Der Barockbildhauer Philipp Jakob Straub: Sein künstlerisches Schaffen mit Blick über die Alpen 9783422800755, 9783422800748

Born in southern Germany, Philipp Jakob Straub is one of the most important representatives of 18th century Austrian Bar

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Der Barockbildhauer Philipp Jakob Straub: Sein künstlerisches Schaffen mit Blick über die Alpen
 9783422800755, 9783422800748

Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Einleitung
Philipp Jakob Straub (1706–1774) – ein Barockbildhauer des Südostalpenraums mit süddeutschen Wurzeln
Exkurs: Johann Jakob Schoy und sein posthumer Einfluss auf Philipp Jakob Straubs Schaffen mit besonderer Berücksichtigung der zisalpinen Komponente
Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke Philipp Jakob Straubs
Widerlegte Zuschreibungen
Neuzuschreibungen
Verzeichnis der Werke Philipp Jakob Straubs
Philipp Jakob Straub und seine künstlerischen Beziehungen zu ausgewählten zeitgenössischen Bildhauern
Conclusio
Tafelteil
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungsnachweise

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Der Barockbildhauer Philipp Jakob Straub

Christina Pichler

Der Barockbildhauer Philipp Jakob Straub Sein künstlerisches Schaffen mit Blick über die Alpen

Die Erarbeitung dieser Publikation wurde durch die Historische Landeskommission für Steiermark gefördert, die Drucklegung erfolgte dank der Unterstützung durch das Land Steiermark und die Stadt Graz.

Einbandabbildung: Philipp Jakob Straub, hl. Leopold, Detail Nepomuk-Altar, Holz, 1752 geweiht, Graz, Stadtpfarrkirche hl. Blut Foto: Christina Pichler Einbandgestaltung: Rüdiger Kern, Berlin Layout und Satz: hawemannundmosch, Berlin Druck und Bindung: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza Verlag Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München Lützowstraße 33 10785 Berlin www.deutscherkunstverlag.de Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH Berlin Boston www.degruyter.com Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München ISBN 978-3-422-80074-8 e-ISBN (PDF) 978-3-422-80075-5 www.deutscherkunstverlag.de · www.degruyter.com

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Einleitung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Philipp Jakob Straub (1706–1774) – ein Barockbildhauer des Südostalpenraums mit süddeutschen Wurzeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Exkurs: Johann Jakob Schoy und sein posthumer Einfluss auf Philipp Jakob Straubs Schaffen mit besonderer Berücksichtigung der zisalpinen Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke Philipp Jakob Straubs. . . . . . . . . . . . . . . . 75 Widerlegte Zuschreibungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Neuzuschreibungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Verzeichnis der Werke Philipp Jakob Straubs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Philipp Jakob Straub und seine künstlerischen Beziehungen zu ausgewählten zeitgenössischen Bildhauern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Conclusio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Tafelteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Literatur- und Quellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Abbildungsnachweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320



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Vorwort

Margit Stadlober Die vorliegende Publikation zum Barockbildhauer Philipp Jakob Straub ist das höchst erfolgreiche Ergebnis von jahrelanger Forschungstätigkeit der Autorin zu diesem »Stiefkind« der österreichischen Kunstgeschichte. Sie schließt an eine große ­Tradition der Barockforschung am Institut für Kunstgeschichte der Karl-Franzens-Universität Graz an, die durch Heinrich Gerhard Franz mit Schwerpunkt Barockarchitektur in Tirol, Altbayern und in den östlichen Nachbarländern einsetzte und von Günter Brucher und Horst Schweigert hinsichtlich Barockarchitektur und Barockskulptur in ­Österreich und in den Nachbarländern fortgesetzt wurde. Zahlreiche Publikationen zeichnen diesen Forschungsbereich aus. Er kulminierte in der steirischen Landes­ ausstellung »Lust und Leid. Barocke Kunst und barocker Alltag« im Jahre 1992 auf Schloss Trautenfels mit dem zugehörigen Katalog. Nach dem Auslaufen dieses vorangegangenen Forschungsimpulses konnte die Autorin an diese Leistungen anschließen, diese aktualisieren und bald auch einen weiteren Meilenstein mit ihrer eigenen beeindruckenden Forschungsleistung in Form ihrer Dissertation abliefern. Entwickelte sie doch die Themenstellung ihrer Dissertation durch die fordernde und erfolgreiche Mitarbeit am mehrjährigen EU-Projekt »Tracing the Art of the Straub Family«. Es untersuchten die Partnerländer Deutschland, Kroatien und Slowenien die Spuren der vielköpfigen Künstlerfamilie Straub mit Migrationshintergrund in oben genannten Ländern im ausklingenden Barock, wobei es in Österreich u.a. das Werk des Philipp Jakob Straub aufzuarbeiten galt. Dabei traten zahlreiche Forschungsfragen ans Tageslicht, die weit über den Zeitrahmen des vielfältigen EU-Projektes hinausgingen. Frau Pichler liefert nun mit ihrer umsichtigen und tiefschürfenden Dissertation eine makellose Künstlerbiografie des Philipp Jakob Straub mit kritisch geprüftem und erweitertem Werkkatalog des umfang- und facettenreichen Œuvres ab. Neue Erkenntnisse beleuchten den gesellschaftlichen Status des primär regional bekannten Barockbildhauers und den Werdegang eines seiner Söhne, Joseph Anton, der, wie sein Vater, die Wiener Akademie besuchte, um das Bildhauerhandwerk zu erlernen. Dass letzterer jedoch in den weitaus lukrativeren Uhrenhandel einstieg, zeigt auf, dass die Auftrags-

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lage der Epoche der Gegenreformation und die damit verbundene Barockisierung der Kirchenräume gegen Ende des 18. Jahrhunderts stark zurückging. Das ­Werkverzeichnis konnte Frau Pichler um einige Arbeiten erweitern, wie jene in Liechtenstein, Kirchdorf und Pernegg an der Mur. Eine besonders interessante Neuzuschreibung ist vor allem die skulpturale Kirchenausstattung der Frauenkirche von Pernegg, die durch die Autorin erstmals an Ph. J. Straub (mit teilweiser Werkstattbeteiligung) zugeschrie­ ben werden konnte. Einige andere Werke waren in der ursprünglichen Zuschrei­bung nicht zu halten, da diese nach intensiver Analyse mit dem Stil des Bildhauers nicht in Einklang zu bringen waren. Die Autorin nahm die Abgrenzung zum Schaffen des Bruders Joseph Straub vor und konnte erfolgreich die beiden Künstlerhände unterscheiden. So schreibt sie die Werke von Ehrenhausen nun an Joseph Straub zu, aber auch die Statuette des hl. Joseph in Göppingen sowie die Dreifaltigkeitssäule von Mureck. Die fächerübergreifende Vorgangsweise der Dissertation ging aus einer gelungenen Zusammenarbeit mit internationalen Restauratorinnen und Restauratoren hervor, ein großer Vorteil, der die Ergebnisse noch zusätzlich absicherte. Sie leistet ferner einen entscheidenden Beitrag zu einem runden Gesamtbild der barocken Bildhauerei im Raum nördlich der Alpen im Sinne eines Stilpluralismus. Es gelang der Autorin durch ihre gründliche Vorgangsweise, feinnervige Stilverzweigungen in der BarockKunst aufzuspüren, die erst in ihrer Summe die gesamte Bandbreite einer Stilepoche nachzeichnen. Somit enthält diese Dissertation überaus viele neue Ergebnisse, die nun durch die Veröffentlichung in die regionale und überregionale Forschung einfließen mögen. Nachfolgende diesbezügliche Ansätze können somit auf dieser höchst soliden und rezenten Basis angesiedelt werden. So ist es auch gesichert, dass mit Frau Pichlers Dissertation dieser an einem steirischen Standort angesiedelte Strang der Barockforschung, gefördert von der Historischen Landeskommission für Steiermark, an der Grazer Kunstgeschichte mit gutem Grund weitergeführt werden darf. Dieser neue Aufschwung manifestiert sich bereits in einer merklichen Zunahme der Abschlussarbeiten zur Barockthematik. Ao.Univ.-Prof. Dr. Margit Stadlober

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Vorwort

Gottfried Biedermann Der Werdegang des Bildhauers Philipp Jakob Straub ist im Großen und Ganzen in traditionellen Bahnen verlaufen. Begabt wie seine Brüder, wuchs er in einer kunst­ affinen Umgebung auf und verbrachte die erste Lehrzeit in der väterlichen Werkstatt in Wiesensteig (heute Baden-Württemberg). Alle Brüder waren im selben Metier tätig, haben es mit Talent und mit Bravour ausgeübt. Dies ist auch in anderen Bereichen der Kunst zu beobachten, man kann es Leidenschaft nennen. Mit dem wenig älteren Bruder Johann Baptist brach Philipp Jakob 1727 nach Wien auf, in die attraktive Kaiserstadt, um sich weiterzubilden und auch um Arbeit zu suchen. Das Renommee der von Peter Strudel 1688 gegründeten Kayserlichen Akademie – eine der ältesten und zu dieser Zeit bereits weit über die Grenzen hinaus bekannt – zog viele begabte Maler und eben auch Bildhauer an. Unter ihnen findet man große Namen wie Georg Raphael Donner, beachtenswert ist der italienische Einfluss, denn Namen wie Giovanni Giuliani oder Lorenzo Mattielli sind Beweis. Die Konkurrenz war groß, und man konnte, ja man musste sich daran messen. Aber auch die beiden Straubs brachten innovative Ideen ein – eine ungewöhnliche sogar, die beiden werden genannt, weil sie die Rocaille, das Rokoko-Motiv, in Wien salonfähig gemacht haben. Nach Abschluss der mehrjährigen Studienzeit begann das eigentliche Berufs­ leben; die beiden Straubs hatten allerdings bereits in Wien lukrative Aufträge von Kirche und Adel (von Prinz Eugen) erhalten. Während der ältere Bruder dann wieder nach Bayern zurückkehrte, verschlug es den jüngeren in die Steiermark, nach Graz, wo er seine künstlerische Laufbahn fortsetzte und eine unternehmerische begann. Philipp Jakob heiratete die Witwe des hier tätigen Bildhauers Johann Jakob Schoy, was ihm schließlich die Übernahme von dessen Werkstatt ermöglichte. Zahlreiche Werke aus Sandstein und Holz sind für Kirchen (und Schlösser) in der damals größeren Region Steiermark entstanden und erhalten geblieben. Das Œuvre ist von bemerkenswert hoher Qualität – reizvoll wirkt in Altarwerken der mittleren und späteren Schaffensphase das Wechselspiel zwischen Form und Inhalt. Insgesamt waren sogar drei Brüder der Straub-Familie in derselben Region tätig; Breitenwirkung und Ausstrahlung waren bemerkenswert. In diesem Künstlerkreis soll nicht auf Veit Königer vergessen werden, er entwickelte diesen Stil weiter und markiert die Spätphase der steirischen Barockkunst. Im kunstwissenschaftlichen Diskurs sind Fragen zum Oeuvre und zur Biographie Philipp Jakob Straubs noch offen, die nun vorliegende Publikation setzt einige neue Akzente. tit. Univ. Prof. Dr. Gottfried Biedermann

Vorwort

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Einleitung

Die vorliegende Publikation widmet sich dem Bildhauer Philipp Jakob Straub1 (1706– 1774) und dessen umfangreichem Œuvre. Dieser hochtalentierte und zu Lebzeiten stark gefragte Künstler spielte in der österreichischen Barockforschung bislang eine eher untergeordnete Rolle, was aufzeigt, welch großes Desiderat auf diesem Gebiet vorherrschte. Als Sohn eines Tischlers aus dem süddeutschen Wiesensteig schaffte er den Aufstieg vom Schreinergesellen zum erfolgreichen Betreiber einer Bildhauerwerkstätte im steirischen Graz2, dem es bis zu seinem Lebensende nicht an Aufträgen mangelte. Anstoß für die Themenwahl war die Mitarbeit der Autorin im zweijährigen, von der Europäischen Union geförderten, Projekt »TrArS – Tracing the Art of the Straub Family«, das von Juni 2017 bis November 2019 am Institut für Kunstgeschichte der Karl-Franzens-Universität Graz, in Kooperation mit facheinschlägigen ExpertInnen aus den Bereichen der Kunstgeschichte und Konservierung/Restaurierung aus Deutschland, Kroatien und Slowenien, lief.3 Das Projekt beschäftigte sich mit dem Künstlernetzwerk der fünf Brüder Straub, die im 18. Jahrhundert an verschiedenen europäischen Orten bildhauerisch tätig waren. Der älteste, Johann Baptist ­(1704–1784), betrieb in München eine Werkstatt, Ph. J. in Graz, Joseph (1712–1756) in Marburg und Johann Georg (1721–1773) in Bad Radkersburg. Der jüngste Bruder, Franz Anton (1726– 1774/76), lebte und arbeitete in Zagreb. Nach der ersten handwerklichen Ausbildung in der väterlichen Werkstatt verliefen ihre Karrieren in unterschiedliche Richtungen und jeder wurde für seine Region ein mehr oder weniger bedeutender Bildhauer. Ph. J. erlangte insbesondere für den österreichischen bzw. speziell den steirischen Raum große Bedeutung, umso verwunderlicher ist es, dass die Kunstgeschichtsforschung ihn bislang recht stiefmütterlich behandelt hat. Die Erarbeitung seines Œuvres ­stellte daher ein bedeutendes Forschungsdesiderat dar. Lediglich drei seiner Objekte sind signiert4, etwa 20 an ihn ergangene Auftragsarbeiten sind dokumentarisch belegt. Bei den anderen bislang bekannten Werken (rund 40 Aufträge, entsprechend mehr Einzel­ werke) handelte es sich um Zuschreibungen. Aus diesem Grund waren ­weiterführende kunstwissenschaftliche Forschungsarbeiten von enormer Relevanz, da nur dadurch der bildhauerische Nachlass Ph. J. Straubs gesichert und durch Neuzuschreibungen

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erweitert werden konnte. Die Einordnung und damit herbeigeführte Würdigung der Künstlerpersönlichkeit Ph. J. Straub als einer der Hauptvertreter der österreichischen Barockskulptur wurde mit der vorliegenden Arbeit zweifelsohne erreicht. Eines der Hauptanliegen war eine erste vollständige, internationale Werkerfassung und das damit einhergehende Begreifen des Künstlers in seinem gesamten Schaffen. Einen wesentlichen Teil der nachfolgenden Abhandlung bildet die Analyse aller bislang bekannten Werke des Bildhauers Ph. J. Straub. Die urkundlich gesicherten und signierten Arbeiten werden einer grundlegenden Stilanalyse unterzogen, um anhand der so generierten Ergebnisse alle bisherigen Zuschreibungen nochmals zu prüfen und gegebenenfalls zu bestätigen oder zu widerlegen. Da es kaum neu entdecktes Quellenmaterial zu den einzelnen Werken Ph. J. Straubs in den Archiven gibt (Rochus Kohlbach, ein steirischer Theologe, Schriftsteller und Kunsthistoriker, hat mit seiner intensiven Archivrecherche bereits den Löwenanteil ausgehoben)5, war die stilkritische Analyse die adäquateste Methode, um Zuschreibungen zu tätigen. Darüber hinaus lohnte der Blick in ältere Forschungsliteratur zur steirischen Barockbildhauerei, da hier mitunter Informationen zu finden waren, die von der bisherigen Forschung bislang ignoriert bzw. teils falsch interpretiert worden sind.6 Manche fehlerhaften Angaben haben sich in Folge fortgepflanzt, weshalb es von essentieller Wichtigkeit war, die entsprechenden Quellen neu zu prüfen. Dies führte zu neuen Erkenntnissen in der Straub-Forschung und bot eine solide Basis für anschließende Untersuchungen. Feldrecherchen ermöglichten Neuzuschreibung von bislang unerforschten Werken Ph. J. Straubs – es zeigte sich, dass in der kunstwissenschaftlichen Behandlung von barocken Plastiken im steirischen Raum ein großes Manko vorherrscht. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Arbeit liegt auf der starken (posthumen) ­Beeinflussung des Œuvres Ph. J. Straubs durch den Bildhauer Johann Jakob Schoy (1686–1733). Insbesondere das Frühwerk steht auffallend unter dem Zeichen des älteren Bildhauers, dessen Werkstatt der junge Ph. J. Straub nach dessen frühen Tod übernahm. Von Schoy griff er nicht nur gewisse Gestaltungsrepertoires auf, sondern insbesondere das spezifisch-venezianische Stilmerkmal der überaus realitätsnahen Wiedergabe des Stofflichen bei gleichzeitiger Übersteigerung der Draperie. Ein sehr bemerkenswertes Faktum, wenn bedacht wird, dass sich Ph. J. Straub wohl nie im zisalpinen Raum aufgehalten hat und lediglich durch die Arbeiten und Entwürfe des Vorgängers bzw. seiner vorangegangenen akademischen Ausbildung in Wien entspre­ chendes Know-how vermittelt bekam. Natürlich spielten auch die nach Graz emi­ grierten »welschen« Künstler eine Rolle, da sie neues Gedanken- und Formengut mit sich brachten, was zu frischen Impulsen in der Grazer Barockkunst führte. Durchaus aufschlussreich für die Betrachtung des Werkcorpus ist auch die ­Behandlung der Frage, ob und inwiefern sich die einzelnen Hände der Werkstattmitglieder Ph. J. Straubs feststellen lassen. Zumindest einer seiner Schüler, Johann Ferdi­ nand Schmucker (Lebensdaten unbekannt), ist stilistisch, aufgrund der sehr charakteristischen Gesichtsgestaltung seiner Figuren, gut auszumachen. Ansonsten finden

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Einleitung

sich partielle Abweichungen in Ph. J. Straubs recht homogenem Stilbild wieder, die auf eine Gesellenbeteiligung schließen lassen. Aufgrund der Übernahme von Schoys Werkstatt ist davon auszugehen, dass der junge Bildhauer auch dessen Mitarbeiterstamm ›erbte‹, sodass – zumindest in der Frühphase seiner Karriere in Graz – durchaus von der Werkstatt Schoy-Straub gesprochen werden kann. Des Weiteren waren drei seiner jüngeren Brüder (Joseph, Johann Georg und Franz Anton) ebenfalls für wenige Jahre zu Fortbildungszwecken in seiner Grazer Werkstatt tätig, bevor sie an ihre späteren Wirkungsorte weiterzogen (Bad Radkersburg, Marburg und Zagreb).7 Die vorliegende Publikation bietet aber auch Einblick in die Kooperation der Vertreter der unterschiedlichen Zünfte. So taucht der Name des Baumeisters Joseph Hueber (um 1715–1787) sehr häufig in Kombination mit Ph. J. Straub auf, der zeitgleich plastischen Schmuck für ein von Hueber gestaltetes Portal oder eine Fassade fertigte. Doch auch der Marmorierer Peter Pierling (1744 gestorben), dessen Name bereits in Zusammenhang mit Schoys Arbeiten im Grazer Dom aufschien,8 dürfte gelegentlich mit Ph. J. Straub zusammengearbeitet haben. Mit dem Maler Ignaz Flurer (1688–1742) 9 und dem Bildhauerkollegen Veit Königer (1729–1792)10 war er zumindest in privater Hinsicht verbunden, da diese als Trauzeugen bzw. Taufpaten für ihn bzw. seine Kinder auftraten. Es wäre nicht abwegig, wenn diese Beziehungen auch beruflich Bestand hatten.

Forschungsstand Der allgemeine Forschungsstand zur Bildhauerfamilie Straub verdeutlicht, dass bis dato lediglich geringfügig und beschränkt auf nationaler Ebene in diesem Bereich gearbeitet wurde. So zeigt sich, dass Karl Bardachzi in seinem Werk »Wunderwelt österreichischer Plastik«11 die gesamte Künstlerfamilie Straub nicht einmal erwähnt, oder dass die Publikation »Geschichte der bildenden Kunst in Österreich«12 lediglich zwei Kunstwerke ausführlich behandelt, die mit Ph. J. Straub in Verbindung gebracht wurden, nämlich die Objekte in St. Paul im Lavanttal und Ehrenhausen (beides sind jedoch zu widerlegende Zuschreibungen).13 Zu Ph. J. Straub hat der Grazer Kunsthistoriker Eduard Andorfer14 Pionierarbeit geleistet, indem er eine erste Biografie und ein Werkverzeichnis zum Künstler verfasste. Rochus Kohlbach15 griff dessen Arbeit auf, bereicherte sie durch archivalische Neufunde und lehnte einige Zuschreibungen Eduard Andorfers aus stilistischen Gründen ab. Rudolf Wurzinger16 trug Informationen zur Bildhauerfamilie Straub zusammen, konzentrierte sich dabei aber auf Johann Georg Straub jun., Ph. J. Straub und dessen Sohn Joseph Anton Straub (1756–1836). Dies sollte die Vorarbeit zu einer Publikation darstellen, das Vorhaben wurde jedoch nicht weiterverfolgt. Wurzinger hob etliche Matriken aus, insbesondere die Nachkommenschaft Ph. J. Straubs betreffend, und gab die in Dehio Graz17 und dem Thieme-Becker Künstlerlexikon18 angeführten gesicherten und zugeschriebenen Werke an. Horst Schweigert19, ein Forscher des

Forschungsstand

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österreichischen Barocks hinsichtlich Plastik und Skulptur, hat diese Forschungen in den 1970er- bzw. 1990er-Jahren fortgesetzt und weiter ausgebaut. Er konnte dabei einige weitere Zuschreibungen von Eduard Andorfer revidieren und eine erste Werkliste erstellen. Problematisch ist, dass die bisherige Forschung Ph. J. Straubs Werke lediglich regional abgegrenzt betrachtete. Horst Schweigert erstellte zwar ein ausführliches Werkverzeichnis, allerdings ausschließlich von jenen Objekten auf dem Gebiet der heutigen Steiermark. Jene in Kroatien, wie der urkundlich erwähnte und für Straub gesicherte Hochaltar der Wallfahrtskirche in Trški Vrh bei Krapina von 1759, fehlen hier, ebenso wie die zugeschriebenen Objekte in Ungarn, die von Mária Aggházy20 mit Straub in Verbindung gebracht wurden. So erschien das Œuvre sehr inhomogen, was speziell daran lag, dass nur sehr wenige signierte bzw. urkundlich gesicherte Werke des Künstlers existieren. Somit handelt es sich bei den meisten Arbeiten um Zuschreibungen, die jedoch eine nicht zu unterschätzende Fehlerquote aufweisen. Einige Objekte wurden Ph. J. Straub zugeschrieben, ohne zu erwähnen, dass sie starke Qualitätsunterschiede aufweisen, was entweder auf eine intensive Werkstattbeteiligung oder einen anderen Künstler schließen lässt. Auch an die Möglichkeit einer Kooperation mit seinen Brüdern ­Joseph und Johann Georg muss gedacht werden, lagen ihre Werkstätten geografisch schließlich nicht weit voneinander entfernt. Im Jahr 2019 erschien die bislang aktuellste Literatur21 zur Bildhauerfamilie Straub als Ergebnis des bereits angesprochenen EU-Projekts TrArS. Erstmals wurden alle bislang bekannten Werke der fünf Straub-Brüder zusammengetragen und in einem Werkkatalog22 präsentiert, ergänzt durch biografische Texte zu den Brüdern und restauratorische Befundungen ausgewählter Objekte. Nichtdestotrotz blieben Fragen offen und es gab immer noch Ungereimtheiten, die teils auf ungenaue oder schlichtweg falsche Angaben in der Literatur zurückzuführen waren. Zudem konnten durch die Autorin weitere – bislang unentdeckte – Objekte gefunden werden, die mit Ph. J. Straub in Verbindung stehen. Des Weiteren wurde im Zuge einer stilkritischen Untersuchung durch die Autorin festgestellt, dass die von Sergej Vrišer getätigten Zuschreibungen an Ph. J. Straub und deren Wiedergabe im Werkkatalog des TrArS-Projekts23 eindeutig zu widerlegen sind. Die völlig anders gearteten physiologischen Merkmale sind nicht mit dem Bildhauer in Verbindung zu bringen, dazu kommt eine fremdartige Körperkomposition, die recht unbeholfen erscheint und die Beine meist in falscher Proportion zum Oberkörper setzt. Dies ist auch nicht in der frühen Schaffensperiode Straubs feststellbar, in der erwiesenermaßen eine starke Beteiligung der Werkstatt festzumachen ist. Im Zuge der Recherchearbeiten tauchten zudem immer wieder Objekte auf, die nach erster Einschätzung Ph. J Straub zuzuordnen waren. Diese sind zum Teil in der Literatur (Dehio)24 zu finden, wo sie zuweilen als »in der Art Philipp Jakob Straubs« bezeichnet werden. Daneben gab es Skulpturen, die bislang keinem Künstler zu­ geordnet werden konnten, die jedoch deutliche Parallelen zum Œuvre Ph. J. Straubs auf­zeigten. Diese mussten akribisch nach stilkritischen Aspekten analysiert werden,

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Einleitung

um eine Annäherung an den Künstler zu ermöglichen. Es zeigt sich, welch enorme Schaffenskraft dem Bildhauer zugrunde lag und dass ein beträchtlicher Teil seines künstlerischen Erbes bislang noch nicht bekannt war. Dies beweist einmal mehr die mit der vorliegenden Publikation erreichte Notwendigkeit der Bearbeitung der Thematik, von der bedeutende Erkenntnisse für die österreichische Barockforschung abzulesen sind. Was an dieser Stelle jedoch nicht unerwähnt bleiben darf, ist die Tatsache, dass Ph. J. Straub durch die überaus gute Auftragslage mit Sicherheit etliche Mitarbeiter über Jahre in seiner Werkstatt beschäftigt hatte. Dies führte zu einem variierenden Stilbild, was manche Zuschreibungen auf den ersten Blick unglaubwürdig erscheinen lässt, da ihr Erscheinungsbild aus dem Rahmen zu fallen scheint. Zumindest ein Schüler, Johann Ferdinand Schmucker, ist namentlich bekannt, mehr Informationen zu diesem jungen Bildhauer existierten bisher jedoch nicht. Auch seine tatsächliche Bedeutung wurde für die frühe Schaffensphase seines Meisters nicht ausreichend beleuchtet. Es zeigt sich also, dass es rund um das Leben und Œuvre des Bildhauers Ph. J. Straub noch viele Unklarheiten gab, die erst im Zuge dieser Dissertation beleuchtet werden konnten.

Methoden Das Substrat der vorliegenden Arbeit bildet neben intensiver Quellen- und Literaturrecherche die stilkritische Analyse. Diese fußt auf den Methoden der Ikonografie und der Ikonologie. Dazu wird das von Erwin Panofsky entwickelte dreistufige Interpretationsschema zur Deutung von Kunstwerken angewandt, um die jeweilige Bedeutungsschicht des zu interpretierenden Objekts aufzudecken.25 Da von Ph. J. Straub verhältnismäßig wenig signierte und urkundlich nachweisbare Werke existieren, ist es notwendig, zu Beginn eine intensive Stilanalyse durchzuführen, auf deren Basis – mithilfe der komparatistischen Methode – dem Bildhauer weitere Objekte zugeschrieben werden können. Dabei kommt unwiderruflich die Frage nach der Exaktheit einer derartigen Methode auf. Claus Zoege von Manteuffel verwies in seinem Aufsatz »Kunstwissenschaft als Wissenschaft« darauf, dass eine Untersuchung dann exakt ist, »wenn die Methode dem Gegenstand und der Fragestellung angemessen ist«, das heißt, wenn »der richtige Maßstab« gefunden ist«.26 Im vorliegenden Fall wird anhand gesicherter Werke ein Grundgerüst für die weiterführende Analyse von jenen Kunstwerken geschaffen, die mit Ph. J. Straub in Verbindung stehen. Denn nur, wenn der Stil des Künstlers mit seinen zahlreichen Facetten und Einflüssen begriffen und erfasst wird, ist es erst möglich, eine annähernd stichhaltige Zuschreibung zu tätigen. Dadurch wird die Fehlerquote auf ein Minimum reduziert, wenngleich sie natürlich nie völlig ausgemerzt werden kann. Zoege von Man­ teuffel verweist weiterführend auf die Stilkritik als das »wichtigste kunsthistorische

Methoden

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Verfahren zur Datierung und sonstigen Bestimmung zum Beispiel des Meisters oder des Entstehungslandes«.27 Das Kunstwerk wird im Gesamten und in seinen einzelnen Wesenszügen wahrgenommen und die gemeinsamen Formeigentümlichkeiten werden in Gruppen unterteilt, die das Forschergedächtnis aufgrund von Erfahrung einem bestimmten Künstler bzw. zumindest einer bestimmten Region und Zeit zuordnen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass bereits ein gewisser empirischer Bestand an erfassten Stilmerkmalen vorhanden sein muss, sodass eine komparatistische ­Analyse überhaupt möglich ist.28 Eingehende Literatur- und zahlreiche Vor-Ort-Recherchen mit einhergehender fotografischer Dokumentation schufen dieses Arsenal an Stilmerkmalen und ermöglichen einen gründlich vorbereiteten Zugang zum Schaffen Ph. J. Straubs und die für ihn infrage kommenden Werke, die im Zuge dieser Arbeit nach typologischen Kriterien bewertet werden.

Zur Situation der Grazer Bildhauerei im 18. Jahrhundert Um den Künstler Ph. J. Straub in die Riege der steirischen bzw. Grazer Bildhauer einzuordnen und die unterschiedlichen Facetten, die sich in seinem Stilbild bemerkbar machen, besser nachvollziehen zu können, ist ein Blick auf die Situation des Kunstgeschehens in Österreich und der Steiermark zur Zeit des Barocks unumgänglich. Bedingt durch die im Jahr 1619 erfolgte Verlegung der Residenz nach Wien,29 erlitt die Stadt Graz eine bemerkbare Stagnation in ihrer Kunstentwicklung, sodass seit der Übergangsphase zwischen Manierismus und Frühbarock keine nennenswerten künstlerischen Erfolge zu verzeichnen waren. Die hinzukommende Bedrohung durch das Osmanische Reich verstärkte dieses Vakuum an bildnerisch hochwertigen Erzeug­ nissen. Erst gegen 1700 stabilisierte sich das Habsburgerreich und die Künste begannen allmählich wieder zu florieren.30 In Wien kam es zur Etablierung des sogenannten Kaiser- oder Reichsstils31, der durch die Architektur der großartigen Baumeister Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) und Johann Lucas von Hildebrandt (1668–1745) etabliert wurde, während in der Steiermark hauptsächlich Graz sowie der Osten mit den Augustinerchorherrenstiften Vorau und Pöllau zu den künstlerischen Zentren des Landes wurden, letztere vor allem in Hinblick auf die Bautätigkeit.32 Während sich die Malerei recht homogen und ohne starke Unterschiede des Stilbilds präsentierte, kam es in der Plastik zu vielschichtigen Auswüchsen, die sich teilweise überlagerten oder nebeneinander bestanden.33 Noch im 17. Jahrhundert war die steirische Steinskulptur stark von zisalpinen Elementen beeinflusst, während die Schnitz­ kunst im Gegensatz dazu süddeutsche Anreize empfing. Dies lag in dem Bruch begründet, der durch die Konflikte zwischen Reformation und Gegenreformation entstand. Das spätgotische Kunstgeschehen wurde durch den Protestantismus und seine Bilderfeindlichkeit rigoros beendet, während die Gegenreformation einen frischen Geist in Form von neuen italienischen und niederländischen Anregungen in die Kunst einfließen ließ, was zu einem Zustrom von Künstlern – insbesondere aus dem

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Einleitung

zisalpinen Raum – führte. Diese Trennung zweier Entwicklungslinien wurde erst um 1700 aufgehoben und führte zur Entstehung einer neuartigen, »spezifisch alpenländischen Kunst«.34 Die Abkehr von direkten italienischen Vorbildern fand in der steirischen Bildhauerei erst um 1730 statt. An ihre Stelle trat eine Synthese von italienischen, französischen und alpenländischen Reflexen, die zu einem vielschichtigen Stilbild innerhalb des Grazer Kunstgeschehens fusionierten.35 Zu dieser Zeit florierte die Auftragslage stark, was nicht zuletzt mit den gegenreformatorischen Bewegungen durch die Jesuiten und der damit einhergehenden Barockisierung der Kirchen einherging. So konnten durchaus mehrere erfolgreiche Bildhauerwerkstätten parallel nebeneinander bestehen. Graz als Residenzstadt des kunstoffenen Innerösterreichs lockte viele Künstler aus den angrenzenden Gebieten an, wie beispielsweise Italien oder Süddeutschland, und profitierte stark vom dadurch stattfindenden Kulturaustausch.36 Dadurch war die spätbarocke Bildhauerkunst voller Elemente, die in der Residenzstadt Wien gänzlich fehlten. Durch Georg Raphael Donner (1693–1741) und die Akademie mit ihrem höfischen Einfluss war der Klassizismus dort bereits weit fortgeschritten und Rokoko-Elemente fanden sich lediglich im Dekor.37 Eine Übergangsphase zwischen Spätbarock und Klassizismus konnte sich in diesem Zusammenhang nie ausbilden, dafür trat an dieser Stelle die Stadt Graz ein. Die alpenländische Schnitzkunst, deren Bestehen bereits jahrhundertelang Blüten trug und zu deren wichtigsten Vertretern Joseph Anton (auch Thaddäus) Stammel (1695–1765) zählte, mochte ein Grund dafür sein, ein anderer die immigrierende Künstlerfamilie Straub, die oberbayrisches Rokoko-Formengut in die regionale Kunst einfließen ließ. Marx Schokotniggs (1661–1731) Sohn, Joseph Schokotnigg (1700–1755), wurde von diesen neuen Impulsen maßgeblich in seinem bildhauerischen Schaffen beeinflusst und erlangte große Bedeutung für die Grazer Kunstszene jener Zeit. Stammel war in der Abgeschiedenheit des Stiftes Admont verschwunden und spielte für das Grazer Kunstleben keine prägende Rolle, was seine bemerkenswerten künstlerischen Arbeiten jedoch keinesfalls hinabsetzen soll. An dieser Stelle trat Ph. J. Straub in Erscheinung und brachte die leicht beschwingte Bewegtheit des oberbayrischen Rokokos in die heimische Plastik. Nicht zu vergessen ist hier jedoch sein Vorgänger J. J. Schoy, der zu jener Zeit zwar bereits verstorben war, aber trotzdem ein wichtiger Einflussnehmer blieb und norditalienische Elemente in die Grazer Barockkunst einführte. Ph. J. Straub orientierte sich gerade in seiner frühen Schaffensphase stark am Vorgänger und übernahm dessen zisalpin geprägte Behandlung des Stofflichen. Die Grazer Bildhauerkunst des 18. Jahrhunderts war von mannigfaltigen Einflüssen geprägt, an die auch das Kunstgeschehen des Umlandes anschließen konnte, was zu einer Befruchtung nach Süden (Slowenien) und Osten (Ungarn) führte. 38 Das Grazer Kunstgeschehen lebte sowohl vom regen Austausch der unterschiedlichen Künstler miteinander als auch über die Zunftgrenzen hinweg. Dieses Netzwerk umspannte nicht nur einzelne Berufsgruppen, sondern verknüpfte auch die verschiedenen Künste miteinander, sodass sich neben beruflich äußerst fruchtbaren Beziehungen, bei-

Zur Situation der Grazer Bildhauerei im 18. Jahrhundert

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spielsweise zwischen Baumeistern und Bildhauern oder Bildhauern und Malern, auch private Beziehungen entwickelten. Dass sich solche Bande auch im Stilbild der Künstler bemerkbar machen, steht außer Frage, doch betraf es nicht alle Bildhauer gleichermaßen. Ländliche Schnitzer, die für alle Orte der Steiermark tätig waren, bewegten sich eher im volkstümlichen Rahmen, während die städtischen und landständischen Bildhauer sowie jene, die im Dienst des Adels und des Klerus standen und ihre Ausbildung in Italien erhalten hatten, in Graz wirkten.39 Mit Ph. J. Straub, der 1733 unmittelbar von der Wiener Akademie nach Graz kam, um die Nachfolge Schoys anzutreten, war der Weg für akademische Bildhauer geebnet, die in Folge die Reichskunst in das Grazer Kunstgeschehen einbrachten. Diese Mischung verschiedenster Traditionen zeigt sich in bunt variierenden Stilbildern und lockte auch den aus Südtirol stammenden Veit Königer nach Graz, der zwar aufgrund seiner Nähe zur Akademie bereits dem Klassizismus verhaftet war, sich aber dennoch hier niederließ und die Tochter des 1755 dahingeschiedenen ­Joseph Schokotnigg heiratete und somit dessen Werkstatt übernahm.40 Seinen Rokoko-Kreationen haftete der »kühle Hauch« der Akademie an, was insbesondere an der Faltengestaltung bemerkbar ist, die deutlich reduzierter und unbewegter anmutet.41 Straub näherte sich in seinem Spätwerk (ab 1760) Königers Stil an, sodass sich zum Teil frappante Parallelen zwischen ihren Arbeiten zeigen. Mit Königer endete die Blüte der Grazer Spätbarockplastik, da mit dem Josephinismus die durch die Gegenreformation so befügelten Kirchenausgestaltungen ein jähes Ende fanden. Bestehende Werkstätten wurden aufgelöst, es mangelte an Aufträgen, was auch der Grund dafür war, dass sich die Söhne Ph. J. Straubs und Veit Königers anderen Berufen zuwandten, da jener des Bildhauers nicht mehr so lukrativ erschien, wie noch eine Generation zuvor. Die Ära der begnadeten Barockbildhauer ging damit zu Ende.

1  Der Name Philipp Jakob wird nach der ersten Nennung hauptsächlich in abgekürzter Form (Ph. J.) wiedergegeben. 2  Sofern nicht anders angegeben, sind alle ange­ führten Ortsangaben in der Steiermark (AUT) loka­ lisiert. 3  Die Hauptpartner des Projekts »Tracing the Art of the Straub Family« waren das Croatian Conser­ vation Institute, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, das Institute for the Protection of Cultural Heritage of Slovenia sowie die Universitä­ ten Graz und Ljubljana. In Österreich wurde das

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Projekt vom Land Steiermark, dem Universalmu­ seum Joanneum und der Technischen Universität Graz unterstützt. 4  Zu den von Ph. J. Straub signierten Werken zäh­ len: die Glorie des hl. Johannes Nepomuk am Weiz­ berg (1734), der Brückenstürz des hl. Johannes Ne­ pomuk am Grazer Kalvarienberg (1737) und die Gei­ßelungsgruppe in einer der Passionskapellen des hl. Bergs in Bärnbach (um 1740). 5  Siehe dazu: Rochus Kohlbach, Steirische Bild­ hauer. Vom Römerstein zum Rokoko, Graz 1956, S. 203–209.

6  Die Portalfiguren der Wallfahrtskirche Weizberg werden in der Literatur auf 1774 datiert und demnach Ph. J. Straubs Spätstil zugeschrieben. Sie stammen jedoch von der älteren Kirche und wur­ den erst beim Neubau des Portals dort platziert. Darüber hinaus sind sie – stilistisch betrachtet – nicht mit Ph. J. Straubs Œuvre in Verbindung zu bringen. 7  Julia Strobl / Ingeborg Schemper-Sparholz / Matej Klemenčič, Between academic art and guild tradi­ tions, in: Matej Klemenčič / Katra Meke / Ksenija Škarić (Hg.), Tracing the art of the Straub family, Zagreb 2019, S. 19–27, hier: S. 25f; Martina Oža­nić /  Martina Wolff Zubović, Franz Anton Straub, in: Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 85–96, hier: S. 85. 8  Rochus Kohlbach, Der Dom zu Graz, Graz 1948, S. 109. 9  Horst Schweigert, Philipp Jakob Straub (1706– 1774). Ein Grazer Barockbildhauer, in: Horst Schwei­ gert, Studien zur Kunstgeschichte Steiermarks. Aus­gewählte Schriften zur Kunst des Mittelalters bis zur Kunst der Gegenwart, Kumberg 2017, S. 309–329, hier: S. 313. 10  Ph. J. Straub war am 15. September 1756 Tauf­ pate für Veit Königers Sohn Joseph Philipp, was auf ein freundschaftliches Verhältnis schließen lässt. Siehe dazu: Stadtpfarre Graz, Taufbuch XVI, S. 98: »1756, 28. September, Josephus Philippus. Vitus Kiniger ein Bilthauer Meister et Elisabeth vxor. Philipp Jacob Straub Bilthauer Meister«. 11  Karl Bardachzi, Wunderwelt österreichischer Plastik, Wien 1954. 12  Hellmut Lorenz (Hg.), Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, Bd. IV, München-London-New York 1999, S. 542–543. 13  Anm.: Es handelt sich um Werke Joseph Straubs bzw. Joseph Holzingers, nicht um Werke des Ph. J. Straub. 14  Siehe dazu: Eduard Andorfer, »Straub Philipp Jakob«, in: Ulrich Thieme / Felix Becker, ­Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 32, Leipzig 1938, S. 167. 15  Siehe dazu: Kohlbach 1956. 16  Rudolf Wurzinger trug diese Informationen zu­ sammen und übergab sie 1977, zusammen mit dem Manuskript zu seinen 1969 veröffentlichten Forschungen zur Barockbildhauerfamilie Stengg, dem Steiermärkischen Landesarchiv. 17  Dehio-Handbuch-Graz, Die Kunstdenkmäler Ös­terreichs (hrsg. v. Institut f. österr. Kunstfor­ schung d. Bundesdenkmalamtes, bearbeitet von Horst Schweigert), Wien 1979. 18  Andorfer 1938, S. 168. 19  Siehe dazu: Horst Schweigert, Zur Frage der ehemaligen barocken Innenausstattung der Stadt­ pfarrkirche in Graz, in: Schweigert 2017, S. 281–307; Schweigert 2017, S. 309–329. 20  Mária Aggházy, A barokk szobrászat Magyaror­

szágon, Budapest, Akadadémiai Kiadó, 1959 I/140f, II/76, S. 330. 21  Klemenčič / Meke / Škarić 2019: Die Autorin war wissenschaftlich an der Entstehung beteiligt und erstellte Werkkatalogeinträge der meisten damals gültigen Zuschreibungen an Ph. J. Straub (S. 181– 203) und ein Essay zum Künstler (S. 57–65). 22  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 147–242. Der Werkkatalog ist auch online zugänglich: . 23  Siehe dazu die entsprechenden Einträge im Werkkatalog-Teil der Publikation: Klemenčič / Me­ ke / Škarić 2019, S. 195 (Eintrag Nr. 39), 196 (Eintrag Nr. 41 und 42), 198 (Eintrag Nr. 47). 24  Dehio Graz 1979; Dehio-Handbuch, Die Kunst­ denkmäler Österreichs. Topographisches Denk­ mälerinventar (hrsg. v. Bundesdenkmalamt, Abtei­ lung f. Denkmalforschung, früher Institut für ös­ terr. Kunstforschung, bearbeitetet v. Kurt Woiset­ schläger u. Peter Krenn), Wien 1982. 25  Siehe dazu: Erwin Panofsky, Ikonographie und Ikonologie. Theorien – Entwicklung – Probleme, in: Ekkehard Kaemmerling (Hg.), Bildende Kunst als Zeichensystem. Ikonographie und Ikonologie, Bd. 1, Köln 1994, S. 207–225. 26  Claus Zoege von Manteuffel, Kunstwissen­ schaft als Wissenschaft, in: Margit Lisner (Hg.), Kunstgeschichtliche Studien für Kurt Bauch: zum 70. Geburtstag von seinen Schülern, München 1967, S. 301–312, hier: S. 303. 27  Zoege von Manteuffel 1967, S. 305. 28  Die aktuellste Literatur zur Thematik ist: Jo­ hannes Grave / Joris Corin Heyder / Britta Hochkir­ chen (Hg.), Sehen als Vergleichen. Praktiken des Vergleichens von Bildern, Kunstwerken und Arte­ fakten, Bielefeld 2020. 29  Roman Sandgruber, Illustrierte Geschichte Ös­ terreichs. Epochen – Menschen – Leistungen, Wien 2000, S. 137. 30  Otmar Schuntner, Zur frühen S ­ chaffensperiode des Bildhauers Veit Königer, Bd. 1 (Dipl.-Arb. Graz), Graz 1992, S. 261f. 31  Lorenz 1999, S. 465. Der Kaiser- oder Reichsstil war ein Instrument der absolutistischen Kunstpo­ litik Kaiser Karls VI. und diente hauptsächlich der Repräsentation des Kaiserhauses. Es kam i­ nnerhalb der Baukunst zu einer Abkehr von direkten italie­ nischen Vorbildern, an deren Stelle eine Synthese italienischer, französischer und österreichischer Reflexe trat. 32  Schuntner 1992, S. 262. 33  Kurt Woisetschläger / Peter Krenn, Alte Steiri­ sche Herrlichkeiten. 800 Jahre Kunst in der Steier­ mark, Graz-Wien-Köln 21972, S. 9. 34  Schuntner 1992, S. 263. 35  Woisetschläger / Krenn 1972, S. 10. 36  Horst Schweigert, Die Barockbildhauer Johan­ nes Georg und Josef Stammel. Eine stilkritische

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und rezeptionsgeschichtliche Untersuchung (= Beiträge zur Kunstgeschichte Steiermarks, neue Folge, Bd. 2), Graz 2004, S. 12f. 37  Mária Aggházy, Steirische Beziehungen der un­ garländischen Barockkunst, in: Acta Historiae Ar­ tium Acaderniae Scientiarum Hungarice, Tomus XII, 1967, S. 313–352, hier: S. 338. 38  Aggházy 1967, S. 338.

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Anmerkungen

39  Woisetschläger / Krenn 1972, S. 10. 40  Christine Rabensteiner / Gottfried Biedermann, Plastik und Stuck der Barockzeit in der Steiermark, in: Kulturreferat der Steiermärkischen Landesre­ gierung (Hg.), Lust und Leid. Barocke Kunst. Baro­ cker Alltag, Graz 1992, S. 139–184, hier: S. 142. 41  Hier zeigt sich die akademische Orientierung an der antiken Bildhauerkunst.

Philipp Jakob Straub (1706–1774) – ein Barockbildhauer des Südost­ alpenraums mit süddeutschen Wurzeln

Biografie Philipp Jakob Straub Zur Zeit des Barocks kamen vermehrt süddeutsche Künstler in den innerösterreichischen Raum, was insbesondere durch die Gegenreformation und die damit einher­ gehenden Adaptionen von Sakralbauten bedingt war. Diese künstlerisch höchst anspruchsvollen Arbeiten wurden durch Mäzene gefördert, die eine große Zahl an potentiellen Aufträgen für Künstler schufen. Einer davon war Ph. J. Straub, der sich in der Residenzhauptstadt Graz ansiedelte, die mit J. J. Schoy gerade erst den bedeutendsten Bildhauer seiner Zeit verloren hatte. 1706 im süddeutschen Wiesensteig geboren, erhielt Ph. J. Straub, wie auch seine Brüder, den ersten künstlerischen Unterricht von Vater Johann Georg Straub in dessen Werkstatt. Diese verließ er im Jahr 1721, um seinem älterem Bruder Johann Baptist nach München zu folgen, wo er ­fortan als Geselle in der Bildhauerwerkstätte Gabriel Luidls (1688–1741) tätig sein sollte. Hier arbeitete 1725 auch Johann Straub, Schreiner und Onkel der beiden Brüder, an der Ausstattung des Schlosses Schleißheim.1 Aus urkundlichen Quellen geht hervor, dass Ph. J. für den Zeitraum vom 25. November 1726 bis zum 15. Februar 1727 in einer Aufstellung für Lohnforderungen genannt wird,2 weshalb anzunehmen ist, dass er ebenfalls für die Arbeiten in Schleißheim und im neuen Appartement der Stadtresidenz herangezogen wurde. An dieser Stelle ist anzumerken, dass Ph. J. – wie auch sein älte­ rer Bruder – als Tischlergeselle arbeitete, beide demzufolge vorwiegend im Möbelbau und der dekorativen Holzschnitzerei tätig waren.3 Nach dieser ersten Ausbildung im bayrischen Stilkreis folgte 1727 die Übersiedlung in die kaiserliche Residenzstadt Wien, wo Ph. J. nachweislich bis 1733 die Akademie besuchte. 4 Es ist anzunehmen, dass er als Geselle in der Werkstatt des Hofbildhauers Prinz Eugens von Savoyen, Johann Christoph Mader (1697–1761), tätig war, in der auch Johann Baptist arbeitete. Dieser erhielt den Auftrag zur skulpturalen Ausstattung des Wiener Schwarzspanierklosters, wobei denkbar ist, dass auch Ph. J. teilweise an den Arbeiten beteiligt war.5 Dies führte vermutlich zu einer Beeinflussung seines Frühstils durch den »KaiserStil«, der unter Karl VI. seinen Höhepunkt erreichte, und von einer imperialen Programmatik und bewusstem Aufgreifen der alten kaiserlichen Symbole geprägt ist.6

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Johann Jakob Schoy war Hof- und Landschaftsbildhauer und gilt als führender steirischer Bildhauer des ersten Drittels des 18. Jahrhunderts.7 Nach dessen Tod vermittelte Mader seinen Gesellen Ph. J. Straub 1733 nach Graz, indem er ihn als fähigs­ten Bewerber für die Heirat mit der frisch verwitweten Anna Katharina Schoy, und demnach auch für die Übernahme der Werkstatt mitsamt Gesellen8 Schoys, wärmstens empfohlen hatte.9 Dies wird ebenso im selbstbewussten Ansuchen Ph. Jakobs am 1. Dezember 1733 um die Verleihung des Titels eines Landschaftsbildhauers evident.10 In diesem erwähnte er, dass er »seine Kunst vervollkomnt durch vollbrachte Reisen in verschiedene Academien«.11 Die Hochzeit und damit offizielle Übernahme der Werkstatt erfolgte am 18. September desselben Jahres, als Trauzeuge wird der Maler Ignaz Flurer genannt, der für die Grafen von Attems tätig war und in Folge mehrere Male mit Ph. J. Straub zusammengearbeitet hat.12 Die Werkstatt Schoys war im sogenannten Seitzerhof, Annenstraße Nr. 20, eingerichtet, seine Witwe Anna Katha­rina erbte das am »Müllgang« liegende Haus mitsamt ebenerdiger Werkstatt und »Kuchlgarten«.13 Ph. J. Straub wird ab 1738 als Bewohner des Hauses genannt,14 das er 1755 nach dem Tod seiner Gattin erbte.15 Es wird a ­ ngenommen, dass der Bildhauer dort ebenfalls eine Werkstatt besaß, wobei es jedoch auch möglich ist, dass er sie im Haus Annenstraße Nr. 46 (= Metahofgasse Nr. 1)16 einrichtete.17 Dieses bestand, Friedrich Popelka zufolge, aus drei Häusern, die im »Weißeneggerhof« lagen. Das erste erwarb Ph. J. Straub 1738 von einem gewissen L. Hacker, der es seit 1721 besaß. Die beiden anderen gelangten erst 1773 in Straubs Besitz, wovon eines vom Jesuitenorden an den Bildhauer ging (1847 musste es dem Straßenbau weichen) und das andere von einem Herrn Dr. Ph. Schneller.18 Darüber hinaus besaß er das Haus Idl­hofgasse Nr. 319, das seine zweite Frau und deren gemeinsamer Sohn Joseph Anton bewohnten.20 Seine erste Frau Anna Katharina verstarb 1751 und wurde am 13. April desselben Jahres zu Grabe getragen.21 Dieser Ehe entstammten keine Kinder, jedoch gebar ihm seine zweite Frau Maria Anna Duhn, die er im selben Jahr in Marburg ehelichte, mindestens zehn Kinder.22 Als Trauzeuge ist der Bruder Joseph Straub angeführt.23 Im Zeitraum 1750 bis 1752 arbeitete Ph. J. Straub nachweislich eng mit seinem Neffen Franz Xaver Messerschmidt (1736–1783) zusammen, zeitgleich wurde er zum Hofkammerbildhauer ernannt. Als besondere Wertschätzung seiner Kollegenschaft wurde er 1752 zum Patron und Vorstand der Maler-Konfraternität gewählt.24 Die Arbeit seiner Werkstatt florierte weiterhin, obwohl es gegen 1760 zu einer deutlichen Wandlung in seinem Stilbild kam, die wohl auf den beginnenden Klassizismus und einer damit einhergehenden Beruhigung des Figuralstils zurückzuführen ist. Hier dürfte die (nachweislich) amikale und (denkbare) berufliche Beziehung zu Veit Königer eine wesentliche Rolle gespielt haben.25 Ph. J. Straub verstarb 1774 im Alter von 69 Jahren im Weißeneggerhof und fand am 26. August seine letzte Ruhestätte. Rochus Kohlbach verwies auf den Annen­ friedhof der Pfarre St. Andrä.26 Kurios ist, dass sich die Sterbematrike zweimal finden lässt – im Sterbebuch der Pfarre Graz Straßgang27 und im Totenbuch der Pfarre hl. Blut.28 Beide Eintragungen sind beinahe ident, in Straßgang lautet seine Adresse

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Philipp Jakob Straub (1706–1774)

Nr. 83, beruflich war er Bildhauer im Weißeggerhof und wurde am stadtpfarrischen Friedhof bei den Dominikanerpatres bestattet. In hl. Blut lautet die Adresse Nr. 80, von Beruf war er »inkoporierter Mahler«, ergänzt durch Bildhauer, der am St. Anna Friedhof, Weyseggerhof, Pfarre Straßgang, bestattet wurde. Dass sich zwei Pfarren für die Sterbeeintragung des berühmten Künstlers zuständig fühlten, unterstreicht den Rang, den Ph. J. Straub innehatte, denn dies war nicht üblich.29 Eine neu entdeckte Amortisationsankündigung aus dem Jahre 183630 belegt, dass die Witwe Straub wohl noch einmal heiratete, einen gewissen Dr. Hubert Mayrhofer, mit dem sie den sogenannten Weißeneggerhof (Nr. 597) bewohnte. Der Text verweist zudem auf die Erbschaft Ph. J. Straubs an seine Töchter Susanna, Josepha, Maria Anna und Elisabeth mit damit einhergehender Schuldobligation von je 445 fl 25 ½ fr. Zumindest ein direkter Nachkomme Ph. J. Straubs trat in die Fußstapfen des Vaters. Rudolf Wurzinger31 gelang es, nachzuweisen, dass der Sohn Joseph Anton Straub im Jahr 1782 an der Akademie der Bildenden Künste in Wien unter Martin ­Fischer das Bildhauerhandwerk studierte. Dieser bestätigte zwar dem jungen Straub vorhandenes Talent, doch er vernachlässigte sein Studium zugunsten eines europaweiten Uhrenhandels mit reger Reisetätigkeit, sodass er erst 1795 zur Erlangung des Meisterrechts um die Fertigung des »Probstücks« in der Zälaturschule der Akademie als Ornamentist ansuchte. Er wurde recht wohlhabend, besaß zwei Häuser in Wien, Mariahilferstraße Nr. 32 und 36, heiratete eine gewisse Jacobina und starb am 12. März 1836 als akademischer Bildhauer, Bürger, k.u.k. Armenvater und Grundgerichtsbeisitzer. Dies veranschaulicht, dass die Bildhauerei für die jüngere Generation bei weitem nicht mehr so lukrativ war, wie es noch wenige Jahrzehnte zuvor der Fall gewesen ist. So fanden zahlreiche bis dato erfolgreiche Künstlerwerkstätten in Ermangelung an Nachfolgern und Aufträgen mit dem Tod des jeweiligen Meisters ihr Ende.

Chronologisches Verzeichnis der gesicherten Werke Philipp Jakob Straubs Von Ph. J. Straub haben sich lediglich drei signierte Werke erhalten, doch ließen sich in den Archiven weitere Objekte finden, die dem Bildhauer nachweislich zuzuordnen sind. Dies ist in erster Linie der akribischen Arbeit Rochus Kohlbachs zu verdanken, der eingehende Recherchearbeiten betrieb und so einen überaus bedeutenden Verdienst für die steirische Kunstgeschichtsforschung leistete. Dadurch lässt sich eine konstante Werkliste, beginnend mit seiner frühesten Arbeit in Graz im Jahr 1734 (Weizberg, hl. Johannes Nepomuk), erstellen, anhand derer der Entwicklungsstil des Bildhauers bis zu dessen letztem gesicherten Werk im Jahr 1768 (Birkfeld, Rosenkranzaltar) nachvollzogen werden kann. In den sechs Jahren vor seinem Tod ist keine Arbeit von seiner Hand mehr überliefert. Diese Werkliste bildet die Basis für die nachfolgende Stilgenese und -analyse, anhand derer die zahlreichen an Ph. J. Straub zugeschriebenen Werke beurteilt werden können.

Chronologisches Verzeichnis der gesicherten Werke Philipp Jakob Straubs

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Die gesicherten Werke Ph. J. Straubs sind im Folgenden mit Angabe der jeweiligen Quelle chronologisch aufgelistet: 1734 Weizberg: Glorie des hl. Johannes Nepomuk, Inschrift: PH(?) ST. FEC. (auf dem Felsen unter den Füßen des Puttos), ­Sandstein 1734

Graz, Domkirche: Hoforatorium «reichlich ornamentale ­Schnitzereien und Atlantenfiguren« (urkundl. gesichert, Kohlbach)32, Holz

1735

Graz, Schloss Eggenberg: unbestimmte Aufträge (urkundl. gesichert, Kohlbach)33

1736

Graz, Domkirche: Prunkrahmen »cum ciradis« (mit Zieraten) und sechs »Schnirkl« (Schnörkel) für Hochaltartabernakel, (urkundl. ­gesichert, Kohlbach)34, Holz



Lichtergüst für die Jesuitenheiligen (urkundl. gesichert, Kohlbach)35, Holz

1737

Graz, Kalvarienberg, Kapelle: Brückensturz des hl. Johannes ­Nepomuk, Inschrift: PH J STRAUB FECIT 1737 (auf der Statuen­ basis), Sandstein

1740, um36 Bärnbach, Heiliger Berg, Passionskapellen: Geißelungsgruppe mit Signatur: PHI ST. FEC: (an der Säulenbasis), mit Werkstatt­ beteiligung, Sandstein 1742–1744 Graz, Mariahilferkirche, Fassade: hll. Franziskus und Antonius, thronende Madonna mit Jesuskind, drei Erzengel, Sandstein 1742–1745 Rein, Stiftskirche: Sebastiansaltar, hll. Florian und Donatus und Narzissusaltar, hll. Blasius und Valentin (urkundl. gesichert, Lehr)37, Holz

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1744

Graz, Domkirche: Nepomuk- und Aloisiusaltar (urkundl. gesichert, Kohlbach)38, mit Skulpturen aus parischem Marmor (gesamt 1200 fl)



Bildprobe der Engel des Aloisiusaltars mit kompliziertem Stand­ motiv39

1745

Graz, Domkirche: Cristo Morto für Antependium des Kreuzaltars (47 fl 14 kr) (urkundl. gesichert, Kohlbach40), Holz

1746

Graz, St. Leonhard, Pfarrkirche: Hochaltar (950 fl) (urkundl. ­gesichert, Kohlbach)41, gelangte nach Bosnien in eine Franziskanerkirche42, genauer Ort unbekannt

1745/47

Graz, Domkirche: Dekorationsbekrönungen der Betschemel und Kelchkästen der Sakristei, Uhrrahmen an Orgelchorbrüstung,

Philipp Jakob Straub (1706–1774)

­hölzernes Antependium für Kreuzaltar, die Geroldtschen Leuchter (verschollen), Modellfiguren zu verschollenen Silberstatuetten, »vier wandleichter«, in denen »silberne Herzen in Filigran verwahrt werden«, zwei Kandelaber zu je 14 Kerzen (1746), einen neuen ­Finger aus genuesischem Marmor für die Skulptur des hl. Joachim (für 1 fl 42 kr), zwei Luster (36 fl) (urkundl. gesichert, Kohlbach)43 1748/50

Graz Stadtpfarrkirche hl. Blut: Hochaltar, Seitenaltäre, Chor­ gestühl, Oratorien (1875 entfernt); Nepomukaltar (1752 geweiht), (urkundl. gesichert, Kohlbach)44, Holz

1757

St. Peter im Sulmtal, Pfarrkirche hl. Petrus: Tabernakel (urkundl. gesichert, Kohlbach)45, Holz (aufgrund von Beschädigung durch klassizistischen Tabernakel aus Groß St. Florian ersetzt)

1759

Trški Vrh bei Krapina (HRV), Wallfahrtskirche hl. Maria von ­Jerusalem: Hochaltar (urkundl. gesichert, Baričević)46, Holz

1764

Graz, Schloss Eggenberg: Putten für Parktor (55 fl) (urkundl. ­gesichert, Kohlbach)47, Sandstein

1765

Birkfeld, Pfarrkirche hll. Petrus und Paulus: Orgelskulpturen ­(urkundl. gesichert, Kohlbach)48, Holz

1765 Admont: Zehn Vasen und zwei Wappen (urkundl. gesichert, Kohlbach)49, Stein 1766 Weiz: Kanontafeln (urkundl. gesichert, Kohlbach)50, Holz 1768

Birkfeld, Pfarrkirche hll. Petrus und Paulus: Rosenkranzaltar ­(urkundl. gesichert, Kohlbach)51, Holz

Stilgenese und -analyse Ph. J. Straubs Stil ist dem Spätbarock zuzuordnen und unterlag einigen Einflüssen, die sich im Laufe der Zeit – bedingt durch seine diversen Aufenthalte, Auftraggeber und allgemeine Tendenzen – in seinem Schaffen manifestierten und in unterschiedlich ausgeprägter Form zum Ausdruck kamen. Auffallend ist eine Steigerung hinsichtlich Naturalismus und Dramatik, deren Höhepunkt sich ab den 1740er-Jahren erkennen lässt und gegen Ende seines Lebens wieder reduzierter wird, ganz dem sich bereits anbahnenden Klassizismus entsprechend. Horst Schweigert hat das Schaffen Ph. J. Straubs in drei Perioden unterteilt:52 Die erste begann mit der Werkstattübernahme J. J. Schoys in Graz und beschränkte sich auf jene Aufträge, die er als dessen Nachfolger ausführte. Ab 1740 folgte mit den Skulpturen für die Grazer Mariahilfer­kirche die mittlere, »reife« Schaffensperiode, die um 1760 vom Spät- oder Altersstil abgelöst wurde, der bis zu seinem Tod 1774 andauerte. Um diese Einordnung übernehmen zu

Stilgenese und -analyse

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können, muss im Folgenden eine kritische Betrachtung stattfinden. Dafür werden alle bislang gesicherten Werke Ph. J. Straubs (archivalisch oder durch Signatur) eingehend analysiert und die Charakteristika der Skulpturen herausgearbeitet. Die Zuschreibungen können in diesem Stadium nicht berücksichtigt werden, da sie vorerst einer Stilanalyse nicht hilfreich sind und gegebenenfalls ein verfälschtes Bild vermitteln. Sie werden jedoch in den nachfolgenden Kapiteln eingehend validiert und in das Stilbild Ph. J. Straubs eingeordnet, sollten sie diesem entsprechen. Frühe Schaffensphase (ca. 1720–1740) Die Grundlagen der bildhauerischen Fertigkeiten Ph. J. Straubs entstammen dem süddeutschen Einfluss53, dem er – wie auch vier seiner Brüder – durch die erste Ausbildung in der Werkstatt seines Vater Johann Georg unterlag. Dieser war Schreiner, der sich jedoch auch in den Bereichen des Malens, Vergoldens, Holzschnitzens und Bildhauens verdingte.54 Somit vermochte er es, seinen Söhnen eine umfangreiche Ausbildung zuzuführen, wie Johann Caspar Lippert (1729–1800), der Biograf des ältesten der Brüder, Johann Baptist, 1772 schrieb: »Sein Vater Johann Georg, war ­Bildhauer daselbst, der aus zweyerley Ehen fünf Söhne erzeugte, die er alle der Bildhauerkunst widmete, und ihnen einen so getreuen Unterricht gab, daß sie in verschiedenen Orten ihren standesmäßigen und guten Unterhalt fanden.«55 Dies verdeutlicht, in welch vielseitiger und produktiver Werkstatt die Brüder ihren primären Unterricht erhielten, was eine solide Basis für ihre künftigen Karrieren darstellte. Aus dieser frühen Periode sind bislang keine Werke bekannt, es befindet sich jedoch ein auf 1738 zu datierendes Kruzifix von der Hand des Vaters in der Friedhofskapelle St. Leonhard in Wiesensteig (GER).56 Dies macht deutlich, dass der Schreiner gelegentlich Skulpturen schuf, auch wenn diese hinsichtlich ihrer künstlerischen Qualität weit hinter jenen seiner Söhne zurückstanden. Stilistisch als volkstümlich einzustufen, zeigt der Corpus dennoch einzelne formale Höhepunkte, wie das Lenden­ tuch eindrucksvoll beweist. Dieses ist sehr feinteilig gearbeitet, das Ende flattert regel­ recht an der rechten Seite des Heilands in die Höhe. Dies kann als Parallele zu den späteren Arbeiten seiner Söhne, insbesondere Ph. Jakobs, gesehen werden. Daneben sind lediglich die übergroßen Augen und die Detailtreue bei der anatomischen Formung des Körpers als eine Gemeinsamkeit zu nennen. Die früheste greifbare Ausformung des Stils von Ph. J. Straub lässt sich an seinen ersten bekannten Arbeiten festmachen: einerseits den Arbeiten für das Münchener Schloss Schleißheim, die zumindest für den Zeitraum einiger Monate dokumentarisch belegt sind,57 andererseits die Tätigkeiten in der Werkstatt des Gabriel Luidls.58 Demnach wurde Ph. J. umfassend im bayrischen Stilkreis ausgebildet und es ist anzunehmen, dass seine Werke in dieser Phase sehr nah an jene seines Vaters und insbesondere seines älteren Bruders Johann Baptist herankamen. Diesen begleitete er einige Jahre seines Lebens und arbeitete nachweislich mit ihm zusammen – auch später in Wien, als beide beim Hofbildhauer Johann Christoph Mader als Gesellen eine Anstellung innehatten.59 Mit der Arbeit des Johann Baptist offenbar sehr zufrieden, beauf-

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Philipp Jakob Straub (1706–1774)

1  Philipp Jakob Straub, Atlant, Detail Hoforatorium, Holz, 1734, Graz, Domkirche

tragte diesen bald der Abt Anton Vogl von Krallern mit Zierwerken für die Wiener Schwarzspanierklosterkirche. Dazu zählte – neben den üppig dekorierten Kirchenbänken und zwei Engelsfiguren für die Orgelbekrönung (heute in der Wiener Augustinerkirche) – auch die Kanzel, die sich heute in Laxenburg befindet.60 Peter Steiner erkannte Stilunterschiede zwischen den späteren Münchner Werken Johann Baptists und den Reliefs der Kanzel, was nahelegt, dass Ph. J. vermutlich an diesen Arbeiten beteiligt war.61 Auch die zahlreichen Bozzetti, die Johann Baptist während seines Aufenthalts in Wien anfertigte, dürften eine Wirkung auf den jüngeren Bruder gehabt haben.62 Nicht nur die Einflüsse durch seinen Bruder prägten das Stilbild von Ph. J. Straub zu jener Zeit. Auch die Werke des aus dem norditalienischen Raum stammenden Lorenzo Mattielli (1687–1748), der von 1714 bis 1738 in Wien als Kaiserlicher Hofbildhauer63 tätig war, spielten mit Sicherheit eine nicht unerhebliche Rolle in seiner künstlerischen Entwicklung. Dessen charakteristische ausgeprägte Drehbewegungen und raumgreifende Körperkompositionen haben sich im Schaffen des jungen Bildhauers niedergeschlagen. Mattiellis Gestaltung idealschöner Gesichter und rundlicher Körperformen entsprechen jedoch nicht den Charakteristika von Ph. J. Straubs Werken. Die durch seine Hand entstandenen Atlanten (Abb. 1) des Hoforatoriums im

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2  Philipp Jakob Straub, hl. Johannes Nepomuk, Sandstein, 1734, Pfarrkirche ­Weizberg, Außenbereich

Grazer Dom (1734, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub)64 lassen stilistische Parallelen zu der Atlantenreihe der Sala terrena in Klosterneuburg zu, die Mattielli 1735 voll­ endete.65 Die Ausführung der Träger als bärtige Männer, deren Unterleibe in volutengekrönten Pilastern münden, ist in beiden Fällen identisch, auch die starken Oberkörper, die jeden Muskel unter der Haut erkennen lassen, stellen eine Parallele dar. Dies gilt auch für die einzelnen, klar differenzierbaren Armspiele, die bei jedem der Atlanten anders ausgeführt wurden, was zu mehr Lebendigkeit führt. Ph. J. Straubs Arbeiten hingegen wirken – trotz der ausgeprägten Muskeln – viel graziler und nicht so massig wie Mattiellis Gegenstücke, bei denen das Fleischliche des Oberkörpers deutlich im Fokus steht. Bei Ph. J. Straub erscheint der Umhang, der sich um die Hüften bauscht, auffälliger als der Körper der Atlanten. Mit der langen Haar- und Barttracht erinnern diese mehr an Christusdarstellungen als an antike Lastenträger, was dem religiösen Umfeld ihres Aufstellungsortes entspricht.66 Es wird evident, dass sich Ph. J. Straub bereits als junger Bildhauer einen eigenen Stil angeeignet hatte, den er trotz Vorbildnahme an Werken anderer Künstler beibehielt und weiterformte, was von einem hohen Selbstbewusstsein und noch größerem Talent zeugt. Dies war wohl auch der Grund, weshalb er 1733 als Nachfolger Schoys nach Graz empfohlen wurde. Mit der Übernahme der Werkstatt erbte der Bildhauer auch dessen noch ­unvollendete

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Philipp Jakob Straub (1706–1774)

3  Johann Jakob Schoy, Apotheose des hl. Johannes Nepomuk, Sandstein, 1724, Wien, Unteres Belvedere

Auftragsarbeiten. In diesem Zeitraum zeigt der Stil des jungen Bildhauers unverkennbare Anleihen an das Werk des Verstorbenen. Eines der ersten in der Grazer Werkstatt entstandenen Werke, die Skulptur des hl. Johannes Nepomuk (Abb. 2) an der Außenfassade der Pfarrkirche Weizberg (1734, signiert und datiert)67, ist unverkennbar mit Schoys Gruppe der Apotheose des hl. Johannes Nepomuk (1724, Wien, Unteres Belvedere) verwandt (Abb. 3). In beiden Fällen kniet der Heilige auf einer ­Wolkenformation, den Kopf leicht nach unten gebeugt, während die locker zum Gebet gefalteten Hände mit ineinander verschränkten Fingern in die entgegengesetzte Richtung geführt sind, was ein Charakteristikum für Schoys Arbeiten ist.68 Vor dem Heiligen liegt das Birett, hinter ihm befindet sich ein Attribut-haltender Putto. Der Dargestellte wird von einer kontemplativen Aura umgeben, das Gesicht wirkt gelöst und friedlich. Schoys G ­ ruppe ist kompositorisch mit Sicherheit die bemerkenswertere, was vor allem an dem Engel liegt, der sich hinter dem Heiligen emporhebt und dessen Kopf mit einem Märtyrerkranz schmückt, während die andere Hand nach oben gen Himmel zeigt. Das stark ­bewegte Tuch, das um seinen Körper geschlungen ist, unterstreicht seine E ­ rscheinung als himmelsgleiches Wesen. Die Zickzack-Komposition verleiht einen dynamischen Eindruck, während die gleichzeitig eingesetzte Dreieckskomposition Harmonie und eine Erdung im unteren Bereich vermittelt. So verbindet sich das Himmlische des

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Engels mit dem Irdischen, dem der Heilige zumindest noch kurzzeitig angehört, bevor er ins ewige Himmelreich aufgenommen wird. Erstaunlich ist, dass sich bereits hier verdeutlicht, über welche Gestaltungsrepertoires Ph. J. Straub verfügte. Auch wenn sein Nepomuk insgesamt etwas weniger grazil und erhaben erscheint, sind es doch gewisse Akzente, die sein Werk gegenüber dem anderen Künstler auszeichnen. Das Birett liegt nicht, wie beim Schoy’schen Gegenstück, geordnet auf der Wolke, sondern scheint jeden Moment verkehrt herum hinunterzustürzen. Das wie beiläufig aufgeschlagene Buch, das es halb verdeckt, unterstützt diesen Effekt. Diese Nonchalance zieht sich auch in späterer Zeit durch das Opus des Bildhauers und ist als ein Charakteristikum einzustufen, das der eleganten Ausstrahlung seiner Figuren jedoch keinen Abbruch tut. Bereits Erwin Panofsky bemerkte, »dass im Barockzeitalter Würde durchaus mit Nonchalance vereinbar war«.69 Ph. J. Straubs Arbeiten bezeugen dies eindrucksvoll. Horst Schweigert zufolge ist es denkbar, dass sich Schoy und Ph. J. Straub kannten, war ersterer doch neben Marx Schokotnigg der bedeutendste Bildhauer Inner­ österreichs.70 Der Kontakt muss während der Gesellenzeit beim Hofbildhauer Mader in Wien zustande gekommen sein, kurz bevor Schoy starb und Ph. J. Straub dessen Werkstatt übernahm. Schoys Werk vereint Schweigert zufolge die italienische Strömung des Barocks mit der Betonung des Körperlichen und dem Einsatz von Gewandmassen als Mittel zur Komposition (was vermutlich auf einen Italienaufenthalt zurückzuführen ist, der jedoch archivalisch nicht gesichert ist) mit dem Wiener Kunstkreis, der von Matthias Steinl (um 1644–1727) und Giovanni Giuliani (1664–1744) geprägt wurde.71 Nachdem Ph. J. Straub die begonnenen Aufträge des Verstorbenen übernahm und sehr wahrscheinlich auch Zugriff auf dessen Skizzen und Entwürfe hatte, liegt es nahe, dass sich der junge Nachfolger in dieser Zeit stark am Vorgänger orientierte und dessen Kompositionen übernahm, nicht jedoch ohne eigene Stilmittel einzubringen. Diese Orientierung am verblichenen Meister war mit Sicherheit auch von der Auftraggeberschaft gewünscht, war der Großauftrag doch nicht ohne Grund ursprünglich an den begnadeten Schoy gegangen. In Hinblick auf die Materialien, mit denen Ph. J. Straub arbeitete, lässt sich ebenfalls eine Einteilung in drei Perioden vornehmen: Während in der frühen Periode das Verhältnis zwischen Stein- und Holzskulpturen ausgewogen war, lässt sich in der mittleren Schaffensphase ein überdeutlicher Anstieg der Schnitzarbeiten erkennen, während die Spätphase wiederum sehr ausgeglichen ist. Erklärbar ist der frappante Anstieg an Holzarbeiten vermutlich durch die wachsende Reputation des Künstlers, die dazu führte, dass ihm verstärkt Aufträge aus dem klerikalen Bereich zugetragen wurden, bei denen es sich in erster Linie um geschnitzte Altäre bzw. Altarfiguren handelte. Prinzipiell ist festzuhalten, dass auf dem Gebiet der südlichen Steiermark und des heutigen Sloweniens zwei wesentliche Strömungen der Barockskulptur fusio­nierten: die südliche, aus Italien kommende, die durch das dort bevorzugte Material Stein gekennzeichnet ist sowie die aus dem nördlichen bzw. nordwestlichen Gebiet herbeiströmende Holzschnitztradition aus dem Alpenraum.72

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Die Steinskulpturen der Anfangszeit zeigten zwar bereits Tendenzen zur Bewegtheit und Natürlichkeit, die Körper erscheinen jedoch noch recht grob modelliert. Die beiden Figuren der – laut Inschrift – auf das Jahr 1737 datierten und durch Ph. J. Straub signierten Gruppe »Sturz des hl. Johannes Nepomuk« des Grazer Kalvarienbergs (Taf. I) sind von einer Dynamik erfasst, die sich der Dramatik der Szenerie anpasst. Trotz des stark nach seitlich und hinten verdrehten Oberkörpers des Heiligen und der aktiven Handlung des Schächers, der diesem auf die Schulter und unter das Gewand greift, um ihn hinabzustürzen, erscheint die Szenerie wie erstarrt. Das liegt nicht zuletzt an der Gewandgestaltung des Heiligen, deren Faltengebung sich zwar der Bewegung anpasst, jedoch nicht durch Luftigkeit einen bildunterstützenden Charakter erhält. Als erster umfangreicher Auftrag Ph. J. Straubs gilt die Erschaffung der Sandsteinskulpturen der hll. Elisabeth und Barbara des Hochaltars der Grazer Bürgerspitalskirche (1734–1738).73 Dieser war zuerst an Schoy gegangen, Ph. J. Straub führte ihn allerdings meisterlich aus und ließ an dieser Stelle seinen Personalstil erstmals deutlich erkennen, der von Horst Schweigert folgendermaßen beschrieben wird: Charakteristisch ist die sorgfältige Gestaltung von Körperaufbau, Gewandbehandlung und Physiognomie sowie die in den Freiraum ausgreifende Gestik, die, wie die Vorwärtsbewegung des Spielbeins, eine Formbereicherung für den Figurenhabitus ergibt. Ein wesentliches Kompositionselement ist die plastische Modellierung des Stofflichen und die räumliche Organisation der Faltenbahnen.74 Die hll. Elisabeth und Barbara sind vorzügliche Beispiele der Fähigkeit Ph. J. Straubs, dem leblosen Material Stein Leben einzuflößen. Was an den bisherigen Skulpturen noch als Plumpheit zu bemängeln war, konnte er in diesen beiden Figuren überwinden. Hervorzuheben ist besonders die hl. Elisabeth (Abb. 4), die deutlich bewegter er­ scheint als ihr Gegenstück. Der ausgeprägte Kontrapost mit weit ausgestellter Hüfte, der seitlich geneigte Kopf, die nach vorne gestreckte Hand mit manieriert gespreizten Fingern und die leichte Rückwärtsbewegung des Oberkörpers verweisen auf den sich entwickelnden Personalstil des Bildhauers. Die lebhafte Draperie der Kleidung verstärkt den dynamischen Eindruck. Der sich an ihrer rechten Seite aufbauschende Mantel ist ein gezielt eingesetztes und überaus effektvolles Gestaltungsmittel in Hinblick auf das Kreieren von Dynamik innerhalb der Skulptur und sollte eine dramatischere Silhouette erzeugen. Das Haar und weitere Partien des Gewandes werden davon jedoch nicht erfasst, er setzte lediglich einzelne Akzente. An der hl. Elisabeth zeigt sich wunderbar die für Ph. J. Straub so typische Behandlung von Stoffen. Durch Vertiefungen und Erhebungen entsteht ein »unruhiges, malerisches Lichterspiel an der Steinoberfläche«,75 was als Charakteristikum seines Œuvres festzustellen ist. An diesen Skulpturen ist bereits zu erkennen, was sich durch das gesamte künstlerische Schaffen Ph. J. Straubs ziehen wird: zwei zumeist vollflächig abgestellte Füße trotz ausgeprägter Kontrapost-Stellung, die einen höchst

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4  Philipp Jakob Straub, hl. Elisabeth, ­Detail Hochaltar, Sandstein, 1734–1738, Graz, Bürgerspitalskirche

bewegten Effekt erzeugen, der die Skulpturen leicht und beweglich erscheinen lässt. Dieser scheinbare Gegensatz zwischen physischer Bodenhaftung und himmelstrebender Erhabenheit hat der Bildhauer gekonnt zu einem persönlichen Gestaltungsmittel etabliert. Die Arbeiten für die Bürgerspitalskirche wurden zwar an Schoy vergeben, Straub vermochte es jedoch, die Skulpturen vorzüglich umzusetzen und seine eigene Kreativität gekonnt einfließen zu lassen. Sie markieren den Wendepunkt in Straubs Karriere und den Beginn seines nun folgenden, fortgeschrittenen Stils, den Horst Schweigert als »Reifestil« bezeichnete.76 Die Übergangsphase stellen die Skulpturengruppen in den vier Passionskapellen des hl. Bergs in Bärnbach dar, von denen zumindest eine die Signatur Ph. J. Straubs trägt. Dabei handelt es sich um die Geißelungsszene mit dem Christus an der Säule und zwei Schergen (Abb. 5). Horst Schweigert datiert die Figuren um das Jahr 1740 und nimmt die Beteiligung der Werkstatt Straubs an.77 Dies liegt wohl in der nicht vollends meisterlichen Umsetzung der Figuren begründet: Der linke Scherge der Geißelungsszene beispielsweise zeigt einen unnatürlich zur Seite geknickten rechten Unterschenkel, der nicht zur – ansonsten anatomisch durchaus präzise umgesetzten – Gruppe passen will. Der Christus-Körper ist äußerst ausgemergelt, die Rippenbögen sind deutlich auszumachen. Das Gesicht erscheint eingefallen, die großen,

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5  Philipp Jakob Straub, Geißelung Christi, Detail, Passionskapelle, Sandstein, 1740, Bärnbach, hl. Berg

runden Augen sind weit aufgerissen und gen Himmel gerichtet, der Mund gequält zu einem Stöhnen geöffnet. Das lange Haar fällt voluminös und asymmetrisch auf die Schultern herab, wobei die einzelnen Bohrungen Plastizität erzeugen. Der Kopftypus und die höchst pathetische Armpositionierung erinnern stark an die berühmte Laokoon-Gruppe (1. Jh. v. Chr.), die im Zuge der vorliegenden Arbeit noch öfter zu Vergleichen herangezogen werden kann. In diesem Zusammenhang wird der zisalpine Einfluss auf die barocke Bildhauerei nördlich der Alpen evident, der sich offenbar auch bei jenen Künstlern niederschlug, die sich selbst nie in Italien aufgehalten haben. Die Gesichter der beiden Peiniger sind wahrhafte Charakterstudien und gewiss keine Stereotypen. Sie erinnern an jene Schergengestalten, die sich, unter anderem, bei den Kalvarienbergen in Graz und St. Radegund finden lassen und die allesamt sehr prägnante und individuelle Gesichtsmerkmale aufweisen. Die Darstellung »Christus am Ölberg« (Abb. 6) kann bedenkenlos Ph. J. Straub zugeschrieben werden. Der Kopftypus, die anatomische Präzision und die realitätsge­ treue Umsetzung der Kleidung, mit opulenter Schüsselfalte im Hüftbereich, sprechen für den Meister. Auch das Spannungsmotiv innerhalb der Körperkomposition – gleich­ zeitiges Niedersinken und Erheben – findet sich in Ph. J. Straubs Œuvre wieder und geht auf Schoy zurück, dessen Einfluss hier unverkennbar ist.78

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6  Philipp Jakob Straub, Christus am Ölberg, Detail Passionskapelle, Sandstein, 1740, Bärnbach, hl. Berg

Die Gruppe »Christus fällt unter dem Kreuz« zeigt wiederum zwei Schergen in Aktion, während sich der gefallene Christus mit schmerzverzerrter Miene aufstützt. Auch hier sind eindeutig Straub’sche Züge auszumachen, wobei lediglich die Gesichter nicht seinem gängigen Typus entsprechen und eher von Vorlagen übernommen worden sein dürften. Bei der »Dornenkrönung« verhält es sich identisch, nur dass die beiden Köpfe der Schergen offensichtlich nachträglich ergänzt bzw. überarbeitet wurden. Haar- und Bartgestaltung sind sehr grob und atypisch modelliert, auch die Gesichter muten maskenhaft an und stehen in starkem Widerspruch zur Christus­ figur. Die Entstehung der vier Gruppen um das Jahr 1740 ist durchaus berechtigt, da sie noch Merkmale von Ph. J. Straubs Frühstil erkennen lassen: reduzierte Pathetik, Erhabenheit und Eleganz. Mittlere Schaffensphase (ca. 1740–1760) Die mittlere Schaffensperiode des Bildhauers Ph. J. Straub beginnt etwa 1740 und wird mit Arbeiten für die Grazer Wallfahrtskirche Mariahilf eingeleitet (1742–1744).79 Durch seine wachsende Reputation lag nun eine sehr gute Auftragslage für den Bildhauer vor, sodass er nach dem Aufarbeiten von Schoys unvollendeten Werken endgültig seinen eigenen Stil weiterentwickeln konnte. Ph. J. Straub schuf, u.a. die Fassadenskulpturen aus Sandstein, von denen die – an prominenter Stelle thronende – Madonna mit dem Jesuskind80 (Taf. II) über dem Portal besonders hervorzuheben ist.

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7  Philipp Jakob Straub, hl. Franz von Assisi, Detail Fassade, Sandstein, 1742–1744, Graz, Mariahilferkirche

Die annähernd ovale Körperkomposition symbolisiert Geborgenheit und Fruchtbarkeit und schließt die beiden Dargestellten schützend ein.81 Das Kleid der Maria bildet eine Falte am Schoß, die sich zwischen beiden Knien wie ein Falltuch unter dem Knaben spannt. Die Draperie ihrer Kleidung ist äußerst detailreich und bildet unzählige, feinteilige Falten aus, die den Eindruck von Weichheit vermitteln. Im Kontrast zu den aufgewühlten Stoffen stehen das glatte Gesicht und der lange Hals, die sich auffallend hervorheben. Die Züge wirken grob modelliert, Augen und Nase beinahe übergroß, was mit Sicherheit der, dem Künstler bei der Ausführung durchaus bewuss­ ten, Unteransicht der Fassadenskulpturen geschuldet ist. Das Talent Ph. J. Straubs, innige Relationen zwischen seinen Skulpturen herzustellen und zu veranschaulichen, verdeutlicht sich in der Mutter-Kind-Beziehung: Obwohl sie einander nicht anblicken und in keiner Form interagieren, entsteht trotzdem ein herzlicher Eindruck. Dies liegt sowohl in der Nähe ihrer beider Köpfe zueinander begründet, als auch in der Art, wie Maria ihren Sohn eng an sich drückt, unterstützt durch ihr erhöhtes Bein, auf dem der Knabe gebettet ist. Werden die beiden Adorationsengel, die diese Darstellung flan­kieren und die beiden Heiligen, die auf gleicher Ebene, aber etwas außerhalb, in zwei Nischen stehen, betrachtet, wird ein weiteres Merkmal im Schaffen Straubs ­augenscheinlich: Die Engel tragen luftige und bewegt erscheinende Gewänder, die auf ihre himmlische Herkunft verweisen, während die Habite der hll. Franz von ­Assisi82 (Abb. 7) und Antonius von Padua83 relativ gerade und steif fallen, was die an-

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derweitige Stofflichkeit deutlich macht. Dem Künstler gelang es, mithilfe von verschiedenen Gestaltungsvariationen ein Material schwer oder leicht bzw. dick oder dünn erscheinen zu lassen und die Gewandausführung an das jeweilige Motiv anzupassen. Dies geschieht nicht ausschließlich durch unterschiedliche Oberflächen­ behandlungen, bei denen das Material durch den Einsatz von anderen Werkzeugen auch unterschiedliche Strukturen erhält, sondern ebenfalls mithilfe variierender Faltenwürfe, die je nach Anordnung und Ausführung eine andere Materialwirkung erzeu­ gen. Dieser Oberflächennaturalismus gilt als ein Charakteristikum im Schaffen Ph. J. Straubs und lässt sich besonders in der venezianischen und niederländischen Kunst feststellen. Dies liegt daran, dass Venedig und Amsterdam als große Handelsmetro­ po­len florierende Umschlagsplätze für edelste Stoffe und Materialien aus nah und fern waren.84 Diese dienten als Inspirationsquelle für viele Künstler, was sich auch in ­deren Werken niederschlug.85 Die norditalienischen Einflüsse kamen über die Alpen nach Österreich, durch »welsche« Künstler, die sich dort niederließen, oder heimische Künstler, die sich für Fortbildungszwecke dort aufhielten und neue Impulse mitbrachten. Ph. J. Straub dürfte diese vermutlich von Schoy aufgegriffen haben, für den eine Italienreise angenommen wird, wenngleich diese archivalisch nicht zu belegen ist.86 Doch auch die Druckgrafik war der Verbreitung von Motiven über Landesgrenzen hinweg sehr dienlich. Am Giebel befinden sich mit den drei Erzengeln weitere Arbeiten Ph. J. Straubs, wovon insbesondere die zentrale Darstellung hervorzuheben ist. Der Erzengel Mi­ chael87 erhebt sich triumphierend über das gerade nach unten stürzende Böse (Abb. 8), wobei die Komposition Lorenzo Mattiellis gleichnamige Gruppe der Wiener Michaelerkirche (1724–1725) widerspiegelt. Ph. J. Straub hat sich in dieser Phase seiner Entwicklung auf Arbeiten berufen, die er aus seiner Wiener Studienzeit in Erinnerung hatte. Es ist anzunehmen, dass er Skizzen und Entwürfe fertigte, die er nun in Graz als Vorlagen verwenden konnte.88 Trotz der Vorbildnahme hat Straub seine eigenen Stilmittel behalten und das Vorbild nicht eins zu eins kopiert. Der Erzengel steht nicht direkt auf – respektive über – dem Fallenden, sondern auf einer Wolkenformation, die sich wiederum auf einem Podest befindet. Die weit ausladenden ­Rückwärtsbewegung des linken Spielbeins zur Seite und die diagonal nach oben geführte rechte Hand, die den Blitzstrahl auf den Teufel schleudert, bilden eine Diagonale, die per se Dynamik vermittelt – verstärkt durch die entgegengesetzte Neigung des Kopfes nach links, die zu einem Spannungsaufbau führt, der sich im Blitz schlagartig entlädt. Der Teufel mit menschlichem Körper und fratzenhaftem Gesicht mit gebogenen Hörnern bildet dieselbe diagonale Linie wie sein Widersacher. Diese wird durch seinen emporgereckten rechten Arm, der die Diagonale wieder nach oben lenkt, unterbrochen, sodass ein »V« entsteht, in dessen Zentrum der Blitz einfährt. Während der Erzengel fest verankert und sicher auf seinem Standort steht, erscheint der Teufel schwerelos und durch nichts mit der Architektur verbunden als durch den dünnen Blitzstrahl, was eine meisterliche Komposition darstellt. So unterstreicht der Künstler den Triumph des Erzengels als fest verankerten und erhabenen Helden sehr bildhaft über den hilflos

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8  Philipp Jakob Straub, Engelssturz, Detail Giebel, Sandstein, 1742–1744, Graz, Mariahilferkirche

kopfüber nach unten stürzenden Gegner, der in diesem beispiellosen Kampf keine Chance hat. Dies wird zusätzlich durch die entgegengesetzten Blickrichtungen nach oben bzw. unten betont. Zwischen 1742 und 1743 vollzog Straub die Arbeiten an den beiden Seitenaltären für die Stiftskirche von Rein. Die geschnitzten Skulpturen des Narzissus- (Taf. III) und

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Sebastiansaltars sind eine bildhafte Verkörperung des mittleren Reifestils des Bildhauers und veranschaulichen dessen Merkmale. Hierzu zählen die sehr ­naturalistische Ausführung der Physiognomien, die die Gesichter von Alterszügen gezeichnet und ungekünstelt erscheinen lässt, neben einer gleichzeitig bestehenden Erhabenheit, die durch Körperhaltung und Mimik kreiert wird. Das menschliche und nicht i­ dealschöne Erscheinungsbild der Heiligen spricht die Gläubigen an und zeigt auf, dass jeder Sterb­ liche allein durch seinen Glauben an Gott und seine entsprechenden Taten ebenfalls in den Status eines Heiligen oder Märtyrers gelangen kann. Diese Bildsprache als Mittel der Kirchenpropaganda kam den gegenreformatorischen Strömungen sehr zugute, nahm es doch das Pathos des unerreichbar erscheinenden Himmelreichs ein wenig fort. Die Skulptur des hl. Blasius (Taf. IV) am Narzissusaltar verkörpert diesen Gedanken wunderbar und zeugt von Ph. J. Straubs Talent, Körper sprechen zu lassen. Im Vergleich zu vielen Bildhauern seiner Zeit vermochte er es wie kaum ein anderer, seinen Figuren Leben einzuhauchen, was insbesondere an der Art ihrer Körpergestaltung begründet liegt. Sie erscheinen zumeist wie inmitten einer Bewegung innehaltend, das zur Seite und nach außen weisende Spielbein unterstützt den Charakter des Dynamischen ebenso, wie der nach hinten geneigte Oberkörper. Festzuhalten ist jedoch, dass sich die Bewegung im unteren Bereich des Körpers, also hüftabwärts, abspielt, während der obere Teil, für sich selbst betrachtet, eher statisch wirkt. Grund hierfür sind die ausgefeilten Drapierungen der Kleidung, die sich hinter und seitlich der Beine – häufig auf Kniehöhe – befinden und von einem Lufthauch erfasst erscheinen. Die asymmetrische Aufteilung der gebauschten Kleidung unterstreicht diesen Eindruck zusätzlich. Darin verkörpert sich das barocke Gedankengut, das die Bewegung nun außerhalb des Menschen liegt und diesen erfasst, nicht umgekehrt, wie es zuvor in der Gotik der Fall war.89 Die Kleidung der Straub’schen Skulpturen unterstreicht zwar deren, durch die Körperkomposition angedeutete, Bewegung, darüber hinaus scheint sie jedoch ein Eigenleben zu entwickeln. Die Posen der Skulpturen sind raumgreifend und häufig gekünstelt, auch die Attribute treten nicht als stumme Gegenstände auf, sondern beanspruchen ihren Platz nicht selten über die Grenzen der Figur hinaus. Die Altarskulpturen erscheinen häufig als Gegensatzpaar: Während die eine Skulptur sehr pathetisch und gekünstelt in ihrer Gestik und Mimik erscheint, eine starke Bewegung der Kleidung erkennen lässt und zumeist nach oben blickt, ist die andere deutlich beruhigter in ihrer gesamten Komposition und der Blick ist demutsvoll nach unten gerichtet. Allein diese Konzeption von Altarfiguren schafft Dynamik und Leben und durchbricht die starre, durch den Altaraufbau vorgegebene, Symmetrie. Zwei der Höhepunkte im Schaffen Ph. J. Straubs sind die urkundlich für ihn gesicherten und heute am Nepomuk-Altar der Grazer Stadtpfarrkirche hl. Blut befindlichen Skulpturen der hll. Leopold (Taf. V) und Ägidius. Ursprünglich befanden sich diese in einer von Joseph Hueber im Zeitraum 1741 bis 1742 geschaffenen Kapelle, die jedoch 1944 von einem Bombenangriff beschädigt wurde.90 Ph. J. Straub schuf den

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darin befindlichen Altar, der ebenfalls stark zerstört wurde, die beiden H ­ olzskulpturen blieben jedoch, wie durch ein Wunder, unversehrt. Die Engel wurden 1948 für die Re­ konstruktion von Hanns Neuböck91 nachgeschnitzt, was diesem auf derart eindrucksvolle Weise gelang, dass das Original kaum von der Kopie unterschieden werden kann.92 Links des Hochaltarbildes befindet sich Markgraf Leopold von Österreich (1073–1136) als sehr eindrucksvolles Beispiel der mittleren Schaffensperiode Ph. J. Straubs, in dem sich Expressivität und Pathetik zu einem Meisterwerk vereinen, was es zurecht zu einem der Höhepunkte in seiner Karriere erhebt. Das Standmotiv ist sehr labil, was Schweigert bereits als Charakteristikum dieser Phase anmerkte,93 auch das raumgreifende Motiv ist wieder augenscheinlich: die Skulptur scheint die Grenzen des ihr zugestimmten Platzes zu sprengen, was einerseits durch ausladende Gesten gelingt und andererseits durch den Einsatz von Attributen, die nicht mehr nur als beigefügte Objekte zur Identifizierung des Heiligen dienen, sondern als eigenständige Skulpturen neben diesem platziert werden. Der Putto mit dem, über den Kopf erhobenen, Kirchenmodell zur Rechten des hl. Leopold reicht bis zu dessen Körpermitte und ist als autonomes Bildwerk umgesetzt. Auch die Fahne in seiner rechten Hand überragt den Heiligen um die halbe Körperlänge und der gebauschte Flaggenstoff auf Kopfhöhe beansprucht Aufmerksamkeit, gleicht jedoch das Ungleichgewicht der rechten Seite, verursacht durch den modelltragenden Putto, gekonnt aus. Die D ­ ynamik des Heiligen lebt von der beschwingten Drapierung der Kleidung, insbesondere des Mantels, der schwer über die linke Körperseite fällt und sich knapp unterhalb des Knies aufbauscht. Ph. J. Straub kreiert eine Kulisse um den eigentlich Dargestellten und kleidet ihn damit sehr wirkungsvoll, was der barocken Dramatik entspricht, die nicht allein den Skulpturen jener Zeit zugrunde liegt. Die Kopfgestaltung ist, Rochus Kohlbach zufolge, von besonderer Qualität: der lebhafte Kopf mit sogenannten Basedow-Augen und schweren Lidern, die markante Nase, die breiten, fleischigen Lippen und die massiven Locken (»gewellt und radial von den Schläfen und Wangen abstehend«) prägen die Erscheinung der Skulptur und zeigen Ph. J. Straubs stilistische Charakteristika jener Zeit auf.94 Das Gegenstück auf der anderen Seite, in Form des hl. Ägidius, kann mit dieser expressiv-pathetischen Übersteigerung, die diesem dennoch unverkennbar zugrunde liegt, wenn auch nicht so ausgeprägt, kaum mithalten. Ohnehin ist in der Altargestaltung Ph. J. Straubs häufig eine Figur qualitativ besser gelungen als die andere, es scheint als bräuchte es diese Differenz, um sein Können gänzlich zur Geltung zu bringen. In den Jahren 1744 bis 1745 folgten Arbeiten für die Grazer Domkirche. Straub wurde mit der skulpturalen Ausstattung der beiden Seitenaltäre der hll. Johannes Nepomuk (Abb. 9) und Aloisius beauftragt, was dokumentarisch belegt ist.95 Die beiden Altäre zeigen jeweils einen Marmorengel links und rechts des Hochaltarbildes, die sich durch die Freizügigkeit ihrer Kleidung und ihre Bewegtheit auszeichnen. Auf­ fallend sind hier die gebohrten Locken, die sich am Ende der jeweiligen Haarsträhne bilden und die Art, wie sich das Spielbein des rechten Engels des Aloisiusaltars durch das Gewand drückt, als wäre es aus hauchdünnem Material. Dieses Merkmal lässt

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9  Philipp Jakob Straub, Nepomuk-Altar, Marmor, 1744–1745, Graz, Domkirche

10  Philipp Jakob Straub, Engel, Detail ­Nepomuk-Altar, Marmor, 1744–1745, Graz, Domkirche

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11  Philipp Jakob Straub, Cristo Morto, Detail Antependium, Kreuzaltar, Holz, 1745, Graz, Domkirche

sich häufig bei Werken des Künstlers feststellen. Das Standmotiv wird zunehmend instabiler und die Körper weisen eine deutliche Drehung auf. Die vier Engel zeigen ein variantenreiches Gestenrepertoire, sodass sich alle – trotz derselben Ausgangs­ lage – voneinander unterscheiden. Der linke Engel des Nepomukaltars (Abb. 10) beispielweise legt den linken Zeigefinger an die Lippen, was ihn ebenso nachdenklich wie kokett erscheinen lässt, gleichzeitig aber auf das Schweigegelübde des hl. Johannes Nepomuk anspielt und damit direkten Bezug auf dessen Vita nimmt. Im Jahr 1745 schuf Ph. J. Straub einen Cristo Morto (Abb. 11) für den Kreuzaltar der Grazer Domkirche. Dabei handelt es sich um ein bemerkenswertes Hochrelief, das sich hinter dem Antependium befindet: Dargestellt ist der lebensgroße Leichnam Christis, der in seinem Grab liegt. Augen und Mund sind leicht geöffnet, die Hände vor seinem Körper überkreuzt. Die Ausführung ist äußerst realistisch und detailreich gelungen, das gequälte Antlitz, die meisterlich modellierten Hände und die gesamte Körperkomposition zeugen von überragender künstlerischer Geschicklichkeit. Der Leichnam ist ausgezehrt und appelliert an das Mitgefühl der Betrachtenden, über ihm schweben drei geflügelte Puttoköpfchen mit vergoldeten Flügeln. Besonders zu beachten ist die Präsentation des Dargestellten auf einem sehr plastisch wirkenden Laken, das an der Rückseite emporzuschweben scheint, um die Figur besser zu präsentieren. Das nächste gesicherte Werk wurde bislang in der regionalen Forschung kaum beachtet, vermutlich da es sich im heutigen Trški Vrh in Nordkroatien befindet und

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12  Philipp Jakob Straub, hl. Joachim, ­Detail Hochaltar, Holz, 1759, Trški Vrh, Pfarrkirche hl. Maria von Jerusalem

daher aus dem bisherigen Betrachtungsraum herausgefallen ist. Ph. J. Straub hat im Jahr 1759 für die dort befindliche Kirche der hl. Maria von Jerusalem den Hochaltar mitsamt den Skulpturen geschaffen (Taf. VI).96 Von links nach rechts befinden sich die hll. Elisabeth, Joachim, Joseph und Anna zu beiden Seiten des Tabernakels. Die beiden Frauen sind durch ihre deutlichen Alterszüge klar als ältere Damen definiert, die Gesichter wirken ausgemergelt und sehr ernst. Die Körperhaltung und Drapierung der Kleidung der hl. Elisabeth verleiht ihr einen beinah schwebenden Eindruck, ­unterstützt durch den pathetisch nach oben gerichteten Kopf und den ausgestreckten linken Arm. Die Beine sind recht stämmig und verleihen ihr Stabilität und Standhaftigkeit, ein Gegensatz zum gen Himmel strebenden Oberkörper. Wie beiläufig präsentiert sie dem Betrachtenden ein aufgeschlagenes, einseitig beschriebenes Buch, das sie seitlich fasst, während es auf der anderen Seite von einer Gewandfalte balanciert wird. Sie entspricht dem expressiv-pathetischen Typus der mittleren Schaffens­ phase des Bildhauers, dasselbe gilt für die ihr gegenüberstehende hl. Anna. Diese steht im Kontrapost, den rechten Arm mahnend nach oben weisend, während die linke Hand ein geschlossenes Buch gegen den Bauch stützt. Die Art, wie sie den Zeige­ finger zwischen die Seiten legt, als ob sie eine Stelle markieren würde, findet sich

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auch am hl. Joachim des Birkfelder Rosenkranzaltars (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Auffallend ist der überlange, gedrehte Hals der Heiligen, der sich stark vom Idealschönen unterscheidet und ihr einen derben, um nicht zu sagen rustikalen, Charakter verleiht und eher bei manieristischen Arbeiten zu erwarten wäre. Die Dynamik wird wiederum vom aufbauschenden Mantel und durch die leichte Torsion innerhalb der Körpermitte, die den Eindruck erweckt, als würde sie sich dem Gewicht des Buches an ihrer Brust entgegenstemmen, gebildet. Die Ausführung des rechten Spielbeins scheint etwas unglücklich, da sich dieses im Bereich des unteren Schienbeins unnatürlich zur Seite streckt, sodass der Fuß in eigenwilligem Winkel dazu steht. Diese Eigenschaft ist zwar nicht untypisch für Werke des Ph. J. Straub, in diesem Fall entsteht jedoch ein auffälliger S-Schwung im Beinverlauf, die der künstlerischen Qualität des Bildhauers nicht gerecht wird. Der hl. Joachim (Abb. 12), links des Tabernakels, erscheint sehr ruhig und ernst mit nach unten gerichtetem Blick. Die Hirtenschippe in seiner Rechten umfasst er nur leicht mit Daumen und Zeigefinger, das geschlossene Buch ist unter den linken Arm geklemmt. Die Gewanddrapierung und die massiven Beine lassen ihn sehr standhaft erscheinen, er ist nicht so himmelsstrebend wie sein Konterpart in Form des hl. Joseph, dessen stark nach oben gewandter Kopf und nach hinten geneigter Oberkörper einen Aufwärtsdrang verdeutlichen. Es bleibt festzuhalten, dass sich die dramatisch gesteigerte Dynamik in Ph. J. Straubs Schaffen bereits beruhigt hat, wobei sie jedoch bei weitem noch nicht abgeklungen ist. Josephs linke Hand ist gleich geformt wie die stabhaltende des hl. Joachim, lediglich der Ring- und kleine Finger sind stark abgespreizt. Hiermit endet die mittlere Schaffensphase des Künstlers und geht in die späte Periode über, die bis zu seinem Tod 1774 andauern sollte. Späte Schaffensperiode (ca. 1760–1774) In der letzten Periode des Künstlerlebens wurde es auffallend ruhig und es finden sich kaum Werke, die zu einer Stiluntersuchung herangezogen werden können, da es sich in erster Linie um dekorative Skulpturen handelt. Das letzte – für die Stilanalyse relevante – gesicherte Werk aus der Hand Straubs ist der Rosenkranzaltar (Taf. VII) der Dekanatskirche hll. Petrus und Paulus in Birkfeld, der auf das Jahr 1768 zu datieren ist.97 In einer Nische auf der Altarmensa liegt die Skulptur der hl. Rosalia, gebettet auf eine Felsformation mit geschlossenen Augen und leicht geöffnetem Mund. Die nach oben angewinkelte rechte Hand stützt den Kopf, die linke ist dem Betrachtenden entgegengestreckt und hält ein Kruzifix. Oberhalb der Nische knien die hll. Domi­ nikus und Teresa von Ávila auf Volutenspangen, die Arme adorierend an die Brust bzw. nach vorne in Richtung der zentralen Figur der Muttergottes98 geführt. Außen stehen die hll. Anna (Abb. 13) und Joachim, die sich – wie auch die beiden inneren Heiligen – in kompositorischer Hinsicht spiegeln und den jeweils inneren Arm nach oben führen, während der äußere seitlich angewinkelt ist. Ihre Gesichter sind ernst, das Standbild wird wieder deutlich stabiler – die Skulpturen erscheinen regelrecht

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13  Philipp Jakob Straub, hl. Anna, ­Detail Rosenkranzaltar, Holz, 1768, Birkfeld, Pfarrkirche

geerdet. Die kunstvoll geformten Gewandfalten sind nach wie vor detailreich und kleinteilig und unterstützen die angedeuteten Bewegungen. Ein interessantes Detail sind die Putten, die schräg oberhalb ihrer Köpfe angebracht sind und die Attribute der beiden Heiligen (Buch, Hirtenschippe) in den Händen tragen. Auf der Gesimszone befinden sich zwei weitere Figuren, die hll. Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist. Erstere steht, lediglich auf den Fersen balancierend, auf der Auskragung des Gesimses, die linke Hand mit ausgestrecktem Zeige­ finger emporgehoben, die Hand des angewinkelten rechten Arms den Kreuzstab mit Schriftbanderole fassend. Er ist als hagerer Asket dargestellt, nur mit einem fellgefütterten Mantel, der notdürftig seine Blöße schützt, bekleidet. Auch sein Gesicht zeugt vom gesteigerten Naturalismus, der das Spätwerk Ph. J. Straubs auszeichnet: die Gesichter erscheinen ausgezehrt, sodass die Wangenhaut deutliche Falten ausbildet, der Ausdruck ist von der einstigen Erhabenheit abgerückt und einer stummen Resignation gewichen.

