Der automatische Austausch von Finanzkonteninformationen in Steuersachen: Eine einfachgesetzliche, verfassungsrechtliche und europarechtliche Untersuchung [1 ed.] 9783428558650, 9783428158652

Für eine globale Gesellschaft sind grenzüberschreitende Tätigkeiten wesenhaft. Die Besteuerungssysteme werden durch die

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Der automatische Austausch von Finanzkonteninformationen in Steuersachen: Eine einfachgesetzliche, verfassungsrechtliche und europarechtliche Untersuchung [1 ed.]
 9783428558650, 9783428158652

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Schriften zum Steuerrecht Band 150

Der automatische Austausch von Finanzkonteninformationen in Steuersachen Eine einfachgesetzliche, verfassungsrechtliche und europarechtliche Untersuchung

Von

Sophie Schurowski

Duncker & Humblot · Berlin

SOPHIE SCHUROWSKI

Der automatische Austausch von Finanzkonteninformationen in Steuersachen

S c h r i f t e n z u m St e u e r r e c ht Band 150

Der automatische Austausch von Finanzkonteninformationen in Steuersachen Eine einfachgesetzliche, verfassungsrechtliche und europarechtliche Untersuchung

Von

Sophie Schurowski

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristenfakultät der Universität Leipzig hat diese Arbeit im Jahr 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-15865-2 (Print) ISBN 9978-3-428-55865-0 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Studie ist von der Juristischen Fakultät der Universität Leipzig im Sommersemester 2019 als Dissertation angenommen worden. Die hier veröffentlichte Fassung befindet sich auf dem Stand Frühjahr 2019; später erschienene Judikatur und Literatur konnte nur noch vereinzelt berücksichtigt werden. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Arnd Uhle, danke ich ebenso für die großzügige fachliche Förderung wie für die wohlwollende menschliche Begleitung, die ich während meiner Studien- und Promotionsjahre an der TU Dresden und der Universität Leipzig erfahren durfte. Dankbar bin ich zudem Herrn Professor Dr. Roman Seer für den fachlichen Austausch und für die Erstellung des Zweitgutachtens. Als besonderes Privileg erachte ich rückblickend die langjährige Förderung der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. während meiner Studienzeit im In- und Ausland sowie während meiner Promotionszeit. In großer Dankbarkeit blicke ich auf Jahre der finanziellen, aber auch ideellen Förderung zurück, ohne die mein späterer beruflicher und akademischer Werdegang in der Form sicherlich nicht möglich gewesen wäre. Des Weiteren möchte ich mich bei meinen direkten Vorgesetzen zur Zeit der Bearbeitung Anne-Kathrin Watzlaw und Dr. Oliver von Schweinitz bedanken, die mir stets den Freiraum gestatteten, mich fachlich weiterzuentwickeln, diese Studie mit Interesse begleiteten und mit denen ich bis heute in Freundschaft verbunden bin. Zuletzt gilt mein großer Dank meinen engen Freunden sowie meiner Mutter, die mich in den Jahren der Erstellung dieser Arbeit fortwährend unterstützt und ermutigt haben. Im Besonderen bedanken möchte ich mich bei meinem Lebenspartner, der mir mit seinem geduldigen und zuversichtlichen Gemüt stets zur Seite steht. Petersberg, im April 2020

Sophie Schurowski

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einleitung 17

Teil 2 Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch in Steuersachen 20



A. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I.

Schwierigkeiten der Besteuerung grenzüberschreitender Sachverhalte . . . . . . . 22

II.

Grenzen materiell-rechtlicher Regelungen gegen Steuerhinterziehung . . . . . . . 27

III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Initiativen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I.

Die US-Initiative „Foreign Account Tax Compliance Act“ (FATCA) . . . . . . . . 32 1. Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Rechtliche Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

II.

Die OECD-Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Art. 26 OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung (OECD-MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 a) Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und zu dem Protokoll vom 27. Mai 2010 zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen . . . . . . 41 a) Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4. Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten 46 a) Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

III. Europäische Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

8

Inhaltsverzeichnis 1. Zinsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a) Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2. Amtshilferichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

C. Entwicklungstendenzen der Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 I.

Territoriale Extension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

II.

Ausgedehnter inhaltlicher Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

III. Intensivierte Automatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 IV. Einbeziehung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Teil 3 Der automatische Austausch von Finanzkonten nach dem FKAustG im Detail 60



A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 B. Die Melde- und Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 I.

Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 1. Bestandskonten natürlicher Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Neukonten natürlicher Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3. Bestandskonten von Rechtsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4. Neukonten von Rechtsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 5. Sonstige Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

II.

Meldepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

III. Aufgaben des BZSts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Teil 4 Die Stellung der Finanzinstitute beim automatischen Finanzkonteninformationsaustausch 71



A. Inhaltliche Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 I.

Auskunftserteilung im Steuerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

II.

Automatisierter Kontenabruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

III. Datenzugriff im Rahmen der Kapitalertragsteueraußenprüfung . . . . . . . . . . . . 79 IV. Meldung im Rahmen des Kontrollverfahrens nach § 45d Abs. 1 EStG . . . . . . . 81 V.

Meldungen im Rahmen des Steuerumgehungsbekämpfungs­gesetzes . . . . . . . . 82

Inhaltsverzeichnis

9

B. Entwicklungstendenzen der Kontendatenpreisgabe an nationale Steuerbehörden . . . 83 I.

Herabsetzung von Zulässigkeitshürden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

II.

Erweiterung des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

III. Vermehrte Einbeziehung der Finanzdienstleistungsbranche . . . . . . . . . . . . . . . 85 C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 I.

Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 1. Begriffsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Finanzinstitute als Beliehene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Abgrenzung zum Verwaltungshelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 b) Übertragung „neuer“ Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 c) Mittlerfunktion – zwischen staatlicher Amtsermittlungspflicht und privater Mitwirkungsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 d) Keine Beleihung bei Steuerentrichtungsverpflichteten . . . . . . . . . . . . . . 94 e) Hoheitliche Befugnisse durch Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 f) Keine Vorteilsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 g) Legalausnahmen von Mitteilungs- und Amtshilfepflichten bei Finanz­ instituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 h) Wortlautauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 i) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

II.

Indienstnahme Privater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Begriffsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Finanzinstitute als „Indienstgenommene Private“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Pflichteninhalt der Indienstnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Zugrunde liegender Rechtsakt der Indienstnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Person des Indienstgenommenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 d) Indienstnahme für öffentliche Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 e) Fremdnützigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

D. Generell zur Legitimation der Indienstnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. II.

Einordnung in die grund- und bereichsspezifische Typologie . . . . . . . . . . . . . 113 Ansicht der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Ausgangsentscheidung Couponsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Leitentscheidung Erdölbevorratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3. Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4. Judikate zur Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche . . . . . . . . . . 121

III. Ansicht der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 IV. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

10

Inhaltsverzeichnis

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs von Finanzkonteninformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 I. II.

Das vormalige Bankgeheimnis nach § 30a AO a. F. als Schranke der Indienstnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Verfassungsstrukturelle Schranken der Indienstnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Funktionsvorbehalt nach Art. 33 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3. Steuerverwaltungshoheit nach Art. 108 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

III. Grundrechtseingriff als Schranke der Indienstnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Prüfungsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Legitimationsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 3. Berufsfreiheit Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 a) Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) Persönlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Sachlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 c) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Formelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Materielle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (1) Normenklarheit und Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (a) Verweisstruktur des FKAustG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 (b) Bußgeldtatbestand des FKAustG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (2) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (a) Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (aa) Sachzweck – Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung sowie die Förderung von Steuerehrlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (bb) Nebenzweck – Staatsentlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (cc) Zukünftige Abschaffung der Abgeltungsteuer . . . . . . 164 (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (b) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (aa) Ausländische Kontendaten von Steuerinländern als steuerlich relevante Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (bb) Administrative und fiskalische Erleichterungen . . . . . 170 (c) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (aa) Extraterritorialer Quellensteuereinbehalt . . . . . . . . . . 171 (bb) Ersuchungs-, Kulanz- und Spontanauskünfte . . . . . . . 174

Inhaltsverzeichnis

11

(cc) Direkte Kontendatenverarbeitung durch die Steuerverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 (d) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (aa) Generell – die Sach- und Verantwortungsbeziehung sowie Zumutbarkeit der Indienstnahme . . . . . . . . . . . . . 180 (bb) Plausibilitätsprüfung der Selbstauskünfte . . . . . . . . . . 186 (cc) Datenerhebung beim Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (dd) Herausfilterung und Nachforschung von beherrschenden Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (ee) Kostenübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (e) Gesamtbetrachtung  – Phänomen kumulativer Grundrechtseingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (aa) Generell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (bb) Im speziellen Fall der Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (f) Wesentlich stärkere Belastung einer zahlenmäßig begrenzten Gruppe Indienstgenommener . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 4. Eigentumsfreiheit Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 F. Die Indienstnahme im Rechtsverhältnis – Letztverantwortung des Staats? . . . . . . . . 223 I.

Das Dreiecksrechtsverhältnis der Indienstnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

II. Schwachstellen und Ausgestaltungsdirektiven des Indienstnahmerechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 1. Schwachstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 a) Rechtsschutz- und Haftungsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Perpetuierungseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Staatlicher Kontrollverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 d) Regelungslücken des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 e) Machtzuwachs des Indienstgenommenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 a) Garantenstellung des Staats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 b) Ausformung der Garantenstellung des Staats im Finanzkonteninforma­ tionsaustauschverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 aa) BZSt als zwischengeschaltete öffentliche Stelle vor Meldung an das Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 bb) Außenprüfung als Kontrollgarant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

12

Inhaltsverzeichnis Teil 5 Die Stellung des Kontoinhabers beim automatischen Finanzkonteninformationsaustausch 240



A. Generell zur Legitimation steuerverfahrensrechtlicher Maßnahmen mit datenschutzrechtlichem Eingriffscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 I.

Ansicht der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 1. Nationale Judikatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 a) Judikate zur Auskunftserteilung von Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 b) Urteil zum automatisierten Kontenabruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 c) Urteil zur Steueridentifikationsnummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 d) Urteil zur Datenbank über steuerliche Auslandsbeziehungen . . . . . . . . 249 e) Judikate zur Leistung zwischenstaatlicher Amtshilfe in Steuersachen . . 250 2. Judikatur des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Sabou . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Bara . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 c) Digital Rights . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 d) Schrems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

II.

Ansicht der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte von Kontoinhabern für Zwecke des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs . . . . . . . . . . . . . . . 267 I.

Systematisierung der Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 1. Im Ausland steuerlich Ansässige mit Inlandskonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Im Inland steuerlich Ansässige mit Auslandkonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

II.

Legitimationsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 1. Legitimationsmaßstab bei Datenübermittlung in ein Drittland . . . . . . . . . . . 272 a) Anwendung des Grundgesetzes und der DS-GVO . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 b) Anwendung der EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 2. Legitimationsmaßstab bei Datenübermittlung in das europäische Ausland . 275 a) Anwendung der EU-Grundrechtecharta und der DS-GVO . . . . . . . . . . . 275 b) Anwendung der EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

III. Prüfungsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 IV. Grundrechtlich verbürgter Datenschutz bei außereuropäischen Übermittlungsvorgängen nach dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 1. Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 a) Persönlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

Inhaltsverzeichnis

13

aa) Anwendung auf juristische Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 (1) Aktive Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 (2) Passive Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 bb) Anwendung auf natürliche Personen aus Drittländern . . . . . . . . . . . 288 b) Sachlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 2. Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 a) Generell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 b) Kontenidentifizierung und -klassifizierung durch die Finanzinstitute . . . 294 c) Meldung der Finanzkontendaten an die nationale Finanzbehörde BZSt

296

d) Übermittlung der Finanzkontendaten an ausländische Finanzbehörden . 297 e) Eingriffsausschließende Einwilligung in die Datenverarbeitung . . . . . . . 298 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 a) Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 b) Formelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 c) Materielle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 aa) Normenklarheit und Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 (1) Generell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 (2) Zweckfestlegung und -bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 (3) Normenklarheit der Melde- und Sorgfaltspflichten aus Sichtweise der Kontoinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 (4) Normenklarheit bei Nichtangabe der Steuer-IdNr. durch den Konto­inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 (5) Normenklarheit in Bezug auf die empfangende ausländische Juris­diktion und Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 (6) Exkurs: Normenklarheit am Beispiel der liechtensteinischen Umsetzungsgesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 (7) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 bb) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 (1) Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 (2) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 (3) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 (a) Extraterritorialer Quellensteuereinbehalt . . . . . . . . . . . . . . 324 (b) Ersuchungs-, Kulanz- und Spontanauskünfte . . . . . . . . . . . 326 (c) Direkte Kontendatenverarbeitung durch die Steuerverwaltung 331 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 (4) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 (a) Generell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

14

Inhaltsverzeichnis (aa) Gleichmäßigkeit der Besteuerung und wirksame Strafverfolgung als Gemeinwohlbelange von erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 (bb) Persönlichkeitsrelevanz der Kontendaten . . . . . . . . . . 337 (cc) Automatisierte Verarbeitungsweise ohne Einzelfall­bezug und Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 (b) Kontendatenklassifizierung durch die Finanzinstitute . . . . . 346 (aa) Erhöhung der Eingriffsintensität durch Generierung eines neuen Datenpools bei den Finanzinstituten . . . . 349 (bb) Auswirkungen der Erhebung der steuerlichen Ansässigkeit und der Steuer-IdNr. auf die Eingriffsintensität . . 356 (cc) Eingriffsintensivierung durch Erweiterung des Betroffenenpersonenkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 (dd) Eingriffsintensivierung durch Datenverarbeitung mittels externer Dienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 (ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 (c) Meldung der Finanzkontendaten an das Bundeszentralamt für Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 (d) Übermittlung der Finanzkontendaten an ausländische Finanzbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 (aa) Übermittlung trotz variierenden Datenschutzstandards 368 (bb) Eingriffsintensivierung aufgrund limitierter Information vor der Datenpreisgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 (cc) Eingriffsintensivierung aufgrund unterbleibender Anhörung des Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 (dd) Ertragsdatenübermittlung ohne Besteuerung im Empfängerland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 (ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 (5) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 V.

Grundrechtlich verbürgter Datenschutz bei innereuropäischen Übermittlungsvor­ gängen nach dem europäischen Datenschutzgrundrecht Art. 8 EU-Grundrechtecharta 399 1. Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 2. Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 3. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405

VI. Die Rechtsschutzgarantie bei außereuropäischen Übermittlungsvorgängen nach Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 1. Die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens in Vorwirkung auf den effektiven Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 2. Die Voraussetzungen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG 414 VII. Die Rechtsschutzgarantie bei innereuropäischen Übermittlungsvorgängen nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418

Inhaltsverzeichnis

15

Teil 6 Zusammenfassung 422 A. Thesenförmige Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 B. Abstract of Content . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474

Teil 1

Einleitung Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist eine grundrechtliche Untersuchung des globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch von Finanzinformationen in Steuersachen (folgend: „Standard“)1. Der mittlerweile weltweit anerkannte Standard für den Finanzkonteninformationsaustausch ist durch die OECD auf Mandat der G20-Staaten und in enger Kooperation mit der EU ausgearbeitet worden und basiert grundlegend auf der US-amerikanischen Initiative des „Foreign Account Tax Compliance Act“ (folgend: „FATCA“)2. Im Rahmen des Standards werden Finanzinstitute in am Austausch teilnehmenden Jurisdiktionen verpflichtet, Kontendaten ihrer ausländischen Kunden nach bestimmten Vorgaben zu klassifizieren, gegebenenfalls neue Daten vom Kontoinhaber zu erheben und in Meldekategorien einzuordnen, um diese im Anschluss an die nationalen Steuerbehörden zu übermitteln. Die zuständige nationale Steuerbehörde leitet die Daten sodann an andere teilnehmende Jurisdiktionen, unter anderem auch an Entwicklungsländer, weiter und erhält im Gegenzug Finanzkontendaten von im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen. Das Ziel hierbei besteht darin, Steuerhinterziehung zu bekämpfen und gleichzeitig eine zuverlässige Verifikationsgrundlage für bis dahin an einem Vollzugsdefizit krankenden im Ausland lagernden Kapitalerträgen zu schaffen. Das bis dahin in einigen Staaten bestehende steuerliche Bankgeheimnis ist dergestalt faktisch abgeschafft. Als Teil einer fortschreitenden Automatisierung der steuerlichen Amtshilfe bildet der Finanzkonteninformationsaustausch ein bedeutsames Instrument, um die „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“, garantiert durch Art. 3 Abs. 1 GG und einfachgesetzlich normiert in § 85 AO, auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten 1

Der Standard für den automatischen multilateralen Austausch von Finanzkonten nach den Vorgaben der OECD, besteht aus zwei Teilen, dem Muster zur multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörde über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, dem sog. „Competent Authority Agreement“ (CAA), und der Mustervereinbarung zum gemeinsamen Melde- und Sorgfaltsstandard, dem. sog. „Common Reporting Standard“ (CRS), vgl. OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax ­Matters, inkl. Kommentar, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-oftax-information/standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-taxmatters-9789264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 2 Vgl. sec. 1471–1474 Internal Revenue Code, in Kraft gesetzt durch den „Hiring Incentives to Restore Employment Act“, Publ. 111–147, 124 Stat. 71, verkündet am 18.03.2010, H. R. 2847. Durch die Gleichgerichtetheit der Regime können die hier aufgezeigten Untersuchungsergebnisse grundsätzlich auch auf das FATCA-Regime übertragen werden. Etwaige Abweichungen werden an bestimmten Stellen der Arbeit hervorgehoben.

18

Teil 1: Einleitung

sicherzustellen. Andererseits werden die Grundrechtssphären der zur Umsetzung verpflichteten Finanzinstitute sowie der von der Datenpreisgabe betroffenen Kontoinhaber erheblich berührt. Diese Grundrechtspositionen zwischen Kontoinhabern und Finanzinstituten gegenüber dem Staat sind mit einem deutlich wachsenden Interesse an der Bekämpfung grenzüberschreitender Steuervermeidungs- und -hinterziehungspraktiken und einer gleichzeitig steigenden Bedeutung des grundrechtlich verbürgten Datenschutzes zum Ausgleich zu bringen. Die extensive territoriale Dimension, die intensivierte Automatisierung, der ausgedehnte inhaltliche Meldeumfang sowie die maßgebliche Einbeziehung der Finanzinstitute als private Dritte bilden neue und bis jetzt weitgehend unerforschte Parameter zur Bewertung des Amtshilfeverfahrens. Die vorliegende Arbeit untersucht den Standard für den Finanzkonteninformationsaustausch aus deutscher Perspektive des deutschen und europäischen Rechts. Die auf seine Vereinbarkeit mit grundrechtlicher Gewährleistung untersuchte Thematik erfordert hierbei eine nationale, europarechtliche wie völkerrechtliche Betrachtungsweise, wobei auch die neuen europarechtlichen Datenschutzbestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (folgend: „­DS-GVO“)3 berücksichtigt werden, die seit Mai 2018 in Kraft sind.4 Als Ziel der Arbeit werden Eingriffe einzelner Ausgestaltungsdirektiven des neuen Verwaltungsverfahrens, deren Verfassungskonformität fraglich erscheint, adressiert. Dies erfolgt auch unter Berücksichtigung anderer Verwaltungsverfahren, welche Informationspreisgaben Steuerpflichtiger zum Gegenstand haben oder Dritte zur Erhebung dieser Informationen in die Pflicht nehmen. An diesen Stellen werden konkrete Lösungsansätze entwickelt, welche eine weniger eingriffsintensive Ausgestaltung des Amtshilfeverfahrens ermöglichen, ohne dabei jedoch das legitime Ziel, die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, zu gefährden. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in 6 Teile, wobei als Schwerpunkte die Grundrechtsuntersuchungen in Teil 4 und 5 fungieren. Zunächst werden nach der hier in Teil 1 erfolgten Einleitung in Teil 2 die Ausganslage grenzüberschreitender Besteuerungsproblematiken geschildert und als Antwort hierauf die differenten Initiativen und Rechtsgrundlagen des steuerlichen automatischen Informationsaustauschs skizziert. Der Überblick zu den Amtshilfeinitiativen, deren Rechts 3

Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (Text von Bedeutung für den EWR), ABl. L 119/1 v. 04.05.2016 (folgend: „Datenschutz-Grundverordnung“, „DS-GVO“). In Deutschland hauptsächlich durch das Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und-Umsetzungsgesetz EU – ­DSAnpUGEU) vom 30.06.2017 (BGBl. I S. 2097) umgesetzt. Durch Art. 17 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 17.07.2017 (BGBl. I S. 2541) wurden spezialgesetzliche Regelungen nach den Vorgaben der DS-GVO in der AO übernommen. 4 Die neue Fassung des BDSG ist am 25. Mai 2018 mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten um das bis dahin aktuelle Bundesdatenschutzgesetz komplett zu ersetzen.

Teil 1: Einleitung

19

grundlagen sich im Mehrebenensystem finden, bildet gleichzeitig die dogmatische Grundlage für die darauffolgenden Untersuchungen. In einem vorwiegend deskriptiven Teil 3 werden sodann kurz allgemeine Ausführungen zu den wichtigsten Bestimmungen der Referenzmaterie, dem Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, zusammengefasst werden, um diese im Nachgang einer verfassungsrechtlichen Betrachtung unterziehen zu können. Teil 4 bildet eine rechtliche Untersuchung zur Stellung der Finanzinstitute beim automatischen Finanzkonteninformationsaustausch, wobei diese Stellung zunächst unter dem Klassifikationsbegriff der „Indienstnahme Privater“ eingeordnet wird. Die Legitimation dieser Indienstnahme wird hiernach insbesondere anhand der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG untersucht. Schließlich wird in diesem Teil auch das Rechtsverhältnis zwischen den involvierten Parteien beleuchtet, um anschließend den Blick auf die betroffenen Kontoinhaber zu richten. Die Stellung dieser Kontoinhaber im Rahmen des internationalen Finanzkonteninformationsaustauschs wird in Teil 5 vor dem Hintergrund der mit dem Informationsaustausch verbundenen Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie in das europäische Datenschutzgrundrecht nach Art. 8 EU-Grundrechtecharta erörtert. Dabei stellt die Untersuchung auf den Sachverhalt der im Ausland steuerlich Ansässigen mit Inlandskonten ab. Insofern stehen die Datenverarbeitung der deutschen meldepflichtigen Finanzinstitute und die Übermittlung der Kontendaten durch das Bundeszentralamt für Steuern an ausländische Finanzbehörden im Mittelpunkt der Arbeit.5 Gleichzeitig wird in diesem Teil der Arbeit die Rechtsschutzgarantie beleuchtet. Die vorliegende Arbeit wird in Teil 6 mit einer thesenförmigen abschließenden Zusammenfassung der Forschungsergebnisse in deutscher und englischer Sprache abgerundet.

5

Vgl. Teil 5 B. I., der reziproke Sachverhalt ist nicht Teil der Untersuchung.

Teil 2

Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch in Steuersachen Für eine globale, vernetzte Gesellschaft, wie sie heute existiert, sind grenzüberschreitende, wirtschaftliche Tätigkeiten charakteristisch. Die nationalen Steuersysteme werden durch diese fortwährende Entwicklung vor zahlreiche Herausforderungen gestellt.1 Gleichzeitig hat vor dem Hintergrund der zurückliegenden Finanz- und Staatskrisen die Erhebung von Steuern als öffentliche Haupteinnahmequelle nochmals an Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklung bedingt, dass Staaten an ihrer nationalen Gesetzgebungshoheit im Bereich Steuern festhalten und gleichzeitig stärker gegen Steuerbetrug und -hinterziehung vorgehen. Ausgehend von diesem Umfeld müssen Wege gefunden werden, die eine gerechte und gleichmäßige Besteuerung über Ländergrenzen hinweg garantieren. Bleiben Versuche zur Schaffung einer grenzüberschreitenden fairen Besteuerung aus, kann dies nicht nur Doppel- oder Nichtbesteuerung auslösen, sondern auch den Weg ebnen für Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressive Steuerplanung.2 Dem Pro­blem der Doppel- und Nichtbesteuerung kann durch die Unterzeichnung zahlreicher Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (kurz: „Doppelbesteuerungsabkommen“ und folgend: „DBA“) mit Regelungen zur Zuteilung von Besteuerungsrechten3 und den Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung4 wirk-

1 Vgl. hierzu Marino, in: ders. (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 3 (4 ff.); Schaumburg, Internationals Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 16.1 ff. 2 Zu den offiziellen europäischen Definitionen der Begriffe „Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressive Steuerplanung“ siehe die Website der EU-Kommission: http://ec.europa. eu/taxation_customs/taxation/tax_fraud_evasion/missing-part_de.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2014); vgl. grundlegend zu den zentralen Bausteinen des internationalen Steuerrechts Reimer, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. XI, § 250 Rn. 36 ff.; abgegrenzt werden muss jedoch die Steuerflucht von der Steuerhinterziehung. Die Steuerflucht oder sog. „Steuervermeidung“ ist ausdrücklich nicht strafbar, vgl. BFHE 183, 174 ff.; BVerfGE 9, 237 ff. Siehe jedoch auch die Abgrenzung zur straffreien Steuervermeidung und der rechtswidrigen Steuerumgehung, welche § 42 AO adressiert, Gassner, in: FS Kruse, 2001, S. 183 ff. 3 Nach den Grundsätzen über die Zuteilung der Besteuerungsrechte dürfen bspw. regelmäßig Grund- und Betriebsstättenvermögen im Belegenheits- beziehungsweise Betriebsstättenstaat besteuert werden, zumeist in Art. 5, 6 der DBAs geregelt. 4 Sog. Freistellungs- und Anrechnungsmethode, welche sich regelmäßig in Art. 23A und 23B der DBAs befinden; siehe bspw. zur Erläuterung der Methoden Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015 § 4; Ismer, in: Vogel / ​Lehner, DBA, Art. 23a und b; Wilke / ​Weber, Lehrbuch internationales Steuerrecht, 12. Aufl. 2014, Rn. 54 ff. und 581 ff.

A. Ausgangslage

21

sam entgegengetreten werden. Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressive Steuerplanung bleiben hingegen weiterhin als globale Herausforderung bestehen.5 Der Informationsaustausch, als Teil der grenzüberschreitenden Amtshilfe im Steuerrecht, bietet eine effektive Möglichkeit, diesen Gefahren durch verbesserte Sachverhaltsaufklärung zu begegnen.6 Dabei bieten die gewonnenen Daten der Finanzverwaltung die Möglichkeit, deklarierte Angaben der Steuerpflichtigen im Steuerermittlungs-, Festsetzungs- und Erhebungsverfahren sowie im Steuerstrafverfahren zu verifizieren. Die rasante Entwicklung verschiedener europäischer, bilateraler, und multilateraler Initiativen versinnbildlicht den verfahrensrechtlichen Bedeutungszuwachs.7 Nachfolgend wird zunächst die rechtliche wie tatsächliche Ausgangslage dargestellt, die im Bereich der grenzüberschreitenden Besteuerung von Kapitaleinkünften zu finden ist (Teil 2 A). Der hier aufgezeigten Diffizilität werden die verschiedenen Initiativen zum steuerlichen Informationsaustausch gegenübergestellt (Teil 2 B). Die Zusammenschau der Initiativen ebnet gleichzeitig den Weg zur grundlegenden Erfassung des Untersuchungsgegenstands, dem automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten. Dieser ist durch eine erhebliche Rechtsquellenvielfalt ausgestaltet, deren Zusammenspiel sich durch die Erläuterungen der verschiedenen Initiativen zeigt. Zuletzt werden Entwicklungstendenzen abgeleitet, die sich aus dem Überblick der verschiedenen Informationsaustauschinitiativen ergeben (Teil 2 C).

A. Ausgangslage Die grenzüberschreitende Besteuerung von Kapitaleinkünften ist ein Massenverfahren, geprägt von einem weitreichenden Erhebungsdefizit. Im Weiteren wird auf diesen Umstand und seine Ursachen eingegangen. Zunächst wird allgemein die Ausgangslage der Besteuerung grenzüberschreitender Sachverhalte erläutert (Teil 2 A. I.). Im Anschluss werden die tatsächlichen Grenzen materiell-rechtlicher Regelungen aufgezeigt (Teil 2 A. II.). Zuletzt fasst eine Stellungnahme nochmals die Notwendigkeit nach grenzüberschreitendem Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden zusammen (Teil 2 A. III.).

5

Hierzu Teil 2 A. Generell zu den Kooperationsformen der internationalen Informationshilfe m. w. N. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 11 ff.; vgl. auch zur Terminologie der Informationshilfe ebd. S. 47 f. 7 Hierzu Teil 2 B. 6

22

Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

I. Schwierigkeiten der Besteuerung grenzüberschreitender Sachverhalte Den generelleren Hintergrund der Schwierigkeiten grenzüberschreitender Besteuerung bildet der vorherrschende Souveränitätsgedanke der Staaten und das damit verbundene Recht, eigenständige Gesetzgebung im Bereich der Besteuerung zu erlassen.8 Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, denen zufolge ein in einem Staat Ansässiger wirtschaftlich in einem anderen Staat tätig wird und hierbei in diesem Staat Einkünfte erzielt, ergibt sich eine Kollisionssituation hinsichtlich der Frage, welchem der beiden Staaten das Besteuerungsrecht zufällt.9 Zur Lösung dieses Zielkonflikts haben sich im internationalen Steuerrecht diverse Grundprinzipien herauskristallisiert, welche die Basis der Abkommenspolitik souveräner Einzelstaaten bilden.10 Nach dem „Wohnsitzstaatsprinzip“ wird eine natürliche Person in dem Staat steuerpflichtig, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.11 In Ausnahmefällen, wie den Vereinigten Staaten, bemisst sich die Steuerpflichtigkeit auch nach der Staatsangehörigkeit („Nationalitätsprinzip“).12 Die Person ist in diesem Staat grundlegend mit ihrem gesamten im In- und Ausland erwirtschafteten Einkommen steuerpflichtig, dem sog. „Welteinkommen“. Dieses „Wohnsitzstaatsprinzip“ basiert demzufolge auf einem universalen Verständnis („Universalprinzip“).13 Diesem Prinzip steht das „Quellenlandprinzip“ gegenüber, nach dem der Steueranspruch eines Staats durch die Erfüllung der Tatbestände auf seinem Hoheitsgebiet entsteht.14 Der Anknüpfungspunkt an das Hoheitsgebiet basiert demzufolge auf einem territorialen Verständnis

8 Grundlegend Lehner, in: Vogel / ​ders., DBA, Grundlagen, Rn. 16 f.; ders., in: Festgabe Wassermeyer zum 65., 2005, S. 241 (243 f.); ders., in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 251 Rn. 2. 9 Siehe grundlegend Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015, § 1 Rn. 1; Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA 2014, Vor Art. 1 MA Rn. 1 ff.; sowie im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 1. 10 Diese sollen hier nicht ausführlich erläutert, sondern nur kurz problembezogen beleuchtet werden, siehe zu den Grundlagen internationalen Steuerrechts bspw. Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015, § 1; m. w. N. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuer­ verfahren, 2004, S. 52 ff.; Wilke / ​Weber, Lehrbuch internationales Steuerrecht, 12. Aufl. 2014, Rn. 16 ff. 11 Grundlegend BFHE 172, 456 ff.; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 6.9 ff.; Rupp / ​Knies / ​Ott / ​Faust, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2014, S. 7; vertiefend Kippenberg, in: Festgabe Wassermeyer zum 75., 2015, 195 (195 ff., 198). 12 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 6.7. 13 Ebd., Rn. 6.53 ff.; Rupp / ​Knies / ​Ott / ​Faust, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2014, S. 7 f. 14 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 6.57 f.; Rupp / ​Knies / ​Ott / ​ Faust, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2014, S. 7 f.; vertiefend mit Blick auf europarechtliche Gesichtspunkte Lehner, in: Festgabe Wassermeyer zum 65., 2005, 241 ff; zur Rechtfertigung des Quellenstaatsprinzips in Anlehnung an das Äquivalenzprinzip Hey, in: FS Lang, 2012, S. 133 (158 ff.); mit Blick in die Zukunft Kippenberg, in: Festgabe Wassermeyer zum 75., 2015, 195 (202 ff.).

A. Ausgangslage

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(„Territorialitätsprinzip“).15 Während das Wohnsitzlandprinzip also an die Person des Steuerpflichtigen anknüpft, stellt das Quellenlandprinzip auf die Belegenheit des Steuerguts selbst ab.16 Grundlegend hat sich für die Mehrzahl von personenbezogenen Steuern das Wohnsitzlandprinzip durchgesetzt. Das Quellensteuerprinzip gilt weiterhin in Deutschland für diverse Ertrags- und Verkehrssteuern.17 Für die Besteuerung von Kapitaleinkünften gilt grundsätzlich nach Art. 10 und 11 OECD-MA das Wohnsitzlandprinzip.18 Jedoch kann, abhängig vom DBA, dem Quellenstaat gegebenenfalls ebenso ein Besteuerungsrecht zustehen, welches er durch Steuerabzug „an der Quelle“ geltend macht.19 Die hier entstehende Doppelbesteuerung wird in Deutschland regelmäßig nach der Anrechnungsmethode gem. Art. 23 B OECD-MA beseitigt.20 Auch innerhalb der Europäischen Union ist die ausschließliche Kompetenz im Bereich der direkten Steuern grundsätzlich bei den Mitgliedsstaaten angesiedelt. Rechtsangleichungen kommen lediglich dann in Betracht, wenn eine Binnenmarktrelevanz vorliegt.21 Werden mittels DBA die Besteuerungsrechte den Staaten zugeteilt und eine Doppelbesteuerung verhindert, bedarf es dennoch amtshilferechtlicher Vorschriften, welche die praktische Durchführung des Steuerverfahrens über Staatsgrenzen hinweg sichern.22 Wichtig ist hierbei, dass den Finanzbehörden zunächst alle steuererheblichen ausländischen Tatsachen bekannt sind, da nationale Steuerbehörden in Deutschland zur Sachverhaltsaufklärung von Amtswegen nach § 88 Abs. 1 S. 1 15

Ebd. Zu den Prinzipien im Überblick Lehner, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 251 Rn. 9 ff. 17 Zu weiteren Staaten mit speziellen Annexregelungen Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 6.1.; ausführlich zu der internationalen Reichweite staatlicher Besteuerungshoheit siehe Lehner, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 251 Rn. 1 ff. 18 Vertiefend zur Besteuerung von Kapitaleinkünften in Deutschland und nach DBA-Vorschriften Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015, § 14 Rn. 808 ff; Rupp / ​Knies / ​ Ott / ​Faust, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2014, S. 370 ff., 399 ff. Im Hinblick auf die Auslegung des OECD-MA auch unter Berücksichtigung deutscher Gesetzgebung Wassermeyer  / ​ Kaeser, in: Wassermeyer, OECD-MA 2014, Art. 10 Rn. 1, 34 ff. und Art. 11 jeweils Rn. 1, 32 ff. Die Besteuerung von Kapitaleinkünften führt oftmals zu Ungleichbehandlungen, kritisch zur Diskriminierung von ausländischen Kapitaleinkünften Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 225 (225 f.). 19 Rupp / ​Knies / ​Ott / ​Faust, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2014, S. 371, 400. Im Hinblick auf die Auslegung des OECD-MA auch unter Berücksichtigung deutscher Gesetzgebung Wassermeyer / ​Kaeser, in: Wassermeyer, OECD-MA 2014, Art. 10 Rn. 3, 59 ff. und Art. 11 Rn. 3, 48 ff. 20 Rupp / ​Knies / ​Ott / ​Faust, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2014, S. 373, 400. 21 Jansen, Das Steuerverfahren im Spannungsfeld von Europa- und Verfassungsrecht, 2012, S. 66 ff. Eine solche Binnenmarktrelevanz ist im Bereich der steuerlichen Amtshilfe gegeben, wonach die europäische Amtshilferichtlinie den Informationsaustausch in Europa harmonisiert, vgl. Teil 2 B. III. 2.  22 Auch mit Beispielen im nationalen Gesetzesrecht zur Überwindung des Informationsdefizits Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 4; ders.; in: FS Schaumburg, 2009, S. 151 (151 ff.); m. w. N. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 54 ff. 16

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

AO verpflichtet sind.23 Die völkerrechtlichen Grenzen schränken jedoch die Aufklärungsbefugnisse der Finanzbehörden auf das eigene staatliche Hoheitsbereich ein (sog. „formelle Territorialität“).24 Bei ausländischen Sachverhalten ist zum Ausgleich dieser Informationsasymmetrie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen als auch die internationale und europäische Rechts- und Amtshilfe und der damit verbundene internationale Informationsaustausch essenziell.25 In Deutschland und den meisten anderen Ländern müssen einkommensteuerpflichtige Personen jährlich gem. § 149 AO eine eigenhändig unterschriebene Einkommensteuererklärung für das vorangegangene Kalenderjahr abgeben. Dabei haben sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die ihnen bekannten Beweismittel anzugeben  – hierzu gehören auch Auslandssachverhalte. Bei Auslandssachverhalten sieht der Gesetzgeber eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Beteiligten nach §§ 90 Abs. 2, 138 Abs. 2 AO gegebenenfalls i. V. m. §§ 16, 17 AStG vor.26 § 90 Abs. 2 AO überträgt die Aufklärungs- und Beweiserbringungslast auf den Steuerpflichtigen und kann bei Verfehlung dieser Pflicht eine Schlechterstellung des Steuerpflichtigen nach sich ziehen.27 Wiederholt hat sich gezeigt, dass insbesondere bei grenzüberschreitenden Aktivitäten mit Kapitaleinkünften nicht alle Steuerpflichtigen ihren Mitwirkungspflichten vollumfänglich nachkommen.28 Die dadurch möglicherweise begangene Steuerhinterziehung nach § 370 AO oder Steuerverkürzung nach § 378 AO birgt die Gefahr, dass die Integrität des Steuersystems infrage gestellt und die „Gleichmä 23 Vertiefend zum Amtsermittlungsgrundsatz Englisch, Europarechtliche Einflüsse auf den Untersuchungsgrundsatz im Steuerverfahren, IStR 2009, 37 ff.; Zaumseil, Umfang und Grenzen des Amtsermittlungsgrundsatzes im Besteuerungsverfahren der Finanzbehörde, StBW 10, 420 ff.; Rätke, in: Klein, AO, § 88 Rn. 1 ff. 24 BFHNV 2008, 51; Herzfeld, Probleme des internationalen Steuerrechts, 1932, 437 f.; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.55; Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​ FGO, § 117 AO, Rn. 2; ders. / ​Gabert, StuW 2010, 3 (4); Rätke, in: Klein, AO, § 117 Rn. 1. Grundlegend darf eine Steuerbehörde nur im eigenen Hoheitsbereich tätig werden Lehner, in: Vogel / ​ders., DBA, Grundlagen, Rn. 16 f.; ders., in: Festgabe Wassermeyer zum 65., 2005, S. 241 (243 f.). 25 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.10; Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 1; Rätke, in: Klein, AO, § 117 Rn. 1. 26 Siehe vertiefend verstärkte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten m. w. N. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.7. ff.; Staringer, DStJG 31 (2008), S. 135 (142 ff., 150 ff.); Seer, IWB Fach 11 (2005), Gruppe 2, 673 ff.; ders., EWS 2013, 257 (257 ff.); ders. / ​Gabert, StuW 2013, 3 (16 ff.); vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der erweiterten Mitwirkungspflichten von Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten bei Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 113 ff. 27 Vgl. Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015, § 18 Rn. 6; zur europarechtlichen Würdigung der erhöhten Mitwirkungspflichten Jansen, Das Steuerverfahren im Spannungsfeld von Europa- und Verfassungsrecht, 2012, S. 157 ff. 28 Prominente Beispielsfälle aus Deutschland u. a. der „Fall Höneß“, LG München, Urteil vom 13.03.2014 – 5 KLs 68 Js 3284/13, Wistra 2015, 77 ff.; sowie der „Fall Zumwinkel“, LG Bochum, 26.01.2009 – 12 KLs 350 Js 1/08.

A. Ausgangslage

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ßigkeit der Besteuerung“29, garantiert durch Art. 3 Abs. 1 GG und einfach-gesetzlich fixiert in § 88 Abs. 2 AO, untergraben wird.30 Insbesondere Kapitaleinkünfte sind durch ihr erhebliches Fluktuationspotenzial, allerdings auch durch die hochkomplexe und fortwährend neu entwickelte Strukturierung der dahinterstehenden Finanzprodukte schwieriger zu besteuern als andere Einkunftsarten.31 Hinzu 29

Zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung insbesondere erstmals 1991 bzgl. der Kapitalertragsteuer: BVerfGE 84, 239, wobei das Recht des Einzelnen auf materielle Steuergerechtigkeit, die Abgrenzung zu dem nicht gegebenen Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“ sowie die gesetzgeberische Pflicht zur Kontrolle der „Steuerehrlichkeit“ thematisiert wird. Hieran anschließend BVerfGE 110, 94 zur Besteuerung von privaten Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998; sowie die Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit der Erbschaftssteuer BVerfGE 117, 1; 97, 1 und BVerfGE 93, 165; in Bezug zur Gewerbesteuer BVerfGE 120, 1; zur Pendlerpauschale BVerfGE 2008, 1209; in Bezug zur steuerliche Behandlung von privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bei Freiberuflern BVerfGE 120, 125; zur Vermögenssteuer BVerfGE 93, 121; bezüglich Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer BVerfGE 126, 268; zum Halbteilungsgrundsatz BVerfGE 115, 97; zur Begrenzung des Abzugs der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung BVerfGE 107, 27; vergleichend die Besteuerung bei Renten und Pensionen BVerfGE 105, 73; bezüglich der Besteuerung von Einkünften, die entgegen gesetzlichen Verboten erzielt wurden (hier: Einkünfte aus einem Bordell), 12.04.1996 – 2 BvL 18/93 NJW 1996, 2086; zur Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer und des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, 17.11.1998 – 1 BvL 10/98, besonders ausschlaggebend für diese Untersuchung das Urteil zur Veräußerung von Wertpapiergeschäften BVerfGK 13, 154; zur Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen für die Jahre 1994, 1995, 2000 und 2001 BVerfG, 10.03.2008 – 2 BvR 2077/05, NJW 2008, 2637; zur Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung beamtenrechtlicher Versorgungsbezüge BVerfGK 13, 327; bezüglich der Regelungen des Risikostrukturausgleichs BVerfGE 113, 167; zur Aufhebung der Steuerfreiheit von Zinsen aus Sozialpfandbriefen BVerfGE 105, 17; in Bezug auf Rundfunkgebühren BVerfG, 22.08.2012 – 1 BvR 199/11, NJW 2012, 3423; zur Aufwandsentschädigung Ost BVerfGE 99, 280; zur steuerlichen Behandlung von Parteien und Wählervereinigungen BVerfGE 121, 108; zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende BVerfGK 15, 521; bezüglich Jubiläumsrückstellungen nach dem EStG BVerfGE 123, 111; zur Verfassungsmäßigkeit der kommunalen Besteuerung von Spielautomaten BVerfGE 96, 1 und BVerfG, 01.03.1997 – 2 BvR 1599/89, 2 BvR 1714/92, 2 BvR 1508/95, NJW 1997, 2746; zur Besteuerung eingetragenen Lebenspartnern im vgl. zu Eheleuten BVerfGE 132, 179; Verfassungswidrigkeit des Grundfreibetrags BVerfGE 87, 153; zur Erhebung von Zweitwohnsitzsteuern das BBVerfG, 17.02.2010 – 1 BvR 2664/09, NVwZ-RR 2010, 457; zur Verfassungsmäßigkeit der Beschlagnahme umfangreicher Bankbelege über den Geldtransfer nach Luxemburg wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung BVerfG, 13.12.1994 – 2 BvR 894/94, NJW 1995, 2839; zum degressiven Zweitwohnungssteuertarif BVerfG, 15.01.2014 – 1 BvR 1656/09, WM 2014, 669; Besteuerung von Termingeschäften BVerfGK 13, 544; zur strafbefreienden Erklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen BVerfGE 84, 233 sowie weiterer Entscheidungen des BVerwG bspw. zur Vergnügungs- und Spielautomatensteuer BVerwGE 123, 218. 30 Vgl. ausführlich zu diesen Punkten als Rechtfertigung für die Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kontoinhaber Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (aa). 31 Vgl. der Erwägungsgrund (5) der Amtshilferichtlinie 2014/107/EU, (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014): „ […] Angesichts der zunehmenden Möglichkeiten für Investitionen im Ausland in eine große Vielfalt von Finanzprodukten haben die bestehenden Instrumente der Union und der internationalen Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Besteuerung an Wirksamkeit bei der Bekämpfung von grenzüberschreitendem Steuerbetrug und grenzüberschreitender Steuerhinterziehung verloren.“; kritisch zum Vollzug der Steuer Eckhoff, Rechtsanwendungsgleich-

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

kommt, dass bis dato zahlreiche Staaten ein Bankgeheimnis einfach-gesetzlich verankert hatten.32 Auskünfte über in diesen Staaten geführte Konten wurden nicht oder nur stark begrenzt an andere Jurisdiktionen geleistet. So konnten auf sog. „Schwarzgeldkonten“ Kapitaleinkünfte vorbei an den Augen des Fiskus generiert werden.33 Hervorzuheben ist im Speziellen ebenfalls das Problem der Identifizierung von ultimativ wirtschaftlich Berechtigten Diese konnten Kapitaleinkünfte beispielsweise durch Scheinfirmen oder Trustgebilde als unentdeckte „Hintermänner“ auf Auslandskonten der Besteuerung entziehen.34 Der BFH sowie das BVerfG haben der Besteuerung von Kapitaleinkünften bereits ein „strukturelles Vollzugsdefizit“ attestiert.35 In diesem Zusammenhang fordert Art. 3 Abs. 1 GG nach Ansicht der Gerichte Gleichheit nicht nur im normativen Belastungsbefehl, sondern auch im tatsächlichen Belastungserfolg. Erhebungsregeln, die in einem Widerspruch zur gesetzlich angeordneten Steuerpflicht stehen und die Erhebung verhindern, statt sie zu ermöglichen, begründen ein strukturelles Erhebungsdefizit. Dieses Erhebungsdefizit hat einen Rückkopplungseffekt auf die materielle Rechtslage und lässt diese unter Umständen verfassungswidrig werden.36 So ist der Gesetzgeber verpflichtet, zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeit des materiellen Steuergesetzes dieses in ein normatives Umfeld einzubetten, dass die heit im Steuerrecht, 1999, S. 348 ff.; Musil, DÖV 2006, 505 (506 f.). Hier können die derzeitig umfangreich diskutierten „Cum-Ex-Geschäfte“ als Beispiel dienen, vgl. Spengel / ​Eigruber, DStR 2015, 785 ff.; Seer / ​Krumm, DStR 2013, 1757 ff.; dies., DStR 2013, 1814 ff.; Podewils, Wistra 2015, 257 ff.; Weidemann, BB 2014, 2135 ff.; Derlien / ​Kern, BB 2013, 1943 ff.; M ­ üller, StB 2015, S. 352 ff. basierend auf den Entscheidungen: BFH, 16.04.2014 – I R 2/12, BB 2014, 2720 sowie in Vorinstanz FG Hamburg, 24.11.2011  – 6 K 22/10, EFG 2012, 351. Die Besteuerung von Kapitaleinkünften führt oftmals zu Ungleichbehandlungen, kritisch zur Diskriminierung von ausländischen Kapitaleinkünften Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 225 ff. 32 Bspw. in der Schweiz: Art. 47 Bankengesetz, in der Fassung gemäß Anhang Ziff. 15 des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5207 5205; BBl 2006 2829). 33 Vgl. Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 32 f., welcher für die Gründe illegaler Steuerverkürzung auch die Ungerechtigkeit im Steuervollzug sieht; m.V.a. den Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen und den Bericht der Arbeitsgruppe „Steuerausfälle“, StB 1994, 401. 34 Die Identifizierung solcher „beherrschenden Personen“ war bisher nur beschränkt möglich, vgl. auch zum Panama Papers Skandal; siehe die Ausarbeitungen des „International Consortium of Investigative Journalists“ unter: https://panamapapers.icij.org (zuletzt abgerufen 03.03.2016). Vgl. zur Behandlung von Truststrukturen nach dem CRS Reiter, ISR 2016, 354 ff. 35 So bestätigte das BVerfG mehrmalig ein „strukturelles Vollzugsdefizit“, was den Gesetzgeber zur Einführung von Regelungen zur Informationsgewinnung oder zur Quellenbesteuerung veranlasst; vgl. Zinsurteil BVerfGE 84, 239 (278); vgl. zum Kontenabruf, BVerfGE 112, 284 (295); 118, 168 (194 f.) sowie zu Spekulationsgeschäften BFH, 16.07.2002 – IX R 62/99, NJW 2003, 83; BVerfGE 110, 94 (112); vgl. auch Lang, in: Tipke / ​Lang, § 9 Rn. 495 ff., insbes. 502; Kirchhof, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 118, Rn. 28 f.; Hey, DB 2004, 724 ff.; Musil, DÖV 2006, 505 (505 f.); mit Beispielen auch Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 225 (242 ff.). 36 BVerfGE 84, 239 (268 ff.); 110, 94 (112); 118, 168 (196); kritisch zur Rechtsprechung des BVerfG Meyer, DÖV 2005, S. 551 ff., welcher das Vollzugsdefizit eher am Rechtsstaatsgebot und nicht am Gleichheitssatz messen will.

A. Ausgangslage

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tatsächliche Lastengleichheit der Steuerpflichtigen gewährleistet.37 Hierzu kann er sich entweder des Instruments Quellenabzug oder, im Veranlagungsverfahren der Ergänzung des Deklarationsprinzips, durch das Verifikationsprinzip bedienen.38 Basierend auf dieser Ausgangslage grenzüberschreitender Besteuerung von Kapitaleinkünften, geprägt vom asymmetrischen Informationsverhältnis zwischen Bürger und Finanzbehörde, erfordert es weitreichender Mittel zur Verifizierung der vom Steuerpflichtigen angegebenen Daten.39 Hierfür sind auch die technologischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts nutzbar zu machen, um im Massenverfahren die Rechtsanwendungsgleichheit zu gewährleisten.40 Die Amtshilfe generell und der steuerliche Finanzkonteninformationsaustausch im Speziellen sind Mittel, die eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen sollen.41

II. Grenzen materiell-rechtlicher Regelungen gegen Steuerhinterziehung Versuche, grenzüberschreitenden Steuerbetrug und Steuerhinterziehung allein mit materiell-rechtlichen nationalen Regelungen entgegenzutreten und das strukturelle Vollzugsdefizit zur Besteuerung von Kapitaleinkünften zu beseitigen, stoßen

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BVerfGE 84, 239 (271, 273 f.), 110, 94 (113 f.). Ebd.; vgl. ausführlich zu diesen Punkten als Rechtfertigung für die Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kontoinhaber Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (aa). 39 Weitergehend im Sinne eines „Informationsmonopols“ des Bürgers Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 277; ähnlich Hoffmann-Riem, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, in: ders. / ​Schmidt-Aßmann, 2002, S. 9, 42: „Informationsherrschaft Privater“; Drüen, DStJG 31 (2008), S. 167 (170); zur Notwendigkeit der Verifikation von Angaben des Steuerpflichtigen im Massenfallverfahren Drüen, in: Schön / ​ Beck, 2009, S. 1 (7 ff., 12 f.); Seer, in: FS Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Bd. I, 2013, S. 1765 (1768); ders., DStJG 31 (2008), S. 1 (12 f.). Kritisch zum Verlust der Einzelfallprüfung im Massenfallverfahren Müller-Franken, Maßvolles Verwalten, 2004, S. 135 ff. Vgl. ausführlich zur Notwendigkeit der Verifikation bei der vorliegenden Untersuchung Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (aa). 40 Hierzu Marino, in: ders. (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 3 ff.; Seer, FR 2012, 1000 (1000 ff.; 1007); zu den Herausforderungen im Massenfallverfahren m. w. N. Drüen, in: Schön / ​Beck, 2009, S. 1 (1 ff.); Seer, in: FS Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Bd. I, 2013, S. 1765 (1767); ders., DStJG 31 (2008), S. 7 (16 f.); Widmann, DStJG 31 (2008), S. 295 (297 ff.). 41 Amtshilfe allein ist jedoch nicht ausreichend um dieses Problem zu beseitigen. Zu Recht hebt Seer praktische Hürden, wie Sprachprobleme, Personalknappheit und mangelnde Kenntnis der Beamten von den Möglichkeiten der Amtshilfe hervor, Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 6; Seer / ​Gabert, Mutual Assistance and Information Exchange, 2010, S. 36 f., 178 f., 205 ff., 273 ff., 311 ff., 364 ff., 399, 428 f., 456 f., 559 f.; siehe auch die Mitteilungen der Kommission COM (2006) 254 und COM (2009) 451, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/ procedure/DE/194271 sowie http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1483888920 880&uri=CELEX:52009DC0451 (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 38

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

an natürliche Grenzen. Der Grund hierfür besteht insbesondere in der Schwierigkeit der Beibringung von Beweisen aus anderen Staaten.42 Die Implementierung von „Controlled Foreign Corporation Rules“43, sog. „CFC-Rules“, in verschiedenen Ländern zur Dividendenbesteuerung kann hierbei als Beispiel dienen. Diese Regelungen sind grundsätzlich ein wirksames Mittel, gegen künstlich thesaurierte Gewinne bei ausländischen Tochtergesellschaften in Niedrigsteuerländern vorzugehen und mittels fingierter Ausschüttung eine angemessene Besteuerung durchzuführen. Der Nachweis für die Erfüllung aller notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen ist allerdings oft schwer zu führen.44 Gleichzeitig weichen die Regelungen je nach Jurisdiktion teilweise beträchtlich voneinander ab. Verschiedene Tatbestandsvoraussetzungen, wie die Definition von „passiven Einkommen“ oder „Niedrigsteuerland“ sind von Staat zu Staat unterschiedlich zu bewerten. Die sog. „General Anti-Avoidance Rules“ (folgend: „GAAR“) sind ebenfalls ein Beispiel materiell-rechtlicher Missbrauchsvermeidungsregelungen. Sie sind Generalklauseln, welche steuermissbräuchliches Verhalten umfänglich verbieten sollen.45 Dergestalte Regelungen finden sich in fast allen kontinentaleuropäischen Jurisdiktionen.46 Deutschland implementierte mit § 42 AO eine nationale GAAR und weitete diese durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007 aus.47 Durch den 42 Zum Überblick der verschiedenen Missbrauchsvorschriften im DBA und deutschem Recht, siehe Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015, § 6 sowie zum verfassungsrechtlichen Rahmen Hey, StuW 2008, 167 (insbes. 173 ff.); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.55 und Rupp / ​Knies / ​Ott / ​Faust, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2014, S. 206 ff. Im Vergleich listet Piltz die verschiedenen steuerverfahrensrechtlichen und materiellen Normen zur Vermeidung von Steuerflucht im deutschen Recht tabellarisch auf, mit dem Ergebnis, dass bis zum Stand 2015 eine erhebliche Mehrzahl materieller Normen Bestand, in: Festgabe Wassermeyer zum 75., 2015, 551 (553 ff.). Abgegrenzt werden muss jedoch die Steuerflucht von der Steuerhinterziehung. Die Steuerflucht oder sog. „Steuervermeidung“ ist ausdrücklich nicht strafbar, vgl. BFHE 183, 174 ff.; BVerfGE 9, 237 ff. 43 Ziel der Hinzurechnungsbesteuerung in Deutschland (§§ 7–14 AStG) ist es nach der bisherigen Konzeption, die Aufschub- beziehungsweise Abschirmwirkung bestimmter ausländischer Kapitalgesellschaften gegenüber der deutschen Besteuerung für niedrig besteuerte Einkünfte aus passivem Erwerb (§ 8 Abs. 1 AStG) zu beseitigen, kritisch zur Hinzurechnungsbesteuerung als Mittel zur Bewältigung des Vollzugsdefizits Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 225 (265 ff.). 44 Ausführlich Haase, Die Hinzurechnungsbesteuerung – Grundlagen – Problemfelder – Gestaltungsmöglichkeiten, 2. Aufl. 2015. 45 Ausführlich Innes / ​Boyle / ​Nitikman, The Essential GAAR Manual: Policies, Principles and Procedures, 2006. 46 Siehe bspw. die Übersicht bei PwC, Tax Controversy and Dispute Resolution Alert, v. 23.05.2013, abrufbar unter: https://www.pwc.com/gx/en/tax/newsletters/tax-controversy-disputeresolution/assets/pwc-gaar-base-erosion-profit-shifting.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 47 Fassung aufgrund des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20.12.2007 (BGBl. I S. 3150) m. W. v. 29.12.2007. Siehe die Abgrenzung zur straffreien Steuervermeidung und der rechtswidrigen Steuerumgehung, welche § 42 AO adressiert, Gassner, in: FS Kruse, 2011, S. 183 ff.

A. Ausgangslage

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weitreichenden Anwendungsspielraum solcher Normen und die enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe wird zwar sichergestellt, dass eine Vielzahl von Sachverhalten aufgegriffen wird, die praktische Anwendung der Regelungen stellt dies jedoch vor Herausforderungen und ist auf zahlreiche Konkretisierungen durch die Rechtsprechung angewiesen48. Insbesondere die Berechnung der Steuernachzahlung – maßgebend nach der tatsächlich anfallenden Steuer, die ohne missbräuchliches Verhalten fällig wäre – birgt die Gefahr uneinheitlicher Rechts­anwendung.49 Diese vorgestellten Beispiele verdeutlichen, dass national materiell-recht­liche Missbrauchsvorschriften als alleiniges Mittel zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung in Anbetracht heutiger und zukünftiger Entwicklungen globaler wirtschaftlicher Vernetzung nicht ausreichen, um eine faire und gleichmäßige grenzüberschreitende Besteuerung zu gewährleisten.50 Vielmehr versuchen Staaten die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters mit dem automatischen Austausch von Informationen zu nutzen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Finanzverwaltungsbehörden zu intensivieren.51 Hierdurch gewinnt das Steuerverfahrensrecht an signifikanter Bedeutung.52

III. Stellungnahme Die zuvor geschilderte Situation bedingt die Notwendigkeit neuer Lösungswege, insbesondere im Bereich der internationalen Besteuerung von Kapitaleinkünften. Die nunmehr mögliche hochautomatisierte Verarbeitung von Daten unter Wahrung datenschutzrechtlicher Schutzmaßnahmen eröffnet eine Option, den genannten Herausforderungen entgegenzutreten. Die reziproke Übermittlung von Kontendaten im Wege des globalen automatisierten Amtshilfeverfahrens bietet erstmals vollumfänglich die Möglichkeit der allgemeinen Verifikation von durch den Steuerpflichtigen getätigten Angaben über Kapitaleinkünfte, welche auf Auslandskonten geführt werden.53 Schwarzgeldkonten, die durch Bankgeheimnisse 48

Zum Verhältnis der GAAR zu den spezialgesetzlichen Missbrauchsvorschriften Hey, StuW 2008, 167 (173); dies., DStJG 33 (2010), S. 139 ff. 49 Kessler / ​Eicke, Tax Notes International, 2008, 151 ff.; zur Rechtsanwendung Wendt, DStJG 33 (2010), S. 117 (118). 50 Siehe außerdem die oftmals zu Ungleichbehandlungen führenden nationalen Vorschriften über ausländische Kapitaleinkünfte, kritisch Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 225 ff. Zudem kommt es zu einer deutlichen Verkomplizierung des Steuerrechts durch die Vielzahl an spezialgesetzlichen Missbrauchsvorschriften, hierzu kritisch Hey, StuW 2008, 167 (172, 183); dies., DStJG 33 (2010), S. 139 (176); Seer, in: DStJG 33 (2010), S. 1 (3). 51 Hierzu Seer, FR 2012, 1000 (1000 ff.; 1007). 52 So bspw. zuletzt in der Pressemitteilung der Kommission MEMO/13/1096 v. 5. Dezember 2013, erhältlich unter: http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-13-1096_en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). Siehe jedoch immer noch die Überhand an materiell-rechtlicher Normen im Jahr 2015 gelistet bei Piltz, in: Festgabe Wassermeyer zum 75., 2015, 551 (553 ff.). 53 Eine Datengrundlage für die Errechnung der genauen Bemessungsgrundlage besteht aufgrund der Meldung als Gesamtbruttoerträge nicht. Vielmehr dienen die Kontendaten als

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

in als „Steuerparadiese“ geltenden Staaten geschützt werden, gehören somit der Vergangenheit an. Eine Herausforderung bleibt jedoch, einheitliche und effiziente Lösungswege mit größtmöglichem territorialem Anwendungsbereich für den Informationsaustausch zu finden, um eventuelle Umgehungsmöglichkeiten zu minimieren. So sind insbesondere auch Entwicklungsländer in den Informationsaustausch einzubeziehen, auch wenn die IT-lastige Implementierung der Regelungen zum Informationsaustausch in diesen Jurisdiktionen eine Herausforderung begründet.54 Gleichzeitig steht der Kontendateninformationsaustausch in Anbetracht des weiten territorialen Anwendungsbereichs und der Sensibilität von Kontendaten im Spannungsverhältnis mit den Grundrechten der betroffenen Kontoinhaber, aber auch mit den zur Umsetzung der Regelungen verpflichteten Finanzinstituten. Ob die deutschen Regelungen die zu wahrenden rechtsstaatlichen Grenzen, insbesondere die der unionialen und verfassungsrechtlichen Grundrechte, einhalten, wird in Teil 4 und Teil 5 untersucht. Zunächst wird ein Überblick der verschiedenen Initiativen zum steuerlichen Informationsaustausch bezüglich der von Rechtsquellenvielfalt geprägten Thematik gegeben.55

B. Initiativen im Überblick Diverse Initiativen zum Austausch von Informationen in Steuersachen auf europäischer, transatlantischer sowie globaler Ebene haben sich in den letzten Jahren herausgebildet und entwickeln sich rasant.56 Die Initiativen zum Informationsaustausch für Besteuerungszwecke fußen auf unterschiedlichen, teilweise ineinander übergreifenden Regelungen mit differentem Verbindlichkeitscharakter und divergenerelle Verifikationsgrundlage in Form einer internationalen Kontrollmitteilung und darüberhinausgehende gezielte zwischenstaatliche Auskunftsersuchen können im Einzelfall bei Verdacht durch die Steuerbehörde nachgeschaltet werden. 54 Siehe hierzu den jährlichen Report des OECD Global Forums on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes von 2016, S. 5, 7, 10, abrufbar unter: http://www.oecd. org/tax/transparency/GF-annual-report-2016.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 55 Insoweit wird die Rechtsquellenvielfalt zur steuerlichen Amtshilfe in Deutschland bspw. als „verwirrend“ eingestuft, vgl. m. w. N. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 2. 56 Zu den allgemeinen Rechtsquellen des internationalen Steuerrechts Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 3.1 ff.; Lehner, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. XI, § 251 Rn. 4. Zum generellen Überblick über die derzeitigen Möglichkeiten des Informationsaustauschs siehe Czakert, Neue Entwicklungen bei der steuerlichen Amtshilfe, in: ifst-Schrift Nr. 514, 2017, S. 18 ff.; sowie die Studie von Seer für das EU Parlament, „Overview of Legislation Practices Regarding Exchange of Information between National Tax Administrations in Tax Matters“, 2015, Ref.: IP / ​A/TAXE/2015–04, abrufbar unter: http://www.europarl. europa.eu/thinktank/en/document.html?reference=IPOL_STU(2015)563452 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Zuvor generell zu den Kooperationsformen der internationalen Informationshilfe aus deutscher Sicht m. w. N. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 11 ff.

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B. Initiativen im Überblick Automatischer Informationsaustausch über Finanzkonten als Teil der zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfe I. Art. 26 Muster­ abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung

II. Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (inkl. Protokoll vom 27. Mai 2010)

Gleicher Anwendungsbereich

VÖLKERRECHT (Mustervereinbarungen nach OECD Vorgaben)

Verschiedene Steuerarten und Informations­ austauschsarten umfassend: 1) Auskunft auf Ersuchen 2) Spontanauskunft 3) Automatischer Informationsaustausch (Im Kommentar zu Art. 26 OECD-MA und Art. 6 des Übereinkommens ausdrücklich vorgesehen.)

Einzelfallprüfung erforderlich, nur bei vorraus. erheblichen Informationen Keine Einzelfallprüfung erforderlich; in abstrakt definierten Fallgruppen möglich

III. Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (sog. „TIEA“)

– Primär zur Verhandlung mit „Steueroasen“ – Umfasst eine Vielzahl von Steuerarten – Ausschließlich Auskunft auf Ersuchen nach Einzelfallprüfungen mit erweitere Begründungspflicht des Ersuchenden – Oft subsidiär ggü. Doppelbesteuerungsabkommen ohne große Auskunftsklausel (Art. 26 OECD-MA) verwendet

1) Muster für eine Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten zur Förderung der Steuerehrlichkeit, das sog. Competent Authority Agreement“ (CAA), und

US Initiative zum auto­ matischen Informations­ austausch über Finanz­ konten – FATCA Basierend auf ­FATCA-​ Abkommen, sog. „Intergouverne­mental Agreements“

2) Anhang: gemeinsamen Melde- und Sorgfaltsstandard, sog. Common Reporting Standard (CRS)

(nicht basierend auf OECD Vorgaben)

Globaler automatischer Informationsaustausch über Finanzkonten Basierend auf:

EU RECHT

Richtlinie 2014/107/EU des Rates vom 9. Dezember 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung (mit CRS im Anhang)

DEUTSCHES RECHT

1) Transformationsgesetz zum Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (inkl. Protokoll vom 27. Mai 2010) 2) Transformationsgesetz zum CAA 3) Das Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuer­sachen (Finanzkonten-Informationsaustausch­gesetz – FKAustG

1) Transformations­ gesetz zum ­FATCAAbkommen 2) § 117c AO 3) Verordnung zur Umsetzung der Verpflichtungen aus dem ­FATCA-Abkommen (FATCA-USA-UmsV)

Diese Grafik stellt nur eine erste Übersicht der Rechtsgrundlagen mit Schwerpunkt zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten dar.

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

gierender Detailtiefe.57 Der Fokus dieser Untersuchung richtet sich auf die automatische Übermittlung von Finanzkonteninformationen nach dem globalen Standard in Abgrenzung zu anderen Möglichkeiten des steuerlichen Informationsaustauschs, wie Anrufungs-, Kulanz oder Spontanauskünften. Die nachstehende Grafik visualisiert das Zusammenspiel der Initiativen (vgl. Schaubild 1). Der vorliegend untersuchungsrelevante Austausch von Finanzkonteninformationen ist eine der aktuellsten und weit umfassendsten Formen der zwischenstaatlichen Amtshilfe für Besteuerungszwecke. Der durch die OECD entworfene Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, der sog. „Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters“, (folgend: „Standard“)58, gilt hierbei als globales einheitliches Richtmaß mit weitreichender Wirkung.59 Nachfolgend werden die relevantesten Initiativen zur Rechts- und Amtshilfe unter besonderer Berücksichtigung des automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen in kompakter Form beschrieben und in einen Kontext zueinander gestellt. Der Überblick zu den verschiedenen Initiativen (Teil 4 B. I. bis III.) wie auch die herausgearbeiteten Entwicklungstendenzen (Teil 4 C. I. bis IV.) dienen zum notwendigen Verständnis als Grundlage für die später vorgenommenen Grundrechtsprüfungen.60

I. Die US-Initiative „Foreign Account Tax Compliance Act“ (FATCA)61 Vorreiter auf dem Gebiet des automatischen Informationsaustauschs von Finanzkontendaten sind die Vereinigten Staaten, die im Jahre 2010 mit den Vorschriften zum „Foreign Account Tax Compliance Act“ einen ersten Gesetzesvorstoß zum grenzüberschreitenden automatischen Austausch eingeführt haben. ­ ATCA-Vorschriften waren Teil einer umfassenden US-Gesetzesinitiative, Die F genannt „Hiring Incentives to Restore Employment Act“62, welche insbesondere Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit inkludierte. Der Grund dieses Gesetzesvorstoßes auf Seiten der USA war eine Eigenheit im US-Besteuerungsrecht. Anders als der ganz überwiegende Teil der Welt knüpfen 57

Vgl. Lehner, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 251 Rn. 82 ff. OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax ­Matters, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/ standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-tax-matters-9789264 216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 59 Siehe Teil 2 B. II. 4.  60 Siehe Teil 4 und 5. 61 Sec. 1471–1474 IRC. 62 „Hiring Incentives to Restore Employment Act“, Pub.L. 111–147, 124 Stat. 71, verkündet 18.03.2010, H. R. 2847. 58

B. Initiativen im Überblick

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die Vereinigten Staaten ihr Recht auf Besteuerung des Welteinkommens eines Steuerpflichtigen nicht nur an den Wohnsitz, sondern auch an die US-Staatsbürger­ schaft.63 Der Nexus Staatsbürgerschaft führt dazu, dass zahlreiche im Ausland lebende US-Bürger es versäumen, sich gegenüber den US-Steuerbehörden zu erklären. Des Weiteren erleiden die Vereinigten Staaten erhebliche Ausfälle von Steuereinnahmen aufgrund von vor dem Fiskus verborgenen Offshore-Konten US-Steuerpflichtiger.64 1. Ausgestaltung FATCA basierte zunächst ausschließlich auf unilateralem US-Recht. Nicht in den USA gelegene Finanzinstitute, sog. „ausländische Finanzinstitute“, sollten verpflichtet werden, nach bestimmten Vorgaben US-Kunden zu identifizieren, hiernach deren Kontendaten zu klassifizieren und gegebenenfalls diese Daten an die oberste amerikanische Steuerbehörde, den „Internal Revenue Service“ (IRS), zu melden.65 Die betroffenen „spezifizierten US-Personen“ sind solche natürlichen oder juristischen Personen, bei denen bestimmte US-Indizien identifiziert wurden, beispielsweise ein Wohnort / ​Sitz in den USA oder eine US-Staatsbürgerschaft.66 Des Weiteren war vorgesehen, dass Finanzinstitute unter bestimmten Voraussetzun­ gen gegebenenfalls 30 % auf US-Erträge bei sog. „Nicht-teilnehmenden Finanzinstituten“67 einzubehalten und an den IRS abzuführen haben. Eine ähnliche Einbehaltungspflicht war bei „Recalcitrant Account Holdern“68, sog. „unkooperativen Kontoinhabern“, vorgesehen. Der unilaterale US-Gesetzesentwurf wirkte insbesondere durch die vorgesehene 30 %ige „Strafsteuer“ als Drohkulisse und stieß insbesondere im europäischen Rechtsraum auf erhebliche Bedenken. Hiernach 63 Fast alle Staaten haben die Besteuerung nach der Staatsbürgerschaft aufgegeben und besteuern nach dem Wohnsitzprinzip. Neben den USA ist Eritrea der einzige Staat, der durch den Nexus Staatsbürgerschaft auch Steuerpflichtige ohne Wohnsitz mit ihrem gesamten Welteinkommen besteuert. Zur Besteuerung nach der Staatsbürgerschaft siehe vertiefend Mason, Southern California Law Review, 89 (2016), S. 169 ff. 64 Zum Gesetzeshintergrund siehe bspw. die Presseerklärung des US Treasury, vom 08.02.2012 zu den ersten „Proposed Regulations Under the Foreign Account Tax Compliance Act to Improve Offshore Tax Compliance and Reduce Burden“, https://www.treasury.gov/presscenter/press-releases/Pages/tg1412.aspx (zuletzt aufgerufen 01.12.2016); wobei sich das verfolgte Ziel von FATCA bereits aus dem Titel „to Improve Offshore Tax Compliance“ ergibt. 65 Allgemein zur Ausgestaltung von Michaels, Trust & Trustees 2013, 744 ff.; Hartrott  / ​ Heine­mann, BB 2012, 671 ff.; Beier / ​Schulte, RIW 2012, 282 ff.; Tikos, RIW 2011, 221 ff. 66 Siehe hierfür die Definitionen „United States Person“ Sec. 7701 (a) (30) IRC und „Specified United States Person“ gem. Sec. 1471 (3) IRC. 67 „Nicht-teilnehmenden Finanzinstitute“ sind grundsätzlich solche Institute, welche nicht den FATCA Vorschriften nachkommen, siehe Sec. 1.1471–1(b)(75) Final Regulations. 68 „Recalcitrant Account Holder“, sind gem. Sec. 1471 (d)(6) IRC sinngemäß insbesondere Kontoinhaber, welche eine erforderliche Dokumentation zur Feststellung von US-Personen verweigern oder welche nach Identifizierung als US Person dem Finanzinstitut nicht ihre US Steueridentifikationsnummer einreichen.

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

erarbeiteten Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Großbritannien ein sog. „Joint Statement“69, mit der zentralen Aufforderung, FATCA überwiegend aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken durch Unterzeichnung bilateraler völkerrechtlicher Abkommen umzusetzen und damit die zwingend notwendige nationale gesetzliche Grundlage für die Datenerhebung, Bearbeitung und Übermittlung durch die Finanzinstitute zu schaffen. Die Staaten einigten sich weiterhin auf die gemeinsame Vorgehensweise des reziproken Informationsaustauschs mittels zwischengeschalteter nationaler Behörden. Die bilateral geschlossenen Verträge zum Informationsaustausch mit den Vereinigten Staaten, die sog. „Intergovernmental Agreements“ („IGA“), sind nunmehr in einer Vielzahl von Staaten anwendbar.70 Je nach Art des IGAs, beruhend auf einem Modelabkommen71 des US Treasury, werden die Informationen entweder direkt an den IRS gemeldet oder die Daten werden zunächst an eine nationale Behörde übermittelt, welche diese dann an den IRS weiterleitet.72 Bei Abschluss dieses Abkommens gelten die Finanzinstitute der Vertragsstaaten grundsätzlich als „teilnehmend“ und unterliegen ihrerseits keinem 30 %igen Strafsteuerabzug.73 Die notwendigen Kundendaten für die Meldung liegen den Finanzinstituten entweder bereits aufgrund der einschlägigen Geldwäschebestimmungen vor; alternativ werden die Institute verpflichtet, diese direkt beim Kontoinhaber durch ein Selbstauskunftsformular einzuholen.74 2. Rechtliche Umsetzung in Deutschland Deutschland unterzeichnete am 31. Mai 2013 ein IGA, das sog. „Abkommen zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten be 69 „Joint Statement from the United States, France, Germany, Italy, Spain and he United Kingdom regarding an Intergovernmental Approach to improving international Tax Compliance and Implementing FATCA“, siehe https://www.treasury.gov/resource-center/tax-policy/ treaties/Documents/FATCA-Joint-Statement-US-Fr-Ger-It-Sp-UK-02-07-2012.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016); sowie die Presseerklärung des US Teasury, vom 08.02.2012, https://www. treasury.gov/press-center/press-releases/Pages/tg1412.aspx (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 70 Auflistung aller unterzeichneten IGAs, auf: http://www.treasury.gov/resource-center/ tax-policy/treaties/Pages/FATCA-Archive.aspx (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 71 Siehe die offiziellen Model IGAs in den aktuellsten Versionen mit entsprechenden Annexen unter: https://www.treasury.gov/resource-center/tax-policy/treaties/Pages/FATCA.aspx (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 72 Die IGAs sind entweder zum Austausch der Informationen mit zwischengeschalteter nationaler Steuerbehörde (IGA Typ 1) oder als direkten Informationsaustausch an den IRS (IGA Typ 2) ausgestaltet. Der Modeltyp 1 ist nochmals in die Unterarten des reziproken Datenaustauschs (IGA Typ 1A) und der einseitigen Informationsübermittlung an die Vereinigten Staaten (IGA Typ 1B) untergliedert. 73 Siehe Art. 4 Abs. 1 Model IGA 1A; außerdem ist die Aussetzung der Vorschriften in Bezug auf unkooperative Kontoinhaber und der damit verbundenen Strafsteuerabzug in Art. 4 Abs. 2 Model IGA 1A verankert. 74 Diese Verpflichtung ergibt sich bspw. aus Annex I zu den IGAs Typ A oder B.

B. Initiativen im Überblick

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kannten U. S.-amerikanischen Informations- und Meldebestimmungen“  – kurz „FATCA-Abkommen“75– als auch eine begleitende Einvernehmenserklärung76 mit den Vereinigten Staaten.77 Das FATCA-Abkommen stellt einen völkerrechtlichen Vertrag dar, welcher durch Zustimmungsgesetz vom 16. Oktober 2013 in deutsches Recht transformiert worden ist.78 Das FATCA-Abkommen selbst trat am 11. Dezember 2013 in Kraft.79 Hierbei haben sich die Vertragspartner der „Model 1A“ Version bedient, mit der Verpflichtung der Finanzinstitute zur Meldung der Finanzkontendaten spezifizierter US-Personen an das deutsche Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), welches wiederum die Daten an die amerikanische Steuerbehörde, den IRS, weiterleitet. Der IRS ist reziprok zumindest teilweise in der Pflicht, Kontendaten deutscher Steuerpflichtiger mit Konten bei amerikanischen Finanzinstituten an das BZSt zu melden. Die USA melden deutlich weniger Daten an den deutschen Fiskus als umgekehrt, insbesondere im Hinblick auf Rechtsträger und gegebenenfalls deren beherrschende Personen, denn diese Daten sind aufgrund des amerikanischen Steuerrechts dem IRS nicht bekannt.80 Die deutsche Umsetzungsgesetzgebung zu diesem Informationsaustausch findet sich in § 117c AO81, wonach im Rahmen des AIFM-Steueranpassungs-Gesetzes82 eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Rechtsverordnungen geschaffen worden ist. Mit der „Verordnung zur Umsetzung der Verpflichtungen aus dem

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Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten bekannten U. S.-amerikanischen Informations- und Meldebestimmungen v. 31.05.2013 (BGBl. II S. 1362), abrufbar unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/ Steuern/Internationales_Steuerrecht/Staatenbezogene_Informationen/Laender_A_Z/Verein_ Staaten/2013-10-15-USA-Abkommen-FATCA.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2014) (folgend: FATCA-Abkommen). 76 Einvernehmenserklärung zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten bekannten US-amerikanischen Informations-und Meldebestimmungen, abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/ Steuern/Internationales_Steuerrecht/Staatenbezogene_Informationen/Laender_A_Z/Verein_ Staaten/2013-05-31-USA-Abkommen-FATCA-Einvernehmenserklaerung.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 77 Ausführlich Eimermann, IStR 2013, 774 ff.; Döhle, IWB 2013, 438 ff.; Dorfmüller, StuB 2013, 147 ff. 78 BGBl. 2013 II S. 1362. 79 BGBl. 2013 II S. 1363. 80 Kritisch Cotorceanu, Trusts & Trustees 2015, 21 ff., insbes. Übersicht auf S. 4. 81 Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) geändert worden ist. 82 Das Gesetz zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz) v. 23.12.2013 (BGBl. I S. 4318).

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

FATCA-Abkommen (FATCA-USA-UmsV)“83 vom 23. Juli 2014 wurde diese Er­ mächtigungsgrundlage ausgefüllt. Weitere Detailregelungen mit praktischem Bezug ergeben sich aus den verschiedenen BMF-Schreiben zu FATCA. Den für die Finanzinstitute weitreichendsten Leitfaden bietet das BMF-Schreiben zu Anwendungsfragen im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Meldestandard sowie dem FATCA-Abkommen (folgend: „BMF-Schreiben“).84 Hier werden detailliert Vorgaben zu Kundenidentifizierung, -klassifizierung und -dokumentation aufgestellt. Das Datenschema für die Meldung an das BZSt wurde durch den amtlich vorgeschriebenen Datensatz in separaten BMF-Schreiben vom 17. Juli 2015 und vom 2. Juni 2017 mit Verweis auf die Internetseite des BZSts festgelegt.85 Zuletzt hat das BMF auf Basis von Art. 3 Abs. 6 FATCA-Abkommen auch eine Vereinbarung mit dem IRS geschlossen. Die „Abmachung der Zuständigen Behörden“ wurde als BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2015 veröffentlicht und umfasst formelle Details zum zwischenstaatlichen Informationsaustausch.86 Außerdem sind Klarstellungen enthalten, wann eine natio­nal sanktionierte sog. „erhebliche Nichteinhaltung“87 vorliegt und es werden Erläuterungen zur Vertraulichkeit und zu Datenschutzvorkehrungen88 gegeben.

II. Die OECD-Initiativen Das „Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes“ (folgend: „Global Forum“) der OECD wurde im Jahr 2000 gegründet und gilt als größtes multilaterales Netzwerk zur Förderung und Forschung auf dem Gebiet der Steuertransparenz und des automatischen Informationsaustausches für 83 Verordnung zur Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten bekannten US-amerikanischen Informationsund Meldebestimmungen (FATCA-USA-Umsetzungsverordnung  – FATCA-USA-UmsV) v. 23.07.2017 (BGBl. I S. 1222). 84 BMF-Schreiben v. 01.02.2017. 85 Das FATCA XML-Datenschema basiert auf den einheitlichen Vorgaben des IRS um einen harmonisierten und technisch abgestimmten Ansatz bei einem Datenaustausch zu gewährleisten, siehe den FATCA XML v2.0 User Guide des IRS und die deutsche Übersetzung des BZSts unter: https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=3&ved =2ahUKEwiW66bA7dHnAhULilwKHQwOALoQFjACegQIAhAB&url=https%3A%2F%2 Fwww.bzst.de%2FSharedDocs%2FDownloads%2FDE%2FFATCA%2Ffatca_xml_schema_ benutzerhandbuch_deutsch.pdf%3F__blob%3DpublicationFile%26v%3D3&usg=AOvVaw3 heqm5qZyANw75edDgOiUw (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 86 BMF-Schreiben v. 16.12.2015. 87 Eine „erhebliche Nichteinhaltung“ i. S. d. 4.2.1 BMF-Schreiben v. 16.12.2015. ist bspw. gegeben, wenn ein meldendes deutsches Finanzinstitut es versäumt, der Kontenmeldung nach Art. 4 Abs. 1 lit. a FATCA-Ankommen nachzukommen. 88 § 5 BMF-Schreiben v. 16.12.2015.

B. Initiativen im Überblick

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Steuerzwecke.89 In ihm sind OECD- und nicht-OECD-Staaten vertreten. Seit 2009 spielt das Globale Forum eine Schlüsselrolle in der Erarbeitung von internationalen Standards zum steuerlichen Informationsaustausch.90 Dabei sorgt das Forum nicht nur für die Erarbeitung einheitlicher Standards auf Grundlage völkerrechtlicher Musterabkommen, es sichert durch stetige Überwachung und Begutachtung auch die Einhaltung solcher Standards.91 Damit Entwicklungsländer von den Vorteilen erhöhter Steuertransparenz profitieren können und ein einheitlich implementierter globaler Standard ermöglicht wird, bietet das Globale Forum auch ein technisches Umsetzungsprogramm an.92 Die OECD-Empfehlungen zum steuerlichen Informationsaustausch sind vielseitig. Sie variieren je nach Art des Informationsaustauschs, bauen jedoch gleichzeitig inhaltlich aufeinander auf und bedingen sich partiell wechselseitig. Die verschiedenen Vorgaben entwickelten sich im Laufe der vergangen Jahre – auch vor dem Hintergrund des technologischen Forstschritts – kontinuierlich weiter.93 Sie bilden internationale Standards in Form von „soft-law“, welchem sich die OECD-Mitgliedsstaaten durch völkerrechtliche Abkommen bindend unterwerfen können. Die OECD selbst sieht sich als Wegweiser und Standardsetzer, der den souveränen Staaten mangels eines maßgeblichen Gesetzgebers im internationalen Recht unverbindliche technische Modellgesetzgebungsvorschläge unterbreitet.94 Nachfolgend sollen die verschiedenen OECD-Initiativen und ihre Umsetzung in nationales Recht aufgezeigt werden, wobei dem Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, dem sog. „Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters“, (folgend: „Standard“)95, im weiteren Verlauf der Untersuchung besondere Bedeutung beigemessen wird. 89 Siehe http://www.oecd.org/tax/transparency/ (zuletzt aufgerufen 01.12.2016); hierzu Fehling, IStR 2012, 353 ff.; Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 7. 90 Ebd. 91 Hierbei bedient sich das Global Forum eines zweiphasigen „Peer Review“ Prozesses, wonach sich Jurisdiktionen gegenseitig prüfen, im Detail siehe: https://www.oecd.org/site/ peerreview/peerreviewataglance.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 92 Bspw. das XML-Datenschema für den Austausch von Kontendaten für Steuerzwecke unter dem CRS, siehe Teil 2 B. II. 4; siehe hierzu auch den jährlichen Report des OECD Global Forums von 2016, S. 5, 7, 10, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/transparency/GFannual-report-2016.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016); siehe bspw. auch die weltweit angebotenen Trainings und Seminare des Global Forums, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/ transparency/technical-assistance/events/ (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 93 Siehe im Überblick Czakert, Neue Entwicklungen bei der steuerlichen Amtshilfe, in: ifstSchrift Nr. 514, 2017; Seer / ​Gabert, StuW 2013, 3 ff. 94 Siehe bspw. die illustrierten OECD Beispiele zur Definition „soft law“, welche u .a. die „Case study on Model Tax Convention“ beinhaltet unter: http://www.oecd.org/gov/regulatorypolicy/irc10.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2014); sowie die Ausführungen von Gurría, (OECD Secretary-General) zum „Annual meeting of the American Society of International Law“, http://www.oecd.org/unitedstates/harmonyanddissonanceininternationallaw.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 95 OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

1. Art. 26 OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung (OECD-MA)96 Das OECD-MA gilt als anerkanntes und weltweit genutztes Model für völkerrechtliche Verträge zur Festlegung von Besteuerungsrechten für die in einem der beiden Vertragsstaaten erzielten Einkünfte sowie für die Zuteilung des in einem der beiden Vertragsstaaten belegenen Vermögens.97 Doppel- wie auch Doppelnicht­ besteuerungen sollen in diesem Zusammenhang vermieden werden. Im OECD-MA wurde bereits 1963 mit Art. 26 eine rechtliche Basis für den steuerlichen Informationsaustausch integriert, welcher dazu dient, die zugeteilten Besteuerungsrechte auch verfahrenstechnisch umsetzen zu können.98 Die aktuelle Fassung des Art. 26 OECD-MA wurde am 17. Juli 2012 vom Rat der OECD gebilligt.99 Artikel 26 OECD-MA bildet die Basis für zahlreiche speziellere Abkommen zum Informationsaustausch. a) Ausgestaltung Art. 26 OECD-MA sieht vor, dass die zuständigen Behörden der DBA-Vertragsstaaten zum Austausch von Informationen verpflichtet sind. Die Informationen erstrecken sich gem. Art. 26 Abs. 1 OECD-MA auf die für die Durchführung des Abkommens oder die Verwaltung oder Anwendung des innerstaatlichen Rechts relevanten Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden und voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht.100 Die Informationen können dabei rechtliche wie wirtschaftliche Sachverhalte umfassen. standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-tax-matters-978926 4216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 96 OECD, Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung – „Model Tax Convention on Income and on Capital: Condensed Version“, Paris 2014. 97 Vertiefend Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner, DBA, Grundlagen, Rn. 2 ff.; sowie Wassermeyer, in: Wassermeyer, OECD-MA 2014, Vor Art. 1 MA Rn. 1 ff. 98 Vertiefend Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner, DBA, Art. 26, Rn. 1 ff.; Weigell, in: Festgabe Wassermeyer zum 75. Geburtstag, 2015, 527 (528 ff.) sowie Wassermeyer / ​Kaeser / ​Schwenke, in: Wassermeyer, OECD-MA 2014, Art. 26, Rn. 1 ff. Art. 26 muss hierbei auch im Zusammenhang mit Art. 27 OECD-MA gesehen werden, welcher die Grundlagen für eine umfassende grenzüberschreitende Amtshilfe bei der Erhebung und Sicherung von Steueransprüchen ist, Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner, DBA, Art. 26 Rn. 2b; vgl. auch im Hinblick auf die europäische Umsetzung dieser Regelung und die Konkurrenzen Seer / ​Gabert, StuW 2013, 3 (12). 99 „Update to Art. 26 of the OECD Model Tax Convention and its Commentary“, Paris 2012, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/120718_Article%2026ENG_no%20cover%20(2).pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 100 Die ursprüngliche Begrenzung auf den Austausch von Informationen, die für die Anwendung des Abkommens selbst erforderlich waren (kleine Auskunftsklausel), wurde ersetzt durch einen umfassenden Ansatz, der alle steuerlich relevanten Fakten zur Durchführung des

B. Initiativen im Überblick

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Dabei wird der Umfang des Austauschs auf „voraussichtlich erhebliche“ Infor­ mationen beschränkt. Die Formulierung schließt damit sog. „fishing expeditions“101 oder „Anfragen ins Blaue hinein“ aus und setzt ein Mindestmaß an Erforderlichkeit voraus.102 Im Einzelfall soll ein größtmögliches Maß an Informationsaustausch stattfinden, dessen Grenze freilich dort erreicht ist, wo es zu „fishing expeditions“ kommt.103 Der Grundsatz der Gegenseitigkeit verpflichtet die Vertragsstaaten zur Erteilung einer Auskunft bei vergleichbaren Sachverhalten. Der um die Information ersuchte Staat kann die Information zwar auch dann erteilen, wenn er durch das Abkommen nicht dazu verpflichtet ist. Allerdings hat er ebenfalls in diesem Zusammenhang sein jeweiliges nationales Recht zu beachten. Nach Art. 26 Abs. 4 OECD-MA ist weiterhin auch dann Auskunft zu erteilen, wenn die Information neu beschafft werden muss und nicht für eigene Zwecke des auskunftserteilenden Staats genutzt werden kann. Über die konkrete Form des Informationsaustauschs enthält 26 OECD-MA keine Vorgabe. Dementsprechend ist auch ein automatischer Informationsaustausch möglich. Zahlreiche EDV-technische Vorgaben, die den elektronischen Datenaustausch ermöglichen, sind durch die OECD erarbeitet worden und werden von vielen Vertragsstaaten verwendet. Art. 26 Abs. 2 OECD-MA umfasst außerdem datenschutzrechtliche Vorgaben. Hiernach wird ein Geheimhaltungsstandard festgelegt, demzufolge der empfangene Vertragsstaat die Informationen genauso vertrauensvoll behandeln soll, wie die nach innerstaatlichen Recht beschafften Informationen, sog. „internationales Steuergeheimnis“.104 Der Geheimhaltungsstandard und die damit verbundenen Sanktionen entsprechen daher den nationalen Datenschutzstandards des Empfängerstaats. Ferner ist eine Verwendungsbeschränkung verankert, wonach die Informationen nur Personen oder Behörden einschließlich der Gerichte zugänglich sind, die mit der Veranlagung oder Erhebung, der Vollstreckung oder Strafverfolgung oder mit der Entscheidung von Rechtsmitteln hinsichtlich der in Art. 26 Abs. 1 OECD-MA genannten Steuern oder mit der Aufsicht über diese Personen oder Behörden befasst sind. jeweiligen nationalen Steuerrechts erfasst, hierzu Weigell, in: Festgabe Wassermeyer zum 75. Geburtstag, 2015, 527 (528 ff.). 101 Ein ursp. durch das US-Recht geprägter Begriff, welcher bspw. bei unrechtmäßig erlangten Informationen durch wahllose Befragung von Zeugen verwendetet wird, siehe West’s Encyclopedia of American Law, 2. Aufl., Detroit 2008. 102 Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit sogenannter Gruppenanfragen wesentlich. Deren Zulässigkeit erfordert u. a., dass der um Auskunft ersuchende Staat eine detaillierte Beschreibung der Gruppe vorlegt. 103 „Update to Art. 26 of the OECD Model Tax Convention and its Commentary“, Paris 2012, S. 3; vgl. ausführlich zur Rechtsprechung in diesem Gebiet Teil 5 A. I. 1. e) und Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (cc). 104 Vgl. BFHE 127, 104 (112); vgl. außerdem im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa).

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

Die Auskunftspflicht findet nach Art. 26 Abs. 3 OECD-MA ihre Grenzen. Informationen müssen unter anderem dann nicht beschafft werden, wenn Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen sind, die von den Gesetzen und der Verwaltungspraxis dieses oder des anderen Vertragsstaats abweichen. Auch kann die Auskunftserteilung verweigert werden, wenn ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheiminis oder ein Geschäftsverfahren preisgegeben würde. Hiervon ist jedoch nach Art. 26 Abs. 5 OECD-MA ein Bankgeheimnis explizit ausgenommen. Danach können dem auskunftsersuchenden Staat keine Informationen vorenthalten werden, nur weil diese Informationen bei einem Finanzinstitut lagern. Auch wenn Art. 26 OECD-MA und der Kommentar zum OECD-MA weitreichende Vorgaben zum Informationsaustausch vorsehen, handelt es sich dennoch nur um ein Modell, welches in seiner konkreten Ausgestaltung im DBA durch die Vertragsstaaten variiert werden kann. Insbesondere war es Vertragsstaaten möglich, die Regelungen zum Erforderlichkeitsstandard in Art. 26 Abs. 1 OECD-MA sowie zum Bankgeheimnis in Art. 26 Abs. 5 OECD-MA auf Verhandlungsbasis anders zu gestalten. Durch die zahlreichen Abkommen zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkontendaten nach dem Standard wurde das Bankgeheimnis jedoch faktisch abgeschafft, sodass Art. 26 OECD-MA mit seinem weitreichenden Anwendungsbereich nunmehr wohl keinen Einschränkungen in der DBA-Verhandlungspraxis unterliegen sollte.105 b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland Für Deutschland mit derzeitig 101 DBAs, welche überwiegend auf dem OECD-​ MA basieren, nimmt der Informationsaustausch nach 26 OECD-MA eine hohe praktische Bedeutung ein.106 Die zentrale Norm nationaler Umsetzung findet sich in § 117 AO.107 Insbesondere § 117 Abs. 4 AO legt hierbei die Standards zur Durchführung der Rechts- und Amtshilfe, zu denen der steuerliche Informationsaustausch gehört, fest. Demnach richten sich die Befugnisse der Finanzbehörden sowie die Rechte und Pflichten der Beteiligten und anderer Personen nach denen für Steuern i. S. v. § 1 Abs. 1 AO geltenden Vorschriften. Der Finanzbehörde steht somit im Rahmen ihrer Ermittlung die Möglichkeit zu, Auskünfte nach § 93 der AO einzuholen oder z. B. Gegenstände und Vorgänge in Augenschein zu nehmen oder die Vorlage von Unterlagen einzufordern.

105 Zu dem automatischen Informationsaustausch über Finanzkontendaten siehe FATCA Teil 2 B. I. sowie zu CRS Teil 2 B. II. 4.  106 Stand der Doppelbesteuerungsabkommen und anderer Abkommen im Steuerbereich, 1. Januar 2016, BMF-Schreiben v. 19.01.2016. 107 Sowie das BMF-Schreiben v. 23.11.2015.

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2. Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und zu dem Protokoll vom 27. Mai 2010 zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen108 Das „Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und zu dem Protokoll vom 27. Mai 2010 zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen“ (folgend: „das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen“) wurde von der OECD gemeinsam mit dem Europarat bereits 1988 erarbeitet und veröffentlicht. Das Übereinkommen ist das umfassendste multilaterale Instrument für alle Arten der grenzüberschreitenden Kooperation von Steuerbehörden, um global gegen Steuerhinterziehung und Missbrauch vorzugehen. 2010 wurde das Übereinkommen auf Verlangen der G20-Staaten um eine generelle Regelung zum internationalen Standard für den automatischen Informationsaustausch erweitert. Gleichzeitig wurde die Unterzeichnung der multilateralen Konvention für alle Staaten, auch für Entwicklungsländer, ermöglicht. Insbesondere Entwicklungsländer sollten von den neuen Transparenzregelungen profitieren. Seit 2009 haben die G20 fortwährend für die Unterzeichnung des Übereinkommens geworben. 94 Jurisdiktionen haben bis jetzt die Konvention unterschrieben, darunter alle G20-Staaten, alle BRICS-Staaten und alle OECD-Mitgliedsstaaten.109 a) Ausgestaltung Das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen ist ein multilateraler Vertrag, in dessen Rahmen eine Vielzahl von Jurisdiktionen auf einer gemeinsamen rechtlichen Grundlage miteinander kooperieren. Gleichzeitig sieht das Übereinkommen einen Gestaltungspielraum der einzelnen Staaten zu bestimmen Punkten vor. So können die Vertragsstaaten beispielsweise nach Art. 30 des Übereinkommens Vorbehalte bezüglich der unter das Übereinkommen fallenden Steuerarten vereinbaren. Ein spezielles Koordinierungsbüro der OECD sorgt für die einheitliche Einhaltung und Interpretation der Regelung des Übereinkommens.110

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OECD, The Multilateral Convention on Mutual Administrative Assistance in Tax Matters: Amended by the 2010 Protocol and the revised Explanatory Report, Paris 2010, (ausschließlich in englischer Sprache) abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/ Explanatory_Report_ENG_%2015_04_2010.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 109 Zuletzt hat Kenia am 08.01.2016 das Übereinkommen unterzeichnet, siehe http://www. oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/kenya-becomes-the94th-jurisdiction-to-sign-themac.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 110 Siehe Key Benefits Chart unter: http://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/ con​ventiononmutualadministrativeassistanceintaxmatters.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2016).

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

Das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen enthält einen äußerst weitreichenden Anwendungsbereich bezüglich der adressierten Steuerarten, aber auch der verschiedenen Maßnahmen zur Kooperation in Steuersachen. So sind in Kapitel I die verschiedenen Arten des Informationsaustauschs geregelt. Sie umfassen neben dem Informationsaustausch auf Ersuchen (Art. 5), den automatischen Informationsaustausch (Art. 6) und die Spontanauskünfte (Art. 7) ebenfalls die gleichzeitige Betriebsprüfung (Art. 8) sowie die Entsendung von Betriebsprüfern (Art. 9). Kapitel II regelt sodann Maßnahmen zur grenzüberschreitenden Steuereintreibung. Weitere Bestimmungen betreffen den Austausch von beweislastigen Dokumenten in Gerichtsverfahren (Kapitel III) sowie den Datenschutzstandards und Geheimhaltungsvorgaben (Art. 21, 22). Maßgebend für diese Untersuchung ist Art. 6 der Konvention mit den Regelungen zum automatischen Informationsaustausch. Der Wortlaut des Übereinkommens eröffnet und bestärkt hierbei den Weg für weitere bi- oder multilaterale Abkommen zur detaillierteren Regelung des automatischen Informationsaustauschs in „certain categories of cases“. Die OECD erfüllt diese Vorgabe mit dem globalen „Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters“, als Modelvertrag für den globalen Austausch von Finanzkontendaten.111 Das Übereinkommen steht rechtstechnisch neben dem OECD-MA und gestaltet die nach Art. 26 und 27 OECD-MA geltenden Vorgaben detaillierter aus. Beide Regularien verfolgen den Zweck größtmöglicher Steuertransparenz zum Kampf gegen Steuerhinterziehung bei garantierter Einhaltung von Grundrechten des Steuerpflichtigen. Hierbei gelten für das Übereinkommen und Art. 26 OECD-MA die gleichen Vorgaben und Standards, beispielsweise dass die vom Informationsaustauch betroffenen Daten „voraussichtlich erhebliche“ Informationen für den Empfängerstaat darstellen müssen.112 Datenschutzstandards und Geheimhaltungsvorgaben sind zudem auf gleichwertigem Niveau garantiert. b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland Deutschland unterzeichnete bereits am 17. April 2010 die ursprüngliche Fassung des Übereinkommens von 1988 und am 3. November 2011 die novellierter Fassung von 2010.113 Mit dem „Gesetz zu dem Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und zu dem Protokoll vom 27. Mai 2010 111

Siehe Teil 2 B. II. 4.  Siehe Präambel des Explanatory Reports des Übereinkommens. Die Änderungen des Übereinkommens in 2010 war bedingt durch die Novellierung des Kommentars zu Art. 26 OECD-MA. Eine Harmonisierung des Kommentars mit dem Übereinkommen und dem Explanatory Report war durch die OECD gewollt. 113 Siehe die OECD Liste der am Übereinkommen teilnehmenden Jurisdiktionen unter: http:// www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/Status_of_convention.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 112

B. Initiativen im Überblick

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zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuer­ sachen“ vom 16.07.2015114 erlangten das Übereinkommen und das Protokoll die für die Ratifikation erforderliche Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften. In der Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Übereinkommens vom 15. Oktober 2015115 wurde das Inkrafttreten des Übereinkommens zum 1. Dezember 2015 bekannt gegeben. Überdies wurden die durch Deutschland eingeforderten Erklärungen und Vorbehalte genannt. Hierunter zählten auch Datenschutzbestimmungen, die Deutschland als Standard für den Empfängerstaat setzte und welche als Grundlage für eine Übermittlung von diesem garantiert werden müssen. Das Übereinkommen und die entsprechende nationale Gesetzgebung bieten – ähnlich wie Art. 26 OECD-MA – die Grundlage für speziellere Abkommen und lokale Gesetzesinitiativen zur Ausgestaltung der eher weit gefassten Bestimmungen im Übereinkommen. Dies gilt insbesondere im Bereich des hier untersuchungsrelevanten automatischen Informationsaustauschs über Kontendaten, für welchen detailliertere Regelungen unabdingbar sind.116 3. Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch117 Das „Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch“ (sog. „Tax Information Exchange Agreement – TIEA“), ist ebenfalls ein auf einem OECDModell basierendes Abkommen zwischen zwei oder mehreren Staaten zum Austausch von steuerlich relevanten Informationen. Bereits im April 2002 veröffentlichte die OECD das diesbezügliche – sich rein auf Ersuchungsauskunftsverfahren beschränkende  – Modellregelwerk. Ziel war insbesondere die Beseitigung des Bankengeheimnisses in sog. Steueroasen118, um der Wettbewerbsverzerrung wie auch der Förderung von Steuerhinterziehung durch Offshore-Konten Einhalt zu ge­bieten. Insbesondere die als Steueroasen geltenden Staaten charakterisier 114

Gesetz zu dem Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und zu dem Protokoll vom 27. Mai 2010 zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen v.16.07.2015 (BGBl. II S. 966). 115 Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und des Protokolls zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen v. 15.10.2015 (BGBl. II S. 1277). 116 Siehe Teil 2 B. II. 4.  117 In der Praxis wird oft mit der englischen Bezeichnung gearbeitet; basierend auf dem OECD Model: OECD, Tax Information Exchange Agreement, Paris 2002, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/exchange-of-tax-information/2082215.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 118 Steueroasen sind nach Definition der OECD solche Jurisdiktionen, welche sich nicht zum „Improving Transparency and Establishing Effective Exchange of Information in Tax ­Matters“ bereiterklären. Siehe den Bericht des Global Forum on Transparency and Exchange of Information, Paris 2010, unter: http://www.oecd-ilibrary.org/docserver/download/2310041e. pdf?expires=1456333382&id=id&accname=ocid49014605&checksum=F80FF27045F7D15D 8CEA1D48375568A2 (zuletzt aufgerufen 01.12.2016).

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

ten sich dadurch, sich weder dem OECD-Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen zu unterwerfen noch DBAs mit entsprechend integrierter großer Auskunftsklausel auf Grundlage von Art. 26 OECD-MA oder TIEAs abzuschließen.119 a) Ausgestaltung Das OECD-Modell für TIEAs kann in seiner bi- oder multilateralen Ausgestaltung als Grundlage des Vertrags zum Informationsaustausch dienen. Ähnlich wie das OECD-Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und Art. 26 OECD-MA wird eine Vielzahl von Steuerarten adressiert. Hierunter zählen beispielsweise auch die Erbschafts- und Schenkungsteuer sowie die Einkommens- und Vermögensteuern oder Kapitalertragsteuern. Weitere Steuerarten, wie beispielsweise Gewerbe- oder Umsatzsteuer, können von den Vertragsstaaten ergänzt werden. Anders als das OECD-Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und Art. 26 OECD-MA war jedoch ursprünglich ausschließlich die Auskunft auf Ersuchen nach Art. 5 OECD-MTEIA vorgesehen. Dies machte eine spezielle Einzelfallprüfung erforderlich und legte den Vertragsstaaten die Pflicht einer weitreichenden Begründung jedes Ersuchens auf. Darüber hinaus gelten jedoch auch in diesem Zusammenhang die gleichen Auskunftsverweigerungsrechte wie beim Übereinkommen sowie bei Art. 26 OECD-MA und damit die gleiche Rückausnahmen zum Auskunftsverweigerungsrecht im Falle von Informationen, welche bei Banken gespeichert sind. Im Juni 2015 ergänzte die OECD dann das ursprüngliche TIEAs Model um die Möglichkeit des automatischen Informationsaustausches und der Spontanauskünfte in Anlehnung an die Formulierungen im OECD-Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und Art. 26 OECD-MA, um alle Model-soft-law-Empfehlungen der OECD damit auf einen einheitlichen Standard zu bringen. Neben dem Informationsaustausch bieten TIEAs die Möglichkeit der Amtshilfe bei Steuerstraf- oder Bußgeldverfahren sowie die Anwesenheit bei Außenprüfungen. TIEAs werden durch die zunehmenden Abschlüsse von DBAs mit Art. 26 OECD-MA sowie durch die Implementierung des CRS Standards zwar in ihrer Bedeutung insbesondere bezüglich des Informationsaustauschs von Kapitaleinkünften gemindert. Dessen ungeachtet gelten sie beispielsweise für Entwicklungsländer ohne weitreichendes Netz an DBAs, welche auch den technisch anspruchsvollen CRS Standard derzeitig noch nicht implementieren können, weiter als wichtige Rechtsgrundlage für den Informationsaustausch. Darüber hinaus ist 119

Seit 2009 wird niemand von der OECD auf der Liste unkooperativen Steueroasen geführt, da sich auch die letzten Staaten Andorra, das Fürstentum Liechtenstein und das Fürstentum Monaco zum Informationsaustausch verpflichteten.

