeben. Damit würde auch Sylvester in eine Tradition mit Jesus gestellt werden. Dies ist in diesem Fall allerdings nicht anzunehmen, da Gregor den Ausdruck einerseits mehrfach, andererseits auch in deutlich negativ konnotiertem Zusammenhang verwendet. Vgl. Kapitel 6.2.2 c und 6.2.2 e. Zur Nutzung der Verben transire und migrare durch Gregor vgl. auch Jones, Death and Afterlife, S. 153–157. Er stellt fest, dass migrare mit einer Ausnahme nur positive Tode von Personen konnotiert, die das Seelenheil erlangt haben. 757 Vgl. Boglioni, Scène de la mort, S. 194. 758 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 36, S. 168. Die hier berichteten Wunder bewegen sich im Rahmen der üblicherweise zu erwartenden Ereignisse. Vorbild mag einmal mehr Martin von Tours gewesen sein, der sich durch zahllose Wundertaten nach seinem Ableben ausgezeichnet haben soll. Exemplarisch schildert Gregor, wie ein Priester sich und zahlreiche weitere Menschen mit Öl, das er dem Grab Martins entnommen hatte, heilte. Vgl. Gregor von Tours, Liber in gloria confessorum c. 9, S. 303f. Zum Leichenöl vgl. SchmitzEsser, Leichnam im Mittelalter, S. 158–160.

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Faktoren in den Vordergrund, so greift die Schilderung zu Nicetius deutlich auf Anleihen der hagiographischen Literatur zurück. Um die Komposition Gregors in Gänze verstehen zu können, muss der weitere Gang der Erzählung einbezogen werden, auch wenn sie keinen Tod eines weiteren Bischofs beinhaltet. Die Hauptrolle fällt Nicetius’ Nachfolger Priscus sowie dessen Gemahlin zu. Beide, von Bosheit und Hass erfüllt, hatten viele Vertraute von Nicetius ermorden lassen, die Kirche in einen Ort der Unzucht verwandelt und den verstorbenen Vorgänger im Bischofsamt mit Schimpfreden überzogen. Doch Gott strafte daraufhin Priscus’ Familie (Sed pro his commota tandem divina maiestas ulta est in familia Prisci episcopi). Die Frau wurde mit Wahnsinn geschlagen,759 der Sohn und die Dienerschaft mit einem blöden Aussehen versehen (videbatur ac stupida) sowie der Bischof von Fieber befallen, von dem er genas, doch zitternd und stumpfsinnig (semper tremens habebatur ac stupidus) zurückblieb. Dies müsse auf die Wunderkraft Nicetius’ zurückgeführt werden (nulli sit dubium, eos a sancti viri virtute percussos). Ein Diakon, bereits zuvor durch Schimpfreden aufgefallen, stieg auf das durch Nicetius ausgestattete Gotteshaus, begann es abzudecken und Tiraden gegen Nicetius zu richten. In dem Moment gab der Balken, auf dem er stand, nach, der Diakon stürzte zu Boden und wurde zerschmettert. Hierbei war, auch wenn es nicht explizit genannt wird, ganz offensichtlich der Einfluss des Heiligen im Spiel. Der Diakon erleidet die für sein Verhalten vermeintlich gerechte Strafe, einen schlimmen Tod. Ebenso war es auch einem Priester mit Namen Martin ergangen. Dieser soll Bischof Priscus vielfach zu seinem schändlichen Verhalten angestachelt haben. Ein Abt hatte in einer Vision von Nicetius selbst den Auftrag erhalten, Priscus und Martin von ihren bösen Werken abzubringen. Martin drohte er sogar bei Nichtbeachtung mit dem Tod. Priscus und Martin verwarfen die Warnung jedoch als Traum, woraufhin Martin an Fieber erkrankte und schließlich daran starb.760 Gregor stellt nicht nur in Nicetius einen idealtypischen Bischof vor, sondern kontrastiert dies unmittelbar im Anschluss. Anhand von Priscus, dem Diakon und dem Priester Martin gibt er einen Eindruck von der anderen Facette des geistlichen Standes, wobei die vorzeitigen Tode des Diakons und des Priesters eindeutig schlechte Züge annehmen. Natürlich dient diese Episode um Priscus in erster Linie erneut dazu, Nicetius’ Wunderkraft zu demonstrieren. Dennoch

759 Verheiratete Bischöfe waren im Gallien des 6. Jahrhunderts keine Seltenheit, vgl. Brennan, Episcopae. Zu synodalen Regelungen des Umgangs verschiedener Weihegrade mit Ehefrauen vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 42. 760 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 36, S. 168f. Zu Priscus vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1526–1530; Stroheker, Senatorische Adel, S. 206; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 170.

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stellt Gregor einmal mehr guten und schlechten Tod einander unmittelbar gegenüber und hebt deutlich hervor, was das eine und was das andere bedingt.761 Auch Martin Heinzelmann hat bereits darauf verwiesen, insbesondere Berichte zum Tod einer Person mögen für Gregor Anlass gewesen sein, hagiographische Elemente in seine Historien einzuflechten. Diese Anleihen hingegen einem durchgehend wiederkehrenden Muster zuzuordnen, so Heinzelmanns Annahme, greife nur bei äußerst oberflächlicher Betrachtungsweise.762 Zu Nicetius bildet, darauf ist bereits verwiesen worden, ein Werk Gregors selbst das Vorbild, er ist sowohl im Liber vitae patrum als dann auch im Liber in gloria confessorum verewigt worden.763 Dies ermöglicht es, die Schilderungen über Nicetius, insbesondere seines Ablebens, in gleich drei Texten einander gegenüberzustellen. Im Buch der Bekenner findet sich im Großen und Ganzen die identische Geschichte wieder.764 Ausführlicher wird nur über einen blinden Jungen berichtet, der, von einer Stimme motiviert, während des Leichenzuges unter die Bahre des verstorbenen Nicetius kroch und sein Augenlicht zurückerhielt.765 Warum Gregor gerade Nicetius, bekanntlich nicht der einzige mit ihm verwandte Bischof, einen derart prominenten Platz in seinen Werken einräumt, erläutert er nicht. Eine Erklärung mag sich, neben Gregors Ausbildungsaufenthalt bei ihm, daraus ergeben, dass Nicetius möglicherweise erwogen hat, Gregor solle ihm als Bischof von Lyon nachfolgen.766 Schlüssig wäre diese Annahme allerdings nur dann, wenn Gregor tatsächlich, wie von Adriaan Breukelaar und anderen angenommen, die ersten Bücher der Historien bereits vor Antritt seines Episkopats – im gleichen Jahr starb auch Nicetius – niedergeschrieben hätte. Damit hätte er sich perspektivisch als Nachfolger eines praktisch idealen Bischofs positioniert. Bei einer Niederschrift am Lebensende ist diese Hypothese hingegen unzutreffend. Bei den verbleibenden Bistümern lässt sich keine unmittelbare Beziehung zu Gregor feststellen. Im Fall von Poitiers mag sich die Erwähnung der dortigen Bischöfe einerseits aus der geographischen Nähe zu Tours erklären, andererseits 761 Vgl. zu dieser Episode Hilchenbach, Das vierte Buch der Historien, S. 565f.; Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 50f. Weiterhin Kapitel 6.2.2 f. 762 Vgl. Heinzelmann, Hagiographischer und historischer Diskurs, S. 247. 763 Zum Werk vgl. Dam, Introduction. 764 Vgl. Gregor von Tours, Liber in gloria confessorum c. 60, S. 332f. Herausgestellt wird einmal mehr Nicetius’ Heiligkeit (vir totius sanctitatis), noch eindeutiger seine Aufnahme in den Himmel formuliert (beatum spiritum praemisit ad caelos). Hauptaugenmerk gilt den Wundern an seiner Grabstätte. Die bereits bekannte Aufzählung wird dabei nur leicht modifiziert und erweitert, ohne dass sich etwas an der Grundaussage ändert. 765 Diese Episode findet sich auch im Liber vitae patrum. Zur Gegenüberstellung der dort gegebenen Lebensbeschreibung über Nicetius vgl. Kapitel 6.2.3. Zu dem mit der Geschichte des Jungen in Zusammenhang stehenden Versuch Gregors, einen Kult um den verstorbenen Nicetius zu initiieren, vgl. Jones, Death and Afterlife, S. 75f. 766 Vgl. Beaujard, Grégoire de Tours et Lyon, S. 53f.

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aus der historischen Verbindung des hl. Martin zur Stadt Poitiers. Die Todesfälle der Bischöfe Medardus von Noyon767 und Desideratus von Verdun768 werden ohne besondere Detailfülle beschrieben. Auffällig ist, dass die Leistungen des Desideratus zum Ende eines Kapitels aufgeführt werden, sein Ableben dagegen den Beginn des Folgekapitels bildet, in dem sein Nachfolger Agerich genannt wird. Die Todesschilderung dürfte Mittel zum Zweck sein, auf diesen Nachfolger hinzuführen. Über Bischof Aravatius von Tongern hat Gregor bereits im Liber in gloria confessorum berichtet.769 Die Erwähnung des Bischofs Avitus von Piacenza, zuvor kurzzeitig weströmischer Kaiser, lässt sich erneut anhand geographischer Gesichtspunkte erklären. Gregor berichtet, dass Avitus auf Reisen war, unterwegs starb, nach Brioude gebracht und dort begraben wurde.770 Avitus stammte, gemäß den Informationen Gregors, aus der Auvergne als Spross der Senatorenaristokratie, wahrscheinlich sogar aus dem Umkreis von Clermont. Er hatte die Reise angetreten, um die Kirche des hl. Julianus, des Märtyrers von Clermont, zu besuchen. Nachdem ihm dies lebend nicht ermöglicht wurde, fand er zumindest in dieser Kirche in Brioude nahe Clermont sein Grab. Auch wenn keine Informationen über die Beisetzung gegeben werden, verdeutlicht allein die Grablege innerhalb einer Kirche Avitus’ Position, die dieser zumindest in den Augen derjenigen eingenommen haben muss, die ihn in Brioude begraben haben, sowie Gregors, der dieses Detail als Wert empfunden hat, es zu integrieren.771 Nicht behandelt worden ist bisher die größte Gruppe, die Bischöfe von Tours. Darauf wird im weiteren Verlauf der Analyse zurückzukommen sein. Gregor lässt seine Decem libri historiarum mit einer, dem Liber pontificalis ähnlichen Auflistung seiner Vorgänger im Amt enden. Damit ergibt sich innerhalb des Werkes die Möglichkeit des Vergleichs. Gregor widmet sich zwei Mal seinen Vorgängern im Amt, niedergeschrieben möglicherweise zu Beginn und zum Ende seines eigenen Pontifikats. Widmen wir uns bereits an dieser Stelle dem 767 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 19, S. 152. Zu Medardus vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1311f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 176. Weiterhin Hilchenbach, Das vierte Buch der Historien, S. 516f. 768 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem III, 34 u. 35, S. 129f. Zu Desideratus vgl. Ennen, Bischof und mittelalterliche Stadt, S. 33; Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 556f.; Stroheker, Senatorische Adel, S. 163; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 225. 769 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem II, 5, S. 46f.; Gregor von Tours, Liber in gloria confessorum c. 71, S. 340. Zu Aravatius (Servatius) vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1736f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 171. Er erhielt die Gnade, den Tod zu erleiden, bevor die marodierenden Hunnen Maastricht erreichten. 770 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem II, 11, S. 60f. Zu Gregors Verbindung nach Brioude vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 27 u. 30. Zu Avitus vgl. Jones, Prosopography of the Later Roman Empire 2, S. 196–198. 771 Hinein spielt das aus der Bedeutung abgeleitete Vorrecht zur Bestattung im Kirchenraum.

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berühmtesten Vorgänger, Martin. Martin ist in den Decem libri historiarum omnipräsent. Ebenso wundert es nicht, dass weniger über sein Leben berichtet wird, er vielmehr als Heiliger und Kirchenpatron über sein Ableben hinaus wirkt.772 Dennoch darf bei der immensen Bedeutung, die Martin für Tours und Gregor persönlich spielte, ein ausführlicher Bericht zu seinem Leben und auch zu seinem Tod erwartet werden. Die Vita des Sulpicius Severus zitiert Gregor hingegen nur an einer Stelle.773 Und auch sonst berichtet Gregor erstaunlich wenig über Martins Leben. Eine Erklärung hierfür gibt er einmal mehr selbst. Wiederum führt er an, ausführlicher bereits in einem anderen Werk über Martin gehandelt zu haben. Es wird daher unerlässlich sein, auch die Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi heranzuziehen. Zunächst werfen wir einen Blick auf die Todesdarstellung Martins in den Decem libri historiarum. Martin, ein Mann von außergewöhnlicher Heiligkeit und ein großer Wohltäter (plenus virtutibus et sanctitate, praebens infirmis multa beneficia), ging im 81. Jahr im Dorf Candes an einem Sonntag um Mitternacht zu Christus ein (migravit ad Christum).774 Über die Todesvorbereitungen finden sich keine Angaben. Ganz ähnlich wie die spätere Darstellung des Lyoner Bischofs Nicetius unterlässt es Gregor, Näheres über den Sterbeprozess mitzuteilen, ohne dass aber ein anderer Eindruck entstehen könnte, als dass Martin unmittelbar nach seinem Ableben die Seligkeit erlangt hat. Die bei Nicetius leicht abgewandelte (migravit ad dominum), aber äquivalent benutzte Formulierung migravit ad Christum weist ohne Zweifel darauf hin. Während Nicetius seine Position als Heiliger durch Wunder an seinem Grab zu bestätigen wusste, sollen bereits im Augenblick von Martins Tod viele Menschen Freudenlieder im Himmel gehört haben (Multi enim in eius transitum psallentium audierunt in caelum).775 Trotz der Kürze seines Berichtes erweitert Gregor die Vita des Sulpicius um zwei wichtige Details. Zum einen nennt Gregor das Alter Martins zum Zeitpunkt seines Todes, wobei allerdings nicht deutlich wird, ob Martin im Alter von 81 Jahren oder im 81. Lebensjahr, somit im ›biblischen‹ Alter von 80 Jahren ge772 Gregor selbst verband, über alle Verbundenheit zu seinem bischöflichen Vorgänger auf dem Stuhl von Tours, mit Martin die Hoffnung, dieser werde ihm beim Jüngsten Gericht beistehen. Eine Hoffnung, die bereits Sulpicius Severus ausgedrückt hatte. Vgl. Gregor von Tours, Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi II, 60, S. 180. Vgl. Angenendt, Heilige und Reliquien, S. 82; Brown, Decline of the Empire of God, S. 50; Mitchell, Saints and Public Christianity, S. 78f.; Moreira, Heaven’s Purge, S. 73–75. Zum immensen Stellenwert Martins für Gregor vgl. auch Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 200. 773 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 36, S. 26. Zur Verwendung von Sulpicius’ Vita Martini durch Gregor vgl. sowohl den Hinweis von Krusch in der MGH-Edition als auch FSGA 2,1, S. 40 Anm. 2. 774 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 48, S. 32. 775 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 48, S. 32.

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storben ist. Zum anderen war nach dem Tod Martins zwischen der Bevölkerung von Tours und der von Poitiers ein heftiger Streit entbrannt, in welcher Stadt Martin beizusetzen sei. Beide Parteien debattierten bis tief in die Nacht, umstellten dann den Leichnam, damit er nicht von den jeweils anderen entwendet werden konnte. Um Mitternacht jedoch fielen auf göttlichen Willen hin alle Bewohner von Poitiers in tiefen Schlaf, sodass der Leichnam Martins nach Tours gebracht werden konnte.776 Gregor ergänzt die Vita um einen knappen, legitimatorischen Bericht. Umso größere Würde besitzt jeder Nachfolger Martins, auch Gregor, der in dieser von Gott herausgehobenen Stadt wirkt. Mit dem Tod Martins endet das erste Buch. Es ist bezeichnend, dass Martins Ableben als Endpunkt einer mit der Erschaffung der Welt durch Gott und Jesus beginnenden Erzählung auftritt, Christi Tod als Typologie des Todes Martins sowie als Beginn der für Gregor ›modernen‹ Zeit.777 Die Libri IV de virtutibus s. Martini weisen einen deutlichen Schwerpunkt auf. Von den mehr als 200 Kapiteln, in die Gregor seine vier Bücher über Martin aufgeteilt hat, werden ab Kapitel sieben Wunder geschildert, die sich nach Martins Tod – aber dennoch unter seiner Mitwirkung – ereignet haben.778 Der Fokus gilt dem Beginn des Werkes. Gregor verweist in seiner Vorrede neben Venantius Fortunatus779 auf Sulpicius Severus sowie Paulinus von Périgueux.780 Knapp geht Gregor auf Martins Ableben ein. Nach einem glorreichen und im Grunde unnachahmlichen Leben (gloriosam et pene inimitabilem) starb er nach einem Episkopat von 25 Jahren, 4 Monaten und 10 Tagen im 81. Lebensjahr um 776 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 48, S. 32–34. 777 In der Auffassung von Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 97, hat Gregor Martin damit zum Ende der 5596 Jahre umfassenden ersten Episode seines Werkes »als Markstein einer bedeutungsvollen Wende, als Anfang der ›neuen Zeit‹« ins Bild gesetzt. Vgl. ders., Franken und die fränkische Geschichte, S. 330f.; ders., Funktion des Wunders, S. 49f.; ders., Grégoire de Tours ›Père de l’histoire de France‹, S. 33f.; ders., Gregor von Tours: Die ideologische Grundlegung, S. 382; ders., Structures typologiques de l’histoire, S. 578 u. 584. Zur chronologischen Kalkulation bei Gregor vgl. Landes, Lest the Millennium be Fulfilled, S. 166f. 778 Vgl. zu Gregors vier Büchern über den hl. Martin Dam, Images of Saint Martin, S. 12–18; Scheibelreiter, Frühfränkische Episkopat, S. 136. Heinzelmann, Funktion des Wunders, S. 53, erkennt in den innerhalb der ersten drei Kapitel geschilderten nativitas, adventus und transitus Martins einmal mehr eine deutliche Typologie zum Leben Christi. 779 Venantius Fortunatus, Vita S. Martini. Venantius legt seinen Fokus ebenfalls auf die bei Sulpicius noch unerwähnt gebliebenen Wunder Martins; vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 125f.; Dam, Images of Saint Martin, S. 9–12; Fels, Einführung, S. XXVII. Der Tod Martins bleibt bei Venantius hingegen außen vor, für seine Ausarbeitung hat er nur die Vita des Sulpicius Severus sowie dessen ersten Brief als Vorlage verwendet; vgl. seine an Gregor von Tours gerichtete Vorbemerkung, Venantius Fortunatus, Vita S. Martini. Epistula ad Gregorium, S. 293. 780 Vgl. Gregor von Tours, Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi I, Praefatio, S. 136. Zur Vita des Paulinus vgl. Paulius von Périgueux, Vita sancti Martini.

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Mitternacht (nocte media quievit in pace). Die Nachricht von seinem an einem Sonntag eingetretenen Tod verbreitete sich daraufhin unmittelbar weit. Bis hierhin sind die Schilderungen noch recht identisch. Es war jedoch, so fährt Gregor nun fort, bezeichnend, dass Martin an dem Tag im Paradies aufgenommen wurde, an dem Jesus aus der Unterwelt aufgestiegen war und an dem Wochentag, den er unablässig zu Lebzeiten gefeiert hatte.781 Hier ergänzt Gregor Details, um den Christusbezug Martins noch deutlicher hervorzuheben. Der Todestag war kein Zufall, sondern vorherbestimmt. d Der Tod des Bischofs in den Decem libri historiarum ab dem Jahr 573 Als Zwischenergebnis der bisherigen Untersuchung lässt sich festhalten: Die beachtliche Zahl von 97 bischöflichen Sterbefällen in den Decem libri historiarum Gregors von Tours darf nicht für sich genommen werden, sondern bedarf einer genaueren Einordnung. 19 Beispiele klassischer Martyrien können außen vor gelassen werden, Gregor bezieht sich hier auf lange zurückliegende Fälle, ohne dabei, mit Ausnahme der geschilderten Beispiele, ins Detail zu gehen. Von den verbleibenden 78 Sterbefällen ist zwischen denen, die sich vor Antritt von Gregors Episkopat ereignet haben, sowie den danach eingetretenen unterschieden worden. Der bisher untersuchten ersten Kategorie können 44 Fälle zugewiesen werden. Dieses Übergewicht ist keine Überraschung, der Zeitraum von Gregors Episkopat ist deutlich kürzer als die Episode zwischen dem Ende der Verfolgungszeit und dessen Beginn. Und doch lässt sich ein klares Muster in der Berichterstattung Gregors feststellen, dass sich vornehmlich auf private Netzwerke und Abstammung zurückführen lässt. Von den 44 Fällen fallen 37 auf die Bistümer Tours (19), Clermont (14), Langres (2) und Lyon (2). Während die Aufnahme zahlreicher Bischöfe von Clermont mit der Herkunft Gregors aus dieser Stadt zu erklären ist, dazu familiäre Beziehungen eine Rolle gespielt haben dürften – verwiesen sei auf Gregors Bruder –, spielen in den anderen Städten verwandtschaftliche Bindungen die entscheidende Rolle. Gregor, der sich selbst der Verwandtschaft zu den meisten ihm vorausgegangenen Bischöfen von Tours rühmt, weist auch zu den Bischöfen von Langres und Lyon ebensolche Verbindungen auf. Dass Gregor als Bischof von Tours seine Vorgänger in Gänze aufgenommen hat, erscheint geradezu zwingend. Besonders prägnant für die weitere Analyse gestaltet sich die gänzlich voneinander abweichende Darstellung seiner beiden Großonkel, der Bischöfe von Langres und Lyon. Während Tetricus von Langres an einer Krankheit starb, wird Nicetius von Lyon schon zu Lebzeiten einem Heiligen gleich in Szene gesetzt, was ihm die unmittelbare himmlische Aufnahme nach seinem Ableben sichert. Während sich die Darstellung des Nicetius bekannter hagiographischer Ver781 Vgl. Gregor von Tours, Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi I, 3, S. 139f.

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satzstücke bedient, zeichnet sich der Bericht über Tetricus – wie auch über dessen Nachfolger Sylvester – durch ein besonderes Maß an Realitätsbezug aus. Dies allein mit der familiären Nähe zu erklären ist nicht möglich. Vielmehr mögen andere Voraussetzungen Gregor dazu bewogen haben, insbesondere in Nicetius’ Fall von der eng an der Realität orientierten Schilderung abzuweichen. Einen Hinweis gibt Gregor selbst. Er habe über Nicetius bereits in einem eindeutig hagiographischen Text berichtet, der ihn auch in seinen hier besprochenen Ausführungen beeinflusst haben wird. Im Folgenden wollen wir die Todesfälle von Bischöfen in den Blick nehmen, die während Gregors Episkopat eingetreten sind und ihren Weg in die Historien gefunden haben. Gregor muss, auch wenn er erst um 585 mit der Abschrift begonnen haben mag, vergleichsweise kurz nach Eintritt des Todes eines Mitbischofs, also nur wenige Jahre später, dieses Ereignis niedergeschrieben haben. Dies lässt hoffen, dass noch keine allzu umfängliche legendarische Bearbeitung dieser Berichte eingesetzt hat und vergleichsweise natürliche Schilderungen erwartet werden dürfen. Unterschieden werden soll nach dem bereits bekannten Muster von eher herausragend-idealen, eher neutral geschilderten und eher schlechten Todesfällen. Dabei ist wichtig zu betonen, dass die Unterteilung ein weites Feld an Interpretationsmöglichkeiten offenbart, sodass die hier vorgenommene Kategorisierung als begründeter Vorschlag aufzufassen ist. Zuerst folgen einige Zahlen. Nach Antritt seines Episkopats, somit gemäß der älteren Forschungsmeinung auch nach Beginn der Arbeit an den Decem libri historiarum, berichtet Gregor über 35 weitere bischöfliche Sterbefälle. Die Bischöfe repräsentieren 25 verschiedene Bistümer. Einzig das Bistum Le Mans stellt drei Bischöfe, ansonsten sind maximal zwei Amtsträger für ein Bistum nachzuweisen. Von den zuvor genannten Bistümern (die Märtyrer der Verfolgerzeit ausgenommen) ist einzig Verdun erneut vorzufinden. Angaben zu Bischöfen aus Clermont, Langres oder Lyon finden sich nicht mehr.782 e Der gute Tod Die Komponenten eines idealen Todes sind im Rahmen dieser Arbeit bereits herausgestellt worden. Die bisherigen Beispiele aus den Decem libri historiarum Gregors zeigen allerdings, dass nicht mit einer vollumfänglichen Schilderung des idealen Sterbevorganges zu rechnen, die Güte des Sterbens sowie des vorangegangenen Lebens vielmehr knappen, dennoch pointierten Äußerungen zu ent782 Diese zunächst auffällige Tatsache lässt sich im Fall von Clermont und Langres schnell aufklären. Der Nachfolger von Bischof Gallus von Clermont, Cautinus, amtierte bis zum Jahr 594, damit ebenso lang wie Gregor selbst. Pappolus von Langres ist bereits ausgiebiger vorgestellt worden. Er gehört auch in die Gruppe der Bischöfe, die während des Episkopats Gregors starben, allerdings ist er aufgrund der nicht chronologischen Schilderung Gregors aus dieser Rechnung ausgelassen worden.

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nehmen ist. Ein in größerem Maße davon abweichendes Beispiel findet sich im Zusammenhang mit dem späteren Bischof von Albi, Salvius.783 Gregor beruft sich hinsichtlich der von ihm berichteten Ereignisse auf Nachrichten von Salvius selbst, um ihnen ein höheres Maß an Glaubwürdigkeit zu verschaffen:784 Anders als bei den Berichten zum reinen Sterben der Bischöfe sieht sich Gregor im Angesicht der mit einem offensichtlichen Wunder durchsetzten Geschichte veranlasst, den Realitätsgehalt zusätzlich abzusichern, indem er niemand anderen als den Protagonisten des Wunders selbst als Gewährsmann in Erscheinung treten lässt. Salvius, ursprünglich wohl Beamter, hatte sich immer mehr aus dem weltlichen Leben zurückgezogen, dem klerikalen Leben zugewandt und schließlich, um in größtmöglicher Einsamkeit leben zu können, in einer Klause eingeschlossen. In dieser Klause lag er eines Tages, von Fieberkrämpfen heftig geschüttelt, als ein helles Licht seine Zelle erleuchtete. Salvius erhob voller Dankbarkeit seine Hände und verschied (spiritum exalavit). Die Mönche versammelten sich daraufhin, beweinten den Toten, wuschen und kleideten ihn ein und verbrachten den Rest der Nacht unter stetem Psalmengesang bei ihm, bis sie am Morgen die Beisetzung vornehmen wollten.785 Ein Bischof ist bisher nicht gestorben – Salvius hatte dieses Amt zum Zeitpunkt seines Ablebens noch nicht inne, wenngleich Gregor im Wissen um dessen spätere Würde schreibt –, die Aufnahme dieser Episode verlangt daher eine Erklärung. Zunächst handelt es sich um einen der wenigen ausführlichen Berichte über den Prozess des Sterbens und der Behandlung des Verstorbenen in den Historien Gregors. Deutlich wird auch, dass anhand des genutzten Verbes, hier spiritum exalavit, nicht automatisch auf die Güte des Todes geschlossen werden kann. Ließ die gleiche Wendung im Fall Bischof Sylvesters von Langres keine unmittelbaren Rückschlüsse zu – immerhin wurde in seinem Fall ein durchaus natürlicher Tod geschildert –, bietet der Kontext zu Salvius’ Tod keine Alternative als die Erlangung der Seligkeit. Doch diese Annahme muss, zumindest vorläufig, revidiert werden; die Geschichte um Salvius ist mit seinem Tod nicht beendet. Gerade als die Mönche seine Beisetzung beginnen wollten, begann sich Salvius’ Leib zu bewegen, er erwachte, von seiner Krankheit gänzlich gene783 Vgl. zu Salvius Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1697–1699; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 136f. Als »Anachronismus« unter den Bischöfen des 6. Jahrhunderts bewertet ihn Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 243. 784 Thürlemann, Historische Diskurs bei Gregor von Tours, S. 25f., unterscheidet drei Möglichkeiten, Glaubwürdigkeit herzustellen: 1) die rhetorische (Beteuern, die Wahrheit zu berichten); 2) die wissenschaftliche (Nennung von Gewährsleuten); 3) die sprachliche (den Bericht mit möglichst vielen Details ergänzen). Hagiographische Texte würden hingegen noch zusätzliche Mittel benötigen, Glaubwürdigkeit aufkommen zu lassen (vgl. ebd., S. 28– 31). Zur Episode um Salvius vgl. ebd., S. 35 785 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 1, S. 324.

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sen, und klagte über seine Rückkehr.786 Tage später entschloss er sich, seinen Mitbrüdern Bericht zu erstatten. Gregor nutzt das Folgende dazu, seinen eigenen Ansichten zu Leben und Nachleben einmal mehr Ausdruck zu verleihen. Entsprechend wandte sich Salvius an die Seinen und schwor sie ein, bereits zu Lebzeiten die ganze Aufmerksamkeit der jenseitigen Existenz zu widmen.787 Salvius fuhr in seinem Bericht fort, wie er nach seinem Tod von zwei Engeln in den Himmel geführt und in ein gewaltiges Haus geleitet worden sei.788 Dort sei er von den Märtyrern und Bekennern begrüßt worden, doch habe ihn eine Stimme dazu ausersehen, zur Erde zurückzukehren, da die Kirche dort seiner bedürfe.789 Gregor lehnt sich in seiner Schilderung dieses jenseitigen Gerichtes mehrfach an die Offenbarung des Johannes an,790 wenngleich es sich in diesem Fall nur um ein Partikulargericht unmittelbar nach dem Tod handeln kann. Er gibt Einblick in die Zukunft eines jeden Christen, der sich, gleich Salvius, einem entsprechenden Lebenswandel unterworfen hat. Salvius selbst habe, so berichtete er nach seiner Auferstehung, gefleht, nicht wieder zur Erde zurückgeschickt zu werden, doch hätte die Stimme ihm versichert, dass er dereinst an diesen Ort, somit das Paradies sowie schließlich den Himmel, zurückgeführt werden würde. Die Rückkehr zur Erde ist nicht als Strafe, vielmehr als besondere Auszeichnung durch Gott selbst zu verstehen. Salvius wurde schließlich zum Bischof von Albi gewählt. Im zehnten Jahr seines Episkopats sah er sich dort der Drüsenpest gegenüber, weigerte sich jedoch, seine Stadt zu verlassen. Auch die Überlebenden ermahnte er zum Gebet, um nicht dem Gericht anheim zu fallen, sondern ewige Ruhe erlangen zu können. Schließlich soll Salvius durch einen Wink Gottes – zumindest ist dies die Interpretation Gregors (ut credo) – das Ende seines Lebens vorausgesehen haben, woraufhin er sich selbst einen Sarg besorgte, sich wusch und eigenhändig die Sterbekleider anlegte, bevor er starb (beatum spiritum exalavit).791 Dass sein Tod mit dem König Chilperichs zusammenfällt, scheint kein Zufall zu sein.792

786 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 1, S. 324. 787 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 1, S. 324. 788 In frühmittelalterlichen Heiligenleben ist eine Begleitung des Verstorbenen durch Engel keine Seltenheit, ohne dass aber ein Kampf mit Dämonen ausgetragen werden müsste. Vgl. Caseau, Crossing the Impenetrable Frontier, S. 339 u. 342. 789 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 1, S. 324–326. Vgl. auch Jones, Death and Afterlife, S. 152f. 790 Vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 109. 791 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 1, S. 326. Zum topischen Charakter dieser Episode vgl. Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 34. Neben den in diesem Fall geschilderten idealtypischen Vorbereitungen sind auch die Wahl der eigenen Grabstätte und die Sorge um die eigene Nachfolge in vergleichbaren Lebensbeschreibungen nicht ungewöhnlich, vgl. ebd., S. 35. Vgl. Brown, Gloriosus Obitus, S. 303; Haubrichs, Emotionen vor dem Tode, S. 87.

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Salvius’ Beispiel gestattet durch seinen Lebensweg Einblicke in Gregors Idealbild eines Menschen und Bischofs. Die ganze Schilderung muss vor dem Hintergrund gelesen werden, dass Salvius Bischof der Stadt Albi werden sollte. Gregor führt anhand eines Amtsbruders das ideale menschliche und bischöfliche Leben vor Augen und weist zugleich darauf hin, welchen großen Gewinn denjenigen erwartet, der ein entsprechendes Leben wählt und führt. Die Frage nach möglichen realen Umständen stellt sich in diesem Fall nicht, es ist unerheblich, selbst wenn Gregor größere Bemühungen investiert, die Glaubwürdigkeit des Berichtes herauszustellen. Dieses Beispiel, das nicht zufällig den Beginn des siebten Buches, somit den moralischen Auftakt der nachfolgenden Abhandlungen bildet, verfolgt nicht den Anspruch einer realistischen Darstellung. Gregor selbst gibt an, nicht genau über die Umstände informiert zu sein; er glaube, dass Salvius von Gott über sein Ableben informiert worden ist. Man kann auch sagen, Gregor ist sich sicher, dass es so gewesen sein muss. Die vorangehende dramaturgische Inszenierung lässt keinen anderen Schlusspunkt zu, als dass Salvius von Gott die anstehende Aufnahme in den Himmel erfährt. Das abschließende Lob Gregors auf Salvius (Fuit autem magnae sanctitatis minimaeque cupiditatis, aurum numquam habere volens. Nam, si coactus accepisset, protinus pauperibus erogabat) 793 erinnert an das Lob auf Nicetius von Lyon. Doch darf die Aneinanderreihung bekannter Topoi weder in diesem noch in anderen Fällen als einfallsloses Nachbilden älterer Texte verstanden werden, sondern erfüllt immer eine eigene Funktion. Im Fall des Nicetius diente sie der Gegenüberstellung zu den gestorbenen Bischöfen von Langres, ohne dass diese dadurch eine Abwertung erfahren hätten. Bei Salvius von Albi hat sich Gregor, wie bereits in der Episode um Praetextatus von Rouen, die Gelegenheit geboten, nochmals explizit das notwendige irdische Leben vor Augen zu führen und gleichzeitig die hohe moralische Position des Bischofs zu betonen. Neben Salvius und Praetextatus können sechs weitere Fälle dem idealen Tod zugeordnet werden, wenngleich diese Zuordnung nicht so eindeutig ausfällt wie im zuvor ausgeführten Fall. Es finden sich keine derart ausführlichen Darstellungen, was Salvius’ Fall einerseits besonders hervorscheinen lässt, andererseits noch einmal auf die ihm angedachte Wirkung hinweist. Die Eingruppierung unter den guten 792 Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 50f. Bischof Salvius hatte schon zum Ende des fünften Buches den Untergang Chilperichs vorausgesagt. Heinzelmann interpretiert Salvius’ vorläufige Rückkehr von den Toten zum Schutz der Kirche insbesondere vor Chilperich. Mit dessen Tod sowie der Übernahme der Rolle des Beschützers der Kirche durch den ›guten‹ König Gunthram sei Salvius’ irdische Präsenz nicht weiter notwendig gewesen. Zu Salvius’ darin sichtbar werdender vergleichbarer Rolle mit den alttestamentlichen Propheten vgl. Martínez Pizarro, Gregory of Tours and the Literary Imagination, S. 340f. 793 Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 1, S. 327.

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Tod erfolgt nach dem Ausschlussprinzip, dieser Kategorie auch diejenigen Fälle zuzuschreiben, die weder den Kategorien des schlechten noch des neutral geschilderten Todes mit guten Gründen zugewiesen werden können und ergänzend zumindest über knappe, positiv konnotierte Schilderungen verfügen. Maurilio von Cahors litt an Gicht in den Füßen, verstärkte seine Schmerzen zusätzlich noch durch ein glühendes Eisen, bis er starb.794 Während die Gicht zunächst einen natürlichen Tod vermuten lässt, lässt Gregor nichts unversucht, Maurilio als herausragend zu präsentieren. Selbst dass er noch zu Lebzeiten seinen Nachfolger auswählte und bat, dieser möge noch zu seinen Lebzeiten geweiht werden, wird nicht negativ kommentiert.795 Maurilio war, so lobpreist ihn Gregor, Wohltäter der Armen, in der Bibel äußerst bewandert und ein gerechter Richter, der Arme vor dem Urteil unwürdiger Richter bewahrte.796 Hier finden sich deutliche Bestandteile des idealen Todes, vollendet durch eine Aufnahme in den Himmel (migravit a saeculo). Die zusätzliche Marter lässt sich leicht als größtmögliche Demut auslegen und mag auch das Gesamtbild Maurilios entscheidend beeinflusst haben.797 Zwar könnten die Schienbein und Füßen zugefügten Schmerzen auch den pragmatischen Grund gehabt haben, die oft sehr schmerzhaften Folgen der Gicht zu überdecken. Maurilio hätte somit versucht, Schmerz mit Schmerz zu bekämpfen, um zumindest für einen gewissen Zeitraum den Leiden der Gicht zu entgehen. Die Gesamtkomposition Gregors lässt uns Maurilio jedoch eindeutig dem guten Tod zuschreiben. Gleiches gilt für Martin von Braga, der gemäß Gregor als hervorragend ausgebildet galt. Nach einem langen Episkopat ging er reich an guten Werken zum Herrn ein (plenus virtutibus migravit ad Dominum), woraufhin sich großes Wehklagen im Volk einstellte (magnum populo illi faciens planctum).798 Auch 794 Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 42, S. 248f.: Maurilio Cadurcensis urbis episcopus graviter aegrotabat ab humore podagrico; sed super hos dolores, quos ipse humor commovit, magnos sibi cruciatus addebat; nam saepe candentem ferrum tibiis ac pedibus defigebat, quo facilius cruciatum sibi amplius adderit. […] migravit a saeculo. Zu Maurilio vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1286; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 147. 795 Anders als bei Berthram von Bordeaux, vgl. in Kapitel 6.2.2 g. Auch die Gicht selbst, durchaus als negative Todesursache in der Historiographie seit der Antike etabliert, wird nicht entsprechend gedeutet. Zur Gicht vgl. Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 72. 796 Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 42, S. 249: Fuit autem valde elemosinarius, in scripturis ecclesiasticis valde instructus, ita ut seriem diversarum generationum, quae in libris Veteris Testamenti describitur, quod a multis difficile retinetur, hic plerumque memoriter recensiret. Fuit etiam et in iudiciis iustus ac defendens pauperes ecclesiae suae de manu malorum iudicum […]. 797 Die Verstärkung einer Krankheit als besonders intensive Form der Askese. Vgl. Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 107. 798 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 37, S. 243.

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wenn kaum etwas über Martin berichtet wird, erscheint seine außergewöhnliche Person klar vor Augen. Auffällig ist, dass Gregor mit Martin über einen Bischof aus dem Westen der iberischen Halbinsel berichtet. Eine Erklärung gibt er selbst, Martin sei zu dem Zeitpunkt zum Bischof erhoben worden, als Reliquien Martins von Tours nach Braga gebracht worden waren. Ebenfalls eindeutig, wenn auch in bekannten Bahnen abgefasst, erscheinen Leben und Tod Germanus’ von Paris, wenngleich sein äußerst knapp mitgeteiltes Ableben zu seinem hohen Ansehen nicht passen mag.799 Germanus wies sich gemäß Gregor schon zu Lebzeiten durch besondere Zeichen aus, ein weiteres Wunder ereignete sich bei seinem Leichenbegängnis und auch an dessen Grab zeichnete er sich durch zahlreiche Wunder aus. Das Ganze wirkt idealtypisch, Gregor gibt aber als seine Quelle an, die von Venantius Fortunatus verfasste Lebensbeschreibung des Germanus genutzt zu haben.800 Agroecula von Chalon-sur-Saône, von senatorischer Abkunft, zeichnete sich durch den umfassenden Bau von Häusern und der Hauptkirche in seiner Stadt aus und lebte äußerst enthaltsam.801 Der Bericht zu ihm zeigt deutlich auf, wie schwierig eine Zuordnung in die genannten Kategorien ist. Ein besonders enthaltsames Leben kann Hinweis auf besondere Heiligkeit sein – wenngleich sich Agroecula gerade nicht durch seine Sorge um seine Gemeinde ausgezeichnet haben soll802 –, mag aber auch die tatsächliche Lebenseinstellung des Bischofs abbilden. Er starb, wie Gregor präzise angibt, im 48. Jahr seines Episkopats und im 83. Lebensjahr. Es dürfte sich um keine symbolischen, sondern glaubhafte Angaben handeln. Ganz ähnlich erscheint der Bericht zu Dalmatius von Rodez. Auch er errichtete eine, wenngleich unvollendet gebliebene Kirche, zeichnete sich durch zahlreiche Tugenden aus, lebte enthaltsam und ließ Milde walten (vir in omni sanctitate praecelsus, abstinens vel a cibis vel a concupiscentiis carnis, valde elymosinarius et cunctis humanus, in oratione et vigiliis satis stabilis).803 Wie bei Agroecula erscheinen diese Schilderungen allgemein gehalten zu sein, ohne dass Gregor nähere Informationen gehabt haben dürfte. Entsprechend schwierig ist die Einordnung in die Kategorie des idealen Todes. Doch bietet dieser Fall ein Nachspiel, der die Einordnung zu bestätigen scheint. Gregor weist darauf hin, dass Dal799 So schon Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 238. 800 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 8, S. 204. Zu Germanus vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 894; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 177. 801 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 45, S. 254f. Vgl. zu Agroecula (Agricola) Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 86f.; Stroheker, Senatorische Adel, S. 143; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 148. 802 Vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 108f. 803 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 46, S. 256.

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matius ein Testament hinterließ. Darin wies er einerseits an, dass der König ein Geschenk zu bekommen habe, beschwor ihn aber gleichzeitig, keinen Ortsfremden oder anderweitig nicht Würdigen als seinen Nachfolger einzusetzen. Damit ist das angewiesene Geschenk an den König als Form der Simonie anzusehen.804 Dalmatius hatte, wenn dem weiteren Bericht Gregors Glauben geschenkt wird, gute Gründe, Entsprechendes zu verlangen. So warf ein Presbyter mit Namen Transobad ein Auge auf das bischöfliche Amt und veranstaltete als Werbeveranstaltung für sich ein Mahl, auf dem ein Priester den verstorbenen Bischof Dalmatius böse lästerte. Als der Priester in diesem Moment einen Becher zum Mund führen wollte, versagte ihm seine Hand, er legte sein Haupt in den Schoß des ihm am nächsten Sitzenden und starb. Daraufhin wurde er gleich zu Grabe getragen und verscharrt (humo contectus est). Im Anschluss wurde das Testament Dalmatius’ vor dem König verlesen und ein würdiger Kandidat eingesetzt. In Anbetracht dieser Geschichte erscheint die Zuweisung des Dalmatius zum guten Tod als gerechtfertigt. Er wird eindeutig als lobenswertes Beispiel dem unwürdigen Priester und Transobad gegenübergestellt, der sich anmaßte, das Bistum für sich gewinnen zu wollen. Hier setzt Gregor einmal mehr den aus seiner Sicht guten sowie den schlechten Tod als Folge der vorausgehenden Lebensführung ins Bild.805 Als dritter muss Ferreolus von Uzès der unsicheren Zuordnung beigeordnet werden. Ferreolus wird als äußerst heiliger Mann, der reich an Einsicht und Weisheit gewesen war (magnae vir sanctitatis […] plenus sapientia et intellectu), charakterisiert.806 Diese sehr topisch anmutenden Nachrufe dürfen nicht ignoriert und als Gemeinplätze zurückgewiesen werden, doch weisen sie keine weiteren Informationen auf. Den Abschluss bildet ein Beispiel einer einerseits positiven Todesschilderung, die aber andererseits vermeintlich oder tatsächlich genaue medizinische Gründe für das Ableben des Bischofs bietet. Angesprochen worden ist Gregors wohl 804 Das Hinterlassen eines Testamentes ist aus dieser Zeit vielfach nachzuweisen, teils haben sich bischöfliche Testamente in Gänze erhalten. Vgl. neben Nonn, Merowingische Testamente (S. 48 eine Übersicht der überlieferten oder zumindest urkundlich oder literarisch bezeugten Testamente); in geraffter Form ders., Geistig gesund, körperlich krank, den Tod vor Augen; Semmler, Testament des gallofränkischen Bischofs, insbesondere die Edition des Testamentes Bischof Berthramns von Le Mans durch Weidemann, Testament. 805 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 46, S. 256f. Vgl. zu dieser Episode Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 134f. Zu Dalmatius vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 545f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 187. 806 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 7, S. 276. Zu Ferreolus vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 764–766; Stroheker, Senatorische Adel, S. 173; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 223. Von Interesse mag bei Ferreolus seine unklare Nachfolge gewesen sein, vgl. Geary, Merowinger, S. 134; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 113f.; ders., Frühfränkische Episkopat, S. 139f.

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vorhandenes medizinisches Wissen neben dem ungeteilten Glauben in Wunder aller Art. Dies hat James zu der übertriebenen Einschätzung verleitet, Gregors Sicht habe nicht »that of a credulous believer« entsprochen, er sei vielmehr ein »careful observer of the natural world« gewesen, der seine Beobachtungen »into a rational and consistent view of the universe« zusammengefügt habe. Seine Einstellung sei folglich als »a scientific or, at the very least, a proto-scientific one« zu charakterisieren.807 Deutlich mag das nicht allein übernatürlich ausgerichtete Interesse Gregors an der nun folgenden Episode werden, ohne aber verkennen zu wollen, dass Gregors Ansatzpunkt keineswegs medizinischen Gesichtspunkten entspricht. Akteur ist hierbei Domnolus von Le Mans. Domnolus erlag nach 22-jährigem Episkopat Gelbsucht und Steinschmerzen (morbo regio calculoque). Dieser medizinischen Schlussfolgerung setzt Gregor die heilsgeschichtliche Vorbereitung gegenüber. Domnolus bewährte sich während seines Episkopats derart, dass er zu höchster Heiligkeit erhoben wurde (in summae sanctitatis culmen evectus), sichtbar in der Heilung eines Lahmen (debili usum gressuum) und eines Blinden (caeco restituerit visum).808 Diese topische Ergänzung steht der konkret nachvollziehbaren Erkrankung, die letztendlich auch zum Tod geführt hat, gegenüber. Unzweifelhaft wird Domnolus durch Gregor positiv konnotiert,809 doch geht er dabei nicht so weit, die wohl tatsächlichen Umstände über Gebühr zu verdrehen. Anders als Otmar Kampert, der eine Krankheit als Indiz eines ungenügenden Lebens und als Zweifel an der Heiligkeit des Betreffenden betrachten möchte, während der klassische Heilige eine leichte Erkrankung als Vorausdeutung und, mit Gottes Hilfe, zur eigenen Erbauung und Vorbereitung zu nutzen wisse, erscheint dies bei Domnolus nicht zutreffend.810 Dennoch darf nicht verkannt werden, dass eine retrospektive Diagnose aufgrund knapper Quellenpassagen niemals gesichert und auch nicht zielführend sein kann.811 Entsprechend gilt es herauszustellen, dass die Besonderheit des hier untersuchten Falls nicht darin liegt, den ›wahren‹ Todesursachen der Bischöfe auf den

807 James, A Sense of Wonder, S. 60. 808 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 9, S. 279. Zu Domnolus vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 588–590; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 165. 809 Auch Domnolus hatte sich bereits zu Lebzeiten einen Nachfolger ausgewählt, selbst wenn dieser die Zustimmung des Königs nicht erhalten sollte. Gregor geht darüber stillschweigend hinweg. Möglicherweise unterscheidet bereits Gregor, wie Lotter, Designation und angebliches Kooptationsrecht, S. 131, es tut, zwischen Designation und vollendeter Ordination zu Lebzeiten des Vorgängers. Allerdings ist Gregor auch hierbei inkonsequent, wenn er Berthram von Bordeaux anprangert, einen Nachfolger vorgeschlagen zu haben, Maurilio von Cahors jedoch lobpreist, obwohl sein Nachfolger zu seinen Lebzeiten geweiht werden sollte. 810 Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 236. 811 Vgl. Kamenzin, Herrschertoden, S. 296–299.

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Grund gehen zu können, sondern in der bisher nicht zu beobachtenden präzisen Beschreibung von offensichtlichen Krankheitssymptomen. Die bisherigen Ausführungen lassen erste Beobachtungen zu. Außerhalb des umfassenden Berichtes zu Salvius von Albi finden sich keine ausführlichen bischöflichen Todesschilderungen, die sich weitgehend an bekannten Mustern des idealen Todes orientieren. Die weiteren Beispiele lassen keine sichere Zuordnung zur Kategorie des idealen Todes zu, stehen vielmehr zwischen dem idealen und dem neutralen Tod ohne übertriebene Konnotierung. Zudem fällt ins Auge, dass die wenigen weiteren Beispiele im fünften sowie zu Beginn des sechsten Buches angesiedelt sind, sich dagegen, von Salvius von Albi abgesehen, in späteren Büchern nicht mehr nachweisen lassen. f Der schlechte Tod Bereits mehrfach sind Beispiele grausamer, offenkundig göttlich beeinflusster Todesfälle in den Decem libri historiarum Gregors von Tours nachgewiesen worden.812 Allerdings haben bisher keine Bischöfe, wohlgemerkt rechtgläubige Vertreter dieses Amtes gemäß den Ansprüchen Gregors, ein solches Ende erleiden müssen. Erinnern wir uns an die beiden Priester, die gegen Sidonius von Clermont intrigiert hatten. Einer von ihnen stand bereit, als dessen Nachfolger das Bischofsamt zu übernehmen, und hatte sich bereits als Bischof präsentiert, soll dann aber, von Hochmut aufgeblasen, wie Simon Magus aus dem Leben geschieden sein.813 Schon sein Kompagnon war, noch zu Lebzeiten Sidonius’, auf dem Abort wie Arius verschieden. Ein (angehender) Bischof stirbt unzweifelhaft einen schlechten Tod, doch er war kein Repräsentant dieses Amtes nach den Vorstellungen Gregors.814 Seine Schilderung weist beide als Häretiker aus, die ihre verdiente Strafe für ihre Verirrungen erlitten. In diese Kategorie ist auch Sagittarius von Gap zu zählen, der sein gewaltsames Ableben erfuhr, nachdem er als Unwürdiger sein Amt hatte aufgeben müssen.815 Auch hier stirbt kein rechtmäßiger Bischof einen schlechten Tod.

812 Zum Konzept Gottes als strafender Richter vgl. Goetz, Gott und die Welt I,1, S. 133–142, speziell in Gregors Historien ebd., S. 142f. 813 Vgl. Kapitel 6.2.2 c. 814 Zum Bischofsbild Gregors von Tours vgl. Kapitel 6.2.1. Exemplarisch zum Stellenwert der Bischöfe vgl. die Schimpfrede König Chilperichs, von Gregor als Nero nostri temporis et Herodis bezeichnet und schließlich eines schändlichen Todes gestorben (vgl. Anm. 843), Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 46, S. 320: ›Ecce pauper remansit fiscus noster, ecce divitiae nostrae ad eclesias sunt translatae; nulli penitus nisi soli episcopi regnant; periet honor noster et translatus est ad episcopus civitatum‹. Vgl. Craig, Bishops and Balancing Acts, S. 71f. 815 Vgl. Kapitel 6.2.2 b.

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Erinnern wir uns nun an Nicetius von Lyon, gemäß Gregor ein äußerst würdiger Vertreter seines Amtes, sowie an dessen Nachfolger Priscus.816 Dieser zeichnete sich, als gegenteilige Verkörperung seines Vorgängers, durch allerlei Schwächen und boshafte Taten aus.817 Gregor unterlässt es aber, Priscus als Häretiker darzustellen. Diesem wird nicht abgesprochen, dem wahren Glauben zu folgen. Doch wird dem Leser sein Ableben ebenfalls nicht mitgeteilt. Bei diesem Lebenswandel wäre ein grausamer Tod nur folgerichtig. Einen solchen erleiden ein Diakon, der über Nicetius gelästert, sowie ein Priester, der Priscus zu seinen Untaten angestiftet haben soll. Priscus wird aus der eigenen Verantwortung herausgenommen, belangt wird er vielmehr über seine dem Wahnsinn verfallene Frau sowie sein debil gewordenes Kind.818 Priscus’ Tod hingegen fehlt, ganz als passe ein schlechter Tod nicht mit Amt, Würde und insbesondere der Verantwortung des Bischofs zusammen, als Vermittler dafür Sorge zu tragen, die übrigen Menschen vor der ewigen Verdammnis zu bewahren. Selbst verdammt zu sein würde das Ansehen des bischöflichen Amtes schwer beschädigen. Es muss zwar darauf hingewiesen werden, dass Priscus erst viele Jahre nach Amtsantritt starb, möglicherweise Jahre nachdem Gregor seine ersten Bücher niedergeschrieben hatte, doch darf die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass Gregor in der Lage gewesen wäre, die Nachricht über Priscus’ Tod nachzutragen – oder, falls er tatsächlich erst alle Bücher in den letzten Jahren seines Lebens verfasst hat, hätte er über das Ableben Priscus’ († um 586) informiert sein können. Es muss zwar angenommen werden, dass Gregor über viele Ableben seiner Amtsbrüder schlicht nicht informiert war, im Falle der Bischöfe von Lyon verfügte er aber sichtlich über bessere Informationen. Ganz offensichtlich hatte er weiterhin gute Kontakte in die Stadt, andernfalls hätte er nicht die detaillierten Angaben über Priscus’ Lebenswandel erfahren können.819 Es mag in seinem Fall

816 Zur Zusammenfassung der Episode vgl. Kapitel 6.2.2 c. 817 Vgl. zu Gregors Darstellung von Priscus Goetz, Gott und die Welt I,1, S. 144; Stroheker, Senatorische Adel, S. 206. 818 Hilchenbach, Witz und Humor, S. 79f., betont die karikierende Absicht Gregors in der Schilderung von Priscus und seiner Familie und ordnet ein, Gregor habe dies zur Demonstration von »göttlicher[r] Strafe für Vergehen gegen die Kirche oder deren Vertreter hin« eingesetzt. Bis zum äußersten, Priscus’ Tod, ist er hingegen nicht gegangen, was gerade im Vergleich zu anders endenden Beispielen besonders betont werden muss. Anders Jones, Death and Afterlife, S. 197 Anm. 177, der aus dem Berichteten zukünftige Höllenstrafen für Priscus herauslesen möchte. 819 Dass die ganze Episode um Priscus auch als dramaturgische Komponente ausgelegt werden kann, um Nicetius noch einmal über die Unzulänglichkeit seines Nachfolgers besonders hervorzuheben, ist bereits angesprochen worden. Doch gerade in diesem Fall wäre zu erwarten gewesen, Nicetius und seinen zahlreichen Wundern, die sich an seinem Grab ereignet haben sollen, ein entsprechendes Bild gegenüberzustellen. Gerade dies unterlässt Gregor. Vielmehr mag ihn das von Priscus und seiner Frau unterlassene Zugeständnis, Nicetius für

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auch einmal mehr ein persönliches Motiv eine Rolle gespielt haben. So ließ Priscus die Versuche Gregors, einen Kult seines verstorbenen Onkels Nicetius zu etablieren, nicht zur Entfaltung kommen.820 Daher ließ sich Gregor möglicherweise seinerseits dazu hinreißen, Priscus in ein negatives Licht zu rücken, ohne ihn aber der Verdammnis anheimfallen zu lassen. Statt des trotz allem rechtmäßig eingesetzten Bischofs leiden ihm nahestehende Personen, er selbst stirbt zumindest keinen schlechten Tod. Deutlicher wird die Intention Gregors im Fall des Pappolus von Langres, wenngleich auch hier keineswegs eindeutige Verhältnisse vorliegen. Pappolus soll viel Unrecht getan, in einer Vision von seinem Vorgänger Tetricus gemaßregelt und gezüchtigt worden und daraufhin gestorben sein. Dies scheint unzweifelhaft auf einen schlechten Tod hinzudeuten.821 Schauen wir uns aber Gregors Darstellung genauer an. Er verneint nicht, dass Pappolus sich in seinem Amt Vieles hat zuschulden kommen lassen, doch möchte er nicht darauf eingehen, damit er nicht den Anschein erweckt, er möchte seine (Amts-)Brüder herabsetzen (Qui multa, ut asserunt, egit iniqua, quae a nobis praetermittuntur, ne detractores fratrum esse videamur).822 Ein schlechtes Wort gegen andere Bischöfe ist Gregor in diesem Fall also äußerst zuwider. Wir haben bereits herausgestellt, dass er es mit dieser Einstellung nicht allzu genau nahm, vielmehr häufig auch kritisch über den Lebenswandel anderer Bischöfe sprach, ohne aber diese Kritik bei rechtmäßig amtierenden Bischöfen bis zur ewigen Verdammnis auszureizen. Bei Pappolus finden sich allerdings in Zusammenhang mit seinem Ableben eindeutige Anzeichen eines schlechten Todes. Pappolus, der sein Amt acht Jahre versah und dabei, gemäß Gregor, viel Unrecht verübte, wurde eines Nachts in einer Vision durch den bereits verstorbenen Tetricus, ehemals Bischof von Langres, verbal und physisch zurechtgewiesen. Gregor nutzt offensichtlich Pappolus’ kritikwürdige Amtsführung, um den von ihm hochgeehrten, darüber hinaus mit ihm verwandten Tetricus als positives Gegenbild erscheinen zu lassen, der sich nun auch der unredlichen Taten seines Nachfolgers annimmt. Pappolus verweigerte im Nachgang dieser Erfahrung, die ihn mit starken Schmerzen an der Stelle zurückgelassen hatte, an der er durch Tetricus in der Vision gezüchtigt worden war, die Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit und starb nach drei Tagen. Dieser Tod wirft die Frage auf, ob sich Pappolus aufgrund der Erlebnisse der Vision besonnen hat und die Verweigerung von Speise und Trank als selbstauferlegte Buße im Angesicht des nahenden Todes zu verstehen ist. Oder hat sich einen Auserwählten Gottes zu halten, zu seiner Schilderung motiviert haben. Vgl. Geary, Merowinger, S. 141. 820 Vgl. Brennan, Episcopae, S. 315f. 821 So auch Jones, Death and Afterlife, S. 197 Anm. 177. 822 Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 202.

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Pappolus hinsichtlich des sicher zu erwartenden Todes in sein Schicksal ergeben? Eine sichere Einordnung erlaubt auch der weitere Gang der Ereignisse nicht. Die Todesursache war gemäß Gregor zwar nicht göttliche Rache oder ähnliches, sondern ein Blutsturz (eum sanguinem ore proicerit). Das Verb hingegen (exspirare) kann in diesem Kontext durchaus negativ gedeutet werden. Die Angabe, dass der Tod nach drei Tagen eingetreten ist, ist wohl kaum als Parallele zur Auferstehung Jesu am dritten Tag zu deuten. Es bleibt der zweifelhafte Tod eines Bischofs mit unrechter Amtsführung ohne eindeutige ewige Verurteilung. Dass Gregor dies viel deutlicher zum Ausdruck hätte bringen können, ist bereits gezeigt worden. Zudem wurde Pappolus, auch dies betont Gregor, nach seinem Ableben nach Langres gebracht und dort bestattet,823 was einem unwürdigen Vertreter sicher nicht zuteilgeworden wäre. Somit erscheint auch in diesem Fall die anfänglich sichere Eingruppierung unter den schlechten Tod zumindest fraglich, wenngleich entsprechende Anzeichen zu konstatieren sind. Weitere Beispiele bestätigen das bis hierher herausgearbeitete Muster. Marchar, Bischof von Angoulême, unermüdlicher Erbauer von Kirchen (multum vigilanter vel ecclesias vel ecclesiae domos et erigens et componens), wurde mit einem vergifteten Fischkopf grausam (crudeliter) ermordet, woraufhin der Urheber dieses Anschlages, Frontonius, das Amt an sich reißen konnte. Diesen ereilte jedoch nach einem Jahr das Gericht Gottes (iudicium Dei), woraufhin er starb.824 Allem Anschein nach sterben zwei Bischöfe eines grausamen Todes. Marchar wird vergiftet, Frontonius als dessen Mörder durch Gottes Ratschluss aus der Welt entfernt. Wir müssen allerdings differenzieren: Zunächst wird der Tod Marchars zwar als grausam beschrieben, jedoch bezieht sich Gregor auf den Vorgang selbst, nicht auf die Konsequenzen. Marchar hatte sich zu Lebzeiten immerhin durch großen Eifer im Amt ausgezeichnet. Bautätigkeit im Allgemeinen wird von Gregor sehr oft als Auszeichnung eines Bischofs betrachtet, wie sich im Grunde alle seine Vorgänger in Tours durch Bauprojekte ausgezeichnet haben sollen. Als besondere Krönung des Lebens gilt hierbei der Bau einer

823 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 202. Eine mit Pappolus ebenfalls kritisch verfahrende Interpretation bietet Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 254f. 824 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 36, S. 242. Vgl. Fouracre, Why Were so Many Bishops Killed, S. 27; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 143 u. 255f.; Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 32. Ungenügende Erklärung bei Sierck, Festtag und Politik, S. 339f. Zu Marchar (Maracharius) vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1236; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 137f. Zu Frontonius vgl. Pietri / Heijmans 1, S. 832; Weidemann, S. 138. Zur nicht nur bei Gregor vielfach nachweisbaren Formel (iusto) iudicio Dei vgl. Goetz, Gott und die Welt I,1, S. 134; Jones, Death and Afterlife, S. 177–179.

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Kirche. Bischof Marchar soll sogar gleich mehrere Kirchen erbaut haben.825 Die daraus erkennbare Wertschätzung verdeutlicht eine Reihe von Bischofstoden im Anschluss an den längeren Bericht um Badigisil von Le Mans (s. u.). Gregor vermerkt, neben Sabaudus von Arles und Evantius von Vienne seien zahlreiche weitere Bischöfe verstorben (Multique eo anno sacerdotum ex hoc mundo migrati sunt). Er möchte jedoch nicht weiter von ihnen sprechen, da jeder deutlich sichtbare Denkmäler in seiner Stadt hinterlassen hat (quod praeterire volui, eo quod unusquisque in urbe sua sui reliquerit monimenta).826 Das steinerne Vermächtnis gilt hierbei als Ausweis der Qualitäten des Bischofs zu Lebzeiten und bedarf keiner zusätzlichen Worte.827 Zudem ist es signifikant, um auf unser Beispiel aus Angoulême zurückzukehren, wenn in Gregors Augen Gott selbst es sich zur Pflicht gemacht hat, Marchar nicht ungerächt zu lassen (Sed non diu inultam eius mortem pertulit divina clementia).828 Dieser wird eindeutig als würdiger Vertreter seines Amtes aufgefasst und bezeichnenderweise mit einem vergifteten Fischkopf getötet. Frontonius, der diesen Anschlag zu verantworten hat, wird unmissverständlich als Mörder identifiziert, aber eben auch als nicht der christlich-katholischen Religionsgemeinschaft zugehörig charakterisiert. Die Ursprünge des Christentums liegen bei einfachen Fischern. Der vergiftete Fischkopf, dessen sich Frontonius bediente, weist gleichbedeutend ihn selbst als vergiftetes Element innerhalb der Gemeinschaft aus. Somit kann Gregor guten Gewissens die göttliche Rache an ihm wirksam werden lassen. Folglich darf auch das unnatürliche Ableben Marchars nicht als Konsequenz eines unwürdigen Lebens eingeordnet werden, sondern erfüllt, ganz im Sinne Gregors heilsgeschichtlicher Orientierung, eine exemplarische Funktion. Frontonius bietet sich ideal als Exempel an, um die im Falle der Abkehr vom Glauben drohenden Konsequenzen vor Augen zu führen. Gregor nutzt die Geschichte um die Bischöfe von Angoulême ein weiteres Mal, um Konsequenzen zu verdeutlichen, die im Falle Bischöfen zugefügten Unrechts drohen. Der Nachfolger von Frontonius, Heraclius, war zu Lebzeiten vom Grafen der Stadt, Nanthin, schwer bedrängt worden. Nanthin hatte Kirchengut überfallen, Laien gefangengenommen und einen Priester getötet. Daraufhin hatte ihn Heraclius aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeschlossen. Nanthin jedoch hatte sich nach Heraclius’ Tod durch Bestechung einiger Bischöfe wieder in die Gemeinschaft einkaufen können. Auf dem Sterbebett, von Fieber gepeinigt, er825 Zur Bedeutung des bischöflichen Kirchenbaus in der Spätantike vgl. Gessel, Spätantike Stadt und ihr Bischof, S. 16f. Zur bischöflichen Bautätigkeit im Übergang von Spätantike zu Frühmittelalter vgl. Rapp, Holy Bishops in Late Antiquity, S. 220–223. 826 Gregor von Tours, Libri historiarum decem VIII, 39, S. 406. 827 Vgl. Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 62. 828 Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 36, S. 242.

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kannte Nanthin seine Sünden, fühlte sich von Heraclius verfolgt und bat um seinen Tod, um der Pein entgehen zu können.829 Daraufhin hauchte er seine elende Seele aus (infelicem animam fudit). Doch nicht nur das, sein Leib verfärbte sich nach seinem Ableben schwarz, als wäre er verbrannt worden;830 gemäß Gregor ein deutliches Zeichen, dass er die Konsequenzen für seine Taten wider den Bischof erlitt.831 Ist das Fieber noch als natürliche Ursache einzuordnen, zeigt insbesondere die Verfärbung des Körpers eindeutig die drohenden Höllenstrafen im Feuer an. Anders als die im 11./12. Jahrhundert auftretende Verbrennungsstrafe, die gemäß Romedio Schmitz-Esser das persönliche Leiden des Verurteilten im Jenseits nicht vorwegnimmt,832 ist die Verfärbung von Nanthins Körper nicht auf ein irdisches, diesseitiges Feuer zurückzuführen, sondern deutliches Zeichen jenseitiger Strafe.833 Gregor betont noch einmal, dieser Fall solle jeden davor bewahren, Priestern in Anbetracht der drohenden Strafe ein Leid zuzufügen.834 Das Ende dieses Kapitels bei Gregor (quia ultor est Dominus servorum suorum sperantibus in se) zeigt seine grundlegende Absicht in der Argumentation. Zweifach werden Personen, die Bischöfen Leid zugefügt hatten, der göttlichen Rache unterworfen. Frontonius’ Tod beschädigt somit das Bischofsbild nicht, ganz im Gegenteil wird die bischöfliche Rolle durch sein Ableben noch einmal unterstrichen. Die Bischöfe erscheinen als von Gott derart begünstigte Gruppe, dass ihnen zugefügtes Unrecht von höchster Stelle gesühnt wird. Ihre einflussreiche Rolle als Vermittler und Fürsprecher der übrigen Menschen vor Gott und den Heiligen kann kaum deutlicher gemacht werden als durch die Episode um die Bischöfe von Angoulême. Den Abschluss überlassen wir Badigisil von Le Mans. Ihn, den man als das »Musterbild eines übellaunigen Barbaren«835 bezeichnet hat, und seine von ihm etablierte »Stadttyrannis«836 zu charakterisieren soll Gregor selbst überlassen sein: 829 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 36, S. 243. Zu weiteren Interpretationen dieser Episode vgl. Scholz, Religiöse und soziale Ausgrenzung, S. 158f. 830 Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 36, S. 243: Haec cum maxima in febre clamaret, deficiente robore corporis, infelicem animam fudit, indubia relinquens vestigia, hoc ei ad ultionem beati antistitis evenisse. Nam exanime corpus ita nigredinem duxit, ut putares eum prunis superpositum fuisse combustum. 831 Gregor schließt an diese Episode den programmatischen Satz an: Ergo omnes haec obstupescant, admirentur et metuant, ne inferant iniurias sacerdotibus! quia ultor est Dominus servorum suorum sperantibus in se. (Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 36, S. 243). 832 Vgl. Schmitz-Esser, Bestrafung des Leichnams, S. 253. 833 Zu den auftretenden Charakteristiken von Leichnamen der valde mali vgl. Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 160–163. 834 Vgl. Anm. 822. 835 Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 161. 836 Prinz, Klerus und Krieg, S. 57.

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»In diesem Jahr starben viele Bischöfe; unter ihnen auch Badigisil von Le Mans, ein Mann, der sehr hart gegen das Volk war und vielen ungerechterweise ihre Habe nahm und raubte. Seine finstere und grausame Sinnesart verhärtete noch seine Frau, die noch schlimmer war und ihn durch die abscheulichsten Ratschläge zu Schandtaten antrieb. Es ging kein Tag, kein Augenblick vorüber, wo er nicht mit Raub und Händeln aller Art gegen die Bürger gewütet hätte. Er wurde nicht müde, täglich mit den Richtern Streitsachen zu verhandeln, sich weltlichen Geschäften zu unterziehen, gegen die einen zu toben, andere mit Schlägen umzutreiben, ja sogar mit eigener Hand zu prügeln, viele unter seine Füße zu treten. ›Soll ich‹, sagte er, ›weil ich Geistlicher geworden bin, etwa nicht mehr das Unrecht rächen, das man mir antut?‹ Aber was rede ich von andern, wo er nicht einmal seine eigenen Geschwister schonte, sondern die erst recht beraubte! Niemals konnten sie von ihm Gerechtigkeit wegen ihrer väterlichen oder mütterlichen Erbgüter erlangen. Als er aber das fünfte Jahr seines Bistums vollendet hatte und eben das sechste antreten wollte und deshalb den Einwohnern der Stadt ein Gastmahl zugerichtet und sehr große Lustbarkeiten angestellt hatte, ergriff ihn plötzlich ein Fieber, und er beendete das Jahr, das er eben begonnen hatte, nur allzu schnell, denn es ereilte ihn der Tod.«837

Badigisil vereint in sich alle negativen Eigenschaften, die anscheinend in einem Bischof zusammenkommen können.838 Es ist bezeichnend, dass Gregor, der kein schlechtes Wort über seine Amtsbrüder verlieren wollte, derart ausgreift; wenngleich im Handeln Badigisils vielmehr, so Scheibelreiter, ein »signifikante[r] Übergang zum Typ des frühmittelalterlichen Bischof[s]« zu erkennen sei, sichtbar in seiner »Omnikompetenz« sowie der »Zentrierung all seines Tuns auf eigene Angelegenheiten und [der] Umsetzung amtlicher Tätigkeiten für private

837 Gregor von Tours, Libri historiarum decem VIII, 39, S. 405: Eo anno multi episcoporum obierunt; Badegysilus vero Cenomannorum episcopus, vir valde saevus in populo, auferens sive deripiens iniuste res diversorum. Ad cuius animum acervum adque inmitem coniux accesserat saevior, quae illum in committendis sceleribus nequissimis consilii stimulis perurguebat. Nec praeteribat dies aut momentum ullum, in quo non aut in spoliis civium aut in diversis altercationibus crassaretur. Cotidiae autem cum iudicibus causas discutere, militias saeculares exercere, saevire in alios, alios caedibus agere non cessabat, manibus etiam propriis verberare, proterire multus ac dicere: ›Non ideo, quia clericus factus sum, et ultur iniuriarum mearum non ero?‹ Sed quid dicam de ceteris, cum nec ipsis quoque germanis parceret, sed ipsos magis expoliarit? Cum quo numquam iustitiam de rebus paternis maternisve adsequi potuerunt. Quinto autem anno episcopatus sui expleto, cum iam sextum ingrediens aepulum civibus cum inmensa laetitia praeparasset, a febre correptus, annum quem coeperat protinus, morte inminente, finivit. Übersetzung: FSGA 2,2, S. 215/217. Zu Bischof Badigisil (Baudigisilus) vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 329f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 166. 838 Zu Gregors Kritik an Badigisils weltlichen Bemühungen vgl. Kaiser, Königtum und Bischofsherrschaft, S. 91; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 175f. Ganz ähnlich wie Priscus von Lyon soll auch Badigisil von seiner Frau zu genannten Untaten verleitet worden sein, vgl. Brennan, Episcopae, S. 316. Es werde deutlich, dass Gregor von zeitgenössischen bischöflichen Ehefrauen nur Schlechtes zu berichten weiß (S. 318).

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Zwecke«.839 Allerdings, Graf Nanthin hauchte nach dem Raub von Kirchengut, wie oben gehört, seine elende Seele aus und sein Leib verfärbte sich schwarz. Badigisil, obwohl noch zahlreicheren Taten schuldig, erlitt nichts dergleichen. Den Tod als Folge seiner Ausschweifungen zu lesen, ist sicher möglich, aber es wird von Gregor nicht explizit konstruiert. Somit kann davon ausgegangen werden, dass er eine derartige Interpretation hier nicht angestrebt hat.840 Dieses eindrückliche Beispiel zeigt einmal mehr, dass der schlechte Tod Bischöfe nur dann ereilt, wenn sie von Gregor eindeutig als Häretiker oder anderweitig vom rechten Glauben Abtrünnige eingestuft werden können. Ansonsten führen selbst die schlimmsten Verfehlungen, wie bei Badigisil von Le Mans oder auch Pappolus von Langres, nicht zu einem grausamen Tod und damit verbundenen jenseitigen Strafen. Zusammenfassend können wir zwei wichtige Beobachtungen festhalten. Kein katholischer, rechtgläubiger Bischof erleidet gemäß Gregor einen eindeutig schlechten Tod. Einzig das Ableben Pappolus’ von Langres weist entsprechende Eigenschaften auf, ohne dass er aber zweifelsfrei als schlechter Tod zu charakterisieren ist. Allerdings nutzt Gregor den eindeutig schlechten Tod immer wieder als stilistisches Mittel, falsche Lebenswege zu sanktionieren. Opfer solcher Todesfälle sind Mitglieder des niederen Klerus, Häretiker oder Laien. Einige Beispiele sollen zum Zweck der Illustration ergänzt werden. Der arianische Bischof Athaloch, von einigen mit Arius selbst identifiziert, hauchte, auf seinem Lager ruhend, seine nichtswürdige Seele (nequam spiritum) aus.841 Dass Arianern ein derartiger Tod bevorsteht, ist bereits mehrfach herausgestellt worden. Ein gleiches Schicksal ereilte gemäß Gregor auch Christenverfolger. Der Vandalenkönig Hunerich wurde, nachdem er viele Christen gefoltert und getötet hatte, zum Lohn (honoricus) für diese Taten von einem bösen Geist befallen und zerfleischte sich mit seinen eigenen Zähnen, wodurch er sein unwürdiges Leben (vitam indignam) beendete und einen gerechten Tod (iusta morte) erfuhr.842 Dem 839 Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 113. 840 Nicht zu folgen ist daher Jones, Death and Afterlife, S. 197 Anm 177, der aus dem Bericht über Badigisil auf ihn nach seinem Tod sicher zu erwartende Höllenstrafen herleiten möchte. 841 Gregor von Tours, Libri historiarum decem IX, 15, S. 430: […] ingressus in cellolam suam, inclinato super lectulum capite, nequam spiritum exalavit. Gregor erinnert in diesem Zusammenhang einmal mehr an Arius und dessen Tod auf dem Abort. Athaloch hatte zuvor mit seiner Lehre nur wenig Zuspruch gefunden. Nach seinem Ableben schworen schließlich auch die letzten dem Irrglauben ab und nahmen die unteilbare Dreifaltigkeit an (Sicque hereticorum populus in ipsa consistens provincia inseparabilem Trinitatem confessus, ab errore discessit). 842 Gregor von Tours, Libri historiarum decem II, 3, S. 45. Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 118, der im zweiten Buch der Historien durchgehend eine Verbindung zwischen Häresie und den Königen der gentes ausmacht. Auch ders., Franken und die fränkische Geschichte, S. 337. Ähnlich drastisch wird der Tod des Usurpators Gundowald durch Gregor geschildert. Er wurde mit einem Stein erschlagen und,

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zwar nicht als Häretiker, doch als schlechten König charakterisierten Chilperich lauerte ein Meuchelmörder auf und stach ihn nieder, woraufhin er seine ungerechte Seele (iniquum spiritum) aushauchte.843 Diese Aufzählung ließe sich noch um zahlreiche weitere Beispiele erweitern. Es mag aber bis zu diesem Punkt genügen, Gregors Vorgehensweise zu verdeutlichen. Gerade die letzte Episode um Chilperich markiert gemäß Martin Heinzelmann eine zentrale dramaturgische Komponente in den Historien Gregors als Konflikt des Gott nicht gewogenen Königs und dem den richtigen Weg weisenden sacerdos Domini.844 Die Rolle des sacerdos Domini schreibt sich Gregor in diesem Fall selbst zu, doch findet sich dieser Gegensatz, wie gezeigt werden konnte, im kleineren Rahmen vielfach in den Historien Gregors wieder, wobei die Rolle des Priesters Gottes durchweg den rechtgläubigen Bischöfen zufällt. g Der neutrale Tod Die Kategorie des als neutral bezeichneten Todes ist äußerst schwer präzise zu fassen, schwerer noch als die zuvor genannten Kategorien.845 Es wäre ein Leichtes, die bisher nicht zugewiesenen Bischöfe dieser Rubrik zuzuordnen, allerdings bereits tot, von vielen Lanzen durchbohrt. Anschließend wurde er, an einen Wagen gebunden, durch das Lager geschleift und ihm wurden seien Locken und Bart ausgerissen. Dann wurde er unbeerdigt liegen gelassen. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 38, S. 361. Allerdings vermeidet es Gregor, anders als bei Hunerich zuvor, eine persönliche Einschätzung abzugeben, den Tod Gundowalds also als gerecht einzustufen. 843 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 46, S. 319. Gregor nutzt diese Episode, um Chilperich bezüglich zahlreicher Punkte zu kritisieren; sie wird als »a locus classicus of studies of Merovingian kingship in ideal and reality« bezeichnet, ebenso als »elaborate, rhetorical piece, keying in directly to well-known late antique concepts of the ›good‹ or ›bad‹ ruler« (Halsall, Nero and Herod, S. 337f.). Halsall versucht dabei zu erklären, warum Gregor, zuvor nicht übermäßig kritisch in seiner Schilderung der Taten Chilperichs, diesen plötzlich dermaßen hart verurteilt. Halsall (S. 347) erwägt, Gregor habe diese Passage zu seinem eigenen Schutz gegenüber Gunthram verfasst, um nach Chilperichs Tod nicht in dessen unmittelbares Visier zu geraten. Ähnliche Überlegungen bei Wood, Secret Histories of Gregory of Tours, S. 254–256. Ausgehend von der Annahme, dass Gregor seine Historien erst zum Lebensende verfasst hat, vielleicht sogar erst nach Gunthrams Tod († 592), ist diese Annahme nicht überzeugend. Und auch sonst hätte Gregor seinen noch unfertigen Text Gunthram vorlegen müssen, um diese Argumentation zu rechtfertigen. 844 Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 42; Prinz, Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 1f.; Scholz, Merowinger, S. 135. 845 Vgl. zum Problem Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 240; ders., Death of the Bishop, S. 33. Beispiele aus der Spätantike bietet Gregg, Patristic Deaths, S. 417–419. Teil dieser Kategorie hätte beinahe Gregor selbst werden können. In seiner Bearbeitung der Martinsvita berichtet er, wie er kurz nach seiner Erhebung zum Bischof von Tours an Fieber und Ruhr (disinteria cum febre valida) gelitten und an der Schwelle zum Tod gestanden hatte. Erst Staub vom Grab Martins, gemischt mit Wasser als Medizin gereicht, ließ ihn innerhalb von nur drei Stunden genesen. Vgl. Gregor von Tours, Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi II, 1, S. 158f. Während das Krankheitsbild und weitere genannte Symptome deutlich den tatsächlichen Umständen entsprechen können, dient die wunderbehaftete

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würde damit eine vierte Gruppe außer Acht gelassen werden: die Bischöfe, über die keine Angaben vorliegen. Gründe mögen fehlende Informationen oder bewusster Verzicht auf Glorifizierung beziehungsweise Herabsetzung gewesen sein. Somit können auch ausgesparte Details Indizien sein, dass es sich hierbei um einen natürlichen Todesfall handelt.846 Ein Argument darf an dieser Stelle nicht außer Acht gelassen werden: Allein durch Gregors Aufnahme dieser Bischöfe in sein Werk behält er sie für die Nachwelt in Erinnerung, betreibt somit ganz konkret memoria, auch wenn weitere Informationen über Leben und Sterben dieser Männer fehlen. Daher wäre es verfehlt, Sterbeberichte ohne Details als bedeutungslos abzutun oder nur als stilistisches Mittel zu verstehen, um eine Überleitung zum jeweiligen Nachfolger zu schaffen.847 Vielmehr lassen sich dahinter unterschiedliche narrative Strukturen erkennen. Joaquín Martínez Pizarro hat auf den vielfach zu findenden szenischen Stil Gregors hingewiesen, der größere Begebenheiten durch Einzelelemente, Sprache und besondere Details hervorzuheben verstehe. Daneben nutze Gregor einen zusammenfassenden Stil, beispielsweise um Todesfälle, aber auch Wetterphänomene oder Naturkatastrophen zu schildern. Erst das Zusammenspiel des szenischen sowie des zusammenfassenden Stils bildet das bewusste Gesamtwerk Gregors.848 Alleine daher dürfen auch die ohne Informationen wiedergegebenen bischöflichen Todesfälle nicht übergangen werden. Über das Ableben der Bischöfe Licerius von Arles,849 Sulpicius von Bourges,850 Laban von Eauze,851 Innocentius von Le Mans,852 Ragnemod von Paris,853 Theo-

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Heilung einerseits als Lob Martins, andererseits als Bestätigung, dass Gregor würdiger Nachfolger auf dem Bischofsstuhl von Tours ist. Ersichtlich wird hierbei auch einmal mehr die Rolle des Arztes, der zuerst konsultiert wird, den Heiligen allerdings klar unterlegen ist. Vgl. Flint, Early Medieval Medicus, S. 134; James, A Sense of Wonder, S. 56f. Zu den reinigenden Kräften des Martinsgrabes, im Besonderen durch Gregor von Tours überliefert, vgl. Moreira, Heaven’s Purge, S. 67–73. Lotter, Designation und angebliches Kooptationsrecht, S. 138, bewertet nicht näher ausgeführte Umstände einer Bischofswahl als Zeichen fehlender besonderer Begebenheiten. In gleicher Weise sucht auch die Todesschilderung eher das Besondere herauszustellen, weniger das Gewöhnliche zu wiederholen. Vgl. Episoden um die Bistümer Dax (Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 31, S. 351f.) und Avignon (Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 9, S. 279). In beiden Fällen wird der Name des verstorbenen Vorgängers nicht genannt. Vgl. zum narrativen Stil in Gregors Historien Martínez Pizarro, Gregory of Tours and the Literary Imagination, S. 342–351, bes. S. 349. Zu den Naturerscheinungen vgl. Rohr, Naturerscheinungen. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IX, 23, S. 443: Obiit autem et Licerius Arelatensis episcopus. Vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1174; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 139. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 26, S. 519: Obiit et Sulpitius Bituricae urbis pontifex. Gregor rühmt Sulpicius aber, von senatorischer Abkunft und hoher Bildung gewesen zu sein (vgl. VI, 39). Vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1837f.;

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dosius von Rodez854 und Deotherius von Vence855 informiert Gregor ohne weitere Angaben. Die Berichte finden sich verhältnismäßig spät in seinem Werk und scheinen nicht willkürlich eingestreut zu sein, sondern einem bestimmten, nicht allein an chronologischen Gesichtspunkten ausgerichteten Muster zu folgen. Über Licerius und Deotherius berichtet Gregor in aufeinanderfolgenden Kapiteln, über Sulpicius und Ragnemod sogar im selben. Die erst späte Nennung innerhalb der Decem libri historiarum spricht dafür, dass Gregor über diese Todesfälle erst kurzfristig Informationen erhalten haben wird. Dies mag erklären, dass er sich nicht in der Lage befunden hat, weitere Informationen beizubringen. Wenn wir uns die Zahl von beinahe 100 bischöflichen Sterbeberichten in den Decem libri historiarum bzw. von 35 im hier untersuchten Zeitraum vor Augen führen – Berichte zu Todesfällen von Bischöfen vor Gregors Episkopatsbeginn verzichten teils auch auf Informationen, darauf ist hingewiesen worden –, ist eine Zahl von nur sieben Schilderungen ohne weiterführende Informationen bemerkenswert. Die übrigen Fälle geben zumindest geringe Informationen, lassen Zweifelsfälle zutage treten oder weisen beachtliche Berichte auf. Zunächst kommen wir zu den mit geringen weiterführenden Informationen ausgestatteten Fällen und deren Aussagekraft. Berthram von Bordeaux wurde von einem Fieber

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Stroheker, Senatorische Adel, S. 220; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 146. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VIII, 22, S. 388: Laban Helosinsis episcopus hoc anno obiit. Vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1095f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 158f. Auf Laban folgte mit Desiderius ein Laie, was Gregor dazu veranlasste, grundsätzlich Kritik an dieser Praxis sowie am König selbst zu üben, der versprochen hatte, dies zu unterbinden. Wenn es Gregor jedoch nur darum gegangen wäre, Formen der bischöflichen Besetzungspraxis zu kritisieren, hätte er Laban nicht zu erwähnen brauchen. Da er nichts Weiteres zu ihm beiträgt, kann vermutet werden, dass Laban, im Gegenteil zu seinem Nachfolger, nach den Maßstäben Gregors rechtmäßig an sein Amt gelangt war. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 9, S. 279: […] migrante Innocentio Cinomannorum episcopo […]. Innozenz war bereits 559 gestorben, wird aber erst jetzt innerhalb eines Berichtes über seinen Nachfolger erwähnt. Entsprechend überrascht die einzig auf seinen Namen beschränkte Episode nicht. Vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1050f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 165. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 26, S. 519: Ragnimodus quoque Parisiacae urbis episcopus obiit. Zum schwierigen persönlichen Verhältnis Ragnemods zur Gregor vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 18, S. 218f. Vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 110. Zu Ragnemod vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1585–1587; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 177–179. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 38, S. 309: Theodosius Rutenorum episcopus, qui sancto Dalmatio successerat, diem obiit. Vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1881; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 187. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IX, 24, S. 443: Obiit autem et Deotherius Vinciensis episcopus. Zu Deotherius (Deuterius) vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 573f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 224.

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ergriffen, übertrug sein bischöfliches Amt auf einen Nachfolger und starb.856 Auf den ersten Blick erfährt der Leser, dass Berthram an einem Fieber, einem alltäglichen Symptom, litt und daran auch starb. Allerdings müssen zwei Dinge beachtet werden. In diesem Kapitel hat Gregor zuvor die Besetzungspraxis in der Nachfolge Labans von Eauze kritisiert und geht nun auch gegen die von Berthram vorgenommene Einsetzung seines Nachfolgers vor. Somit dient Gregor dieses Kapitel in erster Linie dazu, deutlich zu machen, wie die Einsetzung von Bischöfen zu erfolgen habe.857 Weder die Berufung von Laien auf Bischofsstühle noch die Designation eines Nachfolgers durch den Vorgänger im Amt sind gemäß Gregor zulässige Wege. Während über Laban, dem kein Fehlverhalten unterstellt wird, auch zuvor innerhalb der Decem libri historiarum keine Informationen zu finden sind, betritt mit Berthram ein dem Leser bereits vertrauter Protagonist erneut die Bühne. Dieser war zuvor durch aufgetretene Spannungen zu Gregor selbst,858 seine enge Verbindung zu Gundowald – erinnert sei nur an dessen grausamen Tod859 – und seine Auseinandersetzungen mit König Gunthram mehrfach Gegenstand des Berichteten.860 Fraglich ist, ob die in den Augen Gregors eines Bischofs nicht würdige Schmeichelei Berthrams gegenüber Chilperich oder seine Haltung gegen des von Gregor selbst als ›guten‹ König charakterisierten Gunthram dazu geführt haben, ihn als negatives Beispiel heranzuziehen.861 Wie dem auch sei, sein Ableben offenbart keine Indizien zu erwartender Konsequenzen, Berthram erscheint als ein an Fieber leidender Mann,

856 Gregor von Tours, Libri historiarum decem VIII, 22, S. 388: Bertchramnus vero regressus ex synodo, a febre corripitur; arcessitumque Waldonem diaconem […] summam ei sacerdotii depotat omnesque condicionis […] hic spiritum exalavit. Vgl. zu Berthram (Bertechramnus) Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 341–345; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 143f. Ihm wird als einzigem Bischof eine entfernte Verwandtschaft zu den Merowingern zugeschrieben, während sonst kein enges Mitglied der Familie in den geistlichen Stand trat, geschweige denn Bischof wurde. 857 Vgl. zu Theorie und Praxis der Einsetzung von Bischöfen in merowingischer Zeit Kapitel 6.1, Anm. 595 und Kapitel 6.2.2 b, Anm. 691. Gegen die Praxis der Designation eines Nachfolgers durch den amtierenden Bischof ist bereits ab dem 4. Jahrhundert kirchenrechtlich vorgegangen worden, doch bleib die Praxis auch in merowingischer Zeit verbreitet, vgl. Thier, Hierarchie und Autonomie, S. 155–157 u. 163f. 858 Zu den Ursachen vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 18, S. 218f. 859 Vgl. Kapitel 6.2.2 f, Anm. 842. 860 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VII, 31, S. 350–352; VIII, 2, S. 371f.; VIII, 7, S. 375f.; IX, 33, S. 451–454. 861 In diese Kategorie gehört auch der Tod des Bischofs Epiphanius (von Fréjus?). Er war in die Rückkehr Gundowalds nach Gallien involviert, wurde von König Gunthram in Haft genommen und starb dort nach zahlreichen Leiden (post multa supplicia). Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 24, S. 292. Mehr ist über Epiphanius nicht in Erfahrung zu bringen, sodass auch sein Ableben ohne Wertung aufgenommen werden muss. Gregor zumindest wertet den Tod nicht.

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ein natürliches Phänomen.862 Ebenfalls einem Fieber erlag Bischof Elafius von Châlons-sur-Marne, als er sich im Auftrag Königin Brunichildes in Spanien befand. Sein Leichnam wurde daraufhin in seine Bischofsstadt zurückgebracht und dort bestattet.863 Die Rückführung und Bestattung folgen Traditionen der Bestattungskultur und sind nicht als Ausweis besonderer Heiligkeit zu verstehen, die sein Ableben besonders herausstellen würden. Hätte Gregor dies zum Ausdruck bringen wollen, hätten ihm dafür zahlreiche Mittel zur Verfügung gestanden.864 Ebenfalls krankheitsbedingt sollen Papst Pelagius an der Drüsenpest – außerhalb der Märtyrer im ersten Buch der einzige Bischof von Rom, dessen Tod mitgeteilt wird865 – und Agerich von Verdun, dessen Ableben Gregor in erster Linie auf Gewissensbisse ob des nicht gelungenen Schutzes des ihm anvertrauten Gunthram Boso sowie damit einhergehendem strengen Fasten zurückzuführen scheint, gestorben sein.866 Die bisher vorgebrachten Sterbefälle lassen sich vergleichsweise leicht ihren jeweiligen Kategorien zuordnen, wenn auch ein interpretatorischer Spielraum niemals ausgeschlossen werden soll. Doch gibt es, gerade im Fall des weitgehend neutral geschilderten Todes, offensichtliche Zweifelsfälle, wie bei Remigius von Bourges und Albinus von Uzés. Nachdem Remigius gestorben war, wurde die gesamte Stadt durch ein Feuer verwüstet.867 Gregor unterlässt es, die Zerstörung der Stadt Bourges mit Remigius’ Tod in Verbindung zu setzen. Andernfalls wäre der Tod für Remigius vielmehr als Gnade anzusehen, da er nicht die Zerstörung seiner Stadt mit ansehen musste.868 Albinus von Uzés, ohne Wissen des Königs 862 Nicht zu folgen ist daher der Einordnung von Jones, Death and Afterlife, S. 197 Anm. 177, Berthrams Ableben indiziere zukünftige Höllenstrafen. 863 Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 40, S. 247: Post haec Elafius Catalaunensis episcopus propter causas Brunichildis reginae in Hispaniis in legatione directus, correptus a febre nimia, spiritum exalavit, et exinde delatus mortuus, ad civitatem suam sepultus est. Vgl. zu Elafius Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 619; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 148. 864 Vgl. Kapitel 6.2.2 e. 865 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 1, S. 477. Gregor kam es hierbei vornehmlich auf dessen Nachfolger an, niemand anderen als Gregor I., der im weiteren Verlauf eine prominente Position einnimmt. Zur Rolle des Papstes im letzten Buch der Historien Gregors vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 69–71; ders., Structures typologiques de l’histoire, S. 581. Zu weiteren Interpretationen um Pelagius’ Ableben vgl. Lucas, Scattered Bones, S. 485f. Im Liber pontificalis (Bd. 1 n. 65, S. 309) wird Pelagius’ Tod ohne Ursache genannt. 866 Zuvor ist bereits auf Domnolus von Le Mans eingegangen worden, vgl. Kapitel 6.2.2 e. 867 Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 39, S. 309: Remigius Biturgium episcopus obiit. Cuius post transitum gravi incendio pars maxima civitatis cremata est. Zu Remigius vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1604f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 146. 868 Vergleichbar mit Aravatius von Tongern, dem sein Tod vor der Zerstörung seiner Stadt durch die Hunnen gewährt worden ist, vgl. Kap. 6.2.2 c, Anm. 769.

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ins Amt gekommen, starb, bevor er von diesem abgesetzt werden konnte.869 Auch Albinus’ Tod lässt keine Spekulationen zu, er scheint zufällig vor seiner Absetzung gestorben zu sein. Den Abschluss bilden erneut Beispiele mit scheinbar genauen medizinischen Diagnosen. Dass sich dahinter oftmals narrative Strategien verbergen, zeigt das Beispiel um Felix von Nantes.870 Felix weist ein beeindruckendes Krankheitsbild auf. Erst hatte er die Drüsenpest auskuriert, doch bildeten sich daraufhin aufgrund von Feuchtigkeit an seinen Schienbeinen Blasen (tibiae eius ab humore pusulas emerserunt). Infolge des zur Linderung darauf gelegten Umschlages (cataplasmam) begannen die Schienbeine zu faulen (conputrescentibus tibiis). Daraufhin starb Felix im 33. Jahr seines Episkopats und im Alter von 70 Jahren (vitam finivit).871 Gregor würde erneut präzise natürliche Umstände wiedergeben, die zum Tod geführt haben. Allerdings muss noch auf eine zweite, die persönliche, Ebene verwiesen werden. Gregor und Felix standen nicht im besten Einvernehmen miteinander,872 wenngleich dies nicht immer so gesehen wird.873 Umso mehr muss es überraschen, dass Gregor ihm einen derart umfassenden Bericht zu seinem Ableben 869 Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 7, S. 276: Post cuius obitum [sc. Ferreolus] Albinus ex praefecto per Dinamium rectorem Provinciae extra regis consilium suscepit episcopatum; quem non amplius quam tribus utens mensibus, cum ad hoc causa restitisset, ut removeretur, defunctus est. Vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 103; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 223. 870 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IX, 23, S. 443. 871 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 15, S. 285. Vgl. zu Felix’ Leben und Werdegang McDermott, Felix of Nantes, S. 3–5; Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 752–757; Stroheker, Senatorische Adel, S. 172f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 174f. Zu seinem Tod und den Vorzeichen vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 527f. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 239 Anm. 8, spricht allgemein von einer Sepsis als Todesursache. 872 Vgl. zu den Ursachen Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 5, S. 200. Zum Wahrheitsgehalt der Vorgänge vgl. Geary, Merowinger, S. 130. Hinzu kommen eine Episode um den Priester Rikulf (Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 49, S. 262) und Gregors Weigerung, Felix’ Neffen Burgundio bereits zu seinen Lebzeiten zu seinem Nachfolger zu weihen (Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 15, S. 285). Die Weigerung erfolgte jedoch nicht aufgrund von Spannungen zu Felix, sondern aufgrund fehlender Voraussetzungen des Neffen. Vgl. Geary, Merowinger, S. 130; Reimitz, History, Frankish Identity, S. 36f.; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 168f.; Walter / Patzold, Episkopat im Frankenreich der Merowingerzeit, S. 122f. 873 McDermott, Felix of Nantes, möchte ein tatsächlich freundschaftliches Verhältnis zwischen Gregor und Felix erkennen. Diese allzu positive Einschätzung weiß jedoch genauso wenig zu überzeugen wie die negative. Wenn Gregor in Wahrheit ein gutes Verhältnis zu Felix unterhalten hätte, so überraschen seine ausgewählten Berichte in den Decem libri historiarum. Die in der Tat zahlreichen Spekulationen McDermotts außer Acht lassend, sollte der Blick darauf gerichtet werden, welches Bild Gregor über seine Beziehung zu Felix in seinen Decem libri historiarum vermitteln möchte, unabhängig von einer möglicherweise anders gelagerten ›Wahrheit‹.

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widmet.874 Zu fragen ist also, ob hier noch deutlich gewichtigere Motive eine Rolle spielen als die Absicht, den Hergang des Todes mitzuteilen. In Anbetracht der möglicherweise belasteten Beziehung zwischen Gregor und Felix ließe sich überlegen, ob dessen Tod nicht realistisch, sondern betont negativ konturiert werden sollte.875 Indizien für eine solche Annahme bietet der Todesbericht allerdings nicht. Gregor belässt es bei der Angabe verschiedener Symptome, die das Ableben zur Folge gehabt hätten, ohne es positiv oder negativ einzuordnen. Gleiches gilt für den Tod des Namatius von Orléans. Bei Namatius, Gesandter König Gunthrams, bildeten sich drei bösartige Pusteln am Kopf (pusulae malae ei tres oriuntur in capite), woraufhin er in schweres Siechtum verfiel (valde confectus taedio) und auf dem Rückweg in seine Stadt starb (spiritum exalavit). Daraufhin wurde sein Leichnam nach Orléans gebracht und dort bestattet.876 Gregor verliert kein Wort über besondere Heiligkeit, kein Wort über einen unsteten Lebenswandel, sondern gibt nur den Hinweis auf die doch recht ungewöhnlichen Umstände seines Todes. h Gregor und seine Vorgänger – Die Liste der Bischöfe von Tours Gregor beendet seine Decem libri historiarum mit einer Übersicht aller ihm vorangegangenen Bischöfe von Tours.877 Die meisten von ihnen hat er bereits in seinen ersten Büchern aufgeführt.878 Waren diese Berichte oft mehr als knapp, weiß Gregor nun deutlich mehr über seine Vorgänger im Amt zu berichten. Ihm 874 McDermott, Felix of Nantes, S. 19, sieht in den umfassenden Details einen starken Beweis, dass Gregor Felix kurz vor dessen Ableben aufgesucht hat. Dies spräche gemäß seiner Interpretation für ein intaktes Verhältnis der beiden. Allerdings räumt McDermott ein, dass Gregor auch über andere Kanäle Details über das Ableben seines Suffragans erhalten haben kann. 875 Infolgedessen mag auch die Angabe des Alters von 70 Jahren nicht im Sinne des biblischen Alters lobend zu verstehen sein, sondern nur als Angabe der Lebensjahre. 876 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IX, 18, S. 432. Vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1350f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 176f. 877 Gregors Übersicht scheint eng an das Schema des Liber pontificalis angelehnt zu sein, es ist jedoch unklar, ob Gregor ihn als Vorlage für seine Liste benutzt hat. Vgl. Craig, Bishops and Balancing Acts, S. 78, mit dort zusammengestellter Forschungsdiskussion. Breukelaar, Historiography and Episcopal Authority, S. 59–66, datiert die Abfassung, anders als es die abschließende Angabe des Kapitels ausweist, auf Ende 591/Anfang 592. Eine Übersicht der Vorgänger Gregors gemäß seinen Angaben bietet Mathisen, Family of Gregorius Florentius Gregorius, S. 87. 878 Es fehlen einzig Beschreibungen zum Tod des zweiten Bischofs von Tours, Litorius, sowie zu Gregors unmittelbarem Vorgänger, Eufronius. Warum Gregor über Litorius schweigt, ist unklar. Der Verzicht auf einen Todesbericht zu Eufronius mag Gregor dazu dienlich gewesen sein, nicht über seine eigene Einsetzung handeln zu müssen. Gregor scheint bei den Bürgern von Tours nicht auf uneingeschränkte Zustimmung gestoßen zu sein. Das auf die Einsetzung Gregors verfasste Lobgedicht von Venantius Fortunatus wird entsprechend als eine Art Werbetext für die Turoner Bevölkerung verstanden, vgl. Kapitel 6.3.

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sind insgesamt 21 Männer als Bischof von Tours vorangegangen.879 Der erste Bischof, Catianus, war von Gregor den Märtyrern und Bekennern zugeordnet worden, doch findet sich in seiner Liste darüber kein Hinweis mehr. Catianus feierte zwar aufgrund der noch hohen Zahl von Heiden Messen im Verborgenen, doch verrichtete er seinen Dienst für Gott pflichtgetreu (perpensius) und starb in Frieden (obiit in pace).880 Gregor setzt hier seinen in den späteren Büchern verstärkt zu beobachtenden nüchternen Stil fort, weniger stilisierend, sondern nah an den Personen bleibend, ohne dadurch jedoch das Bischofsamt abzuwerten. Ganz im Gegenteil: Catianus wird als erstem Bischof die große Leistung zugesprochen, zahlreiche Heiden zum wahren Glauben geführt zu haben. Und trotz großer Widerstände habe er sich immer ganz der Pflicht seines Amtes hingegeben. Lohn dafür war ein Tod in Frieden, also in einer nun weitgehend christianisierten Umgebung. Dies zeigt sich gemäß Gregor auch daran, dass er auf dem Kirchhof des Ortes, der den Christen gehörte, begraben wurde.881 Es ist nicht notwendig, ausführlich auf alle Bischöfe von Tours genauer einzugehen. Einige Beobachtungen genügen an dieser Stelle. Während der Bericht über Leben und Ableben Martins keine Neuigkeiten hervorbringt, vielmehr deutlich zurückgenommen erscheint – der Streit um Martins Leichnam findet sich nicht mehr –, ist das Leben seines Nachfolgers Brictius umso aufschlussreicher. Brictius wurde, nachdem er bereits viele Jahre das Bischofsamt ausgeübt hatte, von den Bürgern von Tours unter dem Vorwurf der Unzucht verstoßen. Gregor missbilligt dieses Verhalten ausdrücklich.882 Diese Inschutznahme von Brictius durch Gregor ist durchaus bemerkenswert, immerhin hatte jener, so berichtet es Gregor, zu Lebzeiten Martins diesem viele Kränkungen zugefügt.883 Im zweiten Buch verweist Gregor aber auch auf die Wunder, die Brictius vergeblich gewirkt hatte, um seine Unschuld gegenüber den Bürgern von Tours zu beweisen. In der Liste ist offensichtlich kein Platz für derartiges, die Wunder fehlen. Brictius wandte sich nach Rom, um dem Papst das ihm gegenüber an den Tag gelegte unrechte Verhalten zu schildern. Ebenso wollte auch der mittlerweile 879 Darunter werden sowohl die dem vierten Bischof Brictius entgegengesetzten Bischöfe Armentinus und Justinianus gezählt als auch Theodorus und Proculus als zwei Bischöfe gerechnet, selbst wenn sie gemeinsam das Bistum Tours als zehnter Bischof vertraten. 880 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 526. 881 Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 526: sepultus est in ipsius vici cimiterio, qui erat christianorum. 882 Im zweiten Buch spricht Gregor davon, die Bürger verharrten nach der Erhebung eines zweiten Gegenbischofs gegen Brictius in ihrer Bosheit (in sua malitia perdurantes). Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem II, 1, S. 38. In der Bischofsliste heißt es dazu, die Bürger von Tours hätten ihr Böses wiederholt (Turonici iterum malignantes). Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 528. Zu Bricitus (Brictio) vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 369–372; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 199f. 883 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem II, 1, S. 37.

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in Tours eingesetzte neue (Gegen-)Bischof Justinianus seine Sache dort vertreten und reiste Brictius hinterher, starb jedoch in Vercelli, bevor er Rom erreichen konnte. In der Liste wird dies lapidar ohne Wertung wiedergegeben (apud urbem Vercellensim obiit), ganz anders im Bericht aus dem zweiten Buch.884 Gleich mehrfach wird Justinianus als unwürdig und falscher Vertreter des Glaubens charakterisiert. Er starb zwar in Vercelli, doch nicht überraschend; das Gericht Gottes traf ihn (iudicio Dei percussus), weshalb er in der Fremde (peregrinus) verschied.885 Justinianus stirbt unzweifelhaft einen schlechten Tod, allerdings werden weder er noch der nach ihm gegen Brictius eingesetzte Armentinus von Gregor als Bischöfe gezählt. Gilt ihm Brictius als vierter Bischof von Tours, so ist der fünfte gemäß seiner Zählung Eustochius. Justinianus stirbt somit zwar schlecht, doch in den Augen Gregors nicht als amtierender Bischof. Dies mag ihn erst dazu bewogen haben, derart polemisch über Justinianus’ Tod zu berichten. Dieser ist immerhin nicht nur durch das Gericht Gottes, sondern zudem in der Fremde verstorben. Von Bedeutung ist dies insofern, als Gregor in seiner Liste explizit heraushebt, im Grunde hätten alle nach Martin folgenden Bischöfe in der zu seinen Ehren errichteten Kirche ihre letzte Ruhestätte gefunden, worin Martin Heinzelmann ein »Gruppenverständnis« der Turoner Bischöfe in den Augen Gregors erkennt.886 Dass Gregor bei allen Bischöfen ihre Grablege erwähnt, unterstreicht dieses Phänomen.887 Aus der Grabstätte innerhalb der Kirche lässt sich jedoch nicht das eigentliche Verdienst der Verstorbenen erkennen, vielmehr der Wunsch von Stadt und Nachfolgern im Amt, eine entsprechende Traditions- und Erinnerungskultur, eine memoria zu etablieren. Nicht umsonst sind gerade die in den Augen Gregors unwürdigen Vertreter von einem Grab im Kirchenraum ausgenommen. Dies sind Justinianus und Armentinus sowie die in der Verbannung gestorbenen Bischöfe Volusianus und Verus.888 884 Zur Rolle der Episode um Brictius am Anfang des zweiten Buches vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 118. 885 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem II, 1, S. 38, sowie X, 31, S. 528. Zu Justinianus vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 2, S. 1086f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 199. Brictius’ Leben ist auch nach der Zeit Gregors in Erinnerung geblieben und hat schließlich Eingang in die Legenda Aurea gefunden. An Gregor angelehnt werden Wundertaten, Vertreibung, seine Gegenbischöfe und Brictius’ Rückkehr geschildert, die genauen Todesumstände der Gegenbischöfe finden keine Erwähnung. Vgl. Jacobus de Voragine, De sancto Brictio, Legenda Aurea 2 c. 167, S. 2166–2169. 886 Vgl. Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 26. 887 Zur Bedeutung der Versammlung aller oder zumindest der meisten Verstorbenen Vorgänger im Amt innerhalb einer Kirche vgl. Borgolte, Bischofssitz, S. 27. Ebd., S. 40–42, zu Gregors Berichten über die Ausbildung der Martinskirche als Turoner Grabkirche. 888 Vgl. zu den beiden letztgenannten und den Gründen ihrer Verbannung Stüber, Inkriminierte Bischof, S. 89–100.

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Nachdem Brictius dem Papst gegenüber seine Leiden berichtet hatte und sieben Jahre in Rom geblieben war, kehrte er nach Tours zurück. Gerade in dem Augenblick, als er die Stadt erreichte und durch ein Tor betrat, wurde sein unrechtmäßiger Kontrahent Armentinus tot aus einem anderen Tor der Stadt getragen. Dies berichtet Gregor übereinstimmend im zweiten und zehnten Buch. In seinem frühen Bericht konkretisiert er die Umstände. Armentinus erlag um Mitternacht einem Fieber, was Brictius sofort in einem Traum mitgeteilt wurde, woraufhin er eilig seinen Weg nach Tours fortsetzte.889 Durch diese alles andere als zufällige Zusammenführung der Ereignisse erscheint auch Armentinus nicht allein aufgrund einer natürlichen Ursache, sondern auf höheren Einfluss hin aus dem Leben getreten zu sein. Deutlich wird, dass Gregor einerseits auch die Bischöfe von Tours dazu heranzieht, die Würde des bischöflichen Amtes hervorzuheben, um gleichzeitig an unwürdigen Vertretern das entsprechende Schicksal zu demonstrieren; andererseits unterlässt er es in seiner Übersicht am Ende des zehnten Buches, derartige Wertungen aufzunehmen. Im eschatologischen Höhepunkt haben solche Berichte keinen Platz gefunden. Die Berichte zu den weiteren Turoner Bischöfen sind weniger ergiebig, positive Darstellungen finden sich aber weiterhin. Licinius, der neunte Bischof, reiste vor Antritt seines Amtes nach Kleinasien zu den heiligen Orten und machte sich nach seiner Rückkehr um die Gründung eines Klosters verdient.890 Dinifius und Ommatius, die Bischöfe elf und zwölf, zeichneten sich besonders durch ihrer Kirche und den Städten ihres Bistums nach ihrem Tod hinterlassene Güter aus, Ommatius zudem durch die Verschönerung der Hauptkirche in Tours sowie den zu Lebzeiten unvollendet gebliebenen Bau einer weiteren Kirche.891 Dessen Nachfolger Leo wird dann als tüchtiger Handwerker gelobt, der darauf folgende Francilio wiederum aufgrund seiner Schenkungen an die Kirche des hl. Martin.892 Der fünfzehnte Bischof, Iniuriosus, tat sich durch Bautätigkeit hervor, dessen Nachfolger Baudinus durch die umfangreiche Gabe von Almosen.893 Einzig der nun folgende Bischof Gunthar durchbricht die Reihe eindeutig positiver Berichte. Gunthar wird zwar als äußerst verständiger Mensch gewürdigt, doch habe 889 Gregor von Tours, Libri historiarum decem II, 1, S. 38: Armentinus vero febre corripitur, media autem nocte spiritum exalavit. Quod protinus Brictio episcopo per visum revelatum est. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 528. Zu Armentinus vgl. Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 209f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 199. Gregor setzte hier auch das Konzept des Monoepiskopats in Szene, gemäß dem es nur einen Bischof in einer Stadt geben kann, vgl. Kirchner, Bischöfe und »ihre« Stadt im Frankenreich, S. 96. Folglich kehrt Brictius erst zurück, als sein Kontrahent tot aus der Stadt getragen wird. 890 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 531. 891 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 532. 892 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 532f. 893 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 533.

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er diese Eigenschaft als Bischof nicht mehr besessen. Vielmehr erlag er dem Wein und sprach ihm derart zu, dass sein Verstand schwere Folgen davontrug, woraufhin er selbst enge Bekannte nicht wiedererkannte.894 Auswirkungen auf sein Ableben leitet Gregor daraus jedoch nicht ab, denn auch Gunthar fand sein Grab in der Kirche des hl. Martin. Seinen direkten Vorgänger Eufronius lobt Gregor insbesondere als Erbauer und Wiederhersteller zahlreicher Kirchen, die infolge eines großen Feuers in Tours zerstört worden waren.895 i Zusammenführung und Ergebnisse Alles in allem lässt sich aus den bischöflichen Sterbeberichten Gregors in seinen Decem libri historiarum erstaunlich viel herauslesen, von denen wir diejenigen verstärkt beobachtet haben, die sich während Gregors Episkopats ereignet haben. Neben der hohen Zahl an Beispielen fällt die Tendenz auf, die Todesfälle überwiegend nicht allein zu benennen, sondern durch oftmals knappe weiterführende Informationen zu ergänzen. Grundsätzlich spiegeln die exemplarisch aufgeführten Fälle Weltanschauung und Bischofsbild Gregors deutlich wider. Sehr oft stellt er gute und schlechte Todesfälle unmittelbar einander gegenüber, doch ist es nie der (rechtgläubige) Bischof, der einen Tod erleidet, unabhängig von seinem vorangegangenen Leben, wenngleich sich im Fall von Pappolus von Langres auch Argumente für eine negative Einordnung seines Ablebens finden ließen. Durch einen schlechten Tod wird unrechtes Leben anhand anderer Personengruppen vor Augen geführt, zumeist aus dem niederen Klerus oder der Oberschicht. Der christlich-katholische Bischof erleidet bei Gregor keinen eindeutig schlechten Tod, ihm werden an keiner Stelle ewiges Höllenfeuer oder andere ewige Strafen angedroht. Dennoch wird der Bischof keinesfalls durchgehend als Heiliger porträtiert, der sich durch einen idealen Tod, ganz im Geiste Martins von Tours oder Marias, ausgezeichnet hätte. Anders als in den frühchristlichen Lebensbeschreibungen setzt Gregor den von ihm als heiligmäßig eingestuften Bischöfen oder anderen Klerikern zur endgültigen Erhöhung nie den Teufel als schlimmstmöglichen Feind und Verführer entgegen. Der ideale Tod Martins, der den Teufel noch auf dem Totenbett zurückweisen konnte und seine Heiligkeit durch diese Tat deutlich sichtbar unter Beweis gestellt hatte, ist in den folgenden Jahrhunderten ohnehin kaum mehr nachzuweisen.896 Zwar finden sich noch zahlreiche Anklänge daran, doch zeichnet sich bereits eine nennenswerte Zahl der Berichte durch auffällig natürliche, auch heute noch nachvollziehbare Krankheitsbilder und -verläufe aus. Diese Einteilung darf allerdings nicht absolut gesetzt werden. Das Beispiel um Felix von Nantes hat gezeigt, dass 894 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 533. 895 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 534. 896 Vgl. Boglioni, Scène de la mort, S. 191; Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 71f.

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auch ein natürlicher Todesfall der unterschwelligen Herabsetzung eines Verstorbenen dienen kann. Dies verdeutlicht, wie bewusst und zielgerichtet Gregor Sterbesequenzen, nicht nur von Bischöfen, sondern generell in seinen Decem libri historiarum eingeflochten hat. Darüber hinaus verzichtet er in seinen Todesschilderungen konsequent auf Details wie die Gabe des Viaticums. Sein Werk stellt eine auffallende Unterbrechung dieser Praxis dar, die sich sowohl bei Ambrosius als auch in karolingischer Zeit und darüber hinaus reichhaltig nachweisen lässt.897 Es gilt nun diese Ergebnisse mit der Frage zusammenzubringen, wie Gregor das Amt des Bischofs wahrgenommen hat. Gregor schreibt nicht allein als gallischer Bischof, sondern repräsentiert auch den Vertreter der gallorömischen Senatorenaristokratie. Dass Gregor als Bischof großen Wert darauf legt, den Einfluss seiner Amtsbrüder gebührend innerhalb seines Werkes hervorzuheben, überrascht nicht. Seine Herkunft ist hingegen weit weniger aufschlussreich als zunächst angenommen. Gregor verweist bei 15 Bischöfen auf ihre senatorische Abkunft, wobei sich darunter sechs Bischöfe von Tours898 und drei Bischöfe von Clermont befinden,899 die teils mehr als ein Jahrhundert vor Gregor gelebt haben. Es verwundert, dass er nur bei sechs Bischöfen von Tours explizit deren hohe Herkunft angibt, wo er doch bei dreizehn von ihnen eine direkte verwandtschaftliche Linie zu sich selbst herzustellen vermochte.900 Und auch bei den weiteren mit ihm verwandten Bischöfen aus Langres, Clermont oder Lyon, die ohne Zweifel ebenfalls der senatorischen Aristokratie angehört haben, verzichtet Gregor auf die Angabe ihrer Herkunft. Dies erweckt den Anschein, dass eine senatorische Abkunft für Gregor in der Beurteilung eines Bischofs kein nennenswertes Kriterium dargestellt hat. Ohnehin besetzen die derart ausgezeichneten Bischöfe keine übergeordnete Position innerhalb der Decem libri historiarum, und auch ihre jeweiligen Todesschilderungen lassen keine Bevorzugung erkennen; ganz im Gegenteil wirken sie äußerst zurückhaltend.901 Deutlich wird, dass in Gregors Augen senatorische Abkunft nicht automatisch einen würdigen 897 Vgl. Browe, Sterbekommunion, S. 2. Weiterhin Angenendt, Geschichte der Religiosität, S. 668. 898 Die Bischöfe Eustochius, Perpetuus, Volusianus, Ommatius, Francilio und Eufronius. Gregor vermerkt dies in seiner Übersicht über alle ihm vorangegangenen Bischöfe von Tours am Ende seines zehnten Buches. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 529, 531f. u. 534. Über alle genannten Bischöfe hat Gregor bereits zuvor innerhalb der Decem libri historiarum berichtet, doch nur bei Volusianus und Francilio bereits auf deren Zugehörigkeit zum Senatorengeschlecht hingewiesen. 899 Die Bischöfe Urbicus, Venerandus und Sidonius. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem I, 44, S. 28; II, 13, S. 62 und II, 21, S. 67. 900 Vgl. Kapitel 6.2 Anm. 607. 901 Auch mit Stroheker, Senatorische Adel, und seiner prosopographischen Analyse kann nur ein geringer Teil der bei Gregor genannten und sterbenden Bischöfe sicher der Senatorenaristokratie zugerechnet werden.

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Kandidaten für das Amt eines Bischofs hervorbringt, was daran erinnert, dass auch Martin von Tours nicht Teil der senatorischen Oberschicht war. Geht man einzig von den ohnehin schwierig zu fassenden Komponenten Macht oder Einfluss aus,902 so fügen sich diese Beobachtungen nicht stimmig in eine Gesamtschau ein. Auch Gregor ging es eher darum, gerade durch den Bischofstod die Akzeptanz und Rechtmäßigkeit des Verstorbenen zu demonstrieren. Deutlich gezeigt werden konnte, dass Gregor vor dem Zeitraum seines Episkopats – die frühen Märtyrer ausgenommen – vornehmlich Bischöfe aus seiner Verwandtschaft oder ihm vertrauten Städten aufgeführt hat. Hierbei geht es weniger um den Einfluss dieser Männer als um die Beziehungen, die Gregor zu diesen vorweisen kann. Erst mit Antritt seines eigenen Episkopats treten auch die anderen Bischöfe verstärkt als Amtsträger, als Ratgeber der Könige und als Vermittler der Menschen zu Gott in den Vordergrund. An der besonderen Stellung der Bischöfe ließ Gregor nie einen Zweifel, und selbst dem Anschein nach natürliche Todesschilderungen wahren, wie im Falle des Felix von Nantes, noch immer die Würde des Amtes, auch wenn die Person selbst unterschwellig diskreditiert wird. Der Bischof Gregor unterlässt es somit zwar, das Bischofsamt herabzusetzen, einzelne Repräsentanten dieser Gruppe weiß er aber entsprechend zu charakterisieren. Damit legt er den Grundstein für eine Form der Berichterstattung, wie sie im ausgehenden 11. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichen wird.

6.2.3 Liber vitae patrum – Das Buch vom Leben der Väter nebst einem Seitenblick auf die merowingische Hagiographie Gregor von Tours hat neben den Decem libri historiarum weitere Texte verfasst, insgesamt zehn Bücher.903 Martin Heinzelmann sieht darin eine bewusste Gegenüberstellung der Decem libri historiarum mit nun zehn ›hagiographischen‹ 902 Vgl. Diefenbach, Bischofsherrschaft, S. 126. Er definiert die gallische Bischofsherrschaft nicht danach, inwiefern ein Bischof eigene Interessen durchsetzen konnte, sondern Akzeptanz für seine Autorität erhielt. 903 Diese Miracula setzen sich zusammen aus 1) dem Liber in Gloria martyrium, 2) dem Liber de passione et virtutibus sancti Iuliani martyris, 3–6) den Libri I–IV de virtutibus sancti Martini episcopi, 7) dem Liber vitae patrum sowie 8) dem Liber in gloria confessorum (auch wenn Gregor in der Übersicht seiner Werke [Gregor von Tours, Libri historiarum decem X, 31, S. 535f.] den Liber vitae patrum separat von den anderen sieben Büchern nennt). Hinzu kommen zwei kurze ergänzende Texte (ebd.). Die Datierung dieser zumeist unfertig gebliebenen Werke ist äußerst unsicher, vgl. zusammenfassend Shaw, Chronology, S. 102– 107. Ein zusätzliches Problem ergibt sich durch zahlreiche Querverweise zwischen den Werken, die eine Datierung einzelner Abschnitte noch einmal erschweren (vgl. ebd., S. 113– 120). Shaw schließt (S. 137f.), dass Gregor alle acht Bücher zu großen Teilen parallel ge-

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Büchern.904 Ausführlicher wird im Folgenden der Liber vitae patrum, verfasst möglicherweise in den 580er Jahren,905 einer Analyse unterzogen. Gregor vereint darin in zwanzig Kapiteln Berichte über Leben und Wundertaten von dreiundzwanzig Personen, vorrangig Äbten, Reklusen, einer Nonne und sechs Bischöfen.906 Ein Großteil dieser Bischöfe hat auch Aufnahme in die Decem libri historiarum gefunden. Somit bietet sich innerhalb von Gregors Werk einmal mehr die Möglichkeit, Sterbeberichte einzelner Bischöfe zu vergleichen. Zu unterscheiden ist dabei die unterschiedliche Intention, die den Werken zugrunde liegt. Während die Decem libri historiarum geschichtliche Zusammenhänge vermitteln wollen – ohne jedoch das heilsgeschichtliche Element aus den Augen zu verlieren –, liegt das Augenmerk bei den im Liber vitae patrum zusammengestellten Lebensbeschreibungen auf anderen Schwerpunkten. In der Vorbemerkung zur ersten Vita nennt Gregor selbst einen beabsichtigten Effekt dieser Exempla: Sie sollen dem Leser nicht nur ein Ziel eröffnen, sondern dessen Seele auch zum Erfolg verhelfen (sanctorum vita non modo eorum pandit propositum, verum etiam auditorum animos incitat ad profectum).907 Neben dieser recht offensichtlichen und für hagiographische Texte keineswegs ungewöhnlichen Absicht fällt ein weiteres Detail ins Auge. Der überwiegende Teil der vorgestellten

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schrieben hat und in einem Werk veröffentlichen wollte, dies aber aufgrund seines Todes nicht hatte umsetzen können. Vgl. Heinzelmann, Rolle der Hagiographie in der frühmittelalterlichen Gesellschaft, S. 133. Heinzelmann erachtet Gregors hagiographische Werke für Stellung und gesellschaftliche Funktion dieser Texte als von »einmaliger Bedeutung« (S. 136). Vgl. ders., Grégoire de Tours et l’hagiographie Mérovingienne, S. 181–191; ders., Hagiographie mérovingienne. Panorama des documents potentiels, S. 64; ders., Pouvoir et idéologie dans l’hagiographie mérovingienne, S. 48. Der Abfassungszeitpunkt des Werkes ist schwer zu bestimmen. Vermutlich liegen seine Ursprünge in den 580er Jahren, doch können einige Berichte erst zu Beginn der 590er Jahre verfasst worden sein. Vgl. zum Problem der Datierung James, Introduction, S. XII; Verdon, Grégoire de Tours, S. 83. Eine geographische Übersicht, visualisiert anhand einer Karte, findet sich bei James, Introduction, S. XXVIII. Die dabei aufgegriffenen Personen sind von Gregor zumeist aus seinem unmittelbaren Umfeld genommen worden, allein zehn sind aquitanischer Herkunft, vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 134; Leyser, Divine Power Flowed from this Book, S. 286; James, Introduction, S. 6f. Zur Gesamtkonzeption des Werkes, über 20 Einzelkapitel hinausgehend, vgl. Heinzelmann, Grégoire de Tours et l’hagiographie Mérovingienne, S. 185f. Gregor von Tours, Liber vitae patrum, S. 212. Vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 132f.; Heinzelmann, Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, S. 310; ders., Grégoire de Tours et l’hagiographie Mérovingienne, S. 182; ders., Wandlungen des Heiligentypus, S. 338. Zur Schreibabsicht vgl. auch James, Introduction, S. XIVf. Zu den biblischen Verbindungen zwischen Prologen und Lebensbeschreibungen in den Vitae patrum vgl. Kitchen, Gregory of Tours, Hagiography, and the Cult of the Saints, S. 402–409 u. 425f. (tabellarische Übersicht). Er hebt die insbesondere in diesen Viten zu beobachtende typologische Erscheinung der porträtierten Personen, ausgehend von alt-, zumeist jedoch neutestamentlichen Vorbildern, hervor.

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Personen ist entweder mit Gregor verwandt, stand in irgendeiner Form mit ihm in Beziehung und/oder weist Beziehungen zu Clermont oder Tours auf.908 Gregor hat somit nicht zufällig Personen herausgegriffen, präsentiert im Gegenteil Angehörige der senatorischen Oberschicht, die sich durchweg durch ein nachahmungswürdiges Leben ausgezeichnet haben. Gleichzeitig stellt sich Gregor in ihre Tradition, einerseits familiär, andererseits geographisch. Er erscheint nicht allein als Repräsentant einer einflussreichen Familie, der Städte Clermont und Tours sowie des Bischofsamtes an sich. Gregor inszeniert sich als eine in einer Tradition von Heiligkeit stehende Persönlichkeit.909 Unser Augenmerk gilt den Bischöfen. Neben Gregor von Langres, Vater seines eigenen Nachfolgers Tetricus und Urgroßvater Gregors von Tours, sowie Nicetius von Trier, die in den Decem libri historiarum zwar Erwähnung finden, jedoch keinen Sterbebericht erhalten, bieten sich die weiteren vier Prälaten für einen Vergleich an. Es handelt sich um die Bischöfe Illidius, Quintianus und Gallus von Clermont sowie den omnipräsenten Nicetius von Lyon. Die im Liber vitae patrum zu findenden Berichte über die Bischöfe vom Clermont weisen erwartungsgemäß größte Ähnlichkeit mit denen in den Decem libri historiarum auf; Gregor selbst weist mehrfach innerhalb seiner Historien auf einzelne bereits von ihm abgefasste Lebensbeschreibungen hin – die folglich vor dem entsprechenden Bericht in den Decem libri historiarum abgefasst worden sein müssen.910 Eine umfassende Erweiterung oder überraschende Umdeutung ist daher bezüglich des Sterbeberichtes auch nicht zu erwarten. Dennoch fällt auf, dass der Tod selbst nur äußerst kurz aufgegriffen wird,911 wenngleich Quintianus eindeutig positiv konnotiert wird, er starb perfectus in

908 Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 1, S. 294; James, Introduction, S. XIV; McDermott, Felix of Nantes, S. 22. Zur geographischen Ausrichtung Gregors außerhalb seiner Historien vgl. Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 137f. Zudem sind alle vorgestellten Personen neben den Bischöfen Teil des Klerus oder einer monastischen Gemeinschaft. Der Zugang zu den von Gregor vertretenen spirituellen Werten scheint also insbesondere über die Zugehörigkeit zum klerikalen Stand erreichbar gewesen zu sein. Folglich erachtet Heinzelmann, Gregor von Tours. »Zehn Bücher Geschichte«, S. 153, die »Klerikalisierung der Gesellschaft« als »Hauptpunkt in Gregors Sozialprogramm«. 909 Eine weitere Komponente zur Entschlüsselung des Aufbaus dieses Werkes liefert Leyser, Divine Power Flowed from this Book, S. 292. Demnach repräsentierten die ersten acht Beispiele große Personen aus Gregors Kindheit und Jugend, die ihm vielfältige Erziehung zuteilwerden ließen – insbesondere bischöfliche Tugenden durch seine bischöflichen Verwandten. Die folgenden Lebensberichte schildern dann, wie Gregor dieses Wissen weitergegeben hat. 910 Dazu zählt exemplarisch Nicetius von Lyon. Vgl. Kapitel 6.2.2 c. 911 So beendete Illidius die rasant Christus entgegeneilende Lebenszeit (man fühlt sich an Augustinus erinnert), sein Körper wurde in der Kirche von Clermont bestattet, Gregor von Tours, Liber vitae patrum II, 1, S. 219: Sanctus vero, ut aiunt, impleto vitae praesentis tempore, in ipso iteneris curriculo migravit ad Christum, a suisque delatus, in urbe sua

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sanctitate.912 Viel ausführlicher werden im Liber vitae patrum die Wundertaten der einzelnen Bischöfe wiedergegeben. Die seinem Onkel Gallus zuteil gewordene Gnade, die Pest von seiner Stadt ferngehalten zu haben, ebenso wie das Wissen um seinen in acht Jahren folgenden Tod haben auch Eingang in die Decem libri historiarum gefunden.913 Allerdings wurde ihm gemäß Gregor vorausgesagt, sich nicht aktuell, sondern in acht Jahren zu fürchten (Nunc autem ne timeas; post octo vero annos time).914 Die Wortwahl erscheint überraschend. Gallus erhält eine große Gnade durch diesen Hinweis, dennoch werde er Jahre später Furcht erfahren. Ohne Zweifel ist sein Tod gemeint, doch widerspricht Gallus’ Lebensführung der Annahme, er müsse sich bezüglich seines Todes fürchten. Möglicherweise hat Gregor hier eine nur allzu menschliche Regung bezüglich des Todes mit eingeflochten: Furcht vor dem nahenden Ableben.915 Zwei Beobachtungen zu Gallus’ Leben in beiden Werken sind markant: Anders als im Fall von Illidius und Quintianus verweist Gregor in den Decem libri historiarum nicht darauf, über Gallus bereits anderweitig eine Vita verfasst zu haben. Dies mag vielfältige Gründe gehabt haben. Auffällig ist aber, dass Gallus’ Tod im Liber vitae patrum ausführlicher, präziser geschildert wird. Heißt es in den Decem libri historiarum recht lapidar, Gallus verschied nach Ablauf der ihm verbliebenen acht Jahre aus der Welt (ab hoc mundo migrasset),916 so gibt Gregor im Liber vitae patrum mehr Informationen. Gallus lag demnach krank, an Fieber leidend, im Bett und verlor darüber hinaus seine Haupt- und Barthaare – ganz profane Symptome einer Erkrankung. Eine erneute Vision teilte ihm sein Ableben nach Ablauf von drei Tagen mit, woraufhin er die Menschen (populus) um sich versammelte, das Brot brach und die Kommunion verteilte. Nachdem er mit den Umstehenden eine letzte Messe gesungen hatte, streckte er seine Arme dem Himmel entgegen und überantwortete seine Seele Gott.917 Anschließend wird

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sepultus est. Einzig die biblische Anspielung, dass Illidius alt und des Lebens satt aus der Welt getreten ist, ist bezüglich des Berichtes im Liber vitae patrum ergänzt worden. Über Quintianus gibt Gregor im Liber vitae patrum zudem die Lage der Grabstätte des Bischofs an. Gregor von Tours, Liber vitae patrum IV, 5, S. 227: Obiit autem perfectus in sanctitate et sepultus est in basilica sancti Stephani ad levam altaris. Zu Quintianus vgl. Stüber, Inkriminierte Bischof, S. 129–142. Vgl. Gregor von Tours, Liber vitae patrum VI, 6, S. 234. Vgl. zu Gallus Pietri / Heijmans, Prosopographie chrétienne 1, S. 849–853; Stroheker, Senatorische Adel, S. 176f.; Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit 1, S. 153–155. Zur Rolle der Pest im 6. Jahrhundert vgl. Jankrift, Brände, Stürme, Hungersnöte, S. 134–138. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 5, S. 138. Dass auch Furcht einen Teil des Heiligen ausmacht, betont Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 64f. Auch Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 34, erachtet die Versatzstücke in der Erzählung um Gallus ganz im Rahmen der Topoi angesiedelt. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 5, S. 138. Gregor von Tours, Liber vitae patrum VI, 7, S. 235: Sed veniamus ad illud tempus, cum eum Dominus de hoc mundo iussit adsumi. Cum gravatus incommodo decubaret, ita febris in-

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auch die Beisetzung umfassend geschildert, beginnend mit der Waschung und Kleidung des Leichnams, dessen von einem Wunder begleiteten Aufbahrung im Kirchenraum sowie der von einer gewaltigen Menschenmasse begleiteten Grablege.918 Dies ist insofern bemerkenswert, als in der frühen lateinischen Heiligenvita Schilderungen zur Vorbereitung von Leichnamen oder deren Beisetzung kaum nachzuweisen sind.919 Die Todesschilderung an sich weist für eine Vita ungewöhnliche Elemente auf, insbesondere im Vergleich zu den übrigen bischöflichen Beispielen innerhalb des Liber vitae patrum: auf der einen Seite die zu erwartende, dennoch sehr ausführliche Schilderung über die Vorbereitungen, also die Gemeinschaft, die Kommunion oder den gemeinsamen Gesang; auf der anderen Seite der ungewöhnliche Hinweis, Gallus sei nicht nur bettlägerig und krank gewesen, habe an Fieber gelitten, sondern darüber hinaus auch seine Haare verloren. Dieses Detail passt nicht recht in den Zusammenhang der Lebenserzählung und hätte vielmehr in den Decem libri historiarum erwartet werden dürfen, wo hingegen im Grunde nicht auf Gallus’ Ableben eingegangen wird; wenngleich dort über den negativ konnotierten Bericht zu Gallus’ Nachfolger Cautinus sein eigenes Leben und Ableben indirekt zusätzliche Erhöhung findet.920 Ohne dies an dieser Stelle weiter verfolgen zu wollen, scheint Gregors terna omnia membra eius depavit, ut capillos vel barbam simul amitteret. Sciens autem, se, revelante Domino, post triduum migraturum, convocat populum et omnibus, confracto pane, communionem sancta ac pia voluntate largitur. Adveniente autem die tertia, quae erat dominica dies, qua civibus Arvernis inmanem intulit luctum, albiscente iam caelo, interrogat, quid in eclesia psallerent. Dixerunt, benedictionem eos psallere. At ille, psalmum quinquagesimum et benedictionem decantatam, vel alleluiatico cum capitello expleto, consummavit matutinos. Quo perfuncto officio, ait: ›Vale dicimus vobis, fratres.‹ Et haec dicens, extensis membris, spiritum caelo intentum praemisit ad Dominum. Zur unklaren Definition, welche Gruppe sich hinter dem populus verbirgt vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 244. 918 Vgl. Gregor von Tours, Liber vitae patrum VI, 7, S. 235f. 919 Vgl. Boglioni, Scène de la mort, S. 200. 920 Cautinus war, anders als Gallus, vor der Pest aus Clermont geflohen, schließlich zurückgekehrt und an der Krankheit gestorben; vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 31, S. 166. Auch wenn nicht explizit betont, erscheint auch hier der moralisch-christliche Zeigefinger deutlich erhoben. Insbesondere wenn vor Augen geführt wird, wie Gregor Cautinus nach dessen Amtsantritt charakterisiert hat: von allen verhasst, trunksüchtig, von Geiz zerfressen. Als Höhepunkt seiner Schandtaten begrub er einen Priester lebendig, um ihn zur Ausgabe von Dokumenten zu erpressen, was Gregor dazu bewogen hat, Cautinus in Vergleich zu Nero und Herodes zu setzen (Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 12, S. 142–144). Umso überraschender erscheint sein vergleichsweise harmloses Ableben. Erneut vermeidet es Gregor, einen Amtsbruder schlecht aus dem Leben scheiden zu lassen. Vgl. Mitchell, History and Christian Society, S. 137–140; Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 240–244. Zukünftigen Höllenstrafen bei Gregor ausgesetzt erachtet Cautinus hingegen Jones, Death and Afterlife, S. 197 Anm. 177. Der Nero- und Herodesvergleich mag dies implizieren, die Todesschilderung selbst gibt diese Erwartung jedoch

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Bericht über Gallus in den Decem libri historiarum entweder nicht von der bereits verfassten Vita beeinflusst worden zu sein oder er hat aus unerklärlichen Gründen Details über Gallus’ Tod ausgelassen. Dies wäre nur schwer zu begründen; Gallus war nicht nur Bischof von Clermont, sondern auch Gregors Onkel. Gerade dann, dies ist bereits mehrfach gezeigt worden und wird durch Nicetius von Lyon nochmals verdeutlicht werden, wäre ein besonders umfassender Bericht zu erwarten gewesen. Gregor fokussiert in den Decem libri historiarum jedoch verstärkt die Nachfolgesituation um das Amt des Bischofs von Clermont. Die Angaben im Liber vitae patrum wirken diesbezüglich als Ergänzung. Umfänglicher erscheint auch der Bericht über Nicetius von Lyon im Gegensatz zu dessen Lebensschilderungen in den Decem libri historiarum und dem Liber in gloria confessorum, nicht hingegen bezüglich des Todes an sich.921 Dennoch soll der Blick auf eine Begebenheit gelenkt werden, die sich nach Nicetius’ Ableben ereignet haben soll und in beiden zuvor genannten Texten unerwähnt geblieben ist. Nachdem Nicetius’ Testament öffentlich verlesen worden war, führte ein Priester aus Lyon lautstark Schimpfreden gegen den Verstorbenen, da dieser der Kirche, in der er begraben wurde, nichts von Wert hinterlassen habe. In der Nacht erschien Nicetius diesem Priester im Traum, schlug ihm heftig gegen den Hals und belehrte ihn, der Kirche das wertvollste überhaupt hinterlassen zu haben: seinen Körper.922 Neben der daraus ersichtlichen Bedeutung der Heiligen für die Lebenden und ihres Wirkungsfeldes an zwei Orten, im Diesseits und im Jenseits, zeigt die Geschichte ein Weiteres. Es ist nicht das erste Mal, dass Gregor das Mittel des Traums zur Belehrung und Schläge auf den Hals zur Strafe nutzt. In den Decem libri historiarum findet sich

nicht her. Zur hierbei aufgeworfenen Frage, ob ein Bischof in der Not oder aus Furcht (nach Augustinus verwerflich) seine Gemeinde verlassen darf – auch Gregor scheint dies abzulehnen, was sich nicht zuletzt in Cautinus’ Ableben zeigt – vgl. Kötting, Darf ein Bischof in der Verfolgung die Flucht ergreifen. 921 Gregor von Tours, Liber vitae patrum VIII, 5, S. 245: His et aliis signis declarans in populis, vigesimo secundo episcopatus sui anno, aetate sexagenaria migravit ad Christum. Vgl. zu Nicetius’ Darstellung bei Gregor Isaïa, Saint évêque, S. 122. 922 Gregor von Tours, Liber vitae patrum VIII, 5, S. 245: Post dies autem, quos lex Romana sanccivit, ut defuncti cuiuspiam voluntas publice relegatur, huius antestitis testamentum in foro delatum, turbis circumstantibus, a iudice reseratum recitatumque est. Presbiter quoque basilicae tumens felle, quod nihil loco ille in quo sepultus fuerat reliquisset, ait: ›Agebant semper plerique, stolidum fuisse Nicetium; nunc ad liquidum verum esse patet, cum nihil basilicae in qua tumulatus est delegavit.‹ Sequenti autem nocte apparuit presbitero cum duobus episcopis, id est Iusto atque Eucherio, in veste fulgenti, dicens ad eos: ›Hic presbiter, sanctissimi fratres, blasphemiis me obruit, dicens, quia nihil facultatis scripserim templo huic quo requiesco; et nescit, quia quidquid pretiosius habui ibidem dereliqui, id est glebam corporis mei.‹

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dies, sicher kein Zufall, im Zusammenhang mit Nicetius’ Nachfolger Priscus.923 Doch hat sich die Intention geändert. Wird im Liber vitae patrum der Priester für seine Gier verurteilt, sucht Gregor in den Decem libri historiarum Priscus und dessen Handlanger für ihr von Nicetius und Gott abgewandtes Verhalten zu kritisieren.924 Die Tat des dort gestraften Priesters ist dagegen vergleichsweise gering. Gregor nutzt eine übereinstimmende Komponente, um sie in zwei unterschiedlichen Kontexten, die jeweils Nicetius berühren, einzusetzen. Sein Ableben fällt dabei jeweils unspektakulär aus, Gregor nutzt für seine Zwecke vielmehr Nicetius’ sehr aktives Nachleben, der in unterschiedlicher Absicht, jedoch mit gleichen Mitteln unter den Lebenden aktiv geworden ist. Gregor hat sich zwar in großem Maße in den Decem libri historiarum an seinem eigenen Werk orientiert, dennoch sind deutliche Unterschiede festzustellen. Während der Bericht im Liber vitae patrum über Gallus von Clermont eine umfangreiche Schilderung des Sterbens bietet, weist zwar nicht der Tod, aber das Nachleben Nicetius’ von Lyon vertraute Strukturen in neu generiertem Kontext auf. Soll nun im Folgenden der Versuch unternommen werden, die Rolle der Hagiographie, insbesondere der Heiligenleben, im merowingischen Reich zu untersuchen, so wäre dies alleine ein hoffnungsloses Unternehmen.925 Insbe-

923 Vgl. Kapitel 6.2.2 c. 924 Dergleichen findet sich, nicht gegen Priscus gerichtet, bereits im Liber vitae patrum. Dort wird nach der Episode um den Priester von einem Diakon berichtet, dem Priscus Nicetius’ Gewand anvertraut hatte. Dieser Diakon trug das Gewand ohne die entsprechende Ehrfurcht und fertigte aus der Kapuze des Gewandes, die ihm zu groß war, ein Paar Socken. Als er diese zum ersten Mal anlegte, fuhr der Teufel in ihn, er wurde zu Boden geworfen, seine Füße verbrannten und aus seinem Mund strömte Blut. Vgl. Gregor von Tours, Liber vitae patrum VIII, 5, S. 245f. Dies entspricht dem Tonfall, der gegenüber Priscus und den auf ihn Einfluss nehmenden Menschen in den Decem libri historiarum angeschlagen wird. Auffällig ist, dass diese Episode dabei keine Berücksichtigung gefunden hat. 925 Vgl. zur merowingischen Hagiographie Graus, Volk, Herrscher und Heiliger. Einen kurzen Abriss zu neueren Tendenzen der hagiographischen Forschung, besonders zur Merowingerzeit, bietet Dobschenzki, Von Opfern und Tätern, S. 15–18. Umfangreiche Zusammenstellung der älteren Forschung zur Hagiographie bei Uytfanghe, Vita im Spannungsfeld von Legende, S. 196–199 mit Anm. 9 u. 10. Zu den Sterbeberichten in der Hagiographie des 4.– 6. Jahrhunderts vgl. Kampert, Sterben der Heiligen. Zur hagiographischen Literatur ab dem 7. Jahrhundert vgl. Alt, Sanctus Episcopus. Die besondere Bedeutung hagiographischer Texte in merowingischer Zeit unterstreicht auch die Zahl von zu 509 merowingischen Heiligen erhaltenen Texten zwischen den Jahren 500 und 750, während für die folgenden 250 Jahre bis zum Jahr 1000 nur zu 109 Heiligen Texte überliefert sind. Zu den Zahlen vgl. Heinzelmann, Pouvoir et idéologie dans l’hagiographie mérovingienne, S. 38; ders., Hagiographie mérovingienne. Panorama des documents potentiels, S. 28 u. 31. Weiterhin ders., Grégoire de Tours et l’hagiographie Mérovingienne, S. 158–164; Prinz, Aspekte frühmittelalterlicher Hagiographie, S. 183f., der mit ca. 200 in Zentraleuropa (v. a. Frankenreich, Italien) zwischen dem 3. u. 8. Jahrhundert entstandenen Heiligenleben kalkuliert; Uytfanghe, Hagiographie

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sondere der »heilige Bischof [war] geradezu die hagiographische ›Modefigur‹ des merowingischen Gallien geworden«.926 Es kann daher nur das Ziel sein, grobe Linien zu zeichnen, um ein erstes, keineswegs geschlossenes und vollständiges Bild wiederzugeben, das anhand weniger Beispiele veranschaulicht werden soll. Diesem Bild nahezukommen ist bereits Sujet vielfältiger Studien gewesen, sodass es an dieser Stelle vielmehr darum gehen soll, inwiefern die zahlreich überlieferten Heiligenlegenden insbesondere in ihren Schilderungen von Tod und Nachleben von weitbekannten, als topisch eingestuften Elementen absehen und möglicherweise alltäglichere Umstände und Begebenheiten in ihre Darstellungen integrieren.927 Immerhin haben, wie Georg Scheibelreiter zugesteht, Gesellschaft und Umwelt neben der Fülle an vorhandenen Topoi Einfluss auf die Gestaltung des Todes in den Viten ausgeübt.928 Die ›Entdeckung‹ der hagiographischen Quellen als Bausteine zum Verständnis der Geschichte liegt erst wenige Jahrzehnte zurück.929 Martin Heinzelmann charakterisiert die besondere Qualität dieses Quellenmaterials in ihrer Vereinigung klassisch römischer literarischer Tradition mit den Werten des Christentums,930 neben die schließlich mehr oder weniger ausführlich Rückbezüge zu zeitgenössischen Verhältnissen der Abfassungszeit treten.

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en occident, S. 9–13, mit einer Übersicht der zahlenmäßigen Verteilung von Viten und Passionen neben Gallien in Afrika, Rom/Italien und Spanien zwischen 350 und 600. Graus, Sozialgeschichtliche Aspekte der Hagiographie der Merowinger- und Karolingerzeit, S. 141. Vgl. ders., Volk, Herrscher und Heiliger, S. 116f.; Heinzelmann, Wandlungen des Heiligentypus, S. 337f.; Herbers, Hagiographie, S. 201. Dieser auf den Bischof gelegte Fokus überrascht nicht, er galt im westlichen, lateinischen Christentum als »höchste und vorbildliche Ausprägung des Christen« (Scheibelreiter, Frühfränkische Episkopat, S. 133). Die Erwartungen diesbezüglich sind mehr als gering. Vgl. Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 33. ders., Bischof in merowingischer Zeit, S. 240, sieht den natürlichen Tod außerhalb der Decem libri historiarum Gregors zu dieser Zeit als nicht existent. Allerdings weist ders., Frühfränkische Episkopat, S. 137, darauf hin, dass innerhalb der Viten frühfränkischer Zeit die »Schilderung der Todesstunde, die oft so völlig gleichartig ist und deshalb starr und ohne Realitätsbezug zu sein scheint, […] in den meisten Punkten dem tatsächlichen Geschehen, welches eben selbst bestimmten Normen unterliegt, [entspricht]«. Vgl. Scheibelreiter, Tod Landberts von Maastricht, S. 56. Vgl. Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 25. Auch Scheibelreiter, Tod Landberts von Maastricht, S. 52, weist einmal mehr darauf hin, dass die Authentizität hagiographischen Schriftgutes gerade in den Aspekten als gegeben erscheint, die dem Selbstverständnis der Gesellschaft zum Abfassungszeitpunkt entsprechen. Vgl. ders., Bischof in merowingischer Zeit, S. 14; Lotter, Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse, S. 300; von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 106–123. Vgl. Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 25; ders., Studia Sanctorum, S. 106. Gaiffier, Hagiographie et historiographie, S. 162, macht auf den nicht allein biblischen, sondern bibelexegetischen Einfluss auf die Hagiographie aufmerksam, sodass sie sich charakterisieren lasse als »souvent peu historique, parfois non historique, presque toujours supra-historique« (Hervorhebung im Original). Vgl. Acker, Vt qviqve rvstici et inlitterati hec avdierint intellegant, S. 23–26.

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Diese Qualifizierung macht bereits auf drei Problemfelder aufmerksam: 1) Die Definition der Gattung Hagiographie, unter deren Namen sich zumeist verschiedene Untergattungen wie die Passion oder der Translationsbericht zusammenfinden;931 2) die aufgrund der unklaren Gattungszuordnung der Hagiographie schwierige bis unmögliche Abgrenzung von der Historiographie, wozu Gregors Historien das beste Beispiel abgeben;932 3) das äußerst differenziert erachtete Verhältnis der christlichen Hagiographie zu paganen, römischen Traditionen. Anders als Hippolyte Delehaye und andere in seiner Tradition stehende, welche die Hagiographie einzig auf christliche Quellen und Dokumente begrenzt sehen wollen,933 erkennt Marc van Uytfanghe einen zusammenhängenden, untereinander abhängigen hagiographischen Diskurs im heidnischen, jüdischen und christlichen Milieu, in dem sich ein spezifisch christlicher hagiographischer Diskurs herausgebildet habe.934 Uytfanghe macht Letzteres an vier Punkten deutlich: 1) der generellen Distanz zwischen Heiligem und Gott (dennoch erscheint der Heilige als Manifestation der Gewalt und Gnade Gottes); 2) dem Aufbau christlicher Hagiographie an Normen und Modellen der Bibel; 3) der Fokussierung christlicher Texte, insbesondere durch ihre Verwendung innerhalb der Liturgie, auf die gesamte Gemeinde (anders als die vornehmlich 931 Vgl. Helvétius, Hagiographie und Heiligenverehrung, S. 402; Lotter, Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse, S. 314; Uytfanghe, Hagiographie: un »genre« chrétien ou antique tardif, S. 143–147; ders., Heiligenverehrung, Sp. 155 u. 177; ders., Hagiographie en occident, S. 9. Zur schwierigen Einordnung der Bischofsviten des 5. u. 6. Jahrhunderts unter dem Oberbegriff der Hagiographie vgl. Heinzelmann, Neue Aspekte der biographischen und hagiographischen Literatur, S. 44. Das Problem unklarer Zuweisung zwischen Hagiographie und Biografie erkennt auch Prinz, Aspekte frühmittelalterlicher Hagiographie, S. 193f., bei Bischofsviten des 10./11. Jahrhunderts, der grundsätzlich eingestehen muss, dass die Definitionsfrage der Hagiographie »nicht befriedigend« beantwortet werden könne (ebd., S. 196). 932 Ausweis darüber gibt auch Herbers, Hagiographie im Kontext, S. IX–XXVIII. Herbers verweist (S. XXVII) darauf, dass die meisten Beiträge des Bandes »Hagiographie als Historiographie mit den entsprechenden methodischen Konsequenzen« verstehen. Dies trägt zu einer Klärung der begrifflichen Unschärfe nicht bei. 933 Vgl. Uytfanghe, Hagiographie: un »genre« chrétien ou antique tardif, S. 149; ders., Heiligenverehrung, Sp. 151f.; von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 60, 64, 67 u. 69. Anders Uytfanghe, Biographie classique, S. 239. Dennoch zeichneten sich christliche Texte durch besondere Eigenschaften aus (ebd., S. 240–243), gerade das Element der Erinnerung und damit der Todestag erlangten größte Bedeutung. 934 Vgl. Uytfanghe, Hagiographie: un »genre« chrétien ou antique tardif, S. 170; ders., Heiligenverehrung, Sp. 157; ders., Biographie classique, S. 245; ders., Hagiographie en occident, S. 9. Eine Zusammenfassung des allgemeinen hagiographischen Diskurses mit den Eckpunkten des nah zu Gott stehenden Protagonisten, des Verhältnisses von Aussage und Historizität, dem insbesondere apologetisch-idealisierend-erzieherischen Charakter der Texte sowie dem Bild des von Gott begünstigten göttlichen Menschen bietet ders., Hagiographie: un »genre« chrétien ou antique tardif, S. 148f. Zum Verhältnis christlicher und paganer Hagiographie vgl. Walter, Hagiographie médiévale, S. 46.

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an eine Elite gerichteten Texte heidnischer Autoren); 4) der Präsentation des Lebens als Imitation Christi, stilisiert im Kampf gegen das Böse bzw. den Teufel.935 Uytfanghe möchte die christliche Hagiographie daher nicht am Genre bestimmen, sondern anhand ihrer spezifischen Charakteristika im allgemeinen hagiographischen, nicht allein das Christentum umfassenden, Diskurs der Spätantike und des beginnenden Mittelalters.936 Die historische Aussagekraft hagiographischer Texte ist nicht zuletzt abhängig vom Abstand zwischen den Ereignissen und der Niederschrift und dennoch nie in Gänze festzustellen.937 Allerdings besteht das eigentliche Ziel hagiographischer Texte nicht in der Weitergabe historischer Informationen. Ziele sind vielmehr Apologie, Idealisierung des Helden, Darstellung eines Idealtyps, Belehrung und Erbauung, Korrektur von Missständen sowie nicht zuletzt die Etablierung und Verbreitung des Heiligenkultes.938 Insbesondere ihre Rolle als »pädagogische Literatur für das Volk« betont Friedrich Prinz,939 der neben der innerkirchlichen bzw. monastischen Nutzung für die Verwendung solcher Texte für die Predigt vor einem meist illiteraten Publikum »allgemeine Gültigkeit« beanspruchen möchte. Im Grunde wohne jeder Vita, wenn auch nicht selten nur rudimentär, ein Modell

935 Vgl. Uytfanghe, Hagiographie: un »genre« chrétien ou antique tardif, S. 170–175. Zusammenfassend ders., Heiligenverehrung, Sp. 177f.; ders., Biographie classique, S. 247. Zweifel an der Verwendung frühchristlicher hagiographischer Texte im Rahmen der Liturgie hegt Heinzelmann, Neue Aspekte der biographischen und hagiographischen Literatur, S. 40f. Eine diesbezügliche Zunahme vom 6.–8. Jahrhundert sieht Helvétius, Hagiographie und Heiligenverehrung, S. 402. 936 Vgl. Uytfanghe, Hagiographie: un »genre« chrétien ou antique tardif, S. 179f. 937 Vgl. Lotter, Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse, S. 300; Scheibelreiter, Verfälschung der Wirklichkeit, S. 292; Uytfanghe, Heiligenverehrung, Sp. 156; ders., Vita im Spannungsfeld von Legende, S. 202. Prinz, Aspekte frühmittelalterlicher Hagiographie, S. 183 u. 185, sieht eine erhöhte Glaubwürdigkeit einzelner Elemente, wenn eine Vita in ihrer Gesamtheit vom vorgegebenen hagiographischen Rahmen abweicht. Die Definition dieses »hagiographischen Rahmens« stellt jedoch erhebliche Schwierigkeiten dar. 938 Vgl. Isaïa, Modèle dans l’hagiographie, S. 55; Padberg, Heilige und Familie, S. 11–14; Prinz, Aspekte frühmittelalterlicher Hagiographie, S. 179; Scheibelreiter, Verfälschung der Wirklichkeit, S. 286 u. 289–291; Uytfanghe, Heiligenverehrung, Sp. 156; ders., Vita im Spannungsfeld von Legende, S. 202. Hagiographie hingegen ein generelles Interesse an der Weitergabe historischer Begebenheiten abzusprechen, so Lotter, Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse, S. 307, ist unzutreffend. Ausdruck dessen seien nicht zuletzt die Viten des 7. und 8. Jahrhunderts. Lotter umgeht dieses Problem, indem er alle Texte, in denen historiographische Elemente dominieren, der Historiographie zurechnet (ebd., S. 308). Zur Funktion der Hagiographie im Frühmittelalter vgl. Heinzelmann, Wandlungen des Heiligentypus, S. 336; Prinz, Der Heilige und seine Lebenswelt, S. 257. 939 Vgl. Prinz, Aspekte frühmittelalterlicher Hagiographie, S. 179. Zum Publikum merowingerzeitlicher Viten vgl. Uytfanghe, Hagiographie et son public.

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der Imitatio Christi inne. Abweichungen davon können sich hingegen wieder zu neuen Leitbildern und Modellen entwickelt haben.940 Der Tod, das Ableben der Hauptperson, spielt als Höhepunkt innerhalb der Lebensbeschreibungen durchweg eine herausragende Rolle.941 Nicht unerwartet wird, anders als der oft nur knapp wiedergegebenen Wahl,942 dem Ableben eine enorme Bedeutung zugemessen, gerade, jedoch nicht nur in Darstellungen von Martyrien.943 Die Heiligen der frühchristlichen Viten werden ganz im Zeichen alttestamentarischer Vorbilder als vir oder homo Dei bezeichnet. Allerdings tritt ihre Rolle als Vorbildfunktion zunehmend zugunsten ihrer Funktion als patronus, als Fürsprecher der Menschen vor Gott in den Hintergrund.944 Die Sterbeberichte gäben hierbei, wie Otmar Kampert herausarbeitet, bekannte Muster wieder, ohne dass diese topischen Elemente als wertlos abgetan werden dürften, da sie selbst Einblicke in die Mentalität ihrer Zeit erlauben würden.945 Ohnehin bedeuten topisch erscheinende Begebenheiten nicht, dass ihnen nicht dennoch reale Umstände zugrunde gelegen haben.946 Der Heilige hat schon zu Lebzeiten in Kontakt mit Engeln und/oder Jesus selbst gestanden und im Zuge dessen um seinen bevorstehenden Tod gewusst. Der imitatio Christi des Heiligen wird im Zusammenhang des Todes auch durch die Wortwahl zur Schilderung des Sterbens Ausdruck verliehen. Dazu gehören Formulierungen wie spiritum exalare,947 emittere spiritum oder tradere spiritum.948 Daneben tritt Gott selbst als Ansprechpartner des Sterbenden in Erscheinung. Die Anwesenheit von Engeln ist oft vom fröhlich oder selig wirkenden Gesicht des Sterbenden abzulesen, dem 940 Vgl. Prinz, Aspekte frühmittelalterlicher Hagiographie, S. 181–183. Die Angleichung der Heiligen an die Passion Christi, jedoch zu Lasten der Historizität, betont auch Scheibelreiter, Verfälschung der Wirklichkeit, S. 291. Weiterhin, konkret in Bezug auf den Tod, vgl. Lauwers, La mort et le corps des saints, S. 31. 941 Vgl. Scheibelreiter, Bischof in merowingischer Zeit, S. 239; ders., Death of the Bishop, S. 32f.; Kampert, Sterben der Heiligen, S. 68–70. 942 Vgl. Alt, ut sancto sanctus succederet. 943 Vgl. zur Untersuchung von Gewaltdarstellungen in merowingischen Viten Dobschenzki, Von Opfern und Tätern. Ausgehend von einem heterogenen Publikum der Viten, somit literati und illiterati (S. 33–35), untersucht sie deren Rezeption von Gewalt innerhalb der Viten, die eine Verhaltensänderung des Publikums bewirken soll. Als Voraussetzung erkennt sie dafür jedoch Schilderungen möglichst nah an der Realität (S. 36f.). 944 Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 141–145. 945 Vgl. Lotter, Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse, S. 303; Prinz, Aspekte frühmittelalterlicher Hagiographie, S. 185. 946 Vgl. Lotter, Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse, S. 339. 947 Auf das Problem dieser Formulierung bei Gregor von Tours ist bereits hingewiesen worden. Vgl. Kapitel 6.2.2 c, Anm. 756. 948 Zu einer ausführlicheren Auseinandersetzung mit dem in Viten Verwendung findenden Vokabular, um den Austritt der Seele aus dem Körper zu veranschaulichen, vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 338–342.

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keine Furcht vor dem Kommenden anzusehen ist.949 Während die ersten frühchristlichen Viten vergleichsweise wenig Wunder aufweisen, nimmt die Zahl bis zum 6. Jahrhundert zu.950 Neben diesen bereits eine Verbindung zwischen dem Heiligen sowie den jenseitigen Gefilden andeutenden Ereignissen bilden in den Viten weitere, sehr irdische Handlungen ein wichtiges Beschäftigungsfeld des Sterbenden vor seinem Tod. Er trägt Sorge um den Ort seiner Grablege, ordnet in Testamenten die Übertragung seines (zumeist nur aus seinem Gewand bestehenden) Besitzes und beschließt sein Leben unter Einhaltung ritueller Gestik, darunter dem Kuss, dem gespendeten Segen oder den in Gebetshaltung zum Himmel erhobenen Händen als imitatio Christi.951 In Bezug auf die Beisetzung der Heiligen, insbesondere der Bischöfe, bieten die Viten des 5. Jahrhunderts erstmalig die Grablege in der Stadtkirche innerhalb der Mauern, während dies in den Beschreibungen des 6. Jahrhunderts allgemein verbreitet ist.952 Frantisˇek Graus spricht in Zusammenhang mit den Protagonisten der Viten nach dem Ende der Verfolgungszeit von vornehmlich »merkwürdigen Märtyrern«. Darunter versteht er Lebensberichte, die mit einem Tod (einem Mord) abschließen, der in keiner Beziehung zum Wirken des Protagonisten als Verkünder des Glaubens steht, sondern aus profanen Ursachen heraus eintritt. Es werde somit nicht einmal der Versuch unternommen, sie als ›echte‹ Märtyrer ins Bild zu setzen.953 Die Zahl der Lebensbeschreibungen von Bischöfen ist nicht nur in merowingischer Zeit zu umfangreich, als dass im Rahmen dieser Arbeit eine umfassende Analyse der dort zu findenden Ableben erfolgen könnte.954 Daher richtet sich der Blick auf Protagonisten, über die bereits Gregor von Tours oder der sogenannte Fredegar berichtet haben,955 um anhand dieser Beispiele vergleichen zu können, wie Sterben und Tod in Historio- und Hagiographie behandelt worden sind. Akteure sind Nicetius von Lyon und Germanus von Paris – aus dem 949 Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 147–151. 950 Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 152. 951 Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 278–302; Scheibelreiter, Frühfränkische Episkopat, S. 137. 952 Vgl. Kampert, Sterben der Heiligen, S. 406. Gebündelt zum Sterbebericht Heiliger in Viten des 4.–6. Jahrhunderts vgl. die Zusammenfassung ebd., S. 441–446. 953 Vgl. Graus, Sozialgeschichtliche Aspekte der Hagiographie der Merowinger- und Karolingerzeit, S. 150. Kritik an der Bezeichnung als »merkwürdige Märtyrer« ist nicht ausgeblieben. Berschin, Biographie und Epochenstil 2, S. 77f., tritt für die sicher zutreffende, jedoch gleichermaßen unspezifische Betitelung derart zu Tode gekommener als »unschuldige Opfer« ein. 954 Eine Übersicht des merowingerzeitlichen hagiographischen Bestandes bietet Heinzelmann, Hagiographie mérovingienne. Panorama des documents potentiels, bes. S. 36–49, zu den frühen Märtyrerberichten und dem Gang bis ins 6. Jahrhundert sowie, S. 66–73, zur Bischofsbiografie des 7. u. 8. Jahrhunderts. 955 Zur Analyse der Chronik des sogenannten Fredegar vgl. Kapitel 6.4.1.

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Werk Gregors bekannt –, sowie die dem 7. Jahrhundert zugehörigen Audoin von Rouen und Leodegar von Autun. Der Blick allein auf die Todesumstände ergibt, dies gilt es zu beachten, nur ein unvollständiges Bild, resultieren diese Umstände in einer Vita, anders als in den meisten Beispielen der Historiographie, aus den vorangehend mehr oder weniger ausführlich geschilderten Lebensumständen. Chronologisch steht am Beginn die Vita Germani episcopi Parisiaci,956 verfasst von Venantius Fortunatus um 580/81. Gregor von Tours hat in seinen Historien angegeben, Venantius’ Text für seinen eigenen Bericht zu Germanus’ Tod verwendet zu haben. Venantius berichtet nur sehr knapp über Germanus’ Leben, dafür in 62 Kapiteln über mit ihm in Verbindung stehende Wunder.957 Idealtypisch wie sein Leben verlief auch sein Tod, dessen exakter Eintritt ihm im Vorfeld bekannt war – ein Detail, das Gregor in den Historien ausgespart hat. So rief Germanus seinen Notar zu sich und wies ihn an, in seinem Schlafgemach über dem Bett ein Datum zu verfassen: Quinto Kalendas Iunias – Germanus’ Todestag. Schilderungen, wie er sich auf seinen Tod vorbereitet hat, finden sich nicht. Vielmehr ging er an genanntem Tag, dem 28. Mai (576) nach vollbrachtem Kampf (post peractum proelium) zu Christus ein (migravit ad Christum).958 Mit achtzig Jahren (octogenarius), also in biblisch würdigem Alter, stieg Germanus’ unbefleckte Seele, der von der ganzen Welt bewundert, Märtyrern und Aposteln gleichgestellt, für seine Verdienste gerühmt und vom Volk gekrönt wurde, den Fesseln des Körpers entledigt zum Himmel an die Seite Jesu Christi auf.959 Der Tod erfolgt idealtypisch, die Todesursache spielt keine Rolle – außer dass Germanus bettlägerig gewesen zu sein scheint, doch ist dies und alles daraus zu schließende reine Spekulation –, die Todesvorbereitung ebenso nicht, da Germanus’ Seele ohnehin als frei von jeglicher Sünde präsentiert wird. Über die tatsächlichen zeittypischen Handlungen im Angesicht des Todes informiert diese Vita mit keinem Wort. Das von Gregor eingeflochtene Wunder während des Leichenbegängnisses ist in Venantius’ Fassung nicht zu finden, sie schließt unmittelbar mit Germanus’ Auffahrt in den Himmel. Noch bedeutend unspektakulärer präsentiert sich Nicetius’ Vita, verfasst unter Bischof Aetherius von Lyon vor 589.960 Der Tod wird in einem Halbsatz

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Venantius Fortunatus, Vita Germani episcopi Parisiaci. Vgl. Coates, Venantius Fortunatus, S. 1127. Venantius Fortunatus, Vita Germani c. 76, S. 418. Venantius Fortunatus, Vita Germani c. 76, S. 418: His et consimilibus studiis occupatus ac semper intentus, fere octogenarius, per orbem mirandis aetibus adipiscendus martyribus, apostolis adgregandus, glorificandus meritis, coronandus in populis, raptus corporeo vinculo inmaculato spiritu, beatis fidei dotibus perpetualiter victurus, victor evolavit ad caelos, regnante domino nostro Iesu Christo […]. 960 Vgl. die Vorbem. von Krusch in der MGH-Edition, S. 520. Weiterhin Isaïa, Saint évêque, S. 120, zur Vita selbst ebd., S. 120f. Zum häufig anzutreffenden Umstand der Abfassung

Gregor von Tours und die Decem libri historiarum

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abgehandelt (Postquam vero transitum vir meritis dignum accepit),961 um in der Folge mehrfach nach dem Tod beobachtete Wunder zu ergänzen. Innerhalb der Vita wird dem Vorgang des Sterbens zugunsten der nachfolgenden Wunder kaum Platz eingeräumt, geschweige denn umfänglichen Berichten über die Todesvorbereitungen. Dies war bereits mehrfach in den Werken Gregors von Tours zu beobachten gewesen. Ausführlicher sind die Berichte in den Lebensbeschreibungen von Audoin von Rouen962 und Leodegar von Autun.963 Dies mag mit den ab dem 7. Jahrhundert innerhalb der Viten auftretenden umfangreicheren biografisch-historiografischen Aspekten,964 sicher aber auch mit dem sehr nah zum Tod zu datierenden Abfassungszeitpunkt zusammenhängen.965 Audoins Seele, so schildert es der Verfasser, wohl ein Mönch neustrischer Herkunft eine Generation nach Audoin,966 verließ seinen Körper auf göttlichen Willen hin.967 Eine Krankheit befiel seinen Körper, verdeutlicht durch einsetzendes Fieber, woraufhin Audoin Gott bat, ihn von seinem Körper zu befreien; eine Bitte, der nachgekommen und Audoin von Engeln ins Paradies geleitet wurde, während auf der Erde große Trauer einsetzte (omne gaudium in lamento vertitur).968 Anders als in den Viten

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einer Bischofsvita im Auftrag des Nachfolgers des Protagonisten vgl. Prinz, Hagiographie als Kultpropaganda, S. 157f. Vita Nicetii c. 9, S. 523. Vita Audoini episcopi Rotomagensis. Zum Leben Audoins und seiner Vita vgl. Fouracre / Gerberding, Late Merovingian France, S. 137–152. Passio Leudegarii episcopi et martyris Augustodunensis. Zu den Schilderungen ihrer Tode im Liber historiae Francorum sowie in der Fortsetzung der Chronik des sogenannten Fredegar vgl. Kapitel 6.4.2 sowie 7.3. Bald nach Abfassung der ersten Lebensbeschreibung ist dieser eine zweite gefolgt: Passio Leudegarii episcopi Augustodunensis auctore Ursino. Sie dient daher als Beispiel einer Réécriture im 7. Jahrhundert, vgl. Dobschenzki, Von Opfern und Tätern, S. 70. Zu den unterschiedlichen Intentionen der Autoren vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 2, S. 67–72. Knapp zur Vita Leodegars vgl. von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 90–95. Zu Struktur und Stil der Vita aus Ursinus’ Feder vgl. Acker, Vt qviqve rvstici et inlitterati hec avdierint intellegant, S. 149–165. Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 2, S. 58; Fouracre, Merovingian History, S. 37; Prinz, Aspekte frühmittelalterlicher Hagiographie, S. 193; Scheibelreiter, Verfälschung der Wirklichkeit, S. 301f. Die zeitliche Nähe der Abfassung lässt Lebensbeschreibungen deutlich wahrscheinlicher über die klassischen Strukturen und Motive hinausgehen. Vgl. Fouracre, Merovingian History, S. 11; von der Nahmer, Lateinische Heiligenvita, S. 168f. Kritisch bezüglich des Zusammenhangs von zeitlicher Nähe und höherem Wahrheitsgehalt ist McKitterick, Anfänge des karolingischen Königtums, S. 154. Vgl. Fouracre / Gerberding, Late Merovingian France, S. 133. Vgl. Vita Audoini c. 15, S. 563: […] ut nutu divino anima viri sancti a saeculo migraretur. Vgl. Vita Audoini c. 15, S. 563f.: Aegritudo corporis sancto Dei contigit, qui coepit febribus aestuari. Sed sanctus vir saepius Dominum deprecabat, ut eum iam de corpore liberaret; qui Dominus, preces famuli sui obaudiens, permisit sarcina carnis deponi et frui postque gloriam paradisi. Igitur rediens versus Israhel de Aegypto, anima sancta deportata ab angelis volavit ad Dominum.

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zuvor wird nun ausführlicher auf die Beisetzung eingegangen, zu der die wichtigsten Personen des Reiches, beginnend mit dem König, zusammenkamen.969 Auch der Ort seiner Grabstätte wird genannt (in civitatem suam Rodomo in basilica beati Petri apostoli cum magno decore sepelierunt).970 Uns werden eine angedeutete Todesursache sowie präzise Angaben über die Grablege mitgeteilt, während die Todesvorbereitung und das genaue Todesdatum nicht genannt werden,971 womit der Aspekt der memoria nicht auf den Tod Audoins gelegt wird, sondern auf den genau datierten Tag (Christi Himmelfahrt) seiner Umbettung innerhalb der Kirche hin zu einem würdigeren Ort hinter dem Altar.972 Die historiographischen Quellen schildern die Vorgänge einmal mehr deutlich verkürzt, nur auf die Grablege wird, zumindest im Liber historiae Francorum, hingewiesen. Der Text um Leodegar stellt einen Sonderfall dar, allein schon in dem Punkt, dass es sich gemäß dem Titel um eine Passion handelt. Dieser Titel ist insofern irreführend, als zuvor in aller Ausführlichkeit über die politischen Begebenheiten informiert wird, die den gewaltsamen Tod Leodegars herbeigeführt hatten, was den Text der Historiographie deutlich näher rückt.973 Verfasst wohl vor 584 unter Leodegars Nachfolger Hermenegar974 stellt sich dem Autor die besondere Herausforderung, Hermenegars Wirken im Zusammenhang mit der Verurteilung Leodegars im rechten Licht erscheinen zu lassen.975 Die Zielsetzung wird zu Beginn vorgegeben (Gloriosus igitur ac praeclarus Leodegarius urbis Agustedunensis episcopus, qui christianorum temporibus effectus est martyr novus);976 die Passio kulminiert, nachdem der Protagonist zuvor vielfacher Folter ausgesetzt war, im Martyrium Leodegars. Todesvorbereitung spielt dabei keine Rolle, gleichsam als Prototyp des Märtyrers wurde Leodegar enthauptet und daraufhin von einem Chor der Engel in den Himmel an die Seite Jesu und aller Heiligen geleitet.977 Erneut zeigt der Blick auf die Historiographie, dass der umfängliche 969 Vgl. Vita Audoini c. 16, S. 564. 970 Vita Audoini c. 17, S. 565. 971 Über den Todestag informiert erst eine zweite Vita Audoins, vgl. die MGH-Edition S. 564 Anm. 1. 972 Vgl. Vita Audoini c. 18, S. 566. 973 Vgl. Fouracre / Gerberding, Late Merovingian France, S. 199. 974 Vgl. Fouracre / Gerberding, Late Merovingian France, S. 195 u. 201. 975 Vgl. Acker, Vt qviqve rvstici et inlitterati hec avdierint intellegant, S. 148; Fouracre / Gerberding, Late Merovingian France, S. 203–205. 976 Passio Leudegarii I, 1, S. 283. 977 Passio Leudegarii I, 35, S. 317: Cumque ille […] huius caput subito amputasset, beati martyris Leodgarii spiritum angelorum choros Domino praesentandum gaudens perduxit ad celos, cum omnibus sanctis regnaturum, ubi dominus noster Iesus Christus in leticia est sanctorum, qui cum Patre et Spiritu sancto vivit et regnat in saecula saeculorum. Ausführlichere Auseinandersetzung bei Dobschenzki, Von Opfern und Tätern, S. 73–77. Sie stellt die in Ursinus’ Fassung stark erweiterte Schilderung des Martyriums heraus. Knapper

Venantius Fortunatus

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Bericht der Passion auf die Kernaussage reduziert wird: Leodegars Tod durch das Schwert. Die Beziehung zwischen Historiographie und Viten ist nicht zu verallgemeinern.978 Die kurze Gegenüberstellung hat die innerhalb der Historiographie gegenüber den Viten äußerst reduzierte Form der Darstellung deutlich werden lassen. Die Viten wiederum legen kaum bis keinen Wert auf Schilderungen über die Todesvorbereitung, sondern stellen die Heiligmäßigkeit des Protagonisten in den Mittelpunkt, indem seine Heiligen vorbehaltene unmittelbare Auffahrt in den Himmel in Szene gesetzt wird. Besonderer Realismus spielt dabei keine Rolle (ohne ihn hingegen von vornherein gänzlich bestreiten zu dürfen), darf in einer Vita aber auch nicht unmittelbar erwartet werden; die causa scribendi eines solchen Textes unterlag anderen Erfordernissen.

6.3

Venantius Fortunatus – Das lyrische Werk unter besonderer Berücksichtigung des Totengedenkens

Nicht allein das Werk Gregors von Tours ermöglicht eine vergleichende Analyse bischöflicher Sterbeberichte. Ein Zeitgenosse und Freund von ihm,979 der aus Italien stammende Venantius Fortunatus, bewegte sich zwar weitgehend in einer anderen literarischen Gattung, der Lyrik, doch widmete er seine Gedichte, Epitaphe und Nachrufe auch zahlreichen Bischöfen, darunter Amtsträger, die bereits durch das Werk Gregors von Tours namentlich bekannt sind. Während sich Gregor in seinen historio- und hagiographischen Texterzeugnissen vielfältig seinen vergangenen Mitbischöfen gewidmet hat, tut dies Venantius Fortunatus, zum Ende seines Lebens selbst Bischof von Poitiers,980 mit einer differierenden Zielsetzung ebenso. Seine Gedichte haben den Duktus der Panegyrik inne (nicht selten sind es Auftragsarbeiten), loben den Bedichteten oder Verstorbenen, zu

Fouracre, Merovingian History, S. 15, der die zweite Fassung deutlicher von einem klassischen Rahmen eingefasst sieht. Zu Leodegars durchgängiger Darstellung in beiden Fassungen als »gotterfüllte[m] Prophet[en]« sowie seiner Gesprächspartner als »eindimensionale[r] Erdenmenschen« vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 407f. 978 Beispielsweise ist die Darstellung Leodegars im Liber historiae Francorum nicht von der Passio Leudegarii beeinflusst, vgl. Fouracre / Gerberding, Late Merovingian France, S. 83. 979 Zur Bedeutung beider vgl. Reydellet, Venance Fortunat, S. 69. 980 Zu einer kurzen Einführung in Leben und Werk des Dichters vgl. Fels, Einführung, S. XII– XLI. Weiterhin Brennan, Career of Venantius Fortunatus; Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 118–128.

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Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

dessen Ehre und Erinnerung ein Epitaph oder Nachruf verfasst worden ist.981 Dadurch bietet sich eine ganz eigene Sicht auf den damaligen Episkopat, die nicht mit der aus den Werken Gregors von Tours bekannten Einschätzung zu Vertretern des Episkopats übereinstimmen muss. Am Beginn stehen einmal mehr Zahlen, um den Untersuchungsgegenstand vorzustellen und einzugrenzen. Die zum Zweck des Totengedenkens angefertigten Stücke sind im vierten Buch der lyrischen Werke von Venantius Fortunatus zusammengefasst.982 Insgesamt finden sich dort 28 in ihrer Länge variierende Texte; die ersten zehn sind verstorbenen Bischöfen gewidmet. Darunter finden sich neben Eumerius, dem Bischof von Nantes und Vater seines eigenen Nachfolgers Felix, auch Gregor und Tetricus von Langres sowie Gallus von Clermont. Es sei, so Brian Brennan, unzweifelhaft, dass Gregor von Tours insbesondere die Abfassung der Epitaphe der drei letztgenannten Bischöfe angeregt hat.983 Venantius Fortunatus hebt, neben der häufig besonders betonten hohen Abkunft der Bischöfe,984 erwartungsgemäß ihre herausragenden menschlichen Fähigkeiten hervor, ohne diese jedoch durch Wundertaten zu bekräftigen.985 Kritik ist in diesen Idealbildern nicht zu erwarten, genauso wenig ein detaillierter Bericht über das Ableben der Personen. Venantius fokussiert sich auf die besonderen Leistungen zu Lebzeiten, ohne dem Ableben besondere Aufmerksamkeit zu schenken.986 Uns interessieren Übereinstimmungen oder Unterschiede zur Darstellung der Bischöfe bei Gregor. Zunächst ist die Bündelung dreier, soweit wir wissen, mit Gregor von Tours verwandter Bischöfe auffällig. Dies ist allerdings nicht überraschend, Venantius stand mit Gregor in engem Kontakt. Bereits zu dessen Erhebung zum Bischof von Tours verfasste Venantius ein an die Bürger dieser Stadt gerichtetes Lobgedicht über ihren neuen Bischof.987 Wolfgang Fels kommentiert in seiner Edition, Gregor habe offenkundig nicht die uneingeschränkte Zustimmung der Bürger von Tours genossen und ihnen besonders ans Herz gelegt

981 Vgl. Brennan, Image of the Merovingian Bishop, S. 119f. Venantius einzig als Schmeichler abzutun wäre falsch. Seine Gedichte und Prosawerke zeichnen ein Bild des idealen Bischofs als Vorbild zur Nachahmung, vgl. Coates, Venantius Fortunatus, S. 1131. 982 Vgl. Venantius Fortunatus, Carminum epistularum expositionum libri undecim IV, S. 79– 100. 983 Vgl. Brennan, Career of Venantius Fortunatus, S. 72. 984 Vgl. Brennan, Image of the Merovingian Bishop, S. 134; Coates, Venantius Fortunatus, S. 1116. 985 Vgl. Brennan, Image of the Merovingian Bishop, S. 135; Coates, Venantius Fortunatus, S. 1121–1123. 986 Vgl. Heinzelmann, Grégoire de Tours et l’hagiographie Mérovingienne, S. 162. 987 Venantius Fortunatus, Carminum epistularum expositionum libri undecim V/3, S. 106f. Vgl. Brennan, Image of the Merovingian Bishop, S. 131f.

Venantius Fortunatus

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werden müssen.988 Das Gedicht offenbart hingegen deutlich mehr inhaltliche Implikationen, es geht weit über einen rein propagandistischen Text hinaus und zeichnet sich vielmehr als Charakterisierung des Bischofsamtes an sich aus. Neben der rechtlich-institutionell korrekt durchgeführten, vom König bestätigten Erhebung989 geht Venantius einerseits auf die Pflichten des Bischofs, andererseits auf den daraus resultierenden Lohn ein. Der Bischof habe in seiner Funktion als Hirte für den Schutz seiner Herde, seiner Gemeinde, zu sorgen.990 Durch seine unermüdliche Arbeit werde der Weinberg gedeihen und der Himmel mit den ewigen Früchten der Ernte ausgestattet, damit dereinst niemand Durst leide und Lazarus um Tränkung bitten müsse.991 Diese äußerst metaphorische Passage greift die Fabel um Lazarus und den reichen Prasser auf, die auch Gregor von Tours als Grundlage seines Verständnisses von Sterben und Tod wenige Jahre später in den Decem libri historiarum dienen sollte.992 Pflicht des Bischofs ist es folglich, für den Schutz, aber auch die moralische Erziehung der Gemeinde zu sorgen, um sie den himmlischen Gefilden zuzuführen und nicht dürstend dem höllischen Feuer zu überlassen. Ziel des Hirten ist es gemäß Venantius, das Schaf in Abrahams Schoß (in gremio Abrahae) niederzusetzen. Auch dieses Bild ist nicht neu, es findet sich im Alten Testament sowie in der von Venantius ausgiebig rezipierten Vita des hl. Martin des Sulpicius Severus.993 Lohn für den Bischof selbst ist die eigene Aufnahme in die wahren Genüsse des Himmels gemeinsam mit Martin von Tours, Ambrosius oder Augustinus.994 Alle Bischöfe, Gregor im Besonderen, werden in eine Linie mit diesen auch weit nach ihrem Lebensende als würdig empfundenen Vertretern des bischöflichen Amtes gestellt. Dessen eingedenk erscheinen alle durch Venantius gedachten sowie bei Gregor würdig 988 Vgl. Fels, Gedichte, S. 443 Anm. 21. Auch Brennan, Career of Venantius Fortunatus, S. 70f.; George, Portraits of Two Merovingian Bishops, S. 194–196. 989 Vgl. Venantius Fortunatus, Carminum epistularum expositionum libri undecim V/3, S. 106. 990 Vgl. Venantius Fortunatus, Carminum epistularum expositionum libri undecim V/3, S. 106. 991 Venantius Fortunatus, Carminum epistularum expositionum libri undecim V/3, S. 106f.: muniat inclusos pretiosi velleris agnos / atque soporantes protegat ipse vigil. / florea divino pinguescat vinea cultu / et matura suo sit speciosa botro, / fructibus aeternis ut compleat horrea caeli, / unde animae vivo fonte fluenta bibant, / ne sitis excruciet: digito quam Lazarus udo / ignem ut leniret, tunc petebatur opem. 992 Vgl. Kapitel 6.2.1. 993 Vgl. Merkt, Schweigen und Sprechen der Gräber, S. 36–43. 994 Neben den Genannten führt Venantius namentlich auch Athanasius von Alexandria, Hilarius von Poitiers, Gregor von Nazianz, Basilius von Caesarea und Caesarius von Arles auf, Venantius Fortunatus, Carminum epistularum expositionum libri undecim V/3, S. 107: laetus agat sub clave Petri, per dogmata Pauli / inter sidereos luce micante choros, / fortis Athanasius, qua clarus Hilarius adstant, / dives Martinus, suavis et Ambrosius, / Gregorius radiat, sacer Augustinus inundat, / Basilius rutilat Caesariusque micat. / quorum gesta sequens et dicta fideliter implens / perpetuae vitae participatus ovet, / atque coronatus digna mercede laborum / obtineat miles regis in arce locum. Ambrosius wird dabei mit Süße in Anlehnung an das aus seiner Vita bekannte Bienenwunder in Verbindung gebracht.

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Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

zu Tode gekommenen Bischöfe nicht nur in einer Tradition mit Martin, Ambrosius oder Augustinus stehend, indem an Motive aus deren Schriften oder den über sie verfassten Viten angeknüpft wird. Sie werden dadurch als ihnen ebenbürtige, würdige Vertreter des Bischofsamtes hervorgehoben, die durch ihre außergewöhnlichen Leistungen zu Lebzeiten in ihrer Gemeinde zum Lohn die himmlische Seligkeit erfahren.995 Naheliegend ist daher, dass Venantius in seinen Epitaphen und Nachrufen nicht allein das besonders gottgefällige Leben der verstorbenen Bischöfe hervorhebt, sondern insbesondere die Leistungen innerhalb ihrer Gemeinden betont. Gregor von Langres führte, so führt Venantius aus, 32 Jahre lang fromm seinen Schafstall,996 Tetricus von Langres997 und Gallus von Clermont998 machten sich umfassend um den Schutz ihrer Herden verdient. Folglich ist allen die ewige Seligkeit gewiss. Neben diesem sich durchgehend wiederholenden Muster finden sich keine weiteren Angaben. Weder Tetricus’ bei Gregor geschilderter Schlaganfall mit anschließender langer Zeit der Bewusstlosigkeit nach innerkirchlichen Auseinandersetzungen noch Gallus’ Rolle in seiner von der Pest bedrohten Stadt oder sein lange im Voraus prophezeiter Tod finden Erwähnung.999 Venantius bildet in seinen Epitaphen und Nachrufen kein realistisches Lebensbild ab, sondern hebt, ganz im Sinne seines idealen Bischofsbildes, die lobenswerten Eigenschaften der Verstorbenen hervor. Wunder spielen dabei kaum eine Rolle, diese Texte der Historiographie zuzuschreiben verbietet sich jedoch gleichfalls. Deutlich wird, wie sorgfältig hinsichtlich der auf den ersten Blick so einfach voneinander abzugrenzenden Gattungen vorgegangen werden muss. Venantius’ Lyrik nimmt einen eigenen Stellenwert ein. Zwar bietet sie keine direkte Möglichkeit zum Vergleich mit Gregor von Tours, doch treten in der Konzeption des Bischofsamtes unübersehbare Parallelen hervor.

995 Vgl. Brennan, Image of the Merovingian Bishop, S. 139, zur Idealisierung der Bischöfe in den Epitaphen. 996 Vgl. Venantius Fortunatus, Carminum epistularum expositionum libri undecim IV/2, S. 80. 997 Vgl. Venantius Fortunatus, Carminum epistularum expositionum libri undecim IV/3, S. 80f. 998 Vgl. Venantius Fortunatus, Carminum epistularum expositionum libri undecim IV/4, S. 82. 999 Vgl. Kapitel 6.2.3.

In der Nachfolge Gregors

6.4

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In der Nachfolge Gregors – Die Chronik des sogenannten Fredegar und der Liber historiae Francorum

6.4.1 Die Chronik des sogenannten Fredegar Nach dem Tod Gregors von Tours im Jahr 594 bricht die Quellenüberlieferung mit Ausnahme vereinzelter, kurzer, meist der Gattung der Hagiographie zuzuordnender Texte ab. Eine Fortsetzung der fränkischen Geschichte bietet erst wieder die Chronik des sogenannten Fredegar.1000 Dabei handelt es sich um eine Kompilation verschiedener Textüberlieferungen sowie um eine die Jahre 584–642 umfassende eigenständige Arbeit des Chronisten. Der Abfassungszeitpunkt liegt zwischen dem Abbruch der Chronik (642) sowie der frühesten erhaltenen Handschrift (714/15), vermutlich um 660.1001 Aus dem Inhalt lässt sich nicht eindeutig feststellen, ob der Autor dem geistlichen oder weltlichen Stand zugehörig war.1002 Inhaltlich lässt sich die Chronik grob in fünf Teile gliedern. Am Anfang stehen Kurzfassungen des Liber generationis, der Chroniken des Hieronymus und Hydatius sowie der mit dem Jahr 584 endenden ersten sechs Bücher der Decem libri historiarum Gregors von Tours. Der letzte Teil bis 642 bietet schließlich neues, bisher keiner anderen Quelle zuzuordnendes Material.1003 Für die Analyse können die ersten drei Teile übergangen werden. An der Übernahme von Teilen der Bücher aus den Decem libri historiarum Gregors interessiert, inwieweit Berichte über bischöfliche Sterbefälle ausgelassen, übernommen oder verändert worden sind. Der Fokus liegt auf dem vermeintlich eigenständig erarbeiteten letzten Teil der Chronik. Schnell wird deutlich, dass die Analyse bischöflichen Sterbens in der Chronik des Fredegar allein nicht zielführend sein kann. Vielmehr soll generell das Bischofsbild des Chronisten in den Blick genommen werden.

1000 Zu Versuchen, die Identität des Autors bzw. der Autoren zu bestimmen vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 16–25. Zur Kontroverse über die Anzahl der Autoren, die sich hinter dem Namen Fredegar verbergen, vgl. zusammenfassend ebd., S. 8–15. Walter Goffart hat, nachdem längere Zeit weitgehend Konsens über zwei beteiligte Autoren geherrscht hat, durch einen Beitrag wieder die These eines Autors vertreten. Vgl. Goffart, Fredegar Problem Reconsidered. Zusammenfassend Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 140f. 1001 Zum Problem der Entstehungszeit vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 25–38. 1002 Collins, Fredegar-Chroniken, S. 24f., erachtet den Autor als hochrangigen Laien mit Tätigkeitsschwerpunkt in Neustrien und Burgund. Vgl. Wallace-Hadrill, Fredegar, S. 75f. Zur wahrscheinlich burgundischen Herkunft des oder eines Autors vgl. Ganshof, Historiographie dans la monarchie franque, S. 641. 1003 Vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 27 u. 34; Ganshof, Historiographie dans la monarchie franque, S. 638f.; Wallace-Hadrill, Fredegar, S. 73. Zum von Gregor übernommenen Abschnitt vgl. Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 125f.

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Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

Die Decem libri historiarum Gregors von Tours haben nicht allein zahlreiche Beispiele bischöflichen Sterbens offenbart, sondern grundsätzlich bischöfliches Wirken in den Mittelpunkt gestellt. Gregor hat die heilsgeschichtliche Bedeutung des Episkopats herausgestellt, was sich nicht zuletzt in den durchgehend neutral bis positiv gestalteten Sterbeberichten rechtgläubiger Bischöfe niedergeschlagen hat. In der Chronik des Fredegar fällt dagegen die geringe Präsenz bischöflicher Amtsträger ins Auge, ohne dabei bereits gesondert auf Sterbeberichte Wert zu legen. Bleibt der Fokus auf den Büchern III (Zusammenschrift Gregors) und IV (eigenständiger Teil des Chronisten), finden sich insgesamt nur vier bischöfliche Sterbefälle. Buch III beginnt mit der bekannten Episode um Bischof Aravatius von Tongern,1004 seiner Reise nach Rom und der ihm zuteilgewordenen Vision, die seinen Tod vor dem Überfall der Hunnen verkündete. Damit endet der Bericht, der Tod selbst kann zwar erahnt werden, wird aber nicht berichtet. Der Kompilator legte auf die weiteren Geschehnisse um Aravatius keinen Wert, weder Tod noch Grablege oder Wunder spielen eine Rolle.1005 Der Schwerpunkt des Autors liegt auf der Übernahme von weltlichen, nicht kirchlichen Ereignissen.1006 Die Berichte bischöflichen Sterbens führen dies exemplarisch vor Augen. Von den beinahe 80 innerhalb der ersten sechs Bücher der Decem libri historiarum Gregors geschilderten Fällen übernimmt der Chronist zwei:1007 Einerseits den Tod des kurzzeitigen weströmischen Kaisers und späteren Bischofs von Piacenza, Avitus1008 (relevanter wird seine vergangene Regierungszeit als Kaiser, weniger seine nachfolgende Position als Bischof gewesen sein); andererseits das Ableben Bischof Germanus’ von Paris.1009 Der Bischof als konkreter Handlungsträger gerät weitgehend in den Hintergrund, ein Interesse an Kontinuitäten und weitgehend lückenlosen Berichten über die Besetzung von Bischofssitzen findet sich nicht. Die Einsetzung von Bischöfen, bei Gregor vielfach mit den aufgetretenen Problemen und Konflikten wiedergegeben, ist für Fredegar ebenfalls nicht von Interesse. Kaum einmal tritt ein Bischof namentlich und aktiv in Erscheinung,

1004 Vgl. Kapitel 6.2.2 c. 1005 Vgl. (Pseudo)-Fredegar, Chronica III, 1, S. 92. Zu den nicht vorhandenen Wundern vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 25. 1006 Vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 25. 1007 Hinzu kommt das Ableben Macliavs, der zwischenzeitlich Bischof von Vannes gewesen ist. Da er sich zum Zeitpunkt seines Todes wieder dem weltlichen Stand zugewandt hatte, wird er nicht berücksichtigt. 1008 (Pseudo)-Fredegar, Chronica III, 10, S. 95: Avitus imperator luxoriose, apud Placenciam urbem episcopus ordenatur, et post ad basileca sancti Iuliani fugiens, vitam amisit. Auch wird, anders als bei Gregor, auf Avitus’ Grabstätte kein Wert gelegt. 1009 (Pseudo)-Fredegar, Chronica III, 75, S. 113: Eo tempore sanctus Germanus Parisiorum episcopus transiit. Gregor berichtet über ein Wunder, dass sich während des Leichenbegängnisses ereignete. In der Fredegar-Chronik findet sich diese Episode erwartungsgemäß nicht.

In der Nachfolge Gregors

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der Fokus liegt bei der Kompilation der ersten sechs Bücher Gregors eindeutig auf weltlichen Ereignissen. Daher wird auch umfassender über den Tod von Mitgliedern der merowingischen Dynastie berichtet. Um die Sicht des Kompilators auf Sterben und Tod überhaupt im Ansatz einschätzen zu können, ist ein Blick auf diese Fälle unerlässlich. Die meisten Mitglieder der Familie finden dabei ein gewaltsames Ende, ohne dass auf die Umstände näher eingegangen wird. Ausgewählte Beispiele geben einen Hergang wieder, der gerade im bischöflichen Sterben zu erwarten gewesen wäre. Chlodovald, Sohn König Chlodomers und Enkel Chlodwigs, entsagte der Welt und ging ins Kloster.1010 Dieser Bericht Gregors findet sich auch bei Fredegar. Doch ergänzt dieser Gregors Angaben um einen entscheidenden Satz: ad cuius [sc. Chlodovalds] sepulcrum Dominus virtutes dignatur ostendere.1011 Bei Bischöfen, bei Gregor von Tours noch Garanten für zahlreiche Wundertaten, verzichtet Fredegar auf Wunderberichte, verortet deren Auftreten aber am Grab eines Mitglieds der merowingischen Dynastie. Chlodovald, der der Welt entsagt haben soll, wird gepriesen, ein würdiges Leben geführt zu haben (dignamque vitam ostendere). Dies findet sich auch bei Gregor,1012 der hingegen keine Wunder erwähnt. Dagegen führt er zahlreiche Beispiele von Bischöfen auf, die würdig gelebt haben und durch Wunder zusätzlich ausgezeichnet worden sind. Fredegar überträgt diese Merkmale auf die Person Chlodovalds, der bezeichnenderweise kein Bischof war, sondern der weltlichen und herrschaftlichen Sphäre entstammte. Anders als bei den dürftigen Beispielen bischöflichen Sterbens spielt bei Chlodovald auch die Grablege eine Bedeutung. Zwei weitere Beispiele führen die deutlich andere Gewichtung und Schwerpunktsetzung innerhalb der Fredegar-Chronik vor Augen. Fredegar entlehnt, teils wörtlich, von Gregor den Tod der Königin Chrodechilde. Betont werden dabei nicht allein ihr Ableben, sondern auch ihre Grabstätte in der Kirche des hl. Petrus zu Paris am Hochaltar.1013 Während bei Bischöfen kein Wort über ihre Grablegen verloren wird, übernimmt Fredegar bei Chrodechilde die exakten Angaben über ihr Grab. Dass neben dem guten auch der schlechte Tod nicht außen vor bleibt, belegt der Mord an König Chilperich. Gregor berichtet von einem unbekannten Mörder, der Chilperich auflauerte und niederstach, woraufhin dieser seine ungerechte Seele (iniquum spiritum) aushauchte.1014 Fredegar ergänzt diesen Bericht um zwei Details. Zum einen gibt er den Namen des Mörders preis (Falko), zum anderen 1010 1011 1012 1013

Zu Chlodovald vgl. Heinzelmann, Gallische Prosopographie, S. 581. (Pseudo)-Fredegar, Chronica III, 38, S. 105. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem III, 18, S. 119. Vgl. (Pseudo)-Fredegar, Chronica III, 46, S. 106. Zur entsprechenden Passage bei Gregor: Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 1, S. 135. Zu Chrodechilde vgl. Heinzelmann, Gallische Prosopographie, S. 584. 1014 Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem VI, 46, S. 319. Vgl. Kapitel 6.2.2 f, Anm. 843.

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bewertet er den Tod Chilperichs: crudelissimam vitam digna morte finivit.1015 Dies macht deutlich, dass auch der Kompilator klare Vorstellungen über die enge Verbindung von Leben und Tod gehabt haben muss. Dies ist zu erwarten. Festzuhalten ist aber, dass dieser Sachverhalt nicht anhand der bei Gregor zahlenmäßig deutlich überwiegenden bischöflichen Sterbefälle (der Todesfälle der aus Sicht Gregors nicht rechtgläubigen Bischöfe) untermauert wird. Die Kompilation der ersten sechs Bücher der Decem libri historiarum Gregors weist einen deutlichen Perspektivwechsel auf. Bischöfliches Wirken tritt weitgehend in den Hintergrund, die Verzahnung von Episkopat und Herrschaft bleibt blass, während Ereignisse um die fränkischen Könige eine besondere Betonung erfahren. Dies reicht bis zu den Sterbefällen der Herrschaftsträger, während dem bischöflichen Tod keine Bedeutung zugemessen wird. Buch IV der Chroniken Fredegars, weitgehend ohne bekannte Quellengrundlage, weist eine identische Schwerpunksetzung auf. Wieder steht nur der Tod von zwei Bischöfen zu Buche: Aetherius von Lyon1016 und Desiderius von Vienne. Die Episode um Desiderius ist umfangreicher; zunächst ins Exil geschickt, wurde er nach seiner Rückkehr auf Veranlassung König Theuderichs gesteinigt.1017 Im Vergleich zu den weiteren Beispielen bischöflichen Todes wirkt die Erzählung um Desiderius unerwartet ausführlich und detailliert. Wahrscheinlich ist, dass sich Fredegar auch in diesem Fall von einer ihm vorliegenden Quelle hat inspirieren lassen. Als eine der wenigen bekannten Quellen, die dem vierten Buch Fredegars zugrunde lagen, gilt die Vita Columbani des Jonas von Bobbio.1018 Unter anderem finden sich in der Vita Berichte über Exil und Tod des Desiderius von Vienne,1019 1015 (Pseudo)-Fredegar, Chronica III, 93, S. 118. 1016 (Pseudo)-Fredegar, Chronica IV, 22, S. 129: Aetherius episcopus Lugdunensis obiit. Einzigartig wird dieser Bericht dadurch, dass der Aetherius nachfolgende Bischof (Secundinus) genannt, somit einmalig auf die Kontinuität im Bischofsamt hingewiesen wird. 1017 (Pseudo)-Fredegar, Chronica IV, 32, S. 133: Teudericus […] sanctum Desiderium de exilium egressum lapidare praecipit. Theuderich stand dabei unter dem Einfluss des Bischofs Aridius von Lyon, eines der wenigen Beispiele bischöflichen Handelns eines namentlich benannten Akteurs. Möglicherweise hat die Rolle von Aridius auch dazu motiviert, zuvor dessen Vorgänger Secundinus oder überhaupt das Bistum Lyon zu berücksichtigen. Des Weiteren sollen sich an Desiderius’ Grab unaufhörlich Wunder ereignet haben. Singulär wird ein zum Märtyrer stilisierter Bischof auch mit Wundern in Verbindung gebracht. Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 42, führt Desiderius als Beispiel heran, die Zunahme von gewaltsamen Bischofstoden im 7. Jahrhundert sowie die unproblematische Interpretation dieser Bischöfe als Märtyrer zu belegen. 1018 Vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 33f. Zu Jonas vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 187–190. 1019 Vgl. Jonas von Bobbio, Vitae Columbani abbatis discipulorumque eius libri duo I, 27, S. 103. Anders als Fredegar, der Desiderius’ Exil und Tod in zwei Kapiteln durch weitere Ereignisse getrennt berichtet, verfährt die Vita gerafft: Eo itaque in tempore Theudericus atque Brunichildis non solum adversum Columbanum insaniebant, verum etiam et contra sanctissimum Desiderium Viennensis urbis episcopum adversabantur. Quem primo exilio

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keiner jedoch darüber, dass er gesteinigt worden ist. Dies wiederum berichtet die Vita Desiderii, auf die bereits in der Vita Columbani verwiesen und die wohl auch Fredegar vorgelegen haben wird.1020 Die Episode um Desiderius ist somit nicht auf Fredegar zurückzuführen, sondern muss als Kompilation einer bereits bestehenden Überlieferung eingestuft werden. Die ausführliche Übernahme bleibt dennoch beachtenswert. Über bischöfliches Wirken wird darüber hinaus weiterhin wenig berichtet. Zumeist erscheint der Episkopat als namenlose Gruppe, die zu Synoden zusammentritt, sich am Königshof versammelt und als Rat gebendes Gremium tätig ist. Konkrete Vertreter dieses Gremiums bleiben, mit wenigen Ausnahmen wie Arnulf von Metz, unbekannt. Daraus gleichbedeutend eine grundsätzlich verminderte Stellung der Bischöfe im Fränkischen Reich anzunehmen, wäre jedoch zu kurz gedacht und kann nicht auf Grundlage eines Textes erschlossen werden.1021 Dennoch wird, anders als noch bei Gregor wenige Jahrzehnte zuvor, dem Bischof durch Fredegar nicht mehr die überragende Position, die er als Mittler zwischen Dies- und Jenseits eingenommen hatte, zugesprochen. Der Bischof tritt hinter den König zurück, der einzelne verliert sich in der Masse aller, der Episkopat erscheint als dienstbare Gruppe der Könige, nicht als allein handlungsfähig. Kaum mehr finden sich Hinweise auf die edle Abstammung der Bischöfe, die Übernahme eines Bistums als Karrierehöhepunkt. Sie erscheinen nun sogar als Opponenten gegen die fränkische Herrschaft. Bischof Leudemund von Sitten soll gegen den von Chlothar II. eingesetzten dux Herpo zum Aufstand aufgerufen haben.1022 Gewiss müssen die unterschiedlichen Perspektiven des damnatum multis iniuriis adfligere nitebantur, ad postremum vero glorioso martyrio coronarunt. Zu Vorstellungen von Tod und Nachleben in der Vita Columbani vgl. O’Hara, Death and the Afterlife. Zwar nicht am Beispiel von Bischöfen, doch generell lassen sich sowohl gute als auch schlechte Tode eindrücklich nachweisen. 1020 Vgl. Sisebut, Vita vel passio sancti Desiderii c. 18, S. 636. Wie bereits Leodegar von Autun hat auch Desiderius relativ bald eine zweite Vita erhalten: Passio sancti Desiderii episcopi et martyris. Zu den weitgehenden Übereinstimmungen in der Darstellung seiner Passion innerhalb beider Viten vgl. Dobschenzki, Von Opfern und Tätern, S. 77. Zur klaren Darstellung des Desiderius in der Vita Sisebuts vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 408f. 1021 Vgl. das Edikt König Chlothars II. von 614 (vgl. Kapitel 6.1 Anm. 595). Dennoch ist festzuhalten, dass den Bischof, der in der Spätantike relativ unabhängig agierte, seine zunehmend enge Verbindung zum König zum »Funktionär des Königtums« werden ließ. Vgl. Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 78. Deutlich macht das Edikt Chlothars somit zweierlei: den Stellenwert eines Bischofs, auf dessen Erhebung der König Einfluss nehmen will, und die Möglichkeit, die der König ganz konkret auf die Bestellung der Bischöfe nehmen kann. Auch ist von entscheidender Bedeutung, dass nach Gregor von Tours für längere Zeit hinweg kein Bischof mehr eigenständig die Geschichte seiner Zeit niederschreiben sollte. Weder der sogenannte Fredegar noch der anonyme Autor des Liber historiae Francorum sind Bischöfe gewesen. 1022 Vgl. (Pseudo)-Fredegar, Chronica IV, 43, S. 142.

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Bischofs Gregor und des gemäß Roger Collins hochrangigen Laien Fredegar berücksichtigt werden, die Diskrepanz und der unterschiedliche Beobachtungshorizont zwischen beiden Texten gerade im Bezug auf den Episkopat sind dennoch beachtlich. Ausführliche Todesfälle bietet nur die weltliche Personengruppe. Der Chronist betont hierbei, sollte er einmal ausführlicher über einen Todesfall berichten, zumeist dessen schlechten Verlauf. Gundovald, Sohn des bayerischen Herzogs Garibald I., wurde von einem Pfeil getötet, als er auf dem Abort saß.1023 Die mit einem solchen Ableben verbundenen Konnotationen sind bekannt und müssen nicht wiederholt werden.1024 Dem Urteil Gottes sollen der byzantinische Kaiser Herakleios1025 sowie der Hausmeier Flaochad1026 zum Opfer gefallen sein. Gregors Decem libri historiarum sind sowohl als erster als auch lange einziger Höhepunkt in der Überlieferung und Schilderung bischöflicher Todesfälle charakterisiert worden. Die Chronik des sogenannten Fredegar, verfasst vermutlich nicht viel mehr als 60 Jahre nach Gregors Tod, unterstreicht und bestätigt die ursprünglich getroffene Einschätzung. Der Episkopat tritt hinter die fränkischen Könige zurück, eigenständiges Handeln ist kaum nachzuweisen, entsprechend findet auch der Tod des Bischofs kaum Beachtung. Die Gegenüberstellung von gutem und schlechtem Tod findet sich weiterhin, nun aber am Tod weltlicher Herrschaftsträger exemplifiziert. Vorstellungen über das Jenseits, die Hoffnung auf ein Purgatorium oder die Bedeutung der memoria spielen bei Fredegar kaum eine Rolle. Deutlich wird dies insbesondere bei der gerafften Wiedergabe der 1023 (Pseudo)-Fredegar, Chronica IV, 34, S. 134: […] ubi ad ventrem purgandum in faldaone sedebat, saggitta saucius moritur. 1024 Allerdings muss hier die Frage gestellt werden, ob nicht der ungenannt gebliebene Mörder – folgend 1 Sam 24,4–8, gemäß dem David es unterließ, den auf dem Abort sitzenden Saul zu töten – diskreditiert werden soll. Zu dieser Argumentation vgl. Burkhardt / Kamenzin, Erasmus Lueger und der Tod auf dem Abort, S. 275. Doch scheint nicht der Ort, sondern die Person Sauls, der »Gesalbte des Herrn«, David von seinem Ansinnen abgebracht zu haben. Der biblische Verweis wirkt daher wenig überzeugend. 1025 (Pseudo)-Fredegar, Chronica IV, 66, S. 154: Eraglius […] Christi cultum relinquens […] a febre vexatus, crudeliter vitam finivit. Nachdem Herakleios im Angesicht der muslimischen Eroberung den Glauben verloren hatte, soll er dem Christentum abgeschworen haben und daraufhin elendig gestorben sein. Die Verbindung von Rechtgläubigkeit, Tod und Nachleben findet sich entsprechend auch bei Fredegar, jedoch, mit Ausnahme von Desiderius von Vienne, nicht in Zusammenhang mit dem Episkopat. 1026 (Pseudo)-Fredegar, Chronica IV, 66, S. 167: Flaochadus iudicio Dei percussus, vixatus a febre, conlocatur in scava; aevicto navale per Ararem fluvio quoinomento Saoconna Latona properans, in aetenere undecemo diae post Willibadi interetum amisit spiritum, sepultusque est in ecclesia sancti Benigni suburbano Divioninse. Trotz seines unwürdigen Todes erhielt Flaochad eine Grablege in der Kirche des hl. Benignus zu Dijon. Fredegar erläutert, das Gottesurteil resultiere gemäß der Meinung des Volkes aus der zwischen Flaochad und dem kurz zuvor getöteten Patricius Willebad herrschenden Fehde und der von beiden betriebenen Willkürherrschaft, vgl. ebd. S. 167f.

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ersten sechs Bücher der Decem libri historiarum Gregors. Seine umfänglichen Schilderungen über bischöfliches Handeln auf der einen sowie bischöfliches Sterben auf der anderen Seite werden mit wenigen Ausnahmen ignoriert. Die Chronik Fredegars gibt, ohne dadurch auf die tatsächlichen Umstände der Zeit schließen zu können, eine Tendenz der historiographischen Überlieferung vor, die über Jahrhunderte vorherrschen sollte.

6.4.2 Der Liber historiae Francorum Wiederum etwa 60 Jahre nachdem der unter dem Namen Fredegar bekannt gewordene Chronist seinen Text kompiliert und erstellt hatte, setzte ein weiterer, ebenfalls anonym gebliebener Schreiber die Geschichte der Franken fort. Der Liber historiae Francorum gilt als wichtigstes Werk des ausgehenden 7. und beginnenden 8. Jahrhunderts.1027 Der Abfassungszeitpunkt kann recht sicher mit dem Jahr 727 angegeben werden.1028 Der Verfasser,1029 aus Neustrien stammend, berichtet fast ausschließlich über diesen Raum. Ob es sich bei dem Chronisten um einen Mönch gehandelt hat, wie teils vermutet, ist nicht zu entscheiden;1030 aufgrund seiner profunden Informationen über die merowingischen Könige wird ihm eine besondere Nähe zum Königshof nachgesagt.1031 Der Verfasser berichtet als Augenzeuge über die Ereignisse der letzten Jahrzehnte seines Textes, benutzt für die Ereignisse des 7. Jahrhunderts heute verlorene historiographische Zeugnisse sowie für das 6. Jahrhundert einmal mehr die ersten sechs Bücher der Decem libri historiarum Gregors von Tours.1032 Wie bereits bei Fredegar bietet 1027 Vgl. Fouracre / Gerberding, Late Merovingian France, S. 79. Zur möglichen Schreibabsicht vgl. Gerberding, Rise of the Carolingians, S. 166–172. Knapp Ebenbauer, Historiographie, S. 77; McKitterick, Akkulturation, S. 393; Wood, Merovingian Kingdoms, S. 257. 1028 Vgl. Haupt, Einleitung, S. 330. 1029 Vgl. zur Möglichkeit einer Verfasserin Hartmann, Darstellung der Frauen, S. 219 u. 236. 1030 Vgl. Haupt, Einleitung, S. 329; Wattenbach / Levison, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 1, S. 114f. Während als Abfassungsorte Rouen oder Saint-Denis angenommen worden sind, hat Gerberding, Rise of the Carolingians, S. 146–159, für Soissons und das dortige Kloster Saint Médard votiert, da er unzweifelhaft einen männlichen Autor angenommen hat. Ebenfalls in Soissons, jedoch im Frauenkloster Notre Dame erachtet Hartmann, Darstellung der Frauen, S. 213–219, den Ursprung des Liber historiae Francorum. 1031 Vgl. Fouracre / Gerberding, Late Merovingian France, S. 79. 1032 Vgl. Haupt, Einleitung, S. 330. Zu den Übernahmen aus Gregors Historien, zu Kürzungen und Ergänzungen vgl. Gerberding, Rise of the Carolingians, S. 31–46; Goffart, Narrators of Barbarian History, S. 126. Wie bereits bei Fredegar schlägt sich die vermeintliche Bedeutungslosigkeit der Übernahmen aus der Chronik Gregors auch innerhalb der Übersetzung der FSGA nieder, die nur die Kapitel 1–7 (zur Herkunftssage) sowie 35–53 (nach dem Tod König Gunthrams) in Übersetzung anbietet. Dabei sind gerade die Ände-

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auch der Liber historiae Francorum die Möglichkeit, einerseits die von Gregor übernommenen Beispiele zu analysieren, andererseits diesen Exempla Fälle aus der eigenen Anschauung gegenüberzustellen. Allerdings lässt die quantitative Auswertung ein ähnliches Bild zutage treten, wie es bereits bei der Fredegar-Chronik zu beobachten gewesen ist. Insgesamt werden vier bischöfliche Todesfälle geschildert, zwei sind von Gregor übernommen, zwei aus dem 7. Jahrhundert hinzugefügt worden. Keiner datiert wahrscheinlich aus dem unmittelbaren Erleben des Autors. Auch sonst bestätigt der Liber historiae Francorum die bei Fredegar festgehaltene Tendenz, bischöflichem Handeln kaum Platz einzuräumen. Nun handelt es sich jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach, anders als bei dem Laien Fredegar, um einen Autor aus geistlichem Umfeld, was die Abwesenheit der Bischöfe sowie generell religiöser Inhalte in seinem Werk noch frappierender erscheinen lässt.1033 Traten die Bischöfe bei Fredegar zumindest noch als zwar anonymisierte, jedoch präsente Gruppe auf, verbleiben sie nun, insbesondere im letzten Abschnitt des Liber historiae Francorum, der auf dem Zeitgeschehen des Autors beruht, fast vollständig im Hintergrund. Das Handeln der merowingischen Könige sowie bald auch der Hausmeier bis zu Karl Martell liegt im Fokus des Chronisten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass den wenigen bischöflichen Sterbefällen ein Vielfaches an Todesfällen weltlicher Herrschaftsträger gegenübersteht. Bei den von Gregor übernommenen, sprachlich in Teilen veränderten bischöflichen Sterbeberichten handelt es sich um den Tod der Bischöfe Medardus von Noyon und Germanus von Paris. In Medardus’ Fall variiert der Autor leicht die Schilderung vom Tod, ohne eine andere Bewertung einfließen zu lassen. Die Angabe über die Grabstätte ist, mit Ausnahme eines ergänzten gloriose, wörtlich von Gregor übernommen.1034 Hinsichtlich Germanus’ Ableben verlässt der Autor seine Vorlage, ignoriert das dort geschilderte Wunder, das sich während des Leichenbegängnisses ereignet haben soll, und richtet seine Wortwahl ganz an seinem – und damit auch in weiten Teilen Gregors – Bericht über Medardus aus, wozu auch der bei Gregor in Bezug auf Germanus unerwähnt gebliebene Ort seiner Grabstätte zu zählen ist.1035 Der Zusammenhang der Chronik gibt keinen rungen und Ergänzungen im Vergleich zum Text Gregors von Interesse. Vgl. auch McKitterick, Akkulturation, S. 385. 1033 Vgl. Fouracre / Gerberding, Late Merovingian France, S. 79. 1034 Liber historiae Francorum c. 29, S. 288: Tunc quoque in illis temporibus beatissimus Medardus episcopus plenus virtutibus preclaris et gloria migravit ad Dominum. Quem Chlotharius rex Suessionis civitate cum magno psallentio gloriose sepelevit. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 19, S. 152. 1035 Liber historiae Francorum c. 33, S. 299: Illo namque tempore beatus Germanus Parisiorum episcopus plenus virtutibus migravit ad Dominum; in basilica sancti Vincenti cum gloria sepultus est. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem V, 8, S. 204. Vgl. Gerberding, Rise of the Carolingians, S. 40.

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gesicherten Aufschluss, warum diese beiden Fälle übernommen worden sind, zahlreiche andere hingegen nicht. Anhaltspunkte mag eine geographische Analyse bieten. Als Raum der Abfassung des Liber historiae Francorum wird die Gegend um Laon angenommen.1036 Laon und Noyon liegen nur wenige Kilometer auseinander und auch Paris befindet sich im neustrischen Teilreich, auf das der Chronist besonderen Wert gelegt hat. Es mag somit hinsichtlich Noyons die geographische Nähe eine Rolle gespielt haben, bei Paris die politische Bedeutung der Stadt. Dies erklärt hingegen nicht das Fehlen der Amtsträger anderer neustrischer Bistümer wie beispielsweise Le Mans. Daneben berichtet der Autor über die im 7. Jahrhundert gestorbenen Leodegar von Autun (hingerichtet)1037 sowie Audoin von Rouen, einmal mehr in fast identischem Wortlaut zu den ersten benannten Fällen.1038 Während der Autor Bischof Audoin eine besondere Verehrung entgegenbringt, was zu nicht belegbaren Spekulationen um seine Herkunft aus der Gegend um Rouen geführt hat,1039 ergibt sich die Aufnahme Leodegars aus den politischen Ereignissen. Er soll am Aufstand gegen und am Mord an König Childerich II. beteiligt gewesen sein, was ihn selbst das Leben kosten sollte. Zusammenfassend geben die bischöflichen Sterbeberichte im Liber historiae Francorum keine Anhaltspunkte über ein mögliches Bischofsideal des Autors oder über dessen Bewertung von Leben, Tod und Nachleben. Außer der Hinrichtung Leodegars, die als Ergebnis politischer Entwicklungen zu verstehen ist, weisen die übrigen Schilderungen eine Grundform auf, ohne weitere Details bieten zu können. Neben ihrem tugendhaften Leben werden die Bischöfe nicht charakterisiert, die Nennung der Grabstätte ist zunächst von Gregor übernommen, dann beibehalten worden. Diese Todesfälle bewerten zu wollen, wäre einzig anhand der eindeutigen Wendung migravit ad dominum möglich, die das positive Nachleben der Bischöfe annehmen lässt. Aspekte eines würdigen, neutralen oder negativ konnotierten Todes finden sich in großer Zahl, wie bereits bei Fredegar, nur in den Sterbeberichten weltlicher Machthaber. Entsprechend wollen wir auch diese eines kurzen Blickes würdigen. Vielfach wird nur über das Ableben eines Mitglieds der merowingischen Dynastie oder eines Hausmeiers berichtet, teilweise sind ergänzende Informationen beigefügt. Gleich mehrfach 1036 Vgl. Haupt, Einleitung, S. 329. 1037 Liber historiae Francorum c. 45, S. 319: Sanctum Leudegarium episcopum diversis poenis caesum gladio ferire iussit. Zu Leodegars brutalem Ende als Zeichen der im 7. Jahrhundert zunehmenden Zahl von gewaltsamen Bischofstoden sowie zur einfachen Umdeutung dieser Bischöfe zu Märtyrern vgl. Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 42. 1038 Liber historiae Francorum c. 47, S. 321f.: Sub his diebus beatus Audoinus Rotomagensis episcopus plenus dierum ac virtutibus preclarus Clepiaco villa regale in suburbana Parisiorum civitate migravit ad Dominum; cum gloria basilica sancti Petri apostoli Rothomacum civitate sepultus est. 1039 Vgl. Haupt, Einleitung, S. 329.

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gibt der Chronist ein Fieber als Todesursache an. Diesem Leiden fielen die Könige Theudebert I., Theudebald, Childebert I. und Dagobert I. sowie der Hausmeier Pippin der Mittlere zum Opfer.1040 Neben diesen den alltäglichen Schein aufweisenden Fällen treten auch einige ungewöhnliche Ableben hervor. Für den guten Tod steht dabei erneut Königin Chrodechilde. Wie bereits Fredegar hebt auch der Autor des Liber historiae Francorum hervor, dass sie nach ihrem Ableben am Hochaltar der Kirche des hl. Petrus zu Paris beigesetzt worden ist.1041 Auffällig ist, dass sowohl Fredegar als auch der Chronist des Liber historiae Francorum unabhängig voneinander – Letzterem war die Chronik Fredegars nicht bekannt – Wert auf den Tod sowie die explizite Angabe der Grablege Chrodechildes legen. Anders als Fredegar betont der Chronist gemäß Gregor den Tod der Königin in Tours. Er variiert jedoch das Verb, das bereits Fredegar im Vergleich zu Gregor verändert hatte (Gregor nutzt obire, Fredegar moriri). Bieten diese beiden wenig Platz für Interpretationen, greift der Chronist auf die eindeutige Wendung migrare ad dominum zurück. Damit weist er deutlich auf das Nachleben der Königin bei Gott hin. Es handelt sich nicht um das einzige Beispiel eines guten Todes, das sich sowohl bei Fredegar als auch im Liber historiae Francorum nachweisen lässt. Hinzuzurechnen ist die Erzählung um Chlodovald, der dem Leben entsagte, Priester wurde und ein würdiges Leben schließlich mit dem Tod beendete. Anders als Fredegar unterlässt es der Autor jedoch, Wunder an der Grabstätte Chlodovalds zu erwähnen.1042 Differierend in ihrer Wertung sind beide Texte in Bezug auf den Mordanschlag auf König Chilperich. Während Fredegar einen 1040 Vgl. Liber historiae Francorum c. 27, S. 285; c. 27, S. 286; c. 28, S. 287; c. 43, S. 315 und c. 51, S. 325. Zu der innerhalb der Quellen unterschiedlichen Sicht auf Pippins des Mittleren Tod vgl. Hack, Alter, Krankheit, Tod und Herrschaft, S. 77f. Über den Tod Theudeberts infolge einer Krankheit (ohne Fieber zu nennen, im Gegensatz zu den vergeblichen Bemühungen von Ärzten) berichtet bereits Gregor von Tours. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem III, 36, S. 131. Auch Theudebald starb gemäß Gregor an einer Krankheit (ohne Nennung eines Fiebers). Allerdings schildert Gregor umfänglich Theudebald als Menschen mit einem schlechten Naturell (mali ingenii), der von einer Krankheit ergriffen und von der Hüfte abwärts gelähmt langsam dahinsiechte. Vgl. Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 9, S. 140f. Dergleichen findet sich im Liber historiae Francorum nicht. Auch bezüglich Childebert nennt Gregor zwar eine Krankheit, nicht jedoch Fieber als Todesursache (Gregor von Tours, Libri historiarum decem IV, 20, S. 152). Ganz offensichtlich legte der Chronist keinen besonderen Wert darauf, die Umstände des Todes genauer zu spezifizieren, selbst wenn dies Gregor in seinen Büchern bereits getan hatte, sondern subsumiert sie unter dem Schlagwort des Fiebers. Zur Schilderung des Todes Theudebalds bei Gregor vgl. auch Jones, Death and Afterlife, S. 238f. 1041 Liber historiae Francorum c. 27, S. 285: Igitur bonae memoriae Chrodchildis regina bonis operibus predita, apud urbem Toronicam migravit ad Dominum plena dierum. Quae cum magno psallentio Parisius deportata, in sacrario basilicae sancti Petri ad latus Chlodovechi regis, viri sui, sepulta est. 1042 Vgl. Liber historiae Francorum c. 24, S. 282.