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Zusammenfassung der Stilgenese Wird nun anhand der dargelegten und für Ph. J. Straub gesicherten Beispiele die Stilgenese des Künstlers betrachtet, so lässt sich feststellen, dass er eine gut nachvollziehbare Entwicklung durchmachte, die nach der süddeutsch geprägten Ausbildung sehr im Zeichen des Bildhauers J. J. Schoy stand. Dies ist naheliegend, da der junge Ph. J. Straub dessen Werkstatt mitsamt den begonnenen Arbeiten übernahm und letztere auch allem Anschein nach dessen Entwürfen vollendete. Dennoch ließ er eigene Kunstgriffe einfließen, was den Werken einen unverkennbaren Straub’schen Charakter verlieh. Dazu gehörten die Platzierung und Ausführung der Attribute, die wie beiläufig neben der Skulptur zu finden sind, und erst bei näherer Betrachtung die kreative Finesse verraten, die ihnen zugrunde liegt. Es ist anzunehmen, dass sich der junge Bildhauer in seiner Anfangszeit zwar an Schoy orientiert hat, dabei jedoch auf das Formenrepertoire, das er sich während seiner frühen Ausbildungszeit angeeignet hatte, zurückgriff. Dazu gehörten die technischen Fertigkeiten, die er aus der väterlichen Werkstätte übernommen hatte, wie die künstlerischen Feinheiten, die er sich in seiner Wiener Zeit an der Akademie aneignete. Damals lernte er mit Sicherheit einiges von seinem älteren Bruder Johann Baptist, Ph. J. unterlag jedoch auch dem Einfluss Lorenzo Mattiellis, von dem er die charakteristischen Drehbewegungen und raumgreifenden Körperkompositionen aufnahm, die für dessen Werk so typisch sind. Da anzunehmen ist, dass sich Ph. J. Straub und Schoy in Wien kennengelernt haben, kann davon ausgegangen werden, dass er sich bereits damals mit dessen Arbeiten auseinandergesetzt hat, was der späteren Fertigstellung von dessen unfertigen Werken bestimmt dienlich war. Auch Schoy brachte damit italienische Einflüsse in Ph. J. Straubs Werk, was an der betonten Körperlichkeit der Skulpturen ebenso evident wird, wie an den kompositorisch eingesetzten Gewandmassen. Somit verband sich in Ph. J. Straubs Frühwerk der bayrische Stil mit starken Anleihen an die Wiener Bildhauerei, die dem Kaiserstil99 verschrieben war und demnach sehr von norditalienischen Künstlern beflügelt und geprägt wurde. Neben den charakteristischen Physiognomien seiner Skulpturen, die mit Fortschreiten der Zeit immer realistischer und weniger idealschön wurden, schaffte er es auch, eine Leichtigkeit in seine Kompositionen zu bringen, die sich bereits in der Frühphase abzeichnete. Mit dem Übergang in die mittlere Schaffensphase ließ er die Aufträge Schoys zurück und übernahm nun als Künstler mit sehr guter Reputation eigene Aufträge. Die Beziehung zwischen einzelnen Skulpturen innerhalb einer Gruppe darstellen zu können, wurde zu einem Markenzeichen von Ph. J. Straubs Schaffen, ebenso die präzise Darstellung von Materialien, die eine Kleidung respektive eine Skulptur e­ ntweder leicht und luftig oder massiv und geerdet erscheinen lässt, wobei ersteres in dieser Phase überwiegt. Die Gegensätzlichkeit von zwei sich gegenüberliegenden Figuren schafft Dynamik und durchbricht die starre Symmetrie, daneben hält eine Pathetik Einzug im Schaffen des Bildhauers, die die Skulpturen erhaben über allem schweben lässt und sie in göttliche Sphären hebt. Eine Expressivität herrscht vor, als wären die Figuren mitten in einer Bewegung gefangen und könnten sich jeden Moment wieder

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aus der Starre lösen. Noch liegt eine freundliche Eleganz innerhalb der, zum Teil von Alterszügen gezeichneten, Physiognomien vor. In der Spätphase werden die Standmotive zunehmend stabiler, dennoch schaffen Faltenwurf und Drapierung eine nicht zu leugnende Dynamik. Die Gesichter werden ernst und schmal, der gesteigerte Naturalismus lässt vermehrt Alterszüge und eine Resignation erkennen, in die das zeitnahe Ende des Künstlerlebens hineingedeutet werden könnte.

1  Peter Volk, Johann Baptist Straub (1704–1784), in: Walter Ziegler (Hg.), Hofbildhauer Johann Bap­ tist Straub 1704–1784. Franz Xaver Messerschmidt 1736–1783. Bildhauer aus Wiesensteig (Veröffentli­ chungen des Kreisarchivs Göppingen, 10), Weißen­ horn 1984, S. 188f. 2  Peter Volk, Münchner Rokokoplastik, München 1980 (= Bayrisches Nationalmuseum, Bildführer 7), S. 14. 3  Julia Strobl, Johann Baptist Straub, in: Klemen­ čič / Meke / Škarić 2019, S. 50. 4  Siehe dazu: Peter Steiner, Johann Baptist Straub, München-Zürich 1974 (= Münchner Kunsthistori­ sche Abhandlungen 6), S. 22. Die Eintragung im 1745 nachträglich angefertigten Schülerverzeichnis an der Akademie für das Jahr 1730 lautet: »Straub Phi­ lippus, ein Schwab«. 5  Schweigert 2017, S. 312. 6  Heinz Duchhardt, Barock und Aufklärung, Mün­ chen 2007, S. 105. 7  Kohlbach 1956, S. 186. 8  Die Gesellen Schoys sind dank Rochus Kohlbach namentlich bekannt (Kohlbach 1956, S. 185, 486). 9  Kohlbach 1956, S. 204. 10  Siehe dazu Kohlbach 1956, S. 204: Ph. J. Straub schreibt in dem Ansuchen, dass Prinz Eugens Hof­ bildhauer Johann Christoph Maderer (Mader) ihn der Wittib »verschriben und de meliori anrecco­ mandirt« habe. 11  Kohlbach 1956, S. 204. Es stellt sich die Frage, ob Ph. J. Straub während seiner Lehr- und Wander­ jahre noch weitere Ausbildungsstätten besucht haben könnte, wovon bis dato nichts bekannt ist. Als gesichert gilt, dass er ab 1733 und der Übernah­ me von Schoys Werkstatt, in Graz sesshaft war und vermutlich bis zu seinem Lebensende 1774 dort verblieb. Seine zahlreichen Aufträge legen nahe, dass eine längere Abwesenheit des Meisters nicht wahrscheinlich ist. 12  Schweigert 2017, S. 313. 13  Steiermärkisches Landesarchiv, Die Urbare, ur­ barischen Aufzeichnungen und Grundbücher der Steiermark, Bd. 3/I, A, J, S. 421.

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14  Hans Pirchegger, Häuser- und Gassenbuch der Vorstädte am rechten Murufer, in: Friedrich Popel­ ka, Geschichte der Stadt Graz Bd. 2, Graz 1959–1960, S. 718 a.b. Ph. J. Straub besaß das Gebäude bis 1770. 15  Steiermärkisches Landesarchiv, Abteilung Ha­ merlinggasse, Die steirischen Gülten von A. Sikora, III., S. 520. 16  Heute: Metahofgasse 1. 17  Pirchegger 1935, S. 719a. 18  Popelka 1959–1960, S. 719a. 19  Heute: Annenstraße Nr. 43. 20  Pirchegger 1935, S. 750a. 21  Kohlbach 1956, S. 205. 22  Für eine ausführliche Auflistung siehe: Schwei­ gert 2017, S. 314. 23  Kohlbach 1956, S. 206. 24  Schweigert 2017, S. 315. 25  Ph. J. Straub war am 15. September 1756 Tauf­ pate für Veit Königers Sohn Joseph Philipp, was auf ein freundschaftliches Verhältnis schließen lässt. Siehe dazu: Stadtpfarre Graz, Taufbuch XVI, S. 98: »1756 28. September, Josephus Philippus. Vi­ tus Kiniger ein Bilthauer Meister et Elisabeth vxor. Philipp Jacob Straub Bilthauer Meister«. 26  Kohlbach 1956, S. 209. 27  Diözesanarchiv Graz Seckau, Graz Straßgang, Sterbebuch III (1752–1784), S. 440. 28  Diözesanarchiv Graz Seckau, Graz hl. Blut, Ster­ bebuch XV (1770–1784), S. 247. 29  Das Todesjahr Straubs 1774 befand sich in der Übergangsphase zum neueren Grazer Pfarrennetz. Straßgang erstreckte sich als alte Pfarre ursprüng­ lich über das gesamte westliche Grazer Gebiet hi­ nauf bis zum Kalvarienberg. Auf der Ostseite der Mur breitete sich seit 1585 das umfangreiche Gebiet von Graz-hl. Blut aus, das sich auch auf die andere Murseite erstreckte. Aus dem Gebiet von hl. Blut wurden dann in der Folgezeit etliche Pfarren in die Selbstständigkeit entlassen und abgetrennt: Gra­ ben 1783, Mariahilf 1783, Mariä Himmelfahrt 1783, Münzgraben 1783, St. Andrä 1783, Dom 1786 und Kalvarienberg 1786. Für diese Information gilt mein Dank Dr. Norbert Allmer vom Diözesanarchiv Graz!

30  Diese erschien im Steyermärkischen Intelligenz­ blatt zur Grazer Zeitung, Nr. 113, 16. Juli 1836, S. 13f. 31  Steiermärkisches Landesarchiv, Akt Rudolf Wurzinger, HS X Nr. 48. 32  Kohlbach 1948, S. 122. 33 Rochus Kohlbach, Archivalischer Nachlaß, Bd. 2 (Kirchen- und Schlösserrechnungen), o. J., S. 1209: »1735. 26. September. Bilthauer Jacob Straub angeschafftes Conto 37 fl.«. 34  Kohlbach 1948, S. 122; Kohlbach o. J., S. 33: »1736. Ph. J. Straub für Bilderrahmen 20 fl. Demsel­ ben für 6 Schnirkl zum Holzapparat des Hochalta­ res 6 fl.«. 35  Kohlbach 1956, S. 205. 36  Schweigert 2017, S. 323. 37  Alanus Lehr, Collectaneum seu Diplomatarium Runense, Chronik zur Stiftsgeschichte in fünf Bän­ den, Stiftsarchiv Rein, Rein 1758–1772, Bd. 1, S. 109. 38  Kohlbach 1948, S. 237. 39  Kohlbach 1956, S. 205. 40  Kohlbach 1948, S. 88. 41  Kohlbach 1956, S. 205. 42  Kohlbach 1956, S. 206. 43  Kohlbach 1956, S. 205. 44  Kohlbach 1956, S. 205f. Die Reliefs befinden sich heute aufgeteilt in der Alten Galerie des Uni­ versalmuseums Joanneum (elf Stück), der Stadt­ pfarre Graz (neun Stück), dem Diözesanmuseum Graz (drei Stück) und der Neuen Galerie des Univer­ salmuseums Joanneum (ein Stück). Horst Schwei­ gert ist bereits ausführlich auf diese Reliefs einge­ gangen, weshalb sie in dieser Arbeit nicht mehr ex­plizit analysiert werden, siehe: Schweigert 2017b, S. 281–307. 45  Kohlbach 1956, S. 205. 46  Doris Baričević transkribierte den Text der al­ ten Pfarrchronik: »Eodem Anno 1759 major Ara Beatissimae V. Mariae Jeros. ex munificentia peril­ lustris ac Generosi Domini Josephi Jagussich ejus­ dem nobilis Dominae Conthoralis natae Pullay per sculptorem Graecensem Straub extructa et erecta Graecio, et posita fuit, ac per pictorem pariter Grae­ censem inaurata, et marmorizata.« Doris Baričević, Štajerski kipari na Trškom vrhu, in: Ivo Lentić (Hg.), Vijesti muzealaca i konzervatora Hrvatske, 24, 1/6, Zagreb 1975, S. 22. 47  Kohlbach 1956, S. 206. 48 Ebd. 49 Ebd. 50 Ebd. 51 Ebd. 52  Schweigert 2017, S. 316–321. 53  Dieser süddeutsche Einfluss war u. a. von italie­ nischen Einflüssen geprägt und lebte von einer ge­ wissen Leichtigkeit, die der akademischen »Schwere« entgegenstand. Zudem fanden sich hier Roko­ ko-Elemente, die in der von Wien geprägten Kunst nicht vorhanden waren.

Anmerkungen

54  Strobl / Schemper-Sparholz / Klemenčič, 2019, S. 19. 55  Johann Caspar Lippert, Kurzgefaßte Nachricht von dem churbaierischen ersten Hofbildhauer Herrn Johannes Straub, in: Augsburgisches monat­ liches Kunstblatt. Kunstzeitung der kaiserlichen Akademie zu Augsburg, III, 1772, S. 53–64, hier: S. 53. 56  Julia Strobl, The crucifix in the cemetery chapel St Leonard in Wiesensteig, in: TrArS – Tracing the Art of the Straub Family, 2018 (abgerufen am 17. 01. 2020). 57  Volk 1984, S. 8. 58  Volk 1984, S. 7. 59  Christina Pichler, Philipp Jakob Straub, in: Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 62. 60  Matej Klemenčič, Die Bildhauer Straub in der österreichischen und slowenischen Steiermark, in: Janez Höfler / Frank Büttner (Hg.), Bayern und Slowenien im Zeitalter des Barock. Architektur – Skulptur – Malerei, Regensburg 2006, S. 105–113, hier: S. 108. 61  Schweigert 2017b, S. 300. 62  Gerhard P. Woeckel, 30 unbekannte Bildhauerentwürfe aus der Wiener Zeit Johann Baptist Straubs, in: Mitteilungen der Österreichischen Ga­ lerie, 19/20 (1975/1976), Wien 1976, S. 81–110. 63  Ingeborg Schemper-Sparholz, Stil oder Modus? Lorenzo Mattielli und das Problem der Stilvarian­ ten in der Skulptur des Spätbarock in Wien, in: Roland Kanz / Hans Körner (Hg.), Pygmalions Auf­ klärung. Europäische Skulptur im 18. Jahrhundert, München-Berlin 2006, S. 113–131, hier: S. 113. 64  Kohlbach 1948, S. 122. 65  Richard Milesi, Lorenzo Mattielli (Diss. Graz), Graz 1946, S. 58. 66  Christus wird im Johannesevangelium als Las­ tenträger bezeichnet: »Am folgenden Tag sieht er Jesus zu sich kommen und spricht: Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde (oder die Schulden­ last) der Welt wegträgt!« (Joh 1, 29). 67  Kohlbach 1956, S. 205. 68  Dieses torsierte Haltungsmotiv zeigen insbe­ sondere die Mariendarstellungen des Bildhauers. 69  Erwin Panofsky, Was ist Barock? Berlin-Ham­ burg 2005, S. 92. 70  Kohlbach 1956, S. 179. 71  Horst Schweigert, Eine unbekannte Marienfi­ gur des Barockbildhauers Johann Jakob Schoy in Graz. Zur Frage der barocken Grazer Maria-Imma­ culata-Darstellungen, in: Schweigert 2017, S. 267– 280, hier: S. 274–276. Der Venezianer Giuliani führ­ te die italienische Barockplastik in Österreich ein, wo die Kunstentwicklung aufgrund der Zweiten Wiener Türkenbelagerung stark stagnierte. Steinl war der erste Bildhauer bzw. Architekt, der den Stil des Hochbarocks in Österreich etablierte.

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72  Sergej Vrišer, Josef Straub und die slowenische Barockplastik, in: Götz Pochat (Hg.), Barock regio­ nal – international, Graz 1993, S. 192–197, hier: S. 192. 73  Dehio Graz 1979, S. 180. Schoy fertigte vor sei­ nem Tod noch die Entwürfe für den Altar an, Ph. J. Straub übernahm danach den Auftrag. Es ist anzu­ nehmen, dass er für die Anfertigung der Skulptu­ ren die Entwürfe Schoys als Vorbild nahm. Es fehlt hier an einem eindeutigen archivalischen Nach­ weis, jedoch lässt die stilkritische Analyse der Wer­ ke eine eindeutige Zuschreibung zu, weshalb die­ se Arbeiten hier in der Stilanalyse durchaus mitbe­ rücksichtigt werden können. 74  Schweigert 2017, S. 317. 75  Horst Schweigert, Zum Frühwerk Philipp Jakob Straubs. Sein Anteil an der barocken Innenausstat­ tung der Bürgerspitalskirche in Graz, in: Günter Brucher (Hg.), Jahrbuch des Kunsthistorischen Instituts der Universität Graz (11). Festschrift Hein­ rich Gerhard Franz zum sechzigsten Geburtstag, Graz 1976, S. 88. 76  Schweigert 2017, S. 318. 77  Schweigert 2017, S. 323. 78  Insbesondere die Schüsselfalte spricht sehr für Johann Jakob Schoys Schaffen und lässt sich an den nachfolgenden Werken Ph. J. Straubs kaum mehr feststellen. 79  Kohlbach 1956, S. 205. Ph. J. Straub erhielt 800 Gulden für Arbeiten für Mariahilf. Rochus Kohlbach geht »mit Sicherheit« davon aus, dass es sich hier um die Bezahlung der Fassadenfiguren handelt. 80  Sandstein, H 210 cm, B 179 cm, T 73 cm. 81  Das Motiv geht auf das Mariahilfer Gnadenbild zurück, das der Künstler Giovanni de Pomis 1611 für den Hochaltar der Grazer Mariahilferkirche (in gemalter Form) geschaffen hat. 82  Sandstein, H 245 cm, B 105 cm, T 149 cm (ohne Sockel). 83  Sandstein, H 241 cm, B 127 cm, T 157 cm (ohne Sockel). 84  Rolf Toman (Hg.), Die Kunst des Barock. Archi­ tektur – Skulptur – Malerei, Potsdam 2009, S. 468. 85  Insbesondere die Portraitmalerei ist hier zu nennen. Die Dargestellten waren meist in edelste Stoffe unterschiedlichster haptischer Qualität ge­ kleidet (Brokat, Pelz, Seide etc.). Doch auch Stillle­ ben zeichneten sich durch die realistische Wieder­ gabe dargestellter Motive aus (Früchte, Metalle, Pflanzen, Glas etc.). 86  Kurt Woisetschläger und Rochus Kohlbach ge­

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hen davon aus, dass Schoy in jungen Jahren eine Italienreise unternommen hat. Urkundlich belegt ist eine derartige allerdings erst kurz vor seinem Tod, im Jahr 1731. 87  Sandstein, H 448 cm, B 232 cm, T 236 cm (ohne Sockel). 88  Bislang konnten noch keine Skizzen und Ent­ würfe von Ph. J. Straub gefunden werden. Es ist jedoch urkundlich belegt, dass Ph. J. Straub für den Nepomuk- und Aloisiusaltar im Grazer Dom Entwürfe und Modelle vorlegen musste, für die er 8 fl 24 kr erhielt (Kohlbach 1948, S. 148). 89  Rupert Feuchtmüller, Die Plastik, in: Bruno Grimschitz / Rupert Feuchtmüller / Wilhelm Mrazek, Barock in Österreich, Wien-Hannover-Bern 1962, S. 63–79, hier: S. 63. 90  Dehio Graz 1979, S. 45. 91  Die genauen Lebensdaten sind nicht bekannt. 92  Rochus Kohlbach, Die gotischen Kirchen von Graz, Graz 1950, S. 243. Er beschrieb dies folgender­ maßen: »Daß der Neugotiker in vierzig Jahren Kon­ servierungsdienst an bresthaften Altären sich for­ mal und stimmungsmäßig in das Barock Philipp Jakob Straubs einzufühlen wußte, beweist eine gründliche Beschau der Gestalten, die, wieder zum Ganzen vereint, niederblicken, als wäre nichts ge­ schehen. Und doch war beinahe kein einziger Himmelsbote heilgeblieben«. 93  Schweigert 2017, S. 319. 94  Kohlbach 1956, S. 206. 95  Kohlbach 1956, S. 205. 96  Doris Baričević transkribierte den Text der alten Pfarchronik: »Eodem Anno 1759 major Ara Beatissimae V. Mariae Jeros. ex munificentia perillustris ac Generosi Domini Josephi Jagussich ejusdem nobilis Dominae Conthoralis natae Pullay per sculptorem Graecensem Straub extructa et erecta Graecio, et posita fuit, ac per pictorem pariter Graecensem inaurata, et marmorizata.« Baričević 1975, S. 22. 97  Kohlbach 1957, S. 206. 98  Die Skulptur der Maria Immaculata stammt nicht von der Hand Ph. J. Straubs, was eine stilkri­ tische Analyse zeigt. 99  Lorenz 1999, S. 465. Der »Kaiserstil« war ein Instrument der absolutistischen Kunstpolitik Kai­ ser Karls VI. und diente hauptsächlich der Reprä­ sentation des Kaiserhauses. Er orientierte sich stark am französischen Kunstgeschehen, weshalb auch die Wiener Akademie der Bildenden Künste nach französischem Vorbild organisiert war.

Exkurs: Johann Jakob Schoy und sein posthumer Einfluss auf Philipp Jakob Straubs Schaffen mit besonderer Berücksichtigung der zisalpinen Komponente

Da das Schaffen des Bildhauers J. J. Schoy für die Entwicklung von Ph. J. Straubs Frühstil eine wesentliche Rolle spielte, seien diesem im Folgenden nähere Analysen gewidmet. Es gilt unter anderem zu klären, inwiefern die zisalpine Prägung von Ph. J. Straubs Arbeiten auf den Vorgänger zurückzuführen ist. Das Leben und Wirken des aus Marburg stammenden Bildhauers stellt ein nicht minder bedeutendes Forschungs­ desiderat dar,1 weshalb ein biografischer Abriss und eine Stilanalyse anhand ausgewählter Werke vorgenommen werden, da diese für die grundlegende kunstwissenschaftliche Bearbeitung von Ph. J. Straubs Œuvre essentiell sind.

Biografischer Abriss mit bedeutendsten Werken Johann Jakob Schoy wurde am 20. Juli 1686 in Marburg an der Drau (SLO) getauft2 und starb am 4. April 1733 in Graz.3 Er gilt gemeinhin als führender steirischer Bildhauer der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im steirischen Raum. Bislang wurden sein Leben und künstlerisches Schaffen kaum erarbeitet, obwohl dessen bildhauerisches Können gemäß dem Domchronist Rochus Kohlbach »von keinem anderen steirischen Barockplastiker je erreicht« wurde.4 Kohlbach betrieb die Grundlagenforschung zu Schoy, aber auch zu weiteren, in der Steiermark tätigen, Bildhauern, und beging eingehende Archivrecherchen. Der slowenische Kunsthistoriker Sergej Vrišer nannte in seiner Studie über Marburger Barockkünstler5 die Vorfahren und Lehrmeister Schoys und fand heraus, dass dessen Ausbilder aller Wahrscheinlichkeit aus Leibnitz stammte. Der Vater, Johannes Schoy II (gest. 1687), war ebenfalls Bildhauer, starb jedoch als J. J. gerade erst ein Jahr alt war.6 So erlernte dieser die Bildhauerei erst durch den in Leibnitz geborenen Stiefvater, Franz Christoph Reiss (erwähnt seit 1687, gest. 1711), dessen Werk von einem sicheren Umgang in der anatomischen Umsetzung seiner Figuren und vom Liebreiz, den diese ausstrahlten, geprägt waren. Von seiner Hand stammt beispielsweise der Altar des hl. Franz Xaver in der slowenischen Pfarrkirche Maria Neustift in Ptujska Gora (1690), der die für ihn typische Architektur in Form eines von geschnitzten Akanthusornamenten geschmückten Aufsatzes zeigt, bei dem

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die beinahe überdimensionierten Skulpturen ein Eigenleben zu führen scheinen. Vrišer zufolge war es in erster Linie die Werkstatt Schoy-Reiss, die Marburg im späten 17. Jahrhundert zum Zentrum der nördlichen Strömung der slowenischen Barockplastik etablierte und enge Kontakte zu Graz pflegte. Reiss galt als führend in der Figurenbehandlung,7 seine Werke zeichneten sich durch Zurückhaltung und ­Noblesse aus, von theatralischer Gebärde befreit. Während die Stoffbehandlung sehr fließend und natürlich erscheint, weisen die Fleischpartien wenig Naturalistisches auf. Die Physiognomien wirken puppenhaft, ebenso die Körperformen, die wenig anatomischen Detailreichtum aufweisen. Nach dem Tod des Stiefvaters 1711 ging die Werkstatt an dessen ältesten ­leiblichen Sohn, Franz Joseph Reiss (Lebensdaten unbekannt), über, woraufhin der 25-jährige Schoy nach Graz übersiedelte.8 Die Beweggründe mögen unklar sein, doch bot die (noch) günstige Auftragslage in Graz zu jener Zeit dem jungen Schoy große Chancen, eine eigene Werkstatt zu etablieren.9 Die Italienreise, die für den Bildhauer angenommen wird,10 könnte vermutlich am ehesten in den Zeitraum vor seiner Ankunft in Graz zu setzen sein, was auch jenen Gepflogenheiten entspricht, laut denen nach der Lehrzeit eine Wanderschaft anzuschließen war.11 Ein Jahr später (1712) war Schoy bereits Bürger von Graz und ehelichte am 11. Mai desselben Jahres Anna Katharina Stembler in Celje (SLO).12 Nun begann seine Karriere als Bildhauer: Am 27. November 1716 erging vom Magistrat Vordernberg der Auftrag zur Anfertigung einer Dreifaltigkeitssäule um 640 fl an Schoy. Rochus Kohlbach lobte deren »erhabene Gestalten« und beschrieb sie als »erstaunlich reifes Werk«.13 Die schlanke Säule auf stufenförmigem, sich nach oben leicht verjüngendem Postament ist kompositorisch überaus bemerkenswert. Die Wolkenformationen und Putten, die die Säule zieren, erwecken den Eindruck, als würden sie sich spiralförmig um die Säule nach oben bewegen (sie ist jedoch auf Vorderansicht ausgelegt, die Rück­ seite zeigt keinen Zierrat). Ungefähr auf mittlerer Höhe befindet sich die Skulptur der Maria Immaculata14, in halb stehend, halb kniender Position auf dem Drachen, der mit aufgerissenem Maul in ihre Richtung blickt. Die Hände sind in einigem Abstand zum Oberkörper vor der Brust gefaltet, das Haupt umspannt ein applizierter Sternenkranz aus Metall. Auffallend ist die leichte Drehung im Körperbild – ein Anklingen an die im Manierismus sehr beliebte figura serpentinata –, unterstützt durch den Mantel, der zu ihrer Rechten nach vorne fällt und im Bauchbereich zu einem Knoten gebündelt wird. Auch das lange, sanft nach rechts wallende Haar kreiert einen ­dynamischen Charakter und unterstützt den schwebenden Eindruck, der durch die, sie umgebenden, Putten erzeugt wird. Das fleischige, beinahe maskulin anmutende Gesicht mit geschlossenen Augen wirkt erhaben und weicht sehr von der idealschönen Linie ab. Beidseitig die Säulen flankierend befinden sich die hll. Rochus und Sebastian auf Höhe der Basis, unmittelbar zentral davor die kauernde Gestalt eines Mannes in höfi­ scher Tracht, möglicherweise der Stifter. Komplettiert wird die Säulengruppe durch zwei separat auf Sockeln stehende Figuren der hll. Johannes Nepomuk und Antonius von Padua.

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Exkurs: Johann Jakob Schoy und sein posthumer Einfluss auf Philipp Jakob Straubs Schaffen

Als Bekrönung fungiert die Skulpturengruppe auf der Säulenspitze, die die hl. Trinität abbildet. Auf einem Wolkengebilde thronen Gottvater und – zu seiner Rechten – Christus. Über ihren Köpfen erhebt sich ein metallener Strahlenkranz, in dessen Zentrum die Heiliggeisttaube schwebt. Ein markantes Detail dieser Komposition ist die innige Beziehung zwischen den beiden Dargestellten, die sich durch die überaus spezielle Beinhaltung ergibt. Christus hat sein rechtes Bein vor dem linken überkreuzt, sodass der rechte Fuß unmittelbar neben dem linken Gottvaters ruht. Das linke Bein Gottes verläuft nahezu parallel zum linken Christis, ohne dieses jedoch zu berühren; das rechte Bein ist nicht auszumachen, was an der stark nach rechts gedrehten Sitzposition liegt. So entsteht eine Nähe, der die Oberkörper lediglich teilweise entsprechen – sie sind einander zugewandt, obwohl die Gesichter in unterschiedliche Richtungen weisen. Das Christusantlitz erscheint ältlich und ist leidend nach unten geneigt, während Gott himmelwärts blickt. Der Mantelbausch, der hinter dem Kreuz aufwallt, bildet einen Gegenpol zur – durch die massige Figur Gottvaters – stark rechtsgewichteten Komposition. In diesem Fall nahm nicht Ph. J. Straub, sondern sein Bruder Joseph diese Gruppe als direktes Vorbild für seine Dreifaltigkeitssäule in Mureck (1738, zugeschrieben an J. Straub durch die Autorin). Am Leobener Hauptplatz befindet sich ein vergleichbares, laut Inschrift ebenfalls auf das Jahr 171615 zurückgehendes und Schoy zuzuweisendes16, Werk. Die Trinitätsgruppe ist kompositorisch – bis auf kleinere Abweichungen – nahezu identisch. Erwähnenswert ist, dass die rechte Hand Gottvaters, die heute den Segensgestus ausführt, zuvor eine mit der Handfläche nach vorne gerichtete Geste ausführte. Dies ist in der Abbildung Rochus Kohlbachs17 ersichtlich, der die Gruppe jedoch fälschlicherweise der Vordernberger Säule zuschrieb, obwohl es sich um jene der Säule in Leoben handelt. Der Aufbau der Säulengruppe entspricht einer schlanken Dreieckskomposition, bedingt durch die hohe Positionierung der Trinität auf der Spitze. Der sich nach oben hin verjüngenden Säule ist eine Maria Immaculata auf einem Wolkenbausch vorgeblendet, die der für Schoy charakteristischen Körperhaltung entspricht: vor der Brust gefaltete, vom Oberkörper leicht weggeführte, Hände, eine entgegengesetzte Kopfhaltung, sodass sich eine Drehung im Körperbild ergibt und ein markant geschnürter Umhang, der durch einen Gürtel nach oben gezogen wird und eine ­schwere Falte an der Hüfte formt. Dessen Ende fließt in einer gekonnt modellierten Kaskade nach unten. Die Skulptur ist ein anschauliches Beispiel für den Einfluss Schoys auf Ph. J. Straub, denn auch dieser vermochte es – wie bereits erwähnt – vorzüglich, die optische Balance innerhalb einer Figurenkomposition herzustellen, vornehmlich durch den Einsatz zielgerichtet eingesetzter Draperie. Umstanden wird die Säule von sechs pyramidenförmig angeordneten Pestheiligen auf Sockeln, die ein als Hochrelief gearbeitetes Rosaliengrab umstehen. Links befinden sich – von außen nach innen – die hll. Barbara, Franz Xaver und Sebastian, rechts die hll. Rochus, Jakobus der Ältere und Florian. Ihnen gemeinsam sind die äußerst effektvollen Gewanddrapierungen, die mittels entsprechender Gürtung und korrespondierender Körperhaltung erzielt werden, die stoischen Physiognomien18, die durch große, mandelförmige Augen mit

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dicken Lidern, markante Nasen und naturalistischen Alterszügen geprägt werden und die zurückhaltende Gestik bei simultaner, kraftvoller Ausdrucksstärke. Ab 1718 erhielt Schoy, gemäß Rochus Kohlbach, den ersten Großauftrag in Form von acht Altären für die Grazer Franziskanerkirche, die allesamt jedoch der neogotischen Umgestaltung zum Opfer fielen. Es haben sich lediglich die beiden Holzskulpturen der hll. Johannes d. T.19 und Joseph erhalten, die in die Fassade der Wallfahrtskirche Mariatrost integriert wurden. Dort befand sich auch ein großer Baldachin von der Hand des Bildhauers.20 Im Jahr 1719 erschuf er die Figur des hl. Antonius, der sich an der Außenseite der Apsis der Franziskanerkirche befindet.21 Dieser erscheint recht steif in seiner Haltung, die Kleidung fällt ohne auffällige Faltenbildung. Das Gesicht mit den jugendlichen Zügen erinnert an antike Vorbilder, besonders in Hinblick auf die gebohrten Pupillen und die klassischen Züge.22 Ein Jahr später (1720) entstand die gefühlvolle Pietà, die sich an der Außennische der Grazer Bürgerspitalskirche befindet und bereits 1843 durch Gustav Schreiner Schoy zugeschrieben wurde.23 Diese Arbeit erscheint expressiv-pathetisch, Maria strebt schier dem Himmel empor, während der Tote, an der Hüfte eigenwillig eingeknickt, schwer auf ihrem Bein liegt, die Achsel auf dem Oberschenkel ruhend. Dieser Bild­ typus ist in der steirischen Barockplastik weit verbreitet, was auf die Druckgrafik zurückzuführen ist, die zu jener Zeit florierte und die Verbreitung von Motiven maßgeblich förderte. So kam es, dass diese Pietà ursprünglich eine Kreation des, als einer der Begründer der italienischen Barockmalerei geltenden, Malers, Annibale Carracci (1560–1609), war.24 Dieser Typus kam um 1600 auf und gelangte über Venedig bald in transalpines Gebiet, wo er breite Verwendung in der Kunst vom 17. bis zum späten 18. Jahrhundert fand. So ist auch in der Capella del Monte di Pietà in Udine (ITA) eine marmorne Skulpturengruppe (1694) von Heinrich Meiering (um 1638–1723), einem deutschen Bildhauer – auch als Enrico Merengo bekannt – anzutreffen, deren zentrales Pietà-Motiv vermutlich unmittelbaren Einfluss auf Schoys Arbeit nahm. Merengo wirkte im Zeitraum 1680 bis 1714 in Venedig und stand unter dem Einfluss Giusto Le Courts (1627–1679).25 Die Komposition der Figuren ist durchaus vergleichbar, insbesondere die Armpositionen und die über dem Oberschenkel Marias platzierte Achsel des Sohnes. Die Proportionen von Schoys Figuren sind ausgewogen, auch die Definierung der Muskelstränge des Heilands sprechen für genaue anatomische Kenntnisse. Bemerkenswert und ebenfalls auf zisalpine Einflüsse zurückzuführen ist die Behandlung der Kleidung: Die Gewandung erscheint weich und knittrig – ein Effekt, der durch gewundene Linienführung der Faltenbahnen und ausgeprägte Faltentäler erzeugt wird, deren tiefe Schattenwirkung eine auffallende Plastizität ausbilden. Auch die Überlange des Umhangs der Maria, dessen Saum am Fuß umschlägt, ist ein Charakteristikum des Schaffen Schoys und zeigt sich an vielen seiner Arbeiten. Es erweckt den Eindruck, als ob die Figuren von zu viel Stoff regelrecht eingemummt werden, dem diese nur durch gezieltes Eingreifen und Raffen des Materials Herr werden. Dynamik entsteht durch das Hochziehen des Mantels über die linke Schulter Marias, der hier eine markante Schüsselfalte bildet. Der ausgeprägte Naturalismus, den die Grup-

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14  Johann Jakob Schoy, Christus an der Geißelsäule, Holz, 1722, Graz, ­Kalvarienbergkirche, hl. Stiege

pe auszeichnet, wird besonders an den gefühlvoll bewegten Händen und den ausdrucksstarken Physiognomien ersichtlich, die detailreich den leidenden Gesamtcharakter unterstützen. Dies sind Merkmale, die auch Ph. J. Straubs Œuvre zugrunde liegen und sehr eindrucksvoll an seinen beiden hll. Valentin und Blasius der Stiftskirche von Rein (1742–1745, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) ersichtlich sind. Die Physiognomien der hl. Maria und des hl. Blasius sind nahverwandt – der gleiche flehende Ausdruck mit nach oben gerichtetem Blick unter hochgezogenen schmalen Brauen, derselbe leicht geöffnete Mund. Auch der Leichnam Christi weist eine vergleichbare Gesichtsgestaltung auf, des Weiteren ist die Modellierung der voluminösen, gewellten Haartracht mit jener des hl. Blasius nahezu identisch. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Überlänge des Gewandes, das in auslaufendem Schwung der Bewegungsrichtung folgt. Die Orientierung Ph. J. Straubs am Vorbild ist demnach noch am Beginn seiner mittleren Schaffensphase (ab etwa 1740–1760) bemerkbar, was auf einen nachhaltigen Einfluss verweist. Ein weiteres signiertes Werk Schoys stellt der Christus an der Geißelsäule (Abb. 14) der hl. Stiege des Grazer Kalvarienbergs dar, der laut Inschrift auf das Jahr 1722 zurückgeht.26 Die anatomische Umsetzung des hingesunkenen Körpers, der sich mit den Händen auf den Säulenstumpf stützt, während die Beine dem Gewicht be-

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reits nachgeben, ist durchaus als einer der Höhepunkte in Schoys Schaffen einzustufen. Das Spiel der Muskeln und Sehnen des muskulös-athletischen Körpers tritt augenscheinlich zutage und zeigt auf, dass der Künstler sich wohl an italienischen Vorbildern orientiert hat. Gianlorenzo Berninis (1598–1680) hl. Sebastian (1616–1617)27 weist ein vergleichbares Haltungsmotiv auf. Die Figur hängt schwer in den Stümpfen des Stammes, an den er jedoch nicht gefesselt ist, das Gewicht wird von der linken Gesäßhälfte und dem linken Oberschenkel gestützt. Die Komposition ist sehr labil, es erscheint, als würde der offenbar leblose Körper jeden Moment zu Boden gleiten. Die Anatomie ist bestechend realistisch umgesetzt und ruft das Pathos antiker Athleten in Erinnerung. Der gegeißelte Christus steht diesem Körperbau um nichts nach, ledig­ lich das Haupt mit dem langen Haar und dem spitz zulaufenden Gesicht mit langer Nase und hervorstechenden Wangenknochen weicht vom klassischen Ideal ab. Das überlange Lendentuch ergießt sich über das Postament und bildet zarte, weiche Faltenbahnen, die im Kontrast zum derben Gesicht des Heilands stehen. Bernini orientierte sich bei seiner Skulptur an antiken Vorbildern, so lassen sich auch Parallelen zur berühmten Laokoon-Gruppe (1. Jh. v. Chr.) feststellen, wo die Position der Hauptfigur ebenfalls zwischen sitzend und in sich zusammensinkend schwebt, der kraftvolle Körper noch dynamisch im Leben stehend, aber doch unweigerlich dem Tod geweiht. Auch die Ecce-Homo-Gruppe oberhalb der im Jahr 1723 eingeweihten hl. Stiege des Grazer Kalvarienbergs geht auf Schoy zurück und weist bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit der gleichnamigen Gruppe des Kalvarienbergs von St. Radegund auf. Der Hochaltar der Grazer Klarissen (1720–1730) soll ebenfalls von Schoy stammen, auch die hll. Barbara und Katharina der Pfarrkirche von Nestelbach werden ihm zugewiesen. Um 1723 schuf der Bildhauer sechs steinerne Wappen für die Reitschule, 1724 folgten sechs Skulpturen für Schönberg bei Knittelfeld, auf Bestellung des Propstes von Seckau (die hll. Anna, Joseph mit Kind, Antonius von Padua, Johannes Nepomuk sowie eine Maria Immaculata und den Erzengel Raphael mit dem ­Tobiasknaben). Leider galten auch diese sechs Arbeiten als verschollen, doch gelang es Rochus Kohlbach, zumindest zwei von ihnen wiederzuentdecken.28 Die hll. Joseph und Johannes Nepomuk waren zu seiner Zeit auf dem Weg von der Kirche zum Kalvarienberg von Schönberg zu finden. Heute stehen sie in zwei Nischen einer barocken B ­ runnenkapelle 29 mit geschwungener Bedachung. Insbesondere der hl. Joseph (Abb. 15) zeugt vom meisterlichen Können Schoys, was neben dem realitätsgetreuen Faltenwurf auch an der bemerkenswerten Umsetzung des Kopfes ersichtlich ist. Rührend ist die ­liebevolle Geste, mit der der Nährväter die Händchen des Knaben ergreift. Diese innige Beziehung ist ein Merkmal, das auch im Schaffen seines Nachfolgers Ph. J. Straub ersichtlich ist. Auch das Kindchen erscheint ganz natürlich, sowohl in den Proportionen als auch in der Umsetzung, wie es die Füßchen leicht am Schenkel des Joseph abstützt und sich sehnend dessen Kopf zuwendet. Der hl. Johannes Nepomuk in der rechten Nische hält ein Kruzifix vor der Brust in seinen Händen, das leicht zur Seite gedrehte Antlitz mit geöffnetem Mund und geschlossenen Augen erstrahlt in pathetischer Ver-

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Exkurs: Johann Jakob Schoy und sein posthumer Einfluss auf Philipp Jakob Straubs Schaffen

15  Johann Jakob Schoy, hl. Joseph, Detail Brunnenkapelle, Sandstein, 1724, Schönberg bei Knittelfeld

zückung, die den Rest des Körpers beinahe unberührt lässt. Die Kleidung fällt schwer und fließend, ohne von Bewegung ergriffen zu sein, was einen Kontrast zu Ph. J. Straubs hochdynamischen Drapieren bildet. Dennoch ist die optisch-haptische Qualität der Kleidung ein Wesenszug, der Schoys Arbeiten auszeichnet und auf norditalie­ nische Einflüsse zurückzuführen ist, und ebenfalls ein Kennzeichen von Ph. J. Straubs Œuvre darstellt. 1724 erschuf Schoy eine Johannes-Nepomuk-Gruppe, die sich heute im Unteren Belvedere in Wien befindet, ursprünglich jedoch in Tobelbad30 und später in S ­ eiersberg 31 Aufstellung gefunden hatte. Es handelt sich um einen der Höhepunkte im Schaffen des Bildhauers, was einerseits der technischen Umsetzung, andererseits der gefühlvoll-kontemplativen Ausstrahlung zugrunde liegt, die das Werk auszeichnet. Ph. J. Straub orientierte sich kompositorisch stark am Vorbild, vereinfachte seine Gruppe jedoch, indem er auf den Engel verzichtete. Auffallendster Unterschied zwischen den Werken ist der nonchalante Umgang Ph. J. Straubs mit den Attributen, die er fast unachtsam platzierte. Trotz der offensichtlichen Anleihe am Schoy-Werk, war der Stil des jungen Bildhauers bereits stark ausgeprägt und durch die freundliche Aura und ruhige Eleganz der Figuren gekennzeichnet, die sich jedoch bis zum Höhepunkt seines Schaffens zur ausgewachsenen Pathetik steigern sollte.

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16  Johann Jakob Schoy, Herrgottsruh-Bild, Sandstein, 1725–1730, Graz, ­Franziskanerplatz Nr. 11

Im gleichen Jahr eröffnete Schoy die Riege der landschaftlichen Bildhauer und wurde zu selbigem ernannt, Ph. J. Straub folgte ihm 1733 nach.32 Kurz darauf erfolgte Schoys Ernennung zum innerösterreichischen Hofbildhauer.33 Um 172534 entstand eine Maria Immaculata, die sich in einer Nische an der Fassade der Neue-Welt-Gasse Nr. 3 in Graz befindet. Diese entspricht dem bereits bekannten Typus der Vordern­ berger Dreifaltigkeitssäule (1716), deren Haltung ist jedoch deutlich agiler und luftiger, auch die Drehung innerhalb der Körperkomposition erscheint verstärkt. Es finden sich mehrere Marienfiguren von der Hand Schoys, die allesamt ein homogenes, wenngleich nicht zwangsläufig identisches, da sich wandelndes, Stilbild aufweisen.35 Ebenso als sein Werk angesehen und auf den Zeitraum 1725 bis 1730 datiert wird eine Herrgottsruh-Darstellung (Abb. 16) an der Ecke des Gebäudes Franziskanerplatz Nr. 11, die mit J. S. F. E. bezeichnet und demnach Schoy zuzuschreiben ist. 36 Es handelt sich um den aus Sandstein gearbeiteten Christus in der Rast mit gefesselten Handgelenken und einer massiven Dornenkrone auf dem Haupt. Vergoldete Metallapplikatio­ nen, in Form des Strahlennimbus und des Schilfrohrs, verleihen der Darstellung einen göttlichen Schimmer. Die Körperhaltung des Leidenden ist voll innerer Spannung, sodass es scheint, als würde er sich, mit gebeugten Knien hockend, lediglich leicht an der Wand abstützen, während das gesamte Körpergewicht auf den Füßen ruht. Auch

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hier ist die Figur zwischen dem Aufsteigen und Herabsinken gefangen, was die spannungsvolle Aura unterstreicht. Den Unterkörper umspannt ein voluminöser Mantel, der Schoy-typische tiefe Faltentäler ausbildet, was einen ausnehmend plastischen Eindruck erweckt. Das Leid ausdrückende, dennoch idealschöne Gesicht mit markan­ ter Nase, tiefliegenden, nach oben gerichteten Augen und einem breiten, schmerzvoll geöffneten Mund strahlt eine Stärke aus, die auch dem athletischen Körper angesehen werden kann. Auch hier lassen sich erneut Parallelen zum bereits erwähnten hl. Sebastian Berninis ziehen, was sich eindrucksvoll an der Beinhaltung und der Physio­ gnomie festmachen lässt. Am 31. Jänner 1727 erhielt Schoy den Auftrag zur Fertigung eines Hochaltars samt Tabernakel für die Pfarrkirche Straßgang und zur Renovierung der Seitenaltäre (Kreuz­ altar, Freundschaft-Jesu-Altar).37 Der Säulenaltar mit den Kartusche-haltenden ­Engeln besticht durch seine ungewöhnliche Architektur mit zwei Opfergangsportalen, über denen zwei der Engel knien, und zwei separaten, an den Seitenwänden befindlichen Konsolen zu beiden Seiten des Altars, auf denen sich zwei weitere Engel befinden. Diese sind durch ihre Körper- und Flügelhaltung dem Hochaltarbild zugewandt, trotz der ausdrucksstarken Gestik wirken sie wenig bewegt, was nicht zuletzt an der ruhigen Draperie der Gewänder liegt, die weich an den Körpern entlangfließt. Diese Figuren sind vergleichbar mit jenen des Annenaltars in der Marienkapelle der Grazer Bürgerspitalskirche (um 1740). Die Komposition mit knienden Engeln, die Kartuschen in den Händen halten, ist identisch, doch erscheinen die Körperformen hier schlanker und auch die Physiognomien sind von anderem Charakter (freundlicher Ausdruck, dynamischere Haargestaltung, kugelige Nasenspitze, volllippiger, leicht geöffneter Mund). Nachdem bereits der Auftrag für die übrige barocke Kirchenausstattung an Schoy ergangen ist, deren Fertigung nach dessen Tod Ph. J. Straub übernommen hatte, ist davon auszugehen, dass auch hier die Werkstatt Schoy-Straub am Werk war. Stilistisch ist diese Annahme zweifelsfrei gerechtfertigt. Der hohe Rang, den Schoy als Bildhauer innehatte, wird in dem 1727 verfassten Bericht von Regierungskommissären evident, wo festgehalten wurde, dass unter den Bildhauern »khainer alß der Schoy etwas extra sauber zu verfertigen capabl seye«.38 Dies schmälert zwar stark die Bedeutung, die Marx Schokotnigg bis 1731 im steirischen Raum genoß, betont jedoch den Status des Konkurrenten sehr anschaulich. 1729 errichtete Schoy einen Muttergottes-Baldachin mit fünf Engeln für Maria Lankowitz, der hinter dem Hochaltar aufgestellt wurde.39 Ein Jahr später folgte die Skulpturengruppe für den hl. Berg in Bärnbach, bestehend aus den hll. Maria, Maria Magdalena und Johannes, als Ergänzung für ein bestehendes Kreuz. 40 Eine vergleichbare Gruppe befindet sich heute an der Südwand der Pfarrkirche St. Andrä in Graz (1720–1730), die einst an der Radetzky-Brücke Aufstellung gefunden hatte, wo sie im Krieg stark beschädigt wurde. Hanns Neuböck, der bereits die Putten für Ph. J. Straubs Nepomuk-Altar (1752 geweiht, urkundl. gesichert) der Stadtpfarrkirche hl. Blut nachge­ schnitzt hatte, setzte auch diese Arbeiten wieder in Stand und sie gelangten schließlich an ihren heutigen Aufstellungsort.41

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Gegen Ende seines Lebens verdichteten sich Schoys Aufträge zunehmend, so entstanden 1728 eine Skulptur des hl. Antonius, die sich heute im Kreuzgang der Mariahilferkirche befindet, und der Hochaltar für die Pfarrkirche in seiner Marburger Heimat Maria Rast (SLO). Am 27. Mai 1730 erhielt er den Auftrag für den Hochaltar der Grazer Domkirche, der zu seinem Hauptwerk werden sollte. In seiner Größe und Geschlossenheit gilt er als »der harmonischste Barockhochaltar des Landes«.42 Der Entwurf stammte, Rochus Kohlbach zufolge, vom Jesuitenlaienbruder Georg Kraxner, der nachweislich 1721 als Koadjutor in Venedig verweilte und so die Bautätigkeiten der Gesuati vor Ort erfahren konnte. Eventuell ließ er sich von Jacopo Antonio Pozzos (1645–1721) Hochaltar-Entwurf für die venezianische Kirche Santa Maria di Nazareth inspirieren. Auch dieser zeigt einen ähnlichen architektonischen Aufbau mit vier Skulpturen zwischen den Säulen und einer Aufsatzzone, die von einem mächtigen Baldachin bekrönt wird. Deutliche Parallelen weisen die drei Figuren auf dem architektonischen rundbogigen oberen Abschluss des Hochaltarbildes auf. Die zentrale Gestalt des Salvator Mundi ist kompositorisch mit der Tugend des Glaubens des Grazer Hochaltars gleichzusetzen, während die ihn flankierenden gelagerten Frauengestalten mit Caritas und Spes korrespondieren. Im Mai 1731 schickte Kraxner den Bildhauer Schoy nach Venedig, damit dieser Marmor kaufen und sich in der Bearbeitung dieses Materials üben soll.43 Der Künstler Giovanni Maria Morlaiter (1700–1781) war damals Prior des Bildhauerkollegiums und ließ mit Sicherheit Nachsicht walten, als Schoy gegen die Zunftvorschriften verstieß, indem er vier Steinmetzte beauftragte, bei der Steinbearbeitung zu helfen (eigentlich hätten es ausschließlich Bildhauer sein dürfen, diese standen jedoch nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung). 44 Es wird berichtet, dass Schoy im Juli 1731 sechs Kisten mit Säulen nach Graz brachte und die sechs »halbfertigen« Skulpturen(-gruppen) für die untere Zone des Altars. 45 Diese ­Vorgehensweise war durchaus üblich, da durch bereits vorbehauene Steine das Gewicht – und damit auch die Transportkosten – deutlich reduziert werden konnten. Dafür fertigten die Bildhauer für gewöhnlich auch detaillierte Skizzen mit Maßangaben der Figuren an.46 Zum Urheber der beiden Doppelgruppen aus parischem bzw. Genueser Marmor über den Opfergangsportalen, die die hll. Ignatius und Franz Xaver bzw. Franz de Borgia und Stanislaus Kostka darstellen, finden sich teils unterschiedliche Angaben in der Literatur. Rochus Kohlbach schrieb sie mittels stilkritischem Vergleich dem seit 1721 in Laibach tätigen Venezianer Francesco Robba (1698–1757) zu. Er führt an, dass dessen hll. Ignatius und Franz Xaver aus der Agramer Katharinenkirche (1729–1730) sehr nah mit der Doppelgruppe am Hochaltar der Grazer Domkirche verwandt sind. 47 Matej Klemenčič zufolge ist die Suche nach dem Urheber im venezianischen Raum durchaus richtig, was stilistische Vergleiche mit Robbas Werken belegen. Es finden sich jedoch auch bei dessen Zeitgenossen Antonia Tarsia (1662–1739), Giovanni Marchiori (1696–1778), Gaetano Susali (ca. 1696–1779) und Giovanni Maria Morlaiter plausible Vergleichsmöglichkeiten. Er sieht in Marchiori den ausführenden Künstler der beiden Gruppen, aber auch der beiden, das Altarblatt flankierenden, hll. Barbara und

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Katharina. Marchiori kommt nicht nur stilistisch infrage, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass er am 9. November 1732 für die Eintragung im Grazer Bürgerbuch 10 Gulden bezahlte. 48 Bereits 1855 wurden die Skulpturen durch einen gewissen »Polsterer« italienischen Bildhauern zugeordnet, was auch den Rechnungsbüchern entspricht.49 Von Schoy selbst stammen die, mit Glanzstuck überzogenen, ­Sandsteinskulpturen des Obergeschosses (vier Evangelisten, drei göttliche Tugenden, Maria Krönung – ­insgesamt 18 Figuren).50 Diese zeugen, gemäß Horst Schweigert, von einem deutlich ­italienischen Einfluss, der besonders an den Tugenden ersichtlich ist, die wohl auf ­venezianische Vorbilder zurückgehen (Caritas des Francesco Segala und allegorische Figuren des Allessandro Vittoria im Dogenpalast).51 Ein drittes Beispiel einer Säulengruppe, wie Schoy sie bereits für Leoben und Vor­ dernberg geschaffen hatte, befindet sich am Hauptplatz von Frohnleiten, direkt vor der Pfarrkirche, und geht auf das Jahr 1732 zurück,52 womit es vermutlich eines der letzten vollendeten Werke des Künstlers vor dessen Tod darstellt. Sie zeigt die hll. Joseph, Johannes Nepomuk, Sebastian, Rochus, die liegende Rosalia und Maria Immaculata auf der Säulenspitze. Bemerkenswert sind die individuellen Umsetzungen der einzelnen Figuren, die – in der Gesamtheit betrachtet – jedoch eine kompositorische Einheit bilden. Der letzte große Auftrag, der an Schoy ging, war die plastische Ausgestaltung der Grazer Bürgerspitalskirche (vermutlich noch im Jahr 1732). Es ist anzunehmen, dass er dafür bereits zumindest Entwürfe und Pläne angefertigt hatte: Hochaltar, Annenaltar, Kanzel und Magdalenenthron wollten von ihm umgesetzt werden, doch es kam nicht mehr dazu. Am 4. April 1733 wurde J. J. Schoy 47-jährig am Annenfriedhof von St. Andrä zu Grabe getragen. Seine Werkstatt wurde noch im selben Jahr vom jungen Bildhauer Ph. J. Straub übernommen, der auf Empfehlung des Kaiserlichen Hofbildhauers Mader von Wien anreiste. Dieser, mit seinen 27 Jahren noch recht junge, aber handwerklich-künstlerisch bereits sehr erfahrene, Ph. J. Straub übernahm den Auftrag für die Bürgerspitalskirche, eventuell unter Zuhilfenahme der vorhandenen Skizzen und Entwürfe des Verstorbenen. Diese Arbeiten führte er mit den ebenfalls übernommenen Werkstattmitarbeitern durch, unter denen auch Leopold Schoy (gest. 1751), der Sohn des Verstorbenen, zu finden war. Weitere Gesellen sind, dank Rochus Kohlbach, ebenfalls namentlich bekannt: Peter Pirlinger, Andreas Kreüdterer, ­Andreas Hans Michael Hass, Michael Cussa sowie die beiden Venezianer Giuseppe Formenti und Carlo Sadon.53 Letztere sind von besonderer Bedeutung, da sie den engen Austausch zwischen dem steirischen und zisalpinen Kunstgeschehen verdeutlichen. Sie waren für das Marmor-Antependium der Altarmensa des Hochaltars der Grazer Domkirche verantwortlich.54 Es zeigt sich, dass das jäh zu Ende gegangene Künstlerleben Schoys beinahe nahtlos mit einem anderen verknüpft und weitergeführt wurde. Doch galt Ph. J. Straub, wenngleich stark vom Vorgänger beeinflusst, bereits in jungen Jahren als ein autonomer Künstler mit individuellen Stilmerkmalen, sodass der Geist Schoys zwar

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in dessen Frühwerk weiterlebte, doch nie von diesem blind kopiert wurde. Bemerkenswert ist, dass Ph. J. Straub selbst – nach aktuellem Forschungsstand – nie in Italien war, aber dennoch die typisch zisalpine Gewandbehandlung in seinen Werken aufgriff. Nachdem sein älterer Bruder Johann Baptist von Wien nach München gegangen war und er in seinen Arbeiten deutlich ruhigere Faltenwürfe zeigt, ist davon auszugehen, dass sich der jüngere Straub-Bruder dieses dynamisch-expressive Charakteristikum tatsächlich erst in Graz angeeignet hatte.

Der indirekte Einfluss der zisalpinen Kunst auf das Schaffen der Grazer Barockbildhauer am Beispiel Johann Jakob Schoy und Philipp Jakob Straub Eine interessante Fragestellung, die in der vorliegenden Arbeit behandelt wird, ist jene nach dem tatsächlichen Einfluss J. J. Schoys auf den Nachfolger Ph. J. Straub, der ein indirekter, da posthumer, war. Gewisse Stilmerkmale im Œuvre des jüngeren Bild­ hauers stammen nicht von der familiären oder akademischen Wiener Ausbildung, sondern beflügelten offenbar von anderer Stelle den Künstlergeist. Dies betrifft in erster Linie die Faltengestaltung, die bei Ph. J. Straub außergewöhnlich dynamisch und formerzeugend anmutet, was sich bei seinen Brüdern nicht in derartiger Form of­f enbart. Nicht einmal der begnadete Johann Baptist Straub, zu dem Ph. J. z­ umindest in den ersten Ausbildungsjahren in engstem Kontakt stand, zeigte eine derartig lebhafte Gewandgestaltung seiner Werke,55 was beweist, dass dieses Charakteristikum wohl erstmals in der frühen Grazer Bildhauerzeit des Ph. J. in Erscheinung trat. Hinzu kommt eine bemerkenswerte haptische Qualität in der Wiedergabe der spezifischen Materialien, die eine sehr realitätsnahe Wirkung erzielt. Die Frage, ob Schoy selbst einen italienischen Einfluss in die Grazer Barockplastik seiner Zeit einbrachte, ist mit Vorsicht zu beantworten. Das Substrat seines Stils wird in der Literatur im italienischen Kunstkreis angesiedelt, insbesondere Venedig wird als wichtiges Zentrum hervorgehoben.56 Hervorstechende Merkmale dieser Prägung manifestieren sich in Schoys Stilbild, gemäß Horst Schweigert, in Form einer starken Betonung des Körperlichen und der Verwendung von Gewandmasse als Kompositionsmittel.57 Ein Italienaufenthalt Schoys ist daher naheliegend, ein solcher ist jedoch erst 1731 dokumentarisch belegt, als er in Venedig weilte, um Marmor auszuwählen und den Transport der halbfertigen Skulpturen für den Hochaltar der Grazer Domkirche zu überwachen. 58 Dies ist jedoch zu spät, um als Begründung für den bereits früher feststellbaren norditalienischen Einfluss seines Stils zu gelten. Bereits Kurt Woisetschläger nahm einen frühen, urkundlich nicht belegbaren Aufenthalt in zisalpinem Gebiet an,59 die Autorin folgt dieser Meinung und setzt diesen in den Zeitraum unmittelbar vor seiner Ankunft in Graz 1711 an, wo er sich auf Wanderschaft von Marburg nach Italien (vermutlich Venedig) begeben haben wird, um seine Ausbildung zu vervollkommnen. Dies würde nicht nur den deutlich venezianischen Einschlag seiner Werke in Hinblick auf

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die Gewandgestaltung erklären, sondern auch die Tatsache, weshalb er neben dem beinahe ein Jahrzehnt u.a. in Rom fortgebildeten Marx Schokotnigg als begnadetster steirischer Bildhauer galt. Die italienische maniera war zu jener Zeit im steirischen Raum überaus gefragt, auch Schoys Schüler Joseph Stammel zog nach der Ausbildung beim Meister aus, um sich bildhauerisch südlich der Alpen zu schulen. Er verbrachte die Jahre von 1718 bis 1726 dort, danach kehrte er zurück und erhielt bald Aufträge von Stift Admont, für das er daraufhin Zeit seines Lebens tätig sein sollte.60 Schoys Bedeutung als famoser Bildhauer und die gleichzeitig auf künstlerischem Gebiet vorherrschende Orientierung gen Süden legen den Schluss nahe, dass er sich mit großer Wahrscheinlichkeit mehrere Jahre zu Studienzwecken auf italienischem Gebiet aufgehalten haben musste. Hinzu kommt, dass von Schoy verhältnismäßig viele Sandsteinarbeiten bekannt sind, was ebenfalls auf die in Italien vorherrschende Herstellung von Steinskulpturen verweist, während im transalpinen Raum Holz als dominierender Werkstoff präferiert wurde. Bei Ph. J. Straub stellte sich die italienische Beeinflussung vermutlich indirekt über die akademische Ausbildung ein und danach über Schoys Werkstatt sowie dessen künstlerische »Hinterlassenschaften« in Form von Entwurfszeichnungen, Modellen und natürlich seiner fertiggestellten Werke im Grazer Raum. Gerade sein hl. Johan­ nes Nepomuk für den Weizberg (1734, signiert) nimmt starke Anleihen an Schoys Vor­ bild für Tobelbad (1724) und doch ist letzterer stärker zisalpin inspiriert. Es fällt hier deutlich auf, dass Ph. J. Straub die italienische Vorbildung im Bereich der Steinbearbeitung fehlte. Sein Werk ist ist zweifelsfrei von großer künstlerischer Qualität – und dennoch fällt in unmittelbarem Vergleich zu seinem Vorgänger auf, dass dieser die Materialien wesentlich realitätsnaher aus dem Stein arbeiten konnte. Gerade die aufschwingenden Säume, die Ph. J. Straubs Schnitzarbeiten auszeichnen, lassen sich hier nicht wiederfinden. Dies lässt sich auch bei seinen Altarfiguren für die Grazer Domkirche (1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) feststellen: Hier kann ebenfalls eine durchaus hochwertige Faltenausarbeitung ausgemacht werden, jedoch ohne das bekannte dynamische Element – darüber hinaus erscheint sie recht zweidimensional. Der Künstler vermochte es, die Säume und Mantelbahnen effektvoll zu drapieren; er stellte sein Talent zur Schau und es gelang ihm, den Marmor lebhaft zu modellieren. Ein Blick dahinter, in Richtung Hochaltar, zu den ihm zugeschriebenen hll. Johannes Nepomuk und Judas Thaddäus (1738) an der Triumphbogenwand, beweist, dass plastische schwungvoll-übersteigerte Draperien mit Sicherheit zu seinem Repertoire gehörten, der im süddeutschen Raum geschulte Bildhauer und ehemalige Schreiner­ geselle diese jedoch eher in Holz umsetzen konnte. Dies wirft ein sehr interessantes Licht auf die Sandsteinskulpturen des Hochaltars der Grazer Bürgerspitalskirche: Diese gelten als Arbeiten Ph. J. Straubs in der Nachfolge Schoys, was durchaus eine realistische Einschätzung ist. Doch insbesondere die hl. Elisabeth weist einen derart hochbewegten Mantelschwung auf, dass sich die Frage stellt, ob dieser tatsächlich auf Ph. J. Straub zurückgeht. Dies widerspricht seinen übrigen Steinskulpturen, sodass naheliegt, dass der Vorgänger Schoy hier noch die Vorarbeiten an der Heiligen

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17  Joseph Schokotnigg, Auferstandener Christus, Sandstein, 1741–1742, Graz, ­Stadtpfarrkirche, Innenhof

übernommen und den Mantelbausch an der rechten Hüfte modelliert haben könnte, bevor er frühzeitig verstarb und der Nachfolger die Skulptur beendete. Natürlich muss erwähnt werden, dass sich auch im Œuvre Schoys Steinskulpturen finden lassen, deren Draperien deutlich weniger dynamisch anmuten wie jene des hl. Johannes Nepomuk. Es kam demnach durchaus darauf an, welchen Stellenwert der jeweilige Auftrag innehatte bzw. wie hoch die finanzielle Vergütung war und wie viel Zeit dem Künstler zur Verfügung stand – kurzum, welche Intention er hatte, sich und sein Kön­ nen bestmöglich zu präsentieren. Ein vergleichbar aufwirbelnder Mantelbausch findet sich bei Joseph Schokotniggs Auferstandenem Christus (1741–1742), der heute im Hof der Grazer Stadtpfarrkirche aufgestellt ist (Abb. 17). Die Anleihen sind überdeutlich, selbst das Standmotiv ist an die hl. Elisabeth angelehnt – möglicherweise eine Hommage an den Entwurf des verstorbenen Meisters? Wie auch bei Ph. J. Straub spielten Einflüsse des Wiener Kunstkreis eine wesentliche Rolle für Schoys Stilentwicklung. Die Künstler Matthias Steinl und Giovanni Giuliani, letzterer ein gebürtiger Venezianer, sind an dieser Stelle besonders hervorzu­ heben.61 Ab 1690 verlagerte Giuliani seinen Lebens- und Schaffensmittelpunkt nach Österreich, genauer nach Wien und später Niederösterreich, und führte die italienische Barockplastik in seine neue Heimat ein. Die heimische Kunstentwicklung stag-

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Exkurs: Johann Jakob Schoy und sein posthumer Einfluss auf Philipp Jakob Straubs Schaffen

nierte zu jener Zeit aufgrund der Zweiten Wiener Türkenbelagerung im Jahr 1683, neuartige künstlerische Impulse wurden somit dankbar aufgegriffen. Seine Ausbildung erhielt der Künstler in seiner Geburtsstadt Venedig, in Bologna und München.62 Ein ebenso hochdynamisches wie stark pathetisches Figurenrepertoire zeichnet seinen Stil aus, bedingt durch Torsion und markant-flatterige Draperien, wie seine im Jahr 1688 entstandene Maria Immaculata63 imposant beweist. Schoy griff diesen ­Marientypus auf, wenngleich er diesen weniger bewegt umsetzte. Die übersteigerte Pathe­tik ersetzte er durch noble Eleganz, die aufgewirbelten Stoffe durch fließende, jedoch schwerfallende Materialien. Ph. J. Straub gelang eine Synthese dieser beiden künstlerischen Handschriften, was seinen unverkennbaren Stil ausmachte. Der im heutigen Slowenien geborene Bildhauer Marx Schokotnigg (1661–1731), der in Graz eine Werkstatt betrieb, hielt sich ab 1682 nachweislich neun Jahre lang in Italien auf, um seine Bildhauerkunst zu vervollkommnen.64 Dies ist dem (negativen) Antwortschreiben auf sein 1697 gestelltes Ansuchen auf Aufnahme in die Grazer Malerkonfraternität zu entnehmen: »Motivis: Wie das derselbe ein Lands- von Oberburg gebirtiges Khindt, alda in Landt Steyer die Bildhauer Khunst erlehrnet, sodan in Exerzierung deroselben gegen 9 Jahr lang in Rom vnd anderen vornemben Örthern zuegebracht vnd also sich perfectioniert.«65 Damit war er der erste Bildhauer, der auf eine solch angesehene Ausbildung zurückblicken konnte.66 Werden nun seine Arbeiten betrachtet, folgt das Ergebnis, dass auch in seinem Opus hochbewegte Draperien von deutlicher Plastizität zu finden sind. Dies präsentiert sich sehr anschaulich an den beiden Engelsfiguren (1697–1701) für den Marien­ altar des Grazer Mausoleums Kaiser Ferdinands II., deren Fertigung er Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) zu verdanken hatte, der ihn speziell für diese Arbeiten anreisen ließ.67 Die Gewandung erscheint fließend und weich, sie bildet an einigen Stellen tiefe Faltentäler, die Säume überschlagen sich partiell, was eine zusätz­ liche Dynamik in die Darstellung bringt. Auffallend ist die deutliche Überlänge des Gewandes, wie sie auch bei Schoy zu finden ist. Der Bezug zu Berninis Œuvre wird bei Betrachtung seines Engelsmodells (1665, Vatikanische Museen) für den b ­ erühmten Baldachin im Petersdom evident. Die Ähnlichkeiten sind frappant – die Gestaltung der luftig erscheinenden Kleidung mit kunstvoller Faltengebung, die Bewegung suggeriert, ist den beiden Skulpturen ebenso gemein, wie das instabile Standmotiv und die Torsion der einzelnen Körperpartien. Auch die runden Gesichter mit ausdrucksstarken, großen Augen sind gleichartig ausgeführt, dasselbe gilt für die, in dicke Sträh­ nen unterteilte, Haargestaltung. Insgesamt wirken die Formen bei Bernini jedoch fließender und weicher, auch das Standmotiv mutet bei seinem Engel um einiges spielerischer an, ist beinahe tänzelnd. M. Schokotniggs Engel hingegen erscheint bodenständiger, die vor der Brust erhobene Rechte wirkt wie erstarrt, die Finger sind spastisch verkrampft. Das idealschöne Körperverständnis ist vom berninesken Stil inspiriert, nicht so die physiognomischen Charakteristika, die wiederum sehr lokalen Traditionen verpflichtet sind. Die Frauengesichter erscheinen rundlich mit großen Augen unter markant betonten Brauen, hoher Stirnbildung und einer langen, schma-

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len Nase. Das wellige Haar ist mittig gescheitelt und aus dem Gesicht nach hinten genommen, vermutlich zeitgenössischen Frisuren entsprechend. Der zisalpine Einfluss, den M. Schokotniggs Schaffen durch die langjährige und dadurch mit Sicherheit sehr intensive Ausbildung in Italien erfahren hatte, ist durchaus in seinen Werken feststellbar. Einer seiner Söhne, Joseph Schokotnigg, ging vermutlich bei Schoy in die Lehre.68 Auch er kam in den Genuss einer Italienreise zu Fort­ bildungszwecken, was ihm vom Vater ermöglicht wurde, bei dem er wohl auch die Grundausbildung erhielt. Aufgrund dessen zeigt auch J. Schokotniggs Œuvre einen stark italienischen Einschlag. Rochus Kohlbach beschrieb dessen Stil sehr ausdrucksstark: »Schoys erlesene Art erlebte in unserem jungen Meister eine kongeniale Fortsetzung: Machtvolle Statuarik, einwandfreie Anatomie, ausgewogene Komposition, nicht zuletzt ein auf echter Religiosität basierendes verklärtes und verklärendes Künstlertum.«69 Dies zeigt auf, dass der Schüler den Meister beinahe zu überflügeln schien und tatsächlich strahlten seine Werke ein hohes Maß an Selbstbewusstsein aus, was besonders an den Fassadenfiguren der Grazer Stadtpfarrkirche (1742) ersichtlich ist. Trotz der nicht zu übersehenden Anleihe an Schoy erhielten J. Schokotniggs Figuren ihren individuellen Ausdruck – die Gesichter erscheinen sehr ernst und weisen zumeist einen leicht geöffneten Mund auf, ihr monumental-pathetischer Charakter erinnert stark an Ber­ ninis Kreationen. Dasselbe gilt für die sehr plastische Haargestaltung, die aufgrund gebohrter Locken sehr voluminös anmutet und den lebensnahen Eindruck verstärkt. Auch in diesem Fall ist der italienische Einfluss auf das Schaffen des jungen Bildhauers nachvollziehbar, der dennoch regional geprägte Stilmittel in seine Werke einbrachte. Die Orientierung am Lehrmeister Schoy offenbart sich augenscheinlich am Vergleich zweier Werke, dem hl. Joseph (1746, J. Schokotnigg) der Grazer Basilika Mariatrost (Abb. 18) und dem hl. Joseph der Brunnenkapelle von Schönberg bei Knittelfeld, der auf 1724 zu datieren ist und Schoy zugeschrieben wird. Es zeigt sich, dass die zärtliche Zuwendung der beiden Heiligen zum Jesusknaben in deren Arm und auch die Umsetzung der Köpfe, die – wenngleich nicht identisch – doch in gewisser Weise verwandt ist. Die Mimik scheint wie aus einem Guss zu sein (vor allem hinsichtlich der Mundgestaltung), auch die Bartmodellierung mit deutlichen Lochbohrungen der kleinen Kringellöckchen lässt keinen Zweifel an der Orientierung des Schülers an seinem Meister. Es bleibt die Frage, ob eine Beeinflussung auch wechselseitig stattgefunden haben könnte. Wenn der Schüler maßgeblich von den mit Sicherheit stark zisalpinen – speziell römischen – Arbeitstechniken des Vaters geprägt wurde, ist nicht ausgeschlossen, dass sich auch der Lehrmeister daran orientierte. Der noch jugendliche J. Schokotnigg war 1719 gemeinsam mit Schoy für die Grazer Franziskanerkirche tätig, was nahelegt, dass er zu diesem Zeitpunkt als dessen Geselle arbeitete. Die frühesten bekannten Arbeiten Schoys nach dessen Ankunft in Graz, die ­beiden Trinitätssäulen in Leoben und Vordernberg (beide 1716), zeigen figürlichen Schmuck unterschiedlichster Qualität, was vermutlich mit der starken Verwitterung und den damit einhergehenden restauratorischen Behandlungen einhergeht, die zu Detailverlust und partiell ergänzten Teilen führten. An den beiden Maria-Immaculata-­

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Exkurs: Johann Jakob Schoy und sein posthumer Einfluss auf Philipp Jakob Straubs Schaffen

18  Joseph Schokotnigg, hl. Joseph, Holz, 1746, Graz, Basilika Mariatrost

Figuren lässt sich jedoch deutlich feststellen, dass die Faltengebung noch äußerst grob und schwerfällig ausgeführt sowie der Saum des vor dem Körper in Wellen nach unten gleitenden Mantels sehr breit ist. Auch das Lendentuch des hl. Sebastian weist nichts vom für Schoy bekannten hochrealistischen Faltenwurf auf. Dies rein auf seinen Frühstil zurückzuführen, ist jedoch nicht haltbar, was seine beiden geschnitzten Figuren der hll. Johannes d. T. und Joseph (1718, ursprünglich in Grazer Franziskanerkirche) beweisen, die sich heute an der Fassade der Grazer Basilika Mariatrost befinden. Joseph weist eine sehr feinteilige und realistisch erscheinende Gewandung auf, die mit den Sandsteinarbeiten der beiden Säulen wenig gemein haben. Dies erinnert an die vorhin angesprochene Divergenz zwischen Ph. J. Straubs Stein- und Holzarbeiten in dessen früher Schaffensphase, was eine Parallele zwischen den beiden Bildhau­ ern darstellt. Eventuell waren Schoys frühe Steinarbeiten – wenngleich auf bereits ohnehin recht hohem Niveau – dennoch weniger herausragend als seine später folgenden Werke, sodass sich auch in diesem Zusammenhang der indirekt zisalpine Einfluss durch seinen Schüler J. Schokotnigg als eine mögliche Erklärung dafür heran­ ziehen ließe. Die für Schoy markante Überlänge der Kleidung ist evident, auch die tiefen Faltentäler, die sehr viel Räumlichkeit kreieren, sind klar erkennbar. Ein für den

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Bildhauer charakteristisches Merkmal ist die sehr eigentümlich hochgeraffte Ärmelgestaltung, die im Gegensatz zur ansonsten sehr wirklichkeitsnahen Draperie ein Kuriosum darstellt. Der hl. Joseph zeigt dies am rechten Arm in Ansätzen, viel ­deutlicher ausgeprägt ist es bei Schoys Pietà der Grazer Bürgerspitalskirche (1720), deren Umhang am linken Oberarm ein sehr tiefes Faltental bildet, das fast geometrische Formen annimmt. Dieses Merkmal findet sich auch in der italienischen Bildhauerkunst, wie die Skulptur des wohl in Florenz ausgebildeten Francesco Mochi (1580–1654) beweist, der etwa ab 1600 in Rom künstlerisch tätig war und als »Vorläufer des Berninischen affektirten Styls«70 gilt. Dessen hl. Veronika (1635–1639) für den Petersdom im Vatikan weist ein analoges Faltenbild auf, das sich durch dynamische Diagonalbewegung und markante Stege auszeichnet, und als Übersteigerung des natürlichen Habitus angesehen werden kann. Auch der Verkündigungsengel für den Dom von Orvieto, für den Mochi 1603 den Auftrag bekam, stellt mit seiner Gestaltung des rechten Ärmels ein verbindendes Element zur Schoy’schen Pietà her. Wo der frühbarocke Hang zu überflügelter Dynamik in Bezug auf die Gewandmodellierung bereits beinahe groteske Züge annimmt, herrscht bei Schoy eine Reduzierung zurück zum Natürlichen, eine regelrechte »Erdung« findet statt. Dennoch liegt auch seinen Werken ein gewisses Maß an Pathetik zugrunde. Joseph Schokotnigg kam nicht an die Leistungen seines Vaters heran, was wohl auch der Grund dafür war, dass Schoy neben letzterem als der führende Bildhauer der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts angesehen wurde. Auch war es Schoy, der den prestigeträchtigen Auftrag für die skulpturale Gestaltung des Hochaltars der Grazer Domkirche bekam, der ganz nach zisalpinem Vorbild, mit eigens importiertem Marmor und Skulpturen italienischer Bildhauer, erschaffen werden sollte. Ein weiteres Indiz, das für eine italienische Fortbildung Schoys sprechen könnte, da ein Bildhauer ohne entsprechende Kenntnisse wohl trotz höchsten Ranges kaum den Vorzug für einen solchen Auftrag erhalten hätte, zumal mit dem jungen Schokotnigg noch ein entsprechender, alternativer Künstler in der Stadt zu verzeichnen gewesen wäre. Nichtsdestotrotz bleibt es ohne entsprechende archivalische Belege bei Spekulationen, was Schoys frühe Italienreise betrifft. Abhilfe würde lediglich das Aufspüren der direkten Vorbilder Venedigs bzw. Roms oder auch anderer Städte schaffen, die der Bildhauer studiert und ins eigene Œuvre integriert haben könnte. Bereits Rochus Kohlbach merkte an, dass die Entdeckung der zisalpinen Vorbilder der steirischen Künstler zur Zeit des Spätbarocks ein wichtiges Forschungsdesiderat darstellen würde. Er führte die Städte Florenz, Mailand, Rom und Venedig an und zog Verbindungen zwischen Gianlorenzo Bernini und Marx Schokotnigg sowie Camillo Rusconi (1658–1728, Bernini-Schüler) und Joseph Schokotnigg.71 Tatsächlich wäre es von besonderem Interesse, die Vorbilder der steirischen Künstler im italienischen Raum zu eruieren. Dies würde aufzeigen, welche Elemente direkt ü ­ bernommen wurden und welche wiederum über Umwege Einzug in das künstlerische Repertoire fanden. Abgesehen von der Draperie und der Körperkomposition ist es insbesondere die Haar- und Bartgestaltung, die besonderes Augenmerk in Hinblick auf italienische

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Exkurs: Johann Jakob Schoy und sein posthumer Einfluss auf Philipp Jakob Straubs Schaffen

Vorbilder erfahren sollte. Diese ist teils auffallend an antiken Plastiken orientiert, was Rückschlüsse auf mögliche Vorbilder zulässt. Joseph Schokotniggs bereits erwähnter Auferstandener Christus (1741–1742), im Innenhof der Grazer Stadtpfarrkirche, weist eine Bartgestaltung auf, die an antoninische Vorbilder72 denken lässt. Denn es waren nicht nur neuzeitliche Arbeiten, die aufgegriffen wurden, sondern auch die in Italien zahlreich vorhandenen antiken Originale, die als Studienobjekte dienten. Die Ausführung des Haars des Auferstandenen wiederum entspricht nicht dem antiken Typus, was eine Synthese verschiedener Stile nahelegt, die sich zu einem spezifischen Figurenhabitus zusammenfügten. Überhaupt fällt auf, dass sich die steirischen Künstler zwar an zisalpinen Vorbildern orientierten, jedoch stets ihre individuellen Charak­ teristika pflegten, sodass sie nie als reine Kopisten fungierten, sondern vielmehr als Fusionierer verschiedenster Stile zu einem spezifischen Personalstil. Während Marx Schokotniggs Werk von einem kühlen, römisch inspirierten Pathos geprägt war, den er sich in der Ewigen Stadt aneignen konnte, ließ sich dieser in Schoys Werken nicht erkennen. Dieser brachte stattdessen einen »gefühlsbetonten Lyrismus«73 in die Grazer Barockplastik, der stark von der venezianischen Bildhauerkunst inspiriert worden war und auf einem Ausgleich zwischen zisalpinem Körpergefühl und nordischer Formenfantasie beruhte. Das wiederum lässt Schoys möglichen frühen Italienaufenthalt auf venezianischem Boden wiederum sehr wahrscheinlich werden. Wird dessen Apotheose des hl. Johannes Nepomuk (1724, Wien, Unteres Belvedere) mit dem Marmorengel des venezianischen Bildhauers Giovanni Maria Morlaiter in der Kirche ­Santa Maria della Consolazione (Venedig) aus den 1750er-Jahren verglichen, sind Parallelen augenscheinlich: dasselbe erhabene Pathos, eine nahverwandte Physiognomie nebst Haargestaltung und der effektvolle Einsatz der Draperie. Daneben verschaffen die himmelweisenden Arme eine Verbindung zum Himmel und kreieren gleichzeitig Dynamik durch die Diagonalen, die dadurch entstehen. Insbesondere die venezianische Bildhauerei zeichnet sich durch eine nahezu perfekte Darstellung des Stofflichen aus. Die verschiedenen Textilien sind klar unterscheidbar in ihrer haptischen Qualität (dick oder dünn, feinteilig oder grob, glatt oder mit Spitzen und Borten versehen). Das Beispiel der Marmorbüste einer verschleierten Frau (1717–1725, Museo del Settecento Veneziano, Ca’ Rezzonico, Venedig) von Antonio Corradini (1688–1752) verdeutlicht dies auf bemerkenswerte Weise. Die Gesichtszüge sind durch den hauchzarten Stoff gut zu erkennen, das Material fließt regelrecht über das Antlitz nach unten auf die rechte Schulter. Weich fallende, theatralisch m ­ odellierte Textilien, die sehr realitätsgetreu erscheinen und ein regelrechtes Eigenleben entwickeln, sind ein typisches Merkmal der venezianischen Bildhauerei. Dies ist bei Schoy noch deutlich reduzierter als bei Ph. J. Straub, dennoch veranschaulicht seine, bereits erwähnte, Apotheose des hl. Johannes Nepomuk wie meisterlich er unterschiedliche Stoffe wiederzugeben vermochte. Die realistische Umsetzung drängte die übersteiger­ te Bewegtheit deutlich zurück, die wiederum für Ph. J. Straubs Œuvre ­charakteristisch ist. Seine Gewandkreationen erheben den Anspruch auf Autonomie, sind formbildend und räumlichkeitsschaffend. An diesem Punkt löste sich der jüngere Bildhauer

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19  Antonio Michelazzi, Relief »Tod des hl. Franz Xaver«, Detail hl. Franz Xaver-Altar, Marmor, 1737, Graz, Domkirche

deutlich vom Vorgänger und brachte zisalpines Formengut in sein Stilbild, das er wohl nie in situ studieren konnte. Hier reichte vermutlich die Auseinandersetzung mit dem Schaffen Giulianis und Mattiellis bzw. hielten sich in Graz italienische Bildhauer zu genüge auf, die ihren Einfluss auf regionale Künstler geltend machten. Dies veranschaulicht folgendes Beispiel: Die Grazer Domkirche beherbergt seit dem Jahr 1737 das Marmorrelief des italienischen Bildhauers Antonio Michelazzi (1707–1772), das den Tod des hl. Franz Xaver zeigt (Abb. 19). Ph. J. Straub nahm direkten Bezug darauf und setzte das Motiv in seinem Relief für die Grazer Sterngasse Nr. 12 um. Dass eine derartige Vorgehensweise zum Alltag eines Bildhauers gehörte, steht außer Frage. Auch so gelangten fremdländische Gestaltungsmittel und Sujets in Umlauf und bereicherten auf mannigfaltigste Weise das Grazer Kunstgeschehen. Einen weiteren Bezug zur venezianischen Bildhauerei stellt der Vergleich des rechten Engels des Annenaltars der Grazer Bürgerspitalskirche (um 1740, zugeschrieben an Werkstatt Schoy-Straub) mit einer Engelsfigur des aus Venedig stammenden Bildhauers Marino Groppelli (1662–1728, Fratta Polesine, Pfarrkirche hll. Petrus und Paulus) dar. Der Adorationsengel, der sich rechts des Hochaltars (1705) befindet, weist eine nahverwandte Körperhaltung auf: Die rechte Hand ist pathetisch zum Herzen ge­führt, wobei Zeige- und Mittelfinger deutlich voneinander abgespreizt sind, die andere Hand schwebt seitlich leicht erhoben in der Luft. Auch die Gewandung und Flügelgestaltung weisen Parallelen auf, wie überhaupt die gesamte Konzeption.74 Der

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fremdländische Einfluss ist im Schaffen Schoys und seiner Werkstatt allgegenwärtig und wurde bis zu einem gewissen Grad auch von Ph. J. Straub weitergetragen. Von Schoy übernahm Straub aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Haar- und Bartgestal­ tung (voluminöses, lockiges Haar mit gebohrten Locken, asymmetrisch angeordnet) sowie die anmutigen Gesichter mit freundlichen Zügen. Die im Œuvre des Bildhauers Ph. J. Straub anzutreffende C-förmige Körpersilhouette geht – Horst Schweigert zu­ folge – auf ein im Hochbarock entstandenes, römisches Aufbauverfahren zurück, nach dem die Figur in aufrechtstehender Sichelform angelegt ist.75 Dies ist unter anderem am hl. Johannes Nepomuk an der Triumphbogenwand der Grazer Domkirche (1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) festzustellen, was somit ein weiteres italienisches Stilmittel darstellt, das Einzug in die Grazer Barockplastik gefunden hat. Was Ph. J. Straub perfektionierte, ist der nonchalante Einsatz von Attributen, wie es weder bei Schoy noch bei den beiden Schokotniggs in dieser Form anzutreffen ist. Wie bereits erläutert, zeigt sich dies auch in der römischen Bildhauerkunst, am Beispiel Carlo Monaldi (1683–1760), dessen Skulpturen einen vergleichbaren Einsatz von Beiwerken aufweisen. Es liegt nahe, dass hier Ph. J. Straubs akademische Ausbildung zu Tragen kam. Die Akademie, die stark an antik-italienischen Vorbildern orientiert war, vermittelte ein athletisch-ästhetisches Körperbild, während die alpenländische Schnitzkunst oftmals wenig idealschöne, hagere Gestalten wiedergab, versehen mit Alterszügen, eingefallenen Wangen und derben Gesichtern. Schoys und insbesondere Ph. J. Straubs Stil zeigt eine Vermischung beider Elemente. Der bereits an anderer Stelle beschriebene Christus an der Geißelsäule (1722, signiert durch J. J. Schoy) des Grazer Kalvarienbergs veranschaulicht dies sehr imposant. Mit seiner deutlichen Vorbildnahme an Bernini, dessen muskulös-athletische Körperbehandlung er aufgriff, während der Kopftypus regional geprägtem Charakter entspricht, beweist der Bildhauer, dass neben der venezianischen Strömung auch der schier allgegenwärtige bernineske Stil wesentlichen Einfluss auf sein Schaffen nahm. Doch auch Ph. J. Straubs hl. Johannes d. T. vom Hochaltar der Frauenkirche von Pernegg an der Mur (um 1740, Ph. J. Straub durch die Autorin zugeschrieben) oder der hl. Sebastian des Hochaltars der Welschen Kirche in Graz (1746, zugeschrieben an Ph. J. Straub) dürften stark von Berninis Figurenstil inspiriert worden sein. Dessen hl. Sebastian (1616/17) lässt sich ohne weiteres mit den eben genannten Skulpturen hinsichtlich Körperkomposition und physiognomischer Merkmale vergleichen. So wurde auch der aus süddeutschem Raum stammende Künstler nachhaltig geprägt, ohne selbst jemals auf italienischem Boden geweilt zu haben. Ein bedeutender Künstlername darf bei der Beeinflussung Ph. J. Straubs bzw. der Grazer Barockplastik im Allgemeinen nicht außer Acht gelassen werden: Georg ­Raphael Donner (1693–1741). Der Bildhauer absolvierte seine Lehre beim bereits erwähnten gebürtigen Venezianer Giovanni Giuliani,76 was sein deutlich zisalpines Gepräge begründet. Dieser war dem antiken Formengut stark verhaftet, was insbesondere Vergleiche mit römischen Skulpturen bzw. deren grafischen Reproduktionen nahelegen. Ph. J. Straub kam mit großer Wahrscheinlichkeit im Zuge seines Aufent-

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haltes an der Wiener Akademie mit Donner respektive seinen Werken in Verbindung. Donner erhielt seine zisalpinen Anregungen nicht allein durch den Lehrmeister oder Eigenstudien antiker Kunstwerke, sondern auch von seinem Künstlerfreund und Maler, Paul Troger (1698–1762), der nach seiner Lehre im italienischen Cavalese im Fleimstal nachweislich in Bologna, Neapel, Rom und Venedig tätig war.77 Die beiden Künstler beflügelten sich wechselseitig, sodass Werke des einen als Anregung für den anderen dienten, was beispielsweise Trogers Pietà (1735–1740) im Historischen Museum der Stadt Wien und Donners Pietà (1740) im Dom zu Gurk offenbaren. In beiden Fällen ergreift ein Putto den leblos herabfallenden linken Arm Christis, um ihm einen Kuss auf die Hand zu geben. Besonders interessant ist, dass auch Ph. J Straub dieses Stilmittel aufgriff, wie seine Darstellung der hl. Familie in der Grazer M ­ ariahilferstraße Nr. 11 beweist: Hier ist es Joseph, der die rechte seines kindlichen Sohnes sachte zu seinen Lippen führt, dennoch sind die Anleihen offensichtlich. Das Beispiel Donner – Troger legt sehr augenscheinlich dar, dass Bildhauer nicht allein Skulpturen als Vorbilder heranzogen, sondern dass auch die Malerei und insbesondere die Druckgrafik gängige Medien waren, um auswärtiges Gedanken- und Formengut zu verbreiten, sodass Einflüsse unterschiedlichster Herkunft bis nach Graz gelangen konnten.78 Daraus lässt sich schließen, dass Ph. J. Straub nicht unmittelbar selbst ein Studium in Italien absolviert haben musste, um den zisalpinen Einschlag seines Werks zu erklären, eventuell reichte das Selbststudium von Werken »welscher« Künstler, die sich in Graz niedergelassen und ihre heimischen Strömungen mitgebracht haben bzw. von Drucken antiker Originale. Eine intensive Beschäftigung mit italienischen Kunstwerken galt als Voraussetzung für die nachvollziehbare Adaption derselben ins eigene Schaffen. Im »Nekrolog« wird das Antikenstudium Paul Trogers folgendermaßen umrissen: »Sie79 studierten mit so unverdrossenem Fleise nach den in der Gegend von Rom befindlichen Antiken, daß sie sich oft ganze Tage mit Wasser und Brot behalfen, um ihre Uebungen ununterbochen fortsetzen zu können.«80 Michael Krapf beschreibt, dass Troger »sich von außen der Antike annäherte«, während Donner »in sie gleichsam hineinkroch« und Neues aus ihr herauszuholen versuchte.81 Dies legt nahe, dass Künstler einerseits antike Formen kopierten, um diese als eine Art Requisit einzusetzen, andererseits wurden diese aber auch für eigene Zwecke verändert, um den zeitgenössischen Tendenzen zu entsprechen. Letzteres gelang Ph. J. Straub, der seine akademische Ausbildungszeit sein Leben lang ebenso intensiv in sein Schaffen einflocht, wie seine süddeutschen Wurzeln als Schreinergeselle und die in Graz zu Anfang möglicherweise von Schoys Auftraggebern geforderte Orientierung am Œuvre des verblichenen Meisters. All diese Strömungen verschmolz Ph. J. Straub zu einem unverkennbaren, individuellen Stil, der seinen bildhauerischen Ruhm begründete. Ein Beispiel für die Verbreitung gewisser Gestaltungsmittel in unterschiedlichen Regionen stellt der hl. Florian dar, den Ph. J. Straub für den Hochaltar der Welschen Kirche in Graz schuf (1746, zugeschrieben). Die spezielle Form der Rüstung mit markanten Schulterklappen in Form von grotesken Fratzen findet sich auch am hl. Florian an einem Altar eines anonymen Künstlers in der Pfarrkirche von Bozen (Südtirol,

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Anfang 18. Jh.). Dies legt nahe, dass es für die Umsetzung von Heiligenfiguren vermutlich eine Art »Katalog« gab, in dem diese mit ihren entsprechenden Attributen und der üblichen Kleidung wiedergegeben waren. Denn auch wenn die Heiligen in damaliger Zeit einen höheren Stellenwert eingenommen haben, als dies heutzutage der Fall ist und die Hagiografie im Bewusstsein der Menschen noch tief verankert war, ist dies keine Erklärung für gewisse Merkmale, die sich allein durch Vorlagen (in welcher Form auch immer) begründen lassen, auf die die Künstler bei Bedarf zugreifen konnten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Ph. J. Straub ohne eine anzunehmende Ausbildung auf italienischem Boden dennoch Züge des dortigen Formenguts in sein Œuvre integrieren konnte. Dies war einerseits durch die Zeit an der Wiener Akademie und den dort tätigen italienischstämmigen Meistern wie Giuliani und Mattielli möglich, aber in gewisser Weise auch durch die Übernahme von Schoys Werkstatt mitsamt Gesellen und Entwürfen, wo sich ein merkbarer venezianischer Einschlag manifestierte. Das Studium von Schoys (un-) vollendeten Werken spielte mit Sicherheit ebenfalls eine wesentliche Rolle für die Entwicklung von Ph. J. Straubs Stilbild. Darüber hinaus beschäftigte er sich auch mit Werken seiner Zeitgenossen und nahm in Form von autonomen Studien direkte Anleihen an Arbeiten von in Graz tätigen Bildhauern »Welscher« Herkunft. Demnach zeigt sich, dass die italienische Barockkunst einen wesentlichen Aspekt im Schaffen Ph. J. Straubs darstellt.

1  Aktuell ist am Institut für Kunstgeschichte der Karl-Franzens-Universität Graz eine Masterarbeit zum Künstler J. J. Schoy im Entstehungsprozess. 2  Kohlbach 1956, S. 179. 3  Diözesanarchiv Graz Seckau, Graz-hl. Blut, Ster­ bebuch XII (1723–1742), Signatur 264, S. 662. 4  Kohlbach 1956, S. 179. 5  Sergej Vrišer, Barockplastik in Slowenien, Wien 1971. 6  Kohlbach 1956, S. 179. 7  Vrišer 1971, S. XIV. 8  Kohlbach 1956, S. 180. 9  Diese günstige Auftragslage verschlechterte sich zunehmend im 18. Jahrhundert, da es zu einem Rückgang an Aufträge und damit einhergehender Verschärfung im Konkurrenzkampf kam, siehe: Barbara Kienzl, Der Bildhauer – Handwerker oder freier Künstler. Zur Situation in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den österreichischen Län­ dern, in: Michael Braunsteiner (Hg.), Famosus Sta­ tuarius Josef Stammel. 1695–1765. ­Barockbildhauer im Auftrag des Benediktinerstiftes Admont, Ad­ mont 1996, S. 55. 10  Schweigert 2017, S. 192.

11  Leider fehlen bislang urkundliche Belege, die diese Reise belegen würden. 12  Kohlbach 1956, S. 180. 13  Kohlbach 1956, S. 181. 14  Toman 2009, S. 336: Das Motiv der Maria Imma­ culata Conceptio wurde zur Zeit der Gegenrefor­ mation zum »zentralen Kultbild« der katholischen Kirche und demnach besonders häufig in der sa­ kralen Kunst des 18. Jahrhunderts aufgegriffen. 15  Laut Dehio Steiermark 1982, S. 262 wurde die Säule 1716 als Pestsäule »verlobt«, jedoch erst 1718 errichtet. 16  Gemäß Kohlbach ist die Säule mit JOHANN SCHOY FECIT 1716 signiert. 17  Kohlbach 1956, S. 181. 18  Aufgrund der unterschiedlichen Qualität der Gesichter ist davon auszugehen, dass diese im Zuge von diversen Restaurierungsarbeiten teilweise er­ gänzt bzw. bearbeitet wurden. Dies dürfte die hll. Barbara und Florian betreffen, da deren Physio­ gnomien einen gänzlich anderen Charakter auf­ weisen und »erneuert« erscheinen. 19  Kohlbach 1956, S. 182. Kohlbach schreibt, dass neben dem hl. Joseph auch die hl. Helena in der

Der indirekte Einfluss der zisalpinen Kunst auf das Schaffen der Grazer Barockbildhauer

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Nische direkt unterhalb des hl. Johannes d. T. von Schoy sei. Dies ist stilistisch jedoch ausgeschlos­ sen. 20  Kohlbach 1956, S. 182. Dieser Baldachin ist heu­ te nicht mehr in situ. 21 Ebd. 22  Die Skulptur dürfte im Laufe der Zeit Restau­ rierungsarbeiten erfahren haben, die Oberflächen wirken stark geglättet. 23  Kohlbach 1956, S. 182. 24  Horst Schweigert, Italienische und ­französische Reflexe in der steirischen Barockplastik, in: Götz Pochat / Brigitte Wagner / Heinrich G. Franz (Hg.), Kunsthistorisches Jahrbuch Graz. Barock. Regio­ nal – international, Graz 1993, S. 213–229, hier S. 215f. Schweigert nennt als Beispiele die Pietà in der Sammlung des Stiftes Rein (Ende 17. / Anf. 18. Jh.), jene in der Grazer Franziskanerkirche (Marx Scho­ kotnigg, um 1723), jene in der Grazer Mariahilferkir­ che (Werkstatt Ph. J. Straubs, um 1740–1750), jene in der Pfarrkirche von Gratwein (1759?), jene in der Pfarrkirche von Übelbach (Jakob Peyer zugeschrie­ ben, um 1780/90) und jene in der Kalvarienberg­ kirche von St. Radegund (um 1735–1745). 25  Silvia Wolff, Heinrich Meyring. Bildhauer in Venedig (Inaug.-Diss.), Universität Freiburg, 2006, S. 13–15, 41. 26  Die Inschrift befindet sich an der Säulenbasis (IO IAC SCHOY | 17 FECIT 22). 27  Marmor, H 98 cm, B 42 cm, aus einer Privat­ sammlung im Nationalmuseum Thyssen-Borne­ misza, Madrid. Inv. no. K35 (FAM.DEC1614). 28  Kohlbach 1956, S. 182. 29  Dehio Steiermark 1982, S. 506. Diese Brunnen­ kapelle befindet sich in Schönberg, bei Kirchen­ weg Nr. 2. 30  Auftraggeber waren die Landstände, was die sechs Wappen am Sockel bezeugen. 31  Kohlbach 1956, S. 182. 32  Kienzl 1996, S. 53. 33  Kohlbach 1956, S. 179. 34  Schweigert 2017a, S. 273. 35  Siehe dazu: Schweigert 2017a, S. 267–280. 36  Dehio Graz 1979, S. 68. J.S.F.E. steht für Johann Schoy fecit. Die Figur wurde 1978 restauriert. 37  Kohlbach 1956, S. 182. 38  Popelka 1959–1960, S. 682f. 39  Hochaltar und Baldachin wurden zeitgleich ab­ getragen. 40  Die Skulpturengruppe wurde fälschlicherweise auch Ph. J. Straub zugeschrieben. 41  Kohlbach 1956, S. 183. 42 Ebd. 43  Kohlbach 1948, S. 106. 44  Matej Klemenčič, »In partenza per lo Stato Im­ periale«. Venezianische Bildhauer und die österrei­ chischen Länder in der ersten Hälfte des 18. Jahr­ hunderts, in: Regina Kaltenbrunner (Hg.), Barock­

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berichte. Informationsblätter zur bildenden Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts, Nr. 61 (2013), S. 59–73, hier: S. 66. 45  Kohlbach 1948, S. 106. 46  Klemenčič 2013, S. 66. 47  Kohlbach 1956, S. 183f. 48  Klemenčič 2013, S. 68. Spätestens gegen Ende des Sommers 1733 war Marchiori wieder zurück in Venedig, was vermutlich mit dem Tod Schoys und der Werkstattübernahme durch Ph. J. Straub zu­ sammenhängt. Vielleicht hatten die beiden Bild­ hauer weitere gemeinsame Projekte geplant, die durch den vorzeitigen Tod Schoys zunichte ge­ macht wurden. 49  Kohlbach 1956, S. 183. 50  Kohlbach 1948, S. 110. 51  Schweigert 1993, S. 216. 52  Dehio Steiermark 1982, S. 119. 53  Kohlbach 1956, S. 185. 54  Kohlbach 1948, S. 110. 55  Siehe dazu den Katalog zu Johann Baptist Straubs Werken: Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 151–179. 56  Schweigert 1993, S. 215. 57  Schweigert 2017a, S. 274. 58  Kohlbach 1948, S. 106. 59  Kurt Woisetschläger, Plastik und Malerei des Barock in der Steiermark, in: Tagungsbericht der Dreiländer-Fachtagung der Kunsthistoriker in Graz vom 6. bis 8. Juni 1972, Graz 1972, S. 32. 60  Rabensteiner / Biedermann 1992, S. 141. 61  Schweigert 2017a, S. 275. 62  Elfriede Baum, »Giuliani, Giovanni«, in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 417f. (Online-Ver­ sion), (abgerufen am 24.02.2021). 63 Lindenholz, mit Resten alter Vergoldung, H 93 cm, Liebieghaus Skulpturensammlung, Frankfurt am Main. 64  Kohlbach 1956, S. 173. 65 Ebd. 66  Rabensteiner / Biedermann 1992, S. 140. 67  Kohlbach 1956, S. 173. 68  Kohlbach 1956, S. 196. 69 Ebd. 70  Hans Wolfgang Singer (Hg.), »Mocchi, Frances­ co«, in: Allgemeines Künstler-Lexikon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler, Bd. 3, Frankfurt am Main 41920, S. 217. 71  Kohlbach 1956, S. 196f. 72  Man vergleiche die Bartgestaltung beispiels­ weise mit dem Reiterstandbild Marc Aurels (Rom, Kapitolinische Museen, um 170–180 n. Chr.). 73  Schuntner 1992, S. 263. 74  Groppellis Engel ist stehend wiedergegeben, jener der Werkstatt Schoy-Straub kniend auf einer Volute.