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durch den breiten Anwendungsbereich in Bezug auf die adressierten Steuerarten eine Anwendung beispielsweise im Bereich der Erbschafts- und Schenkungsteuer fortwährend relevant. b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland Derzeitig hat Deutschland 36 solcher TIEAs abgeschlossen.120 Inhalt und Aufbau der deutschen Abkommen entsprechen weitgehend dem OECD-Muster­abkommen für Informationsaustausch in Steuersachen aus dem Jahr 2002. Deutschland wendet TIEAs nur für Ersuchungsauskünfte an. Von den Ergänzungen des OECD-Modells um die Möglichkeit von Spontanauskünften und automatischen Informationsaustausch wurde, wie im BMF-Schreiben vom 15. November 2015 ausdrücklich beschrieben, nicht Gebrauch gemacht. Amtshilfe wird auf Ersuchen durch Übermittlung von steuerlich voraussichtlich erheblichen Informationen regelmäßig für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Vermögensteuer, Umsatzsteuer, Versicherungssteuer, Erbschaftsteuer und die darauf erhobenen Zuschläge gewährt.121 Wie bei dem Informationsaustausch basierend auf Art. 26 OECD-MA stützen sich die nationalen Normen zur Amtshilfe auf § 117 ff. AO.122 DBAs wie auch TIEs sind völkerrechtliche Verträge, innerstaatlich anwendbar kann auf deren Basis gem. § 117 Abs. 2 AO zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe geleistet werden. § 117 Abs. 4 AO verweist hierbei auf die Befugnisse der Finanzbehörden sowie die Rechte und Pflichten der Beteiligten und anderer Personen nach den für Steuern i. S. v. § 1 Abs. 1 AO geltenden Vorschriften. Der Finanzbehörde steht somit im Rahmen ihrer Ermittlung die Möglichkeit zu, Auskünfte nach § 93 der AO einzuholen oder z. B. Gegenstände und Vorgänge in Augenschein zu nehmen oder die Vorlage von Unterlagen einzufordern. Weitere BMF-Schreiben präzisieren die Anwendung von Auskunftsersuchen in den Behörden.123

120 Stand der Doppelbesteuerungsabkommen und anderer Abkommen im Steuerbereich, 1. Januar 2016, BMF-Schreiben v. 19.01.2016. 121 Deutschland hat neben dem vermehrten Abschluss von TIEAs ab 2008 auch unilateral das Steuervermeidungsbekämpfungsgesetz vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2302) erlassen um härter gegen Steuerhinterziehung durch Steueroasen vorzugehen, siehe hierzu ausführlich Seer  / ​ Gabert, Ubg 2010, 358, (363 f.). 122 Hierzu Rätke, in: Klein, AO, § 117 Rn. 1 ff.; Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 1 ff.; Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 11 ff.; sowie früher das Grundwerk von Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 57, 69 ff. 123 BMF-Schreiben v. 10.11.2015; BMF-Schreiben v. 25.05.2012; BMF-Schreiben v. 16.11.2006.

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

4. Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten124 Vor dem Hintergrund der Bekämpfung von globaler Steuerhinterziehung, insbesondere im Bereich der Kapitaleinkünfte, haben am 19. April 2013 die Finanzminister der G20-Staaten die OECD mit der Entwicklung eines multilateralen Standards für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (folgend: „Standard“) beauftragt. Dieser soll eine konkrete Ausgestaltung der vorgesehenen Möglichkeit des automatischen Informationsaustauschs in Art. 6 des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und Art. 26 OECD-MA speziell im Hinblick auf Kontendaten sein.125 Die erste finale Fassung des Standards wurde bereits im Februar 2014 durch die OECD veröffentlicht und später durch einen Kommentar126 (folgend: „CRS-Kommentar“) mit detaillierten Erläuterungen ergänzt. Zum Treffen des „Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes“ am 29. Oktober 2014 in Berlin verpflichteten sich über 90 Jurisdiktionen zum Austausch auf Basis des Standards und bereits 50 unterzeichneten die multilaterale Vereinbarung zum automatischen steuerlichen Informationsaustausch.127 Aktuell sind es 106 am Standard teilnehmende Staaten mit unterschiedlichen Startzeitpunkten für die erste Meldung.128 Darüber hinaus haben sich 40 Entwicklungsländer verpflichtet, den Standard in Zukunft umzusetzen ohne zum jetzigen Zeitpunkt einen Termin für die erste Meldung festzuhalten. In einem eigens von der OECD dafür kreierten „Automatic Exchange Portal“ lässt sich die steigende Anzahl der sich zum Informationsaustausch nach dem Standard verpflichtenden Staaten verfolgen. 49 Jurisdiktionen tauschten bereits erstmalig 2017 Informationen für das Steuerjahr 2016 aus.129 124

OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/ standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-tax-matters-97892 64216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), bestehend aus einem „Model Competent Authority Agreement“ („CAA“) und dem „Common Reporting Standard“ („CRS“) sowie den dazugehörigen Kommentar. 125 Ebd., Vorwort des Standards. 126 OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, inkl. Kommentar, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-oftax-information/standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-taxmatters-9789264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 127 Zum „Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes“ am 29. Oktober 2014 in Berlin siehe die Pressemitteilung des BMF unter: https://www. bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2014/10/2014-​​ 10-29-PM42.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2014) sowie die Pressekonferenz, abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Video/2014/2014-10-29-global-forumpk/2014-10-29-global-forum-pk.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). Zur früheren Arbeit des Global Forums Fehling, IStR 2012, 353 ff. 128 Siehe die Liste der OECD unter: http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/commitment-​ and-monitoring-process/AEOI-commitments.pdf (zuletzt aufgerufen 01.07.2018). 129 Ebd.

B. Initiativen im Überblick

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a) Ausgestaltung Der automatische Informationsaustausch von Finanzkonten nach dem Standard inkludiert ebenso wie FATCA die systematische und periodische Übermittlung von steuerrelevanten Daten natürlicher und juristischer Personen. Finanzinstitute sind dabei, ähnlich wie unter FATCA, verpflichtet, Kunden zu klassifizieren und meldepflichtige Konten herauszufiltern. Bei der Kontoinhaberklassifizierung wird hierbei zwischen natürlichen und juristischen Personen unterschieden, wobei bei juristischen Personen mit überwiegend passivem Einkommen der wirtschaftliche Endbegünstigte ermittelt werden muss.130 Ein meldepflichtiges Konto ist hierbei nach § 1 Nr. 1. Buchst. g) bis k) CAA ein von einem Finanzinstitut geführtes Finanzkonto, das von einem oder mehreren Personen mit steuerlicher Ansässigkeit in einem anderen am Standard teilnehmenden Staat oder von einem passiven Rechtsträger, dessen beherrschende Personen gleichzeitig Personen mit steuerlicher Ansässigkeit in einem anderen am Standard teilnehmenden Staat sind.131 Die meldepflichtigen Konten werden nachfolgend mit den damit verbundenen Informationen, unter anderem mit den Gesamtbruttoertragsdaten über Zinsen und Dividenden sowie dem Kontensaldo, an die inländische Behörde gemeldet. In einem zweiten Schritt werden dann jährlich die Daten von der Jurisdiktion, in der die steuerrelevanten Erträge generiert werden, in die Jurisdiktion, in welcher die Person steuerlich ansässig ist, übermittelt. Der Standard für den automatischen multilateralen Austausch von Finanzkonten nach den Vorgaben der OECD besteht aus zwei Teilen, dem Muster zur multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörde über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, dem sog. „Competent Authority Agreement“ (CAA), und der Mustervereinbarung zum gemeinsamen Melde- und Sorgfaltsstandard, dem. sog. „Common Reporting Standard“ (CRS). Das CAA ist hierbei eine Mustervereinbarung, welcher die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Staaten zum reziproken Informationsaustausch einschließt. Neben allgemeinen Definitionen, der Festlegung, welche Daten ausgetauscht werden sollen und weiteren Informationen zum Austauschverfahren, sind Geheimhaltungs- und Datenschutzaspekte angesprochen. Da der CAA lediglich ein durch die OECD vorgeschlagenes Muster begründet, könnte er ähnlich wie das OECD-MA teilweise durch die Staaten abgeändert werden. Um ein harmonisiertes Vorgehen auf multilateraler Vertragsbasis zu gewährleisten, ist jedoch nicht vorgesehen, dass Staaten weitreichende Alleingänge vornehmen. Vielmehr ist es dem Standard immanent, dass alle teilnehmenden Staaten die gleichen Informationen erheben und hierbei die gleichen 130 Dies gilt wie auch unter FATCA nach den „KYC Rules“ und den zusammenhängenden Geldwäschebestimmungen. Vgl. auch zur Überlappung der Regime zum Identifizieren des wirtschaftlich Berechtigten Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 (insbes. 68 ff.). 131 Die steuerliche Ansässigkeit in einem anderen am Standard teilnehmenden Staat wird in dieser Schrift auch verkürzt als „ausländische steuerliche Ansässigkeit“ bezeichnet.

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

durch die OECD vorgeschlagenen technisch kompatiblen Lösungen in Form des XML-Datenschemas verwenden.132 Während das CAA die Vorgaben zur Übermittlung der Daten an die ausländische Steuerbehörde beinhaltet, gibt der CRS detailliert die Definitionen von Finanz­institutsarten vor und regelt damit den Anwendungsbereich der Melde- und Sorgfaltsbestimmungen. Außerdem werden die Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute zur Identifizierung und Klassifizierung von Kunden festgelegt. Zudem wird geregelt, welche meldepflichtigen Informationen die Finanzinstitute in welcher Weise an die inländische Steuerbehörde übermitteln müssen und welche Produkte Erträge generieren, die von einer Meldung exkludiert sind. Anders als unter FATCA jedoch sieht der Standard keine Strafsteuer des Quellenlands vor, falls sich ein Finanzinstitut nicht an die Bestimmungen hält. b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland Der Standard ist in Europa durch die Novellierung der Amtshilferichtlinie für die Unionsstaaten verpflichtend umzusetzen.133 Deutschland setzte den gesamten Standard beziehungsweise die novellierte Amtshilferichtlinie in drei Gesetz­ gebungsverfahren um.134 Als rechtliche Rahmenvoraussetzung wurde zunächst das Gesetz zum multilateralen Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen verabschiedet, auf dessen Grundlage in Art. 6 des Übereinkommens weitere multilaterale Vereinbarungen zum automatischen Austausch von steuerlich relevanten Informationen geschlossen werden können.135 Sodann wurde das CAA als völkerrechtlicher Vertrag durch Transformationsgesetz, als „Gesetz zu der mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014“136, in deutsches Recht überführt. 132

Siehe im Detail OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, Annex 3, das OECD XML-Schemata, S. 268, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/standard-for-automatic-exchangeof-financial-account-information-for-tax-matters-9789264216525-en.htm (zuletzt abgerufen 01.12.2017). 133 Richtlinie 2014/107/EU des Rates vom 9. Dezember 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, welche in Anhang I den fast wortgleichen Text des CRS der OECD beinhaltet; zur Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs innerhalb der EU Seer, IWB 2015, 870; ders., EC Tax Review 2013, 66. 134 Siehe im Detail Czakert, DStR 2015, 2697 (2700 f.). 135 Gesetz zu dem Übereinkommen v. 25.01.1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und zu dem Protokoll v. 27.05.2010 zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen v. 16.06.2015 (BGBl. II S. 966), siehe Teil 2 B. II. 2. Wobei auch Art. 26 DBA als Rahmengesetzgebung für den Informationsaustausch über Finanzkonten gelten kann, vgl. Teil 2 B. II. 1.  136 Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2531), dass durch Artikel 6 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3000) geändert worden ist.

B. Initiativen im Überblick

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Beide gelten als Rahmengesetzgebung zur Anwendung des automatischen Informationsaustauschs mit Drittstaaten.137 Das für die Finanzinstitute praktisch ausschlaggebendste Gesetz mit den entsprechend einzuhaltenden Sorgfaltspflichten nach dem CRS ist allerdings das „Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz – FKAustG)“138. Es ist gleichzeitig die einfachgesetzliche Grundlage für den Austausch von Informationen über Finanzkonten mit EU- und Drittstaaten, vgl. § 1 Abs. 1 FKAustG. Die von den Instituten einzuhaltenden Melde- und Sorgfaltspflichten für Informationen über Finanzkonten finden sich in Abschnitt 2 des FKAustG. Die Ausgestaltung der Identifizierungs-, Klassifizierungs- und Meldeverpflichtungen der Finanzinstitute lehnt sich stark an die im Annex I des FATCA-Abkommens an. Hierfür formuliert das FKAustG detaillierte Vorgaben, um herauszufiltern, wer als meldepflichtige – im Ausland steuerlich ansässige – Person gilt. Wie bei FATCA ist beispielsweise auch hier eine Indiziensuche139 in der Stammdatenbank der Institute vorzunehmen oder es sind Selbstauskünfte bei den Betroffenen direkt einzuholen, um insbesondere die ausländische Steueridentifikationsnummer zu erfassen.140 Ebenso inkludiert sind die Zuständigkeit des BMFs sowie des BZSts. Danach gilt grundsätzlich das BMF als „zuständige Behörde“ nach § 4 FKAustG, soweit nicht das BZSt ausdrücklich für zuständig erklärt wird. Gem. § 5 FKAustG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 5b FVG ist das BZSt für die Entgegennahme und Weiter­ leitung von Meldungen und Auswertungen im Rahmen der nach § 2 FKAustG auszutauschenden Informationen und für die Durchführung von Bußgeldverfahren nach § 28 FKAustG zuständig.141 Wichtiger Anknüpfungspunkt für die Praxis ist überdies das vom 1. Februar 2017 datierende BMF-Schreiben zu Anwendungsfragen im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Meldestandard sowie dem FATCA-Abkommen (folgend: „BMF-​ Schreiben“), das in Rn. 5 auch die originären OECD-Veröffentlichungen, wie CRS-Kommentar und Handbuch, für anwendbar erklärt.142 Hier werden Detailfragen, insbesondere für die zur Umsetzung verpflichteten Finanzinstitute, geregelt.143 137

Siehe § 1 Abs. 1 Nr. 2. FKAustG. Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (BGBl. 2015 II S. 2531). Im Rahmen von Art. 1 des Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze erlassen. 139 Indizien sind auch unter CRS bspw. ausländischer Wohnsitz, ausländische Postanschrift aber auch eine ausländische Telefonnummer, vgl. ausführlich zu den Sorgfaltspflichten Teil 3 B. I. 140 Vgl. bspw. § 11 Abs. 1 Nr. 2 sowie § 11 Abs. 2 FKAustG; zum Zusammenhang zwischen CRS und den geldwäscherechtlichen Dokumentationspflichten sowie zur datenschutzrechtlichen Betrachtung des CRS Seer / ​Wilms, StuW 2015, 118 ff. 141 Krumm, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 5 FVG Rn. 6b. 142 BMF-Schreiben v. 01.02.2017. 143 Siehe im Detail die Melde- und Sorgfaltspflichten Teil 3 B. I. 138

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

Weitere relevante Vorgaben ergeben sich durch die BMF-Schreiben, welche die für das Meldejahr relevanten Staatenaustauschliste beinhalten.144 Auch umfassen die Info-Briefe und das Kommunikationshandbuch des BZSts insbesondere technische Vorgaben zur Umsetzung des Standards.145

III. Europäische Initiativen Die Europäische Union stellte ebenfalls das Ziel auf, härter gegen Steuerhinter­ ziehung und aggressive Steuerplanung vorzugehen.146 Die EU setzt mit der Ausgestaltung von Maßnahmenpaketen unter anderem die Steuertransparenzvorgaben um, welche durch die OECD im Auftrag der G20 erarbeitetet worden sind.147 Hierbei wird ein möglichst harmonisierter Weg – auch in Verbindung mit Drittstaaten – angestrebt.148

144

BMF-Schreiben v. 22.06.2017. Siehe die Infobriefe des BZSt: https://www.bzst.de/DE/Unternehmen/Intern_Informations austausch/CommonReportingStandard/Infobrief/infobrief_node.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2017) und das Kommunikationshand​buch für das Meldeverfahren https://www.bzst.de/ DE/Unternehmen/Intern_Informationsaustausch/CommonReportingStandard/Handbuecher/ handbuecher_node.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 146 Siehe bspw. die Mitteilung der Kommission zur Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich v. 28.04.2009, KOM(2009) 201 sowie die Mitteilung der Kommission zum Aktionsplan zur Verstärkung der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung v. 06.12.2012, KOM(2012) 72 sowie das aktuelle Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Steuervermeidung m. w. N. und Links: http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/ company_tax/anti_tax_avoidance/index_de.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). Als Überblick zu den EU Maßnahmen siehe Seer, EC Tax Review, 2013 Vol. 22, 63 ff. Zu den offiziellen europäischen Definitionen der Begriffe Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressive Steuerplanung siehe die Website der EU-Kommission: http://ec.europa.eu/taxation_customs/ taxation/tax_fraud_evasion/missing-part_de.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 147 Mitteilung der Kommission zum Maßnahmenpaket der Bekämpfung von Steuervermeidung: nächste Schritte auf dem Weg zu einer effektiven Besteuerung und einer größeren Steuertransparenz in der EU v. 28.01.2016, COM (2016) 23. Mit einigen der Maßnahmen­pakete wird darüber hinaus die „base erosion and profit shifting“ („BEPS“) Initiative umgesetzt, welche ebenfalls auf G20 und OECD-Vorgaben fußt. Hier sollen insbesondere global agierende Unternehmen adressiert werden, welche durch Transferierung ihrer Profite in steuerlich für sie günstige Jurisdiktionen, ihre Steuerlast künstlich herabsenken. Unternehmen sollen verpflichtet werden, eine angemessene und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Steuerschuld zu begleichen. Enthalten im Maßnahmenpaket sind auch Regelungen zum automatischen Informationsaustausch, bspw. über Steuervorbescheide und Vereinbarungen im Rahmen von Vorabverständigungsverfahren im Bereich der Verrechnungspreise. Siehe zum Informationsaustausch unter BEPS Hendricks, in: Oesterreicher (Hrsg.), BEPS – Base Erosion und Profit Shifting, 2015, S. 105 ff. 148 Ebd. Kritisch zum Datenaustausch innerhalb der EU, Glaser, Die datenschutzrechtlichen Grenzen bei der internationalen Informationshilfe durch deutsche Steuerbehörden innerhalb der europäischen Union, 2014, S. 224 ff. 145

B. Initiativen im Überblick

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1. Zinsrichtlinie Die EU-Mitgliedsstaaten implementierten mit der Richtlinie zur Zinsbesteuerung (folgend: „Zinsrichtlinie“)149 bereits 2005 erste eigene Maßnahmen zum automatischen Informationsaustausch und nahmen damit eine Vorreiterrolle ein. Mitgliedsstaaten konnten erstmals automatisch, ohne ein vorgeschaltetes Auskunftsersuchen, Informationen über ausländische Zinseinkünfte von natürlichen Personen untereinander austauschen.150 Das Ziel bestand in der Ermöglichung einer effektiven Besteuerung von Erträgen nach Maßgabe des Ansässigkeitsstaats des wirtschaftlich Endbegünstigten, wenn in einem anderen Mitgliedsstaat im Wege von Zinszahlungen Einkünfte erzielt wurden. Bei wirtschaftlich Endbegünstigten musste es sich dabei um natürliche Personen oder Personenzusammenschlüsse nicht gewerblicher Art mit Ansässigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat als dem der Zahlstelle handeln. Durch die Implementierung des automatischen Austauschs von Finanzkonteninformationen auf Basis des CRS Standards durch die Richt­ linie 2014/107/EG über die Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der direkten Steuern verliert die Zinsrichtlinie ihre Bedeutung. Der ganz überwiegende Anwendungsbereich der Zinsrichtlinie wird nunmehr durch die Amtshilferichtlinie 2014/107/EG umfasst. Die Zinsrichtlinie wurde am 10.11.2015 vom ECOFIN Rat151 auf Vorschlag der EU-Kommission aufgehoben.152 a) Ausgestaltung Durch die Zinsrichtlinie wurden sog. „Zahlstellen“, d. h. gem. Art. 4 Abs. 1 Zinsrichtlinie insbesondere jeder Wirtschaftsbeteiligte, der dem wirtschaftlichen Eigentümer Zinsen zahlt oder eine Zinszahlung zu dessen unmittelbaren Gunsten einzieht, verpflichtet, wirtschaftliche Eigentümer auch auf Grundlage von Geldwäschedokumentationen zu identifizieren und deren Wohnsitz zu bestimmen. Von der Definition „Zahlstelle“ umfasst sind insbesondere Finanzinstitute.

149

Richtlinie 2003/48/EG des Rates v. 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zins­ erträgen ABl. L 157/38 v. 26.06.2003. 150 Allgemein zur Zinsrichtlinie Dörr, IStR 2005, 109 ff.; Goebel / ​Jacobs, IStR 2009, 87 ff.; Ismer / ​Sailer, IStR 2005, 1 ff.; Kapalle, IStR 2008, 544 ff.; Körner, IStR 2004, 751 ff.; Fey, in: Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, „Zinsrichtlinie“, Rn. 1 ff.; Reiffs, DB 2005, 242 ff.; Seiler, IStR 2004, 781 ff.; Seiler / ​L ohr, DStR 2005, 537; Seiler / ​Wimpissinger, IStR 2006, 477 ff.; Schwarz, IStR 2006, 83 ff.; Strub, IStR 2014, 313 ff.; zum früheren Reformentwurf Czakert, IStR 2009, 164 ff. 151 Der Rat Wirtschaft und Finanzen ist eine Formation des Rats der EU in der Zusammensetzung der Wirtschafts- und Finanzminister der EU-Mitgliedsstaaten. 152 Richtlinie 2015/2060 des Rates v. 10.11.2015, ABl EU Nr. L 301/2, siehe insbes. Erwägungsgrund (5). Gleichzeitig erübrigt sich dadurch Richtlinie 2014/48/EU zur Änderung der Zinsrichtlinie 2003/48/EG, die am 24.03.2014 vom Ministerrat verabschiedet wurde und planmäßig bis zum 01.01.2016 umgesetzt hätte werden müssen.

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

Anhand einer entsprechenden Identifizierung ausländisch wirtschaftlich Berechtigter war die Zahlstelle nach Art. 8 Zinsrichtlinie verpflichtet, der nationalen Steuerbehörde im Land seiner Niederlassung diverse Informationen unter anderem Name, Wohnsitz und Kontonummer des wirtschaftlich Berechtigten zu übermitteln. Des Weiteren waren diverse Auskünfte über die Art und Höhe der Zinszahlung zu melden.153 Die Mitgliedsstaaten konnten auf dieser Grundlage sodann die Informationen jährlich automatisiert austauschen. Die Zinsrichtlinie krankte an erheblichen Gesetzeslücken, die eine Umgehung der Vorschriften, beispielsweise durch Zwischenschaltung einer juristischen Person, leicht ermöglichten.154 Positiv hervorzuheben ist allerdings, dass bereits frühzeitig einige Drittstaaten wie das Fürstentum Liechtenstein, das Fürstentum Andorra oder die Schweiz gleichgerichtete Abkommen mit der EU schlossen, um die Möglichkeit einer territorialen Umgehung der Richtlinie zu minimieren.155 b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland Deutsche Finanzinstitute waren aufgrund der Zinsinformationsverordnung (ZIV)156, als nationale Umsetzungsgesetzgebung der europäischen Zinsrichtlinie, verpflichtet, dem BZSt bestimmte Zinseinkünfte i. S. d. § 6 ZIV ihrer Kontoinhaber nach § 8 ZIV zu melden. Die Datenübermittlung hatte bis zum 31. Mai des Jahres zu erfolgen, dass auf das Jahr des Zinszuflusses folgte. Die Meldungen beschränkten sich auf grenzüberschreitende Zinsen und Erlöse aus dem Verkauf bestimmter festverzinslicher Wertpapiere. Das BZSt leitet hiernach gem. § 9 ZIV die Daten an die zuständigen ausländischen Steuerbehörden der anderen Mitgliedsstaaten weiter.157 Weitere BMF-Schreiben mit Anlagen setzen detailliertere Implementierungsvorgaben unter anderem entsprechende Datensatzbeschreibungen für die technische Umsetzung der ZIV in den Zahlstellen fest.158 153

Für Übergangszeiträume mussten gem. Art. 10 ff. ZisnRl Belgien, Luxemburg und Österreich u. a. wegen entgegenstehender nationaler Vorschriften zum Bankengeheimnis, die Bestimmungen zur Auskunftserteilung nicht anwenden und konnten stattdessen eine Quellensteuer auf erzielte Zinseinkünfte einbehalten und den Rest der Einnahmen an den Mitgliedsstaat, in dem der wirtschaftliche Eigentümer der Zinsen ansässig ist, weiterleiten. 154 Hierzu Schwarz, IStR 2006, 83 ff.; Ismer / ​Sailer, IStR 2005, 1 (5). 155 Art. 10 (2), Art. 17 (2) i) Zinsrichtlinie. 156 Zinsinformationsverordnung vom 26.01.2004 (BGBl. I S. 128; 2005 I S. 1695), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 05.11.2007 (BGBl. 2007 I S. 2562) geändert worden ist. 157 Im Rahmen des deutlich weitreichender anwendbaren CRS kommt es zu inhaltlichen Überschneidungen der Regime. Die Zinsrichtlinie 2003/48/EG wird durch die RL 2014/107/ EU vom 09.12.2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, ABl EU Nr. L 359 S. 1, inhaltlich ersetzt und mit Richtlinie 2015/2060 des Rates vom 10.11.2015, ABl EU Nr. L 301/2 aufgehoben, siehe insbes. Erwägungsgrund (5). 158 BMF-Schreiben v. 27.01.2006; BMF-Schreiben (inkl. Anlage I und II) v. 30.01.2008 und BMF-Schreiben v. 20.09.2013 sowie die Einführungsschreiben zur Zinsinformationsverordnung (inkl. Anlagen) vom 06.01.2005, zuletzt geändert am 13.06.2005.

B. Initiativen im Überblick

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2. Amtshilferichtlinie Durch die Neuauflage der Amtshilferichtlinie159 ist der automatische Informationsaustausch in Steuersachen über den reinen Umfang von Zinseinkünfte hinaus nun zum europäischen Standard geworden.160 Dabei hat Art. 8 der annullierten Amtshilferichtlinie 2011/16/EU bereits den automatischen Informationsaustausch für bestimmte Einkünfte, wie etwa Renten, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit oder aus unbeweglichen Vermögen, ab dem 1. Januar 2015 vorgesehen. Am 12. Juni 2013 legte die Kommission dann einen Vorschlag zur Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs zwischen den Steuerbehörden in der EU im Rahmen der verstärkten Bekämpfung der Steuerhinterziehung vor.161 Am 9. Dezember 2014 nahm der ECOFIN Rat den Richtlinienvorschlag förmlich an. Weitere Maßnahmen zum Ausbau des automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen folgten. Am 15. März 2015 legte die Kommission einen weiteren Vorschlag zur Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs hinsichtlich der Steuervorbescheide mit grenzüberschreitender Wirkung und Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisvereinbarungen vor.162 Am 8. Dezember 2015 nahm der ECOFIN-Rat diese Richtlinie förmlich an.163 2017 wurde die länderspezifische Berichterstattung, das sog. „Country-by-Country Reporting“, für global agierende Konzerne eingeführt. Die Kommission veröffentlichte hierzu am 28. Januar 2016 159

Richtlinie 2011/16/EU des Rates v. 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64/1 v. 11.03.2011) und deren Novellierung durch die Richtlinie 2014/107/EU des Rates vom 9. Dezember 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014). 160 Richtlinie 2014/107/EU, welche den automatischen Informationsaustausch nunmehr auf Finanzkonten ausweitet. Allgemein zum Informationsaustausch im Rahmen der AmthsilfeRl Bahns / ​Brinkmann / ​Gläser, in: Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, Vorb. zu den Art. 110 bis 113 AEUV Rn. 140 (144); Czakert, IStR 2010, 567 (569); Gabert, IWB 2011, 250 ff.; Seer, EC Tax Review, 2013 Vol. 22, 63 (69 ff.); ders., International Tax Law Review, Reports of the Meeting, Sapienza Università di Roma, S. 7 ff., 35 ff., 62 ff.; Wassermeyer, EuZW 2013, 921 ff. Zur Übersicht auch älterer Literatur zum Informationsaustausch im Wege der Amtshilfe siehe Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, S. 1257 ff. 161 Pressemitteilung (IP/13/530) und Vorschlag (COM/2013/438) der Kommission. 162 Pressemitteilung (IP/15/4610) und Vorschlag (COM/2015/0135) der Kommission. Im Hinblick auf die neuere Entwicklung zum Austausch von grenzüberschreitende Steuervorbescheide und Vorabverständigungsvereinbarungen in der EU basierend auf den OECD „BEPS“ Aktionsplan siehe Grotherr, IStR 2015, 293 ff.; Kahlenberg / ​Schade, StuB 18/2015, 708 ff.; Mückl / ​München, BB 2015, 2775 ff.; Seer, in: FS Gosch, 2016, S. 387 ff.; ders., IWB 2015, 870 (873 ff.); Werder / ​Dannecker, BB 2015, 1687 (1692 ff.). Siehe außerdem zum Informationsaustausch unter BEPS Hendricks, in: Oesterreicher (Hrsg.), BEPS – Base Erosion und Profit Shifting, 2015, S. 105 ff. 163 Richtlinie 2015/2376 des Rates vom 8. Dezember 2015 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung (ABl. L 332/1 v. 18.12.2015).

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

einen Vorschlag.164 Dieser sieht einen jährlichen automatischen Informationsaustausch von verschiedenen Informationen wie Umsatz, Gewinn vor Steuern, bezahl­ ten und zurückgestellten Unternehmenssteuern, der Zahl der Beschäftigten, dem Kapital, der Gewinnrücklagen und der Sachanlagen für jedes Land, in dem der multinationale Konzern Geschäftsaktivitäten pflegt, vor. a) Ausgestaltung Im Zuge intensiverer Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -umgehung ist der CRS nahezu wortgleich in den Anhang der novellierten Amtshilferichtlinie 2014/107/EU (folgend: „Amtshilferichtlinie“) übernommen worden.165 Es handelt sich hierbei um keine dynamischen Verweisungen, sondern um eine – vom Willen der harmonisierten Umsetzung geprägte – Integrierung des globalen Standards in europäische Vorgaben. Der Kommentar zum CRS soll des Weiteren als einheitliche Auslegungshilfe dienen.166 Eine Anpassung an den globalen Standards kann nur zielführend sein, wenn dieser für alle am Verfahren Beteiligten sein. Ein eigenständiges europäisches Informationsaustauschsystem würde nicht nur erhebliche Mehrkosten für die Finanzverwaltungen der Mitgliedsstaaten und ebenso für die den Sorgfaltspflichten unterliegenden Finanzinstitute generieren, sondern könnte ebenso Wettbewerbsnachteile gegenüber außereuropäischen Wirtschaftsteilnehmern auslösen.167 Ziel ist es, ein Informationsaustauschsystem mit breitem räumlichem und sächlichem Anwendungsbereich zu schaffen, um effizient sowie effektiv und nachhaltig Steuerschlupflöcher zu schließen. Dies gilt insbesondere bei der Besteuerung von leicht zu relokalisierenden Kapitaleinkünften. b) Rechtliche Umsetzung in Deutschland Die annullierte Amtshilferichtlinie 2011/16 wurde in Deutschland durch das „Gesetz über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU-Amtshilfegesetz –

164

Vorschlag (COM/2016/25) der Kommission. Siehe zur Ausgestaltung des CRS Teil 2 B. II. 4.  166 Amtshilferichtlinie 2014/107/EU, (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014), Erwägungsgrund (13), so auch die Anlage 1, Stellungnahme von Anzinger zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, S. 4 sowie nunmehr ausdrücklich im BMF-Schreiben Rn. 5. 167 Amtshilferichtlinie 2014/107/EU, (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014) Erwägungsgrund (9); Pressemitteilung des Europäischen Rates v. 14. Oktober 2014, ST 14185/14 „Combating tax evasion: Council agrees to extend automatic exchange of information“, abrufbar unter: http:// www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/ecofin/145103.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 165

C. Entwicklungstendenzen der Initiativen

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EUAHiG)“168 umgesetzt. Das EUAHiG wurde sodann am 21. Dezember 2015 an den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten angepasst. So enthält der novellierte § 7 Abs. 2, 3 EUAHiG die Verpflichtung des zentralen Verbindungsbüros (dem BZSt) zum Austausch dieser Informationen mit anderen Mitgliedsstaaten nach § 2 FKAustG und befreit ausdrücklich von der Verpflichtung zur Anhörung des Betroffenen nach § 117 Abs. 4 S. 3 AO. Der CRS, welchen die novellierte Amtshilferichtlinie im Anhang einbettet, wurde durch das FKAustG in nationale Gesetzgebung umgesetzt.169 Es ist hierbei auf die Ausführungen unter Teil  2 B. II. 4. b) zu verweisen.

C. Entwicklungstendenzen der Initiativen Vergleicht man die verschiedenen Initiativen zum steuerlichen Informationsaustausch als Teil der zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfe, lassen sich einige Entwicklungstendenzen beobachten, welche nachfolgend (Teil 4 C. I. bis IV.) beleuchtet werden.

I. Territoriale Extension Basierte der Informationsaustausch zunächst auf bilateralen Abkommen, vornehmlich auf DBAs mit Bestimmungen in Anlehnung an Art. 26 OECD-MA und später auf TIEAs, wurde bereits 2005 mit der Zinsrichtlinie frühzeitig durch die EU erkannt, dass nur eine multinationale Lösung nachhaltig gewinnbringende Resultate im Kampf gegen Steuerhinterziehung erzielen würde. Um dem Problem von „Relocation“, d. h. der Verlagerung von Zinseinkünften in Jurisdiktionen, welche nicht in den territorialen Anwendungsbereich der Regelungen fallen, entgegenzutreten, wurden zu diesem Zeitpunkt bereits der Zinsrichtlinie gleichgerichtete Abkommen mit Drittstaaten getroffen.170 Auch die annullierte Amtshilferichtlinie 2011/16/EU kann als frühzeitiges Beispiel supranationaler Gesetzgebung im Bereich der steuerlichen Amtshilfe dienen. Die USA hat seit 2012 sodann mit FATCA ein global umspannendes Netzwerk von bilateralen Abkommen, den IGAs, aufgesetzt und damit einen durchschlagenden territorial ausgedehnten Ansatz des steuerlichen Informationsaustauschs vorgenommen. Mit politischem und wirtschaftlichem Druck konnten hier auch 168 EU-Amtshilfegesetz vom 26.06.2013 (BGBl. I S. 1809), das durch Artikel 4 des Gesetzes v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2531) geändert worden ist. 169 Vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG. 170 Bspw. der Beschluss des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über Regelungen, die denen der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen gleichwertig sind (ABl. L 112/12 v. 03.05.2005).

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

Jurisdiktionen überzeugt werden, IGAs zu ratifizieren, die bisher als für den steuerlichen Informationsaustausch unkooperativ galten.171 Die USA fungierten daher als eine Art Vorreiter des globalen automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten. Einmal in den verschiedenen Juris­ diktionen unter Einbindung der nationalen Finanzinstitute praktisch implementiert, konnte das FATCA Regelwerk als Basis für einen Austausch zwischen weiteren Jurisdiktionen dienen. Auf der Grundlage des Mandats der G20-Staaten war die Ausarbeitung des globalen Standards auf Basis der FATCA-IGA-Model-Typ-1Regularien durch das OECD Global Forum damit folgerichtig. Durch die Verlagerung der Strategieplanung und Modelrahmengesetzgebung auf die Ebene der G20 kann eine größtmögliche territoriale Ausweitung bei gleichbleibender harmonisierter Vorgehensweise gewährleistet und territoriale Umgehungen sowie Verzerrungen des Wettbewerbs können verhindert werden. Die OECD ist deshalb das richtige Gremium zur Erarbeitung einer Modellgesetzgebung, da sie nicht nur von den wichtigsten Industriestaaten besetzt ist, sondern auch als Bindeglied zu den Entwicklungsländern fungiert. Diese sollen nicht von den steuerlichen Informationsaustauschregelungen ausgeschlossen werden, sondern sie sollen Gegenteil von erhöhter Steuertransparenz profitieren. Die G20-Staaten und die OECD besitzen gleichzeitig auch die notwendige Verhandlungsmacht ggü. bisher unkooperativen Jurisdiktionen einem steuerlichen Informationsaustausch teilzunehmen und etwaige nationale Regelungen zum Schutze des Bankengeheimnisses abzuschaffen. Des Weiteren hat die OECD bereits weitreichende Arbeit in Bezug auf das weltweit genutzte OECD-MA, einschließlich Kommentar, geleistet und setzt globale Standards auch in diversen anderen Bereichen, wie z. B. der Bildung. Die Flexibilität von soft-law ohne weitreichende Einschnitte in die Souveränität der Staaten bei gleichzeitiger Gewährung einheitlicher Umsetzungsvorgaben sowie technischer Unterstützung sind weitere Vorteile, welche die OECD für den multilateralen automatischen Informationsaustausch auf globaler Ebene qualifizieren. Der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten hat mit dem OECD-Standard den größtmöglichen territorialen Anwendungsbereich erreicht und umfasst auch bis dato nicht kooperierende Steueroasen oder Entwicklungsländer.

II. Ausgedehnter inhaltlicher Umfang Auch der inhaltliche Umfang des steuerlichen Informationsaustauschs wurde ausgeweitet. Wurden ursprünglich unter DBAs basierend auf dem Art. 26 OECDMA von 1968 lediglich Informationen über Steuerarten ausgetauscht, die zur Durchführung des betreffenden DBA selbst notwendig sind, hat sich mit der sog. „großen Auskunftsklausel“ von 1977 der Austausch auf alle für die Besteuerung 171

Als Druckmittel galt insbesondere die 30 %ige Strafsteuer auf alle FDAP Einkünfte aus US-Quelle, siehe Teil 2 B. I.

C. Entwicklungstendenzen der Initiativen

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„voraussichtlich erheblichen“ Informationen über die im Abkommen selbst geregelten Steuerarten hinaus erweitert.172 Nunmehr können „auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen alle Auskünfte übermittelt werden, die zur Anwendung der DBA oder des innerstaatlichen Rechts eines Vertragsstaates über die unter das Abkommen fallenden Steuern erforderlich sind“.173 Neuere Abkommen lassen einen Informationsaustausch auch bei Steuern jeder Art und Bezeichnung zu, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden.174 Mit der verstärkten Arbeit des OECD Global Forum wurden die Bemühungen zum Informationsaustausch mit breitem inhaltlichem Anwendungsbereich intensiviert.175 Das im Jahr 2002 veröffentlichte Modell für TIEAs beabsichtigte beispielsweise den Informationsaustausch bezüglich aller möglichen Steuerarten, beispielsweise auch Gewerbesteuern. Mit dem automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten nach FATCA und hiernach auf Basis des OECD-Standards hat sich der inhaltliche Umfang der steuerlichen Amtshilfe erneut signifikant ausgeweitet. Nunmehr beziehen sich die Informationen auf diverse Kontendaten (beispielsweise Kontonummer, Gesamtbruttobeträge von Zinsen und Dividenden, Kontensaldo sowie der Steueriden­ tifikationsnummer), die insbesondere im Hinblick auf die Besteuerung von Kapitaleinkünften als generell relevant angesehen werden. Da auch der Kontensaldo automatisch übermittelt wird, können die Informationen jedoch auch mögliche Indizien für andere Einkunftsarten sein und beispielsweise zur Erhebung der Erbschafts- oder Versicherungssteuer dienen. Der inhaltliche Anwendungsbereich der Amtshilfe ist mithin stetig ausgeweitet worden und kann – je nach konkreter Rechtsgrundlage – fast grenzenlos „voraussichtlich erhebliche“ Informationen aller Steuerarten umfassen.176 172

Hierzu Debatin, DB 1977, 2064 (2069). „Update to Art. 26 of the OECD Model Tax Convention and its Commentary“, Paris 2012, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/120718_Article%2026ENG_no%20cover%20(2).pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 174 BMF-Schreiben v. 18.02.2004; BMF-Schreiben v. 25.05.2012, Rn. 2.1 und 2.2. 175 Hierzu Fehling, IStR 2012, 353 ff. 176 Ein Anlass für steuerbehördliche Ermittlungen besteht nach der Auffassung der Fach­ gerichte nicht erst dann, wenn ein begründeter Verdacht dafür vorliegt, dass steuerrechtliche Unregelmäßigkeiten bestehen. Es genügt, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Ersuchen angezeigt ist, vgl. etwa BFHE 148, 108 (111 ff.); 149, 404 (405 ff.); 198, 42 (47 f.). Diese Rechtsprechung, die sich im Ansatz auf das besondere Ermittlungsinstrument des Kontenabrufs nach § 93 Abs. 7 AO und auf die Amtshilfeersuchen nach § 117 AO übertragen lässt, vgl. so Schuster, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 93 Rn. 102. Dies begegnet unter Bestimmtheitsgesichtspunkten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 06.04.1989, 1 BvR 33/87, NJW 1990, 701 f.); vgl. ausführlich zu dem Standard der „voraussichtlicher Erheblichkeit“ m. w. N. in der deutschen Rechtsprechung bei innerstaatlichen und amtshilferechtlichen Auskunftsersuchen Teil 5 A. I. 1. Zu den grundrechtlichen Grenzen des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten siehe Teil 4 und Teil 5. 173

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Teil 2: Die Initiativen zum automatischen Informationsaustausch 

III. Intensivierte Automatisierung Mit dem automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten nach FATCA und hiernach auf Basis des OECD-Standards wurde eine enorme Automatisierungswelle eingeleitet.177 Während Art. 26 OECD-MA noch keine spezielle Vorgabe zur Form des Informationsaustauschs inkludierte, wurde mit Art. 6 des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen bereits die nach dem Wortlaut eindeutige Grundlage für den automatischen Informationsaustausch von steuerrelevanten Daten, wie Finanzkontendaten, gelegt.178 Automatisierter Informationsaustausch i. S. d. § 19 Nr. 43 FKAustG ist hierbei die systematische Übermittlung zuvor festgelegter Informationen über in anderen meldepflichtigen Staaten ansässige Personen an den entsprechenden Ansässigkeitsstaat ohne dessen vorheriges Ersuchen in regelmäßigen, im Voraus bestimmten Abständen. Dabei fungiert die OECD gleichfalls als Standardsetzer für die Implementierung einer einheitlichen IT-Struktur, welche einen Austausch von verwendbaren Informationen erst ermöglicht. Würde jede Jurisdiktion eigene IT-Strukturen mit verschiedenartigen Datenfeldern nutzen, führte dies, insbesondere im Hinblick auf die Masse der Daten und der involvierten Staaten, wohl zu einem – für die Besteuerung unverwertbaren – Datenhaushalt. In der EU wurde durch die Zinsrichtlinie und durch die Amtshilferichtlinie die Automatisierung des Auskunftsverfahrens bereits seit 2005 vollzogen. Die Nutzen der Technologisierung des 21. Jahrhunderts zum Austausch von steuerlich relevanten Informationen liegen dabei auf der Hand und können vor dem Hintergrund stark weltweit fluktuierender Kapitalströme und zunehmender Mobilisierung eingesetzt werden. Gleichzeitig geben sie der bisherigen grenzüberschreitenden Amtshilfe und dem Steuerverfahren selbst jedoch einen neuen Charakter, entfällt doch das einzelfall- und anlassbezogene begründungsbedürftige Ersuchen und die daran knüpfende direkte Einbindung des betroffenen Steuerpflichtigen.179

177

Der automatische Informationsaustausch in Steuersachen wird bereits 2001 durch die OECD definiert als „die systematische Übertragung von Informationen über eine oder verschiedene Kategorien von Erträgen, welche in einem Vertragsstaat quellenmäßig generiert werden und in dem anderen Vertragsstaat dem Empfänger zukommen.“, vgl. frei übersetzt OECD, Draft Council Recommendation on the use of the OECD Model Memorandum of Understanding on automatic Exchange of Information for Tax Purposes, Note by the Secretary-General, erhältlich unter: http://www.oecd.org/tax/exchange-of-tax-information/2666393. pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017); in ähnlicher Form auch die EU in Art. 3 Nr. 9 der Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, Institutionelles Dossier 2013/0188 (CNS), 14425/14, erhältlich unter: http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ ST-14425-2014-INIT/en/pdf (zuletzt aufgerufen 10.12.2017). 178 Das OECD Model für TIEAs wurde 2015 außerdem dementsprechend angepasst, siehe Teil 2 B. II. 179 Wie dieses Phänomen schlussendlich rechtlich zu bewerten ist, wird in Teil 4 und Teil 5 erörtert.

C. Entwicklungstendenzen der Initiativen

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IV. Einbeziehung Dritter Dem Austausch steuerrelevanter Informationen geht die Erhebung derartiger Informationen voraus. Alle OECD-Mustervereinbarungen zum Informationsaustausch beinhalten dabei die Pflicht des ersuchten Staates zur Beschaffung der Information.180 Prinzipiell gilt in Deutschland, wie auch in den meisten anderen Jurisdiktionen, die Mitwirkung und Auskunft der am Steuerverfahren Beteiligten als vorrangig; erst subsidiär wird sich der Einbeziehung anderer Personen bedient.181 Dieser in § 90 Abs. 1 und § 93 Abs. 1 S. 1, 3 AO niedergeschriebene Grundsatz der primären Mitwirkungs- und Auskunftspflicht von Beteiligten dient einerseits der Effizienz des Verfahrens, enthält aber auch eine dem Schutze der Beteiligten dienende rechtsstaatliche Komponente.182 Der Auskunftserteilung nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO ist stets ein Auskunftsersuchen der Behörde nach § 93 Abs. 2 AO vorgeschaltet. Den direkt am Verfahren Beteiligten wird die Möglichkeit eröffnet, die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig sowie wahrheitsgemäß offenzulegen und die ihnen bekannten Beweismittel nachzuweisen sowie die erforderlichen Auskünfte zu offenbaren. Dadurch weiß der Beteiligte grundsätzlich immer, welche Informationen die Steuerbehörde zu welcher Zeit von ihm besitzt und kann gegebenenfalls weitere Maßnahmen, wie die strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO, einleiten. Der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten nach FATCA und dem OECD-Standard ist eines der jüngere Verwaltungsverfahren, die von diesem Grundsatz beträchtlich abweichen.183 Er bedingt die Inanspruchnahme Dritter – der vom Anwendungsbereich umfassten Finanzinstitute. Ausschließlich Finanzinstitute führen Finanzkonten, welche die verschiedenen Erträge des Steuerpflichtigen abbilden und somit zur Verifikation für die Besteuerung dienen. Dies ist eine Abkehr von dem zumindest auf nationaler Ebene bestehenden Grundsatz der primären Auskunftseinholung beim am Verfahren direkt Beteiligten.184 Ein solcher Ansatz ändert damit das gängige Prozedere im Steuerverfahren zu einer indirekten hochautomatisieren Datenerhebung.

180

Siehe bspw. Art. 26 Abs. 4 OECD-MA. Zur vermehrten Einbeziehung Dritter in das Steuerverfahren mit diversen Beispielen und einer Bewertung im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Steuerpflichtigen Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (128 ff.). 182 Vgl. zum Subsidiaritätsprinzip Rätke, in: Klein, AO, § 93 Rn. 15. Ausführlich monografisch Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 137 ff. Zu den Arten der Mitwirkungspflichten im Überblick Jansen, Das Steuerverfahren im Spannungsfeld von Europa- und Verfassungsrecht, 2012, S. 37 ff. Auch zur Abgrenzung der Mitwirkung Dritter Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 27 f., 35 ff. 183 Vgl. als Überblick verschiedener Verwaltungsverfahren Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​ Katzenbeisser, 2013, S. 97 (128 ff.). 184 Wie dieses Phänomen schlussendlich rechtlich zu bewerten ist, wird in Teil 4 erörtert. 181

Teil 3

Der automatische Austausch von Finanzkonten nach dem FKAustG im Detail Nachfolgend wird das für die vorliegende Untersuchung maßgebende Regime des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten nach dem FKAustG, basierend auf den Vorgaben des globalen Standards, erläutert.1 Hierbei wird verkürzt auf die – insbesondere für die spätere Grundrechtsuntersuchung – wichtigsten Punkte eingegangen. Es sollen dabei allerdings keine abschließenden detaillierten Ausführungen zu den Melde- und Sorgfaltspflichten und deren technischer Ausgestaltung vorgenommen werden. Hierzu ist auf das BMF-Schreiben zu Anwendungsfragen im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Meldestandard sowie dem FATCA-Abkommen (folgend: „BMF-Schreiben“)2, den CRS-Kommentar3 und das CRS Implementation Handbook4 zu verweisen.5 Zunächst wird der persönliche und sachliche Anwendungsbereich des FK­AustG abgesteckt (Teil 3 A.). Hiernach werden die Melde- und Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute gruppiert und näher beleuchtet (Teil 3 B). Im Anschluss wird auf die Aufgaben der BZSt eingegangen (Teil 3 C).

1

Die relevanten Begriffe und Erläuterungen stützen sich auf das FKAustG sowie der Amtshilferichtlinie und den CRS-Kommentar. Die Abweichungen zum FATCA-Abkommen und der nationalen Umsetzung dessen beschränken sich hier auf im Einzelnen nicht relevante Ausnahmen. Für die Untersuchung bedeutende Abweichungen werden ausdrücklich hervorgehoben. 2 BMF-Schreiben v. 01.02.2017, vgl. auch Rn. 5, welcher die OECD Materialien ausdrücklich für anwendbar erklärt. 3 OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, inkl. Kommentar, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-oftax-information/standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-taxmatters-9789264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 4 OECD, The CRS Implementation Handbook, Paris 2015, abrufbar unter: https://www. oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/implementation-handbook-standard-for-automaticexchange-of-financial-information-in-tax-matters.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 5 Detaillierte Übersichten zum CRS finden sich des Weiteren u. a. bei Czakert, Neue Entwicklungen bei der steuerlichen Amtshilfe, in: ifst-Schrift Nr. 514, 2017, S. 56 ff.; Ruckes, CRS – Common Reporting Standard, 2015.

A. Anwendungsbereich

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A. Anwendungsbereich Der territoriale Anwendungsbereich des CRS-Melderegimes erstreckt sich derzeit auf 106 am Standard teilnehmende Staaten mit unterschiedlichen Startzeitpunkten für die erste Meldung. Darüber hinaus haben sich 40 Entwicklungsländer verpflichtet, den Standard in Zukunft umzusetzen ohne zum jetzigen Zeitpunkt einen Termin für die erste Meldung festzuhalten (Stand Juni 2018).6 2017 haben bereits 49 Staaten erstmals Finanzinformationen für das Jahr 2016 ausgetauscht. Der persönliche Anwendungsbereich ist zu unterteilen in die die Melde- und Sorgfaltspflichten umzusetzenden Finanzinstitute und in die von der Meldung endbetroffenen Kontoinhaber.7 Die Finanzinstitute sind dann zur Umsetzung der Regelungen verpflichtet und gelten als sog. „meldende Finanzinstitute“ i. S. d. § 19 Nr. 1, 2 FKAustG, wenn sie in einem am CRS teilnehmenden Staat i. S. d. § 19 Nr. 38 FKAustG, beispielsweise Deutschland, ansässig sind und nicht aufgrund eines Ausnahmetatbestands als „nicht meldend“ i. S. d. § 19 Nr. 9 bis 17 FKAustG behandelt werden.8 Der Begriff des Finanzinstituts selbst ist äußerst weit gefasst und inkludiert neben Verwahrinstituten, Einlageninstituten und Investmentunternehmen ebenfalls spezifizierte Versicherungsgesellschaften, vgl. § 19 Nr. 3 sowie 4 bis 7 FKAustG.9 Insoweit ist die gesamte Finanzdienstleistungsbranche zumindest verpflichtet zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß sie die Regelungen implementieren muss, selbst wenn, beispielsweise aufgrund des Geschäftsfelds, später keine Meldepflicht begründet wird.10 Im Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich der endbetroffenen Kontoinhaber gilt eine Person dann als meldepflichtig, wenn sie gem. § 19 Nr. 36 FKAustG „eine Person eines meldepflichtigen Staates […]“ ist.11 Dies bedeutet nichts anderes als eine Person, die zivilrechtlicher Inhaber eines Finanzkontos ist und nach den bestimmten Identifizierungsvorgaben des §§ 9 bis 18 FKAustG von den meldenden Finanzinstituten als im Ausland steuerlich ansässig erkannt und erfasst wurde und die keiner Legalausnahme nach § 19 Nr. 36 Buchst. a)  bis f) FKAustG unterfällt.12 Dabei sind vom Anwendungsbereich natürliche wie juristische Personen und alle weiteren Rechtsgebilde, hier gesetzlich bezeichnet als 6

Siehe die Liste der OECD unter: http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/commitment-​ and-monitoring-process/AEOI-commitments.pdf (zuletzt aufgerufen 01.07.2018). 7 Beide Grundrechtspositionen werden in jeweils zwei Teilen dieser Arbeit untersucht, vgl. Teil 4 und 5. 8 Vgl. nicht meldende Finanzinstitute sind insbesondere ein staatlicher Rechtsträger, internationale Organisationen, eine Zentralbank oder Altersvorsorgefonds. Vgl. auch die weiteren definitorischen Einzelheiten im BMF-Schreiben, Rn. 11 ff., 47 ff. 9 Vgl. BMF-Schreiben, Rn. 11 ff. 10 Insbesondere wenn selbst keine Konten geführt werden oder nur ausgenommene Produkte gehandelt werden. 11 Vgl. BMF-Schreiben, Rn. 167 ff. 12 Vgl. BMF-Schreiben, Rn. 188 ff., 146 ff.

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Teil 3: Der automatische Austausch von Finanzkonten nach dem FKAustG 

„Rechtsträger“ i. S. d. § 20 Nr. 3, 4 FKAustG, umfasst.13 Bei Konten, die zugunsten oder für Rechnung einer anderen Person geführt werden, wie Treuhandkonten, ist auf den tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten (sog. abweichend wirtschaftlich Berechtigten) abzustellen, vgl. § 20 Nr. 1 FKAustG i. V. m. Rn. 168 ff. BMF-Schreiben Rn. 168 ff. Als meldepflichtige Person gelten des Weiteren nicht nur die direkten Kontoinhaber, sondern auch die tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten von bestimmten sog. „passiven Rechtsträgern“.14 Diese, hinter einem Rechtsgebilde, wie einer Stiftung, stehenden Personen, werden als „beherrschende Personen“ i. S. d. § 19 Nr. 39 FKAustG i. V. m. Rn. 197 BMF-Schreiben bezeichnet.15 Sie werden, obwohl nur eine mittelbare Beziehung zum Institut besteht, auf eine steuerliche Ansässigkeit im Ausland untersucht und gegebenenfalls gemeldet.16 Vom sachlichen Anwendungsbereich eingeschlossen sind die sog. „meldepflichtigen Finanzkonten“. Ein „Finanzkonto“ gem. § 19 Nr. 18 FKAustG ist nach den vier Untergruppen in Anlehnung an die verschiedenen Arten der Finanzinstitute untergliedert in: (1) Einlagenkonten, (2) Verwahrkonten, (3) Eigen- und Fremdkapitalbeteiligungen sowie (4) Rückkaufsfähige Versicherungsverträge oder Rentenversicherungsverträge. Nicht jedoch einer Meldepflicht unterliegen ausdrücklich ausgenommene Konten i. S. d. § 19 Nr. 34 FKAustG, wie beispielsweise unter bestimmten Voraussetzungen Altersvorsorgekonten der Lebensversicherungen. Meldepflichtig wird ein Finanzkonto dann, wenn dieses von einem meldenden Finanzinstitut geführte Konto, als Inhaber eine meldepflichtige Person oder mehrere meldepflichtige Personen hat oder aber der Inhaber ein passiver Rechtsträger ist, der von einer oder mehreren meldepflichtigen Personen beherrscht wird, sofern dieses Konto nach den in den §§ 9 bis 18 FKAustG beschriebenen Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten als solches identifiziert wurde, vgl. § 19 Nr. 35 FKAustG. Diese Definition ist somit eng an die der „meldepflichtigen Person“ geknüpft.

13

Das FKAustG benennt, ebenso wie die amtliche Übersetzung des CRS und der Amtshilferichtlinie in Anlehnung an die deutsche Fassung des FATCA-Abkommens Rechtsgebilde nicht „juristische Personen“ sondern „Rechtsträger“. Der Begriff des Rechtsträgers ist weiter als der der juristischen Person und umfasst nach § 20 Nr. 3 FKAustG auch Personengesellschaften, Stiftungen und Trusts. 14 Zum Begriff „passiver Rechtsträger“, vgl. § 19 Nr. 41, 42 FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben, Rn. 191 ff. Zu den Sorgfaltspflichten bei passiven Rechtsträgern Teil 3 B. I. 3.  15 Der Ausdruck „beherrschende Person(en)“ ist auf eine Weise auszulegen, die mit den Empfehlungen der Financial Action Task Force vom 6. Februar 2012 (vgl. www.fatf-gafi.org) vereinbar ist. Er entspricht dem Ausdruck „wirtschaftlich Berechtigter“. Vgl. die Zusammenhänge Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 (68 ff.). 16 Ziel ist es hierbei, dass durch die Zwischenschaltung von Rechtsgebilden, wie Trusts oder Stiftungen, die tatschlich wirtschaftlich Berechtigten natürlichen Personen keine Steuern umgehen können.

B. Die Melde- und Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute

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B. Die Melde- und Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute Im Nachfolgenden wird ein Überblick der Melde- (Teil 3 B I.) und Sorgfaltspflichten (Teil B II.) der Finanzinstitute nach §§ 7 ff. FKAustG aufgestellt. Dieser stellt die Grundlage für die darauffolgenden Grundrechtsuntersuchungen dar.17

I. Sorgfaltspflichten Die Identifizierung, Klassifizierung und Dokumentation meldepflichtiger Konteninformationen von Kontoinhabern, die sog. „Sorgfaltspflichten“, gehören zu den Kernpflichten der Finanzinstitute nach §§ 7, 9 ff. FKAustG und üben signifikanten Einfluss auf bestehende Prozesse und IT-Systeme der Finanzinstitute aus.18 Die Identifizierungsvorgaben stützen sich dabei zum einen auf die bereits nach den geldwäscherechtlichen Verfahrensvorgaben vom Finanzinstitut beschafften Daten.19 Darüber hinaus ist zum Teil auch auf öffentlich verfügbare Informationen sowie auf neu, direkt beim Kontoinhaber durch Selbstauskunft, zu beschaffende Informationen zuzugreifen. Die Identifizierung und Dokumentation der Kontoinhaber dient zur Feststellung der steuerlichen Ansässigkeit dieser und zur Einordnung in eine bestimmte Meldekategorie. Dies ist Grundlage für die spätere Übermittlung des Datenfiles an das BZSt und den anschließenden Austausch von Finanzkonteninformationen zwischen den am CRS teilnehmenden Staaten. Grundsätzlich lassen sich die Konten nach Neu- und Bestandskonten untergliedern. Stichtag hierfür war der 1. Januar 2016. Gemäß § 19 Nr. 27 FKAustG sind alle am oder nach diesem Tag eröffneten Konten Neukonten. Bis zum 31. Dezember 2015 gelten Konten hingegen nach § 19 Nr. 28 FKAustG als Bestandskonten. Bestands- und Neukonten unterteilen sich nach § 19 Nr. 29 ff. FKAustG ihrerseits jeweils in Konten natürlicher Personen und Konten von Rechtsträgern. Diese Unterscheidungen werden vorgenommen, um verschiedene Identifizierungsverfahren nach §§ 9 bis 18 FKAustG anzulegen, welche letztlich zur Bestimmung von meldepflichtigen Personen dienen. Im Folgenden werden zunächst die Identifikationsprozesse bei natürlichen Personen mit Bestandskonten (Teil 3 B. I. 1.) und Neukonten (Teil 3 B. I. 2.) dargestellt. Danach wird auf die Sorgfaltspflichten bei Rechtsträgern mit Bestandskonten (Teil 3 B. I. 3.) sowie Neukonten (Teil 3 17

Die relevanten Erläuterungen stützen sich auf das FKAustG sowie auf die Amtshilferichtlinie und den CRS-Kommentar. Abweichungen zum FATCA-Abkommen und der nationalen Umsetzung dessen beschränken sich hier auf im Einzelnen nicht relevante Ausnahmen. Für die Untersuchung bedeutende Abweichungen werden ausdrücklich hervorgehoben. 18 Vgl. insbesondere die Ausführungsbestimmungen im BMF-Schreiben, Rn. 205 ff. Im Überblick zu den CRS Sorgfaltspflichten mit Übersichten auch Czakert, Neue Entwicklungen bei der steuerlichen Amtshilfe, in: ifst-Schrift Nr. 514, 2017, S. 65 ff. 19 Zum Überlappen der Regime, vgl. Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 ff.

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Teil 3: Der automatische Austausch von Finanzkonten nach dem FKAustG 

B. I. 4.) näher eingegangen. Zum Abschluss werden sonstige Pflichten der Institute in kompakter Form beleuchtet (Teil 3 B. I. 5.). 1. Bestandskonten natürlicher Personen Das FKAustG basierend auf dem CRS unterscheidet bei der Identifizierung von meldepflichtigen Bestandskonten natürlicher Personen zwischen Konten von geringerem Wert und Konten von hohem Wert. Je nachdem welchen Wert das Konto hat, variiert die Intensität des Überprüfungsverfahrens zur Ermittlung der steuerlichen Ansässigkeit.20 Für die Bestimmung des Kontenwerts finden spezielle Aggregations- und Währungsumrechnungsregeln Anwendung, welche in § 18 FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben, Rn. 311 niedergelegt sind. Das Identifikationsverfahren betreffend Konten von geringerem Wert (von bis zu 1 Mio. US-Dollar zum 31. Dezember 2015) i. S. v. § 19 Nr. 31 FKAustG sieht eine Überprüfung der Meldeanschrift anhand erfasster Belege („Residence ­Address Test“) gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG oder auch eine Suche in elektronischen Datensätzen (elektronischer Indizien-Test) gem. § 11 Abs.1 Nr. 2 FKAustG zur Ermittlung der steuerlichen(en) Ansässigkeit(en) vor.21 Stellt das meldende Finanzinstitut aufgrund des Identifikationsverfahrens eine ausländische steuerliche Ansässigkeit des Kontoinhabers fest, so ist das Konto als meldepflichtiges Konto zu betrachten. Für Konten mit hohem Wert, (über 1 Mio. US-Dollar zum 31. Dezember 2015 eines Jahres oder 31. Dezember eines Folgejahres)22 i. S. v. § 19 Nr. 32 FKAustG soll ein erweitertes Überprüfungsverfahren gem. § 12 FKAustG Anwendung finden.23 Danach muss zunächst eine Suche in den elektronischen Datensätzen des Finanzinstituts vorgenommen werden. Hierunter fallen ebenfalls Konten mit geringem Wert, die zu einem späteren Zeitpunkt Konten mit hohem Wert werden. Enthalten die Datensätze keine ausreichend verwertbaren Informationen, muss zum einen die manuelle Suche in Papierunterlagen (z. B. Kundenakte) sowie die Nachfrage beim Kundenbetreuer nach seiner tatsächlichen Kenntnis erfolgen. Die Suche in Papierunterlagen kann jedoch entfallen, falls die Ausnahmeregelung zu Datenbanken mit ausreichenden Informationen greift, d. h., wenn die genutzte Datenbank die in § 12 Abs. 1 Nr. 3 FKAustG aufgelisteten und elektronisch durchsuchbaren Informationen enthält. Die jährlich durchzuführende Nachfrage beim Kundenbetreuer nach seiner tatsächlichen Kenntnis gem. § 12 Abs. 1 S. 2 20 Meldende Finanzinstitute können die für Neukonten geltenden Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten auf bestehende Konten anwenden und die für Konten von hohem Wert geltenden Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten auf Konten von geringerem Wert anwenden, vgl. § 9 Abs. 5 FKAustG. 21 Vgl. BMF-Schreiben Rn. 278 ff. 22 Unter FATCA gilt abweichend der 30. Juni 2014. 23 Vgl. BMF-Schreiben Rn. 290 ff.

B. Die Melde- und Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute

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FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben, Rn. 255 zielt darauf ab zu berücksichtigen, inwieweit ihm bekannt ist, dass der Kontoinhaber eine meldepflichtige Person ist. Ein Konto von hohem Wert ist daher als meldepflichtiges Konto zu betrachten, wenn dem Kundenbetreuer tatsächlich bekannt ist, dass der Kontoinhaber eine meldepflichtige Person ist. 2. Neukonten natürlicher Personen Bei Neukonten natürlicher Personen muss ein Finanzinstitut im Rahmen des Identifikationsverfahrens eine Selbstauskunft des Kontoinhabers einholen, welche auch Bestandteil der Kontoeröffnungsunterlagen sein kann, vgl. § 13 Abs. 2 FKAustG.24 Die erforderliche Selbstauskunft soll die steuerliche Ansässigkeit des Kontoinhabers klären. Des Weiteren soll das Finanzinstitut die Plausibilität dieser Auskunft anhand anderer im Rahmen der Kontoeröffnung beschaffter Informationen überprüfen. Diese Informationen können beispielsweise aufgrund der Geldwäschebestimmungen im Kontoeröffnungsprozess aggregiert werden. Falls der Kontoinhaber in einem meldepflichtigen Staat ansässig ist, muss das Finanzinstitut das Konto als meldepflichtiges Konto betrachten. Bei einer Veränderung der Umstände, die dem Finanzinstitut bekannt sind oder bekannt sein müssten und welche die bisherige Selbstauskunft nicht zutreffend oder unglaubwürdig erscheinen lassen, soll eine neue Selbstauskunft eingeholt werden, aus der die steuerliche(n) Ansässigkeit(en) des Kontoinhabers hervorgeht, vgl. § 13 Abs. 4 FKAustG. 3. Bestandskonten von Rechtsträgern Die Identifizierung der Bestandskonten von Rechtsträgern richtet sich nach §§ 14, 15 FKAustG.25 Hiernach unterliegen nach § 14 Abs. 3 ff. FKAustG Konten, welche den Saldo von 250.000 USD übersteigen, der Überprüfungspflicht.26 Konten mit oder unter diesem Wert müssen nicht überprüft und identifiziert werden und unterliegen solange generell keiner Meldepflicht, bis der Kontosaldo diesen Wert übersteigt, vgl. § 14 Abs. 2 FKAustG. Die Regelungen zur Identifizierung von Bestandskonten von Rechtsträgern und der etwaig resultierenden Meldepflicht sind im CRS und dem FKAustG detailliert beschrieben. Es ist jeweils Schritt für Schritt

24

Vgl. BMF-Schreiben Rn. 297 ff. Vgl. auch BMF-Schreiben Rn. 302 ff. 26 Meldende Finanzinstitute können die für Neukonten geltenden Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten auf bestehende Konten anwenden und die für Konten von hohem Wert geltenden Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten auf Konten von geringerem Wert anwenden, vgl. § 9 Abs. 5 FKAustG. 25

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Teil 3: Der automatische Austausch von Finanzkonten nach dem FKAustG 

zu prüfen, in welche Gruppe der Kontoinhaber fällt und hiernach, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um das Konto entsprechend zu klassifizieren. Es gibt dabei folgende Gruppen von Rechtsträgern: (1) Finanzinstitute; (2) Rechts­ träger die keine Finanzinstitute sind (sog. „NFE“ i. S. d. § 19 Nr. 40 FKAustG) und regelmäßig überwiegend aktive Bruttoeinkünfte vorweisen, aktive NFE oder aktive Rechtsträger genannt, vgl. § 19 Nr. 42 FKAustG und (3) Rechtsträger mit überwiegend passiven Bruttoeinkünften, passive NFE oder passive Rechtsträger genannt, vgl. § 19 Nr. 41 FKAustG.27 Zunächst sind in einem ersten Schritt andere Finanzinstitute zu extrahieren, da diese keiner Meldung unterliegen. Hiernach sind generell in einem zweiten Schritt die zur Identifizierung einer meldepflichtigen Person für aufsichtsrechtliche Zwecke oder für die Kundenbetreuung verwahrten Informationen auf Hinweise zu sichten, die Aufschluss darüber ermöglichen sollen, dass der Kontoinhaber in einem meldepflichtigen Staat ansässig ist. Als Hinweis auf eine Qualifizierung als ein im Ausland steuerlich ansässiger Rechtsträger gelten grundsätzlich Gründungsort oder Sitz sowie eine Anschrift in einem meldepflichtigen Staat beziehungsweise nach dem „wider Approach“ ausländischem Staat.28 Liegt einer dieser Hinweise vor, hat das deutsche Finanzinstitut das Konto generell als meldepflichtig zu betrachten. Der Standard gewährt jedoch die Möglichkeit, derartige Hinweise durch eine Selbstauskunft des Kontoinhabers zu entkräften. Überdies kann das Finanzinstitut selbst den Hinweis entkräften, indem es die in seinem Besitz befindlichen oder öffentlich verfügbaren Informationen in vertretbarer Weise sichtet und feststellt, dass es sich bei dem Kontoinhaber nicht um eine meldepflichtige Person handelt. Scheitert das Finanzinstitut daran, den Hinweis zu entkräften, muss es das Konto als meldepflichtig einstufen.29 Wurde die Ansässigkeit des Rechtsträgers bestimmt, ist des Weiteren seine Einordnung in eine Rechtsträgerkategorie  – Finanzinstitut, aktiver oder passiver Rechtsträger  – vorzunehmen.30 Zur Bestimmung dieser können öffentlich verfüg­bare Informationen, wie veröffentlichte Bilanz- und Gewinn- und Verlustrechnungsaufzeichnungen von Unternehmen, genutzt werden. Für die praktische Umsetzung innerhalb der Finanzinstitute sind außerdem Branchenschlüssel (sog. „Standardised Industry Coding Systems“), wie der europäische „Nomenclature

27 Die bei FATCA noch als eigene Kategorie geführten „Exempt Beneficial Owner“ („EBO“) – ausgenommene wirtschaftlich Berechtigte („staatlicher Rechtsträger, eine internationale Organisation, eine Zentralbank oder ein Rechtsträger, der im Alleineigentum einer oder mehrerer der vorgenannten Institutionen steht[…]“) – werden beim CRS in die Oberkategorie des „Aktiven NFE“ eingeordnet. Hintergrund für den Verlust der Selbstständigkeit dieser Kategorie ist, dass anders als bei FATCA unter CRS kein Steuereinbehalt erforderlich ist. Die Sondergruppe der EBOs (die einen Einbehalt bei FATCA selbst bei davorstehendem NPFFI verhindert haben) ist damit nicht mehr erforderlich. 28 Siehe zum „wider approach“ in Deutschland umgesetzt nach § 6 Abs. 1 FKAustG i. V. m. Rn. 10, 215 BMF-Schreiben, siehe im Rahmen der Grundrechtsanalyse Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (b) (cc). 29 Vgl. § 14 Abs. 5 Nr. 1 FKAustG. 30 Vgl. zu den Merkmalen passiver NFEs BMF-Schreiben, Rn. 191 ff.

B. Die Melde- und Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute

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Übersicht Konten von Rechtsträgern, sog. Non-Financial Entitys (NFEs)

Das meldende Finanzinstitut muss sowohl bei bereits bestehenden als auch bei neu zu eröffnenden Konten von Rechtsträgern überprüfen, (1) ob der Rechtsträger an sich eine meldepflichtige Person ist, (2) ob es sich bei dem Rechtsträger um einen passiven Rechtsträger handelt, (3) wer beherrschende Personen eines passiven Rechtsträgers sind, (4) ob die beherrschende(n) Person(en) eines passiven Rechtsträgers eine/mehrere meldepflichtige Person(en) ist/sind.

Aktiver vs. passiver NFE

Beherrschende Personen des passiven NFE

Zur Feststellung, ob es sich bei dem Konto­ inhaber um einen passiven Rechtsträger handelt, muss das meldende Finanzinstitut grundsätzlich eine Selbstauskunft des Kontoinhabers mit Angaben hinsichtlich seines Status einholen.

Zur Feststellung der beherrschenden Personen eines Kontoinhabers kann sich das meldende Finanzinstitut auf die aufgrund von Verfahren zur Bekämpfung der Geld­ wäsche (AML / KYC) erhobenen und verwahrten Informationen verlassen.

Das meldende Institut darf jedoch von der Einholung einer Selbstauskunft absehen, wenn es anhand von in seinem Besitz befindlichen oder öffentlich verfügbaren Informationen feststellen kann, dass es sich bei dem Kontoinhaber um einen aktiven Rechtsträger oder um ein Finanz­ institut handelt. Als solche Informationen gelten insbesondere die Branchenschlüssel, wie der NACE Code.

Feststellung, ob beherrschende Personen eines passiven NFEs meldepflichtig sind Zur Feststellung, ob eine beherrschende Person eines passiven Rechtsträgers eine meldepflichtige Person ist, kann sich das meldende Finanzinstitut bei bestehenden Konten auf Folgendes verlassen: – Es kann sich auf die aufgrund von Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML / KYC) erfassten und verwahrten Informationen verlassen (dies gilt nur für Konten deren Gesamtkonto­ saldo oder -wert einen auf die Landeswährung jedes Mitgliedsstaats lautenden Betrag im Gegenwert von 1.000.000 USD nicht übersteigt oder – auf eine Selbstauskunft des Kontoinhabers oder dieser beherrschenden Person aus dem(n) ausländischen Staat(en), in dem / denen die beherrschende Person steuerlich ansässig ist. Bei Neukonten von Rechts­ trägern kann sich das meldende Finanzinstitut ausschließlich auf eine Selbstauskunft des Kontoinhabers oder dieser beherrschenden Person verlassen.

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Teil 3: Der automatische Austausch von Finanzkonten nach dem FKAustG 

statistique des Activités économiques dans la Communauté Européenne“, sog. NACE31 Code, verwendbar.32 Wurde mittels dieses Verfahrens ein passiver Rechtsträger identifiziert, ist darüber hinaus festzustellen, ob dieser ein oder mehrere beherrschende Personen hat.33 Hierbei kann sich das Finanzinstitut auf seine im Rahmen der Geldwäschebestimmungen und Kundensorgfaltspflichten erhobenen und verwahrten Informationen beziehen.34 Schließlich ist durch das Finanzinstitut festzustellen, ob eine dieser beherrschenden Person eines passiven Rechtsträgers eine meldepflichtige Person ist. Dabei darf sich das Finanzinstitut bei einem bestehenden Konto mit einem Gesamtsaldo von unter 1.000.000 USD auf die aufgrund der Geldwäschebestimmungen und Kundensorgfaltspflichten erfassten und verwahrten Informationen verlassen.35 Alternativ kann – beziehungsweise bei Konten über 1.000.000 USD ist – eine Selbstauskunft einer oder mehrerer beherrschender Personen zur Klärung ihrer steuerlichen Ansässigkeit einzuholen. Stellt das Finanzinstitut beherrschende meldepflichtige Personen fest, ist das Konto des passiven Rechtsträgers meldepflichtig, auch wenn dieser selbst im Inland seinen Sitz hat (vgl. Abb. 2). 4. Neukonten von Rechtsträgern Bei Neukonten von Rechtsträgern muss ein Finanzinstitut im Rahmen des Identifikationsverfahrens festgelegte Leitlinien in der jeweils geeignetsten Reihenfolge einhalten, vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 1, 2 FKAustG.36 Dabei muss das meldende Finanzinstitut zunächst durch Einholung einer Selbstauskunft vom Kontoinhaber dessen Status prüfen und diesen anhand von in seinem Besitz befindlichen oder öffentlich verfügbaren Informationen validieren. Bei passiven NFEs i. S. d. § 19 Nr. 41 FKAustG sind wie auch bei Bestandkonten die beherrschenden Personen zu identifizieren. Passive Rechtsträger sind jegliche, die weder aktiver Rechtsträger noch Investmentunternehmen nach § 19 Nr. 6 b) FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben, Rn. 195, sind, bei denen es sich nicht um ein Finanzinstitut eines teilnehmenden Staates handelt.37 Die Kriterien für das Vorliegen eines aktiven Rechtsträgers sind im § 19 Nr. 42 FKAustG angeführt. Wenn es sich um einen passiven Rechtsträger handelt, 31

Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft. Vgl. Amtshilferichtlinie, Annex I Abschnitt VIII, E. 6 „The term ‚standardised industry coding system‘ means a coding system used to classify establishments by business type for purposes other than tax purposes.“ 33 Unabhängig davon kann dieser bereits als meldepflichtig identifiziert sein, wenn er selbst im Ausland ansässig ist. 34 Vgl. § 14 Abs. 5 Nr. 1 a) FKAustG. 35 Nicht bei Neukonten von Rechtsträgern möglich. 36 Vgl. BMF-Schreiben, Rn. 307 ff. 37 Vgl. zu den Merkmalen passiver NFEs BMF-Schreiben, Rn. 191 ff. 32

B. Die Melde- und Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute

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ist festzustellen, ob dieser ein oder mehrere beherrschende Personen hat. Hierbei kann sich das Finanzinstitut auf seine im Rahmen der Geldwäschebestimmungen und Kundensorgfaltspflichten erhobenen und verwahrten Informationen beziehen, vgl. § 16 Abs. 3 FKAustG. Schließlich ist durch das Finanzinstitut festzustellen, ob eine beherrschende Person eines passiven Rechtsträgers eine meldepflichtige Person ist. Dabei muss, anders als bei Bestandskonten, eine Selbstauskunft des Kontoinhabers oder einer oder mehrerer beherrschenden Personen zur Klärung deren steuerlicher Ansässigkeit eingeholt werden vgl. § 16 Abs. 4 FKAustG. Es ist zu beachten, dass sich ein meldendes Finanzinstitut auch hier nicht auf Selbstauskünfte oder Belege verlassen darf, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass die Selbstauskünfte oder die Belege unzutreffend oder unglaubwürdig sind. 5. Sonstige Pflichten Neben den Identifizierungs- und Meldepflichten bestehen diverse Nebenpflichten. So haben die Institute die Betroffenen vor der ersten Meldung in allgemeiner Form zu informieren, vgl. § 6 Abs. 2 FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben, Rn. 347 ff.38 Eine weitere Nebenpflicht besteht in der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht nach § 3 Abs. 3 FKAustG. Gleichzeitig ist als sonstige Pflicht auch die Kooperation bei der Außenprüfung einzuordnen, vgl. § 5 Abs. 6 FKAustG.

II. Meldepflichten Die deutschen Finanzinstitute haben jährlich die nach dem FKAustG erhobenen Informationen gem. § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 7 und 8 FKAustG an das BZSt zu melden. Meldende Finanzinstitute hatten erstmals Daten für das Steuerjahr 2016 bis zum 31. Juli 2017 dem BZSt zu übermitteln, vgl. § 27 Abs. 2 FKAustG. In den zukünftigen Jahren ist die Meldung jeweils bis zum 31. Juli eines Folgejahres durchzuführen, vgl. § 6 Abs. 3 FKAustG. Das verwendete Datenformat ist hierbei XML.39 Neben persönlichen Informationen, wie Name, Geburtsdatum / ​Ort und Wohnort müssen auch Zahlungsinformationen preisgegeben werden. Diese umfassen beispielsweise bei Verwahrkonten, also Depots, insbesondere Kontosaldo oder Kontowert, Gesamtbruttobetrag der Zinsen, Gesamtbruttobetrag der Dividenden und Gesamtbruttobetrag anderer Einkünfte, die mittels der auf dem Konto vorhandenen Vermögenswerte erzielt 38

Zur Verfassungsmäßigkeit dieser siehe Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). Siehe im Detail OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, Annex 3, das OECD XML-Schemata, S. 268, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/standard-for-automatic-exchangeof-financial-account-information-for-tax-matters-9789264216525-en.htm (zuletzt abgerufen 01.12.2017). 39

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Teil 3: Der automatische Austausch von Finanzkonten nach dem FKAustG 

und auf das Konto gutgeschrieben wurden sowie die Gesamtbruttoerlöse aus der Veräußerung oder dem Rückkauf von Finanzvermögen.40

III. Aufgaben des BZSts Das BMF gilt nach § 4 FKAustG als „zuständige Behörde“ für den Finanzkonteninformationsaustausch, soweit nicht durch Gesetz das BZSt für ausdrücklich zuständig befunden wird. Gem. § 5 FKAustG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 5b FVG ist das BZSt für die Entgegennahme und Weiterleitung von Meldungen und Auswertungen im Rahmen der nach § 2 FKAustG auszutauschenden Informationen und für die Durchführung von Bußgeldverfahren nach § 28 FKAustG zuständig.41 Das BZSt fungiert insofern nur als eine Art „technische Weiterleitungsstelle“. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist zu erwarten, dass das BZSt keine materielle Überprüfung zur Rechtmäßigkeit der Kontendaten wahrnehmen wird – auch nicht stichprobenartig. Weitere Gesetze, Ausführungsbestimmungen oder Verwaltungsanweisungen zu den Aufgaben des BZSt in diesem Amtshilfeverfahren wurden bisher nicht veröffentlicht. Das BZSt wird demnach ausschließlich eine formale Überprüfung, ob die Daten rechtzeitig und im richtigen Format übermittelt worden sind, durchführen. Eine Validierung der Daten anhand vorgegebener Parameter stellt hierbei beispielsweise fest, ob die verpflichtend auszufüllenden XML-Felder auch tatsächlich Daten enthalten. So wird bei offensichtlichen Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten die Annahme des Datenfiles abgelehnt und das Finanzinstitut ist verpflichtet, die Daten nach Korrektur nochmals zu senden. Weitere Aufgabe des BZSts ist die Durchführung der Außenprüfung zur Einhaltung der den Finanzinstituten nach dem FKAustG auferlegten Melde- und Sorgfaltspflichten nach § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 bis 203AO. Gleichzeitig nimmt das BZSt eine unterstützende Funktion wahr. Es gibt insbesondere in den ersten Meldejahren weitreichende Informationen und Hilfestellungen für die Finanzinstitute.42 Gegenüber den Kontoinhabern selbst tritt das BZSt nicht auf. Eine Anhörung ist ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen, vgl. § 5 Abs. 8 FKAustG i. V. m. § 117 Abs. 4 S. 3 AO.43

40

Vgl. BMF-Schreiben, Rn. 312 ff. Die Daten gelten damit ausschließlich als Kontrollmaterial für den empfangenen Staat und nicht als konkrete Bemessungsgrundlage, da nur Gesamtbruttobeträge übermittelt werden. 41 Krumm, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 5 FVG Rn. 6b. 42 Siehe die Website unter: https://www.bzst.de/DE/Unternehmen/Intern_Informationsaus​ tausch/CommonReportingStandard/Verfahren/verfahren.html (zuletzt abgerufen 03.03.2017). Hier finden sich u. a. Verlinkungen zu den relevanten Rechtsquellen, Fragen und Antwortkataloge, das Kommunikationshandbuch, Infobriefe und eine Kontaktseite. 43 Vgl. zur Rechtmäßigkeit Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (e) (eb).

Teil 4

Die Stellung der Finanzinstitute beim automatischen Finanzkonteninformationsaustausch Finanzinstitute unterliegen im Rahmen des automatischen Austauschs von Finanzkontendaten einer in § 3 i. V. m. §§ 7 ff. FKAustG gesetzlich verankerten Pflicht zur umfangreichen systematischen und periodischen Kontendatenerhebung, -dokumentation, -verarbeitung sowie -weiterleitung für steuerliche Zwecke. Fraglich ist, welche Stellung die Institute hierbei einnehmen und wie diese rechtlich legitimiert wird.1 Zunächst ist hierbei eine inhaltliche Abgrenzung zu anderen staatlichen Maßnahmen vorzunehmen, bei denen Finanzinstitute ebenfalls als ressourcenreiche „Auskunftsquelle“ der deutschen Finanzbehörden fungieren (Teil 4 A.) Aus dieser inhaltlichen Abgrenzung ergeben sich sodann einige, für die weitere Untersuchung erhebliche, Entwicklungstendenzen (Teil 4 B.) Nachdem der inhaltliche Rahmen abgesteckt ist, ist sodann die Stellung der Finanzinstitute im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs nach dem FKAustG in die bestehende Privatisierungsdogmatik einzubetten (Teil 4 C.). Zu deren Erfassung scheint es geboten, das Institut der „Beleihung“ und der „Indienstnahme Privater“2 näher zu untersuchen (Teil 4 C. I. und II.). Nach der Qualifizierung als „Indienstnahme“, sind hiernach Rechtsprechungssystematik und Literatur zur Legitimation der Indienstnahme allgemein zu sichten (Teil 4 D.), um sodann die Legitimation der untersuchungsgegenständlichen Indienstnahme (Teil 4 E.) auf ihre einfachgesetzlichen (Teil 4 E. I.), staatorganisatorischen (Teil 4 E. II.) und grundrechtlichen (Teil 4 E. III.) Grenzen hin zu überprüfen. Zuletzt sind die Folgen einer derartigen Einordnung für das Indienstnahmerechtsverhältnis zu beleuchten. Insbesondere ist der Frage nachzugehen, ob der Staat eine „Letztgewährleistungsverantwortung“ bei der Datenverarbeitung trägt (Teil 4 F.) Diese Erkenntnisse haben wiederum unmittelbare Auswirkungen auf die im nachfolgenden Teil 5 durchzuführende Grundrechtsprüfung des von der Datenerhebung, -verarbeitung und -meldung betroffenen Kontoinhabers. 1 Die relevanten Erläuterungen stützen sich auf das FKAustG sowie die Amtshilferichtlinie und den CRS-Kommentar. Abweichungen zum FATCA-Abkommen und der nationalen Umsetzung dessen beschränken sich hier auf im Einzelnen nicht relevante Ausnahmen. Für die Untersuchung bedeutende Abweichungen werden ausdrücklich hervorgehoben. 2 In dieser Untersuchung wird der Begriff „Indienstnahme Privater“ und dementsprechend „Indienstgenommener“ verwendet. Einige Autoren benutzen für das gleiche Phänomen den Begriff der „Inpflichtnahme“ und weitere Terminologien.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

A. Inhaltliche Abgrenzungen Bevor auf die rechtliche Einordnung der Finanzinstitute einzugehen ist, sind inhaltliche Abgrenzungen vorzunehmen. Diese inhaltliche Abgrenzung eröffnet einen generellen Überblick differenter Auskunftspflichten deutscher Finanzinstitute über die Steuerverfahren, bei welchen teilweise Kontendaten preiszugeben sind.3 Darüber hinaus legt diese inhaltliche Abgrenzung auch den Grundstein für Vergleichbarkeiten betreffend Ausgestaltung, Rechtsschutz und Haftungsmodalitäten, welche in den weiteren Gang der Untersuchung einfließen werden.4 Finanzinstitute werden nicht nur im Rahmen des automatischen Austauschs von Finanzkontendaten nach dem CRS-Regime zur Datenpreisgabe verpflichtet. Weitere auf Bankdaten abzielende Instrumente der deutschen Steuerverwaltungen sind die Auskunftserteilung im Steuerverfahren gem. § 93 AO (Teil 4 A. I.), der Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m § 93b AO (Teil 4 A. II.) sowie der digitale Datenzugriff im Rahmen der Kapitalertragsteueraußenprüfung bei Finanzinstituten, gem. §§ 193 Abs. 1, § 194 Abs. 1 S. 4, 147 Abs. 6 AO i. V. m. den GoBD-Grundsätzen5 AO (Teil 4 A. III.). Überdies ist in diesem Zusammenhang die von den Finanzinstituten selbst durchzuführende jährliche Meldung von Freistellungsaufträgen (FSA) und Nichtveranlagungs-Bescheinigungen (NV-Bescheinigungen) im Rahmen der Kapitalertragsteuer nach § 45d Abs. 1 EStG zu erwähnen (Teil  4 A. IV.).6 Zuletzt kann ein Finanzinstitut auch verpflichtet sein, vermittelte Geschäftsbeziehungen in Drittländer nach § 138b AO zu melden (Teil 4 A. V.).

I. Auskunftserteilung im Steuerverfahren Gängigstes Mittel der nach § 88 Abs. 1 AO vorgeschriebenen Amtsermittlung im Steuerverfahren ist die Auskunftserteilung.7 Dabei steht den Finanzbehörden gem. § 90 Abs. 1, 93 Abs. 1 AO primär die Mitwirkung und Auskunftserteilung 3

Im Überblick Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 30 f.; Dahm / ​Hamacher, Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000, S. 32 ff.; Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 77 ff. Generell zur Informationsverarbeitung der Steuerbehörden und die hieran anknüpfenden datenschutzrechtlichen Implikationen sowie generell zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Inanspruchnahme Dritter im Steuerverfahren monografisch Wied, Verfassungsrechtlich gebotener Datenschutz im Steuerrecht, 1991, S. 91 ff., 135 ff. 4 Siehe hierzu Teil 5 B. 5 Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD), BMF-Schreiben v. 14.11.2014, Rn. 158 ff. 6 Auch im Rahmen der Zinsrichtlinie wurden Daten an das BZSt gemeldet, vgl. Teil 2 B. III. 1.; da die Zinsrichtlinie durch die europäische Umsetzung des CRS mittels der AmthsilfeRl ersetzt wurde, wird in diesem Zusammenhang nicht näher darauf eingegangen, vgl. zur Zinsrichtlinie Teil 2 B. III. 1.  7 Hierzu generell Paulick, in: FS Spitaler, 1958, S. 53 ff.

A. Inhaltliche Abgrenzungen

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durch am Verfahren Beteiligte zu.8 Bei Auslandssachverhalten sieht der Gesetzgeber darüber hinaus eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Beteiligten nach §§ 90 Abs. 2, 138 Abs. 2 AO gegebenenfalls i. V. m. §§ 16, 17 AStG vor.9 Subsidiär können nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO auch andere Personen, unter anderem Kreditinstitute, zur Auskunft angehalten werden.10 Eine Entscheidung über die Einbeziehung Dritter bedarf dabei keiner konkreten Anhaltspunkte, sondern kann durch eine Prognoseentscheidung der Steuerbehörde im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung geprüft werden.11 In dem vorliegenden Fall wäre somit der Kontoinhaber zunächst selbst zur Mitwirkung sowie Auskunft verpflichtet und erst subsidiär die kontenführende Bank. Nach § 30a Abs. 5 S. 1 AO a. F.12 stand das „Bankgeheimnis“ den Auskunftsersuchen bei Kreditinstituten nicht entgegen, sondern bestärkte lediglich das ohnehin geltende Subsidiaritätsprinzip zur Einbeziehung Dritter.13 Selbst sog. „Sammelauskunftsersuchen“, d. h. die Auskunft eines Adressaten über mehrere Geschäftsvorfälle, sind bei Banken rechtlich zulässig.14 Die Institute sind 8 Beteiligte und damit zur Auskunft primär verpflichtet sind bspw. gem. § 78 Abs. 2 AO Steuerpflichtige, gegen welche sich ein Steuerbescheid als Verwaltungsakt richtet. 9 Siehe vertiefend zur erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten und deren verfassungsrechtliche Legitimierung Jansen, Das Steuerverfahren im Spannungsfeld von Europa- und Verfassungsrecht, 2012, S. 157 ff., 235 f.; Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 81 ff., 113 ff.; m. w. N. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.1. ff.; Staringer, DStJG 31 (2008), 135 (142 ff.; 150 ff.); Seer, IWB Fach 11 (2005), Gruppe 2, 673 ff.; ders., EWS 2013, 257 (258 ff.); ders. / ​Gabert, StuW 2013, 3 (16 ff.). 10 Dahm / ​Hamacher, Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000, S. 33 f.; Hamacher, Die Bank 1981, 353 (354); Huhmann, Die verfassungsrechtliche Dimension des Bankgeheimnisses, 2002, S. 219 ff. Allgemein zur Auskunftspflicht Rätke, in: Klein, AO, § 93 Rn. 1 f. sowie zu den Anforderungen an die subsidiäre Auskunftseinholung bei nicht Beteiligten ebd. Rn. 15 ebenso im Zusammenhang mit der Indienstnahme Dritter, Drüen, DStJG 31 (2008), 167 (173 ff.). 11 BFHE 91, 351, (360); 148, 108 (112 f.); 149, 404 (407 f.); 156, 88 (91); 158, 502 (506); 162, 539 (541); 183, 45 (57); 191, 211 (216); BFH / ​NV 1992, 79; hierzu Kutzner, NWB 2012, 3032 (3034 ff.). 12 Im Rahmen des Art. 1 Nr. 2 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682) wurde das sog. Bankgeheimnis ersatzlos gestrichen. 13 BFHE 127, 104 (112); 183, 45 (57). Hierzu Intemann, in: Koenig, AO, § 30a Rn. 12, 53; m. w. N. Dahm / ​Hamacher, Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000, S. 73 ff.; Hamacher, Die Bank 1981, 353 (354 f.); Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanz­ behörden an Kreditinstitute, 2015, S. 8 ff., insbes. 15 f.; Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 33 ff. es besteht mithin kein Auskunftsverweigerungsrecht der Finanzinstitute, vgl. BFHE 183, 45 (57); kritisch Hamacher, StVj 1992, 110 (119 ff.). Somit können grundsätzlich im Wege der Amtshilfe Bankdaten von deutschen Steuerbehörden erhoben und an ausländische ersuchende Behörden weitergeleitet werden, Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.80. 14 Im Zusammenhang mit Provisionszahlungen BFHE 149, 404 ff.; Bescheinigung über gezahlte Leistungen BFHE 158, 502 ff.; Steuerpflicht von Bonusaktien BFHE 224, 201 ff.; FG BaWü 07, 1483 sowie zu Einkünften aus Spekulationsgewinnen BFHE 198, 42 ff.; FG Münster EFG 04, 1656 ff. und teilweise hierauf eingehend BVerfGE 110, 94 (84 f., 102 f., 126); weiterführend von Wedelstädt, AOStB 2004, 948 ff. sowie Kutzner, NWB 2012, 3032 ff. Bereits ebenso durch den Gesetzgeber im Anwendungserlass zu § 30a AO 1977, in: BStBl. I 1993, 330,

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

im gleichen Umfang zur Mitwirkung verpflichtet – ohne Differenzierung, ob hiernach die Daten im Inland für Besteuerungszwecke verwendet werden oder sie zur Leistung von Amtshilfe dienen.15 Der Auskunftserteilung ist dabei stets ein anlassbezogenes Auskunftsersuchen der Behörde nach § 93 Abs. 2 AO vorgeschaltet.16 Das Ersuchen ist in seiner recht­ lichen Ausgestaltung ein Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO.17 Das Auskunftsersuchen ist zudem am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen, was insbesondere bei Einbeziehung Dritter an Bedeutung gewinnt und eine umfassende Interessensabwägung gebietet.18 Eine Unverhältnismäßigkeit ist dabei immer dann anzunehmen, wenn es sich um Ersuchen „in das Blaue hinein“ handelt, hinter der keine ausreichende Erforderlichkeit steht.19 Hervorzuheben ist ebenfalls, dass der Steuerpflichtige nach Nr. 1.2.6 AEAO20 zu § 93 über eine Auskunftseinholung bei Dritten zu informieren ist, soweit diese Information nicht den Ermittlungszweck gefährdet. Anlassbezogene Auskunftsersuchen bei Banken nach § 93 AO und die automatische periodische Übermittlung der Kontendaten an das BZSt durch Finanzinstitute nach dem FKAustG sind inhaltlich voneinander zu trennen.21 Die Meldung im Rahmen des FKAustG ist nicht als „Unterfall“ eines Auskunftsersuchens nach § 93 AO zu qualifizieren, sondern ist vielmehr eine davon abzugrenzende, eigenständige und anders konzipierte Maßnahme der Sachverhaltsaufklärung für

Tz. 2 Abs. 1 vorgesehen. Nunmehr wurde im Rahmen des Art. 1 Nr. 3 StUmgB die Möglichkeit von Sammelauskunftsersuchen der Finanzbehörden auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gesetzlich klargestellt, vgl. § 93 Absatz 1a AO. 15 Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 144. 16 Zu den formellen und materiellen Anforderungen eines solchen Ersuchens ggü. Dritten Dahm / ​Hamacher, Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000 S. 32. 17 Rätke, in: Klein, AO, § 93 Rn. 22. Das Ersuchen muss damit den Anforderungen nach §§ 119 ff. AO genügen. 18 Auskunftsersuchen an die Bank des Steuerpflichtigen zur Überprüfung privater Kontenbewegungen, BFHE 162, 539; sowie zur Verhältnismäßigkeit des Auskunftsersuchens BFHE 224, 201; BFH / ​N V 13, 431, (1277); Vgl. auch zu den weiteren nachteiligen Folgen nach einem Auskunftsersuchen BFHE 239, 19, auch in HFR 2013, 200 mit Anm. Werth; hierzu Werth, DStZ 2013, 416 (419). Siehe auch Hamacher, Die Bank 1981, 353 (355 f.). 19 Vgl. BFHE 148, 108 (114); 149, 404 (406); 158 (502 (504);162, 539 (541); 183, 45 (61); 198, 42 (54); BFH / ​N V 13, 1277; BFH / ​N V 09, 1586; gleicher Maßstab auch bei den internationalen Bestimmungen, siehe bspw. zu Art. 26 OECD-MA Teil 2 B. II. 1.  20 Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), BMF-Schreiben v. 31.11.2014; hierzu Kutzner, NWB 2012, 3032 ff. 21 Siehe hierzu auch das Schreiben der deutschen Kreditwirtschaft vom 01.02.2016, S. 3: „Die Finanzinstitute erfüllen hier als nicht am Besteuerungsverfahren beteiligte Dritte originär staatliche Aufgaben, die völlig unabhängig vom Kapitalertragsteuerabzug bestehen und für die sie – anders als bei Einzelanfragen nach § 93 AO – keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegenüber Staat oder Kunden haben.“ abrufbar unter: https://bankenverband.de/media/ files/2016-02-01_DK-Brief.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016).

A. Inhaltliche Abgrenzungen

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grenzüberschreitende Amtshilfezwecke.22 Damit gelten Finanzinstitute nach der hier vertretenen Auffassung steuerverfahrensrechtlich nicht als bloße subsidiär auskunftserteilende „andere Personen“.23 Die Pflichten der Institute nach § 3 i. V. m. §§ 7 ff. FKAustG gehen vielmehr weit über die im Rahmen der „verfassungsrechtlich unbedenklichen allgemeinen Staatsbürgerpflicht“24 von anlassbezogener Auskunftserteilung hinaus und umfassen automatisierte periodische Meldungen von Kontendaten.25 Widersprüchlich ist dahingehend, dass sich teilweise Regelungen zum nationalen Kontenabruf in § 93 Abs. 7 bis 10 AO finden.26 Hier könnte man bei gesetzessystematischer Auslegung annehmen, dass Finanzinstitute bei einem solchen Abruf als auskunftserteilende andere Personen gelten und der Kontenabruf damit einen Unterfall der Auskunftserteilung darstellt. Dies wiederum könnte Rückschlüsse für die Gesamtbeantwortung der Frage geben, ob die dem Kontenabruf ähnliche Kontenmeldung nach dem FKAustG auch als Unterfall zu behandeln ist. Dem ist jedoch nicht so. Vielmehr ist der nationale automatische Kontenabruf ein zumeist dem formalen Auskunftsersuchen bei Finanzinstituten vorgeschaltetes eigenständiges Verfahren zur Gewinnung von Beweismitteln und daher unglücklich in § 93 AO platziert worden.27 22 Für den deutschen Steuerstaat sind grundsätzlich erst die gem. § 5 Abs. 3 FKAustG reziprok empfangenen Daten von in Deutschland steuerlich Ansässigen von nutzen. Die bei deutschen Finanzinstituten erhobenen Daten können im Generellen gem. § 5 Abs. 4 FKAustG auch zur Verifizierung deutscher Steueransprüche genutzt werden, dienen aber voraussichtlich primär der Übermittlung an das Ausland. 23 Vgl. zur Abgrenzung auch von „Beteiligten“ nach § 78 AO Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 28 ff. 24 BFHE 191, 211 (213); a. A. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 15.11.2000  – 1 BvR 1213/00, NJW 2001, 811 ff. sowie Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 38, welcher die Auskunftspflichten nicht nur als Bürgerpflicht, sondern als „Indienstnahme Privater“ einstuft (vgl. ausführlich unter Teil 4 C. II; siehe auch im Hinblick auf die geldwäscherechtliche Verdachtsanzeige kritisch Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (209). 25 Anders sieht dies die Rechtsprechung, wenn die Auskunfts- und Mitwirkungsrechte ein besonders hohes Maß annehmen, wie bspw. bei einigen kommunalabgaberechtlichen Kurtaxen, vgl. VGH Kassel, B v. 22.02.1995 – 5 N 2973/88, NVwZ 1136 (1138). 26 So auch Rätke, in: Klein, AO, § 93 Rn. 1. 27 Der Zweck des Kontenabrufs besteht grade darin, keine erfolglosen Einzelauskunftsersuchen bei verschiedenen Banken durchzuführen, sondern effektiv einen einheitlichen heimlichen Abruf bei allen Banken vorzunehmen und das damit bestehende Vollzugsdefizit zu eliminieren, Steuerhinterziehung zu erschweren und einen Beitrag zum Rechtsfrieden zu leisten, vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/1309, S. 1; sowie BVerfGE 112, 284 (295); 118, 168 (194 f.); vgl. außerdem Rätke, in: Klein, AO, § 93 Rn. 49 ff. Zum „strukturellen Vollzugsdefizit“ bei Kapitaleinkommen siehe: Zinsurteil BVerfGE 84, 239 (278) sowie zu Spekulationsgeschäften BFH, 16.07.2002 – IX R 62/99, NJW 2003, 83; BVerfGE 110, 94 (112); vgl. hierzu Kirchhof, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. V, § 118, Rn. 28 f.; Hey, DB 2004, 724 ff.; mit Beispielen auch Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 225 (242 ff.). Der Kontenabruf bleibt jedoch an sich subsidiär zum Auskunftsersuchen beim Beteiligten selbst, siehe im Detail zum Kontenabruf Teil 4 A. II.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

II. Automatisierter Kontenabruf Der Kontenabruf nach §§ 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m 93b AO ist ein dem Vollzugsdefizit der Steuerbehörden entgegenwirkendes Mittel der Sachverhaltsaufklärung. Es werden hierbei Kontenstammdaten automatisiert und ohne Wissen der Bank oder des Steuerpflichtigen abgerufen.28 Durch den Abruf von Kontenstammdaten wird in einem ersten Schritt überprüft, ob überhaupt ein Konto bei einem speziellen Kreditinstitut geführt wird, um in einem zweiten Schritt mittels anlassbezogenen Auskunftsersuchens die genauen Kontodetails zu erlangen.29 Nunmehr wird auch das von den Kreditinstituten im Rahmen der Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2 AO eingeholte steuerliche Identifikationsmerkmal des Kontoinhabers, jedes anderen Verfügungsberechtigten und jedes anderen wirtschaftlich Berechtigten im Kontenabrufverfahren den Finanzbehörden nach § 93b Abs. 1a AO mitgeteilt.30 Erfolglose Auskunftsersuchen an differente Finanzinstitute „auf gut Glück“ werden hierdurch entbehrlich.31 Gleichzeitig muss der Kontenabruf selbst jedoch – ebenso wie das nachgeschaltete anlassbezogene Auskunftsersuchen  – erforderlich sein und darf die im Steuerverfahren regelmäßig bestehende Schwelle der Ermittlungen „in das Blau hinein“ nicht überschreiten.32 Der Kontenabruf erfolgt mittels der ursprünglich für Geldwäschezwecke nach § 93b Abs. 1 AO i. V. m. § 24c KWG geführten Auskunftsdatei. Diese muss nach § 24c Abs. 1 S. 6 KWG dergestalt konstruiert sein, dass das Finanzinstitut selbst nicht von dem Abruf Kenntnis erlangt. Das BZSt führt den Kontenabruf auf Ersuchen auch für andere Behörden nach 28

Weiterführend zum Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 bis 10 AO i. V. m. § 93b AO siehe Rätke, in: Klein, AO, § 93 Rn. 53 ff. und § 93b; kritisch auch Brender, ZRP 2009, 198 ff.; Göres, NJW 2005, 253 ff.; Hamacher, DStR 2006, 633 ff.; Steiger, DStR 2007, 2145 ff.; Widmaier, WM 2006, 116 ff.; Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012. 29 Rätke, in: Klein, AO, § 93 Rn. 50. 30 Durch Art. 1 Nr. 4 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682) wurde das automatisierte Kontenabrufverfahren erweitert, um ermitteln zu können, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personen­ gesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung innerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung ist. Zugleich ist die Frist, innerhalb der Kreditinstitute die Daten bei Auflösung eines Kontos zum Kontenabruf vorhalten müssen, auf zehn Jahre verlängert worden, vgl. § 24c Abs. 1 S. 3 KWG. 31 In Deutschland nahm die Zahl der Kontenführenden Finanzinstitute erheblich zu. Insgesamt wurden seit Beginn des Kontenabrufverfahrens im Jahr 2005 bis 2014 auf über 237.000 Kontenabrufersuchen durchgeführt; ausführliche grafische Darstellung: BfDI, 25. Tätigkeitsbericht 2013–2014, S. 128 f., abrufbar unter: https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/ Publikationen/Taetigkeitsberichte/TB_BfDI/25TB_13_14.pdf?__blob=publicationFile&v=10 (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). 32 BVerfGE 118, 168; BVerfGK 13, 154; BFHE 211, 330; vgl. auch die Rechtsprechung in Teil  5 A. I. 1. sowie der gleiche Maßstab auch bei den internationalen Bestimmungen, siehe bspw. zu Art. 26 OECD-MA in Teil 2 B. II. 1. 