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namentlich bekannten Mörder präsentiert und es nicht unterlässt, das Ableben des Königs als grausam, aber auch als verdiente Strafe zu bewerten, finden sich diese Angaben nicht im Liber historiae Francorum. Dort heißt es, zwei Mörder hätten dem König aufgelauert und ihn erstochen. Eine Wertung des Todes findet nicht statt.1043 Dies heißt nicht, der unwürdige Tod hätte im Liber historiae Francorum keinen Platz gefunden. König Theuderich II. soll von Königin Brunichild vergiftet worden sein und seinen unrechten Geist ausgehaucht haben (inicum spiritum in peccatis deficiens, mortuus est).1044 Dies ist insofern interessant, als Fredegar berichtet, Theuderich sei an der Ruhr gestorben.1045 Wie so oft spielen bei negativ konnotierten Todesfällen die tatsächlichen Begebenheiten nur eine geringe Rolle. Vielmehr müssen die politischen Umstände und Ansichten berücksichtigt werden. Ebenso verhält es sich beim Tod des aufständischen Hausmeiers Grimoald, der im Kerker unter starken Qualen gestorben sein soll. Dies wird als gerechte Strafe für den Ungehorsam gegenüber dem Königtum empfunden.1046 Der Autor des Liber historiae Francorum ist sich somit durchaus der möglichen ›Politisierung‹ eines unwürdigen Todes bewusst und weiß ihn auch innerhalb seines Textes zielführend einzusetzen. Diesem bewussten Einsatz steht eine geradezu modern anmutende Bewertung entgegen. Im Zusammenhang mit dem Tod König Chlodwigs II. im Jahr 657 verweist der Autor auf dessen unrühmlichen Lebenswandel, gibt aber an, in der Geschichte sei über dessen Ableben nichts überliefert worden, was der Erinnerung wert wäre (Huius mortem et finem nihil dignum historia recolit).1047 In anderen Texten sei sein Tod auf vielfache Weise geschildert worden, bedingt durch Unkenntnis über dessen Nichtswürdigkeit.1048 Herbert Haupt erkennt darin »ein frühes Zeugnis für Geschichtskritik«;1049 darüber hinaus aber ebenso ein Exempel für den Gebrauch von Todesschilderungen. Unabhängig von genauen Kenntnissen genügt eine Ahnung über den Charakter des Betreffenden, um einen solchen Bericht zu verfassen und in die vom Autor gewünschten Muster seines Textes einzuweben.

1043 1044 1045 1046

Vgl. Liber historiae Francorum c. 35, S. 302–304. Liber historiae Francorum c. 39, S. 309f. Vgl. (Pseudo)-Fredegar, Chronica IV, 39, S. 140. Liber historiae Francorum c. 43, S. 316: In Parisius civitate in carcere mancipatus, vinculorum cruciatu constrictus, ut erat morte dignus, quod in domino suo exercuit, ipsius mors valido cruciatu finivit. Ebenso wird über Giselmar, den Sohn des Hausmeiers Waratto, berichtet, für das seinem Vater zugefügte Unheil sei er von Gott gestraft worden und habe seinen Geist aufgegeben (c. 47, S. 321). 1047 Liber historiae Francorum c. 44, S. 316. 1048 Liber historiae Francorum c. 44, S. 316: Multa enim scriptores eius finem condempnant; nescientes finem nequitiae eius, in incertum de eo alia pro aliis referunt. 1049 Haupt, in: FSGA 4a, S. 366 Anm. 2.

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Sterbeberichte von Bischöfen im frühen Mittelalter: ein erster Höhepunkt

Unabhängig davon findet die bei Fredegar beobachtete Tendenz ihre Bestätigung. Der Bischofstod als solcher bleibt weitgehend außen vor und findet kaum mehr Beachtung. Das Interesse hat sich ganz den weltlichen Herrschaftsträgern und zunehmend den Vertretern der aufstrebenden Dynastie der Karolinger zugewandt.

6.5

Zusammenfassung

Die Analyse bischöflicher Sterbefälle in merowingischer Zeit lässt sich – unter Verweis auf die Zwischenzusammenfassungen am Ende der Unterkapitel – recht knapp resümieren. Ausgangspunkt der Auseinandersetzung bildet das Werk Gregors von Tours, insbesondere seine Decem libri historiarum. Der Bischofstod nimmt dort durchgehend einen zentralen Stellenwert ein, weit über die reine Wiedergabe von Sachverhalten hinaus. Sieht man von den unter anderen Vorzeichen zu betrachtenden Märtyrerberichten des ersten Buches ab, so finden sich in den folgenden Büchern zumeist Todesfälle, die während oder zumindest nicht weit vor seinem Episkopat stattfanden. Eine Unterscheidung zwischen guten und schlechten Toden ergibt bei zeitlicher, geographischer und intentioneller Spezifizierung das Ergebnis, dass in ihrem Zentrum die Dichotomie von Rechtgläubigkeit und allen Formen der Häresie steht. In dieser Konfliktstellung repräsentieren die Bischöfe in ihrem Wirken und ihrer Wirkung das erstrebenswerte Ideal, das keinen negativen Tod erleiden kann, selbst dann nicht, wenn sie zu Lebzeiten gesündigt haben mögen. Kein einziges Mal sieht sich in den Werken Gregors ein rechtmäßig in seinem Amt befindlicher Bischof der möglichen Bestrafung in der Hölle gegenüber, die ein schlechter Tod impliziert. Als deutlichen Kontrast nutzt Gregor Todesschilderungen, die Priester oder in großer Zahl Angehörige der merowingischen Dynastie betreffen; diese Berichte werden geschickt mit bischöflichen Ableben in Beziehung gesetzt, um das bischöfliche Amt in besondere Nähe zu der himmlischen Sphäre und den Heiligen zu rücken. Die besondere Bedeutung des Werkes Gregors von Tours für die Analyse bischöflicher Sterbefälle wurde dann bei der Untersuchung der Chronik des sogenannten Fredegar sowie des Liber historiae Francorum deutlich. In diesen Werken lassen sich eigenständige Berichte kaum nachweisen, Details sind kaum auszumachen, eine Wirkabsicht nur eingeschränkt zu ersehen. Die Gruppe der Bischöfe tritt beinahe vollständig hinter die Autorität und den Einfluss der Könige sowie der aufstrebenden karolingischen Hausmeier zurück – eine Entwicklung, die ihren Höhepunkt unter den karolingischen Königen finden sollte.

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Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert

Die Fredegar-Chronik sowie der Liber historiae Francorum stehen am Beginn einer Entwicklung, in der die Darstellung bischöflichen Sterbens zumindest innerhalb historiographischer Erzeugnisse kaum mehr nachzuweisen ist. Dieser Trend setzt sich fort mit der Fortsetzung der Fredegar-Chronik, besser betitelt als Historia vel gesta Francorum, die den Auftakt zu diesem Kapitel bilden wird. Auch wenn sie einmal mehr die bereits bei Fredegar zu findenden Zusammenfassungen aus Hieronymus, Eusebius und Hydatius, dazu der ersten Bücher der Decem libri historiarum Gregors von Tours bietet, reicht ihr Berichtszeitraum bis ins Jahr 768. Gleichfalls liegen auch ihre Abfassungszeitpunkte bereits während der Königsherrschaft Pippins des Jüngeren und unterliegen damit neuen politischen Realitäten.1050 Deutlich wird dabei einmal mehr, dass Geschichtsschreibung im früheren Mittelalter nicht einfach dazu diente, der Nachwelt etwas zu hinterlassen, sondern weitreichende politische und religiöse Komponenten aufwies.1051 Neben der immer präsenten Verortung der eigenen Zeit im Lauf der Heilsgeschichte wurde Geschichte grundsätzlich nicht aus einem Interesse an Vergangenem verfasst: »Man schrieb Geschichte um der Gegenwart willen, und man blickte aus aktuellem Interesse in die Vergangenheit zu deren ›Vergegenwärtigung‹, um nämlich den eigenen Zeitgenossen etwas (über sich selbst) mitzuteilen und sie damit möglicherweise zu beeinflussen.«1052 Eine solche Abfassung kann nicht objektiv erfolgen – die Historia vel gesta Francorum und ihre Verherrlichung Pippins stellt bereits ein gutes Beispiel dafür dar –, sondern bleibt immer einer Institution verhaftet und damit tendenziös; eine Parteinahme ist

1050 Wie schwer es ist, eine Epoche zu definieren, macht Berschin, Biographie und Epochenstil 3, S. 337–341, am Beispiel der karolingischen Zeit deutlich. Für diese Epoche ließen sich nach politischen, kulturellen, kunsthistorischen oder paläographischen Kriterien unterschiedliche Anfangs- und Endpunkte definieren. 1051 Vgl. Innes / McKitterick, Writing of History, S. 193. 1052 Goetz, Verschriftlichung von Geschichtskenntnissen, S. 242 (Hervorhebungen im Original). Zur gewollten Anbindung der eigenen Zeit an den Heilsplan vgl. ebd., S. 243.

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Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert

unausweichlich.1053 Hans-Werner Goetz geht darüber hinaus allgemein den Gründen nach, Geschichte in karolingischer Zeit festzuhalten. Neben der häufig in Krisenzeiten entstandenen Abfassung von Texten und dem einerseits wehmütigen Blick zurück sowie andererseits dem kritischen Blick auf die Gründe des aktuellen Niedergangs1054 habe Schriftlichkeit die Möglichkeit schneller Verbreitung von Texten mit legitimierendem, entschuldigendem oder Ansprüche untermauerndem Charakter geboten.1055 Im weiteren Verlauf wird der Blick auf die wichtigsten Annalen gerichtet, die in dieser Zeit entstanden sind, insbesondere die Annales regni Francorum, darüber hinaus u. a. die Annalen aus St. Bertin sowie die dank mehrerer Fortsetzungen bereits bis zum Ende der karolingischen Herrschaft im Ostfränkischen Reich weisenden Annalen aus Fulda.1056 Kontrastierend wird die Hagiographie der Zeit unter der Frage herangezogen, ob sich ein Wandel zu den sehr formelhaft gestalteten Lebensbeschreibungen merowingischer Zeit nachweisen lässt. Neben den Berichten über bischöfliche Todesfälle werden erneut, wenngleich hierbei Vollständigkeit weder angestrebt wird noch werden kann, geschilderte Tode anderer Personengruppen herangezogen, um verschiedene Darstellungen in Beziehung zueinander setzen zu können. Die aus der Annalistik gewonnenen Befunde werden in einem weiteren Schritt mit Werken aus der Chronistik, der Hagiographie sowie mit Memorialtexten in Beziehung gesetzt, um ein vollständigeres Bild über den bischöflichen Tod in dieser Zeit zu erhalten. Ab dem 8. Jahrhundert sind darüber hinaus vielfältig Texte verfasst worden, die Auskunft über den rechten Umgang mit Sterbenden geben und minutiös vorschreiben, wie in den letzten Augenblicken eines Menschen verfahren werden soll, welche Handlungen durchzuführen, welche Gesänge anzustimmen sind. Einem solchen ordo defunctorum sowie einem zu Unrecht Theodulf, dem Bischof von Orléans und Ratgeber Karls des Großen zugeschriebenen capitulum werden wir uns nach einem kurzen Blick auf den Episkopat dieser Jahrhunderte zuwenden.

1053 Vgl. Goetz, Verschriftlichung von Geschichtskenntnissen, S. 246f. 1054 Vgl. Goetz, Verschriftlichung von Geschichtskenntnissen, S. 245. 1055 Vgl. Goetz, Verschriftlichung von Geschichtskenntnissen, S. 248. Zusammenfassung der Gründe ebd., S. 249f. 1056 Eine knappe Übersicht über die karolingische Geschichtsschreibung von ihren Anfängen bis zum beginnenden 10. Jahrhunderts bietet Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 128f.

Die Rolle der Bischöfe zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert

7.1

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Die Rolle der Bischöfe zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert

Der gallische Episkopat zu Beginn des 8. Jahrhunderts war keineswegs einheitlich. Während im zentralen und südlichen Gallien die Bischöfe ihren traditionellen Pflichten nachgekommen sind, haben sich nach verbreiteter Ansicht vornehmlich im Nordosten sogenannte Bischofsrepubliken gebildet. Diese wurden schließlich, mit wenigen Ausnahmen, unter Karl Martell zerschlagen,1057 endgültig dann unter Karl dem Großen beendet.1058 Die Folge dieser Politik lag in einer auf bestimmte Aspekte konzentrierten Neuausrichtung des Episkopats, die sich auf vielfältige Weise nachvollziehen lässt.1059 Gleichzeitig wurden den Bischöfen mit den Grafen durchgehend weltliche Herrschaftsträger an die Seite gestellt.1060 In diesem Zusammenhang blieb auch die Besetzung von Bistümern mit Vertrauensleuten, insbesondere Familienangehörigen, ein entscheidendes Mittel zur herrschaftlichen Durchdringung in der Hand der Karolinger.1061 Dieses Vorgehen stellte jedoch keine neue Entwicklung dar. Bereits in merowingischer Zeit stand ein Graf neben dem Bischof, und auch die Könige der Merowinger 1057 Vgl. Anton, Bischofsherrschaften, S. 472; ders., Bischof und civitas, S. 380; Ennen, Bischof und mittelalterliche Stadt, S. 34; Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 55; Schieffer, Karolinger, S. 46f. 1058 Vgl. Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 74. 1059 Vgl. Engelbert, Bischöfe und Klöster im Frühmittelalter, S. 171; Prinz, Fränkische Episkopat, S. 220f. Zum Mittel der Karolinger ab Pippin dem Mittleren, Klöster aus dem Bistumsverband zu lösen, um einerseits eigene Anhänger auszustatten, andererseits auch den jeweiligen Bischof zu schwächen, vgl. Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 80; Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 74; ders., Königtum und Bischofsherrschaft, S. 99. Daneben wurde der Einfluss der Bischöfe durch die Gründung zahlreicher neuer Klöster verringert, womit eine Einflussbasis außerhalb der bestehenden Bistümer geschaffen werden konnte, vgl. Prinz, Fränkische Episkopat, S. 216–218. Darüber hinaus offenbart sich in dieser Zeit ein völliges Verschwinden des Bischofsmordes. Anders als in merowingischer Zeit finden sich derartige Fälle während der Herrschaft der Karolinger praktisch nicht mehr. Darauf weist Fouracre, Why Were so Many Bishops Killed, S. 33, hin, der dahinter ein nun deutlich strengeres Einhalten der kanonischen Vorschriften erkennt, Bischöfen kein Leid zuzufügen. 1060 Vgl. Heinzelmann, Bischof und Herrschaft, S. 82. Auf die nun durch Bischöfe und Grafen gebildete Kerngruppe der Amtsträger weisen auch Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 69f., sowie ders., Königtum und Bischofsherrschaft, S. 99, hin. 1061 Vgl. Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 74; ders., Königtum und Bischofsherrschaft, S. 98; Prinz, Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 32. Wieruszowski, Zusammensetzung, S. 80–83, konnte von insgesamt 109 genannten Bischöfen zwischen den Jahren von ca. 750 bis 843 bei 23 eine adlige Abkunft wahrscheinlich machen, während zu 72 keine Angaben gemacht werden könnten. Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 57–68, unterscheidet zu Beginn der karolingischen Zeit vier Bischofstypen, den ›normalen‹ fränkischen Bischof adeliger Abstammung, den Klosterbischof irischer Prägung, den Bischof angelsächsisch-bonifatianischer Prägung sowie den Chorbischof. Die drei letzten ›Typen‹ verlören jedoch sehr bald an Bedeutung.

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hatten es verstanden, Bistümer mit ihnen genehmen Personen zu besetzen. Auch die Bestätigung oder Neuausfertigung von Immunitätsprivilegien spielte bereits in merowingischer Zeit eine wichtige Rolle, wurde aber zur Stärkung der Bindung von Episkopat und Königtum intensiviert.1062 Bischöfe wurden also in karolingischer Zeit keineswegs herabgestuft oder entmachtet, insbesondere die Zahl der (überlieferten) Privilegierung für Bischöfe nahm deutlich zu. Zusammengefasst standen die Bischöfe zum Ende des 8. Jahrhunderts endgültig als Große des Reiches neben Grafen und Äbten, mit der vorrangigen Aufgabe betraut, die Lebensgewohnheiten der ihnen Anvertrauten im christlichen Sinne zu bessern. Die Trias von Bischöfen, Äbten und Grafen findet sich auch in den Konzilsakten der Zeit als Träger der Politik.1063 Bischöfe waren gerade bei Karl dem Großen in besonderem Maße vom Herrscher abhängig, traten auf seine Anweisung zu Synoden zusammen, legten ihm die dort erzielten Ergebnisse vor und stellten auch ihr militärisches Vermögen in seine Dienste.1064 Die Erfüllung der Heerespflicht macht deutlich, dass sie weiterhin über militärische Mittel und Personen verfügten. Die zahlreichen Immunitätsprivilegien insbesondere unter Ludwig dem Frommen zeugen von dem weiterhin bestehenden Einfluss des Episkopats. Ältere von der Bischofsgemeinschaft wahrgenommene Rechte, wie die Versetzung und Absetzung eines Bischofs, die Errichtung neuer Bistümer oder die Mitwirkung bei der Bischofswahl wurden nunmehr von Herrscher oder Papst ausgeübt.1065 Hans Hubert Anton spricht davon, die Karolinger hätten das Bischofsamt geradezu instrumentalisiert.1066 Sichtbar wird dies in der seit dem

1062 Vgl. Ennen, Bischof und mittelalterliche Stadt, S. 34; Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 79, mit einer Übersicht der von Pippin dem Jüngeren, Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen bestätigten und verliehenen Immunitäten. 1063 Vgl. Patzold, Bischöfe als Träger der politischen Ordnung, S. 259; ders., Bischöfe im karolingischen Staat, S. 141f. Zum Bild des Bischofsamtes aus derartigen Texten vgl. umfassend Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches. 1064 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 100f.; Prinz, Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 34. Auch die Fürsprache Dritter, die den Bischof in der Merowingerzeit ausgemacht hatte, wird in frühkarolingischen Urkunden nur selten vermerkt. Weiterhin Prinz, Fränkische Episkopat, S. 227, der von der unter Karl dem Großen herrschenden Befehlsgewalt des Herrschers über die Bischöfe spricht. Bischöfe treten nun zumeist als missi des Königtums in Erscheinung, vgl. Kaiser, Königtum und Bischofsherrschaft, S. 104. Durch diese Funktion scheinen sie einen Teil ihrer vorher besessenen Rechte erneut erhalten zu haben (ebd., S. 106). 1065 Vgl. Pennington, Bischof. Merowinger- und Karolingerzeit. 1066 Vgl. Anton, Bischofsherrschaften, S. 473; ders., Bischof und civitas, S. 380. Patzold, Bischöfe als Träger der politischen Ordnung, S. 268, formuliert neutraler, Bischöfe seien im 8./9. Jahrhundert bedeutsam gewesen, die Organisation weiträumiger Herrschaften langfristig zu garantieren. Nicht zuletzt daher waren sie für die karolingischen Herrscher unverzichtbar. Exemplarisch zu den bayerischen Bischöfen unter Karl dem Großen, die nach

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6. Jahrhundert zunehmend ›verkümmerten‹ Metropolitanstruktur im Fränkischen Reich, die Karl der Große, jedoch zu seinen Gunsten, wiederbelebte und ausrichtete. Die Rechte zur Einberufung einer Synode oder auch zur Erhebung von Bischöfen blieben, wie bereits in merowingischer Zeit, in den Händen weltlicher Herrschaftsträger.1067 Königliche Einflussnahme auf die Besetzung der Bistümer, wie sie insbesondere nach der Bildung der Teilreiche im 9. Jahrhundert deutlich wird, ist bereits in den Jahrhunderten zuvor nachzuweisen.1068 Sichtbar wird darin weniger eine vermeintliche Schwäche des Episkopats, sondern dessen Stellenwert, der eine entsprechende Auswahl der Kandidaten derart bedeutend werden ließ. Zudem blieben, wie Reinhold Kaiser zur Stellung des Bischofs in seiner civitas festhält, dem Bischof weiterhin seine »moralische Autorität«, seine soziale Bedeutung und die geistliche Führungsrolle, was durch die enge Beziehung zum Königtum möglicherweise sogar noch verstärkt wurde.1069 Auch Steffen Patzold mahnt an, den Blick auf die bischöfliche Beteiligung an der Ausarbeitung und Verbreitung königlicher Bestimmungen zu richten; Bischöfe sollten die Gläubigen zum gottgefälligen Leben führen und halfen den Herrschern bei einer ihrer wichtigsten Aufgaben, nämlich den ihnen untergebenen Menschen das Seelenheil zu ermöglichen.1070

1067 1068

1069 1070

dem Sturz Herzog Tassilos in den Reichsepiskopat integriert worden sind, vgl. Freund, Von den Agilofingern zu den Karolingern, S. 148–155 u. 239–241. Vgl. Schrör, Metropolitangewalt, S. 52–59, zusammengefasst S. 238f. Vgl. Brandt, Zwischen Wahl und Ernennung, bes. S. 224f.; Clavadetscher, Bischofseinsetzung im 9. Jahrhundert; Engels, Pontifikatsantritt, S. 708f.; Prinz, Bischöfliche Stadtherrschaft, S. 34. Zu Tendenzen zur Regelbildung für die Bestellung von Bischöfen in karolingischer Zeit vgl. Thier, Hierarchie und Autonomie, S. 229–262. Während jedoch Karl der Große kaum bei über 100 Sitzen Einfluss auf jedes Bistum in seinem Reich nehmen konnte, ist dies in den Nachfolgereichen durchaus möglich gewesen. Allerdings darf auch hier nicht verallgemeinernd argumentiert werden. So scheint beispielsweise Arnulf von Kärnten kaum Einfluss auf die Besetzung der Bischöfe ausgeübt zu haben, vgl. Hartmann, Kaiser Arnolf und die Kirche, S. 230–237. Und selbst im Fall Karls des Großen kann Schieffer, Karl der Große und die Einsetzung der Bischöfe, S. 454–457, einzig zehn innerhalb der Quellen dokumentierte Einflussnahmen des Herrschers auf Bistumsbesetzungen nachweisen; dennoch hatte er, so Schieffer (S. 462–467), wohl deutlich häufiger darauf Einfluss genommen, als es die Quellen wiedergeben würden. Vgl. auch ders., Karolingische und ottonische Kirchenpolitik, S. 317. Zum Komplex ›auswärtiger‹ Bischöfe bei der Besetzung von Bistümern vgl. Ehlers, Sachsen als sächsische Bischöfe, S. 102–109 (auf Sachsen bezogene tabellarische Übersicht S. 118f.). Vgl. Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 78. Vgl. Patzold, Bischöfe im karolingischen Staat, S. 161; ders., Bischöfe als Träger der politischen Ordnung, S. 262. In diesem Sinne zu interpretieren ist ein Brief Alkuins an Erzbischof Æthelhard von Canterbury aus dem Jahr 793 (Alkuin, Epistolae n. 17, S. 46). Alkuin weist Æthelhard an: Locus tuus est inter Deum stare et homines; ut Dei legationes deferas ad populum et pro populi peccatis intercedas ad Deum. Gleichermaßen kann auf die Intitulatio zur Admonitio generalis von 789 (S. 181) verwiesen werden, worin sich Karl der Große als rex et rector regni Francorum et devotus sanctae aeclesiae defensor präsentiert, die Bischöfe wiederum als pastores ecclesiarum Christi et ductores gregis eius et clarissima

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Es geht also nicht an, dem Episkopat eine maßgebliche Rolle in karolingischer Zeit abzusprechen – wenngleich dies insbesondere die historiographischen Texte durch das weitgehende Ignorieren der Bischöfe nahelegen mögen. Matthias Kloft hat sich ausführlich mit dem karolingischen Verständnis des Bischofsamtes gemäß zeitgenössischen juristischen Texten auseinandergesetzt und die weiterhin große Bedeutung der Bischöfe im ausgehenden 8. und 9. Jahrhundert herausgestellt. Konzilsakten und insbesondere Kapitularien hätten kein gänzlich neues Bild des bischöflichen Amtes geformt, vielmehr auf einen identifizierbaren Kanon spätantik-frühmittelalterlicher Quellen zurückgegriffen, unter denen Gregors Regula pastoralis eine der bedeutendsten darstellt.1071 Nach Klofts Material ergibt sich das Idealbild von einem Bischof als idealem geistlichen Verwalter seiner Diözese, hoch gebildet, oberstem Liturg, Vorbild für gottgefälliges Verhalten, Richtschnur für das rechte Zusammenleben und Stütze der Armen. Direkte Herrschaftsausübung ist dabei nicht vorgesehen, wenngleich Kloft diesbezüglich in Zusammenhang bereits mit der Pariser Synode vom Jahr 829 auf einen Wandel im Bischofsbild hingewiesen hat.1072 Entgegen dem weitgehenden Schweigen der historiographischen Quellen ist die episkopale Einflussnahme im Reichsgeschehen sehr deutlich nachweisbar – bestes Beispiel sind die zahlreichen Teilnahmen von Bischöfen an Reichsversammlungen –, und auch ihre Autorität im städtischen Rahmen bleibt trotz Abgabe weltlicher administrativer Rechte an die Institution des Grafen bestehen.1073 Was jedoch die Wahrnehmbarkeit der Bischöfe angeht, so spricht Patzold davon, dass die als viri venerabiles bezeichneten Bischöfe in der vom karolingimundi luminaria erscheinen. Ihre Aufgabe wird klar definiert, ihre Herde auf die Weide des ewigen Lebens zu geleiten, durch gute Beispiele voranzugehen, um die Menschen so vor dem Wolf (dem Teufel) zu bewahren. Vgl. Hoyt, Carolingian Episcopate, S. 21–34; Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 106f. Auf die zahlenmäßig häufige Erscheinung von Bischöfen in normativen Texten, aber auch Briefen oder lyrischen Werken ganz im Gegensatz zu den historiographischen Erzeugnissen karolingischer Zeit weist neben Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, auch Tignolet, Modèle épiscopal carolingien, S. 100, hin. 1071 Vgl. zusammenfassend Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 40–54. Umfassend zur Rezeption der Regula pastoralis Gregors I. in karolingischer Zeit vgl. Floryszczak, Regula Pastoralis, S. 277–352. Ausführlich zu Alkuins Rückgriff auf Gregor I. und sein daraus, teils im Widerspruch zu Karl, stehendes Bild des Episkopats vgl. Hürten, Alkuin und der Episkopat. 1072 Zusammenfassung bei Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 424–444. Vgl. Hürten, Alkuin und der Episkopat, S. 26–28 (unter Analyse von Alkuins Beeinflussung durch Gregor I., insbesondere dessen Regula pastoralis); generell in Bezug auf die Kapitularien Hoyt, Carolingian Episcopate. Ausführlich auch Patzold, Episcopus. Vgl. Kapitel 7.4.2. 1073 Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 84, nennt in diesem Zusammenhang u. a. die von den Bischöfen (in unterschiedlichem Maße gemeinsam mit den Grafen) übernommene Aufsicht über Markt, Münze und Zoll.

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schen Herrscherhof kontrollierten Geschichtsschreibung nur als Gesandte, wenn nicht Befehlsempfänger Karls erscheinen.1074 Dies wirft die Frage auf, ob das Minimieren der Position des Bischofs auf eine rein passive, nicht selbstbestimmte Rolle innerhalb der Historiographie auch Rückwirkungen insbesondere auf die Darstellung des bischöflichen Todes hat. Patzold macht auf einen in den 820er Jahren unter Ludwig dem Frommen eingeleiteten Wandel in der Wahrnehmung der Bischöfe aufmerksam. Ihnen sei nun wieder eine zunehmend größere Rolle und größere Verantwortung zugesprochen worden, die Bischöfe waren wieder neben die Könige gerückt. Ihre besonders bei Gregor von Tours prominent gemachte Rolle als Vermittler zwischen Dies- und Jenseits, ihre Position als Fürsprecher tritt nun wieder verstärkt in den Vordergrund.1075 Bischöfe hätten sich nun auch wieder in der Position befunden, sich persönlich an den König zu wenden und ihn auf mögliches Fehlverhalten aufmerksam zu machen. Sie seien nun nicht mehr nur viri venerabiles, sondern fideles des Herrschers gewesen.1076 Boris Bigott konnte zeigen, wie Ludwig der Deutsche Bischöfe in besonderem Maße zu verschiedenen Dienstleistungen herangezogen hat und es ihm gelungen ist, die Kirchen seines Reiches zu einer Reichskirche – die Summe aller Reichsabteien und Bistümer – zu vereinen. So könne auch erst ab diesem Zeitpunkt (847) mit vollem Recht von einem Ostfränkischen Reich gesprochen werden.1077 Diese Entwicklung, so konstatiert Patzold, finde ihren Niederschlag ebenso in der Historiographie. Die Darstellung des Episkopats spiegele ihre erneut eingenommene Position wider, Wissen über sie galt als »erinnerungswürdig«, Bischöfe agierten in der Historiographie wieder als »selbstständige Große«. Daher sei es nun auch als sinnvoll

1074 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 101. Zur weitgehend ausschließlichen Königsperspektive karolingerzeitlicher Geschichtsschreibung und den damit verbundenen Problemen historischer Rekonstruktion vgl. Fried, Schleier der Erinnerung, S. 300f. Die reine Königsperspektive bedeutet natürlich nicht, dass die Könige auch ohne Verhandlungen und Konsens mit anderen Parteien, darunter die Bischöfe, entschieden haben. 1075 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 101. Zusammenfassend ebd., S. 510. Weiterhin Close, Staat und Kirche, S. 328 u. 330. Close weist darauf hin (S. 336), dass die Bischöfe ungeachtet ihrer zunehmenden Einflusssphäre darauf angewiesen geblieben waren, mit dem Herrscher zu kooperieren. Vgl. Bührer-Thierry, Aux marges du monde germanique, S. 89–104. 1076 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 101f. Nicht zuletzt seit Ludwig dem Frommen nahmen die Bischöfe ununterbrochen ihren Platz neben den Herrschenden ein, vgl. Bührer-Thierry, Évêques de Bavière et d’Alémanie, S. 31. Ein leicht verschobenes Bild zeichnet Kaiser, Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, S. 90f. So hätten die Bischöfe trotz Karls des Großen Trennung zwischen bischöflicher und gräflicher Einflusssphäre weltliche Macht in weitem Rahmen ausgeübt, was zu Auseinandersetzungen geführt habe. Diese hätten Karl schließlich dazu, jedoch erfolglos, bewogen, die »exzessiven Formen bischöflicher weltlicher Herrschaft« (S. 91) zu geißeln. Die Historiographie bildet diesen vermeintlich großen weltlichen Einfluss hingegen nur unzureichend ab. 1077 Vgl. Bigott, Ludwig der Deutsche, S. 53–123, zusammengefasst S. 280f.

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erachtet worden, über Beginn und Ende ihres Episkopats zu berichten.1078 Offenkundig, so Patzolds Einschätzung, sei die Schilderung bischöflicher Todesfälle über mehr als ein Jahrhundert stark zurückgegangen und habe sich erst wieder zum Ende des 9. Jahrhunderts in den Quellen zu manifestieren begonnen. Dies eröffnet Fragen nach dem Ausmaß des Rückgangs, dennoch nachzuweisenden Fallbeispielen und ihrer Intention sowie den zeitlichen und geographischen Parametern des langsam wieder zu verzeichnenden Anstieges derartiger Berichte, eines Anstieges, der seinen Höhepunkt gemäß Patzold im Übergang vom 9. zum 10. Jahrhundert erreicht hat, als der Episkopat »um seiner selbst willen ›geschichtsfähig‹ geworden« sei.1079 Bevor dies en détail einer Betrachtung unterzogen wird, gilt es Vorstellungen über Sterben und Tod dieser Zeit anhand genannter Texte herauszuarbeiten, um sie, falls nicht an Bischöfen möglich, so zumindest an Kontrollgruppen wie Päpsten, Äbten oder weltlichen Herrschaftsträgern zu überprüfen.1080

7.2

Gutes Sterben im Karolingerreich – Anleitungen für den idealen Tod

Im bisherigen Verlauf der Arbeit sind zahlreiche Texte behandelt worden, die ein Bild davon vermittelt haben, wie ein guter Tod auszusehen hat, ohne dass sie dezidiert als Anleitung dazu verstanden werden dürfen. Aus karolingischer Zeit lassen sich knappe Kataloge mit genauen Anweisungen finden, wie die letzten Tage und Stunden eines Sterbenden idealerweise abzulaufen haben. Die meisten der überlieferten ordines defunctorum entstammen klösterlichem Umfeld, sodass bereits Nikolaus Kyll davor gewarnt hat, ihnen grundlegenden Einfluss auf das Brauchtum der Zeit über die jeweiligen Klostermauern hinweg zuschreiben zu wollen, wenngleich ein Einfluss auf die Umwelt des Klosters angenommen werden darf.1081 Einer der ältesten ordines defunctorum ist in einer Handschrift des späten 7. Jahrhunderts überliefert. Er trägt das Initium incipit de migratione animae1082

1078 1079 1080 1081 1082

Vgl. Patzold, Episcopus, S. 102. Patzold, Episcopus, S. 102. Eine erste Einführung bietet Lauwers, Mort(s), S. 776–778. Vgl. Kyll, Tod, Grab, Begräbnisplatz, Totenfeier, S. 16. Philipps 1667 (Berlin, Staatsbibl., fol. 173v–174v). Abgedruckt bei Frank, Der älteste erhaltene ordo defunctorum, S. 363f. Frank druckt neben genanntem ordo weitere Textzeugnisse, die später entstanden, aber einen vollständigeren Text enthalten. Zu Philipps 1667 vgl. auch Sicard, Liturgie de la mort, S. 27 u. 49, grundsätzlich S. 34–52. Vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 168–171; Effros, Caring for Body and Soul, S. 169–176; Paxton, Christianizing Death, S. 119–122.

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und enthält genaue Angaben darüber, wie sich die letzten Stunden eines Sterbenden gestalten sollen. Sobald sich der nahende Tod ankündigt, sollen die Passion aus dem Johannesevangelium sowie Weiteres verlesen werden. Im Anschluss soll der Priester das Gebet zum Empfang der Seele des Sterbenden sprechen.1083 Dieses Gebet wird im ordo mit dem Begriff commemoratio, häufiger mit dem synonymen Begriff commendatio wiedergegeben.1084 Gebetet wird darum, dass die Seele des Sterbenden von den Engeln in den Himmel, konkret in den Schoß Abrahams, geleitet wird, um zum Jüngsten Gericht aufzuerstehen. Weiterhin möge Gott die zu Lebzeiten durch Täuschungen des Teufels angehäuften Sünden durch Vergebung abwaschen. Einmal mehr taucht an dieser Stelle das Bild vom Schoß Abrahams als Sehnsuchtsort der Sterblichen auf. Bereits Lazarus ist dorthin entrückt worden, auch Martin von Tours fand seinen Platz ebendort. Somit findet sich in der commendatio das Bild der Parabel vom armen Lazarus in aller Deutlichkeit wieder. Abrahams Schoß wird nicht als endgültiger Aufenthaltsort verstanden, sondern als Warteort, um dem Jüngsten Gericht entgegentreten zu können und vorher Vergebung für die begangenen Sünden zu erlangen. Die Vorstellung eines Interims zwischen Tod und Jüngstem Gericht, ohne dass Begriffe wie purgatorium, Fegefeuer oder andere genannt werden, ist deutlich auszumachen. Zudem impliziert die Bitte um Aufnahme in Abrahams Schoß die Furcht, an einen anderen Ort zu gelangen, sodass neben den vorläufigen Freuden des Himmels auch die temporären Strafen eines anderen Ortes mitgedacht werden müssen. Der ordo defunctorum fährt fort, indem er die Bedeutung des Viaticums betont. Der anwesende Priester soll darauf achten, das Viaticum zu reichen, bevor die Seele den Körper des Sterbenden verlassen hat, symbolisiere sie doch den Leib des Herrn. Ist die Seele schließlich aus dem Körper entwichen, sind erneut Antiphone und ein Psalm anzustimmen. Im Anschluss ist, unter andauerndem Gesang, der Leichnam zu waschen, nach der Gewohnheit des Verstorbenen zu bekleiden und auf eine Trage zu betten.1085 Die hier beigebrachten Handlungsanweisungen enden nicht mit dem Ableben eines Menschen, sondern gehen erwartungsgemäß weit darüber hinaus. Überraschend ist, wie schon Hieronymus Frank herausstellt, dass der Ordo der Hs. Philipps 1667 ebenso wie ein diesem 1083 Vgl. den abgedruckten Text bei Frank, Der älteste erhaltene ordo defunctorum, S. 363. 1084 Vgl. Sicard, Liturgie de la mort, S. 79. Die älteste Fassung findet sich abgedruckt ebd, S. 89f. Grundsätzlich dazu ebd., S. 88–96, mit weiteren, jüngeren Fassungen des Gebets. Weiterhin Angenendt, Geschichte der Religiosität, S. 664f. Beispielhaft hingewiesen wird auf dieses Gebet beim Tod Karls des Großen in der Vita Hludowici Thegans, vgl. Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 44. 1085 Vgl. den abgedruckten Text bei Frank, Der älteste erhaltene ordo defunctorum, S. 364. Vgl. Effros, Caring for Body and Soul, S. 177–183; Sicard, Liturgie de la mort, S. 34f. u. 103– 125.

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Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert

nahe verwandter Text (ordo qualiter agatur in obsequium defunctorum)1086 vor den Anweisungen zu Totenmesse und Beisetzung abbricht.1087 Ph. 1667 gibt noch Anweisungen, unter welchen Gesängen der Verstorbene in die Kirche zu tragen ist, sowie dass Kreuze und Leuchter den Zug zu begleiten haben. Weiterhin ist eine Antiphon anzustimmen, wenn das Portal der Kirche erreicht ist.1088 Hiermit brechen Ph. 1667 sowie Ordo 49 ab. Frank jedoch ist überzeugt, dass zwei später entstandenen, vollständigen Texten, dem Ordo defunctorum qualiter agatur erga defunctum a morte detentum sowie dem Totenritual des Sakramentars von Rheinau, die ursprüngliche Fassung des römischen Ordo defunctorum zu Grunde gelegen haben muss.1089 Sie ergänzen das bisher zusammengesetzte Bild um die abschließende Totenmesse und Beisetzung.1090 Zu einer präzisen Differenzierung der einzelnen Texte ist die Studie von Damien Sicard heranzuziehen. An dieser Stelle interessiert der allgemeine Befund. Die verschiedenen Fassungen des ordo defunctorum geben einen Hergang des Sterbens als Idealform wieder, der dem Tod zahlreicher Heiliger, insbesondere aber dem Tod Mariens ähnelt. Dies überrascht nicht, gerade ihr Ableben war dazu niedergeschrieben worden, den Menschen eine Anleitung zu ihrem eigenen Ableben an die Hand zu geben. Die von Frank nachgewiesene Verbreitung des frühesten ordo defunctorum während des 8. und 9. Jahrhunderts1091 zeigt gleichermaßen dessen Bedeutung, was umso mehr Anlass dazu gibt, gerade in historiographischen Schriften die dort vorzufindenden Todesschilderungen mit dem im ordo vorgeschriebenen ›richtigen‹ Sterben in Beziehung zu setzen. Präziser beschreibt den Umgang mit dem Tode nahen Menschen ein ursprünglich Bischof Theodulf von Orléans zugeschriebener Text.1092 Tatsächlich 1086 Rom, Vat. Ottob. lat. 312, fol. 151v. Ursprünglich herausgegeben als Ordo 49 von Andrieu, Ordines, S. 529f. Abgedruckt auch bei Frank, Der älteste erhaltene ordo defunctorum, S. 363–365. 1087 Vgl. Frank, Der älteste erhaltene ordo defunctorum, S. 360. 1088 Vgl. den abgedruckten Text bei Frank, Der älteste erhaltene ordo defunctorum, S. 364. Vgl. Scholz, Grab in der Kirche, S. 285; Sicard, Liturgie de la mort, S. 125–144. 1089 Vgl. Frank, Der älteste erhaltene ordo defunctorum, S. 366. Beide sind abgedruckt ebd., S. 362f. 1090 Exemplarisch der Ordo defunctorum qualiter, vgl. den abgedruckten Text bei Frank, Der älteste erhaltene ordo defunctorum, S. 362f. Vgl. Sicard, Liturgie de la mort, S. 125–164. 1091 Deutlich wird dies einerseits durch von Frank, Der älteste erhaltene ordo defunctorum, S. 379–415, aufgezeigte Kontinuitäten des ältesten Ordo in Totenagenden des 9. und 10. Jahrhunderts. Zum Aufbau dieser Agenden vgl. ders., Geschichte des Trierer Beerdigungsritus, S. 294–315. Andererseits wird es auch durch die ins Sendhandbuch Reginos von Prüm Eingang gefundenen Bestimmungen zu Sterben und Grablege sichtbar. Vgl. Kyll, Tod, Grab, Begräbnisplatz, Totenfeier, bes. S. 15–41 u. 49–79. 1092 Zu Leben und Werk Theodulfs vgl. Brommer, Bischöfliche Gesetzgebung Theodulfs von Orléans, hier S. 3–15.; ders. / Schaller, Theodulf von Orléans; Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 288–299. Grundsätzlich förderte die Karolingische Reform – erinnert sei an Totenlisten, Memorialbücher, Nekrologe, liturgisches

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handelt es sich um die im Nachgang durch Ademar von Chabannes erweiterten Akten einer Provinzialsynode zwischen den Jahren 830 und 850.1093 Statt von einem einzelnen Bischof wären, wenn die zu besprechenden Erweiterungen nicht auf Ademar zurückzuführen sind, die getroffenen Regelungen, wie mit Kranken, dem Tode nahen Menschen umzugehen ist, von einer Gruppe von Bischöfen getroffen worden.1094 Diese Schriften waren, gemäß ihrer Handschriftenüberlieferung, im gesamten Frankenreich bekannt.1095 Eindringlich werden darin Priester gemahnt, nicht die letzte Ölung, die Buße und insbesondere das Viaticum zu unterlassen.1096 Sollte ein Bischof die letzte Ölung verlangen, jedoch kein Amtsbruder zugegen sein, so ist es auch einem Presbyter gestattet, dies durchzuführen.1097 Nachdem dem Kranken nach der Beichte die Buße gewährt worden ist, ist er, sollte es seine Krankheit zulassen, zu waschen, hat saubere Kleider anzulegen und soll in die Kirche getragen und dort auf ein Lager aus Asche niedergelegt werden.1098 Bereitgestellt werden sollen zudem ein Kreuz und Weihwasser, mit dem der Sterbende besprenkelt wird. Dies wie auch alles Weitere erfolgt unter Gesängen. Aschekreuze werden auf Haupt und Brust des Kranken

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Gedenken – die Wahrnehmung des Todes, vgl. Pasche, Death, S. 416. Dort hinein spielt das damit verbundene, sich durchsetzende persönliche gegenüber dem kumulativen Gedenken, wenngleich dies deutlich größere Ressourcen verlangte – eine Aufgabe, der gegenüber nicht zuletzt auch ein gewaltiges Kloster wie Cluny zur Mitte des 12. Jahrhunderts kapitulieren musste. Vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 185f.; Iogna-Prat, Dead in the Celestial Bookkeeping, S. 354. Vgl. Pokorny, Exkurs II, S. 96–100. Die Kapitularien Karls des Großen bieten solche ausführlichen Anweisungen nicht und auch auf den Synoden zur Zeit Karls sind dergleichen Regelungen nicht formuliert worden. Das Totengebet erwähnt immerhin die Synode von Chalon-sur-Saône aus dem Jahr 813, Concilium Cabillonense n. 39, S. 281. Vgl. Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 134. Vgl. Hartmann, Bestattungen und Bestattungsrituale, S. 131. Zitiert gemäß aktuellster Edition dennoch als Theodulf, Zweites Kapitular c. X, 21, S. 178: Ammonendi etiam sunt sacerdotes de unctione infirmorum et poenitentia et viatico, ne aliquis sine viatico. Zusammenfassung des im Text konstruierten Schemas eines wünschenswerten Todes bei Brommer, Bischöfliche Gesetzgebung Theodulfs von Orléans, S. 102f.; Chélini, L’aube du Moyen Âge, S. 476f.; Laudage, Etikette des Todes, S. 49. Zu Buße, Ölung und Viaticum vgl. Treffort, L’église Carolingienne et la mort, S. 43–56. Anders als Viaticum und Buße finden sich sichere Zeugnisse für die sakramentale Ölung erst ab dem 8./9. Jahrhundert, auch wenn sie sich in dieser Zeit offenkundig noch nicht durchgesetzt hat. Vgl. Browe, Letzte Ölung, S. 517–519. Vgl. Theodulf, Zweites Kapitular c. X, 22, S. 179f. Dass nur ein Priester für Krankensalbung und Viaticum verantwortlich sein darf, findet sich u. a. in den Kapitularien Hinkmars von Reims, Zweites Kapitular c. X, S. 48. Es ist zwar seit dem 6. Jahrhundert nachzuweisen, dass sich Bischöfe und Äbte vor den Altar bringen ließen, um dort ihr Leben zu beschließen. Ob jedoch der Transport in die Kirche und die Bettung auf ein Lager aus Asche Teil der seelsorgerischen Praxis im Allgemeinen geworden ist, bezweifelt Browe, Sterbekommunion, S. 22 u. 24. Vgl. ders., Letzte Ölung, S. 543f.

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Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert

gemalt und die sieben Bußpsalmen gebetet. Wenn möglich lauscht der Sterbende diesen Gesängen stehend mit gebeugten Knien und abgesenktem Haupt.1099 Im Anschluss folgt die Salbung, wobei insgesamt fünfzehnmal an verschiedenen genau aufgeführten Orten des Körpers mit dem Öl das Zeichen des Kreuzes geschlagen werden soll.1100 Alternativ können auch zwanzig Kreuzzeichen an ebenfalls genau vorgegeben Orten über dem Kranken vollzogen werden.1101 Der Kranke betet nun das Vaterunser und das simbolum, empfiehlt seine Seele Gott, bekreuzigt sich und verabschiedet sich von den Umstehenden, woraufhin der Priester den Friedenskuss und die Kommunion verabreicht.1102 Bis der Tod schließlich eintritt, soll der Priester am Folgetag sowie insgesamt sieben Tage täglich wiederkehren und die Gebete über dem Kranken sprechen.1103 Die hier geschilderte Praxis blieb das vorherrschende Ritual während des gesamten Mittelalters. Konkretisiert auf die Person des Geistlichen – neben dem Priester auch auf den Bischof – finden sich Anweisungen zu einem guten Sterben gerafft in einem Sedulius Scotus zugeschriebenen Carmen alpha.1104 Angaben 1099 1100 1101 1102 1103

Vgl. Theodulf, Zweites Kapitular c. X, 23, S. 179f. Vgl. Theodulf, Zweites Kapitular c. X, 24, S. 180. Vgl. Theodulf, Zweites Kapitular c. X, 25, S. 180. Vgl. Theodulf, Zweites Kapitular c. X, 33, S. 183. Vgl. Theodulf, Zweites Kapitular c. X, 33, S. 183. Die Grablege innerhalb des Kirchenraumes untersagt Theodulf jedoch (c. 11, S. 153; auch bereits im ersten Kapitular c. 9, S. 109); vgl. Czock, Gottes Haus, S. 227; Hartmann, Bestattungen und Bestattungsrituale, S. 134. Die Relevanz dieses Problems unterstreicht nicht zuletzt, dass noch Regino von Prüm Anfang des 10. Jahrhunderts Bestimmungen zum Verbot der Grablege im Kirchenraum in sein Sendhandbuch aufgenommen hat; vgl. Regino von Prüm, Libri duo de synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis n. 125–128, S. 90/92 (n. 127 ist übernommen aus dem tatsächlich von Theodulf stammenden ersten Kapitular c. 10–11. Übersicht bei Hartmann, Bestattungen und Bestattungsrituale, S. 139). Vgl. Kyll, Tod, Grab, Begräbnisplatz, Totenfeier, S. 102–104. Die Sorge um die verstorbenen Körper und ihre Beisetzung zählt Theodulf, wie bereits Augustinus, zu den Taten der Barmherzigkeit (Erstes Kapitular c. 21, S. 117). Vgl. Treffort, L’église Carolingienne et la mort, S. 22. Ebd., S. 25–28, zum grundsätzlichen Einfluss von Augustinus und Gregor I. auf den Bestattungsbrauch karolingischer Zeit. 1104 Vgl. Bischoff, Eine karolingische ›Vita pastoralis‹. Edition S. 564–575. Im letzten Kapitel De fine mortis lautet es (S. 574): Statim ut infirmus est sacer, satisfaciat omnes. Sua quod est, cuncta valde mire disponat. Dum migrat in corpore vita, orationis verba instanter. In transitu presbyteri adstent cum psalmis et ymnibus semper Nocte et die, sine altari numquam Sepe sanctum viaticum edat, ut pergat in pace securus. Obsequium talis post mortem non sicut laicos quosdam. Sit venerande sepultus iuxta, intra ecclesia numquam. Pro eo sacrificant omnes, deo ipsam animam reddat. Tertia, septima, tricesima die studeantur agere ista. Vgl. zu Sedulius Scotus und seiner vita pastoralis auch Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 399–404.

Gutes Sterben im Karolingerreich – Anleitungen für den idealen Tod

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über das Verhalten nach dem Ableben werden in den Synodalakten nicht gegeben, im ordo defunctorum hingegen knapp angesprochen, während Sedulius auf die Gebetsverpflichtung nach drei, sieben und dreißig Tagen verweist. Dafür bieten die Akten der Bischofssynode eine dezidierte Anweisung, wie mit Sterbenden zu verfahren ist, wobei besonderer Wert auf Beichte, Buße, die Salbung und die Gabe des Viaticums gelegt wird. Jean Chélini weist auf die hier sichtbar werdende Genese von der Krankensalbung zur letzten Ölung und der damit einhergehenden Verkomplizierung der liturgischen Vorbereitung auf den Tod hin.1105 Umso interessanter ist es, die erzählenden Quellen dahingehend zu analysieren, ob und in welchem Umfang die liturgischen Vorgaben für die tatsächlichen Todesschilderungen eine Rolle gespielt haben. Darüber hinaus gilt es im Fall ausgearbeiteter Rituale die dahinter verborgene, über die Wiedergabe reiner Ereignisgeschichte hinausgehende Intention in Verbindung mit der zeitlichen Differenz von Ereignis und Niederschrift zu beachten.1106 Hinzu tritt in dieser Zeit, neben weiteren hier nicht näher zu vertiefenden Ergänzungen,1107 eine Forttradierung des Zwischenzustandes nach dem leiblichen Tod und vor dem Jüngsten Gericht.1108 Verbunden ist diese Ausgestaltung zunächst in besonderer Weise mit Beda Venerabilis.1109 Beda war es gelungen, Origenes’ Vorstellung der Allversöhnung auf ein selbst schwere Sünden reinigendes Fegefeuer zu reduzieren und mit wohlbekannten Gedanken vorangehender Kirchenlehrer, etwa der Wirksamkeit von Gebeten nach dem Tod, zu verknüpfen. Mit der Verbindung von Gebet und dem strafenden Feuer des Purgatoriums hatte Beda erreicht, woran Augustinus gescheitert war.1110 Schließlich ist die Ausgestaltung eines Purgatoriums mit Erzbischof Hinkmar von Reims verbunden, wenngleich die Annahme, er habe als erster1111 oder

1105 Vgl. Chélini, L’aube du Moyen Âge, S. 476. Zusammengefasst zu Sterbebeistand und Beerdigung gemäß den karolingischen Kirchenreformern vgl. Angenendt, Frühmittelalter, S. 337f. 1106 Vgl. Buc, Warum weniger die Handelnden selbst als eher die Chronisten das politische Ritual erzeugten, S. 35f. Es ist daher auch nicht geboten, unvoreingenommen Details verschiedener Quellen ein Geschehen betreffend zu einem Ereignisgang zusammenzufügen (vgl. ebd., S. 30). 1107 Vgl. Reynolds, Death and Burial, S. 119. 1108 Gegenteilige Ansicht bei Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 128. 1109 Vgl. Moreira, Heaven’s Purge, S. 11, zur Bedeutung Bedas für die Bildung und Verbreitung des Purgatoriumgedankens; zu Bedas Definition des Purgatoriums vgl. ebd., S. 17, zu seiner Theologie desselben ebd., S. 159–166. Vgl. Bernstein, Hell and its Rivals, S. 181– 188. 1110 Vgl. Moreira, Heaven’s Purge, S. 165. 1111 Vgl. Carroll, Eighth-Century Exegete on Purgatory, unter Verweis auf Beda Venerabilis. Zum Problem, vor dem 12. Jahrhundert von Purgatorium oder Fegefeuer zu sprechen, vgl. Moreira, Heaven’s Purge, S. 12.

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Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert

überhaupt1112 die nominale Bezeichnung purgatorium verwendet, zurückgewiesen werden muss. In seiner Vita des Bischofs Remigius von Reims konkretisiert Hinkmar das an einem solchen Ort zu erleidende Feuer, das von den Schlechten wie auch den Heiligen und Gerechten gleichermaßen wahrgenommen wird. Während die Schlechten bis in alle Ewigkeit diese Qualen durchleiden müssen, gelangen die Heiligen mit Leichtigkeit durch das Feuer.1113 Folgerichtig konstatiert Henricus Fros, in der Entwicklung des Purgatoriums markiere Hinkmar von Reims einen »point significatif«.1114 Mit der Beschaffenheit des Jenseitigen befassen sich in karolingischer Zeit auch erstmalig volkssprachliche Texte, auch darin wird ein Zwischenzustand formuliert. Im berühmten Muspilli-Fragment aus der Mitte des 9. Jahrhunderts folgt auf den Austritt der Seele aus der sterblichen Hülle ein Kampf himmlischer und höllischer Mächte um den Verstorbenen.1115 Sollten dabei die Schergen Satans erfolgreich sein, droht ewige Existenz im Leid, während im anderen Fall ein von Sorgen befreiter Aufenthalt im Himmel in Aussicht steht.1116 Dieser Kampf findet jedoch in einem Zwischenzustand statt, nicht unmittelbar im Augenblick des Todes – wie die dominierende Vorstellung zur Zeit der Scholastik – und auch nicht erst vor dem Jüngsten Gericht. Folglich wird die Möglichkeit diesseitiger Unterstützung angedeutet,1117 wenngleich sie einmal mehr an die Bedingung geknüpft ist, sich zu Lebzeiten weitgehend gottesfürchtig verhalten zu haben.1118 Ein Purgatorium wird zwar nicht konkret skizziert, doch bleibt der Eindruck eines dritten Ortes zwischen Tod und Jüngstem 1112 Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 11f., macht vor dem Ende des 12. Jahrhunderts keinen Beleg für das Substantiv purgatorium aus. Dagegen Angenendt, Rez. zu Le Goff, Sp. 40. Vgl. Bernstein, Hell and its Rivals, S. 191. 1113 Hinkmar von Reims, Vita Remigii episcopi Remensis c. 9, S. 287: De quo igne diei iudicii apostolus ait: ›Uniuscuiusque opus quale sit, ignis declarabit‹, quod de igne purgatorio eum dixisse non est dubitandum. Quem ignem aliter impii sentient, aliter sancti, aliter iusti. Impii siquidem de illius ignis cruciatu ad perpetuas ignium flammas detrudentur; sancti vero, qui sine omni peccatorum macula in corporibus suis resurgent, quia supra fundamentum, quod est Christus, aurum, argentum et lapides pretiosos, id est sensum fidei lucidum, eloquium salutis clarum, opera pretiosa edificaverunt, tanta facilitate illum pervolabunt ignem, quanta integritate fidei et dilectionis Christi in hac vita custodierunt precepta. Zu weiteren Verweisen im Werk Hinkmars vgl. Fros, Eschatologie médiévale, S. 215–218. 1114 Fros, Eschatologie médiévale, S. 219. 1115 Vgl. Muspilli, V. 1–5, S. 82. Ausführlicher zur Analyse des Muspilli-Fragmentes unter Angabe weiterer Literatur, insbesondere in Bezug auf den im Gedicht formulierten Zwischenzustand vgl. Geuenich, Dem himmlischen Gott in Erinnerung sein …, S. 32–34. Hinweise auch bei Laudage, Etikette des Todes, S. 39f. 1116 Vgl. Muspilli, V. 6–15, S. 82. 1117 Dar ni mac denne mak andremo helfan uora demo muspille (= Jüngstes Gericht?) (Muspilli, V. 57, S. 84). Zur Problematik der Übersetzung von muspille vgl. die Hinweise bei Geuenich, Dem himmlischen Gott in Erinnerung sein …, S. 33 Anm. 33. 1118 Vgl. Muspilli, V. 26–30, S. 82. Konkret wird darauf hingewiesen, begangene Schuld zu Lebzeiten durch Almosen und Fasten büßen zu können (vgl. V. 97f., S. 86).

Chronistik im 8. Jahrhundert – Die historia vel gesta Francorum

251

Gericht, dem zu entkommen die Hilfe der Lebenden unter bestimmten Voraussetzungen in Anspruch genommen werden kann. Mit dem ordo defunctorum, den Akten der Provinzialsynode sowie den konkretisierten Vorstellungen des Purgatoriums ist die Grundlage geschaffen worden, um im Folgenden die Quellen ab dem 8. Jahrhundert selbst heranzuziehen und insbesondere die bischöflichen Sterbeberichte zu untersuchen.

7.3

Chronistik im 8. Jahrhundert – Die historia vel gesta Francorum

Die Chronik des sogenannten Fredegar fand im 8. Jahrhundert eine Fortsetzung durch mehrere Hände, entsprechend von Krusch unter dem Titel continuationes ediert.1119 Gemäß Roger Collins ist diese Zuschreibung ungenügend, weshalb er die Bezeichnung Historia vel gesta Francorum präferiert,1120 begründet insbesondere daraus, dass die vorgebliche Abkunft der Franken von den Trojanern eine zentrale Rolle spielt.1121 Zu Auseinandersetzungen hat lange die Frage nach der Zahl der Bearbeiter der Historia vel gesta Francorum geführt; bis zu fünf waren angenommen worden. Kruschs Ansicht, insgesamt seien grob drei Abschnitte erkennbar, ist lange Zeit vergleichsweise einmütig hingenommen worden.1122 Collins legt hingegen überzeugend dar, dass einzig der Abschnitt über die Jahre 753–768 einem zweiten Bearbeiter zuzuschreiben sei. Argument dafür sei auch die klar gegliederte Struktur der Historia in drei Bücher, die eine Vielzahl von Bearbeitern unwahrscheinlich erscheinen lasse. Das erste Buch beinhaltet die Schrift De cursu temporum sowie die bereits in der Fredegar-Chronik nachzuweisenden Auszüge aus den Chroniken des Eusebius, Hieronymus und Hydatius, Buch zwei weist eine Zusammenfassung der ersten sechs Bücher der Historien Gregors von Tours auf, während das dritte Buch neues Material ab dem Jahr 642 liefert, das von einem zweiten Bearbeiter eine Fortführung bis ins Jahr 768, dem Machtwechsel von Pippin dem Jüngeren auf seine Söhne Karl und Karlmann, erfahren hat.1123 Entsprechend sei auch glaubhaft, dass, wie im Text vermerkt, der erste Teil der Historia bis 751 und dem Beginn des Königtums Pippins des Jüngeren unter der Aufsicht des Grafen Childebrand, einem Onkel Pippins, er1119 Vgl. (Pseudo)-Fredegar, Chronicarum libri IV. cum continuationibus. 1120 Vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 82. 1121 Entsprechend sind gegenüber der Chronik des sogenannten Fredegar neben Ergänzungen zu den Jahren 642–751/768 zwei Texte eingefügt worden, welche die Titel De cursu Francorum sowie De origine Francorum tragen, vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 83–85. 1122 Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 161f. 1123 Vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 86–89.

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Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert

folgt sei, während die Fortsetzung bis 768 von Childebrands Sohn Nibelung initiiert worden sei.1124 Abgefasst vermutlich in einem Kloster um das Jahr 753, diente die ursprüngliche Historia wohl der Verherrlichung Pippins (»Hausgeschichte der Pippiniden«1125) und seiner Erhebung zum König. Entsprechend sind die Informationen ab dem Jahr 741 chronologisch genauer, jedoch nicht uneingeschränkt glaubhaft; eine karolingische Voreingenommenheit ist durchgehend erkennbar.1126 Die Ergänzungen bis 768 entstanden, wahrscheinlich im selben Kloster, um 787 und fokussieren, wie Collins betont, vor allem Ereignisse in den nördlichen und östlichen Gebieten Aquitaniens.1127 Die Historia vel gesta Francorum bildet für lange Zeit den letzten Repräsentanten der Chronistik, die »vorerst praktisch tot« gewesen ist. Erst mit Frechulf von Lisieux, Ado von Vienne und besonders Regino von Prüm treten im 9. Jahrhundert wieder bedeutende Chronisten in Erscheinung.1128 Wird der Fokus auf die bischöflichen Sterbeberichte gelegt, so findet die in der Fredegar-Chronik sowie dem Liber historia Francorum beobachtete Tendenz des langsamen Verschwindens des bischöflichen Todes oder sogar des Bischofs generell seine Fortsetzung. Die Annahme von Steffen Patzold – ohne hier die vielschichtigen Gründe näher beleuchten zu wollen – Bischöfe seien in karolingischer Zeit nicht geschichtswürdig gewesen, findet sich in der Historia vel gesta Francorum erstmalig bestätigt. Insgesamt zwei Todesfälle werden dem Leser vor Augen geführt: das durch den Hausmeier Ebroin herbeigeführte gewaltsame Ende Leodegars von Autun1129 sowie das Ableben Audoins von Rouen.1130 Beide Todesfälle sind aus dem Liber historiae Francorum bekannt. Der Bearbeiter der Historia vel gesta Francorum übernimmt beide Beispiele zwar nicht wortwörtlich, kürzt insbesondere im Falle Audoins leicht, doch sind die Parallelen unver1124 Vgl. Continuationes c. 34, S. 182. Vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 90. Eine Abfassung des gesamten Textes nach 768 zieht McKitterick, Illusion of Royal Power, S. 5–7, in Erwägung. 1125 Ebenbauer, Historiographie, S. 85. 1126 Vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 90–94. Das zu den 720er/730er Jahren nur oberflächliche Informationen vorliegen, lässt es auch unwahrscheinlich erscheinen, dass bereits in den 730er Jahren, wie von Krusch angenommen, ein Bearbeiter die Chronik Fredegars fortgesetzt hat (S. 93). Grundsätzlich zur Arbeitsweise der Historiographie im 8. Jahrhundert und zu ihrem Umgang mit der ›Wahrheit‹ vgl. Becher, Eine verschleierte Krise, S. 98– 102. 1127 Vgl. Collins, Fredegar-Chroniken, S. 92 u. 95. Ebd., S. 139, zur während der Karolingerzeit hohen, in der Folge aber stark abnehmenden Rezeption der Historia vel gesta Francorum. 1128 Vgl. Schröer, Annales Mettenses Priores, S. 142. 1129 Continuationes c. 2, S. 169: Sanctum Leudegarium episcopum crudelissimis tormentis caesum gladio peremi iussit. 1130 Continuationes c. 4, S. 171: Eo tempore beatus Audoenus episcopus plenus virtutibus migravit ad Dominum.

Chronistik im 8. Jahrhundert – Die historia vel gesta Francorum

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kennbar. Leodegar starb 676, Audoin 686, beide weit vor dem Zeitraum, über den der erste Bearbeiter der Historia genauere Kenntnisse haben konnte. Es ist vielsagend, dass einzig diese beiden Fälle Eingang in die Historia vel gesta Francorum finden konnten, während zwischen dem Zeitraum von 741 bis 768 keine Fälle erwähnt werden, sollte doch gerade über diesen Zeitraum eine genaue Kenntnis der Bearbeiter erwartet werden können. Deutlich wird, worauf der Fokus dieses Werkes gerichtet ist: den Aufstieg der karolingischen Hausmeier zum Königtum. Bischöfe spielen in dieser Aufstiegsgeschichte keine Rolle. Es ist unter diesem Gesichtspunkt bezeichnend, dass gerade Audoin von Rouen sowohl im Liber historiae Francorum als auch in der Historia vel gesta Francorum als letzter sterbender Bischof genannt wird. Nicht zufällig bezeichnet Georg Scheibelreiter gerade ihn zusammen mit dem Hausmeier Ebroin als die »beiden letzten Vertreter einer starken Reichsgewalt«, während in der Folge der »Bischof als Verbindungsmann zwischen Königtum und partikularen Gewalten funktionslos geworden« sei1131 – ganz so, als müsse in der Folge über eine nun funktionslos gewordene Personengruppe nicht mehr berichtet werden. Noch nicht einmal die Weihe Pippins benennt einen handelnden Bischof, der Text spricht schlicht von Bischöfen, die Pippin weihten.1132 Auch in der Folge erscheinen Bischöfe einzig als Personengruppe, die dem König als Gesandte diente, ihn beriet oder Recht sprach.1133 Es ist daher nicht möglich, im Hinblick der im Kapitel zuvor herausgearbeiteten sich verfestigenden Sterberituale dergleichen bei Bischöfen anhand der Historia vel gesta Francorum nachweisen zu können. Möglicherweise bieten uns andere Personengruppen mehr Informationen. Allerdings sind auch Beispiele dazu rar gesät. Neben dem aus dem Liber historiae Francorum bekannten grausamen, aber gerechten Ableben Giselmars, Sohn des Hausmeiers Waratto,1134 wird über den Tod Karl Martells, Pippins des Jüngeren sowie des Langobardenkönigs Aistulf berichtet. Über Karl weiß der Bearbeiter immerhin seine 25-jährige Regierungszeit zu benennen und kennt, was wichtiger ist, dessen Todestag, den 1131 Vgl. Scheibelreiter, Frühfränkische Episkopat, S. 146f. 1132 Continuationes c. 33, S. 182: Pippinus electione totius Francorum in sedem regni cum consecratione episcoporum. 1133 Vgl. Continuationes c. 37 (sacerdotes), S. 184; c. 38 (sacerdotum), S. 185; c. 50 (epyscoporum), S. 191. Schließlich erschienen die Bischöfe (episcopis) am Sterbebett Pippins (c. 53, S. 192) und weihten dessen Söhne Karl und Karlmann (c. 54, S. 193). Namentlich genannt wird einzig Bischof Bertelandus von Bourges. Dieser war im Jahr zuvor gemeinsam mit dem Grafen der Auvergne, Blandinus, von Waifar, dem Herzog von Aquitanien, zu Pippin entsandt worden und hatte Pippin zu größtem Zorn verleitet (c. 42, S. 187). Es handelt sich somit um keinen Gefolgsmann des Königs. Dessen namentliche Erwähnung ist daher nicht als Auszeichnung, vielmehr als Kritik und Herabsetzung zu verstehen. 1134 Continuationes c. 4, S. 171: Inde vero reversus, ob subplantationem patris vel alia malita non modica, quam fallaciter perpetraverat, a Deo percussus praedictus Ghislemaris, ut dignus erat […].

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Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert

22. Oktober. Damit ist die Grundlage einer alljährlichen memoria Karls gegeben. Sein Ableben infolge eines starken Fiebers mag der Wahrheit entsprechen und somit natürliche Umstände wiedergeben. Bedeutsamer ist die erfolgte Beisetzung in Paris in der Basilika des hl. Dionysius.1135 Auch Pippin starb, nachdem er das Reich unter seinen beiden Söhnen geteilt hatte, im Beisein der Vornehmen des Reiches an einem Fieber und einer nicht näher definierten Krankheit. Zwar werden auch die Dauer seiner Regierung sowie seine Grabstätte genannt, nicht erwähnt wird sein Todestag, wo doch gerade diesem eine immense Bedeutung beigemessen wurde.1136 Einzelheiten zu den am Sterbebett vorgenommenen Handlungen finden sich nicht. Auch eine Wertung des Todes ist einzig aus den Lebensleistungen und der Intention des Textes zu erschließen, sodass beide Todesfälle in keinem schlechten Licht präsentiert werden. Bei Karl wird dies durch die Bemerkung angedeutet, er sei in Frieden gestorben (obiit in pace), während Pippin, bereits erkrankt, zahlreiche Almosen verteilte und den hl. Martin um Gnade anflehte. Außerdem verschweigt der Bearbeiter nicht seinen persönlichen Schmerz über den Tod Pippins (ut dolus est ad dicendum). Dass auch das Motiv des schlechten Todes weiterhin präsent ist, belegt neben dem übernommenen Beispiel Giselmars der Tod des langobardischen Königs Aistulf. Dieser hatte Pippin Gegenwehr geleistet, wurde geschlagen und verpflichtet sich eidlich, gegenüber den Franken keine aufständische Handlungen mehr zu begehen.1137 Kurz darauf wurde Aistulf während der Jagd, durch das Urteil Gottes, von seinem Pferd gegen einen Baum geschleudert und starb dadurch grausam, aber verdient.1138 Die Intention der Historia vel gesta Francorum, 1135 Continuationes c. 24, S. 179: […] valida febre correptus, obiit in pace, cuncta in giro regna adquisita. Rexit autem utrasque regna an. XXV S. Transiit itaque 11. Kl. Novb., sepultusque est Parisius basilica sancti Dionisii martyris. Der Todesbericht Karls und dessen geordneter Verlauf gibt, so Geary, Death and Funeral, S. 11f., die Vorlage für zukünftige Berichte. Zudem hat der Bericht über Karl Martells Tod selbst Eingang in andere Texte gefunden, so in die Annales Mettenses priores a. 741, S. 32. Zum Zusammenhang zwischen Krankheit und Tod des Herrschers in der fränkischen Historiographie des 8. und 9. Jahrhunderts vgl. Hack, Alter, Krankheit, Tod und Herrschaft, S. 81. 1136 Continuationes c. 53, S. 192f.: Dum Sanctonis praefatus rex venisset et causas pro salute patriae et utilitate Francorum tractaret, a quedam febre vexatus, egrotare cepit […] His gestis, rex Pippinus post paucos dies […] ultimum diem et vitam simul caruit; sepelieruntque eum praedicti reges Carlus et Carlomannus, filii ipsius reges, in monasterio Sancti Dionisi martiris, ut ipse voluit, cum magno honore. Regnavitque ann. 25. Zum Ableben Pippins des Jüngeren und anschließender Grablege in Saint Denis vgl. Dierkens, La mort, les funérailles et la tombe, bes. S. 38–40. Zu den Gründen, die einen frühmittelalterlichen Herrscher bewogen haben mögen, sich in einer Kirche beisetzen zu lassen, vgl. Krüger, Motive für die Beisetzung, bes. S. 102. Er weist ebd., S. 94f., darauf hin, dass solche Bestattungen nicht ohne Einvernehmen mit den Bischöfen durchgeführt werden konnten. 1137 Vgl. Continuationes c. 38, S. 185. 1138 Continuationes c. 39, S. 186: Post haec Aistulfus rex Langobardorum, dum venationem in quodam silvam exerceret, divino iudicio de equo quo sedebat super quondam arborem

Annalistik des 8. und 9. Jahrhunderts

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neben dem Ursprung der Franken insbesondere den Aufstieg der Karolinger zu schildern, tritt deutlich hervor. Potenzielle Feinde des Reiches werden nicht nur militärisch geschlagen, sondern von Gott selbst für ihre Taten gestraft und erleiden einen grausamen, aber in den Augen des Bearbeiters gerechten Tod. Während den Angaben über die bischöflichen Todesfälle kein Aussagewert beigemessen werden kann und auch der Tod Karl Martells und Pippins gewissen Stereotypen folgt, offenbart gerade das als solches alleinstehende Ableben des Langobardenkönigs Aistulf in besonderer Weise die Intention des Werkes.

7.4

Annalistik des 8. und 9. Jahrhunderts

Die Historia vel gesta Francorum stellt insofern eine Besonderheit dar, als sie für einen längeren Zeitraum die letzte umfassendere Chronik repräsentiert. Zwar gibt es ab Beginn des 9. Jahrhunderts kleinere chronikalische Werke, doch wird die Dimension der Historien Gregors von Tours nicht annähernd erreicht. Demgegenüber finden sich aus dem Ende des 8. sowie dem Beginn des 9. Jahrhunderts zahlreiche annalistische Werke, die nicht selten bis zum Ende des 9. Jahrhunderts oder sogar darüber hinaus Fortsetzungen erhalten haben. Mit den Annalen »beginnt zuerst ein Zweig der Geschichtsschreibung ans Licht zu treten, der sich aus den unscheinbarsten Anfängen zu einer wahren Kunstform entwickelte und dem wir großenteils die festen Grundlagen, das Gerippe der älteren Geschichte des Mittelalters verdanken«.1139 Die Annalistik ist jedoch keine ›Erfindung‹ karolingischer Zeit. Kleine, nach Jahren geordnete Eintragungen lassen sich schon bei den Verzeichnissen der Konsuln in römischer Zeit nachweisen, bis schließlich die Ostertafeln den Raum gewährten, erneut jedem Jahr knappe Informationen hinzuzufügen.1140 Von der Mitte bis zum Ende des 8. Jahrhunderts sind vermehrt annalistische Werke entstanden, die in der folgenden Analyse im Mittelpunkt stehen. Es wird mehrschrittig vorgegangen. Da es nicht möglich ist, sämtliche Annalen heranzuziehen und einander gegenüberzustellen, sollen wichtige Werke benannt und miteinander in Bezug gesetzt werden, um sie sowohl zeitlich als auch räumlich bestimmen zu können. Abfassungszeit, -ort und -intention sind von großer proiectus, vitam et regnum crudeliter dignam mortem ammisit. Vgl. Goetz, Gott und die Welt I,1, S. 138. 1139 Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 180. 1140 Vgl. McCormick, Annales du haut moyen âge, S. 13–21; Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 180. Kritisch gegenüber der Annahme, die Annalen hätten sich aus den Ostertafeln herausgebildet, McKitterick, Constructing the Past in the Early Middle Ages, S. 111–113. Kritische Überlegungen auch bei Burgess / Kulikowski, Mosaics of Time, S. 12–20.

256

Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert

Bedeutung für den zweiten Schritt, den Blick explizit auf bischöfliche Sterbeberichte zu richten. Am Beginn steht eine quantitative Auswertung, gefolgt von der bekannten Methode der detaillierten Gegenüberstellung von Inhalt und Sprache, um in einem dritten Schritt eventuell vorhandene vorstellungs- und mentalitätsgeschichtliche Aspekte herausarbeiten zu können. Die Verbreitung des ordo defunctorum sowie die genauen Anweisungen der Provinzialsynode geben Anlass zur Annahme, dass großer Wert auf ein idealtypisches Ableben herausragender Menschen gelegt worden ist und sich dies auch in den schriftlichen Aufzeichnungen, somit neben der in einem weiteren Schritt zu analysierenden Hagiographie auch innerhalb der Annalistik, niedergeschlagen hat.

7.4.1 Annalistik der karolingischen Frühzeit Die Annalistik seit der Zeit Karl Martells ist »weniger klösterlich-lokal als reichsgeschichtlich-karolingisch« orientiert. Und gerade »[d]ie politische Ausrichtung und ihr registraturähnlicher, tabellarischer Zuschnitt prädestinierten die Annalistik für die Indienstnahme durch eine höfische Administration«. Im Zentrum stehen die karolingischen Herrscher, alles Weitere entbehrt einer stringenten Perspektive. Ganz im Gegenteil seien »[a]d-hoc-Selektivität und Verschweigen, stereotype Ausdrucksweisen und einzelne Stilisierungen« kennzeichnend für sie gewesen.1141 Aussagekräftig für die nachfolgende Analyse wäre eine chronologische Ausarbeitung der frühkarolingischen, sogenannten ›kleinen‹ Annalen des ausgehenden 8. und beginnenden 9. Jahrhunderts, die gerade dahingehend von Bedeutung sind, die Frühzeit der karolingischen Herrschaft abzubilden.1142 Die Annalistik gibt jedoch nur äußerst bedingt Auskunft über den Verfasser sowie den Abfassungsort, noch schwieriger ist die Bestimmung des Abfassungszeitpunktes und, um es um ein Vielfaches zu verkomplizieren, des inneren Zusammenhangs einzelner Annalen untereinander.1143 Um eine chronologische Reihenfolge der frühkarolingischen Annalistik erstellen zu können, müsste Kenntnis darüber bestehen, welche Annalen anderen als Vorlage gedient haben sowie welche Abschnitte, welche Jahre unabhängig von Vorlagen ge-

1141 Schröer, Annales Mettenses Priores, S. 142f. 1142 Vgl. Ganshof, Historiographie dans la monarchie franque, S. 672. Das Ziel der Annalen, ein institutionelles Gedächtnis zu erschaffen, betonen auch Innes / McKitterick, Writing of History, S. 200, die überdies die Absicht annehmen, die Erinnerung einer familia zu repräsentieren. Die insbesondere durch die Karolinger für offiziöse Geschichtsschreibung genutzte Form der Annalistik betont McCormick, Annales du haut moyen âge, S. 16f. 1143 Zu dieser Problematik vgl. Corradini, Studien zur Annalistik der Karolingerzeit, bes. S. 113f.

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schrieben wurden oder selbst die Vorlage für andere Schreiber geboten haben.1144 Und auch die Nutzung einer Vorlage bedeutet nicht, diese unverändert zu übernehmen, dem Entstehenden mag bewusst oder unbewusst eine neue Form gegeben worden sein.1145 Vielfältig sind entsprechend die existierenden Theorien, ein allgemeiner Konsens besteht nicht.1146 Sind sie jahresweise ergänzt oder retrospektiv aufgezeichnet worden, bedeutet dies eine andere narrative Herangehensweise und würde die berichteten oder von einer Vorlage übertragenen Ereignisse in ein anderes Licht stellen als eine jährliche Fortführung, die unmittelbar erfahrenes Wissen weitergibt.1147 Rosamond McKitterick warnt allerdings davor, zeitnahe Abfassung mit erhöhtem Wahrheitsgehalt gleichzusetzen.1148 Allerdings wäre es zu kurz gedacht, dieser Tatsache keinen Raum in den Überlegungen einzuräumen. In dieser Arbeit kann keine Neubewertung karolingischer Annalistik vorgenommen werden. Ausgehend vom älteren Forschungsstand, repräsentiert insbesondere durch die Zusammenfassung von Wilhelm Wattenbach, Wilhelm Levison und Heinz Löwe, wird neuere Forschung berücksichtigt,1149 um zumindest den Versuch einer chronologischen Übersicht zu erhalten. Berücksichtigt werden drei große, untereinander jeweils in irgendeiner Form abhängige annalistische Stränge: 1) die als die frühesten karolingischen 1144 Exemplarisch sei hier verwiesen auf Hoffmann, Untersuchungen zur karolingischen Annalistik. 1145 Vgl. Tischler, Doppelte Kontext, S. 20. Entsprechend könnten gerade durch die Neuinterpretation älterer historiografisch-biografischer Texte Vorstellungen von gesellschaftlichen und kirchlichen Reformen erfahren werden (S. 27). Wie die Neuinterpretation bereits bei der Raffung der ersten Bücher der Decem libri historiarum Gregors von Tours innerhalb der Chronik des sogenannten Fredegar oder im Liber historiae Francorum gezeigt werden konnte, muss Ähnliches in den vielfach ab- und dabei möglicherweise umgeschriebenen Annalen der Karolingerzeit erwartet werden. Es geht um die Analyse der »materiellen, sozialen und mentalen Bedingungen der permanenten Um- oder Neuschreibung des mittelalterlichen historischen Bewusstseins« sowie der »Interdependenz von externen und internen Strukturen von Quellen« (Tischler, S. 27). Tischler spricht davon, die zwischen den Manuskripten herrschenden »Kommunikationsstrukturen« müssten aufgedeckt werden. Diese keineswegs neue Herangehensweise an Quellen verlangt eine umfassende Beschäftigung mit den originalen Handschriften, die in dieser Arbeit nicht geleistet werden kann. 1146 Hoffmann, Untersuchungen zur karolingischen Annalistik, S. 69–74, warnt davor, zu leichtfertig eine generelle Abhängigkeit von Annalen untereinander zu vermuten. Die eher geringe literarische Fähigkeit damaliger Schreiber lässt es nicht unwahrscheinlich erscheinen, dass sich Mitteilungen zu bestimmten Ereignissen in unterschiedlichen Annalen auffällig ähneln können. Beachtet werden müsse dabei der äußerst formelhafte Charakter annalistischer Texte, der nur ein gewisses Repertoire an Wendungen bereithält. Umso intensiver sollte weniger auf Gemeinsamkeiten denn auf Unterschiede geachtet werden. 1147 Vgl. auch Garipzanov, Annales Guelferbytani, S. 123. 1148 Vgl. Anm. 965. 1149 Neben neuen kürzeren Darstellungen dienen die monografischen Arbeiten von Boschen, Annales Prumienses; Hoffmann, Untersuchungen zur karolingischen Annalistik; sowie Schröer, Annales S. Amandi, als Grundlage der folgenden Kapitel.

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Annalen geltenden Annales S. Amandi; 2) die Annales Mosellani, ihre fälschlich mit dem Kloster Lorsch in Verbindung gebrachten Fortsetzungen, die Annales Laureshamenses, sowie die von ihnen wohl abhängigen Annales Petaviani; 3) die Annales Guelferbytani und die von diesen abgeleiteten Annales Nazariani sowie Annales Alamannici.1150 a Die Annales S. Amandi Wenden wir uns zu Beginn den vermeintlich ältesten karolingischen Annalen, den Annales S. Amandi zu,1151 dann zeigt sich zunächst quantitativ der Eindruck bestätigt, der sich aus der Analyse der Chronistik des ausgehenden 7. sowie des 8. Jahrhunderts eingestellt hat. Bischöfe treten als Handlungsträger in den Hintergrund, gleichfalls verliert ihre Person an Bedeutung und ihr Ableben ist folglich nicht relevant genug, als dass es vermerkt werden müsste. Daher geben die Annalen von Saint-Amand, obwohl sie dort wohl nicht oder nicht in Gänze geschrieben worden sind,1152 nur das Ableben von drei Bischöfen wieder. Und auch darüber hinaus treten Bischöfe nicht als handelnde, namentlich benannte 1150 Eine Zusammenfassung dieser Gruppierungen findet sich bereits bei Ganshof, Historiographie dans la monarchie franque, S. 672–674. Um es an dieser Stelle nicht vollkommen unübersichtlich zu gestalten, ist auf eine explizite Auswertung zahlreicher weiterer, von den oben genannten Annalen abhängiger Texte verzichtet worden. Dazu zählen die Annales Tiliani; Annales Sangallenses Baluzii; Annales Sangallenses breves; Annales Aquenses; Annales Augienses brevissimi; Annales Bawarici breves und Annales S. Bonifacii. Diese Annalen bringen (mit einer noch zu besprechenden Ausnahme) gegenüber den obig genannten Texten keine neuen Informationen bezüglich bischöflicher Todesfälle oder allgemein mentalitätsgeschichtlich relevante Einblicke in Vorstellungen zu Leben und Tod. 1151 Vgl. Schröer, Annales S. Amandi, der die grundsätzlichen Abhängigkeiten der Annales S. Amandi zu anderen zeitgenössischen oder späteren Texten untersucht hat und dabei für die Selbstständigkeit der in den Fortsetzungen der Annalen berichteten Nachrichten, anders als in der bisherigen Forschung, »beachtliche Argumente« vorbringen kann (S. 224). Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 183–185. 1152 Pertz verortete die Annalen im Kloster Saint-Amand, da dieses in zwei Jahresnotaten nähere Erwähnung findet, ansonsten aber keine Verbindung zum Text aufweist. Zweifel an dieser Zuschreibung hatte bereits Kurze geäußert. Vgl. Kurze, Über die karolingischen Reichsannalen, S. 12. Die Möglichkeit, den Entstehungsort bestimmen zu können, weisen auch Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 184f., zurück. Gleichermaßen unklar ist, inwiefern die Annalen jahresweise ergänzt oder retrospektiv und rekonstruierend zu einem viele Jahre späteren Zeitpunkt niedergeschrieben worden sind. Dies geht einher mit dem Problem, verschiedene an der Entstehung des Textes beteiligte Hände zu separieren, um Episoden der Bearbeitung voneinander trennen zu können. Vgl. unterschiedliche Ansichten durch Pertz in der Edition (Trennung zu 768), Giesebrecht, Fränkischen Königsannalen, S. 224–227 (zu 771); Kurze, Über die karolingischen Reichsannalen, S. 12 (zu 772). Zwar wird leicht eine gewisse Nähe des Schreibers zum königlichen Hof angenommen, wenn vornehmlich über Reichsangelegenheiten sowie das Leben der karolingischen Könige berichtet wird (dabei insbesondere über Karl den Großen), doch erlaubt diese Annahme keinesfalls die Spezifizierung eines Abfassungsortes.

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Personen in Erscheinung. Nur einmal wird in den Fortsetzungen der Annalen zum Jahr 796 berichtet, dass König Karl in Aachen ein Konzil einberufen hat und zahlreiche Bischöfe dort erschienen sind.1153 Mittelpunkt dieses Berichtes sind nicht die Bischöfe, die nur als undifferenzierte Gruppe erscheinen, sondern ist der König selbst, der Macht und Einfluss besitzt, die Bischöfe an seinem Hof zusammenkommen zu lassen. Dagegen findet der Tod von Mitgliedern der karolingischen Dynastie weitgehend Aufnahme, wie allgemein das Reichsgeschehen ausgiebiger geschildert wird.1154 Die Annales S. Amandi führen drei bischöfliche Todesfälle auf: zunächst stirbt Suitbert, Begleiter des irischen Missionars Willibrord; Suitbert erhielt die Bischofsweihe, ohne einem Bistum vorgestanden zu haben. Ihm folgen Hildegar (von Köln) und Giselbert (von Tournai). Während der Annalist im Fall Suitberts dessen Tod in den März, Giselberts Ableben sogar konkret auf den 23. Mai datiert, bleibt zu Hildegar nur die Information, dass er im Jahr 753 in Sachsen umgekommen ist.1155 Deutlich wird die für frühe annalistische Werke typische äußerst knapp formulierte Angabe, die keine Informationen über die genauen Umstände des Todes bietet. Es wird nicht einmal für nötig empfunden, die Bischöfe ihren Bistümern zuzuordnen, als sei dies entweder nicht notwendig gewesen, da allgemein bekannt, oder dem Annalisten selbst nicht gegenwärtig. Da er jedoch einerseits genauere Kenntnisse über den Monat oder sogar den Tag, bei Hildegar andererseits über dessen brutales Ableben besessen hat, ist mit großer Sicherheit auszuschließen, dass er keine weitergehenden Kenntnisse über diese Personen besessen hat. Diese Angaben waren sichtlich nur von geringem Interesse und haben daher keine Aufnahme gefunden. Dennoch ist die Datierung des Todestages Giselberts zu beachten. Auch wenn über diesen Bischof ansonsten keine Informationen gegeben werden, ist allein durch die Wiedergabe seines Todestages seine memoria ermöglicht worden.1156 Dennoch bleibt die Frage, warum neben diesen drei Bischöfen keine weiteren aufgenommen worden sind. Giselbert war Abt des Klosters Saint-Amand,1157 1153 Vgl. Annalium S. Amandi continuatio altera a. 796, S. 12. Die geringe Zahl bischöflicher Nennungen liegt erheblich an dem äußerst geringen bis nicht nachweisbaren Einfluss von Bischöfen auf annalistische Produktion zu dieser Zeit, vgl. Patzold, Episcopus, S. 107. 1154 Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 184. 1155 Zu Suitbert heißt es (Annales S. Amandi a. 713, S. 6): depositio Subdoberto episcopo in mense Martio; zu Hildegar (ebd. a. 753, S. 10): Hildegarius occisus est in Saxonia sowie zu Giselbert (Annalium sancti Amandi continuatio altera a. 782, S. 12): hoc anno Gislebertus episcopus obiit 10. Kal. Iun. Zu Hildegar vgl. Oediger, Regesten n. 72, S. 32; Weinfurter, Colonia, S. 12. 1156 Auf die nur selten innerhalb der karolingischen Historiographie zu findenden konkreten Tagesangaben weist auch Goetz, Historiographisches Zeitbewusstsein, S. 171, hin und betont deren Bedeutung für das Gebetsgedächtnis. 1157 Vgl. Anm. 3 von Pertz in MGH SS 1, S. 12.

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seine Erwähnung gilt daher als Ausgangspunkt, die Abfassung zumindest eines Teils der Annalen in diesem Kloster zu vermuten. Die Nennung von Suitbert und Hildegar wiederum mag eine Fährte in den Kölner Raum bedeuten, doch ist dies spekulativ.1158 Interessant ist an dieser Stelle ein Vergleich mit den weitgehend von den Annales S. Amandi abhängigen, allerdings nur bis ins Jahr 736 (= 737) reichenden Annales Tiliani.1159 Tatsächlich haben die Annales Tiliani zu einem Jahr etwas ergänzt, zu zwei weiteren Jahren in den Annales S. Amandi vorhandene Informationen ausgelassen. Ein Fall beruht auf einer chronologischen Unachtsamkeit des Annalisten, der zweite Fall betrifft den unerwähnt gelassenen Tod Suitberts. Es hat den Anschein, als habe der Annalist mit dem Namen Suitbert nicht recht etwas anfangen können und ihn deshalb ausgespart. Anders ließe sich nur schwer erklären, warum die Jahre davor und danach übernommen, das Jahr 713 mit dem Ableben des Bischofs aber ausgelassen worden ist. Eine Abhängigkeit zu den Annales S. Amandi besteht auch bei den Annales Sangallenses Baluzii. Sie unterlassen es hingegen, sowohl den Tod Suitberts als auch den Hildegars von Köln aufzuführen. Dafür nennen sie singulär in ihrem eigenständigen Teil ab 7681160 den Tod Erzbischof Riculfs von Mainz zum 9. August des Jahres 813. Da die Annalen nur bis 814 reichen und wohl kurz darauf abgefasst worden sind, mag gerade der Tod des Mainzer Erzbischofs dem Annalisten noch präsent vor Augen gestanden haben.1161 Fragen nach mentalitätsgeschichtlichen Implikationen, Vorstellungen von Tod und Nachleben lassen sich aus den bisher vorgestellten kurzen Berichten nicht entnehmen. Selbst das gewaltsame Ableben Hildegars, das immerhin noch eine zumindest grobe geographische Verortung nach Sachsen erfährt, bleibt unkommentiert. Dabei würde sich der Tod eines Bischofs durch heidnische Sachsen eignen, Hildegar als Märtyrer zu positionieren. Da dies nicht erfolgt ist,1162 erscheint eine Abfassung im Kölner Raum noch einmal unwahrscheinlicher. 1158 Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 184f. 1159 Zu ihrer Abhängigkeit vgl. Schröer, Annales S. Amandi, S. 33–36. 1160 Gegen diese Auffassung und für eine dem Annalisten vorgelegene, über 772 hinausgehende Annalenfassung vgl. Schröer, Annales S. Amandi, S. 100–126. 1161 Die Nennung des Riculf mag einen sehr vagen Hinweis auf den Entstehungsort der Annalen bieten, doch finden sich darüber hinaus keine Hinweise, die in den Mainzer Raum deuten würden. Gegen eine unmittelbare Herkunft aus dem Mainzer Raum spricht, dass Riculfs Vorgänger, Lul, keine Erwähnung gefunden hat. Bischoff, Panorama der Handschriftenüberlieferung, S. 13 Anm. 34, erachtet eine Abfassung im Raum von Saint-Amand für wahrscheinlich. Vgl. zur Abhängigkeit der Annales Sangallenses Baluzii zu weiteren Texten auch Boschen, Annales Prumienses, S. 155–157. 1162 Außerhalb missionsgeschichtlichen Zusammenhangs verortet den Tod Hildegars Schieffer, Bischof zwischen civitas und Königshof, S. 26. Scheibelreiter, Death of the Bishop, S. 41, vertritt die Ansicht, in der Historiographie des 8. Jahrhunderts würden in Folge militärischer Aktionen gefallene Bischöfe weder als Sünder noch als Märtyrer betrachtet

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Bevor wir erneut auf Suitbert und Hildegar zurückkommen, ist der Blick von den Bischöfen auf weitere Todesfälle zu richten. Anders als die übersichtliche Zahl an bischöflichen Toden vermuten lässt, weist die karolingische Annalistik, hier die Annales S. Amandi, zahlreiche Todesfälle, zumeist von Mitgliedern der karolingischen Familie, auf. Doch bieten auch diese Berichte nicht mehr Details als den Todestag, womit die Möglichkeit der memoria gegeben ist. Umstände, die zum Tod geführt haben wie Krankheit oder Ähnliches finden sich nicht, keine lobenden oder, ohnehin unwahrscheinlich, kritischen Worte und auch keine Angaben zur Grablege. Exemplarisch heißt es, dass Karl Martell am 15. Oktober 741 (Karlus dux Francorum mortuus est Idibus Octobris), Pippin der Jüngere am 24. September 768 gestorben ist (rex Pippinus defunctus est in 8. Cal. Octobr.).1163 b Die Annales Mosellani-Laureshamenses Die Annales Mosellani sowie die daran anschließenden Annales Laureshamenses1164 bilden den zweiten Komplex unserer Analyse. Während der Abfassungsort der Annales Mosellani zunächst im Kloster Péronne, bald in Schwaben und schließlich im Kloster Gorze angenommen wurde, sollen Abschriften zeitnah nach Lorsch gelangt sein, wo eine Fortsetzung dieser Annalen angefertigt worden ist, die bis 785 mit den Annales Mosellani identisch, danach als eigenständiges Werk zu verstehen ist.1165 Dieser allzu einfachen Erklärung, sowohl was die Abhängigkeit der Annalen untereinander als auch den Entstehungsort der ›Lorscher‹1166 Annalen betrifft, ist mehrfach widersprochen worden, zuletzt u. a. von Rosamond McKitterick. Sie erachtet gerade die ›Lorscher‹ Annalen als »einzigartiges und unabhängiges Zeugnis der fränkischen Geschichte des 8. und frühen 9. Jahrhunderts«, abgefasst von jemandem, der sich zwar nicht am Hof befunden habe, jedoch mit den Begebenheiten dort bestens vertraut gewesen sei.1167

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(dies gilt sicher nicht für Bonifatius, sein Tod ist jedoch auch nicht im Kampf erfolgt). Die Annahme gilt weitgehend auch für das 9. und 10. Jahrhundert, in dieser Zeit lassen sich allerdings bereits erste gegenteilige Beispiele finden – hingewiesen sei auf den im Folgenden noch zu behandelnden Fall Bischof Walas von Metz in den Annales Bertiniani. Vgl. Annales S. Amandi a. 741 u. 768, S. 10 u. 12. Zu den zahlreichen Hypothesen um Entstehungszeit und Autor vgl. Hoffmann, Untersuchungen zur karolingischen Annalistik, S. 82–84. Zum Problem des nicht zu lokalisierenden Abfassungsortes der Annales Laureshamenses vgl. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 110. Vgl. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 112. Unabhängig davon zur Bedeutung Lorschs als einem Zentrum damaliger Schriftproduktion vgl. Reimitz, Transformations of Late Antiquity. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 109f. (Zitat S. 109). Für Richbod, den Abt von Lorsch und späteren Bischof von Trier als Autor sind Kurze, Karolingischen Annalen, S. 26f., sowie Fichtenau, Abt Richbod, eingetreten. McKitterick (S. 113) erachtet diesen Rückschluss als »attraktiv« und Richbod als »möglichen Kandidaten«, ohne dass es mit letzter Sicherheit entschieden werden könnte.

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Deutlich sei zwar eine Übereinstimmung zwischen den ›Lorscher‹ Annalen sowie den Annales Mosellani und dem sogenannten Fragmentum Chesnii, doch könne nicht ausgeschlossen werden, dass die ›Lorscher‹ Annalen bereits ab dem Jahr 703 stückweise geschrieben worden sind und nicht erst ab 785 als eigenständiges Werk gelten können.1168 Anders als in den karolingischen Reichsannalen habe der Verfasser der ›Lorscher‹ Annalen, so McKitterick, nicht die Intention verfolgt, ein besonders positives Bild Karls des Großen zu zeichnen. Damit bildeten sie ein gegensätzliches Bild fränkischer Geschichte und seien möglicherweise bewusst als Gegenpol zu den Reichsannalen angelegt worden.1169 Dieser neuartige Erklärungsansatz erleichtert den Umgang mit den Annales Mosellani und den ›Lorscher‹ Annalen nicht, sondern wirft neue Fragen auf. Der Fokus soll zunächst auf die Bischöfe gerichtet werden, namentlich die aus den Annales S. Amandi bekannten Suitbert und Hildegar. Während der Tod Suitberts jeweils verschwiegen wird, erscheint Bischof Hildegar in beiden Annalen (Hildegerm [Hildegarius] episcopus cecidit).1170 Wie der Annalist von Saint-Amand müssen auch der ›Lorscher‹ Annalist oder der Schreiber der Annales Mosellani, ganz gleich wessen Werk die Vorlage des anderen geboten hat, Kenntnis über den Tod Hildegars gehabt haben. Der inhaltliche Vergleich, zunächst nur auf die bischöflichen Fälle bezogen, gibt der Vermutung, die Annales S. Amandi hätten den Annalisten vorgelegen, keinen Raum. Zwar bieten alle Annalen den Tod Hildegars, doch bleibt in den Mosellaner und Lorscher Annalen Suitbert unerwähnt. Gründe, warum er hätte ausgelassen werden sollen, finden sich nicht. Zudem bieten beide Annalen mehrere weitere Todesfälle, die in den Annales S. Amandi fehlen, am prominentesten das Martyrium des Bonifatius im Jahr 754 (755?).1171 Dem Beginn beider Annalen lag die Chronik Bedas zugrunde, der unter anderem der Tod des Bischofs Cananus (vielleicht Colman von Lindisfarne1172) 704 sowie weiterer irischer Geistlicher entnommen worden ist.1173 Während die 1168 Vgl. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 112. Zur möglicherweise nicht ursprünglichen Gestalt der Lorscher Annalen zwischen 786 und 803 vgl. Hoffmann, Untersuchungen zur karolingischen Annalistik, S. 90. 1169 Vgl. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 110 u. 112f. 1170 Annales Mosellani a. 753, S. 495; [Annales Laureshamenses a. 753, S. 26]. 1171 Bonifatius, der u. a. Bischof von Mainz gewesen ist, wird als einzigem das Prädikat eines Märtyrers zugeschrieben. Entsprechend heißt es (Annales Laureshamenses a. 754, S. 28 / Annales Mosellani a. 754, S. 495): Bonifacius episcopus martyrio coronatus. Dies verwundert insbesondere daher, da ein Jahr zuvor der gewaltsame Tod Hildegars in Sachsen (also durch die Sachsen?) Aufnahme gefunden, nicht jedoch als Martyrium ausgewiesen worden ist. Zu Bonifatius’ Todesjahr 754 vgl. Tangl, Todesjahr des Bonifatius. Dagegen für 755 neuerdings umfassend Wagner, Bonifatiusstudien, S. 178–226. 1172 Vgl. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 111. 1173 Es überrascht daher nicht, dass auch der Tod Bedas, wenn auch fälschlich zu 731 statt 735, vermerkt ist. Vgl. zu dessen Erwähnung Kaschke, Fixing Dates in the Early Middle Ages, S. 119.

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Aufnahme des Todes des irischen Bischofs mit der zugrunde liegenden Chronik Bedas zu erklären ist und Bonifatius’ Nennung mit seiner allgemein großen Bedeutung zumindest vorläufig hingenommen werden mag,1174 wirft das Ableben weiterer Bischöfe Fragen auf. Vermerkt werden der Tod Haldulfs von Cambrai zu 728, Audoins von Konstanz zu 736, Chrodegangs von Metz zu 766 sowie Alberichs von Utrecht zu 784.1175 Bereits McKitterick hat herausgestellt, dass die ›Lorscher‹ Annalen neben Herrschern und Päpsten kaum Personen namentlich benennen.1176 Von entsprechender Bedeutung scheinen die hier genannten Bischöfe zu sein. Wilhelm Levison und Heinz Löwe nehmen die Nennungen Haldulfs, Audoins und Chrodegangs als Beleg, um verschiedene Schreiborte der Annales Mosellani zu lokalisieren.1177 Dies mag sein, doch fällt auf, dass außer der Angabe zum Tod nicht einmal der Todestag angegeben wird. Sollte die Nennung der Bischöfe ein Hinweis auf die verschiedenen Abfassungsorte sein, dann wäre es nur ein äußerst dürftiger, da sich weiterhin keine Indizien feststellen lassen, die auf ein bestimmtes Kloster hindeuten könnten. Allerdings bieten die ›Lorscher‹ Annalen eine Ergänzung. Sie kennen den Todestag Chrodegangs von Metz, den 6. März. Diese Angabe lässt Spekulationen 1174 Zu Recht macht Kaschke, Fixing Dates in the Early Middle Ages, S. 120, auf gleich mehrere »sets of identity« bezüglich des Todes von Bonifatius in den Annalen aufmerksam: als herausragender Vertreter der Kirche, insbesondere als Gründer und Missionar; als auch regional (im Osten des Reiches) bekannte Persönlichkeit sowie als enges Verbindungsglied zum karolingischen Herrschaftshaus, besonders seit der von ihm (möglicherweise) vorgenommenen Salbung Pippins des Jüngeren zum König im Jahr 751. Vgl. auch Kap. 7.4.2, Anm. 1211. 1175 Vgl. Annales Laureshamenses a. 728, 736, 766 u. 784, S. 24, 26, 28 u. 32 / Annales Mosellani a. 728, 736, 766 u. 784, S. 494–497. Noch komplexer wird der Sachverhalt, wenn die Annales Petaviani mit hinzugezogen werden. Bis zum Jahr 771 sind sie aus den Annales S. Amandi sowie den Annales Mosellani-Laureshamenses kompiliert, während sie erst daran anschließend eine eigenständige Fortsetzung bieten (vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 186). Folglich erwähnen sie einerseits den Tod Suitberts, andererseits den Tod Haldulfs von Cambrai, Audoins von Konstanz, Hildegars von Köln, Bonifatius’ und Chrodegangs von Metz. 1176 Vgl. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 110. 1177 Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 185f. Insbesondere die Nennung des Bischofs aus Cambrai würde nach dieser Einschätzung auf das Kloster Péronne mit seinen irischen Mönchen verweisen. Damit wäre auch ein erster Erklärungsansatz geliefert, warum zu Beginn der Annalen auf Beda Bezug genommen wird. Dies erklärt jedoch nicht die Nennung Alberichs von Utrecht zum Jahr 784, der weder mit Lorsch noch anderen vermuteten Abfassungsorten in Verbindung stand. Der Tod Alberichs, der zuvor Abt des Kloster St. Martin in Utrecht war, wird in einer Reihe mit den ebenfalls 784 verstorbenen Äbten Fulrad von St. Denis und Helmerich von Lorsch genannt. Möglicherweise hat der Annalist bedeutende Persönlichkeiten der Zeit nebeneinandergestellt. Oder, was wiederum die Abfassung in Lorsch noch einmal unterstützen würde, er wollte die Bedeutung Helmerichs erhöhen, indem er ihn in eine Reihe bedeutender Männer der Kirche stellte. Zu Alberich vgl. Jappe-Alberts / Weinfurter, Traiectum, S. 173f.

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zu: Sie lässt es als möglich erscheinen, dass die Annales Mosellani dem Verfasser oder den Verfassern der ›Lorscher‹ Annalen vorgelegen haben müssen. Sie hätten dann den Todestag Chrodegangs ergänzt. Die Kenntnis des Tages ist zudem Anhaltspunkt, dass die originale Niederschrift dieses Eintrages im Umfeld des Lorscher Klosters erfolgte. Graf Cancor, Stifter des Lorscher Klosters, hatte dieses bald in die Hände Chrodegangs übergeben.1178 Der erste Abt des Klosters, Gundeland, war Chrodegangs Bruder.1179 Dieser Erklärung steht ein Eintrag in beiden Annalen zum Jahr 762 entgegen: Hrodegangus [Chrothgangus] archiepiscopus egrotavit magna infirmitate.1180 Die Bedeutung Chrodegangs, ebenfalls Gründer der Abtei Gorze, war offenkundig (bereits?) für den Verfasser der Annales Mosellani so groß, dass er selbst eine Erkrankung des Bischofs für derart bedeutsam erachtete, sie zu verzeichnen. Die sich daraus ergebenden, wenngleich an dieser Stelle über unser Thema hinausführenden Fragen zielen darauf, ob die Annales Mosellani im Umkreis Chrodegangs entstanden sind, während der Entstehungsort der ›Lorscher‹ Annalen weiter unbestimmt bleiben muss. Deutlich wird, welches spekulative Potenzial einzig die Betrachtung der wenigen namentlich genannten Bischöfe innerhalb der frühkarolingischen Annalistik enthält. Kommen wir auf das eigentliche Anliegen dieser Arbeit zurück. Der Bericht über Chrodegangs Krankheit und Tod bietet noch eine weitere Argumentationsebene: die leise Vermutung über zumindest im Ansatz aufflammende Indizien eines natürlichen Todes. Zwar wird der Tod Chrodegangs nicht näher geschildert und auch seine mehrere Jahre zuvor vermerkte Krankheit bleibt, ausgenommen deren Charakterisierung als magna, unkonkret. Doch mag dieses Beispiel zumindest als Beleg dienen, dass neben dem Martyrium (Bonifatius) auch die Krankheit (Chrodegang) Eingang in die karolingische Annalistik der Frühzeit gefunden hat. Ein natürlicher Tod wird hingegen nicht explizit ausgeführt; ob die Krankheit den Tod Chrodegangs herbeiführte, muss Spekulation bleiben. Es darf zudem nicht verschwiegen werden, dass beide als jeweils einzige Beispiele für Martyrium und Krankheit unter Bischöfen nachzuweisen und keineswegs repräsentativ sind. 1178 Zur Frühgeschichte des Klosters Lorsch vgl. Semmler, Geschichte der Abtei Lorsch. Die zudem noch bestandenen verwandtschaftlichen Beziehungen Cancors zu Chrodegang, dem tamquam consanguineo, wie es der Codex Laureshamensis (S. 266) vermerkt, lassen die fast schon zwangsläufige Nennung des weiteren Lebenswegs Chrodegangs innerhalb der Annalen erkennen. 1179 Dies hat zu der Erklärung verleitet, wie die Annales Mosellani nach Lorsch gelangt sein könnten. Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 186. 1180 Vgl. Annales Laureshamenses a. 762, S. 28 / Annales Mosellani a. 762, S. 496. Bereits Patzold, Episcopus, S. 110, hat auf die Einzigartigkeit der Eintragsserie zu Chrodegang innerhalb der frühkarolingischen Annalistik verwiesen, erklärt sie allerdings als institutionsgebunden.

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Die Annales Laureshamenses trennen sich ab 785 von den Annales Mosellani und führen eigenständige Nachrichten bis 803.1181 Neben den Bischöfen Lul von Mainz, Engilram von Metz und Simpert von Regensburg wird auch der Tod Papst Hadrians I. zum Jahr 795 vermerkt.1182 Blicken wir zunächst auf die Bischöfe: Lul und Engilram sind Bonifatius und Chrodegang nachgefolgt. Da zuvor sowohl über den Tod von Bonifatius als auch Chrodegang berichtet worden ist, überrascht es nicht, nun auch deren Nachfolger vorzufinden. Auffällig ist die sprachliche Unterscheidung zwischen den Annales Laureshamenses sowie dem eng daran anknüpfenden Fragmentum Chesnii. Heißt es in den Annalen aus Lorsch Lullus archiepiscopus obiit, findet sich im Fragmentum Chesnii die Formulierung Lullus archiepiscopus migravit de hac luce.1183 Da innerhalb der frühkarolingischen Annalistik im Grunde nicht über die Verben obire, defungi oder moriri, im Falle gewaltsamer Tode occidere sowie interficere hinausgelangt wird1184 und groß angelegte metaphorische Formulierungen fehlen, erregt diese im Grunde wenig beeindruckende – und u. a. bereits bei Gregor von Tours zu findende – sprachliche Konstruktion mit der darin enthaltenen Lichtmetaphorik des Fragmentum Chesnii ungeahnte Aufmerksamkeit. Sie beinhaltet nicht allein den Vorgang des Sterbens an sich, sie impliziert das Nachleben des Verstorbenen. Lul stirbt nicht einfach, so wie die anderen innerhalb der Annalen bisher genannten Bischöfe, Bonifatius ausgenommen, er ›migriert‹, reist aus diesem Licht der irdischen Welt an einen anderen, besseren Ort. Die jenseitige Sphäre wird in dieser Formulierung nicht benannt, schwingt aber automatisch mit. Dies zeigt, wie blass die Sterbeberichte nicht allein der Bischöfe, sondern der aufgeführten Personen generell innerhalb der frühen karolingischen Annalistik ausfallen.1185

1181 Dass eine weitere Fortsetzung bis zum Jahr 818 existiert haben muss, ist aus ihrer Verwendung in anderen Texten zu erschließen, vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 188. Der eigentliche Abfassungsort ist, wie angesprochen, unsicher. Patzold, Episcopus, S. 110, verortet die Abfassung der eigenständigen Nachrichten in Trier und beobachtet eine verstärkte Darstellung des Episkopats, der als eine an der Leitung des Reiches beteiligte Gruppe in Szene gesetzt werde. 1182 Vgl. Annales Laureshamenses a. 786, 791 u. 795, S. 33f. u. 36. 1183 Annales Laureshamenses / Fragmentum Chesnii a. 786, S. 33. 1184 Zu einer Übersicht der in den Annales Guelferbytani verwendeten Verben vgl. Garipzanov, Annales Guelferbytani, S. 126; auch Chélini, L’aube du Moyen Âge, S. 468–470 (mit tabellarischer Übersicht), ermittelt aus ausgewählten Annalen des 8. bis 10. Jahrhunderts bei Todesschilderungen ein deutliches Übergewicht klassischen Vokabulars ohne religiöse Konnotation. 1185 Chélini, L’aube du Moyen Âge, S. 470, verortet christlich konnotierte Formulierungen entsprechend im Bereich der Veränderung, der migratio und führt den Ursprung derartiger Formulierungen u. a. auf neuplatonische Einflüsse zurück. Es wundert zudem, dass die Todestage der Bischöfe nicht aufgeführt worden sind. Grundsätzlich zu Bischöfen im Fragmentum Chesnii sowie den Annales Laureshamenses vgl. Patzold, Episcopus, S. 109– 111.

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Simpert von Regensburg fällt aus diesem Erklärungsmuster heraus, sein Vorgänger findet sich nicht. Allerdings berichten die Annalen, Simpert sei, ebenso wie Engilram von Metz, auf einem Kriegszug gegen die Awaren gefallen.1186 Zusammen mit dem Ableben des Metzer Bischofs mag der Annalist auch vom Tod Simperts erfahren haben. Auch hier findet sich eine, normalerweise nicht erwähnenswerte, Erweiterung der Todesschilderungen. Beiden Bischöfen wird eine positive Reputation beigelegt, sie sind in guter Erinnerung (bone memorie) geblieben und werden auch darüber hinaus im Gedächtnis bleiben. Möglicherweise wird dem Umstand Rechnung getragen, dass beide außerhalb der Heimat in der Fremde, in heidnischem Land, zu Tode gekommen sind und daher noch einmal besonders auf die Erinnerung beider verwiesen werden muss.1187 Kritik an der Teilnahme der Bischöfe an diesem Kriegszug, womit auch ihr Ableben in trüberes Licht gerückt werden würde, bleibt aus.1188 Der Tod Papst Hadrians wird in zahlreichen Annalen erwähnt, auch weitere päpstliche Todesfälle sind nicht ungewöhnlich. Päpste bleiben in dieser Arbeit weitgehend unberücksichtigt, da sie den Bischöfen nicht ohne Weiteres gleichgesetzt werden können,1189 die Auseinandersetzung mit Hadrian ist somit zu begründen. Am Anfang steht der entsprechende Auszug aus dem Jahresbericht zu 795, der in gleich mehrfacher Hinsicht bemerkenswert ist.1190 Zunächst geht er 1186 Annales Laureshamenses a. 791, S. 34: Et in ipso itinere [sc. gegen die Awaren in Pannonien] obiit bone memorie Enghilramnus, Mediomatrice ecclesie archiepiscopus sed et Sindbertus episcopus ibi defunctus est. 1187 Dass exemplarisch Engilram von Metz in Erinnerung blieb, zeigen u. a. die, jedoch erst um 1130 verfassten, Gesta episcoporum Mettensium c. 38, S. 540f. Allerdings verschweigen sie Engilrams Tod in der Schlacht, berichten nur, dass er am 25. Oktober verstarb. Ein bewusstes Auslassen anzunehmen ist hingegen nicht angebracht, der Tod von Engilrams Nachfolger Wala im Kampf gegen die Normannen wird berichtet (vgl. Kap. 7.4.3 c, Anm. 1310). Zur Datierung der Metzer Bistumschronik vgl. Schlochtermeyer, Bistumschroniken, S. 141. 1188 Vgl. auch Prinz, Klerus und Krieg, S. 110. Dennoch wird Bischöfen die Teilnahme an Kriegszügen als ihrer Würde unangemessen untersagt, eine Teilnahme, im schlimmsten Fall sogar ihr Ableben währenddessen, kann entsprechend kritisch ausgelegt werden, vgl. Kapitel 7.4.3 c, Anm. 1311. 1189 Ein ritueller Ablauf explizit des päpstlichen Todes ist ab dem 11. Jahrhundert in den Quellen nachweisbar, in den folgenden Jahrhunderten wird er zunehmend erweitert, vgl. Paravicini Bagliani, Mort du pape. 1190 Annales Laureshamenses a. 795, S. 36: Et in ipso hieme, id est 8. Kal. Ianuar [sc. 25. Dezember] sanctae memoriae domnus Adrianus summus pontifex Romanus obiit, pro quo domnus rex, postquam a planctu eius cessavit, orationes per universum christianum populum infra terminos suos fieri rogavit, et aelimosina sua pro eo multipliciter transmisit, et ebitaffium aureis litteris in marmore conscriptum iussit in Francia fieri, ut eum partibus Romae transmitteret ad sepultura summi pontificis Adriani ornandam. Deutlich wird der Unterschied zu den 795 endenden Annales Mosellani, in denen der Tod Papst Hadrians ebenfalls Erwähnung findet, allerdings nur mit den Worten: Hoc anno in principio anni Adrianus papa obiit (Annales Mosellani a. 795, S. 498). Sie erwähnen immerhin in Leo den Nachfolger Hadrians, der in den Lorscher Annalen keinen Platz gefunden hat. Und auch

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weit über die bisher bekannten Sterbeberichte der Annalistik hinaus. Zudem bietet er Einblicke in die zu leistende memoria des Verstorbenen. Der ordo defunctorum sowie die Akten der Synode gaben präzise Anordnungen zur Vorbereitung in den letzten Stunden sowie der Präparierung des Toten für seine Beerdigung. Hier findet sich der dritte, über die Beisetzung hinausgehende, Schritt. Sicherlich darf der Tod eines Papstes nicht als grundsätzliches Vorbild verstanden werden, doch ist die Annahme zulässig, dass der Tod eines Bischofs ähnliche Handlungen nach sich zog. Karl selbst verlangte, nachdem er persönlich in Klage verfallen war, reichsweit Gebete für den Verstorbenen, generierte Spenden und ließ ein marmornes Epitaph mit goldenen Lettern anfertigen und nach Rom senden, damit es das Grab Hadrians verziere. Deutlich wird, wie einem Verstorbenen nach seinem Tod die notwendige Ehre erwiesen und dessen memoria sichergestellt werden kann. Neben der rein menschlichen Klage über den Verlust ist dies durch Gebete und Spenden, aber auch einen optisch sichtbaren Verweis auf die Leistungen des Verstorbenen zu gewährleisten. Marmor und Gold sind Ausweis der besonderen Stellung Hadrians, doch zeigt die hohe Zahl erhaltener Epitaphe aus merowingischer und karolingischer Zeit die Bedeutung, die diesen Formen der memoria beigemessen worden ist. Zum Vergleich bieten die Annales Mosellani-Laureshamenses zwar zahlreiche Todesfälle von Mitgliedern der karolingischen Familie, doch bleiben diese in allen Fällen ohne Details. Der Tod ist, wie schon in den Annales S. Amandi, zwar einerseits sehr präsent, bleibt jedoch, mit Ausnahme Papst Hadrians, diesseitig und oberflächlich. Und auch das Beispiel Hadrians hat nicht den Tod an sich, sondern Karls umfassende Leistungen, ihn in der Erinnerung der Menschen zu halten, in den Mittelpunkt gerückt. c Die Annales Alamannici-Nazariani und Guelferbytani Am Abschluss steht in aller Kürze der dritte größere annalistische Strang der karolingischen Frühzeit, gebildet aus den Annales Alamannici und Nazariani1191 sowie den Annales Guelferbytani.1192 Alle drei Texte gelten als Ableitung verlorener Annalen aus dem Kloster Murbach, die übertragen und mit Informationen der Kommentar im Liber pontificalis 1 n. 94, S. 514, ist mehr als knapp, gerade im Vergleich zum vorangehenden ausführlichen Bericht zu seinem Leben. Zum Epitaph Hadrians vgl. auch Meier / Graham-Campbell, Life, Death and Memory, S. 444f.; Scholz, Grab in der Kirche, S. 283. 1191 Zu Entstehung und Abhängigkeiten vgl. Hoffmann, Untersuchungen zur karolingischen Annalistik, S. 80f. 1192 Vgl. Garipzanov, Annales Guelferbytani, S. 123–137 (zu Entstehungszeit und -ort S. 129), der (S. 134–137) eine englische Übersetzung der Annalen bietet. Garipzanov (S. 123) attestiert den Annalen einen einzigartigen lokalen Blick vom Rand des Reiches auf die Änderungen karolingischer Politik. Diese Änderungen manifestieren sich jedoch nicht in einer gewandelten, umfassenderen Berichterstattung über bischöfliches Handeln.

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aus den Annales Mosellani-Laureshamenses ergänzt worden sind.1193 Die Annales Alamannici erhielten schließlich eine eigenständige Fortsetzung von 790–799, die Annales Guelferbytani von 791–805, beide allerdings unter dauernder Benutzung der Annales Laureshamenses.1194 Alle drei annalistischen Werke beinhalten neben mehreren Todesberichten von Päpsten,1195 jedoch ohne Details, das Martyrium des Bonifatius.1196 Ergänzend kennen die Annales Alamannici den Tod Bischof Audoins von Konstanz zum Jahr 736,1197 ganz offensichtlich den Annales Mosellani-Laureshamenses entnommen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass einerseits der Tod an sich elementarer Bestandteil der karolingischen Annalistik ist, dem bischöflichen Tod hingegen, wie es sich bereits in der Chronistik des 7. und 8. Jahrhunderts angedeutet hat, nur äußerst geringer Platz eingeräumt wird. In der Forschung wird die Nennung eines verstorbenen Bischofs als Indiz oder Hinweis aufgefasst, einen möglichen Entstehungsort eingrenzen zu können; die Aufnahme ihrer Tode wird somit allein mit geographischer Nähe oder persönlichen Beziehungen in Verbindung gesetzt, nicht mit der gesellschaftlichen oder politischen Bedeutung des Amtsträgers, die es notwendig erscheinen lassen würde, ihn in einem annalistischen Text zu vermerken. Allerdings zeigt sich, dass Bischöfe generell keinen Platz innerhalb der Annalen finden, als handelnde Personen praktisch nicht auftauchen und in der Gruppe nur dann erscheinen, wenn Karl der Große sie zu einer Synode zusammengerufen hat1198 – umso bemerkenswerter sind folglich die wenigen aufgezeigten Beispiele verstorbener Bischöfe einzuschätzen. Auch mentalitätsgeschichtliche Anhaltspunkte zum Umgang mit Sterbenden oder Verstorbenen finden sich nicht – abgesehen vom Bericht über das von Karl in 1193 Vgl. Garipzanov, Annales Guelferbytani, S. 127; Hoffmann, Untersuchungen zur karolingischen Annalistik, S. 78f.; Lendi, Untersuchungen zur frühalemannischen Annalistik, mit Zusammenfassung des älteren Forschungsstandes (S. 1–81) und Überlegungen zu den Abhängigkeiten (S. 94–131); Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 188. 1194 Vgl. Hoffmann, Untersuchungen zur karolingischen Annalistik, S. 81; Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 188f. Die über das Jahr 799 hinausgehende Fortsetzung der Annales Alamannici ist vorerst nicht relevant. 1195 Zacharias (zu 751), Stephan (II.) (zu 751, nicht in den Annales Guelferbytani), Stephan II. (756), Paul I. (767) und Hadrian I. (795, nur in den Annales Alamannici). 1196 Verzeichnet wird Bonifatius’ Tod in den drei Annalen zum Jahr 753, vgl. die Beobachtungen von Wagner, Bonifatiusstudien, S. 209f. Das grundsätzliche Fehlen von Bischöfen oder Äbten in den Annales Guelferbytani zwischen 791 und 823 ist für Garipzanov, Annales Guelferbytani, S. 131, ein Beleg für die wohl nicht an einem klösterlichen oder bischöflichen Zentrum erfolgte Niederschrift der Annalen, sondern in oder bei einer königlichen Pfalz (vielleicht Regensburg), kein Anhaltspunkt hingegen, um die grundsätzlich geringe Position dieser Personengruppen zu hinterfragen. 1197 Annales Alamannici a. 736, S. 26. 1198 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 116, zur bis in die 820er Jahre bischofslosen fränkischen Geschichte.

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Auftrag gegebene Epitaph für Papst Hadrian I. Ein Bezug zu liturgischen oder praktischen Handlungen gegenüber Sterbenden oder Toten findet sich nicht. Und, dies muss zum Abschluss ebenso angemerkt werden, es lassen sich keine Werturteile nachweisen, weder bezüglich der bischöflichen Tode – Ausnahmen bilden allerhöchstens das Martyrium des Bonifatius sowie die leicht abweichende Formulierung zum Tod Luls im Fragmentum Chesnii – noch der Ableben anderer Personen. Alle Tode werden neutral, im wahrsten Sinne des Wortes in annalistischer Kürze, beigebracht, ohne sie durch scheinbar unnötige Werturteile oder Details zu verlängern. Eine besondere Schwierigkeit in der Analyse dieser Annalen besteht, darauf ist hingewiesen worden, in der Unkenntnis ihrer genauen Verbindung untereinander, ihres exakten Abfassungszeitpunktes sowie ihres konkreten Abfassungsortes, wodurch viele Ergebnisse und Argumentationen nur mit aller Vorsicht geäußert werden und nicht über den Grad unsicherer Hypothesen hinausreichen können. Entsprechend bleiben auch die Ergebnisse zum bischöflichen Tod innerhalb der frühkarolingischen Annalistik unerfreulich dürftig. Einen reichhaltigeren Ertrag versprechen die Annales regni Francorum.

7.4.2 Die Annales regni Francorum Wohl kein anderes Werk der karolingischen Geschichtsschreibung hat eine derartige Aufmerksamkeit erregt wie die ursprünglich Annales Laurissenses maiores genannten, durch Leopold von Ranke Annales regni Francorum1199 getauften fränkischen Reichsannalen.1200 Die Forschung hat sich bald darauf festgelegt, dass nicht Mönche in einem abgelegenen Kloster, sondern Personen, die dem königlichen Hof Karls des Großen nahegestanden haben, dieses Werk angefertigt haben müssen.1201 Wilhelm Levison und Heinz Löwe erkennen in den Annalen einerseits ein Denkmal der Taten Karls, andererseits eine Gedankenstütze für Personen am Hof, um sie an die politischen und militärischen Erfolge des Königs und Kaisers zu erinnern.1202 Ihre historische Zuverlässigkeit ist je1199 Die MGH-Edition von Kurze findet sich in dieser Form allerdings in keiner Handschrift, führt vielmehr viele Stränge des 9. Jahrhunderts sowie editorische Hypothesen des 19. Jahrhunderts zusammen. Vgl. McKitterick, Constructing the Past in the Early Middle Ages, S. 119; Schieffer, Geschichtsschreibung, S. 10. 1200 Auch wenn McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 107, in ihnen weiterhin eine »erstaunlich unterschätzte und in vieler Hinsicht ungenutzte Quelle« erkennt, die im Schatten der Annales Bertiniani und Annales Fuldenses stünde. 1201 Vgl. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 107; Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 247. 1202 Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 246f. Zum ›offiziellen‹ Charakter der Reichsannalen vgl. auch Becher, Eine verschleierte Krise, S. 96; Eggert, Zu Inhalt, Form und politischer Terminologie, S. 122.

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doch, nicht zu Unrecht aus ihrem Entstehungskontext betrachtet, angezweifelt worden, denn sie »sollten weniger beschreiben, was tatsächlich geschehen war, als vielmehr, was damals, als sie entstanden, ›in Wahrheit‹ geschehen sein sollte«.1203 Die Abfassungszeit der einzelnen Abschnitte der von 741–829 reichenden Annalen ist Gegenstand umfassender, einander widersprechender Diskussionen geworden, ebenso die Frage nach möglichen Autoren und dem Zweck des Werkes.1204 Weitgehend stimmt die Forschung darin überein, dass um 788 ein Autor die Jahre von 741 an unter Benutzung älterer Annalen1205 und der Historia vel gesta Francorum zusammengefasst und bis 791–795 weitergeführt hat. Die Arbeit ist schließlich von zweiter Hand bis 807, von dritter bis 820/29 fortgesetzt worden, wobei auch nach dem Jahr 820 ein Einschnitt angenommen werden kann. Die vorgenommene Einteilung beruht einzig auf stilkritischen Untersuchungen, weist somit große Unsicherheiten auf.1206 Gleichermaßen hat auch die Frage nach einem Autor die Gemüter erregt. Sämtliche Versuche, Einhart als Verfasser zumindest eines Abschnitts der Annalen zu überführen, sind wenig überzeugend geblieben.1207 Anders argumentiert Rosamond McKitterick. Sie verweist auf einen Ansatz Louis Halphens, der die Reichsannalen ab dem Jahr 768 als das ›Original‹ betrachtet hat, von dem die kleineren Annalen abhängig gewesen wären.1208 McKitterick geht noch einen Schritt weiter und nimmt an, nicht erst ab 768, sondern bereits ab 741 hätten die Reichsannalen anderen Annalen als Vorlage gedient. Zu Unrecht sei ihnen fehlende Originalität unterstellt worden.1209 Folglich müsse auch in Zweifel gezogen werden, dass erst 788 rückblickend die frühen Jahre verfasst worden sind, was von Wilhelm Levison und Heinz Löwe noch mit absoluter Sicherheit angenommen worden ist, weswegen eine Jahr für Jahr erfolgte Niederschrift nicht ausgeschlossen werden könne.1210 Wenden wir uns den Bischöfen zu. Die Eigenschaft der Reichsannalen als offiziell vom Königshof angeregtes, wenn auch sicher nicht in allen Einzelheiten 1203 Fried, Papst Leo III. besucht Karl den Großen in Paderborn, S. 291. 1204 Zusammengefasst bei Schieffer, Geschichtsschreibung, S. 9. 1205 Die Annales S. Amandi sowie die Annales Mosellani-Laureshemanses, vgl. Rau, Einleitung (zu den Reichsannalen), S. 2. 1206 Vgl. Collins, The ›Reviser‹ Revisited, S. 192–197; Rau, Einleitung (zu den Reichsannalen), S. 2f.; Schieffer, Geschichtsschreibung, S. 12f.; Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 250–253. 1207 Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 253f. 1208 Vgl. Halphen, Études critiques. Zusammengefasst bei McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 108. 1209 Vgl. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 108. Die These findet sich bereits in dies., Constructing the Past in the Early Middle Ages, S. 116. Aufgegriffen bei Schieffer, Geschichtsschreibung, S. 14, der die Einstufung der kleineren Annalen als Ableitungen der Reichsannalen als Möglichkeit einstuft. 1210 Vgl. McKitterick, Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales, S. 108.

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vorgegebenes Werk lässt, dies haben bereits die kleineren Annalen zuvor erwiesen, die Hoffnung auf ausgewogene Berichterstattung außerhalb karolingischer Erfolgsmeldungen nur äußerst gering erscheinen. In der Tat fällt die Zahl bischöflicher Todesfälle äußerst dürftig aus. Geschildert werden zwei bereits bekannte Todesfälle: Hildegar von Köln und Bonifatius. Ganz unabhängig davon, welche Annalen welchen als Vorlage gedient haben, muss die Frage gestellt werden, warum einzig diese Beispiele aufgenommen worden sind. Wenn dies mit der nunmehr geringen Position der Bischöfe innerhalb historiographischer Texte erklärt werden kann, warum tauchen dennoch diese beiden Beispiele auf ? Als Erklärung dienen die bereits herangezogenen Argumente. Bonifatius stand dem karolingischen Königtum äußerst nahe, hat es durch die vermeintliche Salbung Pippins praktisch mit erschaffen.1211 Sein Martyrium aufzunehmen, ist naheliegend. Bischof Hildegars Nennung bietet Erkenntnisse in zwei Richtungen. Er wurde, so heißt es in den Reichsannalen, auf der Iburg von Sachsen erschlagen (Hildegarius episcopus occisus est a Saxonibus in castro, quod dicitur Iuberg).1212 Bekanntlich hat Karl viele Jahre gegen die Sachsen Krieg geführt. Zwar wird Hildegar erneut nicht als Märtyrer inszeniert, doch eignet sich dieses Beispiel, die Brutalität der Sachsen, die selbst vor einem Vertreter der Kirche nicht zurückschreckt, unter Beweis zu stellen.1213 Dieser Erklärungsansatz ist nur dann tragfähig, wenn die Sachsenkriege Karls des Großen bereits ihren Anfang genommen haben,1214 wenngleich in diesem Jahrzehnte dauernden Konflikt allem Anschein nach kein Bischof zu Tode gekommen ist.1215 Nicht anzunehmen ist hingegen eine Abfassung bereits im Jahr 753. Ein Abgleich mit den (vermeintlich?) älteren Annalen verstärkt diese Einsicht. Die Annales S. Amandi sprechen davon, Hil1211 Die Historizität dieser Umstände ist äußerst zweifelhaft. Vgl. Semmler, Dynastiewechsel, S. 32–46; ders., Zeitgeschichtsschreibung, S. 144 mit Anm. 63 u. 157–161. Zu den Ereignissen vgl. Angenendt, Pippins Königserhebung, bes. S. 187–196; Semmler, Dynastiewechsel, S. 1–57. Zu Fragen bewusster Verformung in den Reichsannalen unter anderem in Bezug auf Bonifatius und dessen Salbung vgl. Schneider, Königserhebung Pippins. 1212 Annales regni Francorum a. 753, S. 10. 1213 Vgl. zu Anlässen, die zur Aufnahme von Bischöfen in den Reichsannalen führen konnten, wie Mission oder Heidenkampf, Patzold, Episcopus, S. 52. Prinz, Klerus und Krieg, S. 72, weist auf die unterlassene Stilisierung zum Märtyrer hin. In Anbetracht des weiterhin dem Klerus gegenüber aufrechterhaltenen kanonischen Verbotes, Waffen zu tragen, sieht Prinz darin eine mögliche Ursache, diesen Vorfall nicht weiter auszuweiten. Dabei übersieht er, dass die Reichsannalen keinesfalls erstmalig diesen Vorfall aufgreifen. Auch hätte, wie Prinz (S. 9–12) selbst herausstellt, gerade Karl der Große Kleriker als normalen Bestandteil seines Heeres ungeachtet der kanonischen Gebote betrachtet, und auch aus den Kapitularien werde die Heeresdienstpflicht der Bischöfe deutlich (S. 76f.). Vgl. auch Lutterbach, Die für Kleriker bestimmten Verbote des Waffentragens, S. 164f. 1214 Auch Karl Martell und Pippin der Jüngere haben Krieg gegen die Sachsen geführt. Vgl. Becher, Prediger mit eiserner Zunge, S. 30f. Dennoch erscheint die Aufnahme Hildegars durch die Kämpfe Karls des Großen gegen die Sachsen heraus motiviert zu sein. 1215 Vgl. Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 27f. mit Anm. 2.

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degar sei in (!) Sachsen umgebracht worden (occisus est in Saxonia),1216 nicht von (!) den Sachsen (occisus est a Saxonibus) – ein gewaltiger Unterschied. Und auch die Annales Mosellani-Laureshamenses sprechen nur davon, Hildegar sei gefallen (Hildegarius episcopus cecidit).1217 Hätten tatsächlich die Reichsannalen den Autoren dieser Werke bereits vorgelegen, welchen Grund hätten sie gehabt haben sollen, die detaillierten Informationen der Reichsannalen zu ignorieren und nur äußerst unbestimmte Angaben zu übernehmen? Vielmehr zeigt allein das Beispiel Hildegars, dass die Vermutung einer späteren Abfassung der ersten Jahre zutreffender erscheint. Ein weiteres Beispiel, außerhalb der Gruppe der Bischöfe, stützt diese Beobachtung. Anders als die bisher analysierten annalistischen Texte nennen die Reichsannalen einen Todesfall mit moralischer Bewertung. Der langobardische König Aistulf starb während einer Jagd durch Gottes Einfluss (Dei iudicio).1218 Dieses Beispiel ist aus der Historia vel gesta Francorum bereits bekannt, wenngleich um den Pferdesturz Aistulfs gekürzt.1219 Es finden sich keine Anhaltspunkte, warum die anderen Annalen gerade diesen spektakulären Fall hätten auslassen sollen. Die Argumentation, die Reichsannalen hätten anderen kleinen Annalen als Vorlage gedient, muss bereits nach dieser nur oberflächlichen Auseinandersetzung zurückgewiesen werden. Unabhängig von den wenigen Todesfällen erscheinen zahlreiche namentlich genannte Mitglieder des Episkopats, womit eine deutliche Änderung gegenüber den bisher betrachteten Annalen erkennbar ist. Die Nennung dieser Bischöfe setzt, sicher nicht zufällig, insbesondere ab dem Jahr 787, einem möglichen Einschnitt von der retrospektiven zur jährlich fortgesetzten Niederschrift, ein. Ein Bedeutungsgewinn des Episkopats geht mit diesen Nennungen hingegen nicht einher. Wenn Bischöfe auftreten, sei es namentlich oder in der Gruppe organisiert, dann treten sie nicht als selbstständige Handlungsträger in Erscheinung, sondern als Handelnde im Auftrag des Königs oder anderer Herrschaftsträger. Bischöfe agieren nicht, sie reagieren und folgen den Anweisungen insbesondere des fränkischen Königs, des Papstes oder des byzantinischen Kaisers, die ihnen zahlreiche Gesandtschaften übertragen haben.1220 1216 1217 1218 1219 1220

Annales S. Amandi a. 753, S. 10. Annales Laureshamenses a. 753, S. 26; Annales Mosellani a. 753, S. 495. Annales regni Francorum a. 756, S. 14. Vgl. Kapitel 7.3. Hinzu kommen die Salbung Pippins durch Bonifatius (zu 750), die Rückkehr Erzbischof Wilchars von Sens, eines Anhängers Karlmanns, zu dessen Bruder Karl nach Karlmanns Ableben (771), die Taufe von Karls Tochter Gisela durch Erzbischof Thomas von Mailand (781), die Beteiligung der Bischöfe Anselm von Mailand, Wolfold von Cremona und Theodulf von Orléans am Aufstand König Bernhards von Italien (817) und die Erhebung Drogos zum Erzbischof von Metz (823). Vgl. auch Patzold, Episcopus, S. 53. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, sollten die Reichsannalen dazu beigetragen haben, eine fränkische Identität zu begründen (so McKitterick, Paul the Deacon and the Franks,

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Bischöfe als Gesandte in den Reichsannalen Jahr 753 781 781 787 794 802 803 806 809 811 812 813 814 815 821 823 826 828

Person Burkhard von Würzburg Formosus und Damasus Simpert von Regensburg Arn von Salzburg Theophylactus und Stephan Jesse von Amiens Michael Donatus von Venetien Bernhar von Worms Heito von Basel Michael Amalar von Trier Norbert von Reggio Johannes von Silva Candida Petrus von Civita Vecchia Johannes von Silva Candida Leo von Civita Vecchia Halitgar von Cambrai

Auftraggeber Pippin der Jüngere Papst Hadrian I. Tassilo Tassilo Papst Hadrian I. Karl der Große Nikephoros I. (Byzanz) Dalmaten Karl der Große Karl der Große Michael I. (Byzanz) Karl der Große Ludwig der Fromme Papst Leo III. Papst Paschalis I. Papst Paschalis I. Papst Eugen II. Ludwig der Fromme

Ziel Papst Zacharias Tassilo Karl der Große Karl der Große Synode in Frankfurt Irene (Byzanz) Karl der Große Karl der Große Papst Leo III. Nikephoros I. (Byzanz) Karl der Große Michael I. (Byzanz) Leo V. (Byzanz) Ludwig der Fromme Ludwig der Fromme Ludwig der Fromme Ludwig der Fromme Michael II. (Byzanz)

Auffällig ist die Bandbreite der von Karl und Ludwig herangezogenen Gesandten. Keine Person, nicht einmal ein Bistum stellt zwei Gesandte, während die Päpste bald auf die Mitglieder der unmittelbar um Rom gelegenen Bistümer Silva Candida und Civita Vecchia zurückgriffen, und auch aus Konstantinopel erscheint zweimal Michael von Synnada. Ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Bischöfen bzw. Bistümern sowie dem fränkischen König bzw. Kaiser scheint sich nicht etabliert zu haben. Möglicherweise sollte auch kein Bistum in den Vordergrund gerückt und anderen vorgezogen werden. Geographisch fällt die Konzentration auf Bistümer des östlichen Reiches auf; dies mag sich aus ihrer Position zwischen der Pfalz in Aachen sowie Rom oder Konstantinopel erklären. Noch deutlicher wird das Bild, wenn die Bischöfe als Gruppe zusammentreten, was nur zweimal zu den Jahren 794 und 813 berichtet wird. Herausgestellt wird, dass in Gegenwart Karls getagt wurde und vor ihm die Ergebnisse präsentiert wurden.1221 Sichtbar wird der sekundäre Stellenwert des Episkopats, dem eine über Königsdienste hinausgehende Nennung in den Reichsannalen nicht zuerkannt wird, ohne jedoch verkennen zu wollen, dass auch der Dienst für den König eine Auszeichnung darstellt und eine Würdigung der dafür ausgewählten Bischöfe bedeutet. Der herrscherliche Tod wird im Gegensatz zum bischöflichen vielfach aufgeführt – immerhin beginnen die Reichsannalen mit dem Tod Karl Martells –, ohne S. 333 unter Berufung auf ihre eigene Arbeit: Dies., Constructing the Past in the Early Middle Ages), so wäre den Bischöfen diesbezüglich keine Bedeutung beigemessen worden. 1221 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 54.

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sich dabei in Details zu ergehen.1222 Anders als die kleineren Annalen zuvor wird mehrfach eine Krankheit als Ursache des Todes genannt oder zumindest im Vorfeld des Todes vermerkt;1223 eine Präzision erfahren diese Angaben nicht. Anzeichen unnatürlicher Todesschilderungen weisen die Darstellungen nicht auf. Auffällig ist der Verzicht auf übernatürliche Ausschmückungen. Verweise auf mentalitätsgeschichtlich relevante Einschätzungen gegenüber Sterben und Nachleben finden sich ebenso wenig wie Wertungen bezüglich guter oder schlechter Tode. Der vielfach gefürchtete plötzliche Tod, oft Ausweis einer schlechten Lebensführung, ereilt neben der aus der Historia vel gesta Francorum übernommenen Geschichte um den langobardischen König Aistulf nur eine ›Person‹ in den Reichsannalen: den Karl zum Geschenk gemachten Elefanten Abul Abaz.1224 Zwar führen die Fränkischen Reichsannalen eine deutlich größere Zahl namentlich genannter Bischöfe auf, doch treten diese einzig dann in Erscheinung, wenn sie im Auftrag anderer handeln. Steffen Patzolds Einschätzung, damit würden die Bischöfe bereits als geschichtswürdig gelten, ist sicherlich nicht falsch, doch müsste sie eingedenk der Geschichtswürdigkeit des Bischofs bei Gregor von Tours eine gewisse Modifikation erfahren. Die eingeschränkte Geschichtswürdigkeit lässt den Bischof immerhin bereits wieder namentlich in Erscheinung treten, selbst agieren darf er noch nicht. Diese in der Historiographie geschilderte Abhängigkeit von Herrschenden, in deren Auftrag sie agieren und durch deren Wohlwollen sie in den Genuss kommen, am politischen Geschehen zu partizipieren, lässt es nicht zu, dass unabhängig davon über sie berichtet wird. Folglich spielt auch das Ableben dieser Personen für die Reichsgeschichte keine Rolle. Es ist nur folgerichtig, dass außer Hildegar und Bonifatius kein bischöflicher Tod Erwähnung gefunden hat. Neue ›Modellvorstellungen‹ über Bischöfe und ihre Tätigkeitsfelder im Reich erkennt Patzold erst im Laufe der 820er Jahre, zunächst in Form der Ordinatio Ludwigs des Frommen von 823/ 825,1225 schließlich in den Ergebnissen der Pariser Synode von 829.1226 Während 1222 Zum Jahr 741 wird einzig berichtet: Carolus maior domus defunctus est (Annales regni Francorum a. 741, S. 2). Vgl. Geary, Death and Funeral, S. 9. 1223 Dazu zählen Karlmann, der 755 gemäß der Annales qui dicuntur Einhardi a. 755, S. 13, an einem Fieber starb (febre correptus diem obiit). Die Reichsannalen nennen die Todesursache nicht, dafür verweisen sie in diesem Fall singulär auf den friedlichen Tod Karlmanns (obiit in pace), nachdem er zuvor viele Tage dahingesiecht war (languebat dies multos), vgl. Annales regni Francorum a. 755, S. 12. Pippin der Jüngere erkrankte 768 kurz vor seinem Tod (Ann. reg. Fr. a. 768, S. 26), ebenso Königin Liutgard (a. 800, S. 110), der Fürst der Abodriten, Caedragus, der vor seinem Tod noch die Taufe empfing (a. 821, S. 157), Papst Paschalis I. (a. 824, S. 164) sowie die Herzöge Adalhard und Moring von Spoleto (a. 824, S. 166). 1224 Annales regni Francorum a. 810, S. 131: ubi dum aliquot dies moraretur, elefans ille, quem ei Aaron rex Sarracenorum miserat, subita morte periit. 1225 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 140–147.

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innerhalb der Ordinatio das Verhältnis des Episkopats zu den übrigen Amtsträgern völlig neu geordnet und ihre Aufgaben konkretisiert worden wären,1227 werde der Episkopat in Paris erneut als heilsnotwendige Gruppe, als Vermittler zwischen Gott und den Menschen definiert.1228 Gleich der Vorstellung Gregors von Tours wird den Bischöfen gegenüber den Herrschenden eine bedeutendere Rolle zugesprochen, da nur sie in der Position seien, auch für die Herrscher gegenüber Gott als Verhandelnde und Vermittler aufzutreten.1229 Die Sicherung des Seelenheils der ihnen Anvertrauten in Form der Ermahnung, Besserung und Bekehrung wird als zentrale Aufgabe der Bischöfe festgeschrieben. Matthias Kloft verwendet in diesem Zusammenhang für Bischöfe die Bezeichnung »Reichspönitentiare«.1230 Es sei jedoch nicht, worauf Patzold explizit hinweist, eine Hegemonie der Kirche über den Kaiser gefordert worden.1231 In diesem »Pariser Modell« erkennt Patzold das entscheidende Scharnier für die das 9. Jahrhundert prägende Entwicklung in der Wandlung des Bischofsbildes.1232

7.4.3 Annalistik des 9. und 10. Jahrhunderts am Beispiel der Annales Bertiniani und der Annales Fuldenses Die Annales regni Francorum gelten als ein Höhepunkt der karolingischen Annalistik, ihren Abschluss bilden sie hingegen nicht. Schon bald sind Überarbeitungen und Fortsetzungen der Reichsannalen sowohl im West- als auch im Ostfränkischen Reich verfasst worden, die bis zum Ende des 9. oder Beginn des 10. Jahrhunderts reichen. Diese zeichnen sich nicht zuletzt dadurch aus, nunmehr nicht in direkter Abhängigkeit vom Königshof zu stehen, vielmehr unter bischöflicher Kontrolle (oder durch Bischöfe selbst) entstanden zu sein;1233 dies 1226 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 149–168. Die zuvor kursierenden unzusammenhängenden, kein systematisches episkopales Bild ergebenden Bilder fasst Tignolet, Modèle épiscopal carolingien, S. 100–105, zusammen. 1227 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 141f. 1228 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 154. Zusammengefasst in ders., Bischöfe im karolingischen Staat, S. 142f.; ders., Bischöfe als Träger der politischen Ordnung, S. 264. Auf die Bedeutung der Synode von Paris hinsichtlich der Wahrnehmung des Episkopats hat bereits Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 227–246, aufmerksam gemacht. 1229 Diese Vorstellung wird in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts aufgegriffen, u. a. in Sedulius Scottus’ Liber de rectoribus Christianis. Vgl. Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 395–399. 1230 Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 229. 1231 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 155–158. Zusammengefasst ebd., S. 510; auch ders., Bischöfe im karolingischen Staat, S. 148f. 1232 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 510. 1233 Schieffer, Geschichtsschreibung, S. 18, erachtet die Zeit von 794/95 bis 821/22 als historiographiegeschichtlichen »Sonderfall«. Bereits bei den Fortsetzungen spielt nicht der

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führte zu einer umfassenderen Schilderung des Episkopats, der nun als wichtig genug eingestuft worden ist, um über das Ableben von Mitgliedern in größerer Zahl zu berichten.1234 Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird das Ostfränkische Reich zunehmend in den Fokus des Interesses rücken, daher richten wir den Blick zunächst auf das bedeutendste Annalenwerk des Westfränkischen Reiches. a Die Annales Bertiniani Die Annales Bertiniani, benannt nach der Abtei St. Bertin,1235 heute in Saint-Omer im Norden Frankreichs südlich von Calais, setzen die Annales regni Francorum bis zum Jahr 882 fort. Anders als bei den zuvor behandelten Werken lassen sich gleich zwei der drei Verfasser identifizieren. Der Berichtszeitraum von 835 bis 861 entstammt der Hand des Bischofs Prudentius von Troyes, der folgende bis 882 reichende Teil ist von keinem geringeren als Erzbischof Hinkmar von Reims, dem wohl bedeutendsten und einflussreichsten Kleriker des Westfränkischen Reiches seiner Zeit, niedergeschrieben worden.1236 Nach Gregor von Tours liegt wieder ein historiographisches Werk aus der Hand eines Bischofs vor.1237 Dies gibt Anlass, bischöfliches Wirken vermehrt erwarten zu dürfen. Darüber hinaus mögen auch Schilderungen von bischöflichen Todesfällen wieder in größerer Zahl aufzufinden sein. Ebenso dürfen Vorgaben zu Sterben, Tod und Nachleben auf Grundlage der insbesondere auf der Provinzialsynode zu Beginn des 9. Jahrhunderts erarbeiteten Richtlinien erwartet werden.1238 Beide Erwartungen werden, dies sei vorweggenommen, enttäuscht. Einblick in Vorstellungen des Nachlebens bietet einzig die Vision eines angelsächsischen Presbyters, die über Gesandte auch Kaiser Ludwig dem Frommen zugetragen worden sein soll. Der Presbyter wurde in dieser Vision von einem nicht näher charakterisierten Mann in ein ihm unbekanntes Land geführt. Dort erblickte er einige wunderbare Gebäude (varia et mira aedificia constructa), darunter eine Kirche, die beide betraten. Darin lasen Knaben (pueri) in Büchern, deren Zeilen

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Königshof die entscheidende Rolle, sie sind von anderen Personen (Prudentius von Troyes, Hinkmar von Reims) oder wiederum mit Personen verbundenen Orten (Fulda, Mainz, Regensburg) abhängig. Vgl. Ebenbauer, Historiographie, S. 98. Vgl. Patzold, Episcopus, S. 362–364. Zusammengefasst ebd., S. 514. Vgl. Nelson, Annals of St. Bertin, S. 24; Rau, Einleitung (zu den Jahrbüchern von St. Bertin), S. 1. In der Abtei ist die wichtigste Handschrift der Annalen aufbewahrt worden, dort verfasst worden sind sie hingegen nicht. Vgl. Ganshof, Historiographie dans la monarchie franque, S. 680f.; Rau, Einleitung (zu den Jahrbüchern von St. Bertin), S. 1f. Nelson, Annals of St. Bertin, S. 24, weist zudem die ersten Jahre 830–835 dem Erzkaplan Fulco zu. Zu Bischöfen als Geschichtsschreiber im 9. Jahrhundert vgl. Kersken, Bischöfe als Historiker, S. 174f. Die zum Teil fälschlich Theodulf zugeschriebenen Bischofskapitularien weisen die weiteste handschriftliche Verbreitung auf. Vgl. Brommer, Rezeption der bischöflichen Kapitularien, S. 114. Die Angaben zur Krankensalbung haben allerdings keine Rezeption erfahren.

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abwechselnd schwarz und blutrot geschrieben waren. Der Presbyter wurde aufgeklärt, dass es sich bei den Knaben um die Seelen der Heiligen handelte, die für die Sterblichen beten würden, denn die in rot geschriebenen Zeilen würden sämtlich Verfehlungen gegen das Wort der Bibel bedeuten.1239 Die Vision erlaubt gleich mehrerer Rückschlüsse. Zunächst findet sich eine rudimentäre topographische Beschreibung eines jenseitigen Ortes, am Diesseits orientiert, dessen Zentrum eine Kirche bildet. Dort setzen sich die Heiligen für die Sterblichen ein. Bestätigt findet sich die Annahme, dass auch die Heiligen, anders als die Märtyrer, zunächst nur die seelische Auferstehung erfahren, ihren Körper hingegen erst mit dem Jüngsten Gericht zurückerhalten. Abgelehnt wird eine wie auch immer geartete Prädestinationslehre; den Christen bleibt die Möglichkeit, unterstützt durch die Heiligen – auch noch nach dem Tod – Reue zu zeigen und Buße zu tun. Folglich ist die Lehre des Mönchs Gottschalk vom Kloster Orbais, der in der Tradition des späten Augustinus eine nun zweifache Vorherbestimmung Gottes annahm – nicht nur die Erlösten werden von Gott vorausbestimmt, sondern auch diejenigen, die keine Gnade durch ihn erfahren sollten –, insbesondere auf Veranlassung Erzbischof Hinkmars von Reims verurteilt worden.1240 Die Rolle des Episkopats ist innerhalb der Annalen umfassend und unauffällig zugleich. Im Mittelpunkt stehen der königliche Hof 1241 um Kaiser Ludwig den Frommen, später König und Kaiser Karl den Kahlen sowie dessen Auseinandersetzung mit seinen Brüdern und sonstigen Verwandten, daneben die Person Hinkmars von Reims, der sich ab 861 äußerst prominent selbst in Szene zu setzen versteht.1242 Gerade Hinkmar schrieb, wenn auch von Janet Nelson ursprünglich angenommen, nicht alleine für sich, sondern für den Klerus von Reims und die westfränkischen Könige,1243 wenngleich die Annalen auch der Kritik an dem 1239 Vgl. Annales Bertiniani a. 839, S. 29f. 1240 Vgl. Annales Bertiniani a. 849, S. 56f. und a. 853, S. 67. Vgl. Ganz, Debate on Predestination, zur Prädestinationslehre Gottschalks (S. 287f.) und den daran angeschlossenen Debatten am Hof Karls des Kahlen (S. 288–301). Dazu Matz, Augustine in the Predestination Controversy I, S. 158; ders., Augustine in the Predestination Controversy II, S. 29–34. Aktuell zu diesem Komplex vgl. Pezé, Virus de l’erreur. Grundsätzlich zur Auseinandersetzung zwischen Hinkmar von Reims und Gottschalk vgl. Devisse, Hincmar 1, S. 115–279; Gillis, Heresy in the Flesh. 1241 Selbst wenn die Abfassung, wie weitgehend in Prudentius’ Fall sowie durchgehend bei Hinkmar, nicht am Hof selbst erfolgte. Zur dennoch elementaren Bedeutung des Hofes vgl. Nelson, History-Writing, S. 438f. 1242 Vgl. Rau, Einleitung (zu den Jahrbüchern von St. Bertin), S. 4. Zu Prudentius, der am Hof Ludwigs des Frommen schrieb, sich dann erst langsam Karl dem Kahlen anschloss, jedoch seit seiner Erhebung zum Bischof um 843 durchgehend nicht mehr am und auch nicht mehr für den Hof schrieb, vgl. Nelson, Annals of St. Bertin, S. 26–29 u. 33. 1243 Vgl. ursprünglich Nelson, Annals of St. Bertin, S. 35. Wenige Jahre später hat Nelson diese Annahme zugunsten der Überzeugung verworfen, Hinkmar habe für Karl geschrieben, vgl. Nelson, History-Writing, S. 442. Vgl. auch dies., Hincmar’s Life, S. 50f. Dies verdeutlicht die Schwierigkeit, Motivation und Intention, die zur Abfassung annalistischer Werke der

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Verhalten von Königen dienen konnten.1244 Die Bischöfe treten innerhalb der Annalen weiterhin insbesondere als Gesandte hervor,1245 darüber hinaus als Gemeinschaft auf zahlreichen Synoden.1246 Ausnahmen bilden umfänglicher geschilderte Episoden um einzelne Mitglieder des Episkopats, die gegen die Würde ihres Amtes gehandelt hatten und daraufhin dessen, jedoch nicht ohne Widerstand, verlustig geworden waren, namentlich Ebo von Reims, Rothad von Soissons, Gunthar von Köln, Theutgaud von Trier und Hinkmar von Laon.1247 Eigenständiges, positiv hervorgehobenes Handeln der Bischöfe findet sich mit Ausnahme Hinkmars von Reims nicht, wenngleich bereits bei Prudentius, schließlich insbesondere bei Hinkmar die bestimmende Rolle des Episkopats und seine Verantwortung gegenüber dem wahren Glauben und den ihnen untergeordneten Gläubigen deutlich werden.1248 Entsprechend dürftig, wenn auch im Vergleich zu den bisher behandelten Annalen deutlich erhöht, fällt mit elf Fällen (Päpste ausgenommen) die Zahl der bischöflichen Tode aus. Prudentius von Troyes berichtet bis 8611249 über den Tod

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Zeit bewogen haben mögen, zu extrahieren. Zu Hinkmars annalistischem Vorgehen vgl. Meyer-Gebel, Arbeitsweise; Patzold, Episcopus, S. 400. Vgl. Kleinjung, To Fight with Words, S. 63. Anders als bei den Reichsannalen ist die Zahl der namentlich genannten Bischöfe, die für verschiedene Personen als Gesandte fungieren, derart groß, dass eine umfassende Übersicht nicht möglich ist. Es genügt jedoch, sich dessen zu vergegenwärtigen. Kritisch gesehen werden muss in diesem Zusammenhang die von Löwe getroffene Schlussfolgerung, Prudentius habe ab den 850er Jahren begonnen, kritisch über Karl den Kahlen zu berichten, vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 3, S. 349. Dagegen Nelson, Annals of St. Bertin, S. 30f., die vielmehr Prudentius’ persönliche Beziehungen zu seinem Metropoliten Wenilo von Sens sowie Graf Odo von Troyes, die beide Ludwig dem Frommen gegenüber aufgeschlossen waren, als Ausgangspunkt seiner zunehmend kritischeren Sichtweise erkennt. Dass sich Prudentius dennoch weiterhin am Hof Karls des Kahlen orientiert hätte erachtet Nelson, History-Writing, S. 439, mangels Alternativen als durchaus plausibel. Vgl. zu Hinkmar von Laon Fuhrmann, Fälscher unter sich; Kleinjung, To Fight with Words. Zur Auseinandersetzung zwischen Hinkmar und Rothad von Soissons, an deren Ende Rothad nach Intervention bei Papst Nikolaus I. wieder in sein Amt eingesetzt wurde, vgl. Devisse, Hincmar 2, S. 583–600; knapp Stone, Introduction, S. 13f. Zum Tod Gunthars von Köln vgl. Finger, Gehütete Hirten, S. 23. Ausführlich zu den Bischofsabsetzungen im westfränkischen Reich vgl. nun auch Kleinjung, Bischofsabsetzungen, S. 83–164. Vgl. Ebenbauer, Historiographie, S. 98; Patzold, Episcopus, S. 398 u. 406. Den Anspruch des Episkopats verdeutlicht Hinkmar exemplarisch in seiner Schrift Admonitio ad episcopos et ad regem Karlomannum. Er zitiert (c. 2, S. 196) aus einem Brief des Papstes Gelasius an Kaiser Anastasius (Sed tanto gravius est sacerdotum, quanto etiam pro ipsis regibus hominum in divino reddituri sunt examine rationem, vgl. Schwartz, Publizistische Sammlungen, S. 20 n. 8) und ordnet die Würde der Bischöfe deutlich höher als die der Könige ein, da diese von jenen zur Herrschaft gesalbt würden, nicht jedoch umgekehrt. Dennoch sei den Königen eine deutlich größere Verantwortung in menschlichen Angelegenheiten auferlegt. Insgesamt werden zwischen 844 und 860 14 Bischöfe namentlich genannt. Vgl. Patzold, Episcopus, S. 396.

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eines ungenannt gebliebenen Bischofs von Nantes (Gonthard), Frotbald von Chartres, Immo von Noyon, Ermenfrid von Beauvais und Baltfrid von Bayeux.1250 Alle fünf Bischöfe sind keines natürlichen Todes gestorben und werden nur im Zusammenhang mit ihrem Tod genannt. Und alle fünf sind, direkt oder indirekt, von Normannen getötet worden – Frotbald von Chartres ertrinkt, als er vor den Normannen flüchten will. Mitnichten handelt es sich dabei um Zufall. Der Bischofstod erfüllt in diesem Fall, ganz ähnlich dem Beispiel des in oder von den Sachsen getöteten Hildegars von Köln, einen Zweck: die Gottlosigkeit der Normannen herauszustellen, die nicht einmal davor zurückschrecken, Hand an Bischöfe zu legen. Die Todesfälle sind von Martyrien zu unterscheiden, die Missionare wie Bonifatius, später Adalbert von Prag oder Dodilo von Brandenburg erlitten haben. Die von den Normannen ermordeten Bischöfe werden nie diesen Missionaren als Märtyrer gleichgesetzt.1251 Die Normannen, ständige Bedrohung insbesondere des Westfränkischen Reiches,1252 haben den Platz der mittlerweile dem Reich einverleibten Sachsen eingenommen. Deutlich wird die militärische Aktivität des Episkopats, der sich aktiv an der Verteidigung von Stadt und Umland beteiligte, ohne dass an diesem Vorgehen besondere Kritik geübt würde.1253 Die gewaltsamen Tode der Bischöfe diesbezüglich interpretieren zu wollen, besteht kein Anhaltspunkt. Doch ergibt sich noch eine weitere Möglichkeit der Interpretation. Den Tod des ohne Eigennamen verzeichneten Bischofs von Nantes 843 ausgenommen, berichtet Prudentius zu 857 über den Tod Frotbalds und 859 über den Tod der drei übrigen Bischöfe. Es ist betont worden, dass der Bischof von Troyes zunehmend kritischer gegenüber Karl dem Kahlen berichtete.1254 Insbesondere die zu 859 gebündelten Berichte über drei von Normannen bedingte bischöfliche Todesfälle können als Teil der Kritik Prudentius’ interpretiert werden. Er hält Karl vor, die Grenzen seines Reiches nicht ausreichend schützen und die Menschen vor den Angriffen der Normannen bewahren zu können. Um dies effizient zu betonen, sind ›prominente‹ Opfer notwendig, wozu sich Bischöfe besonders gut eignen. Damit lässt sich auch erklären, warum 843 der Name des Bischofs von Nantes nicht genannt wurde, obwohl ihn Prudentius vermutlich gewusst hat. Doch um das Versagen Karls deutlich vor Augen zu führen, braucht es persönliche Schicksale, die in Person der genannten Bischöfe repräsentiert werden. Was immer Prudentius bewogen haben mag, diese Fälle aufzunehmen, die Bischöfe selbst sind dabei nebensächlich und austauschbar. Ihr Tod erscheint zwar durch die Umstände 1250 1251 1252 1253

Vgl. Annales Bertiniani a. 843, S. 44; a. 857, S. 75 sowie a. 859, S. 81. Vgl. Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 30. Zu den Eroberungszügen der Normannen vgl. Zettel, Bild der Normannen. Vgl. Prinz, Klerus und Krieg, S. 61 u. 123, zur Rolle des Episkopats im Kampf gegen die Normannen. 1254 Vgl. Anm. 1246.

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spektakulär, die Berichte werden aber weder um den Todestag noch um Informationen über Beisetzung und Begräbnisort ergänzt. Überdies ist keine Tendenz zu erkennen, diese Bischöfe zu Märtyrern zu erklären. Ihr Tod ist nicht mehr als ein literarisches Mittel, von einer auch nur im Ansatz vorhandenen Form der memoria kann höchstens dann gesprochen werden, wenn allein die namentliche Erwähnung mit der Schaffung einer Identität gleichgesetzt und darin bereits eine Form der Erinnerung als existent gesehen wird. Geschichtswürdig ist der Bischof gemäß Prudentius’ Annalen weiterhin nur in Ansätzen als Gefolgsmann, insbesondere als Gesandter des Königs, die folglich in den stark vom Königshof geprägten Annalen keinen Platz findet.1255 Hinkmar greift dieses Schema in Teilen auf, nennt Wala von Metz als Opfer der Normannen,1256 dazu Rotland von Arles, der von Muslimen entführt wurde und in der Folge starb.1257 Bischof Wala habe sich dies jedoch selbst zuzuschreiben, da er contra sacram auctoritatem et episcopale ministerium bewaffnet in den Kampf gezogen sei. Auf diesen Fall kommen wir im Rahmen der Analyse der Fuldaer Annalen zurück.1258 Daneben erwähnt Hinkmar den Tod von Prudentius von Troyes. Dessen Ableben wird von Hinkmar trotz Prudentius’ möglicher Verbundenheit mit der Prädestinationslehre Gottschalks sehr knapp mitgeteilt und auf eine Krankheit zurückgeführt. Negativ wird der Todesbericht durch Hinkmar nicht ausgestaltet.1259 Darüber hinaus erscheint der Tod des mittlerweile abgesetzten und daher nur bedingt zu zählenden Theutgaud von Trier.1260 Die hohe Bedeutung des Episkopats zeigt sich darüber hinaus bereits in der quantitativen Analyse, Hinkmar nennt insgesamt 60 (Erz-)Bischöfe namentlich.1261 Darüber hinaus etabliert er eine neuartige Perspektive, erstmals wird das Ableben von Bischöfen mit einer negativen Wertung belegt. Aldo von Limoges erkrankte, so schildert es Hinkmar, an einem Fieber und starb. Dieses Fieber befiel ihn gerade in dem Augenblick, als er eine gemäß Hinkmar unrechtmäßige Weihe vollzog.

1255 Prudentius selbst verweist auf die den Bischöfen nur in äußerst geringem Maße entgegengebrachte Achtung im Zusammenhang mit einer Reichsversammlung Karls des Kahlen im Jahr 846 in Epernay. Die Ermahnungen der Bischöfe seien dort durchgehend ignoriert worden, vgl. Annales Bertiniani a. 846, S. 52. 1256 Vgl. Annales Bertiniani a. 882, S. 247. 1257 Vgl. Annales Bertiniani a. 869, S. 165f. Vgl. Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 29f. Ergänzt wird dieser Bericht durch die Beisetzung Rotlands in einem Grab, dass er sich selbst hatte vorbereiten lassen. Ein kleiner Verweis auf die vor dem Tod zu treffenden Vorbereitungen. 1258 Vgl. Kapitel 7.4.3 c. 1259 Vgl. Annales Bertiniani a. 861, S. 84f. Kritik an Prudentius bezüglich seiner Nähe zur Prädestinationslehre formulierte Hinkmar auch in anderen Werken, vgl. Gillis, Heresy in the Flesh, S. 260f.; Nelson, Hincmar’s Life, S. 50. 1260 Vgl. Annales Bertiniani a. 867, S. 140. 1261 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 405.

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Auch wenn es nicht direkt formuliert wird, ist die Wertung dennoch eindeutig.1262 Der mögliche Einwand, ein Fieber allein könne nicht Ausweis eines schlechten Todes sein, ist berechtigt. Das Besondere am Tod Aldos ist allerdings dessen Vorgeschichte. Protagonist ist Wulfad, der nach der Entsetzung Erzbischof Ebos von Reims1263 von diesem die Weihe empfangen hatte. Dennoch wurde ihm, bevor synodal eine Entscheidung in seinem Fall getroffen werden konnte, von König Karl dem Kahlen das Erzbistum Bourges zugewiesen. Ordiniert – in den Worten Hinkmars exordiniert – wurde er von Aldo von Limoges, der daraufhin von einem Fieber befallen wurde und kurz darauf starb. Auch wenn Hinkmar es nicht eigens ausspricht, trat der Tod Aldos eindeutig als Konsequenz infolge der aus seiner Sicht unrechtmäßigen Weihe Wulfads ein. Aldo ist einer von zwei Repräsentanten unter den Bischöfen, die einen schlechten Tod erleiden, ohne dass aber weitere Konsequenzen ergänzt würden. Bei dem anderen handelt es sich um Arsenius, Bischof von Orte und Apokrisiar des Papstes. Arsenius stiftete seinen Sohn dazu an, die Tochter Papst Hadrians II. zu entführen und zu ehelichen. Daraufhin soll Arsenius erkrankt (infirmitate corripitur) und, nachdem er mit Dämonen gesprochen haben soll (cum daemonibus confabulans), an seinen Ort hinabgestiegen sein (abiit in locum suum).1264 Unter diesem Ort kann nur die Hölle verstanden werden.1265 Arsenius wird durch die gewählte Formulierung mit Judas auf eine Stufe gestellt (vgl. Apg 1,25).1266 Mag das Beispiel Aldos von Limoges noch zweifelhaft gewesen sein, so bietet Arsenius einen unantastbaren Beleg: Hinkmar hat den Weg bereitet, den schlechten, unwürdigen Tod des Bischofs zu einem stilistischen Mittel zu erheben;1267 wenngleich nicht deutlich wird, nach welchen Prinzipien er dieses Mittel angewendet hat. Ansonsten wäre zu erwarten gewesen, dass insbesondere die Unterstützer der von Hinkmar hart kritisierten Scheidungsabsicht Lothars II., Theutgaud von Trier und Gunthar von Köln, einen entsprechenden Tod erleiden. Möglicherweise verfährt Hinkmar in Umkehr der Vorgehensweise Gregors von Tours und richtet seine Angriffe gegen bis zu ihrem Tod rechtmäßig amtierende, aber dennoch sündhaft agierende Bischöfe. Darunter würden die abgesetzten und exkommunizierten Theutgaud und Gunthar nicht mehr fallen. Gleichzeitig demonstriert Hinkmar durch die neben Karl dem Kahlen besonders ihn selbst in Szene setzenden Annalen eine innerhalb historiographi1262 Annales Bertiniani a. 866, S. 130: Cuius [sc. Wulfad] exordinator potius quam ordinator Aldo Lemovicensis in ipsa ordinatione febre correptus, in brevi moritur. 1263 Zum ereignisreichen Leben Ebos von Reims vgl. Schrör, Aufstieg und Fall. 1264 Vgl. Annales Bertiniani a. 868, S. 143f. 1265 Vgl. Chélini, L’aube du Moyen Âge, S. 475. 1266 Hinkmar nutzt diese Formulierung nicht exklusiv, noch Bernold von Konstanz wird sich mit eindeutiger Absicht dieser bedienen, vgl. Kapitel 9.4.3 b. 1267 Vgl. Kortüm, Weltgeschichte am Ausgang der Karolingerzeit, S. 504.

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schen Schriftgutes wiedererrichtete Einflusssphäre des Episkopats, dass es ihm nicht zuletzt möglich und notwendig erscheint, Fehlverhalten von Bischöfen aufzudecken und sie zum Zweck der Belehrung der Lebenden über den Tod hinaus ihrer Strafe zuzuführen. Dennoch unterlässt es auch Hinkmar, ›seine‹ Annalen zur Bischofsmemoria zu nutzen. Kein Todestag wird genannt, die Bischöfe, deren Tode verzeichnet sind, erscheinen nicht, um sich an diese zu erinnern, sondern dienen anderen Absichten Hinkmars. Anders ist nicht zu erklären, warum er, der seine Annalen weitgehend kontinuierlich fortsetzte, derart geringen Wert auf das Ableben der Bischöfe gelegt hat. Eine Analyse von gutem und schlechtem, natürlichem oder unnatürlichem Tod ist darüber hinaus bezüglich weltlicher Personen möglich, wenngleich ebenfalls nur anhand weniger Beispiele. Graf Asenarius, abtrünniger Gefolgsmann Pippins von Aquitanien, soll eines schrecklichen Todes gestorben sein (horribili morte interiit). Salomo, Herzog der Bretonen, erhielt, geblendet und tot aufgefunden, seinen verdienten Tod (dignam vicem recipiens).1268 Kaiser Karl der Kahle, einziger Herrscher dieser Auflistung,1269 soll an Gift in einer elenden Hütte gestorben,1270 schließlich wegen des großen Gestanks seines Leichnams auf dem Weg nach St. Denis vorzeitig in Nantua begraben worden sein – obwohl der Leichnam zuvor einbalsamiert, mit Wohlgerüchen versehen und auf dem Weg, um den Geruch einzudämmen, in eine mit Fellen ein- und ausgekleidete Tonne gelegt worden war.1271 Waren die ersten beiden Beispiele eindeutig negativ konnotiert, scheint 1268 Vgl. Annales Bertiniani a. 836, S. 20 sowie a. 874, S. 196. 1269 Auch Lothar I., der vor seinem Ableben der Welt entsagte, sich als Mönch ins Kloster Prüm zurückzog, dort kurz darauf starb und, wie von ihm gewünscht, sein Grab fand (Annales Bertiniani a. 855, S. 71) verscheidet positiv. Kein Vergleich zur Chronik Ademars von Chabannes aus dem ersten Drittel des 11. Jahrhunderts (Ademar von Chabannes, Historiarum III, 19, S. 122). Ademar berichtet, dass nach Lothars Tod böse Engel und Heilige um Lothars Seele zuungunsten der Bösen rangen (Quo mortuo, de anima eius altercatio visa est inter angelos nequam et sanctos; demones autem frustrati sunt). 1270 Während Nelson, Mort de Charles le Chauve, S. 54, in der Malaria die Todesursache Karls ermittelt, vermutet Hack, Alter, Krankheit, Tod und Herrschaft, S. 201, eine Bazillenruhr. Vgl. ebd., S. 199–203, zum Tod Karls und seiner Überlieferung. Eine ärmliche Hütte als offensichtlich unwürdiger Todesort erscheint Jahrhunderte später wieder beim Tod Kaiser Lothars III., vgl. Pischke, Lothar III., S. 102f. 1271 Annales Bertiniani a. 877, S. 217: Et 11. die post venenum haustum in vilissimo tugurio mortuus est 2. Nonas Octobris. Quem aperientes qui cum eo erant, ablatis interaneis, et infusum vino ac aromatibus quibus poterant et impositum locello, coeperunt ferre versus monasterium Sancti Dyonisii, ubi sepelire se postulaverant. Quem pro foetore non valentes portare, miserunt eum in tonna interius exteriusque picata quam coriis involverunt; quod nihil ad foetorem tollendum profecit. Unde ad cellam quandam monachorum Lugdunensis episcopii quae Nantoadiis dicitur vix pervenientes, illud corpus cum ipsa tonna terrae mandaverunt. Zum Vorgang, den Parallelen zu 2 Makk 9,9–10 und Gründen für diese Form der Darstellung vgl. Hack, Alter, Krankheit, Tod und Herrschaft, S. 203–206. Allgemein zur Schilderung von Begräbnissen karolingischer Großer in der Annalistik der Zeit sowie zum dabei verwendeten Vokabular vgl. Chélini, L’aube du Moyen Âge, S. 481f. Zu den hierbei

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die Beschreibung Hinkmars über die negativ anmutende Behandlung des Leichnams Karls ebenfalls deutlich. Gleichzeitig gibt der Bericht die alltäglichen Probleme im Umgang mit schnell verwesenden Leichen wieder, ohne dass einzig ein unerwartet schlechtes Bild Karls hätte entworfen werden sollen.1272 Allerdings hatte sich auch Hinkmar durchaus kritisch gegenüber Karl geäußert, Polemik überwiegt Realismus in diesem Bericht sichtlich.1273 Janet Nelson sieht darin eine – wenngleich kodierte – Kritik,1274 Steffen Patzold sehr deutlich die Etablierung Karls als das Gegenteil eines Heiligen1275 und Patrick Geary geht so weit, ein schlimmerer Tod sei kaum vorstellbar.1276 Auf diesen Fall kommen wir im Folgenden noch einmal zurück.1277 b

Exkurs: Visionsliteratur am Beispiel der Visio Bernoldi Erzbischof Hinkmars von Reims Hinkmars Bearbeitung der Annales Bertiniani hat deutlich werden lassen, wie eminent politisch er es punktuell verstanden hat, bischöfliche Todesfälle für sich nutzbar zu machen. Eine Quellengattung, die zur Diskreditierung unliebsamer Personen noch naheliegender ist, im Rahmen dieser Arbeit hingegen nicht ausgiebig untersucht werden kann, ist die Visionsliteratur.1278 Exemplarisch wird das Potenzial anhand der Visio Bernoldi Hinkmars von Reims veranschaulicht,1279 die dieser kurz nach dem Tod Karls des Kahlen 877 niederschrieb und an alle Kleriker und Laien in der Diözese von Reims verteilen ließ.1280 Der titelgebende Bernold, ein Laie aus Voncq (nö. Reims), erfuhr, dem Tode nahe, eine

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deutlich werdenden neuen, noch unzureichenden Formen der Einbalsamierung vgl. Schmitz-Esser, »Longue durée« im Umgang mit den Toten, S. 337–339. Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 162, macht ebenfalls, wenn auch mit einem anderen Beispiel, auf diese Sichtweise aufmerksam. Konkret zu Karl dem Kahlen vgl. ebd., S. 194–199. Vgl. Nelson, Annals of St. Bertin, S. 36–38. Vgl. auch den folgenden Exkurs zur Visionsliteratur. Zu den Hintergründen vgl. Nelson, Mort de Charles le Chauve, S. 62f. Immerhin mag die rasche Verwesung des Leichnams den realistischen Umständen entsprochen haben (dazu auch Hack, Alter, Krankheit, Tod und Herrschaft, S.205f.), eine Beisetzung in einer Tonne hingegen entspricht keinesfalls den gängigen Ritualen. Vgl. Patzold, Episcopus, S. 404 mit Anm. 284. Vgl. Geary, Death and Funeral, S. 13. Vgl. Kap. 7.4.3 c. Vgl. Dinzelbacher, Vision und Visionsliteratur. Eine Übersicht der Visionen vom 6. bis zum 15. Jahrhundert bietet er ebd., S. 13–23. Zum edukatorischen Potenzial von Visionsliteratur vgl. Konshuh, Audiences of Three English Medieval Visions, S. 23f. Abgefasst nach dem Tod Karls des Kahlen unter Ludwig II. (dem Stammler) erscheint diese Vision als Fälschung oder zumindest als Verfälschung Hinkmars, der sich selbst zu dieser Zeit als Ratgeber Ludwigs in Stellung brachte, vgl. Dinzelbacher, Vision und Visionsliteratur, S. 60f. Eine Zusammenfassung der Literatur für und gegen die Einstufung des Textes als Fälschung findet sich bei van der Lugt, Tradition and Revision, S. 112 Anm. 8. Vgl. van der Lugt, Tradition and Revision, S. 109; zur Datierung ebd., S. 112.

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Vision. Er begegnete 41 verstorbenen Bischöfen, darunter Hinkmars Vorgänger Ebo, die sich in erbärmlichem Zustand befanden,1281 da sie, so Maaike van der Lugt, zugunsten politischer Partizipation ihre geistigen Pflichten vernachlässigt hätten.1282 Ebo wandte sich an Bernold und bat ihn, sich an seine Mitbrüder um Gebetshilfe zu wenden, da ihm die Gnade gewährt worden sei, in seinen Körper zurückzukehren;1283 konkret solle er sie anhalten, ut pro nobis faciant eleemosynas et orationes et impetrent pro nobis offerri sacras oblationes.1284 Offenbar befindet sich Bernold an einem zwar strafenden, aber das endgültige Seelenheil nicht gänzlich ausschließenden Ort, der als Purgatorium identifiziert werden kann.1285 Hinkmar nutzt somit diese Vision, seinen Vorgänger und zahlreiche andere, wenngleich namentlich nicht genannte Bischöfe in fürchterlichem Zustand im Jenseits vor Augen zu führen. Sie sind heruntergekommen, harren aber an einem Ort aus, von dem der Zutritt zur Seligkeit noch möglich erscheint, andernfalls hätten sie nicht um Gebetshilfe ersucht. Bernold kehrte nach Ausführung der an ihn gerichteten Bitte im Diesseits1286 zur Gruppe der 41 zurück und traf sie nun nicht mehr in verwahrlostem Zustand an – ganz im Gegenteil frisch rasiert, gebadet und neu gekleidet.1287 Herausgestellt wird somit nicht allein ein jenseitiger Raum, in dem leidende Bischöfe um Gebetshilfe bitten, sondern gleichermaßen wird die Möglichkeit dieser Hilfe 1281 De Visione Bernoldi presbyteri c. 2, S. 142: […] inueni episcopos XL et unum inter quos congoui Ebonem, Leopardellum et Aeneam, pannosos et denigratos, uelut si ustulati fuissent, et squalentes, sicut et alios, et per uices nimio frigore horribiliter cum fletu ac stridore dentium tremulantes, et per uices calore nimio aestuantes. Zur Identifizierung der beiden anderen Bischöfe (Aeneas von Paris und Pardulus von Laon) vgl. van der Lugt, Tradition and Revision, S. 110. Vgl. Carozzi, Voyage de l’âme, S. 350–353. 1282 Vgl. van der Lugt, Tradition and Revision, S. 113. 1283 Vgl. De Visione Bernoldi presbyteri c. 2, S. 142. 1284 De Visione Bernoldi presbyteri c. 2, S. 142. 1285 Zum Purgatorium innerhalb von Visionsberichten vgl. Dinzelbacher, Vision und Visionsliteratur, S. 101–105. Zur Bedeutung dieser Vision für die Entwicklung des Purgatoriums vgl. van der Lugt, Tradition and Revision, S. 113f. Dass sich die Aussagekraft von Visionen, hier im Bezug auf Bischöfe, sogar noch drastischer formulieren lässt, beweist die vielbeachtete Visio Baronti (678/79). Barontus traf innerhalb seiner Vision in der Hölle, in der zahlreiche Menschen von Dämonen gequält wurden, auch auf die Bischöfe Vulfleod von Bourges und Dido von Poitiers, vgl. Visio Baronti c. 17, S. 391. Für beide Bischöfe schließt sich die Möglichkeit des helfenden Gebets aus. Zur Datierung vgl. die Übersicht bei Dinzelbacher, Vision und Visionsliteratur, S. 13. Zum Höllenbild in der Visio Baronti vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 414. Dass jedoch in Visionsberichten Opfer jenseitiger Strafen explizit beim Namen genannt werden, wie König Karl in Bernolds Vision oder auch die beiden Bischöfe bei Barontus, ist selten, häufiger finden sich verallgemeinernde Gruppenbezeichnungen. Vgl. Bernstein, Named Others and Named Places, bes. S. 54–57. 1286 Zur einmaligen Verschränkung von Diesseits und Jenseits in der Visio Bernoldi vgl. van der Lugt, Tradition and Revision, S. 110f. 1287 Vgl. De Visione Bernoldi presbyteri c. 2, S. 143.

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eindrucksvoll in Szene gesetzt. Die politische Absicht des Textes wird bereits an dieser Stelle deutlich,1288 der weitere Verlauf der Vision bestätigt diese Absicht. Bernold traf neben weiteren Personen auch auf Karl den Kahlen. Dieser befand sich ebenfalls in erbärmlichem Zustand, von Würmern zerfressen, weil er, so teilte er Bernold mit, nicht auf die weisen Ratschläge Erzbischof Hinkmars Acht gegeben habe. Daher sollte Bernold Hinkmar nun aufsuchen. Nachdem Bernold auch dies erledigt hatte, kehrte er zurück und fand Karl bei bester Gesundheit und mit königlichem Gewand bekleidet vor.1289 Diese letzte Episode dürfte, so Steffen Patzold, insbesondere an Karls Nachfolger Ludwig II. (den Stammler) gerichtet sein gemäß der Devise: Wer Hinkmars Ratschlägen nicht folgt, erfährt spätestens im Jenseits die entsprechende Strafe dafür.1290 Ziel dieser und zahlreicher anderer Visionen ist es, das Ansehen von Konkurrenten zu erschüttern, indem diesen jenseitige Strafen für reale oder erfundene Nachlässigkeiten oder Untaten im Diesseits zugeschrieben werden.1291 Ebenso lässt Hinkmar aber die Wirksamkeit des Gebetsgedenkens für Verstorbene durchscheinen, wenngleich er sich in diesem Fall selbst als entscheidende Person zur Vergebung der Sünden gerade Karls des Kahlen versteht.1292 Hinkmar war nicht der erste, der tatsächliche oder fingierte Visionen in zeitkritischer Intention einzusetzen verstand. Weiteres Beispiel ist, ohne näher darauf eingehen zu wollen, die Vision des Reichenauer Mönchs Wetti, der von einem Engel in Hölle, Purgatorium und Himmel geführt worden ist. Während Heito in seiner Prosafassung der Vision im Purgatorium gepeingte Personen nur andeutet, geht Walahfrid Strabo in seiner bald darauf in Versen umgearbeiteten Version deutlich direkter vor,1293 sodass Wetti neben Karl dem Großen in Adalhelm auch einem Bischof begegnete, der aufgrund nicht nachgekommener Gebetsverpflichtung ebenso eine Strafe zu erleiden hatte wie derjenige, dem er seine Gebete nicht hatte zukommen lassen. Allerdings sind weder Karl noch dem Bischof die ewige Seligkeit verschlossen, die reinigende Funktion des Purgatoriums findet sich idealtypisch präsentiert.1294 Wie bei Hinkmar einige Jahrzehnte später, so werden schon in der Visio Wettini einerseits die drohende jenseitige Strafe verdeutlicht, andererseits die Wirksamkeit des Gebetsgedenkens hervorgehoben. 1288 Vgl. Neiske, Vision und Totengedenken, S. 157f. Eine Definition der »politischen Vision« bietet Dinzelbacher, Vision und Visionsliteratur, S. 82, der ihren Höhepunkt zwischen der karolingischen und salischen Epoche verzeichnet. Präziser zu den »Carolingian political visions« vgl. van der Lugt, Tradition and Revision, S. 111f. 1289 Vgl. De Visione Bernoldi presbyteri c. 3, S. 144. 1290 Vgl. Patzold, Konsens und Konkurrenz, S. 82. Zur Rolle Hinkmars unter Ludwig dem Stammler vgl. McCarthy, Hincmar’s Influence. 1291 Vgl. Neiske, Vision und Totengedenken, S. 159. 1292 Vgl. Neiske, Vision und Totengedenken, S. 159. 1293 Vgl. Walahfrid Strabo, Visio Wettini. 1294 Vgl. Jurt, Frühmittelalterliche Visionsliteratur vor Dante.

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c Die Annales Fuldenses Die Annales Fuldenses gelten als wichtigstes im ostfränkischen Reichsteil entstandenes Annalenwerk des 9. Jahrhunderts.1295 Ihnen wird eine ähnlich hohe Bedeutung wie den Annales Bertiniani im Westreich zugesprochen. Anders als bei diesen ist die Genese der Annalen aus Fulda allerdings nicht ohne weiteres rekonstruierbar; Autoren sind nur mit großen Zweifeln behaftet zu identifizieren, der »Retortenname«1296 ist wiederholt kritisiert worden.1297 Steffen Patzold befürwortet wieder die Annahme mehrerer Autoren, wobei der möglicherweise vom Fuldaer Mönch Rudolf niedergeschriebene Teil bereits in Mainz entstanden sein müsse, ebenso wie der bis 887 reichende dritte Abschnitt, der unter der Aufsicht Erzbischof Liutberts von Mainz verfasst worden sei und als sein »Sprachrohr« fungiert habe.1298 Als ursprünglichen Auftraggeber der Annalen bringt Franz Staab den Mainzer Erzbischof Hrabanus Maurus ins Spiel und nimmt damit nicht nur eine durchgängige Abfassung in Mainz an, sondern schlägt, dieser Tatsache gerecht werdend, eine Umbenennung des Werkes in »Mainzer Reichsannalen« vor.1299 Im Vergleich zu den Annales Bertiniani ist einerseits die Entstehungsgeschichte unklar, andererseits fallen die Annales Fuldenses auch inhaltlich zurück; unmittelbare politische Kenntnisnahme der Zeit oder eine Abfassung in direktem Umfeld des Königshofes liegt, wie schon bei den Annales Bertiniani, nicht vor.1300 Dennoch bilden insbesondere Ludwig der Deutsche sowie später seine Söhne einen Ankerpunkt der Annalen.1301 Ein weiteres Interesse gilt geographisch bedingt dem Kloster Fulda sowie der Mainzer Kirchenprovinz. Da nicht sicher zu entscheiden ist, wie viele Autoren an der Erstellung beteiligt gewesen sind, wird 1295 Vgl. Rau, Einleitung (zu den Jahrbüchern von Fulda), S. 1. 1296 Vgl. Staab, Klassische Bildung und regionale Perspektive, S. 639f. 1297 Vgl. die gegenteiligen Erklärungsversuche von Kurze, Über die Annales Fuldenses, und Hellmann, Entstehung und Überlieferung der Annales Fuldenses. Zusammengefasst bei Patzold, Episcopus, S. 363–365 mit Anm. 13; Rau, Einleitung (zu den Jahrbüchern von Fulda), S. 1–4; Staab, Klassische Bildung und regionale Perspektive, S. 641f.; Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 6, S. 671–687. Gegen die von Kurze angenommenen Verfasser vgl. Staab, Klassische Bildung und regionale Perspektive, S. 667. Dass eine allgemein akzeptierte Lösung bisher nicht gefunden werden konnte betont Corradini, Überlegungen zur sächsischen Ethnogenese, S. 211. Vgl. Reuter, Introduction, S. 4f. 1298 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 363f.; Reuter, Introduction, S. 8. Zitat bei Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 6, S. 682. Es ist daher auch nicht möglich, die Fuldaer Annalen als »homogen konstruiertes annalistisches Werk der Karolingerzeit« zu interpretieren, vgl. Corradini, Annales Fuldenses, S. 122. Vgl. ders., Studien zur Annalistik der Karolingerzeit, S. 180. Eine Zusammenstellung der Forschung zu Teil zwei und drei findet sich ebd., S. 169–177. 1299 Vgl. Staab, Klassische Bildung und regionale Perspektive, S. 644–647, 651f. u. 654. 1300 Vgl. Rau, Einleitung (zu den Jahrbüchern von Fulda), S. 5. 1301 Vgl. Reuter, Introduction, S. 10f.

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das Werk, Fortsetzungen aus Regensburg und Altaich zunächst ausgeklammert, als Ganzes betrachtet. Zuerst folgt wie gewohnt ein Blick auf grundsätzliche Vorstellungen von Leben, Tod und Nachleben. Auch in den Fuldaer Annalen wird die Prädestinationslehre Gottschalks verurteilt.1302 Darüber hinaus findet sich der vielsagende Bericht über eine Vision, die Ludwig der Deutsche selbst erfahren haben soll. Ludwig begegnete darin seinem Vater, Kaiser Ludwig dem Frommen, und wurde von diesem aufgefordert, er möge ihn aus den Qualen befreien, in denen er festgehalten werde.1303 Ludwig der Deutsche wies daraufhin alle Klöster seines Reiches an, sich durch Gebete seines Vaters anzunehmen, der zu Lebzeiten nicht nur gottgefällig gehandelt hätte.1304 Einmal mehr scheint die Annahme eines Zwischenzustandes Bestätigung zu finden, wenngleich ein konkreter Ort innerhalb dieser Vision nicht genannt wird. Deutlich wird auch, dass bereits an diesem Platz, an dem sich Ludwig der Fromme befindet, nicht spezifizierte Qualen zu erdulden sind, dennoch die Hoffnung besteht, durch Einflussnahme der Lebenden dieses Leid beenden zu können. Die Notwendigkeit eines gottgefälligen Lebens ist ebenso präsent wie die Pflicht, sich der Verstorbenen zu erinnern. Diese Erinnerung an die Verstorbenen findet sich, nehmen wir den bischöflichen Tod in den Blick, auch innerhalb der Annalen.1305 Zwischen den Jahren 847 1302 Vgl. Annales Fuldenses a. 848, S. 38. 1303 Zu frommen Werken zwecks Befreiung seines Vaters aus jenseitigen Qualen wurden bereits der hier nun selbst leidende Ludwig der Fromme, der sich neben seinem Vater Karl dem Großen gleichermaßen für seine erste Ehefrau Irmingard einsetzen soll (Visio cuiusdam pauperculae mulieris, S. 41) und schließlich auch Karl III. für seinen Vater Ludwig den Deutschen (Visio Caroli crassi) aufgerufen. Karl III. erblickte dabei nicht allein seinen Vater, sondern traf, vergleichbar mit der Vision Bernolds, auch auf dessen Bischöfe, die zu Lebzeiten Zwietracht gestiftet hatten und dafür entsprechendes Leid erfuhren. Vgl. zu Karls Vision Bernstein, Named Others and Named Places, S. 61f. 1304 Annales Fuldenses a. 874, S. 82: […] vidit quadam nocte in somnis genitorem suum Hludowicum imperatorem in augustiis constitutum, qui eum hoc modo latino affatus est eloquio: ›Adiuro te per dominum nostrum Iesum Christum et per trinam maiestatem, ut me eripias ab his tormentis, in quibus detineor, ut tandem aliquando vitam possim habere aeternam‹. Hac ergo visione perterritus epistolas per cuncta regni sui monasteria destinavit, obnixe postulans, ut animae in tormentis positae suis apud Dominum precibus intervenirent. Unde datur intellegi, quod, quamvis memoratus imperator multa laudabilia et Deo placita fecis set, plurima tamen legi Dei contraria in regno suo fieri permisit. Vgl. Chélini, L’aube du Moyen Âge, S. 462; Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 148; Staab, Klassische Bildung und regionale Perspektive, S. 651, der eine Verbindung zu einer Visionsschrift Einharts herstellt. Aus zeitpolitischen Problemen, insbesondere einer grassierenden Hungersnot, heraus erklären die Vision Schmid, Bemerkungen zur Anlage des Reichenauer Verbrüderungsbuches, S. 39f.; Wollasch, Geschichtliche Hintergründe, S. 63. 1305 Die zum größten Teil auf anderen Annalen beruhenden Jahresberichte von 714 bis 829 werden nicht erneut berücksichtigt. Im ersten Abschnitt zwischen 714 und 863 werden insgesamt 31 Bischöfe namentlich genannt, zwischen 864 und 887 16 Bischöfe, vgl. Patzold, Episcopus, S. 383f. u. 390f. Eine Übersicht über den Episkopat im Ostfränkischen Reich unter Ludwig dem Deutschen bietet Bigott, Ludwig der Deutsche, S. 22–26, 31–41, 44–48 u. 50f.

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und 882 wird der Tod von zehn Bischöfen berichtet, zuvor findet sich im eigenständigen Berichtsteil der Annalen kein bischöflicher Todesfall. Dies geht mit einem zunehmend ausführlicher geschilderten Aufgabenspektrum der Bischöfe einher.1306 Anders als in den Annales Bertiniani erfahren wir in sieben Fällen den Todestag. Es fällt auf, dass sich die entsprechenden Prälaten – neben seinen erzbischöflichen Vorgängern in Mainz – alle in die Zeit Hrabans datieren lassen, der die konkreten Daten an den Annalisten weitergegeben haben mag, somit vor dem Zeitpunkt, ab dem Liutbert die Kontrolle über die Annalen erhielt.1307 Weiter wird über diese Todesfälle nicht berichtet, sie scheinen auf natürlichem Weg erfolgt zu sein; Einzelheiten über Sterbevorbereitung, Beisetzung oder Nachleben finden sich nicht. Dennoch ist bereits durch die Nennung des Todestages ein elementarer Wandel festzustellen: Der Todestag von Bischöfen erscheint wieder erinnerungswürdig. Davon ausgenommen sind Dietrich von Minden, Markward von Hildesheim und der bereits bekannte Wala von Metz. Diese drei, die schließlich alle unter der Ägide Liutberts Eingang in die Annalen gefunden haben, haben ihren Tod den Normannen zu verdanken.1308 Eine damit verbundene Kritik am Herrscher ist daraus jedoch, anders als in den Annales Bertiniani, auf den ersten Blick nicht herauszulesen. Gleichwohl fällt die ungleiche Verteilung und unterschiedliche Darstellung bischöflichen Sterbens in den Abschnitten zwei und drei der Fuldaer Annalen ins Auge. Wie zuvor Hrabanus Maurus hätte auch Liutbert die konkreten Todestage beibringen können. Möglicherweise sind auch diese Schilderungen Teil der als solche bezeichneten ›propagandistischen‹ Absicht Liutberts gewesen, wobei sich die Forschung keinesfalls einig ist, ob diese Absicht nach außen gegen die Gegner des Erzbischofs oder nach innen zur Erbauung der

1306 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 384f. 1307 Vgl. Staab, Klassische Bildung und regionale Perspektive, S. 651. Es handelt sich um Otgar von Mainz († 21.04., Annales Fuldenses a. 847, S. 36), Hemmo von Halberstadt († 27.03., a. 853, S. 44), Chorbischof Reginher von Mainz († 27.08., a. 853, S. 44), Hadowart von Minden († 16.09., a. 853, S. 44), Gozbald von Würzburg † 20.09., a. 855, S. 45), Hraban von Mainz († 04.02., a. 856, S. 46) und Karl von Mainz († 04.06., a. 863, S. 57). Der dabei ins Auge fallende Mainzer Chorbischof Reginher hat Hraban als Korrespondenzpartner gedient (vgl. Staab, S. 647f.). 1308 Vgl. Annales Fuldenses a. 880, S. 94 sowie a. 882, S. 97f. Dies fällt zum Teil mit der insbesondere ab 882 zu beobachtenden eigenen Sicht Liutberts auf das Geschehen zusammen, aus der heraus politische Ereignisse äußerst einseitig und tendenziös wiedergegeben werden. Vgl. Patzold, Episcopus, S. 389. Der gewaltsame Tod Markwards findet sich wieder in der Ende des 11. Jahrhunderts abgefassten und bis 1079 reichenden Hildesheimer Bistumschronik (zur Datierung vgl. Handschuh, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 11f.; Schlochtermeyer, Bistumschroniken, S. 54), Chronicon Hildesheimense c. 5, S. 851: Marcquardus […] occisus est a Sclavis; gleiches gilt auch für das Ableben Walas von Metz, vgl. Anm. 1310.

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Gefolgsleute um den vom Hof verdrängten Liutbert gerichtet war.1309 Eingedenk dessen erinnern die Schilderungen der von den Normannen zu Tode gekommenen Bischöfe erstaunlich deutlich an diejenigen des Prudentius von Troyes innerhalb der Annales Bertiniani. Auch Liutbert mag diese Todesfälle herangezogen haben, um die Unfähigkeit des Herrschers, die Grenzen des Reiches zu sichern, herauszustellen. In diesem Zusammenhang erfährt jedoch der Fall Bischof Walas eine andere Darstellung. Gemäß den Fuldaer Jahrbüchern begegnete Wala den Normannen unvorsichtig nur mit Wenigen (incaute cum paucis occurrens), woraufhin er den Tod fand.1310 In den Annales Bertiniani klang dies noch anders. Wala, so heißt es dort, griff entgegen seiner bischöflichen Würde zu den Waffen und erlitt als verdienten Lohn dafür den Tod.1311 Der Fuldaer Annalist verzichtet bewusst auf eine derartige Kritik. Ganz im Gegenteil treten Bischöfe nicht allein als Gesandte oder Teilnehmer von Synoden in Erscheinung, sondern gleich mehrfach als Kriegsherren. Insgesamt sechs Mal lassen sich Bischöfe, nicht zuletzt Liutbert selbst, an vorderster Front nachweisen.1312 Die passive, vom Willen des Königs abhängige Stellung wird den Bischöfen nicht mehr zugeschrieben. Sie sind wieder aktiver Teil der Reichsverwaltung.1313 Die Todesdarstellungen sind nicht zuletzt deutliches Zeichen dieser Entwicklung. Auch wenn 1309 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 390. 1310 Vgl. Annales Fuldenses a. 882, S. 98. Vgl. auch Kapitel 7.4.3 a. Auch in den Gesta episcoporum Mettensium c. 42, S. 541, ist eine negative Deutung nicht zu finden; im Gegenteil wird explizit darauf hingewiesen, dass Wala persönlich am Kampf gegen die Normannen teilnahm: Hic Walo, dum cum suis contra Normannos impari manu, qui tunc temporis Gallias incursabant, pugnat, obtruncatur 3. Nonas Aprilis. Vgl. zum Tod Walas auch Gaillard, Dans ou hors la cité, S. 181. 1311 Während es schwerfällt, in der biblischen Tradition eine einhellige Meinung zum Umgang mit Waffen zu finden, war Klerikern gemäß dem Decretum Gratiani, das jahrhundertelange Verbote zusammenfasst, die Teilnahme an Kriegen nicht gestattet. Vgl. Sot, Évêques à la guerre, S. 104f. Hinkmar steht mit seiner Kritik an Wala allein, sodass Prinz, Klerus und Krieg, S. 126, persönliche Feindschaft Hinkmars gegenüber Wala als tatsächlichen Auslöser seines kritischen Berichtes erachtet. Allerdings ist noch auf der Synode von Tribur 895 beschlossen worden, für im Krieg oder während eines Streites gestorbene Bischöfe dürfe nicht gebetet werden, wenngleich ihnen ein Begräbnis nicht zu verwehren sei, vgl. Concilium Triburiense n. 10, S. 248. Vgl. Kottje, Tötung im Krieg, S. 32 u. 38f.; Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 28f. 1312 Otgar von Hildesheim 857 gegen die Böhmen, Arn von Würzburg 871 u. 872, Liutbert von Mainz 872 gegen die Slawen, erneut als Heerführer 874. Hinzu kommt Willibert von Köln, der sich 876 nach dem Tod Ludwigs des Deutschen dessen Bruder Karl dem Kahlen entgegenstellte. Kritik an dieser kriegerischen Einstellung findet sich nicht, vgl. Patzold, Episcopus, S. 390f.; Reuter, Introduction, S. 10. 1313 Ein in diesem Zusammenhang nur kleines, aber aufschlussreiches Detail bietet der Bericht zum Jahr 850. Eine Hungersnot war ausgebrochen und Erzbischof Hraban von Mainz speiste pro Tag 300 Bedürftige. Vgl. Annales Fuldenses a. 850, S. 40. Auch die karitativen Aufgaben der Bischöfe werden neben der Aufgabe der Verteidigung von Stadt und Reich innerhalb der Fuldaer Annalen wieder ins Bewusstsein gerückt.

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sie nicht die bei Gregor von Tours erfahrene Ausführlichkeit erreichen, ist allein die Nennung des Todestages, so normal und naheliegend dies auch erscheinen mag, ein Zeichen der neuerlichen Erinnerungswürdigkeit des Episkopats. Diese Tendenz setzt sich in der bis in das Jahr 902 reichenden Niederaltaicher Fortsetzung nur bedingt fort. Zwar findet sich die Zahl von fünf Bischofstoden, einen Todestag sucht man aber vergeblich. Dafür wird Erzbischof Liutbert mit einem kurzen Vers geehrt1314 und auch Embricho von Regensburg wird ob seiner menschlichen Eigenschaften hervorgehoben.1315 Fehlen nun konkrete Tagesangaben, erhalten hier wieder, wenn auch nur kurz, Epitaphe Eingang in die Historiographie. Es ist kein Zufall, dass diese gerade Bischöfen gewidmet werden. Die übrigen Fälle, der als vir vitae probabilis gelobte Salomo von Konstanz, der von Normannen ermordete Sunderold von Mainz sowie Engilmar von Passau erscheinen unspektakulär.1316 Dennoch bleibt der Bischof in der Historiographie präsent, die Einordnung der Todesfälle in die bekannten Kategorien ist hingegen schwierig. Gute und schlechte Tode haben aber weiterhin ihren Platz. Bestes Beispiel ist Papst Johannes VIII. Ein Verwandter versuchte zunächst, ihn zu vergiften. Als dies nicht schnell genug gegangen war, schlug er so lange mit einem Hammer auf ihn ein, bis dieser im Gehirn stecken blieb. Der Übeltäter starb unmittelbar darauf ebenfalls, ohne dass ihn jemand verletzte.1317 Diese Episode um Johannes wirkt derart absurd, dass sie durchaus realistisch erscheint, während der Tod seines Mörders unzweifelhaft als gerechte Strafe dieses Verbrechens erkannt werden kann. Einige Jahre später, im Jahr 896, starb Papst Bonifatius VI. bereits nach 15 Tagen im Amt an der Gicht. Ein derart schnell nach dem Amtsantritt 1314 Annales Fuldenses a. 889, S. 117: Largus erat multum, paciens humilisque, benignus, / Omnibus exemplum in bonitate manens; / Hister qua fluitat currit Hrenusque bicornis, / Litterulis doctis doctior ille fuit. Patzold, Episcopus, S. 395, sieht darin einen Beleg für die Geistlichen zugesprochene hohe Bedeutung. 1315 Annales Fuldenses a. 891, S. 119: Embricho Regino urbe episcopus, Vir paciens, humilis, sobrius fidusque manebat, gravis etate feliciter diem ultimum clausit. Unmittelbar darauf habe die Stadt infolge göttlicher Rache in Flammen gestanden. Umso größer ist die Gnade des Todes Embrichos einzuschätzen. Vgl. vergleichbare Beispiele bei Gregor von Tours um Aravatius von Tongern oder Remigius von Bourges, Kapitel 6.2.2 c und 6.2.2 g. 1316 Vgl. Annales Fuldenses a. 890, S. 119; a. 891, S. 119 sowie a. 899, S. 133. Das letzte Beispiel zeigt auch in der Bestellung der Bischöfe eine gewisse Emanzipation vom Königtum. Der Nachfolger Engilmars, Wihing, war zwar mit der Zustimmung des Königs, aber gegen die Bestimmungen der Väter gefolgt. Er wurde daraufhin, nun gegen den Willen des Königs, durch Richarius ersetzt. Vgl. Boshof, Regesten n. 173, S. 45. 1317 Annales Fuldenses a. 883, S. 109: Igitur Romae praesul apostolice sedis nomine Iohannes prius de propinquo suo veneno potatus, deinde, cum ab illo simulque aliis suae iniquitatis consortibus longius victurus putatus est, quam eorum satisfactio esset cupiditati, quia tam thesaurum suum quam culmen episcopatus rapere anhelabant, malleolo, dum usque in cerebro constabat, percussus expiravit. Sed et etiam ipse constructor male factionis concrepente turba stupefactus a nullo lesus nec vulneratus mortuus non mora apparuit.

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eintretender Tod kann als Ausweis für die mangelnde Eignung des Kandidaten ausgelegt werden. Anzeichen für eine solche Interpretation finden sich an dieser Stelle hingegen nicht. Vielmehr ist wohl schlicht die Todesursache bekannt gemacht worden.1318 Den Abschluss bildet noch einmal ein Beispiel eines schlechten Todes: das Ableben Karls des Kahlen, der in den Fuldaer Annalen durchgängig als »Prototyp eines Tyrannen« ins Bild gesetzt wird.1319 Am Bericht Hinkmars in den Annales Bertiniani ist eine (kaum) kodierte Kritik an Karl diagnostiziert worden. Die Kritik in den Fuldaer Annalen ist in keiner Weise verborgen. Karl starb, nachdem er seinem Wesen gemäß einmal mehr die Flucht ergriffen hatte, in großem Jammer an Durchfall (dissinteriae morbo).1320 Von der Präparation des Leichnams findet sich kein Wort, vielmehr verfiel er derart schnell und ein exorbitanter Gestank ging von ihm aus, dass er vorzeitig beigesetzt werden musste.1321 Wird Heiligen nachgesagt, ihr verstorbener Körper würde noch lange einen besonderen Wohlgeruch von sich geben, lässt der Leichnam Karls das Gegenteilige erleben. Dies wird den natürlichen Umständen sicher nicht völlig entgegenlaufen, die Form der Präsentation ist hingegen eindeutig.1322 Dass diese Form der Darstellung aus den unter Einfluss Liutberts entstandenen Annalen nicht alleinig die Form des herrscherlichen Todes repräsentiert, zeigt der Tod Lothars I. 855 in dem möglicherweise noch unter Hraban initiierten Abschnitt. Lothar, so lautet es 1318 Vgl. Annales Fuldenses a. 896, S. 129. Für die Glaubwürdigkeit der Todesursache spricht auch, dass diese Angabe zu Bonifatius’ Lebenszeit zunächst freigelassen, von gleicher Hand jedoch, wohl nachdem darüber glaubhafte Informationen eingegangen waren, nachgetragen worden war. Im Übrigen finden sich häufiger genauere Angaben zu Krankheiten, auch wenn diese nicht sofort zum Tod geführt haben. So wurde Königin Hemma 874 vom Schlag getroffen und büßte daraufhin ihr Sprachvermögen ein, ebenso Karlmann (Sohn Ludwigs des Deutschen) 879 und Kaiser Arnulf 899 (zu ihm vgl. Fuchs, Arnolfs Tod, Begräbnis und Memoria, S. 422–424). Karl III. ließ 887, von Schmerzen gequält, einen Einschnitt an seinem Kopf vornehmen. 1319 Vgl. Staab, Klassische Bildung und regionale Perspektive, S. 663–665 (Zitat S. 663). Zur Darstellung von Karls Tod vgl. auch Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 46f. 1320 Zur Dysenterie als Motiv in Todesbeschreibungen vgl. Kamenzin, Tode der römischdeutschen Könige und Kaiser, S. 67–70. 1321 Annales Fuldenses a. 877, S. 90: […] et in eodem itinere dissinteriae morbo correptus cum magna periit tristitia. Cuius corpus cum sui satellites ad sepulturam, quam ipse sibi apud sanctum Dionisium paraverat, transferre voluissent, propter foetorem nimium putridi cadaveris, quo gravabatur exercitus, in Burgundia in quodam monasterio sepelierunt. 1322 Dass auch anders über den Tod Karls berichtet wurde, zeigen die Annales Vedastini a. 877, S. 42. Dort findet sich zwar der auch in den Annales Bertiniani geäußerte Verdacht, dass Karl von seinem jüdischen Arzt vergiftet wurde, sein verwesender Leichnam wird hingegen nicht erwähnt. Auch wird zwar sein Grab in Nantua genannt, ebenso aber darauf hingewiesen, dass er bald darauf nach St. Denis umgebettet wurde. Zur Rolle des Episkopats in den Annales Vedastini, dem insbesondere eine Verantwortung in der Normannenabwehr zugeschrieben werde, vgl. Patzold, Episcopus, S. 437–439.

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dort, habe seinen sterblichen Leib abgelegt (mortalem hominem exuit) und sei ins ewige Leben eingetreten (ad vitam perrexit aeternam).1323 Diese Formulierung ist unzweifelhaft positiv konnotiert und bedient sich bekannter (neu)platonischer und biblischer Motive. d Zusammenfassung Sowohl die Annalen von St. Bertin als auch die Jahrbücher aus Fulda weisen quantitativ eine deutliche Aufwertung des Episkopats auf. Vielfach werden namentlich genannte Bischöfe als Gesandte unterschiedlicher Parteien aufgeführt, als anonyme Gruppe treten sie zu Synoden zusammen. Über die Geschichtswürdigkeit des Bischofs innerhalb der Historiographie im ausgehenden 9. Jahrhundert sagt dies zunächst kaum etwas aus – dergleichen war, wenn auch in geringerer Zahl, bereits in der frühkarolingischen Annalistik zu beobachten. Ein eigenständiger Handlungsspielraum der Bischöfe bestand gemäß diesen Angaben nicht, sie agierten im Auftrag von Königen, Kaisern oder Päpsten, standen dabei jedoch nicht selbst im Zentrum der Geschichte. Ausnahmen bilden, insbesondere bei Hinkmar von Reims, umfassendere Berichte über das Fehlverhalten einzelner Bischöfe sowie die daraus für die Betroffenen resultierenden Konsequenzen, die allerdings nicht dazu angetan sind, ein positives und geschichtswürdiges Bild des Episkopats zu zeichnen. Umso interessanter erscheint der Blick auf die Todesschilderungen. Deutlich unterscheiden sich die Annalen von St. Bertin von den Fuldaer Jahrbüchern, zudem die Vorgehensweise Prudentius’ von der Hinkmars innerhalb der Annales Bertiniani. Prudentius nennt nur im Zusammenhang mit Normannen zu Tode gekommene Bischöfe; dahinter verbirgt sich zum einen Kritik an den heidnischen Bewohnern des europäischen Nordens, zum anderen an König Karl dem Kahlen selbst, dem die Sicherung der Grenzen in den Augen des Annalisten nur unzureichend gelungen war. Da Prudentius in vier Fällen auch die Namen der Bischöfe sowie deren Sitz nennt, wird bereits eine erste Form der memoria geschaffen. Allein durch die Nennung des Namens wird eine Identität konstituiert, bereits die Nennung mag dem Betroffenen eine Erleichterung im Jenseitigen bringen und den Zugang zum Seelenheil ermöglichen. Es ist dennoch unwahrscheinlich, dass Prudentius Derartiges im Sinn gehabt hat. Er nutzt die Todesschilderungen als literarisches Mittel, um Kritik zu üben. Ebenso verfährt Hinkmar von Reims, der noch einen Schritt weiter geht und erstmals Todesfälle von Bischöfen deutlich negativ hervorhebt. Der Gedanke an memoria spielt dabei keine Rolle, vor Augen geführt werden soll vielmehr das für einen Bischof rechtmäßige Verhalten, wie dies dereinst bereits Gregor von Tours anhand zahlreicher Beispiele getan hat, ohne aber einen rechtmäßigen Bischof einen 1323 Annales Fuldenses a. 855, S. 46. Vgl. Schäpers, Lothar I., bes. S. 653–664.

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eindeutig schlechten Tod sterben zu lassen. In dieser Beziehung geht Hinkmar über Gregor hinaus, ohne dass er dieses Mittel flächendeckend und strukturiert innerhalb seiner Annalen anwenden würde. Die Fuldaer Jahrbücher wiederum geben nicht nur einen Einblick in die wiedergewonnene weltliche Bedeutung des Episkopats, der mehrfach an der Reichsverteidigung partizipiert, sondern heben die Geschichtswürdigkeit der Bischöfe durch die Nennung verschiedener Todestage der Prälaten hervor. Da jedoch, wie allgemein bekannt, dem Todestag im Mittelalter größte Bedeutung zwecks der damit verbundenen memoria beigemessen wurde, fällt diese Entwicklung deutlich ins Auge. Der Bischof hat erneut eine derart bedeutende Position inne, dass es angebracht ist, sich seiner zu erinnern. Die zumeist enge Bindung der Bischöfe an das Fuldaer Kloster, insbesondere der Mainzer Erzbischöfe, trägt ihren Teil dazu bei, die Entwicklung ist dennoch nicht zu übersehen.

7.5

Historiographische Texte des 9. Jahrhunderts – Nithards vier Bücher Geschichten und die Chronik Reginos von Prüm

Die Unterscheidung zwischen Annalistik auf der einen sowie historiographischen, präziser, wenn auch gleichzeitig einengend, chronikalischen Texten auf der anderen Seite erscheint zunächst abwegig. Allerdings hat die bisherige Analyse ein zweigeteiltes Bild ergeben. Während Gregor von Tours mit seiner Historiographie die chronikalische Darstellung geprägt hat, gelangten im 8. Jahrhundert allen voran annalistische Werke in den Vordergrund. Im Verlauf des 9. Jahrhunderts treten nun Annalistik und im weitesten Sinne Chronistik nebeneinander, um über die Geschehnisse in den einzelnen Teilreichen Bericht zu erstatten. Darunter zählen in erster Linie Nithards vier Bücher Geschichte sowie die annalistisch aufgebaute Chronik Reginos von Prüm.1324 Hinzugerechnet werden müssen auch die von Notker aufgezeichneten Taten Karls des Großen1325 sowie die längere Zeit allein stehenden, an klassischem Vorbild orientierten Lebensbeschreibungen Karls (Einhart)1326 und dessen Sohnes Ludwig des Frommen (Astronomus, Thegan).1327 Die letztgenannten Werke können in der Analyse ausgespart werden; auf 1324 Regino von Prüm, Chronicon. Zur hier erstmaligen Zusammenführung der Gattungen der Chronik und der Annalistik vgl. McCormick, Annales du haut moyen âge, S. 19. 1325 Notker Balbulus, Gesta Karoli magni imperatoris. Zu Autor und Werk vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 28–58. 1326 Einhard, Vita Karoli magni. Umfänglich zur Datierung der Karlsvita auf das Ende der 820er Jahre vgl. Tischler, Einharts Vita Karoli 1, S. 151–239. Zur Wirkung der Karlsvita vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 3, S. 199–220. 1327 Zu beiden Texten vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 3, S. 223–237. Zu Thegan vgl. Tremp, Thegan.

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die darin enthaltenen wichtigen Implikationen zu Sterben und Tod hat bereits Manuel Kamenzin umfassend aufmerksam gemacht,1328 während kein einziger Bischofstod in diesen Werken vermeldet wird.1329 Die Werke Nithards und Reginos scheinen prädestiniert, Informationen über den Episkopat zu beinhalten. Nithard1330 allerdings berichtet keinen bischöflichen Todesfall und hebt auch darüber hinaus keine Bischöfe prominent hervor – Ausnahme ist der gegen Ludwig den Deutschen operierende Otgar von Mainz.1331 Ansonsten treten die Bischöfe nur als anonymisierte Gruppe auf. Eine gewisse Individualisierung oder Erinnerungswürdigkeit, wie sie durch die Angabe ihres Todes oder allein durch die Nennung ihres Namens erreicht werden würde, unterbleibt weitgehend, auch wenn Steffen Patzold eine durch Nithard dem Episkopat zugeschriebene größere Eigenständigkeit erkennen möchte.1332 Dies ist einerseits durch Nithards Konzentration auf Karl den Kahlen, in dessen Auftrag er schrieb, sowie dessen Konflikte zu erklären, andererseits durch die erst im Laufe des 9. Jahrhunderts langsam wahrzunehmende Aufwertung des Episkopats zur Geschichtswürdigkeit innerhalb der Historiographie, die Nithards 843 unvollendet abgeschlossene vier Bücher noch nicht aufweisen. Dem entgegen steht die Chronik Reginos von Prüm. Abgeschlossen im Jahr 908, somit kurz vor dem Ende der karolingischen Herrschaft im Ostfränkischen Reich, steht das zweite Buch des in zwei Bücher eingeteilten Werkes in der Tradition der späten karolingischen Annalistik, auch wenn sich Regino gemäß ei1328 Vgl. Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 41–46. 1329 In Notkers Gesta Karoli erscheint immerhin ein Prälat, dessen Ableben kurz bevorsteht. Als Karl gegen den Langobardenkönig Desiderius zog, fand er, gemäß Notker, in Cividale del Friuli in Friaul den Patriarchen von Aquileja sterbend vor. Dessen Namen nennt Notker nicht, er ist auch, wie schnell ersichtlich wird, unerheblich. Karl, als gottesfürchtig (religiosissimus) beschrieben, besuchte den Sterbenden und fragte ihn, wer als sein Nachfolger das Bischofsamt übernehmen soll. Der Angesprochene wies diese Frage jedoch im Angesicht des nahenden höchsten Richters sofort von sich, um nicht noch unmittelbar vor seinem Tod einer weiteren Sünde zu verfallen. Vgl. Notker Balbulus, Gesta Karoli II, 17, S. 85f. Notker nutzt diese Episode möglicherweise auch, um das allein Karl zustehende Recht der Bischofsbesetzung zu illustrieren, wenngleich ihm dies eher selbstverständlich gewesen sein dürfte. Der sterbende Aquilejer Patriarch ist dabei Mittel zum Zweck. Entsprechend finden sich keine Informationen zur Sterbevorbereitung, allein die Sorge des Sterbenden, im Hinblick auf sein Seelenheil negative Konsequenzen beim Jüngsten Gericht durch eine dem Herrscher vorweggenommene Entscheidung seiner Nachfolge befürchten zu müssen. Vgl. auch Goetz, Strukturen der spätkarolingischen Epoche, S. 45f. 1330 Vgl. zu seiner Person Rau, Einleitung (zu Nithard), S. 383. Zur Bedeutung seines Werkes vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 399–402; Ganshof, Historiographie dans la monarchie franque, S. 652f.; Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 3, S. 353–356. 1331 Zur Rolle des Episkopats bei Nithard vgl. Patzold, Episcopus, S. 239–241, speziell zur Rolle Otgars von Mainz S. 239f. 1332 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 239. Bischöfe seien vermehrt bei strittigen Fragen herangezogen worden (S. 240) und hätten mit göttlicher Autorität gehandelt (S. 241).

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gener Aussage nur auf wenige Vorlagen gestützt hat.1333 Dagegen ist Reginos Werk – beginnend mit der Geburt Christi und bis zu der von ihm persönlich erlebten Zeit von Quellen abhängig, wenngleich mit dem Ende der Annales regni Francorum 813 keine nachweisbaren Vorlagen mehr existieren1334 – vielfach als Weltchronik verstanden worden.1335 Hans-Henning Kortüm ist jedoch der Auffassung, dass Reginos Text, gleich den Annalen Hinkmars von Reims, als Zeitgeschichte in annalistischer Form einzuordnen ist.1336 Dabei unterlässt es Kortüm jedoch, das erste Buch in seine Überlegungen zu integrieren; rein quantitativ ergibt sich ebenfalls keine Betonung der Zeitgeschichte, zumal die entsprechenden Passagen nicht länger sind als die Berichte zu den Jahren 741 bis 813. Das erste Buch der Chronik, beginnend mit der Geburt Christi und endend, gemäß Reginos eigener Rechnung, im Jahr 713 (eigentlich 741), basiert vollständig auf Vorlagen. Allerdings gilt es zu beachten, dass auch Regino Entscheidungen darüber getroffen hat, welche Passagen er in sein eigenes Werk integrierte, wobei zwischen simpler Kopie und bewusster Komposition zu unterscheiden ist.1337 Für die ersten Jahrhunderte orientiert sich Regino vornehmlich an Beda Venerabilis (De temporum ratione) sowie Ado von Vienne (Martyrologium). In diesem Zusammenhang erscheinen zahlreiche, zumeist als Märtyrer klassifizierte, verstorbene Bischöfe der christlichen Frühzeit. Dazu werden die Tode der Apostel sowie die Martyrien einer Vielzahl von Päpsten aufgeführt. Die Schilderungen sind zu keinem Zeitpunkt ausführlich, oft handelt es sich um reine Aufzählungen, dennoch gilt festzuhalten, dass es Regino für notwendig gehalten haben muss, derart ausführlich aus seinen Vorlagen auf die zahlreich für ihren Glauben gestorbenen Würdenträger aus den ersten Jahrhunderten des Christentums hinzuweisen. Annähernd 60 explizit als Bischof 1333 Vgl. zu Regino und seiner Chronik Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 82f. u. 85–89; Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 6, S. 901–904. Zu Datierung und ›Charakter‹ vgl. Patzold, Episcopus, S. 54f. Anm. 38. Zu den von Regino herangezogenen Quellen vgl. Boschen, Annales Prumienses, S. 190–195 u. 210–226; McKitterick, Perceptions of the Past, S. 32; Schröer, Annales S. Amandi, S. 48–70; von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 130. Zur Überlieferung vgl. Schleidgen, Überlieferungsgeschichte. Sprachliche Änderungen erfuhr die Chronik wohl von ihrem Fortsetzer Adalbert, vgl. Prinz, Überarbeitung. 1334 Quellen, die Regino jedoch nicht einfach abgeschrieben, sondern nach seinen Vorstellungen verarbeitet hat, vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 88. 1335 Vgl. Airlie, Sad Stories of the Death of Kings, S. 105; Ebenbauer, Historiographie, S. 111; von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 128; Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 6, S. 904. 1336 Vgl. Kortüm, Weltgeschichte am Ausgang der Karolingerzeit, S. 504. Weiterhin Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 86f. 1337 Ausführlicher wird auf die Analyse komplett von Vorlagen abhängiger Textabschnitte bezüglich anderer Quellen im weiteren Verlauf eingegangen, vgl. Kap. 9.3.1 a und 9.4.1.