Exkurs: Johann Jakob Schoy und sein posthumer Einfluss auf Philipp Jakob Straubs Schaffen

75  Schweigert 2017a, S. 271. 76  Maria Pötzl-Malikova, Zu Leben und Werk von Georg Raphael Donner, in: Österreichische Galerie Belvedere Wien (Hg.), Georg Raphael Donner (1693–1741), Wien 1993, S. 31–83, hier: S. 32. 77  Michael Krapf, Georg Raphael Donner – Paul Troger: Eine Künstlerfreundschaft, in: ­Österreichische Galerie Belvedere, Wien 1993, S. 109–127, hier: S. 109f. 78  Dazu gibt es eine Vielzahl an Publikationen,

Anmerkungen

bei­spielsweise: Stift Göttweig (Hg.), Lieben und Leiden der Götter. Antikenrezeption in der Barock­ graphik, Krems an der Donau 1992; Herbert Beck /  Sabine Schulze (Hg.), Antikenrezeption im Hoch­ barock, Berlin 1989. 79  Paul Troger studierte zusammen mit dem Por­ traitmaler Martin van Meytens (1695–1770). 80  Krapf 1993, S. 110. 81  Krapf 1993, S. 110, 112.

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke ­Philipp Jakob Straubs

Ein erstes Verzeichnis der Werke Ph. J. Straubs wurde von Eduard Andorfer für das Thieme-Becker Künstlerlexikon (1938)1 erstellt. Später vermerkte Horst Schweigert, dass dessen Zuschreibungen zu einem großen Teil zu revidieren sind, da stilkritische Untersuchungen nicht für den Künstler sprachen.2 Er erstellte eine eigene Werkliste, die sich jedoch rein auf das Gebiet der heutigen Steiermark begrenzt, was lediglich einen sehr eingeschränkten Blick auf das Œuvre des Künstlers Ph. J. Straub zulässt. Dieser betrieb nachweislich eine Werkstatt in Graz,3 von der die Arbeiten zu ihren Bestimmungsorten transferiert wurden. Dies bedeutet, dass er jene Werke, die sich heute außerhalb der österreichischen Grenzen befinden, unter denselben (lokalen) Umständen fertigte, wie die für den steirischen Raum, sodass sie in gleichem Maße zu berücksichtigen sind. Zu den vereinzelten (potentiellen) Arbeiten des Ph. J. Straub im slowenischen Raum forschte Sergej Vrišer4 und zu jenen in Ungarn Mária Aggházy.5 Durch die Erhebung aller bislang bekannten Werke Straubs, sowohl die gesicherten als auch die zugeschriebenen, konnte ein erstes internationales Verzeichnis aller mit dem Bildhauer in Verbindung gebrachten Werke erstellt werden, wobei auch Werkstattarbeiten berücksichtigt wurden. Im Zuge dessen konnten einige bisherige Zuschreibungen revidiert und einige in der Literatur vorkommende Fehler ­hinsichtlich der tatsächlichen Identifizierung einzelner Skulpturen ausgemerzt werden. Darüber hinaus tauchten Objekte auf, die stilistisch sehr an Werke Ph. J. Straubs herankommen, bislang aber keinerlei kunsthistorischer Untersuchung unterliefen. Diese w ­ urden nun im Zuge der vorliegenden Publikation eingehend analysiert und konnten zum Teil in das Werksverzeichnis Ph. J. Straubs aufgenommen werden. Den am meisten beeindruckenden Fund der Autorin stellt wohl die skulpturale Ausgestaltung der Frauenkirche von Pernegg an der Mur dar, zeigt sich hier doch eine der wenigen in situ vor­zufindende Kirchenausstattung des Künstlers und seiner Werkstatt.6 Daneben ließen sich Objekte in Graz ausmachen – in erster Linie Skulpturen im Außenbereich –, die allenfalls im Dehio Graz genannt wurden,7 aber keine weiterführende Untersuchung nach sich zogen, und weitere Arbeiten im steirischen Raum. Der aktuellste Werkkatalog des Ph. J. Straub,8 der im Zuge des TrArS-Projektes entstand und 2019 als Teil einer Monografie zur Künstlerfamilie Straub publiziert wurde, musste an einigen

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Stellen tiefgreifende Korrekturen erfahren. Neueste wissenschaftliche Erkenntisse, die im Zuge der vorliegenden Arbeit erzielt werden konnten, führten zur Aberkennung einiger Zuschreibungen,9 jedoch auch zu Neuzuschreibungen.

Graz, Bürgerspitalskirche hl. Geist Die Wurzeln der Grazer Bürgerspitalskirche hl. Geist reichen in die Spätgotik zurück, wobei zur Zeit des Barocks Anbauten vorgenommen wurden. Im Westen ist die Kirche in das ehemalige Bürgerspital eingebunden. Es handelt sich um ein fünfjochiges, einschiffiges Langhaus mit barocker Innenausstattung, die größtenteils auf J. J. Schoy bzw. Ph. J. Straub zurückgeht. 1972 bis 1973 fand eine Gesamtrestaurierung des Innenraums statt.10 Die Arbeiten für die Bürgerspitalskirche gelten als die frühesten greifbaren des Ph. J. Straub, er hatte diese nach der Übernahme der Werkstatt Schoys auszuführen. Ursprünglich war dieser mit der Fertigung etlicher Werke für den Kirchenraum beauftragt worden, verstarb jedoch noch vor der Ausführung. Den Auftrag übernahm der junge Ph. J. Straub, der hier bereits einen deutlichen Personalstil erkennen ließ, obwohl er noch sehr unter dem Einfluss Schoys stand.11 Obwohl dieser seine frühe Schaffensphase stark prägte, ist die Unterscheidung ihrer Hände gut möglich, da Ph. J. Straub durch eine andere Grundausbildung, nämlich jene im süddeutschen Raum und an der Wiener Akademie, schlichtweg andere Grundzüge in seiner Arbeit erkennen lässt. Hll. Elisabeth und Barbara, Hochaltar (1734–1738) Die beiden Skulpturen der hll. Elisabeth und Barbara12 des Hochaltars (Taf. VIII) der Bürgerspitalskirche waren ursprünglich weiß gefasst. Erst bei der Restaurierung des Altars im Jahr 1972 stellte sich heraus, dass es sich nicht, wie davor angenommen, um Holzskulpturen, sondern um Sandsteinarbeiten handelt.13 Die Zuschreibung dieser Werke an Ph. J. Straub erfolgte durch einen Beitrag von Horst Schweigert.14 Dieser legte sehr ausführlich dar, dass es sich bei den Figuren um die frühesten Hochaltarfiguren des Bildhauers handelt.15 Da es an diesbezüglichem Quellenmaterial mangelt, gründete er seine Vermutung auf stilkritische Analysen und verglich die Arbeiten mit den für Straub urkundlich gesicherten hll. Franziskus und Antonius der Fassade der Grazer Mariahilferkirche (1740–1744), dem hl. Johannes Nepomuk des Grazer Kalvarienbergs (1737) sowie den Engeln der beiden Altäre des hl. Johannes-Nepomuk und des hl. Aloisius (1744) in der Grazer Domkirche. Diese Beispiele sind durchaus plausibel und verweisen hinsichtlich Körperkomposition, Gewandbehandlung und Gesichtsbildung eindeutig auf Ph. J. Straub. Beide Skulpturen wurden im TrArS-Katalog als Werke Ph. J. Straubs aufgenommen.16 Die hl. Elisabeth ist besonders hervorzuheben, da sich der Aufbau ihres Körpers imposant von jenem ihres Gegenstücks in Form der hl. Barbara unterscheidet. Ein

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

leichter S-Schwung durchzieht die gesamte Körperlänge, während die Dargestellte, mit zurückgeneigtem Oberkörper und seitlich ausgestelltem Spielbein, offenbar in einer Schrittstellung eingefangen ist. Die nach vorne unterschiedlich stark angewinkelten Arme unterstreichen dieses Vorwärtsstreben und es entsteht der Eindruck, als wäre ihr Körper bereits im Begriff, diesem nachzugeben, während der nach hinten gelehnte Kopf noch einen letzten Widerstand leistet. Die ausgefeilte Draperie des Mantels mit einem Faltenwirbel an der rechten Hüfte und einem Stoffzipfel, der über der linken Schulter zu liegen kommt, erzeugt ebenso viel Dynamik wie optisches Gegengewicht zur geschwungenen Linienführung des Körpers. Die hl. Barbara auf der rechten Seite des Altars steht vergleichsweise ruhig und gerade auf ihrer Plinthe, lediglich der ab dem Ellbogen nach vorne angewinkelte rechte Arm mit dem Kelch und der von links hinten nach vorne ziehende Mantel, der sich in kunstvolle F ­ altenbahnen bis direkt unter das Heft des vor ihrem Körper befindlichen Schwerts legt, kreieren Bewegung. Unterstützt wird diese durch den sich bauschenden Mantelstoff hinter dem rechten Oberarm. Die ovalen Gesichter der beiden Figuren sind aus einem Guss: Unter schmalen, runden Brauen befinden sich große, tiefliegende Augen mit ausgeprägten Lidrändern. Die leicht wulstig ausgearbeiteten Brauen münden in einen breiten Nasensteg. Die Nase selbst ist sehr markant und bestimmt den Ausdruck des Gesichts maßgeblich mit dem hohen Rücken, der kugeligen Nasenspitze, den fleischigen Flügeln und den länglichen, jedoch sehr schmalen Nares. Die Stirn ist überaus hoch, die Münder durch volle, weiche Lippen geformt, die leicht geöffnet und von einem leisen Lächeln umspielt scheinen. Wie weit die anatomischen Kenntnisse Ph. J. Straubs gingen, zeigen Details, wie das ausgearbeitete Philtrum, aber auch die zarten Kinngrübchen. Das gelockte Haar ist aus dem Gesicht genommen und umkränzt es nur seitlich in einzeln zusammengefassten, asymmetrischen Büscheln. Vom gerade gezogenen Mittelscheitel ragen vereinzelt kurze Haarsträhnen mit eingedrehten Enden in die Stirn. Das Haupt der hl. Elisabeth zieren eine kleine Zackenkrone und Perlenketten. Die übrigen Skulpturen, die sich in der Aufsatzzone befinden – Gottvater, Jesus sowie ein Reigen von Putten und Engeln – entsprechen stilistisch nicht dem Schaffen Ph. J. Straubs, da sich hier insbesondere in körperbildnerischer Hinsicht klare Dif­ ferenzen offenbaren. Die Skulpturen erscheinen drahtig, ausgemergelt und wirken trotz der angedeuteten Dynamik durch ausladende Gesten und wallende Gewänder nicht sehr lebhaft. Gott und Jesus sind zweifelsohne von hoher künstlerischer Qualität, werden jedoch nicht dem naturalistischen Eindruck gerecht, der Ph. J. Straubs Figuren innewohnt. Die Putten zeigen nicht die typisch barocken Formen, sondern sind stark in die Länge gezogen. Auch die steifen Gliedmaßen entsprechen nicht den rundlichen und pausbäckigen Geschöpfen, die Ph. J. Straub beispielsweise am Aloi­ sius- oder Johannes-Nepomuk-Altar der Grazer Domkirche (1744, urkundl. gesichert) in den Aufsätzen platziert hat. Nachdem der Künstler neben der Werkstatt auch die Gesellen Schoys übernommen hatte, ist anzunehmen, dass diese die Aufsatzfiguren geschaffen haben. Dies würde auch die – trotz aller Unterschiede nicht zu ver-

Graz, Bürgerspitalskirche hl. Geist

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20  Philipp Jakob Straub, hl. Ignatius von Loyola, Holz Polierweißfassung, 1734–1738, Herkunft: Benefizium an der Kirche zum hl. Geist im Bürgerspital, ­Diözesanmuseum Graz, Inv.-Nr. 6830.0345.01/02

leugnende – Verwandtschaft der Figuren erklären. Zu berücksichtigen bleibt auch, dass Ph. J. Straubs Brüder – bis auf den ältesten Johann Baptist – mit großer Wahrscheinlichkeit in dessen Werkstatt einen Teil ihrer Ausbildung absolvierten, weshalb insbesondere in der frühen Schaffensphase Joseph Straub als Mitarbeiter infrage kommt. Die beiden anderen Brüder sind 15 bzw. 20 Jahre jünger als Ph. J., weshalb diese erst in der mittleren Schaffensphase Mitglieder in seiner Werkstatt gewesen sein konnten. Hll. Ignatius von Loyola und Aloisius von Gonzaga, 1734–1738 Neben dem Hochaltar der Bürgerspitalskirche hat Ph. J. Straub mit Sicherheit auch die beiden, den hll. Johannes Nepomuk und Kajetan geweihten, Seitenaltäre gefertigt.17 Diese wurden 1885 abgebrochen,18 die beiden Skulpturen der hll. Ignatius von Loyola (Abb. 20) und Aloisius von Gonzaga19 (Abb. 21) wurden daraufhin auf der Orgel­ empore verwahrt, bevor sie schließlich 1991 ins Depot des Diözesanmuseums Graz gelangten. Die Skulpturen sind geschnitzt und hinten ausgehöhlt, vermutlich um Schwundrisse zu vermeiden. An der Unterseite der quadratischen, ungefassten Plinthe sind Werkbankspuren zu erkennen. Die Fassung weist einige Risse, vor allem im Kopfbereich, auf, die jedoch nicht sehr stark ausgeprägt sind. Die Skulpturen wurden

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

21  Philipp Jakob Straub, hl. Aloisius von Gonzaga, Holz Polierweißfassung, 1734–1738, Herkunft: Benefizium an der ­Kirche zum hl. Geist im Bürgerspital, ­Diözesanmuseum Graz, Inv.-Nr. 6830.0345.02/02

1938 von Konrad Steiner und Hans Wutschnig derselben Künstlerhand zugeschrieben, die auch die Hochaltarfiguren geschaffen hat.20 Diese folgten der Annahme Eduard Andorfers, dass es sich hierbei um ein Werk des Bildhauers Marx Schokotnigg handelte.21 Erst Horst Schweigert betrieb umfassende stilkritische Untersuchungen und widerlegte diese Annahme, indem er die hl. Elisabeth der Bürgerspitalskirche der hl. Ottilie vom Pestheiligenaltar in der Grazer Domkirche (1717–1718, M. Schokotnigg) gegenüberstellte und grundlegende Unterschiede im Kompositionsprinzip ausmachte.22 Matej Klemenčič schrieb die Figuren Joseph Straub zu, der – seiner Meinung nach – an den Arbeiten für die Bürgerspitalskirche beteiligt war, und verglich sie mit dem hl. Johannes Nepomuk vom Hochaltar der slowenischen Pfarrkirche von Štanjel (1741).23 Demnach wären Joseph Straubs früheste bekannte Arbeiten jene für die Grazer Bürgerspitalskirche. Beide Skulpturen fanden jedoch Eingang in den TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs.24 Dies legt eine stilkritische Analyse nahe, denn die physiognomischen Merkmale der Skulpturen sprechen nicht für den jüngeren Bruder, wie ein direkter Vergleich nahelegt. Die Skulpturen repräsentieren das Beruhigte in Ph. J. Straubs Frühstil. Die Faltenanordnung der Kleidung ist zwar von einer Dynamik erfasst, dennoch erscheinen die Skulpturen eher introvertiert und ruhig. Eine noble Zurückhaltung liegt ihrem

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Erscheinen zugrunde und bekräftigt sie in ihrer Funktion als Andachtsbildnis. Doch die manierierte Fingergestaltung kündigt bereits die Spannung an, die den künftigen Skulpturen des Bildhauers zugrunde liegen wird. Auch diese beiden Figuren stechen als Höhepunkte im Frühwerk Ph. J. Straubs hervor, insbesondere durch die Kleidung, die einen ausgeprägten Hang zur Detailverliebtheit andeutet. Besonders bemerkenswert sind die nach oben gekrempelten Spitzenbesätze an den Ärmeln der Mozzetta des hl. Aloisius, die wie Strahlenkränze erscheinen und der Bewegungsrichtung folgen. Durch die feine Definition der Faltenbahnen in unterschiedliche Richtungen entsteht der Eindruck von Leichtigkeit und es lässt sich die Qualität des Stoffes erahnen. Neben den charakteristisch kugelförmigen Augen und dem leicht seitwärts geneigten Kopf mit sanftem Gesichtsausdruck sind es die Finger, die mit lebhaften Bewegungen einen Naturalismus vermitteln, der typisch für Ph. J. Straubs Werk ist. Die Ausführung des Spielbeins des Heiligen, das sich gut sichtbar durch den Stoff drückt und im unteren Bereich unnatürlich zur Seite knickt, ist ebenfalls kennzeichnend. Dies lässt sich an sehr vielen Arbeiten des Bildhauers feststellen und kann als sein Markenzeichen gesehen werden, das den sonst so perfekt geformten Körpern ein prägnantes Erkennungsmerkmal verleiht. Auch die Krone, die das einzige Attribut des Heiligen darstellt, ist in einer Art präsentiert, die in diesem Kontext eher als untypisch ein­ zustufen ist. Sie liegt umgedreht auf einem kleinen, quadratischen Kissen mit vier Goldquasten an den Ecken, auf dem der Heilige sein Spielbein abstellt. Dies ist ein Hinweis, dass er als Erbprinz das Vorrecht auf die Fürstenkrone seines Vaters gehabt hätte, es aber zugunsten des katholischen Glaubens an seinen Bruder abgetreten hat.25 Dieses ›Mit-Füßen-treten‹ der weltlichen Macht hat Ph. J. Straub auf eine sehr interessante und bildliche Weise dargestellt, was auf seine Vorliebe für den nonchalanten Einsatz von Attributen hindeutet. Das Gegenstück, der hl. Ignatius, ist stilistisch als analog einzustufen. Der deutlich ältere Heilige steht in einer meditativen Haltung, lediglich das zur Seite gestellte rechte Spielbein und der damit einhergehende Schwung seines Messgewands vermitteln den Eindruck von Bewegtheit. Diese erfasst jedoch nur die Albe und die Stola, die darüber liegende Kasel wird davon nicht beeinflusst, sodass es – je nach Blickwinkel – zu einer veränderten Dynamik kommt. Bemerkenswert ist auch hier die Inszenierung des Attributs in Form eines aufgeschlagenen Regelbuches, das er gegen seine linke Körperseite stützt und das auf seine Funktion als Begründer des Jesuitenordens verweist. Darauf liegt scheinbar das zweite Ende der Stola, was sich jedoch bei genauerer Betrachtung der Skulptur von der Seite und von hinten als Trugschluss erweist, da es hinter dem Buch gerade nach unten hängt. In Wahrheit handelt es sich um das Manipel, das vom linken Arm über das Buch reicht. Diese spielerische Art, mit Attributen umzugehen, ist bezeichnend für Ph. J. Straubs Œuvre und unterstützt die Zuschreibung an den Künstler. Um Matej Klemenčičs Zuweisung der beiden Figuren an Joseph Straub zu entgegnen, lohnt sich ein Blick auf die von ihm selbst als Vergleich herangezogenen und bereits erwähnten Figuren von Štanjel: Der Gesichtstypus dieser Arbeiten ist gänzlich

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22  Philipp Jakob Straub, Engel rechts, Detail Aloisiusaltar, Marmor, 1744, Graz, Domkirche

anderer Natur, deutlich weniger rund und viel markanter, auch die Modellierung des Haares erscheint nicht so lockig und von anderer Hand. Die Zangenlocken, die die Stirn des hl. Johannes Nepomuk mittig gescheitelt freilegen, sind ein Merkmal von Joseph Straubs Werken und finden sich beim hl. Aloisius der Bürgerspitalskirche nicht wieder. Dafür zeigt dieser wiederum die typische, asymmetrisch aufgebaute Haartracht der Figuren des Ph. J. Straub. Auch der Faltenwurf ist beim jüngeren Straub auffallend weniger bewegt und verläuft annähernd vertikal, während der älte­ re Bruder durch Richtungswechsel Dynamik und Plastizität erzeugt. Der rechte Engel (Abb. 22) des Aloisiusaltars der Grazer Domkirche (1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) weist den identischen Gesichtstypus auf wie der hl. Aloisius der Bürgerspitals­ kirche, was – neben den bereits angeführten stilistischen Merkmalen – auf dieselbe Künstlerhand schließen lässt. Fest steht aber, dass Joseph Straub starke Anleihen am Schaffen seines Bruders genommen hat und dieser ihn maßgeblich beeinflusste. Dennoch behielt der jüngere Straub eine individuelle Formensprache, die sein Œuvre auszeichnet und vom älteren abgrenzt. Die Weißfassung der beiden Heiligenfiguren, die sich auch bei den Skulpturen der Kanzel und des Magdalenenthrones zeigt, gilt als Imitationsfassung und diente dazu, edle Werkstoffe wie Marmor, Alabaster oder Porzellan zu imitieren. Da sich die

Graz, Bürgerspitalskirche hl. Geist

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23  Philipp Jakob Straub, Kanzel, Holz, 1734–1738, Graz, Bürgerspitalskirche

jeweiligen Fassungen optisch nicht unterscheiden, ist nicht zweifelsfrei zu bestimmen, welche Nachahmungsintention angestrebt wurde.26 Da die italienische Bildhauerei jedoch starke Vorbildwirkung für die Künstler in Graz bzw. der Steiermark hatte, ist davon auszugehen, dass der dort verbreitete Marmor imitiert werden sollte. Zu erwähnen ist, dass eine Weißfassung jeden noch so kleinen Makel deutlich hervortreten lässt, was auf die technische Qualität des jeweiligen Bildhauers verweist. Kanzel, 1734–1738 Ein weiteres Objekt, das Ph. J. Straub zugeschrieben werden kann, befindet sich an der Evangelienseite des Kirchenschiffs. Die ebenfalls auf den Zeitraum 1734 bis 173827 zu datierende Stuccolustro-Kanzel (Abb. 23) erscheint mit dem rechteckigen Kanzelkorb sowie den konvex-konkav geschwungenen Sockel- und Brüstungszonen äußerst geometrisch. Der Schalldeckel ist in seinen Formen geschmeidiger und verfügt über zwei konkav geschwungene Schmalseiten, eine konvex ausladende Frontseite sowie einen aufgesetzten Kegelstumpfaufsatz. Den Corpus zieren zwei symmetrisch angeordnete Putten28 an den Schmalseiten und zwei Puttenhermen29 an den Kanten. Dazwischen ist das von Strahlen umgebene vergoldete Auge Gottes erkennbar. Unter-

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

24  Philipp Jakob Straub, Relief »Arche Noah«, Detail Kanzel, Holz, 1734–1738, Graz, Bürgerspitalskirche

halb des Korbes befindet sich eine vergoldete, sich nach unten verjüngende und somit eine verkehrte Dreiecksform bildende Wolkenformation, vor der ein schwebender Putto als Trägerfigur geblendet ist, ebenso zwei geflügelte Puttoköpfchen, die diesen auf unterschiedlichen Höhen flankieren. Auf dem Schalldeckel sitzt ein Engel mit weit gespreizten Flügeln, der das Buch mit den Sieben Siegeln hält, auf dem ein Hostienkelch thront. Gestützt wird das Buch zusätzlich durch einen Putto, der es mit sei­ nen Ärmchen in die Höhe stemmt. Eine Ebene darunter, auf den Ecken sitzend, sind zwei weitere Putten, neben denen sich jeweils zwei geflügelte Puttoköpfchen übereinander befinden. Unter dem bekrönenden Engel versteckt sich ein Relief mit der Darstellung der Arche Noah (Abb. 24).30 Die Frontdekoration bildet eine Wolkenformation, vor der ein geflügeltes Puttoköpfchenpaar angebracht ist. Vervollständigt wird der Gesamteindruck durch Zierrat, wie vergoldete Lambrequins, die obligatorische (silbergefasste) Heiliggeisttaube vor vergoldetem Strahlenkranz an der Unterseite des Schalldeckels und zwei sich seitlich befindende Knaufapplikationen. Diese erinnern einerseits an Tragstangen barocker Sänften,31 die Beziehung zur Bundeslade wurde jedoch ebenfalls hergestellt.32 Dieser Aspekt ist – ikonografisch betrachtet – überaus interessanter Natur, da die Bundeslade für den Bund Gottes mit dem Volk Israel steht, was insbesondere zur Zeit der Gegenreformation eine essentielle Botschaft darstellte. Die Predigt von der Kanzel wurde somit direkt mit der Bundeslade in Verbindung gebracht. Laut Bibel (Ex 25,

Graz, Bürgerspitalskirche hl. Geist

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10–22) handelte es sich um eine Truhe aus Akazienholz, die innen wie außen mit Gold überzogen und mit zwei Tragestangen versehen war, die in goldenen Ringen steckten. Auch ihr Deckel war vergoldet, auf ihm standen zwei ebenfalls goldene Cherubim, die ihre Flügel gegeneinander ausbreiteten. Am Schalldeckel der Kanzel befindet sich lediglich ein einzelner Engel, der das Buch mit den Sieben Siegeln ergreift. Durch das Öffnen dieser wird die Apokalypse eingeleitet (Offb 5, 1–9). Dies ist ­möglicherweise als Aufruf zu verstehen, dem Wort Gottes, das der Priester von der Kanzel verkündet, Folge zu leisten, um am Tag des Jüngsten Gerichts in das Himmelreich aufzusteigen. Die Brisanz der Botschaft wird durch die Ausführung des Kanzelcorpus als Bundes­ lade, der den Bund Gottes mit den Menschen symbolisiert und zur Zeit der gegenreformatorischen Bewegung erneuert wird, verstärkt. Dem entspricht auch das Relief mit der Arche Noah, die die Guten (respektive Katholiken) vor der Sintflut errettet, während die Bösen (respektive Protestanten) vernichtet werden. Dass Szenen des Alten Testaments durchaus häufiger Eingang in die Sakralkunst des 18. Jahrhunderts fanden, beweist auch die Kanzel der Pfarrkirche von Ehrenhausen, die Joseph Straub zuzuweisen ist. Dort thront Moses auf dem Schalldeckel, ek­ statisch dem Auge Gottes zugewandt, die Gebotstafeln neben sich. Die Kunst der Gegenreformation ging demzufolge durchaus retrospektiv vor, um mittels bekannter Metaphern auf zeitgenössische Tendenzen reagieren zu können. Die Frage nach dem Meister der Kanzel blieb lange unbeantwortet. Die Vermutungen reichten von »einem sichtlich tüchtigen Meister des Schnitzmesser« (Kohl­ bach)33, bis zu Schoy als Urheber der Putten (List)34, doch stilkritische U ­ ntersuchungen durch Horst Schweigert bewiesen, dass Ph. J. Straub der ausführende Künstler war.35 Er machte dies an der Modellierung der Puttoköpfchen fest, die in gleicher Weise am Hochaltar zu finden sind. Ihre Gesten sind sehr variierend und ausladend, sie schweben, sitzen und stehen auf sehr lebendige Weise, zumeist mit deutlich verdrehten Körperachsen. Die Scham wird von flatternden Tüchern bedeckt, die Häupter von zum Teil wirr abstehenden, kurzen, gelockten Haarbüscheln, die auf asymmetrische Weise umkränzt sind. Die Ausarbeitung der prallen Körper ist sehr naturalistisch gelungen, es zeigen sich Fettringe an Ärmchen, Beinchen und dem Bauch, wobei jedoch auch Knochen- und Muskelstrukturen naturgetreu ausgeführt sind. Details wie Falten, Brustwarzen und vertiefte Nagelbetten sind gut zu erkennen, die Gesichter sind rundbäckig mit hoher Stirn, die vollen Lippen leicht geöffnet, die Augen rund und hervortretend. Die Flügel erscheinen sehr kurz, jedoch für die kompakten Körper passend, und verleihen den Gestalten einen leichten, schwebenden Charakter. Horst Schweigert hebt insbesondere die Darstellung mit den paarweise auftretenden geflügelten Köpfchen hervor, die sich an der Front des Schalldeckels ebenso finden, wie an der Fassade der Grazer Mariahilferkirche (1740–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), aber auch am Johannes-Nepomuk- und Aloisius-Altar (1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) der Grazer Domkirche. Hier verweisen die Gesichter und die plastische Flügelgestaltung auf dieselbe Künstlerhand. Die Kanzel findet sich im TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs wieder.36

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

25  Werkstatt Schoy-Straub, Engel links, Detail Annenaltar, Holz, um 1740, Graz, Bürgerspitalskirche

Annenaltar, Marienkapelle, um 174037 Horst Schweigert schrieb auch den plastischen Schmuck des Annenaltars38 in der Marienkapelle in Form von zwei adorierenden und auf Voluten knienden Engeln 39 sowie vier sitzenden Putten dem Bildhauer Ph. J. Straub zu. 40 Dabei handelt es sich um einen schlichten Stuccolustro-Altar, der von beiden Engeln, seitlich der zentralen Marienskulptur, dominiert wird. Der linke (Abb. 25) hält eine Laub- und Bandlwerkkartusche in seiner rechten Hand, die vermutlich das Brustbildnis des hl. Joachim zeigt. Der rechte Engel hielt ursprünglich ebenfalls eine solche Kartusche mit dem Portrait des hl. Joseph.41 Die halb hockende Sitzposition des linken Engels erinnert stark an jene des rechten Engels am Gebälk des Hochaltars, Gesichts- und Körpermodellierung unterscheiden sich lediglich geringfügig (am augenscheinlichsten ist das etwas langgezogene Erscheinungsbild des Gebälkengels). Die Putten der Kanzel können ebenfalls als Vergleich herangezogen werden. Deren anatomische Ausführung und Körperbildung zeigen die Handschrift Ph. J. Straubs, die stilistischen Parallelen wurden ebenfalls von Horst Schweigert bemerkt.42 Der rechte Engel am Aloisiusaltar in der Grazer Domkirche (1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) weist denselben Gesichtstypus auf wie jener Engel des Annenaltars und bekräftigt somit die Zuschreibung an Ph. J. Straub. Hinzu kommt, dass sich vergleichbare Engelsfiguren am von

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Schoy errichteten Hochaltar (1727) der Pfarrkirche Graz-Straßgang zeigen.43 Neben den frappierenden stilistischen Parallelen erscheint es nur folgerichtig, dass jene Werkstatt, die bereits die übrige plastische Ausstattung der Kirche übernommen hat, auch den späteren Seitenaltar lieferte. Der Tabernakel stammt von einem der 1885 abgebrochenen Seitenaltäre Ph. J. Straubs und zeigt ein Relief mit der Darstellung »Christus am Kreuz«. Die seitlich adorierenden Begleitengel wurden, Horst Schweigert zufolge, zwischen 1765 und 1770 von Veit Königer gefertigt.44 Das hochrechteckige Relief mit dem Kruzifix als dominierendem Motiv, das die gesamte Höhe des Bildfeldes einnimmt, ist relativ grob aus­ gearbeitet, wobei lediglich das mehrfach gebauschte Lendentuch als künstlerischer Höhepunkt angesehen werden kann. Der Rest zeichnet sich durch grobe Formen ohne jeglichen Detailreichtum aus. Auffallend ist die spezielle Anordnung der beiden Wolkenstränge, die hinter dem Kreuz auf Hüfthöhe des Heilands entspringen und in einem Bogen nach oben erwachsen, sodass sich im Gesamten die Form eines Kelches ergibt, dessen Pes der Golgotha-Hügel, dessen Stilus der vertikale Kreuzstamm und dessen Cuppa die Wolkenformation ist, was ein geeignetes, der Eucharistie entsprechendes, Motiv für einen Tabernakel darstellt. Stilistisch eine Verbindung zu Ph. J. Straub zu ziehen ist fragwürdig, insbesondere da der Brustkorb des Gekreuzigten sehr breit und gestaucht erscheint, was dem gängigen Figurentypus des Bildhauers, mit Hang zu sehr schlanken Körpern, nicht entspricht. Der Zuschreibung kann an dieser Stelle daher nicht zugestimmt werden, die Beteiligung der Werkstatt Schoy-Straub ist jedoch durchaus im Bereich des Möglichen. »Magdalenenthron«: hl. Maria Magdalena und ornamentale Schnitzereien, 1734–1738 Der sogenannte Magdalenenthron (Taf. IX) befindet sich an der Wand gegenüber der Kanzel und besteht aus einer reich verzierten Konsole mit ornamentalem Aufbau, der die weißgefasste, kniende Schnitzfigur der hl. Maria Magdalena45 birgt. Diese wurde in der Forschung als Spätwerk J. J. Schoys behandelt,46 was auch der Meinung Horst Schweigerts entspricht.47 Dieser zog den Vergleich zu den für Schoy urkundlich gesicherten Skulpturen »Glaube«, »Hoffnung« und »hl. Maria« (1732–1733), die sich in der Aufsatzzone des Hochaltars der Grazer Domkirche befinden. Anatomische Details, Physiognomien und die lebendigen Stoffdrapierungen stammen, seiner Ansicht, von derselben Hand. Rudolf List hingegen verweist in seinem Artikel darauf, dass die Figur ebenfalls Ph. J. Straub zuzuschreiben sein könnte.48 Es stellt sich prinzipiell die Frage, warum ausgerechnet die Figur der hl. Maria Magdalena von Schoy stammen soll, wenn er doch den Auftrag für die plastische Ausgestaltung der gesamten Bürgerspitalskirche innehatte. Liturgisch am bedeutsamsten wären die Skulpturen des Hochaltars, weshalb anzunehmen ist, dass deren Fertigung Vorrang gegenüber dem übrigen plastischen Schmuck hatte. Dass diese aber bereits von Ph. J. Straub geschaffen wurden, legt nahe, dass Schoy schon verstorben war, bevor er mit den Arbeiten beginnen konnte.49

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Die Figur der hl. Maria Magdalena ist kniend auf einer Felsformation dargestellt, den Körper in Richtung des Hochaltars gewandt. Ihr Oberkörper ist entblößt und erscheint sehr stämmig und maskulin, wobei die Brüste nicht ausgeformt sind. Der linke Arm ist nach vorne geführt und hält ein vergoldetes Salbölgefäß, der rechte, über dem der Mantel drapiert ist, ist vor der Brust angewinkelt und hält eine Geißel. Das Haupt ist nach rechts geneigt, der Gesichtsausdruck erscheint melancholisch. Die kugeligen Augen unter schweren Lidern und die große Nase mit breiter Wurzel entsprechen dem Straub’schen Gesichtstypus, ebenso die fleischigen Ohrläppchen. Die Gesichter der hll. Elisabeth und Barbara vom Hochaltar zeugen vom selben Ursprung: stark nach innen gezogene Brauen, die dem Gesicht einen gewissen Ernst verleihen, eine augenfällige Nase mit langgezogener, leicht kugeliger Spitze und ein vorspringender Mund mit vollen Lippen von derselben Breite wie die Nasenbasis. Auch die in die Stirn greifenden Zangenlocken der hl. Barbara finden sich an der hl. Maria Magdalena, genauso die Seitwärtsneigung des Kopfes mit Ausbildung einer kleinen »Schwellung« an der linken Seite. Eine buchstäbliche Kopie der hl. Maria Magdalena befindet sich am Kalvarienberg von St. Radegund. Die polychrom ­gefasste Holzskulptur weist eine identische Körperhaltung auf, auch bei der Physiognomie handelt es sich um dieselbe Handschrift. Einzig die Draperie ist hier deutlich reduzierter, was auf den späteren Entstehungszeitpunkt der Figur verweist, da diese um 177050 geschaffen wurde und somit dem bereits einsetzenden Frühklassizismus verhaftet ist. Diese Arbeit ist dem Umkreis Ph. J. Straubs zuzuschreiben. Die architektonische Stuccolustro-Rahmung und die dekorativen Schnitzereien in Form von Laub-, Bandl- und Gitterwerk, das sich in identischer Form im selben Kircheninnenraum am Annenaltar (um 1740) erkennen lässt, wurden bereits Ph. J. Straub zugeschrieben.51 Das im Jahr 1734 von ihm gefertigte Hoforatorium für die Grazer Domkirche (urkundl. gesichert) zeigt Horst Schweigert52 zufolge vergleichbares Dekor, was einen weiteren Bezug zu Ph. J. Straubs Schaffen darstellt. Putten auf Sakristeischrank, 1734–1740 Auf dem schlichten Sakristeischrank mit Kassettentüren befinden sich zwei adorierende Puttofiguren, die sich einem Kruzifix zuwenden, das erhöht auf dem seitlich konkav eingezogenen Aufsatz im Zentrum steht. Die Putten seien, gemäß Dehio Graz, »in der Art Philipp Jakob Straubs«53 geschaffen. Sie wurden in den TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs aufgenommen.54 Dabei handelt es sich um geschnitzte, silbern gefasste Figuren mit goldgefassten Flügelchen und Lendentüchern. Getragen werden die schwebenden Putten durch eine ebenfalls golden gefasste, aus Wolken formierte Stütze. Auffallend sind hier die anatomischen Details, die der ausführende Künstler einsetzte, um Lebensnähe in die Darstellung zu bringen. Es lassen sich Grübchen an den Knien, der halbrunde Nabel, der nach unten c-förmig geöffnet ist, und vereinzelte Speckfältchen an Armen sowie Beinen erkennen. Das Haar ist in markanten, knolligen Büscheln um den Kopf angeordnet, zumeist bildet sich ein derartiges neckisch direkt über der Stirn. Es handelt

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sich um liebliche Darstellungen, die dem Typus des Puttos mit kindlichem Charakter absolut entsprechen. Stilistisch weisen sie sämtliche Charakteristika wie auch die Putten der Kanzel (1734–1738) in derselben Kirche sowie jene der beiden bereits angeführten und für Ph. J. Straub gesicherten Seitenaltäre in der Grazer Domkirche (1744) auf. Demnach handelt es sich um Arbeiten des Bildhauers.

Kumberg, hl. Johannes Nepomuk, 1735–1740 Die Sandsteinskulptur des hl. Johannes Nepomuk55 (Abb. 26) befindet sich neben dem Turmeingang der Pfarrkirche hl. Stephan in Kumberg. Sie steht auf einem hohen schlichten Sockel mit der Inschrift »Heil / Johannes / bitt für uns«, wobei das Gesicht dem Kircheneingang zugewandt ist. Die Skulptur wurde in der Literatur Ph. J. Straub zugeschrieben und auf Mitte des 18. Jahrhunderts datiert.56 Auch Horst Schweigert nahm sie in das Werksverzeichnis Ph. J. Straubs auf, ohne jedoch näher auf stilistische Merkmale einzugehen.57 Sie ist Teil des TrArS-Katalogs der Werke Straubs.58 Dabei handelt es sich um eine sehr friedvolle Darstellung des Heiligen, der kontrapostisch mit weit nach hinten ausgestelltem rechtem Spielbein auf einer quadratischen Plinthe steht. Beide Arme sind angewinkelt und zur Brust geführt; die linke Hand hält ein Kruzifix, auf das der Blick des Heiligen gerichtet ist, die rechte drückt das Birett an den Oberkörper, der leicht nach hinten gebeugt ist und im Gegensatz zur vorwärtsstrebenden Bewegung der Beine steht. Der zierliche Kopf ist nach links gedreht und in Richtung des Kruzifixes geneigt. Die hervorquellenden Augäpfel unter dicken, schweren Lidern prägen das Gesicht, ebenso die relativ große Nase mit breitem Steg. Der volllippige Mund ist breit und leicht geöffnet, die Winkel nach oben gezogen, sodass ein feines Lächeln entsteht. Das halblange, gelockte Haar verläuft in dicken Strähnen, die das Gesicht umrahmen, durch Bohrungen entsteht ein überaus plastischer Effekt. Ein kurzer, ebenso gekräuselter Bart verläuft den unteren Kiefer entlang und vollendet die Umrahmung des Antlitzes. Die Skulptur zeigt sich optisch äußerst ansprechend, ihre Gesamtkonzeption könnte kaum harmonischer sein. Die Proportionen sind nahezu perfekt aufeinander abgestimmt, das einzig Störende ist das Kruzifix, dessen wuchtige Kreuzbalken nicht zu den ansonsten recht feingliedrigen Formen passen wollen. Die rechte Hand des Heiligen drückt das Birett in einer lockeren Geste mit drei Fingern gegen den Körper, der Ringfinger ist nach innen geführt und stützt es zusätzlich von unten. Diese spielerische Geste entspricht dem sorglosen Wesen des Dargestellten, er erscheint zudem sehr jugendlich, was insbesondere der makellos glatten Gesichtshaut zuzuschreiben ist. Im Vergleich zu dem für Ph. J. Straub gesicherten hl. Johannes Nepomuk vom Weizberg (1734, signiert) wird evident, dass es sich hier tatsächlich um ein Werk desselben Künstlers handelt: Die Physiognomien sind mit Sicherheit verwandt, sie unterscheiden sich lediglich durch den älteren und müderen Eindruck des Weizberger Exemplars. Auch dessen Haarpracht wirkt weniger stark gelockt (was auch der witterungsbeding­ten Schleifung

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26  Philipp Jakob Straub, hl. Johannes ­Nepomuk, Sandstein, 1735–1740, Kumberg, Pfarrkirche

geschuldet sein kann), dennoch rahmen sie das Gesicht auf dieselbe Art. Auch die, vom minimal seitlich versetzten Mittelscheitel leicht in die Stirn ragenden, Zangenlocken sind beiden Skulpturen gemein. Der ebenfalls für Ph. J. Straub gesicherte hl. Johannes Nepomuk vom Grazer Kalvarienberg (1737, signiert) zeigt dieselben Gesichtsmerkmale, wobei festzuhalten ist, dass hier ein wesentlich dramatischerer Moment – jener, in dem der Heilige von einem Schergen gepackt wird, um gleich danach in die Moldau geworfen zu werden –, festgehalten wurde. Daher erscheint das Gesicht sehr ernst und resigniert und die gesamte Körperhaltung ist als angespannt einzustufen. Nichtsdestotrotz ist ein stilistischer Vergleich mit dem Kum­berger Nepomuk für dessen Zuschreibung an Ph. J. Straub durchaus nützlich, da sich hier die für ihn so typische Formierung der Faltenbahnen zeigt, die jeweils einer Bewegungsrichtung folgt und diese somit dynamisch verstärkt, ohne dabei einen überladenen Charakter zu erzeugen. Zusätzlich sind die Draperien so ausgeführt, dass sich daraus schließen lässt, um welche Art von Material es sich handelt. Dies ist als ein besonderes Talent Ph. J. Straubs festzuhalten und gilt – wie bereits erwähnt – als wesentliches Merkmal seines Œuvres. Der Zuschreibung an den Bildhauer ist somit nichts entgegenzusetzen.

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St. Ruprecht an der Raab, Dekanatskirche Die Dekanatskirche hl. Rupert in St. Ruprecht an der Raab wurde erstmals 1187 urkundlich erwähnt, heute ist vom ehemaligen romanischen Bau jedoch nichts mehr erhalten. Von 1728 bis 1737 wurde die Kirche durch Fidelis Hainzl komplett neu errichtet, der Plan stammte von Lorenz Statthaler. Gemäß Dehio Steiermark sind die Kapellenaltäre, der Choraltar und die Kanzel aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts und den Bildhauern Ph. J. Straub und Johann Ferdinand Schmucker zuzuschreiben.59 Von Schmucker ist kaum eine Information überliefert, lediglich der Taufmatrike seines Sohnes Leopold vom 24. Oktober 1741, ist sein Name samt dem Zusatz »Bildhauer« zu entnehmen.60 Rochus Kohlbach sieht zumindest im Taufstein-Aufsatz die Beteiligung Schmuckers, der wohl ein Schüler Ph. J. Straubs war und nach dessen Entwürfen arbeitete.61 Daneben soll Schmucker auch an den Figuren der Kapellenaltäre beteiligt gewesen sein, worauf im Folgenden näher eingegangen wird. Taufstein-Aufsatzgruppe, 1735–1740 Die Taufstein-Aufsatzgruppe wird heute im Pfarrhof verwahrt, da bereits einige Figuren entwendet wurden. Dabei handelt es sich um eine Schnitzarbeit62 mit polychromer Fassung, von der heute noch ein vertikal aufsteigender Wolkenstrang und der darauf thronende Gottvater, auf einer Sphaira sitzend, erhalten sind. Unterhalb dieser Figur befindet sich die Heiliggeisttaube in Unteransicht mit ausgebreiteten Schwingen. Rochus Kohlbach zufolge war jener Aufsatz einer der bemerkenswertesten, seiner Publikation ist auch ein historisches Foto desselben mit den heute verschwundenen Teilen zu entnehmen.63 Inzwischen fehlen der hl. Johannes d. T. auf der linken Seite und der rechts neben ihm kniende Jesus mit vor der Brust überkreuzten Armen, über dessen Haupt er Wasser gießt. Daneben war auch eine Engelsfigur, die ein Tuch über Jesus’ linke Schulter drapierte, Teil der Gesamtkomposition. Rochus Kohlbach merkte an, dass die Skulpturengruppe von Ph. J. Straub entworfen worden sein könnte, während die Ausführung einem seiner Schüler, Johann Ferdinand Schmucker, ­oblag.64 Auffallend ist die hochbewegte Darstellung Gottvaters, der mit nach oben weisenden Armen äußerst instabil auf dem Wolkengebilde sitzt, auch die flattrige Drapierung seines Mantels, der von einem Lufthauch scheinbar nach rechts bewegt wird, ist bemerkenswert und steigert die Dynamik. Die Darstellung des hl. Johannes ist mit jener vom Birkfelder Rosenkranzaltar (1768) vergleichbar, dem aktuell letzten für Ph. J. Straub gesicherten Werk. Der leidende Gesichtsausdruck und die detailliert ausgearbeiteten Muskeln sind beiden Figuren gemein. Die beinahe kriechende Haltung Jesus’ ist ebenso von Interesse, seine Mimik kann als lethargisch bezeichnet werden. Die Unausgereiftheit hinsichtlich der Körpermodellierung, insbesondere des kauernden Jesus, dessen Körper sehr schwammig anmutet, und des wiederum ausgemergelten Körpers des Johannes, verweist auf eine noch nicht gänzlich ausgereifte Künst­lerhand. Kohlbachs Vermutung ist daher zuzustimmen, dass es sich hier um den Schüler Ph. J. Straubs handelt.

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27  Johann Ferdinand Schmucker, hl. Oswald, Detail Annenaltar, Holz, 1735–1740, St. Ruprecht an der Raab, ­Dekanatskirche

Annenaltar und Auferstehungsaltar (Kapellenaltäre), 1735–1740 Horst Schweigert schrieb die Figuren zweier Seitenaltäre der Dekanatskirche von St. Ruprecht an der Raab Ph. J. Straub zu und datierte sie auf den Zeitraum 1735 bis 1740.65 Dabei handelte es sich wohl um die sich gegenüberliegenden Kapellenaltäre, den Annen- und den Auferstehungsaltar, da deren Figurenschmuck deutliche Anleihen an Ph. J. Straubs Schaffen erkennen lassen. Ersteren zieren die beiden hll. Oswald und Laurentius, während letzterer die hll. Barbara und Katharina zeigt.66 Dabei handelt es sich um deutlich unterlebensgroße Skulpturen von höchst unterschiedlicher Qualität, was auf eine wenig erfahrene Hand schließen lässt. Während der hl. Oswald (Abb. 27) als durchaus gelungen angesehen werden kann, worauf die harmonische Körperkomposition ebenso schließen lässt wie die effektvolle Draperie seines Mantels, ist die Erscheinung seines Gegenübers als sehr unbeholfen einzustufen. Der Linksschwung der Kleidung ist übersteigert und widerspricht der Körperhaltung, sodass sich ein eigenartig gekrümmter Eindruck ergibt. Auch das rechte Spielbein entspricht nicht der Leistung eines Meisters, da es anatomisch nicht korrekt wiedergegeben ist und der Fuß sich zu stark nach außen spreizt, zudem ist das sich durch die Gewandung abzeichnende Knie an falscher Stelle platziert. Die Gesichter beider Figuren können jedoch ohne Weiteres mit Ph. J. Straubs Werken in Verbindung gebracht werden, besonders das Antlitz des hl. Oswald ist mit jenem des – wohlgemerkt erst

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später entstandenen – hl. Leopold der Grazer Stadtpfarrkirche (Nepomukaltar, 1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) vergleichbar: Haar- und Bartgestaltung sind aus einem Guss, so auch die Gesichtszüge mit großen Augen, schmalen, geraden Brauen und einem vollen Mund, dessen Oberlippe sehr breit gezeichnet ist und einen ausgeprägten Amorbogen präsentiert. Dass hier die Beziehung zu Ph. J. Straub g ­ egeben ist, kann schwerlich geleugnet werden, dennoch zeigt auch der hl. Oswald Schwächen in der Umsetzung: so korrespondieren Spielbein und Körperschwung nicht und kreieren ein konträres Standmotiv. Sehr gelungen hingegen ist die Draperie des Mantels, der über die linke Schulter nach hinten fällt und an der rechten Hüfte aufbauschend nach vorne zieht, um dann hinter den Beinen eine Windung zu vollziehen, die zwischen den Füßen des Heiligen ausklingt, sodass dessen rechter Fuß vom Mantelzipfel verdeckt wird. Die Aufsatzzone wird von den sitzenden hll. Blasius (mit Kerze) und Isidor von Madrid (mit Schaufel) nebst zwei Putten bevölkert, auch sie entsprechen zur Gänze Schmuckers Figurentyp. Die hll. Barbara (Taf. X) und Katharina am gegenüberliegenden Auferstehungsaltar zeigen ihre Stärken ebenso in der Gestaltung ihrer Kleidung, die üppige Faltenbahnen ausbildet. Letztere, die mit ihren Attributen, dem Schwert und dem gebrochenen Rad, rechts vom Hochaltarbild steht, greift mit der Linken nach vorne in den Mantel, sodass dieser eine breite Schüsselfalte an ihrer rechten Hüfte formt – ein Kunstkniff, der sich bei einigen Arbeiten Ph. J. Straubs feststellen lässt. Die pathetische Armhaltung mit gespreizten Fingern und der lange Hals mit seitwärts ­geneigtem Haupt findet sich beispielsweise auch bei der hl. Barbara der Grazer Bürgerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub). Was Schmuckers Figuren charakterisiert, sind die besonders tief in ihren Höhlen liegenden Augen, die fleischigen, abstehenden Ohrmuscheln und die eher stämmige Körpermodellierung, die deutlich von Ph. J. Straubs Hang zu schlanken, fast hageren Figuren abweicht. Besondere Merkmale der Physiognomie sind zudem das vorspringende, runde Kinn (teils mit Grübchen) und der verhältnismäßig breite Mund, der Ph. J. Straubs kleinen Mündern mit vollen Lippen widerspricht. Schmuckers Gesichter erscheinen unausgereift und teilweise derb, was an der zuweilen asymmetrischen Form liegt (Nase, Mund und Augen weichen häufig von der Ideallinie ab). Weitere Parallelen zum Œuvre Ph. J. Straubs werden beim Vergleich der hll. Barbara (St. Ruprecht) und Judas Thaddäus (Grazer Domkirche, 1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) evident. Die Figuren sind offensichtlich miteinander verwandt, bereits Rochus Kohlbach bemerkte die markanten hörnchenartigen Löckchen, die bei beiden Figuren in die Stirn ragen und die allgemein sehr ähnliche Haargestaltung.67 Die Skulptur der hl. Apollonia am Seitenaltar des hl. Franz Xaver in der Pfarrkirche St. Pe­ ter in Malečnik (SLO), die von Sergej Vrišer Joseph Straub zugeschrieben und auf 1746 datiert wurde,68 zeigt eine sehr ähnliche Körperkomposition im Vergleich mit der hl. Barbara, insbesondere Kopfform, Kopfhaltung und Armpositionen dürften hier ihr Vorbild in der älteren Figur von St. Ruprecht gefunden haben. Die Gesichter unterscheiden sich jedoch deutlich. Dies legt die engen künstlerischen Verbindungen und

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

28  Johann Ferdinand Schmucker, Pietà, Detail Schmerzhafte-Mutter-Altar, Holz, 1735–1740, St. Ruprecht an der Raab, Dekanatskirche

intensiven Wechselwirkungen zwischen den Straub-Brüdern nahe. Joseph war in der frühen Schaffensphase des Ph. J. für eine nicht näher definierbare Zeit in dessen Werkstatt tätig, was die starke Beeinflussung des jüngeren Bruders durch den älteren erklärt. Die Aufsatzzone zeigt, neben den beiden bekrönenden Putten, auch die hll. Joachim und Anna, die in sehr geglücktem Sitzmotiv wiedergegeben wurden und in raffiniert drapierte Gewänder gehüllt sind. Die Autorschaft Schmuckers unter der Aufsicht Ph. J. Straubs ist auch hier erwiesen. Schmerzhafte-Mutter-Altar, 1735–1740 Der Schmerzhafte-Mutter-Altar präsentiert eine, von zwei Vorhang-haltenden Putten freigelegte, Pietà-Gruppe (Abb. 28), die den architektonischen Rahmen regelrecht sprengt. Die Beine des Heilands ragen über die Mensa bis zur Volutenbasis, auf der der hl. Petrus adorierend kniet. Der Typus entspricht der bereits besprochenen Pietà, die von Carracci entworfen und durch die Druckgrafik weit verbreitet wurde. Die Proportionierung ist durchaus als gelungen anzusehen, abgesehen von kleineren Schwächen im Bereich der Schulter-Oberkörper-Partie und den Füßen Christis, auch die sehr naturalistische Umsetzung zeugt von vorhandenen anatomischen Kenntnissen. Die leicht geöffneten Augen und der noch nicht gänzlich zur Seite gekippte Kopf erwecken den Eindruck eines noch lebenden Gottessohns, dasselbe gilt für die Spannung in den Händen, die noch letzte Lebenszeichen aussenden. Das Gesicht mit tief

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29  Johann Ferdinand Schmucker, hl. Dismas, Detail Schmerzhafte-Mutter-­ Altar, Holz, 1735–1740, St. Ruprecht an der Raab, Dekanatskirche

in den Höhlen liegenden, kugeligen Augen erscheint eingefallen und wirkt aufgrund der überlangen, schmalen Nase und dem knapp darunter sitzenden Mund, dessen Lippen leidend geöffnet sind, wenig harmonisch. Das in Strähnen fallende Haar reicht bis auf den linken Oberarm hinab. Maria, die mit ihrem linken Bein den schwer lasten­ den Körper des Sohnes stützt, hat die Arme in ergebener Pose ausgebreitet, die ­rechte Hand erfasst mit manierierten Fingern dessen rechten Unterarm. Das sehr derb geformte, längliche Antlitz mit gen Himmel gerichteten Augen weicht deutlich von der idealschönen Linie ab: die mandelförmigen Augen unter langen, schmalen Brauen, die markante Nase und der kleine, breite Mund mit nach unten weisenden Winkeln nebst stark ausgeprägtem Kinn erzeugen gemeinsam einen recht matronenhaften Charakter, der von den gängigen Madonnenbildern abweicht. Was die Gewandung betrifft, ist sie zweifelsfrei mit jener der Pietà der Grazer Bürgerspitalskirche (1720, zugeschrieben an J. J. Schoy) zu vergleichen: die zart gefältelte Draperie als oberer Ab­ schluss des Kleides und der nach rechts leicht aufbauschende Mantel, der auf Höhe des linken Oberarms einen charakteristischen, überaus plastischen Faltenwurf mit breitem und tiefem Faltental ausbildet, sind beiden Beispielen gemein. Die flankierenden hll. Petrus und Dismas (Abb. 29), die in einseitig kniender Posi­ tion wiedergegeben wurden, scheinen von der übergroßen zentralen Gruppe regelrecht beiseite gedrängt zu werden. Stilistisch sind beide Figuren durchaus mit jenen

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30  Johann Ferdinand Schmucker, hl. Karl Borromäus, Detail Gnadenaltar, Holz, 1735–1740, St. Ruprecht an der Raab, Dekanatskirche

des Annenaltars gleichzusetzen, was die Autorschaft Schmuckers auch in diesem Fall nahelegt. Dies beweist auch der Vergleich mit dem hl. Dismas in der Pfarrkirche Semriach (1735–1740, zugeschrieben an Ph. J. Straub und Werkstatt), der in ähnlich kauernder Haltung wiedergegeben ist und dieselben körperlichen Charakteristika aufweist. Auch der hl. Petrus kann sehr gut mit Schmuckers Hang zur Theatralik und dynamischer Körperbildung bei simultaner Hölzernheit in Zusammenhang gebracht werden. Demnach handelt es sich auch bei den Figuren des Schmerzhafte-Mutter-Altar um Arbeiten des Straub-Schülers Schmucker. Die Tatsache, dass die Pietà starke Anleihen am genannten Gegenstück Schoys der Bürgerspitalskirche nimmt, kann darin begründet liegen, dass sich Ph. J. Straubs Werkstatt nicht unweit der Kirche befunden hat und besagtes Andachtsbild jederzeit vom Schüler zu Studienzwecken aufgesucht werden konnte. Gnadenaltar, 1735–1740 Der Gnadenaltar ist architektonisch ähnlich aufgebaut wie der Schmerzhafte-MutterAltar. Die zentrale Figur bildet das Mariahilfer Gnadenbild, das von einem Strahlenkranz hinterfangen wird, das allerdings eine jüngere Arbeit aus dem 19. Jahrhundert sein dürfte. Flankiert wird es von den hll. Karl Borromäus (Abb. 30) und Johannes

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Nepomuk, die auf andächtige Weise in angedeutetem Kontrapost stehen, den Chorrocksaum widersprüchlich heftig aufschwingend. Der stilkritischen Analyse folgend handelt es sich auch hier um Schmuckers Werke. Die Anklänge an Ph. J. Straubs ­Œuvre sind unverkennbar, die handwerkliche Umsetzung fällt jedoch an manchen Stellen unbeholfen aus. So fehlt die fließende Charakteristik der überlangen Soutane, die im Unterschenkelbereich Knicke bildet, auch der bewusst eingesetzte Schwung einer Falte des Chorrocks versäumt den gewollten Effekt, Dynamik zu erzeugen. Ein ähnliches Missverhältnis zeigt sich auch beim hl. Laurentius des Annenaltars, der ebenfalls eine vergleichbare Physiognomie aufweist. Der Schüler konnte jedoch bereits sehr von seinem Lehrmeister profitieren, weshalb die Handrücken realitätsgetreu von Adern gezeichnet sind und auch die manieriert gespreizten Finger durch ihren Naturalismus überzeugen. Die Aufsatzzone wird von den hll. Franziskus und Dismas dominiert, ersterer mit Tonsur, Franziskanerhabit und Schädel als solcher identifizierbar, letzterer beinahe völlig entblößt, bis auf ein schmales Tuch, das notdürftig die Scham bedeckt und in seiner Körperhaltung dem Gegenstück in der Pfarrkirche von Semriach (1735–1740, zugeschrieben an Werkstatt Ph. J. Straub) nachempfunden ist. Bekrönung zweier Beichtstühle, 1735–1740 Der dreitürige Beichtstuhl links vom Eingangsportal zeigt eine skulpturale D ­ ekoration, die sich aus drei Figuren, drei Rocaillekartuschen und einer Muschelornamentik zusammensetzt (Abb. 31). Die Bekrönung bildet ein Engel mit Bibel in Händen. Dieser steht im Kontrapost und weist eine leichte Torsion im Körperbild auf. Meisterlich geglückt ist das Aufschwingen des Gewandzipfels an der linken Hüfte, das ein optisches Gegengewicht zur, durch die Armhaltung bedingten, sehr rechtslastigen Komposition bildet. Die überlange Kleidung fällt in räumlichen, schweren Verläufen fließend zu Boden. Links und rechts daneben sitzen die hll. Dismas und Maria Magdalena. Ersterer trägt eine Kopfbinde, die seitlich zu einem Knoten geschlungen ist und stützt mit der rechten Hand ein Kreuz, auf das er mit seiner linken verweist. Abgesehen von einem Mantel, der von seinem rechten Oberarm hinab auf die Hüfte fällt, ist er unbekleidet. Wie ihr Gegenüber sitzt auch die hl. Maria Magdalena mit erhobener linker Hand auf einer Volutenspange. Die andere stützt ein geöffnetes, dem Betrachtenden zugewandtes Buch gegen ihre Brust. Das lange Haar ist kunstvoll am Oberkopf geknotet und fällt wie ein Schleier über ihre rechte Schulter, die lange Gewandung erscheint raffiniert, wenn auch dezent drapiert. Das torsierte Haltungsmotiv mit jeweils gegengleich korrespondierender paralleler Arm- bzw. Beinhaltung setzt eine geübte Hand voraus, wenngleich ein wahrer Meister mit Sicherheit eine effektvollere Draperie eingesetzt hätte, um der Figur mehr Wirkung zu verleihen. Der zweite Beichtstuhl befindet sich rechts neben dem Eingangsportal und ist architektonisch und in Bezug auf den plastischen Schmuck nach gleichem Prinzip aufgebaut. Als zentrale Bekrönung fungiert wiederum ein Engel, in diesem Fall mit den Gebotstafeln in Händen. Auch hier ist die zu Boden fließende Gewandung sehr

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31  Johann Ferdinand Schmucker, Beichtstuhlbekrönung links, Holz, 1735–1740, St. Ruprecht an der Raab, ­Dekanatskirche

raumbildend und effektvoll, jedoch deutlich ruhiger ausgeführt. Gerade dieses Himmelswesen verweist durch seine charakteristische Physiognomie deutlich auf den ausführenden Künstler, Johann Ferdinand Schmucker. Die sich unter den lockigen Haaren abzeichnenden, übergroßen Ohren sowie die Proportion und Ausführung der übrigen Gesichtsmerkmale stimmen mit jenen des hl. Laurentius des Annenaltars überein und verweisen offensichtlich auf den Straub-Schüler. Rechts daneben sitzt die Personifikation des Glaubens als sehr maskulin anmutende Dame mit Schleier auf dem langhaarigen Haupt, während der Oberkörper zum größten Teil entblößt ist. Die Gewandung ist in ausladendem Faltenwurf um die Taille bzw. Hüfte geschlungen und zeichnet sich durch relativ grobe, dennoch stofflich wirkende Verläufe aus. Die rechte Hand hält einen Hostienkelch, die linke ist mit spastisch verkrampften Fingern leicht vor dem Körper erhoben. Das sehr ernste und nachdenkliche Antlitz mit großen Augen unter stark ausgeprägten Brauen erscheint ältlich, was vor allem an der eingefallenen Wangenpartie liegt. Die bärtige Gestalt auf der linken Seite ist in der typischen Kleidung der Apostel dargestellt, die bis auf Hände, Füße, Hals und Kopf alles bedeckt. Die rechte Hand ist zum Herzen, die linke in Richtung des Engels nach oben geführt. Haar- und Barttracht sind halblang und wellig, auch hier zeigen sich sehr große Ohrmuscheln, teilweise unter dem Haar verborgen. Der Kopftypus ist mit jenem des hl. Oswald des Annenaltars vergleichbar.

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Schmucker kann demnach auch hier aufgrund stilkritischer Aspekte als ­ausführender Künstler angenommen werden. Die Datierung ist mit den übrigen Werken Schmuckers in der Kirche gleichzusetzen (1735–1740).

Semriach, Pfarrkirche hl. Ägidius Die in den Wurzeln bis in die romanische Zeit zurückreichende Pfarrkirche hl. ­Ägidius präsentiert sich heute als dreischiffige, vierjochige Hallenkirche von deren, zum Teil barocker Innenausstattung, Hochaltar und Kanzel in den Jahren 1896 bis 1898 wegen vermeintlicher Schadhaftigkeit entfernt und durch neugotische Stücke ersetzt wurden.69 Aus der Barockzeit hat sich der rechte Altar im südlichen Seitenschiff erhalten, der in der Literatur einerseits auf 1720 bis 1730 datiert wird70, andererseits 1720 geweiht wurde.71 Horst Schweigert datiert die Entstehung des Altars allerdings in die Zeit von 1735 bis 1740.72 Als Stifter fungierten Abt Placidus Mally und Johann Joseph Graf Wurmbrand, dessen Wappen über dem Hochaltarbild abgebildet ist.73 Des Weiteren befinden sich zwei Konsolfiguren an den zwei vordersten Pfeilern der Kirche, die die hll. Dismas und Johannes Nepomuk darstellen. Diese Figuren werden auf 1735 bis 1740 datiert und der Werkstatt Ph. J. Straubs zugeschrieben.74 Horst Schweigert schreibt sie allerdings dem Meister selbst zu.75 Die Hochaltar- und Konsolfiguren wurden im TrArS-Werkkatalog für Ph. J. Straub aufgenommen.76 Figuren des Johannesaltars (rechter Seitenaltar), 1735–1740 Der rechte Seitenaltar (Taf. XI) zeigt ein Altarbild mit der Taufe Christi (1653), flankiert von Skulpturen, die die hll. Donatus und Leonhard77 repräsentieren und auf den Zeitraum 1735 bis 1740 datiert werden.78 Donatus (Abb. 32) steht sehr unaufgeregt auf seiner Plinthe, den Körper vom Hochaltarbild abgewandt (dies ist durch die Architektur bedingt, da die gedrehten Säulen des Altars eine direkte Sichtachse verhindern). Das rechte Spielbein, das auf einer Getreidegarbe ruht, ist weit nach außen gedreht, das Knie drückt sich merklich durch den Stoff. Der rechte Arm ist leicht erhoben und ge­ rade nach vorne geführt, die Hand mit stark manierierten Fingern fasst den Bischofsstab lediglich mit Daumen und Zeigefinger. Die linke Hand hält ein geschlossenes Buch auf Brusthöhe, Buchrücken Richtung Körper, während der Zeigefinger zwischen den Seiten ruht. Gerade an den beiden Händen wird die Autorschaft Ph. J. Straubs sehr deutlich, zählt die Geste mit dem einen Ring bildenden Daumen und Zeigefinger doch zum Standardrepertoire des Bildhauers – dasselbe gilt für den seitenmarkierenden Finger zwischen den Buchseiten. Die saloppe Art, wie der Heilige auf der Garbe steht, ist ebenso ein Indiz, das für Ph. J. Straub spricht. Diese beiläufige Inszenierung der Beigaben wurde auch in der italienischen Bildhauerei auf eine ähnliche Weise gehandhabt. Erkennbar ist dies an der Darstellung des Attributs des hl. Sebastian 79 (1731) in der Basilika »Unserer Lieben Frau und dem hl. Antonius von Mafra« des Nationalpalasts von Mafra (PRT).80 Geschaffen wurde die Arbeit vom anerkannten römi-

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

32  Philipp Jakob Straub, hl. Donatus, ­Detail Johannesaltar, Holz, 1735–1740, Semriach, Pfarrkirche hl. Ägidius

schen Bildhauer Carlo Monaldi (1683–1760) im Auftrag des portugiesischen Botschafters in Rom. Die unbedachte Art, wie der an den Baumstumpf gefesselte Heilige mit dem linken Fuß auf dem Federhelm steht, der vom hinter ihm als Stützte postierten Tropaion herabgefallen zu sein scheint, erinnert stark an das Beispiel des hl. Donatus. Diese Handhabung der Attribute ist nur eines der Elemente, die Ph. J. Straub von der italienischen Bildhauerei übernommen hat. Das Gesicht des hl. Donatus ist durch die typischen schmalen, rundbogigen Brauen, die in den breiten Nasensteg verlaufen sowie die großen, halb geschlossenen Augen geprägt. Die Altersmerkmale sind durch zwei vom Augeninnenwinkel respektive äußeren Nasenflügel nach unten verlaufende Falten deutlich ausgeprägt. Diese starken Alterszüge sind im Frühwerk Ph. J. Straubs selten zu finden und treten erst im Altersstil vermehrt in Erscheinung. Auch die sehr gerade und unauffällige Silhouette des hl. Leonhard entspricht nicht dem Stil Ph. J. Straubs im durch Horst Schweigert postulierten Zeitraum. Dennoch zeigt auch diese Skulptur deutliche Merkmale des Bildhauers, wie die gekünstelten Handpositionen, wobei die rechte ebenfalls ein geschlossenes Buch hält und den Zeigefinger zwischen die Seiten legt, während vor der im Zeigegestus nach oben weisenden linken Hand eine Eisenkette gehängt wurde.81 Insbesondere die zartgliedrigen Hände sprechen für Ph. J. Straub als Urheber,

Semriach, Pfarrkirche hl. Ägidius

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jedes Detail ist sehr naturalistisch ausgearbeitet, sodass die Knöchel und Sehnen deutlich auszumachen sind. Auch die asymmetrisch angeordneten Haarbüschel, die seitlich und oberhalb der Stirn des hl. Leonhard das Gesicht umgeben, erinnern an bereits besprochene Arbeiten Ph. J. Straubs.82 Besonders eindrucksvoll ist der Vergleich des hl. Donatus mit dem hl. Blasius der Stiftkirche Rein (1742–1743, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), der bereits der mittleren Schaffensphase des Bildhauers zuzuschreiben ist. Besonders die Physiognomien und die Bartgestaltung zeigen eine unleugbare Verwandtschaft. Vom Philtrum ausgehend verlaufen zwei dünnen Stränge seitlich der Mundwinkel nach unten, wo sie in einen üppigen Bart münden, der aus gewellten Strähnen besteht, die sich am unteren Ende in zwei Partien teilen. Doch die augenscheinlichste Gemeinsamkeit ist die gesamte Konzeption – die einzigen Unterschiede finden sich in der Ausrichtung des Blicks und den verschiedenen Attributen. Sogar der dekorative Aufsatz des Hirtenstabs ist bei beiden Ausführungen beinahe identisch: dekorative, zu einem Kreis respektive einer Volute verschlungene Blät­terranken, in deren Zentrum sich eine Blüte befindet. Das Reiner Exemplar erscheint durch etwas mehr Zierrat dekorativer, dasselbe gilt für die detaillierte Ausführung der Kleidungsdetails, sodass der hl. Blasius insgesamt edler und kunstvoller wirkt. Dies mag dadurch bedingt sein, dass sich Ph. J. Straub durch die Anfertigung seiner Skulpturen für Rein weitere Folgeaufträge erhoffte, weshalb er sich bei der Fertigung derselben mit Sicherheit besondere Mühe geben musste, was sich nicht zuletzt in ausgefeilten Details niederschlug. Am Altaraufsatz befinden sich weitere Skulpturen: Am Gesims sitzen je zwei weibliche Heilige mit Zackenkrone und Palmblatt in der jeweils äußeren Hand, dahinter je zwei auf Volutenspangen sitzende Engelsfiguren mit weit ausgebreiteten Flügeln. Sie alle flankieren das zentrale Motiv Gottvaters mit Sphaira und Zepter, thronend auf einem Wolkengebilde und von geflügelten Puttoköpfchen umgeben. Darüber schweben zwei weitere Putten als bekrönender Abschluss des Altars. Ihre Bewegungen streben gen Himmel, eine Blütengirlande zwischen sich haltend, wobei links und rechts davon zwei Flammvasen als äußerer dekorativer Abschluss positioniert sind. Die beiden weiblichen Heiligen am Gesims, die Putten und Engel können der Werkstatt Ph. J. Straubs zugeschrieben werden. Die ausgewogenen und naturalistischen Körperproportionen, die labilen Sitzmotive sowie die Finger- und Haargestaltung entstammen dem Formenrepertoire des Bildhauers. Die Gesichter und recht üppigen Körperformen sprechen jedoch für die Beteiligung eines Schülers, Johann Ferdinand Schmucker, der bereits an anderer Stelle als eifriger, jedoch noch nicht gänzlich ausgereifter Mitarbeiter des Meisters in Erscheinung getreten ist. Dessen Figuren für die beiden Seitenaltäre in der Dekanatskirche St. Ruprecht an der Raab (1735–1740) verweisen auf die Verwandtschaft mit jenen vom Johannesaltar in Semriach, insbesondere hinsichtlich Faltengebung, Körperbildung und Physiognomie. Die Gebälk-Heilige rechts vom Johannesaltar kann mit der hl. Elisabeth der Grazer Bürgerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) verglichen werden, da die Ähnlichkeiten sowohl in der Körper- als auch der Gewandkomposition frappant

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

33  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Johannes ­Nepomuk, Holz, 1735–1740, Semriach, ­Pfarrkirche hl. Ägidius

sind: der gebauschte Mantel, der von hinten über die Schulter nach vorne zieht, der Faltenwirbel am rechten Oberschenkel und die vornehmen Gesten der Hände, die hohe Stirn, die asymmetrischen Haarformationen, die im Bereich der Ohren die größte Ausdehnung erfahren, und die Aura, die die Skulpturen umfängt, sind unverkennbare Gemeinsamkeiten der beiden Heiligen. Das Antlitz verweist jedoch auf die Arbeit des Schülers Schmucker. Die Figur des auf einem Wolkengebilde thronenden Gottvaters zeichnet sich durch die sehr dynamische Umsetzung des Motivs aus, mit einem gerade ausgestreckten rechten Bein, während das andere nach vorne angewinkelt ist, und einem leicht nach oben angewinkelten rechten Arm, was eine Zickzack-Komposition kreiert, die ein Emporschweben des von Wolken getragenen Gottes in sein Himmelreich deutlich veranschaulicht. Das Antlitz verjüngt sich nach unten hin, auch die schmal verlaufende Nase und die eng beieinanderliegenden runden Augen mit dicken Lidern, die den Blick jedoch nicht trüben, sind offensichtlich nicht von Ph. J. Straub selbst gefertigt worden. Die Konsolfiguren hll. Johannes Nepomuk und Dismas, 1735–174083 Auf den beiden vordersten Pfeilern des Kirchenraums befinden sich die Figuren der hll. Johannes Nepomuk84 (Abb. 33) und Dismas85, die ikonografisch eine Einheit bilden,

Semriach, Pfarrkirche hl. Ägidius

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da sie beide für die gute Konfession stehen. Sie thronen auf reichdekorierten Barockkonsolen, die sich aus nebeneinandergesetzten Volutenspangen zusammensetzen, die sich nach unten verjüngen. Insbesondere die Konsole des hl. Johannes Nepomuk sticht hervor, ist sie doch mit auffallenden Blau-, Pink- Weiß- und Rottönen in Marmoroptik gefasst. Der Heilige selbst befindet sich zusätzlich auf einer niederen Plinthe in pink-weißer Steinoptik erhöht. Seine Haltung liegt zwischen Knien und Schreiten, das vordere Bein ist im rechten Winkel aufgestellt, das hintere liegt am ­Unterschenkel beinahe auf der Plinthe auf. Es scheint, als wäre er nach hinten gesunken und ­müsste sich am Pfeiler stützen. Unterstrichen wird dies durch die seitlich ausgestreckte Linke, die eine beinah abwehrende Geste mit spastisch gespreizten Fingern ausführt. Die rechte Hand ist zur Brust geführt und hält den Märtyrerzweig, der Blick ist zum Himmel gerichtet. Sein Gegenstück in Form des hl. Dismas befindet sich auf der gleich ausgeführten, jedoch farblich deutlich reduzierteren Konsole (hier beschränkt sich die Fassung auf Rot- und Weißtöne). Auch er ist in einer Bewegung dargestellt, die (optisch) beinahe dem antiken Knielaufschema entspricht: Er kniet mit dem rechten Bein auf einem Gebilde aus kleinen Felsen, während das linke annähernd im rechten Winkel nach vorne aufgestellt ist. Der Oberkörper ist stark nach hinten bewegt, die Finger sind ineinander verschränkt, die Arme von der Brust weggeführt. Die Geste verstärkt – zusammen mit dem himmelwärts gerichteten Gesicht – die flehentliche Gebärde, sorgsam unterstrichen vom nach oben flatternden Gewandzipfel des dem entblößten Heiligen um die Lenden geschlungenen Tuchs. Rochus Kohlbach zufolge handelt es sich um eine »größere und bessere Version« des hl. Dismas von St. Ruprecht an der Raab, der von einem Gesellen und nicht vom Meister selbst geschaffen worden sein soll.86 Neben dem Heiligen befindet sich ein großes Holzkreuz mit goldener Fassung, von dessen oberem Balken sich ein Titulus C-förmig nach unten windet. Die Körperkompositionen sind ungewöhnlich, dennoch finden sich an diesen Arbeiten genügend Hinweise auf eine Autorschaft Ph. J. Straubs. Dies sind wiederum die manierierten und äußerst naturalistischen Finger, des Weiteren die anatomische Detailgetreuheit, die sich insbesondere am halbnackten Dismas offenbart. Nicht nur Falten und Grübchen sind sehr realistisch ausgeführt, sondern viele Kleinigkeiten, wie Adern, die durch die Haut drücken oder subkutane Strukturen, die besonders am Knie und am Hals erkennbar sind. Die Kopfgestaltung differiert jedoch vom bereits bekannten Typus Ph. J. Straubs: die Münder erscheinen zu weit geöffnet und offenba­ ren die obere Zahnreihe, wohingegen die bisherigen Figuren lediglich einen schmalen Spalt zwischen den Lippen erkennen ließen. Dies liegt jedoch in dem Moment der Darstellungen begründet, denn wie ließe sich Überraschung und Flehen besser darstellen als durch einen entsprechend geöffneten Mund? Gerade beim hl. Dismas, der den Blick gerade nach oben Richtung Himmel richtet, unterliegt das Öffnen des Mundes einem körperlichen Automatismus, beim hl. Johannes Nepomuk liegt es im offen­ sichtlichen Erstaunen begründet. Diese Kenntnis des menschlichen Körpers und seiner Bewegungsabläufe in Holz derart gekonnt umzusetzen, bedarf eines beachtlichen Geistes, über den Ph. J. Straub ohne Zweifel verfügte. Das Haar erscheint weniger

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

gelockt als bei den Altarfiguren, am Bart zeigen sich jedoch die bekannten Kringel. Auch die übliche Aufteilung des Haars in mehrere, asymmetrisch gesetzte Partien ist erkennbar. Der Vergleich mit dem hl. Blasius aus Rein kann getrost auch hier gezogen werden: Die pathetische Aura und die Kopfhaltung des hl. Johannes Nepomuk sind sichtlich verwandt. Auch Horst Schweigert sieht die Parallelen zum Schaffen Ph. J. Straubs in der ausdrucksstarken Physiognomie und der realistischen Körperkomposition, die er mit der Darstellung des Cristo Morto des Antependiums des Kreuzaltars in der Grazer Domkirche (1745–1747, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) vergleicht. Die Datierung 1735 bis 1740 setzt er aufgrund der ähnlichen Kopfgestaltung des hl. Dismas und des Schächers der Johannes-Nepomuk-Gruppe am Grazer Kalvarienberg (1737, signiert durch Ph. J. Straub) an. Der hl. Johannes Nepomuk ist, Horst Schweigert zufolge, mit jenem vom Weizberg (1734, signiert durch Ph. J. Straub) vergleichbar und auch mit jenem des eben erwähnten Exemplars des Grazer Kalvarienbergs.87 Dennoch bleibt ein Zweifel, insbesondere was die Physiognomie der Figuren betrifft. Dieser könnte sich jedoch schlichtweg dadurch beseitigen lassen, dass es sich hierbei um F ­ rühwerke Ph. J. Straubs aus den Jahren nach der Schoy’schen Werkstattübernahme handelt, wo sich durchaus noch vermehrt fremde Hände feststellen lassen. Es galt, einen wohl nicht zu unterschätzenden Teil an alten Aufträgen, die noch an Schoy ergangen waren, abzuarbeiten, parallel zu den neu hinzugekommenen Bestellungen. Das gewaltige Arbeitspensum führte vermutlich dazu, dass der Meister einige Arbeiten an seine Gesellen und Schüler delegierte, wie es sich auch an Schmuckers starker Beteiligung in St. Ruprecht an der Raab gut nachvollziehen lässt. Ob dieser auch bei der Fertigung der beiden Konsolfiguren beteiligt war, kann an dieser Stelle nicht bewiesen werden. Fest steht jedoch, dass Ph. J. Straub die Werke höchst wahrscheinlich nicht alleine schuf.

Graz, Hauptplatz Nr. 16, Mariahilfer Gnadenbild (Relief), 1735–1740 Das Gebäude Hauptplatz Nr. 16 stammt aus dem 16. Jahrhundert und wurde im Jahr 1650 umgebaut. Die Fassade mit Überhang auf Kragsteinen zeigt prächtigen Ornamentstuck88 und ein Relief mit der Darstellung des Mariahilfer Gnadenbilds89 nach Giovanni Pietro de Pomis (um 1565 oder 1569/70–1633), das als in der »Art Philipp Jakob Straubs« beschrieben und auf 1735 bis 1740 datiert wird. Es wurde 1967 restauriert und an den jetzigen Ort versetzt.90 Horst Schweigert nahm das Relief in die Liste der Werke Ph. J. Straubs auf,91 es wurde auch im TrArS-Werkkatalog erfasst.92 Dabei handelt es sich um eine Miniaturdarstellung der sitzenden hl. Maria mit dem Jesusknaben auf dem Schoß (Abb. 34). Das Haupt wird umgeben von einem Kranz aus acht Sternen, der rechte Fuß ruht auf einer Mondsichel. Diese ist ein Supplement und entspricht ikonografisch nicht dem Mariahilfer Gnadenbild, sondern stellt vielmehr eine Synthese mit dem Motiv der Mondsichelmadonna dar.93 Dies mag

Graz, Hauptplatz Nr. 16

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34  Philipp Jakob Straub, Relief »Mariahilfer Gnadenbild«, Sandstein, 1735–1740, Graz, ­Hauptplatz Nr. 16

entweder auf den Wunsch des Auftraggebers zurückgehen, der dadurch eine spezifische Botschaft ausdrücken wollte,94 oder eine einfallsreiche Kreation des Künstlers gewesen sein, der damit zwei Bildtypen zu einem neuartigen fusionierte. Gerahmt wird diese liebliche Darstellung von einer leicht asymmetrischen Rollwerkkartusche, die sehr plastisch gearbeitet ist und einen wappenschildförmigen Hintergrund bildet, vor dem das Gnadenbild in Form eines Halbreliefs gesetzt wurde. Maria sitzt breit gelagert, vermutlich auf einer Wolkenformation, die nur schemenhaft unter ihr auszumachen ist. Der gesamte Unterkörper wird durch die kunstvolle Draperie ihres Kleids bzw. Mantels geformt, außer den, unter dem Saum hervorlugenden, Zehen ist nichts von ihren Körperformen zu erkennen, lediglich das rechte Knie des vorgestellten Beines kann aufgrund des Faltenwurfs erahnt werden. Die optische Grenze nach oben bildet eine quer verlaufende Mantelfalte, die wie eine Decke unter dem Knaben liegt. Dieser ruht mit ausgestreckten Beinchen und seitlich liegenden Ärmchen darauf, geborgen durch den mütterlichen Griff, der ihn am Bauch sichert. Das Köpfchen ist leicht seitlich und nach oben geführt, sodass sich der Blick in den Himmel richtet. Maria blickt stoisch nach vorn, ihr Blick ist ernst, auch die leicht erhobenen Mundwinkel vermögen diesen Ausdruck nicht zu ändern. Das lange, wellige Haar ist mittig gescheitelt und nach hinten geführt, ein Schleier liegt über ihrem Haupt und wirbelt hinter der linken Schulter nach oben. Der linke Arm ist angewin-

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

kelt, die Hand mit den zusammengekniffenen Fingern kommt neben den Füßen des Kindes zu liegen. Soweit die vorangeschrittenen witterungsbedingten Schleifungen der Oberflächen eine Analyse zulassen, ist die Physiognomie Marias jener der StraubSkulpturen durchaus verwandt. Große Augen unter dicken, schweren Lidern, Brauen, die in den breiten Nasensteg münden, und ein volllippiger Mund mit nach oben ­weisenden Winkeln sowie die hohe Stirn und die ovale Gesichtsform sprechen für den Künstler. Auch die Körperform-bildende Drapiere des Gewandes aus massigen, in unterschiedliche Richtungen verlaufenden Stoffbahnen, die sehr tiefe Faltentäler und – damit einhergehend – imposante Licht-Schatten-Reflexe mit plastischer Wirkung kreieren, spricht sehr für Ph. J. Straub als ausführenden Künstler. Als Vergleich können jene Reliefs herangezogen werden, die sich ehemals in der Grazer Stadtpfarrkirche hl. Blut befunden haben (1748–1750, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub).95 Die drei Reliefs vom ehemaligen Kanzelaufgang (um 1735) zeigen eine sehr ähnliche Schnitzrahmung in Form von Laub- und Bandlwerk. Auch wenn die plastische Ausführung weniger ausgeprägt erscheint, so ist der Zierrat in seinen Grundformen gleich ausgeführt. Den oberen Abschluss bildet jeweils ein oben eingerolltes Akanthusblatt, das an ebendieser Stelle ein kleines zentrales Loch aufweist. Dieses findet sich bei beiden Arbeiten, ist beabsichtigt und ein Indiz, dass es sich um denselben Künstler handeln könnte.96 Das Bandlwerk selbst ist ähnlich zu jenem des Reliefs vom Hauptplatz, wenn auch auf andere Weise umgesetzt. Vergleiche zur Kleidung der hl. Maria können durch Betrachtung der vier Reliefs des Chorgestühls (um 1750) der Stadtpfarrkirche gezogen werden. Alle vier abgebildeten Evangelisten befinden sich in sitzender Pose, den Körper dem Betrachtenden zugewandt. Über den Knien rafft sich der Mantelstoff, sodass eine quer über den Beinen liegende Falte gebildet wird, die jener der Darstellung der hl. Maria gleichkommt. Beim hl. Lukas ist dies am besten ersichtlich. Ohnehin sind die Drapierungen und detailreichen Ausführungen der vier Evangelisten besonders augenfällig und kennzeichnen Ph. J. Straubs Stil, der auch in seinen anderen Reliefs klar zutage tritt. Die von ihm angewandte Strukturierung von Oberflächen verleiht Tiefgang und erzeugt eine Natürlichkeit innerhalb der Darstellungen, die auch der Madonna mit dem Jesuskind innewohnt. Diese thront zwar bewegungslos in ihrer Kartusche, wird aber vom Gewandbausch, der ihre Körpersilhouette formt, scheinbar in Bewegung versetzt. Die Zuschreibung an Ph. J. Straub aufgrund der oben angeführten Vergleiche ist daher durchaus naheliegend und wird hiermit bestätigt.

Graz, Sternäckerweg, Wegkapelle, hll. Johannes Nepomuk und Florian, 1735–1740, Werkstatt Philipp Jakob Straub Die sogenannte Jubiläumsstation, eine Wegkapelle an der Ecke Sternäckerweg / Neufeldweg, die vermutlich 1826 erbaut wurde, beherbergt die Skulpturen der hll. F ­ lorian97 98 und Johannes Nepomuk , die in der »Art Philipp Jakob Straubs« geschaffen worden

Graz, Sternäckerweg, Wegkapelle

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sind.99 Horst Schweigert nahm sie in sein Werksverzeichnis auf,100 dieselbe Zuschreibung wurde auch im TrArS-Katalog getätigt.101 Die Skulpturen stehen auf einem gemauerten Sockel in der Apsis des kleinen Rechteckbaus und flankieren ein Kruzifix. Auf der Rückseite der Schnitzfiguren befindet sich jeweils eine längliche Aushöhlung vom Boden bis zum Bereich der Schultern, wo der Holzkern entfernt wurde. Die groben Bearbeitungsspuren sind noch gut zu erkennen. Diese zeigen, dass beide Objekte seit jeher als einansichtige Figuren konzipiert waren, die vor einer Wand oder an einem Altar positioniert werden sollten. Da die Kapelle erst im 19. Jahrhundert errichtet wurde, waren die Skulpturen zuvor an einem anderen Ort aufgestellt, ihrer Körperhaltung nach zu urteilen genau gegengleich (hl. Johannes Nepomuk links, hl. Florian rechts). Der hl. Florian zur linken des Kreuzes steht äußerst labil und verdreht auf seiner quadratischen Plinthe, sein Gewicht lagert vollständig auf dem rechten Standbein. Das Spielbein ist weit zur Seite ausgestellt und berührt die Plinthe nur leicht mit der hinteren Innenkante des Fußes. Der Oberkörper ist nach hinten geneigt, der linke nach vorne gestreckte Arm bildet hier ein Gegengewicht. Die Finger sind in einem Haltegestus gekrümmt,102 der rechte seitlich angewinkelte Arm fasst in den Stoff der Fahne, deren Stab er auf dem Dach des brennenden Häuschens zu seiner Rechten abstützt. Der behelmte Kopf ist nach rechts gedreht und geneigt, das Gesicht zeigt freundliche Züge und einen nach unten gerichteten Blick. Der hl. Johannes Nepomuk (Abb. 35) steht in ähnlich instabiler und verdrehter Pose auf der Plinthe wie sein Gegenstück. Das rechte Spielbein schreitet in eigentümlichem Winkel nach außen, während das Standbein sicher verankert ist. Der linke Arm ist zur Seite ausgestreckt, der rechte angewinkelt, um das Birett an die Brust zu führen. Der Kopf ist leicht geneigt und nach links gedreht, der Blick richtet sich diagonal nach oben in die Ferne. Die bei der Beurteilung stark irritierende Fassung der Figuren ist mit Sicherheit nicht mehr die originale, sie erscheint sehr dick aufgetragen und zum Teil sehr nachlässig sowie ohne jeglichen Detailreichtum ausgeführt. Auch die linke Hand des hl. Johannes Nepomuk dürfte in späterer Zeit nachgeschnitzt worden sein, da sie sehr grob ausgearbeitet ist und nicht zum Erscheinungsbild der restlichen Figur passt.103 Werden die beiden Nepomuk-Figuren in Kumberg (1735–1740, zugeschrieben an Ph. J. Straub) und der Grazer Domkirche (1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) betrach­ tet, fallen einige Parallelen ins Auge. Der bereits behandelte Kumberger Nepomuk ist in seiner Körperkomposition beinahe identisch ausgeführt, lediglich die Haltung des linken Arms unterscheidet sich hier. Der Faltenwurf von Soutane und Rochett ist ebenso verwandt, dasselbe gilt für die ovale Kopfform, deren Gesichtsproportionen im selben Verhältnis ausgeführt wurden. Sogar die Haltung der Rechten, die das Birett an den Körper drückt, ist gleich: der Daumen fasst an den linken äußeren Rand, Zeige- und Mittelfinger kommen an der, dem Betrachtenden zugewandten, Oberseite zu liegen, während der Ringfinger nach innen gezogen ist und den unteren Rand stützt. Der kleine Finger folgt dieser Bewegung auf dezente Weise. Das zweite Beispiel im Grazer Dom zeigt, in Hinblick auf die Körperbildung, ebenfalls eine beinahe ­exakte

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

35  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Johannes Nepomuk, Wegkapelle, Holz, 1735–1740, Graz, Sternäckerweg

Kopie, wobei der rechte Fuß fest mit der Ferse auf der Plinthe steht und nicht nur leicht auf der Kante aufsetzt. Auch der linke Arm ist angewinkelt, da der Heilige ein Kruzifix in der Hand hält, während beim anderen Objekt – wie bereits beschrieben – der Arm ausgestreckt ist. Die Bewegung ist in beiden Fällen deutlich am aufgewirbelten Rochett erkennbar, das sich an einer Stelle am unteren Ende sichtbar vorwölbt. Links davon befindet sich bei beiden Skulpturen ein markantes, tiefes Faltental, das sich jeweils vom Birett bis zum Saum nach unten zieht und wie eine dicke Linie erscheint, die der Dynamik folgt. Gesicht- und Haarmodellierung sind auch hier sehr ähnlich ausgefallen. So verhält es sich auch beim hl. Florian, der mit jenem des Hochaltars der Welschen Kirche (1746, zugeschrieben an Ph. J. Straub) in Graz verglichen werden kann. In diesem Zusammenhang ist es vor allem die Kleidung, die Rückschlüsse auf denselben Künstler zulässt. Der enganliegende Brustpanzer veranschaulicht den gleichen weiten Halsausschnitt mit zwei konvexen Ausformungen, die sich mittig zu einer konkaven Linie treffen und insbesondere der kunstvolle Schulterbereich, der am Übergang zum Oberarm einer Löwenfratze mit weit aufgerissenem Maul ähnelt,104 ist so identisch ausgeführt, dass sich sogar die Physiognomien der Gestalten gleichen.

Graz, Sternäckerweg, Wegkapelle

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Auch der Griff an den Flaggenmast findet auf selber Höhe statt, der Fahnenstoff selbst fällt auf gleichsame Weise über die Hand nach unten. Fest steht, dass die beiden Skulpturen deutliche Anleihen an das Œuvre Ph. J. Straubs nehmen und mit Sicherheit aus dessen unmittelbarem Umfeld stammen. Die Datierung fällt in die frühe Schaffensperiode Ph. J. Straubs und demnach in jene Zeit, in der sein Stilbild teils sehr inhomogen anmutet, was auf die starke Beteiligung der Werkstatt zurückzuführen ist.

Graz, Universalmuseum Joanneum, Alte Galerie, Taufgruppe, um 1735–1740, Werkstatt Philipp Jakob Straub Die Taufgruppe105, bestehend aus Christus und Johannes dem Täufer, befand sich ursprünglich als Aufsatz auf dem Taufbrunnen der Grazer Stadtpfarrkirche hl. Blut. Seit 1915 ist sie im Besitz des Universalmuseums Joanneum (damals: Landesmuseum Joanneum).106 Wilhelm Suida publizierte einen Artikel über die Gruppe, in dem er sie einem österreichischen Bildhauer des 18. Jahrhunderts zuwies.107 Kurt Woisetschläger schrieb sie Ph. J. Straub und dessen Werkstatt zu und datierte sie auf den Zeitraum 1730 bis 1740.108 Christine Rabensteiner teilte seine Meinung im Zuge des TrArS-Projekts und verwies darauf, dass die Körper beider Figuren runder und weicher in ihrer Ausführung sind, als es bei Ph. J. Straub selbst der Fall gewesen wäre.109 Die Basis bildet eine Felsformation, auf der der hl. Johannes steht, während Christus zu seiner Rechten bis oberhalb der Knöchel im Wasser versinkt.110 Er ist in einer vorwärtsschreitenden Bewegung eingefangen, das rechte Spielbein ist merklich angewinkelt und gerade im Begriff, eine Schrittbewegung auszuführen. Die Hände sind übereinander auf die Brust gelegt, das Haupt ist demütig geneigt. Dynamik verschafft das Lendentuch, das effektvoll zur Seite bauscht und sehr plastisch erscheint. Der Täufer steht mit ebenfalls geneigtem Haupt daneben und hat den rechten Arm über den Kopf Christis geführt, wobei die Taufschale nicht mehr erhalten ist. Die linke Hand rafft den Fellmantel an der Hüfte, ein Band um die Schulter fixiert diesen und führt zu kunstvollem Faltenwurf. Die Körper sind anatomisch höchst realistisch umgesetzt und erscheinen sehr athletisch, die schmalen Physiognomien mit spitzen, kleinen Nasen weisen jedoch nichts von Ph. J. Straubs Handschrift auf. Dasselbe gilt für die Haargestaltung, die wenig plastisch und viel zu symmetrisch ausgefallen ist und seinem Hang zu voluminösem, in Büscheln das Gesicht rahmendem Haar widerspricht. Die Gruppe nimmt deutliche Anleihen an sein Werk, was insbesondere an Körper- und Gewandbehandlung sichtbar wird, sie dürfte jedoch von einem Werkstatt-Mitglied gefertigt worden sein.

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

36  Philipp Jakob Straub, hl. Petrus, ­Detail Hochaltar, Holz, 1736, Fladnitz an der Teich­ alpe, Pfarrkirche hl. Nikolaus

Fladnitz an der Teichalpe, Pfarrkirche, Hochaltarfiguren: hll. Petrus, Paulus, Jakobus der Ältere und Donatus, 1736 Die Pfarrkirche hl. Nikolaus in Fladnitz an der Teichalpe wurde erstmals 1283 urkundlich erwähnt und verfügt über ein dreijochiges Langhaus mit 3/8-Chorschluss.111 Der Hochaltar mit Säulenanordnung ist auf das Jahr 1736 zu datieren, dessen vier Figuren112 gehen, gemäß Dehio Steiermark, auf Ph. J. Straub zurück.113 Horst Schweigert schreibt die Skulpturen ebenfalls dem Bildhauer zu und bemerkt, dass der Figuralstil in der Figurentypisierung – im Gegensatz zu den Hochaltarfiguren der Grazer Bür­ gerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) – »volkstümlicher« und »narrativer« erscheint.114 Die Altarskulpturen wurden auch im Zuge des TrArS-Projekts Ph. J. Straub zugeschrieben.115 Außen – auf je einer Volutenkonsole stehend – befinden sich die Apostelfürsten Petrus (Abb. 36) und Paulus (Taf. XII) mit den entsprechenden Attributen. Der hl. Petrus steht in C-förmig gewundener Körperlinie auf einer quadratischen Plinthe, die rechte Hand stützt ein großes, verkehrt stehendes Kreuz, in der linken hält er die päpstlichen Schlüssel (beide golden gefasst). Er fasst sie nur locker mit den letzten drei Fingern und dem Daumen, der Zeigefinger ist verweisend ausgestreckt. Auch die Finger der anderen Hand greifen den Kreuzbalken nicht, er stützt ihn nur seitlich mit

Fladnitz an der Teichalpe, Pfarrkirche

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manieriertem Gestus. Die Draperie seines Gewandes ist sehr kunstvoll, der Mantel ist nach unten über die rechte Hüfte gerutscht und wird durch ein Band mit jenem Teil verbunden, der noch über der linken Schulter liegt. Dies ist ein bemerkenswerter Kunstkniff, wodurch eine sehr breite Schüsselfalte entstehen kann, die ein optisches Gegengewicht zum nach links gerichteten Körper kreiert. Der tiefe V-Ausschnitt der Kleidung entblößt Brustbein, Schlüsselbeine und Rippen, was eine sehr naturalistische Modellierung der Fleischpartien offenlegt. Er präsentiert die für ihn charakteristische Haartracht mit Tonsur und Lockenbüschel über der Stirn. Sein Gegenstück in Form des hl. Paulus trägt zwar dasselbe Schuhwerk (Riemensandalen), ist ansonsten jedoch deutlich statischer, obgleich das kontrapostische Motiv bei ihm stark ausgebildet ist. Der rechte Arm ist nach unten geführt und stützt ein geschlossenes Buch gegen den Oberschenkel, die nach unten gestreckte Linke mit weit gespreizten Fingern fasst ein am Boden stehendes Schwert, berührt dabei das Heft jedoch kaum mit dem Bereich zwischen Daumen und Zeigfinger. Er trägt welliges, volles Haar und einen ebensolchen Bart, der bis zur Brust hinab reicht. Die Ohrmuscheln sind exakt gleich ausgeführt wie jene des hl. Petrus. Auch seine Kleidung erscheint hinsichtlich ihrer Draperie überaus opulent, es bildet sich eine Schüsselfalte durch den asymmetrisch von der linken Schulter hinabfallenden Mantel, der über den Körper verläuft und vom Buch gegen die Seite gedrückt wird. Der weite Ausschnitt des Gewandes bildet eine Tütenfalte aus. Diese ausgefeilte Manteldrapierung findet sich auch bei den beiden mittleren Figuren, dem hl. Jakobus den Älteren und dem hl. Donatus. Ersterer steht im Kon­ trapost, bei dem das linke Spielbein die Plinthe nur leicht mit dem seitlichen Zehenballen streift. Die linke Hand fasst den Pilgerstab mit Kalebasse, die rechte ins Gewand und rafft es nach oben, sodass sich zwei eigentümliche Faltenwürfe vor dem Körper bilden. Der Pilgerhut erscheint dem Heiligen rücklings vom Kopf gerutscht und bildet – einem Nimbus gleich – eine Begrenzung um das Haupt. Der hl. Donatus ist dem Hochaltarbild mit dem ganzen Körper zugewandt, das seitlich ausgestellte linke Spielbein scheint die Plinthe in einer Schreitbewegung bereits zu verlassen. Die vor dem Körper erhobenen Arme mit nach oben weisenden Handflächen entsprechen einem Bittgestus, die Rechte hält einen Teller mit einem Messer darauf empor. Der Kopf ist nach rechts geneigt, der flehende Blick nach oben unterstreicht den demütigen Eindruck. Sehr bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang wiederum die venezianisch anmutende Stoffkreation, die als nahezu eigenständige Plastik fungiert, was vor allem durch den Mantel bedingt ist. Von diesem ist ein Zipfel über die rechte Schulter gezogen, während er schräg über den Rücken nach unten zur linken Hüfte des Heiligen fällt, wo er wiederum durch einen künstlerischen Effekt so gehalten wird, dass eine Schüsselfalte entsteht. Die anatomische Präzision der Körperpartien ist ein weiteres Indiz für die Autorschaft eines überaus talentierten Bildhauers, speziell die Modellierung der Gesichter spricht für Ph. J. Straub. Das Antlitz des hl. Paulus erinnert frappant an jenes des hl. Leopold vom Nepomukaltar der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) und legt die Urheberschaft

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des Bildhauers nahe. Auch die grazilen Fingerhaltungen, bei denen es teilweise kaum zur Berührung mit den Attributen kommt, spricht für den Künstler, ebenso deren kreativer Einsatz, wie beispielsweise am Hut des hl. Jakobus. Das Pathos im Ausdruck des hl. Donatus erinnert stark an jenes der hl. Elisabeth der Grazer B ­ ürgerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub), Körperhaltung und Gestik sind nah verwandt. Auch sie zeigt die auffällige Manteldrapierung, die diagonal über den Rücken verläuft, um vorne markante Faltenformationen auszubilden. Die Zuschreibung an Ph. J. Straub ist anhand der stilistischen Merkmale und die, durch die komparatistische Methode gewonnenen, Erkenntnisse gerechtfertigt. Die Aufsatzzone mit dem zentralen Motiv der Marienkrönung ist von einer Vielzahl an Putten mit sehr variierenden Körperhaltungen begleitet, daneben finden sich auch zwei flankierende Engelsfiguren sowie zwei Apostel, der linke bärtig und mit geöffnetem Buch, der rechte mit Adler eindeutig als Johannes gekennzeichnet. Im Vergleich zu den Hauptfiguren sind die Gesichter anders geartet und weisen einige unterschiedliche Hände auf. Es ist hier also von einer Werkstattbeteiligung auszugehen, wobei die Marien-Gruppe und die beiden Engel die höchste künstlerische Qualität aufweisen.