A. Inhaltliche Abgrenzungen

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§ 93b Abs. 2 AO aus. Hierunter fallen nicht nur Steuerbehörden; gem. § 93 Abs. 8 AO sind auch andere Verwaltungsbehörden unter gewissen Voraussetzungen berechtigt, einen Kontenabruf anzustoßen. Die Anzahl der zum Abruf berechtigten Behörden hat sich im Laufe der Zeit beträchtlich erweitert und geht weit über das ursprüngliche gesetzgeberische Ziel der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung sowie der Erschwerung von Steuerhinterziehung hinaus.33 Für die materielle Prüfung der notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen eines Abrufs ist die ersuchende Behörde gem. § 93 Abs. 3 AO verantwortlich. Die den heimlichen Kontenabruf datenschutzrechtlich absichernden Vorgaben finden sich in § 93 Abs. 9, 10 AO. Hiernach ist der Kontoinhaber über die Möglichkeit des Kontenabrufs im Vorfeld durch die Behörde beispielsweise auch durch den Einsatz amtlicher Formblätter hinzuweisen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist lediglich unter bestimmten Voraussetzungen und in einzelfallbezogener Abwägung im Interesse des Betroffenen nach § 93 Abs. 9 Nr. 1 bis 3 AO möglich. Nachträglich ist der Betroffene über den vollzogenen Abruf zu benachrichtigen. Des Weiteren gelten die Auskunftsregelungen des § 19 Abs. 5 und 6 BDSG a. F34.35 Zudem sind das Ersuchen und die Abrufergebnisse sodann von der ersuchenden Behörde nach § 93 Abs. 10 AO und vom BZSt nach § 24c Abs. 4 KWG zu dokumentieren, um eine Datenschutzkontrolle des Betroffenen zu garantieren.36 Das BVerfG hält den automatisierten Kontenabruf grundsätzlich für verfassungsgemäß und mit dem aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleite­ ten Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar.37 Zwar war nach der Entscheidung des BVerfG § 93 Abs. 8 a. F. mangels ausreichender Bestimmtheit der zum Ersuchen berechtigten Behörden verfassungswidrig; er galt allerdings bis zum Inkrafttreten der Neuregelung (Abs. 8 i. V. m. Abs. 9 und 10) durch das

33 Nach § 802l Zivilprozessordnung dürfen bspw. auch Gerichtsvollzieher einen Abruf bei dem BZSt ersuchen. Siehe die ursprüngliche Gesetzesbegründung Steuerhinterziehung zu erschweren und einen Beitrag zum Rechtsfrieden zu leisten, vgl. Gesetzesbegründung BTDrucks. 15/1309, S. 1 ff. 34 Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 10 Absatz 2 des Gesetzes vom 31. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist. 35 Eine Ablehnung ist zu begründen, wenn dies nicht möglich ist, kann sich der Betroffene in der Regel an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wenden. Diese Regelungen wurden nunmehr ähnlich übernommen in § 34 Abs. 2 und 2 BDSG in Anlehnung an Art. 15 DS-GVO. Es ist davon auszugehen, dass auch unter den neuen Regelungen der Betroffene weiterhin beim Kontenabruf diese Rechte innehat. 36 Kritisch zur häufigen Missachtung der Datenschutzvorgaben durch die Behörden BfDI: http://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/Themen/Finanzen_Versicherungen/FinanzenArtikel/​ KontenabrufverfahrenVonPrivatenKonten.html?nn=5217370 (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). 37 BVerfGE 118, 168; ausführlich beleuchtet im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Komponente der betroffenen Steuerpflichtigen siehe in Teil 5 A. I. 1. b); weiterführend auch Wilhelm, Das revidierte abgabenrechtliche Kontenabrufverfahren und das Recht auf informatio­ nelle Selbstbestimmung, 2012.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

­ ntStRefG 200838 bis zum 2009 weiter fort.39 Die Neuregelungen enthalten nunU mehr weitreichende Änderungen, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben einer enumerativen Aufzählung der zum Abruf berechtigten Sozialleistungsbehörden Rechnung tragen. Sie erhalten nun einen gegenständlich begrenzten Anwendungsbereich und dienen einem bereichsspezifischen Zweck. Das BVerfG untersuchte im Verfahren nicht nur die Betroffenheit der Kontoinhaber, sondern auch das Vorbringen eines Finanzinstituts. Das betroffene Kreditinstitut wandte sich ausdrücklich nicht gegen eine Indienstnahme und den damit verbundenen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG.40 Stattdessen stützte es seine Beschwerde auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einer juristischen Personen nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG. Das BVerfG entschied jedoch, dass das Geheimhaltungsinteresse einer Kundenbeziehung insoweit nicht die wirtschaftliche Verhaltensfreiheit eines Kreditinstituts berührt, als eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage für die Datenpreisgabe besteht und die Daten nicht hierüber hinaus für Ermittlungen gespeichert, genutzt oder weitergeleitet werden sollen.41 Bereits den Schutzbereich von in Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG sah das Gericht daher nicht eröffnet. Grundlegend unterscheidet sich der Kontenabruf nach §§ 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m 93b AO von der FKAustG-Kontenmeldung in seiner inhaltlichen Ausrichtung. Finanzinstitute sind nach § 3 i. V. m. §§ 7 ff. FKAustG verpflichtet, selbst aktiv zu werden und Daten in vorgegebener Weise periodisch zu erheben, zu klassifizieren und an das BZSt zu übermitteln.42 Hingegen sind Finanzinstitute bei dem Kontenabruf lediglich zu vorbereitenden Pflichten, d. h. insbesondere zur Führung der Auskunftsdatei nach§ 24c KWG, aufgefordert. Die Preisgabe der Daten erfolgt nicht durch aktive Meldung, sondern durch eigenen Zugriff der Steuerbehörde auf die beim Finanzinstitut lagernden Informationen unter Vorliegen eines hinreichenden Anlasses. Der Zugriff erfolgt stets ohne Wissen des Instituts. Der Pflichteninhalt beider Institute ist damit divergent. Es handelt sich um eine eigenständige Maßnahme zur Gewinnung von Tatsachen im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung.43

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Unternehmensteuerreformgesetz v. 14.08.2007 (BGBl. I S. 1912). BVerfGE 118, 168 (188); zum Überblick über das gesamte Verfahren zur Neuregelung der Paragraphen und mit Praxishinweisen Lichtinghagen / ​Verpoorten, StuB, 2007, 607 ff.; Sell, DStR 2005, 717 ff. 40 BVerfGE 118, 164 (202), hier noch durch das Gericht als „Inpflichtnahme“ bezeichnet. 41 BVerfGE 118, 164 (205). 42 Im Detail zur Art und Weise der Klassifizierung und Meldung, siehe Teil 3 B. 43 Der Kontenabruf wird jedoch bei der geplanten Ausweitung einer Kontenmeldung nach dem FKAustG auf Steuerinländer teilweise obsolet. Das BZSt würde im Rahmen dieser Meldung ohnehin automatisch die Kontenstammdaten sowie Angaben über Kapitalerträge erhalten. Einem heimlichen Abruf bedarf es dann nach der hier vertretenen Auffassung nicht mehr, vgl. zum Vorhaben der Anwendung des Melderegimes auch auf Steuerinländer das Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, S. 11. Vgl. auch zur Notwendigkeit der Abschaffung von sich doppelnden Regimen um die Eingriffsintensität zu schmälern Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (e) (bb). 39

A. Inhaltliche Abgrenzungen

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III. Datenzugriff im Rahmen der Kapitalertragsteueraußenprüfung Ein weiterer Datenzugriff der Finanzbehörden auf Kontendaten kann sich im Rahmen der Kapitalertragsteueraußenprüfung gem. § 50b EStG i. V. m. §§ 193 Abs. 1, § 194 Abs. 1 S. 4, 147 Abs. 6 AO i. V. m. den GoBD-Grundsätzen ergeben.44 Hierbei wird nach § 193 Abs. 1 i. V. m. § 194 Abs. 1 S. 4 AO geprüft, ob beispielsweise Kreditinstitute als „auszahlenden Stellen“ i. S. d. § 44 Abs. 1 EStG für andere Personen Steuern auf Kapitalerträge ordnungsgemäß einbehalten und abführen.45 Der Außenprüfung liegt hierbei eine begründungsbedürftige Prüfungsanordnung i. S. d. §§ 119 i. V. m. 121 Abs. 1 AO zugrunde. Durch die technisch gesteuerte Abrechnung im Abgeltungssteuerverfahren sieht § 147 Abs. 6 AO einen automatisierten Datenzugriff der Finanzverwaltung auf aufbewahrungspflichtige und steuerlich relevante Daten im Zuge der Außenprüfung vor.46 Die Regelungen zum Datenzugriff erweitern allerdings den rein sachlichen Umfang der Prüfung i. S. d. § 194 AO nicht. Dieser wird ausschließlich durch die Prüfungsanordnung nach § 196 AO i. V. m. § 5 BpO bestimmt. Dem Datenzugriff unterliegen die nach außersteuerlichen und steuerlichen Vorschriften aufzeichnungspflichtigen und die nach § 147 Absatz 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen.47 Im vorliegenden Fall der Kapitalertragsteueraußenprüfung zählen zu diesen ebenfalls personenbezogene Daten von Kontoinhabern, denn diese dienen einer späteren Übermittlung von Freistellungsaufträgen und NV-Bescheinigungen nach § 45d EStG.48 Teilweise fraglich war hierbei, inwieweit personenbezogene Kontoinhaberdaten im Rahmen der Außenprüfung durch die Finanzbehörden abgerufen werden durften. Literatur und Praxis hielten ausschließlich die Offenlegung der Steuerin- oder -ausländereigenschaft für rechtmäßig, da diese für die vom Prüfungsumfang regelmäßig

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Allgemein zur Kapitalsteuersonderprüfung bei der Kreditwirtschaft, Findeis, DB 2009, 2397 ff.; Schmidt / ​Eck, BB 2011, 1751 ff.; Herzberg, DStR 2014, 1535 ff.; zum Datenzugriff nach 147 Abs. 6 S. 2 AO, BFH, 16.12.2014 – X R 42/13, BB 2015, 1200 ff. sowie hierzu Ochs  / ​ Wargowske, DStR 2015, 2689 ff.; Schaumburg, DStR 2002, 829 ff. 45 Die Kreditinstitute agieren hier als sog. Steuerentrichtungspflichtige i. S. d. § 33 Abs. 1 AO. Zur digitalen Außenprüfung Schüßler, Der Datenzugriff der Finanzverwaltung im Rahmen der (digitalen) Außenprüfung, 2010, S. 16 ff.; Drüen, StuW 2003, 205 ff. 46 Dabei sind drei verschiedene Arten des Datenzugriffs je nach Eingriffsintensität zu unterscheiden: der unmittelbare Datenzugriff (§ 147 Abs. 6 S. 1 AO; sog. Nur-Lese-Zugriff beziehungsweise „Z1-Zugriff“), der mittelbare Datenzugriff (§ 147 Abs. 6 S. 2 Alt. 1 AO; sog. „Z2-​ Zugriff“) sowie die Datenträgerüberlassung (§ 147 Abs. 6 S. 2 Alt. 2 AO; sog. „Z3-Zugriff“), vgl. BMF-Schreiben v. 14.11.2014, Rn. 158 ff. 47 Die Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind, vgl. BFH v. 24.06.2009 – VIII R 80/06, BStBl. II 2010, 452; BFH v. 14.12.2011 – XI R 5/10; BFH / ​NV 2012, 1921; BMF-Schreiben v. 14.11.2014, Rn. 159. 48 Dies ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus der Norm selbst, die spätere Übermittlung impliziert jedoch die vorgeschaltete ordnungsgemäße Aufzeichnung der Daten, vgl. auch Schmidt / ​Eck, BB 2011, 1751 (1753).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

gedeckte Nachvollziehbarkeit des richtigen Kapitalsteuerabzugs ausreiche.49 Der Abruf von Geburtsdatum oder Wohnort des Kontoinhabers sei nicht notwendig. Im Zuge dessen anonymisierten zahlreiche Finanzinstitute ihre Kundendaten vor einem Datenabruf der Finanzverwaltung. Eine derartige Verfahrensweise duldete das FG Hessen jedoch nicht und entschied, dass die Finanzverwaltung ein Recht auf Zugriff authentischer Kundendaten für Zwecke der Verprobung hat.50 Finanzinstitute haben gesetzliche Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten der tatsächlichen Namens-, Anschriften- und Geburtsdaten ihrer Kunden. Dies ergibt sich bereits aus dem Grundsatz der Kontenwahrheit nach § 154 Abs. 2 AO, wonach sich die Institute über die Identität ihrer Kunden zu vergewissern und die entsprechenden Informationen „auf dem Konto“ gem. § 154 Abs. S. 1 AO festzuhalten haben.51 Einzelne Geschäftsvorfälle i. S. d. § 145 Satz 2 AO, d. h. mit den Kunden geführte Korrespondenz nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO sowie die im Rahmen der Kundengeschäfte erzeugten Belege nach § 147 Abs. 1 Nr. 4 AO sind damit tatsächlich nicht anonymisiert zu führen.52 Das Gericht hielt die persönlichen Daten der Kunden in Verbindung mit den jeweiligen Geschäftsvorfällen für das Verständnis i. S. d. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO für unverzichtbar.53 Zudem sah das Gericht die Prüfungsbefugnis nach § 50b AO und den damit verbundenen Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO lex specialis zu § 30a AO a. F.54 und hielt den Zugriff nicht für eine „allgemeine Überwachung“ i. S. d. § 30a Abs. 2 AO a. F. Das vormalige sog. Bankgeheimnis stand mithin einem hier erfolgenden Datenzugriff nicht entgegen.55 Ähnlich wie beim Kontenabruf erfolgt ebenso im Rahmen der Außenprüfung ein Datenzugriff der Finanzverwaltung. Es bedarf keiner aktiven Meldung der Finanzinstitute wie nach dem FKAustG-Verfahren. Auch hier werden Institute nur zu vorbereitenden Pflichten, wie der Bereitstellung der Daten für Zwecke der Verprobung, aufgefordert. Zu einer detailliert vorgeschriebenen Identifizierung 49

Vgl. Schmidt / ​Eck, BB 2011, 1751 (1754); Findeis, DB 2009, 2397 (2399). FG Hessen Urteil vom 20.02.2014 – 4 K 1120/12, WM 2014, 1539. 51 Ebd. 52 Im Rahmen der Kapitalertragsteuersonderprüfung ergeben sich außerdem spezialgesetzliche Vorgaben aus §§ 43 Abs. 2 Satz 6, 44a Abs. 3, 45a Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2, §§ 45b Abs. 1 Satz 2 und 45d EStG, vgl. FG Hessen Urteil vom 20.02.2014 – 4 K 1120/12, WM 2014, 1539 (1540). 53 FG Hessen Urteil vom 20.02.2014 – 4 K 1120/12, WM 2014, 1539 (1540). 54 Im Rahmen des Art. 1 Nr. 2 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682) wurde das sog. Bankgeheimnis ersatzlos gestrichen. 55 Ein anderes Ergebnis ergibt sich jedoch bezüglich der weiteren Nutzung für Kontrollmitteilungen, vgl. Herzberg, DStR 2014, 1535 (1536). Die Rechtmäßigkeit von Kontrollmitteilungen ggü. den Kontoinhabern im Rahmen der Außenprüfung bei Banken war im Hinblick auf den vormaligen § 30a Abs. 2 AO a. F. umstritten, vgl. m. w. N. Findeis, DB 2009, 2397 (2399); Hamacher, Die Bank 1996, 2460 ff.; ders., Die Bank 1999, 1824 ff.; Huhmann, Die verfassungsrechtliche Dimension des Bankgeheimnisses, 2002.S. 231 ff.; Schmidt / ​Eck, BB 2011, 1751 (1757); Streck / ​Peschges, DStR 1997, 1993 ff.; Tipke, FR 1998, 117 (119); Wagner, DStZ 2010, 69 ff. Vgl. auch zur Reichweite von § 30a AO a. F. im Hinblick auf die Untersuchungsmaterie Teil 4 E. I. 50

A. Inhaltliche Abgrenzungen

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und Klassifizierung der Kunden, wie sie nach den Sorgfaltsbestimmungen in § 7, 9 FKAustG gefordert ist, werden Institute jedoch nicht verpflichtet.

IV. Meldung im Rahmen des Kontrollverfahrens nach § 45d Abs. 1 EStG Kreditinstitute und andere Unternehmen, die nach § 44 Abs. 1 EStG und nach § 7 InvStG56 zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichtet sind, müssen nach § 45d Abs. 1 EStG dem BZSt bis zum 1. März des Folgejahres eine Meldung über tatsächlich freigestellte Kapitalerträge (FSA) sowie tatsächlich freigestellte Kapitalerträge der Nichtveranlagungsbescheinigungen (NVB) ihrer Kontoinhaber übermitteln.57 Während die monatliche Steuerabführung und die einhergehende Steueranmeldung beim zuständigen Finanzamt anonym stattfindet, ist im Rahmen des „Kontrollverfahrens“ nach § 45d Abs. 1 EStG dem BZSt jährlich der tatsächlich in Anspruch genommene Freistellungsbetrag58 unter Angabe von Namen, Geburtsdatum, Wohnort und Steuer-IdNr. des Kontoinhabers zu melden.59 Dabei hat das BZSt keine Informationen, in welcher Höhe und wo ein Steuerpflichtiger insgesamt seine verschiedenen Freistellungsaufträge verteilt hat. Dem BZSt bleibt lediglich die Möglichkeit, sich direkt an die Institute zu wenden.60 Die gespeicherten Daten werden vom BZSt unter anderem den Finanzbehörden und den Sozialleistungsträgern zur Verfügung gestellt, um eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Steuervorteilen oder Sozialleistungen aufzudecken. Zum Jahresende werden jegliche über einen Steuerpflichtigen eingehenden Datensätze abgeglichen, um festzustellen, ob die Höchstbetragsgrenze eingehalten worden ist.61 Bei Überschreitung der Grenze 56

Investmentsteuergesetz vom 15.12.2003 (BGBl. I S. 2676, 2724), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 25.07.2014 (BGBl. I S. 1266) geändert worden ist. 57 Siehe vertiefend BZSt, Kommunikationsleitfaden zum Kontrollverfahren nach § 45d EStG v. 15.10.2015, abrufbar unter: https://www.bzst.de/DE/Unternehmen/Kapitalertraege/ KontrollverfahrenFreistellungsauftraege/Elektronische_Datenuebermittlung/elektronische_ datenuebermittlung_node.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 58 Der Freistellungsbetrag ist der Betrag, den ein Steuerpflichtiger erhält, ohne dass dieser dafür Abgaben zu entrichten hat. Dies ist bspw. bei Inanspruchnahme des Sparer-Pauschbetrags i.H.v. 801,- EUR beziehungsweise bei Zusammenveranlagung 1.602,- EUR der Fall. Im Gegensatz dazu wurde bis zum Jahr 1999 der erteilte Freistellungsauftrag (FSA) mitgeteilt, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang tatsächlich Kapitalerträge zugeflossen sind. 59 Siehe zu den zu übermittelnden Datenfeldern im Einzelnen den FSAK-Datensatz, BZSt, Kommunikationsleitfaden zum Kontrollverfahren nach § 45d EStG v. 15.10.2015, abrufbar unter: http://www.bzst.de/DE/Steuern_National/Kontrollverfahren_FSA/Merkblaetter/fsa_ Merkblaetter_node.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2015). S. 10; vgl. zum anonymen Abführung der Abgeltungsteuer an die Finanzämter, Rhodius  / ​­L ofing, Kapitalertragsteuer und Abgeltungsteuer verstehen, 5. Aufl., 2019, S. 318 ff. 60 Eine zentrale Stelle, in der die Höhe der erteilten FSA gespeichert wird, gibt es nicht. 61 Siehe die allgemeinen Ausführungen zum Kontrollverfahren auf der BZSt Website, http://​ https://www.bzst.de/DE/Unternehmen/Kapitalertraege/KontrollverfahrenFreistellungsauftraege/​ Elektronische_Datenuebermittlung/elektronische_datenuebermittlung_node.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2017).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

erfolgt eine Kontrollmeldung an die jeweiligen Länder.62 Spezielle Auskunftsrechte der Steuerpflichtigen im Zuge der Datenübermittlung bestehen nicht. Betroffene können sich damit lediglich auf die allgemeinen Beratungs- und Auskunftsrechte nach § 89 Abs. 1 AO stützen. Anders als das Auskunftsersuchen, der Kontenabruf und der Datenzugriff im Rahmen der Kapitalertragsteueraußenprüfung beschränkt sich der Pflichteninhalt der Finanzinstitute im Kontrollverfahren nach § 45d EStG nicht auf bloße Vorbereitungshandlungen. Vielmehr werden die Institute zu einer aktiven Meldung verpflichtet. Daran geknüpft ist die Aufbereitung verschiedener personenbezogener Kundendaten mittels amtlich vorgeschriebenen Datensatzes.63 Diese bedingt teilweise ebenfalls eine direkte Datenerhebung beim Kunden, beispielsweise für die Erfragung der Steuer-IdNr. Gleichzeitig ist dieses Melderegime jedoch in seiner Ausgestaltung deutlich limitierter als die Melde- und Sorgfaltsbestimmungen nach §§ 7 ff. FKAustG.64

V. Meldungen im Rahmen des Steuerumgehungsbekämpfungs­gesetzes Bedingt durch den „Panama Paper“-Skandal sollen künftig Finanzinstitute eine noch aktivere Rolle in der Bekämpfung von etwaiger Steuerhinterziehung ihrer Kunden einnehmen.65 So sind sie verpflichtet, den Finanzbehörden nach § 138b AO, eingeführt durch das neue Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG), von ihnen hergestellte oder vermittelte Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen mitzuteilen.66 Im Falle einer Verletzung dieser Mitwirkungspflicht sollen die Finanzinstitute für dahingehend verursachte Steuerausfälle haften; zugleich soll die Pflichtverletzung mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden können. Außerdem sind zukünftig Kontoinhaber, von denen kein steuerliches Kennzeichen durch die Finanzinstitute erhoben werden konnte, jähr 62

Ebd. Siehe den Datensatz im Kommunikationsleitfaden zum Kontrollverfahren nach § 45d EStG v. 15.10.2017, abrufbar unter: https://www.bzst.de/DE/Unternehmen/Kapitalertraege/ KontrollverfahrenFreistellungsauftraege/Elektronische_Datenuebermittlung/elektronische_ datenuebermittlung_node.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 64 So müssen bspw. im Kontrollverfahren keine Rechtsträger wie nach §§ 14 ff. FKAustG klassifiziert werden. 65 Vgl. auch zum Panama Papers Skandal; siehe die Ausarbeitungen des „International Consortium of Investigative Journalists“ unter: https://panamapapers.icij.org (zuletzt abgerufen 03.03.2017). 66 Zur Meldung nach § 138b AO Schurowski, ISR 2018, 417 (420 ff.). Zum Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz generell Sejdija / ​Holzner, StB 2017, 9 ff.; Ruckes / ​Schmidt, IStR 2017, 473 ff.; v. Schweinitz / ​Schneider-Deters, IStR 2017, 344 ff.; Seevers / Handel, DStR 2017, 522 ff.; Füllsack / ​Bürger, BB 2016, S. 262 ff. 63

B. Entwicklungstendenzen der Kontendatenpreisgabe an nationale Steuerbehörden  83

lich gem. § 154 Abs. 2c AO im Rahmen einer sog. „Vegeblichkeitsmeldung“ an das Bundeszentralamt zu melden.

B. Entwicklungstendenzen der Kontendatenpreisgabe an nationale Steuerbehörden Die inhaltliche Zusammenschau zeigte verschiedene Maßnahmen der Steuerverwaltung zur Nutzung der Finanzdienstleistungsbranche als „Auskunftsquelle“.67 Es handelt sich beim Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 AO, dem Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m § 93b AO, dem Datenzugriff im Rahmen der Außenprüfung nach § 200 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 147 Abs. 6 AO und bei der Meldung im Rahmen des Kontrollverfahrens nach § 45d Abs. 1 EStG um unterschiedliche Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung und gegebenenfalls sich anschließender Rechts- und Amtshilfe. Sie unterschieden sich in differenter Hinsicht von der Ausgestaltung der Sorgfalts- und Meldepflichten nach dem FKAustG. Zwar dient das FKAustG-Verfahren ebenso als Mittel der Tatsachenaufklärung und der nachgeschalteten Amtshilfe zum Ziele der Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung – insbesondere die Intensität der Einbeziehung von Finanzinstituten und der Grad der Datenpreisgabe variieren allerdings erheblich.68 Die inhaltliche Übersicht der Maßnahmen zeigt, dass die Möglichkeiten der Kontendatenpreisgabe durch den Gesetzgeber zunehmend intensiviert wurden. Es lassen sich hierbei die folgenden Entwicklungstendenzen (Teil 4 B. I. bis III.) beobachten.

I. Herabsetzung von Zulässigkeitshürden Beginnend mit streng anlassbezogenen Auskunftsersuchen in Einzelfällen wurde der fortschreitende technische Fortschritt nutzbar gemacht, um automatisiert Kontendaten abzurufen. Die sich aus der Erforderlichkeitsprüfung ergebende Zulässigkeitsschwelle wird mit zunehmender Automatisierung der Verfahren herabgesetzt. Bei gezielten Auskunftsersuchen nach § 93 AO ist ein konkreter Anlass 67

Teilweise mit kritischem Unterton die Zusammenstellung verschiedenster Informationsquellen der Finanzbehörden bis 2012 bei Götzenberger, Der gläserne Steuerbürger, 2013 sowie Bilsdorfer, Die Informationsquellen und -wege der Finanzverwaltung – Auf dem Weg zum „gläsernen Steuerbürger“, 8. Aufl. 2009; vgl. auch Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 5 ff. 68 Die Intensität der Pflichten nach dem FKAustG übersteigen die der reinen Auskunftserteilungspflichten nach § 93 AO, zum Umfang der organisatorischen Maßnahmen im Rahmen eines Auskunftsersuchen Oellerich, INF 2003, 63 (64 ff.). Die rechtliche Klassifikation der Finanzinstitute bei der Auskunftspflicht nach § 93 AO und bei den Pflichten nach § 3 i. V. m. § 7 ff. FKAustG mag schlussendlich für beide als „Indienstnahme Privater“ münden (vgl. Teil 4 C. II.), rein inhaltlich sind es jedoch zwei voneinander zu trennende Mittel der Sachverhaltsermittlung.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

erforderlich sowie eine zwingende Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen.69 Der Verhältnismäßigkeitsprüfung wird durch das Subsidiaritätserfordernis bei der Inanspruchnahme Dritter, wie den hier eingebundenen Finanzinstituten, erhöhte Bedeutung beigemessen. Beim automatisierten Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m § 93b AO wurden diese Zulässigkeitshürden bereits herabgesetzt. Zwar ist immer noch ein Anlass vorzuweisen und der Abruf ist einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterstellt, jedoch sind die Anforderungen an diese niedriger als bei einem Auskunftsersuchen nach § 93 AO. Hierfür spricht zum einen, dass bei Auskunftsersuchen deutlich sensiblere Daten, wie Kontenbewegungen, angefragt werden können. Der Kontenabruf hingegen ist auf eine gesetzlich vorgeschriebene Menge an Kontenstammdaten beschränkt und gilt zumeist als „Vorverfahren“70 zum Auskunftsersuchen. Auch der praktischen Durchführbarkeit im technisch automatisierten und zeitsparenden Verfahren ist einer Herabsetzung des Ausmaßes von Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeitsprüfung zuzuschreiben. Durch den Datenzugriff im Rahmen der Außenprüfung nach §§ 193 Abs. 1, § 194 Abs. 1 S. 4, 147 Abs. 6 AO i. V. m. den GoBD-Grundsätzen wird die Anlassbezogenheit sodann auf ein Mindestmaß reduziert und es findet keine explizite Verhältnismäßigkeitsprüfung mehr statt, denn der eigentliche Grund für die Außenprüfung ist nicht die Gewinnung von Kontendaten, sondern die Überprüfung des Kreditinstituts auf ordnungsgemäße Abführung der Kapitalertragsteuer.71 Die durch den Zugriff der Steuerbehörden erlangten Kontendaten sind hierbei lediglich das Nebenprodukt der Prüfung. Seine Ultima Ratio findet diese Tendenz in der automatischen Kontenmeldung nach den CRS- und FATCA-Regimen. Als echte Massenverfahren sind ohne Anlass und ohne eine im Einzelfall durchzuführende Verhältnismäßigkeitsprüfung sensible Kontenstamm- und Zahlungsdaten aller meldepflichtigen Personen mit ausländischer steuerlicher Ansässigkeit zu melden.72 Die Möglichkeiten der deutschen Steuerbehörden, auf Kontendaten zuzugreifen, wurden mithin nicht nur ausgeweitet, sondern mit zunehmender Automatisierung und der damit zusammenhängenden Herabsenkung von Zulässigkeitsanforderungen deutlich erleichtert.73

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Siehe zu Auskunftsersuchen an Banken die Übersicht über die BFH Rechtsprechung Teil 5 A. I. 1. a); insbesondere bei Kapitaleinkünften ist die Hinterziehungsquote hoch, jedoch kritisch Hamacher, StVj 1992, 110 (118 ff.). 70 Die vorgelagerte Frage „ob“ überhaupt ein Konto bei dem konkreten Kreditinstitut geführt wird, um hiernach ein gezieltes Auskunftsersuchen in die Wege zu leiten, siehe ausführlich Teil 4 A. II. und II. 71 Nur im Rahmen der Prüfungsanordnung kommt es zu einer Zulässigkeitsprüfung nach den Kriterien in §§ 193 bis 203 AO, deren Prüfungsgegenstand ist jedoch das Finanzinstitut selbst und betrifft u. a. das „ob“ und „wie“ des Datenzugriffs nach der Zumutbarkeit im Hinblick auf den Kosten-, Zeit- und Arbeitsaufwand. Nicht in die Verhältnismäßigkeitsprüfung eingebunden ist der einzelnen Kontoinhaber, dessen Daten hierbei dem Zugriff der Steuer­ behörden ausgesetzt sind, siehe vertiefend Teil 4 A. III. 72 Siehe vertiefend zur Kontenmeldung nach dem CRS, Teil 3 B. II. sowie Teil 2 C. III. 73 Vgl. ausführlich mit Rechtsprechungsbelegen Hamacher, IStR 2016, 171 (173 ff.).

B. Entwicklungstendenzen der Kontendatenpreisgabe an nationale Steuerbehörden  85

II. Erweiterung des Anwendungsbereichs Gleichzeitig wird mit zunehmender Automatisierung und der damit verbundenen Aufgabe von Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeitsprüfung die Anzahl der Betroffenen deutlich erhöht. Es erfolgt eine Massendatenverarbeitung sämtlicher Kontoinhaber, auch wenn letztlich nicht alle als meldepflichtig kategorisiert werden. Jedoch wird auch die von der tatsächlichen Datenpreisgabe betroffene Personengruppe maßgeblich erweitert. Während bei Auskunftsersuchen und Kontenabruf ausschließlich eine bestimmte Person oder eine klar abgrenzbare Personengruppe von einer Datenpreisgabe betroffen ist, wird beim Datenzugriff im Rahmen der Kapitalertragsteueraußenprüfung und bei der Meldung nach dem FKAustG eine große Gruppe von Kontoinhaber umfasst. Bei der Außenprüfung kann diese Gruppe jeden Kontoinhaber mit Kapitalerträgen im Inland einschließen, ist aber aufgrund des oft stichprobenartig durchgeführten Zugriffs nahezu unbestimmbar. Bei der CRS-Meldung hingegen ist die von der Datenpreisgabe betroffene Gruppe lediglich abgrenzbar durch das Merkmal des ausländischen steuerlichen Wohnsitzes.74 Dies kann insbesondere bei Banken und Versicherungen mit internationalem Geschäft den überwiegenden Kundenstamm ausmachen. Im selben Zug wird der Sensibilitätsgrad der preisgegebenen Daten weitreichend erhöht. So waren zwar im Rahmen des Auskunftsersuchens nach § 93 AO bereits Kontenbewegungen und Stände zu erfragen, dies unterlag jedoch einer Anlassbezogenheit und im Einzelfall durchzuführende Verhältnismäßigkeitsprüfung, welcher es bei der Meldung nach dem FKAustG nicht mehr bedarf. Im Vergleich durften beim automatisierten Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m § 93b AO ausschließlich Kontenstammdaten abgerufen werden, nicht jedoch Kontenstände und Bewegungen. Ob die Ausweitung dieser Möglichkeiten der Datenpreisgabe unter gleichzeitiger Herabsetzung des Schutzniveaus der Kontoinhaber noch verfassungsrechtlich zulässig ist, wird in Teil 5 untersucht.

III. Vermehrte Einbeziehung der Finanzdienstleistungsbranche Neben und aufgrund der vermehrten Automatisierung intensivieren sich die Mitwirkungspflichten der Finanzinstitute.75 Währenddessen bereits einzelne Auskunftsersuchen ein hohes Ausmaß an Kooperation und damit verbundenem Ressourceneinsatz mit sich bringen können, sind sie dennoch auf das konkrete Er-

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Siehe „wider approach“ auch in Deutschland umgesetzt nach § 6 Abs. 1 FKAustG i. V. m. Rn. 10, 215 BMF-Schreiben, siehe im Rahmen der Grundrechtsanalyse Teil 5 B. IV. 3. c). 75 Siehe auch die Übersicht bei Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 30 ff.; Dahm / ​Hamacher, Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2001, S. 32 ff., 115 ff. Zu den verfassungsrechtlichen Folgen eines „additiven Grundrechtseingriffs“ bei der Finanzindustrie Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (e).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

suchen im Einzelfall beschränkt.76 Beim Kontenabruf hingegen ist eine eigene Datenbank anzulegen, welche auf den ursprünglich für Geldwäschezwecke vorgesehenen Vorgaben gem. § 24c KWG basiert. Diese Datei ist ständig zu aktualisieren, von den restlichen Datenbanken des Instituts zu trennen und nach spezifischen technischen und inhaltlichen Anforderungen anzulegen. Bei der Außenprüfung hat sodann das Institut sehr weitreichende Mitwirkungspflichten, insbesondere beim digitalen Datenzugriff nach den GoBD-Grundsätzen ist den Finanzbehörden Zugang zu Datenbanken und Systemen zu gewähren. Angemerkt sei hier jedoch nochmals, dass diese Mitwirkungspflichten primär auf der Kapitalertragsteueraußenprüfung als solcher fußen und die Kontendatenpreisgabe nur einen Teil des gesamten Prüfungsvorgangs darstellt. Den weitaus umfassenderen und zeitlich nicht determinierten Aufwand haben die Institute jedoch bei der Meldung nach dem FATCA- und CRS-Regime. Hier handelt es sich nicht bloß um die passive Gewährung eines Datenzugriffs und die damit verbundene Kooperation in Form von Vorbereitungshandlungen oder die inhaltlich sehr beschränkte Auskunftserteilung zu einer bestimmten Person beziehungsweise Personengruppe. Vielmehr müssen die Institute unter Einsatz erheblicher technischer und personeller Ressourcen und nach detailliert gesetzlich geregelten Vorgaben eine jährliche Meldung selbst aktiv erbringen. Für eine fehlerhafte Meldung haften sie zudem nach § 28 FKAustG.77 Eine solche Mitwirkung überschreitet den Umfang aller bereits zuvor existierender steuerlicher Mitwirkungspflichten von Finanzinstituten. Selbst die Meldung nach der Zinsrichtlinie umfasste nur einen Bruchteil des Aufwands, der nunmehr aufgrund Identifizierung, Klassifizierung und gegebenenfalls Meldung aller Kontoinhaber entsteht. Zuletzt wurde mit der Meldung von vermittelten Drittlandsgeschäftsbeziehungen nach § 138b AO eine weitere aktive Pflicht für die Finanzinstitute geschaffen, den Finanzbehörden und der Steuerfahndung als verlängerter Arm beiseitezustehen.78 Mit den aktuellen Entwicklungen auf Ebene der OECD und hiernach auch durch die erneuten Erweiterung der Amtshilferichtlinie 2011/16/EU79 auf Ebene der Europäischen Union sind in Zukunft Steuergestaltungsmodelle von Finanzinstituten, als. sog. Intermediäre, unter bestimmten Voraussetzungen zu melden.80 Bei dieser zukünftigen Meldeverpflichtung werden Kontendaten und weitere sensible Informationen Steuerpflichtiger preisgegeben, die ggf. einen Einfluss auf die Einleitung von Ermittlungsverfahren der Finanzund Steuerfahndungsbehörden nach sich ziehen.

76 Zum Umfang der organisatorischen Maßnahmen im Rahmen eines Auskunftsersuchen Oellerich, INF 2003, 63 (64 ff.). 77 Hierzu vertiefend Küpper / ​v.Schweinitz / ​Schurowski, DStR 2016, 512 ff. 78 Zur Meldung nach § 138b AO Schurowski, ISR 2018, 417 (420 ff.). 79 Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/ EWG. 80 Schurowski, FR 2018, 245 ff.; dies., ISR 2018 169 ff.

C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik

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Die Entwicklung der Rolle der Finanzinstitute bei der Kontendatenpreisgabe für steuerliche Zwecke reicht daher von einem zunächst nur reaktiven einzelfallbezogenen Charakter hin zu einer aktiven, systematischen, periodischen und bußgeldsanktionierten eigenen Rolle. Dieser Zuwachs an Pflichten und Rechten im Rahmen der Meldung nach dem FKAustG ist nachfolgend auf die Privatisierungsthematik hin zu untersuchen.

C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik Die vom Anwendungsbereich des FKAustG umfassten Finanzinstitute sind Privatrechtssubjekte, welche zu umfangreichen Identifizierungs-, Klassifizierungsund Dokumentationspflichten sowie zur Übermittlung der gewonnenen Finanzkontendaten gesetzlich verpflichtet werden, damit staatlich verfolgte Ziele, insbesondere die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, erreicht werden. Es ist demgemäß der Frage nachzugehen, wie die Wahrnehmung dieser Pflichten durch Private einzuordnen ist.81 Der Staat bedient sich zur Erfüllung seiner Aufgaben oft privater Dritter, auch im Bereich des Steuerrechts. Insbesondere die Durchsetzung von Steueransprüchen ggü. dem Steuerschuldner, wie beispielsweise im Falle der Versicherungssteuer82 oder der Lohnsteuer83, ist hier zu nennen. Dennoch hat sich zunächst keine spezielle steuerverwaltungsrechtliche Systematik hierzu herausgebildet. Dem Privaten wird im Bereich des Steuerrechts zumeist entweder eine Beliehenenstellung zugemessen oder seine Pflichtenübernahme wird als „Indienstnahme Privater“ klassifiziert. Letztere ist nach überwiegender Ansicht als Akt funktionaler Privatisierung zu sehen.84 Grundsätzlich bleibt hierbei jedoch der spezielle und bereichsspezifische Einzelfall zu untersuchen. Es ist daher anhand der spezifischen Ausgestaltung der Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG zu prüfen, ob hier Finanzinstitute als „Beliehene“ eingeordnet werden können und damit als Verwaltungsbehörden im funktionalen Sinn gelten (Teil 4 C. I.) oder ob die Pflichtenübernahme vielmehr als „Indienstnahme Privater“ für öffentliche Zwecke zu qualifizieren ist (Teil 4 C. II.). 81

Allgemein Krebs, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. III, § 69 Rn. 10. Vgl. § 7 Abs. 2 Versicherungsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.01.1996 (BGBl. I S. 22), das zuletzt durch Artikel 25 des Gesetzes vom 20.11.2015 (BGBl. I S. 2029) geändert worden ist. 83 Vgl. § 39b EStG sowie hierzu BFHE 77, 408; BVerfGE, Beschluss v. 18.12.12963 – BvR 514/63, DB 1964, 204 f.; BVerfGE 25, 101 (105 ff.); FG Hamburg, Beschluss v. 17.12.1975 – III 111/75, EFG 1976, 134. 84 Indienstnahme Privater ist nach Burgi und Ibler eine Form der funktionalen Privatisierung: Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, Tübingen 1999, S. 82 ff., 115 f.; Ibler, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 86 Rn. 120. Drüen schließt sich dieser Einordnung an und grenzt insbesondere die Selbstregulierung hiervon ab, die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 168 ff.; a. A. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 83, welcher die Inpflichtnahme als materielle Privatisierung einordnet und damit die Gesamtverantwortung beim Indienstgenommenen sieht. 82

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Die Klärung dieser Frage besitzt nicht nur rein definitorische Reichweite. Hierdurch entscheidet sich letztlich, ob das Rechtsverhältnis betreffend die Datenerhebung und Verarbeitung zwischen Staat, Finanzinstitut und Kontoinhaber dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zuzurechnen ist, woraus folgend sich die Frage des einschlägigen Rechtswegs beantwortet.85 Damit verbunden ist ebenfalls die Frage, ob Pflichtverletzungen der Finanzinstitute gegenüber dem Kontoinhaber staatliche Haftungsansprüche auszulösen vermögen oder ob rein zivilrecht­liche Ansprüche vorliegen. Bejaht man die Qualifikation als Beliehener, unterliegt dieser zudem der staatlichen Aufsicht. Gleichzeitig könnte der Beliehene jedoch womöglich die ihm entstehenden Kosten vom Staat kompensiert bekommen oder auf Dritte abwälzen, wohingegen dem nur in Dienst genommenen Privaten zumeist keine Erstattungsansprüche zustehen.86 Letztlich ist die Einordnung auch für die später durchzuführende grundrechtliche Prüfung, im Speziellen bei der Geltendmachung von Betroffenenrechten, von Bedeutung.87

I. Beleihung Finanzinstitute könnten durch ihre umfangreichen Pflichten im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs von Finanzkonten, insbesondere durch die weitgehenden Identifizierungs- und Klassifizierungspflichten von Kontoinhabern, die Funktion eines Beliehenen einnehmen und damit ein mit Hoheitsrechten ausgestattetes Organ der mittelbaren Staatsverwaltung sein. Nachdem zunächst kurz eine allgemeine Begriffsfindung anhand der gängigen Theorienlehre zur Figur des Beliehenen vorgenommen wird (Teil 4 C I. 1.), werden die hier gewonnenen Ergebnisse auf die Stellung der Institute nach dem FKAustG übertragen und untersucht, ob die Pflichtenübertragung als Beleihungsverhältnis klassifiziert werden kann (Teil 4 C I. 2.).

85 Lämmerzahl, Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 2007, S. 182 ff. Durch eine Beleihung ist das Rechtsverhältnis des Beliehenen zum Staat als auch ggü. dem Dritten, hier dem Kontoinhaber, öffentlich-rechtlicher Natur. Bei verschiedenen Formen der funktionalen Privatisierung bleibt das Verhältnis zwischen den Parteien jedoch privatrechtlicher Natur, vgl. grundlegend m.w.N. Wolff / ​Bachof / ​Kluth / ​Stober, Verwaltungsrecht, Bd. II, 7. Aufl. 2010, § 90 Rn. 56 ff.; § 91 Rn. 50. Natürlich betrifft diese Einordnung nur Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Datenverarbeitung nach dem FKAustG und nicht die unternehmerische Tätigkeit der Finanzinstitute ggü. den Kontoinhabern als Ganzes, bspw. Kreditvergabe etc. 86 Vgl. m. w. N. Burgi, in: FS Maurer, 2001, S. 581 ff. (587 f., 592); Hey, FR 1998, 497 (500). Steiner, in: FS für Schmidt, 2006, S. 293 ff. (300 f.); a. A. Freitag, Das Beleihungsrechtsverhält­ nis, 2005, S. 205. 87 Siehe Teil 5.

C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik

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1. Begriffsfindung Mangels konkreter bundesgesetzlicher Vorgaben zur Klassifizierung als Beliehener, ist die Merkmalsbildung auf Rechtsprechung88, Literatur89 und Landes­ gesetzgebung90 zu stützen. Für ursprünglich von Otto Mayer91 geprägten Begriff des „Beliehenen“ ist bis heute keine abschließend einheitliche definitorische Lösung gefunden worden. Es prägten sich im Wesentlichen zwei Auffassungen aus. Die „Rechtsstellungstheorie“92 stellt auf eine Zuweisung hoheitlicher Kompetenzen und Eingliederung in den Verwaltungsapparat mittels formellen Gesetzes ab; die „Aufgabentheorie“93 hingegen sieht das ausschlaggebende Merkmal in der Art der übertragenden Aufgabe.94 Durch die mittlerweile vielseitigen Übertragungen staatlicher Aufgaben auf Private ist diese Theorie jedoch nicht zweckdienlich.95 Eine detaillierte Untersuchung des Theorienstreits an dieser Stelle wäre ausufernd. Um überhaupt eine dogmatische Einordnung des Informationsaustauschs von Finanzkontendaten vorzunehmen, wird hier auf die wohl heute vorherrschende „Rechtsstellungstheorie“, deren wesentliches Merkmal der Beleihung die Übertragung

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Durch verschiedene Gerichte fortgebildet, bspw. BGHZ 119, 75 ff.; BVerwGE 57, 55 ff.; zuletzt bspw. auch das BVerfG zur Übertragung von Aufgaben des Maßregelvollzuges BVerfGE 130, 76 ff. 89 Bspw. Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, Tübingen 1999, S. 100 ff.; Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, 2005, S. 30 ff.; m.w.N Wolff / ​Bachof / ​Kluth / ​Stober, Verwaltungsrecht, Bd. II, 7. Aufl. 2010, § 90 Rn. 1 ff.; Lämmerzahl, Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 2007, S. 183 ff. 90 Ausdrücklich normierte Vorgaben einer Beleihung bspw. in Schleswig-Holstein § 24 I SchlHVwG. 91 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. II, erstmals in der 1. Aufl. 1896, S. 294; später u. a. fortgeführt durch Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I, 1953, S. 533; Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, 2005, S. 21 ff. 92 M. w. N. Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959, S. 60 ff., 81 ff.; Terrahe, Die Beleihung als Rechtsinstitut der Staatsorganisation, 1961, S. 83 ff. 93 Hauptvertreter dieser Theorie ist Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 46 ff.; ders., DÖV 1970, 526 (528 f.); ders., Fragen der Beleihungsdogmatik aus österreichischer und deutscher Sicht, FS Koja, 1998, S. 603, 605. 94 A.a. „Kombinationstheorie“, vgl. m. w. N. aus Schrifttum und Rechtsprechung bei Stadler, Die Beleihung in der neueren Bundesgesetzgebung, 2002, S. 9 Fn. 62; diese weite Formulierung umfasst dann bspw. auch Beleihungen durch öffentlich-rechtlichen Vertrag; so übernommen auch von Schmidt am Busch, DÖV 2007, 533 (535). 95 So Schmidt am Busch, DÖV 2007, 533, welche den Begriff äußerst weitumfassend auslegt; heute umfassen die verschiedenen Beleihungsformen bereichsspezifisch unterschiedlichste Ausgestaltungen bspw. zur Beleihung einer Holding AG mit der Trägerschaft einer Sparkasse und der anschließenden Übertragung der Aktien auf private Investoren als wirtschaftliche Privatisierung von Sparkassen, siehe Schick / ​Helmrich, BKR 2003, 882 ff.; aktuell strittig ist auch die Beleihung im Sicherheitsgewerbe, siehe Burgi, in: FS Maurer, 2001, S. 581 (582 ff.); Klüver, Zur Beleihung des Sicherheitsgewerbes mit Aufgaben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung; speziell im Falle des Strafvollzugs, 2006; Wagner, ZRP 2000, S. 169 ff., zuletzt auch BVerfGE 130, 76.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

hoheitlicher Befugnisse auf einen Privaten ist, abgestellt.96 Durch die Betrachtung der Art der Handlungsformen des Privaten gegenüber dem Dritten wird eine klare Abgrenzung geschaffen, die durch die „Aufgabentheorie“ nicht erreicht wird. Zwischen dem Beliehenen und Dritten entsteht ein Subordinationsverhältnis, bei dem sich der Beliehene der ihm übertragenen staatlichen Handlungsformen, wie beispielsweise des Verwaltungs- oder auch des Realakts, bedienen darf. Dies grenzt den Beliehenen vom bloßen „Verwaltungshelfer“ ab.97 Letzterer wird zumeist ausschließlich für zeitlich begrenzte und unselbstständige, weisungs­ abhängige Hilfstätigkeiten ohne jedweden eigenen Hoheitsrechtsanspruch eingesetzt.98 2. Finanzinstitute als Beliehene Anhand der „Rechtsstellungstheorie“ ist nunmehr zu prüfen, ob die Auferlegung der Pflichten nach dem FKAustG einer Übertragung hoheitlicher Befugnisse gleichsteht und die Finanzinstitute damit als Beliehene handeln. a) Abgrenzung zum Verwaltungshelfer Zunächst abzugrenzen ist jedoch die Klassifizierung der Finanzinstitute als bloße Verwaltungshelfer.99 Diese Einordnung scheidet bereits durch die gesetzlich im FKAustG verankerte Komplexität der vollumfassend selbstständig auszuführenden Sorgfalts- und Meldepflichten aus, welche auf Dauer angelegt sind und ohne staatliche Einzelanweisungen erfolgen.100 96 So m. w. N. Breuer, Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 38; Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, 2005, S. 22; nur die Rechtstellungstheorie eröffnet die Möglichkeit einer Abgrenzung vom Klassifikationsbegriff der Indienstnahme, welcher später erörtert wird Teil 4 C. II. 97 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 23 Rn. 56; Frenz, Staatshaftung, 1992, S. 50; Steiner, mit dem Synonym des „technischen Erfüllungsgehilfen“, in: FS Koja, 1998, S. 603 (605); sowie ausführliche Untersuchung der Verwaltungshilfe als funktionale Privatisierung bei Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, S. 100 ff. 98 Zum Begriff des Verwaltungshelfers Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 23 Rn. 59; Wolff / ​Bachof / ​Kluth / ​Stober, Verwaltungsrecht, Bd. II, 7. Aufl. 2010, § 91 Rn. 1 ff. 99 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 23 Rn. 59; Wolff / ​Bachof / ​Kluth / ​ Stober, Verwaltungsrecht, Bd. II, 7. Aufl. 2010, § 91 Rn. 1, 24; Lämmerzahl, Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 2007, S. 191 ff. 100 So auch beim Lohnsteuerabzugsverfahren Kloubert, Rechtliche Stellung des Arbeitgebers beim Lohnsteuerabzug,1988, S. 47; Seer, Bochumer Lohnsteuertag 2004, 2005, S. 159 ff. sowie zum Steuerabzug im Rahmen des Zinsabschlagsgesetzes vom 09.11.1992 (BGB1. I 1992 S. 1853) Hey, FR 1998, 497 (500); a. A Trzaskalik, in: Kirchhof / ​Söhn, EStG, § 38 Rn. A 12 f., welcher in der Einbehaltung der Lohnsteuer einen Realakt sieht und damit den Arbeitgeber als Verwaltungshelfer einordnet.

C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik

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b) Übertragung „neuer“ Pflichten Im Rahmen des automatischen Austauschs von Informationen über Finanz­ konten zu steuerlichen Zwecken wurden den privatrechtlich ausgestalteten Finanzinstituten durch staatlichen Übertragungsakt in Form eines formellen Gesetzes, des FKAustG, zahlreiche Pflichten auferlegt. Bei den geschaffenen Regelungen im FKAustG handelt es sich um gänzlich neu geschaffene Bestimmungen basierend auf EU- und OECD-Vorgaben, deren Erfüllung die Verwaltung zuvor nicht selbst wahrnehmen musste. Der Mangel eines „Sektorwechsels“ vom öffentlichen in den privaten Bereich ist allerdings unschädlich. Neu geschaffene Regelungen können ebenso dem Grunde nach in den Aufgabenbereich der Verwaltung fallen, aber in ihrer Ausgestaltung zur Erfüllung dieser Aufgaben Private einbeziehen und eine Übertragung hoheitlicher Aufgaben vorsehen.101 c) Mittlerfunktion – zwischen staatlicher Amtsermittlungspflicht und privater Mitwirkungsobliegenheit Zu untersuchen bleibt, ob die umfangreichen Sorgfalts- und Meldepflichten nach dem FKAustG hoheitliche Befugnisse darstellen und somit im Regelfall den Finanzbehörden als Organe des Steuervollzugs obliegen würden. Grundlegend kommt der Verwaltung im Steuerverfahren nach §§ 88 Abs. 1, 85 AO die Pflicht zu, Sachverhalte von Amts wegen zu ermitteln und hiernach Steuern i. S. v. § 88 Abs. 2 AO und nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben.102 Die Finanzverwaltung bestimmt dabei Art und Umfang der Ermittlungen, wobei der Umfang sich nach den Umständen des Einzelfalls, aber auch nach den allgemeinen Erfahrungen der Behörde zu richten hat. Durch die grenzüberschreitende Rechts- und Amtshilfe im Steuerverfahren und beispielsweise das Auskunftsersuchen nach § 93 AO werden der Verwaltung unterschiedliche Werkzeuge zur Erfüllung des Amtsermittlungsgrundsatzes und zur Gewinnung von Beweisen an die Hand gegeben. Der automatische Informationsaustausch von Finanzkontendaten nach dem FKAustG ist ebenfalls ein derartiges, der Amtsermittlung und anschließenden grenzüberschreitenden Amtshilfe dienendes Werkzeug. Man könnte demgemäß zunächst darauf schließen, es handele sich bei allen Ermittlungstätigkeiten um originäre hoheitliche Befugnisse. Dies würde jedoch die umfangreichen Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen gänzlich 101

Vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 68, 74; ebenso Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 83 f. 102 Hierzu Rätke, in: Klein, AO, § 88 Rn. 1 ff.; § 85 Rn. 2 ff. Vertiefend zum Amtsermittlungsgrundsatz außerdem Englisch, Europarechtliche Einflüsse auf den Untersuchungsgrundsatz im Steuerverfahren, IStR 2009, 37 ff.; Zaumseil Umfang und Grenzen des Amtsermittlungsgrundsatzes im Besteuerungsverfahren der Finanzbehörde, StBW 10, 420 ff.

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außer Acht lassen. Die Mitwirkungspflicht von Beteiligten ergibt sich grundlegend aus § 90 AO, lässt sich jedoch als kennzeichnendes Prinzip des gesamten Besteuerungsverfahrens, speziell im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, ebenfalls in verschiedenen anderen Normen wiederfinden.103 Zu nennen ist beispielsweise die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung nach § 149 Abs. 1 AO, welche beispielsweise bei der Einkommensteuer gem. § 25 Abs. 3 EStG abzugeben ist. Diese Art der Mitwirkung bewirkt eine erheblichen Reduzierung des behördlichen Ermittlungsumfangs, da die Steuerbehörden bereits durch den Steuerschuldner selbst Kenntnis über alle steuerrelevanten Tatsachen, insbesondere zu sämtlichen Einkünften, erhalten und somit das weitergehende Verfahren maschinell durchgeführt werden kann.104 Das Ausmaß der Amtsermittlung durch die Steuerbehörden wird durch die eigene umfangreiche Mitwirkung des Steuerpflichtigen damit in der Praxis deutlich reduziert. Bei den Finanzinstituten auferlegten Verpflichtungen handelt es überwiegend um Identifikations- und Klassifizierungsvorgaben nach §§ 7, 9 ff. FKAustG, bei welchen teilweise die Erhebung neuer Daten regelmäßig direkt beim Steuerpflichtigen durchzuführen ist. In einem zweiten Schritt sind diese Daten gem. §§ 7, 8 FKAustG an das BZSt zu melden. Das Finanzinstitut steht hier als Dritter zwischen der mit hoheitlichen Befugnissen gekennzeichneten Amtsermittlungspflicht des Staats und der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen. Die Institute können dabei weder als „Informationsmitwirkender“ dem Rechtskreis des am Verfahren Beteiligten direkt zugeordnet werden noch der zur Amtsermittlung verpflichteten Steuerbehörde als „Informationsermittler“. Diese Zuordnungsproblematik lässt Spielraum für verschiedene Interpretationen.105 Nach der vorliegend vertretenden Auffassung kommt es durch die Zwischenschaltung der Institute zu einer durch Sachnähe begründeten „Mittlerfunktion“ zwischen Kontoinhaber und Steuerbehörde – jedoch ohne Übertragung hoheitlicher Befugnisse.106 Die Finanzinstitute werden nicht in einem Subordinationsverhältnis gegenüber ihren Kontoinhabern tätig, sondern stehen ihnen vielmehr bei deren Mitwirkungspflichten zur Seite. Sie gelten andererseits für die Finanzver 103

Neben dem Ermittlungsverfahren ergeben sich auch weitreichende Mitwirkungspflichten im Festsetzungsverfahren durch Steueranmeldungen, welche einer Steuerfestsetzung gleichgestellt sind, bspw. bei der Umsatzsteuer nach § 18 UStG. 104 Bereits heute werden die meisten Steuererklärungen maschinell geprüft. Bis 2022 soll ein vollmaschinelles Verfahren implementiert werden, siehe den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, insbesondere die Begründung S. 86 ff.; hierzu Seer, StuW 2015, 315 ff.; die Rechtsproblematik aufgearbeitet von Maunz, in: ders. / ​ Dürig, GG, Art. 108 Rn. 15. 105 Ebenfalls eine solche Zuordnungsmethodik wendet Hey an, im Rahmen ihrer Unter­ suchung zum Zinsabschlagsgesetz, FR 1998, 497 (500 ff.). 106 Die Finanzinstitute könnten in ihrer Ausführung der Melde- und Sorgfaltspflichten auch als „Verwaltungsmittler“ gesehen werden, der Funktionen zugunsten der Allgemeinheit wahrnimmt und zwischen Privaten und Staat steht. Zu dieser Klassifikationsfigur, Lämmerzahl, Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 2007, S. 195 f.

C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik

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waltung als eine Datensammel-, Ordnungs- und Übermittlungsstelle von als steuerlich erheblich angesehenen Kontoinformationen zum Ziel einer gleichmäßigen Besteuerung. Sie vollziehen ihre Aufgaben indes ohne hoheitliche Kompetenzen. Die Klassifizierung der Konten basiert auf umfangreichen Detailregelungen nach §§ 7, 9 ff. FKAustG, sodass die Entscheidung über die Zuordnung eines Kontos zu einer Meldekategorie in der Regel ohne Ermessen oder Entscheidungsspielraum der Institute erfolgt.107 Auch direkt gegenüber den Kontoinhabern haben die Finanzinstitute nach den Vorgaben des FKAustG keine Art von materiellen Prüfpflichten, sondern führen ausschließlich Plausibilitätskontrollen bei den durch die Betroffenen selbst getroffenen Angaben nach § 13 Abs. 2 sowie § 16 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben, Rn. 240 durch.108 Insbesondere die steuerliche Ansässigkeit ist bei Neukonten vom Kontoinhaber selbst anzugeben.109 Diese Plausibilitätskontrollen verleihen den Instituten jedoch keine oder wenn nur eine äußerst limitierte materielle Entscheidungsgewalt.110 Darüber hinaus werden 107 Ausnahmen bilden vom Gesetz nicht geregelte Sachverhalte, bspw. das Vorgehen bei Depotüberträgen. Hier orientiert sich die Praxis zumeist an der Abgeltungsteuer und den dort getroffenen Business Decisions. Siehe im vgl. ebenso die Einschätzung von Uibeleisen bei der technischen Rasterung nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F., Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 127 ff. 108 Siehe im Detail zur Durchführung der Plausibilitätskontrolle mit Beispielen den OECD-Kommentar zum Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-oftax-information/standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-taxmatters-9789264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), unter „Reasonableness of self-certifications“, S. 133 f., 143 f. Ausdrücklich im Kommentar S. 142 Nr. 13: “[…] Reporting Financial Institutions are not expected to carry out an independent legal analysis of relevant tax laws to confirm the reasonableness of a self-certification.“; siehe zur Plausibilitätskontrolle Teil 4 E. III. 3. c) (2) d) bb). Siehe außerdem die Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, 129 ff., der den Instituten bei Plausibilitätsprüfungen keine Einschätzungsprärogative zumessen will und hier auch keine, für einen Verwaltungsakt zwingende, Außenwirkung sieht; a. A. im Hinblick auf die Verdachtsanzeige Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (214); Dahm, WM 1996, 1285 (1288). 109 Vgl. zu den Identifizierungspflichten in Teil 3 B. I. 2. und 4. Eine Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit nach dem CRS ist in manchen Fällen äußert komplex und erfordert umfangreiches steuerliches und fachspezifisches Wissen, was durch die Finanzinstitute nicht aufgebracht werden muss beziehungsweise soll, vgl. hierzu vertiefend Küpper / ​v.Schweinitz, International Journal for Financial Services 2015, 119 (120). Eine materielle Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit steht auch im Widerspruch zum Berufsrecht nach § 5 Abs. 1 i. V. m. § 2 bis 3a Steuerberatungsgesetz (StBerG). Eine Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen für Finanzinstitute wie bei der Kapitalertragsteuer nach § 4 Nr. 12,12a StBerG ist im Rahmen des FKAustG nicht vorgesehen. 110 Ebenso beim Kapitalertragsteuerabzug, wo den Finanzinstituten kein rechtlicher Beurteilungsspielraum zusteht, so bestätigt im jüngsten Fall des Aktienssplits bei Google Inc, vgl. Hoffmann, DStR 2016, 1848 (1850 f.), u. a. m. V. auf den Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) v. 28.10.2010, BT-Drs. 17/3549, S. 6; a. A. Fölsing, DStR 2015, 2363 (2363 f., 2365), der den Depotbanken eine rechtliche Prüfpflicht attestieren will.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

die Kontendaten voraussichtlich leidglich als Verdachtsmeldung genutzt und sind keine direkt in die Steuerfestsetzung einfließende Bemessungsgrößen.111 Sie sind vielmehr nach Übermittlung von den ausländischen Steuerbehörden mit der im Rahmen der Mitwirkungspflichten abgegebenen Steuererklärung des Kontoinhabers im Wohnsitzland abzugleichen. In dieser weiteren Verifikationsmöglichkeit besteht der eigentliche materielle Gehalt der staatlichen Ermittlungsarbeit im Informationsaustauschverfahren.112 Aus dieser hier dargestellten „Mittlerfunktion“ ohne die Ausübung hoheitlicher Rechte, insbesondere ohne Prüf- oder Sanktionsrechte, ergibt sich mithin kein Beleihungsverhältnis. d) Keine Beleihung bei Steuerentrichtungsverpflichteten Bei der Steuerabführung durch Private beispielsweise im Rahmen der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber oder bei der Kapitalertragsteuer durch Finanzinstitute, lehnt die wohl h. M. eine Klassifikation des Steuerentrichtungsverpflich­tenden Siehe außerdem die Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 129 ff., der den Instituten bei Plausibilitätsprüfungen keine Einschätzungsprärogative zumessen will und hier auch keine, für eine Verwaltungsakt zwingende, Außenwirkung sieht; a. A. im Hinblick auf die Verdachtsanzeige Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (214); Dahm, WM 1996, 1285 (1288). 111 Es ist nicht abschließend klar, wie die erhobenen Daten im In- und Ausland nach Übermittlung für die Besteuerungszwecke genutzt werden und insbesondere welche Beweisregeln für diese gelten. Für die an Deutschland übermittelten Daten ist nach § 5 Abs. 3 und 4 FKAustG generisch bestimmt, dass diese „zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach Maßgabe des § 88 Absatz 3 und 4 Abgabenordnung“ dienen. Sicherlich werden die Kontendaten primär zur Verifikation der vom Kontoinhaber deklarierten Angaben in Bezug auf Kapitalerträge genutzt werden. Die rechtliche Qualität im Hinblick auf die Beweiswürdigung und insbesondere das Beweismaß ist jedoch unklar. Es ist davon auszugehen, dass die Informationen lediglich als „Verdachtsmeldungen“ übermittelt werden und nicht per se eine Rechtsfolge nach sich ziehen, sondern der Kontoinhaber bei Unschlüssigkeit generell die Möglichkeit zur Aufklärung hat. Andererseits ist auch möglich, dass die Daten vollmaschinell abgeglichen werden und bei Inkonsistenzen automatisch eine Steuernachforderung ergeht und es somit zu einer tatsächlichen Bindungswirkung kommt. Bei Steuerstrafverfahren ist davon auszugehen, dass eine Amtsermittlung im Einzelfall durchgeführt wird. Die weitergehende Verarbeitung der Daten im Hinblick auf das konkrete Steuerverfahren im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen wird weder völkerrechtlich noch europarechtlich vorgegeben, sondern liegt als Bereich der direkten Steuern in der Hoheitssphäre der Staaten. 112 Es ist weiterhin nicht abschließend klar, in welchem Ausmaß die Kontendaten ausländischer Steuerpflichtiger vom BZSt vor Übermittlung an das Ausland tatsächlich ausgewertet werden. Hierzu veröffentlichte Gesetze oder Verwaltungsanweisungen fehlen. Es wird angenommen, dass das BZSt eine rein formelle Prüfung hinsichtlich offensichtlicher Unrichtigkeiten des Datenfiles vornimmt und somit nur als „technische Weiterleitungsstelle“ fungiert, denn für den deutschen Steuerstaat sind grundsätzlich erst die nach § 5 Abs. 3 FKAustG reziprok empfangenen Daten von in Deutschland steuerlich Ansässigen von Nutzen (Welteinkommensprinzip). Die bei deutschen Finanzinstituten erhobenen Daten können im Generellen auch zur Verifizierung deutscher Steueransprüche nach § 5 Abs. 4 FKAustG genutzt werden (insbesondere bei deutschen Quellensteuern), dienen aber primär der Übermittlung an das Ausland.

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als Beliehenen ab.113 Die im Steuerrecht gebildete Einordnung der Indienstnahme Privater bei der Abführung von Steuern für den Steuerschuldner durch einen Dritten kann allerdings nicht auf die Thematik des automatischen Informationsaustauschs ohne Weiteres übertragen werden. § 8 FKAustG begründet ausschließlich die Pflicht zu Informationsmeldungen. An keiner Stelle in den nationalen, europäischen oder völkerrechtlichen Regelungen werden Obliegenheiten zum Einbehalt von Quellensteuern und beispielsweise dessen Abführung an ausländische Staaten vorgesehen.114 Wenn bereits für Finanzinstitute mit Steuerentrichtungspflichten nach h. M. die Qualität eines Beliehenen abgelehnt wird, hat dies erst recht für die vom Intensivitätsgrad deutlich schwächere Pflichtenübernahme im Rahmen einer reinen Informationsmeldung zu gelten.115 e) Hoheitliche Befugnisse durch Zielsetzung In Anlehnung an das durch den automatischen Informationsaustausch von Finanzkonteninformationen angestrebte Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung mittels Offshore-Konten könnte sich eine Beliehenenstellung auch aus dieser Zielsetzung ergeben. Finanzinstitute könnten als eine Art „präventive Steuerfahn­ dungsinstanz“116 gesehen werden.117 Auch diese These muss jedoch verneint wer 113

Bzgl. des Zinsabschlagsgesetzes Hey, FR 1998, 497 (500 ff.) oder im Falle von Arbeitgebern und des von ihnen vorgenommenen Lohnsteuerabzugs sowie der früheren Kindergeldauszahlung durch den Arbeitgeber, BMF, Stellungnahme in BVerfG v. 23.11,1976 – 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108 (114), im Anschluss an BVerfG v.14.12.1965 – 1 BvL 31, 32/62, BVerfGE 19, 226 (240); vgl. hierzu auch der damalige Senatsvorsitzende Drenseck, StuW 2000, 452 (456); Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (145 ff.); Balmes, DStR 1997, 1309 ff. (1311 ff.); Depenhauer, BB 1996, 1218 ff.; Lang, RdA 1999, 64 (67 f.); Kanzler, FR 1996, 473 ff.; ders., in: DStJG 24 (2001), S. 417 (447 ff.), der bereits Zweifel am geeigneten Mittel hat und Kloubert, Die rechtliche Stellung des Arbeitgebers beim Lohnsteuerabzug, 1988, S. 47, der den Arbeitgeber als Verwaltungshelfer mit Elementen des Beliehenen sieht, Schick, Grundfragen des Lohnsteuerverfahrens, 1983, S. 47 f. Jedoch a. A. im Bereich des Lohnsteuerabzugs Winter, der Arbeitgeber im Lohnsteuerrecht, 1998, S, 87 f.; sowie zur Quellensteuerabführung Dahm, WM 1996, 1285 (1287) und zu Freistellungsaufträgen Geurts, DB 1997, 1997 (1999), mit Hinweis zur gesetzlichen Gleichstellung von Steueranmeldung und Vorbehaltsfestsetzung nach § 168 AO und diese als beliehenen Tätigkeiten einordnend; ähnlich Trzaskalik, StuW 1993, 371 (375). 114 Ein solches Steuerabführungsmodell als „30 %ige Strafsteuer“ findet sich jedoch unter FATCA, siehe Teil 2 B. I. 115 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 127 f. Vgl. zum Pflichteninhalt der Indienstnahme nach dem FKAustG in Intensivitätsstufen unter Teil  4 C. II. 2. a). 116 So betitelt durch Hey, FR 1998, 497 (501). 117 Vgl. Musil, DÖV 2006, 505 (506 f.), der auf frühere problematische Konstellationen zur Kontrolle von Kapitaleinkünften verweist. Hier können die umfangreich diskutierten „CumEx-Geschäfte“ als Beispiel dienen, vgl. Spengel / ​Eigruber, DStR 2015, 785 ff.; Seer / ​Krumm, DStR 2013, 1757 ff.; dies., DStR 2013, 1814 ff.; Podewils, Wistra 2015, 257 ff.; Weidemann, BB 2014, 2135 ff.; Derlien / ​Kern, BB 2013, 1943 ff.; Müller, StB 2015, S. 352 ff. basierend

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den. Den Finanzinstituten kommt kein materiell-rechtliches Prüfrecht, etwa in Bezug auf die steuerliche Ansässigkeit des Kontoinhabers, zu.118 Diese Beschränkung ist bereits aus berufsrechtlichen Gründen geboten, widerspricht aber auch den praktischen Möglichkeiten der Steuerabteilungen von Instituten.119 Die reine Plausibilitätsprüfung der Daten des Kontoinhabers reicht in ihrer Qualität bei weitem nicht aus, um als eine Art Steuermissbrauchsaufklärung zu fungieren.120 Vielmehr müssen sich die Institute auf die vom Kontoinhaber gemachten Angaben verlassen und ausschließlich bei offensichtlichen Unrichtigkeiten handeln.121 Auch weitere Rechte, insbesondere darüber hinausgehende Ermittlungsbefugnisse oder Zwangsmittel zur Durchsetzung der Regelungen, sind nicht vorgesehen. f) Keine Vorteilsgewährung Zudem kommt es zu keinerlei Vorteilszusage, Privileg oder anderweitigen Vorzugsstellung für beziehungsweise durch die Übernahme der umfangreichen Sorgfalts- und Meldepflichten nach dem FKAustG.122 Diese Pflichten begründen auf den Entscheidungen: BFH, 16.04.2014 – I R 2/12, BB 2014, 2720 sowie in Vorinstanz FG Hamburg, 24.11.2011 – 6 K 22/10, EFG 2012, 351. 118 Eine Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit nach dem CRS ist in manchen Fällen äußert komplex und erfordert umfangreiches steuerliches und fachspezifisches Wissen, was durch die Finanzinstitute nicht aufgebracht werden muss beziehungsweise soll, vgl. hierzu vertiefend Küpper / ​v.Schweinitz, International Journal for Financial Services 2015, 119 (120). 119 Steuerberatung ist gem. § 5 Abs. 1 i. V. m. § 2 bis 3a Steuerberatungsgesetz (StBerG) nur bei gesetzlicher Befugnis erlaubt. Für die Finanzindustrie beschränkt sich dies auf die Befugnis zur beschränkten Hilfeleistung im Rahmen der Kapitalertragsteuer nach § 4 Nr. 12, 12a StBerG. 120 Generell zu den Anforderungen des Plausibilitätstests BMF-Schreiben, Rn. 240. Siehe außerdem die Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, 129 ff., der den Instituten bei Plausibilitätsprüfungen keine Einschätzungsprärogative zumessen will und hier auch keine, für einen Verwaltungsakt zwingende, Außenwirkung sieht; a. A. im Hinblick auf die Verdachtsanzeige Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (214); Dahm, WM 1996, 1285 (1288). 121 Siehe im Detail zur Durchführung der Plausibilitätskontrolle mit Beispielen den OECD-Kommentar zum Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-oftax-​information/standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-taxmatters-9789264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), unter „Reasonableness of self-certifications“, S. 133 f., 143 f. Ausdrücklich im CRS-Kommentar S. 142 Nr. 13: „[…] Reporting Financial Institutions are not expected to carry out an independent legal analysis of relevant tax laws to confirm the reasonableness of a self-certification.“; siehe zur Plausibilitätskontrolle Teil 4 E. III. 3. c) (2) d) bb). 122 Frühe Definitionsversuche setzten ein solches Privileg voraus, so Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I, 1953, S. 533 ff., welches heute aber nicht mehr als zwingend angesehen ist, vgl. Dagtoglou, DöV 1970, 532, (535). Nichtsdestotrotz wird mit der Pflichtenübernahme eine Erweiterung der Machtposition durch Erlangung öffentlich-rechtlicher Kompetenzen gesehen: Hey, FR 1998, 497 (500); Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1985, S. 224 f.; Terrahe, Die Beleihung als Rechtsinstitut der Staatsorganisation, 1961, S. 83 ff.;

C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik

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keine Machterweiterung der Institute als solcher. Vielmehr handelt es sich um den Instituten aufgebürdete Pflichten, welche, ohne jegliche staatliche Entschädigung, umfangreiche Ressourcen beanspruchen. Da den Instituten keinerlei materiell-rechtliche Prüfrechte zukommen, sondern von ihnen eine Art umfangreiche „Datensammel-, Klassifizierungs- und Meldefunktion“ gefordert ist, fehlt es an einer tatsächlichen Erweiterung der Machtposition gegenüber den Kontoinhabern. Dies gilt ebenfalls vor dem Hintergrund, dass die Erhebung und Datenverarbeitung zweckgebunden ist und nach § 3 Abs. 2 FKAustG nicht über das Erforderliche hinausgehen darf. Somit wird den Finanzinstituten kein geschäftlicher Vorteil bei der Verwertung dieser Daten verschafft.123 Auch wenn es einer Privilegierung oder Vorzugsstellung zur Qualifizierung als Beliehener nach h. M. nicht mehr bedarf, würde diese hier ohnehin nicht greifen.124 g) Legalausnahmen von Mitteilungs- und Amtshilfepflichten bei Finanzinstituten Auch § 111 Abs. 3 AO sowie § 93a Abs. 2 AO können als Anhaltspunkte gegen eine Qualifizierung als Beliehener angeführt werden.125 Behörden sind generell zu Mitteilung und Amtshilfe gegenüber anderen Behörden zum Zwecke der Sicherung und Durchführung der Besteuerung verpflichtet. Umfasst von dieser Pflicht ist ebenfalls die mittelbare Staatsverwaltung in Form von beliehenen Unternehmern, welche öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeiten ausüben.126 Beide Regelungen nehmen Kreditinstitute als auch Versicherungsunternehmen von den Mitteilungs- und Rechts- und Amtshilfeverpflichtungen jedoch ausdrücklich aus.127 Grund hierfür ist zum einen, dass kein Boden für Wettbewerbsverzerrungen gesät werden soll.128 Überdies soll das Kundenverhältnis der Institute nicht gestört werden.129 Würden Finanzinstitute durch die Verpflichtungen des FKAustG als Beliehene im Steuerverwaltungsverfahren fungieren, könnten solche generellen Mitteilungs- und Amtshilfepflichten gegenüber anderen Behörden ebenfalls begründet sein – zumindest soweit diese im Zusammenhang mit der Meldung von Kloubert, Die rechtliche Stellung des Arbeitgebers beim Lohnsteuerabzug, 1988, S. 47; Schick, Grundfragen des Lohnsteuerverfahrens, 1983, S. 12 f.; neuere Literatur, die den Begriff des Beliehenen weit umfasst und auch schlicht-hoheitliches Handeln als Beleihungsform sieht, adressiert das Merkmal der Vorzugsstellung streichen nicht mehr, so bspw. m. w. N. Schmidt am Busch, DÖV 2007, 533 (535). 123 Siehe ausführlicher zur Fremdnützigkeit Teil 4 C. II. 2. e). 124 Dagtoglou, DöV 1970, 532, (535). 125 Vertiefend allgemein zu den Vorschriften Rätke, in: Klein, AO, § 111 Rn. 1 ff. sowie § 93a Rn. 1 ff. 126 Vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 7/910, S. 33; sowie Rätke, in: Klein, AO, § 111 Rn. 6 und § 93a Rn. 7. 127 Rätke, in: Klein, AO, § 111 Rn. 15; Wünsch, in: König AO, § 93a Rn. 8. 128 Ebd. 129 Schwarz, in: Pahlke / ​ders., AO § 93a Rn. 10.

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Finanzkonteninformationen stehen. Hierdurch könnten über die nach amtlich vorgeschriebenem Meldesatz zu übermittelnden Daten hinausgehende Offenlegungs­ pflichten von Kundendaten begründet werden. Eine derartig weitreichende Mitwirkung und Amtshilfe der privaten Finanzdienstleistungsbranche ist durch die Legalausnahme in § 111 Abs. 3 AO sowie der später eingeführten gleichlautenden Legalausnahme in § 93a Abs. 2 AO allerdings ausdrücklich nicht gewollt und auch aus dem FKAustG selbst nicht herauszulesen. Der Gesetzgeber hat durch beide Ausnahmeregelungen eine Grundentscheidung zur Grenze der Mithilfe von Finanzdienstleistern im Steuerverwaltungsverfahren getroffen, welche auch im Rahmen des FKAustG nicht überschritten wird. h) Wortlautauslegung Letztlich folgt bereits bei reiner Wortlautauslegung, dass die gesetzlich geforderten Aufgaben als „Melde- und Sorgfaltspflichten“ ausgestaltet wurden, die „von den Finanzinstituten zu beachten sind, damit das Bundeszentralamt für Steuern die Daten im Sinne des § 2 im Wege des automatischen Informationsaustauschs an die jeweils zuständige Behörde des anderen Staates im Sinne des § 1 Absatz 1 übermitteln kann.“130. Erst in einem zweiten Schritt kommt es demzufolge zu tatsächlichem hoheitlichem Handeln – unmittelbar durch eine Bundesbörde und nicht durch die privatrechtlich ausgestaltete Finanzdienstleistungsbranche. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes. Zwar heißt es hier, dass „den durch dieses Gesetz verpflichteten Finanzinstituten ausdrücklich die Verpflichtung auferlegt und damit das Recht eingeräumt [wird], die entsprechenden Daten und Informationen zu erheben, zu speichern und zu verarbeiten […]“131, die Einräumung eines „Rechts“ kann allerdings nicht mit der ausdrücklichen Übertragung hoheitlicher Befugnisse gleichgesetzt werden. Vielmehr ergibt sich hier das Recht direkt aus der im Vordergrund stehenden Pflicht. Aus der Gestaltung des Gesetzes selbst wird daher deutlich, dass der Gesetzgeber letztlich die Validierung, Auswertung und Übertragung der Daten an andere Jurisdiktionen als verbleibende Aufgabe für die hoheitlicher Hand beansprucht.132 Die Finanzdienstleistungsbranche wird hierbei 130

Vgl. § 7 FKAustG. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 18/6667 v. 11.11.2015, S. 21. 132 Grund hierfür sind insbesondere datenschutzrechtliche Vorgaben. Dies ergibt sich aus der Urkonzeption des Parallelregimes FATCA und dem damit verbundenen „Joint Statement“, was sich gegen die direkte Weiterleitung der Daten von Finanzdienstleistern an ausländische Steuerbehörden wendet, siehe Teil 2 B. I. und „Joint Statement from the United States, France, Germany, Italy, Spain and he United Kingdom regarding an Intergovernmental Approach to improving international Tax Compliance and Implementing FATCA“, siehe https://www. treasury.gov/resource-center/tax-policy/treaties/Documents/FATCA-Joint-Statement-US-FrGer-It-Sp-UK-02-07-2012.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2014); sowie die Presseerklärung des US Teasury, vom 08.02.2012, https://www.treasury.gov/press-center/press-releases/Pages/ tg1412.aspx (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). 131

C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik

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lediglich als „Mittler“ zum Kontoinhaber genutzt, um ein „Dateneinsammel- und Erstdatenordnungsverfahren“ durchzuführen, ohne jedoch hierfür von einer eigenen Möglichkeit des hoheitlichen Handelns zu partizipieren. i) Zwischenergebnis Es ist eine weite und moderne Definition des Beliehenen anzulegen, die bereits das schlicht-hoheitliche Handeln ohne jegliche Rechtsfolgenfestsetzung als Übertragung hoheitlicher Befugnisse sieht.133 Auch bei dieser ausgedehnten Begriffsumreißung ist indes auch hier anzunehmen, dass Identifikations- und Klassifizierungsaufgaben sowie die Meldeverpflichtungen von Kontoinhabern mit ausländischem Wohnsitz bereits die niedrige Schwelle des schlichten Verwaltungshandelns unterschreitet.134 Grund hierfür ist, dass auch hier ein Mindestmaß an hoheitlicher Ausgestaltung notwendig ist.135 Durch die Zuordnung als „Mittler“ zwischen Steuerpflichtigen und Behörde sowie als den Kontoinhaber „unterstützender Dritter“ mangelt es insoweit an einer organisatorisch-hoheitlichen Rechtsstellung der Institute.136 Insofern sind, auch unter Auslegung des normativen Umfelds FKAustG, die Institute bei der Übertragung der Aufgaben auf ihre private Rechtsmacht beschränkt und sollen nicht zu hoheitlichem Tätigwerden – auch ungeachtet der hoheitlichen Handlungsformen – ermächtigt sein. Die Rechtsstellung der Finanzinstitute im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs von Finanzkonten ist somit nicht als Beleihung zu qualifizieren.137

133 So bspw. h. M., vgl. nur Voßkuhle, VVDStRL 62 (2002), S. 266 (303); Stadler, Die Beleihung in der neueren Bundesgesetzgebung, 2002, S. 12 m. w. N. in Fn. 75; ein solches breites Verständnis erschwert jedoch die Abgrenzung zur Verwaltungshilfe und Indienstnahme beträchtlich, so auch anmerkend Steiner, in: FS Koja, 1998, S. 603 (605) und Schmidt am Busch, DÖV 2007, 533 (535). 134 Zum schlichten-hoheitlichen Handeln in Abgrenzung zu anderen Handlungsformen sowie zur Unterscheidung von schlichtem hoheitlichen Handeln und schlichten Verwaltungshandeln, Schmitz, in: Stelkens / ​Bonk / ​Sachs / ​Schmitz VwVfG § 1 Rn.  144 ff., 148. 135 Zum Mindestmaß an hoheitlichem Momentum Hill, DVBl 1989, 321 ff.; Wolff / ​Bachof / ​ Kluth / ​Stober, Verwaltungsrecht, Bd. I, 7. Aufl. 2011, § 4 Rn. 19. Zur Untersuchung der Indienstnahme von Kreditinstituten zum Kontenresearch nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. als schlicht-hoheitliches Tätigwerden ausführlich m. w. N. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 133 ff. 136 Ebd. 137 A. A. Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (214), welche die geldwäscherechtlichen Pflichten von Finanzinstituten als Beleihung ansehen und darauffolgend einen Kostenersatzanspruch ableiten.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

II. Indienstnahme Privater Die „Mittlerstellung“ der Finanzinstitute kann sich als „Indienstnahme Privater“ rechtsdogmatisch einordnen lassen. Hierfür ist zunächst generell auf die Begriffsfindung der Indienstnahme Privater einzugehen (Teil 4 C. II. 1.) um hiernach bereichsspezifisch die Stellung der Finanzinstitute nach dem FKAustG anhand der von Drüen entwickelten Klassifikationsmerkmale abzubilden (Teil 4 C. II. 2.).138 1. Begriffsfindung Der 1950 erstmals durch Hans Peter Ipsen geprägte Begriff der „Indienstnahme Privater“139 basierte zunächst auf den Realproblemen, die das Ende des zweiten Weltkriegs mit sich brachten und einer juristischen Aufarbeitung bedurften.140 Er stützte seine Ausführungen auf das noch junge Grundgesetz. Den Bedarf dieser neuen Rechtsfigur sah Ipsen in der weitreichenden Pflichtenübernahme von Finanzinstituten im Zuge der Währungsreform durch das „Erste Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens“ vom 18. Juni 1948.141 Er wollte mit der Einführung dieser Rechtsfigur vordergründig die Frage einer Kostenerstattung der Privaten durch den Staat für die Erfüllung der Verwaltungsaufgaben lösen, hielt dabei aber die Merkmalsbildung des Begriffs selbst unbestimmt.142 Einziges von Ipsen gebildetes Negativkriterium ist, dass es bei der gesetzlichen Indienstnahme keines konkretisierenden Verwaltungsakts zur Verpflichtung Einzelner bedarf.143 Die zu übertragenden öffentlichen Pflichten ergeben sich vielmehr aus dem gesetzlichen Tatbestand selbst. Der Begriff blieb mangels Auffindung weiterer gemeinsamer Kriterien weitestgehend unbestimmt. Dennoch könnte man die Schaffung eines neuen – wenn auch inhomogenen – Rechtsinstituts durch Ipsen postulieren, auch wenn es sich bei diesem, so Forsthoff, um einen Rechtsvorgang sui generis handelt, 138

Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 95 ff. Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 ff.; eine ausführliche Untersuchung zur Entstehung und Entwicklung dieses Rechtsphänomens mit Bezug zu verschiedensten Verwaltungszweigen und im Schwerpunkt dem Steuervollzug sowie m. w. N. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012. Außerdem der Befund zur Literatur und Rechtsprechung bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 41 ff. 140 Wohingegen Ipsen auch Beispiele aus der Vorkriegszeit unter Geltung der Weimarer Reichsverfassung nennt, bspw. das Reichsleistungsgesetz, Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (143 f.). 141 Ebd., S. 141 (147 f.); sowie zum Ursprung des Rechtsbegriffs ausführlich Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 11 ff.; Ferger, Ausgleichsansprüche bei der Indienstnahme Privater für Verwaltungsaufgaben, 1979, S. 3 ff.; Riepen, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1967, 41 ff. 142 Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (153–158); ders., ZKredW 1950, S. 149 (150 f.). 143 Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (143–145); später andere Ansicht von Kirchhof, DVBl 1984, 657 (659 f.), welcher auch eine vertragliche Indienstnahme für möglich hält. 139

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der einer Interpretation je nach den besonderen Einzelbedingungen bedarf.144 Steiner hingegen legt den Begriff des Beliehenen in Anlehnung an die Aufgabentheorie weit aus und sieht die Indienstnahme Privater als Untergruppierung dieser „Beleihung im weiten Sinne“.145 Diese Ansicht hat sich allerdings nicht durchgesetzt.146 Burgi zeigt beispielsweise auf, dass die Indienstnahme zwar gewisse Gemeinsamkeiten mit der Beleihung hat, allerdings vielmehr eher unter seine weite Begriffsauslegung der Verwaltungshilfe unterzuordnen wäre; er hält die Indienstnahme als eine eigenständige Rechtsfigur infolgedessen für überflüssig.147 Der Begriff der „Indienstnahme Privater“ wurde in den folgenden Jahren auf eine Vielzahl von bereichsspezifischen Regelungen148 angewandt, von zahlreichen Autoren verwendet149 und auch durch die Rechtsprechung150 wiederholt anerkannt. Erst 2012 wurde jedoch durch die detaillierte Untersuchung und Begriffsexplikation Drüens eine trennscharfe Beschreibung gefunden: „Bei der Indienstnahme Privater wird einem „nicht-staatlichen Subjekt“ ohne dessen Willen einseitig durch 144 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, 1973, S. 180 und dessen Rezeption untersuchend Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 29 ff. 145 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 196 ff.; kritisch Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, Tübingen 1999, S. 84. 146 So auch Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, Tübingen 1999, S. 84. 147 Burgi, in Erichsen / ​Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2010, § 19 Rn. 8. 148 Zu den verschiedenen Erscheinungsformen der Indienstnahme, bspw. im Energierecht, im Überblick Wolff / ​Bachof / ​Kluth / ​Stober, Verwaltungsrecht, Bd. II, 7. Aufl. 2010, § 91 Rn. 52 f.; Breuer, Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41 sowie Ruttloff, NVwZ 2015, 1086; Wolfers / ​Wollenschläger, N&R 2013, 251 (253 ff.); Hofmann, EnWZ 2014, 51 ff.; de Wyl / ​Weise, IR 2013, 89 ff.; Beckmann, I+E 2013, 240 ff.; Britz / ​Müller, RdE 2003, 163 ff. (insbes. 169); Sailer / ​Kantenwein, in: Reshöft / ​Schäfermeier, Einl. EEG, Rn. 167; Ringel, Die wirtschaftliche Zumutbarkeit im Energierecht, 2011, S. 52 f.; Glaser, DVBl 2012, 1283 (1286 f.); Reiss / ​Haller / ​ Schilling, NVwZ 2012, 592 (594 ff.). Im Bereich der Telekommunikationsindustrie bspw. Kube  / ​ Schütze, CR 2003 663 (665 ff.); Strauß, Verfassungsfragen der Kostenabwälzung bei staatlichen Indienstnahmen Privater Unternehmen, 2009; Greenwalt, Die Indienstnahme privater Netzbetreiber bei der Telekommunikationsüberwachung in Deutschland, 2009; v. Hammerstein, MMR 2004, 222 ff.; Kelsczewski, in: FS Fezer, 2008, S. 19 (29 ff.). 149 Die Vielzahl der Rezeptionen bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 28 Fn. 129, welcher auf eine Auswahl von Autoren näher eingeht S. 29 ff.; der Begriff seinen Platz in den Lehrbuchmaterialien gefunden, auch wenn er dort noch als nicht abschließend dogmatisch ausgelotet bezeichnet wird, siehe bspw. Wolff / ​ Bachof / ​Kluth / ​Stober, Verwaltungsrecht, Bd. II, 7. Aufl. 2010, § 91 Rn. 48. Zur Übersicht der Begriffsfindung in der Literatur auch Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 41 ff. Lämmerzahl, hingegen sieht die Indienstnahme nur in der älterer Literatur vertreten, Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 2007, S. 197 f. 150 Zur Einbehaltung und Abführung der Kuponsteuer durch Finanzinstitute wurde der Begriff erstmals durch das BVerfG verwendet, ohne jedoch näher auf die Begriffsmerkmale einzugehen BVerfGE 22, 380; ebenso beim Urteil zur Erdölbevorratung BVerfGE 30, 292; oder bei den Entscheidungen zur Haftung des Arbeitgebers für die Kirchenlohnsteuer BVerfGE 44, 103; BVerfGE 44, 103; siehe auch den Befund zur Rechtsprechung bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 53 ff.

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Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes im öffentlichen Interesse ein Pflichtenstatus auferlegt, der Naturalleistungspflichten (einschließlich Verfahrensleistungen) zum Inhalt hat und dessen Erfüllung nicht allein eigene Angelegenheiten des Pflichtenträgers betrifft.“151 Damit grenzt Drüen eindeutig den Indienstgenommenen vom Beliehenen ab, indem dieser Privatrechtssubjekt bleibt und nicht in den öffent­ lichen Verwaltungsapparat integriert wird sowie sich keiner nur dem Staat vorbehaltenen öffentlich-rechtlichen Mittel bedient.152 Gleichzeitig betont er, dass es sich um einen reinen Klassifikationsbegriff handelt, welcher bereichsspezifisch der verfassungsrechtlichen Überprüfung bedarf.153 2. Finanzinstitute als „Indienstgenommene Private“ Ausgehend von Drüens noch junger Definitionsbildung zur „Indienstnahme Privater“154 ist anhand der konstituierenden Begriffselemente zu prüfen, ob die Pflichten der Finanzinstitute nach § 3 i. V. m. § 7 ff. FKAustG und dabei insbesondere die umfangreichen Identifizierungs- und Klassifizierungspflichten zur steuerlichen Ansässigkeit von Kontoinhabern eine solche Indienstnahme begründen. a) Pflichteninhalt der Indienstnahme Drüen erkennt im Pflichteninhalt der Indienstnahme den neutralen Begriff der „Naturalleistungspflichten“  – umfasst sind damit nicht nur Dienstleistungen155, sondern sämtliche Dienst-, Sach- und Werkleistungen.156 Er erweiterte den Begriff darüber hinaus um die öffentlich-rechtliche Komponente der „Verfahrensleistun-

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Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 49 ff., 95, nach dieser Definitionsbildung kategorisiert er verschiedene Arten der Indienstnahme nach S. 99 ff. 152 Klare Abgrenzung vom Beliehenen nach der Rechtsstellungstheorie, siehe Teil 4 C. I.; Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 153 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 95 ff.; der dabei auf die Problematik der Vermischung von Begriffsmerkmalen und Zulässigkeitskriterien hinweist; a. A. Siekmann, in: Sachs, GG, Vor Art. 104a Rn. 152; hierzu auch Siekmann, in: Sachs, GG, Vor Art. 104a Rn. 152; Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 202; siehe zur Verfassungsmäßigkeit der Indienstnahme Teil 4 E. 154 Neben Indienstnahme wird in Literatur und Rechtsprechung auch der Begriff „Inpflichtnahme“ oder „Inanspruchnahme“ verwendet, vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 50. 155 Der Begriff der Dienstleistung greift bereits aufgrund seiner unterschiedlichen Deutung in Abgrenzung zu normalen Bürgerpflichten zu eng, vgl. die Auslegung der EMRK nach Art. 4 Abs. 3 lit d EMRK; sowie im EU Kontext, bei dem die Dienstleistung zumeist im wirtschaftlichen im Kontext von Art. 56 ff. AEUV, der Dienstleistungsfreiheit, stehen. 156 Vgl. so auch das BVerfGE 57,139 (170), zur Pflicht der Schwerbehindertenbeschäftigung. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 54.

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gen“.157 Diese stellen Pflichten im Zusammenhang mit behördlichen Verwaltungsverfahren, beispielsweise Auskunfts- oder Erklärungs- oder Nachweispflichten, dar.158 Dabei sollten diese nicht als kompletter Aufgabenbereich übertragen werden, sondern nur als „negativer Ausschnitt“.159 Zu untersuchen ist, ob die Einbeziehung der Finanzinstitute in das Verfahren des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten zum Pflichteninhalt einer Indienstnahme passt. Die ursprünglich bei Ipsen „in erster Linie“ gesehene Phänomenologie im Steuerrecht basierte auf dem Lohnsteuerabzug.160 Dieses erfolgreichen deutschen Modells zur Nutzung Privater Dritter als Steuerentrichter bediente sich der Gesetzgeber in diversen Varianten, wie beispielsweise den neueren Regelungen zum Lohnsteuerabzug auf Drittvergütungen nach § 38 Abs. 1 S. 3 EStG aus dem Jahre 2004.161 Gemeinsam ist den Regelungen der Indienstnahme im Bereich des Steuerrechts dabei, dass die Art der Indienstnahme in Steuerentrichtungspflichten besteht, die ein Dritter i. S. d. § 43 S. 2 AO für Rechnung des Steuerschuldners abzuführen hat.162 In den letzten Jahren wurde die Finanzdienstleistungsbranche jedoch nicht nur als Steuerentrichtungsverpflichteter genutzt, sondern die umfassenden Datenressourcen der Finanzinstitute gerieten in den Fokus des Gesetzgebers.163 Beispielsweise wird im Rahmen der Außenprüfung bei Finanzinstituten nach § 200 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 147 Abs. 6 AO ein umfangreicher Datenzugriff auf Kontoinhaberdaten durchgeführt.164 Seit 2005 ist zudem der automatische Kontenabruf bei Finanzinstituten nach §§ 93 Abs. 7 bis 10, 93 AO möglich.165 Der Zweck des Kontenabrufs besteht darin, erfolglose Einzelauskunftsersuchen bei verschiedenen Banken zu vermeiden und effektiv einen einheitlichen Abruf bei allen Banken ohne deren Wissen oder das Wissen des betroffenen Kontoinhabers vorzunehmen und das damit bestehende Vollzugsdefizit zu eliminieren.166 Es werden, mittels der 157

Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 54. Ebd. 159 So Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 56 f. 160 Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (143 ff.). 161 Zu weiteren Phänomenologie u. a. im Sozialrecht, siehe Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 36 ff. 162 Teilweise andere Begrifflichkeiten haben sich im Bereich der Umsatzsteuer gebildet, siehe EuGH, Urteil v. 20.10.1993 – Rs. C-10/92, Slg. 1993, I-5105, Rn. 25 (Balocchi); EuGH, Urteil v. 21.02.2008 – C-271/06, Slg. 2008, I-771, Rn. 21 (Netto Supermarkt), dem EuGH folgend der BFH, BFHE 224, 24 (26). 163 Vgl. die Übersicht der verschiedenen Eingriffsregelungen zur Kontendatenpreisgaben unter Teil 4 A. 164 Siehe Teil 4 A. III. Zur digitalen Außenprüfung Schüßler, Der Datenzugriff der Finanzverwaltung im Rahmen der (digitalen) Außenprüfung, 2010, S. 16 ff., 25 ff.; Drüen, StuW 2003, 205 ff. 165 Ausführlich siehe Teil 4 A. II. 166 Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Kontenabrufverfahrens nach §§ 93 Abs. 7 bis 10, 93 AO, BVerfGE 118, 168 ff. sowie Teil 5 A. 1. b). Zum Vollzugsdefizit als Ausgangssituation siehe Teil 2 A. I. 158

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ursprünglich für Geldwäschezwecke nach § 24c Abs. 1 KWG zu führenden Datei, Kontenstammdaten durch das BZSt für andere Finanz-, aber auch Sozialbehörden und Gerichte abgerufen. Die anhand dieser Beispiele gezeigte Nutzung der Institute als „Auskunftsquelle“167 kann in diesem Kontext als zutreffendere Vergleichs­ materie für die Pflichten der Finanzinstitute nach dem FKAustG dienen, als die im Zusammenhang mit der Steuerabführung. Bei den umfangreichen Sorgfaltsund Meldebestimmungen nach dem FKAustG wird, wie bereits geschildert, keine Form von Steuer oder Abgabe durch die Institute einbehalten.168 Vielmehr werden ausschließlich Daten erhoben und in vorgegebener Weise auf Plausibilität geprüft und verarbeitet, um sie anschließend nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz an das BZSt zu melden. Auch wenn keine Steuerentrichtungspflichten bestehen, sind jedoch weitreichende technische und personelle Mittel erforderlich, um den Identifizierungs- und Meldepflichten, aber auch den erforderlichen Datenschutzstandards, gerecht zu werden. Fraglich ist infolgedessen, ob auch solche Tätigkeiten der Informationspreisgabe zum Pflichteninhalt einer Indienstnahme gehören können. Drüen unterscheidet den Pflichteninhalt nach Intensivitätsstufen (1. Reine tatsachenbezogene Mitteilungspflichten, 2. Pflichten mit erforderlicher Rechtsanwendung, 3. Steueranmeldungspflichten und 4. Steuerentrichtungspflichten). Unbeschadet des Umstands, dass die Pflicht zur Auskunfts- und Mitwirkung, als reine Mitteilung von Tatsachen, nach Drüens Stufenfolge die mildeste Intensität aufweisen, sind sie dennoch vom Pflichteninhalt einer Indienstnahme umfasst.169 Überdies ist fraglich, ob es sich bei den – bis dato nicht so umfangreich bestehenden – Identifizierungs- und Meldepflichten jeglicher Kontoinhaber nicht um eine höhere Intensität an Pflichteninhalten handelt. Diese kommen zwar nicht der höchsten von Drüens vorgezeichneten Stufen, den Steuerabzugspflichten beispielsweise im Zusammenhang mit der Kapitalertragsteuer gleich, stehen aber über einer reinen Mitteilungspflicht. Gefordert ist nämlich nicht nur eine reine Tatsachenmitteilung, sondern bereits eine – wenn auch nur schwache – Form der Rechtsanwendung, ohne dass hierbei jedoch materiell-rechtliche Wertentscheidungen getroffen werden müssen.170 Dies 167

Götzenberger, Berater-Brief Vermögen 2005, S. 16. Zu den Auskunfts- und Vorlagepflichten der Finanzinstitute Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 48 ff.; Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 77 ff. 168 Ein solches Steuerabführungsmodell als „30 %ige Strafsteuer“ findet sich jedoch unter FATCA, siehe Teil 2 B I. 169 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 127 f., S. 129; bereits einfache Mitwirkungspflichten der Tatsachenmitteilung sieht Drüen als Indienstnahme. 170 Als Beispiel für die Intensität der 2. Stufe „Rechtsanwendung“ nennt Drüen die früher erforderliche Jahresbescheinigung nach § 24c EStG a. F. (in der bis zum 18.08.2007 geltenden Fassung), vgl. die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 130. Im Rahmen der Abgeltungsteuer entfiel diese Jahresbescheinigung ab 2009, da die Banken die Abgaben sofort an der Quelle abziehen und die Erträge in der Regel nicht mehr in die Steuererklärung einzubeziehen sind.

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spiegelt sich beispielsweise bei den Klassifizierungsvorgängen wider. Institute müssen IT-Systemprüfungen und manuelle Überprüfungen nach den komplexen Fallgruppen des FKAustG, basierend auf dem globalen CRS, durchführen. Dabei ist es Voraussetzung, dass sie die verschiedenen Klassifizierungsregelungen beispielsweise betreffend aktive und passive Entitäten nach § 14 Abs. 4, 5 FKAustG kennen und im Hinblick auf die vom Kontoinhaber getätigten Angaben anwenden.171 Die umfangreichen und detaillierten Anforderungen basieren auf deutschen, aber auch auf europäischen und internationalen Rechtsgrundlagen und gehen weit über die reine im Anschluss stehende Tatsachenübermittlung hinaus.172 Eine Zuteilung nach Intensität ist dabei im Hinblick auf die anschließende Verfassungsmäßigkeitsprüfung der Indienstnahme von Bedeutung.173 Die erbrachten Leistungen sind überdies lediglich ein negativer Ausschnitt aus dem gesamten Verfahren des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten.174 Dies gilt ebenfalls, obgleich – wirtschaftlich betrachtet – der durch die Finanzinstitute zu erbringende Teil am Gesamtverfahren womöglich zunächst deutlich umfangreicher erscheint als der des BZSts, das voraussichtlich die bereits im amtlich vorgeschriebenen Datensatz befindliche Datenmenge nur auf formelle Fehler prüft und an die ausländischen Jurisdiktionen gem. § 5 Abs. 2 FKAustG weiterleitet.175 Den Finanzinstituten kommt die zunächst organisatorisch umfangreichere Aufgabe zuteil, jegliche Kontoinhaber mit ausländischer Steueransässigkeit zu identifizieren und entsprechende Dokumentation einzuholen sowie das Meldefile aufzubereiten. Das BZSt wiederum tritt hierbei nicht in Kontakt mit den Kontoinhabern, sondern nimmt die Verfahrensdienstleistung der Finanzinstitute in Anspruch. Die reziprok vom BZSt entgegengenommenen Daten deutscher steuerlich Ansässiger werden allerdings nach § 5 Abs. 3 FKAustG sodann vom BZSt empfangen, ausgewertet und an die zuständigen Landesfinanzbehörden weitergeleitet. In diesem reziproken Verfahrensschritt sind die Institute nicht eingebun 171

Vgl. zu den Sorgfaltspflichten im Detail Teil 3 B. I. sowie zur verfassungsrechtlichen Legitimation Teil 4 E. III. 3. c). Dabei mangelt es teilweise an der Normenklarheit, vgl. Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (1) so ebenso die Feststellung bei Happe / ​Aschwanden / ​Giger, BKR 2016, 194 (195 f.). 172 Siehe zu den Rechtsgrundlagen des automatischen Informationsaustauschs von Finanzkonten Teil 2 B. II. 2.  173 Siehe Teil 4 E. 174 Vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 56 f. 175 Es ist nicht abschließend klar, in welchem Ausmaß die Kontendaten ausländischer Steuerpflichtiger vom BZSt vor Übermittlung an das Ausland tatsächlich ausgewertet werden. Hierzu veröffentlichte Gesetze oder Verwaltungsanweisungen fehlen. Es wird angenommen, dass das BZSt eine rein formelle Prüfung hinsichtlich offensichtlicher Unrichtigkeiten des Datenfiles vornimmt und somit nur als „technische Weiterleitungsstelle“ fungiert, denn für den deutschen Steuerstaat sind grundsätzlich erst die nach § 5 Abs. 3 FKAustG reziprok empfangenen Daten von in Deutschland steuerlich Ansässigen von Nutzen (Welteinkommensprinzip). Die bei deutschen Finanzinstituten erhobenen Daten können im Generellen auch zur Verifizierung deutscher Steueransprüche nach § 5 Abs. 4 FKAustG genutzt werden (insbesondere bei deutschen Quellensteuern), dienen aber primär der Übermittlung an das Ausland.

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den. In dem Gesamtverfahren bilden somit die Melde- und Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute nur einen negativen Teilausschnitt. Die umfangreichen Identifikations- und Dokumentationspflichten sowie die anschließenden Meldepflichten der Finanzinstitute an das BZSt nach § 3 i. V. m. §§ 7 ff. FKAustG sind dahingehend ihrem Inhalt nach Verfahrensleistungen. Diese Verfahrensleistungen sind Teil des behördlichen Verwaltungsverfahrens zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten mit anderen Jurisdiktionen als neuer Eckpfeiler der grenzüberschreitenden Amtshilfe. Nochmals abzugrenzen ist das Merkmal des Pflichteninhalts („Was“) von der Art, wie dieser Pflichteninhalt auszuführen ist („Wie“), ob also dem Privaten öffentlich-rechtlichen Verfahrensbefugnisse zugestanden werden oder er auf seine rein privatrechtlichen Handlungsformen beschränkt ist. Auch wenn der Pflichteninhalt Verfahrensleistungen aufweist, muss es nicht gleichzeitig zu einer Übertragung von Hoheitsbefugnissen kommen. Ebendieses Kriterium grenzt die Indienstnahme von der zuvor untersuchten Beleihung ab – vorausgesetzt man schließt sich der heute vorherrschenden Rechtsstellungstheorie an.176 Finanzinstitute werden im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs, wie zuvor erläutert, inhaltlich zu Verfahrensleistungen verpflichtet, ihnen wird dabei aber nicht von Rechts wegen ein ausschließlich dem Staat zustehendes öffentlich-rechtliches Mittel zugeteilt. Wenn potenzielle Kontoinhaber beispielsweise die Angabe ihrer steuer­lichen Ansässigkeit bei Eröffnung eines Finanzkontos verweigern, haben die Institute keine Möglichkeit öffentlich-rechtlicher Sanktionierungsmaßnahmen.177 Auch stellt die dem Kontoinhaber auszuhändigende Selbstauskunft über dessen steuerliche Ansässigkeit kein amtliches Formular dar oder gar einen Verwaltungsakt.178 176

Vgl. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 67; siehe ausführliche Untersuchung der Pflichten im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs von Finanzkontendaten als Beleihung in Teil 4 C. I. 2.; würde man sich der Aufgabentheorie anschließen, könnte man die öffentlichen Aufgaben einer Beleihung und die Verfahrensleistungen als Pflichteninhalt einer Indienstnahme nur schwer trennen. 177 Zur mangelnden Normklarheit bei der Verweigerung von Angaben durch den Kontoinhaber, Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (4). 178 Siehe im Detail zur Durchführung der Plausibilitätskontrolle mit Beispielen den OECD-Kommentar zum Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-oftax-information/standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-taxmatters-9789264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), unter „Reasonableness of self-certifications“, S. 133 f., 143 f. Ausdrücklich im CRS-Kommentar S. 142 Nr. 13: „[…] Reporting Financial Institutions are not expected to carry out an independent legal analysis of relevant tax laws to confirm the reasonableness of a self-certification.“; siehe zur Plausibilitätskontrolle Teil 4 E. III. 3. c) (2) d) bb); siehe außerdem die Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, 129 ff., der den Instituten bei Plausibilitätsprüfungen keine Einschätzungsprärogative zumessen will und hier auch keine, für eine Verwaltungsakt zwingende, Außenwirkung sieht; a. A. im Hinblick auf die Verdachtsanzeige Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (214); Dahm, WM 1996, 1285 (1288).