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bezeichnete Personen finden den Tod, ergänzt wird diese Zahl durch mehr als 30 verstorbene Päpste. Auch wenn sich Regino gänzlich auf Vorlagen gestützt hat, so hat er doch bewusst eine Fülle an vornehmlich für den Glauben gestorbener Bischöfe und Päpste integriert. Ebenso finden sich im zweiten Buch Todesfälle aus dieser Personengruppe verzeichnet, die zunächst quantitativ ausgewertet werden sollen. Insgesamt berichtet Regino über 20 bischöfliche Todesfälle, hinzu treten zwei verstorbene Päpste. Das letzte große ostfränkische Werk1338 unter karolingischer Herrschaft scheint die Annahme der zunehmenden Geschichtswürdigkeit des Bischofs eindrucksvoll zu bestätigen.1339 Auffällig ist zudem die Konzentration Reginos auf westfränkische Begebenheiten, was sich in den genannten Bischöfen widerspiegelt.1340 Zuletzt nimmt die Zahl der berichteten Bischofstode zu Beginn der 880er Jahre stark zu, 16 der 20 Beispiele ereigneten sich im Zeitraum zwischen den Jahren 882 und 906. Die deutlich gestiegene Zahl steht in unmittelbarem Verhältnis zu der von Regino selbst erlebten Zeit.1341 Dies allein mag für die gestiegene Bedeutung der Bischöfe auch in den Augen von Historiographen sprechen; Regino hielt es für notwendig, ihm zugetragene Todesfälle in seiner Chronik zu verzeichnen. Aber auch eine bessere Informationslage mag den Anstieg der Berichte mitzuverantworten haben. Bis 882 finden sich Hetti von Trier,1342 der aus den – Regino jedoch unbekannten – Annales Bertiniani bekannte, auch hier ohne Namen erscheinende Bischof von Nantes,1343 der einem 1338 Zur engen Bindung Prüms zum Westfränkischen Reich vgl. Löwe, Geschichtsschreibung, S. 15. Zur Bedeutung Prüms in Reginos Chronik vgl. Airlie, Sad Stories of the Death of Kings, S. 109. 1339 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 56. So war Regino insbesondere Erzbischof Radbod von Trier verpflichtet, der, nachdem Regino seinen Abbatiat in Prüm hatte aufgeben müssen, diesen aufgenommen und der Abtei St. Martin in Trier vorgesetzt hatte. Zu Reginos Werdegang vgl. Wisplinghoff, Untersuchungen, S. 439–456. 1340 Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 6, S. 902. Diese geographische Konzentration ist mit den dort gelegenen Besitzungen des Klosters Prüm zu erklären. Zur Verortung Prüms in Lotharingien vgl. die Karten bei Schneider, Auf der Suche nach dem verlorenen Reich, S. 645f. 1341 Zu Reginos zeitgeschichtlicher Ausrichtung und seiner »tiefe[n] Überzeugung vom historischen Eigenwert der Gegenwart« vgl. Kortüm, Weltgeschichte am Ausgang der Karolingerzeit, S. 501f. (Zitat S. 501). Vgl. Patzold, Episcopus, S. 56; von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 130. 1342 Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 847, S. 75. Gemäß Edition der MGH soll diese Information den Annales Prumienses, S. 1291, entlehnt sein. Wird aber ein Blick in genannte Annalen geworfen, findet sich dort nur Tietgaudus episcopus constituitur, kein Wort über den Tod Hettis. Die auch im Folgenden zu beobachtende besondere Hervorhebung Trierer Bischöfe ist eng mit Reginos eigenem Leben verbunden. Vgl. Wattenbach / Levison / Löwe, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 6, S. 899. 1343 Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 853, S. 76. Es dürfte nur schwerlich Zufall sein, dass sowohl Prudentius von Troyes als auch Regino über den Tod des Bischofs von Nantes sprechen, er jedoch in beiden Fällen anonym bleibt. Eine Nutzung von Prudentius’ An-

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Überfall der Normannen zum Opfer fiel, sowie die im Rahmen der Affäre um die Ehescheidung Lothars II. abgesetzten Bischöfe Gunthar von Köln und Theutgaud von Trier, die beide in der Fremde gestorben sein sollen.1344 Absicht oder Struktur ist bei diesen Beispielen noch nicht auszumachen, ihre Aufnahme wird den wenigen Regino zugänglichen Informationen geschuldet sein. Im Tod Theutgauds und Gunthars abseits ihres Heimatlandes einen negativen Beigeschmack erkennen zu wollen – insbesondere da Regino gerade Theutgaud stark kritisiert hat – ist sicher zutreffend, daher eventuell auch das bewusst parallel mitgeteilte, wenngleich falsch datierte Ableben beider zum Jahr 865 statt zu den Jahren 868 und 871.1345 Aus Reginos selbst erlebter Zeit finden sich erneut den Normannen zum Opfer gefallene Bischöfe, namentlich Wala von Metz, Gozlin von Paris, Eberhard von Sens, ein ungenannt gebliebener Bischof von Coutances und Sunzo von Mainz,1346 hinzu treten der von Slawen erschlagene Arn von Würzburg1347 sowie der von Ungarn getötete Liutward von Vercelli.1348 Diese Berichte lassen, anders als bei Prudentius von Troyes, keine Kritik am Herrscher zutage treten. Recht und Moral lässt Regino in seinen Berichten nicht prominent hervorscheinen.1349 Folglich wird auch der Tod infolge kriegerischer Handlungen nicht kritisch bewertet, wie dies Hinkmar von Reims noch getan hatte, aber bereits in den Fuldaer Annalen nicht mehr zu beobachten gewesen ist. Auch bei Regino sterben Bi-

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nalen durch Regino lässt sich hingegen durch andere Stellen nicht erhärten. Zudem schildert Regino weitere bereits aus anderen Annalen bekannte Todesfälle, wenn auch in abweichender Form, was eine andere Quelle vermuten lässt, die ihm davon Mitteilung gemacht hat. Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 865, S. 84. Hinkmar von Reims hatte in der Fortsetzung von Prudentius’ Annalen nur vom Tod Theutgauds in der Fremde berichtet. Wie im Fall des namenlosen Bischofs von Nantes scheint Regino über ähnliche Informationen wie Prudentius und Hinkmar verfügt, ohne jedoch ihre Annalen tatsächlich gekannt zu haben. Zu Gunthar vgl. Oediger, Regesten n. 163, S. 53; Weinfurter, Colonia, S. 15–17. Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 864, S. 81. Regino bezeichnet Theutgaud als vir simplex ohne Kenntnis der göttlichen Schriften oder des kanonischen Rechts. Da eine zentrale Forderung an die Bischöfe in einer hohen Bildung bestanden hat, impliziert Reginos Kritik Theutgauds fehlende Qualifikation für das Bischofsamt. Vgl. Kloft, Bischofsamt des karolingischen Reiches, S. 286f. Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 882, S. 119; a. 887, S. 127; a. 888, S. 131; a. 890, S. 135 und a. 891, S. 137. Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 892, S. 140. Zu Arn, seinem Tod in der Schlacht sowie der späteren Umgestaltung dieses Vorgangs bei Thietmar von Merseburg – Arn ist demnach nicht im Kampf, sondern bei der Messfeier umgebracht worden, der Kampfestod hatte offenkundig nicht mehr ins Bild gepasst; vgl. Kapitel 8.4.2 b, Anm. 1708 – vgl. Prinz, Klerus und Krieg, S. 139–142; Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 56f.; Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 49. Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 901, S. 148. Vgl. Rau, Einleitung (zur Chronik Reginos), S. 8.

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schöfe wie Wala von Metz kritiklos,1350 werden vielmehr teils ob der Art und Weise, wie sie ihr Amt verwaltet haben, gelobt. Einen wertfreien Berichtsstil bedeutet dies somit ebenfalls nicht. Allerdings lassen die von den Normannen herbeigeführten Todesfälle genannter Bischöfe keine Interpretation zu, wie dies bei Prudentius möglich gewesen ist. Dennoch eröffnen sie, zumindest in Ansätzen, die Möglichkeit einer von Regino getroffenen Eingruppierung. Zunächst erscheinen die Bischöfe, wie schon in den Fuldaer Jahrbüchern, als Kriegsherren, die entweder die Verteidigung ihrer Stadt in vorderster Front organisieren oder selbst Normannen oder Slawen zur Schlacht entgegenziehen. Ihr Tod wird weitgehend ohne zusätzliche Informationen behandelt. Zwei Todesfälle weichen davon hingegen leicht ab. Zu Eberhard von Sens, dem vir totius sanctitatis et sapientiae nitore fulgidus ergänzt Regino, dieser sei corporeis vinculis absolutus ad caelestem patriam transiit.1351 Diese für die karolingische Historiographie sehr ausführliche Charakterisierung greift das Bild der vom Körper befreiten Seele auf; Eberhards Tod erscheint als positiv, als gut, auch wenn in diesem Fall – wie in 18 der 20 bischöflichen Todesfälle – kein Wert darauf gelegt wird, den Todestag zu vermerken.1352 Im Falle Eberhards wird dessen Charakter zusätzlich dadurch herausgehoben, indem Regino Eberhards Nachfolger Walter als sowohl bezüglich der Sitten als auch in der Religion und dem Studium der Philosophie Eberhard nicht annähernd als gleichwertig betrachtet.1353 Dem Bild Eberhards entgegen steht Liutward von Vercelli. Dieser soll, gerade als er im Begriff stand, seine Schätze in Sicherheit zu bringen, von den Ungarn getötet worden sein.1354 Auch wenn nicht explizit betont, erscheint dessen Ableben negativ konnotiert.1355 Von einer Nutzung des schlechten bischöflichen Todes als bewusstes Stilmittel bei Regino kann aber nicht gesprochen werden. 1350 Vgl. Löwe, Regino von Prüm, S. 156. Gegen die Kritik eines Hinkmar von Reims tritt in dieser Zeit Lob für den Kampf gegen die Normannen. Exemplarisch das Lob Abbos von Saint-Germaine-des-Prés über die Verteidigung von Paris durch Bischof Gozlin, Abbo, Bella Parisiacae urbis, S. 100: Gozlinus, domini presul, mitissimus heros, / Astra petit domino migrans, rutilans velut ipsa, / Nostra manens turris, clipeus necnon bis-acuta / Rumphea; fortis et arcus erat fortisque sagitta. 1351 Regino von Prüm, Chronicon a. 888, S. 131. 1352 Ausnahmen bilden Sunzo von Mainz, am 26. Juni gegen die Normannen gefallen (datiert wird hierbei die Schlacht, nicht explizit der Tod Sunzos) sowie zuvor Bertulf von Trier (gest. 10. Februar). Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 891, S. 137 und a. 883, S. 120. Es ist kein Zufall, dass gerade dieser beiden Bischöfe durch Angabe ihres Todestages im Besonderen gedacht wird; Regino hat zwei seiner Werke ihren jeweiligen Nachfolgern, Radbod und Hatto, gewidmet. 1353 Regino von Prüm, Chronicon a. 888, S. 131: in cuius [sc. Eberhard] cathedra sublimatus est Waltarius, nepos Waltarii Aurelianensis urbis episcopi, longe inferior predecessore moribus, religione et philosophiae studio. 1354 Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 901, S. 148. 1355 Gleichzeitig könnte damit Kritik an Karl III. angedeutet werden, dessen engster Berater Liutward gewesen ist. Vgl. Bührer-Thierry, Évêques de Bavière et d’Alémanie, S. 35–37;

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Wunderbehaftete Todesschilderungen finden sich bei Regino nicht, dafür aber präzisere Sterbevorgänge. Damit steht er in der Tradition Hinkmars von Reims, wenn es insbesondere um mit Kritik behaftete Schilderungen geht,1356 doch hält er sich, anders als Hinkmar und erst recht anders als die Chronisten und Annalisten des 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts bezüglich des Episkopats weitgehend zurück. In der Tat erscheint bischöflicher Tod bei Regino zwar zahlreich, aber teils blass. Er nimmt die in seiner Umgebung sich ereigneten Sterbefälle auf, namentlich Witgar von Augsburg, Liutbert von Mainz, Salomo II. von Konstanz, Fulco von Reims, Baltram von Straßburg und Ludelm von Toul.1357 Gänzlich auf Würdigungen verzichtet Regino jedoch nicht. Willibert von Köln wird als heilig sowie als sowohl in göttlichen wie menschlichen Angelegenheiten bewandert ausgezeichnet.1358 Odilbald von Utrecht, ein heiliger Mann, wurde der Welt entrückt und trat in das Himmelreich ein.1359 Zudem unterlässt es Regino nicht, in vielen Fällen auch den Nachfolger des Verstorbenen zu benennen.1360 Witgar ausgenommen, dessen Todeserwähnung sich durch seinen Nachfolger Adalbero erklären lässt, dem Regino seine Chronik gewidmet hat,1361 sind die meisten Bischöfe einem relativ engen Raum in Lothringen zuzuordnen.1362

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Fleckenstein, Hofkapelle der deutschen Könige 1, S. 190f.; Keller, Zum Sturz Karls III., S. 340f.; McLean, Kingship and Politics, S. 178–185. Eine allzu kritische Sicht auf Karl III. offenbart das Werk Reginos jedoch nicht, immerhin wird Karl bescheinigt, dass er nach seinem Tod gewiss die Krone des Lebens (coronam vitae) erlangt, vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 888, S. 129. Vgl. Kortüm, Weltgeschichte am Ausgang der Karolingerzeit, S. 504. Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 887, S. 128; a. 889, S. 134; a. 890, S. 136; a. 903, S. 150 und a. 906, S. 152f. (Baltram und Ludelm). Fulco von Reims ist dabei keines natürlichen Todes gestorben, sondern ermordet worden. Zu den Umständen vgl. Schmitz, Heriveus von Reims, S. 62–65; Schneider, Erzbischof Fulco von Reims, S. 179–182. Regino von Prüm, Chronicon a. 890, S. 136: sanctissimo et in divinis humanisque rebus prudentissimo. Regino von Prüm, Chronicon a. 899, S. 147: Ea tempestate Odilbaldus sanctus vir, Treiectensis ecclesiae presul, e rebus humanis sublatus ad caeleste regnum transivit. Im Fall der (Erz-)Bischöfe Hetti von Trier [ihm folgt Theutgaud], Bertulf von Trier [Radbod], Witgar von Augsburg [Adalbero], Eberhard von Sens [Walter], Liutbert von Mainz [Sunzo], Willibert von Köln [Hermann], Salomo II. von Konstanz [Salomo III.], Sunzo von Mainz [Hatto], Arn von Würzburg [Rodulf], Odilbald von Utrecht [Radbod], Fulco von Reims [Heriveus], Baltram von Straßburg [Otbert] und Ludelm von Toul [Druogo]. Adalbero war neben Hatto von Mainz einflussreichster Erzieher Ludwigs IV., genannt das Kind. Daher ist Reginos Adalbero gewidmete Chronik als Fürstenspiegel erachtet worden, vgl. Rau, Einleitung (zur Chronik Reginos), S. 6f. Die These unterstützt und präzisiert Kortüm, Weltgeschichte am Ausgang der Karolingerzeit, S. 512f. Vgl. Airlie, Sad Stories of the Death of Kings, S. 111. Systematisch insbesondere die Amtsträger von Köln, Mainz und Trier, vgl. Patzold, Episcopus, S. 57.

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Auch kompositorisch lassen sich diese Berichte zu einer Gruppe zusammenfassen. Sie befinden sich durchgehend am Ende des jeweiligen Jahresberichtes, schließen diesen nicht selten ab. Diese Berichte fallen aus den zuvor mitgeteilten Ereignissen heraus, stehen für sich ohne weitreichenden oder überhaupt erkennbaren Kontext. Überhaupt finden Bischöfe nicht mehr über ihre Beziehung zum Herrscher Erwähnung, ganz im Gegenteil stellen sie für Regino genug Potential dar, sie als eigenständige Handlungsträger zu integrieren.1363 Diese Art der nachgeschobenen Bischofstode findet sich insbesondere in Chronistik und Annalistik des 11. Jahrhunderts.1364 Regino bietet einen ersten zahlenmäßig größeren Beleg dieser Form. Von einer memorialen Qualität dieser Nachrichten kann allein durch die namentliche Erwähnung ausgegangen werden. Erkenntnisse zu Person, Umständen des Todes, Sterbevorbereitung und -verlauf, Beisetzung und Nachleben bietet der Text nicht, dies war allerdings auch nicht Intention dieser abschließenden Nachrichten. Sie erscheinen wie knappe Todesanzeigen, um über den Wechsel in einem für Regino relevanten Bistum zu unterrichten, immerhin nennt er in allen aufgeführten Fällen den Nachfolger des verstorbenen Bischofs. Regino befasst sich systematisch mit Anfang und Ende eines Episkopats, die Bedeutung der Bischöfe muss für ihn entsprechend groß gewesen sein.1365 Es soll, als knapper Einschub, nicht verschwiegen werden, dass Regino den schlechten Tod durchaus als stilistisches Mittel einsetzt. So hat der als Säufer charakterisierte Pippin, Sohn Ludwigs des Frommen, presentem vitam cum dedecore amisit. Ebenso soll der über seine Dreiecksbeziehung zu Theutberga und Waldrada scharf kritisierte Lothar II. divino iudicio percussus ab hac luce subtractus est. Abschließend der merkwürdige Fall des Grafen Stephan, der auf dem Abort sitzend von einem vergifteten Pfeil getroffen wurde und daran starb.1366 Ohne dass Regino dies bewerten oder darauf verweisen würde, tritt Arius vor Augen.1367 Stuart Airlie, der sich den Nachrichten zum Königstod in Reginos Chronik zugewendet hat, verzeichnet zwischen 869 und 899 zwölf Tode karolingischer Könige sowie weiterer Mitglieder der Familie. Diese Darstellungen seien, wie er feststellen konnte, keineswegs neutral, sondern visualisierten den Untergang des karolingischen Hauses, dessen Aufstieg und Fall Regino zur

1363 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 58. Natürlich erscheinen die Bischöfe auch als königliche Berater (vgl. ebd., S. 59). 1364 Exemplarisch zu den Niederaltaicher Annalen vgl. Kapitel 9.3.2. 1365 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 60. 1366 Vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 854, S. 77; a. 869, S. 97 und a. 901, S. 149. Zum Herrschertod in der Chronik Reginos vgl. Airlie, Sad Stories of the Death of Kings. 1367 Auch wenn Tesch-Mertens, Aborte, S. 267, im Ableben Stephans keine göttliche Strafe erkennen möchte, sondern eine Episode der Babenberger Fehde.

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Grundlage seiner Chronik genommen habe.1368 Zwar berichte Regino ausführlich über königliche Todesfälle, weiß zumeist auch Informationen über die Grabmäler zu geben und entwerfe somit »a regnum full of the remembered presence of Carolingians, but they are dead Carolingians.«1369 Der Blick richtet sich nicht nach vorne, sondern zurück; Vergangenheit statt Zukunft, Tod statt Leben, woraus sich aber eine klare Mahnung für Gegenwart und Zukunft ableiten lässt, was der Konstruktion als einer Art Fürstenspiegel für Ludwig das Kind entspricht. Folglich ist Reginos Text als bewusst zusammengestellt und strukturiert einzuschätzen,1370 womit aber auch die Schilderungen der Bischofstode keineswegs zufällig sind. Allein der zahlenmäßige Niederschlag spricht für eine in der Historiographie wahrgenommene Erstarkung des Episkopats, die sich einmal mehr auch in der Verteidigung gegenüber äußeren Feinden bemerkbar macht. Auf der einen Seite steht somit der Niedergang der karolingischen Dynastie, auf der anderen die von Steffen Patzold erkannte gestiegene Geschichtswürdigkeit des Episkopats. Die Bischöfe sterben zwar, doch unterlässt es Regino in den überwiegenden Fällen nicht – ganz im Hinblick auf Gegenwart und Zukunft – ihre jeweiligen Nachfolger zu nennen. Diese als typisch und gewöhnlich einzustufende historiographische Darstellungsform wird angesichts der Konzeption Reginos in ein neues Licht gerückt. Während die karolingischen Könige sterben, teils sogar die Söhne vor den Vätern, und der Blick den Grabmälern gilt, nicht der Zukunft des Reiches, repräsentieren die Bischöfe eine einerseits zahlenmäßig starke und auch militärisch autonome Gruppe, die andererseits aufgrund ihrer Eigenschaft, nicht dem Zwang der Fortpflanzung zu unterliegen, den Fortbestand des Reiches zu gewährleisten in der Lage ist. Ihre Zukunft ist gesichert. Ihre Mitglieder sterben auch, aber der Tod ist hierbei Ausdruck des nachfolgenden Lebens, des in die Zukunft gerichteten Blicks, bekräftigt durch den unmittelbar an die Stelle des Verstorbenen tretenden Nachfolger.

7.6

Hagiographie des 9. Jahrhunderts

Für einen vollständigeren Blick auf die aus karolingischer Zeit überlieferten Texte ist der Einbezug hagiographischer Werke unerlässlich, der aber auf ausgewählte Beispiele begrenzt werden muss. Aufgegriffen wird das bezüglich der Hagiographie des 5. bis 7. Jahrhunderts erprobte Mittel, Lebensbeschreibungen derjenigen Bischöfe auszuwählen, die bereits innerhalb der Historiographie bezüglich ihres Todes Erwähnung gefunden haben, sodass zumindest im Ansatz das 1368 Vgl. Airlie, Sad Stories of the Death of Kings, S. 109 u. 128f. 1369 Airlie, Sad Stories of the Death of Kings, S. 129. 1370 Vgl. Airlie, Sad Stories of the Death of Kings, S. 131.

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Moment der Vergleichbarkeit gegeben erscheint. Hinzu kommt eine möglichst zeitgenössische Abfassung.1371 Was für die Geschichtsschreibung gilt, ist für die Hagiographie zwar nicht eins zu eins übertragbar,1372 doch steigt die Möglichkeit zeitlich nah am Tod des Protagonisten abgefasster Texte, über die typischen Elemente hinaus Einblicke in andere Formen der Wahrnehmung von Sterbe- und Todesakten zu erhalten. Entstehungsorte hagiographischer Texte karolingischer Zeit waren fast ausschließlich geistliche Institutionen wie Klöster oder Bischofssitze.1373 Zumeist wurden lang verstorbene Bischöfe zum Sujet genommen. Würde und Ehre lag dabei nicht in ihrer Persönlichkeit begründet, sondern in ihrem Amt, das sie als Stellvertreter Christi in eine Reihe mit den Aposteln und den heiligen Bischöfen der Frühzeit stellte. Die Intentionen dieser Texte waren vielschichtig. Sicher dienten sie in erster Linie dazu, das liturgische Gedenken an einen Heiligen zu intensivieren oder überhaupt erst zu initiieren. Weiterhin werden auch andere Überlegungen eine Rolle gespielt haben, ihr Dienst zur Erbauung und zum inneren Zusammenhalt einer Gemeinschaft und gleichermaßen als Lehrstück zu rechtem Verhalten.1374 Dennoch mag gerade den zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert entstandenen hagiographischen Texten eine größere Realitätsnähe innewohnen als den zuvor und danach entstandenen Texten,1375 wenngleich die Zahl relativ zeitnah zum Tod des Protagonisten verfasster Viten im Vergleich zur Gesamtsumme der in karolingischer Zeit entstandenen Heiligenleben äußerst gering ist. Es lassen sich umfangreichere nicht-hagiographische Bestandteile ausmachen;1376 einem in der Liturgie genutzten hagiographischen Text war ein deutlich größerer Rezipientenkreis gewiss, sodass dort eingepflegte historiographische Elemente ebenfalls weitere Verbreitung gefunden haben.1377 Das Zielpublikum der in karolingischer Zeit verfassten Viten muss jedoch überwiegend innerklösterlich gesucht werden: entweder öffentlich vorgelesen oder zur stillen Lektüre gedacht. Illiterati als Zielgruppe werden in den Viten kaum genannt.1378 1371 Vgl. Becher, Prediger mit eiserner Zunge, S. 35. 1372 Zum schwierigen Spannungsverhältnis zwischen Hagio- und Historiographie vgl. Röckelein, Gewebe der Schriften, S. 2–4. 1373 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 91. Zur Vitenliteratur in karolingischer Zeit vgl. Engels, Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert), S. 45f. 1374 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 91 u. 517. 1375 Vgl. Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 162. 1376 Vgl. Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 126. 1377 Vgl. Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 160f. u. 164. Auf eine nötige Differenzierung macht Röckelein, Gewebe der Schriften, S. 7, aufmerksam. Grundsätzlich zur Reichweite historiographischer Texte vgl. McKitterick, Audience for Latin Historiography. 1378 Vgl. Heene, Merovingian and Carolingian Hagiography, S. 421–425. Damit hätten die Viten, so Heene, gegenüber denen aus merowingischer Zeit ihre pastorale Funktion größtenteils verloren, dienten vornehmlich der Belehrung von Mönchen, Nonnen und Klerikern (S. 426).

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Exemplarisch dienen uns im Folgenden Lebensbeschreibungen des Bonifatius. Bonifatius bietet sich nicht allein wegen der Bedeutung seiner Person an, er trat auch vermehrt unter den in historiographischen Texten vermerkten Bischöfen in Erscheinung und ihm wurden zudem relativ bald nach sowie in etwas größerem Abstand zu seinem Tod zwei Viten gewidmet. Während der Mainzer presbyter Willibald1379 seine Fassung unmittelbar nach Bonifatius’ Tod zwischen 754 (755?) und 768 niederschrieb,1380 verfasste möglicherweise Radbod, Bischof von Utrecht, um 900 eine weitere Fassung.1381 Während Willibald seine Informationen gemäß eigener Angabe von Vertrauensleuten des Verstorbenen beziehen konnte,1382 schrieb Radbod, sollte er der Verfasser sein, über 150 Jahre nach den Begebenheiten. Der Blick konzentriert sich auf das Ableben des Protagonisten, doch darf sein vorhergehender Lebenswandel nicht unberücksichtigt bleiben. Willibald, der im Auftrag Luls, Bonifatius’ Nachfolger auf dem Mainzer Bischofsstuhl, das Werk begonnen hat, bringt dem Leser einen Protagonisten nahe, der bereits seit Kindertagen den Wunsch verspürte, weltabgewandt im Dienst Gottes zu leben. In Bonifatius zeigt sich jedoch nicht der kontemplativasketische Typus, sondern der tatkräftige Klostergründer, Bischof und Missionar. Anders als bei Martin von Tours manifestiert sich der ihm gewährte göttliche Zuspruch nicht in übersinnlichen Wundern, sondern in realem Erfolg.1383 Die Erlaubnis, in ein Kloster eintreten zu dürfen, erhielt Bonifatius von seinem Vater erst, als dieser von einer tödlichen Krankheit befallen worden war.1384 Das Motiv des (drohenden) Todes spielt somit bereits zu Beginn seines Lebens gemäß den Ausführungen Willibalds eine entscheidende Rolle. Gott selbst greift durch das

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Diesen Texten jedoch im Gegensatz zur merowingerzeitlichen Vita nun jeden »Volkscharakter« abzusprechen dürfte dennoch übertrieben sein. Alkuin weist im Widmungsbrief zu seiner Vita Richars darauf hin, die bereits bestehende einfache Vita genüge zur Unterweisung des Volkes, Vita Richarii, S. 389: Cuius simplex et minus polita locutio quia fratribus ad recitandum in populo aptior videbatur, sufficere sibi eandem descriptionem consenserunt. Eine Identifizierung mit dem gleichnamigen Eichstätter Bischof hat Wagner, Bonifatiusstudien, S. 9–23, wieder zu beweisen versucht. Zur bisherigen Auffassung vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 239. Vgl. Willibald, Vita Bonifatii. Vgl. zur Vita Berschin, Biographie und Epochenstil 3, S. 6– 13, zur Datierung (wohl vor 760) ebd., S. 10 Anm. 15. Eine nicht näher mögliche Eingrenzung als zwischen 755 und 768 bestätigt Wagner, Bonifatiusstudien, S. 25f. Vgl. Vita altera Bonifatii auctore Traiectensi. Zur Datierung vgl. Patzold, Episcopus, S. 92; zu Autor und Werk Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 96–98. Datierungsansätze bereits zu um 825 bei Berschin, Biographie und Epochenstil 3, S. 14 u. 16 mit Anm. 30; Becht-Jördens, Ermordung des Erzbischofs Bonifatius, S. 120 mit Anm. 92. Damit würde auch Radbod als Verfasser nicht zutreffen. Vgl. Rau, Einleitung (zu Willibalds Leben des Bonifatius), S. 452. Vgl. Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 10. Damit weist die Bonifatiusvita bereits in die Richtung von Werken nachfolgender Jahrhunderte wie den Viten Bruns von Köln oder Bennos II. von Osnabrück. Vgl. Willibald, Vita Bonifatii c. 1, S. 5f.

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Mittel des angedrohten Ablebens in das Geschehen ein, um Bonifatius den Eintritt ins Kloster zu ermöglichen. Im weiteren Verlauf bleibt der Tod präsent. Abt Wynbercht, Bonifatius’ Lehrer im Kloster Nursling, lag, von einer Krankheit ergriffen, im Sterben, woraufhin sich die Brüder um ihn versammelten. Bald verlies Wynbercht unter den Klagen der Versammelten sein körperliches Gefängnis (deposito corporis ergastulo) und starb.1385 Die Szene ist unspektakulär, das Motiv der Befreiung aus dem körperlichen Gefängnis nicht neu; doch gerade diese Nüchternheit zeichnet die Szene aus. Während Bonifatius selbst als Märtyrer unter außergewöhnlichen Umständen zu Tode kommt, wird im Falle Wynberchts ein sicherlich stark verkürzter, aber doch ›klassischer‹ Sterbevorgang geschildert. Dem entgegen steht Bonifatius selbst. Vor seiner letzten Reise nach Friesland mahnte er seinen designierten Nachfolger Lul, sein begonnenes Werk fortzusetzen. Bonifatius ist sich bewusst, dass der Tag seiner Auflösung bevorsteht (Verweis auf 2 Tim 4,6), der Tod ihn auf dieser Reise ereilen wird.1386 Entsprechend bat er Lul, seinem Reisegepäck ein Leinentuch (lintheum) beizufügen, in das sein Leichnam eingehüllt werden sollte.1387 Bonifatius besitzt nicht nur über seinen baldigen Tod sowie seine diesem folgende himmlische Aufnahme Kenntnis, er betreibt auch Vorsorge für seine sterblichen Überreste, selbst wenn sie für ihn nicht mehr als ein Gefängnis dargestellt haben sollten. In Friesland wurden Bonifatius und seine Begleiter nach ausgedehnter Missionarstätigkeit in ihrem Lager, in möglicherweise bewusster Anlehnung an die Gefangennahme Jesu im Garten Gethsemane,1388 von bewaffneten Heiden attackiert. Hier wie dort drang statt erwarteter Neubekehrter eine Schar von Feinden ein. Während seine ›Jünger‹ sich den Eindringlingen widersetzen wollten, trat Bonifatius mit Reliquien in den Händen aus seinem Zelt und gab die Anweisung, die Gegenwehr einzustellen, da der Augenblick ihrer aller Auflösung gekommen sei. Zwar könnten ihre Körper getötet werden, doch ihre Seelen lebten ewig und erwarteten – wie es ursprünglich nur Märtyrern vorbehalten war – den sofortigen Lohn. Sie sollten nicht länger den Vergnügungen der Welt anhängen, sondern standhaft in den Tod gehen.1389

1385 Vgl. Willibald, Vita Bonifatii c. 5, S. 18. 1386 Willibald, Vita Bonifatii c. 8, S. 46: Iam enim instat resolutionis meae dies et tempus obitus mei adpropinquat; iam enim, deposito corporis ergastulo, aeternae retributionis revertar ad brabium. Vgl. dazu auch Aris, Erzählendes Sterben, S. 118 u. 120. Becht-Jördens, Ermordung des Erzbischofs Bonifatius, S. 117f., erachtet den Märtyrertod als von Bonifatius bewusst gewähltes Lebensende, um die Zukunft seiner Gründungen, seines Missions- und Reformwerkes zu sichern. 1387 Vgl. Willibald, Vita Bonifatii c. 8, S. 46. 1388 Vgl. Aris, Erzählendes Sterben, S. 120. 1389 Vgl. Willibald, Vita Bonifatii c. 8, S. 49f.

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Bonifatius’ Tod entspricht dem klassischen, frühchristlichen Martyrium,1390 wenngleich er nicht in erster Linie für seinen Glauben gestorben ist, sondern als Opfer beutesuchender Heiden. Dennoch ist auch der Tod für den Glauben von Willibald sehr bewusst mit impliziert worden. Das bekannte Bild des sich mit der Heiligen Schrift verteidigenden Missionars findet sich in Willibalds Bericht nicht. Es wäre auch ungeeignet gewesen, Bonifatius in eine Linie zu Jesus und den frühchristlichen Märtyrern zu stellen. Mit Bonifatius’ Ende ist das Motiv des Todes jedoch im Text noch nicht ausgereizt. Die Heiden gerieten, nachdem sie alle Missionare niedergemacht hatten, über die Verteilung der Beute in Streit und brachten sich größtenteils selbst gegenseitig um.1391 Die Wenigen, die überlebt hatten und in ihre Heimat zurückgekehrt waren, kamen innerhalb von drei Tagen unter Einflussnahme Gottes zu Tode.1392 Auch in Willibalds Text findet sich eine Gegenüberstellung guten und schlechten Todes. Wichtig für Willibald und auch den Autor der zweiten Vita war nicht – darauf weist zumindest Gereon BechtJördens hin – zu wissen, wie Bonifatius gestorben war, was jedoch, wie gesehen, sehr ausführlich beschrieben wird. Es reichte zu wissen, wie ein Märtyrer zu sterben hatte.1393 Kurz soll die Vita aus der Feder Radbods – oder eines früheren, unbekannten Autors – den Schilderungen Willibalds gegenübergestellt werden.1394 Steffen Patzold hat darauf aufmerksam gemacht, dass Bonifatius in Willibalds Werk nicht allein als Bischof, sondern in vielerlei Würden erscheint. Radbod hingegen hebe gerade den episkopalen Aspekt hervor und mache ihn zu einem »reinen Bischof« in der Tradition der Apostel und eines Martin von Tours.1395 Der Autor präsentiert eine deutlich gerafftere Lebensbeschreibung, die weder den drohenden Tod des Vaters noch das Lebensende Abt Wynberchts enthält. Bonifatius selbst wird, wie in der ersten Vita, in die Reihe der frühchristlichen Märtyrer eingeordnet, doch wird Willibalds Schilderung noch einmal überboten.1396 Der Autor konstruiert eine Parallele zwischen Bonifatius und Paulus, beide kamen durch das Schwert zu Tode.1397 Bonifatius hielt sich im Angesicht des Todes das 1390 Vgl. Aris, Erzählendes Sterben, S. 120; Becht-Jördens, Ermordung des Erzbischofs Bonifatius, S. 98. 1391 Die Friesen werden mit typischen Elementen versehen, die grundsätzlich ›Barbaren‹ angelastet worden sind, so Trunksucht, die Gier nach Beute und ein Hang zur Gewalt, vgl. Becht-Jördens, Ermordung des Erzbischofs Bonifatius, S. 123f. 1392 Vgl. Willibald, Vita Bonifatii c. 8, S. 51f. 1393 Vgl. Becht-Jördens, Ermordung des Erzbischofs Bonifatius, S. 123. 1394 Vgl. Becht-Jördens, Ermordung des Erzbischofs Bonifatius, S. 121–123. 1395 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 94 u. 99f. 1396 Vgl. Aris, Erzählendes Sterben, S. 121. 1397 Vita altera Bonifatii auctore Traiectensi c. 14, S. 72f.: Sed Paulus magister, iste [sc. Bonifatius] discipulus, ille gentium doctor, iste Germanorum predicator; ille sedebit ut iudicet in throno apostolorum, iste a dextris stabit in numero sanctorum. Habebit itaque cum Paulo felicitatis consortium, ad cuius similitudinem suscepit gladii ictum et dereliquid mundum.

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Evangelium über den Kopf, nicht aber, um den Schwertstreich abzuhalten, sondern um unter dem Schutz der Schrift den Tod zu empfangen.1398 Die göttliche Strafe der Heiden bleibt ebenfalls außen vor, das Motiv des Todes konzentriert sich einzig auf Bonifatius’ Martyrium. Die Intention zur Abfassung einer weiteren Lebensbeschreibung mag in der Frage um eine angemessene Memorialkultur gelegen haben.1399 Der kompositorische Einsatz des Todesmotivs tritt gegenüber Willibalds Text deutlich zurück.1400

7.7

Ein Ausblick auf weitere Textgattungen: die Gesta episcoporum und Libri memoriales

Im 8. Jahrhundert begann im Westfrankenreich die Abfassung von Texten, die unter dem Begriff Gesta episcoporum zusammengefasst werden, zu gleicher Zeit wurde eine zunehmende Zahl von Memorialbüchern angelegt. Werke dieser Gattungen, insbesondere die Libri memoriales,1401 geben einen sicheren Eindruck von der im Verlauf des 9. Jahrhunderts immer vorhandenen Präsenz und Bedeutung des Episkopats im Fränkischen Reich. Ausweis dafür ist die seit Beginn des 9. Jahrhunderts einsetzende Erneuerung der Verbrüderungsbewegung, während bereits ein Jahrhundert zuvor das von Bischöfen initiierte Gebetsgedenken intensiviert worden war.1402 Voraussetzung für die Bildung von Gebets-

1398 Vita altera Bonifatii auctore Traiectensi c. 16, S. 73: […] cum gladio feriendus esset, sacrum ewangelium codicem capiti suo imposuerit, ut sub eo ictum percussoris exciperet eiusque presidium haberet in morte, cuius lectionem dilexerat in vita. Vgl. Aris, Erzählendes Sterben, S. 121, zu den biblischen und rituellen Hintergründen des hochgehaltenen Buches ebd. S. 122f.; Becht-Jördens, Ermordung des Erzbischofs Bonifatius, S. 122f. 1399 Vgl. Aris, Erzählendes Sterben, S. 117. 1400 Dies überrascht einerseits nicht, wenn der Verfasser der zweiten Vita insbesondere die Optimierung des memorialen Gedenkens an Bonifatius ins Auge gefasst hat. Andererseits sieht sich Willibald gemäß seiner Vorrede gleichermaßen als Historiograph in der Tradition u. a. eines Eusebius, sodass auch dessen ausführlicherer Bericht und nicht zuletzt dessen umfangreichere Todesschilderungen auch damit in Zusammenhang gebracht werden können. Vgl. Röckelein, Gewebe der Schriften, S. 2. 1401 Zu ihnen vgl. knapp Oexle, Gegenwart der Toten, S. 31f. 1402 Prominentestes Beispiel dafür ist der durch Chrodegang von Metz initiierte sogenannte Gebetsbund von Attigny, vgl. besonders Schmid / Oexle, Voraussetzungen und Wirkung des Gebetsbundes von Attigny, bes. S. 85, daneben Angenendt, Geschichte der Religiosität, S. 712; ders., Theologie und Liturgie, S. 174–177; Lieven, Großgruppeneinträge, S. 247 u. 249. Allgemein zu der im 7./8. Jahrhundert aufkommenden Praxis, Gebete für die Toten in die monastische Liturgie aufzunehmen, vgl. Lauwers, Dead, Prayers for the, S. 413; wenngleich das liturgische Gebetsgedächtnis eine altchristliche Gepflogenheit darstellte, vgl. Schmid / Oexle, Voraussetzungen und Wirkung des Gebetsbundes von Attigny, S. 75.

Ein Ausblick auf weitere Textgattungen: die Gesta episcoporum und Libri memoriales

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bünden war die Annahme stellvertretender Bußableistung, wie sie u. a. von Augustinus und Gregor dem Großen angedeutet oder ausformuliert worden ist.1403 Vom subsumierenden Gedächtnis in Form von Memorialbüchern folgte schließlich vom Früh- zum Hochmittelalter der Übergang zur Fixierung verstorbener, gedenkwürdiger Personen zusammen mit ihrem Todestag in Form von Nekrologen.1404 Beispiel dafür sind die in Fulda, wohl auf Betreiben Abt Sturmis, begonnenen, in ihrer Art einmaligen Totenannalen, in denen jahrweise nicht allein der Mitglieder des Konventes, sondern auch dem Kloster verbundener Personen gedacht worden ist.1405 Unter diesen finden sich in größerer Zahl auch Bischöfe.1406 Bischöfe initiieren das Gebetsgedenken – deutlich wird dies nicht zuletzt am 762 in Attigny geschlossenen Gebetsbund – und geben die zu vollziehenden Gebetsleistungen vor.1407 Die nur äußerst geringe Präsenz des Episkopats innerhalb der größtenteils vom Königshof initiierten Annalistik gibt somit die tatsächlichen Verhältnisse des ausgehenden 8. und beginnenden 9. Jahrhunderts nicht wieder. Gerade in Gebetsverbrüderungen und Memorialbüchern sind Bischöfe zahlreich vertreten, was ihre bedeutsame Stellung im Reich unterstreicht. Jens Lieven hat in diesem Zusammenhang auffallend häufig mit Bischöfen in Verbindung stehende Großgruppeneinträge in Memorialbüchern analysiert und konnte feststellen, dass gerade im späten 9. Jahrhundert derartige Notate in großer Zahl nachzuweisen sind, was auf eine bestehende Sorge des Episkopats – aber nicht nur dieses allein – um sein eigenes Seelenheil zurückzuführen ist,1408 im Gegensatz zu Attigny nun in der Form von Gedenkeinträgen. Doch erkläre nicht alleine die nicht erst neuerdings bedeutsam gewordene Sicherung des Seelenheils die starke Zunahme der von Bischöfen initiierten Gruppeneinträge oder auch ihr Einschreiben als fratres conscripti in Mönchsgemeinschaften, sondern in besonderem Maße ihre an der Wende vom 9. 1403 Vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 162. 1404 Vgl. Schmid / Wollasch, Gemeinschaft der Lebenden und Verstorbenen, S. 400, zur Gattung der Memorialbücher vgl. ebd., S. 367–370; Oexle, Memoria und Memorialüberlieferung, S. 74. 1405 Die Annales necrologici Fuldenses. Zu Ursprung und Überlieferung der Totenannalen vgl. Oexle, Überlieferung der fuldischen Totenannalen. Ihre Abfassung erfolgte nicht allein aus historiographischem Interesse. Sie standen im Dienst des Gebetsgedächtnisses, was ihre Fortführung bis ins 11. Jahrhundert erklärt und sie zu einer der »Grundformen der Memorialüberlieferung des früheren Mittelalters« werden ließ. Vgl. Oexle, Memorialüberlieferung und Gebetsgedächtnis, S. 136–138, 170 u. 174 (Zitat). 1406 Vgl. Jakobi, Die geistlichen und weltlichen Magnaten, bes. S. 804–820, die diagrammatische Darstellung S. 798, sowie die Zusammenfassung, S. 862–870. Ergänzend ders., Amtsträgerlisten, bes. S. 512f. 1407 Vgl. Schmid / Oexle, Voraussetzungen und Wirkung des Gebetsbundes von Attigny, S. 85. Der ›Totenbund‹ von Dortmund aus dem Jahr 1005 knüpft eng an die Verfügungen aus Attigny an. 1408 Vgl. Lieven, Großgruppeneinträge, S. 243, 247–250 u. 271.

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zum 10. Jahrhundert bestehende Position, in Zeiten schwindender Autorität des Königtums diesem Anerkennung zu verschaffen.1409 Die Sorge um das eigene Seelenheil ist nur auf der einen Seite Ausweis bischöflichen Handelns gemäß religiöser Ideale, das massive schriftliche Festhalten in Gedenkeinträgen demonstriert zugleich einen zunehmenden politischen Stellenwert des Episkopats.1410 Es ist kein Zufall, dass dies im ausgehenden 9. Jahrhundert zu verzeichnen ist, als das karolingische Reich im Zerfall begriffen war und den Königen zunehmend die Kontrolle entglitt. Daraus erklärt sich noch einmal deutlich die zunehmende Zahl bischöflicher Todesfälle, auch innerhalb der Annalistik und Chronistik. Während der Fuldaer Annalist den besonderen memorialen Stellenwert durch Ausweis der Todestage angibt, verweist Regino von Prüm durch die vergleichsweise große Anzahl genannter bischöflicher Würdenträger auf die große Einflusssphäre, die schließlich in der faktischen Regierung des Ostfränkischen Reiches Ludwigs IV. des Kindes durch dessen Erzieher, Erzbischof Hatto I. von Mainz und die Bischöfe Salomo III. von Konstanz sowie vor allem Adalbero von Augsburg – letzterem hat Regino bekanntlich seine Chronik gewidmet –, sichtbar wird. Unter dem Titel Gesta episcoporum sind bis ins 13. Jahrhundert etwa zwanzig Werke entstanden, von denen der Liber Pontificalis das älteste, bekannteste und einflussreichste ist, ohne dass er Inhalt und Struktur der nachfolgenden Werke streng vorgegeben hat.1411 Reinhold Kaiser unterscheidet einen chronographischen – dazu zählen die Nennung von Name, Herkunft, Amtsdauer, Kirchengründungen, aber auch Begräbnistag- und ort – sowie historiographischen – darunter fallen Martyrien oder weltlich-politische Ereignisse – Anteil innerhalb der Gesta episcoporum,1412 die sich in unterschiedlicher Gewichtung gegenüberstehen.1413 Im Vordergrund steht der memoriale Charakter dieser zumeist von Bischöfen in Auftrag gegebenen Werke, wodurch die Verbreitung oft lokal begrenzt war; seltener lässt sich ein politischer Zweck nachweisen, zunehmend aber in Texten des 11. Jahrhunderts.1414 1409 Vgl. Lieven, Großgruppeneinträge, S. 258 u. 268f. 1410 Vgl. Lieven, Großgruppeneinträge, S. 270. 1411 Vgl. Kaiser, Gesta episcoporum, S. 459–462. Für das 10. Jahrhundert vgl. Patzold, Episcopus, S. 411f. Zur Geschichte der Gattung gesta vgl. Schlochtermeyer, Bistumschroniken, S. 11–17; Sot, Gesta episcoporum, S. 15–17. Zur Besonderheit der gesta vgl. Kaiser, Gesta episcoporum, S. 475; Sot, Gesta episcoporum, S. 15. 1412 Vgl. Kaiser, Gesta episcoporum, S. 462, 465 u. 469. 1413 Kaiser beobachtet dabei innerhalb vieler Werke einen »modus mixtus«. So werde Vergangenheitsgeschichte zumeist chronographisch wiedergegeben, Gegenwartsgeschichte historiographisch. Vgl. Kaiser, Gesta episcoporum, S. 470f. Die gesta als vornehmlich Hagiographie und Liturgie nahestehend erachtet Sot, Gesta episcoporum, S. 19. 1414 Vgl. Kaiser, Gesta episcoporum, S. 473 u. 475; Sot, Gesta episcoporum, S. 19 u. 23. Zu Rezipientenkreis sowie weiteren Gründen zur Abfassung einer Gesta vgl. ebd., S. 47. Zur

Ein Ausblick auf weitere Textgattungen: die Gesta episcoporum und Libri memoriales

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Prominente Beispiele im 8. und 9. Jahrhundert sind die Gesta episcoporum Mettensium1415 aus der Feder des Paulus Diaconus sowie die Gesta episcoporum von Auxerre.1416 Das Werk des Paulus, verfasst nicht später als 784, setzt sich über weite Strecken vom typischen Aufbau derartiger Texte ab. Ausführlich damit auseinandergesetzt hat sich Walter Goffart,1417 der zu dem Ergebnis kommt, dass erst der 35. und das Werk abschließende Bischof Chrodegang gemäß dem von Kaiser ausgearbeiteten gemischten Schema aus Chrono- und Historiographie ausgeführt werde – Goffart sieht darin die Intention, das Werk auf Grundlage dieses Beispiels in Zukunft fortzusetzen –,1418 während alles zuvor in geschickter Weise die offiziell erst in der Divisio Regnorum von 806 durch Karl geregelte Nachfolge seiner Herrschaft zum Ausdruck bringe.1419 Chrodegang ist auch der erste und gleichzeitig einzige, dessen Tod genannt und um Angaben zum Todestag sowie zum Ort der Grabstätte in Gorze ergänzt wird.1420 Im Gegensatz dazu orientieren sich die Gesta episcoporum Autissiodorensium an einem klassischen Muster, führen die Bischöfe chronologisch auf und berichten mal mehr, mal weniger zu Leben und Tod der Betreffenden.1421 Exemplarisch greifen wir einige Bischöfe heraus, sowohl aus der Frühzeit des Bistums, somit weit vor Abfassung des Werkes, als auch aus zeitlich nahem Abstand aus den 870er Jahren.1422 Während der erste Bischof von Auxerre, Pelegrinus, ein Martyrium erlitten haben soll,1423 sterben seine Nachfolger weitgehend unspektakulär. Amator (386–418), gemäß der Gesta sechster Bischof von Auxerre, litt an einem Fieber (febre correptus) und bestieg daraufhin unter Hilfe der Kleriker seine Kathedra (pontificalem thronum ascedens inter manus obsequentium cle-

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Funktion der Bistumsgeschichtsschreibung vgl. auch Schlochtermeyer, Bistumschroniken, S. 21–24. Paulus Diaconus, Gesta episcoporum Mettensium. Vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 260–262; Ebenbauer, Historiographie, S. 85. Gesta pontificum Autissiodorensium. Vgl. Goffart, Paul the Deacon’s Gesta Episcoporum Mettensium. Zur Frage des Abfassungszeitpunktes vgl. ebd., S. 63, zur abweichenden Struktur vom Liber Pontificalis und anderen Werken S. 66, zu einer knappen Struktur S. 67–69. Vgl. Goffart, Paul the Deacon’s Gesta Episcoporum Mettensium, S. 67f. Zu Kritik an Goffart und anderen Erklärungsmodellen zu Abfassung und Intention vgl. Patzold, Episcopus, S. 114–116 mit Anm. 81. Vgl. Goffart, Paul the Deacon’s Gesta Episcoporum Mettensium, S. 73. Vgl. Paulus Diaconus, Gesta episcoporum Mettensium, S. 268. Paulus Diaconus’ Werk ist damit nicht, wie von Ganshof, Historiographie dans la monarchie franque, S. 657, ausgeführt, als klassische Vorlage zahlreicher folgender Bischofsgeschichten einzustufen. Zu Chrodegang innerhalb der Gesta episcoporum Mettensium vgl. Patzold, Episcopus, S. 113f. Zu dessen Grabstätte vgl. Gierlich, Grabstätten der rheinischen Bischöfe, S. 118. Vgl. Kaiser, Gesta episcoporum, S. 467. Zur Abfassung des ursprünglichen Textkorpus zwischen 873 und 876/77 vgl. Sot, Gesta episcoporum, S. 30. Zu den mehrfachen Fortsetzungen ebd., S. 51. Vgl. Gesta pontificum Autissiodorensium c. 1, S. 17.

310

Der verschwundene Bischofstod im 8.–10. Jahrhundert

ricorum), während eine große Menge des Volkes in große Klagen ausbrach (cateruas flentium populorum). Amator starb schließlich zur dritten Stunde (hora diei tercia), somit in der Stunde, in der Jesus gemäß Mk 15,25 gekreuzigt worden ist. Daraufhin erschien ein Chor der Heiligen und geleitete unter Lobgesängen die Seele des Verstorbenen in den Himmel, während sein Leichnam, von Wundern begleitet, beigesetzt wurde.1424 Anhaltspunkte gewöhnlicher Sterbevorbereitungen lassen sich aus dieser vitengleichen Beschreibung nicht gewinnen. Wenn überhaupt ausführlichere Schilderungen vorliegen, dann nur dort, wo sich auf hagiographische Vorlagen gestützt werden konnte.1425 Der hagiographische Charakter vieler Schilderungen ist nicht überraschend, sondern naheliegend. Auffällig ist in dieser ausführlichen Darstellung, wenn überhaupt, die ausgelassene Betonung von letztem Abendmahl, der Beichte, dem grundsätzlichen Ritual vor dem Tod, doch dies explizit zu erwähnen ist nicht notwendig, die Würde des Protagonisten steht durch die himmlische Aufnahme nach dem Ableben außer Frage. Im Vergleich dazu folgt ein Blick auf die letzten drei Bischöfe der ursprünglichen Fassung der Gesta. Weder über Heribald (829–857), noch über Abbo (857–859) und schließlich Christian (860–871) finden sich derart spektakuläre Berichte.1426 Die Frühzeit ist teils in schillernden Farben gemalt, während die Gegenwart eher nüchtern porträtiert wird. Die Gesta episcoporum dienen in erster Linie der memoria und die dafür notwendigen Einzelheiten bieten, ohne die topischen Versatzstücke aus den Berichten der Frühzeit, auch die zeitgenössischen Porträts des 9. Jahrhunderts.

7.8

Zusammenfassung

Die Analyse der Annalistik und Chronistik des 8. bis zum beginnenden 10. Jahrhundert hat die bereits von Steffen Patzold aufgestellten Annahmen bestätigen und bekräftigen können. Während die Historia vel gesta Francorum sowie die Annalistik des 8. Jahrhundert bis in die 830er Jahre hinein dem Episkopat nur wenig Platz einräumen und damit auch den Bischofstod weitgehend ausklammern, lässt sich im Laufe der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts eine kontinuierliche Zunahme solcher Berichte feststellen. In besonderem Maße ist diese Entwicklung anhand der westfränkischen Annales Bertiniani sowie der ostfränkischen Jahrbücher von Fulda nachzuvollziehen, die dem bischöflichen Sterben größeren Platz gewähren, wenngleich aus gänzlich unterschiedlichen Beweggrün1424 Vgl. Gesta pontificum Autissiodorensium c. 6, S. 29. 1425 Vgl. Patzold, Episcopus, S. 419. Zu den Quellen, die den Autoren der Gesta zur Verfügung gestanden haben vgl. Sot, Gesta episcoporum, S. 24. 1426 Vgl. Gesta pontificum Autissiodorensium c. 36–38, S. 148–157.

Zusammenfassung

311

den heraus. Dienten derartige Berichte Prudentius von Troyes als Mittel der Herrscherkritik, nutzte Hinkmar von Reims erstmals den negativ konnotierten Bischofstod, um Bischöfe und ihr Wirken zu diskreditieren. Dem gegenüber steht der Fuldaer Annalist, der ein besonderes Augenmerk auf den memorialen Wert seiner Aufzeichnungen legte, indem er erstmals innerhalb der untersuchten Annalistik auch die Todestage der vermerkten verstorbenen Bischöfe festhielt. Unabhängig von stilistischen und intentionellen Absichten lässt sich innerhalb der Historiographie das Aufkommen und die Verfestigung der Position des Episkopats zeigen, was sich mit dem quantitativen Befund in der Chronik Reginos von Prüm deckt. Auch anhand der Libri memoriales, die ergänzend herangezogen wurden, zeigt sich die neugewonnene Positionierung der Bischöfe. Das seit Mitte des 9. Jahrhundert zunehmende, vielfach auf bischöfliche Einflüsse zurückgehende Gebetsgedenken verweist auf der einen Seite sicherlich auf das bestehende Bewusstsein der Sorge um das eigene Seelenheil, demonstriert andererseits aber in besonderem Maße den gestiegenen politischen Einfluss des Episkopats.

8

Der wiederentdeckte Bischofstod in der Geschichtsschreibung

Die Chronik Reginos von Prüm bildet für längere Zeit die letzte ausführlichere historiographische Darstellung; die frühen Jahre ottonischer Herrschaft haben keinen zeitgenössischen Geschichtsschreiber gefunden. Diese »tiefe Depression des Lateins und der lateinischen Literaten«,1427 diese »Nacht der Schriftlosigkeit und Überlieferungsleere«1428 fand ihr Ende erst zur Mitte des 10. Jahrhunderts. Die Geschichtsschreibung setzte wieder ein, nachdem Otto I. durch den Sieg auf dem Lechfeld 955 seine Herrschaft endgültig festigen konnte sowie 962 in Rom die Kaiserwürde empfing. Dies mag mit dazu beigetragen haben, dass sich nun auch die Historiographie der Zeitgeschehnisse angenommen hat.1429 Zu den frühen Repräsentanten dieser neu einsetzenden Geschichtsschreibung zählen der Mönch Widukind von Corvey, der Missionsbischof und spätere Magdeburger Erzbischof Adalbert, der das Werk Reginos von Prüm fortsetzte, der aus Italien an den Hof Ottos I. geflohene spätere Bischof von Cremona Liudprand sowie die Stiftsdame Hrotsvit aus Gandersheim. Die Werke der ersten beiden Protagonisten bilden den Beginn der folgenden Ausarbeitung, wobei ins Auge fällt, dass etwa ein Jahrhundert nach Hinkmar von Reims wieder Bischöfe selbst als Verfasser von Geschichtswerken in Erscheinung treten – wenngleich sie ihre Werke größtenteils vor ihrer Berufung ins Bischofsamt verfasst haben. Während im ausgehenden 8. und 9. Jahrhundert der Königshof als Ausgangs1427 Berschin, Biographie und Epochenstil 4/1, S. VII. Vgl. Angenendt, Die Welt des Thietmar von Merseburg, S. 45. Doch ist diese ›Depression‹ nicht allein in der Geschichtsschreibung wahrnehmbar, sie gilt auch für das Kirchenrecht, vgl. Schmitz, Vier-BücherSammlung, S. 233. 1428 Löwe, Geschichtsschreibung, S. 2. 1429 Vgl. Beumann, Historiographische Konzeption, S. 876; Giese, Historiographie im Umfeld des ottonischen Hofes, S. 21; Karpf, Von Widukinds Sachsengeschichte bis zu Thietmars Chronicon, S. 548f.; Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 130. Einen Überblick über die Historiographie im 10. Jahrhundert in Europa bietet Hofmann, Profil der lateinischen Historiographie, S. 844–865. Dass aber auch in den Jahrzehnten zuvor die Textproduktion, gerade die biografische, nicht gänzlich ausgesetzt hat, zeigt Berschin, Biographie und Epochenstil 4/1, S. 5–58.

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Der wiederentdeckte Bischofstod in der Geschichtsschreibung

punkt literarischer Werke auftrat, verlagerte sich die Schriftproduktion vornehmlich an Bischofssitze, Klöster und Stifte.1430 Bemühungen des Hofes, eine den Karolingern vergleichbare Dynastiegeschichte niederschreiben zu lassen, finden sich nicht. Entsprechend erfolgte, wie Martina Giese zusammenfasst, zwar ab den 950er Jahren Geschichtsschreibung im Umfeld des ottonischen Hofes, aber keine Hofgeschichtsschreibung.1431 Grundsätzlich beschäftigt sich die seit den 960er Jahren beginnende Literaturproduktion mit den ›dunklen‹ Jahrzehnten zuvor, mit dem Jahr 919, dem Übergang der Königskrone auf den Sachsenherzog Heinrich, und den folgenden Jahrzehnten der Konsolidierung sächsischer Herrschaft.1432 War zum Ende des 9. Jahrhunderts eine zunehmende Geschichtswürdigkeit des Episkopats festzustellen, ist im 10. und 11. Jahrhundert erst recht mit dieser Schwerpunktsetzung zu rechnen. Es genügt zunächst, das Schlagwort der ottonisch-salischen Reichskirche zu nennen, dies genauer zu verorten wird Aufgabe der folgenden Ausarbeitung sein. Neben diesen Texten tritt zu Beginn des 11. Jahrhunderts auch die Annalistik wieder in unser Blickfeld, insbesondere die in Quedlinburg entstandenen, bis 1025 reichenden Annalen. Den Höhepunkt der Historiographie vor den sich anbahnenden Konflikten des 11. Jahrhundert bildet dagegen einmal mehr das Werk eines Vertreters des Episkopats, namentlich die Chronik des Merseburger Bischofs Thietmar. Seit Gregor von Tours findet sich kein Werk, das sich derart dezidiert und umfänglich mit der Position und Person des Bischofs, gleichermaßen auch mit seinem Ableben, auseinandergesetzt hat. Thietmar bildet den Prolog der in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhundert verhältnismäßigen ›Explosion‹ an Textproduktionen und der darin den Bischöfen zukommenden zentralen Rolle. Die Ergebnisse der historiographischen Texte sollen wieder hagiographischen Produktionen gegenübergestellt werden. Während viele Viten lange verstorbene Protagonisten in den Mittelpunkt rücken, treten gleichzeitig neuartige Formen in den Fokus. Exemplarisch stehen dafür die unmittelbar nach dem Ableben ihrer Protagonisten verfassten Lebensbeschreibungen des Kölner Erzbischofs Brun sowie das Leben Bischof Ulrichs von Augsburg. Während Ruotger, der Biograph Bruns, seinen Protagonisten als Prototypen des Reichsbischofs im 10. Jahrhundert stilisiert, wurde Ulrich von Augsburg, nicht zuletzt infolge seiner Lebensbeschreibung, möglicherweise erstmals im Rahmen eines kanonischen Verfahrens im Jahr 993 heiliggesprochen.

1430 Vgl. Giese, Historiographie im Umfeld des ottonischen Hofes, S. 20f. 1431 Vgl. Giese, Historiographie im Umfeld des ottonischen Hofes, S. 36f.; Karpf, Von Widukinds Sachsengeschichte bis zu Thietmars Chronicon, S. 562; Körntgen, Königsherrschaft und Gottes Gnade, S. 155. Auf die Einflussnahme der Herrschenden auf die Literaturproduktion verweist auch Althoff, Geschichtsschreibung, S. 168. 1432 Vgl. Karpf, Von Widukinds Sachsengeschichte bis zu Thietmars Chronicon, S. 578.

Der Bischof vor dem Investiturstreit

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Wie in den Kapiteln zuvor werden der Analyse der genannten Werke Texte, die ein Verständnis von Sterben und Tod der Zeit wiedergeben, vorangestellt. Die herausragende Figur, in deren Schriften sich am ehesten die Hoffnung erfüllen lassen mag, solche Informationen zu finden, ist der Wormser Bischof Burchard. Seine zwanzig Bücher umfassende Kirchenrechtssammlung bündelt das kanonische Wissen der Zeit, sodass die Erwartung gegeben ist, hier auch Anweisungen zu Sterben, Tod und Nachleben zu finden.

8.1

Der Bischof vor dem Investiturstreit

War der Episkopat ab dem 8. Jahrhundert weitgehend aus der historiographischen Überlieferung verschwunden, so stieg sein Stellenwert zum Ende der karolingischen Herrschaft im Ostfränkischen Reich. Die Geschichtswürdigkeit des Episkopats war wiederhergestellt, seine Aufnahme in annalistische und chronikalische Werke wieder notwendig. Dies verbindet sich einerseits mit den weltlichen Aufgaben der Bischöfe, die nun wieder vermehrt in entsprechenden Texten als Berater der Könige in Erscheinung treten und offenbar unmittelbaren Einfluss auf die Geschicke des Reiches nehmen konnten. Andererseits erscheinen sie, wie bereits in merowingischer Zeit, als direkte Kontaktpersonen mit den Heiligen oder Jesus selbst, kurz, dem Jenseitigen an sich, was im Grunde keine neue Aufgabe darstellt. Allerdings hatten die erzählenden Quellen diesen Wirkungskreis sowie generell individuelles Handeln von Bischöfen weitgehend ausgeblendet. Timothy Reuter spricht für die Zeit um 1000 von einem »Europa der Bischöfe«, das er nicht zuletzt in Form eines in Mitteleuropa weitgehend gefestigten und in den folgenden Jahrhunderten größtenteils unveränderten »funktionierenden und ziemlich lückenlosen Bistumsnetz[es]« manifestiert sieht.1433 Thietmar von Merseburg, auf den in einem späteren Kapitel noch ausführlich zurückzukommen sein wird, gibt diese Entwicklung sehr deutlich wieder. Zwar zweifelt er nicht an der Stellvertreterschaft der Könige für Christus auf Erden (vicarius Christi),1434 erachtet aber die Bischöfe diesen gegenüber, zwar als un1433 Vgl. Reuter, Europa der Bischöfe, S. 1–28 (Zitat S. 11). Anders als bei den zahlreichen Königreichen hätten gemeinsame Vorstellungen über Form und Funktion der Bistümer und Erwartungen an Bischöfe über die ›Landesgrenzen‹ hinaus existiert. 1434 Thietmar spricht davon, das Recht zur Einsetzung von Bischöfen liege einzig in der Hand des Königs, da ihm die Stellvertreterschaft Christi überantwortet worden sei, Thietmar von Merseburg, Chronicon I, 26, S. 35: Quin pocius reges nostri et imperatores, summi rectoris vice in hac peregrinacione prepositi, hoc soli ordinant meritoque pre ceteris pastoribus suis presunt, quia incongruum nimis est, ut hii, quos Christus sui memores huius terre principes constituit, sub aliquo sint dominio absque eorum, qui exemplo Domini benedictionis et corone gloria mortales cunctos precellunt. Vgl. Keller, Der König bat und befahl, S. 42;

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Der wiederentdeckte Bischofstod in der Geschichtsschreibung

tergeordnet – deutlich wird dies auch im Dekret Burchards von Worms1435 –, aber nicht als unterlegen. Er sah in ihnen sowohl »Säulen der Kirche« als auch »Säulen des Reiches«.1436 Bezüglich der Neubesetzung von Merseburg im Jahr 1009 spricht Thietmar davon, dass sich Heinrich II. mit seinem simpnista Tagino,

Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 87f. Eine andere Interpretation bietet Reuter, Imperial Church System, S. 371f. Thietmar habe nicht die Einflussnahme des Herrschers auf die Bischofswahlen legitimiert, sie und die damit verbundene Kontrolle der Könige über die Bistümer vielmehr als das kleinere Übel gegenüber der Kontrolle durch örtliche Große ausgemacht, was mit einem Verlust von Sicherheit und Reputation verbunden gewesen wäre. In der Tat war Thietmar hinsichtlich der von ihm berichteten Magdeburger Bischofswahlen Verfechter des Wahlrechts der Domkanoniker. Vgl. Warner, Thietmar of Merseburg, S. 94–97. Zu der keineswegs von Thietmar dargestellten generellen Verfügungsgewalt des Herrschers über die Bischöfe vgl. auch Körntgen, Königsherrschaft und Gottes Gnade, S. 126. Grundlegend zur hierarchisch erhöhten Position des Herrschers gegenüber den Bischöfen vgl. Tellenbach, Libertas, S. 72–75. In der Nachfolge Heinrichs II. sind auch Konrad II. durch Wipo (dabei Erzbischof Aribo von Mainz in den Mund gelegt) als vicarius Christi (Gesta Chuonradi II. Imperatoris, S. 21) und Heinrich III. durch Abt Eckbert von Tegernsee als caput ecclesie (Tegernseer Briefsammlung n. 125, S. 142) eingestuft worden. Vgl. Arnold, German Bishops, S. 168; Ladner, Theologie und Politik vor dem Investiturstreit, S. 77 mit Anm. 410, zu weiteren Belegstellen. Heinrich IV. bezeichnete sich selbst noch 1076 im Absageschreiben an Papst Gregor VII. als in den süßesten Gliedern mit den Bischöfen vereint (episcopos, qui nobis velut dulcissima membra uniti sunt, vgl. Heinrici IV. epistola Gregorio VII. missa, S. 109), um sich wenige Monate später allerdings von beinahe allen verlassen zu sehen. Die Zweckgemeinschaft von Worms 1076 bezeichnet auch Weinfurter, Heinrich IV. und die Bischöfe, S. 416, nur noch als »Ausnahmesituation«. 1435 Vgl. Decretum XV, 23f., Sp. 900f. Vgl. Weinfurter, Zentralisierung der Herrschaftsgewalt, S. 290, sowie, S. 269–295, grundsätzlich zum Herrschaftsverständnis des letzten ottonischen Herrschers. 1436 Vgl. Angenendt, Die Welt des Thietmar von Merseburg, S. 51; Körntgen, Königsherrschaft und Gottes Gnade, S. 124. Zur Position der Bischöfe um das Jahr 1000 vgl. Parisse, Bishop: Prince and Prelate, S. 8–17; Reuter, Europa der Bischöfe. Den Stellenwert der Bischöfe für die Reichsgeschäfte des 10. Jahrhundert verdeutlicht am besten der sogenannte Indiculus loricatorum, eine zahlenmäßige Aufstellung über die von den weltlichen und geistlichen Großen des Reiches Kaiser Otto II. für seinen Italienzug jeweils zu stellenden Panzerreiter. Vgl. Indiculus loricatorum, S. 632f., sowie Karte 3 bei Zielinski, Reichsepiskopat, S. 287. Von knapp 2100 Panzerreitern hatten die Bischöfe und Äbte mit 1494 drei Viertel des Kontingentes zu stellen, nur 507 fielen auf die weltlichen Großen. Vgl. Angenendt, Die Welt des Thietmar von Merseburg, S. 45. Allein diese zufällig überlieferte Übersicht macht aus militärpolitischer Perspektive deutlich, wie wichtig es für den Herrscher war, Einfluss auf die Besetzung der Bistümer nehmen zu können, da damit nicht allein Seelsorge und die Sicherung des Nachlebens verbunden waren, sondern militärische Handhabe. Zur Teilhabe von Bischöfen an Kriegshandlungen unter den ottonischen Herrschern vgl. Auer, Kriegsdienst, zum indiculus loricatorum bes. S. 372–379; Patzold, »Gute Streiter« und »sehr gute Hirten«, S. 199; Wagner, Saints évêques, S. 82–84. Weitere Aufgabenbereiche des Episkopats fasst Parisse, Princes laïques et/ou moines, S. 472–477 u. 497–501, zusammen.

Der Bischof vor dem Investiturstreit

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dem Erzbischof von Magdeburg, über diesen Sachverhalt beraten hat.1437 Werner Trillmich übersetzt die Bezeichnung simpnista mit ›Mitpriester‹, Stefan Weinfurter interpretiert es als ›Kollege‹, Ludger Körntgen als ›Mitzelebrant‹ oder ›Festgenosse‹.1438 Gleich Jesus, der seine Jünger auserwählt hat, übernimmt nun der Herrscher diese Rolle und entscheidet über die Besetzung ›seiner‹ Bistümer, deren Bischöfe in unmittelbarer Nachfolge der von Jesus berufenen Apostel stehen.1439 Die Bischöfe und der König, dessen Weihe derjenigen der Bischöfe nachgebildet war, fügen sich zusammen, bilden eine »gemeinsame Sondergruppe, eine geweihte Elite«.1440 Gerade unter Heinrich II. lässt sich dies in besonderem Maße beobachten – auch in bildlicher Darstellung, exemplarisch im von Heinrich für Bamberg gestifteten Regensburger Sakramentar, in dem er selbst, als vicarius Christi von Jesus gekrönt, durch zwei Bischöfe gestützt wird1441 –, hat doch keiner seiner unmittelbaren Vorgänger und Nachfolger so viele Bischöfe ernannt wie er.1442 Es überrascht daher nicht, wenn Thietmar davon spricht, dass sich Heinrich II. auf der Dortmunder Synode von 1005 mit seinen Mitbischöfen (coepiscopis) versammelte,1443 und gleichermaßen dem burgundi-

1437 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 38, S. 321. Zum Verhältnis von Jesus und dem weltlichen Herrscher vgl. auch Keller, Rolle des Königs bei der Einsetzung der Bischöfe, S. 164. Zu den Beratungen im Vorfeld von Thietmars Berufung auf den Merseburger Bischofsstuhl vgl. Althoff, Kontrolle der Macht, S. 128–130. 1438 Vgl. FSGA 9, S. 284; Körntgen, Ottonen und Salier, S. 53; Weinfurter, Kollegen des Königs, S. 30; ders., Heinrich II. Herrscher am Ende der Zeiten, S. 127. 1439 Vgl. Angenendt, Die Welt des Thietmar von Merseburg, S. 51; Keller, Der König bat und befahl, S. 41f.; ders., Rolle des Königs bei der Einsetzung der Bischöfe, S. 160f.; Weinfurter, Kollegen des Königs, S. 40. 1440 Weinfurter, Kollegen des Königs, S. 30. Vgl. Keller, Rolle des Königs bei der Einsetzung der Bischöfe, S. 160. Dies bedeutet nicht, dass jeder Bischof dem König in uneingeschränkter Loyalität verbunden war, vgl. Schieffer, Geschichtliche Ort der ottonischsalischen Reichskirchenpolitik, S. 16. 1441 Durch Emmeram von Regensburg und Ulrich von Augsburg, der zum Zeitpunkt der Entstehung des Evangeliars in Regensburg zwischen ca. 1002 und 1014 gerade erst 30 Jahre zuvor gestorben ist. Heinrich II. erscheint in Anlehnung an Aaron und Hur, die die Arme Moses in der Schlacht gegen die Amalekiter stützten (Ex 17,12). Heute befindet sich das Evangeliar in München (Bayerische Staatsbibliothek clm 4456). Vgl. Körntgen, Königsherrschaft und Gottes Gnade, S. 212–235; Weitlauff, Kaiser Otto I. und die Reichskirche, S. 27f. Gegen jede, in heutigen Worten, »propagandistische Breitenwirkung« derartiger Bilder wendet sich Schieffer, Mediator cleri et plebis, S. 357. 1442 Vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 165f. 1443 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 18, S. 294 [Cod. 1]. Abweichend in der Corveyer Überarbeitung (S. 295, dort nur episcopis). Dass es sich auch bei dem ›Corveyer Überarbeiter‹ vermutlich um Thietmar selbst gehandelt hat, hat Hoffmann, Mönchskönig und rex idiota, S. 151–176, mit guten Argumenten angenommen. Umso aufschlussreicher erscheint diese geringfügige Änderung. Coepiscopis wird einzig in diesem Zusammenhang von Thietmar auch auf den König bezogen, vgl. Hehl, Herrscher, Kirche und Kirchenrecht, S. 184f.; Wollasch, Geschichtliche Hintergründe, S. 56. Gegen eine solche Deutung

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Der wiederentdeckte Bischofstod in der Geschichtsschreibung

schen König Rudolf abspricht, tatsächlich König zu sein, da er Bistümer nicht frei vergeben und für den Schutz der Bischöfe sorgen konnte.1444 Der Herrscher sucht gemeinsam mit den Bischöfen, so die von Thietmar evozierte Interpretation, das Reich gemäß der göttlichen Ordnung zu gestalten.1445 Heinrich II. betont dies in einem Diplom von 1017, angelehnt an Papst Gelasius I.: Zwei Dinge regieren die Welt, die Autorität der Bischöfe und die Macht des Königs.1446 Sichtbar wird dies außerdem im Zusammenwirken von Herrscher und Bischöfen auf Synoden des nordalpinen Reiches, worin Ernst-Dieter Hehl Mittel der konsensualen Herrschaft verwirklicht sieht.1447 Die Bischöfe waren mehr als nur ein Faktor unter mehreren der Macht des Königs, besaßen große Bedeutung als Verwalter und Richter ihrer Städte, als Kenner des Rechts und Förderer von Kunst und Literatur.1448 Doch war nicht jeder Bischof im Ostfränkischen Reich Repräsentant dieses idealtypischen Reichsbischofs.1449 Auch stand nicht jeder Amtsträger dem Herrscher gleich nah; gerade Otto I. nahm – anders als beispielsweise Jahrzehnte später Heinrich II. – vergleichsweise selten Aufenthalt in Bischofsstädten.1450 Und auch Thietmars Einschätzung, einzig dem König stehe es zu, über die Besetzung von Bistümern zu entscheiden – in der Tat war die Rolle des Königs bei der Investitur der Bischöfe niemals so stark wie in der zweiten Hälfte des 10. und der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts1451 –, gibt die tatsächlichen Umstände nicht zutreffend

1444 1445

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Engelbert, Papsttum in der Chronik Thietmars, S. 119 Anm. 159; Körntgen, Ottonen und Salier, S. 53; Weinfurter, Heinrich II. Herrscher am Ende der Zeiten, S. 127. Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VII, 30, S. 434. Vgl. Reuter, Unruhestiftung, S. 308. Vgl. Althoff, Ottonen, S. 231; Keller, Der König bat und befahl, S. 41; ders., Rolle des Königs bei der Einsetzung der Bischöfe, S. 163; Weinfurter, Kollegen des Königs, S. 30f.; ders., Heinrich II. Herrscher am Ende der Zeiten, S. 145. Reuter, Europa der Bischöfe, S. 25, betont die besondere Amtsgewalt der Bischöfe um 1000 und schränkt ein, ihre Verpflichtungen gegenüber Herrscher oder auch Papst und Erzbischof hätten nur einen kleinen Teil ihrer Zeit und Ressourcen verschlungen. Vielmehr seien sie innerhalb ihrer Diözese aktiv geworden. D H II n. 366, S. 468: Duo sunt, quibus mundus hic principaliter regitur, pontificum auctoritas et regalis potestas. Vgl. Warner, Thietmar of Merseburg, S. 90. Vgl. Hehl, Einträchtige und streitende Bischöfe, S. 120f. Zum lange vorherrschenden dualistischen ›deutschen‹ Modell des Bischofs zwischen Königtum und Aristokratie im 10.–12. Jahrhundert vgl. Patzold, Épiscopat du haut Moyen Âge, S. 345–347 u. die Zusammenfassung S. 349. Eine Abkehr dieser Sichtweise ist erst in den letzten Jahrzehnten erfolgt (S. 352). Vgl. Reuter, Europa der Bischöfe, S. 26. Am Beispiel der Bischöfe von Utrecht zeigt dies Grosse, Évêque d’Utrecht autour de l’an Mil. Vgl. Laudage, Otto der Große, S. 259. Vgl. Keller, Der König bat und befahl, S. 40. Zu Thietmars Ansicht vgl. Schütte, Bischofserhebungen, S. 175–179. Ausführliche Berichte über Erhebungen habe er nur dann eingefügt, wenn es zu Unstimmigkeiten gekommen war. Zur dennoch großen Anzahl vgl. Engelbert, Papsttum in der Chronik Thietmars, S. 118.

Der Bischof vor dem Investiturstreit

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wieder. Vielmehr hatte der Herrscher zahlreiche Faktoren und Spannungsfelder zu berücksichtigen, konnte nicht ohne den Konsens mit den Großen des Reiches seine eigenen Ziele erreichen:1452 Verleihungen von Grafschaften an Bischöfe waren beispielsweise nicht gegen den Adel gerichtet, sondern zumeist mit dessen Billigung erfolgt,1453 und keineswegs ist die Erhebung immer konfliktfrei abgelaufen.1454 Auch die Wahl durch Klerus und Volk ist niemals bestritten worden,1455 wenngleich sie wohl vielmehr der idealtypischen Vorstellung als der tatsächlichen Realität entsprochen haben wird.1456 Diese schon zu Beginn an die Großen gekoppelte Kirchenpolitik der ottonischen Herrscher lässt auch den Rückschluss nicht zu, dass als Ergebnis »ein beamtenartiger Episkopat an der kurzen Leine des Königs« gestanden habe,1457 wie er in Teilen während der karolingischen Herrschaft insbesondere unter Karl dem Großen auszumachen war. Dem Episkopat ist ein nicht geringer Handlungsspielraum unter der Königsherrschaft geblieben, der es ihnen sogar erlaubte, Vorhaben gegen den Willen des Königs durchzusetzen.1458 Inwiefern dennoch der innerhalb der Forschung lange diskutierte Begriff des ottonisch-salischen Reichskirchensystems seine Berechtigung hat, um die Kirchenpolitik der Herrscher des 10. und 11. Jahrhunderts

1452 Vgl. Keller, Rolle des Königs bei der Einsetzung der Bischöfe, S. 166, 168, 170 u. 172, der das konsensuale Handeln nicht als Ausdruck einer Kirchen- oder Machtpolitik verstehen möchte, vielmehr einer Konsens- und Integrationspolitik. Vgl. Erkens, Bischofswahl, S. 20; Keller, Der König bat und befahl, S. 48; Laudage, Otto der Große, S. 256f.; Schubert, Reichsepiskopat, S. 95. Insgesamt gelangten zwischen 936 und 1024 bei 202 Bischofserhebungen 28 Kandidaten in Amt und Würden, die mit dem Königshaus verwandt waren, das entspricht etwa 14 %. Vgl. Bode, Bischöfe und Erzbischöfe der Mainzer Kirchenprovinz, S. 157f. Familiäre Bindungen spielten somit keineswegs die einzige Rolle in der Besetzungspolitik. Vgl. anhand der Regierungszeiten Ottos I. und Ottos II. dies., König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 316–321 u. 490–492. Finck von Finckenstein, Bischof und Reich, versucht in seiner Studie, über die Herkunft der Bischöfe den königlichen Einfluss nachvollziehen zu können, somit aus nichtindigener Herkunft die herrscherliche Mitwirkung herauszulesen. Dieser Ansatz überzeugt nicht, lässt er doch andere wichtige Aspekte außen vor. 1453 Vgl. Weinfurter, Heinrich II. Herrscher am Ende der Zeiten, S. 158–160. 1454 Vgl. Keller, Der König bat und befahl, S. 43; Laudage, Otto der Große, S. 257. 1455 Vgl. Keller, Der König bat und befahl, S. 49; Thier, Hierarchie und Autonomie, S. 269f. Doch ist weder das Verfahren reglementiert noch der Kreis der Wählenden festgelegt worden. Keller verdeutlicht dies anhand der Chronik Thietmars und des dort geschilderten vergeblichen Ringens der Magdeburger Kanoniker um das ihnen von Otto II. ausgestellte Wahlprivileg (vgl. Keller, S. 50–52). Vgl. Keller, Rolle des Königs bei der Einsetzung der Bischöfe, S. 167; Schubert, Reichsepiskopat, S. 93; Schütte, Bischofserhebungen, S. 143. Vorsichtiger Parisse, Princes laïques et/ou moines, S. 456f. 1456 Vgl. Schieffer, Bischofserhebungen, S. 61. 1457 Schieffer, Ottonische Reichsepiskopat, S. 295. Vgl. Engelbert, Papsttum in der Chronik Thietmars, S. 118; Keller, Der König bat und befahl, S. 54. 1458 Vgl. Hehl, Der widerspenstige Bischof, S. 297; ders., Bedrängte und belohnte Bischöfe, S. 78–80.

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adäquat zu beschreiben, braucht an dieser Stelle nicht aufgegriffen zu werden.1459 Rudolf Schieffer hat sich diesbezüglich diplomatisch geäußert, die Stellung der Reichsbischöfe beruhe »eben darauf, dass die Herrscher ihre unbestrittene Kirchenhoheit durch den Adel und nicht gegen ihn verwirklichten und damit sich wie auch den Kirchen ein zusätzliches Potenzial an Reichtum, Ansehen und Zusammenhalt erschlossen. Wenn man möchte, kann man darin ein System erblicken«.1460 Ob nun in der Verbindung zwischen Herrscher und Episkopat ein ausgeklügeltes System oder ein planvolles Handeln zu erkennen ist, das mit zunehmender Zeit an Komplexität gewann, ist für diese Arbeit nicht von Belang. Wichtig ist, die gegenseitige Abhängigkeit von König und Bischöfen im Hinterkopf zu behalten, die über die seit der Merowingerzeit zu beobachtenden Verbindungen beider Gruppen deutlich hinausgehen.1461 Die bereits unter Karl dem Großen bestehende Hofkapelle gewann zunehmenden Einfluss als Ausbildungsstätte zukünftiger Bischöfe, die aus dem direkten Umfeld des Königs rekrutiert wurden und im Hofdienst bereits langjährige Erfahrung vorweisen konnten.1462 Die Ausdehnung des ostfränkisch-deutschen Reiches und die Zahl der darin liegenden Bistümer erlaubte es den Königen, sich aller im Falle einer eintretenden 1459 Eine knappe Wiedergabe des Forschungsganges bietet Schieffer, Karolingische und ottonische Kirchenpolitik, S. 311f. Zuletzt ist die Diskussion 2015 lesenswert von Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 15–38, zusammengefasst worden. Zu den Hauptmerkmalen des Reichskirchensystems nach Santifaller vgl. ebd., S. 28–37, zu seiner Ausbildung und Weiterentwicklung S. 38–41. Problematisierung des Begriffs »Reichskirchensystem« bei Schieffer, Geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik, S. 7–10. 1460 Schieffer, Ottonische Reichsepiskopat, S. 301. Gegen die Bezeichnung eines Reichskirchensystems, unter Betrachtung der Regierungszeiten Ottos I. und Ottos II., vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 553, ohne der ottonischen Kirche einen besonderen Charakter abzusprechen. 1461 Vgl. Huschner, Transalpine Kommunikation 1, S. 94–214, der die Struktur der Hofkapelle nach paläographischen Untersuchungen komplett neu fasst, nachdem er zahlreiche bisher unbekannte Notare mit amtierenden oder späteren Bischöfen identifiziert, sie damit zu den wichtigsten Personen des Reiches auf Augenhöhe mit den Königen positioniert. Kritisch gegenüber der Methode Huschners zur Identifizierung der Notare Hoffmann, Notare, Kanzler und Bischöfe, S. 438. Die von Huschner in Frage gestellte Struktur der Hofkapelle ist in Teilen relativiert worden. 1462 Zur Bedeutung der Hofkapelle vgl. Fleckenstein, Hofkapelle der deutschen Könige. Kritischer, unter Betrachtung der Regierungszeiten Ottos I. und Ottos II. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 330–333 u. 496–499. Weiterhin Schieffer, Karolingische und ottonische Kirchenpolitik, S. 318. Schieffer weist darauf hin, dass sich allein durch die ab dem 9. Jahrhundert sich etablierende symbolische Handlung der Übergabe des Bischofsstabes ein persönliches Verhältnis zwischen Herrscher und neu erhobenem Bischof ergeben hat. Vgl. auch ders., Geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik, S. 23f.; Depreux, Symbole und Rituale, S. 160–164; Keller, Der König bat und befahl, S. 48. Spätestens unter Heinrich III. trat neben die Übergabe des Stabes auch die Investitur mit dem Ring. Vgl. Depreux, Investitura per anulum et baculum; Engels, Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert), S. 57; Laudage, Heinrich III., S. 111.

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Vakanz persönlich anzunehmen – ein Umstand, der weder den merowingischen Königen noch den karolingischen Herrschern im Fränkischen Gesamtreich möglich gewesen war.1463 Auch wenn die meisten Bistümer über ein freies Wahlrecht ihrer Bischöfe verfügten, konnten dennoch in praktisch allen Bistümern des Reiches die Kandidaten nur mit königlicher Zustimmung eingesetzt werden, auch wenn die Könige dabei nicht, wie angesprochen, selbstherrlich agieren konnten, sondern die Interessen verschiedener Gruppierungen beachten mussten.1464 Die Bischöfe waren fast durchweg adeliger Abkunft.1465 Während die Könige Bistümer vergaben und diese mit Besitz und bald auch Herrschaftsrechten ausstatteten, womit sie außerhalb ihrer Bischofsstadt in die königliche Verwaltung eingebunden wurden,1466 forderten sie im Gegenzug erheblichen Einfluss auf die Auswahl der Kandidaten, Verpflegung bei Aufenthalten in den Bistümern sowie die Abstellung militärischer Kontingente auf Kriegszügen.1467 Dies findet sich auch in anderen Reichen und ist nicht singulär auf das ottonischsalische anzuwenden,1468 doch hätten, wie Rudolf Schieffer zusammenfasst, die

1463 Vgl. Schieffer, Karolingische und ottonische Kirchenpolitik, S. 301; ders., Geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik, S. 21f. Eine Vorstufe einer weitgehend vollständigen Hoheit eines Herrschers über alle Bistümer des Reiches war bereits bei Ludwig dem Deutschen und Arnulf zu beobachten. 1464 Vgl. Keller, Der König bat und befahl, S. 54; Schieffer, Ottonische Reichsepiskopat, S. 296f. Es hat auch königsfreie Bistümer gegeben und solche, bei denen eine örtliche Wahl durch den König toleriert worden ist, vgl. Schieffer, Geschichtliche Ort der ottonischsalischen Reichskirchenpolitik, S. 16. Exemplarisch waren in der Regierungszeit Heinrichs II. 64 Bistümer zu besetzen. Nur in einem Fall konnte sich ein nicht vom König eingesetzter Kandidat durchsetzen. Mindestens 24 entstammten der Hofkapelle, damit nicht einmal die Hälfte, vgl. Weinfurter, Kollegen des Königs, S. 35; ders., Heinrich II. Herrscher am Ende der Zeiten, S. 146. 1465 Vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 309 u. 488; Finck von Finckenstein, Bischof und Reich, S. 97f.; Parisse, Princes laïques et/ou moines, S. 461–464; Patzold, »Gute Streiter« und »sehr gute Hirten«, S. 198; Reuter, Imperial Church System, S. 353; Schieffer, Ottonische Reichsepiskopat, S. 295 u. 298–301. 1466 Vgl. Finck von Finckenstein, Bischof und Reich, S. 85; Hürten, Verbindung von geistlicher und weltlicher Gewalt; Keller, Reichsstruktur und Herrschaftsauffassung, S. 86; Reuter, Imperial Church System, S. 359 u. 361, zur Praxis der Vergabe von Immunitäten ebd., S. 363f. 1467 Vgl. Reuter, Imperial Church System, S. 364; Schieffer, Ottonische Reichsepiskopat, S. 292; ders., Geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik, S. 5f. 1468 Vgl. Hoffmann, König und seine Bischöfe; Parisse, Bishop: Prince and Prelate, S. 17–19. Beide machen jedoch auch deutliche Unterschiede aus. Einen Vergleich der Bischofserhebungen im westfränkisch-französischen Reich im 9. u. 10. Jahrhundert bietet auch Schieffer, Bischofserhebungen, bes. S. 67–82. Vgl. ders., Geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik, S. 32.

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Könige im Reich es deutlich besser als die übrigen verstanden, die Vorsteher der zahlreichen Kirchen im Reich zu einer Reichskirche zu verbinden.1469

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Während im 9. Jahrhundert nicht zuletzt mit dem fälschlich Theodulf von Orléans zugeschriebenen Kapitular sowie dem Sendhandbuch Reginos von Prüm gleich mehrfach Texte und Textsammlungen entstanden sind, die neben zahlreichen anderen Themenfeldern Auskunft über die rechte Vorbereitung zu Sterben und Tod gegeben haben,1470 tritt im 10. Jahrhundert neben einer nach der Chronik Reginos zu konstatierenden allgemeinen Quellenarmut auch eine geringere Rezeption der Kirchenväter Ambrosius, Augustinus und Gregor des Großen.1471 Dennoch hatte sich die auf karolingische Grundlagen zurückgehende Sterbepraxis mittlerweile zu einem festen Ritual verfestigt.1472 Der knapp einhundert Jahre währende Leerlauf innerhalb der Schriftproduktion findet hingegen erst in Gestalt Bischof Burchards von Worms und seines zwanzig Bücher umfassenden Dekrets sein Ende.1473 Darin sammelte Burchard die aus seiner Sicht wichtigsten kirchenrechtlichen Beschlüsse der vergangenen Jahrhunderte und bereitete sie klar strukturiert innerhalb von beinahe 1800 Kapiteln auf.1474

1469 Vgl. Schieffer, Geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik, S. 29 u. 31. Darauf hat bereits Fleckenstein, Problematik und Gestalt der ottonisch-salischen Reichskirche, S. 91 u. 93, hingewiesen. 1470 Vgl. Kapitel 7.2. 1471 Vgl. Angenendt, Die Welt des Thietmar von Merseburg, S. 45. Modifizierend Schieffer, Mediator cleri et plebis, S. 348f., der die Präsenz der Kirchenväter im Schul- und Schreibbetrieb in karolingischer und auch ottonischer Zeit betont. 1472 Angenendt, Die Welt des Thietmar von Merseburg, S. 48, weist auf den Unterschied zwischen dem Tod Karls des Großen und Ottos III. hin. Während sich zu Karl weder eine genaue Grablege in Aachen noch ein Memorialdienst zu seinem Tod nachweisen lässt, ist die Überführung Ottos III. dorthin ein »liturgisches Großereignis« gewesen. Entsprechend lassen sich gemäß Angenendt Einsetzung und Beerdigung von Bischöfen bewerten. Inwiefern dies die Quellen ausführlich widerspiegeln, wird zu untersuchen sein. Einen Überblick zu Sterben, Bestattung und Nachleben in ottonischer Zeit gibt Krüger, Sterben, Bestattung, Nachleben und Armenfürsorge. 1473 Eine aktuellen Ansprüchen gerecht werdende Edition fehlt. Zu den Entstehungsstufen des Dekrets vgl. Hoffmann / Pokorny, Dekret des Bischofs Burchard von Worms, S. 29–64. In seiner Grundausrichtung ähnelt Burchard sehr stark Thietmar von Merseburg. Obwohl er vom Stellenwert des Papstes wusste, war für ihn die einzelne Diözese mit dem König als Herr das Wichtigste, vgl. Angenendt, Die Welt des Thietmar von Merseburg, S. 42. Knapp zur Person Burchards vgl. Kölzer, Burchard I., Bischof von Worms; Schieffer, Burchard von Worms. 1474 Vgl. Hartmann, Burchards Dekret; Kerner, Studien zum Dekret des Bischofs Burchard von Worms; Müller, Kirchenrechtssammlung.

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So umfangreich Burchards Sammlung auch ausgefallen ist, sie bietet praktisch keine relevanten Passagen zum Umgang mit Sterbenden oder Toten. Wörtliche oder variierte Übernahmen etwa aus dem Theodulf fälschlich zugeschriebenen zweiten Kapitular finden sich kaum.1475 Übernommen hat Burchard dagegen Passagen von Augustinus und Gregor dem Großen zu Purgatorium und Fürbitte für die Verstorbenen.1476 Während Burchards Dekretalensammlung die lange Zeitspanne stark zurückgegangener, auf Synodalakten beschränkter kanonistischer Schriftproduktion beendet, ist bereits um das Jahr 1000 in Ivrea unter dem dortigen Bischof Warmundus ein beeindruckendes Sakramentar entstanden,1477 das gerade durch seine Illustrationen das besondere Interesse der Forschung geweckt hat.1478 Unter den insgesamt 62 Miniaturen findet sich eine Illustrationsreihe zur idealen christlichen Bestattung.1479 Diese in liturgischen Texten singuläre Darstellung mag exemplarisch die weiterhin präsenten Vorstellungen des ordo defunctorum versinnbildlichen, der nun erstmalig in einer Abfolge von Abbildungen visualisiert worden ist. Obwohl die Bilder einen idealtypischen Verlauf anzeigen, sind alle Stationen – von der Gabe der Sakramente bis zur Grablegung – der Lebenswirklichkeit der Zeit entnommen.1480 Die einzelnen Bilder setzen dabei nicht nur einzelne Stationen in Szene, sondern werden jeweils durch eine Umschrift näher erläutert.1481 Einerseits illustrieren sie die weiterhin bestehende Aktualität

1475 Zu den Zitaten Theodulfs in Burchards Dekret vgl. Brommer, Rezeption der bischöflichen Kapitularien, S. 138f. u. 151; Hoffmann / Pokorny, Dekret des Bischofs Burchard von Worms, S. 274, sowie die Übersicht im vierten Band der Bischofskapitularien (MGH Capit. episc. 4), S. 146f. Aus Theodulfs vermeintlichem zweiten Kapitular, worin auch die Krankensalbung thematisiert wird, finden sich kaum direkte oder indirekte Übernahmen. Eine Ausnahme bildet die über Reginos Sendhandbuch in Burchards Dekret (III, 159, Sp. 705) eingegangene Verfügung zum Verbot der Bestattung im Kirchenraum. 1476 Vgl. Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 131–133. 1477 Ivrea, Bibl. Cap., cod. LXXXVI, (31). Mittlerweile ist es auch als Faksimile zugänglich: Sacramentario del vescovo Warmondo di Ivrea. Vgl. zum Sakramentar Prestel, Sakramentar des Bischofs Warmundus. Aspekte der Forschung zum Sakramentar, insbesondere zu den Illustrationen fasst Dormeier, Buchmalerei, zusammen. 1478 Vgl. Mackie, Warmundus of Ivrea. Zur Frage der Datierung ebd., S. 232–234, zu Warmund und seiner möglichen Herkunft nördlich der Alpen S. 219f. 1479 Wie ohnehin zahlreiche der Illustrationen mit dem Themenkomplex Tod in Verbindung stehen. Überlegungen diesbezüglich bei Mackie, Warmundus of Ivrea, S. 255f. Ausführliche Auseinandersetzung mit den Miniaturen durch Magnani, Miniature del sacramentario d’Ivrea, zur Illustrationsreihe zur Bestattung S. 37–39. Knappe Einordnung der Umschriften bei Brather, Bestattungsrituale zur Merowingerzeit, S. 280. 1480 Vgl. Mackie, Warmundus of Ivrea, S. 237f. 1481 Den Bilderzyklus und Erläuterungen zu diesem bieten, unter besonderer Berücksichtigung der jeweils abgebildeten trauernden Frauen, Geary, Phantoms of Remembrance, S. 53–59; Schmitt, Logik der Gesten, S. 201–213.

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des frühesten ordo defunctorum bis zum Warmundus-Sakramentar, zeugen andererseits von der Bedeutung eines guten christlichen Todes.1482 Zeittypische Auffassungen zu Sterben, Tod und Nachleben versprechen darüber hinaus die umfangreichen historiographischen Werke der Zeit. Bereits Gregor von Tours hatte in den Decem libri historiarum sein Verständnis von Sterben, Tod und Nachleben erkennen lassen.1483 An dieser Stelle können nur einzelne Schlaglichter geworfen, keine allgemeingültigen Mentalitäten ergründet werden. Doch geben die Texte der Historiographen einen Eindruck über ihr Verständnis von Sterben, Tod und Nachleben. Liudprand von Cremona wurde während seiner Gesandtschaft in Byzanz mehrfach an die Tafel des Kaisers geladen. Bei einem dieser Mahle, so berichtet Liudprand selbst, war auch der Patriarch von Konstantinopel zugegen und traktierte Liudprand mit Fragen zur Heiligen Schrift, die dieser jedoch alle, wie er selbst einschätzt, vollständig habe beantworten können. Im Grunde stellt sich hier eine ähnliche Situation dar, wie sie bereits Gregor von Tours mehrfach geschildert hat. Allerdings disputierten bei Gregor immer ein rechtgläubiger Christ, Gregor selbst, mit einem Andersgläubigen, einem Juden oder Arianer. In Liudprands Fall sprechen zwei Christen miteinander, allerdings weiß Liudprand die Unterschiede derart zu betonen, dass eine ähnliche Gesprächssituation entsteht, wie sie aus Gregors Historien vertraut ist. Der Patriarch wies Liudprand schließlich zurecht, sein Glaube sei noch verhältnismäßig jung, zu jung, als dass sächsische Konzilsbeschlüsse bereits Eingang in die Rechtsbücher von Byzanz gefunden hätten.1484 Liudprand konterte, von Byzanz seien alle Ketzereien ausgegangen und wären dort propagiert worden, während sie im Abendland aus der Welt geschafft worden seien.1485 Als Beispiel nannte er Patriarch Eutychius von Konstantinopel (552–582, mit zwölfjähriger Unterbrechung 565–577), der gelehrt hatte, bei der Auferstehung erhalte der Mensch nicht seinen irdischen Leib zurück, sondern würde stattdessen einen Scheinleib annehmen.1486 Damit greift Liudprand eine Diskussion auf, die seit den Korintherbriefen des Paulus und seiner Formulierung eines pneumatischen Leibes, den der Mensch nach der Auferstehung annehmen würde und der augustinischen Ansicht, jeder würde seinen irdischen Leib im Idealzustand zurückerhalten, anscheinend nicht an Aktualität verloren hat.1487 Liudprand folgt der augustinischen Sicht, erachtet eine Auferstehung mit dem irdischen Leib als 1482 1483 1484 1485 1486 1487

Vgl. Mackie, Warmundus of Ivrea, S. 255. Vgl. Kapitel 6.2.1. Vgl. Liudprand von Cremona, Relatio de legatione Constantinopolitana c. 21, S. 186. Vgl. Liudprand von Cremona, Relatio de legatione Constantinopolitana c. 22, S. 186f. Vgl. Liudprand von Cremona, Relatio de legatione Constantinopolitana c. 22, S. 187. Die Betonung der fleischlichen Auferstehung (also der Erhalt des irdischen Körpers) findet sich auch im beginnenden 11. Jahrhundert weiterhin in theologischen Schriften präsent. Vgl. exemplarisch Frassetto, Resurrection of the Body.

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gesichert. Alles andere sei zurückzuweisen, wie bereits die Lehren des Eutychius durch niemand anderen als Gregor den Großen verbrannt worden waren (cuius erroris liber a Gregorio orthodoxe est combustus).1488 Während sich Liudprand in seinen Werken über Sterben und Tod im Allgemeinen nicht äußert, zeichnet er einerseits ein eindeutiges Bild von der Auferstehung, womit er sich andererseits von der byzantinischen Orthodoxie distanziert, sie in Teilen als Brutstätte von Ketzerei und Häresie brandmarkt. Dabei beweist Liudprand Kenntnisse der theologischen Konflikte sowie der Patristik; Gregor der Große und seine Dialoge sind ihm nicht unbekannt. Ziehen wir zusätzlich sein umfangreichstes Werk, die Antapodosis, heran, so findet sich ein weiteres Indiz. Er berichtet von der Ermordung des byzantinischen Kaisers Michael III. im Jahr 867 durch seinen Nachfolger Basileios I. (867– 886). Basileios erschien, so berichtet Liudprand weiter, nach seiner Tat im Traum Christus, dieser stellte ihn ob seiner Tat zur Rede. Aus dem Schlaf erwacht sann Basileios nach einer Lösung, wie er seine Schuld begleichen kann. »Und gestärkt durch die heilsame und wahrlich wohlgefällige Verheißung unseres Herrn durch den Propheten, dass ein Sünder jederzeit gerettet wird, sobald er bereut, bekannte er sich unter Tränen und Seufzen als Sünder, als Schuldiger, als Vergießer unschuldigen Blutes. Und einem guten Rat folgend machte er sich Freunde mit dem ungerechten Mammon, auf dass die, die er hier mit zeitlichem Gute tröstete, ihn mit ihren Gebeten aus dem ewigen Feuer der Hölle erlösten.«1489 Das Vorhaben Basileios’ mag auf diesem Weg sicher nicht das gewünschte Ziel erreichen, interessanter ist aber, dass die generelle Möglichkeit, durch Gebete anderer den ewigen Höllenstrafen entgehen zu können, genannt wird. Damit greift Liudprand die Grundidee Gregors des Großen auf, wenngleich an diesem Beispiel um Basileios das Gegenteil vor Augen geführt wird. Auch darüber hinaus bietet die Antapodosis Bruchstücke zu allgemeinen, den Tod betreffenden Gedanken. Relativ am Anfang steht, wie gesehen, die Aussicht, dem Höllenfeuer entkommen zu können. Das Bekenntnis zu dem ewigen und dem Vater und Heiligen Geist wesensgleichen Jesus folgt im zweiten Buch.1490 Das 1488 Liudprand von Cremona, Relatio de legatione Constantinopolitana c. 22, S. 187. Bereits zuvor formulierte Liudprand, Gregor habe Eutychius von seiner Häresie befreit, ebd.: Romanus enim clericus, postmodum universalis papa Gregorius, qui a vobis appellatus est Dialogus, Eutychium Constantinopolitanum patriarcham haereticum ab eiusmodi haeresi liberavit. 1489 Liudprand von Cremona, Antapodosis I, 10, S. 9: Confortatus itaque hac Domini nostri per prophetam salubri et vere acceptabili promissione, quia, in quacumque die peccator ingemuerit, salvus erit, cum lacrimis et gemitibus se peccatorem, se reum, se sanguinis innocentis effusorem esse confitebatur. Bono autem consilio accepto amicos sibi de mammona iniquitatis effecerat, ut quos hic temporibus subsidiis consoleratur, corum precibus ab aeterno gehennae incendio liberaretur. Übersetzung: FSGA 8, S. 257. 1490 Vgl. Liudprand von Cremona, Antapodosis II, 46, S. 58.

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letzte Kapitel des sechsten Buches, somit das Ende des Werkes, beschließt Liudprand mit einem Bericht von der Ausgabe des Goldes an Bedienstete unterschiedlichsten Ranges im Byzantinischen Reich. Liudprand, der diesem Treiben persönlich beiwohnte und vom Kaiser nach seiner Meinung befragt wurde, antwortete mit der bekannten Parabel von Lazarus und dem reichen Prasser. Wie habe der reiche Prasser, der Lazarus im Himmel nur sehen, jedoch nicht an seinem Glück teilhaben konnte, selbst Glück empfinden können? Daraufhin erhielt Liudprand ebenfalls etwas Gold.1491 Unabhängig davon ist es auffällig, dass Liudprand sein Werk mit dieser Parabel ein Ende nehmen lässt. Während die Bücher I–V der Antapodosis vor dem erfolgreichen Zugang zum Hof Ottos I. verfasst worden sind,1492 ist das sechste erst in der Folge niedergeschrieben worden. Es endet einigermaßen abrupt, jedoch mit dieser ihn selbst betreffenden Geschichte, er habe vom byzantinischen Kaiser ein Pfund Gold überreicht bekommen. Möglicherweise spielt Liudprand damit auf seinen mittlerweile erfolgreichen Zugang zum ottonischen Kaiserhof an, der ihn in eine Situation versetzt hatte, nicht mehr nur den Hof – in Analogie zur Lazarus-Parabel – aus der Ferne zu sehen, sondern Teil dessen geworden zu sein. Damit würde die Lazarus-Parabel am Ende Indiz für einen sehr bewussten Abschluss des Werkes durch Liudprand sein. Zuletzt ziehen wir Thietmars Chronik heran. Während Gregor von Tours seinen Historien eine klare heilsgeschichtliche Struktur – mit dem Glaubensbekenntnis und der Unsterblichkeit der Seele beginnend, mit der Auferstehung des Fleisches endend – unterlegt hatte,1493 erscheint Thietmars Chronik auf den ersten Blick simpler gestrickt. Doch auch er integriert in seinen Text klare Vorstellungen von Tod und Nachleben. Diesbezüglich bringt Thietmar, hier offenkundig in seiner Rolle als Seelsorger, Missionar und Prediger,1494 relativ zu Beginn des ersten Buches seiner Chronik eine kleine Geschichte an, deren Zweck er darin erachtet, »[d]amit kein Christgläubiger mehr an der künftigen Auferstehung der Toten zweifle, vielmehr sich eifrig bemühe, durch frommes Streben die Freuden seliger Unsterblichkeit zu erlangen«.1495 Während Gregor von Tours und Liudprand von Cremona die fleischliche Auferstehung noch in Streitgesprächen mit Ungläubigen verteidigen mussten, setzt Thietmar diese gleich zu Beginn als gegeben voraus, wenngleich offenkundig weiterhin auch Christen an der Auf1491 1492 1493 1494 1495

Vgl. Liudprand von Cremona, Antapodosis VI, 10, S. 158. Vgl. Karpf, Herrscherlegitimation, S. 6–8. Vgl. Kapitel 6.2.1. Vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 76. Thietmar von Merseburg, Chronicon I, 11, S. 16: Ut nullus Christo fidelium de futura mortuorum resurreccione diffidat, sed ad beatae immortalitatis gaudia anhelanter per sancta proficiscatur desideria. Übersetzung: FSGA 8, S. 15. Vgl. Goez, Bischof Thietmar von Merseburg, S. 112; Schmitt, Wiederkehr der Toten, S. 48f.

Vorstellungen über Sterben und Tod vor dem Investiturstreit

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erstehung zweifelten. Thietmar gibt in belehrender Manier dem Leser mit an die Hand, wie die Auferstehung positiv zu gestalten ist und die Seligkeit erlangt werden kann: durch ein frommes und gottgefälliges irdisches Leben. Dies sind keine neuen Einsichten, wichtig ist aber zu erkennen, dass Thietmar es als notwendig erachtet hat, diese nochmals niederzuschreiben. Ebenso verhält es sich mit Thietmars Seelenlehre. Er unterscheidet darin, an Gregor dem Großen orientiert, die Seelen von Engeln, Menschen und Tieren. Die der Engel besitzen weder Anfang noch Ende, die der Menschen werden mit ihrer Geburt geschaffen, sind dann aber unsterblich, während die der Tiere zunächst geschaffen werden, dann mit dem Tod auch wieder vergehen.1496 In die gleiche Kerbe schlägt Thietmar auch im weiteren Verlauf seiner Chronik, mahnt die Leser, sich nicht mit unnötigem Ballast, also irdischem Gut, zu beschweren, sich vielmehr der eigenen sterblichen Natur bewusst zu werden.1497 Auch dies sind Gedanken, die seit der Patristik ausgiebig diskutiert worden sind. Während Thietmar im ersten Buch der Auferstehung gemahnt, im weiteren Verlauf, wenn auch selten, generell zur Vorbereitung auf das Nachleben Stellung bezieht, kommt er in seinem letzten, dem achten Buch, (zufällig?) auf das Jüngste Gericht zu sprechen. Daraus eine eschatologische Gesamtstruktur herausarbeiten zu wollen, entspräche mehr dem Wunsch einer Parallelität zum Werk Gregors denn den tatsächlichen Textbelegen in Thietmars Chronik, dennoch mahnt auch Thietmar in Anbetracht des sicher nahenden Jüngsten Tages.1498 Entsprechend spielen die Totenmemoria und das Konzept der Gebetsverbrüderung, wie noch zu zeigen sein wird, bei Thietmar eine wichtige Rolle.1499 In Anbetracht des kommenden Jüngsten Gerichtes legt Thietmar größten Wert auf die Todestage seiner bischöflichen Amtskollegen.1500 Die Zahl der bei Thietmar verzeichneten Bischöfe ist entsprechend beträchtlich. Es ergibt sich folglich zumindest quantitativ eine Parallele zu Gregor von Tours.

1496 Thietmar von Merseburg, Chronicon I, 14, S. 20: Prima angelorum incorporerorum, quae cum eis est sine inicio et termino; II hominum, quae cum eis sumit exordium, sed in fine non habens participium, namque inmortalis est […] tercia species est animae paecudum ac volatilium, quae cum corpore parem inicii finisque sortitur equalitatem. Zu Gregor vgl. Kapitel 4.3. Zur Seelentheorie bei Thietmar vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 82f.; Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 75. 1497 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 21, S. 298. 1498 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VIII, 6, S. 500. 1499 Deutlich wird, dass Thietmar keineswegs als großer Theologe in Erscheinung tritt, Religion vielmehr seine Lebenswirklichkeit bestimmt hat. Ausufernde theoretische Konzepte zu Sterben, Tod und Nachleben bei ihm zu erwarten, wäre verfehlt. Vgl. Angenendt, Die Welt des Thietmar von Merseburg, S. 55. 1500 Vgl. Engelbert, Papsttum in der Chronik Thietmars, S. 90.

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8.3

Der wiederentdeckte Bischofstod in der Geschichtsschreibung

Der Bischofstod in der frühen Chronistik ottonischer Zeit

Die chronikalischen Aufzeichnungen Liudprands von Cremona bieten kaum bischöfliche Todesfälle. Mit seinem Hauptwerk, der Antapodosis, wollte Liudprand Aufnahme am ottonischen Hof finden. Eine ausführliche Behandlung des Episkopats ist nicht zu finden. Liudprand ging es vor allem darum, das sächsische Königtum lobend hervorzuheben sowie seine eigenen Kenntnisse und Erfahrungen, die neben dem italienischen Raum auch Byzanz umfassten, unter Beweis zu stellen.1501 Die wenigen bischöflichen Todesfälle stehen in Zusammenhang mit den weit umfangreicher geschilderten verwerflichen Zuständen im italienischen Königreich und an der Kurie, kulminierend im Mord an Papst Johannes X.1502 Die verstorbenen Bischöfe spielen dabei für Liudprand keine Rolle, sie sind nur Mittel zum Zweck, ihr Ableben als Resultat barbarischer Verwüstungen oder Ausgangspunkt abenteuerlicher familieninterner Eskapaden bis in die höchsten Kreise von König- und Papsttum darzustellen. Liudprand ordnet sein ganzes Werk dem primären Ziel unter, am ottonischen Hof Gehör und Aufenthalt zu erhalten. Verstorbene Bischöfe stellen keine notwendige Komponente dar, desaströse Zustände in Italien sehr wohl, zumal sie schließlich durch Otto, den Repräsentanten des hoch gelobten sächsischen Königtums, gelöst werden. Anders als noch Regino von Prüm, der fünfzig Jahre zuvor die Geschichtswürdigkeit des Bischofs wieder deutlich in seinem Werk akzentuiert und nicht zuletzt seine Chronik in episkopalem Umfeld verfasst hatte, folgte Liudprand anderen Zielen, sah sich von einem anderen Umfeld beeinflusst. Auch wenn es sich mit seinen wichtigsten angestrebten Rezipienten, Wilhelm von Mainz und Rather von Verona, um Vertreter des Episkopats handelte, galt es nicht, diese mit Detailwissen über italienische Bischöfe zu langweilen.1503 Folglich spielt der Bischofstod in der Antapodosis Liudprands, und darüber hinaus auch in seinen weiteren Werken, praktisch keine Rolle. Die in der Kapitelüberschrift angedeutete Wiederentdeckung des Bischofstodes, so kann bereits festgehalten werden, ist nicht allen Werken dieser Epoche eigen, sondern nur den Werken einiger Autoren.

1501 Zur Schreibabsicht Liudprands vgl. Brakhman, Außenseiter und ›Insider‹, S. 41–124. Zu Liudprand vgl. Becker, Einleitung, S. VII–XII; Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 370–379; Huschner, Transalpine Kommunikation 2, S. 550– 555. Zur Antapodosis vgl. Staubach, Historia oder Satira. 1502 Vgl. Liudprand von Cremona, Antapodosis III, 43, S. 95f. Zum Vorgang vgl. RI II,5 n. 98, S. 30; Zimmermann, Papstabsetzungen, S. 74. Zu seiner Person vgl. knapp ders., Johannes X. 1503 Zur Rolle Wilhelms und Rathers für Liudprand vgl. Brakhman, Außenseiter und ›Insider‹, S. 41–124; Huschner, Transalpine Kommunikation 2, S. 594–596.

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8.3.1 Die Fortsetzung der Chronik Reginos von Prüm Als Verfasser der Fortsetzung der Chronik Reginos ist seit Wilhelm von Giesebrecht der namentlich bekannte Adalbert mit dem Missionsbischof sowie ersten Erzbischof von Magdeburg gleichgesetzt worden.1504 Sollte dies zutreffen, spräche vieles für eine Königsnähe des Autors.1505 Adalbert ist von Otto nicht nur als Missionar in die östlichen Gebiete entsandt worden, sondern hat darüber hinaus den vom Kaiser gegen alle Widerstände im Jahr 968 errichteten Erzbischofssitz in Magdeburg erhalten.1506 Dies mag erklären, warum die Fortsetzung mit dem Bericht zum Jahr 967 endet. Die Chronik schließt an das 906 endende Werk Reginos an, setzt dieses zunächst eher knapp fort, bis es dann ab 939 umfangreicher die Geschichte des Reiches darstellt.1507 Ziel und Thema des Werkes sind unterschiedlich definiert worden, Bernhard Zeller vermutete zuletzt, Adalbert sei es darum gegangen, »fränkische Geschichte weiterzuschreiben und diesen Traditionskontext für das ottonische Reich und dessen Herrscher nutzbar zu machen«.1508 Erinnern wir uns an einige Details der Chronik Reginos:1509 Regino hat den Episkopat als reichsgeschichtlich relevante Personengruppe zahlenmäßig wieder sichtbar werden lassen, insgesamt zwanzig verstorbene Bischöfe genannt, ohne jedoch in den meisten Fällen den Todestag anzugeben. Seine Todesberichte waren weitgehend kurz und wertneutral, doch auch hier ließen sich Ausnahmen feststellen. Quantitativ folgt Adalbert den Spuren seines Vorgängers, er nennt 23 1504 Vgl. Bauer / Rau, Einleitung (zu Widukinds Sachsengeschichte), S. 187; Kirn, Oberlothringen, S. 167f. 1505 Vgl. Bauer / Rau, Einleitung (zu Widukinds Sachsengeschichte), S. 187, die eine Abfassung im Auftrag des Königs in Betracht ziehen. Zur Bedeutung der Annalen und ihrer singulären Stellung als ottonischem Annalenwerk vgl. Karpf, Herrscherlegitimation, S. 47; Kirn, Oberlothringen, S. 166. 1506 Zu den Christianisierungsanstrengungen insbesondere in ottonischer Zeit vgl. Hardt, Kirchenorganisation oder Aufstand. Zur Gründung des Erzbistums Magdeburg 968 vgl. Althoff, Gründung des Erzbistums Magdeburg; Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 376–401, aus der Perspektive der (Erz-)Bischöfe von Mainz und Halberstadt; Claude, Geschichte des Erzbistums Magdeburg, S. 63–95; Hehl, Der widerspenstige Bischof, S. 297–299; Laudage, Otto der Große, S. 208–224. Zum Beitrag Italiens an Gründung und Organisation vgl. Huschner, Transalpine Kommunikation 2, S. 624–711. Zu Gründen für die Berufung Adalberts zum ersten Magdeburger Erzbischof vgl. Huschner, Förderer und Gegner kirchenorganisatorischer Reformen, S. 415f. 1507 Vgl. Bauer / Rau, Einleitung (zu Widukinds Sachsengeschichte), S. 187. Hypothesen der Forschung zur Entstehungsgeschichte und eine Übersicht der Literatur bietet Zeller, Liudolfinger als fränkische Könige, S. 139 Anm. 12. In seinem Werk hat Adalbert u. a. auch auf Liudprand zurückgegriffen, den er wohl persönlich gekannt hat, vgl. Huschner, Transalpine Kommunikation 2, S. 596–598; Kirn, Oberlothringen, S. 169f. 1508 Zeller, Liudolfinger als fränkische Könige, S. 141. Ebd., S. 140, mit einem knappen Forschungsüberblick. 1509 Vgl. Kapitel 7.5.

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bischöfliche Todesfälle (zudem zwei Päpste), 15 davon nach dem Jahr 939, also dem ausführlicheren, vielleicht auch auf eigene Anschauungen zurückgehenden Teil.1510 Dazu werden, auch hier in auffälliger Parallele zu Regino, nur in zwei Fällen die Todesdaten ergänzt. Den Berichten selbst kann wenig entnommen werden, alle sind nach dem gleichen Prinzip komponiert, verzichten größtenteils auf Informationen; 21 der 23 Todesberichte nutzen das wertfreie obire.1511 Auf den Tod folgt ebenso wertfrei der Nachfolger des Verstorbenen. Einzige Ausnahme bildet unter den Bischöfen1512 die Nachfolge Friedrichs von Mainz 954. Der Autor betont, dass Wilhelm einvernehmlich durch Volk und Geistlichkeit gewählt wurde.1513 Die Bischöfe entstammen größtenteils lothringischen oder zumindest diesem nahe liegenden Städten: Köln (3), Lüttich (1), Mainz (4), Metz (2), Straßburg (3) und Trier (3).1514 Dies ist mit der engen Bindung Adalberts zu den Erzbistümern Köln – dort amtierte er als Kanzler in der erzbischöflichen Kanzlei –, Trier – dort war er Mönch in St. Maximin – und Mainz – dort erfolgte seine Erhebung zum Missionsbischof auf Empfehlung Wilhelms von Mainz – zu erklären.1515 Hinzu kommen Prälaten aus Aquileja, Chur, Eichstätt, Hamburg-Bremen, Speyer, Worms und Würzburg.1516 Damit ist der Episkopat im ostfränkisch-deutschen Reich mit wenigen Ausnahmen abgedeckt, die sächsischen Bistümer an der Ostgrenze, das Erzbistum Magdeburg mit Meißen, Merseburg und Zeitz, wurden erst im Jahr 968 gegründet. Uns interessieren im nächsten Schritt die Todesfälle. Einerseits ist nach Besonderheiten innerhalb einzelner Berichte zu fragen, andererseits nachzuspüren, wie die eher ›exotischen‹ bayerischen oder sogar norditalienischen Bischöfe den 1510 In der Forschung geführte Diskussionen über eine Zweiteilung der Continuatio Adalberts und darin bewusst gesetzte Abschlüsse einer Continuatio I zu 939 sowie schließlich einer Continuatio II zu 967 in Anlehnung an Reginos in zwei Bücher geteiltes Werk sind zusammengefasst bei Karpf, Herrscherlegitimation, S. 53–56. 1511 Zur durchgehenden Nutzung des Verbes obire beim Fortsetzer Reginos vgl. Chélini, L’aube du Moyen Âge, S. 469f. 1512 Dass sich Adalbert auch auf wertende Todesfälle versteht, bezeugt sein Bericht zum Tod Roberts von Franzien im Konflikt der westfränkischen Könige mit Karl dem Einfältigen. Es heißt dort zum Jahr 922 (Adalbert, Continuatio Reginonis a. 922, S. 157): Karolus tamen ori sacrilego Ruodberti ita lancea infixit, ut diffissa lingua cervicis posteriora penetraret. Vgl. Karpf, Herrscherlegitimation, S. 52. 1513 Zur Begründung vgl. Georgi, Bischöfe der Kirchenprovinz Magdeburg, S. 109–111. Neben Friedrich findet sich die Betonung der kanonischen Wahl auch in Bezug auf Papst Johannes XIII. zum Jahr 965. 1514 Die Bischofsreihen aus Köln (Hermann, Wigfrid, Brun), Mainz (Hatto, Heriger, Hildebert, Friedrich), Metz (Witger, Benno, Adalbero), Straßburg (Otbert, Ruodhard, Udo) und Trier (Ruodger, Ruodbert, Heinrich) sind lückenlos. Zum geographischen Zentrum des Berichteten vgl. Karpf, Herrscherlegitimation, S. 51. 1515 Vgl. Kölzer, Adalbert von St. Maximin, S. 7f. 1516 Angelfred von Aquileja, Waldo von Chur, Starchand von Eichstätt, Unni von HamburgBremen, Gottfried von Speyer, Richgowo von Worms und Poppo von Würzburg.

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Weg in die Chronik gefunden haben. Zunächst kommen wir zu allgemeinen Beobachtungen. Anders als bei Regino stirbt kein Bischof mehr bei der Abwehr der Normannen, mit Ausnahme Otberts von Straßburg († 913) scheidet auch kein Bischof gewaltsam aus dem Leben. Bezeichnenderweise fehlen zu Otbert Angaben über die Umstände, was aber auf die Vorlage, die Annales Sangallenses maiores, zurückzuführen ist.1517 Dass Adalbert nicht blindlings abgeschrieben hat, zeigt sich beim Tod Hattos von Mainz, ebenfalls zu 913 in den Annales Sangallenses maiores vermerkt. Adalbert hat auch diesen Eintrag übernommen, jedoch, wenn auch falsch, zu 912 datiert. Zudem hat er den Eintrag um eine kleine Würdigung Hattos ergänzt (vir adeo strennuus et prudens) und seinen Nachfolger hinzugefügt (cui Herigerus successit).1518 Solche kurzen, ergänzten, lobenden Worte finden sich immer wieder bei Adalbert. Hermann von Köln († 924) erscheint als sanctissimus vir, Heriger von Mainz († 927) als Deo dignus presul,1519 Friedrich von Mainz († 954) als vir in sancta religione strennuus et valde laudabilis, der aber darin zu tadeln war, dass er sich sicubi vel unus regis inimicus emersit, ipse se statim secundum apposuit,1520 und Brun von Köln († 965) als vir ducatu pariter et episcopatu dignissimus.1521 Alle weiteren Berichte verzichten auf Würdigungen. Zudem fällt auf, dass nur Erzbischöfen von Mainz und Köln diese Form der lobenden Worte zuteilgeworden ist, eine deutliche Präferenz Adalberts ist herauszulesen. Sicher spielt dabei das von Wolfgang Georgi Adalbert nachgewiesene besondere »Treue- und Freundschaftsverhältnis« zu Wilhelm von Mainz eine besondere Rolle,1522 die vorangehenden Lebensstationen Adalberts, die ihn u. a. nach Köln und Mainz geführt hatten,1523 vielleicht aber auch die vermuteten Beziehungen Adalberts zum Hof, die es notwendig erscheinen ließen, die verstorbenen Prälaten der Erzdiözesen, in denen Mitglieder der Königsfamilie gewirkt haben (Brun von Köln) oder noch wirkten (Wilhelm von Mainz), besonders lobend hervorzuheben. Über diese wenigen Würdigungen hinausgehende Informationen fehlen. Ausnahmen sind auch hier die Trierer Erzbischöfe Ruodbert († 956) und Heinrich († 964), die beide einer Seuche zum Opfer gefallen 1517 Annales Sangallenses maiores a. 913, S. 77. 1518 Adalbert, Continuatio Reginonis a. 912, S. 155. Vgl. Annales Sangallenses maiores a. 913, S. 77. 1519 Adalbert, Continuatio Reginonis a. 923, S. 157; a. 926, S. 158. 1520 Adalbert, Continuatio Reginonis a. 954, S. 168. Der Tadel fällt in Anbetracht der Vergehen Friedrichs mild aus, gewinnt allerdings dadurch an Schärfe, da es sich um die einzige Kritik an einem verstorbenen Bischof in der Chronik handelt. Vgl. Vaerst, Laus inimicorum, S. 139f., mit dem Hinweis, die kurzen Worte zu Friedrichs Tod würden überhaupt das einzige Lob seiner Person innerhalb der Continuatio darstellen. Zur dagegen häufig zu findenden Kritik vgl. ebd., S. 139. Zu Friedrich von Mainz vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 165–178. 1521 Adalbert, Continuatio Reginonis a. 965, S. 176. 1522 Vgl. Georgi, Bischöfe der Kirchenprovinz Magdeburg, S. 110. 1523 Vgl. Karpf, Herrscherlegitimation, S. 51.

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sein sollen.1524 Während diese beiden Fälle in den Jahresbericht thematisch eingeflochten sind, stehen die meisten Todesschilderungen am Ende eines Notates, teils auch mittig, ohne aber mit den vorher geschilderten Ereignissen in Zusammenhang gebracht werden zu können. Dies war bereits bei Regino der Fall und nimmt ein Ordnungsprinzip vorweg, das insbesondere der Annalistik des 11. Jahrhunderts zu eigen sein wird. Wird aus lothringischer Sicht auf die eher abseits gelegenen Bistümer geschaut, sind Anhaltspunkte, die zu ihrer Aufnahme geführt haben mögen, kaum auszumachen und können nur vermutet werden. Poppo von Würzburg, Bruder Erzbischof Heinrichs von Trier, war lange Jahre Kanzler Ottos I. und mag sogar auf agnatischem Weg mit dem Königshaus verwandt gewesen sein.1525 Folglich könnte auch die Formulierung bei Adalbert (Poppo Wirziburgensis episcopus regi percarus XVI. Kal. Martii diem clausit extremum)1526 entsprechend gedeutet werden. Das besondere Verhältnis Poppos zu Otto I. wird betont, sein Todestag genannt – dieser findet sich sonst nur bei Brun von Köln – und es wird von der schematischen Formulierung mit obire abgesehen. Dies spricht für einen besonderen Stellenwert Poppos. Bezüglich Waldo von Chur,1527 Starchand von Eichstätt,1528 Unni von Bremen, dessen missionarischer Eifer in Skandinavien 1524 Zu einer Änderung der Formulierungen führt dies nicht, obire wird nicht aufgegeben, Adalbert, Continuatio Reginonis a. 956, S. 168f.: Ea tempestate gravis per omnes regni partes pestilentia grassabatur, quae innumeram populi multitudinem passim extinxit. Ex qua Rodbertus archiepiscopus Treverensis et Hadamarus abbas Fuldensis obierunt sowie a. 964, S. 174: Nam tanta exercitum eius pestis et mortalitas invasit, ut vix vel sanus quis a mane usque ad vesperam vel a vespera usque ad mane se victurum speraverit. Ex qua pestilentia obierunt Heinricus, archiepiscopus Treverensis […]. Kritik an dem sich im Heerlager befindlichen Heinrich findet sich nicht, die Partizipation der Bischöfe an Kriegszügen verleitet den Chronisten nicht zu tadelnden Worten, wie dies im Jahrhundert zuvor noch festzustellen war. Ob es sich bei der pestilentia um die Pest gehandelt hat (so die Übersetzung in FSGA 8, S. 213 u. 223, jedoch nur im zweiten Fall, im ersten ist schlicht mit Seuche übersetzt) ist keineswegs sicher. Auch die Pocken können sich dahinter verbergen, doch lassen sie sich ebenso wenig eindeutig aus dem variablen Wort pestilentia ermitteln. Vgl. Jankrift, Krankheit und Heilkunde im Mittelalter, S. 113. 1525 Vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 283f.; Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 59–61. 1526 Adalbert, Continuatio Reginonis a. 961, S. 170. 1527 Vgl. Adalbert, Continuatio Reginonis a. 949, S. 164. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 101, spricht von nur sporadischen Kontakten Waldos zum Königshaus. 1528 Vgl. Adalbert, Continuatio Reginonis a. 966, S. 177. Zu Starchand ist sein häufiger Aufenthalt in der Umgebung Ottos I. nachweisbar, vgl. Wendehorst, Bistum Eichstätt, S. 44. Vorsichtiger Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 118. Ob dies ausreicht, die Aufnahme Starchands ausreichend begründen zu können, ist zweifelhaft. Auch der Anonymus Haserensis, De gestis episcoporum Eistetensium c. 11, S. 47, verfasst im ausgehenden 11. Jahrhundert, kennt solche Beziehungen nicht (weiß dafür aber, dass Starchand von Bischof Ulrich von Augsburg, einem guten Freund, persönlich zu Grabe getragen worden ist). Vielleicht hat auch hier der genannte Nachfolger, Reginold, den Ausschlag gegeben, der neben vornehmlich italienischen Bischöfen 968 der Synode Ottos I. in Ra-

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möglicherweise den Missionsbischof Adalbert zur Aufnahme bewogen hat,1529 Gottfried von Speyer1530 und Richgowo von Worms1531 lassen sich Beziehungen zum Königshaus nur eingeschränkt nachweisen. Einzig der Tod des Patriarchen Angelfred von Aquileja wird bezüglich seiner Umstände genauer charakterisiert, er verschied bei der Wahl und Weihe Papst Leos VIII.1532 Zusammenfassend orientiert sich Adalbert deutlich an seiner Vorlage, räumt den Bischöfen zwar viel Raum ein, weist ihnen im Handlungsgeschehen hingegen nur eine geringe Rolle zu. Die Todesschilderungen folgen zumeist dem gleichen Schema und bedienen sich identischen Vokabulars, die Auswahl der aufgenommenen Personen scheint geographischen, aber auch persönlichen Erwägungen zu folgen. Dass sie mit dem 968 gegründeten Erzbistum Magdeburg in Verbindung standen, wie es den Anschein hat, würde allerdings voraussetzen, dass die Abfassung der entsprechenden Passagen erst nach der Berufung Adalberts nach Magdeburg erfolgt sei, was die Forschung mit guten Gründen gerade nicht annimmt. Bezüglich einiger der aufgenommenen verstorbenen Bischöfe und ihrer Nachfolger ist man zwar anderes anzunehmen geneigt, doch mögen vielfältige Gründe für Adalbert ausschlaggebend gewesen sein, verstorbene Bischöfe in sein Werk zu integrieren.

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venna beigewohnt hat, auf der Magdeburg zum Erzbistum erhoben worden ist, vgl. Bode, S. 121; Heidingsfelder, Regesten n. 131 u. 132, S. 48f.; Wendehorst, S. 46. Vgl. Adalbert, Continuatio Reginonis a. 936, S. 159. Zu Unnis Missionarstätigkeit vgl. May, Regesten n. 96, S. 27. Vgl. Adalbert, Continuatio Reginonis a. 961, S. 171. Wenige Quellenstellen lassen auf eine einflussreiche Rolle Gottfrieds am Königshof schließen, vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 235f. Vgl. Adalbert, Continuatio Reginonis a. 950, S. 164. Möglicherweise war hier auch der als Nachfolger genannte Anno entscheidend, der, in St. Maximin in Trier ausgebildet, erster Abt des Mauritiusklosters in Magdeburg geworden ist, das später zum Erzbistum erhoben wurde. Auch an dieser Erhebung war der zum Bischof erhobene Anno entscheidend beteiligt. Vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 274–278, sowie ebd., S. 272f., zu Richgowo und seinen häufigen Kontakten zum Königshof. Adalbert, Continuatio Reginonis a. 963, S. 173: Illo tamen hoc omnimodis renuente plebs Romana Leonem protoscriniarium, virum strenuum et industrium, communi consensu in locum eius elegit et ordinavit; cui sinodo interfuerunt omnes prope Romaniae et Italiae episcopi, Angelfredus etiam Aquileiensis patriarcha, qui tunc temporis etiam ibidem obiit. Vgl. Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 30.

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8.3.2 Die Sachsengeschichte Widukinds von Corvey Widukind, Mönch des Klosters Corvey, hat seine Sachsengeschichte wohl 967/68 erstmalig abgeschlossen, dann noch einmal 968 sowie nach dem Tod Ottos I. 973 überarbeitet.1533 Widukind versucht, eine Kontinuität zwischen dem Reich der Franken und dem der Sachsen herzustellen,1534 allerdings wird das Fränkische nicht einfach durch das Sächsische ersetzt, sondern damit angereichert.1535 Widukind hat seine überarbeitete Fassung der Sachsengeschichte, die einmal mehr deutliche Anklänge zu Sulpicius Severus aufweist,1536 schließlich der Kaisertochter und Äbtissin von Quedlinburg, Mathilde, gewidmet. Deutlich wird die enge Bindung an den Hof, während die Dramaturgie Widukinds ursprünglich wohl eine andere Gestaltung vorsah. Johannes Laudage argumentiert überzeugend, Widukind habe ursprünglich vier Bücher schreiben wollen, wobei Buch I und III die Königs- und Kaisererhebungen Heinrichs I. und Ottos I. ohne sakramentale Beigaben – Heinrich verzichtet auf die Salbung, Otto wird auf dem Lechfeld zum Kaiser ausgerufen – in den Vordergrund stellen, während Buch II und das hypothetische Buch IV die Königs- respektive Kaiserkrönung als sekundäres Ereignis darstellen bzw. wohl dargestellt hätten. Allerdings bricht Widukind relativ unvermittelt im dritten Buch ab, was Laudage mit der von Widukind mit Ablehnung bedachten Frage in Verbindung setzt, Magdeburg zum Erzbistum zu erheben.1537 Erzbischof Wilhelm von Mainz, lange erbitterter Gegner dieses Projektes, wechselte spätestens 965 die Seiten, gerade als Widukind abrupt sein Werk unterbrach.1538 Laudage schlussfolgert, der ursprünglich avi-

1533 Vgl. Beumann, Historiographische Konzeption, S. 860. Ebd., S. 858f., wendet sich Beumann gegen die bisher vertretene Ansicht, Widukinds erste Fassung datiere bereits von 958 (vgl. zum älteren Forschungsstand Holtzmann, Reich und Sachsen, S. 25–34). Anders Laudage, Widukind von Corvey, S. 223, gemäß dem die Bücher II und III frühestens 961/ 62 entstanden sein können. Ebd., S. 194f. Anm. 3, eine Zusammenfassung der Forschung zu Widukind. Gegen die Datierung Laudages Fried, … vor fünfzig oder mehr Jahren, S. 60f. Eine Zusammenfassung der verschiedenen Positionen bietet Brakhman, Außenseiter und ›Insider‹, S. 159f. Vgl. Plassmann, Lateinische Stammes- und Volksgeschichtsschreibung, S. 67–70. 1534 Vgl. Beumann, Historiographische Konzeption, S. 883. Zusammengefasst bei Karpf, Herrscherlegitimation, S. 146f. 1535 Vgl. Karpf, Von Widukinds Sachsengeschichte bis zu Thietmars Chronicon, S. 551. Generelle Gedanken zur Komposition der Sachsengeschichte Widukinds bietet Bagge, Kings, Politics, and the Right Order of the World, S. 23–94. 1536 Vgl. Beumann, Historiographische Konzeption, S. 872f.; Karpf, Von Widukinds Sachsengeschichte bis zu Thietmars Chronicon, S. 562 u. 584. 1537 Zur indirekten Kritik Widukinds am Plan zur Gründung eines Erzbistums in Magdeburg vgl. auch Beumann, Historiographische Konzeption, S. 863. 1538 Zur Zustimmung Wilhelms zur Gründung des Magdeburger Erzbistums vgl. Huschner, Förderer und Gegner kirchenorganisatorischer Reformen, S. 410f. Differenziert zur Rolle

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sierte Adressat der Sachsengeschichte sei Wilhelm von Mainz gewesen.1539 Als dieser hingegen der Gründung des Magdeburger Erzbistums zugestimmt hatte, habe Widukind seine Absichten kurzfristig geändert, einen provisorischen Schluss angehängt und das Werk der Kaisertochter Mathilde gewidmet.1540 Die letztendlich nicht beweisbare, ursprünglich angedachte Zueignung an Wilhelm von Mainz gibt Anlass zur Vermutung, den Episkopat an prominenter Stelle innerhalb des Textes auffinden zu können. Während Widukind seit jeher die Forschung beschäftigt hat, wobei grundsätzlich der Quellenwert seines Werkes hinterfragt worden ist,1541 gilt es nun zu fragen, inwiefern seine Sachsengeschichte auch im Rahmen dieser Studie von Bedeutung sein kann. Die Antwort fällt negativ aus. Bereits Helmut Beumann hat darauf hingewiesen, dass die Kirchenund Missionspolitik bei Widukind hinter weltlichen Themen zurücksteht.1542 Konkreter formuliert Dieter von der Nahmer, Widukind würde den Eindruck vermitteln, Bischöfe hätten keine bedeutende Position im Komplex der Herrschaft eingenommen.1543 Diese Ausgangslage spricht nur für eine geringe Relevanz der Bischöfe und ihres Todes innerhalb der Sachsengeschichte. In der Tat hat Widukind nur vier bischöfliche Sterbefälle in sein Werk aufgenommen, sicher nicht zufällig drei Prälaten der Mainzer Erzdiözese sowie mit Bernhard von Halberstadt einen entschiedenen Gegner der Magdeburger Erz-

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Wilhelms Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 378–388, die sich dagegen ausspricht, in Wilhelm einen langjährigen Gegner seines Vaters zu sehen. Vgl. Laudage, Widukind von Corvey, S. 220. Zudem wird Wilhelm, neben Königin Mathilde, als Auftraggeber der Sachsengeschichte in Erwägung gezogen, vgl. Brakhman, Außenseiter und ›Insider‹, S. 163f. Vgl. Karpf, Von Widukinds Sachsengeschichte bis zu Thietmars Chronicon, S. 551. Zum Unterschied zwischen causa scribendi und causa dedicationis vgl. Althoff, Widukind, S. 258f. Ebd., S. 260–268, zu Gründen, das Werk Mathilde von Quedlinburg zu widmen. Kritik an Althoffs Argumentation äußert Eggert, Wie »pragmatisch« ist Brunos Buch vom Sachsenkrieg, S. 544 Anm. 12. Zur Widmungsfassung an Mathilde vgl. auch Fried, … vor fünfzig oder mehr Jahren, S. 58–61. Als ursprünglichen Adressaten der ersten Fassung seines Werkes macht Brakhman, Außenseiter und ›Insider‹, S. 193f., Otto II. aus. Während Althoff, Widukind, S. 272, Widukind als glaubwürdig einstuft, hegt Fried, Königserhebung Heinrichs I., bes. S. 271–276, große Zweifel. Widukind habe sich zu großen Teilen auf mündliche Quellen berufen, die einem ständigen Wandlungsprozess unterliegen würden, sodass Widukind nur als Gewährsmann für das kulturelle Gedächtnis seiner Zeit angesehen werden könne. Vgl. Laudage, Otto der Große, S. 101–103; ders., Widukind von Corvey, S. 211. Althoff, Geschichtsschreibung, S. 158–161, argumentiert gegen Frieds Annahme, orale Tradition würde sich »unablässig und unmerklich« (Fried, Königserhebung, S. 273) entwickeln, und setzt Beispiele aus seiner Sicht bewusster Verformungen in der ottonischen Historiographie entgegen. Außerdem seien Autoren keineswegs frei in der Ausgestaltung ihres Stoffes gewesen, da ihre Hauptfiguren nicht selten auch die Hauptrezipienten ihrer Werke gewesen seien (ebd., S. 154f.). Vgl. Beumann, Historiographische Konzeption, S. 874. Vgl. von der Nahmer, König und Bischof, S. 53. Vgl. ebd., S. 90, zu Widukinds offensichtlicher Weigerung, hohe Geistliche als Unterstützer des Königs einstufen zu wollen.

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bistumspläne. Dies allein spricht von einer herausgehobenen Stellung der Erzbischöfe der Mainzer Kirche sowie für die These der ursprünglich an Wilhelm von Mainz adressierten Sachsengeschichte. Anders als in der Fortsetzung Reginos erfahren diese wenigen Beispiele nämlich eine umfangreiche Berichterstattung. Bevor Hatto I. von Mainz († 913) aus dem Leben scheidet, erhält er von Widukind eine eingehendere Charakterisierung und zweifelhafte Würdigung.1544 So war Hatto von unklarer Herkunft (obscuro genere natus)1545 und scharfem Verstand (ingenioque acutus) und es ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob er eher Lob oder Tadel verdient (qui difficile discerneretur, melior consilio foret an peior).1546 Angeschlossen werden zwei Episoden aus dem Leben Hattos, um dessen hinterlistige Schläue, aber auch sein gnadenloses Vorgehen zu demonstrieren.1547 In einem nur innerhalb einer späten Handschrift auffindbaren, dennoch wohl von Widukind selbst stammenden Einschub wird dergleichen allerdings als erfundene Geschichte des Volkes eingestuft.1548 Sicher aus der Feder Widukinds verbleiben eine mehr als zweifelhafte Würdigung Hattos sowie besagte Episoden, die ihn in trübem Licht erscheinen lassen. Entsprechend fällt auch sein Ableben aus. Hatto starb, als er eingesehen hatte, dass seinen Ränkespielen Grenzen gesetzt waren, sowie durch Kummer und Krankheit geschwächt.1549 Hier wird ein natürlicher, wenn auch stereotyper Grund (Krankheit) mit der charakterlichen Instabilität Hattos in Beziehung gesetzt, wodurch seine Person grundsätzlicher Kritik unterworfen wird. In einem Nachsatz wird der Tod selbst als schlecht hervorgehoben. Somit verwendet auch Widukind den 1544 Gerade in der Verwendung der Hattoepisode sieht Fried, … vor fünfzig oder mehr Jahren, S. 46–56, ein Unterscheidungskriterium der drei Fassungen von Widukinds Sachsengeschichte. 1545 Wobei es sich wohl um einen Irrtum handelt, vgl. Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum I, 22, S. 31 Anm. 2. 1546 Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum, I, 22, S. 31. 1547 Vgl. zusammengefasst Althoff, Verformungen durch mündliche Tradition, S. 438–440. Fried, … vor fünfzig oder mehr Jahren, S. 49, sieht Hatto bei Widukind in der Rolle des Kaiphas (Joh 18,14). 1548 Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum I, 22, S. 35: Is, ut ferunt, Adelberhtus, ab ipso quondam pontifice in fide susceptus, eius est consilio deceptus; quod quia non probamus, numquam adfirmamus, sed vulgi rumore magis fictum credimus. In FSGA 8, S. 52 Anm. 53, wird einzig darauf verwiesen, dass es sich um einen späteren Einschub handelt. Dass auch dieser von Widukind stammt, wird nicht genannt. In der gleichen Handschriftengruppe C, der jüngsten, ist die erste der genannten zwei Episoden ausgespart worden. Dass eine solche Geschichte ›im Volk‹ erfunden worden sein soll, erachtet Althoff, Verformungen durch mündliche Tradition, S. 450, für undenkbar und sieht derartige Erzählungen aus politischen Vorgängen der höchsten Kreise bedingt. Entsprechend dürfe über solche Passagen nicht einfach hinweggegangen werden. 1549 Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum I, 22, S. 35: Hatho autem videns suis calliditatibus finem inpositum, nimia tristitia ac morbo pariter non post multos dies confectus interiit.

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schlechten Tod als charakteristisches Stilmittel. Es verbreitete sich, so erzählt Widukind, das Gerücht, Hatto sei von einem Blitz des Himmels (fulmine caeli) getroffen und dadurch gelähmt worden, woraufhin er drei Tage später gestorben sei.1550 Dieses himmlische, damit offenkundig göttliche Eingreifen lässt den Tod Hattos deutlich negativ erscheinen, das in diesem Zusammenhang von Widukind verwendete interire verweist ebenfalls in diese Richtung.1551 Selbst sein nach drei Tagen eingetretener Tod lässt sich entsprechend auslegen, erfolgt konträr zur Auferstehung Christi am dritten Tag.1552 Während Jesus in die unendliche Herrlichkeit Einzug erhielt, stirbt Hatto endgültig nach einem erlittenen Blitzschlag, was die höllischen Leiden vorwegnimmt. Widukind gelingt es hier, unabhängig von der tatsächlichen Existenz dieser Gerüchte, durch diesen Nachsatz Hattos gesamte ›Würdigung‹ auf diesen Höhepunkt ausgerichtet zu sehen, die ihn zwangsläufig in sein eigenes Verderben führt. Auch die Charakterisierung der Ereignisse als Gerüchte schwächt den Aussagegehalt nicht ab, denn Widukind hätte auf die Wiedergabe von Gerüchten verzichten können – wie in der Widmungsfassung an Mathilde praktiziert. Von einer durchgehenden Loyalität Widukinds den Mainzer Erzbischöfen gegenüber innerhalb der Fassungen seines Werkes sowie einer Abmilderung und Rechtfertigung ihrer Handlungen kann im Fall der Hattoepisode dieser Fassung nicht gesprochen werden.1553 Aufschlussreich ist ein Vergleich der zuvor dargebotenen Form mit der Mathilde gewidmeten Fassung. Die erste Episode um Hatto ist weggelassen, die Geschichte um die Goldkette und den damit verbundenen Anschlag auf das Leben des späteren Königs Heinrich I. dagegen aufgenommen worden. Es folgt der Tod Hattos, auch hier wird auf seine Ränke, seinen Kummer und seine Krankheit verwiesen. Gerüchte über einen erlittenen Blitzschlag finden wir hingegen nicht mehr, vielmehr eine Würdigung Hattos, dass er ein Mann von großer Weisheit gewesen war (magne prudentie), der sich zur Zeit Ludwigs des Kindes in der Sorge um das Reich ausgezeichnet (tempore Ludewici adolescentis super imperio Francorum acri cura vigilabat), viele Konflikte im Reich beigelegt (multas discordias in regno reconciliabat) und den Mainzer Dom durch Bautä1550 Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum I, 22, S. 35: Fuerunt etiam qui dicerent, quia fulmine caeli tactus eoque ictu dissolutus post tertium diem defecisset. Zum Tod Hattos durch Blitzschlag vgl. auch Vaerst, Laus inimicorum, S. 215f. 1551 Zur Einordnung und Verwendung von interire in Zusammenhang mit negativ ausgedeuteten Todesfällen bereits in den Chroniken des Hieronymus und Hydatius vgl. Jones, Death and Afterlife, S. 174–176. 1552 Widukind ist nicht der erste Autor, der einen nach drei Tagen eingetretenen Tod schildert. Dies fand sich bereits in den Historien Gregors von Tours. War er auch dort nicht immer zweifelsfrei positiv zu bewerten, ist der Tod bei Widukind eindeutig negativ konturiert. Sichtbar wird die Schwierigkeit in der Ausdeutung auf den ersten Blick gleicher Rahmenbedingungen. 1553 So Brakhman, Außenseiter und ›Insider‹, S. 175.

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tigkeit geschmückt hatte (templum Maguntie nobili structura illustrabat).1554 Ein Widerspruch eröffnet sich. Nach dem Bericht über den Mordanschlag Hattos auf Heinrich von Sachsen folgt eine Würdigung des Mainzer Erzbischofs für seine vorangegangenen Taten. Widukind versucht sichtlich in gemilderter, in gewisser Weise objektivierter Form über Hatto zu berichten, wozu er zwar dessen Ränke nicht gänzlich ausblenden und auch sein Ableben nicht nur positiv in Szene setzen kann, aber in eindeutig lobenden Worten seinen Bericht über Hatto beendet. Anders als im tendenziös schlechten Bericht zuvor, der sich, wie Widukind selbst eingesteht, zu größeren Teilen aus Gerüchten zusammensetzt, sind gerade diese Abschnitte nun ausgespart worden. Dass damit ein realistischeres Bild erzeugt wird, ist nicht gesagt, doch wurde der Kaisertochter eine deutlich abgeschwächtere Version vorgelegt.1555 Unklar bleibt jedoch, inwiefern die drastischere Schilderung vom Tod Hattos mit dem vermuteten Adressaten der ersten Fassung, Erzbischof Wilhelm von Mainz, zu begründen ist. Blicken wir auf die weiteren Fälle. Friedrich von Mainz, dessen Name im entsprechenden Kapitel nicht genannt wird, war erkrankt und schließlich gestorben. Widukind ergänzt, dass diejenigen, die bei seinem Tod zugegen gewesen waren, diesen als äußerst lobenswert (laudabilem) bezeichnet hätten,1556 ohne dass Widukind selbst Details nennt. Ausgespart wird alles, was mit der Herrschaft Ottos in Beziehung zu setzen ist.1557 Ein kritisches Wort zu Friedrich, der in der Sachsengeschichte auch, aber eben nicht nur, als Feind oder nicht vertrauenswürdige Person des Königs geschildert wird, findet sich an dieser Stelle nicht, was in Erinnerung an Hatto und dessen Ableben eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Widukind hat dies möglicherweise in Anbetracht des auf dem Spiel stehenden Seelenheils Friederichs bewusst vermieden, ohne allerdings mehr Lob als nötig einzuflechten. Zudem hat er sicher nicht beabsichtigt, den Vorgänger des ursprünglichen Adressaten seines Werkes, Wilhelm, allzu schlecht aus der Welt scheiden zu lassen1558 – wenngleich er sich zuvor beim Tod Hattos von Mainz keineswegs gezügelt hatte. Das Ableben Friedrichs ist so ambivalent wie die Darstellung seines Lebens.

1554 Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum I, 22, S. 34. Teilhabe an der baulichen Ausgestaltung seiner Stadt ist wichtiger Teil des Bildes vom guten Bischof (schon in merowingischer Zeit), wie es in zahlreichen Viten über ottonische Bischöfe besonders betont wird, vgl. Patzold, »Gute Streiter« und »sehr gute Hirten«, S. 206–208. 1555 Vgl. Althoff, Verformungen durch mündliche Tradition, S. 438; Brakhman, Außenseiter und ›Insider‹, S. 172f.; Fried, … vor fünfzig oder mehr Jahren, S. 51 Anm. 93. 1556 Vgl. Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum III, 41, S. 122. 1557 Darauf macht bereits von der Nahmer, König und Bischof, S. 90, aufmerksam. Ansonsten hat Widukind an anderer Stelle Friedrichs Frömmigkeit lobend hervorgehoben, vgl. Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum II, 13, S. 78. 1558 Vgl. auch Brakhman, Außenseiter und ›Insider‹, S. 173f.

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Auffällig ist in diesem Zusammenhang das dritte Beispiel, der Tod Wilhelms. Sozusagen beiläufig wird erwähnt, wie der Erzbischof vom kritischen Zustand der Kaiserinmutter Mathilde erfuhr, aber noch vor ihr verstarb. Angeschlossen wird eine ausladende Würdigung Mathildes, während Wilhelm kein weiteres Wort gewidmet wird;1559 ebenso ergeht es Bernhard von Halberstadt unmittelbar nach dem Tod Mathildes, zwar als würdigster Priester seiner Zeit (suis temporibus sacerdotio dignissimus) gelobt, ansonsten aber unerwähnt.1560 Dieses abrupte Ende Wilhelms – nicht einmal eine Krankheit wird genannt – spricht für das erkaltete Verhältnis Widukinds zu Wilhelm, wie es Laudage dargestellt hat. Während Hatto deutlich negativ und Friedrich sichtlich gezwungen positiv aus dem Leben scheiden, stirbt Wilhelm ohne ein Wort der Wertung, was, wie dargelegt, keineswegs positiv zu verstehen ist. Bei Widukind spielt der Episkopat nur eine untergeordnete Rolle. Deutlich wird dies nicht zuletzt an den wenigen mitgeteilten bischöflichen Todesfällen, die sich bewusst in drei von vier Fällen auf die Mainzer Erzdiözese beziehen. Widukind, möglicherweise von seiner ursprünglichen Idee geleitet, das Werk Wilhelm von Mainz zu widmen, berichtet über dessen Vorgänger Hatto und Friedrich, die beide in offener Gegnerschaft zum Königtum standen, dennoch komplett unterschiedlich aus dem Leben geschieden sein sollen. Hatto als von Kummer gebrochen, vielleicht sogar von göttlichem Blitz erschlagen, Friedrich dagegen selig entschlafen, selbst wenn dies nur auf Berichte anderer zurückzuführen ist. Wilhelms Tod hinwiederum, der Nachfolger Friedrichs, ist nur eine Randnotiz. Widukinds Enttäuschung über Wilhelms Sinneswandel, das Magdeburger Erzbistum betreffend, kann sich nicht deutlicher als in dieser inhaltsleeren Todesnachricht zeigen.

8.3.3 Ottonische Hagiographie am Beispiel der Viten Bruns von Köln und Ulrichs von Augsburg Während die frühottonische Geschichtsschreibung dem bischöflichen Tod kaum Interesse entgegengebracht hat, spielt er in hagiographischen Texten, unabhängig ob es sich bei dem Protagonisten um einen Bischof handelt oder nicht, eine entscheidende Rolle. Dies gilt auch für die Viten, die in ottonischer Zeit abgefasst worden sind. Die überwiegende Zahl – von ca. 40 zum Ende des 10. und Anfang des 11. Jahrhunderts abgefasster Viten – behandelt Prälaten lange 1559 Vgl. Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum III, 74, S. 150f. Sichtbar wird eine panegyrische Steigerung Mathildes zur Heiligen, vgl. Fried, … vor fünfzig oder mehr Jahren, S. 59f. Wilhelm selbst ist allerdings zuvor in der Sachsengeschichte, wenn auch nur kurz, positiv charakterisiert worden, vgl. Brakhman, Außenseiter und ›Insider‹, S. 172. 1560 Vgl. Widukind von Corvey, Rerum gestarum Saxonicarum III, 74, S. 151.

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vergangener Zeiten.1561 Anderes als bekannte Topoi ist in solchen Texten kaum zu erwarten. Ausnahmen bilden die Viten Bruns von Köln sowie Ulrichs von Augsburg.1562 Beide Texte sind bald nach dem Tod ihrer Protagonisten entstanden, lassen daher andere Formen der Darstellung erhoffen. Gerade in der Zeit der Abfassung beider Viten wird innerhalb dieser Texte nicht mehr allein ein festgeformtes Heiligenbild nachgeahmt; der Mensch werde, so Lotter, als handelndes Individuum selbst in den Mittelpunkt gerückt und dem einen kontemplativen Lebensstil vorziehenden Geistlichen vorangehender Generationen gegenüber vorgezogen.1563 Diese Entwicklung wird sich bis ins 11. Jahrhundert hinein fortsetzen,1564 wenngleich insbesondere die Vita Ulrichs die Heiligkeit seines Protagonisten in besonderem Maße herausstellt – derart erfolgreich, dass Ulrich im ersten formalen Kanonisationsverfahren durch einen Papst im Jahr 993 heiliggesprochen wurde.1565 Gründe für die Abfassung der Vita Bruns sind hingegen darin zu suchen, das gestiegene Ansehen Kölns zu bewahren und das Idealbild eines ottonischen Kirchenregiments abzubilden;1566 ein Einfluss des ottonischen Hofes ist nicht unmittelbar nachzuweisen.1567 Unabhängig davon stellt gerade die Vita Bruns gemäß Hartmut Hoffmann einen Neubeginn dar, ausgehend von der neuen Stellung des Bischofs im Reich.1568 1561 Vgl. Hofmann, Profil der lateinischen Historiographie, S. 875; Patzold, Episcopus, S. 517. Das Interesse zur Abfassung derartiger Texte lag nicht in der Person aktueller Bischöfe begründet, sondern in ihren heiligen Vorgängern und deren Amt und Amtsverständnis, dem die aktuellen Bischöfe nachgefolgt waren. Eine Übersicht über die Hagiographie des 10. Jahrhunderts in Europa bietet Hofmann, S. 865–898. 1562 Über diese beiden Texte hinaus gibt es weitere Beispiele. Vgl. insbesondere zu den Viten des beginnenden 11. Jahrhunderts Haarländer, Vita Burchardi, bes. S. 149–153; allgemein dies., Vitae episcoporum. 1563 Vgl. Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 53f. 1564 Hingewiesen sei auf die Vita Bennos II. von Osnabrück, kurz nach seinem Tod 1088 abgefasst. Dazu Weber, Form und Funktion von Todesschilderungen, S. 235–240. Zur Tendenz der Individualisierung und Ausbildung der Persönlichkeit bis zum 11. Jahrhundert vgl. Kapitel 9, Anm. 1807. Zu den Eigenschaften des »Courtier Bishop« in der Darstellung von Viten des 10.–12. Jahrhunderts vgl. Jaeger, Courtier Bishop. 1565 Die Echtheit der Kanonisationsurkunde Papst Johannes’ XV. wird sowohl angezweifelt als auch verteidigt. Für die Echtheit plädiert Hehl, Lucia/Lucina, ihm folgt Berschin, Biographie und Epochenstil 4/1, S. 129. Dagegen Schimmelpfennig, Afra und Ulrich. Mit großen Zweifeln an der Echtheit Wolf, Kanonisationsbulle, S. 742–757. Zusammenfassend, unter Angabe weiterer Literatur und kritisch gegenüber der Echtheit Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 78–80. Vgl. auch Krafft, Papsturkunde und Heiligsprechung, S. 19–25. 1566 Vgl. Engels, Ruotgers Vita Brunonis, S. 46; Mayr-Harting, Church and Cosmos in Early Ottonian Germany, S. 19f. 1567 Vgl. Karpf, Herrscherlegitimation, S. 66. 1568 Vgl. Hoffmann, König und seine Bischöfe, S. 84. Er führt aus, dass vergleichbare Viten in Frankreich fehlen, was für einen geminderten Stellenwert der Bischöfe dort spreche. Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 4/1, S. 70. Zur Person Bruns vgl. Oediger, Regesten n. 347–483, S. 114–151; Schwenk, Brun von Köln; Weinfurter, Colonia, S. 19f.

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Bei Ruotgers Lebensbeschreibung Bruns von Köln, abgefasst zwischen 967 und 969 im Auftrag von Bruns Nachfolger Folkmar,1569 handelt es sich um die erste einem ottonischen Bischof in ottonischer Zeit gewidmete Vita.1570 Diese fällt bereits durch ihren gänzlichen Verzicht von Wundergeschichten auf.1571 FranzJosef Schmale erachtet sie nicht zuletzt deswegen »zumindest auf der Grenze zwischen profaner Lebensbeschreibung und hagiographischer Vita.«1572 Brun erscheint als ideale Person in weltlichen und geistlichen Angelegenheiten (archidux),1573 als Idealbild eines Bischofs gemäß Gregors des Großen Regula Pastoralis,1574 sodass er auch in der Forschung häufig als ideale Verkörperung des

1569 Vgl. Engels, Ruotgers Vita Brunonis, S. 33. Zu Datierungsansätzen vgl. auch Alt, Sanctus Episcopus, S. 344; Haarländer, Vitae episcoporum, S. 495f. Als Vorbilder für die Gliederung gelten Sueton oder Sulpicius Severus, vgl. Engels, S. 33f. Zur Gliederung vgl. Lotter, Bild Brunos I. von Köln, S. 21; ders., Vita Brunonis des Ruotger, S. 28–30. Eine kurze Zusammenfassung findet sich bei Mayr-Harting, Church and Cosmos in Early Ottonian Germany, S. 10–14. Zu Ruotgers wohl lothringischer, nicht sächsischer Herkunft vgl. Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 111–115. Von Bedeutung ist dies im Rahmen der Beeinflussung Ruotgers durch die von Gorze ausgehende Reformbewegung. 1570 Vgl. Schütte, Bischofserhebungen, S. 144. Zur unterschiedlichen literarischen Zuordnung der Vita innerhalb der Forschung (rein weltliche Biografie, Heiligenbiografie, Bischofsbiografie) vgl. Lotter, Hagiographische Literatur I, S. 300. 1571 Vgl. Engels, Ruotgers Vita Brunonis, S. 33; Finger, Memoria im frühmittelalterlichen (Erz-)Bistum Köln, S. 309, der die Vita daher weniger der Hagiographie, als vielmehr der memoria zuordnen möchte; Lotter, Bild Brunos I. von Köln, S. 20 u. 27f.; Schrörs, Ruotgers Lebensgeschichte, S. 3; Schütte, Bischofserhebungen, S. 146. Prinz, Hagiographie als Kultpropaganda, S. 159, sieht einen Zusammenhang zwischen von Bischöfen in Auftrag gegebenen Viten über einen ihrer (nicht selten den direkten) Vorgänger und der geringen Zahl darin vermerkter Wunder, die nur aufgrund der Erwartungen und langen Tradition der Textgattung hinzugefügt worden seien. Auch Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 38f., erachtet ein einziges in der Brunsvita, schon nach dem Tod des Protagonisten, als solches zu interpretierende Wunder einzig als Konzession an die üblichen Konventionen für die Abfassung eines derartigen Textes. Trotz des Wunderverzichts spielen die Martinsvita von Sulpicius Severus und die Schriften Gregors des Großen für Ruotger eine sichtbare Rolle, vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 4/1, S. 76 u., differenzierter, 80f. Zum Bischofsideal in der Vita Brunonis vgl. Alt, Sanctus Episcopus, S. 155–161; Hermans, Vita Brunonis des Ruotger als Bischofsvita, 15–28. 1572 Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 116. Zu hagiographischen Motiven in der Brunsvita vgl. Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 32–39. 1573 Ruotger zögert nicht, Brun auch für seine weltlichen Leistungen und damit seine Beteiligung an Kriegen zu verteidigen. Noch in der ausgehenden Karolingerzeit hat die Teilnahme von Bischöfen an kriegerischen Handlungen, so Engels, Ruotgers Vita Brunonis, S. 41, verhindert, dass über sie eine Lebensbeschreibung abgefasst worden ist. Lob für die Teilnahme an Kriegen bringen die Viten des 10./11. Jahrhunderts ihren bischöflichen Protagonisten jedoch nicht entgegen (vgl. ebd.). Zum weitreichenden Einfluss Bruns vgl. Forse, Bruno of Cologne. 1574 Vgl. Mayr-Harting, Church and Cosmos in Early Ottonian Germany, S. 100. Zu Ruotgers Gebrauch von Werken Gregors vgl. ebd., S. 89–103.

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ottonischen Bischofs wahrgenommen worden ist.1575 Im Zentrum stehen vielmehr monastische Ideale wie Demut, Bedürfnislosigkeit oder auch Bußfertigkeit, wodurch die Bischofsviten des 10. und beginnenden 11. Jahrhunderts geprägt sind.1576 Entsprechend mag sich auch die Todesschilderung von den üblichen Mustern unterscheiden. Allerdings verbleibt der Text, der Brun mehrfach in großer Sehnsucht nach einem baldigen Tod präsentiert,1577 in bekannten Bahnen, konkretisiert einzig die Todesursache: Eo intentus negotio infirmari cepit, et sic Remensium civitate gravi corporis molestia detentus quinto demum die, postquam invasit, egritudo eum prevenit.1578 War der Tod selbst bisher unerwähnt geblieben und nur die Vorbereitung sowie die himmlische Aufnahme ausgeführt worden, findet sich nun eine konkretere Grundlage des Todes. Eine in irgendeiner Form damit verbundene Abwertung des Todes liegt aber nicht vor. Brun, bis zum Ende bei klarem Bewusstsein,1579verlangte die Abfassung eines Testamentes (testamentum) und rief die ihn umgebenden Bischöfe zu einer letzten Unterredung zusammen. Als eine Ohnmacht das Ende ankündigte, erwachte Brun noch einmal und tröstete die Umstehenden. Ruotger nutzt klassische Formen der Konsolationsliteratur, die bereits lange zuvor Eingang in die Hagiographie ge1575 Lange ist Brun in seiner Darstellung durch Ruotger als Prototyp des neuen ottonischen Bischofs verstanden worden, vgl. Bernheim, Augustinische Geschichtsanschauung, S. 335, Fleckenstein, Problematik und Gestalt der ottonisch-salischen Reichskirche, S. 94f.; ders., Brun; Lotter, Bild Brunos I. von Köln, S. 19; ders., Vita Brunonis des Ruotger, S. 122; ders., Hagiographische Literatur I, S. 302; Zielinski, Reichsepiskopat, S. 32. Spricht Karpf, Herrscherlegitimation, S. 75, in Bezug auf Brun von einer »Ausnahmefigur«, so wurde die Vita durch Engels, Ruotgers Vita Brunonis, S. 45, gar als »Fremdkörper« im Angesicht der Viten des 10. und 11. Jahrhunderts zurückgestuft, wenngleich es Ruotger darum gegangen sein mag, Brun als neuen Bischofstypus zu rechtfertigen. Vgl. ders., Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert), S. 44. Zurückhaltend auch Laudage, Otto der Große, S. 256. Fichtenau, Vier Reichsbischöfe der Ottonenzeit, S. 96, hatte verneint, dass es ›den‹ Reichsbischof der Ottonenzeit geben würde. Beachtet werden muss überdies der – anders als bei den meisten der im ausgehenden 8. und 9. Jahrhundert verfassten Bischofsviten – nah am Tod des Protagonisten liegende Abfassungszeitpunkt, sodass der Autor Brun noch kannte, vgl. Haarländer, Vitae episcoporum, S. 62. 1576 Vgl. Engels, Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert), S. 43f. u. 59f. Zu den Gorzer Reformbemühungen und zum Einfluss dieser auf die Abfassung der Vita vgl. Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 65–78. 1577 Vgl. Engels, Ruotgers Vita Brunonis, S. 34. 1578 Ruotger, Vita Brunonis c. 43, S. 45f. Auf die geringe noch zu erwartende Lebenszeit weist in diesem Fall nicht eine Vision, sondern die nachlassende Kraft der Lunge hin: Ingravata est deinde infirmitas et invaluit iamque anhelitus intercluso faucium meatu vitalium lassitudinem premonstravit. (ebd. c. 43, S. 46). Knapp zum Tod Bruns vgl. auch Hermans, Vita Brunonis des Ruotger als Bischofsvita, S. 21f.; Schwenk, Brun von Köln, S. 150f. 1579 Ruotger, Vita Brunonis c. 43, S. 46: Ingenium, quod mundo corde et iugi exercitatione politum dono Dei reddidit et inlustre illum, ut liquido apparet in eius verbis, non defecerat in extremis.

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funden hatten.1580 Der Tod in Gemeinschaft wird auch in diesem Fall gepflegt, am Bett Bruns hatten sich sogar Bischöfe, Fürsten und Grafen eingefunden. Anschließend betete Brun mit den Anwesenden und empfing die Sterbesakramente (iter suum magno illo viatico, sancto videlicet et unico redemptionis nostre pignore, munivit).1581 Er starb schließlich unter den Lobgesängen der Umstehenden;1582 der Tod trat nach Mitternacht am 11. Oktober ein, einen Tag nach dem Fest des hl. Gereon, dem neben Pantaleon in Köln am meisten verehrten Heiligen. Bruns Tod mag zufällig just am Tag darauf eingetreten sein, zeigt aber auch, wie bewusst Heilige oder heiligmäßig dargestellte Personen an oder im Umfeld von ausgewählten Feiertagen aus dem Leben scheiden – so u. a. bereits Ambrosius von Mailand an Ostern. Der Bericht schließt mit der Beisetzung Bruns sowie einer Abschrift des von ihm angelegten Testamentes.1583 Die Vita Bruns lässt kaum neue Details innerhalb hagiographischer Literatur feststellen. Doch auch wenn vielfach genutzte Topoi, die den Tod verbunden mit übernatürlichen Begleiterscheinungen eintreten ließen, ausgeblieben sind und auf Wunder verzichtet worden ist, vermittelt der Bericht zum Tod Bruns den Verlauf eines vorbildlichen Ablebens. Die Handlungen der letzten Stunden erinnern stark an den idealen Tod Marias und insbesondere Martins von Tours.1584 Die Vita Bruns zeigt den klassischen Tod eines zuvor als heilig und fromm beschriebenen Bischofs, der zwar nicht allzu sehr überhöht, dennoch mit typischen Komponenten ausgestattet worden ist.1585 Deutlich wird dennoch auch ein 1580 Ruotger, Vita Brunonis c. 45, S. 48: […] iam vergente subito mentis excessu raptus episcopis, ducibus, comitibus et cunctis, qui aderant, luctum movit ingentem, quia dissolutionem optatissimi corporis instare putabant presentem. Ille, ut solebat, paululum convalescens tumultum manu sedebat, fletus et rugitus adstantium mitigabat […]. Vgl. zur Wortwahl Ruotgers Lotter, Bild Brunos I. von Köln, S. 25; ders., Vita Brunonis des Ruotger, S. 31 1581 Ruotger, Vita Brunonis c. 45, S. 49. 1582 Ruotger, Vita Brunonis c. 45, S. 49: […] mox inter psallentes Domino et orantes nimiumque flentes spiritum exhalavit. Brun offenbart die enorme Bedeutung des Todes in dieser Zeit; und erwartungsgemäß gelingt es ihm, öffentlichkeitswirksam aus der Welt zu treten. Vgl. zur Bedeutung bischöflichen Todes in dieser Zeit als öffentlichem Ereignis Reuter, Bishops, Rites of Passage, and the Symbolism of State, S. 27. 1583 Zum Testament vgl. Schrörs, Testament des Erzbischofs Bruno I., wenngleich es sich formal nicht um ein wirkliches Testament, mehr einen Grenzfall zwischen Schenkung unter Lebenden und Schenkung von Todes wegen handelt, vgl. Haarländer, Letztwillige Verfügungen, S. 601. 1584 Zur großen Bedeutung des Sulpicius Severus für Brun, nicht zuletzt im Rahmen der Todesszene, vgl. Geyer, Literarische Entlehnungen, S. 365–370. Ebd., S. 370–373, zur ebenfalls nachweisbaren Nutzung von Boëthius und Augustinus durch Ruotger. Zu augustinischem Gedankengut vgl. Bernheim, Augustinische Geschichtsanschauung; Mayr-Harting, Church and Cosmos in Early Ottonian Germany, S. 6 u. 78–89. Vorsichtiger gegenüber einer direkten Abhängigkeit Ruotgers von Augustinus Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 125. 1585 An dieser Stelle wäre der Vergleich dieser Todesdarstellung Bruns mit derjenigen aus der Mitte des 12. Jahrhunderts verfassten Vita Brunonis altera von großem Interesse. Der Blick

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Interesse an den individuellen Zügen Bruns, an der Persönlichkeit des Bischofs.1586 Diese Individualität scheint hingegen in seinem Ableben nur bedingt auf, das sich vielmehr einer klassischen Konstruktion verpflichtet sieht. Einen unerwarteten Zugang wählt hingegen die um 974 abgefassten Lebensbeschreibung des Abtes Johannes von Gorze. Dessen Sterben wird nicht als guter Tod inszeniert, vielmehr werden seine Leiden vor dem Hinscheiden mitgeteilt, ohne dass sie einen Makel des Sterbenden bedeuten sollen.1587 Der namentlich nicht bekannte Autor bedient sich dabei bekannter Gedankengänge von Ambrosius und Augustinus: »Denn bei welcher Gelegenheit auch immer: Sterben ist für alle unvermeidlich, und der Tod, woher er auch kommt, ist für den Frommen ein Gutes; und es macht nichts aus, ob ein Unschuldiger bei einem Schiffbruch oder an einem Fieber umkommt, wenn er nur unschuldig ist. Und mag er hiervon, mag er davon sterben, zu fragen ist, wie er beschaffen ist, der da stirbt, und wohin er nach seinem Tode gehen wird, nicht wodurch er aus dem Leben gehen wird«.1588 Im 10. Jahrhundert steht die Vita mit diesem Ansatz hingegen allein.

in die Vita Brunonis altera (c. 13, S. 278) enttäuscht jedoch, Zeitumstände und Schreibanlass dieser zweiten Fassung mögen gänzlich andere gewesen sein, sodass sich Bruns Tod nunmehr in wenigen Worten ohne jedes aus der ersten Fassung bekannte Detail wiederfindet. Grundsätzlich aber erscheint das Phänomen der réécriture, somit der erneuten Niederschriften von Viten in späteren Jahrhunderten, gewinnbringend auch für unterschiedliche Todeswahrnehmungen, wie es exemplarisch bereits an den Bonifatius gewidmeten Viten demonstriert werden konnte. Zum Phänomen der réécriture vgl. Goullet / Heinzelmann (Hgg.), Miracles, vies et réécritures dans l’Occident médiéval; dies. (Hgg.), Réécriture hagiographique dans l’Occident médiéval. Eine Untersuchung zwischen beiden Viten Bruns von Köln hinsichtlich des Bischofsideals im Früh- und Hochmittelalter, ohne explizit auf die Todesdarstellung einzugehen, findet sich bei Lubich, Wissen und Wissenschaft, S. 20–27. Thietmar von Merseburg wird den Tod Bruns noch einmal in durchaus unerwarteter Weise aufgreifen, vgl. Kapitel 8.4.2 c. 1586 Vgl. Lotter, Bild Brunos I. von Köln, S. 39. Zum »rein individuelle[n] Moment«, wenn Bruno nach seiner das Ableben schon ankündigenden Ohnmacht noch einmal erwacht und die Umstehenden mahnt und tröstet, vgl. Zoepf, Heiligen-Leben, S. 59f. 1587 Vgl. Hystoria de vita domni Iohannis Gorzie coenobii abbatis c. 2–4, S. 154–162. Zum Leben des Johannes von Gorze und der Vita über ihn vgl. ebd. die Einleitung, S. 1–119, sowie Jacobsen, Vita des Johannes von Gorze, bes. S. 33f. Der Bericht zum Tod des Johannes steht gleich zu Beginn der Vita und dient dem Autor als Begründung, warum er das Leben des Abtes glaubt niederschreiben zu müssen. Ein angekündigter ausführlicher Bericht zum Lebensende am Schluss des Textes ist ausgeblieben, denn die Vita ist unvollendet abgebrochen worden. Vgl. Jacobsen, Vita des Johannes von Gorze, S. 34f. 1588 Hystoria de vita domni Iohannis Gorzie coenobii abbatis c. 4, S. 160: Quacumque enim occasione: moriendum omnibus inevitabiliter est, et mors undecumque pio bonum est. Nec refert innocentem mori naufragio an febre, dummodo innocens sit; et sive inde moriatur, querendum, qualis sit, qui moriatur, quo post mortem iturus est, non unde de vita exiturus est. Übersetzung ebd., S. 161.

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Eine solche Schilderung ist in der Vita Ulrichs von Augsburg entsprechend nicht zu erwarten.1589 Abgefasst zwischen 982 und 993 von Gerhard, Propst des Mariendomes zu Augsburg, teilt sich die Vita in zwei Bücher: die Lebensgeschichte Ulrichs bis zu seinem Tod und am Grab des Bischofs eingetretene Wunder.1590 Bereits die Inhaltsübersicht der Kapitel lässt bezüglich des Ablebens Ulrichs eine idealtypische Beschreibung vermuten. Dem Leser wird angekündigt, [q]uam formose episcopus obitum suum in augusta exspectaret.1591 Ulrich erscheint im entsprechenden Kapitel als gebrechlicher Mann, der zunehmend seine Körperkräfte eingebüßt hatte und schließlich nicht mehr in der Lage gewesen war, selbst die Messe zu lesen. Von einem Priester, der ihm vorlas, gefragt, ob er bald sterben werde, rügte ihn Ulrich ob dieser aus seiner Sicht unsinnigen Frage und bekräftigte, er wisse dies völlig sicher.1592 Ulrich war also in sicherer Kenntnis seines nahenden Ablebens. Gewiss nicht zufällig las ihm genannter Priester ausgiebig aus dem vierten Buch der Dialoge Gregors des Großen vor, in dem der Tod eine besondere Rolle spielt.1593 Ulrichs körperlicher Verfall nahm, so fährt die Vita fort, in der Folge zu, griff hingegen nicht auf seinen Geist über, der ihm weiterhin in völliger Klarheit zur Verfügung stand. Nachdem der Todestag herangenaht war, badete er und kleidete sich in die für diesen Anlass ausge1589 Wenngleich Berschin, Realistic Writing, gerade die realistischen Anklänge in der Vita hervorhebt. Vgl. ders., Biographie und Epochenstil 4/1, S. 138f. Zu Ulrich vgl. Goez, Bischof Ulrich von Augsburg; ein ausführliches Lebensbild bietet Weitlauff, Bischof Ulrich von Augsburg. 1590 Vgl. Gerhard von Augsburg, Vita sancti Uodalrici, S. 7. Zum Verfasser vgl. ebd., S. 9–12, zur Vita vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 4/1, S. 128–148. Die Teilung einer Vita in Lebensgeschichte und Miracula hat erstmals Venantius Fortunatus in seiner Vita des hl. Hilarius von Poitiers vorgelegt, vgl. ebd., S. 130. Zu Leben und Werk Ulrichs vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 66–80; im Vergleich mit anderen bayerischen Bischöfen der Zeit Scharer, Bishops in Ottonian Bavaria. Zum Bischofsideal in der Vita sancti Uodalrici vgl. Alt, Sanctus Episcopus, S. 162–167. 1591 Gerhard von Augsburg, Vita sancti Uodalrici, capitula, S. 82. 1592 Vgl. Gerhard von Augsburg, Vita sancti Uodalrici I, 26, S. 272/274. Kurz zuvor schildert Gerhard, wie der dem Ende seines Lebens nahe Ulrich nach einer Messe sein Gemach betrat, sich beschuht in seinen Sessel setzte und nach verschiedenen Seiten wippte. Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 4/1, S. 146, ders., Realistic Writing, S. 253. Zum innerhalb der Vita zurücktretenden, wenn auch nicht gänzlich aufgegebenen Wunder vgl. Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 50. 1593 Vgl. Gerhard von Augsburg, Vita sancti Uodalrici I, 26, S. 276. Zu Gregors Dialogen, insbesondere Buch IV, vgl. Kapitel 4.3. Zum Einfluss Gregors des Großen auf die Bischöfe der Ottonenzeit vgl. Westermann-Angerhausen, Egbert of Trier, S. 117f. Zu Gregors und Augustinus’ Bedeutung für die Kreise der Gorzer Reform vgl. Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 70. Die Lektüre aus den Dialogen Gregors im Beisein eines Sterbenden ist keine Eigenart der Ulrichsvita. Bereits dem Reichenauer Mönch Wetti ist vor seinem Tod aus den Dialogen vorgelesen worden, vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 1, S. 348. Ein späteres Beispiel ist der Tod Abt Richards von St.-Vanne 1046, vgl. Vanderputten, Death as a Symbolic Arena, S. 34f.

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wählten Gewänder.1594 Er legte sich schließlich auf in Form eines Kreuzes ausgestreute und mit Weihwasser besprenkelte Asche, um bei der Litanei der anwesenden Brüder seinen Geist Gott zu empfehlen (animam deo commendans) und das Gefängnis des Leibes zu verlassen (ergastulo corporis exemptus). Nachdem sein Leichnam zur Waschung entblößt worden war, entstieg ihm ein süßlicher Wohlgeruch.1595 Während der Verfall des Körpers des über 80-jährigen Bischofs natürliche Züge annimmt und auch darüber hinaus, gemäß Walter Berschin, Realismus in Ulrichs Vita nicht ausgespart worden ist, stimmt sein Tod mit idealtypischen Beispielen überein. Insbesondere der Tod Martins von Tours mag als Schablone herangezogen worden sein, viele Komponenten finden sich in beiden Texten.1596 Ulrich wird als Heiliger par excellence vor Augen geführt, an dessen Aufnahme ins Jenseits keine Zweifel auftreten sollen – ganz im Gegensatz zu seinem Nachfolger Heinrich, dem Gerhard das letzte, sehr ausführliche Kapitel des ersten Buches der Vita widmet. Heinrich, der bereits sein Amt nicht so angetreten hatte, wie es vorgesehen war (non provide in ovile ovium intrando sed aliunde ascendendo),1597 machte sich danach noch mehrerer Verfehlungen schuldig, bis er auf den rechten Weg zurückfand. Er starb schließlich auf dem Italienzug Ottos II. 982. Sein Verlust wird von Gerhard zwar beklagt, doch nicht wegen des Ablebens an sich, sondern weil sein unbekannter Sterbeort nicht von Klerikern,

1594 Vgl. Gerhard von Augsburg, Vita sancti Uodalrici I, 26, S. 282; I, 27, S. 286/288. 1595 Vgl. Gerhard von Augsburg, Vita sancti Uodalrici, I, 27, S. 290/292. Auf den idealtypischen Tod Udalrichs verweist auch Laudage, Etikette des Todes, S. 46. Zum Wohlgeruch des Leichnams von Heiligen vgl. Schmitz-Esser, Leichnam im Mittelalter, S. 154–158. Lauwers, La mort et le corps des saints, S. 33–36 mit Anm. 92, unterscheidet in Viten zwei Kategorien des Todes, eine räumliche (Reise von einem [negativ besetzten] Ort zu einem anderen [besseren]) und eine physiologische (Trennung der Seele vom Körper, eingedenk des Gefangenschaftsmotivs platonischen Ursprungs), wobei beide auch zusammengeführt werden können. Dieser für Viten erprobte Ansatz lässt sich in gewissem Maße auch auf historiographische Werke, darin gerade die Schilderung von Bischofstoden, übertragen, wenngleich nur eine sehr begrenzte Zahl der Bericht eine vitengleiche Ausführlichkeit vorweisen kann. 1596 Zur Nutzung von Sulpicius Severus durch Gerhard vgl. Pfeifer, Martinsvita des Sulpicius Severus. Wirft man einen Blick in die wenige Jahrzehnte später verfasste Ulrichsvita des Reichenauer Abtes Bern (c. 40–42), erscheint die dort zu findende Todesszene in deutlicher Parallele zu den Ausführungen der ersten Vita. Doch auch wenn sich Bern ausgiebig an Gerhards Fassung orientierte, versuchte er doch, sie nicht ab-, sondern auszuschreiben. Im Tod unterließ er es aber, neue Komponenten zu integrieren, vielmehr verzichtete er auf Details (wie auf das aus Asche gebildete, mit Weihwasser besprenkelte Kreuz), möglicherweise, weil sie nicht mehr den zeitgenössischen Vorstellungen entsprochen haben. Dass Ulrich auch in dieser Fassung wie ein Heiliger stirbt, steht dennoch außer Frage. Zur Edition der Vita vgl. Blume, Bern von Reichenau, zur entsprechenden Passage S. (260– 265). 1597 Gerhard von Augsburg, Vita sancti Uodalrici I, 28, S. 302.

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Verwandten und Freunden besucht werden kann.1598 Gerhard stellt damit dem idealtypisch erscheinenden Ulrich durch seinen Nachfolger ein Gegenmodell entgegen,1599 nachdem dieser sich zwar im Laufe seines Episkopats auf seine Fehler besonnen und Besserung angestrebt hatte, aber dennoch an unbekanntem Ort in der Fremde zu Tode gekommen war. Auch mit dessen Tod reißt die Kette der Sterbefälle noch nicht ab. Der als Nachfolger Heinrichs angefragte Werner verweigerte, körperlich völlig gesund, das Amt. Innerhalb weniger Stunden soll er daraufhin erkrankt und, ebenfalls in Italien, gestorben sein.1600 Zwar ist seine Grabstätte bekannt und er soll ehrenhaft zu Grabe getragen worden sein, doch ist sein abruptes Ende auffällig, ohne dass der Wunschnachfolger Ulrichs explizit negativ bewertet worden wäre. Als negatives Abbild gegenüber dem makellosen Ulrich erscheint in der Vita einzig dessen Nachfolger Heinrich.

8.4

Geschichtsschreibung am Beginn des 11. Jahrhunderts – Die Quedlinburger Annalen und die Chronik Thietmars von Merseburg

8.4.1 Die Quedlinburger Annalen Mit den Annalen aus Quedlinburg betreten wir erstmals das 11. Jahrhundert. Die Annalen setzen fort, was bei Regino von Prüm zu beobachten gewesen und besonders durch seinen Fortsetzer weitergeführt worden ist. Die Erinnerungswürdigkeit des Episkopats tritt innerhalb der Historiographie wieder deutlich in den Vordergrund.1601 Die umfangreichen Studien inklusive einer Neuedition der Quedlinburger Annalen durch Martina Giese ermöglichen eine deutlich erleichterte Arbeit mit diesem Text. Abgefasst wohl von einer Autorin aller Wahrscheinlichkeit nach im Servatiusstift in Quedlinburg bestand die Hauptaufgabe des von Mathilde, Gemahlin Heinrichs I., gegründeten Stiftes vornehmlich im Totengedenken.1602 Gerd Althoff hat durch Vergleichsstudien zwischen der Quedlinburger Anna1598 Gerhard von Augsburg, Vita sancti Uodalrici I, 28, S. 330: Supra modum est lamentandum perditio eius quia locus eius a clericis suis et propinquis et cognatis et amicis inveniri et visitari non potest. Zum Tod Heinrichs vgl. auch Prinz, Hagiographie als Kultpropaganda, S. 162. 1599 Vgl. Laudage, Caritas und Memoria, S. 134 u. 147; Lotter, Hagiographische Literatur I, S. 313. 1600 Vgl. Gerhard von Augsburg, Vita sancti Uodalrici I, 28, S. 330. 1601 Zur Stellung der Annalen innerhalb der ottonischen Historiografie vgl. Althoff, Otto III., S. 34. 1602 Vgl. Giese, Annales, S. 41 u. 45. Zu Argumenten für die Verfasserschaft einer Autorin vgl. ebd., S. 60–63.

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listik und der 1017/18 angelegten Ergänzungsschicht des Merseburger Nekrologes Quedlinburg als »Zentrum des ottonischen Gedenkens« herausarbeiten können, bis sich dies nach Merseburg verlagert habe.1603 Der besondere Schwerpunkt des Gedenkens galt der ottonischen Familie als Stifterin der Gemeinschaft und insbesondere der Erinnerung an Heinrich I., der in Quedlinburg sein Grab gefunden hat. Darüber hinaus wird mit der Herrscherfamilie verbundener Persönlichkeiten gedacht, an erster Stelle der Bischöfe des Reiches. Entsprechend hoch ist mit 68 genannten Bischöfen die Zahl der episkopalen Todesmeldungen. Diese Summe ist einerseits Ausweis der besonderen Verpflichtung zur memoria, muss andererseits in Teilen relativiert werden. Deutlich wird dies im Blick auf die Entstehungsgeschichte der Annalen. Um 1008 hat die Autorin mit ihrer Arbeit begonnen und ein mit Adam und Eva beginnendes, zunächst chronikalisches,1604 schließlich ab 702 annalistisches Werk bis in ihre Gegenwart niedergelegt. Dabei nutzte sie bis einschließlich 1002 größtenteils andere Texte als Vorlage, denen ab 852 eigene Zusätze hinzugefügt worden sind.1605 Die wichtigsten Vorlagen für den chronikalischen Teil sind indirekt Isidor von Sevilla, Beda Venerabilis sowie der Liber historiae Francorum, während für den annalistischen Teil die verlorenen Annales Hildesheimenses maiores als wichtigste Quelle rekonstruiert werden können, die bis 974 auf den ebenfalls verlorenen Annales Hersfeldenses fußen,1606 über die ihrerseits auch Isidor und Beda rezipiert worden sind. Beide Quellen können durch ihre jeweiligen Ableitungen weitgehend rekonstruiert werden.1607 Daneben lassen sich Beziehungen zu der von Kurt-Ulrich Jäschke identifizierten ältesten Halberstädter Bischofschronik von 992/96 finden.1608 Diese noch nicht abschließend dargestellte Entstehungsgeschichte der Quedlinburger Annalen verlangt eine mehrschrittige Analyse. Zunächst gilt es, die eingetragenen Bischöfe der nachweisbaren Vorlagen sowie die davon abweichenden, eigenhändig nachgetragenen Prälaten in den Blick zu nehmen, um schließlich den Zeitraum von 1003 bis 1008 zu fokussieren, der auf eigenen Erinnerungen beruht, jedoch retrospektiv niedergeschrieben worden ist. Bis 1015 sind die Annalen schließlich gleichzeitig mit den Ereignissen weitergeführt worden, hier erlaubt sich ein Einblick in die unmittelbare Ver1603 Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 179–200 (Zitat S. 188); Giese, Annales, S. 89f. 1604 Dank ihres ausführlichen chronikalischen ersten Teils verdienen die Annalen gemäß von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 147, den Namen einer Weltchronik. 1605 Vgl. Giese, Annales, S. 47 u. 57. 1606 Zu ihnen vgl. Deutinger, Lateinische Weltchronistik, S. 80; Holtzmann, Reich und Sachsen, S. 41–44. 1607 Vgl. Giese, Annales, S. 143–149. Dort schlüsselt sie auch die einzelnen Redaktionsstufen der Hersfelder Annalen sowie die Verbindung der von diesen abhängigen Werke (darunter die Annalen Lamperts von Hersfeld) zu den einzelnen Redaktionsstufen auf (S. 148f.). 1608 Vgl. Jäschke, Älteste Halberstädter Bischofschronik, bes. S. 122–139.

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schriftlichung erlebten Erfahrens. Die Jahre von 1016 bis zu Beginn der 1020er Jahre sind erneut retrospektiv, wenngleich weiterhin recht zeitnah, nachgetragen worden, während ab 1022 bis zum abrupten Ende 1025 [1030] kontinuierlich, wenn auch wiederum mit kleinerem zeitlichen Abstand das Werk fortgesetzt worden ist.1609 Dass die Annalen ursprünglich wohl bis 1030 gereicht haben, kann nur aus Ableitungen geschlossen werden.1610 Es ergibt sich eine im Folgenden vierschrittige Analyse des Textes, die quantitativ und qualitativ die aufzufindenden Bischofstode, in der Regel immer verbunden mit der Mitteilung über den Nachfolger im Amt, zu erfassen sucht. a Die Quedlinburger Annalen bis zum Jahr 1002 Zwischen Augustinus und Bernhard von Würzburg hat die Autorin 29 Bischöfe ihren Vorlagen entnommen. Eingeschränkt werden muss diese Zahl aufgrund größerer Lücken in den Quedlinburger Annalen zwischen den Notaten zu 873 und 909 sowie zwischen 961 und 983. Diese Lücken können nur anhand einerseits der von den Hersfelder Annalen sowie andererseits von den Quedlinburger Annalen abgeleiteten Werken rekonstruiert werden, ohne sicher angeben zu können, ob die Quedlinburger Annalen diese Information tatsächlich beinhaltet haben. Folglich können sieben Todesnachrichten nur erschlossen werden und sollen in der Folge nur für die geographische Perspektive berücksichtigt werden.1611 Übrig bleiben 22 aus Vorlagen übernommene Todesnachrichten. Hinzu treten ab dem Jahr 924 bis Ende 1002 weitere dreizehn eigenständig hinzugefügte, zumindest keiner Vorlage zuzuordnende Mitteilungen über verstorbene Bischöfe.1612 Die den Hersfelder Annalen entnommenen Prälaten lassen sich relativ eindeutig geographisch und nach ihrem sprachlichen Schema einordnen, einzig die ersten vier Beispiele müssen ausgeklammert werden. Es handelt sich dabei um Augustinus, gerühmt als sanctae ecclesiae doctor, Audoin von Konstanz, der bereits in der karolingischen Annalistik mehrfach erschienen ist, Bo1609 Vgl. Giese, Annales, S. 57. 1610 Vgl. Giese, Annales, S. 68f. 1611 Der Todesbericht zu Arn von Würzburg 892 kann den Quedlinburger Annalen zweifelsfrei über einen Abgleich mit Thietmar von Merseburg zugewiesen werden. Vgl. Giese, Annales, S. 309f. Da der genaue Wortlaut unbekannt ist, wird auch diese nur rekonstruierte Mitteilung nicht weiter berücksichtigt. Bei den weiteren Bischöfen handelt es sich um Wolfher von Minden, Hildegrim von Halberstadt, Brun von Köln, Wilhelm von Mainz, Bernhard von Halberstadt und Rudbert von Mainz. Mit Ausnahme von Wolfher von Minden kann sicher angenommen werden, dass auch die übrigen Bischöfe in die Quedlinburger Annalen übernommen worden sind. Die Halberstädter und Mainzer Bischofsreihe ist weitgehend lückenlos vertreten, Brun von Köln als Bruder Ottos I. wird auch Teil der Annalen gewesen sein. 1612 Insgesamt finden sich zwischen 913 und 1015 in den Quedlinburger Annalen 98 Todesfälle, darunter allerdings nicht nur Bischöfe, vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 184– 186.

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nifatius, dessen Martyrium mit der bekannten Formulierung martyrio coronatur gerühmt wird, sowie Liudger von Münster, dem über die Vorlagen hinaus die Würde eines confessor beigelegt worden ist.1613 Diese vier Berichte stehen für sich, ihre Herkunft aus den Hersfelder Annalen ist mehr als zweifelhaft oder kann ausgeschlossen werden.1614 Drei von ihnen sind exponierte Vertreter der katholischen Kirche, während über das Erscheinen Audoins von Konstanz innerhalb der Annalistik bereits an anderer Stelle Überlegungen angestellt worden sind.1615 Die Wortwahl weicht in zwei Fällen vom ansonsten typischen obire ab (martyrio coronatur sowie die depositio Liudgers), womit die beiden entsprechend Bezeichneten bereits herausgehoben werden. Zudem werden mit Ausnahme von Bonifatius bei den Übrigen keine Nachfolger genannt, die Todesberichte stehen für sich.1616 Auch damit wird von dem ansonsten gewählten Schema abgewichen. Entsprechend separiert müssen diese Berichte gesehen werden. Es folgen ab 813 neun Erzbischöfe von Mainz,1617 vier Bischöfe aus Halberstadt1618 sowie zwei aus Hildesheim.1619 Hinzu kommen einzelne Vertreter aus Speyer, Prag und Würzburg.1620 Im Gegenzug fehlen zwei Todesberichte, die sich in den Annales Hil1613 Vgl. Annales Quedlinburgenses S. 409; a. 736, S. 421; a. 755, S. 424; a. 809, S. 438. 1614 Augustinus’ Tod ist Beda Venerabilis entnommen, vgl. Annales Quedlinburgenses, S. 409 Anm. 261. Audoin von Konstanz erscheint in keinem der anderen von den Hersfelder Annalen abhängigen Texte, entstammt vielmehr den Annales Laureshamenses a. 736, S. 26, oder Annales Alamannici a. 736, S. 26. Gleiches mag auch für Bonifatius’ Tod gelten, der sich bei identischer Wortwahl bereits in den Lorscher Annalen a. 754, S. 28 findet. Zuletzt steht Liudger von Münster, der sich zwar bei Lampert von Hersfeld, Annales, S. 20, sowie den Annales Altahenses maiores, S. 4, findet, dort aber zum Jahr 811. Die Korrektur auf 809 in den Quedlinburger Annalen wird von Giese (Annales Quedlinburgenses, S. 438 Anm. 591) mit einem Rückgriff auf die Annales Corbeienses, S. 100, erklärt. Zu Liudger vgl. Mehdorn, Prosopographie, S. 239–272. 1615 Vgl. Kapitel 7.4.1 b. 1616 Dass bei Bonifatius dessen Nachfolger Lul genannt wird, erklärt sich aus der ab Bonifatius weitgehend ungebrochen mitgeteilten Bischofsliste aus Mainz. 1617 Es handelt sich um Lul († 786), Riculf († 813), Haistulf († 825), Otgar († 847), Hraban († 856), Karl († 863), Hatto († 912), Hildebert († 937) und Friedrich († 954). Es fehlen neben Heriger nur Liutbert († 889) und Sunderold († 891), deren Ausbleiben sich durch die Lücke der Quedlinburger Annalen in diesen Jahren erklären lässt. Beim Tod Karls wird auf dessen Nachfolger Liutbert verwiesen. 1618 Hildegrim († 827), Thiatgrim († 840), Hemmo († 853) und Sigismund († 923). Diese Angaben beruhen alle auf einer Vorstufe der Gesta episcoporum Halberstadensium und es ist anzunehmen, dass auch die in der Chronologie aufgrund der Lücken im Text fehlenden Bischöfe Hildegrim II. († 886), Agiulf († 894) und Bernhard († 968) Teil der Quedlinburger Annalen gewesen sein dürften. 1619 Osdag († 989) und Gerdag († 992). Diese Informationen entstammen den Annales Hildesheimenses maiores. Diese, auf den Hersfelder Annalen fußend, dann ab 974 eigenständig fortgesetzt, dienten der Quedlinburger Autorin als Vorlage; vgl. Giese, Annales, S. 148. Dass von der eigenständigen Weiterführung an auch die Bischöfe des örtlichen Bistums Erwähnung finden, überrascht nicht. 1620 Einhart von Speyer († 913), Adalbert von Prag († 997) und Bernhard von Würzburg († 995).

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desheimenses maiores nachweisen lassen.1621 Die Berichte zu den Vorstehern von Mainz, Halberstadt und Hildesheim verwenden, ausgenommen eines einmaligen Gebrauchs von moriri, durchgehend obire und verzichten auf Details, wie beispielsweise den Todestag, oder Würdigungen – eine Ausnahme bildet Friedrich von Mainz, dessen Genügsamkeit und Gelehrsamkeit lobend hervorgehoben werden. Diese Würdigung wird aber bereits in den Hersfelder Annalen gestanden haben. Eine Wertung ist diesen Berichten nicht inhärent, Absicht der Autoren der Vorlagen war es, ihre lokalen Prälaten weitgehend lückenlos abzubilden; auch eine besondere Memorialabsicht ist nicht erkennbar. Der geographische Fokus ist weitgehend auf die eigene Diözese eingegrenzt, die Geschichtswürdigkeit des Bischofs ist somit nur auf das eigene Bistum beschränkt. Allein die Nutzung verschiedener Vorlagen hat dazu geführt, dass die Quedlinburger Annalen Personen gleich mehrerer Bistümer wiedergeben. Konträr zu diesen Beobachtungen zeichnen sich die Todesnachrichten zu den Vorstehern von Speyer, Prag und Würzburg durch Besonderheiten aus. Einhart von Speyer wurde ermordet (occiditur) und Adalbert von Prag am 23. April mit dem Martyrium gekrönt (martyrio IX. Cal. Maii coronatur), während Bernhard von Würzburg als Mitglied einer kaiserlichen Legation zur Brautwerbung für Otto III. nach Byzanz in der Provinz Achaia starb (moritur).1622 Es handelt sich um Vertreter des Epi1621 Es handelt sich um Thioto von Würzburg († 931) und Ruodbert von Trier († 956). Beide finden sich neben den Annales Hildesheimenses maiores, S. 20 (a. 932) u. 21, auch bei Lampert von Hersfeld, Annales, S. 34 (a. 932) u. 36/38, sowie den Annales Altahenses maiores, S. 8f. Warum sie ausgelassen worden sind, ist nicht sicher zu entscheiden. Thioto erscheint in den Hildesheimer Annalen, die als Vermittlerin der Hersfelder Annalen der Autorin in Quedlinburg wohl vorgelegen haben, nur als Thiodo, ohne Angabe, dass es sich um einen Bischof gehandelt hat. Möglicherweise hat dies die Autorin bewogen, diesen ihr vielleicht Unbekannten nicht zu übernehmen, da sie in ihm keinen Reichsbischof erkannt hat. Im Fall Ruodberts von Trier ist diese Erklärung nicht zielführend, ihn bezeichnen auch die Annalen aus Hildesheim als Ruodbertus Trevericus archiepiscopus. Gründe für ein Verschweigen Ruodberts finden sich nicht. 1622 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 918, S. 454 und a. 996, S. 492. Dass der Tod jeweils zu falschen Jahren datiert ist, spricht für eine in größerem zeitlichen Abstand erfolgte Niederschrift. Einhart von Speyer war bereits im Jahr 913 geblendet worden (vgl. Regino von Prüm, Chronicon a. 913, S. 155), die zu dieser Strafe geführten Umstände sind nicht bekannt, vgl. Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 35. Zu Adalbert von Prag vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 219–230, zu Bernhard vgl. Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 70–73. Adalbert von Prag hat zudem mehrere Viten erhalten, wenngleich die Angaben zum Martyrium dort keine verlässlichen Aussagen bieten, vgl. Lotter, Hagiographische Literatur I, S. 329. Eine älteste Vita Adalberti (Vita prior) stammt, gemäß Fried, Gnesen, Aachen, Rom, S. 254–259, aus der Feder Bischof Notkers von Lüttich. Adalbert wurde gemäß dieses Textes (c. 30, S. 44–47) von Heiden mehrfach verwundet und starb mit in Kreuzesform ausgebreiteten Armen, woraufhin seine Seele aus dem Kerker entflog (illa sancta anima carcere suo evolat). Der Tod trat dabei am 24. April ein in Parallelität zum Tod Christi. Eine ähnliche Schilderung bietet Brun von Querfurt in seiner zweiten Redaktion

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skopats, die über ihr gewaltsames Ableben, das sie, bei Adalbert unmissverständlich formuliert, in den Kreis der Märtyrer vordringen lässt oder die, wie Bernhard, über ihre kaiserliche Mission außerhalb des Reiches, reichsweites Interesse erregt haben dürften. Während die Bischofslisten von Mainz, Halberstadt und Hildesheim den Entstehungsorten der jeweiligen Vorlagen zugesprochen werden müssen, wird der Tod Einharts, Adalberts und Bernhards aufgrund ihrer ungewöhnlichen Umstände aufgenommen worden sein. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass sich Adalbert und Bernhard in den von den Hersfelder Annalen losgelösten Annales Hildesheimenses maiores finden, während Einhart von Speyer in keinem der anderen von den Hersfelder Annalen abhängigen Texte nachgewiesen werden kann. Sicher ist die Vermutung von Giese nicht pauschal zurückzuweisen, dass die Meldung über den Tod Einharts dennoch auf die Annales Hersfeldenses zurückzuführen ist,1623 doch ist es auffällig, dass gerade dieser von den mit obire gebildeten stereotypen Berichten abweicht. Bis zum Ende des Jahres 1002 hat sich die Autorin weitgehend auf ihre Vorlagen gestützt, aber bereits eigenhändig weitere verstorbene Bischöfe nachgetragen. Beginnend mit dem Eintrag Hermanns von Köln zu 924 folgen zehn weitere Mitglieder des Episkopats, neun davon zwischen den Jahren 991 und 996. Robert Holtzmann hat aufgrund einiger weiterer, in diesen Jahren nach Halberstadt weisender Einträge die Annahme vertreten, alle Jahresberichte von 991 bis 996 seien einer aus Halberstadt stammenden Vorlage entnommen worden.1624 Martina Giese weist diese Annahme überzeugend unter Vergleich mit den erhaltenen Gesta episcoporum Halberstadensium zurück, die mit Ausnahme der Halberstädter Sukzessionen keine der anderen Bischofswechsel aufführen.1625 In der Tat finden sich unter den neun Prälaten der Berichtsjahre 991–996 neun verschiedene Bistümer vertreten, sieben erscheinen zum ersten Mal in den Annalen.1626 Alle neun werden ihrem korrekten Sterbejahr zugeordnet, was in den Jahreseinträgen zuvor nicht immer der Fall gewesen ist.

1623 1624 1625 1626

der Vita Adalberts c. 33, S. 68. Deutlich knapper erscheint der Tod Adalberts ein Jahrhundert später bei Cosmas von Prag, Chronica Boemorum I, 31, S. 56: […] hanc presentem vitam pro Christo feliciter terminavit martirio IX. kal. Maii, feria VI. Diese Schilderung nimmt das annalistische Schema der Quedlinburger Annalen wieder auf. Vgl. Giese, Annales, S. 152. Vgl. Holtzmann, Quedlinburger Annalen, S. 89–92, 115f. u. 125. Vgl. Giese, Annales, S. 211–213. Zur Halberstädter Bistumschronik vgl. Schlochtermeyer, Bistumschroniken, S. 82–102. Es handelt sich um Erkanbald von Straßburg († 991), Pilgrim von Passau († 991), Friedrich von Salzburg († 991), Dodo von Münster († 993), Egbert von Trier († 993), Erp von Verden († 994), Gebhard (II.) von Konstanz († 995), Liutold von Augsburg († 996) und Hildeward von Halberstadt († 996).

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Dass sich die Autorin der Annalen im Jahr 1008 gerade dieser neun Prälaten noch derart gut erinnert hat, dann aber über zehn Jahre keinen Todesfall vermerkt, erscheint mehr als unwahrscheinlich. Offenkundig mag ihr entweder eine bisher nicht identifizierte Vorlage zur Verfügung gestanden haben oder die genannten Bischöfe standen in besonderem Verhältnis zum Quedlinburger Stift. Doch auch innerhalb der Berichte treten Unterschiede auf. Die ersten sieben Todesberichte sind im gleichen formlosen Stil gehalten wie die bisherigen Einträge. Sie bieten weder Details zum Verlauf noch den Todestag und nutzen das Verb obire. Die beiden Berichte zu 996 unterscheiden sich auffällig davon. Zu Liutold von Augsburg heißt es plötzlich: Lux clara sanctae Augustensis ecclesiae, Ludolfus episcopus, VIII. Calend. Augusti huic mundo subtractus coelesti adnumeratur familiae.1627 Auch Hildeward von Halberstadt erfährt eine bislang in dieser Form in den Quedlinburger Annalen nicht zu findende Würdigung. Gepriesen als Juwel unter den Priestern und der bischöflichen Würde goldene Zierde wurde Hildeward von der Nichtigkeit dieser Welt erlöst und der wahren Liebe, welche Christus ist, zugeführt, nachdem er dessen Bescheidenheit und Liebe, die er umfassender als andere zu glauben in der Lage gewesen war, nachgeahmt hatte.1628 Diese zwei Einträge folgen einer innerhalb der Quedlinburger Annalen neuen Form des Nachrufes. Die besondere Würde der Prälaten wird gelobt, der Todestag genannt, anstelle des neutralen obire werden bildgewaltige Formulierungen gewählt, die unmissverständlich die sofortige Aufnahme beider in die auserwählte Gruppe der in den Himmel Eingelassenen zum Ausdruck bringen. Über die übliche Gewohnheit zumindest wertneutraler Todesnachrichten hinaus findet sich hier plötzlich eine klare, positive Wertung. Nun werden die herausragenden christlichen Tugenden der Verstorbenen unterstrichen, wie dies seit Gregor von Tours in der Historiographie nur äußerst selten zu beobachten gewesen ist. Unverhofft treten solche Formen der Schilderung wieder in Erscheinung. Martina Giese spekuliert, Liutolds Aufnahme mag mit seiner vertrauten Bindung zu Kaiserin Adelheid in Beziehung stehen.1629 Bei Hildeward ist eine solche Beziehung nicht festzustellen, doch kann der euphorische Nachruf zu ihm geographisch erklärt werden, immerhin lag Quedlinburg in der Halber1627 Annales Quedlinburgenses a. 996, S. 489f. 1628 Annales Quedlinburgenses a. 996, S. 490: Dehinc procurrente tempore, cum multos a sanctuario domini divinum raperet iudicium, gemma etiam sacerdotum et episcopalis aureum decus dignitatis, venerandae Halverstadensis ecclesiae Hildewardus episcopus, VII. Calend. Devembris ab huius vanitate seculi solutus verae caritatis, quae Christus est, praesentatur obtutibus illius humilitatis et dilectionis, super quam credi potest, pie imitator effectus. Vgl. Hoffmann, Zu den Annales Quedlinburgenses, S. 142f. Zu Hildeward vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 128–133. 1629 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 996, S. 490 Anm. 996. Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 313 n. B 88.

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städter Diözese. Somit gehen die ersten sieben, noch ganz im detailfreien, neutralen Stil gehaltenen Einträge vermutlich auf andere Vorlagen oder sonstige Mitteilungen zurück, die nicht mit den ansonsten von der Autorin genutzten Texten übereinstimmen. Dies zeigt sich schon darin, dass mit Konstanz, Passau, Trier, Salzburg, Straßburg und Verden Bistümer genannt werden, die bisher nicht im geographischen Fokus gestanden haben. Ob hier die ersten Ansätze einer umfangreich angedachten Memorierung zu sehen sind, muss offenbleiben, da sich nach 996 bis zum Jahr 1008 eine langjährige Lücke eröffnet, frei von bischöflichen Todesnachrichten. Dies erscheint ganz so, als hätten für diesen Zeitraum die entsprechenden Vorlagen gefehlt. Gerd Althoff hat bezüglich des Merseburger Nekrologs, dass sich zu großen Teilen aus einer heute verlorenen Quedlinburger Vorlage speist,1630 darauf hingewiesen, dass sich darin nur für die Jahre von 983 bis 999 beinahe alle in diesem Zeitraum verstorbenen Bischöfe nachweisen lassen. Er setzt dies mit dem Tod Kaiserin Adelheids sowie ihrer Tochter, der Quedlinburger Äbtissin Mathilde, in Beziehung. Beide waren nach dem Tod Ottos II. 983 in besonderem Maße politisch aktiv, wobei sich die Bischöfe gleichermaßen als Stütze der ottonischen Herrschaft erwiesen hatten. Daraus lasse sich, so Althoff, auch die zunehmende Zahl an Bischofseinträgen im Nekrolog erklären.1631 Voraussetzung ist jedoch, dass sich dieses umfassende Wissen bis zur Niederschrift der Quedlinburger Annalen mehrere Jahre später bewahrt hat. Eine unmittelbare Verbindung zwischen nekrologischem und historiographischem Zeugnis aus Quedlinburg besteht nicht.1632 Unbeachtet geblieben ist bisher der zehnte genannte Bischofstod, ein mit den bisherigen Einträgen nicht zu vergleichender Fall. Zum Jahr 997 berichtet die Autorin von einem bereits Jahre zuvor verstorbenen Bischof aus Piacenza, ohne dessen Namen zu nennen.1633 Dieser Bischof tritt nur nebensächlich im Rahmen einer großangelegten Erzählung über die verkommenen Zustände des Papsttums in Erscheinung, über die bereits Liudprand von Cremona Jahrzehnte früher berichtet hatte. Johannes, ein Grieche, so die Quedlinburger Annalen, war von Theophanu an den sächsischen Königshof geholt worden und hatte sich dort, wie die Annalen mitteilen, das Vertrauen zunächst Ottos II., schließlich auch Ottos III. erschlichen. Dadurch war er an das Erzbistum Piacenza gelangt, das er nach dem Tod des ungenannt gebliebenen Vorgängers an sich gerissen hatte, 1630 Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 179–200. 1631 Vgl. Althoff, Beobachtungen zum liudolfingisch-ottonischen Gedenkwesen, S. 659–661. Zwischen 968 und 1012 fehlen beispielsweise von 77 Bischöfen insgesamt 11, drei davon fallen auf die Jahre zwischen 983 und 999. Vgl. auch die Übersicht bei Klewitz, Königtum, Hofkapelle und Domkapitel, S. 149–152. 1632 Vgl. Giese, Annales, S. 89f. 1633 Es handelt sich um Sigulf (952–988), vgl. Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 188.

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nachdem der zuvor gewählte würdige Nachfolger (vir bonae indolis) auf unwürdige Weise verdrängt worden war.1634 Johannes war dem Erzbistum jedoch in biblischen Anlehnung non pastor, sed lupus, er beabsichtigte es non regendam, sed devastandam, bis er sich einige Jahre später, diabolico inebriatus veneno, als Johannes XVI. das Amt des Papstes gegen den amtierenden Gregor V. anmaßte.1635 Der Tod des Bischofs von Piacenza spielt in dieser Geschichte nur eine Nebenrolle. b Die Quedlinburger Annalen ab dem Jahr 1002 Es folgen bis zum Jahr 1008 keine weiteren Todesberichte von Bischöfen. Dies ist nicht allein den Quedlinburger Annalen eigen, auch die Hildesheimer Annalen verzeichnen in diesem Berichtszeitraum keinen bischöflichen Todesfall, ebenso wenig ergänzen Lampert oder die Autoren der Annalen aus Altaich, Ottobeuren und Corvey in genannten Jahren entsprechende Informationen, gerade weil sie größtenteils von den Annalen aus Hildesheim abhängig sind. Auch wenn sich die Autorin ab 1003 frei von ihren Vorlagen bewegte, ist das Ausbleiben bischöflicher Todesberichte bis 1008 sowohl in der bisherigen Vorlage als auch in den davon abhängigen Texten und in den Quedlinburger Annalen auffällig. Es ist nicht der Fall, dass zwischen 998 und 1008 nur wenige oder sogar keine Sukzessionen auf Bischofsstühlen im ostfränkisch-deutschen Reich stattgefunden hätten. Ganz im Gegenteil lassen sich für diese Jahre 18 Wechsel infolge des Ablebens des bisherigen Amtsinhabers nachweisen.1636 Sicher mag es auf der einen Seite nicht überraschen, dass die Autorin in Quedlinburg oder auch der Annalist in Hildesheim nicht unbedingt Kenntnisse über die Vorgänge in Lothringen oder Bayern haben konnten, doch haben auf der anderen Seite die Quedlinburger Annalen im Zeitraum von 991 bis 996 gerade solches reichsweite Wissen unter Beweis gestellt, das mit Augsburg, Konstanz, Passau, Straßburg, Salzburg, Trier und Würzburg genau diese fernen Regionen abgedeckt hat. Zudem wäre neben der bisher lückenlosen Reihe der Kölner Erzbischöfe auch zu erwarten gewesen, 1634 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 997, S. 497. In seiner Funktion als Erzbischof war Johannes auch Teil der Gesandtschaft zur Brautwerbung Ottos III. in Byzanz, während der Bernhard von Würzburg den Tod fand, vgl. Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 71. 1635 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 997, S. 497. Das päpstliche Amt bekleidete er nur kurz, bevor er, verstümmelt, von Otto III. abgesetzt und in einer erniedrigenden Prozession auf einem Esel reitend durch Rom getrieben wurde. Vgl. zum Vorgang Althoff, Otto III., S. 100–113; Nitschke, Der mißhandelte Papst; Zimmermann, Papstabsetzungen, S. 109– 113. Zur Person vgl. Görich, Johannes XVI., Gegenpapst. 1636 Es handelt sich dabei um Gunther von Osnabrück († 998), die Wormser Bischöfe Hildebold († 998), Franko († 999), Erpho († 999) und Razo († 999), Everger von Köln († 999), Widerold von Straßburg († 999), Gebehard von Augsburg († 1000), Alawich von Straßburg, († 1001), Ramward von Minden († 1002), Wodilulf von Osnabrück († 1003), Giselher von Magdeburg († 1004), Rupert von Speyer († 1004), Gottschalk von Freising († 1005), Adalbero II. von Metz († 1005), Siegfried I. von Augsburg († 1006) und Albuin von Brixen († 1006).

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dass Kenntnis über die nahegelegenen sächsischen Wechsel in Magdeburg oder Zeitz herrscht. Entsprechend rätselhaft müssen die fehlenden Einträge zwischen 998 und 1007 bleiben, ebenso wie die reichhaltigen Berichte zu 991 bis 996 (997). Ab 1008 berichtet die Autorin parallel zu den Ereignissen, was sich zum einen in einer chronologischen Abfolge ablesen lässt, zum anderen in der beinahe lückenlosen Aufzählung der bischöflichen Sukzessionen im Reich nördlich der Alpen – es fehlen von 19 Wechseln einzig die in Passau 1013, Oldenburg 1013 und Eichstätt 1015.1637 Diese annähernde Vollständigkeit besteht, wie Giese anmerkt, bereits für die Jahre 991 bis 996, dort aber nicht chronologisch gereiht. Dies mag Ausdruck einer retrospektiven Niederschrift sein, möglicherweise aber auch Anzeichen einer diesen Berichten zugrunde liegenden Vorlage. Warum die Autorin gerade 1008 mit ihrem Werk begonnen hat, versucht Giese insbesondere mit der zu diesem Zeitpunkt bereits gesunkenen Bedeutung Quedlinburgs zu erklären, das unter Heinrich II. nicht mehr wie noch unter seinen Vorgängern einen Mittelpunkt des Reiches dargestellt hatte. Entsprechend mag das Verlangen aufgekommen sein, einerseits die Glanzzeiten des Stiftes schriftlich zu erhalten, andererseits den Memorialdienst zu intensivieren.1638 Die parallele Aufzeichnung der Todesfälle führt nicht zu einer Änderung von Inhalt und Form der Beiträge. In zehn Fällen werden weiterhin allein der Tod mit obire wiedergegeben und der Nachfolger genannt.1639 Damit bleiben sieben,1640 die sich von dieser Art der Darstellung unterscheiden und eine intensivere Betrachtung verdienen. Ins Auge fällt zunächst, dass unter diesen sieben zwei Magdeburger Erzbischöfe und ein Meißener Bischof zu finden sind, zudem mit Brun von Querfurt, Missionserzbischof bei den Slaven, ein weiterer im ostsächsischen Raum zu verortender Vertreter. Hinzu kommen Prälaten aus Hamburg, Münster und Utrecht. Brun von Querfurt erlitt das Martyrium, was es allein notwendig macht, die Form der Darstellung anzupassen. Doch wird der Bericht um weitere Details ergänzt, so wurde Brun, mit Beinamen Bonifatius (cognominatur Bonifacius), gemeinsam mit seinen 18 Begleitern am 9. März 1009 von Heiden enthauptet (a paganis capite plexus cum suis XVIII), woraufhin er in den 1637 Vgl. Giese, Annales, S. 49f., ohne Nennung Oldenburgs. Man mag das Fehlen in den Annalen damit erklären können, dass Oldenburg zu diesem Zeitpunkt zerstört war und die Oldenburger Bischöfe auf der Mecklenburg residierten. Allerdings wird zu 1023 der Wechsel auf dem Oldenburger Bischofsstuhl vermerkt, also hätte dies auch zu 1013 erwartet werden können. 1638 Vgl. Giese, Annales, S. 98f. Hinzu tritt nach Giese eine angedachte Verwendung der Annalen im Schuldienst. 1639 Bei Liudolf von Trier († 1008), Notker von Lüttich († 1008), Hilderich von Havelberg († 1008), Rethar von Paderborn († 1009), Wigbert von Merseburg († 1009), Willigis von Mainz († 1011), Erluin von Cambrai († 1012), Unger von Posen († 1012), Bernhar von Verden († 1014) und Megingaud von Trier († 1015). 1640 Hinzugenommen worden ist der Missionserzbischof Brun von Querfurt.