Graz, Domkirche, Konsolfiguren hll. Johannes Nepomuk und Judas Thaddäus, 1738 Als Autoren der beiden auf 1738 datierten Konsolfiguren116 der hll. Johannes Nepomuk und Judas Thaddäus an der Triumphbogenwand der Grazer Domkirche, wurden – neben Ph. J. Straub – verschiedene Künstler genannt, darunter Matthias Leitner, Joseph Schokotnigg und ein unbekannter italienischer Bildhauer.117 Rochus Kohlbachs anfängliche Argumente gegen die Autorschaft Ph. J. Straubs, die Figuren seien zu »altertümelnd« für ihre Entstehungszeit und untypisch für die Grazer Barockplastik,118 ­revidierte er selbst, indem er aufgrund stilkritischer Untersuchungen zumindest den hl. Judas Thaddäus dem Bildhauer Ph. J. Straub zuschrieb.119 Horst Schweigert sah beide Skulpturen in Zusammenhang mit den hll. Ignatius und Aloisius der Grazer Bürgerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub), da sich die Dom-Figuren »hinsichtlich ihres Darstellungsmodus in Körpergestaltung, Gewandung und Faltenstil sowie in der physiognomischen Wiedergabe« stark an diese anschließen, wonach auch das Entstehungsdatum 1738 begründet ist.120 Anders als bei den übrigen auf Ph. J. Straub zurückgehenden Arbeiten in der Domkirche, findet sich hier keine urkundliche Quelle, die dies belegen würde. Die Skulpturen wurden im TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs aufgenommen.121 Es handelt sich um Schnitzfiguren, die auf einer quadratischen, grün gefassten Plinthe stehen, die wiederum auf relativ schlicht gehaltenen Barockkonsolen mit Volutenspangen und vergoldeten Ornamenten ruhen. Der bereits erwähnte und zum Vergleich herangezogene hl. Johannes Nepomuk (Taf. XIII) steht im Kontrapost, das

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rechte Spielbein derart seitlich ausgestellt, dass der Körper eine C-Form umschreibt. Der schon angesprochene ausgeprägte Faltenschwung mit entsprechendem Vergleichsbeispiel (hl. Johannes Nepomuk, 1735–1740, Graz, Sternäckerweg) sei an dieser Stelle nur kurz erwähnt, zu beachten ist jedoch die Kombination von Kruzifix und Palmblatt, die der Heilige locker mit der Linken fasst, ebenso das Birett, das kaum von den gespreizten Fingern der anderen Hand gehalten wird. Die bekannten Physio­ gnomiezüge und die vom Mittelscheitel abzweigenden Zangenlocken verweisen zusätzlich auf Ph. J. Straubs Autorschaft. Das Gegenstück in Form des Apostels Judas Thaddäus (Taf. XIV), der mit einer Keule und einem Abbild Christis122 dargestellt wird, zeigt ebenfalls einen C-förmigen Körperschwung, der jedoch vom nach vorne bauschenden Mantel beinahe verdeckt wird. Er hält ein hochrechteckiges, rahmenloses Gemälde mit dem Brustbildnis Christis in seiner zur Seite erhobenen linken Hand, lediglich von den unteren beiden Fingern gehalten.123 Dessen Antlitz zeigt auffallende Parallelen zum Heiligen, sogar die Tütenfalte im Ausschnitt beider Gewänder ist identisch. Die vor der Brust erhobene Rechte des Judas Thaddäus weist mit sehr knorpeligem Zeigefinger vage auf das Abbild, während der Kopf leicht zur rechten Seite gedreht ist. Die massive Keule steht hinter dem Heiligen, das obere Ende wird vom Bild verdeckt. Die sehr entspannten Gesichtszüge mit zartem Lächeln spiegeln jene des gegenüberliegenden Heiligen wider. Die großen Augen sind nach unten auf die Betrachtenden gerichtet, das Antlitz umspielt eine expressiv-pathetische Aura, die wiederum mit jener der bereits öfter zum Vergleich herangezogenen Skulpturen des Johannes-Nepomuk-Altars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) einhergeht. Eine interessante Frage ist jene nach dem Maler des Christusbildes. Da Ph. J. Straub im Zuge seiner Arbeiten des Öfteren auch mit Künstlern anderer Bereiche zu tun hatte, ist naheliegend, dass er auch einen davon mit der Anfertigung des Brustbildes betraute. Einer seiner Freunde, der – wie eingangs erwähnt – auch Trauzeuge bei der ersten Hochzeit Ph. J. Straubs im Jahr 1733 war, war Ignaz Flurer, der mehrere Male mit dem Bildhauer zusammengearbeitet hatte. Ein Vergleich des Christusbildes mit dem Selbstportrait des Künstlers124 beweist, dass dieser Gedanke durchaus nicht abwegig ist. Das Brustbild erstrahlt in beiden Varianten vor diffusem dunklem Hintergrund, die Gesichter sind ernst und nachdenklich auf den Betrachtenden respektive die Ferne gerichtet. Auffallend ist die sehr ähnliche Ohrmuschel-Gestaltung, aber auch die gemeinsame Form des Mundes und der Augen mit ausgeprägten inneren Augenwinkeln. Hier eine Zuschreibung zu tätigen ist an dieser Stelle jedoch zu kühn. Dass Ph. J. Straub selbst das Bild gemalt haben könnte, ist nicht auszuschließen, insbesondere, da er in der Sterbematrike der Pfarre hl. Blut auch als »Mahler« bezeichnet wird.125 Da aber keine Bilder bzw. sonstige Nachweise existieren, die dies belegen würden, sei die Annahme, Ph. J. Straub habe das Gemälde selbst gefertigt, vorerst als unwahrscheinlich abzutun. Festzuhalten ist jedoch, dass diese Kombination von Skulptur und Malerei eine Besonderheit darstellt, die sich im Œuvre des Künstlers kein zweites Mal findet.126

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37  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Antonius von Padua, Konsolfigur, Holz, 1740–1750, Anger bei Weiz, Pfarr­ kirche hl. Andreas

Anger bei Weiz, Pfarrkirche, Konsolfiguren der hll. Antonius, Franziskus, Karl Borromäus, Odilia, Patrizius, Johannes Nepomuk, Anna mit Maria, Joseph und Lucia, 1740–1750, Werkstatt Philipp Jakob Straub Die Pfarrkirche hl. Andreas in Anger bei Weiz stammt im Kern aus dem 12. Jahrhundert und wurde von 1708 bis 1711 durch Lorenz Stattaler neu erbaut.127 Die Wandpfeilerkirche zeigt auf acht ihrer Pfeiler Konsolfiguren128, die der Werkstatt Ph. J. Straubs zugeschrieben und auf Mitte des 18. Jahrhunderts datiert werden. 129 Horst Schweigert nahm die Werke nicht in sein Verzeichnis der Werke Ph. J. Straubs auf, der TrArSWerkkatalog führt sie hingegen mit Verweis auf leichte Qualitätsunterschiede an.130 Der hl. Antonius von Padua (Abb. 37) steht mit ausladender Beinhaltung auf einer quadratischen Plinthe, der angewinkelte rechte Arm stützt ein geschlossenes Buch und das darauf sitzende Jesuskind, die andere Hand mit manieriert gespreizten Fingern hielt ursprünglich wohl eine Lilie. Der Knabe ist lediglich mit einem Lendentuch bekleidet und reckt die Arme in Richtung des Heiligen. Kompositorisch handelt es sich hier um eine regelrechte Kopie des hl. Franziskus der Fassade der Grazer Ma-

Anger bei Weiz, Pfarrkirche

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riahilferkirche (1742–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), nicht zuletzt an der Umsetzung des Franziskanerhabits mit senkrecht verlaufenden, tiefen Faltentälern der Kutte bei simultan recht breitflächig verlaufenden, horizontalen Bahnen im Bereich der Mozzetta ersichtlich. Das Gesicht des Antonius entspricht zwar nicht den typischen Straub-Antlitzen, ist jedoch zumindest an diese angenähert (uncharakteristisch ist die ›habsburgerische‹ Mund-Nase-Partie). Auch der Knabe scheint nicht dem Stil des Meisters entsprungen zu sein, er wirkt zu puppenhaft und korrespondiert nicht mit den gewohnten Körper- und Kopfformen von dessen Putten. Der hl. Franziskus ist ebenfalls in leicht C-förmiger Körperhaltung wiedergegeben, bei der das rechte Spielbein leicht zur Seite ausgestellt ist. Die linke Hand ist ans Herz geführt, die rechte seitlich angewinkelt und hält ein Kruzifix, auf das er in pathe­ tischem Verzücken blickt. Die lange Kutte fällt in unaufgeregten Bahnen mit einem tiefen Faltental unmittelbar hinter dem herabhängenden Zingulum. Die physiognomischen Merkmale des Hauptes mit kurzer Haar- und Barttracht sowie sehr großen Ohrmuscheln stimmen mit jenen des hl. Antonius überein. Verglichen mit seinem Pendant, dem hl. Johannes Nepomuk an der Triumphbogenwand der Grazer Domkirche (1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub), ist die Körperhaltung weit weniger übersteigert und erscheint deutlich natürlicher. Nichtsdestotrotz sind merkliche Parallelen zwischen den beiden Arbeiten zu erkennen. Der hl. Karl Borromäus ist ebenfalls mit genanntem hl. Johannes Nepomuk des Grazer Doms gleichzusetzen. Hier sind die Ähnlichkeiten noch frappierender: der deutliche C-Schwung im Körperbild, die Haltung der linken, das Kruzifix haltenden Hand und die leichte Neigung des Kopfes. Dennoch handelt es sich nicht um denselben Urheber, da die Feinheiten innerhalb der künstlerischen Ausführung zu differenziert sind. Was beim Nepomuk gleichermaßen elegant und lässig erscheint, bekommt bei Karl Borromäus etwas Krampfhaftes, eine merkliche Spannung liegt der Skulptur zugrunde. Der Faltenschwung des Chorrocks suggeriert zwar Dynamik, jedoch in derart übersteigerter Weise, dass er wenig realistisch erscheint. Die rechte Hand fasst mit gespreizten Fingern den Kreuzstab, den Kopf mit übergroßen Ohren ziert ein Kardinalshut. Auffallend sind zudem die langen Finger, die markante Nase und die deutlich ausgearbeiteten Alterszüge, selbst ein leichter (gemalter) Bartschatten ist auszumachen. Die hl. Odilia (Abb. 38) ist in kontrapostischer Haltung wiedergegeben, das linke Spielbein drückt sich klar durch den Stoff ihrer Äbtissinnentracht. Die linke Hand ergreift den Bischofsstab, die rechte führt eine Schale mit zwei Augen in Richtung ihres Gesichts, auf die sie mit schwer deutbarem Ausdruck blickt. Die Finger sind überaus grazil und feingliedrig, das matronenhafte Antlitz passt allerdings kaum zu den jugendlichen Händen. Das Gesicht mutet schwammig und konturenlos an, ein ausgeprägtes Doppelkinn ist auszumachen, daneben ein, die obere Zahnreihe entblößender, schmallippiger Mund und eine Nase mit ausgeprägter, kugeliger Spitze und schmaler Basis. Ihre Gewandung fließt regelrecht zu Boden und wirkt trotz der feinteiligen Faltengebung schwerfällig. Dies mildern die zur Seite schwingenden Ärmel-

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38  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Odilia, Konsolfigur, Holz, 1740–1750, ­Anger bei Weiz, Pfarrkirche hl. Andreas

zipfel leicht ab. Eine vergleichbare Körperhaltung findet sich beim hl. Blasius des Narzissusaltars der Stiftskirche von Rein (1742–1745, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), dasselbe gilt für die Faltengebung und Kopfhaltung. Wenngleich die Heilige in der Qualität der künstlerischen Umsetzung deutlich hinter dem Vergleichsbildnis zurücksteht, sind die Anleihen dennoch merklich erkennbar. Demselben Schema folgt auch der hl. Patrizius, in C-förmigem Körperbild und von üppig fließenden Faltenbahnen eingehüllt. Die Enden der Stola folgen der Bewegungsrichtung etwas zu heftig und suggerieren ein bewegtes Haltungsmotiv. ­Pluviale und Soutane bilden zwar einen leichten Schwung, sind jedoch weit vom Straub-typischen Aufbauschen einzelner Stoffpartien entfernt. Die linke behandschuhte Hand fasst den Bischofsstab mit gekrümmtem Zeigefinger, die rechte ist segnend vor die Brust geführt. Das stoische Gesicht mit weit auseinander liegenden, großen Augen, breiter Nase und volllippigem Mund kann durchaus mit Ph. J. Straubs Schaffen in Verbindung gebracht werden. Die Vorbildnahme am Meister wird bei Betrachtung des hl. Valentin vom Narzissusaltar der Stiftskirche Rein (1742–1745, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) klar ersichtlich. Die Körperhaltung ist sehr ähnlich umgesetzt, lediglich das leichte Vorwärtsneigen Valentins und dessen nach unten gerichteter

Anger bei Weiz, Pfarrkirche

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Blick unterscheiden die beiden Motive. Alles in allem erscheint die vom Meister umgesetzte Arbeit deutlich graziler und realitätsnäher, während bei seinem Gegenstück noch klare Unsicherheiten in der gesamten Komposition zutage treten. Der hl. Johannes Nepomuk, umgeben von einem Reigen aus vier Engeln, steht in seiner Qualität hinter den bereits behandelten Figuren zurück. Der Körper erscheint sehr dünn und in seinen Proportionen unausgewogen, das Faltenbild weist auffallende Schwachstellen auf und kreiert einen laienhaften Charakter. Die seitlich ausgestreckten und teilweise leicht angewinkelten Arme wirken manieriert und starr, die schmalen Schultern lassen den Kopf zu groß erscheinen. Das leicht zur Seite geneigte Haupt mit gen Himmel gerichtetem Blick ist noch am ehesten mit der Werkstatt Ph. J. Straubs in Verbindung zu bringen, die Physiognomie stimmt mit den bereits betrachteten der Nachbarskulpturen überein. Auch die Engelsfiguren dürften der Werkstatt entstammen – die mit dem Kruzifix in Händen ist in ihrer Körperhaltung sehr ähnlich zum rechten Engel im Gebälk des bereits genannten Reiner Narzissus­ altars. Die Draperie und die Flügelausformung sind bei diesen Arbeiten die gelungensten Partien. Die hl. Anna mit der kleinen Maria an der Hand bildet mit dieser einen regelrechten Schwall an Gewandfalten, der die zierliche Gestalt des Mädchens beinahe zu verschlingen scheint. Die Mutter ergreift dessen Hand mit manieriert gespreizten Fingern, während die linke Hand ein geschlossenes Buch gegen die Brust stützt. Sie weist eine Art der Draperie auf, die sich auch bei den von Schoy geschaffenen Figuren der Maria Immaculata der Leobner Dreifaltigkeitssäule (1716), der Maria der Kreuzgruppe des hl. Bergs in Bärnbach (1730) und dem hl. Joseph der Fassade der Basilika Mariatrost (1718) erkennen lässt: durch eine Hand bzw. das darin gehaltene Attribut entsteht eine Raffung des Mantels unterhalb der Brust, der daraufhin in S-Linien nach unten fällt. Auch die schwere Schüsselfalte an der rechten Hüfte Marias lässt an Schoys Schaffen denken. Es ist naheliegend, hier eine Beziehung zur Werkstatt SchoyStraub zu erkennen. Ähnlich verhält es sich beim hl. Joseph, der mit starker Seit- bzw. Vorwärtsneigung in Richtung des Jesusknaben in seiner linken Armbeuge mit weit ausgestelltem Bein auf der Plinthe steht. Auch hier ist die kunstvolle Faltendrapierung augenscheinlich: Der Mantel wird durch ein Band über der rechten Armbeuge bzw. an der linken Hüfte gehalten, sodass sich eine bemerkenswerte Silhouette bildet, die sehr räumlichkeitsschaffend wirkt. Es entsteht eine Schüsselfalte direkt unter dem – bis auf ein schmales Lendentuch völlig entblößtem – Jesuskind, das durch einen kleinen Wolkenbausch gut gepolstert in des Ziehvaters Arm thront, eine kleine Sphaira mit seiner linken Hand neben sich stützend. Die rechte Hand führt den Segensgestus in Richtung des hl. Joseph aus, den es ernst anblickt. Die Körpermodellierung ist durchaus als gelungen anzusehen, es handelt sich dabei um ein wohlgenährtes Kindchen mit deutlichen Fettpölsterchen, die bildhauerisch mustergültig umgesetzt wurden. Das Gesicht des Vaters ist dem Knaben zugewandt, er blickt diesen aus mandelförmigen Augen ernst an. Die große Nase weist einen hohen und gerade verlaufenden Rücken

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

39  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Lucia, Konsolfigur, Holz, 1740–1750, ­Anger bei Weiz, Pfarrkirche hl. Andreas

auf, der breite, aber schmale Mund sitzt knapp darunter. Haar und Bart sind wenig plastisch ausgearbeitet. Die rechte Hand Josephs hält mit gespreizten Fingern einen Lilienstab. Der Vergleich mit einem Werk Schoys lohnt sich auch in diesem Fall: Der hl. Johannes der Kreuzgruppe von St. Andrä (1720–1730) weist einen sehr ähnlichen Faltenwurf des Mantels auf, der ebenfalls durch ein Band vor der Brust zusammengehalten wird und dadurch eine markante Schüsselfalte an der linken Hüfte bildet, gleichzeitig kommt der andere Teil über dem rechten Oberarm zu liegen. Es zeigt sich einmal mehr, dass hier deutliche Anleihen am Œuvre Schoys genommen wurden, was die Zuschreibung dieses und der übrigen Werke an die Werkstatt Schoy-Straub begründet. So auch die hl. Lucia (Abb. 39), die in torsierter Pose in betontem Kontrapost steht, der Körper umschreibt eine C-Form. Der ausgestreckte, leicht erhobene, rechte Arm stützt ein langes Schwert, während der linke Arm nach oben angewinkelt ist und ein strahlenumkränztes Auge Gottes hält (das gleichzeitig auf ihr charakteristisches Attribut in Form von zwei Augen verweist). Äußerst kunstvoll erscheint der wallende Mantelbausch an ihrer rechten Hüfte, der sich vorne über die Beine bis zum Bauch windet.

Anger bei Weiz, Pfarrkirche

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Graz, Pfarrkirche St. Andrä, Hochaltar, Spes und Fides, 1740–1750, Werkstatt Ph. J. Straub Der Hochaltar der Kirche St. Andrä wird um das Jahr 1735 datiert131 und zeigt heute die beiden Skulpturen der Spes und Fides132 an oberster Stelle. Diese dürften vor noch nicht allzu langer Zeit dorthin transferiert worden sein, werden sie im Dehio Graz von 1979 noch als Nischenfiguren bezeichnet und Ph. J. Straub zugeordnet.133 Kompositorisch wurden sie effektvoll platziert, indem sie nun den Übergang der beiden Engel auf dem Gesims zum modernen Spiegelmosaik-Kruzifix und, weiters nach oben, zur modernen Installation in Form eines schwarzen Kreises vervollständigen. Abgesehen von der völlig fremden Physiognomie zeigen sie Merkmale Ph. J. Straubs, wobei insbesondere die beachtenswerte Drapiere der Kleidung hervorzuheben ist. Die beiden Skulpturen wurden auch im Zuge des TrArS-Projekts mit Ph. J. Straub in Verbindung gebracht.134 Die beiden christlichen Tugenden wurden in Form von Engeln mit entsprechenden Attributen gestaltet.135 Der linke Engel steht mit leicht nach vorn gestelltem rechtem Bein im Kontrapost und hat die Arme beidseits angewinkelt und leicht erhoben. Die rechte Hand umfasst einen goldenen Kelch. Die asymmetrisch das Haupt umgebende Haarpracht und die weitausladenden Schwingen sind bereits bekannte Merkmale, andersartig erscheinen jedoch die übergroßen, das Gesicht dominierenden Augen und die gesamte Physiognomie. Während das weite Untergewand recht einfach fällt, ist der Mantel effektvoll um die Hüfte des Engels drapiert. Gehalten von einem schmalen Band, das über die rechte Schulter gezogen ist, windet sich ein Ende des Mantels um die rechte Armbeuge, während er um die linke Hüfte nach hinten verläuft und sich in tiefen Faltenausformungen um die Beine legt. Die tiefen Täler erzeugen eine überaus plastische Wirkung durch die entstandenen Licht- und Schattenbereiche. Ähnlich kunstvoll ist die Draperie seines Gegenstücks in Form eines Engels mit vergoldetem Anker, der links zu seinen Füßen steht und von der linken Hand gestützt wird. Der mehrfach gebauschte Mantel ergießt sich regelrecht über die rechte Hüfte nach unten, während die beiden Enden einerseits von hinten über die rechte Schulter gezogen wurden, andererseits hinter dem linken Bein nach vorne flattern. Die Stofflichkeit tritt hier noch realistischer und voluminöser zutage und verweist klar auf einen zisalpinen Einfluss. Die rechte Hand ist schwungvoll im Zeigegestus nach oben geführt, das geneigte Haupt leicht in die entgegengesetzte Richtung gedreht und geneigt. Zusammenfassend lässt sich anmerken, dass es sich hierbei um sehr gelungene Arbeiten handelt, die jedoch eine Physiognomie aufweisen, die nicht für den Meister selbst spricht. Diese ist mit jenen, an anderer Stelle näher ausgeführten, Aufsatzfiguren des Hochaltars der Pfarrkirche von St. Erhard in der Breitenau verwandt, die – laut Autorin – ebenfalls von einem Werkstattmitglied Ph. J. Straubs gefertigt wurden.

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Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf, Vortragekreuz, 1742–1750, ­Umkreis Ph. J. Straub Innerhalb der Grazer Mariahilferkirche befinden sich weitere Objekte, die aus dem Umkreis Ph. J. Straubs stammen dürften. So auch das am Gestühl im Langhaus befindliche Vortragekreuz.136 Als Entstehungszeitraum wird 1742 bis 1750 angenommen, da die gesamte Kirche ab 1742 umgestaltet wurde.137 Das Kruzifix wurde in den TrArSWerkkatalog als Werkstattarbeit Ph. J. Straubs aufgenommen.138 Es handelt sich um einen Drei-Nagel-Typus mit einem Cristo Morto139 und horizontalem Titulus. Der Corpus (Taf. XV) ist von bemerkenswerter Qualität, anatomisch ausgewogen und – in Bezug auf die Details– äußerst realistisch umgesetzt. Das einzig Störende ist die geschlossene Partie zwischen den Oberschenkeln, die den Schwerpunkt der Darstellung am Übergang zum Lendentuch zu weit nach unten setzt. Nichtsdestotrotz handelt es sich um ein ästhetisch ansprechendes Objekt, das einen harmonischen Gesamteindruck vermittelt und trotz ausgezehrter Gliedmaßen nichts von den eindringlichen Klagebildern aufweist, die ausgemergelt und mit verzerrtem Gesicht die Pein des Heilands an die Betrachtenden weitergeben. Das Gesicht ist als idealschön einzustufen, nichts stört die ebenmäßig angelegten Züge. Die lange, ­gerade Nase prägt das Antlitz, ebenso die großen, geschlossenen Augen. Die vollen Lippen sind leicht geöffnet, auf dem Haupt mit langem, gewelltem Haar sitzt die Dornenkrone, die feine Blutspuren über Stirn und Schultern zeichnet. Summa summarum handelt es sich um eine Arbeit, die einem Meister würdig erscheint, gegen Ph. J. Straub spricht jedoch die glatte Modellierung des Gesichts. Zu erwarten wäre eine markantere Nase, wie sie den vorangegangenen Werken des Bildhauers entspräche. Die einzige gesicherte Schnitzarbeit aus der frühen Schaffensphase, die zum Vergleich herangezogen werden kann, sind die Atlanten des Hoforatoriums der Grazer Domkirche (1734, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Hier offenbart sich die völlig differenzierte Behandlung von Haartracht und Physiognomie: Das Haar erscheint als voluminöse Masse mit gebohrten Locken, während das Gesicht durch ausgeprägte Wangenknochen und harmonische Proportionen charakterisiert ist. Der Oberkörper ist durchaus vergleichbar, auch bei den Atlanten sind die Details wie Brustwarzen, Muskeln und Sehnen deutlich auszumachen. Doch auch das Lendentuch spricht gegen Ph. J. Straub, der es bevorzugte, seine Stoffe sehr voluminös und bewegt zu gestalten, was beim Perizoma Christis nicht zu erkennen ist. Die Draperie ist zwar sehr feinteilig und kunstvoll, verstärkt durch die doppelläufige Kordel, mit der es um die Hüfte gehalten wird, aber von gänzlich anderem Charakter, da es schlaff nach unten hängt und kein Volumen aufbaut. Eine Zuschreibung an den Umkreis Ph. J. Straubs ist daher naheliegend.

Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf

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40  Werkstatt Philipp Jakob Straub, Kru­ zifix, Vorhalle, Holz, 1742–1750, Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf

Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf, Kruzifix in Vorhalle, 1742–1750, Werkstatt Ph. J. Straub In der einjochigen, dreiachsigen Vorhalle der Grazer Mariahilferkirche befindet sich ein Kruzifix im Dreinageltypus mit einem Cristo Morto140 und vertikalem Titulus (Abb. 40). Dieses wird dem Umkreis Ph. J. Straubs zugeschrieben und auf die Mitte bzw. das dritte Viertel des 18. Jahrhunderts datiert.141 Das Kruzifix fand Eingang in den TrArS-Werkkatalog als Werkstattarbeit Ph. J. Straubs.142 Auffallend ist die anatomisch bestens umgesetzte Körpermodellierung, die jenem des beschriebenen Corpus des Vortragekreuzes überaus ähnlich ist. Besonders die, durch das leidend eingezogene Zwerchfell markant hervortretenden, Rippenbögen und die naturalistische Umsetzung der muskulösen, doch hageren Gliedmaßen, verweisen auf dieselbe Hand. Unterschiede finden sich vor allem im Lendentuch, das sich äußerst kunstvoll um die Hüfte bauscht und sehr realistisch erscheint. Es erweckt den Anschein, sogar die Qualität des Materials erahnen zu können, so überzeugend wurde es hier in Holz umgesetzt. Überhaupt ist die raumgreifende, nach rechts strebende Beinpartie sehr gut gelungen, wo beim Corpus des Vortragekreuzes deutliche Schwachpunkte im Bereich der Oberschenkel erkennbar sind. Dort wiederum

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überzeugen die naturalistisch geschlossenen Finger, während diese beim anderen Corpus eigenwillig voneinander getrennt wurden und recht parallel verlaufen, was einen unnatürlichen Eindruck erweckt. Die Physiognomie ist ebenso von anderer Natur und erinnert an Ph. J. Straubs Typus mit den großen, kugeligen Augen, der markanten Nase, dem leicht geöffneten Mund und den Altersspuren, wenn auch die Nase zu lang im Verhältnis zu den anderen Gesichtsmerkmalen ist. Das Gnadenbild der Fassade (1742–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) zeigt dieselbe Gewandbehandlung mit sehr knittrigen, sich in verschiedene Richtungen fortpflanzenden Faltenverläufen und verweist auf eine nahe Verwandtschaft. Insgesamt steht der Corpus dem Œuvre Ph. J. Straubs nahe, dürfte jedoch nicht vom Meister selbst geschaffen worden sein, sondern eher von Mitgliedern seiner Werkstatt.

Hartberg, Filialkirche Maria Lebing, linker Seitenaltar mit hll. Franz Xaver und Antonius von Padua und rechter Seitenaltar mit hll. Patrizius und Florian, 1744–1745, Werkstatt Ph. J. Straub Die Filialkirche Maria Lebing in Hartberg wurde 1472 erbaut und im Barock umgestaltet.143 Die beiden Seitenaltäre der Triumphbogenwand sind den hll. Donatus und Stephanus geweiht und zeigen angeblich Figurenschmuck von Ph. J. Straub, 144 datiert auf 1744 bis 1745.145 Rochus Kohlbach zufolge gelangten die beiden Altäre durch die Witwe des Marmorierers Peter Pierling nach Maria Lebing, die dafür 250 fl erhielt.146 Pierling war einer der Gesellen Schoys147 und es wäre naheliegend, dass er später auch für dessen Nachfolger Ph. J. Straub arbeitete.148 Auch sein Bruder, der Bildhauer Simon Wipel, wird im Zusammenhang mit beiden Altären genannt, jedoch lediglich als »Ränkelmacher, Rahmenfabrikant und Dekorationsschnitzer«.149 Horst Schweigert schreibt die Skulpturen des Hochaltars Ph. J. Straub zu,150 nicht jedoch jene der beiden Seitenaltäre. Diese wurden im Zuge des TrArS-Projekts durch die Autorin Ph. J. Straub zugeschrieben.151 Der linke Seitenaltar zeigt die hll. Franz Xaver und Antonius von Padua (Abb. 41), deren Gesichter stark an die typischen Straub-Physiognomien erinnern. Ersterer kann mit dem Antlitz des hl. Leopold des Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) verglichen werden, während für letzteren der hl. Antonius der Fassade der Grazer Mariahilf-Kirche (1742–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) herangezogen werden kann. Auch hier sind die markanten Gesichter, die sehr runde Backen und große, leicht abstehende Ohren aufweisen, auffallend verwandt. Was jedoch gegen Ph. J. Straub spricht, ist die sehr ruhige Körperkomposition, die zwar Anklänge an sein Schaffen andeutet, jedoch nicht voll ausführt. Das Standmotiv ist viel zu ruhig und stabil, dasselbe gilt für den Faltenwurf, der keinerlei dynamische Regungen erkennen lässt. Es ist anzumerken, dass zwischen den beiden Skulpturen erkennbare Unterschiede auszumachen sind: So erscheint die Draperie des hl. Franz Xaver im Bereich des Oberkörpers etwas bewegter und kreati-

Hartberg, Filialkirche Maria Lebing

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41  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Antonius von Padua, Detail Seitenaltar Triumphbogenwand links, Holz, 1744–1745, Hartberg, Filialkirche Maria Lebing

42  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Patrizius, ­Detail Seitenaltar Triumphbogenwand links, Holz, 1744–1745, Hartberg, Filialkirche Maria Lebing

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

ver in der Umsetzung, was an den beiden sich überlappenden Enden der Stola ersichtlich ist, die dem Bewegungsmotiv folgen. Der rechte Seitenaltar zeigt die hll. Patrizius (Abb. 42) und Florian, bei denen dieselben Begebenheiten festzustellen sind. Die Straub-typische Physiognomie, eine hohe anatomische Korrektheit und eine kunstvolle Faltengebung sind zwar vorhanden, allerdings fehlt es an der meisterlichen Steigerung hinsichtlich der Körperkomposition. Auch hier ist der altbekannte qualitative Unterschied zwischen den beiden Skulpturen erkennbar: der hl. Florian wirkt trotz des starren Standmotivs recht bewegt, was dem rückgeneigten Oberkörper und der nach rechts wehenden Flagge geschuldet ist. Der Kopf des hl. Patrizius ist der einzige offensichtliche Schwachpunkt innerhalb der ansonsten recht harmonischen Ausführungen, da dieser in eigenartigem Winkel auf der rechten Schulter sitzt, als wäre er dorthin verschoben worden. Die zwei Engel der Gesimszone beider Altäre spiegeln diese Differenzen ebenfalls wider: Ohne Zweifel stammen sie aus des Meisters Werkstatt, jedoch hat dieser selbst wohl kaum Hand an sie gelegt. Zu unsicher sind die Proportionen und zu unbewegt die Gewänder, die von keinem Lufthauch berührt werden. Bemerkenswert ist jedoch die Komposition des rechten Engels vom rechten Seitenaltar, der mit einem stark angewinkelten Bein und seitlich erhobenen, angewinkelten Armen ein originelles – wenn auch freizügiges – Sitzmotiv erkennen lässt. Alles in allem lässt sich feststellen, dass es sich bei den Skulpturen der beiden Altäre um Arbeiten handelt, die der Werkstatt Ph. J. Straubs entstammen dürften. Die Tatsache, dass sie vom Marmorierer Peter Pierling an ihren Bestimmungsort transferiert wurden, unterstützt diese Annahme, wo er doch als ehemaliger Geselle Schoys ziemlich sicher auch für bzw. mit Ph. J. Straub gearbeitet hat.

St. Erhard in der Breitenau, Pfarrkirche, Hochaltar mit den hll. Donatus, Martin, Patrizius, Valentin, Georg und Wendelin, 1744–1746, Werkstatt Ph. J. Straub Die Pfarr- und Wallfahrtskirche von St. Erhard in der Breitenau hat ihre Wurzeln in der Gotik (Ende 13. bis Mitte 14. Jh.) und wurde im Barock durch Anbauten ergänzt.152 Der sehr qualitätsvolle Hochaltar mit vorschwingender Säulenarchitektur und Umgangsportalen gilt als Werk Ph. J. Straubs und wurde 1744 bis 1746 geschaffen. Der Tabernakel stammt aus der Hand des Grazer Bildhauers Jakob Payer (1792). 153 Der bereits bei den obenstehenden Ausführungen zu den Seitenaltären der Filialkirche Maria Lebing erwähnte Peter Pierling brachte Rochus Kohlbach zufolge 1744 »in zehn Fuhren Steinstaffel und Statuen zum Hochaltar«. 154 Des Weiteren erwähnte der Kunsthistoriker, dass Ph. J. Straub 1746 eine Summe von 25 fl für drei Engel des Hochaltars bekommen habe, die zu seiner Zeit »rückwärts in der Kirche« standen.155 Horst Schweigert nahm den Altar in sein Werksverzeichnis auf, 156 diese Annahme wurde auch im Zuge der Arbeiten am TrArS-Katalog bestätigt.157

St. Erhard in der Breitenau, Pfarrkirche

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43  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Patrizius, Detail Hochaltar, Holz, 1744–1746, St. Erhard in der Breitenau, Pfarrkirche

Der reiche skulpturale Schmuck erstreckt sich auf zwei Zonen: Über den Umgangsportalen befinden sich die unterlebensgroßen Figuren der hll. Donatus, Martin, Patrizius, Valentin, Georg und Wendelin, die in zwei Dreiergruppen das Hochaltarbild flankieren. Dem Hochaltarbild am nächsten befinden sich die Bischöfe Patrizius (Abb. 43) und Valentin, klar erkennbar durch ihre Attribute. Es fällt auf, dass sich beide den zu ihren Füßen liegenden Wesen widmen, so ist der Kopf einmal der Kuh und einmal dem invaliden Knaben zugewandt. Blick und Segensgestus sind auf diese gerichtet. Das Standmotiv ist ruhig und stabil, beide Beine stehen fest am Untergrund, der Kontrapost ist nur leicht angedeutet. Auch die Drapierung der Gewänder ist sehr zurückhaltend und hat nichts von der altbekannten Dynamik Ph. J. Straubs, die in seiner mittleren Schaffensperiode zu seinem Standardrepertoire innerhalb der Körperkomposition gehörte. Die Gesichter sind ohne Zweifel dem Œuvre des Meisters zuzuordnen, erinnern stark an das Antlitz des hl. Leopold des Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), vor allem in Bezug auf die Augengestaltung. Etwa zur selben Zeit wie die Altarfiguren von St. Erhard entstanden der Narzissus- und Sebastiansaltar für die Stiftskirche Rein (1742– 1743, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Durch einen stilkritischen Vergleich wird sofort evident, dass es hier frappante Ähnlichkeiten zwischen den Figuren gibt. Der

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

hl. Patrizius von St. Erhard ist kompositorisch eine exakte Kopie des hl. Valentin aus der Reiner Stiftskirche, es finden sich nur marginale Unterschiede, wie ­beispielsweise die anders geartete Physiognomie oder die Positionen der einzelnen Finger. Trotz allem erscheint das Körperbild der St. Erharder Skulpturen zu versteift, um tatsächlich dem Meister zugeschrieben werden zu können. Die beiden mittleren Figuren der hll. Martin und Georg sind kompositorisch deutlich ausgefeilter und bewegter, besonders ersterer sticht hervor. Martin hält ­inmitten einer Drehbewegung inne, der fruchtbare Moment ist augenscheinlich – er ist im Begriff, seinen Mantel mit dem erhobenen Schwert zu teilen und dem Bettler zu seinen Füßen zu geben. Die Physiognomie ist ebenso von Ph. J. Straub inspiriert wie die anatomische Ausgewogenheit. Die gelungene Draperie der Kleidung in feinteiligen Faltenbahnen lässt den Stoff leicht und fließend erscheinen und unterstreicht den grazilen Charakter des Dargestellten. Sein Gegenpart, der hl. Georg, steht mit vor der Brust erhobenen und verkrampft wirkenden Armen, wobei er das rechte Bein auf dem besiegten Drachen abstellt. Die Pose wirkt jedoch nicht siegreich, sondern zögerlich, was durch den zaghaften Gesichtsausdruck verstärkt wird. Außen stehen sich die hll. Donatus und Wendelin gegenüber. Ersterer mit erhobener rechter Hand und himmelwärts geneigtem Gesicht, während er in der linken eine Schale halt. Der diagonal von der Schulter zur Hüfte verlaufende Mantel erinnert stark an jenen des hl. Johannes vom Hochaltar der Filialkirche Maria Lebing. Der hl. Wendelin steht stabil, obwohl er den linken Fuß auf einen Felsblock abstellt. Er hat seine Finger ineinander verschränkt und auf seinen Stock gestützt, der neben dem Stiefel auf dem Felsen zu stehen kommt. Trotz seines festen Standes liegt ihm etwas Tänzerisches zugrunde, was durch die Torsion seines Körpers bedingt ist. Seine entblößten Unterarme lassen realistische Details wie durchscheinende Adern und Knöchelchen erkennen und zeugen von einem talentierten Bildhauer. Die Figuren stehen nicht, wie häufig, auf einer Plinthe, sondern direkt am Gesims, und gelegentlich ragen die Fußspitzen über die Kante hinaus. Sie alle scheinen nahverwandt mit Ph. J. Straubs Schaffen zu sein, auch ihre künstlerische Qualität ist zweifelsfrei erkennbar und doch sind sie zu ruhig und geerdet, um direkt von der Hand des Meisters zu stammen. Es verhält sich hier wie mit den bereits erwähnten Hochaltarfiguren von Maria Lebing, die nur wenige Jahre später entstanden sind und dieselben Qualitäten bzw. Unterschiede aufweisen. Auffällig ist, dass in beiden Fällen der Name Pierling eine Rolle spielte. Einmal war es der Marmorier selbst, der die Skulpturen vermutlich kurz vor seinem Tod an ihren Bestimmungsort lieferte, das zweite Mal bereits seine Witwe. Ob dieser Fakt etwas zu bedeuten hat, erschließt sich an dieser Stelle noch nicht. Sicher ist jedoch, dass ein begnadetes Mitglied der Werkstatt Ph. J. Straubs an den Skulpturen beteiligt war. In der Aufsatzzone des Altars befindet sich die Darstellung der Marienkrönung, umgeben von einem Reigen aus Engeln und Putten. Bereits auf den ersten Blick offen­ baren sich Differenzen zwischen diesen und den besprochenen Figuren, sodass nahe­ liegt, dass die Aufsatzfiguren von anderer Hand stammen. Die Physiognomien er-

St. Erhard in der Breitenau, Pfarrkirche

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scheinen fremd, auch die etwas eigenwillige Modellierung der Oberarme von Christus und Gottvater, die die Krone über das Haupt Marias halten, zeugen von anderem Ursprung. Die Gottesmutter ist anmutig und ergeben, die recht zurückhaltende Draperie ihres Gewandes dennoch sehr ansprechend. Die vier adorierenden Engel mit ihren weit gespreizten Flügeln und ausgebreiteten Armen weisen zum Teil kreative Sitzmotive mit verschieden angewinkelten Beinen auf, es fehlt jedoch an fließenden Bewegungen, sodass die Extremitäten trotz aller angedeuteter Bewegung, sehr hölzern erscheinen. Auch die Gesichter lassen sehr unterschiedliche Züge erkennen und verweisen auf verschiedene Hände. Selbiges gilt für die zahlreichen Putten und die geflügelten Köpfchen, wobei der linke der beiden Putten unter Maria kompositorisch sehr an den linken des Gebälks des Aloisiusaltars (1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) der Grazer Domkirche erinnert.

Graz, Pfarrkirche St. Andrä, Skulpturengruppe Kreuzaltar, 1745–1750, Werkstatt Ph. J. Straub Die Pfarrkirche St. Andrä war ehemals Teil eines Dominikanerklosters und wurde im Frühbarock nach Vorbild der Grazer Stadtpfarrkirche im spätgotischen StaffelkirchenTypus errichtet.158 In der rechten Kapelle befindet sich der Kreuz-Altar, der um 1750 Aufstellung fand und bei dem es sich um einen Stuccolustro-Säulenaufbau handelt. Alle Skulpturen159 – Kreuzgruppe, Gottvater und die Engel mit der Arma Christi – werden Ph. J. Straub zugeschrieben.160 Horst Schweigert nahm den Altar in seine Werkliste auf.161 Im TrArS-Werkkatalog wurden die Arbeiten ebenfalls Ph. J. Straub zugeschrieben.162 Die stilkritische Analyse zeigt recht offenkundig, dass zumindest einige der Skulpturen nicht vom Meister selbst stammen. Dazu zählt zum einen der Christus am Kreuz (Drei-Nagel-Typus mit horizontalem Titulus), dessen Gesicht zwar sehr derb anmutet, Körpermodellierung, Kopf- und Haarform jedoch stark an jenen des Kruzifixes in der Vorhalle der Grazer Mariahilferkirche (1742–1750, Werkstatt Ph. J. Straub) erinnert. Frappierend ist die Gestaltung der jeweils linken Hand, deren Fingerpositio­ nen beinahe identisch ausgeführt sind. Die Lendentücher sind da wie dort sehr kunstvoll drapiert, tiefe Faltentäler und Überlagerungen kreieren Plastizität, wobei das Mariahilfer Exemplar durch seine nahezu perfekte Stoffwiedergabe klar hervorsticht. Direkt am Kreuzstamm kniet die hl. Maria Magdalena und blickt flehentlich mit erhobenen Armen zum Gekreuzigten empor, die rechte Hand fasst an die Füße des Heilands. Dabei wirkt sie sehr ruhig und gefasst, was der dramatischen Situation nicht entspricht, auch ihre Kleidung wird von keinem Hauch in Bewegung versetzt. Diese ist an jene der hll. Elisabeth und Barbara vom Hochaltar der Grazer Bürgerspital­ kirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) orientiert. Viel stärker zeigt sich diese Gemeinsamkeit jedoch bei der links neben ihr stehenden hl. Maria (Taf. XVI),

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

die dem Typus der hl. Elisabeth vollkommen entspricht. Marias Gemütsregung spiegelt sich in dem aufschwingenden Saum ihres Gewandes wider, auch die affektierte Gestik mit an die Brust bzw. theatralisch nach vorne geführten Armen ist stark am Vorbild angelehnt. Dasselbe gilt auch für den leicht rückwärts geneigten Oberkörper, der ein erschrockenes Zurückweichen verdeutlicht und den seitlich geneigten Kopf. Rechts neben dem Kruzifix steht der hl. Johannes in dramatischer Gebärde, ein deutlicher C-Schwung biegt seinen Körper weg vom Heiland, von dem er sein Gesicht abwendet. Auch hier sind wieder die theatralischen Armposen ersichtlich: die linke ist neben dem Körper angewinkelt, die Handfläche dem Betrachtenden zugewandt und die rechte nach oben geführt. Das Standmotiv mit rückwärts geneigtem Oberkörper ist auch hier augenscheinlich, ebenso die markante Draperie, die den Bewegungsablauf unterstreicht. Das Straub’sche Gesicht unterstützt die Zuordnung an den Bildhauer. Ein treffender Vergleich kann zu den Skulpturen des Birkfelder Rosenkranzaltars (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) gezogen werden. Das Spätwerk zeigt dieselben Bewegungsmotive und eine vergleichbare Theatralik. Ganz außen, leicht erhöht durch geschwungene Konsolen, knien zwei Engel mit den Arma Christi. Der rechte hält den Essigstab, der linke hielt ursprünglich wohl einen Nagel zwischen Daumen und Zeigefinger. Die Draperie ist wohlüberlegt und qualitätsvoll umgesetzt, während die Proportionen deutliche Schwachpunkte erkennen lassen. Der Abstand von der Hüfte zum rechten Bein des linken Engels ist misslungen und viel zu knapp bemessen, auch der Winkel stimmt nicht, sodass eine merkwürdige Krümmung die Folge ist. Der andere Engel ist gekonnter umgesetzt, hier ist das Sitzmotiv recht kreativ ausgefallen und erinnert stark an eine hockende Position mit einem nach vorne und einem nach hinten angewinkelten Bein. Im Aufsatz thront Gottvater inmitten eines Wolkengebildes, aus dem blitzartig Strahlenbündel hervorstoßen. Lediglich ein Bein lässt sich erkennen – das linke, nach vorne angewinkelte, neben dem die Sphaira liegt. Die Arme sind nach oben bzw. zur Seite gestreckt, der zur Seite geneigte Kopf unterstreicht die Theatralik der Gebärde. Das ernste Gesicht hingegen ist recht gefasst, bedingt durch die schläfrigen Augen und den leicht geöffneten, breiten Mund, der keine Regung zeigt. Die in die Stirn hängende Haarlocke und der wellige, zweigeteilte Bart umrahmen das Gesicht, das von zwei auffallend großen, nach vorne weisenden Ohrmuscheln begrenzt wird. Die Körpergestaltung der beiden flankierenden Engel, die auf Konsolen knien, stammt von derselben Hand. Dies beweist die Modellierung des Brustkorbs, der sehr breit erscheint und bei dem sich unnatürlich viele Rippen und Muskelverläufe durch die Haut abzeichnen, sodass eine unebene Oberfläche entsteht. Die eigenwillig angedockten Oberarme mit übergroßer Schulterpartie zeigen sich ebenfalls hier wie dort. Dennoch handelt es sich insgesamt um ausgewogen proportionierte Körperformen und durchdachte Kompositionen, die von einer hohen künstlerischen Qualität zeugen. Lediglich Ph. J. Straub selbst wird hier kaum Hand angelegt haben.

Graz, Pfarrkirche St. Andrä

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Graz, Welsche Kirche, Hochaltarfiguren und zwei Reliefs mit Apostelhalbfiguren seitlich des Tabernakels, 1746 Die spätbarocke Welsche Kirche wurde durch die Bruderschaft des hl. Franz de Paula gegründet und 1725 fertiggestellt. Als Bauherr fungierte Joseph Carlone (1678–1739), die Fassade mit dem Giebelturm geht jedoch auf Joseph Hueber zurück, der diese 1745 bis 1746 ausführte.163 Der Innenraum ist einheitlich im Spätbarockstil gestaltet, wobei der Hochaltar mit seinem qualitätsvollen Skulpturenprogramm besonders hervorsticht. Dieser Altar mit Stuccolustro-Säulenaufbau wurde von Franz von Laturner 1746 gestiftet, was aus einer Handschrift Jakob Grafs hervorgeht.164 Dass es sich um eine Privatstiftung handelte, dürfte gemäß Karl Moser auch der Grund sein, weshalb sich keine Rechnungen oder dergleichen finden lassen, die Aufschluss über den beauftragten Künstler geben. Die vier Skulpturen165 der hll. Florian, Sebastian, Johannes d. T. und Donatus werden im Dehio Graz als in der Art Ph. J. Straubs bezeichnet.166 Rochus Kohlbach merkte an, dass sich kein archivalischer Nachweis zum Künstler finden ließe.167 Er nannte weiters Joseph Schokotnigg, Matthias Leitner und Ph. J. Straub als mögliche Urheber. Horst Schweigert schrieb die Figuren Ph. J. Straub und dessen expressivem Reifestil zu.168 Bei diesem ist das Standmotiv labiler, die Figuren sind torsierter, wobei Kopf und Oberkörper stark bewegt erscheinen und dem weit ausgestellten Spielbein zugeneigt sind. Eine Restaurierung des Altars fand 1960 statt.169 Die Figuren wurden auch in den TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs aufgenommen.170 Die Skulpturen bilden, rein optisch, zwei Einheiten: die inneren, die hll. ­Sebastian (Taf. XVII) und Johannes der Täufer (Taf. XVIII), sind – bis auf einen vergoldeten ­Mantel um die Hüfte – entblößt und dem Hochaltarbild zugewandt, während die äußeren beiden Figuren in der typischen Tracht der römischen Legionäre erscheinen, die von dunkler Farbgebung dominiert wird. Am bemerkenswertesten ist mit Sicherheit der hl. Sebastian, der sich – gefesselt an einen Baumstamm – von diesem zu entwinden versucht. Der nach oben angewinkelte rechte Arm hängt schmerzhaft in den Seilen, das Gewicht des Niedersinkenden ruht auf den nach vorne gebeugten Beinen mit seitlich gestellten Füßen. Der linke Arm ist nach unten geführt und ebenfalls durch Seile an den Stamm fixiert, das stoische Antlitz auf den im Oberarm steckenden Pfeil gerichtet. Die Komposition dieser Skulptur ist meisterlich und verlangt ein großes Talent, die Proportionen und anatomischen Begebenheiten korrekt wiederzugeben. Die Knochen des Brustkorbs sind deutlich auszumachen, das leidend eingezogene Zwerchfell lässt den Rippenbogen stark hervortreten. Auch die Extremitäten sind perfekt modelliert, Muskeln und Sehnen sind deutlich erkennbar und verstärken den rea­ listisch-leidenden Eindruck, den der Heilige vermittelt. Das jugendhafte Gesicht mit Straub’schen Zügen wird von wallendem Haar umgeben, das über der Stirn eine ­Locke ausbildet, auch der Ohrtypus trägt die Handschrift des Bildhauers. Rochus Kohlbach vergleicht die Skulptur mit seinem Gegenstück der Pfarrkirche von Ehrenhausen, das sich am rechten Seitenaltar befindet und um 1760 datiert wird.171 Dieser Vergleich ist

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

aus stilkritischer Sicht jedoch nicht haltbar, denn weder Kopftypus, noch Ausdruck oder Körperkomposition sind hier in einen Zusammenhang zu bringen. Zudem ist die Autorschaft Ph. J. Straubs am skulpturalen Schmuck der Seiten­altäre von ­Ehrenhausen nicht annehmbar, sondern wird vielmehr dem Umkreis Veit Königers zugewiesen.172 Der hl. Johannes steht in selbstbewusster Pose, das weit ausgestellte rechte Spielbein berührt mit den Zehen die Basis der Altarsäule und geht so eine Verbindung mit der Architektur ein. Dieses raumgreifende Element war bislang nicht in Ph. J. Straubs Œuvre in Erscheinung getreten, was ein Novum innerhalb seines Schaffens darstellt und aufzeigt, dass er nun die Grenzen des für die Plastik angedachten Raumes zu sprengen bereit war. Die Expressivität wird durch den nach hinten geneigten Oberkörper, bei gleichzeitig nach vorne ziehendem, seitlich angewinkeltem, linkem Arm, der auf das Hochaltarbild verweist, verstärkt. Der rechte fasst das Lamm, das zu ihm emporblickt, und greift gleichzeitig den Kreuzstab mit einer nonchalanten Geste des Zeigefingers. Das Gesicht erweckt einen schläfrigen Charakter, bedingt durch die halbgeschlossenen Augen und den unmotiviert geöffneten Mund, der die obere Zahn­ reihe erkennen lässt. Auch hier ist die wirre Haarmasse mit einzelnen Bohrungen mit Ph. J. Straub in Verbindung zu bringen, ebenso der feine Löckchen ausformende Bart. Die Drapierung des Fellmantels bildet eine schwere Schüsselfalte an der linken Hüfte und ist durch relativ grobe Faltenwürfe gekennzeichnet. Stilistisch entspricht er dem Typus des hl. Leopold des Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), da es sich um dieselbe expressiv-pathetische Ausdrucksweise handelt und auch der Kopftypus überaus ähnlich ausgeführt wurde. Durch die ausschreitende Beinstellung handelt es sich hier jedoch um eine gesteigerte Version und stellt vermutlich den Höhepunkt in Ph. J. Straubs expressiver Periode dar, die im Laufe der nachfolgenden Jahre allmählich wieder reduzierter wurde. Der hl. Johannes vom Hochaltar der Frauenkirche von Pernegg an der Mur, der durch die Autorin Ph. J. Straub zugeschrieben und auf etwa 1740 datiert wurde, ist demselben Typus zuzuweisen, wenngleich er etwas weniger bewegt erscheint. Das Spielbein ist näher an den Körper geführt und ruht an der Plinthe, nichtsdestotrotz sind die kompositorischen Parallelen eindeutig, bis hin zum emporblickenden Lämmchen, das beim Pernegger Beispiel zwischen den Beinen des Heiligen liegt. Hier manifestiert sich wiederum die italienische Komponente, die Ph. J. Straubs Werk zugrunde liegt. Denn ein Vergleich mit Berninis hl. Sebastian (1616–1617)173 legt nahe, dass Ph. J. Straub – wie auch sein Vorgänger Schoy –, maßgeblich an antiken Vorbildern orientiert war. Das spannungsbeladene Haltungsmotiv zwischen Niedersinken und Emporstreben sowie athletischer Stärke und leidender Schwäche hat Ph. J. Straub offensichtlich vom hochbarocken Bildhauer übernommen. Auch der anatomisch perfekten Inszenierung des muskulösen Körpers und dem stoischen Gesichtsausdruck haftet das antike Pathos an, wobei sich hier Ph. J. Straubs süddeutsche Anfänge offenbaren, da der Körper sehr hager ist und auch das jugendliche Gesicht mit langer, spitzzulaufender Nase und vorspringendem Kinn vom Ideal abweicht und vielmehr alpenländischem Formengut entspricht.

Graz, Welsche Kirche

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Die hll. Florian (Taf. XIX) und Donatus, an den Außenseiten, erscheinen nicht minder expressiv. Florian wendet sich schwungvoll nach links, Oberkörper, linkes Bein und Kopf entsprechen dieser Bewegung folgerichtig, während der linke Arm die Gegenbewegung ausführt, um den Eimer über dem brennenden Häuschen zu seiner Rechten auszuleeren. Diese innere Spannung erzeugt einen dynamischen Effekt, der im Gegensatz zu den beinahe reglosen Füßen steht. Der Mantel ist über den linken Oberschenkel drapiert und verstärkt den Drang in diese Richtung. Das mild lächelnde Gesicht mit großen, ausdrucksstarken Augen ziert ein Schnurrbart, ausgeprägte Naso­ labialfalten treten als einzige Alterszüge zutage. Die Ärmelgestaltung mit der groteskenhaften Fratze ist bereits vom hl. Florian der Wegkapelle im Grazer Sternäckerweg (1735–1740, zugeschrieben an Ph. J. Straub) bekannt, auch der Griff in den Flaggenmast auf derselben Höhe bei gleichzeitig identer Stoffbauschung sowie die Manteldrapierung und Armführung. Sogar das brennende Gebäude in Form einer kleinen Kapelle ist gleich ausgeführt. Der hl. Donatus ist in einer vorwärtsschreitenden Bewegung eingefangen, das rechte, nach hinten gestellte, Spielbein setzt lediglich leicht mit der Fußspitze auf. Die nach hinten geneigte Haltung des Oberkörpers ist auch hier zu erkennen, auch das Haupt ist in sehr pathetischer Manier nach hinten und zur Seite geneigt. Der rechte Arm vollzieht die gleichartige verweisende Geste wie der linke des hl. Johannes, dasselbe gilt für den anderen Arm, der ein Schwert stützt. Die Fingerhaltung, bei der Ringfinger und Daumen einen Kreis bilden, widerspricht diesem Attribut jedoch, das eigenwillig vor der Hand zu schweben scheint. Vermutlich war ursprünglich ein anderes Beiwerk vorhanden. Die Gesichtszüge und die, über die linke Schulter gezogene, Manteldrapierung sind bereits bekannte Elemente des Schaffen Ph. J. Straubs und unterstützen die Zuordnung an den Bildhauer. Die skulpturale Plastik der Aufsatzzone wird vom bereits bekannten zentralen Motiv Gottvaters auf einer Wolkenformation gebildet, aus der blitzartig Strahlen stoßen. Die beiden flankierenden Engel zeigen zwar fremde Gesichtszüge, die Autorschaft der Werkstatt Ph. J. Straubs, die hier Hand angelegt hat, ist dennoch unverkennbar. Das gilt auch für die zahlreichen Putten, die sich am Aufsatz tummeln. Besonderes Augenmerk kommt den obersten beiden zu, da einer von ihnen mit gewundenem Körper kopfüber nach unten zu stürzen scheint. Die Lebhaftigkeit und Dramatik setzt sich demnach auch im Aufsatz fort und macht den gesamten Altar zu einer kompositorischen Einheit, die Ph. J. Straub und dessen Werkstatt zugeschrieben werden kann.

Hartberg, Filialkirche Maria Lebing, Hochaltar mit den hll. Johannes der Täufer, Joseph, Anna und Joachim, 1749, Ph. J. Straub und Werkstatt Zum Hochaltar (Taf. XX) der bereits genannten Pfarrkirche Maria Lebing existieren kaum literarische Hinweise. Gemäß Dehio Steiermark174 und Peter Krenn175 ist er auf

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

44  Philipp Jakob Straub und Werkstatt, hl. Johannes der Täufer, Detail Hochaltar, Holz, 1749, Hartberg, Filialkirche Maria Lebing

1749 zu datieren. Letzterer verweist auf die Vorbildnahme des Hochaltars der Vorauer Stiftskirche, der von 1701 bis 1704 vom »kaiserlichen Kammerkünstler« Matthias Steinl ausgeführt wurde.176 Zum Urheber des Skulpturenschmucks findet sich kein Hinweis, lediglich Rochus Kohlbach erkannte den stilistischen Konsens zu Ph. J. Straubs Arbeiten.177 Horst Schweigert nahm den Hochaltar ebenfalls in sein Verzeichnis der Werke Ph. J. Straubs auf,178 ebenso das TrArS-Projektteam.179 Das Zentrum des Altars bildet eine spätgotische Muttergottes-Statue des 15. Jahr­ hunderts, die barock überarbeitet wurde. Rochus Kohlbach merkte an, dass dies eben­ falls durch die Hand Ph. J. Straubs passiert sein könnte.180 Diese wird von den vier hll. Johannes der Täufer, Joseph, Anna und Joachim flankiert,181 die zusammen mit der zentralen Marienfigur die hl. Sippe182 bilden. Der hl. Johannes der Täufer (Abb. 44) erscheint als hagerer Asket mit kunstvoll drapiertem Mantel, der schräg von seiner linken Schulter zur rechten Hüfte verläuft und auf Höhe des Bauchnabels von einer Schnalle zusammengehalten wird. Die linke Hand fasst den Kreuzstab mit allen fünf Fingern, die leicht nach vorne erhobene rechte zeigt nach unten. Das Körperbild wird durch einen wenig ausgeprägten S-Schwung gezeichnet, die Beinhaltung suggeriert eine Ponderation. Das Haupt zeichnet sich insbesondere durch die markante Gestaltung des Haares aus, das radial in stark voneinander separierten Strähnen absteht.

Hartberg, Filialkirche Maria Lebing

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45  Philipp Jakob Straub und Werk­ statt, hl. Anna, Detail Hochaltar, Holz, 1749, Hartberg, Filialkirche Maria Lebing

Die Haar- und Bartlocken wurden teils gebohrt und sind äußerst detailgetreu ausgearbeitet. Rochus Kohlbach verglich die Skulptur mit dem bereits mehrfach erwähnten hl. Leopold des Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) und bezeichnete ihn als »robustes Gegenstück«183 dazu. Ein Vergleich der Physiognomien verweist auf die Verwandtschaft beider Figuren. Der Ausdruck ist beinahe identisch, lediglich die Augen des hl. Johannes erscheinen durch die sichelförmig nach oben gezogenen Lider kleiner und schläfrig. Irritierend ist lediglich das zu ruhige Standmotiv, das nicht dem gängigen Typus Ph. J. Straubs entspricht. Die inneren Skulpturen des Hochaltars, die hll. Joseph und Anna (Abb. 45), heben die Arme in Ekstase gen Himmel, auch hier ist wieder eine Straub’sche Anleihe erkennbar, obwohl auch einiges gegen den Meister spricht: Josephs S-Schwung und die um den Körper gewundene Manteldraperie sowie die beinahe spastisch anmutende Fingerhaltung steht in starkem Widerspruch zum ruhigen Standmotiv, das durch das vorstehende und sich durch den Stoff drückende Knie kontrapostisch erscheint, jedoch durch die beiden vollflächig aufsetzenden Füße widerlegt wird. Sehr gelungen ist die naturalistische Ausarbeitung von Details: Insbesondere die Arme erscheinen

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

46  Philipp Jakob Straub und Werk­ statt, hl. Joachim, Detail Hochaltar, Holz, 1749, Hartberg, Filialkirche Maria Lebing

durch die durchschimmernden Adern und die präzise Modellierung der Knöchelchen und Sehnen erstaunlich lebensecht, was nur durch eine hervorragende Bildhauerkunst erreicht werden kann. Dasselbe ist bei der hl. Anna offenkundig, die den rechten Zeigefinger zwischen die Seiten des geschlossenen Buchs gelegt hat, was ein typisches Charakteristikum Ph. J. Straubs ist und bereits bei mehreren seiner Arbeiten beobachtet werden konnte. Auch sie steht auf zwei Standbeinen mit lediglich angedeutetem Kontrapost, die Dynamik ergibt sich durch die kunstvolle Drapierung ihres Schleiers. Dessen eines Ende steckt in ihrem Ausschnitt, während das andere von ihrem Haupt nach unten fließt und sich an ihrer linken Seite stark aufbauscht. Der hl. Joachim (Abb. 46) zu ihrer Linken steht erhaben mit rückwärts geneigtem Kopf. Als Attribute hält er die Hirtenschippe und ein geschlossenes Buch in seinen Händen, die überaus detailliert gearbeitet wurden, sodass die Finger sehr knorpelig erscheinen. Die Nagelbetten liegen auffallend tief und erzeugen einen eigenwilligen Charakter, der im Gegensatz zum wohlgestalteten Gesicht steht. Dieses zeigt die Straub’sche Phy­ siognomie, wenn sie auch sehr melancholisch anmutet. Es lässt sich feststellen, dass es sich dabei um überaus qualitätsvolle Skulpturen handelt, die mit Sicherheit Anleihen an Ph. J. Straubs Werken erkennen lassen. Dazu zählen unter anderem auch die

Hartberg, Filialkirche Maria Lebing

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beiden Putten, die den Baldachin zur Seite ziehen, um den Blick auf die Madonna freizugeben. Diese finden sich auch bei einem Spätwerk des Bildhauers, dem Rosenkranzaltar in Birkfeld (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Rochus Kohlbach verwies auch auf die Parallelen zwischen dem modelltragenden Putto des hl. Leopold des Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), der malerisch ein Tuch über den Kopf gelegt hat,184 und den hll. Anna und Joachim, bei denen es ähnlich gehandhabt wurde. Naheliegend wäre, dass es sich – wie bei den Skulpturen der beiden behandelten Seitenaltäre – ebenfalls um Arbeiten der Werkstatt Ph. J. Straubs handelt. Festzuhalten ist jedoch, dass die Skulpturen des Hochaltars von höherer Qualität sind und sehr nahe an Ph. J. Straubs Arbeiten herankommen. Insbesondere der bemerkenswerte Naturalismus ist in diesem Zusammenhang deutlich hervorzuheben. Auch die beiden En­gel und zahlreichen Putten sowie Puttoköpfchen vom Aufsatz erscheinen sehr vertraut und können ebenfalls mit der Werkstatt Ph. J. Straubs in Verbindung gebracht werden.

Budapest (HUN), Museum of Fine Arts, Alte Ungarische Sammlung, hll. Sebastian und Rochus, 1749–1757 (ehemals in Zala, Egervár [HUN], Pfarrkirche hl. Katharina) Die beiden Skulpturen der hll. Sebastian185 und Rochus186 befanden sich ursprünglich in der Pfarrkirche hl. Katharina in Egervár (HUN), von wo sie 1916 ins Museum der Bildenden Künste von Budapest (Szépművészeti Múzeum) gebracht worden sind. Sie waren Teil des Hochaltartabernakels, der architektonisch einem Miniaturaltar nachvollzogen ist, und befanden sich zu beiden Seiten davon in Nischen, 187 wo sich seit dem Jahr 1922 Kopien der Figuren befinden. Maria Aggházy schrieb die Skulpturen Ph. J. Straub zu, da sie stilistische Parallelen zu anderen seiner Werke feststellte.188 Sie betonte die ausgewogenen Proportionen, die naturalistisch umgesetzte Anatomie sowie die feine Oberflächenbehandlung, wie sie auch in Ph. J. Straubs Œuvre anzutreffen sind. Diese Annahme wurde auch im Zuge der Erstellung des TrArS-Werkkatalogs bestätigt.189 Der hl. Sebastian (Taf. XXI) ist ein Paradebeispiel für eine nahezu schwerelose Körperkomposition. Er steht mit elastischem rechtem Standbein vor dem Baumstumpf, während das linke Bein nach hinten ragt und mit der Wade den Stumpf berührt, an den es gefesselt ist. Der Oberkörper vollzieht eine Bewegung nach rechts, Stabilität verleiht der rechte Unterarm, der auf einen gekürzten Ast gestützt ist. Der linke Arm ist nach oben geführt und dort an den Stamm gebunden, der mit dem Standbein eine gerade Linie bildet. Das Standmotiv ist sehr labil, lediglich der Baumstumpf verleiht die nötige Stabilität. Die anatomische Präzision, die der ausführende Meister hier anwandte, ist bemerkenswert, insbesondere der Oberkörper mit dem deutlich vortretenden Rippenbogen und den detailliert dargestellten Bauchmuskel-

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partien ist beeindruckend, was zusätzlich vom sich schlangenartig durch die Beine windenden Lendentuch betont wird. Dieses wird durch eine mehrfach um den Leib gewickelte Kordel gehalten und bedeckt gerade das Nötigste. Ein Ende flattert regelrecht zur Seite, wo es der ansonsten sehr ruhigen Darstellung eine klare Dynamik verleiht. Das Haupt des ermatteten Heiligen ist auf die rechte Schulter gesunken, wo es von langen, gebündelten Haarsträhnen umgeben ist. Das Antlitz mit geschlossenen Augen erscheint sehr friedlich und ergeben. Der hl. Rochus hingegen ist deutlich lebhafter und in nach rechts geöffneter C-förmiger Körperkomposition wiedergegeben. Er verweist mit dem rechten Zeigefinger auf die Pestwunde am linken Oberschenkel, das Bein durch einen niederen Baumstumpf erhöht. Die linke Hand fasst den Stab, dessen untere Spitze direkt neben dem rechten Fuß zu stehen kommt. Das Haupt ist nach rechts gedreht und der anklagende Blick zum Himmel erhoben. Zu seinen Füßen steht ein kleiner Hund, der ihn erstaunt zu betrachten scheint. Auch hier ist die Detailtreue überaus augenscheinlich und kommt insbesondere bei der Pilgerkleidung bestens zur Geltung. Die Kleidersäume bilden kleine Faltenwirbel, die einen kecken Schwung kreieren, auch die an mehreren Stellen umgeschlagenen Mantelsäume unterstützten diesen dynamischen Charakter. Die Oberfläche erscheint durch die reichlich vorhandenen LichtSchatten-Partien äußerst unruhig. Der Heilige strahlt eine unverkennbare Stärke aus, die nur durch den rigorosen Fingerzeig auf die Wunde gesteigert wird. Das bärtige Gesicht wird durch einen voluminösen Bart und langes, welliges Haar bekränzt, das an der Stirn ein asymmetrisches Bündel formt. Der vom Kopf gerutschte, breitkrempige Hut hängt unachtsam hinter dem Heiligen. Die beiden Pestheiligen erscheinen klar als Gegensatzpaar und fügen sich dennoch nahtlos zueinander, wie es Ph. J. Straub sehr häufig bei seinen Altarfiguren unter Beweis stellte. Dieser bereits besprochene Gegensatz zweier sich gegenüberstehender Skulpturen hinsichtlich Komposition und Ausstrahlung ist an einigen Werken Ph. J. Straubs ersichtlich190 und es scheint, als bräuchte es diesen Kontrast, damit die einzelnen Figuren überhaupt zur Geltung kommen. Der abgebrochene Pfeil, der in der rechten Wade des hl. Sebastians steckt, spricht ebenfalls für Ph. J. Straub und dessen Hang, Attribute möglichst einfallsreich auf subtile Weise umzusetzen. Werden nun der hl. Sebastian des Hochaltars der Welschen Kirche (1746, zugeschrieben an Ph. J. Straub) und jener der Frauenkirche in Pernegg (um 1740, zugeschrieben an Ph. J. Straub) jenem Sebastian gegenüberstellt, zeigen sich eini­ge Parallelen. Das Welsche Stück präsentiert ebenfalls ein sehr instabiles Standmotiv, sogar noch um einiges gesteigert, da sich der Heilige schraubenförmig nach hinten und unten bewegt. Auch hier ist die detaillierte Ausarbeitung der Körperoberfläche zu be­tonen, auch das kunstvoll über einen Ast geworfene Lendentuch, durch das sich ein Pfeil in den Oberschenkel hineingebohrt hat, ist ein effektvolles Darstellungsmittel, wie es auch das heftig zur Seite flatternde Tuch des Budapester Exem­ plars zeigt. Der Pernegger Sebastian ist deutlich ruhiger als sein Welsches Gegenstück, zeugt jedoch ebenso von seiner Verwandtschaft mit dem Vergleichswerk: die-

Budapest (HUN), Museum of Fine Arts, Alte Ungarische Sammlung

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selbe ­rillendurchsetzte Oberflächenstruktur des Baumstumpfs, die beinah identische Armhaltung, dieselbe Haargestaltung mit regelrecht aufgesetzten Büscheln und die gleichsam voluminöse Bearbeitung des Lendentuchs mit tiefen Faltentälern ist den Darstellungen ebenso gemein wie die pathetische Aura, die von beiden Gepeinigten ausgeht. Der hl. Rochus ist zwar von anderer Natur, jedoch zweifelsohne von derselben Qualität und weist alle Merkmale von Ph. J. Straubs Stil auf. Der hl. Donatus vom bereits genannten Hochaltar der Welschen Kirche zeigt eine vergleichbare Körpergestaltung wie der hl. Rochus. Auch hier biegt sich der Körper in einem C-Schwung, Kopfhaltung und Gesichtsausdruck sind ebenfalls sehr ähnlich ausgeführt und begründen den Vergleich der beiden Arbeiten. Die Zuschreibung der beiden Tabernakelfiguren an Ph. J. Straub ist daher gerechtfertigt.

Graz, Universalmuseum Joanneum, Alte Galerie, Moses mit den Gesetzestafeln, um 1750 Die Alte Galerie des Universalmuseums Joanneum in Graz ist im Besitz einer Miniatur­ skulptur, die Moses mit den Gesetzestafeln191 darstellt, die 1914 angekauft wurde.192 Wilhelm Suida schrieb sie Veit Königer zu,193 Kurt Woisetschläger hingegen Ph. J. Straub und datierte sie gleichzeitig auf etwa 1750.194 Christine Rabensteiner unterstützte 2019 diese Zuschreibung im Zuge des TrArS-Projekts und verwies auf die für Ph. J. Straub typische Physiognomie sowie Körper- und Gewandbehandlung.195 Moses steht in leichtem C-Schwung auf einer Plinthe und hat das rechte Spielbein weit ausgestellt.196 Das Bein drückt sich merklich durch den Stoff des Gewandes und bildet eine glatte Fläche aus. Die Arme halten die Gesetzestafeln seitlich in die Höhe, die ein optisches Gegengewicht zu dem aufwallenden Mantelstoff an der rechten Körperseite bilden. Dieser Ausgleich ist ein Charakteristikum von Ph. J. Straubs Werken und lässt sich in vergleichbarer Form bei der hl. Elisabeth der Bürgerspitalkirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) ebenso erkennen wie beim hl. ­Petrus des Hochaltars der Fladnitzer Pfarrkirche (1736, zugeschrieben an Ph. J. Straub). Das Haupt mit überlangem, zweigeteiltem Bart und welligem Haar, das die beiden charakteristischen Hörnchen ausbildet, zeigt ein ruhiges, freundliches Gesicht mit zarten Zügen. Die Faltengestaltung der Kleidung ist feinteilig gearbeitet und vermittelt einen äußerst plastischen Eindruck. Der hl. Blasius des Narzissusaltars der Stiftskirche von Rein (1742–1745, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) zeigt die spiegelbildliche Körperhaltung des Moses mit leichtem C-Schwung und vergleichbarer Beinhaltung. Auch die voluminöse Haar- und Bartgestaltung in Form von dichten Wellen sowie die physiognomischen Merkmale entsprechen sich durchaus, weshalb die Autorschaft Ph. J. Straubs aus stilistischer Sicht gerechtfertigt ist.

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

Schloss Hollenegg, Pfarrkirche Die Pfarrkirche hl. Ägidius befindet sich im zweiten Hof des Schlosses Hollenegg und wurde erstmals um 1165 urkundlich erwähnt.197 Der elliptische Hauptraum mit vier Nischen verfügt über eine Rokoko-Einrichtung, wobei sowohl Hochaltar als auch Kanzel Ph. J. Straub zugeschrieben werden.198 Beides wurde auch in den TrArS-Katalog dessen Werke aufgenommen.199 Hochaltar mit Engeln und Putten, 1750–1760 Der Hochaltar (Taf. XXII) ist sehr eindrucksvoll und besteht aus einem hochformatigen, prächtig gerahmten Altarbild, das von einem Baldachin umfangen wird, den zwei Putten im oberen Bereich offenhalten. Die untere Zone wird von zwei Pfeilern dominiert, auf deren Volutenaufsatz zwei adorierende Engelswesen200 knien. Ihre weit gespreizten Flügel berühren mit den Spitzen die Kirchenwand und stellen somit eine Verbindung mit der Architektur her, die Flügel selbst sind überaus detailreich modelliert und erreichen durch die Schwünge der Federspitzen ein beachtliches Maß an Plastizität. Der linke Engel legt die Fingerspitzen im Betgestus aufeinander und hat die Arme nach rechts, Richtung Wand, ausgerichtet. Der Kopf ist in die ­Gegenrichtung gedreht und leicht nach unten geneigt. Der Körper erscheint anatomisch korrekt, ist jedoch etwas rundlicher als es bei Ph. J. Straub ansonsten üblich ist. Dies zeigt sich auch im Gesicht, das runde Wangen aufweist und einen auffallend dicken Halsbereich. Die Physiognomie erinnert an einen gereiften Putto, was durch das ­ausgeprägte Grübchenkinn und die vorgewölbte hohe Stirn bedingt ist. Der zart lächelnde Mund mit vollen Lippen ist ein wenig geöffnet, die runden Augen blicken müde unter schwe­ ren Lidern hervor. Die Kleidung ist sehr feinteilig gearbeitet und erweckt am Bauch den Eindruck, fast durchsichtig zu sein. Auch die Oberschenkel drücken sich stark durch den dünnen Stoff des Mantels, der den Großteil des Oberkörpers entblößt. Das Haar ist in mehreren Büscheln am Kopf angeordnet, die in feinen Löckchen münden, die wiederum in verschiedene Richtungen verlaufen, wodurch ein sehr natürlicher Eindruck entsteht. Der zweite Engel (Abb. 47) hat einen Arm vor dem Körper angewinkelt, während der andere – ebenfalls leicht angewinkelt – nach vorne geführt ist, zudem ist der Kopf erhoben und dem Altarbild zugewandt. Ansonsten sind kaum Unterschiede zwischen den beiden Skulpturen festzustellen, stilistisch sind sie aus einem Guss, weshalb an dieser Stelle nicht viel hinzuzufügen ist. Lediglich das Gewand ist deutlich lebhafter wiedergegeben, was der aufbauschende Stoff an der rechten Seite des Engels beweist. Ansonsten handelt es sich um dieselbe knittrige Umsetzung eines Leichtigkeit und Weichheit suggerierenden Materials. Die beiden Putten in der oberen Zone können als für das Œuvre Ph. J. Straubs typisch angesehen werden. Vergleichbare Arbeiten finden sich an den beiden Altären der hll. Aloisius und Johannes Nepomuk in der Grazer Domkirche (1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Die Gesichtsgestaltung und die Ausführung des Haars

Schloss Hollenegg, Pfarrkirche

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47  Philipp Jakob Straub, Engel rechts, Detail Hochaltar, Holz, 1750–1760, Hollenegg, Schloss­ kirche

sind offensichtlich nahverwandt und lassen auf denselben Künstler schließen. Überhaupt ist das Motiv mit den beiden vorhang-öffnenden Putten dem Schaffen Ph. J. Straubs geläufig, die beispielsweise auch am Birkfelder Rosenkranzaltar (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) vorhanden sind. Kanzel mit Gutem Hirten, 1750–1760 Die schlichte Stuccolustro-Kanzel (Abb. 48) mit reduziert verziertem Corpus und eben­ solchem Schalldeckel passt sich dem hellen, klar definierten Innenraum der Kirche perfekt an. Bekrönt wird sie von der Skulptur des Guten Hirten201 (Abb. 49), der mit deutlichem S-Schwung im Körperbild auf einer Plinthe steht. Er hält eine überlange Hirtenschippe in der rechten Hand, die linke fasst den Hinterlauf des Lamms, das er auf den Schultern trägt. Der gesamte Körper scheint von der Bewegung erfasst, die von der Seitwärts-Drehung des Oberkörpers und dem ausgeprägten Kontrapost gebildet wird, sodass der Eindruck des Vorwärtsschreitens entsteht. Der Hals ist stark ausgeprägt und steht in auffallendem Kontrast zum zierlichen Gesicht, das von tieflie­ genden Augen geprägt ist. Nase, Mund, Bart- und Haartracht können mit Ph. J. Straub in Verbindung gebracht werden, dasselbe gilt für die detailreiche Modellierung des muskulösen Körpers. Die voluminöse und schwerfallende Draperie des Mantels

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

48  Philipp Jakob Straub, Kanzel, Holz, 1750–1760, Hollenegg, Schlosskirche

49  Philipp Jakob Straub, Guter Hirte, ­ Detail Kanzel, Holz, 1750–1760, Hollenegg, Schlosskirche

Schloss Hollenegg, Pfarrkirche

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spricht ebenso für den Künstler, da sie sich durch Plastizität erzeugende Licht- und Schattenwirkung auszeichnet. Stilistisch ist der Gute Hirte mit dem hl. Johannes d. T. des Hochaltars der Frauenkirche von Pernegg an der Mur (um 1740, zugeschrieben an Ph. J. Straub) vergleichbar. Die Körperkomposition ist beinahe identisch und insbesondere die Fingerhaltung der rechten Hand frappierend ähnlich. Die schwere Schüsselfalte findet sich da wie dort, wenn auch seitenverkehrt, auch sind die Haltung des Kopfes und die Gestaltung von Haar und Bart nahverwandt. Die stilkritische Analyse zeigt deutlich, dass Ph. J. Straub der ausführende Künstler war, wenngleich zu erwäh­ nen bleibt, dass das Gesicht des Hirten mit den sehr tiefliegenden Augen eine Besonderheit darstellt und möglicherweise auf die Beteiligung eines Gesellen schließen lässt. Auch wenn die physiognomischen Züge leicht differenziert zu betrachten sind, bekräftigt doch ein stilistischer Vergleich mit einem gesicherten Straub-Werk die Zuschreibung: Der hl. Joachim des Hochaltars der kroatischen Wallfahrtskirche von Trški Vrh (1759) erscheint in gleichsamer Körperkomposition, Bein- und Kopfhaltung entsprechen einander ebenso verblüffend wie die Fingerpositionierung der rechten Hand, die die Hirtenschippe ergreift. Die Proportionen des Gesichts und die Modellierung von Haar und Bart sind weitere Gemeinsamkeiten, dasselbe gilt für die Behandlung des Gewandes mit markanten Faltenwürfen.

Thannhausen, Straßenkapelle an Auffahrt zum Schloss ­Thannhausen, hl. Johannes Nepomuk, 1750–1770 An der Auffahrt zum Schloss Thannhausen befindet sich eine Kapelle, die auf das dritte Viertel des 18. Jahrhunderts zurückgeht.202 In ihrem Innern steht auf einem hohen Sockel die Skulptur des hl. Johannes Nepomuk, die Ph. J. Straub zugeschrieben wird.203 Horst Schweigert hat die Skulptur nicht in sein Werksverzeichnis aufgenommen, im Zuge des TrArS-Projekts wurde sie jedoch mit dem Bildhauer in enge Verbindung gebracht.204 Der hl. Johannes Nepomuk (Abb. 50) steht fest, mit kaum ausgeprägtem Kontrapost, auf einer polygonalen Plinthe und hat den linken Arm mit dem Kruzifix nach oben geführt, während der rechte nach vorne angewinkelt ist. Der Kopf ist zur Seite geneigt und leicht gedreht, während der Blick in pathetischer Manier auf das Kruzifix gerichtet ist. Zu seiner Rechten befindet sich eine befremdlich wirkende Formation, die eventuell einen Wolkenbausch darstellen soll, auf dem ein geflügeltes Puttoköpfchen mit Palmzweig sitzt, der sich in gewundener Führung um das Köpfchen legt. Die feine Faltengebung ist äußerst reduziert, lediglich das Aufschwingen des RochettSaums an der linken Seite des Heiligen erzeugt etwas Dynamik. Das Material erscheint knittrig, weich und legt sich in unterschiedlich verlaufende Bahnen, die ledig­ lich an wenigen Stellen Tiefe ausbilden. Die Art, wie sich die Säume der Pelzmozzetta umschlagen, ist auch an anderen Nepomuk-Figuren Ph. J. Straubs auf dieselbe Weise ausgeführt, jedoch ist das Beffchen beim Thannhausener Exemplar auffallend lang

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50  Philipp Jakob Straub, hl. Johannes Nepomuk, Holz, 1750–1770, Thannhausen, Auffahrt zum Schloss Thannhausen

und ragt über den Kragen der Mozzetta. Haar- und Barttracht bestehen aus kurzen, gebohrten Löckchen und entsprechen Ph. J. Straubs Œuvre ebenso wie die Augen unter stark betonten, wulstigen Oberlidern sowie die Nasen- und Mundform. Auch hier ist wieder der ausgeprägte Naturalismus erkennbar, der sich an den, sich durch die Haut drückenden, Adern an Hals und Handrücken festmacht. Die rechte Hand dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit in späterer Zeit ergänzt worden sein, davon zeugen der inhomogene Bereich zwischen Saum und Hand sowie die atypische Handhaltung mit parallel verlaufenden, leicht gekrümmten Fingern, deren Haltegestus unpas­ send erscheint. Die himmelweisende Körperhaltung erinnert stark an die Skulpturen des Birkfelder Rosenkranzaltars (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), obwohl festzuhalten ist, dass es sich hier um ein viel ruhigeres Erscheinungsbild handelt, was nicht zuletzt dem Aufstellungsort verschuldet sein mag. Ph. J. Straubs Skulpturen für den Kirchenraum sind in ihrer Ausführung meist bewegter und dramatischer, während die Fassaden- und Kapellenfiguren reduzierter auftreten. Die Zuschreibung an den Künstler ist deshalb durchaus begründet, die Datierung kann zwischen 1750 und 1770 angesetzt werden, was die Skulptur zu einem der späteren Werke des Bildhauers macht.

Thannhausen, Straßenkapelle an Auffahrt zum Schloss ­Thannhausen

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Paldau, Pfarrkirche, Seitenaltar (ehemals Hochaltar der früheren Karmeliterkirche Graz), 1750–1770, Werkstatt Ph. J. Straub Die Pfarrkirche hl. Veit in Paldau hat ihre Wurzeln im 13. Jahrhundert.205 Ihre Erscheinung ist äußerst inhomogen, bedingt durch Zubauten in der Spätgotik, des S ­ pätbarock und zuletzt im Jahr 1974. Damals gelangte auch der Hochaltar der Hauskapelle des ehemaligen Grazer Karmeliterklosters in die Kirche, der den neugotischen Hochaltar von Jakob Gschiel ersetzte, der wiederum 1880 an Stelle des ursprünglichen Altars von Veit Königer gestellt wurde.206 Der heutige Altar zeigt Skulpturenschmuck, der Ph. J. Straub zugeschrieben wird.207 Horst Schweigert nahm die Arbeiten jedoch nicht in sein Werksverzeichnis auf, wohingegen der TrArS-Werkkatalog diese anführt.208 Der Stuccolustro-Altar entspricht in seinen überschaubaren Dimensionen seinem ehemaligen Aufstellungsort in einer Kapelle. Es handelt sich um eine Mensa mit rückwärtigem Pfeileraufbau, der von zwei Engelsfiguren auf Volutenkonsolen und einer russischen Ikone mit umgebender, silbergefasster Rocaille-Ornamentik geschmückt wird. Auf den Pfeilern befinden sich zwei kleine, ebenfalls silbergefasste Flammvasen, den durch zwei Volutenspangen gebildeten oberen Abschluss krönt ein Marienmonogramm. Die beiden Engel sind einander gegenübergestellt und zeichnen sich durch ihre Lebhaftigkeit aus, die einerseits durch die weit ausgebreiteten Flügel begründet ist, die aus Platzgründen unterschiedlich groß erscheinen und in verschiedene Richtungen weisen, andererseits durch die heftig gestikulierenden Arme. Der linke Engel steht im Kontrapost, wobei das linke Spielbein lediglich mit den Zehenballen auf der Plinthe aufsetzt, sodass sich das Knie deutlich durch die Kleidung abzeichnet. Das Standbein ist gerade durchgedrückt und durch den, an der Hüfte gerafften, Umhangstoff beinahe vollständig sichtbar, während beim anderen lediglich der Fuß unbedeckt ist. Der dramatisch gebauschte Mantel ist durch einen Riemen über der rechten Schulter fixiert und fällt in einer Schüsselfalte um den halb entblößten Oberkörper. Ein S-Schwung durchzieht das Körperbild, unterstrichen durch den seitlich nach unten geführten Arm, der den Silhouetten-Verlauf nachzeichnet, und durch den leicht nach hinten geneigten Kopf, der in pathetischer Manier emporgerichtet ist. Der linke Arm ist angewinkelt vor dem Körper erhoben und – wie auch bei der anderen Hand – scheinen hier die Finger in einer Art manieristischer Greifbewegung zusammengeführt zu sein. Die Haargestaltung in Form von dicht am Kopf anliegenden Locken mit abstehendem Büschel an der rechten Kopfseite erinnert an Ph. J. Straubs Schaffen, ist jedoch weniger plastisch. So auch beim anderen Engel (Abb. 51) mit etwas längerem Haar, das jedoch recht leblos auf den Rücken fällt. Auch er steht in ausgeprägtem Kontrapost, in diesem Fall mit bis oberhalb des Knies entblößtem Spielbein, während das rechte Standbein knöchellang vom Kleid bedeckt ist. Der Oberkörper vollzieht eine Drehung nach links, die insbesondere durch den in diese Richtung geführten rechten Arm bedingt ist. Der linke hingegen ist auf Brusthöhe nach oben angewinkelt. Der Kopf wiederum ist in die entgegengesetzte Richtung gedreht, leicht zur Seite geneigt und entspricht der Wendung des rechten Fußes. Somit wird eine

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

51  Werkstatt Philipp Jakob Straub, Engel rechts, Seitenaltar, Holz, 1750–1770, Paldau, Pfarrkirche hl. Veit

Spannung innerhalb der Körperkomposition erzeugt, die die klar erkennbare ­Dynamik begründet. Der Oberkörper ist auch hier beinahe vollständig unbekleidet, ein Teil des Gewandes ist um den rechten Oberarm geführt, während sich auch hier eine kleine Schüsselfalte bildet, die über den Bauch nach hinten zieht. In beiden Fällen ist die Draperie bemerkenswert und zeugt von großem künstlerischem Talent. Der Stoff fällt in mehreren Lagen und wird an einigen Stellen aufgewirbelt, sodass das goldgefasste Futter sichtbar wird. Dies kreiert einen luftigen Eindruck und unterstützt ihren Charakter als himmelgleiche Wesen. Die Physiognomien, bestehend aus runden Gesichtern mit vollen Backen, mandelförmigen Augen, schmalen Nasen und leicht geöffneten Mündern, die die obere Zahnreihe erkennen lassen, sind nicht Straub-typisch, der Vergleich mit den beiden Engeln des Hochaltars der Grazer Mariahilferkirche (um 1769, zugeschrieben an Ph. J. Straub) lässt jedoch klar eine stilistische Verwandtschaft erkennen, die sich sowohl in der Gewandgestaltung, als auch in der Körperkomposition unmissverständlich feststellen lässt. Auch die bereits mehrmals zum Vergleich herangezogene hl. Elisabeth des Hochaltars der Grazer Bürgerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) lässt eine sehr ähnliche Gewandbehandlung erkennen, speziell in Hinblick auf den Faltenwirbel der rechten Seite, der sich auch beim rechten Engel in Paldau feststellen lässt. Trotz dieser Parallelen kann die Autorschaft

Paldau, Pfarrkirche, Seitenaltar (ehemals Hochaltar der früheren Karmeliterkirche Graz)

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des Meisters selbst an dieser Stelle nicht angenommen werden, dazu erscheinen die Gesichter und insbesondere die Haargestaltung schlichtweg zu atypisch. Es ist anzunehmen, dass hier einer von Ph. J. Straubs Gesellen am Werk war, der sein Handwerk jedoch vorzüglich verstand, da die Draperie hervorragend gelungen ist.

Varaždin (HRV), Ursulinenkirche, Orgelfiguren, um 1752 Das Orgelgehäuse in der Ursulinenkirche der Geburt Christi im kroatischen Varaždin zeigt skulpturalen Schmuck in Form von zwei musizierenden Putten mit Trompeten und der zentralen Skulptur des Königs David mit einer Harfe. Die Figuren209 wurden erstmals 1764, mit dem Hinweis, dass sie seit der letzten kanonischen Visitation 1752 farbig gefasst und vergoldet wurden, urkundlich erwähnt. Martina Ožanić und Ksenija Škarić schrieben die Figuren Ph. J. Straub zu und verglichen sie unter anderem mit jenen der Orgel der Pfarrkirche Birkfeld (1765, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub).210 Der linke Putto mit der Trompete weist eine fast identische Körperhaltung wie Ph. J. Straubs Putto mit den Schlagstöcken (Taf. XXIII) auf. Auch die Draperie des Lendentuchs sowie die Gestaltung der Flügel und Köpfchen mit asymmetrischer Haargestaltung sind nahverwandt. Doch auch die Pose des Königs David ist mit Ph. J. Straubs Mandoline spielendem Engel (Taf. XXIV) v ­ ergleichbar, wenngleich sie spiegelverkehrt wiedergegeben ist. Überaus bemerkenswert ist der Vergleich Davids mit dem hl. Johannes d. T. vom Hochaltar der Frauenkirche Pernegg (1740–1750, zugeschrieben an Ph. J. Straub durch die Autorin). Dieser zeigt eine sehr ähnliche Haltung mit gegenläufiger Drehbewegung, was zu einer Spannung im Körperbild führt. Die Kopfgestaltung ist als annähernd identisch einzustufen, dies belegen die Bartgestaltung, der leicht erstaunte Gesichtsausdruck mit geöffnetem Mund, großer Nase und runden Augen sowie die auf Höhe des Kiefergelenks sitzenden Ohren. Selbst die gerade verlaufende Haargrenze an den Schläfen sowie die haarlose Stelle zwischen Unterlippe und Kinnbart sind gleich ausgeführt. Stilistisch können die Skulpturen daher zurecht Ph. J. Straub zugeschrieben werden. Zu erwähnen ist der Vollständigkeit halber, dass es der jüngere Bruder, Joseph Straub, war, der nachweislich 1745 vom Klostervorsteher mit der Fertigung des dem hl. Johannes Nepomuk geweihten Seitenaltars in derselben Kirche beauftragt wurde.211 Auch die Fassadenfiguren der hll. Johannes Nepomuk und Franz Xaver (1746– 1752) stammen von seiner Hand. Es wäre demnach naheliegend, dass er auch mit der Fertigung der Orgelskulpturen betraut worden wäre. Die stilkritische Analyse verweist jedoch eindeutig auf den älteren Bruder.

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

Schloss Gleinstätten, Kapelle, Altar mit Engelsfiguren, 1755–1760, verschollen (Modelle dazu im Salzburger Barock­ museum, Sammlung Rossacher) Im Inventar der Sammlung Rossacher des Salzburger Barockmuseums befinden sich zwei geschnitzte Engelsfiguren, die Ph. J. Straub zugeschrieben werden.212 Diese dienten als Modelle für einen Altar der Kapelle des Schlosses Gleinstätten, der im Zeitraum 1755 bis 1760 von Ph. J. Straub gefertigt worden sein soll, allerdings heute verschollen ist. Horst Schweigert nahm die Modelle in sein Werksverzeichnis auf.213 Sie fanden allerdings keinen Eingang in den TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs. Dabei handelt es sich um zwei adorierende Engel, die auf niederen Volutenkonsolen knien. Jener Engel214, der sich links des Altarbilds befinden sollte, hat die Hände zum Gebet vor der Brust gefaltet und blickt nach schräg oben. Durch den leicht geöffneten Mund und die großen Augen (die am Modell jedoch nur zu erahnen sind) entsteht ein erstaunter Ausdruck. Diese Regung wird durch das scheinbar zerzauste Haar verstärkt, das über der hohen Stirn in zwei markanten Büscheln absteht. Der unbekleidete Oberkörper ist muskulös durchmodelliert und anatomisch korrekt umgesetzt, die Flügel sind äußerst detailliert ausgearbeitet, die Strukturen der einzelnen Federn lassen sich erkennen. Im Gegensatz zu Ph. J. Straubs altbekanntem Flügeltypus wirken diese filigraner und leichter, was an den beiden langen Federn der Handschwingen (gleich einem Vogelflügel) ersichtlich ist, die schwungvoll nach außen verlaufen. Auch das Kleid, das ihm um die Beine liegt, erscheint höchst bewegt, was insbesondere am um den Oberkörper laufenden Tuch liegt, das sich unter dem rechten Arm zu einer Schüsselfalte windet, während das lose Ende über den linken Oberarm nach unten verläuft. Das Modell des anderen Engels215, der rechts des Altarbildes positioniert werden sollte, ist im Prinzip ähnlich, jedoch mit kleinen Differenzen ausgeführt (Abb. 52). Abgesehen von der unterschiedlichen Gestik mit einem zur Brust geführten und einem nach vorne ausgestrecktem Arm, ist es die Modellierung der Flügel, die hier deutlich anders geartet ist (die Handschwingen sind viel breiter und die Flügel erscheinen weniger ›zerfranst‹. Besonders augenscheinlich ist die misslungene Gestaltung des äußeren Beines, das – wie auch beim anderen Modell – eigenartig verkrümmt und verkürzt ist sowie in unnatürlichem Winkel zum Knie steht. Auch wenn es sich hier lediglich um Entwurfsarbeiten für die eigentlichen Skulpturen handelt, ist es doch verwunderlich, sollte Ph. J. Straub der Urheber dieser Modelle sein, da ihm eine anatomische Genauigkeit zugrunde liegt, die er auch bei Modellen angewandt haben wird. Zudem erscheinen die Physiognomien mit dominant vorspringenden Nasen nicht dem gewohnten Gesichtstypus von Ph. J. Straubs Figuren. Dennoch zeigt ein Vergleich mit den auf Volutenkonsolen knienden Gebälkengeln des Reiner Sebastiansund Narzissusaltars (1742–1743, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), dass diese eine sehr ähnliche Körperkomposition aufweisen. So scheint das Modell des rechten ­Engels in den Grundzügen mit dem rechten Engel des Sebastiansaltars zu korrespondieren,

Schloss Gleinstätten, Kapelle

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52  Philipp Jakob Straub (?), Modell eines Engels (rechts), Holz, 1755–1760, ­Salzburger Barockmuseum, Sammlung ­Rossacher

53  Philipp Jakob Straub, hl. Valentin, ­ onsolfigur, Holz, um 1760, Arzberg, K ­Pfarrkirche hl. Jakobus d. Ä.

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

abgesehen von einer abweichenden Armhaltung. Doch die merkliche Torsion des Hal­ tungsmotivs sowie die Kopfposition und Draperie der Gewandung sind augenscheinlich aneinander orientiert. Ähnlich verhält es sich mit dem linken Engel des Sebas­ tiansaltars, da dieser wiederum bemerkenswerte Parallelen zum zweiten ModellEngel aufweist. Auch hier ist die Körperhaltung nur leicht abgewandelt, während die Gewandung mit über den linken Oberarm geschlungenem Mantelzipfel und die Charakteristik der räumlichen Faltenmodellierung starke Anleihen am Modell nehmen. Da es von Ph. J. Straub – soweit bekannt – keinerlei Entwurfszeichnungen oder Bozzetti gibt, kann auch kein adäquater Vergleich zwischen den beiden Modellen und Straubs Œuvre gezogen werden. Nichtsdestotrotz ist eine Orientierung an dessen Schaffen nicht zu leugnen, wenngleich die anatomischen Unsicherheiten vor allem im Bereich der Beine Zweifel an der Urheberschaft des Bildhauers aufkommen lassen. Eine eindeutige Widerlegung der Zuschreibung ist an dieser Stelle nicht möglich, sie kann jedoch auch nicht zweifelsfrei bestätigt werden.

Arzberg, Pfarrkirche, Konsolfiguren hll. Valentin und Nikolaus, um 1760 Die Pfarrkirche hl. Jakobus der Ältere in Arzberg wurde erstmals 1242 urkundlich erwähnt, im 18. Jahrhundert aufgrund von Baufälligkeit abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Diesen führte Matthias Reichel von 1786 bis 1789 in Form einer einfachen Saalkirche mit Spiegelgewölbe und halbrundem Chorschluss aus.216 Innerhalb des Kirchenraums befinden sich mehrere barocke Konsolfiguren, zwei davon – die hll. Valentin von Rätien und Nikolaus von Myrna217 – werden Ph. J. Straub zugeschrieben und auf die Mitte bzw. zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts datiert.218 Horst Schweigert hat die Skulpturen nicht in das Werksverzeichnis aufgenommen, wohingegen der TrArS-Werkkatalog diese anführt.219 Die beiden Heiligen stehen auf schlichten Konsolen in grauer Scheinmarmorierung und grüngefassten Plinthen. Hinsichtlich Körper- und Gesichtsgestaltung sind sie aus einem Guss, lediglich ihre Kopf- und Armhaltung sowie die Draperie unterscheiden sie voneinander. Der hl. Nikolaus erscheint sehr ruhig, die rechte Hand hält den Krummstab, die linke ein geschlossenes Buch, auf dem die drei goldenen Kugeln liegen. Sein linkes Spielbein ist leicht zur Seite ausgestellt, darüber bauscht sich eine Mantelflut, die von hinten nach vorne geweht zu werden scheint. Dieses effektvolle Mittel ist das einzige, mit dem hier Dynamik erzeugt wurde, und erinnert an die hl. Elisabeth des Hochaltars der Grazer Bürgerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub), die eine ähnlich lebhafte Gewandgestaltung aufweist. Auch die Faltenlegung des Saums der jeweils ruhigeren Seite ist bemerkenswert ähnlich ausgeführt. Der hl. Valentin (Abb. 53) hingegen wird durch die ruhig fallende Kleidung in seiner erhabenen Haltung unterstützt, Bewegung geht in seinem Fall vom stark nach rechts gedrehten Kopf aus, dessen Blick über die Schulter nach hinten und unten fällt. Er

Arzberg, Pfarrkirche

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wendet den Blick von dem vor ihm hockenden, epilepsiekranken Kind ab, führt jedoch einen Handgestus in dessen Richtung aus. Die Linke fasst den Bischofsstab, der hinter dem Knaben zu stehen kommt. Gesichts- und Haartypus beider Heiliger erinnern an den hl. Leopold des Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), die Gesichtszüge der zwei Bischöfe sind jedoch deutlich ernster. Der hl. Valentin des Narzissusaltars (Taf. XXV) der Stiftskirche Rein (1742–1743, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) weist Parallelen zum hl. Valentin von Arzberg auf. Die Handhaltung ist sehr ähnlich, wenngleich die Finger weniger manieriert umgesetzt wurden, die Körperkomposition im Gesamten zeugt allerdings deutlich von einer stilistischen Beziehung. Beim Reiner Beispiel sind die Gewandfalten indes viel fließender und den Bewegungen angepasst. Eine Zuschreibung an Ph. J. Straub ist plausibel, die Datierung der Skulpturen kann aufgrund der relativ ernsten Gesichter und der beruhigten Gewandgestaltung um 1760 angesetzt werden, entspricht demzufolge dem Spätwerk des Bildhauers.

Wundschuh, Schloss Neuschloss Südlich des Grazer Feldes liegt das Schloss Neuschloss, südöstlich von Wundschuh. Erstmals genannt wurde das Gebäude im Jahr 1265 als landesfürstlicher Viehhof, 1442 erfolgte die Ausgestaltung unter Kaiser Friedrich III. bis schließlich die Grafen von Dietrichstein das Anwesen im Zeitraum von 1643 bis 1780 übernahmen und zum »Neugeschloß« ausbauen ließen.220 Der umgebende Park zeigt insgesamt fünf barocke Tore mit Schmiedeeisengitter und skulpturalem Schmuck in Form von Prunkvasen und Putten. Weitere Vasen stehen auf den Mauerpfosten zwischen den Toren. Des Weiteren befinden sich zwei Heiligenfiguren auf Sockeln an der Zufahrtsstraße zum Schloss, die mit Ph. J. Straub in Verbindung zu bringen sind. Skulpturenschmuck der fünf Parktore, 1760–1765, Umkreis Ph. J. Straub Die Gliederung der fünf Parktore wird mit der Art Johann Lucas von Hildebrandts (1668–1745) in Verbindung gebracht,221 hinsichtlich des plastischen Schmucks verweist Horst Schweigert auf Ph. J. Straub als ausführenden Künstler und gibt 1760 bis 1765 als Entstehungszeitraum an.222 Er wurde auch im TrArS-Werkkatalog für Ph. J. Straub aufgenommen.223 Zu den Vasen in unterschiedlichen Ausführungen lässt sich festhalten, dass diese trotz fortschreitenden Verwitterungsschäden und Flechtenbildung einen ausgeprägten Detailreichtum darlegen, was auf einen talentierten Künstler hinweist. Neben aufgesetzten Blüten und Bouquets, finden sich Volutenspangen und diverse groteske Fratzen als schmückende Elemente. Letztere sind im Schaffen Ph. J. Straubs bislang nicht feststellbar, es kann demnach schwerlich ein adäquater Vergleich angestellt werden. Dem Schlossportal direkt gegenüber befindet sich jenes Tor, das – zusätzlich zu den Vasen – zwei Putten zeigt, die auf Volutenkonsolen sitzen (Abb. 54). Deren

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

54  Umkreis Philipp Jakob Straub, Putto, Detail Parktor, Sandstein, 1760–1765, Wundschuh, Schloss Neuschloss

55  Veit Königer / Philipp Jakob Straub, Putto, Detail ­Parktor, ­Sandstein, 1764, Graz, Schloss Eggenberg

Proportionen erscheinen im Bereich des Rumpfes unausgewogen, da dieser – im Vergleich zu den Extremitäten – zu massig anmutet. Einzelne horizontale Linien verdeut­ lichen Fettringe, wobei jener am Übergang von Unterschenkel zu Fuß übersteigert umgesetzt wurde, sodass sich eine regelrechte Fettschürze ausbildet. Die Positionen der Arme und Beine erinnern an Puppen, lediglich die rundbäckigen Gesichter sind von künstlerischer Qualität und werden von asymmetrischen Lockengebilden gerahmt. Hier eine Verbindung zu Ph. J. Straub zu suchen, ist dennoch nicht der logische Schluss dieser Betrachtungen. Dies verdeutlicht auch der unmittelbare Vergleich mit den Putten des Parktors des Schlosses Eggenberg (1764), die von Veit Königer und Ph. J. Straub geschaffen worden sind (Abb. 55).224 Auch wenn deren Rümpfe proportio­ nal zu groß ausfallen, handelt es sich doch um ausgewogene Kompositionen mit lieblichen Gesichtern, denen Straub’sche Züge zugrunde liegen. Auch ist die hochbewegte Faltengebung zu erwähnen, die die Tuchenden dynamisch flattern lassen. Obwohl sich diese Charakteristika bei den Putten von Wundschuh nicht feststellen lassen, könnte es sich dennoch um Werke aus dem Umkreis des Bildhauers handeln. Hll. Johannes Nepomuk und Florian, 1760–1765, Umkreis Ph. J. Straub An der Zufahrtsstraße zum Schloss sind zwei Figuren gegenübergestellt, die die hll. Johannes Nepomuk225 und Florian226 verkörpern. Diese werden auf die Mitte des

Wundschuh, Schloss Neuschloss

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56  Umkreis Philipp Jakob Straub, hl. Johannes Nepomuk, Sandstein, 1760–1765, ­Wundschuh, Schloss ­Neuschloss, ­Zufahrtsstraße

18. Jahrhunderts datiert und als in der Art Ph. J. Straubs bezeichnet.227 Weitere Hinweise zu ihnen sind bislang nicht bekannt. Es handelt sich um freistehende Skulpturen, deren Rückseite nur oberflächlich bearbeitet wurde, was nahelegt, dass sie nicht auf Allansichtigkeit ausgelegt waren. Der hl. Johannes Nepomuk (Abb. 56) steht kontemplativ auf einer quadratischen Plinthe, die wiederum den oberen Abschluss des darunter befindlichen Sockels bildet. Das Standmotiv ist sehr stabil, Bewegung wird lediglich durch das zur Seite schwingende Rochett suggeriert. Der seitlich geführte und leicht angewinkelte linke Arm birgt das massive Kreuz, die vor die Brust geführte rechte Hand verweist mit der Zeigegeste darauf. Der Blick aus sehr großen, kugeligen Augen unter schweren Lidern ist darauf gerichtet, das Antlitz trägt melancholische, jedoch freundliche Züge und ist idealschön modelliert. Die gerade Nase mit zarten Flügeln verläuft in elegant geschwungenen Brauenlinien, die hohen Wangenknochen treten deutlich hervor. Der Mund ist von derselben Breite wie die Nasenbasis und wird durch volle Lippen mit ausgeprägtem Cupidobogen gebildet. Zwischen Nase und Mund entspringen zwei gewundene Strähnen, die in einen lockigen Bart münden, der am Kinn zwei Spitzen formt. Das ebenfalls gelockte Haupthaar bündelt sich in voluminöse Büschel, auf dem Haupt sitzt das Birett. Dem meisterlich umgesetzten Kopf stehen proportional

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

zu groß geratene Hände gegenüber, die der ausgewogenen Gesamterscheinung nicht zuträglich sind. Der Kopf erscheint dadurch noch zarter. Die Skulptur ist zwar – wie ihr Gegenüber – freistehend und allansichtig, die Rückseite wurde jedoch sehr flach gestaltet, wenngleich auf das Ausarbeiten von Details, wie dem Spitzenbesatz und den Pelzquasten der Mozzetta, nicht verzichtet wurde. Der hl. Florian steht mit den üblichen Attributen in kaum merklichem Kontrapost aufrecht auf seinem Sockel. Der linke Arm ist vor den Körper geführt und hält den Wassereimer über das vor seinen Füßen stehende Haus, aus dessen oberem Fenster Flammen züngeln. Der rechte, nach oben angewinkelte, Arm greift die Flagge. Dynamik ist innerhalb der Komposition nicht zu erkennen, weder Körper noch Kleidung erscheinen bewegt. Der Kopf wurde zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt erneuert,228 das Gesicht entspricht jedoch jenem des hl. Nepomuk, die Proportionen sind gleich, ebenfalls die Nasenform. Wenngleich die beiden Skulpturen in den Grundzügen an Ph. J. Straubs Œuvre heranreichen, sind diese jedoch nicht dem Meister zuzuordnen, sondern lediglich seinem Umkreis. Die Steifheit in der Körpermodellierung und die Flächigkeit des ­Rochetts des hl. Johannes Nepomuk entsprechen nicht dessen Stil.