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Die den Finanzinstituten auferlegte „Befugnis“ zur Erhebung und Verarbeitung der zu meldenden Daten nach dem FKAustG sekundiert damit ausschließlich den eigenen Pflichtenkatalog und ermöglicht erst dessen Erfüllung, ist jedoch in ihrer Ausgestaltung keine Übertragung von Hoheitsbefugnissen.179 Lediglich das BZSt ist im Gesamtverwaltungsverfahren zeitlich nachgeschaltet hoheitlich tätig. Es nimmt eine Endvalidierung der Daten vor und führt den tatsächlichen Übermittlungsakt an das Ausland durch. Diese Übermittlungshandlungen sind als schlicht-hoheitliches Handeln in Form von Wissenserklärungen beziehungsweise Meinungsäußerungen zu qualifizieren, sie stellen jedoch keinen Verwaltungsakt dar, weil es an der unmittelbaren Rechtswirkung nach außen fehlt.180 b) Zugrunde liegender Rechtsakt der Indienstnahme Die Auferlegung der Pflichten erfolgt des Weiteren einseitig durch formelles Gesetz, das FKAustG. Das bereits durch Ipsen in seiner Ursprungsform der Indienstnahme geforderte Merkmal kann hier als erfüllt angesehen werden.181 Es bedarf keiner weiteren Verwaltungsakte mit konstitutiver Wirkung, sondern die Verpflichtungen der Finanzinstitute ergeben sich unmittelbar ex lege – aus dem gesetzlichen Tatbestand § 3 i. V. m. §§ 7 ff. FKAustG – selbst. Nach der hier als Leitfaden dienenden Begriffsexplikation Drüens wäre jedoch auch eine Indienstnahme durch gesetzlich legitimierte hoheitliche Einzelakte ausreichend.182 Es handelt sich überdies um keine freiwillige, rein auf Kooperation angelegte Leistungspflicht.183 Alle wesentlichen Haupt- wie auch Nebenpflichten werden durch das FKAustG detailliert dargestellt und ergeben sich somit direkt aus der formellen gesetzlichen

179 Vgl. zur allgemeinen Abgrenzung und Bezügen zur Lohnsteuer Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 98 f., 90 Fn. 642; Hey, FR 1998, 497 (500). 180 Vgl. BFHE 152, 50; Klein, in: ders., AO, § 117 Rn. 69; Zöllner, in König AO, § 117c Rn. 5; vgl. zu den Aufgaben des BZSts unter Teil 3 C. 181 Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (143–145). 182 Drüen emanzipiert sich hierbei von der Ursprungsform Ipsens hauptsächlich mit der Begründung, dass die Schutzwürdigkeit des Indienstgenommenen – bis auf prozessuale Aspekte (ein Verwaltungsakt kann einfacher prozessual bekämpft werden) – gleich ist, außerdem sind auch Rechtsverordnungen von Drüens Begriffsbereich der Indienstnahme gedeckt, die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 57 ff.; bspw. ist somit auch die deutsche Umsetzung von FATCA mittels einer Umsetzungsverordnung als Indienstnahme zu sehen, vgl. Teil 2 B. I. 2.  183 Das Kriterium der Freiwilligkeit ist für Drüen zwingend bei der Indienstnahme ausgeschlossen, damit der Begriff zu recht nicht alle Konturen verliert, die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 60; ebenso bspw. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 (300, Fn 139, 331); a. A. jedoch Kirchhof, DVBl 1984, 657 (659 f.); Wolff / ​Bachof / ​Kluth / ​ Stober, Verwaltungsrecht, Bd. II, 7. Aufl. 2010, § 91 Rn. 48.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Grundlage.184 Dies gilt für die Identifizierung- und Meldepflichten als Hauptpflichten nach §§ 7 ff. FKAustG, ebenso wie für diverse Nebenpflichten, wie beispielsweise die zehnjährigen Aufbewahrungspflichten gem. § 3 Abs. 3 FKAustG.185 Eine Konkretisierung von Praxisfragen durch BMF-Schreiben ist hierbei unschädlich, denn es werden keine neuen Pflichten begründet, sondern nur die bestehenden unter anderem anhand von Beispielen konkretisiert, ebenso wie das Heranziehen des CRS-Kommentars als Auslegungshilfe dienen kann.186 c) Person des Indienstgenommenen Der Begriff „die Indienstnahme Privater“ impliziert das Handeln „nicht-staatlicher Stellen“.187 Wenn auch eine positive inhaltliche Definition von „Privaten“ eine Herausforderung begründet, ist eine tiefergehende Analyse hier nicht erforderlich.188 Es handelt sich bei den in die Pflicht genommenen Finanzinstituten des FKAustGs um Mitglieder der privatwirtschaftlichen Finanzdienstleistungs­ branche, sodass die subjektive Komponente der Begriffsformation als erfüllt erachtet werden kann. Wie bereits erläutert, sind staatliche Rechtsträger als sog. „nicht meldende Finanzinstitute“ nach § 10 Nr. 9 Buchst. a, Nr. 10 FKAustG nicht zur Indienstnahme verpflichtet.189 Sie sind, anders als die Begriffsbezeichnung vermuten lässt, nicht nur von der Meldung an das BZSt ausgenommen, sondern müssen nach dem Wortlaut des § 7 FKAustG auch keine Identifizierungen und Klassifizierungen ihrer Kontoinhaber vornehmen. Der Indienstgenommene bleibt ohne jeden „Statuswechsel“ dabei in der privatrechtlichen Sphäre verhaftet und wird weder in die organisierte Staatlichkeit einbezogen noch sonst in irgendeiner Form Teil mittel-

184

Zur Bedingung, dass Nebenpflichten ebenso einer gesetzlichen Grundlage bedürfen bspw. OVG Lüneburg, Urteil v. 23.06.2001– 9 K 1975/00, NVwZ-RR 2002, 456 (457 f.); a. A. Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, 1973, S. 120. 185 Siehe jedoch die Mängel der Normenklarheit im FKAustG unter Teil 4 E. III.3. c) bb) (1). 186 OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, inkl. Kommentar, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-oftax-information/standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-taxmatters-9789264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), dessen Heranziehung wurde innerhalb der Erwägungsgründe (13) zur Amtshilferichtlinie 2014/107/EU bejaht, so auch die Stellungnahme von Anzinger zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 4. 187 In der Ursprungsform Ipsens als „Glied der Zivilrechtsordnung“, Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (151). 188 M. w. N. zur Problematik Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 63. 189 Landesbanken gelten dabei nicht als staatliche Rechtsträger, da sie keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen und Betriebe gewerblicher Art sind, sind sie als teilnehmende Finanzinstitute umsetzungspflichtig. Anders ist dies bei Förderbanken, bei welchen es bereits an einer Führung von Konten mangelt.

C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik

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barer Staatsverwaltung.190 Welche Auswirkungen dies für die Rechtsbeziehungen zum Kontoinhaber hat, wird später erörtert werden.191 d) Indienstnahme für öffentliche Zwecke Die vom Privaten geforderte Tätigkeit sollte des Weiteren „öffentliche Zwecke“ zum Gegenstand haben. Drüen wandelt dabei das in seiner durch Ipsen konstruierten Ursprungsform geforderte Merkmal der „Überbürdung von Verwaltungsaufgaben“192 ab.193 Er überwindet damit die komplexe und in der Literatur194 vielfach diskutierte Fragestellung, was als „Verwaltungsaufgaben“ zu verstehen ist und umgeht damit das stark umstrittene Feld der Staatsaufgabenlehre.195 Er verzichtet gleichzeitig auf das Mittel der „Überbürdung“. Letzteres würde den Indienstnahme-Begriff zu sehr verengen, denn es impliziert, dass nur bereits bestehende Pflichten identisch auf den Privaten übertragen werden.196 De facto ist jedoch oft die Indienstnahme geprägt von neuen Pflichten.197 Der Staat bedient sich dabei der speziellen Vorzüge Privater auch aus dem Interesse, dass er selbst durch seinen eigenen Verwaltungsapparat nicht die Möglichkeit besitzt, Pflichten in gleicher Weise zu erfüllen. Die Parallele wird bei Drüens Untersuchung wieder zum Lohnsteuerabzug gezogen.198 Hier weist er zu Recht daraufhin, dass nur der Arbeitgeber „an der Quelle“ der Lohnzahlung steht und damit auch nur er eine Einbehaltung und Abführung vornehmen kann. Der Staat hingegen kann eine Steuerzahlung nur in Empfang nehmen oder im Vollstreckungswege einziehen.199 190

M. w. N. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 64 f.; a. A. Ibler, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 86 Rn. 120; Di Fabio, JZ 1999, 585 (588), bei dem der Private zumindest „partiell in die Sphäre des Staates“ rücken. 191 Siehe Teil 4 F. 192 Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (145, 148, 157); vgl. ebenso Gallwas, BayVBl 1971, S. 245 (245). 193 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 65 ff. Stober hingegen bedient sich des Begriffs der „öffentlicher Lasten“, Wolff / ​Bachof / ​Kluth / ​ Stober, Verwaltungsrecht, Bd. I, § 42 Rn. 202 f., sowie diesem folgend Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 69 ff. 194 Bull, Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 1977, S. 43 ff.; Peters, in: FS Nipperdey, Bd. II, 1965, S. 877 ff.; Di Fabio, JZ 1999, 585 (585 f.). 195 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 69; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (168 f.); zur Trias der öffentlichen Aufgaben bei Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 (249); a. A. anders Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (160), der die Steuerverwaltung als „allein staatliche Aufgabe“ versteht, aber ebenso anerkennt, dass das Staatsorganisationsrecht keine Einschaltung Privater für den Steuervollzug verbietet. 196 Vgl. auch bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 83 f., der die Indienstnahme als Form der materiellen Privatisierung sieht auch wenn kein „Sektorwechsel“ vorgesehen ist und Pflichten „neu“ geschaffen werden. 197 Ebd.; vgl. auch Teil 4 C. I. 2. b). 198 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 73. 199 Ebd.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Die von Drüen genutzten Termini der öffentlichen Zwecke stützen sich auf Begrifflichkeiten, welche auch durch das BVerfG angewandt wurden und umschreiben den vorliegenden Untersuchungsgegenstand treffend.200 Im Falle der Indienstnahme von Finanzinstituten für die Erhebung und Verarbeitung von Finanzkontendaten erscheint es zweifelhaft, von der engeren Begrifflichkeit Ipsens, der „Überbürdung von Verwaltungsaufgaben“201, zu sprechen. Zum einen handelt es sich um neu geschaffene Regelungen, die vorher nicht den Finanzbehörden oblagen und daher auch nicht „übergebürdet“ werden können. Zum anderen handelt es sich dem Inhalt nach vermeintlich nicht um „Verwaltungsaufgaben“ i. e. S. Die Erhebung und Verarbeitung der Daten ist, praktisch betrachtet, lediglich eine von Finanzinstituten vernehmbare Tätigkeit, da nur diese in ihrem alltäglichen unternehmerischen Schaffen über einen solchen Datenbestand verfügen. Ähnlich wie beim Lohnsteuerabzug handelt es sich daher um kongruent auf den Privaten zugeschnittene Regelungen, ohne jedoch dabei einen höchstpersönlichen Charakter einzunehmen.202 Die weitere Begriffsfunktion der öffentlichen Zwecke hingegen ergibt sich problemlos auch anhand der nationalen Gesetzesbegründung des FKAustG203 sowie aus den verschiedenen detailliert dargelegten europäischen204 und globalen205 Erwägungspunkten.206 Die Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung und Steuermissbrauch steht hierbei im Vordergrund.207 Die „Zusammen 200 Ebd. S. 76; bspw. BVerfGE 110, 226 (261); Drüen umgeht ebenfalls den oftmals verwendeten Oberbegriff der Verwaltungsaufgaben, die „öffentlichen Aufgaben“, den das BVerfG im Zusammenhang mit der Indienstnahme Privater verwendet: BVerfGE 30, 292 (310); BVerfGE 22, 380 (386). Dies ist notwendig, da weiterhin unklar ist, was unter den konturlosen Begriff der öffentlichen Aufgabe zu verorten ist, vgl. auch m. w. N. Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 (249). Zwar kann auch die hier verwendeten „Interessenstermini“ auf Schwierigkeiten stoßen, denn öffentliche Interessen können sich auch mit Staatsinteressen oder Interessen des Indienstgenommenen Privaten überschneiden oder parallelen bilden. Diese Schwierigkeiten sollten jedoch zu Recht nach Drüen im Bereich der Legitimierung der Indienstnahme untersucht werden und können bei einer begrifflichen Fixierung zunächst dahinstehen. 201 Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (145, 148, 157). 202 Siehe auch Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S.137 (156 f.). 203 Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks. 18/5920 v. 07.09.2015, S. 1 ff. 204 Amtshilferichtlinie 2014/107/EU, (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014), Erwägungsgründe (1 bis 5). 205 OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/ standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-tax-matters-9789 264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), S. 5 ff. 206 So Ossenbühl, welcher für die Zurechnung der Aufgabe in den öffentlichen oder privaten Bereich auf die Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlage selbst abstellt, VVDStRL 29 (1971), S.137 (157 f.). 207 Zu den offiziellen europäischen Definitionen der Begriffe Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressive Steuerplanung siehe die Website der EU-Kommission: http://ec.europa. eu/taxation_customs/taxation/tax_fraud_evasion/missing-part_de.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). Abgegrenzt werden muss jedoch die Steuerflucht von der Steuerhinterziehung. Die Steuerflucht oder sog. „Steuervermeidung“ ist ausdrücklich nicht strafbar, vgl. BFHE

C. Einordnung in die Privatisierungsdogmatik

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arbeit der Steuerverwaltungen ist im Kampf gegen Steuerhinterziehung und zur Wahrung der Integrität der jeweiligen Steuersysteme von entscheidender Bedeutung“208. Der Gesetzgeber hat sich mittels völkerrechtlicher Vereinbarung, dem „Competent Authority Agreement“209, zu dieser neuen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit selbst verpflichtet und hiermit eine öffentliche Aufgabe begründen lassen. Die dies bedingende vorgelagerte Datenerhebung und -aufbereitung durch private Finanzakteure dient mithin diesem öffentlichen Zweck.210 Ob dieser öffentliche Zweck erstens die Indienstnahme Privater für den automatischen Informationsaustausch legitimiert und zweitens das Interesse der Kontoinhaber an einer Geheimhaltung personenbezogener Kontendaten überwiegt, ist nicht an dieser Stelle im Rahmen der Begriffsfindung zu diskutieren. Vielmehr sind dies getrennte Fragen, die nach verfassungsrechtlichen Maßstäben zu beantworten sind. e) Fremdnützigkeit In Anlehnung an die Indienstnahme aus öffentlichen Zwecken bezieht Drüen als negatives Abgrenzungskriterium die Fremdnützigkeit in die Begriffsbildung ein. Er wählt dabei den pragmatisch breiten Ansatz, welcher Fremdnützigkeit als „nicht allein eigene Angelegenheiten des Pflichtenträgers“211 versteht. Eine derartige Abgrenzung ist vor dem Hintergrund der bereits diskutierten allgemeinen Bürger- und Mitwirkungspflichten geboten.212 Hier ist es besonders kompliziert, diese als im eigenen oder fremden Interesse zu verorten beziehungsweise die Indienstnahme der Bürgerpflicht gleichzusetzen oder gar ihr unterzuordnen. Insbesondere im Steuerrecht sind teilweise weitreichende Mitwirkungspflichten nicht nur für eigene, sondern zur Tatsachenermittlung von Drittsachverhalten vorgesehen, zu denken ist insoweit an den „Drittdatenzugriff“ im Rahmen des Kontenab-

183, 174 ff.; BVerfGE 9, 237 ff.; siehe die Abgrenzung zur straffreien Steuervermeidung und der rechtswidrigen Steuerumgehung nach § 42 AO bei Gassner: in: FS Kruse, 2001, S. 183 ff. 208 Ebd. S. 5. 209 Vgl. ausführlich zur deutschen Gesetzgebung Teil 2 B. II. 4. b). 210 Vgl. ebenso argumentierend Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3038). Vgl. auch das Schreiben der deutschen Kreditwirtschaft vom 01.02.2016, S. 3, welche den Pflichteninhalt der Indienstnahme sogar als „originäre staatliche Aufgaben“ sehen: „Die Finanzinstitute erfüllen hier als nicht am Besteuerungsverfahren beteiligte Dritte originär staatliche Aufgaben, die völlig unabhängig vom Kapitalertragsteuerabzug bestehen und für die sie  – anders als bei Einzelanfragen nach § 93 AO – keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegenüber Staat oder Kunden haben.“ abrufbar unter: https://bankenverband.de/media/files/2016-02-01_DKBrief.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 211 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 85. 212 Zu den weitreichenden Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten als verfassungsrechtlich teilweise bedenkliche Bürgerpflicht Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 113 ff.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

rufs.213 Bei einer Mitwirkung im Rahmen von Drittsachverhalten ist es durchaus diskutabel, ob es sich um eigene Bürgerpflichten oder fremde Angelegenheiten handelt. Drüen sieht hier bereits einfache Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten für Dritte in Anlehnung an die Zielrichtung nicht nur als reine Bürgerpflichten in eigener Sache an, sondern begreift diese als fremdnützige Indienstnahme. Es ist daher nur folgerichtig, den Begriff der Fremdnützigkeit weit zu spannen oder auf das Kriterium selbst zu verzichten.214 Dieses ausgedehnte Verständnis von Fremdnützigkeit überzeugt. Bei den Finanzinstituten auferlegten Pflichten handelt es sich um eine Indienstnahme für öffentliche Zwecke.215 Der Pflichteninhalt dient in keiner Weise nur den verpflichteten Finanzinstituten. Ferner sind die Pflichten den Privaten gegen ihren Willen auferlegt worden. Wie bereits geschildert, ergibt sich für die Finanzinstitute keinerlei Privilegierung, Vorteilsgewährung oder sonstige Vorzugsstellung. Dies gilt weder direkt, in Form von finanziellen oder anderen Gegenleistungen des Staats, noch mittelbar, durch die geschäftsmäßige Nutzung der Daten. Zu denken wäre hier beispielsweise an das Anbieten von Finanzdienstleistungen mit Auslandsbezug passend zur ausländischen steuerlichen Ansässigkeit des Kontoinhabers.216 Da die Datenverarbeitung zweckgebunden ist und nach § 3 Abs. 2 FKAustG nicht über das Erforderliche hinausgehen darf, wäre eine geschäftsmäßige Nutzung jedoch generell ausgeschlossen – nicht jedoch in allen praktischen Fällen vermeidbar. Letztlich wird die Frage der Fremdnützigkeit in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Interessen der Finanzdienstleistungsbranche nicht abschließend zu beurteilen sein.217 Es erscheint jedoch de facto ausgeschlossen, dass der Finanzsektor auch ohne die gesetzlichen Verpflichtungen eine Datenverarbeitung nach dem Kriterium der steuerlichen Ansässigkeit in diesem Umfang durchgeführt hätte.

213

Siehe m. w. N. Teil 4 A. II. bspw. auch die Doppelfunktion der Mitwirkungspflichten bei Warenaufzeichnungen nach §§ 143, 144 AO; diese dienen der Kontrolle des Aufzeichnenden und des Handelspartners, so auch Drüen, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 143 AO Rn. 1. 214 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 38 ff., 81; so auch BFHE 191, 211 (213); a. A. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 15.11.2000 – 1 BvR 1213/00, NJW 2001, 811 ff., welche die Auskunftspflichten nicht nur als Bürgerpflicht, sondern als „Indienstnahme Privater“ einstuft. Vgl. auch kritisch zur geldwäscherechtlichen Verdachtsanzeige, die weit über eine Bürgerpflicht hinausgeht Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (209). 215 Siehe Teil  4 C. II. 2. d). 216 Siehe m. w. N. auch zur Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a.F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 155, der auf die „Cross-selling-Aktivitäten“ verweist und auf weitere Vorteile eingeht. 217 Vgl. zur Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. als unternehmerisches Interesse Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 152 ff.

D. Generell zur Legitimation der Indienstnahme 

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f) Zwischenergebnis Ungeachtet der terminologischen Extension, den der Begriff der „Indienstnahme oder Inpflichtnahme Privater“ seit seiner Einführung durch Ipsen im Jahre 1950 erfahren hat, kreierte Drüen präzise umreißbare Kriterien, mittels derer sich die hier untersuchte Materie klassifizieren lässt. Insbesondere aufgrund der fremdnützigen Pflichtenerfüllung – ohne jedoch einer Übertragung hoheitlicher Befugnisse – sind Finanzinstitute nur Indienstgenommene und keine Beliehenen.218 Unter den Klassifikationsbegriff der Indienstnahme verortet, bedarf der automatische Informationsaustausch einer bereichsspezifischen verfassungsrechtlichen Überprüfung.

D. Generell zur Legitimation der Indienstnahme Um die bereichsspezifische Untersuchung zu adressieren, wird zunächst eine Einordnung in die grund- und bereichsspezifische Typologie vorgenommen (Teil 4 D. I.). Sodann erfolgt eine generelle Sichtung des Meinungsstands von Rechtsprechung (Teil 4 D. II.) und Literatur zur Frage der Legitimation der Indienstnahme Privater (Teil 4 D. III.). Diese Ergebnisse münden in einer Stellungnahme (Teil 4 D. IV.). Die hier aggregierten Erkenntnisse lassen sich sodann auch auf die Indienstnahme nach dem FKAustG anwenden.

I. Einordnung in die grund- und bereichsspezifische Typologie Für eine bessere Verständlichkeit der Thematik und die damit einhergehende Frage der Legitimation einer Indienstnahme und ihrer Kostentragung, teilt Drüen die verschiedenartigen Indienstnahme-Phänomene in zwei große Grundtypologien ein.219 Zum einen ist die staatliche Einflussnahme auf die unternehmerischen Kernleistungen als Gruppe zu nennen. Zu dieser Typengruppe gehört zweifelsfrei der historische Beschluss des ersten Senats des BVerfG zur Erdölbevorratung aus dem Jahre 1971.220 Hier werden Privaten keine reinen Verwaltungsaufgaben auferlegt, sondern es werden konkrete wirtschaftliche Leistungspflichten gefordert. Der Ge 218 Die Finanzinstitute könnten in ihrer Ausführung der Melde- und Sorgfaltspflichten auch als „Verwaltungsmittler“ gesehen werden, der Funktionen zugunsten der Allgemeinheit wahrnimmt und zwischen Privaten und Staat steht. Zu dieser Klassifikationsfigur, Lämmerzahl, Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 2007, S. 195 f. 219 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 99 ff. 220 BVerfGE 30, 292 ff.; sowie Teil 4 D. II. 2. Auch zum Typus zählt Drüen die Heranziehung von Sachverständigen mit der Pflicht zur Gutachtenerstellung gegen gesetzlich vorgeschriebenes Entgelt, oder die Abnahmepflicht von Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Rahmen des EEG, Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 101 f.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

setzgeber nimmt dabei per Gesetz Einfluss auf die unternehmerische Leistungspalette der Unternehmen. Ein derartiger Eingriff in die Berufsausübung ist an den Schranken von Art. 12 Abs. 1 GG zu messen und Bedarf einer Rechtfertigung aus Gründen des Gemeinwohls sowie, je nach Ausmaß der Indienstnahme, grundsätzlich einer angemessenen Entschädigung des Privaten.221 Den zweiten Grundtypus sieht Drüen bei Pflichten, die an den Unternehmenstätigkeiten anknüpfen, diese jedoch nicht grundlegend zu modifizieren.222 Er zählt hierzu die zahlreichen Anzeige-, Mitteilungs- und Statistikpflichten als administrative Informationsgewinnung, welcher sich der Staat durch Inanspruchnahme der „Apparatur“ des Unternehmens bedient.223 Eine solche, eine Nebenleistungspflicht zur Unternehmenstätigkeit statuierende Tätigkeit sind auch die Sorgfalts- und Meldepflichten nach § 3 i. V. m. § 7 ff. FKAustG im Rahmen des Informationsaustauschs von Finanzkonten. Der Gesetzgeber hat diese an die bereits bestehenden Pflichten zur Kundenidentifizierung beispielsweise nach GwG und AO angelehnt. Einzig die Meldepflicht nach dem XML-Datenschema ist in ihrer speziellen Form seit FATCA im Meldejahr 2014 neu.224 Im Hinblick auf bereits anderweitig durchzuführende Meldeverfahren wie beispielsweise im Rahmen der Kapitalertragsteuer und der Zinsrichtlinie sind diese jedoch ebenfalls nicht absolutes Neuland.225 Für die Meldung nach §§ 7, 8 FKAustG wurde an die bereits auferlegten Nebentätigkeiten angeknüpft. Auch wenn der Umfang der Identifizierungs- und Meldepflichten nach dem FKAustG deutlich weitreichender ist als zuvor bestehende Meldeverpflichtungen, umfasst er dennoch nicht den Substanzgehalt der unternehmerischen Tätigkeiten von Finanzdienstleistern. Bei den zusätzlich einzuholenden Informationen zur steuerlichen Ansässigkeit im Rahmen der Kontoeröffnung wird beispielsweise nicht durch Gesetz verhindert, dass Finanzdienstleistungen an sich nicht oder grundlegend ihrem Inhalt nach anders anzubieten sind.226 So wird nicht das Cross-border-Geschäft mit „Steuerparadiesen“ wie Mauritius an sich verboten. Vielmehr nutzt der Staat die Sachnähe der Finanzdienstleistungsbranche zur Gewinnung von Informationen über Konten- und Zahlungsdaten und bedient sich hierbei der – in großem Umfang bereits bestehenden – Prozesse als „Apparatur“.227 221 Ständige Rechtsprechung BVerfGE 68, 155 (170); BVerfGE 54, 251 (271); sowie neuere Entscheidungen zur Pflichtverteidigung im Strafrecht BVerfG, 28.07.2015 – 2 BvR 2558/14, 2 BvR 2573/14, 2 BvR 2571/14, NJW 2015, 2949 (2950) und zum Brandschutz BVerwG, 26.06.2013  – 6 C 1.12, NVwZ 2014, 243 (244); strittig ist, ob auch der Schutzbereich des Art. 14 GG eröffnet ist, dies bejahend Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 14 Rn. 378i. 222 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 104 ff. 223 Ebd. S. 104; siehe ebenso Ipsen, AöR 1965, 393 (418 f.); ders., in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (150); welcher grundsätzlich den Steuerabzug als Nebentätigkeit einstuft, zustimmend Vogel, VVDStRL 29 (1971), S. 257. 224 Siehe zur FATCA-Meldung Teil 2 B. I. 225 Zur Meldung im Rahmen der EU Zinsrichtlinie siehe Teil 2 B. III. 1.  226 Eine Pflicht zur Kontoschließung bei ausländischen Kontoinhabern ergibt sich aus den urspr. FATCA Regularien, findet sich jedoch nicht im aktuellen FATCA Regime oder im CRS-Regime. 227 Siehe ausführlich zur Sachnähe als Legitimationsargument Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (aa).

D. Generell zur Legitimation der Indienstnahme 

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Wie dieser zweite Grundtyp verfassungsrechtlich zu bewerten ist, gilt als umstritten und wird folgend im Einzelfall untersucht werden.

II. Ansicht der Rechtsprechung Ein gerichtliches Verfahren zum konkreten Untersuchungsgegenstand, der Indienstnahme für den globalen automatischen Austausch von Konteninformationen für steuerliche Zwecke, ist zum jetzigen Zeitpunkt und dem hier vorliegenden Kenntnisstand weder in Deutschland noch im Ausland durch die Finanzdienstleistungsbranche als Beschwerdeführer angestrebt.228 Angesichts dieses Umstands ist eine generelle Sichtung der Entscheidungen zum Indienstnahmephänomen vorzunehmen, um hier gewonnene Erkenntnisse auf die spezielle Untersuchungsmaterie anzuwenden. Die Legitimation der Indienstnahme Privater zur Erledigung öffentlicher Aufgaben steht bereits seit der Ausgangsentscheidung des BVerfG zur Couponsteuer im Jahr 1967 und der nachfolgenden Leitentscheidung zur Erdölbevorratung im Jahr 1971 im Fokus der Rechtsprechung.229 Die Rechtsprechung hat sich, an diesen Entscheidungen orientierend, stetig bereichsspezifisch fortentwickelt.230 So ergingen beispielsweise Entscheidungen im Rahmen der Indienstnahme von Arbeitgebern für die Abführung der Lohnsteuer, der Kirchenlohnsteuer, der Sozialbeiträge und der vormals geplanten Auszahlung des Kindergelds.231 Als neuere Entscheidung zur Indienstnahme gilt insbesondere die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung nach § 113a TKG.232 In der Folge werden die grundlegenden Judikate zur Couponsteuer und Erdölbevorratung skizziert. Hiernach wird die Entscheidung zur Vorratsdaten 228

Auch das FATCA-Regime wurde nach jetzigem Kenntnisstand noch keiner gerichtlichen Prüfung unterzogen. Siehe auch aus Sicht der Kontoinhaber Teil 5 A. I. 229 Zur Cuponsteuer BVerfGE 22, 380, zur Erdölbervorratung BVerfGE 30, 292; vgl. ausführliche Schilderung der Judikatur m. w. N. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 16 ff. sowie bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 53 ff., welcher die Inpflichtnahme als materielle Privatisierung einordnet und damit die Gesamtverantwortung beim Indienstgenommenen sieht. 230 Vgl. bspw. Pflicht zur Erstellung von Sachverständigengutachten, BVerfGE 33, 240 ff.; Bestellung eines Pflichtverteidigers, BVerfGE 39, 238 ff.; 110, 226 ff.; Entgelt für die Tätigkeit als Vormund BVerfGE 54, 251 ff.; Schwerbehindertenabgabe, BVerfGE 57, 139 ff.; Beförderungspflicht von Schwebehinderten oder Auszubildenden, BVerfGE 68, 155 ff.; Pflicht zum Druck von Warnhinweisen auf Tabakerzeugnissen, BVerfGE 95, 173 ff. Vgl. m. w. N. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 23 ff., welcher auch in der Anwaltsvormundschaft eine Indienstnahme erblickt. 231 Vgl. Lohnsteuer BFHE 77, 408; BVerfGE, 25, 101 (105 ff.); FG Hamburg, Beschluss v. 17.12.1975 – III 111/75, EFG 1976, 134; Kirchenlohnsteuer BFHE 75, 584; BFH, Beschluss v. 17.08.1962 – VI R 277/57; BVerfGE 19, 226; 44, 103; Nichtannahmebeschluss, Kindergeldauszahlung durch den Arbeitgeber, BMF, Stellungnahme in BVerfG v. 23.11,1976 – 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108 (114), im Anschluss an BVerfG v.14.12.1965 – 1 BvL 31, 32/62, BVerfGE 19, 226 (240). 232 BVerfG 125, 260 (361).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

speicherung, als Beispiel für eine Indienstnahme mit Pflichteninhalt zur Datenverarbeitung, im entsprechenden Rahmen thematisiert. Abschließend wird auf die bereits ergangenen Entscheidungen speziell zur Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche eingegangen. 1. Ausgangsentscheidung Couponsteuer Mit dem Couponsteuerurteil legte das BVerfGE im Wege der historischen Auslegung die Grundlage für den anwendbaren Legitimationsmaßstab der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG und verneint damit die Prüfung anhand des Verbots der Zwangsarbeit nach Art. 12 Abs. 2 GG.233 Nach Auffassung des Gerichts war die durch das Gesetz vorgesehene Einbehaltung und Abführung von Kapitalerträgen durch Banken bei Auszahlung an ausländisch steuerlich Ansässige eine vernünftige Erwägung des Gemeinwohls und wirtschafts- und währungspolitisch zur Vermeidung des ungewollten Kapitalimports geboten.234 Ebenso galt dem Gericht die Indienstnahme als zumutbar, da sie sich an das Bankgeschäft anlehne und keine vertiefenden steuerrechtlichen Anwendungshandlungen voraussetze.235 Die vom Beschwerdeführer als in der Praxis schwierig umsetzbar dargestellte Erfassung der Auslandseigenschaft des Depotinhabers könne ohne weitere Schwierigkeiten den ohnehin zu erstellenden Depotvermerken entnommen werden.236 Auch wurde ein möglicher Eingriff in den durch Art. 14 GG gewährten Eigentumsschutz verneint.237 Der mit der Indienstnahme verbundene geringfüge Rentabilitätsverlust erreichte nach Ansicht des Gerichts nicht das Niveau einer Betriebsmittelbindung von so ausschlaggebendem Gewicht, dass er sich auf den Gesamtgewinn auschlaggebend ausgewirkt hätte.238 Erwägungen bezüglich einer Entgeltregelung nahm das Gericht nicht vor. 2. Leitentscheidung Erdölbevorratung Erst in der auf das Couponsteuerurteil bezugnehmenden Leitentscheidung zur Erdölbevorratung formulierte das BVerfG grundlegende Aussagen zur Indienstnahme Privater.239 Im Streitfall wurden Erdölerzeuger- und Importeure zu einer 233

BVerfGE 22, 380 (383); zum anwendbaren Legitimationsmaßstab siehe auch Teil 4 E. III. 2.  234 BVerfGE 22, 380 (384); mit Verweis auf 7, 377 (405). 235 Das Gericht sprich im Urteil noch von einer „Inanspruchnahme“, vgl. BVerfGE 22, 380 (383); materielle Auswirkungen hat diese Terminologie jedoch nicht, vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S.16. 236 BVerfGE 22, 380 (385 f.). 237 BVerfGE 22, 380 (386). 238 BVerfGE 22, 380 (386 f.). 239 BVerfGE 30, 292, mit Hinweis in (312) auf BVerfGE 22, 380 (383).

D. Generell zur Legitimation der Indienstnahme 

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gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbevorratung verpflichtet. Dies diente der Abmilderung einer, mit der deutschen Einfuhrabhängigkeit verbundenen, wirtschaftlichen Gefahr vorübergehender Unterbrechungen der Einfuhrströme.240 Das BVerfG erkannte in dieser Pflichtenauferlegung wirtschaftliche Maßnahmen, die nur durch private Unternehmertätigkeit ausgefüllt werden können. Diese gehörten zur üblichen wirtschaftlichen Betätigung der betroffenen Unternehmen, stellten jedoch generell einen grundrechtlichen Eingriff dar.241 Als Schranke der Indienstnahme und des damit verbundenen Kostenersatzes sah das Gericht allgemein zuvorderst die Grundrechte, insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG, aber auch Art. 14 GG.242 Die Sicherheit der Energieversorgung stufte das BVerfG als absolutes Gemeinschaftsgut mit höchstem Rang ein.243 Ein mit gewissen Grenzen versehenes Opfer der Mineralölwirtschaft war infolgedessen zumutbar.244 Auch in diesem Judikat ging das BVerfG nicht ausführlich auf die Frage des Kostenausgleichs ein.245 Jedoch verwies es auf die Möglichkeit der Abwälzung der mit der Bevorratungspflicht verbundenen Mehrkosten auf den Endverbraucher, situationsbedingt und nach variabler Marktlage.246 Die Indienstnahme an sich sah das BVerfG damit als verfassungsgemäß an.247 Für die Gruppe „unabhängiger Importeure“ hingegen vertrat das Gericht die Ansicht, dass, trotz genereller Verhältnismäßigkeit der Indienstnahme, der Gleichheitssatz verletzt sei.248 Aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG leitete das Gericht ab, dass diese abgrenzbare Gruppe ohne zureichende sachliche Gründe strukturell bedingt in ihrer Wettbewerbsfähigkeit unverhältnismäßig eingeschränkt sei.249 Der Gesetzgeber habe hierfür einen Ausgleich, beispielsweise durch Härtefallregelungen, zu schaffen.250 Art und Weise dieser Ausgestaltung stehe hierbei im gesetzgeberischen Spielraum.251 Entgegen der Couponentscheidung ging das Gericht hier tiefer in die Untersuchung der Eigentumsgarantie und grenzte diese nach der gängigen Methode ab. Art. 14 Abs. 1 GG schütze das Erworbene als Ergebnis der Betätigung, hingegen stelle Art. 12 Abs. 1 GG auf die Betätigung und damit auch die auf die Zukunft gerich 240

Ausführlich zum Gesetzeszweck BVerfGE 30, 292 (317 ff.). BVerfGE 30, 292 (311 f.); a. A. Palewa, Die Verfassungsmäßigkeit der Indienstnahme Privater, 1978, S. 64 ff., welcher von einer, den Grundrechtsschutz blockierenden, Zwangspartnerschaft ausgeht. 242 BVerfGE 30, 292 (311). 243 Ebd., 292 (323). 244 Ebd., 292 (325 f.). 245 Hierzu Selmer, in: Emmerich / ​Lukes, Die Sicherheit der Energieversorgung, 1974, S. 5 (23 f.). 246 BVerfGE 30, 292 (326). 247 A. A. Isensee, FS Ipsen, 1977, S. 409 (423), welcher in der Abwälzung von Dienstleistungspflichten auf Privatunternehmer zur Schonung staatlicher Sach- und Finanzmittel einen „Rückfall in vorsteuerliche Methoden“ sieht. 248 BVerfGE 30, 292 (327, 330 ff.). 249 BVerfGE 30, 292 (330 ff.). 250 Ebd., 292 (332 f.). 251 Ebd., 292 (332 ff.). 241

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

teten Chancen und Verdienstmöglichkeiten ab.252 Die vorliegende Indienstnahme zur Erdölbevorratung betrachtete das Gericht als „Inanspruchnahme spezifischer Unternehmensfunktionen“ und qualifizierte es als Eingriff in die individuelle Erwerbs- und Leistungsfähigkeit und nicht in die objektbezogene Verwendung vorhandener Vermögensgüter.253 Art. 14 Art. 1 GG sei mithin nicht berührt. Diese Leitentscheidung ebnete den Weg für die folgenden Judikate zur Indienstnahme, indem sie den generellen Prüfmaßstab der Grundrechte, speziell Art. 12 Abs. 1 GG, auch unter Heranziehung des Gleichheitssatzes, aufzeigte und damit an das Couponsteuerurteil anknüpfte.254 Gleichzeitig verneinte das Gericht eine pauschalisierte Betrachtungsweise, sondern verfolgte eine zwingend bereichsspezifische Analyse der unterschiedlich ausgestalteten Indienstnahmen. Auch wenn sich das Gericht nicht eingehend zum Kostenersatz äußerte, traf es Aussagen zur möglichen Kostenabwälzung auf den Endverbraucher.255 3. Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung Eine jüngere bereichsspezifische Entwicklung von Indienstnahmeverhältnissen zeigte sich im Telekommunikationssektor. Für einen Vergleich zur Indienstnahme nach dem FKAustG bieten sich besonders Indienstnahmeverhältnissen an, welche eine Speicherung und Übermittlung von personenbezogenen Daten als Pflichteninhalt aufweisen. In der hier vorliegenden Leitentscheidung vom 2. März 2010 stand eine sechsmonatige, vorsorgliche und anlasslose Speicherung sowie Übermittlung von Telekommunikationsverkehrsdaten durch private Dienstanbieter auf dem Prüfstand.256 Diese Speicherungs- und Übermittlungspflichten wurden aufgrund der Richtlinie 2006/24/EG257 mittels §§ 113a und 113b S. 1 HS. 1 TKG258 252 Ebd., 292 (335) mit Verweis auf Wittig, in: FS Gebhard Müller, 1970, S. 575 ff. (590); vgl. etwa auch Breuer, Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 170, Rn. 130; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12 Rn. 196 f.; ausführlich Lerche, in: FS R. Schmidt, 2006, S. 377 ff. (379 ff.). 253 Ebd., 292 (334 ff.), vgl. hierzu auch Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 14, Rn. 130 ff., 149. 254 Siehe zum Couponsteuerurteil Teil 4 II. 1.  255 Damit ist außerdem auch indirekt auf die Fragestellung eingegangen wurden, eine Indienstnahme ohne Kostenersatz sei per se nicht verfassungsgemäß, vgl. Scholz, ArchivPT 1995, S. 169 ff. (182, 188). Zur weiteren Analyse des Urteils auch Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S.21 f., 23. 256 BVerfGE 125, 260; a. A. Braun, K&R 2009, 386 ff., welcher in Anlehnung an Ossenbühl und Gallwas (vgl. Teil 4 E. III. 1.) eine zweistufige Prüfung nach der Legitimation der Indienstnahme und der Kostentragung vornimmt und in der entschädigungslose Indienstnahme einen Verstoß gegen den Grundsatz gerechter Lastenverteilung sieht. Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Indienstnahme nach den früheren TKG Regelungen siehe v. Hammerstein, MMK 2004, 222 ff.; Kube / ​Schütze, CR 2003 663 (665 ff.). 257 Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15. März 2006, ABl L 105 vom 13. April 2006, S. 54. 258 Telekommunikationsgesetz in der Fassung des Art. 2 Nr. 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198). Die zu-

D. Generell zur Legitimation der Indienstnahme 

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in deutsches Recht überführt.259 Eine der Beschwerdeführerinnen war ein Anonymisierungsunternehmen, welches in der Indienstnahme zur Speicherung und Übermittlung von Telekommunikationsverkehrsdaten eine unverhältnismäßige Berufsausübungsbeschränkung sah.260 Das Gericht hielt die Indienstnahme des Anonymisierungsunternehmens für mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.261 Die nach § 113a TKG geregelte Speicherungs- und die in § 113b S. 1 HS. 1 TKG enthaltene Übermittlungspflicht waren nach Ansicht des BVerfG technische Maßgaben für die Erbringung von Telekommunikationsdiensten und damit Eingriffe mit berufsregelnder Tendenz. Der Argumentation der Beschwerdeführerin, ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit liege vor, da eine endgültige Anonymisierung nicht mehr angeboten werden könne und die Berufsausübung faktisch unmöglich gemacht würde, folgte das Gericht damit nicht.262 Anonymisierungsdienste können ihren Nutzern weiterhin ihre Dienste anbieten.263 Ohne Identifizierungsmöglichkeit der IP-Adresse könnten die Kunden im Internet surfen und sich beispielsweise vor Hackerangriffen schützen. Nicht jedoch  – soweit die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen  – könne ein Schutz vor staatlichen Ermittlungstätigkeiten bestehen.264 Diese Personengruppe, welche Anonymisierungsdienste für schwere Straftaten nutzen, versuche das Gesetz aufzuspüren, denn es diene der Zielsetzung einer Effektivierung der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und der Aufgaben der Geheimdienste.265 Diese vernünftigen Gründe des Allgemeinwohls wurden durch die Speicherungs- und Übermittlungspflicht nicht unverhältnismäßig durchgesetzt. Begründet wurde dies durch die sich bereits aus dem Gegenstand der angebotenen Dienste ergebenden Speicherungen und anspruchsvollen organisatorischen Anforderungen zur Gewährleistung von Datensicherheit.266 Diese entstanden nicht erst mit der Speicherungspflicht des § 113a TKG neu. Auch die Kostentragung der auferlegten Maßnahmen sah das BVerfG als verhältnismäßig an und verwies auf die im gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum bestehende Möglichkeit, Pflichten zur Sicherstellung von Gemeinwohlbelangen Privaten im Rahmen ihrer Berufstätigkeit aufzuerlegen.267 Wichtig grunde liegende Richtlinie wurde vom EuGH für ungültig erklärt Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights). 259 Vertiefend zur Datenspeicherung und Übermittlung nach dem TKG siehe Roßnagel, in: Geppert / ​Schütz, TKG-Kommentar, TKG § 113a, § 113b. 260 BVerfGE 125, 260 (282). 261 BVerfGE 125, 260 (358). 262 BVerfGE 125, 260 (282, 358 f.). 263 BVerfGE 125, 260 (359). 264 Ebd. 265 BVerfGE 125, 260 (360). 266 BVerfGE 125, 260 (361). 267 Danach gibt es keine „kategorische Trennung von ‚Staatsaufgaben‘ und ‚privaten Aufgaben‘ mit der Folge der grundsätzlichen Unzulässigkeit einer Indienstnahme für Gemeinwohlzwecke von Privaten auf deren Kosten lässt sich der Verfassung nicht entnehmen“, BVerfGE 125, 260 (361); mit Verweis auf BVerfGE 109, 64 (85). Das TKG enthält u. a. klare Kostentragungsregelungen in § 112 Abs. 5 S. 2 TKG und § 111 Abs. 5 TKG. Zuvor wurde auch die

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sei danach nur eine Sach- und Verantwortungsbeziehung zum Pflichteninhalt, nicht jedoch ein konkretes Verschulden für sich aus der beruflichen Tätigkeit unmittelbar ergebender Gefahren.268 Die Kosten könnten zudem an den Markt weitergegeben werden.269 Eine Notwendigkeit für Härtefallregelungen i. S. d. § 113a Abs. 2 TKG hinsichtlich besonderer Fallgruppen konnte die Beschwerdeführerin nicht begründen.270 Insoweit war die Auferlegung der spezifischen Pflichten nach dem TKG in technisch-organisatorischer Hinsicht nicht unverhältnismäßig und die Indienstnahme verfassungsgemäß. In diesem Judikat wendete das BVerfG die bereits generell entwickelten Aussagen zur Indienstnahme auf die bereichsspezifische Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung an. So sei die Verarbeitung, Speicherung und Übermittlung von Kundendaten für öffentliche Zwecke eine unter den Klassifikationsbegriff fallende Indienstnahme der Telekommunikationsindustrie. Neben der generellen Zulässigkeit der entschädigungslosen Indienstnahme aufgrund einer Sach- und Verantwortungsbeziehung für vernünftige Zwecke des Allgemeinwohls, bestätigte das Gericht die Möglichkeit der Kostenweiterreichung an den Markt. Die Sach- und Verantwortungsbeziehung leitete das Gericht aus den bereits bestehenden Speicherungsvorgängen für eigene Zwecke ab und verweist auf die ohnehin einzuhaltenden Anforderungen zur Gewährleistung von Datensicherheit. Darüber hinaus sei die Nutzung von neuen Chancen der Telekommunikationstechnik zur Gewinnerzielung auch mit Sicherheitsrisiken verbunden. Letztere stünden in so engem Zusammenhang mit der Dienstleistung, dass ihre Vermeidung nur durch den in

Frage der Kostentragung zur Einrichtung von Vorkehrungen für Überwachungs- und Vorratsdatenspeicherungsmaßnahmen durch das VG Berlin angezweifelt, VG Berlin Beschluss v. 02.07.2008 – Az.: VG 27 A 3.07; VG Berlin Beschluss v. 16.01.2009 – 27 A 331.08; die BVerfG Vorlage wurde jedoch aufgrund unzureichender Belege der entstehenden Kosten nicht angenommen, BVerfG Beschl. v. 02.07.2008 – Az.: VG 27 A 3.07; gleichzeitig im Paralellverfahren das OVG Berlin-Brandenburg, 02.12.2009 – 11 S 9.09, was die Kostentragung – leider ohne große weitere Begründung – aufgrund der Sach- und Verantwortungsnähe gerechtfertigt sieht. 268 BVerfGE 125, 260 (361 f.) „Dabei ist der Gesetzgeber nicht darauf beschränkt, Private nur dann in Dienst zu nehmen, wenn ihre berufliche Tätigkeit unmittelbar Gefahren aus­lösen kann oder sie hinsichtlich dieser Gefahren unmittelbar ein Verschulden trifft. Vielmehr reicht insoweit eine hinreichende Sach- und Verantwortungsnähe zwischen der beruflichen Tätigkeit und der auferlegten Verpflichtung. […] So wie die Telekommunikationsunternehmen die neuen Chancen der Telekommunikationstechnik zur Gewinnerzielung nutzen können, müssen sie auch die Kosten für die Eingehung der neuen Sicherheitsrisiken, die mit der Telekommunikation verbunden sind, übernehmen und in ihren Preisen verarbeiten. Die den Unternehmen auferlegten Pflichten stehen in engem Zusammenhang mit den von ihnen erbrachten Dienstleistungen und können als solche nur von ihnen selbst erbracht werden.“; mit Verweis auf BVerfGE 95, 173 (187). 269 Vgl. BVerfGE 125, 260 (361 f.): „Grundsätzlich kann er Lasten und Maßnahmen zur Wahrung von Gemeinwohlbelangen, die als Folge kommerzieller Aktivitäten regelungsbedürftig sind, den entsprechenden Marktakteuren auferlegen, um die damit verbundenen Kosten auf diese Weise in den Markt und den Marktpreis zu integrieren.“ 270 BVerfGE 125, 260 (362 f.).

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Dienst Genommenen als Dienstleistungserbringer selbst erbracht werden kann.271 Ähnliche Argumentationsstruktur wird später auch für die Pflicht zur Datenverarbeitung nach dem FKAustG mutatis mutandis angelegt werden können.272 4. Judikate zur Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche Nachdem mit dem Judikat zur Vorratsdatenspeicherung eine dem Pflichteninhalt nach sachlich vergleichbare Indienstnahme zum FKAustG erörtert worden ist, sind nunmehr Judikaten aufzuzeigen, die persönliche Vergleichspunkte – die Indienstnahmen der Finanzdienstleistungsbranche – aufzeigen. In diesem Zusammenhang ist die bereits erörterte Ausgangsentscheidung zur Couponsteuer von 1967 einzuordnen.273 Hieran anknüpfend ist die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Pflicht zur Ausstellung von Freistellungsaufträgen durch die Kreditinstitute anzuführen. Das Bundesverfassungsgericht hatte hier die Verfassungsbeschwerde einer Volksbank gegen die zuvor ergangene Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1997 nicht zur Entscheidung angenommen und stattdessen die Aussage des BGH bekräftigt.274 Die Beklagte hatte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Gebühr für die Ausstellung von Freistellungsaufträgen erhoben.275 Der BGH hielt dies für rechtswidrig. Es gehöre zu den Grundsätzen unserer Rechtsordnung, dass Aufwendungen, die dem Indienstgenommenen durch die Erfüllung seiner dem Staat gegenüber bestehenden Pflichten erwachsen, nicht nach dem Verursacherprinzip offen auf die Kunden abgewälzt werden können.276 Sie seien vielmehr als Teil der Gemeinkosten durch den Indienstgenommenen selbst zu tragen und, wie andere Gemeinkosten auch, nur durch die im freien Wettbewerb erzielbaren Leistungspreise auszugleichen.277 Dieses BGH-Urteil und die darauffolgende Bestätigung durch das BVerfG trafen nicht nur generelle Aussagen über die Rechtmäßigkeit von Bankgebühren, sondern bestätigten auch die Recht-

271

BVerfGE 125, 260 (362). Siehe hierzu Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (d). 273 BVerfGE 22, 380 (383); vgl. Teil 4 D. II. 1.  274 BVerfG, 28.08.2000  – 1 BvR 1821/97, WM 2000, 2040 ff.; zuvor BGH, Urteil vom 15.07.1997 – XI ZR 269/96, NJW 1997, 2752 f.; zur Funktionsweise von Freistellungsaufträgen siehe Teil 4 A. IV. sowie Rhodius / ​L ofing, Kapitalertragsteuer und Abgeltungsteuer verstehen, 5. Aufl., 2019, S. 190 ff.; siehe ebenso Hey, FR 1998, 497 (505 f.), welche die Austellungspflicht von Freistellungsaufträgen mit Art. 14 GG für unvereinbar hält sowie Geurts, DB 1997, 1997 ff., welcher die Banken als Beliehene einstuft und hieraus einen Kostenersatzanspruch ableitet. 275 Im die AGB ergänzenden Preisaushang hieß es unter „Sonstiges“: „Verwaltung Freistellungsauftrag 12,00 DM pro Jahr.“ 276 BVerfG, 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, WM 2000, 2040 (2041); zuvor BGH, Urteil vom 15.07.1997 – XI ZR 269/96, NJW 1997, 2752 (2753). 277 Ebd. 272

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

sprechung zur Entschädigungsleistung bei Indienstnahmen.278 Wie bereits zuvor in der Leitentscheidung zur Erdölbevorratung war ein genereller Anspruch auf Kostenerstattung für die Erfüllung von Pflichten durch Private nicht ersichtlich.279 Die Einspeisung der Kosten in den Markt – ohne sie dabei als gebührenpflichtige Dienstleistung zu etikettieren – erkannte die Rechtsprechung hingegen an.280 Als weitere Entscheidungen im Rahmen der Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche ist eine Kette von Entscheidungen zu nennen, welche sich mit dem Umgang von Guthaben Verstorbener auseinandersetzten.281 Nach § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI282 sind Finanzinstitute gesetzlich verpflichtet, Rentenleistungen nach dem Tod des Versicherten zurückzuüberweisen, denn diese Rentenleistungen werden lediglich unter Vorbehalt erbracht. Die Geldinstitute dürfen den zu viel überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden. Die Indienstnahme der Kreditinstitute liegt hierbei in der unentgeltlichen Rücküberweisung der Rentenzahlung an den Rentenversicherungsträger. In keiner der Entscheidungen zur Rücküberweisungspflicht ging das Gericht auf die Indienstnahme als solche ein. Streitgegenständlich war nicht die gesetzlich verankerte Rücküberweisungspflicht selbst, sondern vielmehr der Zeitpunkt, ab dem sich die Banken auf anderweitige Verfügungen gegenüber den Rentenversicherungsträgern berufen können. Die Indienstnahme zur Rücküberweisung sei mit diesem Zeitpunkt auflösend bedingt. Mithin ging es um den zeitlichen Anwendungsbereich des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI. Einzig die Kostenrückerstattungsfrage für die übernommene öffentliche Pflicht wurde ausdrücklich in der BSG-Entscheidung von 2001 thematisiert.283 Auch hier wurde allerdings entschieden, dass die Finanzinstitute ihrer Pflicht unentgeltlich für den Allgemeinwohlzweck nachkommen müssen.284

278 Zur Frage der Erhebung von Bankgebühren allgemein und mit Verweis auf die Entscheidungen zu den Freistellungsaufträgen Nobbe, WM 2008, 185 (189); zur Kostentragung auch Geurts, DB 1997, 1997 (1999 ff.). 279 Vgl. BVerfGE 30, 292 (326 ff.) mit Verweis auf BVerfGE 14, 76 (95 ff.); 27, 375 (384), besonders „Eine allgemeine Pflicht des Gesetzgebers, die Adressaten öffentlicher Lasten durch positive Maßnahmen vor Rentabilitätsminderungen zu schützen, lässt sich dem Verfassungsrecht nicht entnehmen.“ 280 BVerfG, 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, WM 2000, 2040 (2041); zuvor BGH, Urteil vom 15.07.1997 – XI ZR 269/96, NJW 1997, 2752 (2753); vorher BVerfGE 30, 292 (326). 281 BSG, 04.08.1998 – B 4 RA 72/97 R, WM 2000, 1847 ff.; BSG, 09.12.1998 – B 9 V 48/97 R, BSGE 83, 176 ff.; BSG, 20.12.2001 – B 4 RA 126/00, WM 2002, 2144 ff.; BSG, 26.04.2007 – B 4 R 89/06 R, WM 2007, 2232 ff.; BSG 29.11.2007 – B 13 RJ 40/05 R, WM 2008, 629; BSG, 13.11.2008 – B 13 R 27/08 S BSG, WM 2009, 449 ff.; BSG 03.06.2009 – B 5 R 120/07 R, BSGE 103, 206 ff.; BSG, 24.02.2016 – B 13 R 22/15 R, BeckRS 2016, 69346 ff. 282 Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.02.2002 (BGBl. I S. 754, 1404, 3384), das zuletzt durch Art. 7 des Gesetzes vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2517) geändert worden ist. 283 BSG, 20.12.2001 – B 4 RA 126/00, WM 2002, 2144 (2145). 284 Ebd.

D. Generell zur Legitimation der Indienstnahme 

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Nur am Rande gab die BVerfG-Entscheidung zum automatisierten Konten­abruf abschließenden Aufschluss über die generelle Legitimation der Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche.285 Bei dem automatisierten Kontenabruf sind Finanzinstitute in die Pflicht genommen, nach § 24c Abs. 1 KWG, i. V. m. § 93b Abs. 1 AO eine Kontendatenstammdatei für behördliche Abrufe zu führen.286 Die Beschwerdeführerin wendete sich im Verfahren jedoch ausdrücklich nicht gegen die Indienstnahme als solche, sondern gegen die Verletzung ihres Rechts auf infor­mationelle Selbstbestimmung, welches sich bei juristischen Personen seinem Wesen nach aus Art. 19 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG ergibt.287 Auch die Kostentragungspflicht für das Kontenabrufverfahren nach § 24c Abs. 5 S. 1 KWG wurde von der Beschwerdeführerin nicht angegriffen und war ausweislich der Urteilsbegründung nicht Gegenstand des Verfahrens.288 Gemeinsam ist den Entscheidungen zur Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche, in Anlehnung an die Rechtsprechungen zur Indienstnahme anderer Wirtschaftssektoren, dass eine Sach- und Verantwortungsbeziehung zur übernom­ menen Tätigkeit bestehen muss.289 In diesem Zusammenhang ist die Verpflichtung zu einer zumindest „berufsnahen“ Tätigkeit ausreichend, um sie als zumutbar anzuerkennen. Bereichsspezifisch wird die Nähe der Finanzinstitute zu Zahlungsund Kundendaten für verschiedene Arten der Indienstnahmen attraktiv und deren Zumutbarkeit aufgrund ohnehin an die „übliche Banktätigkeit anlehnend“290

285

BVerfGE 118, 168 (202 ff.). Siehe vertiefend zur Funktionsweise des Kontenabrufs, Teil 4 A. II. 287 BVerfGE 118, 168 (202 f.); obwohl nicht vorgebracht, erkennt das Gericht einen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG durch die „Inpflichtnahme“ beiläufig an, BVerfGE 118, 168 (202). Für das Vorbringen der Beschwerdeführerin sah das Gericht jedoch bereits den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht eröffnet. „Die in den angegriffenen Normen vorgesehene Erfassung von Kontostammdaten gefährdet die wirtschaftliche Verhaltensfreiheit eines Kreditinstituts, wegen dessen Kunden die Abrufe durchgeführt werden, grundsätzlich nicht. […] Zwar kann ein Kreditinstitut ein Interesse daran haben, seine Geschäftsbeziehungen zu bestimmten Kunden geheim zu halten. Dieses Geheimhaltungsinteresse ist jedoch nur insoweit grundrechtlich geschützt, als seine Beeinträchtigung auf die eigene wirtschaftliche Tätigkeit des Kreditinstituts zurückwirken kann. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, soweit – wie hier – die Geschäftsbeziehungen allein im Rahmen von Ermittlungen zur Kenntnis genommen werden, die sich gegen die Kunden richten.“, BVerfGE 118, 168 (204 f.). 288 Hierzu die Untersuchung von Hoffmann, WM 2010, 193 (196 ff.). 289 Vgl. zur Erdölbevorratung BVerfGE 30, 292 (326 f.) „Jedenfalls ist sie dort nicht anzuerkennen, wo – wie im vorliegenden Fall – die betroffenen Unternehmen ihre privatwirtschaftliche Tätigkeit von Anfang an auf ein Gebiet erstreckt haben, dem Gefahrensituationen, wie sie das Gesetz bewältigen will, von Natur aus nicht fremd sind.“; zur Couponsteuer BVerfGE 22, 380 (385) „Diese Inanspruchnahme ist jedoch erträglich, zumal sie sich an die übliche Banktätigkeit anlehnt.“ Hierzu auch im Hinblick auf die geldwäscherechtliche Verdachtsanzeige kritisch Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (208). 290 BVerfGE 22, 380 (385); vgl. ebenso Breuer, Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 286

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

unterstellt.291 Eine Kostenerstattung des Staates für die verschiedenen Indienstnahmen wurde in keiner der erörterten Entscheidung zugebilligt, sondern ist nach Aussagen der Gerichte im freien Wettbewerb durch erzielbare Leistungspreise zu erwirtschaften.292

III. Ansicht der Literatur Die Resonanz der Staats- und Verwaltungsrechtslehre zur Figur der Indienstnahme ist eindrucksvoll. Seit Ipsens „Entdeckung“ im Jahre 1950 hat sich die Lehre verschiedenen Problemstellungen gestellt.293 Angefangen mit der Suche nach gemeinsamen Merkmalen zur Bildung einer Klassifikationsfigur bis zur Frage der Legitimation der Indienstnahme und schließlich auch der Möglichkeit einer etwaigen Kostenerstattung befasst sich die Literatur über verschiedene Bereiche hinweg mit der Thematik. Die Erforschung der Klassifikationsfigur mit deren Merkmalsexplikation sowie deren Einbettung in das Privatisierungsgefüge wird von der Lehre ausführlich vorgenommen, soll hier jedoch nicht als vollständiges Meinungsbild wiedergegeben werden, sondern problemspezifisch in den Verlauf der Untersuchung einfließen.294 Ausgiebig Stellung nimmt die Lehre überdies zu der Frage der Legitimation der Indienstnahme, wobei auch die Frage an den richtigen Legitimationsmaßstab und die durchzuführende Prüfungsreihenfolge thematisiert wird.295 Grundfall für zahlreiche Legitimationsuntersuchungen bildet zumeist die Indienstnahme priva 291

Bspw. ist die Auslandseigenschaft bei Depotvermerken ohnehin zu erfassen, vgl. BVerfGE 22, 380 (385 f.) „So kann die Bank anhand der Depotvermerke und sonstiger bei der Depoteröffnung angelegter Unterlagen grundsätzlich ohne besondere Schwierigkeiten feststellen, ob der Gläubiger in seiner Person die Merkmale aufweist, an welche die Kapitalertragsteuerpflicht anknüpft. Eine darüber hinaus reichende Ermittlungspflicht obliegt den Kreditinstituten grundsätzlich nicht.“ 292 Vgl. BSG, 20.12.2001 – B 4 RA 126/00, WM 2002, 2144 (2145); BVerfG, 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, WM 2000, 2040 (2041); zuvor BGH, Urteil vom 15.07.1997 – XI ZR 269/96, NJW 1997, 2752 (2753); vorher BVerfGE 30, 292 (326). 293 Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 ff.; Zusammenschau an Literatur bei Jani, Die partielle verwaltungsrechtliche Inpflichtnahme Privater zu Handlungs- und Leistungspflicht, 1992, S. 61 ff.; sowie bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 28 ff. 294 Es wird auf die Ausführungen in Teil 4 C. II. verwiesen und auf die dort vorgenommenen Zitierungen, vgl. auch der Überblick bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 28 29 ff. 295 Siehe ausführlich zum Legitimationsmaßstab und der Prüfungsfolge m. w. N. Teil 4 E. III. 1. sowie Teil 4 E. III. 2.; zur Indienstnahme als steuergleiche Wirkung ohne jegliches Rechtfertigungsbedürfnis Geißler, Der Unternehmer im Dienste des Steuerstaates, 2001, S. 210 m. w. N.; sowie Breithecker / ​Garden / ​T hönnes, DStR 2007, 361 ff.; a. A. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 200, welcher zu Recht die Indienstnahme nicht einer Steuer gleichsetzt, da es nach § 3 AO für die Qualifizierung als Steuer stets einer Geldleistung bedarf.

D. Generell zur Legitimation der Indienstnahme 

125

ter Arbeitgeber für die Lohnsteuerabführung.296 Der weit überwiegende Teil der Literatur hält einen Befund zur Legitimation der Indienstnahme – trotz der von der Rechtsprechung befundenen „an sich zulässigen“ Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben – für nicht einheitlich durchführbar.297 Vielmehr kann die Verfassungsmäßigkeit lediglich bereichsspezifisch und anhand der konkreten Ausgestaltung der Indienstnahme beurteilt werden.298 Hieraus erschließt sich eine Verwendung des Indienstnahmebegriffs nicht als Legitimations-, sondern als reiner Klassifikationsterminus.299 Bereichsspezifisch erstreckt sich die Literatur vermehrt auf den Telekommunikations- oder Energiesektor.300 Neuere Publikationen im Bereich der Finanzdienst 296 Vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 133 ff.; Kirchhof, Die Erfüllungspflichten des Arbeitgebers im Lohnsteuerverfahren, 2005, S. 15 ff.; Heuermann, StuW 1999, 349 ff.; Riepen, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1967, S. 41 ff.; Schick, BB 1983, 1041 ff.; ders., Grundfragen des Lohnsteuerverfahrens, 1983, S. 3 ff.; Seer, Bochumer Lohnsteuertag 2004, 2005, S. 159 ff.; Hahn, NJW 1988, 20 (25 f.); auch zur Indienstnahme von Arbeitgebern für die Auszahlung des Kindergeldes vgl. der damalige Senatsvorsitzende Drenseck, StuW 2000, 452 (456); Depenheuer, BB 1996, 1218 ff.; Kanzler, FR 1996, 473 ff.; ders., in: DStJG 24 (2001), S. 417 (447 ff.); Lang, RdA 1999, 64 (67 f.); Schirra, Die Indienstnahme Privater im Lichte des Steuerstaatsprinzips, 2002, S. 21 f., 107 f.; Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 211, 146; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (187); Geißler, Der Unternehmer im Dienste des Steuerstaats, 2001, S. 73 ff.; Balmes, DStR 1997, 1309 ff. (insbes. 1311 ff.); Hoffmann, WM 2010, 193 (195). 297 BVerwG, 17.01.2003 – 5 B 261.02, NVwZ 20013, 866 (867), mit Verweis auf BVerfGE 68, 155 (170), dass die „Indienstnahme Privater zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe als eine verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Berufsausübungsregelung zu beurteilen ist, deren Zulässigkeit an Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG zu messen ist.“; hingegen zumindest eine nicht einheitliche Bewertung anerkennend BVerfGE 30, 292 (311); 44, 103 (104). 298 Zur bereichsspezifischen Betrachtungsweise bspw. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 184 ff., Albrecht, Die Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab 1995, S. 162 ff.; Palewa, Die Verfassungsmäßigkeit der Indienstnahme Privater, 1978, S. 68; Breuer, Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41; Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 134. 299 Vgl. auch Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 95 ff.; der dabei auf die Problematik einer Vermischung von Begriffsmerkmalen und Zulässigkeitskriterien bei der Sonderabgabenthematik verweist, a. A. Puhl, DStR 1991, 1173 (1175); befürwortend Waechter, VerwArch. 87 (1996), 68 (73). Generell hierzu auch Siekmann, in: Sachs, GG, Vor Art. 104a Rn. 152; Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 202. 300 Im Bereich der Telekommunikationsindustrie bspw. Strauß, Verfassungsfragen der Kostenabwälzung bei staatlichen Indienstnahmen Privater Unternehmen, 2009; Greenwalt, Die Indienstnahme privater Netzbetreiber bei der Telekommunikationsüberwachung in Deutschland, 2009; v. Hammerstein, MMR 2004, 222 ff.; Kelsczewski, in: FS Fezer, 2008, S. 19 (29 ff.) sowie zur Indienstnahme der Energiewirtschaft bspw. Ruttloff, NVwZ 2015, 1086; Wolfers / ​Wollenschläger, N&R 2013, 251 (253 ff.); Hofmann, EnWZ 2014, 51 ff.; de Wyl / ​Weise, IR 2013, 89 ff.; Beckmann, I+E 2013, 240 ff.; Britz / ​Müller, RdE 2003, 163 ff. (insbes. 169); Sailer / ​Kantenwein, in: Reshöft / ​Schäfermeier, Einl. EEG, Rn. 167; Ringel, Die wirtschaftliche Zumutbarkeit im Energierecht, 2011, S. 52 f.; Glaser, DVBl 2012, 1283 (1286 f.); Reiss / ​Haller / ​Schilling, NVwZ 2012, 592 (594 ff.).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

leistungsbranche sind im Vergleich eher gering.301 Hingegen untersuchen ältere Veröffentlichungen nach dem Grundsatzurteil zur Couponsteuer vorwiegend die Pflicht zur Einbehaltung der Kapitalertragsteuer.302 Zur konkreten Referenzmaterie, der Indienstnahme im Rahmen des automa­ tischen Informationsaustauschs für Steuerzwecke, haben bis jetzt nur Marquardt / ​ Betzinger eine Untersuchung vorgelegt.303 Sie halten die Informations- und Mitwirkungspflichten in Steuersachen für eine öffentliche Aufgabe, ebenso ist nach ihrer Ansicht die vorgelagerte Notwendigkeit zur Beschaffung von Informationen als öffentliche Aufgabe zu qualifizieren.304 Dabei messen sie die Indienstnahme an Art. 12 GG sowie an Art. 14 i. V. m. Art. 3 GG und gehen von einer grundsätzlich gerechtfertigten Indienstnahme aufgrund bestehender Vollzugsdefizite bei der Besteuerung von Kapitalerträgen aus.305 Sodann fokussieren sie die Kostenerstattungsfrage. Hier erläutern sie, dass es an einer gesteigerten Verantwortungsbeziehung der Finanzdienstleistungsbranche zum angestrebten Verwaltungsziel des Kampfs gegen Steuerhinterziehung – mit Ausnahme einiger vorsätzlich begangener Beihilfetaten von Bankmitarbeitern  – fehlt und auch eine Interessen­ kongruenz zwischen Finanzinstituten und Verwaltungsziel nicht ersichtlich ist.306 Da auch kein Gebührenprivileg in der bis dahin geltenden Gesetzgebung vorgesehen gewesen ist, sehen sie die erheblichen finanziellen Belastungen der betroffenen Finanzakteure außer Verhältnis zur generellen Gemeinwohlbindung und verlangen einen Kostenerstattungsanspruch.307

301

Zur Indienstnahme im Rahmen des automatisierten Kontenabrufs Hoffmann, WM 2010, 193 ff.; zur Indienstnahme im Rahmen des GWG und des Kontenabrufs Scherp, WM 2003, 1254 (1258 f.) sowie zur Indienstnahme für Auskunftsersuchen bei Finanzinstituten Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 23 ff.; Börner, DB 1981, 1655 ff.; zur Indienstnahme der Kreditinstitute für Researchaufgaben nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005. 302 Zur Indienstnahme der Finanzindustrie für den Kapitalertragsteuerabzug bspw. Hey, FR 1998, 497 (505 f.), welche die Austellungspflicht von Freistellungsaufträgen mit Art. 14 GG für unvereinbar halt; zur Indienstnahme der Versicherungsindustrie Drüen, DStR-Beih 2012, 85 ff.; siehe auch Geurts, DB 1997, 1997 ff., zur Indienstnahme für die Erteilung von Freistellungsaufträgen. 303 Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 ff.; die Untersuchung wurde zeitlich vor in Kraft treten der deutschen Regelungen des FKAustG durchgeführt und stützt sich auf den Informationsaustausch nach FATCA und die internationalen CRS Vorgaben. 304 Ebd. (3038). 305 Ebd. (3039) m. V. auf die Rechtsprechung zum Kontenabruf BVerfG, 22.03.2005 – 1 BvR 2357/04, BVerfGE 112, 284 sowie zu Spekulationsgeschäften BFH, 16.07.2002 – IX R 62/99, NJW 2003, 83. 306 Ebd. 307 Ebd.

D. Generell zur Legitimation der Indienstnahme 

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IV. Stellungnahme Insgesamt bleibt ein genereller Befund zur Legitimation der Indienstnahme bestehen. Sprechen die Gerichte und hieran anschließend auch der weit überwiegende Teil der Literatur von einer „an sich zulässigen Indienstnahme Priva­ ter für öffentliche Aufgaben“308, ist dennoch die spezielle Ausgestaltung der Pflichtenüber­tragung und deren tatsächliche Belastungsintensität im Verhältnis zum angestrebten Ziel im Einzelnen maßgebend.309 Dessen ungeachtet lassen sich grobe Parameter zur Bewertung der Legitimation einer Indienstnahme Privater herausbilden. So besteht die Notwendigkeit einer Sach- und Verantwortungsbeziehung des Indienstgenommenen zum angestrebten öffentlichen Zweck.310 Auch kann die Nähe der auferlegten Pflichten zur ohnehin ausgeübten beruflichen Tätigkeit die Schwelle des „noch zumutbaren“ auch bei hoher Eingriffsintensität deutlich heraufsetzen.311 Insbesondere die Zumutbarkeit einer Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche aufgrund eines ohnehin an die „übliche Banktätigkeit anlehnenden“312 Pflichteninhalts erscheint weitreichend.313 Im Bereich der Indienstnahme für die Datenverarbeitung wirkt die Notwendigkeit zur Umsetzung umfangreicher datenschutzrechtlicher Vorkehrungen ebenfalls als zumutbar, wenn der Private ohnehin zur Bearbeitung von Kundendaten Datenschutzvorgaben beachten muss.314 Die Frage der Kostenerstattung des Staats für eine Indienstnahme kann zunächst pauschal verneint werden, solange der Gesetzgeber nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht. Die Rechtsprechung geht generell davon aus, dass

308 BverfG, Beschluss v. 17.01.1977 – 1 BvR 33/76; BVerfGE 30, 292 (311); 44, 103 (104); die Zulässigkeit der Indienstnahme für weitgehend unumstritten hält auch das BSG, Urteil v. 22.03.1995 – 10 RKg 29/93, SozR 3–5870 § 20 BKGG 1996, 9 (12). 309 So ausführlich m. w. N. und Erläuterungen zur Rechtsprechung Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 184 ff. 310 Grundlegend zur Erdölbevorratung BVerfGE 30, 292 (326 f.); vgl. auch Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​Starck, GG, Art.  12 Abs.  1, Rn.  202. 311 Im Hinblick der Übernahme des „Sachnähekriteriums“ zur Sonderabgabendogmatik Manssen, in: Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 202; Puhl, DStR 1991, 1173 (1175); Waechter, VerwArch. 87 (1996), 68 (73). Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Indienstnahme nach den früheren TKG Regelungen siehe v. Hammerstein, MMK 2004, 222 (226 f.). 312 BVerfGE 22, 380 (385); vgl. ebenso Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 313 Bspw. ist die Auslandseigenschaft bei Depotvermerken ohnehin zu erfassen, vgl. BVerfGE 22, 380 (385 f.); bspw. auch zur Indienstnahme pharmazeutische Großhändler und Apotheker bei der Datenerfassung im Rahmen des Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG): „Die Abwicklungsregelungen sind auch nicht unzumutbar. Sie nutzen ein bestehendes System (§ 300 SGB V), sodass bei der Datenerfassung, -verarbeitung und -übermittlung nur Veränderungen oder geringfügige Erweiterungen erforderlich waren, nicht hingegen der belastendere Neuaufbau eines solchen Systems.“, BVerfGE 114, 196 (246); Generell zur Anlehnung an die unternehmerische Tätigkeit BVerfGE 22, 380 (386); 30, 292 (324); Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​ Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 202. 314 BVerfGE 125, 260 (361).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

die Kosten im freien Wettbewerb durch erzielbare Leistungspreise zu erwirtschaften sind.315 Bilden die voranstehend exzerpierten pauschalen Aussagen einen groben Rahmen für eine generelle Beurteilung der Legitimation einer Indienstnahme Privater für öffentliche Zwecke, erscheint der Befund nutzbarer Rechtsprechung und Literatur zum Thema der Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche im Speziellen allerdings eher dürftig. Wie beim Urteil zum Kontenabruf wird die Problematik teilweise nur am Rande von Entscheidungen thematisiert. Dies ist keineswegs ein Fehler der Gerichte, die an den „Ne-ultra-petit“ Grundsatz gebunden sind. Vielmehr sind es die Finanzinstitute, die sich, wohl auch aus politischen Gründen, oft nicht gegen die mittlerweile zahlreichen Indienstnahmen gerichtlich zur Wehr setzen. Ausgehend von dem Couponsteuerurteil und dem späteren Urteil zur Gebühr für Freistellungsaufträge scheint es, als ob sich der Finanzdienstleistungssektor mit einer generellen entschädigungslosen Indienstnahme für öffentliche Zwecke, insbesondere für Zwecke der Besteuerung von Kapitalerträgen, abgefunden habe. Führt man sich vor Augen, dass Finanzinstitute zunehmend gesetzlichen Verpflichtungen unterworfen sind, welche nicht nur die Regulierung des eigenen Geschäfts betreffen, sondern vermehrt Indienstnahmen für Angelegenheiten Dritter inkludieren, bleibt dennoch fraglich, wie lang diese Zurückhaltung noch anhalten wird.316 Abschließend geklärt ist die Frage der Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche für Steuerzwecke bei weitem nicht. Zwar entfalten das Couponsteuerurteil und das Urteil zur Gebühr für Freistellungsaufträge Mitte der 1990er-Jahre bereits früh eine Signalwirkung, seit diesen Entscheidungen haben die Indienstnahmen der Finanzdienstleistungsbranche in ihrer Gesamtheit an Quantität als auch an Qualität jedoch so erheblich zugenommen, sodass sich bis heute kein klares Ergebnis zur Legitimation der Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche für Steuerzwecke allgemein und nach dem FKAustG im Speziellen abzeichnet.317

315 Vgl. BSG, 20.12.2001 – B 4 RA 126/00, WM 2002, 2144 (2145); BVerfG, 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, WM 2000, 2040 (2041); zuvor BGH, Urteil vom 15.07.1997 – XI ZR 269/96, NJW 1997, 2752 (2753); vorher BVerfGE 30, 292 (326). 316 Von den zunehmenden Regulierungen das eigene Geschäfts betreffend (bspw. die Mindestkapitalanforderungen nach den Baselbestimmungen, vgl. Übersicht bei Schulte-Mattler, in: Boos / ​Fischer / ​Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, SolvV § 1 Rn. 1 ff.), werden Finanzinstituten ebenso vermehrt neue Pflichten zum Allgemeinwohl aufgelegt (bspw. ist seit 2016 das Basiskonto nach § 38 Gesetz über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen nunmehr zwingend anzubieten). 317 Vgl. auch zum Thema additive Grundrechtseingriffe Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (e).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs von Finanzkonteninformationen Ausgehend von der hier durchgeführten Subsumtion der Finanzinstitute unter den Klassifikationsbegriff des „Indienstgenommenen Privaten“ nach Drüen ist davon getrennt die bereichsspezifische Verfassungsmäßigkeit zu prüfen, welche diese „Zwangsprivatisierung“318 mit sich bringt.319 Hierbei ist die Erlangung von Erkenntnissen der bisherigen Rechtsprechung und Literatur zur Indienstnahme einzubeziehen.320 Spricht das BVerfG von einer „an sich zulässigen Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben“321, bedeutet dies nicht, dass eine Indienstnahme in jedem Fall gerechtfertigt ist. Vielmehr verlangt die Heterogenität des Klassifikationsbegriffs eine sachbezogene Einzelfallprüfung unter Heranziehung der konkreten Ausgestaltungsformen.322 So handelt es sich nicht um ein stets zulässiges homogenes Rechtsinstitut, sondern es bedarf einer Rechtfertigung anhand verfassungsstruktureller sowie grundrechtlicher Schranken.323 Die Inanspruchnahme eines Dritten benötigt hierbei insbesondere eine Interessenabwägung zwischen den besonderen Belastungen, denen der Indienstgenommene ausgesetzt ist, und dem Interesse der Allgemeinheit an der möglichst gleichmäßigen Festsetzung und Verwirklichung der Steueransprüche.324 Zunächst wird eine kurze Darstellung im Hinblick auf die frühere einfach­ gesetzliche Situation unter dem Bankgeheimnis nach § 30a AO a. F.325 (Teil 4 E. I.) vorgenommen. Hiernach werden die möglichen verfassungsstrukturellen Schranken der Indienstnahme, das Demokratieprinzip (Teil 4 E. II. 1.) der Funktions­ vorbehalt aus Art. 33 Abs. 4 GG (Teil 4 E. II. 2.) und die Steuerverwaltungshoheit 318 Die steuerliche Indienstnahme ist eine Art der Zwangsprivatisierung und nicht der gesellschaftlichen Selbstregulierung, Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 168 f., 170.; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 (148); a. A. Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 458 ff., insbes. 460 f., der hier eine „rechtlich kontrollierte Selbstregulierung“ erblickt. 319 Generell zu den Sorgfalts- und Meldeverpflichtungen nach dem FKAustG siehe Teil 3 B. sowie zur Subsumtion unter den Klassifikationsbegriff Teil 4 C. II. 320 Vgl. Erkenntnisse in Teil 4 D. 321 BverfG, Beschluss v. 17.01.1977 – 1 BvR 33/76; BVerfGE 30, 292 (311); 44, 103 (104); die Zulässigkeit der Indienstnahme für weitgehend unumstritten hält das BSG, Urteil v. 22.03.1995 – 10 RKg 29/93, SozR 3–5870 § 20 BKGG 1996, 9 (12). 322 So ausführlich m. w. N. und Erläuterungen zur Rechtsprechung Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 184 ff. sowie zur Leitentscheidung im Lohnsteuerfall S. 152 ff. und hierzu Riepen, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1967, S. 42. 323 BSG, Urteil v. 28.06.1991 – 11 Rar 117/90, BSGE 69, 114 (117); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 184 ff.; Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 (258); ders., JZ 1999, S. 585 (586 f.). 324 m. w. N. BFHE 191, 211 (220). 325 Abgeschafft durch Art. 1 Nr. 2 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

nach Art. 108 GG (Teil 4 E. II. 3.) beleuchtet. Im Anschluss erfolgt, nachdem Prüfungsfolge (Teil 4 E. III. 1.) und Legitimationsmaßstab (Teil 4 E. III. 2.) abgesteckt sind, eine Legitimationsprüfung der Indienstnahme anhand der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG (Teil 4 E. III. 3.) und Art. 14 Abs. 1 GG (Teil 4 E. III. 4.).

I. Das vormalige Bankgeheimnis nach § 30a AO a. F. als Schranke der Indienstnahme Das Bankengeheimnis in § 30a AO a. F.326 stellte primär den Schutz des Bankkunden in den Mittelpunkt.327 Gleichzeitig war jedoch ebenfalls angedacht, das Bank-Kunden-Verhältnis und damit den deutschen Kapitalmarkt als solchen zu schützen.328 Es hob in einfachgesetzlicher Form die vertrauensvolle Beziehung zwischen Kreditinstituten und Kunden hervor, die durch den Umgang mit hoch sensiblen Daten über die wirtschaftliche Lage jedes Einzelnen geprägt ist.329 Hieraus erwuchs nach der hier vertretenen Auffassung das Recht und die gleichzeitige Pflicht der Institute zum Schutz dieses Vertrauensverhältnisses und damit dem Schutz der Kontendaten.330 Dies galt, auch wenn das Bankgeheimnis als solches kein echtes „Berufsgeheimnis“ war und den Bankmitarbeitern damit kein Auskunftsverweigerungsrecht i. S. d. § 102 AO zumaß.331 Durch die Indienstnahme werden Institute nunmehr verpflichtet, Kontendaten an Steuerbehörden preiszugeben. Das Vertrauensverhältnis gegenüber dem Kunden wird damit grundsätzlich gestört. Ähnlich dem Auskunftsersuchen nach § 93 AO und dem Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 bis 10 i. V. m. § 93b AO würde das frühere 326

A. a. O. Hamacher, StVj 1992, 110 (111); Intemann, in: König, AO, § 30a Rn. 1; Rüsken, in: Klein, AO, § 30a Rn. 1 f. Generell zur Herleitung und verfassungsrechtlichen Stellung des Bankgeheimnisses Huhmann, Die verfassungsrechtliche Dimension des Bankgeheimnisses, 2002. 328 BT-Durcks. 11/2536 v. 21.06.1988, S. 95; siehe auch im internationalen Vergleich Carl  / ​ Klos, Bankgeheimnis und Quellensteuer im Vergleich internationaler Finanzmärkte, 1993, S. 2 ff. 329 Vgl. BFHE 183, 476, Rn. 71; vgl. Carl / ​Klos, StB 1994, 135 (136); Hamacher, StVj 1992, 110 (120). Die mittelbare Drittwirkung von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG begründet über § 30a AO im Bankrecht regelmäßig auch ein angemessenes Niveau an Geheimschutz. Das Bankgeheimnis als konkludente Nebenpflicht oder direkter Vertragsbestandteil wird anhand von Treu und Glauben nach § 242 BGB konkretisiert und verfassungsrechtlich aufgeladen; hierzu Fisahn, CR 1995, 632 (634 f.). 330 Aus diesem Grund steht dem Kreditinstitut auch eine eigene Klagebefugnis aufgrund der Verletzung von Eigentumsrechten in Form der allgemeinen Leistungsklage nach § 40 Abs.1 FGO zu, vgl. auch die Schutzwirkung hier im Ergebnis abgelehnt Intemann, in: König, AO, § 30a Rn. 60; a. A. Carl / ​Klos, StB 1994, 135 (136). 331 Intemann, in: König, AO, § 30a Rn. 1 f.; Rüsken, in: Klein, AO, § 30a Rn. 4, welche eine weitergehende Schutzfunktion in Richtung der Finanzinstitute ablehnen. Somit können grundsätzlich im Wege der Amtshilfe Bankdaten von deutschen Steuerbehörden erhoben und an ausländische ersuchende Behörden weitergeleitet werden, Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.80. 327

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Bankengeheimnis aber auch der Kontendatenübermittlung im Rahmen des FKAustG nicht entgegenstehen.332 Der Grund hierfür besteht darin, dass § 30a AO a. F. stets nur deklatorische Bedeutung aufwies und die Ermittlungsbefugnisse der Steuerbehörden nicht unmittelbar einschränkte.333 § 30a AO a. F. bestärkte ausschließlich den ohnehin geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.334 Dies galt zumindest für die Schutzrichtung zur Unterhaltung eines Vertrauensverhältnisses und der damit verbundenen Pflicht der Institute zum vertrauensvollen Umgang mit den Kontendaten. Die Gründe hierfür sind deckungsgleich mit denen, die auch Auskunftsersuchen und Kontenabrufe bei Bankkunden rechtfertigen.335 Dabei geht das Ziel einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern und die Vermeidung von Steuerhinterziehung grundsätzlich dem Vertrauensverhältnis und den damit verbundenen Pflichten der Institute zum Schutz der Kontendaten vor unerlaubtem Zugriff vor.336 Überdies wird das Vertrauensverhältnis auch dadurch bestärkt, dass Finanzinstitute aufgrund der einschlägigen BDSG a. F. -Vorschriften Informations-, Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten über die Datenverarbeitung und Preisgabe im Rahmen des FKAustG unterlagen.337 Die Indienstnahme fordert aus diesem Grund keine unverhältnismäßige Abstandnahme von dem vormals nach § 30a AO a. F. geschützten Vertrauensverhältnis.

II. Verfassungsstrukturelle Schranken der Indienstnahme Die Verwaltung, insbesondere die Eingriffsverwaltung, wird durch die öffentliche Hand durchgeführt. Diese Grundmaxime ergibt sich aus unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen, wie dem Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG (Teil 4 E. II. 1.) dem Funktionsvorbehalt nach Art. 33 Abs. 4 GG (Teil 4 E. II. 2.) und im Bereich des Steuerrechts außerdem aus Art. 108 GG (Teil 4 E. II. 3.). Die durch Verwaltungsdienste Privater erfolgende Erfüllung von Aufgaben, die öffentlichen Zwecken, wie der Sicherung der „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“, dienen, widerspricht diesem verfassungsstrukturellen Leitprinzip. Es ist demzufolge nicht auszuschließen, dass die hier beleuchtete Indienstnahme 332

Zum automatisierten Kontenabruf siehe die Untersuchung von Schmidt anhand der Berufsfreiheit mit Bezug zu § 30a AO, BB 2005, 2155 (2164). 333 BVerfGE 118, 168 (193 ff.); sowie zu Auskunftsersuchen, einschl. Sammelauskunftsersuchen BFHE 148, 108 (115); 149, 404 (406); 158, 502 (508); 161, 423 (424); 162, 539 (541); 198, 42; 224, 1; BFH / ​NV 1992, 791. 334 BFHE 183, 45, 45; Rüsken, in: Klein, AO, § 30a Rn. 8; Intemann, in: König, AO, § 30a Rn. 11. 335 Vgl. zum Kontenabruf BFHE 183, 45; BVerfGE 118, 168 (193 ff.); sowie zum Auskunftsersuchen, einschl. Sammelauskunftsersuchen BFHE 148, 108 (115); 149, 404 (406); 158, 502 (508); 161, 423 (424); 162, 539 (541); 198, 42; 224, 1; BFH / ​NV 1992, 791. 336 M. w. N. Rüsken, in: Klein, AO, § 30a Rn. 2. 337 Hierzu nach dem BDSG a. F. Gräber / ​Schurowski, IWB 2016, 331 ff.; jedoch zu den Betroffenenrechten in Abwägung zum Grundrechtseingriff bei den Kontoinhabern siehe Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

der privaten Finanzdienstleistungsbranche an verfassungsstrukturelle und verfassungsorganisatorische Grenzen stößt. 1. Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG Die Indienstnahme ist zunächst am Demokratiegebot nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG zu messen.338 Die Ausübung von Verwaltungsaufgaben stellt grundsätzlich eine Ausübung von Staatsgewalt dar. Dies gilt zumindest für amtliche Handlungen mit Entscheidungscharakter.339 Der Staat kann sich dabei durch die Verwendung von privatrechtlichen Handlungs- und Organisationsformen nicht den Bindungen des öffentlichen Rechts entziehen. Fraglich ist allerdings, welche Reichweite das Demokratieprinzip im vorliegenden Fall der Indienstnahme als Akt „funktionaler Privatisierung“ ohne Übertragung hoheitlicher Befugnisse entfaltet.340 Da es sich bei der hier vorliegenden Indienstnahme um keine Form der mittelbaren Staatsverwaltung handelt und die Finanzinstitute ohne hoheitliche Befugnisse ausgestattet sind, könnte das Demokratieprinzip hier für nicht anwendbar erklärt werden.341 Nach der vorliegend vertretenen Auffassung hat das Demokratieprinzip aller­ dings ebenfalls Ausstrahlungswirkung bei einer, grundsätzlich im gesetzgeberischen Spielraum liegenden, Form der Indienstnahme. Durch die Indienstnahme erfolgt eine Übertragung von Verwaltungsaufgaben für öffentliche Zwecke mit einem belastenden Charakter für Dritte. Auch wenn für die Erhebung, Verarbeitung und Meldung der Daten keine hoheitliche Handlungsform gewählt wurde und damit keine direkte Ausübung staatlicher Gewalt stattfindet, wird belastend in die Sphäre einzelner Kontoinhaber eingegriffen.342 Zwar geschieht dies durch private Finanzinstitute und nicht durch die Finanzverwaltung selbst, jedoch aufgrund direkter gesetzlicher Verpflichtung – ohne Eigeninteresse der Institute. Würde die Finanzverwaltung eine derartige Datenerhebung selbst vornehmen, würde sie sich hoheitlicher Mittel, namentlich in Form von Real- und Verwaltungsakten, bedienen. In Betracht käme möglicherweise auch der Einsatz von Zwangsmitteln, wie Bußgeldern, wenn Kontoinhaber die Datenpreisgabe verweigern würden.343 In einem derartigen Fall würde das Demokratieprinzip unstreitig Aktualisierung erfahren. Die Auferlegung von Pflichten für öffentliche Zwecke an Private, ohne die

338

Zum Demokratieprinzip und der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns allgemein siehe u. a. Kloepfer, Verfassungsrecht Band I, 2011, § 7 Rn. 199 ff. (insbesondere 219 ff.). 339 Vgl. BVerfGE 47, 253 (272 f.); 77, 1 (40); 83, 60 (73); 93, 37 (68); 107, 59 (86). 340 So Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S.137 (160). 341 So Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 204 f. 342 Vgl. die Abgrenzung zur Beleihung Teil 4 C. II. 2.  343 Siehe so im liechtensteinischen Umsetzungsgesetz, hier dargestellt in Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (6).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Übertragung hoheitlicher Mittel, darf daher nach der hier vertretenen Auffassung nicht zu einer Umgehung des Demokratieprinzips führen.344 Das Demokratieprinzip bildet indes keine unüberwindbare stringente Legitimationsschranke. Vielmehr ist es durch seine Ausgestaltung als Verfassungsprinzip in Art. 20 Abs. 2 GG entwicklungsoffen und kann den tatsächlichen Veränderungen von Lebenssachverhalten angepasst werden.345 In der Wasserverbandsentscheidung führt das BVerfG aus, dass außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und der gemeindlichen Selbstverwaltung das Demokratiegebot des Art. 20 Abs. 2 GG offen für Formen der Organisation und Ausübung von Staatsgewalt sei, die dabei auch vom Erfordernis lückenloser personeller demokratischer Legitimation aller Entscheidungsbefugten abweichen.346 Je nach Ausgestaltung der auferlegten Pflicht für öffentliche Zwecke und der damit verbundenen Entscheidungsgewalt muss dabei auch das Maß demokratischer Legitimation reichen. Dabei kann die konkrete Ausgestaltung von umfassenden Weisungsbindungen bis verdünnter Rechtsaufsicht reichen. Es ist daher eine Beurteilung des demokratischen Legitimationszusammenhangs und des damit verbundenen erforderlichen Legitimationsniveaus im Einzelfall der übertragenen Entscheidungsgewalt durchzuführen.347 Die untersuchungsgegenständliche Indienstnahme der Finanzinstitute im Rahmen des Konteninformationsaustauschverfahrens bedarf nach hier vertretener Auffassung lediglich eines geringen demokratischen Legitimationsniveaus und kann somit partiell von dem Grundprinzip einer sog. „lückenlosen Legitimationskette“ in personeller wie sachlich-inhaltlicher Art abweichen. Grund hierfür ist zunächst das zugrunde liegende formelle Parlamentsgesetz, FKAustG. Dieses regelt detailliert die von den Finanzinstituten durchzuführenden Maßnahmen und bildet damit die sachlich-inhaltlich demokratisch legitimierte Grundlage für das Handeln der Finanzinstitute.348 Der Entscheidungscharakter der übertragenen Pflichten tritt in diesem Zusammenhang soweit zurück, dass sich dieser auf die messbar richtige Gesetzesdurchführung beschränkt.349 Des Weiteren wird nur ein abgegrenzter Teilbereich der öffentlichen Aufgabe übertragen. Finanzinstitute werden nicht 344 Auch im Hinblick auf die funktionale Selbstverwaltung durch Private gilt das Demokratieprinzip als Legitimationsschranke, vgl. BVerfGE 107, 59 (91 ff.); zuvor die Personalvertretungsentscheidung von 1995 BVerfGE 93, 37 ff. sowie ausführlich Musil, DÖV 2004, 116 ff. 345 Vgl. Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Abs. 2, Rn. 152 ff., 170; Dreier, GG, Bd. II 3. Aufl., Art. 20 Einführung, Rn. 10. 346 BVerfGE 107, 59 (91 ff.); zuvor die Personalvertretungsentscheidung von 1995 BVerfGE 93, 37 ff.; sowie Krebs, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. V, § 108 Rn. 93; in Bezug zur funktionalen Selbstverwaltung Musil, DÖV 2004, 116 ff. 347 Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Abs. 2, Rn. 107. 348 Ausführlich zu den sachlich-inhaltlichen Legitimationsanforderungen Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Abs. 2, Rn. 122; siehe jedoch die Normenunklarheit in einigen Bereichen des FKAustG unter Teil 4 E. III. 3. c) bb) (1). 349 Der Entscheidungscharakter tritt in diesem Zusammenhang soweit zurück, als das es sich auf die messbar richtige Gesetzesdurchführung beschränkt, vgl. BVerfGE 83, 60 (74); Kloepfer, Verfassungsrecht Band I, 2011, § 7 Rn. 220.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

für das gesamte Amtshilfeverfahren des Kontenaustauschs in Dienst genommen. Die Indienstnahme beschränkt sich vielmehr nur auf einen Teilausschnitt, den auf Datenerhebung, Verarbeitung und Übermittlung abgesteckten Bereich.350 Die Klassifizierung der Konten basiert auf umfangreichen Detailregelungen nach §§ 7, 9 ff. FKAustG, sodass die Entscheidung über die Zuordnung eines Kontos zu einer Meldekategorie in der Regel ohne Ermessen oder materiellen Entscheidungsspielraum der Institute erfolgt.351 Den Finanzinstituten kommt neben einer reinen Plausibilitätskontrolle nach § 13 Abs. 2 sowie § 16 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben, Rn. 240 keine beziehungsweise allenfalls wenn nur äußerst geringe materielle Entscheidungsgewalt zu.352 Eine solche Entscheidungsgewalt ist jedoch der Bezugspunkt einer zwingenden unterbrochenen sachlich-inhaltlichen Legitimationskette.353 Auch in personeller Hinsicht ist das erforderliche Legitimationsniveau in diesem Amtshilfeverfahren erfüllt. Es wird bei dem Konteninformationsaustauschverfahren lediglich der erste Teil des Gesamtverfahrens, die Kontenidentifizierung, in private Hand gelegt. Der weitere Schritt einer unumkehrbaren Übermittlung der Kontendaten an das Ausland, die womöglich einen weitreichenderen belastenden Charakter mit sich bringt, wird vom Staat nicht „aus der Hand“ gegeben.354 Eine staatliche Behörde, das BZSt, übermittelt die Kontendaten nach § 5 Abs. 2 FKAustG an die teilnehmenden Partnerjurisdiktionen.355 Dieses Verfahren sorgt somit für eine Art Rückversicherung der personellen demokratischen Legitimation.356 Eines lückenlosen personellen Legitimationsstrangs bedarf es aufgrund 350

Siehe auch die Argumentation zum Pflichteninhalt der Indienstnahme Teil 4 C. II. 2. a). Ausnahmen bilden vom Gesetz nicht geregelte Sachverhalte, bspw. das Vorgehen bei Depotüberträgen. Hier orientiert sich die Praxis zumeist an der Abgeltungsteuer und den dort getroffenen Business Decisions. Vgl. hierzu auch aus Sichtweise der grundrechtsbetroffenen Kontoinhaber Teil 5 B. IV. 2. 352 Vgl. Teil 4 C. I. 2. c) sowie Teil 4 C. II. 2. a) sowie Teil 4 E. III c) bb) (2) (d) (bb). 353 Vgl. BVerfGE 47, 253 (272 f.); 77, 1 (40); 83, 60 (73); 93, 37 (68); 107, 59 (86); vgl. andererseits jedoch kritisch bei Vorbereitungshandlungen von Hilfspersonen im Bereich des Meldewesens, welche Behördenentscheidungen faktisch irreversible präjudizierten Heckmann  / ​ Braun, BayVBl. 2009, 581 (582). 354 Hierzu auch im Zusammenhang mit der Beleihung und Art. 33 Abs. 4 GG Burgi, in: FS Maurer, 2001, S. 581 (589). 355 So im vgl. die urspr. Version von „FATCA“, bei welcher nicht US Finanzinstitute – ohne völkerrechtliche Grundlage – durch US-Recht verpflichtet werden sollten, Konten von US-Personen direkt an den IRS zu melden. Eine Verweigerung dieser Meldung sollte zu einer 30 %igen Strafsteuer auf alle Zahlungen aus US Quelle führen, siehe vertiefend Teil 2 B. I. 356 Grundsätzliche Notwendigkeit personeller Legitimation, die sich auf die Gesamtheit der Bürger als Staatsvolk zurückführen lässt, bei Organen und Vertretungen die Staatsgewalt ausüben BVerfGE 77, 1 (44) und deren mittelbare Ausprägung BVerfGE 38, 258 (271); 47, 253 (275); 52, 95 (130); 77, 1 (40); 83, 60 (72 f.); ausführlich zu den personellen Legitimationsanforderungen Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Abs. 2, Rn. 121; auch teilweise Privatisierung ohne Übertragung hoheitlicher Befugnisse bei klassischen Eingriffsverwaltungen, wie private Wachdienste oder Luftfahrt, siehe hierzu im Spannungsfeld mit Art. 33 Abs. 4 GG Di Fabio, JZ 1999, 585 (591). 351

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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der (wenn überhaupt) sehr geringen Entscheidungsbefugnis der Finanzinstitute und des Ausgleichs sachlich-inhaltlicher Legitimation mittels Parlamentsgesetzes nicht.357 Letztlich sorgt auch eine Kontrolle im Rahmen der Außenprüfung durch Amtsträger dafür, dass ein zumindest geringes, aber sachlich-inhaltliches Legitimationsniveau erreicht wird.358 Für das infrage stehende Indienstnahmeverhältnis ist dieses geringe Legiti­ mationsniveau nach der hier vertretenen Auffassung jedoch persönlich wie auch sachlich-inhaltlich ausreichend und erfüllt damit den Anspruch des Demokratie­ prinzips.359 2. Funktionsvorbehalt nach Art. 33 Abs. 4 GG Auch der Funktionsvorbehalt nach Art. 33 Abs. 4 GG steht einer Indienstnahme nicht entgegen. Art. 33 Abs. 4 GG setzt die Ausübung von hoheitlichen Befugnissen voraus. Mit der zuvor vorgenommenen Einordnung der hier infrage stehenden Aufgabenübertragung unter den Klassifikationsbegriff der „Indienstnahme“ und einer Ablehnung des Beleihungstatbestands geht jedoch einher, dass von vornerein keine hoheitliche Befugnisse übertragen werden und Art. 33 Abs. 4 GG somit grundgesetzlich nicht tangiert ist.360 Eine derartige Schlussfolgerung greift allerdings zu kurz.361 Die Interpretation „hoheitsrechtlicher Befugnisse“ im Rahmen des Art. 33 Abs. 4 GG ist umstritten und wirft die Frage auf, ob „hoheitsrechtliche Befugnisse“ mit „hoheitlichen Aufgaben“ gleichzusetzen sind.362 Diese Diskussion steht auch im Zusammenhang mit der Privatisierungsdogmatik und dem Funktionsvorbehalt als Privatisierungssperre und ist infolgedessen auch im Zusammenhang mit der in Art. 87 Abs. 1 GG enthaltenen Anordnung bundeseigener Verwaltung für die dort genannten Gegenstände zu sehen.363

357

Zur Kompensation der Legitimationsformen Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Abs. 2, Rn. 146 ff. 358 Vgl. im Zhg. mit der funktionalen Selbstverwaltung Musil, DÖV 2004, S. 116 (120) sowie zur Gewährleistungsverantwortung des Staates bei der Übertragung öffentlicher Pflichten an Private Teil 4 F. 359 Vgl. auch zu der Grundrechtsuntersuchung bei Kontoinhabern Teil 5 B. V. 360 Anders bei der Beleihung, vgl. zur Beleihung der Übertragungsnetzbetreiber und die sich aus Art. 33 Abs. 4 GG ergebende Pflicht der staatlichen Aufsicht Wolfers / ​Wollenschläger, N&R 2013, 251 (253 ff.). 361 So jedoch die Argumentation bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 204; Albrecht, Die Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab 1995, S. 163. 362 Hierzu ausführlich zum Meinungsstand Battis, in: Sachs, GG, Art. 33 Abs. 4, Rn. 55 ff. sowie Ibler, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 86, Rn. 121 ff.; Badura, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 33 Abs. 4, Rn. 56 f.; Di Fabio, JZ 1999, 585 (590). 363 Ausführlich zum Meinungsstreit Ibler, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 86, Rn. 121 ff.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Ungeachtet dieses Streits um die Auslegung des Funktionsvorbehalts im Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben kann dieser bei einer Indienstnahme für die Sachverhaltsermittlung im Steuerverfahren nicht als Schranke wirken. Interpretiert man Art. 33 Abs. 4 GG als dem Schutze des Berufsbeamtentums dienende Privatisierungssperre, so führt dieser Schutz im vorliegenden Fall zu keinem Ergebnis.364 Die Schutzfunktion kann zu keiner Entfaltung gelangen, da es den Steuerbeamten nicht möglich ist, die Finanzkontendaten selbst in dieser Form zu verarbeiten, da Steuerbehörden keine Finanzkonten führen.365 Dieselbe Begründung ist gleichfalls anzuführen, wenn man Art. 33 Abs. 4 als personalwirtschaftliche Ausprägung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung versteht.366 Der Datenfluss vollzieht sich zwischen Kontoinhaber und Finanzinstitut und kann daher nicht auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gestützt werden.367 Dieser Grundsatz kann erst nach Übermittlung der Daten vom Finanzinstitut an das BZSt greifen. Des Weiteren ist ein Sinn und Zweck des Funktionsvorbehalts der Schutz des betroffenen Bürgers an einer sachkundigen und effizienten Erfüllung der öffentlichen Aufgabe.368 Die Sachnähe der Banken zu den Zahlungsinformationen dient dieser effizienten und sachkundigen Vorgehensweise beziehungsweise ist die einzige Möglichkeit zur Durchführung der Aufgabe zur Kontenklassifizierung.369 Auch der Wortlaut „in der Regel“ lässt bereits darauf schließen, dass andere Personen ebenso zur Durchführung von Aufgaben für öffentliche Zwecke herangezogen werden können.370 Art. 33 Abs. 4 GG kommt damit in dem vorliegenden Fall nicht als Privatisierungsverbot zur Anwendung.371

364 So interpretierend Isensee, welcher der Norm einen subjektiven Schutzgehalt zumisst, HdVerfR, 2. Aufl., § 32 Rn. 52, 54, 59; entgegen Di Fabio, JZ 1999, 585 (589). 365 Gleichgerichtete Begründung in Bezug zum Lohnsteuerabzug bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 248. Vgl. andererseits jedoch kritisch bei Vorbereitungshandlungen von Hilfspersonen im Bereich des Meldewesens, welche Behördenentscheidungen faktisch irreversible präjudizierten Heckmann / ​Braun, BayVBl. 2009, 581 (582). 366 Vgl. Jachmann, in: Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Art. 33 Abs. 4, Rn. 30. 367 Gleichgerichtete Begründung in Bezug zum Lohnsteuerabzug bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 248. 368 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 247 f. 369 Die Sach- und Verantwortungsnähe der Finanzinstitute zum Pflichteninhalt der Indienstnahme ausführlich erläutert unter Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (aa). 370 Ibler, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 87 Abs. 4, Rn. 38. 371 So bspw. auch Ibler, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 86, Rn. 122.; Zur Mitwirkung Privater beim Strafverfahren als „Grundpflicht“, siehe die Argumentation m. w. N. bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 257 ff.; 264 f.; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (189), der darauf verweist, dass Grundpflichten im Steuerstaat nicht als Freibrief des Gesetzgebers gelten können.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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3. Steuerverwaltungshoheit nach Art. 108 GG Art. 108 GG regelt die Verwaltungszuständigkeiten auf dem Gebiet der Steuerverwaltung im föderalen Bundesstaat, schweigt jedoch zur Beteiligung Privater am Steuerverfahren.372 Die einfachgesetzliche Ausprägung dieser Verfassungsvorschrift findet sich in § 85 AO und besagt, dass die Finanzbehörden die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben haben.373 Der Festsetzung und Erhebung vorgeschaltet steht der Untersuchungsgrundsatz nach § 88 AO. Die Finanzbehörden bestimmen hierbei Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit. Es sind bei Art und Umfang der Ermittlungen allgemeine Erfahrungen sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit Art. 108 GG ergibt sich die Frage nach der Auslegung der grundgesetzlich verankerten Pflicht öffentlicher Zuständigkeit, welche eine Mitwirkung Privater verbieten würde.374 Allerdings kann hier die Reichweite staatlicher Steuerverwaltungshoheit ebenfalls nicht so überdehnt werden, dass von der Verwaltung praktisch unerfüllbare Aufgaben gefordert werden.375 Auch wenn man Art. 108 GG als Kompetenznorm einen Sekundärgehalt zumisst, der das Ziel zur Gleichmäßigkeit des Steuervollzugs verfolgt, steht dies einer Indienstnahme der Finanzinstitute nicht entgegen.376 Durch die Indienstnahme nach dem FKAustG wird kein Steuervollzug angeordnet, d. h., anders als bei der Abgeltungsteuer wird kein Steuerabzug durch Private vorgenommen, sondern der Pflichteninhalt ist auf die Erhebung, Verarbeitung und Meldung steuerrelevanter Tatsachen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens limitiert. Zwar dient diese Tatsachenermittlung dem Zweck gleichmäßiger Steuerfestsetzung und dem anschließenden Vollzug über Staatsgrenzen hinweg, kann jedoch nur durch die in Sachnähe zu den Zahlungsdaten stehenden Finanzinstitute erfüllt werden. 372

Maunz, in: ders. / ​Dürig, GG, Art. 108, Rn. 6. Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (160). 374 So interpretierend Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (160), der die Steuerverwaltung als „allein Staatliche Aufgabe“ versteht, aber ebenso anerkennt, dass das Staatsorganisationsrecht keine Einschaltung Privater für den Steuervollzug verbietet; ders., in: Kirchhof / ​Söhn / ​ Mellinghoff, EStG, § 38, Rn. A 93; zustimmend u. a. Müller-Franken, Maßvolles Verwalten, 2004, S. 173; a. A. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 247 ff.; ders. DStJG 31 (2008), 167 (168 ff.); welcher von einer „Steuervollzugskooperation“ ausgeht. 375 So ausführlich argumentiert im Hinblick auf den Steuerabzug bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 247 ff., 249; ders. auch in DStJG 31 (2008), S. 167 (170 f.). Im Vergleich auch die Argumentation bei dem Demokratieprinzip und dem Funktionsvorbehalt, vgl. Teil 4 E. II. 1. und Teil 4 E. II. 2.  376 Zum Sekundärgehalt der Kompetenznormen m. w. N. Burgi, in: Mangoldt / ​K lein / ​Starck, GG, Art. 86, Rn. 3 ff., Art. 87 Rn. 17 ff.; sowie speziell zum Art. 108 Seer, in: Bonner Kommentar zum GG, § 108 Rn. 51, 132; Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 249. 373

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Die Steuerverwaltungshoheit greift nicht nur fachlich, sondern auch organisatorisch und personell.377 Im Rahmen der aus Art. 108 GG abgeleiteten obligatorischen Finanzverwaltungshoheit des Bundes und der Länder wird das Problem der automatischen Datenverarbeitung durch Server anderer Behörden diskutiert.378 Es wird hierbei zwischen rein maschinellen Aufgaben, wie der Datenerhebung oder internen Rechenvorgängen, und Aufgaben mit Außenwirkung gegenüber dem Steuerpflichtigen, wie dem Führen von Steuerkonten oder der Einziehung von Steuern, unterschieden.379 Während rein maschinelle Aufgaben unter fachlichem Weisungsrecht der Finanzbehörden nach § 20 Abs. 2 FinanzverwaltungsG380 auch durch Rechenzentren anderer Verwaltungszweige erledigt werden können, sind Aufgaben mit Außenwirkung lediglich unter strengen Voraussetzungen auf andere Server auszulagern.381 Der Gesetzgeber setzt somit hohe Maßstäbe zum Schutz vor einer Aushöhlung der Kompetenznorm. Unter der Maßgabe, dass bereits ein solcher Maßstab der Datenverarbeitung von Rechenzentren innerhalb des Behördenapparats angelegt ist, fragt sich, welcher Maßstab bei Datenverarbeitungen durch Dritte außerhalb der behördlichen Rechenzentren gelten soll. So könnte dies auf eine Unrechtmäßigkeit der umfassenden Kontendatenverarbeitung durch Rechenzentren privater Finanzdienstleister für steuerliche Zwecke hindeuten. Gilt bereits innerhalb der Finanzverwaltung eine so strikte Kompetenzzuordnung, sollte diese bei Inanspruchnahme Privater erst recht gelten. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es sich bei den auferlegten Pflichten lediglich um eine Art „Datensammelund Kombinierungsaufgabe“ ohne oder allenfalls mit geringem materiell-rechtlichen Entscheidungsgehalt und ohne Außenwirkung handelt.382 Die hier geforderten Weisungsrechte der Finanzverwaltung i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 3 FinanzverwaltungsG analog können sich aus einer gewissen Kontrolle der Außenprüfung gem. § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 ff. AO ergeben und erwachsen generell aus dem Subordinationsverhältnis zwischen Indienstgenommenen und Finanzbehörde. Gleichzeitig handelt es sich bei der Indienstnahme nicht um einen Teil des eigentlichen steuerlichen Erhebungsverfahrens. Vielmehr wird durch die Institute mit Erstellung des 377

Ebd. Ausführlich in Maunz, in: ders. / ​Dürig, GG, Art. 108, Rn. 14 ff.; Büllesbach / ​Reiß, NVwZ 1995, 444 (447 f.). 379 Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu / ​Hofmann / ​Hopfauf, GG, Art. 108 Rn. 13. 380 Finanzverwaltungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 2006 (BGBl. I S. 846, 1202), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2531) geändert worden ist. 381 Bei Aufgaben mit Außenwirkung bedient man sich dem Institut der Organleihe, vgl. Maunz, in: ders / ​Dürig, GG, Art. 108, Rn. 18. 382 Den Melde- und Sorgfaltspflichten kommt in keiner Weise die Funktion eines Verwaltungsaktes, wie ein maschinell erstellter Steuerbescheid zu, vgl. zum Pflichteninhalt der Indienstnahme Teil 4 C. II. 2. a). Siehe außerdem die Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 129 ff., der den Instituten bei Plausibilitätsprüfungen keine Einschätzungsprärogative zumessen will und hier auch keine, für einen Verwaltungsakt zwingende, Außenwirkung sieht; a. A. im Hinblick auf die Verdachtsanzeige Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (214); Dahm, WM 1996, 1285 (1288). 378

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Meldefiles lediglich eine Verifizierungsgrundlage geschaffen. Die Daten werden nach reziprokem Austausch im Rahmen der Amtsermittlung eines anderen Staats als mögliche Beweismittel genutzt. Dieser Datenverarbeitung kommt im Zusammenhang mit Art. 108 GG ein geringeres Schutzniveau zu, denn es handelt sich nicht um konkrete, in die Steuerbemessung einfließende, Tatsachen im Rahmen der kompetenzrechtlich geschützten „Verwaltung von Steuern“.383 Somit bildet auch die Steuerverwaltungshoheit nach Art. 108 GG keine unüberwindbare Legitimationsschranke der Indienstnahme von Finanzinstituten beim automatischen Konteninformationsaustausch. 4. Zwischenergebnis Die Beschränkungswirkung der vorliegend untersuchten verfassungsstrukturelle Vorgaben vermag der Indienstnahme nach dem FKAustG nicht ihre Legitimation abzusprechen. Gestützt wird dieser Umstand insbesondere dadurch, dass der Gesetzgeber den Privaten keine hoheitlichen Befugnisse übertragen hat. Stattdessen verpflichtete er die Finanzdienstleistungsbranche ausschließlich zu – wenn auch äußerst umfangreichen – Vorbereitungshandlungen in Form von Datenverarbeitungen, welche Basis des darauffolgenden globalen behördlichen Amtshilfeverfahrens sind. Während verfassungsstrukturelle Vorgaben von erhöhter Entwicklungsoffenheit gekennzeichnet sind, kann sich bei der folgenden Untersuchung grundrechtlicher Schranken jedoch ein anderes Ergebnis ergeben.