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Himmel aufgenommen wurde (petiit coelos). Die gleiche Konnotation, den unmittelbaren himmlischen Eintritt nach einem würdigen Leben, vermittelt auch der Tod Eids von Meißen (depositum fidele reddidit coelo). Tagino von Magdeburg wird in aller Kürze für seine Taten gerühmt (meritis praeclarus),1641 während dessen im selben Jahr verstorbener Nachfolger Walthard eine umfassendere Würdigung erfährt. Er verließ, vom Heiligen Geist gesalbt, nach einem kurzen, aber von göttlicher Liebe durchdrungenen Episkopat die Erde, um bei Christus leben zu können.1642 Die Nennung des Heiligen Geistes erinnert an Ambrosius von Mailand, der unmittelbar vor seinem Tod von diesem durchdrungen worden sein soll.1643 Ansonsten wird auch hier die glückliche Zukunft Walthards bei Christus im Himmel unterstrichen, die bei Tagino durch die Auszeichnung seiner irdischen Verdienste – Grundlage für jenseitige Glückseligkeit – angedeutet worden ist. Gleichzeitig unterbindet der uneingeschränkt positive Nachruf jegliche mit dem sehr kurzen Episkopat Walthards möglicherweise in Verbindung zu bringenden negativen Implikationen, die dessen rasches Ableben mit seiner nicht vorhandenen Befähigung für das Bischofsamt erklären mögen. Es ist nicht verwunderlich, dass die Quedlinburger Autorin zu den sächsischen Bischöfen ihrer Umgebung Ergänzungen und Würdigungen hinzugefügt hat. Geographisch weit abgelegen, überrascht hingegen die besondere Würdigung des Utrechter Bischofs Ansfried, der nach einem mehr als würdigen Leben unter den Engeln seinen Platz gefunden haben soll.1644 Ansfrieds mögliche verwandtschaftliche Bindung an die ottonische Familie als Neffe der Königin Mathilde1645 1641 Annales Quedlinburgenses a. 1009, S. 527; a. 1015, S. 549; a. 1012, S. 533. 1642 Annales Quedlinburgenses a. 1012, S. 534f.: Waldhardus archiepiscopus extrema sortitus, cum Christo felicis victurus, vixit post obitum Tagionis antistitis ter terno hebdomadarum numero et nocte una. Sedit autem in episcopatu septem septimanas noctesque binas, trinum et unum deum ore praedicando, unctus spiritu sancto, pacem in invicem et in omnes ecclesias dei in dilectione dei et proximi praeparando. 1643 Vgl. Kapitel 5.2.1. 1644 Annales Quedlinburgenses a. 1010, S. 529f.: Ausfridus episcopus meritis praeclarus primum imperatori terreno armatam militiam fideliter administrando, deinde creatori humiliter oboediendo divinis se mancipavit praeceptis. Ideo virtutibus enituit insignis. Calcatis terrenis intra angelicos iam laetus choros aeternis fruitur bonis. Alpert von Metz, De diversitate temporum I, 16, S. 32/34, spricht davon, dass um Ansfrieds Leichnam nach seinem Tod ein Streit zwischen den Utrechtern und Mönchen aus seiner Gründung Hohorst ausbrach. Dieses Motiv ist bereits bei Gregor von Tours im Zusammenhang mit dem Leichnam Martins vor Augen getreten und wird auch in der Vita des 1088 gestorbenen Osnabrücker Bischofs Benno II. aufgegriffen. Vgl. zu Tod, nachträglicher Kritik am Lebenswandel sowie später Heiligenverehrung Ansfrieds Grosse, Bistum Utrecht und seine Bischöfe, S. 206–209. 1645 Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 299 Nr. B 36; Jappe Alberts / Weinfurter, Traiectum, S. 188. Zu Zweifeln an der Verwandtschaft Ansfrieds zu Mathilde vgl. Grosse, Évêque d’Utrecht autour de l’an Mil, S. 209, mit der in Anm. 14 genannten Literatur; ders., Bistum Utrecht und seine Bischöfe, S. 120–130.

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mag diese herausgehobene Würdigung erklären, sollte doch den Mitgliedern der Herrscherfamilie in besonderem Maße gedacht werden. Suidger von Münster wird einzig durch die von obire abweichende Formulierung migravit ad Dominum ausgezeichnet,1646 die ebenfalls eine sofortige himmlische Aufnahme impliziert. Ob diese Würdigung mit Suidgers in Halberstadt und Magdeburg genossener Ausbildung in Verbindung zu bringen ist, muss unsicher bleiben.1647 Als letzter Todesfall ist Libentius/Liawizo I. von Hamburg-Bremen zu nennen. Noch als er durch ein Fieber geschwächt war, kümmerte er sich um die Seinen, um schließlich dem Himmel zugeführt zu werden.1648 Libentius war weder mit der ottonischen Familie verwandt, noch ist eine besondere Nähe zu ostsächsischen Klöstern oder Bistümern bekannt. Allerdings eröffnet sich durch den weiteren Verlauf des Berichtes ein anderes Motiv. So erwählte Libentius noch zu Lebzeiten seinen Vikar Odda als Nachfolger, der auch die Bestätigung von Klerus und Volk erfuhr.1649 Kritik an der Berufung seines Nachfolgers zu Lebzeiten findet sich nicht, ganz im Gegenteil wird durch die Würdigung seines Charakters geradezu die Befähigung herausgestellt, die Libentius zur Auswahl eines geeigneten Nachfolgers qualifiziert hat. Als deutliche Kritik ist entsprechend das Folgende aufzufassen, denn Heinrich II. bestätigte diese Entscheidung nicht, sondern berief mit Unwan einen eigenen Kandidaten. Die Autorin kommentiert dies mit entsprechend scharfen Worten.1650 Libentius’ besondere Würdigung dient somit

1646 Annales Quedlinburgenses a. 1011, S. 531. Zu Suidger vgl. Kohl, Bistum Münster 3, S. 71– 81, zum Tod S. 77f.; Wolter, Monasterium, S. 121f. 1647 Allerdings ist Suidger bereits zuvor innerhalb der Annalen herausgehoben worden. Zu seiner Einsetzung 993 wird seine der Bischofserhebung vorangehende Position als Halberstädter Domherr genannt (Annales Quedlinburgenses a. 993, S. 483). Dabei handelt es sich um eine exklusive Nachricht der Quedlinburger Annalen (ebd., S. 483 Anm. 947). Die Autorin scheint über einen besonderen Kenntnisstand verfügt, vielleicht eine nähere Beziehung zu Suidger gehabt zu haben. 1648 Annales Quedlinburgenses a. 1013, S. 536f.: Duae lucernae ardentes mundo subtractae, reconduntur coelo: Lievitzo Hammaburgensis archiepiscopus et Wonleph presbiter et monachus solitarius. Episcopus autem vi febrium correptus, cum laboris sui praemium imminente iam morte a deo speraret, ut erat nimiae caritatis, providebat suis portum salutis. Zu Libentius vgl. Reinecke, Hammaburgensis sive Bremensis eccl., S. 24f. 1649 Annales Quedlinburgenses a. 1013, S. 537: Erat ei quidam vicarius inter clericos specialius familiaris, quia nobiliter fidelis, Odda, quem divinae humanaeque legis scientia adprime eruditum, episcopatu dignissimum praedicans ipse primus sancta oratione in id operis elegit. Deinde cleri ac populi unanimiter acclamantis eadem vota persensit, ac sic laetus obdormivit in Christo. 1650 Annales Quedlinburgenses a. 1013, S. 537: Sed regis animus immitis et habendi misera sitis renuit supplicantium preces, contemnendo flentium voces. Aufgegriffen wird dies bei Thietmar und, unabhängig von beiden Quellen, in der Hamburgischen Kirchengeschichte Adams von Bremen, wenngleich Odda dort irrtümlich als Gegenkandidat zu Libentius erscheint, vgl. Schütte, Bischofserhebungen, S. 185. Vgl. Hoffmann, Mönchskönig und rex idiota, S. 65f.

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einer deutlichen Kritik an der bischöflichen Erhebungspraxis Heinrichs II.1651 und ist weniger auf Libentius selbst zurückzuführen. Dabei fällt auf, dass über den Vorgang der Erhebungen bislang kein Wort gefallen ist und im weiteren Verlauf nur an einer Stelle kurz die Rolle des Königs thematisiert wird, ohne erneut Kritik daran anzuschließen. Anders als dies Thietmar von Merseburg handhaben wird, konzentriert sich die Autorin auf die Darstellung der Sukzessionen, die in besonderen Fällen zusätzlich eine ausführlichere Würdigung des Verstorbenen enthalten und seine himmlische Aufnahme unterstreichen, ohne dass über den eigentlichen Vorgang des Sterbens Informationen beigefügt werden. Für die memoria spielen diese auch keine Rolle. c Die letzten Jahre der Quedlinburger Annalen Berichtete die Autorin zwischen 1008 und 1015 parallel zu den Ereignissen von 17 bischöflichen Todesfällen und ließ einzig drei außen vor, dreht sich der Befund ab 1016 ins Gegenteil. Erst Anfang der 1020er Jahre hat sie das Werk retrospektiv ergänzt und dann wohl bis 1030 relativ zeitnah fortgesetzt; eine vergleichsweise vollständige Auflistung aller Sukzessionen findet sich aber nicht mehr. Insgesamt weisen die Jahre von 1016 bis 1025 zwölf bischöfliche Todesfälle auf, darunter mit Arnold von Ravenna einen Prälaten aus Italien.1652 Dem entgegen stehen 18 nicht erwähnte Wechsel, die allerdings, mit Ausnahme Brandenburgs und Meißens, in geographisch entfernteren und bisher allgemein wenig bis nicht beachteten Bistümern eingetreten sind.1653 Dennoch scheint die Autorin zwischen 1008 und 1015 über Informationsquellen verfügt zu haben, die ihr auch Mitteilungen über diese Bistümer zugetragen haben. Der Grund für den versiegenden Fluss dieser Nachrichten wird hingegen ein anderer sein. In den Jahren 1017/18 überführte Heinrich II. das Quedlinburger Gebetsgedenken nach Merseburg, wo mit Thietmar ein enger Vertrauter des Kaisers den Bischofsstuhl innehatte.1654 Nachweisen lässt sich dieser Transfer durch die in diesen Jahren 1651 Zur weitgehend kritischen Einstellung der Autorin zu Heinrich II. vgl. Giese, Annales, S. 90–100. 1652 Arnold war Halbbruder Heinrichs II., vgl. Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 154. 1653 Es handelt sich um Adalbero von Brixen († 1017), Wigo von Brandenburg († 1018), Lambert von Konstanz († 1018), Berthold von Toul († 1019), Gundekar I. von Eichstätt († 1019), Erkanbald von Mainz († 1021), Walther von Eichstätt († 1021), Wolbodo von Lüttich († 1021), Heriward von Brixen († 1022), Dietrich II. von Minden († 1022), Dietrich I. von Münster († 1022), Rudhart von Konstanz († 1022), Gebhard I. von Regensburg († 1023), Hartwig von Salzburg († 1023), Hugbert von Meißen († 1024), Haimo von Verdun († 1024), Burchard von Worms († 1025) und Durand von Lüttich († 1025). 1654 Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 195f. Zur Datierung vgl. knapp ders., Beobachtungen zum liudolfingisch-ottonischen Gedenkwesen, S. 654. Zur engen Beziehung Heinrichs II. zu Merseburg vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 115. Und dies, obwohl er, anders als die vorangehenden ottonischen Herrscher, alle Teile des Reiches regelmäßig

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hinzugefügte Ergänzungsschicht des Merseburger Nekrologs, die auffällig vollständig die Namen der Jahre von 1008 bis 1015 aufführt, die auch die Quedlinburger Annalen nennen.1655 Die Schaffung eines neuen Zentrums der memoria in Merseburg wird entscheidend dazu beigetragen haben, dass entsprechende Informationen nicht oder nur noch in begrenztem Maße nach Quedlinburg gelangt sind. Möglicherweise hat diese sich anbahnende Entwicklung die Arbeit an den Annalen 1016 vorläufig zum Erliegen gebracht. Zwischen 1016 und 1020 wurden der Tod Thiedeggs von Prag († 1017), Balderichs II. von Lüttich († 1018), Heinrichs von Würzburg († 1018), Thietmars von Merseburg († 1018) und Arnolds von Ravenna († 1018) nachgetragen. Mit den Genannten knüpft die Autorin, mit Ausnahme Arnolds von Ravenna, an bereits in den Annalen genannte Vorgänger an, namentlich Adalbert von Prag, Notker von Lüttich, Bernhard von Würzburg und Wigbert von Merseburg, während die ausgelassenen Prälaten dieses Zeitraums aus Toul und Eichstätt keinen Vorgänger in den Annalen verzeichnen können. Das Fehlen Lamberts von Konstanz mag in diesem Zusammenhang erstaunen, sein Vorgänger Gebhard (II.) wird in den Annalen geführt. Einmal mehr wird bei den Berichten auf viele Worte verzichtet, obire findet sich bei Thiedegg und Balderich, die drei übrigen werden mit der Formulierung ab hac luce abstracti sunt zusammengefasst. Eine Aufnahme in den Himmel wird nicht sicher angedeutet, eine positive Wertung ist allein aus diesen Worten nicht mit letzter Sicherheit zu erkennen. Auffällig ist, dass zu den drei Letztgenannten keine Nachfolger aufgelistet werden, ganz so, als habe die Autorin nur gebündelt das Ableben dieser Bischöfe erfahren, ohne Kenntnis ihrer Nachfolger gehabt zu haben. Bis 1025 folgen in den Jahren 1021–1023 weitere Todesberichte, wobei das Jahr 1023 mit gleich fünf Todesfällen und der Art ihrer Präsentation besondere Würdigung verdient. Zuvor waren Heribert von Köln und Bernward von Hildesheim verstorben. Heribert wird für sein christliches Pflichtbewusstsein eine umfassende Würdigung zuteil; unterstrichen wird dieses Bewusstsein durch Wunder, die sich an seinem Grabe ereignet haben sollen.1656 Anders als in den besuchte, vgl. Keller, Reichsstruktur und Herrschaftsauffassung, S. 76–82 u. 85. Ebd., S. 86, auch zur deutlich gestiegenen Bedeutung von Bischofsstädten unter Heinrich II. 1655 Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 153–156 u. 180–184; ders., Beobachtungen zum liudolfingisch-ottonischen Gedenkwesen, S. 657. 1656 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 1021, S. 560. Ebd. Anm. 1535, mit dem Hinweis auf die stark hagiographischen Züge dieses Nachrufes. In der Vita Heriberti Lantberts von Deutz (Lectio XII, S. 192–200) fällt der Todesbericht Heriberts erwartungsgemäß deutlich umfangreicher aus – bei mehrfachen Anleihen an der Vita Martini. Heribert wusste um seine Sterbestunde, schließlich stellte sich bei einem Aufenthalt in Neuss ein Fieber ein (S. 192). Hinzu kam Abt Elias von Groß St. Martin und Pantaleon, der die letzte Ölung und das Abendmahl reichte (S. 193–194). Zurück in Köln wurde Heribert in den Dom gebracht und

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bisherigen die Form der memoria besonders betonenden Einträgen zeigt sich bei Heribert und auch Bernward von Hildesheim eine neue Darstellung. Der Tod wird nicht mehr direkt berichtet, sondern indirekt in den Erzählgang eingeflochten. So erfuhr der Kaiser auf einer Reise vom Tod Heriberts, woran sich der Nachruf anschließt. Gleichermaßen verbreitete sich das Gerücht über den Tod Bernwards.1657 Es scheint so, als habe sich die Autorin nicht mehr verpflichtet gefühlt, der strengen Form der memoria bis ins letzte zu folgen. Den Gipfel erreicht diese ›ungezwungenere‹ Form zum Jahr 1023. Der Tod Arnulfs von Halberstadt wird in bekannter Form berichtet, ergänzt um eine ausführliche Würdigung, die ihren Höhepunkt in der Versetzung Arnulfs in den himmlischen Palast findet (coeli collocatur palatio).1658 Über die Nachfolge schließt sich hingegen unerwartet ein längerer Bericht an. So wurde von Klerus und Volk ein Mann namens Hermann gewählt, der ob seiner Sitten zu loben war. Um diese Wahl abzusichern, boten die Großen dem Kaiser umfassende Geldgeschenke an. Hermann verzichtete aber auf die Wahl, was die Autorin zu der Spekulation vor das Kruzifix gelegt, wo er seine Seele Gott empfahl (S. 195). In sein Gemach zurückgebracht traf er, von vielen umstanden, letzte Verfügungen (S. 195–196). Schließlich löste sich seine Seele vom körperlichen Gefängnis (sancta illa anima carnis solvitur ergastulo) (S. 198). Von Maria in Empfang genommen erhielt er Aufnahme in das e˛terna tabernacula unter den Patriarchen, Propheten, Aposteln, Märtyrern und Bekennern (S. 198). Natürliche Elemente finden sich, typisch für eine Vita, gepaart mit überweltlichen, die die besondere Stellung des Protagonisten unterstreichen. Zur Einordnung Heriberts innerhalb der Vita in den göttlichen Heilsplan vgl. Vogel, Einleitung, S. 20. Eine Zusammenfassung der Vita bieten Lotter, Hagiographische Literatur II.1, S. 359–362; Vogel, Einleitung, S. 20–25. Vgl. Coué, Acht Bischofsviten aus der Salierzeit, S. 373–380. Mit etwas anderer Schwerpunktsetzung, deutlich umfangreicheren wörtlich wiedergegebenen Gesprächen, aber gleichsam ausführlich und mit identischem Ausgang gestaltet sich die zu Beginn des 12. Jahrhunderts von Rupert von Deutz verfasste Vita c. 30–33a, S. 75–80. 1657 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 1022, S. 569. Zu Bernward vgl. Schuffels, Bernward von Hildesheim. Anders gestaltet sich der Tod Bernwards in der über ihn abgefassten, ebenfalls zeitgenössischen Vita – wenngleich einerseits Zweifel an der Autorschaft des Hildesheimer Klerikers Thangmar für das ganze Werk vorgebracht worden sind, andererseits damit zusammenhängend nicht mehr alle Teile der Vita als zeitgenössisch interpretiert werden mögen, vgl. Lotter, Hagiographische Literatur I, S. 323–325, mit weiterer Literatur. Allerdings erfährt der Leser überraschend wenig über die Todesvorbereitung Bernwards, einzig dass er sich im Angesicht seiner letzten Stunde in eine Kapelle tragen ließ. An seiner himmlischen Aufnahme wird dennoch nicht gezweifelt, vielmehr diese besonders betont, ebenso die überwältigende Trauer im Volk. Besondere Demut zeigte er darin, dass seine Bahre nicht mit einem kostbaren Tuch, sondern einer gewöhnlichen Decke bespannt worden war. Vgl. Thangmar, Vita Bernwardi c. 54f., S. 780f. Deutlich knapper in seinem Bericht ist wenige Jahrzehnte später das Chronicon Hildesheimense c. 14, S. 852, wenngleich in der Intention gleichwertig (ad Christum migravit). 1658 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 1023, S. 571. Ein gesteigertes Lob Arnulfs findet sich in den Gesta episcoporum Halberstadensium, S. 92: Arnulfus igitur Dei famulus et divina semper sapientia preditus, 27. sue ordinationis anno 7. Idus Septembris creditum sibi talentum cum lucro reddidit Deo.

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verleitet, die Verbrechen (crimina) der Großen hätten den Ausschlag gegeben. Es wird Kritik an der durch Simonie versuchten Einflussnahme durch die Großen geübt.1659 Es folgen der Tod Geros von Magdeburg und Eilwards von Meißen. Während Gero vor seinem Tod Schmerzen litt (multis doloribus affectus), starb Eilward eines unerwarteten Todes (inopinata praevenitur morte). Mit einem Mal finden sich Hinweise, die Charakteristika eines schlechten Todes sein können. Im Falle Geros versteht es die Autorin, diesen Eindruck ins Gegenteil zu wenden. Gero starb zwar der Welt, lebt aber in Christus fort (seculo moriens, sed Christo vivens obiit).1660 Bei Eilward gelingt dies nicht gleichermaßen überzeugend. Er wurde zwar zu Recht, wie die Autorin anmerkt, beweint, eine Aufnahme in den Himmel aber wird nicht formuliert. Eilward ob dieses Berichtes negativ beurteilen zu wollen, wäre verfehlt, die ungewöhnliche Art der Formulierung fällt dennoch ins Auge. Dies setzt sich mit Bernhard von Oldenburg und Ekkehard von Prag fort. Es heißt lapidar, dass sie gestorben sind (obierunt), doch nicht nur sie, sondern aliique antistites quam plurimi, also zahlreiche weitere Bischöfe.1661 Einerseits mögen fehlende Informationen einen solch allgemeinen Satz nach sich gezogen haben, es mag aber auch damit zusammenhängen, dass nunmehr keine Notwendigkeit mehr bestand, aller wichtigen Personen des Reiches, zu denen die Bischöfe unzweifelhaft zu zählen sind, zu gedenken. Seit das Zentrum ottonischen Gebetsgedenkens nach Merseburg verlagert worden war, sah die Autorin offenbar einen anderen Schwerpunkt ihrer Arbeit in der Lokalgeschichtsschreibung. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der in allen Einzelheiten geschilderten Weihe der Quedlinburger Stiftskirche St. Servatius im Jahr 1021;1662 dezidiert wird über die Weihe jedes Altars berichtet, wodurch das Jahr 1021 das längste Jahresnotat der gesamten Annalen darstellt. Die reichsweite memoria rückt dabei in den Hintergrund. d Zusammenfassung Die Quedlinburger Annalen stellen eine der wichtigsten Quellen zur ottonischen Geschichte dar. Bis zum Jahr 1002 größtenteils von anderen Vorlagen abhängig, berichten sie zwischen den Jahren 1008 und 1015 zeitgleich mit den Ereignissen. Dem Tod der Bischöfe wird gerade in diesen acht Jahren größte Bedeutung beigemessen, eingedenk der wichtigen Funktion Quedlinburgs als ottonischem Memorialzentrum. Diese Stellung wurde 1017/18 an Merseburg verloren, weshalb sich nach der Wiederaufnahme der Schreibtätigkeit zu Beginn der 1020er 1659 Vgl. Schieffer, Heinrich II. und Konrad II., S. 413f. Zum Umgang mit Simonie zu Beginn des 11. Jahrhunderts vgl. Geis, Kirchenrechtliche Norm und diözesane Praxis. 1660 Annales Quedlinburgenses a. 1023, S. 572. 1661 Annales Quedlinburgenses a. 1023, S. 572. 1662 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 1021, S. 561–566.

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Jahre eine ungleich weniger vollständige Erfassung des Reichsepiskopats nachweisen lässt. Dazu wechselt die Form der Darstellung, die sich bis dahin dem knappen Duktus von Memorialberichten verpflichtet gesehen und nur vereinzelt längere Nachrufe ergänzt hat. In den letzten Jahren wird diese Form aufgebrochen, negative Andeutungen finden Eingang in die Annalen, wenngleich diese Beispiele durch die nachfolgenden Äußerungen weitgehend relativiert werden. Dennoch zeigen die Quedlinburger Annalen, in welchem Zusammenhang die Aufnahme sterbender Bischöfe besonders zu erwarten ist – die ausführlicheren Todesberichte unterstreichen etwa den sofortigen Zugang des Verstorbenen in die auserwählte Gruppe der Aufnahme in den Himmel Gefundenen – und wie diese Absicht in Folge geänderter Umstände zum Erliegen kommt.

8.4.2 Die Chronik Bischof Thietmars von Merseburg a Die Entstehung der Chronik Die Chronik1663 des Merseburger Bischofs (1009–1018), die er zwischen 1012 und 1018 anlegte, gilt für die Geschichte des ostfränkisch-deutschen Reiches für die Zeit der Jahrtausendwende als »besonders wertvoll«,1664 Thietmar als »Vollender« ottonischer Geschichtsschreibung.1665 Der Autor, geboren am 25. Juli 976,1666 entstammte der Familie der Grafen von Walbeck, war somit von edler Geburt und mit zahlreichen Großen seiner Zeit verwandt.1667 In der Chronologie der bisher behandelten Quellen greift mit Thietmar nach Gregor von Tours, Prudentius von Troyes und Hinkmar von Reims wieder ein Bischof zur Feder, um die Ereignisse seiner Zeit festzuhalten.1668 Durch seine weitverzweigte Verwandtschaft lassen 1663 Das chronologische System wird von Thietmar oft durchbrochen, sodass mit Goetz, Chronik Thietmars von Merseburg, S. 261, nur bedingt von einer Chronik im Wortsinn gesprochen werden kann. Bornscheuer, Miseriae Regum, S. 104, erkennt mit zunehmender Nähe Thietmars zu seiner Berichtszeit eine Auflösung der Chronik ins Annalenschema. 1664 Vgl. Trillmich, Einleitung (zu Thietmar von Merseburg), S. IX. 1665 Vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 316. Zu Chronik und Autor vgl. Schieffer, Thietmars Welt. Vielfältige Informationen zu Thietmar und seiner Zeit bietet der Ausstellungskatalog zur Ausstellung anlässlich des 1000. Todestages Thietmars 2018 in Merseburg, vgl. Cottin / Merkel (Hgg.), Thietmars Welt. 1666 Eine Übersicht zum Leben Thietmars bieten Beumann, Thietmar von Merseburg; Holtzmann, Einleitung, S. XVI–XXVIII; Warner, Introduction, S. 49–62. Zur Datierung des Geburtsjahres vgl. Hess, Geburtsjahr. 1667 Vgl. zu der weitverzweigten Verwandtschaft Thietmars Holtzmann, Einleitung, S. VII– XV, sowie bes. den Stammbaum ebd., S. X. Weitergehende Überlegungen bei Spehr, Gräfin Oda von Walbeck, S. 66 (mit Stammbaum). 1668 Zu Bischöfen als Geschichtsschreiber in ottonischer Zeit vgl. Kersken, Bischöfe als Historiker, S. 175–177.

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sich auch einige Bischöfe in seiner Familie nachweisen, insbesondere der Missionserzbischof Brun von Querfurt, schließlich seine eigenen Brüder Siegfried (Bischof von Münster 1022–1032) und Brun (Bischof von Verden 1034–1049), ohne jedoch die bischofsdynastischen Zustände um Gregor von Tours wieder aufleben zu lassen. Thietmars ursprüngliches Anliegen war die Abfassung einer Geschichte der Stadt Merseburg. Bald erweiterte sich dieses Ansinnen zu einer Geschichte der sächsischen Kaiser sowie seiner eigenen Zeit,1669 ohne dass er im Auftrag des ottonischen Königshauses geschrieben hätte.1670 Dies wird bereits anhand der Gliederung seiner acht Bücher umfassenden, infolge seines Ablebens unvollendet gebliebenen Chronik deutlich, deren erste vier Bücher Heinrich I., Otto I., Otto II. sowie Otto III. gewidmet sind, während die folgenden vier Bücher die Regierung Heinrichs II. sowie die von ihm in besonderem Maße selbst erlebte Zeit thematisieren.1671 Entsprechend lassen sich für die ersten vier Bücher in der Sachsengeschichte Widukinds von Corvey (Buch I–II) sowie den Quedlinburger Annalen, von denen Thietmar noch während ihrer Entstehung eine bis 998 reichende Abschrift erhalten hat,1672 die wichtigsten genutzten Vorlagen nachweisen,1673 während die letzten vier Bücher weitgehend auf Thietmars persönlichen Erinnerungen, von ihm angefertigten Aufzeichnungen sowie mündlichen Berichten anderer fußen. Ergänzungen hat er insbesondere dem Merseburger

1669 Vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 431; Handschuh, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 29; Holtzmann, Einleitung, S. XXIX; Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 50. Von Beginn an reichsweites Interesse Thietmars vermutet Bornscheuer, Miseriae Regum, S. 105–109. 1670 Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 184. Es handelt sich um keine Auftragsarbeit, ein intendiertes (lebendes) Publikum wird nicht deutlich, vgl. Goez, Bischof Thietmar von Merseburg, S. 116. Neben der noch ausführlich zu behandelnden Memorialfunktion ging es Thietmar zu Lebzeiten in besonderem Maße darum, den ursprünglichen Besitz des Merseburger Bistums nach seiner Neugründung wiederherzustellen, wofür er auch seine Nachfolger sensibilisieren wollte. Vgl. Schubert, Reichsepiskopat, S. 101. 1671 Zur Gliederung vgl. Holtzmann, Einleitung, S. XXX. Auf das Problem, Thietmars Werk in heutige Gattungssysteme einzuordnen, weist Goetz, Thietmar von Merseburg, S. 141f., hin. 1672 Vgl. Holtzmann, Chronik Thietmars von Merseburg, S. 205f. 1673 Hinzu tritt u. a. Halberstädter Überlieferung, vgl. Althoff, Magdeburg – Halberstadt – Merseburg, S. 271f., mit dem Beispiel der Halberstädter Kirchweihe 992. SchulmeyerAhl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 237f., stuft die Nutzung Halberstädter Überlieferung durch Thietmar als gut möglich, wenngleich nicht beweisbar ein. Vgl. zu Thietmars Quellen auch Engelbert, Papsttum in der Chronik Thietmars, S. 89; Giese, Thietmars Chronik, S. 74–76. Die Quellen hat Thietmar kaum einmal im Wortlaut wiedergegeben, sondern in neue Formulierungen gehüllt, vgl. Holtzmann, Einleitung, S. XXXI.

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Nekrolog entnommen, nachdem das Quedlinburger Gebetsgedenken in dieses transferiert worden war.1674 Thietmars Chronik ist im Vergleich zu anderen Werken ottonischer Geschichtsschreibung wenig Interesse entgegengebracht worden. Lange blieb Helmut Lippelts Studie die einzige Thietmar gewidmete monografische Arbeit,1675 bis Kerstin Schulmeyer-Ahl in ihrer 2009 vorgelegten Dissertation ausgewählte Episoden der Chronik Thietmars hinsichtlich ihrer Konstitutionsbedingungen vor dem Hintergrund einer weitgehend oralen Gesellschaft, in der historisches Wissen Wandel und Anpassung ausgesetzt sei, untersucht hat.1676 Sie bezieht sich dabei auf die neueren Arbeiten von Johannes Fried und dessen Bestreben, die Memorik für die historische Wissenschaft nutzbar zu machen.1677 In ihrem Grundansatz, den zur Formung historiographischer Nachrichten führenden Gründen nachzuspüren, trifft sie eine Zielsetzung dieser Studie; Schulmeyer-Ahl widmet sich allerdings in erster Linie Episoden um die sächsischen Kaiser. Ein Kapitel befasst sich hingegen mit dem Phänomen des plötzlichen Todes, wozu Beispiele sterbender Bischöfe herangezogen werden. Darauf werden wir noch zurückkommen. Die Studie von Lippelt ist insbesondere durch ihre Herausarbeitung der Memorialfunktion in Thietmars Chronik von Bedeutung. Thietmars Interesse ist mit seiner Bischofsstadt sowie dem Reichsgeschehen allgemein nicht erschöpft. Besonders die memoria war Thietmar ein persönliches Anliegen, das Merseburger Nekrolog enthielt vor dem Nachtrag der Ergänzungsschicht aus Quedlinburg zumeist Einträge von Personen, die mit ihm verwandtschaftlich verbunden waren.1678 Sein Gedenkhorizont war weitgehend seiner persönlichen Umgebung entsprungen: Familienmitglieder, Mitbrüder aus Magdeburg und

1674 Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 195f. Ebd., S. 291–341, finden sich knappe Lebensbilder zu allen im Merseburger Nekrolog verzeichneten Bischöfen. Zudem standen Thietmar Nekrologe aus Magdeburg und Lüneburg zur Verfügung, vgl. Holtzmann, Einleitung, S. XXX. 1675 Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg. Der Kritik von Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 10, Lippelt biete zwar viel, jedoch keine Einblicke »in die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen, in die Konstitutionsbedingungen der Nachrichten und Informationen« bei Thietmar, kann nicht in Gänze zugestimmt werden, wenngleich die Ansprüche von Schulmeyer-Ahl ganz andere als die Lippelts gewesen sind. Zusammenfassung des bisherigen Forschungsganges bei Schulmeyer-Ahl, S. 7–11. Gesondert zu betonen ist die längere Auseinandersetzung bei Bagge, Kings, Politics, and the Right Order of the World, S. 95–188. 1676 Vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 19–21. 1677 Vgl. besonders Fried, Schleier der Erinnerung. Vgl. Kap. 2.3, Anm. 184. 1678 Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, bes. S. 133–200.

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Mitbischöfe.1679 Diese Grundstruktur und der große Stellenwert der memoria haben auch Eingang in seine Chronik gefunden.1680 Thietmar ist sich dabei der fragilitas der menschlichen Natur stets bewusst.1681 Gerade in diesem »fragilitasmortalitas-Bewusstsein« lägen gemäß Lothar Bornscheuer Grundlagen von Thietmars religiösem Verständnis, woraus sich auch sein Interesse am Totengedächtnis erklären lasse.1682 Aus der großen Bedeutung der memoria, die ihren Teil zur Ermöglichung des Seelenheils beiträgt, erwächst ein ausgeprägtes Interesse am Tod. Es geht Thietmar nicht allein um die reine Wiedergabe von genau datierten Todesfällen,1683 vielmehr legt er Wert auf teils umfangreiche Nachrufe, persönliche Würdigungen der Verstorbenen, in denen ihre weltlichen Taten, besonders aber ihre Frömmigkeit und Gottgefälligkeit hervorgehoben werden.1684 Schulmeyer-Ahl spricht von »differenzierten Diskussionen einschlägiger Bischofstode« in der Chronik Thietmars.1685 Die Sicherung des Seelenheils, um das Thietmar persönlich besonders besorgt gewesen ist,1686 zeigt sich neben ausführlichen Schilderungen von Todesfällen der 1679 Vgl.Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 102. Zu Thietmars lebenslanger Verbundenheit mit dem Magdeburger Domkapitel vgl. Holtzmann, Einleitung, S. XVIII. 1680 Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 195f.; Angenendt, Die Welt des Thietmar von Merseburg, S. 51; Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 121; Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 102f. u. 305f. 1681 Vgl. exemplarisch Thietmar von Merseburg, Chronicon VIII, 16, S. 512. 1682 Vgl. Bornscheuer, Miseriae Regum, S. 109f. (Zitat S. 110); Goez, Bischof Thietmar von Merseburg, S. 112. 1683 Viele Daten hat Thietmar aus dem aus Quedlinburg nach Merseburg transferierten Gebetsgedenken nachgetragen, vorsorglich dafür jedoch im Vorhinein Platz gelassen. Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 132. 1684 Vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 228. Für Thietmar war nicht allein die historische Bedeutung von Interesse, die Memorialabsicht spielte eine mindestens ebenso große Rolle. Einen Nachruf haben dabei nicht allein Bischöfe erhalten, auch andere kirchliche und weltliche Würdenträger wurden mit einem solchen bedacht. Ein genauer Personenkreis, dem Thietmar diese Form der memoria zukommen ließ, ist nicht anzugeben, vgl. ebd., S. 233. Zu den Nachrufen bei Thietmar als Teil des Seelgedenkens vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 129f. Es verbietet sich, die Nachrufe, insbesondere zu Personen außerhalb Thietmars persönlichem Radius, als Ergebnisse mündlicher Erzählungen zu begreifen; grundsätzlich müssen die Konstitutionsbedingungen von historiographischen Nachrichten – wie Schulmeyer-Ahl sehr gut an ausgewählten Beispielen in Thietmars Chronik zeigen konnte – immer einer intensiven Analyse unterzogen werden. Vgl. Althoff, Geschichtsschreibung, S. 161f. Zum »Gesta-artigen« Charakter einzelner bischöflicher Lebensbilder bei Thietmar vgl. Handschuh, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 38–41. 1685 Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 286. 1686 In eine große Initiale des Merseburger Sakramentars (Domstiftsbibliothek Merseburg, Cod. I, 129) schrieb Thietmar eigenhändig: Sacerdos Dei reminiscere Thietmari fratris tui peccatoris et indigni. Vgl. Holtzmann, Einleitung, S. XXVIII. Dass der Eintrag von Thietmars eigener Hand stammt, haben zuletzt Schuffels / Schuffels, Thietmars Au-

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Kaiser und anderer weltlicher Großer sowie der zahlreich zu findenden Visionsberichte, Erscheinungen Verstorbener gegenüber Lebenden,1687 insbesondere in dem Versuch, eine Vollständigkeit bischöflicher Todes- und Sukzessionsnachrichten zu erreichen.1688 Auch wenn Thietmar die Verwirklichung dieses Ansinnens nicht gelungen ist, spricht Lippelt ihm eine ausgeprägte bischöfliche Solidarität zu, seiner Amtskollegen in besonderem Maße zu gedenken.1689 Eigeninteresse ist an dieser Stelle nicht zu übersehen, erhofft Thietmar sich von den verstorbenen Bischöfen, derer er gedacht hat, persönliche Fürsprache bezüglich seines eigenen Seelenheils.1690 Dabei beruft er sich insbesondere auf die Bischöfe im Reich, von den coepiscopis in diversa huius mundi parte constitutis, die absque omni honore, sola benediccione excepta, möchte er nicht sprechen.1691 Thietmar stellt somit eine Besonderheit des Reichsbischofs fest,1692 er beschränkt sich dennoch weitgehend auf das Reich nördlich der Alpen. Der besondere Stellenwert der memoria Thietmars äußert sich in der Zahl von 68 bischöflichen Todesnachrichten (exklusive fünf verstorbener Päpste1693); eine

1687 1688 1689 1690 1691 1692 1693

tograph, aufzeigen können. Es ist eine Aufforderung an seinen Nachfolger und Zeichen der besonderen Bedeutung, die Thietmar dem eigenen Seelenheil beimaß, gleichzeitig verdeutlicht es aber auch, warum er sich gleichermaßen dem besonderen Seelenheil zahlreicher anderer, zumeist bedeutender Personen verschrieben hat. Seine Angst vor einem schlechten Tod hat auch Eingang in seine Chronik gefunden, vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VIII, 15, S. 510/512. Vgl. Goez, Bischof Thietmar von Merseburg, S. 112f.; Haubrichs, Emotionen vor dem Tode, S. 96. Zu Thietmars Sorge um sein Seelenheil und den damit zusammenhängenden vielfachen Selbstverurteilungen seiner eigenen Person in der Chronik vgl. Goetz, Chronik Thietmars von Merseburg, S. 268f.; ders., Thietmar von Merseburg, S. 143–146; Goez, Bischof Thietmar von Merseburg, S. 107; Meens, Kirchliche Buße und Konfliktbewältigung, S. 322f. Thietmar steht mit seiner fast wahnhaften Sorge um sein persönliches Seelenheil nicht allein in Reihen mittelalterlicher Autoren. Freise, Kalendarische und annalistische Grundformen der Memoria, S. 469, hat auf Otloh von St. Emmeram aufmerksam gemacht, dessen Sorge um sein eigenes Seelenheil speziell Widmungszeilen und -versen innerhalb seiner Werke abzulesen ist. Vgl. Althoff, Das argumentative Gedächtnis, S. 70. Die zahlreichen Berichte von Wiedergängern und Totenbegegnungen dienen nicht zuletzt als Beweis der Fortexistenz der Seele nach dem Tod, vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 197. Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 123. Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 122; Warner, Thietmar of Merseburg, S. 86. Vgl. Padberg, Geschichtsschreibung und kulturelles Gedächtnis, S. 169f. Mit seinen Vorbereitungen zur Sicherung seines eigenen Seelenheils steht Thietmar unter den Bischöfen nicht singulär. Vgl. Laudage, Caritas und Memoria, S. 322f. Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VIII, 24, S. 520. Vgl. Engels, Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert), S. 77; Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 196. Schneider, Thietmar von Merseburg, S. 44–46, hat auf die bedeutungslose Rolle der Päpste in Thietmars Chronik aufmerksam gemacht. Vehement dagegen Engelbert, Papsttum in der Chronik Thietmars, S. 121. Thietmar sehe das Papsttum durchaus als oberste Instanz der Reichskirche, doch entspreche sein geringes Auftauchen in der Chronik der Verfassungswirklichkeit von der Schwelle vom 10. zum 11. Jahrhundert. Vgl. Körntgen, Königsherrschaft und Gottes Gnade, S. 122.

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Zahl, die Thietmars Chronik quantitativ an das Werk Gregors von Tours heranreichen lässt.1694 Auch Lippelt zieht den Vergleich zu Gregor, erkennt hingegen grundlegende Unterschiede und sieht bei Gregor keine vergleichbare Bischofsmemoria und somit auch kein Zeichen bischöflicher Solidarität an sich gegeben.1695 Dieses Urteil ist in dieser absoluten Form nicht haltbar. Bei allen Unterschieden zwischen den Werken treten die Gemeinsamkeiten vor Augen, gerade in Bezug auf die Position und die Erinnerungswürdigkeit des Episkopats.1696 Bei Gregor sind die Bischöfe die wichtigsten Berater der merowingischen Könige und sind diesen durch ihre unmittelbare Bindung zu den Heiligen im Himmel noch einmal überlegen, da sie für die Rettung des Seelenheils aller weltlichen Großen verantwortlich sind. In dieser Rolle widmet Gregor verstorbenen Mitbischöfen sehr wohl, wie gezeigt,1697 umfangreiche Memorialnotizen, wenngleich sich seine Solidarität nicht in einer derart persönlichen Weise wiederfinden mag wie bei Thietmar. Bei Gregor stand über der Solidarität der Bischöfe untereinander die Huld des Königs.1698 Dennoch finden sich auch bei Gregor, wie Wolfgang Eggert zeigen konnte, Wir-Passagen, in denen sich Gregor selbst in die Gemeinschaft der gallischen Bischöfe einschreibt; eine Gestaltungsform, die sich auch bei Thietmar, nun in größerer Zahl, wenngleich nun nicht mehr bezüglich des gallischen Episkopats, nachweisen lässt.1699 Darüber hinaus nehmen bei Thietmar die Bischöfe wieder die wichtigste Position neben den Herrschern ein, wenngleich sie von ihm sogar als ›Kollegen‹ des Königs bezeichnet werden, sodass sich hier durchaus sichtbare Unterschiede zu Vorstellungen Gregors zeigen – es liegen immerhin über 400 Jahre zwischen der Abfassung beider Werke. Gregor jedoch jede Form der Solidarität zu Amtsbrüdern abzusprechen, ist verfehlt. Besonderer Ausdruck bischöflicher Solidarität zeigt sich bei Thietmar durch die im Jahr 1005 in Dortmund geschlossene Gebetsverbrüderung, dem sogenannten Totenbund von Dortmund, in dem sich die anwesenden Bischöfe 1694 Dass Thietmars Chronik im Grunde Historien seien wie die Gregors von Tours bemerkt auch Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 132. 1695 Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 135f. Die bischöfliche Solidarität kommt jedoch nicht alleine bei den Todesfällen zum Ausdruck, sondern u. a. auch den gemeinsamen Kirchweihen mehrerer Bischöfe. Vgl. Benz, Episcopi Conbenedicentes. Exemplarisch findet sich bei Thietmar die Weihe der Bamberger Domkirche 1012 durch den Patriarchen von Aquileja sowie weitere 30 Bischöfe (Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 60, S. 348; Thietmar ist die genaue Zahl sehr wichtig, sodass er selbst die zuvor wohl unrichtige Angabe persönlich auf Rasur ergänzt hat). Alle waren an der Weihe beteiligt, wenngleich die genaue Aufgabenverteilung unklar bleibt (vgl. Benz, S. 316f.). 1696 Derartige Vergleiche sind bereits angestellt worden. Verwiesen sei exemplarisch auf Lerner, Thietmar von Merseburg, S. 28, der gerade in Thietmars Todesberichten über fromme Männer ein Vergleichsmoment zu Gregor von Tours erkennt. 1697 Vgl. Kapitel 6.2. 1698 Vgl. Scheibelreiter, Barbarische Gesellschaft, S. 132. 1699 Vgl. Eggert, Wir-Gefühl, S. 25f. u. 103.

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verpflichtet haben, im Falle des Ablebens eines der Unterzeichneten eine festgelegte Zahl von Memorialdiensten zu erfüllen.1700 Thietmar hat das Protokoll der Synode wörtlich in seine Chronik übernommen, er war möglicherweise als Begleiter des Magdeburger Erzbischofs Tagino persönlich vor Ort.1701 Derartige Verbrüderungen finden sich bei Gregor noch nicht. Beiden Werken ist, resümierend, ohne Zweifel das große Interesse am Episkopat zuzusprechen. Doch ist die Wertschätzung Thietmars gegenüber seinen Amtsbrüdern nicht allein mit der äußerst wichtigen memoria zu erklären. Hinzu tritt das enge Verhältnis des Herrschers, hier insbesondere Heinrichs II., zu ›seinen‹ Bischöfen. Dies erinnert wiederum an die von Gregor in seinen Historien dargestellte Wirklichkeit. Die besondere Nähe der Bischöfe zum Herrscher wird bei Thietmar allerdings nicht allein in Form der häufig zu beobachtenden Investiturpraxis, sondern bereits am Itinerar Heinrichs II. deutlich. Eine Bevorzugung von Bischofsstädten ist festzustellen, insbesondere kirchliche Feiertage beging er gemeinsam mit dem Episkopat ebendort.1702 Thietmars besondere Wertschätzung seiner Amtsbrüder, die sich in eindrücklicher Form in den Todesschilderungen manifestiert, verlangt eine Analyse in mehreren Schritten. Zunächst gilt es, die Einträge bis 998, somit grob die ersten vier Bücher der Chronik, gesondert zu betrachten, da sie im besonderen Maße auf den Quedlinburger Annalen aufbauen. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, Thietmars Umgang mit dem ihm vorliegenden Text zu untersuchen. Zunächst soll ein Blick auf die ersten drei Bücher geworfen werden, um anschließend anhand von Buch vier Thietmar und die Quedlinburger Annalen einander gegenüberzustellen. In einem zweiten Schritt folgen die Bücher fünf bis acht, die vor allem Thietmars eigenen Erfahrungsschatz aufbereiten.1703 Möglicherweise lassen sich, wie bei Gregor von Tours, die Todesberichte verschiedenen Kategorien zuordnen. Zur Einordnung sollen auch in diesem Fall Beispiele anderer Todesfälle vornehmlich weltlicher Großer als Vergleichsgrößen dienen. Zuletzt bietet sich durch die zeitgleich weitergeführten Quedlinburger Annalen der unmittel1700 Vgl. Weber, Thietmar von Merseburg, S. 239–245; Wollasch, Geschichtliche Hintergründe, S. 55–69. 1701 Vgl. Holtzmann, Einleitung, S. XIX; Wollasch, Geschichtliche Hintergründe, S. 56. 1702 Vgl. Weinfurter, Heinrich II. und die Bischöfe, S. 33f. Zur Itinerarstruktur der letzten Bücher vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 108–111. Deutlich werde nicht zuletzt durch diese Darstellungsform, dass Kirche und Herrscher aufeinander angewiesen seien; vgl. ebd., S. 208. Eine besondere Bevorzugung hat dabei Merseburg erfahren, es ist von Heinrich II. am häufigsten besucht worden. Vgl. Hoffmann, Mönchskönig und rex idiota, S. 104–106. 1703 Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 35, unterscheidet bei Thietmar zwischen Zeitgeschichtsschreibung und Gegenwartschronistik. Den Bruch von ersterem zu letzterem erkennt sie in Buch fünf bzw. sechs. Vgl. ebd., S. 106; Goez, Bischof Thietmar von Merseburg, S. 108.

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bare Vergleich der bis zum Tod Thietmars niedergeschriebenen bischöflichen Todesberichte, sodass zum Ende ganz im Sinne von Schulmeyer-Ahl den Konstitutionsbedingungen der Todesberichte bischöflicher Amtsträger in der Chronik Thietmars von Merseburg ein gutes Stück näher gerückt werden kann. b Bischöfliche Todesfälle in den Büchern I–IV Wenn wir den Blick zunächst auf die ersten vier Bücher richten, muss zu Beginn eine weitere Untergliederung vorgenommen werden. Diese steht in Bezug zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt Thietmar eine Abschrift der Quedlinburger Annalen erhalten hat. Robert Holtzmann hat entgegen den äußerst konstruierten Annahmen von Friedrich Kurze überzeugend dargelegt, dass diese Kenntnisnahme im Jahr 1013 erfolgt sein muss, vor Beginn der Niederschrift von Buch vier. Somit waren die Bücher eins bis drei bereits abgeschlossen und fußten in ihrer ursprünglichen Fassung nicht auf den Annalen aus Quedlinburg. Am Ende seines ersten Buches hat Thietmar jedoch, wohl mit der relativen Kürze des Buches nicht zufrieden, vorausschauend einige Seiten frei gelassen, die nach Erhalt der Abschrift gefüllt worden sind, wodurch auch ein größerer Teil des ersten Buches unter direktem Einfluss der Annalen steht. Darüber hinaus finden sich im ersten Teil des ersten Buches sowie in den Büchern zwei und drei Ergänzungen und Verbesserungen, die deutlich sichtbar nachgetragen worden sind.1704 Wenn die ersten vier Bücher in ihrer Beziehung zu den Quedlinburger Annalen untersucht werden sollen, ist zu beachten, dass nur die letzten Kapitel von Buch I sowie Buch IV unter direktem Einfluss dieser Vorlage standen, die Bücher II und III hingegen nur einige nachträgliche, in der Handschrift deutlich sichtbare Ergänzungen erfahren haben.1705

1704 Vgl. Holtzmann, Chronik Thietmars von Merseburg, S. 186–200, mit Zusammenfassung der Thesen Kurzes. Zur Abfassung der ersten drei Bücher zwischen 1012 und 1013 vgl. auch ders., Einleitung, S. XXVIIIf. Holtzmanns Annahme folgt Giese, Annales, S. 258–266, weitgehend. Abweichend möchte sie eine gleichzeitige Verwendung der Quedlinburger Annalen nicht erst ab Buch IV, sondern bereits in III, 25 ansetzen (ebd., S. 259 Anm. 801). Eine Übersicht aller in der Chronik Thietmars verarbeiteten Jahresberichte der Quedlinburger Annalen findet sich ebd., S. 265 Anm. 817. 1705 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Chronik Thietmars in ihrer Originalhandschrift erhalten hat (SLUB Dresden, Mscr. Dresd. R 147). Entsprechend deutlich können später angebrachte Nachträge identifiziert werden. Zu den insgesamt neun Schreibern der Chronik, unter denen sich Thietmar selbst befindet, vgl. Holtzmann, Chronik Thietmars von Merseburg, S. 167f. Bei der Bombardierung Dresdens im Jahr 1945 ist die Chronik schwer beschädigt worden (vgl. Kocourek, Schicksal der ThietmarHandschrift), allerdings ist bereits im Jahr 1905 eine hervorragende Faksimileausgabe erstellt worden.

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Die ersten vier Bücher beinhalten 40 bischöfliche Todesfälle, davon entfallen 20 auf den Nachtrag von Buch I sowie Buch IV.1706 Diese können von Thietmar der Quedlinburger Vorlage entnommen worden sein, während in den übrigen Fällen die Nennung der Bischöfe bereits im ursprünglichen Text Thietmars vor Kenntnisnahme der Annalen erfolgt war, wenngleich sie vereinzelt noch Ergänzungen erfahren haben. Der erste Todesfall in Thietmars Chronik, das Martyrium Arns von Würzburg, macht deutlich, auf welchen verschlungenen Wegen Ereignisse Eingang in das Werk gefunden haben. Thietmar erzählt zu Beginn vom Werden der Stadt Merseburg, gelegen im von den Slawen Lommatzsch genannten Land, begrenzt durch den Fluss Chemnitz.1707 Nicht weit von der Chemnitz entfernt, so gelingt Thietmar der Schwenk zu Arn, erlitt dieser mit seinen Begleitern auf dem Rückweg aus Böhmen den Tod.1708 Über der Zeile hat Thietmar das Jahr nachgetragen (DCCCXCII dominicae incarnacionis anno et temporibus Arnulfi imperatoris), entnommen sicher den Quedlinburger Annalen, deren Jahresbericht zu 892 nicht überliefert ist. So erlaubt die Nutzung durch Thietmar, den ursprünglichen Bericht der Annalen in diesem Punkt inhaltlich, wenn auch nicht wörtlich rekonstruieren zu können. Die über Umwege aufgegriffene Geschichte um Arn bringt Thietmar weiterhin dazu, kurz auf die Ge1706 Eine systematische Berücksichtigung der Bischöfe liegt in diesen Büchern vor Thietmars eigener Lebenszeit nicht vor, vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 135. Entsprechend genau müssen die Gründe betrachtet werden, die zur Aufnahme bei Thietmar geführt haben mögen. 1707 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon I, 3, S. 6. Allerdings verwechselt Thietmar die Chemnitz mit der Zschopau, vgl. FSGA 9, S. 6 Anm. 11. Die Exkurse Thietmars zeigen vielfach, dass seine vornehmlich natürlich christliche Weltsicht immer noch, zumindest aus der Perspektive des »abgeklärten« modernen Menschen betrachtet, von ausgeprägt heidnisch-magischen Elementen durchwoben ist, vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 73f. Sie weist darauf hin (S. 77f.), dass sowohl die Wunder als auch das historische Geschehen bei Thietmar im selben Raum erschienen, beide Ausdruck des Wirken Gottes in der Welt seien. Entsprechend seien die Wunder- und ›Gespenstergeschichten‹ bei ihm als »integrale[r] und erkenntnistheoretisch relevante[r] Bestandteil seiner Geschichtsschreibung« (S. 80) zu verstehen. Folglich finden sich Wunder auch in den letzten Büchern seiner Chronik, also der Zeit, die er selbst erlebt, zum großen Teil als Bischof mitgestaltet hat (vgl. ebd., S. 163f.). Davor, derartige magische Geschichten als primitive Anschauung Thietmars zu verurteilen, warnt auch Goetz, Chronik Thietmars von Merseburg, S. 267 Anm. 78. Vgl. zu diesen Geschichten und ihrer Nutzung durch Thietmar den Überblick durch Rossignol, Spukgeschichten; weiterhin Ehlers, Voodoo. 1708 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon I, 4, S. 6/8. Nach dem Tod Arns und seiner Gefährten sollen an ihrem Todesort bis auf den heutigen Tag brennende Lichter gesehen worden sein, die selbst die heidnischen Slawen mit den Märtyrern identifiziert hätten. Das Bild der Seele als feuriger Kugel erschien u. a. bereits bei Benedikt von Nursia in den Dialogen Gregors des Großen (vgl. Kapitel 4.3). Anders als Regino (vgl. Kapitel 7.5) lässt Thietmar Arn nicht im Kampf sterben, sondern stilisiert ihn zum Märtyrer; gleichermaßen die von Thietmar abhängigen Texte. Frühere Texte wissen, wie Regino, darüber noch nichts zu berichten; vgl. Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 49.

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schichte der Würzburger Diözese sowie auf den dort verehrten Missionsbischof Kilian einzugehen, der ebenso als Märtyrer gestorben war und sich noch im Nachhinein durch 70 Wunder ausgezeichnet hatte.1709 Beziehungen zum Merseburger Bistum oder zu Thietmar persönlich weisen beide Personen nicht auf, nur die geographische Nähe von Arns Martyrium zu Merseburg wird Thietmar veranlasst haben, diese Episode zu integrieren. Neben diesen beiden Beispielen bietet Buch I nur noch zwei weitere bischöfliche Sterbefälle: zum einen den Tod Hattos von Mainz, auf den an späterer Stelle eingegangen werden wird, zum anderen den Tod Sigismunds von Halberstadt. Dieser ist bereits Teil des Nachtrags des ersten Buches, entstanden unter Nutzung der Quedlinburger Annalen. Dennoch wird die Verbindung anhand dieses Beispiels alles andere als deutlich. Während die Annalen zum Jahr 923 nur knapp den Tod Sigismunds mitteilen, findet sich bei Thietmar ein ausführlicher Bericht, wie sich im weiteren Verlauf der Chronik noch zahlreiche weitere nachweisen lassen. Spricht er zunächst nur davon, dass Sigismund am 14. August 923 verstarb (obiit), präzisiert Thietmar kurz darauf, der venerabilis Sigismund war de hac luce tricesimo ordinationis suae anno ad Christum migrasse.1710 Thietmar nennt den konkreten Todestag, unerlässlich für eine angemessene memoria,1711 zeichnet Sigismund durch lobende Worte aus und sichert ihm durch die abschließende Formulierung die Aufnahme im Himmel zu. Diese Zuwendungen Thietmars sind nicht allein Akte selbstlosen Gedenkens, die Sorge um seine eigene memoria muss immer mitbedacht werden. Nach Arn von Würzburg, der durch sein Martyrium den Eingang in den Himmel gefunden hat, schreibt Thietmar mit Sigismund erstmalig einem Amtskollegen den direkten Zugang zum Himmel zu. Der Tod Sigismunds selbst bleibt weitgehend unerwähnt, doch weiß Thietmar um ein Traumgesicht, das dem Halberstädter Bischof während seiner langen Krankheit (diu infirmus) zuteilwurde. Sigismund ist somit einer Krankheit zum Opfer gefallen, ohne dass sich diese näher spezifizieren ließe. Das erwähnte Traumgesicht, worin ihm sein Nachfolger präsentiert wurde, den er daraufhin an

1709 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon I, 4, S. 8. Zum Exkurs über Arn und Kilian vgl. auch Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 72. 1710 Thietmar von Merseburg, Chronicon I, 22, S. 28. Auch über die Beisetzung macht Thietmar genaue Angaben, so wurde Sigismund in Halberstadt rechts vom Altar beigesetzt, jedoch nicht liegend, sondern auf einem Sessel sitzend. Ganz so, als habe er bereits an der Seite Jesu im Himmel seinen ihm zugewiesenen Platz eingenommen. Zur häufig von Thietmar verwendeten Reisemetaphorik bei Todesschilderungen vgl. Krüger, Thietmar, Tod und Teufel, S. 247; zur Lichtmetaphorik ebd., S. 248. 1711 Eine Übersicht aller Todesnachrichten, bei denen Thietmar einen Todestag angibt, bietet Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 230–233. Insgesamt beläuft sich die Zahl auf 109 Tagesdaten, darunter für 37 Bischöfe.

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den Hof des Herrschers schickte, verdeutlicht die auserwählte Position Sigismunds.1712 Widmen wir uns der Frage, warum Thietmar einzig Sigismund in seine Chronik übernommen und mit eigenem Wissen erweitert, nicht aber andere Beispiele zumindest nachgetragen hat. Die Erklärung ist in Sigismunds indirekter Beziehung zu Merseburg zu suchen. Der Bischof hatte entschieden gegen die Heirat des späteren Königs Heinrich I. mit der bereits in ein Kloster eingetretenen Hatheburg insistiert, über die Heinrich in den Besitz großer Ländereien um Merseburg gelangt war. Darauf ist Thietmar bereits zu Beginn seiner Chronik eingegangen, schon dort hat er Sigismund besonders gelobt (vir ingeniosus, omnigenarumque, quae spiritalia vel etiam carnalia respicit, arcium scientia omnes suimet contemporales tunc precellens). Es ist also naheliegend, dass er dessen Ableben berichtet. Ein weiteres Beispiel sei noch gegeben: Thietmar ergänzt in Buch II den Tod Diethards von Hildesheim, ohne dem Ableben oder Diethard an sich besonderes Interesse entgegenzubringen. Thietmar hat sich offenkundig an den Quedlinburger Annalen orientiert, worin allerdings Diethards Ableben nicht erwähnt wird, dafür der ihm nachfolgende Otwin. In den Annalen finden wir, ihrerseits unter Verwendung der verlorenen Annales Hildesheimenses maiores: Otwinus episcopus ordinatur.1713 Thietmar hat sich also durch die Annalen zu einem Nachtrag bewegen lassen und gleichzeitig über weiteres Wissen verfügt. Er berichtet: Thietherdo Hillineshiemmensi antistite mortuo Advinus Magadaburgensis aecclesiae abbas successit.1714 Thietmar ergänzt den Vorgänger Otwins, Diethard, um über ihn auf Otwin überleiten zu können. Warum Otwin für Thietmar von Interesse gewesen war, gibt er gleichfalls an: Otwin war Abt des St. Mauritiusklosters in Magdeburg. In diesem Fall hat dem Tod Diethards nicht das zentrale Interesse gegolten, doch fand er ihn wichtig genug, ihn gegenüber den Quedlinburger Annalen zu ergänzen. Den Eintrag motiviert hat hingegen die Magdeburger Vergangenheit Otwins.1715 Das zuvor demonstrierte Schema ließe sich auf jeden nachfolgenden bischöflichen Todesfall anwenden, doch würde über diese kleinschrittige Analyse das große Ganze aus den Augen geraten. Grundsätzlich zeigt sich bis zum Beginn von Thietmars Episkopat keine systematische Aufnahme der verstorbenen Bischöfe des Reiches. Diese setzt erst mit Übernahme seines Amtes ein.1716 Zuvor 1712 Die Nominierung eines Nachfolgers durch den noch lebenden Amtsinhaber war seit dem 6. Jahrhundert verboten, hatte aber noch im 10. Jahrhundert Aussicht auf Erfolg, vgl. Engels, Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert), S. 54; ders., Reichsbischof in ottonischer und frühsalischer Zeit, S. 168–171, mit weiteren Beispielen. 1713 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 955, S. 468. 1714 Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 12, S. 52. 1715 Zu Diethard und Otwin vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 137–143. 1716 Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 133–135.

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stehen alle aufgenommenen Beispiele in irgendeiner Verbindung zu Thietmar.1717 Versucht wird im Folgenden eine vergleichbare Kategorisierung, wie sie zu den Decem libri historiarum Gregors von Tours vorgenommen worden ist. Erneut wird sich die Kategorie des schlechten Todes bei den Bischöfen in Thietmars Chronik praktisch nicht nachweisen lassen. Zunächst werden wir den Blick auf die drei ersten Bücher vor Kenntnisnahme der Quedlinburger Annalen sowie auf die geographische Verteilung der sterbenden Prälaten richten. Es finden sich insbesondere sächsische Bischöfe aus Brandenburg, Halberstadt, Hildesheim, Magdeburg, Merseburg und Verden.1718 Hinzu treten Erzbischöfe aus Köln, Mainz und Trier.1719 Bischöfe aus Augsburg und Regensburg sowie das bereits ausgeführte Beispiel aus Würzburg brechen auf den ersten Blick diese sächsischottonische Perspektive auf. c

Ein schlechter Bischofstod in Thietmars Chronik? Zu den Erzbischöfen Hatto I. und Wilhelm von Mainz sowie Brun und Gero von Köln Die Episoden um Hatto I. von Mainz sind aus der Sachsengeschichte Widukinds von Corvey bekannt. Widukind ließ Hatto in der ersten Fassung seines Textes schlecht aus dem Leben scheiden.1720 Thietmar greift die Geschichte Widukinds, deutlich gestrafft, auf.1721 Hatto selbst spielt nur eine Nebenrolle, wichtig ist es Thietmar, den Heinrich von Sachsen zuteil gewordenen göttlichen Schutz hervorzuheben. Entsprechend dünn fällt die Todesnachricht zu Hatto aus: Moxque 1717 Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 135, mit weiteren Beispielen. 1718 Dass bei Thietmar insbesondere die sächsischen Bistümer im Fokus stehen, vermerkt auch Schütte, Bischofserhebungen, S. 174. Er konkretisiert, dass neben Merseburg und Magdeburg auch die Bischöfe von Halberstadt (ab 923/24), Hildesheim (985) und Verden (ab 962) genannt werden, andere sächsische Bistümer hingegen nur beiläufig. 1719 Thietmar bietet allerdings weder bezüglich Mainz noch Köln eine vollständige Bischofsliste. Die Kölner endet mit Gero († 976), in Mainz lässt Thietmar Hatto II. (968–970) unerwähnt und verzeichnet überraschenderweise auch nicht den Tod des einflussreichen Willigis (975–1011). Dies könnte mit Willigis’ niederer Herkunft, die Thietmar durch göttliche Zeichen schon während der Schwangerschaft von Willigis’ Mutter mehr schlecht als recht zu entkräftigen sucht, zusammenhängen (Thietmar von Merseburg, Chronicon III, 5, S. 100/102). Vgl. zu Willigis’ Verteidigung bei Thietmar Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 11f. Neben der spezifischen bischöflichen Solidarität ist bei Thietmar darüber hinaus generell eine adelige Verbundenheit auszumachen, die ihn gleichfalls davon absehen lässt, allzu kritisch selbst mit inneren Feinden des Herrschers im Rahmen ihrer Tode zu verfahren. Vgl. ebd., S. 60f. 1720 Vgl. Kapitel 8.3.2. 1721 Zum Vergleich der Hatto-Episode bei Widukind und Thietmar vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 59–66. Die Pointierung Thietmars wird im nur bei ihm genannten konkreten Eingreifen Gottes, der das Attentat auf Herzog Heinrich vereitelt, greifbar. Damit gelingt es Thietmar, die göttliche Erwähltheit Heinrichs von Sachsen – in Parallele zu König David im Alten Testament – vor Augen zu führen, vgl. ebd., S. 65f.

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morte repentina archipresul exspirat hominem.1722 Und doch enthält sie den Hinweis auf einen plötzlichen Tod, zumeist Kriterium eines schlechten Ablebens. Widukind spricht nicht von einem plötzlichen Tod, neben einer Krankheit weiß er in seiner ersten Fassung von einem Blitz, der den Erzbischof getroffen haben soll. Thietmar lässt dies außen vor, schreibt nur vom plötzlichen Ableben des Erzbischofs, um sofort wieder seinen Fokus auf Herzog Heinrich und seine Konflikte mit König Konrad I. zu lenken. Der abrupte Tod Hattos wirkt dadurch vielmehr als stilistisches Mittel, um zu demonstrieren, wie sehr das Schicksal dem sächsischen Herzog gewogen war.1723 Von einer bewussten negativen Konnotierung Hattos kann an dieser Stelle nicht gesprochen werden, wenngleich ein Seitenhieb gegen den Bischof nicht geleugnet werden kann. Dieser geht hingegen nicht so weit, ihm über den plötzlichen Tod hinaus weiteres Ungemach zuzuschreiben. Thietmar hat vielmehr seine Vorlage, Widukind, in seine eigenen Worte übersetzt, womit sich die längeren Passagen in der Sachsengeschichte zum Tod Hattos wohl am besten in diesen kurzen Satz komprimieren ließen, um die ursprüngliche Intention nicht völlig aufzugeben. Dennoch steht für Thietmar nicht Hatto, sondern der sächsische Herzog und spätere König Heinrich im Mittelpunkt. Dass der plötzliche Tod dennoch für Thietmar eine ernste Angelegenheit darstellt, wird anhand zweier Beispiele laikaler Personen ersichtlich. Herzog Konrad von Schwaben, dessen Bruder, Graf Herbert, sowie Markgraf Hodo waren plötzlich gestorben, Thietmar kommentiert: Conradus, Suevorum ductor egregius, ac eiusdem frater Heribertus comes necnon Hodo inclitus marchio, pro dolor! morte momentanea depressi sunt.1724 Die emotionale Regung pro dolor vor der Nachricht um den plötzlichen Tod zeigt, neben dem generellen Schmerz um das Ableben gleich dreier Großer, die beklagenswerte Form dieses Ablebens für Thietmar. Später berichtet er vom plötzlichen Tod einer Frau, die, nachdem sie schon für die Beisetzung vorbereitet worden war, in der Kirche noch einmal erwachte, ihre Familie tröstete und erst danach Ruhe fand.1725 Frieden war der Frau erst dann vergönnt, nachdem sie noch einmal ins Leben zurückgekehrt war und die notwendigen Rituale vor dem Tod gemeinsam mit ihrer Familie vollendet hatte. Wilhelm von Mainz, unser zweites Beispiel, und Bernhard von Halberstadt starben beide im Jahr 968. Beide kämpften zuvor viele Jahre energisch gegen die Gründung des Magdeburger Erzbistums und indirekt auch der gleichfalls noch nicht bestehenden Suffraganbistümer Meißen, Zeitz und auch Merseburg. 1722 Thietmar von Merseburg, Chronicon I, 7, S. 12. 1723 Unmittelbar an den Tod Hattos schließt sich an: et fortuna, quae hactenus regem feliciter asspiravit, Heinrico quam propere cessit (Thietmar von Merseburg, Chronicon I, 7, S. 12). 1724 Thietmar von Merseburg, Chronicon, IV, 60, S. 200. 1725 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VII, 32, S. 436.

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Thietmar hätte somit gewiss gute Gründe gehabt, beider Ableben zumindest mit kritischen Worten zu unterlegen. Deutliche Kritik findet sich hingegen nicht. Immerhin sei Bernhardus antistes venerandus plenusque dierum XLVIII ordinationis suae anno et in ipso die, id est III. Non. Februarii, obdormivit in Domino.1726 Anstelle kritischer Worte bietet die Nachricht vielmehr ein, wenn auch knapp bemessenes Lob sowie die Nennung des Todestages. Fast wortgleich findet sich diese Passage auch in den Gesta episcoporum Halberstadensium, sodass hier die Abhängigkeitsverhältnisse nicht eindeutig sind, Thietmar aber wohl der Bistumschronik gefolgt sein wird.1727 Doch selbst wenn Thietmar das Urteil aus Halberstadt übernommen haben sollte, scheint er keine Notwendigkeit gesehen zu haben, seinen Bericht abzuändern. Nicht derart eindeutig präsentiert sich das Ableben Wilhelms unmittelbar darauf. Er nahm, so berichtet Thietmar, Regierungsgeschäfte wahr, darunter die Einrichtung des Magdeburger Erzbistums, dem er, von Thietmar an dieser Stelle unerwähnt, doch seine Zustimmung gegeben hatte,1728 und erwartete den Tod seiner krank darniederliegenden Großmutter Mathilde. Allerdings war es Mathilde, die den Umstehenden den Tod ihres Enkels mitteilen musste; sie war über eine Vision in den Besitz dieser Information gelangt – dieser Verlauf ist aus Widukinds Sachsengeschichte bekannt. Mathilde klagte über Wilhelms Tod und forderte die Anwesenden auf, ihres Enkels zu gedenken, um ihm das Seelenheil zu ermöglichen.1729 Der Bericht wirkt zunächst negativ, Wilhelm scheint plötzlich und allein aus dem Leben getreten zu sein. Dazu war er offensichtlich zur Erlangung seines Seelenheils auf die Gebete der Lebenden angewiesen, während Bernhard von 1726 Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 18, S. 58. Thietmar irrt aber bezüglich des Ordinationsjahres, vgl. MGH SS rer. Germ. N.S. 9, S. 59 Anm. 7. Zu Bernhard vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 124–127. 1727 Vgl. Gesta episcoporum Halberstadensium, S. 85. In vergleichbarem Wortlaut auch beim Annalista Saxo, Chronicon a. 968, S. 210. Jäschke, Älteste Halberstädter Bischofschronik, S. 193, datiert eine erste, verlorene Halberstädter Bischofschronik auf 992–996. Vgl. Handschuh, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 13f. u., zusammengefasst, S. 21. 1728 Zu den von Thietmar unerwähnt gelassenen Folgen, die aus dem Tod Bernhards von Halberstadt und Wilhelms von Mainz für Magdeburg resultieren sollten, vgl. Engelbert, Papsttum in der Chronik Thietmars, S. 102. 1729 Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 18, S. 58/60: Insuper Willehelmus, sanctae archipresul Magonciae, cui cura ab imperatore, domino suimet et parente, commissa fuit Parthenopolim disponendi caeteraque regni necessaria regendi, cum egrotantis reginae finem Mahtildis expectaret, in Redulwerothe VI. Non. Marci moritur. Huius obitum nimia corporis infirmitate oppressa venerabilis regina, nullo adhuc certa nuntio, presentibus cunctis intimavit: ›Filius‹, inquiens, ›meus Willehelmus, pro dolor! iam expirans memoriae indiget salutari‹. Neben der Kaiserin Marthilde erschien Wilhelm an seinem Todestag auch Abt Liudolf von Corvey, der Wilhelms Tod daraufhin seinen Mitbrüdern mitteilte. Zur Bedeutung von transzendentem Offenbarungswissen bei Thietmar vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 225. Ebd., S. 226, zum Stellenwert von Himmelszeichen und Wundergeschehen.

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Halberstadt diese anscheinend nicht mehr benötigte. Doch sind die Kennzeichen für einen negativen Bericht nur erschlossen, von Thietmar nicht explizit formuliert. Die Umstände von Wilhelms Tod bleiben ohne Details, ob er plötzlich oder allein gestorben ist, bleibt offen. Die Bitte der Kaiserin Mathilde um Gebetsgedenken für ihren Enkel ist von Thietmar nachträglich über der Zeile eingefügt worden – ohnehin ist diese Bitte keineswegs außergewöhnlich, vielmehr üblich und notwendig für jeden Verstorbenen. Ob sich Thietmar dabei von den Quedlinburger Annalen hat inspirieren lassen, ist nicht zu ermitteln, da das Jahr 968 der Annalen verloren ist und nur bedingt rekonstruiert werden kann. Deutlich wird auch ohne Vergleich, dass der Tod Wilhelms zwar der üblichen lobenden Worte entbehrt und keine Würdigung des Verstorbenen vorgenommen wird, dennoch nicht gleichbedeutend als schlechter Tod interpretiert werden kann. Dafür bleibt, sicher bewusst, ein zu großer Interpretationsspielraum. Dass Thietmar diesen Todesbericht überhaupt und gerade bei der Person Wilhelms von Mainz eingefügt hat, ist gewiss kein Zufall. Doch ob ein Seitenhieb gegen Wilhelm Ziel seiner Konstruktion war, ist ungewiss, wenngleich auffällig bleibt, dass sich dessen Ableben zwischen den eindeutig guten Toden Bernhards von Halberstadt und der Kaiserin Mathilde wiederfindet, damit automatisch in Beziehung zum vorangehenden und nachfolgenden Beispiel gesetzt wird. In diesem Vergleich erscheint Wilhelm zurückgesetzt, ohne dass sein Tod eindeutig negativ zu werten wäre. Auch der Tod Bruns von Köln erscheint zwiespältig, wenngleich der eigentliche Beitrag zu seinem Ableben dies nicht vermuten lässt. Thietmar lobt die kirchlichen und weltlichen Leistungen Bruns und verweist auf die über ihn angefertigte Vita, wodurch er es habe unterlassen können, weitere Taten Bruns nennen zu müssen.1730 Doch findet sich einige Kapitel zuvor noch ein weiterer Bericht über Brun. Einem Kleriker mit Namen Poppo wurde, von einer Krankheit ergriffen, in einer Vision die Gnade zuteil, Christus und seine Begleiter (Christum cum sanctis omnibus) versammelt zu sehen, nachdem er zuvor eine schöne Stadt 1730 Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 23, S. 68: Sed archipresul, divinitus in cunctis humanitusque pollens proficuitatibus, XIII. ordinationis suae anno, somno pacis soporatus, V. Id. Octob. fratrem reliquit tristem. Tales insidiancium laqueos compluresque alios, in regni ac in cura imperii XL ferme annos conversatus, Otto prefatus Christo se in omnibus protegente securus evasit. Pauca locutus sum de innumerabilibus et isto melioribus tanti viri ingenuis actibus, quia liber unus de eiusdem nobili conversatione pleniter inscriptus me aliquid proibet addere. Es scheint nicht gegeben, hinter dem Schweigen Thietmars gegenüber Bruns Verdiensten, obwohl Thietmar dies durchaus nicht tut, kritische Töne zu vermuten, wie dies Schneider, Thietmar von Merseburg, S. 36, andeutet. Die von Thietmar im gleichen Kapitel mitgeteilte Episode um die vermeintlich von Brun angestrebte Krönung Hugos von Franzien zum König muss als Erfindung eingestuft werden, vgl. Schwenk, Brun von Köln, S. 143–150. Ohnehin schreibt Thietmar das Vorgehen Bruns verwerflichen Ratgebern zu, während Brun selbst rechtzeitig zur Einsicht gelangte und sich aus der Situation hinauslavierte. Kritik an Brun wird auch daraus nicht ersichtlich.

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(civitatem magnam et pulchra eius conspicatur aedificia) erblickt hatte. Ihm wurde offensichtlich ein Blick ins Paradies gewährt. Vor Christus und seinen Anhängern musste sich Erzbischof Brun ob inanem philosophiae executionem verantworten – gemeint ist das Studium der sieben freien Künste.1731 Friedrich Lotter wertet Thietmars Gegnerschaft gegen die Klosterreformbewegungen seiner Zeit, im Besonderen die von Brun getragene, aus Gorze vorangetriebene Erneuerungsbewegung, als Anlass für den Chronisten, diese Episode um Brun zu ergänzen.1732 Doch hebt diese in der Tat zunächst negativ anmutende Szene Brun schließlich gegenteilig hervor, da er durch Paulus verteidigt (a beato Paulo defensus) und daraufhin wiederum eingesetzt wurde (iterum inthronizatur). Die zunächst als verwerflich herausgestellten übertriebenen geistlichen und weltlichen Studien werden durch Paulus’ Einsatz und die Wiedereinsetzung Bruns ins Positive verkehrt und Brun durch die ihm entgegengebrachte Gnade erhöht.1733 Entsprechend passt dieser Bericht mit Bruns wenige Kapitel später, wie dargestellt, berichtetem Ableben gut zusammen. Von einem schlechten Tod kann in diesem Fall sicher nicht gesprochen werden. Im Gegensatz zu Bruns himmlischem Gericht hat sich in unserem letzten Beispiel Erzbischof Gero Jahre später mit teuflischen Mächten konfrontiert gesehen. Zu Lebzeiten wird er als lobenswerter Verwalter seines Bistums beschrieben, auf dessen Bitte durch göttliche Intervention der Riss in einem Kruzifix ausgebessert worden war. Zudem soll er Zeuge eines siegreichen Kampfes des hl. Victor über den Teufel geworden sein. Er starb schließlich im Jahr 975. Zuvor hatte der Teufel einer Gero bekannten Äbtissin das nahende Ende des Bischofs verkündet, ihr aber bei ihrem Tod verboten, mit ihm darüber zu sprechen. Sie hatte sich dem Teufel widersetzt und starb. Gero wiederum, dem der Teufel vorausgesagt hatte, er würde drei Tage ohnmächtig wie tot daliegen und müsse diese Zeit überstehen, um weiterleben zu können, bat den Domkustos Everger, Geros übernächsten Nachfolger, während dieser Zeit über ihn zu wachen. Als Gero ohnmächtig darniederlag, wurde er allerdings für tot erklärt, lebendig begraben und starb.1734 Trotz der einmaligen Präsenz des Teufels wird 1731 Vgl. Mayr-Harting, Church and Cosmos in Early Ottonian Germany, S. 52–56. 1732 Vgl. Lotter, Vita Brunonis des Ruotger, S. 118. 1733 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 16, S. 56/58. Die Einschätzung von Schneider, Thietmar von Merseburg, S. 36 Anm. 10, Thietmar selbst habe an Bruns Tätigkeit Anstoß nehmen können, als »nicht gut denkbar« ist zu vorsichtig formuliert. Die ganze Szene hebt Brun geradezu besonders hervor. Vgl. Warner, Thietmar of Merseburg, S. 97. 1734 Zum möglicherweise hierbei auftretenden Überlieferungstopos des Scheintodes vgl. Schäfer, Todesfeststellung, S. 105f. Den Umständen selbst bescheinigt er »fragliche Historizität«. Insbesondere, da Gero nicht irgendwo, sondern im Kölner Dom St. Peter bestattet wurde, vgl. Georgi, Grablegen der Erzbischöfe von Köln, S. 242; Gierlich, Grabstätten der rheinischen Bischöfe, S. 274f. Die tatsächlichen Umstände sind hingegen

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Geros Tod nicht als schlecht eingestuft. Thietmars bewusst eingebrachter Hinweis, Gero werde drei Tage scheintot darniederliegen, offenbart eine direkte Parallele zum Tod Jesu Christi am Kreuz und seiner drei Tage darauf erfolgten Auferstehung. Wenngleich der Teufel bei Geros Ableben seine Finger im Spiel gehabt hat, ändert dies nichts an den Konsequenzen für Gero, er stirbt gut und hat nach seinem Ableben nicht die Hölle, sondern das Paradies in Aussicht. Er starb divae memoriae und erschien unmittelbar nach seinem Tod Abt Liudolf von Corvey in einer Vision mit der Aufforderung, das Requiem für ihn zu singen.1735 Auch hatte bereits die Würdigung Geros durch Thietmar jegliche Zweifel an seiner Person beseitigt. Dem Teufel mag es zwar gelungen sein, Gero aus der diesseitigen Welt zu entfernen, sein jenseitiges Seelenheil konnte er aber nicht gefährden. In diesem Punkt hat Gero praktisch die Position des hl. Victor eingenommen, den er dereinst in seinem siegreichen Kampf gegen den Teufel gesehen haben soll. Abschließend widmen wir uns Erzbischof Giselher von Magdeburg, bevor in einem späteren Kapitel auf weitere Magdeburger Prälaten zurückzukommen ist.1736 Es dürfte erwartet werden, dass Thietmar den Tod Giselhers als besonders grausam schildert, war er es doch, der im Besonderen dazu beigetragen hat, das Bistum Merseburg aufzulösen. Tatsächlich findet sich eine solche negativ konnotierte Darstellung auf den ersten Blick jedoch nicht. Der schwer erkrankte Giselher war zum wiederholten Male aufgefordert worden, den Magdeburger Sitz aufzugeben und nach Merseburg zurückzukehren. Giselher erwirkte ein letztes Mal einen Aufschub um wenige Tage und starb kurz darauf.1737 Da Gesandte Heinrichs II. gemäß Thietmar Giselher aufgefordert hatten, seine Sünde zu sühnen und nach Merseburg zurückzukehren, so impliziert dies, dass Giselher in Sünde gestorben ist. Eindeutig formuliert findet sich dies bei Thietmar hingegen nicht.1738

1735

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nicht relevant. Zur Frage, ob Everger böswillig handelte, vgl. Finger, Gehütete Hirten, S. 24f.; ders., Zu Inthronisation und Begräbnis der Bischöfe, S. 132. Zur Person Geros vgl. Oediger, Regesten n. 496; S. 153; Weinfurter, Colonia, S. 20f. Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon III, 2–4, S. 98/100. Vgl. Goetz, Thietmar von Merseburg, S. 153. Liudolf erscheint bei Thietmar gleich mehrfach als Empfänger von Visionen jüngst Verstorbener. Vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 173 mit Anm. 495. Schneider, Thietmar von Merseburg, S. 36, schreibt, ausgehend von diesen Visionen, Thietmar eine besondere Nähe zu den Traditionen des Klosters Corvey zu. Vgl. Kapitel 8.4.2 e. Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon V, 39, S. 266. Zu den Hintergründen vgl. Hehl, Der widerspenstige Bischof, S. 308–313. Vgl. zur bewussten Inszenierung dieser Szene auch Althoff, Magdeburg – Halberstadt – Merseburg, S. 287. Ebd., S. 280f., zu Giselhers Beitrag zur Aufhebung Merseburgs sowie zur kausalen Verknüpfung dieser mit der verlorenen Schlacht von Cotrone 982, der Verheerung von Brandenburg und Havelberg durch die Slawen 983 sowie dem Tod Ottos II. im gleichen Jahr bei Thietmar. Gekrönt wird dies bei ihm durch eine der Kaiserin Theophanu zuge-

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Die bisher vorgestellten Exempla mögen den Eindruck erwecken, dass Thietmar ein zweifelsfrei als schlecht zu identifizierender Tod gänzlich fremd gewesen ist. Um dieser falschen Annahme zu begegnen, müssen wir den Blick von den Bischöfen in Richtung weltlicher Herrschaftsträger richten. Den Mörder von Ottos I. Halbbruder Tammo, der einen Aufstand angezettelt hatte, bestrafte Otto mit einem grausamen Tod (crudeli morte)1739 – wenngleich dieses Ableben infolge des verübten Mordes als folgerichtig und gerecht erscheint. Mistiwoj, Herzog der Obodriten, verfiel erst dem Wahnsinn, um dann jämmerlich zu sterben (miserabiliter obiit).1740 Thietmar hat die wenigen Zeilen zu Mistiwojs Wahnsinn und Tod nachgetragen, später sind sie ausradiert und an anderer Stelle wiederholt worden. Thietmar war es offenkundig wichtig, Auskunft über die besonderen Umstände von Mistiwojs Tod zu geben. Der schlechte Tod ist somit auch Thietmar als stilistisches Mittel geläufig, wenngleich er vor allem über die Konsequenzen eines solchen Ablebens spricht, ohne konkret und ausführlich entsprechende Todesfälle zu schildern. Dies unterscheidet Thietmar deutlich von Gregor von Tours, der kompromissloser verfahren ist. Entsprechende Beispiele verdienen darum besondere Beachtung. Gleichermaßen wird deutlich, dass Thietmar das Ableben Wilhelms nicht als schlecht dargestellt hat. Dafür hätten ihm andere Möglichkeiten zur Verfügung gestanden.1741 Doch wäre es dem Merseburger Bischof ganz offensichtlich niemals in den Sinn gekommen, einen Bischof bewusst schlecht sterben zu lassen.

schriebene Vision, in der ihr der hl. Laurentius mit verstümmeltem rechten Arm erschien und sie zur Wiedereinrichtung von Merseburg aufforderte (Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 10, S. 142), vgl. ebd., S. 281f. Vgl. Bagge, Kings, Politics, and the Right Order of the World, S. 98–107. Gleichermaßen ambivalent ist die Darstellung Giselhers noch in den Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium aus dem 12. Jahrhundert, vgl. Schlochtermeyer, Bistumschroniken, S. 115f.; zur Datierung der Gesta vgl. auch Handschuh, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 24–28. Zu der kaum zu rekonstruierenden Aufhebung Merseburgs vgl. Hehl, Der widerspenstige Bischof, S. 304–308; Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 267–281. 1739 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 2, S. 40. Allerdings hat Thietmar hierbei offensichtlich oder bewusst (?) Widukind falsch verstanden, vgl. MGH SS rer. Germ. N.S. 9, S. 41 Anm. 10. Widukind berichtet dessen Tod in einer Schlacht. Im Bericht Thietmars ist es aber bezeichnenderweise nicht der aufständische Tammo, dessen Tod als schmählich herausgestellt wird, sondern der seines Mörders, der eigentlich für den König gehandelt hat. Dergleichen findet sich, gegenüber Adeligen, häufig. So vergibt Thietmar sogar Kaiser Otto II., obwohl er die zeitweilige Aufhebung Merseburgs verschuldet hatte, vgl. Bornscheuer, Miseriae Regum, S. 117f.; Goetz, Chronik Thietmars von Merseburg, S. 263. 1740 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon III, 18, S. 120. Dass es sich um eine ursprüngliche Notiz Thietmars gehandelt hat, wird in SS rer. Germ. N.S. 9, S. 121 Anm. 6, unterstrichen. 1741 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Lück, Tötung und Verstümmelung. Bischöfe finden sich, wie zu erwarten ist, nicht unter den dort angegebenen Beispielen, Geistliche hingegen schon.

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d Der gute Tod in den Büchern I–III der Chronik Thietmars In den meisten Fällen präsentiert Thietmar dem Leser einen guten bischöflichen Tod, der sich durch eine ganze Reihe unterschiedlicher Darstellungsmodi auszeichnet. Zumeist treten weniger der Sterbeprozess selbst als vielmehr die Lebensleistungen des Verstorbenen in den Vordergrund. Da ein gutes Leben sowie ein ebensolcher Tod untrennbar zusammenhängen, können diese Argumentationsebenen problemlos zusammengeführt werden. Über den konkreten Vorgang des Sterbens erfährt der Leser dadurch hingegen wenig, Schilderungen natürlicher Todesumstände dürfen nicht unbedingt erwartet werden. Exemplarisch soll dies anhand der ersten Bücher von Thietmars Chronik untersucht werden. Ein erster Hinweis auf einen guten Tod kann bereits die Wortwahl des Verbes sein. Zwar findet sich vielfach das neutrale obire,1742 doch zeigen sich auch andere Konstruktionen. Bereits Sigismund von Halberstadt war nicht einfach gestorben, sondern »aus diesem Licht zu Christus eingegangen« (de hac luce […] ad Christum migrasse). Die ersten drei Bücher bieten weitere Beispiele: Folkmar von Köln schied von hinnen (discedenti),1743 Hildebert von Mainz entschlief in Christus (obdormivit in Christo)1744 und Ulrich von Augsburg trat aus der Welt (excedens a seculo).1745 Auch im weiteren Verlauf seiner Chronik greift Thietmar immer wieder auf derartige Formulierungen zurück.1746 Die Beispiele haben ge1742 Vgl. Krüger, Thietmar, Tod und Teufel, S. 246. 1743 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 24, S. 68. Zuvor hatte er, so berichtet Thietmar, das Bistum aus der Hand des Königs erhalten und es ausgezeichnet verwaltet. Hier verbindet sich die Herausstellung durch das Verb mit einer vorangehenden Würdigung. Das konkrete Datum seines Todes hat Thietmar in eine absichtlich freigelassene Lücke nachgetragen, nachdem ihm das Nekrolog aus Merseburg zugänglich gemacht worden war. Vgl. MGH SS rer. Germ. N.S. 9, S. 69 Anm. 5. Zu Folkmar vgl. Oediger, Regesten n. 484, S. 151; Weinfurter, Colonia, S. 20. 1744 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 34, S. 80. Auch bei ihm hat Thietmar in eine frei gelassene Lücke nachträglich den Todestag aus dem Merseburger Nekrolog eingetragen, vgl. MGH SS rer. Germ. N.S. 9, S. 81 Anm. 4. Hildebert steht bei Thietmar am Beginn einer lose aneinandergereihten Würdigung von Personen, die ob ihrer Taten für Otto I. und ihre Kirchen besonders zu loben sind. Da Hildebert Otto gesalbt und gekrönt hatte (vgl. Laudage, Otto der Große, S. 97f.), ist seine Position an dieser Stelle nicht überraschend. Zu Hildebert vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 161–164. Die Würdigung zu Hildebert ist nachgetragen worden, entsprechend wichtig muss sie gewesen sein. Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 134. 1745 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon III, 8, S. 106. Ergänzt wird der Bericht um eine knappe Würdigung und das nachgetragene Todesdatum. Interessant ist auch Thietmars Ankündigung, im weiteren Verlauf über Ulrichs Nachfolger Heinrich zu berichten, der seinen Episkopat nur kurz ausüben konnte. Thietmar hat diese Ergänzung aber offenbar vergessen. 1746 Liudger von Münster empfing seinen himmlischen Lohn (premium caeleste recepit); Wolfgang von Halberstadt gab seinen fommen Geist auf (sanctum emisit in pace spiritum); Liawizo von Bremen ging im Tod dorthin, wohin es ihn schon im Leben zu gehen verlangt

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zeigt, dass das Verb eine Tendenz anzeigt, bei Thietmar aber nicht gesondert für sich steht, sondern um eine kürzere oder längere Würdigung ergänzt wird.1747 Eine solche Würdigung erfahren zahlreiche weitere Prälaten der ersten Bücher: Amelung von Verden starb in hohem Alter (vgl. Gen 25,8), nachdem er die Verdener Kirche aus Holz prächtig hatte errichten lassen. Friedrich von Mainz wird als sehr enthaltsamer Mensch gelobt und erscheint in der Aufzählung der besonders rühmenswerten Zeitgenossen Ottos I.;1748 und das, obwohl er mehrfach federführend gegen den König opponiert hatte. Boso von Merseburg wird ob seines gesamten Lebenswandels mit dem Höhepunkt gerühmt, er hätte sich aussuchen dürfen, welchem der drei neugegründeten Bistümer, Meißen, Merseburg oder Zeitz, er vorstehen wollte.1749 Ideal erscheint das Ableben Gunthers von Regensburg. Wie Thietmar von diesem umfassend wiedergegebenen Vorgang erfahren hat, teilt er seinen Lesern nicht mit; allerdings erscheint sein Bericht mehr als moralisch-christliche Belehrung denn als Tatsachenbericht. Kaiser Heinrich II. kam nach Regensburg, weil der dortige Bischof verstorben war – dessen Namen nennt Thietmar nicht, ein weiteres Indiz für die Absicht dieser Geschichte – und erhielt in einer Vision die Anweisung, das Bistum dem ersten zu übergeben, den er in Regensburg antrifft. So fiel die Wahl auf Gunther, den Pförtner der Kirche. Dies macht einmal mehr die Position des Herrschers, insbesondere Heinrichs II., bei der Besetzung der Bistümer deutlich. Gunther lebte danach noch sechs Monate, erkrankte schwer, bezeichnete den von ihm ausgewählten Sterbeort mit Asche, legte sich zu

hatte (defunctus pergit, quo vivens tetendit); Eid von Meißen gab seine treue Seele zurück (fidelem Christo animam […] reddidit); Bernhar von Verden wurde den Lebenden entzogen (exin subtractus est a nostris aspectibus lucifer ille); Dunstan von Canterbury gewann die Freuden des Himmels (caelesti iucunditate); Reinbern von Kolberg brach aus dem Gefängnis seines Leibes aus (ex arto corporis carcere solutus ad libertatem perennis gloriae gaudens transiit). Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 68, S. 208; V, 42, S. 268; VI, 88, S. 380; VII, 25, S. 428; VII, 31, S. 436; VII, 43, S. 450; VII, 72, S. 488. Insgesamt lassen sich 28 Beispiele finden, in denen Thietmar von obire abweicht und alternative Formulierungen wählt. Dies sind etwa 40 % aller bischöflichen Todesfälle. 1747 Solche Würdigungen sind nicht auf Bischöfe beschränkt, sondern werden auch weltlichen Personen beigelegt. Dazu gehören neben den ottonischen Kaisern und ihren Ehefrauen auch Thietmar persönlich nahestehende Personen wie Liudgard, Frau des Markgrafen Werner von der sächsischen Nordmark (Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 84–85, S. 374/376) oder sein eigener Vater Siegfried und seine Großmutter Mathilde (IV, 16–17, S. 150/152). Eine besondere Zunahme dieser Würdigungen findet sich in den letzten Büchern der Chronik, die die eigene Lebenszeit Thietmars behandeln. 1748 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 32, S. 78; II, 35, S. 82. Zu Amelung vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 258f. 1749 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 36, S. 84. Die gesamte Würdigung ist von Thietmar selbst niedergeschrieben worden. Neben dem Todestag kennt er auch den genauen Ort der Grablege.

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Boden, sang das Lied des Hiob, beichtete und gab den Geist auf.1750 Besser kann der Tod nicht eintreten; nur den Todestag Gunthers kennt Thietmar nicht. Insbesondere die Parallelen zum Tod Martins von Tours fallen ins Auge. Den Höhepunkt erfährt dieser Bericht durch eine am Ende mitgeteilte Vision, worin Gunthers Vorgänger der baldige Tod seines Nachfolgers sowie dessen Aufnahme in den Himmel bereits vorausgesagt worden war.1751 Thietmar, der im weiteren Verlauf keinen Tod eines Regensburger Bischofs mehr nennt, nutzt das Beispiel um Gunther nach eigenen Worten zur Verdeutlichung der dem Kaiser zuteilwerdende Gnade des Himmels.1752 Im Mittelpunkt steht jedoch weniger der Kaiser als vielmehr Bischof Gunther selbst sowie schließlich dessen Nachfolger Michael. Während Thietmar in Gunther einen idealen bischöflichen Tod vor Augen führen konnte, erscheint Michael als Inbegriff des christlichen Streiters und als Beleg, dass Thietmar keine Vorbehalte gegen eine aktive Teilnahme von Bischöfen an militärischen Aktionen hegte. Michael überlebte im Kampf gegen die Ungarn als einziger eine Schlacht, ebenso ein Krieger des Gegners. Thietmar schildert das Duell beider als Endkampf des Rechtgläubigen gegen den Heiden, den Michael endlich niederringen konnte. Die selbst erlittenen Verletzungen trug er in der Folge als Zeichen seines Ruhms, vergleichbar den Wundmalen von Märtyrern.1753

1750 Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 26, S. 70/72: Imperator audita Ratisbonensis ecclesiae presulis morte, eó perrexit et, ut episcopatum non alio e daret, nisi eo, qui primus sibi occurrerit, in somnis ammonitus est. Crastina autem die primitus inlucescente, cesar ad monasterium Christi martiris Emmerammi, monachis hoc nescientibus, cum paucis venit et paulatim ostium pulsans a quodam Guntherio, aecclesiae pervigili custode et per omnia venerabili patre, intromissus est. Quem intuens, ad adorandum primo supplex processit deindeque talibus aggreditur: ›Quid mihi, frater, pro adipiscendo episcopatus honore vis dare?‹ Senior ad haec subridens: ›Calceos‹, infit, ›meos‹. Hunc autem cum caeteris confratribus ad eleccionem antistitis ad sanctum Petrum venientem cesar, explicato cunctis somnio ceteroque rei eventu, cum consilio cleri tociusque populi ad sacerdotem constituit. Is vero accepta benediccione sedebat tantum VI menses egritudineque compressus valida ad modicum evaluit sumptoque in manus cinere locum, quo de hoc seculo migrare voluit, signo sanctae crucis ipse consurgendo signavit solotenusque positus illud beati Iob carmen beatus et ipse cecinit: ›Auditu auris audivi te, Domine, nunc autem oculus meus videt te; idcirco ipse me reprehendo et ago penitentiam in favilla et cinere.‹ Et continuo confessione cum lacrimis peracta emisit spiritum. 1751 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 26, S. 72: inpletumque in eodem est, quod antecessor illius similis habitus huic predixit: ›Tu debes, frater, secundus post me hanc aecclesiam regere; sed parvo tempore vives, Deo tantum te misericorditer coronante.‹ 1752 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 27, S. 82. 1753 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon II, 27, S. 82. Vgl. Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 39; Warner, Introduction, S. 34. In Erinnerung tritt bei dieser Episode der von Erzbischof Gero von Köln gemäß Thietmar beobachtete Kampf des hl. Victor mit dem Teufel. Der Zweikampf Michaels mit dem Ungarn wird von Webb, Representations of the Warrior-Bishop, S. 107, mit Recht als »an extreme case« bischöflichen Lobes bezeichnet.

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Die Beispiele zeigen nicht allein das ohnehin allgegenwärtige Interesse Thietmars an seinen Amtskollegen, sondern in besonderem Maße an deren Ableben. Allerdings interessiert ihn in Anbetracht der bisherigen Beispiele nicht der Vorgang des Todes an sich, sondern er ist im Besonderen bestrebt, die Würde und Frömmigkeit eines jeden seiner verstorbenen Kollegen herauszustellen. Diese lassen sich gerade im Zusammenhang mit dem Ableben besonders betonen und die Betroffenen dadurch im kollektiven Gedächtnis halten. Die Memorialfunktion ist offensichtlich, nicht allein durch den zumeist mitgeteilten, oft in eine vorsorglich gelassene Lücke nachgetragenen Todestag.1754 Doch bleibt die Frage bisher unbeantwortet, ob nicht auch Thietmar gleich Gregor von Tours den auf eindeutig natürlichen Ursachen beruhenden, dennoch gut (oder schlecht) konnotierten Tod schildert. e

Der natürliche Tod in der Chronik Thietmars? Zum Ableben der Erzbischöfe von Magdeburg Um der oben gestellten Frage nachgehen zu können, wird die bisherige Fokussierung auf die ersten Bücher Thietmars aufgebrochen und der Blick auf den Tod der Magdeburger Erzbischöfe gelenkt. Thietmar, der selbst lange in Magdeburg ausgebildet worden ist und zu dieser Stadt ein ebenso intensives Verhältnis wie zu seiner Bischofsstadt an den Tag legt, schildert dem Leser insgesamt vier Todesfälle Magdeburger Erzbischöfe. Neben dem ersten Vorsteher, Adalbert, sowie die ihm sehr vertrauten Zeitgenossen Tagino und Walthard ist darunter auch Giselher, der vormalige Bischof von Merseburg, der entscheidend an der zeitweiligen Aufhebung des Merseburger Bistums beteiligt gewesen war.1755 Adalbert soll, so berichtet Thietmar, eines Morgens über heftige Kopfschmerzen geklagt, aber dennoch seine aktuelle Reise fortgesetzt haben. Auf dem Weg brach er plötzlich auf seinem Pferd zusammen und wäre zu Boden gestürzt, wenn er nicht aufgefangen worden wäre. Er wurde zu Boden gebettet, alle Sterbegebete über ihm gesprochen und er starb (migravit ad Christum).1756 Kerstin Schulmeyer-Ahl interpretiert den Tod Adalberts als zwiespältig, vermutet, Thietmar habe vom aus ihrer Sicht plötzlichen Tod aus den Gesta episcoporum Halberstadensium erfahren.1757 Auch mag Thietmars persönliche Abneigung gegenüber 1754 Nachgetragen ist der Todestag nur bezüglich von Personen, die bereits vor der Transferierung des Gebetsgedächtnisses aus Quedlinburg nach Merseburg in der Chronik Thietmars verzeichnet waren. Neue Personen hat Thietmar nicht nachgetragen, vgl. Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 235. 1755 Zum Tod Giselhers vgl. Kapitel 8.4.2 c. 1756 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon III, 11, S. 110. 1757 Vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 220f. mit Anm. 11. In der Tat heißt es in den Gesta episcoporum Halberstadensium, S. 85: Adalbertus etiam, episcopus Magdeburgensis primus, 13. ordinationis sue anno morte subitanea est extinctus.

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Adalbert dazu beigetragen haben, ihn schlecht sterben zu lassen.1758 Doch Thietmar schreibt kein Wort über einen plötzlichen Tod, geschweige denn einen schlechten. Vielmehr schildert er auffällig natürliche Vorgänge, starke Kopfschmerzen und einen Schwächeanfall. Zwar hatte Thietmar Adalbert zuvor mehrfach kritisch gezeichnet, doch trägt sein Ableben keinen negativen Anstrich. Vielmehr, sollte Thietmar tatsächlich von den Gesta beeinflusst worden sein, ergänzt er sogar noch Aspekte des guten Todes in Form der Sterbegebete, während ein plötzlicher Tod die Ausführung dieser Rituale gerade nicht mehr zulässt. Entsprechend sollte besser nicht von einem plötzlichen, sondern einem natürlichen Tod gesprochen werden. Die lobenden Worte Thietmars über Adalbert erlauben nicht, hinter diesem Bericht einen kritischen Nachruf zu vermuten. Thietmar verfügt insbesondere bei den Magdeburger Vorstehern über genaueste Informationen. Dies zeigen auch die Berichte über den Tod seines besonderen Förderers Tagino1759 sowie des ihm gut bekannten, auf Tagino gefolgten Walthard. Tagino erlitt gemäß Thietmar mehrere Schwächeanfälle, bevor er starb – erneut nutzt Thietmar eine Wendung, um die besondere Qualität des Todes herauszustellen: V. Id. Iunii non obiit, sed ad Christum, quem semper amavit, laetus abiit.1760 Thietmar war nicht selbst vor Ort, sondern erst bei der Beisetzung in Magdeburg zugegen,1761 wo er gewiss die genauen Details in Erfahrung bringen konnte. Anders verhält es sich bei Walthard, dessen Tod er begleitete und ihm persönlich die Salbung spendete. Entsprechend ausführlich berichtet er darüber unabhängig von allen üblichen Topoi. Hier liegt sehr klar die Schilderung eines natürlichen Todesverlaufs vor. Thietmar berichtet von der Erkrankung Walthards und seinen geschwollenen Füßen, die jedoch gemäß Thietmar eher zur Linderung der Schmerzen Walthards beigetragen hatten. Neben Thietmar war u. a. auch Bischof Bernward von Hildesheim zugegen, doch nicht nur, um seinen Segen zu spenden, sondern in erster Linie aufgrund seiner Kenntnisse in der Heilkunst. Kurz darauf war Thietmar erneut zu Walthard gekommen, fand ihn aber bereits seiner Sprache beraubt vor. Außerdem war er nicht mehr in der Lage, Thietmar zu erkennen. Ein radikaler Verfall Walthards muss eingesetzt haben. 1758 Vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 286f. 1759 Zur Beziehung Thietmars zu Tagino vgl. Holtzmann, Einleitung, S. XIX. 1760 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 61, S. 350. Eine umfassende Würdigung Taginos durch Thietmar folgt unmittelbar darauf, VI, 64–65, S. 354/365. Zum guten Tod Taginos vgl. auch Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 219f. Padberg, Geschichtsschreibung und kulturelles Gedächtnis, S. 168, sieht den Nachruf auf Tagino nicht allein dem Zweck der memoria geschuldet, sondern auch als eine Art Bischofsspiegel. 1761 Dazu und zur damit bei Thietmar verbundenen Wahl seines Nachfolgers Walthard vgl. Reuter, Bishops, S. 30f. Zu den symbolischen Handlungen sowohl bei der Beisetzung als auch der Einsetzung des Nachfolgers vgl. ebd., S. 27, zum Leichenzug als wichtigem Ritus S. 27–29. Vgl. ders., Europa der Bischöfe, S. 1–5.

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Walthard wurde von allen anwesenden Bischöfen gesegnet, Thietmar selbst salbte ihn mit geweihtem Öl; allerdings nicht an vorgeschriebenen Stellen, sondern dort, wo der Schmerz Walthards am größten war. Neben der Sündenvergabe durch das Sakrament spielt somit auch die körperliche Gesundung oder besser Linderung der Leiden eine ebenso große Rolle.1762 Den Tod selbst schildert Thietmar mit bekannten Versatzstücken, ohne dass die tatsächliche Anwendung dieser Rituale zurückgewiesen werden soll. Walthard wurde, ein Kreuz in der Hand haltend, auf eine Kutte zu Boden gelegt und mit Asche bestreut. Die Umstehenden verrichteten unter entzündetem Weihrauch ihre Gebete, während Walthard starb (transiit anima eius ad creatorem suum). Thietmar spricht von einem zuvor von Walthard ausgestandenen Kampf, kein friedlicher Tod war ihm vergönnt.1763 Mit dem Tod Walthards beschreibt Thietmar äußerst natürlich ein Ableben, dem er selbst beigewohnt hat. Dieser Bericht darf keinesfalls negativ verstanden werden. Thietmar selbst zerstreut mögliche Zweifel durch eine ausführliche Würdigung,1764 doch allein der mehrere Kapitel umfassende Bericht zum Ableben Walthards spricht für sich. Thietmar selbst begründet seinen langen, Walthard gewidmeten Bericht: Hoc totum ideo dixi, ut de eius celeri obitu nec palam nec in occulto ullus miretur vel sua speciali culpa haec evenisse arbitretur.1765 Er fürchtet sich, Walthards früher Tod, also unmittelbar nach dem Beginn seiner Amtszeit, mag diesem angelastet werden, er müsse die Schuld für dieses Ableben tragen. Deutlicher ist bisher nirgendwo die Bedeutung des guten Todes ausgesprochen worden, um den sich Thietmar mit seiner ausufernden Schilderung im Besonderen bemüht hat – und das, obwohl er für Walthard selbst nicht einmal eine besondere Zuneigung empfunden hatte.1766 Der natürliche Tod dient ihm einzig dazu, alle möglichen aus seiner Sicht falschen, nicht durch und durch positiven Interpretationen hinsichtlich eines bischöflichen Todes im Keim zu ersticken. Dabei spielt nicht allein der plötzliche Tod eine Rolle, wie ihn Schulmeyer-Ahl besonders in den Vordergrund rückt,1767 sondern ein von den Idealen 1762 Vgl. Browe, Letzte Ölung, S. 535. 1763 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 70–72, S. 360/362. Aus Thietmar entlehnt findet sich der Bericht auch in den Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium c. 16, S. 394. 1764 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 75–77, S. 364/366. Auch Walthard war sein Ableben im Voraus durch eine Vision vorausgesagt worden, ähnliche Beispiele sind u. a. im Zusammenhang mit Wilhelm von Mainz und Gunther von Regensburg deutlich geworden. Zum Tod Walthards vgl. auch Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 221–224. 1765 Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 78, S. 366. 1766 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 79, S. 368. 1767 Vgl. Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 224f. Von einem plötzlichen Tod (morte, pro dolor! subitanea) spricht Thietmar im Rahmen der Bischöfe nur im Zusammenhang mit Hilderich von Havelberg. Allerdings stirbt Hilderich keineswegs plötzlich, immerhin war ihm sein Ableben zuvor offenbart worden. Und auch sonst findet Thietmar für ihn nur lobende Worte. Er bettet den vielleicht tatsächlich überraschenden

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Thietmars, wie er sie in zahlreichen Todesberichten immer wieder vorbringt, abweichendes Ableben. Der natürliche Tod ist somit immer Teil eines guten Todes. Abschließend offenbart Thietmar im Zusammenhang mit dem Tod Walthards Einblicke in seine Vorstellung von einem jenseitigen Ort, an dem Seelen sich durch Strafe reinigen können. So behauptete Walthard, der Thietmar im Traum erschien, seine verdiente Strafe erlitten und abgeleistet zu haben. So empfing Walthard die Seligkeit, was Thietmar von aus seiner Sicht glaubwürdigen Leuten erfahren haben will. Thietmar selbst erhielt von Walthard die Erlaubnis, zum Lobe Gottes die Glocken zu läuten.1768 Neben den Magdeburger Beispielen lassen sich weitere aufführen, von denen zumindest einige vorgestellt werden sollen. Folkold von Prag erholte sich, vom Schlag getroffen, bis zu seinem Tod davon nicht mehr, wurde aber dennoch am Ende glücklich dem fleischlichen Kerker entrückt (ex huius carnis ergastulo eductus).1769 Ihm folgte mit Eid ein Bruder aus Thietmars ehemaligem Stift; ein weiteres Beispiel, aus welchen Gründen Thietmar die Aufnahme eines Bischofs vorgenommen haben mag. Ansfried von Utrecht, so schildert Thietmar, verlor sein Augenlicht. Daraufhin trat er in ein Kloster ein, kasteite sich regelmäßig und half unablässig den Armen – nicht, um einen möglicherweise zuvor gottabgewandten Lebenswandel zu kompensieren, sondern in Kontinuität seiner Tätigkeit vor Übernahme des Bistums. Die Erblindung mag natürlichen Ursachen entsprungen sein, erlaubt es Thietmar gleichwohl, die besondere Auserwähltheit Ansfrieds noch einmal vor Augen zu führen, der in der Lage gewesen sein soll, trotz Erblindung ein neu aufgehängtes Kruzifix zu sehen, bevor er nach den üblichen Ritualen friedlich entschlief (obdormiens in pace manu simul et mente quievit).1770 Ansfrieds mögliche familiäre Verbindung zur ottonischen Familie als Neffe Königin Mathildes mag, wie schon in den Quedlinburger Annalen, dazu beigetragen haben, dass Thietmar ihn in seiner Chronik berücksichtigt hat. Bischof Wigbert von Merseburg soll infolge eines vergifteten Trankes zehn Jahre lang an Schmerzen gelitten haben. Dies ist keinesfalls negativ zu verstehen, wie Thietmar, der Nachfolger Wigberts, anhand dessen umfassender Missionstätigkeit und Frömmigkeit sowie einer ausführlichen Würdigung seines Werdeganges noch einmal zweifelsfrei unterstreicht und ihn einen entsprechenden Tod Tod Hilderichs in einen positiven Kontext ein, in dem er selbst als Empfänger der Vision die Hauptrolle spielt. Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 46, S. 330. 1768 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 79, S. 368. Vgl. auch Goetz, Mensch zwischen Zeit und Ewigkeit, S. 55. 1769 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 6, S. 138, zu derartigen Formulierungen vgl. Angenendt, Theologie und Liturgie, S. 107–109. 1770 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 36, S. 173/175 [Seite fehlt im Original, rekonstruiert durch die Corveyer Überarbeitung]. Zur Besonderheit der Formulierung des ›Entschlafens‹ vgl. Krüger, Thietmar, Tod und Teufel, S. 246.

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sterben lässt. Wenngleich er sich gerade in diesem Fall nicht absolut sicher zu sein scheint (de hac luce ad Christum, ut spero, felix migravit).1771 Thiedegg von Prag litt, abschließend, an Schüttellähmung (paraliticus), aber unverschuldet, wie Thietmar betont, und trank deshalb sehr viel. Diesen Fehler – seinen einzigen, auch das betont Thietmar – konnte Thiedegg, so hofft der Chronist, durch ausreichende Arzneien seiner Seele beheben (animam curabat medicaminibus). Dass Thiedegg diesbezüglich erfolgreich gewesen ist, nimmt Thietmar über seine Schilderung des bereits am Anfang stehenden Todes vorweg (viam universae carnis fideliter adiit).1772 Und auch außerhalb der Gruppe der Bischöfe lassen sich Beispiele natürlicher Darstellungen finden. Nach dem Tod des Markgrafen Werner, den Thietmar ausgiebig lobt – zu Erwähnen ist hier auch die familiäre Nähe, Werner war der Vetter Thietmars –, sollte seine Leiche nach Memleben überführt werden. Da sie jedoch bald unangenehm zu riechen begann, ließ Thietmar die Eingeweide Werners bereits in Merseburg beisetzen.1773 Anders als in vielen Berichten über den Tod Karls des Kahlen und dessen unwürdiger, eindeutig negativ konnotierter Beisetzung1774 nutzt Thietmar die schnelle Verwesung Werners nicht für eine negative Schilderung, sondern verbleibt auf der Ebene der in solchen Fällen notwendigen Handlungen. Und selbst der Tod des als edel beschriebenen Sachsen Hamezo, der bei der Belagerung der Burg Bautzen von einem Mühlstein erschlagen wurde1775 – wobei der Tod durch den Mühlstein schon im Alten Testament negative Bedeutung erlangte (Ri 9,50–54, dort soll eine Frau den Mühlstein geworfen haben) und schließlich in der berühmten Schilderung der Vita Heinrici IV über den Tod des Gegenkönigs Hermann von Salm im Jahr 1088 seinen polemischen Höhepunkt feiern sollte1776 – wird nicht negativ ausgedeutet. Hamezos Leichnam hingegen wurde durch seinen Bruder von den Feinden ausgelöst und in die Heimat zurückgebracht. f

Thietmar und die Quedlinburger Annalen – Eine exemplarische Betrachtung von Buch IV der Chronik Eine Analyse gemäß den anhand der ersten drei Bücher herausgestellten Kategorien ließe sich problemlos auf die weiteren Bücher ausweiten, ohne zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Die Todesschilderungen Thietmars bleiben in ihrer 1771 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 36–37, S. 318/321 [im Original unvollständig, durch Corveyer Überarbeitung rekonstruiert]. 1772 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VII, 56, S. 468/470. 1773 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VII, 7, S. 406. 1774 Vgl. Kapitel 7.4.3 a. 1775 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 15, S. 406. 1776 Vgl. Vita Heinrici IV imperatoris c. 4, S. 20. Zu Werk und ungelöster Autorenfrage (Bischof Erlung von Würzburg?) vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 4/2, S. 479–488.

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Form vergleichbar, ein schlechter Tod tritt nicht in Erscheinung.1777 Anhand des vierten Buches der Chronik soll exemplarisch deren Verhältnis zu den Quedlinburger Annalen näher untersucht werden, um aufzuzeigen, wie groß ein möglicher Einfluss der Annalen auf Thietmar gewesen ist. Buch IV eröffnet die mit Abstand größte Anzahl an bischöflichen Todesfällen. 17 Prälaten sterben, wobei zwei Päpste sowie die beiden vor ihrer Weihe verstorbenen Wormser Bischöfe Erpho und Razo nicht berücksichtigt worden sind. Außerdem präsentiert es sich als das bis dahin längste Buch. Dies mag damit zusammenhängen, dass Thietmar erstmals umfassender eigene Erinnerungen einfließen lassen konnte, doch mag es auch mit der Kenntnisnahme der Quedlinburger Annalen in Zusammenhang stehen. Thietmar war im Besitz einer bis 998 reichenden Abschrift dieses Werkes und hat sich insbesondere an den Jahren 993 bis 996 orientiert, die in den Quedlinburger Annalen überraschend zahlreich bischöfliche Todesfälle aufführen.1778 Daraus ergibt sich die Zahl von neun Prälaten, die sich sowohl in den Quedlinburger Annalen als auch bei Thietmar finden, ohne dass Übernahmen Thietmars aus den Annalen bereits sicher fest1777 Dies gilt auch für Gunther von Osnabrück, der infolge einer vor seiner Weihe erfahrenen Vision die folgenden vier Jahre bis zu seinem Tod an Schmerzen litt. Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 69, S. 210. Thietmar würdigt ihn dennoch und allein der Blick auf das Verb (VIII. Kal. Decembris haec mutans temporalia in aeternaliter manentia) zeugt von der seligen Zukunft Gunthers. Zu Gunther vgl. Goez, Bischof Thietmar von Merseburg, S. 114f.; Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 224. Zweifelsfälle sind dagegen Erpho und Razo, die Otto III. noch in Italien nacheinander zu Bischöfen von Worms erhoben hatte. Beide erkrankten und starben jedoch, bevor sie die Weihe erhalten konnten; vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 62, S. 202. Mehr kann Thietmar zu ihnen, wie er selbst zugibt, nicht beitragen. Diese Todesfälle unter negativen Vorzeichen zu bewerten, ist möglich, doch träfe es keine vollwertigen Bischöfe, da ihnen die Weihe noch nicht erteilt worden war. Folglich sind sie auch für Thietmar nur von untergeordnetem Interesse, der sich jedoch einer Wertung wohl bewusst entzieht. Zu diesem Beispiel vgl. auch Schulmeyer-Ahl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 224. Aufgegriffen wird dieser Fall in der Vita Burchardi episcopi c. 4, S. 105. Der Tod der beiden Wormser Bischöfe, noch bevor sie die ihnen angetragene Stadt erreichen konnten, erscheinen auch dort nicht negativ, doch wird insbesondere Razo Simonie unterstellt (Defuncto autem episcopo, statim aderant varii deprecatores, imperatorem pro episcopatu invocantes. Ex quibus quidam Erpho pastorali nomine insignitus est. Sed hic postea quartum diem non vidit, quia die tertia defecit. Quo extincto, adfuerunt iterum non pauci, aures imperatoris variis rogationibus pecuniaeque promissionibus pro episcopatu incessanter adimplentes; inter quos unus Razo nominatus, maxime laborando et non pauca promittendo, virgam pastoralem accepit. Qui statim cum gaudio de Italia regressus, ad locum, qui dicitur Curo [Chur], pervenit, ibique vitam finivit), während der verstorbene Franko selbst gegenüber Otto III. seinen Bruder Burchard als würdigen Nachfolger ins Gespräch gebracht hatte. Otto folgte diesem Rat allerdings erst nach dem Tod der beiden genannten Kandidaten. Vgl. Geis, Kirchenrechtliche Norm und diözesane Praxis, S. 177–179; Schieffer, Burchard von Worms, S. 33f., mit weiterer Literatur. Zur Vita Burchards vgl. Coué, Acht Bischofsviten aus der Salierzeit, S. 350–359. 1778 Zur Problematik der Interpretation dieser Jahresberichte vgl. Kapitel 8.4.1 a.

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gestellt worden wären. Auffällig ist diese Zahl dennoch, zumal aus den Jahren der Annalen zuvor keine Übereinstimmung mit Thietmar zu finden ist. Es wäre ein eigenartiger Zufall, wenn die Annalistin aus Quedlinburg und Thietmar Jahre später die gleichen Bischöfe als erinnerungswürdig eingestuft hätten.1779 Es handelt sich bei den genannten Bischöfen – in der Reihenfolge ihrer Nennung in den Annalen – um Liudger von Münster, Hildegrim von Halberstadt, Dodo von Münster, Egbert von Trier, Erp von Verden, Liutold von Augsburg, Hildeward von Halberstadt, Adalbert von Prag und Bernward von Würzburg.1780 Vorsteher aus Münster sterben zum ersten, nicht jedoch zum letzten Mal in Thietmars Chronik; Bischöfe der anderen Städte sind bereits zuvor bei Thietmar aus dem Leben geschieden. Er betritt mit diesen Berichten somit keine für ihn völlig neuen geographischen Regionen. Den Tod Dodos, Egberts und Erps schildert die Annalistin aus Quedlinburg ohne ein zusätzliches Detail,1781 wie es bei ihr häufig zu beobachten ist. Doch findet sich ein solches Schema nun auch bei Thietmar, für den es wiederum ungewöhnlich ist. Auch er führt, ohne eine weitere Information, nur den Tod der Bischöfe sowie ihre Nachfolger an.1782 Thietmar setzt die entsprechende Szene dennoch eindrucksvoll ins Bild, weit mehr als die Annalistin aus Quedlinburg. Beide berichten vor den bischöflichen Todesfällen von einem Naturschauspiel, einem am frühen Morgen plötzlich taghell erleuchteten Himmel. Thietmar erweitert diesen Bericht und ergänzt ihm zugetragene Gerüchte, manch einer habe im gleichen Jahr drei Sonnen, drei Monde und die Sterne im Kampf miteinander gesehen.1783 Temporal verknüpft 1779 Allerdings finden sich nicht alle in den Jahren 993–996 innerhalb der Annalen genannten Bischöfe bei Thietmar wieder. Der 995 gestorbene Konstanzer Bischof Gebhard II. ist ignoriert worden. Ob die geographische Entfernung zu Konstanz eine Rolle spielt, ist Spekulation. Immerhin verzeichnet Thietmar den 1018 verstorbenen Nachfolger Gebhards, Lambert. Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VIII, 19, S. 514. An der Dortmunder Versammlung 1005 hatte Lambert nicht teilgenommen, daraus mag sich die Angabe Lamberts bei Thietmar nicht erklären. Hinzu tritt, dass Gebhard II. in Verwandtschaft zum ottonischen Königshaus stand, vgl. Bode, König und Bischof in ottonischer Zeit, S. 156f. Umso überraschenden erscheint es, dass Thietmar ihn nicht aufführt. 1780 Zu weiteren aussagekräftigen bischöflichenTodesfällen aus dem vierten Buch von Thietmars Chronik (zu Folkold von Prag und Ansfried von Utrecht) vgl. Kapitel 8.4.2 e. 1781 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 993 u. 994, S. 483f. 1782 Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 19, S. 154: Et post haec Ekbertus Treverensis archiepiscopus, cuius successor Liudulfus fuit, et Dodo Mimigendensis, post quem Suitgerus ordinatus est, Erp quoque Ferdensis, cui Bernharius, tunc ibi prepositus, subponitur, obiere. Anders als die Quedlinburger Annalen weiß Thietmar, dass Bernhar von Verden zuvor Propst ebendort gewesen ist, teilt hingegen nicht die Halberstädter Herkunft von Dodos Nachfolger Suidger mit, wie sie in den Annalen zu finden ist. 1783 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 19, S. 154. Hinter dem taghellen Himmel ist die Sichtung eines Polarlichts zu vermuten, hinter den mehrfach erscheinenden Himmelskörpern ein optisches Atmosphärenphänomen, vgl. Wozniak, Naturereignisse, S. 189f. u. 269.

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wird dieses Naturschauspiel mit dem anschließenden Tod der Bischöfe (Et post haec). Während in Wirklichkeit nur Dodo und Egbert im Jahr 993, dem Jahr des Naturwunders, gestorben sind, reiht Thietmar auch Erp unmittelbar hinter Dodo ein, während er Egbert, wohl aufgrund seines höheren Ranges, an den Anfang stellt. Es mag Zufall sein, dass Thietmar erst das Gerücht um den Kampf dreier Sonnen und Monde aufgreift, um anschließend den Tod dreier Bischöfe zu berichten, doch mag sich dahinter auch eine Allegorie des Transzendentalen verbergen, des Kampfes der Engel und Teufel um die Seelen der Verstorbenen. Wie dem auch sei, es kann nicht von einer schlichten Übernahme von Informationen aus den Quedlinburger Annalen durch Thietmar gesprochen werden. Er hat Gebrauch von den dort zu findenden Angaben gemacht, sie dann aber in einen neuen Zusammenhang gestellt und um Informationen bereichert, die der Quedlinburger Annalistin unbekannt oder nicht berichtenswert gewesen sind. Dies zeigt sich auch bei den vier weiteren in beiden Texten zu findenden Todesfällen, die alle in das Jahr 996 zu datieren sind. Während Thietmar die in den Annalen Liutold zugeeignete bildreiche Todesschilderung nicht übernimmt – dagegen aber das Todesdatum, was nicht mit der Angabe im Merseburger Nekrolog übereinstimmt –,1784 erweitert er den Bericht über Hildeward von Halberstadt. Thietmar bezeichnet sowohl den genauen Ort seiner Grablege als auch die letzten Momente des Bischofs, in denen er einerseits seinen Nachfolger prophezeite, andererseits das von göttlichem Glanz ausgefüllte Zimmer vor seinem Ableben pries.1785 Thietmar orientiert sich dabei nicht an der bereits äußerst pathetischen Formulierung der Annalen (ab huius vanitate seculi solutus verae caritatis, quae Christus est, praesentatur), sondern passt auch diese seiner Intention an (Et haec dicens transivit de hoc carcere ad indeficiens lumen). Einmal mehr taucht damit das Bild des irdischen Körpers als Gefängnis auf, dem zu entfliehen mit größtem Glück gleichgesetzt wird.1786 Auch das Martyrium Adalberts von Prag beschreibt Thietmar deutlich detailreicher,1787 während sich die Berichte zum Tod Bernwards von Würzburg während seiner Gesandtschaftsreise 1784 Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 26, S. 162: In illo tempore Liudulfus, Augustensis episcopus venerabilis, VIII. Kal. Aug. obiit. Zum Nekrologeintrag vgl. die Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg, S. 19. 1785 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 26, S. 162. Thietmar bezeichnet ihn als verus Israelita, eine Würdigung, die ebenfalls nicht in den Quedlinburger Annalen zu finden ist. Zu dieser Zuschreibung vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 77. Übernommen wird die Darstellung Thietmars wörtlich von den Gesta episcoporum Halberstadensium, S. 88, die Würdigung als verus Israhelita findet sich auch beim Annalista Saxo, Chronicon a. 996, S. 263. 1786 Vgl. mit weiteren Beispielen Krüger, Thietmar, Tod und Teufel, S. 247f. 1787 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 28, S. 165. Die Seiten fehlen in der Originalhandschrift von Thietmars Chronik und können nur über die Corveyer Überarbeitung rekonstruiert werden. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass bezüglich dieses Berichts nachträglich größere Eingriffe vorgenommen worden sind.

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in Byzanz ähneln und kaum über zusätzlichen Details verfügen. Die Annalen nennen singulär Bernwards Nachfolger, während Thietmar versichert, Gott habe durch Bernward zahlreiche Wunder gewirkt.1788 Eine gesonderte Betrachtung verdient der Bericht über die Umstände, in denen die Brüder Liudger von Münster und Hildegrim von Halberstadt zu Tode kamen. Thietmar gibt eine von seinem Mitbruder Markward erlebte Vision wieder, bei der Markward auf einen Friedhof geführt wurde. Dort sah er ein brennendes Grab und sein Führer drohte ihm, er werde bald in dieses Grab geworfen. Ganz deutlich werden an dieser Stelle dem Mitbruder durch das Element Feuer künftige höllische Strafen in Aussicht gestellt. Ein gleiches Schicksal drohe auch einem weiteren Bruder Markwards, der jedoch bereits bekehrt an Liudgers Schwelle stehe. Thietmar erklärt, dass beide Brüder Mönche im von Liudger gegründeten Kloster Helmstedt gewesen waren, jedoch ihre mönchische Tracht abgelegt hatten. Durch diese Vision bestärkt kehrte Markward zu seinen früheren Pflichten zurück und starb kurz darauf.1789 Liudger selbst gilt Thietmar als vorbildlich, zumal er von Karl dem Großen zum ersten Bischof von Münster erhoben worden war, sein Bistum sowie das von ihm gegründete Kloster Werden aus eigenen Mitteln ausgebaut hatte, wofür er im Jahr 808 seinen himmlischen Lohn erhielt. Im Vergleich zum äußerst knappen Bericht in den Quedlinburger Annalen hat Thietmar das Ableben Liudgers in eine mahnende und belehrende Geschichte integriert, innerhalb der Liudgar als positives Vorbild persönlicher Lebensführung in Erscheinung tritt. Auffällig ist die Korrektur des Todesjahres auf 808, während die Annalen den Tod nach 809 datieren. Nicht nur hier wird deutlich, dass Thietmar über weitere Informationen verfügt haben muss, denn

1788 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 28, S. 167. Auch dieser Bericht entstammt einzig der Corveyer Überarbeitung. Zu Bernward vgl. Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 70–73. 1789 Thietmar von Merseburg, Chronicon IV, 68, S. 209: Nec taceam Marquardi visionem confratris nostri. Hic, ut ipse gemens michi retulit, ductus est in cimiterium commune, ubi sepulchrum nimis incensum vidit, et a ductore suo sic allocutus est: ›In hanc ardentem foveam tu cito debes proici; et Rodolfus te deberet sequi, nisi modo in limine Luidegeri conversus staret.‹ Ambo enim hii fuerant monachi in monasterio confessoris predicti, qui locum hunc, Helmanstide vocatum, de proprietate sua construxit tempore Karoli magni imperatoris. Frater hic presul fuerat Hildegrimi, Cathalaunensis episcopi sancteque Halverstadensis ecclesie rectoris primi, quam tenuit quadraginta septem annos, discedens ab hoc secolo, regnante tunc Lodewico pio imperatore, anno dominice incarnacionis octogentesimo vicesimoseptimo. Liudgerus autem, frater eius, primus Mirmingardefordensis ecclesie pastor a Karolo cesare effectus est et, optime ordinate sua parrochia et loco Wirdina ex propriis impensis constructo, anno dominice incarnacionis octingentesimo octavo premium celeste precepit. … Predictus autem pater in hoc anno, quo hec vidit, habitum pristinum resumere et obedienciam vovit et non longe post decimooctavo Kalendas Maii obiit. Hec, que de confratribus meis [dixi], non arguendo, sed pocius, ut cauti simus et bonos imitemur, obsecrando locutus sum.

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auch die verwandtschaftliche Verbindung zwischen Liudger und Hildegrim findet sich in den Quedlinburger Annalen nicht. Mit dem Motiv der bischöfliches Todesfälle lässt sich nur eine geringe Abhängigkeit Thietmars von den Quedlinburger Annalen herausstellen. Thietmar mag einzelne Personen übernommen haben, doch änderte er die Berichte der Annalen inhaltlich und auf lexikalischer Ebene, stellte sie um und erweiterte sie. Erkennbar hat sich die Intention hin zu einer deutlich ausführlicheren Würdigung der Bischöfe verschoben. g Die letzten Bücher der Chronik Thietmars Ziel wird es nicht sein, die letzten Bücher der Chronik einer umfassenden erneuten Analyse zu unterziehen. Die wichtigen Kategorien sind bereits anhand der Bücher I–III herausgearbeitet worden. Deutlich wird eine nun systematische Aufnahme der bischöflichen Todesfälle während seiner Amtszeit in Merseburg. In Zahlen sind dies 13 von 17 Todesfällen. Das Fehlen von drei der vier fehlenden Prälaten lässt sich aufgrund des Todeszeitpunktes – Heinrich von Würzburg starb 14 Tage vor Thietmar selbst – oder ihrer geographischen Lage – dazu zählen Megingoz von Eichstätt und Christian von Passau – gut erklären.1790 Einzig das Fehlen Willigis’ von Mainz, der vielfach in der Chronik in Erscheinung tritt, ist auffällig. Womöglich erklärt tatsächlich niedere Herkunft sein Fehlen.1791 Deutlich wird der Unterschied im Vergleich zum Jahrzehnt zuvor: Dort hat Thietmar vier Bischöfe aufgenommen, 16 dagegen übergangen.1792 Im Blick soll nochmals zusammenfassend anhand exemplarischer Fälle der Umgang mit bischöflichen Todesfällen in den Quedlinburger Annalen und bei Thietmar stehen, wobei der Fokus auf den Zeiträumen liegen soll, die beide Texte mehr oder weniger zeitgleich zu den geschilderten Ereignissen niedergeschrieben haben. Dadurch gelangen insbesondere die Jahre 1012 bis 1015 ins Blickfeld.1793 Dies ermöglicht es, die nun von Thietmar systematisch aufgenommenen Todesfälle mit denen aus den vorangehenden Büchern in Beziehung zu setzen. Die Quedlinburger Annalistin verzeichnet in genannten Jahren acht bischöfliche Todesfälle,1794 verzichtet aber in den meisten Fällen auf eine über die 1790 Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 133 mit Anm. 52 u. 135. 1791 So schon Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 133 mit Anm. 53. Zu Willigis selbst und seinem verminderten Einfluss unter Otto III. und Heinrich II. vgl. Hehl, Willigis von Mainz. 1792 Vgl. Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 134. 1793 Zur Datierung der letzten Bücher Thietmars vgl. Holtzmann, Einleitung, S. XXIX. Sie sind nur wenige Jahre nach den berichteten Ereignissen entstanden, Buch VIII wohl gleichzeitig dazu. 1794 In der Reihenfolge ihrer Nennung zu 1012: Erluin von Cambrai, Tagino von Magdeburg, Unger von Posen, Walthard von Magdeburg; zu 1013: Libentius von Hamburg-Bremen; zu 1014: Bernhar von Verden; zu 1015: Eid von Meißen, Megingaud von Trier.

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Nennung des Todes hinausgehende Beschreibung oder Würdigung. Ausnahmen bilden die Magdeburger Erzbischöfe sowie der Meißener Bischof, darüber hinaus Libentius von Hamburg-Bremen.1795 Thietmar führt diese acht Todesfälle ebenfalls, seine umfänglichen Würdigungen umfassen neben Tagino und Walthard von Magdeburg,1796 Eid von Meißen und Libentius/Liawizo von Hamburg-Bremen auch Bernhar von Verden sowie, in geringerem Rahmen, Unger von Posen und Megingaud von Trier. Die beiden letztgenannten werden zwar nicht gleichermaßen gepriesen, doch kennt Thietmar die Dauer ihrer Episkopate, im Falle Megingauds sogar auf den Tag genau, sowie auch dessen Grablege in Trier.1797 Nur der Bericht zu Erluin von Cambrai bleibt ohne Details, wobei bereits die Erwähnung Erluins überrascht. Eine Erklärung bietet Robert Holtzmann, der davon ausgeht, Thietmar habe für die Kapitel 82–91 seines sechsten Buches eng mit den Quedlinburger Annalen zusammenhängende Notizen verwendet.1798 Daraus würde sich neben der Aufnahme Erluins von Cambrai auch die bei Thietmar ebenso lange Würdigung Libentius’/Liawizos von Hamburg-Bremen erklären. Thietmar berichtet im Fall Liawizos die bereits aus den Quedlinburger Annalen bekannte Geschichte. Dieser hatte einen Mann namens Otto als seinen Nachfolger vorgesehen, während Heinrich II. diesen Wunsch ignorierte und seinen Kaplan Unwan investierte. Anders als die Annalen reduziert Thietmar hingegen die Kritik am Kaiser auf ein Minimum. Er schreibt, dass Heinrich das Bistum unter dem nicht völlig freiwilligen Beifall der Anwesenden (laude advenientium, etsi non spontanea) an Unwan verliehen hat.1799 Abschließend gehen wir auf die Darstellungen Eids von Meißen sowie Bernhars von Verden bei Thietmar ein, zumal sie nochmals umfängliche Formen der Darstellung von bischöflichen Todesfällen in Verbindung mit ausführlichen Worten zu Leben und Nachleben der Verstorbenen vor Augen führen, deutlich unterschieden von den knappen Nachrichten der Quedlinburger Annalen. Obwohl Thietmar Eid von Meißen zuvor auch kritisiert hatte,1800 lässt die Formu1795 Vgl. Kapitel 8.4.1 b. 1796 Zu der Darstellung ihres Ablebens bei Thietmar vgl. Kapitel 8.4.2 e. 1797 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 65, S. 356 u. VII, 26, S. 430. Zum Grab Megingauds vgl. Gierlich, Grabstätten der rheinischen Bischöfe, S. 69f. Unger ist gemäß Thietmar am selben Tag wie sein Erzbischof Walthard von Magdeburg gestorben, dies mag neben seiner Position als Suffragan Magdeburgs seine Nennung in der Chronik zusätzlich erklären. Darüber hinaus spielte Unger im Zusammenhang mit der von Otto III. betriebenen Gründung des Erzbistums in Gnesen eine bedeutende Rolle. Vgl. SchulmeyerAhl, Der Anfang vom Ende der Ottonen, S. 188, unter Angabe weiterer Literatur. 1798 Vgl. Holtzmann, Einleitung, S. XXIX; ders., Chronik Thietmars von Merseburg, S. 206. Ebd., S. 208, äußert Holtzmann die Vermutung, Thietmar habe die Notizen zu 1013 gemeinsam mit einer bis 998 reichenden Abschrift der Annalen erhalten. 1799 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VI, 88–89, S. 378/380. 1800 Thietmar hatte Eid zuvor ob seiner übertriebenen Askese auch mit kritischen Worten bedacht. Vgl. Engels, Reichsbischof in ottonischer und frühsalischer Zeit, S. 147f. Die

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lierung seines Ablebens keinen Zweifel über sein jenseitiges Schicksal: An einem 20. Dezember gab Eid Christus seine treue Seele zurück (fidelem Christo animam XIII. Kal. Ianuarii reddidit),1801 und der herbeigeeilte Bischof Hildeward von Zeitz fand Eids Sterbeort mit angenehmen Düften erfüllt vor, was die direkte Aufnahme in Christus signalisiert. Thietmar verwendet eine klassische Komponente des guten Todes, wurde doch auch im Transitus Mariae der Tod Marias von lieblichem Duft begleitet. Thietmar schließt nun einen längeren Nachruf an, lobt Eids unermüdlichen Versuch, ein apostelgleiches Leben zu führen und seine Askese, durch deren Entbehrungen er der Kirche von Meißen Erwerbungen zuführen konnte. Hier relativiert Thietmar auch seine Kritik an Eid, die er als Ausdruck seiner eigenen, unvollkommenen Generation betrachtet, die dem lobenswerten Lebenswandel Eids nicht nacheifern wollte. Eid sah schließlich sein Ende voraus – auch dies eine klassische Komponente guten Sterbens –, und einzig sein Wunsch, aus Angst vor Verwüstungen nicht in Meißen bestattet zu werden, wurde Eid nicht erfüllt. Dies geschah nicht aus böser Absicht, denn die Stadt Meißen erhoffte sich durch Eids Beisetzung göttlichen Beistand.1802 Der Tod Bischof Bernhars von Verden wird ähnlich geschildert. Auch Bernhar fühlte das Ende seines Lebens herannahen, daraufhin rief er alle Schuldner der Kirche von Verden um sich, machte ihnen ihre Taten deutlich und verzieh denjenigen barmherzig, die ihre Schuld einstanden. Die übrigen, die sich keiner Schuld bewusst waren, sprach er dennoch höflich und ruhig an, versicherte ihnen, dass niemand sie zu täuschen beabsichtige, vielmehr Bernhar selbst den dringenden Wunsch habe, sie alle von ihrer Schuld zu befreien. Erst dann könne er in aufrichtigem Frieden (pace sincera) von ihnen scheiden. Bernhars Sorge um seinen persönlichen Frieden ist vorgetäuscht, denn Thietmar inszeniert ihn als vorbildlichen Vorsteher seiner Gemeinde, dem jedes einzelne Mitglied von Bedeutung ist und dem gerade die Führung der Sünder auf den rechten Weg vor seinem Ableben als wichtigste Pflicht erscheint, wozu er auch zu dieser List greift. Zum Lobe Bernhars wird noch auf die unter ihm erfolgte Vergrößerung des Kirchenbesitzes oder den Baubeginn eines steinernen Kirchturmes in einer an Stein armen Region verwiesen. An einem 25. August wurde schließlich dieser »Lichtspender« den Blicken aller entrückt (exin subtractus est a nostris aspectibus lucifer ille VIII. Kal. Aug.),1803 was ihn den paradiesischen Gefilden zuordnet.

positive Konnotation Eids durch Thietmar ist besonders aufgrund des wohl angespannten Verhältnisses beider zueinander hervorzuheben; vgl. Görich, Otto III., S. 171f.; Holtzmann, Aufhebung und Wiederherstellung des Bistums Merseburg, S. 70. Thietmars positiver Nachruf auf Eid ist folglich umso höher zu bewerten. 1801 Thietmar von Merseburg, Chronicon VII, 25, S. 428. 1802 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VII, 25, S. 428/430. 1803 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VII, 31, S. 436.

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Der wiederentdeckte Bischofstod in der Geschichtsschreibung

Selbst Kaiser Heinrich II. vergoss bei der Nachricht vom Tode Bernhars Tränen.1804 Alles in allem wird deutlich, dass zwar in den Annalen sowie bei Thietmar dieselben bischöflichen Todesfälle aufgenommen, allerdings in grundsätzlich unterschiedlicher Komposition eingebettet werden. Thietmar arbeitet wie in den vorangehenden Büchern mit konkreten Todesdaten und langen Würdigungen, die inzwischen mehr oder weniger systematische Aufnahme der Todesfälle hat nicht zu einer Änderung im Umgang mit ihnen geführt.

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Zusammenfassung

Zum Ende des 9. und Beginn des 10. Jahrhunderts trat der Episkopat innerhalb der Chronik Reginos von Prüm wieder vermehrt in Erscheinung. Der weitere Verlauf der Entwicklung liegt im Dunkeln, denn es folgen im Ostfränkischen Reich Jahrzehnte des Schweigens, bis mit Liudprand von Cremona, dem Fortsetzer Reginos sowie Widukind von Corvey die ottonische Geschichtsschreibung ihren Anfang nehmen sollte. Der bischöfliche Tod als stilistisches Mittel oder zentrale Darstellungsabsicht fehlt in diesen Werken, wie dies schon bei Regino der Fall war. Während Liudprand und Widukind Todesfälle von Bischöfen kaum erwähnen, räumt der Fortsetzer Reginos dem Bischofstod zwar etwas mehr Raum ein, ohne aber über die unkommentierte Nennung von Todesfällen hinauszugehen. Dies änderte sich entscheidend im beginnenden 11. Jahrhundert einerseits mit den in Quedlinburg entstandenen Annalen, andererseits mit der Chronik Thietmars von Merseburg. Beide Texte räumen dem Episkopat größeren Raum ein; insbesondere Thietmar stellt die bedeutende Rolle der Bischöfe neben der des Königs vielfach heraus. Der Beginn der Hochphase des sogenannten Reichskirchensystems ist erreicht; Kritik an herrscherlicher Investiturpraxis findet sich bei Thietmar höchstens in Bezug auf die Magdeburger Besetzungen angedeutet. Gleichzeitig versuchen sowohl die Quedlinburger Annalen als auch Thietmar mit besonderem Eifer, das Gebetsgedenken an die Mitglieder der ottonischen Familie, aber auch an bedeutende Würdenträger des Reiches aufrecht zu erhalten. Hierzu zählen in besonderer Weise die Bischöfe, weswegen beide Texte auch über bischöfliche Todesfälle berichten, zumeist in Kombination mit dem konkreten Todestag, um der memoria zu entsprechen. Während die Annalen über die Nennung des Ablebens zumeist nicht hinauskommen, würdigt Thietmar zahlreiche verstorbene Amtsbrüder umfassend, nicht nur, um das Gedenken aufrechtzuerhalten, sondern auch, um das Wirken dieser Bischöfe zu schildern. Diese 1804 Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronicon VII, 31, S. 434/436.

Zusammenfassung

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bischöfliche Solidarität resultiert in durchgehend positiven Todesschilderungen, deren realistische Aspekte jegliche Verdachtsmomente ausräumen sollen, ein Tod könne negativ konnotiert werden. Derartige Wertungen sind in den Quedlinburger Annalen äußerst selten, aber immerhin vorhanden, während die frühen Werke der ottonischen Geschichtsschreibung gänzlich auf entsprechende Wertungen verzichten. Einen schlechten Tod stirbt – mit Ausnahme vielleicht Hattos I. von Mainz in der ersten Fassung Widukinds – kein Bischof in ottonischer Zeit.

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Die Beispiele ottonischer Geschichtsschreibung haben die besondere Stellung des Bischofs deutlich werden lassen, nicht allein als im engen Umfeld des Herrschers handelndes Subjekt, sondern gleichermaßen als erinnerungswürdiges Individuum neben den bedeutendsten weltlichen Herrschaftsträgern. Ob die Einsetzung der Bischöfe unter den ottonischen und schließlich auch salischen Königen und Kaisern einem sowohl vehement verteidigten als auch angezweifelten System gefolgt ist, sei dahingestellt. Wichtiger ist es, noch einmal auf die enge Bindung zwischen Herrscher und Episkopat einzugehen, die durch die vielfach vom Herrscher vorgenommenen oder nur nach seiner Bestätigung vollzogenen Investituren von Bischöfen in besonderer Weise ihren Niederschlag fand. Die ottonische Geschichtsschreibung hat diese Eingriffe des Herrschers nicht als unrechtmäßig empfunden, kritische Stimmen sind kaum zu hören. Thietmar von Merseburg und das Magdeburger Domkapitel wehrten sich zwar gegen die unablässigen Eingriffe Heinrichs II. in Magdeburg, nachdem Otto II. dem Erzbistum das freie Wahlrecht ihres Erzbischofs zugesprochen hatte;1805 an der grundsätzlichen Autorität des Herrschers bezüglich der Bischofsinvestituren zweifelte Thietmar hingegen nicht. Ein negativ konnotierter Bischofstod findet sich folglich an keiner Stelle, denn ein solcher würde nun unweigerlich gleichermaßen den Herrscher treffen, der den Verstorbenen investiert hatte, möglicherweise sogar gegen die einmütige Wahl von Klerus und Volk einer Stadt. Dies gilt es im Hinterkopf zu behalten, wenn wir insbesondere das ausgehende 11. Jahrhundert in den Fokus nehmen. Dieses war durch eine langfristige Friedensperiode bestimmt, die nur durch örtliche Konflikte unterbrochen wurde, was für reiche Ernten und steigende Bevölkerungszahlen sorgte.1806 Es gibt erste Anzeichen, dass sich das Individuum, besser Ich-Bewusstsein, innerhalb dieser 1805 In Bezug auf die Wahlen Taginos (1004) und Walthards (1012) in Magdeburg und den vorangegangenen Verhandlungen vgl. Althoff, Kontrolle der Macht, S. 125–128. 1806 Vgl. Carmichael, Health, Disease, and the Medieval Body, S. 42f.; Lubich, Mittelalter, insbes. S. 109.

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friedlichen Zeit emanzipierte, aus der Gesellschaft deutlicher heraustrat und insbesondere exponierte Persönlichkeiten wie die Bischöfe um weltlichen Einfluss ringen ließ.1807 Dem entgegen trat im Verbund mit einer Aufwertung des Kanonikerwesens eine neue Frömmigkeitsbewegung,1808 die sich wieder verstärkt den christlichen Grundwerten zuwenden wollte und ihre bedeutendsten Fürsprecher und Unterstützer in einer Reihe von Reformpäpsten fand, von denen Gregor VII. sicherlich der bekannteste ist.1809 Das salische Herrschaftssystem beruhte weiterhin auf der engen Verbindung von Herrscher und Klerus, die sich jedoch im Laufe des 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts zu trennen begann. Insbesondere die Bischöfe standen nun als geistliche Verwalter ihrer Bistümer sowie durch ihren allmählichen Aufstieg zu geistlichen Reichsfürsten als handelnde Personen sowie Objekte verschiedener Parteiungen im Mittelpunkt der Geschehnisse, wodurch sie auch in den Konflikt zwischen sacerdotium und regnum einbezogen wurden.1810 Man denke nur an die Aufkündigung des Gehorsams gegenüber Papst Gregor VII. im Jahr 1076 in 1807 Vgl. Struve, Wende des 11. Jahrhunderts, S. 325f. Unter Individuen werden hierbei in erster Linie bedeutende Personen wie Herrschende und Bischöfe verstanden. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Bischöfe sieht Struve (S. 332–334) in besonderer Weise in Bauwut, Prunkentfaltung und zielstrebiger Erwerbspolitik sichtbar geworden. Zur Frage eines zu dieser Zeit vorhandenen Ich-Bewusstseins in Abgrenzung zu Individualität vgl. Borgolte, Faction, S. 403; Bynum, Did the Twelfth Century Discover the Individual, S. 4f. Exemplarisch zur Genese des ›Ich‹ im 11. Jahrhundert vgl. Fried, Ritual und Vernunft, S. 17f. Ein Beispiel dazu wäre auch die beginnende Individualisierung der Grabstätten ab dem 12. Jahrhundert, die bis dahin, von bedeutenden Persönlichkeiten abgesehen, zumeist anonym gewesen sind, vgl. Birkhan, Kulturanthropologische Bemerkungen, S. 191. Vgl. zum Komplex der Entdeckung des Selbst im 11./12. Jahrhundert auch allgemein Bynum, Did the Twelfth Century Discover the Individual; kritischer Morris, Individualism in Twelfth-Century Religion. 1808 Zentral war nun nicht mehr allein die Hoffnung auf den Erlass von Sünden beim Jüngsten Gericht. Ein grundsätzlich neues Frömmigkeitsideal kündigte sich insbesondere unter Laien an. Um Jesus nahe zu kommen, folgten sie seinem Lebenswandel, dem seiner Apostel und der Urgemeinde nach. Vgl. Goez, Kirchenreform und Investiturstreit, S. 57f. Zum sich im Zuge dessen gewandelten Priesterbild vgl. Laudage, Priesterbild und Reformpapsttum. Vgl. zum Wandel im mönchischen und kanonischen Bereich auch Engels, Reichsbischof in ottonischer und frühsalischer Zeit, S. 137–144. 1809 Zu seiner Person vgl. die umfassende Darstellung von Cowdrey, Pope Gregory VII. Eine ausführliche Zusammenfassung der Zeit der Kirchenreform, eingegrenzt mit dem Pontifikatsbeginn Gregors VII. (1073) und dem Wormser Konkordat (1122), bietet Robinson, Reform and the Church. Als weitreichenderen Überblick vgl. Laudage, Gregorianische Reform. Spezifisch zum Papsttum der Zeit vgl. Blumenthal, Papacy. 1810 Die Umbildung des Bischofsideals im 11. Jahrhundert vom monastischen zum herrschaftlich orientierten Selbstverständnis sowie das zunehmende Konfliktverhalten der zu Territorialherren aufgestiegenen Bischöfe betont Keupp, Reichsministerialen und Bischofsmord, S. 275, unter Bezugnahme auf Engels, Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert). Vgl. auch im folgenden Kapitel. Eine Zusammenfassung der Wandlungen im 11. und 12. Jahrhundert bietet Parisse, Évêques et la noblesse.

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Worms, das beinahe alle deutschen Bischöfe unterzeichneten, nur um wenige Monate später fast vollständig die Seiten zu wechseln und Heinrichs ›Gang nach Canossa‹ mit zu erwirken.1811 Oder man betrachte die Ereignisse des Jahres 1111, als der Episkopat entscheidend an der Eskalation der Verhandlungen zwischen Papst Paschalis II. und König Heinrich V. beteiligt war.1812 Schließlich sei an das sogenannte Wormser Konkordat von 1122 erinnert, vornehmlich zwischen den capita rei publice˛ ausgehandelt, worunter Ekkehard von Aura – bzw. nach jüngster Meinung: der anonyme Autor einer der Fortsetzungen der Chronik Frutolfs von Michelsberg bis 11251813 – die zusammengekommenen weltlichen Großen und die Bischöfe subsumierte.1814 Den ausgetragenen Konflikt dabei auf das Recht der Investitur zu beschränken, wäre verfehlt. Simonie, die Gehorsamsforderung und die Primatsidee müssen ebenso berücksichtigt werden.1815 Stichwort ist hierbei auch das bereits angesprochene Reformpapsttum, das von Clemens II. an seit der Mitte des 11. Jahrhunderts in bisher nicht gesehener Art aus eigenem Antrieb begann zu agieren, bis insbesondere unter Gregor VII. die päpstliche »unprovozierte Eigeninitiative« vielfach zur Anwendung kam.1816 1811 Zu den Ereignissen 1076 und dem Sinneswandel fast des gesamten Episkopats innerhalb weniger Monate vgl. Weinfurter, Heinrich IV. und die Bischöfe, S. 403–416. Vgl. zur daraus ersichtlich werdenden beginnenden neuen Amtskonzeption des Episkopats ders., Autoritäten. 1812 Vgl. Zöller, Krisenjahr. 1813 Vgl. Kapitel 9.5. 1814 Ekkehard von Aura, Chronicon a. 1121, S. 352. Vgl. Schlick, König, Fürsten und Reich, S. 79f.; Weinfurter, Heinrich IV. und die Bischöfe, S. 416; ders., Jahrhundert der Salier, S. 175–186. 1815 Vgl. exemplarisch zum beginnenden Investiturstreit Laudage, Wie kam es zum Investiturstreit, S. 148f.; zuvor bereits ders., Reform, S. 11–58. Zuletzt erschienen sind die knappen Überblicksdarstellungen von Johrendt, Investiturstreit, und Zey, Investiturstreit, mit jeweils aktueller Literaturübersicht. Eine ausführliche Aufarbeitung der Ereignisse findet sich, gleichermaßen aktuell, in RI III,2,3 (Fasz. 3 u. 4). Speziell zum Komplex um die namengebende Investitur vgl. Beulertz, Verbot der Laieninvestitur; Englberger, Gregor VII. und die Investiturfrage; Schieffer, Entstehung des päpstlichen Investiturverbotes. Überblicksartig Schieffer, Deutungen des Investiturstreits. Zusammenfassend Englberger, Gregor VII. und die Bischofserhebungen in Frankreich. Während Schieffer die Frage der Investitur erst nach 1077 als virulent im Konflikt zwischen Papst und König ausmacht und ein Investiturverbot für Laien erst in den November 1078 legt, widerspricht Laudage, Wie kam es zum Investiturstreit, und argumentiert für ein bereits 1075 erlassenes Investiturverbot, wenngleich es erst nach Canossa tagespolitisch aktuell geworden sei. 1816 Vgl. Schieffer, Motu proprio, bes. S. 29f. u. 35–39 (Zitat S. 39); ders., Reformpapsttum seit 1046. Zur Genese des päpstlichen Primats gegenüber den Bischöfen und Metropoliten vor dem ausgehenden 11. Jahrhundert vgl. Kempf, Primatiale und episkopal-synodale Struktur. Zu den Papstwahlen in salischer Zeit und ihren veränderten Bedingungen unter Heinrich III. und seinem Sohn vgl. Martin, Der salische Herrscher als Patricius Romanorum. Zum gestiegenen Wirkungskreis des Papsttums vgl. Schieffer, Reichweite päpstlicher Entscheidungen, S. 15. Während Papst Leo IX. durch zahlreiche Reisen seine Position als oberster Bischof betont habe, sei dies in seiner Nachfolge vermehrt durch eine

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Dementsprechend ist es verfehlt, erst mit Beginn des Investiturstreits einen Wandel insbesondere im Bild des Königtums zu suchen, wie Ludger Körntgen in seiner Habilitationsschrift deutlich gemacht hat; er hat überzeugend Ansichten des »vorinvestiturstreitzeitlichen« Königtums einer Revision unterworfen.1817 An dieser Stelle ist nicht der Raum, um den Investiturstreit, seine Vorgeschichte und seine Entstehung umfassend zu betrachten. Um sich das wandelnde Bischofsbild zu vergegenwärtigen, sei soviel ausgeführt: Während sich zu ottonischer und beginnender salischer Zeit die Zusammenarbeit zwischen geistlicher und weltlicher Sphäre über Gewohnheiten (consuetudines) regelte, die, zumindest aus kaiserlicher und historiographischer Sicht, dem Kaiser implizit eine höhere Stellung zugestanden, formulierte die Kirche unter Gregor VII. eine eindeutige Über- und Unterordnung. An der Spitze stand der Papst, dem sich Könige und Kaiser, aber auch die Bischöfe, unterzuordnen und Gehorsam zu leisten hatten,1818 was das Wormser Absageschreiben von 1076 gegenüber der päpstlichen Obödienz mit zur Folge hatte.1819 Der Papst argumentierte nicht mehr mit Gewohnheiten, sondern mit der durch Christus verkündeten Wahrheit. Als Inhaber der Wahrheit war er folglich auch in der Position, Gehorsam zu verlangen.1820 Verweigerte nun Heinrich IV. oder einer seiner Bischöfe den Gehorsam, handelte er gegen die Wahrheit. Entscheidend war die Bereitschaft der Bischöfe zur Anteilnahme an den Reformbestrebungen Gregors.1821 Auf der anderen Seite standen die der gregorianischen Seite anhängenden Annalisten und Chronisten im Einklang mit der Wahrheit, was im Hinblick auf die von ihnen geschilderten Todesfälle mitbedacht werden muss. Es ist nicht überraschend, wenn königs- bzw. kaisertreue Bischöfe in den Chroniken Bertholds oder Bernolds dem Zorn Gottes erliegen, sah sich doch auch die Kirche im ausgehenden 11. Jahrhundert als Vollstreckungsgewalt göttlichen Zorns, ganz dem Bild des strafenden alttestamentlichen Gottes folgend.1822 Grundsätzlich blieb den Bischöfen ab dem Beginn der Auseinandersetzungen unter Heinrich IV. zumeist nur die Wahl, dem Papst den geforderten Gehorsam zu leisten

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stetig steigende Zahl von Legaten erfolgt und habe sich unter Gregor VII. in ›internationalen‹ Empfängern von Briefen und Teilnehmern von Synoden manifestiert (vgl. ebd., S. 16–27). Vgl. Körntgen, Königsherrschaft und Gottes Gnade (Zitat S. 12). Kritik am Umgang Gregors VII. nicht nur mit dem Episkopat des nordalpinen Reiches findet sich mehrfach in entsprechend kritischen Schriften. Vgl. Robinson, Periculosus homo, S. 103f. Vgl. Robinson, Periculosus homo, S. 129. Ebd., S. 111–113, zur Schlüsselrolle des Begriffes obedientia in Gregors Vorstellungen vom Verhältnis der Bischöfe ihm gegenüber. Vgl. zu dieser gerafften Zusammenfassung Althoff, Libertas ecclesiae, S. 85–89; Robinson, Periculosus homo, bes. S. 109–113. Vgl. Robinson, Periculosus homo, S. 109. Vgl. Althoff, Libertas ecclesiae, S. 92.

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oder weiterhin dem salischen König die Treue zu halten. Während es durch die Anerkennung des päpstlichen Primats möglich war, die eigene bischöfliche Autorität zu steigern, bestand die Gefahr, sie bei unterlassener Akzeptanz zu verlieren, was auch den großen Umschwung des Jahres 1076 erklärt.1823 Die Entscheidung spiegelt sich, die Parteizugehörigkeit der Schreiber berücksichtigend, in den Todesdarstellungen wider. Gleich den Bischöfen sahen sich auch die Geschichtsschreiber zu einer Parteinahme herausgefordert.1824 Ob die Chronisten dabei tatsächlich bereits in einem gewissen Grade politisch dachten oder ob sie gewillt waren, der allumfassenden göttlichen Weltordnung, dem ordo, folgend ihre Berichte auszugestalten, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht detailliert herausgearbeitet werden. Die dahinterliegende Frage lautet, ob in päpstlich zugewandten Schriften abgewertete Bischöfe diese Herabsetzung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu Heinrich IV. erfuhren oder aufgrund ihrer Abweichung von der von Gott vorhergesehenen Lebensbahn – wobei das eine mit dem anderen aufs engste zusammenhängt. Eine solche Verletzung des ordo liegt bereits in der Abwendung von der Autorität des Papsttums, wie es von Gregor in Tradition seiner Vorgänger definiert wurde, vor.1825 Die Wirren des Investiturstreits führen zu einem unübersehbaren Wandel in der Darstellungsform – vielgebrauchte Stichworte sind hier Propaganda, Polemik und Öffentlichkeit1826 –, nicht zuletzt des bischöflichen Todes, wenngleich nicht

1823 Vgl. Weinfurter, Heinrich IV. und die Bischöfe, S. 416. 1824 Vgl. Struve, Wende des 11. Jahrhunderts, S. 356. Zwar sind die im ausgehenden 11. Jahrhundert entstandenen Texte weitgehend durch den Investiturstreit beeinflusst, verdanken allerdings ihre Entstehung nur zu einem geringen Teil tatsächlich der tagesaktuellen Konfliktsituation, vgl. Goetz, Investiturstreit in der deutschen Geschichtsschreibung, S. 48f. Grundsätzlich zum Zusammenhang von Parteistellung und Wahrnehmung von Ereignissen durch Geschichtsschreiber im 11. Jahrhundert vgl. Vollrath, Konfliktwahrnehmung. 1825 Vgl. dazu den Dictatus papae, der im Briefregister Gregors (Gregor VII., Registrum epistolarum II n. 55a, S. 203–208) zum Jahr 1075 überliefert ist. Zum Dictatus papae und den darin den Episkopat betreffenden Vorschriften vgl. Robinson, Periculosus homo, S. 116– 118. Zum Begriff ordo vgl. Oexle, Ordo. Eine Zusammenfassung der Literatur bietet Jussen, Ordo zwischen Ideengeschichte und Lexikometrie, S. 229 Anm. 11, ebd., S. 229– 236, zum Forschungsgang des ordo-Begriffs. 1826 Erdmann, Anfänge der staatlichen Propaganda, S. 491, hat in der Aufkündigung des Gehorsams der deutschen Bischöfe gegenüber Papst Gregor VII. den Beginn der politischen Propaganda in der Öffentlichkeit, den erstmaligen Nachweis von etwas wie einer ›öffentlichen Meinung‹, erkennen wollen. Er ermittelt dies aus der einerseits größeren Verbreitung des Absageschreibens in mehreren Handschriften, andererseits aus den zwei unterschiedlichen Fassungen, die für unterschiedliche Zwecke und Adressaten bestimmt waren. Kritisch gegenüber der Einstufung zahlreicher Texte dieser Zeit als Propaganda äußert sich Suchan, Publizistik im Zeitalter Heinrichs IV., hier S. 43f. Hinzuweisen ist ebenfalls auf Melve, Inventing the Public Sphere, sowie die Ausführungen von Hruza, Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit.

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dieses allein,1827 der als polemische Waffe im ideologischen und tatsächlichen Kampf zwischen Kaiser und Papst Anwendung findet. Ein neutraler Tod darf hierbei, so Schneidmüller, nicht erwartet werden, vielmehr seien die Berichte »literalisiert, typologisiert, symbolisiert« worden, gestorben worden sei »nicht wertfrei«, der Tod habe das Leben widergespiegelt.1828 Diese Darstellungsform ist gewiss keineswegs neu, ihre gehäufte Anwendung innerhalb der historiographischen Texte stellt hingegen eine Neuerung dar. Die spezifischen Ursachen sowie die Anwendung derartiger Berichte müssen erneut an jedem Werk einzeln untersucht werden. Die Nutzung solcher stilistischen Mittel bedeutet keineswegs – darauf ist bereits hingewiesen worden –, dass bewusste Verzerrung oder Verfälschung von Geschichte vorliegt, sahen sich doch gerade die gregorianisch gesinnten Historiographen offensichtlich im Einklang mit der Glaubenswahrheit. Nicht zuletzt ist auch der gewaltsame Bischofstod wieder in hohem Maße nachzuweisen. Dies war zuletzt in merowingischer Zeit der Fall gewesen und erscheint dort wie hier als deutliches Zeichen einer politisch extrem angespannten und aufgeladenen Epoche, einer krisenbehafteten Zeit1829 – wozu 1827 Gleichermaßen ist auch der Tod weltlicher Herrschaftsträger genutzt worden, nicht zuletzt der von Königen und Kaisern. Beispielhaft untersucht anhand der volkssprachlichen Kaiserchronik aus dem 12. Jahrhundert durch Bauer, er nam ain guot end. Bauer zeigt, wie der Tod der einzelnen deutschen Könige und Kaiser elementar mit ihrem vorangehenden Lebenswandel verknüpft ist. 1828 Vgl. Schneidmüller, Canossa und der harte Tod der Helden, S. 114. Auf das Problem geht auch Vanderputten, Death as a Symbolic Arena, ein. Er argumentiert, wenn auch am Beispiel von Todesfällen lothringischer Reformäbte, dass gerade in den dabei gegebenen wenigen Details Praktiken des 11. Jahrhundert aufscheinen (S. 37f.). Damit widerspricht er Buc, Dangers of Ritual, und dessen Auffassung, aus derartigen Beschreibungen keine realistischen Schilderungen der Rituale und symbolischen Handlungen erhalten zu können. 1829 Vgl. Fouracre, Why Were so Many Bishops Killed, S. 17; Kaiser, Mord im Dom, S. 101 u. 103; Reuter, Unruhestiftung, S. 310; Schütte, Gewalt gegen Bischöfe, S. 31 u. 33. Im Reich nördlich der Alpen hat es zwischen 1066 und 1123 acht gewaltsame Todesfälle gegeben (neben solchen in der Schlacht und Martyrien). Die Zahl erscheint gering, doch hat es über Jahrhunderte hinweg, mit Ausnahme einiger Märtyrer wie Adalbert von Prag, keine Fälle gegeben. Eine Übersicht bietet Heinig, Fürstenmorde, S. 366 Anm. 39, wenngleich er Burchard von Brixen vergessen hat. Heinig (S. 363f.) rechnet vor, zwischen ottonischer Zeit und dem Ende des Mittelalters habe es im nordalpinen Reich 24 gewaltsame Bischofstode gegeben, ein Drittel davon Ende des 11. und im beginnenden 12. Jahrhundert. Außerdem verweist er (S. 366f.) auf die neuartigen Tathergänge wie den »Kollektivmord« durch Oppositionelle oder rachsüchtige Einzeltäter. Auch in Frankreich lässt sich eine leichte Steigerung erkennen von drei Fällen zwischen 1083 und 1112, ein Höhepunkt tritt dort hingegen erst im ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhundert ein. Vgl. Soria, Évêques assassinés. Zum Bischofsmord in staufischer Zeit in Deutschland, auch dort lässt sich zwischen 1160 und 1233 noch einmal ein Anstieg der gewaltsamen Todesfälle mit acht Fällen registrieren, vgl. Heinig, Fürstenmorde, S. 372f.; Keupp, Reichsministerialen und Bischofsmord, S. 283. Weltliche Strafen hatten die Mörder der ›deutschen‹ Bischöfe nicht zu erleiden. Zu diesem Komplex vgl. Gergen, Gottesfrieden und Gewalt gegen Bischöfe, bes. S. 91–95; Kaiser, Mord im Dom, S. 121f. Auf das fehlende Eingreifen Heinrichs IV.

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gleichermaßen die hohe Zahl an Schismen und vertriebenen Bischöfen zu zählen ist.1830 Timothy Reuter brachte all dies auf die prägnante Formel der »Entsakralisierung« des Bischofs, einer neuen Verwundbarkeit dieses Amtes, bedingt auch durch die fehlende Unterstützung durch den ebenfalls entsakralisierten König.1831 Allerdings hätten, darauf hat Paul-Joachim Heinig zu Recht hingewiesen, gerade die Bischofsmorde in der Ausbildung lokaler Märtyrerkulte wiederum eine neue Sakralität hervorgerufen1832 – man denke nur an Konrad von Trier oder Thiemo von Salzburg. Da die Literaturproduktion in salischer Zeit stark gestiegen ist, ist es nicht möglich, alle relevanten Texte einer näheren Analyse zu unterziehen. Der Fokus gilt den wichtigsten zeitgenössischen Texten, die nicht allein über die Begebenheiten im ausgehenden 11. und beginnenden 12. Jahrhundert berichten, sondern auch in dieser Zeit abgefasst worden sind. Es ergeben sich drei zeitliche Blöcke: die Vorphase der Auseinandersetzung, somit vor ca. 1075, die in der Folge bis zum Tod Heinrichs IV. 1106, erweitert bis zum Wormser Konkordat 1122 verfassten Texte, sowie ein Nachtrag aus dem 12. Jahrhundert nach dem vorläufigen Ende der Auseinandersetzung.1833 Für den ersten Block wird in besonderem Maße die Chronik Hermanns des Lahmen herangezogen, vergleichend dazu die Annalen aus Niederaltaich. Als drittes Werk dient die Hamburgische Kirchengeschichte Adams von Bremen. Die fälschlich als solche bezeichneten Annalen Lamperts von Hersfeld bilden den Umschlagpunkt, alle weiteren Texte sind vom hereingebrochenen Konflikt gekennzeichnet.1834 Dies gilt insbesondere für die Bodenseechronistik um Berthold von Reichenau und Bernold von Konstanz, die, in der Tradition Hermanns des Lahmen stehend, vehement die Politik Papst Gregors VII. verteidigen. Auf der anderen Seite lassen sich Heinrich IV. zumindest nicht feindlich gesinnte Werke wie die in Augsburg abgefassten Annalen

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geht auch Reuter, Unruhestiftung, S. 310f., ein. Ohnehin bleiben Mörder von Bischöfen zumeist anonym, vgl. Kaiser, Évêques expulsés, évêques assassinés, S. 67f. Vgl. Kaiser, Mord im Dom, S. 104. Vgl. Kap. 9.1, Anm. 1863. Vgl. Reuter, Unruhestiftung, S. 308–310. Vgl. auch Heinig, Fürstenmorde, S. 370f. u. 377; Kaiser, Mord im Dom, S. 132f. Beschleunigt wurde die Haltung des Königs gegenüber den Bischöfen auch durch die große Zahl von Prälaten in Opposition zum Königtum in den 1070er und 1080er Jahren (Reuter, S. 311). Hingegen von einem Anachronismus in Bezug auf ein entsakralisiertes Königtum zu dieser Zeit spricht Schieffer, Deutungen des Investiturstreits, S. 35. Differenzierend Erkens, Der pia Dei ordinatione rex; Körntgen, »Sakrales Königtum« und »Entsakralisierung«. In Zusammenhang der »Entsakralisierung« macht Wünsch, Heilige Bischof, bes. S. 291–298, ein neues Heiligkeitsverständnis in Bezug auf den Episkopat aus, das es deren Vertretern deutlich erschwert hätte, als Heilige verehrt zu werden. Vgl. Heinig, Fürstenmorde, S. 371. Einen generellen Überblick zur Historiographie im 11. Jahrhundert bietet Patzold, Überlegungen zu Kontinuitäten und Wandlungen, bes. S. 31–36. Vgl. u. a. Schmale, Mentalität und Berichtshorizont, S. 6 u. 16.

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oder der Liber de unitate ecclesiae conservanda ermitteln, womit auch die reichhaltige Streitschriftenproduktion ihren Niederschlag findet,1835 wenngleich sie aufgrund ihrer Fülle nicht in Gänze Berücksichtigung finden kann.1836 Weitere insbesondere annalistische Werke werden im Bedarfsfall herangezogen. Für das beginnende 12. Jahrhundert zeigt sich bis zum Tod Heinrichs V. 1125 ein überraschender Rückgang der erzählenden Quellen. Einzig in Ekkehard von Aura und zwei (einem?) namentlich nicht bekannten Autor(en)1837 haben sich Chronisten ihrer Zeit in Fortsetzung der Weltchronik Frutolfs von Michelsberg gefunden.1838 Anders als in den Jahrhunderten zuvor ist die Zahl überlieferter Texte einerseits deutlich angestiegen, andererseits sind nur äußerst wenige Werke in Verbindung zum Hof oder von Angehörigen des Hofes abgefasst worden.1839 Ein Nachtrag blickt auf Otto von Freising, den für Jahrhunderte letzten relevanten historiographisch tätigen Bischof und seine Historia de duabus civitatibus.

9.1

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Das Kapitel zum Bischof insbesondere unter den ottonischen Herrschern wurde mit einer Bischofsinvestitur eröffnet, derjenigen Thietmars in Merseburg durch König Heinrich II. unter tatkräftiger Beihilfe Erzbischof Taginos von Magdeburg. Das Zusammenwirken von König und Klerus wurde exemplarisch vor Augen 1835 Zur wenig geeigneten Subsumierung entsprechender Texte unter dem Oberbegriff der ›Streitschriften‹ vgl. Münsch, Fortschritt durch Propaganda, S. 153. Aller Texte Gemeinsamkeit liegt »mithin in der Absicht, nicht in der Form«. Eine Neudefinition des Begriffs ›Streitschrift‹ bietet Heinrich, Was versteht man unter einer Streitschrift. 1836 Vgl. Goetz, Geschichte als Argument. Vornehmlich seien dabei vier Komplexe aufgegriffen worden: die Bannung Heinrichs IV. durch Gregor VII., die Absetzung des Königs, das königliche Investiturrecht bei Bischofswahlen und dessen Recht bei der Papstwahl (ebd., S. 38); vielfach ist dabei historisch argumentiert worden, der Beweiswert der Geschichte war unantastbar (S. 58–61). Im Kampf um die Rechtmäßigkeit der eigenen Partei griffen Autoren dabei auch zum Mittel der bewussten (Ver)Fälschung. Vgl. Goetz, Fälschung und Verfälschung der Vergangenheit; Ziese, Historische Beweisführung. Suchan, Publizistik, S. 30, weist zu Recht darauf hin, dass Streitschriften – und ebenso alle anderen Textproduktionen der Zeit – nicht allein aus einer mehr oder weniger deutlichen Parteinahme zur päpstlich-gregorianischen oder königlichen Seite heraus gelesen werden dürfen. Jeder Text verlangt eine eigene Analyse und darf überdies nicht vorbehaltlos als Zeugnis einer »politisch-propagandistischen Publizistik nach dem Modell neuzeitlicher politischer Öffentlichkeit« verstanden werden (Körntgen, Königsherrschaft und Gottes Gnade, S. 451, unter Bezugnahme auf Suchan, Königsherrschaft im Streit, S. 253f.). 1837 Eine neue Edition wird aktuell bei den MGH vorbereitet; erste Vorabeditionen aus diesem Projekt können online eingesehen werden. 1838 Vgl. Kapitel 9.5. Vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 7. Zu Frutolf als Universalhistoriker vgl. von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 187–193. Zu Frutolfs Leben und Werk, insbesondere seiner Chronik, vgl. McCarthy, Introduction, S. 15–41. 1839 Vgl. Patzold, Überlegungen zu Kontinuitäten und Wandlungen, S. 36–38.

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geführt und als von Gott gewolltes Prinzip unterstrichen. Auch diesem Kapitel stellen wir eine Investitur voran. Die Protagonisten sind andere, die Vorzeichen haben sich geändert und auch die Folgen sollten gravierend sein. Es handelt sich um die Erhebung Tedalds zum Erzbischof von Mailand im Jahr 1075 durch König Heinrich IV. gegen den entschiedenen Einspruch Papst Gregors VII., nachdem der Papst den jungen König schon zuvor aufgefordert hatte, entsprechende Eingriffe in Räumen der Kirchenhoheit zu unterlassen.1840 Bereits im Jahr 1070 hatte sich Heinrich in die komplexen Strukturen Mailands eingebracht, um dem zurückgetretenen Erzbischof Wido einen neuen Kandidaten folgen zu lassen, während Papst Alexander II. seinerseits einen Nachfolger ausersehen hatte. Die Ereignisse von 1075 müssen somit vor diesem ersten Konflikt gesehen werden.1841 Es folgt der Höhepunkt dessen, was als Investiturstreit in die Geschichte eingegangen ist. Die Investitur Tedalds markiert dabei sinnbildlich den Auftakt, wenngleich sie nicht den einzigen Auslöser der Auseinandersetzung darstellt. Es gilt jedoch, die salische Zeit nicht alleine unter dem Schlagwort des Investiturstreits verstehen zu wollen, ist doch gerade die Regierungszeit Heinrichs III. als Höhepunkt des sogenannten ottonisch-salischen Reichskirchensystems ausgerufen worden.1842 Die zu beobachtenden Wandlungsprozesse von Heinrich II. zum ersten Salier Konrad II. sowie schließlich zu dessen Sohn Heinrich III. sind hinsichtlich der Beziehung des Herrschers zum Episkopat keineswegs fundamental, sondern eher marginal.1843 Auch dafür sei noch einmal auf eine Investitur hingewiesen. Papst Leo IX. war auch nach seiner Erhebung zum Papst 1049 Vorsteher des Bistums von Toul – mehrere der sogenannten Reformpäpste des 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts verwalteten ihr vormaliges Bistum in Personalunion.1844 Leo gab seinen Bischofssitz im Laufe seines Pontifikats schließlich doch auf und berief seinen ihm eng vertrauten Primicerius 1840 Vgl. zum Vorgang RI III,2,3 n. 761, S. 187, unter Angabe weiterer Literatur. Zu den Konsequenzen vgl. in aller Kürze Pennington, Bischof, Bischofsamt. Gregorianisches Zeitalter. 1841 Vgl. Vollrath, Lauter Gerüchte, S. 165–167. 1842 Vgl. Beumann, Reformpäpste als Reichsbischöfe, S. 21; Kehr, Vier Kapitel aus der Geschichte Kaiser Heinrichs III., S. 39; Schneidmüller, Canossa und der harte Tod der Helden, S. 107. Zur ambivalenten Forschungsmeinung zu Heinrich III. vgl. Ziemann, Heinrich III., S. 13–17. 1843 Eine Zusammenfassung des älteren Forschungsstandes bietet Köhler, Ottonische Reichskirche, S. 184–189. Vgl. Engels, Reichsbischof in ottonischer und frühsalischer Zeit; Kehr, Vier Kapitel aus der Geschichte Kaiser Heinrichs III., S. 24. Auf den nicht nachzuweisenden Bruch zwischen Heinrich II. und seinem Nachfolger Konrad II. hat bereits Schieffer, Heinrich II. und Konrad II., S. 387–393 u. 404–411, hingewiesen, der auch (S. 422) von Konrad II. zu Heinrich III. nicht von einem Einschnitt oder Bruch sprechen möchte. Zum Übergang des letzten Ottonen zum ersten Salier vgl. auch Hoffmann, Mönchskönig und rex idiota, konkret zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden im Episkopat ebd., S. 72–84. 1844 Vgl. Beumann, Reformpäpste als Reichsbischöfe; Goez, Papa qui et episcopus.

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Udo als Nachfolger, der auch von Klerus und Volk der Stadt gewählt wurde. Allerdings wagte es Leo nicht, ihn ohne Einverständnis des Kaisers in sein Amt einzuführen.1845 Sicher ist dieses Beispiel nicht ohne weiteres mit den Vorgängen um Tedald von Mailand oder den Wirren des Jahres 1070 zu vergleichen, doch wird deutlich, dass innerhalb von knapp zwei Jahrzehnten die Verfügungsgewalt des Herrschers über den Episkopat nicht mehr mit dem zuvor ermittelten grundsätzlichen Selbstverständnis hingenommen worden ist;1846 zwischen den 1070er Jahren und 1122 tritt ein deutlicher Wendepunkt in der Investiturpraxis in Erscheinung1847 – wenngleich auch unter Heinrich II. bis Heinrich III. bereits Kritik an der Kirchenherrschaft des Königs geäußert worden ist. Zu denken ist an die kritischen Worte Thietmars von Merseburg zu den Magdeburger Erzbischofswahlen unter Heinrich II., an die Mahnungen Bischof Wazos von Lüttich, der gegenüber Heinrich III. die Bischofs- der Herrscherweihe als überlegen dargelegt hatte1848 oder an den verweigerten Eid Halinards, des neuerhobenen Erzbischofs von Lyon, gegenüber demselben Kaiser.1849 Zweifel an der herrscherlichen Autorität oder am Reichsdienst haben sie hingegen zu keinem Zeitpunkt aufkommen lassen. Enorme Unterschiede treten nicht beim Wechsel von der ottonischen zur salischen Dynastie, von Heinrich II. zu Konrad II. auf, sondern werden erst unter Heinrich IV. sichtbar, wenngleich die vielfältigen Ursprünge dieser Entwicklung vor Beginn seiner Regierungszeit gelegt worden sind, nicht zuletzt durch seinen Vater und dessen päpstliche Politik selbst.1850

1845 Vgl. Vita Leonis IX. Papae II, 16 (8), S. 210, zur Rolle Leos sowie die Gesta episcoporum Tullensium c. 41, S. 645, zur Wahl durch Klerus und Volk. Zur Touler Bistumschronik vgl. Schlochtermeyer, Bistumschroniken, S. 159–172. 1846 Vgl. Erkens, Bischofswahl, S. 27; Schieffer, Geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik, S. 12f. Doch ist auch zuvor nicht durchgehend mit einer Beteiligung des Königs zu rechnen, wie dies Zielinski, Reichsepiskopat, S. 167, annimmt. Exemplarisch für Heinrich III. anhand der Quellen untersucht von Weber, Höhepunkt der deutschen Reichskirche. 1847 Vgl. Keller, Der König bat und befahl, S. 40; ders., Rolle des Königs bei der Einsetzung der Bischöfe, S. 159. Zur Regelbildung und Normgebung zur Bestellung von Bischöfen in der Zeit des Investiturstreits vgl. Thier, Hierarchie und Autonomie, S. 279–334. Exemplarisch ist auf die von päpstlicher Seite unter Gregor VII. betriebene Neudefinition des Palliums zu verweisen, das jeder Metropolit nach seiner Erhebung persönlich in Rom in Empfang nehmen sollte. Vgl. Schrör, Metropolitangewalt, S. 199–204, zusammengefasst S. 239f. 1848 Vgl. Erkens, Trierer Kirchenprovinz am Vorabend des Investiturstreits, S. 112–114; Laudage, Heinrich III., S. 112; Ziemann, Heinrich III., S. 18. Zu Wazo vgl. Kupper, Leodium, S. 71f. 1849 Vgl. Erkens, Trierer Kirchenprovinz am Vorabend des Investiturstreits, S. 116f.; Steindorff, Jahrbücher 1, S. 303f. 1850 Vgl. Engels, Reichsbischof in ottonischer und frühsalischer Zeit, S. 174f.

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Umfassend mit dem spätottonischen und salischen Episkopat hat sich Herbert Zielinski in seiner Habilitationsschrift auseinandergesetzt,1851 sodass im Folgenden insbesondere seine umfassenden, mit zahlreichen Statistiken, Tabellen und Karten unterlegten Ergebnisse herangezogen werden, um einen Überblick über den Episkopat in salischer Zeit zu gewinnen. Untergliedert in vier Hauptpunkte fragt Zielinski nach Ursprung, Werdegang, Erhebungspraxis und Königsdienst des Episkopats zwischen 1002 und 1125 am Beispiel der ›deutschen‹ Bischöfe, sodass er mit einer Gesamtzahl von etwa 400 Bischöfen gearbeitet hat.1852 Während der ottonische Episkopat eine im Grunde durchgehende Adelsgesellschaft war, setzt sich Zielinski mit der Behauptung auseinander, in salischer Zeit hätten bereits Ministeriale vermehrt zu Bischöfen aufsteigen können.1853 Zielinski kann jedoch nur etwa 20 nichtadlige Bischöfe im Untersuchungszeitraum wahrscheinlich machen, dagegen aber 225 Adelsbischöfe.1854 Grundsätzlich findet sich kein Bischof aus unfreiem Stand, und auch eine vermehrte Förderung von Ministerialen ist nicht nachzuweisen.1855 Neben den allgemeinen Beobachtungen zur Herkunft der Bischöfe macht Zielinski zusätzlich auf den Umstand aufmerksam, dass 60 der Bischöfe, über die Quellen zu ihrer Abstammung vorliegen, mit dem Königshaus verwandt gewesen sind oder einer Familie entstammten, die sich irgendwann einmal mit dem Königshaus verbunden hatte. Dieser Umstand sei besonders unter Heinrich II. zu beobachten, während die Zahl der Verwandtschaften von Bischöfen zum Herrscherhaus danach stark abnimmt und unter Heinrich V. nicht mehr nachzuweisen ist.1856 1851 Vgl. Zielinski, Reichsepiskopat. 1852 Zu einer Übersicht der Verteilung der deutschen Bistümer im Bearbeitungszeitraum vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 10–12, sowie ebd., Karte 1, S. 285. 1853 Zum Aufstieg der Ministerialität ab dem 11. Jahrhundert vgl. Hechberger, Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter, S. 27–34. Zur Genese der Reichsministerialität vgl. immer noch Bosl, Reichsministerialität; aktueller Zotz, Formierung der Ministerialität. 1854 Zu einer Zusammenstellung möglicher nichtadliger Bischöfe dieser Zeit vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 20–27, sowie ebd. Liste 1, S. 259; zu den Adelsbischöfen ebd., S. 28f. Die Quellenlage ist nicht jedem Bischof gewogen, sodass vielfach Informationen zu dessen Herkunft fehlen. Zielinski geht auch in diesen Fällen von einer überwiegend edelfreien Herkunft aus. Vgl. Brühl, Sozialstruktur des deutschen Episkopats, S. 48; Kehr, Vier Kapitel aus der Geschichte Kaiser Heinrichs III., S. 24; Schulte, Adel und die deutsche Kirche, S. 61–72. 1855 Vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 27f.; Zotz, Formierung der Ministerialität, S. 46f. 1856 Vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 49 u. 64. Zu einer Übersicht der infrage kommenden Bischöfe vgl. ebd., S. 31–49, sowie Liste 2, S. 260f., und Karte 4, S. 288. Bei 60 mit dem Herrscherhaus verwandten Bischöfen von insgesamt 238 im Untersuchungszeitraum ergibt sich eine Quote von 25 %, während sie für die Zeit zwischen 936 und 1024 bei etwa 14 % lag, vgl. Kap. 8.1, Anm. 1452. Die Ergebnisse lassen sich allerdings nur schwer nebeneinanderlegen, da beide Zeiträume Heinrich II. umfassen, in dessen Regierungszeit die königsverwandten Bischöfe in besonderem Maße dominiert hatten. Dennoch machen beide Ergebnisse deutlich, dass neben den verwandtschaftlichen Vorbedingungen andere Fak-

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Neben der Herkunft treten andere Faktoren in den Vordergrund, die einer Berufung auf einen Bischofssitz förderlich gewesen sind. Im Speziellen weist Zielinski auf die Hofkapelle hin, im Allgemeinen auf die von den späteren Bischöfen genossene Ausbildung in Domschulen und Domkapiteln, die in diesem Feld weitgehend dominiert haben.1857 Zahlenmäßig sind die Weltkleriker deutlich überlegen, stehen mit 212 Kandidaten gegen 40 Mönchsbischöfe.1858 Die Abkehr von monastischen Elementen im Bischofsbild des 11. Jahrhunderts wird sichtbar, auf die bereits Odilo Engels hingewiesen hat: Mönchische Tugenden geraten in Beschreibungen in den Hintergrund, dagegen tritt der Kirchenfürst deutlich hervor.1859 Dieser Wandel im Bischofsbild hin zum Territorialherren macht es schließlich auch für Bischöfe wahrscheinlicher, in einer Fehde gewaltsam den Tod zu finden.1860 Die Einsetzung der Bischöfe verlief bis zum Ausbruch des Investiturstreits in denselben Bahnen, die bereits für die ottonische Zeit, insbesondere die Herrschaftszeit Heinrichs II., herausgestellt worden sind.1861 Die weiterhin zahlreich nachzuweisenden Urkundenverleihungen und Vergaben von Grafschaftsrechten an Bischöfe zeigen die – wenngleich geographisch notwendigerweise zu präzisierende – enge Bindung zwischen Herrscher und Episkopat.1862 Zielinski sieht den königlichen Einfluss überall wirken, auch wenn die Quellen keine Informationen über den genauen Hergang einer Besetzung vermelden. Erst mit dem Investiturstreit verlor der Herrscher diesen Zugriff, in zahlreichen Städten bildeten sich Schismen. Zudem nahm die gregorianisch geprägte Opposition im

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toren eine wichtige Rolle bei der Erlangung eines Bistums gespielt haben. Vgl. bereits Brühl, Sozialstruktur des deutschen Episkopats, S. 48. Vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 134–157, sowie Tabelle 2, S. 157. Zur Bedeutung der Hofkapelle vgl. ebd., S. 103–106. Eine Übersicht der Bildungsstätten der Bischöfe bietet ebd. Karte 9, S. 293, dazu Karte 11, S. 295, zu den Domkapiteln, in denen Bischöfe tätig gewesen sind. Eine dezidierte Übersicht über einzelne Stifte und die daraus hervorgegangenen Bischöfe bieten ebd. die Listen 3–13, S. 262–275. Besonders zur Bedeutung der Hofkapelle unter Heinrich III. vgl. Kehr, Vier Kapitel aus der Geschichte Kaiser Heinrichs III., S. 9f.; Köhler, Ottonische Reichskirche, S. 176; differenzierter Weber, Höhepunkt der deutschen Reichskirche, S. 112–126. Vgl. Brühl, Sozialstruktur des deutschen Episkopats, S. 49; Zielinski, Reichsepiskopat, S. 126–134. Zum Phänomen des Mönchsbischofs in dieser Zeit vgl. Schieffer, Mönchsbischöfe, S. 69–79. Vgl. Engels, Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert), S. 58–63. Zu möglichen Ursachen vgl. ebd., S. 63–66. Vgl. ebd., S. 84. Vgl. Keupp, Reichsministerialen und Bischofsmord, S. 275; Reuter, Unruhestiftung, S. 311. Vgl. Kapitel 8.1. Vgl. Brühl, Sozialstruktur des deutschen Episkopats, S. 51. Vgl. die Übersicht der Grafschaftsverleihungen sowie ausgestellten Urkunden zwischen Heinrich II. und Heinrich V. für ›deutsche‹ Empfänger bei Zielinski, Reichsepiskopat, S. 201, sowie Karten 16 u. 17, S. 300f. Im Speziellen zu Heinrich III. vgl. Kehr, Vier Kapitel aus der Geschichte Kaiser Heinrichs III., S. 18. Vgl. Hoffmann, Grafschaften in Bischofshand.

Tod und Nachleben im 11. Jahrhundert

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Reich vielfach Einfluss auf die Besetzung von Bistümern.1863 Die ›konsensuale‹ Besetzung von Bistümern durch den Herrscher unter Berücksichtigung zahlreicher Faktoren war in vielen Bistümern an ein vorläufiges Ende geraten. In seinem letzten Kapitel analysiert Zielinski das servitium regis der Bischöfe, insbesondere die Itinerare der Herrscher sowie die Heerfolgepflicht der Bischöfe. Herausgestellt wird dabei die Bedeutung von Bischofsstädten als Aufenthaltsorte des Hofes, wenngleich sich zwischen den Herrschern deutlich regionale Schwerpunkte ausmachen lassen.1864 Die Einzelergebnisse der Studie, so resümiert Zielinski, »lassen es fraglich erscheinen, ob der Begriff ›ottonisch-salisches Reichskirchensystem‹ – im Sinne einer weitgehend institutionalisierten, von persönlichen Bindungen weitgehend freien, zumindest die große Mehrheit des Episkopats erfassenden, im Rahmen der europäischen Nachbarreiche singulären Organisationsform – noch seine Berechtigung hat«,1865 eine Einschätzung, die bereits in der Auseinandersetzung mit der Reichskirche im Rahmen des ottonischen Episkopats deutlich ans Licht getreten ist, ohne vorhandene Besonderheiten der ›deutschen‹ Kirche negieren zu wollen. Andernfalls wären die Auswirkungen des Investiturstreits kaum derart gewaltig über das ostfränkisch-deutsche Reich hereingebrochen, während sie beispielsweise in Frankreich und England wohl zu spüren, aber deutlich moderater ausgefallen sind.1866 Nach 1122/25 bieten sich schließlich neue Voraussetzungen, die allerdings keine Berücksichtigung mehr finden können.1867

9.2

Tod und Nachleben im 11. Jahrhundert

Während in den vorangegangenen Kapiteln ausführlich auf etablierte oder sich etablierende Vorstellungen von Tod und Nachleben eingegangen worden ist, sollen an dieser Stelle anhand eines Beispiels die bisher ausgearbeiteten Linien zusammengeführt sowie deren Stellenwert veranschaulicht werden. Im Mittelpunkt stehen die im Jahr 910 gegründete Abtei Cluny sowie ihr fünfter Abt Odilo (994–1049). Während in karolingischer Zeit die Bedeutung des Totengedächtnisses ihren Anfang genommen hatte – nicht zuletzt durch die Festlegung des Festes Allerheiligen auf den 1. November – und die Wirksamkeit der Gebetshilfe 1863 Vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 167 u. 182f. Eine Übersicht der nachweisbaren Schismen bietet ebd. Karte 12, S. 296, der durch die Opposition gegen Heinrich IV. berufenen Bischöfe Karte 13, S. 297, sowie, unter Einbezug der Regierungszeit Heinrichs V., Karte 15, S. 299. 1864 Vgl. Zielinski, Reichsepiskopat, S. 205–216, mit den Tabellen 5–10, S. 205f., 208, 212f. u. 215. Weiterhin ebd., Karten 18–22, S. 302–306. 1865 Zielinski, Reichsepiskopat, S. 245. 1866 Vgl. Becker, Studien zum Investiturproblem; Schild, Investiturstreit in England. 1867 Vgl. exemplarisch Lemesle, Modèle du bon pasteur.

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Sterbeberichte von Bischöfen im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert

für Verstorbene bereits von Gregor dem Großen deutlich formuliert worden war,1868 erweiterte Odilo diese althergebrachte Praxis durch die Einführung des Festes Allerseelen am 2. November – wenngleich der Festtag nicht allein auf ihn zurückzuführen ist, sondern aus einer breiteren Strömung im 11. Jahrhundert ihren Ursprung genommen hat.1869 Gedacht wird nicht mehr allein der Heiligen, sondern aller Verstorbenen, um ihnen durch Gebetshilfe, Almosen u. a. den Weg in die Seligkeit zu ermöglichen.1870 In allen cluniazensischen Klöstern um das Jahr 1000 als Feiertag etabliert, verbreitete sich das Allerseelenfest im Laufe des 11. Jahrhunderts in der lateinischen Christenheit.1871 Zwar nicht Voraussetzung – Gebetshilfe zielt primär auf die Erlangung des Heils, nicht auf die Vermeidung von Strafen –, aber dennoch wichtiger Faktor war die Annahme eines Purgatoriums, aus dem die Gläubigen durch diesseitige Hilfe noch errettet werden konnten. Gewissheit über einen solchen strafenden, aber nicht ewigen Ort gewährt die Vita Odilonis des Mönchs Iotsald, Abt von Saint-Claude, abgefasst zu Beginn der 1050er Jahre.1872 Iotsald berichtet von einer ihm von einem Bischof Richard (von Tarbes?)1873 zugetragenen Vision. Darin traf ein Pilger auf der Rückreise aus Jerusalem mit dem Schiff auf einer Insel im Mittelmeer zwischen Sizilien und Thessaloniki einen Einsiedler. Der Einsiedler befragte den Reisenden nach Abt Odilo, der diesem in der Tat gut bekannt war, und berichtete ihm, ganz in der Nähe sei ein Ort, an dem Menschen grausame Qualen zu erleiden hätten. Ihre Schreie würden bis zu ihm durchdringen. Er forderte daher den Reisenden auf, Odilo und die Mönche anzuhalten, für diese Menschen zu beten und Almosen zu verteilen, dass sie die Gnade Gottes erhalten und diesen Ort verlassen mögen.1874 Eindeutig wird 1868 Vgl. Iogna-Prat, Dead in the Celestial Bookkeeping, S. 344f. 1869 Vgl. Engels, Reichsbischof in ottonischer und frühsalischer Zeit, S. 146–150. Die Rolle Clunys und seines Abtes Odilo ist dennoch hoch einzuschätzen, vgl. Bärsch, Allerseelen, S. 95–135. 1870 Die Wirksamkeit von Gebeten für die Verstorbenen betont darüber hinaus im 11. Jahrhundert u. a. Petrus Damiani in seiner Schrift De bono suffragiorum et variis miraculis, Sp. 567f. Vgl. Neiske, Vision und Totengedenken, S. 171. 1871 Vgl. Iogna-Prat, Dead in the Celestial Bookkeeping, S. 346f.; Lauwers, Mort(s), S. 780. 1872 Zu Autor und Werk vgl. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 222–224; Staub, Einleitung, S. 11–46. 1873 Vgl. Iotsald, Vita Odilonis, S. 214 Anm. 78. 1874 Iotsald, Vita Odilonis II, 15, S. 218–220: Quodam tempore […] vir quidam religiosus de pago Rotenensi oriundus, ab Hierosolimis revertebatur. Transiens autem mare, quod a Sicilia versum Thessalonicam protenditur, pertulit cum pluribus aliis gravis simum ventum, in medio positus. Qui navim impellens, appulit ad quandam insulam sive rupem, ubi quidam servus dei reclusus manebat. Ubi aliquandiu tranquillitatem maris expectans, predictus vir commoratus, coepit cum illo dei servo de multis conlocutionem habere. Inquisitus vero a viro dei, unde genus duceret, Aquitanum se esse respondit. Tunc idem homo dei sciscitatus est, si quoddam monasterium, quod nominaretur Cluniacum, et Odilonem eiusdem loci abbatem nosset. At ille respondit: ›Novi et bene novi et, hoc quare percuncteris, scire cupio.‹ ›Dicam

Historiographie vor dem Investiturstreit

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auf die Wirksamkeit des Gebetsgedenkens verwiesen – das insbesondere durch Odilo und die Mönche von Cluny geleistet werden kann – sowie auf einen strafenden, aber temporär begrenzten Ort, aus dem die dort gefangen gehaltenen Seelen befreit werden können. Selbst der Ort dieser Strafen ist über die Angabe der Vita näher zu bestimmen.1875 Das Totengedenken nahm in den cluniazensischen Klöstern eine zentrale Bedeutung ein1876 – wenngleich die Zahl der zu memorierenden Personen derart schnell angestiegen ist, dass sich bereits Abt Petrus Venerabilis in den 1120er Jahren gezwungen sah, das Gebetsgedenken und die damit verbundene Armenspeisung drastisch zu reduzieren.1877

9.3

Historiographie vor dem Investiturstreit

9.3.1 Die Chronik Hermanns des Lahmen Die Distanz zwischen der Chronik Thietmars von Merseburg sowie der Hermanns von Reichenau wirkt bedeutend größer, als sie in Wahrheit ist. Gewiss lassen sich zahlreiche Unterschiede – nicht zuletzt bezüglich der Rolle des Episkopats in beiden Texten – aufzeigen, doch steht die frühsalische Historiographie den Texten der spätottonischen Epoche deutlich näher als den im aufziehenden Investiturstreit entstandenen Zeugnissen, selbst wenn diese, wie im Fall Berttibi‹, inquit, ›et, ut animo recondas, quod audieris, ammoneo. Vicina loca sunt nobis, ex semet ipsis manifesto dei iuditio gravissima eructuantia ignis incendia, in quibus anime˛ peccatorum ad tempus statutum diversa luunt supplicia. Sunt vero ad eorum semper renovanda tormenta multitudo demonum deputata , qui eorum poenas de die in diem restaurantes, intolerabiles magis ac magis exaggerant dolores. Quos tamen sepius audivi lamentantes et non parvam querimoniam facientes, quod orationibus religiosorum hominum et helemosinis pauperum, que˛ fiunt per diversa loca sanctorum, multoties per dei misericordiam ab eorum poenis liberarentur animae dampnatorum. Inter cetera vero mentionem et maximam querimoniam noveris illos precipue fecisse de illa Cluniacensi congregatione et ipsius abbate. Quapropter per deum te ammoneo, si ad tuos habueris reditum, ut he˛c omnia, quae a me audisti, nota facias predicte˛ congregationi et ex mea parte denuncies, quatinus magis ac magis insistant orationibus, vigiliis et helemosinis pro requie animarum in poenis positarum, ut per he˛c gaudium multiplicetur in ce˛lo et dampnum sive luctus inferatur diabolo.‹ Zur Grundstruktur des zweiten Buches der Vita vgl. Staub, Studien zu Iotsalds Vita des Abtes Odilo, S. 20–24. 1875 Vgl. Iogna-Prat, Dead in the Celestial Bookkeeping, S. 358. 1876 Vgl. Iogna-Prat, Dead in the Celestial Bookkeeping, S. 361; Wollasch, Moines et la mémoire des morts, S. 50–53. Einblicke geben dazu auch Anfang des 12. Jahrhunderts Ansichten von Petrus Venerabilis, vgl. Wollasch, Sterben und Tod, S. 107–112. Darüber hinaus nehmen die Sterbeszenen in Lebensbeschreibungen der ersten Äbte von Cluny eine Schlüsselposition ein und verdeutlichen das Modell cluniazensischen Todesverständnisses, vgl. Henriet, Chronique de quelques morts annoncées. 1877 Vgl. Angenendt, Liturgische Memoria, S. 213; Iogna-Prat, Dead in the Celestial Bookkeeping, S. 361; Wollasch, Sterben und Tod, S. 113f.; ders., Moines, S. 52f.

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Sterbeberichte von Bischöfen im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert

holds von Reichenau und Bernolds von Konstanz, in direktem Bezug zur Chronik Hermanns des Lahmen stehen.1878 Hermann (1013–1054), Sohn Graf Wolfrats II., litt möglicherweise bereits von Geburt an unter starken Einschränkungen an Beweglichkeit und Sprache.1879 Bereits in jungen Jahren wurde er dem Kloster Reichenau zur Erziehung übergeben,1880 wo er sich als einer der bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit etablierte. Zu seinen Werken zählt nicht allein Geschichtsschreibung, die zudem weder innovativ noch bahnbrechend gewesen ist;1881 er hat vor allem bedeutende Leistungen in den Bereichen der Musik, Astronomie, Mathematik und Poesie vorzuweisen.1882 Hermann profitierte bei seinen Studien von der enormen reichspolitischen Bedeutung, die die Reichenau unter Abt Bern (1008–1048) wieder erlangt hatte.1883 Gerade innerhalb Hermanns frühestens 1048 begonnener Chronik wird das Zusammenspiel von örtlichen Machthabern, den Konstanzer Bischöfen, in deren Einflussgebiet die Reichenau lag, den deutschen Königen und Kaisern sowie den Päpsten sehr deutlich.1884 Klar erkennbar wird eine geographische Verlagerung des Interesses in den süddeutschen Raum, während der Fokus der Annalistin aus Quedlinburg sowie Thietmars von Merseburg auf dem sächsischen Reichsteil lag, dem Mittelpunkt der ottonischen Königsmacht. Hermann schrieb Weltchro1878 Einen Überblick zur frühsalischen Geschichtsschreibung bietet Buchner, Frühsalische Geschichtsschreibung. 1879 Grundsätzlich zu Hermanns familiären Verhältnissen vgl. Borgolte, Über die persönlichen und familiengeschichtlichen Aufzeichnungen; Zotz, Hermann und seine Familie. Zu präzisieren ist, dass Hermann nicht Teil des Adelsgeschlechts der Grafen von Altshausen war, da dieses zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte, vgl. Patzold, Hermann der Lahme als Autor und Mensch, S. 326. Es ist nicht eindeutig zu bestimmen, ob Hermann bereits von Geburt an gelähmt gewesen ist oder sich die Lähmungserscheinungen erst im Laufe seiner Jugend ausgeprägt haben, vgl. Berschin, Ego Herimannus, S. 19–21. 1880 Vgl. Borst, Forschungsbericht Hermanns des Lahmen, S. 393. Einen Besuch der Augsburger Domschule hat zuletzt Berschin, Ego Herimannus, S. 21f., wieder plausibel zu machen versucht. Dagegen argumentiert Patzold, Hermann der Lahme als Autor und Mensch, S. 326f. Einen Überblick über Hermanns Leben bietet auch Berschin, Hermann der Lahme, S. 15–20. 1881 Vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 90; Patzold, Hermann der Lahme als Autor und Mensch, S. 330. 1882 Zu einem Überblick zum Werk Hermanns vgl. Berschin, Hermann der Lahme, S. 20–32. Aufgrund seiner vielseitigen Begabung ist Hermann immer wieder Gegenstand der Forschung geworden. Besonders hervorzuheben ist der von Thomas Zotz und Felix Heinzer im Jahr 2016 herausgegebene Sammelband zu Leben und Werk Hermanns, der aus einer zu dessen 1000. Geburtstag 2013 organisierten Fachtagung hervorgegangen ist und überzeugend die vielschichtigen Facetten von Hermanns Leben und Werk darstellt. 1883 Zu Bern vgl. Blume, Bern von Reichenau, S. 53–80. 1884 Vgl. zur Bedeutung der Reichenau zur Zeit Hermanns des Lahmen Maurer, Hermanns des Lahmen Kloster. Zum Abfassungszeitpunkt der Chronik vgl. Schmale, Reichenauer Weltchronistik, S. 135.

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nistik, nimmt jedoch den Faden Reginos von Prüm wieder auf und beginnt nicht mit der Erschaffung der Welt, sondern mit dem für ihn bedeutendsten Ereignis, der Geburt Jesu.1885 Damit stellt Hermann nicht nur sein Bekenntnis zum christlichen Glauben heraus, sondern sein Werk gleichermaßen in einen heilsgeschichtlichen Zusammenhang – wie dies u. a. bereits Gregor von Tours getan hatte, wenngleich noch ab der Erschaffung der Welt.1886 Aus dieser Tatsache heraus dürfen wir uns erhoffen, dass den Bischöfen als den Trägern des zu erwartenden Heils eine nicht unbedeutende Rolle zufallen wird. Beachtet werden muss, dass sich Hermann für die frühen Jahrhunderte seines Werkes auf ältere Quellen stützt und erst ab dem Bericht zum Jahr 901 sein Werk freier fortsetzt. a Der Bischofstod in der Chronik Hermanns des Lahmen bis zum Jahr 900 Bis zu dieser freieren Fortsetzung orientiert sich Hermann in besonderem Maße an Hieronymus, Beda, Fredegar und den Annalen aus Fulda sowie dem Liber Pontificalis,1887 ohne aber, wie Rudolf Buchner herausgestellt hat, eine Kontinuität der Antike zu ›seiner‹ Zeit herzustellen.1888 Hermann legt, anders als dies etwa Thietmar getan hatte, größten Wert auf eine ununterbrochene Sukzessi1885 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1, S. 74. Zu diesem bereits bei Regino zu findenden Beginn vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 90f. Ebd. (S. 91) auch zur Frage der Gattung, die sich einer klaren Zuordnung entzieht, sodass Hermanns Chronik formal gesehen »eine mit Christi Geburt beginnende, zunehmend ausführlicher werdende Annalistik« sei. Vgl. Berschin, Hermann der Lahme, S. 22. 1886 Vgl. Buchner, Geschichtsbild und Reichsbegriff Hermanns von Reichenau, S. 38; ders., Einleitung (zu Hermann von Reichenau), S. 620; Krieg, Schwäbische Geschichte und schwäbische Umwelt, S. 143. Zum christlichen Charakter von Hermanns Chronik vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 122f. Goetz macht dies insbesondere an Angaben zu Christenverfolgungen, Christianisierungen der Könige und Missionierungen aus. Zusätzlich warnt Hermann an 76 Stellen vor Häresie, zuletzt a. 1052 (S. 130), und weist nicht allein auf den Tod ausgewählter Apostel hin, sondern auch auf den bekannter Häretiker. Das Prinzip des Antithetischen, das schon die Historien Gregors von Tours ausgezeichnet hat, dringt durch, wenngleich Apostel und Häretiker einander nicht unmittelbar gegenübergestellt werden. Vgl. Goetz, S. 128–130. Die Reihe der Häretiker beginnt mit Simon Magus (a. 54, S. 75) und führt neben vielen anderen (Übersicht bei Goetz, S. 128f.) auch Arius (a. 319/321, S. 79). Vgl. zusammenfassend Patzold, Hermann der Lahme als Autor und Mensch, S. 330. 1887 Eine detailliertere Übersicht findet sich in der Vorbemerkung von Pertz (MGH SS 5), S. 68f. Vgl. Buchner, Einleitung (zu Hermann von Reichenau), S. 619; ders., Geschichtsbild und Reichsbegriff Hermanns von Reichenau, S. 44. 1888 Buchner, Geschichtsbild und Reichsbegriff Hermanns von Reichenau, S. 39f., macht dies anhand der bei Hermann nicht durchgehend zu findenden zusätzlichen Datierung nach Herrscherjahren deutlich. So folge er diesem Schema bis zum Ende des Jahres 375, somit dem Ende der gleichfalls verfahrenden Chronik des Hieronymus, dann erst und eigenständig wieder ab 714 und Karl Martell. Dagegen Schmale, Reichenauer Weltchronistik, S. 137 u. 144f., der die abgebrochene Zählung nach Herrscherjahren auf die Hermann zur Verfügung stehenden Quellen zurückführt. So würden bereits die Hildesheimer Annalen (SS rer. Germ. 8, S. 9) ab 714 mit der Zählung der Herrscherjahre einsetzen.

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onsliste der Päpste, reiht sie bis zu Leo IX. (gest. 1054) kontinuierlich aneinander.1889 Dies verwundert nicht, die Päpste repräsentieren in der Nachfolge Christi die göttliche Autorität und die Hoffnung, Zuversicht und Gewissheit auf das nachfolgende Heil am Ausgang dieser Welt. Hermanns Chronik könnte bis zum Jahr 901 ignoriert und als belanglos abgetan werden, da sich bis dahin allein Exzerpte nachweisbarer Vorlagentexte auffinden lassen.1890 Dies würde hingegen negieren, dass auch die bewusste Übernahme von Handlungen aus vorliegenden Texten eine kompositorische und sehr bewusst durchgeführte Handlung darstellt, die viel über Konzeption und Ziel des Autors verrät.1891 An Bischöfen mangelt es bis zum Übergang vom 9. zum 10. Jahrhundert nicht. Zwischen 3971892 und 891 übernimmt Hermann die Angaben zu 41 verstorbenen Bischöfen aus seinen Vorlagen. Diese Personen sind ihm bedeutsam genug erschienen, sie in seine meist nur wenige Sätze umfassenden Jahresberichte einzufügen. Darunter finden sich Martin von Tours, Ambrosius von Mailand, Augustinus von Hippo und Gregor der Große.1893 Es ist nicht möglich, jeden einzelnen Bericht bei Hermann mit seiner Vorlage im Hinblick auf etwaige Anpassungen zu vergleichen. Auch kann nicht nachverfolgt werden, inwiefern er alle bischöflichen Todesfälle seinen Vorlagen entnommen hat oder selektiv vorgegangen ist. Dieser Frage soll exemplarisch im Rahmen der eindeutigen Abhängigkeit Hermanns zu den Fuldaer Annalen ab Beginn der Berichte zum 9. Jahrhundert nachgegangen werden. Zunächst folgen noch einige allgemeine Anmerkungen zu den frühen Jahren. Aufgrund seiner Vorlagen bietet sich eine sehr weitläufige Perspektive, von einer Einschränkung auf den süddeutschen Raum 1889 Ohne aber, darauf macht Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 104f., aufmerksam, ein Werturteil zu einem Papst zu äußern. Eine Ausnahme bildet Bonifaz VII., der, nachdem er sich den päpstlichen Stuhl unrechtmäßig angeeignet haben soll, nicht nur einem plötzlichen Tod zum Opfer fiel, sondern auch dessen Leichnam geschändet wurde. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 985, S. 117. In den Augen Hermanns mag es sich somit nicht um einen rechtmäßigen Papst gehandelt haben. Zwar schließt ihn Hermann nicht aus der Nummerierung aller Päpste aus, wirft ihm jedoch zusätzlich vor, seinen Vorgänger in der Engelsburg eingesperrt und schließlich zum Hungertod verurteilt oder sogar vergiftet zu haben (a. 984, S. 117). 1890 Zu Hermanns wichtigsten Quellen vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 92. Zum universalhistorischen Charakter der Chronik vgl. Deutinger, Lateinische Weltchronistik, S. 83f. 1891 Zu Hermanns Kompilationsmethode vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 93 u. 102. 1892 Bis 378 orientiert sich Hermann fast vollständig an der Chronik des Hieronymus. Bischöfliche Todesfälle kommen nur selten vor und liegen zumeist außerhalb des zentraleuropäischen Raums, so Anianus von Alexandria, Simeon von Jerusalem oder Cyprian von Karthago, vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 86, 109 u. 257, S. 75f. u. 78. Ausnahmen sind Paulinus von Trier, Hilarius von Poitiers und Eusebius von Vercelli (a. 357, 367 u. 368, S. 79f.). 1893 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 397, 398, 430 u. 605, S. 80, 82 u. 91.

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kann noch nicht gesprochen werden.1894 Vielmehr zeigt sich Hermanns Interesse am merowingischen und angelsächsischen Episkopat, beeinflusst in besonderem Maße durch Fredegar und Beda. So finden sich auf der einen Seite mit den Ableben von Brictius von Tours, Medardus von Noyon, Germanus von Paris, Aetherius von Lyon und Desiderius von Vienne bekannte Beispiele.1895 Auf der anderen Seite, von Beda entnommen, bietet Hermann eine fast vollständige Liste der ersten Erzbischöfe von Canterbury sowie darüber hinaus Bischöfe von York, Lindisfarne, Worcester, Sherborne und Hexham.1896 Finden sich zwischen 397 und 609 – neben den genannten Kirchenvätern Ambrosius und Augustinus – einzig Todesberichte zu fränkischen Bischöfen, sind es zwischen 612 und 709 nur angelsächsische Prälaten. Über kontinentaleuropäische Bischöfe lagen ihm in diesem Zeitraum keine Angaben vor, bis schließlich ab Beginn der Abhängigkeit von den Annalen aus Fulda die ostfränkisch-deutschen Bischöfe mit wenigen Ausnahmen im Mittelpunkt stehen. Welche Gründe für die Auswahl der Bischöfe der ersten Jahrhunderte Pate gestanden haben mögen, ist schwer auszumachen, doch scheinen alle Personen für Hermann in besonderem Maße der Initiierung, Ausbreitung und Verfestigung des christlichen Glaubens verbunden gewesen zu sein. Entsprechend dieser, zugegeben sehr allgemeinen Argumentation findet sich auch der Tod Benedikts von Nursia und Columbans.1897 Hinzu treten Ergänzungen losgelöst von seinen Vorlagen. Hermann nennt Boëthius sowie Isidor von Sevilla und ihre herausragenden Leistungen.1898 Das 8. und 9. Jahrhundert seines Geschichtswerkes speisen sich vornehmlich aus den Fuldaer Annalen, sodass sich die Möglichkeit bietet, beide Texte sowohl hinsichtlich inhaltlicher Gestaltung als auch sprachlicher (Ver)Formung nebeneinander zu legen. Der erste den Fuldaer Annalen entnommene Bericht bildet das bereits ausführlicher diskutierte Ableben Hildegars von Köln.1899 Der Fuldaer 1894 Zu Hermanns Perspektive bis zu und ab dem Jahr 900 vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 100, sowie die Karte ebd., S. 101. 1895 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 443, 559, 576, 604 u. 609, S. 82, 88f. u. 91. Ein knapper Abgleich mit der Fredegar-Chronik zeigt, dass Hermann keineswegs alle dort aufzufindenden Berichte bischöflicher Todesfälle übernommen hat. 1896 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 612, 620, 624, 644, 651, 653, 664, 690, 697, 705, 708, 709 u. 721, S. 92–98. Beda, der die Weltchronistik im Frühmittelalter »zu einem ersten Gipfelpunkt« geführt hatte (von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 108), tritt neben Hieronymus insbesondere aufgrund seiner komputistischen Arbeiten als wichtigster Vorarbeiter für Hermann auf. 1897 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 543 u. 596, S. 87 u. 90. Hinzu tritt beispielsweise die Nennung von Mamertus von Vienne als Schöpfer der Bittprozession vor Christi Himmelfahrt (a. 501, S. 85). Sein Ableben wird hingegen nicht berichtet. 1898 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 497 u. 616, S. 85 u. 92. Vgl. Goetz, Geschichtsund Weltbild der Chronik Hermanns, S. 118. Zu Boëthius’ Rolle für Hermann vgl. Borst, Tod Hermanns des Lahmen, S. 277; ders., Ein exemplarischer Tod, S. 26f. 1899 Vgl. Kapitel 7.4.1 a und 7.4.2.

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Annalist hatte diesen Bericht seinerseits einer Vorlage entnommen – bis 829 orientiert sich der Annalist an den Fränkischen Reichsannalen – und berichtet, Hildegar sei während einer Expedition (expeditio) nach Sachsen von den Sachsen erschlagen worden (a Saxonibus interimitur). Hermann orientiert sich an diesem Bericht, übernimmt ihn allerdings nicht wortwörtlich. Er schreibt: Pipinus rex perfidam rursus Saxoniam vastat, ibique Hildigarius Coloniensis archiepiscopus occisus est.1900 Es stellt sich die Frage, weshalb Hermann die Formulierung ändert, eine relevante Kürzung erzielt er dadurch nicht. Offensichtlich war es ihm wichtig, die eigens betonten Umstände von Hildegars Tod durch die Sachsen abzuschwächen, ohne die Episode gänzlich unberücksichtigt zu lassen. Ob es ihm unangenehm gewesen sein mag, die mittlerweile keineswegs mehr als treulos oder verräterisch zu charakterisierenden Sachsen mit einem Bischofsmord in Verbindung zu bringen, muss offenbleiben. Deutlich wird aber bereits an diesem Beispiel, dass Hermann nicht gedankenlos Form und Inhalt seiner Vorlage übernommen, sondern bewusst gestalterisch eingegriffen hat. Gleich im Folgejahr bietet das Martyrium des Bonifatius das nächste Beispiel. Die Fuldaer Annalen bieten: Bonifatius archiepiscopus Mogontiacensis aecclesiae evangelizans genti Fresonum verbum Dei martyrio coronatur anno episcopatus sui XXXVI., die quarto mensis Iunii. Bei Hermann findet sich: Sanctus Bonifacius Mogontiensis archiepiscopus cum Fresonibus euangelizaret, martyrio ab eis coronatus est, anno episcopatus 36. et apud Fuldense coenobium sepultus.1901 Auffällig ist insbesondere, dass Hermann die Angabe des Todestages nicht übernimmt. Dafür ergänzt er den Ort der Grabstätte, der sich weder in den Reichsannalen noch in den Fuldaer Annalen findet. Offensichtlich hat Hermann über zusätzliche Informationen verfügt. Änderungen dieser Art finden sich auch bei den beiden weiteren Beispielen der Fuldaer Annalen bis 829.1902 Über die Anpassung seiner Vorlage hinaus nimmt Hermann eigenständig Ergänzungen aus der Reichenauer Überlieferung vor, die von der Perspektive 1900 Annales Fuldenses a. 753, S. 6; Hermann von Reichenau, Chronicon a. 753, S. 99. 1901 Annales Fuldenses a. 754, S. 6; Hermann von Reichenau, Chronicon a. 754, S. 99. 1902 Dies betrifft die Todesfälle des Patriarchen Paulinus von Aquileja 802 sowie den Tod Richbods von Trier 804. Findet sich in den Annales Fuldenses a. 802, S. 15: Paulinus patriarcha Foroiuliensis obiit, bietet Hermann von Reichenau, Chronicon a. 802, S. 101, eine geographische Präzisierung: Paulinus, patriarcha Foroiuliensis seu Aquilegiensis, obiit. Bei Richbod von Trier ist die Änderung marginal, statt Annales Fuldenses a. 804, S. 16: Rihbodo archiepiscopus Trevirensis moritur findet sich bei Hermann von Reichenau, Chronicon a. 804, S. 101: Richpoto Treverensis archiepiscopus obiit. Inhaltlich ändert sich dadurch nichts, doch zeigt sich der bewusste Umgang Hermanns mit seiner Vorlage. Nicht ausgeschlossen, aber auch nicht nachweisbar ist, dass bereits Hermann eine in gewissen Punkten angepasste Fassung der Fuldaer Annalen vorgelegen haben mag. Dass jedoch genau in diese Aspekte eingegriffen worden sein soll, ist mehr als unwahrscheinlich.

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seines Klosters bestimmt sind. Neben Wechseln auf den Abtsstühlen der Reichenau und von St. Gallen finden sich Angaben zu den Konstanzer Bischöfen, erstmals im Jahr 781 zum Ableben Johannes’ von Konstanz und zu seinem Nachfolger Egino.1903 Es folgt eine fast geschlossene Sukzessionsfolge der Konstanzer Bischöfe bis zum 1051 investierten Rumold.1904 Neben den Konstanzer Bischöfen ergänzt Hermann weitere Todesfälle, die sich unmittelbar durch ihre Verbindung zur Reichenau erklären lassen. Deutlich wird daraus nicht nur das vornehmlich in seinen Mitbrüdern zu suchende Zielpublikum, sondern auch eine persönliche Identifizierung Hermanns mit seinem Kloster.1905 Egino von Verona hat auf der Reichenau sein Grab gefunden,1906 gleichermaßen Heito von Basel, der in Personalunion auch Abt der Reichenau gewesen ist, und Eginos Nachfolger in Verona, Ratold, der ebenfalls seinen Bischofsstuhl aufgab und in einer cella (das spätere Radolfzell) bei der Reichenau lebte.1907 Zusätzlich findet sich die Angabe zum Tod des Reichenauer Mönchs Wetti und zu dessen von Heito und Walahfrid verschriftlichter Vision.1908 Die unabhängig von den Fuldaer Annalen bis zum Jahr 900 ergänzten Todesfälle erweisen sich als äußerst schlicht. Während Egino von Verona hac vita decessit, findet sich bei den Konstanzer Bischöfen Egino und Salomo I. († 871) sowie Heito von Basel und Ratold von Verona nur das neutrale obire. Die Annalen selbst bieten in ihrem selbständigeren Teil zwischen 847 und 899 insgesamt 15 bischöfliche Todesfälle (Päpste ausgenommen), bei Hermann sind es, die eigenständig hinzugefügten Beispiele nicht mitgerechnet, neun Fälle. Hermann hat somit allem Anschein nach bewusst Beispiele ausgeklammert und in seine Chronik nicht übernommen. Rudolf Buchners Einschätzung, Hermanns Chronik hebe sich nur sehr selten »durch eine eigene Nuance« von den Fuldaer Annalen ab,1909 ist bereits mit den bischöflichen Todesschilderungen nicht in Einklang zu bringen. Kommen wir zunächst zu den Parallelen. Die Annalen nennen den Tod von fünf Mainzer Erzbischöfen (Otgar, Hraban, Karl, Liutbert 1903 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 781, S. 100. 1904 Es fehlen Nachrichten zum Ableben von Wolfleoz († 838/39), nachdem dessen Erhebung noch thematisiert worden ist. Die Bischöfe Patecho (871–?) und Gebhard I. (?–875) fehlen ganz. Vgl. zu den Konstanzer Bischöfen Maurer, Bistum Konstanz. 1905 Vgl. Krieg, Schwäbische Geschichte und schwäbische Umwelt, S. 134; Patzold, Hermann der Lahme als Autor und Mensch, S. 328. Krieg (S. 135 u. 143–145) geht noch über den klösterlichen Blickwinkel hinaus und erkennt ein »Wir-Bewusstsein« Hermanns nicht nur gegenüber der Reichenau, sondern auch gegenüber Schwaben und sogar »Deutschland«. Vgl. Buchner, Geschichtsbild und Reichsbegriff Hermanns von Reichenau, S. 55–57. 1906 Egino hatte bereits zuvor mehrere Jahre in einer cella auf der Reichenau gelebt. Vgl. Berschin / Zettler, Egino von Verona. Zu Egino vgl. Zettler, Karolingischen Bischöfe von Verona. 1907 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 802, 836 u. 874, S. 101, 103 u. 107. 1908 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 824, S. 103. 1909 Vgl. Buchner, Geschichtsbild und Reichsbegriff Hermanns von Reichenau, S. 48.