Graz, Albrechtgasse Nr. 6, Fassade, hl. Michael, 1760–1770 Die Fassade des Gebäudes Albrechtgasse Nr. 6 in Graz ist Teil des Südost-Traktes des Franziskanerklosters und birgt eine Nischenfigur, die auf das dritte Viertel des 18. Jahrhunderts datiert und als in der Art Ph. J. Straubs bezeichnet wird.229 Horst Schweigert schreibt die Skulptur Ph. J. Straubs Spätstil zu,230 diese Annahme bestätigt der TrArS-Werkkatalog.231 Die deutlich unterlebensgroße Figur des Erzengels Michael232 (Taf. XXVI) steht auf einer Plinthe und hält die Seelenwaage in der Linken, während die Rechte das Flammenschwert greift. Er steht selbstbewusst und fest mit beiden Füßen auf der Plinthe, das Becken ist leicht gekippt und das rechte Bein etwas nach vorne gesetzt, sodass sich ein schwach ausgeprägter Kontrapost ergibt. Dieser wirkt verstärkt durch den mitschwingenden Saum des knielangen Gewandes, der der Bewegungsrichtung folgt. Der Oberkörper ist leicht nach hinten gelehnt, das Haupt dezent nach links gedreht und etwas zur Seite geneigt, sodass die Blickrichtung nach schräg oben geht. Diese stoische Pose wird durch die Mimik unterstrichen, die emotionslos wirkt und durch große runde Augen sowie eine unauffällig geformte Nasen- und Mundpartie gekennzeichnet ist, inmitten eines rundlichen Gesichts mit rahmenden welligen Haarsträhnen, die bis zum Nacken reichen. Auf dem Kopf sitzt eine, mit drei runden Federn besetzte, Kopfbedeckung (es erscheint wie ein goldenes Diadem, das über der Stirn drei Rocaillen ausbildet, von denen die Federn abgehen). Der Brustpanzer ist ebenso reichlich dekoriert – eine Rocaille-Kartusche ziert die Brust, während eine weitere am Unterbauch liegt, von der gürtelartig Volutenspangen um die Hüfte ver-

Graz, Albrechtgasse Nr. 6

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laufen. Dynamik erzeugt der Mantel des Heiligen, der über den linken, nach oben angewinkelten Arm verläuft und sich hinter dessen Rücken nach unten ergießt, wo er auf Stiefelhöhe einen Faltenwirbel bildet. Er strahlt dieselbe ernste Erhabenheit aus wie die Skulpturen des Birkfelder Rosenkranzaltars (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), insbesondere die hl. Anna weist dasselbe Standmotiv mit ausschwingendem Gewandsaum auf. Zudem spricht die Behandlung des Mantelmaterials stark für den Meister, da sich hier wiederum dessen Talent für das Kreieren von ›leben­ digen‹ Stoffen manifestiert, die überaus plastisch erscheinen. Die Zuschreibung an Ph. J. Straub ist demnach plausibel.

Graz, Albrechtgasse Nr. 7, Fassade, Maria Immaculata, 1760–1770 Das Gebäude Albrechtgasse Nr. 7 in Graz wurde 1844 von Georg Hauberisser dem Älteren (1791–1875) erbaut, die Fassade 1961 vereinfacht.233 Hier befindet sich eine Skulptur, Maria mit Kind234, die Ph. J. Straub zugeschrieben und auf das dritte Viertel des 18. Jahrhunderts datiert wird.235 Sie thront auf einer schmuckvollen Konsole mit markanter Rocaille-Kartusche, die möglicherweise einst einen Schriftzug im Zentrum trug. Horst Schweigert führt die Skulptur ebenfalls in seiner Werkliste und schreibt sie dem Spätstil des Künstlers zu.236 Das befürwortet auch der TrArS-Werkkatalog.237 Die Gruppe zeigt bereits witterungsbedingte Glättungen der Oberflächen, wurde mittlerweile allerdings durch ein Kupferdach geschützt, das 1961 im Zuge der Restaurierung durch Heinz Hiebl angebracht wurde.238 Es handelt sich um eine Darstellung der hl. Maria mit dem Jesusknaben auf dem Arm (Abb. 57). Sie steht auf einem Wolkengebilde, auf dem sich ein Drache befindet, der den Kopf in Richtung der beiden gewandt hat. Maria steht mit gebeugten Knien und himmelwärts gerichtetem Kopf, während sie ihren Sohn auf Brusthöhe in den Armen hält. Dieser hat den rechten Arm wie zum Gruß erhoben, Gesichtstypus und Haargestaltung erinnern stark an die Straub’schen Putten, die lebhaft dessen Altäre bevölkern. Maria bildet mit ihrem Mantel eine Schüsselfalte, die das Kind schützend bettet. Das andere Stoffende zieht über den linken Oberschenkel nach vorne. Das Gewand ist sehr realitätsnah gestaltet, erscheint weich und knittrig. Ph. J. Straubs Vermögen, Stoffe virtuos darzustellen, kommt hier deutlich zur Geltung. Auch die Gesichtszüge Marias zeigen seine Handschrift und erinnern an die eleganten, ideal­ schönen Antlitze, die der Künstler seinen Mariendarstellungen vorbehielt, und die sich durch ein rundes, leicht hervorstehendes Kinn, große Augen und einen kleinen volllippigen Mund auszeichnen. Ein weiteres Indiz ist die innige Verbundenheit zwischen den beiden Figuren, die deutlich vorherrscht, wenngleich sich die beiden Gesichter nicht einander zuwenden. Marias schützender Griff und die Gewandfalte, die sich um das Kind legt, schaffen eine liebevolle Beziehung zwischen den beiden Dargestellten und stehen im starken Kontrast zum Drachen, der bedrohlich nach oben blickt. Dieses hagere Wesen verfügt über Kopf und Körperbau eines Hundes mit Flü-

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

57  Philipp Jakob Straub, Maria Immaculata, Sandstein, 1760–1770, Graz, Albrechtgasse Nr. 7, Fassade

geln und Flossen an den Vorderläufen sowie markanten Eckzähnen. Auch wenn die Madonna – anders als bei den Immaclata-Darstellungen – nicht mit einem Fuß siegreich auf der Bestie steht, lässt ihre himmelgerichtete Haltung dennoch keinen Zweifel über ihren Sieg über das Böse aufkommen. Ebenso besteht kein Zweifel, dass Ph. J. Straub der ausführende Künstler war.

Graz, Bergstraße Nr. 24, Maria Immaculata, 1760–1770 (nicht mehr in situ, durch hl. Franz Xaver ersetzt) Gemäß Dehio Graz soll sich im Innenhof des Gebäudes Bergstraße Nr. 24 in Graz eine Sandsteinfigur einer Maria Immaculata aus dem dritten Viertel des 18. Jahrhunderts befinden, die in der Art Ph. J. Straubs gestaltet wurde.239 Horst Schweigert nahm diese ebenfalls in sein Werksverzeichnis auf.240 Eine Begehung brachte zutage, dass sich dort heute ein hl. Franz Xaver eines anonymen Künstlers befindet. Der Verbleib der Figur ist unbekannt.

Graz, Bergstraße Nr. 24

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Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf, Ecce Homo und Mater Dolorosa, 1760–1770 Die beiden Konsolfiguren Ecce Homo241 und Mater Dolorosa242 befinden sich an beiden Seiten der Triumphbogenwand der Wallfahrtskirche Mariahilf in Graz und stehen auf kunstvollen Barockkonsolen. Sie werden gemäß Dehio Graz als in »Art Ph. J. Straubs« angesehen und auf den Zeitraum 1740 bis 1750 datiert.243 Urkundliche Quellen zum Autor der Figuren fehlen bislang, es ist jedoch möglich, dass sie in dem an entsprechender Stelle bereits erläuterten Betrag von 800 fl, den Ph. J. Straub für diverse Arbeiten für Mariahilf erhielt, inkludiert waren. Dies ist jedoch lediglich Spekulation und kann an dieser Stelle nicht als Nachweis seiner Urheberschaft dienen. Horst Schweigert führte die Figuren in seinem Werksverzeichnis der Arbeiten Ph. J. Straubs und datierte sie auf den Zeitraum 1760 bis 1765, was sie dem Altersstil des Künstlers zuweisen würde.244 Auch die TrArS-Werkliste führt die beiden Skulpturen als Werke Ph. J. Straubs.245 Die Darstellung Christis im Ecce Homo-Typus246 (Abb. 58) ist verhältnismäßig beruhigt, wenn auch keineswegs statisch. Er steht mit vor der Brust erhobenen und gefesselten Händen im klassischen Kontrapost, wobei das rechte Spielbein die Plinthe nur leicht mit dem großen Zeh antippt. Das Haupt ist nach links gedreht und geneigt, der heroische Blick nach unten auf die Betrachtenden gerichtet. Ein sachter S-Schwung zieht sich durch die Körperlinie des ansonsten recht unbewegten Heiligen. Auch die Drapierungen des Lendentuchs und Mantels sind nicht aufgebauscht und fallen gleichmäßig nach unten, was untypisch für das Schaffen Ph. J. Straubs ist und sich auch im etwas ruhigeren Spätwerk des Künstlers kaum zeigt. Auch die Schmerzensmutter (Abb. 59) steht recht still auf ihrer Plinthe, die kontrapostische Haltung ist unter dem schweren, vor den Körper gezogenen Mantel kaum auszumachen. Die rechte Hand ist mit offener Handfläche nach vorne ausgestreckt, während die linke in den Mantelstoff auf Höhe ihres Herzens greift. In diesem befindet sich ein langes Schwert. Das seitlich geneigte Haupt zeigt ein stoisch-melancholisches Gesicht, das – dem Anlass entsprechend – die Gemüter der Betrachtenden berühren soll. Ihre Körpersilhouette wird maßgeblich vom voluminösen Mantel bestimmt, der an der linken Hüfte eine schwere Schüsselfalte bildet und sich wie ein Schutzschild vor den Körper der Heiligen legt. Obwohl die Drapierung sehr feinteilig gearbeitet ist, fehlt auch hier das bekannte dynamische Element, das Ph. J. Straubs Kompositionen zu eigen ist. Die Physiognomien sprechen durchaus für den Bildhauer, ebenso die präzise Körpermodellierung. Im Vergleich zu den Hochaltarfiguren der Pfarrkirche von Birkfeld (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) wird evident, dass es sich unter Umständen tatsächlich um den Reifestil Ph. J. Straubs handelt, dem besagte Figuren entstammen. Der ernste, resignierende Ausdruck in den Gesichtern ist dort wie da vorhanden und widerspricht den vorangegangenen Werken des Bildhauers in der frühen und mittleren Periode, die fast allesamt durch ein freundliches Gesicht mit hochgezogenen Mundwinkeln charakterisiert waren und eine gänzlich andere Aus-

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

58  Philipp Jakob Straub, Ecce Homo, Holz, 1760–1770, Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf

59  Philipp Jakob Straub, Mater Dolorosa, Holz, 1760–1770, Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf

Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf

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strahlung besaßen.247 Der Christus von Mariahilf und der hl. Johannes von der Gesims­ zone des Birkfelder Rosenkranzaltars können durchaus miteinander verglichen werden: Physiognomie, Haar- und Bartgestaltung sowie der bestens durchmodellierte Körper lassen meisterliche Züge erkennen, dasselbe gilt für die etwas schwerfällige, aber doch kraftvolle Draperie der Lendenschurze. Ph. J. Straub als Künstler beider Konsolskulpturen zu nennen, ist trotz untypischer Merkmale naheliegend und kann auch durch die Autorin bestätigt werden. Die Datierung ist jedoch auf 1760 bis etwa 1770 auszuweiten, da eine Begrenzung bis 1765 nicht nachzuvollziehen ist, speziell da die Birkfelder Skulpturen erst 1768 f­ ertiggestellt wurden.

Graz, Universalmuseum Joanneum, Alte Galerie, Relief ­Himmelfahrt Maria, um 1750–1770 Das Relief mit der Himmelfahrt Marias248 gelangte als Schenkung durch Rudolf von Wachtler im Jahr 1874 an das (heutige) Universalmuseum Joanneum Graz.249 Wilhelm Suida schrieb es erstmals Ph. J. Straub zu, indem er es mit den Reliefs der Kanzel der Grazer Stadtpfarrkirche im Grazer Diözesanmuseum verglich.250 Georg Gerlach erwähnte das Relief als Teil der Kanzel der Grazer Stadtpfarrkirche.251 Dem widerspricht Horst Schweigert, der meinte, dass das Motiv keinen Bezug zu einer Kanzel hätte.252 Karl Garzarolli-Thurnlackh253 und Kurt Woisetschläger254 schrieben das Relief ebenfalls Ph. J. Straub zu. Christine Rabensteiner ordnete die Arbeit im Zuge des TrArSProjekts der Werkstatt des Künstlers zu und datierte sie auf 1760 bis 1770. Sie verwies auf die unausgewogenen Proportionen und die falsche Perspektive des Sarkophags, zudem erwähnt sie die Möglichkeit, dass es sich um ein Aufsatzbild gehandelt haben könnte.255 Es handelt sich um ein hochrechteckiges Relief mit halbrundem Abschluss, das durch einen dunklen, profilierten Rahmen mit goldener Innenleiste eingefasst wird, der wohl nachträglich angebracht wurde. Das Relief ist holzsichtig und war vermutlich ursprünglich vergoldet. Bei der Himmelfahrt ist deutlich mehr Platz zwischen den einzelnen Figurengruppen als bei den übrigen Reliefs der Kanzel, wobei klar zwischen irdischem und himmlischem Bereich unterschieden und beide durch eine Freifläche voneinander abgegrenzt sind. Horst Schweigerts Einwand, dass es sich auch thematisch kaum um ein der Kanzel zugehöriges Element handelt, ist ebenfalls zuzustimmen, werden die übrigen Motive bedacht, die allesamt auf Propheten bezogen sind.256 Die untere Ebene des zweitgeteilten Bildfelds besteht aus dem geöffneten Sarkophag über dessen einer Hälfte sich eine aufgeregte Ansammlung von Aposteln wild gestikulierend versammelt. Im Hintergrund sind weitere Figuren zu erkennen, die sich der oberen Szenerie zuwenden. Maria wird mit weit ausgebreiteten Armen von zwei Engeln emporgetragen, umgeben von einem Strahlenkranz, mehrteiligen Wol-

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kengebilden, Putten und geflügelten Puttoköpfchen. Das Relief ist teilweise sehr flach ausgearbeitet, mit einzelnen plastischeren Partien, die insbesondere die beiden Hauptszenen, die himmelfahrende Maria und die erschrockenen Apostel darunter betreffen. Die Faltenwürfe sind überaus realisitsch umgesetzt und leben von einer starken Licht-Schatten-Wirkung sowie einer gekonnt umgesetzten Dynamik, die insbesondere den Mantel Marias und das Tuch des Engels zu ihrer Rechten ergriffen hat. Dies kann durchaus mit den Reliefs der Grazer Stadtpfarrkirche gleichgesetzt werden (1748–1750, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), wo sich ebenfalls leichte Unsicherheiten bezüglich der perspektivischen Verkürzungen feststellen lassen, die Christine Rabensteiner Anlass nahm, die Himmelfahrt Mariens der Werkstatt Ph. J. Straub zuzuweisen. Es zeigt sich jedoch, dass der Bildhauer bei den Chorgestühlreliefs trotz meisterlich umgesetzter Faltengebung, trotzdem leichte Schwächen hinsichtlich der perspektivischen Verkürzung aufweist. Die Erweckung Tabitas durch Petrus beweist dies anhand des Totenbettes, das nicht korrekt wiedergegeben ist, oder anhand Tabitas rechtem Arm, der regelrecht verkümmert scheint, während die Hände gleichzeitig zu groß anmuten. Auch das Relief «Petrus wird von einem Engel aus dem Gefängnis befreit” weist dieselben Unsicherheiten auf, so bei der sehr steifen und ­unnatürlichen Armhaltung des Engels sowie der halb geöffneten Tür, bei der der Winkel des Türblattes nicht zum Türbogen passt. Daneben befindet sich aber ein anatomisch und der Perspektive korrekt angepasster hl. Petrus mit beinahe vollplastisch ausgearbeitetem Haupt, dessen Detailreichtum und Realismus mehr als bemerkenswert erscheint. Demnach ist davon auszugehen, dass es sich bei der Himmelfahrt Mariens durchaus um ein Werk Ph. J. Straubs handelt, der schlichtweg leichte Unsicherheiten auf dem Gebiet der Reliefarbeit aufwies, was an manchen Stellen deutlicher zutage tritt als an anderen. Die Datierung kann nach stilanalystischen Untersuchungen etwas früher angesetzt werden, sodass sich ein Entstehungszeitraum zwischen 1750 und 1770 ergibt.

Varaždin (HRV), Kathedrale Maria Himmelfahrt, Kanzel, 1761 Die Kathedrale Maria Himmelfahrt im kroatischen Varaždin birgt eine Kanzel257, die 1761 für 700 fl in Graz in Auftrag gegeben wurde. Ursprünglich war sie von kleinen Skulpturen und weiterem Zierrat geschmückt, heute sind davon nur noch ein Relief und diverse Rocaille-Ornamente vorhanden. Die Marmor imitierende Fassung geht auf den Grazer Maler Franz Karcher zurück, während das Relief mit Ph. J. Straub in Verbindung gebracht wird. Die Kanzel wurde im Zuge des TrArS-Projekts in den Werkkatalog aufgenommen.258 Das Relief in Form einer Rocaille-Kartusche befindet sich an zentraler Stelle am Kanzelkorb und stellt die Szene »Jesus beruhigt den Sturm« (Mt 8, 23–27) dar. 259 Jesus ist in C-förmiger Körperhaltung mit im Segensgestus nach oben geführtem Arm wiedergegeben, seine gebeugte Haltung wird vom Baum zu seiner Linken imitiert. Neben

Varaždin (HRV), Kathedrale Maria Himmelfahrt

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ihm strebt ein bärtiger Mann mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu, während sich zwei andere Jünger im linken Bildhintergrund auf einem Boot befinden und die ­Netze flicken. Das Relief ist sehr feinteilig gearbeitet, was insbesondere am Blattwerk des Baumes ersichtlich ist. Der Faltenwurf von Jesus Kleidung erscheint sehr kunstvoll, der Mantel wird durch einen quer über den Bauch laufenden Gurt derart gerafft, dass sich eine schwere Schüsselfalte an der rechten Hüfte formt. Während Jesus recht dynamisch umgesetzt wurde, erscheinen die Jünger in ihrer Haltung sehr steif. Die Physiognomien sind jedoch allesamt individuell und detailliert ausgeführt. Die Gesichter von Jesus und dem, sich ihm annähernden, Jünger sind bärtig und zeichnen sich durch große Augen, eine spitzzulaufende Nase und einen kleinen Mund aus, die Sehnen und Knorpel des Halses sind realistisch umgesetzt. Als Vergleich dient das, vom Chorgestühl der Grazer Stadtpfarrkirche s­ tammende, Relief mit der Szene »Petrus heilt einen Gelähmten« (Apg 3, 6f.) (um 1750, urkundl. ge­ sichert für Ph. J. Straub), das denselben Darstellungsmodus präsentiert.260 Petrus und der Gelähmte begegnen sich auf ähnliche Weise wie Jesus und der Jünger. Neben den Haltungsmotiven sind auch die physiognomischen Aspekte miteinander in ­Verbindung zu bringen, was die angenommene Autorschaft Ph. J. Straubs bestätigt. Die Gegenüber­ stellung mit den Reliefs des Oratoriums der Stadtpfarrkirche (um 1750, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) bekräftigt diese Annahme vor allem hinsichtlich der relativ flachen Ausarbeitung der Motive bei gleichzeitig hoher Dichte an Detailreichtum.

Graz, Karlauplatz, Mariensäule, 1762 Die Mariensäule261 (Abb. 60) am Grazer Karlauplatz wurde, gemäß Rocaillekartusche an der zentralen Säule, im Jahr 1762 errichtet. Des Weiteren ist vermerkt, dass 1829 und 1930 Restaurierungsarbeiten stattfanden und die Stadt Graz 1955 eine Gesamtrenovierung durchführen ließ. Dehio Graz zufolge ist sie der Werkstätte Ph. J. Straubs zuzuweisen,262 Horst Schweigert schrieb sie dem Bildhauer selbst zu und vermerkte, dass sie in späterer Zeit überarbeitet worden sei.263 Der TrArS-Werkkatalog unterstützt dessen Annahme.264 Die Sandstein-Säulengruppe ist symmetrisch-stufenförmig angelegt und erscheint dreizonig: Die unterste Ebene besteht aus zwei abgesetzten Postamenten, auf denen die hll. Petrus Martyr und Florian stehen. Eine Ebene darüber, am Fuß der Säule, befinden sich die hll. Sebastian und Rochus. Eine üppig dekorierte Flammvase ist der Säule vorgeblendet. Darüber erhebt sich die Gestalt der hl. Maria, die deutlich erhöht auf einer Säule steht und sanft nach unten blickt. Auf der Rückseite der Säule lässt sich eine weitere Figur ausmachen, jene des hl. Joseph mit dem Jesusknaben (Abb. 61), die von vorne nicht auszumachen ist. Er steht auf derselben Ebene wie die hll. Sebastian und Rochus und direkt hinter der Madonna. Die Skulptur des hl. Joseph erscheint äußerst qualitätsvoll, was durch die voluminöse Draperie der Kleidung bedingt ist. Er steht mit leicht gebeugten Knien und nach oben gewandtem Gesicht, den

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60  Philipp Jakob Straub, Mariensäule, Sandstein, 1762, Graz, Karlauplatz

61  Philipp Jakob Straub, hl. Joseph mit Jesusknaben, Detail Mariensäule, ­Sandstein, 1762, Graz, Karlauplatz

Graz, Karlauplatz

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Knaben auf Brusthöhe nach rechts ausgerichtet in den Armen haltend. Es scheint, als würde er den Knaben bittend zum Himmel heben. Dieser sitzt ruhig und mit angewinkelten Beinen, in der rechten, vor der Brust angewinkelten Hand hält er einen nicht näher definierbaren Gegenstand, während der linke Arm um die Schulter des Nährvaters geführt ist. Das kugelrunde Gesicht wird von asymmetrisch angeordneten, gebohrten Löckchen gerahmt, der Ausdruck mit dem milden Lächeln ist freundlich. Verspielt ist das Stück Mantelstoff, das um die Beine des Kindes geschlungen ist, dieses scheint es mit seinen Füßchen regelrecht einzuklemmen. Hinter dem Rücken des Knaben rafft Joseph den Stoff zwischen seinen Händen und scheint ihn so schützend zu umfangen. Diese liebliche und Geborgenheit schaffende Darstellungsweise zählt zu den typischen Merkmalen im Schaffen Ph. J. Straubs und lässt sich insbesondere bei seinen Interpretationen der hl. Familie bzw. der Maria mit dem Kinde feststellen. Physiognomie und Körperkomposition stimmen darüber hinaus mit der Handschrift des Künstlers überein, wenngleich die Verwitterung bereits sehr weit fortgeschritten ist und manche Details heute nicht mehr erkennbar sind. Dies wird evident, wenn die physiognomischen Merkmale Josephs mit jenen der beiden Bischöfe des Reiner Narzissusaltars (1742–1745, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), die augenscheinliche Parallelen aufweisen, verglichen werden. Stilistisch auf derselben Ebene wie der hl. Joseph steht der hl. Petrus Martyr, der ein geschlossenes Buch265 auf seine linke Hüfte stützt und mit dem Zeigefinger eine Stelle des Buches zu markieren scheint. Diese Geste findet sich gelegentlich bei Ph. J. Straubs Figuren, ist jedoch deutlich reduzierter ausgeführt, da der Finger nicht direkt zwischen den Seiten steckt, sondern lediglich mit der Spitze sanft dazwischen liegt. Der leicht S-förmige Körperschwung ist an dieser Stelle ebenso bemerkenswert wie die mehrschichtige Draperie der Kleidung mit dem umgeschlagenen Mantelsaum. Die linke Hand ist nach unten geführt und greift in den markanten, sichelförmigen Faltenwurf des Mantels, aus dem eine Märtyrerpalme erwächst. Das bärtige Haupt mit Tonsur und kurzer, kringellockiger Haar- und Barttracht ist nach links gedreht, geneigt und trägt zarte Gesichtszüge, auch die Hände sind sehr feingliedrig. Ganz anders verhält es sich beim Gegenstück in Form des hl. Rochus, der insgesamt viel gröber gearbeitet erscheint. Vor allem die Hände wirken viel zu plump und verweisen mit Sicherheit auf eine nachträgliche Ergänzung im Zuge von Restaurierungsarbeiten.266 Dennoch lässt sich die künstlerische Raffinesse in Hinblick auf die Gewand­ behandlung erkennen, wenngleich das Habit des Heiligen weniger stark gefältelt erscheint als jenes des hl. Petrus Martyr. Auf dem Kopf trägt er den breitkrempigen Pilgerhut, unter dem sich gebohrte Löckchen hervordrängen, die das Antlitz in Dreieckskomposition rahmen (Stirnlocke und zwei markante seitliche Lockenpartien). Der Bart ist halblang und lässt trotz der fortgeschrittenen Verwitterung zwei Kinnlöckchen erahnen. Zu seinen Attributen zählen der Pilgerstab in seiner linken, die Pilgerflasche an seiner rechten Seite sowie der – zu seinen Füßen liegende – Hund mit Brotlaib im Maul. Zwei golden gefasste Muscheln befinden sich auf Brusthöhe auf seinem Mantel.

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Der hl. Sebastian steht in stark geschwungenem Körperbild an einen Baumstumpf gefesselt, wobei das linke Bein fest am Boden steht, während das andere als Spielbein nach vorne gesetzt ist. Die Hüfte vollzieht einen Schwung nach rechts und ist von sehr voluminösen Stoffbahnen umhüllt, die den Dargestellten notdürftig verdecken. Der gekrümmte, stark muskulöse Oberkörper zeichnet sich durch eine Detail­ treue aus, die Knochen und Muskeln deutlich hervortreten lassen, die trotz der Witte­ rungsschäden noch bestens zu erkennen sind. Der linke Arm ist nach oben angewinkelt und am Handgelenk an den Stumpf fixiert, der rechte Arm ist seitlich nach unten angewinkelt und dort ebenfalls angebunden. Das junge, bartlose Gesicht erscheint stoisch mit nach oben gerichtetem Blick, das halblange Haar fällt in welligen Strähnen. Fünf Pfeile stecken im Körper des Malträtierten. Ihm gegenüber, eine Ebene tiefer, steht der hl. Florian in altbekannter Tracht, fest mit beiden Beinen auf der Plinthe. Der Oberkörper ist leicht zurückgelehnt, der Kopf nach unten in Richtung des brennenden Häuschens gerichtet, das er gerade im Begriff ist, zu löschen. Der rechte Arm ist angewinkelt und zur Brust geführt, die Fahne mit schwerem Stoff klemmt dabei in der Armbeuge. Die linke Hand greift zum Zipfel seines Mantels, der über den rechten Oberarm zur Brust geführt ist, die rechte Hand gießt den Wassereimer aus. Das Gesicht erscheint durch die zusammengekniffenen Augenbrauen und Lippen sehr ernst, was typisch für Ph. J. Straubs Spätwerk ist. Die in früheren Werken eher freundliche Physiognomie zeigt sich noch bei der hl. Maria, die über den anderen Figuren erhöht thront und mit geneigtem Haupt auf diese hinabzulächeln scheint. Sie steht auf einer Wolkenformation, die Fußspitzen lugen unter dem aufwirbelnden Kleidersaum hervor. Der ganze Körper ist nach links geneigt, sodass sich eine angedeutete C-Form innerhalb des Körperbilds ergibt. Dies stellt eine typische Haltung für Ph. J. Straubs Mariendarstellungen dar, was auch für die vor der Brust zusammengeführten Hände gilt, die in den Mantelstoff fassen. Das jugendliche, freundliche Gesicht erscheint leicht melancholisch, was ebenso charakteristisch für die Mariendarstellungen des Bildhauers ist. Das mittig gescheitelte Haar ist nach hinten zurückgenommen und von einem zarten Schleier bedeckt. Auffallend ist die ersichtliche Verwandtschaft zu Ph. J. Straubs Werken, wobei sich auch Unterschiede zu dessen Stilbild zeigen, was im direkten Vergleich mit der ihm zugeschriebenen Maria Immaculata der Mariahilferstraße 1 (um 1770) evident wird. ­Insbesondere der Gesichtstypus zeugt von einer offensichtlichen Verwandtschaft der beiden Skulpturen, wenngleich die Augen der Maria des Karlauplatzes deutlich kleiner ausgefallen sind. Zudem ist die Faltengebung weit weniger detailreich modelliert (die Verwitterung mag zu einem gewissen Teil auch dafür verantwortlich sein) und besonders die Arme erscheinen sehr steif, während jene ihres Gegenstücks viel graziler und fließender ausgeführt wurden. Es wäre also naheliegend, hier eine Autorschaft Ph. J. Straubs mit Werkstattbeteiligung anzunehmen. Die Parallelen sind unbestreitbar, jedoch fehlt es an den Raffinessen der meisterlichen Hand. Horst Schweigerts Hinweis, dass die Skulpturengruppe überarbeitet wurde, ist hinsichtlich der Restaurierungen zuzustimmen, im Zuge derer bestimmt einige Teile ergänzt bzw. weitere Arbeiten vorge-

Graz, Karlauplatz

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nommen worden sind. Auch die witterungsbedingte Glättung der Oberflächen kreiert ein verfälschtes Erscheinungsbild. Dennoch ist Ph. J. Straub als alleiniger Urheber der Skulpturen nicht anzunehmen, was sowohl die starren Arme der Maria als auch die auffallenden Qualitätsunterschiede innerhalb der Skulpturengruppe verdeutlichen.

Graz, Sterngasse Nr. 12, Fassaden- und Portalskulpturen: Maria Immaculata, hl. Florian und Relief hl. Franz Xaver, 1765–1770 Das aus dem 17. Jahrhundert stammende Gebäude Sterngasse Nr. 12 in Graz hieß ehemals »Zum Blauen Stern« und wurde zwischen 1765 und 1770, vermutlich durch ­Joseph Hueber, umgebaut. Es verfügt an der Südostseite über ein imposantes Korbbogen-Steinportal mit einem Relief des hl. Franz Xaver sowie zwei Skulpturen der hll. Maria Immaculata und Florian. Diese Arbeiten werden um 1770 datiert und als in der Art Ph. J. Straubs beschrieben.267 Horst Schweigert schreibt die Arbeiten dem Bildhauer selbst zu.268 Dem pflichtet auch die Zuschreibung des TrArS-Werkkatalogs bei.269 Das Portal ist durch zwei seitlich stehende Pilaster mit Volutenkapitellen begrenzt, über denen sich eine geschwungene Gesimszone erstreckt, die mittig in zwei Voluten mündet, zwischen welchen ein Muschelornament liegt, das Ziffern zeigt, die vermutlich die ehemalige Hausnummer darstellen (471). Auf dem Gesims ganz außen befinden sich zwei üppig dekorierte Flammvasen. Im Freiraum zwischen Portal und Gesims findet das Hochrelief mit dem Tod des hl. Franz Xaver (Abb. 62) Platz, das den ihm angedachten Raum beinahe zu sprengen scheint. Der Heilige liegt auf einer Wolkendecke gebettet, den Oberkörper aufgerichtet, sodass der Kopf wie bei einem aufrecht Sitzenden erhoben ist. Das Gesicht ist im Linksprofil zu sehen, die Augen sind fast völlig geschlossen, doch der Exophthalmus tritt deutlich zutage. Haar- und Barttracht sind durch einzelne gebohrte Löckchen und in verschiedene Richtungen verlaufende Strähnen sehr plastisch. Der Darstellung eines Verstorbenen entsprechend sind die Faltenwürfe sehr reduziert ausgeführt und unterstreichen das Harmonische und Ruhige innerhalb des Motivs. Besonders bemerkenswert ist der Detailreichtum, mit dem der Bildhauer die Oberfläche behandelte. Diese ist überaus fein gearbeitet, sogar die einzelnen Perlen des Rosenkranzes, den der Heilige um das Zingulum gebunden hat, wurden als klar definierte Kügelchen modelliert. Besonders zu beachten ist die geflochtene Matte, auf der der Körper liegt, da diese einen klaren Hinweis auf den Dargestellten liefert, der zum Teil auch als hl. Johannes Nepomuk identifiziert wurde.270 Der hl. Franz Xaver starb bekanntlich in einer Höhle auf der chinesischen Insel Sancian, weshalb naheliegt, dass sein Körper durch die Matte vom harten, steinigen Untergrund geschützt werden sollte. Ein weiteres Indiz für die Zuweisung an einen Künstler stellt das Attribut des breitkrempigen Huts dar, in dem ein geschlosse­ nes Buch steckt. Dieser wird häufig bei Darstellungen des hl. Franz Xaver eingesetzt und verweist wahrscheinlich auf die rege Missionarstätigkeit und die damit einhergehenden Reisen, die einen Pilgerhut bedingen. Interessant ist, dass der Künstler den

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

62  Philipp Jakob Straub, Tod des hl. Franz Xaver, Detail Portal, Sandstein, 1765–1770, Graz, Sterngasse Nr. 12

Hut als reines Erkennungsmerkmal des Heiligen eingesetzt haben dürfte, da dieser bereits ein Birett auf dem Kopf trägt, was bedeutet, dass die zweite Kopfbedeckung überflüssig wäre. Die rechte Hand hält ein kleines, kompaktes Kruzifix, die linke liegt an seiner Körperseite und wird von einer Engelsgestalt zart ergriffen. Diese legt sich von unten um den Leichnam und umgibt ihn schützend, der rechte Arm ist zum Nacken des Heiligen geführt, sodass sich eine liebevolle Umarmung andeutet. Mit weit ausgebreiteten Schwingen und feinknittrigem Gewand erscheint das Himmelswesen ebenso fragil wie der Leichnam, den es birgt. Das Gesicht ist aufgrund der starken Verwitterung nicht mehr im Detail auszumachen, die Züge des Heiligen hingegen sind klarer erkennbar: exophthalmische Augen mit schweren Lidern, volle Lippen und eine betonte Nase mit schmalen Nares, daneben stark betonte Wangenknochen bei gleichzeitig eingefallenen Wangen, die dem Dargestellten einen aus­gemergelten Charakter verleihen. Der Kopf mit hohem Birett ragt über das Bildfeld hinaus und erzeugt den Eindruck, er müsse ihn leicht in Richtung des Betrachtenden neigen, um nicht an die Volute zu stoßen. Zu seinen Füßen schwebt ein agiler Putto, die Flügelchen weit ausladend und das Lendentuch wild flatternd. Auch hier sind die Proportionen gekonnt umgesetzt, ebenso die torsierte Körperhaltung mit gegenläufigen Bewegungsrichtungen. Auf der gegenüberliegenden Seite, etwas hinter dem Engel, befindet sich eine Gruppierung aus zwei sich überlagernden Wolken, auf denen ein geflügeltes Puttoköpfchen thront. Zusätzlich wurden noch Blumenbouquets und Rocailleornamente eingefügt. Aufgrund der technischen Qualität des Reliefs, aber

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auch wegen der äußerst sentimentalen Darstellungsweise des Heiligen und des Engels, ist die Zuschreibung an Ph. J. Straub nur logisch. Auch die Physiognomien passen ins Schema, ebenso der unbeschwerlich wirkende Umgang mit dem Material und die anatomisch korrekt umgesetzten Proportionen bei hohem Detailreichtum. Als Vorbild diente dem Bildhauer möglicherweise das Relief vom Altar des hl. Franz Xaver in der Grazer Domkirche (1737), das der Italiener Antonio Michelazzi schuf. Auch hier liegt der Tote auf einer geflochtenen Matte mit leicht erhöhtem Oberkörper und wird von geflügelten Puttoköpfchen umgeben. Dieselben Attribute (Kruzifix in rechter Hand, Rosenkranz, Buch und Hut) lassen sich finden, sind jedoch bei Ph. J. Straub deutlich kreativer umgesetzt. Die Hinzufügung des Engels hebt sein Werk zudem über jenes Michelazzis empor, doch sind die offensichtlichen Anleihen an dessen Arbeit nicht zu leugnen. An der südwestlichen Hausecke befindet sich, auf Höhe des Obergeschosses, eine Maria-Immaculata-Darstellung, die auf einem Wolkengebilde auf einer RocailleKonsole steht, auf der ein Drache liegt. Dessen Körper ist durch die Verwitterung bereits stark geglättet, sodass vom Kopf lediglich das große Maul sowie die Konturen der Ohren und Augen auszumachen sind. Maria steht siegreich auf dessen Haupt, das Spielbein ist nach vorne gesetzt und leicht angehoben, während das andere Bein auf dem Rücken des Ungetüms ruht. Dass die physiognomischen Merkmale hier sehr fremd erscheinen, liegt daran, dass der gesamte Kopf im Jahr 1972 ergänzt wurde.271 Doch nicht nur die Züge mit hoher Stirnbildung, weit auseinanderliegenden, kleinen Augen und einem knapp unter der Nase befindlichen Mund mit vollen Lippen widersprechen dem Typus Ph. J. Straubs, auch der Körper wirkt unnatürlich in die Länge gezogen und ruhig in der Ausführung. Die Gewandung ist weit weniger kleinteilig als beim hl. Franz Xaver, auch der Mantelzipfel, der über den Oberschenkel des Spielbeins gezogen ist, hängt schlaff nach unten. In diesem Zusammenhang fehlt es an der Leichtigkeit und künstlerischen Spannkraft des zuvor beschriebenen Werks. Auch im Vergleich mit den, etwa zur selben Zeit entstandenen und Ph. J. Straub zugeschriebenen, Maria-Immaculata-Statuen der Mariahilferstraße Nr. 1 oder Albrechtgasse Nr. 7 wird deutlich, dass in diesem Fall ein anderer Künstler am Werk war, wenngleich sich dieser durchaus an den beiden Marien orientiert zu haben schien. Insbesondere der Drache ist vom selben Typus, auch die Art, wie Maria auf ihn tritt. Allerdings erscheint die Gewanddrapierung zu wenig lebhaft und voluminös für ein echtes StraubWerk, die fließende Leichtigkeit des Stoffes und die ausgewogenen Proportionen fehlen dem Objekt ebenfalls. An der gegenüberliegenden (südöstlichen) Hausecke erscheint die Figur des hl. Florian (Abb. 63) ebenfalls auf einer Rocaillekonsole und einem darauf befindlichen Wolkenbausch stehend. Seine Haltung ist stabil und selbstsicher, die Hüfte leicht nach vorne geschoben, während der Oberkörper eine Rückneigung aufweist. Die rechte Hand fasst einen Wassereimer, den er über dem brennenden Häuschen zu seinen Füßen entleert. Der rechte Arm ist seitlich angewinkelt und umschließt die Fahne, in deren Stoff er greift. Er trägt die charakteristische Kleidung eines römi-

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

63  Philipp Jakob Straub, hl. Florian, Sandstein, 1765–1770, Graz, Sterngasse Nr. 12, Fassade

schen Legionärs mit Brustpanzer und Mantel, der über der Brust mit einem Riemen zusammengehalten wird. Dadurch ergibt sich ein kreativer Effekt, da der Mantel über die Schultern gleitet, wo er durch den Gurt gehalten wird, was eine dramatische Draperie auf der rechten Seite bedingt. Hier fällt der Mantel in breiten Lagen nach unten und bildet die Kulisse für die Löschszenerie. Der Kopf mit federbesetztem Helm ist leicht nach rechts gedreht und minimal geneigt, das lockige, im Nacken etwas l­ ängere Haar, ist darunter auszumachen. Die hervorquellenden Augen unter schweren Lidern, die markante Nase und der dezent lächelnde Mund sprechen, wie die gesamte Komposition, für Ph. J. Straub. Gesicht- und Kopftypus ähneln stark jenem des hl. ­Johannes Nepomuk der Pfarrkirche von Kumberg (1735–1740, zugeschrieben an Ph. J. Straub). Auch die Körperhaltung und der erhabene, elegante Ausdruck stellen eine Gemeinsamkeit der beiden Skulpturen dar. Es lässt sich festhalten, dass es sich bei zwei der drei Werke der Fassade durchaus um Straub-Werke handelt, während die Maria Immaculata von anderer Hand stammt. Die stilistischen Merkmale sind hier völlig anders geartet und verweisen auf einen anderen Bildhauer. Zu bedenken ist jedoch, dass die Skulptur möglicherweise im Laufe der Zeit überarbeitet bzw. restauriert wurde und daher nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form erhalten ist.

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Graz, Pfarrkirche St. Andrä, Rosenkranzaltar, Skulpturen, ­Rocaillekartuschen mit 15 Reliefs der Rosenkranzgeheimnisse, 1765–1770, Ph. J. Straub und Werkstatt Der Rosenkranzaltar der Pfarrkirche St. Andrä in Graz befindet sich an der rechten Triumphbogenwand. Sein heutiges Aussehen geht auf den Zeitraum 1740 bis 1750 zurück.272 Die Aufsatzfiguren sind in der Art Joseph Schokotniggs gefertigt, die Seitenund Mittelfiguren werden dem Umkreis Ph. J. Straubs im Zeitraum 1765 bis 1770 zugewiesen.273 Die insgesamt 15 Reliefs mit Darstellungen der Rosenkranzgeheimnisse entstammen ebenfalls dieser Zeitspanne und werden Ph. J. Straub zugeschrieben. 274 Horst Schweigert nahm die Arbeiten in sein Werksverzeichnis auf,275 ebenso der TrArS-Werkkatalog.276 Das zentrale Motiv der Himmelskönigin Maria steht unter einem Baldachin, der von Putten emporgehalten wird. Die in leuchtendem Blau ausgemalte Nische dient als Kulisse für die Figur, deren in Gold ausgeführte Kleidung sich effektvoll vom Hintergrund abhebt. Diese wird von feinen Falten durchzogen, sodass ein knitteriger Effekt entsteht. Mantel und Kleid scheinen fließend ineinander überzugehen und bilden kaum Volumen aus, sodass ein flächiger Eindruck entsteht. Der Kopf ist im Bereich der Stirn deutlich breiter als am Kinn, Augen, Nase und Mund sind sehr zierlich und widersprechen Ph. J. Straubs typischem Figurenhabitus, ebenso der uncharak­ teristische Umgang mit der Gewandung. Hinterfangen wird die Figur von Strahlenbündeln, die sich insbesondere um den Kopf verdichten, flankiert von zwei adorieren­ den Dominikanerheiligen, den hll. Dominikus mit Tonsur und Katharina von Siena (Abb. 64) mit den Stigmata, flammendem Herzen und der Dornenkrone sowie zwei sehr ähnlich anmutenden und daher wohl stereotypen Ordensbrüdern mit jeweils einem geöffneten Buch in Händen. Die Figuren sind reduziert im Ausdruck, dies betrifft auch die Draperie. Anleihen an Ph. J. Straubs Schaffen finden sich im Kontrapost bei gleichzeitig zwei vollaufsetzenden Fußsohlen, dem leichten Schwung im Körperbild und der naturalistischen Umsetzung der Fleischpartien. Wenngleich die Nähe zu Ph. J. Straubs Schaffen ersichtlich ist, handelt es sich doch um Arbeiten seiner Werkstatt. Die 15 Reliefs in Rocaille-Kartuschen befinden sich seitlich und oberhalb des Tabernakels sowie über der zentralen Marienfigur. Es handelt sich um Darstellungen der Geheimnisse der drei Rosenkränze, die in freudenreiche (Menschwerdung und Kindheit Jesu), schmerzhafte (Passion Christi) und glorreiche (Auferstehung Christi) unterteilt werden.277 Oberhalb Marias sind die fünf Medaillons als nach unten geöffne­ tes Dreieck angeordnet, dessen Spitze die Dornenkrönung zeigt. Darunter befinden sich die Geißelung und Christus am Kreuz sowie wiederum darunter die Ölbergszene und Jesus Begegnung mit Veronika. Neben dem Tabernakel – von links nach rechts – sind jene Reliefs, die den Auferstandenen mit den Aposteln (Abb. 65) zeigen, die Geburt Jesus, die Darbringung im Tempel sowie die Himmelfahrt Marias. Eine Ebene darüber sind die restlichen sechs Kartuschen angebracht, die – ebenfalls von links

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

64  Philipp Jakob Straub und Werkstatt, hl. Katharina von Siena, ­Detail Rosenkranzaltar, Holz, 1765–1770, Graz, Pfarrkirche St. Andrä

65  Philipp Jakob Straub, Relief ­»Auferstehung Christis«, Detail Rosenkranzaltar, Holz, 1765–1770, Graz, Pfarrkirche St. Andrä

Graz, Pfarrkirche St. Andrä

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nach rechts – die Szenen der Begegnung des Auferstandenen mit den Wachen, der Verkündigung, der Marienkrönung, der Himmelfahrt Marias und der Heimsuchung zeigen. Stilistisch können die Arbeiten durchaus in eine Riege mit den Oratorienreliefs der Grazer Stadtpfarrkirche (um 1750, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) eingeordnet werden, der raumbildende Faltenwurf mit ausgeprägten Faltentälern, der trotz der flachen Charakteristik des Reliefs eine gewisse Plastizität entstehen lässt, ist in ­beiden Fällen vorhanden, ebenfalls das räumlichkeitsschaffende Element eines nach vorn strebenden Beins, das den Anschein erweckt, als träte die Figur aus dem zweidimensionalen Bildfeld hervor. Es ist daher durchaus anzunehmen, dass Ph. J. Straub die Reliefs gefertigt hat.

Graz, Sporgasse Nr. 13, Fassade, Relief hl. Johannes Nepomuk, 1765–1770 Das Gebäude Sporgasse Nr. 13 wurde um 1765 bis 1770 mutmaßlich durch Joseph Hue­ ber umgebaut. Die Rokokofassade wurde 1958 restauriert und zeichnet sich durch ein Korbbogen-Steinportal aus, das durch ein Marmorrelief und zwei Sandstein-Putten gekrönt wird, die, gemäß Dehio Graz, in der Art Ph. J. Straubs geformt sind. 278 Horst Schweigert nahm die Arbeiten in seine Werkliste auf und benannte das Reliefmotiv »Apotheose des hl. Nepomuk« mit der Datierung 1760 bis 1770.279 Dieser Zeitraum ist jedoch weiter einzugrenzen, da nicht anzunehmen ist, dass der Künstler seine Arbeiten vor dem Umbau der Fassade geliefert hat, sodass sich ein neuer Entstehungszeitraum von 1765 bis 1770 ergibt. Das Relief samt Putten ist auch im TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs zu finden.280 Das längsovale Bildfeld mit konvexem oberem Abschluss ist von einer prächtigen Rocaillekartusche umgeben, die sich durch aufwendige Blütenarrangements auszeichnet (Abb. 66). Beim Bildnis selbst handelt es sich um ein Flachrelief, bei dem der Heilige leicht diagonal versetzt auf einer tuchbedeckten Erhebung liegt, auf der wiederum ein quastenbesetztes Kissen ruht, auf dem Kopf und Schulter des scheinbar Toten gebettet sind. Er hat die Hände vor dem Leib überkreuzt, dazwischen befindet sich ein Kruzifix. Den Hintergrund bildet ein nach oben geraffter Vorhang, hinter dem ein geflügeltes Puttoköpfchen spielerisch hervorlugt. Die Faltengestaltung des Gewan­ des ist sehr fein und mit einem beachtlichen Gefühl für Materialien bearbeitet worden, einzelne Details lassen sich gut erkennen. Das Gesicht mit kugeligen, geschlossenen Augen, einer langen, geraden Nase und einem Mund mit vollen Lippen erinnert an Ph. J. Straubs Physiognomien, auch der lockige Bart und die in Strähnen unterteilte Haartracht mit Bohrungen entspricht dem Œuvre des Bildhauers. Die beiden flankierenden Putten verweisen mit Attributen und Gesten auf den Heiligen: Der linke Putto legt den rechten Zeigefinger an die Lippen und erinnert so an das Schweige­ gelübde des Heiligen, während der andere Putto ein geschlossenes Buch und einen

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

66  Philipp Jakob Straub, Relief »Tod des hl. Johannes Nepomuk«, Detail Portal, Sandstein, 1765–1770, Graz, Sporgasse Nr. 13

Märtyrerzweig in Händen hält. Die beiden Figuren sind etwas zu plump für Ph. J. Straubs Arbeiten, auch wenn ihre sitzenden Körperhaltungen zweifelsfrei kreativ umgesetzt wurden. Zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass es sich bei dem linken Putto um eine Replik handelt, da das Original vor einigen Jahren beschädigt wurde.281 Dies erklärt den offensichtlichen Qualitätsunterschied zwischen beiden Putten, wenngleich dieser auf den ersten Blick nicht auffallen mag. Lediglich die sehr ›platte‹ Haargestaltung und die geglättete Oberfläche der Figur zeugen eindeutig von einer Kopie. Betrachtet man die Reliefs der Grazer Stadtpfarrkirche (1748–1750, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), die sich heute im Grazer Diözesanmuseum bzw. Depot des Universalmuseums Joanneum befinden, lässt sich vor allem im Bereich der Faltenausführung und Gesichtsmodellierung ein Vergleich zum Tod des hl. Johannes Nepomuk ziehen. Auch das harmonische Gesamtbild, das sich aus dem Kontrast des zarten und ruhigen Reliefs sowie dem üppigen, voluminösen Rahmen der Kartusche ergibt, ist eine Meisterleistung und durchaus mit Ph. J. Straub in Verbindung zu bringen. Auch die Tatsache, dass die Fassade zur selben Zeit von Joseph Hueber gestaltet wurde, spricht sehr für den Künstler, da sich deren beider Namen häufiger bei Arbeiten am selben Gebäude zur selben Zeit finden lassen. Dies lässt auf eine fruchtbare Kooperation der beiden Männer schließen, die sich vermutlich miteinander über ihre Pläne absprachen, um ein harmonisches Gesamtbild zu erzielen.

Graz, Sporgasse Nr. 13

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Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf, Hochaltar, Zwei Engel, um 1769 Von den ehemals sieben barocken Altären im Innenraum der Wallfahrtskirche Mariahilf in Graz sind heute nicht mehr alle in situ. Zwei davon gelangten nachweislich in die Grazer Grabenkirche. Der Hochaltar in Form eines Marmor-Retabelaufbaus mit Opfergangsportalen und Pilastergliederung wird um das Jahr 1769 datiert, eine Restaurierung fand 1958 statt.282 Das bedeutende Hochaltarbild mit Giovanni Pietro de Pomis’ Mariahilfer Gnadenbild wird von zwei Engelsfiguren 283 flankiert, die Ph. J. Straub zugeschrieben werden.284 Auch Horst Schweigert teilte diese Auffassung und stellte sie hinsichtlich des Habitus unter anderem mit jenen der Schlosskirche von Hollenegg (1750–1760, zugeschrieben an Ph. J. Straub) und der Pfarrkirche von Ehrenhausen (1752–1755, zugeschrieben an Joseph Straub) auf eine Stufe.285 Die Skulpturen wurden auch in den TrArS-Werkkatalog aufgenommen.286 Es handelt sich um zwei hochbewegte Seraphe, die jeweils ein Weihrauchfass schwingen. Sie stehen auf Rocaillekonsolen mit quadratischem oberem Abschluss, auf denen eine dünne, ebenfalls quadratische Plinthe liegt. Der linke Engel steht mit dem rechten Fuß vollflächig darauf, während der etwas nach hinten versetzte linke Fuß diese scheinbar lediglich leicht berührt. Das torsierte Standmotiv führt dazu, dass es im Bereich des Oberkörpers zu einer schwach ausgeprägten Drehung kommt, zu der der nach links gedrehte Kopf in Gegenbewegung steht. Der linke Arm ist nach vorne ausgestreckt und fasst das Weihrauchgefäß mit drei Fingern an der Kette direkt oberhalb des sich konkav-konvex verjüngenden Deckels. 287 Das jugendliche Gesicht mit großen Augen, Grübchenkinn und vollen Lippen wird von einer über den Nacken reichenden, zerwühlten Haarpracht bekränzt, die über der Stirn ein markantes Büschel ausbildet. Am auffälligsten ist jedoch das Kleid, das den linken Teil des Oberkörpers unbedeckt lässt und kaskadenartig mit hochwirbelnden Säumen nach unten fällt. Ein Schlitz gibt den Blick auf das rechte Bein beinahe vollständig frei, das a ­ ndere bleibt bis zum Knie bedeckt. Die unterschiedlich langen Stoffbahnen erzeugen Volumen und Dynamik und beherrschen die gesamte Darstellung, der dadurch erst Leben eingehaucht wird. Noch gesteigerter erscheint dies beim rechten Engel (Taf. XXVII), der sich in vorwärtsstrebender Bewegung dem Betrachtenden zu nähern scheint, das linke S ­ pielbein tritt halb entblößt nach vorne. Der betonte Kontrapost lässt die Hüfte kippen, der Oberkörper strebt nach links und hinten. Die Arme sind vor dem Körper bzw. daneben erhoben und greifen ebenfalls die Kette des Weihrauchfasses. Der nach hinten und oben gewandte Kopf mit deutlicher Rechtswendung vollendet die Torsion des Körpers und lässt diese himmelstrebend auslaufen. Die weit ausgebreiteten Schwingen scheinen die Gestalt jeden Moment emporzutragen, obwohl die Füße fest verankert auf der Plinthe ruhen. Neben der hochbewegten Körperkomposition ist dies insbesondere durch das aufgeregt flatternde Gewand bedingt, das sich vor allem auf der rechten Körperseite aufbauscht, während links lediglich ein Zipfel von Bewegung zeugt. Hier findet sich wiederum das für Ph. J. Straub so charakteristische ausglei-

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

chende Element innerhalb einer Komposition, das bereits mehrfach angesprochen wurde. Er verstand es vorzüglich, ein scheinbares Ungleichgewicht innerhalb seiner Kreationen durch meisterliche Draperien und überschwängliche Gesten auszubalancieren. In diesem Fall findet der voluminöse Mantelbausch der rechten Seite sein Gegengewicht in den nach links strebenden Armen mit dem Weihrauchfass. Die Finger wurden sehr manieriert und grazil ausgeführt, die Nagelbetten und Knickfalten sind deutlich erkennbar. Dieser Figurentypus ist uns bereits bekannt und findet sich bei Ph. J. Straubs hl. Elisabeth der Grazer Bürgerspitalskirche (1734–1738, ­zugeschrieben an Ph. J. Straub). Die ›Zerrissenheit‹ zwischen Vor- und Rückwärtsstreben ist beiden Beispielen gemein, ebenso sind es die ausladenden Gesten und der seitlich geneigte Kopf auf langem, kräftigem Hals. Die letzten Zweifel an der Zuschreibung beseitigt die sich frappant ähnelnde Physiognomie der beiden Figuren, die aus einem Guss zu sein scheint: große Augen mit müdem Blick unter schweren Lidern, eine spitz zulaufende Nasenspitze mit länglichen Nares, ein volllippiger, leicht geöffneter Mund und ein klar abgesetztes, rundes Kinn. Auch die Haargestaltung stammt von derselben Hand. Die Zuschreibung an Ph. J. Straub ist demnach durch die Autorin zu bestätigen. Es wird deutlich, dass sich der Künstler in seiner späten Schaffensphase auf seine bildhauerischen Anfänge besann, sodass er zum Teil retrospektiv arbeitete.

Graz, Vierzehn-Nothelfer-Kirche, hll. Florian und Richard, 1770 Die Vierzehn-Nothelfer-Kirche am Ausläufer des Plabutschs wurde 1680 von Johann Anton II. Joseph von Eggenberg erbaut.288 Vor dem Nordturm befinden sich zwei, dem Umkreis Ph. J. Straubs zugeordnete, Skulpturen auf Sockeln, die die hll. Richard289 und Florian290 darstellen und von Richard Seebacher im Jahr 1770 gestiftet wurden. Sie sollen 1950 vom Spital der Barmherzigen Brüder, Bergstraße Nr. 27 in Graz, dorthin überstellt worden sein.291 Horst Schweigert hat die Skulpturen in sein Verzeichnis der Werke Ph. J. Straubs aufgenommen,292 wie auch die TrArS-Werkliste.293 Beiderseits des Eingangs zum Nordturm der Kirche befinden sich die beiden Skulpturen auf hochrechteckigen Sockeln, wovon jener des hl. Richard eine Inschrift trägt, die auf den Auftraggeber Richard Seebacher (Richartus Sepaher) verweist. 294 Die Figuren stehen zusätzlich auf einer quadratischen Plinthe, die ihre Namen trägt (St. Richartus und St. Florianus). Es handelt sich um bildhauerische Arbeiten von hoher Qualität, worauf der – trotz starker Verwitterung klar erkennbare – Detailreichtum ebenso verweist, wie die Lebhaftigkeit der Darstellungen. Der hl. Richard in Bischofstracht mit Pluviale, Stola und Mitra steht im betonten Kontrapost mit weit nach rechts ausgestelltem Spielbein und lässt einen merkbaren S-Schwung der Körperlinie erkennen. Die rechte Hand führt den Segensgestus vor dem Körper aus, die linke hält eine Krone. Überaus bemerkenswert ist die Gestaltung der Kleidung, die stark bewegt erscheint, was nicht zuletzt durch die mitschwingende Stola bedingt ist, die auf Kniehöhe der Bewegung des Spielbeins folgt. Überhaupt erscheint das

Graz, Vierzehn-Nothelfer-Kirche

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67  Philipp Jakob Straub, hl. Florian, Sandstein, 1770, Graz, Vierzehn-NothelferKirche

Habit durch die feinteiligen Faltenbahnen und tiefen Täler sehr realistisch und dreidimensional, auch der spitzenbesetzte Saum zeugt von hoher künstlerischer Qualität. Besagter Saum ist zwischen den Beinen des Heiligen regelrecht gefältelt und kreiert einen wunderbar materialhaften Eindruck. Das Antlitz ist mit Ph. J. Straubs Stilbild in Verbindung zu bringen: Die großen Augen, die markante Nase und der insgesamt freundliche, wenngleich leicht lethargische Eindruck sprechen durchaus für den Bildhauer. Dies gilt für die gesamte Körperkomposition, die mit jener der beiden Bischöfe des Narzissusaltars der Reiner Stiftskirche (1742–1743, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) sehr gut vergleichbar ist. Die Verwandtschaft der Skulpturen ist unbestreitbar und beweist, dass es sich in diesem Zusammenhang nicht um ein Werk aus dem Umkreis Ph. J. Straubs handelt, sondern um eines vom Meister höchstpersönlich. Sie unterscheiden sich einzig in der Mantelausführung, die beim hl. Richard weniger raffiniert ausgefallen ist und reduziertere Faltenwürfe zeigt. Dies ist aber durch die spätere Entstehungszeit bedingt, da Ph. J. Straub in seinem Spätwerk nachweislich mehr zum Klassizismus tendierte. Der hl. Florian (Abb. 67) ist im Gegensatz etwas steifer im Erscheinungsbild, doch zeugt auch er von einer ausgefeilten Oberflächenbehandlung, die nebst Sehnen und Adern auch Feinheiten, wie die grazile Schnalle am Umhang, deutlich hervor­ treten lässt. Die Art, wie der bartlose Jüngling den Fahnenmast vorwärtsstrebend

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

energisch packt und dabei gleichzeitig nach hinten ausschreitet, erweckt einen sehr dynamischen Eindruck. Das freundliche Gesicht ist in die Ferne gerichtet, wird durch kugelige Augen, eine große Nase und einen kleinen, leicht geöffneten Mund charakterisiert. Die linke Hand gießt den Eimer über das brennende Häuschen zu seinen Füßen aus. Als Vergleich dient der hl. Leopold des Nepomukaltars (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) der Grazer Stadtpfarrkirche, der mit seiner pathetischen Aura und der gleichwohl stehenden wie vorwärtsstrebenden Haltung eine Verwandtschaft zum hl. Florian aufweist. Doch auch hier ist die Expressivität des Bildhauers bereits abgeklungen, sodass dieser viel reduzierter auftritt und weniger stark in den Raum ausgreift. Die Physiognomie kann wiederum mit dem rechten En­ gel des Aloisiusaltars der Grazer Domkirche (1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) verglichen werden, da diese frappant jener des Heiligen ähnelt, wenngleich die Habsburgerlippe beim hl. Florian nicht übernommen wurde. Die Autorschaft Ph. J. Straubs ist, laut Meinung der Autorin, für beide Skulpturen durch die stilkritische Analyse nachweisbar.

Graz, Mariahilferstraße Nr. 1, Fassade, Maria Immaculata, um 1770 Das Eckgebäude Mariahilferstraße Nr. 1 – Südtiroler Platz Nr. 6 stammt aus dem 17. Jahrhundert und wurde von 1768 bis 1769 durch Joseph Hueber umgebaut.295 An der Hausecke befindet sich die Konsolfigur einer Maria Immaculata296, die Ph. J. Straub zugeschrieben und um das Jahr 1770 datiert wird.297 Horst Schweigert ordnet sie ebenfalls dem Bildhauer und dessen später Schaffensphase zu,298 so auch der Werkkatalog des TrArS-Projekts.299 Es handelt sich um eine der vielfach im Grazer Stadtbild anzutreffenden sogenannten Hausmadonnen, die das Bedürfnis der Bevölkerung nach »öffentlichem religiösem Bekenntnis« stillten.300 Die Maria-Immaculata-Darstellung (Abb. 68) steht auf einer prachtvollen Rocaillekonsole, deren Zierrat überaus plastisch modelliert wurde und neben dem namensgebenden Dekor auch Voluten sowie fein ausgearbeitete Blüten erkennen lässt. Darauf befindet sich die glatte Sphaira, um die sich eine drachenartige Gestalt windet, die flossenähnliche Klauen und Flügel aufweist. Die Fratze besteht beinah ausschließlich aus einem großen Maul mit herausragender Zunge und scharfen Zähnen. Die Jungfrau steht siegreich mit dem linken Fuß auf dem Nacken des Ungeheuers, während der rechte auf der vergoldeten Mondsichel ruht. Diese zeigt eine vergoldete Front mit einem Gesicht, das jedoch eher dem 20. Jahrhundert entstammen dürfte.301 Ebenso golden erstrahlt der zwölfsternige Kranz um das Haupt der Maria, während der Rest der Skulptur steinsichtig ist. Sie steht im deutlichen Kontrapost, das linke Standbein fest auf dem Drachen, während sich das Spielbein klar ersichtlich durch die Gewandung abzeichnet. Die Falten des Kleides sind in unterschiedlichen Bahnen angeordnet, um verschiedene Bewegungsabläufe anzudeuten. Zwischen den Beinen

Graz, Mariahilferstraße Nr. 1

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68  Philipp Jakob Straub, Maria Immaculata, Sandstein, um 1770, Graz, Mariahilferstraße Nr. 1, ­Fassade

verläuft eine breite Faltenbahn, die neben dem linken Fuß ausschwingt, wobei sich neben dem rechten Knie ein tiefes Faltental bildet. Auch der Mantel, der durch anders geartete Modellierung viel knitteriger und gleichzeitig schwerer wirkt, bildet Hohlräume aus, die ein sehr plastisches Gesamtbild kreieren. Die seitlich herabfallenden Säume wirbeln dezent auf und schaffen Bewegung. Maria hat den Kopf nach rechts und leicht nach unten geneigt und einen ruhigen, erhabenen Gesichtsausdruck, der durch die Straub-typische Marienphysiognomie charakterisiert wird: ein zartes, ovales Gesicht mit gerundeten Wangen, große, vorquellende Augen unter schweren Lidern und ein breiter, geschlossener Mund sowie eine große, gerade Nase, die insgesamt ein sehr harmonisches Bild abgeben. Auch die Haargestaltung mit Mittelscheitel und aus dem Gesicht nach hinten geführten Strähnenpartien, die am Hinterkopf Volumen ausbilden, ist dem aufmerksamen Betrachtenden bereits bekannt. Die Hände sind demutsvoll vor der Brust zusammengeführt, die zarten, manierierten Finger halten sachte einen Zipfel des Mantels. Physiognomie und Haargestaltung kön­ nen mit jener des Mariahilfer Gnadenbilds der Fassade der Grazer Mariahilferkirche (1742–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) verglichen werden. Wenngleich auch über zwanzig Jahre dazwischen liegen, ist Ph. J. Straub in dieser Hinsicht seinem Stil treu geblieben. Unterschiede zeigen sich lediglich in der Faltengebung, die beim älteren Beispiel übersteigerter und noch stärker am körperbildenden venezianischen Vorbild orientiert ist. Beiden Werken ist auch die Kopfneigung mit Zur-Schau-Stellung

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

69  Philipp Jakob Straub, hl. Familie, Sandstein, um 1770, Graz, Mariahilferstraße Nr. 11, Fassade

des langen Halses gemein, wie auch die geflochtene Haarsträhne, die vor dem S ­ chleier quer über den Kopf verläuft. Der Künstler hat die prominente Position an der Hausecke gekonnt ausgenutzt und die Skulptur auf mehrere Schauseiten ausgelegt. Die Rückseite verschmilzt mit der Architektur, wobei alle sichtbaren Teile vollständig ausgearbeitet sind. Die Zuschreibung an den Bildhauer Ph. J. Straub kann – aufgrund der angeführten stilistischen Parallelen – von der Autorin bestätigt werden.

Graz, Mariahilferstraße Nr. 11, Fassade, hl. Familie, um 1770 Das Gebäude Mariahilferstraße Nr. 11 in Graz stammt aus dem 17. Jahrhundert wurde um 1767–1770 umgebaut und fassadiert, vermutlich durch Joseph Hueber. 302 Über dem Korbbogen-Steinportal befindet sich die Skulpturengruppe der hl. Familie303, die Ph. J. Straub zugeschrieben wird.304 Horst Schweigert datierte sie um 1760–1770,305 der TrArS-Werkkatalog übernahm diese Einschätzung.306 Es handelt sich um eine sehr gefühlvolle Darstellung, die von der liebevollen Geste, mit der Joseph das Händchen des Jesusknaben ergreift und küsst, dominiert wird (Abb. 69). Diese Form des Handkusses setzte Georg Raphael Donner bereits bei seiner Pietà im Gurker Dom ein (1740), Ph. J. Straub entnahm womöglich dieses Stil-

Graz, Mariahilferstraße Nr. 11

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mittel, um eine intensiv-gefühlsbetonte Interaktion innerhalb seiner Komposition zu ermöglichen. Der Knabe sitzt auf dem Schoß seiner Mutter und ist in verdrehter Haltung dem Nährvater zugewandt, wobei das Gesicht nach vorne gerichtet ist, der Blick schweift in die Ferne. Der Ausdruck ist recht ernst und erinnert mehr an einen Erwachsenen als an ein Kleinkind. Körper-, Kopf- und Haargestaltung sind mit den Straub-typischen Putten vergleichbar, auch die Gesichter der beiden anderen Figuren zeugen von der Hand des Künstlers. Insbesondere das der hl. Maria kann mit jenem der Fassadenfiguren der Grazer Mariahilferkirche (1742–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) verglichen werden: das ovale, leicht schwammige Gesicht, die großen, exophthalmischen Augen unter schweren Lidern und die markante Nase sind beiden Werken gemein. Die Komposition der drei Figuren ist bemerkenswert durchkomponiert und erlaubt, je nach Blickwinkel, eine andere Perspektive auf die Gruppe. Der frontale Blick lässt eine Zickzack-Komposition erkennen, die aus den Füßen der drei Figuren gebildet wird, im Körper des Knaben weiterläuft und mit den drei Köpfen endet. Durch die gestaffelte Anordnung der Personen erscheint Joseph sehr nach unten versetzt und nimmt beinahe eine kniende, anbetende Position ein. Wird die Gruppe aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, indem näher herangetreten und nach oben geblickt wird, tritt Maria beinahe völlig in den Hintergrund und lediglich Joseph und der Knabe werden als harmonische Einheit wahrgenommen. Diese liebevolle Beziehung, ausgedrückt durch offengelegte körperliche Interaktion, stellt eine intensive Verbindung zwischen Betrachtenden und Kunstwerk her, da dieses eine sehr menschliche Komponente aufweist. Gleichzeitig herrscht die ausgewogene Symmetrie einer Dreieckskomposition vor, bei der die Wolken die Basis bilden und der Kopf Marias die Spitze. Dies verstärkt die, durch die Figuren bereits suggerierte Harmonie in der Darstellung. Die Faltengebung ist fein und von realistischer Gestaltung, die Dynamik wirkt – wie für Ph. J. Straubs Spätwerk typisch – sehr reduziert. Es handelt sich hier um ein sehr ausdrucksstarkes und kompositorisch wohldurchdachtes Werk des Künstlers, das ihm stilistisch ohne Zweifel zugewiesen werden kann.

Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf, Schmerzhafte-Maria-Altar, hll. Joseph und Johannes der Täufer, um 1770 Der Schmerzhafte-Maria-Altar in der Wallfahrtskirche Mariahilf wurde 1743 vom Ph. J. Straub nahestehendem Marmorierer Peter Pierling gefasst.307 Es handelt sich um einen Säulenaufbau, dessen Masse lediglich durch den Figurenschmuck aufgelockert wird. Im Zentrum befindet sich eine geschnitzte Pietà308 von 1740 bis 1750, die nachträglich in den Altar eingefügt worden ist. Sie ist, Dehio Graz zufolge, »in der Art Philipp Jakob Straubs« gearbeitet.309 Dies lässt sich nur an der Körpermodellierung des Heilands nachvollziehen, da weder die Physiognomie noch die Faltengebung an dessen Stil erinnert. Lediglich der Leib Christi zeugt von anatomischem Realismus, der auch bei Ph. J. Straub zu finden ist. Auch die beiden Assistenzfiguren seien »in der Art Straubs«

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

gefertigt. Der hl. Joseph310 (Taf. XXVIII) auf der linken Seite weist durchaus Straubtypische Elemente auf, die an der reichen Gewandung offensichtlich werden, die in lebhaften Bahnen verläuft und wie vom Winde bewegt erscheint – jedoch nur an gezielt betonten Stellen, was ein Charakteristikum seiner Werke ist. Die pathetische Ausstrahlung, die Ph. J. Straubs Arbeiten besonders in der mittleren Schaffensperiode zugrunde liegt, ist hier deutlich ersichtlich. Auch der hl. Johannes der Täufer311 (Taf. XXIX) auf der rechten Seite entspricht diesem Typus. Die starke Rückwärtsgeneigtheit des Oberkörpers kreiert ein labiles Standmotiv, die ebenfalls für jene Periode charakteristische Torsion ist klar erkennbar. Nicht für Ph. J. Straub spricht der Kopftypus, wobei die falsch positionierten Ohren auf Höhe der Kiefergelenke ein Merkmal sind, die auch bei anderen seiner Werken festgestellt werden können, wie beim hl. Johannes d. T. vom Birkfelder Rosenkranzaltar (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) oder dem gleichnamigen Heiligen des Hochaltars der Frauenkirche von Pernegg (um 1740, zugeschrieben an Ph. J. Straub). Letzterer weist dasselbe Stand­ motiv auf wie sein Gegenstück – die instabile Rückwärtsgeneigtheit bei ­gleichzeitigem Vorwärtsstreben der Beine deutet auf denselben Meister hin. Lediglich die Physio­ gnomie des Mariahilfer Johannes fügt sich nicht nahtlos in die Straub-typischen Gesichter ein. Dies könnte jedoch lediglich auf die Beteiligung eines Gesellen oder eine nachträgliche Änderung im Laufe der Zeit hinweisen und sollte nicht als Ausschlusskriterium bei der Zuschreibung an den Bildhauer gelten. Zu überzeugend sind die übrigen angeführten stilistischen Merkmale. Der Kopftypus mit enganliegendem Haar und der ernste Gesichtsausdruck der beiden Heiligen spricht stark für Ph. J. Straubs Spätstil, was bedeutet, die Figuren wä­ ren erst nachträglich auf dem Altar positioniert worden. Dem entspricht die Meinung Horst Schweigerts, der zufolge auch die Figuren der beiden ehemaligen Seitenaltäre von Mariahilf, die sich heute in der Grazer Grabenkirche befinden, einen für Ph. J. Straubs Spätstil typischen Gesichtstypus aufweisen (er datierte diese auf 1770).312 Unter der Prämisse, dass die Figuren der Seitenaltäre von Mariahilf zur selben Zeit gefer­ tigt wurden, würde dies auch die Entstehungszeit der Skulpturen des SchmerzhafteMaria-Altar um das Jahr 1770 befürworten. Diese spätere Datierung unterstützt auch folgende Beobachtung: Beim direkten Vergleich der beiden Heiligen von Mariahilf mit den Hochaltarfiguren der kroatischen Kirche hl. Maria von Jerusalem in Trški Vrh (1759, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) zeigt sich, dass der dort befindliche hl. Joseph als regelrechtes kompositorisches Spiegelbild zum Gegenstück von Mariahilf angesehen werden kann – einziger nennenswerter Unterschied ist der Faltenwurf, der beim Grazer Werk deutlich feiner und flatteriger wirkt. Gerade diese Differenzierung erklärt jedoch die Einordnung der Skulptur in Ph. J. Straubs Spätwerk. Wird die Hl. Anna des Birkfelder Rosenkranzaltars (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) betrachet, so lässt sich wiederum dasselbe Standmotiv erkennen, jedoch auch eine vergleichbare Faltenbehandlung (feinteilig, luftig, als würde ein Lufthauch das Gewand von unten erfassen). Die Zuschreibung an Ph. J. Straub ist demnach durchaus korrekt, es handelt sich ebenso um ein Spätwerk des Bildhauers.

Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf

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Graz, Grabenkirche, zwei Seitenaltäre (ehemals in Grazer ­Mariahilferkirche), um 1770 Die Grazer Grabenkirche (Pfarrkirche hl. Johannes der Täufer) stammt aus dem 17. Jahrhundert und wurde von den Kapuzinern mit der Stiftung des Innerösterreichischen Hofkammerpräsidenten Sigismund Ludwig Graf von Dietrichstein erbaut. Seit 1786 handelt es sich um eine Pfarrkirche. Die Einrichtung entstammt dem Spätbarock, so auch die beiden Seitenaltäre an der Triumphbogenwand, die Figuren in der Art Ph. J. Straubs zeigen.313 Rochus Kohlbach zufolge standen die beiden Altäre ursprünglich in der Grazer Mariahilferkirche und wurden 1792 an ihren neuen Bestimmungsort transferiert. Der Pfarrer wandte sich an das fürstbischöfliche Konsistorium mit dem Hinweis, dass die Minoriten von Mariahilf angewiesen wurden, ihre beiden ›abzubrechen‹. 1792 wurden diese schließlich für 100 fl angekauft.314 Kohlbach fand in den Kir­ chenrechnungen von 1786 bis 1840 keinerlei Hinweise auf die Entstehungszeit oder den Künstler.315 Horst Schweigert datierte die beiden Altäre um das Jahr 1770 und schrieb sie Ph. J. Straub und damit dessen Spätstil zu.316 Diese Einschätzung wurde auch in den TrArS-Werkkatalog übernommen.317 Die beiden Altäre korrespondieren miteinander (Abb. 70). Es handelt sich um Stuccolustro-Säulenaufbauten, bei denen das hochformatige Hochaltarbild mit halbrundem Abschluss dominierend ist. Beidseitig daneben befinden sich je zwei Heiligenfiguren auf Volutenkonsolen. Den oberen Abschluss bildet ein Aufsatzbild mit konvex-konkav schwingendem Rahmen, das von vier Putten und zwei Puttoköpfchen umgeben ist. Der beinahe völlig symmetrische Aufbau, der sich sogar im dezent eingesetzten Rocailledekor zeigt, verweist auf die bereits anbrechenden klassizistischen Tendenzen, weshalb eine Datierung um 1770 durchaus naheliegend ist. Der linke Seitenaltar zeigt die Figuren der hl. Florian (Abb. 71) und einen nicht näher bestimmbaren Bischof. Florian steht in Ponderation auf seiner Plinthe und hat den linken Arm in Richtung Brustbein angewinkelt. Die rechte Hand fasst einen Wassereimer, der proportional viel zu klein ausgefallen ist (eventuell eine nachträgliche Ergänzung). Das obligatorische brennende Haus zu seinen Füßen fehlt hier. Seine Klei­ dung mit federbesetztem Helm weist ihn deutlich als Legionär aus. Die wadenhohen Stiefel sind kunstvoll gearbeitet und entsprechen dem aufwendig gestalteten Gewand, dessen Mantel als Kaskade feinteiliger Falten modelliert wurde. Durch den Einsatz eines um den Bauch verlaufenden Riemens fällt der Stoff sehr ansprechend und bildet an der linken Hüfte eine Schüsselfalte, während der ungleich weit nach unten reichende Saum gelegentlich ausschwingt, im Grunde aber bereits der klassizistischen ›Beruhigung‹ entspricht. Das ernste Gesicht mit geöffnetem Mund weist weit auseinanderliegende, kleine Augen auf, des Weiteren eine kurze schmale Nase und wenig definierte Züge, sodass ein ›schwammiger‹ Eindruck entsteht. Hier bricht die Verbindung zu Ph. J. Straubs Arbeiten ab, sodass an einen Gesellen oder dergleichen gedacht werden muss.

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

70  Philipp Jakob Straub, Seitenaltar rechts, Holz, um 1770, Graz, Grabenkirche

71  Philipp Jakob Straub, hl. Florian, Detail Seitenaltar links, Holz, um 1770, Graz, Grabenkirche

Graz, Grabenkirche

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72  Philipp Jakob Straub, hl. Margareta von Cortona, Detail Seitenaltar rechts, Holz, um 1770, Graz, Grabenkirche

Sein Gegenüber in Form eines unbekannten Bischofs erscheint in pathetischer Pose mit verzückt ans Herz gelegter Rechten, während die Linke ein geschlossenes Buch gegen die Hüfte stemmt, dass größtenteils vom ansonsten recht unspektakulär fallenden Umhang bedeckt wird. Über dem Buch schlägt er mehrere grobe Falten, sodass der Saum eine verkehrte S-Form bildet. Im Gegensatz zum ruhigen und stabilen Stand des Heiligen erzeugt der zurückgelehnte Oberkörper, mit schräg nach oben gewandtem Kopf, die einzige Bewegung, wenngleich diese äußerst reduziert erscheint. In der rechten Ellenbeuge liegt der Krummstab, dessen Ende vor der Plinthe zu stehen kommt. Vom Typus sind beide Figuren mit jenem des hl. Florian des Sebastianaltars der Stiftskirche von Rein vergleichbar (1742–1743, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub): dieselbe Arm- und Beinhaltung ist erkennbar, ebenso die Ausrichtung des Kopfes hin zum Hochaltarbild. Die beiden Skulpturen der Grabenkirche sind jedoch deutlich am Klassizismus orientiert, die ehemals aufflatternden Gewandzipfel weichen einem kühlen Gesamtbild. Auf dem rechten Seitenaltar präsentieren sich die hll. Bonaventura und Margareta von Cortona (Abb. 72). Ersterer erscheint mit Kreuzstab in der rechten Hand, einem geöffneten Buch in der linken und dem breitkrempigen Hut hinter dem Kopf. Auch hier besticht die schwer fallende, aber dennoch luftig modellierte Draperie, wobei die Bewegung wiederum vom Oberkörper ausgeht. Die linke Schulter ist nach un­

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

ten gesenkt, der Kopf stark zur Seite gedreht und dem Hochaltarbild zugewandt. Die grazilen Finger mit detailreich ausgearbeiteten Gliedern und deutlich erkennbaren Nagelbetten sprechen wiederum sehr für Ph. J. Straub, die flach am Kopf anliegende kurze Haartracht mit feinen Wellen dagegen weniger. Der Heilige hat das, was gemeinhin als Charakterkopf bekannt ist: große, kugelige Augen, über die sich lange Brauen wölben, eine markante Hakennase und ein Grübchenkinn bei gleichzeitiger Tonsur, die mit einer hohen Stirnbildung einhergeht. Denselben Kopftypus weist der hl. Ägidius des zum Vergleich herangezogenen Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) auf. Auch hier dieselben Züge bei stoischem Ausdruck. Die hl. Margareta steht mit rückgeneigtem Haupt, den Blick zur Aufsatzzone gerichtet. Der rechte Arm ist seitlich ausgestreckt, die Handfläche weist nach oben, die linke Hand hält ein geschlossenes Buch, auf dem ein Totenkopf liegt. Die Spitze des Zeigefingers steckt zwischen den Buchseiten. Das linke Spielbein zeichnet sich leicht durch die Kleidung ab, ein dezenter S-Schwung durchläuft den gesamten Körperbau. Der Exophthalmus ist klar ausgeprägt, das deutlich abgegrenzte Kinn im rundlichen Gesicht zeugt ebenfalls von Straub’schen Zügen. Die pathetische Aura mit rückwärtsstrebender Oberkörperpartie erinnert an die hl. Elisabeth der Grazer Bürgerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub), der jedoch noch eine deutlich barockere Konzipierung zugrunde liegt. Die Putten der Aufsätze sind in ihren Proportionen als gelungen anzusehen, man­ che von ihnen zeigen jedoch große, sehr weit auseinanderliegende Augen, deren äußere Winkel regelrecht nach unten hängen. Die geflügelten Puttoköpfchen sind überaus ernst gestaltet und verweisen auf eine fremde Hand, da ihre Physiognomien von eigentümlichem Charakter sind. Auf eine schmale Stirnregion folgen ausladende Pausbacken, die in einem runden Kinn münden. Der winzige Mund ist tief zwischen die Wangen gesetzt, darüber erhebt sich die knollige Nase zwischen kleinen Augen. An dieser Stelle war wieder die Straub-Werkstatt mit ihren zahlreichen, doch überaus talentierten Händen tätig. Wenngleich die Gesichtszüge des hl. Florian auch etwas befremdlich erscheinen mögen, so ist es aufgrund der Vergleiche mit anderen Straub-Werken dennoch zulässig, die Skulpturen dem Bildhauer zuzuweisen. Sie legen Zeugnis über den einsetzenden Klassizismus ab, der sich fortan im Schaffen Ph. J. Straubs manifestieren sollte. Zwei Jahre zuvor, beim Birkfelder Rosenkranzaltar (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), sind die Figuren noch deutlich expressiver und insbesondere die Gewänder von einer mitreißenden Dynamik erfasst.

St. Radegund bei Graz, Kalvarienberg, um 1770 Der Kalvarienberg von St. Radegund bei Graz entstand in seiner heutigen Form im Jahr 1770 und besteht aus insgesamt 24 Stationen.318 Als Stifter fungierte ein Geist­

St. Radegund bei Graz, Kalvarienberg, um 1770

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licher, vermutlich angespornt – wie so viele neben ihm – durch die Errichtung des Grazer Vorbilds im Jahr 1606, was den Auftakt für die Errichtung von mindestens 80 Kalvarienbergen in der Steiermark darstellte.319 Zu den Künstlern, die dort tätig waren, fanden sich bislang keinerlei archivalische Nachweise, dennoch ergaben sich einige Namen, die mit den Bildwerken in Verbindung gebracht werden können. Einer davon ist Ph. J. Straub, dem die qualitativ hochwertigen Steinskulpturen in mehreren Kapellen zugeschrieben wurden, die auf die Entstehungszeit des Kalvarienbergs (1768–1773) zu datieren sind.320 Gabriele Strießnig-Kaltenegger erwähnt in ihrer Diplomarbeit zu den Kalvarienbergen von Graz und St. Radegund, dass die Tätigkeiten Ph. J. Straubs dafür als gesichert anzunehmen sind.321 Horst Schweigert erwähnt ebenfalls die »Skulpturen einiger Stationskapellen« in Zusammenhang mit Ph. J. Straub,322 wenngleich er weitere Abhandlungen diesbezüglich vermissen lässt. Die Betrachtung der unterschiedlichen Skulpturengruppen der Kreuzwegsta­ tionen lässt schnell Rückschlüsse auf das Können des jeweiligen Bildhauers zu. So war der Großteil der Skulpturengruppen dem »bäuerlichen Künstler« Johann M ­ ichael Pregenzer zuzuschreiben, der diese zur Entstehungszeit des Kalvarienbergs schuf. 323 Einige von ihnen wurden jedoch im Laufe der Zeit durch naive Schnitzarbeiten ersetzt, die sich durch ihren derben Charakter auszeichnen. Ein Teil der Skulpturen ist erst nach 1834 entstanden und mit dem Künstler Matthias Rath in Verbindung zu bringen.324 Einige Skulpturengruppen sind als qualitativ sehr hochwertig einzustufen, dazu zählen die Steinfiguren des kreuztragenden Christus mit Maria, der drei Salbölträgerinnen und der Ecce-Homo-Gruppe, bestehend aus fünf Figuren, die allesamt der Entstehungszeit des Kalvarienbergs zuzuordnen sind. Daneben finden sich auch Holzfiguren, die ebenfalls mit Ph. J. Straub in Verbindung stehen könnten, da sich stilistische Parallelen zu anderen ihm zugewiesenen Werken ziehen lassen. Dazu zählen die hl. Maria Magdalena in einer Kapelle, eine äußerst qualitätsvolle Pietà und zwei sie flankierende Figuren des rechten Seitenaltars in der Kalvarienbergkirche, die bislang nicht zweifelsfrei zugeordnet werden konnten. Im Folgenden werden die Skulpturen auf ihre stilistischen Merkmale hin untersucht und – sofern plausibel – in das Schaffen Ph. J. Straubs eingeordnet. Ecce-Homo-Gruppe (Kapelle 5), um 1770, Werkstatt Ph. J. Straub Die Ecce-Homo-Gruppe (Taf. XXX) besteht aus fünf freistehenden Skulpturen, deren ursprüngliche Aufstellung heute nicht mehr gesichert ist. Es handelt sich um König Herodes325, den Statthalter Pontius Pilatus326, Jesus327, einen Schergen328 und einen Pharisäer329 mit aufgeschlagenem Buch. Als direktes Vorbild dafür dienten womöglich die Schoy zugeschriebenen Figuren der Fassade der Grazer Kalvarienbergkirche, die auf 1723 zu datieren sind.330 Es handelt sich hierbei um Darstellungen von Jesus, Pontius Pilatus und einem Schergen. Die kompositorischen Parallelen der Pilatus-Darstellungen sind frappant: der überhebliche Gesichtsausdruck, der sich vom Geschehen abwendet, die arrogante Gestik der Hände, wobei die linke lässig in die Hüfte gestützt ist, während die rechte eine abwehrende Bewegung in Richtung des Verurteilten aus-

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führt und auch die fülligen Körperformen, die sich im runden Gesicht als Doppelkinn manifestieren und auf reichlich Wohlstand schließen lassen. Kleidung und Krone sind ebenso nahverwandt. Jesus ist in leichter Abwandlung des ursprünglichen Standmotivs wiedergegeben, die Grundzüge der Komposition verweisen jedoch ebenfalls auf das Grazer Vorbild. Der kaum Bekleidete steht im Kontrapost, ein Lendentuch flattert um die Hüfte. Ein purpurroter Mantel liegt ihm um die Schultern und fällt hinter dem Rücken schwer zu Boden. Die massive Dornenkrone bedeckt das Haupt, das von langem, gewelltem Haar bekränzt wird, das auf die Schultern fällt. Während Schoys Werk einen angewiderten Gesichtsausdruck zeigt, ist der andere Jesus durch seine Mimik klar als Leidender definiert. Eine Erklärung für die leicht abgewandelte Körperkomposition liegt vermutlich in der Disbalance, die Schoys Skulptur zugrunde liegt und den Anschein erweckt, als würde sie stark nach links ziehen. Der andere Bildhauer löste dieses Problem, indem er die vor dem Körper gefesselten Arme über das Spielbein hinaus zur Seite ragen ließ, sodass diese ein Gegengewicht zum fest verankerten Standbein bilden. Die zusätzlich eingesetzte Kopfneigung zur rechten Seite bewirkt ebenfalls eine Stabilisierung der Figur und es bildet sich dadurch ein leichter S-Schwung, der harmonisch und ausgewogen erscheint. Dieser künstlerische Kniff spricht sehr für Ph. J. Straubs Talent, das für seine ausbalancierten Kreationen bekannt war. Die starken Anleihen an den Vorgänger Schoy verweisen ebenfalls auf den Bildhauer, der sich am Original bzw. an eventuell vorhandenen Entwürfen zur Skulpturengruppe orientiert haben mochte. Dieses regelrechte Kopieren der Skulpturen lässt darauf schließen, dass sich Ph. J. Straub hier in seinem Spätwerk erneut an den Entwürfen bzw. vollendeten Skulpturen seines Vorgängers orientiert hat, also retrospektiv vorging. Der Typus des Herodes von St. Radegund ist besonders beachtenswert. Er besitzt einen wahren Charakterkopf mit dominierenden Augen und markanter, gebogener Nase. Das lockige Haar erscheint lebhaft und fällt füllig in die Stirn. Die auffahrende Geste seines rechten Arms widerspricht dem leeren Gesichtsausdruck, der weite Ärmel des Unterhemdes ist bis über den Ellbogen hinabgerutscht. Der Arm ist bei dieser dynamischen Geste wohl aus dem Ärmel des darüber liegenden, geschnürten Hemdes geschlüpft, er hängt lose an seiner rechten Körperseite nach unten. Dies ist ein gelungener Kunstgriff, um unterschiedlichste Faltenwürfe zu bilden. Das heute nicht mehr erhaltene linke Bein war ursprünglich größtenteils vom aufbauschenden Mantel bedeckt, der wiederum als Mittel eingesetzt wurde, um das Ungleichgewicht, kreiert durch den erhobenen rechten Arm, auszugleichen. Dies spricht wiederum sehr für Ph. J. Straub, auch die Tatsache, dass der Kopf des Herodes mit jenem des hl. Leo­ pold des Nepomukaltars (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) der Grazer Stadtpfarrkirche verwandt ist. Insbesondere die Nasenmodellierung erscheint wie aus einem Guss, der Höcker im breit verlaufenden Steg, die knorpelige Spitze und scharfgratige Nasolabialfalte, die ein regelrechtes Tal zwischen Wange und Nasenflügel entstehen lässt, sind eindeutige Parallelen der beiden Antlitze. Auch die großen Augen und bogenförmig darüber verlaufenden Brauen sprechen von derselben Hand.

St. Radegund bei Graz, Kalvarienberg, um 1770

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73  Werkstatt Philipp Jakob Straub, Scherge, Detail ­Ecce-Homo-Gruppe, ­Sandstein, um 1770, St. Radegund, ­Kalvarienberg

Einzig der geöffnete Mund des Herodes mit gebleckten Zähnen entspricht nicht dem Repertoire des Bildhauers. Der Schriftgelehrte mit in den Himmel gerecktem Gesicht und einem großen aufgeschlagenen Buch in den Händen findet sein Gegenstück ebenfalls an der F ­ assade der Grazer Kalvarienbergkirche. Links der Dreiergruppe mit Pilatus, Jesus und dem Schergen, etwas rückversetzt oberhalb der linken Treppe hinter einer Balustrade, stehen zwei Schriftgelehrte, von denen der linke das offene Buch hält, das vom zweiten von hinten gestützt wird. Ersterer lässt sich mit dem Pharisäer von der St.-Radegunder-Gruppe vergleichen, Körperhaltung und Kleidung sind sehr ähnlich, wenngleich nicht gänzlich kongruent, doch die Anleihen sind dennoch ersichtlich. Geschaffen wurden die Figuren von Jakob Gschiel im Jahr 1873, ebenso jene beiden über dem rechten Stiegenaufgang, die ebenfalls zur Gruppe Pharisäer und Volk gehören.331 Dies erklärt die wesensfremden Züge der Gesichter, die fratzenhaft und derb anmuten und wenig von Schoys elegantem Gebaren an den Tag legen. Die Datierung legt nahe, dass es sich hier umgekehrt verhält, Gschiel nahm Anleihen an den Radegunder Figuren, was weiterführend beweist, dass die Bildprogramme von Kalvarienbergen bis zu ­einem gewissen Grad an Vorbildern orientiert waren. Denkbar ist auch, dass beschädigte Figuren, die ausgetauscht werden mussten, einfach an Vorbildern orientiert wurden, um dem einheitlichen Gesamtbild nicht zu schaden.

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Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

Der Scherge (Abb. 73), der sich in der heutigen Aufstellung dem leidenden Christus zuwendet, findet sich auch in vergleichbarer Form am Grazer Kalvarienberg, ebenfalls in der Position rechts von Christus und diesen grimmig anblickend. Ersterer ist dem Betrachtenden frontal zugewandt, das Gesicht ist im Linksprofil zu sehen. Die Arme sind nach unten und links geführt, sodass eine beginnende Torsion erzeugt wird. In der rechten Hand mit gekrümmten Fingern befand sich ursprünglich wohl ein Folterinstrument, eventuell eine Geißel oder ähnliches. Hinter der linken Hüfte ragt der Schwertgriff hervor, auf dem Kopf sitzt ein Helm mit breitem Riemen. Die Hüfte des Mannes lädt stark nach rechts aus, die in die Gegenrichtung geführten Arme gleichen diese Bewegung aus. Die Kleidung ist recht schlicht gehalten, aufwendige Faltenbildungen sind kaum vorhanden. Detailreichtum offenbart sich lediglich im Faltenkragen, den Schnürungen des Obergewandes und der Knopfleiste der Hose. Der Umhang fällt schlicht nach unten und ist lediglich zwischen den Beinen auszumachen, auch hier wurde keine aufbauschende Drapiere eingesetzt, um Dynamik zu erzeugen. Das Vergleichsbeispiel in Graz ist ähnlich modelliert, der hauptsächliche Unterschied liegt in der Physiognomie, die sehr rund ist und durch einen feisten Ausdruck geprägt wird, der ihn wiederum von den stereotypen Gesichtern abhebt. Er fletscht die Zähne und starrt Christus mit hochgezogenen Lefzen an, die Brauen sind wütend zusammengezogen. Die Körperhaltung ist vergleichbar mit dem Radegunder Exemplar, wenngleich die Beine in die entgegengesetzte Richtung weisen. Der Ausdruck ist jedoch um einiges aggressiver. Wird der für Ph. J. Straub gesicherte signierte hl. Johannes Nepomuk in der gleichnamigen Kapelle des Grazer Kalvarienbergs (1737) heranangezogen, so lässt sich im Schergen ebenfalls der bereits bekannte Typus mit grimmigem, fratzenhaft verzogenem Gesicht und eigenwillig abgesetztem Backenbart-Büschel, der so gar nichts mit Ph. J. Straubs bekanntem Gesichtstypus zu tun hat, erkennen, der dennoch von seiner Hand stammt. Dies legt nahe, dass es sich bei gewissen Figuren bewährt hat, auf Stereotypen zurückzugreifen, was zu einem stets gleichen und dennoch auf den ersten Blick befremdlichen Kopftypus führt. Der Grazer Scherge der ­Nepomuk-Gruppe lässt sich interessanterweise am besten mit König Herodes der Ecce-Homo-Gruppe von St. Radegund vergleichen, da dieser über dieselbe Kopfgestaltung verfügt: Haar und Bart sind offensichtlich verwandt, auch das über die Schulter rutschende Gewand findet sich in beiden Fällen. Hier ist das Festlegen auf Ph. J. Straub als ausführenden Künstler nicht zweifelsfrei möglich, aufgrund der stilistischen Vergleiche lässt sich aber zumindest eine enge Verbindung zu seinem Schaffen feststellen (Werkstatt­ arbeit?). Maria Magdalena (Kapelle 9), um 1770, Umkreis Ph. J. Straub In Kapelle 9 befindet sich die Schnitzfigur der hl. Maria Magdalena332 (Abb. 74), die kniend auf einer Felsformation dargestellt ist, ein aufgeschlagenes, dem Betrachtenden zugewandtes Buch in Händen. Die beiden beschriebenen Seiten erzählen ihre Geschichte und betonen, dass sie nicht mit der Sünderin gleichzusetzen ist.333 Das

St. Radegund bei Graz, Kalvarienberg, um 1770

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74  Umkreis Philipp Jakob Straub, hl. Maria ­Magdalena, Holz, um 1770, St. Radegund, Kalvarienberg

Buch wurde nicht befestigt, sondern liegt auf den linken Arm gestützt auf. Die Figur ist in der Dreieckskomposition angelegt, die weit geöffneten Knie bilden hierbei die Basis. Der rechte Arm ist vor dem Körper angewinkelt und zur linken Brust geführt, der linke mit nach oben gerichteter Handfläche nach vorne gestreckt (hier liegt das Buch auf). Der Kopf ist nach rechts geneigt, langes, welliges Haar fällt über die Schulter nach vorne, während die andere Seite entblößt bleibt. Auffallend erscheint, dass die Heilige mit nacktem Oberkörper wiedergegeben wurde, der voluminöse Mantel bildet einen Ring von der rechten Schulter bis zur linken Hüfte. Die nicht ausmodellierten Brüste werden durch den rechten Arm verborgen, zusätzlich bietet das Buch die nötige Bedeckung. Das recht maskulin anmutende Gesicht mit halb g ­ eschlossenen, großen Augen, einer sich zur Basis hin verbreiternden Nase und einem geschlossen, großen Mund mit vollen Lippen zeugt von Traurigkeit, der Blick ist schräg nach unten ins Leere gerichtet. Vergleichbar ist die Skulptur mit der hl. Maria Magdalena vom so­ genannten Magdalenenthron in der Grazer Bürgerspitalkirche (1733–1734, Ph. J. Straub durch die Autorin zugeschrieben). Die gesamte Komposition mutet identisch an, ebenso die Draperie der Kleidung. Es ist anzunehmen, dass auch die St. Radegunder Magdalena einst andere Attribute in Händen hielt als das Buch. Die Handpositionen sprechen durchaus für eine Geißel und ein Ölgefäß, eventuell auch einen Schädel. Die

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75  Umkreis Philipp Jakob Straub oder Veit Königer, Christus begegnet Maria, Sandstein, um 1770, St. Radegund, Kalvarienberg

Körperformen erscheinen deutlich fülliger als es für Ph. J. Straubs Figuren typisch ist, auch die Faltengebung wirkt deutlich reduzierter, wenngleich es sich dennoch um sehr räumliche Gewanddraperien handelt, die überaus realistisch erscheinen. Es ist daher anzunehmen, dass es sich beim ausführenden Künstler um einen Bildhauer aus dem Umkreis Ph. J. Straubs handelt. Christus begegnet Maria (Kapelle 14), um 1770, Umkreis Ph. J. Straub oder Veit Königer Die Skulpturengruppe des kreuztragenden Christus334, der seiner Mutter Maria335 begegnet (Abb. 75), ist hauptsächlich durch den leidenden Eindruck und die markante Draperie der Kleidung gekennzeichnet. Jesus steht breitbeinig mit gebeugten Knien, was der Last des Kreuzes auf seiner linken Schulter verschuldet ist, die ihn offensicht­ lich in die Knie zwingt. Die so entstehende Dreieckskomposition schafft einen geerdeten Eindruck und Stabilität, der im starken Kontrast zum C-förmigen Körperbild der hl. Maria steht. Durch die schwere Schüsselfalte, die sich an deren linker Körperseite formiert und den aufwirbelnden Saum ihres Mantels, erscheint sie nahezu schwerelos. Unterstrichen wird dieser Effekt durch den ausgeprägten Kontrapost mit seitwärts gestelltem Spielbein sowie der Drehung des Oberkörpers und insbesonde-

St. Radegund bei Graz, Kalvarienberg, um 1770

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re der vor der Brust übereinandergelegten Hände. Die entgegengesetzte Drehung des Kopfes erzeugt ein torsiertes Standmotiv, was ein typisches Merkmal im Schaffen Ph. J. Straubs ist. Hinzu kommt das bereits bekannte Motiv des optischen Gegengewichts, das durch die Manteldraperie kreiert wird und den stark nach links schwingenden Körper regelrecht zurückzuziehen scheint. Eine vergleichbare Gruppe findet sich am Grazer Kalvarienberg, freistehend auf jeweils einem Sockel, die Veit Königer zugeordnet wird.336 Auch hier ist die stark gebeugte Haltung ersichtlich, ebenso eine analoge Mimik und dieselbe gewundene Dornenkrone aus dicken Zweigen, die sich massig um das Haupt windet. Auch die Komposition Marias ist gleichartig ausgeführt, dennoch ist unleugbar, dass Königers Arbeiten eine deutlich reduziertere Dyna­ mik aufweisen und sich die physiognomischen Merkmale auffallend unterscheiden. Die Zuschreibung an Ph. J. Straub ist ebenfalls nicht ohne weiteres durchführbar, da die Körperformen zu massig erscheinen, was dessen Hang zu schlanken Figuren widerspricht. Auch die übersteigert knotigen Finger, insbesondere der Christus-Figur, entsprechen nicht dem Straub-typischen Naturalismus. Auch das eher derbe, maskuline Gesicht der hl. Maria ist nicht charakteristisch für das Œuvre des Bildhauers, der für sehr elegante und anmutige weibliche Gesichtstypen bekannt ist (abgesehen von Darstellungen der hl. Anna, die von ihm bewusst als Matrone mit altersgeprägten Zügen umgesetzt wurde). Es ist zu vermuten, dass die Gruppe aus dem Umkreis der Künstler stammt, da die Anleihen an deren Stilbild augenscheinlich sind. Rochus Kohlbach brachte den Namen eines Gesellen Veit Königers, Johann Michael Pregenser, ins Spiel. Eventuell geht die Gruppe auf diesen zurück. Die Drei Salbölträgerinnen (auch: Drei Marien, Kapelle 29), um 1770 Eine weitere Kapelle des Kalvarienbergs birgt die Gruppe der drei sehr grazil anmutenden Salbölträgerinnen337 (Maria Magdalena, Maria, die Mutter von Jakobus und Maria Salome)338, die in aufrechter Position mit jeweils einem Gefäß in einer Hand im Kontrapost einander zugewandt stehen (Taf. XXXI). Die Qualität ihrer Ausführung ist als sehr hoch einzustufen, worauf ihre kunstvoll drapierten Gewänder und dynamischen Körperhaltungen schließen lassen. Sie bilden eine Dreiheit, die Gesichter einander zugewandt. Am hervorstechendsten ist mit Sicherheit jene Figur, deren Haupt eine kunstvolle Frisur schmückt, bei der das lange dunkle Haar zum Teil am oberen Hinterkopf von einem goldenen Reif umfasst wird. Das Gesicht ist oval und wird durch eine lange Nase mit breiter Wurzel geprägt, die großen Augen erwecken einen müden Eindruck. Das Kleid der Dargestellten fällt auf eine Weise, bei der die rechte Schulter neckisch entblößt wird, ansonsten bleibt der Körper gänzlich bedeckt. Der Saum des Kleides ergießt sich schwer auf den Boden, der Stoff ist in feinteilige Falten gelegt und bildet tiefe Täler, die Plastizität verleihen. Um den Bauch liegt eine Art Bustier, das die Lage des Nabels andeutet, was auch bei der hl. Elisabeth (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) der Grazer Bürgerspitalkirche der Fall ist. Überhaupt ist deren Eleganz und Körperkomposition vermutlich Vorbild für die Figur des Kalvarienbergs, wenn diese auch deutlich weniger ausladend ausgefallen ist, was wahr-

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scheinlich dem bereits einsetzenden Frühklassizismus zuzuschreiben ist. Die Salbölträgerin mit dem Gefäß in der rechten Hand wiederum ist mit der hl. Barbara (1734– 1738, zugeschrieben an Ph. J Straub) der Bürgerspitalskirche vergleichbar. Die grazilen Fingerposen und die angedeutete Rückwärtsneigung des Oberkörpers finden sich bei beiden Skulpturen, dasselbe gilt für die Behandlung des Mantelstoffes, der sehr räum­ lich erscheint und – Straub-typisch – einmal über der Schulter liegt und einmal an der gegenüberliegenden Hüfte von hinten nach vorne zieht, um eine optische ­Balance zu erreichen. Die bereits erwähnte hl. Elisabeth der Bürgerspitalskirche war hier Vorbild für die Kopfgestaltung: Hals und Haupt sind auf exakt dieselbe Weise leicht nach links geneigt, das Gesicht in Richtung Himmel gewandt, wobei der Blick ins Leere geht. Die Proportionen des ovalen Gesichts sind ebenfalls identisch. Die dritte der Frauen entspricht vom Typus den beiden anderen, sodass alle drei derselben Hand zuzuweisen sind. Ihre Körperlinien verlaufen ebenfalls leicht geschwungen, auch die markante, diagonal hinter den Rücken geführte Manteldrapierung ist erkennbar, hier sogar noch formschaffender aufgrund der Schüsselfalte an der linken Hüfte und der schwerfälligen Stofflichkeit, die dennoch Eleganz vermittelt. Sie hält das Ölgefäß in beiden Händen vor dem Körper und bedeckt es zusätzlich mit einem Stück Stoff. Das Haupt ist verschleiert, sodass die Haarpracht darunter nur erahnt werden kann. Das Gesicht mit großen, sichelförmigen Augen, einer großen Nase mit breitem Steg und einem Mund mit vollen Lippen erscheint ernst und ist gen Himmel gewandt. Es ist zu bedenken, dass es sich bei den Skulpturen der Bürgerspitalskirche um sehr frühe Werke des Künstlers handelt, während jene von St. Radegund zu den letzten seines Schaffens zählen. Der primäre Unterschied zwischen den Skulpturengruppen ist die deutlich reduzierte Dramatik bzw. theatralische Inszenierung der jüngeren, was auf den Zeitgeist mit dem bereits einsetzenden Klassizismus verweist. Aufgrund der stilistischen Parallelen ist Ph. J. Straub als Urheber anzunehmen, auch der Vergleich mit den Skulpturen des Birkfelder Rosenkranzaltares (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) legt dies nahe. Die in einer Nische liegende hl. Rosalia weist ­dasselbe überlange Kleid auf, das auch die Salbölträgerinnen tragen, die Modellierung der Faltenwürfe ist vergleichbar, insbesondere bei der Maria mit dem Ölgefäß in beiden Händen findet sich dieselbe dezente Fältelung im Brustbereich wie bei der Heiligen in der Grotte. Auch das wiederholte Überschlagen des Mantelsaums ist ein Indiz, ebenso die mehrfachen Knicke im Mantelstoff, die das Material in mehrere Zonen unterteilen. Trotz der Masse an Stoffen fließen sie regelrecht nach unten und ergießen sich kaskadenartig bis über die Plinthen.