III. Grundrechtseingriff als Schranke der Indienstnahme Bilden, wie nunmehr festgestellt, die möglichen verfassungsstrukturellen Schranken der Indienstnahme in dem sachspezifisch vorliegenden Fall keine unüberwindbare Legitimationshürden, so kann dennoch eine unverhältnismäßige Grundrechtseinschränkung des Privaten bestehen.384 Hier ist die konkrete Ausgestaltung der Indienstnahme als Ganzes – einschließlich aller Haupt- und Nebenpflichten – zu beleuchten, unter anderem ist auch die fehlende Kostenübernahme 383

Hier ist jedoch anzumerken, dass bis jetzt unklar ist, wie die Kontendaten vor der Übermittlung durch das BZSt validiert werden. Hierzu veröffentlichte Gesetze oder Verwaltungsanweisungen fehlen. Es wird angenommen, dass das BZSt eine rein formelle Prüfung hinsichtlich offensichtlicher Unrichtigkeiten des Datenfiles vornimmt und somit nur als „technische Weiterleitungsstelle“ fungiert, denn für den deutschen Steuerstaat sind grundsätzlich erst die nach § 5 Abs. 3 FKAustG reziprok empfangenen Daten von in Deutschland steuerlich Ansässigen von Nutzen (Welteinkommensprinzip). Die bei deutschen Finanzinstituten erhobenen Daten können im Generellen auch als Kontrollmaterial zur Verifizierung deutscher Steueransprüche nach § 5 Abs. 4 FKAustG genutzt werden (insbesondere bei deutschen Quellensteuern), dienen aber primär der Übermittlung an das Ausland. Außerdem ist es möglich, dass sie zumindest in einigen Jurisdiktionen direkt in die Steuerbemessungsberechnung einfließen. 384 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 184.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

des Staats in die Untersuchung einzubeziehen.385 Nachfolgend wird zunächst auf die Diskussion im Hinblick auf die Prüfungsfolge eingegangen (Teil 4 E. III. 1.) und hiernach der richtige Legitimationsmaßstab gesucht (Teil 4 E. III. 2.). Im Anschluss wird nach dem klassischen Schema einer Grundrechtsprüfung die Indienstnahme an der Berufs- und Eigentumsfreiheit gemessen (Teil 4 E. III. 3. und 4.). Zur Konzentration der Arbeit wird die Ausführung zu Art. 14 GG sehr verkürzt dargestellt. So werden Wiederholungen der bereits unter Art. 12 GG dargestellten Problematiken vermieden und nur spezifische Aspekte der Eigentumsfreiheit beleuchtet. Ein Zwischenergebnis fasst die Ergebnisse zur verfassungsrechtlichen Legitimation der Indienstnahme zusammen (Teil 4 E. III. 5). 1. Prüfungsfolge Im Zusammenhang mit der grundrechtlichen Untersuchung einer Indienstnahme wird zunächst diskutiert, welchen Einfluss die Frage der Kostentragung auf den Prüfungsaufbau ausübt.386 So kann entweder von zwei zu trennenden Einzelfragen auszugehen sein, im Rahmen derer die Frage der Zulässigkeit der Indienstnahme als solche die Frage des Kostenersatzes keineswegs präjudiziert.387 Anderseits kann die Frage des Kostenersatzes durch den Staat eine, sich in der Verhältnismäßigkeitsabwägung auswirkende, Ausgestaltungsform einer Indienstnahme begründen beziehungsweise eine etwaige Kostenübernahme des Privaten kann als „integraler Bestandteil der Dienstleistungspflicht“388 zu sehen sein. Insbesondere Ossenbühl und Gallwas wollen die Frage der Legitimation einer Indienstnahme, in zwei zu trennenden, aber verflochtenen Fragestellungen beantworten.389 Zum einen sei zu klären, „ob und inwieweit der Staat im Hinblick auf die Grundrechte überhaupt Verwaltungsaufgaben auf Private abbürden könne“, zum anderen bestehe die Frage, ob der Private Anspruch auf „Aufwendungs- und Kostenersatz“ habe oder die Aufgaben unentgeltlich durchzuführen hat. Für eine solche These spricht u. a., dass der Gesetzgeber bewusst zwei zu trennende Entscheidungen trifft. Dies verbildlichen beispielsweise Regelungen des kommunalen

385

BVerfGE 30, 292 (311); Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 ff. (142). Zur Kostenübernahme speziell Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (ee). 386 Ausführlich diskutiert bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 206 ff. 387 So insbesondere Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S.137 (175 ff., 180 f.); Gallwas, BayVBl 1971, S. 245 (247); diesem zustimmend Friauf, in: FS Jahrreiß, 1974, S. 45 (65); Hey, FR 1998, 497 (503); Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 224 ff. 388 Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (181); ders., in: Kirchhof / ​Söhn / ​Mellinghoff / ​EStG, § 38 Rn. A 96. 389 Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S.137 (175 ff., 180 f.); Gallwas, BayVBl 1971, S. 245 (247).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Abgabenrechts.390 Diese sind teilweise mit Kostenersatz ausgestaltet.391 Sie können allerdings auch bis zu umfangreichen haftungssanktionierten Steuererhebungspflichten ohne Kostenerstattung reichen.392 Das Argument der gesetzgeberischen Entscheidungsprärogative zur Trennung der Fragestellungen ist nach der hier vertretenen Auffassung allerdings nicht auf die Durchführung einer grundrechtlichen Legitimationsprüfung der Indienstnahme übertragbar.393 Vielmehr hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften von seinem weitreichenden Spielraum Gebrauch gemacht, ohne dass sich hieraus verfassungsrechtliche Prüfkriterien oder Vorgehensweisen als solche ableiten lassen.394 Die Auswirkung einer möglichen Entschädigung beziehungsweise Kostenerstattung sollte nach der hier vertretenen Auffassung nicht getrennt erfolgen, sondern integriert auf Ebene der Verhältnismäßigkeit i. e. S. ausdiskutiert werden – jedoch ohne dass es zu einem „Freikauf“ von Grundrechtsgarantien komme.395 Die Gefahr eines solchen „Freikaufs“ besteht, wenn eine Indienstnahme mit Kostenersatz automatisch zu einem milderen Mittel führen würde.396 Vielmehr ist die Kostenlast eine Frage der Angemessenheit, bei welcher sämtliche Folgen in die Abwägung inkludiert werden müssen.397 Nur ein derartiges Vorgehen betrachtet dabei das Verhältnis des öffentlichen Interesses zur privaten kostenfreien oder kostenpflichtigen Indienstnahme, ohne dabei den ganzheitlichen Blick zu verengen.398

390

Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 207 f. Mit Kostenersatz auch bei bloßen Mitteilungspflichten Dritter bspw. § 12 Abs. 2 KAG Niedersachsen. 392 Ohne Kostenersatz bspw. § 6 KAG Thüringen. 393 Vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 208. 394 So Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (181). 395 So auch Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 212 ff.; Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (180 f.); a. A. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S.137 (175 ff., 180 f.); Gallwas, BayVBl 1971, S. 245 (247); diesem zustimmend Friauf, in: FS Jahrreiß, 1974, S. 45 (65); Hey, FR 1998, 497 (503, 506). 396 So BVerfGE 109, 64 (86); 81, 156 (193 f.); 125, 260 (360): „Mildere Mittel sind nicht solche, die eine Kostenlast lediglich verschieben“. 397 Zutreffend Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 211; vgl. praktisch auf das FKAustG angewandt in Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (ee). Darüber hinaus hat das Steuerstaatsprinzip nur kompensatorische Wirkungskraft aber schützt nicht vor freiheitsverkürzenden Eingriffen und kann daher nicht als Legitimationsmaßstab dienen, ausführlich m.w.N. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 213 f., 228 ff. 398 Ebd., auch im Hinblick auf die Wichtigkeit einer integrierten Prüfung unter Verweis auf die unverhältnismäßige Arbeitgeberlösung bei der Auszahlung des Kindergeldes BFH, 26.05.1998 – VI R 58/97, BStBl. II 19998, 517 (518), vgl. auch der damalige Senatsvorsitzende Drenseck, StuW 2000, 452 (456); Balmes, DStR 1997, 1309 (1312); a. A. Heuermann, Systematik und Struktur der Leistungspflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1998, S. 246 f., Fn. 553. 391

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

2. Legitimationsmaßstab Fraglich ist ferner, an welchem Legitimationsmaßstab die Indienstnahme zu messen ist. Hierbei ist nach den einschlägigen Grundrechten und nach der Verbin­ dung von Freiheits- und Gleichheitsrechten zu suchen.399 Das BVerfG versteht die Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben regelmäßig als „Eingriff mit berufsregelnder Tendenz“.400 Innerhalb des Freiheitsgrundrechts Art. 12 Abs. 1 ff. GG wendet das BVerfG dabei den Gleichheitssatz an.401 Danach ist die freiheitsrechtliche Untersuchung mit der gleichheitsrechtlichen Würdigung untrennbar verbunden. Ihre Verflochtenheit schlägt sich in der Verhältnismäßigkeit i. e. S. nieder, bei welcher sich der Begriff von „gleichmäßiger Verhältnismäßigkeit“402 anbietet. Der Einbeziehung des Art. 3 Abs. 1 GG in die Grundrechtsprüfung der Berufsfreiheit ist zu folgen.403 Nur hierdurch wird der Weg für eine Gesamtabwägung geebnet, bei welcher die bei der Pflichtenübertragung entstandene Sonderlast durch Kompensationszahlungen abgemildert, nicht aber liquidiert werden kann.404 Somit wird der „Grundsatz der Lastengleichheit“ in die Prüfung eingeschlossen.405 Außerdem können durch die Einbeziehung des Gleichheitssatzes auch die Unterschiede berücksichtigt werden, die typischerweise innerhalb eines Berufs bestehen. Werden durch eine Berufsausübungsregelung, die im Ganzen verfassungsrecht 399

Für eine Prüfung anhand des Gleichbehandlungsgrundsatzes steht Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, Tübingen 1999, S. 260 f., 264. 400 BVerfGE 30, 292 (311); 54, 251 (271), 68, 155 (170); sowie dem BVerfG folgend das BVerwG, Beschluss v. 17.01.2003 – 5 B 261.02, NVwZ 2003, 866 (867). Früher wurde die Indienstnahme an Art. 12 Abs. 2 GG gemessen, vgl. zum Lohnsteuerabzug BFHE 77, 408 (410); weiterhin diesen Legitimationsmaßstab plädierend Starck, in: Mangoldt / ​K lein / ​ders., GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 83; kritisch und an Art. 2 Abs. 1 GG messen will Trzaskalik die Indienstnahme von Finanzinstituten für den Steuereinbehalt und für andere Hilfstätigkeiten für die Finanzbehörden im Allgemeinen, Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (160, 163); hierzu Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 214 ff.; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (182); ebenso zur Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 229 ff., 279 ff. 401 BVerfGE 30, 292 (311); 54, 251 (271), 68, 155 (170); sowie dem BVerfG folgend das BVerwG, Beschluss v. 17.01.2003 – 5 B 261.02, NVwZ 2003, 866 (867); a. A. Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, Tübingen 1999, S. 260 f., 264, welcher eine ausschließliche Prüfung anhand des Gleichbehandlungsgrundsatzes postuliert, welcher lediglich auf die einschlägigen Freiheitsrechte „zurückwirkt“. 402 Mit Blick auf Art. 14 GG zu ausgleichpflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen Rozek, Die Unterscheidung von Eigentumsbindung und Enteignung, 1998, S. 76 ff., 116 ff.; Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 213. 403 Generell sind jedoch beide Grundrechte separat zu prüfen und der Spezialität der Freiheitsgrundrechte Vorrang zu gewähren, vgl. zu den Zusammenhängen „verhältnismäßiger Gleichheit“, Kirchhof, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn. 349. 404 Siehe ebenso im Zusammenspiel mit Art. 14 Abs. 3 GG und dem Gebot der Lastengleichheit, Hey, FR 1998, 497 (506 ff.); Friauf, in: FS Jahrreiß, 1974, S. 45 (56). 405 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 213; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (182); Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 163.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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lich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, Gruppen typischer Fälle ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker belastet, kann sich hieraus eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 i. V. m. 3 Abs. 1 GG ergeben.406 Die grundrechtliche Würdigung der Indienstnahme Privater ist infolgedessen an der Berufsfreiheit unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu messen.407 Darüber hinaus ist die mögliche Einschränkung der Eigentumsfreiheit zu beleuchten.408 Art. 14 Abs. 1 GG schützt ausschließlich das bereits Erworbene und grenzt sich deshalb vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ab, welcher sich auf den potenziellen Erwerb aus beruflicher Betätigung erstreckt.409 Eine Untersuchungsrelevanz der Eigentumsgarantie bei der vorliegend infrage stehenden Indienstnahme ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass es sich bei der Kontenmeldung der Finanzinstitute im Rahmen des automatischen Konteninformationsaustauschs um bußgeldbewährte Dauerleistungspflichten handelt, die erhebliche Betriebsmittel binden. Eine grundrechtliche Würdigung ist damit grundsätzlich geboten.410 Zur Konzentration der Arbeit und zur Vermeidung vielfacher Wiederholungen werden hier jedoch nur die spezifischen Unterschiede von Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber Art. 12 Abs. 1 GG beleuchtet. 3. Berufsfreiheit Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG Zunächst ist die Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs auf Einschränkungen der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu untersuchen, wobei in diesem Zusammenhang auch der Grundsatz der Lastengleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Frage der Kostentragung einfließt.

406

BVerfGE 30, 292 (327); vgl. hierzu Sachs, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. V, § 127 Rn. 105; Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 247 f. 407 Vgl. Teil 4 E. III. 3. dieser Schrift. 408 Vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 217; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (183 f.); Friauf, in: FS Jahrreiß, 1974, S. 45 (57); ebenso in Bezug zur Inanspruchnahme von Finanzinstituten durch das Zinsabschlagsgesetz Hey, FR 1998, 497 (504); sowie zur Indienstnahme für den automatisierten Kontenabruf Hoffmann, WM 2010, 193 (200 f.); ebenso zur Researchpflicht mit ausführlicher Begründung § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 243 ff. 409 Grundlegend BVerfGE 30, 292 (334 f.). 410 So tangiert das BVerfG die Untersuchung der Eigentumsgarantie nur BVerfGE 22, 380 (386 f.); 30, 292 (334 f.); vgl. Teil 4 E. III. 4. dieser Schrift.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

a) Schutzbereich Die Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche muss vom Gewährleistungsgehalt der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG in persönlicher wie sach­ licher Hinsicht umfasst sein. aa) Persönlicher Schutzbereich Die Berufsfreiheit schützt dem Wesen nach auch Rechtsträger. Geschützt ist die Freiheit juristischer Personen, „eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe, zu betreiben, soweit diese Erwerbstätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann“411. Gem. Art. 19 Abs. 3 GG gilt das Grundrecht der Berufsfreiheit damit grundsätzlich auch für inländische juristische Personen des Privatrechts.412 Fast die gesamte privatwirtschaftlich organisierte deutsche Finanzdienstleistungsbranche wurde im Rahmen des automatischen Konteninformationsaustauschs für steuerliche Zwecke in Dienst genommen.413 Hierunter zählen jegliche Verwahrinstitute, Einlageninstitute, Investmentunternehmen sowie bestimmte Versicherungsgesellschaften gem. § 19 Nr. 1 bis 8 FKAustG. Ausnahmen bilden nur begrenzte Gruppen sog. „nicht meldender Finanzinstitute“ nach § 19 Nr. 9,10 FKAustG, welche unter anderem Zentralbanken und staatliche Rechtsträger umfassen. Grundrechte gelten in erster Linie als Abwehrrechte gegen den Staat.414 Staatliche Rechtsträger selbst sind nicht grundrechtsberechtigt und unterliegen damit nicht dem Schutzbereich der Berufsfreiheit.415 Der persönliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG ist somit für die privatwirtschaftlich organisierte Finanzdienstleistungsbranche im Inland eröffnet.416 bb) Sachlicher Schutzbereich In sachlicher Hinsicht schützt Art. 12 Abs. 1 GG die „Freiheit der Berufswahl“ und in die „Freiheit der Berufsausübung“, d. h. das Recht der freien Wahl und 411 BVerfGE 30, 292 (312); 21, 261 (266); 22, 380 (383), a. A. Hey, FR 1998, 497 (504), die primär Art. 14 GG tangiert sieht. 412 Vgl. BVerfGE 21, 261 (266); 30, 292 (312); 50, 290 (363); 65, 169 (209 f.); 74, 129 (148 f.); Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 108 ff.; Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 268, 272; Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 170, Rn. 45. 413 Siehe ausführlich zum Anwendungsbereich des FKAustG Teil 3 A. 414 Vgl. Remmert, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 19 Abs. 2 Rn. 42 ff.; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2, Rn. 14 ff. 415 Ausführlich im Zusammenhang mit der Berufsfreiheit Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12, Rn. 108 ff. 416 Ebenso im Vgl. zum automatisierten Kontenabruf siehe Hoffmann, WM 2010, 193 (201).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Ausübung von Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte.417 Der Gewährleistungsgehalt der Berufswahlfreiheit ist bei vorliegender Untersuchung nicht tangiert, da die Institute weiterhin ihrer Tätigkeit in der Finanzbranche nachgehen können; ein Markteintrittsverbot als eine Art Zulassungsbeschränkung existiert durch die Regelungen des FKAustG nicht. Weiteres Schutzgut der Berufsfreiheit ist die Berufsausübungsfreiheit und damit nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG insbesondere das Recht, ein Gewerbe zu betreiben und dabei über die Dispositionsbefugnis aller dem Unternehmen zugeordneten Güter zu verfügen.418 Die vorliegende Indienstnahme ist eine Ausgestaltungsform von Regelungen zur weit auszulegenden Berufsausübung.419 Den Instituten wird ihre alltägliche Berufsausübung vornehmlich durch Vorschriften im Rahmen der Konteneröffnung gem. §§ 13, 16 FKAustG vorgeschrieben. Einige weitere Pflichten, wie die jährliche Meldung der Kontendaten an das BZSt nach § 3 Abs. 1 i. V. m. §§ 7 und 8 FKAustG, weisen jedoch keinen unmittelbaren Bezug zu der beruflichen Tätigkeit auf, d. h., sie beeinflussen nicht die Art und Weise der Durchführung von tatsächlichen Bank- und Versicherungsgeschäften.420 Dies ist allerdings unschädlich, denn die berufliche Betätigung muss nicht unmittelbar Regelungsobjekt sein. Der besondere Freiheitsraum des Art. 12 Abs. 1 GG schützt vielmehr auch vor zusätzlichen, außerhalb der eigentlichen Berufsausübung liegenden Tätigkeiten.421 Zur Erfüllung der Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG und den weiteren hieraus erwachsenden Nebenpflichten werden Ressourcen und Betriebsmittel, unter anderem IT-gestützte Datenbanken, Backoffice-Mitarbeiter sowie Kundenbetreuer eingebunden und der freien Dispositionsbefugnis des Instituts bei der Berufsausübung entzogen.422 Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist mithin eröffnet.

417

Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 14 f.; Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12, Rn. 1. BVerfGE 21, 261 (266); 22, 380 (383); 30, 292 (312); speziell zur Unternehmerfreiheit BVerfGE 97, 67 (83); Kloepfer, Verfassungsrecht Band II, 2010, § 70 Rn. 44; Ossenbühl, AöR 115, 1 ff.; Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 53. 419 Ebenso m. w. N. Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 218 ff., welcher die Indienstnahme bereits durch das Bestehen einer Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunden als nicht berufsfremd ansieht und damit eine Sachnähe zur berufsspezifischen Tätigkeit annimmt; a. A. Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (163), welcher die Indienstnahme von Finanzinstituten für den Steuereinbehalt und anderer Hilfstätigkeiten für die Finanzbehörden im Allgemeinen an Art. 2 Abs. 1 GG messen will; diesem teilweise beipflichtend Hey, FR 1998, 497 (504); allgemein Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 66 ff.; Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12, Rn. 343. 420 BVerfGE 22, 380 (384), mit Verweis auf die das Effektengeschäft regelnden Vorschriften durch das Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren – Depotgesetz – vom 4. Februar 1937 (RGBl. I S. 171). 421 BVerfGE 13, 181 (185); 22, 380 (384). 422 Hierzu weiterhin Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (ee) sowie im Zusammenhang zur Eigentumsgarantie Teil 4 E. III. 4.  418

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b) Eingriff Im vorliegenden Fall der Indienstnahme handelt es sich um eine gezielte Regelung zur Erweiterung des mit der Berufsausübung verbundenen Pflichtenkreises für Finanzinstitute.423 Das FKAustG ist ein Rechtsakt, welcher in Abschnitt 2 umfangreiche, teilweise bußgeldbewehrte Vorgaben einschließt, die eine bestimmte berufliche Betätigung zum Gegenstand haben und an die bisherige Banktätigkeit der Institute anknüpfen.424 Die Eingriffe zeichnet eine besondere Schwere aus, da nicht negative Handlungsverbote, sondern positiv zu erfüllende haftungssanktionierte Pflichtengebote vom Privaten verlangt werden.425 Die den Eingriff ausgestaltenden Pflichten lassen sich hierbei in Haupt- und Nebenleistungspflichten gliedern. Nach der vorliegend vertretenen Auffassung sind die Sorgfaltspflichten und die anschließende Übermittlungspflicht sich gegenseitig bedingende im FKAustG vorgesehene bußgeldbewerte Hauptleistungspflichten der Indienstnahme.426 Diese Auslegung als zwei miteinander verflochtene Hauptleistungspflichten ergibt sich durch Wortlaut und Sinn sowie Zweck des FKAustG. So enthalten die generellen Normen zur Indienstnahme, §§ 3 Abs. 1 und § 7 FKAustG, eine wörtliche Trennung in „Meldeund Sorgfaltspflichten“. Hierbei fordert der Gesetzgeber als Endprodukt zwar eine korrekte Meldung des Kontoinhabers, eine solche Meldung ist allerdings ausschließlich durch die einheitliche umfangreiche Datenerhebung und Verarbeitung im Vorfeld und anhand der Bestimmungen des FKAustG möglich. Dieser Sachzusammenhang ergibt sich ebenfalls direkt aus dem Gesetz nach § 3 Abs. 1, 2 FKAustG. Dabei sind die vorgelagerten Sorgfaltspflichten im Zweifel umfangreicher als Erstellung und Übermitteln des Meldefiles. Es gebietet daher bereits

423 Vgl. zur Berufsausübung als Eingriff BVerfGE 13, 181 (185); Mann, in: Sachs, GG, Art. 12, Rn. 93; ähnlich zur Researchpflicht der Finanzinstitute nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 251 f. 424 Zu den umfangreichen Identifizierungs-, Klassifizierungs- und Meldepflichten der Institute im Detail Teil 3 B. I. Vgl. auch zum Klassifikationsbegriff und den unterschiedlichen Intensitätsstufen von Indienstnahmen im Steuerverfahren Teil 4 C. II. 2. a). 425 Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41; Sachs, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 127 Rn. 105. In Abgrenzung der Datenzugriff der Finanzverwaltung beim automatisierten Kontenabruf, bei dem positive Handlungspflichten in der Vorbereitung des Datenfiles nach § 24c KWG bestehen, jedoch keine aktive Übermittlungspflicht, vgl. Teil 4 A. II. Im Zusammenhang mit dem Datenzugriff bei der digitalen Außenprüfung auch S­ chüßler, Der Datenzugriff der Finanzverwaltung im Rahmen der (digitalen) Außenprüfung, 2010, S. 16 ff.; Drüen, StuW 2003, 205 ff. 426 Ebenso könnte man nur die ultimative Übermittlung des Meldefiles als Hauptpflicht annehmen und die damit verbundenen Identifizierungs- und Klassifizierungspflichten als Vorbereitungshandlungen und damit als umfassende Nebenpflichten einstufen. Ein solches Verständnis hätte auch Auswirkungen auf die Auslegung des Bußgeldtatbestandes, siehe vertiefend Küpper / ​v. Schweinitz / ​Schurowski, DStR 2016, 512 (513).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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der Sinn des Gesetzes, auch die Identifizierungs-, Klassifizierungspflichten, d. h. die sog. Sorgfaltspflichten, im Vorfeld der Meldung als Hauptpflicht einzustufen. Mit den Hauptpflichten zur Identifizierung-, Klassifizierung- und Übermittlung meldepflichtiger Konten nach § 3 Abs. 1, 2 FKAustG sind diverse Nebenpflichten verbunden. Hierzu gehören beispielsweise die Aufbewahrungspflichten der Unterlagen nach § 3 Abs. 3 FKAustG, ebenso wie die Kooperationspflicht im Rahmen der Außenprüfung durch das BZSt nach § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 ff. AO.427 Gegenüber dem Kontoinhaber besteht überdies eine Informationspflicht nach § 6 Abs. 2 FKAustG.428 Durch die umfangreiche Kontendatenverarbeitung sind zudem Bestimmungen des BDSG429 in Anlehnung an das neue europäische Datenschutzrecht der DS-GVO einzuhalten.430 Diese verpflichten die Institutionen nach der hier vertretenen Auffassung dazu, neben der als lex specialis verankerten aktiven Informationspflicht in § 6 Abs. 2 FKAustG auch die Auskunftsverpflichtung gem. § 34 BDSG zu befolgen, wenn der Betroffene dies verlangt.431 Aus jenen Unterrichtungs- und Aufklärungspflichten können mögliche Schadensersatzansprüche der Kontoinhaber beispielsweise nach Art. 82 DS-GVO erwachsen.432 Außerdem sind weitreichende technisch-organisatorische Datensicherheitsmaßnahmen nach Art. 32 DS-GVO zu beachten.433 Die sich aus dem Datenschutzrecht ergebenden Pflichten, insbesondere jene technisch-organisatorischer Art und hier die zwingende Meldepflicht bei Datensicherheitsverfehlungen sind ihrerseits nach Art. 83 DS-GVO haftungssanktioniert.434 Im Hinblick auf den weiten Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG, welcher auch den potenziellen Erwerb umfasst, gelten ebenfalls diese möglichen Schadensersatzansprüche der Kontoinha 427 Insoweit trifft die Institute eine Unterstützungspflicht, vgl. zur digitalen Außenprüfung Schüßler, Der Datenzugriff der Finanzverwaltung im Rahmen der (digitalen) Außenprüfung, 2010, S. 25 f. 428 Ob diese Informationspflicht im Hinblick auf die betroffenen Kontoinhaber ihrerseits verfassungsgemäß ist, wird später zu beurteilen sein, vgl. Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). 429 Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1 vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU  – DSAnpUG-EU) vom 30.06.2017 (BGBl. I S. 2097) geändert worden ist. 430 Zwar unterliegen die Finanzinstitute im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit generell den Regelungen der DS-GVO – auch ohne die Indienstnahme zur Kontendatenverarbeitung nach dem FKAustG – durch die zusätzliche umfangreiche Datenverarbeitung ist das Fehlerrisiko jedoch gesteigert. 431 Basierend auf Art. 14 DS-GVO; vgl. ausführlich nach dem BDSG a. F. Gräber / ​Schurowski, IWB 2016, 331 ff. 432 Ausfühlich Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 82 Rn. 1 ff. 433 Hierzu ausführlich Martini, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 32 Rn. 1 ff.; Schröder, Datenschutzrecht, 2. Aufl. 2016. Siehe auch Teil 5 B. IV. 3. c)  bb) (4) (b). 434 Zu den verschärften Bußgeldsanktionierungen unter der DS-GVO Faust / ​Spittka / ​Wybitul, ZD 2016, 120 ff.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

ber oder die Haftungssanktionen als potenzieller Eingriff.435 Darüber hinaus sind hierunter die potenziellen erwerbswirtschaftlichen Einbußen zu zählen, welche durch einen möglichen Bruch des Vertrauensverhältnisses zum Kunden oder durch andere Reputationsschäden im Falle einer Falschmeldung oder Unterlassung der Unterrichtungspflicht verursacht werden. Die Indienstnahme der Finanzinstitute zur Preisgabe von Kontendaten für steuerliche Zwecke kann bestehende oder zukünftige Kundenverhältnisse beeinträchtigen und damit den potenziellen Erwerb mindern.436 Mit der Entscheidung zur integrierten Prüfungsfolge ist überdies die Kostenübernahme der Privaten „integraler Bestandteil dieser Dienstleistungspflicht“437 und gleichzeitig Ausgestaltungsform des Eingriffsakts.438 Dabei ist die Kostenfrage weder im FKAustG selbst noch in anderen Gesetzen ausdrücklich geregelt.439 Eine Kostenabwälzung auf die Finanzdienstleistungsbranche wird damit vom Gesetzgeber automatisch unterstellt. Zu den Kosten gehören zum einen die Kosten für die umfangreiche Erstimplementierung der Bestimmungen. Auch wenn das FKAustG und der diesem Gesetz zugrundeliegende CRS an die FATCA-Bestimmungen angelehnt ist, mussten aufgrund des umfangreich erweiterten Anwendungsbereichs erhebliche Umsetzungsmaßnahmen unternommen werden.440 Da beispielsweise 435

Zum weiten Eingriffsbegriff auch Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12, Rn. 300 ff. Vgl. jedoch die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Kontenabrufs. Hier wurde im Zuge der Untersuchung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bei juristischen Personen nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG durch das BVerfG festgestellt, dass das Geheimhaltungsinteresse einer Kundenbeziehung insoweit nicht die wirtschaftliche Verhaltensfreiheit eines Kreditinstituts gefährdet, als dass eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage für die Datenpreisgabe besteht, BVerfGE 118, 164 (205). Art. 12 GG wurde in diesem Verfahren jedoch nicht untersucht. 437 Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (181); ders., in: Kirchhof / ​Söhn / ​Mellinghoff / ​EStG, § 38 Rn. A 96. 438 Siehe Teil 4 E. III. 1.  439 So findet sich ebenfalls keine Kostenbestimmung im Artikelgesetz – dem Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (BGBl. 2015 II S. 2531), durch welches das FKAustG erlassen wurde. In dem Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015 finden sich vereinzelt Erwähnungen zu Kostenübernahme der Institute, siehe bspw. Pross (OECD). S. 13; anders verhält es sich beim automatisierten Kontenabruf, bei dem der Gesetzgeber eine klare Entscheidung zur Kostentragungspflicht des Indienstgenommenen nach §§ 24c Abs. 5 KWG i. V. m. 93b Abs. 4 AO vorgesehen hat. 440 Die Erfüllungskosten Indienstgenommener Finanzinstitute für die Erstimplementierung von FATCA und CRS werden auf 486 Mio. EUR geschätzt. Ferner wird von einem zusätzlichen jährlichen Erfüllungsaufwand von 80 Mio. Euro ausgegangen, siehe Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks. 18/5920 v. 07.09.2015, S. 2 f. Die Anlehnung an die Bestimmungen von FATCA dienen zum einen für ein vergleichbares einheitliches Meldeformat, halten aber auch die Implementierungskosten auf Seiten der Finanzinstitute und der Steuerbehörden geringer, vgl. Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, Pross (OECD) S. 13. 436

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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die Neuerfassung aller Kontoinhaber mit ausländischer Steuer-IdNr. nach §§ 13, 16 FKAustG einbezogen werden, mussten Datenbanken umprogrammiert werden, um neue Datenfelder in den Kontenannahmeprozess einzupflegen.441 Hiermit verbunden sind auch Mitarbeiterschulungen im Back- und Frontoffice sowie die Neuerstellung von Formularen. Gleiches gilt im Zusammenhang mit der umfangreichen Erstsichtung aller bereits bestehenden Konten (grundsätzlich Konten, die nach § 19 Nr. 26 Buchst. a) FKAustG zum 31.12.2015 geführt werden) nach §§ 10 bis 12, 14 bis 15 FKAustG.442 Neben den Erstimplementierungskosten bestehen Aufwendungen für andauernd anhaltende Pflichten. Insbesondere die jährliche Erstellung des Meldefiles verlangt einen fortwährenden Einsatz personeller und technischer Mittel. Die gesamte Kostenübernahme intensiviert die Eingriffsintensität auf signifikante Weise. Finanzinstitute werden dementsprechend mit einer Tätigkeit belastet, die generell außerhalb ihrer eigentlichen Berufsausübung, dem Banking, Asset Manage­ ment und Versicherungsgeschäft, liegt. Diese auferlegte Tätigkeit hat jedoch gleichzeitig Rückwirkungen auf die typische Berufsausübung.443 Sie ändert beispielsweise den Kundenannahmeprozess, d. h. im Regelfall das Konteneröffnungsverfahren eines Instituts.444 Jeder Kontoinhaber ist danach anhand des Merkmals der steuerlichen Ansässigkeit und weiterer Typologien von Entitäten einzeln zu untersuchen und in eine Meldekategorie einzuordnen. Gleichzeitig erreichen die Pflichten im Rahmen der Indienstnahme jedoch nicht eine solche Eingriffsintensität, dass sie den Substanzgehalt der unternehmerischen Tätigkeiten insgesamt verändern. Die Institute können weiterhin ihrer Tätigkeit und der damit verbundenen Kontenführung nachgehen. Das alltägliche Finanzgeschäft wird von den Melde- und Sorgfaltspflichten des FKAustG lediglich partiell tangiert, jedoch nicht verändert oder seinem Wesen nach beschränkt. Die auferlegten Pflichten entfalten damit nicht die faktisch gleiche Wirkung wie Berufszugangsrege­ lungen.445 Alle Haupt- und Nebenpflichten, inkl. der Kostentragung für die Indienstnahme, ergeben ein umfangreiches Pflichtenbündel mit objektiv berufsregelnder Tendenz,

441 Unter FATCA sind im vgl. nur spezifizierte US Konten und damit quantitativ deutlich weniger Personen meldepflichtig, siehe Teil 2 B. I. 1.  442 Zu den Identifizierungspflichten von bestehenden und neuen Konten im Detail Teil 3 B. I. 443 Nach der Stufentheorie des BVerfGE liegt mithin ein Eingriff auf der Stufe der „Berufsausübungsfreiheit“ vor, grundlegend BVerfGE 7, 377 (405 ff.). 444 Bspw. ist im Rahmen der Kontoeröffnung eine Selbstauskunft aller Kontoinhaber einzuholen, durch welche neue Daten, u. a. die Steuer-IdNr., erhoben werden. 445 Zu diesem, im Rahmen der Kritik and der Stufenlehre des BVerfG, geäußerten Phänomen Kloepfer, Verfassungsrecht Band II, 2010, § 70 Rn. 87; weitere Kritik bei Mann, in: Sachs, GG, Vor Art. 12 Rn. 152 ff.; vgl. auch die Lösung es BVerfG bei dieser Problemstellung die Rechtmäßigkeitsanforderungen der nächst höheren Stufe zu prüfen BVerfGE 16, 147; (167); 36, 47 (58 f.); 61, 291 (311); 77, 84 (106).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

welches in seiner Gesamtheit rechtfertigungsbedürftig in die Berufsausübungsfreiheit der Finanzinstitute eingreift.446 c) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Jeder Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit bedarf einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Der Reglungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG lässt eine Einschränkung der Berufsfreiheit „durch oder auf Grund eines Gesetzes“ zu.447 An diese Einschränkung mittels einfachen Gesetzesvorbehalts sind allerdings formelle wie materielle Anforderungen geknüpft. Das zur Indienstnahme der privaten Finanzdienstleistungsbranche ermächtigende Gesetz, das FKAustG, muss demzufolge seinerseits formell wie materiell verfassungskonform sein. Nachfolgend wird daher problembezogen die Rechtmäßigkeit des FKAustG geprüft. aa) Formelle Anforderungen Das FKAustG ist ein Gesetz im formellen Sinne. Es wurde durch Art. 1 des Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze448 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats im Gesetzgebungsverfahren nach Art. 76 ff. GG beschlossen. Dabei unterlag es dem Eilverfahren nach Art. 76 Abs. 2 S. 4 GG um den EU-rechtlichen Vorgaben aus Art. 2 Nr. 1 Amtshilferichtlinie und den völkerrechtlichen Verpflichtungen der mehrseitigen Vereinbarung fristgerecht zu entsprechen.449 Die ordnungsgemäße Gesetzgebungskompetenz des Bundes über Steuern, deren Aufkommen zumindest anteilig den Ländern zufließt, ist hierbei an das Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates gem. Art. 105 Abs. 3, Art. 107 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 5 GG gebunden. Die Zustimmung des Bundesrates erfolgte fristge 446

OVG Lüneburg, Urteil v. 13.06.2001 – 9 K 1975/00, NVwZ-RR 2002, 456 (458); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 187, 212; Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (181); ders., in: Kirchhof / ​Söhn / ​Mellinghoff / ​EStG, § 38 Rn.  A 97; § 39b Rn. A 19. Eine endgültige Aussage zur Verfassungskonformität der Indienstnahme – ohne auf die konkrete Ausgestaltung der Pflichten – einzugehen, ist nur möglich, wenn der Indienstnahmeakt als solcher bereits aus keinen Gesichtspunkten legitimierbar erscheint, vgl. BFHE 146, 302 (305). 447 Mann, in: Sachs, GG, Vor Art. 12 Rn. 108; Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12, Rn. 311 ff.; Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​Starck, GG, Art. 12 Abs. 1 Rn. 108; Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VI, § 171 Rn. 1. 448 v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2531). 449 Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BR-Drucks. 352/15 v. 14.08.2015, Anschreiben der Bundeskanzlerin S. 1. Zu den verschiedenartigen gesetzlichen Rechtsgrundlagen des globalen automatischen Informationsaus­ tauschs von Finanzkonten siehe Teil 2 B. II. 4. 

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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recht am 18.12.2015.450 Das FKAustG ist gem. Art. 8 Abs. 1 des Artikelgesetzes am 31.12.2015 in Kraft getreten. Die Anforderungen an die Gesetzgebungskompetenz und das Gesetzgebungsverfahren sind ordnungsgemäß eingehalten worden.451 Das FKAustG entspricht daher den formellen Anforderungen. bb) Materielle Anforderungen Neben den formellen Vorgaben muss die sich aus dem FKAustG ergebende Indienstnahme gleichfalls materiell verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Dabei erscheint es zweifelhaft, ob einige Normen des FKAustG dem Bestimmtheits- und Klarheitsgebot sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. (1) Normenklarheit und Bestimmtheit Die den Schutzbereich beeinträchtigenden Normen müssen in Ansehung an allgemeine rechtsstaatliche Anforderungen ausreichend klar und bestimmt sein.452 Die Bestimmtheit von Normen muss einen Grad erreichen, dass die Folgen der Regelung für den Normadressat so vorhersehbar und berechenbar sind, der es gestattet, dass er sein Verhalten danach ausrichten kann und der Verwaltung angemessen klare Handlungsmaßstäbe vorgegeben werden sowie eine hinreichende gerichtliche Kontrolle ermöglicht wird.453 Zur Bewertung der hinreichenden Bestimmtheit zieht das BVerfG unterschiedliche Faktoren heran. Dabei sind insbesondere die Eingriffsintensität der Norm und die sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstands in die Abwägung einzubeziehen.454 Die Melde- und Sorgfaltsbestimmungen in §§ 7 ff. FKAustG waren weitreichender Kritik der Verbände ausgesetzt und 450

Vgl. Plenarprotokoll des Bundesrates, 940. Sitzung, TOP 6b, S. 513B–513C. Auch ergeben sich in materieller Hinsicht Zweifel am eilbedürftigen Gesetzgebungsverfahren und des unmittelbar folgenden Umsetzungszwangs im Hinblick auf die zur Umsetzung verpflichteten Institute siehe Teil 4 E. III. 3. c) bb) (1) (a) und der Kontoinhaber siehe Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (2). 452 BVerfGE 34, 293 (302); 82, 209 (224); 87, 287 (319 f., 325 f.); sowie im Hinblick auf den Unterschied zur Berufswahl BVerfGE 54, 237 (247 f.). 453 BVerfGE 31, 255 (264); 37, 132  (142); 45, 400 (420); 52, 1 (41); 56, 1  (12); 62, 169 (183); 78, 205 (212); 83, 130  (145); 84, 133 (149); 87, 234 (263); 108, 52 (75); 110, 33 (53 f.); 110, 33 (54 f.); Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Rn. 58 ff. 454 Zur Eingriffsintensität der Norm BVerfGE 49, 168  (181); 56, 1 (13); 59, 104 (114); 62, 169 (183); 83, 130  (145); 86, 288  (311); 90, 1 ff. (17); 93, 213 ff. (238); 109, 133 ff. (188); 110, 33 ff. (55) zu den Eigenarten des Reglungsgegenstandes BverfGE 49, 168 (181); 59, 104 (114); 87, 234 (263); 89, 69 (84); 93, 213 (238); 102, 254 (337); 102, 347 (361); Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Rn. 60; Schulte-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 20, Rn. 129 ff.; Papier  / ​ Möllers, AöR 122 (1997), S. 177 (185); zum Bestimmtheitsgrundsatz im Steuerrecht speziell Papier, in: DStJG 12, 1989, S. 61 ff. Siehe auch zum Klassifikationsbegriff und den unterschiedlichen Intensitätsstufen von Indienstnahmen im Steuerverfahren Teil 4 C. II. 2. a) sowie im konkreten Fall Teil 4 E. III. 3. b). 451

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

wurden als unsystematisch und zu unbestimmt angesehen.455 Hierbei sind die Fülle der unbestimmten Rechtsbegriffe und Verweise innerhalb des gesamten Gesetzestexts sowie die Unbestimmtheit des Bußgeldtatbestands in § 28 Abs. 2 FKAustG besonders hervorzuheben. (a) Verweisstruktur des FKAustG Mit den umfangreichen Legaldefinitionen in §§ 19, 20 FKAustG versucht der deutsche Gesetzgeber, basierend auf den Regelungen des originären CRS und der EU Amtshilferichtlinie, die Einhaltung der Sorgfaltspflichten definitorisch zu ermöglichen, ohne dabei die einheitliche grenzüberschreitende Umsetzung zu gefährden. Die Normenklarheit wird durch die hierbei entstehende Verweisstruktur in die verschiedenen völkerrechtlichen, europäischen und nationalen Bestimmungen des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs jedoch herabgesetzt. Die Regelungen sind für den Rechtsanwender schlechter zu durchdringen.456 Die praktische Hürde für den Gesetzgeber besteht darin, die territorialen Unterschiede, welche trotz gemeinsamer Basis globaler Musterregelwerke in Teilen fortbestehen, bestmöglich im Hinblick auf das angestrebte Ziel, der Vermeidung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung, zu harmonisieren. Bestehende Unterschiede zeigen sich insbesondere im Hinblick auf die Vielfalt der Finanzprodukte.457 Bausparverträge sind beispielsweise ein typisch deutsches Finanzinstrument und daher schwer unter eine bestimmte Kontenart der CRS-Typologien zu kategorisieren. Zudem sind sie aufgrund ihres eigenständigen Charakters grundsätzlich keine Produkte, von denen eine Gefahr der Steuerhinterziehung ausgeht und sollten daher nach Sinn und Zweck der Regelungen vom Anwendungsbereich ausgenommen werden. Hiefür wurde eine generisch ausgestaltete Legalausnahme in § 19 Nr. 34 Buchst. g) FKAustG geschaffen. Die Norm ermöglicht dabei Flexibilität im Hinblick auf die Entwicklungen und Vielfalt von Finanzprodukten. Um diese Flexibilität zu gewähren, enthält die Regelung jedoch 455 So reichte der Verband der deutschen Kreditwirtschaft zahlreiche Änderungsvorschläge zum FKAustG sowie bereits zum FATCA BMF-Schreiben v. 03.11.2015 ein, siehe die Stellungnahme der Kreditwirtschaft v. 23.10.2015, Anlage 2, sowie die Stellungnahme des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, Anlage 5, im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015. 456 Zu den unterschiedlichen völkerrechtlichen, europäischen und nationalen Bestimmungen des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs siehe ausführlich Teil 2 B.; zu dem Gebot der eindeutigen Verweisungen vgl. Schulte-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 20, Rn. 143 f. 457 So auch bspw. der Erwägungsgrund (5) der Amtshilferichtlinie 2014/107/EU, (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014): „ […] Angesichts der zunehmenden Möglichkeiten für Investitionen im Ausland in eine große Vielfalt von Finanzprodukten haben die bestehenden Instrumente der Union und der internationalen Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Besteuerung an Wirksamkeit bei der Bekämpfung von grenzüberschreitendem Steuerbetrug und grenzüberschreitender Steuerhinterziehung verloren“.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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gleichzeitig Verweise auf die Liste der ausgenommenen Konten nach Art. 8 Abs. 7a Amtshilferichtlinie und gesonderte – auch zukünftige – BMF-Schreiben.458 Diese zu Teilen dynamischen Verweise in ein Mehrebenensystem von Rechtsquellen gehen einher mit einem hohen Maß an Unbestimmtheit.459 Finanzinstitute sind praktisch dazu verpflichtet, neue Produkte anhand der verschiedenen Rechtsquellen zu überprüfen und gegebenenfalls dem BMF zur Vorlage einzureichen. Der generell durchgeführte interne Neuproduktzulassungsprozess der Institute kann hierdurch signifikant in die Länge gezogen werden. Eine gleichgerichtete Problemlage findet sich bei der Regelung betreffend nicht meldende Finanzinstitute i. S. d. § 19 Nr. 9 Buchst. c) FKAustG. Auch hier sind Verweise auf Art. 8 Abs. 7a Amtshilferichtlinie und gesonderte zukünftige BMF-Schreiben enthalten, die erhebliche Unsicherheiten bei Rechtsträgern und Instituten hervorrufen können.460 So sind diese Rechtsträger nicht verpflichtet und aufgrund fehlender Erlaubnisnorm auch nicht berechtigt, die Datenverarbeitung in Form der Melde- und Sorgfaltsbestimmungen nach dem FKAustG durchzuführen.461 Hinzu kommt die Kurzfristigkeit der Umsetzungsvorgaben des im Eilverfahren nach Art. 76 Abs. 2 S. 4 GG erlassenen Gesetzes. So musste der Neukontenprozess nach §§ 13, 16 i. V. m. § 19 Nr. 27 FKAustG bereits am 01.01.2016 praktisch bei den Instituten implementiert sein, obwohl das Gesetz selbst erst kurz vor den Weihnachtsfeiertagen, am 21.12.2015, mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft trat.462 Ein solches Vorgehen entspricht zwar formell noch nicht einer echten Rückwirkung, bei der ein „Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift“463 und in diesem Fall eine Nichteinhaltung der Vorschriften womöglich unter Strafe nach § 28 Abs. 1 FKAustG 458 Statische Verweise in das europäische Recht sind grundsätzlich akzeptiert BVerfGE 29, 198 (210), vgl. auch Papier, in: DStJG 12, 1989, S. 61 (71). So auch im Falle einer schwebenden Unsicherheit der Gesetzeslage das BVerfGE 110, 33 (53): „Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Norm erhöhen sich, wenn die Unsicherheit bei der Beurteilung der Gesetzeslage die Betätigung von Grundrechten erschwert.“; vgl. im Gegensatz die liechtensteinische Gesetzgebung Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (6). 459 Über diese Problematik der unbestimmten Rechtsbegriffe wurde ebenfalls im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum FKAustG diskutiert, vgl. Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, Eigenthaler (Deutsche Steuer-Gewerkschaft), S. 18 f. 460 Vgl. ausführlich zur Problematik der Normenklarheit bei der Rechtsträgerklassifizierung Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (2). 461 Dies ergibt sich aus dem Wortlaut „nicht meldendes Finanzinstitut“ und aus dem Umkehrschluss der Definition „meldendes Finanzinstitut“ nach § 19 Abs. 1 FKAustG; siehe im Hinblick auf die Wichtigkeit einer klaren Regelung zu ausgenommenen Produkten und Rechtsträgern die Sichtweise der deutschen Kreditwirtschaft in dem Schreiben vom 01.02.2016, S. 1, abrufbar unter: https://bankenverband.de/media/files/2016-02-01_DK-Brief.pdf sowie das Schreiben vom 02.08.2016, S. 2 abrufbar unter: https://bankenverband.de/media/files/2016​ 0802_DK-Stellungnahme_Anwendungsfragen_FKAustG.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 462 Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2531). 463 BVerfGE 11, 139 (145 f.); 57; 361 (391); 68, 287 (306); 123, 186 (257); 132, 302 (318); 135, 1 (14); vgl. ausführlich Maurer, HStR, Bd. IV, § 79 Rn. 32 ff., 44 f.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

gestellt wird, hat jedoch praktisch eine ähnliche Wirkung.464 Jegliche umfangreiche Vorbereitungsmaßnahmen zur Implementierung basierten auf der europäischen Amtshilferichtlinie, den Vorgaben des Gesetzesentwurfs, mündlichen Aussagen des BMFs sowie eigenen, teilweise untereinander und mit den zuständigen Verbänden abgestimmten, Projektannahmen der Kredit- und Versicherungswirtschaft.465 Insgesamt betrachtet war die „Schnellzuggesetzgebung“ zur Einführung des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs von erheblichen Anlaufschwierigkeiten geprägt, entspricht jedoch nach der hier vertretenen Auffassung noch dem Grundsatz der Rechtsklarheit. Hierbei trägt zumindest partiell die bestehende inhaltliche Ähnlichkeit zur bereits ein Jahr früher ergangenen FATCA-Umsetzungsgesetzgebung zur Rechtsklarheit bei.466 Abhilfe zu praktischen Anwendungsfragen offenbart in Teilen auch das ausführliche BMF-Schreiben, zu dessen Umsetzung Finanzinstitute und Konto­inhaber verpflichtet sind. Insbesondere bei zukünftigen Änderungen bilden jedoch auch hier dynamische Verweise ein Einfallstor für Rechtsunsicherheit. So verweist Rn. 5 BMF-Schreiben auf die Möglichkeit zur Heranziehung des originären OECD-Materials, insbesondere des CRS-Kommentars für Anwendungsfragen, welcher in deutsche Sprache übersetzt werden soll. Unklar bleibt jedoch an dieser Stelle, welche Rückwirkungen zukünftige Änderungen des CRS-Kommentars auf die nationale deutsche Umsetzungsgesetzgebung haben werden.467 Grundsätzlich können derartige dynamische Verweise auf zukünftige Listen nach Art. 8 Abs. 7a Amtshilferichtlinie oder den CRS-Kommentar dazu führen, dass der Gesetzgeber den Inhalt seiner Vorschriften nicht mehr in eigener Verantwortung bestimmt und damit der Entscheidung Dritter überlässt.468 Nach An 464

Vgl. kitsch auch die 29-Data Protection Working Party der EU, welche eine „foreseeable Legal Basis“ verlangt, „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 5, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 465 Dies hebt die deutsche Kreditwirtschaft in ihrem Schreiben an die Regierung ausdrücklich hervor: siehe das Schreiben vom 01.02.2016, S. 1 f., abrufbar unter: https://bankenverband. de/​media/files/2016-02-01_DK-Brief.pdf sowie das Schreiben vom 02.08.2016, S. 1, abruf­ bar unter: https://bankenverband.de/media/files/20160802_DK-Stellungnahme_Anwendungs​ fragen_FKAustG.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 466 So mussten in einigen Teilen nur Anpassungen zum FATCA-Regime erfolgen; vgl. Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, Pross (OECD). S. 13. 467 Vgl. hierzu enthält bspw. die schweizerische Gesetzgebung eine Regelung in Art. 8 Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG) v. 18.12.2015, abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2016/1297. pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016), wonach die meldenden schweizerischen Finanzinstitute erst umsetzen müssen, wenn sie in ein Bundesgesetz, in eine Verordnung oder in eine Weisung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) aufgenommen worden sind. 468 BVerfGE 143, 38 (59), Rn. 43.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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sicht des BVerfG kann der Gesetzgeber aber auf andere Vorschriften in ihrer jeweils geltenden Fassung verweisen, wenn die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Bundesstaatlichkeit eingehalten werden.469 Damit sind dynamische Verweisungen nicht schlechthin ausgeschlossen, sie sind jedoch nur in diesem Rahmen zulässig. Die Besonderheiten der Kompetenzordnung, im Speziellen der grundrechtlich gebotene Gesetzesvorbehalt, werden bei vorliegenden Verweisstrukturen nicht umgangen.470 Bei den Ausnahmekatalogen für Produkte und Finanzinstitute mit geringem Risiko bleibt der zuständige Bundesgesetz­geber grundsätzlich in einer Kontrollposition über den Gesetzesinhalt in der Weise, als dass er selbst der EU Kommission mögliche Ausnahmen vorlegt. Gleichzeitig gilt der dynamische Verweis auf den CRS-Kommentar als verfassungskonform. Zunächst wird dieser nur als Auslegungshilfe herangezogen. Sind hier zukünftig materiell-rechtliche Änderungen im Vergleich zum jetzigen Rechtsstand vorgesehen, wie dies bei der Pflicht zur Einfrierung von Neukontenbeziehungen ohne Selbstauskunft der Fall ist, bleibt der deutsche Gesetzgeber und seine Organe, insbesondere das BMF, weiterhin zur Umsetzung der Vorgaben befähigt. Insbesondere durch zukünftige BMF-Schreiben kann auf etwaige Änderungen Einfluss genommen werden. Grundsätzlich bleibt die Komplexität durch zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe unter anderem bedingt durch die rasante Entwicklung des Kapitalmarkts und die sich damit ergebenden immer neuen Möglichkeiten der Steuerhinterziehung bestehen. Daneben besteht Unsicherheit bei der Rechtsanwendung durch die Umsetzung auf verschiedenen Regelungsebenen. Diese zwingt de facto den Indienstgenommenen zur Beachtung der Melde- und Sorgfaltspflichten auf Grundlage jeglicher Rechtsquellen, auch des originären CRS, einschließlich des englischsprachigen Kommentars. Gleichzeitig muss auf Änderungen der Regelungen reagiert werden.471 Insbesondere bei Instituten mit globalem Kundenstamm kann somit von einer hohen Eingriffsintensität ausgegangen werden, welche jedoch der Eigenart des Reglungsgegenstands, dem automatisierten Finanzkonteninformationsaustausch auf globalem und europäischem einheitlichen Niveau, geschuldet ist.472 Die Unübersichtlichkeit der Verweise auf verschiedene nationale, europäische und völkerrechtliche Rechtsquellen ergibt sich aus dem Ziel des Gesetzgebers, grenzüberschreitende Steuerhinterziehung weltweit zu bekämpfen und hierfür einen harmonisierten globalen Standard zu schaffen. Nach der an dieser Stelle 469

BVerfGE 47, 285 (312 ff.); 49, 89 (136 f.); 141, 143 (176 f.). BVerfGE 33, 125 (157 ff.); 47, 285 (315 f.). 471 Ein ausdrücklicher Verweis zum CRS-Kommentar findet sich im FKAustG nicht, aber in Rn. 5 des BMF-Schreibens sowie in Erwägungsgrund (13) der AmthsilfeRl, welche wiederum selbst zur richtlinienkonformen Auslegung des FKAustG herangezogen werden muss. Eine Anwendung als Auslegungshilfe wurde auch im Rahmen der Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015 bestätigt, Anlage 1, Stellungnahme von Anzinger zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, S. 4. 472 Zu den verschiedenen Rechtsquellen des automatischen Konteninformationsaustauschs auch im Detail Czakert, DStR 2015, 2697 (2700 f.). 470

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

vertretenen Auffassung lassen sich ungeachtet der Vielzahl von Verweisen, der Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen und der kurzen Umsetzungszeitspanne die vom Gesetzgeber gewollten Handlungen für die betroffenen Finanzinstitute noch angemessen vorhersehen. Dies gilt insbesondere, da praktische Anwendungsregelungen durch BMF-Schreiben, Handbücher oder BZSt-Infobriefe sowie Kontaktanfragen im BZSt-Portal Hilfestellungen gewähren.473 Angesichts der Komplexität der Regelungen sind Verweise und unbestimmten Rechtsbegriffe nach der hier vertretenen Auffassung jedoch nur insoweit verfassungsgemäß, wie dem Indienstgenommenen keine unmittelbar unverhältnismäßig hohen Strafen bei falscher Umsetzung drohen, denn die Bestimmtheitsanforderungen an Normen sind umso höher, je schwerer der Eingriff ausgestaltet ist.474 In dieser Hinsicht bildet die „Gut Glaubens“-Anwendungsregelung in Rn. 366 f. des BMF-Schreibens eine notwendige Erleichterung für die Finanzinstitute. Dieses Vorgehen hat bereits unter FATCA Anwendung gefunden und trägt der eilbedürftigen Umsetzung des Themas Rechnung.475 Wenn Institute „sämtliche Bemühungen im guten Glauben unternommen [haben], die notwendig erscheinen, um den Sorgfaltspflichten bis zum Datum der Veröffentlichung dieses Schreibens [BMF-Schreiben] nachzukommen“476, so werden sie so betrachtet, als hätten sie alle Pflichten rechtmäßig erfüllt. Aufwendige Neuklassifizierungen von Kunden nach Veröffentlichung des BMF-Schreibens können damit regelmäßig unterbleiben.477 Sie sind nur bei offensichtlich unrichtig durchgeführten Verfahren notwendig.478

473 Zur Übersicht der verschiedenen Hilfestellungen des BZSts siehe: http://www.bzst.de/ DE/Steuern_International/CRS/CRS_node.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 474 BVerfGE 110, 33 (55); 120 (378); Schulte-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 20, Rn. 13; Papier / ​Möllers, AöR 122 (1997), S. 177 (187). 475 Sog. „Safe Harbor Provision“. Automatischer Informationsaustausch mit den Vereinig­ ten Staaten von Amerika; Abschluss einer nach Artikel 3 Absatz 6 des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika abgeschlossenen FATCAAbkommens vom 31. Mai 2013 getroffenen Abmachung (BStBl 2015 I S. 1053), Nr. 4.4., abrufbar unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/ Internationales_Steuerrecht/Allgemeine_Informationen/2015-12-16-automatischer-informations​ austausch-mit-den-vereinigten-staaten-von-amerika.pdf?__blob=publication​File​&v=2 (zuletzt abgerufen 03.03.2016). Eine solche Regelung wurde von der deutschen Kreditwirtschaft wiederholt gefordert, siehe das Schreiben vom 01.02.2016, S. 2 f., abrufbar unter: https://bankenverband.de/media/files/​ 2016-02-01_DK-Brief.pdf sowie das Schreiben vom 02.08.2016, abrufbar unter: https://banken​ verband.de/media/files/20160802_DK-Stellungnahme_Anwendungsfragen_FKAustG.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 476 Rn. 366 BMF-Schreiben. 477 Rn. 367 BMF-Schreiben. 478 Ebd.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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(b) Bußgeldtatbestand des FKAustG Neben den Verweisstrukturen und den unbestimmten Rechtsbegriffen ist der Ordnungswidrigkeitentatbestand nach § 28 Abs. 1 FKAustG zu fokussieren. Die Norm beinhaltet nach der hier vertretenen Auffassung eine verfassungsrechtlich zweifelhafte unbestimmte Wortwahl.479 So geht aus dem objektiven Tatbestand nicht hervor, ob sich die bußgeldbewährte Handlung der „nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig“ gemachten „Meldung“ auf einen einzelnen Kontoinhaber bezieht oder das Meldefile in seiner Gesamtheit umfasst ist.480 Die Zweideutigkeit des Begriffs „eine Meldung“ in § 28 Abs. 1 FKAustG geht nach der hier vertretenen Auffassung über einen der Auslegung zugänglichen unbestimmten Gesetzesbegriff hinaus.481 Die Voraussetzungen der Strafbarkeit sind für die einzelnen Finanzinstitute unklar und lassen sich nur schwerlich durch Auslegung präzisieren.482 Der Bußgeldtatbestand inkludiert daher Mängel im Zusammenhang mit der allgemeinen Bestimmtheit nach Art. 20 Abs. 3 GG sowie mit der Gesetzes­bestimmtheit der Strafbarkeit nach Art. 103 Abs. 2 GG.483 Diese Mängel führen nach der hier vertretenen Auffassung zur Verfassungswidrigkeit der Bußgeldregelung.

479

Hierzu ausführlich Küpper / ​v.Schweinitz / ​Schurowski, DStR 2016, 512 ff. Ebd. (513); vgl. auch die Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, Anlage 8, Gemeinsame Stellungnahme von Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland und WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e. V., Anlage, 8, S. 2 f.; a. A. Roth, DStZ 2016, S. 498 (500 f.), welcher durch Wortlautauslegung von der „Meldung“ eines Kontos die „Übermittlung“ des gesamten Meldefiles abgrenzt. Dies geht nach der hier vertretenen Auffassung jedoch nicht eindeutig aus dem Gesetz hervor. Zunächst hat der Gesetzgeber keine Legaldefinition hierfür im FKAustG geschaffen. Vielmehr werden die Termini „Meldung“ und „Übermittlung“ als Synonym uneinheitlich verwendet, bspw. wird bei der Rückausnahme in § 19 Nr. 34 Buchst. a) cc) FKAustG die „Übermittlung“ nur auf ein Konto bezogen oder die Informationspflicht in § 6 Abs. 2 FKAustG bezieht sich auf einen Kontoinhaber nutzt aber dennoch den Termini „Übermittlung“. Gleiches ergibt sich aus verschiedenen Stellen des BMF-Schreibens, insbes. Rn. 321 ff., welches nicht konkret zwischen den Termini „Meldung“ und „Übermittlung“ differenziert. Es bleibt daher bei der Unbestimmtheit des objektiven Bußgeldtatbestandes. 481 Vgl. Küpper / ​v.Schweinitz / ​Schurowski, DStR 2016, 512 (517); a. A. Roth, DStZ 2016, S. 498 (500 f.). Vgl. auch im Hinblick zu FATCA aufgrund der nationalen Umsetzung von FATCA mittels Rechtsverordnung strittig, siehe Gräber / ​Schurowski, IWB 2016, 331 (338) sowie im Hinblick auf den Bußgeldtatbestand und Rückverweisungsklauseln Bülte, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 379 AO, Rn. 99 ff., 103 und diesem beipflichtend Jäger, in: Joecks /  ders. / Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 379 AO, Rn. 89. 482 Ausführlicher aber ebenfalls nicht abschließend klar hingegen das liechtensteinische Umsetzungsgesetz, vgl. Art. 27 ff. AIA-Gesetz v. 05.11.2015, LGBl-Nr 355, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/crs-implementation-and-assistance/crs-by-​​ jurisdiction/legislation/Liechtenstein-PrimaryLegislation.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 483 Vgl. zu Art. 103 Abs. 2 GG bspw. BVerfGE 41, 314 (319); 47, 109 (120); 48, 48 (56); 64, 389 (393 f.); 75, 329 (341); Papier / ​Möllers, AöR 122 (1997), S. 177 (187 f.); ausführlich Schmidt-­ Aßmann, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 103 Abs. 2 Rn. 185. 480

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

(c) Zwischenergebnis Die Gesetzgebung zum automatischen Austausch von Finanzkontendaten entstand unter internationalem politischen Druck für ein schnelles Handeln im Kampf gegen Steuerhinterziehung.484 Eine gemeinsame globale Herangehensweise, welche auf einem Mehrebenensystem von unterschiedlichen völkerrechtlichen, europäischen und nationalen Rechtsquellen fußt, war gewählt worden und bedingte eine dynamische Verweisstruktur. Aufgrund von behördlichen Hilfestellungen und Übergangsregelungen sind die Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG jedoch in ihrer Gesamtheit und im Hinblick auf das Regelungsziel noch angemessen bestimmt. Der Bußgeldtatbestand des § 28 Abs. 1 FKAustG hingegen nimmt nach der hier vertretenen Auffassung im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal einer „Meldung“ (bezogen auf einen Kontenfile oder das gesamte Meldefile) einen Grad der Unbestimmtheit ein, der verfassungswidrig ist.485 (2) Verhältnismäßigkeit Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt rechtsprechungspraktisch wie verfassungstheoretisch als zentrale Grundmaxime, an welcher jedes, die Freiheitssphäre des Bürgers einschränkende, staatliche Handeln gemessen werden muss.486 Auch die Indienstnahme muss einer solchen Prüfung standhalten. Dabei sind die den Privaten auferlegten Pflichten als Gesamtheit betrachtet gegenüber dem verfolgten legitimen öffentlichen Zweck abzuwägen. Zur Güterabwägung bei Eingriffen in die Berufsfreiheit entwickelte das BVerfG die sog. „Stufenlehre“487.488 Demnach ist der Eingriff auf „Stufe 1“ in Form einer hier vorliegenden Berufsausübungsregelung bereits dann gerechtfertigt, wenn 484 In den Jahren ab 2012 wurden Fälle schwerer Steuerhinterziehung in Liechtenstein und der Schweiz durch den Ankauf von Steuer-CDs publik. Multinationals, wie Starbucks und Facebook, reduzierten künstlich ihre Gewinne mittels gezielter Steuerplanung. Durch die Panama Papers wurde das Geschäft mit Scheingesellschaften in den Blick der Öffentlichkeit gerückt, siehe insbesondere die Ausarbeitungen des „International Consortium of Investigative Journalists“ unter: https://panamapapers.icij.org (zuletzt abgerufen 03.03.2016). Vgl. auch Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 33, welcher für die Gründe illegaler Steuerverkürzung richtigerweise auch die Ungerechtigkeit im Steuervollzug sieht. 485 Gesetzesbestimmtheit und Klarheit sind nicht immer trennbar, so verstößt der Bußgeldtatbestand auch gegen das Klarheitsgebot, vgl. Schulte-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 20, Rn. 141 ff. 486 Schulte-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. II, 3. Aufl., Art. 20, Rn. 187 ff.; sowie Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Rn. 107 ff.; Hey, in: FS Kruse, 2001, S. 269 (287). 487 BVerfGE 7, 377 (405 ff.). Hierzu u. a. vertiefend Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 335. 488 Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Beschränkungen des Grundrechts stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit BVerfGE 19, 330 (336 f.); 54, 301 (313); 104, 357 (364).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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„hinreichende Gründe des Gemeinwohls“489 vorliegen. Rechtsprechung sowie Literatur erkennen solche Gemeinwohlgründe beispielsweise bei der Indienstnahme Privater zur Steuererhebung. So dient diese zur „Wahrung des Allgemeinwohls unentbehrlicher Besteuerung“490 und zur Gewähr der durch Art. 3 GG garantierten und einfach-gesetzlich in § 88 Abs. 2 AO fixierten „Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit der Besteuerung“491. Das Allgemeinwohl dient hierbei als Inbegriff aller legitimen Staatsziele.492 Der Gesetzgeber selbst benennt nicht den „Gemeinwohlbeitrag zum Steueraufkommen“, die „Unverzichtbarkeit der Steuer“ oder die „gerechte und gleichmäßige Besteuerung“ im konkreten Fall der Indienstnahme in seiner Gesetzesbegründung. Dennoch dienen diese als „Zweck hinter dem Zweck“ der durch die Indienstnahme bezweckten Förderung von Steuerehrlichkeit. Die praktische Gefahr einer solchen allgemeinen Zieldefinition ist jedoch, das Ergebnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung derart vorzuprägen, dass im Endeffekt eine Indienstnahme im Bereich des Steuerverfahrens stets angemessen scheint. Dem ist entgegenzuhalten, dass jeder Grundrechtseingriff im Rahmen der Angemessenheitsprüfung der Grundrechte der Betroffenen nach Intensitätsgrad, Wirkungsziel, Zentralität und zeitlicher Dimension abzuwägen ist.493 Diese Abwägung zwischen dem Nutzen der Maßnahme, der Erweiterung der Amtshilfe in Steuersachen und der damit einhergehenden verstärkten Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung, und den durch die Maßnahmen herbeigeführten Beeinträchtigungen der weitreichenden Indienstnahme, bildet das Wesen der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Im Ergebnis müssen die Pflichten der Indienstnahme noch angemessen, d. h. dem Privaten zumutbar sein. (a) Zweck Zunächst ist nach dem legitimen Sachzweck der Indienstnahme im Rahmen des FKAustG zu suchen und etwaige Nebenzwecke sind aufzudecken. Da es sich bei der Indienstnahme um eine Berufsausübungsregelung handelt, ist diese bereits – sofern im Übrigen verhältnismäßig – durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls legitimiert.494

489

BVerfGE 104, 357 (364). BFHE 77, 408 (410). 491 Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 492 Vgl. Isensee, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 73, Rn. 71. 493 Auch in Abkehr zur herkömmlichen Stufenlehre des BVerfG Mann, in Sachs, Art. 12, Rn. 139. 494 Vgl. die „Stufentheorie“ des BVerfG, grundlegend BVerfGE 7, 377 (405 f.); 16, 286 (297); 65, 116 (225); 70, 1 (28); 77, 308 (332); 88, 203 (262); siehe bezüglich der Bewertung des Eingriffs als „Berufsausübungsregelung“ Teil 4 E. III. 3. b). 490

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

(aa) Sachzweck – Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung sowie die Förderung von Steuerehrlichkeit Die gesetzliche Regelung zur Indienstnahme muss einem legitimen Gemeinwohlzweck dienen.495 Dem Gesetzgeber steht hierbei eine Zwecksetzungsprärogative, aber auch ein Prognosevorrang zu.496 Der Wortlaut des § 1 FKAustG definiert ausschließlich den Zweck zur Notwendigkeit der Umsetzung von völkerrechtlichen und europäischen Verpflichtungen zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen.497 Aus diesen, dem FKAustG zugrunde liegenden Verpflichtungen ergeben sich die verfolgten gemeinsamen europäischen und globalen Ziele des Informationsaustauschs. So bezieht sich die Amtshilferichtlinie in ihren Erwägungsgründen (1) auf eine im Zuge der Globalisierung generell notwendige Ausweitung der Amtshilfe. „In den letzten Jahren haben sich grenzüberschreitender Steuerbetrug und grenzüberschreitende Steuerhinterziehung zu einer erheblichen Herausforderung entwickelt und sind in der Europäischen Union sowie weltweit in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Nationale Steuereinahmen werden durch nicht gemeldete und nicht besteuerte Einkünfte beträchtlich geschmälert. Daher muss die Steuererhebung effizienter und wirksamer werden. Der automatische Austausch von Informationen ist in dieser Hinsicht ein wichtiges Instrument, und die Kommission hat in ihrer Mitteilung vom 6. Dezember 2012 mit einem Aktionsplan zur Verstärkung der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung betont, dass der automatische Austausch von Informationen als künftiger europäischer und internationaler Standard für Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen nachdrücklich gefördert werden muss.“498 Die durch Transformationsgesetz in Deutschland anwendbare „Mehrseitige Vereinbarung“499 (sog. CAA), die insbesondere zum Konteninformationsaustausch mit Drittstaaten dient, enthält ebenfalls in ihren Erwägungsgründen die Förderung von Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten. Dies soll durch den weiteren Ausbau der Beziehungen im Bereich der gegenseitigen Unterstützung in Steuersachen und zur Implementierung des gemeinsamen OECD-CRS-Meldestandards 495 Allgemeinwohl als generell verfassungsrechtlich begrenzte Zweckbestimmungskompetenz des Gesetzgerbers, vgl. BVerfGE 104, 357 (364 ff.); 116, 135, (153). Allgemein zur Notwendigkeit der Prüfung des legitimen Ziels im Zusammenhang mit der Indienstnahme, Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 188 ff. und im Hinblick auf die Lohnsteuerabführung Heuermann, Systematik und Struktur der Leistungspflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1998, S. 241 ff. 496 BVerfGE 77, 84, (106 ff.); 25, 1, (17, 19 ff.). 497 Vgl. auch die Aussagen der Sachverständigen, Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, Anzinger, S. 12 sowie Pross (OECD). S. 13, welche ebenfalls im Hinblick auf die Implementierungskosten als Hauptziel die Anlehnung des FKAustG an den FATCA-Meldestandard sehen. 498 Amtshilferichtlinie 2014/107/EU, (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014), Erwägungsgründe (1). 499 Gesetz zu der mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (BGBl. 2015 II S. 1630).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

161

erreicht werden.500 Aus den europäischen und völkerrechtlichen Regelungen resultieren somit die Hauptziele der Indienstnahme – die Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung sowie die Förderung von Steuerehrlichkeit.501 Diese legislatorischen Ziele dienen der Begründung für eine Vielzahl von neueren Maßnahmen grenzüberschreitender Amtshilfe auch über den Finanzkonteninformationsaustausch hinaus.502 Darüber hinaus ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zum FKAustG selbst eine Bestätigung dieser, hinter dem Wortlaut von § 1 FKAustG stehenden Sachziele.503 Im reziprok ausgestalteten Informationsaustausch erhält die deutsche Finanzverwaltung ausländische Kontendaten aller Personen mit steuerlicher Ansässigkeit in Deutschland und kann diese gezielt im Kampf gegen Steuerhinterziehung einsetzen.504 Dies ist nötig, um die im Steuerrecht bestehende „natürliche“ Informationsasymmetrie zwischen Steuerbürger und Finanzverwaltung auszugleichen.505 Diese „natürliche“ Informationsasymmetrie ergibt sich unmittelbar aus dem Grund 500 Erwägungsgründe, ebd. Siehe zur Gegenseitigkeit von Amtshilfemaßnahmen Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.107; Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 92 ff.; Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (941 f.), sowie zum Argument im Rahmen des Rechtsschutzes Teil 5 B. VI.; VII. 501 Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 85; zu den offiziellen europäischen Definitionen der Begriffe Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressive Steuerplanung siehe die Website der EU-Kommission: http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/tax_fraud_evasion/missingpart_de.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). Abgegrenzt werden muss jedoch die Steuerflucht von der Steuerhinterziehung. Die Steuerflucht oder sog. „Steuervermeidung“ ist ausdrücklich nicht strafbar, vgl. BFHE 183, 174 ff.; BVerfGE 9, 237 ff. Siehe die Abgrenzung zur straffreien Steuervermeidung und der rechtswidrigen Steuerumgehung, in Bezug zu § 42 AO bei Gassner, in: FS Kruse, 2001, S. 183 ff. sowie Hey, StuW 2008, 167 (169), welche legale Steuerumgehungen als „hinterziehungsanfällig“ und dadurch den Anlass für die Spezialgesetzgebung sieht. 502 So beinhaltet die AmthsilfeRl neben dem automatischen Konteninformationsaustausch weitere Mittel der Amtshilfe, wie die Ausweitung von Spontanauskünften, welche ebenfalls von den generell einführenden Erwägungsgründen gedeckt sind, vgl. Teil 2 B. III. 2. Außerdem dient das gesamte „BEPS“ Projekt der OECD diesem Ziel und beinhaltet dabei weitreichende Maßnahmen bezüglich der Besteuerung von Unternehmen. 503 Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BR-Drucks. 352/15 v. 14.08.2015, S. 1 f. 504 So bestätigte das BVerfG mehrmalig ein „strukturelles Vollzugsdefizit“, was den Gesetzgeber zur Einführung von Regelungen zur Informationsgewinnung oder zur Quellenbesteuerung veranlasst; vgl. Zinsurteil BVerfGE 84, 239 (278); vgl. zum Kontenabruf, BVerfGE 112, 284 (295); 118, 168 (194 f.) sowie zu Spekulationsgeschäften BFH, 16.07.2002 – IX R 62/99, NJW 2003, 83; BVerfGE 110, 94 (112); vgl. auch Hey, in: Tipke / ​Lang, § 3 Rn. 113 ff., insbes. 502; Kirchhof, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 118, Rn. 28 f.; Hey, DB 2004, 724 ff.; Musil, DÖV 2006, 505 (505 f.); mit Beispielen auch Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 225 (242 ff.). 505 Weitergehend im Sinne eines „Informationsmonopols“ des Bürgers Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 277; ähnlich Hoffmann-Riem, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, in: ders. / ​Schmidt-Aßmann, 2002, S. 9, 42: „Informationsherrschaft Privater“; Drüen, DStJG 31 (2008), S. 167 (170); Hierzu nochmals ausführlicher in der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Grundrechtseingriffe bei Kontoinhaber Teil  5 B. IV. 3. c) bb).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

satz der Steuerbemessung durch Tatbestandverwirklichung des Steuerpflichtigen nach § 38 AO. Um materielle Steuergesetze unter Gewähr der „Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit der Besteuerung“506 gem. § 85 AO im Steuerstaat durchsetzen zu können, muss die Finanzverwaltung von den verwirklichten Steuertatbeständen Kenntnis erlangen. Das Ziel der Gewährleistung einer „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“507 ist ein anerkannt überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, durch Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistet und einfach-gesetzlich festgeschrieben in § 88 Abs. 2 AO.508 Zur Überwindung dieser asymmetrischen Infor 506

Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. Die Gewährleistung der Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit der Besteuerung selbst ist hierbei keine ausreichende Eingriffsbegründung, sondern vielmehr Bewertungsmaßstab der Verfassungsmäßigkeit der Regelung, siehe Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 11; Puhl, DStR 1991, 1174 (1174 f.). 507 Zur „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ insbesondere erstmals 1991 bzgl. der Kapitalertragsteuer: BVerfGE 84, 239 (268 ff.), wobei das Recht des Einzelnen auf materielle Steuergerechtigkeit, die Abgrenzung zu dem nicht bestehenden Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“ sowie die gesetzgeberische Pflicht zur Kontrolle der Steuerehrlichkeit thematisiert wird.; vgl. auch Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 508 Siehe weiterhin die Entscheidungen: BVerfGE 110, 94 (112 ff.) zur Besteuerung von privaten Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998; sowie die Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit der Erbschaftssteuer BVerfGE 117, 1; 97, 1 und BVerfGE 93, 165; in Bezug zur Gewerbesteuer BVerfGE 120, 1; zur Pendlerpauschale BVerfGE 2008, 1209; in Bezug zur steuerliche Behandlung von privaten Krankenund Pflegeversicherungsbeiträgen bei Freiberuflern BVerfGE 120, 125; zur Vermögenssteuer BVerfGE 93, 121; bezüglich Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer BVerfGE 126, 268; zum Halbteilungsgrundsatz BVerfGE 115, 97; zur Begrenzung des Abzugs der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung BVerfGE 107, 27; vergleichend die Besteuerung bei Renten und Pensionen BVerfGE 105, 73; bezüglich der Besteuerung von Einkünften, die entgegen gesetzlichen Verboten erzielt wurden (hier: Einkünfte aus einem Bordell), 12.04.1996 – 2 BvL 18/93 NJW 1996, 2086; zur Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer und des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, 17.11.1998 – 1 BvL 10/98, besonders ausschlaggebend für diese Untersuchung das Urteil zur Veräußerung von Wertpapiergeschäften BVerfGK 13, 154; zur Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen für die Jahre 1994, 1995, 2000 und 2001 BVerfG, 10.03.2008 – 2 BvR 2077/05, NJW 2008, 2637; zur Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung beamtenrechtlicher Versorgungsbezüge BVerfGK 13, 327; bezüglich der Regelungen des Risikostrukturausgleichs BVerfGE 113, 167; zur Aufhebung der Steuerfreiheit von Zinsen aus Sozialpfandbriefen BVerfGE 105, 17; in Bezug auf Rundfunkgebühren BVerfG, 22.08.2012 – 1 BvR 199/11, NJW 2012, 3423; zur Aufwandsentschädigung Ost BVerfGE 99, 280; zur steuerlichen Behandlung von Parteien und Wählervereinigungen BVerfGE 121, 108; zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende BVerfGK 15, 521; bezüglich Jubiläumsrückstellungen nach dem EStG BVerfGE 123, 111; zur Verfassungsmäßigkeit der kommunalen Besteuerung von Spielautomaten BVerfGE 96, 1 und BVerfG, 01.03.1997 – 2 BvR 1599/89, 2 BvR 1714/92, 2 BvR 1508/95, NJW 1997, 2746; zur Besteuerung eingetragenen Lebenspartnern im vgl. zu Eheleuten BVerfGE 132, 179; Verfassungswidrigkeit des Grundfreibetrags BVerfGE 87, 153; zur Erhebung von Zweitwohnsitzsteuern das BVerfG, 17.02.2010 – 1 BvR 2664/09, NVwZ-RR 2010, 475; zur Verfassungsmäßigkeit der Beschlagnahme umfangreicher Bankbelege über den Geldtransfer nach Luxemburg wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung BVerfG, 13.12.1994 – 2 BvR 894/94, NJW 1995, 2839; zum degressiven Zweitwohnungssteuertarif BVerfG, 15.01.2014 – 1 BvR 1656/09, WM 2014, 669; Besteuerung von Termingeschäften BVerfGK 13, 544; zur strafbefreienden Erklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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mationsverhältnisse bedarf es steuerlicher Mitwirkungspflichten des Betroffenen, aber auch der Einbeziehung Dritter.509 Insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, bei denen das „formelle Territorialprinzip“ dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 88 AO Grenzen setzt, ergeben sich Vollzugsdefizite.510 Sie gebieten daher besondere Mitwirkungspflichten, erfordern jedoch auch den Einsatz internationaler Amtshilfe.511 Im Speziellen bei Kapitaleinkünften sind in Ergänzung des Deklarationsprinzips Verifikationselemente zu verstärken, um somit möglichen strukturellen Vollzugsdefiziten entgegenzutreten.512 Letztlich gilt demnach das FKAustG zwar der deutschen Umsetzung völkerrechtlicher und europäischer Verpflichtungen einerseits, tatsächlicher  – in die verfassungsrechtliche Prüfung einzubeziehender – dahinterstehender Sachzweck ist allerdings die globale Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung sowie die Förderung von Steuerehrlichkeit zur Gewährleistung einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Zur Erfüllung dieses Sachzwecks bedarf es einer Mitwirkung Dritter im Rahmen der Amtshilfe, um die im internationalen Steuerrecht besonders vorherrschende Informationsasymmetrie auszugleichen.