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und Sunderold), zu den drei ersten auch den Todestag. Hermann übernimmt alle fünf Todesfälle, immerhin gehört das Konstanzer Bistum zur Mainzer Kirchenprovinz. Allerdings verzichtet er bei Otgar und Karl auf die Angabe der Todestage. Dies ist umso erstaunlicher, als Hermann großen Wert auf die Datierung legt, seine Chronik von Anfang an nicht nach Herrscherjahren, sondern nach Inkarnationsjahren gliedert.1910 Auch genaue Tagesdaten spielen eine nicht unwesentliche Rolle, er notiert zu insgesamt 45 Todesfällen, darunter fallen nicht nur Bischöfe, den genauen Todestag.1911 Geleitet ist Hermann im Fall der Mainzer Erzbischöfe allem Anschein nach nur vom Gedanken der vollständigen Sukzession, die ihm erneut, wie bei den Bischöfen von Konstanz, mit wenigen Lücken bis in seine Zeit gelingt.1912 Die übernommene Angabe zu Hraban hat folglich nicht primär memorialen Charakter. Es hat vielmehr den Anschein, als habe der in Mathematik, Komputistik und Astronomie wohl bewanderte Hermann Anstoß daran genommen, wie der Todestag Hrabans verschriftlicht worden ist. In den Annalen heißt es: Mense Februario, IIII. die mensis eiusdem, defunctus est Hrabanus. Hermann korrigiert: Rhabano […] 2. Non. Febr. defuncto.1913 Besonders auffällig wird dieser Sachverhalt unter Berücksichtigung des Todestages Karls von Mainz. Während Hraban am 4. Februar starb, starb Karl am 4. Juni, in diesem Fall aus der Sicht Hermanns offensichtlich korrekt dargestellt (II. Non. Iunii).1914 Zumindest sah er sich nicht veranlasst, auch diese Angabe zu übernehmen. Neben den Mainzer Erzbischöfen finden sich sowohl in den Annalen als auch bei Hermann der Tod Gozbalds von Würzburg, Walas von Metz, Salomos II. von Konstanz und Embrichos von Regensburg. Bei Gozbald und Embricho mag die weit ausgelegte süddeutsche Perspektive Hermanns eine Rolle gespielt haben. Hinzu tritt bei Gozbald der von Hermann in Teilen übernommene ausführliche Bericht der Fuldaer Annalen über die Zerstörung der Kirche des hl. Kilian in Würzburg infolge eines Blitzschlags. In diesem Zusammenhang lag es für Her1910 Vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 95f. 1911 Vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 99. Und auch sonst spielen Tagesdaten eine größere Rolle, beispielsweise bezüglich Handlungen Papst Leos IX. die Reichenau betreffend oder nicht zuletzt seiner eigenen Geschichte wie z. B. sein Geburtstag, vgl. Krieg, Schwäbische Geschichte und schwäbische Umwelt, S. 135 u. 137. 1912 Es fehlt jedoch die so illustre Persönlichkeit Wilhelm, was umso mehr erstaunt, als dass gerade er als Sohn Ottos I. im Bewusstsein der Menschen besonders erwartet werden dürfte. Hermann lässt jedoch irrtümlich auf Friedrich bereits Hatto II. folgen. Noch erstaunlicher wird dies, da den schon 939 endenden Annales Augienses, S. 69, zu den Jahren 953 und 954 Ereignisse aus Mainz hinzugefügt worden sind, darunter zu 954 ausführlicher der Tod Friedrichs sowie die Nachfolge Wilhelms. Daneben fehlt bei Hermann Rudbert († 975). 1913 Annales Fuldenses a. 856, S. 46; Hermann von Reichenau, Chronicon a. 856, S. 105. 1914 Annales Fuldenses a. 863, S. 57.

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mann nahe, auch den kurz darauf erfolgten Tod des Bischofs anzuhängen, ohne aber das Todesdatum zu übernehmen.1915 Auch im Falle Embrichos liegt das Interesse Hermanns mehr auf der Regensburg ergriffenen Zerstörung in einer Feuersbrunst als auf dem Tod Embrichos, wenngleich er die positive Konnotierung zu Embrichos Person von den Annalen, wenn auch gekürzt, übernimmt.1916 Beide Beispiele lassen die Annahme zu, dass Hermann hier den Naturerscheinungen, deren er ohnehin zahlreiche mitteilt,1917 seine eigentliche Aufmerksamkeit entgegenbringt, die Todesfälle daneben mehr beiläufig anhängt. Der von Normannen ermordete Wala mag durch sein Martyrium das Interesse Hermanns geweckt haben,1918 wenngleich sich oberlothringische Bischöfe auch im weiteren Verlauf mehrfach nachweisen lassen. Der gewaltsame Tod wird nicht der entscheidende Grund für Hermann gewesen sein, Wala zu berücksichtigen, denn nur zwei Jahre vor seinem Ableben ereilte gemäß der Fuldaer Annalen bereits die Bischöfe Dietrich (von Minden) und Markward (von Hildesheim) dieses Schicksal im Kampf mit den Normannen.1919 Hermann allerdings ignoriert beider Tod. Es liegt sicher nahe, dass Hermann mit den Namen allein nichts anzufangen wusste, immerhin verzichtet der Annalist darauf, die Bischöfe Bistümern zuzuweisen. Doch wäre Hermann gewiss in der Lage gewesen, sich die notwendigen Informationen zu beschaffen. Viel wahrscheinlicher ist sein Desinteresse am sächsischen Raum. Deutlich wird dies auch an anderer Stelle. In den Annalen findet sich zum Jahr 853 der Tod der Bischöfe Hemmo von Halberstadt und Hadowart von Minden sowie des Chorbischofs Reginher von Mainz.1920 Während die Institution des Chorbischofs für Hermann sämtliche Relevanz verloren haben musste,1921 sind Halberstadt und Minden außerhalb seines geographischen Fokus’. Diese Beobachtung beschränkt sich nicht allein auf die Jahresberichte bis zum Ende des 9. Jahrhunderts, es findet sich generell kein Todesfall eines sächsischen Bischofs in der Chronik Hermanns. Die Nutzung seines Werkes zu Memorialzwecken hat ihn nicht an erster Stelle getrieben. Parallelen zu Thietmar, dem eifrigen Sammler von Todesnachrichten, finden sich 1915 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 855, S. 105. 1916 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 891, S. 110. Dass nicht allein die fränkischbayerische Perspektive eine Rolle spielt, zeigt das in den Fuldaer Annalen mitgeteilte Ableben Engilmars von Passau im Jahr 899, das Hermann übergeht. 1917 Vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 119f., mit tabellarischer Übersicht S. 120. 1918 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 882, S. 108. 1919 Vgl. Annales Fuldenses a. 880, S. 94. Zu Markward vgl. Goetting, Bistum Hildesheim, S. 117–122, speziell zu seinem Tod in der Schlacht ebd., S. 120–122, unter Nennung weiterer Quellen. Zu Dietrich von Minden vgl. Herpich / Kluger, Minda, S. 89f. 1920 Vgl. Annales Fuldenses a. 853, S. 44. 1921 Vgl. immer noch Gottlob, Chorepiskopat. Aktueller Müller, Gedanken zum Institut der Chorbischöfe.

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nicht. Von Interesse sind für Hermann weniger die Bischöfe als einheitliche Gruppe als vielmehr diejenige Gemeinschaft von Bischöfen, die für ihn, für sein Kloster, die Reichenau, in irgendeiner Form von Bedeutung gewesen ist. Dies wird auch im ab dem Jahr 901 eigenständigeren Bericht Hermanns deutlich werden. b Der Bischofstod in der Chronik Hermanns des Lahmen ab dem Jahr 900 Das Prädikat ›eigenständiger‹ bedeutet hingegen nicht, dass Hermann von nun an völlig frei von anderen Vorlagen gearbeitet hätte.1922 Wie genau Hermann mit seinen Vorlagen umgegangen ist, ist hingegen ein Desiderat der Forschung, wozu erst im Rahmen einer dringend nötigen Neuedition der Chronik Antworten gegeben werden können.1923 Bereits im vorherigen Abschnitt ist bemerkt worden, dass sich die Mainzer Erzbischöfe und Konstanzer Bischöfe in nahezu vollständiger Zahl bis in Hermanns Zeit wiederfinden. Es handelt sich um sieben Mainzer sowie elf Konstanzer Bischöfe.1924 Damit entfallen 18 von insgesamt 50 bischöflichen Todesfällen, die Hermann in seine Chronik zwischen 901 und ihrem Ende 1054 aufgenommen hat, auf Mainz und Konstanz.1925 Doch ging es Hermann nicht um den memorialen Aspekt. Zwar wird der ein oder andere Bischof mit lobenden, aber keineswegs innovativen Worten ausgezeichnet, einen konkreten Todestag liefert Hermann zu den Konstanzer und Mainzer Prälaten dagegen nur in drei Fällen. Darunter sind zwar mit Bardo von Mainz und Dietrich von Konstanz die letzten zu Lebzeiten Hermanns verstorbenen Bischöfe ihrer Bistümer (beide 1051),1926 doch wäre Hermann mutmaßlich in der Position gewesen, auch die Sterbedaten ihrer Vorgänger zu ergründen und in seine Chronik zu integrieren. Hermanns Fokus liegt nicht auf bischöflichen Sterbedaten, somit nicht auf einer bischöflichen memoria, die über die Nennung von Namen hinausgeht. 1922 Vgl. Schmale, Reichenauer Weltchronistik, S. 147. Er listet ebd. die von Hermann herangezogenen Quellen auf, bis er spätestens ab den 1040er Jahren eigene Zeitgeschichte niederschrieb. 1923 Vgl. Patzold, Hermann der Lahme als Autor und Mensch, S. 330. 1924 Mainz: Hatto I., Heriger, Friedrich, Willigis, Erkanbald, Aribo und Bardo. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 913, 927, 955, 1011, 1021, 1031 u. 1051, S. 112f., 115, 119–121 u. 130. Konstanz: Salomo III., Noting, Konrad, Gamenolf, Gebhard, Lambert, Rudhard, Heimo, Warmann, Eberhard und Dietrich. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 919, 934, 974, 979, 995, 1018, 1022, 1026, 1034, 1046 u. 1051, S. 112f., 116–121, 126 u. 130. 1925 Zu den von Hermann aufgenommenen Bischöfen vgl. auch Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 107 und 112, mit der Karte S. 113, sowie die tabellarische Übersicht S. 108–111. Zur grundsätzlichen Vielzahl von Todesfällen in Hermanns Chronik (unabhängig von Bischöfen) vgl. ebd., S. 115 u. 118. Individuelle Todesfälle, ausgenommen die Papstwechsel, allgemeine Angaben zu Opfern von militärischen Handlungen oder Epidemien u. ä., finden sich ab 901 in knapp der Hälfte aller Jahresnotate. 1926 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1051, S. 130. Daneben findet sich der Todestag des 974 verstorbenen Konrad von Konstanz, vgl. a. 974, S. 116.

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Nun ließe sich einwenden, Hermann sei nicht wie Thietmar selbst Bischof, vielmehr Mönch gewesen. In der Tat vermerkt er lückenlos alle Äbte der Reichenau; zwischen 900 und dem Ende der Chronik sind dies insgesamt 14 Äbte.1927 Allerdings kann auch dieser Liste nur zu einem Abt dessen Sterbedatum entnommen werden, erneut bei dem für Hermann letzten Verstorbenen und gleichermaßen bedeutendsten Abt der Reichenau, Bern, der im Jahr 1048 verstarb.1928 Das Interesse Hermanns für die Personen in seinem und seines Klosters Umfeld ist groß. Dies belegen allein mehrere weitgehend lückenlose Bischofs- und Abtslisten,1929 doch steht der Aspekt der memoria dabei nicht im Vordergrund. Auch die Form der Todesdarstellung ist unspektakulär, zumeist äußerst simpel, ohne besonderes Detailwissen. Neben dem sehr häufigen obiit finden sich Formulierungen wie Hattone […] mortuo oder Notingo episcopo defuncto.1930 Die Verstorbenen werden ohne weitere Angaben genannt, ihren Tod mitzuteilen ist einzig von Bedeutung, um den Nachfolger anschließen zu können. Allerdings gibt es Ausnahmen unter den bisher behandelten Bischöfen. Heimo von Konstanz soll infolge eines plötzlichen Todes gestorben sein. Ein schlechter Tod wird daraus dennoch nicht. Hermann relativiert die Umstände des unerwarteten Ablebens sofort, Heimo litt an einer Lungenentzündung. Ganz so plötzlich wird der Tod somit nicht eingetreten sein.1931 Auch der Blick auf verstorbene weltliche Herrschaftsträger zeigt, dass ein plötzlicher Tod allein nicht negativ konnotiert werden kann.1932 Aribo von Mainz starb auf dem Weg nach Rom, wohin er sich 1927 Gleichermaßen finden sich die Äbte von St. Gallen, vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 114, mit tabellarischer Übersicht S. 116f.; Krieg, Schwäbische Geschichte und schwäbische Umwelt, S. 134. 1928 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1048 S. 128. 1929 Auch im weltlichen Bereich gibt Hermann weitgehend vollständige Herrschaftswechsel an. Neben den Wechseln auf dem Thron nennt Hermann zwischen 911 und 1048 mit einer Ausnahme alle schwäbischen Herzöge, zudem mit drei Ausnahmen zwischen 907 und 1054 alle bayerischen. Vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 105. 1930 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 913 u. 934, S. 112f. Vergleichbare Formulierungen bieten auch die Todesberichte zu Liudolf von Trier und Lambert von Konstanz, vgl. a. 1008 u. 1018, S. 119. 1931 Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1026, S. 120: Ipso anno Constantiae Heimo episcopus subita morte pleuresi tactus decessit. Deutlich wird einmal mehr, wie Hermann mit möglichen Vorlagen umgegangen sein mag. Die MGH verweisen auf die Annales Sangallenses maiores a. 1026, S. 83, doch findet sich dort nur: Heimo praesul Constantiensis defungitur. Hermann verfügte somit über weiterführende Informationen, die er für wert befand, sie ebenfalls aufzunehmen. Warum er dies nicht bei anderen Bischöfen, gerade bei den ihm vertrauten Konstanzern, vorgenommen hat, mag vielleicht mit deren tatsächlich weitgehend unspektakulären Ableben zusammenhängen. Tendenzen zur Polemik auf episkopaler Ebene finden sich bei Hermann ohnehin so gut wie nicht. Zu Heimo vgl. Maurer, Bistum Konstanz, S. 171–173. 1932 Gemäß der Chronik sind sowohl Otto I. als auch Konrad II. eines plötzlichen Todes gestorben, ohne dass ihr Ableben in irgendeiner Form auf göttlichen Einfluss zurückgeführt wird. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 973 u. 1039, S. 116 u. 123.

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des Gebets wegen begeben hatte, somit außerhalb seiner Diözese. Auch dies könnte eine negative Deutung nach sich ziehen, doch findet sich dergleichen nicht – bei der frommen Absicht seiner Reise wäre dies auch nicht zu erwarten gewesen.1933 Bardo von Mainz hingegen wird nicht nur als besonders frommer und heiliger Mensch beschrieben und allein durch die Formulierung des Todesvorgangs (ab hac luce subtractus) besonders ausgezeichnet, zudem sollen sich nach seinem Ableben zahlreiche Wunder ereignet haben.1934 Neben Bischöfen aus Mainz und Konstanz liegt der Schwerpunkt der weiteren von Hermann berücksichtigten Bistümer im süddeutschen Raum. Mit Augsburg, Speyer und Straßburg treten Bistümer im unmittelbaren Umfeld Schwabens hervor,1935 daneben finden sich Amtsträger aus Bamberg, Freising, Köln, Lüttich, Metz, Regensburg, Trier und Würzburg sowie, insbesondere ab 1040, aus den italienischen Metropolen Aquileja, Mailand und Ravenna.1936 Sächsische Bischöfe erscheinen überhaupt nicht, weder wird über ihren Tod berichtet, noch treten sie als Personen innerhalb der Chronik in Erscheinung. Alles spielt sich weitgehend im schwäbischen Umfeld ab. Zwischen den von Hermann aufgenommenen Bistümern muss in einem zweiten Schritt noch einmal unterschieden werden. Während sich fünf Augsburger, vier Straßburger, immerhin drei Kölner sowie alle drei Bamberger Bischöfe seit Gründung des Bistums Bamberg im Jahr 1007 finden, sind die übrigen Bistümer mit maximal zwei Vorstehern vertreten. Von Kontinuität kann dabei keine Rede sein. Andere Gründe mögen ihre Aufnahme motiviert haben. Die hohe Zahl Augsburger Bischöfe ist dahingehend zu erklären, dass der bedeutende Augsburger Bischof Ulrich (923–973) ein direkter Vorfahre Hermanns gewesen ist.1937 Die Bedeutung, die Hermann Ulrich beimisst, wird insbesondere im Zusammenhang mit dem Tod seiner Mutter deutlich, deren er in seiner Chronik ausführlich gedenkt – weit ausführlicher als jedes anderen Verstorbe1933 Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1031, S. 121: Aribo, Mogontinae sedis archiepiscopus, Romam orandi gratia petens, hac vita decessit. 1934 Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1051, S. 130: Bardo, venerabilis Mogontinae sedis ex monacho archiepiscopus, omni pietate et sanctitate mirabilis, 3. Idus Iun. ab hac luce subtractus, multis post obitum claret miraculis. Zu von Hermann berichteten Wundertaten vgl. Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 124. Nur knapp auf den Tod Bardos geht Vulculd in seiner Vita Bardos c. 10 ein (obdormivit in Domino). Einen ausführlicheren Bericht unter umfänglicher Information über die Beisetzung bietet die Vita Bardonis maior c. 26–28, S. 340f. Zur Zusammenfassung der Viten vgl. Lotter, Hagiographische Literatur II.1, S. 375–380. Vgl. Coué, Acht Bischofsviten aus der Salierzeit, S. 380, 382f. u. 394. 1935 Vgl. auch Krieg, Schwäbische Geschichte und schwäbische Umwelt, S. 136. 1936 Metropoliten, mit denen auch Heinrich III. intensivere Verbindungen pflegte, vgl. Huschner, Bischöfe und Kleriker südalpiner Provenienz, S. 123f. 1937 Vgl. den Stammbaum bei Borgolte, Über die persönlichen und familiengeschichtlichen Aufzeichnungen, S. 5.

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nen. Er lobt ihre frommen Tugenden und berichtet, dass sie in der von ihr in Altshausen errichteten und dem hl. Ulrich geweihten Kapelle beigesetzt worden ist, um anschließend die Grabinschrift ebenfalls hinzuzufügen.1938 Ulrich spielte somit im Leben der Familie eine entscheidende Rolle,1939 so entscheidend sogar, dass sich Hermann nach seinem Tod nicht auf der Reichenau, sondern ebenfalls in Altshausen neben seiner Mutter in der Ulrichskapelle bestatten ließ.1940 Es überrascht daher nicht, dass Hermann den Tod Ulrichs besonders ausführlich schildert, den Todestag angibt und, in diesem Fall wertend, hinzufügt: felici obitu migravit ad Dominum. Bis zum heutigen Tag hat er sich danach noch durch Wunder ausgezeichnet.1941 Hermann lobt allerdings in erster Linie nicht den Bischof Ulrich, auch wenn erst dieses Amt, das er 50 Jahre lang ausgefüllt hat, ihm seine enorme Bedeutung zukommen ließ, sondern den Vorfahren Ulrich, der bis zur aktuellen Generation seiner Familie einen festen Platz im Gedenken einnimmt und in Form der Ulrichskapelle auch sichtbar und zeitlos mit der Familie verbunden ist. Dass Hermann darüber hinaus im Besonderen für das Bistum Augsburg Interesse zeigt, ist nur folgerichtig. Viele Angaben übernimmt er aus der Vita Ulrichs, die ihm vorgelegen hat, was die besondere Kenntnis Hermanns gerade der Augsburger Geschichte des 10. Jahrhunderts erklärt.1942 Zu Straßburg lässt sich eine solch enge Verbindung nicht nachweisen. Den Tod Otberts 912 nennt Hermann, gibt aber nicht an, dass es sich um Otbert von Straßburg handelt. Das Interesse Hermanns mag Otberts gewaltsamer Tod erregt haben, ohne dass er weitere Details nennt. Widerold und Werner von Straßburg haben durch ihre reichspolitische Bedeutung ihren Eingang in die Chronik gefunden. Widerold starb während der Italienfahrt Ottos III. 999 in Italien – außerdem folgte auf ihn mit Alawich der bisherige Abt der Reichenau –, Werner als Gesandter Konrads II. 1028 in Byzanz. Wilhelm schließlich wird 1047 nur am Rande genannt, es geht hierbei um die Ernennung seines Nachfolgers. Darüber

1938 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1052, S. 130f. Neben adligem Familienbewusstsein spricht aus diesen Versen auch kaum zurückgehaltener Stolz auf die eigenen dichterischen Fähigkeiten. Vgl. Krieg, Schwäbische Geschichte und schwäbische Umwelt, S. 139. Zu in der Chronik verarbeiteten persönlichen Schicksalsschlägen Hermanns vgl. Borst, Tod Hermanns des Lahmen, S. 278–280. 1939 Vgl. Borgolte, Über die persönlichen und familiengeschichtlichen Aufzeichnungen, S. 6; Krieg, Schwäbische Geschichte und schwäbische Umwelt, S. 138. 1940 Vgl. Borst, Forschungsbericht Hermanns des Lahmen, S. 393; Krieg, Schwäbische Geschichte und schwäbische Umwelt, S. 139. 1941 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 973, S. 116. 1942 Vgl. die zahlreichen Verweise innerhalb der Edition in den MGH. Neben Ulrich berichtet Hermann über den Tod der Augsburger Bischöfe Adalbero, Heinrich (gefallen / vermisst in der Schlacht von Cotrone 982), Brun und Eberhard. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 910, 982, 1029 u. 1047, S. 112, 117, 121 u. 127.

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wird noch zu sprechen sein.1943 Die Personen sind somit von geringem Interesse, ihre reichspolitische Bedeutung ist entscheidend. Dies führte auch zur Aufnahme ausgewählter Erzbischöfe von Köln (Brun, Heribert, Pilgrim) und Trier (Liudolf, Megingaud)1944 sowie u. a. des durchaus streitbaren Lütticher Bischofs Wazo.1945 Auffällig ist aber Hermanns großes Interesse an Sukzessionen. Mit Ausnahme Otberts von Straßburg, Bruns von Köln, eines ungenannt gebliebenen Bischofs von Asti1946 und Nizos von Freising nennt Hermann immer den Nachfolger des verstorbenen Bischofs. Die Information über den Tod des Bischofs von Asti im Rahmen von Auseinandersetzungen in Italien entnimmt Hermann den Gesta Chuonradi Wipos.1947 Der Fall Nizos von Freising offenbart schließlich eine neuartige Komponente. Unabhängig von jeder uns bekannten Quelle lässt Hermann Nizo, den einzigen Freisinger Bischof, den er erwähnt, eindeutig schlecht aus der Welt treten. So hatte sich Nizo zwar zum Schein von seiner früheren Lebensart zu Demut und Frömmigkeit gewandelt, kehrte hingegen bald zu seinem zu verurteilenden früheren Lebensstil zurück und starb in Ravenna eines plötzlichen Todes.1948 Nizos verwerflicher Lebenswandel wird eindeutig mit dem unerwarteten Ableben, das sich bezeichnenderweise außerhalb des eigenen Bistums ereignet hat, 1943 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 912, 1000, 1027 u. 1047, S. 112, 118, 120f. u. 126. Zur Gesandtschaft Werners vgl. Jäckel, Heinrich III. und eine Brautschau in Byzanz. Ebd., S. 194, zu einer 100 Jahre später entstandenen Donauwörther Überlieferung, gemäß der Werners Tod als Strafe für seinen mangelnden Glauben in einer Traumvision des ebenfalls an der Gesandtschaft beteiligten Manegold von Donauwörth einzuschätzen ist. 1944 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 965, 1008, 1015, 1021 u. 1036, S. 115, 119f. u. 122. 1945 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1048, S. 128. Während Hermann keine Informationen bietet, kreiert Anselm von Lüttich in seinen Mitte der 1050er Jahre entstandenen Gesta episcoporum Leodiensium II, 69, S. 232, einen in allen Punkten idealen Tod Wazos eng angelehnt an die idealtypischen Anweisungen beispielsweise der Akten der Provinzialsynode aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Vgl. Browe, Sterbekommunion, S. 28; ders., Letzte Ölung, S. 543f. 1946 Es handelt sich um Adelricus (1008–1035), vgl. Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 93f. 1947 Vgl. Wipo, Gesta Chuonradi c. 34, S. 54. Auch dort ist der Bischof namenlos. 1948 Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1052, S. 131: Et Nizo Frisingiensis episcopus, prius ex superbissimo vitae habitu ad humilitatis et religionis speciem conversus, ac denuo ad pristinae conversationis insolentiam reversus, cum eum [sc. Erzbischof Heinrich von Ravenna] iussu imperatoris Ravennam perduxisset, subita inibi morte periit. Gleiches berichtet das etwa ein Jahrhundert später entstandene Chronicon Benedictoburanum c. 17, S. 221, mit der Steigerung, dass Nizo nach seinem plötzlichen Tod von den Bewohnern Ravennas in einen Fluss geworfen wurde: […] in ea [sc. Ravenna] subitanea morte defunctus est, et in flumen proiecerunt corpus eius Ravennenses cives […]. Vgl. Mass, Bistum Freising, S. 134. Eine Erklärung der negativen Implikation in der Chronik aus Benediktbeuern bietet Steindorff, Jahrbücher 2, S. 171f. Zu Nizo vgl. Strzewitzek, Persönlichen Verhältnisse der Bischöfe von Freising, S. 214f.

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verknüpft. Zwar hatte sich Nizo auf Befehl des Kaisers dorthin begeben, der Tod und die Umstände selbst bleiben dennoch negativ behaftet. Anders als bei Heimo von Konstanz, dessen plötzlicher Tod auf eine Lungenentzündung und damit eine natürliche Ursache zurückgeführt wird, gibt Hermann zu Nizo keine weiteren Informationen. Damit steht sein plötzlicher Tod allein und ist einzig negativ zu verstehen. In ähnlichem Duktus folgt im Jahr 1053 der Tod Hartwigs von Bamberg. Zwar stirbt er nicht plötzlich, doch ist dem Bericht eine Genugtuung Hermanns zu entnehmen, wenn er ergänzt, dass der berüchtigte Hartwig durch Tod seine Stelle freigegeben hat.1949 Es scheint tatsächlich so, als würde eine gewisse Bitterkeit die letzten Jahre Hermanns geprägt haben, wie schon Arno Borst aus den Todesfällen von Hermanns Mutter (1052) und seines Bruders Werner (1053) geschlossen hat,1950 die sich in solchen scheinbaren Kleinigkeiten niedergeschlagen hat. Nicht zufällig fällte Hermann über den 1053 verstorbenen Hartwig von Bamberg seinen »zornigsten Spruch« und nahm sich im selben Jahresnotat sogar heraus, Kaiser Heinrich III. selbst ob seiner aus Hermanns Sicht nachlassenden Bemühungen um sein Seelenheil zu kritisieren.1951 c Die Chronik Hermanns im Netz Reichenauer Chronistik und Annalistik Ohne im Folgenden alle weiteren Todesfälle einer Einzelanalyse zu unterziehen, ist auf einen formalen und inhaltlichen Wandel zu Beginn der Jahresberichte der 1040er Jahre hinzuweisen. Die Berichte werden deutlich ausführlicher und erscheinen nun nicht selten am Ende eines Jahresberichts. Sie sind damit aus der Chronologie herausgelöst. Möglicherweise hat Hermann tatsächlich erst ab diesem Zeitpunkt eigenständig gearbeitet, sich vorher auf eine recht weit gediehene Materialsammlung gestützt, die er nur sporadisch ergänzt und schließlich bis 1054 fortgesetzt hat.1952 Die Abhängigkeit einzelner Werke der Reichenauer Chronistik und Annalistik der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts ist äußerst verworren und nach mehr als 100-jähriger Debatte erst durch Rudolf Pokorny auf überzeugende Weise aufgeschlüsselt worden.1953 Darauf ist kurz einzugehen, um Hermanns Chronik entsprechend verorten zu können. Wichtige bekannte bzw. überlieferte Teile im Puzzle der Geschichtsschreibung sind neben Hermanns Chronik das sogenannte Chronicon Suevicum universa1949 Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1053, S. 133: Hazilinus etiam, Babinbergensis episcopus infamis, moriens locum dedit. Vgl. Borst, Tod Hermanns des Lahmen, S. 280; ders., Ein exemplarischer Tod, S. 29. Gerade ein Bischof, so interpretiert Borst Hermanns ungewöhnlich scharfe Formulierung, hätte wissen sollen, wofür er zu leben und wie er zu sterben habe, um den Laien Vorbild sein zu können. Weitere Quellen zu Hartwigs Tod bietet Guttenberg, Regesten n. 261, S. 118. Vgl. auch ders., Bistum Bamberg, S. 100. 1950 Vgl. Borst, Ein exemplarischer Tod, S. 28f. 1951 Vgl. Borst, Ein exemplarischer Tod, S. 29. 1952 Vgl. Patzold, Hermann der Lahme als Autor und Mensch, S. 330. 1953 Vgl. Pokorny, Chronicon Wirziburgense.

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le,1954 das Chronicon Wirziburgense (bzw. eine von Pokorny in Paris gefundene, dem Chronicon Wirziburgense vorausgehende Fassung ohne die Würzburger Lokalnotate und Jahresberichte vor Christi Geburt, von ihm Chronicon Duchesne getauft1955) sowie Wipos Gesta Chuonradi und die Annales Sangallenses maiores. Die bisherige Forschung hat insbesondere die Abhängigkeit zwischen dem Chronicon Suevicum universale und Hermanns Chronik zu klären versucht und verschiedene Theorien entwickelt. Georg Heinrich Pertz und Wilhelm Wattenbach sahen im Chronicon eine Epitome Sangallensis der Chronik Hermanns von geringerem Wert; Harry Bresslau nahm sowohl für die Chronik Hermanns als auch für das Chronicon Suevicum universale als Vorlage eine gemeinsame, nicht überlieferte Schwäbische Weltchronik an, die auch Wipo sowie den Annales Sangallenses maiores als Quelle gedient habe. Einen dritten Weg beschritt erstmals Christian Volkmar, der das Chronicon Suevicum universale als Vorlage für Hermann ins Spiel brachte und die Abhängigkeitsverhältnisse endgültig auf den Kopf stellte.1956 Ian Stuart Robinson nahm schließlich die These von Pertz und Wattenbach wieder auf und identifizierte durch Stilvergleich das Chronicon Suevicum universale als Werk von Hermanns Schüler Berthold, dessen Fortsetzung der Chronik Hermanns zu großer Bedeutung für die Geschichtswissenschaft gelangte.1957 Pokorny nahm schließlich die von Volkmar 1884 verlassene Spur wieder auf und nähert sich den Abhängigkeitsverhältnissen der Reichenauer Chronistik durch Einbezug des bisher zumeist vernachlässigten Chronicon 1954 Bresslaus Edition in den MGH bietet nicht den gesamten Text, sondern beginnt erst mit dem Herrschaftsbeginn Karls des Großen. 1955 Vgl. Pokorny, Chronicon Wirziburgense, S. 63–93. Er bietet (S. 73–80) einen Vergleich zwischen Chronicon Wirziburgense sowie Chronicon Duchesne, wertet infolgedessen ersteres als abgeleitete, jüngere Redaktionsstufe (S. 81), entstanden zur Mitte des 11. Jahrhunderts (nach 1043, da zu 1044 bis 1057 ein eigenständiger Zusatz ohne Vorlage folgt, S. 84–86) möglicherweise in St. Emmeram in Regensburg (S. 91–93). 1956 Zur Zusammenfassung des Forschungsgangs vgl. Pokorny, Chronicon Wirziburgense, S. 64f. mit Anm. 5–8, und im Besonderen zu den Annahmen Bresslaus (S. 476–485), dessen, in den Worten Pokornys, »Kardinalfehler« es gewesen, sei, das Chronicon Suevicum universale lange nicht als Vorlage Hermanns in Betracht gezogen und schließlich doch als unwahrscheinliche Alternative eingestuft zu haben. Die unterschiedlichen Theorieansätze haben in der Folge jeweils eigene Verfechter erhalten. Rudolf Buchner unterstützte nicht zuletzt im Vorwort der Freiherr vom Stein-Ausgabe der Chronik Hermanns Bresslaus Theorie einer Hermanns Text vorangehenden, verlorenen Schwäbischen Weltchronik, als dessen Verfasser er in ders., Verfasser der Schwäbischen Weltchronik, Hermann selbst identifizieren zu können glaubte. Das Chronicon Suevicum universale hingegen als Vorlage Hermanns stufte u. a. Borst, Forschungsbericht Hermanns des Lahmen, S. 432, ein. Schmale, Reichenauer Weltchronistik, S. 141–149, erachtete das Chronicon als Konzeptfassung Hermanns und verwarf in gleichem Atemzug (S. 135) die Existenz einer verlorenen Schwäbischen Weltchronik. 1957 Vgl. Robinson, Chronik Hermanns von Reichenau, bes. S. 118–127. Gegen die Annahmen und gegen das Vorgehen von Robinson vgl. Borst, Forschungsbericht Hermanns des Lahmen, S. 404 Anm. 51; Pokorny, Chronicon Wirziburgense, S. 457 Anm. 125.

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Wirziburgense (bzw. nun besser Chronicon Duchesne). War das Chronicon Wirziburgense bisher als Ableitung des Chronicon Suevicum universale verstanden worden, konnte Pokorny über Detailvergleiche nachweisen, dass es sich bei beiden Werken um zwar »engstens« miteinander zusammenhängende, nicht aber voneinander abhängige Annalenwerke handelt, beide vielmehr in einem, von Pokorny als solchem benannten »Reichenauer Materialkern« ihren Ursprung haben, insbesondere das Chronicon Suevicum universale in der Folge eindeutig zu identifizierende Ergänzungen erfahren habe.1958 Zudem habe es ein verlorenes Annalenwerk zu den Jahren 1025–1044 gegeben, aus dem neben Hermann, dem gleichermaßen das Chronicon Suevicum universale (eines unbekannten Autors) vorgelegen habe,1959 auch Wipo und die Annales Sangallenses maiores Informationen bezogen hätten.1960 1958 Vgl. Pokorny, Chronicon Wirziburgense, S. 458–467. 1959 Eine Anmerkung zu dieser Frage: Die besondere Bedeutung Ulrichs von Augsburg für Hermann ist bereits thematisiert worden. Es hat daher nicht überrascht, dass gerade sein Ableben ausführlicher wiedergegeben worden ist. Nun finden sich auch im Chronicon Suevicum universale bereits Todesberichte zu Augsburger Bischöfen, was aufgrund der geographischen Nähe nicht weiter verwundert. Doch wird bereits dort der Tod Ulrichs ausführlich wiedergegeben. So prominent, dass Ulrichs Tod vor dem chronologisch gesehen vorangehenden Ableben Ottos I. berichtet, Ulrich damit zusätzliche Bedeutung zugesprochen wird. Ein Sachverhalt, der sich in Hermanns Chronik wiederum in die chronologisch richtige Reihenfolge umkehrt. Der Autor des Chronicon Suevicum universale mag somit seinerseits bereits Ulrich eine größere Bedeutung beigemessen haben. Nicht vergessen, jedoch gleichfalls nicht überbewertet werden darf die Tatsache, dass in Bern, dem Abt der Reichenau, der Verfasser der jüngsten Lebensbeschreibung Ulrichs von Augsburg vor Augen tritt. Allerdings nahm er die Arbeiten zu diesem Werk nicht aus persönlicher Verbundenheit oder allgemein besonderer Verehrung Ulrichs auf der Reichenau auf, vielmehr als Auftragsarbeit auf Bitten Abt Friedebolds von St. Ulrich und Afra in Augsburg. Nicht die Verbindung Berns zu Ulrich ist entscheidend gewesen, sondern seine literarischen Fähigkeiten. Vgl. Blume, Bern von Reichenau, S. 115f. Ob es sich bei dem Autor des Chronicon Suevicum universale um Hermann selbst gehandelt hat, ist vielfach diskutiert worden; überzeugt davon sind u. a. Dieterich, Geschichtsschreibung der Reichenau, S. 785–788; Schmale, Reichenauer Weltchronistik, S. 141–149. Die Frage stellen sich Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2, S. 451; Duch, Geschichtswerk Hermanns von Reichenau, S. 190, letzterer ohne Hoffnung, sie je endgültig beantworten zu können. Gegen eine Verfasserschaft Hermanns spricht sich aus von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 151. Natürlich kann die Frage nicht anhand eines einzelnen Jahresnotats bewiesen werden. Borst, Forschungsbericht Hermanns des Lahmen, S. 403f., erachtet insbesondere aufgrund der mangelnden hagiographischen Erkundigungen und astronomischen Berechnungen eine Autorschaft Hermanns als ausgeschlossen und identifiziert stattdessen einen namenlosen Mitbruder, was auch nicht überzeugen kann. Nicht zuletzt, da Borst (S. 434) u. a. darauf verweist, Hermann habe das von ihm angelegte Martyrolog verwendet, um die Todestage Ulrichs von Augsburg sowie Konrads von Konstanz in seiner Chronik zu ergänzen. Doch finden sich beide Tagesdaten bereits im Chronicon Suevicum universale. Hat also bereits der vermeintlich unbekannte Autor das Martyrolog benutzt? Im Fall Ulrichs kann zumindest nicht die Vita Berns Vorbild gewesen sein. Sie bietet den konkreten Todestag nicht.

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Ein kurzer Exkurs zu den Abhängigkeitsverhältnissen des Chronicon Suevicum universale zu Hermanns Chronik erscheint notwendig. Der Annahme, das Chronicon habe Hermann vorgelegen, folgt, dass sich Bischofstode sowohl im Chronicon Suevicum universale als auch bei Hermann finden lassen, vor allem nach 901 und der vornehmlichen Orientierung an den Fuldaer Annalen. Eine erste Parallele bietet der Vergleich ab dem Jahr 770, des edierten Teils des Chronicon Suevicum universale, über Egino von Konstanz. Während das Chronicon Suevicum universale seinen Tod zum Jahr 810 verzeichnet – die Datierung erfolgt nach Herrscherjahren, im Jahrzehntschritt wird aber zusätzlich das Inkarnationsjahr angegeben –, bietet Hermann dieses Ereignis zum Jahr 813 unter Ergänzung von Eginos Nachfolger. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass Hermann für diese Information eine Vorlage zur Hand nehmen musste. Gleiches gilt für die von beiden vermerkten Tode Heitos von Basel 836, der dieses Amt in Personalunion mit dem Abbatiat der Reichenau ausgefüllt hat, Salomons I. von Konstanz 871 und Ratolds von Verona 874. Auffällig ist aber, dass Hermann aus den mit der Reichenau verbundenen Bischöfen den Tod Eginos, Heitos, Salomons I. und Ratolds (Chronicon Suevicum universale), dazu Salomons II. (Annales Fuldenses, während das Chronicon nur die Einsetzung Salomons III. zu 891 mitteilt) führt, hingegen nicht das Ableben Wolfleoz’, obwohl Hermann selbst zuvor dessen Einsetzung ergänzt hatte; Patecho und Gebhard I. werden gänzlich ausgespart. Hermanns Todesnachrichten beruhen zwischen 770 und 900 neben den Fuldaer Annalen möglicherweise auch auf dem Chronicon Suevicum universale. Das wäre naheliegend, wenn auch dessen Abfassung auf der Reichenau angenommen werden kann.1961 Ein Abgleich der Bischofstode in beiden Texten zwischen 900 und 1043 lässt die von Pokorny erneut vorgetragene Ansicht, das Chronicon Suevicum universale sei Hermann vorausgegangen, noch einmal plausibler erscheinen, nicht so sehr dadurch, dass sich im Chronicon Suevicum universale kein bischöfliches Ableben findet, das nicht auch Hermann in seiner Chronik führt; dies spräche gleichermaßen für eine Ableitung des Chronicon aus Hermann oder eine Abhängigkeit beider zu einer beiden vorausgehenden Quelle, sondern vielmehr durch die von Hermann vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen inhaltlicher Art. In zwei Fällen, bei Friedrich von Mainz und Konrad von Konstanz, datiert Hermann beider Tode jeweils um ein Jahr versetzt zum Chronicon Suevicum universale – Hermann zu 955 und 974, das Chronicon Suevicum universale zu 954 und 975.1962 Ein reiner Epitomator hätte sich wohl 1960 Vgl. die Übersicht bei Pokorny, Chronicon Wirziburgense, S. 486. 1961 Vgl. Dieterich, Geschichtsschreibung der Reichenau, S. 788; Duch, Geschichtswerk Hermanns von Reichenau, S. 190; Pokorny, Chronicon Wirziburgense, S. 468. 1962 Vgl. Chronicon Suevicum universale a. 954 u. 975, S. 68f.

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kaum die Mühe gemacht, die Jahreszahlen zu überprüfen. Zudem ergänzt Hermann gegenüber seiner (möglichen) Vorlage mehrere Bischofstode: Brun von Köln 965, Heinrich von Augsburg 982, Erkanbald von Mainz und Wolbodo von Lüttich 1021, Werner von Straßburg 1027, Aribo von Mainz 1031, Meinhard von Würzburg 1034, den ungenannt gebliebenen Bischof von Asti 1035 und Eberhard von Bamberg 1040. Es ist kaum anzunehmen, dass ein Epitomator Brun von Köln, Erkanbald und Aribo von Mainz oder Eberhard von Bamberg aus seiner Vorlage ignoriert, während er gleichzeitig andere Bischöfe aus Mainz (Willigis) und Köln (Pilgrim) aufnimmt und zudem die Gründung des Bamberger Bistums sowie die Einsetzung des ersten Bischofs Eberhard übernimmt.1963 d

Der Bischof in der Chronik Hermanns des Lahmen vornehmlich ab den 1040er Jahren Die Darstellung des Bischofstodes ändert sich ab den Jahresnotaten zu den 1040er Jahren nicht, tritt sogar noch mehr in den Hintergrund. Der Fokus liegt deutlicher auf der Sukzession, als es bereits vorher der Fall war. Klares Gerüst bleiben Herrscher und Päpste,1964 insbesondere Heinrich III. und Leo IX. treten im letzten Abschnitt der Chronik hervor. Von 18 Todesfällen weist Hermann in 12 Fällen dezidiert darauf hin, dass der jeweilige Nachfolger das Amt Heinrich III. zu verdanken hat,1965 im Fall Widos von Mailand wird es deutlich suggeriert.1966 Die Erhebungen werden nicht kommentiert, kritisiert oder lobend hervorgehoben. Es findet sich kein Bekenntnis zur Rechtmäßigkeit der königlichen Einflussnahme, wie es Jahrzehnte zuvor Thietmar formuliert hatte, aber auch noch keine Kritik, wie wiederum wenige Jahre später in den Texten zur Zeit des Investiturstreits. Die Sicht von Hans-Werner Goetz, in Hermann bereits einen deutlichen Verfechter der Kirchenreform zu sehen, läuft diesen Beispielen folglich entgegen, lässt sich aber anhand der von Hermann und den Reformern gleichermaßen verurteilten Simonie nachvollziehen.1967 Hermann steht zwischen den Welten der 1963 Andere Unterschiede zwischen Hermann und Chronicon Suevicum universale bietet Schmale, Reichenauer Weltchronistik, S. 135. Die Schlussfolgerung, das Chronicon könne kaum aus Hermann abgeleitet sein, findet sich auch dort. 1964 Vgl. Buchner, Geschichtsbild und Reichsbegriff Hermanns von Reichenau, S. 49f.; Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 103. 1965 Poppo von Aquileja (1042), Hunfried von Ravenna (1047), Dietrich von Konstanz (1047), Herrand von Straßburg (1047), Dietrich von Verdun (1047), Heinrich von Augsburg (1047), Adalbero III. von Metz (1047), Gottwald von Aquileja (1049), Luitpold von Mainz (1051), Rumold von Konstanz (1051), Heinrich von Ravenna (1052) und Adalbero von Bamberg (1054); vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon, S. 124, 126f., 130f. u. 133. 1966 Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1045, S. 125: Wido Mediolani archiepiscopus constituitur. 1967 Goetz, Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns, S. 113–115, stellt heraus, Hermann habe die schlechte Amtsführung einzelner Päpste kritisiert und die simonistische Erhebung des Reichenauer Abtes Immo 1006 durch Heinrich II. angeprangert. Ob Her-

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uneingeschränkten Akzeptanz und der rücksichtslosen Kritik, er berichtet, doch er wertet nicht. Der Tod Nizos von Freising bildet die Ausnahme, darf deswegen jedoch nicht als Teil eines bewussten Programms Hermanns verstanden werden. Polemik ist nicht seine Sprache, vielmehr Nüchternheit, eine große Verbundenheit zu seinem Kloster sowie seiner Familie, die er immer wieder in die Weltgeschichte integriert.1968 Weiterhin fügt er die Bistümer und weltlichen Großen aus seinem geographischen Umkreis und insbesondere Handlungen der Kaiser und Päpste in seine Berichte ein, was ihn unter Heinrich III. und Leo IX. auch umfassender dazu verleitet, den Blick nach Italien zu richten. Der Bischof an sich steht nicht im Zentrum der Betrachtung, erfährt aber im Zusammenhang mit aus Sicht Hermanns besonderen Ereignissen Beachtung. Sächsische Bischöfe tauchen hingegen gar nicht auf, lothringische und bayerische nur äußerst dosiert. Auch wenn wir den Blick auf bischöfliche Handlungen richten, erscheinen sie erstaunlich passiv und zurückgenommen. Mehrfach wird von Synoden berichtet, an denen Bischöfe teilgenommen haben, ohne dass einer davon namentlich genannt wird.1969 Wenn einzelne Prälaten mit Namen erscheinen, dann als Empörer gegen den aktuellen Herrscher (Adalbero I. von Metz, Heinrich von Augsburg, Adalbero, der das Bistum Trier 1008 für sich erlangen wollte, Burkhard von Lyon und Herbert von Mailand),1970 vom Papst Exkommunizierte (Herbert von Mailand, Hunfried von Ravenna, Gregor von Vercelli),1971 als Militärs (Werner von Straßburg gegen die Burgunder und Gebhard von Regensburg gegen die Ungarn),1972 sowie als Gesandte in reichspolitischem Auftrag (Friedrich von Mainz und Hartbert von Chur)1973 oder bei offiziellem Akt (Aribo von Mainz weiht Konrad II. zum König, Pilgrim von Köln dessen Gemahlin Gisela zur Königin und

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1969 1970 1971 1972 1973

mann im Fall Immos die Prozedur als solche kritisiert, ist nicht gewiss. Es mag ihm auch dienlich sein, eine Ausgangssituation zu schaffen, in der Immos Nachfolger Bern, nachdem Heinrich II. Immo 1008 wieder aus seinem Amt entfernt hatte, als umso strahlenderes und eindeutigeres Gegenbild zu Immo erscheint. Erinnert sei an das bei Gregor von Tours so häufig zu findende Prinzip des Antithetischen. Vgl. Patzold, Hermann der Lahme als Autor und Mensch, S. 325. Fried, … vor fünfzig oder mehr Jahren, S. 35–37, nutzt die anscheinend lang zurückreichende Erinnerung Hermanns über mehr als ein Jahrhundert, um darzulegen, dass sich selbst familieninterne Erinnerung bei ihm außerhalb seiner eigenen erlebten Zeit auf heute noch zu rekonstruierende schriftliche Überlieferung stützt, nicht auf mündliche Weitergabe. Vgl. ders., Schleier der Erinnerung, S. 190f. Assmann, Das kulturelle Gedächtnis, S. 48f., hatte zusammengefasst, 80 bis 100 vergangene Jahre seien durch ein »zeitgenössisches Gedächtnis« durch »Erfahrung und Hörensagen« erfassbar. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 948, 951, 972, 1049, 1051 u. 1053, S. 114, 116, 128f. u. 132. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 939, 978, 1008, 1034 u. 1037, S. 113, 116, 119 u. 121f. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1038, 1050 u. 1051, S. 123 u. 129. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1020, 1050 u. 1051, S. 119 u. 129f. Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 952, S. 114.

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beider Sohn Heinrich III. zum Mitkönig, Poppo von Trier beerdigt seinen Neffen, den Markgrafen Liutpald, Hermann von Köln tauft Heinrich IV.).1974 Die für Hermann geringere, aber keineswegs verlorene Bedeutung des Episkopats wird aus diesen wenigen Beispielen deutlich. Bischöfe treten für ihn dann ins Blickfeld, wenn sie mit Kloster oder Reich in Beziehung stehen und aus den relevanten geographischen Regionen entstammen. Verglichen mit der dem Episkopat zugeschriebenen Bedeutung nimmt der Tod für Hermann nur einen geringen Stellenwert ein, gleich, ob es um Bischofsoder Herrschertode geht. Zwar verzeichnet er akribisch das Ableben der ostfränkisch-deutschen Herrscher, so sind etwa ab Ludwig dem Kind die Todesfälle aller Herrscher verzeichnet.1975 Doch sind die Berichte zumeist äußerst knapp, wobei Hermann den genauen Ort der Grablege erwähnt (Ausnahme: Konrad I.), ab Otto I. zudem den für die Memoria so wichtigen Todestag, was er bei kaum einem bischöflichen Todesfall tat. Auffällig sind eingeflochtene Hinweise auf einen plötzlichen oder unzeitigen Tod. Otto I. starb plötzlich (subito mortuus), Otto III. erlag einem unzeitigen Tod (inmaturo obitu decessit) und auch Konrad II. ereilte plötzlich ein unerwartetes Ableben (inopinata morte subito decessit).1976 Eine negative Ausdeutung dieser Todesfälle findet bei Hermann nicht statt, der plötzliche Herrschertod ist weder Spiegel einer schlechten Herrschaft noch Vorausblick auf das jenseitige Schicksal. Das letzte Beispiel für den geringen Stellenwert des Todes ist ein Todesfall, der nicht mehr Teil der Chronik ist: Hermanns Tod selbst, aufgezeichnet von seinem Schüler Berthold, der ihn als Endpunkt einer knappen Vita seines Lehrmeisters erzählt, vorangestellt der zweiten Fassung seiner Fortsetzung von dessen Chronik. Hermann, von einem Lungenleiden (pleuretica) befallen, wusste gemäß diesem Bericht um sein nahendes Ende und, in einem Nebensatz mitgeteilt, empfahl seine Seele dem anwesenden Berthold und berichtete viel lieber ausführlich darüber, wie er in einem Traum den schon damals verlorenen Hortenisus Ciceros gelesen habe. Das sterbliche Leben sei ihm nun vollends verächtlich, es ekle ihn an, die Sehnsucht verlange nach dem unsterblichen Jenseits. Bertholds darauf ausbrechende Trauer soll Hermann barsch unterbrochen und ihn aufgefordert haben, sich mit ihm zu freuen, statt über ihn zu trauern.1977 Weiteres Aufheben um seinen Tod machte Hermann nicht. Zwar beichtete er, doch ist er schon viel zu sehr der jenseitigen Welt verbunden, der Tod erscheint als die Erfüllung seiner Sehnsucht. Diese weltfliehende, alles Weltliche zurücklassende, 1974 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1024, 1028, 1043 u. 1051, S. 120f., 124 u. 129. 1975 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 911, 918, 936, 973, 983, 1002, 1024 u. 1039, S. 112f., 116–118, 120 u. 123. 1976 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 973, 1002 u. 1039, S. 116, 118 u. 123. 1977 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1054, S. 170–174. Vgl. Berschin, Hermann der Lahme, S. 17; Borst, Tod Hermanns des Lahmen, S. 283–287.

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auf das Jenseitige ausgerichtete Einstellung trieb Hermann an, nur daraus sind die harschen Worte gegen Nizo von Freising und Hartwig von Bamberg zu verstehen, die einen solchen Lebenswandel gerade nicht verfolgt haben. Ihre Strafe fanden sie folgerichtig im Tod, wie Hermann darin, gemäß Berthold, seine Belohnung gesehen hat.

9.3.2 Die Niederaltaicher Annalen (Annales Altahenses) Hermanns Chronik reicht bis 1054, eindeutige Nachweise der beginnenden Kirchenreform, solange diese auf die Investiturfrage zugespitzt wird, finden sich bei ihm nicht. Damit steht Hermann nicht allein. Andere Werke der Zeit vor den beginnenden 1070er Jahren weisen ebenfalls eine allenfalls zurückhaltende Position zur aufkeimenden Reformbewegung auf. Hinweise sind, wie bei Hermann, aus anderen Themenfeldern wie etwa dem Urteil über simonistische Vorgänge zu erschließen oder Teil interpretatorischen Fingerspitzengefühls, keineswegs aber vergleichbar mit der Polemik des ausgehenden 11. Jahrhunderts. Zu diesen ›neutralen‹ Werken zählen auch die Annales Altahenses.1978 Eckhard MüllerMertens sieht es dennoch als das Wesentlichste des Annalisten an, den wichtigsten Personen des Reiches größeren Raum zu gewähren.1979 Im Zeitraum der Jahre 708 bis 1073 berichten die Annalen über das Ableben von 83 Bischöfen. Die Zahl ist hoch, aber sie muss mit den Vorlagen der Annalen in Verbindung gesetzt werden. Bis 1032 sind die Jahresnotate sehr knapp, beruhen auf nachweisbaren, wenn zumeist auch, wie den Hersfelder Annalen, verlorenen Vorlagen. Inwiefern der Kompilator seine Vorlage sprachlich übernommen oder variiert hat, ist nicht mehr zweifelsfrei festzustellen, da sowohl die Hersfelder als auch die älteren Hildesheimer Annalen verloren sind und nur über Ableitungen – die Hersfelder insbesondere über die Quedlinburger Annalen, die älteren Hildesheimer über die Hildesheimer Annalen – rekonstruiert werden können.1980 Bis 1073 nehmen die 1978 Vgl. Meyer, Bayern, S. 548. 1979 Vgl. Müller-Mertens, Regnum Teutonicum, S. 87–99. Wenngleich sich zum Ende der Annalen hin ein Rückgang des Wir-Gefühls des Annalisten beobachten lässt. Eggert, WirGefühl, S. 150f., spekuliert, dies könne mit einer zunehmend reservierten Haltung des Autors gegenüber Heinrich IV. in Zusammenhang stehen. 1980 Es scheint jedoch so zu sein, dass sich der Niederaltaicher Kompilator eng an seine Vorlagen gehalten hat. Gerade bei den Beispielen, die nicht das Verb obire nutzen, findet sich eine deutliche Übereinstimmung zwischen den Annalen aus Altaich und Hildesheim, sodass sich die gleiche Formulierung bereits in den Hersfelder und älteren Hildesheimer Annalen befunden haben dürfte. Beispiele sind Brun von Köln (Annales Altahenses a. 965, S. 10: Et Brun archiepiscopus Agrippinae civitatis, frater imperatoris, vitam cum pace finivit / Annales Hildesheimenses a. 965, S. 22: et Brun archiepiscopus Agrippinae civitatis, frater imperatoris, vitam cum pace finivit) und Wilhelm von Mainz (Annales Altahenses

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Längen der Notate zu den einzelnen Jahren deutlich zu. Vorlagen, darunter die Chronik Hermanns, wurden offensichtlich um eigenes Wissen umfassend erweitert. Die ersten 29 Todesfälle sind zweifelsfrei auf Vorlagen zurückzuführen, mit wenigen Ausnahmen auf die Hersfelder oder die älteren Hildesheimer Annalen.1981 Dass die Annalen dennoch nicht abgeschrieben, sondern bewusst übertragen scheinen, wird an Details deutlich. Der Tod Hattos I. wird korrekt zu 913 notiert,1982 während er in den Quedlinburger Annalen zu 912 erscheint. Somit irren entweder die verlorenen Hersfelder Annalen, auf denen diese Angabe beruht, oder die Quedlinburger Annalistin hat ungenau kopiert. Ein bewusster Eingriff des Niederaltaicher Schreibers ist aber nicht ausgeschlossen.1983 Hinzu kommen offensichtlich bewusst ausgelassene Bischöfe. Die Gründe dafür sind nicht erkennbar. Die Niederaltaicher Annalen bieten eine umfängliche Liste der Mainzer Metropoliten, das Fehlen Karls von Mainz († 863) sticht dabei hervor. Selbstständig ergänzte bischöfliche Todesfälle aus der Hand des Schreibers finden sich in den Annalen bis 1032 nicht. Dieser alleinige Rückgriff auf die Vorlagen erklärt den durchgehend knappen, wertfreien Stil, der nur durch gelegentliche kurze Würdigungen aufgebrochen wird. Todestage finden sich nicht, die Nachfolger der Verstorbenen werden dagegen in vielen Fällen genannt. Diese auch den Vorlagen entnommenen Angaben waren auch dem Niederaltaicher Annalisten von Bedeutung. Bis 1032 erscheinen Bischöfe nicht als Handlungsträger, sondern nur im Rahmen der Sukzessionen innerhalb verschiedener Bistümer, die weitgehend nicht dem geographischen Umland Niederaltaichs entsprechen – baye-

a. 968, S. 10: Migravit a saeculo Willihalmus archiepiscopus / Annales Hildesheimenses a. 968, S. 23: Willihelmus archiepiscopus migravit a seculo). 1981 Todesjahre gemäß der Annales Altahenses: Bonifatius († 755), Lul von Mainz († 786), Liudger von Münster († 811), Riculf von Mainz († 813), Haistulf von Mainz († 825), Otgar von Mainz († 847), Altfried von Hildesheim († 875), Markward von Hildesheim († 879), Liutbert von Mainz († 890), Sunderold von Mainz († 891), Hatto I. von Mainz († 913), Heriger von Mainz († 924), Thioto von Würzburg († 932), Friedrich von Mainz († 954), Ruodbert von Trier († 956), Adalgoz von Hamburg-Bremen († 964), Brun von Köln († 965), Wilhelm von Mainz († 968), Hatto II. von Mainz († 969), Ulrich von Augsburg († 973), Adalbert von Magdeburg († 981), Poppo von Würzburg († 983), Wolfgang von Regensburg († 994), Adalbert von Prag († 997), Willigis von Mainz († 1011), Christian von Passau († 1013), Bernward von Hildesheim († 1022), Brun von Würzburg († 1029), Aribo von Mainz († 1031). 1982 Vgl. Annales Altahenses a. 913, S. 7. 1983 Gleiches gilt für den Todesbericht Markgraf Heinrichs, der 1018 plötzlich aus dem Leben geschieden ist. In den Annales Altahenses a. 1018, S. 17, heißt es: Henricus marchio [Austriae] subito periit. Dagegen in den Annales Hildesheimenses a. 1018, S. 32: Heinrichus marchio Baioariorum subitanea morte preventus obiit. Die Darstellung in den Niederaltaicher Annalen wird durch das getauschte Verb nochmals verstärkt. Fraglich ist, was in den verlorenen älteren Hildesheimer Annalen stand.

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rische Bistümer finden sich kaum –, sondern demjenigen der verwerteten Vorlagen. Die Jahresnotate nach 1032 zeigen sich in deutlich gewandelter Form, sichtbar in besonderem Maße durch die teils enorme Länge einzelner Notate. Der bischöfliche Tod ist weiterhin von Bedeutung, wird umfassend wiedergegeben, steht aber nicht im Zentrum der Berichte. Der Standort der Todesschilderungen hat sich ans Ende der Jahresnotate verschoben. Dies geht einher mit dem grundsätzlichen Stellenwert des Episkopats in den Niederaltaicher Annalen. Ab dem Jahr 1036 treten Bischöfe vermehrt als handelnde Subjekte in Erscheinung, wenngleich sie weiterhin oft, als Teilnehmer von Synoden, Hochfesten und anderen Begebenheiten, anonym bleiben, im Auftrag des Königs agieren oder gegen diesen usurpieren. Handlungen darüber hinaus, beispielsweise in Bezug zum Niederaltaicher Kloster, finden sich nicht. Die Zurückstellung der Bischöfe zeigt sich in den einzelnen Notaten, viele Jahresberichte schließen mit Informationen über im Laufe des Jahres verstorbene Prälaten, um gleichzeitig ihre jeweiligen Nachfolger zu nennen.1984 Sie werden nicht in den chronologischen Verlauf des Jahres eingeordnet, sondern als Ergänzung, als wissenswerte und für die Niederschrift wichtige, aber für die Chronologie der Ereignisse nicht relevante Information beigegeben. Ein solches Schema ist in 14 Jahresnotaten zur Anwendung gekommen.1985 Zudem findet sich eine geographisch vielfältige Bistumslandschaft, deutlich weiter reichend als die Chronik Hermanns von Reichenau. Es handelt sich um Bistümer aus Bayern (Brixen, Eichstätt, Freising, Passau, Regensburg, Salzburg),1986 Sachsen (Halberstadt, Hildesheim, Magdeburg, Merseburg, Minden, Naumburg, Paderborn),1987 Schwaben (Augsburg, Konstanz, Straßburg),1988 Fran1984 Ab dem Jahr 1047 ist vermehrt die Angabe zu finden, ein Bischof habe sein Amt aus der Hand Heinrichs III. empfangen. Bereits Hermann hatte in seiner Chronik zum Ende regelmäßig angegeben, wer sein Bistum dem Kaiser zu verdanken hatte. Gleiches findet sich auch in den Niederaltaicher Annalen. Von Kritik an dieser Form der Investiturpraxis ist an keiner Stelle zu lesen. 1985 In den Jahren 1039, 1042, 1044, 1046, 1047, 1051, 1052, 1053, 1054, 1055, 1059, 1060, 1062 und 1068. 1986 Todesjahre gemäß den Annales Altahenses: Heribert von Eichstätt († 1042), Gezemann von Eichstätt († 1042), Gebhard I. von Eichstätt [= Papst Viktor II.] († 1057), Egilbert von Freising († 1039), Nizo von Freising († 1052), Berengar von Passau († 1045), Egilbert von Passau († 1065), Gebhard II. von Regensburg († 1036), Gebhard III. von Regensburg († 1060), Dietmar von Salzburg († 1041), Baldwin von Salzburg († 1060). Zwischen 1034 und 1073 sind alle Bischöfe lückenlos aufgeführt. Von den bayerischen Bistümern fehlt nur Brixen, wenngleich der Tod des Papstes Damasus II. zu 1048 genannt wird, der Bischof von Brixen war. Es fehlt einzig eine Nachricht zum Tod Hartwigs von Brixen († 1039). 1987 Todesjahre gemäß den Annales Altahenses: Branthoh von Halberstadt († 1036), Burchard I. von Halberstadt († 1059), Godehard von Hildesheim († 1038), Dietmar von Hildesheim († 1044), Azilin von Hildesheim († 1054), Hunfried von Magdeburg († 1051), Engelhard von Magdeburg († 1062), Brunicho von Merseburg († 1036), Azilin von Merseburg († 1055), Sizo

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ken (Bamberg, Mainz, Speyer, Würzburg),1989 Lothringen (Köln, Lüttich, Toul, Trier)1990 und Italien (Aquileja, Brescia, Ravenna, Treviso, Trient, Verona).1991 Das besondere Interesse des Annalisten gilt dem Osten (Böhmen, Ungarn)1992 und dem Süden (Italien), wogegen auch lokale Berichte deutlich zurückstehen.1993 Die Todesfälle werden in den meisten Fällen, häufig in Form einer Auf-

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von Minden († 1036), Rhazo von Naumburg († 1044), Meinwerk von Paderborn († 1036). Während dem Annalisten über Bayern vollständige Informationen zur Verfügung standen, ist sein Kenntnisstand über Sachsen lückenhaft. Während alle Bischöfe von Halberstadt, Hildesheim und Magdeburg des betreffenden Zeitraumes genannt sind und auch Naumburg, dank nur eines bischöflichen Todesfalls im genannten Zeitraum, vollständig verzeichnet ist, weisen Paderborn, Merseburg und Minden größere Lücken auf. Brandenburg, Havelberg, Münster, Osnabrück und Verden fehlen ganz, ebenso Hamburg-Bremen sowie die kurzlebigen nordischen Bistümern Mecklenburg, Oldenburg und Ratzeburg. Gerade das Fehlen Adalberts von Hamburg-Bremen († 1072) überrascht, der sich für die Reichspolitik der vorangehenden Jahre in besonderem Maße verantwortlich gezeigt und in dieser Rolle bereits zuvor mehrfach Erwähnung innerhalb der Annalen gefunden hat. Informationen aus Sachsen scheinen nur sehr partiell nach Niederaltaich gedrungen zu sein, wenn es sich nicht gerade um seit langem eng verbundene Orte (Hildesheim) gehandelt hat. Todesjahre gemäß den Annales Altahenses: Eberhard von Augsburg († 1047), Heinrich von Augsburg († 1063), Eberhard von Konstanz († 1046), Dietrich von Konstanz († 1051), Wilhelm von Straßburg († 1046). Auch hier ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Das Bayern nahe Augsburg ist vollständig aufgeführt, Konstanz weist, in Parallele zu sächsischen Bistümern, nach den 1050er Jahren keine weiteren Vertreter mehr auf, Gleiches gilt für Straßburg. Das Bistum Chur fehlt ganz. Todesjahre gemäß den Annales Altahenses: Suidger von Bamberg [= Papst Clemens II.] († 1047), Hartwig von Bamberg († 1053), Adalbero von Bamberg († 1057), Gunther von Bamberg († 1065), Bardo von Mainz († 1051), Luitpold von Mainz († 1059), Reginbold von Speyer († 1039), Sibicho von Speyer († 1053), Arnold von Speyer († 1055), Konrad von Speyer († 1060), Brun von Würzburg († 1045). Über die fränkischen Bistümer ist der Annalist wieder deutlich besser informiert, es fehlen lediglich, wenn auch unerwartet, der erste Bamberger Bischof Eberhard († 1040), Einhart von Speyer († 1067) sowie überhaupt Vertreter des Wormser Bistums. Todesjahre gemäß den Annales Altahenses: Pilgrim von Köln († 1036), Hermann von Köln († 1055), Nizo von Lüttich († 1042), Brun von Toul [= Papst Leo IX.] († 1054), Poppo von Trier († 1047), (Eberhard) von Trier († 1067), Konrad von Trier († 1067). Auch hier zeigt sich ein unterschiedlicher Kenntnisstand. Die Erzbistümer sind vollständig aufgeführt, die übrigen Bistümer weisen Lücken auf oder sind, wie Utrecht und Cambrai, nicht aufgeführt. Todesjahre gemäß den Annales Altahenses: Eberhard von Aquileja († 1048), Rawenger von Aquileja († 1068), Ulrich von Brescia († 1054), Adalman von Brescia († 1061), Hunfried von Ravenna († 1051), Heinrich von Ravenna († 1072), Rothar von Treviso († 1065), Wolfram von Treviso († 1070), Udalrich von Trient († 1055), Walther von Verona († 1055), Hartwig von Verona († 1069), Husward von Verona († 1072). Woher das gute, wenn auch nicht vollständige Wissen des Annalisten um einige italienische Bistümer herrührt, die keineswegs alle eine entscheidende Rolle in der Reichspolitik gespielt haben, erklärt Meyer, Bayern, S. 548, mit Niederaltaicher Brüdern, die mit den Klöstern Leno bei Brescia und Monte Cassino betraut waren und darüber Informationen aus dem italischen Raum beisteuern konnten. Wenngleich Angaben zu verstorbenen Prager Bischöfen fehlen. Vgl. Meyer, Bayern, S. 547f.

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zählung, schmuck- und wertfrei wiedergegeben.1994 Mit einer Ausnahme wird in keinem Fall der Todestag genannt, das Interesse einer memorialen Nutzung seines Textes war dem Annalisten nicht Ausganspunkt, sein Werk zu beginnen. Doch trotz der deutlichen Randstellung des Bischofstodes finden sich Ausnahmen der Regel. Godehard von Hildesheim († 1038) wird mit einem Zweizeiler geehrt.1995 Wäre dies allein nicht schon Würdigung genug, schildert das Werk die Loslösung der Seele Godehards von seinem fleischlichen Körper und ihren Aufstieg in den Himmel. Ohne Zweifel ein guter Tod, in Szene gesetzt durch das Bild der sich von ihrem körperlichen Gefängnis befreiten Seele. Es ist beachtenswert, dass sich dieses Bild bis ins hohe Mittelalter hinein mit seiner wünschenswerten Trennung von Leib und Seele erhalten hat, wo doch im Christentum gerade die erneute Vereinigung von Seele und Körper zum Jüngsten Gericht als bedeutsamstes Ereignis gilt.1996 Scheinbar als Gegenbild zu Godehard tritt Dietmar von Salzburg auf, der, paralisi dissolutus, miserabiliter defungitur.1997 Das klingt nach einer Schilderung eines schlechten Todes. Zu fragen ist aber, ob in diesem Fall die Charakterisierung des Todes nach Lähmung als schlecht nur auf diese Form des Todes an sich, nicht aber auf den konkreten Fall Dietmars bezogen ist. Dieser wird zuvor in den Annalen nicht genannt, es finden sich keine 1994 Beispielhaft Annales Altahenses a. 1036, S. 20: Gebehardus Radesponensis episcopus obiit, cui successit frater imperatoris. […] Mortuique sunt episcopi Meginwercus Podarburnensis, cui successit Ruodolfus abbas Herfeldensis, et Brunicho Mersiburgensis, succesitque ei Hunoldus, sed et Branthoh Halberstetensis, cui successit Burchardus, Coloniensis etiam Piligrinnus, et substituitur Hermannus, Sizo quoque Mindensis, quem Brun subsecutus est in episcopium. Es fällt auf, dass diese Namen auch in den Annales Hildesheimenses a. 1036, S. 40f., erscheinen. Hätte sich der Annalist jedoch daran orientiert, vorausgesetzt die verlorenen Hildesheimer Annalen hätten Gleiches berichtet wie die später aus diesen geschöpften Annales Hildesheimenses, dann hätte er ganz bewusst einerseits mehrere Todestage der Bischöfe ausgelassen, die in den Hildesheimer Annalen genannt werden, andererseits den ebenfalls dort berichteten Wechsel auf dem Osnabrücker Bischofsstuhl ausgespart, während er im Gegenzug die Regensburger Sukzession ergänzt hätte. Dies erscheint zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht wahrscheinlich. 1995 Annales Altahenses a. 1038, S. 22: Praesulis emeriti tunc et flatus Godehardi / Carnem dimisit et caelica regna petivit. Konträr zu diesem knappen Bericht steht die ca. zwei Jahrzehnte später abgefasste zweite Vita Godehards, in der ausladend über die letzten Momente ihres Protagonisten berichtet wird: wie Godehard für sich Todestag und -stunde vorherzusagen wusste, Leichenbegängnis, Gottesdienst und Beerdigung plante, die letzte Ölung erhielt, die Umstehenden mehrfach tröstete und ermahnte und schließlich seine Seele aus dem Kerker des Leibes erlöst wurde. Vgl. Wolfher, Vita Godehardi episcopi posterior c. 29, S. 212–214; zur Vita vgl. Coué, Acht Bischofsviten aus der Salierzeit, S. 366– 373; Lotter, Hagiographische Literatur II.1, S. 391–396. Gleichsam nüchtern erscheint hingegen der Bericht im Chronicon Hildesheimense c. 15, S. 853. Zu Godehard vgl. Goetting, Bistum Hildesheim, S. 230–256, zum Ableben S. 254f. 1996 Aufgegriffen wird dieses Problem auch bei Lauwers, La mort et le corps des saints, S. 49. Er weist auf die Betrachtungsperspektive hin, ob der vergängliche irdische oder der ideale jenseitige Körper gemeint ist. 1997 Annales Altahenses a. 1041, S. 26.

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Anzeichen, ihn negativ darzustellen. Gleiches gilt für Brun von Würzburg, dem der Teufel erschienen sein soll. Zwar konnte Brun diesen bannen, doch starb er kurz darauf beim Einsturz eines Gebäudes, während sich der ebenfalls anwesende Kaiser sowie weitere Personen nur leichte Verletzungen zuzogen. In diesem Fall betont der Annalist ausdrücklich, dass Brun zum Herrn eingegangen ist, sodass sein unerwartetes Ableben nicht falsch aufgefasst werden kann.1998 Ein solch eindeutiger Hinweis fehlt im Fall Dietmars. Es ist dem Annalisten hingegen nicht unbekannt, einen schlechten Tod eindeutig zu machen: Herzog Udalrich von Böhmen erfuhr nach einem schlechten Leben einen schlechten Tod.1999 Auch Dietrich IV., Graf von Holland und beteiligt an einer Verschwörung gegen Kaiser Heinrich III., wurde durch Gottes verdiente Rache erschlagen.2000 Im Gegenzug relativiert er auch durchaus als schlecht einzustufende Todesfälle. Gottfried, Markgraf der Kärntner Mark, wurde von bösen Menschen unschuldig, aber elendiglich erschlagen.2001 Dies erinnert an den Tod Dietmars von Salzburg. Auch er starb elendiglich, doch auch bei ihm waren nicht göttliche Rache oder ein schlechtes Leben ausschlaggebend, sondern eine konkrete Ursache, die nicht mit überirdischen Mächten in Verbindung gebracht wird. Dietmars Tod ist daher nicht als schlecht, vielmehr im Rahmen eines natürlich-guten Todes zu betrachten. Unter den weiteren Ausnahmen ragen zwei Fälle heraus, die gesondert eine kurze Betrachtung verdienen. Es handelt sich um Gunther von Bamberg und Konrad von Trier. Gunther, der 1065 gemeinsam mit anderen Bischöfen ins Heilige Land gezogen war,2002 starb auf dem Rückweg dieser Reise. Der Annalist berichtet ausführlich über die Gefahren dieses Zuges, die mehrfachen Angriffe muslimischer Krieger, die die Bischöfe erfolgreich unter dem geradezu übermenschlichen Einsatz Gunthers hatten abwehren können, sowie über sein Ableben am 23. Juli. Er sah, so berichtet der Annalist, seinen Tod voraus und verschied nach Ablegen der Beichte unter Gabe des Öls und der Wegzehrung.2003 Sein Leichnam wurde auf seinen Wunsch hin nach Bamberg zurückgeführt und dort bestattet. Von Problemen des Leichentransportes wie bei der desaströsen 1998 Annales Altahenses a. 1045, S. 39f. Der Tod Bruns hat auch in der Kunst Spuren hinterlassen. Vgl. Brod, Tod des Würzburger Bischofs Brun. Zu Brun vgl. Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 92–100, zum Tod S. 96 u. 98f. 1999 Annales Altahenses a. 1034, S. 19: malam vitam mala mors secuta est. 2000 Annales Altahenses a. 1049, S. 45: digna Dei ultione occisus est. 2001 Annales Altahenses a. 1050, S. 45: Tum marchio Gotefridus, ab iniquis circumventus, innocens misere occiditur. 2002 Zu diesem Pilgerzug vgl. Kortüm, Pilgerzug von 1064/65. 2003 Annales Altahenses a. 1065, S. 70: Ibi ergo non valens diutius morbo reluctari, sed pro certo sciens, iam appropinquare diem obitus, tribus illis coepiscopis aliisque compluribus sacri ordinis viris facta confessione, sancti olei delibutus unctione, et suscepto viatico dominici corporis et sanguinis, X. Kal. Augusti obiit.

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Heimführung Karls des Kahlen findet sich in Bezug auf Gunther kein Wort. Von vorzeitiger Verwesung, unangenehmen Gerüchen oder ungewöhnlichen Transportmethoden wird nicht gesprochen, dies wäre aber bei einem Heiligen wie Gunther auch fehl am Platz. Immerhin lobt ihn der Annalist als den tugendhaftesten Menschen seiner Zeit, der kaum von einem anderen darin übertroffen werden kann.2004 Die Vermutung, Gunther habe zu den Bekannten des Annalisten gehört, woraus sich der lange Nachruf erklären mag, wird bereits von Otto Meyer zurückgewiesen. Er führt die Ausführlichkeit auf das bereits zu seinen Lebzeiten hohe Ansehen Gunthers zurück.2005 Ein anderer Fall ist der Tod Konrads von Trier. Konrad war im Jahr 1066 durch König Heinrich IV., tatsächlich auf Einfluss seines Onkels, Erzbischof Annos II. von Köln, zum neuen Erzbischof von Trier bestimmt worden. Klerus und Volk von Trier waren über die Nichtachtung ihres Rechts auf die Wahl ihres Bischofs brüskiert und rüsteten gegen den Neuerwählten.2006 Noch bevor Konrad seine Bischofsstadt erstmals betreten konnte, wurde er von einem Trierer Aufgebot unter Führung des Vogtes Dietrich überfallen und umgebracht, schließlich in Tholey (im heutigen Saarland) bestattet.2007 Der Tod Konrads hat Eingang in viele Quellen gefunden, sogar eine eigene Passion aus der Feder Theoderichs von Tholey ist zu seinem Ableben entstanden.2008 Konrads Tod hat eine deutliche Verklärung erfahren, die sich aus einer Nebeneinanderstellung der Quellen gut darstellen lässt. Gemäß seiner Passion wurde Konrad zunächst dreimal von einem Felsen gestürzt, trug dadurch aber auf wundersame Weise keine Verletzungen davon. Infolgedessen wurde er durch das Schwert gerichtet und 40 Tage unbestattet liegengelassen, ohne dass sich wilde Tiere an seinem Leichnam vergangen hätten.2009 Der Niederaltaicher Annalist berichtet leicht Abweichendes. So wurde Konrad mehrfach von einem hohen Stein gestürzt, zunächst ohne 2004 Annales Altahenses a. 1065, S. 71: Ut enim cum pace omnium dicamus, nostris temporibus illo in virtutibus maior rarus quisquam surrexit aut nullus, et vix credi potest, si post eum iam talis sit aliquis surrecturus. 2005 Vgl. Meyer, Bayern, S. 548. 2006 Vgl. Erkens, Trierer Kirchenprovinz am Vorabend des Investiturstreits, S. 145f. (mit weiterer Literatur); Heinig, Fürstenmorde, S. 368 (mit weiterer Literatur); Kaiser, Mord im Dom, S. 114f., 118 u. 120; ders., Évêques expulsés, évêques assassinés, S. 68. Der Autor des Triumphus S. Remacli I, 17, S. 446, spricht vom Hass der Trierer auf Konrad. 2007 Zur Grabstätte vgl. Gierlich, Grabstätten der rheinischen Bischöfe, S. 73f. 2008 Vita et passio Conradi archiepiscopi. Golinelli, Hagiographie de combat, S. 249, vermerkt, dass durch die am Ende eintretenden Wunder am Grab Konrads sowie den Tod des Vogtes Dietrich nicht nur die Heiligkeit Konrads Bestätigung findet, sondern auch seine Einsetzung durch den König legitimiert wird. Vgl. Schütte, Bischofserhebungen, S. 151f. 2009 Vgl. Vita et passio Conradi archiepiscopi c. 4, S. 216f. Konrad erscheint gemäß Kaiser, Mord im Dom, S. 129, in der Passio als personifizierter Christus, während der Vogt Dietrich die Rolle des Pilatus verkörpert. Vgl. ders., Évêques expulsés, évêques assassinés, S. 71; Lotter, Hagiographische Literatur II.1, S. 358.

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sichtbaren Schaden zu nehmen, schließlich aber mit tödlichen Folgen. Dass es sich dennoch um einen guten Tod handelt, betont der Annalist gesondert, an seinem Grab sollen sich Wunder ereignet haben.2010 Gleiches berichtet Lampert von Hersfeld, wenngleich Konrad bei ihm nur einmal vom Felsen gestoßen zu werden braucht und Lampert die Wunder an seinem Grab als Gerücht kennzeichnet (ut fertur).2011 Den Tod durch das Schwert, genauer durch Enthauptung, nennen Berthold von Reichenau und Bernold von Konstanz und verstärken damit Konrads unzweifelhafte Position unter den Märtyrern und Heiligen.2012 Beide Geschichten werden erneut bei Sigebert von Gembloux verbunden.2013 Dass Konrad als Märtyrer gestorben ist, wird durch zahlreiche weitere Quellen vermittelt, ohne zusätzliche Details zu nennen,2014 während die Gesta Treverorum

2010 Vgl. Annales Altahenses a. 1067, S. 73. 2011 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1066, S. 102f. 2012 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1066, S. 201f., und Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1066, S. 395. So auch in den St. Galler Fortsetzungen Hermanns von Reichenau a. 1062, f. 15v: Treuerenses autem in defendendo iustam causam iusticie modum excedentes legato regis pessime tractato sibi designatum hostiliter capientes et divinis iudiciis reservanda suis ante tempus usurpantes quodam milite Theoderico id pre ceteris patrante de rupe in altum precedente prius multis modis castigatum bis precipitabant, bis pene divinitus inlesum inveniebant. Tertia vice deiectus post tale tantumque purgatorium et, ut magis dicam, martirium extrema patitur et post aliquantum temporis ab insanis corpus obruptum cane monstrante inventum aput Toleiam sepelitur ibique miraculis claruisse fertur. Vgl. auch Annales Augustani a. 1066, S. 128; Annales Wirziburgenses (= Annales S. Albani Moguntini) a. 1059 (!), S. 244 = Annales Hildesheimenses a. 1059, S. 47 = Annales S. Disibodi a. 1064, S. 184. 2013 Sigebert von Gembloux, Chronica a. 1067, S. 361: […] capitur a comite Trevirorum Deoderico, et a satellitibus eius in silva ductus, re rupe tertio precipitator, et adhuc illesus, gladio transverberatur. Zur Person Sigeberts und seiner antigregorianischen Haltung vgl. Hartmann, Sigebert von Gembloux. 2014 Es handelt sich dabei um nicht zeitgenössische Quellen: Annales Magdeburgenses a. 1068, S. 174: Sanctus Cono Treverorum episcopus martyrizatur in deserto loco; Annales Colonienses maximi a. 1065, S. 743: sanctus Cuno Trevirorum episcopus martyrizatur; Annales S. Pauli Virdunensis a. 1065, S. 500: Cuno Treverorum episcopus martirizatur; Sächsische Weltchronik c. 176, S. 174: In den tiden ward gemarteret de bischop Cono van Triere van eneme greven Diderike; durch den bischop du˚d got tekene vile. Schließlich wurde der Tod Konrads noch Jahrhunderte später in historiographischen Werken geführt, was für seine besondere Popularität und Bedeutung spricht. Dazu zählen die Eberbacher Chronik der Mainzer Erzbischöfe, S. 132: Hoc eciam tempore sanctus Cuno Treverensis archiepiscopus martyryzatus est in deserto loco a comite Theoderico, et sepultus est Doleya, ubi per illum Dominus multa signa tunc temporis fecit; und Aventin, Annales ducum Boiariae V, 12, S. 98: […] huncque Treveros adeuntem Theodericus urbis praeses, ferox ingenio et aetate, concitato tumultu capit, comites in fugam vertit, resistentes occidit, opes diripit, illum carnifici tradit atque de altissima rupe, tercio, cum bis incolomis evasisset, praecipitari iubet. Zur Wahrnehmung des Mordes an Konrad in verschiedenen Texten vgl. auch Kaiser, Mord im Dom, S. 128f.

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gegensätzlich davon sprechen, Konrad habe einen miserabilis mors erlitten.2015 Die Erinnerungswürdigkeit Konrads scheint aus zeitgenössischen und später angelegten Nekrologen heraus, die Konrads Tod zum 1. Juni verzeichnen.2016 Diese vielfachen und fast durchweg positiven Berichte über Konrads Ableben sind beachtenswert. Die Umstände seiner Erhebung sind alles andere als kanonisch zu bezeichnen, doch selbst radikale Anhänger der päpstlichen Reformen des ausgehenden 11. Jahrhunderts wie Bernold von Konstanz sehen keinen Grund, den Tod Konrads entweder auszusparen oder anzupassen. Konrad muss unmittelbar nach seinem Ableben der Status eines Märtyrers zugesprochen worden sein – die Passio wird dazu entscheidenden Beitrag geleistet haben, ebenso seine wunderbehaftete Grablege in Tholey –, sodass sich bereits wenige Jahre später an dieser Tatsache keine Änderungen mehr vornehmen ließen. Die unkanonische Erhebung war eindeutig durch die eindrucksvollen Ereignisse um sein Ableben überlagert worden, die es leicht zuließen, daraus ein Martyrium zu konstruieren. Der Niederaltaicher Annalist zeigt dazu den Weg an, wenngleich er es noch unterlässt, Konrad einem Märtyrer gleichzusetzen.

9.3.3 Die Hamburgische Kirchengeschichte Adams von Bremen Zu den historiographischen Zeugnissen innerhalb des nordalpinen ostfränkischdeutschen Reiches des 11. Jahrhunderts vor Beginn des Investiturstreits – oder in diesem Fall besser: weitgehend unbeeinflusst von den Auswirkungen desselben – gehört auch die Hamburgische Kirchengeschichte Adams von Bremen.2017 Adam, Bremer Kanoniker unter Erzbischof Adalbert sowie dessen Nachfolger Liemar, verfasste wohl zwischen 1073 und 1076 die Geschichte des Hamburg-Bremischen Erzbistums und seiner Vorsteher in insgesamt vier Büchern.2018 Führt sein erstes Buch von den Ursprüngen der Bistümer Bremen und Hamburg bis zu Erzbischof Unni († 936), sein zweites bis Bezelin/Alebrand († 1043), widmet er sein drittes Buch ganz seinem Förderer Adalbert († 1073) – gleichermaßen Zentralfigur der 2015 Gesta Treverorum continuatio prima c. 9, S. 182. Zum Bericht in den Gesta vgl. Pörtner, Reichspolitik, Reform und bischöfliche Autonomie, S. 92–94. 2016 Vgl. das Kalendarium necrologicum Weissenburgense, S. 311; Bernold von Konstanz, Notae necrologicae, S. 658; das Kalendarium necrologicum Gladbacense, S. 359, und das Todtenbuch des Speirer Domstifts, S. 430. 2017 Vgl. Buchner, Politische Vorstellungswelt Adams von Bremen, S. 52; Handschuh, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 89. 2018 Vgl. Trillmich, Einleitung (zu Adam von Bremen), S. 137 u. 139. Eine Einführung in Adams Werk bietet Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 16–25. Er präzisiert, sicher könne für die Jahre 1074/75 von einer Arbeit Adams an seiner Kirchengeschichte ausgegangen werden. Überlegungen zu Abfassungszeitpunkt und -grund finden sich auch bei Althoff, Causa scribendi, S. 129; Handschuh, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 79f.

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Reichspolitik unter Heinrich III. und Heinrich IV.2019 – während das abschließende Buch Beschreibungen der nordischen Länder enthält.2020 Aufgrund der ausführlichen Schilderung dieser Gebiete ist Adam immer wieder als Exempel zur Schilderung des Fremden in Gegenüberstellung zum Eigenen herangezogen worden.2021 In seinem dritten Buch hingegen gelängen Adam, so Werner Trillmich, »mit tief eindringendem psychologischem Verständnis unübertreffliche Charakteristiken seines großen Gönners Adalbert, zu dem er in tiefer Liebe und Verehrung aufschaut«.2022 Diese Einschätzung lässt ein panegyrisches Loblied auf Adalbert erwarten, wie ohnehin kaum zu erwarten ist, dass die von Adam porträtierten Hamburg-Bremer Bischöfe in ein negatives Licht gerückt werden könnten. Adam aber belässt es insbesondere bei Adalbert nicht bei einer hymnischen Lobrede, sondern benennt schonungslos auch die negativen Eigenschaften des Erzbischofs. Diese offene Darstellung findet ihren Höhepunkt im Tod Adalberts. Bevor wir diesen in den Fokus nehmen, soll das Interesse seinen Vorgängern gelten. Adam hat auf zahlreiche Quellen zurückgegriffen, um seine Geschichte anzufertigen, sodass es ihm möglich war, lückenlos über die bisherigen Erzbischöfe berichten und den Tod von 17 Vorstehern verzeichnen zu können.2023 Hinzu treten im Verlauf der vier Bücher weitere 15 bischöfliche Todesfälle außerhalb der Hamburg-Bremer Kirche.2024 Deren erster Bischof war Willehad († 789), der gemäß Adam senex et plenus dierum starb.2025 Damit steht er in direkter Linie zu Isaak und Hiob, die ebenfalls alt und lebenssatt aus dem Leben geschieden sein sollen (Gen 35,29; Hi 42,17). Willehad wird einerseits gleich Isaak, einem der Erzväter Israels, als Urvater der Bremer Kirche stilisiert, andererseits über Hiob seiner besonderen Gottestreue versichert. Gleichermaßen ausgezeichnet wird auch Willehads Nachfolger Willerich.2026 Neben dieser aus der Bibel hergestellten Kontinuität nennt Adam bei beiden auch den Ort (basilica 2019 2020 2021 2022 2023

Vgl. Johanek, Erzbischöfe von Hamburg-Bremen. Zu Aufbau und Inhalt vgl. auch Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 16–19. Vgl. exemplarisch Scior, Das Eigene und das Fremde. Trillmich, Einleitung (zu Adam von Bremen), S. 142. Vgl. Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 23–25; Trillmich, Einleitung (zu Adam von Bremen), S. 139f. 2024 Zur Form der Gesta der einzelnen Hamburger Bischöfe und zum besonderen Interesse Adams am Ableben dieser vgl. auch Handschuh, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 41. 2025 Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum I, 13, S. 17. Rückgriff auf die Vita Willehads nimmt Adam in Bezug auf die Sterbeszene nicht, vgl. Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 213. Zu Willehad vgl. May, Regesten, S. 1, zu seinem Tod n. 6, S. 3f.; Mehdorn, Prosopographie, S. 321–340; Reinecke, Hammaburgensis sive Bremensis eccl., S. 9–11. 2026 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum I, 18, S. 25. Vgl. zu ihm May, Regesten, S. 4, zu seinem Tod n. 14, S. 5; Mehdorn, Prosopographie, S. 340–348; Reinecke, Hammaburgensis sive Bremensis eccl., S. 11.

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sancti Petri / domo sancti Petri in parte altaris aquilonali) und den Tag ihres Todes bzw. ihrer Beisetzung, die ihm ebenso wichtig erschienen sein müssen. Entsprechend heißt es auch bei Willehad: [t]ransitus [eius] celebratur festivis gaudiis VI° idus novembris. Sein endgültiger Heimgang wird somit am 8. November begangen, Willerich ist am 4. Mai beigesetzt worden. Die Angabe der Todes- oder Begräbnistage findet sich in der Folge auch bei den übrigen Prälaten, mit zwei Ausnahmen um das entsprechende Jahr, dazu mit einer Ausnahme um die Angabe des Begräbnisortes ergänzt.2027 Deutlich wird Adams Bestreben, nicht nur eine Geschichte der Hamburgischen Kirche schreiben zu wollen. Vielmehr stehen memoriale sowie legitimatorische Funktionen im Vordergrund.2028 Adam zeigt über die einzelnen Lebensbilder der Erzbischöfe Aspekte eines Idealbischofs auf, wozu in erster Linie der Eintritt ins Amt abseits von Fremdbestimmung zu zählen ist. Weitere Aspekte, so Thies Siebet Jarecki, zielten u. a. auf die Sorge des Bischofs um Klerus und Arme, die Pflege und das Wohl seiner Kirche und die Mehrung ihres Besitzes, die Gründung von Klöstern und Stiften neben persönlichen Eigenschaften wie Demut, Frömmigkeit und Gottesfurcht. Zentral sei dem Kanoniker Adam über diese zahlreichen Punkte hinweg die Sorge des Erzbischofs um den Domklerus gewesen.2029 Die Viten der einzelnen Bischöfe bis Adalbert sind, wie Eva Schlotheuber festgestellt hat, der Gattung der Gesta episcoporum zuzurechnen.2030 Der Tod selbst wird darin zumeist äußerst schmucklos unter Nutzung des Verbes obire in Szene gesetzt.2031 Leichte Abweichungen finden sich bei Adalgar (migravit) und Reginward (depositus),2032 dagegen nicht bei Ansgar, dem wohl einflussreichsten Erzbischof der frühen Hamburg-Bremer Kirche.2033 Von Erz2027 Das Jahr fehlt bei Leuderich und Hermann, der Ort bei Liawizo II. Zu den Begräbnisorten der Bremer Erzbischöfe vgl. Schwarzwälder, Bischöfe und Erzbischöfe von Bremen. 2028 Adam benennt bei jedem Tod eines Bremer Bischofs umgehend seinen Nachfolger und bemüht sich, dessen rechtmäßige Einsetzung und königliche Legitimierung deutlich zu machen. Darin könne, so Schlotheuber, Persönlichkeitsdarstellung, S. 505, eine Reaktion auf den beginnenden Investiturstreit erkannt werden. Deutlicher und klarer als durch diese keineswegs sichere Interpretation treten die Wirren der beginnenden Konfrontation bei Adam nicht in Erscheinung. 2029 Vgl. Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 227f. 2030 Vgl. Schlotheuber, Persönlichkeitsdarstellung, S. 500–503. Vgl. Kaiser, Gesta episcoporum, S. 478f. 2031 Sterben, Tod und Nachruf der Erzbischöfe bei Adam widmet auch Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 212–226, ein eigenes Kapitel, das sich weitgehend dem Ableben Adalberts zuwendet. 2032 Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae Pontificum I, 50, S. 51; I, 53, S. 55. 2033 Dies ist insofern bemerkenswert, als Adam gerade die Vita Ansgars aus der Feder Rimberts hoch eingeschätzt haben mag (vgl. zu den von Adam genutzten Quellen Trillmich, Einleitung [zu Adam von Bremen], S. 147f.). Gemäß dieser Vita erkrankte Ansgar an seinem Lebensende schwer, fühlte sich jedoch betrogen, da er immer davon ausgegangen sei, mit dem Martyrium gekrönt zu werden, Rimbert, Vita Anskarii c. 40, S. 74f. Doch,

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bischof Unni an hält ein größerer Variantenreichtum Einzug, ohne bekannte Schemata zu durchbrechen. Unni legte die Hülle seines Leibes ab (fessi corporis tabernaculum), seine Seele stieg zum Himmel auf.2034 Dieses leicht variierte Bild der aus der Gefangenschaft des Körpers ausbrechenden Seele ist seit der Antike gern aufgegriffen worden. Hier wird es mit der christlichen Hoffnung – bei Unni Gewissheit – kombiniert, in der Burg der himmlischen Heimat, dem himmlischen Jerusalem, Aufnahme zu finden. Unni dient Adam als dramaturgisch geschicktes Ende seines ersten Buches. Dieses findet nicht mit dessen Ableben seinen Abschluss, sondern wird mit einer eindringlichen Mahnung an die weltliche Gaben zu reichhaltig genießenden Bischöfe gerahmt, sich an Unni und insbesondere seinem Ableben nach ausgedehnter Missionstätigkeit ein Beispiel zu nehmen.2035 Dienten die ersten beiden Bremer Bischöfe durch ihr Ableben als Anknüpfungspunkte zur alttestamentlichen Geschichte, findet sich mit Unni ein erster Fingerzeig in die Gegenwart, einen bestimmten Lebensweg zu beherzigen, um die ewige Seligkeit empfangen zu können. Es ist in diesem Zusammenhang gewiss kein Zufall, wenn Adam mit der Formulierung animam suam poneret auf das Neue Testament (u. a. Joh 10,15) zurückgegriffen hat. Pendant zu Unni im zweiten Buch ist Bezelin/Alebrand. Erneut hat Adam ein außergewöhnlich positives Beispiel für das abschließende Kapitel seines Buches ausgewählt, wieder darf dies weder als Zufall noch Ergebnis der nicht weit zurückliegenden Ereignisse verstanden werden – Adam war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Bremen, kann auch hier nicht aus eigener Erfahrung berichten. wie bereits Sulpicius Severus dies in Bezug auf Martin erklärte, weist auch Rimbert auf die zwei Formen des Martyriums hin (c. 42, S. 77f.): Nam cum duo martyrii esse genera constet, unum in pace ecclesiae occultum, alterum persecutionis articulo ingruente manifestum, utrumque voluntate tenuit, ad alterum effectu pervenit. Adam geht auf diese Umstände nicht ein, lässt Ansgar, zwar unter Angabe des Tages seiner Beisetzung sowie seiner Grablege, ohne weitere Details aus der Welt scheiden, vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum I, 34, S. 37. Zu Ansgar vgl. Mehdorn, Prosopographie, S. 42–91. 2034 Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum I, 62, S. 59f.: Anima vero cum multo animarum triumpho stipata celestis patriae capitolium semper laetatura conscendit. Bereits zur Erhebung Unnis hat Adam darauf verwiesen, an seinem Ableben könne neben seiner Wahl die Heiligkeit Unnis abgelesen werden (c. 54, S. 55): Erat autem vir, sicut in electione ac transitu eius videri potest, sanctissimus. Zu Unni vgl. May, Regesten, S. 27, zu seinem Tod n. 97, S. 27; Reinecke, Hammaburgensis sive Bremensis eccl., S. 21. 2035 Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum I, 63, S. 60: Eia vos episcopi, qui domi sedentes gloriae, lucri, ventris et somni breves delicias in primo episcopalis officii loco ponitis! Respicite, inquam, istum pauperem seculi et modicum, immo laudabilem magnumque sacerdotem Christi. Qui nuper tam nobili fine coronatus exemplum dedit posteris, nulla temporum vel locorum asperitate vestram pigriciam excusari posse, cum per tanta pericula maris et terrae feroces aquilonis populus ipse pertransiens ministerium legationis suae tanto impleret studio, ut in ultimis terrae finibus exspirans animam suam poneret pro Christo. Zur intendierten erzieherischen Wirkung in Adams Werk vgl. auch Kaiser, Gesta episcoporum, S. 478f.

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Bezelin/Alebrand dient eindeutig als unerreichbare, idealtypische Folie für den nachfolgenden Adalbert. Bezelin, der um seinen bevorstehenden Tod wusste, so zumindest die Interpretation Adams, wandte sich von der Kirche zu Scharmbek barfuß nach Bremen, um dort zu beten, begann in der Folge zu fiebern und ging nach sieben Tagen zum Herrn hinüber.2036 Seine Frömmigkeit und Bußfertigkeit werden als herausragend betont und tragen entscheidend dazu bei, Bezelin/ Alebrand die ewige Seligkeit zu garantieren. Diesem steht im gesamten dritten Buch Adalbert entgegen. Seine Darstellung fällt durch dessen ›Charakterstudie‹ völlig anders aus.2037 Adam schildert dezidiert den Sturz Adalberts aufgrund seines Lebenswandels, insbesondere die Ruhmsucht wird als entscheidendes Laster markiert.2038 Während vielfach in dieser Vita die erste und auch einzige mittelalterliche entwicklungsgeschichtliche Biografie gesehen worden ist, haben dieser Darstellung Walter Berschin und Eva Schlotheuber widersprochen.2039 Schlotheuber erachtet den schlechten Charakter Adalberts als von vornherein vorhanden, er sei nur im Laufe der Erzählung schlimmer geworden. Von einer Persönlichkeitsentwicklung könne daher nicht gesprochen werden, genauso wenig von einer ›Liebeserklärung‹ Adams in Richtung Adalbert, wie es die Einschätzung Trillmichs vermuten ließ. Denn Adams drittes Buch, wie Schlotheuber zu Recht resümiert, sei keine »unvoreingenommene, verständnisvolle und von tiefer Liebe zum Gönner geprägte Charakteristik, sondern eine auf der Basis von Morallehren entfaltete, vielschichtig 2036 Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum II, 82, S. 140: Transacta hyeme, cum iam festivitas immineret paschalis, beatissimus pontifex Alebrandus [pridie ante cenam dominicam], credo non inscius vocationis suae, ab ecclesia Scirnbeki, nudis pedibus accessit Bremam. Ubi multa oratione cum lacrimis effusa Deo et sanctis eius commendavit ecclesiam. Cumque iam febribus tangeretur, navigio delatus est ad Buciensem preposituram, ibique supervixit dies VII. Sic terrenum phase celestibus mutans azimis anima eius gaudens transivit ad Dominum. Zur Erläuterung vgl. auch ebd. Anm. 3. Die genau angegebene Dauer von sieben Tagen zwischen finaler Erkrankung und Tod ist sicher kein Zufall, der Zahl sieben sind sowohl im Juden- als auch im Christentum zahlreiche Bedeutungen inhärent. Zum Tod Bezelins vgl. Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 214. Zu Bezelin vgl. Glaeske, Erzbischöfe von Hamburg-Bremen als Reichsfürsten, S. 46–51; Reinecke, Hammaburgensis sive Bremensis eccl., S. 28f.; zu seinem Tod May, Regesten n. 219, S. 52. 2037 Vgl. Schlotheuber, Persönlichkeitsdarstellung, S. 497. Zum von Adam suggerierten Persönlichkeitsbild gemäß der sehr unterschiedlich argumentierenden Forschung vgl. Plassmann, Corrupted by Power, S. 51–53. Zur Persönlichkeit Adalberts bei Adam vgl. bereits Überlegungen von Misch, Studien zur Geschichte der Autobiographie. Knapp zu Adalbert vgl. Glaeske, Erzbischöfe von Hamburg-Bremen als Reichsfürsten, S. 55–97; Huschner, Adalbert; Reinecke, Hammaburgensis sive Bremensis eccl., S. 30–33; Seegrün, Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen. 2038 Vgl. Schlotheuber, Persönlichkeitsdarstellung, S. 511 u. 523f. 2039 Vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 4/1, S. 213f.; Schlotheuber, Persönlichkeitsdarstellung, S. 531, und ebd., S. 497 Anm. 6, der bisherige Forschungsgang diesbezüglich.

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angelegte Personendarstellung, die dem Leser das zerstörerische Wirken der Laster, allen voran der cenodoxia, und das unter diesen Vorzeichen zu erwartende Ende in immer wieder variierten Kontrasten vor Augen führt«.2040 Wenden wir uns direkt dem Tod Adalberts zu.2041 Zunächst verkannte dieser alle warnenden Vorzeichen, womit er unmittelbar als Gegenbild zu Bezelin/ Alebrand erscheint.2042 Als er erkrankte, versuchte er zunächst, mit Ärzten und Medizin dagegen vorzugehen – woraufhin er noch kränker wurde – und genas erst, als er Gott eine Besserung seines Lebens gelobte.2043 Deutlich wird einmal mehr die Kritik am Arzt im Mittelalter, die schließlich auch Adalbert zu Eigen wurde. Er brachte schließlich Ärzten und einer mit der Gabe der Weissagung ausgezeichneten Frau, die sein Ableben in zwei Jahren voraussagte, weniger Vertrauen entgegen als falschen Propheten (pseudoprophetae), die ihm ein noch lange andauerndes Leben bescheinigten. Selbst völlig abgemagert nach einem Ruhranfall kümmerte er sich um Staatsgeschäfte, nicht jedoch um sein Seelenheil. Bezeichnend ist, dass ihn während seiner Krankheit einzig König Heinrich IV. besuchen durfte,2044 den eine enge Beziehung an den siechen Erzbischof band. Folglich starb er schließlich, schwankend zwischen Lebenshoffnung und

2040 Schlotheuber, Persönlichkeitsdarstellung, S. 547. Vgl. Barnwell, Fragmented Identities, S. 208; Padberg, Geschichtsschreibung und kulturelles Gedächtnis, S. 168f.; Plassmann, Corrupted by Power, S. 66–69. 2041 Eine umfangreiche Auseinandersetzung mit dem Sterben Adalberts bei Adam bietet Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 214–226. 2042 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 62, S. 207f. Vgl. Schlotheuber, Persönlichkeitsdarstellung, S. 537f. u. 540f. 2043 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 63, S. 209. Adalberts erfolgloser Kampf gegen seine Krankheit mit den Mitteln der Medizin findet in den Annalen Lamperts von Hersfeld (zu diesen im folgenden Kapitel mehr) eine Parallelüberlieferung. Er berichtet vom kranken und durch das Alter geschwächten Erzbischof, der mit Ärzten gegen den Tod kämpfen wollte, als ob er der Natur durch Kunst entgegentreten könnte. Natürlich musste, so Lampert, dieses Anliegen scheitern und Adalbert der Vergänglichkeit Tribut zollen, Lampert von Hersfeld, Annales a. 1072, S. 134: Sed is morbo et aetate exhaustus, cum diu per exquisitissimas medicorum operas morti obluctatus fuisset, quasi naturam arte eludere posset, mediante quadragesima, XVI. Kal. Aprilis debitum condicioni persolvit, et pertinacibus odiis hominum, quod nunquam potuerat vivendo, tandem aliquando satisfecit moriendo. Erat plane vir admirandae compunctionis et potissimum dum salutarem Deo hostiam immolaret, totus in lacrimas effluebat; virgo quoque, ut ferebatur, ab utero matris permanebat. Sed has in eo virtutes nimium in oculis hominum morum insolentia et iactantiae levitas obfuscabant. Corpus eius ex Goslaria in sedem episcopatus sui delatum atque sepultum est. Lampert bestätigt das Bild Adams vom zwar frommen, aber ruhmsüchtigen Adalbert. 2044 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 64, S. 209f. Vgl. Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 219.

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Todesfurcht, allein und ohne Reue, da, aus seiner Wahrnehmung heraus, plötzlich, woraufhin seine Seele zu den Schatten entfloh.2045 Dieses der Aeneis des Vergil entnommene Bild der zu den Schatten entfleuchenden Seele bildet den Abschluss eines bis zu diesem Punkt nur als schlecht zu bezeichnenden Todes, wenngleich sich im dargestellten Tod gleichsam natürliche, wenn auch nicht alltägliche Versatzstücke auffinden lassen. Adam nutzt das Ableben Adalberts anscheinend in klarer Gegenüberstellung zu denen Unnis und Bezelins/Alebrands. Gerade die Mahnung zum Tod Unnis an die lebenden Bischöfe, nicht zu sehr dem Weltlichen nachzujagen, muss in besonderem Maße an Adalberts Lebensweg geknüpft sein, der als beispielhaft negativer Fall zu gelten hat. Adam stellt äußerst wirkungsvoll guten und schlechten Tod als Folge von gutem und schlechtem Leben einander gegenüber, wobei jeweils an den Kapitelenden zunächst Unni und Bezelin/Alebrand das Ideal verkörpert haben, während Adalbert im Gegensatz dazu das vermeintlich negative Abbild darstellt. Allerdings, darauf hat zuletzt Jarecki hingewiesen, unterlässt es Adam nicht, nach Adalberts Ableben dessen positive Eigenschaften noch einmal hervortreten zu lassen – Milde und Freigebigkeit, den Schutz der Kirche, die Verehrung alles Geistlichen oder die Verfolgung räuberischer Machenschaften. Negativ war allein seine Leichtgläubigkeit, auf den Rat schlechter Ratgeber gehört zu haben, wodurch seine gut gemeinten Anlagen ins schlechte verkehrt wurden.2046 Von der Ruhmsucht Adalberts spricht Adam in diesem Nachruf nicht mehr, das eindeutige Negativbild zu Erzbischof Unni fällt weg. Somit wird der zuvor geschilderte schlechte Tod Adalberts abgeschwächt; die Grundlagen zu seinem Tod werden nicht bei Adalbert selbst, sondern in seinem Umfeld gesehen. Folglich kann Adam zum Ende dieses Nachrufes darum bitten, dass Adalbert die ewige Seligkeit erhalte, wenngleich dafür ›wir‹ – Adam spricht vom Bremer Domklerus – um Vergebung bei Gott bitten müssen.2047 Adalbert mag also schlecht aus dem Leben getreten sein, gänzlich verloren ist er hingegen noch nicht. Dies macht Adam mit seinem Nachruf sehr deutlich. Folglich schildert Adam auch ausführlicher die würdige Beisetzung Adalberts im neuen Chor der Bremer Dom-

2045 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 65, S. 211f. Vgl. Barnwell, Fragmented Identities, S. 208; Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 220; Kolmer, Tod der Bischöfe, S. 63–65; May, Regesten n. 338, S. 78f.; Schlotheuber, Persönlichkeitsdarstellung, S. 542–544. 2046 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 66, S. 213f. Vgl. Jarecki, Vorstellungen vom Bischofsamt, S. 220–222. Der versöhnliche Schluss habe sich bereits zuvor im Werk angekündigt, vgl. ebd., S. 217f. 2047 Plassmann, Corrupted by Power, S. 53, sieht in dieser letzten Hoffnung Adams einerseits persönliche Motive, andererseits mag der Wunsch auch politisch motiviert sein, keinen ehemaligen Bischof der eigenen Kirche in der Hölle wissen zu müssen. Vgl. Misch, Studien zur Geschichte der Autobiographie, S. 274f.

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kirche am Fest Mariä Verkündigung (25. März),2048 betont erneut dessen herausragende Eigenschaften, so etwa dessen außergewöhnliche Seelenkraft oder oftmals empfundene Reue,2049 und führt exemplarisch vor, wie diese vielfach empfundene Reue positiven Einfluss auf seine Lebensführung genommen hat.2050 Unter den Bischöfen tritt Adalbert mit seinem Ableben bei Adam singulär hervor, als einziger derart gezeichnet stirbt er jedoch nicht. Einmal mehr lohnt dafür der Blick auf weltliche Machthaber und ihr Ableben. Olaf Tryggveson, König der Norweger, soll sich nach einer Niederlage gegen die Dänen ins Meer gestürzt und ein schlechtes Ende erlitten haben, der dänische König Sven plötzlich gestorben sein, während Æthelred, König der Angelsachsen, nach einem gerechten Richterspruch Gottes aus der Welt getreten sein soll.2051 Dennoch bleibt Adalbert – dessen Frömmigkeit Adam zu keiner Zeit in Frage stellt – der einzige Bischof, der derart negativ aus der Welt scheidet, als klare Warnung und Belehrung in erster Linie an Adalberts Nachfolger Liemar, dem Adam sein Werk gewidmet hat. Die neben den Bremer Metropoliten aufgenommenen Bischofstode haben eher nebenbei und aus dem Kontext heraus Eingang in Adams Werk gefunden. Davon zeugt bereits die Erwähnung vom Martyrium des Bonifatius bei den Friesen. Weiterhin findet sich das gewaltsame Ableben der Bischöfe Dietrich (von Minden) und Markward (von Hildesheim), die gemäß den Fuldaer Annalen den plündernden Normannen im Jahr 880 zum Opfer gefallen sind.2052 Warum Adam gerade sie aus der reichhaltigen Zahl an bischöflichen Opfern der Normannenzüge ausgewählt hat, mag mit Dietrichs Rolle nach der Wahl Erzbischof Rimberts zusammenhängen, der diesen zur Weihe nach Mainz begleitet hatte.2053 Die größte Zahl stellen Bischöfe der nordischen Lande, über die der HamburgBremer Erzbischof bis zur Gründung des Erzbistums Lund weitgehende Verfügungsgewalt besaß. Darunter fällt exemplarisch Bischof Thorgut von Skara, der, vom Aussatz befallen, geduldig seinem Tod entgegenging [t]andemque bono fine consummatus habe.2054 Der gute Tod des Bischofs findet sich hier in Worte gefasst. 2048 2049 2050 2051

Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 68, S. 215. Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 69, S. 215f. Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 70, S. 217. Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum II, 40, S. 100; II, 51, S. 112; II, 53, S. 113. Dieses Schicksal ist erwartungsgemäß nur den heidnischen Königen bestimmt. Folglich ging der zum Christentum bekehrte Dänenkönig Harald zu Christus hinüber (II, 28, S. 87), gleichermaßen die gerechten und frommen Kaiser Otto I. und Heinrich II. (II, 24 u. 56, S. 82 u. 116), während Olaf, der König der Norweger, das Martyrium erlitt (II, 61, S. 121). 2052 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum I, 10, S. 11; I, 38, S. 41. 2053 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum I, 35, S. 38. Der Tod Bernhars von Verden wird nur erwähnt, weil er am selben Tag wie Liawizo I. gestorben ist (II, 46, S. 107). 2054 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum II, 64, S. 124.

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9.3.4 Die Annalen Lamperts von Hersfeld Den Abschluss der Autoren, die weitgehend unbeeinflusst von den zahlreichen Konfliktfeldern des ausgehenden 11. Jahrhunderts schrieben, bildet Lampert von Hersfeld mit seinen um das Jahr 1078/79 abgefassten2055 sogenannten Annalen; wenngleich diese vielmehr zunächst als Weltchronik von der Entstehung der Welt an zu verstehen2056 und bis 1040 insbesondere von den verlorenen Hersfelder Annalen abhängig sind.2057 Ab diesem Zeitpunkt schildert Lampert in zunehmender, am Ende epischer, das Annalenschema aufbrechender Breite,2058 bis 1077 die Reichsgeschichte aus einer König Heinrich IV. gegenüber deutlich feindlich gesonnenen Position. Lampert, der Sohn begüterter Eltern, wurde wohl in Bamberg unter dem dort wirkenden späteren Kölner Erzbischof Anno zum Geistlichen ausgebildet, dann 1058 Mönch in Hersfeld, später Abt des Klosters Hasungen in Kassel.2059 Neben einer Lebensbeschreibung des hl. Lul von Mainz sowie Werken über die Geschichte Hersfelds sind die Annalen sein mit Abstand bedeutendstes und einflussreichstes Werk.2060 Lange sind dem Werk Lamperts hinsichtlich seines vermeintlichen Wahrheitsgehalts große Vorbehalte entgegengebracht worden, erstmals durch Leopold von Ranke 1854.2061 Erst Tilman Struve hat diese negativen Einschätzung abgelehnt

2055 Vgl. Holtzmann, Franken, S. 462. 2056 Vgl. von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 148f. Sie bescheinigt der Weltchronistik aus dem Umkreis der Gregorianer – wozu sie neben Lamperts Werk diejenigen Bernolds von Konstanz und Hugos von Flavigny rechnet –, kein Höhepunkt der Gattung gewesen zu sein, da ihre Autoren, insbesondere Lampert, zu sehr mit ihrer eigenen Zeit beschäftigt gewesen seien. Zur schwer durchführbaren Unterscheidung zwischen Chroniken und Annalen vgl. Deutinger, Lateinische Weltchronistik, S. 77. 2057 Vgl. Struve, Lampert von Hersfeld 1, S. 52f. Weitgehend hat sich Lampert dabei an seine Vorlage gehalten, gelegentlich Änderungen und Zusätze eingebracht (vgl. ebd., S. 53 mit Anm. 4). 2058 Vgl. Schmale, Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung, S. 120; Struve, Lampert von Hersfeld 1, S. 54, mit knapper tabellarischer Übersicht. 2059 Vgl. u. a. Robinson, Introduction, S. 3–6; Struve, Lampert von Hersfeld 1, S. 22–31; ders., Reginhard von Siegburg, S. 137 mit Anm. 37. Ohne sichere Grundlage hatte diese Annahme auch Lück, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 71, als gut ins Gesamtbild passend eingestuft. Zu Lamperts Wirken in Hersfeld (Leiter der Klosterschule?) vgl. Struve, Lampert von Hersfeld 1, S. 31–60, der sich auch gegen ein fluchtartiges Verlassen Lamperts gen Hasungen aufgrund von Differenzen mit Abt Hartwig ausspricht (S. 56–60). Zu Lampert als Hasunger Abt vgl. ebd., S. 84–96; Stengel, Lampert von Hersfeld, bes. S. 347–350. Vgl. Alles, Lampert von Hersfeld, S. 20–39; Robinson, Introduction, S. 24–29. 2060 Vgl. Alles, Lampert von Hersfeld, S. 39–84; Fritz, Einleitung (zu Lampert von Hersfeld), S. IX–XV; Holtzmann, Franken, S. 457f. 2061 Vgl. Ranke, Zur Kritik fränkisch-deutscher Reichsannalisten. Ausgeweitet durch HolderEgger, Studien zu Lambert von Hersfeld. Der ältere Forschungsgang wird zusammengefasst von Eggert, Lampertus scriptor callidissimus, S. 90–93; Robinson, Introduction,

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und in Lamperts Geschichtsschreibung ein Werk gesehen, das »als getreuer Spiegel der Anschauungen des Autors wie der ihn umgebenden Welt verstanden werden will«.2062 Struve kommt zu dem Ergebnis, Lampert sei kein »›Münchhausen unter den Chronisten des deutschen Mittelalters‹,2063 sondern ein durchaus ernst zu nehmender Mann [gewesen], der, in einer festen geistigen Tradition stehend und von seiner politisch-gesellschaftlichen Umwelt geprägt, daran ging, die Geschichte seiner Zeit, wie er sie mitfühlend erlebte, aufzuzeichnen«.2064 Einmal mehr ist es nicht angebracht, Lampert bewusste Geschichts(ver)fälschung vorzuwerfen; vielmehr ist sein Werk aus einer Vielzahl innerer und äußerer Einflüsse heraus zu analysieren.2065 Hinzuweisen ist neben den methodischen Vorbemerkungen zu dieser Arbeit auf die gleichermaßen differenzierende Unterscheidung von HansWerner Goetz zwischen Fiktionalität (bewusster Erfindung) und Konstruktion, nicht jedoch Fiktionalität und Wahrheit. Eine Erzählung, wie die Lamperts, schließlich auch Bertholds oder Bernolds, ist als literarisches Werk vor dem Hintergrund des Autors und der auf ihn einwirkenden Faktoren zu betrachten und daher nicht voreilig als ahistorisch und fiktiv zu verwerfen.2066 Die folgenden Beispiele mögen aus heutiger Sicht diesen Eindruck erwecken, doch darf dies nicht Grundlage der Analyse solcher Texte sein. Sicherlich liegen bei Lampert, Berthold und Bernold Geschichtskonstruktionen vor, doch ist dies bei der Abfassung von Geschichte zeitunabhängig immer der Fall. Entscheidend ist der Blick auf Auswahl, Anordnung und

2062 2063 2064

2065 2066

S. 34–40, unter Einbezug der Editionsgeschichte der Annalen; Struve, Lampert von Hersfeld 1, S. 96–114. Struve, Lampert von Hersfeld 1, S. 11. Vgl. Bagge, Kings, Politics, and the Right Order of the World, S. 232–236. Struve zitiert Haller, Canossa, S. 147. Struve, Lampert von Hersfeld 2, S. 142. Kritik an der Arbeit, der Methode und den Ergebnissen Struves formuliert Eggert, Lampertus scriptor callidissimus, S. 90–93, der sich der älteren Forschungstendenz insofern anschließt, als er feststellt, Lampert habe auch vor »glatten Entstellungen der Tatsachen« nicht zurückgeschreckt (S. 102). Deutlich tritt die Schwierigkeit hervor, den ›Wahrheits‹- oder ›Tatsachen‹-Begriff adäquat zu definieren. Dass Lampert nicht objektive Wahrheit darstellt und vielfach, wie Eggert herausarbeitet, sehr bewusst und gewiss auch tendenziös komponiert hat, ist deutlich. Dennoch sollte zunächst davon abgelassen werden, dies als bewusste, böswillige Fälschung zu bewerten, dagegen als Ausdruck von Persönlichkeit und Weltsicht des Autors, über dessen Werk ohne Hinzunahme von Vergleichsquellen weniger über die berichtete Zeit an sich gewonnen werden kann, viel mehr aber über die Person Lampert und sein Verständnis der Geschichte, dem gewünschten, dem notwendigen Lauf derselben, für die die mitgeteilten Ereignisse nur folgerichtig sind oder sein müssen. Robinson, Introduction, S. 39f., stimmt den Ergebnissen Struves zu, erinnert daran, in mittelalterlichen Chroniken zuerst Literatur zu sehen und kommt zu dem Schluss: »Lampert of Hersfeld is the most readable of all medieval historians.« Vgl. zum ›Problem‹ der Wahrheit bei Lampert auch Struve, Lampert von Hersfeld 2, S. 124–134. Vgl. Goetz, Konstruktion der Vergangenheit, S. 233.

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Deutung des Berichteten.2067 Autoren wie Lampert bewusste Desinformation, Verfälschung oder Verdrehung der vermeintlichen Wirklichkeit vorzuwerfen, führt am Wesentlichen vorbei. Nicht aufrecht zu erhalten wäre die Vorstellung, die Autoren hätten es besser gewusst, jedoch in Täuschungsabsicht oder polemischer Verzerrung billigend in Kauf genommen, die realen Umstände verkürzt oder falsch darzustellen. Vielmehr muss in den geschilderten Episoden zwar eine bewusste Konstruktion gesehen werden – deren Form und deren Motive es zu ermitteln oder zumindest plausibel zu machen gilt –, allerdings eine, die das Weltbild der Autoren widerspiegelt, die ihre Wahrheit repräsentiert. Parteipolitische Instrumentalisierung ist dabei nicht ausgeschlossen, bewusste Geschichtsfälschung – auch wenn sie niemals gänzlich ausgeschlossen werden darf – ist hingegen damit nicht auf eine Stufe zu stellen. Die Eingruppierung Lamperts vor die Auseinandersetzungen des Investiturstreits ist diskutabel, immerhin durchzieht das Werk eine klare Tendenz gegen König Heinrich IV.2068 Allerdings folgte diese Parteinahme Lamperts nicht aufgrund der Unterstützung Papst Gregors VII. und der von ihm fortgesetzten Reformen, vielmehr aus der gemäß seiner Ansicht nach unrechten Regierungsweise des jungen Königs insbesondere gegenüber den Sachsen im Allgemeinen – als Messlatte diente Lampert die aus seiner Sicht erfolgreiche Regierungszeit Heinrichs III.2069 Lampert unterstützte zwar den Kampf des Papstes gegen den König, jedoch nicht als überzeugter Gregorianer.2070 Er blieb Verfechter der Benediktregel und äußerte sich kritisch zum reformierten Mönchtum.2071 Durch diese Aversion gegen Heinrich IV. geraten auch die Bischöfe in den besonderen Fokus Lamperts, die meisten von ihnen waren durch den König in ihr Amt erhoben worden und in eine Konfliktpartei innerhalb der Sachsenkriege involviert. Bevor wir der Frage nachgehen, inwiefern Lampert auch den Bischofstod in den Jahren seiner selbst erlebten Zeit einsetzte, folgt ein kurzer Rückblick auf die Jahre bis 1040. Lampert hat seine Informationen für diese Jahre anderen Quellen entnommen, in besonderem Maße den verlorenen Hersfelder Annalen. Dennoch ist es von Interesse, wie ausführlich Lampert kopiert und was er möglicherweise ausgelassen hat. Bis einschließlich 1039 berichtet Lampert von 42 bischöflichen Todesfällen. Werden die überlieferten Passagen der Quedlinburger Annalen vergleichend hinzugezogen, finden sich erwartungsgemäß zahlreiche Übereinstimmungen, beide Texte beruhen zu großen Teilen auf den verlorenen Annalen 2067 Vgl. Goetz, Konstruktion der Vergangenheit, S. 234 u. 241f. 2068 Vgl. dazu und zu Lamperts gleichzeitigem besonders idealisiertem Bild Heinrichs III. Robinson, Introduction, S. 13, 16 u. 43–47. 2069 Vgl. Struve, Lampert von Hersfeld 2, S. 34–38. 2070 Vgl. Holtzmann, Franken, S. 459 u. 470; von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 148. 2071 Vgl. Holtzmann, Franken, S. 458; Struve, Lampert von Hersfeld 2, S. 65–72.

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aus Hersfeld. Ausnahmen sind Heriger von Mainz, Thioto von Würzburg und Ruodbert von Trier.2072 Hinzu tritt mit Wolfgang von Regensburg († 994) ein Vertreter, der gleichfalls nicht in den Hildesheimer Annalen, sondern einzig in den Annalen aus Niederaltaich zu finden ist.2073 Dies erklärt sein Fehlen in den Quedlinburger Annalen. Wird die Übereinstimmung aus Sicht der Annalen aus Quedlinburg unter Annahme der zugrunde liegenden Hersfelder Annalen betrachtet, fehlt bei Lampert der gewaltsame Tod Einharts von Speyer im Jahr 918. Martina Giese hat in ihrer Edition der Quedlinburger Annalen eine Herkunft dieser Nachricht aus den Hersfelder Annalen angenommen. Nicht erklärt werden kann damit, warum Lampert gerade diesen Fall hätte aussparen sollen, während er im weiteren Verlauf seines Werkes den Tod gleich mehrerer Speyrer Bischöfe nennen sollte. Die Herkunft dieser Nachricht aus den Hersfelder Annalen muss folglich weiterhin in Frage gestellt werden. Gleich der Quedlinburger Annalistin nutzt auch Lampert durchgehend das Verb obire, Variationen finden sich, mit Ausnahme der Martyrien Bonifatius’ und Adalberts von Prag, nicht. Letzterer ist der einzige Fall, in dem die Formulierungen zwischen den Annalen aus Quedlinburg und denen Lamperts leicht variieren (Adelbertus, episcopus de Praga civitate, a Prucis glorioso martyrio IX. Cal. Maii coronatur / Adalbertus episcopus martirizatur).2074 Rückt der unabhängige Teil Lamperts etwa ab dem Jahresbericht zu 1040 in den Fokus, stellt sich uns zu Beginn erneut die Frage, inwiefern Bischofstode im Werk Lamperts eine entscheidende Rolle spielen. Ab dem Jahr 1040 berichtet Lampert über 54 bischöfliche Todesfälle – einschließlich der zeitweilig gleichzeitig als Reichsbischöfe amtierenden Päpste. Dies bedeutet nicht, dass Lampert diese Todesfälle auch ausführlich schildert, im Gegenteil: In den überwiegenden Fällen erfolgt dies nach dem knappem Schema der vorangehenden Jahrhunderte unter Nennung des Verstorbenen und dessen Nachfolgers.2075 Es geht ihm nicht nur um die Nachricht eines Todesfalls, ergänzt findet sich immer auch der neue Amtsinhaber. Lampert war offensichtlich bestrebt, die Niederlegung einer geschlossenen Kontinuität in ausgewählten Bistümern zu erreichen. Die Aussa2072 Vgl. Kapitel 8.4.1 a, Anm. 1621. 2073 Vgl. Annales Altahenses a. 994, S. 15; Lampert von Hersfeld, Annales a. 994, S. 48. 2074 Vgl. Annales Quedlinburgenses a. 996, S. 492; Lampert von Hersfeld, Annales a. 997, S. 48. Die Annales Altahenses a. 997, S. 15f. sind identisch zu Lampert, während die Annales Hildesheimenses den Tod nicht erwähnen, dafür den Nachfolger Adalberts, Gaudentius (a. 1000, S. 28). 2075 Dies ist, beginnend ab dem Jahr 1040, in 33 Fällen zu beobachten. Hierbei unterlässt es Lampert, außerhalb der Mitteilung über den Tod des betreffenden Bischofs weitere Informationen zu nennen, etwa eine wenige Worte umfassende Würdigung, eine Angabe zur Grablege oder einen knappen Hinweis auf den Charakter des Todes. Entsprechend finden sich in 21 Schilderungen derartige Informationen, wenn auch in voneinander divergierendem Umfang.

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gekraft derartiger Mitteilungen mag gering erscheinen, doch geben sie Aufschluss darüber, welche Personen und Orte im Blickfeld des Annalisten standen und was oder wen er generell als wert empfand, es oder ihn in seinen Annalen zu verewigen. Auch wenn diese kurzen ›Todesanzeigen‹ zumeist ohne Tagesdatum erscheinen, dienten auch sie einer Form der memoria gleich der Chronik Hermanns von Reichenau, ohne eine ausgeprägte bischöfliche Erinnerung wie in der Chronik Thietmars von Merseburg zu erreichen. Eine regionale Zuordnung lässt zwar einen Schwerpunkt in Sachsen feststellen, allerdings keine einseitige Berichterstattung über den Norden und Nordosten des Reiches. Neben Bischöfen aus Sachsen2076 finden sich auch Prälaten aus Franken,2077 Schwaben,2078 Lothringen2079 und Bayern2080 sowie, wenn auch nur in einem Fall, Italien.2081 Dennoch: von den 33 Beispielen entfallen allein 21 auf Sachsen und Franken. Ein klarer Schwerpunkt von Lamperts Interesse wird deutlich. Ergänzend müssen die ›auffälligen‹ Todesfälle in die Gesamtschau einbezogen werden. Um die besondere Nutzung bischöflichen Todes in Lamperts Annalen herauszustellen, wollen wir zwei Beispielkomplexe an den Beginn stellen. Bischof Burchard I. von Halberstadt stand im Streit um den Zehnten mit Meginher, dem Abt von Lamperts Klosters Hersfeld.2082 Bevor Meginher im Jahr 1059 an einer Krankheit gestorben war, so Lampert, habe er Burchard über einen Mittelsmann eine Nachricht überbringen lassen: er solle sich darauf einstellen, den Streit in wenigen Tagen vor dem Richterstuhl Gottes auszutragen.2083 Tatsächlich rüstete 2076 Todesjahre gemäß Lampert: Hermann von Münster († 1042), Dietmar von Hildesheim († 1044), Cadalo von Zeitz († 1045), Alebrand von Bremen († 1045), Hunfried von Magdeburg († 1051), Rudolf von Paderborn († 1052), Azilin von Hildesheim († 1054), Sigebert von Verden († 1060), Reginher von Meißen († 1066), Benno (I.) von Osnabrück († 1067). 2077 Todesjahre gemäß Lampert: Eberhard von Bamberg († 1040), Hazecho von Worms († 1044), Adelgar von Worms († 1044), Brun von Würzburg († 1045), Eppo von Augsburg († 1047), Sibicho von Speyer († 1054), Hartwig von Bamberg († 1054), Arnold von Speyer († 1056), Konrad von Speyer († 1060), Egilbert von Passau († 1065), Einhart (II.) von Speyer († 1067). 2078 Todesjahre gemäß Lampert: Dietrich von Konstanz († 1051), Herrand von Straßburg († 1065). 2079 Todesjahre gemäß Lampert: Hermann von Köln († 1056), (Udo) von Toul († 1069), Adalbero von Metz († 1072). 2080 Todesjahre gemäß Lampert: Heribert von Eichstätt († 1042), Gezemann von Eichstätt († 1042), Poppo von Brixen [= Papst Damasus II.] († 1049), Gebhard (III.) von Regensburg († 1060). 2081 Todesjahre gemäß Lampert: Gebhard von Florenz [= Papst Nikolaus II.] († 1063), Rawenger von Aquileja († 1068), Anselm (I.) von Lucca [= Papst Alexander II.] († 1073). 2082 Zu Burchard I. vgl. Gruber, Heilige Burchard. 2083 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1059, S. 75f.: Contra cuius [sc. Burchards] improbitatem cum nec forenses nec ecclesiasticae leges quicquam valerent, et abbas, sepe querimonia in ius relata, surdis tribunalibus fabulam narrasset, tandem, brevi antequam vita excederet, mandavit ei per Fridericum palatinum comitem: se quidem tamquam viribus imparem

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sich der Bischof wenige Tage darauf, um zu Pferd zu einer Synode zu reisen, doch stürzte er, gemäß Lampert von göttlicher Strafe ereilt, zu Boden, noch bevor er sein Pferd besteigen konnte.2084 Er wurde in sein Schlafgemach gebracht, wo er die ihn Umgebenden bat, dem Hersfelder Kloster den Zehnten zuzugestehen und sich der Prophezeiung Meginhers erinnerte. In den Worten Lamperts: »Und als die Bischöfe von Magdeburg und Hildesheim ankamen, um ihn [sc. Burchard] zu besuchen, bekannte er laut wehklagend, schon werde er, wie jener vortreffliche Abt [sc. Meginher] vorausgesagt habe, vor Gottes Richterstuhl entrafft und müsse Rechenschaft ablegen für den Raub fremden Gutes, und er verlangte dringend, dass man Boten nach Hersfeld schicke, die dort flehentlich um Verzeihung für sein Vergehen bitten sollten. Kurz darauf wurden seine Eingeweide durch eine schreckliche Krankheit zerrissen, und er verschied.«2085 In diesem kurzen Bericht Lamperts sterben ein Abt und ein Bischof an einer unterschiedlich in Szene gesetzten Krankheit, auf den ersten Blick also an einer natürlichen Todesursache. Dennoch versteht es Lampert, die Situation noch mit einer persönlichen Note zu versehen. Er selbst war erst kurz vor diesen Ereignissen von einer nicht genehmigten Reise ins Heilige Land zurückgekehrt und causa cadere. Deo tamen vires ad tuendam equitatem non defuturas esse; proinde parati ambo essent, ut intra paucos dies ad tribunal equissimi iudicis Dei causam dicerent; victurum ibi esse, non qui plus posset, sed cuius causa iustior esset. 2084 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1059, S. 76: Nam post dormitionem abbatis pauci dies intercesserant, et ecce episcopus, cum predictae rei gratia sinodum indixisset et admoto iam equo illuc properare vellet, repente divina animadversione ictus corruit […]. 2085 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1059, S. 76: Cumque Magadaburgensis et Hildinesheimensis episcopi visitatum eum advenissent, cum magno eiulatu fatebatur se iuxta predictum eximii abbatis ad tribunal Dei iamiam abripi et pro invasis rebus alienis rationem exigi, rogabatque obnixe, ut missis Herveldiam nunciis veniam sibi pro admisso supplices precarentur. Nec multo post diruptis miserabili genere morbi visceribus expiravit. Übersetzung: FSGA 13, S. 69. Dass Lampert seine äußerst negative Sicht exklusiv vertritt, zeigt ein Bild auf parallele und zeitlich jüngere Darstellungen. Vergleichsweise neutral, eher positiv in den Annales Altahenses a. 1059, S. 55: Episcopus etiam de Halberstatt, Purchardus nomine, et archiepiscopus Magontacensis Liutpoldus viam ingress sunt carnis universae. Zwei Jahrhunderte später schließlich wird, keineswegs überraschend, in den Gesta episcoporum Halberstadensium, S. 96, der Tod Burchards positiv ausgestaltet: Cum igitur venerandus domnus Borchardus episcopus ecclesie sue semper pro posse suo profecerit et super conmissum sibi gregem verbo et sancte conversationis exemplo totis viribus vigilarit, anno ordinationis sue 23, regni autem quarti Henrici 3, 15. Kal. Novembris, non solum sub regimine suo degentibus sed et omni patrie flendus, a mortalibus ad inmortalia sumptus in Domino feliciter obdormivit. Corpus autem eius in ecclesia Halberstadensi versus occidentem honore congruo est sepultum. Das vermeintlich grausame Ableben Burchards, das Lampert so detailgetreu in Szene setzt, findet sich in keinem anderen Text. Erst Aventin, Annales ducum Boiariae V, 10, S. 81, greift Anfang des 16. Jahrhunderts diesen Vorfall wieder auf, lässt nun aber nicht nur Burchard, sondern auch Meginher eines plötzlichen Todes sterben: Meginardus Heroveltarum antistes, Burgardus Halberostadensis episcopus ob decimas decertant, invicem ad tribunal Christi, supremi praetoris, provocant. Ambo die dicto subita morte absumpti sunt.

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hatte gefürchtet, den von ihm hochverehrten Abt Meginher nicht mehr lebend vorzufinden, um ihm gegenüber Abbitte leisten zu können.2086 Doch wurde ihm diese Gnade gewährt, erst danach beendete der Abt glücklich sein Leben.2087 Lampert verbindet dies mit einer Würdigung der herausragenden christlichen Tugenden, was darin seinen Höhepunkt findet, Meginher als das einzige Vorbild gottgefälligen Mönchslebens zu bezeichnen.2088 Meginher starb ohne ein Wort der Klage nach einem vollbrachten Leben einen eindeutig guten Tod, das aus der Sicht Lamperts seinen Höhepunkt darin fand, ihn nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land von seinem Ungehorsam loszusprechen. Lampert selbst fragt sich, ob Meginhers Leben einzig für diese Tat noch hinausgezögert wurde.2089 Dem gegenüber steht der Halberstädter Bischof Burchard, von Gottes Strafe zu Boden geworfen und unter lautem Wehklagen von berstenden Eingeweiden zerrissen. Die Parallele zum Tod des Erzsünders Judas gemäß der Apostelgeschichte und zum Erzhäretiker Arius, der gemäß Rufinus auf dem Abort unter sich ebenfalls zerreißenden Eingeweiden zu Tode gekommen ist, ist unübersehbar. An dieser Stelle unternimmt es Lampert zum ersten Mal, den Gegensatz von gutem und schlechtem Tod eindrucksvoll zu inszenieren. Für die Frage nach der Vorstellung vom guten Tod spielt es keine Rolle, ob es sich so oder anders tatsächlich abgespielt hat.2090 Offenkundig verteidigt Lampert mit dieser Erzählung die Belange seines Klosters, das sich von den Ansprüchen des Halberstädter Bischofs deutlich zurückgesetzt fühlte.2091 Das brutale Ende Burchards ist in den Augen Lamperts das gerechtfertigte Schicksal eines Mannes, der den frommen Dienst der Hersfelder Mönche nicht mit dem ihnen zustehenden Zehnten würdigte2092 – und der Bischof ist nicht der einzige, der diese Haltung mit dem Leben 2086 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1059, S. 75. 2087 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1059, S. 75: Eodem die, quo me crimine absolverat, febre correptus est, et sic per octo dies gravi egritudine decoctus, VI. Kal. Octobris, feliciter consummato cursu, quievit in Domino. 2088 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1059, S. 75: […] vir magnarum in Christo virtutum et vere – quod omnium modernorum abbatum pace dixerim – unicum sua aetate in Teutonicis regionibus recte ac monastice vivendi exemplar. Meginher erscheint als Idealbild des Mönchtums, während Heinrich III. dies bei Lampert für das Königtum bildet, vgl. Robinson, Introduction, S. 16. 2089 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1059, S. 75. 2090 Innerhalb der FSGA wird gegenüber dieser »sehr fraglichen Geschichte« offenkundig größter Zweifel gehegt, auch aus der Tatsache resultierend, dass außer Lampert niemand über diese Ereignisse berichtet. Vgl. FSGA 13, S. 69 Anm. 4. Umso intensiver müssen derartige Berichte auf ihre Intention hin untersucht werden, denn auch wenn sie sich nicht wie berichtet abgespielt haben, erfüllen sie für Lampert eine Funktion in der Komposition seines Werkes. 2091 Zur engen Bindung Lamperts an sein Kloster, selbst wenn er sowohl mit verschiedenen Äbten als auch mit den Mönchen des Klosters in Konflikt geraten war, vgl. Holtzmann, Franken, S. 458f. 2092 Vgl. Struve, Lampert von Hersfeld 2, S. 117f.

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bezahlen sollte. Nochmals Lampert selbst: »Auch Burchards Erzpriester Uto, durch dessen Einflüsterungen hauptsächlich er sich in diese Wut hatte hineinsteigern lassen, und der am tatkräftigsten diesen widerrechtlichen Anspruch betrieben und gefördert hatte, starb noch in demselben Jahr ohne Beichte und ohne Heilige Kommunion eines plötzlichen Todes, wie das Gerücht allgemein behauptet, vom Teufel erwürgt.«2093 Auch wenn der Eingriff des Teufels als Gerücht abgetan wird,2094 ist das Ableben aus mittelalterlicher Sicht kaum schlimmer vorstellbar. Durch einen jähen Tod von der Beichte abgeschnitten ist jegliche Aussicht auf nachfolgende Seligkeit verloren. Auf der anderen Seite wiederum steht, neben Lampert selbst, Abt Meginher als der ›Gute‹,2095 der sich in den Augen des Annalisten durch zahlreiche Qualitäten ausgezeichnet hat, sichtbar geworden in seiner auf göttlichen Einfluss zurückgehenden Verlängerung seines Lebens, um Lampert von seinen Sünden loszusprechen und ihm seinen Ungehorsam zu vergeben. Nichts anderes als ein herausragender Tod konnte dieses gottgefällige Leben abschließen. Auf die bewusste Kompositionstechnik Lamperts in seinen Annalen, wenngleich nicht bezüglich der Bischofstode, hat bereits Wolfgang Eggert hingewiesen.2096 Inszenierte Todesfälle hingegen lassen die mitschwingende Meinung des Autors mehr als deutlich in den Vordergrund treten. Burchard I. wird nicht versteckt oder indirekt kritisiert, sondern mehr als deutlich des Unrechts überführt und der vermeintlich verdienten Strafe zugeführt. Burchard wird nicht so gestorben sein, zumindest wenn wir den Parallelquellen folgen.2097 Dies macht den Bericht Lamperts zu Burchards Ableben dennoch nicht zu einer von tendenziöser Parteilichkeit gefärbten Lüge ohne Aussagekraft. Er zeigt Lamperts Verständnis von Recht und Unrecht in der Welt und die Konsequenzen für Parteigänger der jeweiligen Seite. Daher ist der Bericht nicht als Lüge oder Verfälschung einzuschätzen, sondern zeigt eine Wahrheit in den Augen des Autors, die vielleicht nicht in dieser Form eingetreten ist, aber in Anbetracht der Welt2093 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1059, S. 76: Uto quoque archipresbiter eius, quo ille [sc. Burchard] potissimus incentore in hanc seviciam inarserat, quique exactor atque administer huius calumniae vehementissimus extiterat, eodem anno subitanea mirte sine confessione, sine sacra communione interiit, a diabolo, ut fama vulgacior loquebatur, suffocatus. Übersetzung gemäß FSGA 13, S. 69. Vgl. Struve, Lampert von Hersfeld 2, S. 73f. u. 121f., zur Rolle des Teufels in Lamperts Annalen. Zum häufigen Aufgreifen von Gerüchten nicht nur in dieser Zeit vgl. Münsch, Gerüchte und ihre Verbreitung; Vollrath, Lauter Gerüchte, S. 158f. 2094 Wobei Lampert mit diesem Einschub dem bei ihm häufig zitierten Livius eine Reverenz erweist, vgl. Robinson, Introduction, S. 76 mit Anm. 232. 2095 Gewiss auch gegenüber den ihm nachfolgenden Äbten, mit denen Lampert nicht in bestem Einvernehmen stand. 2096 Vgl. Eggert, Lampertus scriptor callidissimus, S. 97. Er konkretisiert, Lampert habe sich gegenüber der unmittelbaren Beeinflussung zumeist der indirekten bedient. 2097 Vgl. Anm. 2085.

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ordnung hätte eintreten müssen. Diese Art der Darstellung lässt sich durchgängig in der Geschichtsschreibung des früheren Mittelalters beobachten. Deswegen ist mit guten Gründen von verschiedenen Seiten davor gewarnt worden, Autoren trotz deutlich sichtbarer Tendenz in ihren Schriften vorschnell der Lüge und Fälschung zu beschuldigen.2098 Der gerade geschilderte unmittelbare Gegensatz von gutem und schlechtem Tod tritt nicht singulär innerhalb der Annalen Lamperts auf, sondern wird planmäßig bei der Zusammenstellung von Todesnachrichten eingesetzt. Im Bericht zum Jahr 1066, unserem zweiten Beispielkomplex, offenbart sich Lamperts Kompositionskunst ein weiteres Mal. Erzbischof Eberhard von Trier war gestorben, friedlich im Kreis seiner Brüder, den Kopf in den Schoß des Archidiakons gebettet, nachdem er kurz zuvor noch das Osterfest gefeiert hatte.2099 Ihm war auf Fürsprache des Kölner Erzbischofs Anno, so Lampert weiter, dessen Neffe Konrad gefolgt. Klerus und Volk von Trier, über ihren Ausschluss bei der Wahl des neuen Bischofs erbost, hatten daraufhin Vergeltung verlangt. Graf Dietrich, der Vogt der Trierer Kirche, zog mit zahlreichen Truppen Konrad am Tag seines in Trier vorgesehenen Einzuges entgegen. Konrad wurde gefangen gesetzt, sein Lager geplündert und die ihn begleitenden Männer niedergemacht. Anschließend wurde er in die Hände von Henkern übergeben, die ihn von einem Felsen in den Tod stürzten.2100 2098 Vgl. die Vorbemerkungen in Kapitel 2.3 sowie zu Beginn dieses Kapitels. 2099 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1066, S. 102. Der Tod Eberhards bietet ein gutes Beispiel späterer Verformungseffekte, offenkundig bewusster Geschichtsfälschung. Während Eberhard bei Lampert, Berthold und Bernold in Frieden entschläft und auch andere zeitgenössische Texte keine zusätzliche Intention einbringen, ändert sich dies mit der Fortsetzung der Gesta Treverorum. Dort ist nicht mehr nur vom Tod des Erzbischofs, nachdem er die Messe gefeiert hatte, zu lesen. Die ihn ergriffene und tödlich endende Krankheit wird auf die Juden zurückgeführt. So forderte Eberhard Juden auf, sich vor dem Osterfest zum Christentum zu bekennen oder die Stadt zu verlassen. Die Juden weigerten sich, konstruierten ein Eberhard ähnliches Ebenbild aus Wachs, ließen dieses durch einen bestochenen Priester taufen und verbrannten es am Ostersonntag. Darauf ereilten Eberhard die schlimme Krankheit und der Tod. Vgl. Gesta Treverorum continuatio prima c. 8, S. 182. Ziel des Fortsetzers war es nicht, tatsächliche Umstände wiederzugeben, sondern die Pogrome gegen die Trierer Juden durch die Bevölkerung im Zuge des ersten Kreuzzuges zu legitimieren. Zugleich wird durch die Erhebung Eberhards zum Märtyrer der gewaltsame Tod von dessen Nachfolger Konrad durch Trierer Militärs in den Hintergrund gerückt. Vgl. Heikkilä, Pogroms of the First Crusade, S. 157–160. Er weist auch auf den Erfolg der Geschichte hin, die sich u. a. noch bei Johannes Trithemius am Ausgang des Mittelalters finden lässt. 2100 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1066, S. 102f.: Episcopatum eius per interventum Coloniensis archiepiscopi suscepit Cuono prepositus Coloniensis. Graviter et indigne nimis tulit tam clerus quam populus Treverorum, quod ipsi in electionem eius admissi consultique non essent, seque vicissim hortabantur, ut insignem hanc contumeliam insigni aliquo ecemplo eluerent. Erat tum temporis maior domus aecclesiae Treverorum Diedericus comes, adolescens tam natura ferox quam aetate. Is die, quo episcopus urbem ingressurus sperabatur,

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So weit die bereits bekannte Geschichte um den Elekten Konrad von Trier. Lampert bewertet dessen Tod äußerst positiv. Ob dies mit der engen Verbindung Lamperts zu Anno in Verbindung zu bringen ist, der die Bamberger Domschule leitete, als Lampert dort wahrscheinlich ausgebildet wurde, ist Spekulation. Sicher ist, dass Lampert nicht negativ über dieses gewaltsame Ableben urteilt, im Gegenteil zeichnete sich Konrad gemäß seiner Darstellung noch lange nach seinem Tod durch Wunder aus, die an seinem Grab aufgetreten waren.2101 Kritik Lamperts an der unkanonisch erfolgten Besetzung findet sich in diesem Abschnitt nicht. Für die bewusste Komposition dieses und des folgenden Falles spricht: Konrads Vorgänger Eberhard wurde bis zum Bericht über seinen Tod in den Annalen Lamperts nicht erwähnt. Sein Ableben, so muss angenommen werden, diente vornehmlich der Überleitung zum Fall Konrads. Eine gleiche Beobachtung ist, wenige Sätze nach dem Tod Konrads, bei Bischof Reginher von Meißen zu machen. Er starb ebenfalls im Jahr 1066 und erfuhr gleichfalls im Text zuvor keine Erwähnung.2102 Sein Nachfolger wurde der Goslarer Propst Kraft. Sein kurzes Leben lässt sich am besten mit Lampert selbst wiedergeben: »Als Kraft aber nach der Übernahme des Bischofsamtes nach Goslar gekommen war, schloss er sich nach der Mahlzeit, wie um ein wenig zu ruhen, in seinem Gemach ein, wo er ohne jemandes Mitwissen seine Schätze, die er allzu sehr liebte, vergraben hatte. Als er aber gegen Abend wider seine Gewohnheit noch immer zu schlafen schien, wunderten sich seine Kammerdiener über dies ungewohnte Verhalten und klopften an die Tür. Aber weder auf ihr Klopfen noch auf ihr Rufen erhielten sie Antwort. Als sie schließlich die Tür aufbrachen und eindrangen, fanden sie ihn entseelt mit gebrochenem Genick und schwarz gefärbt

cum ingentibus copiis ei obviam processit atque in ipso lucis crepusculo, priusquam hospicio progrederetur, super eum irruens, paucos resistere temptantes occidit, caeteros inopino terrore perculsos facile fudit fugavitque, opes, quas amplissimas advexerat, diripuit, ipsum episcopum captum traditumque in manus carnificum de rupe altissima precipitari et sic interfici iussit. Vgl. zum Tod Konrads von Trier bereits Kapitel 9.3.2. Zur Schilderung bei Lampert vgl. Karzel, Darstellung von Krieg und Gewalt, S. 69f. 2101 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1066, S. 103: Corpus eius a religiosis viris collectum atque in monasterio Doleiensi sepultum est; ubi usque in presens tempus magnis, ut fertur, miraculis divinitus sepe illustratur. 2102 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1066, S. 104. Zu Reginher vgl. Rittenbach / Seifert, Geschichte der Bischöfe von Meißen, S. 59. Reginher spielte nicht nur im vorangehenden Teil der Annalen Lamperts keine Rolle, sondern generell nicht in der Historiographie des ausgehenden 11. Jahrhunderts. Namentlich genannt wird er einzig im Liber pontificalis Eichstetensis, S. 249. Als Parallelüberlieferung eignet sich dieser Beleg nicht, er verzeichnet Reginher bloß als einen der während des Episkopats Gundekars von Eichstätt (1057–1075) Verstorbenen. Neben Reginher erscheinen dort 61 weitere Bischöfe aus Deutschland, Italien und Burgund, dazu Kardinalbischof Petrus Damiani und Papst Alexander II. Vgl. zu dieser Liste Oexle, Memoria und Memorialbild, S. 409–411.

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kläglich auf seinen Schätzen liegend.«2103 Deutlich wird die Gier Krafts als gottloses Verhalten vor Augen geführt,2104 das in einem plötzlichen Tod innerhalb der Schatzkammer, allein und von weiteren Menschen abgeschnitten, seine Strafe fand. Symbolisiert durch die schwarze Verfärbung des Körpers wird Krafts Schicksal in der Hölle vor Augen geführt und eindeutig auf die von ihm zu erleidenden Strafen hingewiesen.2105 Schlechtes Leben und schlechter Tod stehen in unmittelbarer Beziehung zueinander – wer schlecht gelebt hat, kann nur schlecht die Welt verlassen; gleichermaßen kann ein schlechter Tod nur auf einen ebensolchen Lebenswandel folgen. Bei Kraft mag die schwarze Verfärbung einhergehend mit dem gebrochenen Genick darauf hindeuten, dass ihn der Teufel selbst aus dem Leben geholt hat. Zu bedenken ist aber, dass anders als über das Ableben Konrads von Trier nur Lampert über den spektakulären Tod Krafts berichtet.2106 Da ein so einzigartiger Fall überregionales Interesse geweckt hätte, zumal er sich nicht im abgelegenen Meißen, sondern in Goslar im Herzen des Reiches abgespielt haben soll, ist davon auszugehen, dass Lampert hier bewusst das Martyrium Konrads dem auf göttliche Strafe zurückzuführenden Ableben Krafts gegenüberstellt. So gelingt es Lampert, seine Ansichten eines gottgefälligen sowie eines schändlich gotteslästerlichen Lebens anhand knapper, eindrücklicher Beispiele zu demonstrieren. Dass Kraft, zuvor Goslarer Kanoniker, sehr wahrscheinlich von Heinrich IV. investiert worden ist, ist der negativen Darstellung seines Ablebens nicht abträglich, trägt ganz im Gegenteil zu einer weiteren Komponente in den vielschichtig und sehr bewusst zusammengestellten Annalen Lamperts bei. Bei den genannten Beispielen treten die Reichspolitik und Heinrich IV. nur in untergeordneter Rolle in Erscheinung. Lampert wird von der Gegenüberstellung von gut und schlecht, recht und unrecht geleitet, die er in Form von Todesdarstellungen in Szene setzt. Derart aussagekräftig und durchkomponiert erscheinen 2103 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1066, S. 104: Sed is dum suscepto episcopatu Goslariam venisset, post refectionem in cubiculum, ubi thesauros suos, quorum nimius amator erat, nullo conscio infoderat, quasi paululum requiescere volens, sese inclusit. Cumque iam die vergente in vesperam preter modum consuetudinemque suam somno indulgere videretur, rem insolitam mirantes cubicularii pulsare ostium ceperunt. Sed nec pulsantibus nec vociferantibus ullum dabatur responsum. Tandem effractis foribus irrumpentes invenerunt eum fractis cervicibus, colore tetro, exanimem ipsis thesauris suis miserabilem in modum incubantem. Übersetzung: FSGA 13, S. 111/113. Zu Kraft vgl. Rittenbach / Seifert, Geschichte der Bischöfe von Meißen, S. 60f. 2104 Vgl. Lk 16,13. 2105 Zum bei Lampert implizierten Strafgericht über Kraft vgl. Rittenbach / Seifert, Geschichte der Bischöfe von Meißen, S. 60f. 2106 Vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 1, S. 532 mit Anm. 72. Wie bereits zuvor im Falle Reginhers bieten die Annalen Lamperts die einzige Darstellung der Todesnachricht. Dass der spektakuläre Tod Krafts nicht größeres Aufsehen erregt hat, muss Misstrauen erwecken, falls eine objektive Berichterstattung erwartet wird. Im Fall der durchdachten Komposition Lamperts fügt sie sich hingegen hervorragend ins Gesamtbild.

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die anderen ›auffälligen‹ Todesberichte bei Lampert nicht, doch sind auch sie eine Betrachtung wert. Der Blick gilt zunächst den ›Guten‹ und ›Gerechten‹ und ihrem Ableben. Die besondere Auszeichnung wird größtenteils nur durch die Angabe des Todestages2107 oder der Grabstätte2108 erzielt, daneben durch eine besonders auszeichnende Formulierung2109 oder eine Kombination dieser Komponenten.2110 Formen der bewussten Komposition finden sich aber auch weiterhin. Zu Arnold von Worms heißt es: Arnolfus Wormaciae episcopus, vir pontificalis modestiae et sanctitatis, migravit ad Dominum.2111 Während sich Lampert zu Arnolds Vorgängern lobender Worte enthalten hat, finden sich solche bewusst bei Arnold selbst. Denn bereits bei seinem Tod wird dessen Nachfolger Adalbero nicht nur genannt, sondern zugleich als überaus beleibt beschrieben: eine mehr Entsetzen als Bewunderung auf sich ziehende Gestalt, den hässlichsten Monstern des Altertums ebenbürtig.2112 Stirbt mit Arnold gemäß Lampert ein tugendhafter und heiliger Mann, folgt ihm in Adalbero ein hinkender und verfressener nach. Ausgehend von der Annahme, Heiligkeit zeige sich auch im Äußeren,2113 ist Adalbero bereits bei Amtsantritt zu einem schlechten Ableben vorverurteilt. Es ist daher nur folgerichtig, wenn es zum Jahr 1070 lautet, dass Adalbero gemäß all2107 Gebhard von Eichstätt (Papst Viktor II.), Lampert von Hersfeld, Annales a.1057, S. 70: V. Kal. Augusti migravit ad Dominum. Eine Aufzählung weiterer Quellen zum Tod Gebhards bietet RI III,5 n. 1310, S. 725–728. Die positive Komponente wird durch die genutzte Verbkombination unterstrichen. Luitpold von Mainz, Lampert von Hersfeld, Annales a.1059, S. 77: Liupoldus archiepiscopus Mogontinus VII. Idus Decembr. obiit. 2108 Suidger von Bamberg, Lampert von Hersfeld, Annales a. 1047, S. 61: Babenberg sepultus est. 2109 Bardo von Mainz soll in einer Messe seinen baldigen Tod angekündigt und sich daraufhin den Gebeten der Gläubigen anempfohlen haben, um im selben Monat zu sterben, vgl. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1051, S. 63. Im Vergleich zur Schilderung bei Hermann von Reichenau (vgl. Kapitel 9.3.1 b) nimmt sich Lampert deutlich zurück. Der spätere Konflikt der Mainzer Erzbischöfe mit dem Kloster Hersfeld mag der Grund dafür sein. Vgl. Unger, Hersfeld, S. 593. 2110 Brun von Toul, Lampert von Hersfeld, Annales a. 1054, S. 64: Leo nonus papa XIII. Kal. Maii beato fine quievit in Domino Romaeque sepultus est. Der Bericht ist auch deshalb von Interesse, da Lampert nach Leos IX. Niederlage 1053 gegen die Normannen davon spricht, dass der Papst seitdem seine Tage in Trübsal und Trauer (luctum et merore) zugebracht hat, vgl. a. 1053, S. 64. Lampert vermeidet es dennoch, Leo in Folge dieser Niederlage ein schlechtes Ableben zuzuschreiben. 2111 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1065, S. 100. Erneut ist Lampert einziger zeitgenössischer Gewährsmann für einen Todesfall. Nur die Annales necrologici Prumienses, S. 378, verzeichnen Arnold zum Jahr 1065 (Arnnoldus episcopus), als Verstorbenen zwischen 1057 und 1075 verzeichnet ihn der Liber pontificalis Eichstetensis, S. 249. 2112 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1065, S. 100: […] successitque ei Adelbero monachus ex monasterio sancti Galli, frater Ruodolfi ducis, uno pede omnino debilis, vir per omnia dignus spectaculo. Erat enim fortitudinis magnae, edacitatis nimiae, crassitudinis tantae, quae aspicientibus horrorem magis incuteret quam admirationem; nec ita centimanus gigas aut aliud antiquitatis monstrum, si ab inferis emergeret, stupentis populi oculos in se atque ora converteret. 2113 Vgl. Jaritz, Der »gute« und der »böse« Tote, S. 327.

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gemeinem Konsens an seiner Fettleibigkeit erstickt ist.2114 Das Maßhalten Arnolds sowie die Maßlosigkeit Adalberos werden in Form der Todesberichte festgehalten. Gleiches gilt, wenn auch in der Wortwahl abgeschwächt, für Rumold und Karl von Konstanz. Während Rumold als würdevoller Mann gelobt wird (maturae admodum gravitatis vir), folgt auch in diesem Fall nicht nur die Nennung seines Nachfolgers, sondern bereits die Bloßstellung desselben als Simonist.2115 Zwar stirbt Karl keinen grausamen Tod,2116 doch ist er zuvor von seinem Bischofsamt abberufen worden. Auch hier werden somit Recht und Unrecht einander gegenübergestellt, finden aber in den Todesschilderungen keine signifikante Entsprechung. Es ist ohnehin überraschend, dass Lampert Karls Tod, zusätzlich sogar um sein Todesdatum ergänzt, überhaupt erwähnt. Es scheint, als habe Karl in den Augen Lamperts durch den Verzicht auf sein Amt recht gehandelt, somit in die Regionen des ›Guten‹ zurückgefunden, während die Berufung und simonistische Einsetzung Karls Heinrich IV. zur Last gelegt wird. Eine letzte, jedoch nur indirekte und nicht aufeinander bezogene Gegenüberstellung ermöglicht das Jahr 1075 durch den Tod Dietwins von Lüttich und Heinrichs von Speyer. Während sich Dietwin durch viele Tugenden auszeichnen konnte,2117 trat 2114 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1070, S. 117: Adalbero Wormaciae episcopus propria, ut fertur, crassitudine prefocatus interiit. Wie bereits bei Arnold zuvor ist Lampert auch zu dieser drastischen Sicht der einzige Zeuge. Die Annales Augustani a. 1070, S. 128, bringen schlicht: Adalbero Wormatiensis episcopus moritur. Ansonsten findet sich nur wieder der allgemeine Hinweis im Liber pontificalis Eichstetensis, S. 249. 2115 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1069, S. 111. Ein Gleiches findet sich, noch ausführlicher, in der Chronik Bertholds a. 1069, S. 207f.: Rumaldus Constantiensis XXXVI. episcopus, pius admodum et humanus, qui et domus episcopalis, que suo tempore corruit, recuperator sollertissimus, et ecclesiastici thesauri ampliator et provisor attentissimus, huius mundi umbraticas deserens vanitates, ultimum diem II. Nonas Novembris feliciter clauserat et in eadem domo, quam construere iam inceperat, officiose sepultus est. Auffällig ist insbesondere Bertholds Lob über Rumolds gewissenhafte Verwaltung des Kirchenschatzes, während ihm mit Karl, als deutlichem Gegenpart, ein Simonist folgt. Bei Bernold a. 1069, S. 398, ist dieses Lob eingespart worden: Constantiae Rumaldus episcopus obiit. Es mag für Bernold nicht die gleiche Relevanz besessen haben, wodurch jedoch der bei Berthold noch einmal sehr deutlich gemachte Gegensatz weitgehend aufgehoben, nur durch die Stigmatisierung Karls als Simonist aufrechterhalten wird, dem nun aber das leuchtende Gegenbeispiel fehlt. Zu Rumold und Karl vgl. Maurer, Bistum Konstanz, S. 193–199 u. 202–207. Zum Tod beider vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 1, S. 630f., u. Jahrbücher 2, S. 84f. 2116 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1071, S. 133: Karolus, quem ab episcopatu Constantiensi deiectum supra diximus, regressus ad Magadaburgensem diocesim VI. Kal. Ianuarii obiit. Berthold und Bernold verzeichnen Karls Tod nicht – überhaupt findet er sich in keinem weiteren Text. In diesen Fällen spricht das Schweigen für sich. 2117 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1075, S. 225: Quo in tempore nunciatum est regi, Dietwinum Leodiensem episcopum, virum multis ornatum virtutibus et per plures iam annos sacerdocio perfunctum, ab hac luce migrasse. Dergleichen positive Berichte bieten in der Folge erst wieder Texte des 13. Jahrhunderts, das Chronicon sancti Laurentii Leodiensis c. 43, S. 276: Cum ergo sancti illi essent in conculcationem, et bona ecclesiae in direptionem, contigit domnum Theoduinum ex hac luce discedere, anno Domini 1075 sowie Aegidius von

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Heinrich durch plötzlichen Tod aus der Welt, nachdem er zuvor das Vermögen der Kirche verschleudert hatte. Sein Tod ist von seinem Nachfolger Rüdiger, genannt Huzmann, in einer Vision vorhergesehen worden.2118 Auch wenn beide Personen keine Beziehung zueinander aufweisen, stehen der tugendhafte Dietwin sowie der verschwenderische Heinrich einander gegenüber – eine Konstellation, wie sie in ganz ähnlicher Form bereits bei Arnold und Adalbero von Worms bestanden hat. Lampert lobte und kritisierte somit nicht einfach bestimmte Personen, sondern stellte ihnen zusätzlich einen Gegenpart zur Seite, um die Folgen des jeweils anderen, guten oder schlechten Lebenswandels abschätzen zu können. Unabhängig von diesen mehr oder weniger aneinander gebundenen, einander gegenübergestellten Todesberichten treten dem Leser vereinzelt auch alleinstehende positive und negative Darstellungen entgegen. Heinrich von Augsburg,2119 Orval, Gesta episcoporum Leodiensium III, 10, S. 88: Obiit anno Domini 1075, nono Kal. Iulii, tercio anno Gregorii, qui et Hillebrandus primo dictus est. Anno milleno quinto cum septuageno / Migravit dominus de corpore Theoduinus / Communis pastor reliquis, pater unice nobis; / Qui novies ternos presul ne clauderet annos, / Invidit numerum triginta quinque dierum / Iunius ad Iulias nono sub luce Kalendas. Sepultusque est Hoii cum maximo honore in ecclesia beate Marie ante altare beate Marie semper virginis, quod beatus Maternus primus Tungrorum episcopus in honore ipsius virginis consecraverat temporibus Clementis primi Romanorum pontificis, iuxta fontes, regnante Henrico, filio Conradi imperatoris. Zu Dietwin vgl. Kupper, Leodium, S. 72f. 2118 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1075, S. 227f.: Heinricus Spirensis episcopus cum iam thesauros aecclesiae Spirensis pene omnes puerili levitate dilapidasset et predia militibus suis in beneficium erogasset, in tantum ut vix in dimidium annum sumptus ei ex reditibus aecclesiae ministrari possent, inopinata morte subtractus est. De cuius obitu dignam memoria visionem vidit clericus quidam, qui ei defuncto protinus in episcopatum successit, nomine Huzmannus. Putabat se in choro Spirensi cum episcopo et caeteris clericis stare; et ecce ingrediebantur chorum tres viri, unus exacta aetate, canicie veneranda, duo iuvenes tamquam in obsequium senioris destinati. Cumque in medio chori aliquamdiu taciti constitissent, ait senior his, qui circa se erant, iuvenibus: ›Quid tardatis quod vobis iussum est explore?‹ Ait illi: ›Tuum‹, inquiunt, ›pater, est primo adversus eum dictare sententiam, et nos sine dilatione quicquid iudicaveris exequemur.‹ Et ille: ›Propter multa‹, inquit, ›mala, quae in locum hunc et in sanctam Dei genitricem operates est, egressa est a Deo sententia, ut interficiatur.‹ Ad hanc vocem corripientes episcopum decollaverunt et truncum in ligno crucis, quod in eadem aecclesia in sublime elatum stabat, suspenderunt. Cumque mane facto clericus nimio horrore concussus episcopo somnium retulisset, visus est ei quasi deliramenta loqui, et propter sospitatem corporis sui optimeque constantem omnibus membris vigorem suum nullum tam e vicino imminentis exicii sensum admisit. Et ecce septimo dehinc die, cum ad vespertinalem sinaxim cum fratribus in choro staret, sensit repente parvulam sibi instar puncti pustulam in collo excrescere, qua paulatim in inmensum intumescente, ante mediam noctem defunctus est. Zur Behandlung dieses Todesfalls bei Berthold und Bernold wird noch zurückzukommen sein (vgl. Kapitel 9.4.2.1 a). Lampert war nicht der einzige, der dieses Ableben zu seinen Gunsten einzusetzen verstand. Vgl. Gresser, Bistum Speyer, S. 160f. 2119 Zu Heinrich vgl. Volkert, Regesten n. 276, S. 159–162; Zoepfl, Bistum Augsburg, S. 91– 96.

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einflussreich in der vormundschaftlichen Regierung für Heinrich IV., war zwar dem König und allen Bischöfen aufgrund der Art seiner Regierungsführung verhasst, dennoch stirbt er unauffällig, ohne negative Konnotation.2120 Die Augsburger Annalen, dem eigenen Bischof offenkundig nicht derart abgeneigt wie Lampert, berichten hingegen, dass Heinrich von allen gekränkt und von langer Krankheit geschwächt gestorben ist.2121 Beide nutzen obire, dennoch dreht sich der Sachverhalt ins Gegenteil. Heinrich wird zum Opfer stilisiert, an dessen Ableben indirekt die Leute am Hof verantwortlich sind, welche ihn aus der Verantwortung gedrängt hatten. Es ist weiterhin bezeichnend, dass ein überzeugter Gregorianer wie Berthold von Reichenau darauf verzichtet hat, diesen Fall für sich nutzbar zu machen.2122 Der Tod selbst war wohl äußerst unspektakulär, die unterschiedlichen Darstellungsformen müssten jedoch zum vollständigen Verständnis für sich genommen unter Berücksichtigung der Abfassungsumstände einer eigenen Analyse unterzogen werden. Die mehr als einmal durchscheinende Abneigung Lamperts gegenüber Heinrich von Augsburg, dem schließlich der von Lampert hochverehrte Kölner Erzbischof Anno den Einfluss auf den jungen König entziehen konnte, erklärt in diesem Fall dessen kritische Worte. Wilhelm von Utrecht dagegen erleidet ein ihm offensichtlich angemessenes Ende. Dieser hatte, so führt Lampert ausführlich aus, vielfach als Anhänger des Königs gegen den Papst gewettert und erst nachdem ihn eine schwere Krankheit befallen hatte sein Unrecht eingesehen, zugleich aber erkannt, sein Seelenheil bereits verspielt zu haben. Entsprechend starb er ohne Kommunion und Buße.2123 2120 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1064, S. 92: Heinricus Augustensis episcopus obiit, invisus regi, invisus episcopis omnibus propter superbe administratam regni gubernationem tempore imperatricis. Auffällig, wenngleich nicht überzubewerten ist die Tatsache, dass einzig Lampert den Tod irrig ins Jahr 1064 (statt 1063) datiert. Eine Steigerung bieten die St. Galler Fortsetzungen Hermanns von Reichenau a. 1063, f. 15v: Heinricus Augustensis episcopus, longa infirmitate lassus thesauris suis pauperibus et per monasteria late dispersis obiit. Konflikte werden hier völlig ausgeblendet, Heinrich, von Krankheit ausgezehrt, erscheint als Wohltäter gegenüber den Armen und Klöstern. 2121 Annales Augustani a. 1063, S. 127: Heinricus episcopus Augustensis, a familiaribus regis multis afflictus iniuriis, deinde longa aegritudinis fatigatus molestia, 3. Nonas Septembris obiit. Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass auch das präzise Todesdatum genannt wird. Es ist offensichtlich wert, sich Heinrichs zu erinnern. Vgl. Loewe, Annales Augustani, S. 4042. 2122 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1063, S. 196: Henricus Augustensis episcopus obiit. Unverändert übernommen von Bernold in seine Chronik a. 1063, S. 392. 2123 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1076, S. 258f.: Wilhelmus Traiectensis episcopus causam regis, ut supra dictum est, contra bonum et equum obstinate tuebatur et studio partium regis multa in iniuriam Romani pontificis omnibus pene diebus solemnibus inter missarum solemnia rabido ore declamabat, periurum eum, adulterum et pseudoapostolum appellans et tam a se quam a caeteris episcopis sepenumero excommunicatum pronuncians. Is, brevi posteaquam rex exactis paschalibus feriis Traiecto discesserat, repente gravissima egritudine correptus est. Cumque per acerrimos cruciatus animae ac corporis urgeretur, miserabili eiulatu coram omnibus qui aderant vociferabatur iusto Dei iudicio se et presentem vitam

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Komponenten eines schlechten Todes sind unübersehbar, vollendet durch das nun angepasste Verb exspirare. Zu beachten ist der modifizierte Einsatz der zum Tode führenden Krankheit. Auch Heinrich von Augsburg litt an einer Krankheit vor seinem Tod, ohne dass sie näher ausgedeutet wird. Gleiches findet sich bei anderen Bischöfen in Lamperts Werk. Im Fall Wilhelms aber – und ebenso bereits bei Burchard I. von Halberstadt – ist die Krankheit mehr als nur der Indikator für das nahende Ableben, der Grund für den Tod. Die eingetretene Krankheit symbolisiert die Schuld, die begangene(n) Sünde(n) des Sterbenden und verheißt gleichermaßen die zu erwartenden Strafen im Jenseits. Wilhelm wird zum Prototyp des königstreuen Bischofs, der ein entsprechendes Ende findet – auch wenn er im Angesicht des Todes seine Verfehlungen öffentlich bekannt haben mag. Auf seinen Fall kommen wir im weiteren Verlauf zurück.2124 Diesen Beispielen stehen zwei vitengleiche Berichte zu den Ableben Gunthers von Bamberg und Annos von Köln gegenüber. Beiden brachte Lampert größte Verehrung entgegen.2125 Gunther starb auf der Rückkehr aus Jerusalem in Ungarn. Wie der Niederaltaicher Annalist ergänzt Lampert eine ganze Reihe lobender Einschübe über den außergewöhnlichen Charakter Gunthers. Anders als die Annalen aus Niederaltaich verzichtete Lampert auf die explizite Nennung von Komponenten des guten Todes – Beichte, letzte Ölung, Viaticum.2126 Dies ist in der Schilderung Lamperts auch nicht vonnöten, er beschreibt dem Leser den Prototyp eines Heiligen, der, ganz im Sinne Martins von Tours, entsprechende Vorbereitungen vor dem Tod nicht benötigte.2127 Unter solchen Vorzeichen wird,

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amisisse et aeternam, quod regi ad omnia quae perperam intendisset operam suam summo annisu prebuisset atque in spem gratiae eius Romano pontifici, sanctissimo et apostolicarum virtutum viro, graves contumelias sciens et prudens innocenti irrogasset. In hanc vocem, ut asserunt, sine communione, sine ulla satisfactione expiravit. Vgl. Struve, Lampert von Hersfeld 2, S. 118. Zu Wilhelm vgl. Jappe-Alberts / Weinfurter, Traiectum, S. 192f. Vgl. Kapitel 9.4.2.1 b. Vgl. Fritz, Einleitung (zu Lampert von Hersfeld), S. IX; Robinson, Introduction, S. 4f. Vgl. den Bericht der Annales Altahenses, Kapitel 9.3.2. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1065, S. 99: Verum posteaquam in Ungariam ventum est, Guntherus Babenbergensis episcopus, heu! inmatura morte preventus, prosperae ac laetae reversionis lugubrem omnibus exitum fecit. Decessit autem X. Kal. Augusti, aetate integra et ad perfruendum hoc seculo maxime matura, vir preter morum gloriam et animae divicias corporis quoque bonis adprime ornatus. Natus erat ex primis palacii, privatis possessionibus preter episcopatum affluentissimus, lingua promptus et consilio, litteris eruditus tam divinis quam humanis, tum statura et formae elegantia ac tocius corporis integritate ita caeteris eminens mortalibus, ut in illo Ierosolimitano itinere ex urbibus et agris spectandi eius studio profluerent, et bene secum actum crederet, cui eum videre contigisset. Unde, cum positis eis in diversorio plerumque turba intemperans propter eum nimis molesta foret, compulsus est aliquotiens a caeteris episcopis, ut in publicum procederet et obsidentem fores multitudinem suo spectaculo a caeterorum vexatione avocaret. Tantum hunc transitoriae felicitatis splendorem vitae innocentia et morum temperantia clariorem in eo cumulatioremque faciebant. Nam tantam in se utriusque hominis gloriam, quam omnes mirabantur, solus ipse ita

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in Parallele zum Niederaltaicher Annalisten, auch der Transport des Leichnams im Hochsommer aus Ungarn über viele hundert Kilometer nach Bamberg mit keinem Wort als problematische Unternehmung geschildert. Auf Gunther war, so schließt Lampert, auf simonistischem Weg Hermann gefolgt. So dient ihm, wenngleich Hermann nicht unmittelbar aus der Welt scheidet, die Gegenüberstellung Gunthers zu Hermann als weiteres Beispiel guten und schlechten Lebenswandels. Der Tod Annos II. von Köln hat Lampert schließlich zu einem seitenlangen Lebensbild des Erzbischofs veranlasst, in dem er gleich der typischen Vita viele positive, wenngleich auch vereinzelt zu kritisierende Facetten des Protagonisten aneinanderreiht, um ihn dennoch am Ende idealtypisch aus dem Leben treten zu lassen: […] beato fine perfunctus, ad angelos ex hominibus, ad inmortalia ex mortalibus transmigravit.2128 Lampert zielte in besonderem Maße darauf ab, Anno als Reichsbischof, Reichsregent und als Förderer seiner Diözese zu präsentieren, zudem als Gegenbild des als Urbösewicht inszenierten Königs Heinrich IV.2129 Diese ausführliche Schilderung in einer sonst an Viten armen Zeit stellt auch die Vorlage für die 1104/05 abgefasste Vita Annos von Köln dar,2130 die zum Vergleich herangezogen werden soll. Daniel Alt nimmt an, dass es gerade die Kritiker waren, die Annos Lebensweg, obwohl bereits Schriften zu seinem Leben existierten,2131 weiterhin aufrechterhalten wollten.2132 Allerdings fällt die Dar-

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propter Deum contempnebat, ut infimae quoque condicionis hominibus popularem se communemque preberet et a servis suis plerumque maximas verborum contumelias inultus acciperet. Celebri ergo pompa funeris in patriam reportatus et magnis omnium qui eum noverant planctibus exceptus, in Babenbergensi aecclesia, ubi a puero adoleverat, sepultus est. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1075, S. 242. Zur Überlieferung vgl. die Literatur bei Struve, Reginhard von Siegburg, S. 129f. Anm. 7, sowie seine eigenen Gedanken, bes. S. 134–140 u. 142–144. Zur Person Annos II. von Köln vgl. Jenal, Anno II. von Köln; zu dessen Vorleben Lück, Erzbischof Anno II. von Köln. Vgl. Bagge, Kings, Politics, and the Right Order of the World, S. 304–306; Eggert, Anno II.; Oediger, Regesten n. 838 u. 839, S. 242–244. Vgl. Struve, Reginhard von Siegburg, S. 134. Vita Annonis archiepiscopus Coloniensis. Ausführlich zum Abhängigkeitsverhältnis der jüngeren Vita zu Lampert vgl. Lück, Vita Annonis. Neben Lamperts ›Nachruf‹ bezog sich der Autor der jüngeren Vita auch auf die bis auf zwei Fragmente verlorene älteste Vita Annos von Reginhard sowie das Annolied. Vgl. Struve, Reginhard von Siegburg, S. 153. Siehe auch die folgende Anm. Zur Vita vgl. Berschin, Biographie und Epochenstil 4/2, S. 426f. Zum Totengedenken für Anno vgl. Laudage, Caritas und Memoria, S. 217. Die erste Vita Reginhards von Siegburg ist nur fragmentarisch erhalten, vgl. Eickermann, Zwei Soester Fragmente. Auch das Annolied, verfasst zwischen 1077 und 1081, mag Vorlage dieser Lebensbeschreibung gewesen sein, vgl. Coué, Acht Bischofsviten aus der Salierzeit, S. 403f., sowie dies., Hagiographie im Kontext, S. 147 u. 170. Vorlage für die Todesschilderung kann das Annolied hingegen nicht gewesen sein, da der Tod darin nicht aufgegriffen wird. Viel eher kommt die ausführliche, vitengleiche Schilderung in den Annalen Lamperts in Frage, vgl. Alt, Sanctus Episcopus, S. 358; Haarländer, Vitae episcoporum, S. 65f.;

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stellung des Todes äußerst ausführlich und gemäß dem bekannten idealtypischen Todesverlauf aus. Anno litt, so wird ausgeführt, an einem sich ausbreitenden Leiden, der Gicht: […] qui podagra dicitur dolorem inremediabiliter in dextro pede mox incidit, quo novem circiter septimanis miserabiliter excoctus, tandem ad extrema perductus est.2133 Einige Wochen vor seinem Tod gab er vor dem Siegburger Abt Erpho und weiteren Brüdern ein öffentliches Sündenbekenntnis ab, wurde unter großen Schmerzen vor den Dom getragen, wo die Reliquien an ihm vorbeigetragen wurden, und schließlich in den Dom gebracht, um der Messe beizuwohnen. Dort erschien ihm der Teufel, den er jedoch, wie dereinst Martin von Tours – auf den Anno in der ihm in den Mund gelegten Verteidigungsrede explizit Bezug nimmt –, abwehren und zurückweisen konnte. Danach erließ er jedem seine Schuld und bat seinerseits, ihm zu vergeben. Bis zum Ende bei klarem Verstand (Ita vivacitatem sensus ad egressionem usque plenariam habuit) starb er schlussendlich im Beisein mehrerer Personen und nach einem letzten an die Gottesmutter Maria gerichteten Aufruf.2134 Aufgrund des aufgeladenen politischen Hintergrundes dieser Vita ist eine Bewertung nur schwer möglich.2135 Lamperts Bericht erscheint der Vita gegenüber deutlich knapper. Er beschreibt einen idealtypischen Tod ganz im Einklang mit dem Übergang in die Seligkeit, ohne auf die diesseitigen Vorbereitungen größeres Gewicht zu legen. Eine natürliche Persönlichkeitsschilderung in Bezug auf die Umstände und den Ablauf des Todes kann darin nur eingeschränkt gelesen werden.2136 Bemerkenswert ist

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Coué, Hagiographie im Kontext, S. 146f. Zusammengefasst bei Gäbe, Hagiographische Literatur, S. 460–464. Vgl. Alt, Sanctus Episcopus, S. 358 mit Anm. 205. Zur gegenteiligen Überlegungen, in der Vita eine Verteidigungsschrift Annos zu sehen, vgl. Coué, Acht Bischofsviten aus der Salierzeit, S. 405; Hoffmann, Heilige List, S. 202–212; Oediger, Bemerkungen, S. 335f.; Struve, Reginhard von Siegburg, S. 159; ders., Als ein lewo vur din vuristin, S. 337. Dies berücksichtigend erscheint die Todesdarstellung des durchgehend als reuig, zerknirscht und bußfertig (Coué, Acht Bischofsviten aus der Salierzeit, S. 408) dargestellten Anno in seiner schlichten Struktur ebenfalls angemessen und der Intention der Vita angepasst, um Anno nicht weiteren Vorwürfen auszusetzen. Die Absichten des Siegburger Abtes Reginhard, Autor der ersten Vita, dürfen dagegen nicht in den Hintergrund fallen: die materielle Sicherheit des Klosters zu bewahren und die Verehrung Annos voranzutreiben, vgl. Coué, Acht Bischofsviten aus der Salierzeit, S. 409–412. Vgl. Eickermann, Zwei Soester Fragmente, S. 23; Haarländer, Vitae episcoporum, S. 93; Schieffer, Quellenfund, S. 209. Vita Annonis archiepiscopus Coloniensis c. 5, S. 500. Vgl. Vita Annonis archiepiscopus Coloniensis c. 8, S. 501; c. 9, S. 501; c. 10, S. 501f.; c. 11, S. 502; c. 13 u. 14, S. 502f. Zusammengefasst ist der Todesverlauf gemäß der Vita Annonis bei Oediger, Regesten n. 1109,1, S. 332. Grundsätzlich gestaltet sich die Bewertung dieser Vita schwer, da von der sicher als Vorlage genutzten ersten Vita nur zwei Fragmente überliefert sind. Vielmehr bestand das Hauptanliegen der Viten des 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts, wie in den vorangegangenen Jahrhunderten auch darin, den Bischof als guten Hirten zu

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die auch bei Lampert geschilderte Erkrankung Annos, ein Geschwür, das in seinen Füßen ausgebrochen war und schließlich den ganzen Körper befallen hatte.2137 Ob dadurch natürliche Umstände wiedergegeben werden, ist fraglich. Selbst wenn dem so sein sollte, ist Lampert bemüht, diese für Anno tödliche Erkrankung entsprechend in Szene zu setzen. Geschlagen mit diesem Geschwür wird Anno in eine Linie zu Hiob gestellt (Hi 2,7), den der Satan mit dieser Krankheit belastet haben soll, um ihn, wenn auch vergebens, zur Gotteslästerung zu bewegen. Auch die Geschwüre Annos werden von Lampert auf Eingriffe des Teufels zurückgeführt.2138 Die schlimme Krankheit, die Zersetzung seines Körpers ist folglich nicht negativ zu interpretieren; vielmehr wird Anno als zweiter Hiob gezeichnet, der sich auch unter schlimmster Qual nicht von seiner Hoffnung in Gott abbringen lässt. Die finale Krankheit dient ihm als vorweggenommene Reinigung der letzten dunklen Flecken auf seinem ansonsten weißen Gewand,2139 als irdisches Purgatorium, dem unmittelbar das ewige Himmelreich nachfolgt.2140 Ob Anno tatsächlich die von Lampert geschilderten Symptome aufgewiesen hat, ist möglich, aber irrelevant;2141 sie werden von Lampert bewusst und vielschichtig in Szene gesetzt, um Anno einerseits als sündigen, dennoch bußwilligen Menschen zu zeigen, der andererseits nach seinem Tod infolge ab-

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präsentieren, der den ihm anvertrauten Gläubigen als Vorbild voranschreitet, vgl. Alt, Sanctus Episcopus, S. 206. Der vitengleichen Beschreibung Lamperts natürliche Elemente der Personenschilderung abzusprechen, wäre dennoch verfehlt; vgl. Struve, Wende des 11. Jahrhunderts, S. 326f. Die hier ausgeführten Argumente beziehen sich auf die Umstände des Todes. Zum Lebensweg Annos nennt Lampert durchaus, wie angesprochen, auch negative Aspekte desselben, die er über die positive Todesdarstellung in den Hintergrund treten lässt. Gleichzeitig vermittelt er den Standpunkt, dass auch ein zeitweise nicht dem Ideal entsprechender Lebenswandel nicht zwangsläufig den Ausschluss aus der Seligkeit bedeuten muss. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1075, S. 248: […] ulcere pessimo percussus est in utroque pede, ita ut putrescentes paulatim carnes defluerent, et hinc inde abducta cute, consumptis carnibus, fedo aspectu ossa nudarentur. Qui morbus primo pedes, dein crura et femora miserabili modo depastus est […]. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1075, S. 248: Ad ultimum data Satanae in carnem quoque eius potestate. Lampert berichtet unmittelbar darauf von einer Vision Annos, die ihn im Kreis verstorbener Bischöfe zeigt. Anno bemerkt auf seinem Gewand einen dunklen Fleck, nicht gebüßte Sünden, die ihm den Eingang in diesen illustren Kreis noch verwehren. Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1075, S. 248f. Zur Vision vgl. Zotz, Tradition des karolingischen Königshofes, S. 374f. Lampert von Hersfeld, Annales a. 1075, S. 248: […] ac sic post diuturnam macerationem penetrans ad vitalia, animam super argentum igne examinatum probatam et purgatam septuplum de hac domo lutea transmisit ad domum non manu factam, aeternam in caelis. Neben Lampert berichtet die Vita Annonis ausführlich über die zunehmenden Beschwerden Annos. Möglicherweise hatte der Siegburger Abt Erpho Anno zur Genesung Reliquien geschickt, ihn gleichfalls jedoch aufgefordert, auch einen Arzt zu konsultieren. Die Zuweisung des entsprechenden Briefes als von Erpho an Anno ist jedoch ungewiss, vgl. Hannoversche Briefsammlung n. 72, S. 119.

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geleisteter Buße einem Heiligen gleich unmittelbar das Himmelreich erfährt. Schlussendlich werden die Verfehlungen Annos zu Lebzeiten, von Lampert nicht ausgespart, durch die Schilderung von Wundern an seinem Grab dahingehend verkehrt, dass alle Versäumnisse im Leben bereits als von Gott vergeben erscheinen. Auch wenn es heißt, er habe Köln ruiniert zurückgelassen, erscheinen Annos Leben, Wirken und Tod als ein einziges positives Element.2142 Ein Großteil der eingesetzten Todesschilderungen Lamperts betreffen Mitglieder des Klerus, doch lassen sich auch Beispiele aus dem weltlichen Personenkreis beibringen, wenngleich sie hinter der Komplexität der aufeinander abgestimmten bischöflichen Todesfälle weit zurückstehen. Der hessische Graf Werner wurde, als er gemeinsam mit weiteren Anhängern Heinrichs IV. ein zu Hersfeld gehörendes Dorf plündern wollte, von einem Hersfelder Mönch oder, wie angeblich andere sagen, von einer Tänzerin mit einem Stock niedergeschlagen. Anwesende Bischöfe drängten den Sterbenden daraufhin zur Genugtuung gegenüber Gott, einen dem Kloster Hersfeld entwendeten Meierhof zurückzugeben. Immerhin hatte erst das Gebet der Hersfelder Mönche dazu geführt, Werner dem Tod nahe zu bringen. Werner weigerte sich, bis die Bischöfe ihm mit der Verweigerung der Kommunion vor dem Tod gedroht hatten. Erst dann gab er nach, erstattete den Hof zurück und starb sofort.2143 Einmal mehr fordert dem Kloster Hersfeld zugefügtes Unrecht zur Vergeltung einen Todesfall. Wie bereits im Konflikt zwischen Meginher, der Burchard I. von Halberstadt vor den Thron Gottes beorderte, findet das Unrecht des Grafen Werner durch die Gebete der Hersfelder Mönche sein Ende, wenngleich er erst durch die angedrohte Verweigerung der Kommunion zur rechten Entscheidung bewogen werden konnte. Der Fall belegt nicht allein – eingedenk des Todes Wilhelms von Utrecht – die aus Lamperts Sicht hohe Bedeutung der Todesvorbereitung, sondern einmal mehr die nutzbringende Anwendung des (angedrohten) Todes zur Darstellung rechten und unrechten Handelns. Das aufgekommene Gerücht, Werner sei von 2142 Vgl. Haarländer, Vitae episcoporum, S. 94. 2143 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1066, S. 101: Cum quo [sc. Heinrich IV.] et Wernheri comes veniens in villam Ingilneheim, cuius pars aliqua ad nostrum quoque monasterium pertinent, hospitatum divertit. Ubi dum milites eius ab incolis predas agerent, et illi ad arma conclamantes manu vindicare se niterentur, atrox pugna coorta est. In qua dum Wernheri comes ad ferendum suis opem impigre discurreret, a quodam nostri monasterii vilissimo mancipio vel, ut alii ferunt, a femina saltatrice clava percussus in capite corruit atque ad regem semivivus est reportatus. Admonitus ab episcopis, qui presentes erant, ut pro peccatis suis Deo in extremo iam spiritu constitutus satisfaceret seque Herveldensium monachorum precibus interemptum recognoscens villam Kirhberc, quam iniuste invaserat, redderet, nullo modo adquievit, donec episcopi consensu facto minitarentur se ei sacram communionem morienti non daturos, nisi prius tanti peccati pondere se exonerasset. Sic tandem pudore magis quam religione victus reddidit, statimque vita excessit.

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einer Tänzerin niedergeschlagen worden, erniedrigt ihn zusätzlich. Es weist eine Variation zum Tod des Gegenkönigs Hermann von Salm im Jahr 1088 auf, der gemäß der Vita Heinrici IV. von einem von einer Frau geworfenen Mühlstein erschlagen worden sein soll.2144 Trotz der erfolgten Rückgabe des Meierhofes an das Hersfelder Kloster und der daraufhin erhaltenen Kommunion kann Werner ein guter Tod dennoch nicht mehr in Aussicht gestellt werden. Ein gleiches Gottesurteil, um ein abschließendes Beispiel zu bringen, erfüllte sich an Liupold von Meersburg (de Mersburg), einem weiteren Vertrauten des Königs.2145 Er stürzte vom Pferd und durchbohrte sich mit seinem eigenen Schwert. Pointe dieser Begebenheit ist, dass es sich bei dem Schwert um die einstige Waffe des Hunnenkönigs Attila gehandelt haben soll, die zuvor lange im Besitz Ottos von Northeim, des von Heinrich IV. abgesetzten Herzogs von Bayern, gewesen war.2146 Liupold erlitt folglich nicht nur einen tragischen Unfall, er erfuhr die Strafe für den Umgang des Königs mit dem ehemaligen Bayernherzog und seinen eigenen Anteil daran, den König zur Verfolgung Ottos angestachelt zu haben. Der Vorfall ereignete sich in nächster Nähe zu Hersfeld, Liupold ist sogar in der Hersfelder Kirche beigesetzt worden – was Lampert mit keinem Wort kritisiert.2147 Lampert verbindet in dieser Geschichte offensichtlich selbst Erfahrenes 2144 Vita Heinrich IV. imperatoris c. 4, S. 20: […] femina, sexu femina, non animo, quae in turrim evaserat, molarem in caput regis dimisit; et sic ille manu feminea, ut mors eius turpior esset, occubuit. Dieser Bericht wiederum hat sein Vorbild im Alten Testament. Bereits Busson, Zur Vita Heinrici imperatoris, S. 391, stellte die Übereinstimmung des Todes Hermanns mit Ri 9,50–54 heraus und betonte den dahinterstehenden polemischen Charakter. Vgl. Muylkens, Reges geminati, S. 213 Anm. 41; RI III,2,3 n. H43, S. 73f. 2145 Vgl. zu ihm unter Angabe weiterer Literatur Walther, Zwischen Polemik und Rekonziliation, S. 37 Anm. 58. 2146 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1071, S. 130: […] accidit, ut Liupoldus quidam de Mersburg, regi carissimus, cuius opera et consiliis familiarissime uti solitus erat, caballo forte laberetur et proprio mucrone transfossus ilico expiraret. […] Notatum autem est hunc ipsum gladium fuisse, quo famosissimus quondam rex Hunorum Attila in necem christianorum atque in excidium Galliarum hostiliter debachatus fuerat. Hunc siquidem regina Ungariorum, mater Salomonis regis, duci Baioariorum Ottoni dono dederat, cum eo suggerente atque annitente rex filium eius in regnum paternum restituisset. Cumque eum dux Otto filio Dedi marchionis Dedi iuniori in argumentum pignusque individuae dilectionis ad tempus prestitisset, illo, ut predictum est, perempto, regi et per regem Liupoldo huic casu obvenerat. Unde plerique ducis Ottonis fautores divino hunc iudicio per eum, qui ducis Ottonis fuisset, gladium occisum interpretabantur, eo quod ad illum persequendum et de palacio eiciendum is potissimum regem instigasse diceretur. 2147 Heinrich IV. hat nicht nur für eine Bestattung Liupolds in der Hersfelder Klosterkirche Sorge getragen, sondern dem Kloster zur Sicherstellung der dortigen Begehung des Jahrtages Liupolds eine Schenkung zukommen lassen (1071 Juli 30, D H IV n. 243, S. 307). Das vermeintlich Liupold getroffene Gottesurteil scheint den König derart beunruhigt zu haben, dass er seinem Dienstmann einen Gedenkakt zukommen ließ, der sich von dem einem Mitglied der salischen Familie gewidmeten nicht mehr unterscheiden lässt. Vgl. Schmid, Sorge der Salier um ihre Memoria, S. 675 u. 713; ders., Salische Gedenkstiftungen, S. 247– 249.

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mit überirdischer Ausgestaltung. So wird der wohl tatsächlich tragische Tod Liupolds2148 zum Zeichen göttlichen Eingriffs gegen das Unrecht des Königs und seiner Vertrauten. Luipold erlitt die Folgen, wie sie zuvor Graf Werner erleiden musste.

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Von den 1070er Jahren an entstanden im ostfränkisch-deutschen Reich zahlreiche Texte mit eindeutig pragmatischer Intention für oder gegen die Anhänger Papst Gregors VII. oder König bzw. Kaiser Heinrichs IV.2149 Ausgewählte historiographische Zeugnisse, insbesondere die Chroniken Bertholds von Reichenau und Bernolds von Konstanz, Brunos Buch vom Sachsenkrieg und die Chronik Frutolfs von Michelsberg, wollen wir im Folgenden einander gegenübergestellt betrachten. Sie werden ergänzt durch zahlreiche zumeist annalistische Werke, wie die Annalen aus Augsburg, sowie als Exempel aus dem weiten Feld der Streitschriften den Liber de unitate ecclesiae conservanda. Berthold von Reichenau ist durch die Lebensgeschichte seines Mentors Hermann bereits ins Blickfeld geraten, dessen Chronik er, wie von seinem Lehrmeister auf dem Sterbebett aufgetragen, ab 1054 zunächst bis zum Jahr 1066, schließlich in einer revidierten Fassung bis 1080 fortgesetzt hat.2150 Die in zweiter Fassung überarbeiteten Jahre bis 1066 zeigen insbesondere in der Behandlung des päpstlichen Schismas zwischen dem von Archidiakon Hildebrand (dem späteren Gregor VII.) geförderten Alexander II. (Bischof Anselm I. von Lucca) und dem von der kaiserlichen Partei unterstützten Honorius II. (Bischof Cadalus von Parma) eine deutliche Schwerpunktverlagerung. Die Wahl von Honorius wird nun verurteilt und zurückgewiesen, Alexander als rechtmäßiger Papst herausgestellt.2151 Bertholds eindeutig päpstlich gesinnte Position der zweiten Fassung seiner Chronik lässt auch hinsichtlich der mitgeteilten bischöflichen

2148 Parallel berichtet über diesen Vorfall, ebenfalls deutlich gefärbt, der Sachse Bruno in seinem Buch vom Sachsenkrieg (ausführlicher zu ihm im weiteren Verlauf), wenngleich er das Liupold zum Verhängnis gewordene Schwert nicht als ehemalige Waffe Ottos von Northeim identifiziert und damit die besondere Zuspitzung zum Gottesurteil unterlässt. 2149 Vgl. Althoff, Pragmatische Geschichtsschreibung, S. 97. So hätten die Geschichtsschreiber nicht nur parteilich bewertet und kommentiert, sondern mit ihren Werken selbst eine Funktion im Konflikt eingenommen. 2150 Zum Forschungsgang vgl. Robinson, Einleitung, S. 1–3. 2151 Vgl. Robinson, Einleitung, S. 4. Es sei jedoch falsch, die erste Fassung als königstreuen Text zu werten, da er nicht mit Kritik an der simonistischen Investitur des Bamberger Bischofs Hermann spart (S. 3). Generell zum Cadalus-Schisma in den zeitgenössischen Quellen vgl. Schroll, Von blutigen Schwertern und heiligen Canones.

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Todesfälle, wie bereits in den Annalen Lamperts von Hersfeld, deren bewusste Nutzung vermuten.2152 Gleiches gilt für den Liber de bello Saxonico des Magdeburger, später Merseburger Klerikers Bruno, den dieser zwischen 1081 und 1093 verfasst hat.2153 Bruno, von der guten Sache der Sachsen und gleichzeitig der Bösartigkeit Heinrichs IV. überzeugt, hat zwar ein parteiisches, doch in sich kohärentes Werk geschaffen.2154 Trotz dieser ungebrochenen und äußerst einseitigen Unterstützung der Sachsen in ihrem gemäß Brunos Darstellung gerechten Kampf gegen den König darf, wie bereits Schmale herausgestellt hat, dem Text der Quellenwert nicht abgesprochen werden.2155 Zwar präsentiert sich Bruno, wie betont, als überzeugter Sachse und Vertreter sächsischer Interessen,2156 doch zeigt sich an ihm einmal mehr, dass einseitige Berichterstattung nicht mit bewusster Geschichtsfälschung gleichzusetzen ist. König Heinrich IV. war als Grundübel ausgemacht, Bruno brachte bereitwillig alles Schlechte mit ihm in Verbindung.2157 Doch war er von dem, was er berichtet, überzeugt, es repräsentiert seine Wahrheit, spiegelt seine Gedankenwirklichkeit wider. Umso aufschlussreicher wird es sein, ob und gegebenenfalls wie er exemplarische Todesfälle in seine argumentative Linie integriert. In seinem Buch vom Sachsenkrieg folgt er keiner annalistischen Einteilung, das Werk untergliedert sich in Kapitel. Auffällig ist die Ballung von vier eindeutig schlechten bischöflichen Todesfällen, zugewiesen den aufeinanderfolgenden Kapiteln 74 bis 77. Bruno hat sie somit nicht zufällig in seinem Werk verarbeitet, jedoch nicht chronologisch den jeweiligen Ereignissen zugeordnet, sondern bewusst in diesen vier Kapiteln gebündelt. Der Gedanke chronologischen Erzählens tritt hinter die Absicht zurück, die Konsequenzen der Gefolgschaft mit König Heinrich IV. deutlich vor Augen zu führen. Eine Fortsetzung findet dieser Gedanke in den Kapiteln 78 bis 81. Hier werden als Pendant schlechte Tode weltlicher Anhänger des Königs präsentiert. Ob Bruno sein Werk in Angriff genommen hat, um eine Sammlung von ›Beweismaterial‹ für die Unrechtmäßigkeit des Königtums Heinrichs IV. zusammenzustellen, auf das in 2152 Vgl. zur eindeutigen Position des Annalisten bereits Tangl, Schwaben, S. 517. 2153 Zu dieser Grobdatierung vgl. Schmale, Einleitung (zu Brunos Sachsenkrieg), S. 29. Sprigade, Datierung von Brunos Buch, geht konkret von einer Abfassung in den ersten Monaten des Jahres 1082, zu Beginn der Herrschaft Hermanns von Salm, aus. Zustimmend Eggert, Wie »pragmatisch« ist Brunos Buch vom Sachsenkrieg, S. 550f. Zu Überlieferungsgeschichte sowie Kritik an der Monumenta-Edition von Lohmann vgl. Schmale, Zu Brunos Buch vom Sachsenkrieg. 2154 Vgl. Schmale, Einleitung (zu Brunos Sachsenkrieg), S. 28f. 2155 Derart urteilte bereits Schmeidler, Sachsen und Thüringen, S. 592f. Abwertender äußerte sich Tellenbach, Charakter Kaiser Heinrichs IV., S. 348, aus Brunos Werk seien »kaum brauchbare Einsichten« zu gewinnen. Vgl. zur Frage der Wahrnehmung auch Vollrath, Konfliktwahrnehmung, S. 285, 288 u. 294f. 2156 Vgl. Schmale, Einleitung (zu Brunos Sachsenkrieg), S. 29. 2157 Vgl. Vollrath, Lauter Gerüchte, S. 181.

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Verhandlungen mit königlichen Abgesandten zurückgegriffen werden sollte, ist nicht gewiss.2158 Eine mit Bruno vergleichbare, inhaltlich eindeutige Linie fährt Bernold von Konstanz. Wie bei der zweiten Fassung Bertholds handelt es sich bei ihm um eine »durch und durch pro-gregorianische Arbeit«.2159 Anders als Berthold schrieb Bernold eine Universalchronik zunächst in enger Anlehnung an Beda, Hermann von Reichenau sowie schließlich von 1054 bis 1074 an die zweite Fassung der Bertholdchronik, die er jedoch in Teilen kürzte. In der Folge schrieb er bis 1100 losgelöst von weiteren Vorlagen, ab 1083 zudem wohl recht bald nach Eintritt der berichteten Ereignisse.2160 Wir haben zu fragen, ob sich diese Form der Darstellung auch auf die Gestaltung der Todesberichte ausgewirkt hat. Diesen drei deutlich parteiorientierten Berichten steht die bis zum Jahr 1099 geführte Weltchronik Frutolfs von Michelsberg gegenüber.2161 Anders als die vorgenannten Autoren ist sich Frutolf zwar der Bedeutung des Investiturstreits bewusst,2162 wird aber weder gegen die Vertreter des Papsttums ausfällig noch zweifelt er an der Rechtmäßigkeit des Handelns Heinrichs IV.2163 Es mag sich eine ausgewogenere Parallelüberlieferung zu dem ein oder anderen Todesfall ergeben, den die gregorianisch gesinnten Autoren mit einer deutlich wahrnehmbaren Schärfe formuliert haben mögen.2164

9.4.1 Die Jahre bis 1054 Zunächst den Berichtszeitraum bis 1054 in den Blick zu nehmen, muss begründet werden. Sowohl Frutolf von Michelsberg als auch Bernold von Konstanz schrieben Universalchronistik, verfolgten die Geschichte auf Grundlage ausgewählter Vorlagen von der Erschaffung der Welt bis in ihre Zeit. Die Fruchtbarkeit einer Analyse auch der nicht zeitgenössischen Teile einer Chronik konnte bereits am Beispiel der Chronik Hermanns von Reichenau unter Beweis gestellt werden, 2158 Eine Zusammenstellung von Beweismaterial vermutet Althoff, Pragmatische Geschichtsschreibung, S. 102. Dagegen Eggert, Wie »pragmatisch« ist Brunos Buch vom Sachsenkrieg, S. 545f. u. 552. 2159 Robinson, Einleitung, S. 12. 2160 Vgl. Robinson, Einleitung, S. 11f. 2161 Zur Bedeutung der Weltchronik vgl. Schmale / Schmale-Ott, Einleitung, S. 1. Zur dennoch schwierigen Gattungszuordnung vgl. McCarthy, Introduction, S. 22. 2162 Womit auch eine besondere Charakterisierung der Bischöfe zu erwarten wäre, die aber, wie bereits Lubich, Wissen und Wissenschaft, S. 16, herausgestellt hat, unterbleibt. Vgl. McCarthy, Introduction, S. 38f. 2163 Vgl. McCarthy, Introduction, S. 32 u. 35; Schmale / Schmale-Ott, Einleitung, S. 14f. 2164 Vgl. zu dieser Hoffnung auf Objektivität auch Schmale, Mentalität und Berichtshorizont, S. 5.

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die ihrerseits Bernold als Vorlage diente. Somit lässt sich einmal mehr untersuchen, wie Autoren mit den ihnen zur Verfügung stehenden Texten umgegangen sind, inwiefern sie bereits eigene Ergänzungen oder auf den ersten Blick unbedeutend erscheinende Variationen gegenüber den Vorlagen in ihre Fassungen integriert haben. Bernold orientierte sich, gleich Frutolf und Hermann, zunächst an Hieronymus, bis er ab dem Notat zum Jahr 378 weitgehend auf Hermanns Chronik zurückgriff.2165 Daher erfolgt zunächst der Blick auf die Jahre bis zum Ende der Chronik des Hieronymus. Die sterbenden Bischöfe sind für Bernold schnell aufgezählt, neben Anianus von Alexandria führt er mit Simeon von Jerusalem, Ignatius von Antiochia, Cyprian von Karthago und Petrus von Alexandria vier Märtyrerbischöfe auf.2166 Das Martyrium scheint ihm eine herausragende Eigenschaft der lange vergangenen Bischöfe gewesen zu sein, die eine Aufnahme rechtfertigt, ohne dass sämtliche Bischöfe verzeichnet würden, die ein Martyrium erlitten haben; Bernolds Auswahl bleibt rätselhaft. Hermann verweist dagegen unter Hinweis auf ihre Martyrien neben Anianus nur auf Simeon und Cyprian,2167 Frutolf zusätzlich auch auf Petrus.2168 Daraus allein Rückschlüsse ziehen zu wollen, ist nicht möglich. Aufschlussreicher ist eine Beobachtung bezüglich der im fraglichen Zeitraum zahlreich mitgeteilten Wechseln auf der Kathedra Petri. Während Hermann überwiegend nur die Namen der Päpste sowie die Dauer ihres Pontifikats in Jahren angibt, kleidet Frutolf dies in den meisten Fällen in knappe Todesberichte unter Einbezug verschiedener, wenngleich neutraler Verben, exemplarisch Cornelius (passus est), Dionysius (migravit) oder Eutychianus (decessit).2169 Dazu gibt er den genauen Todestag an. Ein Gleiches findet sich auch in der Chronik Bernolds, allerdings mit zwei Besonderheiten. Zum einen sind die über den Namen und die Pontifikatsdauer hinausgehenden Angaben mit anderer Tinte bis zum Jahr 378 nachgetragen worden – die Nachträge enden ab dem weitgehend von Hermanns Chronik abhängenden Abschnitt ab diesem Jahr. Zum anderen wird darin zahlreichen Päpsten zugeschrieben, ein Martyrium erlitten zu haben, während diese Angaben bei Hermann oder Frutolf fehlen. 13 Päpste (Alexander I., Anicetus, Viktor I., Pontianus, Anterus, Fabianus, Cornelius, Stephan I., Sixtus II., Felix I., Eutychianus, Gaius, Marcellinus) 2165 Bernold kündigt dies durch einen eigenen Einschub selbst an, Bernold von Konstanz, Chronicon, S. 408 (zitiert bis zum Jahr 1054 nach der Edition von Pertz [MGH SS 5]): Huc usque chronica Eusebii Ieronimus perduxit. Hunc autem usque ad millesimum quinquagesimum quartum annum ab incarnatione Domini domnus Heremannus chronica sua perduxit. Zur Weltchronik Bernolds vgl. von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 158f. Zu den Quellen Frutolfs vgl. McCarthy, Introduction, S. 24. 2166 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon, S. 403, 404 u. 407. 2167 Vgl. Hermann von Reichenau, Chronicon a. 86, 109 u. 257, S. 75f. u. 78. 2168 Vgl. Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 86, 109, 262 u. 316, S. 103f., 109 u. 112. 2169 Vgl. Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 255, 258 u. 287, S. 108 u. 110.

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sollen gemäß Bernold vor der diokletianischen Christenverfolgung ihr Leben für Gott hingegeben haben.2170 Diese besondere Schwerpunktsetzung fällt ins Auge; es hat den Anschein, als sollten nachträglich die besonderen Drangsale, der die Kirche bis zum Ende der Christenverfolgung ausgesetzt war, anhand der obersten Repräsentanten eben jener Kirche und zusätzlich anhand einiger Bischöfe noch einmal vergegenwärtigt werden. Das ist eine Parallele zur Situation Ende des 11. Jahrhunderts, in den Augen des Gregorianers Bernold sollten sich die Vorzeichen unter Heinrich IV. wiederholen. Es ist daher kein Zufall, dass die Nachträge mit dem Ende der Christenverfolgung ihren Abschluss finden; dennoch bleibt auffällig, dass nicht auch für den auf Hermann beruhenden Abschnitt zumindest die Todestage nachgetragen worden sind. Dies spricht für sehr bewusst gesetzte Ergänzungen von jemandem, der mit der Konzeption der Chronik bestens vertraut gewesen ist, möglicherweise für Bernold selbst. Ab 378 folgt Bernold der Chronik Hermanns, sodass sich bis zum Jahr 1054 ein direkter Vergleich ermöglicht. Zwischen Bernold und Hermann ist bis zum Beginn des 8. Jahrhunderts eine weitgehende Übereinstimmung der bischöflichen Todesfälle festzustellen. Minimale Anpassungen Bernolds (migravit ad Dominum statt ad Dominum migravit zu Ambrosius’ Tod; Aetherius von Lyon ist bei Bernold Erzbischof, nicht nur Bischof 2171) fallen dabei nicht ins Gewicht. Erste sichtbare Differenzen treten im Zusammenhang mit den von Hermann bei Beda entnommenen Bischöfen auf. Bernold verzichtet darauf, die Todesfälle von Desiderius von Canterbury und Aldhelm von Sherborne zu übernehmen, kürzt bezüglich Wilfrieds von Hexham und ändert das obiit Hermanns bei Heddi von Worcester in das bei beiden überwiegend vorherrschende migravit ad Dominum.2172 Diese Auslassungen mögen mit einem geringeren Interesse an angelsächsischen Vorgängen in Verbindung zu bringen sein. Gleiches gilt für die zu 802 fehlenden Paulinus von Aquileja und Egino von Verona bezüglich Italien. Schwerer zu erklären ist das Auslassen Richbods von Trier 804, während der 813

2170 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon, S. 404–407. Der Liber pontificalis schreibt Alexander I. (n. 7, S. 127), Anicetus (n. 12, S. 134), Viktor I. (n. 15, S. 137), Pontianus (n. 19, S: 145), Anterus (n. 20, S. 147), Fabianus (n. 21, S. 148), Cornelius (n. 22, S. 151), Stephan I. (n. 24, S. 154), Sixtus II. (n. 25, S. 155), Eutychianus (n. 28, S. 159), Gaius (n. 29, S. 161) und Marcellinus (n. 30, S. 162) ein Martyrium zu. Ganz allgemein wird – mit den Ausnahmen Anaklet, Hyginus, Pius I., Soterus, Eleutherius und Zephyrinus – allen Päpsten bis Marcellinus der Tod durch Martyrium zugeschrieben. Die Willkür hinter den Angaben bei Bernold verdeutlicht ein Blick auf den ca. 230 verstorbenen Papst Urban I. Bernold (S. 405) verzeichnet ihn nicht als Märtyrer, widmet ihm dennoch einen im Vergleich ausführlicher geschilderten Tod (ex hac luce discessit). Frutolf hingegen (S. 107) schreibt Urban in einem eigenen Zusatz das Martyrium zu. So auch der Liber Pontificalis n. 18, S. 143. 2171 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 398 u. 604, S. 409 u. 414. 2172 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 705 u. 709, S. 416f.

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gegenüber Hermann fehlende Konstanzer Bischof Egino Rätsel aufgibt.2173 Von einer süddeutschen, vielleicht sogar Konstanzer Schwerpunktbildung ist offensichtlich nicht auszugehen. Dies bestätigt sich auch in der Folge, wenn Bernold die Todesfälle Heitos von Basel (zu 836), Otgars von Mainz (zu 847), Gozbalds von Würzburg (zu 855), Karls von Mainz (zu 863), Salomons I. von Konstanz (zu 871), Walas von Metz (zu 882), Liutberts von Mainz (zu 889), Salomons II. von Konstanz (zu 890), Embrichos von Regensburg (zu 891) und Sunderolds von Mainz (zu 891) unberücksichtigt lässt. In diesem Zeitraum übernimmt er nur den Tod Hrabans von Mainz und Ratolds von Verona.2174 Offensichtlich sind gerade bischöfliche Sterbefälle den Kürzungen Bernolds zum Opfer gefallen, während die Sukzessionen der Päpste weiterhin lückenlos fortgesetzt werden. Ein besonderes Interesse selbst an den ihm geographisch nahestehenden Bistümern ist nicht erkennbar. Diese Beobachtung setzt sich auch in Bezug auf das 10. Jahrhundert fort. Bernold legt zwar einen gewissen Schwerpunkt auf Konstanz, nennt neben dem Tod Herigers von Mainz und Ulrichs von Augsburg auch den der Konstanzer Bischöfe Konrad, Gamenolf und Gebhard.2175 Diese vermeintliche Konzentration wird hingegen einmal mehr durch die im Vergleich zu Hermann außen vor gebliebenen Bischöfe konterkariert: Adalbero von Augsburg (zu 910), Otbert von Straßburg (zu 912), Hatto I. von Mainz (zu 913), Salomon III. von Konstanz (zu 919), Noting von Konstanz (zu 934), Friedrich von Mainz (zu 955), Brun von Köln (zu 965) und Heinrich von Augsburg (zu 982) sind bei Bernold unberücksichtigt geblieben. Auch eine reichsgeschichtliche Perspektive kann diese Lücken nicht erklären; in diesen Rahmen hätten auch Friedrich von Mainz und Brun von Köln gehört, während eine nur papstgeschichtlich orientierte Sichtweise die Nennung kaum eines Bischofs notwendig gemacht hätte. Das Bild ändert sich nicht zum 11. Jahrhundert. Zwar übernimmt Bernold 16 Todesfälle, diesen steht jedoch die beachtliche Zahl von 22 Bischöfen gegenüber, die ihren Platz nach den Kürzungen Bernolds nicht behaupten konnten.2176 Darunter befinden sich alle bei 2173 Vor allem, da er wie auch Hermann den Tod von Eginos Vorgänger Johannes zu 781 mitgeteilt hat, ergänzt, ebenso wie Hermann, um die Information des nachfolgenden Egino. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 781, S. 418. 2174 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 856 u. 874, S. 420f. 2175 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 927, 973, 974, 979 u. 995, S. 422f. 2176 In Klammern das Jahr, zu dem sie bei Hermann genannt sind: Widerold von Straßburg (1000), Liudolf von Trier (1008), Wolbodo von Lüttich (1021), Gebhard I. von Regensburg (1023), Heimo von Konstanz (1026), Werner von Straßburg (1027), Meinhard von Würzburg (1034), (Adelricus) von Asti (1035), Pilgrim von Köln (1036), Gebhard II. von Regensburg (1036), Reginbald von Speyer (1039), Poppo von Aquileja (1042), Aribert von Mailand (1044), Gebhard von Ravenna (1044), Wilhelm von Straßburg (1047), Eberhard von Augsburg (1047), Dietrich von Metz (1047), Wazo von Lüttich (1048), Eberhard von Aquileja (1049), Dietrich von Konstanz (1051), Hunfried von Ravenna (1051), Nizo von Freising (1052).

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Hermann genannten Bischöfe italienischer Provenienz, ebenso – mit Ausnahme Bardos von Mainz und Hartwigs von Bamberg2177 – diejenigen Prälaten, denen gemäß Hermann ein durch die Hand Heinrichs III. eingesetzter Bischof folgte. Dies mag Zufall sein, auffällig bleibt es dennoch. In einigen Fällen ist es Bernold gelungen, über Behelfskonstruktionen die Sukzession in Bistümern mitzuteilen, ohne einen konkreten Todesfall zu benennen.2178 Eindeutige Gründe, warum Bernold den einen oder anderen Todesfall ausgelassen hat – gerade wie den des hoffärtigen Nizo von Freising –, lassen sich nicht beibringen.

9.4.2 Die Jahre bis 1080/81 Bertholds Chronik endet mit dem Notat zu 1080, Brunos Buch vom Sachsenkrieg mit der Erhebung Hermanns von Salm zum (Gegen-)König im Jahr darauf. Der Abschluss dieser beiden entscheidenden Werke erlaubt es, eine Zäsur zu setzen, um in einem zweiten Teil die bis 1100 weitergeführte Chronik Bernolds ins Zentrum zu stellen. Berthold bietet in der zweiten Fassung seiner Chronik insgesamt 35 bischöfliche Todesfälle – inklusive der Päpste, die neben ihrem Pontifikat ihr voriges Bistum beibehalten haben. Von diesen entfallen 13 auf den noch einmal überarbeiteten Abschnitt bis 1066. Während beide Fassungen in der Beurteilung des päpstlichen Schismas zwischen Alexander II. und Honorius II. entscheidend differieren, bleiben die Zahl der berichteten bischöflichen Todesfälle und die verstorbenen Personen identisch. Werden die Todesfälle beider Fassungen addiert, ergibt sich somit eine Zahl von 48 Bischofstoden. Bis zum Jahr 1065 erfolgt die Darstellung in beiden Fassungen ohne Ausschmückung, lediglich in der Nutzung der Verben liegt eine gewisse Variabilität (moriri, defungi, decedere, obire), dies jedoch nach keinem speziellen System. So ändert Berthold zum Tod Luitpolds von Mainz und Konrads von Speyer decessit bzw. moritur in Fassung I

2177 Während Bernold Bardos Nachfolger Luitpold nur namentlich erwähnt, weist er bei Hartwigs Sukzessor Adalbero einmalig explizit darauf hin, dass er das Bistum aus der Hand des Kaisers erhalten hat. Möglicherweise spielt hierbei die ebenfalls von Bernold aufgegriffene verwandtschaftliche Beziehung Adalberos zu Heinrich III. eine Rolle. 2178 Zum Bistum Regensburg heißt es, Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1023, S. 424: Ratisponae post Gebehardum episcopum, virum laude dignissimum, alter Gebehardus inthronizatur. Dieses Beispiel zeigt auch die Kürzung Bernolds, wird Hermanns ursprünglicher Bericht als Vergleich herangezogen, Hermann von Reichenau, Chronicon a. 1023, S. 120: Ratisponae post Gebehardum episcopum, castum virum et singularibus quibusdam moribus et munditiarum ornatusque insueto quodam amore famosum et in divinis officiis nimis studiosum, ab hac luce subtractum, alter item Gebehardus, Augustensis canonicus, successit.