Kalvarienbergkirche, Seitenaltar rechts, Pietà und zwei ­Heiligenfiguren, um 1735–1745, Umkreis Ph. J. Straub Ursprünglich handelte es sich bei der Kalvarienbergkirche um die Kapelle Zum Gegeißelten Heiland von 1768, die Anfang des 19. Jahrhunderts erweitert wurde.339 Die

Kalvarienbergkirche

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rechte Kapelle ziert ein barocker Altar mit Pietà-Darstellung und zwei sie flankierenden Heiligenfiguren. Die Pietà340 (Taf. XXXII) ist eine Schnitzarbeit von bemerkenswer­ ter Qualität inmitten eines kleinen Stuccolustro-Nischenaltars mit einer zarten Rahmung aus Volutenspangen und Pilastern. Flankiert wird das Werk von zwei weniger qualitätsvollen, schwebenden Putten mit birnenförmigen Köpfchen, die eher der volkstümlichen Kunst zuzuweisen sind und unausgewogene Proportionen aufweisen. Die Pietà-Darstellung hingegen ist von meisterlicher Hand gefertigt und sowohl technisch als auch ästhetisch eine überaus ansprechende Arbeit. Die Muttergottes sitzt mit weit ausgebreiteten Armen und zur Seite geneigtem Haupt in resignierender Manier, das Antlitz vom Schmerz über den Verlust des Sohnes gezeichnet. Aus den Augen strömende Tränen verstärken den Eindruck des Leidens, das ovale Gesicht wird von einer großen, geraden Nase dominiert, deren breiter Steg unmittelbar in die Brauenbögen mündet. Der kleine Mund mit vollen Lippen ist leicht geöffnet, vermutlich um das stumme Klagen deutlicher erscheinen zu lassen. Das Haar ist fast vollständig von einem Schleier bedeckt, in ihrem Herzen steckt ein langes Schwert, das den Schmerz über den Tod des Sohnes bildlich veranschaulicht. In ihren Schoß ruht der leblose Körper des Sohnes in einer anmutig fließenden Bewegung gebettet, als wäre er gleich­ sam dort hingegossen. Somit bilden die beiden Figuren eine physische Einheit. Dies verkörpert die innige Beziehung zwischen Mutter und Sohn, was an das Mitgefühl der Betrachtenden appellieren soll. Die Beine Christis sind nach hinten angewinkelt, die linke Achsel ruht auf dem linken Oberschenkel Marias, sodass der Arm gerade nach unten hängt. Der rechte ist zur Seite geführt, wo ihn die Muttergottes von unten stützt. Zwischen ihren beiden Händen befindet sich ein Tuch, wohl dazu gedacht, um die Tränen der Trauernden aufzufangen. Der muskulöse Körper des Toten erscheint weder ausgemergelt noch allzu stark von Wunden gezeichnet, lediglich leichte Blutspuren verlaufen über die Haut und verweisen auf das vorangegangen Martyrium. Das Gesicht wird von dichtem, welligem Haar bekränzt, die Dornenkrone verschwindet beinahe dazwischen. Der kurze Bart umrahmt die Kieferpartie und bildet am Kinn zwei kleine Büschel aus. Die halb geöffneten Augen vermitteln zwar nicht den Tod des Heilands, verstärken jedoch dessen leidenden Ausdruck immens. Der leicht geöffnete Mund gleicht in der Ausführung jenem Marias, die Nase ist jedoch deutlich breiter und kürzer. Auch die Brauen sind dicker und beginnen nicht mit der Nasenwurzel. In anatomischer Hinsicht findet sich hier keinerlei Makel oder Unstimmigkeit, die Komposition wurde präzise durchdacht und auch so umgesetzt. Trotz der hohen Qualität der Gruppe, kommt Ph. J. Straub selbst als Urheber wohl nicht ­infrage, da der Körper des Heilands zu fleischig und das Gesicht zu sehr von der geraden breiten Nase dominiert ist. Auch das Marienantlitz entspricht nicht dem gängigen Typus Ph. J. Straubs. Die Gruppe dürfte jedoch sehr wohl dem Umkreis des Bildhauers zuzuschreiben sein. Ikonografisch ist sie mit jener des Schmerzhafte-Mutter-Altars (1743 gefasst 341) in der Grazer Mariahilferkirche vergleichbar. Diese wird als in der Art Ph. J. Straubs bezeichnet und auf 1740 bis 1750 datiert.342 Auch hier ist die Komposition sehr ausge-

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wogen und die Proportionen wurden realistisch wiedergegeben. Die Gesichtstypen sind jedoch sehr derb und ernst, insbesondere das Antlitz Marias erscheint recht maskulin und deutlich älter, als es für Ph. J. Straubs Marienfiguren signifikant wäre. Dennoch kann die Komposition als in der Art des Bildhauers bezeichnet werden, finden sich doch eine sehr plastische Faltengebung und ein vernehmlicher Hang, für optisches Gleichgewicht zu sorgen, sodass die Figuren trotz einer gewissen Bewegtheit geerdet erscheinen. Ein drittes Beispiel verdeutlicht, inwieweit gewisse ­Bildtypen unter den Künstlern verbreitet waren: Der Bildhauer Joseph Stammel, der den Großteil seiner künstlerischen Arbeit für das Benediktinerstift Admont tätigte, schuf 1763 eine Pietà für die Pfarrkirche Wildalpen, die schließlich 1953 in die Stiftskirche ­gelangte, wo sie heute den neogotischen rechten Seitenaltar von August Ortwein schmückt.343 Wenngleich der überaus derbe Stil des Künstlers, an den für Stammel charakteristischen Gesichtern der Putten und dem ausgezehrten Körper Christis, der mehr einem Skelett als einem kürzlich Verstorbenen gleicht, sofort erkennbar ist, lässt sich der Typus in ikonografischer Hinsicht mit jenem von St. Radegund und Mariahilf durchaus einheitlich ansehen: derselbe ›hingegossene‹ Heilandskörper, dessen Achsel über dem Knie der Muttergottes zu liegen kommt, das zerknüllte Tuch in ihrer Hand, die den Arm des Sohnes stützt und das aus dem Herzen ragende Schwert sind ebenso charakteristisch wie die Einheit, die die beiden Figuren bilden. Es zeigt sich demnach, dass im Spätbarock gewisse Bildtraditionen vorherrschten, an denen sich Künstler orientierten, wenngleich sie ihrem individuellen Stil treu blieben und Variationen einbrachten. Bewährte Motive wurden wiederholt, vor allem die Druckgrafik half bei deren Verbreitung. So auch im Fall der Pietà, die – wie bereits erwähnt – ursprünglich eine Schöpfung Annibale Carraccis war. Die Pietà flankieren zwei Skulpturen, der hl. Augustinus344 und ein nicht näher definierbarer Bischof345 (Abb. 76). Sie entstammen ebenfalls dem Spätbarock und konnten bislang keinem Künstler zugeordnet werden. Ph. J. Straub kommt als ­Urheber nicht infrage, da die Figuren im Ausdruck zu hölzern sind. Dennoch können Verbindungen zum Œuvre des Bildhauers gezogen werden, was sich beispielsweise am Vergleich des unbekannten Bischofs mit dem hl. Donatus des rechten Seitenaltars der Pfarrkirche Semriach (1735–1740, zugeschrieben an Ph. J. Straub) zeigen lässt. Körperkomposition und Einsatz der Attribute sind identisch, die Unterschiede liegen lediglich in der Kopf- und Armhaltung begründet. Das rechte Standbein ruht auf der Plinthe, während das leicht nach außen gedrehte Spielbein leger auf einem Ährenbündel abgestellt ist. Somit ergibt sich eine beginnende Torsion, die vom Oberkörper auf­ gegriffen wird. Der linke Arm ist nach vorne angewinkelt und hält ein geschlossenes Buch (die darauf platzierten Attribute des Tellers und Messers finden sich lediglich beim St. Radegunder Beispiel), der rechte ist nach oben bzw. vorne geführt und hält einen Bischofsstab (beim St. Radegunder Exemplar nicht mehr vorhanden). Der Bischofsornat unterscheidet sich lediglich in Details, besonders auffällig ist die ausladende Mantelführung der linken Körperseite, wo dieser sich S-förmig vom Arm über den Oberschenkel nach vorne windet. Dieser Kunstkniff beweist nicht zuletzt, dass

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76  Umkreis Philipp Jakob Straub, ­Bischof, Detail Seitenaltar rechts, Holz, um 1735–1745, St. Radegund, ­Kalvarienbergkirche

es sich hier um eine eindeutige Anleihe handelt, wenngleich es nicht dieselbe Künstlerhand geschaffen haben kann. Der Heilige von St. Radegund ist im Ausdruck unverkennbar reduzierter, auch der Faltenwurf der Kleidung erscheint weniger detailreich. Der zweite Heilige, Augustinus, ist ebenfalls mit dem hl. Donatus von Semriach zu vergleichen. Wenngleich Stand- und Spielbein gegengleich ausgeführt wurden und der Mantelwurf nicht derart ausgefeilt wie beim Vergleichsbeispiel anmutet, ist es doch augenscheinlich, dass die Gewandung wie aus einem Guss erscheint: dieselben Borten an Rochett und Mantel, derselbe Besatz in Form von typisch barocken Ornamenten und der Mantelsaum, der sich an derselben Stelle über dem rechten Arm bricht. Die stark gekrümmten Finger der jeweils linken Hand sind ein weiteres Indiz, ebenso die sehr ähnlich ausgeführte Haar- und Barttracht. Der Kopf ist stark nach links geneigt, der Blick nach oben gerichtet. Insgesamt erscheint diese Figur deutlich lebensechter als ihr Gegenstück, bei der sich innerhalb der Kleidung viele glatte Flächen offenbaren, die jeglichen Detailreichtum vermissen lassen. Die Faltengebung ist viel spärlicher und steht im starken Kontrast zu jener des hl. Augustinus, was eine interessante Begebenheit darstellt, da die Köpfe mit Sicherheit vom selben Künstler geschaffen worden sind.

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Die Orientierung an Ph. J. Straubs Schaffen ist bei allen drei Figuren unleugbar. Dass es sich tatsächlich um den Grazer Bildhauer handelt, ist weder nachzuweisen, noch vollkommen auszuschließen. Es dürfte sich um einen äußerst talentierten Bildhauer aus seinem Umkreis gehandelt haben.

1  Andorfer 1938, S. 168. 2  Schweigert 2017, S. 316. 3  Pirchegger 1935, S. 718 a.b. 4  Sergej Vrišer, Baročno kiparstvo na slovenskem Štajerskem, Ljubljana 1992. 5  Aggházy 1959, S. 330. 6  Diese Entdeckung wurde von der Autorin bereits als Auszug der vorliegenden Dissertation publi­ ziert: Christina Pichler, Philipp Jakob Straub und die skulpturale Ausschmückung der Frauenkirche von Pernegg an der Mur – eine erste Analyse, in: Eva Klein / Christina Pichler / Margit Stadlober (Hg.), Denk!mal weiter. Kulturerbe in Bewegung zwi­ schen Aufbruch und Umbruch, Grazer Universi­ tätsverlag (Leykam), Graz 2018, S. 117–126. 7  Manche dieser Objekte wurden mit »in der Art Philipp Jakob Straubs« beschrieben. 8  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 181–203. 9  Der Großteil der von Sergej Vrišer getätigten Zu­ schreibungen an Ph. J. Straub ist strikt abzulehnen, da diese ein völlig anders geartetes Stilbild aufwei­ sen. Dazu zählen: Seitenaltar hl. Blut in der Pfarr­ kirche Maria Himmelfahrt in Jarenina (SLO), vier Seitenaltäre für die Pfarrkirche hl. Petrus in Maleč­ nik (SLO) und der Seitenaltar der Schmerzhaften Mutter in der Pfarrkirche hl. Georg in Ptuj (SLO). Die Skulpturen dieser Altäre können stilistisch nicht mit Ph. J. Straub in Verbindung gebracht und daher auch im Zuge der vorliegenden Arbeit nicht näher betrachtet werden. 10  Dehio Graz 1979, S. 179. 11  Pichler 2019, S. 63. 12  Sandstein, H 174 cm. Soweit es möglich war, diese zu eruieren, werden die Größenangaben der Werke Ph. J. Straubs in der vorliegenden Arbeit angeführt. 13  Rudolf List, Kleinod der Gotik. Zur Innenrestau­ rierung der Bürgerspitalskirche in Graz, in: Sonn­ tagsblatt für Steiermark, 25, 27. Jg., Graz 1972, S. 7. Zur Weißfassung von Skulpturen siehe: Melissa Speckhardt, Weiss gefasste Skulpturen und Aus­ stattungen. Technologie – Quellen – Bedeutung, Petersberg 2014. 14  Schweigert 1976, S. 85–103. 15  Schweigert 1976, S. 87. 16  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 187.

Kalvarienbergkirche

17  Schweigert 1976, S. 93. 18  Kohlbach 1950, S. 176. 19  Beide Holz, Weißpolimentfassung, vergoldet, H 103 cm. 20  Konrad Steiner / Hans Wutschnig, Das Bürger­ spital zurn Heiligen Geist in Graz und seine Kirche, in: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steier­ mark, 32, Graz 1938, S. 61–63. 21  Eduard Andorfer, »Marx Schokotnigg«, in: Ul­ rich Thieme / Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegen­ wart, Bd. 30, Leipzig 1936, S. 241. 22  Schweigert 1976, S. 86. 23  Klemenčič 2006, S. 110f. 24  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 187. 25  Otto Wimmer, Kennzeichen und Attribute der Heiligen, Innsbruck-Wien 2008, S. 63. 26  Erwin Emmerling, Bemerkungen zu weiß ge­ fassten Skulpturen, in: ICOMOS – Hefte des Deut­ schen Nationalkomitees, Bd. 5 (1992), S. 423–436, hier: S. 423. 27  Steiner / Wutschnig 1938, S. 114. Auch Schwei­ gert 1976, S. 93 schloss sich dieser Meinung an. 28  Holz, Weißpolimentfassung, H 70 bzw. 67 cm. 29  Holz, Weißpolimentfassung, vergoldete Volu­ ten, H 65 bzw. 66 cm. 30  Das Relief ist vom Kirchenraum aus nicht zu sehen, lediglich von der Orgelempore aus. 31  Steiner / Wutschnig 1938, S. 68. 32  Diese Meinung vertritt u. a. Dr. Leo Kronberger, der sich intensiv mit der Bürgerspitalskirche und deren Einrichtung beschäftigt. 33  Kohlbach 1950, S. 174. 34  List 1972, S. 7. 35  Schweigert 1976, S. 91. 36  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 187. 37  Dehio Graz 1979, S. 180. 38  Die Figuren des Annenaltars wurden 2021 durch den Dipl.-Rest. Paul Rachlé restauriert. 39  Holz, vergoldet und polychrom gefasst, H 85 cm. 40  Schweigert 1976, S. 95. 41  Dehio Graz 1979, S. 180. 42  Schweigert 1976, S. 95. 43  Kohlbach 1956, S. 182. 44  Schweigert 1976, S. 95f. 45  Holz, Weißpolimentfassung, H 111 cm.

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46  Diese Zuschreibung teilten: Andorfer 1936, S. 272; Steiner / Wutschnig 1938, S. 69; Kohlbach 1950, S. 175. 47  Schweigert 1976, S. 96. 48  Rudolf List, Die erneuerte Bürgerspitalskirche, in: Südost-Tagespost Nr. 135, 27. Jg., 15. Juni 1972, S. 8. 49  Skizzen, Entwürfe und diverse Vorarbeiten wurden vermutlich noch von Schoy ausgeführt, die Fertigung bzw. Fertigstellung der Skulpturen allerdings von Ph. J. Straub. 50  Eventuell ist die Datierung auch früher anzu­ setzen (um 1730), da die Skulptur möglicherweise mit einer alten Kapelle des Kalvarienbergs von St. Radegund in Verbindung gebracht werden kann. Dies ist jedoch noch Gegenstand aktueller Forschung. 51  Schweigert 1976, S. 95. 52  Schweigert 1976, S. 96. 53  Dehio Graz 1979, S. 181. 54  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 187. 55  Sandstein, H 126 cm, B 63 cm, T 32 cm (ohne Sockel). 56  Peter Krenn, Die Oststeiermark. Ihre Kunst­ werke, historischen Lebens- und Siedlungsformen, Salzburg 1981, S. 193. 57  Schweigert 2017, S. 318. 58  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 196. 59  Dehio Steiermark 1982, S. 486. 60  Kohlbach 1956, S. 436. 61  Kohlbach 1956, S. 447. 62  Holz, polychrom gefasst, H ca. 90 cm (H Gott­ vater ca. 38 cm). 63  Kohlbach 1956, S. 447. 64  Kohlbach 1956, S. 447. 65  Schweigert 2017, S. 322. 66  Alle vier Figuren sind aus Holz, polychrom ge­ fasst und vergoldet. 67  Kohlbach 1956, S. 448. 68  Vrišer 1992, S. 236. 69  Krenn 1981, S. 271. 70  Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Öster­ reichs. Steiermark (ohne Graz), 3. Auflage (hrsg. v. Eberhard Hempel u. Eduard Andorfer), Wien 1956, S. 275. 71  Krenn 1981, S. 272. 72  Horst Schweigert, Plastik und Gemälde in Stift Rein und seinen Pfarren, in: Paulus Rappold (Hg.), Stift Rein 1129–1979, Rein 1979, S. 455, 489f. 73  Dietlinde Luise Grasser, Zur Bau- und Kunstge­ schichte der Pfarrkirche von Semriach (Dipl.-Arb. Graz), Graz 2002, S. 91. 74  Krenn 1981, S. 272. 75  Schweigert 1979, S. 484, 487. 76  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 199. 77  Holz, polychrom gefasst. 78  Schweigert 2017, S. 322. 79  Marmor, H 358 cm.

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80  Dieser birgt die bedeutendste Sammlung von italienischen Skulpturen des Settecento a ­ ußerhalb Italiens. 81  Diese ist an der dahinterliegenden Wand befes­ tigt und lediglich über das Handgelenk der Figur gelegt. Es fragt sich, ob diese von Beginn an zur Skulptur gehörte oder erst nachträglich ergänzt wurde. 82  Siehe beispielsweise die Putten der Kanzel der Grazer Bürgerspitalkirche (1734–1738, zugeschrie­ ben an Ph. J. Straub) oder jene des Aloisius- und Johannes-Nepomuk-Altars im Grazer Dom (1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). 83  Krenn 1981, S. 272. 84  Holz, polychrom gefasst, H 134 cm (Konsole: H 75 cm). 85  Holz, polychrom gefasst, H 128 cm (Konsole: H 70 cm). 86  Kohlbach 1956, S. 449. 87  Schweigert 1979, S. 487. 88  Dehio Graz 1979, S. 74f. 89  Sandstein, ungefasst. 90  Dehio Graz 1979, S. 75. 91  Schweigert 2017, S. 322. 92  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 188. 93  In der christlichen Ikonografie verweist die Mondsichelmadonna auf die Apokalyptische Frau (vgl. Offb 12, 1). 94  Die Mondsichel geht einerseits auf das christ­ liche Motiv des Apokalyptischen Weibes zurück oder auf zeitgenössische Begebenheiten. So wurde das Treten auf die Mondsichel auch mit dem Tri­ umph über die Osmanen gleichgesetzt, siehe dazu: Johanna Witzeling, Stephansdom, Gnadenbild »Maria in der Sonne«, (ab­ gerufen am 11.08.2021). 95  Siehe dazu: Schweigert 2017b. 96  Dieses Loch findet sich bei den anderen beiden Reliefs des Kanzelaufgangs nicht. 97  Holz, polychrom gefasst, H 110 cm, B 62 cm, T 39 cm. 98  Holz, polychrom gefasst, H 100 cm, B 59 cm, T 26 cm. 99  Dehio Graz 1979, S. 208. 100  Schweigert 2017, S. 322. 101  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 192f. 102  Dieser hielt, wie für Florians-Darstellungen typisch, mit Sicherheit einen Eimer Wasser in der Hand. Die eigentümliche Geste verweist deutlich darauf. 103  Im Gegensatz zur rechten Hand erscheint die linke sehr steif, auch zwischen den einzelnen Fin­ gern ist kein Abstand, was sie grob erscheinen lässt. 104  Dieses Motiv findet sich des Öfteren bei Flo­ riansdarstellungen und ist nicht speziell auf Ph. J. Straub zurückzuführen.

Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

105  Lindenholz, polychrom gefasst und vergoldet, H 58 cm, B 39 cm, T 23 cm, Inv. Nr. P 213. 106  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 193. 107  Wilhelm Suida, Die Landesbildergalerie und Skulpturensammlung in Graz, Wien 1923, S. 270, Kat.-Nr. 135. 108  Kurt Woisetschläger, Universalmuseum Joan­ neum Graz, Inventar Alte Galerie, o. D. 109  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 193. 110  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 01.10.2021). 111  Dehio Steiermark 1982, S. 103f. 112  Holz, polychrom gefasst und vergoldet. 113  Dehio Steiermark 1982, S. 103. 114  Schweigert 2017, S. 317. 115  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 185f. 116  Holz, polychrom gefasst und vergoldet. Beson­ ders auffallend ist das recht dunkle Inkarnat der beiden Figuren. 117  Schweigert 1976, S. 94. 118  Kohlbach 1950, S. 50. 119  Kohlbach 1956, S. 447f. 120  Schweigert 1976, S. 94. 121  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 188. 122  Wimmer 2008, S. 176. Dieses Abbild Christis (üblicherweise in einem Medaillon) wird ab dem 18. Jahrhundert als Attribut des Heiligen eingesetzt. 123  Der Mittelfinger der linken Hand ist an der Stelle des zweiten Fingergelenks abgebrochen. 124  Selbstbildnis des Franz Ignaz Flurer, undatiert, Öl auf Eisenblech, Universalmuseum Graz, Alte Galerie. 125  Diözesanarchiv Graz Seckau, Sterbebuch XV, Signatur 317, S. 247. 126  Die Engel des Annenaltars (um 1740) der Gra­ zer Bürgerspitalskirche halten Kartuschen mit ge­ malten Portraits. Diese gehen auf den Entwurf Schoys zurück und wurden von der Werkstatt Schoy-Straub gefertigt. 127  Dehio Steiermark 1982, S. 18. 128  Holz, polychrom gefasst und vergoldet. 129  Dehio Steiermark 1982, S. 18. 130  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 182. 131  Dehio Graz 1979, S. 177. 132  Holz, polychrom gefasst und vergoldet. 133  Dehio Graz 1979, S. 178. 134  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 190. 135  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 01.10.2021). 136  Dehio Graz 1979, S. 161f. 137  Dehio Graz 1979, S. 158. 138  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 191f. 139  Holz, polychrom gefasst und vergoldet. 140  Holz, polychrom gefasst. 141  Dehio Graz 1979, S. 161. 142  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 191f.

Anmerkungen

143  Dehio Steiermark 1982, S. 164. 144  Dehio Steiermark 1982, S. 165. 145  Heimo Kaindl / Alois Ruhri, Wallfahrtskirche Maria Lebing in Hartberg (= Christliche Kunststät­ ten Österreichs 246), Salzburg 1994, S. 15. 146  Kohlbach 1956, S. 207. 147  Kohlbach 1956, S. 208. 148  Ph. J. Straub war 1741 Trauzeuge bei Pierlings Heirat, siehe dazu: Kohlbach 1956, S. 209. 149  Kohlbach 1956, S. 208. 150  Schweigert 2017, S. 320. 151  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 194f. 152  Dehio Steiermark 1982, S. 421. 153  Krenn 1981, S. 244. 154  Kohlbach 1956, S. 207. 155 Ebd. 156  Schweigert 2017, S. 323. 157  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 199. 158  Dehio Graz 1979, S. 176. 159  Holz, polychrom gefasst und vergoldet. 160  Dehio Graz 1979, S. 178. 161  Schweigert 2017, S. 323. 162  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 190. 163  Dehio Graz 1979, S. 184. 164  Graf Jakob, Geschichtliche Notizen über den Ursprung, Erbauung, Herstellung und Zweck der sogenannten Wäldchen Kirche St. Francisci de Pau­ la am Gries zu Gratz, erhoben im Jahre 1827. Siehe hierzu: Karl Moser, Die Welsche Kirche in Graz, Wien-Graz-Leipzig 1928, S. 38. 165  Holz, polychrom gefasst und vergoldet. 166  Dehio Graz 1979, S. 185. 167  Rochus Kohlbach, Die barocken Kirchen von Graz, Graz 1951, S. 207f. 168  Schweigert 2017, S. 319. 169  Dehio Graz 1979, S. 185. 170  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 194. 171  Kohlbach 1951, S. 208. 172  Dehio Steiermark 1982, S. 78. 173  Marmor, H 98 cm, B 42 cm, aus einer Privat­ sammlung im Nationalmuseum Thyssen-Borne­ misza, Madrid. Inv. no. K35 (FAM.DEC1614). 174  Dehio Steiermark 1982, S. 165. 175  Krenn 1981, S. 161. 176  Dehio Steiermark 1982, S. 589. 177  Kohlbach 1956, S. 208. 178  Schweigert 2017, S. 323. 179  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 194. 180  Kohlbach 1956, S. 208. 181  Holz, polychrom gefasst und vergoldet. 182  Siehe dazu: Hannelore Sachs / Ernst Badstüb­ ner / Helga Neumann (Hg.), Wörterbuch zur Christ­ lichen Kunst, Hanau 1980, S. 167f. 183  Kohlbach 1956, S. 208. 184  Kohlbach 1956, S. 208. 185  Holz, polychrom gefasst, H 119 cm, Inv.-Nr. 4963. Die Skulptur wurde 1989 bis 1990 von Béla Dabrónaki restauriert, siehe dazu: Anna Jávor, Cat.

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199. Straub, Philipp Jakob, Saint Roche, 1757; Cat. 200. Straub, Philipp Jakob, Saint Sebastian, 1757, in: Géza Galavics / Mojzer Miklós (Hg.), Barokk mű­ vészet Közép-Európában. Utak és találkozások. Crossroads: Baroque Art in Central Europe, Ausst.Kat. Budapest, Budapesti Történeti Múzeum, 1993, S. 430–433, hier: S. 430f. 186  Holz, polychrom gefasst, H 121 cm, Inv.-Nr. 4964. Die Skulptur wurde 1989 bis 1990 von Zoltán Marjai restauriert, siehe dazu: Jávor 1993, S. 430f. 187  Aggházy 1967, S. 342. 188  Aggházy 1967, S. 343f. 189  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 183. 190  Siehe beispielsweise die hll. Valentin und Bla­ sius am Narzissusaltar der Stiftskirche Rein (1742– 1743, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) oder die hll. Leopold und Ägidius des Nepomukaltars (1752 geweiht) in der Grazer Stadtpfarrkirche hl. Blut (urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). 191  Lindenholz, polychrom gefasst und vergoldet, H 93 cm, B 57 cm, T 27 cm (Inv.-Nr.: P 198). 192  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 193. 193  Suida 1923, S. 265, Kat.-Nr. 95. 194  Woisetschläger, Inventar Alte Galerie, Inv.-Nr. P 198. 195  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 193. 196  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 01.10.2021). 197  Dehio Steiermark 1982, S. 184. 198  Schweigert nahm beide Objekte in sein Ver­ zeichnis der Werke Ph. J. Straubs auf, siehe dazu: Schweigert 2017, S. 320, 323. 199  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 195. 200  Holz, Weißpolimentfassung. 201  Holz, Weißpolimentfassung und partielle Ver­ goldung. 202  Dehio Steiermark 1982, S. 559. 203  Holz, Weißpolimentfassung und partielle Ver­ goldung. 204  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 201. 205  Dehio Steiermark 1982, S. 350. 206  Krenn 1981, S. 212. 207  Dehio Steiermark 1982, S. 350. 208  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 197f. 209  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 01.10.2021). 210  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 202. 211  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 225. 212  Die beiden Objekte sind in der Online-Samm­ lung auf der Homepage des Museums zu finden: und (abgerufen am 05.06.2020).

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213  Schweigert 2017, S. 323. 214  Lindenholz, ungefasst, H 22,4 cm, B 13,8 cm, T 12,8 cm (Inv.-Nr.: RO 0520). 215  Lindenholz, ungefasst, H 22,5 cm, B 15,9 cm, T 11,3 cm (Inv.-Nr.: RO 0521). 216  Dehio Steiermark 1982, S. 22. 217  Holz, polychrom gefasst und vergoldet. 218  Dehio Steiermark 1982, S. 22; Krenn 1981, S. 78. 219  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 192. 220  Dehio Steiermark 1982, S. 328. 221 Ebd. 222  Schweigert 2017, S. 323. 223  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 203. 224  Kohlbach 1956, S. 206. 225  Sandstein, H 187 cm, B 80 cm, T 54 cm (ohne Sockel). 226  Sandstein, H 194 cm, B 68 cm, T 60 cm (ohne Sockel). 227  Dehio Steiermark 1982, S. 328. 228  Dehio Steiermark 1982, S. 328. 229  Dehio Graz 1979, S. 38. 230  Schweigert 2017, S. 321. 231  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 186. 232  Sandstein, polychrom gefasst und vergoldet. 233  Dehio Graz 1979, S. 56. 234  Sandstein. Die Oberfläche ist durch die fort­ schreitende Verwitterung bereits stark geglättet und Details sind kaum noch auszumachen. 235  Dehio Graz 1979, S. 56. 236  Schweigert 2017, S. 323. 237  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 186. 238  Österreichische Kunsttopographie Bd LIII. Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz. Die Profanbauten des I. Bezirkes. Altstadt, Wien 1997, S. 4. 239  Dehio Graz 1979, S. 250. 240  Schweigert 2017, S. 323. 241 Holz, polychrom gefasst und vergoldet, H 134 cm, B 55 cm, T 44 cm (ohne Sockel). 242 Holz, polychrom gefasst und vergoldet, H 133 cm, B 73 cm, T 46 cm (ohne Sockel). 243  Dehio Graz 1979, S. 160. 244  Schweigert 2017, S. 323. 245  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 191f. 246  Siehe dazu: Heinrich Krauss / Eva Uthemann, Was Bilder erzählen. Die klassischen Geschichten aus Antike und Christentum in der abendländi­ schen Malerei, München 2011, S. 303. 247  Natürlich ist hier auch das Motiv der beiden Darstellungen zu berücksichtigen. Der Typus Ecce Homo bzw. Mater Dolorosa wird kaum mit einem lächelnden Gesicht dargestellt sein. 248  Lindenholz, H 136 cm, B 89 cm, T 4 cm (Inv.-Nr. P 270). Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digita­ ler Werkkatalog (abgerufen am 01.10.2021). 249  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 194. 250  Suida 1923, S. 265. Kat.-Nr. 92. 251  Georg Gerlach, Die Entwicklung des Chorge­

Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

stühles in Steiermark und Kärnten (Diss. Graz), Graz 1931, S. 45. 252  Schweigert 2017b, S. 288. 253  Karl Garzarolli-Thurnlackh, Die Barockaus­ stellung im Museum Joanneum in Graz, Wien 1924, S. 52. 254  Woisetschläger o.D. 255  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 194. 256  Die Themen der Kanzelreliefs sind folgende: David wird vom Propheten Nathan ermahnt, Erret­ tung Susannas durch Daniel, Moses mit den Geset­ zestafeln und die Predigt des Apostels Petrus. 257 Holz, polychrom gefasst und vergoldet, H 530 cm, B 215 cm, T 390 cm. 258  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 201f. 259  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 01.10.2021). 260  Das Relief befindet sich heute im Besitz des Universalmuseums Joanneum, Alte Galerie. 261  Sandstein, z. T. Metallsupplemente (Pfeile des hl. Sebastian, Nimbus der hl. Maria) und goldene Fassung (Muscheln und Pilgerflasche des hl. Ro­ chus). 262  Dehio Graz 1979, S. 197. 263  Schweigert 2017, S. 323. 264  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 188f. 265  Das Buch zeigt noch Reste der einstigen Ver­ goldung. 266  Zumindest die rechte Hand dürfte nachträg­ lich ergänzt worden sein, die andersartige Mate­ rialbeschaffenheit und die offensichtlich unstim­ migen Proportionen sprechen dafür. 267  Dehio Graz 1979, S. 195. 268  Schweigert 2017, S. 323. 269  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 193. 270  Dehio Graz 1979, S. 195. 271  Dehio Graz 1979, S. 195. 272  Dehio Graz 1979, S. 178. 273  Schweigert 2017, S. 324. 274  Dehio Graz 1979, S. 178. 275  Schweigert 2017, S. 324. 276  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 190. 277  Papst Johannes Paul II., Apostolisches Schrei­ ben »Rosarium Virginis Mariae« über den Rosen­ kranz, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bi­ schofskonferenz, Verlautbarungen des Aposto­ lischen Stuhls 156, 2002 (abge­ rufen am 21.06.2021). 278  Dehio Graz 1979, S. 103. 279  Schweigert 2017, S. 323. 280  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 192. 281  Das restaurierte Original befindet sich nun in den Privatgemächern des Hausbesitzers. 282  Dehio Graz 1979, S. 160. 283  Holz, golden gefasst. 284  Dehio Graz 1979, S. 160.

Anmerkungen

285  Schweigert 2017, S. 320. 286  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 191f. 287  Es ist anzunehmen, dass sich der obere Teil der Kette einst zwischen den Fingern der anderen Hand befunden hat, nun ist sie weiter nach hinten zum rechten Flügel geführt, wo sie befestigt wurde. 288  Dehio Graz 1979, S. 240. 289  Sandstein, H 160 cm, B 71 cm, T 47 cm (ohne Sockel). 290  Sandstein, H 159 cm, B 69 cm, T 58 cm (ohne Sockel). 291  Dehio Graz 1979, S. 241. 292  Schweigert 2017, S. 324. 293  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 188. 294  DISE  /   Z WEI  /   STATUEN  /   F LORIAN UND  / RI­ CHARTUS  /   H AD SETZEN  /   L ASN DER  /   H ER RI­ CHART / US SEPAHER / FRAU SUSANA / SEPAHE­ RIN / BURGERLIGE / BREI MESSTER / ANO / 1770. 295  Dehio Graz 1979, S. 169. 296  Sandstein, partiell golden gefasst (Mondsichel, Sternenkranz), H 152 cm, B 75 cm, T 48 cm (ohne Sockel). 297  Dehio Graz 1979, S. 169. 298  Schweigert 2017, S. 321. 299  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 189. 300  Rabensteiner / Biedermann 1992, S. 141f. 301  Vermutlich ist die Neuvergoldung der Mond­ sichel mit einer Neuinterpretation der physiogno­ mischen Merkmale einhergegangen. 302  Dehio Steiermark 1982, S. 170. 303  Sandstein, H 134 cm, B 164 cm, T 43 cm. 304  Dehio Graz 1979, S. 170. 305  Schweigert 2017, S. 323. 306  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 189. 307  Dehio Graz 1979, S. 160. 308  Holz, polychrom gefasst und vergoldet, H 142 cm, B 124 cm, T 91 cm. 309  Dehio Graz 1979, S. 160. 310  Holz, polychrom gefasst und vergoldet, H 143 cm, B 88 cm, T 61 cm. 311  Holz, polychrom gefasst und vergoldet, H 260 cm, B 77 cm, T 40 cm. 312  Schweigert 2017, S. 324. 313  Dehio Graz 1979, S. 127. 314  Kohlbach 1951, S. 149. 315  Kohlbach 1951, S. 152. 316  Schweigert 2017, S. 324. 317  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 190. 318  Gabriele Strießnig-Kaltenegger, Die Kalvarien­ berge von Graz und St. Radegund (Dipl.-Arb. Graz), Graz 1985, S. 135. 319  Walter Brunner, Passionsfrömmigkeit und Kalvarienberge in der Steiermark, in: Kulturreferat der Steiermärkischen Landesregierung (Hg.), Lust und Leid. Barocke Kunst. Barocker Alltag, Graz 1992, S. 227–232, hier: S. 227f. Zu den steirischen Kalvarienbergen siehe auch: Heimo Kaindl, Kunst­ historische Streifzüge über steirische Kalvarien­

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berge, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark, Jg. 82 (1991), S. 221–241. 320  Dehio Steiermark 1982, S. 484. 321  Strießnig-Kaltenegger 1985, S. 171. Die Autorin gibt jedoch keine Quelle an, die dies bestätigen würde. 322  Schweigert 2017, S. 324. 323  Strießnig-Kaltenegger 1985, S. 145. 324  Martina Vicenzi, Der Kalvarienberg in St. Ra­ degund bei Graz, o. O. 1966, S. 10. 325 Sandstein, polychrom gefasst, H 128 cm, B 51 cm, T 34 cm. 326 Sandstein, polychrom gefasst, H 134 cm, B 60 cm, T 38 cm. 327 Sandstein, polychrom gefasst, H 134 cm, B 44 cm, T 46 cm. 328 Sandstein, polychrom gefasst, H 133 cm, B 50 cm, T 35 cm. 329 Sandstein, polychrom gefasst, H 126 cm, B 50 cm, T 38 cm. 330  Strießnig-Kaltenegger 1985, S. 70. 331  Dehio Graz 1979, S. 152. 332  Holz, polychrom gefasst, H 112 cm, B 76 cm, T 68 cm. 333  Der Text des Buches lautet wie folgt: »Maria Magdalena (von Magda) ist die erste unter den gali­läischen Frauen, die den Herrn begleiteten und Ihm dienten. Christus hat sie von schwerer

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Besessenheit befreit, und von da an folgte sie Ihm in großer Treue. Sie war beim Tod und beim Be­ gräbnis des Herrn zugegen, und der Auferstande­ ne erschien ihr am Grabe. Es ist falsch, die Heilige mit der öffentlichen – gar nicht mit Namen be­ nannten – Sünderin gleichzusetzen; sie ist auch nicht Maria von Betanien. Nach einer griechischen Überlieferung liegt sie in Ephesus begraben.« 334  Aflenzer Kalkstein, H 132 cm, B 74 cm, T 47 cm. 335 Aflenzer Kalkstein, H 140 cm, B 69 cm, T 46 cm. 336  Strießnig-Kaltenegger 1985, S. 122f. 337  Aflenzer Kalkstein, Figur links: H 140 cm, B 55 cm, T 36 cm; Figur Mitte: H 148 cm, B 57 cm, T 36 cm; Figur rechts: H 148 cm, B 61 cm, T 44 cm. 338  Mk 16, 1. 339  Dehio Steiermark 1982, S. 484. 340 Holz, polychrom gefasst und vergoldet, H 96 cm, B 88 cm, T 51 cm. 341  Dehio Graz 1979, S. 160. Die Arbeiten wurden von Peter Pierling durchgeführt. 342 Ebd. 343  Dehio Steiermark 1982, S. 3. 344  Holz, polychrom gefasst, H 126 cm, B 56 cm, T 45 cm. 345  Holz, polychrom gefasst, H 126 cm, B 53 cm, T 44 cm. Die Attribute sprechen für den hl. Dona­ tus, dieser war jedoch kein Bischof.

Stilkritische Analyse der zugeschriebenen Werke P ­ hilipp Jakob Straubs

Widerlegte Zuschreibungen

Das bisher aktuellste Werksverzeichnis Ph. J. Straubs, das von Horst Schweigert 1992 1 publiziert und im Zuge des TrArS-Projekts (2017–2019) bearbeitet und erweitert wurde2, wies an einigen Stellen Ungereimtheiten auf, die dadurch begründet waren, dass sich unter den Zuschreibungen Werke fanden, die sich nicht in das ansonsten sehr homogene Stilbild des Künstlers fügen wollten und bislang nur recht oberflächlich betrach­ tet wurden. Zusätzlich wurden Hinweise auf Straub-Werke in der Literatur als ­gegeben genommen und in das Verzeichnis übertragen, ohne dass sie eine tiefergehende Analyse durchliefen. Dies wird im Folgenden nachgeholt und es zeigt sich, dass doch eini­ ge der bisherigen Zuschreibungen an Ph. J. Straub wieder aberkannt werden müssen.

Bärnbach, hl. Berg, Kalvarienberg, Kreuzgruppe, 1720–1730, ­Johann Jakob Schoy Der Kalvarienberg befindet sich auf der Kuppe des Heiligen Bergs in Bärnbach und zeigt an seinem höchsten Punkt eine Kreuzgruppe (Abb. 77). Das steinerne Skulpturen­ ensemble, bestehend aus den hll. Maria3, Maria Magdalena4 und Johannes5, wurde vom damaligen Landeshauptmann Graf von Wagensberg in Auftrag gegeben.6 Die auf separaten Steinsockeln platzierte Dreiergruppe wird heute von einem schlichten Holzkreuz hinterfangen.7 Denkbar ist, dass sie ursprünglich von drei Kreuzen mit Christus und den beiden Schächern umstellt war, wie es auch am Grazer Kalvarienberg der Fall ist. Was die Zuschreibung der Skulpturen betrifft, existieren unterschied­ liche Angaben. Rochus Kohlbach schrieb die Skulpturen J. J. Schoy zu,8 im Dehio Steiermark von 1956 wird allerdings auch Ph. J. Straub als ausführender Künstler genannt. Letzteres soll durch eine Signatur bewiesen werden, die sich angeblich an einer der Skulpturen befindet, zudem wird die Entstehungszeit der Arbeiten mit 1720 bis 1730 festgesetzt.9 Diese Datierung spricht jedoch wiederum gegen Ph. J. Straub, der erst 1733 nach Graz kam.10 Diese Aussage wird in einer neuen Auflage des Dehio Steiermark revidiert, in der von einer Signatur nicht mehr die Rede ist und J. J. Schoy als Künstler genannt wird, der die Skulpturengruppe um 1730 geschaffen haben soll.11

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77  Johann Jakob Schoy, Kreuzgruppe, Sandstein, 1720–1730, Bärnbach, hl. Berg

Dabei handelt es sich um die beiden auf Plinthen stehenden hll. Maria und Johannes, die eine auf einer Felsformation kniende hl. Maria Magdalena flankieren. Die leicht überlebensgroßen Skulpturen werden zusätzlich durch Sockel erhöht und auf eine Frontalansicht ausgelegt, wobei die Rückseiten sehr flächenhaft sind und nur wenig Details zeigen. Auf den ersten Blick mag ein klarer Qualitätsunterschied zwischen den beiden äußeren Skulpturen und der mittleren vorhanden sein. Dieser ist durch die angewinkelten und puppenhaft vor dem Körper erstarrten Arme der hl. Maria Magdalena mit ebenso geraden und unbewegten Fingern begründet, die wider­ sprüchlich zu den fließenden Bewegungen der beiden anderen Skulpturen sind. Zu erwähnen ist, dass zumindest einer der beiden Arme bereits abgebrochen und wieder ergänzt war.12 Bei der Analyse nicht außer Acht gelassen werden darf jedoch der Umstand, dass sich die Skulpturen in einem sehr schlechten Zustand befunden haben, bevor sie im Winter 2019/20 restauriert wurden.13 Die fortgeschrittene Verwitterung führte zu einer Glättung der Oberflächen und einem damit einhergehenden Detailverlust, des Weiteren kam es zu Abplatzungen, sodass Teile ergänzt bzw. neu fixiert werden mussten. Dies erschwert die detailkritische Stilanalyse stark, auch eine möglicherweise vorhanden gewesene Signatur mag durch Umwelteinflüsse verschwunden sein. Ein weiteres Merkmal der hl. Maria Magdalena ist die längliche, nach oben hin spitzzulaufende Auskerbung auf der Rückseite, die die beiden anderen Skulpturen nicht aufweisen. Vermutlich handelte es sich um eine Vorkehrung für den Transport

200

Widerlegte Zuschreibungen

bzw. für eine Befestigung (eventuell für das Kruzifix, das unmittelbar hinter ihr gestanden haben könnte). Die Draperie ihrer Kleidung ist jedoch ohne weiteres mit jener der beiden flankierenden Figuren vergleichbar, Mantel und Kleid verweisen auf unterschiedliche Materialbeschaffenheit, die insbesondere Ph. J. Straub meisterlich darzustellen vermochte. Die großen, weit auseinanderliegenden Falten mit tiefen Tälern entsprechen festen Stoffen, während zarte, eng beieinanderliegende Anordnungen mit wenig Tiefengang den Eindruck von luftigen und dünnen Materialien vermitteln. Die hll. Maria und Johannes sind von ähnlicher Qualität, wenn auch letzterer durch sein stark gedrehtes Standmotiv mit prägnant nach vorne ausladendem linken Standbein, das durch den Felsen unter dem Fuß zusätzlich erhöht wird, ins Auge fällt. Die Drapierung des Mantels über den linken Oberschenkel, die im Hüftbereich eine kleine Schüsselfalte ausbildet und die demütig nach vorne angewinkelten und zur Brust geführten Arme mit der damit verbundenen Torsion des Oberkörpers in Richtung Spielbein, führt zu einem optischen Ausgleich, sodass die Skulptur trotz aller Bewegtheit sehr geerdet erscheint. Sein weiblicher Gegenpart wirkt um einiges ruhiger, dennoch ist auch hier ein ausgeprägter Kontrapost ersichtlich, der eine Vorwärtsbewegung suggeriert. An der rechten Hüfte der hl. Maria formt sich eine ­Schüsselfalte, die wiederum ein optisches Gegengewicht zu ihrem nach links strebenden Körper bildet, was ein Charakteristikum von Schoys Werken ist. Der hoch pathetische Ausdruck der Skulpturen mit nach oben gerichtetem Blick und vor der Brust erhobenen bzw. gefalteten Händen erinnert zwar auch an Ph. J. Straubs Hang zur dramatischen Bildkomposition, dennoch ist nicht zu leugnen, dass vor allem die Physiognomien nicht zum Usus des Künstlers passen. Hier kommt der Vorgänger Schoy ins Spiel, des­ sen gleichnamige Skulpturengruppe für die Grazer Radetzkybrücke (1720–1730), die sich heute an der Südwand der Pfarrkirche St. Andrä in Graz befindet, sich für einen stilkritischen Vergleich eignet. Die Art der üppigen Gewandfaltung mit schwerer Schüsselfalte (Maria), über den Oberschenkel nach vorne gezogene Manteldraperie, kaskadenartig abfließenden Stoffbahnen und die reduziert pathetische Manier ist bei ­beiden Gruppen feststellbar und verweist trotz der nachträglichen restauratorischen Bearbeitungen auf die Hand des Bildhauers Schoy.

Söding-St. Johann, Weg zur Kalvarienbergkirche, vier Sandsteinskulpturen (Leidender Christus), 1720–1730, Umkreis J. J. Schoy Diese Gruppe, bestehend aus vier unterlebensgroßen Sandsteinskulpturen, repräsentiert die Leiden Christi in unterschiedlichen Darstellungen: Christus am Ölberg14, Christus an der Geißelsäule15, Christus in der Rast16 und Kreuztragender Christus.17 Sie befinden sich auf dem Weg zur Kalvarienbergkirche Sterbender Heiland, die 1740 in Söding-St. Johann errichtet wurde.18 Ernst Lasnik zufolge sind sie mit den Skulp­ turen in Maria Lankowitz und dem hl. Berg in Bärnbach19 vergleichbar und daher

Söding-St. Johann, Weg zur Kalvarienbergkirche

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78  Umkreis Johann Jakob Schoy, ­Christus in der Rast, Sandstein, 1720–1730, Söding-St. Johann, Weg zur Kalvarienbergkirche

Ph. J. Straub zuzuschreiben. Er datiert sie auf die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts.20 Horst Schweigert hat die Gruppe nicht in das Werksverzeichnis aufgenommen, im TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs sind diese jedoch zu finden.21 Bereits die erste Betrachtung der Werke legt nahe, dass Ph. J. Straub hier nicht als ausführender Künstler in Erscheinung tritt, zu fremd erscheinen die Physiognomien der vier Figuren. Die Gesichtszüge sind viel zu derb und ernst, insbesondere die Bartgestaltung widerspricht auffallend jener Straubs. Diese wird einmal mit vertikalen Li­ nien grob gegliedert, dann wiederum von zwei markanten Kringellöckchen am Kinn charakterisiert. Dies erklärt sich durch die verschiedenen Qualitäten der Skulpturen, da es scheint, als wäre der Christus am Ölberg stilistisch mit dem Christus an der Gei­ ßelsäule verwandt und ebenso die beiden anderen Figuren miteinander (zumindest die Physiognomien betreffend). Die Körper sind recht hager, jedoch muskulös und sehr detailreich umgesetzt, am bemerkenswertesten ist jedoch die Draperie der Kleidung, die von auffallender Qualität ist. Beim rastenden Christus (Abb. 78) zeigt sich diese als geschmeidige Stoffbahnen, die über der Schulter von einem Riemen gehalten werden, von wo sie sich rechts in eine Schüsselfalte ergießen. Sie sind sehr feinteilig, was durch engliegende Faltenwürfe bedingt ist, und verleihen dem harten ­Material Stein eine neue haptische Qualität. So verhält es sich auch beim um die Hüfte dra-

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Widerlegte Zuschreibungen

79  Umkreis Johann Jakob Schoy, ­Kreuztragender Christus, Sandstein, 1720–1730, Söding-St. Johann, Weg zur Kalvarienbergkirche

pierten Stoff des Christus an der Geißelsäule, auch hier handelt es sich um dieselbe Modellierung. Die Faltengebung beim vollständig bekleideten, kreuztragenden Christus (Abb. 79) ist ähnlich, wenn auch nicht so lebhaft, hier laufen die Bahnen parallel, der Bewegungsrichtung folgend. Das vierte Beispiel ist aufgrund der ­fortgeschrittenen Verwitterung schwierig einzuordnen, die relativ unversehrte Partie der Rückseite veranschaulicht jedoch eine massive Manteldraperie, die von der linken Schulter zur rechten Hüfte eine Schüsselfalte formiert, die als grob einzustufen ist und nichts vom fließenden Charakter der anderen Gewänder zeigt. Die Zuschreibung an Ph. J. Straub ist – aufgrund angeführter, stilbezogener Erläu­ terungen – nicht haltbar. Dennoch ist eine formale Beziehung gegeben, was sich beispielsweise am Vergleich mit dem Christus an der Geißelsäule des hl. Bergs von Bärnbach (um 1740, signiert) darlegt: Die Formung des Oberkörpers mit runden, deutlich abfallenden Schultern, markant hervortretenden Schlüsselbeinen und stark muskulösen Armen ist beiden Darstellungen gemein, der Skulptur von St. Johann fehlt es jedoch an Eleganz und ausgewogenen Übergängen zwischen einzelnen K ­ örperpartien. Auch die Beine sind sehr grob umgesetzt und sprechen nicht für Ph. J. Straubs bekannten Detailreichtum in Hinblick auf realitätsnahe Leiber. Auch der Christus am Ölberg von St. Johann kann mit dem Gegeißelten des hl. Bergs verglichen werden.

Söding-St. Johann, Weg zur Kalvarienbergkirche

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Hier sind es die nach links und leicht nach hinten geneigte Kopfhaltung sowie der leidende Ausdruck mit geöffnetem Mund und zusammengezogenen Brauen, die verbindend wirken. Die Qualität der Figurengruppe von St. Johann lässt sich nicht verleugnen, wenngleich sie durch Umwelteinflüsse und der Beteiligung mehrerer Hände ein sehr inhomogenes Erscheinungsbild liefern. Der kreuztragende Christus des Kalvarienbergs von St. Radegund (um 1770, Umkreis Ph. J. Straub oder V. Königer) erscheint zwar deutlich weniger voluminös wie sein Pendant von St. Johann, doch ist es insbesondere die Modellierung der Faltenverläufe, die eine frappante Analogie aufweist. Das geschmeidige Fließen des Stoffes, das im Saumbereich der Schrittbewegung nachgibt, nebst Überlänge mit überlappenden Bereichen und ausgeprägten Faltentälern, die parallel zueinander verlaufen. Wie bereits erwähnt, zeichnen sich die Skulpturen von St. Johann durch ihre meisterliche Gewandbehandlung aus, während die Fleischpartien Schwächen aufweisen. Die eindeutige Zuschreibung an einen Künstler ist an dieser Stelle nicht zu tätigen, ein Bildhauer aus dem Umkreis Ph. J. Straubs oder Königers wäre denkbar. Der Hang zu schweren Schüsselfalten, der sich bei der Gruppe manifestiert (beim Christus in der Rast und dem Christus am Ölberg), ist beiden Bildhauern jedoch nicht geläufig, diese finden sich vermehrt im Œuvre J. J. Schoys. Zwischen dem Christus in der Rast und jenem an der Geißelsäule der hl. Stiege des Grazer Kalvarienbergs (1722, signiert) lassen sich zudem in kompositorischer Hinsicht deutliche Gemeinsamkeiten feststellen. Sie erscheinen wie die spiegelbildliche Kopie des jeweils anderen: die Torsion im Oberkörper, die übereinandergelegten, gebundenen Hände, die Haltung der Beine und des Kopfes – all dies stellt eine Beziehung zwischen beiden Skulpturen her, die nahelegt, dass der ausführende Künstler zumindest in enger Beziehung zu Schoy gestanden haben musste. Dies verdeutlicht auch die mit einem Band fixierte Manteldraperie, die am linken Oberarm einen spezifischen Faltenwurf bildet, der auch bei der Pietà der Grazer Bürgerspitalskirche (1720, zugeschrieben an J. J. Schoy) in ähnlicher Weise zu finden ist. Die Autorin schreibt die Skulpturengruppe aus diesem Grund Schoy bzw. dessen Umkreis zu, mit dem Hinweis, dass sich zwei Köpfe deutlich von den beiden anderen unterscheiden, was eventuell auf eine nachträgliche Bearbeitung schließen lässt. Die Datierung ist auf den Zeitraum 1720 bis 1730 einzugrenzen.

St. Stefan im Rosental, hl. Leonhard, 1730 oder 1736 In St. Stefan im Rosental befindet sich die bereits merkbar verwitterte Standfigur des hl. Leonhard (Abb. 80).22 Peter Krenn gibt an, dass es sich hierbei um eine Arbeit Ph. J. Straubs handelt und dass diese auf 1736 datiert wird.23 Die Sandsteinskulptur steht auf einem Sockel, der eine ebenso stark verwitterte Inschrift birgt, die auf den ersten Blick auf das Jahr 1730 verweist. Die letzte Ziffer zieht eine Linie nach rechts oben, sodass es sich auch um eine sechs handeln könnte.

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Widerlegte Zuschreibungen

80  Unbekannt, hl. Leonhard, Sandstein, 1730 oder 1736, St. Stefan im Rosental

Gegen das Entstehungsjahr 1730 und Ph. J. Straub als ausführenden Künstler spricht die Tatsache, dass der Künstler erst drei Jahre später nach Graz kam.24 Sollte es sich um 1736 handeln, würde die Skulptur zu den Frühwerken des Bildhauers zählen und demnach dessen Merkmale aufweisen. Was für ihn spricht sind die halbgeöffneten, kugeligen Augen, die jedoch etwas zu klein und rund ausgefallen sind, um typisch für dessen Œuvre zu sein. Auch die stark ausgeprägte T-Zone, bestehend aus profilierten Augenbrauenwülsten und einer kurzen, knolligen Nase passen nicht in das Repertoire des Bildhauers. Die Haarlosigkeit des Dargestellten ist ein Sonderfall unter den bisher bekannten Werken Ph. J. Straubs und entspricht auch nicht den gängigen Bildnissen des Heiligen, der zumeist eine Tonsur oder kurzes Haar trägt. Auffallend in ihrer Gestaltung sind die Hände. Die linke, die die Eisen hält, zeichnet sich durch lange, zartgliedrige Finger aus, die leicht gebeugt sind und naturalistisch erscheinen. Die rechte hingegen, die zur Faust geformt ist und den Krummstab fasst, ist deutlich gröber und weniger detailreich ausgeführt (eventuell ergänzt?). Ebenfalls gegen Ph. J. Straub spricht die Gestaltung der Kleidung des Heiligen, die sehr zurückhaltend und flächig wirkt. Insbesondere die weit geöffneten und spitz zulaufenden Ärmel sind als untypisch für dessen Œuvre einzustufen. Es ist daher auszuschließen, dass es sich bei dem hl. Leonhard um ein Werk des Künstlers Ph. J. Straub handelt.

St. Stefan im Rosental

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Mureck, Dreifaltigkeitssäule, Karl-Puntigam-Straße, 1738, ­Joseph Straub Die Skulpturengruppe der Dreifaltigkeitssäule25 in Mureck ist laut Inschrift auf ihrem Sockel auf das Jahr 1738 zu datieren und wurde 1898 und 1989 restauriert. Es handelt sich um die Darstellung der hl. Dreifaltigkeit (Taf. XXXIII) auf einem barockgeschwungenen, sich nach obenhin verjüngenden Sockel. Der Strahlenkranz, der die Heiliggeisttaube hinterfängt, ist aus Metall gefertigt und wurde von hinten mit einer Metallkonstruktion an der oberen Rückenpartie der Skulpturengruppe befestigt. Dies und die recht grobe Ausarbeitung der Rückseite legen nahe, dass die Gruppe ausschließlich auf Vorderansicht ausgelegt war. Peter Krenn26 zufolge ist die ­Aufsatzgruppe Joseph Straub zuzuschreiben, dies deckt sich auch mit dem Dehio Steiermark.27 Horst Schweigert hingegen schrieb das Werk Ph. J. Straub zu und nahm es in sein Werksver­ zeichnis auf,28 dieser Ansicht folgt auch der TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs.29 Eine nähere Begründung dafür findet sich nicht, Schweigert verweist lediglich darauf, dass die Figuren die Straub-typische Physiognomie »mit hoher Stirnbildung, offenen, vollen Lippen, stark hervorquellenden Augen und mit einer asymmetrisch aufgebohrten Haarmasse mit in die Stirne hängenden Lockenteilen«30 aufweisen. Die sehr harmonisch erscheinende Gruppe besteht aus Christus und Gottvater, die auf einer Wolkenbasis thronen, und der über ihren Köpfen schwebenden Heiliggeisttaube, die unmittelbar im Zentrum des Strahlenkranzes in Unteransicht fixiert wurde. Christus sitzt mit unterschiedlich stark angezogenen Beinen, der rechte Arm ist gerade nach unten geführt, die Hand greift in den Stoff, der um seine Hüfte und die Oberschenkel gelegt ist. Der linke Arm ist vor der Brust angewinkelt, der Zeigefinger kommt direkt über der Brustwarze zu liegen. Er hält sein Haupt geneigt und in Richtung Gottes gedreht, die Augen sind geschlossen bzw. nur minimal geöffnet. Sein ganzer Körper ist dem himmlischen Vater zugewandt. Hinter seiner rechten Schulter bauscht sich ein Teil des Mantels auf, was der Darstellung etwas Dynamik verleiht, jedoch gleichzeitig ein Ungleichgewicht innerhalb der Gruppe kreiert, das jedoch durch die diagonal dazu stehende Wolkenformation unter Gott wieder ausgeglichen wird. Dieser sitzt mit deutlich verdrehtem Unterkörper, sodass sein linkes Knie das ebenfalls linke seines Sohnes berührt, während das rechte Bein nicht sichtbar ist. Der rechte Arm ist nach oben angewinkelt und auf Höhe des halben Unterarms abgebrochen, die linke Hand hält die Sphaira an den linken Oberschenkel gedrückt. Auch sein Haupt ist zur Seite in Richtung Christus geneigt, wobei der Blick jedoch nach oben in die Ferne gerichtet ist. Es handelt sich dabei um eine sehr einträchtige Darstellung, die Beziehung zwischen beiden Figuren ist überaus innig, was nicht zuletzt durch die sich berührenden Knie veranschaulicht wird. Die Frage, welcher Straub-Bruder als ausführender Künstler infrage kommt, lässt sich durch einen stilkritischen Vergleich beantworten. Als Vorlage diente mit Sicherheit eine der Trinitätsgruppen, die der noch junge J. J. Schoy im Jahr 1716 für die Drei­ faltigkeitssäulen in Vordernberg31 bzw. den Leobner Hauptplatz schuf. Die gesamte

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Widerlegte Zuschreibungen

Komposition wurde für die Murecker Gruppe übernommen, insbesondere die markante Stellung der Beine sowie die Kombination aus Sphaira und darunterliegendem Wolkenbausch verweisen darauf. Dem Vorbild ist zu entnehmen, dass die abgebrochene Rechte Gottes einst einen Segensgestus mit ausgestreckten Fingern ausführte, auch die auf der Brust liegende Hand Christis ist bei Schoy ähnlich gestaltet, wenn auch etwas gekünstelter. Die Unterschiede zeigen sich bei Schoy im vorhandenen Kreuz32, das Christus mit seiner Rechten hält, und dem Mantelbausch, der über Gottvaters linker Schulter liegt und nicht bei Christus, wie im anderen Werk. Zudem fehlt bei Schoy die innige Beziehung zwischen den Figuren, die Knie liegen zwar nahe beieinander, berühren sich jedoch nicht. Die Gesichter sind sehr ernst gestaltet, eine melancholische Stimmung liegt der Darstellung zugrunde. Naheliegend wäre, Ph. J. Straub als Urheber des Werks anzunehmen, da er die Werkstatt Schoys mitsamt allen Entwürfen übernahm. Da die Gruppe Schoys bereits 1716 entstand, wird er sich höchstwahrscheinlich an Skizzen und Entwürfen orientiert haben. Zu bedenken bleibt jedoch, dass Ph. J. Straubs Bruder Joseph nachweislich einige Zeit bei ihm als Geselle tätig war, bevor er 1736 nach Ljubljana ging, was bedeutet, dass auch er einen möglichen Entwurf Schoys zu Gesicht bekommen haben könnte. Der Vergleich mit dem hl. Joseph vom Hochaltar der Pfarrkirche Hl. Daniel in Štanjel (SLO), der auf 1741 datiert wird (laut Inschrift auf der Plinthe, die auch den Namen Joseph Straubs trägt), mit den beiden Murecker Figuren zeigt auf, dass hier wohl tatsächlich der jüngere Straub am Werk war: Die Haar- und Bartgestaltung mit gebohrten Locken, die Gesichtsproportionen und die Kopfneigung sind analog, dies gilt auch für den lieblich-freundlichen Ausdruck der Figuren. Auch der hl. Johannes Nepomuk, der sich heute im Palazzo Attems Petzenstein im italienischen Gorizia befindet (um 1740, Joseph Straub zugeschrieben) kann insbesondere mit dem Christus der Dreifaltigkeitssäule verglichen werden. Die Art, wie das Haar das Gesichtsfeld in geraden Linien umrahmt, wobei zwei kürzere Strähnen vom Mittelscheitel a­ usgehend minimal in die Stirn ragen, lässt sich in beiden Fällen erkennen. Aufgrund dessen ist die Zuschreibung der Skulpturengruppe an Ph. J. Straub, zugunsten seines jüngeren Bruders Joseph, zu widerlegen.

St. Paul im Lavanttal (Ktn.), Stifts- und Pfarrkirche Die romanische Stifts- und Pfarrkirche von St. Paul im Lavanttal (Ktn.) gilt als Werk der »Hirsauer Bauschule«.33 Ihr Grundriss entspricht einer Kreuzform mit drei ost­ seitig vorgelagerten Apsiden. Der größte Teil der Innenausstattung stammt aus dem Barock, so auch die beiden Seitenaltäre im Norden (Stifteraltar) und Süden (Marienaltar). Diese wurden unter anderem Ph. J. Straub zugeschrieben,34 obgleich sich hier stilistische Divergenzen zu dessen Œuvre offenbaren, auch wenn gewisse Parallelen nicht zu bestreiten sind.

St. Paul im Lavanttal (Ktn.), Stifts- und Pfarrkirche

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Marienaltar, ca. 1760–1775, Joseph Holzinger Der Marienaltar befand sich bis zur Restaurierung 1936 in der südlichen Apsis 35 und steht heute im südlichen Querhaus. Die zentrale Figur der Muttergottes mit dem ­Jesusknaben auf dem Schoß, beide durch Krone und Szepter als königlich ausgezeich­ net,36 wird von den hll. Joachim und Joseph (Abb. 81) flankiert, die jeweils eine Hirten­ schippe in den Händen halten. Würde es sich tatsächlich um Arbeiten Ph. J. Straubs handeln, dann wären die beiden Heiligen sehr gute Beispiele für den expressiven Stil des Künstlers und könnten durchaus mit den bereits öfters zu Vergleichen herangezogenen Skulpturen des Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) verglichen werden. Insbesondere die Gegenüberstellung der hll. Joachim und Leopold zeugt deutlich von einer Verwandtschaft: Die gesamte Körperkomposition ist beinahe identisch, die ausschreitende Bewegung mit nach vorne geführtem Arm, während die andere die Fahnenstange bzw. Hirtenschippe fasst, und der leicht nach vorne geneigte Kopf mit nach unten gerichtetem Blick. Beide greifen stark in den Raum aus und scheinen die ihnen zugedachten Grenzen schier zu sprengen. Die dynamische Gewandbehandlung ist eine weitere Parallele und durch, in verschiedene Richtungen verlaufende, Faltenbahnen charakterisiert, die durch ihre Tiefenwirkung buchstäbliche Schattentäler erzeugen und somit sehr plastisch erscheinen. Das markante Gesicht des hl. Joachim entspricht ebenfalls jenem des hl. Leopold, dies gilt auch für die Haar- und Bartgestaltung in welligen Strähnen. Bestärkt wird die Zuschreibung an Ph. J. Straub durch einen weiteren Vergleich mit den Hochaltarfiguren der Pfarrkirche hl. Maria von Jerusalem im kroatischen Trški Vrh (1759, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Diese weisen dasselbe pathetische Ausdrucksschema auf, das sich durch theatralische Gesten und dramatische Inszenierung auszeichnet. Dennoch ist nicht zu leugnen, dass sich die Physiognomien zu jenen der StraubFiguren deutlich absondern, da sie sehr schwammig modelliert erscheinen und nichts von der Grazilität des Meisters aufweisen, sondern eher rustikalem Charakter angehören und gerade im Augenbereich Asymmetrien aufweisen. Dies spricht wiederum sehr für eine andere Künstlerhand, die stilistisch jedoch stark mit jener Ph. J. Straubs in Zusammenhang steht. Der Marburger Joseph Holzinger (1735–1797), der die Werkstatt Joseph Straubs als dessen ehemaliger Schüler 1756 übernahm, 37 ähnelt in seinen Arbeiten stark jenen der Straub-Brüder, und ist daher mit den Skulpturen des Marienaltars in Verbindung zu bringen. Der hl. Joachim erscheint als regelrechte Kopie des gleichnamigen Heiligen vom auf 1756 datierten Hochaltar der Pfarrkirche »Himmelfahrt der Gesegneten Jungfrau Maria« in Zlatar (HRV), dessen Urheberschaft bislang noch nicht geklärt werden konnte. Joseph Holzinger sowie Joseph und Ph. J. Straub werden als mögliche Urheber genannt. Doris Baričević schrieb die Skulpturen 1991 ersterem zu38 und stimmte mit Anđela Horvat überein, die diese Beobachtung bereits 1982 veröffentlichte.39 Matej Klemenčič40 erkannte 2006 Parallelen zu den Altarskulpturen der hll. Anna und Joachim des Joseph Straub, die sich in der Pfarrkirche von Studenci (SLO) befanden (um 1750, heute im Regionalmuseum Maribor). Dies

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Widerlegte Zuschreibungen

81  Joseph Holzinger, hl. Joseph, Detail Marienaltar, Holz, ca. 1765–1775, St. Paul im Lavanttal, Stiftskirche

ist durchaus verständlich, da die beiden Joachims-Figuren einander stark ähneln, insbesondere was die Körperhaltung und kunstvolle Draperie der Kleidung betrifft. Dennoch entstehen Zweifel, da die Figuren von Studenci deutlich dramatischer und bewegter erscheinen und die Gesichter sehr fröhlich und beschwingt anmuten, während jene Figuren von Zlatar (HRV) einen sehr ernsten Eindruck vermitteln und die Faltengebung – wenngleich sehr kunstvoll –, deutlich ruhiger in ihrer Erscheinung ist. Aus diesem Grund schreibt die Autorin die Skulpturen Joseph Holzinger zu und teilt damit die Ansicht von Baričević und Horvat. Wird die Figur des hl. Joachim von Zlatar (HRV) herangezogen und mit dem Gegenstück des Marienaltars von St. Paul im Lavanttal verglichen, ist die Frage, ob es sich um denselben Künstler handeln mag, hinfällig. Nicht nur die Körperpose ist nahezu identisch, sondern insbesondere auch die Draperie, die die linke Schulter entblößt, während auf der rechten ein breiter Mantelsaum zu liegen kommt. Besonders bemerkenswert ist die effektvolle ­Bauschung im Bereich der linken Taille, die zusätzliches Volumen kreiert und eine auffällige Silhouette erzielt. Selbst die Art, wie der Mantel vorne in die Gürtung geschlungen ist, ist bei beiden Figuren erkenntlich. Die langen, zartgliedrigen Finger, die Adern und Knochen detailliert erkennen lassen, sowie die entblößte, übersteigert muskulöse Schulter findet sich in beiden Fällen wieder. Die schräg nach links oben gewandten

St. Paul im Lavanttal (Ktn.), Stifts- und Pfarrkirche

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Gesichter sind von derselben nachdenklich-flehenden Mimik gezeichnet, Haar- und Bartwuchs wirken wild und ungebändigt. Die Zuschreibung an Holzinger unterstützt auch der Vergleich mit den Hochaltarfiguren der Pfarrkirche Mureck, die ebenfalls dem Künstler zuzuschreiben sind. Die flache Faltengebung, der reduziert-pathetische Ausdruck und die ernsten Gesichter, mit leicht melancholischem Einschlag, sprechen dieselbe Stilsprache und lassen ohne weiteres eine Zuordnung an den Marburger Künstler zu. Dass der hl. Joachim von St. Paul wiederum mit dem hl. Valentin des Nar­ zissusaltars der Stiftskirche von Rein (1742–1745, urkundl. gesichert) von Ph. J. Straub verwandt ist und deutliche Anleihen zeigt, verdeutlicht nur, wie stark Joseph Holzinger von den beiden Straub-Brüdern beeinflusst war und dass hier ein reger Austausch zwischen den Werkstätten stattgefunden hat. Die Aufsatzzone des Marienaltars wird von weiteren Skulpturen bevölkert dazu zählen der Erzengel Raphael mit dem Tobias, die beiden Erzbischöfe Ildephons von Toledo und Thomas von Aquin (heute fehlend) inmitten eines Reigens von Putten und geflügelten Puttoköpfchen. Letztere mit ihren kreativ geschlungenen Lendentüchern entsprechen der auch für Ph. J. Straub typischen Ausführung hinsichtlich Physiognomie, Körper- und Haargestaltung – im Gegensatz zu den beschriebenen Figuren des benachbarten Stifteraltars. Der Erzengel hingegen weist eine atypische und viel zu längliche Kopfform auf, um mit dem Bildhauer Holzinger in Verbindung gebracht zu werden. Auch die lange, schlanke Körperform entspricht nicht seinem Stilbild. Stifteraltar, ca. 1760–1775, Joseph Holzinger Bis zu seiner Restaurierung im Jahr 1936 befand sich der Stifteraltar in der nördlichen Apsis der Stifts- und Pfarrkirche von St. Paul im Lavanttal.41 Auch dieser Altar wurde unter anderem Ph. J. Straub zugeschrieben.42 Der Stuccolustro-Säulenaltar zeigt im Zentrum die Gruppe bestehend aus den Stiftern Siegfried und Engelbert von Sponheim mit deren beiden Frauen, Hadwiga und Richardis.43 Sie knien um einen großen Globus, über dem sie den Plan des Klosters halten. Die beiden Männer tragen unterschiedliche Kleidung, links Harnisch und Hermelinmantel, rechts die Kleidung eines Adeligen, ebenfalls mit Hermelinmantel, und Schnallenschuhen. Unmittelbar vor den Kissen, auf denen sie knien, befinden sich zwei Fürstenhüte. Die beiden Frauen sind – soweit erkennbar – ebenfalls höfisch gekleidet. Die linke ist deutlich älter als die andere, die ein jugendliches Gesicht mit Stupsnase aufweist, während die Ältere beinahe maskuline Gesichtszüge zeigt, die durch ausgeprägte Wangenfalten verstärkt werden. Die sehr unterschiedlichen und einprägsamen Physiognomien lassen vermuten, dass sich der ausführende Künstler hier nicht nur an Idealgesichtern orientiert hat, sondern entweder an Bildnissen der Dargestellten oder zeitgenössischen Modellen. Der Kniende im Harnisch weist beispielsweise einen stark zurückgewichenen Haaransatz auf, der den oberen Teil des Schädels beinahe völlig kahl lässt und kaum ein Schönheitsideal damaliger Zeit gewe­ sen ist. Auch seine als Matrone dargestellte Gemahlin mit der, das maskuline Gesicht umkränzenden, Rüschenhaube unter dem Schleier ist vermutlich ebenfalls der Rea-

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Widerlegte Zuschreibungen

82  Joseph Holzinger, Erzbischof Hartwig von Magdeburg, Detail ­Stifteraltar, Holz, ca. 1765–1775, St. Paul im Lavanttal, Stiftskirche

lität entsprungen. Der Naturalismus ist hier augenfällig, die geaderten Handrücken sowie die sehnigen und knorpeligen Hälse verleihen den Figuren ein lebensechtes Erscheinungsbild. Flankiert wird die Gruppe von den beiden Erzbischöfen Hartwig von Magdeburg und Thiemo von Salzburg, die in der jeweils äußeren Hand einen Krummstab halten und die Mitra neben sich abgestellt haben. Letzterer zeigt auffallende Parallelen zum hl. Ägidius des Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Insbesondere die runde Kopfgestaltung mit identem, kurzem Haarschnitt und großen Ohrmuscheln sowie die gleichgeartete Physiognomie zeugen hier vom selben Autor. Auch der ernste Ausdruck mit fest verschlossenen, vollen Lippen und nach oben gerichtetem Blick ist beiden Figuren gemein, dasselbe gilt für die Längsgrübchen an der Wange und den Verlauf der Augenbrauen. Der Heilige in St. Paul ist jedoch älter dargestellt, worauf die erschlafften Wangenpartien hinweisen, auch das Standmotiv ist viel ruhiger als beim Vergleichsbeispiel. Erzbischof Hartwig von Magdeburg (Abb. 82) hingegen zeigt hinsichtlich seiner Physiognomien deutlich Anleihen an den hl. Leopold des Nepomukaltars, während die Darstellung ansonsten sehr zurückhaltend und ruhig ist und nichts mit der Expressivität und Pathetik der Skulpturen des Nepomukaltars gemein hat. Der Krummstabaufsatz aus geschwungenen, vegetabilen Elementen und zentraler Blüte findet sich in

St. Paul im Lavanttal (Ktn.), Stifts- und Pfarrkirche

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ähn­licher Weise bei den beiden hll. Valentin und Blasius des Reiner Narzissusaltars (1742–1743, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) wieder. Für den Bildhauer spricht auch die grazile Haltung der Finger mit detailgetreuer Ausarbeitung, die die Nagelbetten und einzelnen Fingerglieder klar erkennbar macht. Wie bereits beim Marienaltar handelt es sich beim ausführenden Künstler jedoch um den Marburger Joseph Holzinger, der auch hier starke Anleihen an Ph. J. Straubs Werken genommen hat. Dies beweist der stilkritische Beweis mit den bereits angeführten Werken des Bildhauers. Der übrige skulpturale Schmuck des Altars stammt von einer anderen Künstlerhand, wenngleich die charakteristische Wolkenformationen und die geflügelten Putto­ köpfchen mit Ph. J. Straub in Verbindung zu bringen sind. Die anderen Skulpturen – die hl. Trinität, der Erzengel Michael sowie zwei weitere Geistliche, Papst Urban II und der hl. Benedikt – sind zwar durchaus qualitätsvoll in ihrer Ausführung, doch von einem anderen Künstler modelliert, worauf Körperkomposition und Physiognomie deutlich verweisen.

Weizberg, Wallfahrtskirche, Himmelfahrt Marias Die Wallfahrtskirche Schmerzhafte Mutter am Weizberg mit romanischen Wurzeln wurde von 1757 bis 1758 durch Joseph Hueber neu erbaut. 44 Die Südfassade wird durch zwei quadratische Türme geprägt, die den konkav einschwingenden Mittelteil flankieren. Das Hauptportal geht auf das Jahr 1774 zurück und wird durch plastischen Schmuck in Form von Atlanten, einer Marienfigur und zwei Engeln verziert. Diese Skulpturen stammen zum Teil vom Vorgängerbau aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und werden Ph. J. Straub zugeschrieben. Die doppelarmige Freitreppe der Südseite wurde ebenfalls 1756 von Joseph Hueber erschaffen45 und zeigt Steinfiguren der hll. Florian und Donatus sowie ein Steinrelief mit der Darstellung der alten Kirche und des Schlosses Thannhausen. Horst Schweigert nahm die beiden Heiligen und die Portalplastik in sein Werksverzeichnis auf.46 Portalschmuck: Himmelfahrt Marias und zwei Engel, 1735–1753, Johannes Piringer Die hauptsächliche Problematik der Skulpturen des Hauptportals ist jene, dass hinsichtlich der Datierung sehr unterschiedliche Angaben gemacht wurden. Horst Schweigert47 und Dehio Steiermark (1982)48 verweisen auf das Jahr 177449 und vertreten die gängige Meinung, wonach die Skulpturen das späteste Werk Ph. J. Straubs gewesen sein müssten, der in diesem Jahr verstarb. Peter Krenn hingegen ordnet das Portal mit den Atlanten dem Jahr 1774 zu, während er die Himmelfahrt Marias mit den beiden Engeln Ph. J. Straub zuschreibt und diese auf 1735 datiert, da diese vom alten Bau50 übernommen worden wären.51 Demzufolge entstammen die Figuren dem Frühwerk des Künstlers, was auch der – ebenfalls für die Kirche am Weizberg erschaf­ fene – Skulptur des hl. Johannes Nepomuk entspricht, die 1734 entstand. Rochus

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Widerlegte Zuschreibungen

83  Johannes Piringer, Engel links, Detail Portal, Sandstein, 1735–1753, ­Weizberg, Wallfahrtskirche Maria ­Himmelfahrt

Kohlbach merkte an, dass Thieme-Beckers Zuschreibung der Portalfiguren an Ph. J. Straub »zweifellos zu recht« Bestand habe und verwies darauf, dass der Bildhauer 1766 für die Kirche gearbeitet hätte, wobei die Skulpturen womöglich noch früher entstanden sein sollen. Der Putto neben der Jungfrau Maria habe Ähnlichkeiten mit den Putten von Semriach, die großen Engel mit jenen vom Ehrenhausener H ­ ochaltar.52 Dies mag zwar plausibel erscheinen, gilt jedoch nicht als Nachweis der Urheberschaft Ph. J. Straubs. Der grundsätzlichen Frage, ob es sich überhaupt um Arbeiten Ph. J. Straubs handelt, ist mit einer stilkritischen Analyse beizukommen, die nahelegt, dass die Draperie und das pathetische Gebaren der Figuren durchaus für den Künstler sprechen, während die sehr kräftigen Körperformen und die herzförmigen Gesichter mit geblähten Backen und Stupsnasen diesem widersprechen. Die Haargestaltung mit Wellen und Zangenlocken ist mit jener der Engel des Nepomuk- und Aloisiusaltars der Grazer Domkirche (1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) gleichzusetzen, die mit jenen des Portals der Weizbergkirche verwandt sein dürften, die rundlichen Körperformen sprechen jedoch für eine andere Künstlerhand. Stilistisch stammen alle drei Figuren vom selben Autor. Die beiden Engel sind als Standfiguren gearbeitet und in stoffreiche Gewänder gehüllt, die mit Bändern um ihre Mitte bzw. Schulter fixiert werden (Abb. 83). Die unauffälligen, beinahe gänzlich durch die Körper verdeckten,

Weizberg, Wallfahrtskirche

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84  Johannes Piringer, Madonna mit Putto, Detail Portal, Sandstein, 1735–1753, Weizberg, Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt

Flügel erscheinen auffallend reduziert, die einzelnen Federn sind lediglich durch erhabene Linien angedeutet. Die Draperie des linken Engels übertrifft jene des Gegenübers bei Weitem und besticht durch aufwirbelnde Säume und den einmal den rechten Arm komplett umwindenden Mantelzipfel, der mit dem Band über dem Bauch geführt ist und so eine horizontale Gegengewichtung zum nach unten fließenden Stoff ausbildet. Die Körperformen sind recht grob ausgefallen und lassen die von Ph. J. Straub bekannte Eleganz vermissen, was insbesondere das entblößte Bein des linken Engels mit üppig barocken Rundungen nahelegt. Die himmelfahrende Maria (Abb. 84) schwebt auf einem langgezogenen Wolkengebilde, das durchaus in Werken Ph. J. Straubs vorkommt und durch beinahe reliefartige, aneinandergereihte, rund­ liche Wirbel unterschiedlicher Größe zusammengesetzt wird. Das rechte Bein der Jungfrau ist nach vorne angewinkelt, der Fuß windet sich zwischen den Gewandfalten hervor, das linke ist durch das angedeutete Knie unter der Kleidung klar erkennbar und ebenfalls angewinkelt, jedoch etwas stärker nach hinten versetzt. Ihre Arme sind auf Schulterhöhe erhoben, die rechte Hand fasst ein Stück des Mantels, während die linke in einer pathetischen Geste an die Brust geführt ist. Der Ellbogen wird von dem sie begleitenden Putto mit erhobenen Ärmchen gestützt, die Wange in mühsamem Bestreben daran gedrückt. Das Haupt umspannt ein metallener Sternenkranz,

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Widerlegte Zuschreibungen

der die Erhabenheit der Muttergottes unterstreicht, das jugendliche Antlitz mit vollen Lippen und kleinen runden Augen umspielt ein liebreizender Zug. Die mittig gescheitelte Haartracht ist modisch nach hinten genommen und bildet seitlich ausgreifende Strähnen aus. Ph. J. Straubs Mariahilfer Gnadenbild der Fassade der Grazer Maria­ hilferkirche (1742–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) strahlt denselben glück­ seligen Ausdruck aus wie das Vergleichsobjekt, die Faltengebung ist jedoch deutlich feinteiliger und spielerischer im Umgang mit den Licht- und Schattenreflexen. Auch die Modellierung des Gesichts ist nicht mit dem Weizberger Objekt in Einklang zu bringen: hier, das ovale Gesicht mit großen Augen und markanten Zügen, dort das herzförmige Antlitz mit Stupsnase. Gesichert ist, dass Ph. J. Straub für den Weizberg zumindest eine Skulptur geschaffen hat, den hl. Johannes Nepomuk (1734, signiert) an der östlichen Außenstiege der Kirche. Dieser entstand demzufolge vor dem Neubau der Kirche. Sollten zeitgleich auch die Skulpturen, die sich ab 1774 am Portal befanden, von ihm geschaffen worden sein, müsste sich dies stilistisch niedergeschlagen haben. Doch der Gesichtstypus des Heiligen zeugt vom Straub’schen Hang zu langovalen Gesichtern mit kaum angedeuteten Wangenknochen und markanten langen Nasen mit breitem Steg, wenngleich die Haarmodellierung mit kleinen Zangenlöckchen, die die Stirn rahmen, und das erhabene Pathos durchaus identisch sind. Der begleitende Putto mit Vase weist interessanterweise dieselben herzförmigen Gesichtszüge mit dreieckiger Stupsnase auf wie die Figuren des Portals, was aber wiede­ rum dem dort befindlichen Putto widerspricht, der eine auffallend stark vorgewölbte Stirnpartie und winzige Augen aufweist. Wenngleich sich hier einige Besonderheiten ergeben, die wohl auf unterschiedliche Hände hinweisen, ist aufgrund der Physiognomien der Portalskulpturen Ph. J. Straub als ausführender Künstler auszuschließen. Diese spezielle Gesichtsform findet sich in keinem seiner anderen Werke wieder und ist deshalb ein verlässlicher Indikator. Es könnte sich hier um Arbeiten des Bildhauers Johannes Piringer (1709–1788)53 handeln, einem Zeitgenossen Ph. J. Straubs, der jedoch künstlerisch nicht an den aka­ demisch ausgebildeten Kollegen herankam und eine eher ins Volkstümliche gehende Richtung innerhalb der Grazer Barockplastik einnahm.54 Die Physiognomie der Portal­ figuren und die Disproportionalität ihrer Körper sind durchaus mit Piringers Figurenhabitus in Einklang zu bringen. Auch die Faltengebung mit breiten Stegen und recht groben Verläufen, die dennoch ein gewisses Maß an Naturalismus vermitteln, sind Charakteristika von Piringers Schaffen und zeigen sich beispielsweise auch an seinen Figuren für das Schloss Premstätten, die die vier Jahreszeiten repräsentieren (1771– 1773)55. Die Allegorie des Winters weist denselben aufwirbelnden Mantelbereich, auf etwa mittlerer Höhe des rechten Beines, auf wie der linke Engel des Weizberger Portals, das Gesicht des »Sommers« erinnert stark an jenes der Madonna bzw. des Engels rechts von ihr. Generell ist die Umsetzung des Stoffes ein wesentliches Merkmal von Piringers Schaffen: Er vermochte es, Materialien hochbewegt und luftig erscheinen zu lassen, obwohl sie gleichzeitig sehr dick und steif anmuten. Diese Diskrepanz ist für sein Werk charakteristisch und zeigt sich auch bei seiner Maria Immaculata der

Weizberg, Wallfahrtskirche

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Burg Schlaining (1753, am Sockel signiert),56 die tänzerisch und luftig-grazil noch ganz dem Rokoko verhaftet ist und hochwirbelnde Gewandmassen neben schwerfälligen, teils kantigen Faltenanordnungen präsentiert. Hervorstechend ist die bereits von Wer­ ken anderer Künstler57 bekannte Fältelung des rechten Ärmels, der sehr kantige Täler und Stege formiert, die im Gegensatz zu der ansonsten im Verhältnis sehr weichen Stoffbehandlung steht. Werden die Gesichter beider Mariendarstellungen gegenüber gestellt (Weizberg und Schlaining), führt dies rasch zum Schluss, dass es sich hier um dieselbe Künstler­ hand handeln muss: kleine runde Augen in tiefliegenden Höhlen, markante Brauenstege, eine schmale Nase mit kugeliger, leicht nach oben strebender Spitze und ein voller Mund mit dezent geöffneten Lippen, die ein sanftes Lächeln umspielt, sind in beiden Fällen klar ersichtlich. Auch die Draperie der Kleidung mit effektvoller, wenngleich schwer und grob anmutender, Faltengebung findet sich bei beiden Skulpturen. Die zu groß ausgefallene rechte Hand der Weizberger Madonna, die mit wenig grazilen Fingern den Mantelstoff greift, entspricht Piringers Hang zu »unproportionierter Anatomie«, wie es Horst Schweigert ausdrückte, der dem Bildhauer durchaus einen Personalstil zuerkannte.58 Diese lassen auch die beiden flankierenden Engel erkennen, bei denen die wulstigen Arme in keiner Relation zum ansonsten eher grazilen Körperbau stehen. Was die Datierung der Gruppe betrifft, ist ein Zeitraum anzunehmen, der um die Entstehungszeit der Maria Immaculata von Burg Schlaining (1753) liegt, da die Parallelen zu diesem Werk äußerst augenscheinlich sind. Davor sind bislang leider keine skulpturalen Sandsteinarbeiten Piringers bekannt,59 aber eine frühere Datierung liegt im Bereich des Möglichen. Hll. Florian und Donatus am Stiegenaufgang, um 1756, Johannes Piringer Die hll. Florian und Donatus am Stiegenaufgang wurden bislang ebenfalls Ph. J. Straub zugeschrieben, zeigen jedoch auch deutliche Ähnlichkeiten zu Johannes Piringers Œuvre. Der hl. Donatus steht in vorwärtsschreitender Pose auf seiner Plinthe und hält einen Palmzweig und eine Schale in seinen Händen. Die Arme erscheinen falsch proportioniert und zu klein für den restlichen Körper. Bemerkenswert ist die Manteldrapierung, die den größten Teil der Körpervorderseite bedeckt und durch ein Band um die Taille fixiert wird. An der linken Hüfte bildet sich dadurch eine Schüsselfalte, zur Rechten schwingt der Mantel einfach aus und fällt mit sich mehrfach umschlagendem Saum nach unten. Ein ähnlicher Faltenwurf zeigt sich auch bei der bereits als Vergleich herangezogenen Maria Immaculata Piringers, die 1753 für die Burg Schlaining geschaffen wurde. Auch hier wird der Mantel an der Hüfte zu einer Schüsselfalte formiert, während er auf der anderen Seite über den rechten Oberschen­ kel zieht und mit mehrfach gewundenem Saum nach unten fließt. Auch die m ­ arkante »Schoppung« des linken Ärmels, der dadurch sehr kantige Faltentäler und -stege ausbildet, findet sich bei beiden Figuren. Der hl. Florian steht in Ponderation und hat

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Widerlegte Zuschreibungen

dabei das rechte Bein leicht vorgestellt. Die rechte Hand fasst die Flagge, während die linke nach vorne in den Mantelstoff greift. Dieser bildet an der linken Körperseite eine mehrfach S-förmig gewundene Linie und fällt hinter den Beinen schwer auf die Plinthe. Der Faltenwurf der Kleidung und der Fahne ist wiederum mit Piringer in Verbindung zu bringen, dasselbe gilt für das recht steife Körperbild. Die Datierung auf das Jahr 1756 entspricht ebenfalls dem stilistischen Vergleich mit der auf 1753 datierten, gesicherten Skulptur des Bildhauers, weshalb davon auszugehen ist, dass Piringer auch diese beiden Werke geschaffen hat.

Graz, Keplerstraße Nr. 23, Maria mit Kind (Relief), 1735–1740 An der Fassade des Gebäudes Keplerstraße Nr. 23 befindet sich ein Sandsteinrelief, das gemäß Dehio Graz als in »Art Philipp Jakob Straubs« bezeichnet und auf 1735 bis 1740 datiert wird. Ursprünglich befand es sich am Gebäude Lendplatz Nr. 15, eine Restaurierung des Objekts fand im Jahr 1974 statt.60 Horst Schweigert nahm das Relief in seinen Werkkatalog auf 61 und es ist auch in der TrArS-Werkliste zu finden.62 Das runde Bildfeld wird von einer kunstvollen Kartusche aus Gitter-, Laub- und Bandlwerk gerahmt, das durch die vorstehenden Elemente eine sehr plastische Wirkung erzielt. Seitlich ist jeweils eine Volutenspange,63 die das Gitterwerk nach außen hin begrenzt, sichtbar (Abb. 85). Darunter befindet sich ein C-förmig gewundenes Blatt. Den oberen Abschluss bildet ein eingerolltes Akanthusblatt, den unteren eine ursprünglich symmetrische64 Kombination von Bandl- und Blattwerk. Die zentrale Darstellung der Madonna mit dem Jesusknaben bildet das Herzstück des Reliefs. Es handelt sich dabei um ein Flachrelief, bei dem sich das Motiv von einer planen Unter­ fläche abhebt. Diese bildet den oberen und seitlichen Zwischenraum zur höchst bewegten Kartusche und schafft eine Beruhigung, sodass die Darstellung bestens zur Geltung kommt. Die Szene ist als überaus innig und liebevoll zu bezeichnen, die schlafende Maria hält den ebenfalls schlummernden Jesusknaben auf dem Schoß, die linke Wange des seitlich geneigten Kopfes auf dessen Köpfchen gelegt. Ihre Arme umfassen den Körper des Kindes, die Finger bleiben jedoch ausgestreckt, was den sachten Eindruck dieser Bewegung verdeutlicht. Jesus ist eher sitzend als liegend por­ traitiert und nackt, bis auf das Tuch, das um seine Leiste geschlungen ist. Die rechte Hand fasst in den Mantelstoff der Mutter, die linke liegt auf deren rechter Hand. Es zeigen sich einige Elemente, die durchaus Ph. J. Straubs Können zuzuordnen sind. Dazu zählt die überaus naturalistische Ausführung, die Grübchen an den Händen und Knien erkennen lässt. Die Physiognomien entsprechen jedoch nicht dem für Ph. J. Straub bekannten Typus: Die Gesichter sind insgesamt zu rund und insbesondere beim Knaben liegen Augen, Nase und Mund zu nahe beieinander, um für das Schaffen des Künstlers zu sprechen. Die hohe, sich stark vorwölbende Stirn und der weit hinten beginnende Haaransatz erscheinen seltsam voneinander abgestuft. Auch Marias Antlitz zeigt atypische Merkmale, wie die relativ kurze Nase mit zarter Spitze, die

Graz, Keplerstraße Nr. 23

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85  Unbekannt, Relief ­»Maria mit Kind«, Sand­ stein, 1735–1740, Graz, ­Keplerstraße Nr. 23

sich in einigem Abstand vom langen, schmalen Mund befindet. Ein Vergleich mit einem der Oratorienreliefs der Grazer Stadtpfarrkirche (1748–1750, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub), das die Firmung von Petrus und Johannes zeigt, offenbart auf der rechten Seite eine Dame, deren Gesicht aus einem ähnlichen Winkel zu sehen ist, wie jenes Marias. Hier ist der bekannte Gesichtstypus Ph. J. Straubs evident: oval mit großen, auseinanderliegenden Augen, einer markanten Nase und einem kleinen, vollen Mund. Dies beweist, dass der Künstler auch in den Reliefarbeiten seinem Physiognomie-Typus treu blieb, widerspricht jedoch der Darstellung der Maria. Die Drapierung ihres Mantels hingegen, sehr dominierend und raumfüllend angelegt, zeigt den bekannten norditalienischen Einsatz von Gewandmasse und komponiert eine Mischung aus Dreiecks- und Kreiskomposition – bei ersterer bildet das Haupt der Madonna die Spitze –, was einen, zum Motiv passenden, harmonischen und friedvollen Eindruck vermittelt. So gelungen und qualitätsvoll diese zärtliche Darstellung auch ist und so sehr sie seine Handschrift in manchen Partien zeigen mag, ist Ph. J. Straub als ausführender Künstler doch zu negieren. Die Physiognomien und die lang ausgestreckten Finger der Maria stören das ansonsten stimmige Bild und vermitteln einen zu fremdartigen Charakter.

Graz, Universalmuseum Joanneum, Alte Galerie, hll. Franz Xaver, Johannes Nepomuk und Sebastian, 1740–1750, Johann Ferdinand Schmucker Die Alte Galerie des Universalmuseum Joanneum in Graz ist im Besitz von mehreren Objekten, die Ph. J. Straub zugeschrieben werden. Dazu zählen die drei Schnitzarbeiten der hll. Franz Xaver65, Johannes Nepomuk66 und Sebastian67 die 1913 zusammen

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Widerlegte Zuschreibungen

mit einem Altar von St. Radegund gekauft wurden.68 Wilhelm Suida datierte sie auf das 18. Jahrhundert und wies sie der steirischen Bildhauerkunst zu.69 Kurt Woisetschläger grenzte den Entstehungszeitraum ein und setzte ihn um das Jahr 1750 an.70 Christine Rabensteiner schrieb die Skulpturen erstmals Ph. J. Straub zu und datierte sie auf 1740 bis 1750. Dass die Skulpturen allesamt von derselben Werkbank ­stammen, beweisen die Einspannlöcher an der Basis.71 Dies lässt noch nicht auf einen einzigen Künstler schließen, zumal stilistisch Unterschiede zwischen den Figuren f­ estzustellen sind. Dies bezeugt eine Werkstattbeteiligung, die sich insbesondere beim hl. Sebastian erkennen lässt. Wenn auch die Grundzüge von Ph. J. Straubs Schaffen zu erahnen sind, sind es doch die unausgeglichene Körpermodellierung und die gänzlich untypische Physiognomie, die den Künstler nicht als Ausführenden ausweisen. Die Arme sind verhältnismäßig zu lang, der gestauchte Oberkörper weist einen naturwidrigen Knick an der Hüfte auf und die Oberfläche erscheint insgesamt sehr knorpelig und uneben, was auf den Versuch einer missglückten Umsetzung von Detailtreue zurückzuführen ist. Es scheint, als hätte ein Geselle das rechte Maß noch nicht gefunden, sodass der eigentlich junge Heilige nun den Körper eines alten Mannes aufweist. Das bartlose Gesicht steht im starken Kontrast dazu und auch hier zeigt sich eine völlig Straub-fremde Physiognomie: die sehr lange Nase und der Mund liegen eng beieinander und erzeugen ein fremdartiges Aussehen, das bei Ph. J. Straubs Skulpturen üblicherweise nicht zu finden ist. Zusammen mit dem überlangen Haar weist er sehr feminine Züge auf, was wiederum nicht für den Künstler spricht, der gemeinhin athle­ tische Körper und ansprechende maskuline Gesichter schuf. Das Standbild erscheint nicht ganz so fremdartig, wenn auch sehr zurückhaltend und stabil. Das breite Lendentuch mutet voluminös an und ist von Plastizität erzeugender Licht-Schatten-Wirkung geprägt, es fehlt jedoch auch hier an Raffinesse. Christine Rabensteiners Ver­ glei­che mit dem hl. Sebastian von Egervar (1749–1757, zugeschrieben an Ph. J. Straub) und dem hl. Sebastian der Mariensäule am Grazer Karlauplatz (1762, zugeschrieben an Ph. J. Straub) bezeugen eher das Gegenteil und widersprechen der Annahme, Ph. J. Straub selbst sei hier am Werk gewesen. Was jedoch unleugbar ist, ist die Anlehnung des ausführenden Künstlers an Ph. J. Straubs Schaffen, insbesondere der ­Baumstumpf ist jenem des Egervar-Sebastian sehr ähnlich, auch die Beinstellung und die Haltung der linken Hand mit manierierten Fingern ist vergleichbar. Der hl. Johannes Nepomuk kommt Ph. J. Straubs Handschrift deutlich näher, die gekünstelten Fingerpositionen (das Kruzifix, das sich ursprünglich in der linken Hand befand, fehlt) und das Standmotiv, mit einem unnatürlich gespreizten Fuß im Verhält­ nis zur Knieausrichtung, sind ein typisches Merkmal seines Schaffens. Dies gilt auch für die kunstvolle Ausarbeitung der Kleidung, die an der Pelzmozzetta S ­ aumüberwürfe erkennen lässt und eine nachschwingende Falte am Rochett. Gesicht- und Haargestal­ tung entsprechen deutlich dem für Ph. J. Straub bekannten Typus. Das dritte Exemplar, der hl. Franz Xaver, hingegen zeigt die bereits vom hl. Sebastian bekannte, untypische Physiognomie mit einer viel zu spitzen, schmalen Nase. Die Beinhaltung ist an jene der Figuren Ph. J. Straubs angelehnt, erscheint jedoch viel zu statisch, wie

Graz, Universalmuseum Joanneum, Alte Galerie

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auch die gesamte Figur, die kaum Bewegung innerhalb des Körperbilds aufweist. Der Habit ist relativ kunstvoll gestaltet, die weit nach vorne klaffenden Tütenfalte am Ausschnitt des Rochetts sowie das nach hinten schwingende rechte Ende der Stola suggerieren ein Interesse für Details und Bewegung. Alles in allem erscheint der Heilige durch die Gewandmassen jedoch sehr breit. Nach Meinung der Autorin handelt es sich bei den drei Skulpturen höchstwahrscheinlich um Arbeiten eines Gesellen Ph. J. Straubs. Verglichen mit den Skulpturen der Altäre von St. Ruprecht an der Raab lässt sich der Name Johann Ferdinand Schmuckers ins Spiel bringen, auf den bereits an anderer Stelle eingegangen wurde. Die Physiognomie des hl. Dismas des St. Ruprechter Schmerzhafte-Maria-Altars zeigt eine stilistische Verwandtschaft, insbesondere zum hl. Franz Xaver: große, weit auseinanderliegende Augen, eine schmale, lange Nase und ein knapp darunter sitzender, kleiner Mund, unter dem sich ein recht ausgeprägtes Kinn ausdehnt. Weitere Parallelen zeigt der hl. Laurentius vom Annenaltar derselben Kirche, auch hier ist die markante Nase-Mund-Kinn-Partie gleichartig modelliert. Die sehr merkwürdig a ­ nmutende dynamische Faltengebung des Habits des hl. Laurentius zeigt auf, dass der Geselle zwar stark am Meister orientiert war, was auch die ausdrucksstarke und harmonische Physiognomie beweist, er jedoch teilweise noch Schwierigkeiten hatte, die Vor­ gaben korrekt umzusetzen. So zeigen sich an verschiedenen Stellen gleichermaßen geglückte als auch misslungene Kreationen, die sich ebenso in den drei behandelten Skulpturen niedergeschlagen zu haben scheinen. Die Autorin geht demnach davon aus, dass hier nicht Ph. J. Straub selbst am Werk war,72 sondern besagter Johann Ferdinand Schmucker.