BVerfGE 84, 233 sowie weiterer Entscheidungen des BVerwG bspw. zur Vergnügungs- und Spielautomatensteuer BVerwGE 123, 218. 509 Zur verstärkten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten siehe m. w. N. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.1 ff.; Staringer, DStJG 31 (2008), S. 135 (142 ff.; 150 ff.); Seer, IWB Fach 11 (2005), Gruppe 2, 673 ff.; ders., EWS 2013, 257 (257 ff.); ders. / ​Gabert, StuW 2013, 3 (16 ff.). Vgl. auch zur Verfassungsmäßigkeit der erweiterten Mitwirkungspflichten von Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 113 ff. 510 BFHNV 2008, 51; Herzfeld, Probleme des internationalen Steuerrechts, 1932, S. 437 f.; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.55; Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 2; ders. / ​Gabert, StuW 2010, 3 (4); Rätke, in: Klein, AO, § 117 Rn. 1. Grundlegend darf eine Steuerbehörde nur im eigenen Hoheitsbereich tätig werden Lehner, in: Vogel / ​ders., DBA, Grundlagen, Rn. 16 f.; ders., in: Festgabe Wassermeyer zum 65., 2005, S. 241 (243 f.). Vgl. zu der Ausgangslage der Problematik von begrenzter Informationsgewinnung der Finanzbehörden auf dem eigenen Hoheitsgebiet Teil 2 A. I. 511 Staringer, DStJG 31 (2008), S. 135 (135 ff.). Siehe auch Drüen, welcher in diesem Zusammenhang den Steuerstaat in das Feld bringt und richtigerweise betont, dass der Steuerstaat einer Mitwirkung Dritter nicht entgegensteht, sondern grade die Mitwirkung Privater zur Sicherung der „Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit der Besteuerung“ fordert, die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 265 f. Siehe auch die Amtshilfe als „milderes Mittel“ im Zusammenhang mit der Europarechtwidrigkeit von verstärkten Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 247 ff. 512 So ausdrücklich das BVerfG, in BVerfGE 84, 239 (273): „Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.“; vgl. auch BVerfGE 110, 94 (112).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

(bb) Nebenzweck – Staatsentlastung Neben den Sachzielen einer Indienstnahme steht zumeist auch der Nebenzweck einer Staatsentlastung. Da durch die ursprüngliche begriffliche Umschreibung Ipsens „verwaltungsfiskalische Motive der Staatsentlastung“513 die Geeignetheit der Indienstnahme regelrecht immer unterstellt ist, nimmt Drüen eine Begriffspräzisierung vor und unterteilt den Oberbegriff der Staatsentlastung nochmals in „administrative Aufgabenerleichterung“ und „Fiskalziele“.514 Das Ziel der administrativen Aufgabenerleichterung ergibt sich aus dem Gebot der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und ist durch das BVerfG unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsfähigkeit und der Effizienz der Verwaltungstätigkeit ausdrücklich anerkannt.515 Auch die Verfolgung fiskalischer Ziele ist in Grenzen durch Rechtsprechung und Literatur anerkannt.516 Die haushaltspolitische und administrative Entlastung kann dabei nur als Nebenzweck dienen.517 Es steht als legitimes Ziel neben dem Sachziel der Förderung von Steuerehrlichkeit und der Bekämpfung von Steuerumgehung. Durch das FKAustG werden die umfangreichen Kontenidentifizierungs- und Klassifizierungspflichten von Finanzinstituten wahrgenommen, um ausländische Kontoinhaber zu identifizieren. Diese Aufgabe dient der administrativen Aufgabenerleichterung. Finanzbehörden wären ansonsten anderweitig im Rahmen der Amtsermittlung verpflichtet, die Masse an Daten zu beschaffen und auszuwerten oder andere Beweismittel beizubringen, um den Amtshilfeverpflichtungen zu entsprechen. Eine von der Finanzverwaltung auszuführende Datenverarbeitung im gleichen Ausmaß würde – wenn überhaupt praktisch umsetzbar – erhebliche finanzielle und technische Mittel der Verwaltung beanspruchen.518 Diese Beanspruchung entfällt nunmehr durch Auslagerung auf die Finanzdienstleistungsanbieter, welche die betreffenden Daten zum größten Teil ohnehin bereits in ihren Stammdatensystemen pflegen. Die Indienstnahme dient damit der Entlastung des Staates sowie im Übrigen auch fiskalischen Zwecken. (cc) Zukünftige Abschaffung der Abgeltungsteuer Neben dem hauptsächlichen Sachziel, der Schaffung von Steuertransparenz zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung, steht ein weiteres, in die Zukunft gerichtetes Sachziel: Die Ausweitung der Finanzkontenmeldung

513

Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (149). Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 195 f. 515 Vgl. BVerfG (Kammer), Beschluss v. 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, NJW 2000, 3635 (3636 f.). 516 Ausführlich Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 197 ff. 517 Ebd. S. 200; Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 (260). 518 Vgl. ausführlich Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (c) (cc). 514

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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auf Steuerinländer und die damit einhergehende Möglichkeit zur Abschaffung der deutschen Abgeltungsteuer.519 Derzeitig wird die Kapitalertragsteuer mit einem Steuersatz von 25 %520 durch inländische Finanzdienstleister gem. § 44 EStG direkt an der Quelle einbehalten.521 Mit der Einbehaltung und direkten Abführung an der „Quelle“ ist für den Privatanleger die Steuer für die entsprechenden Kapitalerträge grundsätzlich gem. § 43 Abs. 5 EStG abgegolten und muss nicht nochmals in der Steuererklärung aufgeführt werden.522 Die zu einem einheitlichen Steuersatz durchgeführte Besteuerung passiver Kapitalanlagebetätigungen ist eine Abkehr vom Prinzip der synthetischen Besteuerung und gewährt dem Vorteile, dessen Grenzsteuersatz über dem Abgeltungssatz liegt.523 Insofern stellt die Kapitalertragsteuer, als nicht progressiv ausgestaltete Steuer mit abgeltender Wirkung, den passiven Einkommenserwerb für manche Steuerpflichtige zunächst besser und diskriminiert die Bezieher von Niedrigeinkommen.524 Durch eine Anwendung des Prinzips der automatischen Meldung und Verarbeitung von Finanzkontendaten bei Inländern könnte eine progressive Besteuerung von Kapitalerträgen leichter vorgenommen und die Quellensteuer selbst oder zumindest ihre abgeltende Wirkung abgeschafft

519

So bereits die im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum FKAustG eingebrachten Anträge der Fraktion die Linke und dem Bündnis 90/Grünen, Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015; ausdrücklich hierzu auch der Bundesfinanzminister Schäuble beim deutschen Steuerberaterkongress in Berlin, Mai 2016, siehe Frankfurter Rundschau v. 23.05.2016: http://www.fr-online.de/wirtschaft/ steuergeheimnis-es-nur-nicht-mit-transparenz-uebertreiben,1472780,34276152.html (zuletzt aufgerufen 01.06.2016); hierzu auch Wollny, DStR 2016, 2721 ff.; Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 162; sowie Seer, in: Tipke / ​Lang, a. F., 22. Auflage, § 21 Rn. 199, der die Abgeltungsteuer und den internationalen Informationsaustausch als „nicht passend“ betituliert; der vgl. allgemein zur Funktionsweise der deutschen Abgeltungsteuer Rhodius / ​L ofing, Kapitalertragsteuer und Abgeltungsteuer verstehen, 5. Aufl., 2019, S. 25 ff., 318 ff., S. 135 ff., 245 ff.; sowie zur früheren Quellensteuer und im internationalen Vergleich Carl / ​Klos, Bankgeheimnis und Quellensteuer im Vergleich internationaler Finanzmärkte, 1993, S. 151 ff. Auch die Abgeltungsteuer selbst ist eine Indienstnahme vgl. Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (166 ff.). 520 Zuzüglich Solidaritätszuschlag (5,5 % der Kapitalertragsteuer) und gegebenenfalls Kirchensteuer (8 oder 9 % der Kapitalertragsteuer) (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG). 521 Vgl. ausführlich Hartrott, in: Herrmann / ​Heuer / ​Raupach, EStG / ​KStG, § 44 EStG; Lindberg, in: Blümich, EStG, § 43 Rn. 8 ff.; zur Abgeltungsteuer allgemein Ronig, NWB infoCenter, April 2016. Kritisch zum Vollzug der Steuer Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 348 ff. 522 Lindberg, in: Blümich, EStG, § 43 Rn. 11; ausführlich hierzu Lang, 5. Aufl., 2019, S. 25 ff., 318 ff. 523 Im Vgl. liegt der Höchststeuersatz im Normalfall bei 42 %, beziehungsweise im Bereich der sog. „Reichensteuer“ bei 45 %. 524 Steuerpflichtige mit einem Steuersatz von unter 25 % können die Kapitalerträge mittels Anlage KAP in der Steuererklärung angeben und bekommen gegebenenfalls eine Rückerstattung. Siehe die kritische Würdigung zur Abgeltungsteuer von Englisch, StuW 2007, 221 ff.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

werden.525 Hiermit könnte das Gesamtsteueraufkommen erhöht und gleichzeitig der Grundgedanke der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit des Einzelnen besser umgesetzt werden.526 Es ist freilich fraglich, inwieweit die Abschaffung der Abgeltungsteuer zum gegenwärtigen oder einem naheliegenden Zeitpunkt überhaupt möglich sowie praktisch umsetzbar ist und ob sich die erhofften Effekte wirklich einstellen.527 Zunächst wären mit der Abschaffung umfangreiche Änderungen des Unternehmensteuerrechts sowie Reformen im Verwaltungsapparat verbunden.528 Gleichzeitig bleibt ungewiss, inwieweit hierbei wirklich das Steueraufkommen erhöht wird.529 Darüber hinaus sind mit einem einheitlichen Abzug an der „Quelle“ jedoch auch zahlreiche Vorteile verbunden: Zu nennen wäre hier beispielsweise die Lenkungsfunktion zur Begegnung von Kapitalflucht und zur Förderung von Kapitalimport.530 Das FKAustG umfasst zunächst ausschließlich die Meldung von Personen mit ausländischer steuerlicher Ansässigkeit. Eine Einführung der Finanzkontenmeldung für Inländer hat sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch nicht durchsetzen können. Gleichzeitig werden derzeit nur Gesamtbruttoerträge gemeldet. Eine Datengrundlage für die Errechnung der genauen Bemessungsgrundlage für die Besteuerung von Kapitaleinkünften besteht nicht. Vielmehr dienen die 525 Zum Zusammenhang von persönlichen Steuern mit progressive Steuersatz und Mitwirkung des Steuerpflichtigen am Steuerverfahren, vgl. Drüen, DStJG 31 (2008), S. 167 (171 f.). Hierfür sind jedoch weitreichendere Datenoffenbarungen des betroffenen Steuerpflichtigen, bspw. für die Geltendmachung von Sonderausgaben, notwendig, im Vergleich im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Spannungsverhältnis zwischen Steuergerechtigkeit und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung beider Regime im historischen Vergleich Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (106 ff., insbes. 122); sowie auch Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 9 ff. 526 Hierzu insbesondere Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, Bach (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V.), S. 17 f. sowie Eigenthaler (Deutsche Steuer-Gewerkschaft), S. 22 f.; kritisch zur Aufhebung der Abgeltungsteuer jedoch Anzinger, S. 25 sowie Materne (Die Deutsche Kreditwirtschaft, DSGV), S. 25, 34 f. Außerdem die Stellungnahme von Anzinger, zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 15. Im Vgl. siehe auch die Argumente zur Einführung der Pauschalbesteuerung von Kapitaleinkünften im Wege des endgültigen Steuerabzugs nach §§ 43 ff. EStG; siehe die kritische Würdigung zur Abgeltungsteuer von Englisch, StuW 2007, 221 ff. 527 Generell auch kritisch zur immer effizienter wirkenden Abgeltungsteuer auch mit Blick auf das Ausland, Drüen, DStJG 31 (2008), S. 167 (181). 528 Stellungnahme von Anzinger, zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 15. Siehe auch im Vergleich im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Spannungsverhältnis zwischen Steuergerechtigkeit und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung beider Regime im historischen Vergleich Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​ Katzenbeisser, 2013, S. 97 (106). 529 Stellungnahme von Bach (DIW Berlin – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung), zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 4, S. 4; kritisch auch Wollny, DStR 2016, 2721 (2726). 530 Siehe ausführlich zur Rechtfertigung der Abgeltungsteuer Anzinger, zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 13 ff.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Kontendaten als generelle Verifikationsgrundlage in Form einer internationalen Kontrollmitteilung; darüberhinausgehende gezielte zwischenstaatliche Auskunftsersuchen können im Einzelfall bei Verdacht durch die Steuerbehörde nachgeschaltet werden. Eine Abschaffung der Abgeltungsteuer kann daher – wenn überhaupt – als weit entferntes zukünftiges Ziel dieser Indienstnahme betrachtet werden. Der Indienstnahmeakt selbst müsste hierzu in seinem Pflichteninhalt weitaus umfangreicher ausgestattet werden. Die hier untersuchungsgegenständliche Indienstnahmeausgestaltung kann lediglich als eine Art allgemeiner Erprobung des Verfahrens zweckdienlich sein.531 (dd) Zwischenergebnis Die Indienstnahme im Rahmen des automatischen reziproken Informationsaustauschs von Finanzkontendaten nach dem FKAustG dient vornehmlich dem legitimen Sachzweck der Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuervermeidung und -hinterziehung sowie der Förderung von Steuerehrlichkeit. Den Nebenzweck bildet die administrative Staatsentlastung, denn den Steuerbehörden werden die steuerrelevanten Daten jährlich automatisch und nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz aufbereitet im Wege zugespielt. Die Steuerbehörden müssen nicht selbst an den Kontoinhaber mit ausländischer Steueransässigkeit herantreten, um mittels aufwendiger Amtsermittlung Beweise zu erbringen, welche sie im Wege der Amtshilfe mit anderen Behörden austauschen. Auf die Zukunft ausgerichtet und unter Anwendung der Melde- und Sorgfaltspflichten auch auf die in Deutschland steuerlich Ansässigen, kann die Indienstnahme überdies unter Umständen der Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge zweckdienlich sein. (b) Geeignetheit Die Indienstnahme müsste zur Erreichung des Sachzwecks, der Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung sowie der Förderung von Steuerehrlichkeit, geeignet sein. Geeignetheit liegt dann vor, wenn das staatliche Mittel den Sachzweck erreicht oder zumindest zu fördert.532 531

Nach dem Credo, wenn eine Kundenklassifizierung und Identifizierung bei Steuerausländern funktioniert, kann diese auch auf Inländer ausgeweitet werden. 532 Grundsätzlich Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Rn. 112. An die Geeignetheit sind hierbei nur sehr geringe Anforderungen zu stellen. Es ist bereits ausreichend, wenn das Mittel nicht gänzlich ungeeignet ist, vgl. BVerfGE 47, 109 (117); 65, 116 (126); früher hielt die Literatur den Quellensteuerabzug noch für „nicht oder nur schwerlich durch eine reine Informationsmeldung substituierbar“: Hey, FR 1998, 497 (504) oder „nicht erfolgsversprechend“: Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (178); sowie die Gesetzesbegründung bezüglich der Alternativen zur Zinsabschlagssteuer, vgl. Gesetzesbegründung, BT- Drucks. 12/2501, v. 03.06.1992, S.11.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

(aa) Ausländische Kontendaten von Steuerinländern als steuerlich relevante Tatsachen Den Zusammenhang zwischen dem eingesetzten Mittel der Indienstnahme und dem erwünschten Sachziel, der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, bilden die zugrundeliegenden Finanzkontendaten als steuerlich relevante Informationen. Die zu meldenden Finanzkontendaten i. S. d. § 8 Abs. 1 FKAustG umfassen einerseits Zahlungsdaten, wie Gesamtbruttoerträge von Zinsen und Dividenden sowie Kontensalden, andererseits werden auch persönliche Daten, wie Name, Wohnort und Geburtsdatum übermittelt. Es ist durch Auswertung der Daten festzustellen, ob der Kontoinhaber anhand der zwingenden Angabe seiner steuerlichen Ansässigkeit nach § 6 Abs. 1 i. V. m. 8 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG möglicher Steuerinländer oder -ausländer ist.533 Diese Information der Ansässigkeit ist essenziell bei einer Besteuerung nach dem Wohnsitzprinzip, bei welchem eine Person mit ihrem gesamten Welteinkommen im Staat ihres Wohnortes steuerpflichtig ist.534 Auch die Übermittlung der Zahlungsdaten ist für eine mögliche Besteuerung erheblich. So sind immaterielle passive Kapitaleinkünfte weitgehend nur anhand ihrer Abbildung auf Finanzkonten nachvollziehbar und daher schwerer zu besteuern als beispielsweise aktive Erwerbstätigkeiten. Im Ausland geführte Konten mit Kapitalerträgen entziehen sich – abgesehen von den Möglichkeiten unter den bisherigen Amtshilfemaßnahmen – jeglicher staatlicher Kontrolle des Wohnsitzlands.535 Dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 88 Abs. 1 S. 1 AO kann bei auf ausländischen Finanzkonten gebuchten Kapitalerträgen daher nur in Grenzen entsprochen werden.536 Kontendaten gelten mithin als steuerlich relevante Informationen. Sie geben einerseits Auskunft über persönliche Merkmale des Kontoinhabers, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, insbesondere über den Wohnort, oder bei passiven Rechtsträgern Auskunft über den / ​die beherrschende / ​n Personen und dessen / ​deren Ansässigkeit. Gleichzeitig eröffnen Kontendaten steuerlich relevante Auskünfte über Kapitalerträge, beispielsweise über die Höhe, den Zuflusszeitpunkt, über die 533 Bei Neukonten muss diese Information nach §§ 13 Abs. 2 und 16 Abs. 2 Nr. 1 a. FKAustG direkt beim Kontoinhaber bei Kontoeröffnung eingeholt werden. Bei Bestandskonten kann auf die bei dem Institut befindlichen, insbes. die für Geldwäschezwecke eingeholten, Daten zurückgegriffen werden, vgl. §§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 2 i. V. m. 12 Abs. 1 Nr. 1. FKAustG. Die Haus­ anschrift (bei nat. Personen) sowie der Sitz, Gründungsort oder die Anschrift (bei Rechtsträgern) gelten dann als Ort der steuerlichen Ansässigkeit, vgl. ausführlich zu den Sorgfaltspflichten Teil 3 B. I. 534 Siehe zu den Grundlagen Teil 2 A. I. 535 Aus diesem Grund werden Kapitaleinkünfte zumeist mit einer Quellensteuer belastet, siehe ausführlich für Deutschland Hey, § 3 Rn. 113, insbes. 501 f.; zur internationalen Reichweite staatlicher Besteuerungshoheit siehe Lehner, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. XI, § 251, Rn. 1 ff. Vgl. zu den Ausführungen zur „formellen Territorialität“ Teil 2 A. I. 536 Hey, § 3 Rn. 113, insbes. 502; ein „strukturelles Vollzugsdefizit“ wurde durch das BVerfG bestätigt, vgl. Zinsurteil BVerfGE 84, 239 (278); Kontenabruf BVerfGE 112, 284 (295); 118, 168 (194 f.) sowie zu Spekulationsgeschäften BFH, 16.07.2002 – IX R 62/99, NJW 2003, 83; BVerfGE 110, 94 (112); vgl. hierzu Kirchhof, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 118, Rn. 28 f.; Hey, DB 2004, 724 ff; mit Beispielen auch Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 225 (242 ff.).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Art des Ertrags (Zins, Dividende oder Veräußerungserlös) und das Quellenland.537 Mittels der nunmehr verpflichtend einzuholenden Steuer-IdNr. und der anschließenden Meldung dieser gem. § 6 Abs. 1 i. V. m. 8 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG können die Kontendaten durch diese Art der Kennnummer einem ganz konkreten Steuerpflichtigen zugeordnet werden.538 Sie erlangen damit ihre wirkliche Relevanz bei der Massendatenverarbeitung und Meldung.539 Damit die deutsche Steuerverwaltung die ausländischen Finanzkonteninformationen deutscher Steueransässiger erlangt, ist sie ihrerseits nach §§ 2, 5 Abs. 2 i. V. m. § 27 FKAustG reziprok verpflichtet, in Deutschland geführte Konten von ausländischen Steueransässigen an die jeweiligen Vertragsstaaten zu melden.540 Die mithilfe der Indienstnahme gewonnenen und an das Ausland übermittelten Daten bilden daher die Grundlage zur Gewinnung ausländischer Kontendaten deutscher Steueransässiger, die geeignet sind, im Rahmen des Informationsaustauschs die Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuervermeidung und -hinterziehung zu verstärken sowie die Förderung von Steuerehrlichkeit zu fördern. Der Kontendatenpool eröffnet den nationalen Finanzbehörden ein schlagkräftiges Beweismittel im Steuerverfahren und gegebenenfalls auch im Steuerstrafverfahren.541 So können die Daten als internationale Kontrollmitteilung zur Verifikation der vom Steuerpflichtigen deklarierten Angaben genutzt werden.542 Folglich ist die Indienstnahme zur Erreichung des Zwecks förderlich. 537

Vgl. die Gesetzesbegründung, Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BR-Drucks. 352/15 v. 14.08.2015, S. 1. 538 Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BR-Drucks. 352/15 v. 14.08.2005, S. 1. 539 Siehe hierzu auch die Eingriffsperspektive der Kontoinhaber Teil 5 B. IV. 3. c); siehe auch im Vergleich die zentrale Bedeutung der bundeseinheitlichen Steuernummer, Seer, in: DStJG 31 (2008), S. 7 (24 f.). 540 Das FKAustG verwendet für Personen mit ausländischer steuerlicher Ansässigkeit die Begrifflichkeit „Meldepflichtige Personen“ beziehungsweise „Person eines meldepflichtigen Staates“ nach § 19 Nr. 36, 37 FKAustG; siehe ausführlich zu Definitionen und Sorgfaltspflichten des FKAustG Teil 3 B. I. 541 Vgl. auch die Datenbank über Auslandsbeziehungen nach § 88a AO; vgl. zur Rechtmäßigkeit der Datenbank über Auslandsbeziehungen BVerfGE 120, 351 ff.; hierzu Teil 5 A. I. 1. d). 542 Eine Datengrundlage für die Errechnung der genauen Bemessungsgrundlage besteht aufgrund der Meldung als Gesamtbruttoerträge nicht. Vielmehr dienen die Kontendaten als generelle Verifikationsgrundlage in Form einer internationalen Kontrollmitteilung und darüberhinausgehende zwischenstaatliche Auskunftsersuchen können im Einzelfall bei Verdacht durch die Steuerbehörde nachgeschaltet werden. Zum Verifikationsprinzip als Ergänzung des Deklarationsprinzips in der konkreten Situation ausländischer Kontenbeziehungen siehe Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (1); sowie zur Notwendigkeit der Verifikation von Angaben des Steuerpflichtigen im Massenfallverfahren Drüen, in: Schön / ​Beck, 2009, S. 1 (7 ff., 12 f.); Hey, in: FS Kruse, 2001, 269 (273 ff.); Seer, in: FS Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, 2013, Bd. I, S. 1765 (1768); ders., DStJG 31 (2008), S. 1 (12 f.). Kritisch zum Verlust der Einzelfallprüfung im Massenverfahren Müller-Franken, Maßvolles Verwalten, 2004, S. 135 ff.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

(bb) Administrative und fiskalische Erleichterungen Auch hinsichtlich der administrativen und fiskalischen Nebenzwecke ist die Indienstnahme geeignet. So konnte bereits durch die Implementierung des gleichausgerichteten US-Regimes „FATCA“543 und die hieraus resultierenden ersten Meldungen im Jahr 2015 und 2016 nach Art. 4 Buchst. a) und b) FATCA-Abkommen i. V. m. Anlage I FATCA-Abkommen i. V. m. §§ 5 ff. FATCA-USA-UmsV die Geeignetheit der Pflichtenübertragung auf das technische und personelle Knowhow privater Finanzinstitute unter Beweis gestellt werden. Die aggregierten Informationen konnten darüber hinaus auch zuvor im Rahmen der Amtshilfe nach Art. 2, Art. 3 Abs. 3 Buchst. a) FATCA-Abkommen durch das BZSt an die USA automatisiert übermittelt werden. Im Gegenzug übergeben die US-Steuerbehörden Informationen über deutsche steuerlich Ansässige mit Konten bei meldepflichtigen US-Finanzinstituten. Diese Daten konnten sodann in das deutsche Amtsermittlungsverfahren einbezogen werden. Eine tatsächlich fiskalische Auswirkung nach Nutzung von US-Konteninformationen als Beweismittel im deutschen Steuerverfahren im Vergleich zu den „traditionellen“ Amtsermittlungsmaßnahmen der Steuerbehörden ist allerdings bis jetzt nicht durch belastbare Zahlen belegbar.544 Eine fundierte Bewertung kann wohl erst im Laufe der nächsten Jahrzehnte erfolgen, wenn die meisten Jurisdiktionen tatsächlich am Austausch teilnehmen und sich die technischen Maßnahmen praktisch eingespielt haben. (c) Erforderlichkeit Die staatliche Maßnahme der Indienstnahme muss außerdem erforderlich sein. Das Erforderlichkeitskriterium ist dann erfüllt, wenn der Gesetzgeber ein zur Erreichung des Zweckes gleich gut geeignetes Mittel wählt, dass gleichzeitig auch das Mildeste, also das die geschützte Rechtsposition am wenigsten beeinträchtigende, darstellt.545 Nachfolgend ist daher zu untersuchen, ob gleich wirksame Mittel vorliegen, welche die Indienstgenommenen weniger belasten oder eine Indienstnahme ganz obsolet werden lassen könnte. Hierbei ist zunächst zu prüfen, ob der Finanzkonteninformationsaustausch an sich erforderlich ist oder ob es andere Amtshilfemaßnahmen gibt, welche den automatischen Informationsaustausch von Finanzkontendaten gleich wirksam substituieren könnten und die hierdurch 543

Siehe zu FATCA Teil 2 B. I. Belastbare Zahlen, die den tatsächliche Erfolg der Aufdeckung von Schwarzgeldkonten und Überführung von Steuerhinterziehern auch bei den traditionellen Amtshilfeverfahren belegen, wurden durch das BMF oder die Kommission noch nicht veröffentlicht, vgl. ähnlich kritisch zur Nichtveröffentlichung von Kennzahlen Seer / ​Gabert, StuW 2013, 3 (15 f.); Marino, in: ders. (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 3 (20 f.) mit Statistiken anderer Staaten. 545 Grundsätzlich Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Rn. 113 m.V.a. BVerf GE 100, 313 ff. (375). 544

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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bedingten Indienstnahmen milder ausgestalten würden. In einem zweiten Schritt ist zu beleuchten, ob  – unterstellt der automatische Informationsaustausch von Finanzkontendaten ist erforderlich – dieser auch ohne eine Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche durchführbar wäre. Aber auch bei der Wahl des Mittels stehen dem Gesetzgeber weitreichende Einschätzungs- und Gestaltungsspielräume zu, die hier berücksichtigt werden müssen.546 (aa) Extraterritorialer Quellensteuereinbehalt Ein gleichwirksames Mittel könnte eine Art extraterritorialer Quellensteuer­ einbehalt darstellen. Anstatt einer reinen Informationsübermittlung würden bei einem solchen Verfahren die Dienst genommene Finanzinstitute auf Kapitalerträge der bei ihnen geführten Konten eine Steuer zu einem bestimmten Steuersatz erheben und an den Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen abführen. Durch ein solches Verfahren hätte der Wohnsitzstaat ebenfalls die Sicherheit, dass Kapitalerträge auf im Ausland geführten Konten einer Besteuerung unterliegen. Anders als bei einer Informationsmeldung, die zur Verifikation der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben dienen könnte, würde hier jedoch eine Steuer bereits pauschal entrichtet. Eine reziproke Einbehaltung und Abführung von auf ausländischen Konten geführten Kapitalerträgen inländischer Steuerpflichtiger durch ausländische Finanzinstitute ist jedoch nach der hier vertretenen Auffassung ein der Kontenmeldung in seiner Wirkungsweise nicht vergleichbares und völkerrechtlich wie praktisch deutlich schwerer umsetzbares Mittel.547 Die deutsche Abgeltungsteuer ist eine spezielle Erhebungsform der Einkommensteuer für in Deutschland generierte Kapitalerträge mit einer tatsächlichen fiskalischen Auswirkung für den Steuerpflichtigen.548 Eine Abführung und Einbehaltung von Kapitalertragsteuern an einer ausländischen Quelle ist aufgrund des vorherrschenden Territorialitätsprinzips bei Kapitalerträgen im internationalen Steuerrecht schwerlich denkbar und würde ebenfalls die Änderung des OECD-MA und die damit einhergehende Neuverhandlung von DBAs erfordern.549 Selbst wenn daher eine derartige Form der Amtshilfe völkerrechtlich vereinbart würde und eine Jurisdiktion für eine andere Jurisdiktion Steuern durch die in diesem Staat ansässigen Finanzinstitute einbehalten und an 546

Vgl. BVerfGE 77, 84 (109); 102, 197 (218). Bereits im Vergleich zwischen Quellensteuer und Kontrollmitteilung als gleich wirksame Mittel gegen Steuerhinterziehung kritisch Hey, in: FS Kruse, 2001, 269 (285). 548 Vgl. allgemein zur deutschen Abgeltungsteuer Rhodius / ​L ofing, Kapitalertragsteuer und Abgeltungsteuer verstehen, 5. Aufl., 2019, S. 25 ff., 278 ff. 549 Grundlegend vgl. Teil 2 A. I.; zwar steht gem. Art. 10 und 11 OECD-MA das Besteuerungsrecht grds. dem Ansässigkeitsstaat des Dividendenempfängers beziehungsweise Gläubigers zu, jedoch können die Quellenstaaten eine, der Höhe nach beschränkte, Quellensteuer erheben, vgl. zur Doppelbesteuerung als Folge kollidierender staatlicher Besteuerungsansprüche Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4.Aufl. 2015, § 1 Rn. 13 Rn. 3 ff. 547

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

das Vertragsland abführen würde, wäre die Wirkungsweise einer Quellensteuer im Vergleich zu einer reinen Meldung eine gänzlich andere.550 Die durch den automatischen Informationsaustausch von Finanzkontendaten gewonnenen Daten dienen ausschließlich einer Verdachtsmeldung und können als Beweismittel im Rahmen der Amtsermittlung i. S. d. § 88 Abs. 1 AO benutzt werden. Sie fließen grundsätzlich nicht direkt in die Steuerbemessung ein, sondern gelten zunächst der Auffindung von Schwarzkonten zur Verifikation von nicht deklarierten Einkünften im Zusammenspiel mit der Steuererklärung des Steuerpflichtigen. Zwar könnte eine Steuerhebung bei ausländischen Finanzinstituten ebenso wie eine steuertransparenzrechtliche Amtshilfe mittels Informationsaustausch generell dem Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung dienen, sie wären jedoch ihrem Wesen nach nicht gleichermaßen wirksam, da hier direkt eine Steuerabführung, ohne gegebenenfalls zusätzliches Ermittlungsverfahren stattfindet.551 Die persönlichen Verhältnisse des Kunden im Einzelfall werden nicht berücksichtigt. Es erfolgt keine klare Sachverhaltsaufklärung, sondern nur eine pauschale Erfüllung. Eine Indienstnahme ausländischer Finanzinstitute zur Abführung einer „deutschen Steuer“ auf ausländische Kapitalerträge deutscher Steuerpflichtiger an die Bundesrepublik wäre überdies eine nicht umsetzbare extraterritoriale Rechtssetzung und ein Eingriff in die Hoheitsrechte anderer Jurisdiktionen, wenn sie nicht auf Grundlage eines völkerrechtlichen Abkommens erfolgt.552 Anders gestaltet sich die Lage jedoch, wenn ausländische Finanzinstitute, als sog. „Intermediäre“, freiwillig die Verpflichtung zum Kapitalertragsteuereinbehalt an der Quelle ein 550 Siehe hierzu die zwei Optionen der früheren europäischen Zinsrichtlinie, die primär auf Informationsaustausch über die Zinseinkünfte aufbaute aber für einige Staaten zeitweise die Option eines Quellensteuerabzugs vorsah, vgl. hierzu ausführlich Teil 2 B. III. 1. Eine einheitliche europäische Zinsabschlagssteuer war zuvor gescheitert. Vgl. im Hinblick auf das Schweizer Modell Oberson den anonymen Quellensteuereinbehalt und den steuerlichen Informationsaustausch gegenüber, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 117 (118 ff.). 551 Vgl. BVerfGE 102, 197 (218). Anderes gilt jedoch auf rein nationaler Ebene, wo der automatisierte Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m § 93b AO mit Einführung der deutschen Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 für Teile der Literatur als „nicht mehr erforderlich“ mehr gilt, denn die im Wesentlichen vom BVerfG, BVerfGE 110, 94 (113 f.), unter Verweis auf das Zinsurteil, BVerfGE 84, 239 (281), geforderte Verbesserung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung von Kapitalerträgen wird durch die Quellensteuerabführung mit abgeltender Wirkung bereits verwirklicht und somit ist das in der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit, BT-Drucks. 15/1521, v. 08.09.2003, S. 1 zum Kontenabrufverfahren postulierte „Kontrolldefizit“ entfallen. Die für eine Abschaffung plädierende Literaturmeinung geht daher von einer grundlegend gleichen Wirksamkeit von Informationsabruf und Quellensteuer aus, vgl. Wagner, StBP 2009, 71 (74); Schmidt, BB 2005, 2155 (2166); Hoffmann, WM 2010, 193 (198 f.); Kirchhof, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 118, Rn. 28, insbes. 29; Hey, DB 2004, 724 (729). 552 So im vgl. die urspr. Version von „FATCA“, bei welcher nicht US Finanzinstitute – ohne völkerrechtliche Grundlage – durch US-Recht verpflichtet werden sollten, Konten von US-Personen direkt an den IRS zu melden. Eine Verweigerung dieser Meldung sollte zu einer 30 %igen Strafsteuer auf alle Zahlungen aus US Quelle führen, siehe vertiefend Teil 2 B. I.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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gehen, um den ermäßigten DBA-Quellensteuersatz für ihre Kunden direkt anzulegen.553 Hierbei werden keine Besteuerungsrechte neu verteilt, vielmehr bleibt die Jurisdiktion, in der die Quelle des Kapitalertrags gelegen ist, berechtigt, eine Quellensteuer zu erheben. Materielle Besteuerungsrechte nach DBA sind demgemäß nicht abzuändern. Es handelt sich nur um eine rein verfahrensrechtliche Veränderung der Erhebungsform, durch die sich eine Erleichterung aus dem späteren Wegfall des Rückerstattungsverfahrens im Wohnsitzland ergibt. Ein derartiges Verfahren bedingt jedoch den Austausch von Informationen über die steuerliche Ansässigkeit, um den richtigen Quellensteuersatz zu bestimmen und die Steuer an das richtige Land abzuführen. Der Informationsaustausch ist folglich das vorgeschaltete Mittel für die Erhebungsform eines Quellensteuerabzugs durch einen ausländischen Intermediär.554 Darüber hinaus ist aus Sichte der umsetzungspflichtigen Institute eine Kontenmeldung im Rahmen des CRS ein womöglich milderes oder gleich eingriffsintensives Mittel als ein Quellensteuerabzug für einen ausländischen Staat.555 In Ansehung einer möglichen Abschaffung der deutschen Abgeltungsteuer durch eine Anwendung der Kontenmeldung auf Steuerinländer ist hervorzuheben, dass beide Systeme den Indienstgenommenen ein erhebliches Pflichtenbündel auferlegen. So ist bei einer Quellensteuer ebenfalls eine umfangreiche Datenverarbeitung und Meldung notwendig.556 Darüber hinaus ist die Steuer zu berechnen und abzuführen.557 Nimmt man die deutsche Kapitalertragsteuer als Beispiel, sind auch hier Daten direkt vom Kontoinhaber zu erheben und an das BZSt zu melden, so bei NV-Bescheinigungen oder Freistellungsaufträgen.558 Im Vergleich wäre eine extraterritoriale Quellensteuer – abgesehen von praktischen und völkerrechtlichen Hürden bei Auslandssachverhalten  – für den Indienstgenommenen ein härteres Mittel.559 553 Ein solches System stellt bspw. das US „Qualified Intermediary Regime“ dar. Hier verpflichten sich nicht-US Finanzinstitute im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages selbst die Steuern aus US „Fixed, Determinable, Annual, Periodical (FDAP) Income“ zum ermäßigten DBA Quellensteuersatz einzubehalten und an den IRS abzuführen, vgl. 26 U. S. C. §§ 1441–1443. Ein späteres Rückerstattungsverfahren des Steuerpflichtigen im Wohnsitzland entfällt regelmäßig dadurch. Siehe hierzu die deutsche Übersetzung des Qualified Intermediary Vertrages: Küpper / ​v. Schweinitz, Das neue „Qualified Intermediary Agreement“, 2014. Siehe auch das ähnlich gestrickte globale Projekt „Treaty Relief and Compliance Enhancement“ (folgend: „TRACE“) der OECD, unter: http://www.oecd.org/ctp/exchange-of-taxinformation/treatyreliefandcomplianceenhancementtrace.htm (zuletzt aufgerufen 01.06.2016). 554 Oberson stellt den anonymen Quellensteuereinbehalt und den steuerlichen Informationsaustausch gegenüber, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 117 (121). 555 Vgl. jedoch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Indienstnahme zur Couponsteuer siehe Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (aa). 556 Bspw. vgl. deutsche Abgeltungsteuer nach § 45a EStG. 557 Vgl. deutsche Abgeltungsteuer nach § 44 Abs. 1 EStG. 558 Meldung im Rahmen des Kontrollverfahrens nach § 45d Abs. 1 EStG, vgl. Teil 4 A. IV. 559 Ebenso die Stellungnahme von Anzinger zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 3. Außer Acht bleibt bei dieser Betrachtung der

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Auch wenn Quellensteuerabzug und Kontenmeldeverfahren dem gleichen Ziel der Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung dienen, ist – wie vorliegend dargestellt – Wirkungsweise und Eingriffsintensität der Indienstnahme eine gänzlich andere.560 Ein Quellensteuereinbehalt ist mithin kein gleich wirksames milderes Mittel zum Kontenmeldeverfahren und außerdem nicht eine die Berufsfreiheit der Indienstgenommenen weniger einschränkende Maßnahme.561 (bb) Ersuchungs-, Kulanz- und Spontanauskünfte Auch andere Amtshilfeverfahren in Form eines Informationsaustauschs zwischen deutschen und ausländischen Steuerbehörden basierend auf DBA-Vorschriften, der EU Amtshilferichtlinie oder den korrespondierenden nationalen Gesetzesgrundlagen nach §§ 117 ff. AO sind keine gleich wirksamen Mittel zum automatischen Austausch von Finanzkontendaten und der hierdurch bedingten Indienstnahme.562 Vor FATCA und den in seiner Ausgestaltung an FATCA anlehnenden CRS existierten nur rechtliche Möglichkeiten für Spontan- und Kulanzauskünfte sowie für Auskünfte auf Ersuchen.563 Diese erforderten i. d. R. eine Ermessensausübung der Verwaltung nach § 5 AO über die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme beziehungsweise Erteilung von Auskünften gegenüber dem Steuerpflichtigen im Einzelfall.564 Sie wurden anlassbezogen und eben nicht „automatisiert“ mit hoher Streubreite durchgeführt.

tatsächliche Zinsvorteil, welchen den Instituten bei der Einbehaltung von Quellensteuern zukommen würde. So haben die deutschen Finanzinstitute bei der Einbehaltung der deutschen Abgeltungs- und Kirchensteuer auch von einem Zinsvorteil profitiert. Dieser Vorteil ist jedoch stark abhängig von der jeweiligen Marktlage und so zum Beispiel beim derzeitigen Niedrigzinsniveau nicht vorhanden. 560 Vgl. Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, Materne (Die Deutsche Kreditwirtschaft, DSGV), S. 25 f. Siehe auch den Vergleich von Mitwirkungspflichten und Quellensteuer Hey, in: FS Kruse, 2001, 269 (285 ff.). 561 Zum gleichen Ergebnis kommt die Stellungnahme von Anzinger zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 3 f. Im Hinblick auf das Schweizer Model im Rahmen der Zinsrichtlinie stellt Oberson den anonymen Quellensteuereinbehalt und den steuerlichen Informationsaustausch gegenüber, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 117 (118 ff.) Vgl. hierzu allgemein im Hinblick auf die frühere Zinsrichtlinie auch Ismer / ​Sailer, IStR 2005, 1 (5). 562 Generell zu den Arten der Amtshilfe Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.55, 22.71 f.; Rätke, in: Klein, AO, § 117 Rn. 1 ff.; Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 1 ff.; Hendricks, Internationale Informationshilfe in Steuerverfahren, S. 8 ff., sowie früher das Grundwerk von Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 69 ff. Siehe ausführlicher die anderen Initiativen zum Informationsaustausch, Teil 2 B. 563 Abgesehen von der Zinsrichtlinie, vgl. Teil 2 B. III. 1. Vgl. zu den Unterschieden der Typologien m. w. N. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 60 ff. 564 Vgl. Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015 § 18 Rn. 1216.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Aus den bereits früher bestehenden Möglichkeiten des Amtshilfeersuchens ergab sich nicht sogleich eine Indienstnahme der Finanzinstitute. Bezieht sich jedoch das Ersuchen des ausländischen Staats auf Konten- und Zahlungsdaten Steuerpflichtiger, sind die deutschen Finanzbehörden regelmäßig dazu verpflichtet, diese Informationen zu beschaffen, vgl. beispielsweise Art. 26 Abs. 4 OECD-MA. Hieraus ergibt sich eine punktuelle anlass- und einzelfallbezogene Indienstnahme der Institute im Rahmen ihrer Auskunftspflicht nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO.565 So kann beispielsweise das BZSt von einer ausländischen Finanzbehörde um Auskunft zu Dividendenerträgen eines ausländischen Steuerpflichtigen auf dem Finanzkonto eines deutschen Kreditinstituts in einem begrenzten Zeitraum ersucht werden. Das BZSt muss sodann dieses Institut zur Auskunft verpflichten und im Anschluss dem ersuchenden Staat die Informationen zu übermitteln. Eine Massendatenverarbeitung unter dauernd anhaltender Aufwendung technischer und personeller Ressourcen des Instituts ist hierzu nicht notwendig.566 Auch wenn eine Mitwirkungspflicht des Finanzinstituts im Einzelfall abhängig vom konkreten Sachverhalt umfangreich sein kann, ist sie in ihrer Gesamtheit dem Umfang nach weniger eingriffsintensiv als ein auf Dauer angelegtes Melderegime wie CRS. Im Vergleich zu den bislang existierenden Amtshilfemaßnahmen mit punktuellen und zeitlich begrenzten Pflichten statuiert die andauernde Indienstnahme nach dem FKAustG einen eingriffsintensiveren Pflichteninhalt. Die „traditionellen“ Amtshilfemaßnahmen verfolgen allerdings im Hinblick auf die Erreichung des gesetzten Zwecks eine andere Wirkungsweise, abhängig vom zugrunde liegenden Risikobereich.567 Der automatische Informationsaustausch von Finanzkontendaten mit seiner umfangreichen Streubreite dient der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, insbesondere bezüglich schnell über Ländergrenzen hinweg transferierbarer Kapitalerträge. Amtshilfeverfahren mit vorgeschalteten Ersuchen nehmen deutlich mehr Vorlaufzeit in Anspruch und sind hinsichtlich der hochautomatisierten Finanzwirtschaft und des damit zusammenhängenden abstrakten Steuerausfall­ risikos zunächst weniger geeignet, ausländische Kapitalerträge zeitnah und effizient aufzuspüren. Neben der mangelnden automatisierten Methodik ergibt sich die fehlende Geeignetheit auch aus der nicht vorliegenden „automatischen Reziprozität“ anderer Amtshilfemaßnahmen.568 Zwar ist auch im Rahmen anderer Amtshil 565

Zur Rechtmäßigkeit der Auskunftsersuchen bei Banken BFHE 148, 108 ff.; 149, 404 ff.; 156, 88 ff.; 158, 502 ff.; 191, 211 ff. Siehe generell zur Funktionsweise der Auskunftserteilung durch die Bank und die inhaltliche Abgrenzung zum Informationsaustausch unter Teil 4 A. I. und die Übersicht der Judikatur Teil 5 A. I. a). Generell zur Auskunftserteilung im Steuerverfahren Paulick, in: FS Spitaler, 1958, S. 53 ff. Dies gilt selbst bei sog. Sammelauskunftsersuchen, siehe Teil 4 A. I., hierzu von Wedelstädt, AOStB 2004, 948 ff. 566 Auch wenn bereits ein Auskunftsersuchen im Rahmen des § 93 AO erhebliche Aufwendungen des Privaten zur Folge haben kann, vgl. Oellerich, INF 2003, 63 (64 ff.). 567 So im vgl. auch Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 110; ders. / ​Gabert, StuW 2010, 3 (15). 568 Bei anderen Amtshilfemaßnahmen ist die Gegenseitigkeit zwar verbürgt, nicht jedoch „Zug um Zug“ an einem bestimmten Stichtag, vgl. Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 30, 73;

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

fevereinbarungen, wie unter Art. 26 OECD-MA, eine Gegenseitigkeit verbürgt, sie erfolgt jedoch weder periodisch und automatisiert zu einer festgelegten First (hier gem. § 27 Abs. 1 FKAustG jeweils zum 30. September eines Jahres für das vorhergehende Kalenderjahr) noch bezieht sie sich auf den deckungsgleichen inhaltlichen Umfang der Informationen, wie dies in § 2 FKAustG vorgesehen ist.569 Gerade die durch jene automatische Reziprozität erlangten ausländischen Kontendaten deutscher Steueransässiger stützen allerdings das verfolgte Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und der hiermit verbundenen umfangreichen Indienstnahme von inländischen Finanzinstituten nach dem FKAustG.570 Mithin sind die „traditionellen“ internationalen Amtshilfemaßnahmen zwar weniger pflichtenintensiv für die Finanzinstitute, jedoch in ihrer einzelfallbezogenen Wirkungsweise nicht auf das bestehende abstrakte Steuerausfallrisiko bei Kapitalerträgen ausgerichtet. Sie sind vielmehr als nachgeschaltetes Kontrollinstrument bei konkretem Anlassbezug einzusetzen und können nicht den automatischen Informationsaustausch substituieren. Im Zusammenspiel bilden sie ein geeignetes Informationssystem, um die Ziele des Auskunftsverkehrs zu erreichen.571 (cc) Direkte Kontendatenverarbeitung durch die Steuerverwaltung Ist die generelle Erforderlichkeit des die Indienstnahme bedingenden automatischen Informationsaustauschs von Finanzkontendaten bestätigt, bleibt fraglich, ob der untersuchungsgegenständliche Informationsaustausch auch ohne eine Indienstnahme der Finanzinstitute erfolgen könnte.572

Duhnkrack, Grenzüberschreitender Steuerdatenschutz. Reichweite und Grenzen der internationalen Auskunftserteilung durch deutsche Finanzbehörden, 1989, S. 169 ff. 569 In § 2 FKAustG heißt es: „Gemäß den geltenden Melde- und Sorgfaltspflichten und ergänzenden Melde- und Sorgfaltsvorschriften tauscht das Bundeszentralamt für Steuern innerhalb der festgelegten Frist nach § 5 Absatz 2 in Verbindung mit § 27 mit der zuständigen Behörde jedes anderen meldepflichtigen Staates die ihm hierzu von den Finanzinstituten nach diesem Gesetz übermittelten Daten aus […]“. Im vgl. fehlt es unter FATCA dem Umfang nach an einer deckungsgleichen Reziprozität, siehe Art. 2 FATCA-Abkommen. 570 Vgl. Gesetzesbegründung im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BR-Drucks. 352/15 v. 14.08.2015, S. 1 f. Ob diese bedingungslose Reziprozität der Datenübermittlung aus Sichtweise der betroffenen Kontoinhaber noch in Abwägung zum angestrebten Zweck verhältnismäßig ist, wird später unter Teil  5 B. IV. 3. c) erläutert werden. 571 Ebenso Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 110; ders. / ​Gabert, StuW 2010, 3 (15). Vgl. hierzu auch die „Stufung“ der Maßnahmen Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (3) (b). 572 Vgl. hierzu die Untersuchung von Hey zur Bearbeitung von Freistellungsaufträgen durch Banken, die ebenso im Veranlagungsverfahren durch die Steuerbehörden selbst vorgenommen werden kann und darüber hinaus nicht durch den verfolgten Gesetzeszweck gedeckt ist: Hey, FR 1998, 497 (506). Siehe hierzu auch Geurts, DB 1997, 1997 ff., welcher die Banken als Beliehene einstuft.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Die deutschen Steuerbehörden haben keinen anderweitigen Zugriff auf die Personen- und Zahlungsdaten, insbesondere verfügen sie nicht selbst über einen ähnlichen Datenpool wie die kontenführenden Institutionen.573 Lediglich Kontendaten bilden in geeigneter Form das immaterielle Kapitaleinkommen auf „natürliche“ Weise ab und machen dieses in Verbindung mit den persönlichen Daten, wie Wohnort und Geburtsdatum, für die Besteuerung verwendbar. Es ist den Behörden daher nicht möglich, anderweitig Kenntnis über Kapitalerträge auf ausländischen Konten zu erlangen, weshalb sie die „private Situationsbeherrschung“574 in Anspruch nehmen müssen.575 Die mit den Konten verbundenen und zu meldenden Daten nach § 2 FKAustG sind auch nur schwerlich direkt beim Kontoinhaber selbst zu beschaffen, da dieser seinerseits nur durch den jährlichen Depotauszug eine Erträgnisaufstellung und damit Kenntnis über seine genauen Kapitalerträge erhält. Insbesondere bei Neukonteneröffnungen gestaltet sich die Lage schwierig. Hier müssten der Steuerbehörde die Informationen durch die das Konto eröffnenden Personen zeitnah zugespielt werden. Ein solches Vorgehen ohne Einbeziehung des kontoführenden Instituts erscheint in seiner praktischen Umsetzung, zwar dem im Steuerrecht generell verankerten Subsidiaritätsprinzip bei der Einbeziehung Dritter, vgl. § 93 Abs. 1 S. 3 AO, systemgerechter, aber gleichzeitig erfolglos.576 Des Weiteren handelt es sich – bis heute – nur um eine Datenübermittlung ausländisch steuerlich Ansässiger.577 Die Jurisdiktion, in der das Konto durch ein Finanzin-

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Zwar könnten die inländischen Steuerbehörden durch die Steuererklärung beschränkt steuerpflichtiger Personen die persönlichen Daten der Kontoinhaber, wie Name, Adresse und Geburtsdatum sowie die Steuer-IdNr., besitzen, zu diesen Daten werden jedoch keine zuordenbaren Kapitalertragszahlen gepoolt. Auch eine nur teilweise Indienstnahme für Kapitalertragszahlen ohne die Verpflichtung zur Erhebung der Steuer-IdNr. beim Kontoinhaber erscheint unzweckmäßig, da es im Rahmen der Massendatenverarbeitung insbesondere auf die Zuordnung zu einem bestimmten Steuerpflichtigen mittels Steuer-IdNr., als einheitliche Kennnummer, ankommt. Nur durch diese konkrete Zuordnung erhalten die Daten ihren eigentlichen Wert. Siehe auch Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks. 18/5920 v. 07.09.2015, S. 1 ff. und im Vergleich zur zentralen Bedeutung der bundeseinheitlichen Steuernummer, Seer, in: DStJG 31 (2008), S. 7 (24 f.). Auch ein direkter Zugriff der Steuerbehörden auf die Kontendaten erscheint grundsätzlich technisch nicht unmöglich, stellt aber kein „milderes“ Mittel dar, vgl. ebenso im Hinblick auf die Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 261 f. 574 Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 (148). 575 Vgl. zur Unmöglichkeit oder erheblichen Erschwernis der Aufgabenwahrnehmung durch den Staat auch Schirra, Die Indienstnahme Privater im Lichte des Steuerstaatsprinzips, 2002, S. 110 ff. 576 Siehe zur Subsidiarität bspw. Seer, in: Tipke / ​Lang, § 21 Rn. 194; sowie Teil 4 A. I. Ausführlich Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 113 ff. 577 Zur Ausweitung der Datenerhebung und Meldung auf Inländer und in diesem Zusammenhang zur Abschaffung der Abgeltungsteuer, vgl. Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) (cc).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

stitut geführt wird, ist regelmäßig nicht das Wohnsitzland des Kontoinhabers.578 Eine praktisch umsetzbare Datenerhebung beim Betroffenen im Ausland erscheint kaum umsetzbar, sondern bedingt gerade das Institut der Amtshilfe.579 Überdies entspricht ein solches Vorgehen nicht dem Sinn und Zweck des automatischen Informationsaustauschs, nämlich nicht deklarierte Konten Steuerpflichtiger im Ausland aufzuspüren.580 Eine direkte Erhebung der Daten durch inländische Steuerbehörden beim Betroffenen mit ausländischer steuerlicher Ansässigkeit umgeht damit zwar eine Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche gänzlich, ist aber weder praktisch umsetzbar noch zur Erreichung des Ziels, der Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung durch Aufdeckung von durch den Inhaber verschwiegenen Auslandskonten, geeignet. Allein Finanzinstitute verfügen – als eine Art „natürliches Monopol“ – durch das Führen von Finanzkonten über die erforderliche Sachnähe zu den Informationen. Der Aktivierung privaten Sachverstands und Verwaltungspotenzials durch die Indienstnahme von kontoführenden Finanzdienstleistern steht demnach nichts gleichwertiges Staatliches gegenüber.581 (dd) Zwischenergebnis Der automatische Informationsaustausch von Finanzkontendaten ist auch nach alledem erforderlich. Gleichwirksame Alternativen sind nicht ersichtlich. Extraterritoriale Quellensteuern, wo ähnlich dem Informationsfluss zusätzlich Erträge durch ausländische Institute einbehalten und abgeführt werden, sowie andere bis dato existierende Amtshilfemaßnahmen, wie Auskunftsersuchen oder Spontan­ auskünfte, können unter Umständen in Teilen eine weniger belastende Indienstnahme von Finanzinstituten mit sich bringen, sind allerdings ihrem Wirkungseffekt anders ausgestaltet beziehungsweise bleiben hinter dem automatischen Konteninformationsaustausch zurück. Ein automatischer Austausch von Personen- und Zahlungsdaten, die den Finanzkontendaten nach § 2 FKAustG gleichkommen, erscheint zudem ohne eine umfangreiche Einbindung der Finanzinstitute nicht umsetzbar. Die direkte Einbeziehung ausländischer Steueransässiger wirkt jeden-

578 Es sei denn der Kontoinhaber ist in Ausnahmefällen in mehr als einer Jurisdiktion ansässig und eine dieser Jurisdiktionen ist das Land, in dem das Finanzkonto unterhalten wird. 579 Als Beispiel müsste das BZSt die Daten von einem in Argentinien steuerlich Ansässigen bekommen. Ein solches Vorgehen würde jedoch das Amtshilfeverfahren in großen Teilen obsolet werden lassen, denn der Steuerpflichtige könnte dann seine Daten direkt im Ansässigkeitsstaat Argentinien deklarieren. 580 Vgl. Gesetzesbegründung im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BR-Drucks. 352/15 v. 14.08.2015, S. 1 f. 581 Vgl. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 (148).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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falls im Vergleich nicht effektiver. Eine Indienstnahme nach dem FKAustG zur Erhebung und Meldung von Kontendaten ist mithin in diesem Umfang erforderlich. (d) Angemessenheit Die mit der Indienstnahme verbundenen Ziele scheinen dem Grunde nach legitim. Es ist jedoch zu hinterfragen, ob das Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung alle Mittel im Zusammenhang mit der Leistung und Entgegennahme von Amtshilfe rechtfertigen kann, geht es bei der hier vorliegenden Untersuchung doch um die Belastung eines Dritten mit einem weitgefächerten Pflichtenstatus, der selbst nicht Steuerschuldner ist. Im Rahmen der Angemessenheit ist zu untersuchen, ob die als geeignet und erforderlich angesehenen Maßnahmen „unter Berücksichtigung der davon ausgehenden Grundrechtsbeschränkungen für den Betroffenen noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch erreichbaren Rechtsgüterschutz stehen“582. Nach dieser „Zweck-Mittel-Relation“ gilt im Hinblick auf die Abwägung, dass der Zweck, dem der Eingriff dient, umso wertvoller sein muss, je intensiver die Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Freiheit ist. Bei der Bewertung, ob die vorliegende Pflichtenauferlegung nach dem FKAustG noch rechtlich angemessen ist, muss die Indienstnahme als solche in ihrer konkreten Ausgestaltung einschließlich der Kostentragung berücksichtigt werden. Dabei ist der Indienstnahmeakt anhand seiner konkreten Konfiguration zu bewerten.583 Die Inanspruchnahme der Institute bedarf hierbei insbesondere einer Interessenabwägung zwischen den besonderen Belastungen, denen der Indienstgenommene ausgesetzt ist, und dem Interesse der Allgemeinheit an der möglichst gleichmäßigen Festsetzung und Verwirklichung der Steueransprüche.584 In einem ersten Schritt wird die konkrete Indienstnahme insgesamt bewertet und insbesondere auf die Sach- sowie Verantwortungsbeziehung und die Zumutbarkeit der Pflichten eingegangen. Nachfolgend werden spezielle Pflichten des FKAustG, unter anderem auch die Kostentragung, genauer beleuchtet.

582

BVerfGE 90, 145 (185). Vgl. OVG Lüneburg, Urteil v. 13.06.2001 – 9 K 1975/00, NVwZ-RR 2002, 456 (458); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 187 f., 212; Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (181). 584 M. w. N. BFHE 191, 211 (220). 583

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

(aa) Generell – die Sach- und Verantwortungsbeziehung sowie Zumutbarkeit der Indienstnahme Das sich nach Rechtsprechung und Literatur herauskristallisierende Abwägungskriterium für eine Zweck-Mittel-Relation besteht insbesondere in dem Vorhandensein einer „hinreichenden Sach- und Verantwortungsnähe“585 des Privaten zum verfolgten öffentlichen Indienstnahmeziel.586 Dabei ist, bedingt durch die Hetero­genität des Klassifikationsbegriffs der Indienstnahme, auch diese Sachund Verantwortungsnähe bereichsspezifisch herauszubilden.587 Diese bildet den die Sonderlast begründenden Zurechnungsgrund. Beide Anforderungen, Sach- wie auch Verantwortungsnähe, müssen, anders als der Wortlaut vermuten lässt, nicht kumulativ vorliegen.588 So kann die Verantwortungsbeziehung aus der Schaffung einer Gefahrenquelle durch die berufliche Tätigkeit abgeleitet werden – „Verursacherprinzip“.589 Als Zurechnungsgrund wird jedoch auch bereits die besondere Sach- und Fachkunde sowie die Situationsbeherrschung des Privaten anerkannt.590 Im konkreten Fall der Indienstnahme nach dem FKAustG lässt sich eine Verantwortungsbeziehung i. S. des „Verursacherprinzips“ nicht ableiten.591 Es ist nicht abschließend ersichtlich, dass Finanzinstitute durch ihre Bank- sowie weiteren Tätigkeiten im gesamten Finanzsektor eine konkrete Gefahrenquelle schaffen und hierdurch eine gesteigerte Verantwortungsbeziehung zur Thematik einge 585

BVerfGE 95, 173 (187); 125, 260 (362); Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​Starck, GG, Art.  12 Abs. 1, Rn. 202; Breuer, Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 586 Auch im Hinblick der Übernahme des „Sachnähekriteriums“ aus der Sonderabgabendogmatik Manssen, in: Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 202; Puhl, DStR 1991, 1173 (1175); Waechter, VerwArch. 87 (1996), 68 (73). Die Sachnähe als Teil der prinzipiellen Zumutbarkeit bei Albrecht, die Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab 1995, S. 164 ff. 587 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 201 f., mit Verweis zu ähnlichen Rechtfertigungsgründen der „Sach- und Verantwortungsnähe“ wie bei der Beleihung, obwohl bei einer Indienstnahme unter Umständen ein höherer Rechtfertigungsgrad aufgrund oft unzureichendem Kostenausgleichs bestehen muss. 588 Zu den Unterschieden auch im Hinblick auf die Sonderabgabendogmatik m. w. N. Schirra, Die Indienstnahme Privater im Lichte des Steuerstaatsprinzips, 2002, S. 113 ff., 115. 589 So bspw. die Pflicht zur Anbringung von Warnhinweisen durch Tabakhersteller BVerfGE 95, 173, 186: „[…] besondere Sach- und Verantwortungsnähe der Hersteller und Händler von Tabakerzeugnissen zu der Aufgabe des Schutzes vor Gefährdungen durch einen Tabakkonsum, den diese Unternehmen veranlassen“; Waechter, VerwArch. 87 (1996), 68 (91). Siehe auch in Bezug auf das Polizeirecht Friauf, in: FS Jahrreiß, 1974, S. 45 (60 f.). 590 Explizit auch Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 (181); Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​ Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 202. 591 Wobei das VG Berlin im Beschluss v. 02.07.2008 – Az.: VG 27 A 3.07, den Verursachungszusammenhang der Bank bei Geldwäschevergehen durch „das Bankengeschäft selbst“ sieht, dieses besitzt in sich unrechtsgehalt, anders als das „neutrale“ Geschäft von Telekommunikationsanbietern. Siehe auch die Kritik von Kelsczewski, in: FS Fezer, 2008, S. 19 (30 ff.), welcher bei der Vorratsdatenspeicherung keinen Zurechnungsgrund für die Indienstnahme sieht. Ebenso im Zusammenhang mit der Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 163 f.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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hen.592 Im Zuge der Finanzkrise von 2007 wurde Finanzdienstleistungsinstituten vielfach Missmanagement und Anlagebetrug vorgeworfen. Vermehrt haben sich Vorwürfe insbesondere bei weltweit agierenden Banken bewahrheitet.593 Abzugrenzen ist hierbei die Verantwortung für eigene Geschäftsbelange, welche nicht im unmittelbaren Sachzusammenhang mit einer etwaigen Steuerhinterziehung der Kontoinhaber stehen.594 In diesem Zuge sind auch die selbstständig begangenen Steuerhinterziehungsstraftaten der Finanzinstitute von denen ihrer Kunden zu trennen. Etwas anderes muss aber gelten, wenn Finanzinstitute aktiv ihren Kunden bei Steuerhinterziehung und Geldwäsche helfen oder sie hierzu sogar i. S. d. § 26 StGB „anstiften“. Um eine die Sonderlast rechtfertigende Verantwortungsbeziehung zu begründen, müsste das festzustellende Fehlverhalten ein derartiges Ausmaß annehmen, dass es über ein nur in Einzelfällen festgestelltes Fehlverhalten von Mitarbeitern des Finanzsektors hinausgeht.595 An einem strukturellen „Sektorverschulden“, welches aus Ingerenzaspekten eine solche Sonderverantwortung begründen könnte, sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen. Hierzu müsste die gesamte Finanzbranche gewerbsmäßig und nicht nur vereinzelt nachweisbar ein solches Geschäft mit Offshore-Konten und Steuerhinterziehungstaktiken betrieben haben.596 Gleichwohl waren die Mehrzahl der großen weltweit agierenden Banken und Versicherungen tatsächlich gewerbsmäßig an Geschäften mit Schwarzgeldkonten in Steueroasen zur Geldwäsche oder Steuerhinterziehung beteiligt. Aus diversen journalistischen Recherchen, aber auch Gerichtsverfahren geht hervor, dass diese Art von „steueroptimierten Finanzprodukten“ zum täglichen Geschäft mit vermögenden Kunden gehörten.597 Dennoch umfasst die hier untersuchte Indienst 592 Ebenso Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3039); Uibeleisen, Die verfassungsrecht­ lichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 163 f.; a. A. Schmidt, Momentum Quarterly 2012, 203 (211 f.). 593 Bspw. für Deutschland zur Hypo Real Estate OLG München, 15.12.2014 – KAP 3/10; in den USA kam es zu verschiedenen Abfindungsverhandlungen mit der amerikanischen Behörde SEC, siehe bspw. das UBS Settlement: https://www.sec.gov/news/pressrelease/2015-238.html, sowie Deutsche Bank Settlement: https://www.sec.gov/news/pressrelease/2015-99.html (beides zuletzt abgerufen 03.03.2016). 594 Siehe auch im Zusammenhang zur Gesamtabwägung additiver Grundrechtseingriffe Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (e) (bb). 595 Zu Recht Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3039); zur Strafbarkeit von Bankangestellten bei illegalen Kundengeschäften BFHE 240, 195 ff. 596 Hiervon zu unterscheiden ist auch das reine Fehlverhalten der Kunden, die zwar rechtmäßig steueroptimierend ihre Bankgeschäfte strukturieren können, aber in deren Verantwortung es auch liegt, die Einnahmen zu erklären und offenzulegen. 597 Siehe insbesondere die Ausarbeitungen des „International Consortium of Investigative Journalists“ zu den „Panama Papers“ unter: https://panamapapers.icij.org (zuletzt abgerufen 03.03.2016) sowie bspw. die Untersuchung über die Arbeit von „Wealth Managern“, inkl. Interviews von Harrington, Capital without Borders, 2016; sowie zu Steueroasen und das Geschäft der Banken, Mertens, Steueroasen, 2014; im Zusammenhang mit der Finanzkrise, Schmidt, Momentum Quarterly 2012, 203 ff., im Hinblick auf Entwicklungsländer siehe auch: http:// www.swissleaksreviewed.org/#global-map (zuletzt abgerufen 03.03.2016); vgl. auch bei Knobel / ​Meinzer, The end of bank secrecy? Bridging the gap to effective automatic information exchange. An Evaluation of OECD’s Common Reporting Standard (CRS) and its alternatives,

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

nahme die Finanzdienstleistungsbranche i. w. S., d. h. nicht nur Wealth-Manage­ ment-Sparten global agierender Groß- und Privatbanken, sondern auch kleinere Banken und Versicherungen. Letzteren wurde in der Mehrzahl ein derartiges Verschulden nicht nachgewiesen. Auch ist zu bedenken, dass sich die Unternehmenskultur in der Finanzdienstleistungsbranche nach der Finanzkrise und im Zuge mehrerer Steuerskandale geändert hat.598 Nunmehr ist die Finanzdienstleistungsbranche durchaus bemüht, Steuertransparenz- und Geldwäschevorschriften sowie umfangreiche interne Kontrollsysteme umzusetzen. Dieses Umdenken kann daher kein – zumindest anhaltendes – Sektorverschulden für die Zukunft begründen.599 An einer fortwährenden Verantwortungsbeziehung aus Ingerenzgesichtspunkten fehlt es daher.600 Ein konkretes Verschulden für sich aus der beruflichen Tätigkeit unmittelbar ergebenden Gefahren ist allerdings spätestens seit dem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung nicht für die Legitimation einer Indienstnahme erforderlich.601 Ausreichender Zurechnungsgrund ist vielmehr auch eine besondere Sach- und Fachkunde beziehungsweise die Situationsbeherrschung des Privaten.602 Eine solche ist im vorliegenden Fall der Indienstnahme gegeben.603 Finanzinstitute verfügen durch ihre unmittelbare Sachnähe über eine Art „natürliche Monopolstellung“ zu Konten- und

London 2014, S. 10 ff., abrufbar unter: http://www.taxjustice.net/wp-content/uploads/2013/04/ TJN-141124-CRS-AIE-End-of-Banking-Secrecy.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 598 Vertiefend Schuster, Die gesellschaftliche Verantwortung der Banken, in: Wandel im Finanzdienstleistungssektor, 2001, S. 185 ff.; a. A. das VG Berlin im Beschluss v. 02.07.2008 – Az.: VG 27 A 3.07, was den Verursachungszusammenhang der Bank bei Geldwäschevergehen durch „das Bankengeschäft selbst“ sieht, dieses besitzt in sich unrechtsgehalt, anders als das „neutrale“ Geschäft von Telekommunikationsanbietern. 599 A. A., die auf eine Befürwortung eines solchen Sektorverschulden schließen lässt jedoch, die Stellungnahme der Deutschen Steuer-Gewerkschaft zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 2, S. 2 f. 600 Ebenso im Ergebnis Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3039) sowie zur nicht vorliegenden Verantwortungsbeziehung bei der Indienstnahme zum automatisierten Kontenabrufverfahren Hoffmann, WM 2010, 193 (200). Gleichzeitig ist anzumerken, dass die Zurverfügungstellung der Konten auch für sich genommen keinen Missbrauch herausfordert, das sog. „Tarnkappenargument“ begründet nach der hier vertretenen Auffassung somit keine Verantwortungsbeziehung, vgl. hierzu im Telekommunikationssektor ebenso VG Berlin im Beschluss v. 20.05.2009 – Az.: VG 27 L 131.09. 601 BVerfGE 125, 260 (361 f.); mit Verweis auf BVerfGE 95, 173 (187); vgl. Teil 4 D. II. 3.  602 Explizit auch Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S.137 (181); Manssen, in: Mangoldt / ​K lein / ​ Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 202.; mit Blick auf die Steuerentrichtung durch Dritte auch, Puhl, DStR 1991, 1173 (1175), sowie mit der Begründung, dass diese den Zahlungsstrom „beherrschen“, Drüen, DStJG 31 (2008), S. 167 (185 f.). 603 A. A., in Bezug auf Steuerentrichtungsverpflichtete Puhl, DStR 1991, 1173 (1175) sowie das Sachnähe Kriterium fälschlicherweise rein auf das „Verantwortungskriterium“ beziehend Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3039). Im Vgl. die Sachnähe der Institute zur Geldwäsche Waechter, VerwArch. 87 (1996), 68 (88 f.), wonach sich Finanzinstitute im Knotenpunkt der Geldwäschevorgänge befänden.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Zahlungsdaten und damit über eine Sonderverantwortung.604 Diese ist nicht durch die Finanzverwaltung selbst herbeizuführen; mithin alternativlos.605 Persönlicher Zurechnungsgrund des Pflichtenträgers ist damit die tatsächliche und alleinige Sachherrschaft der Finanzinstitute über die Konteninformationen.606 Diese Konteninformationen sind jedoch unabdingbar, um das Regelungsziel der internationalen Amtshilfe zur Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung zu erreichen und hierbei das überragend wichtige Gemeinschaftsgut der „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“607 im Bereich der Kapitaleinkünfte sicherzustellen.608 Diese durch Sachnähe begründete Indienstnahme muss dennoch dem Privaten zumutbar sein.609 Unzumutbar ist die Indienstnahme von privaten Unternehmen zugunsten öffentlicher Aufgaben insbesondere spätestens dann, wenn die Renta-

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Dies verkennt Hoffmann in seinen Ausführungen zur Indienstnahme zum automatisierten Kontenabruf, indem er ausschließlich verengt auf das Argument der „unternehmensnahen Tätigkeit“ abstellt und fordert, dass in Anlehnung an das Leiturteil zur Erdölbevorratungspflicht der Private die Tätigkeit „ohnehin ausüben“ sollte, WM 2010, 193 (199). Die Umstellung der IT-Struktur zur Erfassung und Verarbeitung teilweise neuer Kenndaten kann jedoch – wenn auch nicht unternehmensnah – ebenso nicht als absolut unternehmensfremd gelten; ebenso nicht gesehen von Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3039). Hingegen bspw. zum Steuerentrichtungsverpflichteten und seiner Nähe zum Zahlungsstrom ausführlich Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 291; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (185 f.) sowie dem im Grunde ähnlichen Verhältnisses des Flugkapitäns als Beliehener: Burgi, in: FS Maurer, 2001, S. 581 (589). Generisch definitorisch das Sachnähekriterium zu umreißen versucht Waechter, VerwArch. 87 (1996), 68 (91). 605 Vgl. hierzu die Ausführungen in Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (c) (cc) anders vermeintlich bspw. bei der Annahmepflicht von Freistellungsaufträgen durch Banken, die Gewährung von Sparerfreibeträgen könnten nach Hey genauso im Rahmen des Veranlagungsverfahrens von der Finanzverwaltung berücksichtig werden, siehe Hey, FR 1998, 497 (506). Auch zur Lohnsteuerabführung Heuermann, Systematik und Struktur der Leistungspflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1998, S. 242 f., welcher auf die Konzentration tatsächlichen Wissens beim Arbeitgeber über steuerlich bedeutsame Sachverhalte hinweißt. 606 Dies umfasst auch Versicherungsunternehmen, welche alleinig die relevanten Informationen über „Konten“ i. S. v. durch das Finanzinstitut ausgestellten oder verwalteten rückkaufsfähigen Versicherungsverträgen und Rentenversicherungsverträgen gem. § 19 Nr. 18 c) FKAustG halten. 607 Zur „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ insbesondere erstmals 1991 zur Kapitalertragsteuer: BVerfGE 84, 239, wobei das Recht des Einzelnen auf materielle Steuergerechtigkeit, die Abgrenzung zu dem nicht gegebenen Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“ sowie die gesetzgeberische Pflicht zur Kontrolle der „Steuerehrlichkeit“ thematisiert wird.; vgl. auch Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 608 Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Kontendatenverarbeitung aus Sicht der Kontoinhaber zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ausführlich Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4). 609 Zur zusätzlichen Einbeziehung des Zumutbarkeitskriteriums in die Prüfung der Berufsfreiheit, neben der Güterabwägung anhand der Stufentheorie vgl. Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 341 mit Verweis auf die Leitsätze 6. a) bis d) BVerfGE 7, 378. Allgemein zur Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab Albrecht, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab 1995, S. 64 ff.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

bilität des betroffenen Unternehmens nicht nur „geringfügig gemindert“610 wird, wenn also „eine maßgebliche Beeinflussung des gewerblichen Gesamtgewinns“611 droht und wenn die Bindung der betrieblichen Mittel des betroffenen Unternehmens „für die Betriebsführungen von ausschlaggebendem Gewicht“612 ist.613 Wie bereits herausgearbeitet, bedarf es einer Anlehnung des Pflichteninhalts an die unternehmerische Tätigkeit. Je enger hierbei die Indienstnahmepflichten an die ohnehin ausgeübte Tätigkeit des Privaten angelehnt werden, desto zumutbarer ist die Indienstnahme.614 Eine abschließende Aussage, dass die Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG an die übliche Bank- und Versicherungstätigkeit anlehnen, da es sich um für das alltägliche Finanzgeschäft nötige Kontendaten handelt, greift jedoch zu kurz und verkennt den eigentlichen Pflichteninhalt. Eine solche Betrachtungsweise würde eine Vermischung von Sachnähe und Zumutbarkeit zulassen.615 Diese beiden Kriterien sind indes voneinander zu trennen und müssen für den Befund über die Verfassungsmäßigkeit einer Indienstnahme kumulativ erfüllt sein. Im vorliegenden Fall besteht aufgrund des Führens von Konten zwar eine natürliche Sachherrschaft über den Datenbestand, der Pflichteninhalt erfordert jedoch eine darüberhinausgehende umfangreiche Datenerhebung, Verarbeitung, Speicherung sowie Meldung nach detaillierten Vorgaben gem. §§ 3, 7 ff. FKAustG. Einzig die detaillierten datenschutz- und datensicherheitsrechtlichen Vorgaben bestanden bereits zuvor in ähnlichem Umfang, denn sie erwachsen aus der hohen Datensensibilitätsstufe der Kontendaten selbst.616 Der übrige Pflichtenkatalog der Datenverarbeitung bestand in Form und Ausmaß vor der Indienstnahme zum automatischen Informationsaustausch nach dem CRS- und FATCA-Regime nicht.617 Die Zumutbarkeit dieser umfangreichen Pflicht zur Datenverarbeitung kann durchaus angezweifelt werden.618 Eine derartige Massendatenverarbeitung erfordert beispielsweise bei 610

BVerfGE 22, 380 (386). Ebd. 612 Ebd. 613 So BVerfGE 22, 380 (386 f.); sowie grundlegend schon BVerfGE 7, 377 (405); vgl. Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 163. 614 Vgl. auch Albrecht, die Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab 1995, S. 164 ff., welcher eine Beurteilung einer „qualitativen Zumutbarkeit“ im Hinblick auf die in Relation stehenden „überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter“ für nicht zielführend hält und rein auf die Sachund Verantwortungsbeziehung als „prinzipielle Zumutbarkeit“ abstellt. 615 Manssen, in: Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Art. 12 Abs. 1, Rn. 202. 616 Vgl. auch zur Entscheidung der Vorratsdatenspeicherung, BVerfGE 125, 260 (361 f.): „Anspruchsvolle organisatorische Anforderungen zur Gewährleistung von Datensicherheit entstehen nicht erst aus der Speicherungspflicht des § 113a TKG, sondern unabhängig davon schon aus dem Gegenstand der von den betreffenden Unternehmen angebotenen Dienste.“ 617 In diesem Argument wird FATCA ausdrücklich unter dem Überbegriff „Indienstnahme zum automatischen Informationsaustausch“ einbezogen. Tatsächlich war zunächst FATCA umzusetzen und hierauf aufbauend die Pflichten nach dem FKAustG praktisch anzupassen. 618 Vgl. auch Kelsczewski, in: FS Fezer, 2008, S. 19 (30 ff.), welcher die Datenverarbeitung in Rahmen der Vorratsdatenspeicherung für unzumutbar hält. 611

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Großbanken die Neugründung eigener Abteilungen und die Implementierung interner Kontrollsysteme sowie die Änderung des Kundenannahmeprozesses durch neue Formulare und IT-Systeme. Auch die Systeme für die jährliche Meldung nach § 8 FKAustG mussten gänzlich neu erstellt werden.619 Zwar konnten bei einigen Instituten gewisse Synergien zu den IT-Systemen für die Abgeltungsteuer und der Zinsrichtlinie genutzt werden, diese jedoch sind in der Gesamtbetrachtung lediglich marginal.620 Die Kriterien zur Bestimmung der deutschen Steueransässigkeit für Zwecke der Abgeltungsteuer bestehen neben den CRS- und FATCA-Meldungen fort. Auch die FATCA- und CRS-Kriterien zur Ansässigkeitsbestimmung sind nicht in allen Punkten identisch. Insoweit mussten dennoch für alle Melderegime eigene IT-Lösungen und Mitarbeiterschulungen durchgeführt werden.621 Die Couponsteuer wurde im Jahre 1967 vom BVerfG für noch erträglich eingestuft.622 Seit diesem Urteil hat jedoch die Pflichtenintensität von Indienstnahmen der Finanzdienstleistungsbranche insgesamt zugenommen, sodass eine neue Würdigung durch die Rechtsprechung möglicherweise zu einem anderen Ergebnis kommen würde. Hält man sich den Pflichtenkatalog der Indienstnahme im Rahmen der Steuerabführung auf Kapitalerträge vor Augen, ist der Intensitätsgrad dem des CRS-Melderegimes vergleichbar. Zwar erfolgt nach dem FKAustG keine tat 619

Aufbauend auf der FATCA-Meldung. Vgl. zum Teil anders hat sich die Lage im Telekommunikationssektor, bei der das BVerfG davon ausging, dass ohnehin die Technikeinrichtungen vorgehalten werden müssen Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung, BVerfGE 125, 260 (361): „Speicherungspflicht überschreitet die Grenze der Zulässigkeit nicht durch den technischen Aufwand, den sie den Diensteanbietern abverlangt. Da sich die betreffenden Diensteanbieter auf dem Telekommunikationsmarkt bewegen, müssen sie ohnehin ein hohes Maß an Technikbeherrschung im Bereich der Telekommunikationsdatenerfassung, -speicherung und -verarbeitung aufweisen.“; a. A. Kelsczewski, in: FS Fezer, 2008, S. 19 (31). 620 Bspw. konnte das oft genutzte IT-System „Tribuutum“ für die Klassifizierung der Ertragsart genutzt werden oder die bereits unter der Zinsrichtlinie einzuholenden Kundeninformationen europäischer Kontoinhaber weiterverarbeitet werden. Vgl. auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG, welches jedoch nur „geringfügige Erweiterungen“ für zumutbar hält: „Die Abwicklungsregelungen sind auch nicht unzumutbar. Sie nutzen ein bestehendes System (§ 300 SGB V), sodass bei der Datenerfassung, -verarbeitung und -übermittlung nur Veränderungen oder geringfügige Erweiterungen erforderlich waren, nicht hingegen der belastendere Neuaufbau eines solchen Systems.“, BVerfGE 114, 196 (246). 621 Siehe hierzu das Schreiben der deutschen Kreditwirtschaft vom 01.02.2016, S. 3: „Die Finanzinstitute erfüllen hier als nicht am Besteuerungsverfahren beteiligte Dritte originär staatliche Aufgaben, die völlig unabhängig vom Kapitalertragsteuerabzug bestehen und für die sie – anders als bei Einzelanfragen nach § 93 AO – keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegenüber Staat oder Kunden haben.“, abrufbar unter: https://bankenverband.de/media/ files/201}2-01_DK-Brief.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 622 BVerfGE 22, 380 (385 f.) sowie ausführlich zum Urteil Teil 4 D. II. 1.; zu dieser Parallele ebenso im Hinblick auf die geldwäscherechtliche Verdachtsanzeige kritisch Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (208). Gleiches hat das BVerfG im Zusammenhang mit der Indienstnahme der Telekommunikationsindustrie für die Vorratsdatenspeicherung befunden, vgl. BVerfGE 125, 260 (358 ff.) und Teil 4 D. 3., wobei hier hauptsächlich nur eine Datenspeicherung zum Pflichteninhalt gehört und keine Datenverarbeitung und -meldung im Umfang des FKAustG vorzunehmen ist.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

sächliche Steuerabführung, jedoch eine Datenerfassung und Kontenklassifizierung des gesamten bestehenden und zukünftigen Kundenbestands.623 Dies gilt insbesondere nach § 6 Abs. 1 FKAustG auch dann, wenn letztlich nur Kontoinhaber mit steuerlicher Ansässigkeit in einem am CRS teilnehmenden Staat meldepflichtig sind.624 Aus dem Blickwinkel der Praxis ist eine solche Massendatenverarbeitung einer Indienstnahme zur Steuerentrichtung auf Kapitalerträge nach dem Grad der praktischen Belastungsintensität zumindest ähnlich. Die Zumutbarkeitsschwelle bei der Einbehaltung von Kapitalertragsteuern und der automatischen periodischen Kontenmeldung ist demzufolge vergleichbar und lässt auf die verfassungsrechtlich angemessene Zumutbarkeit der Indienstnahme nach dem FKAustG schließen. Nach alledem erscheint die Indienstnahme nach dem FKAustG – insgesamt und für sich betrachtet – jedoch noch zumutbar.625 (bb) Plausibilitätsprüfung der Selbstauskünfte Zumutbar ist die Indienstnahme nach dem FKAustG insbesondere auch, weil nur formelle und keine materiellen Prüfpflichten von Kontendaten bestehen.626 Aus diesem Grund ist auch kein tiefergehendes besonderes steuerliches Fachwissen der Institute zur Erfüllung der Indienstnahmepflichten notwendig.627 Bei 623

Anders bei FATCA, wo in der Tat eine 30 % Strafsteuer abzuführen ist, vgl. ausführlich Teil 2 B. I. 624 Vgl. § 19 Nr. 35 ff. FKAustG sowie im Detail in diesem Hinblick aus Sichtweise der Kontoinhaber und dem Grundsatz der Datensparsamkeit Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (b) (cc). 625 Gleiches Ergebnis würde sich auch für die Indienstnahme nach dem FATCA-Regime ergeben. Vgl. jedoch das abweichende Ergebnis im Hinblick auf die Kostentragung Teil 4 E. III. 3. c) ​ bb) (2) (d) (ee) und zum Ergebnis additiver Grundrechtseingriffe Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (e); vgl. auch das Ergebnis zur Untersuchung der Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. als Indienstnahme bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 269. 626 Siehe außerdem die Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 129 ff., der den Instituten bei Plausibilitätsprüfungen keine Einschätzungsprärogative zumessen will und hier auch keine, für einen Verwaltungsakt zwingende, Außenwirkung sieht; a. A. im Hinblick auf die Verdachtsanzeige Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (214); Dahm, WM 1996, 1285 (1288). 627 Vgl. zum Couponsteuerurteil, BVerfGE 22, 380 (385 f.): „[…] Diese Inanspruchnahme ist jedoch erträglich, zumal sie sich an die übliche Banktätigkeit anlehnt. Zur Vereinfachung des Steuerabzugs haben die Länderfinanzminister eine Verfahrensregelung erlassen, deren Handhabung keine besonderen steuerrechtlichen Kenntnisse voraussetzt und sich in ihren Anforderungen noch im Rahmen des von den Kreditinstituten gepflegten Effektengeschäftes hält (vgl. Abschnitt D des Erlasses des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 21. Juni 1965, BStBl. 1965 II S. 98 und S. 82 ff.). So kann die Bank anhand der Depotvermerke und sonstiger bei der Depoteröffnung angelegter Unterlagen grundsätzlich ohne besondere Schwierigkeiten feststellen, ob der Gläubiger in seiner Person die Merkmale aufweist, an welche die Kapitalertragsteuerpflicht anknüpft. Eine darüber hinaus reichende Ermittlungspflicht obliegt den Kreditinstituten grundsätzlich nicht. Sie dürfen von den in den Konto- und Depotunterlagen enthaltenen Angaben über den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt des Gläubigers

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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den Melde- und Sorgfaltspflichten nach §§ 3, 7 ff. FKAustG erfolgt eine Datenerhebung und Verarbeitung grundsätzlich nach konkreten, von hohem Detailgrad geprägten, gesetzlichen Vorgaben. So sind die Konten einer konkreten Meldekategorie zuzuordnen, ohne dass eine eigene Wertung durch das Institut vorgenommen werden muss und auch soll.628 Insbesondere hat das Institut im Rahmen der Plausibilitätsprüfung von Selbstauskünften bei Neukonten nach § 13 Abs. 2 sowie § 16 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben Rn. 240 keine Verpflichtung, die steuerliche Ansässigkeit der Kontoinhaber materiell-rechtlich zu bestimmen.629 Die Pflicht der Institute ist vielmehr auf eine ausschließliche formale Plausibilitätskontrolle beschränkt.630 Bei diesem ist insbesondere die aufgrund von geldwäscherechtlichen Vorschriften oder anderweitigen Regelungen erhaltene ausgehen (Abschnitt D I des Erlasses). Wird das Wertpapier nicht bei einem inländischen Kreditinstitut verwahrt oder verwaltet oder befindet es sich in Eigenverwahrung, so ist der Steuerabzug bei der Auszahlung der Kapitalerträge durch die Bank ohne weitere Prüfung grundsätzlich vorzunehmen. Die Beweisführungslast für die Steuerfreiheit trifft insoweit den Gläubiger (Abschnitt D II des Erlasses).“ 628 Auch im Interesse des Gesetzgebers kann schlussendlich nicht eine materielle Prüfpflicht sein, da hierdurch abweichende Ergebnisse provoziert würden und das gewollte standardisierte Meldesystem gefährdet werden würde. Ebenso verhält es sich beim Kapitalertragsteuerabzug, wo den Finanzinstituten kein rechtlicher Beurteilungsspielraum zusteht, so bestätigt im jüngsten Fall des Aktienssplits bei Google Inc, vgl. Hoffmann, DStR 2016, 1848 (1850 f.), u. a. m. V. auf den Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) v. 28.10.2010, BT-Drs. 17/3549, S. 6; a. A. Fölsing, DStR 2015, 2363 (2363 f., 2365), der den Depotbanken eine rechtliche Prüfpflicht attestieren will. Siehe außerdem die Researchpflicht nach dem KWG Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, 129 ff., der den Instituten bei Plausibilitätsprüfungen keine Einschätzungsprärogative zumessen will und hier auch keine, für eine Verwaltungsakt zwingende Außenwirkung sieht; a. A. im Hinblick auf die Verdachtsanzeige Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (214); Dahm, WM 1996, 1285 (1288). 629 Dieses Kriterium ist auch für die Abgrenzung zum Beleihungsverhältnis auschlaggebend, siehe vertiefend Teil 4 C. I. 2.; die Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit nach dem CRS ist in manchen Fällen äußert komplex erfordert umfangreiches steuerliches und fachspezifisches Wissen, vgl. vertiefend Küpper / ​v.Schweinitz, International Journal for Financial Services 2015, 119 (120 f.); ebenso Happe / ​Aschwanden / ​Giger, BKR 2016, 194 (195 f.), welche hervorheben, dass „Eine berufsständische Organisation der Steuerberater, der Deutsche Steuerberaterverband e. V. in Berlin, warnt inzwischen aufgrund der Haftungsrisiken davor, leichtfertig solche Selbstauskünfte für Mandanten auszufüllen. Dies deshalb, weil die gewöhnliche Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung der Steuerberater  – und wohl auch der Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte – die Schäden nicht übernehmen könnte. Das gilt u. E. genauso bei der Frage, wann eine Beherrschung oder passive Einkünfte vorliegen“. 630 So ausdrücklich BMF-Schreiben, Rn. 247, wonach nur die „Datenkonsistenz“ zu prüfen ist. Im Detail zur Durchführung der Plausibilitätskontrolle mit Beispielen den OECD-Kommentar zum Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: http://www.oecd-ilibrary.org/docserver/download/2314131e. pdf?expires=1504260188&id=id&accname=guest&checksum=6734AEA1520A226A6009CD​ 35B7CFDBA3 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), unter „Reasonableness of self-certifications“, S. 133 f., 143 f.; ausdrücklich im CRS-Kommentar S. 142 Nr. 13: „[…] Reporting Financial Institutions are not expected to carry out an independent legal analysis of relevant tax laws to confirm the reasonableness of a self-certification.“

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Dokumentation mit den Angaben des Kontoinhabers auf der Selbstauskunft im Hinblick auf auffällige Unstimmigkeiten abzugleichen.631 Auch ist die anderweitige positive Kenntnis der Institute einzubeziehen. Ein meldendes Finanzinstitut darf sich somit gem. § 17 Abs. 1 FKAustG nicht auf eine Selbstauskunft oder auf andere Belege verlassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass die Selbstauskunft oder die Belege nicht zutreffend oder unglaubwürdig sind.632 Bei Konten von hohem Wert ist nach §§ 12 Abs. 1 S. 2, 18 Abs. 3 FKAustG überdies das tatsächliche Wissen des Kundenbetreuers selbst für eine Bewertung relevant. Auch diese Kundenbetreuerfrage ist jedoch eine reine Tatsachenabfrage und erfordert keinerlei materiell-steuerrechtliche Prüfung. Gleiches gilt, wenn sich die Gegebenheiten des Kontoinhabers, beispielsweise bei neuer Adressangabe, ändern und das Institut nach § 21 Abs. 1 FKAustG diese Information in die Kundenklassifizierung einfließen lassen muss. Eine materiell-steuerrechtliche Prüfpflicht der Ansässigkeit nach dem CRS würde gleichzeitig berufsrechtliche Fragestellungen in Deutschland aufwerfen. Sie steht im Widerspruch zum Berufsrecht der Steuerberater nach §§ 2 i. V. m. 3 StBerG. Eine Befugnis zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen für Finanzinstitute wie bei der Kapitalertragsteuer nach § 4 Nr. 12, 12a StBerG wurde im Rahmen des FKAustG nicht vorgesehen.633 Im Vergleich ist die Pflicht zur Steueranmeldung zu sehen, bei welcher eine tatsächliche materiell-rechtliche Steuerberechnung nach § 150 Abs. 1 S. 3 AO durch den Steueranmeldepflichtigen vorgenommen werden muss.634 Wird diese Pflicht gleichzeitig kombiniert mit einer Steuerabführung durch Dritte, muss der Indienstgenommene hierbei über das reine Tatsachenbeibringen hinaus Aufgaben des Ermittlungs- und Festsetzungsverfahrens sowie des Erhebungsverfahrens wahrnehmen und wird dabei tatsächlich zum „verlängerten Arm der Finanzver-

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Prüfpflichten bestehen bereits aufgrund des Kontenwahrheitsgebots, wobei Kreditinstitute haftungsbewert nach § 72 AO über die Identität des Verfügungsberechtigten Gewissheit zu verschaffen und die Angaben des Kunden zu seiner Person und Anschrift sowie dem Steueridentifikationsmerkmal (auf dem Konto) festzuhalten haben (§ 154 Abs. 2 AO: sog. „Legitimationsprüfungspflicht“), vgl. ausführlich Seer, in: Tipke / ​Lang, § 21 Rn. 200 sowie § 6 Rn. 69. Diese Legitimationspflicht steht in Wechselwirkung mit den FKAustG- und FATCA-Bestimmungen. Es handelt sich jedoch nicht um ein Gebot der materiellen Kontenwahrheit, das auf den „Hintermann“ abstellt, siehe BGHZ 127, 229 ff. Siehe hierzu auch Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 128 ff., welcher auf die Einschränkbarkeit der Überprüfung von Tafelgeschäften eingeht. Zum Eröffnen von Bankkonten und § 154 AO auch kritisch Müller, DStZ 1997, 667 (668 ff.). 632 Vgl. das BMF-Schreiben, Rn. 232: „Ein Finanzinstitut kann sich nicht auf eine Selbstauskunft eines Kontoinhabers verlassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass diese unzutreffend oder unglaubwürdig oder eine Änderung der Gegebenheiten eingetreten ist, infolge derer sich der Status des Kontoinhabers ändert […].“ 633 Ebenso nicht für das FATCA-Regime. 634 Bspw. die Lohnsteueranmeldung nach § 41a Abs. 1 EStG, die Umsatzsteueranmeldung nach § 18 Abs. 1, 3 UStG oder die Kapitalertragsteueranmeldung nach § 45a Abs. 1 EStG; hierzu kritisch Trzaskalik, StuW 1993, 371 (375).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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waltung“635. Vergleichsweise sind die Sorgfaltspflichten zum automatischen Informationsaustausch daher in ihrer Eingriffsintensität, was die Übernahme materieller Prüfpflichten angeht, weniger belastend ausgestaltet und zumutbar. Dieser Befund soll jedoch nicht über die zuvor aufgezeigten tatsächlichen praktischen Auswirkungen der Implementierungsaufwendungen aufgrund der Indienstnahme hinwegtäuschen.636 (cc) Datenerhebung beim Kunden Auch ist die Indienstnahme nicht allein deshalb unzumutbar, weil sie eine Datenerhebung beim Kunden abverlangt. Institute müssen im Rahmen der Sorgfaltspflichten nach §§ 7, 9 ff. FKAustG eine Datenerhebung direkt beim Kunden vornehmen. Speziell die ausländische steuerliche Ansässigkeit sowie die Steuer-IdNr. aller Kontoinhaber ist zu ermitteln und diese Information einem Konto gem. § 6 Abs. 1 FKAustG zuzuordnen. Auch ist beispielsweise der Rechtsträgerstatus „passiv“ oder „aktiv“ direkt beim Kontoinhaber nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 FKAustG anzufragen.637 Praktisch erfordert diese Anfrage von den Instituten die Änderung der Kundenkommunikation durch neue Selbstauskunftsformulare und direkte Ansprache im Kundengespräch.638 Gleichzeitig sind die hieraus erwachsenden allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen, unter anderem die Aufklärungspflicht auf Verlangen des Betroffenen nach § 34 BDSG, zu beachten.639 Eine derartige Datenerhebung direkt beim Kunden im Rahmen der Indienstnahme erscheint jedoch zumutbar. Dies gilt auch, da sich keine Wettbewerbsnachteile einstellen können. Die Regelungen nach dem FKAustG sind im gesamten Finanzdienstleistungssektor, inkl. der Versicherungsindustrie, zu implementieren. 635

Vgl. ebenso Müller, DStZ 1997, 667 (667); Seer, in: Tipke a. F. Auflage 13 § 21 Rn. 187; in Zusammenhang mit der Steueranmeldung, die einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichkommt insbesondere Trzaskalik, StuW 1993, 371 (375); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 130 f.; sowie Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 127 f., der dies als „ausgelagerte Steuerüberwachung“ sieht. 636 Vgl. auch zur Rechtmäßigkeit der Kostentragung Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (ee). 637 Im Detail zu der Kundenklassifizierung von Rechtsträgern siehe Teil 3 B. I. 3 und 4. Die Bestimmung des Rechtsträgerstatus ist jedoch vom Kontoinhaber selbst durchzuführen, vgl. kritisch Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (2) und (3). 638 Die Selbstauskunftsformulare basieren in Deutschland nicht auf einem amtlich standardisierten Muster der Behörden. Institute sind vielmehr selbst in der Pflicht, Selbstauskunftsformulare anzufertigen. Die notwendigen Datenfelder und Mindestanforderungen ergeben sich jedoch aus dem FKAustG, der EU Amtshilferichtlinie sowie dem CRS und insbesondere dem CRS-Kommentar. Beispielsformulare wurden jedoch durch die BIAC Gruppe der OECD entworfen, siehe http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/crs-implementationand-assistance/ (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). 639 Basierend auf Art. 14 DS-GVO; vgl. hierzu nach BDSG a. F. Gräber / ​Schurowski, IWB 2016, 331 ff.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Alle Institute müssen ihre Kunden mit der Datenoffenlegung konfrontieren. Keiner der Kunden kann durch Wechsel des Instituts der Datenpreisgabe und Weiterleitung entgehen. Die Datenerhebung beim Kunden ist daher zumutbar. (dd) Herausfilterung und Nachforschung von beherrschenden Personen Einhergehend mit der Datenerhebung beim Kunden sowie den Plausibilitätskontrollen steht die Pflicht zur Ermittlung von meldepflichtigen beherrschenden Personen passiver Rechtsträger nach §§ 14 Abs. 5 Nr. 2, 16 Abs. 2 Nr. 2 FKAustG.640 Auch diese umfangreiche Aufgabe erscheint jedoch zunächst noch zumutbar. Die Institute sind auch hier verpflichtet, die bereits in ihrem Besitz befindlichen Informationen, insbesondere die nach den geldwäscherechtlichen Vorgaben eingeholten Dokumente, auf neue Gesichtspunkte, insbesondere auf das Vorhandensein von beherrschenden Personen, hin zu filtern.641 Hier kann jedoch nicht von einer tatsächlichen „Nachforschung“ mit weitreichendem materiellem Entscheidungsgehalt gesprochen werden.642 Die im Besitz befindlichen Informationen nach der 640

Im Detail zur Verfahrensweise siehe Teil 3 B. I. 3.; generell zu den Anforderungen des Plausibilitätstests BMF-Schreiben, Rn. 240. 641 Zum Überlappen von Geldwäscherecht und Steuerrecht in Bezug auf das Identifizieren von beherrschenden Personen siehe Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 (insbes. 68). Prüfpflichten bestehen bereits aufgrund des Kontenwahrheitsgebots, wobei Kreditinstitute haftungsbewert nach § 72 AO über die Identität des Verfügungsberechtigten Gewissheit zu verschaffen und die Angaben des Kunden zu seiner Person und Anschrift sowie dem Steueridentifikationsmerkmal (auf dem Konto) festzuhalten haben, vgl. § 154 Abs. 2 und 2a AO: sog. „Legitimationsprüfungspflicht“, vgl. ausführlich Seer, in: Tipke / ​Lang, § 21 Rn. 200 sowie § 6 Rn. 69. Diese Legitimationspflicht steht in Wechselwirkung mit den FKAustG- und FATCA-­ Bestimmungen. Es handelt sich jedoch nicht um ein Gebot der materiellen Kontenwahrheit, was auf den „Hintermann“ abstellt, siehe BGHZ 127, 229 ff. Siehe hierzu auch Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 128 ff., welcher auf die Einschränkbarkeit der Überprüfung von Tafelgeschäften eingeht. Vgl. auch zur Durchführung und der Haftung der Bankmitarbeiter kritisch Müller, DStZ 1997, 667 (668 ff.). 642 Vgl. nochmals zum Couponsteuerurteil, BVerfGE 22, 380 (385): „[…] Zur Vereinfachung des Steuerabzugs haben die Länderfinanzminister eine Verfahrensregelung erlassen, deren Handhabung keine besonderen steuerrechtlichen Kenntnisse voraussetzt und sich in ihren Anforderungen noch im Rahmen des von den Kreditinstituten gepflegten Effektengeschäftes hält (vgl. Abschnitt D des Erlasses des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 21. Juni 1965, BStBl. 1965 II S. 98 und S. 82 ff.). So kann die Bank anhand der Depotvermerke und sonstiger bei der Depoteröffnung angelegter Unterlagen grundsätzlich ohne besondere Schwierigkeiten feststellen, ob der Gläubiger in seiner Person die Merkmale aufweist, an welche die Kapitalertragsteuerpflicht anknüpft. Eine darüber hinaus reichende Ermittlungspflicht obliegt den Kreditinstituten grundsätzlich nicht. Sie dürfen von den in den Konto- und Depotunterlagen enthaltenen Angaben über den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt des Gläubigers ausgehen (Abschnitt D I des Erlasses). Wird das Wertpapier nicht bei einem inländischen Kreditinstitut verwahrt oder verwaltet oder befindet es sich in Eigenverwahrung, so ist der Steuerabzug bei der Auszahlung der Kapitalerträge durch die Bank ohne weitere Prüfung grundsätzlich vorzunehmen. Die Beweisführungslast für die Steuerfreiheit trifft insoweit den Gläubiger (Abschnitt D II des Erlasses).“

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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geldwäscherechtlichen Dokumentation sowie die Selbstauskünfte basieren in aller Regel auf Angaben des Kontoinhabers selbst.643 Eine darüber hinausgehende Nachforschung unter Einbeziehung anderer Quellen oder bei Dritten ist vom Gesetz bis jetzt nicht ausdrücklich vorgesehen.644 Stattdessen bieten Vermutungsregelungen die praktische Alternative zu einer weitreichenden Nachforschungspflicht.645 Finanzinstitute nehmen daher nur limitierte Ermittlungspflichten in der Form von Plausibilitätskontrollen und der Datenrekombinierung, d. h. der Zuordnung von Informationen zum Konto und anschließender Klassifizierung des Kontentyps, wahr.646 Die materiell-rechtlich erheblichen Tatsachen, die letztlich über eine Meldepflicht und hierauf folgende Konsequenzen entscheiden, liefert der betroffene Kontoinhaber selbst, indem er auf der Selbstauskunft seinen Rechtsträgerstatus, die steuerliche Ansässigkeit sowie die Steuer-IdNr. des Rechtsträgers und etwaiger beherrschender Personen angibt.647 Die Zusammenführung der Daten und Einordnung in die korrekte Meldekategorie erfolgt beim Finanzinstitut mechanisch 643 Die BIAC Gruppe der OECD hat Beispielsformulare speziell für beherrschende Personen entworfen, siehe http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/crs-implementation-andassistance/ (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). 644 Vgl. auch Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (bb); hierzu auch aus Sichtweise des Kontoinhabers kritisch Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (2) und (3). 645 Nichts anderes ergibt sich aus dem OECD-Kommentar zum Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: http:// www.oecd-ilibrary.org/docserver/download/2314131e.pdf?expires=1504260188&id=id&acc name=guest&checksum=6734AEA1520A226A6009CD35B7CFDBA3 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), S. 198 f.: „[…] A ‚control ownership interest‘ depends on the ownership structure of the legal person and is usually identified on the basis of a threshold applying a risk-based approach (e.g. any person(s) owning more than a certain percentage of the legal person, such as 25 %) where no natural person(s) exercises control through ownership interests, the Controlling Person(s) of the Entity will be the natural person(s) who exercises control of the Entity through other means where no natural person(s) is identified as exercising control of the Entity, the Controlling Person(s) of the Entity will be the natural person(s) who holds the position of senior managing official.“, sowie den mit einzubeziehenden Standard der Financial Action Task Force / ​OECD (2013), International Standards on Combating Money Laundering and the Financing of Terrorism and Proliferation, February 2012, FATF / ​OECD, Paris, abrufbar unter: http://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/recommendations/pdfs/FATF_ Recommendations.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). 646 Vgl. auch Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (bb). Ebenso beim Kapitalertragsteuerabzug, wo den Finanzinstituten kein rechtlicher Beurteilungsspielraum zusteht, so im jüngsten Fall des Aktienssplits bei Google Inc, vgl. Hoffmann, DStR 2016, 1848 (1850 f.), u. a. m. V. auf den Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) v. 28.10.2010, BT-Drs. 17/3549, S. 6; a. A. Fölsing, DStR 2015, 2363 (2363 f., 2365), der den Depotbanken eine rechtliche Prüfpflicht attestieren will. 647 Die Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit nach dem CRS, insbesondere auch bei beherrschenden Personen von passive Entitäten, ist in manchen Fällen äußert komplex und erfordert umfangreiches steuerliches und fachspezifisches Wissen, vgl. vertiefend Küpper  / ​ v.Schweinitz, International Journal for Financial Services 2015, 119 (120); ebenso Happe / ​Aschwanden / ​Giger, BKR 2016, 194 (195 f.), welche hervorheben, dass „Eine berufsständische Organisation der Steuerberater, der Deutsche Steuerberaterverband e. V. in Berlin, warnt inzwischen aufgrund der Haftungsrisiken davor, leichtfertig solche Selbstauskünfte für Mandanten auszufüllen. Dies deshalb, weil die gewöhnliche Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

anhand der detaillierten Regelungen zu den Sorgfaltspflichten nach §§ 14 Abs. 5, 16 Abs. 2 FKAustG.648 Auch die Beweisführungslast für die Richtigkeit der Kontendaten trifft in aller Regel den Kontoinhaber selbst nach dem lokalem Recht der die Meldung empfangenden Jurisdiktion, d. h. der Jurisdiktion, in welcher seine ausländische steuerliche Ansässigkeit festgestellt worden ist. Die Finanzinstitute des meldepflichtigen Staats selbst sind nicht beweisführungspflichtig.649 Gleichzeitig ist hervorzuheben, dass Finanzinstitute zukünftig auch verpflichtet sein könnten, beherrschende Personen aufgrund öffentlich verfügbarer Informationen in einem „Zentralen Register“ für beherrschende Personen aufzuspüren.650 So sieht Art. 30 der Geldwäscherichtlinie651 vor, dass ein solches zentrales Register zwar nicht öffentlich geführt wird, dass jedoch Mitgliedsstaaten „[…] anderen Personen, die ein legitimes Interesse im Zusammenhang mit Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und damit zusammenhängende Vortaten – wie Bestechung, Steuerstraftaten und Betrug – nachweisen können, im Einklang mit den Datenschutzbestimmungen Zugang zu den Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer gewährt wird. Personen, die ein legitimes Interesse nachweisen können, sollten Zugang zu Informationen über Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses erhalten, die Aufschluss über dessen ungefähres Gewicht geben, zugänglich gemacht wird.“652. Bislang ist noch unklar, inwieweit hier durch den deutschen Gesetzgeber eine Verknüpfung zu den Sorgfaltspflichten des FKAustG entstehen wird. Es handelt sich bei der Kontenmeldung nach dem FKAustG eben nicht um der Steuerberater – und wohl auch der Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte – die Schäden nicht übernehmen könnte. Das gilt u. E. genauso bei der Frage, wann eine Beherrschung oder passive Einkünfte vorliegen“. 648 Küpper / ​v.Schweinitz, International Journal for Financial Services 2015, 119 (123). 649 Das genaue Verfahren bei der Meldung unrichtiger Daten im Zusammenhang mit der Mitwirkungspflicht des Kontoinhabers geht derzeit noch nicht aus der deutschen Gesetzgebung hervor. § 4 des Gesetzes zur Mehrseitigen Vereinbarung verpflichtet nur die zuständigen Behörden zur Meldung, wenn „Fehler zu einer unrichtigen oder unvollständigen Informationsmeldung geführt hat oder dass ein meldendes Finanzinstitut die geltenden Meldepflichten und Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach dem gemein- samen Meldestandard nicht einhält.“ Zur Unbestimmtheit des Gesetzes bei fehlerhaften Meldungen und den Konsequenzen für den Kontoinhaber siehe auch kritisch Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (3) und (4) sowie im Vgl. zu Liechtenstein (6). 650 Zum Überlappen von Geldwäscherecht und Steuerrecht in Bezug auf das Identifizieren von Kontoinhabern und beherrschenden Personen auch im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Aspekte beim Zugriff von Finanzbehörden auf solche Register siehe Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 (60 ff., 73 ff., 81 ff.). 651 Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (ABl. L 141/73, v. 5. Juni 2015, S. 73 ff.). 652 Ebd. Erwägungsgrund (14).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Informationen über durch hinreichenden Anfangsverdacht belegte „Steuerstraftaten“, sondern um automatische und anlassunbezogene Kontrollmitteilungen von Kontendaten einschließlich der Gesamtbruttoerträge aller Kontoinhaber mit ausländischer steuerlicher Ansässigkeit.653 Eine Einbeziehung dieser Informationen in die Klassifizierung und Meldung würde für die in Dienst genommenen Finanzinstitute eine weitere Intensivierung des Pflichteninhalts bedeuten. Würden die Überprüfung der im Besitz befindlichen Informationen, der öffentlichen Informationen sowie der Informationen nach einem solchen amtlichen Zentralregister als auch die eigenen Angaben des Kontoinhabers zusammengefügt, obläge den Privaten hier die Aufgabe, aus einer Mehrzahl von Informationsquellen die richtige Entscheidung für die Kontenkategorisierung und -meldung zu treffen. Insbesondere bei widersprüchlichen Informationen aus den verschiedenen Quellen grenzt dies an eine Entscheidung mit materiellem Gehalt. Bis jetzt gibt es keine Rangfolge für die Verbindlichkeit der Informationen.654 Eine solche ist jedoch nötig, um eine Entscheidung inhaltlich derartig vorzuprägen, dass es keiner materiellen Würdigung durch die Institute mehr bedarf. Fehlt es an einer solch gesetzlich verankerten Verbindlichkeitsreihenfolge, grenzt dieser Umfang der Sichtung und Bewertung verschiedener Informationsquellen an die Amtsermittlungspflichten einer Finanzbehörde nach § 88 Abs. 1 AO und ist nach der hier vertretenen Auffassung daher unzumutbar.655 (ee) Kostenübernahme Dem Grundgesetz ist keine generelle Kostenersatzpflicht des Staats bei der Inanspruchnahme Privater zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Form der Indienstnahme oder Beleihung zu entnehmen.656 Bei einer Beleihung ist jedoch allgemein 653 Kontenmeldung und Steuer- sowie Geldwäschestraftaten stehen jedoch im engen Verhältnis zueinander, siehe vertiefend Marx, DStR 2000, 2045 ff. Für die Nutzung der Daten über beherrschende Personen für steuerliche Zwecke auch im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Aspekte bei Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 (81 ff.), welcher eine Nutzung befürwortet. 654 Bis jetzt sind im Besitz befindliche geldwäscherechtliche Informationen ausreichend und mit den Informationen des Kontoinhabers auf der Selbstauskunft abzugleichen, siehe ausführlich zum Plausibilitätscheck Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (bb); sowie die Ausführungen bei Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 ff. Treten hier Widersprüchlichkeiten auf, wird erneut eine Selbstauskunft eingeholt. Im Zweifel wird das Konto an alle Jurisdiktionen gemeldet. 655 Vgl. dann auch zur Übernahme hoheitlicher Befugnisse im Rahmen der Beleihung Teil 4 C. I. 2. 656 So ausdrücklich das BVerfG zur Erdölbevorratung BVerfGE 30, 292 (311): „Ein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts, dass die Heranziehung zur Mithilfe bei der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe schon an sich, ohne Rücksicht auf ihre Ausgestaltung im Einzelnen, einen solchen Anspruch auslöse, ist dem Grundgesetz nicht zu entnehmen.“; sowie BFHE 146, 302 (305); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 187; a. A. Haack, DVBl 2010, 1475 (1479 ff.); auch einen Aufopferungsanspruch i. w. S. fordernd

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üblich, dass den Staat die Verpflichtung trifft, für einen angemessenen finanziellen Ausgleich, beispielsweise in Form eines Gebührenprivilegs, zu sorgen, um die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch den Beliehenen sicherzustellen.657 Schwieriger gestaltet sich die Antwort auf die Kostentragungsfrage zur hier vorliegenden Indienstnahme.658 Grundsätzlich kommt es auf die konkrete Ausgestaltung des Indienstnahmerechtsverhältnisses und damit auf den Willen des Gesetzgebers an, eine Entschädigung vorzusehen.659 Dem Gesetzgeber steht hierbei ein weitreichender Spielraum zu. Vorliegend enthalten weder das FKAustG noch andere deutsche Umsetzungsvorschriften zum globalen automatischen Informationsaustausch oder die Abgabenordnung Vorschriften zum staatlichen Kostenausgleich für die Pflichtenübernahme.660 Der Pflichteninhalt der Indienstnahme beschränkt sich damit nicht nur auf die Melde- und Sorgfaltspflichten nach §§ 7 ff. FKAustG, sondern impliziert ebenfalls die Pflicht zur Kostentragung.661 Diese Pflichten sind damit in der hier durchgeführten Untersuchung als Teil der Leistungspflicht in die Gesamtabwägung im Rahmen der Angemessenheit einzubeziehen.662 Unter Einbeziehung von Art. 3 Abs. 1 GG wird der Weg für eine Gesamtabwägung nach dem „Grundsatz der Lastengleichheit“ geebnet, bei welcher die bei der Pflichtenübertragung entstandene Sonderlast durch staatliche Kompensationszahlungen abgemildert, Ferger, Ausgleichsansprüche bei der Indienstnahme Privater für Verwaltungsaufgaben, 1979, S. 277; Schirra, Die Indienstnahme Privater im Lichte des Steuerstaatsprinzips, 2002, S. 134, 138 ff. 657 M. w. N. Burgi, in: FS Maurer, 2001 S. 581 (587 f.); Hey, FR 1998, 497 (500); Friauf, in: FS Jahrreiß, 1974, S. 45 (56); Steiner, in: FS für Schmidt, 2006, S. 293 ff. (300 f.); a. A. Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, 2005, S. 205 f.; vgl. zur Einordnung des Untersuchungsgenstandes in die Privatisierungsdogmatik Teil 4 C. I. 658 So hat es die Rechtsprechung in der Grundsatzentscheidung zur Erdölbevorratung bereits versäumt, Stellung zur Kostentragungspflicht zu nehmen, hierzu kritisch Selmer, in: Emmerich / ​Lukes, Die Sicherheit der Energieversorgung, 1974, S. 5 (23 f.). 659 BVerfGE 30, 292 (311); BFHE 146, 302 (305); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 187; Hey, in: FS Kruse, 2001, 269 (286 ff.). So bspw. beim automatisierten Kontenabruf, bei dem der Gesetzgeber eine klare Entscheidung zur Kostentragungspflicht des Indienstgenommenen nach §§ 24c Abs. 5 KWG i. V. m. 93b Abs. 4 AO vorgesehen hat oder im Telekommunikationsrecht § 112 Abs. 5 S. 2 TKG und § 111 Abs. 5 TKG. Zu den Steuerentrichtungspflichten kritisch; a. A. Puhl, DStR 1991, 1173 (1175). 660 Gleiches gilt für die deutsche Umsetzung des FATCA-Regimes. 661 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 206 ff. Auch wenn die Aufwendungen der Indienstnahme als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG im Rahmen der Bemessungsgrundlage die individuelle Steuerlast senken, vgl. Winter, der Arbeitgeber im Lohnsteuerrecht, 1998, S. 140, 192. 662 Vgl. im Detail zur unterschiedlichen Ansicht über die Prüfungsfolge Teil 4 E. III. 1. So kann die bei voller Übernahme der Kostenlast durch den Staat – auch wenn keine „Sonder­ opfer“ vom Indienstgenommenen gefordert werden, trotzdem eine freiheitsverkürzende Wirkung vorliegen. Darüber hinaus hat das Steuerstaatsprinzip nur kompensatorische Wirkungskraft aber schützt nicht vor freiheitsverkürzenden Eingriffen und kann daher nicht als Legitimationsmaßstab dienen, ausführlich m.w.N. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 213 f., 228 ff.; zur Liquidierung von Grundrechtseingriffen in Bezug zur verpflichtenden Entgegennahme von Freistellungsaufträgen durch die Banken Hey, FR 1998, 497 (506).

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nicht aber liquidiert werden kann.663 Als Teil sämtlicher Folgen für den Privaten bei einer Indienstnahme muss demgemäß auch die Kostenlast zumutbar sein. Für eine Abwägung der Zumutbarkeit der Kostentragung gegenständlicher Indienstnahme sind unterschiedliche Aspekte zu beleuchten.664 Einen Aspekt bilden die Entschädigungsregelung für Auskunfts- und Vorlagepflichten Dritter nach § 107 AO.665 Hier werden staatliche Entschädigungen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsG666 gewährt, wenn eine Person entweder als Auskunftspflichtiger nach § 93 AO oder als Vorlagepflichtiger gem. § 97 AO oder als Sachverständiger gem. § 96 AO unfreiwillig in Anspruch genommen worden ist.667 Von der Entschädigung umfasst sind beispielsweise anfallende Personalkosten für das Heraussuchen der Unterlagen im konkreten Auskunftsersuchen.668 Diese Ent 663

Vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 213, 221; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (187 ff.); Puhl, DStR 1991, 1173 (1175). Auch im Zusammenhang mit dem Steuerstaatsprinzip Isensee, in: FS Ipsen, 1977, S. 409 (418, 430); Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 163; Schirra, Die Indienstnahme Privater im Lichte des Steuerstaatsprinzips, 2002, S. 78 f., 81 ff.; siehe ebenso im Zusammenspiel mit Art. 14 Abs. 3 GG und dem Gebot der Lastengleichheit, Hey, FR 1998, 497 (506 ff.); vgl. das Ergebnis zur Untersuchung der Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. als Indienstnahme bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 287 ff. 664 Zur Zumutbarkeit allgemein Albrecht, die Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab 1995, S. 64 ff. 665 Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3038), die von den Autoren im gleichen Satz erwähnte generell ungerechtfertigte Ungleichbehandlung aufgrund der Indienstnahme ggü. anderen Wirtschaftszweigen lässt sich bereits mit den Ausführungen zur Sach- und Verantwortungsbeziehung unter Teil 4 E. III 3.c) bb) (2) (d) (aa) rechtefertigen; zu dem generellen Argument, dass der Staat bei eigener Ausführung seinerseits eine Kostenerstattung verlangen würde auch Hey, FR 1998, 497 (507); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1057; vgl. auch Drüen, DStJG 31 (2008), S. 167 (194 ff.). 666 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), das zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes v. 10.12.2015 (BGBl. I S. 2218) geändert worden ist. 667 Ausführlich Rätke, in: Klein AO, § 107 Rn. 1 ff.; Wünsch, in: König, AO, § 107 Rn. 1 ff.; siehe auch die Übersicht bei Dahm / ​Hamacher, Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000, S. 115 ff. Zum früheren Rechtsstreit bezüglich der unterschiedlichen Entschädigungsregelungen bei Vorlage- und Auskunftsersuchen im Bereich der Banken ausführlich Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 48 ff.; Börner, DB 1981, 1655 (1658 f.). Vgl. auch die Parallele zum TKG siehe v. Hammerstein, MMK 2004, 222 (227), m.V. auf die Entschädigungspflicht für Sachverständige BVerfGE 33, 240 (245) sowie Kube / ​Schütze, CR 2003 663 (665 ff.); vgl. außerdem zu den Entschädigungsansprüche von Kreditinstituten gegenüber auskunftsersuchenden Behörden in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Dritte, Sannwald, NJW 1984, 2495 ff. 668 Wünsch, in: Koenig, AO, § 107 Rn. 13; jedoch führt der BFH in Abgrenzung von „reinen“ Vorlageverlangen i. S. d. § 97 AO zu entschädigungspflichtigen Auskunftsersuchen nach § 93 AO aus, dass Dritte für „rein mechanische Hilfstätigkeiten wie das Heraussuchen und Lesbarmachen“ von konkret und eindeutig benannten Unterlagen keine Entschädigung verlangen können, vgl. BFH / ​NV 2011, 1287 (NV); BFHE 214, 97 (99); BFHE 232, 406; ebenso Söhn, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, § 107 AO Rn. 53, 55; m. w. N. Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 48 ff.; a. A. Schuster, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, § 97 AO Rn. 58, wonach Dritte in entsprechender Anwendung von § 107 AO Kostenerstattung für Vorlagepflichten nach § 97 AO verlangen können; die vor-

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schädigungsleistung findet ebenso auf Kreditinstitute als Auskunfts- und Vorlagepflichtige Dritte Anwendung.669 Die Auskunftspflicht nach § 93 AO und die Meldeund Sorgfaltspflichten nach §§ 7 ff. FKAustG können grundlegend einen ähnlichen Pflichteninhalt umfassen, nämlich die Preisgabe von Informationen über Institutskunden. In ihrer konkreten Ausgestaltung hingegen können beide Regime einen differierenden Belastungsintensitätsgrad einnehmen.670 Während die Melde- und Sorgfaltspflichten nach §§ 7 ff. FKAustG detailliert vorgegeben sind und in ihrem Ausmaß, je nach Anzahl der geführten Konten, grundsätzlich gleichbleibend, aber dafür zeitlich andauernd sind, kann der Umfang einer Auskunftspflicht nach § 93 AO erheblich variieren. Das anlassbezogene Auskunftsersuchen der Finanzbehörden nach § 93 AO kann einen ganz konkreten Kontoinhaber beziehungsweise eine ganz konkrete Information inkludieren, kann aber auch bis hin zu umfangreichen Sammelauskünften reichen.671 Anders als die jährlich zu wiederholende Meldepflicht im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs ist die Auskunft jedoch stets anlassbezogen und zeitlich auf den konkreten Einzelfall begrenzt.672 Die Belastungsintensität kann insofern, in Abhängigkeit nach Art und Umfang von Einzelauskunftsersuchen, die Pflicht zur Kontenklassifizierung und Meldung nach dem FKAustG übersteigen.673 Dies gilt insbesondere dann, wenn die notwendigen umfangreichen Erstimplementierungsaufgaben im Zusammenhang mit den Meldeund Sorgfaltspflichten nach §§ 7 ff. FKAustG bei den Instituten erfüllt sind und die sich zeitlich anschließenden Pflichten überwiegend mechanisch, dafür aber zeitlich andauernd durchgeführt werden.674 Die Entscheidung des Gesetzgebers zur Entschädigungsregelung nach § 107 AO erscheint, im Vergleich zur entschädigungslosen Indienstnahme nach dem FKAustG, insofern mit Blick in die Zukunft zunächst sachgerecht. Werden allerdings die erheblichen Erstimplementierungskosten für die Meldung nach dem FKAustG in den Vergleich einbezogen, so erliegende Meldung nach dem FKAustG übertrifft eine reine Vorlagepflicht jedoch weit. Eine reine Vorlagepflicht bei Anforderungen von Bankunterlagen liegt bspw. dann vor, wenn ein finanzbehördliches Ersuchen bereits unter Angabe der Depot- beziehungsweise Kontonummer erfolgt, vgl. Söhn, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, § 107 AO Rn. 55. 669 Rätke, in: Klein AO, § 107 Rn. 7; Hamacher, Die Bank 1981, 353 (361); Dahm / ​ders., Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000, S. 115 ff. 670 Vgl. die inhaltlichen Abgrenzung von Auskunftsersuchen zum Finanzkontenaustauschregime bereits unter Teil 4 A. I. 671 Allgemein zum Auskunftsersuchen bei Kreditinstituten nach § 93 AO in Abgrenzung zum automatischen Informationsaustausch siehe Teil 4 A. I. 672 Ebd. 673 Siehe auch das Schreiben der deutschen Kreditwirtschaft vom 01.02.2016, S. 3, die auf den Umstand der Ungleichheit zur Kostenübernahme hinweisen: „Die Finanzinstitute erfüllen hier als nicht am Besteuerungsverfahren beteiligte Dritte originär staatliche Aufgaben, die völlig unabhängig vom Kapitalertragsteuerabzug bestehen und für die sie – anders als bei Einzel­ anfragen nach § 93 AO – keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegenüber Staat oder Kunden haben.“, abrufbar unter: https://bankenverband.de/media/files/2016-02-01_DK-Brief.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 674 Nichtsdestotrotz kann bspw. die Plausibilitätskontrolle nur teilweise IT gestützt durchgeführt werden.