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jeweils in obiit,2179 während bei Heinrich von Augsburg der umgekehrte Weg beschritten wird, von obiit in Fassung I zu moritur in Fassung II.2180 Darin bereits eine versteckte Wertung beobachten zu wollen, den (vgl. Lampert) verhassten Berater der Kaiserin Agnes, Heinrich von Augsburg, in Fassung II möglicherweise negativer zu beurteilen als zuvor, ist nicht angebracht.2181 Die ersten elf Fälle erfüllen nicht mehr als die Mitteilung über den Tod eines Bischofs, vornehmlich aus dem fränkisch-bayerischen Raum (Speyer, Mainz, Regensburg, Augsburg, Passau, Bamberg), dazu Erzbischöfe von Köln und Magdeburg, während ansonsten Lothringen und Sachsen außen vor bleiben. Selbst der Tod berühmter und rühmenswerter Personen wie Gunther von Bamberg wird kurz abgehandelt, in deutlichem Unterschied zum umfangreichen Nachruf Lamperts. Erst zum Jahr 1066 wandelt sich die Darstellungsform Bertholds erstmalig. Grund ist Konrad von Trier, auf dessen spektakuläres Ende bereits eingegangen worden ist.2182 Berthold variiert die Vorfälle dahingehend, dass Konrad zunächst drei Mal erfolglos von der Klippe gestürzt und schließlich auch erfolglos enthauptet worden war, bevor er zu Gott einging. Außerdem ergänzt er, dass diejenigen, die ihn umbringen sollten, eine passende Strafe erlitten. Worin diese Strafe besteht, verschweigt die vorher abbrechende Fassung I, während Fassung II den Tod von zwei der Mörder Konrads nennt.2183 Ansonsten unterscheiden sich beide Fassungen auch im Fall dieses Todesberichtes nicht voneinander. Ungewöhnlich ist, dass Berthold seine erste Fassung vor dem entsprechenden Verb abbrechen lässt, dass den zwar schlechten, aber aus seiner Sicht gerechten Tod der Mörder Gewissheit werden lässt. Ob die Chronik bewusst oder zufällig an dieser Stelle ihr vorläufiges Ende erfahren hat, ist unklar, den Tod der Mörder wird Berthold bereits in Fassung I ins Auge gefasst haben, immerhin unterscheidet sich der vorangehende Satz bis zum fehlenden Verb nicht gegenüber Fassung II. Ungeachtet dieser Frage zeigt sich in Fassung II an diesem Beispiel 2179 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1060, S. 188f. 2180 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1063, S. 196. 2181 Eine deutlich wertende Darstellung wie bei Lampert von Hersfeld liegt definitiv nicht vor. Es bleibt dennoch bemerkenswert, dass sich Berthold zu diesem Fall nicht ausführlicher geäußert hat, gleiches gilt aus gegenteiliger Perspektive für den Tod Gunthers von Bamberg. 2182 Vgl. Kapitel 9.3.2 und 9.3.4. 2183 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1066, S. 201f.: Unde quidam comes de militia Trevirensi, nomine Theodericus eundem Cunradum Treverim tendentem comprehendit et diu sub custodia maceratum quatuor militibus enecandum commisit. Qui dum eum ter per quoddam precipitium deiecissent et nihil sibi nisi brachium collidere possent, unus ex illis penitentia ductus ab eo veniam impetravit, alius autem volens eum decollare, maxillam eius tantum abscidit. Et sic ipse Deo dingus martyr ad Dominum migravit Kal. Iunii, sepultus ad abbatiam quondam nomine Doleiam. Tres autem milites, mortis illius auctores, digna ultio postmodum subsecuta est, nam unus eorum acceptum cibum deglutire non valens, alii duo manus suas lacerantes [Ende Fassung I] sic expiraverunt. Vgl. Karzel, Darstellung von Krieg und Gewalt, S. 70f.

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zum ersten Mal die aus den Annalen Lamperts bekannte Gegenüberstellung von gutem und schlechtem Tod, dem Martyrium Konrads und der daraus wirksam werdenden göttlichen Strafe an seinen Peinigern. Noch deutlicher wird dies in der Chronik Bernolds. Bernold begnügt sich bis zum Ende der 1070er Jahre weitgehend damit, den Bericht Bertholds gekürzt zu übernehmen, Ergänzungen sind selten. Bis 1074 und der weitgehenden Eigenständigkeit der Bernoldchronik streicht Bernold gegenüber Berthold neun Todesfälle ganz, ein Vorgehen, das bereits im Abgleich mit der Chronik Hermanns zu beobachten gewesen ist. Sieben dieser neun Beispiele fallen in die Zeit bis 1066,2184 ganz als nähmen die Todesfälle sukzessive auch für Bernold an Bedeutung zu – möglicherweise verbunden mit der nun selbst von ihm erlebten und erinnerten Zeit –, sodass er sie nun konsequenter in seine Chronik übernimmt, um in seinem eigenständigen Teil schließlich einen bisher nicht gesehenen Umgang damit zu entwickeln. Zum Tod Konrads von Trier und seiner Mörder übernimmt Bernold nicht nur den Bericht Bertholds, sondern ergänzt nach dem expiraverunt bei Berthold zur endgültigen Bestärkung ad claustra inferni descenderunt.2185 Die beiden Mörder werden nicht allein mit dem Tod bestraft, Bernold unterstreicht ihre sichere Fahrt zur Hölle. Bereits bei Gregor von Tours mussten die beiden Priester, die gegen Bischof Sidonius von Clermont opponiert hatten, die Ewigkeit in der Hölle fristen.2186 Diese Form der Darstellung ist somit keineswegs eine Erfindung des 11. Jahrhunderts und des aufkommenden Investiturstreits. Ab 1066 wird bei Berthold in vielen Beispielen die geballte Macht des Wortes deutlich, die es ihm erlaubt, die Anhänger Heinrichs IV. ihrem gerechten Schicksal zuzuführen. Das Prinzip des Antithetischen, die Gegenüberstellung von gut und schlecht, wie sie der Tod Konrads von Trier noch einmal verdeutlicht hat, findet sich kaum; gegenüber den tatsächlich gut aus dem Leben geschiedenen Bischöfen, aber auch weltlichen Großen, nehmen die Gegenbeispiele den deutlich größeren Raum ein. Umso interessanter wird es sein, diese Fälle mit zeitgenössischen, aber auch später verfassten Texten in Beziehung zu setzen, um ein umfassenderes Bild nicht zuletzt der persönlichen Sichtweise Bertholds zu erhalten – eines Autors, dem nicht in erster Instanz Bösartigkeit oder bewusste

2184 Zu den nicht gekürzten Todesfällen gehört Heinrich von Augsburg, ohne dass Bernold an diesem Bericht eine entscheidende Änderung vornimmt. Vielmehr nutzt er sogar wieder, im Gegensatz zu Berthold II., das Verb obire. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1063, S. 392 2185 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1066, S. 395. Dieser Satz ist auch in die zweite Fassung der Bertholdchronik übertragen worden, vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon, S. 202 Anm. m. Vgl. Karzel, Darstellung von Krieg und Gewalt, S. 70–72. 2186 Vgl. Kapitel 6.2.2 c.

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Geschichtsfälschung vorzuwerfen ist, vielmehr das Gefühl, mit seinen Worten die rechte, gottgewollte Weltordnung abzubilden.2187 9.4.2.1 Der schlechte Tod in der Chronik Bertholds von Reichenau – Ergänzt um weitere Texte des ausgehenden 11. Jahrhunderts Der eindeutig schlecht konnotierte Bischofstod wird bei Berthold mit Heinrich von Speyer 1075 zum stilistischen Hauptmerkmal der folgenden Jahre erhoben und findet sich bis 1080 in acht weiteren Fällen belegt. Bertholds Vorgehen soll im Folgenden unter Berücksichtigung weiterer Texte im Detail analysiert werden. Die Intention dahinter kann wie so oft nicht sein, den tatsächlichen Hergang eines Todesfalles zu ermitteln. Von Interesse ist, auf welche Weise die Autoren versuchen, ihr Anliegen in entsprechende Worte zu fassen, um ihr Zielpublikum von ihren Ansichten zu überzeugen.2188 Dieser Frage ist in allgemeiner Form bereits Gerd Althoff nachgegangen, der den Geschichtsschreibern des 11. Jahrhunderts ein Verständnis für kausale Zusammenhänge, eine differenzierte Wahrnehmung des sich um sie herum Ereigneten zugebilligt hat.2189 Dadurch würden sich aus historisch unzuverlässig erscheinenden Ereignisschilderungen wichtige Argumente in einem Diskurs erkennen lassen, dessen Argumentationstechniken hingegen heute nicht mehr bekannt und nachvollziehbar seien.2190 Bereits die Analyse der Annalen Lamperts von Hersfeld hat gezeigt, dass die Berichte über bischöfliche Sterbefälle keine episodischen Ereignisse sind, vielmehr einer bewussten Konstruktion unterliegen. Althoff sieht insbesondere die Anekdote als gegebenes Mittel zum Zweck.2191 In der Tat erscheinen die folgenden Schilderungen dem heutigen Leser als Anekdoten, sichtlich übertriebene Geschichten, um einer persönlichen Weltsicht besonderes Gewicht zu verleihen, die allerdings nicht als ›Wahrheit‹ aufgefasst werden würden. Doch bleibt, wie Althoff selbst vorgebracht hat, unklar, ob dies auch dem Argumentationsmuster damaliger Historiographen entspricht. Gerade jemandem wie Bernold von 2187 Hingewiesen sei auf die Überlegungen von Hans-Werner Goetz, vgl. Kap. 9.3.4. 2188 Wohinter gemäß Althoff, Das argumentative Gedächtnis, S. 66, eine wesentliche Komponente in der Analyse lauert. Herauszuarbeiten, wie frei ein Autor seine Meinung hat ausdrücken können – Berthold beispielsweise sah sich kaum Einschränkungen ausgesetzt – betont auch Patzold, Überlegungen zu Kontinuitäten und Wandlungen, S. 47–49. 2189 Vgl. Althoff, Das argumentative Gedächtnis, S. 64, u. bereits Kap. 9.3.4. Er widerspricht gemäß eigener Aussage vor allem der Arbeit Hanna Vollraths, die hinsichtlich der Geschichtsschreiber dieser Epoche eher von episodisch denn argumentativ sprechen würde. Zusammenfassung dieser Debatte bei Patzold, Überlegungen zu Kontinuitäten und Wandlungen, S. 39–44, der zwar Werken von Autoren wie Thietmar und Hermann eher episodischen Charakter zuschreiben möchte, nicht jedoch von Protagonisten wie Berthold, Bruno oder Bernold. 2190 Vgl. Althoff, Das argumentative Gedächtnis, S. 65. 2191 Vgl. Althoff, Das argumentative Gedächtnis, S. 76.

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Konstanz muss es als untrügliche Wahrheit erschienen sein, wenn ein – gemäß seinem Vokabular – Schismatiker, ein von Gott und Papst Abtrünniger, einen entsprechenden Tod erleidet. Gleiches gilt für Bruno und die bei ihm geschilderten Anhänger Heinrichs IV. Ob ihre Berichte noch unter dem Begriff der Anekdote treffend zusammengefasst werden können, ist zumindest sehr fraglich. a Heinrich von Speyer († 1075) Papst Gregor VII. bannte und setzte Heinrich von Speyer auf der Fastensynode des Jahres 1075 ab, nachdem dieser trotz ergangener Aufforderung nicht persönlich in Rom erschienen war. Gemäß Berthold erlitt Heinrich genau in dem Moment, als der Papst seine Absetzung verkündete, ein Stechen im Hals, an dem er am Folgetag auf unwürdige Weise starb.2192 Berthold schildert nicht einfach einen grausamen Todesfall, er geht subtiler vor und verknüpft das von Gott geleitete, gerechte Urteil des Papstes mit seiner unmittelbaren Vollstreckung viele hundert Kilometer entfernt. Doch Gott kennt keine Distanz und keine Zeit, Heinrich erleidet, so lässt es Berthold vermuten, unmittelbar die Konsequenzen seines bisherigen unseligen Lebens. Er unterstreicht dies durch seine abschließende Formulierung: ab episcopatu simul et vita periculose satis deponendus. Heinrich ist nicht allein vom Amt des Bischofs, sondern auch vom Leben abgesetzt worden. Eine Hoffnung auf Wiedereinsetzung besteht nicht, das dies- wie auch das jenseitige Leben sind für Heinrich verloren. Bernold gestaltet dies sogar noch aus. So erkrankte Heinrich an dem Tag, als sein Fall auf der Synode in Rom untersucht wurde. Er starb aber erst zwei Tage darauf elendig, parallel zum über ihn in Rom gefällten Urteil.2193 Während Berthold das Urteil des Papstes mit dem 2192 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1075, S. 223: Nunc autem mirum in modum eadem die et hora, qua Rome iudicialiter depositus gradu et episcopatu et excommunis factus est, tunc ipse Spire more suo deliciose procuratus, dum a mensa resurgit, mox tam acutissimo doloris spiculo guttur eius letaliter prefocatur, ne dehinc nisi perraro verbum saltem, et hoc ad usque mane diei sequentis vix proferre sufficeret, post meridiem morte amarissima ab episcopatu simul et vita periculose satis deponendus […]. Zu Heinrich vgl. Gresser, Bistum Speyer, S. 158–161, zu seinem Ableben gemäß Bertholds Chronik ebd., S. 160. 2193 Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1075, S. 404: Qui ipsa die cum examinaretur causa eius Romae, id est VI Kal. Martii, infirmatus est Spirae, sed deinde IIII° Kal. Martii miserabiliter expiravit, quando et a Gregorio papa diffinitam suae damnationis sententiam in Romana sinodo excepit. Die genaue Nennung des Todestages dient in diesem Fall nicht einer wohlgemeinten memoria, sie soll vielmehr in Erinnerung rufen, welche Folgen ein gottloses Leben nach sich zieht. Ausführlicher fällt der Bericht bei Bernold von Konstanz, Libelli, S. 26 aus: […] et ipsius principis apostolorum super Ananiam, et Saphiram pari efficacia pollere non dubites, damnationem Spirensis episcopi, et mortem eius studiose consideres, qui in preterio anno, qui erat ab incarnatione Domini MLXXV. in prima ebdomada quadragesimae, eadem die, id est VI. Cal. Martii, immo eadem hora subito, quasi quodam invisibili telo perculsus, apud Spiram infirmari cepit, qua hora et causam eius in Romano synodo noster apostolicus ventilare incepit. Idem quoque III die, id est IV. Cal. Martii heu

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Beginn von Heinrichs Leiden in Beziehung setzt, nimmt dieses bei Bernold bereits mit der Aufnahme des Verfahrens gegen den Bischof seinen Anfang. Der Tod tritt daraufhin, noch einmal dramaturgisch inszeniert, zeitgleich mit dem päpstlichen Depositionsurteil in Kraft. Die Überlegenheit der Rechtgläubigen gegenüber den Schismatikern (so die Sichtweise Bertholds und Bernolds) kann nicht eindrucksvoller in Szene gesetzt werden. Nach natürlichen Umständen darf nicht gefragt werden. Zwar wissen sowohl Berthold als auch Bernold von einer Krankheit Heinrichs, die sie entsprechend ausschmücken, Lampert hatte von einer solchen hingegen keine Kenntnis.2194 Frutolf von Michelsberg berichtet erst gar nicht von diesem Todesfall, was bei diesen offensichtlich besonderen Umständen und der relativen geographischen Nähe Frutolfs zu Speyer durchaus zu registrieren ist. Ohnehin vermeldet kein Text außerhalb der polemischen Berichte Lamperts, Bertholds und Bernolds den Tod Heinrichs von Speyer.2195 Der treue Parteigänger Heinrichs IV. bot sowohl Lampert von Hersfeld als auch den Gregorianern Berthold und Bernold eine ideale Basis, wobei letztere die päpstliche, von Gott unterstützte Überlegenheit noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen. b Wilhelm von Utrecht († 1076) Den Tod Wilhelms setzte bereits Lampert gekonnt in Szene, als er ihm erst im Angesicht der sicheren Verdammnis Reue in den Mund legte.2196 Von solchen gnädigen Regungen ist Berthold weit entfernt. Wilhelm, der über den König aufgrund eines nicht eingehaltenen Versprechens erzürnt gewesen war – der König hatte Wilhelm die Verfügung über das Bistum Paderborn zugesichert, sollte er der simonistischen Ordinierung Hildolfs zum Erzbischof von Köln keinen Widerstand leisten, dann aber auch in Paderborn simonistisch einen Bischof erhoben –, bediente sich gleich drei Mal an einem Tag bei umfangreichen Gelagen und betrank sich stark, woraufhin er plötzlich und erbärmlich starb. Dies erwirkte, so Berthold, unzweifelhaft der Bannstrahl Gottes.2197

2194 2195

2196 2197

miserabiliter expiravit, qua eum etiam diffinita nostri Gregorii sententia Romae cum indubitabili efficacia damnavit. Vgl. Kapitel 9.3.4. Ausnahme sind nur die im 12. Jahrhundert entstandenen Annales S. Disibodi, S. 7: Obiit Henricus Spirensis episcopus. Von der reichhaltigen Polemik ist Jahrzehnte später nichts mehr übriggeblieben. Verzeichnet ist sein Tod ansonsten zum Jahr 1075 in den Annales necrologici Prumienses, S. 381 (Heinricus episcopus), teilweise identifiziert mit dem erst 1078 gestorbenen gleichnamigen Bischof von Chur, und dem Catalogus episcoporum Spirensium, S. 353, irrig mit dem Todestag zum 29. Dezember. Vgl. Kapitel 9.3.4. Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1076, S. 242: Wilihelmus Traiectensis episcopus regi subiratus declinavit ab eo et domum veniens, maximo sibi epularum apparatu fecit studiosissimus ministrari. Et sic a mensa, in qua uno die tertio convivatus est, impudenter nimis incrapulatus retrahitur, morteque repentina preventus et inopinata, miserrime satis

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Das göttliche Urteil hat Wilhelm in einem Moment größter Sünde, der Völlerei, ereilt und ihn von der Erde gerissen. Von Reue Wilhelms findet sich kein Wort. Darüber hinaus eröffnet auch dieser Fall die Überlegenheit des von Gott getragenen päpstlichen Wirkens. König Heinrich IV. hatte eine Versammlung in Worms anberaumt, auf der die drei dienstältesten und Heinrich treu ergebenen Bischöfe den Papst nach kanonischem Recht verurteilen sollten. Während jedoch Altwin von Brixen auf dem Weg nach Worms in Gefangenschaft geriet und Wilhelm von Utrecht eines grausamen Todes starb, erreichte nur Eppo von Naumburg sein Ziel.2198 So ist es durch Gottes Eingriff gelungen, den Feinden des Papstes entscheidenden Schaden zuzufügen. Hinzu tritt aus anderen Quellen der Hinweis, dass an diesem Tage ein Blitz die Utrechter Kirche getroffen und in Brand gesteckt hat,2199 ein Ereignis, dass sich ebenfalls in diesen Komplex göttlicher Einflussnahme einordnen lässt. Über die Grabstätte herrscht Schweigen, erst Jahrhunderte später berichten Quellen über Wilhelms Beisetzung in der Kathedrale von Utrecht.2200 Ob aus Unwissenheit oder bewusst ausgelassen, dieses Ende Wilhelms hätte den Intentionen Bertholds, Lamperts und schließlich auch Bernolds deutlich widersprochen. Bernold reduziert die Darstellung auf das Wesentliche, ohne den Tenor zu verändern. Im Gegenzug hebt er die Rolle des Papstes hervor. So wurde Wilhelm, der den Papst beleidigt hatte, durch einen plötzlichen Tod ohne Kommunion bestraft.2201 Es handelt sich also wiederum einerseits um eine direkte Verbindung zwischen päpstlicher bzw. göttlicher Autorität und Rechtgläubigkeit2202 sowie andererseits um den Tod als unmittelbar darauffolgender Strafe eines Leugners dieser Allmacht. Wilhelm darüber hinaus als Gourmand und Trinker zusätzlich zu diskreditieren, wird überflüssig. Noch eindeutiger verfährt Bruno in seinem Buch vom Sachsenkrieg. Er zeigt hier, wie dies zuvor in Teilen bei Gregor von Tours sowie sehr umfänglich bei Thietmar von Merseburg festzustellen war, ein anklingendes Wir-Gefühl mit dem Episkopat, nicht jedoch mit dem Reichsepiskopat insgesamt, sondern mit den sächsischen Bischöfen, die nicht zur Partei Heinrichs IV. übergetreten waren.2203 Insgesamt berichtet Bruno von nur sechs bischöflichen Todesfällen, einer davon

2198 2199 2200 2201 2202 2203

defunctus est, anathematis spiculo et ipse indubitanter condemnatus. Dem Eingreifen göttlicher Mächte wird eine besondere Beweiskraft zugemessen, vgl. Althoff, Das argumentative Gedächtnis, S. 76. Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1076, S. 242f. Quellen zusammengestellt bei Meyer von Knonau, Jahrbücher 2, S. 662 Anm. 70. Vgl. Gierlich, Grabstätten der rheinischen Bischöfe, S. 376f. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1076, S. 408: Item Willihelmus Traiectensis episcopus, multa in apostolicum conviciatus, subitanea morte absque aeclesiastica communione post pascha multatur. Vgl. Althoff, Das argumentative Gedächtnis, S. 72–74. Zur Argumentation Bernolds zur Rechtfertigung von Gewalt durch das Papsttum vgl. Münsch, Neues zu Bernold von Konstanz, S. 208; Weisweiler, Päpstliche Gewalt. Vgl. Eggert, Wir-Gefühl, S. 156.

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gebührt Wilhelm von Utrecht. Dieser hatte nicht nur dem König geraten, die gegen diesen von Gregor VII. ausgesprochene Bannsentenz zu ignorieren, zusätzlich hatte er selbst öffentlich den Papst herabgesetzt. Was folgt, ist zu erwarten. Wilhelm erfasste eine Krankheit, die ihm bis zu seinem Tod Leiden bereitete. Er erkannte, dass er und alle anderen Begünstigten des Königs für immer verdammt sein werden und starb in Verzweiflung, von bösen Geistern bereits am Totenbett umlagert. Um dem Ganzen noch zu einer Steigerung zu verhelfen, verdreht Bruno den guten Tod komplett ins Negative und lässt Wilhelm lange Zeit unbestattet liegen.2204 Ein Grab erhielt er erst nach Anweisung aus Rom – nicht als Zeichen gewährter Gnade, sondern aus Entgegenkommen gegenüber dem Volk, das unter dem Gestank des Leichnams litt – der Tod Karls des Kahlen tritt wieder vor Augen. Gleichermaßen erschien Wilhelm Abt Hugo von Cluny und bestätigte ihm seinen Aufenthalt in der Hölle.2205 2204 Das Bild des unbestattet liegen Gelassenen findet sich insbesondere im 13. Jahrhundert bezüglich des Todes von Päpsten, während aus ›Gewohnheit‹ derweil den Lateranpalast zu plündern versucht worden ist (so bereits zu Leo IX. berichtet), vgl. Elze, Sic transit gloria mundi, bes. S. 1–5; Paravicini Bagliani, Leib des Papstes, S. 105–111. Beispiel eines unbestattet gebliebenen Bischofs bietet der 1112 ermordete Gaudry von Laon, vgl. Kaiser, Guibert de Nogent, S. 122; ders., Mord im Dom, S. 119. Die Plünderung des Kirchengutes nach dem Tod eines Bischofs weist, vergleichbar mit dem räuberischen Eindringen in den Lateran, vielfache Beispiele auf, vgl. Fichtenau, Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts 1, S. 289f. Folglich ist bereits auf frühen Synoden untersagt worden, bischöflichen Besitz nach dem Ableben des Amtsinhabers zu entwenden, vgl. Rollo-Koster, Episcopal and Papal Vacancies, S. 55f. 2205 Bruno, De bello Saxonico c. 74, S. 76f.: Episcopus quoque idem timens, ne, si populus haec audisset, a rege sicut ab excommunicato discederet, inter missas sermonem faciens ad populum, derisorie, quod rex esset excommunicatus, iudicavit, sed hanc excommunicationem nichil valere, quibus poterat verbis, utpote facundus homo, confirmavit. Sed quantum valeret, in se ipso coactus est agnoscere, si liceret ei poenitendo a superbia resipiscere. Nam in ipso loco, in quo Romano pontifici derogabat eiusque potestatem verbosus adnichilare laborabat, ipse mala valetudine corripitur, in qua usque ad miserandum miserae vitae finem detinetur. Itaque morbo magis ac magis ingravescente, dum esset cum eo quidam homo regis eumque rogaret, ut se cum suo mandato remitteret ad regem: ›Hoc‹, inquit, ›ei mitto mandatum, quod ipse et ego et omnes eius inquitati faventes damnati sumus in perpetuum.‹ Cumque a suis, qui aderant, clericis, ne talia loqueretur, esset ammonitus: ›Quid aliud‹, inquit, ›loquar, nisi quod verum esse visibiliter intueor. Ecce enim daemones lectum meum circumstant, quatenus me, mox ut expiravero, rapiant. Itaque cum fuero de corpore eductus, rogo vos et omnes fideles, ne se fatigent pro me faciendo supplicationes.‹ Hac igitur in desperatione defunctus, nullis orationibus Deo reconciliatus, diu iacebat insepultus, donec Romam mittitur et, inde quaesito consilio, ne populus foetore corrumpatur, apostolico iussu sine commendationibus sepelitur. Non longe autem post mortem suam abbati Cloniacensi apparuit, priusquam eum fuisse mortuum cognovisset, et: ›Non sum‹, inquit, ›vivus, sed vere defunctus et in inferno sepultus‹. Deutlich werde daraus gemäß Neiske, Vision und Totengedenken, S. 168f., die hohe Wertschätzung cluniazensischen Totengedenkens selbst im fernen Sachsen, wenngleich er sich fragt, ob ursprünglich eine nach gewohnter Struktur aufgebaute Vision (erfolgreiches Gebetsgedenken) existiert habe. Wahrscheinlicher ist, dass Bruno ganz bewusst die üblichen Formen konterkariert,

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Besonders prominent gemacht wird in diesem Fall nicht allein der gottabgewandte Lebenswandel Wilhelms, sondern im Besonderen seine Verbindung zu Heinrich IV., die als Wurzel allen Übels herausgestellt wird. Während Berthold und Bernold diese Komponente zugunsten des Papstes nicht ausgebaut haben, beruht Brunos Argumentation wie so oft auf der Schlechtigkeit des Königs, dessen verruchter Charakter nicht nur ihm selbst, sondern auch allen, die zu ihm in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, die ewige Verdammnis einbringen wird. Denn, wie Bruno verallgemeinernd schlussfolgert: Cum manifestum sit omnes fere Heinrici familiares et fideles aeque miseras mortes incurrisse, et eos miseriores, qui fuerant illi fideliores; quia fides illa vere erat perfidia.2206 Nicht der Tod allein ist Strafe, sondern der elende, schlechte Tod, der jegliche Aussicht auf die Glückseligkeit unwiederbringlich zerstört. Besonderes Gewicht erhält die Tatsache, dass mit Wilhelm ein Leugner des päpstlichen Bannstrahls ein solches Ende findet. Gerd Althoff rät dazu, diese Schilderungen als »Argumente im politischen Diskurs zu akzeptieren, die die Waage zuungunsten Heinrichs senkten«.2207 Dieser Annahme Althoffs ist beizupflichten, wie die umfassende Nutzung und Instrumentalisierung des bischöflichen Todes gerade in Texten des ausgehenden 11. Jahrhunderts zeigen. Auch Bruno demonstriert seine ausgesprochene Drohung in den folgenden sieben Kapiteln seines Buches vom Sachsenkrieg. Verständlich wird die notwendige Zusammenstellung dieser chronologisch auseinanderliegenden Beispiele.2208 In der aktuellen Situation des Jahres 1076 wird der Tod Wilhelms nicht zuletzt zum einen dazu beigetragen haben, Heinrichs IV. Handlungen ins Unrecht zu setzen, zum anderen dazu, dass die Bischöfe, die sich Anfang des Jahres in Worms noch einträchtig hinter dem König versammelt hatten, um Gregor VII. ihre Treue aufzukündigen, in der Folge reihenweise das königliche Lager verlassen haben.2209 Diese Bestätigung wurde durch jeden weiteren ungewöhnlichen oder als solchen inszenierten Todesfall eines pro-königlich gesinnten Bischofs in den folgenden Jahren noch einmal verstärkt. Das negative Bild Wilhelms findet über genannte Texte hinaus keine Fortsetzung oder parallele Überlieferung. Frutolf verzeichnet auch diesen Todesfall nicht, spätere Werke nehmen von einer negativen Konnotation Abstand.2210 Auf Wilhelm

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um die unvermeidliche Verderbnis Wilhelms besonders zu betonen, dem nicht einmal Gebete aus Cluny noch Hilfe leisten können. Bruno, De bello Saxonico c. 74, S. 77. Althoff, Das argumentative Gedächtnis, S. 75. Vgl. Weinfurter, Heinrich IV. und die Bischöfe, S. 409. Entsprechend wird auch das folgende Kapitel durch Bruno eingeleitet, Bruno, De bello Saxonico c. 75, S. 77: Ut enim per excessum quaedam vel repetam vel praecurram […]. Vgl. Weinfurter, Heinrich IV. und die Bischöfe, S. 409. So die Anfang des 13. Jahrhunderts entstandenen Annales Egmundani a. 1075, S. 448: Willemmus etiam episcopus 5. Kal. Mai. obiit. Ins Positive gewendet schließlich im

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folgte, so zögert Berthold nicht zu vermerken, Konrad auf unkanonische Weise. Während noch Hermann in seiner Chronik gegen Ende umfassend darauf hingewiesen hatte, wenn ein Bischof sein Amt Kaiser Heinrich III. verdankte, dreht Berthold dies um und vermerkt mehrfach die unkanonische Einsetzung eines Nachfolgers, nachweisbar in sechs Fällen: neben Utrecht in Konstanz 1069 (Karl), Mailand 1072 (Gottfried), Köln 1075 (Hildolf), Paderborn 1076 (Poppo) und Chur 1079 (Norbert). Dazu treten Vermerke über den Erhalt des Bistums aus der Hand des Königs in Konstanz 1071 (Otto), Bamberg 1075 (Rupert), Augsburg 1077 (Siegfried), Straßburg 1078 (Thiebald) und Köln 1079 (Sigewin), die äquivalent zu unkanonischen Erhebungen gesetzt werden können. Im Vergleich dazu berichtet Berthold nur in Besançon 1066 (Hugo II.), Mailand 1072 (Atto), Augsburg 1077 (Wigold), Chur 1079 (Ulrich), Naumburg 1079 (Gunther) und Magdeburg 1079 (Hartwig) von kanonischen Besetzungen. Der Schwerpunkt liegt auch hier auf den negativen Beispielen. c Gregor von Vercelli († 1077) Der langjährige Vertraute Heinrichs IV. soll infolge eines Sturzes vom Pferd plötzlich seinen unseligen Geist aufgegeben haben.2211 Der Sturz vom Pferd als Ursache eines gottgewollten Todes erscheint vielfach. Bereits der langobardische König Aistulf war von seinem Pferd gegen einen Baum geschmettert worden, Burchard I. von Halberstadt starb, noch bevor er sein Pferd besteigen konnte, Liupold, der Vertraute Heinrichs IV., wurde beim Sturz vom Pferd mit seinem eigenen Schwert durchbohrt. Bischof Eppo von Naumburg ertrank, als er beim Queren eines Flusses vom Pferd stürzte.2212 Bernold, mittlerweile unabhängig von Bertholds Chronik, berichtet hingegen über keinen Pferdesturz. Er greift die bekannte Dramaturgie um Heinrich von Speyer wieder auf und lässt Gregor an dem Tag sterben, an dem er auf einer allgemeinen Versammlung die Absetzung des Papstes plante.2213 Bernold setzt erneut den Tod mit der gerechten Sache des Papstes in direkten Bezug, lässt Gregor für das von ihm geplante unrechte Ansinnen die gerechte Strafe erleiden. Daneben etabliert Bernold mit diesem Bei14. Jahrhundert von Johannes de Beke, Chronographia c. 47b, S. 89: Eodem eciam anno Wilhelmus episcopus v kalendas maii requievit in Domino, postquam annis xxii Traiectensi prefuisset episcopio. 2211 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1077, S. 264: Inde etiam intimus suorum Vercellensis antiepiscopus digressus, in via, qua letanter pergebat, subitanea morte et ipse preoccupatus, equo, cui presidebat, ilico lapsus, in momento satis infeliciter expiravit. Bezüglich seines Verhältnisses zu Heinrich IV. sei exemplarisch an Gregors Rolle auf der Burg Canossa Anfang 1077 erinnert, vgl. RI III,2,3 n. 857, S. 81f. 2212 Vgl. Kapitel 7.3, Kapitel 9.3.4 sowie Kapitel 9.4.2.1 i. 2213 Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1077, S. 415: Sed ipse ad eundem terminum absque aeclesiastica communione vitam simul et episcopatum – heu miserabiliter! – deposuit, quo ille papam nefaria praesumptione statuit deponere.

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spiel eine dramaturgische Technik, die mehrere seiner weiteren Todesberichte bis 1100 prägen sollte: die emotionale Beteiligung. Bernold inszeniert sich selbst als Mitleidenden (heu), der das schlimme, dennoch rechtmäßige Schicksal Gregors betrauert. Derartige emotionale Ausbrüche treten bei Bernold mehrfach auf und sind bereits in dem im Eingang zu dieser Studie aufgearbeiteten Beispiel um Burchard II. von Halberstadt zu finden.2214 Wie Gregor tatsächlich gestorben ist, ist ungewiss. Vergleichsquellen sind nicht zur Hand, einzig Berthold und Bernold, einander widersprechend, stehen zur Verfügung. Die Vergangenheit kann durch diese Nachrichten nicht rekonstruiert werden, die Intention beider Autoren tritt hingegen deutlich zutage. d Sigehard von Aquileja († 1077) Wie Gregor von Vercelli zuvor zählte auch Sigehard zu den Gefolgsleuten Heinrichs IV., wenngleich er zwischenzeitlich dem päpstlichen Lager zuzurechnen war.2215 Seine finale Rückkehr zu Heinrich IV. prädestinierte ihn für ein wirkungsvolles Exempel, das, so lehrte es Bruno, nur in Form eines miserablen Todes seine ganze Wirkung entfalten kann. Berthold folgt dieser unausgesprochenen Weisung, lässt Sigehard zunächst dem Wahnsinn verfallen, wodurch er – als Abschreckung für andere, wie der Chronist ergänzt – teuflisch gequält wurde, um schließlich schlecht sein Leben zu beenden. Dabei stirbt Sigehard nicht allein, auch einige seiner Gefolgsleute wurden durch einen plötzlichen Tod aus der Welt gerissen.2216 Berthold führt die Abkehr des zunächst aus seiner Sicht rechtgläubigen Sigehard auf die Verführungsgewalt des Geldes zurück, die ihm dann die Rache Gottes eingebracht hatte.2217 Bei Bruno bildet Sigehard das zweite Beispiel der Reihung exemplarischer Todesfälle. Seine Wandlung vom Unterstützer zum Feind des Papstes wird aufgegriffen, sein plötzlicher Tod ohne Beichte ist daraufhin nur folgerichtig. Auch bei Bruno sterben zusätzlich Anhänger Sigehards, hier konkret 50, die mit ihm zur Hölle fuhren.2218 Bernold nennt den Wahnsinn

2214 Neben der Chronik auch in anderen Werken Bernolds wie seinen Libelli, vgl. zum Tod Heinrichs von Speyer, Kapitel 9.4.2.1 a, Anm. 2193. Zu Burchard II. vgl. Kapitel 1.2. 2215 Zu Sigehard vgl. Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 33f. 2216 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1077, S. 279: Et hac amentie metuenda cunctis passione aliquantisper ad exemplum mendacibus et apostatis demoniace satis discruciatus, damnabili consummatione insanissimus expiravit. Et sic cum nonnullis suorum subitanea itidem morte direptorum ad sedem suam tumulandus reportatus est. Vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 3, S. 65f. 2217 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1077, S. 279f. 2218 Bruno, De bello Saxonico c. 75, S. 77: […] patriarcha, qui legatus apostolici maximus auctor abiurationis extiterat Heinrici et novi regis instituendi, postquam exregi quasi regi sociatus retrogradus efficitur, repentina morte praeventus, quia communicabat excommunicatis, incommunicatus et inconfessus huic vitae subtrahitur. Verum quia tantae dignitatis virum non decebat ire solum ad infernum, quinquaginta, sicut audivimus, de suis habuit socios,

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Sigehards genau in dem Moment, als dieser auf dem Weg gewesen war, Heinrich IV. zu unterstützen. Dieser Wahnsinn führte zu einem plötzlichen Ableben sowie zu seinem Tod an Leib und Seele und brachte auch wieder den Tod einiger seiner Leute mit sich.2219 Das Gottesurteil ist präsent, ohne dass es konkret genannt werden müsste. Sigehard, tot an Leib und Seele, erleidet – in Gedanken an Augustinus – einen von Gott verlassenen Tod. Darüber hinaus ist ein Hinweis auf die anstehende Hölle wie bei Bruno nicht mehr notwendig. Vergleichsquellen schweigen zu Sigehard, die Aufnahme seines Namens in mindestens vier Nekrologe zeigt aber, dass er bei einigen in würdiger Erinnerung stand.2220 e Embricho von Augsburg († 1077) Embricho, der sich 1077 bei der Ankunft des Gegenkönigs Rudolf von Rheinfelden diesem äußerst unterwürfig gezeigt hatte, bald aber zu seiner Unterstützung Heinrichs IV. zurückgekehrt war, bietet eine weitere Schablone für die süddeutschen Chronisten. Berthold wählt das Motiv des Gottesurteils. Embricho hatte in größtmöglicher Überheblichkeit angekündigt, über ein solches Urteil die gerechte Sache König Heinrichs IV. beweisen zu wollen und dazu die Aufnahme des Abendmahles als Rechtsmittel gewählt. Darauf wurde er, wie es die Dramaturgie verlangt, von einer tödlichen Krankheit ergriffen, zunehmend gepeinigt und vom schlimmsten Tod dahingerafft. Papst Gregor VII. soll den Todesfall vorausgesehen haben.2221 Die Komponenten sind vergleichbar mit den vorausgehenden Beispielen, werden immer wieder variiert und neu zusammengestellt. eadem morte repentina correptos; ne, quos habebat in iniquitate consortes, in retributione non haberet participes. 2219 Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1077, S. 416: Item Sigehardus Aquileiensis patriarcha, in auxilium H. contra bannum apostolici armata manu veniens, in amentiam veritur apud Ratisponam et ex ipso itinere repentina morte intercipitur. Sicque domum non sine aliquibus suorum funeribus, in corpore et anima mortuus, reportabatur. 2220 Vgl. zum 12. August die Necrologia S. Rudberti Salisburgensis, S. 158, das Necrologium Weihenstephanense, S. 213, und das Necrologium monasterii Rosacensis, S. 14. Zum 1. August 1078 das Necrologium Michaelburanum, S. 215. Es handelt sich bei Sigehard nicht um den ersten schlecht aus dem Leben getretenen Patriarchen von Aquileja. Bereits Poppo († 1042) soll plötzlich und ohne Sakramente gestorben sein. Vgl. Steindorff, Jahrbücher 1, S. 170. Es ist kein Zufall, dass diese Information einer Bulle Papst Benedikts IX. entstammt (J3 9059); Poppo hatte mehrfach Auseinandersetzung mit dem Papsttum ausgefochten. 2221 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1077, S. 280f.: Extunc profecto passione arreptus letali, in dies semper se dolentior contabuit, donec miserabiliter iusto Dei iudicio discruciatus et presumptionis predicte in se vindictam cecidisse confessus non post multos dies et ipse morte preventus amarissima diem clauserat extremum. Quod itaque iudicium domno pape dux W(elf) mox fecit diligenter intimari. Cui ipse mox, non mendax propheta, indubitanter remandavit, quod ipse revera de hoc prescius esset, quia idem episcopus de novis illius anni frugibus numquam gustaturus fuisset. Vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 3, S. 62; Paulus, Investiturstreit im Bistum Augsburg, S. 60f. Zu Embricho vgl. Zoepfl, Bistum Augsburg, S. 96–102.

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In diesem Fall tritt die Gabe der Voraussicht hinzu, die bereits bei Lampert um den Tod Heinrichs von Speyer eine Rolle gespielt hat. Der Charakter der Aussage ändert sich nicht, Embricho erleidet die gerechte Strafe, sich von der richtigen zur falschen Seite abgewendet zu haben, wie dies bereits zuvor Sigehard von Aquileja widerfahren war. Dass beide Fälle bei Berthold in direktem Bezug zueinanderstehen (Quem [sc. Sigehard] Augustensis episcopus non minus infeliciter est consecutus)2222 verwundert nicht. Eine solche Bezugnahme bietet auch Bernold, wenngleich er die Priorität vertauscht, den Tod Embrichos vor Sigehards Ableben mitteilt. Offensichtlich erschien ihm dieses Beispiel eindringlicher, um damit die vermeintliche Verstocktheit der königlichen Gefolgsleute zu demonstrieren und die Folgen, die in der Gefolgschaft Heinrichs als irrig rechtmäßigem König lauern, herauszustellen. Er nutzt dafür ebenfalls die Episode um das für Embricho negativ ausgehende Gottesurteil, verzichtet aber auf den voraussehenden Papst.2223 Während bereits am Anfang des 12. Jahrhunderts diese Polemik nicht mehr zu finden ist,2224 verweisen, wie bereits im Fall Sigehards von Aquileja, mehrfache Eintragungen in Nekrologen auf die Erinnerungswürdigkeit Embrichos.2225 Gerade diese weiterhin bestehende Erinnerungskultur für zahlreiche vermeintlich verdient grausam und von allen verhasst aus der Welt geschiedenen Bischöfe macht deutlich, wie verzerrend das einzig durch die großen, zumeist propäpstlich, prosächsisch, zumindest contraheinrizianisch ausgelegten Annalen und Chroniken entworfene Bild erscheint. Der Blick in parallele Texte zeigt, dass etwa der Heinrich IV. zumindest nicht feindlich gesinnte2226 Augsburger Annalist 2222 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1077, S. 280. 2223 Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1077, S. 416: Imbrico Augustensis episcopus, qui in praeterito pascha Roˇdolfo regi fidelitatem iuravit, nil de periurio curans, Heinrico advenienti adhesit et apud illum quadam die missam faciens, hanc sibi conditionem miser imposuit, ut sacrae oblationis perceptio in iudicium ei proveniret, si dominus eius Heinricus regnum sibi iniuste usurparet. Post hanc temerariam perceptionem parvo tempore, quod supravixit usque ad mortem, nunquam se sanum de lecto levavit. Nam circa Kal. Iulii absque aeclesiastica communione defunctus est. Einmal mehr datiert Bernold den Todestag recht genau – wenngleich er hier den exakten Tag im Unklaren lässt. Positive memoria hat ihn dazu allerdings nicht verleitet. Wie die überwiegend mitgeteilten Bischofstode in Bernolds Chronik dem zu vermeidenden Negativbild entsprechen, dienen dabei auch die genannten Todestage zwar der Erinnerung, jedoch daran, wessen Lebensweg nicht als Vorbild dient. Vgl. Freise, Kalendarische und annalistische Grundformen der Memoria, S. 551. 2224 St. Galler Fortsetzungen Hermanns von Reichenau a. 1077, f. 19r: Augustensis Imbrico episcopus decessit. 2225 Vgl. zum 30. Juli den Liber anniversiorum ecclesiae maioris Augustensis, S. 66, das Necrologium monasterii S. Udalrici Augustensis civitatis, S. 125, und das Necrologium ecclesiae Moguntinae, S. 722. Zum 31. Juli das Necrologium Ottenburanum, S. 111. Zum 2. August das Necrologium monasterii Altahae inferioris, S. 53. 2226 Von einer königstreuen Haltung spricht Tangl, Schwaben, S. 536.

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Folgendes zum Tod Embrichos mitzuteilen weiß: Embrico praesul beatae memoriae, plenus operibus bonis et elemosinis, sancti Oudalrici et sanctae Afrae, sancti Stephani, sancti Martini, sanctae Gertrudis ecclesiis a fundamento constructis, aliarum vero aedificiis et claustris restauratis, et tribus adiectis, vocatione felici 3. Kal. Augusti migravit ad Dominum.2227 Hier findet sich kein Wort über einen schlimmen Tod oder ein Gottesurteil. Embricho, mit dem sich viele gute Erinnerungen und Taten in Verbindung bringen ließen, ging selig zum Herrn, nicht in die Hölle ein. Dass der Augsburger Annalist die Erinnerung an den Bischof der eigenen Stadt hochhält, ist naheliegend, die Nekrologeinträge stützen diese Darstellung zumindest für Augsburg und einige damit verbundene Orte. Welche Tendenz tatsächlich stimmt, ist unerheblich. Aufschlussreich ist die Art, wie die einzelnen Autoren ihre kleinen, auf den ersten Blick unzusammenhängenden Episoden zu einem großen Ganzen formen. f Werner von Straßburg († 1077) Gleich den Protagonisten zuvor wird auch Werner durch Berthold als einer der wichtigsten Einflüsterer des Königs bezeichnet, der es zudem nicht unterlassen hat, in kriegerische Auseinandersetzungen selbst gerüstet und bewaffnet einzugreifen.2228 Während eines solchen Kampfes legte er sich in voller Rüstung zu einer kurzen Ruhe nieder, woraufhin ihn ein plötzlicher Tod ereilte. Geschildert werde der Tod, so Tobie Walther, als Umkehrung der conversio ad sucurrendum, des Tausches der Rüstung gegen einen Mönchshabit durch einen Laien zur Sicherung des Seelenheils in der Todesstunde. Werner stirbt als Laie ohne Beichte und Viaticum eindeutig schlecht.2229 Viel schlimmer wiegt in den Augen Bertholds allerdings Werners Umgang mit einer Witwe, die er sich als Konkubine hielt und auch nach päpstlicher Aufforderung nicht aufgab.2230 Das Tragen von 2227 Annales Augustani a. 1077, S. 129. In diesem Fall dient die Angabe des konkreten Todestages, anders als bei Bernold, der positiven memoria. Vgl. Loewe, Annales Augustani, S. 63–65; Paulus, Investiturstreit im Bistum Augsburg, S. 60–63. 2228 Zum Interesse Bertholds an Bischof Werner vgl. Walther, Zwischen Polemik und Rekonziliation, S. 34–44. Zur Person Werners vgl. neben Wentzcke, Regesten, auch Scherer, Straßburger Bischöfe, S. 27–67. 2229 Vgl. Walther, Zwischen Polemik, Verschweigen und pragmatischem Umgang, S. 55f.; ders., Zwischen Polemik und Rekonziliation, S. 28f. Vgl. Karzel, Darstellung von Krieg und Gewalt, S. 122f. Zur weit zu beobachtenden Sitte, sich im Mönchshabit beisetzen zu lassen, vgl. Brückner, Sterben im Mönchsgewand. 2230 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1077, S. 299f.: Illic Argentinus episcopus, pre ceteris in huiusmodi negotiis incentor et auxiliator illius tunc precipuus, quadam die more militari bellicose loricatus, et tot malorum et facinorum armiductor et primicerius, cum ad castra remearet regi suo nimis crudeliter morigerus, morte repentina, cum se lecto collocaret, in momento preventus est. Inde sui satis superque exterriti non parum obstupuerunt, qui vita illius flagitiosa tantotiens scandalizati sunt. Ipse namque contra preceptum canonicum concubina quadam vidua publica pertinacia impudoratus abusus est, quam militi suo

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Waffen und insbesondere der Umgang mit einer Frau haben aus der Sicht Bertholds zum gerechtfertigten Tod Werners geführt. Dessen plötzlichen Tod während des Kampfes nennen auch die Vita Wilhelms von Hirsau (konkretisiert in der höllischen Zukunft Werners) sowie die davon abhängige Vita Paulinas,2231 während sicher nicht zufällig insbesondere im salischen Zentralort Speyer, wo Werner darüber hinaus seine Ausbildung erfahren hatte, die wohlmeinende Erinnerung an ihn aufrechterhalten worden ist.2232 Dennoch hat die negative Einschätzung Werners bis ins 12. Jahrhundert hinein vorgehalten. Nur Bernold unterlässt es, sich zum Tod Werners zu äußern – eine Tatsache, die auf den ersten Blick Rätsel aufgibt, bot sich doch mit ihm ein Paradefall, die Verderblichkeit der königlichen Anhänger zu präsentieren. Neben Werner verzichtet Bernold auch auf die Nennung von dessen Nachfolger Thiebald, der ebenfalls die Nähe Heinrichs IV. gesucht hatte. Tobie Walther erklärt das Fehlen des zuletzt Genannten aus persönlich-politischen Motiven heraus. So war Thiebald zuvor der Propst Bernolds in St. Blasien, sodass eine negative nuptam non modica ab eo pecunia et beneficiis emptam abstulerat. Dehinc apud papam pro huiusmodi accusatus, ipsam abiuratam non devitaverat, preterque hec nefandissimi cuiusdam incestus ipsam infamem suspicionem, numquam ob id sua abalienavit fornicaria coitione. Berthold setzt Werner mit dem als Häretiker verurteilten Paulus von Samosata gleich, der im 3. Jahrhundert Bischof von Antiochien gewesen ist. Angeblich, so Berthold, habe auch dieser großes Verlangen nach dem Umgang mit Frauen empfunden und solchen auch seinen Geistlichen geduldet, um nicht selbst ob dieses Verbrechens angeklagt zu werden. Werner wird auf eine Stufe mit dem Häretiker Paulus gestellt, beider Beziehung durch eine gemeinsame verwerfliche Zuneigung zu Frauen konstruiert, wobei Berthold Verhältnisse und Forderungen des 11. Jahrhunderts auf das 3. Jahrhundert zurückprojiziert. Vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 3, S. 71; Walther, Zwischen Polemik, Verschweigen und pragmatischem Umgang, S. 55 u. 58. 2231 Heimo, Vita Willihelmi abbatis Hirsaugiensis c. 26, S. 222: Ipso itaque annitente, quidam episcopus Argentinensis nomine Werenherus, militari manu aggressus est devastare Hirsaugiam; sed eadem die qua tantum facinus commissurus equum loricatus ascendit, subitanea morte ante quam loricam exueret praeoccupatus expiravit, et vivens in infernum descendit; Sigeboto, Vita Paulinae c. 29, S. 924: […] Wernherus […] veniens pro infulis pontificalibus loricam primus induit et, mutato prepostero ordine, mente et habitu, id est ex clerico factus tyrannus, in ipsa lorica dicto citius exspiravit. Hinzuweisen ist auf die St. Galler Fortsetzungen Hermanns von Reichenau a. 1077, f. 19r: Wernherus, Argentine eppiscopus, subitaria et flebili morte obiit. Das Bild des plötzlich gestorbenen Werner bleibt hier bestehen. Eine gleiche Konnotation vermittelt im 12. Jahrhundert auch noch das Chronicon Ebersheimense c. 25, S. 444: Nam in quandam insulam transmissus ibique toxicatus, impiam vitam digna morte finivit. Walther, Zwischen Polemik und Rekonziliation, S. 29, macht darauf aufmerksam, dass die Darstellung ewiger Verdammnis Werners nur in Hirsauer Überlieferung oder in derjenigen von Klöstern aus der Observanz Hirsaus zu finden sei. Ausgeführt für die Vita Willihelmi ebd., S. 113–115, für die Vita Paulinae S. 129f. Vgl. Scherer, Straßburger Bischöfe, S. 60–63. Weitere Quellen zum Tod listet Wentzcke, Regesten n. 331, S. 287–289. 2232 Vgl. das älteste Nekrolog des Speyrer Domstifts, S. 205; das Todtenbuch des Speirer Domstifts, S. 441. Zu Speyer als Zentralort vgl. Ehlers, Metropolis Germaniae, zu Werners Ausbildung Scherer, Straßburger Bischöfe, S. 27.

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Berichterstattung seinerseits über Thiebald auf den Konvent zurückgefallen wäre.2233 Dies hat Bernold möglicherweise dazu bewogen, auch auf Mitteilungen zu Thiebalds Vorgänger Werner zu verzichten, der sich nicht einmal namentlich in seiner Chronik erwähnt findet. Der Kampf für Papst und rechten Glauben steht im Kampf um das persönliche Prestige des eigenen Klosters zurück. g Hildolf von Köln († 1078) Hildolf war bereits bei seiner durch Heinrich IV. betriebenen Einsetzung als Nachfolger des ungleich bedeutenderen Anno II. äußerst umstritten und traf in Köln auf heftigste Ablehnung.2234 Die Ablehnung gegen Hildolf ist nicht nur durch Lampert eindrucksvoll beschrieben worden,2235 auch Berthold und Bernold verweisen auf seine Minderwertigkeit und unrechtmäßige Erhebung. Berthold geht sogar noch einen, wenngleich in Anbetracht der Vorgeschichte nur noch kleinen Schritt weiter und schreibt Hildolf den verdienten Tod zu. So wurde er, auf Erden als häretischer Dieb und Räuber (hereticus fur et latro)2236 verurteilt, auch im Himmel auf ewig gebunden (in celo perenniter ligatus).2237 Dies gibt Anlass zur Frage, ob es sich überhaupt um einen schlechten Tod handelt. Hildolf ist zwar auf ewig gebunden, allerdings im Himmel; eine Kombination, die nicht zueinanderpassen mag. Eine Form ewiger Strafen im Himmel gibt es nicht, Berthold denkt dagegen offenkundig an einen strafenden Ort. Eine Übersetzung mit ›Himmel‹ ist in diesem Fall daher missdeutend. Anders als bei Werner von Straßburg steht Berthold mit dieser polemischen Schilderung weitgehend allein. Ausgehend von der Bedeutung Kölns sowie Hildolfs bedeutendem Vorgänger hat sein Tod vielfach Eingang in die Quellen gefunden, in ganz überwiegendem Maße völlig wertfrei,2238 während seiner in einigen Nekrologen gedacht worden ist.2239 Kritischere Berichte sind selten und keineswegs derart polemisch gehalten, wie dies in den bisherigen vorgestellten Beispielen erfolgt ist.2240 2233 Vgl. Walther, Zwischen Polemik, Verschweigen und pragmatischem Umgang, S. 60–63. 2234 Vgl. Vollrath, Erzbischof Hildolf von Köln. Zur Person Hildolfs vgl. Oediger, Regesten n. 1111, S. 338; Weinfurter, Colonia, S. 27f. 2235 Lampert von Hersfeld, Annales a. 1078, S. 251: Illi [sc. die Kölner Bevölkerung] contra summa ope nitebantur, obicientes, quod homo statura pusillus, vultu despicabilis, genere obscurus, nec animi nec corporis virtutibus quicquam tanto sacerdocio dignum pretenderet. 2236 Vgl. Joh 10,1. 2237 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1078, S. 338. Vgl. zum Tod Hildolfs in einer anderen Version auch Finger, Gehütete Hirten, S. 27. 2238 Exemplarisch die Annales Wirziburgenses (= Annales S. Albani Moguntini) a. 1078, S. 245, das Auctarium Ekkehardi S. Petri Erphesfurtensis a. 1078, S. 33, oder der Annalista Saxo, Chronicon a. 1078, S. 453. 2239 Darunter das Kalendarium et Necrologium ecclesiae Babenbergensis, S. 482, und das Necrologium Sigebergense, S. 223. 2240 Vita Wolfhelmi c. 18, S. 189: Adhibet etiam certam fidem visioni exhibitio operis, nam uno eodemque momento, ut hic illum vidit percuti, se sensit episcopus morbo gravari. Tali ergo

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h Udo von Trier († 1078) Der Tod Udos von Trier findet weder bei Berthold noch bei Bernold Erwähnung, dient aber Bruno zur Vervollständigung seines statuierten Exempels über die gerechten Folgen des Umgangs mit Heinrich IV.2241 Der Auftakt ist unerwartet, Bruno lobt die Frömmigkeit Udos (omni pietate plenus), um unmittelbar darauf auf die deutlich umfangreicheren negativen Züge seines Charakters zurückzukommen. Udo, so fährt Bruno fort, widerstand der Tyrannei Heinrichs nicht, bestärkte ihn sogar in seinen unrechten Handlungen und erlaubte ihm, Kirchen zu plündern. Diese Erlaubnis wurde ihm zum Verhängnis, sodass er am Folgetag tot aufgefunden wurde.2242 Udo hat sich nicht allein der Gefolgschaft Heinrichs nicht entziehen können, sondern ihn zusätzlich zum frevelhaften Verbrechen des Kirchenraubes angestiftet. Der plötzliche Tod ist gemäß den genannten Vorstellungen Brunos folgerichtig.2243 Dass sich einzig Bruno des plötzlichen Todes Udos und des von ihm geduldeten Kirchenraubes erinnert, ist auffällig, wenngleich in Anbetracht der causa scribendi seines Buches in Verteidigung der Sachsen und Aufdeckung der Schlechtigkeit Heinrichs IV. und seiner Anhänger wenig überraschend. Doch teilen andere Quellen seine Verurteilung nicht. Erstmals bietet sich auch Frutolf als Vergleich an, der sich nicht durch polemische Sprache auszeichnet. Es ist deswegen bezeichnend, dass er von den im Rahmen dieses Kapitels behandelten zehn Bischöfen nur den Tod Udos von Trier berichtet. Dabei verzichtet er auf jede Wertung, gibt nur den Umstand wieder, dass Udo auf einem Feldzug des Königs zu Tode gekommen ist.2244 Bruno hingegen nennt keinen

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modo divinitus relisa, nisu frustrata illius adversatrix intentio est: morbo quippe invalescente, post dies paucos obiit; Annales Brunwilarenses a. 1078, S. 725: Obiit Hildolfus episcopus sine pallio. Tatsächlich war Udo von Trier über Canossa hinaus bis zu seinem Tod 1078 enger Gefolgsmann des Königs, gleichzeitig aber auch bei Papst Gregor VII. als Gesprächs- und Verhandlungspartner geachtet und respektiert. Vgl. Erkens, Trierer Kirchenprovinz im Investiturstreit, S. 19–27. Bruno, De bello Saxonico c. 76, S. 77: Udo Treverensis archiepiscopus, omni pietate plenus, dum nimis mansuetus tyrannidi non resistens, Heinrico plus quam decebat obsequitur, eius flammeo furori suae consensionis oleum ministrat et, ut ecclesiae depraedentur, licentiam donat; et mox in crastino mane mortuus invenitur, ut omnibus aperte constaret, ideo tali eum morte obisse, quia in ecclesiarum praedatione non timuit assensum praebere. Vgl. Karzel, Darstellung von Krieg und Gewalt, S. 90. Bruno greift den Vorfall zu einem späteren Zeitpunkt seines Werkes noch einmal auf und bestätigt dabei erneut das Udo ereilte klägliche Ende infolge des Kirchenraubes, Bruno, De bello Saxonico c. 103, S. 93: Ibi, quod anticipando iam narravi, Treverensis archipraesul Udo subitanea morte miserabiliter obiit, dum timore Dei postposito, manibus profanis in sacras res licenter ire permisit. Dass Udo sein Grab in der Trierer Kathedrale gefunden hat (vgl. Gierlich, Grabstätten der rheinischen Bischöfe, S. 75) findet sich bei Bruno nicht, dies wäre jedoch seiner Intention nicht förderlich gewesen. Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 1077, S. 90: In ea expeditione Uto Trevirorum archiepiscopus defunctus est.

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Feldzug, wobei ihm ein selbst zu den Waffen greifender Erzbischof noch einmal neuen Zunder für seine Kritik gegeben hätte.2245 Spätere Texte verweisen auf diesen Feldzug, ohne dadurch dem dort von Udo erlittenen Tod eine negative Konnotation zuzuschreiben2246 oder verkehren den Tod Udos direkt ins Positive.2247 i Eppo von Naumburg († 1079) Mit Eppo von Naumburg tritt erneut ein langjähriger Vertrauter Heinrichs IV. in Erscheinung. Berthold lässt ihn relativ unspektakulär als Exkommunizierten und Uneinsichtigen vom Reich Gottes ausgeschlossen sterben,2248 während sich Bernold einmal mehr in Schweigen hüllt. Eppo war, wie bei Berthold zu lesen, zum Zeitpunkt seines Todes als Gegenbischof durch den König in Würzburg eingesetzt worden. Dies gab Bruno offensichtlich die nötigen Umstände für eine eigene Deutung der Ereignisse an die Hand. So stürzte Eppo, als er seine Stadt (Würzburg) per Pferd habe verlassen wollen, in einem seichten Bach und ertrank. Bruno deutet dies als Strafe des hl. Kilian, des Stadtheiligen von Würzburg. Eppo trank, nachdem er dem guten Wein der Stadt widerrechtlich zugesprochen hatte, nun rechtmäßig das Wasser der Stadt und schied unversöhnt aus dem Leben.2249 2245 Vgl. auch Kap. 9.4.2.2 zu Brunos Bericht über Werner von Magdeburg. Allerdings sei, so Engels, Reichsbischof in ottonischer und frühsalischer Zeit, S. 166, nach Mitte des 11. Jahrhunderts mit deutlich geringerem Vorbehalt über die Teilnahme von Bischöfen an Kriegshandlungen berichtet worden. Vgl. Webb, Representations of the Warrior-Bishop, S. 129. 2246 Gesta Treverorum continuatio prima c. 9, S. 183: Hic in expeditione regis in obsidione castri Alamannorum quod Tuingia vocatur obiit, relatusque a Treberensibus, in monasterio sancti Petri sepultus est. Zur Charakterisierung Udos in den Gesta vgl. Pörtner, Reichspolitik, Reform und bischöfliche Autonomie, S. 100–102. 2247 Hugo von Flavigny, Chronicon II, S. 449: Udo igitur Trevirorum archiepiscopus non multo post beato fine quievit. 2248 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1079, S. 372: Eberhardus Neapolitanus episcopus, a domno apostolico propter inobedientie contumaciam iam damnatus, set a rege Heinrico Herbipolitane ecclesie contra ius pro Adalberone episcopo legitimo inde propulsato temere incardinatus, et ipse excommunicatus et excommunicatis toto nisu communicans, cum his quos libenter complexus est portionem habiturus, diem extremum infausta pertinacia letaliter clauserat, iustissime a regno Dei in eternum excludendus. Zu Eppo vgl. Wiessner, Bistum Naumburg 2, S. 743–748, zum Tod S. 747 unter Angabe weiterer Quellen. 2249 Bruno, De bello Saxonico c. 77, S. 77: Eppo Cicensis episcopus, dum in episcopio sancti Kiliani quendam rivum forti sedens in equo transiret, quem quilibet pedes sine periculo transire posset, ubi nec timor ullus fuit, equo cadente moriens sic interiit, sancto Kiliano sic disponente, ut, qui eius urbis violentus incubator iniuste vinum suum bibebat, aquam quoque suam iuste bibens, ultra vinum non quaerat; et quia nobis inconciliabilis permansit, Deo inreconciliatus ab hac vita migravit. Vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 3, S. 154f. Ertrinken als Todesursache eines Bischofs, gedeutet als Gottesurteil, tritt nicht mit Eppo erstmalig in Erscheinung. Bereits der Freisinger Bischof Dracholf, kirchenräuberischer Taten beschuldigt, soll im Jahr 926 auf einem Heerzug gegen die Ungarn in der Donau ertrunken sein. Vgl. unter Herausstellung des unsicheren Wahrheitsgehaltes dieser Begebenheit Fischer, Bischof Dracholf von Freising, S. 27–29. Knapp zu seiner Person vgl.

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Bruno konstruiert einen weiteren Höhepunkt seines kurzen Exkurses über die Folgen der Anhängerschaft zu Heinrich IV. Gerahmt durch Wilhelm von Utrecht und Eppo von Naumburg hat Bruno nicht zufällig von 1076 bis 1079 für jedes Jahr einen Fall ausgewählt, um die Gerechtigkeit Gottes sowie das Unrecht der Königlichen zu demonstrieren. Das Bild von Eppos Pferdesturz findet sich im 12. Jahrhundert wieder,2250 während Lorenz Fries noch vierhundert Jahre später die ganze von Bruno erzählte Episode wiedergibt.2251 Diese Erzählung der Ereignisse hat in Würzburg bleibenden Eindruck hinterlassen. j Udalrich von Padua († 1080) Den Abschluss bildet ein von Berthold nicht namentlich genannter Bischof. Udalrich hatte, so schildert er es, im Vorjahr noch als Legat des Papstes nördlich der Alpen gewirkt, wurde dann aber von Heinrich IV. mit großen Summen bestochen und erlag dem Reiz des Goldes. Als er schließlich begann, andere für die Sache des Königs zu bestechen, wurde er von einem seiner Begleiter absichtlich mit einer Lanze erstochen und daraufhin in die Hölle gestürzt.2252 Berthold inszeniert Udalrich als negatives Gegenbild zu Jesus selbst, der ans Kreuz geschlagen mit der Lanze in die Seite gestoßen wurde. Während er am gleichen Tag ins Paradies entrückt worden ist, führt der Weg Udalrichs in die entgegengesetzte Richtung, seine Gier nach Gold und Schätzen und sein Bruch mit der päpstlichen und damit göttlichen Partei zugunsten des Königs hat seine

Mass, Bistum Freising, S. 102–105; Strzewitzek, Persönlichen Verhältnisse der Bischöfe von Freising, S. 203f.; Weissthanner, Regesten n. 67–77, S. 53–58. 2250 Annalista Saxo, Chronicon a. 1078, S. 453: Eppo quoque Cicensis episcopus cum per hec tempora in episcopatu Uuirceburgensi quendam rivum forti sedens in equo transiret, quem quilibet pedes sine periculo transire potuisset, ubi nec ullus timor fuit, equo cadente moriens interiit. 2251 Lorenz Fries, Chronik der Bischöfe von Würzburg, S. 249: Bischoff Epp von Ceitz ware in berurtem vflauff vf kunig Hainrichs seitten vnd hielte sich vil zu Wirtzburg. Als er aber in dem obgemelten 1078. jare von Wirtzburg hinweg vnd an andere orte reiten wolte, vnd in den bach bey der Slüpferlinsmüln nit fer von der stat Wirtzburg gelegen, die Blaichach gnant, kame, fiele das pferd, drauf er sasse, mit ime nider vnd ehe ime die dienere zu hilf kamen hette ine das wasser ersauffet. Etliche zeitschreibere melden an disem ort, das gemelter bischoff Epp vom guten francken wein truncken gewest vnd ime diser vnuersehenlicher gaͤ her tod aus gottes gericht billich vnd woluerdient begeget, darumb das er sich wider seinen stathalter den babst entboret vnd kunig Hainrichen angehangen sei. 2252 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1080, S. 380f.: Baduanum quoque episcopum, qui precedenti estate legatus apostolicus in nostras partes destinatus est, eadem intentione cum quibusdam aliis suis familiaribus pecunia copiosissima onustum et suffarcinatum illuc transmiserat. Qui iam ab ipso muneribus non minimum corruptus, sed ad corrumpendum alios intentus, in ipso itinere a quodam suo comite ex industria lancea perforatus, ad inferna corruptissimus quam repente Dei iudicio precipitatus est. Thesaurus autem, propter quem… [damit bricht die Chronik Bertholds ab]. Vgl. Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 57f.

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ewige Verdammnis besiegelt. Mit diesem Bericht steht Berthold allein, Vergleichstexte lassen sich nördlich der Alpen nicht beibringen. k Zwischenfazit Die Analyse ausgewählter bischöflicher Todesfälle der Chronik Bertholds von Reichenau sowie weiterer ausgewählter Texte des ausgehenden 11. Jahrhunderts hat ein eindeutiges Bild zutage gebracht. Ein nicht geringer Teil der berichteten Beispiele nach 1066 diente der Skizzierung eindeutig schlechter Tode, die ihren Ursprung in gerechten, von Gott gelenkten Ursachen haben. Opfer sind Anhänger Heinrichs IV. und Gegner des Papsttums, sodass die Separierung zwischen Recht- und Falschgläubigen als Leitlinie ohne Probleme erkennbar wird. In der Darstellung der schlechten Todesfälle greift Berthold auf altbekannte Bilder zurück, wobei der plötzliche Tod ohne vorherigen Empfang der Kommunion und Beichte das am häufigsten genutzte Szenario darstellt. Ein Vergleich mit den auf gleicher Linie konzipierten Werken Brunos und Bernolds hat zahlreiche Übereinstimmungen ergeben. Brunos Buch vom Sachsenkrieg hat eine geringe Zahl episkopaler Tode in besonderer Weise strukturiert. Er versammelt in vier aufeinanderfolgenden Kapiteln chronologisch losgelöst vier Beispiele, um gemäß eigenen Worten aufzuzeigen, welches Schicksal den Anhängern Heinrichs IV. bevorsteht. Der schlechte Tod ist nur als pars pro toto der Höllenstrafen zu verstehen, die nicht selten zusätzlich noch einmal genannt werden, um den exemplarischen Charakter der Beispiele zu unterstreichen und sie mit dem größtmöglichen negativen Höhepunkt enden zu lassen. Auch die Chronik Bernolds, bis 1074 eng an Berthold gebunden, folgt dieser Richtung. Bernold bindet die Todesfälle jedoch deutlich enger als Bruno oder auch Berthold an das Papsttum, schildert das Ableben der Bischöfe ausgehend von ihrem Ungehorsam gegenüber dem Papst, dem Stellvertreter und Repräsentanten Gottes. Dadurch gelingt ihm eine zusätzliche dramatische Verdichtung, die noch verstärkt herausgearbeitet werden wird. Der Vollständigkeit halber verstehen es Berthold und andere Autoren gleichermaßen, das Ableben weltlicher Herrschaftsträger negativ auszugestalten. Herzog Gottfried IV. von Niederlothringen, einer der Hauptanstifter der Absetzung des Papstes 1076 in Worms, wurde auf dem Abort verwundet und starb als Exkommunizierter.2253 Ob er auch auf dem Abort den Tod gefunden hat, lässt Berthold durch seine Formulierung offen, sodass er Gottfried in eine Linie zu Arius setzt. Bernold präzisiert dies, nennt einen Koch als Täter, weist aber explizit

2253 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1076, S. 240: […] dux Gotifridus […] a milite quodam ad requisita nature in secessu sedens de deorsum vulneratus, infeliciter expiravit excommunicatus.

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auf den erst später eingetretenen Tod Gottfrieds hin.2254 Damit ist der von Berthold möglicherweise implizierte Vergleich mit Arius nicht mehr gegeben. Dagegen reduziert Bruno das Ableben Gottfrieds, des größten Feindes der Sachsen (maximus hostis Saxoniae), wieder auf seine Verwundung am Gesäß (periit in secretiori corporis parte), ohne dass er vorher gebeichtet oder die Kommunion erhalten hatte (nec purgatus ultima confessione nec munitus sacra communione).2255 Berthold hatte dies durch Gottfrieds Status als Exkommunizierter nur angedeutet, Bruno formuliert es zur Herabsetzung des Todes aus. Die Schnelle des eingetretenen Todes führt auch wieder näher an den Vergleich mit Arius heran. Deutlich wird, dass der erniedrigende Tod auf dem Abort den wichtigsten Chronisten des ausgehenden 11. Jahrhunderts wohlbekannt ist.2256 In wohlbekannte Schemata wird auch der Tod des nicht sicher zu identifizierenden Markgrafen Opert eingeordnet, eines ebenfalls engen Vertrauten des Königs, der ebenso der Exkommunikation unterworfen war. Die Schwere des von ihm bis dahin leichtfertig abgetanen Banns erfuhr er in Form eines plötzlichen Todes, als er vom Pferd stürzte.2257 Das Motiv des Pferdesturzes als Exempel für den zu Fall gebrachten Hochmut, den auch Opert ergriffen hatte, findet sich erneut. Als drittes und abschließendes Beispiel dient der Fall des Quintius. Dieser hatte erst in einer aufsehenerregenden Aktion Papst Gregor VII., schließlich Bischof Rainald von Como als Geisel genommen, wofür er sich einen gebührenden Empfang beim König erhofft hatte. Zuvor erstickte er an einem Geschwür im Hals und stieg, zum ewigen Tod verurteilt, zur Hölle hinab.2258 Eine vergleichbare Darstellung bot bereits der Tod Heinrichs von Speyer. Ein letztes Wort gilt der Frage des natürlichen Todes. Bei aller Polemik und Konstruktion in Texten des 11. Jahrhunderts ist die Erwartung, Beispiele dafür zu 2254 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1076, S. 408. 2255 Vgl. Bruno, De bello Saxonico c. 78, S. 77f. 2256 Auch Lampert berichtet vom Tod des jüngeren Markgrafen Dedi, der, im Begriff auszutreten, von einem Mörder durch Stoß in den Unterleib umgebracht wurde, wodurch die von ihm bedrängten Klöster und Kirchen befreit wurden (Lampert von Hersfeld, Annales a. 1069, S. 108). Zu diesem Fall vgl. auch Burkhardt / Kamenzin, Erasmus Lueger und der Tod auf dem Abort, S. 275. Von beklagenswerten Unfällen kann in beiden Fällen nicht gesprochen werden, göttliche Strafe wird jeweils wirksam. Grundsätzlich demonstrieren die Beispiele um Gottfried und Dedi auch die heimtückische Fehdeführung ohne allzu festgelegte Regeln im 11. Jahrhundert, vgl. Reuter, Unruhestiftung, S. 306. 2257 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1076, S. 255: Qui magnifice ob id ipsum ab eo [sc. Heinrich IV.] donatus et honorificatus, in repatriando iuxta Augustam Vindelicam repentina morte preoccupatus, equo decidit, et sic apostolicum anathema iam pro nihilo habens, tunc autem quanti ponderis sit re experiens, quam miser ille damnabiliter interiit. 2258 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1077, S. 264: Sed in ipsa nocte statuti diei [sc. dem Tag, an dem ihn Heinrich IV. nach langem Zögern endlich empfangen wollte], gutture eius letali quodam tumore repente prefocato, morte damnandus eterna, rege non viso et insalutato, in puncto celerrimus descendit ad inferna. Zu Bertholds Bericht über Quintius vgl. auch Karzel, Darstellung von Krieg und Gewalt, S. 76–78.

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finden, gering. Berthold spricht, um ihn noch einmal als Gewährsmann heranzuziehen, gleich mehrfach von Erkrankungen und weiß diese teils zu präzisieren. Die Präzisierung betrifft Heinrich von Speyer und den Geiselnehmer Quintius, beide sterben infolge eines Halsleidens. Ein natürlicher Tod ist daraus nicht abzuleiten, vielmehr tritt weitere Kritik zutage, die Todesursache in beiden Fällen dort beginnen zu lassen, wo auch ihre gotteslästerlichen Reden ihren Ursprung genommen haben.2259 Sicherlich können ein Sturz vom Pferd (Gregor von Vercelli), eine Krankheit (Embricho von Augsburg), nicht näher definierter Wahnsinn (Sigehard von Aquileja) oder Mord (Udalrich von Padua) zu den natürlichen Todesursachen gezählt werden, sie als solche im Rahmen von Bertholds Chronik zu interpretieren, wäre hingegen verfehlt. Über den tatsächlichen Bischofstod gibt Berthold keine Auskunft, er hat dies jedoch auch zu keinem Zeitpunkt intendiert. 9.4.2.2 Der gute Tod in der Chronik Bertholds von Reichenau – Ergänzt um weitere Texte des ausgehenden 11. Jahrhunderts Berthold schildert nicht allein den schlechten Bischofstod. Auch das Ableben weltlicher Großer spielt bei ihm eine größere Rolle. Überdies weiß Berthold auch um den guten bischöflichen Tod, der gleichermaßen eine knappe Betrachtung verdient. Anders als die zum Teil ausführlichen Berichte zum schlechten Tod fehlen vergleichbare Kompositionen. Die Berichte sind oft kaum von den neutralen Todesmitteilungen zu unterscheiden.2260 Etwas ergiebiger sind allein die Schilderungen zu Hugo von Besançon, Einhart von Speyer, Petrus Damiani, Anno von Köln, Werner von Magdeburg und Hezilo von Hildesheim. Wer ausführliche panegyrische Berichte erwartet, sieht sich hingegen getäuscht. Hugo von Besançon findet, angelehnt an Mt 25,21,2261 Lob ob seiner Frömmigkeit und Gehorsamkeit gegenüber Gott,2262 Einhart von Speyer starb auf dem Weg nach Rom, was ihm positiv ausgelegt werden mag – dass ihn sehr wahrscheinlich 2259 Immerhin berichtet Bernold nichts von einem Halsleiden des Quintius, wenngleich auch er seinen gerechten plötzlichen Tod mitteilt. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1077, S. 412. 2260 Zu diesen zählen (in Klammern das Jahr ihrer Nennung): Thietmar von Chur (1070, den Berthold wohl nennt, da auf ihn mit Heinrich ein Mönch der Reichenau folgt; dass er bei Bernold fehlt, ist somit erklärbar), Adalbert von Bremen (1072), Wido von Mailand (1072), Dietwin von Lüttich (1075), Imad von Paderborn (1076, Berthold nennt nicht einmal seinen Namen, ihm kommt es auf seinen nicht kanonisch eigesetzten Nachfolger Poppo an) und Heinrich von Chur (1078, ehemaliger Mönch der Reichenau). 2261 Vgl. Robinson, in: MGH SS rer. Germ. N.S. 14, S. 203 Anm. 120. 2262 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1066, S. 203: Hugo Bizantiensis archiepiscopus, vir religiosus fidelis et prudens Domini servus, gaudium Domini sui super multa constituendus feliciter, intravit. Zu seiner Person vgl. Vregille, Hugues de Salins.

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Heinrich IV. dorthin entsandt hatte, bleibt unerwähnt2263 –, Petrus Damiani ging, bereits lange von der Welt gekreuzigt, zum Herrn ein.2264 Werner von Magdeburg wurde im Kampf gegen Heinrich IV. in der Schlacht von Mellrichstadt 10782265 von einem Pfeil getötet. Dieser Bericht ist nicht zweifelsfrei positiv einzuschätzen. So wandte sich Werner im falschen Glauben, Heinrich habe die Schlacht gewonnen, zur Flucht und wurde dabei von einem slawischen Räuber per Pfeilschuss getötet – was dennoch kaum im Kontext der weiterhin ausgefochtenen Schlacht steht, sondern als individueller Racheakt bewertet werden muss, wie Reinhold Kaiser dies vornimmt.2266 Ein heldenhafter Tod sieht anders aus, bewusst negativ eingestuft wird er jedoch ebenfalls nicht, dafür bot Werner als auf der richtigen Seite stehend die falsche Schablone.2267 Dass Werner auf der Flucht starb, berichtet nicht allein Berthold, dies hat Eingang in zahlreiche Quellen gefunden, darunter zunächst Bruno, der die Flucht Werners sowie seines Amtsbruders Werner von Merseburg mit dem Argument begründet, sie hätten nicht am Kampf teilnehmen dürfen; der Tod Werners von Magdeburg wird damit gerechtfertigt, selbst wenn er der richtigen Seite angehörte.2268 Dazu verzeichnen das Geschehen auch Frutolf, der Liber de unitate ecclesiae conservanda, die St. Galler Fortsetzungen und die Annales Magdeburgenses.2269 Hezilo von Hildes-

2263 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1067, S. 204: Einhardus Spirensis episcopus in itinere Romano obiit et Siene sepultus est. Ebenso auch bei Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1067, S. 397, allerdings ohne Verweis auf den Begräbnisort. Einharts Tod auf seiner Reise nach Rom führen auch die Annales Augustani a. 1067, S. 128. Ohne Informationen mitgeteilt in den Annales Weissenburgenses a. 1067, S. 53, sowie schließlich bei Aventin, Annales ducum Boiariae V, 12, S. 99. Zu seiner Person vgl. Gresser, Bistum Speyer, S. 155– 158, mit Angabe über seine wohl im Auftrag des Königs angetretene Romreise (S. 158). 2264 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1072, S. 214: Petrus Damiani pie memorie cardinalis episcopus, iam dudum mundo crucifixus, VII. Kal. Martii migravit ad Dominum. Zu Petrus vgl. Hüls, Kardinäle, Klerus und Kirchen Roms, S. 99f., unter Angabe weiterer Literatur. 2265 Vgl. RI III,2,3 n. 947, S. 139–141 u. n. R33, S. 31f. 2266 Vgl. Kaiser, Mord im Dom, S. 113. 2267 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1078, S. 334: […] nec non a latronibus Sclavis in silvis, quo latibulum querebant, episcopus Partenopolitanus sagitta percussus est. 2268 Vgl. Arnold, German Bishops, S. 165. Ergänzung finden die Berichte zu Werner dahingehend, dass er von Bauern, somit im Vergleich zu ihm niederen Personen, umgebracht worden sein soll, was sein Ableben zusätzlich herabsetzt. Vgl. Karzel, Darstellung von Krieg und Gewalt, S. 301f. 2269 Vgl. Bruno, De bello Saxonico c. 96, S. 89; Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 1078, S. 90; Liber de unitate ecclesiae conservanda II, 16, S. 231; St. Galler Fortsetzungen Hermanns von Reichenau a. 1078, f. 19r; Annales Magdeburgenses a. 1078, S. 175. Darüber hinaus hat der Tod Werners infolge der Schlacht ein weitreichendes Echo auch in anderen Texten hervorgerufen, die nicht explizit die Flucht nennen. Mit Ausnahme Brunos wird Werners Teilnahme am Kampf nicht mit Kritik bedacht, vielmehr erscheinen Bischöfe nicht selten an Feldzügen und Kampfhandlungen beteiligt, was sich bis in staufische Zeit verfolgen lässt. Vgl. Reuter, Episcopi cum sua militia, S. 79f.

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heim ging aus diesem Tal der Tränen zum Herrn ein.2270 Dagegen ist sogar der Bericht im Chronicon Hildesheimense ausführlicher;2271 die Formulierung ist zwar deutlich nüchterner (obiit), doch wird explizit auf die Hezilo in Zukunft gewährleistete memoria verwiesen. Dies ist allerdings nicht überraschend, Hezilo hatte die Anlage der Hildesheimer Bischofschronik angeregt und daher auch den ursprünglichen Schluss des Textes gebildet.2272 Einzig Anno II. von Köln erhält einen etwas längeren Nachruf, der zwar in keinem Vergleich zu dem Nachruf bei Lampert von Hersfeld steht, dennoch als für Bertholds Verhältnisse außergewöhnliches Beispiel eines guten Todes zusätzliche Beachtung verdient. Anno, gewürdigt als kluger und verständiger Diener Jesu sowie Helfer der Armen, tat sich als Gründer und Ausstatter von fünf Klöstern hervor. Bereits zu Lebzeiten der Vorsorge seines Ablebens verpflichtet ging Anno schließlich in die Freuden des Herrn ein, um dann vielem vorangesetzt und durch unerschöpfliche Güter belohnt zu werden.2273 Berthold ergänzt diese Darstellung durch den geradezu emotionalen Wunsch, Annos Einzug beim Herrn möge doch hoffentlich gottselig (beatissimus o utinam) erfolgen. Zweifel an der würdigen Aufnahme Annos offenbart Bertholds Todesbericht nicht. Immerhin tat sich Anno gemäß Bertholds Bericht auch nach seinem Tod an seinem Grab im Kloster Siegburg durch zahlreiche Wunder hervor und bestätigte dadurch seine Heiligkeit. Wie die überwiegende Mehrheit der positiv ausgestalteten Todesberichte zu Bischöfen fallen auch entsprechende Schilderungen zu weltlichen Amtsträgen äußerst knapp aus. Herzog Gottfried III. von Lothringen wird als freigiebiger Spender von Almosen und mehr dem Himmlischen denn dem Irdischen zugewandter Mann gezeichnet, der einen seligen Tod starb (gratulanter expiravit),2274 2270 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1079, S. 373: Eodem anno Hiltinisheimensis episcopus Hecilinus ex hac lacrimarum valle, o utinam gratulanter! emigravit ad Dominum. 2271 Vgl. Chronicon Hildesheimense c. 17, S. 854. 2272 Vgl. Schlochtermeyer, Bistumschroniken, S. 54. Zu Hezilo vgl. Goetting, Bistum Hildesheim, S. 271–295, speziell zum Ableben S. 293f.; Meyer von Knonau, Jahrbücher 3, S. 231f. 2273 Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1075, S. 229: Per idem tempus Anno, fidelis et prudens Christi Iesu minister, Coloniensis archiepiscopus, qui hilaris multumque liberalis rerum sibi commissarum in pauperes Christi dispensator et ecclesiarum V novellarum industrius et sumptuosus institutor et provisor, postquam omnia, que habere videbatur temporaliter, in celeste gazophilacium congesta thesaurizavit, felicis efficacia consummationis et ipse illuc prosecutes, gaudium Domini sui super multa constituendus et indeficientibus numquam premiis remunerandus, beatissimus o utinam! intravit. Qui apud Sigibergense monasterium sepultus, multis revera miraculis inibi sanctissimus claruerat. Die Zahl der Berichte zum Tod Annos ist kaum zu zählen, der lobende Charakter ist dabei insbesondere den zeitgenössischen Texten eigen, darunter Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 1075, S. 84; Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1075, S. 405. Spätere Texte weisen vornehmlich auf das von Anno gegründete Kloster Siegburg hin, in dem er sich auch hat beisetzen lassen. Zu seinem Grab dort vgl. Gierlich, Grabstätten der rheinischen Bischöfe, S. 282–287. 2274 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1069, S. 209.

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Markgraf Hermann I. von Baden, in seinem letzten Lebensjahr Mönch in Cluny, ging glücklich zum Herrn ein (feliciter migravit ad Dominum).2275

9.4.3 Die Jahre bis 1099/1100 Die Jahre 1099 – das Ende der Chronik Frutolfs – bzw. 1100 – der Abschluss der Chronik Bernolds – markieren weitgehend den Abbruch zeitgenössischer historiographischer Auseinandersetzung mit den Ereignissen des Investiturstreits. Mit Ausnahme Ekkehards von Aura und den anonymen Fortsetzern der Chronik Frutolfs, denen wir uns in einem späteren Kapitel widmen werden, hat sich kein weiterer Chronist gefunden, der in spätsalischer Zeit ein groß angelegtes Werk begonnen oder fortgeführt hätte. Der Blick gilt insbesondere dem Werk Bernolds von Konstanz, das bereits im Vergleich mit Berthold umfangreich herangezogen worden ist.2276 Während die Chronik Bernolds, von Ian S. Robinson als der »produktivste und vielleicht auch der einflussreichste Autor des Investiturstreits in Deutschland« bezeichnet,2277 bis 1074 eng an Bertholds Werk geknüpft ist, werden die Berichte ab 1075 selbstständiger, ab 1083 zudem in zeitlicher Nähe zu ihrem Eintreten abgefasst. Die Konsequenz dieser Beobachtungen für die Darstellung des bischöflichen Todes gilt es zu untersuchen. Bis 1075 übernimmt Bernold ausgewählte Beispiele von Berthold, weitere Todesfälle ergänzt er nicht. Die Berichte sind, wie in seiner Vorlage, knapp gehalten,2278 entscheidende Ergänzungen finden sich nur in einem Fall.2279 Mit 2275 Vgl. Berthold von Reichenau, Chronicon a. 1073, S. 216. 2276 Zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Bernold in den vergangenen Jahrhunderten vgl. Robinson, Bernold von Konstanz und der gregorianische Reformkreis, S. 155– 162. 2277 Robinson, Bernold von Konstanz und der gregorianische Reformkreis, S. 155. Auf den großen Einfluss der Schriften Bernolds auf andere zeitgenössische Autoren weist Münsch, Neues zu Bernold von Konstanz, S. 208, exemplarisch anhand Manegolds von Lautenbach hin. 2278 Dazu gehören (in Klammern das Jahr, zu dem sie genannt werden): Einhart von Speyer (1067, Tod auf der Reise nach Rom), Rumold von Konstanz (1069, mit dem simonistischen Nachfolger Karl), Petrus Damiani (1072, für die Welt gekreuzigt), Adalbert von Bremen (1072), Dietwin von Lüttich (1075) und Anno II. von Köln (1075, deutlich gekürzter Nachruf). 2279 Zum Tod Hugos von Besançon (1066) verzichtet Bernold auf die lobenden Worte Bertholds. Bemerkenswerter ist sein Kommentar zu Hugos Nachfolger. Während Berthold von der kanonischen Wahl Hugos II. spricht, ist bei Bernold a. 1066, S. 396, eine entscheidende Ergänzung zu lesen: Cui eiusdem aeclesiae canonicus, a fratribus electus, a rege substituitur. Die Erhebung Hugos durch Heinrich IV. hatte Berthold, vielleicht aus Unwissenheit, vielleicht bewusst, unerwähnt gelassen, während Bernold über entsprechende Informationen verfügte. Anders ist nicht zu erklären, dass er gerade diesen Tatbestand kritiklos in sein Werk integriert hat.

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Bischof Dietwin von Lüttich und seinem mitgeteilten Ableben im Jahr 1075 ist ein deutlich sichtbarer Wandel im Werk Bernolds bezüglich der Darstellungsform bischöflicher Todesfälle zu bemerken. Von Anno II. von Köln an sterben bei Bernold bis 1100 insgesamt 31 Bischöfe. Wenngleich häufig ab dem Notat zu 1074 Todesberichte am jeweiligen Jahresende zu finden sind,2280 trifft dies auf Bischöfe nur in geringem Maße zu. Es handelt sich nicht um eine insbesondere bei Hermann von Reichenau in den letzten Jahren seiner Chronik oder innerhalb der späteren Jahresberichte der Niederaltaicher Annalen sichtbar gewordene Ballung über das Jahr verstreuter Todesfälle zum Ende hin.2281 Vielmehr lassen sich chronologisch bedingte oder andere Beweggründe feststellen.2282 Keiner der genannten Prälaten stirbt, ohne dass Bernold wertend diesen Vorgang kommentiert, nicht selten in sehr emotionaler Art seine eigene Gefühlswelt preisgibt. Der bischöfliche Tod wird – wenngleich ihm gewiss nicht die zentrale Intention von Bernolds Chronik zukommt – doch zu einem Spiegel von Bernolds Weltanschauung, in der es für einen Bischof einen neutralen Tod, einen einfachen Tod, einen Tod unabhängig von den Ereignissen der Zeit nicht geben kann. Jeder Bischof ist gleichermaßen und gezwungenermaßen Repräsentant einer Partei, sodass er folgerichtig auch einen dieser Partei würdigen Tod finden muss. Bernold arbeitet, wie es Ian S. Robinson auf den Punkt bringt, »mit dem Instinkt eines Polemikers«, seine Chronik tritt als von polemischem Geist durchdrungen vor Augen.2283 Die Einschätzung Anna-Dorothee von den Brinckens, Bernold sei 2280 Vgl. auch Freise, Kalendarische und annalistische Grundformen der Memoria, S. 550. 2281 Vgl. Kapitel 9.3.1 c und 9.3.2. 2282 Todesfälle an Jahresenden in chronologischer Übereinstimmung zu den zuvor berichteten Ereignissen: Markgraf Hermann (1074), Dietwin von Lüttich und Anno von Köln (1075, wenngleich gebündelt am Ende doch in der Chronologie des Jahresberichtes), Bruder Kadalaus (1076), Gerald von Ostia und Kaiserin Agnes (1077, in der Chronologie, weshalb auch 1078 der Tod Herzog Bertholds von Kärnten [5./6. November] vor einem letzten Abschnitt zum am 19. November in Rom abgehaltenen Konzil genannt steht), Abt Bernhard von Marseille und Bernolds Lehrer Adalbert (1079), Mönch Giselbert (1080), Abt Eggehard von Reichenau (1088), Adalbero von Würzburg (1090), Adelheid von Turin (1091), Anselm von Mailand (1093), Adalbert von Calw (1094 vor einem allgemeinen Einschub über Manegold von Lautenbach), Abt Siegfried von Schaffhausen [28. Okt.], Graf Werner I. von Habsburg [11. Nov,], Abt Luitfred [31. Dez.] (1096 vor einem allgemeinen Einschub über zahlreiche Morde an Juden im Jahr), Graf Udalrich X. von Bregenz (1097), Graf Liutold von Wülflingen [18. Aug.], Papst Urban II. [29. Juli], Graf Adalbert II. von Calw [22. Sept.] (1099, untereinander nicht chronologisch), Otto von Straßburg (1100). Deutlich wird weder eine durchgehende Nennung von Todesberichten an Jahresenden noch eine bewusste Ballung derselben. Alle Todesfälle stehen in der Chronologie, eine gewollte Zusammenführung, beispielsweise bischöflicher Ableben, findet sich nicht. 2283 Vgl. Robinson, Bernold von Konstanz und der gregorianische Reformkreis, S. 155. Bernold war jedoch nicht, wie Berthold, »nur« äußerst parteiischer Chronist, sondern daneben Autor zahlreicher Streitschriften und zentrale Person in einem weitgespannten Netz von Intellektuellen gregorianischer Prägung (vgl. ebd., S. 170). Vgl. Autenrieth, Domschule von Konstanz.

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zwar eindeutig Gregorianer gewesen, habe seine Anschauung allerdings gekonnt verborgen, um seine Texte besser für seine Anliegen nutzen zu können,2284 findet sich durch die Todesberichte nicht bestätigt. Der Gregorianer Bernold und die Färbung seiner Berichte treten klar vor Augen, ein bewusstes Verbergen dieser Tendenz dagegen nicht. Überdies wird sehr deutlich, dass es Bernold nicht um eine konsequente Darstellung der Sukzessionen in den Bistümern gegangen ist. Nur selten folgt auf den Verstorbenen der Hinweis auf seinen Nachfolger. Bernolds Interesse gilt der Beobachtung und Kommentierung der bischöflichen Repräsentanten, die seine Zeit und seine Weltvorstellung geprägt haben, für seine Generation und die Generation des Investiturstreits von Relevanz gewesen sind. Bernold erscheint, neben Frutolf, als letztes Relikt einer Zeit, die ihre Hauptakteure weitgehend verloren hat.2285 Es wundert daher nicht, dass von den 31 Berichten zum Tod eines Bischofs ab Anno II., somit dem Jahr 1075, 19 davon auf die Jahresberichte zwischen 1084 und 1090 fallen, nur noch fünf dagegen auf die des folgenden Jahrzehnts. Während Robinson den zurückgehenden Detailreichtum in Bernolds Chronik mit seinem zeitgleichen Eintritt ins Kloster Schaffhausen in Verbindung bringt,2286 ist bezüglich der Bischöfe festzustellen: Die entscheidenden Protagonisten sind langsam gestorben und die nachfolgende Generation scheint für Bernold nicht gleichermaßen von Interesse gewesen zu sein. Wie bereits bei Berthold soll zwischen dem guten Tod der von Bernold als Rechtgläubige eingestuften Personen auf der einen sowie dem schlechten Tod der als Schismatiker charakterisierten Männern auf der anderen Seite systematisiert werden. Dazu werden weitere zeitgenössische sowie später entstandene Texte herangezogen, um ein mehrschichtiges Profil der vorgestellten Protagonisten erstellen zu können. a Der gute Tod in der Chronik Bernolds von Konstanz Der positive Tod eines Bischofs ist bei Bernold grundsätzlich mit dem vorausgegangenen Kampf des Verstorbenen für das Papsttum und die gerechte Sache Gottes verbunden. Dies gilt für Kardinalbischof Gerald von Ostia, für die Welt gekreuzigt und ohnehin näher an Gott als an der Welt (iam dudum Deo vivus, mundo crucifixus),2287 Bischof Rainald von Como, tatkräftiger Helfer des Papstes

2284 2285 2286 2287

Vgl. von den Brincken, Studien zur lateinischen Weltchronistik, S. 159. Vgl. Lubich, Heinrich III., S. 240. Vgl. Robinson, Bernold von Konstanz und der gregorianische Reformkreis, S. 187. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1077, S. 418. Bernold greift bei seinem Ableben das Bild des aus dem Gefängnis der Welt Befreiten auf (de huius vitae ergastulo liberatus est) und nennt den Todestag (VIII Idus Decembris). Zu Gerald vgl. Hüls, Kardinäle, Klerus und Kirchen Roms, S. 100f.

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(Gregorii papae adiutor studiosissimus),2288 oder Siegfried I. von Mainz (Gregorii papae per multas tribulationes adiutor indefessus).2289 Werner von Magdeburg, bei Berthold noch auf der Flucht vor dem vermeintlichen Sieger Heinrich IV. bei Mellrichstadt von einem slawischen Räuber per Pfeilschuss ermordet, stirbt nun als ausgewiesener Parteigänger Rudolfs von Rheinfelden, dessen Papsttreue durchgehend betont wird. Entsprechend findet sich kein Wort einer Flucht Werners, auch die Art des Todes bleibt unkonkret. Die Art der Darstellung suggeriert vielmehr, dass Werner mannhaft im Kampf sein Leben gegeben hat.2290 Das Grundmuster ist immer gleich, wenn auch gewissen Modifikationen unterlegen. Am deutlichsten wird dies am Tod Bischof Anselms II. von Lucca. Starb zuvor mit Bischof Otto von Konstanz ein Anhänger Heinrichs IV. (ex parte H[einrici]) ohne Kommunion, folgt mit Anselm als Gegenbild ein Vertreter des Papsttums (Ex parte autem catholicorum), der positiv, wie bereits Gerald von Ostia, für die Welt gekreuzigt aus dieser schied.2291 Dass er sich nach seinem Tod noch durch Wunder auszeichnete, rundet das Bild Anselms endgültig ab.2292 Über 2288 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1084, S. 438. Rainalds besondere Position ist bereits durch die an ihm verübte Entführung durch Quintius deutlich geworden, der sich dadurch Zugang zu Heinrich IV. erhofft hatte. Zu Rainald vgl. Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 49. 2289 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1084, S. 438. Die Zahl weiterer Belege zum Tod Siegfrieds ist groß, ähnliches Lob findet sich hingegen nicht. Die überwiegende Zahl gleicht der Nachricht in der Chronik Frutolfs a. 1084, S. 98: Defuncto Sigifrido archiepiscopo Mogontino. Einzige Ausnahme ist das fragmentarische Annalium Ratisbonensium maiorum a. 1084, S. 88: Hoc ipso anno Mogon[tia]censi pontifici Sigifrido in obstinatione sua contra imperatorem defuncto. Doch außer der bis zu seinem Tod bestehenden Feindschaft gegen Heinrich IV. meldet auch dieser Text nichts Weiteres. Besondere Papsttreue wird Siegfried bei seinem Ableben nur von Bernold rühmend angerechnet. Zu Siegfried vgl. Rudolph, Erzbischof Siegfried von Mainz. 2290 Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1078, S. 419: Occubuit tamen ibi [sc. die Schlacht von Mellrichstadt] ex parte Roˇdolfi Wecel, venerabilis Magideburgensis episcopus. 2291 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1086, S. 457. Anders als bei Siegfried von Mainz haben die Papsttreue Anselms sowie seine Wundertätigkeit auch Aufnahme in andere zeitgenössische, durchgehend papstfreundliche Texte gefunden. An erster Stelle steht dabei die über ihn verfasste Vita, Anselmi episcopi Lucensis vitae primariae fragmenta, S. 696; gleichermaßen ausführlich Donizo, Vita Mathildis II, 3, S. 68f. Knapper, aber in gleichem Duktus Anfang des 12. Jahrhunderts, Sigebert von Gembloux, Chronik a. 1086, S. 365: Anselmus Lucensis episcopus, Hildibrandi papae cooperator indefessus, apud Mantuam exulans moritur […] cuius sanctitas miraculis declarata est. Weitere Parallelquellen fehlen, Ausgewogenheit ist dadurch nicht zu erreichen. Es fällt dennoch auf, dass der Tod Anselms in allen zitierten Texten gegenüber seinen Lebensleistungen und seinen Wundern in den Hintergrund tritt. Wichtig für die Autoren war nicht sein Tod als solcher, sondern einen bedeutenden Verfechter des Papsttums präsentieren zu können, dessen besondere Treue sich über seinen Tod hinaus in Wundern manifestiert hat. Zu Anselms Tod vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 4, S. 135f., zu seiner Person Schwarzmaier, Lucca und das Reich, S. 136–144. 2292 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1086, S. 461.

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Burchard von Halberstadt, der sein Leben für die Sache des hl. Petrus ließ – und die dabei von Bernold genutzte emotionale Komponente –, ist eingangs zu dieser Studie ausführlicher gehandelt worden. Ebenso gerühmt werden Erzbischof Gebhard von Salzburg durch seine Widerlegung der Schismatiker (in causa sancti Petri praecipuus, qui scismaticos publice dictis et scriptis confutare consuevit)2293 und die Bischöfe Bonizo von Sutri (pro fidelitate sancti Petri iam dudum expulsus), Petrus von Albano (in causa sancti Petri ferventissimus),2294 Adalbero von Würzburg (in causa sancti Petri contra Guibertum et eius complices strenuissimus),2295 Altmann von Passau (in causa sancti Petri et in aeclesiastica religione 2293 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1088, S. 471. Auch hier, womit ein Stilelement Lamperts von Hersfeld partiell aufgenommen wird, stellt Bernold dem Tod Gebhards unmittelbar mit Meinhard von Würzburg und Wezilo von Mainz zwei Todesfälle von Schismatikern gegenüber. Den papsttreuen Gebhard kontrastieren die Annales Augustani a. 1088, S. 133, mit dem Bild des in der Empörung verharrenden Gebhard, Zeit seines Lebens Ränkeschmied, bis er durch die Leiden einer Krankheit starb: Gebehardus Salzpurgensis, in seditionis perdurans pertinacia, languoris gravissimi vitam finivit molestia. Er tritt neben die ebenfalls 1088 verstorbenen Bischöfe Burchard II. von Halberstadt, Wigold von Augsburg und dem für die Nachfolge Wigolds vorgesehenen Werinhar als Ränkeschmied. Der Annalist reiht, wie dies bereits bei Bruno gesehen werden konnte, bewusst aus seiner Sicht gleich zu bewertende Todesfälle aneinander, nun aus einer papstkritischen Position heraus. Die Intention bleibt aber identisch. Gleichsam kritische Worte gegenüber Gebhard finden sich im Liber de unitate ecclesiae conservanda II, 32, S. 258. Dass gerade die Person Gebhards von Salzburg das Interesse der wichtigsten pro- und contrapäpstlichen Autoren auf sich gezogen hat, wundert nicht. Positiv berichten aus naheliegenden Gründen die Annales Admuntenses a. 1088, S. 576 – Gebhard war Stifter Admonts und ist ebendort begraben worden – sowie aus Gattungsgründen die Vita Gebehardi et successorum eius c. 9, S. 39f. Beide stammen bereits von Mitte bis Ende des 12. Jahrhunderts. Zudem hat Gebhard Aufnahme in, gemäß einer ersten, sicher nicht vollständigen Zählung, 18 Nekrologe gefunden, ein deutliches Zeichen gelebter memoria. Knappe Lebensbilder zu Gebhard bieten Dopsch, Gebhard; Fleckenstein, Erzbischof Gebhard von Salzburg. 2294 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1089, S. 477 u. 478. Zu Bonizo und seinem Werk vgl. Berschin, Bonizo von Sutri; Förster, Bonizo von Sutri. Zu Petrus vgl. Hüls, Kardinäle, Klerus und Kirchen Roms, S. 90f. 2295 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1090, S. 482. Adalbero gehörte neben Gebhard von Salzburg, Altmann von Passau und Hermann von Metz zu den wichtigsten Vertretern Gregors VII. nördlich der Alpen. Vgl. zu seiner Person Wendehorst, Bischof Adalbero von Würzburg; ders., Bistum Würzburg, S. 100–117. Der Autor des kaiserfreundlichen Liber de unitate ecclesiae conservanda II, 29, S. 253–256, nimmt dies zum Anlass, Adalbero in einem umfangreichen Kapitel unter Bezugnahme auf zahlreiche Väterworte u. a. von Cyprian oder Papst Leo I. (vgl. generell Münsch, Publizistik, S. 154–156) als Häretiker zu diskreditieren, der nach seinem Tod nicht in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen wurde (deinceps ecclesia in communionem non recepit, Zitat S. 256). Gegenteilig erfolgt die von den Annales Wirziburgenses (= Annales S. Albani Moguntini) a. 1090, S. 246, initiierte Wertschätzung des Bischof der hochheiligen (sacrosanctae) Würzburger Kirche, die Eingang in zahlreiche andere Texte gefunden hat: Annales Hildesheimenses a. 1090, S. 49; Annalista Saxo, Chronicon a. 1090, S. 483; Annales Magdeburgenses a. 1090, S. 178, oder Annales Rosenveldenses 34 (= 1090), S. 101. Lorenz Fries, Chronik der Bischöfe von Würzburg, S. 252, berichtet schließlich im 16. Jahrhundert unter Angabe angeblicher Be-

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studiosissimus)2296 und Werner von Merseburg (post multas conflictationes contra scismaticorum tergiversationes, tandem in fidelitate sancti Petri diem extremum clausit)2297 sowie Erzbischof Anselm III. von Mailand (in causa sancti Petri studiosissimus).2298 Weniger eindeutig, wenngleich in der Sache unzweifelhaft, erfolgen weitere positiv konnotierte Schilderungen. Bischof Wigold von Augsburg starb nach der Wiedereroberung seiner Stadt und der Gefangensetzung des falschen Bischofs (pseudoepiscopus) Siegfried.2299 Auch wenn sein besonderes

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weise vom wundertätigen Adalbero: Die gemaine landschaft doselbst vmb hat ine nach seinem tod fur ain hailigen gehalten vnd geehret. Man schreibt jme auch zue, das got durch sein furbite etliche wunderwerck gethon hab, wie derwegen vfgerichte schriftliche vrkunt, gemelde vnd vor augen hangende zaichen solchs melden vnd anzaigen. In diesem Fall hat die Würzburger Erinnerung über die Jahrhunderte hinweg deutlich positive Ergänzungen erfahren. Insbesondere aus Bernold und dem Liber de unitate jedoch ein »arithmetisches Mittel« zu ziehen, um dadurch ein Bild vom »wahren« Adalbero erhalten zu können, ist nicht möglich. Vgl. Wendehorst, Bischof Adalbero von Würzburg, S. 161. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1091, S. 488f. Es heißt, er starb in gutem Alter (in senectute bona). Erneut begegnen hier alttestamentliche Vorstellungen des richtigen, guten Alters. Komponenten eines guten Todes bietet auch die ihm zu Ehren in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts verfasste Vita Altmanni episcopi Pataviensis c. 31, S. 239. Von einem Fieber geschwächt (febre corripitur) erhielt er die letzte Ölung und das Sakrament (religiosis viris oleo consecrato perungitur, et sic dominicis sacramentis munitus), um schließlich dem Himmel zur Freude, der Erde zur Trauer (mundo flente, caelo gaudente) die Fesseln dieser Welt abzulegen (vinculis carnis laetus absolvitur) und von Engeln geführt das Haus Gottes zu betreten (ab angelis susceptus, in praeparatam sibi a Deo mansionem inducitur). Anders als Bernold im Speziellen oder die Chronisten des ausgehenden 11. Jahrhunderts im Allgemeinen wird hier klassisch der gute Tod mit seinen bekannten Komponenten ausgebreitet. Vgl. zur Vita auch Berschin, Biographie und Epochenstil 4/2, S. 454–456; Coué, Acht Bischofsviten aus der Salierzeit, S. 395–402. Über aufgetretene Wunder berichten im 13. Jahrhundert die Annales Marbacenses a. 1091, S. 37. Zudem hat Altmann Aufnahme in, gemäß einer ersten, sicher nicht vollständigen Zählung, 25 Nekrologe gefunden, wie im Fall Gebhards von Salzburg ein deutliches Zeichen intensiver memoria. Eine Übersicht bietet auch Boshof, Regesten n. 440, S. 129. Zu Altmann vgl. ders., Bischof Altmann, St. Nikola und die Kanonikerreform; ders., Bischöfe und Bischofskirchen, S. 130–141; zu seinem Tod vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 4, S. 363f. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1093, S. 499. Aus naheliegenden Gründen positiv berichten zeitgenössisch die Chronica episcoporum Merseburgensium c. 11, S. 185 (zur Datierung auch Handschuh, Bistumsgeschichtsschreibung, S. 30) und die Vita Wernheri episcopi Merseburgensis c. 4, S. 248, wenngleich letztere deutlich weniger in klassisch hagiographischem Tenor als zuletzt die Vita Altmanns von Passau verbleibt. Allen Texten, wenngleich aus nicht unbedingt einheitlicher Intention heraus, ist die Darstellungsabsicht gleich. Zu Werners Tod vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 4, S. 413f. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1093, S. 507. Zu Anselm vgl. Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 83f.; zu seinem Ableben Meyer von Knonau, Jahrbücher 4, S. 397f. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1088, S. 470. Dieser Darstellung widerspricht der für gewöhnlich keine Wertung äußernde Frutolf a. 1088, S. 102: Wigoldus vero invasor eiusdem e˛cclesie˛ intra paucos dies moritur. Ins gleiche Horn stoßen auch die Annales Augustani a. 1088, S. 133: Wigaldus urbem destructam, patriam linquens desolatam, ad Fauces rediit; ibi citius, gravi aegritudine correptus, moritur et sepelitur; und schließlich

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Engagement für den Papst nicht eigens betont wird, wird dies infolge seiner Stellung als rechtmäßiger Bischof mehr als deutlich. Auch zum Tod Bischof Hermanns von Metz – sowie dem gleichzeitig genannten Ableben Herzog Bertholds von Schwaben – heißt es, dass dieser Verlust die Rechtgläubigen in Trauer, die Schismatiker jedoch glücklich zurückgelassen hat (magnumque merorem catholicis et exultationem scismaticis reliquere).2300 Das sich bietende Gesamtbild auch, auf Frutolf gestützt, die Annales Magdeburgenses a. 1088, S. 178. Bernold steht mit seiner positiven Ansicht allein, der Augsburger Annalist weiß sogar von Wigolds Tod außerhalb von Augsburg in Füssen; von Wiedereroberung seiner Stadt kann keine Rede sein. Gemäßigt fällt das Urteil des Liber de unitate ecclesiae conservanda II, 36, S. 264, aus, wenngleich eine Abwertung Wigolds auch hier herausgelesen werden kann: Superiori etiam anno defunctus erat Wigoltus Augustae alter episcopus. Zu Wigold vgl. Zoepfl, Bistum Augsburg, S. 102–109; zu seinem Ableben Meyer von Knonau, Jahrbücher 4, S. 205. 2300 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1088, S. 480f. Widerspruch gegen diese Darstellung erfolgt durch den Liber de unitate ecclesiae conservanda II, 30, S. 256, der Hermann als aus seiner Stadt nicht Vertriebenen, sondern Geflohenen darstellt, der seine Herde damit im Stich gelassen hat (vgl. auch ebd. c. 36, S. 263). Allerdings kritisiert der Autor in gleichem Atemzug auch Hermanns Nachfolger Bruno, der nicht nach kirchlicher Sitte in sein Amt gelangt und schließlich von Heinrich IV. wieder abberufen wurde. Hugo von Flavigny, Chronicon II, S. 472, kehrt das Bild Hermanns ins Positive und breitet in vitengleichem Duktus den idealen Tod Hermanns aus. Von einer Krankheit ergriffen bat er im Beisein zahlloser Menschen um Absolution und die Aufnahme in den Himmel. Am dritten Tag fühlte er das Ende nahen, versammelte seine Brüder um sich und empfahl sie Gott, rief unter Schlagen des Kreuzzeichens die Dreifaltigkeit an und empfahl sich der Gottesmutter Maria, um anschließend, ohne Lärm oder Bewegung des Körpers, ganz als würde er einschlafen, seine Seele aus dem Körper zu entlassen. Seine selige Aufnahme bestätigte er noch in der Folgenacht einem von ihm als Sohn adoptierten, und bekräftigte dies durch eine weitere Erscheinung gegenüber einer anderen Person nochmals. Eindeutig tritt die Vita des heiligen Martin als Schablone wieder vor Augen: In pascha celebrato divino officio, se et oves sibi commissas sacramento corporis et sanguinis Dei munivit. Eadem die ad vesperam gravius infirmari cepit. Appropinquante vero die determinato ad transferendas venerabiles reliquias, vires tenues Domino annuente recepit, et in transferendo beato Clemente Kal. Maii cum summa cleri plebisque devotione divina gratia desiderium eius inplevit, et tota urbe, immo tota regione ad verbum praedicationis eius astante, et de ore eius rore supernae dulcedinis distillante, omnibus absolutis, et ab omnibus quasi ab ipso Deo absolutione petita, tandem in auribus omnium desideravit, dicens ›Sufficit mihi! O utinam respiciat Deus, et finiat labores meos, et suscipiat in pace spiritum meum per intercessionem sancti Clementis, cuius sacratissimum corpus hodie videre, palpare, et transferre magnifico munere nobis de coelo donatum est!‹ Sub hac voce populus ingemuit, et fracto finemque laborum inploranti condoluit. Duobus diebus intercedentibus quasi praesagis vicinis transitus, fidelibus ecclesiae fieri epistolas iussit, orans et adiurans per viventem in secula seculorum, ut sine dolo, sine simulatione tractarent negocium aecclesiae in simplici et nuda veritate, et omnibus ultimum vale dixit, cum mirabili verborum et vultus affectione. Die tercio circa horam nonam intelligens suum transitum imminere, convocari fratres iussit, et filios astantes ne dolerent voce et manu compescuit. A quibus cum interrogaretur, cui eos desolatos relinqueret, quid eis praeciperet: ›Commendo vos‹, ait, ›Deo; state in fide et doctrina beati Petri, sicut a successoribus eius et vidistis et audistis.‹ Et post hec omnes benedicens, signo crucis se munivit, et invocata sancta Trinitate, sanctae Mariae se commendans, commune patrocinium sanctorum inplorans, oculis et manibus in coelom elevatis,

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ist eindeutig, die Unterstützung des Papsttums ist Fundament, einen guten Tod zu erleben. Feind ist nicht mehr, wie noch bei Lampert oder Bruno, vornehmlich Heinrich IV., wenngleich seine Person mitschwingt, wenn die von ihm eingesetzten Bischöfe aus der Welt treten. Viel allgemeiner sind die Schismatiker das Ziel Bernolds, als deren oberster Repräsentant neben dem König bzw. Kaiser der durch Heinrich IV. 1080 gewählte und 1084 in Rom eingesetzte Gegenpapst Clemens (III.) (Wibert von Ravenna) tritt.2301 Von Anno II. von Köln an summiert sich die Zahl derartiger Berichte auf 15, somit die Hälfte aller Todesberichte. Anders als Berthold, dem es vor allem auf die exemplarisch schlechten Beispiele angekommen war, zeichnet Bernold ein ausgewogenes Bild, indem er Vertreter beider Parteien einander gegenüberstellt. Nur so gelingt es ihm, nicht allein die Verworfenheit und daraus resultierenden Schicksale der Königstreuen und Abtrünnigen zu zeigen. Neben diese negativen exempla treten in ihrer Zahl ebenbürtig die positiven Beispiele, die aus einer papsttreuen Existenz resultieren. Die Todesfälle Weltlicher orientieren sich ebenfalls an der Lebensleistung der Verstorbenen hinsichtlich ihrer Treue zum Papsttum. Ein entsprechendes Lob erfahren die Grafen Berthold (sancti Petri fidelissimus miles, contra scismaticos strenuissime dimicans occubuit), Friedrich von Mömpelgard (in fidelitate sancti Petri contra scismaticos usque ad mortem studiosissime certavit), Kuno von Wülflingen (strennuissimus miles sancti Petri),2302 Udalrich X. von Bregenz (in causa sancti Petri contra scismaticos propugnator ferventissimus)2303 und Adalbert II. von Calw (in fidelitate sancti Petri contra scismaticos iam ex antiquo studiosissimus), dazu Markgraf Leopold II. von Österreich (in causa sancti Petri fidelissimus contra scismaticos).2304 Diesen der bisher bekannten Linie Bernolds folgenden Beispielen stehen nur wenige eindeutig negativ behaftete gegenüber (dazu im folgenden Kapitel), im weltlichen Bereich zeigt sich keine ausgewogene

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sine ullo strepitu vocis et motu corporis, quasi obdormiens spiritum emisit. Sequenti nocte apparuit cuidam dilecto suo, quem in filium adoptaverat, qui cum psalmi cantarentur, prae tristitia obdormierat, et ait illi: ›Noli mestus esse, salvus sum.‹ Iterum apparuit cuidam venerabili viro, et ait: ›Mortuum me dicunt, sed vivo.‹ Hec abbatibus referentibus, et aliis personis non levibus, cognitum est. Obiit autem Non. Maii venerabilis antistes Herimannus, cruce mitra et pallio decoratus, et his sepultus insigniis in ecclesia sancti Petri anno ab inc. Dom. 1090. Spätere Texte bieten keine lobenden Nachrufe mehr. Zu Clemens (III.) vgl. Ziese, Wibert von Ravenna. Es handelt sich bei Clemens (III.) jedoch weder um den ersten noch den letzten Gegenpapst in der Zeit des sogenannten Reformpapsttums. Vgl. den Überblick bei Schieffer, Reformpapsttum und seine Gegenpäpste. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1087, S. 463; a. 1092, S. 495; a. 1092, S. 497. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1097, S. 532. In seinem Fall nutzt Bernold einmal mehr eine emotionale Komponente (heu! – satis immatura morte) zur eindrücklichen Schilderung des Todes. Zur Herkunft des Ausdrucks immatura morte vgl. die Anmerkungen von Martina Giese in den Annales Quedlinburgenses, etwa a. 991, S. 478 Anm. 905a. Kritisch dazu Hoffmann, Zu den Annales Quedlinburgenses, S. 159. Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1099, S. 538; a. 1095, S. 525.

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Verteilung wie unter den Bischöfen. Dafür finden sich wertfreie Todesberichte zu weltlichen Amtsträgern, sie spielen somit für Bernold eine an den Bischöfen gemessen nicht vergleichbare Rolle, um Wesen und Konsequenzen richtigen und falschen Glaubens adäquat darstellen zu können. b Der schlechte Tod in der Chronik Bernolds von Konstanz Bedeutete der papsttreue Werdegang den guten Tod der zuvor analysierten Personengruppe, ist es das Verlassen dieses Weges, das den schlechten Tod nach sich zieht. Nach den harschen, trotz eigenständiger Arbeit anscheinend dennoch von Berthold inspirierten Abrechnungen mit Wilhelm von Utrecht, Gregor von Vercelli, Embricho von Augsburg und Sigehard von Aquileja, mäßigt sich Bernold in den späteren, nun zu betrachtenden Beispielen zwar im Umfang, an Wortwahl und Intensität und an den Konsequenzen für die Betroffenen ändert sich hingegen nichts. Der Expatriarch (expatriarcha) Heinrich von Aquileja, treubrüchig gegenüber dem Papst und exkommuniziert, starb an Leib und Seele (non semel domni apostolici periurus et excommunicatus, in corpore et anima moritur),2305 die zu den Häuptern der Schismatiker (capita scismaticorum) gerechneten Bischöfe (Eberhard) von Parma und (Gandulf) von Reggio sowie der als Antichrist (non archiepiscopus sed antichristus) bezeichnete Erzbischof Tedald von Mailand gingen, unterstützt von einer emotionalen Regung (heu!), »an ihren Ort« (in locum suum abire).2306 Während die Verdammnis Heinrichs von Aquileja durch seinen zweifachen Tod belegt wird, werden die drei nachgenannten Bischöfe auf eine Stufe mit Judas selbst gestellt, von dem es in Apg 1,25 gemäß Vulgata heißt: de quo [sc. das Apostelamt] praevaricatus est Iudas ut abiret in locum suum. Deutliche Anzeichen der ewigen Höllenstrafen sind der Tod ohne empfangene Kommunion, wie ihn, emotional begleitet (heu!), Otto von Konstanz,2307 der Passauer Gegenbischof (Hermann) – dessen Höllenaufenthalt noch 2305 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1084, S. 439. Diese Form des endgültigen Todes hatte Bernold bereits bei Heinrichs Vorgänger Sigehard genutzt. Die Annales Augustani a. 1084, S. 131, bleiben neutral (Heinricus patriarcha obiit) und nennen auch Heinrichs Nachfolger. Bernold zeigt daran wie so oft kein Interesse. Zu Heinrich vgl. Marchal, Patriarchat Aquileja, S. 118; Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 34. Zum Tod vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 3, S. 581f. 2306 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1085, S. 453. Zu Eberhard und Gandulf steht Bernolds Bericht singulär, seine Ausführungen zu Tedald von Mailand haben gekürzt Aufnahme durch die Annales Marbacenses a. 1085, S. 34, gefunden: Ipsa etiam capita scismaticorum eo tempore in locum suum abiere: Theobaldus Mediolanensis non archiepiscopus, sed antichristus. Die Bischöfe von Parma und Reggio hatten für den Annalisten aus Marbach offensichtlich keine Relevanz. Zu Eberhard und Gandulf vgl. Schwartz, Besetzung der Bistümer Reichsitaliens, S. 187 u. 197f. Zu Tedald vgl. Kapitel 9.1. 2307 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1086, S. 457. Vgl. dazu bereits beim Tod Anselms von Lucca im Kapitel zuvor. Auf Ottos elenden Tod weist vier Jahrhunderte später Gallus Öhem, Chronick des gotzhuses Rychenowe a. 1085, S. 101, hin: Darnach anno MLXXXV

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einmal unterstrichen wird2308 –, und die falschen Bischöfe (pseudoepiscopi) Wezilo von Mainz und Meinhard von Würzburg erfuhren.2309 Es sind nicht nur Altmann mit Hermann in Passau, sondern auch Siegfried mit Wezilo in Mainz und Adalbero mit Meinhard in Würzburg (Gegen-)Bischöfe entgegengesetzt worden. Die bedeutenden Unterstützer Gregors VII. aus Passau, Mainz und Würzburg werden als Repräsentanten des rechten Glaubens nicht allein durch ihren Tod, sondern auch durch die schlechten Tode ihrer Nachfolger oder gegen sie aufgestellter Konkurrenten ausgezeichnet. Gleich Tedald von Mailand wird auch (Burchard) von Lausanne als Antichrist identifiziert (non tam episcopus quam antichristus).2310 Wie Burchard II. von Halberstadt wurde auch Burchard von Lausanne erschlagen. Beide Fälle zeigen, wie unterschiedlich sie interpretiert werden können: der Bischof von Halberstadt starb vermeintlich im Kampf für den Papst, der von Lausanne in einer tatsächlichen Schlacht auf des Kaisers Seite. Vergleichbares wird, vielleicht noch deutlicher, beim Tod Konrads von Utrecht sichtbar. Gemäß Bernold wurde Konrad – auch ihm, einem weiteren Anstarb bischoff Ott in dem ellend, ward zu˚ Basel begraben. Die zeitgenössischen Vergleichsquellen bleiben neutral, vgl. den Casus monasterii Petrishusensis II, 49, S. 122, und die St. Galler Fortsetzungen Hermanns von Reichenau a. 1086, f. 21r. Vgl. Maurer, Bistum Konstanz, S. 208–217, zum Tod S. 217; Meyer von Knonau, Jahrbücher 3, S. 118. 2308 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1086, S. 466. Bernolds ausführlicher Bericht zum ansonsten kaum beachteten Passauer Gegenbischof Hermann ist beachtlich und wirft die Frage nach dem Grund der langen Widmung auf. Wahrscheinlich ist sie in einer beabsichtigten Gegenüberstellung des herausragenden Altmann auf der einen und dem in die Hölle geschickten Hermann auf der anderen Seite zu suchen. Zu Hermanns Tod vgl. Boshof, Regesten n. 445, S. 131; Meyer von Knonau, Jahrbücher 4, S. 175. 2309 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1088, S. 472. Über Wezilos Tod berichten zahlreiche weitere, teilweise untereinander abhängige Texte durchgehend neutral, exemplarisch Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 1088, S. 104. Gleiches gilt für Meginhard von Würzburg, exemplarisch Frutolf an gleicher Stelle. Zu fragen ist, ob Wezilos Auslassung in der im Mainzer Kloster St. Jakob im 12. Jahrhundert zusammengestellten Liste der Erzbischöfe (Series S. Iacobi Moguntini, S. 314) absichtlich erfolgt ist oder es sich um eine von mehrfach auftretenden »inaccuracies« mittelalterlicher Bischofslisten handelt, so Arnold, Episcopal Authority, S. 66. Eine bewusste Auslassung mag insbesondere nicht ausgeschlossen werden, wenn Arnold die Funktion solcher Listen als »not chronographical but religious« definiert (S. 67), zurückgeführt nicht selten auf die apostolischen Ursprünge eines Bistums. Ein den Anforderungen nicht entsprechender Bischof mag dabei auch bewusst ignoriert worden sein. Ein Beispiel dazu ist das Fehlen der eng mit Heinrich IV. verbundenen Bamberger Bischöfe Hermann und Rupert in den Series episcoporum Babenbergensium, Series Scheftlariensis, S. 341. Zur liturgischen Funktion von Bischofslisten vgl. Oexle, Gegenwart der Toten, S. 40; ders., Memoria und Memorialbild, S. 409 mit Anm. 133; Picard, Souvenir des évêques, S. 521–535. Zu Meginhard vgl. Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 117–119. Vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 4, S. 220 u. 231. 2310 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1089, S. 474. Burchards Tod in der Schlacht wird vielfach vermerkt, exemplarisch einmal mehr Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 1089, S. 104; teilweise erscheint er auch als Träger der Heiligen Lanze im Kampf (Annales S. Disibodi, S. 9). All diese Berichte verzichten aber darauf, ihn als Antichristen oder anders negativ auszuzeichnen. Zu Burchard vgl. Coutaz u. a., Diocèse de Lausanne, S. 107–109.

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hänger Heinrichs IV., wird sein Amt abgesprochen (non episcopus sed scismaticus) – von einem nicht näher bezeichneten Mann erschlagen.2311 Die Parallele zu Burchard II. von Halberstadt eröffnet sich noch deutlicher als bei Burchard von Lausanne. Bernold hingegen lässt eine solche nicht aufkommen. Den gewaltsamen Tod habe Konrad verdient, hatte er doch zuvor befohlen, seinen Mörder zu berauben. Sein Lebensende resultiert nicht aus einem gerechten Streit, sondern aus einer aus Habgier motivierten missglückten Straftat, aus einer Sünde heraus.2312 In diesem Fall ist die Chronik Frutolfs heranzuziehen, die ein entscheidendes Detail ergänzt: Chuonradus Treiectensis episcopus a suis occisus est.2313 Sofort erscheint noch einmal deutlicher die Parallele zu Burchard II. von Halberstadt, der gemäß Bernold auch von seinen Leuten (a suis popularibus) zu Tode gebracht wurde. Eine vergleichbare Angabe unterbleibt bei Konrad, Bernold spricht den Mord vielmehr einem nicht näher bezeichneten Täter zu (a quodam).2314 Deutlich wird aber Bernolds bewusste Anpassung und Konstruktion, die ihn bei zwei im Grunde gleich verlaufenden Todesfällen zwei diametral gegensätzliche Urteile fällen lässt. Gleich Bertholds Chronik schließt auch Bernolds Text mit einem bischöflichen Todesfall. Während dies bei Berthold offenkundig nicht das eigentliche Ende bedeuten sollte, ist dies bei Bernold nicht unmöglich. Otto von Straßburg, schismatisch ins Amt gekommen, war aus Jerusalem zurückgekehrt, gemäß Bernold dadurch jedoch nicht gebessert, und starb.2315 Dieser Bericht wirkt 2311 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1099, S. 536f. Zu Konrad vgl. Jappe-Alberts / Weinfurter, Traiectum, S. 193f.; zu seinem Ableben Meyer von Knonau, Jahrbücher 5, S. 67f. 2312 Der Tod Konrads erscheint dadurch als privater Racheakt, vgl. Kaiser, Mord im Dom, S. 113. Einmal mehr wird eine Grabstätte nicht genannt, die Konrad, alles andere als unwürdig, in der Marienkirche in Utrecht, von ihm selbst errichtet, gefunden haben soll, vgl. Gierlich, Grabstätten der rheinischen Bischöfe, S. 377. 2313 Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 1099, S. 118. 2314 Die weitere Überlieferung ist nicht hilfreich, um den Sachverhalt weiter zu beleuchten, wenngleich sie zahlreich vorhanden ist. Die Annales Wirziburgenses (= Annales S. Albani Moguntini) a. 1099, S. 246, identifizieren den Täter (a negociatore Fresico), qualifizieren gleichzeitig aber auch den Tod (crudeliter). Ein neues Szenario eröffnen die Annales S. Mariae Ultraiectenses a. 1099, S. 1301: Cu˚nradus episcopus interfectus est (a quodam plebeio cultello miserabiliter eodem momento postquam missam cantaverat et ad domum vix venerat). Konrad wird nun offensichtlich in der Kirche von einem Täter aus dem Volk mit einem kleinen Messer ermordet, geht aber hinüber zu Gott. Die Annales Egmundani a. 1099, S. 448, übernehmen dies, ergänzen dazu den Ort des Verbrechens (in propria domo, darin folgen sie Sigebert von Gembloux, Chronica, S. 367) und den Ort seines Grabes (in aecclesia sanctae Mariae), verzichten aber auf den Zusatz über Konrads Aufnahme in den Himmel. Die Cronica s. Petri Erfordensis moderna a. 1099, S. 157, führt die Berichte zusammen: Coˇnradus Traiectensis episcopus IIII. feria pasce post missam celebratam a negociatore Frescio ex inproviso occiditur. 2315 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1100, S. 540. Eingedenk der von Bernold ignorierten Tode der Vorgänger Ottos, Werner und Thiebald, ist möglicherweise auch dieser

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harmlos gegenüber den vorangehenden, sogar ein Abwägen Bernolds schleicht sich ein, Ottos Festhalten im Schisma wird von Bernold nicht als Tatsache, sondern als Gerücht genannt (ut putabatur). Die Schärfe vorangehender Schilderungen hat diese nicht mehr, wenngleich die Zweifel Bernolds an Ottos Läuterung unverkennbar sind. Tobie Walther interpretiert diesen letzten Fall in Bernolds Chronik mit dessen eigener Lebenssituation und Resignation am Lebensende.2316 Deutliche Anzeichen für eine solche letzte ›Abrechnung‹ bietet der Passus indes nicht. Zum Vergleich dient der Blick auf weltliche Todesfälle, die mit der Zahl positiver Beispiele nicht konkurrieren können. Doch zeigt gerade der Fall Graf Ottos II. von Buchhorn noch einmal die von Bernold eingebrachte Polemik. Otto, wegen Ehebruchs exkommuniziert und nach Gottesurteil enthauptet, wurde zunächst im Kloster seines Gutes beigesetzt, dann aber auf Anweisung des Konstanzer Bischofs Gebhard III. exhumiert und wie ein Esel bestattet (ad sepulturam asini deputatur).2317 Otto II. erhielt, wie es bereits Jojakim, letzter König von Juda vor dem babylonischen Exil, im Alten Testament erlitten hatte, keine Totenehrung. Das zweite Beispiel um Herzog Liutold von Kärnten gestaltet sich dagegen gemäßigter; er erlitt, ebenfalls nach Ehebruch, einen plötzlichen Tod.2318 Beiden gemein ist ihr Ableben nach einer sündigen Handlung, doch sterben sie nicht aufgrund antipäpstlicher Agitation, wenngleich jede Sünde als Affront gegen die vom Papsttum repräsentierte Reinheit des Glaubens aufgefasst werden kann. c Zusammenfassung Bernold nutzt insbesondere den bischöflichen Tod, um Lebensführung und daraus resultierende Privilegien oder Konsequenzen von Rechtgläubigen und Schismatikern einander gegenüberzustellen. Der neutrale, keiner Wertung unterzogene Todesfall verschwindet, jedes Ableben wird in Bernolds Weltbild eingefügt, das im Fall der Prälaten nur die Angehörigkeit zur aus seiner Sicht richtigen oder falschen Partei kennt. Der geographische Fokus liegt auf dem südvorsichtig kritische Bericht zu bewerten. Die Bindung von St. Blasien zum Straßburger Bischof war möglicherweise weiterhin dahingehend präsent, dass eine zu direkte Kritik ein schlechtes Licht auf das eigene Kloster geworfen hätte. Allerdings hatte Bernold Otto bereits zuvor in seiner Chronik als hinterhältigen Menschen beschrieben, vgl. Walther, Zwischen Polemik, Verschweigen und pragmatischem Umgang, S. 65f. Weitere Quellen zum Tod Ottos listet Wentzcke, Regesten n. 367, S. 298; vgl. auch Meyer von Knonau, Jahrbücher 5, S. 100f. Zur Person Ottos vgl. Scherer, Straßburger Bischöfe, S. 75–127; Seibert, Otto. 2316 Vgl. Walther, Zwischen Polemik, Verschweigen und pragmatischem Umgang, S. 68; ders., Zwischen Polemik und Rekonziliation, S. 270–275. 2317 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1089, S. 477. Bernold nimmt Bezug auf Jer 22,19. 2318 Vgl. Bernold von Konstanz, Chronicon a. 1090, S. 481.

Historiographie im ausgehenden 11. Jahrhundert

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deutschen Raum, Kenntnis von Lothringen oder Sachsen ist nur ausschnittweise vorhanden. Hinzu kommt eine deutliche zeitliche Staffelung, die Quantität und Qualität der Todesschilderungen beeinflusst. In den ausgehenden 1070er sowie beginnenden 1080er Jahren ist die Zahl der berichteten Fälle vergleichsweise hoch, bis zum Ende der Chronik im Jahr 1100 geht sie deutlich zurück. Die Zahl der offensichtlich für wert empfundenen Kandidaten, die ›Generation Heinrich III.‹ und, in Kontinuität dessen, die ›Generation Gregor VII.‹, verlor zunehmend ihre ursprünglichen Mitglieder, wichtigsten Vorkämpfer oder größten Gegner.2319 Entsprechend gehen auch die Nachrichten bei Bernold zurück, der sich durchgehend auf die besondere, zu lobende Nähe oder, vice versa, zu kritisierende Ferne zum Papsttum bezieht. Heinrich IV. ist weiterhin unterschwellig omnipräsent, doch ist es nicht in erster Linie die Anhängerschaft zu ihm, die einen schlechten Tod als verdient erscheinen lässt, sondern die Abkehr von dem durch den Papst repräsentierten rechten Glauben, die weniger durch den Kaiser als durch den von ihm eingesetzten Gegenpapst Clemens (III.) wiederholt als solche herausgestellt wird. Damit tritt in besonderem Maße die Verletzung der rechten Weltordnung, des ordo, in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, scheint doch tatsächlich diese Abweichung in Form der Aufkündigung des Gehorsams gegenüber dem Papst für Bernold das entscheidende Kriterium für eine kritische Berichterstattung bedeutet zu haben. Im Vergleich zu Berthold zeigt sich Bernold hinsichtlich seiner Sprache zurückhaltender, wenngleich diese Minderung der sprachlichen Gewalt keinen Unterschied an der intendierten Aussage hervorruft. Bernold versteht es gleich Berthold und zeitgenössischen Werken wie Brunos Buch vom Sachsenkrieg oder den Augsburger Annalen, den bischöflichen Tod als bewusstes Instrument in den Text zu integrieren, um ihn als Exempel, als allgemeinverständliches Bild in Szene setzen zu können. Diese dramaturgische Inszenierung führt Bernold an ihren Höhe- und vorläufigen Schlusspunkt, wie ein abschließender Blick auf die letzten salierzeitlichen Chronisten, die Fortsetzer der Chronik Frutolfs von Michelsberg, zeigen wird. Der natürliche Tod spielt dabei keine Rolle und sollte auch nicht aus den Angaben Bernolds oder anderer Texte dieser Zeit zu rekonstruieren versucht werden. Die Synopse der reichen Überlieferung dieser Zeit hat entweder größte Widersprüche ans Licht treten lassen oder sah sich mit zwar einhelliger, aber auch einseitiger Überlieferung konfrontiert. Mehr als die Tatsache, dass die genannten Personen verstorben sind, ist ohne kritische Einzelfallprüfung den einzelnen Todesberichten oft nicht zu entnehmen. Anzunehmende natürliche Umstände sind nicht auszuschließen, genannte Krankheiten mögen eingetreten sein, auch sind Burchard II. von Halberstadt, Burchard von Lausanne und Konrad von Utrecht sehr wahrscheinlich gewaltsam zu Tode gekommen. Die Umstände, die dazu geführt haben, bleiben jedoch im Dunkeln. Bernold kennt guten und 2319 Vgl. Lubich, Heinrich III., S. 238–240.

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Sterbeberichte von Bischöfen im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert

schlechten Tod, doch für eine Mittelposition ist bei ihm gemäß seiner Sicht auf die Welt kein Platz.

9.5

Chronistik am Ausgang der Salierzeit – Die Fortsetzer der Chronik Frutolfs von Michelsberg

Ekkehard, lange neben dem anonymen Autor der so genannten Kaiserchronik als einziger Fortsetzer der Weltchronik Frutolfs angesehen, war Mönch des Klosters Tegernsee sowie seit 1108 erster Abt des neugegründeten Klosters Aura (heute in Aura a. d. Saale in Bayern). Seine Chronik, gemäß Franz-Josef Schmale und Irene Schmale-Ott von 1096 in Fortsetzung Frutolfs in mehreren Rezensionen bis zum Jahr 1125 geführt, zeichne sich durch anfänglich begeisterte Unterstützung Heinrichs V. aus, in dessen Umfeld der Chronist insbesondere 1105/06 vielfach anzutreffen ist, während er gegen Ende seiner Chronik die anfänglich in den jüngsten Salier gelegten Hoffnungen habe revidieren müssen.2320 Wichtiger noch sei für Ekkehard, wie es bereits bei Bernold zu beobachten war, seine Religiosität, seine Orientierung an der Römischen Kirche und ihrem Haupt, dem Papst, gewesen. Entsprechend können Schmale und Schmale-Ott konstatieren, »dass das Handeln aller Personen, besonders das der Könige und Bischöfe, immer dann negativ beurteilt wird, wenn sie sich nicht im Einvernehmen mit dem Papst befinden oder gegen die Einigkeit mit dem Papst zu verstoßen scheinen«.2321 Dies lässt Schilderungen erwarten, wie sie Bernold vorgewiesen hat. Schmale und Schmale-Ott geben dieser Annahme keine zusätzliche Nahrung, stellen vielmehr fest, Ekkehard sei »in keiner Hinsicht Extremist, sondern eher flexibel«.2322 Wie auch immer sich diese Flexibilität niederschlagen mag, muss analysiert werden. Komplexität gewinnt Ekkehards Chronik dadurch, dass er sie nicht kontinuierlich fortgesetzt oder zum Ende seines Lebens rückblickend verfasst hat. Insgesamt sind vier Rezensionen der Chronik Ekkehards nachzuweisen, die dieser zu unterschiedlichen Zeitpunkten angefertigt habe – so die von Schmale und Schmale-Ott bis vor wenigen Jahren kritiklos übernommene Lehrmeinung. Verfasste Ekkehard eine erste Fassung Ende 1105/Anfang 1106, könne eine zweite, an Heinrich V. gerichtete Fassung, reichend bis Ende 1106, sicher erschlossen werden. Eine dritte Rezension habe Ekkehard 1116/17 für Abt Er2320 Ausführliche biografische Skizze bei Schmale / Schmale-Ott, Einleitung, S. 19–31. Ausgeführt wird zunächst der von beiden nachhaltig geprägte Forschungsstand zu Ekkehard. 2321 Schmale / Schmale-Ott, Einleitung, S. 30. 2322 Schmale / Schmale-Ott, Einleitung, S. 31.

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kembert von Corvey zusammengestellt, die er schließlich als Rezension vier bis 1125 weitergeführt habe.2323 Lange Zeit ist auch eine von 1099 bis 1114 reichende fünfte Rezension Ekkehard zugesprochen worden, wenngleich sie sich durch eine Heinrich IV. positiv zugewandte Darstellung nicht in die sonstige Linie Ekkehards einordnen ließ. Irene Schmale-Ott konnte diesen Text als Produkt eines anderen, anonymen Autors identifizieren. Diese sogenannte anonyme Kaiserchronik spielt für die Chronik Ekkehards eine wichtige Rolle, da sie sich einerseits auf die zweite Rezension Ekkehards stützte, gleichzeitig aber der dritten Rezension Ekkehards als Vorlage gedient haben soll. Den Autor vermutet Schmale-Ott im Umfeld Erlungs von Würzburg, des ehemaligen Kanzlers Heinrichs IV.,2324 der auch als möglicher Verfasser der anonymen Vita des Kaisers immer wieder zu identifizieren versucht worden ist.2325 Es besteht, folgt man der zuvor dargestellten Genese der Chronik Ekkehards, einerseits die Möglichkeit, Ekkehards Rezensionen untereinander einem Vergleich zu unterziehen, andererseits Ekkehard und die anonyme Kaiserchronik einander gegenüberzustellen. Zahlreiche weitere Vergleichsquellen bieten sich, abgesehen von einigen Annalenwerken, nicht; das beginnende 12. Jahrhundert weist verglichen mit dem Ende des vorangehenden Jahrhunderts in Deutschland eine im Hinblick auf die historiographische Schriftproduktion überraschende Quellenarmut auf. Für zusätzliche Komplexität sorgen neue Überlegungen zur Entstehungsgeschichte der bisher Ekkehard zugesprochenen Chronik. Im Zuge seiner englischen Übersetzung der Chronik Frutolfs und seiner Fortsetzer stellt Thomas McCarthy die bisherige Erklärung von Schmale und Schmale-Ott grundsätzlich in Frage und begründet seine abweichende Sicht ausführlich in seinem monographischen Werk über die Frutolf-Fortsetzungen.2326 McCarthy geht neben der anonymen Kaiserchronik ebenfalls von vier Fortsetzungen der Chronik Frutolfs aus, kann von diesen allerdings nur eine sicher der Autorschaft Ekkehards zuschreiben. Er greift ältere Annahmen auf, nach denen gemäß paläographischer Untersuchungen sowohl die zweite Fortsetzung bis 11062327 als auch die anonyme 2323 Vgl. Schmale / Schmale-Ott, Einleitung, S. 33–38. Zusammenfassung des Forschungsganges auch bei McCarthy, Introduction, S. 41–43. 2324 Vgl. Schmale / Schmale-Ott, Einleitung, S. 41f. 2325 Vgl. Kap. 8.4.2 e, Anm. 1776. 2326 Vgl. McCarthy, Introduction, S. 43f. Ausführlich McCarthy, Continuations of Frutolf of Michelsberg’s Chronicle. 2327 Während in Karlsruhe eine Frutolf-Fortsetzung bis 1101 überliefert ist, reicht die sogenannte Jenaer Fortsetzung bis ins Jahr 1106. Lange ist eine Abhängigkeit beider Texte angenommen worden, der Karlsruher Text habe den ursprünglichen Text Frutolfs bewahrt, während im Jenaer Manuskript Ekkehard eingegriffen hätte. Diese Annahme muss, so neueste Ansichten, in zwei Punkten revidiert werden. In seiner vorab online gestellten Neuedition der beiden Fortsetzungen bis 1101 resp. 1106 weist Benedikt Marxreiter überzeugend nach, dass es sich um zwei unabhängig voneinander arbeitende Fortsetzer gehandelt hat. Vgl. Die anonymen Frutolf-Fortsetzungen, S. XVII–XXII. Zur Verfasserfrage

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Kaiserchronik von derselben Hand stammen; eine Beobachtung, die den Annahmen von Irene Schmale-Ott widerspricht, die aber auch schon Hartmut Hoffmann wahrscheinlich gemacht hatte.2328 Die zweite Fortsetzung ist demnach nicht der Feder Ekkehards entsprungen, sondern stammt wie die anonyme Kaiserchronik von einem Mönch des Klosters Michelsberg in Bamberg aus dem Umfeld des dortigen Bischofs Otto.2329 Den unterschiedlichen Duktus und die anders gelagerte Schwerpunktsetzung in beiden Werken erklärt McCarthy mit den unterschiedlichen Schreibanlässen, wobei sich der panegyrische Charakter der Kaiserchronik gegenüber Heinrich V. aus der ihm wohl zum Anlass seiner Hochzeit 1114 zugeeigneten Chronik erklären lässt, während sich die milde Darstellung zu seinem Vater aus der mittlerweile erfolgten Rehabilitation desselben heraus erschließt; Heinrich IV. hatte 1111, posthum vom Kirchenbann befreit, im Dom zu Speyer seine endgültige Ruhestätte gefunden.2330 Die Existenz der von Schmale und Schmale-Ott angenommenen verlorenen zweiten, bis Ende 1106 reichenden Fortsetzung weist McCarthy zurück, die überlieferte Dedikation an Heinrich V. bewertet er als Prolog zum fünften Buch der tatsächlich Ekkehard zuzuschreibenden Chronik, die bis etwa 1114 reicht (Rezension drei gemäß Schmale und Schmale-Ott).2331 Ekkehard zeige sich darin als »staunch Gregorian«, kritisiere Heinrich IV. in vielfacher Weise und präsentiere sich auch ge-

2328

2329 2330 2331

beider Chronisten vgl. ebd., S. XXII–XXXIV. Auch McCarthy, Continuations of Frutolf of Michelsberg’s Chronicle, S. 83–88, kann überzeugend nachweisen, dass die Chronik Frutolfs ursprünglich nur bis zum Jahr 1098 reichte, die Berichte bis 1101 entsprechend bereits eine erste Fortsetzung darstellen. Vgl. Hoffmann, Bamberger Handschriften, S. 55–59. Zusammenfassend McCarthy, Introduction, S. 57f. McCarthy, Continuations of Frutolf of Michelsberg’s Chronicle, S. 162–166 u. 212–223, geht noch einen Schritt weiter und vermutet, sowohl dem Autor der anonymen Kaiserchronik als auch der Fortsetzung von Ekkehard habe eine verlorene, von McCarthy mit der Sigle α benannte Vorlage zur Verfügung gestanden. Wahrscheinlich gemacht hat McCarthy dies anhand der Episode um die Gefangennahme einer Gesandtschaft Heinrichs V. an Papst Paschalis II. 1106, unter denen sich auch der anonyme Fortsetzer (nicht aber Ekkehard) befunden hatte. Vgl. zu diesem Vorgang RI III,2,3 n. 1557, S. 181f. Während die anonyme Kaiserchronik nur wenige Informationen dazu bietet, berichtet Ekkehard in seiner Chronik deutlich mehr Details, was in Konsequenz die Existenz einer weiteren Chronik erklären müsse, die Ekkehard seinerseits als Vorlage benutzt habe. Zudem geht McCarthy davon aus, dass der Autor von α identisch sein muss mit dem Verfasser sowohl der anonymen Kaiserchronik als auch der bis 1106 reichenden Fortsetzung der Chronik Frutolfs und als Michelsberger Mönch in Bamberg zu identifizieren ist. Vgl. zur Fortsetzung bis 1106 sowie zur anonymen Kaiserchronik auch McCarthy, Continuations of Frutolf of Michelsberg’s Chronicle, S. 88–121 u. 186–212; ders., Introduction, S. 44–56 u. 56–66. Vgl. McCarthy, Introduction, S. 58 u. 61. Zu Tod und mehrmaligen Umbettungen Heinrichs IV. vgl. Ehlers, Corpus eius in Spiream deportatur; RI III,2,3 n. 1572, S. 188f. Zur Chronik Ekkehards vgl. McCarthy, Continuations of Frutolf of Michelsberg’s Chronicle, S. 136–162; ders., Introduction, S. 66–74; zur Dedikation an Heinrich V. vgl. ebd., S. 68f.

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genüber Heinrich V. ambivalenter, als dies in den bisherigen Fortsetzungen der Fall gewesen sei.2332 Die letzte Fortsetzung bis 1125 ist gemäß McCarthy ebenfalls auf dem Bamberger Michelsberg zu verorten.2333

9.5.1 Die Fortsetzungen I u. II und die anonyme Kaiserchronik Die ersten Jahre des anonymen Fortsetzers drehen sich vornehmlich um den ersten Kreuzzug, von dem er, anders als Frutolf, als unmittelbarer Augenzeuge berichten konnte, bis er 1101 gemäß eigenem Bericht wieder aus dem Heiligen Land zurückkehrte, sodass er in Rom noch die erneute Bannung des Kaisers durch Papst Paschalis II. auf der Fastensynode 1102 miterlebte.2334 Ab diesem Zeitpunkt nehmen die Berichte über das Reichsgeschehen wieder zu. Der bischöfliche Tod spielt dennoch nur eine untergeordnete Rolle. Die beiden ersten Fortsetzungen bis 1106 bieten, unter Einbezug Wiberts von Ravenna, des Gegenpapstes Clemens (III.), sechs Todesfälle. Die Ableben Konrads von Utrecht und Hermanns von Köln von 1099 sind der ersten Fortsetzung bis 1101 entnommen. Hinzu treten neben Wibert Erzbischof Hartwig von Magdeburg sowie die geographisch nahen Prälaten aus Bamberg und Speyer, Rupert und Johannes. Der Tod des Gegenpapstes lässt einen polemischen Bericht erwarten, gerade hinsichtlich der Einschätzung von Schmale und Schmale-Ott, der von ihnen als Autor vermutete Ekkehard würde alle nicht in der Einheit mit dem rechten Papsttum befindlichen Personen einer Kritik unterziehen. Tatsächlich bleibt auch Wibert diese Kritik nicht erspart, doch ist die Wahl der Worte des Fortsetzers nicht mehr mit den polemischen Ausbrüchen Bertholds oder Bernolds zu vergleichen. Der anonyme Continuator geht geradezu entschuldigend vor: Wibert, ein vornehmer, kluger und beredter Mann, bekleidete zwar weder in Ravenna noch in Rom sein Amt gut, doch erfolgte gerade seine Erhebung zum (Gegen-)Papst gegen seinen eigenen Willen.2335 Wibert bestieg somit nicht in 2332 Vgl. McCarthy, Introduction, S. 69–72. 2333 Vgl. McCarthy, Continuations of Frutolf of Michelsberg’s Chronicle, S. 223–232; ders., Introduction, S. 74–81. Zur Annahme einer Abfassung auch der letzten Fortsetzung auf dem Michelsberg verleiten McCarthy stilkritische Aspekte, wenngleich er nicht so weit gehen möchte, auch diese Fortsetzung dem Autor zuzuschreiben, den er bereits als Verfasser der Fortsetzung bis 1106, von α und der anonymen Kaiserchronik identifiziert hat. 2334 Vgl. Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio I a. 1102, S. 180 (nun auch: Die anonymen Frutolf-Fortsetzungen, S. 68). Zum Vorgang vgl. Servatius, Paschalis II., S. 153–155. 2335 Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio I a. 1100, S. 162 (nun auch: Die anonymen Frutolf-Fortsetzungen, S. 50f.): Wigbertus Ravennensis archiepiscopus, qui super Hiltibrandum Gregorium positus Clemens papa dictus est, obiit, vir utique satis ingenio, facundia, nobilitate persone˛que reverentia clarus, nec Roma tunc nec Ravenna bene usus et, qui super unum papam viventem, quanvis coactus, ut aiunt, ascendit, ipse tres sibimet alternatim

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böswilliger Absicht die kathedra Petri, sondern wurde gegen seinen Willen dazu gedrängt. Die Wortwahl (obire) ist dabei neutral, jenseitige Konsequenzen klingen nicht an. Zwar geht der Autor darauf ein, dass Wibert von seinen beiden Bischofssitzen ausgeschlossen wurde, den Ausschluss aus der Gemeinschaft der Gläubigen nennt er hingegen nicht, ebenso wenig daraus erfolgte Konsequenzen nach dem Ableben. Wibert, gezwungenermaßen Papst und in bischöflicher Amtsausübung zu kritisieren, ist gestorben, mehr nicht. Von einem schlechten Tod kann nicht gesprochen werden. Es lässt aufhorchen, wenn Gegenpapst Clemens (III.), eines der wichtigsten Feindbilder Bernolds von Konstanz, derart unspektakulär aus dem Leben scheidet.2336 Aus dieser Beobachtung leitet sich die Frage ab, ob der anonyme Fortsetzer überhaupt das Mittel des schlechten Todes nutzt. Möglicherweise haben sich die Zeitumstände bereits solcherart gewandelt – wie es schon zum Ende der Chronik Bernolds deutlich zu werden schien und auch der Chronik Frutolfs zu eigen war –, dass derartige Polemik nicht mehr notwendig gewesen ist. Die beiden Protagonisten der ersten Fortsetzung bis 1101 zeigen gerade diese von Polemik befreite Berichtsform. Konrad von Utrecht wurde zwar von den Seinen ermordet, eines Urteils oder weiterer Informationen enthält sich der Autor jedoch. Hermann von Köln stirbt gleich ohne jedes weitere ergänzende Wort.2337 Auch Hartwig von Magdeburg bietet keine neuen Erkenntnisse. Als Gegner Heinrichs IV. erfährt er auch in der Fortsetzung eine Würdigung als lobenswerter Mann und beliebter Vorsteher, wenngleich er nicht als Kämpfer gegen den Kaiser oder Gefolgsmann des Papstes gelobt wird, vielmehr als Vermittler beider Parteien, um dem Schisma ein Ende zu setzen.2338 Polemik oder unverhältnismäßiges Lob wird hier vergeblich gesucht; der Fortsetzer nutzt in seiner Art der Darsuccedentes supervixit, extorris utraque sede, Rome˛ et Ravenne˛, malens, ut ab ipsius ore didicimus, apostolici nomen nunquam suscepisse. 2336 Gerade die Darstellung zum Tod des Gegenpapstes Clemens (III.) erlaubt, so McCarthy, Introduction, S. 54f., Zweifel an der Urheberschaft dieser Worte bei Ekkehard, insbesondere, da bekannt ist, dass der Leichnam von Clemens (III.) nach seinem Ableben und dem aufkommenden Gerücht, an seinem Grab hätten sich Wunder ereignet (vgl. RI III,2,3 n. 1571, S. 188), im Auftrag von Papst Paschalis II. exhumiert und in den Tiber geworfen worden war. Vgl. Sprenger, Tote Gegenpapst im Fluss. Ein Autor, dem es darum gegangen wäre, Clemens bewusst zu diskreditieren, hätte auf diese Schlusspointe wohl kaum verzichtet. 2337 Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio I a. 1099, S. 158 (nun auch: Die anonymen Frutolf-Fortsetzungen, S. 13): Chuonradus Treiectensis episcopus his diebus a suis occisus est. Hermannus Coloniensis archiepiscopus obiit. 2338 Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio I a. 1102, S. 180 (nun auch: Die anonymen Frutolf-Fortsetzungen, S. 69): Hartwicus Magdeburgensis archiepiscopus obiit, vir per multa laudabilis, maxime tamen popularis et e˛cclesie˛ cui preerat utilitatibus multum insudans dilatandis, pro scismate quoque sepedicto resarciendo inter utramque partem mediator infatigabilis. Zum Tod Hartwigs vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 5, S. 157.

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stellung einen nüchternen, zwar nicht wertfreien, aber zurückhaltenden Stil. Auf den gemäßigten Duktus der Sprache des Fortsetzers – im Gegensatz zur Einschätzung von Schmale und Schmale-Ott, die einen deutlich kaiserfeindlichen Ton festgestellt hatten – hat auch McCarthy verwiesen, was es umso nachvollziehbarer macht, dass sehr wahrscheinlich der gleiche Fortsetzer das bisher als anonyme Kaiserchronik betitelte Werk verfasst hat, worin sich ebenso keine Kritik an Heinrich IV. mehr findet – zu beachten sind hier auch die bereits genannten Abfassungsumstände. Auch liegt der Fall keineswegs derart, als habe der anonyme Fortsetzer zwischen zweiter Fortsetzung und Kaiserchronik sein Weltbild gänzlich umgekehrt. Die bischöflichen Todesfälle in der zweiten Fortsetzung geben davon ein deutliches Bild ab. Dazu gehören auch die Berichte um Rupert von Bamberg und Johannes von Speyer. Beide waren treue Gefolgsleute des Kaisers, sodass ein entsprechender Todesbericht erwartet werden kann. Zu Rupert heißt es hingegen nur lapidar, dass er starb, woraufhin der Kaiser, auch dies ohne Kritik des Fortsetzers, in seinem Kanzler Otto einen recht frommen Mann eingesetzte.2339 Diese Form der Bistumsbesetzung zu kritisieren sieht der Fortsetzer offensichtlich keinen Grund, wie er grundsätzlich die Frage der Investitur in seiner Chronik nicht aufgreift.2340 Der Bericht zu Johannes von Speyer lässt hingegen vermeintlich etwas durchscheinen, was lange nicht beobachtet werden konnte: Anzeichen eines natürlichen Todes. Der Continuator berichtet, Johannes, über den wohl aufgrund seiner Anhängerschaft zu Heinrich IV., die ihm den Kirchenbann eingetragen hat,2341 Gerüchte im Umlauf gewesen waren, war von einem Geschwür an der Scham befallen worden, starb nach langer Krankheit und wurde in Speyer beigesetzt.2342 Zunächst erinnert das Geschwür an der Scham an Be2339 Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio I a. 1102, S. 182 (nun auch: Die anonymen Frutolf-Fortsetzungen, S. 69): Ru˚tpertus episcopus Babenbergensis obiit, cui per imperatorem Heinricum Otto cancellarius eius substituitur, vir, ut creditur, bene religiosus. Neben dieser Besetzung informiert der Fortsetzer ausführlicher über die Konflikte um die Bischofssitze von Würzburg und Regensburg im Jahr 1105, wo Heinrich IV. und sein Sohn jeweils eigene Kandidaten abwechselnd inthronisierten, vgl. Ekkehard von Aura, Chronicon a. 1105, S. 194/196/198 (S. 81f. u. 84). Für McCarthys Theorie spricht hier die exponierte Einführung Bischof Ottos von Bamberg, in dessen Umfeld gemäß seiner Annahme mindestens mehrere Fortsetzungen entstanden sein sollen. 2340 Vgl. Schmale / Schmale-Ott, Einleitung, S. 30. 2341 Vgl. zu Johannes Gresser, Bistum Speyer, S. 171–177; Gugumus, Speyerer Bischöfe im Investiturstreit; Heidrich, Bischöfe und Bischofskirche von Speyer, S. 204–213. Seine besondere Kaisertreue zeigt sich nicht zuletzt in der zu seiner und des Kaisers Lebzeiten zugunsten seiner selbst und Heinrichs IV. in Speyer gestifteten memoria, vgl. Schmid, Sorge der Salier um ihre Memoria, S. 700f. u. 722. 2342 Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio I a. 1104, S. 188 (nun auch: Die anonymen Frutolf-Fortsetzungen, S. 77): Iohannes, Spirensis episcopus, tactus ulcere quodam circa verenda, de quo etiam aliqua notabilia diffamabantur, longa deficiens infirmitate humatur in civitate ipsa. Johannes’ Nachfolger Gebhard wurde von Heinrich V. 1105 erhoben, vgl.

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richte Bertholds, gemäß denen sowohl Bischof Heinrich von Speyer als auch der päpstliche Geiselnehmer Quintius durch ein Geschwür am Hals den Tod gefunden hatten. Allerdings weist der Tod in der Folge eines Geschwürs an den Geschlechtsteilen, oft in Kombination mit dem Befall von Würmern, eine lange literarische Tradition auf.2343 Ein natürlicher Tod kann infolgedessen auch in diesem Fall ausgeschlossen werden. Doch bietet der Fortsetzer keine darüberhinausgehende Kritik, keine Polemik. Die über Johannes von Speyer verbreiteten Gerüchte stuft er offensichtlich selbst als nicht glaubwürdig ein, während der Tod keine negativen Konsequenzen nach sich zieht. Berthold oder Bernold hätten diesen Fall wohl deutlich offensiver als Lehrstück verwendet. In unserem Beispiel haben weder Johannes’ Treue zu Heinrich IV. noch sein Bruch mit dem Papsttum sowie der daraus resultierende Ausschluss aus der Gemeinschaft der Gläubigen sichtbare Konsequenzen. Johannes’ Tod steht durch das mit dem Geschwür erzeugte Bild in einer langen Reihe eindeutig schlechter Tode, doch fällt es schwer, ihn unbedenklich in diese Reihe eingruppieren zu wollen.2344 Die ersten beiden Fortsetzungen weisen keine eindeutig negativ besetzten, instrumentalisierten bischöflichen Todesfälle auf und auch auf weltlicher Ebene ist nur ein positiv besetzter Fall nachzuweisen. Es handelt sich um die gewaltsame Tötung des Grafen Sigehard von Burghausen, der in einer Herberge von einem wütenden Mob belagert und, trotz Vermittlungsversuchen Heinrichs V., schließlich geköpft wurde.2345 Zuvor hatte er, so berichtet der Fortsetzer, die Beichte abgelegt und das Sakrament durch die Wegzehrung erhalten.2346 Es kann ungeachtet der gewaltsamen Umstände von einem guten Tod gesprochen werden.

2343 2344

2345 2346

Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio I a. 1105, S. 198 (S. 85). Die Gerüchte über Johannes vor dem politischen Hintergrund zu sehen vermutet auch Marxreiter in seiner Neuedition, S. 77 Anm. 587. Vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher 5, S. 206f. Vgl. Kamenzin, Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser, S. 221f. Auch ein Blick in die weitere Überlieferung zeigt keine negativ konnotierte Schilderung, wenngleich auch die genannte Krankheit nicht mehr aufgegriffen wird. Die Annales Augustani a. 1104, S. 136, sowie die Annales S. Albani a. 1104, S. 71, als zeitgenössische Vergleichstexte nennen den Tod ohne Detail. Spätere Texte bieten ebenfalls keine neuen Angaben und bestätigen auch nicht die durch den anonymen Fortsetzer geschilderten Ereignisse. Exemplarisch bieten im 13. Jahrhundert die Annales Spirenses a. 1104, S. 83, eine ausgedehnte Lobeshymne auf Johannes: Iohannes episcopus virgo fuit et sanctus. Et magnus planctus factus est de morte ipsius tam a principibus quam a clero et omni populo. Valde occupatus fuit in restaurandis ecclesiis et distribuendis elemosinis. Omnia que habuit ex morte parentum suorum, contulit Deo et ecclesiis. Pulcher fuit homo, mansuetus et verecundus, et noctibus agebat vigilias et circuivit oratoria Spire. Valde dilexit pauperes. Mortuus est anno etatis sue 41. Vgl. zu den Umständen RI III,2,3 n. 1498, S. 154. Die Konsequenzen aus diesem Vorfall bedeuteten, neben anderen Faktoren, den Anfang vom Ende der Regierung Heinrichs IV., vgl. Reuter, Unruhestiftung, S. 297f. Vgl. Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio I a. 1104, S. 186 (nun auch: Die anonymen Frutolf-Fortsetzungen, S. 74).

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Zum Vergleich ziehen wir die anonyme Kaiserchronik zunächst bis zum Jahr 1106 heran. Die Todesfälle Konrads von Utrecht, Hermanns von Köln und auch Wiberts von Ravenna werden wörtlich aus den ersten Fortsetzungen übernommen. Gerade zu Wibert sah der kaiserfreundliche Autor offensichtlich keinen Grund, diesen bereits als durchaus seriös, keineswegs polemisch eingestuften Bericht zusätzlich zu beschönigen;2347 bei einem identischen Autor der ersten Fortsetzungen und der Kaiserchronik, so die These McCarthys, ist dies nicht verwunderlich. Daneben findet sich der Tod Ruperts von Bamberg und Hartwigs von Magdeburg, wohingegen Johannes von Speyer ausgelassen, Gebhard von Regensburg hinzugekommen ist. Der Tod Ruperts von Bamberg ist durch den Fortsetzer übernommen, damit wertfrei, während Ruperts Nachfolger Otto ein zusätzliches Lob ob seiner Treue zu Heinrich IV. erhält.2348 Ein solches Lob fehlt bei Hartwig von Magdeburg. Anders als in seiner ersten Fortsetzung belässt es der anonyme Autor bei dem lapidaren Hinweis: Hartwigus Magdeburgensis archiepiscopus obiit.2349 Hartwigs Unterstützung seiner Kirche sowie seine Vermittlungstätigkeiten waren für den Autor offenkundig überflüssig. Dies überrascht im Hinblick auf die kaiserfeindliche Position Hartwigs nicht; dass der Autor den Tod Hartwigs dennoch übernommen hat, ohne ihn ins Negative zu wenden, ist hingegen auffällig. Hier scheint das Ableben dieses bedeutenden Kirchenmannes an sich Bedeutung genug besessen zu haben, als dass es gänzlich hätte ignoriert werden können. Warum Johannes von Speyer keinen Platz in der Kaiserchronik erhalten hat, ist unklar; er ist offensichtlich den Kürzungen des Autors zum Opfer gefallen. Ob bewusst oder im Eifer der Raffung ist nicht zu entscheiden, Gründe, Johannes außen vor zu belassen, finden sich nicht. Die Annahme, der Autor habe das Gerücht über Johannes’ Ableben durch ein Geschwür nicht wiederholen wollen, um ein möglichst glattes Bild über Heinrich V., seinen Vater sowie dessen Anhänger bieten zu können, muss Spekulation bleiben. Gleichermaßen undurchsichtig ist die zusätzliche Nennung Gebhards von Regensburg, seines Zeichens Anhänger Heinrichs IV., der 1105 nach schlecht versehener Amtszeit von einem seiner eigenen Vasallen, den er zuvor heftig beleidigt haben soll, erschlagen wurde. Er starb daraufhin als doppelt Beklagenswerter.2350 Der Fortsetzer ergänzt den Tod zwischen zwei umfangreichen Passagen, die er der (seiner eigenen?) Chronik entnommen hat, somit sichtlich bewusst an dieser Stelle. Gebhards Zugehörigkeit zur Partei Heinrichs IV. wird 2347 Vgl. Anonymi chronica imperatorum Heinrico V. dedicata a. 1100, S. 220. 2348 Vgl. Anonymi chronica imperatorum Heinrico V. dedicata a. 1102, S. 222. Auch diese Erweiterung würde sich in die von McCarthy vorgestellte Theorie gut einfügen lassen. 2349 Anonymi chronica imperatorum Heinrico V. dedicata a. 1102, S. 222. 2350 Anonymi chronica imperatorum Heinrico V. dedicata a. 1105, S. 232: Gebehardus quippe, qui locum illic pastoris per annos XVI miserabiliter occupaverat, eodem anno a quodam, quem nimis intolerabiliter iniuriabat, proprio milite trucidatus duplo plangendus decesserat.

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Sterbeberichte von Bischöfen im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert

nicht genannt, ebenso wenig wird der Tod über die Geschehnisse an sich hinaus gedeutet. Gebhards Ableben erscheint dadurch zwar als schlecht, es wird aber nicht als solches berichtet. Er sei zwar als Beklagenswerter gestorben, ob sich dies aber auf sein Nachleben ausgewirkt hat, bleibt unberücksichtigt. Sein Tod ist nicht aus den aktuellen Konflikten motiviert, vielmehr als individueller Racheakt des beleidigten miles zu verstehen.2351 Warum der anonyme Autor Gebhard hinzugenommen hat, mag in der ausführlich wiedergegebenen unklaren Nachfolgesituation in Regensburg gesucht werden, die bereits in der zweiten Fortsetzung größeren Raum einnimmt. Mit dem Tod Gebhards komplettiert der anonyme Autor diesen Bericht und liefert die Ausgangslage, die überhaupt erst zu den von Heinrich IV. und seinem Sohn begonnenen Bemühungen geführt hat, in Regensburg in Fragen der Bischofserhebung aktiv werden zu müssen. Die Todesumstände sind daher nicht zweifelsfrei als schlecht aufzufassen.2352

9.5.2 Ekkehards Chronik und die Fortsetzung bis 1125 Ekkehards Chronik bis ca. 1116 und die anonyme Fortsetzung bis 1125 berichten über weitere neun bischöfliche Todesfälle, wenn Papst Calixt II., vormals Erzbischof von Vienne, hinzugerechnet wird. Damit bieten der anonyme Fortsetzer und Ekkehard über 29 Jahre hinweg ab 1096 nur 15 derartige Berichte, kaum einer in zwei Jahren. Es zeichnet sich quantitativ ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu Texten des 11. Jahrhunderts ab, das mit den Quedlinburger Annalen und Thietmar von Merseburg zu Beginn sowie den zahlreichen annalistischen und chronikalischen Werken zum Ende deutlich umfangreichere Formen bischöflichen Sterbens gekannt und für sich nutzbar gemacht hatte. Eine solche Nutzbarmachung kann in der ersten Fortsetzung des anonymen Continuators bis 1106 nicht mehr beobachtet werden, und auch in den abschließenden zwei Fassungen findet sie sich, wenn überhaupt, nur in Ansätzen. Geographisch liegt der Schwerpunkt auf Würzburg, zu dessen Diözese das Kloster Aura gehörte, dem Ekkehard seit 1108 vorstand – gleichermaßen liegt Würzburg auch in unmittelbarer Nähe zu Bamberg, wo der anonyme Autor eventuell zu verorten ist.2353 Es ist daher keine Überraschung, wenn der Autor drei Todesfälle Würzburger Vorsteher aufnahm. Hinzu kommen Vertreter aus Mainz, Magdeburg, Metz, Naumburg und Eichstätt, deren Aufnahme sich nicht immer ohne weiteres erschließt.

2351 Vgl. auch Kaiser, Mord im Dom, S. 113. 2352 Den gewaltsamen Tod Gebhards von Regensburg vermerkt auch das Necrologium monasterii superioris Ratisbonensis, S. 341: II. id. Gebehardus eps. Ratisponensis occisus. 2353 Das Fehlen Bamberger Bischöfe erklärt sich durch den langen Episkopat Ottos (1102–1139).

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In Würzburg sterben Ruotpert († 1106), Erlung († 1121) und Rugger († 1125). Ruotpert starb, so schildert der Autor, auf dem Weg zur päpstlichen Synode von Guastalla. Daraufhin wurde der zuvor vertriebene Erlung von Klerus und Volk zurückgebeten, König Heinrich V. und Papst Paschalis II. stimmten dem zu.2354 Der Tod Ruotperts wird nicht zusätzlich lobend erwähnt, wenngleich seine durch die Reise zum Papst sichtbar werdende Papsttreue im Hintergrund mitschwingt. Deutlich größeres Gewicht wird auf die einmütige, kanonische Rückberufung Erlungs gelegt, die in einem feierlichen Einzug und seiner Inthronisierung in Würzburg ihren Höhepunkt fand. Zu beachten ist, dass sich die Voraussetzungen zur ersten Fortsetzung umgekehrt haben. Der Fortsetzer hat diesen Bericht aus der (seiner?) anonymen Kaiserchronik weitgehend wortgetreu übernommen.2355 Die besondere Papsttreue Ruotperts wird somit keine Bedeutung gehabt haben, es ist nur der Zeitpunkt des Todes mitgeteilt worden. Die kanonische Rückführung ist ebenfalls der Kaiserchronik entnommen, wenngleich der Autor hier leichte Kürzungen vorgenommen hat. Hatte der Autor der Kaiserchronik den Todesbericht zu Hartwig von Magdeburg im Vergleich zu seiner ersten Fassung gekürzt, hat der Autor der, gemäß McCarthy, zweiten Rezension seinerseits die aus seiner Sicht etwas zu euphorische Rückberufung Erlungs nach Würzburg, wie er sie in der Kaiserchronik vorgefunden hat, abgeschwächt. Die besondere Hervorhebung Erlungs in der Kaiserchronik durch den anonymen Autor, sehr sicher Michelsberger Mönch, ist wohl in Zusammenhang mit Erlungs eigener Vergangenheit als Mönch in Bamberg zu bringen.2356 Erlung starb 1121, nachdem er, so der anonyme Autor der letzten Fortsetzung bis 1125, vier Jahre an Elephantiasis gelitten hatte.2357 Wie bereits die Erkrankung Johannes’ von Speyer an seiner Scham wird auch diese alles andere als gewöhnliche Erkrankung nicht dazu verwendet, ausgedeutet zu werden. Hier ist eher mit natürlichen Ursachen denn polemischen Übertreibungen zu rechnen. Ohnehin hätten sich dafür andere Begleiterscheinungen sicherlich besser als die nördlich der Alpen äußerst seltene Elephantiasis ver-

2354 Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio III a. 1106, S. 292/294: Ruotpertus Wirciburgensis episcopus, dum tendit ad concilium, in eundo defungitur. Quo decedente domnus Erlungus pridem depulsus summopere tam a clero quam a populo Wirciburgensium postulatur concessusque tam a rege quam a papa per legatos Romane sedis magna expectatione et incredibili totius civitatis ac multorum populorum tripudio susceptus nimis honorifice inthronizatur (leicht verändert in Recensio IV, vgl. ebd., S. 294). 2355 Vgl. Anonymi chronica imperatorum Heinrico V. dedicata a. 1106, S. 246. 2356 Vgl. Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 126. 2357 Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio IV a. 1122, S. 354: Erlungus episcopus Wirziburgensis per IIII. annos elephantino morbo vexatus in natali Innocentum obiit. Zu Erlung vgl. Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 126–132, zu seinem Ableben S. 130f.; Meyer von Knonau, Jahrbücher 7, S. 181.

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werten lassen. Sie tritt vornehmlich in tropischen Regionen auf;2358 Erlung könnte sich in Italien infiziert haben.2359 Die zusätzliche Angabe des genauen Todestages – das Fest der unschuldigen Kinder, der 28. Dezember – sowie der Ort seiner Grabstätte – Kloster Münsterschwarzach – sprechen gleichermaßen gegen einen polemischen Bericht. Über allem steht dazu Erlungs Vergangenheit mit Bamberg, wo auch der Autor der letzten Fortsetzung zu suchen ist – möglicherweise sogar ein und derselbe Continuator der Fortsetzung bis 1106 und der Kaiserchronik. Nach Erlungs Tod trat in Würzburg ein Schisma ein, Gebhard wurde durch Heinrich V. erhoben, während Klerus und Volk Rugger zu ihrem Bischof wählten. Rugger starb bereits drei Jahre darauf im Rahmen einer allgemein grassierenden großen Sterblichkeit, in der der Fortsetzer eine von Gott verhängte Pestseuche (pestilentia) erkennt. Dieser Sterblichkeit ist auch Udalrich von Eichstätt zum Opfer gefallen, sodass seine Nennung unmittelbar mit dem Tod Ruggers von Würzburg in Verbindung zu bringen ist.2360 Trotz der gottgesandten Seuche als Todesursache ist der Tod Ruggers und Udalrichs nicht als schlecht einzustufen. Beide erscheinen als zwei von unzähligen Opfern der Seuche, die nicht bewusst, sondern zufällig ausgewählt worden sind. Den Tod Ruthards von Mainz hat Ekkehard wortgleich aus der Kaiserchronik übernommen, hier wie dort gleichsam unspektakulär (Ru˚thardus Mogontinus archiepiscopus obiit).2361 Der 1107 von Heinrich V. eingesetzte Adelgoz von Magdeburg, nun wieder in der letzten Fortsetzung bis 1125, wird als Gott ergebener Mann charakterisiert, der in noch jungen Jahren starb, um in Rugger nach kanonischer Wahl einen Nachfolger zu erhalten.2362 Er erfährt einen positiv konnotierten Tod ohne Details.2363 Der Tod Dietgers von Metz sowie des zuvor 2358 Vgl. Pschyrembel, S. 481. 2359 Die nicht lange danach entstandenen Annales Pegavienses a. 1121, S. 254, oder auch die Cronica S. Petri Erfordensis moderna a. 1121, S. 163, wissen nichts von einer Erkrankung Erlungs. Erst Lorenz Fries, Chronik der Bischöfe von Würzburg, S. 287, schreibt Jahrhunderte später: Man sagt, das er bischof Erlung die letzeren vier jore vor seinem tod anainader kranck gewest sey. Die Elephantiasis, Fries möglicherweise kein Begriff, hat keine Erwähnung gefunden. 2360 Vgl. Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio IV a. 1125, S. 376. Zum Tod Ruggers vgl. auch Wendehorst, Bistum Würzburg, S. 139, zu dem Udalrichs ders., Bistum Eichstätt, S. 75; Heidingsfelder, Regesten n. 323, S. 103. 2361 Vgl. Anonymi chronica imperatorum Heinrico V. dedicata a. 1109, S. 252; Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio III a. 1109, S. 298. 2362 Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio IV a. 1119, S. 344: Hoc anno Adelgoz Magdeburgensis archiepiscopus, homo iuvenis et tam Deo quam omnibus bonis acceptabilis, immaturo preventus occasu vitam presentem in Domino finivit. Cui etiam Ruggerus canonicus canonica electione successit. 2363 Einen ausführlicheren Bericht mit einer Krankheit als Todesursache sowie den letzten Augenblicken des Erzbischofs bieten die Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium c. 24, S. 410: Igitur apud nos in sancta conversatione vivens, diu satis castigatus est continue infirmitatis vexatione, tandemque ad extrema perveniens, cum iuxta ecclesiam a clero et

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genannten Pfalzgrafen Friedrich von Sommerschenburg weist eine antithetische Komposition auf, wie sie aus den Annalen Lamperts von Hersfeld bekannt ist. Friedrich, der seine Verbündeten verlassen und sich kurz zuvor erst Heinrich V. angeschlossen hatte, stieg zum Ort der Strafe hinab. Dies wurde einem Diener Gottes geoffenbart.2364 Damit wird erstmalig der Tod eines Abweichlers vom rechten Glauben direkt mit einem eindeutig schlechten Tod bestraft. Diesem gegenübergestellt wird der Tod Dietgers von Metz, der zu Lebzeiten Opfer zahlreicher Machenschaften durch Getreue Heinrichs V. gewesen war und nun nach einem heiligmäßigen Leben zum Herrn einging.2365 Der Wandel in der Bewertung Heinrichs V. ist deutlich, er erscheint nun gleich seinem Vater als Gegenpartei zu den rechtgläubigen Papstgetreuen. Diese Zusammenstellung beider Todesfälle ist kein chronologischer Zufall, sondern bewusste Konstruktion. Zum Abschluss richten wir den Blick auf Dietrich von Naumburg. Er wird als berühmter Mann genannt, Vorkämpfer des rechten Glaubens gegen die Schismen und Gründer eines Klosters in Bosau.2366 Ein Konverse dieses Klosters, ein Sorbe, der nicht den Regeln der Gemeinschaft gefolgt und mehrfach zurechtgewiesen worden war, stach Dietrich schließlich, als dieser vor dem Altar betete, mit einem Dolch nieder. Der Bischof starb daraufhin nach drei Tagen und ging zu Christus hinüber.2367 Die Situation eines in der Kirche niedergestreckten Bischofs

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populo observaretur, pro exitus sui expectatione presentes, ut religionis sue et dictorum memores essent, salubri ammonuit exhortatione, iamque ultimum trahens spiritum inter voces psallentium, pro possibilitate sua oculos levavit in celum, sicque exspirans 2. Idus Iunii anno dominice incarnationis 1118, ut speramus migravit ad Dominum. Hic sepultus est ab episcopis, Hartberto scilicet Brandenburgensi et Hemmone Havelbergensi, abbatibus quoque Hugone, Eremberto, Alverico. Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio IV a. 1120, S. 346: His temporibus Fridericus palatinus comes, qui nuper se a ce˛teris dissocians regis fidelitati devinxerat, obiit iam provectus e˛tate et, ut cuidam servo Dei evidenter revelatum affirmant, ad loca penalia fertur descendisse. Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio IV a. 1120, S. 346: Bone˛ memorie˛ Dieggerus, primum abbas ce˛nobii s. Georgii indeque per legatum apostolicum Metensi e˛cclesie˛ ordinatus, post multas a regis fidelibus illatas sibi iniurias requievit in Domino in e˛cclesia Cluniacensium, cui presidebat, sepultus, vir apprime litteratus et in sancta conversatione usque ad ultimam etatem constantissimus. Vgl. auch Meyer von Knonau, Jahrbücher 7, S. 150. Zu entsprechenden Todesfällen in der letzten Fortsetzung bis 1125 vgl. auch McCarthy, Introduction, S. 80. In den Gesta episcoporum Mettensium wird Dietger übergangen und ohnehin die Reihenfolge der Vorgänger Stephans (1120–1164), während dessen Episkopat die Gesta abgefasst worden sind, irrig dargestellt. Der erste Abt Bosaus, Erkembert, kam aus Hirsau, worin Schmale-Ott, in: FSGA 15, S. 365 Anm. 1, den Grund der Ausführlichkeit von Ekkehards Bericht vermutet. Ekkehard von Aura, Chronicon, Recensio IV a. 1123, S. 364: Hic [sc. der Sorbe] pro suis excessibus frequenter ab abbate corripitur, sed non melioratus episcopo presentatur corrigendus. Quem ipse frequenter acrius, ut dignum erat, corripuit, ille autem in tantam proterviam erupit, ut episcopum ante altare in oratione stantem cultro perfoderit, unde post triduum venerandus sacerdos ad Christum migravit. Anders als bei Konrad von Utrecht und

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Sterbeberichte von Bischöfen im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert

begegnet nicht zum ersten Mal, bereits Gregor von Tours teilte die Episode um Praetextatus von Rouen mit. Auch Dietrich von Naumburg erfährt einen gloriosen Tod. Er gibt sein Leben im Gebet an Gott und stirbt nach drei Tagen in Erwartung des ewigen Lebens. Die Parallele zu Jesus selbst, der drei Tage nach seinem Tod am Kreuz auferstanden ist, liegt nahe. Während der schlechte Bischofstod somit weder in der Chronik des oder der anonymen Fortsetzer/s noch in der Chronik Ekkehards zur Anwendung kommt – die Zeitumstände haben sich offenkundig geändert, eindeutige Parteinahmen eines Bischofs gegen den Papst gibt es in der Form des ausgehenden 11. Jahrhunderts nicht mehr –, ist der gute Tod als stilistisches Mittel weiterhin nachzuweisen. Die Gegenüberstellung guten und schlechten Ablebens ist unter Bischöfen gleichfalls nicht mehr zu finden, derartige Konstruktionen bedürfen bei dem abschließenden Continuator mindestens eines weltlichen Protagonisten, wie das Beispiel um Friedrich von Sommerschenburg und Dietger von Metz zeigen konnte.

9.6

Ergänzungen zum gewaltsamen Bischofstod in salischer Zeit

Abschließend ist noch auf einige außerhalb der bisher analysierten Werke verzeichnete, gewaltsam eingetretene bischöfliche Todesfälle einzugehen. Dietrich von Naumburg ist der letzte Bischof der Salierzeit, der einem Mord zum Opfer gefallen ist. Vorher ist bereits ausführlicher über Konrad von Trier, Burchard II. von Halberstadt, Konrad von Utrecht und Gebhard IV. von Regensburg gehandelt worden. Über sie liegen zeitgenössische, wenngleich zumeist parteilich gefärbte Berichte vor, ihr gewaltsamer Tod wird jedoch weitestgehend bestätigt. Gleiches gilt für die in der Schlacht gestorbenen Werner von Magdeburg und Burchard von Lausanne sowie den von Heiden ermordeten, als Märtyrer – so die eindeutige Wertung Adams – gestorbenen Missionsbischof Johannes von Mecklenburg.2368 Auch bezüglich des im Heiligen Land in muslimischer Gefangenschaft umgekommenen Salzburger Erzbischofs Thiemo lassen die Quellen keinen Zweifel zu, auch ihn in die Zahl der Märtyrer einzureihen.2369 Gebhard von Regensburg überzeugt in diesem Fall die Interpretation von Kaiser, Mord im Dom, S. 113, es handele sich nur um einen individuellen Racheakt des Sorben, nicht. Es wird durch diesen Mord deutlich mehr transportiert als nur der tödlich endende Konflikt zweier Männer. Zum Tod Dietrichs vgl. auch Meyer von Knonau, Jahrbücher 7, S. 257. 2368 Vgl. Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 51, S. 193f. Zu ihm vgl. auch Petersohn, Sverinensis eccl., S. 80. 2369 Während Heinig, Fürstenmorde, S. 363 mit Anm. 26, Thiemo nicht zu den Märtyrern, sondern den »Schlachtopfern« zählt, unterlässt es keine weder zeitgenössische noch später entstandene Quelle, das durch Thiemo erlittene Martyrium explizit zu erwähnen. Am ausführlichsten verfährt dabei die Passio Thiemonis archiepiscopi, S. 58. Eine erste Zählung hat insgesamt 15 Texte des 12.–15. Jahrhunderts erbracht, innerhalb denen Thiemo ein-

Ergänzungen zum gewaltsamen Bischofstod in salischer Zeit

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Zu diesen Fällen hinzu treten drei weitere Beispiele, die nicht verschwiegen werden sollen, allerdings nicht zeitgenössischen Texten entnommen werden können. Es handelt sich um Volkmar von Minden, Burchard von Brixen und den Halberstädter Elekten Thietmar.2370 Während Thietmar vergiftet worden sein soll – durch wen, bleibt ungewiss –,2371 wurde Volkmar gemäß der Chronik Hermanns von Lerbeck aus dem 14. Jahrhundert als Anhänger Heinrichs IV. ermordet – die Tat wird zur Rechtfertigung dem Märtyrer Gorgonius († um 305), Schutzpatron des Mindener Doms, zugeschrieben2372 – und bei Hunden und Schweinen begraben,2373 Burchard von eigenen Ministerialen umgebracht.2374 Somit ergibt sich die beachtliche Zahl von acht Bischöfen, die zwischen 1066 und 1123 einem Mord – Schlachtentode und Martyrien ausgeklammert – zum Opfer gefallen sind.

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deutig als Märtyrer klassifiziert wird. Thiemos Martyrium ist sogar derart im Gedächtnis geblieben, dass zur Mitte des 17. Jahrhunderts Christopher Paudiß die Marter Thiemos in einem großen Altarbild eindrücklich darstellte (heute im Kunsthistorischen Museum Wien, Inv. Nr. 2284). Zu Thiemos Ableben vgl. auch Meyer von Knonau, Jahrbuch 5, S. 143. Eine Übersicht bietet auch Keupp, Reichsministerialen und Bischofsmord, S. 275, wenngleich er zu Volkmar und Burchard keine Quellenbelege angibt. Vgl. Annalista Saxo, Chronicon a. 1100, S. 500. Gerüchte über Giftmorde finden sich generell immer wieder in den Quellen. Diesen geäußerten Verdacht aus heutiger Sicht zu bestätigen, ist kaum möglich. Versucht worden ist dies – im Rahmen des Zeitraums dieser Untersuchung – bezüglich des angenommenen Giftmordes an Papst Clemens II. im Jahr 1047, vgl. Specht, Tod des Papstes Clemens II. Hermann von Lerbeck, Catalogus episcoporum Mindensium, S. 48: Iste [sc. Volkmar] a beato Gorgonio martyre, ut veraciter asseritur, circa annum Domini MXCIV. occisus est, et ideo memoria istius in die anniversaria fieri non consuevit. Accidit enim, ut eadem nocte, qua dictus Folmarus est occisus, sanctus Gorgonius custodibus ecclesiae maioris apparens eisque, ut signum pro episcopo mortuo consuetum et per eum propter sua facta nefaria occisum fieri imperavit. Ut ergo eos firmius certificaret, pallam altaris cruentatam et sanguine maculatam, in qua gladium occisionis exterserat, pro intersignio ostendit. Unter Bezugnahme auf diesen Bericht schildert Heinrich Tribbe, Jüngere Bischofschronik, S. 143f., den Vorfall. Vgl. auch Heinig, Fürstenmorde, S. 369; Teske, Tod Bischof Volkmars von Minden, S. 115f., wenngleich er darauf aufmerksam macht (S. 113), dass in den Nekrologen nicht occidere, sondern obire in Zusammenhang mit Volkmar benutzt, somit kein gewaltsames Ende angedeutet wird. Zu Volkmar vgl. auch Herpich / Kluger, Minda, S. 101. Erst im Dom begraben wurde Volkmar um 1105 in ein seinen vermeintlichen Todesumständen offenkundig angemesseneres Grab umgebettet; zudem wurde ihm in Nekrologen ab einem bestimmten Zeitpunkt das Gedenken verwehrt. Vgl. Teske, Tod Bischof Volkmars von Minden, S. 112f. u. 115f. So zumindest im Catalogus episcoporum Brixinensium aus dem 14. Jh., S. 50: Tunc dux posuit ibi Purchardum marchionem, qui episcopatum tenuit annis VIII, quem ministeriales huius ecclesie occiderunt. Vgl. auch Heinig, Fürstenmorde, S. 369.

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9.7

Sterbeberichte von Bischöfen im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert

Zusammenfassung

Die Geschichtsschreibung der salischen Epoche weist in Bezug auf die Darstellung des Episkopats keine einheitliche Linie auf. Autoren und Werke am Beginn des Zeitraumes – Hermann von Reichenau und seine Chronik oder die Niederaltaicher Annalen – berichten weitgehend neutral über die Bischöfe des Reiches. Hermann vermerkt zwar zahlreiche Sukzessionen innerhalb seiner Chronik, insbesondere ab den 1040er Jahren und der Herrschaft Heinrichs III., der selbst vermehrt als Urheber verschiedener Besetzungen in Erscheinung tritt; doch hat dies Hermann nicht dazu bewogen, diese Praxis zu kritisieren oder für unrechtmäßig zu erklären. Die Bedeutung der Todesfälle sinkt dagegen rapide, oft finden sie sich nur noch in Form einer Aufzählung gebündelt am Ende eines Jahresnotates, damit aus der Chronologie der Ereignisse des Jahres entrückt und ihrer Relevanz beraubt. Ein besonderes memoriales Interesse den Bischöfen gegenüber hat Hermann im Gegensatz zu Thietmar von Merseburg also nicht an den Tag gelegt. Anders in der Hamburgischen Kirchengeschichte Adams von Bremen, der sämtliche Metropoliten inklusive ihres Todes lückenlos aufführt und weitgehend genau datiert. Die meisten Todesfälle werden äußerst knapp und schmucklos geschildert, doch schließt Adam ganz bewusst seine drei ersten Bücher mit ausführlicheren Todessequenzen. Dadurch gelingt es ihm, guten und schlechten Tod zu kontrastieren – wenngleich der Tod Adalberts von Hamburg-Bremen sich einer einseitigen Deutung verweigert. Das Stilmittel kontrastierender Todesfälle wird schließlich durch Lampert von Hersfeld gleich mehrfach bewusst angewendet. Noch unbeeinflusst von der Kirchenreform hat er in König Heinrich IV. seinen persönlichen Feind und die Ursache zahlreicher Übel identifiziert, sodass zahlreiche ›seiner‹ Bischöfe auf dem denkbar schlechtesten Weg aus dem Leben scheiden. Ihnen gegenüber stehen Exempla des guten Todes von Bischöfen (oder auch Äbten) der ›richtigen‹ Seite. Die Parteinahme der Chronisten seit Lampert ist bis zum Ende des 11. Jahrhunderts unverkennbar und wird durch die Chroniken Bertholds von Reichenau sowie Bernolds von Konstanz zum Höhepunkt geführt. Beide waren radikale Anhänger Gregors VII. und nutzen innerhalb ihrer Texte insbesondere bischöfliche Todesfälle, um die Diskrepanz zwischen – aus ihrer Sicht – Rechtgläubigen und Häretikern zu unterstreichen und dem Leser in all ihren Konsequenzen vor Augen zu führen. Ein Abgleich der Schilderungen Bertholds und Bernolds mit weiteren zeitgenössischen Texten, exemplarisch der Chronik Frutolfs von Michelsberg oder den Annalen aus Augsburg, hat ergeben, wie singulär Bertholds und Bernolds ausgeschmückte Berichte oftmals sind. Über die Glaubwürdigkeit, den Wahrheitsgehalt oder eventuell die bewusste Täuschungsabsicht der Autoren sagt dies jedoch wenig aus; die Autoren waren nicht bestrebt,

Ausblick: Der letzte Bischof – Otto von Freising

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die Fakten wiederzugeben, sondern haben die Ereignisse so festgehalten, wie sie gemäß ihrer subjektiv vorgestellten Wirklichkeit passiert sein müssen. Mit dem Jahr 1100 reißt die historiographische Überlieferung in Deutschland weitgehend ab. Mit der ›Generation Heinrich III.‹ sind die Hauptvertreter der zahlreichen Konflikte der vergangenen Jahrzehnte mittlerweile gestorben, was neben den Bischöfen und sonstigen Großen des Reichs auch für die wichtigsten Chronisten gilt. Neben wenigen anderen zumeist annalistischen Werken haben nur die Fortsetzer der Chronik Frutolfs, einer von ihnen Ekkehard von Aura, das beginnende 12. Jahrhundert der Nachwelt übermittelt. Von der Polemik, der Sprachgewandtheit oder auch der Kompositionskunst der vorangegangenen Jahrzehnte findet sich in diesen Texten kaum noch etwas. Der Bischof, im ausgehenden 11. Jahrhundert innerhalb der Historiographie so präsent wie kaum jemals zuvor, tritt in den Fortsetzungen Frutolfs in seiner Präsenz wieder zurück. Gerade der bischöfliche Tod hat zur Zeit des Investiturstreits seine intensivste, kreativste und weitreichendste Darstellung erfahren. Bereits vorhandene Muster der Darstellung und deren Wertung wurden oftmals zu parteipolitischen Zwecken herangezogen und dadurch nochmals intensiviert. Durch den Entstehungskontext lässt sich zwar wenig über die tatsächlichen Umstände in Erfahrung bringen, umso mehr hingegen über die Abfassungsgründe der einzelnen Werke und die Persönlichkeit der nicht selten anonymen Autoren sowie deren Vorstellungen. Dieses kurze Aufflackern der künstlerisch hochwertigen, strategisch ausgefeilten und kompositorisch durchdachten Todesnachrichten findet sein vorläufiges Ende bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts. Und selbst ein bedeutender Chronist wie Otto von Freising, der am Ende unserer Arbeit steht, brachte bischöflichen Todesfällen zur Mitte des Jahrhunderts kaum noch Interesse entgegen.

9.8

Ausblick: Der letzte Bischof – Otto von Freising

Otto von Freising war der letzte hochmittelalterliche Bischof, der auch als Geschichtsschreiber tätig gewesen ist.2375 Sein Hauptwerk, die Chronica sive historia de duabus civitatibus, schloss er in einer ersten, nicht erhaltenen Fassung 1146 ab und widmete es in einer zweiten, überarbeiteten Form 1158 Kaiser Friedrich Barbarossa.2376 Person und Werk Ottos von Freising sind bereits eingehenden Forschungen unterzogen worden, insbesondere seine Chronik und das darin

2375 Vgl. Kersken, Bischöfe als Historiker, S. 180 u. 185. 2376 Otto von Freising, Chronica sive historia de duabus civitatibus. Vgl. Goetz, Geschichtsbild Ottos von Freising, S. 22.

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Sterbeberichte von Bischöfen im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert

implementierte Geschichtsbild haben das Interesse auf sich gezogen.2377 Uns dient Otto als Endpunkt und Ausblick, als vorerst letzter Vertreter seines Fachs im bischöflichen Ornat und gleichzeitig am Beginn einer neuen Zeit stehend, der Scholastik, seine Chronik mag aber den Startpunkt weitergehender Untersuchungen bieten. Ottos Chronik muss, um nur einige für diese Arbeit relevante Aspekte zu nennen, als geschichtstheologisches Werk und »historische Gottesbetrachtung« verstanden werden; Gott tritt als Erschaffer in Erscheinung und zugleich als derjenige, der mit der Seligkeit ein Ziel allen Lebens vorgegeben hat. Die Geschichtsschreibung ist damit auch heilsgeschichtlich wirksam, indem sie »dem Menschen, der sich sein im Sündenfall verwirktes Heil erst verdienen muss, den richtigen Weg und die richtige Lebens- und Denkweise aufzeigt«.2378 Es wäre somit zu erwarten, dass auch Otto, wie dies viele Jahrhunderte zuvor Gregor von Tours getan hatte, zur Bestärkung seines Geschichtsverständnisses als didaktische Komponente gute und schlechte Todesfälle in sein Werk integriert, wobei insbesondere seine Amtsbrüder als Schablonen guter oder schlechter Lebensführung und damit verbundener Konsequenzen dienen mögen. Die Fortsetzer der Chronik Frutolfs hatten für ihre narrative Struktur kaum mehr auf bischöfliche Todesfälle zurückgegriffen, die Schilderung aussagekräftiger Sterbeberichte hatte insgesamt an Bedeutung deutlich eingebüßt. Ein ähnliches Bild bietet, entgegen der zuvor angekündigten Erwartung, aus qualitativer Sicht auch die Chronik Ottos. Auf quantitativer Ebene muss hingegen differenziert werden, was nicht allein mit den von Otto reichhaltig verwendeten Quellen in Beziehung zu setzen ist.2379 Otto, dessen Chronik als Weltgeschichte vom Anbeginn aller Zeit bis in seine eigene Gegenwart und darüber hinausgehend perspektivisch bis zum Jüngsten Gericht reicht, führt für die Zeit vor dem Mittelalter zahlreiche bischöfliche Würdenträger auf. Insbesondere unter Verwendung von Eusebius und Hieronymus, dazu zahlreicher weiterer spätantiker Schriften, verweist er, wenn auch nicht lückenlos, so doch umfangreich auf die Abfolge der Bischöfe von Rom und ergänzte im Anschluss an sein vorletztes siebtes Buch unter anderem eine Liste der Vorsteher der römischen Kirche.2380 Darüber hinaus finden sich mehrfach Angaben zu Personalwechseln auf den Bischofsstühlen in Alexandria, Antiochia und Jerusalem sowie singulär Mitteilungen zu Todesfällen oder Martyrien in den Bistümern Karthago, Lyon, Mai-

2377 Vgl. stellvertretend für die reichhaltige Forschung Goetz, Geschichtsbild Ottos von Freising. 2378 Vgl. Goetz, Geschichtsbild Ottos von Freising, S. 303–307 (Zitat S. 307). 2379 Eine Übersicht der von Otto verwendeten Quellen bietet Lammers, Einleitung, S. XXXV– XXXVII. 2380 Otto von Freising, Chronica sive historia de duabus civitatibus VII, S. 375–385.

Ausblick: Der letzte Bischof – Otto von Freising

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land, Reims, Salamis und Smyrna.2381 Mehr als eine knappe Notiz bieten die Angaben hingegen nie, einzig der Hinweis auf ein erlittenes Martyrium erlaubt eine Wertung eines Todesfalls. Einen schlecht konnotierten Bischofstod gibt es nicht. Einen schlechten Tod erleiden einzig bestimmte römische Kaiser, die sich insbesondere der Verfolgung von Christen schuldig gemacht haben.2382 Das Schema erscheint klar: Verfolger der Christenheit erleiden einen schlechten Tod, ihre Stützen finden immerhin namentlich Erwähnung – eine Vorgehensweise, die sich bereits bei Gregor von Tours, Regino von Prüm oder Hermann von Reichenau beobachten lässt. Bedacht werden müssen immer die Otto zur Verfügung stehenden Quellen, darüber hinausgehende Eingriffe seinerseits in die Todesberichte finden sich hingegen nicht. Mit Beginn seines fünften Buches, dem Eintritt in die klassisch als Mittelalter bezeichnete Epoche und der Zentrierung auf Europa, nimmt die Zahl mitgeteilter bischöflicher Todesfälle radikal ab, ohne dass die von ihm genutzten Quellen ebenfalls unter dieser Armut an Mitteilungen leiden würden – insbesondere die Otto als Gerüst dienende Chronik Frutolfs, darüber hinaus etwa Regino von Prüm und dessen Fortsetzer oder die Annalen aus Hildesheim. Dennoch unterlässt es Otto mit Ausnahme weniger Fälle, auf Tode seiner Mitbrüder einzugehen. Memoriale Aspekte spielen innerhalb seines Konzeptes keine Rolle. Genannt werden neben Leodegar von Autun (bei Otto irrig als Bischof von Auxerre ausgewiesen) und Bonifatius, ein von Normannen erschlagener ungenannter Bischof von Nantes, die Erzbischöfe Gunthar von Köln und Theutgaud von Trier, Ulrich von Augsburg, Adalbert von Prag, Thiemo von Salzburg, die kurz hintereinander verstorbenen Bischöfe Bruno und Hugo von Köln, Adalbert von Mainz, Heinrich von Freising und Rainald von Reims sowie schließlich ein ungenannt gebliebener Bischof von Edessa.2383 Todesursachen außerhalb der 2381 Die Sukzessionen der Päpste erstrecken sich über die ersten sieben Bücher der Chronik, Angaben zu Bischöfen enden, mit einer Ausnahme, nach dem vierten Buch, mit dem der Fokus sich endgültig auf Europa zentriert. Zu den singulären Todesfällen vgl. Otto von Freising, Chronica sive historia de duabus civitatibus III, 24, S. 164f.; III, 37, S. 172; IV, 13, S. 200; IV, 19, S. 209; IV, 28, S. 221. 2382 Herodes starb unter größten Qualen (Otto von Freising, Chronica sive historia de duabus civitatibus III, 7, S. 144), Caligula wurde nach dem Willen Gottes ermordet (III, 12, S. 149), Galerius erlitt die göttliche Strafe für die von ihm initiierte Christenverfolgung (IV, 1, S. 184), ebenso Valens (IV, 16, S. 203) und die Usurpatoren Gildo und Mascazel (IV, 20, S. 211). Und auch den Hunnenkönig Attila soll ein göttliches Urteil ereilt und seinen Tod infolge von Nasenbluten verursacht haben (IV, 28, S. 220). 2383 Vgl. zu Leodegar Otto von Freising, Chronica sive historia de duabus civitatibus V, 7, S. 239, zu Bonifatius V, 25, S. 253. Den ungenannt gebliebenen, von Normannen erschlagenen Bischof von Nantes hat Otto der Chronik Reginos von Prüm entnommen (VI, 1, S. 262), ebenso den Tod der abgesetzten Bischöfe Gunthar und Theutgaud in Italien (VI, 3, S. 264). Der Chronik Frutolfs entstammen die Mitteilungen zum Tod Ulrichs von Augsburg (VI, 24, S. 288) und Adalberts von Prag (VI, 26, S. 289). Von Vorlagen unabhängig erscheinen die

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Sterbeberichte von Bischöfen im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert

Martyrien des Bonifatius, Adalberts und des Bischofs von Edessa werden nicht genannt, Polemik und hintergründige Botschaften stehen nicht mehr im Vordergrund. Ganz im Gegenteil erscheinen insbesondere die Darstellungen von Herrschertoden der bereits dem 11. Jahrhundert nahegelegten natürlicheren Persönlichkeitsschilderung verbunden, wenngleich sich Otto auch hier auf die ihm vorliegenden Quellen berufen hat. So soll Karlmann, Sohn Ludwigs des Deutschen, an Nervenlähmung gestorben sein,2384 die Kaiser Konrad II., Heinrich III., Heinrich V. und Lothar III. an nicht präzisierten Krankheiten2385 und Papst Viktor III. an der Ruhr.2386 Otto schrieb – zumindest zeitlich gesehen – nicht mehr unmittelbar beeinflusst von den Auswirkungen eines schwelenden Konfliktes wie dem Investiturstreit im Jahrhundert zuvor, der eine große Anzahl und Bandbreite an polemischen und umfangreichen bischöflichen Todesschilderungen provoziert hatte. Darüber hinaus sah seine geschichtstheologische Herangehensweise offensichtlich eine ausführliche Auseinandersetzung mit seinen Mitbischöfen nicht vor. Die geringe Zahl an eingepflegten Todesfällen zeitgenössischer Bischöfe macht dies deutlich. Die aus anderen Quellen herangezogenen Beispiele bleiben unbestimmt, ihre Aufnahme scheint keiner unmittelbar ersichtlichen Strategie zu folgen. Es ist fast unnötig, abschließend zu betonen, dass kein Todesfall gut oder schlecht ausgedeutet wird. Der qualitative Bischofstod hat vorerst seinen Stellenwert in der Geschichtsschreibung eingebüßt.

Tode Thiemos von Salzburg (VII, 7, S. 317), der Bischöfe von Köln, Mainz, Freising und Reims (VII, 21, S. 340f.) und des Bischofs von Edessa (VII, 30, S. 357). 2384 Otto von Freising, Chronica sive historia de duabus civitatibus VI, 7, S. 269: Karlomannus Lodewici filius … paralisi dissolutus moritur. Otto übernimmt die Todesursache dabei Regino von Prüm, Chronicon a. 880, S. 116: Carlomannus rex paralisi dissolutus diem clausit extremum VII. Non. Apr. Den Todestag übernahm Otto nicht. Aspekte der Memoria einzelner Personen über deren Todestage spielen in seiner Chronik keine Rolle. 2385 Der Tod Konrads nach Krankheit (Otto von Freising, Chronica sive historia de duabus civitatibus VI, 31, S. 297: imperatore … infirmitatus … diem ultimum clausit) ist bei Wipo, Gesta Chuonradi c. 39, S. 59, vorgezeichnet. Die Krankheit Heinrichs III. (VI, 33, S. 302) findet sich etwa schon in der Chronik Frutolfs (Frutolf von Michelsberg, Chronicon a. 1056, S. 72). Unabhängig erscheinen die Nachrichten zu den Krankheiten Heinrichs V. (VII, 16, S. 333) und Lothars III. (VII, 20, S. 339). 2386 Otto von Freising, Chronica sive historia de duabus civitatibus VII, 1, S. 310: profluvio ventris correptus moxque Urbe (= Rom) egressus rebus humanis in brevi excessit. Eine negative Einstufung dieser Erkrankung erfolgt nicht.

10

Ergebnisse

10.1 Quantitative Aspekte Über den Tod von Bischöfen ist berichtet worden, seit das Amt des Bischofs innerhalb der kirchlichen Hierarchie seinen Platz gefunden hat. Die wichtigsten Verwalter der Gemeinden und lebenden Vermittler persönlichen Seelenheils erscheinen in klassisch historiographischen Werken oder deutlich stilisierten hagiographischen Textzeugnissen, in Totenbüchern und Grabinschriften. Die Erinnerungen an den Tod eines Bischofs können unmittelbar nach dessen Tod oder auch erst viele Jahre, Jahrzehnte oder auch Jahrhunderte später niedergeschrieben oder angefertigt worden sein. Doch ist die Gruppe der Bischöfe, die seit der Frühzeit des Christentums bis zum Ausgang des Mittelalters amtierten, derart groß, dass bei weitem nicht alle Bischöfe erwähnt werden konnten – welche aber wurden Gegenstand einer Darstellung, wie sah diese aus, welche Umstände und Hintergründe bestimmten ihre Form und ihren Inhalt? Diese Arbeit hat die historio- und hagiographische Beschäftigung mit bischöflichem Tod nachverfolgt, einsetzend mit der antiken Überlieferung in Nordafrika und im Nahen Osten, über die fränkischen Quellen der Spätantike und des Frühmittelalters bis hin zu hochmittelalterlichen Texten. Der Weg des Bischofstodes in die Überlieferung setzt mit Eusebius von Caesarea ein, dessen Werk durch die Übersetzung und Ergänzung durch Hieronymus eine über das gesamte Mittelalter hinweg genutzte Vorlage schuf. Auf diesem Weg bewahrten sich die Informationen über Bistümer, die bereits untergegangen, und über Bischöfe, die seit Jahrhunderten begraben waren, in den Werken mittelalterlicher Autoren, die aus ihrem Anspruch an und ihrem Verständnis von Geschichte heraus diese Informationen übernahmen. Zentraleuropa ist seit dem einsetzenden Mittelalter die Region, in der das Motiv des sterbenden Bischofs die meiste Verwendung fand, und unser Blick hat von den Anfängen über das Frankenreich geführt, um im ostfränkisch-deutschen Hochmittelalter zu enden. Ein erstes Ergebnis dieses Überblicks ist ein quantitativer Befund. Gregor von Tours hat – erklärlich aus seiner Funktion als Bischof – in einem vorher wie

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nachher nicht erreichten Umfang über Bischöfe und ihr Ableben berichtet. In der Folgezeit verschwindet der bischöfliche Tod immer weiter, bis in der Karolingerzeit geradezu die Nichtexistenz des Bischofstodes in der Geschichtsschreibung zu verzeichnen ist. Zurückzuführen ist dies auf die Verlagerung der historiographischen Produktion in das Umfeld des Königtums, in dessen Narrativ die Bischöfe von zentralen Akteuren zu Unterstützern wurden. Deutlich wird der Unterschied durch einen Blick auf die nach wie vor entstehenden Viten, die von einem ungebrochenen Interesse am (heiligen) Bischof und dessen Ableben zeugen, das oftmals als Höhepunkt der Lebensbeschreibung den Übergang des irdischen Amtsträgers ins Jenseits markiert. Einsetzend bereits im 9. Jahrhundert, in der weiteren Entwicklung verdunkelt durch die Quellenarmut der Folgezeit, beginnt schon recht bald eine Gegenbewegung, die an der Jahrtausendwende zu einer neuen Wertschätzung des Bischofs und seines Todes führt. Die Chronik Thietmars von Merseburg braucht in dieser Hinsicht einen Vergleich mit den Decem libri historiarum nicht zu scheuen. Das Anwachsen der Geschichtsschreibung und die exponierte Rolle, die Bischöfe in den Auseinandersetzungen des 11. Jahrhunderts spielten – verwiesen sei hier nur auf Autoren wie Lampert von Hersfeld oder die als zentrale Historiographen des sogenannten Investiturstreits geltenden Berthold von der Reichenau und Bernold von Konstanz – setzt diese Tendenz jedoch nicht ungebrochen fort. Der Einbruch der Historiographie an der Wende zum 12. Jahrhundert sorgte für ein Verschwinden des Motivs, das auch im Werk des letzten bischöflichen Geschichtsschreibers des Hochmittelalters, Otto von Freising, kaum mehr eine Rolle spielt. Die wechselhafte Frequenz der Berichte, und dies ist ein zweites Ergebnis, entspricht keineswegs der Entwicklung des Umfangs, den die Autoren dem Bischofstod einräumten. Auch hinsichtlich der Ausführlichkeit sind die Schilderungen Gregors von Tours außerordentlich, zumal er neben Berichten zum Sterbevorgang als solchem und dessen Kontext die Vorgeschichte und oftmals auch eine Wertung des Verstorbenen anführt. Innerhalb der Historiographie dominiert ansonsten bis zum Beginn des elften Jahrhunderts die Form der Notiz, wenn bischöfliche Todesfälle überhaupt verzeichnet werden, wobei kaum mehr als Name und Todesjahr überliefert werden, was für die hagiographischen Werke der Zeit so nicht gelten kann. Seit dem späten 9. Jahrhundert wird etwas ausführlicher berichtet, wobei am Ende dieses Zeitraums die Aufnahme des exakten Todesdatums, wohl ein Reflex der Memorialpraxis, vermehrt vermerkt worden ist. Signifikant ausführlicher sind insbesondere auf dem Feld der Nachrufe die Schilderungen Thietmars von Merseburg, der bei ausgewählten Sterbefällen geradezu episch breit wird. Im Gegensatz lässt sich in der Annalistik des 11. Jahrhunderts, erstmals bei den Annales Altahenses, das Verfahren beobachten, Bischofstode am Ende eines Jahres summarisch knapp abzuhandeln und somit aus dem Ereignisgang auszugliedern. Für die eher chronikalischen Werke

Inhalt und Vorstellung

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Adams von Bremen, Lamperts von Hersfeld sowie Bertholds und Bernolds finden sich zumindest einige ausführlichere Darstellungen, die aber im 12. Jahrhundert bei den Frutolf-Fortsetzungen und Otto von Freising wiederum zugunsten knapper Erwähnungen abgelöst werden.

10.2 Inhalt und Vorstellung Sterben im Mittelalter war mehr als die Beendigung des Lebens. Seit der Antike bestanden, wie gezeigt, Vorstellungen über ein angemessenes Lebensende, bei dem nicht der Moment des Ablebens selbst entscheidend ist, sondern die akribische Vorbereitung, um dem Kreislauf der angenommenen Seelenwanderung entgehen und in die jenseitigen Gefilde gelangen zu können. Auch in christlicher Sicht ist der gute Tod Resultat der Vorgeschichte, nämlich die Vollendung eines gottgefälligen Lebens, ohne dass die Bibel aber bereits das jenseitige Nachleben detailliert schildert. Der Charakter des Todes wird von den Kirchenvätern unterschiedlich beurteilt, als ein Gut etwa bei Ambrosius, als unvermeidliche Strafe bei Augustinus, doch besteht Einigkeit darüber, dass einem Leben gemäß der Gebote Gottes kein schlechter Tod folgen kann: Non potest male mori, qui bene vixerit, wie Augustinus diesen Sachverhalt fasste. Mit der Entwicklung konkreterer Jenseitsvorstellungen entstand die Vorstellung, wie sie etwa bei Gregor dem Großen fassbar wird, dass Lebende durch verschiedene Werke die Leidenszeit derjenigen Verstorbenen verkürzen, die nicht bereits zu ewiger Verdammnis verurteilt sind. In seinen Dialogi stellte Gregor Todesberichte bedeutender Christen seiner Zeit zusammen, worunter sich auch eine größere Zahl an Bischöfen befand, die häufig mit Wundern verbunden waren. Berichte wie diese haben dazu geführt, dass sich für das Mittelalter ein bestimmtes Idealbild eines guten, erstrebenswerten Todes etablieren konnte. Besonderen Einfluss auf diese Vorstellung vom idealen Tod nahmen die Berichte über das Sterben der Gottesmutter Maria sowie des Turoner Bischofs Martin. Gerade bei Martin werden Elemente dieser Vorstellung deutlich, namentlich Vorwissen über den Zeitpunkt des Ablebens und der Tod in einer Gemeinschaft, die der Sterbende selbst zusammenrufen konnte, sowie die Präsenz eines Priesters, der dem Sterbenden die letzte Beichte abnehmen sollte. Einhergehend mit der Beichte folgten die Ordnung der letzten Dinge, die Abfassung eines Testamentes, der Erhalt der Wegzehrung, des Viaticums, und der letzten Ölung, wobei das Ableben von beständiger Bibellesung begleitet wurde. All dies setzte klaren Verstand und eine gewisse Ruhe voraus, weshalb einem plötzlichen, unerwarteten Tod größte Furcht entgegengebracht wurde. Ein Großteil der genannten Elemente boten die Martinsvita wie auch die in vielen Fassungen verbreitete Darstellung des Marientodes, der Transitus Mariae. Diese

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Ergebnisse

Texte boten Orientierung, zumal Nachahmung einen guten Tod und entsprechenden Lohn versprachen, Nichtbeachtung der Vorlage hingegen einen schlechten Tod befürchten ließ. Hierzu zählte insbesondere der plötzliche, unvorbereitete und unbegleitete Tod, dessen Konsequenz der Höllenstrafe durch starke Schmerzen vor dem Tod oder eine dunkle Verfärbung des Leichnams sichtbar gemacht wird. Im Gegensatz ist die Leiche eines ›gut‹ Verstorbenen (wie Martin) ›weiß wie Schnee‹, während der Leichnam dem Verwesungsprozess nicht ausgesetzt ist und noch lange Zeit einen angenehmen Duft verströmt. Diese Taxonomie der Todesarten, wie sie in der Spätantike entstand, hielt sich bei allen Variationen des Themas grundsätzlich bis in das Hochmittelalter hinein. Bereits bei Gregor von Tours wird sowohl eine klare Vorstellung vom Bischofstod als auch die Verwendung von Sterbeberichten zur Wertung des Verstorbenen in ihrer ganzen Breite deutlich. Insbesondere in den Zeitgeschichte behandelnden Büchern der Decem libri historiarum finden sich umfassende Schilderungen der Todesumstände, zumindest kurze Charakterisierungen der Verstorbenen und die Nennung ihrer Grabstätte. Die Form der Notiz, die nur Ableben und Nachfolger benennt, ist in Gregors Werk seltener, aber gleichwohl von Bedeutung – in den historiographischen Werken des 8. bis 10. Jahrhunderts wird sie schließlich die Regel. Grundsätzlich existieren beide Formen parallel zueinander. Die Nutzung bischöflichen Sterbens in Gregors Gesamtkonzept erfordert zumeist eine ausführlichere Darstellung des Todes, die manchmal überraschend »klinisch« Krankheitssymptome benennt, ohne dass damit eine Wertung verbunden wäre. Dies erweitert die Kategorisierung in die Klassen gut, schlecht sowie neutral. Die zumeist knappen historiographischen Berichte der folgenden Jahrhunderte erweitern dieses Spektrum allein dadurch, dass mitunter der Todestag genannt wird, ohne dass diese memorial angereicherte Form sich aber durchgängig finden würde. Ansonsten wird die Wertung im guten und schlechten Tod deutlich seltener, wobei die Gegenüberstellung der Bischofstode mit Sterbeberichten zu fränkischen Hausmeiern und Königen zumindest den Befund ergibt, dass auch hier wenig ausführlich berichtet wird. Davon zu trennen ist die hagiographische Überlieferung und hier insbesondere die Viten, bei denen der Tod des Protagonisten so gut wie immer eine exponierte Rolle spielt. Erst zu Beginn des 11. Jahrhunderts wird mit dem Werk Thietmars von Merseburg in der Historiographie wieder eine klare Vorstellung vom bischöflichen Tod greifbar. Thietmar greift praktisch nie auf die vorher üblichen kurzen Notizen zurück. Seine Vorstellung vom bischöflichen Tod verlangt nach ausführlichen Berichten, die Würdigkeit, Lebensleistung und damit in Beziehung zu setzende jenseitige Belohnung beinhalten. Vorstellung von gutem und schlechtem Tod, verbunden mit gottgefälligem oder gottabgewandtem Leben, sind den Todesberichten Thietmars durchgehend inhärent, während sich schlechtes Sterben innerhalb der Gruppe der Bischöfe nicht eindeutig nachweisen lässt. Die von

Inhalt und Vorstellung

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Thietmar gewählte Form mit ihrer ausführlichen Auseinandersetzung mit bischöflichem Sterben setzt sich bis zum ausgehenden 11. Jahrhundert fort, wenngleich die Episoden von unterschiedlichen Vorstellungen getrieben sind und andere Funktionen einnehmen. Dennoch bleibt zu konstatieren, dass sich in vielen Werken dieses Jahrhunderts die qualitativ angereicherte Darstellung bischöflichen Todes durchgängig oder zumindest in größeren Teilen wiederfindet. Dazu zählen sowohl chronikalische als auch annalistische Werke. Im Gegensatz dazu fällt die Produktion hagiographischer Texte zurück, die überlieferten Werke zeugen aber weiterhin von einer ausgesprochen umfangreichen Auseinandersetzung mit dem Tod des Protagonisten, etwa bei den Viten Annos II. von Köln oder Bennos II. von Osnabrück. Neu ist die bis dahin selten – bei Thietmar etwa in keinem Fall – nachzuweisende Ausprägung bischöflichen Sterbens: der schlechte Tod. Zwar kannte Gregor von Tours einige wenige entsprechend diskreditierte unwürdige Vertreter seines Amtes, doch waren es bei ihm und den Autoren der nächsten Jahrhunderte insbesondere heidnische oder verwerflich handelnde christliche Könige, die ihr verdientes Schicksal erlitten. Mit wenigen Ausnahmen, etwa bei Hinkmar von Reims, blieben Bischöfe von dieser Form der Todesdarstellung verschont. Diese Haltung gaben die Autoren des ausgehenden 11. Jahrhunderts auf. Verfasser wie Lampert von Hersfeld, Berthold von der Reichenau oder Bernold von Konstanz zögerten nicht, Bischöfe einen schlechten Tod unter Einbezug aller jenseitigen Konsequenzen erleiden zu lassen; nicht immer sind dabei religiöse Wertung und politische Differenzen zu trennen. Doch so schnell diese Form der Darstellung dominierend hervortritt, so schnell verschwindet sie auch wieder. Übrig bleiben am Beginn des 12. Jahrhunderts klassisch kurze Formen des Bischofstodes, orientiert am Muster der Notiz, ohne dass eindeutige Vorstellungen vom bischöflichen Sterben erkennbar wären. Über die Jahrhunderte betrachtet offenbart der Bischofstod gerade in den vielen knappen Todesberichten zumeist annalistischer Werke keine besonderen Eigenschaften, die ihn vom Tod anderer Personengruppen, namentlich der Hausmeier, Könige und Kaiser unterscheidet. Erst durch den Blick in hagiographische Zeugnisse sowie dem Bischofstod deutlich größeren Raum gewährende Werke werden Vorstellungen sichtbar, die den Bischof als Teil einer ausgewählten, heilsnotwendigen Gruppe darstellen, deren besonderer Stellenwert sich gerade in der Form ihres Todes in letzter Deutlichkeit manifestiert.

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Ergebnisse

10.3 Funktion Das weite Feld mittelalterlicher Geschichtsschreibung ist nicht aus einem Selbstzweck heraus entstanden. Historio- und hagiographische Texte dienten keineswegs in erster Linie dazu, vergangene Ereignisse mitzuteilen, sondern nicht selten als Argument in sehr aktuellen Auseinandersetzungen, was in den Debatten des Investiturstreits sicherlich am deutlichsten wird. Diese Interessenleitung im Abfassungskontext ist zu trennen von dem grundlegenden Sachverhalt, dass es Autoren ohnehin per se unmöglich ist, ihre subjektiv vorgestellte Welt gänzlich wertfrei, gleichsam objektiv und neutral zu beschreiben. Für die »Konstitutionsbedingungen« historiographischer Nachrichten (Schulmeyer-Ahl) spielen individuelle und zeittypische Wertvorstellungen eine Rolle, die bei der Analyse die Person des Autors in ihrer jeweils eigenen Einbindung in den Zeitkontext in den Fokus stellt. Eine Faktizität der vergangenen Ereignisse zu ergründen, kann daher nicht das Ziel einer Analyse mittelalterlicher Geschichtsschreibung oder Hagiographie sein, doch darf dies nicht dazu führen, den Autoren jeglichen Anspruch auf die Darstellung historischer Realität abzusprechen. Daher ging die Analyse der einzelnen Texte der Frage nach, warum etwas in der vorliegenden Form ausgewählt und berichtet worden ist. Einem zusammenfassenden, allgemein gültigen Überblick verweigert sich ein solcher Ansatz, zumal jedes Werk im Grunde für sich steht, ebenso jeder Autor, jeder Abfassungskontext, jede konkrete Intention letztlich individuell und einzigartig ist. Die Schilderung bischöflicher Todesfälle kann jedoch als vergleichbares Motiv Charakter und Intention der verschiedenen Werke verdeutlichen. Betrachtet man unter diesen Vorzeichen etwa die Decem libri historiarum Gregors von Tours, so wird man zunächst seine Vorstellung von der Sonderstellung des Episkopats (Mittler zum Jenseits, Garant des Seelenheils) vermerken, die im Unterschied zu den Herrschern Rechtmäßigkeit, ein moralisch integres Leben sowie bestimmte Tätigkeiten erfordern, für deren Darstellung wiederum Gregors Werk den Raum bietet. Das bischöfliche Wirken als Missionar, Stadtherr, Bauherr, Wohltäter, in der Gemeinde oder am Königshof wird dokumentiert, und insbesondere Gregors hagiographische Werke verorten den Tod als Abschluss eines nachahmungswürdigen Lebens und bieten dadurch die Vorlage guten christlichen Lebens und Sterbens. Die Zehn Bücher Geschichte fügen als Kontrast den schlechten Tod unwürdiger Bischöfe hinzu, etwa Arianern oder des Amtes enthobener Prälaten. Todesberichte sind überdies ein Vehikel zum Transport impliziter Kritik, z. B. an der unrechtmäßigen, zu Lebzeiten des Amtsinhabers vorgenommenen Designation eines bischöflichen Amtsnachfolgers. Hinzu tritt die Form der kurzen Notizen, die lediglich den Namen des Verstorbenen und seines Nachfolgers nennen, denn auch dies ist als eine Form der Memoria zu betrachten, die den komplexen Gesamtbestand vervollständigt.