Göppingen (GER), Museum im Storchen, hl. Joseph, ca. 1750–1760, Joseph Straub Die Provenienz der Skulptur des hl. Joseph73 (Abb. 86) im deutschen Museum im Storchen in Göppingen wurde von Julia Strobl nachgezeichnet. So erschien das Werk erstmals 1966 am Münchener Kunstmarkt, in der Ausstellung des Auktionshauses Rudolf Neumeisters, wo sie einem unbekannten Meister aus der Mittelrhein-Region zugeschrieben wurde. In den 1970er-Jahren war sie im Besitz des Kunsthändlers A. Mehringer, von dem sie das Museum im Storchen abkaufte. Seit diesem Zeitpunkt ist die Skulptur Teil der Dauerausstellung des Museums (Inv.-Nr. 71/19). Kurz darauf wurde sie, aufgrund stilistischer Besonderheiten, Ph. J. Straub zugeschrieben und auf den Zeitraum um 1750 bis 1760 datiert.74 Horst Schweigert stimmte dieser Annahme zu und siedelte sie in Ph. J. Straubs Reifeperiode an, zudem schlug er vor, die Skulptur könnte nach dessen Arbeiten für Ehrenhausen entstanden sein.75 Stilistisch käme sie sehr an die Arbeiten in Ehrenhausen und Maria Lebing heran, wobei erstere dem Straub-Bruder Joseph zugeschrieben und letztere mit der Werkstatt Ph. J. Straubs in Verbindung gebracht wurden. Die Physiognomie ist hier eher als derb einzustufen,

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Widerlegte Zuschreibungen

86  Joseph Straub, hl. Joseph, Holz, ca. 1750–1760, Göppingen (GER), Museum im Storchen

die Augen sind übergroß (auch für Ph. J. Straubs Stil, der für den Exophthalmus seiner Figuren bekannt ist) und prägen den Charakter des Gesichts, der unter dem überweiten Mantelkragen sichtbare Oberkörper ist ausgemergelt. Dieser Typus entspricht Ph. J. Straubs nur bedingt, viel eher dürfte Bruder Joseph daran beteiligt gewesen sein. Dessen hl. Johannes Nepomuk76 in der gleichnamigen Kapelle im slowenischen Kamnica pri Mariboru (1750er-Jahre, heute im Regionalmuseum Maribor) zeugt von einer Verwandtschaft beider Skulpturen. Der Ausdruck der Gesichter ist nahezu identisch, auch die äußerlichen Merkmale (halblanger, kringeliger Bart, breiter Nasensteg, der in schmale, vorgewölbte Brauen mündet, leicht geöffneter Mund mit graziler Oberlippenzeichnung) sprechen für den jüngeren Bruder. Auch der hl. Joseph77 vom Hochaltar der slowenischen Pfarrkirche von Štanjel (1741), der zu den gesicherten Werken Joseph Straubs zählt, erscheint im selben Typus. Daher ist davon auszugehen, dass es sich beim hl. Joseph in Göppingen um ein Werk des jüngeren Bruders Joseph handelt. Der durch Sascha Mehringer an Ph. J. Straub zugeschriebene ­Bozzetto eines hl. Joseph78 scheint zwar kompositorisch starke Ähnlichkeiten zum Göppinger Exemplar aufzuweisen, diese Zuschreibung ist aufgrund stilkritischer Aspekte allerdings nicht haltbar.

Göppingen (GER), Museum im Storchen

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Ehrenhausen In Ehrenhausen befinden sich mehrere Skulpturen, die gemäß der Literatur mit Ph. J. Straub in Verbindung stehen. Die Pfarr- und Wallfahrtskirche »Schmerzhafte Mutter Maria« in Ehrenhausen wurde erstmals 1574 urkundlich erwähnt und im Zeitraum 1752 bis 1755 neu erbaut.79 Die vier Engel des Hochaltars, die Kanzel und zwei Seitenaltäre wurden 1938 aufgrund stilistischer Gründe von Eduard Andorfer an Ph. J. Straub zugeschrieben.80 Horst Schweigert stimmte mit dieser Betrachtung lediglich in Hinblick auf die Hochaltarfiguren und die Kanzel überein und ergänzte die skulpturale Dekoration der Fassade. Erstere datierte er auf 1752/53 bis 1755.81 Die S ­ kulpturengruppe mit den hll. Maria mit Jesuskind und Johannes Nepomuk des vor dem Rathaus befindlichen Emma-Brunnens wurde von Peter Stauder an Veit Königer zugeschrieben und auf 1750 datiert (Königer kam jedoch erst um 1754 nach Graz),82 Horst Schweigert brachte sie aufgrund stilistischer Besonderheiten und der hohen Qualität mit Ph. J. Straub in Verbindung und setzte als Entstehungsdatum 1752 bis 1755 an.83 Er verglich sie mit den Fassadenskulpturen, die derselben Hand zuzuweisen seien. Diese konnten jedoch Joseph Straub zugeschrieben werden, wie die Rechnungsbücher der Pfarre Ehrenhausen84 und der stilistische Vergleich verraten. Interessant ist, dass in den Archiven der Diözese Graz-Seckau lediglich der Name Joseph Straub aus den Dokumenten hervorgeht, der nachweislich eine Bezahlung für seine Dienste erhalten hatte (vermutlich für die Fassadenfiguren).85 Auch stilistisch kommt wohl eher der Bruder infrage, was Vergleiche mit dessen Arbeiten nahelegen. Als Steinmetz wird Antonio Bombosi (Bombasi) aus Marburg genannt.86 Ein Schild, das einst an der Kirche befestigt war, verweist darauf, dass die Hochaltarfiguren von den Brüdern Straub in den Jahren 1752 bis 1754 geschaffen wurden.87 Dies legt nahe, dass eine Zusammenarbeit beider Brüder bereits vor den aktuellsten Forschungen angenommen wurde, was in der Literatur jedoch nicht präsent ist. Die hll. Johannes Nepomuk und Nikolaus auf der Murbrücke sollen wiederum von Ph. J. Straub stammen, ebenso der sogenannte Emma-Brunnen.88 Stilistische Vergleiche werden diese Annahmen im Folgenden behandeln. Emma-Brunnen vor dem Rathaus, 1750, Joseph Straub Der Emma-Brunnen, der sich vor dem Rathaus von Ehrenhausen befindet, besteht aus einem Sockel samt darauf befindlicher Figurengruppe und einem im frühen 20. Jahrhundert neu installierten Wasserbecken. Namensgeberin war Emma Freifrau von Lut­ teroth, die die gesamte Bausumme des Brunnens übernommen hatte, der 1901 an die Stelle der alten Kirche trat.89 Er wurde in Form einer Wasserleitung und eines Auffangbeckens in den Sockel der Skulpturengruppe integriert. Dieser trägt das Wappen Leslie-Eggenberg.90 Dehio Steiermark91 datierte die Gruppe auf 1750, so auch Peter Stauder92, der sie Veit Königer zuschrieb.93 Horst Schweigert schrieb die Gruppe Ph. J. Straub zu und datierte sie auf 1752 bis 1755.94 Er verwies auf die hohe Qualität der Figu­ ren, die mit jenen der Fassade gleichzusetzen sei.95

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Widerlegte Zuschreibungen

87  Joseph Straub, Maria mit Kind und hl. Johannes Nepomuk, Detail Emma-Brunnen vor dem Rathaus, Sandstein, 1750, Ehrenhausen

Beim Brunnen handelt es sich um einen hochrechteckigen Sockel mit barocken Rundungen und seitlichen Volutenspangen, vor dem ein marmornes Wasserbecken postiert ist. Die Front des Sockels trägt die Aufschrift »Emma Brunnen«, darüber befindet sich das genannte Wappen. Oben aufgesetzt wurde die Skulpturengruppe (Abb. 87), bestehend aus der hl. Maria mit dem Jesusknaben auf dem Schoß und dem hl. Johannes Nepomuk, der zu ihren Füßen kniet. Umgeben werden sie von drei geschäftigen Putten und einem Paar geflügelter Puttoköpfchen. Die Muttergottes befindet sich sitzend auf einer hohen Wolkenformation, wobei es den Anschein hat, als würde sie sich gerade darauf niederlassen, worauf die gebeugten Beine hinweisen. Sie ist dem zu ihren Füßen knienden Heiligen zugewandt, ebenso der Jesusknabe, der seine Arme in dessen Richtung streckt. Maria hat den Arm in segnendem Gestus in Richtung des Knienden geführt, er ist gänzlich vom wallenden Mantel verhüllt, der sich um den Arm spannt, lediglich die Hand mit eigenwillig hochgebogenem kleinem Finger ist sichtbar. Die rechte Hand Marias liegt auf dem Rücken des Knaben und stützt diesen. Das umschleierte Haupt mit appliziertem, metallenem Strahlenkranz ist nach links geneigt, das Gesicht trägt zarte Züge. Leider ist die Verwitterung bereits so weit fortgeschritten, dass eine stilistische Analyse der Physiognomie kaum möglich ist. Der Körper des Knaben ist sehr gelängt und verdreht, die zierlichen Extremitäten

Ehrenhausen

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stehen im Widerspruch zum wuchtigen Oberkörper. Der hl. Johannes Nepomuk ist in hochgewachsener Körperform wiedergegeben, er kniet mit vor der Brust verschränkten Händen auf einem niederen Sockel und hat den Kopf in Richtung der ­Muttergottes gedreht und geneigt. Die Faltengebung seiner Kleidung ist äußerst reduziert und fließt dezent über den leicht nach vorne gesetzten rechten Oberschenkel. Die Mozzetta legt sich sehr flächig über den angewinkelten linken Arm und bildet keine Dynamik. Der lange Hals wird durch ein Beffchen geschmückt, das zierliche, jedoch sehr kantige Antlitz durch große Augen und einen breiten, leicht geöffneten Mund geprägt. Hinter ihm, etwas erhöht, schwebt ein freundlich blickender Putto, mit unnatürlich gelängtem Körper, das Köpfchen dem Heiligen zugeneigt. Der rechte Arm liegt hölzern auf einem Wolkentürmchen, der linke ist seitlich angewinkelt. Die beiden anderen Putten befinden sich zur Rechten der Maria und halten ein Relief, wobei der eine Putto es von hinten mit beiden Händen oben ergreift, während der andere sich diesem von vorne zuwendet und es dabei beinahe halb verdeckt. Es zeigt den Brückensturz des hl. Johannes Nepomuk als Halbrelief. Zwei Schergen sind gerade im Begriff, den Heiligen von der gemauerten Brücke zu stoßen. Dieser ist waagrecht im Fall wiedergegeben und hat eine Hand zum Herzen geführt, während die andere ein Kruzifix hält. Durch die Verwitterung sind nur noch wenige Details erkennbar, lediglich der Faltenwurf des Gewandes fällt ins Auge, der jedoch lediglich geringfügig der Flugrichtung nachgibt und sehr steif anmutet. Stilistisch sind die Figuren des Emma-Brunnens mit jenen der Fassade vergleich­ bar, das Gesicht der dort befindlichen Heiligen gleicht jenem des Nepomuk frappant. Dasselbe gilt für die spezielle Art der Stoffbehandlung, bei der einzelne Partien regelrecht um Körperteile gespannt werden und so auffällige, ausladende Silhouetten kreieren. Demnach war hier in beiden Fällen derselbe Künstler am Werk, also Joseph Straub, wiederum ohne nachweisliche Beteiligung seines Bruders Philipp Jakob. Fassadenschmuck der Pfarrkirche, ca. 1752–1755, Joseph Straub und Werkstatt Die dreiachsige Einturmfassade mit vorspringender, giebelbekrönter Mittelachse wird von insgesamt sieben Skulpturen und dem von zwei Putten begleiteten Wappen der Familie Leslie-Attems96 geschmückt.97 Etwa auf halber Höhe befinden sich die hll. Petrus und Paulus auf Konsolen. Es handelt sich um bemerkenswert qualitätsvolle Arbeiten, bei denen insbesondere der Detailreichtum und die Feinheit der Drapiere ins Auge sticht. Das Gewand des hl. Petrus vollführt denselben Schwung, den bereits der Körper vorgibt und unterstreicht diesen gekonnt. Der Mantel, der sich an der lin­ ken Seite hochschwingt, fällt in ausgeklügelten Faltenschlägen, die die Außen- und Innenseite abwechselnd sichtbar machen. Zudem windet er sich über den rechten Arm des Heiligen, sodass wiederum ein Gegenpol zum Mantelbausch an der linken Beinseite gebildet wird. Das am Kragen geschlitzte Gewand fällt weit über die rechte Schulter und entblößt diese, die Gürtung im Bauchbereich rafft den Stoff, sodass sich ein weiterer, andersgearteter Faltenwurf bildet. Die Attribute, Buch und Schlüssel,

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Widerlegte Zuschreibungen

88  Joseph Straub, hl. Paulus, Detail Fassade, Sandstein, ca. 1752–1755, ­Ehrenhausen, Wallfahrtskirche Schmerzhafte Mutter

befinden sich in der linken Hand, die Seiten des geschlossenen Buches öffnen sich an einer Stelle leicht. Dieser minimale Kunstgriff erinnert an Ph. J. Straubs spielerischen Hang, mit den Beiwerken umzugehen. Ebenso die Drehung im S-förmigen ­Körperbild, bei der der rechte Fuß und die beiden Arme in die entgegengesetzte Richtung weisen wie der Kopf. Das zart modellierte Gesicht jedoch, das durch kleine, runde Augen unter dicken Lidern und markante Wangenknochen charakterisiert wird, erscheint nicht typisch für das Schaffen Ph. J. Straubs. Dasselbe gilt für die gebohrten Locken, die sich wie Kringel über das Haupt legen und einen eher unnatürlichen Eindruck entstehen lassen. Der hl. Paulus (Abb. 88), auf der anderen Seite der Fassade, erhält eine bemerkenswerte Silhouette dank des Mantels, der sich um den Körper der Figur windet und eine große Schüsselfalte an deren linker Körperseite formt. Auch hier führt die Gürtung an der Taille zu einem kunstvollen Faltenwurf, der einen knittrigen Effekt bewirkt. Der Kopf mit langem Bart und asymmetrisch aufgebautem Haar zeigt ebenfalls die markanten Bohrlöcher, die Gesichtskonturen entsprechen ebenso jenen des hl. Petrus. In den Händen hält er ein großes, geöffnetes Buch, das in Richtung der Betrachtenden gerichtet ist. Mit dem linken Zeigefinger verweist er auf eine nicht näher definierte Stelle. Die Fingerhaltung dieser Hand erscheint sehr elastisch und

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etwas unnatürlich, doch auch die andere Hand, die das Buch seitlich ergreift, ist nicht realistisch modelliert, sondern erinnert an die knöcherne Hand eines Skeletts, bei der jedes einzelne Fingerglied markant hervortritt. Eventuell wurde diese Hand im Zuge einer Restaurierung bearbeitet oder ergänzt, da sie so gar nicht zum ansonsten eher weichen und anatomisch präzise geformten Typus des Heiligen passen will. Werden die Gesichter der hll. Petrus und Paulus betrachtet, so lässt sich eine Ver­ wandtschaft zu Werken Joseph Straubs feststellen. Haar- und Bartgestaltung mit präzise ausgeformten, zum Teil gebohrten, Locken, große mandelförmige Augen unter schweren Lidern und ein leidender Gesichtsausdruck sprechen sehr für den in Marburg ansässigen Künstler. Bereits Valentina Pavlič und Julia Strobl98 trafen stilistische Vergleiche und bemerkten, dass die Gesichter der beiden Heiligen typische M ­ erkmale des Stils Joseph Straubs zeigen (siehe seinen hl. Joachim, um 1750, ehemals P ­ farrkirche Studenci [SLO], heute Regionalmuseum Maribor). Doch auch die, wie zufällig über eine Schulter rutschende, Kleidung und die offenen Ärmel sind kennzeichnend für das Œuvre dieses Straub-Bruders. Weiters stellt die Muttergottes den typischen Typus einer weiblichen Heiligen des Bildhauers dar (siehe die hll. Anna und Elisabeth von Studenci). Gemäß Pavlič und Strobl ähneln die Skulpturen auch jenen der Minoritenkirche von Ptuj (SLO), die nachweislich von Joseph Straub stammen.99 Der untere Saum der Draperie und die offenen Ärmel sind ein Charakteristikum seines Stils, ebenso der flatternde Anschein der Kleidung und die Lücken, die diese ausbildet. Die hl. Maria mit ihrer Haargestaltung, den mandelförmigen Augen und dem runden Kinn kann als Archetypus im Werk Joseph Straubs angesehen werden, die Rocaille-Dekoration der Fassade ist ebenfalls sehr ähnlich zu dessen Altären. Über der Spitze des Giebels, auf einem Podest, ruht eine Pietà-Darstellung. Der tote Heiland liegt seitlich ausgestreckt mit erhobenem Oberkörper, das reglose Haupt fällt leicht nach hinten. Maria hockt hinter dem Leichnam, stützt dessen Kopf und hält den lang ausgestreckten rechten Arm, sodass sich die Finger in einer zärtlichen Geste berühren. Das Haupt der Muttergottes ist nach links geneigt, der tränennasse Blick auf den Sohn gerichtet. Sie ist von erhabener Gestalt und erscheint schwebend wie eine Wolke, die den fest am Boden verankerten Christus hinterfängt. Auffallend ist der übersteigerte Naturalismus, der dem Oberkörper des Toten unnatürliche Formen verleiht. Das stark eingezogene Zwerchfell steht in starkem Widerspruch zum deutlich vorgewölbten Bauch, auch waren dem ausführenden Künstler die anatomischen Begebenheiten nicht geläufig, was die vier horizontal vom Schlüsselbein nach unten laufenden Wülste verdeutlichen, die allem Anschein nach Rippen darstellen sollen. Der Faltenwurf ist sehr zurückhaltend eingesetzt, der Mantel der Jungfrau fließt über den Kopf und wölbt sich über den ausgebreiteten Armen, sodass sich daraus eine Dreieckskomposition ergibt, die ein gewisses Maß an Harmonie erzeugt. Das Antlitz Marias mutet elegant und zart an, der betonte Brauenbogen und die gemeißelten Tränen, die über die Wangen laufen, verdeutlichen ihren Kummer. Befremdlich wirkt die künstlich gelängte, rechte Hand, die die darüber liegende rechte Hand des Sohnes beinahe kindlich erscheinen lässt, während die Finger der linken, die mit

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Widerlegte Zuschreibungen

dem Rücken das Podest berührt, eigenwillig nach oben gespreizt sind. Auch der Unter­ armmuskel dieses Arms ist viel zu massiv modelliert und passt nicht zum restlichen Erscheinungsbild.100 Flankiert wird die Gruppe von den hll. Dismas und (möglicherweise) Lukas, wobei ersterer über einen regelrechten Charakterkopf verfügt, wie es des Öfteren bei Werken aus dem Umkreis von Ph. J. Straub der Fall ist. Er steht auf einer ­quadratischen Plinthe und stützt mit beiden Händen ein Kreuz aus runden Balken, wobei einer der Querbalken auf seiner rechten Schulter zu liegen kommt. Der nur durch ein Lendentuch bedeckte Körper wendet sich dem Kreuzstamm zu, während der Kopf eine Wendung in Richtung der Pietà vollzieht, der der Oberkörper folgt. Die Draperie ist zwar einerseits sehr voluminös und effektvoll, wirkt aber andererseits auch steif und kantig. Die Arme des Heiligen sind sehr schlank, während der Brustkorb im Vergleich dazu sehr bauchig und knorpelig ist. Das Gesicht mit großen, runden Augen, gerader Nase und leicht geöffnetem Mund erscheint wie der bereits bekannte Typus des Schergen, den Ph. J. Straub beispielsweise für den Grazer Kalvarienberg (Johannes-NepomukGruppe, 1737, signiert) geschaffen hat. Das Band, das durch das wirre Haar verläuft, die Backenbart-Büschel sowie der Oberlippen- und Kinnbart sind bei beiden Skulpturen gegeben und kreieren einen eher wilden Eindruck. Der hl. Lukas auf der gegenüberliegenden Seite steht in vorwärtsschreitender Bewegung auf der Plinthe. Der Oberkörper ist gänzlich entblößt, der Mantel zieht vom linken Arm, der seitlich angewinkelt ist, über den Rücken nach vorne über Scham und Beine und erscheint sehr flächig und steif. Die Falten wirken grob ausgearbeitet, der Saum überschlägt sich mehrfach. In der rechten Hand hält der Heilige ein geöffnetes Buch gegen seinen Bauch, die Seiten sind an einer Stelle nach oben gedrückt – eine künstlerische Finesse, um dem Betrachtenden aus der Unteransicht einen besseren Blick darauf zu ermöglichen. Die andere Hand hält einen nicht näher definierbaren Gegenstand auf Höhe der Brust. Der ausgemergelte Oberkörper steht im Gegensatz zur voluminösen langen Barttracht, das ausdrucksstarke Gesicht wird seitlich von lockigem Haar gerahmt, während der Oberkopf kahl ist. Der Blick ist gen Himmel gerichtet, der Mund flehentlich geöffnet. Am Übergang zwischen Fassade und Turm befinden sich außen, auf zwei Voluten stehend, die Skulpturen eines nicht näher definierten Heiligen, möglicherweise eines Apostels, und der hl. Maria Magdalena. Ersterer zeigt einen deutlichen Schwung in der Körperlinie und hat die Arme in einer beinahe abwehrenden Geste ausgestreckt. Der Kopf ist zum Himmel gewandt und leicht zur linken Seite geneigt. Der lange Bart mit gebohrten Locken ist am Kinn zweigeteilt, das wellige Haar umkränzt asymmetrisch das Gesicht. Die durch den Mantel erzeugte Silhouette hebt sich stark vom Himmel ab und erinnert an venezianische Vorbilder, bei denen der Körper zugunsten der theatralisch in Szene gesetzten Stoffe zurücktritt. Der vor den Beinen auf­ wirbelnde Mantelsaum ist für Ph. J. Straubs Stilbild bezeichnend. Dieser findet sich auch bei der hl. Maria Magdalena, auch wenn die Draperie hier deutlich reduzierter ausgefallen ist. Sie steht im Kontrapost, hält einen Schädel in der rechten Hand, auf

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den sie reumütig blickt, die linke ist an die Brust geführt. Der Kopf auf kräftigem Hals wirkt zu klein, das ovale Gesicht wird von großen Augen und einem runden Kinn geprägt. Es treten deutlich Tränen aus beiden Augen. Der Schleier liegt streng über dem Kopf und erinnert an einen Helm, das lange Haar fällt in einzelnen Strähnen über die Schultern nach unten. Die Qualität steht deutlich hinter den anderen Skulpturen zurück, was auf eine Gesellenarbeit hinweisen könnte und/oder auf die Begebenheit, dass es sich um die obersten Fassadenfiguren handelt, die Beschauende ohnehin nie im Detail zu sehen bekommen. Die Fernwirkung der hl. Maria Magdalena ist jedenfalls stark vom rechtsseitig verlaufenden Mantelschwung geprägt. Das bekrönte Doppelwappen Leslie-Attems in prächtigen Rocaillekartuschen befindet sich direkt im Giebelfeld und wird von zwei sitzenden Putten flankiert. Beide haben jeweils ein Ärmchen emporgehoben und blicken in Richtung des Wappens. Die Körperformen sind nicht ganz ausgewogen, insbesondere der linke Putto verfügt über zu schmale und kurze Beine, die den Gesamteindruck stören. Die pausbäckigen Gesichter entsprechen dem gängigen Typus barocker »Kindl«, das wirre Haar k ­ räuselt sich in dicken Locken mit Lochbohrungen. Die mandelförmige Augenform mit dicken Lidrändern entspricht dem Stilbild des Joseph Straub. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei den Fassadenfiguren um Werke Joseph Straubs handelt. Insbesondere die hll. Petrus und Paulus können aufgrund ihrer stilistischen Merkmale eindeutig dem Bildhauer zugewiesen werden. Die Skulpturen der oberen Zone sind zwar an diesem Stil orientiert, es finden sich jedoch eindeutige Qualitätsunterschiede, was eine Werkstattarbeit nahelegt. Die anatomische Präzision ist hier noch nicht ausgereift, der Faltenwurf erscheint flächiger und kantiger und hat nichts vom typisch Fließenden, das beiden Straub-Brüdern gemein ist. Engel des Hochaltars der Wallfahrtskirche, ca. 1753–1754, Joseph Straub Der Hochaltar101 der Wallfahrtskirche Schmerzhafte Mutter in Ehrenhausen besteht aus einer hohen Stuccolustro Sockelzone, auf der vier leicht unterlebensgroße Engel posieren, zwischen denen sich eine Nische mit einer Pietà-Darstellung bzw. jeweils eine Säule befinden. Der Aufsatz mit rundem Abschluss beherbergt eine Schar Putten und geflügelter Puttoköpfchen, die einen von einem Strahlenkranz hinterfangenen Gottvater umgeben. Ganz außen, auf Volutensockeln, befinden sich zwei adorierende Engelsfiguren. Die vier Engel sind von hoher künstlerischer Qualität und erscheinen äußerst lebhaft. Die Gewänder sind meisterlich in ihrer Draperie gelungen und unterstützen den dynamischen Charakter der Figuren. All dies sind Merkmale des Œuvres Ph. J. Straubs, jedoch stimmen andere Eigenschaften nicht mit der Handschrift des Bildhauers überein. Die expressive Haargestaltung mit langen, in einzelne Strähnen unter­ teilten, abstehenden Locken, bei denen durch einzelne Bohrungen hindurchgesehen werden kann, entspricht nicht dem Stil des Künstlers, auch die überlangen, gummiartigen Finger der Figuren widersprechen einer Zuschreibung.

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Widerlegte Zuschreibungen

Links außen befindet sich der Engel mit der Essiglanze (Taf. XXXIV), die er mit der linken Hand etwas über Kopfhöhe ergreift. Der rechte Arm ist vor den Körper an die entgegengesetzte Hüfte geführt und fasst einen Teil des üppigen Stoffes, der mit einem Band um die Hüfte gehalten wird und eine opulente Draperie erzeugt, die den größten Teil des rechten Beines unbedeckt lässt. Der Kontrapost ist kaum erkennbar, lediglich das Auswärtsdrehen des rechten Fußes mit mäßiger Belastung der Standfläche weist darauf hin. Unter dem Fuß ist eine leichte Erhöhung in Form von Steinen erkennbar, das Bein ist jedoch völlig durchgestreckt, was der künstlerischen I­ntention widerspricht. Die hauptsächliche Dynamik geht vom rechten Arm aus, der eine l­eichte Rechtsdrehung des Oberkörpers bewirkt und vom Haar, das wie von einem Luftzug erfasst in die Gegenrichtung weht. Die mächtigen Flügel sind sehr plastisch, da sich einzelne Federn nach vorne wölben, und unterstützen den Effekt des windbewegten Haares. Anatomisch ist der Körper durchaus korrekt und ansprechend wiedergegeben. Details, wie tiefliegende Nagelbetten, Sehnen und Muskeln, sind deutlich erkennbar. Das ovale Gesicht mit schwammigen Zügen ist sehr ernst, die kugelrunden Augen unter ausgeprägten Lidern liegen unter hohen Brauen, die Nase mit unauffälliger Spitze befindet sich direkt über dem kleinen, volllippigen Mund. Weder das Gesicht, noch die expressive Haargestaltung mit Durchbohrungen sprechen für den Stil Ph. J. Straubs. Die beiden inneren Engel weisen freundlichere und elegantere Physiognomien und weniger expressives Haar auf. Links des Hochaltarbilds steht ein Engel in etwas stärker ausgeprägtem Kontrapost, das linke Spielbein ist beinahe bis zur Hüfte entblößt. Die rechte Hand ist andächtig zur Brust geführt, der linke Arm nach vorne angewinkelt. Die Finger erscheinen vollkommen fremdartig, der kleine und der Zeigefinger sind unförmig und eigenartig gebogen, was auf eine nachträgliche Reparatur hinweist. Ansonsten ist der Körper der Figur auch hier sehr gut umgesetzt, er ist muskulös und wohlproportioniert und lässt auf eine sichere Hand schließen. Die Draperie lässt die Brust durch einen gezielten Faltenwurf bewusst unbedeckt und ergießt sich in sehr plastischer Manier einmal diagonal um den Körper, um an der Rückseite nach unten zu gleiten. Das Gesicht mit den typischen Augen des Joseph Straub (mandelförmig mit ausgeprägten Lidrändern) wird durch eine markante Nase geprägt, die vollen Lippen sind leicht geöffnet. Wenngleich sich die Züge leicht vom Engel mit der Essiglanze unterscheiden, sind sie doch verwandt. Dasselbe gilt für den gegenüberliegenden Engel, der in wallendem Gewand in deutlichem Kontrapost steht und der zentralen Pietà zugewandt ist, sodass sein Gesicht im Halbprofil zu sehen ist. Das Körperbild durchzieht ein merklicher Schwung, der von den beiden zur Seite geführten Armen und dem linken Spielbein gebildet wird. Brust und Arme sind unbedeckt, lediglich über dem linken Oberarm bauscht sich ein Teil des Mantels. Das junge Gesicht erscheint erhaben und doch zurückhaltend, das halblange Haar fällt in fülligen Wellen über den Nacken. Rechts außen steht der Engel mit dem Speer in überaus pathetischer Manier, das leicht verzweifelte Gesicht vom Hochaltarbild abgewandt, der Blick zum Boden gerichtet. Die asymmetrische Haarmasse spiegelt das Unbändige der Physiognomie wider, der ekstatisch vor dem Körper erhobene linke Arm ent-

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spricht diesem Wesenszug. Die Finger sind überlang und gummiartig, insbesondere der linke Zeigefinger wölbt sich in unnatürlicher Weise nach oben.102 Die reiche Draperie des Kleides ist ebenso opulent wie bei den übrigen Engeln. Auffallend ist die zunehmende Bekleidungsstufe von links nach rechts – von beinahe völlig entblößt (Engel mit Essigstab) über halb bedeckt (die beiden Engel in der Mitte) bis hin zu komplett bekleidet (Engel mit Speer). Stilistisch stehen die Engel mit dem Schaffen Joseph Straubs in Zusammenhang, dies beweist der Vergleich mit dessen Figuren des Seitenaltars (etwa 1735–1738), »Engels-Altar« genannt, der Pfarrkirche hl. Kunigunde in Zgornja Kungota (SLO), die von Sergej Vrišer Joseph Straub zugeschrieben wurden.103 Die beiden Engel beidseitig des Hochaltarbilds weisen dieselbe voluminöse, lockige Haartracht auf wie die Ehrenhausener Exemplare, auch die leicht hagere Körperformung mit schmaler Schulterpartie ist identisch. Auch die Skulptur des Erzengels Gabriel (etwa 1743–1750, ebenfalls von Sergej Vrišer an Joseph Straub zugeschrieben) am Hochaltar der Pfarrkirche hl. Nikolaus in Čakovec (HRV) lässt einen Vergleich zu, wenngleich der Detailreichtum deutlich gegenüber den Ehrenhausener Engeln zurücksteht. Eine Kooperation zwischen beiden Brüdern Joseph und Ph. J. ist dennoch nicht auszuschließen, insbesondere die Eleganz und Raffinesse in der Umsetzung der Details erinnert an die Handschrift des älteren Bruders. Kanzel, Pfarrkirche, ca. 1752–1754, Joseph Straub Die Kanzel wurde, wie eingangs erwähnt, von Eduard Andorfer und Horst Schweigert – aufgrund stilistischer Merkmale – Ph. J. Straub zugeschrieben und auf den Zeit­ raum 1752 bis 1754 datiert. Sie befindet sich links zwischen der Nische mit dem großen Seitenaltar und dem kleineren Altar an der Triumphbogenwand. Der furnierte Corpus wird von polychrom gefassten, partiell vergoldeten Skulpturen und Dekor­ elementen geschmückt, dasselbe gilt für den Schalldeckel, der von einer bemerkenswerten Darstellung des Moses mit den Gesetzestafeln (Taf. XXXV) bekrönt wird. Die Figur kniet auf einem Wolkengebilde, die Arme sind ekstatisch gen Himmel erhoben, der Blick auf das strahlenumkränzte Auge Gottes gerichtet. Es handelt sich um einen kräftigen Mann mit langem Bart und dichter, lockiger Haartracht. Die anatomische Präzision, die das Muskel- und Sehnenspiel am Hals und oberem Brustbereich genauestens wiedergibt, verweist auf einen überaus talentierten Bildhauer. Die Gewand­ gestaltung mit großzügiger Fältelung und plastisch-markant über dem rechten Arm drapierten Mantel, spricht sehr für Joseph Straub, wie auch der weite Kragenausschnitt, der beinahe bis über die Schulter reicht. Der Prophet wird von einer Schar geflügelter Puttoköpfchen umgeben. Die Gesetzestafeln stehen neben Moses auf der Wolkenformation und sind in Richtung der Betrachtenden gerichtet. Eine Ebene darunter, am Rande des Schalldeckels, sitzen zwei höchst agile Putten, von denen einer ein geöffnetes Buch über seinen Kopf hält. Es zeigt die Inschrift: »Non quaero, quae vestra sunt, sed vos« (2 Kor, 12, 14.).104 Sehr beeindruckend ist der geschnitzte Baldachin in der Verbindungszone zwischen Schalldeckel und Corpus. Dieser wirft breite

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Falten und wird von einem sitzend-schwebenden Engel zur Seite gehalten, dessen lediglich leicht bedeckter Körper sehr detailliert modelliert wurde, was sich insbesondere an der gestauchten Bauchhaut zeigt, die durch das Sitzmotiv verursacht wird. Der Kopf mit Kringellöckchen und Straub-typischer Physiognomie besticht durch große Augen, eine markante Nase und überaus fleischige Ohrmuscheln. Auf der gegenüberliegenden Seite schwebt ein Putto mit Kruzifix, der ein sehr individuelles, derbes Gesicht und auffallend kleine Flügel besitzt. Der Corpus wird von einer Mehrzahl an Figuren bevölkert. Dabei handelt es sich um drei Putten mit den Attributen der drei christlichen Tugenden (Herz – Caritas, Schwert – Fides, Anker – Spes). Zwischen ihnen thront mit grazil angehobenem Bein ein Engelswesen, das das Kirchenmodell der Ehrenhausener Pfarrkirche in Händen hält und eine starke Drehung in der Körpermitte aufweist. Auffallend ist die farbliche Akzentuierung, die der Fassmaler bei den Figuren auf Gelenke, Brustwarzen, Wangen und Kinn gesetzt hat, und diese Bereiche in einem deutlich dunkleren Hautton hervortreten lässt, was ihnen eine rosige Frische verleiht. Der plastische Schmuck des Kanzelkorbes zeigt auffallende Ähnlichkeiten zu jenem der Kanzel des Straub-Bruders Johann Baptist für die Schwarzspanierkirche in Wien (1730–1734), die sich heute in der Pfarrkirche »Kreuzerhöhung« in Laxenburg befindet. Die bekrönende Skulptur Johannes des Evangelisten auf einem Wolkengebilde, umgeben von Putten und einem Engel sowie dem Auge Gottes, inmitten eines Strahlenkranzes mit eingewobenen Wolkenfetzen, lässt deutlich werden, dass hier für den Schalldeckelschmuck der Ehrenhausener Kanzel starke Anleihen genommen wurden. Dies spräche natürlich sehr für Ph. J. Straub, der nachweislich an der Kanzel für die Schwarzspanierkirche mitwirkte, dies schließt jedoch nicht aus, dass der jüngere Bruder Joseph Anregungen bei den Arbeiten seiner älteren Brüder gesucht und gefunden hat. Stilistisch handelt es sich recht eindeutig um Skulpturen des Joseph Straub, mit Beteiligung seiner Werkstatt, die sich an den unterschiedlichen PuttoGesichtchen feststellen lässt. Hll. Johannes Nepomuk und Nikolaus, ca. 1755–1760, Murbrücke Die beiden Skulpturen der hll. Johannes Nepomuk105 und Nikolaus106 befinden sich – einander gegenüberstehend – an der Murbrücke von Ehrenhausen. Dieser moderne Betonbau trat an die Stelle der ursprünglichen gedeckten Holzbrücke, die von 1733 bis 1738 unter Prinzessin Maria Charlotte von Eggenberg, geborene Sternberg, erbaut und durch zwei Steinportale an beiden Enden bekrönt wurde.107 Die zwei Skulpturen wurden vermutlich um 1755 in Auftrag gegeben, dies legen die Allianzwappen der LeslieEggenberg auf beiden Sockeln nahe, die auf die neuen Besitzer von Ehrenhausen ab 1755 hinweisen.108 Horst Schweigert datierte die beiden Figuren auf 1755 bis 1760 und schrieb sie Ph. J. Straub zu.109 Diese Annahme wird auch im TrArS-Katalog der Werke Ph. J. Straubs vertreten.110 Dieser stilistischen Zuschreibung ist zu widersprechen, besonders in Hinblick auf die Kopf- und Gesichtsausführung, die sehr atypisch erscheint. Der hl. Johannes

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89  Werkstatt Joseph Straub (?), hl. Johannes Nepomuk, Sandstein, ca. 1755–1760, ­Ehrenhausen, Murbrücke

Nepomuk (Abb. 89) weist einen unproportional kleinen Kopf mit ungewöhnlich langem und schmalem Gesicht mit großer Nase sowie zwei steif erhobenen Armen auf, die dem Oberkörper eine trapezförmige Form verleihen. Auch die Gewandung fällt ruhig, ohne reges Faltenspiel, was Ph. J. Straubs Stilbild widerspricht. Die SandsteinSkulptur des hl. Johannes Nepomuk am Stiegenaufgang vor der Kirche in Ptujska Gora (SLO) von Joseph Straub hingegen erinnert an das Ehrenhausener Exemplar, vor allem hinsichtlich der Positionierung der Attribute: Palmzweig unter Kruzifix in der rechten Armbeuge, Birett in der linken Hand (beim Nepomuk in Ehrenhausen nicht vorhanden, eventuell abhandengekommen).111 Doch auch der schmale Kopf auf verhältnismäßig langem Hals und die markante Knopfleiste der Soutane sind beiden Arbeiten gemein. Der slowenische Nepomuk erscheint in der Oberflächenbehandlung jedoch viel feiner und raffinierter, auch der Faltenwurf des Rochetts mutet deutlich kunstvoller an. Eine stilistische Zuordnung an Joseph Straub ist daher eher fraglich, wenngleich nicht kategorisch auszuschließen. Die Zuschreibung an den älteren Bruder Ph. J. ist jedoch strikt abzulehnen. Dasselbe gilt auch für die zweite Skulptur der Murbrücke. Der hl. Nikolaus entspricht in seiner Körpergestaltung eher dem bekannten Straub-Typus, nicht aber das Gesicht mit den relativ schmalen Augen und der großen

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Widerlegte Zuschreibungen

Nase. Der Ausdruck ist sehr ernst und geradezu arrogant, was den zumeist freundlichen Gesichtern Ph. J. Straubs nicht entspricht. Joseph Straub hingegen schuf um das Jahr 1756 (sein Todesjahr) einen hl. Nikolaus für die Rochus-Kapelle von Videm pri Ptuju (SLO)112, der sich als Vergleichsbeispiel heranziehen lässt.113 Die theatralisch zur Brust geführte linke Hand, der von der rechten Seite schwungvoll nach vorne ziehende und mehrfach umgeschlagene Saum des Pluviales und das Einknicken des Mantels durch die Beugung des linken Arms bei gleichzeitigem, fließendem Fall, sind markante Charakteristika beider Skulpturen. Eine eindeutige stilistische Zuschreibung an Joseph Straub ist jedoch an dieser Stelle nicht zu treffen, zu stark fortgeschritten die Spuren der sind Verwitterung, die besonders das Gesicht betreffen. Da beide Skulptu­ ren ungefähr zur Zeit des Todesjahrs des Joseph Straub entstanden sind, ist denkbar, dass es sich um Auftragsarbeiten gehandelt haben könnte, die an ihn gegangen sind, jedoch von seiner Werkstatt aus- bzw. fortgeführt wurden. Dies würde sowohl die stilistischen Gemeinsamkeiten als auch die frappanten Unterschiede erklären. Es war Joseph Holzinger, der die Werkstatt des Verstorbenen als dessen ehemaliger Schüler 1756 übernahm, was eine plausible Erklärung für den scheinbaren Stilbruch darstellt. Der Marburger Bildhauer ähnelt in seinen Arbeiten stark jenen der Straub-Brüder, die widerlegte Zuschreibung der Hochaltarfiguren der Pfarrkirche Mureck spricht für sich (diese wurden Ph. J. zugeschrieben, sind jedoch Werke Holzingers).

Varaždin (HRV), Kathedrale Maria Himmelfahrt, Seitenaltar hl. Kreuz, 1762–1764, Werkstatt Veit Königer Der linke Seitenaltar hl. Kreuz114 der Kathedrale Maria Himmelfahrt im kroatischen Varaždin wurde 1762 in Auftrag gegeben und zwei Jahre später für insgesamt 1.600 fl fertiggestellt. Der Altar wurde von Ivy Lentić-Kugli und Doris Baričević mit den Werkstätten Veit Königers oder Ph. J. Straubs in Verbindung gebracht. Ksenija Škarić und Martina Ožanić wiesen den Altar 2019 Ph. J. Straub zu.115 Der schlanke Säulenaltar mit Stuccolustro-Fassung zeigt fünf Skulpturen neben bzw. vor dem Hochaltarbild mit Christus am Kreuz.116 Dabei handelt es sich unmittelbar unter dem Kruzifix um die zentrale Figur der hl. Maria Magdalena, die von den hll. Maria und Johannes flankiert wird. Ganz außen folgen die beiden Skulpturen der hll. Veronika (links) und Barbara (rechts). Auffallend ist die massive Draperie der Kleidung, die insbesondere bei der hl. Maria einen autonomen Charakter entwickelt und die Dargestellte völlig in den Hintergrund drängt. Der Mantel wallt von hinten über die Hüfte nach vorne, wo er von einem Band gehalten wird, ein anderes Ende fließt in einer bemerkenswerten S-Linie zum Boden. Wenngleich auch Ph. J. Straub die Klei­ dung ›sprechen‹ ließ, erscheinen die Gewandmassen zu dominant, um tatsächlich seiner Hand zu entsprechen. Das breite Erscheinungsbild, das die Figuren dadurch erhalten, widerspricht seiner Vorliebe für schlanke Figurensilhouetten, verweist jedoch auf seinen Freund und Bildhauerkollegen Veit Königer. Die Hochaltarfiguren der

Varaždin (HRV), Kathedrale Maria Himmelfahrt

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Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Frohnleiten, die der Werkstatt Königers zugeschrieben und um 1764 datiert werden,117 können als adäquates Vergleichsbeispiel herangezogen werden. Die hl. Anna entspricht in Komposition und Draperie der hl. Maria – auch hier zieht der Mantel von rechts hinten nach vorne bis zum linken ­Oberschenkel, während auf der anderen Seite ein Teil des Stoffes, wie vom Wind emporgehoben, aufwallt. Der Schleier fließt in schweren, aber kunstvoll gelegten Bahnen, über die rechte Schulter und wird wieder vom Arm angehoben. Auch die Hochaltarfiguren der Pfarrkirche hl. Magdalena von Wildon, die 1766 von Königer geschaffen wurden, 118 bestärken diese Annahme – auch hier dieselbe Gewandbehandlung, die sehr unruhig, aufgrund unterschiedlich verlaufender Faltenbahnen, erscheint. Die Zuschreibung an Veit Königer bzw. dessen Werkstatt ist daher naheliegend. Zu erwähnen bleibt jedoch, dass sich Ph. J. Straubs und Königers Stilbilder ab den 1760er-Jahren stark aneinander annähern, so sind auch die Figuren des Birkfelder Rosenkranzaltars (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) von einer vergleichbaren Gewandmasse eingehüllt, die sich in früheren Werken des Künstlers kaum gezeigt haben. Diese bleibt jedoch luftig und bewegt, während Königers Draperien, trotz ausgeklügelter künstlerischer Umsetzung, sehr massiv anmuten und der Schwerkraft gehorchen, wie es auch im angeführten Beispiel der Fall ist.

Graz, Schloss Eggenberg, Schlosskirche, Hochaltarfiguren, ­Engel, um 1762 Die Eggenberger Schlosskirche Maria Schnee wurde 1758 geweiht, nachdem sie ab 1754 von Joseph Hueber umgebaut worden war. Der Stuccolustro-Säulenaltar wurde vermutlich 1762 ebenfalls vom Baumeister Hueber entworfen. Die beiden Hochaltar­ engel seien – gemäß Dehio Graz – in der Art Ph. J. Straubs geschaffen.119 Horst Schweigert schrieb sie Ph. J. Straub zu und verwies auf deren stilistische Verwandtschaft mit den beiden Engeln des Hochaltars der Grazer Mariahilferkirche (um 1769, zugeschrieben an Ph. J. Straub).120 Demnach wären sie am Ausklang der reifen Schaffensphase des Bildhauers anzusiedeln. Die beiden überlebensgroßen Figuren121 sind in lebhafter Pose ergriffen und scheinen inmitten einer tänzelnden Bewegung festgehalten zu sein. Das Spielbein drückt sich merkbar durch die voluminöse Manteldrapierung, die Arme sind leicht vor dem Körper erhoben und halten die Kette eines Weihrauchfasses mit manieriert gespreizten Fingern. Die Häupter werden von lockigem, voluminösem Haar bekränzt, die Gesichter sind oval mit runden Backen und ebensolchen Augen. Beides entspricht nicht dem für Ph. J. Straub typischen Habitus, wenngleich sich trotzdem eine Orientierung an dessen Stil feststellen lässt. Es sind die stilistischen Feinheiten, die offenbaren, dass hier ein anderer Bildhauer am Werk war: Die Gestaltung der Ärmel des linken Engels, die beide Arme bedecken, während die Brust entblößt ist, ist in Ph. J. Straubs Œuvre nicht zu finden. Darüber hinaus sind die Ärmel recht grob umgesetzt

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und weisen nichts von der Feinteiligkeit auf, die beispielsweise beim rechten Engel des Mariahilfer Hochaltars (um 1769, zugeschrieben an Ph. J. Straub) eindrucksvoll zur Schau gestellt wird. Hier fällt der Stoff in kunstvoll übereinander gelagerten Schichten über den Arm, wobei tiefe Faltentäler Plastizität entstehen lassen, w ­ ährend beim Eggenberger Gegenstück sehr zweidimensional gearbeitet wurde. Auch die Haarmodellierung erscheint differenziert und ist weniger natürlich umgesetzt als bei den Mariahilfer Engeln, wirkt vielmehr perückenhaft und aufgesetzt. Die Physiognomie des rechten Engels der Schlosskirche zeichnet sich durch eine sehr lange Nase aus, die das Profil dominiert, während das rundliche Kinn sehr reduziert ausgeführt ist. Die für Ph. J. Straubs Figuren charakteristischen Gesichtszüge sind hier nicht erkennbar. Die stilistischen Divergenzen, die sich bei näherer Betrachtung offenbaren, sind zu offenkundig, weshalb die Zuschreibung an Ph. J. Straub zu widerlegen ist. Es ist jedoch anzunehmen, dass sich der, mit der Ausführung der Engel betraute, Künstler stark am Schaffen des Bildhauers orientiert hat, womöglich handelte es sich um einen Zeitgenossen aus dessen Umkreis.

Graz, Schloss Eggenberg, Garten, Kolossalfiguren Fortuna, Mars, Bellona, Herkules sowie die hll. Eleonore und Leopold, um 1765 Die vier, vor dem Eingang des Schlosses Eggenberg platzierten, Kolossalfiguren, die Fortuna, Mars, Bellona und Herkules repräsentieren, wurden bislang als Werke Ph. J. Straubs angesehen. Rochus Kohlbach führt sie für das Jahr 1765 an und lässt keinen Zweifel an der gesicherten Zuweisung an den Bildhauer.122 Dies kann eventuell darauf zurückgeführt werden, dass der Name »Straub« zum ersten Mal im Jahr 1765 in den Archiven des Schlosses Eggenberg auftaucht und zwar für vier »Gartenstadien«.123 Kohlbach hat dies offenbar mit den vier Kolossalfiguren in Verbindung gebracht. Laut den Abrechnungen könnte es sich dabei aber um die vier Skulpturen der Künste gehandelt haben, die sich einst um den Gartenpavillon befanden, heute jedoch verloren sind. Dieser wurde von 1763 bis 1764 erbaut, was der kurz darauf erfolgten Fertigstellung der Statuen entsprechen würde.124 Gemäß Dehio Graz seien die Figuren sogar urkundlich für Ph. J. Straub gesichert, während die Sockel Joseph Hueber zugeschrieben werden.125 Auch Horst Schweigert übernahm die vier Götterstatuen in sein Werkverzeichnis und ergänzte zwei weitere Skulpturen (heute an der Rückseite des Schlos­ ses aufgestellt), die er um 1765 ansetzt und bei denen es sich um die hll. Leopold und Eleonore handelt.126 Diese seien »von technisch hoher Qualität und großer künstlerischer Aussagekraft« und er weist sie demzufolge als Hauptwerke der späten Schaffensperiode Ph. J. Straubs aus.127 Die sechs Skulpturen stehen auf Sockeln, wobei vier an der Frontseite des Schlos­ ses befinden, unmittelbar an den Ecken der Umfassungsmauern des Wassergrabens. Ganz außen befinden sich die Statuen der Fortuna (Taf. XXXVI) und des Herkules.

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Erstere steht in angedeutetem S-Schwung der Körperlinie mit weit ausgestellter ­Hüfte bei gleichzeitiger Ponderation, sodass sich ein eigenwilliges Standbild ergibt. Die Hände ergreifen das überquellende Füllhorn, das sich auf den Boden ergießt und Münzen, Kronen sowie weitere Schätze ausschüttet. Die elegante Kleidung fällt in schweren Falten nach unten und wirbelt an der Vorderseite leicht auf, was einen Hauch Leichtigkeit in die ansonsten sehr geerdete Komposition bringt. Das grazile Frauenhaupt mit aufwendiger Hochsteckfrisur, die am Hinterkopf in einen langen Zopf ausläuft, ziert ein Diadem. Das Gesicht mit ebenmäßigen Zügen zeigt weit auseinanderliegende, runde Augen mit ausgeprägten Lidern, einen breiten, schmallippigen Mund, den ein leises Lächeln umspielt, und eine große, gerade verlaufende Nase. Herkules (Taf. XXXVII) steht in vergleichbarer Pose, jedoch stärker kontrapostisch, mit deutlich entlastetem, rechtem Spielbein. Der muskulöse Körper ist beinahe zur Gänze entblößt, lediglich das Löwenfell ist um seinen rechten Oberarm geschlungen und verdeckt den Schambereich. Er fasst mit seiner Rechten in die Löwenmähne, während die linke die massive Keule packt, die er gegen seinen Hinterkopf lehnt. Wenngleich es sich um ein klassisch-antikes Motiv handelt, kann der Kopftypus nicht auf entsprechende Vorbilder zurückgeführt werden. Das wirre Haar und der weit über die Lippen reichende Schnurrbart erwecken einen wilden, ungestümen Eindruck und stellen einen Konnex zu gallischen Kriegern á la Vercingetorix her. Dieses derbe Erscheinungsbild widerspricht dem idealschönen Körperbau und bildet eine gewisse Diskrepanz innerhalb der Darstellung. Bei den beiden inneren Figuren handelt es sich um Mars und Bellona. Ersterer erscheint in Rüstung, die von einem Schwert und einem runden Schild 128 ergänzt wird. Er ist in kraftvoller Ponderation wiedergegeben, das rechte Bein ist leicht nach vorne gestellt. Die linke Hand fasst den Schild an der Oberkante, die rechte ergreift den Schwertgriff – die Klinge in der Scheide ist durch den Schild verborgen. Das Gesicht mit üppigem Bart, der durch gebohrte Locken sehr plastisch anmutet, dürfte in späterer Zeit ergänzt worden sein, zu neuartig erscheint es im Gegensatz zu den anderen Partien. Das Standmotiv ist nicht ausgewogen – den Schwung, den der Oberkörper vorgibt, wird im Bereich der Beine nicht nachgegeben, sie erscheinen zu kraftvoll mit der Plinthe verankert. Der hinter dem rechten Oberschenkel aufwallende Mantelbausch dient als Mittel, um Dynamik in die Darstellung zu bringen und sie optisch auszubalancieren. Dem Kriegsgott gegenübergestellt erscheint seine Begleiterin in Gestalt der Göttin Bellona, ebenfalls mit Federhelm und Schild dargestellt. Sie trägt einen Schuppenpanzer, den unter der Brust ein Gorgonenhaupt ziert, und einen in prachtvollen Faltenbahnen gelegten Mantel, dessen eines Ende über dem Schild129 drapiert ist, auf den sie sich mit der rechten Hand stützt. Der heute abgebrochene linke Arm war einst nach oben angewinkelt und hielt vermutlich eine Lanze, wie es der üblichen Darstellung der Göttin entsprechen würde.130 Das rechte Spielbein ist stark zur Seite angewinkelt, sodass sich ein unnatürliches Erscheinungsbild ergibt, doch fließen die Gewandmassen, seiner Bewegung folgend, nach unten. Der ernste Gesichtsausdruck verweist auf ihre Funktion als Kriegsgöttin, die großen Augen un-

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Widerlegte Zuschreibungen

ter ausgeprägten Lidern blicken herausfordernd geradeaus. Der Kopf ist stark nach rechts gedreht, sodass sich – von vorne gesehen – eine Profilansicht ergibt. Die gesamte Komposition ist sehr harmonisch und wohlproportioniert, wenngleich auch statisch. Die Körperkomposition ist bei allen vier Skulpturen gleich angelegt, es handelt sich um einen C-förmigen Schwung, der nach links geöffnet ist. Ein derartiger ist im Œuvre Ph. J. Straubs durchaus anzutreffen und zeigt sich beispielsweise, bei dessen hl. Franziskus der Grazer Mariahilferkirche (1742–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Auch die Gesichter der Eggenberger Skulpturen sind durchaus mit jenen der hll. Franziskus und Antonius von Mariahilf vergleichbar. Dies gilt jedoch hauptsächlich für die beiden Kriegsgottheiten, deren Physiognomien wohl nachträglich überarbeitet worden sind, was sie wiederum zu keinem verlässlichen Indikator für die stilkritische Analyse macht. Wenn auch manches für Ph. J. Straub als ausführenden Künstler spricht, so ist eine Zuschreibung an den Bildhauer nicht zweifelsfrei möglich, da gewisse stilistische Diskrepanzen vorhanden sind. In den Eggenberger Rechnungsbüchern taucht ein weiterer Künstlername auf (über 20 Mal): der Bildhauer Johannes Piringer, der von 1757 bis 1769 für das Schloss tätig war.131 Dieser wurde vermutlich im Jahr 1754 vom ungarischen Grafen Zsigmond Batthyány beschäftigt, der auch Joseph Schokotnigg im Jahre 1736 mit Aufträgen betraute.132 Neben dekorativen Arbeiten fertigte Piringer zwei Sandsteinskulpturen für den Grafen an, die sich am Eingang der Brücke der Burg Schlaining (Bgld.) befinden, für die er 1752 von der Herrschaft Schlaining 48 fl an Vorauszahlung bekommen hat.133 Es handelt sich um die hll. Johannes Nepomuk und Maria Immaculata. Trotz Piringers Dualismus, der sein Werk gleichermaßen luftig und schwer anmuten ließ, und seiner damit einhergehenden, zuweilen schwierig zuordenbaren stilistischen Handschrift, ist eine Zuschreibung der Eggenberger Skulpturen an den Bildhauer dennoch nicht naheliegend. Der Blick zurück auf Ph. J. Straubs Œuvre lohnt sich, da trotz aller v ­ ermeintlichen, stilistischen Diskrepanzen zumindest eine formale Verbindung zu einigen seiner Figuren besteht. So fungierte dessen hl. Leopold des Nepomukaltars der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) wahrscheinlich als kom­ positorisches Vorbild für den Kriegsgott Mars. Abgesehen von den Armpositionen handelt es sich um dieselbe Körperhaltung mit standfesten Beinen, wobei das rechte eigenwillig ausgestellt scheint, und einem nach links geöffneten, markanten CSchwung im Oberkörperbereich. Das (nach Ansicht der Autorin nachträglich überarbeitete) Gesicht erinnert jedoch stark an das Antlitz des Herkules des gleichnamigen Brunnens (1764) im Grazer Domherrenhof, eine Kreation Veit Königers. Besonders die Modellierung des Vollbarts mit kringeligen Löckchen und dem im Gegensatz dazu sehr linear verlaufenden Oberlippenbart stellt eine Parallele zwischen den beiden Antlitzen her, wie überhaupt der stoisch-ernste Blick unter zusammengezogenen Brauen. Die Stiefelgestaltung lässt wiederum an Lorenzo Mattiellis Erzengel Michael des Portals der Michaelerkirche denken, die Ph. J. Straub als Vorbild für sein Gegen-

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stück der Grazer Mariahilferkirche aufgegriffen hat. Dieses Stilmittel ist in der Grazer Barockplastik ebenso verbreitet wie die Verzierung des Brustpanzers mit groteskenhaften Gesichtern an den Armöffnungen, wie sie Ph. J. Straubs Darstellungen des hl. Florian des Öfteren aufweisen. Die Zuweisung der vier Skulpturen an Ph. J. Straub kann an dieser Stelle nicht bestätigt werden. Problematisch ist natürlich auch die Tatsache, dass der Bildhauer verhältnismäßig wenig Steinfiguren hinterlassen hat und insbesondere keine Götterstatuen von ihm überliefert sind, die als Vergleich herangezogen werden könnten. Naheliegend wäre, dass sich Ph. J. Straub (unter der Prämisse seiner Urheberschaft) in seinem Spätwerk für diese Arbeiten nochmals stark an seine Wiener Akademiezeit rückbesinnen musste, also retrospektiv vorging, um den Anforderungen an die geforderten Skulpturen gerecht zu werden. Diese strahlen aufgrund ihres klassisch-antiken Hintergrunds ein gänzlich anderes Pathos aus als die Heiligenskulpturen, die er Zeit seines Lebens schuf. Kraftvolle Standposen sowie kunstvolle, aber z­ urückhaltende Drapieren bei gleichzeitig möglichst erhabener Ausdrucksstärke der Gesichter rüh­ren am Ideal der antiken Bildhauerei und verweisen auf die Ausbildung des Künstlers, der die Götterfiguren für den Schlossgarten schuf. Das sehr rustikal-bäuerliche Gesicht des Herakles hebt sich hingegen deutlich von den idealschönen Physiognomien der übrigen drei Gottheiten ab und könnte wiederum auf transalpine Strömungen verweisen. Fest steht, dass der Urheber der Eggenberger Skulpturen ein akademisch bzw. italienisch geschulter Bildhauer war, der starken Bezug zur Grazer Barockbildhauerei hatte und sich durchaus an Werken Ph. J. Straubs aber auch Veit Königers orientierte. Mehr lässt sich nach aktuellem Kenntnisstand nicht ausmachen, weshalb sie in der vorliegenden Arbeit auch unter den widerlegten Zuschreibungen geführt werden. Auch deshalb, da sie als vermeintlich urkundlich gesicherte Werke in der Literatur zu finden sind. Auch die von Horst Schweigert – wie eingangs erwähnt – mit Ph. J. Straub stilistisch in Verbindung gebrachten hll. Leopold (Abb. 90) und Eleonore an der gegenüber­ liegenden Schlossseite dürften in dieselbe Riege wie die vier Götterstatuen zu stellen sein. Eine unverkennbare Orientierung am Meister offenbart sich auch dort, was eine Gegenüberstellung Leopolds mit seinem Gegenstück am Nepomuk-Altar (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) in der Grazer Stadtpfarrkirche beweist. Der Unterkörper samt entsprechender Bekleidung wurde hier regelrecht kopiert, der obere Bereich des Heiligen unterscheidet sich durch eine gegengleiche Kopfwendung und eine differenzierte Armhaltung. Das Eggenberger Exemplar hält das Kirchenmodell in beiden Händen und stützt die Flagge in der linken Armbeuge. Das Gesicht ist aufgrund starker Flechtenbildung leider nicht mehr für eine stilkritische Analyse heranzuziehen, die Faltenbearbeitung ist jedoch durchaus geglückt. Sie ist lediglich deutlich weniger lebhaft umgesetzt, was auch der fortgeschrittenen Zeit zuzuschreiben ist, da der Klassizismus bereits um 1765 mit großen Schritten anrückte und den spätbarocken Überschwang merklich dämpfte. Dass sich Ph. J. Straub diesem zu je-

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Widerlegte Zuschreibungen

90  Umkreis Philipp Jakob Straub, hl. Leopold, Sandstein, um 1765, Graz, ­Eggenberg, Schlosspark

nem Zeitpunkt noch nicht derart stark beugte, beweisen jedoch seine Figuren für den Birkfelder Rosenkranzaltar (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Trotz des Materialunterschiedes, der bei Straub in der dynamischen Umsetzung seiner Figuren immer eine Rolle spielte (Holz vermochte er stets mehr Leben und Bewegung einzuhauchen als Stein), wirken die in Sandstein umgesetzten Stoffe sehr grob und die Figur insgesamt zu steif. Naheliegend wäre, dass in diesem Zusammenhang ein Bildhauer aus dem nahen Umkreis Straubs am Werk war, der sich den hl. Leopold der Stadtpfarrkirche als direktes Vorbild heranzog. Dasselbe gilt für die hl. Eleonore, deren Körperhaltung Anleihen am hl. Johannes Nepomuk der Pfarrkirche in Kumberg zeigt (1735–1740, zugeschrieben an Ph. J. Straub), was wiederum eine Verbindung zum Bildhauer herstellt. Der Kopftypus ist jedoch von ganz anderer Natur und deutet mit seinem kleinen Format und dem traurigen Gesicht der Dargestellten auf eine andere Hand hin. Die Augen erscheinen zudem viel zu schmal, ebenso die Lippen mit nach unten weisenden Mundwinkeln. Mit ihrer Rechten stützt sie ein geöffnetes Buch gegen die Hüfte und hält ein Kruzifix in derselben Hand, wobei die andere frei bleibt, um pathetisch an der Brust zu ruhen. Wie bereits bei den vier Gottheiten festzustellen war, handelt es sich auch bei diesen beiden Skulpturen um das Werk eines stark am Schaffen Ph. J. Straubs orien-

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tierten Künstlers. Womöglich war hier, am nahenden Ende seines Lebensweges, der Fall eingetreten, dass er sich der Hilfe anderer Bildhauer bedienen musste, um sein Auftragspensum noch bewerkstelligen zu können. Sein fortschreitendes Alter und der mit Sicherheit physisch äußerst anspruchsvolle Beruf konnten dazu geführt haben, dass sich der Meister gegen Ende seiner Laufbahn mehr und mehr zurückzog und verstärkt Werkstattmitglieder bzw. Künstlerkollegen für gewisse Tätigkeiten heranzog. Dies wiederum führte – wie bereits in seiner frühen Schaffensphase – zu einem inhomogen Stilbild.

Mureck, Pfarrkirche, Hochaltarfiguren, nach 1767, Joseph Holzinger Die Pfarrkirche hl. Bartholomäus von Mureck wurde 1519 errichtet und im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts vollkommen neu erbaut.134 Der Bau ist durch ein fünfjochiges Langhaus mit anschließendem, dreijochigem Chor mit geradem Abschluss, der den Hochaltar birgt, charakterisiert. Dessen vier Figuren, die nach 1767 angesetzt werden,135 wurden von Rochus Kohlbach mit der Werkstätte Ph. J. Straubs in Verbindung gebracht. Er vergleicht die Bischöfe mit jenen des Hochaltars der Pfarrkirche von St. Erhard in der Breitenau (1744–1746, zugeschrieben an Ph. J. Straub) und die Gebälkengel mit einem Genius des Birkfelder Rosenkranzaltars (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub).136 Auch Horst Schweigert griff diese Zuschreibung auf.137 Die Skulpturen sind zweifelsohne von hoher Qualität und demnach von einem talentierten Meister, wobei sich insbesondere bei der Betrachtung der Physiognomien ein Charakterzug zeigt, der nicht mit Ph. J. Straubs Arbeiten in Verbindung zu bringen ist. Im Laufe der Forschungstätigkeiten kam der Name des aus Marburg stammenden Bildhauers Joseph Holzinger auf, der ein Schüler Joseph Straubs und im untersteirischen Raum künstlerisch tätig war.138 Dessen Stil ist – wie bereits erwähnt – dem der Straub-Familie sehr verwandt, was dazu führte, dass es zur falschen Zuschreibung einiger Werke kam. So auch im Fall der Skulpturen von Mureck. Der hl. Paulus (Taf. XXXVII) weist dieselbe Haar- und Bartgestaltung auf wie Holzingers hl. Joachim vom Altar der Pfarrkirche von Slovenska Bistrica (3. Viertel des 18. Jh.). Die Pracht fällt in langen, gekräuselten Strähnen, die jedoch nur ganz vereinzelt richtige Locken ausbilden, und wird oberhalb der Stirn etwas lichter. Stirnfalten und Brauen prägen das Gesicht in beiden Fällen gleichermaßen, die Brauenbögen verlaufen beinahe halbkreisförmig in den Nasenrücken und bilden ein Gamma. Der etwas müde Blick aus großen, mandelförmigen Augen und die fein ausgearbeiteten Hände mit langen, leicht und elegant gebeugten Fingern bilden eine weitere Gemeinsamkeit der Skulpturen. Dasselbe gilt für das auffallend gerade geführte Standbein und die anatomisch nicht korrekt umgesetzte Haltung des Fußes gegenüber dem Spielbein (dieser ist zu weit nach außen gedreht). Dieses Merkmal findet sich jedoch auch bei Werken Ph. J. Straubs wieder und dient daher nicht als zuverlässiges Beurteilungskriterium. Beiden

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Widerlegte Zuschreibungen

Heiligen ist die Gestaltung der Gewandfalten ebenso gemeinsam. Während die Mäntel sehr bewegt erscheinen, fallen die Kleider in regelmäßig parallel angeordneten Bahnen, die lediglich im Bereich des jeweiligen Spielbeins unterbrochen werden und richtiggehende Faltentäler ausbilden. Ph. J. Straub lässt in den beinahe zeitgleich entstandenen Birkfelder Skulpturen keine derartige Harmonie innerhalb der Drapierung erkennen, was die ›beruhigten‹ Körperpartien betrifft. Es ist stets eine Dynamik erkennbar, die durch – in mehrere Richtungen verlaufende – Faltengebung erzeugt wird. Es ist daher anzunehmen, dass es sich auch in diesem Fall nicht um Arbeiten Ph. J. Straubs handelt und Joseph Holzinger als Urheber anzusehen ist.

Graz, Basilika Mariatrost, Hauptportalschmuck (Engel und Putten), um 1770, Umkreis Joseph Schokotnigg Die Basilika Mariatrost in Graz wurde ab 1714 durch Andreas Stengg (1660–1741) und Johann Georg Stengg (1689–1753) errichtet.139 Die Fassade wird von zwei markanten Türmen mit Zwiebelhauben dominiert und zeichnet sich durch eine viergeschossige Fassadengliederung mit Blendfenstern sowie eine Gliederung durch toskanische und korinthische Halbsäulen aus. Der skulpturale Schmuck besteht aus den drei Giebel­ figuren Maria mit Kind und zwei Adorationsengeln von 1723, die urkundlich für Marx Schokotnigg gesichert sind,140 vier Nischenfiguren, die paarweise im Erd- bzw. Obergeschoss aufgestellt sind und von J. J. Schoy bzw. Jakob Gschiel stammen141 sowie die Portalfiguren142, bestehend aus einem posauneblasenden Engel, zwei Putten und zwei Vasen. Letztere seien in der Art Ph. J. Straubs gefertigt und wurden 1977 restauriert.143 Horst Schweigert nahm die Figuren in das Werksverzeichnis Ph. J. Straubs auf, 144 ebenso der TrArS-Katalog.145 Auf dem Wellengiebel des Korbbogen-Marmorportals (um 1770) in der Art von Joseph Hueber146 gelagert, ist die Skulptur eines Engels, der die Posaune bläst (Abb. 91). Er ruht auf einem Wolkengebilde, die Beine sind angewinkelt und nach vorne gestreckt, sodass sie zwei parallele Linien bilden. Die rechte Hand stützt sich auf die Wolken, der linke Arm ist nach oben angewinkelt und führt das Instrument zum Mund. Das Gesicht ist zum Himmel gerichtet, der Kopf nach links oben geneigt. Die dynamische Komponente bildet hier augenscheinlich das aufflatternde Gewand, das sich zur Linken des Engels aufbauscht und einen luftigen Eindruck erzeugt. Die Körpergestaltung mit schmalen Schultern, überlangen Extremitäten, denen ein manieristischer Charakter innewohnt, und einem massiven Brustkorb entsprechen Ph. J. Straubs Körperbild wenig und erinnern vielmehr an Joseph Schokotniggs Werke. Dieser war nachweislich für zahlreiche Skulpturen für die Basilika Mariatrost zuständig und der Vergleich seiner Engel vom Hochaltar (1752) legt nahe, dass es eher sein Stil ist, der mit der Portalplastik in Verbindung gebracht werden kann: Die stark abfallende, schmale Schulterpartie, die rundlichen Körperformen und die Physiognomie mit charakteristischer, schmaler Nase mit aufstrebender Spitze wohnen beiden Werken

Graz, Basilika Mariatrost

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91  Umkreis Joseph Schokotnigg, Engel mit Posaune, Detail Portal, Sandstein, um 1770, Graz, Basilika Mariatrost

inne. Kohlbach vermerkt, dass auch zwei Altäre der Basilika irrtümlich Ph. J. Straub zugeschrieben wurden, obwohl sich diese als Werke Joseph Schokotniggs entpuppten.147 Die auf Voluten sitzenden Putten, die den Engel flankieren, und jeweils eine Rocaillekartusche halten, entsprechen hinsichtlich Körperkomposition und Gesichts­ typus ebenfalls nicht Ph. J. Straub. Es ist daher anzunehmen, dass es sich beim gesamten Hauptportalschmuck um ein Werk aus dem Umkreis des Joseph Schokotnigg handelt, die unausgewogenen Proportionen sprechen aber nicht für den Meister selbst. Dies legt auch die Datierung der Werke nahe, da Schokotnigg bereits 1755 gestorben ist, während das Portal erst um 1770 entstand.

Maria Lankowitz, Wallfahrtskirche, Kanzel, 1770 Die Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung in Maria Lankowitz wurde an der Stelle eines älteren Vorgängerbaus von 1678 bis 1681 von Jakob Schmerlaib (Lebensdaten unbekannt) errichtet.148 Zur Innenausstattung zählt unter anderem die urkundlich für das Jahr 1770 gesicherte Rokoko-Kanzel (Abb. 92), die Ph. J. Straub zugeschrieben wird und Reliefs mit Predigtdarstellungen zeigt.149 Diese befindet sich auf der linken Seite des Kirchenschiffs. Korb und Schalldeckel sind ungefasst und zeichnen sich durch eine schlichte Eleganz aus. Die geschwungenen Formen und vergoldeten Zier-

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Widerlegte Zuschreibungen

92  Anonym, Kanzel, Holz, 1770, Maria Lankowitz, Wallfahrtskirche

elemente sind äußerst reduziert und verweisen bereits auf das Ende der ­spätbarocken Üppigkeit. Lediglich die agilen Putten erinnern an das barocke Formenrepertoire und tummeln sich hauptsächlich am Schalldeckel. Der Kanzelkorb zeigt drei Hochreliefs mit Predigtdarstellungen: der hl. Antonius von Padua spricht zu den Fischen (Christen), der hl. Franziskus von Assisi zu den Vögeln und der hl. Franziskus von Solano zu den indigenen Menschen (dieser war Missionsprediger in Argentinien und Peru). Ein weiteres Relief befindet sich an der Tür an der Rückwand der Kanzel und zeigt die Verkündigung an Maria. Die Bildfelder werden von Rocaillespangen gerahmt und bestechen durch ihren Detailreichtum, wobei sich dieser nicht an allen Stellen im selben Maße offenbart. Der hl. Antonius nimmt die linke Bildhälfte ein und ist im Rechtsprofil wiedergegeben. Eine Hand ist weisend nach oben geführt, während die andere einen Lilienzweig in Richtung der ihn anblickenden Fische hält. Diese strecken die Köpfe aus den sich auftürmenden Wassermassen, die das rechte untere Bildviertel einnehmen und rechts von einem am Rand platzierten, hohen Baum begrenzt werden. Der Hintergrund ist flach und ohne jeglichen Zierrat, lediglich über dem Kopf des Heiligen ist ein Wolkengebilde auszumachen. Die Kutte ist durch wenige, gerade nach unten ver-

Maria Lankowitz, Wallfahrtskirche

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laufende, Faltenbahnen gegliedert, abgesehen von den beiden Armen ist keine Bewegung bemerkbar. Das bartlose Gesicht weist ausgeprägte Wangenknochen, ein tiefliegendes Auge und ein längliches Ohr auf. Das nächste Relief mit der Vogelpredigt des hl. Franziskus ist vertikal in zwei Hälften geteilt: Die linke zeigt eine landschaftliche Darstellung eines felsigen Untergrunds, auf dem Vögel sitzen, und zwei Bäume im Hintergrund. Die rechte wird vollständig vom stehenden hl. Franziskus und einem hinter diesem knienden Ordensbruder – beide im Dreiviertelprofil – eingenommen. Letzterer ist leicht nach hinten gelehnt und hat den linken Arm angewinkelt auf die Brust gelegt, der rechte verschwindet hinter Franziskus. Dieser wiederum zeigt ebenfalls einen Knick in der Silhouette, der durch ein Zurückneigen des Oberkörpers bedingt ist. Der rechte Arm ist nach vorne und oben angewinkelt und hält ein Kruzifix, der linke ist nach vorne geführt. Das Gesicht ist himmelwärts gewandt, hinter dem Kopf erstreckt sich eine Wol­ kendecke als Flachrelief. Die Gesichter der beiden Männer weisen eine verwandte Physiognomie auf: große, tiefliegende Augen, ausgeprägte Wangenknochen und eine markante Nase mit breiten Flügeln über einem großen Mund. Die letzte Predigt, jene des hl. Franziskus von Solano, wird vom Heiligen in der rechten Bildhälfte völlig dominiert, während die drei ihm gegenüber gestellten Indige­ nen wie Kinder unterschiedlicher Größe wirken (Abb. 93). Der Heilige hält ihnen ein Kruzifix entgegen, die andere Hand weist in den Himmel. Das ernste Gesicht richtet sich auf die zu Bekehrenden, der Mund ist predigend geöffnet. Sein linker Fuß ruht auf einem Felsen, der den Untergrund der linken Bildhälfte bildet. Auf diesem stehen bzw. knien die drei kleinen Gestalten, wovon die dem Heiligen am nächsten stehende weniger als halb so groß erscheint wie die beiden anderen und demnach ein Kind sein dürfte. Alle drei tragen einen Federrock und entsprechenden Kopfschmuck, ansonsten sind sie unbekleidet. Die kniende Figur im Vordergrund lässt zudem Oberarmreifen erkennen und hat die Hände vor dem Gesicht erhoben und zum Gebet gefaltet. Die beiden anderen blicken zum übergroßen Mann empor und weisen mit den Armen in seine Richtung. Zwischen ihnen liegt ein aufgeschlagenes Buch, bei dem es sich wohl um die Bibel handelt. Der Bereich oben links wird durch eine große Wolke ausgefüllt, hinter der sich Strahlen erkennbar machen. Auch dieser Heilige trägt Gesichtszüge, die besonders durch die große Nase mit dicker Wurzel geprägt werden, die unmittelbar in die Brauen übergeht. Er hat die Augen geschlossen und den Mund geöffnet. Das Relief der Kanzelrückwand mit der Verkündigung an Maria zeigt ein hochrechteckiges Bildfeld mit halbrundem oberem Abschluss. Die untere Zone veranschaulicht einen Dielenboden in perspektivischer Verkürzung und die andächtig ­kniende Maria, die ihre Arme im Betgestus vor sich erhoben hat. Ihr Schleier windet sich zu einer Schüsselfalte an ihrer Hüfte, das lange Haar darunter reicht bis über den Rücken hinab. Über ihr schwebt der Engel mit weit ausgebreiteten Schwingen, die rechte Hand im Zeigegestus Richtung Himmel gerichtet. Das luftige Gewand flattert um die Knie und berührt beinahe Marias geneigtes Haupt, das von Strahlen umkränzt

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Widerlegte Zuschreibungen

93  Anonym, Relief ­»Predigt des hl. Franziskus von ­Solano«, ­Detail Kanzel, Holz, 1770, Maria Lankowitz, Wallfahrtskirche

ist. Die Arme und Beine des Himmelswesens erscheinen sehr steif und stehen im Widerspruch zur ansonsten durchaus geglückten Bildkomposition. Alles in allem handelt es sich um Arbeiten, deren Qualität deutlich vom Œuvre Ph. J. Straubs abweicht: Weder die Physiognomien sprechen für den Stil des Bild­ hauers, noch der Faltenwurf, der zu einfach gehalten ist. Des Weiteren erscheinen die Figuren in ihrer Ausführung sehr steif und sind im direkten Vergleich mit den für Ph. J. Straub gesicherten Reliefs für die Grazer Stadtpfarrkirche (1748–1750) deutlich unbewegter und auch die Haltungsmotive sind weit weniger ausgefeilt. Die Putten am Schalldeckel sind allesamt anatomisch korrekt wiedergegebene Figürchen in den unterschiedlichsten Posen und sehr lebhaft dargestellt. Ihre Gesichter verweisen auf verschiedene Künstlerhände, was jedoch nicht ungewöhnlich ist, werden diese oftmals von Werkstattmitgliedern geschaffen. Diese gehörten jedoch nicht Ph. J. Straubs Werkstatt an, was ein Blick auf die stilistische Charakteristik der Figürchen verrät. Ihre Anordnung ist kompositorisch überaus gelungen, sie bilden eine Dreieckskomposition, deren Spitze vom strahlengekrönten Marienmonogramm gebildet wird. Darunter befindet sich eine Wolkenformation, in die zwei geflügelte Puttoköpfchen gebettet sind. Links neben der Rückwand schwebt ein Putto, der einen vergoldeten Vorhang zur Seite zieht und so den Blick auf das zentrale Relief mit der Verkündigung offenlegt. Ihm gegenüber befindet sich ein weiterer Putto mit einem Kruzifix in Händen. Dieses besteht aus zwei flachen Kreuzbalken mit Vergoldung und dekorativ bearbeiteter Oberfläche, der Titulus ist vertikal angebracht. Beim Corpus handelt es sich um einen Cristo vivo im Dreinageltypus. Der langgestreckte, feinglied­ rige Körper ist sehr realistisch umgesetzt, insbesondere der Brustkorb tritt deutlich hervor. Details wie Knochen, Sehnen und Muskelstränge sind detailreich wiedergege­ ben. Das knappe, vergoldete Perizoma bedeckt die Scham notdürftig und wird durch ein Band um die Hüfte gehalten.

Maria Lankowitz, Wallfahrtskirche

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Wenngleich die Körpermodellierung durchaus eines Meisters würdig ist, entspricht der Kopftypus nicht jenem Ph. J. Straubs, insbesondere die auffallend kurze Haartracht entspricht nicht den charakteristischen Christusdarstellungen des Bildhauers. Die Zuschreibung der Kanzel an Ph. J. Straub ist daher zu widerlegen.

1  Horst Schweigert, Philipp Jakob Straub 1706–1774. Ein Grazer Barockbildhauer. Eine Broschüre zur gleichnamigen Ausstellung im Grazer Stadtmuse­ um, Graz 1992, S. 11. 2  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 182–203. 3  Sandstein, H 176 cm. 4  Sandstein, H 145 cm. 5  Sandstein, H 180 cm. 6  Kohlbach 1956, S. 186. 7  Das originale barocke Holzkreuz befindet sich heute in der Pfarrkirche von Bärnbach, siehe dazu: Dehio-Handbuch-Steiermark, Die Kunstdenkmä­ ler Österreichs. Topographisches Denkmälerinven­ tar (hrsg. v. Bundesdenkmalamt), Horn-Wien 22006, S. 175f. 8  Kohlbach 1956, S. 183. 9  Dehio Steiermark 1956, S. 139. 10  Es ist nicht anzunehmen, dass Ph. J. Straub noch während seiner Ausbildungszeit in Wien Ar­ beiten für den steirischen Raum durchgeführt hat. 11  Dehio Steiermark 1982, S. 176. 12  Gesprächsnotiz DI Susanne Pink, Restaurie­ rungswerkstatt Zottmann GmbH vom 28.02.2020. 13  Die Restaurierungsarbeiten wurden von der Fa. Zottmann GmbH in Judendorf-Straßengel durch­ geführt. 14  Sandstein, H 125 cm. 15  Sandstein, H 171 cm. 16  Sandstein, H 141 cm. 17  Sandstein, H 192 cm. 18  Dehio Steiermark 1982, S. 437. 19  Ernst Lasnik, Rund um den Heiligen Berg. Ge­ schichte des Bezirks Voitsberg, Graz-Wien-Köln 1982, S. 540. 20  Lasnik 1982, S. 540. 21  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 199f. 22  Sandstein, H 183 cm, B 111 cm, Tiefe 54 cm. Die Skulptur befindet sich hinter dem Gebäude Mure­ ckerstraße Nr. 18b. 23  Krenn 1981, S. 266. 24  Natürlich besteht immer die Möglichkeit, dass der Standort einer Skulptur verändert wird und diese heute nicht mehr an ihrem Ursprungsort steht. 25  Stein, H 255 cm, B 160 cm, T 160 cm (Gesamt­ größe), H 115cm, B 66cm, T 51 cm (Plinthe–Kopf). 26  Krenn 1981, S. 201. 27  Dehio Steiermark 1982, S. 310. 28  Schweigert 2017, S. 323.

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Widerlegte Zuschreibungen

29  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 197. 30  Schweigert 2017, S. 318. 31  Für diesen Auftrag, der ihm vom Magistrat Vor­ dernbergs erteilt wurde, erhielt er 640 fl (siehe dazu Kohlbach 1956, S. 181). Die vermeintliche Abbildung der Vordernberger Trinitätsgruppe ist hier jedoch falsch zugeordnet, da es sich um eine Abbildung der Trinitätsgruppe am Leobner Hauptplatz han­ delt. 32  Aufgrund der Handhaltung Christis mit weit auseinander gespreiztem Daumen und Zeigefinger im Murecker Beispiel ist denkbar, dass auch er ein Kreuz gehalten haben könnte. Dieses muss jedoch viel zierlicher gewesen sein, um in den Zwischen­ raum der beiden Finger zu passen. 33  Gerfried Sitar, Die Abtei im Paradies. Das Stift St. Paul im Lavanttal, Wien 2000, S. 33. 34  Sitar 2000, S. 89. Der Autor spricht vom steiri­ schen Bildhauer »Jakob Straub«. Die Zuschreibung an Ph. J. Straub erfolgte auch im Zuge der Erstel­ lung des TrArS-Werkkatalogs, siehe: Klemenčič /  Meke / Škarić 2019, S. 200. 35  Barbara Kienzl, Die beiden Querhausaltäre und die Kanzel in der Stiftskirche, in: Schatzhaus Kärn­ tens. 900 Jahre Benediktinerstift St. Paul, Bd. 1 (= Katalog zur Landesausstellung in St. Paul 1991), Klagenfurt 1991, S. 571–582, hier: S. 572. 36  Siehe dazu: Peter B. Steiner, Vom Apfel des Pa­ radieses zum Herrschaftszeichen. Ein Beitrag zu Ikonographie und Denkmalpflege, in: Werner Te­ lesko / Leo Andergassen (Hg.), Iconographia chris­ tiana. Festschrift für P. Gregor Martin Lechner OSB zum 65. Geburtstag, Regensburg 2005, S. 184–196. 37  Karl F. Stock, Holzinger, Joseph, in: Karl F. Stock, Bildende Künstler in der Steiermark, Graz 2014, o. S. 38  Doris Baričević, Barokno kiparstvo sjeverne Hrvatske, in: Tisuću godina hrvatske skulpture. Thousand years of Croatian Sculpture (Ausst.-Kat.), Zagreb 1991, S. 79–96, hier: S. 94. 39  Anđela Horvat, Barok u kontinentalnoj Hrvats­ koj, in: Barok u Hrvatskoj, Zagreb 1982, S. 1–381, hier: S. 229. 40  Klemenčič 2006, S. 112f. 41  Kienzl 1991, S. 572. 42  Sitar 2000, S. 89. Der Autor spricht vom steiri­ schen Bildhauer »Jakob Straub«. 43  Dehio Handbuch-Kärnten, Die Kunstdenkmä­ ler Österreichs (hrsg. v. Karl Ginhart u. bearb. v. Ernst Bacher), Wien2 1981, S. 588.

44  Dehio Steiermark 1982, S. 612. 45  Dehio Steiermark 1982, S. 613. 46  Schweigert 2017, S. 324. 47 Ebd. 48  Dehio Steiermark 1982, S. 613. 49  Diese Jahreszahl geht auf die Inschrift der Ro­ caille-Kartusche zurück, die unmittelbar über dem Kirchentor angebracht wurde. 50  Krenn 1981, S. 316. Der alte Bau wurde im Zuge des Neubaus durch Joseph Hueber 1757–1758 gänz­ lich abgerissen. 51  Krenn 1981, S. 318. 52  Kohlbach 1956, S. 449. 53  Horst Schweigert, Der Grazer Barockbildhauer Johannes Piringer (1709–1788). Versuch eines Werks­ verzeichnisses, in: Historischer Verein für Steier­ mark (Hg.), Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark. Sonderdruck, Graz 1975, S. 167–189, hier: S. 168. 54  Schweigert 1975, S. 171. 55  Schweigert 1975, S. 182. 56  Udo Illig, Zwei frühe Hauptwerke des Grazer Bildhauers Johannes Piringer im Burgenland, in: Historischer Verein für Steiermark (Hg.), Blätter für Heimatkunde 45 (1971), S. 82–85, hier: S. 84. Die Signatur lautet: »Joan. Piringer fec. 1753 Gratz«. 57  Siehe z. B. die Pietà der Grazer Bürgerspitalskir­ che von J. J. Schoy. 58  Schweigert 1975, S. 171. 59  Als frühestes Werk Johannes Piringers gilt die 1740–1742 geschaffene Kanzel der Pfarrkirche Köf­ lach, die Horst Schweigert diesem zuschrieb, sie­ he: Schweigert 1975, S. 170. 60  Dehio Graz 1979, S. 167. 61  Schweigert 2017, S. 322. 62  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 189. 63  Über den Volutenspangen befinden sich heute Taubenspikes. 64  Ein kleiner Teil der unteren Kartusche ist abge­ brochen. 65  Lindenholz, polychrom gefasst und vergoldet, H 42 cm, B 83,5 cm, T 23 cm (Inv.-Nr.: P 186). Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkka­ talog (abgerufen am 01.10.2021). 66  Lindenholz, polychrom gefasst und vergoldet, H 83 cm, B 40,5 cm, T 21 cm (Inv.-Nr.: P 337). Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkka­ talog (abgerufen am 01.10.2021). 67  Lindenholz, polychrom gefasst und vergoldet, H 93,5 cm, B 40 cm, T 25 cm (Inv.-Nr.: P 336). Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkka­ talog (abgerufen am 01.10.2021). 68  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 194. 69  Suida 1923, Kat.-Nr. 96. 70  Woisetschläger o. D.

Anmerkungen

71  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 194. 72  Am ehesten stammt der hl. Johannes Nepo­ muk von Ph. J. Straub, da dieser stilistisch dessen Typus am meisten entspricht (v. a. hinsichtlich der Physiognomie). 73  Lindenholz, ungefasst, H 108 cm, B 60 cm, T 33 cm (Inv. 71/19). 74  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 186. 75  Schweigert 1992, S. 11. 76  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 01.10.2021). 77  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 01.10.2021). 78  Holz, ungefasst, H 21,5 cm. Sascha Mehringer, Bozzetti. Modelle – Kleinplastiken des 17. und 18. Jahrhunderts (Ausstellung auf der Deutschen Kunst- und Antiquitätenmesse in München 1987), München 1987, Nr. 6. 79  Dehio Steiermark 1982, S. 77. 80  Andorfer 1938, S. 168. 81  Schweigert 2017, S. 323. 82  Peter Stauder, Ehrenhausen. Altes. Neues. In­ teressantes (Festschrift zum 750-Jahr-Jubiläum), hrsg. von der Marktgemeinde Ehrenhausen, Eh­ renhausen 2010, CD-ROM Anhang, I.6, S. 33–35. 83  Schweigert 1992, S. 11. 84  Diese Archivfunde konnten von Valentina Pav­ lič und Julia Strobl im Zuge des TrArS-Projekts getätigt werden: Archiv der Diözese Graz-Seckau, Pfarre Ehrenhausen, Rechnungsbücher, KirchenRaittung 1758: »Inhalt No. 3 Hrn. Joseph Straub bildhauer Meister zu Mahrburg 70 [fl]«. Straub starb 1756, die Zahlung zwei Jahre danach war möglicherweise ein Teil der Gesamtkosten für sei­ ne Arbeit. 85  Archiv der Diözese Graz-Seckau, Pfarre Ehren­ hausen, Kirchen Raittung (Rechnungsbuch 1758): »Inhalt No.3 Hrn. Joseph Straub bildhauer Meister zu Mahrburg 70 fl.«. 86  Archiv der Diözese Graz-Seckau, Pfarre Ehren­ hausen, Rechnungsbücher, 1752, fol. 5v: »No: 1 dem Hrn. Antonius Bombosi Steinmetz Maister lauth Quittung 171 [fl] 30 [xr]« Bombasi arbeitete vermutlich mit Joseph Straub zusammen, im Rechnungsbuch 1758 wird sein Name (Nr. 2) direkt vor jenem Joseph Straubs (Nr. 3) genannt. 87  Das Schild befand sich bei der Begehung am 6. Juni 2020 am Durchgang zum Hinterhof an die Kirchenwand gelehnt. 88  Schweigert 2017, S. 323. 89  Dies geht aus der Inschriftentafel an der Rück­ seite des Sockels hervor. 90  Dehio Steiermark 1982, S. 80. Anm.: Dieses Wappen verweist auf Prinzessin Maria Theresia von Eggenberg und Carl Cajetan Graf Leslie, die neuen Besitzer von Eggenberg seit 1755. 

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91  Dehio Steiermark 1982, S. 80. 92  Stauder 2010, Anhang I.6, S. 33–35. 93  Dieser kam jedoch erst um 1755 nach Graz, zu­ vor war er an der Akademie der Bildenden Künste in Wien tätig. 94  Schweigert 2017, S. 323. 95  Schweigert 1992, S. 11. 96  Dehio Steiermark 1982, S. 78. 97  Die Fassadenfiguren wurden von der Restau­ rierwerkstatt Zottmann GmbH ab Juni 2018 restau­ riert. 98  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 208f. 99 Ebd. 100  Wie so oft stellt sich auch hier die Frage, ob die Unstimmigkeiten bezüglich der Hand- und Fin­ gergestaltung nicht schlichtweg auf spätere Res­ taurierungsarbeiten zurückzuführen sind. Dies kann den Eindruck einer Skulptur stark verfäl­ schen und zu falschen Rückschlüssen führen. Dennoch sprechen in diesem Fall Körpermodellie­ rung und Faltengebung eine eindeutige Sprache und lassen eine Zuschreibung zu. 101 Holz, polychrom gefasst und vergoldet, H 1100 cm, B 665 cm, T 270 cm. 102  Auch hier ist anzunehmen, dass der Zeigefin­ ger im Laufe der Zeit ergänzt worden ist. 103  Vrišer 1992, S. 236. 104  »Ich suche nicht, was euer (Besitz) ist, ­sondern euch«. 105  Sandstein, H 186 cm, B 116 cm, T 67 cm; Sockel: H 118 cm, B 115 cm, T 110 cm. 106 Sandstein. 107  Peter Stauder, Die gedeckte Murbrücke in Eh­ renhausen. Ihr Entstehen und Vergehen, in: Mit­ teilungsblatt der Korrespondenten der Histori­ schen Landeskommission für Steiermark 8, Graz 2002, S. 228-245. 108  Maria Theresia, Tochter der Maria Charlotte von Eggenberg, und ihr Gatte Carl Cajetan Graf Leslie waren ab 1755 die neuen Besitzer von Ehren­ hausen. 109  Schweigert 1992, S. 11. 110  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 184f. 111  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 15.09.2021). 112  Heute befindet sich der Altar in der Pfarrkir­ che hl. Vitus in Videm pri Ptuju (SLO). 113  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 15.09.2021). 114 Holz, polychrom gefasst und vergoldet. H 780 cm, B 340 cm, T 110 cm. 115  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 201f. 116  Für die Abbildung dazu siehe: TrArS, digitaler Werkkatalog (abgerufen am 01.10.2021). 117  Dehio Steiermark 1982, S. 118.

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Widerlegte Zuschreibungen

118  Dehio Steiermark 1982, S. 620. 119  Dehio Graz 1979, S. 247f. 120  Schweigert 2017, S. 320. 121  Holz, vergoldet. 122 Kohlbach 1956, S. 206. Kohlbach erwähnt die vier Skulpturen im Zusammenhang mit Ph. J. Straub. Fakt ist jedoch, dass der Name »Straub« in den Archiven im Mai 1765 für vier »Gartenstadien« auftaucht. Den Abrechnungen zufolge könnten diese Arbeiten im Zuge der Errichtung des Garten­ pavillons (1763–1764) erledigt worden sein. Um den Pavillon herum gab es einst vier Statuen (der Künste), die heute jedoch verloren sind. 123  Für diesen Hinweis gilt mein Dank Dr. Paul Schuster, Sammlungskurator des Schlosses Eggen­ berg, Universalmuseum Joanneum. Siehe Mail vom 8. Juni 2018. 124  Mail von Dr. Paul Schuster vom 8. Juni 2018. 125  Dehio Graz 1979, S. 243. 126  Schweigert 2017, S. 321, 324. 127  Schweigert 2017, S. 321. 128  Der Schild zeigt das Wappen des Hauses Her­ berstein. 129  Der Schild zeigt das Wappen der Herren von Eggenberg. 130  August Procksch, »Bellona«, in: Wilhelm Hein­ rich Roscher (Hg.), Ausführliches Lexikon der grie­ chischen und römischen Mythologie, Bd. 1, Leipzig 1886, Sp. 774–777, hier: Sp. 776. 131  Illig 1971, S. 83. 132  Aggházy 1967, S. 331. 133  Illig 1971, S. 84. 134  Dehio Steiermark 1982, S. 307. 135 Ebd. 136  Kohlbach 1956, S. 209. 137  Schweigert 2017, S. 320. 138  Stock 2014, o. S. 139  Dehio Graz 1979, S. 220. 140  Kohlbach 1951, S. 193. Am 25. September 1723 bestätigt der Bildhauer, 90 fl vom Pater Prior er­ halten zu haben. »Alss nemblichen« für »3 steiner­ ne Städtien Ein Frauenbilt Vndt 2 Engel auff die Tachen«. 141  Dehio Graz 1979, S. 221. Die Figuren des Erdge­ schosses, die hll. Helena und König Ludwig IX. (Sandstein), stammen von Gschiel und wurden 1873 gefertigt. Jene beiden des Obergeschosses, die hll. Johannes d. T. und Joseph (Holz), wurden von Schoy 1718/19 gefertigt. 142  Sandstein, Metallelemente (Posaune). 143  Dehio Graz 1979, S. 221. 144  Schweigert 2017, S. 324. 145  Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 187. 146  Dehio Graz 1979, S. 221. 147  Kohlbach 1951, S. 195. 148  Dehio Steiermark 1982, S. 279. 149  Dehio Steiermark 1982, S. 280.

Neuzuschreibungen

Obwohl einige bisherige Zuschreibungen an den Bildhauer Ph. J. Straub widerlegt oder zumindest in Frage gestellt werden konnten, wird sein beachtlicher Werkkatalog im Umfang nicht geringer. Im Zuge der Recherchen wurden durch die Autorin mehrere weitere Objekte, die mit dem Künstler in Zusammenhang stehen, gefunden. Stilkritische Untersuchungen bekräftigten die Autorschaft Ph. J. Straubs und führten zur Aufnahme der unten angeführten Skulpturen in den Werkkatalog. 1735–1740 Bendern (LIE), Rheinbrücke Richtung Haag (CHE): hl. Johannes ­Nepomuk (ehemals an der Brücke zwischen Krottendorf und ­Ligist), Stein 1740, um

Pernegg an der Mur, Frauenkirche: Hochaltar, Seitenaltäre, Konsolfiguren, Vortragekreuz, tw. mit Werkstattbeteiligung, Holz

1740–1750 Kirchdorf, Pfarrkirche: Hochaltar, hll. Donatus, Sebastian, Leonhard und Florian, Werkstatt Schoy-Straub, Holz

Liechtenstein, Rheinbrücke zwischen Bendern (LIE) und Haag (CHE), hl. Johannes Nepomuk, 1735–1740 Ein sehr interessanter Neufund ist eine Skulptur des hl. Johannes Nepomuk (Abb. 94), die sich heute in Liechtenstein nahe der nach Bendern führenden Rheinbrücke befindet, die ins Schweizer Haag führt. Sie gelangte anlässlich des 250-Jahr-Jubiläums des Fürstentums Liechtenstein dorthin, da der fürstliche Kommerzenrat Guido Feger 1969 die Skulptur erwarb und dem Fürsten von Liechtenstein schenkte. Ursprünglich befand sie sich an einer Brücke zwischen Krottendorf und Ligist, bis eine Eisenbahn gebaut wurde und die Statue in eine Kapelle übersiedeln musste. Als diese beschädigt wurde, gelangte die Skulptur in den Garten einer benachbarten Familie, wo sie sich rund 30 Jahre befand.1 Einem Zeitungsartikel zufolge wird sie Ph. J. Straub zuge-

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94  Philipp Jakob Straub, hl. Johannes Nepomuk, Sandstein, 1735–1740, Liech­ tenstein, Rheinbrücke zwischen Bendern und Haag (CHE), ehemals Ligist

schrieben.2 Der Heilige steht in typischem Habit und ausgeprägtem Kontrapost auf einer Plinthe. Das rechte Spielbein ist nach vorne und zur Seite geführt, der Winkel vom nach vorne weisenden Knie und dem seitlich abgestellten Fuß kreiert einen anatomischen nicht korrekten Eindruck. Die rechte Hand ist zum Mund geführt, der Zeigefinger auf die Lippen gelegt, was den, auf den Heiligen verweisenden, Schweige­ gestus darstellt. Die linke Hand fasst das untere Ende eines Kruzifixes, der obere Teil kommt auf dem Oberarm zu liegen, sodass es regelrecht in die Armbeuge gebettet wird. Der Blick aus großen, kugeligen Augen mit dicken Lidern richtet sich auf den ausgemergelten Corpus. Hinterfangen wird das Attribut durch den Zweig der Märtyrerpalme. Haar- und Barttracht sind als kleine Löckchen modelliert und umrahmen das relativ jung anmutende Antlitz mit markanter Nase. Auf dem Haupt trägt der Heilige ein Birett. Abgesehen vom Kontrapost ist die Darstellung sehr beruhigt, was mit dem Schweigegestus eine unaufgeregte, kontemplative Stimmung kreiert. Als Vergleichsbeispiel dient der durch Ph. J. Straub signierte hl. Johannes Nepomuk vom Weizberg, der mit 1734 eines der frühesten Werke des Künstlers in der Nach­ folge Schoys ist. Die Pelzmozzetta ist in der Gestaltung gleich ausgeführt, auch die umgeschlagenen Ärmelsäume und deren Spitzenbesätze weisen ­Gemeinsamkeiten auf. Letztere erinnern in ihrer Gestaltung an kleine Blumen: im Zentrum befindet sich

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Neuzuschreibungen

ein Kreis, um den sechs oder acht spitzovale Elemente angeordnet sind, während sich zwischen den so entstandenen Blümchen weitere kreisrunde Löcher befinden. Dies zeigt sich auch beim hl. Johannes Nepomuk des Grazer Kalvarienbergs (1737, signiert). Die Physiognomien mit den großen, kugeligen Augen und der Nase mit breitem Steg sowie dem freundlichen Ausdruck gleichen sich, auch die voluminöse, leicht asymmetrische Haartracht mit gebohrten Locken spricht für dieselbe Künstlerhand. Die Datierung der Skulptur in Ph. J. Straubs frühe Schaffensperiode erklärt sich durch den relativ ruhigen Faltenwurf und die stabile Körperkomposition, die in seiner mittleren Schaffenszeit einer instabilen, sehr dynamischen Umsetzung weicht, während in seinem Spätwerk der Faltenwurf zwar wieder ruhiger wird, aber dennoch aufschwingende Gewandsäume aufweist.

Pernegg an der Mur, Frauenkirche, um 1740 Die wohl interessanteste Neuzuschreibung, die im Zuge der vorliegenden Arbeit getä­ tigt werden konnte, ist die skulpturale Ausstattung der Frauenkirche von Pernegg an der Mur.3 Bereits Rochus Kohlbach erwähnt in seiner Publikation zu den steirischen Bildhauern, dass der Täufer des Hochaltars der Pernegger Frauenkirche von der Hand eines »etwas unausgegorenen Gesellen« Ph. J. Straubs stammt. Die »Basedow-Augen« und die blanke Zahnreihe erinnern an dessen Hang zu Dramatik und überdeutlicher Expressivität.4 Weitere Ausführungen in diese Richtung lässt der Autor allerdings vermissen. Auch Horst Schweigert erwähnt die Pernegger Objekte nicht. Die spätgotische Filial- und Wallfahrtskirche »Heilige Maria« in Pernegg wurde von Wilhelm von Perneck (gest. 1439) gestiftet und im selben Jahr von Bartholomae von Perneck geweiht. Im Zeitraum 1448 bis 1461 erhielt sie ihr heutiges Aussehen als zweischiffige Hallenkirche. Der Großteil der Einrichtung stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, wobei das Errichtungsdatum des Hochaltars mit 1740 festgesetzt ist.5 Von 1774 bis 1775 wurde das Innere im Stil des Rokokos umgestaltet. Diese Arbeiten sind vermutlich dem Architekten und Baumeister Joseph Hueber zuzuschreiben,6 der des Öfteren mit Ph. J. Straub in beruflicher Verbindung stand. Ph. J. Straub hat einige Arbeiten in der Umgebung geschaffen, wie die Hochaltarfiguren der nahegelegenen Pfarrkirche von Kirchdorf, der Pfarrkirche von Fladnitz an der Teichalpe und von St. Erhard in der Breitenau, was beweist, dass er sich auch im Gebiet nördlich von Graz einen Namen gemacht hat. Hochaltar mit hll. Zacharias, Johannes der Täufer, Joachim, Anna, um 1740 Der Hochaltar mit »guten Statuen«7 zeigt bemerkenswerte geschnitzte Barockskulpturen von hoher künstlerischer Qualität. Die spätgotische Muttergottes aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts im Mittelbaldachin flankieren, von links nach rechts, die hll. Zacharias (Taf. XXXVIII), Johannes der Täufer (Taf. XXXIX), Joachim und Anna in typischer Straub-Manier: Geschwungene, torsierte Körperkompositionen,

Pernegg an der Mur, Frauenkirche, um 1740

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manierierte Haltungen der Hände bzw. insbesondere der Finger sowie eine pathetische Ausdrucksweise der Figuren sprechen sehr für den Bildhauer. Bestechend ist die anatomische Präzision, mit der die Körper durchmodelliert wurden, sodass selbst Muskeln, Sehnen sowie Adern hervortreten und den Skulpturen einen lebendigen Charakter verleihen. Insbesondere der hl. Johannes, dessen Oberkörper durch den herabfallenden Fellmantel entblößt ist, zeigt die beeindruckende Detailtreue des ausführenden Meisters und negiert Rochus Kohlbachs geringschätzende Beurteilung ebenso wortlos wie ausdrucksstark. Werden der Skulpturengruppe des Hochaltars von Pernegg ausgewählte Werke Ph. J. Straubs gegenübergestellt, so lassen sich deutliche Parallelen finden. Der hl. Joseph des Hochaltars im kroatischen Trški Vrh (1759, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) ist dem hl. Joachim vom Pernegger Hochaltar hinsichtlich K ­ örperkomposition und Kopfgestaltung sehr ähnlich. Vor allem die Position und Gestaltung der Füße in Sandalen ist als identisch anzusehen, dasselbe gilt für die Gesichtsproportionen sowie die Haar- und Bartmodellierung. Generell ist das gesamte architektonische Gefüge beider Hochaltäre einstimmig: Opfergangsportale, darüber ein geschwungener Aufbau, zusammengesetzt aus zwei Säulen und vier Skulpturen, bekrönt von einer Aufsatzzone, bestehend aus Engeln auf Volutenkonsolen, Putten, Wolkenformationen und Gottvater – einmal thronend in Begleitung Christis (Pernegg) und einmal in heftiger Bewegung regelrecht emporschwebend und von einer Gloriole hinterfangen. Die hl. Anna rechts außen erinnert in ihrer Körperkomposition stark an ihr Pendant des Hochaltars von Trški Vrh. Die leichte Rechtsdrehung des überlangen Halses, das Aufstützen des Buchrückens unterhalb der Brust, während der Zeigefinger der rechten Hand zwischen den Seiten eine Stelle markiert, sowie ein nach oben angewinkelter Arm ist beiden Heiligen gemein. Dasselbe gilt für die ausgeprägte Stellung des Spielbeins, das sich deutlich durch die Kleidung abzeichnet, sowie für den expressiven Schwung der Gewandfalten sorgt. Der hl. Joachim rechts innen, nahe der zentralen Muttergottes-Skulptur und zu dieser emporblickend, erscheint in ähnlich pathetischer Haltung wie Markgraf Leopold vom Nepomuk-Altar der Grazer Stadtpfarrkirche (1752 geweiht, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Die angedeutete Torsion des Körpers, die durch das Spielbein und die kunstvolle Draperie der Kleidung verdeutlicht wird, kreiert einen expressiven Ausdruck, der den hl. Leopold zu einem der Höhepunkte im Œuvre des Künstlers macht. Bei der Skulptur des hl. Joachim ist der Faltenwurf weit weniger a ­ usgearbeitet, auch die gesamte Körperkomposition mutet statuarischer an. Dennoch zeugen die ausladende Geste der freien Hand und die manierierte Haltung der Finger der jeweils anderen, die die Flagge bzw. den Hirtenstab umfasst, von einer Verwandtschaft der beiden Skulpturen. Das zeigt sich auch an der Gestaltung der prägnanten Gesichts­ züge, die sich durch große, ausdrucksstarke Augen, eine markant geformte Nase und volle Lippen auszeichnen. Die wallende Haar- und Barttracht ist ebenso an beiden Skulpturen auszumachen, auch die Alterszüge, die den Dargestellten durch ausgeprägte Stirn- und Nasolabialfalten eine lebensechte Erscheinung verleihen.