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gibt sich ein anderes Bild. Diese Erstimplementierungskosten zur Klassifizierung des gesamten Kundenbestands und zur Neustrukturierung des Kundenannahme­ prozesses, welche unter anderem die Umstellung der IT-Systeme, der Formulare, die Schulung von Mitarbeitern, die Aufstellung eines internen Kontrollsystems und i. d. R. die Inanspruchnahme weitreichender Beratungsleistungen im Bereich des Steuerrechts und der IT umfassen, übersteigen den Belastungsintensitätsgrad einer Auskunfts- und Vorlagepflicht nach §§ 93, 97 AO.675 Eine ungleiche Behandlung dieser Sachverhalte ist zwar – soweit noch zumutbar – vom gesetzgeberischen Spielraum gedeckt, erscheint dessen ungeachtet unsystematisch.676 In diesem Zuge ist anzumerken, dass der Gesetzgeber seinerseits für staatliche Leistungen durchaus großzügig Gebührenregelungen erlässt.677 So wird beispielsweise für verbindliche Auskünfte der Finanzverwaltung eine Gebühr nach § 89 Abs. 3 bis 7 AO erhoben.678 Diese „rechtspolitische Wertungsschieflage“679 ist ein weiteres Zeichen für eine unsystematische Regelsetzung im Rahmen der Kostentragung von Steuerverfahrenspflichten. Die von der Rechtsprechung regelmäßig anerkannte Möglichkeit einer Kostenabwälzung an den Markt, soweit durch den Gesetzeber nicht ausdrücklich ausgeschlossen, bildet dabei lediglich ein schwaches Argument zur Rechtfertigung nicht übernommener Kosten.680 Grund hierfür ist zum einen die Abhängigkeit der Abwälzungsmöglichkeit von der jeweiligen Marktlage.681 Diese ist stets ungewiss und situationsbedingt. Eine Kostenabwälzung an den Markt kann daher einen 675 Die Erfüllungskosten Indienstgenommener Finanzinstitute für die Erstimplementierung von FATCA und CRS werden auf 486 Mio. EUR geschätzt. Ferner wird von einem zusätzlichen jährlichen Erfüllungsaufwand von 80 Mio. Euro ausgegangen. Nach 5 Jahren will das BMF hierzu eine Evaluation durchführen, siehe Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks. 18/5920 v. 07.09.2015, S. 4. 676 Ebenso bereits 1983 m. w. N. von Herrler als unsystematisch und reformbedürftig befunden wurden die Kostenerstattungsregelungen zur Mitwirkung der Banken im Steuerverfahren, Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 223. 677 Zu dem generellen Argument, dass der Staat bei eigener Ausführung seinerseits eine Kostenerstattung verlangen würde auch Hey, FR 1998, 497 (507); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1057; vgl. auch Drüen, DStJG 31 (2008), S. 167 (194 ff.). 678 Außerdem lässt sich der Staat bspw. auch den Einzug der Kirchensteuer durch die Kirche vergüten. Als Aufwandsentschädigung behält die Finanzverwaltung 2–4 % des Kirchensteueraufkommens ein – das ist vermutlich mehr als die tatsächlich verursachten Kosten auf Seiten des Staates, vgl. ebenso Breithecker / ​Garden / ​T hönnes, DStR 2007, 361 (366 f.). 679 So Tipke und nunmehr auch Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 89 AO Rn. 64. 680 Bspw. bei der Erdölbevorratung BVerfGE 30, 292 (326); mit Verweis auf die Recht­ sprechung zur Steuerüberwälzung BVerfGE 14, 76 (95 ff.); 27, 375 (384); sowie zu der Gebühr bei Freistellungsaufträgen BVerfGE 125, 260 (361); BVerfG, 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, WM 2000, 2040 (2041); zuvor BGH, Urteil vom 15.07.1997 – XI ZR 269/96, NJW 1997, 2752 (2753); vorher BVerfGE 30, 292 (326). 681 Ausführlich hierzu Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (179); diesem folgend Hey, FR 1998, 497 (507); ebenso zur Vorratsdatenspeicherung Kelsczewski, in: FS Fezer, 2008, S. 19 (31).

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derartig freiheitsverkürzenden Grundrechtseingriff nicht genügend abmildern.682 Auch eine Gebührenerhebung für die Kostendeckung der Melde- und Sorgfaltspflichten direkt beim Kunden, beispielsweise durch Integrierung in die AGB, wäre rechtswidrig. Wie bereits bei den Freistellungsaufträgen durch den BGH festgestellt und durch das BVerfG bestätigt, gehöre es „[z]u den wesentlichen Grundgedanken unserer Rechtsordnung […], daß nach dispositivem Gesetzesrecht jeder Rechtsunterworfene die Aufwendungen, die ihm durch die Erfüllung seiner dem Staat gegenüber bestehenden Pflichten erwachsen, als Teil seiner Gemeinkosten selbst zu tragen habe. Er könne sie nicht unter Berufung auf das Verursacherprinzip offen auf Dritte abwälzen […]“683.684 In diesem Sinne sind die Erfüllung der Melde- und Sorgfaltspflichten im Rahmen des FKAustG nach der hier vertretenen Auffassung ebenfalls keine „entgeldfähige[n] Leistungen“ i. S. v. Nr. 12 Abs. 3 AGB-Banken, da es sich um gesetzliche Verpflichtungen im Interesse der Finanzbehörden handelt und nicht um einen Kundenauftrag.685 Da keine Abwälzung der Aufwendungen für die Implementierung der Meldeund Sorgfaltspflichten nach §§ 7 FKAustG  – weder direkt durch Gebührenerhebung noch durch freie Kostenabwälzung in den Markt – stattfinden kann, ist es fraglich, ab wann die Belastungsintensität der Indienstnahme als Ganzes und der Kostenlast im Besonderen die Schwelle des Unzumutbaren für den Privaten überschreitet. Hier müssen der weitreichenden Einschätzungs- und Zwecksetzungsprärogative des Gesetzgebers im Bereich der Indienstnahme Grenzen gesetzt werden. Ein generelles Richtmaß für die Bemessung der „noch zumutbaren“ Kostenlast oder Beispielsfälle der Rechtsprechung können aufgrund der Heterogenität der Indienstnahmeverhältnisse lediglich bedingte Aussagekraft für die konkret untersuchte Materie entfalten.686 Der abschließend nicht entschiedene Fall der vom Gesetzgeber geplanten Indienstnahme von Arbeitgebern für die Kindergeldauszahlung gilt als einzig wirklich weit diskutierter Grenzfall.687 Nach der 682

Ebd. BVerfG, 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, WM 2000, 2040 (2041); zuvor BGH, Urteil vom 15.07.1997 – XI ZR 269/96, NJW 1997, 2752 (2753). 684 Ausführlich zur Entscheidung Teil 4 D. II. 4.; a. A. bezüglich der Gebühren für Freistellungsaufträge Hey, FR 1998, 497 (508); Geurts, DB 1997, 1997 (1999). 685 Vgl. Bunte, AGB-Banken, AGB Sparkassen, Sonderbedingungen, 2015, Nr. 12 Rn. 248. 686 Unzumutbar ist die Indienstnahme von privaten Unternehmen zugunsten öffentlicher Aufgaben in jedem Fall spätestens dann, wenn die Rentabilität des betroffenen Unternehmens nicht nur „geringfügig gemindert“ wird, wenn „eine maßgebliche Beeinflussung des gewerblichen Gesamtgewinns“ droht und wenn die Bindung der betrieblichen Mittel des betroffenen Unternehmens „für die Betriebsführungen von ausschlaggebendem Gewicht“ ist; so BVerfGE 22, 380 (386 ff.); sowie grundlegend schon BVerfGE 7, 377 (405); vgl. Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 163. 687 Hier signalisierte der 4. Senat des BFH Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Indienstnahme, BFH, 26.05.1998 – VI R 58/97, BStBl. II 19998, 517 (518), zuvor sah das FG Rheinland-Pfalz mit Verweis auf die Verfassungsmäßigkeit des Lohnsteuerabzugs die Indienstnahme für verhältnismäßig FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 31.07.1996 – 1 K 1686/96, EFG 1997, 100 (102 ff.); vgl. auch der damalige Senatsvorsitzende Drenseck, StuW 2000, 452 (456); darge 683

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hier vertretenen Auffassung erscheinen die Indienstnahmepflichten nach §§ 7 ff. FKAustG mit dem Charakter als „Dauerpflichten“ ohne wiederkehrende staat­ liche Kostenerstattung – auch im Systemvergleich zu § 107 AO und den staatlichen Gebührenprivilegien nach § 89 Abs. 3 bis 7 AO – als zumutbar.688 Angemerkt sei auch, grundsätzlich führt eine Kostenübernahme des Staats für diese Dauerleistungspflichten nicht a priori zu einer Milderung der Belastungsintensität für den Indienstgenommenen. Vielmehr könnte eine Kostenkompensation eine Rückwirkung auf die Naturalleistungspflichten der Indienstnahme haben. So könnte eine staatliche Kostenübernahme auch den Einsatz qualifizierten Personals bedingen und eine verschuldensunabhängige Haftung legitimieren. Dies wiederum würde zu einem Pflichteninhalt mit erhöhter Eingriffsintensität für die unternehmerische Dispositionsfreiheit führen.689 Auch hier zeigt sich, Grundrechtseingriffe sind nicht liquidierbar. Währenddessen könnten bei den umfangreichen Erstimplementierungskosten deutscher Institute von geschätzt mind. 486 Mio. EUR durchaus Zweifel an der Zumutbarkeit dieser technischen Aufwendungen bestehen.690 Werden die Erst­ stellt auch bei Hoffmann, WM 2010, 193 (195); bereits an einer Sach- und Verantwortungsbeziehung fehlte es nach Ansicht der überwiegenden Literatur Depenhauer, BB 1996, 1218 ff.; Schirra, Die Indienstnahme Privater im Lichte des Steuerstaatsprinzips, 2002, S. 21 f., 107 f.; Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 211, 146 f.; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (187); Geißler, Der Unternehmer im Dienste des Steuerstaats, 2001, S. 73 ff.; Kanzler, FR 1996, 473 ff.; ders., in: DStJG 24 (2001), S. 417 (447 ff.), der bereits Zweifel am geeigneten Mittel hat; Lang, RdA 1999, 64 (67 f.); Balmes, DStR 1997, 1309 ff. (1311 ff.); a. A. Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, S. 259 f.; auch ist die verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze bei den Haftungsansprüchen der Steuerentrichtungsverpflichteten im Bereich der Versicherungssteuer anzuzweifeln, hier vertiefend Drüen, DStR-Beih 2012, 85 (93 f.); Heuermann, Systematik und Struktur der Leistungspflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1998, S. 246 f., Fn. 553; Schick, BB 1983, 1041 (1044 f.). 688 Einer Kostenerstattung bspw. bei Abgabe des jährlichen Meldefiles bedarf es daher nach der hier vertretenen Auffassung nicht. Eine solche ist auch nicht im Rahmen der Abgeltungsteuer vorgesehen. 689 Vgl. zur Lohnsteuer Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuer­ gesetzen, 2012, S. 383; ders., in: DStJG 31 (2008), S. 167 (199). 690 Zumindest wurden die Kosten des BMFs beziehungsweise des BZSts für die Meldung der Daten an die anderen Jurisdiktionen nicht auf die Finanzinstitute umgelegt. Demgegenüber mussten bei der Einführung des automatisierten Kontenabrufs nach § 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m § 93b AO die Finanzinstitute nicht nur alle ihre eigenen Implementierungskosten gem. §§ 24c Abs. 5 KWG i. V. m. 93b Abs. 4 AO tragen, sondern im Wege einer „Umlage“ auch alle der BaFin entstehenden Kosten erstatten. Dies bestimmt § 16 Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) i. V. m. der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAGKostV), soweit diese Kosten nicht schon durch Gebühren oder eine „gesonderte Erstattung“ gem. §§ 14 und 15 FinDAG gedeckt werden. Die der BaFin entstehenden Kosten werden den beaufsichtigten Unternehmen damit anteilig nach dem Verhältnis der Bilanzsumme auferlegt. An einer Begründung für die Abwälzung der Kontenabrufkosten auf die Kreditwirtschaft fehlt es in dem Regierungsentwurf des 4. FFG (Begründung RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017 v. 18.01.2002, S. 124), als auch in dem Regierungsentwurf des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit (Begr. RegE Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit, BT-Drucks. 15/1521 v.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

implementierungsaufwendungen der Bestimmungen zum automatischen Informationsaustausch nach FATCA und CRS zusammengefasst, so lehnen sie sich nicht an die „übliche Banktätigkeit“ an.691 Wohl lassen sich die alltäglichen, nahezu mechanisch ablaufenden Datenerfassungen und Verarbeitungen, wie die Frage nach der steuerlichen Ansässigkeit im Rahmen der Kontoeröffnung, in den Geschäftsablauf integrieren, nicht jedoch die vorgelagerte Erstaufrüstung der IT-Struktur zur Datenverarbeitung und Erstellung des Meldefiles. Bereits das BVerfG führte zur Indienstnahme pharmazeutischer Großhändler und Apotheker bei der Datenerfassung im Rahmen des Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) aus: „Die Abwicklungsregelungen sind auch nicht unzumutbar. Sie nutzen ein bestehendes System (§ 300 SGB V), sodass bei der Datenerfassung, -verarbeitung und -übermittlung nur Veränderungen oder geringfügige Erweiterungen erforderlich waren, nicht hingegen der belastendere Neuaufbau eines solchen Systems.“692 Soweit es also die Kosten im Zusammenhang mit dem umfangreichen „Neuaufbau“ der IT-Struktur und das Ins-Leben-rufen ganzer Abteilungen für den Konteninformationsaustausch betrifft, ist die Zumutbarkeit der Indienstnahme daher durchaus anzuzweifeln und nach der hier vertretenen Auffassung nicht gegeben.693 Dies gilt insbesondere, da in

08.09.2003, S. 14–15.). Auch hier kann von einer Unzumutbarkeit der Kostentragung ausgegangen werden, welche jedoch nie gerichtlich festgestellt wurde, vgl. ausführliche Untersuchung bei Hoffmann, WM 2010, 193 ff., ebenso kritisch zur Kostentragung Achtelik, in: Herzog, GWG, Auszug KWG, § 24c KWG Rn. 28; a. A. Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 146 f.; Schmidt, BB 2005, 2155 (2161). 691 Da der CRS grundlegend auf den FATCA-Bestimmungen aufbaut, vgl. Teil 2 B., ist insbesondere hier eine realitätsnahe gemeinsame Betrachtungsweise notwendig. 692 BVerfGE 114, 196 (246). 693 So sehen Drüen und Seer auch die Kostenübernahme für die Anschaffung des Hard- und Softwarezubehör im Rahmen des „ELSTER-Online“ Verfahrens für unzumutbar und fordern zumindest eine staatliche Beteiligung, vgl. Seer, in: DStJG 31 (2008), S. 7 (23 f.); ders., in Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, Kommentar, § 150 AO Rn. 3; Drüen / ​Hechtner, DStR 2006, 821 (827 f.); sowie FG Niedersachsen, Beschl. v. 20.10.2009 – 5 K 149/05, EFG 2010, 277 und FG Hamburg, Beschl. v. 10.03.2005 – II 51/05, EFG 2005, 992; hingegen hat sich der BFH gegen eine staatliche Kostenbeteiligung ausgesprochen, BFHE 236, 283. Auch im Bereich des Telekommunikationsrechts wurde die Frage der Kostentragung zur Einrichtung von Vorkehrungen für Überwachungs- und Vorratsdatenspeicherungsmaßnahmen durch das VG Berlin angezweifelt, VG Berlin Beschluss v. 02.07.2008 – Az.: VG 27 A 3.07; VG Berlin Beschluss v. 16.01.2009  – 27 A 331.08; die BVerfG Vorlage wurde jedoch aufgrund unzureichender Belege der entstehenden Kosten nicht angenommen, BVerfG Beschl. v. 02.07.2008 – Az.: VG 27 A 3.07; gleichzeitig im Paralellverfahren das OVG Berlin-Brandenburg, 02.12.2009 – 11 S 9.09, was die Kostentragung – ohne große weitere Begründung – aufgrund der Sach- und Verantwortungsnähe gerechtfertigt sieht. Nunmehr durch das Urteil des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung die bereichsspezifische Kostenfrage wohl geklärt, vgl. BVerfGE 125, 260 (361 f.) „Speicherungspflicht überschreitet die Grenze der Zulässigkeit nicht durch den technischen Aufwand, den sie den Diensteanbietern abverlangt. Da sich die betreffenden Diensteanbieter auf dem Telekommunikationsmarkt bewegen, müssen sie ohnehin ein hohes Maß an Technikbeherrschung im Bereich der Telekommunikationsdatenerfassung, speicherung und -verarbeitung aufweisen. […] Dabei ist der Gesetzgeber nicht darauf beschränkt, Private nur dann in Dienst zu nehmen, wenn ihre berufliche Tätigkeit unmittelbar Gefahren auslösen

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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äußerst kurzer Zeit, in den Jahren 2013 bis 2017, die Implementierung der Regelungen vollumfänglich durchgeführt werden musste, die lokale Gesetzgebung sowie die Detailregelungen zu praktischen Anwendungsfragen mittels BMF-Schreiben hingegen nur in Entwurfsfassung und final erst verspätet bekannt wurden.694 Daher mussten in der Erstimplementierungsphase materielle-rechtliche Entscheidungen ausgehend von Annahmen und Arbeitshypothesen vom Markt über Einzelfragen der Kundenklassifizierungen getroffen werden, die für die Finanzinstitute in Teilen unzumutbar waren.695 Diese Unzumutbarkeit der Kostentragung für den Erstimplementierungsprozess kann dabei relativ einfach beispielsweise durch eine Einmalzahlung oder wiederkehrende Zahlungen über eine gewisse Amortisationszeit an die Indienstgenommenen behoben werden.696 (ff) Zwischenergebnis Die Indienstnahme nach dem FKAustG ist dem Grunde nach verfassungsrechtlich angemessen. Den mit der Indienstnahme verbundenen umfangreichen Meldeund Sorgfaltspflichten nach §§ 7 FKAustG steht das Regelungsziel der internationalen Amtshilfe zur Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung und Geldwäsche gegenüber. Letzteres ist Ausfluss des anerkannt überragend wichtigen

kann oder sie hinsichtlich dieser Gefahren unmittelbar ein Verschulden trifft. Vielmehr reicht insoweit eine hinreichende Sach- und Verantwortungsnähe zwischen der beruflichen Tätigkeit und der auferlegten Verpflichtung. […] So wie die Telekommunikationsunternehmen die neuen Chancen der Telekommunikationstechnik zur Gewinnerzielung nutzen können, müssen sie auch die Kosten für die Einhegung der neuen Sicherheitsrisiken, die mit der Telekommunikation verbunden sind, übernehmen und in ihren Preisen verarbeiten. Die den Unternehmen auferlegten Pflichten stehen in engem Zusammenhang mit den von ihnen erbrachten Dienstleistungen und können als solche nur von ihnen selbst erbracht werden.“ 694 Vgl. auch zum Bestimmtheits- und Klarheitsgebot des FKAustG, Teil 4 E. III. 3. c) bb) (1). 695 Bspw. wie mit der Dokumentation bei verstorbenen Kunden umgegangen werden sollte. Auf diesen Umstand verwies die deutschen Kreditwirtschaft u. a. in ihrem Schreiben vom 01.02.2016, S. 1 f.: „Festzuhalten bleibt gleichwohl, dass die für die Umsetzung des FKAustG wichtigen Verwaltungsvorschriften noch nicht vorliegen und – zumindest in den nächsten Monaten – auch nicht vorliegen werden. Auf der anderen Seite ist das Gesetz seit Jahresbeginn in Kraft und bei der Eröffnung von neuen Konten und Depots muss der steuerliche Status der Kunden festgestellt werden. Die hierfür notwendigen manuellen und IT-technischen Prozesse wurden von den Instituten im vergangenen Jahr mit erheblichem personellem und finanziellem Aufwand unter Zugrundelegung von Annahmen – das Gesetz existierte noch nicht – geschaffen.“, abrufbar unter: https://bankenverband.de/media/files/2016-02-01_DK-Brief.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). Ein solches Vorgehen grenzt an hoheitliches Tätigwerden, vgl. Teil 4 C. I. 2.  696 Gleiches Ergebnis würde auch für die Erstimplementierung des automatisierten Kontenabrufverfahrens nach § 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m § 93b AO gelten, vgl. Teil 4 A. II., und der Meldung im Rahmen des Kontrollverfahrens nach § 45d Abs. 1 EStG, vgl. Teil 4 A. IV. gelten, wobei die Belastungsintensität dieser Indienstnahmen weit hinter der im Rahmen des FKAustG und FATCA zurückbleibt und deswegen für noch eher Zumutbar gehalten werden kann.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Gemeinschaftsguts der „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“697, verfassungsrechtlich garantiert durch Art. 3 Abs. 1 GG und einfachgesetzlich normiert in § 85 AO. Durch die Indienstnahme wird die gleichmäßige Steuerfestsetzung als auch der gleichmäßige Vollzug im Wege der internationalen Amtshilfe des reziprok ausgestalteten Austauschs von Kontendaten gesichert. Wichtiger Ankerpunkt für die Angemessenheit der Indienstnahme bildet der spezielle Indienstnahmegrund. Dieser besteht in der Begründung einer Sach- und Verantwortungsbeziehung durch die monopolartige „Sachherrschaft“ der Finanzdienstleistungsbranche über Kontendaten, deren anderweitige Kenntnis der Finanzverwaltung nicht möglich ist. Ausschließlich Kontendaten bilden in geeigneter Form das immaterielle Kapitaleinkommen detailgetreu ab und ermöglichen in Verbindung mit persönlichen Daten, wie Wohnort und Geburtsdatum, eine Verwendbarkeit für die Besteuerung. Der Staat kann somit, um die Besteuerungsgleichheit von Kapitaleinkünften sicherzustellen und dem strukturellen Vollzugsdefizit entgegenzutreten, Private zur administrativen Informationsgewinnung in Dienst nehmen.698 Der Pflichteninhalt der Indienstnahme nach dem FKAustG ist den Instituten insbesondere unter dem Aspekt zumutbar, da im Alltagsgeschäft keine Entscheidungen materieller Art getroffen werden müssen, was umfangreiche steuerliche Fachkenntnisse voraussetzen würde. Entscheidungspflichten materieller Art würden einer hoheitlichen Betätigung, mithin einer Beleihung gleichkommen und stehen im Übrigen im Widerspruch zum Berufsrecht der Steuerberater nach §§ 2 i. V. m. 3 StBerG sowie zum Reglungsziel.699 Die umfangreich, aber detailliert in §§ 7 ff. FKAustG vorgegebenen „Datensammel-, Verarbeitungs- und Übermittlungsaufgaben“ sind fast ausschließlich „mechanisch“ und ohne materielle Wertentscheidung durchzuführen. Dies gilt prinzipiell ebenso für die Pflicht zur Plausibilitätskontrolle der Selbstauskünfte. Unzumutbar ist die Indienstnahme jedoch dann, wenn zur Identifizierung von beherrschenden Personen passiver Rechtsträger eine umfangreiche Nachforschungspflicht besteht. Hier sollte der Gesetzgeber im Hinblick auf die verschiedenen Informationsquellen genau darauf achten, den Finanzinstituten zukünftig keine Entscheidungen materiellen Wertungsgehalts aufzulegen. Auch die Kostentragung als implizierter Teil des Pflichteninhalts der Indienstnahme ist prinzipiell zumutbar, da sich insbesondere die Datenerhebung in die „banküblichen“ Prozesse, beispielsweise im Rahmen der Kontoeröffnung durch ein weiteres Formblatt, integrieren lässt. Zugleich sind die weiteren Kostenpflich 697

Zur „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ insbesondere erstmals 1991 zur Kapitalertragsteuer: BVerfGE 84, 239, wobei das Recht des Einzelnen auf materielle Steuergerechtigkeit, die Abgrenzung zu dem nicht gegebenen Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“ sowie die gesetzgeberische Pflicht zur Kontrolle der „Steuerehrlichkeit“ thematisiert wird; vgl. auch Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 698 Gleiches Ergebnis generell bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 277. 699 Banken könnten bspw. die steuerliche Ansässigkeit eines Bankkunden künstlich so bestimmen, dass sie in einer Jurisdiktion liegt, die nicht am CRS teilnimmt.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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ten nicht unverhältnismäßig i. e. S., da sie – einmal implementiert – überwiegend mechanisch ablaufen und eben gerade nicht kostenintensives steuerliches Fachwissen bei Einzelentscheidungen erfordern. So wird das Meldefile IT-gestützt nach amtlich vorgegebenen Datensatz erstellt; umfangreicher personeller Unterstützung bedarf es bis auf eine reine Endstimmigkeitsprüfung insofern nicht. Gleiches gilt für die Kundenklassifizierung mit Bestandskonten. Zweifel an der Zumutbarkeit bestehen hingegen bei den Erstimplementierungskosten für die Indienstnahmen im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs von Finanzkonten nach FATCA und CRS von geschätzt mind. 486 Mio. EUR. Die Erstimplementierung lehnt nicht an die üblichen Geschäfte der Finanzinstitute an, sondern ist unternehmensfremd. Die Zumutbarkeit der Kostentragung aufgrund der umfangreichen IT-Neustrukturierung, der flächendeckenden Einstellung und Schulung von Mitarbeitern, der Aufstellung interner Kontrollsysteme und der Gründung von gänzlich neuen Abteilung sowie der umfangreichen Inanspruchnahme von steuerlicher Fachberatung zur Bewältigung dieser Mammutaufgabe in einem Zeitraum von nur 4 bis 5 Jahren ist damit nicht gegeben.700 Dies gilt auch deshalb, da in der Erstimplementierungsphase tatsächlich materiell-rechtliche Entscheidungen getroffen werden mussten, da das Gesetz selbst sowie ein BMF-Schreiben für Anwendungsfragen zu Teilen nicht oder nur in Entwurfsfassung zugänglich gewesen ist.701 Die Indienstnahmeausgestaltung bei der Erstimplementierung der Regelungen war mithin für die Finanzinstitute unzumutbar. (e) Gesamtbetrachtung – Phänomen kumulativer Grundrechtseingriffe Neben der Unzumutbarkeit der Aufbürdung von umfangreichen Erstimplementierungskosten im Zusammenhang mit der Indienstnahme nach dem FKAustG sollte der Blick realitätsbezogen auch auf ähnliche Belastungen geweitet werden. Die Finanzdienstleistungsbranche wird für eine Vielzahl ähnlicher Steuerverfahrenspflichten entschädigungslos in Dienst genommen, sodass im Hinblick auf

700

Auch wenn die Aufwendungen der Indienstnahme als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG im Rahmen der Bemessungsgrundlage auch die individuelle Steuerlast senken, vgl. zur Arbeitgeberindienstnahme Winter, Der Arbeitgeber im Lohnsteuerrecht, 1998, S. 140, 192. 701 Bspw. wie mit der Dokumentation bei verstorbenen Kunden umgegangen werden sollte. Auf diesen Umstand verwies die deutschen Kreditwirtschaft u. a. in ihrem Schreiben vom 01.02.2016, S. 1 f.: „Festzuhalten bleibt gleichwohl, dass die für die Umsetzung des FKAustG wichtigen Verwaltungsvorschriften noch nicht vorliegen und – zumindest in den nächsten Monaten – auch nicht vorliegen werden. Auf der anderen Seite ist das Gesetz seit Jahresbeginn in Kraft und bei der Eröffnung von neuen Konten und Depots muss der steuerliche Status der Kunden festgestellt werden. Die hierfür notwendigen manuellen und IT-technischen Prozesse wurden von den Instituten im vergangenen Jahr mit erheblichem personellem und finanziellem Aufwand unter Zugrundelegung von Annahmen – das Gesetz existierte noch nicht – geschaffen.“, abrufbar unter: https://bankenverband.de/media/files/2016-02-01_DK-Brief.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

eine Gesamtbelastung eine unzumutbare Eingriffsintensität erreicht sein könnte. Zunächst soll hierbei generell auf das Phänomen der „additiven Grundrechtseingriffe“ eingegangen werden, um es danach am konkreten Beispiel der Indienstnahme Finanzdienstleistungsbranche für Steuerverfahrenspflichten zu beleuchten. (aa) Generell Unter dem Begriff „kumulativer“ oder „additiver Grundrechtseingriff“ werden, anders als bei einem herkömmlichen einzelnen Eingriff mit punktueller Wirkung, differente aber zusammenwirkende Eingriffe in ihrer Gesamtheit betrachtet und realitätsbezogen auf ihre vollumfängliche Belastungsintensität hin untersucht.702 Dieses Phänomen wurde bereits im Jahr 1967 durch das BVerfG aufgegriffen, als es über die Anrechnung einer Arreststrafe auf die anschließend ergangene Kriminalhaftstrafe entscheiden musste – ohne jedoch dass die Terminologie des „additiven Grundrechtseingriffs“ hier bereits Verwendung fand.703 Seitdem wurde das Verbot kumulativer Gesamtbelastungen insbesondere im Sozial-, Straf- und Steuerrecht erörtert.704 In jüngster Zeit wird insbesondere bei Spielautomatenbetreibern eine Belastungskumulation durch verschiedenartige Eingriffe, basierend auf Kommunal-, Landes- und Bundesrecht, festgestellt.705 702 Ursprünglich bereits 1983 bei Kloepfer unter dem Begriff „Belastungskumulationen“, VerwArch. 74 (1983), 201 (213 ff.); weitere Stellungnahmen zu diesem Fragenkreis bei Bronkars, Kumulative Eigentumseingriffe, 2007; Friauf, StuW 1977, 59 ff.; Hillgruber, in: Isensee / ​ Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200, Rn. 97 ff.; Hufen, NJW 1994, 2913 (insbes. 2916); Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), 213 (238 ff.); Kirchhof, Die Erfüllungspflichten des Arbeitgebers im Lohnsteuerverfahren, 2005, S. 195 ff.; Klement, AöR 134 (2009), 35 ff.; Kluth, ZHR 162 (1998), 657 ff.; Schaks, DÖV 2015, 817 ff.; Winkler, JA 2014, 881 ff.; Kirchhof, NJW 2006, 732 ff.; v. Schweinitz, in: FS Kloepfer 2013, 505 (509 ff.); allgemein erste Versuche die Thematik grundlegend zu erfassen und Voraussetzungen für „kumulative“ oder „additive Grundrechtseingriffe“ im Zusammenhang mit der Indienstnahme herauszuarbeiten bei Lücke, DVBl 2001, 1469 ff.; sowie mit besonderer Berücksichtigung des Sozialrechts Bernsdorff, SGb 2011, 121 ff.; Kaltenstein, SGb 2015, 365 ff. Im Einzelnen ist jedoch noch vieles zu diesem Problem ungeklärt, vgl. auch Voßkuhle / ​Kaiser, JuS 2009, 313 (314). 703 BVerfGE 21, 378 (384 ff.), der gleichgerichtete Zweck zur Addition der verschiedenen Maßnahmen ist hierbei der „Vergeltungszweck“, diese Funktion wird meist nur der Kriminal-, nicht hingegen der Disziplinarstrafe zuerkannt; vgl. hierzu Lücke, DVBl 2001, 1469 (1474). 704 Ausführlich m. w. N. Schaks, DÖV 2015, 817 ff., Fn. 25–27. 705 So müssen sie eine Konzession beantragen, sie unterfallen der (bundesrechtlich) Umsatzsteuer und (kommunalrechtlich) Vergnügungssteuer; es bestehen Vorschriften zum Bauordnungs- und Bauplanungsrecht, oft verschärft durch besondere Anforderungen nach Landesglücksspielgesetzen, Spielhallengesetzen oder Spielverordnungen; Reglementierungen der Spieleinsätze und durchschnittlichen Stundengewinnen; Begrenzungen der Spielgeräte pro Flächeneinheit etc., vgl. so bei Schaks, DÖV 2015, 817 (818); ausführlich weiterhin StGH BW, Urt. v. 17.06.2014, 1 VB 15/13, BeckRS 2014, 52775; BerlVerfGH, NVwZ-RR 2014, 825 ff.; aus der Literatur weiterhin Schneider, GewArch 2014, 424 ff.; Sodan / ​Kluckert, GewArch 2013, 177 (181); sowie das Gutachten von Birk / ​Haversath, Verfassungsmäßigkeit der kommunalen Vergnügungssteuern auf Geldspielgeräte am Beispiel Berlins, 2013, S. 20 f., 33.

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Für die Berücksichtigung eines derartigen Kumulationseffekts bedarf es objektiver Kriterien, nach welchen sich die einzelnen Eingriffe addieren lassen. Hat das BVerfG die Existenz solcher Gesamtbelastungen kumulativer Eingriffe grundsätzlich auch bestätigt, ist die generelle dogmatische Verortung und die Merkmalsbildung im Einzelnen indes noch weitgehend unklar.706 Dogmatisch verortet wird die Betrachtung der Belastungskumulation zumeist im Rahmen der Verhältnismäßigkeit i. e. S. oder direkt im Anschluss an die Verhältnismäßigkeitsprüfung eines Einzelleingriffs.707 Vornehmlich Lücke erkennt den additiven Grundrechtseingriff als Teil der vom Gesetzgeber zu beachtenden Zumutbarkeitsgrenze und entwickelte grundlegende Voraussetzungen für das Vorliegen einer solchen kumulierten Gesamtbelastung in Bezug zur Indienstnahme Privater.708 Demnach soll, bevor eine Wertung über die Zumutbarkeit der Gesamtbelastung gefällt wird, der betrachtungsrelevante Umfang der Gesamtbelastung anhand von objektiven Voraussetzungen abgesteckt werden. Die von Lücke erarbeiteten Voraussetzungen sollen hier als Grundlage für die bereichsspezifische Beurteilung der Pflichtenübertragung auf die Finanzdienstleistungsbranche nach dem FKAustG dienen. Zunächst unterscheidet er in legislative, judikative und exekutive Eingriffsformen. Innerhalb der legislativen Eingriffe kann nicht nur eine einzelne Norm punktuell beeinträchtigend wirken, sondern das gesamte Gesetz, d. h. verschiedene zusammengefasste Rechtsregeln als Ganzes.709 Die von Normen hervorgerufene Gesamtbeeinträchtigung kann dabei aus einem „Stammgesetz“ oder gesetzesübergreifend, also aus verschiedenen legislativen Akten entspringen.710 Lücke hält ebenfalls die eingriffsformübergreifende gesamtbelastende Wirkung für berücksichtigungsfähig, so beispielsweise im Zusammenspiel von Parlamentsgesetz und Rechtsver-

706

BVerfGE 21, 378 (384 ff.); 112, 304 (319 f.); 123, 186 (265 f.); 130, 372 (392 f.); ähnlicher Befund über die Unklarheiten in dem Gebiet Hufen, NJW 1994, 2913 (2916); Voßkuhle / ​Kaiser, JuS 2009, 313 (314); Schaks, DÖV 2015, 817 (818); Klement, AöR 134 (2009), 35 (39 ff.); Kloepfer, VerwArch. 74 (1983), 201 (213 ff.). 707 Aus diesem Grund auch die Terminologie „kumulative“ oder „additive Grundrechtseingriffe“; vgl. so bspw. bei Lücke, DVBl 2001, 1469 ff., der genauer noch die Untersuchung innerhalb der Zumutbarkeit, als subjektive Schranke-Schranke, durchführt und die Vermengung der Zumutbarkeitsprüfung mit dem Grundsatz der Proportionalität (Zweck-Mittel Relation) durch das BVerfG kritisiert, siehe Fn. 45; ebenso unter Heranziehung realitätsgerechter Erfassung kumulativer Belastungen bei Kirchhof, NJW 2006, 732 (734); sowie im Rahmen der Verhältnismäßigkeit i. e. S. bei Hufen, NJW 1994, 2913 (2916); Klement, AöR 134 (2009), 35 (61 ff.); Kloepfer, VerwArch. 74 (1983), 201 (213 ff.); Voßkuhle / ​Kaiser, JuS 2009, 313 (314). Innerhalb der Verhältnismäßigkeit prüft zumeist auch das BVerfG in seinen jüngeren Entscheidungen die Frage und benutzt hierbei auch die Terminologie „additiver Grundrechtseingriff“, bspw. BVerfGE 130, 372 (392 f.); 114, 196 (246 ff.); 123, 186 (265 f.); BVerfG (Kammerbeschl.), NJW 2005, 273 (275); a. A. jedoch Schaks, der sich an einer Herleitung des Verbots der Belastungskumulation aus der Wesensgehaltstheorie nach Art. 19 Abs. 2 GG versucht und dieser hierbei einen subjektiv-rechtlichen Gehalt beimisst, vgl. DÖV 2015, 817 (820 ff.). 708 Lücke, DVBl 2001, 1469 ff. 709 Ebd. (1470). 710 Ebd. (1474).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

ordnung.711 Dieser Herangehensweise ist – im Hinblick auf einen realitätsgerechte Betrachtung und einem effektiven Grundrechtsschutz – zuzustimmen. Bei Eingriffen in die grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechte der Bürger kann es nicht von Bedeutung sein, welcher Form sich der Gesetzgeber im Einzelnen bedient, sondern welche tatsächlichen Belastungen diesen Eingriffen innewohnen. Entscheidender als die formelle Ausgestaltung der staatlichen Eingriffe ist vielmehr, dass der im Wesentlichen selbe Zweck verfolgt wird und eine Beeinträchtigung desselben Grundrechts und derselben Betroffenen stattfindet.712 Insbesondere das Kriterium des „wesentlich gleichen Zwecks“ birgt hierbei Unklarheiten und provoziert Abgrenzungsschwierigkeiten.713 Oft verfolgen legislatorische Initiativen eine Mehrzahl von Zwecken und übergeordneten Zielen. Automatisch führt dabei eine generell anzusetzende Zweckdefinition zu einem Oberbegriff, unter dem eine Vielzahl von Eingriffen subsumiert werden kann, währenddessen eine eng definierte Zwecksetzung die Eingriffskumulation gegebenenfalls nur auf einen konkreten Indienstnahmeakt und damit wieder auf den singulären Eingriffsbegriff begrenzt. Der wesentlich gleiche Zweck sollte mithin weder zu weit bestimmt werden, um keinen künstlichen Zusammenhang und damit die Überdehnung des additiven Eingriffsbegriffs herbeizuführen noch sollte er die tatsächlichen Belastungen des Privaten außer Acht lassen. Entscheidungskriterium hierfür sollte nach Kirchhoff daher treffenderweise die realitätsnahe Bewertung der Eingriffsbelastungen sein.714 Es ist darauf abzustellen, ob „die konkrete Wirkung einer Maßnahme durch eine andere Beeinträchtigung verstärkt wird“715. Logische Konsequenz einer Verortung der additiven Grundrechtseingriffe in der Zumutbarkeitsabwägung und die Anwendung der zuvor erörterten Kriterien ist, dass sich nur die Eingriffsintensität durch die Addition erhöht, der Eingriffszweck bleibt hingegen gleich, da der additive Grundrechtseingriff gemäß seinen Voraussetzungen (im Wesentlichen) dieselben Eingriffszwecke verfolgt.716 Darüber hinausgehend ist auch der Zeitpunkt der Belastungseinwirkung zu beachten. Lücke führt richtigerweise aus, dass auch nicht zeitgleich erfolgende Eingriffe mit anhaltender Wirkung in die Addition einbezogen werden müssen.717 Ausschlaggebend ist demgemäß nicht, wann der Eingriff

711

Ebd. (1474). Ebd. (1474); sowie Schaks, DÖV 2015, 817 (821 f.), der auch im Rahmen der Wesensgehaltstheorie nach Art. 19 Abs. 2 GG den Bezug zu konkreten Grundrechten bevorzugt; a. A. bei Kirchhof, NJW 2006, 732 (735), welcher sich realitätsbezogen anstatt auf dieselben Grundrechte auf gleiche Freiheitsräume bezieht. 713 Ebenso Schaks, DÖV 2015, 817 (823). 714 Insbesondere zur realitätsgerechten Erfassung kumulativer Belastungen sowie mit dem Beispiel zur Addition von lohnsteuerrechtlichen- und sozialrechtlichen Eingriffen bei Unternehmern, Kirchhof, NJW 2006, 732 (734 f.); vgl. auch zur vertikalen Kumulation im Umweltrecht auch Klement, AöR 134 (2009), 35 (42 ff., 54 ff.). 715 Kirchhof, NJW 2006, 732 (734); Hillgruber, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200, Rn. 97. 716 Lücke, DVBl 2001, 1469 (1477). 717 Lücke, DVBl 2001, 1469 (1471). 712

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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stattfindet, sondern ab wann die Belastungswirkung einsetzt und bis wann die Belastungswirkung anhält. Nachstehend sind die hier herausgebildeten Kriterien und Maßstäbe auf dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand anzuwenden. (bb) Im speziellen Fall der Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche Bei einer Betrachtung der „kumulativen“ oder „additiven Grundrechtseingriffen“ könnte der in Dienst genommenen Finanzdienstleistungsbranche tatsächlich ein äußerst weitreichender Pflichtenkreis auferlegt sein, dessen einschränkende Wirkung nicht nur punktuell, sondern vielmehr hinsichtlich seiner vollumfänglichen Belastungsintensität untersucht werden sollte. Übergeht man diese Betrachtungsweise der mit der Indienstnahme von Finanzinstituten für fremde Angelegenheiten verbundenen Gesamtbelastung, so besteht die Gefahr einer schrittweisen Aufgabe von Freiheitsrechten.718 Die in Betracht zu nehmende Eingriffskumulation bei Finanzinstituten basiert zunächst auf legislativen Akten.719 Hierunter zählen zunächst alle Pflichten der Indienstnahme im Rahmen des FKAustG, insbesondere die Melde- und Sorgfaltspflichten nach §§ 3 Abs. 1, 2 i. V. m. 7 ff. FKAustG, aber auch alle Nebenpflichten, wie beispielsweise die Aufbewahrungspflichten der Unterlagen nach § 3 Abs. 3 FKAustG, ebenso wie die Kooperation im Rahmen der Außenprüfung durch das BZSt nach § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 ff. AO. Hierbei wurde das mit dem globalen Informationsaustausch verbundene Pflichtenbündel singulären legislatorischen Ursprungs, dem FKAustG, bereits in die zuvor vorgenommene Grundrechtsuntersuchung in seiner Gesamtheit einbezogen, denn es ist auch seiner Gesamtheit rechtfertigungsbedürftig.720 Neben den direkten Pflichten aus dem FKAustG als „Stammgesetz“721 sind darüberhinausgehend gesetzesübergreifend auch andere legislatorische Indienstnahmeregelungen hinzuzuaddieren. Hierbei ist ausschlaggebend, dass sie den gleichen Adressaten verpflichten und den im Wesentlichen gleichen Zweck verfolgen sowie die gleichen Grundrechte, hier Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG, einschränken.722 Gemeinsamer Adressat der Eingriffe sind hierbei der Finanzdienstleistungssektor 718 Bereits Lücke stellte eine Belastungskumulation der Finanzdienstleistungsindustrie fest, vgl. Lücke, DVBl 2001, 1469 (1474). 719 Lücke bezieht ebenso judikative und exekutive Eingriffsformen in die Addition ein, vgl. DVBl 2001, 1469 (1470). 720 Vgl. grundlegend ebenso Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 187, 212; Trzaskalik, DStJG 12 (1989), S. 157 (181); ders., in: Kirchhof / ​Söhn / ​ Mellinghoff / ​EStG, § 38 Rn. A 97; § 39b Rn. A 19. Im Detail zur Untersuchung des Eingriffs Teil  4 E. III. 3. b). 721 Lücke, DVBl 2001, 1469 (1474). 722 Ebd., auch Rechtsverordnungen und Satzungen sollten für eine realitätsnahe Betrachtung einbezogen werden; vgl. ebenso Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3039, Fn. 50).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

und im Speziellem die deutsche Kreditwirtschaft.723 Fraglich bleibt jedoch, inwieweit sich das Kriterium des „wesentlich gleichen Zwecks“ für den Additionsvorgang bestimmen lässt. Zunächst sind jegliche Verpflichtungen im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs von Kontendaten, d. h. auch die Pflicht zur Kontenklassifizierung und zur Meldung nach der deutschen Umsetzungsgesetzgebung zum FATCA-Regime zur Gesamtbelastung nach dem FKAustG hinzuzuaddieren. Der Zweck der Indienstnahme – der reziproke Austausch von Kontoinhaberdaten im Wege der internationalen Amtshilfe zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung via Offshore-Konten – ist hier identisch.724 Zieht man die Zweckdefinition weiter, indem man auf die Indienstnahme der Finanzinstitute für „die effizientere und bessere Besteuerung Dritter und zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung“ abstellt, können zahlreiche weitere Eingriffe bei der Addition mitberücksichtigt werden.725 Unter diesem Zweck lassen sich sämtliche übertragenen steuerverfahrensrechtlichen Pflichten der Finanzinstitute subsumieren. Zu diesen zählen unter anderem die Pflicht zur Auskunft und zur Vorlage von Unterlagen nach §§ 93, 97 AO, inkl. Sammelauskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 Buchst. a AO, und der Pflichtenkreis im Zusammenhang zum automatisierten Kontenabruf nach §§ 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m 93b AO.726 Hinzugekommen sind zuletzt weitere Verpflichtungen im Rahmen des Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften727.728 Hier sollen beispielsweise Finanzinstitute den Finanzbehörden nach § 138b AO haftungssanktioniert von ihnen hergestellte oder vermittelte Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften unter bestimmten 723

Im Einzelnen unterliegen insbesondere die Versicherungs- und Fondsindustrie anderen Regelungen, welche ggf. hinzuzuaddieren sind, bspw. die Pflicht zur Abführung der Versicherungssteuer. Andere Regelungen wiederum sind auf die Kreditwirtschaft beschränkt und daher aus der Gesamtbelastung anderer Privater herauszufiltern. An dieser Stelle soll keine abschließende Betrachtung der Belastungen vorgenommen werden. 724 Siehe ausführlich zu den Regimen unter Teil 2 B. I. Der wesentliche Unterschied zwischen FATCA und CRS besteht in dem Vertragspartnerland, große Unterschiede beider Regime im Hinblick auf die Melde- und Sorgfaltspflichten der Institute bestehen grade nicht. Anzumerken ist bspw. die Verpflichtung zur Meldung der US-Staatsbürgerschaft aufgrund des US Steuersystems. Aufgrund der Gleichheit der Indienstnahmen wurde FATCA bereits in die Zumutbarkeitsabwägung innerhalb der Kostentragungsfrage, insbesondere im Hinblick auf die Erstimplementierungskosten, mit einbezogen Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (ee). 725 Abzugrenzen sind steuerrechtliche Pflichten, die das Institut selbst betreffen, bspw. die Abgabe einer Konzernsteuererklärung. 726 Vgl. hierzu Teil 4 A. 727 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682). 728 Zum Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz generell Sejdija / ​Holzner, StB 2017, 9 ff.; ­Ruckes / ​Schmidt, IStR 2017, 473 ff.; v. Schweinitz / ​Schneider-Deters, IStR 2017, 344 ff.; Seevers, Handel, DStR 2017, 522 ff.; Füllsack / ​Bürger, BB 2016, 262 ff.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Voraussetzungen mitteilen und im Rahmen der Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2 AO das steuerliche Identifikationsmerkmal eines jeden Kontoinhabers, jedes anderen Verfügungsberechtigten und jedes anderen wirtschaftlich Berechtigten erheben und aufzeichnen.729 Demnach sind auch die zahlreichen Einzelverpflichtungen im Rahmen der Abgeltungsteuer hinzuzuaddieren, insbesondere die Steuerabführung nach § 44 EStG und die Bearbeitung von Freistellungsaufträgen einschließlich der Meldung im Rahmen des Kontrollverfahrens § 45d Abs. 1 EStG.730 Die in diesem Zusammenhang eingeführten Regelungen durch die sehr umfassende Investmentsteuerreform inkludieren weitere Pflichten für Finanzinstitute bei der Besteuerung von Fonds.731 Auch unter diesen Zweck der Übertragung von Steuerverfahrenspflichten zur effizienteren und besseren Besteuerung Dritter einzuordnen sind die Lohnsteuerpflichten der Institute, die sie aufgrund ihrer Arbeitgebereigenschaft zu erfüllen haben.732 Als wesentlich gleicher Zweck im Vergleich zur Bekämpfung von Steuerhinter­ ziehung gilt die Bekämpfung von Geldwäsche.733 Neben der Übertragung von 729

Art. 1 Nr. 7 und 10 StUmgBG, vgl. zur Meldung nach § 138b AO Schurowski, ISR 2018, 417 (420 ff.). 730 Siehe ausführlich zu diesen Pflichtenkreisen der Auskunft nach § 93 AO, des Kontenabrufs gem.§§ 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m 93b AO und der Kontrollmeldung nach § 45d m.w.N im Teil 4 A. Zu den einzelnen Pflichten im Rahmen der Abgeltungsteuer siehe Rhodius / ​L ofing, Kapitalertragsteuer und Abgeltungsteuer verstehen, 5. Aufl., 2019, S. 25 ff., 318 ff. In einer Zusammenfassung stellen Breithecker / ​Garden / ​T hönnes die Steuerverfahrenspflichten und deren praktische Auswirkungen dar, vgl. DStR 2007, 361 (362 f.); zu den Kosten für die Einführung des automatisierten Kontenabrufs siehe auch Scherp, WM 2003, 1254 (1258 f.) sowie Hoffmann, WM 2010, 193 (194 f.) basierend auf der Studie „Bürokratiekosten in der Kreditwirtschaft“ der IW Consult GmbH im Auftrag des ZKA, 2006, S. 15, 62–65, abrufbar unter: https://die-dk.de/media/files/121206_Gutachten_Druckversion_sr2NgrG.pdf (zuletzt abgerufen am 01.03.2017); kritisch auch Achtelik, in: Herzog, GWG, Auszug KWG, § 24c KWG Rn. 28. 731 Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz – I­nvSt​ RefG) v. 19.06.2016 (BGBl. I S. 1730). 732 Eine ausführliche Analyse dieser weitreichenden Verpflichtungen würde hier zu weit führen. U. a. zählen darunter die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn nach § 38 Abs. 3 S. 1 EStG einzubehalten, Lohnkonten zu führen und in diesen steuerrelevante Eintragungen vorzunehmen gem. § 41 Abs. 1 EStG und die Lohnsteuer periodisch gem. § 41a EStG an den Staat abzuführen sowie Lohnsteuerbescheinigungen nach § 41 b EStG auszustellen. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang auch die Verpflichtung zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags an die Krankenkasse nach §§ 28e und 28h SGB IV zu nennen; ausführlich zur Legitimation der Indienstnahme für den Lohnsteuerabzug von Arbeitgebern bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 103 ff., 145 ff., 279 ff., 314 ff.; sowie zur Thematik Kirchhof, Die Erfüllungspflichten des Arbeitgebers im Lohnsteuerverfahren, 2005, S. 15 ff.; Heuermann, StuW 1999, 349 ff.; Lang, RdA 1999, 64 (67 f.); Riepen, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1967, S. 41 ff.; Schick, BB 1983, 1041 ff.; Hahn, NJW 1988, 20 (25 f.); Kanzler, FR 1996, 473 ff.; Balmes, DStR 1997, 1309 ff. (insbes. 1311 ff.); Hoffmann, WM 2010, 193 (195); Winter, der Arbeitgeber im Lohnsteuerrecht, 1998, S. 28 ff. 733 Zum Überlappen der Ziele von Geldwäscherecht und steuerrechtlichen Informationsaustausch siehe Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 (insbes. 58).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Steuerverfahrenspflichten sollte daher auch der Pflichtenkatalog im Rahmen der Geldwäschebestimmungen, zu dem insbesondere die Sorgfaltspflichten nach §§ 3 ff. GwG zählen, hinzutreten.734 Beide Verfahren sind bereits wegen ihrer inhaltlichen Verflechtung gemeinsam zu betrachten. Deutlich wird dies anhand der Sorgfaltspflichten des FATCA- wie auch des CRS-Regimes, welche auf die nach den Geldwäschebestimmungen einzuholende Dokumentation verweisen.735 Pflichtenintensiv ist im Zusammenhang mit der Indienstnahme der Kreditinstitute zur Geldwäscheprävention insbesondere die Verdachtsanzeige § 11 GwG.736 Hier werden die Institute verpflichtet, eigenständig zu ermitteln, ob der Anfangsverdacht eines Geldwäschedelikts nach § 261 StGB vorliegt und müssen diesen Sachverhalt anschließend den zuständigen Strafverfolgungsbehörden und dem Bundeskriminalamt mitteilen.737 Definitorisch als „wesentlich gleicher Zweck“ der zahlreichen Eingriffe in die Berufsfreiheit kann daher: „die Sicherstellung einer effektive[n] Besteuerung Dritter und die Bekämpfung von Steuerhinterziehung sowie Geldwäsche“ bezeichnet werden. Weiter noch geht Lücke, der für die verschiedenen Eingriffe in die Berufsfreiheit der Finanzdienstleistungsbranche den Zweck der „Entlastung der Verwaltung, d. h. die Effizienz der Exekutive“ sieht.738 Er addiert damit auch die Pflicht der Kreditinstitute hinzu, ca. 90 % der gesamten Kosten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, darunter auch die Personal- und Sachkosten, durch Zahlung einer „Umlage“ gem. § 51 Abs. 1 KWG739 zu tragen.740 Seit 2016 besteht 734

Finanzinstitute gelten nach § 2 Nr. 1 bis 6 GwG als „Verpflichtete“ und haben ähnlich wie nach dem FKAustG zahlreiche Sorgfalts- und Meldepflichten nach §§ 3 ff., 11 GwG zu erfüllen. Vgl. ausführlich zur den Pflichten nach dem GwG Scherp, WM 2003, 1254 (1254 ff.). Siehe außerdem die Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. und deren Untersuchung als Indienstnahme bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 123 ff. 735 Gleichzeitig fungiert die Geldwäschestraftat bereits als „Vortat“ zur Steuerhinterziehung, denn die rigiden Bekämpfungsinstrumente der Geldwäscheverfolgung, wie z. B. die Überwachung der Kommunikation (Telefon, verdeckte Ermittler), werden vermehrt auch zur Aufdeckung von Steuerhinterziehung eingesetzt; vertiefend Marx, DStR 2000, 2045 ff. 736 Scherp, WM 2003, 1254 (1254 f.); kritisch auch Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (209); siehe auch Müller / ​Starre, CCZ 2014, 23 (23). Zur Untersuchung der Verdachtsanzeige als Indienstnahme bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 130 ff. 737 Ausführlich Häberle, in: Erbs / ​Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, GwG, § 11, Rn. 1 ff. 738 Lücke, DVBl 2001, 1469 (1475), welcher sich auf die Entscheidungen zu den Freistellungsaufträgen bezieht, BVerfG, 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, WM 2000, 2040 (2042); zuvor BGH, Urteil vom 15.07.1997 – XI ZR 269/96, NJW 1997, 2752 (2753). 739 I. V. m. der Verordnung über die Umlegung der Kosten des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vom 08.03.1999 (BGBl. I S. 314), welche nachträglich vom Gesetzgeber zu einem formellen Gesetz erklärt wurde, vgl. Art. 3 Ziff. 1 a des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und anderer Gesetze vom 15. Dezember 2004, vgl. BGBl.I S. 3416, 3427; zuvor Rechtsunsicherheit bezüglich Kostenaufteilung aufgrund der divergierenden Entscheidungen VG Köln, Beschluss v. 17.02.2004, 14 K 10111/00, WM 2004, S. 1719 ff. und hiernach VG Frankfurt am Main v. 11.10.2004, 9 E 527/04 (2). 740 Lücke, DVBl 2001, 1469 (1475).

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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darüber hinaus eine weitere umfängliche Pflicht der Finanzdienstleistungs­branche zum zwingenden Angebot von „Basiskonten“ nach § 38 ZKG741. Basierend auf europäischen Vorgaben ist hier insbesondere Asylsuchenden oder Personen ohne festen Wohnsitz ein Konto mit gewissen Basisfunktionen mit erleichterten Legitimationsnachweisen anzubieten, um einen gleichen Zugang zu Zahlungskonten innerhalb der EU herzustellen.742 Auch diese Pflichtenauferlegung dient zur Entlastung der Verwaltung, denn sie ermöglicht die einfachere Auszahlung von Sozial- und Hilfeleistungen an Asylsuchende. Während, wie bereits festgestellt, bei der Indienstnahme Privater die „administrative Aufgabenerleichterung“ kein alleiniges Rechtfertigungsargument sein kann, sondern ausschließlich als Nebenzweck fungiert, erscheint dieser eher generische Zweck bei der Betrachtung „additiver Grundrechtseingriffe“ wohl angemessen.743 Grund hierfür ist, dass die Untersuchung dieser additiven Grundrechtseingriffe auf einer Messung der realitätsnahen Gesamtbelastung von Privaten bis hin zur drohenden „maßgeblichen Beeinflussung des gewerblichen Gesamtgewinns“ basiert.744 Die Normwirklichkeit bezieht sich mithin auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Erwerbstätigkeit.745 Dieses Schutzgut wird bei den Finanzdienstleistungsinstituten aus Gründen der Entlastung der Verwaltung stückweise eingeschränkt. Aus diesem Grund sind neben den zahlreichen Pflichten die Institutskunden betreffend bei wirklichkeitsgerechter Auslegung auch die weiteren Pflichten hinzuzuaddieren, die im Wesentlichen zur Entlastung der Verwaltung dienen.746 Aus diesem gemeinsamen Zweck der Verwaltungsentlastung ergibt sich gleichzeitig, dass alle hier zu addierenden Eingriffe zeitlich andauernde Indienstnahmen nach dem Klassifikationsbegriff Drüens sind, aber differente Belastungsintensitäten aufweisen.747 741 Gesetz über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen, Zahlungs­ kontengesetz v. 11.04.2016 (BGBl. I S. 720). 742 Kritisch gesehen werden hier die erleichterten Dokumentationsanforderungen, da sie teilw. im Widerspruch zum Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche stehen. Diese Erleichterungen werden jedoch mit den nur begrenzten Funktionen des Kontos und den Ablehnungsgründen der Institute nach § 34 ZKG legitimiert. 743 Vgl. Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) (bb) sowie Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 200. 744 So BVerfGE 22, 380 (386 ff.); sowie grundlegend schon BVerfGE 7, 377 (405); vgl. Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 163; im Überblick zu den stetig zunehmenden steuerlichen Verfahrenspflichten Privater für Dritte auch Breithecker / ​Garden / ​T hönnes, DStR 2007, 361 ff. 745 Vgl. Kirchhof, NJW 2006, 732 (735). 746 Eine abschließende Beurteilung bedarf einer vertieften Untersuchung, welche hier den Rahmen sprengen würde. 747 Nochmals angemerkt sei, dass trotz des wesentlich gemeinsamen Fiskalzwecks der Verwaltungsentlastung bei jeder Indienstnahme ein weiterer Sachzweck, bspw. die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche, hinzutreten muss, vgl. Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2)  (a) (bb), vgl. ebenso Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 200.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Eine Grenze der Begriffs des „wesentlich gleichen Zwecks“ muss nach der hier vertretenen Ansicht jedoch bestehen, wenn Vorgaben zur eigenen Regulierung, beispielsweise bei Mindestkapitalanforderungen nach den Baselbestimmungen, gegeben werden.748 Hier wird zwar ebenso die Erwerbstätigkeit gemindert, dies erfolgt allerdings aufgrund eines ungleichen Zwecks. Es wird hier nicht primär eine Verwaltungsentlastung angestrebt, sondern das Ziel eines stabilen Finanzmarkts verfolgt, dem die Finanzinstitute mittels eines privaten Verantwortungsbeitrags Folge leisten müssen.749 Ein gemeinsamer Zweck müsste dabei so weit gefasst werden, dass er jegliche Konturen vermissen lässt. Auch die „Wahrung des Allgemeinwohls“ kann hier nicht als gemeinsamer übergeordneter Zweck fungieren. Zwar dienen die Maßnahmen letztlich alle dem Allgemeinwohl, jedoch ist dies als Kriterium in die Abwägung der Angemessenheit einer Berufsausübungsregelung nach Art. 12 Abs. 1 GG einzubeziehen. Alles andere würde zu einer Ver­ mischung von Zweck und Angemessenheitsabwägung führen und das Ergebnis wäre prädeterminiert.750 Wird nunmehr eine Gesamtbelastung durch die Addition zahlreicher singulärer Grundrechteingriffe mit der Verwaltungsentlastung als wesentlich gleiche Zweckverfolgung festgestellt, ist in einem zweiten Schritt zu eruieren, ob diese Gesamtbelastung das dem Privaten Zumutbare übersteigt.751 Die Inanspruchnahme der Institute bedarf hierbei insbesondere einer Interessenabwägung zwischen den besonderen Belastungen, denen der Indienstgenommene ausgesetzt ist, und dem Interesse der Allgemeinheit an der möglichst gleichmäßigen Festsetzung und Verwirklichung der Steueransprüche. Die Indienstnahme für steuerliche Auskünfte und Meldungen ist in der Regel zumutbar, wenn mit dessen Befolgung eine verhältnismäßige Beeinträchtigung eigenwirtschaftlicher Interessen verbunden ist. Eine Unzumutbarkeit ist spätestens jedoch dann erreicht, wenn „eine maßgebliche Beeinflussung des gewerblichen Gesamtgewinns“752 droht und die Bindung der betrieblichen Mittel des betroffenen Unternehmens „für die Betriebsführungen von ausschlaggebendem Gewicht“ ist.753 Um eine abschließende Beurteilung dieser Frage anzustreben, bedarf es belastbarer Zahlen der Kreditwirtschaft, die bis heute nicht vorliegen. So forderte das BVerfG auch im Urteil zum Beitragssatzsicherungsgesetz eine substanziierte Darlegung der Beeinträchtigung mit tatsächlichen 748

Vgl. Übersicht bei Schulte-Mattler, in: Boos / ​Fischer / ​Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, SolvV § 1 Rn. 1 ff.; siehe auch Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 163 f., welcher in diesem Zusammenhang öffentliche Lasten der Institute von Indienstnahmeverpflichtungen abgrenzt. 749 Hierzu Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 163 f. 750 Vgl. auch Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 S. 2 Abs. 2 Rn. 46 f.; Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 163. 751 Zu diesem Ergebnis kommen Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3039). 752 So BVerfGE 22, 380 (386 ff.). 753 Ebd. sowie grundlegend schon BVerfGE 7, 377 (405); vgl. Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 163; Hillgruber, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200, Rn. 97 ff.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

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Belegen.754 Zur Klärung der Frage über die Zumutbarkeit additiver Grundrechtseingriffe aufgrund vermehrter Indienstnahmen der Finanzinstitute für die Verwaltungsentlastung bedarf es einer längst überfälligen höchstrichterlichen Klärung.755 So ist an die Beratungspraxis und die Institute selbst zu appellieren, die Frage zur Klärung den Gerichten vorzulegen und hierbei eine belegbare Auflistung aller Kosten im Zusammenhang mit den zahlreichen Indienstnahmen aufzustellen.756 Gleichzeitig ist jedoch auch der Staat gefordert. Unabhängig davon, ob bereits die Grenze der Zumutbarkeit einer Gesamtbelastung erreicht ist, trifft den Gesetzgeber die Pflicht zur Beobachtung dieses Risikos und zur Schaffung verfahrensrechtlicher Vorkehrungen, um Gesamtbelastungen zu mindern.757 Im Rahmen der Indienstnahme nach dem FKAustG kündigte der Gesetzgeber bereits eine Evaluierung des geschätzten Erfüllungsaufwands nach 5 Jahren durch das BMF an.758 Fraglich ist bisher, wie diese durchgeführt werden soll und welche konkreten Indienstnahmekosten miteinfließen werden. Werden ausschließlich die Kosten im Rahmen der Indienstnahme für den automatischen Informationsaustausch von Kontendaten evaluiert, greift dies für eine Würdigung der tatsächlichen Gesamtbelastung zu kurz und verkennt damit die Wirklichkeit. Es wird daher auch die Pflicht des Gesetzgebers sein, in Zusammenarbeit mit den Verbänden und der Finanzdienstleistungsbranche eine umfassende Kostenevaluation aufzustellen, welche alle sektorweiten Indienstnahmekosten berücksichtigt. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt der Gesetzgeber nur so seiner rechtsstaatlich gebotenen 754

BVerfGE 114, 196 (220): „Wenn eine Verletzung von Art. 12 GG allein durch wirtschaftliche Belastungen einzelner Berufsgruppen im Zusammenhang mit Maßnahmen der Kostendämpfung zur Sicherung der Beitragsstabilität geltend gemacht wird, lässt sich auch eine Überschreitung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums erst dann feststellen, wenn die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit hinreichend substanziiert ist und belegt werden kann. Solange die Prognosen des Gesetzgebers lediglich durch Vermutungen und Behauptungen der wirtschaftlich Betroffenen in Frage gestellt werden, kann das Bundesverfassungsgericht nicht eingreifen.“ 755 Zur gerichtlichen Durchsetzung des Verbots der Belastungskumulation, Schaks, DÖV 2015, 817 (825 ff.); Klement, AöR 134 (2009), 35 (79 f.). 756 Gleiches fordert Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 382; zu einigen Einflussfaktoren für die Kostenaufstellung siehe Breithecker  / ​ Garden / ​T hönnes, DStR 2007, 361 (365 f.). Die Kostenaufstellung könnte ähnlich wie bei der Studie „Bürokratiekosten in der Kreditwirtschaft“ der IW Consult GmbH Köln im Auftrag des ZKA, 2006, S. 15, 62–65, abrufbar unter: https://die-dk.de/media/files/121206_Gutachten_ Druckversion_sr2NgrG.pdf (zuletzt abgerufen am 01.03.2017), erfolgen. 757 Kirchhof, NJW 2006, 732 (733); ebenso Breithecker / ​Garden / ​T hönnes, DStR 2007, 361 (366 f.); Hillgruber, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 200, Rn. 101. Zur Beobachtungspflicht des Gesetzgebers auch das BVerfG: BVerfGE 123, 186 (Rn. 233). Zur Saldierung von Belastungen und Begünstigungen bei kumulativen Eigentumseingriffen Bronkars, Kumulative Eigentumseingriffe, 2007, S. 97 ff. sowie Hey, AöR 128, 232 ff. In jedem Fall hat der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit zu handeln Kloepfer, VerwArch. 74 (1983), 201 (218 ff.). 758 Siehe Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks. 18/5920 v. 07.09.2015, S. 4.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Beobachtungspflicht genügend nach um verfassungsrechtlich die Zumutbarkeit der Indienstnahme sicherzustellen.759 Gleichzeitig kann der Gesetzgeber die Zumutbarkeit der Indienstnahmeverpflichtungen durch rechtspolitische Aspekten erhöhen, indem er die verschiedenen Pflichteninhalte aufeinander abstimmt und damit den tatsächlichen Verwaltungs- und Kostenaufwand für die Institute mindert. Er sollte seinen Gesetzgebungsspielraum also nutzen, eingriffsübergreifend die einzelnen Maßnahmen miteinander abzustimmen. Ansatzweise wurde dies bereits – auch mit Druck der Verbände – im Rahmen des CRS auf globaler Ebene der OECD verwirklicht. Die Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem CRS wurden ganz überwiegend an die nach dem FATCA-Regime angelehnt und sind daher einfacher für die Institute zu implementieren.760 Auch wurden die Dokumentationspflichten bei CRS und FATCA an die ohnehin für Geldwäschezwecke einzuholenden Dokumente angepasst.761 Insoweit wurde bereits auf globaler Ebene an Erleichterungen für den Finanzdienstleistungssektor gedacht.762 Zukünftig sollten von einer rechtspolitischen Betrachtungsweise auch die Geldwäschebestimmungen auf FATCA und CRS Bezug nehmen.763 Einige Indienstnahmen sind auch aufgrund doppelter Wirkungsfunktionen abzuschaffen. Die Abgeltungsteuer sollte daher – nach funktionsfähiger Implementierung einer Kontenmeldung auch für im Inland steuerlich Ansässige – in Betracht einer Aufgabenentlastung für die Finanzdienstleistungsbranche mit Blick in die Zukunft abgeschafft werden.764 Der Pflichteninhalt der Kontenmeldung auch für Inländer ergibt größere Synergieeffekte zu FATCA und CRS und ist demgemäß für die Institute leichter umzusetzen. Auch ist über eine partielle Abschaffung des automatisierten Kontenabrufs nach §§ 93 Abs. 7 bis 10 i. V. m 93b AO nachzudenken, wenn die Konten von Steuerinländern ohnehin gemel­

759

So sieht auch das BVerfG eine Beobachtungspflicht, BVerfGE 123, 186 (Rn. 233). Unterschiede bestehen bspw. bei Schwellenwertregelungen oder beim Umgang mit kleinen Finanzinstituten mit nur lokalem Kundenstamm; siehe zu weiteren Unterschieden auch die Stellungnahme des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, Anlage 5, S. 1, 11 ff., wo von „erheblichen Unterschieden“ gesprochen wird. Insbesondere sollte der Gesetzgeber über die Angleichung der De-Minimis Schwellenwerte zum FATCA-Regime nachdenken. Eine solche Vereinheitlichung würde nicht nur den Identifizierungsaufwand bei den Instituten mindern, sondern ebenfalls die Kontoinhaber entlasten. Die OECD hat sich bei dem Entwurf zum CRS jedoch bewusst gegen die Integrierung von De-Minimisschwellen entschieden um Umgehungshandlungen zu vermeiden. 761 Hierzu Seer, EC Tax Review, 2013 Vol. 22, 63 (69 ff.); ders., IWB 2014, 87 ff.; ders. / ​ Wilms, StuW 2015, 118 ff.; ders., in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 14 f., 18, 85 f.; ders., in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 (insbes. 58). 762 So auch erwähnt im Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, siehe bspw. Pross (OECD), S. 13. 763 So, Seer, EC Tax Review, 2013 Vol. 22, 63 (69 ff.); ders., IWB 2014, 87 ff.; ders. / ​Wilms, StuW 2015, 118 ff.; ders., in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 14 f., 18, 85 f. 764 A. A. Wollny, DStR 2016, 2721 (2726); zur Abschaffung der Abgeltungsteuer m. w. N. siehe Teil 4 E. III 3. c) bb) (2) (a) (cc). 760

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

215

det werden, verdoppelt sich auch hier die Wirkung.765 Gleichzeitig sind zukünftig geplante Indienstnahmen ähnlichen Pflichteninhalts und dem wesentlich gleichen Zweck dienend vom Gesetzgeber mit den bisherigen Regelungen abzustimmen, um eine kumulierte Belastung des Finanzdienstleistungssektors zu vermeiden. (f) Wesentlich stärkere Belastung einer zahlenmäßig begrenzten Gruppe Indienstgenommener Nachdem die Verhältnismäßigkeit der Indienstnahme zum automatischen Informationsaustausch in ihrer Gesamtheit der Berufsgruppe – bis auf einzelne Überschreitungen der Zumutbarkeit nicht rückerstattungsfähiger Erstimplementierungskosten – festgestellt wurde, bleiben die bestehenden Ungleichheiten innerhalb der Berufsgruppe zu untersuchen.766 Das BVerfG geht von einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG aus, wenn „[…] nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, Gruppen typischer Fälle ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker belastet […]“767 werden.768 Vorliegend betrifft dies insbesondere Finanzinstitute mit nur lokalem Kundenstamm ohne Auslandsbeziehungen für die eine Implementierung und dauerhafte Indienstnahme der Melde- und Sorgfaltspflichten nach §§ 7 FKAustG eine übermäßige Belastung darstellen könnte.769 765

Derzeit wurde jedoch die Erweiterung des Kontenabrufs gem. 93 Abs. 7 AO im Rahmen des Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz  – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682) vorgesehen. So soll zukünftig auch das steuerliche Identifikationsmerkmal abzurufen sein. 766 Siehe insbesondere die Leitentscheidung zur Erdölbevorratung bei einer Ungleichbehandlung „unabhängiger Importeure“ BVerfGE 30, 292 (327 ff.); vgl. hierzu auch Sachs, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 127 Rn. 105; vgl. zum Legitimationsmaßstab einer Indienstnahme generell Teil 4 E. III. 2.  767 BVerfGE 25, 236 (251); 30, 292 (327). 768 Vgl. Hey / ​Pauly / ​Kartheuser, ZD 2012, 455 (458) zur Ungleichbehandlung von Prepaidanbietern im Zuge der Vorratsdatenspeicherungspflicht; wobei hier u. a. eine Ungleichbehandlung beziehungsweise eine geringeren Sach- und Verantwortungsnähe von Prepaidanbietern zum Indienstnahmeakt fälschlicherweise damit begründet wird, dass diese abgrenzbare Gruppe die Daten weniger anders kommerziell nutzen kann als andere Telekommunikationsunternehmen. Das einigen Indienstgenommenen kommerzielle Vorteile aus dem Indienstnahmeverhältnis erwachsen, kann jedoch aufgrund der datenschutzrechtlichen Verwendungsbeschränkungen regelmäßig nicht angenommen werden. Die Möglichkeit zum leichten Zugang der Daten ermöglicht gleichzeitig die Möglichkeit der Speicherung, deswegen ist es unerheblich, dass sie die Daten regelmäßig nicht für Abrechnungszwecke ohnehin gespeichert werden. Zurechnungszusammenhang ist vielmehr die Betreibung eines Netzes, vgl. VG Berlin, Beschluss v. 16.01.2009 – 27 A 331.08; OVG Berlin-Brandenburg, 02.12.2009 – 11 S 9.09. 769 So müssten alle Formulare für die Konteneröffnung umformuliert werden und der gesamte Kundenbestand auf Kunden mit Merkmalen untersucht werden, die auf eine auslän­ dische steuerliche Ansässigkeit hindeuten, obwohl bspw. Vertriebsbeschränkungen für das Auslandsgeschäft bestehen oder das Institut historisch nie Auslandsgeschäft tätigte. Anders

216

Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Sowohl der deutsche Gesetzgeber als auch die EU-Kommission und die OECD haben hierfür keine Anwendungsausnahmen beziehungsweise Härtefallregelungen für diese Art von Finanzinstituten geschaffen. Ausnahmen befinden sich zwar in § 19 Nr. 9 FKAustG, ergingen aber vor dem Hintergrund einer ohnehin geringen Gefährdung des Regelungsziels, der Vermeidung von Steuerhinterziehung, und nicht zum Ziel der Vermeidung einer übermäßigen Belastung begrenzter Gruppen Indienstgenommener.770 Hingegen findet sich in der ersten Gesetzgebung zum automatischen Informationsaustausch ausländischer Kontendaten, der US-Initiative FATCA, eine derartige Ausnahmeregelung. Nach Annex II, Nr. II. Buchst. A. FATCA-Abkommen i. V. m. § 1471 IRC i. V. m. §§ 6, 7 Abs. 2 FATCA-USAUmsV gelten Institute mit sehr lokalem Wirkungskreis unter Erfüllung gewisser Voraussetzungen als „FATCA-konformes Finanzinstitut“ und unterliegen nicht den Meldepflichten von US-Konten. Finanzinstitute mit lokalem Kundenstamm wären ausschließlich zur Registrierung nach § 7 Abs. 2 FATCA-USA-UmsV verpflichtet, wenn sie selbst „meldepflichtige Konten“ führen. Grund dafür, diese Ausnahmeregelung nicht in den CRS zu integrieren, war insbesondere die Angst vor der Schaffung von Umgehungsmöglichkeiten für die Meldepflichten und damit auch von Schlupflöchern für nichterklärungswillige Steuerpflichtige.771 Insofern hat sich der nationale Gesetzgeber den Vorgaben des CRS, auch im Hinblick auf eine harmonisierte Umsetzung, angeschlossen und die Unterschiede innerhalb der Berufsgruppe bei Schaffung der Indienstnahmeregelungen außer Acht gelassen.772

sehen Marquardt / ​Betzinger den Sachverhalt, welche durch die bestehende Reglungsausnahme für lokaler Finanzinstitute nach dem FATCA-Regime (Annex II, II. A. FATCA-Abkommen i. V. m. § 1471 IRC i. V. m. §§ 6, 7 Abs. 2 FATCA-USA-UmsV) eine ungerechtfertigte Sonderbelastung für größere Finanzinstitute postulieren, Marquardt / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3038). 770 Diese Ausnahmen betreffen überwiegend staatliche Rechtsträger und Altersvorsorgefonds. Die Regelung ist jedoch entwicklungsoffen anwendbar auch bei „sonstigen Rechtsträger, bei dem ein geringes Risiko besteht, dass er zur Steuerhinterziehung missbraucht“ und die im Wesentlichen staatlichen Rechtsträgern oder Altersvorsorge- und Pensionsfonds ähnlich sind. Auch Investmentunternehmen, die als ausgenommene Organismen für gemeinsame Anlagen (OGAW Investmentfonds) ohnehin der Aufsicht unterstehen und qualifizierte Kreditkartenanbieter, welche nur ausnahmsweise Einlagen akzeptieren, gelten als Institute mit geringem Risiko. Es ist geplant diese Rechtsträger gesondert durch das BMF in einer Liste zu veröffentlichen. Zur Normklarheit dieser Regelungen jedoch kritisch Teil 4 E. III. 3. c) bb) (1) (a). 771 Basierend auf Interviews mit Teilnehmern der OECD BIAC Gruppe. Die Ausnahmeregelung war politisch nicht gewollt, da insbesondere befürchtet wurde, das Trusts Vermeidungsstrategien entwickeln könnten; vgl. zur Behandlung von Truststrukturen nach dem CRS Reiter, ISR 2016, 354 ff. 772 Grund hierfür ist auch, dass der Klassifikationsbegriff sowie die Rechtfertigungsbedürftigkeit der Indienstnahme international nicht den gleichen Stellenwert besitzt wie in Deutschland, wo den freiheitlichen Grundrechten als „Abwehrrechte gegen den Staat“ die höchste Bedeutung zukommt. Die internationalen Policy Maker haben sich vornehmlich auf die bestmöglichste und sicherste Erreichung des Ziels, der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, konzentriert. Deutschland hat sich selbst wiederum zur einheitlichen Umsetzung des Standards verpflichtet und kann nicht eigenständig Ausnahmeregelungen schaffen.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

217

Einer Schaffung von Härtefall- oder Ausnahmetatbeständen bedarf es jedoch letztlich nicht, denn es fehlt bereits an der „zahlenmäßig begrenzten Gruppe“. Legt man die Ausnahmeregelung nach Annex II, Nr. II. Buchst. A. FATCA-Abkommen i. V. m. § 1471 IRC zur Definition eines „kleinen Finanzinstituts mit lokalem Kundenstamm“ zugrunde, um die vom Gesetzgeber gewünschte grundlegende Konformität beider Regime sicherzustellen, müssen die Voraussetzungen der Buchstaben a) bis j) kumulativ erfüllt sein. Diese Tatbestandmerkmale sind aus Gründen der Zweckgefährdung allerdings so eng definiert und auch eng auszulegen, dass sie im deutschen Rechtsraum kaum Anwendung finden können. Beispielsweise darf das Finanzinstitut keine feste Geschäftseinrichtung außerhalb Deutschlands haben und sich nicht um Kontoinhaber außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bemühen sowie keine Konten für US Personen mit Wohnsitz außerhalb Deutschland führen, ohne jedoch Maßnahmen oder Praktiken zu verfolgen, die eine diskriminierende Wirkung auf die Eröffnung oder Führung von Konten für natürliche US Personen mit Wohnsitz in Deutschland aufweisen. Was unter FATCA mit begrenztem Anwendungsbereich auf spezifizierte U. S. Personen vermeintlich noch eine kleinere Anwendungspraxis bei Instituten ohne US-Geschäft sein kann, ist global gesehen im Industrieland Deutschland kaum mehr vorstellbar. Wohl nur selten könnten nach dieser Definition Unternehmen die Voraussetzungen einer solchen Ausnahme erfüllen und ausschließlich Kunden mit deutscher steuerlicher Ansässigkeit zulassen.773 Nach ständiger Rechtsprechung bilden diese „aus dem Rahmen fallenden Sonderfälle“ jedoch nicht eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG.774 Eine wesentlich stärkere Belastung von Finanzinstituten mit nur sehr begrenzten lokalem Kundenstamm ohne Auslandsbeziehungen ist zwar naheliegend, in verfassungsrechtlicher Hinsicht sind die Unterschiede allerdings nicht so ausschlaggebend, dass sie den Gesetzgeber gezwungen hätten, auf diese rechtlich einzugehen.775 4. Eigentumsfreiheit Art. 14 Abs. 1 GG Die Indienstnahme der Finanzinstitute nach dem FKAustG ist schließlich an der Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG zu messen.776 Zur Konzentration der Arbeit und zur Vermeidung vielfacher Wiederholungen werden hier nur die 773

Bspw. die „Raiffeisenbank Gammesfeld“, siehe den Spiegel Artikel „Raiffeisen­bank Gammesfeld: Too small to fail“ http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/deutschlandskleinste-bank-steht-in-blaufelden-gammesfeld-a-883648.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2014). 774 BVerfGE 25, 236 (251); 30, 292 (327); vgl. Sachs, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. V, § 127 Rn. 105. 775 Ähnliches ebenso bei Uibeleisen zur Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F., Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 257. 776 Zum Legitimationsmaßstab siehe Teil 4 E. III. 2.; auch zu Art. 14 Abs. 3 S. 3 GG Friauf, in: FS Jahrreiß, 1974, S. 45 (57 ff.); zum Kontenabruf Hoffmann, WM 2010, 193 (200 f.); ebenso zur Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 252 f.

218

Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

spezifischen Unterschiede von Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber Art. 12 Abs. 1 GG beleuchtet. Art. 14 GG schützt alle vermögenswerten Rechtspositionen des Privatrechts in der Hand des Rechtssubjekts vor verfassungsrechtlich ungerechtfertigten Eingriffen der öffentlichen Gewalt.777 Der Begriff des Eigentums i. S. d. Art. 14 umfasst dabei auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Nach h. M. schützt Art. 14 Abs. 1 GG damit ausschließlich das bereits Erworbene.778 Hierunter zählt neben dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch die Substanz der wirtschaftlich genutzten Vermögensrechte, beispielsweise das Eigentum an Produktionsmitteln aber auch der Kundenstamm.779 Nach einem sehr weiten Verständnis des Gewerbebetriebs ist damit die Gesamtheit der sachlichen, persönlichen und sonstigen Mittel in allen ihren Erscheinungsformen und Ausstrahlungen zu verstehen, die in der Hand des Betriebsinhabers zu einem einheitlichen Organismus zusammengefasst sind.780 Die Eigentumsfreiheit steht dabei im engen funktionalen Zusammenhang mit der Berufsfreiheit, grenzt sich jedoch in ihrem Schutzgehalt ab. Im Gegensatz zum bereits Erworbenen schützt Art. 12 Abs. 1 GG den potenziellen Erwerb aus beruflicher Betätigung.781 Eine Untersuchung der Eigentumsgarantie bei der hier infrage stehenden Indienstnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich bei den Melde- und Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute um bußgeldbewährte Dauerleistungspflichten handelt, die über einen unbegrenzten Zeitraum erhebliche Betriebsmittel, insbesondere EDV-Leistungen und Personalressourcen, binden.782 Dabei ist nicht immer eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Eigentumsgarantie und Berufsfreiheit durchführbar, denn die Dauerleistungspflichten hindern im fortlaufenden unternehmerischen Handeln den Erwerb, gleichzeitig werden Investitionen aus dem bereits Erworbenen nötig.783 Aus Mangel an einer konkreten Abgrenzung gelten beide Freiheiten nebeneinander und garantieren den Unternehmen prinzipiell eine umfassende

777 Vgl. BVerfGE 1, 264 (278); 58, 300 (335 f.); 70, 191 (199); 79, 174 (191); 95, 64, (82); 95, 267 (300); zusammenfassend BVerfGE 83, 201 ff. 778 Vgl. BVerfGE 1, 264 (276 ff.); 45, 142 (173); BGHZ 23, 157 (162 f.); 67, 190 (192); 81, 21 (33); 92, 34 (37); BVerwGE 62, 224 (226). 779 Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 130 ff.; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 14 Rn. 95 ff. 780 Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 14 Rn. 96. 781 Grundlegend BVerfGE 30, 292 (334 f.). 782 Vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 218. 783 Ebd.; bspw. werden IT Infrastrukturen gebunden. Insbesondere der Kundenbestand im EDV System muss ebenfalls klassifiziert werden (Bestandskontenanalyse), sieht man diesen als bereits „Erworbenes“ an, denn dem Eigentumsschutz unterliegen die bereits vorhandenen EDV Systeme sowie auch der Kundenstamm selbst, liegt hier ein tiefergehender Eingriff vor. Vgl. zur Kontenklassifikation innerhalb der Sorgfaltspflichten Teil 3 und vgl. zur Anschaffung neuer und Nutzung vorhandener EDV Systeme bei der Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 253 ff.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

219

Wirtschaftsfreiheit.784 Die entschädigungslose Indienstnahme kann mangels Finalität und Zielgerichtetheit auf eine konkrete subjektive Eigentumsposition nicht als Enteignung i. S. d. Art. 14 Abs. 3 GG, wohl jedoch als eine Inhaltsbestimmung gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG betrachtet werden, die generell und abstrakt Pflichten hinsichtlich des Eigentums festlegt.785 Es besteht daher durch die Indienstnahme nach dem FKAustG ebenso ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.786 Eine grundrechtliche Würdigung von Art. 14 GG ist damit, trotz der Zurückhaltung des BVerfG bei der Untersuchung von Indienstnahmen, geboten.787 Fraglich ist hierbei, ob sich bei einer verfassungsrechtlichen Prüfung der Angemessenheit vorliegender Indienstnahme am Maßstab des Art. 14 Abs. 1 GG ein anderes Ergebnis für die Privaten ergibt, als es bereits nach Art. 12 GG festgestellt worden ist.788 Maßgeblicher Grund hierfür könnte sein, dass die Nutzung interner Ressourcen für die Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG eine Ver­kürzung der Eigentumsposition zur Folge hat, welche in den Kernbereich des Unternehmens eingreift.789 Durch die Regelungen zum Finanzkontenaustausch werden umfängliche Betriebsmittel, insbesondere IT-Strukturen und Personal für die Identifizierung, Klassifizierung und Meldung von Kontoinhabern gebunden. Diese Einbindungen haben jedoch keine oder nur sehr geringe Auswirkung auf das Kerngeschäft der Unternehmen. Dispositionen über den weit überwiegenden Teil ihrer sachlich-gegenständlichen Substrate im Unternehmen können Institute weiterhin frei zum Angebot verschiedenster Finanzprodukte treffen.790 In dieser 784 Breuer, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. VIII, § 170 Rn. 130; Depenheuer, in: Mangoldt / ​ Klein / ​Starck, GG, Art. 14, Rn. 99; siehe auch mit teilw. Kritik an der Rechtsprechung des BVerfG Scholz, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 12 Rn. 146 ff. 785 Zur Unterscheidung Rozek, Die Unterscheidung von Eigentumsbindung und Enteignung, 1998, S. 161 ff. 786 Zum Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb BVerfGE 30, 250 (272); vgl. ferner BVerfGE 14, 221 (241); 27, 111 (131); 70, 219 (230); 72, 200 (248); 81, 108 (122); 82, 159 (190); 108, 186 (233). Zum gleichen Ergebnis kommt Uibeleisen bei der Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 252 f. sowie Börner, DB 1981, 1655 (1656 f.), welcher die Beschlagnahme von Urkunden der Bank als Enteignung einstuft. 787 So tangiert das BVerfG die Untersuchung der Eigentumsgarantie nur BVerfGE 22, 380 (386 f.); BVerfGE 30, 292 (334 f.). 788 Ebenso zum Kontenabruf Hoffmann, WM 2010, 193 (200 f.); der jedoch zu einem anderen Ergebnis kommt und den Kontenabruf als unternehmensfremde Tätigkeit und damit als unverhältnismäßig ansieht; vgl. auch die Bewertung der Indienstnahme der Energiewirtschaft zum Erhalt von Kraftwerken Wolfers / ​Wollenschläger, N&R 2013, 251 (253). 789 Vgl. hierzu insbesondere das Urteil zur Erdölbevorratung BVerfGE 30, 292; auch zum Typus zählt Drüen die Heranziehung von Sachverständigen mit der Pflicht zur Gutachtenerstellung gegen gesetzlich vorgeschriebenes Entgelt, oder die Abnahmepflicht von Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Rahmen des EEG vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 101 f.; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 14 Rn. 378i. 790 Vgl. auch die Einordnung, in: die bereichsspezifische Typologie Teil 4 D. I.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Hinsicht sind die Einschränkungen der Ausübung des Gewerbebetriebs daher angemessen. Bei der Klassifizierung und jährlichen Meldung gewisser Informationen von Bestandskunden (Kontoeröffnungen vor 01.01.2016), wird darüber hinaus in der Hinsicht in die Eigentumsfreiheit eingegriffen, als dass der bestehende „Kunden­ stamm“ des Unternehmens angetastet wird. Bei Bestandkunden wird eine Meldung in der Weise generiert, als dass die im Stammdatensystem befindlichen Daten in detailliert vorgeschriebener Weise aufbereitet und gefiltert werden. Der Kunde selbst wird bei diesem Vorgang nicht einbezogen. Eine Eigentumsverkürzung mit verfassungsrechtlich bedenklichem Ausmaß ist hier jedoch nicht gegeben.791 Die Kundenbeziehung kann problemlos weiterbestehen. Auch liegt kein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil beim Kunden vor, wenn dieser an das Land seiner steuerlichen Ansässigkeit gemeldet wird. Mit einer vermehrten Vertragskündigung von Bestandskunden ist in Folge der Meldung somit nicht zu rechnen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass deutsche Mitwettbewerber ebenfalls verpflichtet sind, die Regelungen des FKAustG einzuhalten. Selbst wenn einzelne Kontoinhaber aufgrund der Meldung die Geschäftsbeziehung zum Institut beenden, werden diese Vermögenseinbußen voraussichtlich nicht eine unzumutbare Dimension annehmen.792 Ebenso verhält es sich, wenn Konten von Neukunden (Kontoeröffnungen ab 01.01.2016) nach dem Frage & Antwortkatalog der OECD zu CRS (Ziffer 22 „Timing of self-certifications“ zu „Section II–VII Due Diligence Requirements“793) in Zukunft nach 90 Tagen eingefroren werden müssen, falls sie keine Selbstauskunft bei Kontoeröffnung einreichen. Auch hier ist die Geschäftsbeziehung nicht aufgrund Gesetztes zu beenden. Vielmehr soll an die unvollständige Dokumentation eine Sanktion auf Ebene des Finanzinstitutes geknüpft werden. Bei Einreichung der Selbstauskunft, inklusive der Steuer-ID, kann die Kontenbeziehung problemlos wiederaufleben. In diesem Sinne ist überhaupt fraglich, ob ein Eingriff durch die vorübergehende Einfrierung der Konten vorliegt, da die Einschränkung nicht auf Dauer angelegt ist.794

791

Zum Schutz des Kundenstamms als Teil dessen, „[…] was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert des konkreten Betriebes ausmacht“, so BGHZ 23, 157; 30, 241; 45, 150 (155); BGH, 28.02.1980 – III ZR 131/77, VersR 1980, 715 (717); vgl. ferner BVerfGE 13, 225 (229 f.); 45, 142 (173); VerwG, 11.01.1983 – 8 B 91.82, NJW; VerfGH Bayern, 17.05.1982 – 25VII-80; NJW; Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 14 Rn. 95. 792 In Anlehnung an das Couponsteuerurteil BVerfGE 22, 380 (386): „Die Durchführung des Steuerabzugs belastet die Kreditinstitute nicht mit einer schlechthin unternehmensfremden Tätigkeit, bindet nur einzelne Betriebsmittel, die für die Betriebsführung nicht von ausschlaggebendem Gewicht sind, und beeinflußt ihren gewerblichen Gesamtgewinn nicht in maßgeblicher Weise.“ Vgl. zum Lohnsteuereinbehalt auch Heuermann, Systematik und Struktur der Leistungspflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1998, S. 248. 793 Siehe https://www.oecd.org/tax/exchange-of-tax-information/CRS-related-FAQs.pdf. 794 BGH, 30.09.1963 – III ZR 125/62, NJW 1964, 863; BVerwG, 27.05.1981 – VII C 34.77, NJW 1982, 63 f.; vgl. ebenso Papier, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 14 Rn. 103.

E. Speziell zur Legitimation der Indienstnahme im Rahmen des Austauschs 

221

Insgesamt betrachtet ist die Indienstnahme der Finanzinstitute nach dem FKAustG im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG nach der hier vertretenen Auffassung daher angemessen und verfassungskonform.795 5. Zwischenergebnis Die Indienstnahme für den automatischen Informationsaustausch über Kontendaten nach dem FKAustG sowie unter FATCA bildet einen umfangreichen Eingriff in die Berufs- wie Eigentumsfreiheit von Finanzdienstleistungsunternehmen. Dieser ist jedoch ganz überwiegend angemessen. Formell wurde das FKAustG im Eilverfahren rechtmäßig erlassen. Das durch die Thematik bedingte Mehrebenensystem aus völkerrechtlichen, europarechtlichen und nationalen Regelungen zum Konteninformationsaustausch haben jedoch Auswirkungen auf die materiell-rechtliche Verfassungsmäßigkeit der Indienstnahme. So wird dem Klarheits- und Bestimmtheitsgebot in Bezug auf die Meldeund Sorgfaltsregelungen zwar noch Genüge getan, die Verfassungsmäßigkeit des Bußgeldtatbestands gem. § 28 Abs. 1 FKAustG ist jedoch nicht gegeben.796 Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Indienstnahme ergibt sich ein differenziertes Ergebnis zwischen der generellen Zumutbarkeit der Maßnahme und der Zumutbarkeit bezüglich der Übernahme der Erstimplementierungskosten. Das Indienstnahmeziel, die Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung zur Wahrung der „Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit der Besteuerung“797, ist hierbei ein vernünftiger Grund des Allgemeinwohls. Diese Allgemeinwohlbelange werden durch den, aufgrund der Indienstnahme ermöglichten, automatisierten Austausch von Kontoinformationen im Wege der internationalen Amtshilfe geeignet und alternativlos gefördert. Eine solche Pflicht zur umfassenden Kontendatenerhebung, -verarbeitung und -übermittlung bedarf eines hinreichenden Indienstnahmegrundes, der sich durch die alleinige „Sachherrschaft“ über die Kontendaten und die damit verbundene besondere Sachnähe der Finanzinstitute

795

Gleiches Ergebnis wie bei Art. 12 Abs. 1 GG ergibt sich auch im Hinblick auf die Erstimplementierungskosten, vgl. Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (ee). Hier bestehen Zweifel an der Zumutbarkeit der Indienstnahme. Die Erstimplementierungskosten stellen regelmäßig Neuanschaffungen dar und mindern vornehmlich den Erwerb in den Jahren 2014 bis 2017. Gleichzeitig werden jedoch die Investitionen für IT, Personal und Unternehmensberatungsleistungen aus dem bereits „Erworbenen“ finanziert, weshalb auch Zweifel an der Zumutbarkeit der Kostentragung für die Erstimplementierungsmaßnahmen nach Art. 14 Abs. 1 GG vertretbar wären. Vgl. das Ergebnis zur Untersuchung der Researchpflicht nach § 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG a. F. als Indienstnahme bei Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 271. 796 Siehe auch kritisch die Anforderungen an das Klarheits- und Bestimmtheitsgebot aus Sichtweise der Kontoinhaber Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (2). 797 Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

zum Indienstnahmeziel begründet. Die Indienstnahme ist gleichfalls zumutbar, da sich die Melde- und Sorgfaltspflichten ganz überwiegend an die „banküblichen“ Prozesse anlehnen. So lässt sich beispielsweise die Datenerhebung der steuerlichen Ansässigkeit inkl. der Steuer-IdNr. in den bisherigen Konteneröffnungsprozess integrieren. Eine Zumutbarkeitsgrenze muss sich jedoch dort finden, wo selbstständige materiell-rechtliche Entscheidungen, beispielsweise über die steuerliche Ansässigkeit der Kontoinhaber, zu treffen wären. Diese Grenze wahrt der Pflichteninhalt der hier untersuchten Indienstnahme jedoch. Die Indienstnahme ist zunächst im Allgemeinen zumutbar. Die Übernahme der umfangreichen Erstimplementierungskosten durch die Finanzinstitute ist jedoch nach der hier vertretenen Auffassung unzumutbar. Verstärkt werden diese durch die nur sehr kurze Umsetzungsphase in den Jahren 2013 bis 2017, in welcher das FATCA- sowie das CRS-Regime umgesetzt werden mussten, ohne dass Anwendungsfragen gesetzlich abschließend geklärt waren. In der Gesamtbetrachtung ist eine stetige Zunahme variierender Indienstnahmeverpflichtungen des Finanzdienstleistungssektors zu beobachten. Die zunehmende Pflichtenübertragung führt im gleichen Zuge zu einer schrittweisen Schmälerung der Wirtschaftsfreiheit. Eine generelle Rechtfertigung dieser Schmälerung mit dem Argument, die Finanzinstitute hätten die Finanzkrise beträchtlich mitverschuldet, hebt den Ingerenzgedanken hervor, lässt sich aber nicht auf sämtliche Institute gleichsam übertragen. Ein auch in die Zukunft wirkendes Sektorverschulden, dass Grundrechtseingriffe des deutschen Gesetzgebers in solchem Ausmaß rechtfertigen kann, ist nicht ersichtlich. Wenn sich der Gesetzgeber der Finanzdienstleistungsbranche als „verlängertem Arm der Verwaltung“798 bedient, ist er auch angehalten, die Belastungskumulation im Auge zu behalten, zu evaluieren und gegebenenfalls auszugleichen. Eine rechtspolitische Möglichkeit wäre, die Indienstnahmeakte mehr miteinander abzustimmen, um Synergien zwischen den Pflichteninhalten herzustellen und die Belastungsintensität, insbesondere in Form der praktischen Umsetzungsaufwendungen, abzuschwächen. Die Institute sollten ihrerseits mithilfe der Verbände eine umfassende Kostenaufstellung für alle staatlichen Indienstnahmen durchführen, um die tatsächliche Belastung messbar zu machen und substanziiert darlegen zu können, dass diese die Grenze der Zumutbarkeit womöglich erreicht haben.799

798

Müller, DStZ 1997, 667 (667); a. F. Auflage 23; in Zusammenhang mit der Steueranmeldung, die einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichkommt insbesondere Trzaskalik, StuW 1993, 371 (375); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 130 f. und Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 127 f., der dies als „ausgelagerte Steuerüberwachung“ sieht. 799 Eine Kostenevaluierung in Form von Statistiken sieht Art. 8 Abs. 4 Amtshilferichtlinie zur Vorlage für die Kommission von den Mitgliedsstaaten bereits vor. Es geht aber nicht hervor, in welchem Umfang dies erfolgen sollte und ob auch die Erstimplementierungskosten der Finanzinstitute einzeln aufzulisten sind.

F. Die Indienstnahme im Rechtsverhältnis – Letztverantwortung des Staats? 

223

F. Die Indienstnahme im Rechtsverhältnis – Letztverantwortung des Staats? Die Indienstnahme lässt die private Finanzdienstleistungsbranche einmal mehr zum „verlängerten Arm der Finanzverwaltung“800 werden. Ohne hoheitliche Befugnisse auszuüben, stehen die Finanzinstitute als eine Art „Datensammel- und Aufbereitungsstelle“ zwischen Verwaltung und betroffenen Steuerpflichtigen.801 Diese Stellung führt unausweichlich zu der Frage nach der Ausgestaltung des Indienstnahmerechtsverhältnisses zwischen den Parteien, welche folgend im Überblick skizziert wird (Teil 4 F. I.).802 Dabei ist die konkrete Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses ebenso für den Befund der verfassungsrechtlichen Legitimierbarkeit der Indienstnahme ausschlaggebend. Die Ausgestaltung des Indienstnahmerechtsverhältnisses gemessen am verfolgten Indienstnahmeziel eröffnet einen realitätsbezogenen Gesamtblick, welcher über eine isolierte eingriffsbezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung hinausgeht.803 So werden alle Schwachstellen des Indienstnahmerechtsverhältnisses aufgezeigt (Teil 4 F. II.). Insbesondere steht hierbei die Thematik der Haftungsmodalitäten im Raum. Die Frage ist beispielsweise nach den Konsequenzen, wenn der Indienstgenommene etwaige Pflichtverletzungen im Rahmen der Melde- und Sorgfaltspflichten begeht und hierdurch eine fehlerhafte Meldung zum Schaden des betroffenen Kontoinhabers führt. Eine andere Gefahrenkonstellation ergibt sich bei Bedrohungen von außen, wie Hackerangriffen oder Datendiebstahl, die eine ungewollte Offenbarung der Daten und finanzielle Schäden zur Folge haben können. In diesem Zusammenhang sind auch Lösungsansätze zu beleuchten und insbesondere ist zu klären, ob dem Staat eine Art „Garantenstellung“ für die Gewährleistung einer korrekten rechtmäßigen Datenerhebung und Weiterleitung, insbesondere bei einer Weiterleitung an Drittländer, obliegt und wie diese im speziellen Indienstnahmerechtsverhältnis ausgestaltet ist. Die hier getroffenen Feststellungen bilden die Überleitung zur Kontoinhaberperspektive, die in Teil 5 dieser Arbeit untersucht wird.

800

Vgl. ebenso Müller, DStZ 1997, 667 (667); a. F. Auflage 23; in Zusammenhang mit der Steueranmeldung, die einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichkommt, insbesondere Trzaskalik, StuW 1993, 371 (375); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 130 f. und Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 127 f., der dies als „ausgelagerte Steuerüberwachung“ sieht. 801 Vgl. die Ausarbeitung Teil 4 C. II. 2. a). 802 Während die Rechtsbeziehungsmodalitäten bei Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf Private weitgehend aufgearbeitet sind, bleiben hier Fragen offen, vgl. ebenso Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (213). 803 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 309 ff., 312.