Funktion

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Eben diese memoriale Funktion rückt allmählich in der Zeit des 9. und 10. Jahrhunderts ins Zentrum der Berichte, die zumindest ausgewählten bischöflichen Todesfällen wieder Platz einräumen. Der Kontext dieser erneuerten »Geschichtswürdigkeit« des Episkopats (Steffen Patzold) sind oftmals konkrete lokale oder personale Zusammenhänge, die etwa in den Annalen aus Fulda oder der Chronik Reginos von Prüm zur Schilderung bischöflicher Todesfälle führen. Zudem ließ sich, wofür die Werke des Prudentius von Troyes oder Hinkmar von Reims stehen, durchaus auch Kritik vermittels solcher Szenen transportieren, ausgerichtet auf Einzelpersonen oder generelle Probleme bischöflicher Amtsführung. Ihren Höhepunkt findet die Fokussierung auf die Memoria an der Wende zum 11. Jahrhundert, jedoch nicht immer in derselben Ausrichtung. Während die Quedlinburger Annalen ihr Gedenken auf die ottonische Herrscherfamilie und die Großen des Reiches einschließlich der Bischöfe richten, bewegen Thietmar von Merseburg institutionelle und vor allem persönliche Interessen, wegen der er Bischofstode schildert: Die – wie gesagt – ausführliche Form samt elaborierter Würdigungen dient dazu, die so erwähnten Verstorbenen als Fürsprecher im Jenseits zu gewinnen. Dem gegenüber steht bei Thietmar auch der schlechte Tod, allerdings niemals bei Bischöfen, also sie per se eine gesteigerte Heilsgewissheit zu haben scheinen. Beiden angesprochenen Werken der Jahrtausendwende ist gemein, dass sie im Unterschied zu früheren Darstellungen sich aus dem lokalen Kontext weitgehend lösen und dafür eine weitfassende, allerdings niemals vollständige Bischofslandschaft des ostfränkisch-deutschen Reiches nördlich der Alpen abbilden. Die Historiographie des 11. Jahrhunderts, wie sie vor den Ereignissen des Investiturstreits entsteht, reduziert dieses Panorama wieder. In der Bremischen Kirchengeschichte Adams, der Chronik Hermanns von der Reichenau oder in den Niederaltaicher Annalen reduziert sich der Blickwinkel wieder stärker auf den regionalen Bereich, mitunter auf persönliche Beziehungen, wobei die Todesschilderungen mitunter paränetisch eingesetzt werden (Adam), in der Regel aber nur die Kontinuität der Bischofslinien zeigen wollen (Hermann), was durchaus auch summarisch ohne Verankerung im exakten chronologischen Kontext geschehen kann (Niederaltaicher Annalen). An der Schnittstelle zu der durch den Investiturstreit stark beeinflussten Historiographie steht der noch nicht kirchenreformerisch geprägte Lampert von Hersfeld, der zur Verdeutlichung seiner eigenen Standpunkte erstmalig bischöfliche Todesfälle bewusst schlecht darstellt. Memoriale Aspekte stehen nicht mehr im Vordergrund, der Kampf für die eigene Institution oder die politische Haltung prägen das Werk Lamperts und der nachfolgenden Chronisten, etwa Berthold von der Reichenau oder Bernold von Konstanz. Gute oder schlechte Tode verdeutlichen nunmehr, ob der Bischof sich für die richtige oder falsche Parteiung entschieden hat; die Art zu sterben versinnbildlicht nur noch die

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Ergebnisse

moralische Qualität, ohne den Anspruch auf konkret-realistische Wiedergabe des Geschehenen zu erheben, was den Vorwurf der »Geschichtsfälschung« obsolet macht. Die Werke des 11. Jahrhunderts ergeben ein Stimmungsbild ihrer Zeit, wobei die bischöflichen Todesberichte wie kaum ein anderer Berichtspunkt es verstehen, Konzeption und Anspruch der Texte zu verdeutlichen. Diese hochgradig intensive Auseinandersetzung mit dem bischöflichen Ableben und seine literarische Verwendung finden mit dem anbrechenden 12. Jahrhundert bereits wieder ihr Ende. Die sporadisch in den Fortsetzungen der Frutolf- Chronik angeführten Bischofstode haben nichts mehr von der Polemik der vergangenen Jahrzehnte, und auch Otto von Freising, letzter bischöflicher Geschichtsschreiber des Hochmittelalters, hat für den Bischofstod kaum mehr Verwendung.

10.4 Einordnung und Ausblick Die Ergebnisse der vorliegenden Analyse bischöflichen Sterbens fügen sich in drei Forschungsfelder: erstens in die kaum mehr zu überblickenden Arbeiten zum mitteleuropäischen Episkopat des Früh- und Hochmittelalters, dann in die Geschichte des Todes und der Todesvorstellung, und schließlich in die Geschichte der Geschichtsschreibung. Die Sterbeberichte als bislang nicht in den Blick genommener Topos verdeutlichen zunächst den historischen Prozess, bei dem die Wahrnehmung des Bischofsamts, die Vorstellungen adäquater Amtsführung und heilsvermittelnder Funktion einen literarischen Ausdruck fanden, der wiederum in Wechselwirkung mit den historischen Rahmenbedingungen bei der Textgenese betrachtet wurde. Dabei erbrachte Einzelergebnisse mögen wenig überraschend erscheinen, doch vermittelt die Beobachtung des Gesamtprozesses, mithin die Verbindung zwischen der Entwicklung des Bischofsamtes und seiner Wahrnehmung, Einblicke in eine mittelalterliche Entwicklung jenseits der politischen oder institutionellen Geschichte. Die Genese etwa der Vorstellungen des guten und schlechten Todes und ihre historiographische Verwendung verweist auf immer wieder anders aktualisierte mittelalterliche Gemeinplätze. Gewiss waren dieser Arbeit aus pragmatischen Gründen Grenzen gesetzt, in räumlicher wie zeitlicher Hinsicht, womit ein universeller Anspruch nicht gestellt werden kann. Dies bedeutet jedoch: Der Bischof und sein Tod halten weiterhin großes Potenzial bereit.

Verzeichnis der Abkürzungen

a. AF AfD AHP AKG ALW AMrhKG Anm. AnnHVNdrh AUF AVGT Bd., Bde. BDLG CCSL CSEL DA Diss. (masch.) DVJS EAZ FDA FMSt fol. FSGA HJb HJL HZ Jb. JbfränkLF JbGFeud JbKölnGV

annus Alte Folge Archiv für Diplomatik Archivum Historiae Pontificiae Archiv für Kulturgeschichte Archiv für Liturgiewissenschaft Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte Anmerkung Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein Archiv für Urkundenforschung Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie Band, Bände Blätter für deutsche Landesgeschichte Corpus Christianorum, Series Latina Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Dissertation (maschinenschriftlich) Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift Freiburger Diözesan-Archiv Frühmittelalterliche Studien Folio Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe Historisches Jahrbuch Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte Historische Zeitschrift Jahrbuch Jahrbuch für fränkische Landesforschung Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins

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Verzeichnis der Abkürzungen

J3 Jaffé, Regesta Pontificum Romanorum, 3. Aufl. LexMA Lexikon des Mittelalters MGH Monumenta Germaniae Historica Auct. ant. Auctores antiquissimi Briefe d. dt. Kaiserzeit Die Briefe der deutschen Kaiserzeit Capit. Capitularia regum Francorum Capit. episc. Capitula episcoporum Conc. Concilia Const. Constitutiones et acta publica imperatorum et regum DD H II Die Urkunden Heinrichs II. und Arduins DD H IV Die Urkunden Heinrichs IV. Dt Chron. Deutsche Chroniken Dt. MA Deutsches Mittelalter. Kritische Studientexte Epp. Epistolae (in Quart) Epp. sel. Epistolae selectae Fontes iuris Fontes iuris Germanici antiqui in usum scholarum separatim editi Ldl Libelli de lite Libri mem. N.S. Libri memoriales et Necrologia, Nova series Necr. Necrologia Germaniae Poetae Poetae Latini medii aevi SS Scriptores (in Folio) SS rer. Germ. Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi SS rer. Germ. N.S. Scriptores rerum Germanicarum, Nova series SS rer. Merov. Scriptores rerum Merovingicarum MIÖG Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung NA Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde NF Neue Folge PL J. P. Migne, Patrologia Latina RAC Reallexikon für Antik und Christentum RGA Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGG Religion in Geschichte und Gegenwart RhVjbll Rheinische Vierteljahrsblätter RI Regesta Imperii RIS2 (Muratori), Rerum Italicarum Scriptores, neue Ausgabe SMBO Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige TRE Theologische Realenzyklopädie VuF Vorträge und Forschungen ZfK Zeitschrift für Kirchengeschichte ZGO Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins ZRG GA Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung ZRG KA Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Verzeichnis der Quellen Abbo von Saint-Germaine-des-Prés: Bella Parisiacae urbis, ed. Paul von Winterfeld (MGH Poetae 4,1), Berlin 1899, S. 77–121. Adalbert: Continuatio Reginonis, ed. Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. 50), Hannover 1890, S. 154–179; Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Adalberts Fortsetzung der Chronik Reginos u. a., neu bearb. v. Albert Bauer und Reinhold Rau (FSGA 8), Darmstadt 1971, S. 190–231. Adam von Bremen: Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum, ed. Bernhard Schmeidler (MGH SS rer. Germ. 2), Hannover-Leipzig 31917; Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der hamburgischen Kirche und des Reiches. Adam von Bremen: Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche u. a., neu übertr. v. Werner Trillmich (FSGA 11), Darmstadt 1961, S. 160–499. Ademar von Chabannes: Historiarum libri III, ed. Georg Waitz (MGH SS 4), Hannover 1841, S. 113–148. Admonitio ad episcopos et ad regem Karlomannum, in: Fürstenspiegel des frühen und hohen Mittelalters, ed. Hans-Hubert Anton (FSGA 45), Darmstadt 2006, S. 192–205. Admonitio generalis, ed. Hubert Mordek, Klaus Zechiel-Eckes und Michael Glatthaar (MGH Fontes iuris 16), Hannover 2012. Ado von Vienne: Chronicon, ed. Jacques-Paul Migne (PL 123), Paris 1852, Sp. 23–138. Aegidius von Orval: Gesta episcoporum Leodiensium, ed. Johannes Heller (MGH SS 25), Hannover 1880, S. 14–129. (Das) älteste Nekrolog des Speyrer Domstifts und die Todesdaten salischer Königskinder. Mit einem Exkurs: Das älteste Osnabrücker Domnekrolog und die Zehnturkunden Heinrichs IV., ed. Wolfgang Metz, in: AfD 29 (1983), S. 193–208. Alkuin: Epistolae, ed. Ernst Dümmler (MGH Epp. 4), Berlin 1895. Alkuin: Vita Richarii confessoris Centulensis, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 4), Hannover-Leipzig 1902, S. 389–401. Alpert von Metz: De diversitate temporum. Vertaald en ingeleid door Hans van Rij met medewerking van Anna Sapir Abulafia, Amsterdam 1980, S. 2–105. Ambrosius: De bono mortis, in: Sancti Ambrosii opera 1, ed. Karl Schenkl (CSEL 32/1), Wien 1897, S. 701–753;

544

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Ambrosius von Mailand: Der Tod – ein Gut, übers. u. mit Anm. versehen von Josef Huhn (Christliche Meister 44), Freiburg i. Br. 1992. Ambrosius: De excessu fratris, in: Sancti Ambrosii opera 7, ed. Otto Faller (CSEL 73), Wien 1955, S. 207–325. Annales Admuntenses, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 9), Hannover 1851, S. 570– 579. Annales Alamannici, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 22–30 (gerade Seiten), 40–44, 57–60. Annales Altahenses maiores, ed. Edmund von Oefele (MGH SS rer. Germ. 4), Hannover 1891, S. 1–86. Annales Aquenses, ed. Georg Waitz (MGH SS 34), Hannover 1879, S. 34–39. Annales Augienses, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 67–69. Annales Augienses brevissimi, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 3), Hannover 1839, S. 136–137. Annales Augustani, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 3), Hannover 1839, S. 124–136. Annales Bawarici breves, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 20), Hannover 1868, S. 8. Annales Bertiniani, ed. Félix Grat, Jeanne Vielliard et Suzanne Clémencet. Avec une introduction et des notes par Léon Levillain, Paris 1964; Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 2: Jahrbücher von St. Bertin u. a., neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 6), Darmstadt 1961, S. 12–287. Annales Brunwilarenses, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 16), Hannover 1859, S. 725– 728. Annales Colonienses maximi, ed. Karl August Friedrich Pertz (MGH SS 17), Hannover 1861, S. 729–847. Annales Corbeienses, ed. Joseph Prinz: Die Corveyer Annalen (Veröffentlichungen der historischen Kommission für Westfalen 10; Abhandlungen zur Corveyer Geschichtsschreibung 7), Münster 1982. Annales Egmundani, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 16), Hannover 1859, S. 445–479. Annales Fuldenses sive annales regni Francorum orientalis, ed. Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. 7), Hannover 1891; Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 3: Jahrbücher von Fulda u. a., neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 7), Darmstadt 1969, S. 20–177. Annales Guelferbytani, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 23–31 (ungerade Seiten), 40–46. Annales Hildesheimenses, ed. Georg Waitz (MGH SS rer. Germ. 8), Hannover 1878. Annales Laureshamenses, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 22–30 (gerade Seiten), 32–39. Annales Magdeburgenses, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 16), Hannover 1859, S. 107– 196. Annales Marbacenses, ed. Hermann Bloch (MGH SS rer. Germ. 9), Hannover-Leipzig 1907, S. 1–103. Annales Mettenses priores, ed. Bernhard von Simson (MGH SS rer. Germ. 10), HannoverLeipzig 1905. Annales Mosellani, ed. Johann Martin Lappenberg (MGH SS 16), Hannover 1859, S. 494– 499.

Verzeichnis der Quellen

545

Annales Nazariani, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 23–31 (ungerade Seiten), 40–44. Annales necrologici Fuldenses → (Die) Fuldaer Totenannalen Annales necrologici Prumienses → (Die) Prümer Totenannalen Annales Pegavienses et Bosovienses, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 16), Hannover 1859, S. 234–270. Annales Petaviani, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 7–13 (ungerade Seiten), 16–18. Annales Prumienses, ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS 15,2), Hannover 1888, S. 1290– 1292. Annales Quedlinburgenses, ed. Martina Giese (MGH SS rer. Germ. 72), Hannover 2004. Annales regni Francorum inde ab a. 741 usque ad 829. Qui dicuntur Annales Laurissenses maiores et Einhardi, ed. Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. 6), Hannover 1895; Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 1: Die Reichsannalen u. a., neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 5), Darmstadt 1962, S. 10–155. Annales Rosenveldenses, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1859, S. 100–104. Annales S. Albani, restituiert durch Gustav Buchholz: Die Würzburger Chronik. Eine quellenkritische Untersuchung, Leipzig 1879, S. 68–78. Annales S. Amandi, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 6–14 (gerade Seiten). Annales S. Bonifacii, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 3), Hannover 1839, S. 117–118. Annales S. Disibodi, ed. Johann Friedrich Böhmer (Fontes rerum Germanicarum. Geschichtsquellen Deutschlands 3), Stuttgart 1853, S. 173–217; ed. Georg Waitz (MGH SS 17), Hannover 1861, S. 6–30. Annales S. Mariae Ultraiectenses, ed. Ludwig Weiland (MGH SS 15,2), Hannover 1888, S. 1300–1303. Annales S. Pauli Virdunensis, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 16), Hannover 1859, S. 500–502. Annales Sangallenses Baluzii, ed. Ildefons von Arx (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 63. Annales Sangallenses breves, ed. Ildefons von Arx (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 64–65. Annales Sangallenses maiores, ed. Ildefons von Arx (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 73–85. Annales Spirenses, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 17), Hannover 1861, S. 80–85. Annales Tiliani, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 6, 8. Annales Vedastini, ed. Bernhard von Simson (MGH SS rer. Germ. 12), Hannover-Leipzig 1909, S. 40–82; Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 2: Jahrbücher von St. Vaast u. a., neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 6), Darmstadt 1961, S. 290–337. Annales Weissenburgenses, ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS rer. Germ. 38), Hannover-Leipzig 1894, S. 9–57. Annales Wirziburgenses (= Annales S. Albani Moguntini), ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 2), Hannover 1829, S. 238–247. Annalista Saxo: Chronicon, ed. Klaus Nass (MGH SS 37), Hannover 2006. Annalium Ratisbonensium maiorum, ed. Georg Waitz (MGH SS rer. Germ. 4), Hannover 1891, S. 87–91.

546

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Anonymus Haserensis: De gestis episcoporum Eistetensium, ed. Stefan Weinfurter: Die Geschichte der Eichstätter Bischöfe des Anonymus Haserensis. Edition – Übersetzung – Kommentar (Eichstätter Studien NF 24), Regensburg 1987. Anselmi episcopi Lucensis vitae primariae fragmenta, ed. Wilhelm Arndt (MGH SS 20), Hannover 1868, S. 693–696. Anselm von Lüttich: Gesta episcoporum Leodiensium, ed. Rudolf Köpke (MGH SS 7), Hannover 1846, S. 189–234. Apokryphen zum Alten und Neuen Testament, hg. v. Alfred Schindler, Zürich 51993. Astronomus: Vita Hludowici imperatoris, ed. Ernst Tremp (MGH SS rer. Germ. 64), Hannover 1995, S. 280–555. Athanasius von Alexandria: Vita Antonii, ed. Gerard J. M. Bartelink, Athanase d’Alexandre: Vie d’Antoine. Introduction, texte critique, traduction, notes et index (Sources Chrétiennes 400), Paris 1994. Auctarium Ekkehardi S. Petri Erphesfurtensis, ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS rer. Germ. 42), Hannover-Leipzig 1899, S. 25–34. Aurelius Augustinus: Confessionium libri tredecim, ed. Pius Knöll (CSEL 33,1), PragWien-Leipzig 1896; Augustinus: Confessiones. Bekenntnisse, eingel., übers. u. erl. v. Joseph Bernhart, München 41980. Aurelius Augustinus: De civitate dei libri I–X, ed. Bernard Dombart und Alphons Kalb (CCSL 47), Turnhout 1955; Aurelius Augustinus: Vom Gottesstaat. Bd. 1: Buch 1–10, übers. v. Wilhelm Thimme, eingel. u. erl. v. Carl Andresen, Zürich-München 21978. Aurelius Augustinus: De civitate dei libri XI–XXII, ed. Bernard Dombart und Alphons Kalb (CCSL 48), Turnhout 1955; Aurelius Augustinus: Vom Gottesstaat. Bd. 2: Buch 11–22, übers. v. Wilhelm Thimme, eingel. u. erl. v. Carl Andresen, Zürich-München 21978. Aurelius Augustinus: De cura pro mortuis gerenda, ed. Joseph Zycha (CSEL 41), Wien 1900, S. 621–660; Augustinus: Die Sorge für die Toten, übertr. v. Gabriel Schlachter, eingel. u. erl. v. Rudolph Arbesmann, Würzburg 1975. Aurelius Augustinus: Enchiridion ad Laurentium de fide et spe et caritate, ed. Ernest Evans (CCSL 46), Turnhout 1969, S. 49–114; Augustinus: Enchiridion de fide spe et caritate. Handbüchlein über Glaube, Hoffnung und Liebe. Text und Übersetzung mit Einleitung und Kommentar herausgegeben von Joseph Barbel (Testimonia 1), Düsseldorf 1960. Aurelius Augustinus: Sermo de disciplina Christiana, in: Aurelii Augustini Opera XIII, 2, ed. R. Vander Plaetse (CCSL 46), Turnhout 1969, S. 207–224. Aventin: Annales ducum Boiariae, ed. Sigmund von Riezler, München 1884. Bernold von Konstanz: Chronicon, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 5), Hannover 1844, S. 391–467; ed. Ian S. Robinson (MGH SS rer. Germ. N.S. 14), Hannover 2003, S. 383–540; Bertholds und Bernolds Chroniken, hg. v. Ian S. Robinson, übers. v. Helga RobinsonHammerstein u. Ian S. Robinson (FSGA 14), Darmstadt 2002, S. 280–433. Bernold von Konstanz, Libelli, ed. Friedrich Thaner (MGH Ldl 2), Hannover 1892, S. 7– 168.

Verzeichnis der Quellen

547

Bernold von Konstanz: Notae necrologicae, ed. Franz Ludwig Baumann (MGH Necr. 1), Berlin 1888, S. 657–659. Berthold von Reichenau: Chronicon, ed. Ian S. Robinson (MGH SS rer. Germ. N.S. 14), Hannover 2003, S. 163–381; Bertholds und Bernolds Chroniken, hg. v. Ian S. Robinson, übers. v. Helga RobinsonHammerstein u. Ian S. Robinson (FSGA 14), Darmstadt 2002, S. 20–277. (Die) Bibel. Altes und Neues Testament, Einheitsübersetzung, Stuttgart 1980. Brun von Querfurt: S. Adalberti Pragensis episcopi et martyris vita altera, ed. Jadwiga ´ ska (Monumenta Poloniae Historica S.N. 4/2), Warschau 1969; Karwasin Heiligenleben zur deutsch-slawischen Geschichte. Adalbert von Prag und Otto von Bamberg, unter Mitarb. v. Jerzy Strzelczyk hg. v. Lorenz Weinrich (FSGA 23), Darmstadt 2005, S. 70–117. Bruno: De bello Saxonico, ed. Hans-Eberhard Lohmann (MGH Dt. MA 2), Leipzig 1937; Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV. Brunos Sachsenkrieg u. a., neu übers. v. Franz-Josef Schmale (FSGA 12), Darmstadt 1963, S. 192–405. Burchard von Worms: Decretorum libri viginti, ed. Jacques-Paul Migne (PL 140), Paris 1853, Sp. 537–1058. Capitula episcoporum, vierter Teil, ed. Rudolf Pokorny (MGH Capit. episc. 4), Hannover 2005. Casus monasterii Petrishusensis, ed. Otto Feger: Die Chronik des Klosters Petershausen (Schwäbische Chroniken der Stauferzeit 3), Stuttgart 1956. Catalogus episcoporum Brixinensium aus dem 14. Jh., ed. Oswald Redlich: Zur Geschichte der Bischöfe von Brixen vom 10. bis in das 12. Jahrhundert (907–1125), in: Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg 28 (1884), S. 1–52. Catalogus episcoporum Spirensium, ed. Johann Friedrich Böhmer (Fontes rerum Germanicarum. Geschichtsquellen Deutschlands 4), Stuttgart 1868, S. 351–355. Chlotharii II. Edictum 614 Oct. 18, ed. Alfred Boretius (MGH Capit. 1), Hannover 1883, S. 20–23. Chronica episcoporum Merseburgensium, ed. Roger Wilmans (MGH SS 10), Hannover 1852, S. 163–212. Chronicon Benedictoburanum, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 9), Hannover 1851, S. 212–238. Chronicon Ebersheimense, ed. Ludwig Weiland (MGH SS 23), Hannover 1874, S. 431–453. Chronicon Hildesheimense, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 7), Hannover 1846, S. 847–873. Chronicon Hujesburgense, ed. Ottokar Menzel, Das »Chronicon Hujesburgense«, in: SMBO 52 (1934), S. 136–145. Chronicon Suevicum universale, ed. Harry Bresslau (MGH SS 13), Hannover 1881, S. 63– 72. Chronicon Wirziburgense, ed. Georg Waitz (MGH SS 6), Hannover 1844, S. 17–32. Cicero, Marcus Tullius: Gespräche in Tusculum, mit ausführlichen Anmerkungen hg. v. Olof Gigon, München-Zürich 51984. Codex Justinianus, ed. Paul Krüger (Corpus iuris civilis, Bd. 2: Codex Iustinianus), Berlin 1892.

548

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Codex Laureshamensis. Erster Band. Einleitung. Regesten. Chronik, bearb. u. neu hg. v. Karl Glöckner (Arbeiten der historischen Kommission für den Volksstaat Hessen), Darmstadt 1929. Chronicon sancti Laurentii Leodiensis, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 8), Hannover 1848, S. 262–279. Codex Theodosianus, ed. Theodor Mommsen und Paul Meyer (Theodosiani libri XVI cum constitutionibus Sirmondianis et leges novellae ad Theodosianum pertinentes, Bd. 1/2), Berlin 1905. Concilium Avrelianense 549, ed. Charles de Clercq, in: Concilia Galliae 511–695 (CCSL 148 A), Turnhout 1963, S. 147–161. Concilium Cabillonense 813, ed. Albert Werminghoff (MGH Conc. 2,1), HannoverLeipzig 1906, S. 274–285. Concilium Moguntinense 813, ed. Albert Werminghoff (MGH Conc. 2,1), HannoverLeipzig 1906, S. 258–273. Concilium Parisiense 556–573, ed. Charles de Clercq, in: Concilia Galliae 511–695 (CCSL 148 A), Turnhout 1963, S. 204–210. Concilium Parisiense 614 Oct. 10, ed. Charles de Clercq, in: Concilia Galliae 511–695 (CCSL 148 A), Turnhout 1963, S. 274–285. Concilium Triburiense 895 Mai 5, ed. Alfred Boretius und Victor Krause (MGH Capit. 2), Hannover 1897, S. 206–249. Cosmas von Prag: Chronica Boemorum, ed. Berthold Bretholz (MGH SS rer. Germ. N.S. 2), Berlin 1923. Cronica s. Petri Erfordensis moderna, ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS rer. Germ. 42), Hannover-Leipzig 1899, S. 150–369. Donizo: Vita Mathildis, ed. Luigi Simeoni (RIS2 5,2), Bologna 1940, S. 3–106. Eberbacher Chronik der Mainzer Erzbischöfe, ed. Simon Widmann, in: NA 13 (1888), S. 119–143. Einhard: Vita Karoli magni, ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS rer. Germ. 25), Hannover-Leipzig 1911; Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 1: Einhards Leben Karls des Großen u. a., neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 5), Darmstadt 1962, S. 164–211. Ekkehard von Aara: Chronicon = Frutolfs und Ekkehards Chroniken und die anonyme Kaiserchronik, hg. u. übers. v. Franz-Josef Schmale und Irene Schmale-Ott (FSGA 15), Darmstadt 1972, S. 124–377. Epistolae Merowingici et Karolini aevi. Epistolae Austrasiacae, ed. Wilhelm Gundlach (MGH Epp. 3), Berlin 1892, S. 110–153. Eusebius von Caesarea: Werke, Bd. 2: Die lateinische Übersetzung des Rufinus, zweite Hälfte, ed. Eduard Schwartz und Theodor Mommsen (Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte 9/2), Leipzig 1908. Fragmentum Chesnii, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 1), Hannover 1826, S. 33–34. Frechulf von Lisieux: Opera omnia, ed. Michael Idomir Allen. 2 Bde. (Corpus Christianorum. Continuatio mediaevalis 169–169 A), Turnhout 2002. (Pseudo)-Fredegar: Chronicarum libri IV, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 2), Hannover 1888, S. 1–168; Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts. Die vier Bücher der Chroniken des

Verzeichnis der Quellen

549

sogenannten Fredegar. Unter der Leitung von Herwig Wolfram neu übertragen von Andreas Kusternig (FSGA 4a), Darmstadt 1982, S. 44–271. (Pseudo)-Fredegar: Chronicarum libri IV. Continuationes, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 2), Hannover 1888, S. 168–193; Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts. Die Fortsetzung der Chroniken des sogenannten Fredegar. Unter der Leitung von Herwig Wolfram neu übertragen von Herbert Haupt (FSGA 4a), Darmstadt 1982, S. 272–325. Fries, Lorenz: Chronik der Bischöfe von Würzburg 742–1495. Bd. 1: Von den Anfängen bis Rugger 1125, ed. Thomas Heiler, Axel Tittmann und Walter Ziegler (Fontes Herbipolenses. Editionen und Studien aus dem Stadtarchiv Würzburg 1), Würzburg 1992. Frutolf von Michelsberg: Chronicon = Frutolfs und Ekkehards Chroniken und die anonyme Kaiserchronik, hg. u. übers. v. Franz-Josef Schmale und Irene Schmale-Ott (FSGA 15), Darmstadt 1972, S. 47–121. Die anonymen Frutolf-Fortsetzungen bis 1101 und 1106. Nach Vorarbeiten von Irene Schmale-Ott (†) und Franz-Josef Schmale (†) hg. v. Benedikt Marxreiter, Digitale Vorab-Edition 2018 [https://tinyurl.com/2p8886xx; zuletzt abgerufen am 19. Mai 2022] (Die) Fuldaer Totenannalen, ed. Karl Schmid, in: Ders. (Hg.): Klostergemeinschaft von Fulda 1, S. 272–364. Gallus Öhem: Chronick des gotzhuses Rychenowe, ed. Karl Brandi (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Abtei Reichenau 2), Heidelberg 1893. Gerhard von Augsburg: Vita Sancti Uodalrici. Die älteste Lebensbeschreibung des heiligen Ulrich. Mit der Kanonisationsurkunde von 993. Einleitung, kritische Edition und Übersetzung besorgt von Walter Berschin und Angelika Häse, Heidelberg 1993. Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium, ed. Wilhelm Schum (MGH SS 14), Hannover 1883, S. 374–484. Gesta episcoporum Halberstadensium, ed. Ludwig Weiland (MGH SS 23), Hannover 1874, S. 78–123. Gesta episcoporum Mettensium, ed. Georg Waitz (MGH SS 10), Hannover 1852, S. 534– 551. Gesta episcoporum Tullensium, ed. Georg Waitz (MGH SS 8), Hannover 1848, S. 632–648. Gesta pontificum Autissiodorensium. Le gestes des évêques d’Auxerre. 3 Bde. Sous la direction de Michel Sot, texte établi par Guy Lobrichon avec la collaboration de Monique Goullet, présentation, traduction et notes par Pierre Bonnerue u. a. (Les classiques de l’histoire de France au Moyen Âge 42, 43 u. 47), Paris 2006–2009. Gesta Treverorum, ed. Georg Waitz (MGH SS 8), Hannover 1848, S. 130–200. Gregor I.: Dialogi, lib. I–III, ed. Adalbert de Vogüé, traduction par Paul Antin, Grégoire le Grand: Dialogues, Bd. 2 (Sources chrétiennes 260), Paris 1979. Gregor I.: Dialogi, lib. IV, ed. Adalbert de Vogüé, traduction par Paul Antin, Grégoire le Grand: Dialogues, Bd. 3 (Sources chrétiennes 265), Paris 1980. Gregor I.: Moralia in Iob, ed. Marc Adriaen, S. Gregorii Magni Opera. Moralia in Iob Libri I–X (CCSL 143 A), Turnhout 1979. Gregor VII.: Registrum epistolarum, ed. Erich Caspar (MGH Epp. sel. 2), Berlin 1920– 1923. Gregor von Tours: Liber de passione et virtutibus sancti Iuliani martyris, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 1,2), Hannover 1885, S. 112–134.

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Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Gregor von Tours: Liber in gloria confessorum, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 1,2), Hannover 1885, S. 294–370. Gregor von Tours: Liber in gloria martyrum, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 1,2), Hannover 1885, S. 34–111. Gregor von Tours: Liber vitae patrum, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 2,1), Hannover 1885, S. 211–294. Gregor von Tours: Libri historiarum X, ed. Bruno Krusch und Wilhelm Levison (MGH SS rer. Merov. 1,1), Hannover 1951; Gregor von Tours: Zehn Bücher Geschichten, 2 Bde., hg. v. Rudolf Buchner (FSGA 2,2), Darmstadt 1955. Gregor von Tours: Libri IV de virtutibus sancti Martini episcopi, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 1,2), Hannover 1885, S. 134–211. (Die) Hannoversche Briefsammlung, ed. Carl Erdmann (MGH Briefe d. dt. Kaiserzeit 5), Weimar 1950, S. 15–187. Heimo: Vita Willihelmi abbatis Hirsaugiensis, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 12), Hannover 1856, S. 211–225. Heinrici IV. epistola Gregorio VII. missa, ed. Ludwig Weiland (MGH Const. 1), Hannover 1893, S. 109. Heinrich Tribbe → Tribbe, Heinrich: Des Domherrn Heinrich Tribbe Beschreibung von Stadt und Stift Minden. Heito: Visio Wettini, ed. Ernst Dümmler (MGH Poetae 2), Berlin 1884, S. 267–275. Hermann von Reichenau: Chronicon, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 5), Hannover 1844, S. 74–133; Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der Hamburgischen Kirche und des Reichs. Hermann von Reichenau Chronik u. a., neu bearb. v. Rudolf Buchner (FSGA 11), Darmstadt 1961, S. 628–707. Hermann von Lerbeck: Catalogus episcoporum Mindensium, ed. Klemens Löffler, in: Mindener Geschichtsquellen, Bd. 1: Die Bischofschroniken des Mittelalters (Hermanns v. Lerbeck Catalogus episcoporum Mindensium und seine Ableitungen) (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Provinz Westfalen), Münster 1917, S. 19–90. Hinkmar von Reims: Kapitularien, ed. Rudolf Pokorny und Martina Stratmann (MGH Capit. episc. 2), Hannover 1995, S. 34–89. Hinkmar von Reims: Vita Remigii episcopi Remensis, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 3), Hannover 1896, S. 239–341. Hrotsvit von Gandersheim: Opera, ed. Paul von Winterfeld (MGH SS rer. Germ. 34), Berlin 1902. Hugo von Flavigny: Chronicon, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 8), Hannover 1848, S. 285–503. Hystoria de vita domni Iohannis Gorzie coenobii abbatis, ed. Peter Christian Jacobsen (MGH SS rer. Germ. 81), Wiesbaden 2016. Indiculus loricatorum Ottoni II. in Italiam mittendorum, ed. Ludwig Weiland (MGH Const. 1), Hannover 1893, S. 632–633. Iotsald von Saint-Claude: Vita Odilonis, ed. Johannes Staub (MGH SS rer. Germ. 68), Hannover 1999, S. 139–281.

Verzeichnis der Quellen

551

Jacobus de Voragine: Legenda Aurea. Einleitung, Edition, Übersetzung und Kommentar von Bruno W. Häuptli (Fontes Christiani. Sonderband 2), Freiburg i. Br.-Basel-Wien 2014. Johannes de Beke: Chronographia, ed. Hettel Bruch (Rijks geschiedkundige publicatiën. Grote serie 143), ’s-Gravenhage 1973. Jonas von Bobbio: Vitae Columbani abbatis discipulorumque eius libri duo, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 4), Hannover-Leipzig 1902, S. 64–108. Kalendarium et Necrologium ecclesiae Babenbergensis, ed. Heinrich Volbert Sauerland: Ein Bamberger Missale aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts im Trierer Domschatze, in: HJb 8 (1887), S. 475–487. Kalendarium necrologicum Gladbacense, ed. Johann Friedrich Böhmer (Fontes rerum Germanicarum. Geschichtsquellen Deutschlands 3), Stuttgart 1853, S. 357–362. Kalendarium necrologicum Weissenburgense, ed. Johann Friedrich Böhmer (Fontes rerum Germanicarum. Geschichtsquellen Deutschlands 4), Stuttgart 1868, S. 311–314. Lampert von Hersfeld: Annales, ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS rer. Germ. 38), Hannover-Leipzig 1894, S. 1–304; Lampert von Hersfeld: Annalen, neu übers. v. Adolf Schmitz, erl. v. Wolfgang Dietrich Fritz (FSGA 13), Darmstadt 1962. Lantbert von Deutz: Vita Heriberti, ed. Bernhard Vogel (MGH SS rer. Germ. 73), Hannover 2001, S. 135–201. Liber anniversiorum ecclesiae maioris Augustensis, ed. Franz Ludwig Baumann (MGH Necr. 1), Berlin 1988, S. 55–73. Liber de unitate ecclesiae conservanda, ed. Wilhelm Schwenkenbecher (MGH Ldl 2), Hannover 1892, S. 173–284; Quellen zum Investiturstreit 2: Schriften über den Streit zwischen regnum und sacerdotium. Der Liber de unitate ecclesiae conservanda u. a., übers. v. Irene Schmale-Ott (FSGA 12b), Darmstadt 1984, S. 272–579. Liber historiae Francorum, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 2), Hannover 1888, S. 215–328; Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts. Das Buch von der Geschichte der Franken. Unter der Leitung v. Herwig Wolfram neu übertr. v. Herbert Haupt (FSGA 4a), Darmstadt 1982, S. 338–379. Liber pontificalis. Texte, introduction et commentaire par Louis Duchesne, 3 Bde. (Bibliothèque des Ecoles Françaises d’Athènes et de Rome 2, 3), Paris 21955–1957. Liber pontificalis Eichstetensis, ed. Ludwig Conrad Bethmann (MGH SS 7), Hannover 1846, S. 242–253. Liudprand von Cremona: Antapodosis, ed. Joseph Becker (MGH SS rer. Germ. 41), Hannover-Leipzig 31915, S. 1–158; Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Liudprands Werke u. a., neu bearb. v. Albert Bauer und Reinhold Rau (FSGA 8), Darmstadt 1971, S. 244–495. Liudprand von Cremona: Relatio de legatione Constantinopolitana, ed. Joseph Becker (MGH SS rer. Germ. 41), Hannover-Leipzig 31915, S. 175–212; Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Liudprands Werke u. a., neu bearb. v. Albert Bauer und Reinhold Rau (FSGA 8), Darmstadt 1971, S. 524–589.

552

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Marius von Avenches: Chronica, ed. Justin Favrod, La chronique de Marius d’Avenches. Texte, traduction et commentaire (Cahiers Lausannois d’histoire médiévale 4), Lausanne 21993. Maximus von Turin: Homiliae, ed. Jacques-Paul Migne (PL 57), Paris 1862, Sp. 221–530. Muspilli, in: Althochdeutsche Literatur. Mit altniederdeutschen Textbeispielen. Auswahl mit Übertragungen und Kommentar hg. v. Horst Dieter Schlosser, Berlin 22004, S. 82–87. Necrologia S. Rudberti Salisburgensis, ed. Siegmund Herzberg-Fränkel (MGH Necr. 2), Berlin 1904, S. 91–198. Necrologium ecclesiae Moguntinae, ed. Philipp Jaffé (Bibliotheca rerum Germanicarum 3), Berlin 1866, S. 721–728. Necrologium Michaelburanum, ed. Siegmund Herzberg-Fränkel (MGH Necr. 2), Berlin 1904, S. 212–216. Necrologium monasterii Altahae inferioris, ed. Maximilian Fastlinger (MGH Necr. 4), Berlin 1920, S. 27–72. Necrologium monasterii Rosacensis, ed. Vincenzo Joppi, in: AVGT 19 (1900), S. 1–23. Necrologium monasterii S. Udalrici Augustensis civitatis, ed. Franz Ludwig Baumann (MGH Necr. 1), Berlin 1988, S. 120–128. Necrologium monasterii superioris Ratisbonensis, ed. Franz Ludwig Baumann (MGH Necr. 3), Berlin 1905, S. 335–349. Necrologium Ottenburanum, ed. Franz Ludwig Baumann (MGH Necr. 1), Berlin 1888, S. 100–118. Necrologium Sigebergense, ed. Gottfried Eckertz: Necrologium Gladbacense II. et necrologium Sigebergense, in: AnnHVNdrh 8 (1860), S. 189–227. Necrologium Weihenstephanense, ed. Franz Ludwig Baumann (MGH Necr. 3), Berlin 1905, S. 203–218. Nithard: Historiarum libri IIII, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 2), Hannover 1829, S. 651–672; Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 1. Nithard Geschichte u. a., neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 5), Darmstadt 1962, S. 386–461. Notker Balbulus: Gesta Karoli magni imperatoris, ed. Hans F. Haefele (MGH SS rer. Germ. N.S. 12), Berlin 1959; Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 3: Notker Taten Karls u. a., neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 7), Darmstadt 1969, S. 322–427. (Les) ordines romani du haut Moyen Âge, Bd. 4: Les textes, ed. Michel Andrieu (Ordines XXXV–XLIX) (Spicilegium Sacrum Lovaniense 28), Leuven 1985. Otto von Freising: Chronica sive historia de duabus civitatibus, ed. Adolf Hofmeister (MGH SS rer. Germ. 45), Hannover-Leipzig 1912; Otto von Freising: Chronik oder die Geschichte der zwei Staaten. Übersetzt von Adolf Schmidt, herausgegeben von Walther Lammers (FSGA 16), Darmstadt 1961. Passio Leudegarii episcopi Augustodunensis auctore Ursino, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 5), Hannover-Leipzig 1910, S. 323–362. Passio Leudegarii episcopi et martyris Augustodunensis, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 5), Hannover-Leipzig 1910, S. 282–322. Passio S. Quirini episcopi et martyris, ed. Thierry Ruinart: Acta Martyrum, Regensburg 1859, S. 522–524.

Verzeichnis der Quellen

553

Passio sancti Desiderii episcopi et martyris, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 3), Hannover 1896, S. 638–645. Passio sanctorum martyrum septem dormientium apud Ephesum, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 1,2), Hannover 1885, S. 397–403. Passio Thiemonis archiepiscopi, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 11), Hannover 1854, S. 52–62. Paulus Diaconus: Gesta episcoporum Mettensium, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 2), Hannover 1829, S. 261–268. Paulinus von Mailand: Vita sancti Ambrosii, ed. Michele Pellegrino (Verba seniorum N.S. 1), Rom 1961; Paulinus von Mailand: Das Leben des hl. Ambrosius, übersetzt von Ilona Opelt, in: Das Leben des heiligen Ambrosius. Die Vita des Paulinus und ausgewählte Texte aus den Werken des Heiligen und anderen Zeitdokumenten. Eingeleitet von Ernst Dassmann (Heilige der ungeteilten Christenheit), Düsseldorf 1967, S. 37–69. Paulinus von Périgueux: Vita sancti Martini. Introduction, édition critique, traduction et notes par Sylvie Labarre (Sources chrétiennes 581), Paris 2016. Paulusapokalypse → Klauck, Bibel, S. 157–173, mit Übersetzung S. 173–198. Petrus Damiani: De bono suffragiorum et variis miraculis, ed. Jacques-Paul Migne (Patrologia Latina 145), Paris 1853, Sp. 559–572. Petrusapokalypse → Apokryphen zum Alten und Neuen Testament, S. 729–744. Platon: Apologie, in: Platon. Sämtliche Werke, Bd. 1, in der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher, auf der Grundlage der Bearbeitung von Walter F. Otto, Ernesto Grassi und Gert Plamböck neu hg. v. Ursula Wolf, Hamburg 322011, S. 13–43. Platon: Gorgias, in: Platon. Sämtliche Werke, Bd. 1, in der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher, auf der Grundlage der Bearbeitung von Walter F. Otto, Ernesto Grassi und Gert Plamböck neu hg. v. Ursula Wolf, Hamburg 322011, S. 343–452. Platon: Phaidon, übers. u. hg. v. Barbara Zehnpfennig (Philosophische Bibliothek 431), Hamburg 1991. Possidius von Calama: Vita Augustini, eingeleitet, kommentiert und herausgegeben von Wilhelm Geerlings (Augustinus Opera – Werke), Paderborn u. a. 2005. (Die) Prümer Totenannalen, ed. Karl Schmid, in: Ders. (Hg.): Klostergemeinschaft von Fulda 1, S. 365–384. Regino von Prüm: Libri duo de synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis, hg. u. übers. v. Wilfried Hartmann (FSGA 42), Darmstadt 2004. Regino von Prüm: Chronicon, ed. Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. 50), Hannover 1890, S. 1–153; Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte 3: Regino Chronik u. a., neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 7), Darmstadt 1969, S. 180–319. Rimbert: Vita Anskarii, ed. Georg Waitz (MGH SS rer. Germ. 55), Hannover 1884, S. 13–79. Rufinus: Kirchengeschichte → Eusebius von Caesarea: Werke, Bd. 2. Ruotger: Vita Brunonis, ed. Irene Ott (MGH SS rer. Germ. N.S. 10), Weimar 1951; Lebensbeschreibungen einiger Bischöfe des 10. bis 12. Jahrhunderts, bearb. v. Hatto Kallfelz (FSGA 22), Darmstadt 1973, S. 178–261. Rupert von Deutz: Vita Heriberti. Kritische Edition mit Kommentar und Untersuchungen von Peter Dinter (Veröffentlichungen des Historischen Vereins für den Niederrhein 13), Bonn 1976.

554

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Sacramentario del vescovo Warmondo di Ivrea. Fine secolo X. Ivrea, Biblioteca capitolare, MS 31 LXXXI, ed. Luigi Bettazzi, Ivrea 1990. Sächsische Weltchronik, ed. Ludwig Weiland (MGH Dt. Chron. 2), Hannover 1877, S. 65– 279. Sedulius Scottus: Liber de rectoribus Christianis → Hellmann: Sedulius Scottus, S. 19–91. Series archiepiscoporum Moguntinorum, ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS 13), Hannover 1881, S. 311–316. Series episcoporum Babenbergensium, ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS 13), S. 341. Series S. Iacobi Moguntini → Series archiepiscoporum Moguntinorum. Sidonius Apollinaris: Briefe = Sidonius Apollinaris: Tome III: Lettres (Livres VI–IX), Texte établi et traduit par André Loyen (Collection des universités de France), Paris 1970. Sigebert von Gembloux: Chronica, ed. Ludwig Conrad Bethmann (MGH SS 6), Hannover 1844, S. 300–374. Sigeboto: Vita Paulinae, ed. Julius Reinhard Dieterich (MGH SS 30,2), Leipzig 1934, S. 910–938. Sisebut: Vita vel passio sancti Desiderii, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 3), Hannover 1896, S. 630–637. St. Galler Fortsetzungen Hermanns von Reichenau (Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, 2° Cod 254). Sulpicius Severus: Briefe = Sulpicius Severus: Vie de Saint Martin, Bd. 1, introduction, texte et traduction par Jacques Fontaine (Sources chrétiennes 133), Paris 1967, S. 248–345; Sulpicius Severus: Leben des heiligen Martin (Vita sancti Martini), eingeleitet, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Kurt Smolak, Eisenstadt 1997. Sulpicius Severus: Dialogi = Sulpicius Severus: Gallus. Dialogues sur les »vertus« de Saint Martin. Introduction, texte critique, traduction et notes par Jacques Fontaine avec la collaboration de Nicole Dupré (Sources Chrétiennes 510), Paris 2006. Sulpicius Severus: Vita Martini = Sulpicius Severus: Vie de Saint Martin, Bd. 1–3, introduction, texte et traduction par Jacques Fontaine (Sources chrétiennes 133–135), Paris 1967–1969; Sulpicius Severus: Vita Sancti Martini. Das Leben des heiligen Martin, Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Gerlinde Huber-Rebenich, Stuttgart 2010. (Die) Tegernseer Briefsammlung (Froumund), ed. Karl Strecker (MGH Epp. sel. 3), Berlin 1925. Tertullianus, Quintus Septimius Florens: De anima, edited with Introduction and Commentary by Jan H. Waszink, Amsterdam 1947. Thangmar: Vita Bernwardi episcopi Hildesheimensis, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 4), Hannover 1841, S. 758–782. Thegan: Gesta Hludowici imperatoris, ed. Ernst Tremp (MGH SS rer. Germ. 64), Hannover 1995, S. 168–277 (mit Übersetzung). Theodulf von Orléans: Kapitularien, ed. Peter Brommer (MGH Capit. episc. 1), Hannover 1984, S. 103–184. Thietmar von Merseburg: Chronicon, ed. Robert Holtzmann (MGH SS rer. Germ. N.S. 9), Berlin 1935; Thietmar von Merseburg: Chronik, neu übertragen und erläutert von Werner Trillmich (FSGA 9), Darmstadt 1962. Faksimile: Die Dresdner Handschrift der Chronik des Bischofs Thietmar von Merse-

Verzeichnis der Quellen

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burg. Mit Unterstützung der Generaldirektion der Kgl. Sächs. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, der König-Johann-Stiftung und der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica in Faksimile herausgegeben von Ludwig Schmidt, Dresden 1905; mittlerweile über die digitale MGH und die SLUB einsehbar [http://www.mgh-bi bliothek.de/digilib/thietmar.html / http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/1227 10/1/0/; zuletzt abgerufen am 19. Mai 2022]. Todtenbuch des Speirer Domstifts, ed. Heinrich Reimer, in: ZGO 26 (1874), S. 414–444. Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg, ed. Gerd Althoff und Joachim Wollasch (MGH Libri mem. N.S. 2), Hannover 1983. (De) transitu beatae Mariae virginis, in: Apocalypses Apocryphae. Mosis, Esdrae, Pauli, Iohannis item Mariae dormitio, additis evangeliorum et actuum apocryphorum supplementis, ed. Konstantin von Tischendorf, Leipzig 1866, S. 113–123. Tribbe, Heinrich: Des Domherrn Heinrich Tribbe Beschreibung von Stadt und Stift Minden (um 1460), ed. Klemens Löffler: Mindener Geschichtsquellen, Bd. 2 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Provinz Westfalen), Münster 1932. Triumphus S. Remacli, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 11), Hannover 1854, S. 438– 461. (Die) Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd. 3: Die Urkunden Heinrichs II. und Arduins, ed. Harry Bresslau und Hermann Bloch (MGH DD H II), Hannover 1900– 1903. (Die) Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd. 6: Die Urkunden Heinrichs IV., 3 Bde., ed. Dietrich von Gladiss und Alfred Gawlik (MGH DD H IV), Berlin-WeimarHannover 1941–1978. Venantius Fortunatus: Opera poetica. Carminum epistularum expositionum libri undecim, ed. Friedrich Leo (MGH Auct. ant. 4,1), Berlin 1881, S. 1–292. Venantius Fortunatus: Opera poetica. Vita S. Martini, ed. Friedrich Leo (MGH Auct. ant. 4,1), Berlin 1881, S. 293–370. Venantius Fortunatus: Vita Germani episcopi Parisiaci, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 7), Hannover-Leipzig 1920, S. 372–418. Visio Baronti Monachi Longorentensis, ed. Wilhelm Levison (MGH SS rer. Merov. 5), Hannover 1910, S. 377–394. (De) Visione Bernoldi presbyteri → van der Lugt: Tradition, S. 140–149. Visio Caroli crassi, ed. Louis Duchesne: Notice sur un Manuscrit de la Bibliothèque de St.Omer, in: Mémoires de la Société des Antiquaires de la Morinie 5 (1841), S. 185–190. Visio cuiusdam pauperculae mulieris, ed. Hubert Houben: Visio cuiusdam pauperculae mulieris – Überlieferung und Herkunft eines frühmittelalterlichen Visionstextes, in: ZGO 124 NF 85 (1976), S. 41–42. ´ ska, S. Adalberti Pragensis Vita Adalberti Pragensis episcopi, ed. Jadwiga Karwasin episcopi et martyris vita prior (Monumenta Poloniae Historica S.N. 4/1), Warschau 1962; Heiligenleben zur deutsch-slawischen Geschichte. Adalbert von Prag und Otto von Bamberg, unter Mitarb. v. Jerzy Strzelczyk hg. v. Lorenz Weinrich (FSGA 23), Darmstadt 2005, S. 28–69. Vita altera Bonifatii auctore Traiectensi, ed. Wilhelm Levison (MGH SS rer. Germ. 57), Hannover-Leipzig 1905, S. 62–78.

556

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Vita Altmanni episcopi Pataviensis, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 12), Hannover 1856, S. 228–243. Vita Annonis archiepiscopus Coloniensis, ed. Rudolf Köpke (MGH SS 11), Hannover 1854, S. 465–518. Vita Audoini episcopi Rotomagensis, ed. Wilhelm Levison (MGH SS rer. Merov. 5), Hannover-Leipzig 1910, S. 553–567. Vita Bardonis auctore Vulculdo, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 11), Hannover 1854, S. 318–321. Vita Bardonis maior, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 11), Hannover 1854, S. 322–342. Vita Brunonis altera, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 4), Hannover 1841, S. 275–279. Vita Burchardi episcopi, ed. Heinrich Boos, in: Monumenta Wormatiensia (Quellen zur Geschichte der Stadt Worms 3), Berlin 1893, S. 99–126. Vita et passio Conradi archiepiscopi, ed. Georg Waitz (MGH SS 8), Hannover 1848, S. 214– 219. Vita Gebehardi et successorum eius, ed. Wilhelm Wattenbach (MGH SS 11), Hannover 1854, S. 34–49. Vita Heinrici IV imperatoris, ed. Wilhelm Eberhard (MGH SS rer. Germ. 58), HannoverLeipzig 31899; Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV. Das Leben Kaiser Heinrichs IV., neu übers. v. Irene Schmale-Ott (FSGA 12), Darmstadt 1963, S. 408–467. Vita Leonis IX. Papae, ed. Hans-Georg Krause (MGH SS rer. Germ. 70), Hannover 2007. Vita Nicetii episcopi Lugdunensis, ed. Bruno Krusch (MGH SS rer. Merov. 3), Hannover 1896, S. 521–524. Vita Wernheri episcopi Merseburgensis, ed. Roger Wilmans (MGH SS 12), Hannover 1856, S. 245–248. Vita Wolfhelmi abbatis Brunwilarensis auctore Conrado, ed. Roger Wilmans (MGH SS 12), Hannover 1856, S. 181–195. Walahfrid Strabo: Visio Wettini, ed. Ernst Dümmler (MGH Poetae 2), Berlin 1884, S. 301– 333. Widukind von Corvey: Rerum gestarum Saxonicum libri tres, ed. Paul Hirsch (MGH SS rer. Germ. 60), Hannover 51935; Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Widukinds Sachsengeschichte u. a., neu bearb. v. Albert Bauer und Reinhold Rau (FSGA 8), Darmstadt 1971, S. 12–183. Willibald: Vita Bonifatii, ed. Wilhelm Levison (MGH SS rer. Germ. 57), Hannover-Leipzig 1905, S. 1–58; Willibalds Leben des Bonifatius u. a., neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 4b), Darmstadt 1968, S. 454–525. Wipo: Gesta Chuonradi imperatoris, ed. Harry Bresslau (MGH SS rer. Germ. 61), Hannover-Leipzig 31915; Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der hamburgischen Kirche und des Reiches. Wipo Taten Kaiser Konrads II. u. a., neu übertr. v. Werner Trillmich (FSGA 11), Darmstadt 1961, S. 522–613. Wolfher: Vita Godehardi episcopi posterior, ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS 11), Hannover 1854, S. 198–218.

Verzeichnis der Regestenwerke

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Verzeichnis der Regestenwerke Papstregesten 911–1024, bearb v. Harald Zimmermann (= RI II,5), Wien-Köln-Weimar 2 1998. Papstregesten 1024–1058, bearb. v. Karl Augustin Frech (= RI III,5), Köln-Weimar-Wien 2011. Regesta pontificum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII, ed. Philipp Jaffé. Editionem tertiam emendatam et auctam iubente academia Gottingensi sub auspiciis Nicolai Herbers. Tomus quartum (ab a. MXXIV usque ad a. MLXXIII) curavit Iudith Werner, Göttingen 2020. (Die) Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1152, bearb. v. Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der schwäbischen Forschungsgemeinschaft bei der Kommission für bayerische Landesgeschichte, Reihe IIb), Augsburg 1985. (Die) Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Bamberg, bearb. v. Erich Frhr. von Guttenberg (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte, VI. Reihe), Würzburg 1963. (Die) Regesten der Bischöfe von Eichstätt, bearb. v. Franz Heidingsfelder (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte, VI. Reihe), Innsbruck 1915–1938. (Die) Regesten der Bischöfe von Freising. Bd. 1: 739–1184, bearb. v. Alois Weissthanner, fortgesetzt und abgeschlossen durch Gertrud Thoma und Martin Ott (Regesten zur bayerischen Geschichte), München 2009. (Die) Regesten der Bischöfe von Passau, Bd. 1: 731–1206, bearb. v. Egon Boshof (Regesten zur bayerischen Geschichte), München 1992. Regesten der Bischöfe von Straßburg bis zum Jahre 1202, bearb. v. Paul Wentzcke, Innsbruck 1908. Regesten der Erzbischöfe von Bremen, Bd. 1: 787–1306, bearb v. Otto Heinrich May (Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe und Bremen 11), Bremen 1937. (Die) Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Bd. 1: 313–1099, bearb. v. Friedrich Wilhelm Oediger (Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 21), Nachdr. d. Ausg. Bonn 1954–1961, Düsseldorf 1978. (Die) Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich IV. 1056 (1050)–1106. 2. Lief.: 1065–1075, bearb. v. Tilman Struve unter Mitwirkung von Gerhard Lubich und Dirk Jäckel (= RI III,2,3), Köln-Weimar-Wien 2010. (Die) Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich IV. 1056 (1050)–1106. 3. Lief.: 1076–1085, bearb. v. Gerhard Lubich nach Vorarbeiten von Tilman Struve unter Mitwirkung von Dirk Jäckel (= RI III,2,3), Köln-Weimar-Wien 2016. (Die) Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich IV. 1056 (1050)–1106. 4. Lief.: 1086–1105/ 06, bearb. v. Gerhard Lubich nach Vorarbeiten von Daniel Brauch unter Mitwirkung von Matthias Weber (= RI III,2,3), Köln-Weimar-Wien 2016. (Die) Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich IV. 1056 (1050)–1106. 5. Lief.: Die Regesten Rudolfs von Rheinfelden, Hermanns von Salm und Konrads (III.). Verzeichnisse, Register, Addenda und Corrigenda, bearb. v. Gerhard Lubich unter Mitwirkung von

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Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Dirk Jäckel, Cathrin Junker, Markus Keller, Lisa Klocke und Matthias Weber (= RI III,2,3), Köln-Weimar-Wien 2018.

Verzeichnis der Literatur Acker, Marieke van: Vt qviqve rvstici et inlitterati hec avdierint intellegant. Hagiographie et communication verticale au temps des Mérovingiens (VIIe–VIIIe siècles) (Corpus Christianorum IV), Turnhout 2007. Aertsen, Jan A.: Einleitung: Die Entdeckung des Individuums, in: Ders. und Andreas Speer (Hgg.): Individuum und Individualität im Mittelalter (Miscellanea Mediaevalia 24), Berlin-New York 1996, S. IX–XVII. Airlie, Stuart: ›Sad Stories of the Death of Kings‹: Narrative Patterns and Structures of Authority in Regino of Prüm’s Chronicle, in: Elizabeth M. Tyler und Ross Balzaretti (Hgg.): Narrative and History in the Early Medieval West (Studies in the Early Middle Ages 16), Turnhout 2006, S. 105–131. Albert, Bettina: Der Tod in Worten. Todesdarstellungen in der Literatur des frühen Mittelalters, Marburg 2014. Alexandre, Monique: A propos du récit de la mort d’Antoine (Athanase, Vie d’Antoine. PG 26, 968–974, § 89–93). L’heure de la mort dans la littérature monastique, in: Le temps chrétien, S. 263–282. Alexandre-Bidon, Danièle und Treffort, Cécile (Hgg.): A réveiller les morts: la mort au quotidien dans l’Occident médiéval, Lyon 1993. Alexandre-Bidon, Danièle: Le corps et son linceul, in: Dies. und Cécile Treffort (Hgg.): A réveiller les morts, S. 183–206. Alexandre-Bidon, Danièle: La mort au Moyen Âge IIe–XVIe siècle (La vie quotidienne), Paris 1998. Alles, Stefan: Lampert von Hersfeld und Eberhard von Fulda: Zwei gelehrte Mönche als kritische Repräsentanten ihrer benachbarten Reichsabteien in den Umbrüchen des 11. und 12. Jahrhunderts. Eine vergleichende Würdigung von Umfeld, Werk und Bedeutung aus landesgeschichtlicher Perspektive, Diss. Marburg 2010. [Onlinefassung: http://archiv.ub.uni-marburg.de/es/2011/0003/pdf/lvh_evf.pdf; zuletzt abgerufen am 19. Mai 2022]. Alt, Daniel: …ut sancto sanctus succederet… oder: Haben Heilige eine Wahl? Ein Ausblick auf die frühmittelalterliche Bischofserhebung in den Viten heiliger Bischöfe, in: Leemans u. a. (Hgg.): Episcopal Elections in Late Antiquity, S. 315–330. Alt, Daniel: Sanctus Episcopus. Das Bischofsideal von früh- und hochmittelalterlichen Bischofsviten im Spannungsfeld von Anspruch und Wirklichkeit (Studien zur Kirchengeschichte und Theologie 4), Herne 2013. Altendorf, Hans-Dietrich: Die Entstehung des theologischen Höllenbildes in der Alten Kirche, in: Jezler (Hg.): Himmel, Hölle, Fegefeuer, S. 27–32. Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen (Münstersche MittelalterSchriften 47), München 1984.

Verzeichnis der Literatur

559

Althoff, Gerd: Das argumentative Gedächtnis. Anklage- und Rechtfertigungsstrategien in der Historiographie des 10. und 11. Jahrhunderts, in: Christel Meier u. a. (Hgg.): Pragmatische Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur (Münstersche MittelalterSchriften 79), München 2002, S. 63–76. Althoff, Gerd: Beobachtungen zum liudolfingisch-ottonischen Gedenkwesen, in: Schmid / Wollasch (Hgg.): Memoria, S. 649–665. Althoff, Gerd: Causa scribendi und Darstellungsabsicht: Die Lebensbeschreibungen der Königin Mathilde und andere Beispiele, in: Borgolte / Spilling (Hgg.): Litterae Medii Aevi, S. 117–133. Althoff, Gerd: Geschichtsschreibung in einer oralen Gesellschaft. Das Beispiel des 10. Jahrhunderts, in: Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter (Hgg.): Ottonische Neuanfänge. Symposion zur Ausstellung »Otto der Große, Magdeburg und Europa«, Mainz 2001, S. 151–169. Althoff, Gerd: Die Gründung des Erzbistums Magdeburg, in: Matthias Puhle (Hg.): Otto der Große, Magdeburg und Europa, Bd. 1: Essays, Mainz 2001, S. 344–352. Althoff, Gerd und Schubert, Ernst (Hgg.): Herrschaftsrepräsentation im ottonischen Sachsen (VuF 46), Sigmaringen 1998. Althoff, Gerd: Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter, Darmstadt 2016. Althoff, Gerd: Libertas ecclesiae oder die Anfänge der Säkularisierung im Investiturstreit?, in: Karl Gabriel, Christel Gärtner und Detlef Pollack (Hgg.): Umstrittene Säkularisierung: soziologische und historische Analysen zur Differenzierung von Religion und Politik, Berlin 2012, S. 78–100. Althoff, Gerd: Magdeburg – Halberstadt – Merseburg. Bischöfliche Repräsentation und Interessenvertretung im ottonischen Sachsen, in: Ders. / Schubert (Hgg.): Herrschaftsrepräsentation, S. 267–293. Althoff, Gerd: Otto III. (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance), Darmstadt 1996. Althoff, Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat, Stuttgart-Berlin-Köln 2000. Althoff, Gerd und Coué, Stephanie: Pragmatische Geschichtsschreibung und Krisen. 1. Zur Funktion von Brunos Buch vom Sachsenkrieg, in: Hagen Keller (Hg.): Pragmatische Schriftlichkeit im Mittelalter. Erscheinungsformen und Entwicklungsstufen. Akten des internationalen Kolloquiums, 17.–19. Mai 1989 (Münstersche MittelalterSchriften 65), München 1992, S. 95–129. Althoff, Gerd: Schranken der Gewalt. Wie gewalttätig war das »finstere Mittelalter«?, in: Horst Brunner (Hg.): Der Krieg im Mittelalter und in der frühen Neuzeit: Gründe, Begründungen, Bilder, Bräuche, Recht (Imagines medii aevi 3), Wiesbaden 1999, S. 1– 23. Althoff, Gerd: Verformungen durch mündliche Tradition: Geschichten über Erzbischof Hatto von Mainz, in: Hagen Keller und Nikolaus Staubach (Hgg.): Iconologia Sacra. Mythos, Bildkunst und Dichtung in der Religions- und Sozialgeschichte Alteuropas. Festschrift für Karl Hauck zum 75. Geburtstag (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 23), Berlin-New York 1994, S. 438–450. Althoff, Gerd: Widukind von Corvey. Kronzeuge und Herausforderung, in: FMSt 27 (1993), S. 253–272. Ameling, Walter: Das Jenseits der Märtyrer, in: Ders. (Hg.): Topographie, S. 69–81.

560

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Ameling, Walter (Hg.): Topographie des Jenseits. Studien zur Geschichte des Todes in Kaiserzeit und Spätantike (Altertumswissenschaftliches Kolloquium 21), Stuttgart 2011. Anderson, James R.; Gillies, Alasdair und Lock, Louise C.: Pan thanatology, in: Current Biology 20 (2010), S. R349–R351. Andresen, Carl: Einleitung, in: Aurelius Augustinus: Vom Gottesstaat. Buch 1–10, Bd. 1, übers. v. Wilhelm Thimme, eingel. u. erl. v. Carl Andresen, Zürich-München 21978, S. V–XXXII. Angenendt, Arnold: Buße und liturgisches Gedenken, in: Schmid (Hg.): Gedächtnis, das Gemeinschaft stiftet, S. 39–50. Angenendt, Arnold: Corpus Incorruptum. Eine Leitidee der mittelalterlichen Reliquienverehrung, in: Ders.: Gegenwart der Heiligen, S. 109–143. Angenendt, Arnold: Das Frühmittelalter. Die abendländische Christenheit von 400 bis 900, Stuttgart-Berlin-Köln 21995. Angenendt, Arnold: Der »ganze« und »unverweste« Leib – eine Leitidee der Reliquienverehrung bei Gregor von Tours und Beda Venerabilis, in: Hubert Mordek (Hg.): Aus Archiven und Bibliotheken. Festschrift für Raymund Kottje zum 65. Geburtstag (Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 3), Frankfurt a.M. u. a. 1992, S. 33–50. Angenendt, Arnold: Die Gegenwart der Heiligen, eingel. u. hg. v. Hubertus Lutterbach, Münster 2010. Angenendt, Arnold: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, Darmstadt 42009. Angenendt, Arnold: Der Heilige: auf Erden – im Himmel, in: Jürgen Petersohn (Hg.): Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter (VuF 42), Sigmaringen 1994, S. 11– 52. Angenendt, Arnold: Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart, München 1994. Angenendt, Arnold: In porticu ecclesiae sepultus. Ein Beispiel von himmlisch-irdischer Spiegelung, in: Ders.: Gegenwart der Heiligen, S. 145–161. Angenendt, Arnold: Die liturgische Memoria: Hilfe für das Fortleben im Jenseits, in: Rainer Berndt (Hg.), Wider das Vergessen und für das Seelenheil. Memoria und Totengedenken im Mittelalter (Erudiri Sapientia 9), Münster 2013, S. 199–226. Angenendt, Arnold: Martin als Gottesmann und Bischof, in: Ders.: Gegenwart, S. 89–108. Angenendt, Arnold: Pippins Königserhebung und Salbung, in: Becher / Jarnut (Hgg.): Dynastiewechsel, S. 179–209. Angenendt, Arnold: Rez. zu Jacques Le Goff: Die Geburt des Fegefeuers, in: Theologische Revue 82 (1986), Sp. 38–41. Angenendt, Arnold: Theologie und Liturgie der mittelalterlichen Toten-Memoria, in: Schmid / Wollasch (Hgg.): Memoria, S. 79–199. Angenendt, Arnold: Die Welt des Thietmar von Merseburg, in: Holger Kunde u. a. (Hgg.): Zwischen Kathedrale und Welt. 1000 Jahre Domkapitel Merseburg. Aufsätze, Petersberg 2005, S. 35–62. Anrich, Gustav: Clemens und Origenes als Begründer der Lehre vom Fegfeuer, in: Theologische Abhandlungen für Heinrich Julius Holtzmann, Tübingen-Leipzig 1902, S. 95–120. Antin, Paul: La mort de saint Martin, in: Revue des Études Anciennes 66 (1964), S. 108– 120.

Verzeichnis der Literatur

561

Anton, Hans Hubert: Bischof und civitas – Kirchliche Grundlagen und politische Dimensionen bischöflicher Amtsführung im Frankenreich, in: Wieczorek u. a. (Hgg.): Die Franken – Wegbereiter Europas 1, S. 373–380. Anton, Hans Hubert: »Bischofsherrschaften« und »Bischofsstaaten« in Spätantike und Frühmittelalter. Reflexionen zu ihrer Genese, Struktur und Typologie, in: Friedhelm Burgard, Christoph Cluse und Alfred Haverkamp (Hgg.): Liber amicorum necnon et amicarum für Alfred Heit. Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte und geschichtlichen Landeskunde (Trierer historische Forschungen 28), Trier 1996, S. 461–473. Apprendre, produire, se conduire: le modèle au Moyen Âge. XLVe Congrès de la SHMESP (Nancy-Metz, 22 mai–25 mai 2014) (Histoire ancienne et médiévale 139), Paris 2015. Ariès, Philippe: Geschichte des Todes, München 112005 (im Original: L’homme devant la mort, Paris 1977). Ariès, Philippe: Le Purgatoire. D’après la »Naissance du Purgatoire« de Jacques Le Goff, in: Becker / Einig / Ullrich (Hgg.): Im Angesicht des Todes 1, S. 593–602. Ariès, Philippe: Studien zur Geschichte des Todes im Abendland, München 1982 (im Original: Essais sur l’histoire de la mort en Occident du Moyen Âge à nos jours, Paris 1975). Aris, Marc-Aeilko: Erzählendes Sterben – Der Tod des Bonifatius im Spiegel der Bonifatiusviten, in: Michael Imhof und Gregor K. Stasch (Hgg.): Bonifatius. Vom angelsächsischen Missionar zum Apostel der Deutschen, Petersberg 2004, S. 111–126. Arnold, Benjamin: Episcopal Authority Authenticated and Fabricated: Form and Function in Medieval German Bishops’ Catalogues, in: Reuter (Hg.): Warriors, S. 63–78. Arnold, Benjamin: German Bishops and their Military Retinues in the Medieval Empire, in: German History 7 (1989), S. 161–183. Arnold, Klaus: Lebensalter: Mittelalter, in: Dinzelbacher (Hg.): Europäische Mentalitätsgeschichte, S. 248–255. Assmann, Jan: Tod und Kultur, in: Rainer-M. E. Jacobi, Peter C. Claussen und Peter Wolf (Hgg.): Die Wahrheit der Begegnung. Anthropologische Perspektiven der Neurologie. Festschrift für Dieter Janz (Beiträge zur medizinischen Anthropologie 3), Würzburg 2001, S. 399–416. Assmann, Jan: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in früheren Hochkulturen, München 62007. Atwell, Robert R.: From Augustine to Gregory the Great. Evaluation of the Emergence of the Doctrine of Purgatory, in: Journal of Ecclesiastical History 38 (1987), S. 173–186. Auer, Leopold: Der Kriegsdienst des Klerus unter den sächsischen Kaisern, in: MIÖG 79 (1971), S. 316–407. Auffarth, Christoph: Irdische Wege und himmlischer Lohn. Kreuzzug, Jerusalem und Fegefeuer in religionswissenschaftlicher Perspektive (Veröffentlichungen des MaxPlanck-Instituts für Geschichte 144), Göttingen 2002. Augenti, Andrea und Gilchrist, Roberta: Life, Death and Memory, in: Martin Carver und Jan Klápsˇteˇ (Hgg.): The Archaeology of Medieval Europe. Bd. 2: Twelfth to Sixteenth Centuries (Acta Jutlandica 83,2; Humanities Series 2011,9), Aarhus 2011, S. 494–527. Augereau, Pierre-Louis: Les secrets de noms de communes et lieux-dits du Maine-etLoire, Bron 2005.

562

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Autenrieth, Johanne: Die Domschule von Konstanz zur Zeit des Investiturstreits. Die wissenschaftliche Arbeitsweise Bernolds von Konstanz und zweier Kleriker dargestellt auf Grund von Handschriftenstudien (Forschungen zu Kirchen- und Geistesgeschichte, NF 3), München 1956. Babendererde, Cornell: Sterben, Tod, Begräbnis und liturgisches Gedächtnis bei weltlichen Reichsfürsten des Spätmittelalters (Residenzenforschung 19), Ostfildern 2006. Babut, Ernest Charles: Saint Martin de Tours, Paris 1912. Bärsch, Jürgen: Allerseelen. Studien zu Liturgie und Brauchtum eines Totengedenktages in der abendländischen Kirche (Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen 90), Münster 2004. Bagge, Sverre: Kings, Politics, and the Right Order of the World in German Historiography c. 950–1150 (Studies in the History of Christian Thought 103), Leiden-Boston-Köln 2002. Baloup, Daniel: La mort au Moyen Âge (France et Espagne). Un bilan historiographique, in: César González Mínguez und Iñaki Bazán Díaz (Hgg.): El discurso legal ante la muerte durante la Edad Media en el Nordeste peninsular, Bilbao 2006, S. 13–31. Barley, Nigel: Tanz ums Grab, Stuttgart 1998. Barloewen, Constantin von (Hg.): Der Tod in den Weltkulturen und Weltreligionen, Frankfurt a.M.-Leipzig 2000. Barloewen, Constantin von: Der lange Schlaf. Der Tod als universelles Phänomen der Weltkulturen und Weltreligionen, in: Ders. (Hg.): Tod in den Weltkulturen, S. 12–119. Barnes, Timothy David: Early Christian Hagiography and Roman History (Tria corda 5), Tübingen 2010. Barnes, Timothy David: The Election of Ambrose of Milan, in: Leemans u. a. (Hgg.): Episcopal Elections in Late Antiquity, S. 39–59. Barnwell, Timothy: Fragmented Identities: Otherness and Authority in Adam of Bremen’s History of the Archbishops of Hamburg-Bremen, in: Clemens Gantner, Rosamond McKitterick und Sven Meeder (Hgg.): The Resources of the Past in Early Medieval Europe, Cambridge 2015, S. 206–222. Bartelink, Gerard J. M.: Martyr und Martyrium bei Gregorius dem Grossen, in: Johan Leemans (Hg.): Martyrdom and Persecution in Late Antique Christianity. Festschrift Boudewijn Dehandschutter (Bibliotheca Ephemeridium Theologicarum Lovaniensium 241), Leuven-Paris-Walpole, MA 2010, S. 15–32. Barth, Karl: Die Auferstehung der Toten. Eine akademische Vorlesung über I. Kor. 15, Zürich 41953. Baschet, Jérôme: La sein d’Abraham: un lieu de l’au-delà ambigu (théologie, liturgie, iconographie), in: Yves Christe (Hg.): De l’art comme mystagogie. Iconographie du Jugement dernier et des fins dernières à l’époque gothique. Actes du Colloque de la Fondation Hardt tenu à Genève du 13 au 16 février 1994 (Civilisation Médiévale 3), Poitiers 1996, S. 71–94. Bastiaensen, Antoon: The Inaccuracies in the Vita Augustini of Possidius, in: Studia Patristica 16 (1985), S. 480–486. Bauckham, Richard: The Rich Man and Lazarus: The Parable and the Parallels, in: New Testament Studies 37 (1991), S. 225–246. Bauer, Albert und Rau, Reinhold: Einleitung, in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Widukinds Sachsengeschichte. Adalberts Fortsetzung der Chronik Reginos.

Verzeichnis der Literatur

563

Liudprands Werke. Unter Benutzung der Überssetzungen von Paul Hirsch, Max Büdinger und Wilhelm Wattenbach neu bearb. v. Albert Bauer u. Reinhold Rau (FSGA 8), Darmstadt 1971, S. 3–10 (zu Widukinds Sachsengeschichte). Bauer, Dieter R. und Herbers, Klaus (Hgg.): Hagiographie im Kontext. Wirkungsweisen und Möglichkeiten historischer Auswertung (Beiträge zur Hagiographie 1), Stuttgart 2000. Bauer, Franz J.: Von Tod und Bestattung in alter und neuer Zeit, in: HZ 254 (1992), S. 1–31. Bauer, Matthias Johannes: er nam ain guot end: er versiecht. Sterbende Herrscher und die Konnotationen ihrer Tode in der Prosakaiserchronik (Buch der Könige niuwer ê), in: Knaeble / Wagner / Wittmann (Hgg.): Gott und Tod, S. 251–266. Baumeister, Theofried: Die Anfänge der Theologie des Martyriums (Münsterische Beiträge zur Theologie 45), Münster 1980. Baumgart, Susanne: Die Bischofsherrschaft im Gallien des 5. Jahrhunderts: eine Untersuchung zu den Gründen und Anfängen weltlicher Herrschaft der Kirche (Münchener Arbeiten zur Alten Geschichte 8), München 1995. Beard, John Marcus: Public Displays of Asceticism: Holy Bishops and the Conversion of Gaul in the Vita Sancti Martini, in: John S. Ott und Trpimir Vedrisˇ (Hgg.): Saintly Bishops and Bishop’s Saints (Bibliotheca Hagiotheca. Series Colloquia 2), Zagreb 2012, S. 31–47. Beaujard, Brigitte: Cités, évêques et martyrs en Gaule à la fin de l’époque Romaine, in: Les fonctions des saints, S. 175–191. Beaujard, Brigitte: L’évêque dans la cité en Gaule aux Ve et VIe siècles, in: Claude Lepelley (Hg.): La fin de la cité antique et le début de la cité médiévale de la fin du IIIe siècle a l’avènement de Charlemagne. Actes du colloque tenu à l’Université de Paris XNanterre les 1, 2 et 3 avril 1993 (Munera. Studi storici sulla Tarda Antichità 8), Bari 1996, S. 127–145. Beaujard, Brigitte: Grégoire de Tours et Lyon, in: Jean-François Reynaud und François Richard (Hgg.): L’abbaye d’Ainay des origines au XIIe siècle, Lyon 2008, S. 53–60. Becher, Matthias und Jarnut, Jörg (Hgg.): Der Dynastiewechsel von 751: Vorgeschichte, Legitimationsstrategien und Erinnerung, Münster 2004. Becher, Matthias: Der Prediger mit eiserner Zunge. Die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen durch Karl den Großen, in: Kamp / Kroker (Hgg.): Schwertmission, S. 23–52. Becher, Matthias und Plassmann, Alheydis (Hgg.): Streit am Hof im frühen Mittelalter (Super alta perennis. Studien zur Wirkung der Klassischen Antike 11), Göttingen 2011. Becher, Matthias: Eine verschleierte Krise. Die Nachfolge Karl Martells 741 und die Anfänge der karolingischen Hofgeschichtsschreibung, in: Laudage (Hg.): Von Fakten und Fiktionen, S. 95–133. Becht-Jördens, Gereon: Die Ermordung des Erzbischofs Bonifatius durch die Friesen. Suche und Ausgestaltung eines Martyriums aus kirchenpolitischer Notwendigkeit?, in: AMrhKG 57 (2005), S. 95–132. Becker, Alfons: Studien zum Investiturproblem in Frankreich. Papsttum, Königtum und Episkopat im Zeitalter der gregorianischen Kirchenreform (1049–1119) (Schriften der Universität des Saarlandes 17), Saarbrücken 1955. Becker, Hansjakob, Einig, Bernhard und Ullrich, Peter-Otto (Hgg.): Im Angesicht des Todes. Ein interdisziplinäres Kompendium, 2 Bde. (Pietas Liturgica 4), St. Ottilien 1987.

564

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Becker, Joseph: Einleitung, in: Die Werke Liudprands von Cremona, ed. Joseph Becker (MGH SS rer. Germ. 41), Hannover-Leipzig 31915, S. VII–XXXVII. Becquet, Jean: La mort d’un évêque de Périgueux à la première croisade, Ragnaud de Thiviers († 1101 ou 1102), in: Bulletin de la Société Historique et Archéologique du Périgord 87 (1960), S. 66–69. Beinert, Wolfgang: »Unsterblichkeit der Seele« versus »Auferweckung der Toten«?, in: Kessler (Hg.): Auferstehung der Toten, S. 94–112. Bekanntmachung der Bundesärztekammer vom 30. Januar 2015. Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TPG für die Regeln zur Festlegung des Todes nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TPG und die Verfahrensregeln zur Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 TPG, vierte Fortschreibung, S. 2 [Onlinefassung: https://tinyurl.com/yc 7986ax; zuletzt abgerufen am 19. Mai 2022]. Benz, Karl Josef: Episcopi Conbenedicentes. Die gemeinsame Kirchweihe durch mehrere Bischöfe im hohen Mittelalter als Ausdruck der bischöflichen Kollegialität, in: Heribert Rossmann und Joseph Ratzinger (Hgg.): Mysterium der Gnade. Festschrift für Johann Auer, Regensburg 1975, S. 312–319. Benz, Maximilian: Gesicht und Schrift. Die Erzählung von Jenseitsreisen in Antike und Mittelalter (Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte 78), BerlinBoston 2013. Berg, Werner: Jenseitsvorstellungen im Alten Testament mit Hinweisen auf das frühe Judentum, in: Albert Gerhards (Hg.): Die grössere Hoffnung der Christen. Eschatologische Vorstellungen im Wandel (Quaestiones Disputatae 127), Freiburg i. Br.-BaselWien 1990, S. 28–58. Bergdolt, Klaus: Die Kritik am Arzt im Mittelalter – Beispiele und Tendenzen vom 6. bis zum 12. Jahrhundert, in: Gesnerus 48 (1991), S. 43–64. Berger, Rupert: Die Wendung offerre pro in der römischen Liturgie (Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen 41), Münster 1965. Berglar, Peter und Engels, Odilo (Hgg.): Der Bischof in seiner Zeit. Bischofstypus und Bischofsideal im Spiegel der Kölner Kirche. Festgabe für Joseph Kardinal Höffner, Erzbischof von Köln, Köln 1986. Berner, Ulrich: Auferstehungs- und Unsterblichkeitsglaube im mittelalterlichen Christentum, in: Knaeble / Wagner / Wittmann (Hgg.): Gott und Tod, S. 267–289. Bernheim, Ernst: Die augustinische Geschichtsanschauung in Ruotgers Biographie des Erzbischofs Bruno von Köln. Ein Beispiel der Interpretation aus den Zeitanschauungen, in: ZRG KA 2 (1912), S. 299–335. Bernstein, Alan E.: The Formation of Hell. Death and Retribution in the Ancient and Early Christian Worlds, Ithaca-London 1993. Bernstein, Alan E.: Hell and its Rivals. Death and Retribution among Christians, Jews, and Muslims in the Early Middle Ages, Ithaca-London 2017. Bernstein, Alan E.: Named Others and Named Places: Stigmatization in the Early Medieval Afterlife, in: Moreira / Toscano (Hgg.): Hell and its Afterlife, S. 53–71. Berschin, Walter: Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter. Bd. 1: Von der Passio Perpetuae zu den Dialogi Gregors des Großen (Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 8), Stuttgart 1986.

Verzeichnis der Literatur

565

Berschin, Walter: Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter. Bd. 2: Merowingische Biographie. Italien, Spanien und die Inseln im frühen Mittelalter (Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 9), Stuttgart 1988. Berschin, Walter: Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter. Bd. 3: Karolingische Biographie 750–920 n. Chr. (Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 10), Stuttgart 1991. Berschin, Walter: Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter, Bd. 4: Ottonische Biographie. Das hohe Mittelalter: 920–1220 n. Chr., Halbbd. 1: 920–1070 n. Chr. (Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 12,1), Stuttgart 1999. Berschin, Walter: Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter. Bd. 4: Ottonische Biographie. Das hohe Mittelalter 920–1220 n. Chr., Halbbd. 2: 1070–1220 n. Chr. (Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 12,2), Stuttgart 2001. Berschin, Walter: Bonizo von Sutri. Leben und Werk (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 2), Berlin 1972. Berschin, Walter und Zettler, Alfons: Egino von Verona. Der Gründer von ReichenauNiederzell (799) (Reichenauer Texte und Bilder 8), Stuttgart 1999. Berschin, Walter: Ego Herimannus. Drei Fragen zur Biographie des Hermannus Contractus, in: Zotz / Heinzer (Hgg.): Hermann der Lahme, S. 19–24. Berschin, Walter: Hermann der Lahme. Leben und Werk in Übersicht, in: Ders. und Martin Hellmann (Hg.): Hermann der Lahme. Gelehrter und Dichter (1013–1054) (Reichenauer Texte und Bilder 11), Heidelberg 22005, S. 15–32. Berschin, Walter: Realistic Writing in the Tenth Century. Gerhard of Augsburg’s Vita (I) S. Uodalrici (A. D. 982–993), in: Ders.: Mittellateinische Studien, Heidelberg 2005, S. 249– 254. Bertels, Andreas: Der Hirntod des Menschen. Medizinische und ethische Aspekte, Diss. Düsseldorf 2002. [Onlinefassung: https://tinyurl.com/vwx2czaj; zuletzt abgerufen am 19. Mai 2022]. Beulertz, Stefan: Das Verbot der Laieninvestitur im Investiturstreit (MGH Studien und Texte 2), Hannover 1991. Beumann, Helmut: Historiographische Konzeption und politische Ziele Widukinds von Corvey, in: La storiografia altomedievale 2, S. 857–894. Beumann, Helmut: Reformpäpste als Reichsbischöfe in der Zeit Heinrichs III. Ein Beitrag zur Geschichte des ottonisch-salischen Reichskirchensystems, in: Herwig Ebner (Hg.): Festschrift Friedrich Hausmann, Graz 1977, S. 21–37. Beumann, Helmut: Art. Thietmar von Merseburg, in: Verfasserlexikon 9 (1995), Sp. 795– 801. Bieler, Ludwig: ΘΕΙΟΣ ΑΝΗΡ. Das Bild des »göttlichen« Menschen in Spätantike und Frühchristentum, 2 Bde., Wien 1935–1936. Bigott, Boris: Ludwig der Deutsche und die Reichskirche im Ostfränkischen Reich (826– 876) (Historische Studien 470), Husum 2002. Bihrer, Andreas und Bruhn, Stephan (Hgg.): Jenseits des Königshofs. Bischöfe und ihre Diözesen im nachkarolingischen ostfränkisch-deutschen Reich (850–1100) (Studien zur Germania Sacra NF 10), Berlin-Boston 2019.

566

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Bihrer, Andreas: Vom ›Reichsbischof‹ zum ›Diözesanbischof‹. Die Erforschung von Bischöfen in ottonisch-salischer Zeit, in: Ders. / Bruhn (Hgg.), Jenseits des Königshofs, S. 21–53. Binder, Gerhard und Effe, Bernd (Hgg.): Tod und Jenseits im Altertum (Bochumer Altertumswissenschaftliches Colloquium 6), Trier 1991. Binski, Paul: Medieval Death. Ritual and Representation, London 1996. Birkhan, Helmut: Kulturanthropologische Bemerkungen zu Tod und Sterben in Mittelund Westeuropa, in: Bernd Thum (Hg.): Gegenwart als kulturelles Erbe. Ein Beitrag der Germanistik zur Kulturwissenschaft deutschsprachiger Länder (Publikationen der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik 2), München 1985, S. 173–209. Bischoff, Bernhard: Eine karolingische ›Vita pastoralis‹: ›Sedulius, Carmen alpha‹, in: DA 37 (1981), S. 559–575. Bischoff, Bernhard: Panorama der Handschriftenüberlieferung aus der Zeit Karls des Großen, in: Ders.: Mittelalterliche Studien. Ausgewählte Aufsätze zur Schriftkunde und Literaturgeschichte, Bd. 3, Stuttgart 1981, S. 5–38. Blume, Dieter: Bern von Reichenau (1008–1048): Abt, Gelehrter, Biograph. Ein Lebensbild mit Werkverzeichnis sowie Edition und Übersetzung von Berns Vita S. Uodalrici (VuF, Sonderband 52), Ostfildern 2008. Blume, Irmgard: Das Menschenbild Gregors von Tours in den Historiarum libri decem, Diss. masch. Erlangen-Nürnberg 1970. Blumenthal, Uta-Renate: The Papacy, 1024–1122, in: Luscombe / Riley-Smith (Hgg.): The New Cambridge Medieval History IV/2, S. 8–37. Boase, Thomas Sherrer Ross: Death in the Middle Ages. Mortality, Judgement and Remembrance (Library of Medieval Civilization), London 1972. Bock, Nicolas; Foletti, Ivan und Tomasi, Michele (Hgg.): L’évêque, l’image et la mort: identité et mémoire au Moyen Âge (I libri di Viella. Arte; Études lausannoises d’histoire de l’art 16), Rom 2014. Bode, Tina: Die Bischöfe und Erzbischöfe der Mainzer Kirchenprovinz. Zur Darstellung und Bedeutung von Verwandtschaftsbeziehungen des Episkopats mit dem ottonischen Königshaus, in: Hartwin Brandt, Maximilian Schuh und Ulrike Siewert (Hgg.): Familie – Generation – Institution. Generationenkonzepte in der Vormoderne (Bamberger Historische Studien 2), Bamberg 2008, S. 151–175. Bode, Tina: König und Bischof in ottonischer Zeit: Herrschaftspraxis, Handlungsspielräume, Interaktionen (Historische Studien 506), Husum 2015. Böhme, Christian: Körper und Seele. Antike, in: Dinzelbacher (Hg.): Europäische Mentalitätsgeschichte, S. 175–182. Boglioni, Pierre: La scène de la mort dans les premières hagiographies latines, in: Claude Sutto (Hg.): Le sentiment de la mort au Moyen-Age. Etudes présentées au 5e Colloque de l’Institut d’Etudes médiévales de l’Université de Montréal, Montréal 1979, S. 183–210. Borckholder, Thomas: Der Tod im 21. Jahrhundert. Eine Untersuchung der gesellschaftlichen Einstellung zum Tod in der Bundesrepublik Deutschland – dargestellt anhand der Ritualanwendungen beim Tod und Begräbnis, Norderstedt 2015. Borgolte, Michael: ›Bischofssitz‹ und ›Sitz der Ruhe‹. Zur Kirchenorganisation gallischer Städte nach Gregor von Tours und der Bistumsgeschichte von Auxerre, in: Ders. / Spilling (Hgg.), Litterae medii aevi, S. 27–53.

Verzeichnis der Literatur

567

Borgolte, Michael: Faction. Eine Erzählung vom salischen Königtum und das Problem von Fakten und Fiktionen, in: Franz-Reiner Erkens und Hartmut Wolff (Hgg.): Von Sacerdotium und Regnum. Geistliche und weltliche Gewalt im frühen und hohen Mittelalter. Festschrift für Egon Boshof zum 65. Geburtstag, Köln-Weimar-Wien 2002, S. 381–404. Borgolte, Michael und Spilling, Herrad (Hgg.): Litterae Medii Aevi. Festschrift für Johanne Autenrieth zu ihrem 65. Geburtstag, Sigmaringen 1988. Borgolte, Michael: Petrusnachfolge und Kaiserimitation. Die Grablegen der Päpste, ihre Genese und Traditionsbildung (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 95), Göttingen 21995. Borgolte, Michael: Über die persönlichen und familiengeschichtlichen Aufzeichnungen Hermanns des Lahmen, in: ZGO 127 NF 88 (1979), S. 1–15. Bornscheuer, Lothar: Miseriae Regum. Untersuchungen zum Krisen- und Todesgedanken in den herrschaftstheologischen Vorstellungen der ottonisch-salischen Zeit (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 4), Berlin 1968. Bornscheuer, Lothar: Topik. Zur Struktur der gesellschaftlichen Einbildungskraft, Frankfurt a.M. 1976. Borst, Arno: Drei mittelalterliche Sterbefälle, in: Ders.: Barbaren, Ketzer und Artisten. Welten des Mittelalters, München-Zürich 1988, S. 567–598. Borst, Arno: Ein exemplarischer Tod, in: Ders. u. a. (Hgg.): Tod, S. 25–58. Borst, Arno: Ein Forschungsbericht Hermanns des Lahmen, in: DA 40 (1984), S. 379–477. Borst, Arno: Der Tod Hermanns des Lahmen, in: Ders.: Ritte über den Bodensee. Rückblick auf mittelalterliche Bewegungen, Bottighofen 1992, S. 274–300. Borst, Arno u. a. (Hgg.): Tod im Mittelalter (Konstanzer Bibliothek 20), Konstanz 1993. Borst, Arno: Zusammenfassung, in: Ders. u. a. (Hgg.): Tod, S. 391–404. Borst, Arno: Zwei mittelalterliche Sterbefälle, in: Merkur 34 (1980), S. 1081–1098. Boschen, Lothar: Die Annales Prumienses. Ihre nähere und ihre weitere Verwandtschaft, Düsseldorf 1972. Boshof, Egon: Bischöfe und Bischofskirchen von Passau und Regensburg, in: Weinfurter (Hg.): Die Salier und das Reich 2, S. 113–154. Boshof, Egon: Bischof Altmann, St. Nikola und die Kanonikerreform. Das Bistum Passau im Investiturstreit, in: Karl-Heinz Pollok (Hg.): Tradition und Entwicklung. Gedenkschrift für Johann Riederer (Schriften der Universität Passau), Passau 1981, S. 317– 345. Bosl, Karl: Die Reichsministerialität der Salier und Staufer. Ein Beitrag zur Geschichte des hochmittelalterlichen deutschen Volkes, Staates und Reiches, 2 Bde. (MGH Schriften 10), Stuttgart 1950–1951. Bourgain, Pascale: The Works of Gregory of Tours: Manuscripts, Language, and Style, in: Murray (Hg.): A Companion to Gregory of Tours, S. 141–188. Bozóky, Edina (Hg.): Hagiographie, idéologie et politique au Moyen Âge en Occident. Actes du colloque international du Centre d’Études supérieures de Civilisation médiévale de Poitiers 11–14 septembre 2008 (Hagiologia 8), Turnhout 2012. Brademann, Jan: Leben bei den Toten. Perspektiven einer Geschichte des ländlichen Kirchhofs, in: Ders. / Werner Freitag (Hgg.), Leben bei den Toten. Kirchhöfe in der ländlichen Gesellschaft der Vormoderne (Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 19), Münster 2008, S. 9–49.

568

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Brakhman, Anastasia: Außenseiter und ›Insider‹. Kommunikation und Historiographie im Umfeld des ottonischen Herrscherhofes (Historische Studien 509), Husum 2016. Brandenburg, Hugo: Coemeterium. Der Wandel des Bestattungswesens als Zeichen des Kulturumbruchs der Spätantike, in: Laverna 5 (1994), S. 206–232. Brandon, Samuel G. F.: The Judgment of the Dead. The Idea of Life after Death in the Major Religions, New York 1967. Brandt, Hans Jürgen: Zwischen Wahl und Ernennung. Zu Theorie und Praxis der mittelalterlichen Bischofsbestellungen im Spannungsfeld von regnum und sacerdotium, in: Manfred Weittlauf und Karl Hausberger (Hgg.): Papsttum und Kirchenreform. Festschrift für Georg Schwaiger zum 65. Geburtstag, St. Ottilien 1990, S. 223–233. Brandt, Michael und Eggebrecht, Arne (Hgg.): Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen. Katalog der Ausstellung Hildesheim 1993, 2 Bde., Mainz 1993. Brather, Sebastian: Bestattungsrituale zur Merowingerzeit. Frühmittelalterliche Reihengräber und der Umgang mit dem Tod, in: Victor Spinei und Alexander Rubel (Hgg.): Sebastian Brather. Archaeology and Identity. Central and East Central Europe in the Earlier Middle Ages (Florilegium magistrorum historiae archaeologiaeque Antiquitatis et Medii Aevi 2), Bukarest 2008, S. 279–307. Brather, Sebastian; Geuenich, Dieter und Huth, Christoph (Hgg.): Historia archaeologica. Festschrift für Heiko Steuer zum 70. Geburtstag (Ergänzungsband zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 70), Berlin-New York 2009. Brather, Sebastian: Memoria und Repräsentation frühmittelalterlicher Bestattungen zwischen Erinnerung und Erwartung, in: Ders. / Geuenich / Huth (Hgg.): Historia archaeologica, S. 247–284. Brather, Sebastian: Tod und Bestattung im frühen Mittelalter. Repräsentation, Vorstellungswelten und Variabilität am Beispiel merowingerzeitlicher Reihengräberfelder, in: EAZ 50 (2009), S. 93–115. Braudel, Fernand: Die lange Dauer, in: Theodor Schieder und Kurt Gräubig (Hgg.): Theorieprobleme der Geschichtswissenschaft (Wege der Forschung 378), Darmstadt 1977, S. 164–204 (im Original: Histoire et sciences sociales. La longue durée, in: Annales 13 [1958], S. 725–753). Bredero, Adriaan H.: Le Moyen Age et le Purgatoire, in: Revue d’Histoire Ecclésiastique 78 (1983), S. 429–452. Bremmer, Jan N.: Tours of Hell: Greek, Jewish, Roman and Early Christian, in: Ameling (Hg.): Topographie, S. 13–34. Brennan, Brian: The Career of Venantius Fortunatus, in: Traditio 41 (1985), S. 49–78. Brennan, Brian: Episcopae: Bishops’ Wives Viewed in Sixth-Century Gaul, in: Church History 54 (1985), S. 311–323. Brennan, Brian: The Image of the Merovingian Bishop in the Poetry of Venantius Fortunatus, in: Journal of Medieval History 18 (1992), S. 115–139. Breukelaar, Adriaan: Historiography and Episcopal Authority in Sixth-Century Gaul. The Histories of Gregory of Tours Interpreted in their Historical Context (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 57), Göttingen 1994. Brod, Michael Walter: Der Tod des Würzburger Bischofs Bruno (1045). Aus der Bilderhandschrift des Johann Alexander Böner in Würzburg, in: Altfränkische Bilder 59 (1960), S. 3–5.

Verzeichnis der Literatur

569

Brommer, Peter: Die bischöfliche Gesetzgebung Theodulfs von Orléans, in: ZRG KA 60 (1974), S. 1–120. Brommer, Peter: Die Rezeption der bischöflichen Kapitularien Theodulfs von Orléans, in: ZRG KA 61 (1975), S. 113–160. Brommer, Peter und Schaller, Dieter: Art. Theodulf von Orléans, in: Verfasserlexikon 9 (1995), Sp. 764–772. Bronisch, Friedrich Wilhelm: Die Sprache der Todesanzeigen, in: Münchener Medizinische Wochenschrift 126 (1984), S. 510–514, 557–559, 591–593 u. 630–632. Browe, Peter: Die Letzte Ölung in der abendländischen Kirche des Mittelalters, in: Zeitschrift für katholische Theologie 55 (1931), S. 515–561. Browe, Peter: Die Sterbekommunion im Altertum und Mittelalter, in: Zeitschrift für katholische Theologie 60 (1936), S. 1–54 u. 211–240. Brown, Peter: Augustinus von Hippo. Eine Biographie, Frankfurt a.M. 21982 (im Original: Augustine of Hippo, London u. a. 1967). Brown, Peter: The Decline of the Empire of God. Amnesty, Penance, and the Afterlife from Late Antiquity to the Middle Ages, in: Bynum / Freedman (Hgg.): Last Things, S. 41–59. Brown, Peter: Gloriosus Obitus: The End of the Ancient Other World, in: Klingshirn / Vessey (Hgg.): Limits of Ancient Christianity, S. 289–314. Brown, Warren C.: Violence in Medieval Europe (The Medieval World), Harlow 2011. Brück, Michael von: Ewiges Leben oder Wiedergeburt? Sterben, Tod und Jenseitshoffnung in europäischen und asiatischen Kulturen, Freiburg i. Br. 2007. Brückner, Wolfgang: Sterben im Mönchsgewand. Zum Funktionswandel einer Totenkleidsitte, in: Kontakte und Grenzen. Probleme der Volks-, Kultur- und Sozialforschung. Festschrift für Gerhard Heilfurth zum 60. Geburtstag, Göttingen 1969, S. 259– 277. Brüggemann, Wolfgang: Untersuchungen zur Vitae-Literatur der Karolingerzeit, Diss. masch. Münster 1957. Brühl, Carlrichard: Die Sozialstruktur des deutschen Episkopats im 11. und 12. Jahrhundert, in: Le istituzioni ecclesiastiche della »Societas Christiana« dei secoli XI e XII. Diocesi, pievi e parocchie: Atti della sesta Settimana di studio, Milano 1–7 settembre 1974, Mailand 1976, S. 42–56. Brühl, Carlrichard: Studien zu den Bischofslisten der rheinischen Bistümer, in: Herbert Ludat und Rainer Christoph Schwinges (Hgg.): Politik, Gesellschaft, Geschichtsschreibung. Giessener Festgabe für Frantisˇek Graus zum 60. Geburtstag (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 18), Köln-Wien 1982, S. 39–48. Bruggisser-Lanker, Therese: Musik und Liturgie im Kloster St. Gallen in Spätmittelalter und Renaissance (Abhandlungen zur Musikgeschichte 13), Göttingen 2004. Bruggisser-Lanker, Therese: Musik und Tod im Mittelalter: Imaginationsräume der Transzendenz, Göttingen 2009. Brunhölzl, Franz: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Erster Band: Von Cassiodor bis zum Ausklang der karolingischen Erneuerung, München 1975. Brunhölzl, Franz: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Zweiter Band: Die Zwischenzeit vom Ausgang des karolingischen Zeitalters bis zur Mitte des elften Jahrhunderts, München 1992. Brunhölzl, Franz: Art. Tertullian im MA, in: LexMA 8 (1997), Sp. 559–560.

570

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Buc, Philippe: The Dangers of Ritual. Early Medieval Texts and Social Scientific Theory, Princeton 2002. Buc, Philippe: Noch einmal 918–919. Of the Ritualized Demise of Kings and of Political Rituals in General, in: Gerd Althoff (Hg.): Zeichen – Rituale – Werte. Internationales Kolloquium des Sonderforschungsbereiches 496 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 3), Münster 2004, S. 151–178. Buc, Philippe: Warum weniger die Handelnden selbst als eher die Chronisten das politische Ritual erzeugten – und warum es niemandem auf die wahre Geschichte ankam, in: Bernhard Jussen (Hg.): Die Macht des Königs. Herrschaft in Europa vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit, München 2005, S. 27–37. Buchner, Rudolf: Einleitung (zu Gregor von Tours), in: Gregor von Tours: Zehn Bücher Geschichten, Bd. 1, hg. v. dems. (FSGA 2,2), Darmstadt 1955, S. VII–LI. Buchner, Rudolf: Einleitung (zu Hermann von Reichenau), in: Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der Hamburgischen Kirche und des Reichs, neu bearb. v. dems. (FSGA 11), Darmstadt 1961, S. 617–625. Buchner, Rudolf: Die frühsalische Geschichtsschreibung in Deutschland, in: La storiografia altomedievale 2, S. 895–945. Buchner, Rudolf: Geschichtsbild und Reichsbegriff Hermanns von Reichenau, in: AKG 42 (1960), S. 37–60. Buchner, Rudolf: Die politische Vorstellungswelt Adams von Bremen, in: AKG 45 (1963), S. 15–59. Buchner, Rudolf: Der Verfasser der Schwäbischen Weltchronik, in: DA 16 (1960), S. 389– 396. Bührer-Thierry, Geneviève: Aux marges du monde germanique: l’évêque, le prince, les païens (VIIIe–XIe siècles) (Collection Haut Moyen Âge 20), Turnhout 2014. Bührer-Thierry, Geneviève: Les évêques de Bavière et d’Alémanie dans l’entourage des derniers rois Carolingiens en Germanie (876–911), in: Francia 16 (1989), S. 31–52. Burgess, Richard W. und Kulikowski, Michael: Mosaics of Time. The Latin Chronicle Traditions from the Century BC to the Sixth Century AD. Volume 1: A Historical Introduction to the Chronicle Genre from its Origins to the High Middle Ages (Studies in the Early Middle Ages 33), Turnhout 2013. Burkert, Walter: Griechische Religion der archaischen und klassischen Epoche (Die Religion der Menschheit 15), Stuttgart 22011. Burkert, Walter: Weisheit und Wissenschaft. Studien zu Pythagoras, Philolaos und Platon (Erlanger Beiträge zur Sprach- und Kunstwissenschaft 10), Nürnberg 1962. Burkhardt, Julia und Kamenzin, Manuel: Erasmus Lueger und der Tod auf dem Abort. Überlegungen zu einem Motiv in Historiographie und Sage, in: Wagener (Hg.): Aborte im Mittelalter und der Frühen Neuzeit, S. 273–283. Burt, Donald X.: Augustine on the Authentic Approach to Death, in: Augustinianum 28 (1988), S. 527–564. Busch, Jörg W.: Vom Attentat zur Haft. Die Behandlung von Konkurrenten und Opponenten der frühen Karolinger, in: HZ 263 (1996), S. 561–588. Busson, Arnold: Zur Vita Heinrici imperatoris, in: MIÖG 3 (1882), S. 386–391.

Verzeichnis der Literatur

571

Bynum, Caroline Walker: Death and Resurrection in the Middle Ages. Some Modern Implications, in: Proceedings of the American Philosophical Society 142 (1998), S. 589– 596. Bynum, Caroline Walker: Did the Twelfth Century Discover the Individual, in: Journal of Ecclesiastical History 31 (1980), S. 1–17. Bynum, Caroline Walker und Freedman, Paul (Hgg.): Last Things. Dead and the Apocalypse in the Middle Ages (The Middle Ages Series), Philadelphia 2000. Bynum, Caroline Walker: The Resurrection of the Body in Western Christianity, 200–1336 (Lectures on the History of Religions 15), New York 1995. Caciola, Nancy: Afterlives. The Return of the Dead in the Middle Ages, Ithaca-London 2016. Campenhausen, Hans Frhr. von: Lateinische Kirchenväter, Stuttgart u. a. 61986. Carmichael, Ann G.: Health, Disease, and the Medieval Body, in: Kalof (Hg.): A Cultural History of the Human Body, S. 39–57. Carozzi, Claude: Le voyage de l’âme dans l’au-delà d’après la littérature latine (Ve–XIIIe siècle) (Collection de l’École Française de Rome 189), Rom 1994. Carroll, Mary: An Eighth-Century Exegete on Purgatory, in: American Ecclesiastical Review 112 (1945), S. 261–263. Caseau, Beatrice: Crossing the Impenetrable Frontier Between Earth and Heaven, in: Ralph W. Mathisen und Hagith S. Sivan (Hgg.): Shifting Frontiers in Late Antiquity, Aldershot 1996, S. 333–343. Cavadini, John C.: Ambrose and Augustine De bono Mortis, in: Klingshirn / Vessey (Hgg.): Limits of Ancient Christianity, S. 232–249. Chaunu, Pierre: La mort à Paris. 16e, 17e et 18e siècle, Paris 1978. Chélini, Jean: L’aube du Moyen Âge. Naissance de la chrétienté occidentale. La vie religieuse des laïcs dans l’Europe carolingienne (750–900), Paris 21997. Chiffoleau, Jacques: La compatibilité de l’au-delà. Les hommes, la mort et la religion dans la région d’Avignon à la fin du moyen âge (vers 1320–vers 1480) (Collection de l’École Française de Rome 47), Rom 1980. Chiffoleau, Jacques: Art. Mort, in: Dictionnaire du Moyen Âge (2002), S. 945–947. Choron, Jacques: Der Tod im abendländischen Denken, Stuttgart 1967. Clark, Francis: The ›Gregorian‹ »Dialogues« and the Origins of Benedictine Monasticism (Studies in the History of Christian Thought 108), Leiden u. a. 2003. Clark, Francis: The Pseudo-Gregorian Dialogues (Studies in the History of Christian Thought 37–38), Leiden u. a. 1987. Clarke, Peter und Claydon, Tony (Hgg.): The Church, the Afterlife and the Fate of the Soul (Studies in Church History 45), Woodbridge 2009. Classen, Albrecht: Death and the Culture of Death. Universal Cultural-Historical Observations, with an Emphasis on the Middle Ages, in: Ders. (Hg.): Death in the Middle Ages and Early Modern Times. The Material and Spiritual Conditions of the Culture of Death (Fundamentals of Medieval and Early Modern Culture 16), Berlin-Boston 2016, S. 1–57. Claude, Dietrich: Die Bestellung der Bischöfe im merowingischen Reiche, in: ZRG KA 49 (1963), S. 1–75.

572

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Claude, Dietrich: Geschichte des Erzbistums Magdeburg bis in das 12. Jahrhundert, Teil 1: Die Geschichte der Erzbischöfe bis auf Ruotger (1124) (Mitteldeutsche Forschungen 67/ I), Köln-Wien 1972. Claude, Dietrich: Untersuchungen zum frühfränkischen Comitat, in: ZRG GA 81 (1964), S. 1–79. Clavadetscher, Otto P.: Zur Bischofseinsetzung im 9. Jahrhundert, in: ZRG KA 73 (1956), S. 388–392. Close, Florence: Staat und Kirche im Reich Karls des Großen, in: Frank Pohle (Hg.): Karl der Große – Charlemagne. Orte der Macht, Dresden 2014, S. 328–337. Coates, Simon: Venantius Fortunatus and the Image of Episcopal Authority in Late Antique and Early Merovingian Gaul, in: English Historical Review 115 (2000), S. 1109– 1137. Collins, Roger: Die Fredegar-Chroniken (MGH Studien und Texte 44), Hannover 2007. Collins, Roger: The ›Reviser‹ Revisited. Another Look at the Alternative Version of the Annales Regni Francorum, in: Murray (Hg.): After Rome’s Fall, S. 191–213. Colpe, Carsten u. a.: Art. Jenseits (Jenseitsvorstellungen), in: RAC 17 (1996), Sp. 246–407. Condrau, Gion: Der Mensch und sein Tod. Certa moriendi condicio, 2., überarb. Aufl., Zürich 1991. Contreni, John Joseph und Noble, Thomas F. X. (Hgg.): Religion, Culture, and Society in the Early Middle Ages. Studies in Honor of Richard E. Sullivan (Studies in Medieval Culture 23), Kalamazoo 1987. Corradini, Richard: Die Annales Fuldenses – Identitätskonstruktionen im ostfränkischen Raum am Ende der Karolingerzeit, in: Ders. u. a. (Hgg.): Texts and Identities, S. 121– 136. Corradini, Richard u. a. (Hgg.): Ego Trouble. Authors and Their Identities in the Early Middle Ages (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Kl., Denkschriften 385; Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 15), Wien 2010. Corradini, Richard: Studien zur Annalistik der Karolingerzeit. Die Annales Fuldenses und das Chronicon Laurissense breve, Diss. Wien 2000. Corradini, Richard u. a. (Hgg.): Texts and Identities in the Early Middle Ages (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 12), Wien 2006. Corradini, Richard: Überlegungen zur sächsischen Ethnogenese anhand der Annales Fuldenses und deren sächsisch-ottonischer Rezeption, in: Walter Pohl (Hg.): Die Suche nach den Ursprüngen. Von der Bedeutung des frühen Mittelalters (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 8), Wien 2004, S. 211–231. Corradini, Richard; Diesenberger, Max und Niederkorn-Bruck, Meta (Hgg.): Zwischen Niederschrift und Wiederschrift. Hagiographie und Historiographie im Spannungsfeld von Kompendienüberlieferung und Editionstechnik (Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl., Denkschriften 405; Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 18), Wien 2010. Cottin, Markus und Merkel, Lisa (Hgg.): Thietmars Welt. Ein Merseburger Bischof schreibt Geschichte (Schriftenreihe der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz 11), Petersberg 2018. Coué, Stephanie: Acht Bischofsviten aus der Salierzeit. Neu interpretiert, in: Weinfurter (Hg.): Die Salier und das Reich 3, S. 347–413.

Verzeichnis der Literatur

573

Coué, Stephanie: Hagiographie im Kontext. Schreibanlass und Funktion von Bischofsviten aus dem 11. und vom Anfang des 12. Jahrhunderts (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 24), Berlin 1997. Courcelle, Pierre: Nouveaux aspects du Platonisme chez saint Ambroise, in: Revue des études latines 34 (1956), S. 220–239. Courcelle, Pierre: Plotin et saint Ambroise, in: Revue de Philologie 24 (1950), S. 29–56. Courcelle, Pierre: Tradition platonicienne et traditions chrétiennes du corps-prison, in: Revue des études latines 43 (1965), S. 406–443. Coutaz, Gilbert u. a.: Le diocèse de Lausanne, de Lausanne et Genève et de Lausanne, Genève et Fribourg. Les évêques, in: Patrick Braun (Hg.): Le diocèse de Lausanne (VIe siècle–1821), de Lausanne et Genève (1821–1925) et de Lausanne, Genève et Fribourg (depuis 1925) (Helvetia Sacra 1,4), Bern 1988, S. 85–195. Cowdrey, Herbert Edward John: Pope Gregory VII 1073–1085, Oxford 1998. Craig, Kalani: Bishops and Balancing Acts: Divine and Human Agency in Gregory of Tours’s Vision of Episcopal Authority, in: Sigrid Danielson und Evan A. Gatti (Hgg.): Envisioning the Bishop. Images and the Episcopacy in the Middle Ages (Medieval Church Studies 29), Turnhout 2014, S. 63–89. Czock, Miriam: Gottes Haus. Untersuchungen zur Kirche als heiligem Raum von der Spätantike bis ins Frühmittelalter (Millennium-Studien 38), Berlin-Boston 2012. Dagemark, Siver: Funeral as a Hagiographic Motif in Vita Augustini and some other Biographies of Bishops, in: Augustinianum 40 (2000), S. 255–289. Dal Santo, Matthew J.: Philosophy, Hagiology and the Early Byzantine Origins of Purgatory, in: Clarke / Claydon (Hgg.): The Church, the Afterlife and the Fate of the Soul, S. 41–51. Dal Santo, Metthew J.: The Shadow of a Doubt? A Note on the Dialogues and Registrum Epistolarum of Pope Gregory the Great (590–604), in: Journal of Ecclesiastical History 61 (2010), S. 3–17. Dalarun, Jacques: La mort des saints fondateurs. De Martin à François, in: Les fonctions des saints, S. 193–215. Dam, Raymond van: Images of Saint Martin in Late Roman and Early Merovingian Gaul, in: Viator 19 (1988), S. 1–27. Dam, Raymond van: Introduction, in: Gregory of Tours: Glory of the Confessors, Translated with an Introduction by Raymond van Dam (Translated Texts for Historians, Latin Series 4), Liverpool 1988, S. 1–15. Dassmann, Ernst: Ambrosius von Mailand. Ein frühchristlicher Bischof im Kampf für Kirchenfreiheit und Glaubensreinheit, in: Jürgen Dummer und Meinolf Vielberg (Hgg.): Leitbilder im Spannungsfeld von Orthodoxie und Heterodoxie (Altertumswissenschaftliches Kolloquium 19), Stuttgart 2008, S. 29–46. Dassmann, Ernst: Ambrosius von Mailand. Leben und Werk, Stuttgart 2004. Dassmann, Ernst: Augustinus. Heiliger und Kirchenlehrer, Stuttgart 1993. Dassmann, Ernst: Ausgewählte kleine Schriften zur Patrologie, Kirchengeschichte und christlichen Archäologie, hg. v. Georg Schöllgen (Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 37), Münster 2011. Dassmann, Ernst: Der Grosse – Papst Gregorius, in: Ders.: Ausgewählte kleine Schriften zur Patrologie, S. 137–176.

574

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Dassmann, Ernst: Heil zwischen Allerlösung und Prädestination von Origenes bis Augustinus, in: Ders.: Ausgewählte kleine Schriften zur Patrologie, S. 177–186. Dassmann, Ernst: Paulus in der Visio sancti Pauli, in: Klauser u. a. (Hgg.): Jenseitsvorstellungen in Antike und Christentum, S. 117–128. Degl’Innocenti, Antonella; Prisco, Antonio de und Paoli, Emore (Hgg.): Gregorio Magno e l’agiografia fra IV e VII secolo. Atti dell’incontro di studio delle Università degli Studi di Verona e Trento, Verona, 10–11 dicembre 2004, Florenz 2007. Dehandschutter, Boudewijn: Leben und/oder sterben für Gott bei Ignatius und Polykarp, in: Fuhrmann / Grundmann (Hgg.): Martyriumsvorstellungen in Antike und Mittelalter, S. 191–202. Delage, Pascal-Grégoire: Auditeurs des champs, auditeurs des villes: les supporters de Martin de Tours, in: Ders. (Hg.): Martin de Tours, S. 25–54. Delage, Pascal-Grégoire (Hg.): Martin de Tours et l’évangélisation des campagnes de l’Ouest. Actes de la première Petite Journée de Patristique, 21 mars 2009 – Saints, Royan 2009. Delville, Jean-Pierre: Martin de Tours au regard de l’histoire, in: Ders., Marylène Laffineur-Crépin und Albert Lemeunier (Hgg.): Martin de Tours du légionnaire au saint évêque, Lüttich 1994, S. 21–55. Depreux, Philippe: Investitura per anulum et baculum. Ring und Stab als Zeichen der Investitur bis zum Investiturstreit, in: Jarnut / Wemhoff (Hgg.): Vom Umbruch zur Erneuerung, S. 169–195. Depreux, Philippe: Symbole und Rituale – Die Investitur als formaler Akt, in: Stiegemann / Wemhoff (Hgg.): Canossa 1077 – Erschütterung der Welt, S. 159–167. Derschka, Harald: Individuum und Persönlichkeit im Hochmittelalter, Stuttgart 2014. Deutinger, Roman: Lateinische Weltchronistik des Hochmittelalters, in: Wolf / Ott (Hgg.): Handbuch Chroniken des Mittelalters, S. 77–103. Devisse, Jean: Hincmar. Archevêque de Reims 845–882, 3 Bde. (Travaux d’histoire ethicopolitique 29), Genf 1976. Diefenbach, Steffen: »Bischofsherrschaft«. Zur Transformation der politischen Kultur im spätantiken und frühmittelalterlichen Gallien, in: Ders. / Gernot Michael Müller (Hgg.): Gallien in Spätantike und Frühmittelalter: Kulturgeschichte einer Region (Millennium-Studien 43), Berlin 2013, S. 91–149. Dierkens, Alain: La mort, les funérailles et la tombe du roi Pépin le Bref (768), in: Médiévales 31 (1996), S. 37–51. Diesner, Hans-Joachim: Possidius und Augustinus, in: Studia Patristica 6 (1962), S. 350– 365. Dieterich, Julius Reinhard: Die Geschichtsschreibung der Reichenau, in: Konrad Beyerle (Hg.): Die Kultur der Abtei Reichenau. Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724–1924, Bd. 2, München 1925, S. 773–801. Dietrich, Walter und Vollenweider, Samuel: Art. Tod II. Altes und Neues Testament, in: TRE 33 (2002), S. 582–600. Dihle, Albrecht: Totenglaube und Seelenvorstellung im 7. Jahrhundert vor Christus, in: Klauser u. a. (Hgg.): Jenseitsvorstellungen in Antike und Christentum, S. 9–20. Dinzelbacher, Peter: Angst im Mittelalter. Teufels-, Todes- und Gotteserfahrung: Mentalitätsgeschichte und Ikonographie, Paderborn u. a. 1996.

Verzeichnis der Literatur

575

Dinzelbacher, Peter: Das erzwungene Individuum. Sündenbewusstsein und Pflichtbeichte, in: Dülmen (Hg.): Entdeckung des Ich, S. 41–60. Dinzelbacher, Peter (Hg.): Europäische Mentalitätsgeschichte. Hauptthemen in Einzeldarstellungen, 2. durchges. u. erg. Aufl., Stuttgart 2008. Dinzelbacher, Peter: Formen des Jenseitsglaubens und ihre Funktion im Diesseits, in: Christa Agnes Tuczay (Hg.): Jenseits. Eine mittelalterliche und mediävistische Imagination. Interdisziplinäre Ansätze zur Analyse des Unerklärlichen (Beihefte zur Mediaevistik 21), Frankfurt a.M. 2016, S. 13–40. Dinzelbacher, Peter und Bauer, Dieter R. (Hgg.): Heiligenverehrung in Geschichte und Gegenwart, Ostfildern 1990. Dinzelbacher, Peter: Die Jenseitsbrücke im Mittelalter (Dissertationen der Universität Wien 104), Wien 1973. Dinzelbacher, Peter: Mentalitätsgeschichtliche Aspekte der Todesfaszination, in: Ders. (Hg.): Von der Welt durch die Hölle zum Paradies, S. 9–37. Dinzelbacher, Peter: Persönliches Gericht und Weltgericht, in: Ders. (Hg.): Von der Welt durch die Hölle zum Paradies, S. 67–97. Dinzelbacher, Peter: Die Präsenz des Todes in der spätmittelalterlichen Mentalität, in: Ders. (Hg.): Von der Welt durch die Hölle zum Paradies, S. 39–65. Dinzelbacher, Peter: Die »Realpräsenz« der Heiligen in ihren Reliquiaren und Gräbern nach mittelalterlichen Quellen, in: Ders. / Bauer (Hgg.): Heiligenverehrung, S. 115– 174. Dinzelbacher, Peter: Sterben/Tod. Mittelalter, in: Ders. (Hg.): Europäische Mentalitätsgeschichte, S. 279–297. Dinzelbacher, Peter: Art. Tod, Sterben. IV. Sozial- und Mentalitätsgeschichte, in: LexMA 8 (1997), Sp. 829–831. Dinzelbacher, Peter: Die Verbreitung der apokryphen Visio S. Pauli im mittelalterlichen Europa, in: Ders. (Hg.): Von der Welt durch die Hölle zum Paradies, S. 165–180. Dinzelbacher, Peter: Vision und Visionsliteratur im Mittelalter (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 23), Stuttgart 1981. Dinzelbacher, Peter (Hg.): Von der Welt durch die Hölle zum Paradies – das mittelalterliche Jenseits, Paderborn u. a. 2007. Dobschenzki, Jennifer Vanessa: Von Opfern und Tätern. Gewalt im Spiegel der merowingischen Hagiographie des 7. Jahrhunderts (Wege zur Geschichtswissenschaft), Stuttgart 2015. Donaldson, Christopher: Martin of Tours. Parish Priest, Mystic and Exorcist, LondonHenley 1980. Dopsch, Heinz: Gebhard (1060–1088). Weder Gregorianer noch Reformer, in: Peter Franz Kramml und Alfred Stefan Weiss (Hgg.): Lebensbilder Salzburger Erzbischöfe aus zwölf Jahrhunderten. 1200 Jahre Erzbistum Salzburg, Salzburg 1998, S. 41–62. Dormeier, Heinrich: Buchmalerei und historisches Umfeld im Sakramentar Bischof Warmunds von Ivrea (um 1000), in: Klaus Gereon Beuckers, Christoph Jobst und Stefanie Westphal (Hgg.): Buchschätze des Mittelalters. Forschungsrückblicke – Forschungsperspektiven. Beiträge zum Kolloquium des Kunsthistorischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität in Kiel vom 24. bis zum 26. April 2009, Regensburg 2011, S. 47–62.

576

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Driscoll, Michael S.: Death, Dying, and Burial: Liturgical Considerations from the Early Middle Ages, in: The Jurist 59 (1999), S. 229–248. Dubois, Jacques: La composition des anciennes listes épiscopales, in: Bulletin de la Société des Antiquaires de France 1 (1967), S. 74–104. DuBruck; Edelgard E. und Gusick, Barbara I. (Hgg.): Death and Dying in the Middle Ages (Studies in the Humanities. Literature – Politics – Society 45), New York 1999. Duch, Arno: Das Geschichtswerk Hermanns von Reichenau in seiner Überlieferung, in: Hans Oesch (Hg.): Berno und Hermann von Reichenau als Musiktheoretiker. Mit einem Überblick über ihr Leben und die handschriftliche Überlieferung ihrer Werke (Publikationen der schweizerischen musikforschenden Gesellschaft II/9), Bern 1961, S. 184–203. Duchesne, Louis: Fastes épiscopaux de l’ancienne Gaule, 3 Bde., Paris 1900–1915. Dülmen, Richard van (Hg.): Entdeckung des Ich. Die Geschichte der Individualisierung vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Köln-Weimar-Wien 2001. Düwel, Klaus: »Jetzt und in der Stunde unseres Todes«. Sterben und Tod im Mittelalter, in: Linguistica e Filologia 30 (2010), S. 45–70. Dumézil, Bruno: La royauté mérovingienne et les élections épiscopales au VIe siècle, in: Leemans u. a. (Hgg.): Episcopal Elections in Late Antiquity, S. 127–143. Dunn, Marilyn: Gregory the Great, the Vision of Fursey and the Origins of Purgatory, in: Peritia 14 (2000), S. 238–254. Duval, Yvette: Auprès des saints corps et âme. L’inhumation ad sanctos dans la chrétienté d’Orient et d’Occident du IIIe au VIIe siècle, Paris 1988. Ebenbauer, Alfred: Historiographie zwischen der Spätantike und dem Beginn volkssprachlicher Geschichtsschreibung im Mittelalter, in: Hans Ulrich Gumbrecht, Ursula Link-Heer und Peter-Michael Spangenberg (Hgg.): La litterature historiographique des origines à 1500, Bd. 1 (Grundriss der romanischen Literaturen des Mittelalters 11/1), Heidelberg 1986, S. 57–113. Eckkrammer, Eva Martha: Die Todesanzeige als Spiegel kultureller Konventionen: eine kontrastive Analyse deutscher, englischer, französischer, spanischer, italienischer und portugiesischer Todesanzeigen (Abhandlungen zur Sprache und Literatur 91), Bonn 1996. Effros, Bonnie: Caring for Body and Soul. Burial and the Afterlife in the Merovingian World, University Park 2002. Effros, Bonnie: Death and Burial, in: Daniel E. Bornstein (Hg.): A People’s History of Christianity, Bd. 4: Medieval Christianity, Minneapolis 2009, S. 53–74. Eggert, Wolfgang: Anno II. Erzbischof von Köln (1056–1072), in: Holtz / Huschner (Hgg.): Deutsche Fürsten des Mittelalters, S. 140–151. Eggert, Wolfgang: Lampertus scriptor callidissimus. Über Tendenz und literarische Technik der »Annalen« des Hersfelder Mönches, in: JbGFeud 1 (1977), S. 89–120. Eggert, Wolfgang: Wie »pragmatisch« ist Brunos Buch vom Sachsenkrieg?, in: DA 51 (1995), S. 543–553. Eggert, Wolfgang: Das Wir-Gefühl bei fränkischen und deutschen Geschichtsschreibern bis zum Investiturstreit, in: Ders. / Barbara Pätzold (Hgg.): Wir-Gefühl und Regnum Saxonum bei frühmittelalterlichen Geschichtsschreibern (Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte 31), Wien-Köln-Graz 1984, S. 13–179.

Verzeichnis der Literatur

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Eggert, Wolfgang: Zu Inhalt, Form und politischer Terminologie der »Fränkischen Reichsannalen«, in: Franz-Reiner Erkens (Hg.): Karl der Große und das Erbe der Kulturen, Berlin 2001, S. 122–134. Ehlers, Caspar: Corpus eius in Spiream deportatur. Heinrich V. und der Tod Heinrichs IV. zu Lüttich, in: Struve (Hg.): Die Salier, das Reich und der Niederrhein, S. 99–114. Ehlers, Caspar: Metropolis Germaniae. Studien zur Bedeutung Speyers für das Königtum (751–1250) (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 125), Göttingen 1996. Ehlers, Caspar: Sachsen als sächsische Bischöfe. Die Kirchenpolitik der karolingischen und ottonischen Könige in einem neuen Licht, in: Becher / Plassmann (Hgg.): Streit am Hof, S. 95–120. Ehlers, Caspar: Voodoo an Elbe und Saale? Ein Versuch über Glauben und Aberglauben bei Thietmar von Merseburg, in: Jäckel / Klocke / Weber (Hgg.), Thietmar von Merseburg, S. 197–219. Ehlers, Joachim: Gut und Böse in der hochmittelalterlichen Historiographie, in: Albert Zimmermann (Hg.), Die Mächte des Guten und Bösen. Vorstellungen im XII. und XIII. Jahrhundert über ihr Wirken in der Heilsgeschichte (Miscellanea mediaevalia 11), Berlin-New York 1977, S. 27–71. Eich, Peter: Gregor der Große: Bischof von Rom zwischen Antike und Mittelalter, Paderborn 2015. Eickermann, Norbert: Zwei Soester Fragmente aus Reginhards verlorener Vita Annonis, in: Soester Zeitschrift 88 (1976), S. 5–27. Eldevik, John: Bishops in the Medieval Empire: New Perspectives on the Church, State and Episcopal Office, in: History Compass 9 (2011), S. 776–790. Elm, Eva: Die Macht der Weisheit: Das Bild des Bischofs in der Vita Augustini des Possidius und anderen spätantiken und frühmittelalterlichen Bischofsviten (Studies in the History of Christian Thought 109), Leiden-Boston 2003. Elze, Reinhard: Sic transit gloria mundi. Zum Tode des Papstes im Mittelalter, in: DA 34 (1978), S. 1–18. Enders, Markus: Zur Frage nach dem Tod in Platons Apologie, in: Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie 42 (1995), S. 237–266. Engelbert, Pius: Bischöfe und Klöster im Frühmittelalter, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 97 (2002), S. 161–193. Engelbert, Pius: Das Papsttum in der Chronik Thietmars von Merseburg, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 97 (2002), S. 89– 122. Engels, Odilo: Der Pontifikatsantritt und seine Zeichen, in: Segni e riti nella chiesa altomedievale occidentale 2, S. 707–766. Engels, Odilo: Der Reichsbischof (10. und 11. Jahrhundert), in: Ders. / Berglar (Hgg.): Der Bischof in seiner Zeit, S. 41–94. Engels, Odilo: Der Reichsbischof in ottonischer und frühsalischer Zeit, in: Irene Crusius (Hg.): Beiträge zu Geschichte und Struktur der mittelalterlichen Germania Sacra (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 93; Studien zur Germania Sacra 17), Göttingen 1989, S. 135–175. Engels, Odilo: Ruotgers Vita Brunonis, in: Anton von Euw und Peter Schreiner (Hgg.): Kaiserin Theophanu. Begegnung des Ostens und Westens um die Wende des ersten

578

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Jahrtausends. Gedenkschrift des Kölner Schnütgen-Museums zum 1000. Todesjahr der Kaiserin, Köln 1991, S. 33–46. Engels, Odilo und Weinfurter, Stefan: Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis ab initio usque ad annum MCXCVIII. Series V: Germania. Tomus I: Archiepiscopatus Coloniensis, Stuttgart 1982. Engels, Odilo und Weinfurter, Stefan (Hgg.): Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis ab initio usque ad annum MCXCVIII. Series V: Germania. Tomus II: Archiepiscopatus Hammaburgensis sive Bremensis, Stuttgart 1984. Englberger, Johann: Gregor VII. und die Bischofserhebungen in Frankreich. Zur Entstehung des ersten römischen Investiturdekrets vom Herbst 1078, in: Erkens (Hg.): Die früh- und hochmittelalterliche Bischofserhebung, S. 193–258. Englberger, Johann: Gregor VII. und die Investiturfrage. Quellenkritische Studien zum angeblichen Investiturverbot von 1075 (Passauer historische Forschungen 9), KölnWeimar-Wien 1996. Ennen, Edith: Bischof und mittelalterliche Stadt. Die Entwicklung in Oberitalien, Frankreich und Deutschland, in: Kirchgässner / Baer (Hgg.): Stadt und Bischof, S. 29–42. Epp, Verena: Von Spurensuchern und Zeichendeutern. Zum Sebstverständnis mittelalterlicher Geschichtsschreiber, in: Laudage (Hg.): Von Fakten und Fiktionen, S. 43–62. Erdmann, Carl: Die Anfänge der staatlichen Propaganda im Investiturstreit, in: HZ 154 (1936), S. 491–512. Erkens, Franz-Reiner: Die Bischofswahl im Spannungsfeld zwischen weltlicher und geistlicher Gewalt. Ein tour d’horizon, in: Ders. (Hg.): Die früh- und hochmittelalterliche Bischofserhebung, S. 1–32. Erkens, Franz-Reiner (Hg.): Die früh- und hochmittelalterliche Bischofserhebung im europäischen Vergleich (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 48), Köln-WeimarWien 1998. Erkens, Franz-Reiner: Herrschersakralität. Ein Essai, in: Ders.: Sachwalter Gottes, S. 13– 30. Erkens, Franz-Reiner: Der pia Dei ordinatione rex und die Krise sakral legitimierter Königsherrschaft in spätsalisch-frühstaufischer Zeit, in: Jarnut / Wemhoff (Hgg.): Vom Umbruch zur Erneuerung, S. 71–101. Erkens, Franz-Reiner: Sachwalter Gottes. Der Herrscher als christus domini, vicarius Christi und sacra majestas. Gesammelte Aufsätze. Zum 65. Geburtstag herausgegeben von Martin Hille, Marc von Knorring und Hans-Christof Kraus (Historische Forschungen 116). Erkens, Franz-Reiner: Die Trierer Kirchenprovinz am Vorabend des Investiturstreits, in: BDLG 125 (1989), S. 109–158. Erkens, Franz-Reiner: Die Trierer Kirchenprovinz im Investiturstreit (Passauer historische Forschungen 4), Köln-Wien 1987. Esders, Stefan: Gallic Politics in the Sixth Century, in: Murray (Hg.): A Companion to Gregory of Tours, S. 429–461. Esders, Stefan: Römische Rechtstradition und merowingisches Königtum. Zum Rechtscharakter politischer Herrschaft in Burgund im 6. und 7. Jahrhundert (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 134), Göttingen 1997. Ewig, Eugen: Die lateinische Kirche im Übergang zum Frühmittelalter, in: Hubert Jedin (Hg.): Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. 2: Die Reichskirche nach Konstantin dem

Verzeichnis der Literatur

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Großen. Zweiter Halbbd.: Die Kirche in Ost und West von Chalkedon bis zum Frühmittelalter (451–700), Freiburg i. Br.-Basel-Wien 21982, S. 95–179. Ewig, Eugen: Der Martinskult im Frühmittelalter, in: AMrhKG 14 (1962), S. 11–30. Fälschungen im Mittelalter. Internationaler Kongress der Monumenta Germaniae Historica, München, 16.–19. September 1986, Teil V: Fingierte Briefe, Frömmigkeit und Fälschung, Realienfälschungen (MGH Schriften 33,V), Hannover 1988. Feldmann, Klaus: Der soziale Tod und die sozialen Leichen, in: Stefenelli (Hg.): Körper ohne Leben, S. 97–103. Fels, Wolfgang: Einführung, in: Venantius Fortunatus, Gelegentlich Gedichte. Das lyrische Werk. Die Vita des hl. Martin, eingel., übers. u. komm. v. Wolfgang Fels (Bibliothek der Mittellateinischen Literatur 2), Stuttgart 2006, S. XI–XLVI. Fenger, Anne-Lene: Tod und Auferstehung des Menschen nach Ambrosius De excessu fratris II, in: Klauser u. a. (Hgg.): Jenseitsvorstellungen in Antike und Christentum, S. 129–139. Ferguson, Everett: Art. Bishop, in: Encyclopedia of Early Christianity (1990), S. 150–154. Février, Paul-Albert: La mort chrétienne, in: Segni e riti nella chiesa altomedievale occidentale 2, S. 881–942. Fichtenau, Heinrich: Abt Richbod und die Annales Laureshamenses, in: Beiträge zur Geschichte des Klosters Lorsch (Geschichtsblätter für den Kreis Bergstraße, Sonderband 4), Lorsch 1978, S. 277–304. Fichtenau, Heinrich: Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts. Studien über Denkart und Existenz im einstigen Karolingerreich, 2 Bde. (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 30), Stuttgart 1984. Fichtenau, Heinrich: Vier Reichsbischöfe der Ottonenzeit, in: Wilhelm Baum (Hg.): Kirche und Staat in Idee und Geschichte des Abendlandes. Festschrift zum 70. Geburtstag von Ferdinand Maass SJ, Wien-München 1973, S. 81–96. Finck von Finckenstein, Albrecht Graf: Bischof und Reich. Untersuchungen zum Integrationsprozess des ottonisch-frühsalischen Reiches (919–1056) (Studien zur Mediävistik 1), Sigmaringen 1989. Finger, Heinz: Gehütete Hirten – Die Kölner Erzbischöfe des Mittelalters unter himmlischer Führung. Ein Beitrag zu Visionsschilderungen und sogenannten »Jenseitsbotschaften« in erzählenden Geschichtsquellen, in: AnnHVNdrh 205 (2002), S. 17–34. Finger, Heinz: Memoria im frühmittelalterlichen (Erz-)Bistum Köln, in: Uwe Ludwig (Hg.): Nomen et fraternitas. Festschrift für Dieter Geuenich zum 65. Geburtstag (Ergänzungsbände zum RGA 62), Berlin 2008, S. 297–316. Finger, Heinz: Zu Inthronisation und Begräbnis der Bischöfe, insbesondere der Kölner Erzbischöfe, im Mittelalter. Ritual und »Inszenierung« am Anfang und Ende bischöflicher Amtszeiten, in: Analecta Coloniensia 2 (2005), S. 125–146. Fischer, Alexander A.: Der Tod im Alten Testament und sein altorientalischer Kontext, in: Volp (Hg.), Tod, S. 11–56. Fischer, Joseph A.: Bischof Dracholf von Freising (907–926), in: Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte 30 (1961), S. 1–32. Fischer, Joseph A.: Studien zum Todesgedanken in der alten Kirche. Die Beurteilung des natürlichen Todes in der kirchlichen Literatur der ersten drei Jahrhunderte, Bd. 1, München 1954. Fitschen, Klaus: Art. Tod IV. Kirchengeschichtlich, in: TRE 33 (2002), S. 605–614.

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Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Flasch, Kurt: Augustin. Einführung in sein Denken, Stuttgart 21994. Flasch, Kurt: Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin zu Machiavelli, Stuttgart 32013. Fleckenstein, Josef: Art. Brun (Bruno) I., Erzbischof von Köln (953/925–965), in: LexMA 2 (1983), Sp. 755. Fleckenstein, Josef: Erzbischof Gebhard von Salzburg als Repräsentant der Reichskirche und Gegner des Königs im Investiturstreit, in: Salzburg in der europäischen Geschichte. Symposium der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde anlässlich des Landesfestes »900 Jahre Festung Hohensalzburg« 6./7. Juni 1977 (Salzburger Dokumentationen 19), Salzburg 1977, S. 11–28. Fleckenstein, Josef: Die Hofkapelle der deutschen Könige, 2 Bde. (MGH Schriften 16), Stuttgart 1959–1966. Fleckenstein, Josef: Problematik und Gestalt der ottonisch-salischen Reichskirche, in: Karl Schmid (Hg.): Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Vorträge beim wissenschaftlichen Kolloquium aus Anlass des achtzigsten Geburtstags von Gerd Tellenbach, Sigmaringen 1985, S. 83–98. Fleischhack, Erich: Fegfeuer. Die christlichen Vorstellungen vom Geschick der Verstorbenen geschichtlich dargestellt, Tübingen 1969. Flint, Valerie J.: The Early Medieval ›Medicus‹, the Saint – and the Enchanter, in: Social History of Medicine 2 (1989), S. 127–145. Floryszczak, Silke: Die Regula Pastoralis Gregors des Großen. Studien zu Text, kirchenpolitischer Bedeutung und Rezeption in der Karolingerzeit (Studien und Texte zu Antike und Christentum 26), Tübingen 2005. Förster, Hans: Transitus Mariae. Beiträge zur koptischen Überlieferung. Mit einer Edition von P. Vindob. K 7589, Cambridge Add 1876 8 und Paris BN Copte 129/17ff. 28 und 29 (Die Griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte NF 14. Neutestamentliche Apokryphen II), Berlin-New York 2006. Förster, Thomas: Bonizo von Sutri als gregorianischer Geschichtsschreiber (MGH Studien und Texte 53), Hannover 2011. Les fonctions des saints dans le monde occidental (IIIe–XIIIe siècle). Actes du colloque organisé par l’École française de Rome avec le concours de l’Université de Rome ›La Sapienzia‹, Rome, 27–29 octobre 1988, Rom 1991. Fontaine, Jacques: The Bishop in the Western Church of the Fifth Century, in: Seanches Ard Mhacha 16 (1995), S. 1–11. Fontaine, Jacques: Introduction, in: Sulpice Sévère, Vie de Saint Martin, Bd. 1, introduction, texte et traduction par Jacques Fontaine (Sources chrétiennes 133), Paris 1967, S. 17–243. Forse, James H.: Bruno of Cologne and the Networking of the Episcopate in Tenth-Century Germany, in: German History 9 (1991), S. 263–279. Fouracre, Paul und Gerberding, Richard A.: Late Merovingian France. History and Hagiography 640–720 (Manchester Medieval Sources Series), Manchester-New York 1996. Fouracre, Paul: Merovingian History and Merovingian Hagiography, in: Past and Present 127 (1990), S. 3–38. Fouracre, Paul: Why Were so Many Bishops Killed in Merovingian Francia?, in: Fryde / Reitz (Hgg.): Bischofsmord im Mittelalter, S. 13–35.

Verzeichnis der Literatur

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Frank, Hieronymus: Der älteste erhaltene ordo defunctorum der römischen Liturgie und sein Fortleben in Totenagenden des frühen Mittelalters, in: ALW 7 (1962), S. 360–415. Frank, Hieronymus: Geschichte des Trierer Beerdigungsritus, in: ALW 4 (1956), S. 279– 315. Frank, Karl Suso: Martin von Tours und die Anfänge seiner Verehrung, in: Werner Gross und Wolfgang Urban (Hgg.): Martin von Tours. Ein Heiliger Europas, Ostfildern 1997, S. 21–62. Frank, Thomas: Die ostfränkische Reichskirche zur Zeit Ludwigs des Kindes, in: An Regnitz, Aisch und Wiesent. Heimatkundliche Zeitschrift für Stadt und Landkreis Forchheim. Sonderheft 1 (2000/2001), S. 67–82. Frassetto, Michael: Resurrection of the Body: Eleventh-Century Evidence from the Sermons of Ademar of Chabannes, in: Journal of Religious History 26 (2002), S. 235– 249. Freise, Eckhard: Kalendarische und annalistische Grundformen der Memoria, in: Schmid / Wollasch (Hgg.): Memoria, S. 441–577. Freund, Stephan: Von den Agilofingern zu den Karolingern. Bayerns Bischöfe zwischen Kirchenorganisation, Reichsintegration und karolingischer Reform (700–847) (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 144), München 2004. Fried, Johannes: Erinnerung im Kreuzverhör. Kollektives Gedächtnis, Albert Speer und die Erkenntnis erinnerter Vergangenheit, in: Dieter Hein, Klaus Hildebrand und Andreas Schulz (Hgg.): Historie und Leben. Der Historiker als Wissenschaftler und Zeitgenosse. Festschrift für Lothar Gall zum 70. Geburtstag, München 2006, S. 327–357. Fried, Johannes: Erinnerung und Vergessen. Die Gegenwart stiftet die Einheit der Vergangenheit, in: HZ 273 (2001), S. 561–593. Fried, Johannes: Gedächtnis und Kultur. Perspektiven auf eine neurokulturelle Geschichtswissenschaft. Ein Versuch, in: Christian Heuer und Christine Pflüger (Hgg.): Geschichte und ihre Didaktik: Ein weites Feld …; Unterricht, Wissenschaft, Alltagswelt; Gerhard Schneider zum 65. Geburtstag, Schwalbach 2009, S. 168–203. Fried, Johannes: Gens und regnum. Wahrnehmungs- und Deutungskategorien politischen Wandels im früheren Mittelalter. Bemerkungen zur doppelten Theoriebildung des Historikers, in: Jürgen Miethke und Klaus Schreiner (Hgg.): Sozialer Wandel im Mittelalter. Wahrnehmungsformen, Erklärungsmuster, Regelungsmechanismen, Sigmaringen 1994, S. 73–104. Fried, Johannes: Geschichte und Gehirn. Irritationen der Geschichtswissenschaft durch Gedächtniskritik (Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Abhandlungen der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse 2003, 7), Mainz 2003. Fried, Johannes: Gnesen, Aachen, Rom. Otto III. und der Kult des hl. Adalbert. Beobachtungen zum ältesten Adalbertsleben, in: Michael Borgolte (Hg.): Polen und Deutschland vor 1000 Jahren. Die Berliner Tagung über den »Akt von Gnesen« (Europa im Mittelalter 5), Berlin 2002, S. 235–279. Fried, Johannes: Die Königserhebung Heinrichs I. Erinnerung, Mündlichkeit und Traditionsbildung im 10. Jahrhundert, in: Michael Borgolte (Hg.): Mittelalterforschung nach der Wende 1989 (Historische Zeitschrift. Beiheft NF 20), München 1995, S. 267– 318. Fried, Johannes: Der Pakt von Canossa. Schritte zur Wirklichkeit durch Erinnerungsanalyse, in: Wilfried Hartmann und Klaus Herbers (Hgg.): Die Faszination der

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Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Papstgeschichte: Neue Zugänge zum frühen und hohen Mittelalter (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 28), Köln 2008, S. 133–198. Fried, Johannes: Papst Leo III. besucht Karl den Großen in Paderborn oder Einhards Schweigen, in: HZ 272 (2001), S. 281–326. Fried, Johannes: Recht und Verfassung im Spannungsfeld von Mündlichkeit und kollektiver Erinnerung: Eheschluss und Königserhebung Heinrichs I., in: Albrecht Cordes (Hg.): Stadt – Gemeinde – Genossenschaft: Festschrift für Gerhard Dilcher zum 70. Geburtstag, Berlin 2003, S. 293–320. Fried, Johannes: Ritual und Vernunft – Traum und Pendel des Thietmar von Merseburg, in: Lothar Gall (Hg.): Das Jahrtausend im Spiegel der Jahrhundertwenden, Berlin 1999, S. 15–63. Fried, Johannes: Der Schleier der Erinnerung: Grundzüge einer historischen Memorik, München 2012. Fried, Johannes: The Veil of Memory. Anthropological Problems when Considering the Past (Annual Lecture, German Historical Institute 1997), London 1997. Fried, Johannes: »… vor fünfzig oder mehr Jahren«: Das Gedächtnis der Zeugen in Prozeßurkunden und in familiären Memorialtexten, in: Christel Meier (Hg.): Pragmatische Dimension mittelalterlicher Schriftkultur. Akten des internationalen Kolloquiums 26.–29. Mai 1999 (Münstersche Mittelalter-Schriften 79), München 2002, S. 23–61. Fritz, Wolfgang Dietrich: Einleitung, in: Lampert von Hersfeld: Annalen, neu übers. v. Adolf Schmitz, erl. v. Wolfgang Dietrich Fritz (FSGA 13), Darmstadt 1962, S. IX–XXI. Fros, Henricus: L’eschatologie médiévale dans quelques écrits hagiographiques (IV–IX s.), in: Verbeke / Verhelst / Welkenhuysen (Hgg.): The Use and Abuse of Eschatology, S. 212–220. Fryde, Natalie und Reitz, Dirk (Hgg.): Bischofsmord im Mittelalter. Murder of Bishops (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 191), Göttingen 2003. Fuchs, Franz: Arnolfs Tod, Begräbnis und Memoria, in: Ders. / Schmid (Hgg.): Kaiser Arnolf, S. 416–434. Fuchs, Franz und Schmid, Peter (Hgg.): Kaiser Arnolf. Das ostfränkische Reich am Ende des 9. Jahrhunderts. Regensburger Kolloquium 9.–11. 12. 1999 (Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Beiheft 19, Reihe B), München 2002. Fuchs, Werner: Todesbilder in der modernen Gesellschaft, Frankfurt a.M. 1969. Fürst, Alfons: Lasst uns erwachsen werden! Ethische Aspekte der Eschatologie des Origenes, in: Theologie und Philosophie 75 (2000), S. 321–339. Fuhrmann, Horst: Bilder für einen guten Tod (Bayerische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl., Sitzungsberichte Jahrgang 1997, 3), München 1997. Fuhrmann, Horst: Die Fabel von Papst Leo und Bischof Hilarius. Vom Ursprung und der Erscheinungsform einer historischen Legende, in: AKG 43 (1961), S. 125–162. Fuhrmann, Horst: Fälscher unter sich: Zum Streit zwischen Hinkmar von Reims und Hinkmar von Laon, in: Gibson / Nelson (Hgg.): Charles the Bald, S. 224–234. Fuhrmann, Horst: Guter Tod – schlimmer Tod, in: Helmut Altrichter (Hg.): Bilder erzählen Geschichte, Freiburg i. Br. 1995, S. 149–165. Fuhrmann, Horst: Überall ist Mittelalter. Von der Gegenwart einer vergangenen Zeit, München 1996.

Verzeichnis der Literatur

583

Fuhrmann, Sebastian und Grundmann, Regina (Hgg.): Martyriumsvorstellungen in Antike und Mittelalter. Leben oder sterben für Gott? (Arbeiten zur Geschichte des antiken Judentums und des Urchristentums 80), Leiden-Boston 2012. Gäbe, Sabine: Die hagiographische Literatur im deutschen Sprachraum unter den Ottonen und Saliern (ca. 960–1130). II.2: Die Hagiographie im Einflussbereich jungcluniazensischer Observanzen (1090–ca. 1130), in: Hagiographies. Histoire internationale de la littérature 4, S. 459–498. Gaiffier, Baudouin de: Hagiographie et historiographie. Quelques aspects du problème, in: La storiografia altomedievale 1, S. 139–166. Gaiffier, Baudoin de: Un theme hagiographique: Le pendu miraculeusement sauve, in: Belgisch tijdschrift voor oudheidkunde en kunstgeschiedenis / Revue Belge d’archéologie et d’histoire de l’art 13 (1943), S. 123–148. Gaillard, Michèle: Dans ou hors la cité: quelques réflexions sur les lieux de sépultures des évêques de Metz, Toul et Verdun, au IXe siècle et au début de Xe siècle, in: Margue (Hg.): Sépulture, mort et représentation du pouvoir, S. 171–184. Gaillard, Michèle (Hg.): L’empreinte chrétienne en Gaule du IVe au IXe siècle (Culture et société médievales 26), Turnhout 2014. Ganshof, François Louis: L’historiographie dans la monarchie franque sous les Mérovingiens et les Carolingiens. Monarchie franque unitaire et Francie Occidentale, in: La storiografia altomedievale 2, S. 631–685. Ganz, David: The Debate on Predestination, in: Gibson / Nelson (Hgg.): Charles the Bald, S. 283–302. Garipzanov, Ildar H.: Annales Guelferbytani: Changing Perspectives of a local Narrative, in: Corradini / Diesenberger / Niederkorn-Bruck (Hgg.): Zwischen Niederschrift und Wiederschrift, S. 123–137. Garnier, Claudia und Schnocks, Johannes (Hgg.): Sterben über den Tod hinaus. Politische, soziale und religiöse Ausgrenzung in vormodernen Gesellschaften (Religion und Politik 3), Würzburg 2012. Garrison, Mary: The Study of Emotions in Early Medieval History: Some Starting Points, in: Early Medieval Europe 10 (2001), S. 243–250. Gassmann, Peter: Der Episkopat in Gallien im 5. Jahrhundert, Diss. Bonn 1977. Gastgeber, Christian: Tod und Totenklage – der Standpunkt der Kirchenväter, in: Ders., Harald Froschauer und Hermann Harrauer (Hgg.): Tod am Nil. Tod und Totenkult im antiken Ägypten (Nilus 8), Wien 2003, S. 45–56. Gauthier, Nancy: L’évêque Martin et la ville de Tours, in: Revue d’histoire de l’église de France 82 (1996), S. 249–262. Gauthier, Nancy: Le réseau de pouvoirs de l’évêque dans la Gaule du haut Moyen-Âge, in: Dies., Gian Pietro Brogiolo und Neil J. Christie (Hgg.): Towns and their Territories Between Late Antiquity and the Early Middle Ages (The Transformation of the Roman World 9), Leiden-Boston-Köln 2000, S. 173–207. Geary, Patrick J.: Death and Funeral of the Carolingians, in: Karl-Heinz Spiess und Immo Warntjes (Hgg.): Death at Court, Wiesbaden 2012, S. 9–19. Geary, Patrick J.: Living with the Dead in the Middle Ages, Ithaca-London 1994. Geary, Patrick J.: Die Merowinger. Europa vor Karl dem Großen, München 32007. Geary, Patrick J.: Phantoms of Remembrance. Memory and Oblivion at the End of the First Millennium, Princeton 1994.

584

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Geerlings, Wilhelm: Einleitung, in: Possidius: Vita Augustini, eingel., komm. u. hg. v. Wilhelm Geerlings (Augustinus Opera – Werke), Paderborn u. a. 2005, S. 7–23. Geis, Lioba: Kirchenrechtliche Norm und diözesane Praxis. Strategien des Umgangs mit Simonie im frühen 11. Jahrhundert, in: Bihrer / Bruhn (Hgg.), Jenseits des Königshofs, S. 177–208. Gennep, Arnold van: Übergangsriten, Frankfurt a.M.-New York 1986 (im Original: Les rites de passage, Paris 1981). George, Judith W.: Portraits of Two Merovingian Bishops in the Poetry of Venantius Fortunatus, in: Journal of Medieval History 13 (1987), S. 189–205. Georgi, Wolfgang: Die Bischöfe der Kirchenprovinz Magdeburg zwischen Königtum und Adel im 10. und 11. Jahrhundert, in: Erkens (Hg.): Die früh- und hochmittelalterliche Bischofserhebung, S. 83–137. Georgi, Wolfgang: Die Grablegen der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, in: Ludger Honnefelder, Norbert Trippen und Arnold Wolff (Hgg.): Dombau und Theologie im mittelalterlichen Köln. Festschrift zur 750-Jahrfeier der Grundsteinlegung des Kölner Domes und zum 65. Geburtstag von Joachim Kardinal Meisner 1998 (Studien zum Kölner Dom 6), Köln 1998, S. 233–265. Gerberding, Richard A.: The Rise of the Carolingians and the Liber Historiae Francorum (Oxford Historical Monographs), Oxford 1987. Gergen, Thomas: Gottesfrieden und Gewalt gegen Bischöfe – Überlegungen zu den Rechtsgrundlagen des Sanktionensystems, in: Fryde / Reitz (Hgg.): Bischofsmord im Mittelalter, S. 83–96. Gerlitz, Peter: Krankheit I. Religionsgeschichtlich, in: TRE 19 (1990), S. 675–680. Gessel, Wilhelm: Bestattung und Todesverständnis in der Alten Kirche. Ein Überblick, in: Becker / Einig / Ullrich (Hgg.): Im Angesicht des Todes 1, S. 535–568. Gessel, Wilhelm: Die spätantike Stadt und ihr Bischof, in: Kirchgässner / Baer (Hgg.): Stadt und Bischof, S. 9–28. Geuenich, Dieter: »Dem himmlischen Gott in Erinnerung sein …«: Gebetsgedenken und Gebetshilfe im frühen Mittelalter, in: Jarnut / Wemhoff (Hgg.): Erinnerungskultur im Bestattungsritual, S. 27–40. Geyer, Paul: Literarische Entlehnungen in Ruotgers Lebensbeschreibung des Erzbischofs Bruno von Köln, in: NA 48 (1930), S. 354–383. Gibson, Margaret T. und Nelson, Janet L. (Hgg.): Charles the Bald. Court and Kingdom (BAR International Series 101), Oxford 21990. Gierlich, Ernst: Die Grabstätten der rheinischen Bischöfe vor 1200 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 65), Mainz 1990. Giese, Martina: Annales → Annales Quedlinburgenses Giese, Martina: Die Historiographie im Umfeld des ottonischen Hofes, in: Schieffer / Wenta (Hgg.): Hofgeschichtsschreibung, S. 19–37. Giese, Martina: Thietmars Chronik: Vorlagen, handschriftliche Überlieferung und mittelalterliche Rezeption, in: Cottin / Merkel (Hgg.): Thietmars Welt, S. 73–99. Giesebrecht, Wilhelm von: Die fränkischen Königsannalen und ihr Ursprung, in: Münchner historisches Jb. (1865), S. 186–238. Gilliard, Frank D.: The Senators of Sixth-Century Gaul, in: Speculum 54 (1979), S. 685– 697.

Verzeichnis der Literatur

585

Gillis, Matthew Bryan: Heresy in the Flesh: Gottschalk of Orbais and the Predestination Controversy in the Archdiocese of Rheims, in: Stone / West (Hgg.): Hincmar of Rheims, S. 247–267. Gilsdorf, Sean (Hg.): The Bishop: Power and Piety at the First Millennium (Neue Aspekte der europäischen Mittelalterforschung 4), Münster 2004. Glaeske, Günter: Die Erzbischöfe von Hamburg-Bremen als Reichsfürsten (937–1258) (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 60), Hildesheim 1962. Gnilka, Joachim: Die biblische Botschaft von Himmel und Hölle – Befreiung oder Versklavung?, in: Greshake (Hg.): Ungewisses Jenseits, S. 16–31. Gnilka, Joachim: Ist 1. Kor. 13, 10–15 ein Schriftzeugnis für das Fegfeuer? Eine exegetischhistorische Untersuchung, Düsseldorf 1955. Görich, Knut: Art. Johannes XVI., Gegenpapst, in: Lexikon der Päpste und des Papsttums (2001), Sp. 191–192. Görich, Knut: Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus. Kaiserliche Rompolitik und sächsische Historiographie (Historische Forschungen 18), Sigmaringen 1993. Goetting, Hans: Das Bistum Hildesheim 3: Die Hildesheimer Bischöfe von 815 bis 1221 (1227) (Germania Sacra NF 20), Berlin-New York 1984. Goetz, Hans-Werner: Die Chronik Thietmars von Merseburg als Ego-Dokument: ein Bischof mit gespaltenem Selbstverständnis, in: Corradini u. a. (Hgg.): Ego Trouble, S. 259–270. Goetz, Hans-Werner: Debilis. Vorstellungen von menschlicher Gebrechlichkeit im frühen Mittelalter, in: Nolte (Hg.): Homo debilis, S. 21–55. Goetz, Hans-Werner: Endzeiterwartung und Endzeitvorstellung im Rahmen des Geschichtsbildes des früheren 12. Jahrhunderts, in: Verbeke / Verhelst / Welkenhuysen (Hgg.): The Use and Abuse of Eschatology, S. 306–332. Goetz, Hans-Werner: Fälschung und Verfälschung der Vergangenheit. Zum Geschichtsbild der Streitschriften des Investiturstreits, in: Fälschungen im Mittelalter, S. 165–188. Goetz, Hans-Werner: Die Gegenwart der Vergangenheit im früh- und hochmittelalterlichen Geschichtsbewusstsein, in: Ders.: Vorstellungsgeschichte, S. 453–476. Goetz, Hans-Werner: Geschichte als Argument. Historische Beweisführung und Geschichtsbewusstsein in den Streitschriften des Investiturstreits, in: HZ 245 (1987), S. 31– 69. Goetz, Hans-Werner: Die »Geschichte« im Wissenschaftssystem des Mittelalters, in: Schmale: Funktion, S. 165–213. Goetz, Hans-Werner: Das Geschichtsbild Ottos von Freising. Ein Beitrag zur historischen Vorstellungswelt und zur Geschichte des 12. Jahrhunderts (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 19), Köln-Wien 1984. Goetz, Hans-Werner: Das Geschichts- und Weltbild der Chronik Hermanns von Reichenau, in: Zotz / Heinzer (Hgg.): Hermann der Lahme, S. 87–131. Goetz, Hans-Werner: Geschichtsschreibung und Geschichtsbewußtsein im hohen Mittelalter (Orbis mediaevalis 1), Berlin 22008. Goetz, Hans-Werner: Gott und die Welt. Religiöse Vorstellungen des frühen und hohen Mittelalters. Teil I, Band 1: Das Gottesbild (Orbis mediaevalis 13,1), Berlin 2011. Goetz, Hans-Werner: Historiographisches Zeitbewusstsein im frühen Mittelalter. Zum Umgang mit der Zeit in der karolingischen Geschichtsschreibung, in: Scharer / Scheibelreiter (Hgg.): Historiographie im frühen Mittelalter, S. 158–178.

586

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Goetz, Hans-Werner: Der Investiturstreit in der deutschen Geschichtsschreibung von Lampert von Hersfeld bis Otto von Freising, in: Stiegemann / Wemhoff (Hgg.): Canossa 1077 – Erschütterung der Welt, S. 47–59. Goetz, Hans-Werner: »Konstruktion der Vergangenheit«. Geschichtsbewusstsein und »Fiktionalität« in der hochmittelalterlichen Chronistik, dargestellt am Beispiel der Annales Palidenses, in: Laudage (Hg.): Von Fakten und Fiktionen, S. 225–257. Goetz, Hans-Werner: Der Mensch zwischen Zeit und Ewigkeit. Zeitvorstellungen und Umgang mit den letzten Dingen im frühen und hohen Mittelalter, in: Andreas Bihrer, Julia Weitbrecht und Timo Reuvekamp-Felber (Hgg.), Die Zeit der letzten Dinge. Deutungsmuster und Erzählformen des Umgangs mit Vergänglichkeit in Mittelalter und Früher Neuzeit (Encomia Deutsch 6), Göttingen 2020, S. 17–60. Goetz, Hans-Werner: Strukturen der spätkarolingischen Epoche im Spiegel der Vorstellungen eines zeitgenössischen Mönchs. Eine Interpretation der Gesta Karoli Notkers von Sankt Gallen, Bonn 1981. Goetz, Hans-Werner: Thietmar von Merseburg – Ansichten und Absichten eines zeitgenössischen Chronisten, in: Andreas Ranft und Wolfgang Schenkluhn (Hgg.): Herrschaftslandschaft im Umbruch. 1000 Jahre Merseburger Dom (More Romano 6), Regensburg 2017, S. 139–166. Goetz, Hans-Werner: Verschriftlichung von Geschichtskenntnissen. Die Historiographie der Karolingerzeit, in: Ursula Schaefer (Hg.): Schriftlichkeit im frühen Mittelalter (ScriptOralia 53), Tübingen 1993, S. 229–253. Goetz, Hans-Werner: Vorstellungsgeschichte. Gesammelte Schriften zu Wahrnehmungen, Deutungen und Vorstellungen im Mittelalter, hg. v. Anna Aurast u. a., Bochum 2007. Goetz, Hans-Werner: »Vorstellungsgeschichte«: Menschliche Vorstellungen und Meinungen als Dimension der Vergangenheit. Bemerkungen zu einem jüngeren Arbeitsfeld der Geschichtswissenschaft als Beitrag zu einer Methodik der Quellenauswertung, in: Ders.: Vorstellungsgeschichte, S. 3–17. Goetz, Hans-Werner: Wahrnehmungs- und Deutungsmuster als methodisches Problem der Geschichtswissenschaft, in: Das Mittelalter 8 (2003), S. 23–33. Goez, Werner: Bischof Thietmar von Merseburg. Geschichtsschreiber, in: Ders. (Hg.): Lebensbilder aus dem Mittelalter, S. 106–117. Goez, Werner: Bischof Ulrich von Augsburg (923–973), in: Ders. (Hg.): Lebensbilder aus dem Mittelalter, S. 28–40. Goez, Werner: Die Einstellung zum Tode im Mittelalter, in: Der Grenzbereich zwischen Leben und Tod. Vorträge gehalten auf der Tagung der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg am 9. und 10. Oktober 1975 (Veröffentlichungen der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg), Göttingen 1976, S. 111–153. Goez, Werner: Kirchenreform und Investiturstreit 910–1122, Stuttgart u. a. 2000. Goez, Werner (Hg.): Lebensbilder aus dem Mittelalter. Die Zeit der Ottonen, Salier und Staufer, Darmstadt 1998. Goez, Werner: Papa qui et episcopus. Zum Selbstverständnis des Reformpapsttums im 11. Jahrhundert, in: AHP 8 (1970), S. 27–59. Goffart, Walter: The Fredegar Problem Reconsidered, in: Speculum 38 (1963), S. 206–241.

Verzeichnis der Literatur

587

Goffart, Walter: From Historiae to Historia Francorum and Back Again: Aspects of the Textual History of Gregory of Tours, in: Contreni / Noble (Hgg.): Religion, Culture, and Society, S. 55–76. Goffart, Walter: The Narrators of Barbarian History (A.D. 550–800). Jordanes, Gregory of Tours, Bede and Paul the Deacon, Princeton 1988. Goffart, Walter: Paul the Deacon’s Gesta Episcoporum Mettensium and the Early Design of Charlemagne’s Succession, in: Traditio 42 (1986), S. 59–93. Golinelli, Paolo: Une hagiographie de combat dans le contexte de la lutte pour les investitures, in: Bozóky (Hg.): Hagiographie, idéologie et politique au Moyen Âge en Occident, S. 243–254. Goodich, Michael: The Death of a Saint: A Hagiographical Topos, in: Katariina Mustakallio und Jussi Hanska (Hgg.): Hoping for Continuity: Childhood and Death in Antiquity and in the Middle Ages (Acta Instituti Romani Finlandiae 33), Rom 2005, S. 227–238. Goodrich, Richard J.: Satan and the Bishops. Origen, Apokatastasis, and Ecclesiastical Politics in Sulpicius Severus’ Dialogi, in: Adamantius 19 (2013), S. 84–96. Gottlob, Theodor: Das abendländische Chorepiskopat (Kanonistische Studien und Texte 1), Bonn 1928. Goullet, Monique und Heinzelmann, Martin (Hgg.): Miracles, vies et réécritures dans l’Occident médiéval: Actes de l’Atelier »La réécriture des Miracles« (IHAP, juin 2004) et SHG X–XII: dossiers des saints de Metz et Laon et de saint Saturnin de Toulouse (Beihefte der Francia 65), Ostfildern 2006. Goullet, Monique und Heinzelmann, Martin (Hgg.): La réécriture hagiographique dans l’Occident médiéval: transformations formelles et idéologiques (Beihefte der Francia 58), Ostfildern 2003. Grabka, Gregory: Christian Viaticum: A Study of its Cultural Background, in: Traditio 9 (1953), S. 1–43. Gradowicz-Pancer, Nira: Femmes royales et violences anti-épiscopales à l’époque mérovingienne: Frédégonde et le meurtre de l’évêque Prétextat, in: Fryde / Reitz (Hgg.): Bischofsmord im Mittelalter, S. 37–50. Graus, Frantisˇek: Sozialgeschichtliche Aspekte der Hagiographie der Merowinger- und Karolingerzeit. Die Viten der Heiligen des südalemannischen Raumes und die sogenannten Adelsheiligen, in: Arno Borst (Hg.): Mönchtum, Episkopat und Adel zur Gründungszeit des Klosters Reichenau (VuF 20), Sigmaringen 1974, S. 131–176. Graus, Frantisˇek: Volk, Herrscher und Heiliger im Reich der Merowinger. Studien zur Hagiographie der Merowingerzeit, Prag 1965. Gregg, Robert C.: Patristic Deaths, in: Studia Patristica 25 (1993), S. 417–422. Greshake, Gisbert (Hg.): Ungewisses Jenseits? Himmel – Hölle – Fegefeuer, Düsseldorf 1986. Gresser, Georg: Das Bistum Speyer bis zum Ende des 11. Jahrhunderts (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 89), Mainz 1998. Gressmann, Hugo: Vom reichen Mann und armen Lazarus. Eine literargeschichtliche Studie. Mit ägyptologischen Beiträgen von Georg Möller (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 1918, 7), Berlin 1918. Gross, Karl: Der Tod des hl. Benedictus. Ein Beitrag zu Gregor d. Gr., Dial. 2, 37, in: Revue Bénédictine 85 (1975), S. 164–176.

588

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Grosse, Rolf: Das Bistum Utrecht und seine Bischöfe im 10. und frühen 11. Jahrhundert (Kölner historische Abhandlungen 33), Köln-Wien 1987. Grosse, Rolf: L’évêque d’Utrecht autour de l’an Mil: le modèle d’un prélat ottonien?, in: Alexis Wilkin und Jean-Louis Kupper (Hgg.): Évêque et prince: Notger et la BasseLotharingie aux alentours de l’an mil (Série Histoire 2), Lüttich 2013, S. 207–223. Gruber, Johann: Der heilige Burchard. Bischof von Halberstadt (1036–1059), in: Georg Schwaiger (Hg.): Lebensbilder aus der Geschichte des Bistums Regensburg, Bd. 1 (Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg 23), Regensburg 1989, S. 118–123. Gugumus, Johannes Emil: Die Speyerer Bischöfe im Investiturstreit. Forschungen zu Problemen über das Verhältnis von Kirche und Staat im ausgehenden 11. Jahrhundert, in: AMrhKG 4 (1952), S. 45–78. Gurjewitsch, Aaron, J.: Die Darstellung von Persönlichkeit und Zeit in der mittelalterlichen Kunst und Literatur (in Verbindung mit der Auffassung vom Tode und des Jenseits), in: Archiv für Kulturgeschichte 71 (1989), S. 1–44. Gurjewitsch, Aaron J.: Das Individuum im europäischen Mittelalter (Europa bauen), München 1994. Guth, Klaus: Sitte, Ritus, Brauch. Bräuche um Tod und Begräbnis, in: ALW 31 (1989), S. 100–118. Guttenberg, Erich Frhr. von: Das Bistum Bamberg, 1. Teil: Das Hochstift Bamberg (Germania Sacra AF 2,1), Berlin 1937. Haarländer, Stephanie: Letztwillige Verfügungen hochmittelalterlicher Bischöfe im Regnum Teutonicum. Der lange Weg zur Testierfreiheit, in: Kasten (Hg.): Herrscherund Fürstentestamente, S. 599–620. Haarländer, Stephanie: Die Vita Burchardi im Rahmen der Bischofsviten seiner Zeit, in: Hartmann (Hg.): Bischof Burchard von Worms, S. 129–160. Haarländer, Stephanie: Vitae episcoporum. Eine Quellengattung zwischen Hagiographie und Historiographie, untersucht an Lebensbeschreibungen von Bischöfen des Regnum Teutonicum im Zeitalter der Ottonen und Salier (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 47), Stuttgart 2000. Haas, Alois Maria: Tod und Jenseits in der deutschen Literatur des Mittelalters, in: Jezler (Hg.): Himmel, Hölle, Fegefeuer, S. 69–78. Haas, Alois Maria: Todesbilder im Mittelalter. Fakten und Hinweise in der deutschen Literatur, Darmstadt 1989. Hack, Achim Thomas: Alter, Krankheit, Tod und Herrschaft im frühen Mittelalter. Das Beispiel der Karolinger (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 56), Stuttgart 2009. Hadot, Pierre: Platon et Plotin dans trois sermons de saint Ambroise, in: Revue des études latines 34 (1956), S. 202–220. Hägermann, Dieter; Haubrichs, Wolfgang und Jarnut, Jörg (Hgg.): Akkulturation. Probleme einer germanisch-romanischen Kultursynthese in Spätantike und frühem Mittelalter (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 41), Berlin-New York 2004. Hageneier, Lars: Jenseits der Topik. Die Herrscherbiographie der Karolingerzeit (Historische Studien 483), Husum 2004. Hagiographies. Histoire internationale de la littérature hagiographique latine et vernaculaire en Occident des origines à 1550, 6 Bde., Turnhout 1994–2006.

Verzeichnis der Literatur

589

Haibach-Reinisch, Monika: Ein neuer Transitus Mariae des Pseudo-Melito. Textkritische Ausgabe und Darlegung der Bedeutung dieser ursprünglicheren Fassung für Apokryphenforschung und lateinische und deutsche Dichtung des Mittelalters (Bibliotheca assumptionis B. virginis Mariae 5), Rom 1962. Haller, Johannes: Canossa, in: Neue Jahrbücher für das klassische Altertum, Geschichte und deutsche Literatur 17 (1906), S. 102–147 Halphen, Louis: Études critiques sur l’histoire de Charlemagne, Paris 1921. Halsall, Guy: Burial, Ritual and Merovingian Society, in: Joyce Hill und Mary Swan (Hgg.): The Community, the Family and the Saint. Patterns of Power in Early Medieval Europe (International Medieval Research), Turnhout 1998, S. 325–338. Halsall, Guy: Nero and Herod? The Death of Chilperic and Gregory’s Writing of History, in: Mitchell / Wood (Hgg.): The World of Gregory of Tours, S. 337–350. Halsall, Guy: The Preface to Book V of Gregory of Tours’ Histories: Its Form, Context and Significance, in: The English Historical Review 122 (2007), S. 297–317. Hameter, Wolfgang: Mors perpetua est. Tod und Ritual in der griechisch-römischen Antike, in: Ders., Meta Niederkorn-Bruck und Martin Schuetz (Hgg.): Freund Hein? Tod und Ritual (Querschnitte 22), Innsbruck-Wien-Bozen 2007, S. 16–29. Hammer, Andreas und Seidl, Stephanie (Hgg.): Helden und Heilige. Kulturelle und literarische Integrationsfiguren des europäischen Mittelalters (Germanisch-Romanische Monatsschrift, Beiheft 42), Heidelberg 2010. Handschuh, Gerhard-Peter: Bistumsgeschichtsschreibung im ottonisch-salischen Reichskirchensystem. Studien zu den sächsischen Gesta episcoporum des 11. bis frühen 13. Jahrhunderts, Diss. masch. Tübingen 1982. Hanson, Richard P. C.: The Church in Fifth-Century Gaul. Evidence from Sidonius Apollinaris, in: Journal of Ecclesiastical History 21 (1970), S. 1–10. Hardt, Matthias: Kirchenorganisation oder Aufstand: Die Christianisierung von Sorben, Elb- und Ostseeslawen in Ottonen- und Salierzeit, in: Kamp / Kroker (Hgg.): Schwertmission, S. 53–66. Harnack, Adolf von: Possidius: Augustinus Leben (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 1), Berlin 1931. Harries, Jill: Sidonius Apollinaris and the Fall of Rome AD 407–485, Oxford 1994. Hartinger, Walter: Erde, Himmel, Hölle, Fegfeuer. Die Sorge um das Seelenheil und das irdische Leben, in: Herbert W. Wurster und Richard Loibl (Hgg.): Apokalypse. Zwischen Himmel und Hölle, Passau 2000, S. 177–200. Hartmann, Clara: Der Tod in seiner Beziehung zum menschlichen Dasein bei Augustinus, Gießen 1932. Hartmann, Florian (Hg.): Brief und Kommunikation im Wandel. Medien, Autoren und Kontexte in den Debatten des Investiturstreits (Papsttum im mittelalterlichen Europa 5), Köln-Weimar-Wien 2016. Hartmann, Martina: Die Darstellung der Frauen im Liber Historiae Francorum und die Verfasserfrage, in: Concilium medii aevi 7 (2004), S. 209–237. Hartmann, Wilfried: Bestattungen und Bestattungsrituale nach dem kirchlichen und weltlichen Recht des frühen Mittelalters, in: Jarnut / Wemhoff (Hgg.): Erinnerungskultur im Bestattungsritual, S. 127–143. Hartmann, Wilfried (Hg.): Bischof Burchard von Worms 1000–1025 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 100), Mainz 2000.

590

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Hartmann, Wilfried: Burchards Dekret: Stand der Forschung und offene Fragen, in: Ders. (Hg.): Bischof Burchard von Worms, S. 161–166. Hartmann, Wilfried: Kaiser Arnolf und die Kirche, in: Fuchs / Schmid (Hgg.): Kaiser Arnolf, S. 221–252. Hartmann, Wilfried: Sigebert von Gembloux – ein radikaler Antigregorianer?, in: Hartmann (Hgg.): Brief und Kommunikation im Wandel, S. 175–192. Haubrichs, Wolfgang: Emotionen vor dem Tode und ihre Ritualisierung, in: C. Stephen Jaeger und Ingrid Kasten (Hgg.): Codierungen von Emotionen im Mittelalter / Emotions and Sensibilities in the Middle Ages (Trends in Medieval Philology 1), BerlinNew York 2003, S. 70–97. Hauck, Karl und Mordek, Hubert (Hgg.): Geschichtsschreibung und geistiges Leben im Mittelalter. Festschrift für Heinz Löwe zum 65. Geburtstag, Köln-Wien 1978. Haupt, Herbert: Einleitung, in: Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts. Das Buch von der Geschichte der Franken. Unter der Leitung v. Herwig Wolfram neu übertr. v. Herbert Haupt (FSGA 4a), Darmstadt 1982, S. 329–336. Hauschild, Wolf-Dieter: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte. Bd. 1: Alte Kirche und Mittelalter, München 42011. Haverkamp, Alfred und Heit, Alfred (Hgg.): Friedrich Prinz. Mönchtum, Kultur und Gesellschaft. Beiträge zum Mittelalter. Zum sechzigsten Geburtstag des Autors, München 1989. Hechberger, Werner: Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter (Enzyklopädie deutscher Geschichte 72), München 22010. Heene, Katrien: Merovingian and Carolingian Hagiography. Continuity or Change in Public and Aims?, in: Annalecta Bollandiana 107 (1989), S. 415–428. Hehl, Ernst-Dieter: Bedrängte und belohnte Bischöfe. Recht und Politik als Parameter bischöflichen Handelns bei Willigis von Mainz und anderen, in: Ludger Körntgen und Dominik Wassenhoven (Hgg.): Patterns of Episcopal Power. Bishops in Tenth and Eleventh Century Western Europe (Prinz-Albert-Forschungen 6), Berlin-Boston 2011, S. 63–86. Hehl, Ernst-Dieter: Lucia/Lucina – Die Echtheit von JL 3848. Zu den Anfängen der Heiligenverehrung Ulrichs von Augsburg, in: DA 51 (1995), S. 195–211. Hehl, Ernst-Dieter: Einträchtige und streitende Bischöfe. Vermeiden und Beenden von Konflikten auf Synoden des 10. und frühen 11. Jahrhunderts, in: Christoph Dartmann, Andreas Pietsch und Sita Steckel (Hgg.): Ecclesia disputans. Die Konfliktpraxis vormoderner Synoden zwischen Religion und Politik (Historische Zeitschrift, Beihefte 67), Berlin-Boston 2015, S. 83–126. Hehl, Ernst-Dieter: Herrscher, Kirche und Kirchenrecht im spätottonischen Reich, in: Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter (Hgg.): Heinrich II. Eine Wende? (Mittelalter-Forschungen 1), Sigmaringen 1997, S. 169–203. Hehl, Ernst-Dieter: Maria und das ottonisch-salische Königtum. Urkunden, Liturgie, Bilder, in: HJb 117 (1997), S. 271–310. Hehl, Ernst-Dieter: Der widerspenstige Bischof. Bischöfliche Zustimmung und bischöflicher Protest in der ottonischen Reichskirche, in: Althoff / Schubert (Hgg.): Herrschaftsrepräsentation, S. 295–344. Hehl, Ernst-Dieter: Willigis von Mainz. Päpstlicher Vikar, Metropolit und Reichspolitiker, in: Hartmann (Hg.): Bischof Burchard von Worms, S. 51–77.

Verzeichnis der Literatur

591

Heidrich, Ingrid: Bischöfe und Bischofskirche von Speyer, in: Weinfurter (Hg.): Die Salier und das Reich 2, S. 187–224. Heikkilä, Tuomas: Pogroms of the First Crusade in Medieval Local Historiography. The Death of Archbishop Eberhard of Trier and the Legitimation of the Pogroms, in: Tuomas M. S. Lehtonen und Kurt Villads Jenses (Hgg.): Medieval History Writing and Crusading Ideology (Studia Fennica, Historica 9), Helsinki 2005, S. 155–162. Heilmann, Anja: Der ›Jenseits‹-Mythos im Phaidon und dessen neuplatonische Kommentierung, in: Ameling (Hg.): Topographie, S. 161–179. Heinig, Paul-Joachim: Fürstenmorde. Das europäische (Spät-)Mittelalter zwischen Gewalt, Zähmung der Leidenschaften und Verrechtlichung, in: Ders. u. a. (Hgg.): Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit. Festschrift für Peter Moraw, Berlin 2000, S. 355–388. Heinrich, Christian: Was versteht man unter einer Streitschrift? Vorschlag einer Neudefinition, in: Hartmann (Hg.): Brief und Kommunikation im Wandel, S. 91–102. Heinz, Hanspeter: Der Bischofsspiegel des Mittelalters. Zur Regula Pastoralis Gregors des Grossen, in: Anton Ziegenaus (Hg.): Sendung und Dienst im bischöflichen Amt. Festschrift der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg für Bischof Josef Stimpfle zum 75. Geburtstag, St. Ottilien 1991, S. 113–135. Heinz, Stefan; Rothbrust, Barbara und Schmid, Wolfgang: Die Grabdenkmäler der Erzbischöfe von Trier, Köln, Mainz, Trier 2004. Heinzelmann, Martin: ›Adel‹ und ›Societas sanctorum‹: Soziale Ordnungen und christliches Weltbild von Augustinus bis zu Gregor von Tours, in: Otto Gerhard Oexle und Werner Paravicini (Hgg.): Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 133), Göttingen 1997, S. 216–256. Heinzelmann, Martin: Bischof und Herrschaft vom spätantiken Gallien bis zu den karolingischen Hausmeiern. Die institutionellen Grundlagen, in: Prinz (Hg.): Herrschaft und Kirche, S. 23–82. Heinzelmann, Martin: Bischofsherrschaft in Gallien. Zur Kontinuität römischer Führungsschichten vom 4. bis zum 7. Jahrhundert. Soziale, prosopographische und bildungsgeschichtliche Aspekte (Beihefte der Francia 5), München u. a. 1976. Heinzelmann, Martin: Die Franken und die fränkische Geschichte in der Perspektive der Historiographie Gregors von Tours, in: Scharer / Scheibelreiter (Hgg.): Historiographie im frühen Mittelalter, S. 326–344. Heinzelmann, Martin: Die Funktion des Wunders in der spätantiken und frühmittelalterlichen Historiographie, in: Ders., Klaus Herbers und Dieter R. Bauer (Hgg.): Mirakel im Mittelalter. Konzeptionen, Erscheinungsformen, Deutungen (Beiträge zur Hagiographie 3), Stuttgart 2002, S. 23–61. Heinzelmann, Martin: Gallische Prosopographie 260–527, in: Francia 10 (1982), S. 531– 718. Heinzelmann, Martin: Grégoire de Tours et l’hagiographie Mérovingienne, in: Degl’Innocenti / Prisco / Paoli (Hgg.): Gregorio Magno e l’agiografia fra IV e VII secolo, S. 155–192. Heinzelmann, Martin: Grégoire de Tours ›Père de l’histoire de France‹?, in: Yves-Marie Bercé und Philippe Contamine (Hgg.): Histoires de France, historiens de la France, Paris 1994, S. 19–45.

592

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Heinzelmann, Martin: Gregor von Tours: Die ideologische Grundlegung fränkischer Königsherrschaft, in: Wieczorek u. a. (Hgg.): Die Franken – Wegbereiter Europas 1, S. 381–388. Heinzelmann, Martin: Gregor von Tours (538–594). »Zehn Bücher Geschichte«. Historiographie und Gesellschaftskonzept im 6. Jahrhundert, Darmstadt 1994. Heinzelmann, Martin: L’hagiographie au service de l’histoire: l’évolution du »genre« et le rôle de l’hagiographie sérielle, in: Laurent / Mathey-Maille / Szkilnik (Hgg.): Des saints et des rois, S. 23–44. Heinzelmann, Martin: L’hagiographie mérovingienne. Panorama des documents potentiels, in: Ders., Monique Goullet und Christiane Veyrard-Cosme (Hgg.): L’hagiographie mérovingienne à travers ses réécritures (Beihefte der Francia 71), Ostfildern 2010, S. 27–82. Heinzelmann, Martin: Hagiographischer und historischer Diskurs bei Gregor von Tours?, in: Marc van Uytfanghe und Roland Demeulenaere (Hgg.): Aevum inter utrumque. Mélanges offerts à Gabriel Sanders, professeur émérite à l’Université de Gand (Instrumenta Patristica 23), Steenbrugge 1991, S. 237–258. Heinzelmann, Martin: Heresy in Books I and II of Gregory of Tours’ Historiae, in: Murray (Hg.): After Rome’s Fall, S. 67–82. Heinzelmann, Martin: Neue Aspekte der biographischen und hagiographischen Literatur in der lateinischen Welt (1.–6. Jahrhundert), in: Francia 1 (1973), S. 27–44. Heinzelmann, Martin: Pouvoir et idéologie dans l’hagiographie mérovingienne, in: Bozóky (Hg.): Hagiographie, idéologie et politique au Moyen Âge en Occident, S. 37– 58. Heinzelmann, Martin: Le Psautier de Grégoire de Tours, in: Sylvain Gouguenheim (Hg.): Retour aux sources. Textes, études et documents d’histoire médiévale offerts à Michel Parisse, Paris 2004, S. 771–786. Heinzelmann, Martin: Die Rolle der Hagiographie in der frühmittelalterlichen Gesellschaft: Kirchenverständnis und literarische Produktion im spätantiken und merowingischen Gallien, in: Berndt Hamm, Klaus Herbers und Heidrun Stein-Kecks (Hgg.): Sakralität zwischen Antike und Neuzeit (Beiträge zur Hagiographie 6), Stuttgart 2007, S. 123–136. Heinzelmann, Martin: Structures typologiques de l’histoire d’après les Histoires de Grégoire de Tours: Prophéties – Accomplissement – Renouvellement, in: Recherches de science religieuse 92 (2004), S. 569–596. Heinzelmann, Martin: Studia Sanctorum. Éducation, milieux d’instruction et valeurs éducatives dans l’hagiographie en Gaule jusqu’à fin de l’époque Mérovingienne, in: Sot (Hg.): Haut Moyen-Âge, S. 105–138. Heinzelmann, Martin: Wandlungen des Heiligentypus in der Merowingerzeit? Eine Stellungnahme, in: Hägermann / Haubrichs / Jarnut (Hgg.): Akkulturation, S. 335– 339. Heinzelmann, Martin: The Works of Gregory of Tours and Patristic Tradition, in: Murray (Hg.): A Companion to Gregory of Tours, S. 281–336. Heinzer, Felix: Gräber, Geister und Gesichte. Literarische Reflexe der Kirchenbestattung in Mirakelgeschichten von Gregor dem Großen bis ins 13. Jahrhundert, in: Jarnut u. a. (Hgg.): Gräber im Kirchenraum, S. 45–66.

Verzeichnis der Literatur

593

Hellmann, Siegmund: Die Entstehung und Überlieferung der Annales Fuldenses, in: NA 33 (1908), S. 695–742, sowie NA 34 (1909), S. 15–66. Hellmann, Siegmund: Sedulius Scottus (Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 1,1), München 1906. Hellmann, Siegmund: Studien zur mittelalterlichen Geschichtsschreibung I. Gregor von Tours, in: Ders.: Ausgewählte Abhandlungen zur Historiographie und Geistesgeschichte des Mittelalters, hg. u. eingel. v. Helmut Beumann, Weimar 1961, S. 57–99. Helvétius, Anne-Marie: Hagiographie und Heiligenverehrung, in: Wieczorek u. a. (Hgg.): Die Franken – Wegbereiter Europas 1, S. 401–406. Hen, Yitzhak: The Church in Sixth-Century Gaul, in: Murray (Hg.): A Companion to Gregory of Tours, S. 232–255. Henriet, Patrick: Chronique de quelques morts annoncées: les saints abbés clunisiens (Xe–XIIe siècles), in: Médiévales 31 (1996), S. 93–108. Henriet, Patrick: Mort sainte et temps sacré d’après l’hagiographie monastique de XIe– XIIe siècles, in: Marek Derwich (Hg.): La vie quotidienne des moines et chanoines réguliers au Moyen Âge et Temps modernes. Actes du Premier Colloque International du L.A.R.H.C.O.R. Wrocław – Ksia˛z˙, 30 novembre – 4 décembre 1994, Wrocław 1995, S. 557–571. Herbers, Klaus: Hagiographie, in: Michael Maurer (Hg.): Aufriß der Historischen Wissenschaften. Bd. 4: Quellen, Stuttgart 2002, S. 190–214. Herbers, Klaus: Hagiographie im Kontext – Konzeption und Zielvorstellung, in: Ders. und Dieter R. Bauer (Hgg.): Hagiographie im Kontext, S. IX–XXVIII. Hermans, Britta: Sanctum eum adprime virum esse. Die Vita Brunonis des Ruotger als Bischofsvita, in: Geschichte in Köln 63 (2016), S. 7–32. Herpich, Wolfgang und Kluger, Helmuth: Minda (Minden), in: Engels / Weinfurter (Hgg.): Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis 5/1, S. 84–108. Hertling, Ludwig: Der mittelalterliche Heiligentypus nach den Tugendkatalogen, in: Zeitschrift für Aszese und Mystik 8 (1933), S. 260–268. Hess, Carsten: Das Geburtsjahr Thietmars von Merseburg, in: Cottin / Merkel (Hgg.): Thietmars Welt, S. 57–63. Hess, Peter: Art. Topos, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft 3 (2007), S. 649–652. Hilchenbach, Kai Peter: Suspicabar enim, quod aliquid ioculariter loqueretur. Witz und Humor bei Gregor von Tours, in: Christiane Henkes u. a. (Hgg.): Schrift – Text – Edition. Hans Walter Gabler zum 65. Geburtstag (Beihefte zu Editio 19), Tübingen 2003, S. 77–86. Hilchenbach, Kai Peter: Das vierte Buch der Historien von Gregor von Tours. Edition mit sprachwissenschaftlich-textkritischem Kommentar (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 42), Bern u. a. 2009. Hoffmann, Hartmut: Bamberger Handschriften des 10. und 11. Jahrhunderts (MGH Schriften 39), Hannover 1995. Hoffmann, Hartmut und Pokorny, Rudolf: Das Dekret des Bischofs Burchard von Worms. Textstufen – Frühe Verbreitung – Vorlagen (MGH Hilfsmittel 12), München 1991. Hoffmann, Hartmut: Grafschaften in Bischofshand, in: DA 46 (1990), S. 375–480.

594

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Hoffmann, Hartmut: Der König und seine Bischöfe in Frankreich und im Deutschen Reich 936–1060, in: Hartmann (Hg.): Bischof Burchard von Worms, S. 79–127. Hoffmann, Hartmut: Mönchskönig und rex idiota. Studien zur Kirchenpolitik Heinrichs II. und Konrads II. (MGH Studien und Texte 8), Hannover 1993. Hoffmann, Hartmut: Notare, Kanzler und Bischöfe am ottonischen Hof, in: DA 61 (2005), S. 435–480. Hoffmann, Hartmut: Untersuchungen zur karolingischen Annalistik (Bonner historische Forschungen 10), Bonn 1958. Hoffmann, Hartmut: Zu den Annales Quedlinburgenses, in: Sachsen und Anhalt 27 (2015), S. 139–178. Hoffmann, Thorsten: Sterben für den Glauben. Ursprung, Genese und Aktualität des Martyriums in Christentum und Islam, Paderborn 2018. Hoffmann, Tobias: Heilige List. Doloses Handeln hochmittelalterlicher Bischöfe und Äbte im Spannungsfeld von Weltwirken und Weltflucht (Religion und Politik 18), BadenBaden 2018. Hofmann, Dagmar: Der »Ort der Erfrischung«. Refrigerium in der frühchristlichen Literatur und Grabkultur, in: Ameling (Hg.): Topographie, S. 103–122. Hofmann, Heinz: Profil der lateinischen Historiographie im zehnten Jahrhundert, in: Il secolo di ferro, S. 837–905. Hoheisel, Karl: Sterben und Weiterleben aus der Sicht von Judentum und Christentum, in: Hans Waldenfels (Hg.): Ein Leben nach dem Leben?, Düsseldorf 1988, S. 82–108. Holder-Egger, Oswald: Studien zu Lambert von Hersfeld, in: NA 19 (1894), S. 141–213, 369–430 u. 507–574. Holtz, Eberhard und Huschner, Wolfgang (Hgg.): Deutsche Fürsten des Mittelalters, Leipzig 1995. Holtzmann, Robert: Die Aufhebung und Wiederherstellung des Bistums Merseburg. Ein Beitrag zur Kritik Thietmars, in: Sachsen und Anhalt 2 (1926), S. 35–75. Holtzmann, Robert und Wattenbach, Wilhelm (Hg.): Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Die Zeit der Sachsen und Salier. Zweiter Teil (Drittes und viertes Heft): Das Zeitalter des Investiturstreits (1050–1125). Neuausgabe, besorgt von Franz-Josef Schmale, Darmstadt 1978. Holtzmann, Robert: Einleitung, in: Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Überarbeitung, ed. Robert Holtzmann (MGH SS rer. Germ. N.S. 9), Berlin 1935, S. VII–XLII. Holtzmann, Robert: Franken, in: Ders. / Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 443–506. Holtzmann, Robert: Die Kaiser und das Reich, in: Ders. / Wattenbach (Hg.): Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 359–414. Holtzmann, Robert: Die Quedlinburger Annalen, in: Sachsen und Anhalt 1 (1925), S. 64– 125. Holtzmann, Robert: Das Reich und Sachsen, in: Ders. / Wilhelm Wattenbach (Hg.): Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Die Zeit der Sachsen und Salier. Erster Teil. Erstes und zweites Heft: Das Zeitalter des Ottonischen Staates (900–1050). Neuausgabe, besorgt von Franz-Josef Schmale, Darmstadt 1978, S. 3–82. Holtzmann, Robert: Über die Chronik Thietmars von Merseburg, in: NA 50 (1935), S. 159–209.

Verzeichnis der Literatur

595

Holzherr, Gertrud: Die Darstellung des Marientodes im Spätmittelalter, Diss. masch. Konstanz 1971. Hoster, Dieter: Die Form der frühesten lateinischen Heiligenviten von der Vita Cypriani bis zur Vita Ambrosii und ihr Heiligenideal, Diss. masch. Köln 1963. Hoyt, Franceen Schneider: The Carolingian Episcopate: Concepts of Pastoral Care as Set Forth in the Capitularies of Charlemagne and his Bishops (789–822), Diss. masch. Yale 1975. Hruza, Karel: Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit im Mittelalter, in: Ders. (Hg.): Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit (11.–16. Jahrhundert) (Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl., Denkschriften 307; Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 6), Wien 2002, S. 9–25. Huber-Rebenich, Gerlinde: Nachwort, in: Sulpicius Severus: Vita Sancti Martini. Das Leben des heiligen Martin, Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Gerlinde Huber-Rebenich, Stuttgart 2010, S. 100–126. Hüls, Rudolf: Kardinäle, Klerus und Kirchen Roms 1049–1130 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 48), Tübingen 1977. Hürten, Heinz: Alkuin und der Episkopat im Reiche Karls des Großen, in: HJb 82 (1963), S. 22–49. Hürten, Heinz: Die Verbindung von geistlicher und weltlicher Gewalt als Problem in der Amtsführung des mittelalterlichen deutschen Bischofs, in: ZfK 82 (1971), S. 16–28. Huhn, Josef: Einleitung, in: Ambrosius von Mailand, Der Tod – ein Gut, übers. u. mit Anm. versehen von Josef Huhn (Christliche Meister 44), Freiburg i. Br. 1992, S. 9–14. Huschner, Wolfgang: Adalbert, Erzbischof von Hamburg-Bremen (1043–1072), in: Ders. / Holtz (Hgg.): Deutsche Fürsten des Mittelalters, S. 120–139. Huschner, Wolfgang: Bischöfe und Kleriker südalpiner Provenienz in Schwaben und im nordalpinen Reich während des 11. Jahrhunderts, in: Helmut Maurer, Hansmartin Schwarzmeier und Thomas Zotz (Hgg.): Schwaben und Italien im Hochmittelalter (VuF 52), Stuttgart 2001, S. 109–149. Huschner, Wolfgang: Förderer und Gegner kirchenorganisatorischer Reformen im ostfränkischen Reich. Die Erzbischöfe von Mainz im 10. Jahrhundert, in: Chiese licali e chiese regionali nell’alto medioevi, Spoleto 4–9 aprile 2013, Bd. 1 (Settimane di studio della fondazione centro Italiano di studi sull’alto medioevo 61), Spoleto 2014, S. 407– 443. Huschner, Wolfgang: Transalpine Kommunikation im Mittelalter. Diplomatische, kulturelle und politische Wechselwirkungen zwischen Italien und dem nordalpinen Reich (9.–11. Jahrhundert), 3 Bde. (MGH Schriften 52), Hannover 2003. Illi, Martin: Wohin die Toten gingen. Begräbnis und Kirchhof in der vorindustriellen Stadt, Zürich 1992. Innes, Matthew und McKitterick, Rosamond: The Writing of History, in: Rosamond McKitterick (Hg.): Carolingian Culture: Emulation and Innovation, Cambridge 1994, S. 193–220. Iogna-Prat, Dominique: The Dead in the Celestial Bookkeeping of the Cluniac Monks Around the Year 1000, in: Lester K. Little und Barbara H. Rosenwein (Hgg.): Debating the Middle Ages: Issues and Readings, Oxford 1998, S. 340–362. Isaïa, Marie-Céline: Le modèle dans l’hagiographie: histoire et fonctions d’un lieu commun (Ve–IXe siècle), in: Apprendre, produire, se conduire, S. 49–62.

596

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Isaïa, Marie-Céline: Le saint évêque dans l’hagiographie lyonnaise (IVe–VIIe s.), in: Gaillard (Hg.): L’empreinte chrétienne en Gaule du IVe au IXe siècle, S. 111–129. Jacobsen, Peter Christian: Die Vita des Johannes von Gorze und ihr literarisches Umfeld. Studien zur Gorzer und Metzer Hagiographie des 10. Jahrhunderts, in: Michel Parisse und Otto Gerhard Oexle (Hgg.): L’abbaye de Gorze au Xe siècle (Collection »Lorraine«), Nancy 1993, S. 25–50. Jäckel, Dirk und Lubich, Gerhard (Hgg.): Heinrich III. Dynastie – Region – Europa (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 43), Köln-Weimar-Wien 2018. Jäckel, Dirk: Heinrich III. und eine Brautschau in Byzanz. Zugleich ein Einblick in die Werkstatt von Regestenmachern, in: Ders. / Lubich (Hgg.): Heinrich III., S. 181–206. Jäckel, Dirk; Klocke, Lisa und Weber, Matthias (Hgg.), Thietmar von Merseburg. Historiographie der Grenzwelten (Studien zur Vormoderne 4), Berlin u. a. 2021. Jaeger, C. Stephen: The Courtier Bishop in Vitae from the Tenth to the Twelfth Century, in: Speculum 58 (1983), S. 291–325. Jäschke, Kurt-Ulrich: Die älteste Halberstädter Bischofschronik (Untersuchungen zu mitteldeutschen Geschichtsquellen des hohen Mittelalters 1), Köln u. a. 1970. Jakobi, Franz-Josef: Die geistlichen und weltlichen Magnaten in den Fuldaer Totenannalen, in: Schmid (Hg.): Klostergemeinschaft von Fulda 2.2, S. 792–887. Jakobi, Franz-Josef: Zu den Amtsträgerlisten in der Überlieferung der Fuldaer Totenannalen, in: Schmid (Hg.): Klostergemeinschaft von Fulda 2.2, S. 505–525. James, Edward: Introduction, in: Gregory of Tours: Life of the Fathers, Translated with an Introduction by Edward James (Translated Texts for Historians 1), Liverpool 1991, S. IX–XXIX. James, Edward: A Sense of Wonder: Gregory of Tours, Medicine and Science, in: Marc Anthony Meyer (Hg.): The Culture of Christendom. Essays in Medieval History in Commemoration of Denis L. T. Bethell, London 1993, S. 45–60. Jankrift, Kay Peter: Brände, Stürme, Hungersnöte. Katastrophen in der mittelalterlichen Lebenswelt, Ostfildern 2003. Jankrift, Kay Peter: Krankheit und Heilkunde im Mittelalter (Geschichte kompakt), Darmstadt 2003. Janssen, Mike: Wie das Leben so der Tod. Sterbedarstellungen von Kaisern und Königen in der Historiographie des früheren Mittelalters (Studien zu Macht und Herrschaft 4), Göttingen 2021. Jappe Alberts, Wybe und Weinfurter, Stefan: Traiectum (Utrecht), in: Engels / Weinfurter (Hgg.): Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis 5/1, S. 167– 205. Jarecki, Thies Siebet: Die Vorstellungen vom Bischofsamt bei Adam von Bremen (Arbeiten zur Kirchen- und Theologiegeschichte 42), Leipzig 2014. Jaritz, Gerhard: Der »gute« und der »böse« Tote. Zur zeichenhaften Visualisierung des Leichnams im Spätmittelalter, in: Stefenelli (Hg.): Körper ohne Leben, S. 325–335. Jarnut, Jörg und Wemhoff, Matthias (Hgg.): Erinnerungskultur im Bestattungsritual. Archäologisch-Historisches Forum (MittelalterStudien 3), München 2003. Jarnut, Jörg u. a. (Hgg.): Gräber im Kirchenraum. 6. Archäologisch-historisches Forum (MittelalterStudien 26), Paderborn 2015.

Verzeichnis der Literatur

597

Jarnut, Jörg und Wemhoff, Matthias (Hgg.): Vom Umbruch zur Erneuerung. Das 11. und beginnende 12. Jahrhundert – Positionen der Forschung (MittelalterStudien 13), München 2006. Jasinski, Damian: Nec timeo mori. The Image of a Dying Bishop in Late Antique Latin Hagiography, in: Bock / Foletti / Tomasi (Hgg.): L’évêque, l’image et la mort, S. 323– 331. Jenal, Georg: Erzbischof Anno II. von Köln (1056–1075) und sein politisches Wirken. Ein Beitrag zur Geschichte der Reichs- und Territorialpolitik im 11. Jahrhundert, 2 Bde. (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 8,1–2), Stuttgart 1974–1975. Jenal, Georg: Gregor der Große und die Stadt Rom (590–604), in: Prinz (Hg.): Herrschaft und Kirche, S. 109–145. Jezler, Peter (Hg.): Himmel, Hölle, Fegefeuer. Das Jenseits im Mittelalter, Zürich 21994. Jezler, Peter: Jenseitsmodelle und Jenseitsvorsorge – eine Einführung, in: Ders. (Hg.), Himmel, Hölle, Fegefeuer, S. 13–26. Johanek, Peter: Die Erzbischöfe von Hamburg-Bremen und ihre Kirche im Reich der Salierzeit, in: Weinfurter (Hg.): Die Salier und das Reich 2, S. 79–112. Johrendt, Jochen: Der Investiturstreit (Geschichte kompakt), Darmstadt 2018. Jones, Allen E.: Death and Afterlife in the Pages of Gregory of Tours. Religion and Society in Late Antique Gaul (Social Worlds of Late Antiquity and the Early Middle Ages), Amsterdam 2020. Jones, Arnold H. M.: The Prosopography of the Later Roman Empire. Bd. 2: 395–527, Cambridge 1980. Jones, Constance: Die letzte Reise. Eine Kulturgeschichte des Todes, München-Zürich 1999. Jones, David Albert: Approaching the End. A Theological Exploration of Death and Dying (Oxford Studies in Theological Ethics), Oxford-New York 2007. Jourd’heul, Jean-Vincent: La mort et la sépulture de Brun de Roucy, évêque de Langres (980–1016), in: Les cahiers haut-marnais 232/233 (2003), S. 3–31. Judic, Bruno: Les modèles martiniens dans le christianisme des Ve–VIIe siècles, in: Gaillard (Hg.): L’empreinte chrétienne en Gaule du IVe au IXe siècle, S. 91–109. Jurt, Joseph: Frühmittelalterliche Visionsliteratur vor Dante: Walahfrid Strabos Visio Wettini, in: Dietrich Briesemeister und Axel Schönberger (Hgg.): Ex nobili philologorum officio. Festschrift für Heinrich Bihler zu seinem 80. Geburtstag, Berlin 1998, S. 25–43. Jussen, Bernhard: Liturgie und Legitimation, oder: Wie die Gallo-Romanen das römische Reich beendeten, in: Ders. und Reinhard Blänkner (Hgg.): Institutionen und Ereignis. Über historische Praktiken und Vorstellungen gesellschaftlichen Ordnens (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 138), Göttingen 1998, S. 75–136. Jussen, Bernhard: Ordo zwischen Ideengeschichte und Lexikometrie. Vorarbeiten an einem Hilfsmittel mediävistischer Begriffsgeschichte, in: Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter (Hgg.): Ordnungskonfigurationen im hohen Mittelalter (VuF 64), Ostfildern 2006, S. 227–256. Jussen, Bernhard: Über ›Bischofsherrschaften‹ und die Prozeduren politisch-sozialer Umordnung in Gallien zwischen ›Antike‹ und ›Mittelalter‹, in: HZ 260 (1995), S. 673– 718.

598

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Jussen, Bernhard: Zwischen Römischem Reich und Merowingern. Herrschaft legitimieren ohne Kaiser und König, in: Peter Segl (Hg.): Mittelalter und Moderne. Entdeckung und Rekonstruktion der mittelalterlichen Welt. Kongressakten des 6. Symposiums des Mediävistenverbandes in Bayreuth 1995, Sigmaringen 1997, S. 15–29. Kaiser, Reinhold: Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht. Studien zur bischöflichen Stadtherrschaft im westfränkisch-französischen Reich im frühen und hohen Mittelalter (Pariser historische Studien 17), Bonn 1981. Kaiser, Reinhold: Civitas und Bischofssitz im westfränkisch-französischen Reich, in: Helmut Jäger (Hg.): Stadtkernforschung (Städteforschung, Reihe A, 27), Köln-Wien 1987, S. 247–278. Kaiser, Reinhold: Évêques expulsés, évêques assassinés aux XIe et XIIe siècles, in: MarieCaroline Florani und André Joris (Hgg.): Le temps des Saliens en Lotharingie (1024– 1125), Malmedy 1993, S. 63–85. Kaiser, Reinhold: Die Gesta episcoporum als Genus der Geschichtsschreibung, in: Scharer / Scheibelreiter (Hgg.): Historiographie im frühen Mittelalter, S. 459–480. Kaiser, Reinhold: Guibert de Nogent und der Bischofsmord in Laon (1112): Augenzeuge, Akteur, Dramaturg, in: Fryde / Reitz (Hgg.): Bischofsmord im Mittelalter, S. 121–157. Kaiser, Reinhold: Königtum und Bischofsherrschaft im frühmittelalterlichen Neustrien, in: Prinz (Hg.): Herrschaft und Kirche, S. 83–108. Kaiser, Reinhold: »Mord im Dom«. Von der Vertreibung zur Ermordung des Bischofs im frühen und hohen Mittelalter, in: ZRG KA 79 (1993), S. 95–134. Kalof, Linda (Hg.): A Cultural History of the Human Body in the Medieval Age, OxfordNew York 2010. Kamenzin, Manuel: Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150–1349) (Mittelalter-Forschungen 64), Ostfildern 2020. Kamenzin, Manuel: Von Herrschertoden, Buchgrenzen und Erkenntnismöglichkeiten. Die Tode der ottonischen Könige und Kaiser bei Thietmar von Merseburg, in: Jäckel / Klocke / Weber (Hgg.), Thietmar von Merseburg, S. 257–302. Kamp, Hermann und Kroker, Martin (Hgg.): Schwertmission. Gewalt und Christianisierung im Mittelalter, Paderborn u. a. 2013. Kampert, Otmar: Das Sterben der Heiligen. Sterbeberichte unblutiger Märtyrer in der lateinischen Hagiographie des vierten bis sechsten Jahrhunderts (Münsteraner Theologische Abhandlungen 53), Altenberge 1998. Karpf, Ernst: Herrscherlegitimation und Reichsbegriff in der ottonischen Geschichtsschreibung des 10. Jahrhunderts (Historische Forschungen 10), Stuttgart 1985. Karpf, Ernst: Von Widukinds Sachsengeschichte bis zu Thietmars Chronicon. Zu den literarischen Folgen des politischen Aufschwungs im ottonischen Sachsen, in: Angli e Sassoni al di qua e al di là del mare, Bd. 2 (Settimane di studio del Centro Italiano di studi sull’alto medioevo 32), Spoleto 1986, S. 547–580. Karzel, Simon M.: Nihil crudelius a barbaris perpeti potuissent. Die Darstellung von Krieg und Gewalt in den historiographischen Quellen zur Zeit Heinrichs IV., Marburg 2008. Kaschke, Sören: Fixing Dates in the Early Middle Ages: The Chronicon Laurissense breve and its Use of Time, in: Corradini / Diesenberger / Niederkorn-Bruck (Hgg.): Zwischen Niederschrift und Wiederschrift, S. 115–122. Kasten, Brigitte (Hg.): Herrscher- und Fürstentestamente im westeuropäischen Mittelalter (Norm und Struktur 29), Köln-Weimar-Wien 2008.

Verzeichnis der Literatur

599

Kaufmann, Frank-Michael: Studien zu Sidonius Apollinaris (Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 681), Frankfurt a.M. u. a. 1995. Keely, Avril: Early Medieval Narrative: The Political Ideas of Gregory of Tours, in: Parergon 14 (1997), S. 129–141. Kehr, Paul: Vier Kapitel aus der Geschichte Kaiser Heinrichs III. (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1930, phil.-hist. Kl. 3), Berlin 1931. Keller, Hagen: »Der König bat und befahl«. Über die Einsetzung der Bischöfe im ottonisch-frühsalischen Reich, in: Stiegemann / Kroker (Hgg.): Für Königtum und Himmelreich, S. 40–57. Keller, Hagen: Reichsstruktur und Herrschaftsauffassung in ottonisch-frühsalischer Zeit, in: FMSt 16 (1982), S. 74–128. Keller, Hagen und Worstbrock, Franz-Josef: Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter. Der neue Sonderforschungsbereich 231 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, in: FMSt 22 (1988), S. 388–409. Keller, Hagen: Über die Rolle des Königs bei der Einsetzung der Bischöfe im Reich der Ottonen und Salier, in: FMSt 44 (2010), S. 153–174. Keller, Hagen: Zum Sturz Karls III. Über die Rolle Liutwards von Vercelli und Liutberts von Mainz, Arnulfs von Kärnten und der ostfränkischen Großen bei der Absetzung des Kaisers, in: DA 22 (1966), S. 333–384. Kelly, Henry Ansgar: Hell with Purgatory and Two Limbos: The Geography and Theology of the Underworld, in: Moreira / Toscano (Hgg.): Hell and its Afterlife, S. 121–136. Kempf, Friedrich: Primatiale und episkopal-synodale Struktur der Kirche vor der gregorianischen Reform, in: AHP 16 (1978), S. 27–66. Kerner, Max: Studien zum Dekret des Bischofs Burchard von Worms, 2 Bde., Aachen 1969. Kersken, Norbert: Bischöfe als Historiker. Geistliche Höfe als Zentren der Geschichtsschreibung im Mittelalter, in: Schieffer / Wenta (Hgg.): Hofgeschichtsschreibung, S. 171–189. Kessler, Hans (Hg.): Auferstehung der Toten. Ein Hoffnungsentwurf im Blick heutiger Wissenschaften, Darmstadt 2004. Keupp, Jan: Reichsministerialen und Bischofsmord in staufischer Zeit, in: Fryde / Reitz (Hgg.): Bischofsmord im Mittelalter, S. 273–302. Kierdorf, Wilhelm: Totenehre im republikanischen Rom, in: Binder / Effe (Hgg.): Tod und Jenseits im Altertum, S. 71–87. King, Barbara J.: How Animals Grieve, Chicago 2013. Kirchgässner, Bernhard und Baer, Wolfgang (Hgg.): Stadt und Bischof (Stadt in der Geschichte 14), Sigmaringen 1988. Kirchner, Gernot: Bischöfe und »ihre« Stadt im Frankenreich des 6. und 7. Jahrhunderts. Überlegungen zu den räumlichen Bezügen von Bischofserhebungen und zur bischöflichen Wahrnehmung der Stadt als Raum, in: Das Mittelalter 7 (2002), S. 79–103. Kirn, Paul: Oberlothringen, in: Wattenbach / Holtzmann (Hgg.): Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 1, S. 163–199. Kitchen, John Kevin: Gregory of Tours, Hagiography, and the Cult of the Saints in the Sixth Century, in: Murray (Hg.): A Companion to Gregory of Tours, S. 375–426.

600

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Kitchen, Thomas E.: Sidonius Apollinaris, in: Corradini u. a. (Hgg.): Ego Trouble, S. 53– 66. Klaiber, Walter: Gottes Gericht im Neuen Testament, in: Uwe Swarat und Thomas Söding (Hgg.): Gemeinsame Hoffnung – über den Tod hinaus. Eschatologie im ökumenischen Gespräch (Quaestiones disputatae 257), Freiburg i.Br.-Basel-Wien 2013, S. 151–187. Klauck, Hans Josef: Die apokryphe Bibel. Ein anderer Zugang zum frühen Christentum, Tübingen 2008. Klauser, Theodor u. a. (Hgg.): Jenseitsvorstellungen in Antike und Christentum. Gedenkschrift für Alfred Stuiber (Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 9), Münster 1982. Kleinen, Michael: Bischof und Reform: Burchard II. von Halberstadt (1059–1088) und die Klosterreformen (Historische Studien 484), Husum 2004. Kleinjung, Christine: Bischofsabsetzungen und Bischofsbild. Texte – Praktiken – Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835–ca. 1030 (Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter 11), Ostfildern 2021. Kleinjung, Christine: To Fight with Words: the Case of Hincmar of Laon in the Annals of St-Bertin, in: Stone / West (Hgg.): Hincmar of Rheims, S. 60–75. Kleinstück, Johannes: Zur Auffassung des Todes im Mittelalter, in: DVJS 28 (1954), S. 40– 60. Klewitz, Hans-Walter: Königtum, Hofkapelle und Domkapitel im 10. und 11. Jahrhundert, in: AUF 16 (1939), S. 102–156. Klingenberg, Georg: Art. Grabrecht (Grabmulta, Grabschändung), in: RAC 12 (1983), Sp. 590–637. Klingshirn, William E. und Vessey, Mark (Hgg.): The Limits of Ancient Christianity. Essays on Late Antique Thought and Culture in Honor of R. A. Markus, Ann Arbor 1999. Kloft, Matthias Theodor: Oratores vestri monent (eure Beter mahnen). Das Bischofsamt des karolingischen Reiches im Spiegel juristischer und theologischer Texte, Diss. masch. Münster 1992. Knaeble, Susanne; Wagner, Silvan und Wittmann, Viola (Hgg.): Gott und Tod. Tod und Sterben in der höfischen Kultur des Mittelalters (bayreuther forum TRANSIT, Kulturwissenschaftliche Religionsstudien 10), Berlin 2011. Kobusch, Theo: Der Tod. Elemente einer Begriffsgeschichte, in: Binder / Effe (Hgg.): Tod und Jenseits im Altertum, S. 167–179. Koch, Guntram: Sterben, Tod und Trauer in der Kunst der römischen Kaiserzeit und der frühchristlichen Zeit, in: Christoph Elsas (Hg.): Sterben, Tod und Trauer in den Religionen und Kulturen der Welt. Gemeinsamkeiten und Besonderheiten in Theorie und Praxis, Bd. 1, Berlin 32010, S. 241–260. Koch, Ursula: Stätten der Totenruhe – Grabformen und Bestattungssitten der Franken, in: Wieczorek u. a. (Hgg.): Die Franken – Wegbereiter Europas 2, S. 723–737. Kocourek, Jana: Das Schicksal der Thietmar-Handschrift, in: Cottin / Merkel (Hgg.): Thietmars Welt, S. 149–159. Köhler, Oskar: Die Ottonische Reichskirche. Ein Forschungsbericht, in: Josef Fleckenstein und Karl Schmid (Hgg.): Adel und Kirche. Gerd Tellenbach zum 65. Geburtstag dargebracht von Freunden und Schülern, Freiburg i. Br.-Basel-Wien 1968, S. 141–204.

Verzeichnis der Literatur

601

Kölzer, Theo: Adalbert von St. Maximin. Erzbischof von Magdeburg (968–981), in: FranzJosef Heyen (Hg.): Rheinische Lebensbilder, Bd. 17, Köln 1997, S. 7–18. Kölzer, Theo: Burchard I., Bischof von Worms (1000–1025), in: Burchard von Worms, Decretum Libri XX. Ergänzter Neudruck der Editio Princeps Köln 1548, hg. v. Gérard Fransen und Theo Kölzer, Aalen 1992, S. 7–23. Köpf, Ulrich: Art. Hagiographie. 1. Westen, in: RGG 3 (42000), Sp. 1377–1379. Körner, Hans (Hg.): Botschaften aus dem Jenseits (Studia humaniora 35), Düsseldorf 2002. Körntgen, Ludger: Königsherrschaft und Gottes Gnade. Zu Kontext und Funktion sakraler Vorstellungen in Historiographie und Bildzeugnissen der ottonisch-frühsalischen Zeit (Orbis mediaevalis 2), Berlin 2001. Körntgen, Ludger: Ottonen und Salier (Geschichte kompakt), Darmstadt 32010. Körntgen, Ludger: »Sakrales Königtum« und »Entsakralisierung« in der Polemik um Heinrich IV., in: Gerd Althoff (Hg.): Heinrich IV. (VuF 69), Ostfildern 2009, S. 127– 160. Kötting, Bernhard: Darf ein Bischof in der Verfolgung die Flucht ergreifen?, in: Vivarium. Festschrift Theodor Klauser zum 90. Geburtstag (Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 11), Münster 1984, S. 220–228. Kötting, Bernhard: Der frühchristliche Reliquienkult und die Bestattung im Kirchengebäude (Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Geisteswissenschaften 123), Köln-Opladen 1965. Kötting, Bernhard: Die Tradition der Grabkirche, in: Schmid / Wollasch (Hgg.): Memoria, S. 69–78. Kohl, Wilhelm: Das Bistum Münster 7: Die Diözese, 4 Bde. (Germania Sacra NF 37), Berlin-New York 1999–2004. Kollwitz, Johannes: Art. Bestattung. B. Christlich, in: RAC 2 (1954), Sp. 208–219. Kolmer, Lothar: Der Tod der Bischöfe. Von der gescheiterten zur vollendeten Kunst des Sterbens, in: Ders. (Hg.): Der Tod des Mächtigen. Kult und Kultur des Todes spätmittelalterlicher Herrscher, Paderborn u. a. 1997, S. 59–73. Konshuh, Courtnay: The Audiences of Three English Medieval Visions: A Response to Fritz Kemmler, in: Connotations 20 (2010/2011), S. 23–33. Kortüm, Hans-Henning: Menschen und Mentalitäten. Einführung in Vorstellungswelten des Mittelalters, Berlin 1996. Kortüm, Hans-Henning: Der Pilgerzug von 1064/65 ins Heilige Land. Eine Studie über Orientalismuskonstruktionen im 11. Jahrhundert, in: HZ 277 (2003), S. 561–592. Kortüm, Hans-Henning: Weltgeschichte am Ausgang der Karolingerzeit: Regino von Prüm, in: Scharer / Scheibelreiter (Hgg.): Historiographie im frühen Mittelalter, S. 499–513. Kottje, Raymund: Tötung im Krieg als rechtliches und moralisches Problem im früheren und hohen Mittelalter (7.–12. Jh.), in: Hans Hecker (Hg.): Krieg in Mittelalter und Renaissance (Studia humaniora 39), Brühl 2005, S. 17–39. Krafft, Otfried: Papsturkunde und Heiligsprechung. Die päpstlichen Kanonisationen vom Mittelalter bis zur Reformation. Ein Handbuch (Archiv für Diplomatik. Beihefte 9), Köln-Weimar-Wien 2005. Kraft, Heinrich: Art. Ambrosius, in: LexMA 1 (1980), Sp. 524–525.