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Neuzuschreibungen

95  Werkstatt Philipp Jakob Straub, Engel mit Essiglanze, Detail Seitenaltar links, Holz, um 1740, Pernegg an der Mur, Frauenkirche

Die Zuschreibung des Hochaltars der Frauenkirche von Pernegg an der Mur ist, anhand der stilkritischen Analyse, demnach als erwiesen anzusehen. Seitenaltäre der Triumphbogenwand, um 1740, Werkstatt Schoy-Straub In der Pernegger Frauenkirche sind insgesamt sechs Seitenaltäre mit geschnitzten, weißgefassten Skulpturen zu erblicken. An der Triumphbogenwand befinden sich zwei architektonisch identische Säulenaltäre, die jeweils ein Altar- und ein Aufsatzbild sowie eine symmetrisch angelegte Figurenkomposition aufweisen. Der linke Altar zeigt rechts den Engel mit dem Essigschwamm (Abb. 95), der linke hält die Lanze in Händen. Die Körperproportionen sind nicht ausgewogen, der Rumpf erscheint zu mächtig, der Kopf zu klein und auch die Gesichter wirken schwammig und konturenlos. Obwohl dies einer Zuordnung Ph. J. Straubs widerspricht, lassen sich Parallelen zu seinem Œuvre ziehen: die großen Basedow-Augen, die markante Nase und die vollen Lippen sowie die asymmetrisch geformte, voluminöse Haar- nebst graziler Fingergestaltung und schwungvoll drapierter Kleidung, die dem Bewegungsablauf folgt, sprechen sehr für den Bildhauer. In der Aufsatzzone befinden sich je zwei Adorationsengel mit weit gespreizten Schwingen sowie – als oberste Bekrönung – zwei Putten mit Nagel und Hammer.

Pernegg an der Mur, Frauenkirche, um 1740

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96  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Sebastian, Detail Seitenaltar rechts, Holz, um 1740, Pernegg an der Mur, ­Frauenkirche

Der Seitenaltar an der rechten Triumphbogenwand präsentiert die Skulptur des hl. Sebastian (Abb. 96), der in ausnehmend pathetischer Manier an einen Baumstumpf gebunden steht. Der Heilige ist – wie üblich – sehr jung dargestellt. Trotz seiner Fixierung durch Seile an den Unterarmen und dem rechten Unterschenkel wirkt der Körper sehr dynamisch, was durch die ausgeprägte Stellung des rechten Spielbeins und der faltenreichen Draperie des Schurzes bedingt ist. Die kunstvolle und anatomisch perfekt umgesetzte Körpermodellierung weist auf hohes künstlerisches Niveau hin. Der Heilige ist mit seinem Pendant im Museum von Egervar in Budapest (datiert auf 1757), der ebenfalls Ph. J. Straub zugeschrieben wird, vergleichbar.8 Ein weiterer vergleichbarer Sebastian ist Teil des Ensembles der Mariensäule am Grazer Karlauplatz (1762, zugeschrieben an Ph. J. Straub). Im direkten Vergleich wird evident, dass es sich auch hier um die gleiche Handschrift handelt. Kompositorisch variiert lediglich, dass die Position der Arme vertauscht ist und der Sebastian der Mariensäule einen überdeutlichen Schwung im Körperbild aufweist. Die Köpfe sind sehr ähnlich gestaltet: Das junge, bartlose Gesicht mit rundem Kinn und wulstigen Augen sowie die halblange, in prachtvollen Locken ausgeformte Haartracht ist hier wie dort ersichtlich. Eine übersteigerte Ausführung dieses Sebastians findet sich am Hochaltar der Welschen Kirche in Graz (1746, zugeschrieben an Ph. J. Straub). Wie auch die drei

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Neuzuschreibungen

anderen Skulpturen des Altars zeichnet sich dieser durch die betonte Lebhaftigkeit und den ausgeprägten Kontrapost aus. Er ist ein sehr gutes Beispiel für den mittleren, expressiven Stil des Künstlers, bei dem die Figuren verdrehter und das Standmotiv labiler erscheinen. Zudem kreiert die üppige Draperie der Kleidung eine bemerkenswerte Silhouette. Rochus Kohlbach gelangte bezüglich der Hochaltarskulpturen der Welschen Kirche zur Erkenntis, dass sie sowohl Züge von Joseph Schokotnigg als auch Ph. J. Straub aufweisen. An ersteren erinnert die ausgeprägte Faltengebung, an letzteren die beinahe »groteske« Gestaltung der Physiognomien sowie die »halb hängende, halb sinkende« Gestalt des hl. Sebastian.9 Auf der anderen Seite des Altarbilds steht die Figur des hl. Florian mit Wasser­ eimer und Fahne – deutlich beruhigter in seiner gesamten Komposition als sein Pendant. Dennoch ist eine leichte Bewegung, die seinen Körper durchzieht, nicht zu leug­nen. Bedingt ist diese durch den bereits bekannten Schwung, der vom O ­ berkörper über die Hüfte nach unten verläuft. Der Oberkörper erscheint für Ph. J. Straubs üblichen Figurenstil zu wuchtig, während das Haupt wiederum viel zu klein umgesetzt ist. Es ist anzunehmen, dass bei den Altären der Triumphbogenwand verstärkt Werk­ stattmitglieder Ph. J. Straubs am Werk waren, was die auffallenden Qualitätsunterschiede bei gleichzeitiger Anleihe am Schaffen des Meisters erklärt. Seitenaltäre der Langhauswände, um 1740, Werkstatt Schoy-Straub Die – sich jeweils gegenüberliegenden – vier Altäre (Abb. 97) an den Langhauswänden zeigen allesamt die gleiche plastische Gestaltung: Zwei auf Konsolen kniende Engel mit kunstvoll ausgebreiteten Flügeln recken ihre Arme dem Altarbild entgegen, der Oberkörper ist entblößt oder nur teilweise bedeckt (Abb. 98). Trotz der recht steifen Haltung wirken sie überaus dynamisch, was in der schwungvollen Draperie ihrer Kleidung begründet liegt, die wie durch einen Lufthauch bewegt erscheint. Wenn auch nicht so ausgefeilt wie bei den Hochaltarfiguren lassen sich dennoch Straub’sche Charakterzüge erkennen: gekünstelte Fingerhaltungen, Schüsselfalten, exophthalmische Augen und eine pathetische Aura, die die Skulpturen umgibt. Trotz der augenscheinlich identischen Ausführung der Engelskulpturen unterscheiden sie sich im Einzelnen durch variierende Gestaltungselemente, wie die Drehung des Kopfes, die Haltung der Flügel und Arme sowie die Ausbildung des Faltenwurfs. Besonderes Augenmerk verdient die präzise Modellierung der Flügelfedern: Jede einzelne ist detailliert und plastisch ausgearbeitet; jene Federn, die die äußerste Flügelspitze markieren, vollführen einen Schwung nach oben. Hier lohnt sich ein Vergleich mit den Engeln der Gebälkzone des Hochaltars der Grazer Bürgerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub), die von Ph. J. Straub und der übernommenen Werkstatt in der Nachfolge des Vorgängers Schoy gefertigt wurden. Die Gesichter sind sehr ähnlich ausgeführt (ovales Gesicht mit hoher Stirnbildung, vollen Wangen sowie einem runden, leicht vortretendem Kinn und schwerlidrigen Augen), auch die marionettenhaft emporgehaltenen Arme und die effektvollen Draperien der hochdynamischen Um-

Pernegg an der Mur, Frauenkirche, um 1740

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97  Werkstatt Philipp Jakob Straub, ­Seitenaltar Langhauswand, Holz, um 1740, Pernegg an der Mur, Frauenkirche

98  Werkstatt Philipp Jakob Straub, Engel, ­Detail Seitenaltar Langhauswand, Holz, um 1740, Pernegg an der Mur, Frauenkirche

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Neuzuschreibungen

99  Werkstatt Schoy-Straub, Engel, Detail Hochaltar, Holz, 1734–1738, Graz, ­Bürgerspitalskirche

hänge sprechen für dieselbe Urheberschaft (Abb. 99). Demnach ist davon auszugehen, dass der skulpturale Schmuck der Langhausaltäre von der Werkstatt Schoy-Straub gefertigt wurde. Eine Beteiligung des Bruders Joseph Straub ist anzunehmen, ähneln die Engel in ihrer Gestaltung stark jenen des Hochaltars von Ehrenhausen (1753/1754, zugeschrieben an Joseph Straub). Kanzel, um 1740, mit Werkstattbeteiligung An einer Säule im vorderen Teil des Langhauses befindet sich die Kanzel (Abb. 100) und zeigt weißgefasste Skulpturen im Bereich des Corpus und des Schalldeckels auf. Ersteren schmücken die vier Kirchenväter Hieronymus (mit Buch und Löwe), Gregor der Große (mit Buch und Feder), Augustinus (mit Buch und flammendem Herzen) und Ambrosius (mit Buch und Bienenstock). Die Heiligen sitzen am unteren Rand des Korbes und zeichnen sich sowohl durch ihre expressive Körpersprache als auch die Detailliertheit, mit der die Gewänder und Gesichter ausgeführt wurden, aus. Dazwischen befinden sich zwei vergoldete Ornamente mit Rocaille- und Volutenarrangements und – im Zentrum des Corpus – ein von Volutenspangen bekröntes Relief mit der Darstellung der Verklärung Christi (Christus ist hier sehr weiblich dargestellt, was etwas irritiert). Am Schalldeckel sitzen die Tugenden Caritas (Abb. 101), Fides und Spes mit entsprechenden Attributen, nicht minder aussagekräftig in ihrer Expressi-

Pernegg an der Mur, Frauenkirche, um 1740

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100  Philipp Jakob Straub und Werkstatt, Kanzel, Holz, um 1740, Pernegg an der Mur, Frauenkirche

101  Philipp Jakob Straub und Werkstatt, Caritas, Detail Kanzel, Holz, um 1740, Pernegg an der Mur, Frauenkirche

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Neuzuschreibungen

102  Philipp Jakob Straub und Werkstatt, hl. Augustinus, Detail Kanzel, Holz, um 1740, Pernegg an der Mur, Frauenkirche

vität als die vier Kirchenväter – im Gegenteil: Ihr Spiel mit den unterschiedlich stark erhobenen Armen und angewinkelten Beinen erweckt den Anschein, als würden sie jeden Moment ihre Position ändern. Dieser Eindruck wird durch die Gewandfalten, die die jeweilige Bewegung gezielt unterstreichen, verstärkt. Über ihnen schwebt der hl. Vater auf einer Formation aus Straub-typischen Wolken, deren flacher und schichtenweiser Aufbau an Wirbel erinnert. Der linke Arm Gottvaters drückt eine goldene Sphaira an sein linkes, nach vorne angewinkeltes, Bein, während der rechte in einer höchst dynamischen Bewegung nach oben und vorne geführt ist, wobei die Hand den Segensgestus ausführt. Diese Dynamik wird durch den Gewandzipfel, der sich vom Rücken gerade nach oben bauscht, und die diagonale Komposition, die durch den erhobenen Arm und das rechte, nach hinten angewinkelte Bein entsteht, unterstrichen. Hinterfangen wird die Skulptur von einem goldenen Strahlenkranz und einem Dreiecksnimbus. Diese Darstellung Gottes ist überaus bemerkenswert: Es erscheint beinahe so, als würde er sich direkt vom Himmel herabbewegen, den Blick nach unten auf die Gläubigen im Kirchenraum gerichtet. Diese Dynamik bei gleichzeitiger Erstarrung der Gliedmaßen findet sich auch bei den ungefähr zeitgleich entstandenen Figuren der Geißelungsgruppe des hl. Bergs in Bärnbach wieder (um 1740, signiert). In beiden Fällen lässt sich auch eine leichte Unsicherheit hinsichtlich der anatomischen Umsetzung, was klobige Hände und falsch positionierte Füße verraten, erkennen. Der Kopf des rechten geißelnden Schergen ist sehr gut mit jenem des hl. Augustinus (Abb. 102) zu vergleichen, die ausgeprägten Alterszüge, der breite,

Pernegg an der Mur, Frauenkirche, um 1740

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103  Werkstatt Philipp Jakob Straub, ­Vortragekreuz im Langhaus, Holz, 1740–1750, Pernegg an der Mur, Frauenkirche

leicht geöffnete Mund mit vollen Lippen und die stark von den Lidern verkleinerten Augen sprechen dieselbe stilistische Sprache wie das ungebändigte, lockige Haar, das durch gezielte Hohlraumsetzung an Volumen gewinnt. Infolgedessen ist auch bei den Skulpturen der Kanzel die Autorschaft Ph. J. Straubs samt Werkstatt erwiesen. Vortragekreuz im Langhaus, 1740–1750, Werkstatt Ph. J. Straub Besonders bemerkenswert ist das geschnitzte Vortragekreuz im Langhaus der Kirche, das in eine Ausnehmung in eine der vordersten Kirchenbänke gestellt wurde, den Corpus Richtung Kircheneingang gerichtet. Dabei handelt es sich um einen Drei-Nagel-Typus mit vertikalem Titulus, das Kreuz selbst ist sehr schlicht und dunkelbraun gefasst. Der Corpus (Abb. 103) – in diesem Fall vom Typus des Cristo morto – ist sehr feingliedrig ausgeführt, mit ausgeglichenen Proportionen, nicht derart ausgemergelt und das Leiden verdeutlichend, wie es bei anderen Beispielen der Fall ist. Details wie Knochen und Sehnen, die durch die Haut drücken, und die Ausführung des nach rechts fallenden Kopfes mit langem, gewelltem Haar, das in Strähnen unterteilt ist, und der auffallenden Bartgestaltung, die – vom Kinn abwärts – in zwei Spitzen mündet und überaus natürlich wirkt, zeugen von dem bildhauerischen Können des ausführenden Künstlers. Dass es sich dabei um Ph. J. Straub handelt, ist anzunehmen, da

260

Neuzuschreibungen

insbesondere die Modellierung des Gesichts mit großen, hervorstehenden Augäpfeln unter schweren Lidern sowie prägnanten Zügen sehr für den Künstler spricht. Dasselbe gilt für das vergoldete Perizoma, das außerordentlich kunstvoll um die Hüfte des Leidenden drapiert wurde und lediglich notdürftig von einem Seil an seinem Platz gehalten wird. Interessant ist, dass das Lendentuch des bereits erwähnten hl. Sebastian im Museum von Egervar in Budapest auf die gleiche Weise ausgeführt wurde, wenn auch deutlich weniger qualitätsvoll. Das Inkarnat des Corpus erscheint sehr lebensecht und wird von feinen, roten Farbspuren, die Bluttropfen symbolisieren, überzogen. Vergleichbar ist er mit jenem des Vortragekreuzes in der Grazer Maria­ hilferkirche (1740–1750, zugeschrieben an Umkreis Ph. J. Straub). Hier stimmen nicht nur die Körperproportionen überein, sondern auch die anatomische Präzision und der Kopftypus mit langer, gerader Nase, großen Augen sowie lockigem, am Kinn zweigeteilten, Bart. Wo das Mariahilfer Exemplar Schwächen im Bereich der Hüfte aufweist (Lendentuch zu kurz, sodass die Oberschenkelinnenseiten unvorteilhaft aneinander liegen), ist der Körper des Pernegger Corpus samt Draperie des Perizomas meisterhaft geglückt. Die Autorschaft Ph. J. Straubs ist aufgrund der angeführten stilistischen Kriterien als durchaus plausibel einzustufen, wenngleich das Lendentuch zu wenig plastisch umgesetzt wurde, als es dem Stil des Bildhauers entsprechen würde. Dies befürwortet eine Werkstattbeteiligung.

Kirchdorf, Pfarrkirche, Hochaltar, hll. Donatus, Sebastian, ­Leonhard und Florian, um 1740–1750, Werkstatt Schoy-Straub Die Pfarrkirche hl. Maximilian von Kirchdorf (Gemeinde Pernegg an der Mur) befindet sich malerisch auf einer Anhöhe gelegen und wurde erstmals um das Jahr 1125 urkundlich genannt.10 Der Chor mit 5/8-Schluss hat seine Wurzeln im 14. Jahrhundert und birgt einen barocken Stuccolustro-Säulenaltar mit vier unterlebensgroßen weißgefassten Skulpturen, die das Altarbild flankieren. Dabei handelt es sich um die hll. Donatus, Sebastian, Leonhard und Florian.11 Ergänzt wird die Gruppe durch die beiden separat auf Konsolen an der Chorwand platzierten Skulpturen der hll. Georg und Martin. Dies erweckt den Eindruck eines Umgangsaltars, da es tatsächlich möglich ist, ohne weiteres zur Rückseite des Altars zu gelangen. Dehio Steiermark zufolge werden die Skulpturen auf den Zeitraum 1770 bis 1780 datiert, ein Hinweis auf den möglichen Künstler fehlt allerdings.12 Der hl. Donatus links außen steht im Kontrapost, das linke Spielbein auf einem Ährenbündel platziert. Er ist dem Betrachtenden im Dreiviertelprofil zugewandt, der Kopf ist leicht nach links geneigt und gedreht. Die rechte Hand ist angewinkelt und fasst eine Schale, während die linke etwas vom Körper weggeführt ist und drei Blitze hält. Das lorbeerbekränzte Haupt des Heiligen zeigt kurzes, welliges Haar und eine auffällige Barttracht, die in einzelne, senkrechte Stränge unterteilt ist, während sie am Kinn durch zwei Löckchen zweigeteilt wird. Das Antlitz mit ebenmäßigen Zügen

Kirchdorf, Pfarrkirche

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ist idealschön und weist einen anmutigen, wenngleich auch leidenden, Eindruck auf, wobei der Blick zum Himmel gerichtet ist. Der Mantel wird durch einen Riemen über der Hüfte fixiert, wo sich eine schwere Schüsselfalte bildet. Die Falten sind sehr realistisch umgesetzt, tiefe Täler suggerieren Plastizität. Der hl. Sebastian stellt kompositorisch eine Kopie seines Gegenstücks vom rechten Seitenaltar an der Triumphbogenwand in der Pernegger Frauenkirche (1740–1750, der Werkstatt Schoy-Straub zugeschrieben) dar. Die Körperhaltung ist bis auf die gegengleiche Kopfdrehung kongruent, auch der Baumstumpf weist an denselben Stellen gekürzte Aststummel auf. Auch die Draperie des Lendentuchs ist beinahe identisch. Ansonsten ist das Kirchdorfer Exemplar etwas weniger raffiniert umgesetzt, die Finger erscheinen unnatürlich, auch die Beine zeigen anatomische Unsicherheiten auf (Oberschenkel etwas zu kurz). Der Kopf wirkt sehr rund und in den Konturen schwammig – die großen Augen unter dicken Lidern, die markante Nase und das ausgeprägte, runde Kinn unter dem breiten, leicht geöffneten Mund stehen dennoch in Beziehung zu Ph. J. Straubs Schaffen. Der hl. Leonhard, mit einem Ochsen zu seinen Füßen, steht im Kontrapost – das linke Spielbein drückt sich durch das Gewand, das in feinteiligen, relativ geraden Faltenbahnen nach unten fließt. Die angewinkelte linke Hand greift den Krummstab, die rechte führt den Segensgestus aus. Der Kopf ist im Halbprofil zu sehen, das Gesicht mit äußerst jugendlichen Zügen ist in Richtung des hl. Sebastian gewandt. Der Kopf mit Tonsur weist eine eigenwillige Haarmodellierung auf – diese erscheint wie ein textiles Material, das auf dem Haupt des Heiligen liegt. Das Gesicht ist wiederum sehr schwammig und konturenlos, die runden Augen sind klein, dasselbe gilt für den Mund. Der hl. Florian (Abb. 104) ist in Tunika, Brustpanzer und Mantel dargestellt, mit prunkvollem Federhelm auf dem Haupt. Die rechte Hand gießt den Wasserbottich über dem kleinen, brennenden Haus zu seinen Füßen aus, die linke fasst energisch die Flagge und bauscht dabei den Stoff. Sehr ungewöhnlich ist der Mantel, der über das linke Bein nach vorne gelegt ist, und beide bestiefelten Beine fast zur Gänze einhüllt. Die Physiognomie ist klassisch-idealschön und korrespondiert mit jener des hl. Donatus. Es steht fest, dass die Skulpturen des Hochaltars mit jenen der Pernegger Frauenkirche stilistisch in enger Verbindung stehen. Da sich deutliche Anleihen zum Schaffen Ph. J. Straubs in seiner Anfangszeit als Nachfolger Schoys feststellen lassen, ist davon auszugehen, dass in diesem Fall die Werkstatt Schoy-Straub am Werk war. Dies legen einerseits die stilistischen Gemeinsamkeiten und andererseits die leichten Qualitätsunterschiede innerhalb der Ausführung sowie die sehr differenziert umgesetzten Physiognomien dar. Der Datierung um das Jahr 1770 ist daher nicht zuzustimmen, der Zeitraum von 1740 bis 1750 erscheint naheliegender. Dies beweist auch der stilkritische Vergleich mit Ph. J. Straubs Schaffen in der frühen Periode. Der hl. Antonius der Fassade der Grazer Mariahilferkirche (1742–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) weist einen vergleichbaren Faltenwurf auf wie der hl. Leonhard vom Kirch-

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Neuzuschreibungen

104  Werkstatt Schoy-Straub, hl. Florian, Detail Hochaltar, Holz, um 1740–1750, Kirchdorf, Pfarrkirche

dorfer Hochaltar: feinteilig, einen weichen, fließenden Charakter suggerierend und nur ansatzweise dynamisch. Unterschiedlich tiefe Faltentälern erzeugen Räumlichkeit und lassen das Material realistisch erscheinen. Die Engel der Aufsatzzone wirken sehr grazil und elegant, anatomisch sind sie mustergültig wiedergegeben, die alterslosen Gesichter zeichnen sich durch eine ­ruhige Erhabenheit aus. Die Haare sind in Straub-typischer Manier asymmetrisch in Büscheln um das Gesicht angeordnet, die Flügel muten überaus plastisch an, was in den aufwölbenden Federspitzen begründet liegt. Der Vergleich des rechten, am Gebälk sitzenden, Engel mit dem rechts befindlichen Engel des Annenaltars der Grazer Bürgerspitalskirche (um 1740, der Werkstatt Schoy-Straub zugeschrieben) legt nahe, dass es sich um denselben Urheber handelt (Abb. 105). Bein- und Armhaltung unterscheiden sich lediglich durch Nuancen. Besonders augenfällig ist die zur Brust ­geführte rechte Hand mit gespreizten Fingern, wobei Mittel- und Ringfinger eng beieinander liegen, während der Zeige- und der kleine Finger in einem deutlichen Abstand dazu liegen. Die beiden Konsolfiguren der hll. Georg und Martin müssen separat betrachtet werden, da diese die Skulpturen des Hochaltars auf den ersten Blick optisch zwar sehr gut ergänzen, stilistisch jedoch anders geartet sind. Der hl. Georg (Abb. 106) steht

Kirchdorf, Pfarrkirche

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105  Werkstatt Schoy-Straub, Gebälkengel rechts, Detail Hochaltar, Holz, um 1740–1750, Kirchdorf, Pfarrkirche

106  Anonym, hl. Georg, Konsolfigur, Holz, um 1770, Kirchdorf, Pfarrkirche

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Neuzuschreibungen

in sehr instabiler Haltung auf seiner Konsole, der linke Fuß ruht in eigenartiger Manier auf dem Hinterlauf des Drachen, während der andere Fuß lediglich mit der Ferse auf der Kante zu stehen kommt. Die Arme sind steif vor dem Körper erhoben und ergreifen kraftlos die Lanze, deren Spitze er dem Drachen derart durch den Unterkiefer stößt, dass sie am Hals wieder austritt. Die Rüstung in Form einer Tunika mit darüber liegendem Muskelpanzer und Pteryges, zeichnet den Heiligen als römischen Legionär aus, allerdings in Symbiose mit zeitgenössischen Tendenzen, was insbesondere der Helm mit den drei Prunkfedern verdeutlicht. Auch die Haar- und Barttracht dürften mit der Entstehungszeit der Skulptur korrespondieren (wallende Mähne und eine Kombination aus Spitz- und Schnurrbart, heute auch als Viktor-Emanuel-Bart bekannt). Wie bei den Hochaltarfiguren ist das Gesicht ebenfalls idealschön und erscheint jugendlich glatt, der Kiefer ist massiv und kantig, während die runden Augen recht klein und eng beieinanderliegend ausgeführt sind. Die Faltengebung ist unnatürlich umgesetzt, die Faltenbahnen sind zu regelmäßig und steif, was besonders an den aufgerollten Ärmeln und der Schärpe ersichtlich ist. Gegenüberliegend, ebenfalls auf einer Konsole stehend, ist der hl. Martin dargestellt. Kleidung und Physiognomie korrespondieren mit jener des hl. Georg. Zu seinen Füßen steht ein halbnackter Invalide mit einer Beinprothese und einem Beinstumpf. Gestützt auf eine Krücke, streckt er den anderen Arm bittend zum Heiligen empor. Dieser ist gerade im Begriff, mit dem Schwert seinen Mantel zu zerteilen. Ungewöhnlich für die Darstellung des hl. Martin ist der Erzherzogshut, der vielmehr für den hl. Leopold spricht, der allerdings nicht in Legionärstracht und Mantel-zerteilend abgebildet werden würde. In diesen Zusammenhang ergibt sich eine Synthese beider Heiligenbilder, die quasi zwei Personen respektive Eigenschaften miteinander vereint. Der linke Arm erscheint ab dem Ellbogen unnatürlich abgeknickt und stört die ansonsten harmonische Komposition. Der Mantel fällt schmucklos und gerade, ohne sich zu bauschen oder mit kunstvollen Faltenwürfen eine plastische Silhouette zu erzeugen. Die Datierung um das Jahr 1770 ist für diese beiden Skulpturen durchaus möglich, die Draperie der Kleidung ist äußerst reduziert, auch das Standmotiv ist ruhig und stabil, ohne merkliche Torsion, die Spannung erzeugen würde.

1  Diese wertvollen Informationen zu dieser Skulp­ tur stammen aus dem Mailverkehr zwischen der Autorin und dem Leiter des Museums Ligist, Ingo Wundrak (06.11.2019). 2 Südost-Tagespost, Steirischer Nepomuk am Rhein (o.A.), in: Südost-Tagespost, 22. Juli 1969, S. 10. 3  Die folgende Darlegung wurde von der Autorin bereits als Auszug ihrer Dissertation publiziert. Siehe dazu: Pichler 2018, S. 117–126. 4  Kohlbach 1956, S. 449. Kohlbach erwähnt zudem, dass Eduard Andorfer Sandsteinfiguren an der

Kirchdorf, Pfarrkirche

Pernegger Straße Ph. J. Straub zuordnete. Diese konnten bei einer Begehung jedoch nicht ausfin­ dig gemacht werden. 5  Dehio Steiermark 1956, S. 203. 6 Ebd. 7 Ebd. 8  Siehe dazu: Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 194. 9  Kohlbach 1956, S. 449. 10  Dehio Steiermark 1982, S. 223. 11  Alle vier Skulpturen aus Holz mit Weißpoli­ mentfassung. 12  Dehio Steiermark 1982, S. 223.

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Verzeichnis der Werke Philipp Jakob Straubs (Stand 2021)

1734 Weizberg: Glorie des hl. Johannes Nepomuk, Inschrift: PH(?) ST. FEC. (auf dem Felsen unter den Füßen des Puttos), Sandstein 1734

Graz, Domkirche: Hoforatorium: »reichlich ornamentale Schnitzereien und Atlantenfiguren« (urkundl. gesichert, Kohlbach)1, Holz

1734–1738 Graz, Bürgerspitalskirche: hll. Elisabeth und Barbara (Hochaltar), Sandstein; hll. Aloisius und Ignatius (heute Diözesanmuseum Graz), Holz; Kanzel, Holz 1734–1738 Graz, Bürgerspitalskirche: Magdalenenthron mit ornamentaler ­Dekoration (Laub-, Gitter- und Bandlwerk), Holz 1734–1740 Graz, Bürgerspitalskirche: Putten auf Sakristeischrank, Holz 1735

Graz, Schloss Eggenberg: unbestimmte Aufträge (urkundl. gesichert, Kohlbach)2

1735–1740 Kumberg, Pfarrkirche hl. Stephan, außen neben Turmeingang, hl. Johannes Nepomuk, Sandstein 1735–1740 St. Ruprecht an der Raab, Dekanatskirche: Taufstein-Aufsatz­ gruppe, Annen- und Auferstehungsaltar, Schmerzhafte-MutterAltar, Gnadenaltar und Bekrönung zweier Beichtstühle, Holz, Straub-Schüler Johann Ferdinand Schmucker 1735–1740 Semriach, Pfarrkirche hl. Ägidius: Skulpturen für Johannesaltar (rechter Seitenaltar) und Konsolfiguren hll. Johannes Nepomuk und Dismas, Holz, mit Werkstattbeteiligung 1735–1740 Graz, Hauptplatz Nr. 16: Mariahilfer Gnadenbild (Relief), Sandstein 1735–1740 Graz, Sternäckerweg, Wegkapelle: hll. Johannes Nepomuk und ­Florian, Holz, Werkstatt Ph. J. Straub 1735–1740 Graz, Universalmuseum Joanneum, Alte Galerie, Inv.-Nr. P 213: ­Taufe Christi, Holz, Werkstatt Ph. J. Straub

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1735–1740 Liechtenstein, Rheinbrücke zwischen Bendern (LIE) und Haag (CHE): hl. Johannes Nepomuk, Sandstein 1736

Fladnitz an der Teichalpe, Pfarrkirche hl. Nikolaus: Hochaltar, hll. Petrus, Paulus, Jakobus der Ältere und Donatus, Holz

1736

Graz, Domkirche: Prunkrahmen »cum ciradis« (mit Zieraten) und sechs »Schnirkl« (Schnörkel) für Hochaltartabernakel (urkundl. ­gesichert, Kohlbach)3, Holz; Lichtergüst für die Jesuitenheiligen ­(urkundl. gesichert, Kohlbach)4, Holz

1737

Graz, Kalvarienberg, Kapelle: Brückensturz des hl. Johannes ­Nepomuk, Inschrift: PH J STRAUB FECIT 1737 (auf der Statuen­ basis), Sandstein

1738

Graz, Domkirche: hll. Johannes Nepomuk und Judas Thaddäus, Holz

1740, um5 Bärnbach, Heiliger Berg, Passionskapellen: Geißelungsgruppe mit Signatur: PHI ST. FEC: (an der Säulenbasis), Sandstein, mit Werkstattbeteiligung 1740, um

Graz, Bürgerspitalskirche: Annenaltar, Holz, Werkstatt Schoy-Straub

1740, um

Pernegg an der Mur, Frauenkirche: Hochaltar, Seitenaltäre, Kanzel, Holz

1740–1750 Anger bei Weiz: Konsolfiguren der hll. Joseph, Anna mit Maria, ­Johannes Nepomuk, Carl Borromäus, Patrizius, Odilia, Lucia und Antonius, Holz, Werkstatt Ph. J. Straub 1740–1750 Kirchdorf, Pfarrkirche: Hochaltar mit hll. Donatus, Sebastian, ­Leonhard und Florian, Holz, Werkstatt Schoy-Straub 1742–1744 Graz, Mariahilferkirche: Fassade, hll. Franziskus und Antonius, thronende Madonna mit Jesuskind, drei Erzengel, Sandstein 1742–1745 Rein, Stiftskirche: Sebastiansaltar mit hll. Florian und Donatus ­sowie Narzissusaltar mit hll. Blasius und Valentin (urkundl. ­gesichert, Lehr)6, Holz 1742–1750 Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf: Vortragekreuz und Kruzifix in Vorhalle, Holz, mit Werkstattbeteiligung 1744

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Graz, Domkirche: Nepomuk- und Aloisiusaltar (urkundl. gesichert, Kohlbach)7, mit Skulpturen aus parischem Marmor (gesamt 1.200 fl) Bildprobe der Engel des Aloisiusaltars mit kompliziertem Stand­ motiv8

Verzeichnis der Werke Philipp Jakob Straubs

1745

Graz, Domkirche: Cristo Morto für Antependium des Kreuzaltars (urkundl. gesichert, Kohlbach9), 47 fl 14 kr, Holz

1744–1745 Hartberg, Filialkirche Maria Lebing: linker Seitenaltar, hl. Franz ­Xaver und hl. Antonius von Padua sowie rechter Seitenaltar, hl. Patrizius und hl. Florian, Holz, Werkstatt Ph. J. Straub 1744–1746 St. Erhard in der Breitenau, Pfarrkirche: Hochaltar, hll. Donatus, Martin, Patrizius, Valentin, Georg und Wendelin, Holz, Werkstatt Ph. J. Straub 1745/47

Graz, Domkirche, Dekorationsbekrönungen der Betschemel und Kelchkästen der Sakristei, Uhrrahmen an Orgelchorbrüstung, hölzernes Antependium für Kreuzaltar, die Geroldtschen Leuchter (verschollen), Modellfiguren zu verschollenen Silberstatuetten, »vier wandleichter«, in denen »silberne Herzen in Filigran ­verwahrt werden«, zwei Kandelaber zu je 14 Kerzen (1746), einen neuen Finger aus genuesischem Marmor für die Skulptur des hl. Joachim (für 1 fl 42 kr), zwei Luster (36 fl) (urkundl. gesichert, Kohlbach)10

1745–1750 Graz, Pfarrkirche St. Andrä: Spes und Fides (Hochaltar), Skulp­ turengruppe Kreuzaltar, Holz, Werkstatt Ph. J. Straub 1746

Graz, St. Leonhard, Pfarrkirche: Hochaltar (950 fl) (urkundl. ­gesichert, Kohlbach)11, gelangte nach Bosnien in eine Franziskanerkirche12, genauer Ort unbekannt

1746

Graz, Welsche Kirche: Hochaltarfiguren und zwei Reliefs mit ­Apostelhalbfiguren seitlich des Tabernakels, Holz

1748/50

Graz, Stadtpfarrkirche hl. Blut: Hochaltar, Seitenaltäre, Chor­ gestühl, Oratorien (1875 entfernt); Nepomukaltar (1752 geweiht) ­(urkundl. gesichert, Kohlbach)13, Holz

1749

Hartberg, Filialkirche Maria Lebing: Hochaltar, hll. Johannes der Täufer, Joseph, Anna und Joachim, Holz, mit Werkstattbeteiligung

1749–1757 Budapest (HUN), Museum of Fine Arts (Szépművészeti Múzeum), Alte Ungarische Sammlung (ehemals in Zala, Egervár [HUN], ­Pfarrkirche hl. Katharina): hll. Sebastian und Rochus, Holz 1750, um

Graz, Alte Galerie, Universalmuseum Joanneum, Inv.-Nr. P 198: ­Moses mit den Gesetzestafeln, Holz

1750–1760 Schloss Hollenegg, Pfarrkirche: Hochaltar und Kanzel, Holz 1750–1770 Thannhausen, Straßenkapelle an der Auffahrt zum Schloss ­Thannhausen: hl. Johannes Nepomuk, Holz

Verzeichnis der Werke Philipp Jakob Straubs

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1750–1770 Paldau, Pfarrkirche hl. Veit: Hochaltar (ehemals Hochaltar der ­früheren Karmeliterkirche Graz), Holz, Werkstatt Ph. J. Straub 1752

Varaždin (HRV), Ursulinenkirche: Orgelfiguren, Holz

1755–1760 Schloss Gleinstätten, Kapelle: Altar mit Engelsfiguren, verschollen (Modelle dazu im Salzburger Barockmuseum), Holz 1757

St. Peter im Sulmtal, Pfarrkirche hl. Petrus: Tabernakel (urkundl. gesichert, Kohlbach)14, Holz (aufgrund von Beschädigung durch klassizistischen Tabernakel aus Groß St. Florian ersetzt)

1759

Trški Vrh bei Krapina (HRV), Wallfahrtskirche hl. Maria von ­Jerusalem: Hochaltar (urkundl. gesichert, Baričević)15, Holz

1760, um Arzberg, Pfarrkirche: Konsolfiguren hll. Valentin und Nikolaus, Holz 1760–1765 Wundschuh, Schloss Neuschloss: Skulpturenschmuck der ­Parktore und hll. Johannes Nepomuk und Florian, Umkreis Ph. J. Straub, Sandstein 1760–1770 Graz, Albrechtgasse Nr. 6, Fassade: hl. Michael, Sandstein 1760–1770 Graz, Albrechtgasse Nr. 7, Fassade: Maria Immaculata, Sandstein 1760–1770 Graz, Bergstraße Nr. 24: Maria Immaculata (nicht mehr in situ, ­durch hl. Franz Xaver ersetzt), Stein 1760–1770 Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf: Ecce Homo und Mater Dolorosa, Holz 1760–1770 Graz, Universalmuseum Joanneum, Alte Galerie, Inv.-Nr. P 270: ­Relief Himmelfahrt Maria, Holz 1761

Varaždin (HRV), Kathedrale Maria Himmelfahrt: Kanzel, Holz

1762

Graz, Karlauplatz: Mariensäule, Sandstein

1764

Graz, Schloss Eggenberg: Putten für Parktor (55 fl) (urkundl. ­gesichert, Kohlbach16), Sandstein

1765

Birkfeld, Pfarrkirche hll. Petrus und Paulus: Orgelskulpturen ­(urkundl. gesichert, Kohlbach)17, Holz

1765 Admont: Zehn Vasen und zwei Wappen (urkundl. gesichert, Kohlbach)18, Stein 1765–1770 Graz, Sterngasse Nr. 12, Fassaden- und Portalskulpturen: Maria Immaculata, hl. Florian und Relief hl. Franz Xaver, Sandstein

270

Verzeichnis der Werke Philipp Jakob Straubs

1765–1770 Graz, Pfarrkirche St. Andrä: Skulpturen, Rocaillekartuschen und 15 Reliefs der Rosenkranzgeheimnisse am Rosenkranzaltar, Holz, Ph. J. Straub und Werkstatt 1765–1770 Graz, Sporgasse Nr. 13, Fassade: Relief hl. Johannes Nepomuk, ­ Sandstein 1766 Weiz: Kanontafeln (urkundl. gesichert, Kohlbach)19, Holz 1768

Birkfeld, Pfarrkirche hll. Petrus und Paulus: Rosenkranzaltar ­(urkundl. gesichert, Kohlbach)20, Holz

1769, um Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf: Hochaltar, Zwei Engel, Holz 1770

Graz, Vierzehn-Nothelfer-Kirche: hll. Florian und Richard, ­Sandstein

1770, um

Graz, Mariahilferstraße Nr. 1, Fassade: Maria Immaculata, ­Sandstein

1770, um

Graz, Mariahilferstraße Nr. 11, Fassade: hl. Familie, Sandstein

1770, um

Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf: Schmerzhafte-Maria-Altar, hll. Joseph und Johannes der Täufer, Holz

1770, um

Graz, Grabenkirche: zwei Seitenaltäre (ehemals in Grazer ­Mariahilferkirche), Holz

1770, um

St. Radegund bei Graz, Kalvarienberg: Ecce Homo-Gruppe, ­Sandstein, Werkstatt Ph. J. Straub (?)

1770, um

St. Radegund bei Graz, Kalvarienberg: hl. Maria Magdalena, Holz, Umkreis Ph. J. Straub

1770, um

St. Radegund bei Graz, Kalvarienberg: Christus begegnet Maria, Sandstein, Umkreis Ph. J. Straub oder Veit Königer

1770, um St. Radegund bei Graz, Kalvarienberg: Drei Salbölträgerinnen, Sandstein 1770, um

St. Radegund bei Graz, Kalvarienbergkirche: Seitenaltar rechts, ­Pietà und zwei Heiligenfiguren, Holz, Umkreis Ph. J. Straub

Verzeichnis der Werke Philipp Jakob Straubs

271

1  Kohlbach 1948, S. 122. 2  Kohlbach o. J., S. 1209: »1735. 26. September. Bilt­ hauer Jacob Straub angeschafftes Conto 37 fl.«. 3  Kohlbach 1948, S. 122; Kohlbach o. J., S. 33: »1736. Ph. J. Straub für Bilderrahmen 20 fl. Demselben für 6 Schnirkl zum Holzapparat des Hochaltares 6 fl.«. 4  Kohlbach 1956, S. 205. 5  Schweigert 2017, S. 323. 6  Lehr, Collectaneum, Bd. 1, S. 109. 7  Kohlbach 1948, S. 237. 8  Kohlbach 1956, S. 205. 9  Kohlbach 1948, S. 88. 10  Kohlbach 1956, S. 205. 11 Ebd. 12  Kohlbach 1956, S. 206. 13  Kohlbach 1956, S. 205f. Die Reliefs befinden sich heute aufgeteilt in der Alten Galerie des Universal­ museums Joanneum (elf Stück), der Stadtpfarre Graz (neun Stück), dem Diözesanmuseum Graz (drei Stück) und der Neuen Galerie des Universal­

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Verzeichnis der Werke Philipp Jakob Straubs

museums Joanneum (ein Stück). Horst Schweigert ist bereits ausführlich auf diese Reliefs eingegan­ gen, weshalb sie in dieser Arbeit nicht mehr expli­ zit analysiert werden, siehe: Schweigert 2017b, S. 281–307. 14  Kohlbach 1956, S. 205. 15  Doris Baričević transkribierte den Text der al­ ten Pfarrchronik: »Eodem Anno 1759 major Ara Beatissimae V. Mariae Jeros. ex munificentia peril­ lustris ac Generosi Domini Josephi Jagussich ejus­ dem nobilis Dominae Conthoralis natae Pullay per sculptorem Graecensem Straub extructa et erecta Graecio, et posita fuit, ac per pictorem pariter Grae­ censem inaurata, et marmorizata.« Baričević 1975, S. 22. 16  Kohlbach 1956, S. 206. 17 Ebd. 18 Ebd. 19 Ebd. 20 Ebd.

Philipp Jakob Straub und seine künstlerischen Beziehungen zu ausgewählten zeitgenössischen Bildhauern

Das Werk Ph. J. Straubs durchlief merkbare Entwicklungen, was nicht zuletzt dem Einfluss unterschiedlicher Zeitgenossen geschuldet ist. Es stellt sich in diesem Zusam­ menhang die Frage, welche Elemente in Ph. J. Straubs Œuvre von welchem Künstler inspiriert wurden und ob sich dies anhand seiner gesicherten Werke bestimmen lässt. Da Ph. J. Straub ab 1733 in Graz ansässig war, ist anzunehmen, dass sich Einflüsse durch jene Künstler ergaben, die zumindest zeitweise in dieser, für ihre günstige Auftragslage, bekannten Stadt ihrer Arbeit nachgingen. Aufgrund seiner Ausbildung an der Wiener Akademie mit abschließender Freisprechung, war es ihm erlaubt, die gut etablierte Werkstätte Schoys selbstständig weiterzuführen. Bis auf gelegentliche VorOrt-Arbeiten an den Bestimmungszielen seiner Werke verließ der Bildhauer Graz niemals für längere Zeit. Auch eine Studienreise nach Italien, wie sie andere Künstler zu Fortbildungszwecken unternahmen, ist für Ph. J. Straub nicht annehmbar. Aufgrund der Fülle an Künstlerkollegen unterschiedlichster Abstammung fand dennoch ein reger Ideenaustausch in Graz statt, der gegenseitige Inspiration mit sich brachte – nicht allein unter den Mitgliedern der eigenen Zunft, sondern auch über deren Grenzen hinweg. Ph. J. Straub unterhielt nicht nur zu Bildhauerkollegen, sondern auch zu Malern, Schreinern, Architekten und Baumeistern sowohl private als auch berufliche Beziehungen.1 Dennoch werden auch die mit Sicherheit zahlreichen Gesellen und Schüler ihren Einfluss auf das Schaffen Ph. J. Straubs geltend gemacht haben. Bereits Rochus Kohlbach betonte, wie wichtig es sei, nicht nur das Œuvre eines Künstlers durch Forschungen zu erweitern, sondern auch die »verschiedenen plastischen Gesichter abzugrenzen«,2 die sich im Schaffen manifestieren und ermöglichen, bestimm­ te Gesellen einzuordnen. Inwiefern sich diese Beziehungen auf das Schaffen Ph. J. Straubs auswirkten, soll im Folgenden untersucht werden. Zu einigen Gesellen Schoys, die eventuell auch später für Ph. J. Straub arbeiteten, liefert uns Rochus Kohlbach die Namen: Leopold Schoy (Sohn), Peter Pierling, ­Andreas Kreüdterer, Hans Michael Hass, Michael Cussa, Paschasio Lazarini sowie die beiden Venezianer Giuseppe Formenti und Carlo Sadon.3 Um 1735 bis etwa 1740 wirkte ein Schüler in Ph. J. Straubs Werkstatt mit, der insbesondere bei den Arbeiten für St. Ruprecht an der Raab in Erscheinung trat: der bereits erwähnte Johann Ferdinand

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Schmucker, dessen Gestaltung der Physiognomien besonders augenfällig war. Im Zeitraum von etwa 1750 bis 1753 waren nachweislich Leopold Schoy, Johann Georg Straub und Franz Xaver Messerschmidt als Gesellen in der Werkstatt von Ph. J. Straub tätig.4 Wenngleich sich nicht jede einzelne Handschrift bei jedem Werk separiert herauskristallisieren lässt, so können dennoch spezifische Wesensmerkmale ausgemacht werden, die das Schaffen eines Meisters zumindest phasenweise mitbestimmten. Dazu zählen auch Künstler, die das Stilbild eher indirekt als unmittelbar mitprägten. Nachfolgend wird auf einige jener zeitgenössischen Bildhauer eingegangen und ihr Einfluss bzw. ihre Bedeutung innerhalb des Schaffen Ph. J. Straubs skizziert.

Johann Baptist Straub (1704–1784) Johann Baptist, der älteste der Straub-Brüder, verließ als erster die väterliche Schreiner-Werkstatt, um sich dem Bildhauer-Handwerk zuzuwenden. Er trat um 1720 in die Dienste des Münchener Hofbildhauers Gabriel Luidl und war zunächst als Tischlergeselle tätig.5 Auch Ph. J. Straub, der ihm karrieretechnisch in dieser frühen Phase nachfolgte, war zunächst als Tischler tätig, was Lohnaufzeichnungen beweisen. 6 Erst die Übersiedelung nach Wien mit der damit einhergehenden Einschreibung an der Akademie begründete deren nachfolgende Karrieren, wo sie nützliche Kontakte 7 knüpfen und erste Schritte auf dem lukrativeren Terrain der Bildhauerei tätigen konn­ ten. Die Frage nach der stilistischen Beeinflussung des jüngeren Bruders durch den älteren ist nicht die wesentlichste, da beide ungefähr zeitgleich ihre Ausbildung als Bildhauer absolvierten und demnach eher an den akademischen Lehrmeistern und Vorbildern orientiert waren, wo sie neue Impulse für ihre angestrebte Tätigkeit – fernab der Tischlerei – erhielten. Diese stellte zwar die unbestreitbar zentrale Grundlage ihres Schaffens dar, führte aber ebenfalls dazu, dass sich beide Künstler schließlich von Wien abwandten, da dort künstlerische Techniken wie die Bearbeitung von Stein oder Metallgussarbeiten präferiert wurden und die Straub-Brüder zeit ihres Lebens vordergründig in Holz arbeiteten. Johann Baptist war daher in München sehr gut aufgehoben, da Holz dort einen besonders hohen Stellenwert als bildnerisches Material innehatte, sodass sogar im Außenbereich vermehrt Holzskulpturen eingesetzt wurden (z. B. bei Brunnen oder Außenfassaden).8 Der Kontakt zwischen Johann Baptist und Philipp Jakob dürfte aufgrund der räumlichen Distanz auf ein Minimum reduziert worden sein, als der ältere nach München übersiedelte, kurz nachdem der jüngere dem Ruf nach Graz gefolgt war. Aufgrund des nachfolgenden Aufstiegs Johann Baptists zum Hofbildhauer entwickelte sich sein Stil stark im Geiste des bayerischen Rokokos, was seine Werke deutlich von denen seiner vier Brüder abhob, die allesamt der Grazer Barockplastik, mit ihrem starken Einschlag hin zur zisalpinen Bildhauerei, unterlagen. So sind es auch die Draperien, die sich am augenscheinlichsten unterscheiden: Johann Baptist nahm deutlich Abstand von übermäßig aufbauschenden und theatralisch inszenierten Falten-

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Philipp Jakob Straub und seine künstlerischen Beziehungen

würfen, die die Ausdrucksstärke seiner Figuren überlagern. Seine Figuren strahlen eine höfische Eleganz aus und entsprechen mit ihren Gesichtstypen ganz dem ideal­ schönen Prinzip antiker Plastiken, während seine Brüder dem rustikaleren und realitätsnäheren Bild Vorzug gaben. Es ist demnach nicht davon auszugehen, dass Ph. J. Straub maßgeblich von seinem ältesten Bruder stilistisch beeinflusst wurde, obgleich sich ein Zusammenhang zwischen ihren Arbeiten nicht leugnen lässt. Dies veranschaulicht der Vergleich der hll. Dominikus und Katharina für einen Altar im oberbayerischen Altomünster (1765–1769, Johann Baptist Straub zugeschrieben) mit den hll. Dominikus und Theresa von Ávila des Birkfelder Rosenkranzaltars (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub). Während die pathetische Aussagekraft der Figuren bei beiden Bildhauern zum Tragen kommt, sind lediglich bei den Birkfelder Arbeiten eine gewisse Verklärtheit und religiöse Innigkeit auszumachen, was nicht zuletzt auf die eindeutige Bezugnahme der beiden Heiligen auf die zentrale Gestalt der Muttergottes und die ihr zugedachten demutsvollen Gebärden zurückzuführen ist. Die beiden Skulpturen des älteren Bruders hingegen erscheinen im Ausdruck deutlich kühler und wirken in ihrem Habit wie erstarrt. Die Hinwendung zum Klassizismus ist hier viel deutlicher auszumachen, als es im Werk des Ph. J. der Fall ist. Ruhe und Würde waren bereits zum Dogma des klassizistischen Gedankenguts geworden und dies sollten auch die Kunstwerke vermitteln. Auffallend ist die erstaunliche Analogie der beiden Dominikus-Gesichter, wenngleich es sich doch auch an dieser Stelle zeigt, dass der in Graz tätige Bruder gelegentlich zu grimassenhaften Erstarrungen mit geöffneten Mündern und deutlich sichtbarer oberer Zahnreihe tendierte, was den Skulpturen Eleganz entzieht. Dies fördert jedoch die Bezugnahme und den Verbindungsaufbau der Gläubigen, da die Hemmschwelle zum Überirdisch-perfekten gemildert wird und das Himmelreich somit leichter zugänglich anmutet, was den gegenreformatorischen Tendenzen sehr entgegenkam. Es zeigt sich zwar, dass die beiden Brüder über durchaus vergleichbare stilistische Handschriften verfügten, die Grundsteine der Bildhauerausbildung jedoch – aufgrund unterschiedlich gearteter regionaler Tendenzen – in spezifische Richtungen verliefen.

Lorenzo Mattielli (1687–1748) In der Anfangsphase seines künstlerischen Schaffens zeigte Ph. J. Straubs Stil deutliche Anleihen an den Wiener Kunstkreis, bedingt durch seine Studientätigkeit an der Akademie. In diese Zeit fiel auch Lorenzo Mattiellis Beschäftigung als Kaiserlicher Hofbildhauer,9 was eine Orientierung Ph. J. Straubs an diesem Bildhauer nahelegt. Die bereits erläuterte stilistische Annäherung an Mattiellis Werk, in Bezug auf raumgreifende Körperkomposition und betonte Torsion, ist besonders hervorzuheben. Gerade in Ph. J. Straubs Frühphase zeigt sich die Anlehnung an Mattielli deutlich, da beispielsweise die Atlanten des Hoforatoriums der Grazer Domkirche (1734, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) an dessen Atlantenreihe der Sala terrena in Klosterneu-

Lorenzo Mattielli (1687–1748)

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burg (1735) erinnern. Doch auch die hl. Elisabeth vom Hochaltar der Bürgerspitalskirche (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub) verweist auf die Wiener Ausbildungszeit des jungen Bildhauers. Deren elegante und graziöse Pose sowie ihre affektierte, weit ausladende Gestik zeichnen sie als meisterlich gelungenes Werk aus und schaffen, wie bereits Horst Schweigert feststellte, eine Parallele zu Mattiellis hl. Joseph in der Josephskapelle in der Wallfahrtskirche Mariazell (1731).10 Eine Engelsfigur vom Tambour der Wiener Karlskirche (1725–1730) und der Apostel Judas Thaddäus der Peterskirche in Wien (um 1730) verdeutlichen Ph. J. Straubs Anleihe an Mattiellis Stil zusätzlich, dasselbe gilt für den Engelsturz der Wiener Michaelerkirche (1724–1725), der als direktes kompositorisches Vorbild für Ph. J. Straubs gleichnamige Gruppe der Grazer Mariahilferkirche (1742–1744, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) diente. Auch die Stiefelgestaltung des Erzengels mit Riemen und medaillonförmigen Groteskenfratzen am oberen, umgeschlagenen Schaft11 übernahm Ph. J. direkt für seine Erz­ engelfiguren.12 Lorenzo Mattielli war dementsprechend von wesentlicher Bedeutung für das frühe Schaffen des jungen Bildhauers, was dazu führte, dass dieser die, stark von Bernini und der venezianischen Bildhauerkunst geprägte, Grazer Barockbildhauerei um den Wiener Reichsstil als bedeutenden Faktor erweiterte und mit heimischen, süddeutschen Tendenzen untersetzte.

Joseph Straub (1712–1756) Joseph Straub erhielt wie Ph. J. die Grundausbildung in der väterlichen Werkstatt. Obwohl sein Aufenthalt bis 1736 (Ankunft in Ljubljana) nicht bekannt ist, gilt anzunehmen, dass er seinen älteren Brüdern nach München, Wien und/oder Graz gefolgt ist. Nach 1733 war er vermutlich in der Werkstatt Ph. Jakobs tätig, was erklären würde, weshalb sich deren Stilbilder zum Teil sehr ähnlich waren, was zu einigen Falschzuschreibungen führte.13 Nach 1743 siedelte sich Joseph in Marburg an, wo er eine Werkstatt führte. Die geografische Nähe der beiden brüderlichen Werkstätten und die stilistische Verwandtschaft ihrer Werke legt nahe, dass beide in engem Kontakt zueinander standen und des Öfteren zusammenarbeiteten, insbesondere bei Großaufträgen mit entsprechendem Arbeits- bzw. Zeitaufwand. Dies bestätigt wohl auch die Tatsache, dass Ph. J. Straubs zweite Eheschließung 1751 in Maribor erfolgte und Joseph als Trauzeuge fungierte.14 Die künstlerische Abhängigkeit vom älteren Bruder manifestierte sich im Schaffen Josephs, was insbesondere die Gewandbehandlung beweist. In Bezug auf die Körpergestaltung reichte sein Können nicht an den Bruder heran und zeigte deutliche Unsicherheiten, wie sich an manchen Stellen unmissverständlich offenbart. Daneben sind die Charakteristika seines Personalstils das ­lockige, voluminöse Haar, große, mandelförmige Augen, die oftmals einen etwas schläfrigen Ausdruck annehmen, ein flatteriger Effekt der Kleidung und insbesondere die »Löcher«, die sich innerhalb der Draperie ausbilden. Die männlichen Figuren weisen

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Philipp Jakob Straub und seine künstlerischen Beziehungen

zudem häufig einen sehr weiten Halsausschnitt auf, der die Schultern teils entblößt bzw. eine Tütenfalte formt. Sergej Vrišer unterschied die Werke der beiden Brüder insofern, als dass er bei Joseph eine ekstatische Verzückung und höhere Ausdrucksstärke feststellte, während Ph. J. in seinen Arbeiten ein höheres Maß an »seelischer Feinheit« zeigt.15 Der spielerische Einsatz der Attribute, der sich bei manchen seiner Figuren erkennen lässt, ist ebenfalls von Ph. J. entlehnt. Dies ist am hl. Johannes Nepomuk des Regionalmuseums in Maribor (wohl um 1750–1755) ersichtlich, der eine ikonografische Besonderheit darstellt, da er hier als Pilger wiedergegeben ist, mit unter dem Arm geklemmten Pilgerhut und einem geschlossenen Buch, das er mit der Hand ­gegen die Hüfte stemmt. Ein bemerkenswerter Aspekt ist die offensichtliche Vorbildnahme Josephs am Schaffen Schoys, das er vermutlich indirekt über seinen älteren Bruder vermittelt bekam. Es ist denkbar, dass in der ehemaligen Schoy’schen Werkstatt (unvollendete) Werke und Bozzetti sowie Entwürfe als Anschauungsmaterial für die neue Bildhauer-Generation dienten. Darüber hinaus fanden sich in Graz zahlreiche Werke des verstorbenen Bildhauers, die jederzeit zu Studienzwecken aufgesucht werden konnten. Der Joseph Straub zugeschriebene hl. Johannes Nepomuk in Negova (SLO) weist die, für den Bildhauer typischen, physiognomischen Merkmale auf, was die Zuschreibung plausibel erscheinen lässt. Im Vergleich mit dem hl. Johannes Nepo­ muk Schoys in der Brunnenkapelle von Schönberg bei Knittelfeld (1724) wird evident, dass sich Joseph am Stil des Meisters orientiert hat: Körperhaltung und Ausdruck sind verwandt, ebenso der Faltenwurf des Habits und die Überlänge der Soutane. Schoys Exemplar blickt zwar deutlich ernster als das Straub’sche Gegenstück, die Parallelen in stilistischer Hinsicht sind jedoch nicht zu bestreiten. Dies geht sogar so weit, dass die Nepomuk-Figuren des Ph. J. Straub deutlich anders geartet sind als jene des Bruders, was die Frage aufwirft, inwiefern der posthume Einfluss Schoys auch auf Joseph Straub gewirkt hat. Es beweist jedoch, dass der jüngere Straub durchaus einige intensive Ausbildungsjahre in der Werkstatt Schoy-Straub zugebracht haben muss, da dies sonst nicht erklärbar wäre. Nach dem frühen Tod Joseph Straubs 1756 wurde seine Werkstatt von Joseph Holzinger weitergeführt, dessen Stilbild stark am Schaffen der Straubs orientiert war.

Johann Georg Straub der Jüngere (1721–1773) Über Johann Georg Straub den Jüngeren ist bislang noch sehr wenig bekannt. Nach seiner Grundausbildung in der väterlichen Werkstatt ist er erst im Jahr 1751 wieder fassbar, wo er als Geselle in der Werkstatt Philipp Jakobs in Graz urkundlich erwähnt ist, laut der zufolge er »noch 50 fl gut an ausständigen Wochenlohn« erhalten sollte.16 Zwei Jahre später heiratete er in Radkersburg,17 wo er sich daraufhin auch niederließ und mit seiner Frau Maria Theresia Nast mindestens zwölf Kinder bekam.18 Bislang ist nur ein einziges Werk von seiner Hand bekannt: der rechte Seitenaltar der

Johann Georg Straub der Jüngere (1721–1773)

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Schmerzhaften Muttergottes in der Frauenkirche von Bad Radkersburg (um 1755)19. Der schlanke Säulenaltar trägt reduzierten plastischen Schmuck, die beiden Engel seitlich des Altarbilds bleiben aufgrund ihrer kleinen Größe stark im Hintergrund. Es handelt sich dabei um Figuren in stehender Position mit theatralisch erhobenen Armen. Die künstlerische Qualität ist mit jener der anderen Straub-Brüder nicht vergleichbar, lediglich die Draperie des Mantels, der um die Hüften geschlungen ist, erscheint kunstvoll und bewegt. Die Körpermodellierung zeigt Schwächen hinsichtlich der Proportionierung, die Arme und Unterschenkel sind zu lang und auch die Hälse erscheinen gestreckt und unnatürlich geknickt. Dieser ästhetisch wenig ­ansprechende Eindruck wird durch eine nicht sehr fachmännische Fassungsrestaurierung verstärkt, die die Gesichter puppenhaft und den Mantel wenig plastisch wirken lässt (die rot gefassten Partien erleiden durch die starke Monochromie eine optische Glättung der Faltentäler). Die Physiognomien weichen sehr vom idealschönen Standard ab, die relativ kleinen Augen liegen weit auseinander und werden von hochstehenden Brauen überspannt, das Doppelkinn und die geblähten Backen verleihen ihnen das typische pausbäckige Aussehen von Putten. Ausdrucksstärke und Eleganz sind hier nicht zu finden, dem entsprechen auch die gedrungenen Torsi, die stark an die unausgereiften Körper jugendlicher Knaben denken lassen, wo es noch an Volumen und Definition – insbesondere im Bereich der Brust – fehlt. Weshalb gerade bei dem Jüngsten der Bildhauerbrüder Straub das künstlerische Talent derart zurücksteht, wird wohl nicht zu beantworten sein. Eine künstlerische Gabe ist nicht jedem in die Wiege gelegt, eventuell lagen die persönlichen Interessen und Talente in Wahrheit in ganz anderen Bereichen. Dennoch folgte er seinen vier Brüdern auf der bildhauerischen Karriereleiter, wenngleich er kaum mehr als die ersten Stufen erklimmen konnte. Trotz der sehr guten Auftragslage in Graz und dem Um­ land galt es, einige Konkurrenten auszustechen, was allerdings lediglich den talentier­ testen Künstlern möglich war. Insbesondere die prestigeträchtigen Aufträge wurden ausschließlich an die besten Vertreter ihres Fachs vergeben. So scheint es gut denkbar, dass Johann Georg, nachdem sein Seitenaltar für Bad Radkersburg wenig positives Aufsehen erregt hatte, in weiterer Folge in diversen Werkstätten aushalf und keine weiteren eigenständigen Aufträge mehr ausführte. Aufgrund der günstigen Nähe zu Graz und insbesondere zu Marburg ist anzunehmen, dass er abwechselnd für die beiden älteren Brüder Philipp Jakob und Joseph als Geselle tätig war. Zumindest die grundlegenden Kenntnisse in der Holzbearbeitung und die lebendige Umsetzung von Draperie zählten durchaus zu seinem Repertoire. Dies trifft auch auf die Ornamentik zu, die sich am Bad Radkersburger Seitenaltar in sehr guter Qualität finden lässt.

Joseph Holzinger (1735–1797) Der Marburger Bildhauer Joseph Holzinger wird als Schüler und späterer Nachfolger der Werkstatt Joseph Straubs genannt. Die stilistische Verwandtschaft zu diesem und

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Philipp Jakob Straub und seine künstlerischen Beziehungen

dem älteren Ph. J. Straub ist nicht unwesentlich, weshalb es bereits zu falschen Zuschreibungen kam. So wurden die Hochaltarfiguren der Pfarrkirche im steirischen Mureck aus dem Jahr 1767 mit Ph. J. Straub in Verbindung gebracht, obwohl sich bei genauerer Betrachtung deutliche Züge des Marburger Künstlers zeigen. Dieser entwickelte seinen Personalstil trotz starker Anlehnung an Joseph Straub (Frühwerk) und Veit Königer (Spätwerk). Er blieb der natürlichen Darstellung von Figuren stärker verhaftet und vermied die übersteigerte Theatralik, die insbesondere Joseph Straubs Werken zugrunde lag. Sergej Vrišer strich Holzingers Nähe zum Menschen hervor und attestierte dessen Figuren eine gewisse Portraitähnlichkeit.20 Die Physiognomien erscheinen deutlich rustikaler und teils asymmetrisch, was zwar auch den Straub’schen Arbeiten zu entnehmen ist, dennoch kreierte Holzinger einen ganz spezifischen Gesichtstypus, der zuweilen den strengen Ernst der Königer-Figuren aufgriff. Die bereits an anderer Stelle behandelten Figuren des Marienaltars der Stiftskirche von St. Paul im Lavanttal beweisen, wie stark die beiden Straub-Brüder mit Holzinger in Kontakt standen. Die Skulpturen wurden sowohl Ph. J. als auch Joseph Straub zugeschrieben, obwohl diese aufgrund stilistischer Charakteristika Holzinger zuzuweisen sind. Nichtsdestotrotz zeigen sie frappante Ähnlichkeiten zu deren Werken, wie beispielsweise der hl. Joachim des Marienaltars beweist, der mit Sicherheit am hl. Valentin des Narzissusaltars der Stiftskirche von Rein (1742–1745, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) orientiert ist. Dies verdeutlicht die regen Verbindungen zwischen der Grazer und der Marburger Werkstatt, weshalb es nicht verwunderlich scheint, dass Holzinger und Joseph Straub als jene Bildhauer galten, die Marburg im 18. Jahrhundert zum Zentrum der Bildhauerei Sloweniens machten. Dies ist nicht zuletzt der Wechselwirkung mit Ph. J. Straubs Grazer Werkstatt zu verdanken bzw. dem alpenländisch und akademisch geprägtem Stilbild, das zu einer gänzlich neuen Formensprache führte, die regen Anklang fand.

Franz Xaver Messerschmidt (1736–1783) Franz Xaver Messerschmidt war der Sohn von Ph. J. Straubs Schwester und ist im süddeutschen Wiesensteig geboren und aufgewachsen. Die familiären Verbindungen führten dazu, dass der Neffe mit 16 Jahren zu seinem Onkel nach Graz ging, wo er bis 1754 eine Ausbildung erhielt. Zuvor war er bei seinem älteren Onkel Johann Baptist in München tätig, wo er zum Gesellen ausgebildet worden war.21 Die Kooperation zwischen Messerschmidt und Ph. J. Straub endete bereits nach zwei Jahren, wobei unterschiedliche Versionen zu den Gründen existieren. Eine besagt, dass der Meister das ungebührliche Verhalten seines Neffen nicht mehr tolerieren konnte, weshalb er diesem kündigte.22 Eine andere besagt, dass Messerschmidt freiwillig Graz verließ, da er dort keine Möglichkeit zur weiteren Ausbildung sah.23 Beides ist möglich, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der junge Künstler 1755 an der Wiener Akademie der Bildenden Künste aufgenommen wurde, was den Beginn seiner Karriere als au-

Franz Xaver Messerschmidt (1736–1783)

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ßerordentlich erfolgreichem Bildhauer begründete.24 Es stellt sich die Frage, inwiefern sich beide Künstler beeinflussten bzw. ob dies in der relativ kurzen Zeit überhaupt der Fall sein konnte. Im Jahr der Ankunft Messerschmidts in Graz (1752) hatte Ph. J. gerade die umfassenden Arbeiten für die Grazer Stadtpfarrkirche beendet. Welcher seiner zahlreichen Aufträge unmittelbar danach folgte, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Die Annahme, dass sich der, ab jener Zeit verstärkte, Realismus im Schaffen Ph. J. Straubs auf Messerschmidts Einfluss zurückführen lässt, ist nicht eindeutig. Der jüngere Bildhauer hatte erst seine Grundausbildung in Johann Baptists Werkstatt abgeschlossen, was bedeutete, dass er unter dem Einfluss des Onkels stand, was die Entwicklung einer starken eigenständigen Bildsprache in dieser Phase seines Schaffens nicht befürwortet. Darüber hinaus wird er in der Werkstätte der Onkel eher von diesen beeinflusst worden sein, als umgekehrt – das erklärt die typischen Straub’schen Charakterzüge, die den frühen figuralen Werken Messerschmidts zugrunde liegen. Erkennbar ist dies sowohl an der Gesichts- und Fingergestaltung als auch der Drapierung der Kleidung.25 Nicht auszuschließen ist jedoch, dass Messerschmidt bereits in jungen Jahren einen ausgeprägten Individualstil ausformte, den Ph. J. zumindest ansatzweise in sein eigenes Werk aufnahm. Die ersten für Ph. J. Straub gesicherten Skulpturen nach Messerschmidts Aufenthalt in Graz sind jene am Hochaltar der kroatischen Kirche der hl. Maria von Jerusalem in Trški Vrh (1759). Die beiden äußeren hll. Elisabeth und Anna sind sehr deutlich als ältere Frauen dargestellt, was sich an den profilierten Alterszügen der Gesichter und den ausgemergelten Körpern zeigt. Vor allem letztere scheint mit ihrem überlangen Hals und dem maskulin wirkenden Gesicht eine Neuerung im Straub’schen Figurenrepertoire zu sein. Ob dies auf die Zusammenarbeit mit Messerschmidt zurückzuführen ist, bleibt unklar, ist jedoch eine mögliche Erklärung für den Stilwandel. Demzufolge ist nicht beweisbar, dass Messerschmidt merkbaren Einfluss auf das Schaffen Ph. J. Straubs genommen hat. Vielmehr war der junge Künstler durch seine Ausbildungsjahre in den familiären Kreisen stark vom Straub’schen Formengut geprägt, weshalb sich dieses beizeiten auch in dessen (frühen) Arbeiten feststellen lässt.

Veit Königer (1729–1792) Veit Königer gilt als einer jener Bildhauer, die nachweislich mit Ph. J. Straub in Kontakt standen – zumindest in privater Hinsicht. Königers Gattin trat als Taufpatin für Ph. J. Straubs Tochter Elisabetha Cajetana auf,26 während dieser wiederum den ersten Sohn des Ehepaars Königer, Joseph Philipp, aus der Taufe hob.27 Es ist zu vermuten, dass sich diese Kontakte auch auf die berufliche Ebene bezogen, so verweist Rochus Kohlbach auf die Zusammenarbeit der beiden Künstler für das Schloss Eggenberg, 28 infolgedessen beide Geld für die Fertigung von Putten erhielten. Festzuhalten ist, dass Königer 1762 56 fl bekam, während Ph. J. Straub erst zwei Jahre später 55 fl

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als Lohn kassierte. Dementsprechend stellt sich die Frage, ob dies auf eine Zusammenarbeit schließen lässt. Fest steht, dass sich die Werke Ph. J. Straubs und Königers teilweise recht ähnlich sind, was nahelegt, dass diese einander beeinflussten. Da Ph. J. Straub 23 Jahre älter war als Königer, was einer Generation entspricht, ist anzunehmen, dass dieser in erster Linie dem jüngeren Kollegen als Vorbild gedient haben könnte, was eine gegensätzliche Einflussnahme aber nicht ausschließt. Königer kam um 1755 nach Graz, wo er 1756 Joseph Schokotniggs Tochter ehelichte und in späterer Folge die Werkstatt seines Schwiegervaters übernahm.29 Zu dieser Zeit galt Königer bereits als begnadeter junger Bildhauer, der 1754 einen Preis bei einem bedeutenden Wettbewerb an der Wiener Akademie gewonnen hatte.30 Etwa zur selben Zeit befand sich Ph. J. Straub inmitten seiner mittleren Schaffensperiode, die von Expressivität und ausladender Theatralik gekennzeichnet war. Königers künstlerische Anfänge in Graz waren von einer starken Reduzierung des spätbarocken Formenguts geprägt, seine Figuren erschienen im Standmotiv sehr stabil und gefestigt und waren von jeglicher Pathetik befreit. Die Inszenierung der Skulptur legte die zuvor gängige Thea­ tralik ab, die einer zurückhaltenden Eleganz wich. Wenngleich die Kleiderdrapierung immer noch sehr dominant anmutete, entfernte sie sich vom flatterig aufbauschenden Stilelement und wich einer Ansammlung aus kleinteilig, gerade verlaufenden Falten, die lediglich gelegentlich kleine Wirbel schlugen. Diese kühle Note ist mit Sicherheit auf die Wiener Akademie-Zeit des Bildhauers zurückzuführen, wo er von Jakob Schletterer (1699–1774) ausgebildet wurde, der unter anderem mit Ph. J. Straubs Lehrmeister Johann Georg Mader zusammenarbeitete.31 Königer passte sich jedoch schnell den in der Grazer Plastik gängigen Gestaltungsrepertoires an und griff die weicheren Körperformen sowie das wie durch einen Windhauch in Bewegung versetzte Gewand auf, was sich an dessen Figur des hl. Paulus am Ignatius-Altar in der Grazer Domkirche zeigt (1766, urkundl. gesichert). Dennoch ist nicht zu verleugnen, dass sich bereits die frühen Anklänge des sich ankündigenden Klassizismus in Königers Werk zeigen, wie es auch in Ph. J. Straubs Spätwerk der Fall ist. Doch hier nun die Parallelen zu ziehen, ist vermutlich zu wenig, um eine Einflussnahme der beiden Bildhauer untereinander zu konstatieren. Abhilfe schafft der stilistische Vergleich ­ihrer Werke: Werden die beiden Johannes-Figuren – Königers in der Pfarrkirche Feldbach als Teil einer Kreuzigungsgruppe (drittes Viertel des 18. Jh., urkundl. gesichert) und Ph. J. Straubs am Rosenkranzaltar der Pfarrkirche Birkfeld (1768, urkundl. gesichert) – miteinander verglichen, so wird die Verwandtschaft überdeutlich und manifestiert sich an folgenden Merkmalen: die gesamte Körperkomposition und der leicht lethargische Ausdruck, der Ph. J. Straubs Werken erst im Spätwerk zugrunde liegt, die anatomische Präzision sowie die starke Betonung von Stoffen, wobei Königers Falten regelrecht senkrecht nach unten fließen, während bei Ph. J. Straub noch ein Rest des barocken Überschwanges den Mantelzipfel aufschwingen lässt, als Hommage an vorangegangene Traditionen. Der Kopf ist bei beiden Skulpturen beinahe identisch: längliches, bartloses Gesicht, schmal zulaufende Nase mit ausgeprägter Spitze und aus dem Gesicht genommene, nach hinten verlaufende, Haarlocken, die die Ohren

Veit Königer (1729–1792)

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halb bedecken. Königers Johannes ist deutlich kompakter und blockhafter, während Ph. J. Straubs Gegenstück von einem Schwung durchzogen wird und regelrecht schwebend erscheint. Die Autorin geht davon aus, dass Königer und Ph. J. Straub ab den 1760er-Jahren eng zusammengearbeitet haben. Dies erklärt auch, weshalb sich ihr Stil ab diesem Zeitraum derart annähert. Als Beispiel dienen der Birkfelder Rosenkranzaltar (1768, urkundl. gesichert für Ph. J. Straub) und der Hochaltar der Pfarrkirche von Wildon, der Königer zugeschrieben und auf 1766 datiert wird.32 Die Figuren sind einander in Pose, Körpergestaltung und Ausdruck extrem ähnlich. Die mehrschichtige Draperie, die die Körperformen überlagert und stark verbreitert sowie durch aufwirbelnde Säume bei simultaner Feinteiligkeit an Effekt gewinnt, die wiederum gewisse Körper­ regionen hervorhebt, stellt eine wichtige Beziehung zwischen den beiden Künstlerhänden her. Denkbar ist, dass Ph. J. Straub, der bereits seinem baldigen Lebensende entgegenschritt, auf die Unterstützung durch einen jüngeren Kollegen angewiesen war – dies ist allerdings reine Spekulation. Dennoch ist die Annäherung ihrer Arbeiten in diesem Stadium nicht zu leugnen. Auch die Hochaltarfiguren Königers der Wallfahrtskirche Maria Lankowitz (1767) sind mit den Birkfelder Skulpturen in stilistischen Einklang zu bringen, wenngleich ein deutlicher Unterschied in Bezug auf die Dynamik innerhalb der Gewandgestaltung feststellbar ist. Die beiden hll. Annas sind kompositorisch sehr aneinander angenähert, Königers Version erscheint zwar deutlich jünger und weniger pathetisch als das Straub’sche Gegenstück, wobei jedoch die Fingerhaltung der emporgestreckten linken Hand mit eingezogenem kleinen Finger ein identisches Merkmal ist.33 Auch die Art der Faltenmodellierung lässt auf eine Verwandtschaft schließen, da die Verläufe der Stoffbahnen einander stark ähneln, auch wenn der Klassizismus bei Königer bereits stärker vorherrscht. Feststeht, dass beide Bildhauer nicht nur privat, sondern auch beruflich in engem Austausch standen. Inwiefern der eine mit dem anderen unmittelbar zusammengewirkt hat, wäre ein Forschungsdesiderat, das einen wesentlichen Einblick in die Gepflogenheiten der Grazer Bildhauer und deren wechselseitiger Beziehungen ermöglicht.

Johann Ferdinand Schmucker (Lebensdaten unbekannt) Der einzige namentlich überlieferte Schüler Ph. J. Straubs, Johann Ferdinand Schmucker, ist an dieser Stelle besonders hervorzuheben, da er das Schaffen seines Meisters auf sehr markante Weise prägte. Sein Leben und Wirken liegen leider größtenteils im Ungewissen,34 lediglich seine starke Orientierung am Œuvre des Meisters ist evident. Zumindest in dessen früher Schaffensphase war er Mitglied der Werkstatt SchoyStraub und genoss eine Sonderstellung, die vermutlich auf sein bildhauerisches Talent verweist. Es wurde ihm ermöglicht, den Löwenanteil der an Ph. J. Straub ergangenen Arbeiten für St. Ruprecht an der Raab zu übernehmen, der zumindest die Konzeption und den Oberbefehl der skulpturalen Ausstattung überhatte.35 Es stellt sich

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Philipp Jakob Straub und seine künstlerischen Beziehungen

die Frage, weshalb sich Ph. J. Straub bei diesem Auftrag in solch hohem Maß von seinem Schüler unterstützen ließ, der – wohlgemerkt – in seiner künstlerischen Entwicklung noch nicht ganz ausgereift war und durchaus noch Unsicherheiten in der Körpermodellierung aufwies. Die Antwort liegt vermutlich im Zeitraum der Entstehung der Kirchenausstattung begründet, die sich zwischen 1735 und 1740 datieren lässt. Zu jener Zeit war Ph. J. Straub inmitten seiner frühen Schaffensperiode und damit beschäftigt, sich seinen bildhauerischen Ruf als Werkstattnachfolger Schoys aufzubauen. Aufgrund der Fülle an Aufträgen war es dementsprechend notwendig, Prioritäten zu setzen, sodass die prestigeträchtigeren Arbeiten für die Grazer Bürgerspitals- und die Domkirche mit Sicherheit Vorrang hatten. Gerade die Anfangszeit Ph. J. Straubs in Graz war geprägt von einer Inhomogenität des Stilbilds, was auf die vielfältige Beteiligung seiner Werkstattmitarbeiter zurückzuführen ist. Neben Schmucker sind auch Leopold Schoy sowie Joseph bzw. Johann Georg Straub in dieser Anfangsphase greifbar, wenngleich deren individueller Stil im Œuvre Ph. J. Straubs nicht so einfach auszumachen ist. Schmuckers Handschrift lässt sich durch eine markante Physiognomie mit vorspringendem, rundem Kinn (teils mit Grübchen), verhältnismäßig breitem Mund und einem derben, leicht unausgereiftem Charakter, was an der zuweilen a ­ symmetrischen Form liegt (Nase, Mund und Augen weichen von der Ideallinie ab), charakterisieren. Die größten Unsicherheiten wies der Schüler im Körperaufbau auf: Die Wechselwirkung von Stand- und Spielbein sowie die korrespondierenden Armposen sind an manchen Stellen unvorteilhaft, sodass sich ein konträres Standbild ergibt, das von Spannung getragen ist und Unnatürlichkeit erzeugt. Auch die Gewandmassen stimmen in ihrer dynamischen Wiedergabe nicht mit der Bewegungsrichtung überein. Dennoch zeigt die Draperie das Volumen und die kunstvolle Art, mittels Bauschungen Schwerpunkte zu setzen, die die Figur in ihrem Erscheinungsbild ausbalancieren, was auf das bildhauerische Talent Schmuckers verweist. Der hl. Ignatius (1734–1738, zugeschrieben an Ph. J. Straub), der sich auf einem heute nicht mehr erhaltenen Seiten­ altar der Grazer Bürgerspitalskirche befand, weist stilistisch gesehen starke Parallelen zum hl. Oswald des Annenaltars (1735–1740) der Dekanatskirche von St. Ruprecht an der Raab auf: die vorwärtsschreitende Bewegung, wobei das Spielbein schräggestellt und »nachgezogen« wird, der Kopftypus mit entsprechenden physiognomischen Charakteristika, der wie aus einem Guss zu sein scheint und die anklingende pathetische Aura, die die Werke umgibt, stellen die markantesten Verbindungen zwischen den beiden Künstlerhänden her. Leider lassen sich Schmuckers Vita und Œuvre bis auf das Intermezzo als Werkstattmitarbeiter Ph. J. Straubs nicht weiter nachvollziehen. Fest steht jedoch, dass er einen wesentlichen Beitrag zum Schaffen seines Meisters in dessen früher Schaffensperiode leistete.

Johann Ferdinand Schmucker (Lebensdaten unbekannt)

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1  Schweigert 2017, S. 314f. Dazu zählen: Franz Meylz (Maler), Anton Jandl (Maler), Peter Pierling (Mar­ morierer), Veit Königer (Bildhauer), Joseph Hueber (Architekt und Baumeister), Philipp Carl Laub­ mann (Maler) und Joseph Angerer (Kunsttischler). 2  Kohlbach 1956, S. 224. 3  Kohlbach 1956, S. 185. 4  Kohlbach 1956, S. 206. 5  Lippert 1772, S. 53f. 6  Strobl 2019, S. 50. 7  Johann Baptist Straub stand mit dem Hofarchi­ tekten Joseph Emmanuel Fischer von Erlach, dem kaiserlichen Theatral-Ingenieur Giuseppe Galli-Bi­ biena, dem Hofbildhauer Lorenzo Mattielli sowie den Hofkünstlern Martino und Bartolomeo Alto­ monte, Daniel Gran und Antonio Pellegrini in Kon­ takt, siehe Strobl 2019, S. 51. 8  Peter B. Steiner, Zwischen Barock und Rokoko. Skulptur in Wien und München, 1730–1760, in: Po­ chat 1993, S. 185. 9  Schemper-Sparholz 2006, S. 113. 10  Schweigert 1976, S. 97. 11  Dass dies wohl ein italienisches Formengut darstellt, legt die vergleichbare Ausführung des Schuhwerks der Kriegsgottheiten Mars und Bel­ lona (1644) von der Fassade des Grazer Zeughau­ ses nahe, die ebenfalls vom italienischstämmigen Bildhauer Giovanni Mamolo (gest. 1667) geschaf­ fen wurden. 12  Vgl. mit dem Erzengel Michael der Grazer Ma­ riahilferkirche und dem der Grazer Albrechtgasse Nr. 6. 13  Valentina Pavlič, Joseph Straub, in: Klemenčič /  Meke / Škarić 2019, S. 73. 14  Schweigert 2017, S. 314. 15  Vrišer 1993, S. 192–197. 16  Kohlbach 1956, S. 206. 17  Diözesanarchiv Graz-Seckau, Altmatrikel Bad Radkersburg, Trauungsbuch III (1726–1765), S. 184. 18  Michael Preiss, Johann Georg Straub der Jün­ gere, in: Klemenčič / Meke / Škarić 2019, S. 82. 19  Dehio Steiermark, 1982, S. 37. 20  Vrišer 1971, S. 64.

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Anmerkungen

21  Maria Pötzl-Malikova, Franz Xaver Messer­ schmidt 1736–1783. Monografie und Werkverzeich­ nis, Wien 2015, S. 20, 23. 22  Christoph Ludwig Seipp, Reisen von Preßburg durch Mähren, beyde Schlesien und Ungarn nach Siebenbürgen und von dort zurück nach Preßburg, Frankfurt-Leipzig 1793, S. 500. Messerschmidt wurde wegen des »zu laut werdenden Hangs zur Fröhlichkeit, zum Tanzen und Fechten« gekündigt. 23  Franz Strunz, Merkwürdige Lebensgeschichte des Franz Xaver Messerschmidt k. k. öffentlichen Lehrer des Bildhauerkunst. Herausgegeben vom Verfasser der freimütigen Briefe über Böhmens und Österreichs Schaafzucht, Wien 1793, S. 12. 24  Pötzl-Malikova 2015, S. 23. 25  Siehe z. B. Franz Xaver Messerschmidts hl. Jo­ hannes, 1768, Marmor, Stephansdom, Untere Sa­ kristei, Wien. 26  Diözesanarchiv Graz Seckau Graz-hl. Blut Tauf­ buch XVIII (1767–1771), Signatur 433, S. 380. Die Taufe erfolgte am 3. August 1769. 27  Diözesanarchiv Graz Seckau, Graz-hl. Blut, Tauf­ buch XVI (1755–1761), Signatur 424, S. 98. Die Taufe erfolgte am 28. September 1756. 28  Kohlbach 1956, S. 209. 29  Kohlbach 1956, S. 221. 30  Schuntner 1992, S. 9. 31  Schweigert 2017, S. 312. 32  Dehio Steiermark 1982, S. 620. 33  An dieser Stelle ist anzumerken, dass der Arm der hl. Anna von Maria Lankowitz eventuell (im Zuge einer Restaurierung) falsch angebracht wur­ de. Er erscheint proportional zu lang und unnatür­ lich gerade. Die gen Himmel weisende Armfüh­ rung der Birkfelder Anna scheint auch hier die ursprüngliche Intention des Künstlers gewesen zu sein. 34  Kohlbach 1956, S. 447. Rochus Kohlbach wies auf dessen Stellung als Schüler Ph. J. Straubs hin und bemerkte, dass er sich »zuweilen etwas rück­ gratschwach gehen ließ«. 35 Ebd.

Conclusio

Das Leben und Schaffen des Barockbildhauers Ph. J. Straub wurde mit der vorliegenden Arbeit in ein deutlicheres und vollständigeres Licht gerückt. Die bereits relativ umfassend überlieferte Biografie konnte um einige zusätzlich essentielle Punkte erwei­ tert werden. Diese betreffen, unter anderem, die zweifach vorhandene Sterbe­matrike, die auf den hohen Rang des Bildhauers hinweist, da dieser Fakt eine Rarität darstellt und nicht zu den Gepflogenheiten gehörte. Des Weiteren konnte der Werdegang eines seiner Söhne, Joseph Anton, nachgezeichnet werden, der – wie sein Vater – die Wiener Akademie besuchte, um das Bildhauerhandwerk zu erlernen. Dass dieser am Ende jedoch in den weitaus lukrativeren Uhrenhandel einstieg, und den väterlichen Beruf nicht favorisierte, zeigt auf, dass die Epoche der gegenreformatorischen Bewegung und der Barockisierung der Kirchen gegen Ende des 18. Jahrhunderts jäh zu Ende ging. Dies sah eine Generation zuvor noch anders aus, wie die florierende Werkstatt des Vaters mit ihren zahlreichen Aufträgen beweist. Der beträchtliche zugeschriebene Werkbestand des Ph. J. Straub wurde im Zuge der vorliegenden Arbeit neu bewertet, sodass etwaige Ungereimtheiten ausgeräumt werden konnten. Dafür wurde anhand der, für den Bildhauer gesicherten, Werke eine eingehende Stilanalyse vollzogen, auf Basis derer die gesamten Zuschreibungen allesamt nochmals neu beschrieben und analysiert wurden. So konnte das Werksverzeichnis um einige Arbeiten erweitert werden, wie jene in Liechtenstein, Kirchdorf und Pernegg an der Mur. Bemerkenswert ist vor allem die skulpturale Kirchenausstat­ tung der Frauenkirche von Pernegg, die durch die Autorin erstmals an Ph. J. Straub (mit teilweiser Werkstattbeteiligung) zugeschrieben werden konnte. Ihm mussten allerdings auch einige Werke wieder aberkannt werden, da diese nach intensiver Analyse nicht mit dem Stil des Bildhauers in Einklang zu bringen waren. Größtenteils gelang es der Autorin, mittels stilkritischem Vergleich, den tatsächlichen Künstler zu eruieren. Insbesondere die Abgrenzung zum Schaffen des Bruders Joseph Straub war ein notwendiges Unterfangen, um Klarheit zu schaffen und die beiden Künstlerhände zu trennen. So konnten nun nicht nur die Werke von Ehrenhausen Joseph Straub zugeschrieben werden, sondern auch die Statuette des hl. Joseph in Göppingen und die

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Dreifaltigkeitssäule von Mureck. Dass deren Trinitätsgruppe starke Anleihen an J. J. Schoys gleichnamiger Gruppe in Leoben nimmt, weist auf, dass der jüngere Straub ebenfalls vom bereits verstorbenen Meister inspiriert wurde. Dies geschah ­vermutlich in jener Zeit, in der Joseph Straub bei seinem älteren Bruder mitwirkte und demnach auch Zugriff auf Schoys Bozzetti und Entwurfszeichnungen hatte. Doch auch die ­beiden Straub-Brüder nahmen im Gegenzug Einfluss auf andere Künstler. So griff Josephs Schüler Joseph Holzinger nicht nur den Stil seines Lehrherren, sondern auch den von Ph. J. Straub auf. Dies führte zur Fehlzuschreibung der beiden Altäre von St. Paul im Lavanttal an Ph. J. Straub, obwohl deren Figuren, nach eingehender Betrachtung, klare Züge Holzingers tragen. Auch der Hochaltar von Mureck galt lange als Werk Ph. J. Straubs, bevor dieser mit Holzinger in Verbindung gebracht wurde. Der einzige nachweisbare Schüler des Ph. J. Straub war Johann Ferdinand Schmucker, über den kaum Informationen existieren. Dieser übernahm, unter dem künstlerischen Oberbefehl seines Meisters, die skulpturale Ausstattung der Pfarr­ kirche von St. Ruprecht an der Raab, die Autorin konnte ihm jedoch auch die Beteiligung an der Fertigung der Skulpturen der hll. Franz Xaver, Johannes Nepomuk und Sebastian (heute im Universalmuseum Joanneum) zuweisen. Insbesondere letzterer zeigt die für Schmucker charakteristischen physiognomischen Merkmale. Es ist davon auszugehen, dass der junge Bildhauer, der trotz leichter Schwächen in Hinblick auf die anatomische Körpermodellierung über beachtliches Talent verfügte, in Ph. J. Straubs früher Schaffensperiode des Öfteren in Erscheinung trat. Wie lange er in der Werkstatt verblieb und wohin ihn seine Wege danach führten, bleibt offen. Ein wesentlicher Aspekt der vorliegenden Abhandlung lag auf der posthumen Einflussnahme J. J. Schoys auf seinen Werkstattnachfolger Ph. J. Straub. Dieser stand, stilistisch gesehen, in seiner frühen Schaffensperiode stark unter dem Zeichen des Vorgängers. Die Begründung liegt einerseits in den bereits begonnenen Werken, die Schoy unvollendet hinterließ und die von Ph. J. Straub fertiggestellt wurden, andererseits in den Wünschen und Vorgaben der Auftraggeber, die mit Sicherheit auf wesentlichen, mit Schoy abgesprochenen Vorgaben beharrten. Trotzdem vermochte es der Künstler, seinen Personalstil bereits in den frühesten Werken einzubringen, wie der hl. Johannes Nepomuk vom Weizberg beweist. Dieser wurde zwar kompositorisch eindeutig von Schoys Apotheose des hl. Johannes Nepomuk für Tobelbad entlehnt, doch insbesondere der Einsatz der Attribute zeigt eine unbeschwerte, spielerische Komponente, die seine süddeutschen Wurzeln offenbart. Um das künstlerische Schaffen der beiden Bildhauer in Beziehung zueinander zu stellen, war auch eine ein­ gehende Auseinandersetzung mit dem Opus Schoys notwendig. Es zeigte sich, dass auch dessen bildhauerische Hinterlassenschaft teilweise nur spärlich kunstwissenschaftlich bearbeitet wurde. Der Autorin gelang es, durch eine gezielte Auswahl seiner Werke, diese in Relation zum Schaffen Ph. J. Straubs zu stellen und somit einen direkten Vergleich der beiden Stilbilder anzustellen. Ein interessantes Faktum ist jenes der venezianischen Komponente, die Schoys Schaffen in Bezug auf die Gewandmodellierung deutlich prägt. Es ist davon auszuge-

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Conclusio

hen, dass der Künstler in seiner frühen Schaffensphase einen längeren Studienaufent­ halt im norditalienischen Raum, wahrscheinlich in Venedig, absolvierte, was eine ein­ deutige Prägung hinterließ. Diese wurde von Ph. J. Straub aufgegriffen, der es ebenso meisterlich beherrschte, Materialien realitätsnah wiederzugeben. Dieser Oberflächen­ naturalismus ist ein Charakteristikum seines Œuvres und von indirektem, zisalpinem Gepräge. Es zeigte sich jedoch auch, dass Ph. J. Straub unmittelbare Anleihen an Werken italienischer Künstler in Graz nahm (z. B. das Relief des hl. Franz Xaver in der Grazer Domkirche von Antonio Michelazzi), was aufzeigt, welch hohen Stellenwert die Kunst südlich der Alpen für die regionale Bildhauerei einnahm. Dennoch ist die süddeutsche Herkunft zeit seines Lebens stark im Stilbild des Bildhauers vertreten, ebenso die akademische Prägung, was gesamtheitlich zu seinem spezifischen, unverkennbaren Stil fusionierte. Die Beziehung Ph. J. Straubs zu zeitgenössischen Bildhauern wurde ebenfalls näher betrachtet, da diese die Verbindungen und Beeinflussungen der einzelnen Künstler untereinander darlegt. Neben Schoy, der vermutlich den maßgeblichsten Einfluss auf Ph. J. Straub ausübte, waren es insbesondere seine Brüder, Johann Baptist, Joseph und Johann Georg d. J., wobei ersterer Einfluss in der frühen Stilentwicklung des Ph. J. nahm. Die beiden jüngeren Brüder hingegen wirkten zumindest einige Zeit lang intensiv in der Werkstatt des Ph. J. und standen wiederum unter dem Einfluss des älteren Bruders. Während Johann Georg d. J. künstlerisch weit hinter seinen Brüdern zurückblieb, näherte sich Joseph dem Stil des Ph. J. stark an, was zu einigen Fehlzuschreibungen führte. Doch auch sein Schüler Joseph Holzinger vertrat das Straub’sche Formengut in solch fabelhafter Weise, dass seine Werke irrtümlich für Werke der beiden Straub-Brüder gehalten wurden. Eine Differenzierung der Künstlerhände wurde im Zuge der Arbeit vorgenommen. Der berühmte Neffe Franz Xaver Messerschmidt war zwar zwei Jahre lang Mitglied in der Werkstatt des Ph. J. Straub, es ist jedoch nicht nachweisbar, inwiefern eine wechselseitige Beeinflussung der beiden Künstler stattgefunden hat. Da er im familiären Schreiner- bzw. Bildhauereibetrieb in Wiesensteig aufgewachsen ist, war Messerschmidt die künstlerische Prägung bereits in die Wiege gelegt. Der um eine Generation jüngere Veit Königer war ebenfalls von besonderem Wert für das Leben und Schaffen des Ph. J. Straub, da sie nicht nur freundschaftlich, sondern auch beruflich aneinander anknüpften. Obwohl Königer dem aufkeimenden Klassizismus bereits stärker verhaftet war, der bei Ph. J. Straub nur sehr dezent feststellbar ist, ähnelte sich ihr Stil teilweise frappant. Die Autorin nimmt an, dass der junge Königer eng mit Ph. J. Straub zusammengearbeitet hatte. Eventuell profitierte der jüngere Bildhauer vom Status des älteren, der wiederum – gegen Ende seines Lebens – einen Teil seiner Arbeiten an Königer auslagerte bzw. für gewisse Arbeiten heranzog. Die enge Verbindung der Künstler untereinander wurde anhand von Beispielen augenscheinlich aufgezeigt. Das Leben und das künstlerische Erbe des Ph. J. Straub wurden mit der vorliegenden Arbeit intensiv behandelt, wodurch ein neuer und umfassender Blick auf den

Conclusio

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Bildhauer und dessen bemerkenswerte Leistungen sowie dessen Stellung innerhalb der Grazer Barockplastik ermöglicht wird. Dadurch konnte eine Lücke in der steirischen Kunstgeschichtsforschung geschlossen werden, die gleichzeitig die internationale Vernetzung der regionalen Bildhauer am Beispiel Ph. J. Straubs aufzeigt.

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Conclusio

Tafelteil

I  Philipp Jakob Straub, Sturz des hl. Johannes Nepomuk, Sandstein, 1737, Graz, Kalvarienberg

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II  Philipp Jakob Straub, Thronende ­ Madonna mit Kind, Detail Hauptportal, ­Sandstein, 1742–1744, Graz, Mariahilferkirche

III  Philipp Jakob Straub, Narzissusaltar, Holz, 1742–1743, Rein, Stiftskirche

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Tafelteil

IV  Philipp Jakob Straub, hl. Blasius, Detail Narzissusaltar, Holz, 1742–1743, Rein, Stiftskirche

Tafelteil

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V  Philipp Jakob Straub, hl. Leopold, Detail Nepomuk-Altar, Holz, 1752 geweiht, Graz, Stadtpfarrkirche hl. Blut

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VI  Philipp Jakob Straub, Hochaltar, Holz, 1759, Trški Vrh, Pfarrkirche hl. Maria von Jerusalem

Tafelteil

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VII  Philipp Jakob Straub, Rosenkranzaltar, Holz, 1768, Birkfeld, Pfarrkirche

VIII  Philipp Jakob Straub, Hochaltar, Holz, 1734–1738, Graz, Bürgerspitalskirche

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Tafelteil

IX  Werkstatt Schoy-Straub, ­Magdalenenthron, Holz, 1733–1734, Graz, Bürgerspitalskirche

X  Johann Ferdinand Schmucker, hl. Barbara, Detail Auferstehungsaltar, Holz, 1735–1740, St. Ruprecht an der Raab, Dekanatskirche

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XI  Philipp Jakob Straub und Johann Ferdinand Schmucker, Johannesaltar, Holz, 1735–1740, Semriach, Pfarrkirche

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Tafelteil

XII  Philipp Jakob Straub, hl. Paulus, Detail Hochaltar, Holz, 1736, Fladnitz an der Teichalpe, Pfarrkirche hl. Nikolaus

XIII  Philipp Jakob Straub, hl. Johannes ­ epomuk, Konsolfigur, Holz, 1738, Graz, N Domkirche

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XIV  Philipp Jakob Straub, hl. Judas ­Thaddäus, Konsolfigur, Holz, 1738, Graz, Domkirche

XV  Umkreis Philipp Jakob Straub, ­Vortragekreuz, Holz, 1742–1750, Graz, ­Wallfahrtskirche Mariahilf

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Tafelteil

XVI  Werkstatt Philipp Jakob Straub, hl. Maria, Detail Kreuzaltar, Holz, 1745–1750, Graz, Pfarrkirche St. Andrä

Tafelteil

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XVII  Philipp Jakob Straub, hl. Sebastian, Detail Hochaltar, 1746, Graz, Welsche Kirche

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Tafelteil

XVIII  Philipp Jakob Straub, hl. Johannes der Täufer, Detail Hochaltar, 1746, Graz, ­Welsche Kirche

XIX  Philipp Jakob Straub, hl. Florian, Detail Hochaltar, 1746, Graz, Welsche Kirche

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XX  Philipp Jakob Straub und Werkstatt, Hochaltar, Holz, 1749, Hartberg, Filialkirche Maria Lebing

XXI  Philipp Jakob Straub, hl. Sebastian, Holz, 1749–1757, Budapest (HUN), Museum of Fine Arts (Szépművészeti Múzeum), Alte Ungarische Sammlung (ehemals in Zala, Egervár [HUN])

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XXII  Philipp Jakob Straub, Hochaltar, Holz, 1750–1760, Hollenegg, Schlosskirche

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XXIII  Philipp Jakob Straub, Putto mit Schlagstöcken, Detail Orgelgehäuse, Holz, 1765, Birkfeld, Pfarrkirche hll. Peter und Paul

XXIV  Philipp Jakob Straub, Engel mit Mandoline, Detail Orgelgehäuse, Holz, 1765, Birkfeld, Pfarrkirche hll. Peter und Paul

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XXV  Philipp Jakob Straub, hl. Valentin, Detail Narzissusaltar, Holz, 1742–1743, Rein, Stiftskirche

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XXVI  Philipp Jakob Straub, Erzengel ­Michael, Holz, 1760–1770, Graz, Albrecht­ gasse Nr. 6, Fassade

XXVII  Philipp Jakob Straub, Engel rechts, Detail Hochaltar, Holz, um 1769, Graz, ­Wallfahrtskirche Mariahilf

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XXVIII  Philipp Jakob Straub, hl. Joseph, Detail Schmerzhafte-Maria-Altar, Holz, um 1770, Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf

XXIX  Philipp Jakob Straub, hl. Johannes der Täufer, Detail Schmerzhafte-Maria-Altar, Holz, um 1770, Graz, Wallfahrtskirche Mariahilf

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XXX  Werkstatt Philipp Jakob Straub, Ecce-Homo-Gruppe, Detail Herodes, Pontius Pilatus und Jesus, ­Sandstein, um 1770, St. Radegund, Kalvarienberg

XXXI  Philipp Jakob Straub, Drei Salbölträgerinnen, Sandstein, um 1770, St. Radegund, Kalvarienberg

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XXXII  Umkreis Philipp Jakob Straub, Pietà, Detail Seitenaltar rechts, Holz, um 1735–1745, St. Radegund, ­Kalvarienbergkirche

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XXXIII  Joseph Straub, hl. Dreifaltigkeit, Detail Dreifaltigkeitssäule, Sandstein, 1738, Mureck

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XXXIV  Joseph Straub, Engel mit ­Essiglanze, Detail Hochaltar, Holz, ca. 1753–1754, Ehrenhausen, Wallfahrts­ kirche Schmerzhafte Mutter

XXXV  Joseph Straub, Moses, Detail Kanzel, Holz, ca. 1752–1754, Ehrenhausen, Wallfahrtskirche Schmerzhafte Mutter

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XXXVI  Umkreis Philipp Jakob Straub, Herkules, Sandstein, um 1765, Graz, Eggenberg, Schlosspark

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XXXVII  Joseph Holzinger, hl. Paulus, Detail Hochaltar, Holz, nach 1767, Mureck, Pfarrkirche hl. Bartholomäus

XXXVIII  Philipp Jakob Straub, hl. Zacharias, Detail Hochaltar, Holz, um 1740, Pernegg an der Mur, Frauenkirche

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XXXIX  Philipp Jakob Straub, hl. Johannes der Täufer, Detail Hochaltar, Holz, um 1740, Pernegg an der Mur, Frauenkirche

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Literatur- und Quellenverzeichnis

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Diözesanarchiv Graz Seckau, Graz Strassgang, Ster­ bebuch III (1752–1784) Steiermärkisches Landesarchiv, Abteilung Hamer­ linggasse, Die steirischen Gülten von A. Sikora, III. (eine Abschrift des Dokuments befindet sich im Akt Rudolf Wurzingers) Steiermärkisches Landesarchiv, Akt Rudolf Wur­ zinger Steiermärkisches Landesarchiv, Die Urbare, urba­ rischen Aufzeichnungen und Grundbücher der Steiermark, Bd. 3/I, A, J Steyermärkisches Intelligenzblatt zur Grazer Zei­ tung, Nr. 113, 16. Juli 1836 Woisetschläger Kurt, Universalmuseum Joanne­ um Graz, Inventar Alte Galerie o. D.

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Abbildungsnachweise

Abb. 1–10, 13–19, 22–46, 50–51, 53–85, 87–106, TAF. I–V, VII–XX, XXIII–XXXIX: © Christina Pichler; Abb. 11: © Archiv Diözesanmuseum Graz / Verena Kaufmann; Abb. 12, TAF. VI: © Adobe Stock; Abb. 20–21, 47–49, TAF. XXII: © Archiv Diözesan­museum Graz / Christina Pichler; Abb. 52: © Salzburger Barock­ museum, Sammlung Rossacher; Abb. 86: © Dieter Dehnert, Göppingen, TAF. XXI: © Szépművészeti ­Múzeum / Museum of Fine Arts, Budapest, 2022.

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