602

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Krause, Jens-Uwe: Überlegungen zur Sozialgeschichte des Klerus im 5./6. Jh. n. Chr., in: Ders. und Christian Witschel (Hgg.): Die Stadt in der Spätantike – Niedergang oder Wandel? Akten des internationalen Kolloquiums in München am 30. und 31. Mai 2003 (Historia. Einzelschriften 190), Stuttgart 2006, S. 413–439. Krauskopf, Christof: Gregor von Tours, in: Ulrich Knefelkamp (Hg.): Weltbild und Realität. Einführung in die mittelalterliche Geschichtsschreibung, Pfaffenweiler 1992, S. 61–72. Kreiner, Jamie: About the Bishop: The Episcopal Entourage and the Economy of Government in Post-Roman Gaul, in: Speculum 86 (2011), S. 321–360. Kretschmer, Bernhard: Der Leichnam im alten Recht, in: Stefenelli (Hg.): Körper ohne Leben, S. 841–851. Kretzenbacher, Leopold: Legendenbilder aus dem Feuerjenseits. Zum Motiv des »Losbetens« zwischen Kirchenlehre und erzählendem Volksglauben (Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl., Sitzungsberichte 370), Wien 1980. Kretzenbacher, Leopold: Versöhnung im Jenseits. Zur Widerspiegelung des Apokatastasis-Denkens in Glaube, Hochdichtung und Legende (Bayerische Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist.-Kl., Sitzungsberichte 1971, 7), München 1971. Krieg, Heinz: Schwäbische Geschichte und schwäbische Umwelt im Spiegel von Hermanns Chronik, in: Zotz / Heinzer (Hgg.): Hermann der Lahme, S. 133–146. Krüger, Karl Heinrich: Motive für die Beisetzung in frühmittelalterlichen Königsgrabkirchen, in: Jarnut u. a. (Hgg.): Gräber im Kirchenraum, S. 85–106. Krüger, Klaus: Sterben, Bestattung, Nachleben und Armenfürsorge in ottonischer Zeit, in: Helge Wittmann (Hg.): Memleben. Königspfalz – Reichskloster – Propstei. Begleitpublikation zur historischen Dauerausstellung »Memleben – Sterbeort Kaiser Ottos des Großen«, Petersberg 2001, S. 41–60. Krüger, Klaus: Thietmar, Tod und Teufel – Zu Glaubensvorstellungen im Kontext von Tod und Jenseits bei Thietmar von Merseburg, in: Cottin / Merkel (Hgg.): Thietmars Welt, S. 245–263. Kühn, Dagmar: Totengedenken bei den Nabatäern und im Alten Testament. Eine religionsgeschichtliche und exegetische Studie (Alter Orient und Altes Testament 311), Münster 2005. Kümper, Hiram: Art. Death, in: Albrecht Classen (Hg.): Handbook of Medieval Culture, Bd. 1, Berlin-Boston 2015, S. 314–328. Küschelm, Roman: Bewertung des Leichnams im Neuen Testament, in: Stefenelli (Hg.): Körper ohne Leben, S. 402–413. Kupper, Jean-Louis: Leodium (Liège/Luik), in: Engels / Weinfurter (Hgg.): Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis 5/1, S. 43–83. Kurtz, Donna C. und Boardman, John: Thanatos. Tod und Jenseits bei den Griechen (Kulturgeschichte der antiken Welt 23), Mainz 1985. Kurze, Friedrich: Die karolingischen Annalen bis zum Tode Einhards, Berlin 1913. Kurze, Friedrich: Über die Annales Fuldenses, in: NA 17 (1892), S. 83–158. Kurze, Friedrich: Über die karolingischen Reichsannalen von 741–829 und ihre Überarbeitung, in: NA 20 (1895), S. 9–49. Kyll, Nikolaus: Tod, Grab, Begräbnisplatz, Totenfeier. Zur Geschichte ihres Brauchtums im Trierer Lande und in Luxemburg unter besonderer Berücksichtigung des Visitationshandbuches des Regino von Prüm († 915) (Rheinisches Archiv 81), Bonn 1972.

Verzeichnis der Literatur

603

Ladner, Gerhart: Theologie und Politik vor dem Investiturstreit. Abendmahlstreit, Kirchenreform, Cluni und Heinrich III., reprografischer Nachdruck der 1. Aufl., Baden bei Wien u. a. 1936, Darmstadt 1968. Lage-Müller, Kathrin von der: Text und Tod. Eine handlungstheoretisch orientierte Textsortenbeschreibung am Beispiel der Todesanzeigen in der deutschsprachigen Schweiz (Reihe germanistische Linguistik 157), Tübingen 1995. Lammers, Walther: Einleitung, in: Otto von Freising, Chronik oder die Geschichte der zwei Staaten. Übersetzt von Adolf Schmidt, herausgegeben von Walther Lammers (FSGA 16), Darmstadt 1961, S. XI–LXVIII. Landes, Richard: Lest the Millennium be Fulfilled: Apocalyptic Expectations and the Pattern of Western Chronography 100–800 CE, in: Verbeke / Verhelst / Welkenhuysen (Hgg.): The Use and Abuse of Eschatology, S. 137–211. Landwehr, Achim: Diskurs – Macht – Wissen. Perspektiven einer Kulturgeschichte des Politischen, in: AKG 85 (2003), S. 71–117. Lang, Bernhard und McDannell, Colleen: Der Himmel. Eine Kulturgeschichte des ewigen Lebens, Frankfurt a.M.-Leipzig 1996. Lang, Bernhard: Himmel und Hölle. Jenseitsglaube von der Antike bis heute, München 2003. Laudage, Johannes: Die Etikette des Todes – Mittelalterliche Jenseits-Vorstellungen im Spiegel der Ritualgeschichte, in: Körner (Hg.): Botschaften aus dem Jenseits, S. 33–58. Laudage, Johannes: Gregorianische Reform und Investiturstreit (Erträge der Forschung 282), Darmstadt 1993. Laudage, Johannes: Heinrich III. (1017–1056) – Ein Lebensbild, in: Johannes Rathofer (Hg.): Das salische Kaiser-Evangeliar. Codex Aureus Escorialensis. Bd. 1: Kommentar, Münster 1999, S. 87–145. Laudage, Johannes: Nochmals: Wie kam es zum Investiturstreit?, in: Jarnut / Wemhoff (Hgg.): Vom Umbruch zur Erneuerung, S. 133–150. Laudage, Johannes: Otto der Große (912–973). Eine Biographie, Regensburg 22006. Laudage, Johannes: Priesterbild und Reformpapsttum im 11. Jahrhundert (Archiv für Kulturgeschichte, Beiheft 22), Köln-Weimar-Wien 1984. Laudage, Johannes (Hg.): Von Fakten und Fiktionen. Mittelalterliche Geschichtsdarstellungen und ihre kritische Aufarbeitung (Europäische Geschichtsdarstellungen 1), Köln-Weimar-Wien 2003. Laudage, Johannes: Widukind von Corvey und die deutsche Geschichtswissenschaft, in: Ders. (Hg.): Von Fakten und Fiktionen, S. 193–224. Laudage, Marie-Luise: Caritas und Memoria mittelalterlicher Bischöfe (Münstersche historische Forschungen 3), Köln 1993. Laurent, Françoise; Mathey-Maille, Laurence und Szkilnik, Michelle (Hgg.): Des saints et des rois. L’hagiographie au service de l’histoire (Colloques, congrès et conférences sur le Moyen Âge 16), Paris 2014. Lauwers, Michel: Art. Dead, Prayers for the, in: Encyclopedia of the Middle Ages 1 (2000), S. 413–414. Lauwers, Michel: La mémoire des ancêtres, le souci des morts. Morts, rites et société au Moyen Âge (Diocèse de Liège, XIe–XIIIe siècles) (Théologie historique 103), Paris 1997. Lauwers, Michel: La mort et le corps des saints. La scène de la mort dans les Vitae du haut Moyen Âge, in: Le Moyen Âge 94 (1988), S. 21–50.

604

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Lauwers, Michel: Art. Mort(s), in: Dictionnaire raisonné de l’Occident médiéval (1999), S. 771–787. Lauwers, Michel: Naissance du cimetière. Lieux sacrés et terre des morts dans l’Occident médiévale (Collection historique), Paris 2005. Le Goff, Jacques: Die Geburt des Fegefeuers, Stuttgart 1984 (im Original: La naissance du Purgatoire, Paris 1981). Le Goff, Jacques: Le temps du purgatoire (IIIe–XIIIe siècles), in: Le temps chrétien, S. 517– 529. Lebecq, Stéphane: La mort des grands dans le premier moyen âge, in: Médiévales 31 (1996), S. 7–11. Lebecq, Stéphane: Mort et sépulture des premiers Mérovingiens, in: Ders.: Hommes, mers et terres du Nord au début du Moyen Âge, Bd. 1: Peuples, cultures, territoires (Histoire et civilisations), Villeneuve d’Ascq 2011, S. 35–52. Lebrun, François: Les hommes et la mort en Anjou aux 17e et 18e siècles. Essai de démographie et de psychologie historique, Le Haye 1971. Leclercq, Jean: S. Martin dans l’hagiographie monastique du Moyen Âge, in: Saint Martin et son temps. Mémorial du XVIe centenaire de débuts du monachisme en gaule 361– 1961 (Studia Anselmiana 46), Rom 1961, S. 175–187. Leemans, Johan u. a. (Hgg.): Episcopal Elections in Late Antiquity (Arbeiten zur Kirchengeschichte 119), Berlin-Boston 2011. Lehners, Jean-Paul: Historische Annäherung an den Tod, in: Margue (Hg.): Sépulture, mort et représentation du pouvoir, S. 13–28. Lemesle, Bruno: Le modèle du bon pasteur: L’évêque dans la chrétienté occidentale (second moitié du XIIe siècle), in: Apprendre, produire, se conduire, S. 111–123. Lendi, Walter: Untersuchungen zur frühalemannischen Annalistik. Die Murbacher Annalen. Mit Edition (Scrinivm Fribvrgense 1), Freiburg (Schweiz) 1971. Lerner, Robert E.: Art. Thietmar von Merseburg, in: Dictionary of the Middle Ages 12 (1989), S. 27–28. Leroy-Molinghen, Alice: La mort d’Arius, in: Byzantion 38 (1968), S. 105–111. Leyser, Conrad: »Divine Power Flowed from this Book«: Ascetic Language and Episcopal Authority in Gregory of Tours’ Life of the Fathers, in: Mitchell / Wood (Hgg.): The World of Gregory of Tours, S. 281–294. Leyser, Conrad und Cooper, Kate (Hgg.): Making Early Medieval Societies. Conflicting and Belonging in the Latin West, 300–1200, Cambridge 2016. Leyser, Conrad: The Memory of Gregory the Great and the Making of Latin Europe, 600– 1000, in: Ders. / Cooper (Hgg.): Making Early Medieval Societies, S. 181–201. Lichtenberger, Hermann: Auferweckung in der zwischentestamentlichen Literatur und rabbinischen Theologie, in: Concilium 29 (1993), S. 417–422. Lieven, Jens: Großgruppeneinträge in den Libri memoriales. Anmerkungen zu Bischöfen der späten Karolingerzeit im Kontext großer Gruppen, in: Dieter Geuenich und Uwe Ludwig (Hgg.): Libri Vitae. Gebetsgedenken in der Gesellschaft des Frühen Mittelalters, Köln-Weimar-Wien 2015, S. 239–272. Lippelt, Helmut: Thietmar von Merseburg. Reichsbischof und Chronist (Mitteldeutsche Forschungen 72), Köln-Wien 1973. Lizzi Testa, Rita: The Late Antique Bishop: Image and Reality, in: Philip Rousseau (Hg.): A Companion to Late Antiquity, Malden u. a. 2009, S. 525–538.

Verzeichnis der Literatur

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Loewe, Hans: Die Annales Augustani. Eine quellenkritische Untersuchung, Diss. München 1903. Löwe, Heinz: Geschichtsschreibung der ausgehenden Karolingerzeit, in: DA 23 (1967), S. 1–30. Löwe, Heinz: Regino von Prüm und das historische Weltbild der Karolingerzeit, in: RhVjbll 17 (1952), S. 151–179. Lotter, Friedrich: Das Bild Brunos I. von Köln in der Vita des Ruotger, in: JbKölnGV 40 (1966), S. 19–40. Lotter, Friedrich: Designation und angebliches Kooptationsrecht bei Bischofserhebungen. Zu Ausbildung und Anwendung des Prinzips der kanonischen Wahl bis zu den Anfängen der fränkischen Zeit, in: ZRG KA 90 (1973), S. 112–150. Lotter, Friedrich: Die hagiographische Literatur im deutschen Sprachraum unter den Ottonen und Saliern (ca. 960–1130). I: Die Hagiographie im Einflussbereich der Lothringer (Gorzer) Reform unter den Ottonen (ca. 960–1024), in: Hagiographies. Histoire internationale de la littérature 4, S. 279–336. Lotter, Friedrich: Die hagiographische Literatur im deutschen Sprachraum unter den Ottonen und Saliern (ca. 960–1130). II.1: Die Hagiographie im Spannungsfeld zwischen dem Reichsmönchtum Gorzer Prägung, der sog. »Mischobservanz« und junggorzer Gruppen (1024–ca. 1135), in: Hagiographies. Histoire internationale de la littérature 4, S. 337–459. Lotter, Friedrich: Heiliger und Gehenkter. Zur Todesstrafe in hagiographischen Episodenerzählungen des Mittelalters, in: Dieter Berg und Hans-Werner Goetz (Hgg.): Ecclesia et regnum. Beiträge zur Geschichte von Kirche, Recht und Staat im Mittelalter. Festschrift für Franz-Josef Schmale zu seinem 65. Geburtstag, Bochum 1989, S. 1–19. Lotter, Friedrich: Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse aus hagiographischen Quellen, in: HZ 229 (1979), S. 298–356. Lotter, Friedrich: Die Vita Brunonis des Ruotger. Ihre historiographische und ideengeschichtliche Stellung (Bonner historische Forschungen 9), Bonn 1958. Loyen, André: Les Miracles de saint Martin es les débuts de l’hagiographie en Occident, in: Bulletin de littérature ecclésiastique 73 (1972), S. 147–157. Loyen, André: Sidoine Apollinaire et l’esprit précieux en Gaule aux derniers jours de l’empire (Collection d’études latines. Série scientifique 20), Paris 1943. Lubich, Gerhard: Heinrich III.: Wirken und Wirkung. Ein Versuch über Stärke, Schwäche und Durchschnittlichkeit eines hochmittelalterlichen Herrschers, in: Ders. / Jäckel (Hgg.): Heinrich III., S. 219–241. Lubich, Gerhard: Das Mittelalter, Paderborn 2010. Lubich, Gerhard: Wissen und Wissenschaft im Bischofsideal des Früh- und Hochmittelalters – das Beispiel Köln, in: Heinz Finger, Joachim Oepen und Stefan Pätzold (Hgg.): Christen, Priester, Förderer der Wissenschaften. Die Kölner Erzbischöfe des Mittelalters als Geistliche und Gelehrte in ihrer Zeit. Symposion der erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek Köln und des historischen Archivs des Erzbistums Köln, 18. Oktober 2013 (Libelli Rhenani 55), Köln 2014, S. 15–33. Lucas, Pia: Scattered Bones and Miracles – The Cult of Saints, the Resurrection of the Body and Eschatological Thought in the Works of Gregory of Tours, in: Veronika Wieser, Vincent Eltschinger und Johann Heiss (Hgg.), Cultures of Eschatology. Volume 1: Empires and Scriptural Authorities in Medieval Christian, Islamic and Buddhist

606

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Communities (Cultural History of Apocalyptic Thought; Kulturgeschichte der Apokalypse 3,1), Berlin-Boston 2020, S. 479–508. Luck, Georg: Suetonische Biographie und frühe Heiligenviten, in: Alfred Stuiber (Hg.): Mullus. Festschrift Theodor Klauser (Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 1), Münster 1964, S. 230–241. Lück, Dieter: Erzbischof Anno II. von Köln. Standesverhältnisse, verwandtschaftliche Beziehungen und Werdegang bis zur Bischofsweihe, in: AnnHVNdrh 172 (1970), S. 7– 112. Lück, Dieter: Die Vita Annonis und die Annalen des Lampert von Hersfeld, in: RhVjbll 37 (1973), S. 117–140. Lück, Heiner: Tötung und Verstümmelung als Reaktion auf Rechtsbruch bei Thietmar von Merseburg, in: Andreas Ranft und Wolfgang Schenkluhn (Hgg.): Kunst und Kultur in ottonischer Zeit. Forschungen zum Frühmittelalter (More Romano 3), Regensburg 2013, S. 43–56. Lugt, Maaike van der: Tradition and Revision. The Textual Tradition of Hincmar of Reims’ Visio Bernoldi with a new Critical Edition, in: Archivum latinitatis medii aevi 52 (1994), S. 109–149. Luscombe, David und Riley-Smith, Jonathan (Hgg.): The New Cambridge Medieval History. Volume IV c. 1024–c. 1198, Cambridge 2004. Lutterbach, Hubertus: Die für Kleriker bestimmten Verbote des Waffentragens, des Jagens sowie der Vogel- und Hundehaltung (a. 500–900), in: ZfK 109 (1998), S. 149–166. Maag, Victor: Tod und Jenseits nach dem Alten Testament, in: Kultur, Kulturkontakt und Religion. Gesammelte Studien zur allgemeinen und alttestamentlichen Religionsgeschichte. Zum 70. Geburtstag herausgegeben von Hans Heinrich Schmid und Odil Hannes Steck, Göttingen-Zürich 1980, S. 181–202. Mackie, Gillian: Warmundus of Ivrea and Episcopal Attitudes to Death, Martyrdom and the Millennium, in: Papers of the British School at Rome 78 (2010), S. 219–263. Magnani, Luigi: Le miniature del sacramentario d’Ivrea e di altri codici Warmondiani (Codices ex ecclesiasticis italiae bybliothecis 6), Vatikanstadt 1934. Mandouze, André: Prosopographie chrétienne du Bas-Empire. 1: Prosopographie de l’Afrique chrétienne (303–533), Paris 1982. Marchal, Guy Paul: Das Patriarchat Aquileja, in: Schweizerische Kardinäle. Das apostolische Gesandtschaftswesen in der Schweiz. Erzbistümer und Bistümer I (A–Ch) (Helvetia Sacra I,1), Bern 1972, S. 93–126. Margue, Michel (Hg.): Sépulture, mort et représentation du pouvoir au moyen âge. Tod, Grabmal und Herrschaftsrepräsentation im Mittelalter. Actes des onzièmes Journées Lotharingiennes, 26–29 septembre 2000 (Publications de la Section Historique de l’institut Grand-Ducal de Luxembourg 118; Publications de CLUDEM 18), Luxemburg 2006. Markus, Robert Austin: Gregory the Great and His World, Cambridge 1999. Martin, Guido: Der salische Herrscher als Patricius Romanorum. Zur Einflussnahme Heinrichs III. und Heinrichs IV. auf die Besetzung der Cathedra Petri, in: FMSt 28 (1994), S. 257–295. Martínez Pizarro, Joaquín: Gregory of Tours and the Literary Imagination: Genre, Narrative Style, Sources, and Models in the Histories, in: Murray (Hg.): A Companion to Gregory of Tours, S. 337–374.

Verzeichnis der Literatur

607

Mass, Josef: Das Bistum Freising im Mittelalter, München 1986. Mathisen, Ralph W.: The Family of Gregorius Florentius Gregorius and the Bishops of Tours, in: Medievalia et Humanistica 12 (1984), S. 83–95. Matz, Brian J.: Augustine in the Predestination Controversy of the Ninth Century. Part I: The Double Predestinarians Gottschalk of Orbais and Ratramnus of Corbie, in: Augustinian Studies 46 (2015), S. 155–184. Matz, Brian J.: Augustine in the Predestination Controversy of the Ninth Century. Part II: The Single Predestinarians John Scotus Eriugena and Hincmar of Rheims, in: Augustinian Studies 47 (2016), S. 17–40. Maurer, Helmut: Das Bistum Konstanz 2: Die Konstanzer Bischöfe vom Ende des 6. Jahrhunderts bis 1206 (Germania Sacra NF 42,1), Berlin-New York 2003. Maurer, Helmut: Hermanns des Lahmen Kloster in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, in: Zotz / Heinzer (Hgg.): Hermann der Lahme, S. 25–42. Mayr-Harting, Henry: Church and Cosmos in Early Ottonian Germany. The View from Cologne, Oxford-New York 2007. McCarthy, Margaret J.: Hincmar’s Influence during Louis the Stammerer’s Reign, in: Stone / West (Hgg.): Hincmar of Rheims, S. 110–128. McCarthy, Thomas John Henry: The Continuations of Frutolf of Michelsberg’s Chronicle (MGH Schriften 74), Wiesbaden 2018. McCarthy, Thomas John Henry: Introduction, in: Chronicles of the Investiture Contest. Frutolf of Michelsberg and his Continuators, Selected Sources Translated and Annotated by T. J. H. McCarthy (Manchester Medieval Source Series), Manchester-New York 2014, S. 1–83. McCormick, Michael: Les annales du haut moyen âge (Typologie des sources du moyen âge occidental 14), Turnhout 1975. McDermott, William: Felix of Nantes: A Merovingian Bishop, in: Traditio 31 (1975), S. 1– 24. McGuire, Brian Patrick: Purgatory, the Communion of Saints, and Medieval Change, in: Viator 20 (1989), S. 61–84. McKinley, Allan Scott: The First Two Centuries of Saint Martin of Tours, in: Early Medieval Europe 14 (2006), S. 173–200. McKitterick, Rosamond: Akkulturation and the Writing of History in the Early Middle Ages, in: Hägermann / Haubrichs / Jarnut (Hgg.): Akkulturation, S. 381–395. McKitterick, Rosamond: Die Anfänge des karolingischen Königtums und die Annales regni Francorum, in: Walter Pohl und Maximilian Diesenberger (Hgg.): Integration und Herrschaft. Ethnische Identitäten und soziale Organisation im Frühmittelalter (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 3), Wien 2002, S. 151–168. McKitterick, Rosamond: The Audience for Latin Historiography in the Early Middle Ages: Text Transmission and Manuscript Dissemination, in: Scharer / Scheibelreiter (Hgg.): Historiographie im frühen Mittelalter, S. 96–114. McKitterick, Rosamond: Constructing the Past in the Early Middle Ages: The Case of the Royal Frankish Annals, in: Transactions of the Royal Historical Society 7 (1997), S. 101– 129. McKitterick, Rosamond: Entstehung und Gestaltung fränkischer Annales im Spiegel der Lorscher Annalen, in: Corradini / Diesenberger / Niederkorn-Bruck (Hgg.): Zwischen Niederschrift und Wiederschrift, S. 107–113.

608

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

McKitterick, Rosamond: The Illusion of Royal Power in the Carolingian Annals, in: The English Historical Review 115 (2000), S. 1–20. McKitterick, Rosamond: Paul the Deacon and the Franks, in: Early Medieval Europe 8 (1999), S. 319–339. McKitterick, Rosamond: Perceptions of the Past in the Early Middle Ages (The Conway Lectures in Medieval Studies), Notre Dame 2006. McLean, Simon: Kingship and Politics in the Late Ninth Century. Charles the Fat and the End of the Carolingian Empire (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought, Fourth Series 57), Cambridge 2003. Meens, Rob: Kirchliche Buße und Konfliktbewältigung. Thietmar von Merseburg näher betrachtet, in: FMSt 41 (2007), S. 317–330. Mehdorn, Andreas M.: Prosopographie der Missionare im karolingischen Sachsen (ca. 750–850) (MGH Hilfsmittel 32), Wiesbaden 2021. Meier, Thomas und Graham-Campbell, James: Life, Death and Memory, in: James Graham-Campbell und Magdalena Valor (Hgg.): The Archaeology of Medieval Europa, Bd. 1: Eighth to Twelfth Centuries AD (Acta Jutlandica 83,1; Humanities Series 79), Aarhus 2007, S. 420–445. Melve, Leidulf: Inventing the Public Sphere: The Public Debate During the Investiture Contest, c. 1030–1122, 2 Bde. (Brill’s Studies in Intellectual History 154), Leiden-Boston 2007. Mentzos, Aristotelis: Death and Rebirth, in: Anastasia Lazaridou (Hg.): Transition to Christianity. Art of Late Antiquity, 3rd–7th Century AD, New York 2011, S. 48–52. Merkt, Andreas: Abrahams Schoß. Ursprung und Sinngehalt eines antiken christlichen Jenseitstopos, in: Ameling (Hg.): Topographie, S. 83–101. Merkt, Andreas: Das Fegefeuer. Entstehung und Funktion einer Idee, Darmstadt 2005. Merkt, Andreas: Das Schweigen und Sprechen der Gräber. Zur Aussagekraft frühchristlicher Epitaphe, in: Ders., Jutta Dresken-Weiland und Andreas Angerstorfer (Hgg): Himmel – Paradies – Schalom. Tod und Jenseits in christlichen und jüdischen Grabinschriften der Antike (Handbuch zur Geschichte des Todes im frühen Christentum und seiner Umwelt 1), Regensburg 2012, S. 13–69. Meyer, Otto: Bayern, in: Wattenbach / Holtzmann, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 540–562. Meyer von Knonau, Gerold: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., 7 Bde., Leipzig u. a. 1890–1909. Meyer-Gebel, Marlene: Zur annalistischen Arbeitsweise Hinkmars von Reims, in: Francia 15 (1987), S. 75–108. Milhau, Marc: Les vertus de saint Martin, in: Delage (Hg.): Martin de Tours, S. 67–77. Mimouni, Simon C.: De l’Ascension du Christ à l’Assomption de la Vierge. Les Transitus Mariae: Représentations anciennes et médiévales, in: Dominique Iogna-Prat, Éric Palazzo und Daniel Russo (Hgg.): Marie. Le culte de la vierge dans la société médiévale, Paris 1996, S. 471–509. Minois, Georges: Geschichte des Selbstmords, Düsseldorf-Zürich 1996 (im Original: Histoire de suicide, Paris 1995). Minois, Georges: Hölle – Kleine Kulturgeschichte der Unterwelt, Freiburg i. Br.-BaselWien 2000 (im Original: Histoire de l’enfer, Paris 1994).

Verzeichnis der Literatur

609

Minois, Georges: Die Hölle. Zur Geschichte einer Fiktion, München 1994 (im Original: Histoire des enfers, Paris 1991). Mirbt, Carl: Die Publizistik im Zeitalter Gregors VII., Leipzig 1894. Misch, Georg: Studien zur Geschichte der Autobiographie. III.: Das Bild des Erzbischofs Adalbert in der Hamburgischen Kirchengeschichte des Domscholasters Adam von Bremen, in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, phil.-hist. Kl. (1956), S. 203–281. Mischke, Marianne: Der Umgang mit dem Tod. Vom Wandel in der abendländischen Geschichte (Reihe Historische Anthropologie 25), Berlin 1996. Mitchell, Allan: Philippe Ariès and the French Way of Death, in: French Historical Studies 10 (1978), S. 684–695. Mitchell, Kathleen: History and Christian Society in Sixth-Century Gaul. A Historiographical Analysis of Gregory of Tours’ Decem Libri Historiarum, Diss. masch. East Lansing 1983. Mitchell, Kathleen: Saints and Public Christianity in the Historiae of Gregory of Tours, in: Contreni / Noble (Hgg.): Religion, Culture, and Society, S. 77–97. Mitchell, Kathleen und Wood, Ian (Hgg.): The World of Gregory of Tours (Cultures, Beliefs and Traditions 8), Leiden-Boston-Köln 2002. Moran, Dermot: Neoplatonism and Christianity in the West, in: Pauliina Remes und Svetla Slaveva-Griffin (Hgg.): The Routledge Handbook of Neoplatonism, Abingdon-New York 2014, S. 508–524. Moreira, Isabel: Heaven’s Purge. Purgatory in Late Antiquity, Oxford-New York 2010. Moreira, Isabel und Toscano, Margaret (Hgg.): Hell and its Afterlife. Historical and Contemporary Perspectives, Farham-Burlington 2010. Moreira, Isabel: Plucking Sinners Out of Hell: Saint Martin of Tours’ Resurrection Miracle, in: Dies. / Toscano (Hgg.): Hell and its Afterlife, S. 39–52. Morris, Colin: The Discovery of the Individual 1050–1200 (Church History Outlines 5), London 1972. Morris, Colin: Individualism in Twelfth-Century Religion. Some Further Reflections, in: Journal of Ecclesiastical History 31 (1980), S. 195–206. La mort au moyen âge (Publications de la Société savante d’Alsace et des régions de l’Est. Collections »Recherches et Documents« 25), Straßburg 1977. Muehlberger, Ellen: The Legend of Arius’ Death: Imagination, Space and Filth in Late Ancient Historiography, in: Past and Present 227 (2015), S. 3–29. Müller, Harald und Hotz, Brigitte (Hg.): Gegenpäpste. Ein unerwünschtes mittelalterliches Phänomen (Papsttum im mittelalterlichen Europa 1), Wien-Köln-Weimar 2012. Müller, Jörg: Gedanken zum Institut der Chorbischöfe, in: Wolfgang P. Müller und Mary E. Sommar (Hgg.): Medieval Church Law and the Origins of the Western Legal Tradition: a Tribute to Kenneth Pennington, Washington DC 2006, S. 122–151. Müller, Jörg: Die Kirchenrechtssammlung des Bischofs Burchard I. von Worms, in: Thomas T. Müller, Maik Pinkert und Anja Seeboth (Hgg.): Bischof Burchard I. in seiner Zeit. Tagungsband zum biographisch-landeskundlichen Kolloquium vom 13. bis 15. Oktober 2000 in Heilbad Heiligenstadt (Beiträge aus den Archiven im Landkreis Eichsfeld), Heiligenstadt 2001, S. 162–181.

610

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Müller-Mertens, Eckhard: Regnum Teutonicum. Aufkommen und Verbreitung der deutschen Reichs- und Königsauffassung im früheren Mittelalter (Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte 15), Wien-Köln-Graz 1970. Münsch, Oliver: Fortschritt durch Propaganda? Die Publizistik des Investiturstreites zwischen Tradition und Innovation, in: Jarnut / Wemhoff (Hgg.): Vom Umbruch zur Erneuerung, S. 151–167. Münsch, Oliver: Gerüchte und ihre Verbreitung. Beobachtungen zur Propaganda im Investiturstreit, in: Hartmann (Hg.): Brief und Kommunikation im Wandel, S. 69–90. Münsch, Oliver: Neues zu Bernold von Konstanz, in: ZRG KA 92 (2006), S. 207–223. Murray, Alexander: Suicide in the Middle Ages. Bd. 1: The Violent Against Themselves, Oxford 1998. Murray, Alexander Callander (Hg.): After Rome’s Fall. Narrators and Sources of Early Medieval History. Essays presented to Walter Goffart, Toronto-Buffalo-London 1998. Murray, Alexander Callander (Hg.): A Companion to Gregory of Tours (Brill’s Companions to the Christian Tradition 63), Leiden-Boston 2016. Murray, Alexander Callander: The Composition of the Histories of Gregory of Tours and Its Bearing on the Political Narrative, in: Ders. (Hg.): A Companion to Gregory of Tours, S. 63–101. Muylkens, Michaela: Reges geminati: die Gegenkönige in der Zeit Heinrichs IV. (Historische Studien 501), Husum 2012. Myslivec, Josef: Art. Tod Mariens, in: Lexikon der christlichen Ikonographie 4 (1972), Sp. 333–338. Neiske, Franz: Vision und Totengedenken, in FMSt 20 (1986), S. 137–185. Nelson, Janet L.: The ›Annals of St. Bertin‹, in: Dies. / Gibson (Hgg.): Charles the Bald, S. 23–40. Nelson, Janet L.: Hincmar’s Life in His Historical Writings, in: Stone / West (Hgg.): Hincmar of Rheims, S. 44–59. Nelson, Janet L.: History-Writing at the Courts of Louis the Pious and Charles the Bald, in: Scharer / Scheibelreiter (Hgg.): Historiographie im frühen Mittelalter, S. 435–442. Nelson, Janet L.: La mort de Charles le Chauve, in: Médiévales 31 (1996), S. 53–66. Newbold, Ronald F.: Interpersonal Violence in Gregory of Tours’ Libri Historiarum, in: Nottingham Medieval Studies 38 (1994), S. 3–17. Nicklas, Tobias: »Insider« und »Outsider«: Überlegungen zum historischen Kontext der Darstellung »Jenseitiger Orte« in der Offenbarung des Petrus, in: Ameling (Hg.): Topographie, S. 35–48. Nie, Giselle de: Views from a Many-Windowed Tower. Studies of Imagination in the Works of Gregory of Tours (Studies in Classical Antiquity 7), Amsterdam 1987. Nigg, Walter: Der wundertätige Bischof von Tours, in: Martin von Tours. Leben und Bedeutung des großen Heiligen, des Ritters Christi, wundertätigen Bischofs und mutigen Bekenners, Freiburg i. Br.-Basel-Wien 1977, S. 8–48. Nimmergeers, Nathanaël: Les sépultures épiscopales dans la province ecclésiastique de Vienne au haut Moyen Âge (VIe–XIe siècles), in: Bock / Foletti / Tomasi (Hgg.): L’évêque, l’image et la mort, S. 53–72. Nitschke, August: Der mißhandelte Papst. Folgen ottonischer Italienpolitik, in: Katharina Colberg, Hans-Heinrich Nolte und Herbert Obenaus (Hgg.): Staat und Gesellschaft

Verzeichnis der Literatur

611

in Mittelalter und Früher Neuzeit. Gedenkschrift für Joachim Leuschner, Göttingen 1983, S. 40–53. Noble, Thomas F. X.: Gregory of Tours and the Roman Church, in: Mitchell / Wood (Hgg.): The World of Gregory of Tours, S. 145–161. Noethlichs, Kal Leo: Materialien zum Bischofsbild aus den spätantiken Rechtsquellen, in: Jb. f. Antike u. Christentum 16 (1973), S. 28–59. Nolte, Cordula (Hg.): Homo debilis. Behinderte – Kranke – Versehrte in der Gesellschaft des Mittelalters (Studien und Texte zur Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters 3), Korb 2009. Nonn, Ulrich: Geistig gesund, körperlich krank, den Tod vor Augen. Das Beispiel der frühmittelalterlichen Testamente, in: Nolte (Hg.): Homo debilis, S. 121–128. Nonn, Ulrich: Merowingische Testamente. Studien zum Fortleben einer römischen Urkundenform im Frankenreich, in: AfD 18 (1972), S. 1–129. Nonn, Ulrich: Zwischen König, Hausmeier und Aristokratie – Die Bischofserhebung im spätmerowingisch-frühkarolingischen Frankenreich, in: Erkens (Hg.): Die früh- und hochmittelalterliche Bischofserhebung, S. 33–58. Norton, Peter: Episcopal Elections 250–600. Hierarchy and Popular Will in Late Antiquity (Oxford Classical Monographs), Oxford-New York 2007. Ntedika, Joseph: L’évocation de l’au-delà dans la prière pour les morts. Ètude de patristique et de liturgie latines (IVe–VIIIe S.), Paris 1971. Ntedika, Joseph: L’évolution de la doctrine du purgatoire chez saint Augustin (Publications de l’université Lovianum de Léopoldville), Paris 1966. Ochsenbein, Peter: Notker Balbulus deutsch, in: Verborum amor. Studien zur Geschichte und Kunst der deutschen Sprache. Festschrift für Stefan Sonderegger zum 65. Geburtstag, New York 1992, S. 214–237. Oediger, Friedrich Wilhelm: Einige Bemerkungen zur Vita sancti Annonis archiepiscopi Coloniensis, in: Gabriel Busch (Hg.): Sankt Anno und seine viel liebe statt. Beiträge zum 900jährigen Jubiläum, Siegburg 1975, S. 331–337. Oexle, Otto Gerhard: Die Gegenwart der Lebenden und der Toten. Gedanken über Memoria, in: Schmid (Hg.): Gedächtnis, das Gemeinschaft stiftet, S. 74–107. Oexle, Otto Gerhard: Die Gegenwart der Toten, in: Hermann Braet und Werner Verbeke (Hgg.): Death in the Middle Ages (Mediaevalia Lovaniensia I, 9), Leuven 1983, S. 19–77. Oexle, Otto Gerhard: Memoria in der Gesellschaft und in der Kultur des Mittelalters, in: Joachim Heinzle (Hg.): Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche, Leipzig 1994, S. 297–323. Oexle, Otto Gerhard: Memoria und Memorialbild, in: Schmid / Wollasch (Hg.): Memoria, S. 384–440. Oexle, Otto Gerhard: Memoria und Memorialüberlieferung im früheren Mittelalter, in: FMSt 10 (1976), S. 70–95. Oexle, Otto Gerhard: Memorialüberlieferung und Gebetsgedächtnis in Fulda vom 8. bis zum 11. Jahrhundert, in: Schmid (Hg.): Klostergemeinschaft von Fulda 1, S. 136–177. Oexle, Otto Gerhard: Art. Ordo (Ordines), in: LexMA 6 (1993), Sp. 1436–1437. Oexle, Otto Gerhard: Die Überlieferung der fuldischen Totenannalen, in: Schmid (Hg.): Klostergemeinschaft von Fulda 2.2, S. 447–504. O’Hara, Alexander: Death and the Afterlife in Jonas of Bobbio’s Vita Columbani, in: Clarke / Claydon (Hgg.): The Church, the Afterlife and the Fate of the Soul, S. 64–73.

612

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Ohler, Norbert: Sterben, Tod und Grablege nach ausgewählten mittelalterlichen Quellen, in: Becker / Einig / Ullrich (Hgg.): Im Angesicht des Todes 1, S. 569–591. Ohler, Norbert: Sterben und Tod im Mittelalter, München-Zürich 1990. Opelt, Ilona: Das Bienenwunder in der Ambrosiusbiographie des Paulinus von Mailand, in: Vigiliae Christianae 22 (1968), S. 38–44. Ott, John S. und Jones, Anna Trumbore: Introduction: The Bishop Reformed, in: Dies. (Hgg.): The Bishop Reformed. Studies of Episcopal Power and Culture in the Central Middle Ages (Church, Faith, and Culture in the Medieval West), Aldershot-Burlington 2007, S. 1–20. Padberg, Lutz E. von: Geschichtsschreibung und kulturelles Gedächtnis. Formen der Vergangenheitswahrnehmung in der hochmittelalterlichen Historiographie am Beispiel von Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen und Helmold von Bosau, in: ZfK 105 (1994), S. 156–177. Padberg, Lutz E. von: Heilige und Familie. Studien zur Bedeutung familiengebundener Aspekte in den Viten des Verwandten- und Schülerkreises um Willibrord, Bonifatius und Liudger (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 83), Mainz 21997. Päffgen, Bernd: Die archäologische Untersuchung der Bischofsgräber im Speyerer Dom in den Jahren 1900 bis 1902, in: Des Kaisers letzte Kleider. Neue Forschungen zu den organischen Funden aus den Herrschergräbern im Dom zu Speyer, München 2011, S. 54–61. Paravicini Bagliani, Agostino: Der Leib des Papstes. Eine Theologie der Hinfälligkeit, München 1997 (im Original: Il corpo del papa, Turin 1994). Paravicini Bagliani, Agostino: Art. Mort du pape (Moyen Âge), in: Dictionnaire historique de la papauté (1994), S. 1143–1146. Parisse, Michel: The Bishop: Prince and Prelate, in: Gilsdorf (Hg.): The Bishop: Power and Piety, S. 1–22. Parisse, Michel: Les évêques et la noblesse: continuité et retournement (XIe–XIIe siècles), in: Chiesa e mondo feudale nei secoli X–XII. Atti della dodicesima Settimana internazionale di studio, Mendola 24–28 agosto 1992 (Miscellanea del Centro di studi medievali 14; Pubblicazioni della Università Cattolica del Sacro Cuore, Scienze storiche 59), Mailand 1995, S. 61–85. Parisse, Michel: Princes laïques et/ou moines, les évêques du Xe siècle, in: Il secolo di ferro, S. 449–513. Park, Katharine: Birth and Death, in: Kalof (Hg.): A Cultural History of the Human Body, S. 17–37. Pasche, Véronique: Art. Death. The West, in: Encyclopedia of the Middle Ages 1 (2000), S. 416–417. Patschovsky, Alexander: Tod im Mittelalter. Eine Einführung, in: Borst u. a. (Hgg.): Tod im Mittelalter, S. 9–24. Patzold, Steffen: Bischöfe als Träger der politischen Ordnung des Frankenreichs im 8./ 9. Jahrhundert, in: Walter Pohl und Veronika Wieser (Hgg.): Der frühmittelalterliche Staat – europäische Perspektiven (Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.hist. Kl., Denkschriften 386; Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 16), Wien 2009, S. 255–270.

Verzeichnis der Literatur

613

Patzold, Steffen: Die Bischöfe im Gallien der Transformationszeit. Eine sozial homogene Gruppe von Amtsträgern?, in: Sebastian Brather u. a. (Hgg.): Antike im Mittelalter. Fortleben, Nachwirken, Wahrnehmung. 25 Jahre Forschungsverbund »Archäologie und Geschichte des ersten Jahrtausends in Südwestdeutschland« (Archäologie und Geschichte 21), Ostfildern 2014, S. 179–193. Patzold, Steffen: Die Bischöfe im karolingischen Staat. Praktisches Wissen über die politische Ordnung im Frankenreich des 9. Jahrhunderts, in: Stuart Airlie, Walter Pohl und Helmut Reimitz (Hgg.): Staat im frühen Mittelalter (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 11), Wien 2006, S. 133–162. Patzold, Steffen: Bischöfe, soziale Herkunft und die Organisation lokaler Herrschaft um 500, in: Ders. und Mischa Meier (Hgg.): Chlodwigs Welt. Organisation von Herrschaft um 500 (Roma Æterna 3), Stuttgart 2014, S. 523–543. Patzold, Steffen: L’épiscopat du haut Moyen Âge du point de vue de la médiévistique allemande, in: Cahiers de civilisation médiévale 48 (2005), S. 341–358. Patzold, Steffen: Episcopus: Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts (Mittelalter-Forschungen 25), Ostfildern 2008. Patzold, Steffen: »Gute Streiter« und »sehr gute Hirten«. Bischöfe und ihre Städte um 1000, in: Stiegemann / Kroker (Hgg.): Für Königtum und Himmelreich, S. 198–213. Patzold, Steffen: Hermann der Lahme als Autor und Mensch. Versuch einer Bilanz, in: Zotz / Heinzer (Hgg.): Hermann der Lahme, S. 325–337. Patzold, Steffen: Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reiches (Historische Studien 463), Husum 2000. Patzold, Steffen: Konsens und Konkurrenz. Überlegungen zu einem aktuellen Forschungskonzept der Mediävistik, in: FMSt 41 (2007), S. 75–103. Patzold, Steffen: Überlegungen zu Kontinuitäten und Wandlungen in der Historiographie im ostfränkisch-deutschen Reich des 11. Jahrhunderts, in: Stephan Müller und Jens Schneider (Hgg.): Deutsche Texte der Salierzeit – Neuanfänge und Kontinuitäten im 11. Jahrhundert (MittelalterStudien 20), München 2010, S. 29–49. Patzold, Steffen: Zur Sozialstruktur des Episkopats und zur Ausbildung bischöflicher Herrschaft in Gallien zwischen Spätantike und Frühmittelalter, in: Matthias Becher und Stefanie Dick (Hgg.): Völker, Reiche und Namen im frühen Mittelalter (MittelalterStudien 22), München 2010, S. 121–140. Paulus, Christof: Omnes sumus geminati … Investiturstreit im Bistum Augsburg, in: Thomas Kohl (Hg.), Konflikt und Wandel um 1100. Europa im Zeitalter von Feudalgesellschaft und Investiturstreit (Europa im Mittelalter 36), Berlin-Boston 2020, S. 55– 73. Paxton, Frederick S.: Birth and Death, in: Thomas F. X. Noble und Julia M. H. Smith (Hgg.): The Cambridge History of Christianity. Vol. 3: Early Medieval Christianities c. 600–c. 1100, Cambridge 2008, S. 383–398. Paxton, Frederick S.: Christianizing Death. The Creation of a Ritual Process in Early Medieval Europa, Ithaca-New York 1990. Pekáry, Thomas: Mors perpetua est. Zum Jenseitsglauben in Rom, in: Laverna 5 (1994), S. 87–103. Pelikan, Jaroslav: The Shape of Death. Life, Death and Immortality in the Early Fathers, Nashville-New York 1961.

614

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Pellegrino, Michele: Reminiscenze letterarie agostiniane nella Vita Augustini di Possidio, in: Aevum 28 (1954), S. 21–44. Pennington, Kenneth: Art. Bischof. III. Merowinger- und Karolingerzeit, in: LexMA 2 (1983), Sp. 230–231. Pennington, Kenneth: Art. Bischof, Bischofsamt. A. Historisch-politische Bedeutung und kirchenrechtliche Entwicklung des Bischofsamtes. I. Allgemein, Spätantike, in: LexMA 2 (1983), Sp. 228–229. Pennington, Kenneth: Art. Bischof, Bischofsamt. A. Historisch-politische Bedeutung und kirchenrechtliche Entwicklung des Bischofsamtes. IV. Gregorianisches Zeitalter, in: LexMA 2 (1983), Sp. 231–232. Pennington, Margot: Memento mori. Eine Kulturgeschichte des Todes, Stuttgart 2001. Perkins, Pheme: Art. Resurrection, in: Encyclopedia of Early Christianity (1990), S. 780– 782. Petersohn, Jürgen: Bischof und Heiligenverehrung, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 91 (1996), S. 207–229. Petersohn, Jürgen: Sverinensis eccl. (Schwerin), in: Engels / Weinfurter (Hgg.): Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis 5/2, S. 76–83. Pezé, Warren: Le virus de l’erreur. La controverse carolingienne sur la double prédestination. Essai d’histoire sociale (Collection Haut Moyen Âge 26), Turnhout 2017. Pfeifer, Anne Katharina: Die Martinsvita des Sulpicius Severus als Vorbild für Heiligenviten des 10. Jahrhunderts am Beispiel Bischof Ulrichs von Augsburg (890–973), in: »Martin von Tours – Krieger – Bischof – Heiliger«. Kolloquium zum 50. Geburtstag von Prof. Dr. theol. Joachim Conrad, Saarbrücken 2013, S. 13–26. Picard, Jean-Charles: La sépulture des évêques en Italie du nord au Xe siècle, in: Pierre Riché, Carol Heitz und François Heber-Suff (Hgg.): Xe Siècle. Recherches nouvelles. Contribution au Colloque Hugues Capet 987–1987 »La France de l’an mil«, Paris 1987, S. 35–38. Picard, Jean-Charles: Le souvenir des évêques. Sépultures, listes épiscopales et cultes des évêques en Italie du nord des origines au Xe siècle (Bibliothèque des Ecoles Françaises et de Rome 268), Rom 1988. Pietri, Luce und Heijmans, Marc: Prosopographie chrétienne du bas-empire 4. Prosopographie de la Gaule chrétienne (314–614), 2 Bde., Paris 2013. Pietri, Luce: La ville de Tours du IVe au VIe siècle: naissance d’une cité chrétienne (Collection de l’École Française de Rome 69), Rom 1983. Pischke, Gudrun: Lothar III.: Von Breitenwang nach Königslutter. Tradition und Neuerung um Tod und Beisetzung römisch-deutscher Könige und Kaiser (936–1256/82), in: Tobias Henkel (Hg.): »Nicht Ruh’ im Grabe ließ man euch…«. Die letzte Heimat Kaiser Lothars III. im Spiegel naturwissenschaftlicher und historischer Forschungen (Schriftenreihe der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz), Braunschweig 2012, S. 98–125. Plassmann, Alheydis: Corrupted by Power – Bishops in Adam of Bremen’s Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum, in: Mia Münster-Swendsen u. a. (Hgg.): Historical and Intellectual Culture in the Long Twelfth Century: the Scandinavian Connection (Durham Medieval and Renaissance Monographs and Essays 5), Durham 2016, S. 51–70. Plassmann, Alheydis: Lateinische Stammes- und Volksgeschichtsschreibung im frühen und hohen Mittelalter, in: Wolf / Ott (Hgg.): Handbuch Chroniken des Mittelalters, S. 47–75.

Verzeichnis der Literatur

615

Platelle, Henri: L’évêque mérovingien d’après un ouvrage récent, in: Revue d’histoire ecclésiastique 80 (1985), S. 454–467. Pörtner, Regina: Reichspolitik, Reform und bischöfliche Autonomie: Der Investiturstreit im Spiegel der Gesta Treverorum, in: Mediaevistik 22 (2009), S. 83–115. Pokorny, Rudolf: Das Chronicon Wirziburgense, seine neuaufgefundene Vorlage und die Textstufen der Reichenauer Chronistik des 11. Jahrhunderts, in: DA 57 (2001), S. 63–93 u. 451–499. Pokorny, Rudolf: Exkurs II, in: Capitula Episcoporum 4, ed. Rudolf Pokorny unter Mitwirkung von Veronika Lukas (MGH Capit. Episc. 4), Hannover 2005, S. 96–100. Poschmann, Bernhard: Die kirchliche Vermittlung der Sündenvergabe nach Augustinus, in: Zeitschrift für katholische Theologie 45 (1921), S. 208–228, 405–432 u. 497–526. Predel, Gregor: Vom Presbyter zum Sacerdos. Historische und theologische Aspekte der Entwicklung der Leitungsverantwortung und Sacerdotalisierung des Presbyterates im spätantiken Gallien (Dogma und Geschichte 4), Münster 2005. Prestel, Christiane: Das Sakramentar des Bischofs Warmundus. Ivrea, Bibl. Cap., cod. LXXXVI (31), Diss. Heidelberg 1993. Prinz, Friedrich: Aspekte frühmittelalterlicher Hagiographie, in: Haverkamp / Heit (Hg.): Mönchtum, Kultur und Gesellschaft, S. 177–198. Prinz, Friedrich: Die bischöfliche Stadtherrschaft im Frankenreich vom 5. bis zum 7. Jahrhundert, in: HZ 217 (1974), S. 1–35. Prinz, Friedrich: Der fränkische Episkopat zwischen Merowinger- und Karolingerzeit, in: Haverkamp / Heit (Hgg.): Mönchtum, Kultur und Gesellschaft, S. 199–231. Prinz, Friedrich: Frühes Mönchtum im Frankenreich, München-Wien 1965. Prinz, Friedrich: Hagiographie als Kultpropaganda: Die Rolle der Auftraggeber und Autoren hagiographischer Texte des Frühmittelalters, in: Joachim Heinzle (Hg.): Literarische Interessenbildung im Mittelalter (Germanistische Symposien, Berichtsbände 14), Stuttgart-Weimar 1993, S. 145–164. Prinz, Friedrich: Der Heilige und seine Lebenswelt. Überlegungen zum gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Aussagewert von Viten und Wundererzählungen, in: Haverkamp / Heit (Hgg.): Mönchtum, Kultur und Gesellschaft, S. 251–268. Prinz, Friedrich (Hg.): Herrschaft und Kirche. Beiträge zur Entstehung und Wirkungsweise episkopaler und monastischer Organisationsformen (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 33), Stuttgart 1988. Prinz, Friedrich: Herrschaftsformen der Kirche vom Ausgang der Spätantike bis zum Ende der Karolingerzeit, in: Ders. (Hg.): Herrschaft und Kirche, S. 1–21. Prinz, Friedrich: Klerus und Krieg im früheren Mittelalter. Untersuchungen zur Rolle der Kirche beim Aufbau der Königsherrschaft (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 2), Stuttgart 1971. Prinz, Friedrich: Der Testfall: Das Kirchenverständnis Bischof Martins von Tours und die Verfolgung der Priscillianer, in: Hagiographica 3 (1996), S. 1–13. Prinz, Otto: Die Überarbeitung der Chronik Reginos aus sprachlicher Sicht, in: Alf Önnerfors, Johannes Rathofer und Fritz Wagner (Hgg.): Literatur und Sprache im europäischen Mittelalter. Festschrift für Karl Langosch zum 70. Geburtstag, Darmstadt 1973, S. 122–141. Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 267., neu bearb. Aufl., Berlin-Boston 2017.

616

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Rákos-Zichy, Johanna: The Resurrection Body in Augustine, in: Studia Patristica 98 (2017), S. 373–384. Ramelli, Ilaria L. E.: Christian Soteriology and Christian Platonism: Origen, Gregory of Nyssa, and the Biblical and Philosophical Basis of the Doctrine of Apokatastasis, in: Vigiliae Christianae 61 (2007), S. 313–356. Ranke, Leopold von: Zur Kritik fränkisch-deutscher Reichsannalisten. II. Über die Annalen des Lambertus von Hersfeld, in: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin (1854), S. 436–458. Rapp, Claudia: Holy Bishops in Late Antiquity. The Nature of Christian Leadership in an Age of Transition, Berkeley-Los Angeles-London 2005. Rau, Reinhold: Einleitung, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, erster Teil: Die Reichsannalen. Einhard Leben Karls des Großen. Zwei »Leben« Ludwigs. Nithard Geschichten. Unter Benutzung der Übersetzungen von O. Abel und J. v. Jasmund neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 5), Darmstadt 1962, S. 1–8 (zu den Reichsannalen). Rau, Reinhold: Einleitung, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, zweiter Teil: Jahrbücher von St. Bertin. Jahrbücher von St. Vaast. Xantener Jahrbücher. Unter Benutzung der Übersetzungen von J. v. Jasmund und C. Rehdantz neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 6), Darmstadt 1961, S. 1–10 (zu den Jahrbüchern von St. Bertin). Rau, Reinhold: Einleitung, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, dritter Teil: Jahrbücher von Fulda. Regino Chronik. Notker Taten Karls. Unter Benutzung der Übersetzungen von C. Rehdantz, E. Dümmler und W. Wattenbach neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 7), Darmstadt 1969, S. 1–5 (zu den Jahrbüchern von Fulda). Rau, Reinhold: Einleitung, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, dritter Teil: Jahrbücher von Fulda. Regino Chronik. Notker Taten Karls. Unter Benutzung der Übersetzungen von C. Rehdantz, E. Dümmler und W. Wattenbach neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 7), Darmstadt 1969, S. 6–10 (zur Chronik Reginos). Rau, Reinhold: Einleitung, in: Briefe des Bonifatius. Willibalds Leben des Bonifatius. Nebst einigen zeitgenössischen Dokumenten. Unter Benutzung der Übersetzungen von M. Tangl und Ph. H. Külb neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 4b), Darmstadt 1968, S. 452– 453 (zu Willibalds Leben des Bonifatius). Rau, Reinhold: Einleitung, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte erster Teil: Die Reichsannalen. Einhard Leben Karls des Großen. Zwei »Leben« Ludwigs. Nithard Geschichten. Unter Benutzung der Übersetzungen von O. Abel und J. v. Jasmund neu bearb. v. Reinhold Rau (FSGA 5), Darmstadt 1962, S. 383–384 (zu Nithard). Rebillard, Éric: The Care of the Dead in Late Antiquity (Cornell Studies in Classical Philology 59), Ithaca-London 2009. Rebillard, Éric: In hora mortis. Évolution de la pastorale chrétienne de la mort aux IVe et Ve siècles dans l’occident latin (Bibliothèque des Écoles Françaises d’Athénes et de Rome 283), Rom 1994. Rebillard, Éric: Koimhthrion and Coemeterium: Tomb, Martyr Tomb, Necropolis, in: Ders. (Hg.): Transformation of Religious Practices in Late Antiquity, Farnham 2013, S. 251–276. Rehn, Rudolf: Tod und Unsterblichkeit in der platonischen Philosophie, in: Binder / Effe (Hgg.): Tod und Jenseits im Altertum, S. 103–121.

Verzeichnis der Literatur

617

Reimitz, Helmut: After Rome, before Francia: Religion, Ethnicity, and Identity Politics in Gregory of Tours’ Ten Books of Histories, in: Leyser / Cooper (Hgg.): Making Early Medieval Societies, S. 58–79. Reimitz, Helmut: History, Frankish Identity and the Framing of Western Ethnicity 550– 850 (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought, Fourth Series 101), Cambridge 2015. Reimitz, Helmut: Transformations of Late Antiquity: the Writing and Re-Writing of Church History at the Monastery of Lorsch, c. 800, in: Clemens Gantner, Rosamond McKitterick und Sven Meeder (Hgg.): The Resources of the Past in Early Medieval Europe, Cambridge 2015, S. 262–282. Reinecke, Karl: Hammaburgensis sive Bremensis eccl. (Hamburg-Bremen), in: Engels / Weinfurter (Hgg.): Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis 5/2, S. 4–52. Reudenbach, Bruno: Märtyrertode ohne Blut. Mittelalterliche Darstellungen von Martyrien frühchristlicher Heiliger, in: Hammer / Seidl (Hgg.): Helden und Heilige, S. 69– 81. Reuter, Timothy: Bishops, Rites of Passage, and the Symbolism of State in Pre-Gregorian Europa, in: Gilsdorf (Hg.): The Bishop: Power and Piety, S. 23–36. Reuter, Timothy: Episcopi cum sua militia: The Prelate as Warrior in the Early Staufer Era, in: Ders. (Hg.): Warriors and Churchmen in the High Middle Ages. Essays Presented to Karl Leyser, London-Rio Grande 1992, S. 79–94. Reuter, Timothy: Ein Europa der Bischöfe. Das Zeitalter Burchards von Worms, in: Hartmann (Hg.): Bischof Burchard von Worms, S. 1–28. Reuter, Timothy: The ›Imperial Church System‹ of the Ottonian and Salian Rulers. A Reconsideration, in: Journal of Ecclesiastical History 33 (1982), S. 347–374. Reuter, Timothy: Introduction, in: The Annals of Fulda, Translated and Annotated by Timothy Reuter (Manchester Medieval Sources Series 2), Manchester-New York 1992, S. 1–14. Reuter, Timothy: Unruhestiftung, Fehde, Rebellion, Widerstand: Gewalt und Frieden in der Politik der Salierzeit, in: Weinfurter (Hg.): Die Salier und das Reich 3, S. 297–325. Reventlow, Hennig Graf: Tod und Leben im Alten Testament, in: Binder / Effe (Hgg.): Tod und Jenseits im Altertum, S. 9–20. Reydellet, Marc: Venance Fortunat et l’esthétique du style, in: Sot (Hg.): Haut MoyenÂge, S. 69–77. Reynolds, Roger E.: Art. Dead, Office of the, in: Dictionary of the Middle Ages 4 (1984), S. 117–118. Reynolds, Roger E.: Art. Death and Burial, in Europe, in: Dictionary of the Middle Ages 4 (1984), S. 118–122. Riché, Pierre: Von Gregor dem Großen bis Pippin dem Jüngeren, in: Ders. / Gilbert Dagron / André Vauchez (Hgg.): Die Geschichte des Christentums, Bd. 4: Bischöfe, Mönche und Kaiser (642–1054), deutsche Ausgabe bearb. u. hg. v. Egon Boshof, Freiburg i. Br.-Basel-Wien 1994, S. 603–685. Riedel, Peter: »Himmel, Hölle, Fegefeuer«. Jenseitsvorstellungen im Mittelalter, in: HeinzDieter Heimann u. a. (Hgg.): Weltbilder des mittelalterlichen Menschen (Studium Litterarum 12), Berlin 2007, S. 135–146. Rittenbach, Willi und Seifert, Siegfried: Geschichte der Bischöfe von Meißen 968–1581 (Studien zur katholischen Bistums- und Klostergeschichte 8), Leipzig 1965.

618

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Robinson, Ian Stuart: Authority and Resistance in the Investiture Contest: The Polemical Literature of the Late 11th Century, Manchester 1978. Robinson, Ian Stuart: Bernold von Konstanz und der gregorianische Reformkreis um Bischof Gebhard III., in: FDA 109 (1989), S. 155–188. Robinson, Ian Stuart: Die Chronik Hermanns von Reichenau und die Reichenauer Kaiserchronik, in: DA 36 (1980), S. 84–136. Robinson, Ian Stuart: Einleitung, in: Die Chroniken Bertholds von Reichenau und Bernolds von Konstanz, ed. Ian S. Robinson (MGH SS rer. Germ. N.S. 14), Hannover 2003, S. 1–15. Robinson, Ian Stuart: Introduction, in: The Annals of Lampert of Hersfeld, Translated and Annotated with an Introduction by Ian Stuart Robinson (Manchester Medieval Sources Series), Manchester 2015, S. 1–48. Robinson, Ian Stuart: Periculosus homo: Pope Gregory VII and Episcopal Authority, in: Viator 9 (1978), S. 103–131. Robinson, Ian Stuart: Reform and the Church, 1073–1122, in: Luscombe / Riley-Smith (Hgg.): The New Cambridge Medieval History IV/1, S. 268–334. Röckelein, Hedwig: Das Gewebe der Schriften. Historiographische Aspekte der karolingerzeitlichen Hagiographie Sachsens, in: Bauer / Herbers (Hgg.): Hagiographie im Kontext, S. 1–25. Rohr, Christian: Signa apparuerunt, quae aut regis obitum adnunciare solent aut regiones excidium. Naturerscheinungen und ihre »Funktion« in der Historia Francorum Gregors von Tours, in: Dieter Groh, Michael Kempe und Franz Mauelshagen (Hgg.): Naturkatastrophen. Beiträge zu ihrer Deutung, Wahrnehmung und Darstellung in Text und Bild von der Antike bis ins 20. Jahrhundert (Literatur und Anthropologie 13), Tübingen 2003, S. 65–78. Rollo-Koster, Joëlle: Episcopal and Papal Vacancies: A Long History of Violence, in: Radoslaw Kotecki und Jacek Maciejewski (Hgg.): Ecclesia & Violentia: Violence against the Church and Violence within the Church in the Middle Ages, Newcastleupon-Tyne 2014, S. 54–70. Rose, Paula J.: A Commentary on Augustine’s De cura pro mortuis gerenda. Rhetoric in Practice (Amsterdam Studies in Classical Philology 20), Leiden-Boston 2013. Rosen, Judith: Martin von Tours. Der barmherzige Heilige (Historische Biografie), Darmstadt 2016. Rosen, Klaus: Der heilige Martin – Bischof, Arzt und Missionar. Das Zeugnis der Vita Sancti Martini des Sulpicius Severus, in: Jahrbuch für Antike und Christentum 52 (2009), S. 61–80. Rosenau, Hartmut: Allversöhnung. Ein transzendentaltheologischer Grundlegungsversuch (Theologische Bibliothek Töpelmann 57), Berlin-New York 1993. Rossignol, Sébastien: Die Spukgeschichten Thietmars von Merseburg. Überlegungen zur Vorstellungswelt und zur Arbeitsweise eines Chronisten aus dem 11. Jahrhundert, in: Concilium medii aevi 9 (2006), S. 47–76. Rudolph, Rainer: Erzbischof Siegfried von Mainz (1060–1084). Ein Beitrag zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe im Investiturstreit, Frankfurt a.M. 1971. Sachs, John R.: Die christliche Lehre vom Purgatorium, in: Concilium 29 (1993), S. 431– 435.

Verzeichnis der Literatur

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Saint Priest d’Urgel, Chantal de: La mort au Moyen Âge: du naturel au surnaturel, in: Beaucaire. Carrefour de l’histoire, Toulouse 2010, S. 167–181. Sand, Alexander: Art. Tod, Sterben. II. Theologische und religiöse Vorstellungen. 1. Westen. a. Biblisch, in: LexMA 8 (1997), Sp. 822–823. Santifaller, Leo: Zur Geschichte des ottonisch-salischen Reichskirchensystems (Sitzungsberichte. Akademie der Wissenschaften in Wien, phil.-hist. Kl. 229,1), Wien 21964. Sauer, Georg: Der Leichnam im Kontext des alttestamentlichen Israel, in: Stefenelli (Hg.): Körper ohne Leben, S. 395–401. Schadel, Helene: Θάνατος. Studien zu den Todesvorstellungen der antiken Philosophie und Medizin (Würzburger medizinhistorische Forschungen 2), Pattensen [1975]. Schäfer, Daniel: I. Sicht der Wissenschaften und Religionen. 1. Geschichtswissenschaft. 1.1 Vorneuzeit: Alter Orient, Klassische Antike und Mittelalter, in: Héctor Wittwer (Hg.): Sterben und Tod. Geschichte, Theorie, Ethik; ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart u. a. 2010, S. 1–6. Schäfer, Daniel: Todesfeststellung im Mittelalter, in: Thomas Schlich und Claudia Wiesemann (Hgg.): Hirntod. Zur Kulturgeschichte der Todesfeststellung, Frankfurt a.M. 2001, S. 102–114. Schäpers, Maria: Lothar I. (795–855) und das Frankenreich (Rheinisches Archiv 159), Wien-Köln-Weimar 2018. Scharer, Anton: Bishops in Ottonian Bavaria, in: Ders. (Hg.): Changing Perspectives on England and the Continent in the Early Middle Ages (Variorum Collected Studies Series 1042), Farnham-Burlington 2014, Tl. XV, S. 1–17. Scharer, Anton und Scheibelreiter, Georg (Hgg.): Historiographie im frühen Mittelalter (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 32), Wien-München 1994. Scharff, Thomas: Reden über den Krieg. Darstellungsformen und Funktionen des Krieges in der Historiographie des Frühmittelalters, in: Manuel Braun und Cornelia Herberichs (Hgg.): Gewalt im Mittelalter. Realitäten – Imaginationen, München 2005, S. 65–80. Scharr, Peter: Der Glaube an eine Reinigung nach dem Tod in der theologischen Fundierung durch Augustinus, in: Wissenschaft und Weisheit 49 (1986), S. 160–168. Scheffczyk, Leo: Himmel und Hölle: Kontinuität und Wandel in der Lehrentwicklung, in: Greshake (Hg.): Ungewisses Jenseits, S. 32–54. Scheffczyk, Leo: Art. Tod, Sterben. II. Theologische und religiöse Vorstellungen. 1. Westen. b. Scholastik, in: LexMA 8 (1997), Sp. 823–825. Scheibelreiter, Georg: Die barbarische Gesellschaft. Mentalitätsgeschichte der europäischen Achsenzeit 5.–8. Jahrhundert, Darmstadt 1999. Scheibelreiter, Georg: Der Bischof in merowingischer Zeit (Veröffentlichungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 27), Wien-Köln-Graz 1983. Scheibelreiter, Georg: The Death of the Bishop in the Early Middle Ages, in: David Loades (Hg.): The End of Strife. Papers Selected from the Proceedings of the Colloquium of the Commission Internationale d’Histoire Ecclésiastique Comparée Held at the University of Durham 2 to 9 September 1981, Edinburgh 1984, S. 32–43. Scheibelreiter, Georg: Der frühfränkische Episkopat. Bild und Wirklichkeit, in: FMSt 17 (1983), S. 131–147.

620

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Scheibelreiter, Georg: Der Tod Landberts von Maastricht, in: Fryde / Reitz (Hgg.): Bischofsmord im Mittelalter, S. 51–82. Scheibelreiter, Georg: Die Verfälschung der Wirklichkeit. Hagiographie und Historizität, in: Fälschungen im Mittelalter, S. 283–319. Scheler, Dieter: In ungeweihter Erde: Die Verweigerung des Begräbnisses im Mittelalter, in: Linda-Marie Günther und Michael Oberweis (Hgg.): Inszenierungen des Todes. Hinrichtung – Martyrium – Schändung (Sources of Europe 4), Berlin u. a. 2006, S. 157– 168. Scherer, Emil Clemens: Die Straßburger Bischöfe im Investiturstreit. Ein Beitrag zur elässischen Kirchengeschichte (Schriften des Wissenschaftlichen Instituts der ElsaßLothringer im Reich), Bonn 1923. Scherer, Georg: Das Problem des Todes in der Philosophie (Grundzüge 35), Darmstadt 1979. Schieffer, Rudolf: Der Bischof zwischen civitas und Königshof (4. bis 9. Jahrhundert), in: Berglar / Engels (Hgg.): Der Bischof in seiner Zeit, S. 17–39. Schieffer, Rudolf: Bischofserhebungen im westfränkisch-französischen Bereich im späten 9. und im 10. Jahrhundert, in: Erkens (Hg.): Die früh- und hochmittelalterliche Bischofserhebung, S. 59–82. Schieffer, Rudolf: Burchard von Worms. Ein Reichsbischof und das Königtum, in: Hartmann (Hg.): Bischof Burchard von Worms, S. 29–49. Schieffer, Rudolf: Deutungen des Investiturstreits, in: Hartmann (Hg.): Brief und Kommunikation im Wandel, S. 23–41. Schieffer, Rudolf: Die Entstehung des päpstlichen Investiturverbotes für den deutschen König (MGH Schriften 28), Stuttgart 1981. Schieffer, Rudolf: Der geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik (Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Vorträge Geisteswissenschaften 352), Opladen-Wiesbaden 1998. Schieffer, Rudolf: Geschichtsschreibung am Hof Karls des Großen, in: Ders. / Wenta (Hgg.): Hofgeschichtsschreibung, S. 7–16. Schieffer, Rudolf: Das Grab des Bischofs in der Kathedrale (Bayerische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl., Sitzungsberichte 2001,4), München 2001. Schieffer, Rudolf und Wenta, Jarosław (Hgg.): Die Hofgeschichtsschreibung im mittelalterlichen Europa. Projekte und Forschungsprobleme (Subsidia Historiographica 3), Torun´ 2006. Schieffer, Rudolf: Karl der Große und die Einsetzung der Bischöfe im Frankenreich, in: DA 63 (2007), S. 451–467. Schieffer, Rudolf: Die Karolinger, Stuttgart-Berlin-Köln 1992. Schieffer, Rudolf: Karolingische und ottonische Kirchenpolitik, in: Dieter R. Bauer u. a. (Hgg.): Mönchtum – Kirche – Herrschaft 750–1000. Josef Semmler zum 65. Geburtstag, Sigmaringen 1998, S. 311–325. Schieffer, Rudolf: Mediator cleri et plebis. Zum geistlichen Einfluß auf Verständnis und Darstellung des ottonischen Königtums, in: Althoff / Schubert (Hgg.): Herrschaftsrepräsentation, S. 345–361. Schieffer, Rudolf: Mönchsbischöfe in der ottonisch-salischen Reichskirche, in: SMBO 113 (2002), S. 65–79.

Verzeichnis der Literatur

621

Schieffer, Rudolf: Motu proprio. Über die papstgeschichtliche Wende im 11. Jahrhundert, in: HJb 122 (2002), S. 27–41. Schieffer, Rudolf: Der ottonische Reichsepiskopat zwischen Königtum und Adel, in: FMSt 23 (1989), S. 291–301. Schieffer, Rudolf: Ein Quellenfund zu Anno von Köln, in: DA 34 (1978), S. 202–213. Schieffer, Rudolf: Das Reformpapsttum seit 1046, in: Stiegemann / Wemhoff (Hgg.): Canossa 1077 – Erschütterung der Welt, S. 99–109. Schieffer, Rudolf: Das Reformpapsttum und seine Gegenpäpste, in: Müller / Hotz (Hg.): Gegenpäpste, S. 71–82. Schieffer, Rudolf: Die Reichweite päpstlicher Entscheidungen nach der papstgeschichtlichen Wende, in: Klaus Herbers, Fernando López Alsina und Frank Engel (Hgg.): Das begrenzte Papsttum. Spielräume päpstlichen Handelns. Legaten – delegierte Richter – Grenzen (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen NF 25), Berlin-Boston 2013, S. 13–27. Schieffer, Rudolf: Thietmars Welt. Ein Merseburger Bischof schreibt Geschichte, in: Cottin / Merkel (Hgg.): Thietmars Welt, S. 15–23. Schieffer, Theodor: Heinrich II. und Konrad II. Die Umprägung des Geschichtsbildes durch die Kirchenreform des 11. Jahrhunderts, in: DA 8 (1951), S. 384–437. Schild, Stefanie: Der Investiturstreit in England (Historische Studien 504), Husum 2015. Schimanowski, Gottfried: Auferweckung im Neuen Testament und in der frühjüdischen Apokalyptik, in: Kessler (Hg.): Auferstehung der Toten, S. 49–71. Schimmelpfennig, Bernhard: Afra und Ulrich. Oder: Wie wird man heilig?, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 86 (1993), S. 23–44. Schipperges, Heinrich: Krankheit und Kranksein im Spiegel der Geschichte (Schriften der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 5, 1999), Berlin u. a. 1999. Schleidgen, Wolf-Rüdiger: Die Überlieferungsgeschichte der Chronik des Regino von Prüm (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 31), Mainz 1977. Schlick, Jutta: König, Fürsten und Reich (1056–1159) (Mittelalter-Forschungen 7), Stuttgart 2001. Schlochtermeyer, Dirk: Bistumschroniken des Hochmittelalters. Die politische Instrumentalisierung von Geschichtsschreibung, Paderborn 1998. Schlotheuber, Eva: Persönlichkeitsdarstellung und mittelalterliche Morallehre. Das Leben Erzbischof Adalberts in der Beschreibung Adams von Bremen, in: DA 59 (2003), S. 495–548. Schmale, Franz-Josef und Schmale-Ott, Irene: Einleitung, in: Frutolfs und Ekkehards Chroniken und die anonyme Kaiserchronik, übers. v. Franz-Josef Schmale u. Irene Schmale-Ott (FSGA 15), Darmstadt 1972, S. 1–45. Schmale, Franz-Josef: Einleitung, in: Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV. Die Briefe Heinrichs IV. Das Lied vom Sachsenkrieg. Brunos Sachsenkrieg, neu übers. v. Franz-Josef Schmale (FSGA 12), Darmstadt 1963, S. 28–34 (zu Brunos Sachsenkrieg). Schmale, Franz-Josef: Funktion und Formen mittelalterlicher Geschichtsschreibung. Eine Einführung. Mit einem Beitrag von Hans-Werner Goetz (Die Geschichtswissenschaft), Darmstadt 1985.

622

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Schmale, Franz-Josef: Mentalität und Berichtshorizont, Absicht und Situation hochmittelalterlicher Geschichtsschreiber, in: HZ 226 (1978), S. 1–16. Schmale, Franz-Josef: Die Reichenauer Weltchronistik, in: Helmut Maurer (Hg.): Die Abtei Reichenau. Neue Beiträge zur Geschichte und Kultur des Inselklosters (Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees, Sonderband 5; Hegau-Bibliothek 28), Sigmaringen 1974, S. 125–158. Schmale, Franz-Josef: Zu Brunos Buch vom Sachsenkrieg, in: DA 18 (1962), S. 236–244. Schmaus, Michael: Art. Augustinus, heiliger Kirchenlehrer, lateinischer Kirchenvater. III. Fortwirken im Mittelalter, in: LexMA 1 (1980), Sp. 1227. Schmeidler, Bernhard: Sachsen und Thüringen, in: Holtzmann / Wattenbach (Hg.): Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 563–602. Schmid, Karl: Bemerkungen zur Anlage des Reichenauer Verbrüderungsbuches. Zugleich ein Beitrag zum Verständnis der Visio Wettini, in: Kaspar Elm, Eberhard Gönner und Eugen Hillenbrand (Hgg.): Landesgeschichte und Geistesgeschichte. Festschrift für Otto Herding zum 65. Geburtstag (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, 92), Stuttgart 1997, S. 24–41. Schmid, Karl (Hg.): Gedächtnis, das Gemeinschaft stiftet (Schriftenreihe der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg), München-Zürich 1985. Schmid, Karl und Wollasch, Joachim: Die Gemeinschaft der Lebenden und Verstorbenen in Zeugnissen des Mittelalters, in: FMSt 1 (1967), S. 365–405. Schmid, Karl (Hg.): Die Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter, 3 Bde. (Münstersche Mittelalter-Schriften 8), München 1978. Schmid, Karl und Wollasch, Joachim (Hgg.): Memoria. Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter (Münstersche Mittelalter-Schriften 48), München 1984. Schmid, Karl: Salische Gedenkstiftungen für fideles, servientes und milites, in: Lutz Fenske, Werner Rösener und Thomas Zotz (Hgg.): Institutionen, Kultur und Gesellschaft im Mittelalter. Festschrift für Josef Fleckenstein zu seinem 65. Geburtstag, Sigmaringen 1984, S. 245–264. Schmid, Karl: Die Sorge der Salier um ihre Memoria. Zeugnisse, Erwägungen und Fragen, in: Ders. / Wollasch (Hgg.): Memoria, S. 666–726. Schmid, Karl und Oexle, Otto Gerhard: Voraussetzungen und Wirkung des Gebetsbundes von Attigny, in: Francia 2 (1974), S. 71–122. Schmidt, Joël: Grégoire de Tours. Historien des Francs, Monaco 1998. Schmieder, Felicitas: Gewaltbewältigung in einem »Zeitalter der Gewalt«. Mittelalterliche Prophetie als Sprache politischen Krisenmanagements, in: Peter Burschel und Christoph Marx (Hgg.): Gewalterfahrung und Prophetie (Veröffentlichungen des Instituts für historische Anthropologie e.V. 13), Wien-Köln-Weimar 2013, S. 415–444. Schmitt, Jean-Claude: Bilder als Erinnerung und Vorstellung. Die Erscheinungen der Toten im Mittelalter, in: Historische Anthropologie 1 (1993), S. 347–358. Schmitt, Jean-Claude: Le corps, les rites, les rêves, le temps: essais d’anthropologie médiévale (Bibliothèque des histoires), Paris 2001. Schmitt, Jean-Claude: Heidenspaß und Höllenangst. Aberglaube im Mittelalter, Frankfurt-New York 1993 (im Original: Les »superstitions«, erschienen als viertes Kapitel in Jacques Le Goff [Hg.]: Histoire de la France religieuse, Bd. 1: Des dieux de la Gaule à la papauté d’Avignon [des origines au XIVe siècle], Paris 1988, S. 417–551).

Verzeichnis der Literatur

623

Schmitt, Jean-Claude: Die Logik der Gesten im europäischen Mittelalter, Stuttgart 1992 (im Original: La raison des gestes dans l’Occident médieval, Paris 1990). Schmitt, Jean-Claude: Macht der Toten, Macht der Menschen. Gespenstererscheinungen im hohen Mittelalter, in: Alf Lüdtke (Hg.): Herrschaft als soziale Praxis. Historische und sozial-anthropologische Studien (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 91), Göttingen 1991, S. 143–167. Schmitt, Jean-Claude: Die Wiederkehr der Toten. Geistergeschichten im Mittelalter, Stuttgart 1995 (im Original: Les revenants: Les vivants et les morts dans la société médiévale [Bibliothèque des histoires], Paris 1994). Schmitz, Gerhard: Heriveus von Reims (900–922). Zur Geschichte des Erzbistums Reims am Beginn des 10. Jahrhunderts, in: Francia 6 (1978), S. 59–106. Schmitz, Gerhard: Die Vier-Bücher-Sammlung des Cod. Köln, Diözesan- und Dombibliothek 124. Zur kirchenrechtlichen Kenntnis im 10. Jahrhundert, in: Klaus Herbers, Hans-Henning Kortüm und Carlo Servatius (Hgg.): Ex ipsis rerum documentis. Beiträge zur Mediävistik. Festschrift für Harald Zimmermann zum 65. Geburtstag, Sigmaringen 1991, S. 233–255. Schmitz-Esser, Romedio: Bestrafung des Leichnams zur Purifizierung der Christenheit? Der Ursprung der Verbrennungsstrafe an Häretikern und Hexen im Früh- und Hochmittelalter und sein Verhältnis zum Reliquienkult, in: FMSt 44 (2010), S. 227–263. Schmitz-Esser, Romedio: Ertrunken und gekocht – Tod und Bestattung in der Stauferzeit, in: Rotary Club Selm – Kaiser Barbarossa (Hg.): … Sich einen Kopf machen. Cappenberger Vorträge zum Mittelalter, Essen 2018, S. 95–115. Schmitz-Esser, Romedio: Der Leichnam im Mittelalter. Einbalsamierung, Verbrennung und die kulturelle Konstruktion des toten Körpers (Mittelalter-Forschungen 48), Ostfildern 2014. Schmitz-Esser, Romedio: »Longue durée« im Umgang mit den Toten? Kontinuitäten, Umbrüche und Zäsuren im Umgang mit dem Leichnam in Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Thomas Kühtreiber und Gabriele Schichta (Hgg.): Kontinuitäten, Umbrüche, Zäsuren. Die Konstruktion von Epochen in Mittelalter und früher Neuzeit in interdisziplinärer Sichtung (Interdisziplinäre Beiträge zu Mittelalter und früher Neuzeit 6), Heidelberg 2016, S. 331–355. Schmitz-Esser, Romedio: Zur Vernichtung der Körperlichkeit. Ausgrenzung des Leichnams als Inkriminierung der Toten im Mittelalter, in: Garnier / Schnocks (Hgg.): Sterben über den Tod hinaus, S. 219–231. Schneider, Annerose: Thietmar von Merseburg über kirchliche, politische und ständische Fragen seiner Zeit, in: AKG 44 (1962), S. 34–71. Schneider, Carl: Geistesgeschichte der christlichen Antike, München 1978. Schneider, Gerhard: Erzbischof Fulco von Reims (883–900) und das Frankenreich (Münchener Beiträge zur Mediävistik und Renaissance-Forschung 14), München 1973. Schneider, Jens: Auf der Suche nach dem verlorenen Reich. Lotharingien im 9. und 10. Jahrhundert (Publications du Centre Luxembourgeoise de Documentation et d’Études Médiévales 30), Köln-Weimar-Wien 2010. Schneider, Olaf: Die Königserhebung Pippins 751 in der Erinnerung der karolingischen Quellen. Die Glaubwürdigkeit der Reichsannalen und die Verformung der Vergangenheit, in: Becher / Jarnut (Hgg.): Dynastiewechsel, S. 243–275.

624

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Schneidmüller, Bernd: Canossa und der harte Tod der Helden, in: Jarnut / Wemhoff (Hgg.): Vom Umbruch zur Erneuerung, S. 103–132. Schnitzler, Norbert: Der Tod des Judas. Ein Beitrag zur Ikonographie des Selbstmordes im Mittelalter, in: Andrea Löther u. a. (Hgg.): Mundus in imagine. Bildersprache und Lebenswelten im Mittelalter. Festgabe für Klaus Schreiner, München 1996, S. 219–245. Schnocks, Johannes: Konzeptionen der Übergänge vom Leben zum Tod und vom Tod zum Leben, in: Christian Frevel (Hg.): Biblische Anthropologie. Neue Einsichten aus dem Alten Testament (Quaestiones Disputatae 237), Freiburg i. Br. 2010, S. 317–331. Schoberth, Wolfgang: Art. Death, in: The Encyclopedia of Christianity 1 (1999), S. 782– 784. Schoberth, Wolfgang: »Mitten im Leben …«. Systematisch-theologische Bemerkungen zur Wahrnehmung des Todes im Mittelalter, in: Knaeble / Wagner / Wittmann (Hgg.): Gott und Tod, S. 291–308. Schönberger, Rolf: Ars moriendi. Kann man das Sterben lernen?, in: Politische Studien 340 (1995), S. 5–15. Scholkmann, Barbara: Die Kirche als Bestattungsplatz. Zur Interpretation von Bestattungen im Kirchenraum, in: Jarnut / Wemhoff (Hgg.): Erinnerungskultur im Bestattungsritual, S. 189–218. Scholz, Sebastian: Das Grab in der Kirche – Zu seinen theologischen und rechtlichen Hintergründen in Spätantike und Frühmittelalter, in: ZRG KA 84 (1998), S. 270–306. Scholz, Sebastian: Die Merowinger, Stuttgart 2015. Scholz, Sebastian: Religiöse und soziale Ausgrenzung in den Kanones der merowingischen Synoden (511–614), in: Garnier / Schnocks (Hgg.): Sterben über den Tod hinaus, S. 147–163. Schreiner, Klaus: Discrimen veri ac falsi. Ansätze und Formen der Kritik in der Heiligenund Reliquienverehrung des Mittelalters, in: AKG 48 (1966), S. 1–53. Schreiner, Klaus: Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin, München-Wien 1994. Schreiner, Klaus: Nobilitas Mariae. Die edelgeborene Gottesmutter und ihre adeligen Verehrer: Soziale Prägungen und politische Funktionen mittelalterlicher Adelsfrömmigkeit, in: Claudia Opitz u. a. (Hgg.): Maria in der Welt. Marienverehrung im Kontext der Sozialgeschichte 10.–18. Jahrhundert (Clio Lucernensis 2), Zürich 1993, S. 213–242. Schreiner, Klaus: Der Tod Marias als Inbegriff christlichen Sterbens. Sterbekunst im Spiegel mittelalterlicher Legendenbildung, in: Borst u. a. (Hgg.): Tod im Mittelalter, S. 261–312. Schreiner, Klaus: Vom Soldaten des Kaisers zum Soldaten Christi, vom Soldaten Christi zum Schutz- und Kriegsheiligen: Rollenwechsel des heiligen Martin von Tours, in: Hammer / Seidl (Hgg.): Helden und Heilige, S. 25–46. Schröer, Norbert: Die Annales Mettenses Priores. Literarische Form und politische Intention, in: Hauck / Mordek (Hgg.): Geschichtsschreibung und geistiges Leben im Mittelalter, S. 139–158. Schröer, Norbert: Die Annales S. Amandi und ihre Verwandten. Untersuchungen zu einer Gruppe karolingischer Annalen des 8. und frühen 9. Jahrhunderts (Göppinger akademische Beiträge 85), Göppingen 1975. Schrör, Matthias: Aufstieg und Fall des Erzbischofs Ebo von Reims, in: Becher / Plassmann (Hgg.): Streit am Hof, S. 203–221.

Verzeichnis der Literatur

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Schrör, Matthias: Metropolitangewalt und papstgeschichtliche Wende (Historische Studien 494), Husum 2009. Schrörs, Heinrich: Ruotgers Lebensgeschichte des Erzbischofs Bruno von Köln, in: AnnHVNdrh 88 (1910), S. 1–95. Schrörs, Heinrich: Das Testament des Erzbischofs Bruno I. von Köln (953–965), in: AnnHVNdrh 91 (1911), S. 109–128. Schroll, Anja-Lisa: Von blutigen Schwertern und heiligen Canones. Das Cadalus-Schisma aus wibertinischer und gregorianischer Sicht, in: Hartmann (Hg.): Brief und Kommunikation im Wandel, S. 295–318. Schrumpf, Stefan: Bestattung und Bestattungswesen im Römischen Reich. Ablauf, soziale Dimension und ökonomische Bedeutung der Totenfürsorge im lateinischen Westen, Göttingen 2006. Schubert, Ernst: Der Reichsepiskopat, in: Brandt / Eggebrecht (Hgg.): Bernward von Hildesheim 1, S. 93–102. Schütte, Bernd: Bischofserhebungen im Spiegel von Bischofsviten und Bistumsgesten der Ottonen- und Salierzeit, in: Erkens (Hg.): Die früh- und hochmittelalterliche Bischofserhebung, S. 139–191. Schütte, Bernd: Gewalt gegen Bischöfe im frühen und hohen Mittelalter, in: HJb 123 (2003), S. 27–63. Schuffels, Hans Jakob: Bernward von Hildesheim. Eine biographische Skizze, in: Brandt / Eggebrecht (Hgg.): Bernward von Hildesheim 1, S. 29–43. Schuffels, Hans Jakob und Schuffels, Christian: Thietmars Autograph. Zur Eigenhändigkeit des Eintrags im Sakramentar der Merseburger Domkirche, in: Cottin / Merkel (Hgg.): Thietmars Welt, S. 101–113. Schulmeyer-Ahl, Kerstin: Der Anfang vom Ende der Ottonen. Konstitutionsbedingungen historiographischer Nachrichten in der Chronik Thietmars von Merseburg (Millennium-Studien 26), Berlin-New York 2009. Schulte, Aloys: Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter. Studien zur Sozial-, Rechts- und Kirchengeschichte, Darmstadt 31958. Schwartz, Eduard: Publizistische Sammlungen zum Acacianischen Schisma (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Abt. NF 10), München 1934. Schwartz, Gerhard: Die Besetzung der Bistümer Reichsitaliens unter den sächsischen und salischen Kaisern mit den Listen der Bischöfe 951–1122, Leipzig-Berlin 1913. Schwarz, Hans: Die christliche Hoffnung. Grundkurs Eschatologie, Göttingen 2002. Schwarzmaier, Hansmartin: Lucca und das Reich bis zum Ende des 11. Jahrhunderts. Studien zur Sozialstruktur einer Herzogsstadt in der Toskana (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 41), Tübingen 1972. Schwarzwälder, Herbert: Die Bischöfe und Erzbischöfe von Bremen. Ihre Herkunft und Amtszeit – ihr Tod und ihre Gräber, in: Blätter der »MAUS« 16 (1996), S. 3–48. Schwenk, Peter: Brun von Köln. Sein Leben, sein Werk und seine Bedeutung, Espelkamp 1995. Scior, Volker: Das Eigene und das Fremde: Identität und Fremdheit in den Chroniken Adams von Bremen, Helmolds von Bosau und Arnolds von Lübeck (Orbis mediaevalis 4), Berlin 2002.

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Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Il secolo di ferro. Mito e realità del secolo X (Settimane di studio del centro Italiano di studi sull’alto medioevo 38), Spoleto 1991. Seegrün, Wolfgang: Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen: Persönlichkeit und Geschichte, in: Hamburgische Kirchengeschichte in Aufsätzen. Bd. 1: Von der Christianisierung bis zur Vorreformation (Arbeiten zur Kirchengeschichte Hamburgs 21), Hamburg 2003, S. 131–150. Seeliger, Hans Reinhard: Ein asketischer Endzeitbischof: Martinus von Tours, in: Christian Hornung, Andreas Merkt und Andreas Weckwerth (Hgg.): Bischöfe zwischen Autarkie und Kollegialität. Variationen eines Spannungsverhältnisses (Quaestiones disputatae 301), Freiburg i. Br. 2019, S. 158–177. Segni e riti nella chiesa altomedievale occidentale, 2 Bde. (Settimane di studio del centro italiano di studi sull’alto medioevo 33), Spoleto 1987. Seibert, Hubertus: Art. Otto, Bf. v. Straßburg, in: LexMA 6 (1993), Sp. 1583. Seiler, Roger: Mittelalterliche Medizin und Probleme der Jenseitsvorsorge, in: Jezler (Hg.): Himmel, Hölle, Fegefeuer, S. 117–124. Semmler, Josef: Der Dynastiewechsel von 751 und die fränkische Königssalbung (Studia humaniora), Brühl 2003. Semmler, Josef: Die Geschichte der Abtei Lorsch von der Gründung bis zum Ende der Salierzeit (764–1125), in: Friedrich Knöpp (Hg.): Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken an ihre Stiftung 764, Bd. 1, Darmstadt 1973, S. 75–173. Semmler, Josef: Politik und Zeitkritik in Jenseitsvisionen der Karolingerzeit, in: Körner (Hg.): Botschaften aus dem Jenseits, S. 11–32. Semmler, Josef: Zeitgeschichtsschreibung und Hofhistoriographie unter den frühen Karolingern, in: Laudage (Hg.): Von Fakten und Fiktionen, S. 135–164. Semmler, Josef: Zum Testament des gallofränkischen Bischofs, in: Kasten (Hg.): Herrscher- und Fürstentestamente, S. 573–597. Servatius, Carlo: Paschalis II. (1099–1118). Studien zu seiner Person und seiner Politik (Päpste und Papsttum 14), Stuttgart 1979. Servatius, Carlo: Per ordinationem principis ordinetur. Zum Modus der Bischofsernennung im Edikt Chlothars II. vom Jahre 614, in: ZfK 84 (1973), S. 1–29. Shaffern, Robert W.: Death and the Afterlife in the Middle Ages, in: Robert Norman Swanson (Hg.): The Routledge History of Medieval Christianity. 1050–1500, LondonNew York 2015, S. 172–184. Shaw, Richard: Chronology, Composition, and Authorial Conception in the Miracula, in: Murray (Hg.): A Companion to Gregory of Tours, S. 102–140. Sicard, Damien: La liturgie de la mort dans l’église latine des origines à la réforme carolingienne (Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen 63), Münster 1978. Sierck, Michael: Festtag und Politik. Studien zur Tagewahl karolingischer Herrscher (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 38), Köln-Weimar-Wien 1995. Signori, Gabriela: Rechtskonstruktionen und religiöse Fiktionen. Bemerkungen zur Selbstmordfrage im Mittelalter, in: Dies. (Hg): Trauer, Verzweiflung und Anfechtung, S. 9–54. Signori, Gabriela (Hg.): Trauer, Verzweiflung und Anfechtung. Selbstmord und Selbstmordversuche in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaften (Forum Psychohistorie 3), Tübingen 1994. Smolak, Kurt → Sulpicius Severus: Briefe.

Verzeichnis der Literatur

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Sonnemans, Heino: »Hellenisierung« des biblischen Glaubens? Zur Lehrentwicklung in den ersten Jahrhunderten, in: Kessler (Hg.): Auferstehung der Toten, S. 72–93. Soria, Myriam: Les évêques assassinés dans le royaume de France (XIe–XIIe siècles), in: Fryde / Reitz (Hgg.): Bischofsmord im Mittelalter, S. 97–120. Sot, Michel: Des évêques à la guerre (VIIIe–XIIIe siècle), in: Dominique Barthélemy und Jean-Claude Cheyenet (Hgg.): Guerre et société au Moyen âge: Byzance – Occident (VIIIe–XIIIe siècle) (Monographies, Centre de recherche d’histoire et civilisation de Byzance 31), Paris 2010, S. 103–112. Sot, Michel: Gesta episcoporum, gesta abbatum (Typologie des sources du Moyen Âge occidental 37), Turnhout 1981. Sot, Michel (Hg.): Haut Moyen-Âge. Culture, éducation et société. Études offertes à Pierre Riché, La Garenne-Colombes 1990. Southcombe, George; Suerbaum, Almut und Thompson, Benjamin: Introduction, in: Dies. (Hgg.): Polemic. Language as Violence in Medieval and Early Modern Discourse, Farnham 2015, S. 1–14. Sparre, Sieglinde: Bestatten in Kirchen. Eine praktisch-theologische Interpretation gegenwärtiger Kirchenkolumbarien und Urnenkirchen (Praktische Theologie heute 145), Stuttgart 2018. Specht, W.: Der Tod des Papstes Clemens II. Eine chemisch-toxikologische Studie, in: JbfränkLF 19 (1959), S. 261–264. Spehr, Reinhard: Gräfin Oda von Walbeck – Überlegungen zur Verwandtschaft mit dem sächsischen Hochadel, in: Cottin / Merkel (Hgg.): Thietmars Welt, S. 65–71. Speyer, Wolfgang: Die Verehrung des Heroen, des göttlichen Menschen und des christlichen Heiligen, in: Dinzelbacher / Bauer (Hgg.): Heiligenverehrung, S. 48–66. Spiegel, Gabrielle M.: Geschichte, Historizität und die soziale Logik von mittelalterlichen Texten, in: Christoph Conrad und Martina Kassel (Hgg.): Geschichte schreiben in der Postmoderne. Beiträge zur aktuellen Diskussion, Stuttgart 1994, S. 161–202. Spoerri, Bettina: Der Tod als Text und Signum. Der literarische Todesdiskurs in geistlichdidaktischen Texten des Mittelalters (Deutsche Literatur von den Anfängen bis 1700 27), Bern u. a. 1999. Spreckelmeier, Susanne: Bibelepisches Erzählen vom Transitus Mariae im Mittelalter. Diskurshistorische Studien (Literatur | Theorie | Geschichte 14), Berlin-Boston 2019. Sprenger, Kai-Michael: Der tote Gegenpapst im Fluss – oder wie und warum Clemens (III.) in den Tiber gelangte, in: Müller / Hotz (Hg.): Gegenpäpste, S. 97–125. Sprenger, Reinhard: Sub specie aeternitatis – Mittelalterliche Geisteshaltung zu Leben und Tod als Orientierung für die Gegenwart, in: Cistercienser Chronik 112 (2005), S. 63– 72. Sprenger, Reinhard: Wer an den Tod denkt, fängt an zu leben – ars moriendi, in: Cistercienser Chronik 105 (1998), S. 431–442. Sprigade, Klaus: Über die Datierung von Brunos Buch vom Sachsenkrieg, in: DA 23 (1967), S. 544–548. Staab, Franz: Klassische Bildung und regionale Perspektive in den Mainzer Reichsannalen (sog. Annales Fuldenses) als Instrument der geographischen Darstellung, der Bewertung der Regierungstätigkeit und der Lebensverhältnisse im Frankenreich, in: Claudio Leonardi (Hg.): Gli umanesimi medievali. Atti del II Congresso dell’»Internationales

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Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Mittellateinerkomitee«, Firenze, Certosa del Galluzzo, 11–15 settembre 1993, Florenz 1998, S. 637–668. Stancliffe, Clare E.: St. Martin and His Hagiographer. History and Miracle in Sulpicius Severus (Oxford Historical Monographs), Oxford 1983. Staub, Johannes: Einleitung, in: Iotsald von Saint-Claude: Vita des Abtes Odilo von Cluny, ed. Johannes Staub (MGH SS rer. Germ. 68), Hannover 1999, S. 1–130. Staub, Johannes: Studien zu Iotsalds Vita des Abtes Odilo von Cluny (MGH Studien und Texte 24), Hannover 1999. Staubach, Nikolaus: Historia oder Satira? Zur literarischen Stellung der Antapodosis Liudprands von Cremona, in: Walter Berschin (Hg.): Lateinische Kultur im X. Jahrhundert. Akten des I. Internationalen Mittellateinerkongresses Heidelberg, 12.–15. IX. 1988 (Mittellateinisches Jahrbuch 24/25), Stuttgart 1991, S. 461–487. Stefenelli, Norbert (Hg.): Körper ohne Leben. Begegnung und Umgang mit Toten, WienKöln-Weimar 1998. Steindorff, Ernst: Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich III., 2 Bde., Leipzig 1874–1881. Stengel, Edmund Ernst: Lampert von Hersfeld der erste Abt von Hasungen, zugleich ein Beitrag zur Frühgeschichte der Hirsauer Klosterreform, in: Ders.: Abhandlungen und Untersuchungen zur mittelalterlichen Geschichte, Köln-Graz 1960, S. 342–359. Steuer, Heiko: Der Mensch und sein Tod: Totenkult und Bestattungsbrauch vom Paläolithikum bis ins frühe Mittelalter, in: Freiburger Universitätsblätter 139 (1998), S. 111– 126. Steuer, Heiko: Vom Großgrabhügel zum Grab in der Kirche – Wandel der Jenseitsvorstellungen und der memoria im Frühmittelalter, in: Jarnut u. a. (Hgg.): Gräber im Kirchenraum, S. 9–44. Stevens, Courtenay Edward: Sidonius Apollinaris and his Age, Oxford 1933. Stiegemann, Christoph und Wemhoff, Matthias (Hgg.): Canossa 1077 – Erschütterung der Welt. Geschichte, Kunst und Kultur am Aufgang der Romanik, Bd. 1: Essays, München 2006. Stiegemann, Christoph und Kroker, Martin (Hgg.): Für Königtum und Himmelreich: 1000 Jahre Bischof Meinwerk von Paderborn. Katalog zur Jubiläumsausstellung im Museum in der Kaiserpfalz und im Erzbischöflichen Diözesanmuseum Paderborn 2009/2010, Regensburg 2009. Stiegler, Ingrid und Vogel, Peter: Die Erziehung zum rechten Sterben bei L. A. Seneca, in: Beate Henn und Johannes Weiss (Hgg.): Tod und Sterben (Sozialwissenschaftliche Schriften 16), Duisburg 1980, S. 110–147. Stoll, Brigitta: Einige Beobachtungen zur Vita Augustini des Possidius, in: Studia Patristica 22 (1989), S. 344–350. Stoll, Brigitta: Die Vita Augustini des Possidius als hagiographischer Text, in: ZfK 102 (1991), S. 1–13. Stone, Rachel und West, Charles (Hgg.): Hincmar of Rheims. Life and Work, Manchester 2015. Stone, Rachel: Introduction: Hincmar’s World, in: Dies. / West (Hgg.): Hincmar of Rheims, S. 1–43. La storiografia altomedievale, 10–16 aprile 1969, 2 Bde. (Settimane di studio del centro Italiano di studi sull’alto medioevo 17), Spoleto 1970.

Verzeichnis der Literatur

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Strauss, Hans: Tod und Auferstehung im Alten Testament, in: Kessler (Hg.): Auferstehung der Toten, S. 35–48. Straw, Carole: Settling Scores. Eschatology in the Church of the Martyrs, in: Bynum / Freedman (Hgg.): Last Things, S. 21–40. Stroheker, Karl Friedrich: Der senatorische Adel im spätantiken Gallien, Tübingen 1948. Struve, Tilman: Als ein lewo vur din vuristin …. Legende und historische Wirklichkeit in den Lebensbeschreibungen Annos von Köln, in: Hauck / Mordek (Hgg.): Geschichtsschreibung und geistiges Leben im Mittelalter, S. 325–345. Struve, Tilman: Lampert von Hersfeld 1, in: HJL 19 (1969), S. 1–123. Struve, Tilman: Lampert von Hersfeld 2, in: HJL 20 (1970), S. 32–142. Struve, Tilman: Reginhard von Siegburg und Lampert von Hersfeld. Hersfelder und Siegburger Überlieferungen um Erzbischof Anno von Köln im Lichte der Soester Fragmente, in: RhVjbll 42 (1978), S. 128–160. Struve, Tilman (Hg.): Die Salier, das Reich und der Niederrhein, Köln 2008. Struve, Tilman: Die Wende des 11. Jahrhunderts. Symptome eines Epochenwandels im Spiegel der Geschichtsschreibung, in: HJb 112 (1992), S. 324–365. Strzewitzek, Hubert: Die persönlichen Verhältnisse der Bischöfe von Freising im Mittelalter, Diss. Freising 1938. Stüber, Karl: Commendatio animae. Sterben im Mittelalter (Geist und Werk der Zeiten 48), Frankfurt a. M. 1976. Stüber, Till: Der inkriminierte Bischof. Könige im Konflikt mit Kirchenleitern im westgotischen und fränkischen Gallien (466–614) (Millennium-Studien 82), Berlin-Boston 2020. Stuiber, Alfred: Refrigerium interim: die Vorstellung vom Zwischenzustand und die frühchristliche Grabeskunst (Theophaneia 11), Bonn 1957. Stuiber, Alfred: Der Tod des Aurelius Augustinus, in: Klauser u. a. (Hgg.): Jenseitsvorstellungen in Antike und Christentum, S. 1–8. Suchan, Monika: Königsherrschaft im Streit. Konfliktaustragung in der Regierungszeit Heinrichs IV. zwischen Gewalt, Gespräch und Schriftlichkeit (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 42), Stuttgart 1997. Suchan, Monika: Publizistik im Zeitalter Heinrichs IV. Anfänge päpstlicher und kaiserlicher Propaganda im Investiturstreit?, in: Hruza (Hg.): Propaganda, S. 29–45. Suda, Max Josef: Beurteilung des leblosen Körpers in Augustins Gutachten De cura pro mortuis gerenda, in: Stefenelli (Hg.): Körper ohne Leben, S. 414–421. Swinarski, Ursula: Der ganze und der zerteilte Körper. Zu zwei gegensätzlichen Vorstellungen im mittelalterlichen Reliquienkult, in: Bauer / Herbers (Hgg.): Hagiographie im Kontext, S. 58–68. Tangl, Georgine: Schwaben, in: Holtzmann / Wattenbach (Hg.): Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, S. 507–539. Tangl, Michael: Das Todesjahr des Bonifatius, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 37 (1903), S. 223–250. Tellenbach, Gerd: Der Charakter Kaiser Heinrichs IV. Zugleich ein Versuch über die Erkennbarkeit menschlicher Individualität im hohen Mittelalter, in: Gerd Althoff u. a. (Hgg.): Person und Gemeinschaft im Mittelalter. Festschrift für Karl Schmid zum fünfundsechzigsten Geburtstag, Sigmaringen 1988, S. 345–367.

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Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Tellenbach, Gerd: Libertas. Kirche und Weltordnung im Zeitalter des Investiturstreites (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 7), Stuttgart 1936. Le temps chrétien de la fin de l’antiquité au moyen âge IIIe–XIIIe siècles (Colloques internationaux du centre national de la recherche scientifique 604), Paris 1984. Terrade, Laurent: Hiérarchie des perfections, service et justification: l’image de l’évêque dans l’hagiographie latine des Ve–VIIe siècles, in: Claude Carozzi und Huguette Taviani-Carozzi (Hgg.): Hiérarchies et services au Moyen Âge (Publications de l’Université de Provence), Aix-en-Provence 2001, S. 241–268. Tesch-Mertens, Patricia: Aborte und die menschliche Verdauung in der frühmittelalterlichen Historiographie, in: Wagener (Hg.): Aborte im Mittelalter und der Frühen Neuzeit, S. 266–272. Teske, Gunnar: Der Tod Bischof Volkmars von Minden, in: Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins 53 (1981), S. 112–122. Thiel, Rainer: Der Tod als Grenze und als Auftrag. Zur Duplizität des Todes in der neuplatonischen Philosophie, in: Fuhrmann / Grundmann (Hgg.): Martyriumsvorstellungen in Antike und Mittelalter, S. 133–147. Thier, Andreas: Hierarchie und Autonomie. Regelungstraditionen der Bischofsbestellung in der Geschichte des kirchlichen Wahlrechts bis 1140 (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 257; Recht im ersten Jahrtausend 1), Frankfurt a.M. 2011. Thompson, Leonard L.: The Martyrdom of Polycarp: Death in the Roman Games, in: The Journal of Religion 82 (2002), S. 27–52. Thürlemann, Felix: Der historische Diskurs bei Gregor von Tours: Topoi und Wirklichkeit, Bern 1974. Tignolet, Claire: Le modèle épiscopal carolingien au tournant du IXe siècle, in: Apprendre, produire, se conduire, S. 99–110. Tischler, Matthias M.: Der doppelte Kontext. Neue Perspektiven für die Erforschung der karolingischen Annalistik, in: Corradini / Diesenberger / Niederkorn-Bruck (Hgg.): Zwischen Niederschrift und Wiederschrift, S. 17–28. Tischler, Matthias M.: Einharts Vita Karoli. Studien zur Entstehung, Überlieferung und Rezeption, 2 Bde. (MGH Schriften 48), Hannover 2001. Treffort, Cécile: L’église Carolingienne et la mort. Christianisme, rites funéraires et pratiques commémoratives (Collection d’histoire et d’archéologie médiévales 3), Lyon 1996. Tremp, Ernst: Art. Thegan, in: Verfasserlexikon 9 (1995), Sp. 735–737. Trillmich, Werner: Einleitung, in: Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der hamburgischen Kirche und des Reiches. Rimbert: Leben Ansgars, Adam von Bremen: Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche, Wipo: Taten Kaiser Konrads II., neu übertr. v. Werner Trillmich (FSGA 11), Darmstadt 1961, S. 137–158 (zu Adam von Bremen). Trillmich, Werner: Einleitung, in: Thietmar von Merseburg: Chronik, neu übertr. u. erl. v. Werner Trillmich (FSGA 9), Darmstadt 1962, S. IX–XXXII. Tschallener, Gabriele: Sterben und Tod in Kult und Brauchtum (Reihe Rankweil 3), Rankweil 1992. Unger, Ludwig: Hersfeld. Politische Bedeutung der Reichsabtei, in: Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster in Hessen, in Verb. mit Regina Elisabeth Schwerdtfeger bearb. v. Friedhelm Jürgensmeier u. Franziskus Brüll OSB (Germania Benedictina 7), München 2004, S. 591–596.

Verzeichnis der Literatur

631

Utzschneider, Helmut: Der friedvolle und der bittere Tod. Einstellungen und Horizonte gegenüber Tod und Sterben im Alten Testament, in: Christian Strecker (Hg.): Kontexte der Schrift, Bd. 2: Kultur, Politik, Religion, Sprache – Text. Wolfgang Stegemann zum 60. Geburtstag, Stuttgart 2005, S. 37–48. Uytfanghe, Marc van: La biographie classique et l’hagiographie chrétienne antique tardive, in: Hagiographica 12 (2005), S. 223–248. Uytfanghe, Marc van: L’hagiographie en occident de la Vita Antonii aux Dialogues de Grégoire le Grand: Genèse et occupation du terrain, in: Degl’Innocenti / Prisco / Emore (Hgg.): Gregorio Magno e l’agiografia fra IV e VII secolo, S. 3–51. Uytfanghe, Marc van: L’hagiographie et son public à l’époque mérovingienne, in: Studia Patristica 16 (1985), S. 54–62. Uytfanghe, Marc van: L’hagiographie: un »genre« chrétien ou antique tardif ?, in: Analecta Bollandia 111 (1993), S. 135–188. Uytfanghe, Marc van: Art. Heiligenverehrung II (Hagiographie), in: RAC 14 (1988), Sp. 150–183. Uytfanghe, Marc van: Die Vita im Spannungsfeld von Legende, Biographik und Geschichte (mit Anwendung auf einen Abschnitt aus der Vita Amandi prima), in: Scharer / Scheibelreiter (Hgg.): Historiographie im frühen Mittelalter, S. 194–221. Vaerst, Katharina: Laus inimicorum oder Wie sag’ ich’s dem König? Erzählstrukturen der ottonischen Historiographie und ihr Kommunikationspotential (Wissenschaftliche Schriften der WWU Münster, Reihe X, 3), Münster 2010. Vaesen, Jos: Sulpice Sévère et la fin des temps, in: Verbeke / Verhelst / Welkenhuysen (Hgg.): The Use and Abuse of Eschatology, S. 49–71. Vanderputten, Steven: Death as a Symbolic Arena: Abbatial Leadership, Episcopal Authority, and the »Ostentatious Death« of Richard of Saint-Vanne (d. 1046), in: Viator 44 (2013), S. 29–48. Vanja, Christina: Krankheit. Mittelalter, in: Dinzelbacher (Hg.): Europäische Mentalitätsgeschichte, S. 222–228. Verbeke, Werner; Verhelst, Daniel und Welkenhuysen, Andries (Hgg.): The Use and Abuse of Eschatology in the Middle Ages (Mediaevalia Lovaniensia, Series 1, 15), Leuven 1988. Verdon, Jean: Grégoire de Tours. »Le père de l’Histoire de France«, Le Coteau 1989. Veron, Teddy: La mort de l’évêque Renaud II (973–1005) et ses conséquences pour l’histoire des Mauges, in: Jaqueline Hoareau-Dodinau und Pascal Texier (Hgg.): Foi chrétienne et église dans la société politique de l’Occident du Haut Moyen Âge (IVe–XIIe siècle) (Cahiers de Institut d’Anthropologie Juridique de Limoges 11), Limoges 2004, S. 383–403. Vinay, Gustavo: San Gregorio di Tours, saggio, Turin 1940. Vittinghoff, Friedrich: Zur Verfassung der spätantiken Stadt, in: Studien zu den Anfängen des europäischen Städtewesens. Reichenau-Vorträge 1955–56 (VuF 4), Sigmaringen 41975, S. 11–39. Vogel, Bernhard: Einleitung → Lantbert von Deutz: Vita Heriberti, S. 9–110. Vogel, Cyril: Deux conséquences de l’eschatologie grégorienne: La multiplication de messes privées et les moines-prêtres, in: Jacques Fontaine, Robert Gillet und Stan Pellistrandi (Hgg.): Grégoire de Grand (Colloques internationaux du Centre National de la Recherche Scientifique), Paris 1986, S. 267–276.

632

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Vogel, Manuel: Der Tod im Neuen Testament vor dem Hintergrund antiker ars moriendi, in: Volp (Hg.), Tod, S. 57–115. Vogüé, Adalbert de: Grégoire le Grand est-il l’auteur des Dialogues?, in: Revue d’histoire ecclésiastique 99 (2004), S. 158–161. Vollmann, Benedikt Konrad: Art. Vita, in: LexMA 8 (1997), Sp. 1751–1752. Vollrath, Hanna: Erzbischof Hildolf von Köln (1075–1078) »Häßlich anzusehen und von erbärmlicher Gestalt«. Eine Fallstudie zum Konzept von kanonischer Wahl und Reformfeindschaft im Investiturstreit, in: Dies. und Stefan Weinfurter (Hgg.): Köln. Stadt und Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters. Festschrift für Odilo Engels zum 65. Geburtstag (Kölner historische Abhandlungen 39), Köln-Weimar-Wien 1993, S. 259– 282. Vollrath, Hanna: Konfliktwahrnehmung und Konfliktdarstellung in erzählenden Quellen des 11. Jahrhunderts, in: Weinfurter (Hg.): Die Salier und das Reich 3, S. 279–296. Vollrath, Hanna: Lauter Gerüchte? Canossa aus kommunikationsgeschichtlicher Sicht, in: Stefan Weinfurter (Hg.): Päpstliche Herrschaft im Mittelalter. Funktionsweisen – Strategien – Darstellungsformen (Mittelalter-Forschungen 38), Ostfildern 2012, S. 153– 198. Volp, Ulrich (Hg.): Tod (Themen der Theologie 12), Tübingen 2018. Volp, Ulrich: Tod und Ritual in den christlichen Gemeinden der Antike (Vigiliae Christianae 65), Leiden-Boston 2002. von den Brincken, Anna-Dorothee: Studien zur lateinischen Weltchronistik bis in das Zeitalter Ottos von Freising, Düsseldorf 1957. von der Nahmer, Dieter: Der Heilige und sein Tod. Sterben im Mittelalter, Darmstadt 2013. von der Nahmer, Dieter: König und Bischof bei Einhard, Notker von St. Gallen und Widukind von Corvey. Nebst einem Seitenblick auf weltliche Große, in: Steffen Patzold, Anja Rathmann-Lutz und Volker Scior (Hgg.): Geschichtsvorstellungen. Bilder, Texte und Begriffe aus dem Mittelalter. Festschrift für Hans-Werner Goetz zum 65. Geburtstag, Köln-Weimar-Wien 2012, S. 53–101. von der Nahmer, Dieter: Die lateinische Heiligenvita. Eine Einführung in die lateinische Hagiographie, Darmstadt 1994. von der Nahmer, Dieter: Martin von Tours: Sein Mönchtum – seine Wirkung, in: Francia 15 (1987), S. 1–40. von der Nahmer, Dieter: Vom Tod des Heiligen, in: Regula Benedicti Studia 17 (1992), S. 139–161. Voprˇada, David: La morte del vescovo tra IV e V secolo: il racconte e la teologia, in: Bock / Foletti / Tomasi (Hgg.): L’évêque, l’image et la mort, S. 333–345. Vorgrimler, Herbert: Geschichte der Hölle, München 1993. Vorgrimler, Herbert: Geschichte des Paradieses und des Himmels. Mit einem Exkurs über Utopie, Paderborn-München 2008. Vovelle, Michel: Abendländische Visionen vom Leben nach dem Tode, in: Barloewen (Hg.): Tod in den Weltkulturen, S. 458–480. Vovelle, Michel: Les attitudes devant la mort: Problèmes de méthode, approches et lectures différentes, in: Annales 31 (1976), S. 120–132. Vovelle, Michel: La mort et l’Occident: De 1300 à nos jours (Bibliothèque illustrée des histoires), Paris 1983.

Verzeichnis der Literatur

633

Vovelle, Michel: Mourir autrefois. Attitudes collectives devant la mort aux XVIIe et XVIIIe siècles (Collection Archives 53), Paris 1974. Vovelle, Michel: Piété baroque et déchristianisation en Provence au XVIIIe siècle. Les attitudes devant la mort d’après les clauses des testaments (Civilisations et mentalités), Paris 1973. Vovelle, Michel: Rediscovery of Death since 1960, in: The Annals of the American Academy of Political and Social Science 447 (1980), S. 89–99. Vregille, Bernard de: Hugues de Salins, archevêque de Besançon: 1031–1066, Besançon 1981. Wächter, Ludwig: Der Tod im Alten Testament (Arbeiten zur Theologie II, 8), Stuttgart 1967. Wagener, Olaf (Hg.): Aborte im Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Bauforschung, Archäologie, Kulturgeschichte (Studien zur internationalen Architektur- und Kunstgeschichte 117), Petersberg 2014. Wagner, Anne: Les saints évêques et les souverains ottoniens, in: Laurent / MatheyMaille / Szkilnik (Hgg.): Des saints et des rois, S. 81–90. Wagner, Heinrich: Bonifatiusstudien (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 60), Fulda 2003. Wallace-Hadrill, John Michael: Fredegar and the History of the Franks, in: Ders. (Hg.): Kings, S. 71–94. Wallace-Hadrill, John Michael: Gregory of Tours and Bede. Their Views on the Personal Qualities of Kings, in: FMSt 2 (1968), S. 31–44. Wallace-Hadrill, John Michael (Hg.): The Long-Haired Kings and other Studies in Frankish History, London 1962. Walter, Conrad und Patzold, Steffen: Der Episkopat im Frankenreich der Merowingerzeit: eine sich durch Verwandtschaft reproduzierende Elite?, in: Steffen Patzold und Karl Ubl (Hgg.): Verwandtschaft, Name und soziale Ordnung (300–1000) (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 90), Berlin-Boston 2014, S. 109–139. Walter, Emil H.: Hagiographisches in Gregors Frankengeschichte, in: AKG 48 (1966), S. 291–310. Walter, Philippe: Hagiographie médiévale et mythologie préchrétienne. L’exemple de saint Martin, in: Revue des Sciences Humaines 251 (1998), S. 43–55. Walther, Tobie: Zwischen Polemik und Rekonziliation. Die Bischöfe von Straßburg im Investiturstreit bis 1100 und ihre Gegner (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen 210), Stuttgart 2017. Walther, Tobie: Zwischen Polemik, Verschweigen und pragmatischem Umgang. Der gregorianische Gelehrtenkreis um Bernold von Konstanz und die Strassburger Bischöfe im Investiturstreit, in: Laurence Buchholzer-Rémy, Sabine von Heusinger und Sigrid Hirbodian (Hgg.): Neuere Forschungen zur elsässischen Geschichte im Mittelalter (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte 56), Freiburg i. Br. 2012 S. 53–71. Warner, David A.: Introduction, in: Ottonian Germany. The Chronicon of Thietmar of Merseburg, Translated and Annotated by David A. Warner (Manchester Medieval Sources Series), Manchester-New York 2001, S. 1–64.

634

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

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Verzeichnis der Literatur

635

Weinfurter, Stefan: Heinrich IV. und die Bischöfe im Jahre 1076: »Unheilige Neuerungen« und »neue Religion«, in: Jarnut / Wemhoff (Hgg.): Vom Umbruch zur Erneuerung, S. 403–416. Weinfurter, Stefan: Das Jahrhundert der Salier (1024–1125), Ostfildern 2004. Weinfurter, Stefan: Kollegen des Königs. Die Bischöfe im Reich vor 1000 Jahren, in: Stiegemann / Kroker (Hgg.): Für Königtum und Himmelreich, S. 30–39; erneut als (mit Anm.): Stefan Weinfurter: Kollegen des Königs. Die Bischöfe im Reich in der Zeit des Erzbischofs Willigis von Mainz, in: Felicitas Janson und Barbara Nichtweiss (Hgg.): Basilica nova Moguntina. 1000 Jahre Willigis-Dom St. Martin in Mainz, Mainz 2010, S. 23–44. Weinfurter, Stefan (Hg.): Die Salier und das Reich, 3 Bde., Sigmaringen 21992. Weinfurter, Stefan: Die Zentralisierung der Herrschaftsgewalt im Reich durch Kaiser Heinrich II., in: HJb 106 (1986), S. 241–297. Weiss, Bardo: »Kostbar ist in den Augen des Herrn das Sterben seiner Heiligen«. Vom Sterben und vom Trost der Heiligen, in: Becker / Einig / Ullrich (Hgg.): Im Angesicht des Todes 2, S. 1321–1361. Weisweiler, Heinrich: Die päpstliche Gewalt in den Schriften Bernolds von St. Blasien aus dem Investiturstreit, in: Studi Gregoriani 4 (1952), S. 129–147. Weitlauff, Manfred: Bischof Ulrich von Augsburg 890–873. Seine Zeit – sein Leben – seine Verehrung. Festschrift aus Anlass des tausendjährigen Jubiläums seiner Kanonisation im Jahr 993 (Jahrbuch des Augsburger Vereins für Bistumsgeschichte e.V. 26/ 27, 1992/1993), Weißenhorn 1993. Weitlauff, Manfred: Bischof Ulrich von Augsburg (923–973). Leben und Wirken eines Reichsbischofs der ottonischen Zeit, in: Ders. (Hg.): Bischof Ulrich von Augsburg, S. 69–142. Weitlauff, Manfred: Kaiser Otto I. und die Reichskirche, in: Ders. (Hg.): Bischof Ulrich von Augsburg, S. 21–50. Wendehorst, Alfred: Bischof Adalbero von Würzburg (1045–1090) zwischen Papst und Kaiser, in: Studi Gregoriani 6 (1959–1961), S. 147–164. Wendehorst, Alfred: Das Bistum Eichstätt. 1: Die Bischofsreihe bis 1535 (Germania Sacra NF 45), Berlin-New York 2006. Wendehorst, Alfred: Das Bistum Würzburg. 1: Die Bischofsreihe bis 1254 (Germania Sacra NF 1), Berlin-New York 1962. Wenninger, Markus J. (Hg.): Du guoter tôt. Sterben im Mittelalter – Ideal und Realität. Akten der Akademie Friesach »Stadt und Kultur im Mittelalter« Friesach (Kärnten), 19.–23. September 1994 (Schriftenreihe der Akademie Friesach 3), Klagenfurt 1998. Werblowsky, Zwi: Der Tod in der jüdischen Kultur, in: Barloewen (Hg.): Tod in den Weltkulturen, S. 202–211. Westermann-Angerhausen, Hiltrud: Egbert of Trier, Gregory the Great, and the Episcopal Image, in: Gilsdorf (Hg.): The Bishop: Power and Piety, S. 113–136. Wieczorek, Alfried u. a. (Hgg.): Die Franken – Wegbereiter Europas. 5. bis 8. Jahrhundert n. Chr., 2 Bde., Mainz 21997. Wieruszowski, Helene: Die Zusammensetzung des gallischen und fränkischen Episkopats bis zum Vertrag von Verdun (843) mit besonderer Berücksichtigung der Nationalität und des Standes, in: Bonner Jb. 127 (1922), S. 1–83.

636

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Wiesemann, Claudia: Individuelles Leiden. Sterben – Tod, in: Dülmen (Hg.): Entdeckung des Ich, S. 541–556. Wiesheu, Annette: Bischof und Gefängnis. Zur Interpretation der Kerkerbefreiungswunder in der merowingischen Hagiographie, in: HJb 121 (2001), S. 1–23. Wiessner, Heinz: Das Bistum Naumburg 1: Die Diözese, 2 Bde. (Germania Sacra NF 35), Berlin-New York 1997–1998. Winkler, Gerhard B.: Die ars moriendi des Mittelalters zwischen Volksfrömmigkeit und kirchlicher Lehre, in: Wenninger (Hg.): Du guoter tôt, S. 1–10. Wisplinghoff, Erich: Untersuchungen zur Geschichte des Klosters Prüm an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert, in: DA 55 (1999), S. 439–475. Witek, Franz: Mors immatura. Antike Gedanken über die Angst vor einem frühzeitigen Tod, in: Renate Hausner und Winfried Schwab (Hgg.): Den Tod tanzen? Tagungsband des Totentanzkongresses Stift Admont 2001 (Im Kontext), Salzburg 2002, S. 167–190. Witte, Markus: Auf dem Weg in ein Leben nach dem Tod. Beobachtungen zur Traditionsund Redaktionsgeschichte von Psalm 73,24–26, in: Theologische Zeitschrift 58 (2002), S. 15–30. Wittekind, Susanne: Bischöfliche Leichenprozessionen im Hochmittelalter oder die Inszenierung des Bischofs als Stadtherr, Büßer und Heiliger, in: Dietrich Boschung, KarlJoachim Hölkeskamp und Claudia Sode (Hgg.): Raum und Performanz. Rituale in Residenzen von der Antike bis 1815, Stuttgart 2015, S. 279–308. Wolf, Gerhard und Ott, Norbert H. (Hgg.): Handbuch Chroniken des Mittelalters, BerlinBoston 2016. Wolf, Gunther G.: Die Kanonisationsbulle von 993 für den hl. Oudalrich von Augsburg und Vergleichbares, in: ZRG KA 91 (2005), S. 742–757. Wolff, Hans Walter: Der Tod im Alten Testament, in: Ders.: Vier Reden über das Herz, den Ruhetag, die Ehe und den Tod im Alten Testament, München 1971, S. 55–80. Wollasch, Joachim: Benedikt von Nursia: Person der Geschichte oder fiktive Idealgestalt?, in: SMBO 108 (2007), S. 7–30. Wollasch, Joachim: Geschichtliche Hintergründe der Dortmunder Versammlung des Jahres 1005, in: Westfalen 58 (1980), S. 55–69. Wollasch, Joachim: Les moines et la mémoire des morts, in: Diminique Iogna-Prat und Jean-Charles Picard (Hgg.): Religion et culture autour de l’an Mil. Royaume capétien et Lotharingie. Actes du colloque Hugues Capet 987–1987. La France de l’an Mil, Paris 1990, S. 47–54. Wollasch, Joachim: Sterben und Tod im Leben des Abtes Petrus Venerabilis von Cluny, in: Franz J. Felten und Nikolas Jaspert (Hgg.): Vita Religiosa im Mittelalter. Festschrift für Kaspar Elm zum 70. Geburtstag (Berliner Historische Studien 31; Ordensstudien 13), Berlin 1999, S. 87–122. Wollasch, Joachim: Toten- und Armensorge, in: Schmid (Hg.): Gedächtnis, das Gemeinschaft stiftet, S. 9–38. Wollgast, Siegfried: Zum Tod im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit (Sitzungsberichte der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philologischhistorische Klasse 132/1), Berlin 1992. Wolter, Heinz: Monasterium (Münster), in: Engels / Weinfurter (Hgg.): Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis 5/1, S. 109–185. Wood, Ian N.: The Merovingian Kingdoms 450–751, London-New York 1994.

Verzeichnis der Literatur

637

Wood, Ian N.: The Secret Histories of Gregory of Tours, in: Revue belge de philologie et d’histoire 71 (1993), S. 253–270. Wozniak, Thomas: Naturereignisse im frühen Mittelalter. Das Zeugnis der Geschichtsschreibung vom 6. bis 11. Jahrhundert (Europa im Mittelalter 31), Berlin-Boston 2020. Wünsch, Thomas: Der heilige Bischof – Zur politischen Dimension von Heiligkeit im Mittelalter und ihrem Wandel, in: AKG 82 (2000), S. 261–302. Zaleski, Carol G.: Otherworld Journeys. Accounts of Near Death in Medieval and Modern Times, Oxford-New York 1987. Zeck, Mario R.: »Erschüttert geben wir bekannt…« Zur Illokution standardisierter Trauersprache in Todesanzeigen, in: Markward Herzog (Hg.): Totengedenken und Trauerkultur. Geschichte und Zukunft des Umgangs mit Verstorbenen (Irseer Dialoge 6), Stuttgart-Berlin-Köln 2001, S. 181–197. Zeddies, Nicole: Verwirrte oder Verbrecher? Die Beurteilung des Selbstmordes von der Spätantike bis zum 9. Jahrhundert, in: Signori (Hg.): Trauer, Verzweiflung und Anfechtung, S. 55–90. Zeller, Bernhard: Liudolfinger als fränkische Könige? Überlegungen zur sogenannten Continuatio Reginonis, in: Corradini u. a. (Hgg.): Texts and Identities, S. 137–151. Zenger, Erich: Das alttestamentliche Israel und seine Toten, in: Klemens Richter (Hg.): Der Umgang mit den Toten. Tod und Bestattung in der christlichen Gemeinde (Quaestiones Disputatae 123), Freiburg i. Br.-Basel-Wien 1990, S. 132–152. Zettel, Horst: Das Bild der Normannen und der Normanneneinfälle in westfränkischen, ostfränkischen und angelsächsischen Quellen des 8. bis 11. Jahrhunderts, München 1977. Zettler, Alfons: Die karolingischen Bischöfe von Verona I. Studien zu Bischof Egino († 802), in: Brather / Geuenich / Huth (Hgg.): Historia archaeologica, S. 363–385. Zey, Claudia: Der Investiturstreit, München 2017. Zielinski, Herbert: Der Reichsepiskopat in spätottonischer und salischer Zeit (1002– 1135), Stuttgart 1984. Ziemann, Daniel: Heinrich III. Krise oder Höhepunkt des salischen Königtums?, in: Struve (Hg.): Die Salier, das Reich und der Niederrhein, S. 13–45. Ziese, Jürgen: Historische Beweisführung in Streitschriften des Investiturstreites (Münchener Beiträge zur Mediävistik und Renaissance-Forschung 8), München 1972. Ziese, Jürgen: Wibert von Ravenna. Der Gegenpapst Clemens III. (1084–1100) (Päpste und Papsttum 20), Stuttgart 1982. Zimmermann, Harald: Art. Johannes X., in: Lexikon der Päpste und des Papsttums (2001), Sp. 186–187. Zimmermann, Harald: Papstabsetzungen des Mittelalters, Graz-Köln-Wien 1968. Zöller, Wolf: Das Krisenjahr 1111 und dessen Folgen: Überlegungen zu den Exkommunikationen Heinrichs V., in: Gerhard Lubich (Hg.): Heinrich V. in seiner Zeit: Herrschen in einem europäischen Reich des Hochmittelalters (Forschungen zur Kaiserund Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 34), Wien-Köln-Weimar 2013, S. 151–168. Zoepf, Ludwig: Das Heiligen-Leben im 10. Jahrhundert (Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters und der Renaissance 1), Leipzig-Berlin 1908. Zoepfl, Friedrich: Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe im Mittelalter, Augsburg 1955.

638

Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

Zotz, Thomas: Die Formierung der Ministerialität, in: Weinfurter (Hg.): Die Salier und das Reich 3, S. 3–50. Zotz, Thomas und Heinzer, Felix (Hgg.): Hermann der Lahme. Reichenauer Mönch und Universalgelehrter des 11. Jahrhunderts (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, 208), Stuttgart 2016. Zotz, Thomas: Hermann und seine Familie, die Grafen von Altshausen, in: Ders. / Heinzer (Hgg.): Hermann der Lahme, S. 3–17. Zotz, Thomas: In der Tradition des karolingischen Königshofes. Höfische Wertvorstellungen und höfisches Verhalten im literarischen Erscheinungsbild von Bischöfen der ottonisch-salischen Zeit, in: Bihrer / Bruhn (Hgg.), Jenseits des Königshofs, S. 359– 380.

Register Das Register der Personen- und Ortsnamen enthält die Namen aller in Text und Anmerkungen erwähnten Personen und Orte. Nicht verzeichnet sind Chronisten, welche nur unter den Quellen genannt werden, Autorennamen sowie die in Quellen- oder Literaturtiteln enthaltenen Personen- und Ortsnamen. Bei ausschließlicher Nennung in den Anmerkungen werden die Seitenzahlen kursiviert dargestellt. Das Ortsverzeichnis gibt zusätzlich alle mit einem Ort verbundenen Personen an, insbesondere alle in Text und Anmerkungen genannten Bischöfe einer Stadt. Das Verzeichnis der Bibelstellen enthält die direkt zitierten Passagen. Abkürzungen: A./Ä.: Abt/Äbtissin; angelsächs.: angelsächsischer; ant.: antiker; Bf.: Bischof; bibl.: biblische; byz.: byzantinische/r; christl.: christlicher; dän.: dänischer; Ebf.: Erzbischof; fränk.: fränkischer; Gf.: Graf; griech.: griechischer; Hl.: Heilige/r; Hz.: Herzog; ital.: italienischer; Kg./Kg.in: König/Königin; Ks./Ks.in.: Kaiser/Kaiserin; Mgf./Mgf.in: Markgraf/Markgräfin; merow.: merowingische/r; norweg.: norwegischer; Patr.: Patriarch; Pfgf.: Pfalzgraf; Phil.: Philosoph; röm.: römischer; röm.-dt.: römisch-deutsche/r

Bibelstellen Gen 3,19 147 Gen 4,10 147 Gen 5,22–24 62 Gen 25,8 61, 382 Gen 27,2 61 Gen 35,29 61, 443 Gen 37,35 62f. Ex 17,8–16 Dtn 34,7 Ri 9,50–54

86, 317 30 388, 470

1 Sam 24,4–8

230

1 Kön 2,10 122 1 Kön 17,21–22 115 2 Kön 4,33–35 105, 115 1 Chron 29,28

61

2 Chron 21,19 Jdt 16,17

64

63

2 Makk 9,9–10 282 2 Makk 12,42–43 67 Hi 2,7 468 Hi 3,1–13 61 Hi 7,9 63 Hi 10,20–22 61, 63 Hi 42,17 443 Ps 9,18 63 Ps 31,18 63 Ps 34,19–23 28 Ps 63,10 63 Ps 88,6 61 Ps 90,10 154 Ps 139,5 63 Ps 139,7–8 63

640 Ps 146,4

Register

150

Weish 4,7

89

Jes 38,10–12 61 Jes 66,24 79 Jer 22,19

512

Ez 18,4 68 Ez 33,14–16 89 Dan 12,2–3 Mal 3,1–6

62 76

Mt 12,31–32 92 Mt 20,1–7 146, 150 Mt 24,35–36 37 Mt 25,21 498 Mt 25,41 67 Mt 27,5 64 Mt 27,51 86 Mk 5,40–42 105 Mk 9,43–47 79 Mk 15,25 310 Lk 16,19–31 Joh 5,24

67, 71, 111, 112

Joh 5,25 79 Joh 5,27–29 79 Joh 10,15 445 Joh 11,25–26 64 Joh 14,27 110 Joh 19,34 86, 160 Apg 1,18 Apg 1,25 Apg 9,40 Röm 8,11

64 281, 509 105 65

1 Kor 3,12–13 92 1 Kor 3,13–15 80 1 Kor 15,50 65 1 Kor 15,51–57 64 2 Kor 5,1 65 Phil 1,20–24

64

1 Thess 4,14

64

1 Tim 6,6–10 76 2 Tim 4,6 304 Offb 6,9–11 37 Offb 20,10 67 Offb 20,11–14 66, 67

64

Personen Aaron, bibl. Figur 86, 317 Abbo, Bf. v. Auxerre, Hl. 310 Abbo, Mönch v. Saint-Germaine-des-Prés 298 Abraham, bibl. Figur 18, 61, 67, 91, 111, 122, 223, 245 Abul Abaz, Elefant 274 Adalbero, Bf. v. Augsburg 299, 308, 425, 476 Adalbero, Bf. v. Bamberg 431, 437, 477

Adalbero, Bf. v. Brixen 359 Adalbero, Bf. v. Worms 461–463 Adalbero, Bf. v. Würzburg 502, 505, 506, 510 Adalbero, Usurpator in Trier 432 Adalbero I., Bf. v. Metz 330, 432 Adalbero II., Bf. v. Metz 355 Adalbero III., Bf. v. Metz 431, 454 Adalbert, Bf. v. Prag, Hl. 279, 350, 351f., 360, 390f., 404, 435, 453, 531f.

Register

Adalbert, Ebf. v. Hamburg-Bremen 437, 442–444, 446–449, 498, 501, 528 Adalbert, Ebf. v. Magdeburg, Hl. 295, 313, 329, 331–333, 384f., 435 Adalbert, Lehrer Bernolds von Konstanz 502 Adalbert I., Ebf. v. Mainz 531, 532 Adalbert II., Gf. v. Calw 502, 508 Adalgar, Ebf. v. Hamburg-Bremen, Hl. 444 Adalgoz, Ebf. v. Hamburg-Bremen 435 Adalhard, Hz. v. Spoleto 274 Adalhelm, Bf. 285 Adalman, Bf. v. Brescia 437 Adam, bibl. Figur 348 Adam von Bremen, Chronist 358, 405, 442–446, 447, 448f., 526, 528, 535, 539 Adelgar, Bf. v. Worms 454 Adelgoz, Ebf. v. Magdeburg 524 Adelheid, Mgf.in v. Turin 502 Adelheid, röm.-dt. Kg.in u. Ks.in 353f. Adelricus, Bf. v. Asti 426, 431, 476 Ademar von Chabannes, Chronist 247, 282 Ado, Ebf. v. Vienne, Chronist, Hl. 252, 295 Aeneas, Bf. v. Paris 284 Æthelhard, Ebf. v. Canterbury 241 Æthelred, angelsächs. Kg. 449 Aetherius, Bf. v. Lyon 218, 228, 417, 475 Agerich, Bf. v. Verdun 174, 198 Agiulf, Bf. v. Halberstadt 350 Agnes, röm.-dt. Kg.in u. Ks.in 478, 502 Agroecula, Bf. v. Chalon-sur-Saône 183 Aistulf, Kg. d. Langobarden 253–255, 272, 274, 486 Alarich I., Kg. d. Goten 76, 144 Alawich, A. v. Reichenau, Bf. v. Straßburg 355, 425 Alberich I., Bf. v. Utrecht, Hl. 263 Albinus, Bf. v. Uzès 198f. Albuin, Bf. v. Brixen, Hl. 355 Aldhelm, Bf. v. Sherborne 475 Aldo, Bf. v. Limoges 280f. Alebrand → Bezelin Alexander I., Papst, Hl. 474, 475 Alexander II., Papst 407, 454, 459, 471, 477 Alkuin, fränk. Gelehrter 33, 241f.

641 Altfried, Bf. v. Hildesheim 435 Altmann, Bf. v. Passau, Hl. 505, 506, 510 Altwin, Bf. v. Brixen 483 Amalar, Ebf. v. Trier 273 Amator, Bf. v. Auxerre, Hl. 309f. Ambrosius, Ebf. v. Mailand, Hl. 24, 65, 68f., 72–78, 85, 94, 99, 101, 108, 113–126, 127, 129, 150, 205, 223f., 322, 343f., 357, 416f., 475, 535 Amelung, Bf. v. Verden 382 Anaklet, Papst, Hl. 475 Anastasius, A. v. Suppentonia 85f. Angelfred, Patr. v. Aquileja 330, 333 Anianus, Patr. v. Alexandria, Hl. 416, 474 Anicetus, Papst, Hl. 474, 475 Annalista Saxo, Chronist 18 Anno, Bf. v. Worms 333 Anno II., Ebf. v. Köln, Hl. 440, 450, 458f., 464–469, 492, 498, 500, 501, 502f., 508, 537 Anselm I., Bf. v. Lucca → Alexander II. Anselm I., Ebf. v. Mailand 272 Anselm II., Bf. v. Lucca, Hl. 504, 509 Anselm III., Ebf. v. Mailand 502, 506 Anselm von Lüttich, Chronist 426 Ansfried, Bf. v. Utrecht, Hl. 357, 387, 390 Ansgar, Ebf. v. Hamburg-Bremen, Hl. 444, 445 Anterus, Papst, Hl. 474, 475 Antonius ›der Große‹, Hl. 109f., 114, 117, 122, 123 Aravatius, Bf. v. Tongern, Hl. 174, 198, 226, 290 Aredius, A. v. Limoges 141 Aribert, Ebf. v. Mailand 476 Aribo, Ebf. v. Mainz 316, 422, 423, 431f., 435 Aridius, Bf. v. Lyon, Hl. 228 Arius, Presbyter, Häretiker 143, 166f., 186, 193, 300, 415, 456, 496f. Armentinus, (Gegen-)Bf. v. Tours 201, 202f. Arn, Bf. v. Würzburg, Hl. 289, 297, 299, 349, 371f. Arn, Ebf. v. Salzburg, Hl. 273 Arnold, Bf. v. Speyer 437, 454

642 Arnold, Bf. v. Worms 461–463 Arnold, Ebf. v. Ravenna 359f. Arnulf, Bf. v. Halberstadt 361 Arnulf, Bf. v. Metz, Hl. 229 Arnulf von Kärnten, fränk. Kg. u. Ks. 241, 291, 321 Arsenarius, Gf. 282 Arsenius, Bf. v. Orte 281 Astronomus, Biograph 293 Athaloch, Bf. 193 Athanasius ›der Große‹, Patr. v. Alexandria, Hl. 109, 122, 123, 223 Attila, Kg. d. Hunnen 470, 531 Atto, Ebf. v. Mailand 486 Audoin, Bf. v. Konstanz 263, 268, 349f. Audoin, Bf. v. Rouen, Hl. 218–220, 233, 252f. Augustinus, Bf. v. Hippo, Hl. 24, 37, 64f., 67f., 69, 72, 75–85, 89–92, 93, 94f., 99, 101, 104f., 106, 108, 113f., 117, 118–124, 126, 127, 129, 142f., 145–150, 208, 211, 223f., 248, 277, 307, 322f., 343, 344, 345, 349, 416f., 488, 535 Austrapius, Bf. v. Champtoceaux 155–158, 161, 164, 167 Avitus, röm. Ks., Bf. v. Piacenza 174, 226 Azilin, Bf. v. Hildesheim 436, 454 Azilin, Bf. v. Merseburg 436 Babillas, Bf. v. Antiochia, Hl. 153 Badigisil, Bf. v. Le Mans 190–193 Balderich II., Bf. v. Lüttich 360 Baldwin, Ebf. v. Salzburg 436 Baltfrid, Bf. v. Bayeux 279 Baltram, Bf. v. Straßburg 299 Bardo, Ebf. v. Mainz 422, 424, 437, 461, 477 Barontus 284 Basileios I., byz. Ks. 325 Basilius ›der Große‹, Bf. v. Caesarea, Hl. 223 Baudinus, Bf. v. Tours, Hl. 203 Beda Venerabilis, Chronist, Hl. 92, 249, 262f., 295, 348, 350, 415, 417, 473, 475 Benedikt IX., Papst 488 Benedikt von Nursia, A. v. Montecassino, Hl. 84, 86, 88f., 371, 417

Register

Benno, Bf. v. Metz 330 Benno I., Bf. v. Osnabrück 454 Benno II., Bf. v. Osnabrück 303, 340, 357, 537 Berengar, Bf. v. Passau 436 Bern, A. v. Reichenau 346, 414, 423, 429, 432 Bernard, fränk. Kg. 272 Bernhar, Bf. v. Verden 356, 382, 393, 394– 396, 449 Bernhar, Bf. v. Worms 273 Bernhard, A. v. Marseille 502 Bernhard, Bf. v. Halberstadt 335, 339, 349f., 375–377 Bernhard, Bf. v. Oldenburg 362 Bernhard, Bf. v. Würzburg 349, 350, 351f., 355, 360 Bernold, Laie 283–285, 287 Bernold von Konstanz, Chronist 17f., 54, 402, 405, 413, 441f., 450, 451, 458, 462, 471, 473–477, 479–482f., 485–487, 489, 491–494, 496, 501–503, 505, 506f., 508– 514, 517f., 520, 528, 534f., 537, 539 Bernward, Bf. v. Hildesheim, Hl. 360f., 385, 435 Bernward, Bf. v. Würzburg 390–392 Bertelandus, Bf. v. Bourges 253 Berthold, Bf. v. Toul 359 Berthold, Gf. 508 Berthold I. von Rheinfelden, Hz. v. Schwaben 507 Berthold I. von Zähringen, Hz. v. Kärnten 502 Berthold von Reichenau, Chronist 402, 405, 413f., 433f., 441, 451, 458, 462, 464, 471, 473, 477–480, 482f., 485–504, 508f., 511, 517, 520, 528, 534f., 537, 539 Berthram, Bf. v. Bordeaux 182, 185, 196f., 198 Bertulf, Ebf. v. Trier 298f. Bezelin, Ebf. v. Hamburg-Bremen 442, 445–448, 454 Blandinus, Gf. d. Auvergne 253 Boëthius, Anicius Manlius Severinus, spätant. Phil. 86, 343, 417

Register

Bonifatius, Ebf. v. Mainz, Hl. 261, 262f., 264f., 268f., 271, 272, 274, 279, 291, 303– 306, 349f., 418, 435, 449, 453, 531f. Bonifatius VI., Papst 290 Bonifatius VIII., Papst 416 Bonizo, Bf. v. Sutri 505 Boso, Bf. v. Merseburg 382 Branthoh, Bf. v. Halberstadt 436 Brictius, Bf. v. Tours, Hl. 201–203, 417 Brun, Bf. v. Augsburg 425 Brun, Bf. v. Toul → Leo IX. Brun, Bf. v. Verden 364 Brun, Bf. v. Würzburg 435, 437, 439, 454 Brun, Ebf. v. Köln, Hl. 303, 314, 330, 331f., 339–344, 349, 374, 377f., 426, 431, 434f., 476 Brun von Querfurt, Missionsebf., Hl. 351, 356, 364 Brunichild, merow. Kg.in 198, 235 Brunicho, Bf. v. Merseburg 436 Bruno II., Ebf. v. Köln 531 Bruno von Merseburg, Chronist 471–473, 477, 480, 481, 483–485, 487f., 493, 495– 497, 499, 505, 507, 508, 513 Burchard, Bf. v. Brixen 404, 527 Burchard, Bf. v. Lausanne 510f., 513, 526 Burchard, Bf. v. Worms 315f., 322f., 359, 389 Burchard I., Bf. v. Halberstadt 436, 454– 457, 465, 469, 486 Burchard II., Bf. v. Halberstadt 16–19, 53f., 487, 505, 510f., 513, 526 Burgundio, Neffe des Bischofs Felix von Nantes 199 Burkhard, Bf. v. Würzburg 273 Burkhard, Ebf. v. Lyon 432 Cadalo, Bf. v. Zeitz 454 Cadalus, Bf. v. Parma → Honorius II. Caedragus, Fürst d. Abodriten 274 Caesarius, Ebf. v. Arles, Hl. 223 Caligula, röm. Ks. 531 Calixt II., Papst 522 Cancor, Gf. im Oberrheingau 264 Catianus, Bf. v. Tours, Hl. 153, 201 Cautinus, Bf. v. Clermont, Hl. 178, 210

643 Charibert I., merow. Kg. 155 Childebert I., merow. Kg. 234 Childebert II., merow. Kg. 142 Childebrand, Gf. in Burgund 251f. Childerich II., merow. Kg. 233 Chilon von Sparta, spartanischer Reformer 15 Chilperich I., merow. Kg. 159, 163, 180, 181, 186, 194, 197, 227f., 234 Chlodomer, merow. Kg. 227 Chlodovald, Hl. 227, 234 Chlodwig I., merow. Kg. 133, 143, 156, 227 Chlodwig II., merow. Kg. 235 Chlothar I., merow. Kg. 156f. Chlothar II., merow. Kg. 138, 229 Chramn, merow. Kg. 157f. Christian, Bf. v. Auxerre 310 Christian, Bf. v. Passau 393, 435 Chrodechilde, merow. Kg.in, Hl. 227, 234 Chrodegang, Bf. v. Metz, Hl. 263–265, 306, 309 Cicero, Marcus Tullius, röm. Staatsmann 59, 86, 433 Clemens I., Papst, Hl. 152f. Clemens II., Papst 401, 437, 461, 527 Clemens (III.), (Gegen-)Papst 508, 513, 517f., 521 Clemens von Alexandrien, griech. Phil. 80, 92, 95 Colman, Bf. v. Lindisfarne, Hl. 262 Columban, Missionar, Hl. 417 Cornelius, Papst, Hl. 153, 474, 475 Cyprian, Bf. v. Karthago, Hl. 71, 80, 95, 120, 153, 416, 474, 505 Dagobert I., merow. Kg. 234 Dalmatius, Bf. v. Rodez, Hl. 183f. Damasus, Gesandter 273 Damasus II., Papst 436, 454 Dante Alighieri, ital. Dichter 66 David, bibl. Figur 61, 122, 149, 230, 374 Dedi II., Mgf. d. Lausitz 497 Deotherius, Bf. v. Vence 196 Desideratus, Bf. v. Verdun 174 Desiderius, Bf. v. Eauze 196 Desiderius, Ebf. v. Canterbury 475

644 Desiderius, Ebf. v. Vienne, Hl. 228f., 230, 417 Desiderius, Kg. d. Langobarden 295 Dido, Bf. v. Poitiers 284 Dietger, Bf. v. Metz 524–526 Diethard, Bf. v. Hildesheim 373 Dietmar, Ebf. v. Salzburg 436, 438f. Dietrich, Bf. v. Konstanz 422, 431, 437, 454, 476 Dietrich, Bf. v. Metz 476 Dietrich, Bf. v. Naumburg 525f. Dietrich, Bf. v. Verdun 431 Dietrich, Trierer Vogt 440, 458 Dietrich I., Bf. v. Minden 288, 421, 449 Dietrich I., Bf. v. Münster 359 Dietrich II., Bf. v. Minden 359 Dietrich IV., Gf. v. Holland 439 Dietwin, Bf. v. Lüttich 462, 498, 501, 502 Dinifius, Bf. v. Tours 203 Dinocrates, Bruder der Perpetua 93 Dionysius, Bf. v. Paris, Hl. 153 Dionysius, Papst, Hl. 474 Dodilo, Bf. v. Brandenburg 279 Dodo, Bf. v. Münster 352, 390f. Domnolus, Bf. v. Le Mans, Hl. 185, 198 Donatus von Venetien, Gesandter 273 Dracholf, Bf. v. Freising 495 Drogo, Ebf. v. Metz 272 Druogo, Bf. v. Toul 299 Dunstan, Ebf. v. Canterbury, Hl. 382 Durand, Bf. v. Lüttich 359 Eberhard, Bf. v. Augsburg 425, 437, 454, 476 Eberhard, Bf. v. Bamberg 431, 437, 454 Eberhard, Bf. v. Konstanz 422, 437 Eberhard, Bf. v. Parma 509 Eberhard, Ebf. v. Sens 297f., 299 Eberhard, Ebf. v. Trier 437, 458 Eberhard, Patr. v. Aquileja 437, 476 Ebo, Ebf. v. Reims 278, 281, 284 Ebroin, fränk. Hausmeier 252f. Eckbert, A. v. Tegernsee 316 Egbert, Ebf. v. Trier, Hl. 352, 390f. Eggehard, A. v. Reichenau 502 Egilbert, Bf. v. Freising 436

Register

Egilbert, Bf. v. Passau 436, 454 Egino, Bf. v. Konstanz 419, 430, 476 Egino, Bf. v. Verona 419, 475 Eid, Bf. v. Meißen 357, 382, 393, 394f. Eid, Bf. v. Prag 387 Eilward, Bf. v. Meißen 362 Einhart, Biograph 270, 287, 293 Einhart I., Bf. v. Speyer 350, 351f., 453 Einhart II., Bf. v. Speyer 437, 454, 498, 501 Ekbert II., Mgf. v. Meißen 19 Ekkehard, A. v. Aura, Chronist 401, 406, 501, 514–517, 518, 522, 524, 526, 529 Ekkehard, Bf. v. Prag 362 Elafius, Bf. v. Châlons-sur-Marne 198 Eleutherius, Papst, Hl. 475 Elias, A. v. Groß St. Martin u. Pantaleon 360 Elijas, bibl. Figur 115 Elischa, bibl. Figur 115, 149 Embricho, Bf. v. Augsburg 488–490, 498, 509 Embricho, Bf. v. Regensburg 290, 420f., 476 Emmeram, Bf. v. Regensburg, Hl. 317 Engelhard, Ebf. v. Magdeburg 436 Engilmar, Bf. v. Passau 290, 421 Engilram, Bf. v. Metz 265f. Epiphanius, Bf. v. Fréjus, Hl. 197 Eppo, Bf. v. Augsburg → Eberhard Eppo, Bf. v. Naumburg 483, 486, 494f. Equitius, A. 85 Erkanbald, Bf. v. Straßburg 352 Erkanbald, Ebf. v. Mainz 359, 422, 431 Erkembert, A. v. Bosau 525 Erkembert, A. v. Corvey 513f. Erluin, Bf. v. Cambrai 356, 393, 394 Erlung, Bf. v. Würzburg 515, 523f. Ermenfrid, Bf. v. Beauvais 279 Erp, Bf. v. Verden 352, 390f. Erpho, A. v. Siegburg 467, 468 Erpho, Elekt v. Worms 355, 389 Eufronius, Bf. v. Tours 200, 204, 205 Eugen II., Papst 273 Eumerius, Bf. v. Nantes 222

Register

Eusebius, Bf. v. Caesarea, Chronist, Hl. 131, 141, 145, 146, 162, 166, 171, 237, 251, 306, 530, 533 Eusebius, Bf. v. Vercelli, Hl. 416 Eustochius, Bf. v. Tours 202, 205 Eutychianus, Papst, Hl. 474, 475 Eutychius, Patr. v. Konstantinopel 324f. Eva, bibl. Figur 348 Evantius, Ebf. v. Vienne, Hl. 190 Everger, Ebf. v. Köln 355, 378, 379 Fabianus, Papst, Hl. 474, 475 Falko, Mörder Chilperichs 227 Felix, Bf. v. Nantes, Hl. 199f., 204, 206, 222 Felix I., Papst, Hl. 474 Ferreolus, Bf. v. Uzès, Hl. 184, 199 Flaochad, fränk. Hausmeier 230 Folkmar, Ebf. v. Köln 341, 381 Folkold, Bf. v. Prag 387, 390 Formosus, Gesandter 273 Fortunatus, Bf. v. Todi 88 Francilio, Bf. v. Tours 203, 205 Franko, Bf. v. Worms 355, 389 Frechulf, Bf. v. Lisieux, Chronist 252 Fredegar, Chronist 133, 217, 225–231, 234–236, 251, 257, 415, 417 Fredegunde, merow. Kg.in 159–161 Friedebold, A. v. St. Ulrich und Afra 429 Friedrich, Ebf. v. Mainz 330f., 338f., 350, 351, 382, 420, 422, 430, 432, 435, 476 Friedrich, Ebf. v. Salzburg 352 Friedrich, Gf. v. Mömpelgard, Mgf. v. Turin 508 Friedrich I. Barbarossa, röm.-dt. Kg. u. Ks. 529 Friedrich I. von Sommerschenburg, Pfgf. v. Sachsen 525f. Fries, Lorenz, Chronist 495 Frontonius, Bf. v. Angoulême 189–191 Frotbald, Bf. v. Chartres 279 Frutolf von Michelsberg, Chronist 401, 406, 471, 474, 475, 482, 485, 493, 499, 501, 503, 507, 511, 513, 515, 517f., 528–531 Fulco, Ebf. v. Reims 299 Fulco, Erzkaplan 276 Fulrad, A. v. Saint-Denis, Hl. 263

645 Gaius, Papst, Hl. 474, 475 Galerius, röm. Ks. 531 Gallus, Bf. v. Clermont, Hl. 178, 208–212, 222, 224 Gamenolf, Bf. v. Konstanz 422, 476 Gandulf, Bf. v. Reggio 509 Garibald I., Hz. v. Bayern 230 Gaudentius, Bf. v. Prag 453 Gaudry, Bf. v. Laon 484 Gebehard, Bf. v. Augsburg 355 Gebhard, Bf. v. Florenz → Nikolaus II. Gebhard, Bf. v. Speyer 519 Gebhard, Bf. v. Würzburg 524 Gebhard, Ebf. v. Ravenna 476 Gebhard, Ebf. v. Salzburg 505, 506 Gebhard I., Bf. v. Eichstätt → Victor II. Gebhard I., Bf. v. Konstanz 419, 430 Gebhard I., Bf. v. Regensburg 359, 476 Gebhard II., Bf. v. Konstanz, Hl. 352, 360, 390, 422, 476 Gebhard II., Bf. v. Regensburg 432, 436, 476 Gebhard III., Bf. v. Konstanz 512 Gebhard III., Bf. v. Regensburg 436, 454 Gebhard IV., Bf. v. Regensburg 521f., 526 Gelasius I., Papst, Hl. 318 Gerald, Kardinalbf. v. Ostia, Hl. 502, 503f. Gerdag, Bf. v. Hildesheim 350 Gereon, Hl. 343 Gerhard, Propst in Augsburg, Hagiograph 345–347 Germanus, Bf. v. Capua 86 Germanus, Bf. v. Paris, Hl. 183, 217f., 226, 232, 417 Gero, Ebf. v. Köln, Hl. 374, 378f., 383 Gero, Ebf. v. Magdeburg 362 Gezemann, Bf. v. Eichstätt 436, 454 Gildo, röm. Usurpator 531 Gisela, röm.-dt. Kg.in u. Ks.in 432 Gisela, Tochter Karls ›des Großen‹ 272 Giselbert, Bf. v. Tournai 259 Giselbert, Mönch 502 Giselher, Bf. v. Merseburg, Ebf. v. Magdeburg 355, 379, 380, 384 Giselmar, Sohn d. Hausmeiers Waratto 235, 253f.

646 Godehard, Bf. v. Hildesheim, Hl. 436, 438 Gonthard, Bf. v. Nantes 279, 296, 531 Gorgonius, Hl. 527 Gottfried, Bf. v. Speyer 330, 333 Gottfried, Ebf. v. Mailand 486 Gottfried, Mgf. v. Kärnten 439 Gottfried III. ›der Bärtige‹, Hz. v. Niederlothringen 500 Gottfried IV., Hz. v. Niederlothringen 496f. Gottschalk, Bf. v. Freising 355 Gottschalk, Mönch 277, 280, 287 Gottwald, Patr. v. Aquileja 431 Gozbald, Bf. v. Würzburg 288, 420, 476 Gozlin, Bf. v. Paris 297, 298 Gregor, Bf. v. Langres, Hl. 208, 222, 224 Gregor, Bf. v. Tours, Chronist, Hl. 24, 47, 84, 105, 108, 112, 113, 123, 124, 127f., 131–133, 136f., 139–212, 213, 214, 216, 217–219, 221–234, 236f., 243, 251, 255, 257, 265, 274–276, 281, 290, 292f., 314, 324, 326, 337, 353, 357, 363f., 368f., 374, 380, 384, 415, 432, 479, 483, 526, 530f., 533–535, 537f. Gregor, Bf. v. Vercelli 432, 486f., 498, 509 Gregor I. ›der Große‹, Papst, Hl. 24, 69, 72, 76, 79, 83–95, 97, 103, 104, 105, 113, 150, 198, 242, 248, 307, 322f., 325, 327, 341, 345, 371, 412, 416, 535 Gregor V., Papst 355 Gregor VII., Papst, Hl. 19, 316, 400–403, 405, 406, 407f., 452, 471, 481, 484–486, 488, 493, 497, 504, 505, 510, 513, 528 Gregor von Nazianz, Ebf. v. Konstantinopel, Hl. 223 Grimoald d. Ältere, fränk. Hausmeier 235 Gundekar I., Bf. v. Eichstätt 359 Gundekar II., Bf. v. Eichstätt 459 Gundeland, A. v. Lorsch 264 Gundovald, Hz. v. Asti 230 Gundowald, Usurpator 161, 162, 193f., 197 Gunthar, Bf. v. Tours 203f. Gunthar, Ebf. v. Köln 278, 281, 297, 531 Gunther, Bf. v. Bamberg 437, 439f., 465f., 478

Register

Gunther, Bf. v. Naumburg 486 Gunther, Bf. v. Osnabrück 355, 389 Gunther, Bf. v. Regensburg 382f., 386 Gunthram I., merow. Kg. 159, 161, 181, 194, 197, 200, 231 Gunthram Boso, fränk. Hz. 198 Hadowart, Bf. v. Minden 288, 421 Hadrian I., Papst 265–267, 268, 269, 273 Hadrian II., Papst 281 Haimo, Bf. v. Verdun, Hl. 359 Haistulf, Ebf. v. Mainz 350, 435 Haldulf, Bf. v. Cambrai 263 Halinard, Ebf. v. Lyon 408 Halitgar, Bf. v. Cambrai 273 Hamezo 388 Harald I. ›Blauzahn‹, dän. Kg. 449 Hartbert, Bf. v. Chur 432 Hartwig, A. v. Hersfeld 450 Hartwig, Bf. v. Bamberg 427, 434, 437, 454, 477 Hartwig, Bf. v. Brixen 436 Hartwig, Bf. v. Verona 437 Hartwig, Ebf. v. Magdeburg 486, 517f., 521, 523 Hartwig, Ebf. v. Salzburg 359 Hatheburg, Gemahlin Kg. Heinrichs I. 373 Hatto I., Ebf. v. Mainz 298f., 308, 330, 331, 336–339, 350, 372, 374f., 397, 422, 423, 435, 476 Hatto II., Ebf. v. Mainz 374, 420, 435 Hazecho, Bf. v. Worms 454 Heddi, Bf. v. Worcester 475 Heimo, Bf. v. Konstanz 422, 423, 427, 476 Heinrich, Bf. v. Freising 531, 532 Heinrich, Bf. v. Speyer 462f., 480–482, 486, 489, 497f., 520 Heinrich, Bf. v. Würzburg 360, 393 Heinrich, Ebf. v. Ravenna 426, 431, 437 Heinrich, Ebf. v. Trier 330, 331f. Heinrich, Patr. v. Aquileja 509 Heinrich I., Bf. v. Augsburg 346, 381, 425, 431f., 476, 478, 479 Heinrich I., Bf. v. Chur 482, 498 Heinrich I., Mgf. v. Österreich 435

Register

Heinrich I., röm.-dt. Kg. 164, 314, 334, 337f., 347f., 364, 373–375 Heinrich II., Bf. v. Augsburg 437, 465 Heinrich II., röm.-dt. Kg. u. Ks., Hl. 316– 318, 321, 356, 358f., 360, 364, 369, 379, 382, 393, 394, 396, 399, 406–410, 431f., 449 Heinrich III., röm.-dt. Kg. u. Ks. 59, 316, 320, 401, 407f., 410, 424, 427, 431–433, 436, 439, 443, 452, 456, 477, 486, 513, 528f., 531 Heinrich IV., röm.-dt. Kg. u. Ks. 19, 46, 316, 401–403, 404–406, 407–409, 411, 433, 440, 443, 447, 450, 452, 460, 462, 464, 466, 469–472, 475, 479, 481–483, 485– 489, 491–496, 499, 501, 504, 507, 508, 510, 511, 514, 516–521f., 527f. Heinrich V., röm.-dt. Kg. u. Ks. 401, 406, 410f., 514, 516f., 519, 520f., 523–525, 532 Heito, A. v. Reichenau, Bf. v. Basel 273, 285, 419, 430, 476 Helmerich, A. v. Lorsch 263 Hemma, fränk. Kg.in 291 Hemmo, Bf. v. Halberstadt, Hl. 288, 350, 421 Heraclius, Bf. v. Angoulême 190f. Herakleios, byz. Ks. 230 Herbert, Ebf. v. Mailand 432 Herbert, Gr., Bruder Hz. Konrads I. v. Schwaben 375 Herculanus, Bf. v. Perugia 87 Heribald, Bf. v. Auxerre, Hl. 310 Heribert, Bf. v. Eichstätt 436, 454 Heribert, Ebf. v. Köln, Hl. 360f., 426 Heriger, Ebf. v. Mainz 330, 331, 350, 422, 435, 453, 476 Heriveus, Ebf. v. Reims 299 Heriward, Bf. v. Brixen 359 Hermann, Bf. v. Bamberg 466, 471, 510 Hermann, Bf. v. Metz 505, 507 Hermann, Bf. v. Münster 454 Hermann, Ebf. v. Hamburg-Bremen 444 Hermann, Elekt v. Halberstadt 361 Hermann, (Gegen-)Bf. v. Passau 509f.

647 Hermann I., Ebf. v. Köln 299, 330, 331, 352, 433 Hermann I., Mgf. v. Baden 501, 502 Hermann II., Ebf. v. Köln 437, 454 Hermann ÌII., Ebf. v. Köln 517f., 521 Hermann ›der Lahme‹ von Reichenau, Chronist 405, 413–436, 461, 471, 473– 475, 477, 479, 480, 486, 502, 528, 531, 539 Hermann von Lerbeck, Chronist 527 Hermann von Salm, röm.-dt. (Gegen-)Kg. 388, 470, 472, 477 Hermenegar, Bf. v. Autun 220 Herodes, jüdischer Klientelkönig Roms 153, 186, 210, 531 Herpo, Hz. 229 Herrand, Bf. v. Straßburg 431, 454 Herrand von Ilsenburg, Bf. v. Halberstadt 17, 18 Hetti, Ebf. v. Trier 296, 299 Hezekiel, bibl. Figur 149 Hezilo, Bf. v. Hildesheim 498f. Hieronymus, Chronist, Hl. 131, 162, 225, 237, 251, 415, 416f., 474, 530, 533 Hilarius, Bf. v. Poitiers, Hl. 143, 223, 345, 416 Hildebert, Ebf. v. Mainz 330, 350, 381 Hildebold, Bf. v. Worms 355 Hildebrand → Gregor VII. Hildegar, Bf. v. Köln 259–262, 263, 271f., 274, 279, 417f. Hildegrim I., Bf. v. Halberstadt 349f., 390, 392f. Hildegrim II., Bf. v. Halberstadt 350 Hilderich, Bf. v. Havelberg 356, 386f. Hildeward, Bf. v. Halberstadt 352, 353, 390f. Hildeward, Bf. v. Zeitz 395 Hildolf, Ebf. v. Köln 482, 486, 492 Hinkmar, Bf. v. Laon 278 Hinkmar, Ebf. v. Reims 249f., 276–278, 280–285, 289, 291–293, 295, 297, 298, 299, 311, 313, 363, 537, 539 Hiob, bibl. Figur 149, 383, 443 Hodo I., Mgf. d. Lausitz 375 Honorius II., (Gegen-)Papst 471, 477

648 Hrabanus Maurus, Ebf. v. Mainz, Hl. 286, 288, 289, 291, 350, 419f., 476 Hrotsvit von Gandersheim, Chronistin 313 Hugbert, Bf. v. Meißen 359 Hugo, A. v. Cluny, Hl. 484 Hugo, A. v. Flavigny, Chronist 450 Hugo, Ebf. v. Köln 531, 532 Hugo I., Bf. v. Besançon 498, 501 Hugo II., Bf. v. Besançon 486, 501 Hugo von Franzien, fränk. Kg. 377 Hunerich, Kg. d. Vandalen 193, 194 Hunfried, Ebf. v. Magdeburg 436, 454, 476 Hunfried, Ebf. v. Ravenna 431, 432, 437 Hur, bibl. Figur 86, 317 Husward, Bf. v. Verona 437 Huzmann → Rüdiger Hydatius, Bf. v. Chaves, Chronist 225, 237, 251 Hyginus, Papst, Hl. 475 Ignatius, Bf. v. Antiochia, Hl. 153, 474 Illidius, Bf. v. Clermont, Hl. 208f. Imad, Bf. v. Paderborn 498 Immo, A. v. Reichenau 431f. Immo, Bf. v. Noyon 279 Iniuriosus, Bf. v. Tours 203 Innocentius, Bf. v. Le Mans 195 Iotsald, A. v. Saint-Claude, Hagiograph 412 Irenäus, Bf. v. Lyon, Hl. 153 Irene, byz. Ks.in 273 Irmingard, fränk. Kg.in u. Ks.in 287 Isaak, bibl. Figur 61, 443 Isidor, Bf. v. Sevilla, Hl. 348, 417 Jacobus de Voragine, Hagiograph 103, 112, 114, 121, 124, 127 Jesaja, bibl. Figur 149 Jesse, Bf. v. Amiens 273 Jesus Christus, bibl. Figur 17, 63–65, 69, 82, 86f., 97–99, 104, 106, 108, 110, 115– 117, 122, 124–126, 128f., 145, 148f., 152f., 160, 171, 176f., 189, 215f., 218, 220, 295, 302, 304f., 310, 315, 317, 325,

Register

337, 351, 357, 362, 372, 377–379, 395, 400, 402, 415f., 440, 449, 500, 525f. Johannes, A. v. Gorze 344 Johannes, Bf. v. Konstanz 419, 476 Johannes, Bf. v. Mecklenburg 526 Johannes, Bf. v. Silva Candida 273 Johannes, Bf. v. Speyer 517, 519–521, 523 Johannes, Evangelist 66, 109, 180 Johannes IV., Patr. v. Aquileja 368 Johannes VIII., Papst 290 Johannes X., Papst 328 Johannes XIII., Papst 330 Johannes XV., Papst 340 Johannes XVI., Ebf. v. Piacenza, Papst 354f. Johannes Chrysostomos, Ebf. v. Konstantinopel, Hl. 65, 126 Johannes Diaconus, Hagiograph 113 Johannes Trithemius, Chronist 458 Jojakim, Kg. v. Juda 512 Jonas von Bobbio, Hagiograph 228 Josef von Arimathäa, bibl. Figur 125 Judas Iskariot, bibl. Figur 64, 66, 106f., 167, 281, 456, 509 Justinian I., röm. Ks. 35 Justinianus, (Gegen-)Bf. v. Tours 201, 202 Justus, Mönch 93 Kadalaus 502 Karl, Bf. v. Konstanz 462, 486, 501 Karl, Ebf. v. Mainz 288, 350, 419f., 435, 476 Karl I. ›der Große‹, fränk. Kg. u. Ks. 33, 137, 238–241, 242, 243, 245, 247, 251, 253, 258, 259, 262, 267–269, 271, 272, 273f., 285, 287, 293, 309, 319, 320, 322, 392, 428 Karl II. ›der Kahle‹, fränk. Kg. u. Ks. 277, 278, 279, 280, 281–283, 284, 285, 289, 291, 294, 388, 440, 484 Karl III. ›der Dicke‹, fränk. Kg. u. Ks. 287, 291, 298f. Karl Martell, fränk. Hausmeier 232, 239, 253–256, 261, 271, 273, 415 Karlmann, fränk. Hausmeier 274 Karlmann, Sohn Ludwigs d. Dt., fränk. Kg. 291, 532

Register

Karlmann, Sohn Pippins d. J., fränk. Kg. 251, 253, 272 Kilian, Missionar, Hl. 372, 494 Konrad, Bf. v. Speyer 437, 454, 477 Konrad, Bf. v. Utrecht 486, 510f., 513, 517f., 521, 525, 526 Konrad, Elekt v. Trier, Hl. 405, 437, 439– 442, 458–460, 478f., 526 Konrad I., Bf. v. Konstanz 422, 429, 430, 476 Konrad I., fränk. Kg. 375, 433 Konrad I., Hz. v. Schwaben 375 Konrad II., röm.-dt. Kg. u. Ks. 316, 407f., 423, 425, 432f., 532 Kraft, Bf. v. Meißen 459f. Kuno, Gf. v. Wülflingen u. Achalm 508 Laban, Bf. v. Eauze 195, 197 Laktanz, röm. Kirchenvater 37 Lambert, Bf. v. Konstanz 359, 360, 390, 422f. Lampert von Hersfeld, A. v. Hasungen, Chronist 349, 355, 405, 441, 447, 450– 461, 464–470, 472, 478–480, 482f., 489, 492, 500, 505, 508, 525, 528, 534f., 537, 539 Lantbert von Deutz, Hagiograph 360 Laurentius, Hl. 380 Lazarus, bibl. Person 67, 87, 92, 111, 112, 150, 223, 245, 326 Leo, Bf. v. Tours 203 Leo I. ›der Große‹, Papst, Hl. 505 Leo III., Papst, Hl. 266, 273 Leo V., byz. Ks. 273 Leo VIII., Papst 333 Leo IX., Papst, Hl. 401, 407f., 416, 420, 431f., 437, 461, 484 Leodegar, Bf. v. Autun, Hl. 218–221, 229, 233, 252f., 531 Leopold II., Mgf. v. Österreich 508 Leudemund, Bf. v. Sitten 229 Leuderich, Bf. v. Bremen 444 Liawizo I. → Libentius I. Liawizo II. → Libentius II. Libentius I., Ebf. v. Hamburg-Bremen 358f., 381, 393, 394, 449

649 Libentius II., Ebf. v. Hamburg-Bremen 444 Licerius, Ebf. v. Arles 195f. Licinius, Bf. v. Tours 203 Liemar, Ebf. v. Hamburg-Bremen 442, 449 Litorius, Bf. v. Tours 200 Liudgard, Gemahlin Karls ›des Großen‹ 33, 274 Liudgard, Gemahlin d. Mgf. Werner 382 Liudger, Bf. v. Münster, Hl. 350, 381, 390, 392f., 435 Liudolf, A. v. Corvey 376, 379 Liudolf, Ebf. v. Trier 356, 423, 426, 476 Liudprand, Bf. v. Cremona, Chronist 313, 324–326, 328, 329, 354, 396 Liupold von Meersburg, Gefolgsmann Kg. Heinrichs IV. 470f., 486 Liutbert, Ebf. v. Mainz 286, 288–291, 299, 350, 419, 435, 476 Liutgart, Bf. v. Vercelli 297f. Liutold, Bf. v. Augsburg 352, 353, 390f. Liutold von Wülflingen, Gf. v. Achalm 502 Livius (Titus Livius), röm. Geschichtsschreiber 457 Lorenz Fries → Fries, Lorenz Lothar I., fränk. Kg. u. Ks. 282, 291 Lothar II., fränk. Kg. 281, 297, 300 Lothar III., röm.-dt. Kg. u. Ks. 282, 532 Ludelm, Bf. v. Toul 299 Ludwig I. ›der Fromme‹, fränk. Kg. u. Ks. 240, 243, 273, 276f., 278, 287, 293, 300 Ludwig II. ›der Deutsche‹, fränk. Kg. 243, 286f., 289, 291, 294, 321, 532 Ludwig II. ›der Stammler‹, fränk. Kg. 283, 285 Ludwig IV. ›das Kind‹, fränk. Kg. 299, 301, 308, 337, 433 Luitfred, A. v. Muri 502 Luitpald, Mgf. d. Ungarnmark 433 Luitpold, Ebf. v. Mainz 431, 437, 461, 477 Lukan (Marcus Annaeus Lucanus), röm. Dichter 114 Lukas, Evangelist 65, 67, 171 Lul, Ebf. v. Mainz, Hl. 265, 269, 303f., 350, 435, 450

650 Macliav, Bf. v. Vannes 226 Macrobius, röm. Phil. 59 Mamertus, Ebf. v. Vienne, Hl. 417 Manegold I. von Donauwörth 426 Manegold von Lautenbach, Prior v. Marbach 501f. Marcellinus, Papst, Hl. 474, 475 Marchar, Bf. v. Angoulême 189f. Maria, bibl. Figur 24, 29, 49, 86, 89, 97, 124–129, 169, 204, 246, 343, 361, 395, 467, 507, 535 Marius von Avenches, Bf. v. Aventicum, Chronist, Hl. 132 Markus, Evangelist 171 Markward, Bf. v. Hildesheim 288, 421, 435, 449 Markward, Mitbruder Thietmars von Merseburg 392 Martialis, Bf. v. Limoges, Hl. 153 Martin, Bf. v. Braga, Hl. 182f. Martin, Bf. v. Tours, Hl. 24, 29, 49, 84, 86, 89, 97–99, 100, 101–115, 117–119, 121f., 124–126, 127, 128f., 148, 151, 157f., 159, 164, 169, 171, 174–177, 183, 194f., 201f., 204, 206, 223f., 245, 254, 303, 305, 343, 346, 357, 383, 416, 445, 465, 467, 507, 535f. Martin, Priester 172 Mascazel, röm. Usurpator 531 Mathilde, Ä. v. Quedlinburg 334f., 337, 339, 354 Mathilde, Gemahlin Gf. Lothars II. v. Walbeck 382 Mathilde, röm.-dt. Kg.in 347, 357, 376f., 387 Matthäus, Evangelist 92 Maurilio, Bf. v. Cahors, Hl. 182, 185 Maximus, Bf. v. Turin, Hl. 37 Medardus, Bf. v. Noyon, Hl. 174, 232, 417 Megingaud, Ebf. v. Trier 356, 393, 394, 426 Megingoz, Bf. v. Eichstätt 393 Meginher, A. v. Hersfeld, 454–457, 469 Meinhard, Bf. v. Würzburg 431, 476, 505, 510 Meinwerk, Bf. v. Paderborn 437 Melantius, Bf. v. Rouen, Hl. 159

Register

Merowech, Sohn Kg. Chilperichs 159 Michael, Bf. v. Regensburg 383 Michael, Bf. v. Synnada 273 Michael, Erzengel 128 Michael I., byz. Ks. 273 Michael II., byz. Ks. 273 Michael III., byz. Ks. 325 Mistiwoj, Hz. d. Obodriten 380 Moring, Hz. v. Spoleto 274 Moses, bibl. Figur 86, 317 Namatius, Bf. v. Orléans 200 Nanthin, Gf. 190f., 193 Nero, röm. Ks. 153, 186, 210 Nibelung, Sohn des Childebrand 252 Nicetius, Bf. v. Lyon, Hl. 170–173, 175, 177, 181, 187f., 208, 211f., 217f. Nicetius, Bf. v. Trier, Hl. 208 Nikephoros I., byz. Ks. 273 Nikolaus I., Papst, Hl. 278 Nikolaus II., Papst 454 Nithard, Chronist 293f. Nizo, Bf. v. Freising 426f., 432, 434, 436, 476, 477 Nizo, Bf. v. Lüttich 437 Norbert, Bf. v. Chur 486 Norbert, Bf. v. Reggio 273 Noting, Bf. v. Konstanz 422, 423, 476 Notker, Bf. v. Lüttich 351, 356, 360 Notker ›der Stammler‹, fränk. Gelehrter 13, 293, 294 Odda, Vikar 358 Odilbald, Bf. v. Utrecht 299 Odilo, A. v. Cluny, Hl. 411–413 Odo, Gf. v. Troyes 278 Olaf Tryggveson, norweg. Kg. 449 Ommatius, Bf. v. Tours 203, 205 Opert, Mgf. 497 Origenes, frühchristl. Gelehrter 65, 68, 72f., 77, 80, 92, 105–108, 150, 249 Orosius (Paulus Orosius), frühchristl. Gelehrter 146 Osdag, Bf. v. Hildesheim 350 Otbert, Bf. v. Straßburg 299, 330, 331, 425f., 476

Register

Otgar, Bf. v. Hildesheim 289 Otgar, Ebf. v. Mainz 288, 294, 350, 419f., 435, 476 Otloh v. St. Emmeram, Mönch 367 Otto, Bf. v. Freising 21, 146, 406, 529–531, 534f., 540 Otto, Bf. v. Straßburg 502, 511f. Otto, Elekt v. Hamburg-Bremen 394 Otto I., Bf. v. Bamberg, Hl. 516, 519, 521, 522 Otto I., Bf. v. Konstanz 486, 504, 509 Otto I., röm.-dt. Kg. u. Ks. 46, 313, 318, 319f., 326, 328f., 332, 334, 338, 349, 364, 380, 381, 382, 420, 423, 429, 433, 449 Otto II., Gf. v. Buchhorn 512 Otto II., röm.-dt. Kg. u. Ks. 316, 319f., 335, 346, 354, 364, 379f., 399 Otto III., röm.-dt. Kg. u. Ks. 322, 351, 354, 355, 364, 389, 393f., 425, 433 Otto von Northeim, Hz. v. Bayern 470, 471 Otwin, Bf. v. Hildesheim 373 Pantaleon, Hl. 343 Pappolus, Bf. v. Langres 167, 169, 178, 188f., 193, 204 Pardulus, Bf. v. Laon 284 Paschalis I., Papst, Hl. 273, 274 Paschalis II., Papst 401, 516, 517, 518, 523 Patecho, Bf. v. Konstanz 419, 430 Paul I., Papst, Hl. 268 Paulina, Hl. 491 Paulinus, Bf. v. Nola, Hl. 86 Paulinus, Bf. v. Trier, Hl. 416 Paulinus II., Patr. v. Aquileja, Hl. 418, 475 Paulinus von Mailand, Hagiograph 113– 117, 119, 129 Paulinus von Périgueux, Hagiograph 176 Paulus, Apostel 65, 87, 111, 150, 305, 324, 378 Paulus, Bf. v. Narbonne, Hl. 153 Paulus von Samosata, Bf. v. Antiochia 491 Paulus von Theben, Hl. 114 Paulus Diaconus, Chronist 309 Pelagius II., Papst 198 Pelegrinus, Bf. v. Auxerre, Hl. 309 Perpetua, Schwester des Dinocrates 93

651 Perpetuus, Bf. v. Tours, Hl. 205 Petrus, Apostel 66, 505 Petrus, Bf. v. Civita Vecchia 273 Petrus, Diakon 84 Petrus, Diakon, Bruder Gregors v. Tours 167–169 Petrus, Patr. v. Alexandria 474 Petrus Damiani, Kardinalbf. v. Ostia, Hl. 412, 459, 498f., 501 Petrus Venerabilis, A. v. Cluny 413 Photinus, Bf. v. Lyon, Hl. 153 Pilgrim, Bf. v. Passau, Hl. 352 Pilgrim, Ebf. v. Köln 426, 431f., 437, 476 Pindar, griech. Dichter 114 Pippin I., fränk. Kg. v. Aquitanien 282, 300 Pippin d. Jüngere, fränk. Hausmeier u. Kg. 237, 240, 251–255, 261, 263, 271, 272, 273, 274 Pippin d. Mittlere, fränk. Hausmeier 234, 239 Pius I., Papst, Hl. 475 Platon, griech. Phil. 58, 68, 73, 74, 75, 76, 94, 114, 148 Plotin, ant. Phil. 59, 73f. Polyeuktos, Patr. v. Konstantinopel, Hl. 324 Polykarp, Bf. v. Smyrna, Hl. 153f. Pontianus, Papst, Hl. 474, 475 Pontius Pilatus, Präfekt von Judäa 153, 440 Poppo, Bf. v. Brixen → Damasus II. Poppo, Bf. v. Paderborn 486, 498 Poppo, Bf. v. Würzburg 330, 332, 435 Poppo, Ebf. v. Trier 433, 437 Poppo, Kleriker 377 Poppo, Patr. v. Aquileja 431, 476, 488 Porphyrios, ant. Phil. 59 Possidius, Bf. v. Calama, Hagiograph 113f., 117, 118–122, 123, 129, 147 Praetextatus, Bf. v. Rouen, Hl. 159–161, 182, 526 Priscillian, Häretiker 106 Priscus, Bf. v. Lyon 172, 187f., 212 Privatus, Bf. v. Javols, Hl. 154 Proculsus, Bf. v. Tours 201 Prosper Tiro, spätant. Autor, Hl. 132

652 Prudentius, Bf. v. Troyes, Hl. 276, 277, 278–280, 289, 292, 296, 297, 311, 363, 539 Pseudo-Melito, frühchristl. Autor 125 Quintianus, Bf. v. Clermont, Hl. 208f. Quintius, röm. Bürger 497f., 504, 520 Quirinus, Bf. v. Sisak, Hl. 154 Radbod, Bf. v. Utrecht 299, 303, 305 Radbod, Ebf. v. Trier 296, 298f. Ragnemod, Bf. v. Paris 195f. Rainald, Bf. v. Como, Hl. 497, 503 Rainald, Ebf. v. Reims 531, 532 Ramward, Bf. v. Minden 355 Rather, Bf. v. Verona 328 Ratold, Bf. v. Verona 419, 430, 476 Rawenger, Patr. v. Aquileja 437, 454 Razo, Elekt v. Worms 355, 389 Reginbold, Bf. v. Speyer 437, 476 Reginhard, A. v. Siegburg 466f. Reginher, Bf. v. Meißen 454, 459, 460 Reginher, Chorbf. v. Mainz 288, 421 Regino, A. v. Prüm u. St. Martin/Trier, Chronist 246, 248, 252, 293–301, 308, 311, 313, 322, 323, 328–332, 336, 347, 371, 396, 415, 531, 539 Reginold, Bf. v. Eichstätt 332 Reginward, Ebf. v. Hamburg-Bremen 444 Reinbern, Bf. v. Kolberg 382 Remigius, Bf. v. Bourges 198, 290 Remigius, Bf. v. Reims, Hl. 133, 250 Rethar, Bf. v. Paderborn 356 Rhazo, Bf. v. Naumburg 437 Richard, A. v. Saint-Vanne 345 Richard, Bf. v. Tarbes 412 Richarius, Bf. v. Regensburg 290 Richbod, A. v. Lorsch, Bf. v. Trier 261, 418, 475 Richgowo, Bf. v. Worms 330, 333 Riculf, Ebf. v. Mainz 260, 350, 435 Rikulf, Priester 199 Rimbert, Ebf. v. Hamburg-Bremen, Hl. 444, 449 Robert I. von Franzien, fränk. Kg. 330 Rodulf, Bf. v. Würzburg 299 Rothad, Bf. v. Soissons 278

Register

Rothar, Bf. v. Treviso 437 Rotland, Ebf. v. Arles 280 Ruben, Jude 127 Rudbert, Ebf. v. Mainz 349, 420 Rudhart, Bf. v. Konstanz 359, 422 Rudolf, Bf. v. Paderborn 454 Rudolf, Mönch in Fulda 286 Rudolf III., Kg. v. Burgund 318 Rudolf von Rheinfelden, Hz. v. Schwaben, röm.-dt. (Gegen-)Kg. 488, 504 Rüdiger, Bf. v. Speyer 463 Rufinus von Aquileia, Chronist 166, 171, 456 Rugger, Bf. v. Würzburg 523f. Rumold, Bf. v. Konstanz 419, 431, 462, 501 Ruodbert, Ebf. v. Trier 330, 331, 351, 435, 453 Ruodger, Ebf. v. Trier 330 Ruodhard, Bf. v. Straßburg 330 Ruotger, Hagiograph 341, 342f. Ruotpert, Bf. v. Würzburg 523 Rupert, Bf. v. Bamberg 486, 510, 517. 519, 521 Rupert, Bf. v. Speyer 355 Ruthard, Ebf. v. Mainz 524 Sabaudus, Ebf. v. Arles 190 Sabinus, Bf. v. Canosa 87 Sacerdos, Bf. v. Lyon, Hl. 170 Sagittarius, Bf. v. Gap 161f., 186 Salomo, Hz. d. Bretonen 282 Salomo I., Bf. v. Konstanz 419, 430, 476 Salomo II., Bf. v. Konstanz 290, 299, 420, 430, 476 Salomo III., Bf. v. Konstanz 299, 308, 422, 430, 476 Salonius, Bf. v. Embrun 162 Salvius, Bf. v. Albi, Hl. 179–181, 186 Saturninus, Bf. v. Toulouse, Hl. 154 Saul, bibl. Figur 230 Saulus → Paulus Secundinus, Bf. v. Lyon 228 Sedulius Scotus, irischer Gelehrter 248f., 275 Seneca, Lucius Annaeus, röm. Staatsmann 59, 86

Register

Severin, Bf. v. Köln, Hl. 108 Severus, Presbyter 88 Sibicho, Bf. v. Speyer 437, 454 Sidonius Apollinaris, Bf. v. Clermont, Hl. 101, 166f., 186, 205, 479 Siegfried, A. v. Schaffhausen 502 Siegfried, Bf. v. Münster 364 Siegfried I., Bf. v. Augsburg 355, 506 Siegfried I., Ebf. v. Mainz 504, 510 Siegfried I., Gf. v. Walbeck 382 Siegfried II., Bf. v. Augsburg 486 Sigebert, Bf. v. Verden 454 Sigebert von Gembloux, Chronist 441 Sigehard, Gf. v. Burghausen 520 Sigehard, Patr. v. Aquileja 487–489, 498, 509 Sigewin, Ebf. v. Köln 486 Sigibert I., merow. Kg. 162, 163 Sigismund, Bf. v. Halberstadt 350, 372f., 381 Sigulf, Bf. v. Piacenza 354f. Silvester I., Papst, Hl. 109 Simeon, Bf. v. Jerusalem, Hl. 152f., 416, 474 Simon Magus, bibl. Figur 166f., 186, 415 Simpert, Bf. v. Regensburg 265f., 273 Sisebut, Kg. d. Westgoten, Hagiograph 229 Sixtus I., Papst, Hl. 153 Sixtus II., Papst, Hl. 474, 475 Sizo, Bf. v. Minden 436f. Sokrates, griech. Phil. 58 Soterus, Papst, Hl. 475 Spes, A. v. Campoli 89 Starchand, Bf. v. Eichstätt 330, 332 Stephan, Bf. v. Metz 525 Stephan, Gesandter 273 Stephan, Gf. 300 Stephan I., Papst, Hl. 474, 475 Stephan (II.), Papst 268 Stephan II., Papst 268 Stremonius, Bf. v. Clermont, Hl. 153 Sturmi, A. v. Fulda 307 Sueton (Gaius Suetonius Tranquillus), röm. Autor 114, 129, 341 Suidger, Bf. v. Bamberg → Clemens II. Suidger, Bf. v. Münster 358, 390

653 Suitbert, Bf., Hl. 259–262, 263 Sulpicius I., Bf. v. Bourges, Hl. 195f. Sulpicius Severus, Hagiograph 24, 97f., 101–103, 104, 105–114, 118f., 122, 136, 166, 175f., 223, 334, 341, 343, 346, 445 Sunderold, Ebf. v. Mainz 290, 297, 298f., 350, 420, 435, 476 Sunzo → Sunderold Sven Estridsson, dän. Kg. 449 Sylvester, Bf. v. Langres 167, 169, 171, 178f. Tagino, Ebf. v. Magdeburg 316, 357, 369, 384f., 393, 394, 399, 406 Tammo, Halbbruder Ks. Ottos I. 380 Tassilo III., Hz. v. Bayern 53, 241, 273 Tedald, Ebf. v. Mailand 407f., 509f. Tertullian, frühchristl. Autor 67, 71–73, 80, 150 Tetricus, Bf. v. Langres, Hl. 167–171, 177f., 188, 208, 222, 224 Thangmar, Hagiograph 361 Thegan, Biograph 245, 293 Thekla 93 Theoderich von Tholey, Hagiograph 440 Theodorus, Bf. v. Tours 201 Theodosius, Bf. v. Rodez 195f. Theodosius I., röm. Ks. 35 Theodulf, Bf. v. Orléans 238, 246, 248, 272, 276, 322, 323 Theophanu, röm.-dt. Kg.in u. Ks.in 354, 379 Theophylactus, Gesandter 273 Theudebald, merow. Kg. 234 Theudebert I., merow. Kg. 234 Theuderich II., merow. Kg. 228, 235 Theutberga, fränk. Kg.in 300 Theutgaud, Ebf. v. Trier 278, 280f., 297, 299, 531 Thiatgrim, Bf. v. Halberstadt 350 Thiebald, Bf. v. Konstanz 486, 491f., 511 Thiedegg, Bf. v. Prag 360, 388 Thiemo, Ebf. v. Salzburg 405, 526, 527, 531, 532 Thietmar, Bf. v. Chur 498 Thietmar, Bf. v. Hildesheim 436, 454

654 Thietmar, Bf. v. Merseburg, Chronist 53, 297, 314–318, 319, 322, 326f., 344, 347, 349, 358, 359f., 363–396, 399, 406, 408, 413–415, 421, 423, 431, 454, 480, 483, 522, 528, 534, 536f., 539 Thietmar, Elekt v. Halberstadt 527 Thioto, Bf. v. Würzburg 351, 435, 453 Thomas, Apostel 126 Thomas, Ebf. v. Mailand, Hl. 272 Thorgut, Bf. v. Skara 449 Trajan, röm. Ks. 153 Transobad, Presbyter 184 Trophimos, Bf. v. Arles, Hl. 153 Udalrich, Bf. v. Eichstätt 524 Udalrich, Bf. v. Padua 495, 498 Udalrich, Bf. v. Trient 437 Udalrich, Hz. v. Böhmen 439 Udalrich X., Gf. v. Bregenz 502, 508 Udo, Bf. v. Straßburg 330 Udo, Bf. v. Toul 408, 454 Udo, Ebf. v. Trier 493f. Ulrich, Bf. v. Augsburg, Hl. 314, 317, 332, 339f., 345–347, 381, 424f., 429, 435, 476, 531 Ulrich, Bf. v. Brescia 437 Ulrich, Bf. v. Chur 486 Unger, Bf. v. Posen 356, 393, 394 Unni, Ebf. v. Hamburg-Bremen, Hl. 330, 332, 442, 445, 448 Unwan, Ebf. v. Hamburg-Bremen 358, 394 Urban I., Papst, Hl. 475 Urban II., Papst 502 Urbicus, Bf. v. Clermont, Hl. 165, 205 Ursinus, Hagiograph 219f. Uto, Erzpriester 457 Valens, röm. Ks. 531 Venantius Fortunatus, Bf. v. Poitiers, Dichter, Hl. 133, 136, 176, 183, 200, 218, 221–224, 345 Venerandus, Bf. v. Clermont, Hl. 205 Vergil (Publius Vergilius Maro), röm. Autor 114, 448 Verus, Bf. v. Tours 202 Victor, Hl. 378, 383

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Viktor I., Papst, Hl. 474, 475 Viktor II., Papst 436, 461 Viktor III., Papst 532 Vindemialis, Bf. v. Capsa, Hl. 153 Volkmar, Bf. v. Minden 527 Volusianus, Bf. v. Tours 202, 205 Vulculd, Hagiograph 424 Vulfleod, Bf. v. Bourges 284 Waifar, Hz. v. Aquitanien 253 Wala, Bf. v. Metz 261, 266, 280, 288f., 297f., 420f., 476 Walahfrid Strabo, A. v. Reichenau 285, 419 Waldo, Bf. v. Chur 330, 332 Waldrada, Konkubine Lothars II. 300 Walter, Ebf. v. Sens 298, 299 Walthard, Ebf. v. Magdeburg 357, 384– 387, 393, 394, 399 Walther, Bf. v. Eichstätt 359 Walther, Bf. v. Verona 437 Waratto, fränk. Hausmeier 235, 253 Warmann, Bf. v. Konstanz 422 Warmundus, Bf. v. Ivrea 323 Wazo, Bf. v. Lüttich 408, 426, 476 Wenilo, Ebf. v. Sens 278 Werinhar, Nachfolger Wigolds von Augsburg 505 Werner, Bf. v. Merseburg 499, 506 Werner, Bruder Hermanns von Reichenau 427 Werner, Ebf. v. Magdeburg 494, 498f., 504, 526 Werner, Mgf. d. sächsischen Nordmark 382, 388 Werner, Nachfolger Heinrichs von Augsburg 347 Werner I., Bf. v. Straßburg 425, 426, 431f., 476 Werner I. von Habsburg, Gf. 502 Werner II., Bf. v. Straßburg 490–492, 511 Werner III., Gf. v. Maden 469–471 Wetti, Mönch v. Reichenau 285, 345, 419 Wezilo, Ebf. v. Mainz 505, 510 Wibert, Ebf. v. Ravenna → Clemens (III.) Widerold, Bf. v. Straßburg 355, 425, 476 Wido, Ebf. v. Mailand 407, 431, 498

655

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Widukind von Corvey, Chronist 313, 334– 339, 364, 375, 380, 396f. Wigbert, Bf. v. Merseburg 356, 360, 387 Wigfrid, Ebf. v. Köln, Hl. 330 Wigo, Bf. v. Brandenburg 359 Wigold, Bf. v. Augsburg 486, 505, 506, 507 Wihing, Bf. v. Regensburg 290 Wilchar, Ebf. v. Sens 272 Wilfried, Bf. v. Hexham 475 Wilhelm, A. v. Hirsau 491 Wilhelm, Bf. v. Straßburg 425, 437, 476 Wilhelm, Bf. v. Utrecht 464f., 469, 482– 485, 495, 509 Wilhelm, Ebf. v. Mainz 328, 330f., 334– 336, 338f., 349, 374–377, 380, 386, 420, 434f. Willebad, Patricius 230 Willehad, Bf. v. Bremen, Hl. 443f. Willerich, Bf. v. Bremen, Hl. 443f. Willibald, Bf. v. Eichstätt, Hagiograph 303, 305f.

Willibert, Ebf. v. Köln, Hl. 289, 299 Willibrord, Hl. 259 Willigis, Ebf. v. Mainz, Hl. 356, 374, 393, 422, 431, 435 Wipo, Chronist 59, 316, 426, 428f. Witgar, Bf. v. Augsburg 299 Witger, Bf. v. Metz 330 Wodilulf, Bf. v. Osnabrück 355 Wolbodo, Bf. v. Lüttich 359, 431, 476 Wolfgang, Bf. v. Halberstadt 381 Wolfgang, Bf. v. Regensburg, Hl. 435, 453 Wolfher, Bf. v. Minden 349 Wolfleoz, Bf. v. Konstanz 419, 430 Wolfold, Bf. v. Cremona 272 Wolfram, Bf. v. Treviso 437 Wolfrat II., Gf. v. Veringen 414 Wulfad, Ebf. v. Bourges 281 Wynbercht, A. v. Nursling 304f. Zacharias, Papst, Hl. 268, 273 Zephyrinus, Papst, Hl. 475

Orte Aachen 259, 273, 322 Achaia (Provinz) 351 Admont 505 Afrika 213 Agde – Synode (506) 33 Albi 180f. – Bischof: Salvius Alexandria 530 – Patriarchen: Anianus, Athanasius, Petrus Algerien 119 Altaich 287, 437 Altshausen 425 Amiens – Bischof: Jesse Angoulême 190 – Bischöfe: Frontonius, Heraclius, Marchar Antiochia 152, 491, 530

– Bischöfe: Babillas, Ignatius, Paulus Aquileja 294, 330, 424, 437 – Patriarchen: Angelfred, Eberhard, Gottwald, Heinrich, Johannes IV., Paulinus II., Poppo, Rawenger, Sigehard Aquitanien 165, 252 – Herzog: Waifar Arles – (Erz-)Bischöfe: Caesarius, Licerius, Rotland, Sabaudus, Trophimos Asti – Bischof: Adelricus – Herzog: Gundovald Attigny – Gebetsbund 306, 307 Augsburg 355, 374, 424f., 436, 437, 478, 486, 490, 507 – Bischöfe: Adalbero, Brun, Eberhard, Embricho, Gebehard, Heinrich I., Hein-

656 rich II., Liutold, Siegfried I., Siegfried II., Ulrich, Wigold, Witgar – Domschule 414 – Mariendom 345 – St. Ulrich und Afra – Abt: Friedebold Aura 514 – Abt: Ekkehard – Kloster 514, 522 Autun – Bischöfe: Hermenegar, Leodegar Auvergne 174 – Graf: Blandinus Auxerre – Bischöfe: Abbo, Amator, Christian, Heribald, Pelegrinus Avignon 195 Baden – Markgraf: Hermann I. Bamberg 317, 424, 437, 439, 450, 466, 478, 486, 516, 522–524 – Bischöfe: Adalbero, Eberhard, Gunther, Hartwig, Hermann, Otto I., Rupert, Suidger – Domkirche 368 – Domschule 459 – Michelsberg 516f. – Mönch: Frutolf Basel – Bischof: Heito Bautzen 388 Bayern 355, 436, 454, 514 – Herzöge: Garibald I., Otto von Northeim, Tassilo III. Bayeux – Bischof: Baltfrid Beauvais – Bischof: Ermenfrid Besançon 486 – Erzbischöfe: Hugo I., Hugo II. Böhmen 371, 437 – Herzog: Udalrich Bordeaux – Bischof: Berthram Bosau (Kloster) 525

Register

– Abt: Erkembert Bourges 101, 198, 281 – (Erz-)Bischöfe: Bertelandus, Remigius, Sulpicius I., Vulfleod, Wulfad Braga – Bischof: Martin – Konzil (561) 44 Brandenburg 359, 374, 379, 437 – Bischöfe: Dodilo, Wigo Bregenz – Graf: Udalrich X. Bremen 330, 437, 444–446 – Elekt: Otto – (Erz-)Bischöfe: Adalbert, Adalgar, Adalgoz, Ansgar, Bezelin, Hermann, Leuderich, Libentius I., Libentius II., Liemar, Reginward, Rimbert, Unni, Unwan, Willehad, Willerich Brescia 437 – Bischöfe: Adalman, Ulrich Brioude 174 Brixen 436 – Bischöfe: Adalbero, Albuin, Altwin, Burchard, Hartwig, Heriward, Poppo Burgund 165, 225, 459 – Graf: Childebrand – König: Rudolf III. Byzanz 134, 324, 326, 328, 351, 355, 392, 425 – Kaiser: Basileios I., Herakleios, Leo V., Michael I., Michael II., Michael III., Nikephoros I. – Kaiserin: Irene Caesarea – Bischöfe: Basilius, Eusebius Cahors – Bischof: Maurilio Calais 276 Calama 119 – Bischof: Possidius Calw – Graf: Adalbert II. Cambrai 263, 437 – Bischöfe: Erluin, Haldulf, Halitgar Campoli 89

Register

– Abt: Spes Candes 175 Canosa – Bischof: Sabinus Canossa 401, 486 Canterbury 417 – Erzbischöfe: Æthelhard, Desiderius, Dunstan Capsa – Bischof: Vindemialis Capua – Bischof: Germanus Castel Sant’Elia 85 Châlons-sur-Marne – Bischof: Elafius Chalon-sur-Saône – Bischof: Agroecula – Synode (813) 247 Champtoceaux 155, 156, 167 – Bischof: Austrapius Chantoin 165 Chartres – Bischof: Frotbald Chemnitz (Fluss) 371 Chur 330, 437, 486 – Bischöfe: Hartbert, Heinrich I., Norbert, Thietmar, Ulrich, Waldo Cividale del Friuli 294 Civita Vecchia 273 – Bischof: Petrus Clermont 165f., 174, 177f., 205, 208 – Bischöfe: Cautinus, Gallus, Illidius, Quintianus, Sidonius Apollinaris, Stremonius, Urbicus, Venerandus Cluny 247, 411, 412, 485, 501 – Äbte: Hugo, Odilo, Petrus Venerabilis Como – Bischof: Rainald Corvey 334 – Äbte: Erkembert, Liudolf Cotrone (Schlacht von) 379, 425 Coutances 297 Cremona 313 – Bischöfe: Liudprand, Wolfold

657 Dänemark – Könige: Harald I., Sven Estridsson Dax 195 Deutschland → Ostfränkisch-deutsches Reich Dijon – Kirche des hl. Benignus 230 Donau 494 Dortmund – Totenbund (1005) 307, 317, 368, 390 Dresden 370 Eauze – Bischöfe: Desiderius, Laban Edessa 531f. Eichstätt 330, 356, 360, 436, 522 – Bischöfe: Gebhard I., Gezemann, Gundekar I., Gundekar II., Heribert, Megingoz, Reginold, Starchand, Udalrich, Walther, Willibald Embrun – Bischof: Salonius England 411 – König: Æthelred Epernay 280 Florenz – Bischof: Gebhard Fränkisches Reich 20f., 131, 133, 152, 158, 229, 241, 306, 321, 334 – Hausmeier: Ebroin, Flaochad, Grimoald d. Ältere, Karl Martell, Karlmann, Pippin d. Mittlere, Pippin d. Jüngere, Waratto – Könige: Arnulf, Bernard, Charibert I., Childebert I., Childebert II., Childerich II., Chilperich I., Chlodomer, Chlodwig I., Chlodwig II., Chlothar I., Chlothar II., Chramn, Dagobert I., Gunthram I., Hugo, Karl I., Karl II., Karl III., Karlmann, Konrad I., Lothar I., Lothar II., Ludwig I., Ludwig II., Ludwig IV., Pippin, Robert I., Sigibert I., Theudebald, Theudebert I., Theuderich II.

658 – Königinnen: Brunichild, Chrodechilde, Fredegunde, Hemma, Irmingard, Theutberga Franken 436f., 454 Frankfurt am Main – Synode (794) 273 Frankreich 36, 212, 276, 340, 404, 411 Freising 424, 436 – Bischöfe: Dracholf, Egilbert, Gottschalk, Heinrich, Nizo, Otto Fréjus – Bischof: Epiphanius Friaul 294 Friesland 304 Füssen 507 Fulda 276, 286, 307 – Abt: Sturmi Gafsa 153 Gallien 33, 134f., 136, 139, 165, 167, 172, 213, 239 Gap – Bischof: Sagittarius Gethsemane (Garten) 304 Gnesen 394 Gorze 261, 264, 309, 342, 345, 378 – Abt: Johannes Goslar 16, 18, 459f. Guastalla – Synode (1106) 523 Guelma 119 Halberstadt 350, 353f., 358, 364, 374, 421, 436 – Bischöfe: Agiulf, Arnulf, Bernhard, Branthoh, Burchard I., Burchard II., Haimo, Hemmo, Herrand, Hildegrim I., Hildegrim II., Hildeward, Sigismund, Thiatgrim, Wolfgang – Elekten: Hermann, Thietmar Hamburg 330, 356, 437, 444 – Elekt: Otto – Erzbischöfe: Adalbert, Adalgar, Adalgoz, Ansgar, Bezelin, Hermann, Libentius I., Libentius II., Liemar, Reginward, Rimbert, Unni, Unwan

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Hasungen 450 – Abt: Lampert Havelberg 379, 437 – Bischof: Hilderich Heilige Land 439, 455f., 517 Helmstedt 392 Hersfeld 450, 454f., 461, 469f. – Äbte: Hartwig, Meginher Hexham 417 – Bischof: Wilfried Hildesheim 350, 374, 436, 437 – Bischöfe: Altfried, Azilin, Bernward, Diethard, Gerdag, Godehard, Hezilo, Markward, Osdag, Otgar, Otwin, Thietmar Hippo 119f. – Bischof: Augustinus Hirsau 491, 525 – Abt: Wilhelm Hohorst 357 Holland – Graf: Dietrich IV. Iberische Halbinsel 183 Iburg 271 Israel 62, 86, 443 Italien 36, 84, 99, 212f., 313, 328, 329, 347, 359, 425f., 432, 437, 454, 459, 475, 524 Ivrea 323 – Bischof: Warmundus Javols – Bischof: Privatus Jerusalem 28, 126f., 152, 412, 465, 511, 530 – Bischof: Simeon – himmlisches Jerusalem 445 Josaphat (Tal) 127 Juda 512 Kärnten – Herzog: Berthold I. – Markgraf: Gottfried Karlsruhe 515 Karthago 530 – Bischof: Cyprian Kassel 450

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Kleinasien 203 Köln 260, 330, 340, 343, 355, 360, 374, 424, 426, 431, 437, 478, 486, 492 – Dom St. Peter 378 – (Erz-)Bischöfe: Anno II., Brun, Bruno II., Everger, Folkmar, Gero, Gunthar, Heribert, Hermann I., Hermann II., Hermann III., Hildegar, Hildolf, Hugo, Pilgrim, Severin, Sigewin, Wigfrid, Willibert – Groß St. Martin u. Pantaleon – Abt: Elias Kolberg – Bischof: Reinbern Kolzim (Berg) 117, 123 Konstantinopel 273 – Erzbischöfe: Gregor von Nazianz, Johannes Chrysostomos – Konzil (543) 80 – Patriarchen: Eutychius, Polyeuktos Konstanz 354f., 420, 424, 436, 437, 486 – Bischöfe: Audoin, Dietrich, Eberhard, Egino, Gamenolf, Gebhard I., Gebhard II., Gebhard III., Heimo, Johannes, Karl, Konrad I., Lambert, Noting, Otto I., Patecho, Rudhart, Rumold, Salomo I., Salomo II., Salomo III., Thiebald, Warmann, Wolfleoz Kroatien 154 Langres 167, 169, 177f., 189, 205 – Bischöfe: Gregor, Pappolus, Sylvester, Tetricus Laon 233 – Bischöfe: Gaudry, Hinkmar, Pardulus Lausanne – Bischof: Burchard Lausitz – Markgrafen: Dedi II., Hodo I. Le Mans 178, 233 – Bischöfe: Badigisil, Domnolus, Innocentius Lechfeld (Schlacht auf dem) 313 Leno 437 Ligugé 104 Limoges

659 – Abt: Aredius – Bischöfe: Aldo, Martialis Lindisfarne 417 – Bischof: Colman Lisieux – Bischof: Frechulf Lommatzsch 371 Lorsch 258, 261, 264 – Äbte: Gundeland, Helmerich, Richbod Lothringen 296, 299, 355, 437, 454, 478, 513 – Herzöge: Gottfried III., Gottfried IV. Lucca 99 – Bischöfe: Anselm I., Anselm II. Lüneburg 365 Lüttich 330, 424, 437 – Bischöfe: Balderich II., Dietwin, Durand, Nizo, Notker, Wazo, Wolbodo Lund 449 Lyon 154, 167, 170, 173, 177f., 187, 205, 211, 228, 530 – (Erz-)Bischöfe: Aetherius, Aridius, Burkhard, Halinard, Irenäus, Nicetius, Photinus, Priscus, Sacerdos, Secundinus Magdeburg 316, 319, 330, 333–335, 339, 356, 358, 365, 374–376, 385, 396, 408, 436, 478, 486, 522 – Erzbischöfe: Adalbert, Adelgoz, Engelhard, Gero, Giselher, Hartwig, Hunfried, Tagino, Walthard, Werner – Domkapitel 366, 399 – St. Mauritiuskloster 373 Mailand 407, 424, 486, 530f. – Erzbischöfe: Ambrosius, Anselm I., Anselm III., Aribert, Atto, Gottfried, Herbert, Tedald, Thomas, Wido Mainz 260, 262, 276, 286, 288, 299, 303, 330, 335, 339, 350, 374, 420, 424, 431, 437, 449, 478, 510, 522 – Chorbischof: Reginher – Dom 337 – Erzbischöfe: Adalbert I., Aribo, Bardo, Bonifatius, Erkanbald, Friedrich, Haistulf, Hatto I., Hatto II., Heriger, Hildebert, Hrabanus Maurus, Karl, Liutbert, Luitpold, Lul, Otgar, Riculf, Rud-

660 bert, Ruthard, Siegfried I., Sunderold, Wezilo, Wilhelm, Willigis – Konzil (813) 44 Marseille – Abt: Bernhard Mecklenburg 356, 437 – Bischof: Johannes Meißen 330, 359, 375, 382, 395, 460 – Bischöfe: Eid, Eilward, Hugbert, Kraft, Reginher – Markgraf: Ekbert II. Mellrichstadt (Schlacht von) 499, 504 Memleben 388 Merseburg 316, 330, 348, 359, 362, 364, 366, 371–375, 379, 380, 382, 388, 393, 436 – Bischöfe: Azilin, Boso, Brunicho, Giselher, Thietmar, Werner, Wigbert Metz 330, 424, 522 – Bischöfe: Adalbero I., Adalbero II., Adalbero III., Arnulf, Benno, Chrodegang, Dietger, Dietrich, Drogo, Engilram, Hermann, Stephan, Wala, Witger Michelsberg → Bamberg Minden 421, 436 – Bischöfe: Dietrich I., Dietrich II., Hadowart, Ramward, Sizo, Volkmar, Wolfher – Dom 527 Mittelmeer 412 Montecassino 99, 437 – Abt: Benedikt von Nursia Mosel 138 München 317 Münster 356, 364, 390, 392, 437 – Bischöfe: Dietrich I., Dodo, Hermann, Liudger, Siegfried, Suidger Münsterschwarzach 524 Murbach 267 Muri – Abt: Luitfred Nantes – Bischöfe: Eumerius, Felix, Gonthard Nantua 282, 291 Narbonne – Bischof: Paulus Naumburg 436, 486, 522

Register

– Bischöfe: Dietrich, Eppo, Gunther, Rhazo Neustrien 165, 225, 231, 233 Nicäa – Synode (325) 145 Niederaltaich → Altaich Nola – Bischof: Paulinus Norwegen – König: Olaf Tryggveson Noyon 167, 233 – Bischöfe: Immo, Medardus Nursia 89 Nursling 304 – Abt: Wynbercht Österreich – Markgrafen: Heinrich I., Leopold II. Oldenburg 356, 437 – Bischof: Bernhard Orbais 277 Orléans 200 – Bischöfe: Namatius, Theodulf – Konzil (549) 138 Orte – Bischof: Arsenius Osnabrück 437f. – Bischöfe: Benno I., Benno II., Gunther, Wodilulf Ostfränkisch-deutsches Reich 36, 320, 355, 363, 367, 402, 404, 411, 459, 471, 515, 529, 539 – (Gegen-)Könige: Friedrich I., Heinrich I., Heinrich II., Heinrich III., Heinrich IV., Heinrich V., Hermann von Salm, Konrad II., Lothar III., Otto I., Otto II., Otto III., Rudolf von Rheinfelden – Königinnen: Adelheid, Agnes, Gisela, Mathilde, Theophanu Ostfränkisches Reich 21, 243, 275f., 287, 294, 315, 318, 396 Ostia – Kardinalbischöfe: Gerald, Petrus Damiani Paderborn

436, 482, 486

Register

– Bischöfe: Imad, Meinwerk, Poppo, Rethar, Rudolf Padua 99 – Bischof: Udalrich Paris 233, 428 – Basilika des hl. Dionysius 254 – Bischöfe: Aeneas, Dionysius, Germanus, Gozlin, Ragnemod – Kirche des hl. Petrus 227, 234 – Konzil (556–573) 138 – Konzil (614) 168 – Synode (829) 242, 274f. Parma 509 – Bischöfe: Cadalus, Eberhard Passau 354–356, 436, 478, 510 – (Gegen-)Bischöfe: Altmann, Berengar, Christian, Egilbert, Engilmar, Hermann, Pilgrim Pavia 99 Péronne 261, 263 Perugia – Bischof: Herculanus Piacenza 167 – Bischöfe: Avitus, Johannes, Sigulf Poitiers 103, 112, 155–157, 158, 167, 173f., 176 – Bischöfe: Dido, Hilarius, Venantius Fortunatus Posen – Bischof: Unger Prag 350f., 437 – Bischöfe: Adalbert, Eid, Ekkehard, Folkold, Gaudentius, Thiedegg Prüm 282, 296 – Abt: Regino Quedlinburg 314, 334, 348, 351, 353–356, 365, 366, 384 – Äbtissin: Mathilde – Stiftskirche St. Servatius 362 Radolfzell 419 Ratzeburg 437 Ravenna 99, 424, 426, 437, 517 – Erzbischöfe: Arnold, Gebhard, Heinrich, Hunfried, Wibert

661 – Synode (968) 332f. Regensburg 268, 276, 287, 290, 374, 382, 424, 436, 438, 477, 478, 519, 522 – Bischöfe: Embricho, Emmeram, Gebhard I., Gebhard II., Gebhard III., Gebhard IV., Gunther, Michael, Richarius, Simpert, Wihing, Wolfgang Reggio 509 – Bischöfe: Gandulf, Norbert Reichenau 414, 419, 420, 422f., 425, 429, 430, 498 – Äbte: Alawich, Bern, Eggehard, Heito, Immo, Walahfrid Strabo – Mönche: Berthold, Wetti Reims 277, 283, 531 – (Erz-)Bischöfe: Ebo, Fulco, Heriveus, Hinkmar, Rainald, Remigius Rhein 138 Rodez – Bischöfe: Dalmatius, Theodosius Rom 36, 76, 84f., 152, 153, 198, 201f., 213, 226, 273, 313, 355, 408, 423, 481, 484, 498, 499, 501, 517, 530 – (Gegen-)Päpste: Alexander I., Alexander II., Anaklet, Anicetus, Anterus, Benedikt IX., Bonifatius VI., Bonifatius VIII., Calixt II., Clemens I., Clemens II., Clemens (III.), Cornelius, Damasus II., Dionysius, Eleutherius, Eugen II., Eutychianus, Fabianus, Felix I., Gaius, Gelasius I., Gregor I., Gregor V., Gregor VII., Hadrian I., Hadrian II., Honorius II., Hyginus, Johannes VIII., Johannes X., Johannes XIII., Johannes XV., Johannes XVI., Leo I., Leo III., Leo VIII., Leo IX., Marcellinus, Nikolaus I., Nikolaus II., Paschalis I., Paschalis II., Paul I., Pelagius II., Pius I., Pontianus, Silvester I., Sixtus I., Sixtus II., Soterus, Stephan I., Stephan (II.), Stephan II., Urban I., Urban II., Viktor I., Viktor II., Viktor III., Zacharias, Zephyrinus – Konzil (1078) 502

662 – röm. Kaiser: Avitus, Caligula, Galerius, Justinian I., Nero, Theodosius I., Trajan, Valens Rouen 159, 231, 233 – Bischöfe: Audoin, Melantius, Praetextatus Saarland 440 Sachsen 46, 259f., 262, 418, 436, 437, 454, 478, 484, 513 – Pfalzgraf: Friedrich I. von Sommerschenburg Saint-Amand 259, 260 Saint-Claude 412 Saint-Denis 231, 254, 282, 291 – Abt: Fulrad Saint-Omer 276 Saint-Vanne – Abt: Richard Salamis 531 Salzburg 354f., 436 – Erzbischöfe: Arn, Baldwin, Dietmar, Friedrich, Gebhard, Hartwig, Thiemo Schaffhausen 503 – Abt: Siegfried Scharmbek 446 Schwaben 261, 424, 436, 454 – Herzöge: Berthold I., Konrad I., Rudolf Sens – Erzbischöfe: Eberhard, Walter, Wenilo, Wilchar Sherborne 417 – Bischof: Aldhelm Siegburg 500 – Äbte: Erpho, Reginhard Silva Candida 273 – Bischof: Johannes Sisak – Bischof: Quirinus Sitten – Bischof: Leudemund Sizilien 412 Skandinavien 332 Skara – Bischof: Thorgut Smyrna 531

Register

– Bischof: Polykarp Soissons 231 – Bischof: Rothad Spanien 198, 213 Speyer 330, 350f., 424, 437, 482, 491, 517, 519 – Bischöfe: Arnold, Einhart I., Einhart II., Gebhard, Gottfried, Heinrich, Johannes, Konrad, Reginbold, Rüdiger, Rupert, Sibicho – Dom 516 Spoleto – Herzöge: Adalhard, Moring St. Blasien 491, 512 St. Gallen 419, 423 Straßburg 330, 354f., 424f., 436, 437, 486 – Bischöfe: Alawich, Baltram, Erkanbald, Herrand, Otbert, Otto, Ruodhard, Udo, Werner I., Werner II., Widerold, Wilhelm Suppentonia 85 – Abt: Anastasius Sutri – Bischof: Bonizo Synnada – Bischof: Michael Tarbes – Bischof: Richard Tegernsee 514 – Abt: Eckbert Thessaloniki 412 Tholey 440, 442 Todi – Bischof: Fortunatus Tongern 167 – Bischof: Aravatius Toul 360, 407, 437 – Bischöfe: Berthold, Brun, Druogo, Ludelm, Udo Toulouse – Bischof: Saturninus Tournai – Bischof: Giselbert

663

Register

Tours 99, 100, 102, 105, 112, 131f., 136, 139, 151, 162, 165, 173f., 176f., 189, 194f., 200–205, 208, 222, 234 – Basilika des hl. Martin 157 – (Gegen-)Bischöfe: Armentinus, Baudinus, Brictius, Catianus, Dinifius, Eufronius, Eustochius, Francilio, Gregor, Gunthar, Iniuriosus, Justinianus, Leo, Licinius, Litorius, Martin, Ommatius, Perpetuus, Proculsus, Theodorus, Verus, Volusianus Treviso 437 – Bischöfe: Rothar, Wolfram Tribur – Synode (895) 44, 289 Trient 437 – Bischof: Udalrich Trier 265, 299, 330, 354f., 374, 394, 424, 426, 432, 437, 440, 458 – Abtei St. Martin 296 – Abtei St. Maximin 333 – Dom 493 – Elekt: Konrad – (Erz-)Bischöfe: Amalar, Bertulf, Eberhard, Egbert, Heinrich, Hetti, Liudolf, Megingaud, Nicetius, Paulinus, Poppo, Radbod, Richbod, Ruodbert, Ruodger, Theutgaud, Udo – Vogt: Dietrich Troyes – Bischof: Prudentius – Graf: Odo Tunesien 153 Turin – Bischof: Maximus – Markgraf: Friedrich – Markgräfin: Adelheid Ungarn 437, 465f. Utrecht 318, 356, 437, 486, 511 – Bischöfe: Alberich I., Ansfried, Konrad, Odilbald, Radbod, Wilhelm – Kirche 483 – Marienkirche 511 Uzès – Bischöfe: Albinus, Ferreolus

Vannes 226 – Bischof: Macliav Vence – Bischof: Deotherius Vercelli 202 – Bischöfe: Eusebius, Gregor, Liutgart Verden 354, 364, 374, 395, 437 – Bischöfe: Amelung, Bernhar, Brun, Erp, Sigebert – Kirche 382 Verdun 167, 178 – Bischöfe: Agerich, Desideratus, Dietrich, Haimo Verona 437 – Bischöfe: Egino, Hartwig, Husward, Rather, Ratold, Walther Vienne 522 – Erzbischöfe: Ado, Desiderius, Evantius, Mamertus Voncq 283 Werden 392 Westfränkisches Reich 275f., 278, 296, 306, 321 Worcester 417 – Bischof: Heddi Worms 316, 330, 401f., 437, 483, 485, 496 – Bischöfe: Adalbero, Adelgar, Anno, Arnold, Bernhar, Burchard, Franko, Hazecho, Hildebold, Richgowo – Elekten: Erpho, Razo Würzburg 330, 350f., 355, 372, 374, 424, 428, 437, 494, 505f., 510, 519, 522–524 – Bischöfe: Adalbero, Arn, Bernhard, Bernward, Brun, Burkhard, Erlung, Gebhard, Gozbald, Heinrich, Meinhard, Poppo, Rodulf, Rugger, Ruotpert, Thioto – Kirche des hl. Kilian 420 York

417

Zeitz 330, 356, 375, 382 – Bischöfe: Cadalo, Hildeward Zion (Berg) 127 Zschopau (Fluss) 371