224

Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

I. Das Dreiecksrechtsverhältnis der Indienstnahme Die Indienstnahme nach dem FKAustG legt den privaten Finanzinstituten auf Dauer angelegte Pflichten auf. Es handelt sich hierbei nicht um einen punktuellen „Indienstnahmeakt“, sondern um ein „Rechtsverhältnis“ mit Dauerleistungspflichten.804 Da das Institut verpflichtet wird, Kontendaten Dritter an das BZSt zu übermitteln, handelt es sich um eine Dreiecksbeziehung zwischen (1) Indienstgenommenen und den betroffenen Kontoinhabern, (2) zwischen Staat und den betroffenen Kontoinhabern sowie zwischen (3) in Dienst genommenen Privaten und Staat (siehe Abbildung 2 unten). Während bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen der Grundrechtsuntersuchung von Art. 12 Abs. 1 GG lediglich der punktuelle Eingriff beziehungsweise die additive Gesamtbelastung ähnlich gelagerter Eingriffe untersucht werden konnte, ist mit Blick auf die trianguläre Rechtsbeziehung ebenfalls der betroffene Kontoinhaber in den Blick zu nehmen.805 Dem Indienstgenommenen werden Pflichten durch Gesetz auferlegt, ohne dass für die Durchführung der Pflichten hoheitliche Befugnisse übertragen werden. Das private Finanzinstitut besteht somit als Glied der Privatrechtsordnung weiter und wird weder selbst Finanzbehörde noch funktionaler Teil dieser.806 Die Beziehung zwischen Indienstgnommenem und Staat bleibt daher im Subordinationsverhältnis eine öffentlich-rechtliche.807 Mangels Statuswechsel entsteht somit auch kein staatsorganisationsrechtliches Innenverhältnis, sondern der in Dienst genommene selbst bleibt Grundrechtsberechtigter.808 Durch den Indienstnahmeakt wird infolgedessen ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis begründet.809 Im vorliegenden Fall betrifft dies die Ausführung der Melde- und Sorgfaltspflichten nach §§ 3, 7 ff. FKAustG, inklusive aller damit einhergehenden Nebenpflichten.810 Umgekehrt entsteht gleichzeitig eine Führsorgepflicht des Staats gegenüber dem Indienst­ 804 So bereits Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (149). Zur Ableitung eines Rechtsverhältnisses und nicht eines singulären Aktes m.w.N. auch aus der Rechtsprechung Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 299 ff. 805 Siehe Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 299 ff., 309, 313, welcher richtigerweise die Überprüfung der Ausgestaltung des konkreten Rechtsverhältnisses nach der eingriffsbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung auch einer realitätsorientierten Würdigung unterziehen will, vgl. S. 312. 806 Vgl. die Abgrenzung zum Beliehenen Teil 4 C. II. 2. a). 807 Vgl. Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (149), wobei Scholz die Beziehung eher als öffentlich-rechtliches Kooperationsverhältnis einstuft, vgl. ArchivPT 1995, 169 (178). Dies suggeriert jedoch eine gleichgestellte Beziehung, die die Pflichtenauferlegung – ohne jegliche Bevorteilung des Privaten – außer Acht läßt, siehe ebenso Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 (277); a. A. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 250 ff., 254; ders., in: DStJG 31 (2008), S. 167 (169). 808 Im vgl. zum Lohnsteuerverfahren ebenfalls Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 334; a. A. Kloubert, Rechtliche Stellung des Arbeitgebers beim Lohnsteuerabzug, 1988, S. 52 ff. 809 Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (149). 810 Ausführlich zum Pflichteninhalt Teil 4 C. II. 2. a).

F. Die Indienstnahme im Rechtsverhältnis – Letztverantwortung des Staats? 

1. Privatrechtliches Rechtsverhältnis

2. Öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis

Datenpreisgabe und privatrechtlich begrenzte Haftungsansprüche

Finanzinstitut

Keine Pflichten, wie bspw. Informationspflicht bei Drittlandsübermittlung durch ganz überwiegende Auslagerung aller Pflichten auf den Indienstgenommenen; jedoch Gewährleistungsverantwortung Datenpreisgabe; begrenzte öffentlichrechtliche Ansprüche (u. a. Auskunftsanspruch, aber kein Anspruch auf Gehör)

Kontoinhaber Mitwirkungs- und Duldungspflicht

Datenerhebung und -verarbeitung, Dokumentation und Information unter privatrechtlicher Haftung

225

Erfüllung des sanktionsbewehrten Pflichteninhalts nach FKAustG

Finanzbehörde (BZSt)

Erfüllung der Gewährleistungsverantwortung in Form von Kontrollen und Bußgeldsanktionierung; Verfahrensführsorgepflicht

3. Öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis

genommenen, da sich der Staat selbst eines Privaten bedient aber eine gewisse Gewährleistungsverantwortung beibehält.811 Wenn die Finanzdienstleistungsbranche Pflichten in diesem Umfang für öffentlich Zwecke übernimmt, müssen den Indienstgenommenen auch im gewissen Umfang Hilfeleistungen angeboten werden. So ist dies im Bereich der Umsetzung des CRS beispielsweise durch ein benutzerfreundliches Kommunikationshandbuch, die regelmäßigen Infobriefe des BZSts sowie die Kontaktmöglichkeit für technische Unterstützung geschehen.812

811

Vgl. zur Arbeitgeberindienstnahme m. w. N. BSG, Urteil v. 30.01.1990 – 11 Rar 11/89, BSGE 66, 188 (191); vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 57 ff. 812 Siehe die Hilfestellungen auf der Website des BZSts, unter: http://www.bzst.de/DE/ Steuern_International/CRS/Allgemeine_Informationen/Allgemeine_Informationen_node. html (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Vgl. auch als Argument der Angemessenheit Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2).

226

Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Mangels hoheitlicher Stellung des Indienstgenommenen bleibt das Verhältnis zwischen Kontoinhaber und Indienstgenommenen indes vollumfänglich privatrechtlicher Natur, was dazu führt, dass Konflikte in diesem Verhältnis privatrechtlich zu lösen sind.813 In diesem Fall ändert sich an dem Verhältnis zwischen Finanzinstitut und Kontoinhaber durch die Datenerhebung, -verarbeitung und -meldung nichts. „Umhüllt“ wird die Indienstnahme durch eine „Duldungs- und Mitwirkungspflicht“ des Kontoinhabers, der die Pflichten der Institute grundsätzlich hinnehmen muss.814 Der Kontoinhaber ist daher grundsätzlich verpflichtet, beispielsweise bei der Datenerhebung der steuerlichen Ansässigkeit inkl. Steuer-IdNr. mitzuwirken und die Datenklassifizierung und Meldung durch das in Dienst genommene Institut zu dulden.815 Einen Anspruch auf eine ausschließlich staatliche Durchführung der Aufgaben hat der betroffene Kontoinhaber nicht.816 Als drittes besteht ein Rechtsverhältnis zwischen Bürger und Staat, welches jedoch durch die Pflichtenübertragung an den Privaten nur sehr beschränkt ausgestaltet ist. Der Gesetzgeber hat beispielsweise den an sich bei Amtshilfeverfahren gem. § 117 Abs. 4 S. 3 AO bestehenden Anspruch auf rechtliches Gehör nach § 5 Abs. 8 FKAustG für den betroffenen Kontoinhaber ausgeschlossen.817 Welche Pflichten diesem Rechtsverhältnis jedoch trotz der Indienstnahme noch innewohnen und ob dem Staat eine Art „Letztgewährleistungsverantwortung“ für die ordnungsgemäße Erfüllung der übertragenen Pflichten trifft, wird in der Folge untersucht.818 Gleichzeitig werden die hier aufgezeigten Ausgestaltungsentscheidungen des Gesetzgebers im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Statthaftigkeit aus Perspektive der Kontoinhaber in Teil 5 untersucht.

813

Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (215 f.); Ipsen, in: Festgabe Kaufmann, 1950, S. 141 (158 ff.): Die in Dienst genommenen treten somit als „Private unter Privaten auf“. Die Banken sind dabei auch an die Gesetzes- und Verwaltungsvorgaben im Rahmen ihrer Indienstnahme gebunden und haben keinen eigenen rechtlichen Beurteilungsspielraum, wonach reine Falschmeldungen nicht im Privatrechtverhältnis zu lösen werden sind, sondern zwischen Betroffenen und Behörde, vgl. zu einer Parallele der Indienstnahme zur Steuerentrichtung im jüngsten Fall der Kapitalertragsteuer im Rahmen des Aktienssplits bei der Google Inc. m. w. N. Hoffmann, DStR 2016, 1848 (1851 f.); a. A. Fölsing, der einen zivilrechtlichen Erstattungsanspruch ableitet und den Banken eine rechtliche Prüfpflicht auferlegen will, DStR 2015, 2363 (2365). 814 Vgl. in Anwendung auf den Lohnsteuerabzug Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 327 f.; Heuermann, Systematik und Struktur der Leistungspflichten im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1998, S. 250. 815 Vgl. jedoch das Problem der Rechtsklarheit der Regelungen betreffend den Kontoinhaber Teil  5 B. IV. 3. c). 816 Vgl. zur Legitimation der Indienstnahme Teil 4 E. 817 Vgl ausführlich zu den sehr eingeschränkten Betroffenenrechten unter Teil 5 B. IV. 3. c) ​ bb) (4) (d) (bb). 818 Vgl. Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (226 ff.).

F. Die Indienstnahme im Rechtsverhältnis – Letztverantwortung des Staats? 

227

II. Schwachstellen und Ausgestaltungsdirektiven des Indienstnahmerechtsverhältnisses Die zuvor skizzierte Dreiecksbeziehung wirft verschiedene rechtliche und tatsächliche Fragen auf.819 Um diesen zu begegnen, sind Schwachstellen zunächst aufzuspüren, um nachstehend konkrete Lösungsansätze und Ausgestaltungs­ direktiven abzuleiten. 1. Schwachstellen Übernehmen Private anstatt des Staates Aufgaben für öffentliche Zwecke, hat dies automatisch eine Auswirkung auf die Stellung des betroffenen Bürgers. Bei einer Übertragung von Aufgaben mit Eingriffscharakter, wie im vorliegenden Fall der Kontendatenerhebung, -verarbeitung und -weiterleitung, muss der betroffene Kontoinhaber insbesondere eine Schlechterstellung im Vergleich zu rein staatlich ausgeführten Aufgaben für öffentliche Zwecke hinnehmen. Die verschiedenen Schwachstellen werden folgend aufgezeigt. a) Rechtsschutz- und Haftungsmängel Im Vergleich zu einer Datenerhebung und -verarbeitung unmittelbar durch die Finanzverwaltung steht den Kontoinhabern zunächst weniger Rechtsschutz zu.820 Die sonst durch Hoheitsmittel auszuführende Tätigkeit der Kontenklassifizierung und Erhebung nach den Sorgfaltspflichten wird in die privatrechtliche Sphäre integriert, obwohl sie ausschließlich einem öffentlichen Zweck, der Steuerhinterziehungs- und Missbrauchsbekämpfung, dient. Konkreter Indienstnahmegrund, dies sei an dieser Stelle nochmals erwähnt, ist die monopolartige „Sachherrschaft“ der Finanzinstitute über die Kontendaten, die es der Verwaltung unmöglich macht, die Aufgabe in gleicher Weise zu erfüllen. Lediglich Kontendaten bilden in geeigneter Form das Kapitaleinkommen ab und machen dies in Verbindung mit persönlichen Daten, wie Wohnort und Geburtsdatum, für die Besteuerung verwendbar. Die Institute sind dabei keine Grundrechtsverpflichteten, sondern bleiben Privatrechtssubjekte. Hierdurch kommt es zu einer Verkürzung des Grundrechtsschutzes der Kontoinhaber, denn der Grundrechtsschutz wird hier lediglich durch die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte über Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe erreicht, nicht jedoch in gleicher Intensität, dass sie direkt als Abwehrrechte

819

M. w. N. auch Drüen, DStJG 31 (2008), S. 167 (193 ff.). Lämmerzahl, Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 2007, S. 182 ff. Zu den Rechtsschutzproblemen auch ausführlich in der Grundrechtsuntersuchung in Teil 5 B. VI.; VII. 820

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

gegen den Staat angewendet werden können.821 Der Staat bleibt zwar weiterhin der Grundrechtsgebundener und die von ihm veranlassten Datenverarbeitungen sind grundrechtlich rechtfertigungsbedürftig, nicht jedoch muss der Staat für die einzelnen Fehler der Institute bei der Datenverarbeitung einstehen. Ebenso ist das Steuergeheimnis nach § 30 AO nicht für Private bindend.822 Die Strafbewährung bei einer Verletzung des Steuergeheimnisses gem. § 355 StGB, disziplinarrecht­ liche Sanktionen oder zivilrechtlichen Amtshaftungsansprüche auf Schadensersatz gegen den Staat nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB greifen damit nicht.823 Darüber hinaus kann aus der falschen Anwendung der Sorgfalts- und Melderegelungen durch die Institute, insbesondere bei unklarer Rechtslage, nicht zwangsläufig ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch für den Betroffenen erwachsen. Nach gängiger Rechtsprechung ist der Indienstgenommene an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und hat diese auch bei rechtlichen Zweifeln auszuführen.824 Zivilrechtliche Verpflichtungen gegenüber dem Kontoinhaber entstehen hierbei nicht, denn das zivilrechtliche Vertragsverhältnis wird, so der BFH bereits zum Lohnsteuerverfahren, „abgabenrechtlich überlagert“825 und bei grundsätzlich ordnungsgemäß ausgeführter Meldung fehlt es an einem vertragswidrigen Verhalten der Institute gegenüber ihren Kontoinhabern.826 Insbesondere bei aufgrund unsicherer Rechtslage entstandenen Fehlern wird demzufolge anzunehmen sein, dass diese nicht zwischen dem ohne rechtlichen Entscheidungsermessen ausgestatteten „ausführenden Verpflichteten“ und Betroffenen, sondern zwischen Betroffenen und Behörde auszufechten sind.827 Darüber hinaus wird im Einzelnen zweifelhaft 821

Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (216 f.); vgl. allgemein zur mittelbaren Wirkung der Grundrechten Herdegen, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 59 ff., grundsätzlich sind die Institute als Private nicht Grundrechtsgebunden, vgl. Rn. 99 ff., insbes. Rn. 102. 822 Rüsken, in: Klein, AO, § 30 Rn. 31 f., insbes. parallel in Bezug zu Abzugsverpflichtete Rn. 37. Mit weiteren Beispielen Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S.  97 (100 f.); sowie Alber, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 30 AO Rn. 30b. Kritisch Koch  / ​ Wolter, Das Steuergeheimnis, 1958, S. 167, die eine Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereiches des Steuergeheimnisses fordern. 823 Rüsken, in: Klein, AO, § 30 Rn. 31 f., insbes. parallel in Bezug zu Abzugsverpflichtete Rn. 37. 824 RFH v. 03.02.1925 – I D 3/24, RFHE 15, 239, 240; BGH v. 12.05.2005 – VII ZR 97/04, DStRE 2005, 1334; BGH v. 17.07.2001 – X ZR 13/99, NJW-RR 2002, 591 (592); v. 12.05.2005 – VII ZR 97/04, DSTRE2005, 1334; vgl. ebenso Fetzer, in: MüKoBGB, § 362 Rn. 14; Dennhardt, in: Bamberger / ​Roth / ​Hau / ​Poseck, BeckOK BGB, § 362 Rn.  17; Hoffmann, DStR 2016, 1848 (1850 f.); a. A. Fölsing, der einen zivilrechtlichen Erstattungsanspruch ableitet und den Banken eine rechtliche Prüfpflicht auferlegen will, DStR 2015, 2363 (2365). 825 RFH v. 03.02.1925 – I D 3/24, RFHE 15, 239, 240 (242). 826 Vgl. zum Steuerabzug BGH v. 12.05.2005 – VII ZR 97/04, DStRE 2005, 1334; BGH v. 17.07.2001 – X ZR 13/99, NJW-RR 2002, 591 (592); v. 12.05.2005 – VII ZR 97/04, DStRE 2005, 1334. 827 Ein solcher Fall könnte bspw. dann vorliegen, wenn, ev. aufgrund der vom Kontoinhaber gemachten widersprüchlichen Angaben, die Kontendaten mit verschiedenen steuerlichen Ansässigkeiten durch die Institute an das BZSt gemeldet werden und hiernach das BZSt diese Daten an mehrere Jurisdiktionen weiterleitet; ebenso bei der Kapitalertragsteuerabführung Hoffmann, DStR 2016, 1848 (1850 f.).

F. Die Indienstnahme im Rechtsverhältnis – Letztverantwortung des Staats? 

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bleiben, inwieweit sich tatsächlich eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte bei einem Pflichtverstoß der Finanzinstitute, beispielsweise bei nicht ordnungsgemäß durchgeführter Information des Kontoinhabers vor Meldung, überhaupt entfalten kann.828 Bei der mit der Indienstnahme verbundenen Ausweitung der Datenverarbeitung durch die Institute bleiben nach der hier vertretenen Auffassung generelle Verstöße im Hinblick auf das Datenschutzrecht unberührt. Die Finanzinstitute handeln, ungeachtet ihrer äußerst limitierten materiellen Entscheidungsbefugnis, nicht nur als bloße „Marionette“ des Verantwortlichen.829 Vielmehr sind sie nach Erwägungsgrund (12) und Art. 25 Abs. 2 Amtshilferichtlinie selbst Verantwortliche der Datenverarbeitung i. S. d. Datenschutzrichtlinie 95/46/EG.830 Es handelt sich damit nicht um eine bloße Auftragsverarbeitung i. S. v. Art. 4 Nr. 8 DS-GVO.831 Es fehlt hier bereits an einem Auftragsverarbeitungsvertrag oder einer gesetzlichen Grundlage i. S. v. Art. 28 UAbs. 1 S. 1 Hs. 1 DS-GVO.832 Finanzinstitute sind selbst durch Gesetz zur Datenverarbeitung befugt beziehungsweise verpflichtet und damit selbst Verantwortliche. Schadensersatzansprüche der Kontoinhaber beispielsweise nach Art. 82 DS-GVO sind damit weiterhin zulässig.833 Bei Schadensersatzansprüchen des betroffenen Kontoinhabers gegenüber den Finanzinstituten ändern sich bei der Verlagerung der Pflichten in den Privatrechtssektor ebenfalls die Haftungsmodalitäten. So müssen Schadensersatzansprüche den zivilrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen des BGB auch i. V. m. Art. 82 DS-GVO genügen.834 Wie bereits oben ausgeführt, wird insbesondere der Nach 828 So sind Grundrechtseingriffe im Rahmen der Indienstnahmen für die Überwachung und sonstigen Informationsgewinnung zur Bekämpfung von Geldwäsche richtigerweise voll dem Staat zuzurechnen, vgl. Herdegen, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 102. 829 Siehe auch die Abgrenzung zum Verwaltungshelfer Teil 4 C. I. 2. a). 830 Nunmehr wird der Verantwortliche in Art. 4 Nr. 7 DS-GVO definiert, wonach er auch Verantwortlicher der Datenverarbeitung sein kann, wenn die Verarbeitung durch Unions- oder nationales Recht vorgeschrieben wird. Seine Verantwortung ist in Art. 24 ff. DS-GVO geregelt. Es ist davon auszugehen, dass die Amtshilferichtlinie zukünftig auf die DS-GVO verweisen wird. 831 Ernst, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 4 Rn. 56 und Martini, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO, Art. 28 Rn. 1 ff., vgl. hierbei zur behördlichen Anordnung Petri, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 11 Rn. 26. Auch im Vergleich die Abgrenzung zum bloßen Verwaltunghelfer Teil 4 C. I. 832 Ernst, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO, Art. 4 Rn. 56; Martini, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO, Art. 28 Rn. 24 ff. Als Beispiel für eine gesetzliche angeordnete Auftragsverarbeitung kann § 1 AZRG dienen. Hier wird, anders wie im FKAustG, ausdrücklich die Beziehung zwischen Verantwortlichen und Auftrags­ verarbeiter geregelt. Im Gegensatz wendet sich das FKAustG dem Wortlaut nach direkt an die Institute als Verantwortliche. 833 Ausfühlich Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 82 Rn. 1 ff. 834 Anders Riepen, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren, 1967, S. 43, welcher die Möglichkeit zur Anwendung von Staatshaftungsansprüche auf Indienstgenommene für denkbar hält; a. A. Lämmerzahl, Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 2007, S. 198.

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

weis vertragswidrigen Verhaltens der Institute problematisch.835 Darüber hinaus sind Kompensationsleistungen an die geringere Bonität des Privaten geknüpft. Kommt es beispielsweise zu einem Datendiebstahl des CRS-Meldefiles, haftet das Finanzinstitut bei fahrlässiger Nichtbeachtung der Datenschutzvorschriften privatrechtlich beziehungsweise nach Art. 82 DS-GVO und kann für mögliche Schäden der Betroffenen nur mit der eigenen Bonität einstehen, welche in Deutschland regelmäßig immer geringer sein wird als die des Staats.836 Unklar ist überdies, ob eine Haftungsbeschränkung nach § 32 AO analog für den Indienstgenommenen anwendbar ist und daher der betroffene Kontoinhaber lediglich limitiert restituiert werden kann.837 Zwar handelt es sich bei der hier untersuchten Indienstnahme nicht um eine direkte Steuerabführung, jedoch kann die Kontenmeldung unmittelbare Auswirkung auf die Steuerfestsetzung nach sich ziehen. Diese Frage wird erst jedoch relevant bei der zukünftigen Erweiterung auf Inlandsmeldungen, denn im Ausland kann § 32 AO ohnehin keine Wirkung entfalten. Zusammenfassend ist demgemäß zu konstatieren, dass bei fehlerhafter Meldung nach dem FKAustG grundsätzlich nicht der Indienstgenommene, sondern die Behörde Anfechtungsgegner ist. Bei zurechenbaren datenschutzrechtlichen Verstößen des Indienstgenommenen hingegen sind die generellen Haftungsregelungen des BGB, auch i. V. m. Art. 82 DS-GVO, anwendbar. b) Perpetuierungseffekt Bei der Übertragung der öffentlichen Aufgabe an den Privaten ist darüber hinaus ein „Perpetuierungseffekt“838 ersichtlich. Änderungen des Pflichteninhalts der Indienstnahme wirken zunächst nur zwischen Privaten und Staat, nicht jedoch ipso jure auch gegen die betroffenen Kontoinhaber.839 Erleichtert der Staat die Melde- und Sorgfaltspflichten, da beispielsweise bei Erhebung und Meldung der Steuer-IdNr. die gleichzeitige Meldung des Geburtsdatums nicht mehr erforderlich erscheint, wirkt diese Erleichterung nicht automatisch gegenüber dem Betroffenen. Vielmehr ist dieser an die zeitnahe praktische Umsetzung der geänderten Vorgaben durch den Indienstgenommenen gebunden. Auch wenn den Instituten durch Gesetz beziehungsweise BMF-Schreiben Wahlrechte, wie die Durchführung eines vereinfachten Hausanschrifttests nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG eingeräumt 835

Auch fehlt es im Zweifel an einem in § 280 Abs. 1 BGB geforderten ersatzfähigen Schaden, den der Kontoinhaber wird in seiner Veranlagung im Wohnsitzland regelmäßig nochmals die Chance zur Verifizierung der Daten in der Einkommenserklärung bekommen. 836 Vgl. Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (217.). 837 Mit Blick auf das Lohnsteuerverfahren, Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 315 ff., generell zu dieser Haftungsbeschränkung ders., in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 32 AO, Rn.  1 ff. 838 Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (218 f.). 839 Ebd.; so müssen bspw. bei Erleichterungen der Erdölbevorratungspflicht ersparte Kosten nicht direkt als Preissenkungen an den Bürger weitergegeben werden.

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werden, besteht kein Anspruch des Kontoinhabers zur Anwendung der in seinen Augen eingriffsabschwächenden Methode.840 c) Staatlicher Kontrollverlust Weitere Kehrseite einer Pflichtenauslagerung in den Privatsektor ist der Kontrollverlust des Staats.841 Private werden nur durch bislang noch nicht in der Praxis vorgenommene oder detailliert geregelte Sonderprüfungen des BZSts nach § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 bis 203 AO auf ordnungsgemäße Einhaltung der Melde- und Sorgfaltsbestimmungen kontrolliert. Dies bedeutet weniger Kontrolle und mehr Steuerungsverluste, im Vergleich einer staatlich vorgenommenen Aufgabe. In Bezug auf die Grundrechtsbetroffenheit des Kontoinhabers wirkt diese Einschränkung allerdings nur begrenzt, da erst ab Drittlandsübermittlung eine Grundrechtseinschränkung wahrscheinlich erscheint. Bei dieser ist jedoch das BZSt, als staatliche Stelle, zwischengeschaltet.842 d) Regelungslücken des Gesetzes Haupt- wie Nebenpflichten und Haftungsmodalitäten der Rechtsbeziehungen untereinander sind nicht vollumfänglich durch das FKAustG geregelt.843 Das Indienstnahmegesetz enthält zwar die ausführlichen Bestimmungen zur Umsetzung der Melde- und Sorgfaltspflichten für Finanzinstitute nach §§ 3, 7 ff. FKAustG sowie deren Sanktionsbestimmung nach § 28 Abs. 1 FKAustG, auch adressiert es Pflichten an den Staat, wie beispielsweise in §§ 2, 5 FKAustG, konkrete Rechte beziehungsweise Pflichten der betroffenen Kontoinhaber gegenüber den Indienstgenommenen oder dem Staat enthält das Gesetz jedoch nicht.844 Im Allgemeinen wendet sich das FKAustG in keiner der Bestimmungen, bis auf den Ausschluss des rechtlichen Gehörs in § 5 Abs. 8 FKAustG, an den betroffenen Bürger selbst. 840 Das BMF-Schreiben Rn. 301 enthält bspw. das Wahlrecht für die Institute bereit, die Schwellenregelung anzuwenden, welche schlussendlich zu einer für den Kontoinhaber entscheidungserheblichen Meldung oder Nichtmeldung führen kann. 841 Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (220); vgl kritisch bei Vorbereitungshandlungen von Hilfspersonen im Bereich des Meldewesens als „hoheitlicher Meldedatenbestand“: Heckmann / ​Braun, BayVBl. 2009, 581 (585 f.). 842 Im Detail zur verfassungsrechtlichen Prüfung der Kontendatenübermittlung an das Ausland, siehe Teil 5 B. IV. 2.; vgl. hierzu auch die verfassungsstrukturellen Schranken der Indienstnahme unter Teil 4 E. II. 843 Vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 315 ff; a. A. Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, 1973, S. 120, welcher keinen strikten gesetzesförmlichen Vorbehalt bei steuerlichen Nebenpflichten fordert. 844 Vgl. zur Unbestimmtheit des Gesetzes ausführlich auch im Unterschied zu der liechtensteinischen Umsetzungsgesetzgebung des CRS Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (6).

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Teil 4: Die Stellung der Finanzinstitute 

Diese Offenheit des Gesetzes und die damit verbundene Rechtsverhältnisunklarheit zeigt ebenfalls unmittelbare Auswirkung auf den Rechtsschutz des Bürgers. Denn auch der Rechtsschutz zeigt gleichermaßen Unklarheit auf, beispielsweise bei der Bestimmung des einschlägigen Rechtswegs.845 e) Machtzuwachs des Indienstgenommenen Des Weiteren ist ein Machtzuwachs des Indienstgenommenen zu beobachten. Da keine Hoheitsrechte übertragen werden, spielt sich dieser Machtzuwachs zwar nicht auf der „Ebene des rechtlichen Dürfens ab, jedoch hat er Einfluss auf das tatsächliche Können des Indienstgenommenen“846. Da die Daten gem. § 3 Abs. 2 FKAustG nur zweckbezogen für die Meldung verwandt werden dürfen, besteht jedoch grundsätzlich keine Gefahr einer Ausnutzung dieses sehr limitierten Machtzuwachses.847 Außerdem ändert dieser geringe Machtzuwachs der Finanzinstitute nichts an ihrer Stellung als Privatrechtssubjekt und Grundrechtsträger.848 2. Lösungsansatz Die aufgezeigten Schwachstellen, welche der Indienstnahme insbesondere gegenüber den Drittbetroffenen, hier den Kontoinhabern, innewohnen, bedürfen einer Lösung. Diese leitet sich insbesondere aus der nachfolgend darzustellenden „Garantenstellung“ des Staats ab. a) Garantenstellung des Staats Eine Lösung für die voranstehend erörterten Problemstellungen eröffnet sich nur, indem man auch die Beziehung zwischen Bürger und Staat als flankierend ansieht und nicht nur auf das Verhältnis zwischen Indienstgenommenen und Bürger abstellt.849 Die verfassungsrechtliche Rechtmäßigkeit der Ausgestaltungsdirek­tiven 845 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 319: „Rechtsschutzunklarheit als Folge der Rechtsverhältnisklarheit“, mit Beispielen zum Lohnsteuerabzug und insbesondere zur Frage nach dem Gerichtsweg zur Ausstellung und Änderung der Lohnsteuerbescheinigung m. w. N., S. 320 f.; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (194 ff.). Vgl. zum Rechtsschutz bei der vorliegenden Untersuchung Teil 5 B. VI.; VII. 846 Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (219 f., insbes. 225 ff.). 847 Wohl ergibt sich jedoch eine tatsächliche praktische Auswirkung des Machtzuwachses, bspw. wenn der Bankberater die ausländische steuerliche Ansässigkeit bei Kontoeröffnung aufnimmt und gleichzeitig spezielle Produkte, insbesondere im Wealth Management Bereich, anbietet. 848 Vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 255 ff. 849 Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (226 ff.).

F. Die Indienstnahme im Rechtsverhältnis – Letztverantwortung des Staats? 

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ist neben den Grundrechten des Indienstgenommen auch an den Grundrechten des drittbetroffenen Kontoinhabers zu messen.850 So ist die zuvor geschilderte unbefriedigende Rechtsschutzsituation auch an den verfassungsrechtlichen Ansprüchen des Art. 19 Abs. 4 GG zu messen. Gleichzeitig sind die Melde- und Sorgfaltspflichten nach §§ 3, 7 ff. FKAustG Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG der Kontoinhaber und daher verfassungsrechtlich insbesondere am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu messen.851 Darüber hinaus sind die europäischen Grundrechtsvorgaben zu beachten.852 Durch die Indienstnahme wird nur eine organisatorische Übertragung von Pflichten vorgenommen, es findet keine vollumfassende Verantwortungsübertragung statt – auch weil keine Übertragung hoheitlicher Befugnisse vorgesehen ist und staatsorganisatorisch die Indienstgenommenen kein Teil der Finanzverwaltung werden.853 Das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG, der Funktionsvorbehalt nach Art. 33 Abs. 4 GG und die Steuerverwaltungshoheit nach Art. 108 GG sind keine unüberbrückbaren Privatisierungssperren.854 Sie stehen einer Legitimation der vorliegenden – ohnehin für die Finanzverwaltung praktisch selbst undurchführbaren  – Aufgabenübertragung grundsätzlich nicht im Weg, jedoch sperren die verfassungsstrukturellen Legitimationsschranken den vollumfassenden Verantwortungsentzug des Staats.855 So lässt sich aus diesen verfassungsstrukturellen Vorgaben, insbesondere aus dem Demokratieprinzip, ableiten, dass der Staat nicht frei von seiner Grundrechtsbindung wird und die Aufgabenübertragung für öffentliche Zwecke insoweit kompensieren muss, als er deren ordnungsgemäße Erfüllung durch den Privaten sicherstellt.856 Der Staat verpflichtet den Privaten zur

850 So führt Gallwas aus: „Die Einordnung in die herkömmlichen Kategorien des zivilen und des öffentlichen Rechts seien nicht maßgeblich. Es verbiete sich, die Unterbringung so zu würdigen, als ob die Freiheitsentziehung sich im Rahmen privatrechtlicher Beziehung zwischen Staatsbürgern abspielte. Der Staat könne sich von der Grundrechtsbindung nicht dadurch befreien, daß er einen Privatmann zur Wahrung einer öffentlichen Aufgabe bestellt und ihm die Entscheidung über den Einsatz staatlicher Machtmittel überläßt.“, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (227 f.); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 369 f.; ders., DStJG 31 (2008), S. 167 (189 ff.). 851 Siehe die umfassende Grundrechtsuntersuchung unter Teil 5 B. IV. 852 Vgl. den Legitimationsmaßstab zur Bewertung der Kontoinhaberstellung Teil 5 B. II. 853 Siehe auch Allgemein zur Verantwortungslehre im Zusammenhang mit der Indienstnahme Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 83, 86, welcher die Inpflichtnahme als materielle Privatisierung einordnet und damit die Gesamtverantwortung beim Indienstgenommenen sieht aber dennoch eine Art Restverantwortung beim Staat bejaht. 854 Siehe zu den verfassungsstrukturellen Schranken der Indienstnahme Teil 4 E. II. 855 Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 372. Siehe auch Uibeleisen, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inpflichtnahme Privater, 2005, S. 83, 86, 212 ff. und im Hinblick auf die innere Sicherheit 188 ff. 856 Siehe hierzu insbesondere das Demokratieprinzip, welches bei vorliegender Indienstnahme nur ein geringes demokratisches Legitimationsniveau erfordert und von dem Grundprinzip einer lückenlosen Legitimationskette abweichen kann, sodass punktuelle Kontrollen

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Ausführung von Grundrechtseingriffen gegenüber den Betroffenen und fordert gleichzeitig die Duldung dieser Eingriffe durch den Grundrechtsträger.857 Das Indienstnahmeziel, die Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung im Wege der internationalen Amtshilfe, dient unmittelbar der verfassungsrechtlichen Vorgabe der „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“. An dieses Gebot muss sich der Staat seinerseits halten, wenn er Regelungen zur Umsetzung dieses Ziels erlässt und sich hierbei privater Dritter zur Erfüllung bedient. Durch die Einschaltung von Finanzinstituten zur Kontendatenverarbeitung und -meldung obliegt dem Staat demgemäß, ähnlich wie beim Steuerabzug, eine bereits von Gallwas858 erarbeitete „Garantenstellung“.859 Hiernach bleiben „die Organe des Gemeinwesens […] grundsätzlich auch dann für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften verantwortlich, wenn sie Aufgaben von Privaten erfüllen lassen. Mit der Übertragung rücken sie im Verhältnis zu den einzelnen Bürgern und der Allgemeinheit in eine Garantenstellung ein“860. Diese Letztverantwortung des Staats ist durch eine Gewährleistungs- und Überwachungsfunktion sicherzustellen.861 b) Ausformung der Garantenstellung des Staats im Finanzkonteninformationsaustauschverfahren Die Ausfüllung seiner rechtsstaatlich gebotenen Garantenstellung nimmt der Staat im konkreten Indienstnahmeverhältnis des FKAustGs durch zwei verschiedene Aspekte wahr. Zum einen fungiert das BZSt als zwischengeschaltete öffentliche Stelle, als „Garant“, bevor eine Weiterübermittlung der Kontendaten an das Ausland erfolgt. Des Weiteren sieht § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 bis 203 AO die Prüfung der in Dienst genommenen Finanzinstitute bezüglich der Einhaltung

nach hier vertretener Auffassung dem Demokratieprinzip Genüge tun, vgl. Teil 4 E. II. 1. dieser Schrift; vgl. auch Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 525 f.; 458 ff. 857 Drüen bezeichnet dies im Hinblick auf die Steuerabführung als „[…] zwei Seiten derselben, vom Staat geprägten Medaille.“ die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 370. 858 Herausgebildet von Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (219 ff., insbes. 225 ff., 228); ebenso generell bei Indienstnahmen die Gewährleistungsverantwortung und Garantenstellung des Bundes bestätigend Ibler, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 86 Rn. 120. 859 Ausführlich bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 370 ff. sowie zur Steueranmeldung und der staatlichen Gewährleistungsfunktion S. 255; zum erhöhten Kontrollbedürfnis bei der Steueranmeldung auch Trzaskalik, StuW 1993, 371 (376); siehe zur Gewährleitungsverantwortung des Staates im Datenschutzrecht Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), S. 513 (537 f.). Hiervon abzugrenzen sind jedoch die datenschutzrechtlichen Grundverpflichtungen, welche haftungsbewert weiterhin vollumfänglich den Finanzinstituten obliegen da es sich um keine Auftragsverarbeitung i. S. d. Art. 4 Nr. 8 DS-GVO handelt, vgl. Teil 4 F. II. 1. a). 860 Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (228). 861 Ebd. (229 ff.); zum Erfordernis der Kontrolle als Statut des „absoluten Rechtsstaats“, Huber, DVB1. 1952, 456 (460).

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der Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG vor. Der Staat erfüllt seine Garantenstellung somit auch in Ausformung einer Kontrollfunktion.862 aa) BZSt als zwischengeschaltete öffentliche Stelle vor Meldung an das Ausland Ihre praktische Ausformung findet die Garantenstellung zum einen, indem vor einer Meldung an das Ausland das BZSt als staatliche Stelle nach § 5 Abs. 1 FKAustG zwischengeschaltet ist.863 Finanzkontendaten werden somit nicht, wie ursprünglich unter dem FATCA-Regime vorgesehen, direkt durch die Finanzinstitute an das Ausland übermittelt.864 Vielmehr behält sich der Staat die Datenübermittlung in den außerdeutschen Rechtsraum nach §§ 2, 5 Abs. 2 vor.865 Er bleibt somit letztverantwortlich bei einer Falschmeldung an das Ausland. Dies erscheint insbesondere deshalb notwendig, da die Meldung an das Ausland, im Speziellen an Drittländer mit niedrigerem Datenschutzniveau, von höherer Eingriffstiefe gezeichnet ist, als die bloße Datenverarbeitung beim in Dienst genommenen inländischen Finanzinstitut.866 bb) Außenprüfung als Kontrollgarant Die zweite praktische Ausformung der Garantenstellung des Staats besteht in einer Kontrollfunktion, die im Rahmen der anlasslosen Außenprüfung bei Finanzinstituten nach § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 bis 203 AO erfüllt werden soll.867 862

Siehe auch zum staatlichen Optimierungsauftrag des Gesetzesvollzugs im Massenfallverfahren Drüen, in: Schön / ​Beck, 2009, S. 1 (5 ff.); Seer, in: DStJG 31 (2008), S. 7 (16 ff.); vgl. auch das Kontrollbedürfnis bei der Indienstnahme zum Steuervollzug Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 525 f.; 458 ff. 863 Es ist nicht abschließend klar, in welchem Ausmaß die Kontendaten ausländischer Steuerpflichtiger vom BZSt vor Übermittlung an das Ausland tatsächlich ausgewertet werden. Hierzu veröffentlichte Gesetze oder Verwaltungsanweisungen fehlen. Es wird angenommen, dass das BZSt nur eine formelle Prüfung hinsichtlich offensichtlicher Unrichtigkeiten des Datenfiles vornimmt und nur als „technische Weiterleitungsstelle“ fungiert, denn für den deutschen Steuerstaat sind grundsätzlich erst die reziprok empfangenen Daten von in Deutschland steuerlich Ansässigen nach § 5 Abs. 3 FKAustG von Nutzen (Welteinkommensprinzip). Die bei deutschen Finanzinstituten erhobenen Daten können im Generellen auch zur Verifizierung deutscher Steueransprüche nach § 5 Abs. 4 FKAustG (insbesondere Quellensteuern) genutzt werden, dienen aber primär der Übermittlung an das Ausland. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Daten einer materiellen Prüfung durch das BZSt vor Auslandsübermittlung unterzogen werden. 864 Hierzu im Detail Teil 2 B. I. 865 Wie dies am Ende tatsächlich eine Auswirkung auf die Grundrechtseinschränkung der betroffenen Kontoinhaber wirkt, wird in Teil 5 B. erläutert. 866 Siehe zu der Eingriffsbeschreibung im Detail Teil 5 B. IV. 2.  867 Zum Charakter der Außenprüfung im Allgemeinen und mit Verbindungen zu anderen Kontrollmaßnahmen, wie der Steuerfahndung, Rüsken, DStJG 31 (2008), S. 243 (244 ff.); sowie

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Hier wird die ordnungsgemäße Einhaltung der nach dem FKAustG auferlegten Melde- und Sorgfaltspflichten, besonderen Sorgfaltspflichten sowie ergänzenden Melde- und Sorgfaltsvorschriften für Finanzkonteninformationen überprüft.868 Ähnlich wie bei der Lohn- und Abgeltungsteuer, wo eine reine „Fiskalkontrolle“ zur richtigen Höhe der abgeführten Steuer durchgeführt wird, ist hier die Prüfung der korrekten Datenerhebung, -klassifizierung und Meldung nach den Vorgaben des FKAustG vorgesehen.869 Der Prüfungsumfang einer solchen steuerlichen Außenprüfung lässt jedoch bereits nach Wortlaut und systematischer Auslegung Zweifel aufkommen. So verweist § 5 Abs. 6 FKAustG auf die originären Bestimmungen der Abgabenordnung zur Außenprüfung gem. §§ 193 bis 203 AO. Nach § 194 Abs. 1 S. 4 AO ist der sachliche Umfang der Außenprüfung jedoch bei steuerlichen Verhältnissen „anderer Personen“ darauf begrenzt, dass „der Steuerpflichtige verpflichtet war oder verpflichtet ist, für Rechnung dieser Personen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen; dies gilt auch dann, wenn etwaige Steuernachforderungen den anderen Personen gegenüber geltend zu machen sind“870. Ein solcher Verweis ist irreführend, denn bei den Kontenmeldeverfahren agieren die Finanzinstitute nicht als Steuerentrichtungsverpflichtete, sondern schlicht als „Datensammler und Datenübermittler“. Insoweit ist auch bei entsprechender Anwendung im Einzelnen unklar, wie weit der sachliche Umfang der Außenprüfung tatsächlich reicht und wie §§ 193 bis 203 AO sinngemäß Anwendung finden sollen.871 Bei Anwendung der allgemeinen Betriebsprüfungsordnung872 wird voraussichtlich der Verwaltung ein weitreichendes Ermessen zustehen, insbesondere ob nach § 2 Abs. 3 BpO überhaupt eine Prüfung durchgeführt wird, aber auch in welchem Umfang diese stattfinden wird, vgl. § 4 Abs. 1 BpO. Hervorzuheben ist allerdings, dass die Finanzbehörde gem. § 2 Abs. 1 S. 2 BpO bei der Anordnung und Durchführung von Prüfungsmaßnahmen im Rahmen ihrer Ermessensausübung die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und insbesondere des geringstmöglichen Eingriffs zu beachten hat. Für einen Zugewinn an Rechtssicherheit und -klarheit erscheint ein BMF-Schreiben mit Erläuterungen zur Außenprüallgemein zur Außenprüfung Rüsken, in: Klein, AO, § 194 Rn. 1 ff.; Intemann, in: Koenig, AO, § 194 Rn. 1 ff.; zur digitalen Außenprüfung Schüßler, Der Datenzugriff der Finanzverwaltung im Rahmen der (digitalen) Außenprüfung, 2010, S. 16 ff.; Drüen, StuW 2003, 205 ff. 868 Nähere Erkenntnisse zum regelmäßigen Umfang der Prüfung liegen mangels praktischer Ausführung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor. Im Hinblick auf die Beleihung von Übertragungsnetzbetreibern und die Schaffung eines notwendigen staatlichen Aufsichtsregimes Wolfers / ​Wollenschläger, N&R 2013, 251 (254). 869 Ausführlich zur Kontrolle via Außenprüfung im Lohnsteuerverfahren Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 363 ff. 870 Vgl. ausführlich zur Norm Rüsken, in: Klein, AO, § 194 Rn. 10; Intemann, in: Koenig, AO, § 194 Rn. 39 f. 871 Zum Umfang der digitalen Außenprüfung allgemein Schüßler, Der Datenzugriff der Finanz­verwaltung im Rahmen der (digitalen) Außenprüfung, 2010, S. 56 ff. 872 Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung – Betriebsprüfungsordnung – (BpO 2000) v. 15.03.2000 (Bundesanzeiger Nr. 5, S. 368; BStBl I S. 368), zuletzt geändert durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift v. 20.07.2011 (BStBl I S. 710).

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fung angebracht. Dieses würde die präventiven Fürsorge- und repressiven Kon­ trollgebote des Staats im Indienstnahmerechtsverhältnis darstellen.873 Ungeachtet dieser Zweifel sichert eine staatliche Überprüfung zur Einhaltung der Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG zunächst die notwendige Datenqualität für die Erfüllung des Indienstnahmeziels – des automatischen Kontendatenaustauschs zur Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung im Wege der Amtshilfe. Auch sichert ein auf die Einhaltung der Melde- und Sorgfaltspflichten zugeschnittener Außenprüfungsumfang unmittelbar die zweckgebundene und auf gesetzlicher Erlaubnisnorm basierte Datenverarbeitung.874 Neben den unmittelbaren Kontrollfunktionen werden zudem mittelbare Gewährleistungen durch die Außenprüfung erfüllt. Eine umfangreichere Kontrolle via Außenprüfung mindert mittelbar auch die Gefahr mangelnder Objektivität und persönlicher Distanz sowie nur geringer fachlicher Eignung, die durch den Indienstnahmegrund der monopolartigen „Sachherrschaft“ über die Finanzkontendaten zunächst erduldet werden muss.875 Dies folgt aus den Melde- und Sorgfaltsbestimmungen selbst, denn sie lassen bei ordnungsgemäßer Implementierung und Ausführung den Indienstgenommenen keine materiell-rechtlichen Prüfungskompetenzen oder Entscheidungen, im Umkehrschluss also keinen Raum für Fehler in diesem Bereich.876 Hier verläuft die Grenze zwischen Mitwirken und Mitentscheiden, welche insbesondere im Hinblick auf grundrechtsrelevante Entscheidungen gegenüber Dritten zum Kontrollerfordernis des Staates führt. Gleichwohl ist die Qualität der Erfüllung der Garantenstellung des Staates im Rahmen der Außenprüfung letztlich in erheblichem Maß durch den tatsächlichen Prüfungsumfang und die tatsächliche Prüfungsdichte bedingt.877 Wie diese in Praxis aussehen vermag, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Seine Grenze findet die im FKAustG vorgesehene staatliche Kontrolle jedoch dann, wenn es um die Einhaltung der generellen Datenschutzvorschriften geht.878 873

Zu den Führsorgepflichten im Indienstnahmerechtsverhältnis siehe Teil 4 F. Zu den allgemeinen Anforderungen an Erlaubnisnormen Bäcker, in: BeckOK DatenSR, BDSG, § 4 Rn. 5. 875 Ebenso im Lohnsteuerverfahren Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 372 ff. wobei den Instituten keine Ermittlung der fachlich schwierig zu bestimmenden steuerlichen Ansässigkeit des Kontoinhabers obliegt. 876 Siehe zur Grenze der materiellen Befugnisse bspw. die Durchführung von Plausibilitätskontrollen bei Selbstauskünften in Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (bb). 877 Es wird erwartet, dass, ähnlich wie bei der Kapitalertragsteueraußenprüfung, ein Datenzugriff nach den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) erfolgt, vgl. BMF-Schreiben v. 14.11.2014 erfolgt; zur digitalen Außenprüfung Schüßler, Der Datenzugriff der Finanzverwaltung im Rahmen der (digitalen) Außenprüfung, 2010, S. 16 ff. 878 Zur Notwendigkeit einer datenschutzrechtlichen unabhängigen Kontrolle für die Kompensation von Transparenz- und Rechtsschutzverlusten Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 175, Rn. 35; insbesondere hat der EuGH die Anforderungen an eine unabhängige Kontrolle nochmal bestätigt in EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (883 ff.) (Schrems), vgl. hierzu die Ausführungen in Teil 5 A. I. 2. d). 874

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Der Umfang der Außenprüfung ist bislang nur auf die Einhaltung der Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG begrenzt und umfasst regelmäßig nicht die Kontrolle zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die technisch-organisatorischen Schutzmaßnahmen. Im Hinblick auf die umfangreiche Datenerhebung und -verarbeitung ist dies allerdings nach der hier vertretenen Auffassung für die Garantie zur Einhaltung der Grundrechte der betroffenen Kontoinhaber und damit zur Ausführung der staatlichen Garantenstellung essenziell.879 Auch aus dem originären Datenschutzrecht ergeben sich Kontrollgarantien, wie die Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten bei Unternehmen ab einer gewissen Größe nach §§ 5 i. V. m. 38 BDSG. Dies ist jedoch eine Form der reinen Selbstkontrolle und nicht mit dem Kontrollinstrument einer Außenprüfung durch Finanzbeamte vergleichbar.880 Neben diesem Selbstkontrollinstrument war die unabhängige Datenschutzaufsicht für den privaten Bereich nach § 38 Abs. 6 BDSG a. F. stets organisatorisch uneinheitlich auf Landesebene geregelt.881 Dieser Umstand existiert auch nach dem neuen Datenschutzrecht fort, obwohl zumindest Verfahren der Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder zur einheitlichen Umsetzung der DS-GVO geschaffen worden, vgl. § 18 BDSG.882 Inhaltlich haben die verschiedenen Aufsichtsbehörden unter anderem die Befugnis zur anlassunabhängigen Kontrolle von Amts wegen und agieren dabei völlig unabhängig.883 Eine konkrete regelmäßige Kontrollpflicht für bestimmte Bereiche der Datenverarbeitung besteht nicht. Daher ist die Aufsicht für eine wiederkehrende einheitliche Überprüfung der Einhaltung des FKAustG eher ungeeignet.884 879 Der Datenschutz muss auch bei der Übertragung der Verwaltungsaufgaben auf Private gewährleistet sein, die nicht dem Steuergeheimnis unterliegen, so insbesondere bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 369 f.; zur Grundrechtsproblematik bei Kontoinhabern siehe Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (b). 880 Finanzinstitute erfüllen in aller Regel die Voraussetzungen für die Bestellungspflicht, da regelmäßig mehr als zehn Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung von personenbezogenen Daten beschäftigt sind; hierzu m. w. N. Gola / ​Körffer / ​Klug, in: Gola / ​Schomerus, BDSG § 4f Rn. 1 ff. Das deutsche Recht geht insoweit weiter als die Verpflichtung nach europäischen Recht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten, vgl. 37 DS-GVO. 881 Spoerr, in: BeckOK DatenSR, DS-GVO, Art. 31 Rn. 7; allgemein zur Problematik Schaar, in: Handbuch Föderalismus, Bd. III, S. 104 f. 882 Vgl. auch die Art. 51 und 60 DS-GVO. 883 Hillenbrand-Beck, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 829. 884 Für den öffentlichen Bereich sind die Landes- und Bundesbeauftragten für Datenschutz zuständig. Da es sich hier um keinen Akt der Beleihung handelt, sondern eine Indienstnahme Privater zur Pflichtenerfüllung für öffentliche Zwecke (vgl. Teil 4 C.), sind nach hier vertretener Auffassung die Datenschutzmaßstäbe für den privaten Bereich anzulegen; vgl. zu den Abgrenzungsschwierigkeiten der Datenschutzkontrolle für den öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich Petri, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 17 ff.; insoweit ist zu überlegen, ob die Datenschutzkontrolle, ähnlich wie bei Sozialleistungsträgern nach § 81 SGB X, nicht der Aufsicht nach § 38 BDSG a. F. obliegen sollte, sondern, ausgehend von der Verarbeitung personenbezogener Daten aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung auch eine staatliche Datenschutzkontrolle erfolgen muss. Da die DS-GVO keine Unterscheidung zwischen öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich vorsieht, wird über eine Zusammenlegung der Aufsicht diskutiert, vgl. Heil, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht 2003, S. 783 f.

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Darüber hinaus wird ein freiwilliger Datenschutzaudit durch einen unabhängigen Prüfer, wie vormals nach § 9a BDSG a. F. vorgesehen, der staatlichen Gewährleistungsverantwortung nicht ausreichend gerecht. Im Hinblick auf die Massendatenverarbeitung im Rahmen des bundesrechtlich angelegten FKAustG ergeben diese beschränkten und unstandardisierten Kontrollen nach dem BDSG einen unbefriedigenden und rechtlich unstatthaften Befund. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt der Staat daher seiner ihm obliegenden Garantenpflicht lediglich ungenügend nach. Überträgt der Staat Pflichten zur Datenerhebung-, -verarbeitung und -übermittlung für öffentliche steuerliche Zwecke an Private, die nicht der bereichsspezifischen Ausprägung des Datenschutzes in Form des Steuergeheimnisses nach § 30 AO unterliegen, ist ein Niveau an Datenschutzaufsicht sicherzustellen, welches die fehlende Geheimnisbindung kompensieren kann.885 Gleichzeitig hervorzuheben ist, dass der Gesetzgeber den Pflichteninhalt der Indienstnahme von Finanzinstituten immer mehr von der fiskalischen Steuerentrichtung hin zu einer reinen Steuermeldung verändert, ohne jedoch auch die staatliche Kontrolle einer gleichen Wandlung zu unterziehen.886 Eben eine solche Anpassung ist jedoch zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Garantenstellung unabdingbar.887 Eine konkrete Datenschutz- und Datensicherheitsprüfung ist daher als eigener verpflichtender Teil der Außenprüfung anzudenken und personell sind neben den Betriebsprüfern des BZSts auch unabhängige datenschutzrechtliche Experten einbeziehen.888

885

Vgl. Petri, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 26. Da es an einer Bindung der Institute an das Steuergeheimnis fehlt, unterliegen sie keiner Strafbewährung bei einer Verletzung des Steuergeheimnisses gem. § 355 StGB, disziplinarrechtlichen Sanktionen oder zivilrechtlichen Amtshaftungsansprüchen auf Schadensersatz nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB. 886 Zur geplanten Abschaffung der Abgeltungsteuer, siehe Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) (cc). 887 Vgl. die Ausführungen im Zusammenhang mit der Angemessenheit der Datenverarbeitung im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Kontoinhabers Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (b) (aa). 888 Siehe zur Gewährleitungsverantwortung des Staates im Datenschutzrecht Hoffmann-​ Riem, AöR 123 (1998), S. 513 (537 ff.).

Teil 5

Die Stellung des Kontoinhabers beim automatischen Finanzkonteninformationsaustausch Der automatische Kontendatenaustausch für steuerliche Zwecke ist ein weite­res Maßnahmenpaket der Finanzverwaltung, steuerrelevante Informationen der Bürger zu erlangen.1 Die damit verbundenen Regelungen zur Preisgabe der Kontendaten haben grundrechtliche Schranken zu wahren. Insbesondere der hohe Automatismus des Verwaltungsverfahrens kann eine Auswirkung auf die Eingriffstiefe haben. Den Kern bildet die Frage, ob das verfassungsrechtlich wie unional verankerte „Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ die grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre Betroffener in diesem Fall einschränken kann. Das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung erstreckt sich nicht nur auf materielle, sondern auch auf hier vorliegende steuerverfahrensrechtliche Normen des FKAustG. Als Legitimationsmaßstab staatlichen Handelns ist hier insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf unionaler Ebene das Datenschutzgrundrecht nach Art. 8 EU-Grundrechtecharta anzuführen.2 Gleichzeitig ergeben sich in diesem Zusammenhang Fragen zur Einhaltung der verfassungsrechtlich wie unionsrechtlich gebotenen Rechtsschutzgarantie. Es ist zu untersuchen, wo das legitime Ziel der Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung seine Grenzen finden muss, um die Grundrechte der Betroffenen nicht in unangemessener Weise zu beeinträchtigen.3 Zum Zwecke einer ersten Annäherung an die Beantwortung dieser Frage ist die bereits ergangene Rechtsprechung in diesem Bereich zu beleuchten und die Literaturmeinungen sind zu sichten. Die gewonnenen Erkenntnisse bedürfen jedoch einer bereichsspezifischen Bewertung aufgrund der neuen Gegebenheiten, unter anderem das deutlich umfangreichere Datenvolumen und die erhöhte Automatisierung sowie die Übermittlung an Drittstaaten mit deutlich geringerem Datenschutzniveau

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Siehe zu den Informationswegen der Steuerverwaltung allgemein – Je höher die Eingriffsintensität, desto notwendiger bereichsspezifische Regelungen, vgl. siehe Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 33. 2 Zur Entwicklung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung allgemein m. w. N. Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 27 ff. 3 Kritisch hierzu bspw. auch die Interessenvertretung der Steuerberater, Steuerberaterverband e. V. 2016: https://www.dstv.de/interessenvertretung/steuern/steuern-aktuell/tb-029-16we-infoaustausch-und-steuerprofiling (zuletzt abgerufen 03.03.2016).

A. Generell zur Legitimation steuerverfahrensrechtlicher Maßnahmen 

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als Deutschland.4 Kommt es in Teilen zu einem unverhältnismäßigen staatlichen Eingriff in die Rechte der Betroffenen, werden Verbesserungsvorschläge zur Abhilfe der Verfassungswidrigkeit des Finanzkonteninformationsaustauschverfahrens aufgezeigt. Zuerst werden Rechtsprechung und Literaturmeinungen generell zur Legitimation steuerverfahrensrechtlicher Maßnahmen mit datenschutzrechtlichem Eingriffscharakter beleuchtet (vgl. Teil 5 A. I., II. und III.). Hiernach ist die Referenzmaterie zu thematisieren. Dafür ist der konkrete In- und Auslandsachverhalt getrennt voneinander zu skizzieren und in diesem Zuge eine Abgrenzung des konkreten Untersuchungsgegenstands vorzunehmen (vgl. Teil 5 B. I.). Sodann werden Legitimationsmaßstab (vgl. Teil 5 B. II.) und Prüfungsfolge (vgl. Teil 5 B. III.) festgelegt. Im Hauptteil wird hiernach eine Grundrechtsanalyse anhand des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. Teil 5 B. IV.) sowie des europäischen Datenschutzgrundrechts Art. 8 EU-Grundrechtecharta (vgl. Teil 5 B. V.) vorgenommen. Am Ende der Untersuchung wird die Rechtsschutzgarantie (vgl. Teil 5 B. VI.) beleuchtet.

A. Generell zur Legitimation steuerverfahrensrechtlicher Maßnahmen mit datenschutzrechtlichem Eingriffscharakter Das neue Informationsaustauschverfahren ist eine Antwort auf die bislang strukturell-defizitäre Situation des Gesetzesvollzugs im steuerlichen Massenverfahren und dient primär dem Kampf gegen die durch undeklarierte Kapitaleinkünfte auf Auslandskonten vorsätzlich begangene Steuerhinterziehung.5 Bevor die Kontendatenverarbeitung durch Finanzinstitute und Steuerbehörden im Hinblick auf die Grundrechtsbeeinträchtigung der Kontoinhaber im Speziellen einer einfach- und verfassungsrechtlichen sowie europarechtlichen Untersuchung unterzogen werden kann, sind generelle Leitlinien bereits ergangener Judikate auf nationaler und europäischer Ebene zu betrachten (Teil 5 A. I.). Hiernach ist eine Literatursichtung zum Themenkreis durchzuführen (Teil 5 A. II.) Das Ergebnis wird in einer eigenen Stellungnahme münden (Teil 5 A. III.).

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Die relevanten Erläuterungen stützen sich auf das FKAustG sowie auf die Amtshilferichtlinie und den CRS-Kommentar. Abweichungen zum FATCA-Abkommen und der nationalen Umsetzung dessen beschränken sich hier auf im Einzelnen nicht relevante Ausnahmen. Für die Untersuchung bedeutende Abweichungen werden ausdrücklich hervorgehoben. 5 Siehe zur Ausgangslage vgl. Teil 2 A.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

I. Ansicht der Rechtsprechung Ein gerichtliches Verfahren zum konkreten Untersuchungsgegenstand, dem globalen automatischen Austausch von Konteninformationen für steuerliche Zwecke, ist zum jetzigen Zeitpunkt weder in Deutschland noch im Ausland entschieden oder anhängig.6 Bis zum 31. Juli 2017 befanden sich die nach den FKAustG Sorgfaltspflichten aufgearbeiteten Kontendaten im „Herrschaftsbereich“ der Finanzinstitute und wurden gem. §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 3 i. V. m. § 27 Abs. 2 FKAustG zunächst nur dem BZSt als zuständiger inländischer Behörde i. S. d. § 4 FKAustG preisgegeben. Es ist anzunehmen, dass im hier untersuchten Verfahren die materiell-rechtliche Prüfung der Kontendaten zu Verifikationszwecken erst im Ausland erfolgt, wo der Kontoinhaber seinen Wohnsitz, oder bei Rechtsträgern, die ihren Sitz, Gründungsort oder Anschrift haben und damit unbeschränkt steuerpflichtig sind („Welteinkommensprinzip“).7 Die Reichweite der tatsächlichen Aufgaben des BZSts bei dem automatischen Informationsaustausch ist bis heute nicht detaillierter definiert. Es ist allerdings anzunehmen, dass die Behörde bei den zu übermittelnden Daten ausländischer Kontoinhaber zunächst nur eine Art rein „mechanische Weiterleitungsfunktion“ innehat und das Meldefile nur im Hinblick auf formelle offensichtliche Unrichtigkeiten prüft.8 Gleichzeitig erscheint die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten im rein deutschen Rechtsraum weniger wahrscheinlich, da hier ein grundrechtlich wie einfachgesetzlicher Datenschutz auf Niveau der europäischen DSGVO gewährleistet wird.9 Mit der Übermittlung der Kontendaten an die bis dahin teilnehmenden Jurisdiktionen durch das BZSt gem. § 5 Abs. 2 i. V. m. § 27 Abs. 1 FKAustG, erstmals zum 30. September 2017, erfolgte die Offenlegung der Daten an ausländische Stellen mit gegebenenfalls anderem Datenschutzniveau.10 Etwaige tatsächlich nachteilige 6 Auch das FATCA-Regime wurde nach jetzigem Kenntnisstand noch keiner gerichtlichen Prüfung unterzogen. 7 Vgl. grundlegend Teil 2 A. I. 8 Anders der umgekehrte Sachverhalt, wenn ausländische Kontendaten deutscher Steuerpflichtiger gem. § 5 Abs. 3, 4 FKAustG durch das BZSt empfangen, weitergeleitet und ausgewerteten werden, vgl. siehe die Sachverhaltsystematisierung Teil 5 B. I. Die bei deutschen Finanzinstituten erhobenen Daten können im Generellen auch zur Verifizierung deutscher Steueransprüche nach § 5 Abs. 4 FKAustG genutzt werden, insbesondere könnte dies bei der Prüfung deutscher Quellensteuern von Nutzen sein. 9 Vgl. zur Bewertung der Eingriffsintensität Teil 5 IV. 2. c); zum effektiven Rechtsschutz vor Übermittlung der Daten an das Ausland siehe Teil 5 B. VI.; VII. 10 Zur Intensität des Grundrechtseingriffs Teil 5 B. IV. 2. d). Der erstmalige Austausch erfolgt nur mit den teilnehmenden Staaten, die sich ihrerseits als „early adopters“ zu diesem Datum zum Austausch verpflichteten, vgl. das „Joint statement by the early adopters group“ von Oktober 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/tax/transparency/AEOI-earlyadopters-statement.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). Die hier betroffenen Mitgliedsstaaten der EU haben durch die Geltung der DS-GVO grundlegend einen einheitlichen Datenschutzstandard, vgl. Teil 5 B. II. 1. a).

A. Generell zur Legitimation steuerverfahrensrechtlicher Maßnahmen 

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Folgen für die Betroffenen stellten sich daher frühestens im Jahr 2018 ein, als der empfangende Staat die Kontendaten zur Verifikation der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben nutzte.11 Es wird sich noch zeigen, ob die betroffenen Kontoinhaber nachträglich gegen die Datenverarbeitung im übermittelnden Staat vorgehen oder aber vorrangig Rechtsschutz im empfangenden Staat (als ihrem steuerlichen Ansässigkeitsland) gegen die sich anschließenden nachteiligen steuerlichen Bescheide oder ähnlichen Rechtsakte suchen.12 Fehlt es bislang an einem Musterverfahren zur Datenverarbeitung im Rahmen des CRS- oder FATCA-Regimes, sind umso mehr Judikate zu beleuchten.13 Für den deutschen Rechtsraum bedeutet dies eine Analyse der Rechtsprechung, die im Rahmen einer Prüfung von Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eine Güterabwägung zwischen dem Allgemeinwohlbelang der „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ und dem Datenschutzinteresse des Betroffenen umfasst. Dies betrifft insbesondere Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Auskunftsansprüchen bei Banken. Zudem sind europäische Judikate einzubeziehen, welche das europäisch ausgeformte nationale Datenschutzrecht für die hier vorliegende Untersuchungsmaterie an punktuell relevanten Stellen, wie den Betroffenenrechten, beleuchten. 1. Nationale Judikatur Die nationale Judikatur gibt in verschiedenen Entscheidungen Aufschluss darüber, in welchem Maße Finanzbehörden zur Gewinnung von Informationen im Rahmen der Sachverhaltsermittlung grundrechtlicher Eingriffe vornehmen können. Hier wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen dem Aufklärungsinteresse der Finanzverwaltung gegenübergestellt.14 Zunächst werden zu diesem Zweck Entscheidungen beleuchtet, die Auskunftsersuchen von Steuerbehörden gegenüber Finanzinstituten zum Gegenstand haben. Im Speziellen wird hiernach das Urteil des BVerfG zum automatisierten Kontenabruf erläutert, da dieses Kontenabrufverfahren in einigen Teilen Parallelen zum hier untersuch 11 Siehe auch zum Datenaustausch mit der Schweiz im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige für das Jahr 2018 das Fazit bei Happe / ​Aschwanden / ​ Giger, BKR 2016, 194 (199) sowie der Ausblick bei Füllsack / ​Bürger, BB 2016, 2652 (2659). 12 Erst hier wird mit dem Erlass eines Steuerbescheides, in Deutschland mit Qualität eines Verwaltungsaktes, in die „kontradiktorische Phase“ des Steuerverfahrens eingestiegen, vgl. hierzu die Rechtsprechung des EuGH im Falle Sabou EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (Sabou), hierzu Teil 5 A. I. 2. a). Bei Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten erscheint es möglich, sich gegen die die Verletzung begangene Stelle zu wehren oder aber gegen die die Übermittlung getätigte Stelle, hier BZSt, wenn offensichtlich wäre, dass die Übermittlung an sich unrechtmäßig war, vgl. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 107 ff. 13 Vgl. die Rechtsprechungsübersicht bei Hamacher, IStR 2016, 171 (172 ff.). 14 Vgl. zur Abwägung der Untersuchungsmaterie hier Teil 5 B. IV. 3. c) cb (4).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

ten Melderegime aufweist.15 Hiernach wird das Urteil zur Rechtmäßigkeit der Steuer-IdNr. als „Kennnummer“ im Steuerverfahren beleuchtet, da es sich hierbei um eine umfassende Datenverarbeitung handelt. Im Anschluss wird das Urteil zur Datenbank über steuerliche Auslandsbeziehungen dargestellt. Zuletzt werden Entscheidungen zum Amtshilfeverfahren erörtert, um den Stellenwert des Steuergeheimnisses hervorzuheben. a) Judikate zur Auskunftserteilung von Banken Vielfach bestätigte die deutsche Judikatur die Möglichkeit der subsidiären Einbeziehung von Banken zur Auskunftserteilung nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO.16 So stand das vormalige „Bankgeheimnis“ nach § 30a Abs. 5 S. 1 AO a. F. dem Auskunftsersuchen bei Kreditinstituten nicht entgegen, sondern bestärkte das ohnehin geltende Subsidiaritätsprinzip zur Einbeziehung Dritter.17 Es bestand somit nie ein abgaberechtlich geschütztes Berufsgeheimnis entsprechend § 102 AO, sodass Bankmitarbeiter sich nicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen konnten.18 Auch sog. „Sammelauskunftsersuchen“, d. h. die Auskunft eines Ad 15 Zwar erfolgt die Datenverarbeitung im Rahmen des CRS nicht heimlich wie beim Kontenabruf, dennoch handelt es sich um eine automatisierte Offenlegung von Kontendaten der Kreditinstitute gegenüber Finanzbehörden. Siehe bereits zum Urteil aus Perspektive der Finanzinstitute Teil 4 D. II. 4. sowie generell zur Funktionsweise des Kontenabrufverfahrens in Abgrenzung zum CRS Teil 4 A. II. 16 BFHE 148, 108 ff.; 149, 404 ff.; 156, 88 ff.; 158, 502 ff.; 191, 211 ff.; m. w. N. hierzu Hamacher, DStZ 1987, 224 ff.; Dahm / ​ders., Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000, S. 20 ff., 33 ff.; siehe generell zur Funktionsweise der Auskunftserteilung durch die Bank und die inhaltliche Abgrenzung zum Informationsaustausch Teil 4 A. I. Generell zur Auskunftserteilung im Steuerverfahren Paulick, in: FS Spitaler, 1958, 53 ff. 17 Dahm / ​Hamacher, Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000, S. 73 ff.; Huhmann, Die verfassungsrechtliche Dimension des Bankgeheimnisses, 2002, S. 219 ff.; Intemann, in: Koenig, AO, § 30a Rn. 12, 53; Miebach, Das Bankengeheimnis. Verfassungsrecht und § 30a AO, 1999, S. 62 ff.; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, 2005. Bereits ebenso durch den Gesetzgeber im Anwendungserlass zu § 30a AO 1977, in: BStBl. I 1993, 330, Tz. 2 Abs. 1 vorgesehen. Die Rechtmäßigkeit von Kontrollmitteilungen ggü. den Kontoinhabern im Rahmen der Außenprüfung bei Banken war im Hinblick auf den vormaligen § 30a Abs. 3 AO jedoch umstritten, vgl. m. w. N. Findeis, DB 2009, 2397 (2399); Hamacher, Die Bank 1996, 2460 ff.; ders., Die Bank 1999, 1824 ff.; Huhmann, Die verfassungsrechtliche Dimension des Bankgeheimnisses, 2002, S. 231 ff.; Schmidt / ​Eck, BB 2011, 1751 (1757); Streck / ​Peschges, DStR 1997, 1993 ff.; Wagner, DStZ 2010, 69 ff. Bankdaten sind ebenso keine Geschäftsgeheimnisse und können damit im Wege der Amtshilfe ausgetauscht werden, ohne dabei das nationale oder internationale Steuergeheimnis zu brechen, hierzu BFHE 127, 04 (115). 18 BFHE 127, 104 (112); 183, 45 (57). Somit können grundsätzlich im Wege der Amtshilfe Bankdaten von deutschen Steuerbehörden erhoben und an ausländische ersuchende Behörden weitergeleitet werden, Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.80; Carl / ​Klos, Bankgeheimnis und Quellensteuer im Vergleich internationaler Finanzmärkte, 1993, S. 70 f.

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ressaten über mehrere Geschäftsvorfälle, sind bei Banken für rechtlich zulässig befunden worden.19 Gemeinsam ist den Entscheidungen der wiederkehrende Verweis auf die allgemeinen rechtsstaatlichen Grenzen.20 So unterliegen die Auskunftsrechte der Finanzbehörden den im Einzelfall vorzuliegenden Anforderungen der Anlassbezo­ genheit, Erforderlichkeit, Geeignetheit sowie der Verhältnismäßigkeit i. e. S.21 Nur unter Beachtung dieser Voraussetzungen sind die Ermittlungsmaßnahmen rechtmäßig. Eine Entscheidung über die Einbeziehung Dritter bedarf dabei jedoch keiner konkreten Anhaltspunkte, sondern kann bereits durch eine Prognoseentscheidung der Steuerbehörde im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung erfolgen.22 Darüber hinaus gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine umfassende Interessensabwägung.23 Eine Unverhältnismäßigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn es sich um ein Ersuchen „in das Blaue hinein“ handelt. Die Erforderlichkeit ist dann nicht gegeben, wenn ausschließlich das Ausforschen im Vordergrund der Auskunftsanfrage steht. Dies hat Ähnlichkeiten mit der sog. „Rasterfahndung“.24

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Im Zusammenhang mit Provisionszahlungen BFHE 149, 404 ff.; Bescheinigung über gezahlte Leistungen BFHE 158, 502 ff.; Steuerpflicht von Bonusaktien BFHE 224, 201 ff.; FG BaWü 07, 1483 sowie zu Einkünften aus Spekulationsgewinnen BFHE 198, 42 ff.; FG Münster EFG 04, 1656 ff. und teilweise hierauf eingehend BVerfGE 110, 94 (84 f., 102 f., 126); weiterführend von Wedelstädt, AOStB 2004, 928 ff. sowie Kutzner, NWB 2013, 3032 ff. Bereits ebenso durch den Gesetzgeber im Anwendungserlass zu § 30a AO 1977, in: BStBl. I 1993, 330, Tz. 2 Abs. 1 vorgesehen. Jüngst auch im Hinblick auf Nutzer einer Internetplattform BFHE 241, 211 ff. sowie bei Presseunternehmen BFH / ​NV 2016, 1329. Im Rahmen des Art. 1 Nr. 3 StUmgBG wurde auch die Möglichkeit von Sammelauskunftsersuchen der Finanzbehörden auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gesetzlich klargestellt, vgl. nunmehr § 93 Abs. 1a AO. 20 So insbesondere BFH 148, 108 (115); 162, 539 (541); 183, 45 (57 f.); 198, 42 (53). 21 BFHE 148, 108 (115); 149, 404 (406); 158, 502 (508); 161, 423 (424); 162, 539 (541); BFH / ​N V 1992, 791; hierzu Dahm / ​Hamacher, Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000, S. 18 ff. 22 BFHE 91, 351, (360); 148, 108 (112 f.); 149, 404 (407 f.); 156, 88 (91); 158, 502 (506); 161, 423 (425); 162, 539 (541); 183, 45 (57); 191, 211 (216); BFH / ​N V 1992, 79; hierzu Kutzner, NWB 2012, 3032 (3034 ff.). 23 Auskunftsersuchen an die Bank des Steuerpflichtigen zur Überprüfung privater Kontenbewegungen, BFHE 162, 539; sowie zur Verhältnismäßigkeit des Auskunftsersuchens BFHE 224, 201; BFH / ​N V 13, 431, (1277); vgl. auch zu den weiteren nachteiligen Folgen nach einem Auskunftsersuchen BFHE 239, 19, auch in HFR 2013, 200 mit Anm. Werth; hierzu Werth, DStZ 2013, 416 (419). 24 Vgl. BFHE 148, 108 (114); 149, 404 (406); 158, (502 (504); 161, 423 (424); 162, 539 (541); 183, 45 (61); 198, 42 (54); BFH / ​N V 13, 1277; BFH / ​N V 09, 1586; hierzu auch Hamacher, DStR 2006, 633 (634 ff.). Gleicher Maßstab auch bei den internationalen Bestimmungen, siehe bspw. zu Art. 26 OECD-MA Teil 2 B. II. 1. sowie die Rechtsprechung zur Amtshilfe Teil 5 A. I. 1. d); zur an strikte Voraussetzungen geknüpften Rechtmäßigkeit der „Rasterfahndung“ und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung siehe BVerfGE 115, 320 ff.; vgl. kritisch Hamacher, StVj 1992, 110 (119).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Generell ist im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hervorzuheben, dass die Auskunftspflicht anderer Personen, wie die prozessuale Zeugenpflicht, eine allgemeine Staatsbürgerpflicht und mithin verfassungsrechtlich unbedenklich ist.25 Sie ist Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und verstößt nach der Rechtsprechung des BVerfG insbesondere nicht gegen das Recht des Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung.26 Aufseiten des Auskunftsempfängers ist der Auskunftsverpflichtete  – wie der Steuerpflichtige selbst  – durch die Regelungen des Steuergeheimnisses in § 30 AO grundsätzlich vor einer unbefugten Offenbarung seiner Identität sowie der von ihm erteilten Auskünfte geschützt.27 b) Urteil zum automatisierten Kontenabruf Das Urteil des BVerfG zum automatisierten Kontenabruf betont die Wichtigkeit der Bestimmtheit von datenschutzrechtlichen Eingriffsnormen.28 Gegenstand der Verfassungsbeschwerden waren im Wesentlichen § 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG sowie § 93 Abs. 7 und 8 AO. Diese Normen ermächtigen die für die internationale Rechtshilfe in Strafsachen sowie die für die Strafverfolgung zuständigen Behörden und Gerichte, die Finanzbehörden und die Sozialbehörden zur automatisierten Abfrage von bestimmten Daten, die von den Kreditinstituten vorgehalten werden müssen. Dabei handelt es sich um die Kontostammdaten der Bankkunden und sonstiger Verfügungsberechtigter, wie z. B. Name, Geburtsdatum, Kontonummern und Depots. Kontenstände und -bewegungen können auf diese Weise nicht abgefragt werden. Informationen hierüber können sich die Behörden lediglich auf der Grundlage anderer Ermächtigungsnormen beschaffen.29 Der Erste Senat des BVerfG stellte fest, dass § 93 Abs. 8 AO, der die Erhebung von Kontostammdaten in sozialrechtlichen Angelegenheiten regelt, an einem Bestimmtheitsmangel leidet.30 Die Norm lege den Kreis der Behörden, die ein Ersuchen zum Abruf 25

BFHE 191, 211 (220); vgl. jedoch, wenn unverhältnismäßige nachteilige Folgen nach einem Auskunftsersuchen vorliegen BFHE 239, 19 ff. mit Anm. Werth; hierzu Werth, DStZ 2013, 416 (419). Siehe auch zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei Bankkunden Miebach, Das Bankengeheimnis. Verfassungsrecht und § 30a AO, 1999, S. 197 ff. 26 BVerfGE 38, 312 (320). 27 BFHE 177, 242 (245). 28 BVerfGE 118, 168; zur Rechtsprechung kritisch Brender, ZRP 2009, 198 ff.; Göres, NJW 2005, 253 ff.; Hamacher, DStR 2006, 633 ff.; Steiger, DStR 2007, 2145 ff.; Widmaier, WM 2006, 116 ff.; Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 145 ff.; inhaltlich zum automatisierten Kontenabruf in Abgrenzung zum CRS-Regime Teil 4 A. II. 29 Vgl. die Abgrenzung der verschiedenen Zugriffsrechte der Finanzverwaltung Teil 4 A. 30 BVerfGE 118, 168 (188), unter Verweis auf BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 23. Februar 2007 – 1 BvR 2368/06 –, S. 17 des Umdrucks; vgl. auch Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 205.

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von Kontostammdaten stellen können, und die Aufgaben, denen solche Ersuchen dienen sollen, nicht hinreichend bestimmt fest. Das Gericht führt aus, dass „ein bloßer Verweis auf die Zuständigkeitsordnung insgesamt [nicht] genügt dem Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit“31 zu entsprechen. „Fehlt es schon an einer Bestimmung der zu der Maßnahme berechtigten Stellen, können [nach Ansicht des Gerichts] die weiteren verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Weitergabe der Daten an andere Stellen erst recht nicht erfüllt werden“32. Im Übrigen aber sei die Eingriffsermächtigung des § 93 Abs. 8 AO verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere genüge sie – soweit der Anwendungsbereich in verfassungsgemäßer Weise auf die Sicherung der Erhebung von Sozialabgaben und die Bekämpfung des Missbrauchs von Sozialleistungen begrenzt wird – dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.33 c) Urteil zur Steueridentifikationsnummer Das Urteil des BFH zur Zuteilung und Speicherung einer einheitlichen Steuer-IdNr. bietet durch seine detaillierte Erörterung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Kennnummer die Möglichkeit, die Bedeutung verfahrensrechtlicher Maßnahmen zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung unter Wahrung des grundgesetzlich gebotenen Datenschutzes zu veranschaulichen.34 Der BFH untersuchte, ob die Zuteilung und Nutzung der Kennnummer mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kläger und mit sonstigem Verfassungsrecht im Einklang steht. Das BZSt hat im Rahmen der ihm gem. § 5 Abs. 1 Nr. 22 FVG obliegenden Aufgaben das Identifikationsmerkmal nach den §§ 139a bis 139d AO zu vergeben und zu verwalten. Nach § 139a Abs. 1 AO wird die Identifikationsnummer jedem Steuerpflichtigen zum Zwecke der eindeutigen Identifizierung im Besteuerungsverfahren zugeteilt. Es handelt sich um ein einheitliches und dauerhaftes Identifikationsmerkmal, welches bei Anträgen, Erklärungen oder Mitteilungen gegenüber Finanzbehörden anzugeben ist. Der Erteilung dieser einheitlichen Nummer liegen diverse Erwägungsgründe zugrunde, welche sich allesamt auf die Gewährleistung eines einheitlichen Steuervollzugs stützen, der rechtlich wie tatsächlich eine gleichmäßige Belastung sämtlicher Steuerpflichtiger sicherstellt.35 Die darin liegenden Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sind nach Ansicht des BFH durch überwiegende Interessen des Gemeinwohls

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BVerfGE 118, 168 (188). Ebd.; vgl. zur Untersuchung Teil 5 B. IV. 3. c). 33 BVerfGE 118, 168 (196 ff.). 34 BFHE 235, 151 ff.; zuvor FG Köln, 07.07.2010 – 2 K 3093/08 = DStRE 2011, 240 ff.; zur deutschen Steuer-IdNr. allgemein Rätke, in: Klein, AO, § 139a Rn. 1 ff. 35 Ausführlich zu den Erwägungsgründen, BT-Drucks 15/1945, S. 15 f.; BFHE 235, 158 ff. m.V. auf das Zinsurteil BVerfGE 84, 151, (239 ff.). 32

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gerechtfertigt.36 Da die Identifikationsnummern den steuerpflichtigen natür­lichen Personen, anders als die bisherigen Steuernummern, auf Dauer und bundeseinheitlich zugeteilt werden, ermöglichen sie deren eindeutige Identifizierung im Besteuerungsverfahren und damit die beste Ausschöpfung gesetzlicher Befugnisse. Dies dient dem BFH zufolge zum einen dem nach Rechtsstaatsgebot und Gleichbehandlungsgrundsatz gebotenen gleichmäßigen Vollzug der Steuergesetze und ermöglicht zum anderen einen gewichtigen Abbau von Bürokratie sowohl im Bereich der Steuerverwaltung als auch bei Unternehmen und anderen Stellen.37 Hierzu legt das Gericht detailliert verschiedene Verfahrenserleichterungen dar und erörtert im gleichen Zuge die gesetzlich vorgesehenen Regelungen zur Wahrung des grundgesetzlich gebotenen Datenschutzes, im Besonderen im Hinblick auf das Steuergeheimnis.38 Im Speziellen bilden die Identifikationsnummern und die dazu erfolgte Datenspeicherung unter Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eine wesentliche Voraussetzung für die Ersetzung der Lohnsteuerkarten durch die elektronischen Lohnsteuermerkmale.39 Aufgrund der Identifikationsnummer kann des Weiteren die zutreffende und vollständige Erfassung der Alterseinkünfte bei der Einkommensteuer effektiver geprüft werden.40 Überdies kann Missbräuchen bei der Beantragung von Kindergeld sowie beim Abzug von Kapitalertragsteuer entgegengewirkt werden.41 Auch einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit hat der BFH verneint.42 Dies gilt ebenfalls hinsichtlich des Abzugs von Kirchensteuer bei Kapitalerträgen.43 Der Steuerpflichtige kann jederzeit beim BZSt beantragen, dass die Daten über seine Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft den zum Abzug von Kapitalertragsteuer verpflichteten Stellen nicht mitgeteilt werden (sog. „Sperrvermerk“).44

36 BFHE 235, 151 (162 ff.). Vgl. auch unter kritischen Gesichtspunkten Anzinger, in: ders. / ​ Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (151) sowie (154), wonach er richtigerweise auf die Pflicht des Gesetzgebers hinweist, neue technische Möglichkeiten regelmäßig zu evaluieren um die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu bewerten und das mildeste Mittel zu wählen. 37 Ebd. (163). 38 Siehe auch die Ausführungen zur Einstufung der Eingriffsintensität in Bezug auf die Erhebung und Übermittlung der Steuer-IdNr. durch die Finanzinstitute, vgl. Teil 5 B. IV. 2. b) cc) und zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung vgl. Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (b) (bb). 39 BFHE 235, 151 (164). 40 Ebd. (165). 41 Ebd. (167). 42 Ebd. (174). 43 Ebd. (180). 44 Ebd. (181). Hierzu kritisch Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S.  97 (134 ff. insbes. 138).

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d) Urteil zur Datenbank über steuerliche Auslandsbeziehungen Im Urteil betreffend die Datensammlung des BZSts über steuerliche Auslandsbeziehungen auf Grundlage von § 88a AO i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG untersuchte das BVerfG zunächst grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber dem Führen einer solchen Datensammlung.45 In diesem Zuge entschied es über die Auskunftsansprüche des Beschwerdeführers, welche er auf Basis von § 19 Abs. 1 BDSG a. F. geltendmachte. In der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen sammelt das BZSt auf Grundlage von § 88a AO i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG Angaben über steuerrechtlich relevante Beziehungen von im Inland ansässigen Firmen sowie Personen zum Ausland und umgekehrt.46 Der Datenbestand setzt sich hierbei zusammen aus Meldungen des Steuerpflichtigen selbst, aus Mitteilungen deutscher und ausländischer Finanzbehörden und aus Informationen, die aus allgemein zugänglichen Quellen (z. B. Handelsregister, Nachschlagewerke) entnommen werden. Bei Bedarf werden die Daten an inländische Finanzbehörden weiter übermittelt.47 Die Datensammlung durch das BZSt stellt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen dar, sie fußt jedoch auf § 88a AO und damit nach der Entscheidung des BVerfG auf einer hinreichend bestimmten und verhältnismäßigen gesetzlichen Grundlage.48 Die Normenbestimmtheit sei zunächst dadurch gewahrt, dass die Menge der Daten hinreichend deutlich gesetzlich begrenzt wird. Es seien lediglich Daten zu speichern, die der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern dienen.49 Das BZSt muss durch eine Prognoseentscheidung über diesen Verwendungszweck bereits zum Zeitpunkt der Speicherung urteilen. Außerdem würde der Zweck nochmals eingegrenzt, indem die Daten nur in bestimmten behördlichen Verfahren genutzt werden dürfen.50 Das Gericht hat in diesem Zusammenhang auch die Speicherung und Verknüpfung von Informationen für zukünftige Steuerverfahren gebilligt.51 Die Datensammlung diene der zentralen Erfassung des behördlichen Wissens, um den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zur Steuerverkürzung zu verhindern. Ins 45

BVerfGE 120, 351 ff.; zuvor BFHE 202, 425 ff. und FG Köln, 15.05.2002 – 2 K 1781/99 = EFG 2002, 1150 ff. 46 Zur Datenbank allgemein m. w. N. Rätke, in: Klein, AO, § 88a Rn. 1 ff.; Wünsch, in: Koenig, AO, § 88a Rn. 1 ff. (insbes. 5). 47 Ebd. 48 BVerfGE 120, 351 (366 ff.). 49 BVerfGE 120, 351 (367). 50 Ebd. 51 Nach § 88a S. 2 AO dürfen Steuerbehörden Daten auch für Zwecke künftiger Verfahren nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und sammeln und verwenden; allerdings ist die Verwendung nur für die in der Vorschrift genannten Verfahren zulässig. Dies sind – nur – Verwaltungsverfahren, Rechnungsprüfungsverfahren, gerichtliche Verfahren in Steuersachen (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO) sowie Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat und Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b AO).

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besondere Steuerverkürzungen mittels sog. Domizilgesellschaften, d. h. Gesellschaften, die im Ausland ihren Sitz haben, ohne dort geschäftliche oder kommerzielle Tätigkeiten auszuüben, sollen so aufgespürt werden.52 Derartige Kenntnisse könnten nur mit erheblichem Aufwand zusammengetragen werden und es wäre ineffizient, wenn sich die Steuerbehörden diese Informationen in den jeweiligen Einzelfällen neu beschaffen müssten.53 Das Gericht erachtete die Datensammlung daher im Hinblick auf das Ziel der Sicherung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern, das selbst als Gebot steuerlicher Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG Verfassungsrang aufweist, als verhältnismäßig.54 Darüber hinaus entschied das Gericht über die Rechtmäßigkeit der von dem Beschwerdeführer verlangten Auskunft vom Bundesamt über die sie betreffenden Daten.55 Der Beschwerdeführer stützte seinen Anspruch auf § 19 Abs. 1 BDSG a. F., wonach dem Betroffenen grundsätzlich Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen ist.56 Das Bundesamt lehnte die Auskunft allerdings unter Hinweis darauf ab, dass der Betroffene sich beispielsweise aus den dem BZSt bekannten Domizilgesellschaften zurückziehen könnte und die Informationen damit wertlos werden würden. In Abwägung mit § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG a. F. sei nach Auffassung des Gerichts der Auskunftsanspruch aufgrund gegenläufigen öffentlichen Interesses ausgeschlossen. Danach unterbleibe die Auskunftserteilung, soweit die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde.57 e) Judikate zur Leistung zwischenstaatlicher Amtshilfe in Steuersachen Die Judikate zur Leistung von Amtshilfe an ausländische Steuerbehörden wiegen den Nutzen der Amtshilfe für die Durchführung einer gerechten und gleichmäßigen Besteuerung gegenüber den Geheimhaltungsinteressen des Steuerpflichtigen ab.58 Insbesondere muss die Amtshilfe gewährleisten, dass der im Inland geltende Schutz des Steuerpflichtigen durch das Steuergeheimnis des § 30 AO – vor allem der Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse – ebenfalls im Ausland sichergestellt ist.59 Der BFH hat bereits mehrfach die Zulässigkeit der grenzüber 52

BVerfGE 120, 351 (366 ff.); Wünsch, in: Koenig, AO, § 88a Rn. 5 ff. BVerfGE 120, 351 (368). 54 BVerfGE 120, 351 (366 ff.). 55 BVerfGE 120, 351 (371 ff.). 56 Hierzu allgemein Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 19 Rn. 82 ff., insbes. 86. 57 BVerfGE 120, 351 (371 ff.). 58 Judikate zur Inanspruchnahme zwischenstaatlicher Amtshilfe werden im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand nicht näher erläutert, vgl. die Sachverhaltssystematisierung Teil 5 B. I. 59 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind „Tatsachen und Umständen, die von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und praktisch nutzbar sind.“ (vgl. BMF v. 25.01.2006 – IV B 1 – S 1320 – 11/06, BStBl. I 2006, 26 ff.; BFHE 127, 104 (112); BFH v. 13.01.2006 – I B 35/05 = 53

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schreitenden Amtshilfe in Steuersachen bestätigt, soweit diese auf einer rechtmäßigen gesetzlichen Grundlage beruht.60 Fehlt es jedoch an Letzterer, handelt es sich um eine unbefugte Offenbarung steuerlicher Verhältnisse i. S. d. § 30 Abs. 2 AO.61 Insbesondere § 117 AO i. V. m. bi- oder völkerrechtlichen Abkommen und den jeweiligen nationalen Zustimmungsgesetzen bilden zulässige Offenbarungsmöglichkeiten i. S. d. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO.62 Die Inanspruchnahme und Leistung von Amtshilfe unterliegen der Ermessensentscheidung der Finanzbehörden nach § 5 AO, wonach die Amtshilfe verhältnismäßig und dem Betroffenen zumutbar sein muss.63 Insbesondere muss die Amtshilfe erforderlich sein.64 Dies gilt ebenso für die Leistung von Spontanauskünften.65 Eine Auskunftserteilung ist „erforderlich“, wenn die ernstliche Möglichkeit besteht, dass der andere Vertragsstaat gem. einschlägigen DBA ein Besteuerungsrecht hat und ohne die Auskunft von dem Gegenstand dieses Besteuerungsrechts keine Kenntnis erlangt.66 Ebenso wie BFH / ​N V 2006, 922 ff. Vgl. zum internationalen Steuergeheimnis Art. 26 para. 2 OECD-MA. Hierzu Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner, DBA, Art. 26 Rn. 76 ff. sowie Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 74 ff. 60 BFHE 127, 104 (112); 148, 1 (2); 167, 11 (14); 177, 25 (26); BFH-Beschl. v. 20.01.1988 – I B 72/87 = BStBl. 1988 II S. 412; BFH, 17.09.2007 – I B 30/07 = mit Anm. Hendricks IStR 2008, 31 (32 f.); BFH, 13.01.2006 – I B 35/05 = BFH / ​N V 2006, 922 ff. Siehe auch Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 74 ff., 79 f.; Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 23. 61 BFHE 167, 11 (14); 172, 488 (490); BFH, 17.09.2007 – I B 30/07 = mit Anm. Hendricks, IStR 2008, 31 (32 ff.). 62 Gleiches gilt für die Informationspreisgabe im Rahmen des FATCA-Regimes unter dem eingeführten § 117c AO i. V. m. dem FATCA-Abkommen und der FATCA-USA-UmsV. Strittig jedoch zur der nationalen Umsetzung von FATCA mittels Rechtsverordnung Gräber / ​Schurowski, IWB 2016, 331 (338) sowie im Hinblick auf den Bußgeldtatbestand verfassungsrechtliche Bedenken gegen Rückverweisungsklauseln Bülte, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 379 AO, Rn. 99 ff., 103 und diesem beipflichtend Joecks / ​Jäger, in: Joecks / ders. / Randt, Steuerstrafrecht, AO, Rn. 89. 63 Gersch, in: Klein, AO, § 5 Rn. 3, 5. Siehe auch zur Auskunft über die Datensammlung über steuerliche Auslandsbeziehungen BVerfGE 120, 351 (364 ff.). 64 BFHE 167, 11 (15); 172, 488 (490); BFH v. 10.05.2005, I B 218/04 = IStR 2005, 490 (491 f.); BFH, 17.09.2007 – I B 30/07 = mit Anm. Hendricks, IStR 2008, 31 (33 ff.); BFH, 13.01.2006 – I B 35/05 = BFH / ​NV 2006, 922 ff. 65 Ebd. Kritisch zum Zeitpunkt der Einführung automatischer Spontanauskünfte Hamacher, die Bank 1985, 476 ff. 66 Vgl. auch der international festgelegte Standard Art. 26 para. 1 OECD-MA: „Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten tauschen die Informationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Verwaltung oder Anwendung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht.“ Hierzu Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner, DBA, Art. 26 Rn. 34 ff.; Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 23 sowie Carl / ​K los, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 129. Ein Anlass für steuerbehördliche Ermittlungen besteht nach der Auffassung der Fachgerichte nicht erst dann, wenn ein begründeter Verdacht dafür vorliegt, dass steuerrechtliche Unregelmäßigkeiten vorliegen. Es genügt, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Ersuchen angezeigt ist, vgl. etwa BFHE 148, 108 (111 ff.);

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bei Auskunftsersuchen nach Art. 93 Abs. 1 S. 3 AO sind Amtshilfeersuchen in das „Blaue hinein“ oder „fishing exhibitions“ nach Ansicht der Rechtsprechung unzulässig.67 Es bedarf daher einer einzelfallbezogenen Sachverhaltsaufklärung für ein Besteuerungsverfahren im ersuchenden Staat.68 Der 2. Senat des FG Köln hat zuletzt durch einstweilige Anordnung eine Amtshilfe (vorläufig) untersagt, da es an einer erforderlichen Rechtsgrundlage und der notwendigen Erforderlichkeit scheiterte.69 Das BZSt wollte präventiv im Hinblick auf das OECD-Projekt des „BEPS-Aktionsplans, Punkt 1 – Besteuerung der digitalen Wirtschaft“, zwischenstaatliche Amtshilfe erteilen und reziprok hierum selbst ersuchen.70 Hierfür sah es vor, Informationen über steuerrelevante Verhältnisse der Antragstellerin, ein global agierendes Unternehmen, mit fünf weiteren Staaten auszutauschen.71 Hierunter befand sich auch ein Fallprofil, aus dem Strukturen und Geschäftsmodelle des Unternehmens ersichtlich wurden. Die Daten des Unternehmens, einschließlich des Fallprofils, unterlagen dem Steuergeheimnis nach § 30 AO, für dessen Durchbrechung es einer gesetzlichen Grundlage bedarf.72 Eine nationale spezialgesetzliche Grundlage zum Informationsaustausch nach dem BEPS-Aktionsplan lag zu dieser Zeit nicht vor.73 Die Voraussetzungen zur Anwendung bestehender Ermächtigungsgrundlagen für die Erteilung von Auskünften nach § 117 Abs. 2 AO i. V. m. den Auskunftsklauseln der jeweilig einschlägigen innerstaatlich anwendbaren völkerrechtlichen Regelungen der DBAs oder nach 149, 404 (405 ff.); 198, 42 (47 f.). Diese Rechtsprechung, die sich im Ansatz auf das besondere Ermittlungsinstrument des Kontenabrufs nach § 93 Abs. 7 AO und auf die Amtshilfeersuchen nach § 117 AO übertragen lässt, vgl. so Schuster, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 93 Rn. 102. Dies begegnet unter Bestimmtheitsgesichtspunkten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 06.04.1989, 1 BvR 33/87, NJW 1990, 701 f. 67 Vgl. zu Auskunftsersuchen bei Banken Teil 5 A. I. 1. a) sowie Teil 4 D. II. 4.  68 BFHE 172, 488 ff.; BFH, 13.01.2006 – I B 35/05 = BFH, 13.01.2006 – I B 35/05; hierzu Hendricks, in: Debatin / ​Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 30. 69 FG Köln, 07.09.2015 – 2 V 1375/15 = mit Anmerkungen Scholz FG Köln, IStR 2015, 835 ff. (insbes. 837 f.). Hierzu die Analyse von Riegel / ​Walke, BB 2015, 2719 ff. 70 FG Köln, 07.09.2015 – 2 V 1375/15 = mit Anmerkungen Scholz FG Köln, IStR 2015, 835 (839 f.). Zum BEPS-Projekt der OECD im Hinblick auf die neuere Entwicklung zum Austausch von grenzüberschreitende Steuervorbescheide und Vorabverständigungsvereinbarungen siehe Grotherr, IStR 2015, 293 ff.; Kahlenberg / ​Schade, StuB 18/2015, 708 ff.; Mückl / ​München, BB 2015, 2775 ff.; Seer, in: FS Gosch, 2016, S. 387 ff.; ders., IWB 2015, 870 (873 ff.); Werder  / ​ Dannecker, BB 2015, 1687 (1692 ff.). Siehe außerdem zum Informationsaustausch unter BEPS Hendricks, in: Oesterreicher (Hrsg.), BEPS – Base Erosion und Profit Shifting, 2015, 105 ff. 71 Es handelt sich um die „E6-Staaten“ (Deutschland, Australien, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada) mit denen jeweils DBA-Abkommen mit Auskunftsklauseln bestehen. 72 FG Köln, 07.09.2015 – 2 V 1375/15 = mit Anmerkungen Scholz, FG Köln, IStR 2015, 835 ff. (insbes. 837). 73 Nunmehr sind die im Rahmen des BEPS-Actionpoints 13 der OECD entworfenen Regime des sog. „CbC-Reportings“ in § 138a AO, als automatischer Austausch länderbezogener Berichte, und des „Tax Rulings“ in das EU-Amtshilfegesetz, auch basierend auf der EU-Richtlinie 2015/2376 des Rates vom 8. Dezember 2015 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, gesetzlich verankert wurden.

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§ 117 Abs. 2 AO i. V. m. dem EU-Amtshilfegesetz hat das Gericht als nicht erfüllt angesehen.74 Es fehlte in diesem Fall sowohl an der „Erforderlichkeit“ als auch an der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ der Auskünfte für das Besteuerungsverfahren in den jeweiligen Ländern.75 Die Antragsgegnerin konnte nicht darlegen, dass die auszutauschenden Daten für die Sachverhaltsermittlung und Durchsetzung der abkommensrechtlichen Besteuerungsrechte der Empfängerländer erforderlich sind. Vielmehr wollten die Staaten die Geschäftsmodelle der digitalen Wirtschaft und deren Besteuerung anhand der Informationen über die Antragstellerin untersuchen.76 Das Gericht hielt die Begründung für das Auskunftsersuchen zu abstrakt und unbestimmt.77 Auch der Austausch eines identischen, nicht anonymisierten Fallprofils sah das Gericht als nicht rechtmäßig an, da nicht hinreichend dargelegt werden konnte, wie dieses für die Besteuerung in den Staaten im Einzelfall erforderlich sein wird.78 Zwar war die Antragstellerin in den betreffenden Ländern jeweils wirtschaftlich tätig und unterlag den dortigen Besteuerungsregelungen, dies hat das Gericht jedoch für noch nicht ausreichend erachtet, um das Erforderlichkeitserfordernis als erfüllt anzusehen.79 Es sei nicht ersichtlich, dass der Vertragsstaat abkommensrechtlich ein Besteuerungsrecht hat und ohne die Auskunft von dem Gegenstand dieses Besteuerungsrechts keine Kenntnis erlangt. Entsprechendes gilt für die Feststellung, dass die betreffenden Länder auf Anregung Australiens die zutreffende Besteuerung bestimmter multinationaler Unternehmen prüften oder dass durch die Auskunftserteilung eine Ermittlung nicht deklarierter Einkünfte ermöglicht beziehungsweise erleichtert würde.80 Das Gericht hielt diese Argumentation für Behauptungen.81 Ungeachtet dessen, dass das tatsächlich mit der Auskunftsübermittlung verfolgte Ziel ein anderes ist – nämlich die effektive Änderung von Gesetzen – seien die Behauptungen nicht substanziiert dargelegt.82 Der Informationsaustausch ohne gesetzliche Grundlage sei keine zulässige Offenbarung i. S. d. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO. 74 FG Köln, 07.09.2015 – 2 V 1375/15 = mit Anmerkungen Scholz, FG Köln, IStR 2015, 835 (837 f.). Auch die Möglichkeit einer Kulanzauskunft i. S. d. § 117 Abs. 3 AO wurde vom Gericht als nicht zulässig befunden, vgl. IStR 2015, 835 (841 f.). Ebenso wenig hat das Gericht den umgekehrten Fall, das Auskunftsersuchen Deutschlands an die anderen Staaten nach § 117 Abs. 1 AO, für zulässig befunden, vgl. IStR 2015, 835 (842 f.). 75 Ebd. (838 f.); rechtlich unterscheidet sich das Tatbestandsmerkmal der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ nicht vom Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“; vgl. Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner, DBA, Art. 26 Rn. 34. 76 So ausdrücklich in der Ankündigung der Auskunftserteilung des zuständigen Finanzamtes v. 28.08.2014, FG Köln, 07.09.2015 – 2 V 1375/15 = mit Anmerkungen Scholz, FG Köln, IStR 2015, 835 (838). 77 FG Köln, 07.09.2015 – 2 V 1375/15 = mit Anmerkungen Scholz, FG Köln, IStR 2015, 835 (838). 78 Ebd. (838 f.). 79 FG Köln, 07.09.2015 – 2 V 1375/15 = mit Anmerkungen Scholz, FG Köln, IStR 2015, 835 (839). 80 Ebd. 81 Ebd. 82 Ebd.

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Um das Steuergeheimnis des § 30 AO zu wahren und nicht rechtswidrig in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Steuerpflichtigen einzugreifen, ist die zwischenstaatliche Amtshilfe lediglich aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage möglich, die ihrerseits verfassungsgemäß ist. Die rechtsstaatlichen Grundvoraussetzungen zur Leistung zwischenstaatlicher Amtshilfe, namentlich die Verhältnismäßigkeit, die Zumutbarkeit sowie das Kriterium der Erforderlichkeit steuerrelevanter Verhältnisse für die einzelfallbezogene Sachverhaltsermittlung im empfangenen Staat, wurden wiederholt vom BFH bestätigt. Mit der Anordnung des FG Köln vom September 2015 werden diese Grundvoraussetzungen, ungeachtet jeglicher Euphorie bezüglich der völkerrechtlichen Entwicklungen des BEPS-Projekts, erneut bestätigt. Sie bilden bis heute eine Basis für den internationalen Informationsaustausch.83 2. Judikatur des EuGH Zum Zusammenhang von steuerrechtlicher grenzüberschreitender Auskunftshilfe und den Grundrechten des Steuerpflichtigen hat der EuGH bis jetzt nur vereinzelt Stellung genommen.84 Grund für die Anwendung der europäischen Grundrechtecharta und die damit einhergehende Zuständigkeit des EuGH in diesem Bereich ist die Harmonisierung der steuerlichen Amtshilfe durch die Amts-

83 Nunmehr wird von diesen rechtsstaatlichen Grundvoraussetzungen durch den automatisierten jährlichen Informationsaustausch, u. a. unter FATCA, CRS und CbC, immer mehr abgewichen, vgl. Teil 2 C. III. Ob dies noch verfassungsrechtlich zulässig ist, wird in Teil 5 B. untersucht werden. 84 U. a. teilweise noch vor in Kraft treten der EU-Grundrechtecharta, EuGH, Urt. v. 16.12.2008  – C-73/07, Slg. 2008, I-9831 (Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy); EuGH Urt. v. 22.10.2013  – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (Sabou); EuGH Urt. v. 01.10.2015 – C-201/14, NVwZ 2016, 375 ff. (Bara). Siehe auch das jüngste Verfahren EuGH, Urt. v. 16.05.2017 – C-682/15, EuZW 2017, 654, (Berlioz Investment Fund SA) und hierzu die Schlussanträge von GA Melchior Wathelet vom 10.01.2017 – C-682/15, BeckRS 2017, 100310 (Berlioz Investment Fund SA). Jedoch verweist der EuGH bei Diskriminierungen von Unionsbürgern im Bereich der direkten Steuern, bspw. im Falle von Ungleichbehandlungen ausländischer Steuerpflichtiger bei steuerlichen Abzugsmöglichkeiten, regelmäßig auf die Amtshilferichtlinie als Möglichkeit zur Verifizierung der Angaben und damit als milderes Mittel im Vergleich zur nicht gerechtfertigten Diskriminierung; siehe bspw. EuGH, Urt. v. 28.01.1992 – C-204/90, Slg. 1992, I-249, Rn. 18 (Bachmann); EuGH, Urt. v. 11.08.1995 – C-80/94, Slg. 1995, I-2493, Rn. 26 (Wielockx); EuGH, Urt. v. 15.05.1997 – C-250/95, Slg. 1997, I-2471, Rn. 30 (Futura). Siehe auch hierzu m. w. N. Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 134 ff.; Jansen, Das Steuerverfahren im Spannungsfeld von Europa- und Verfassungsrecht, 2012, S. 160 f., wonach früher die Amtshilferichtlinie als „milderes gleichwirksames Mittel“ im Vergleich zur erhöhten Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten galt. Nunmehr sieht der EuGH beide Möglichkeiten als ungleich wirksam an, vgl. EuGH, Urt. v. 10.02.2011 – C-437/08, EuZW 2011, 728, Rn. 95 (Haribo) m. w. N.

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hilferichtlinie85. Hiernach wird bei Leistung und Inanspruchnahme von Amtshilfe zwischen den Mitgliedsstaaten europäisches Recht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta durchgeführt.86 Auslegungsfragen nationaler Gerichte zur Anwendung der CRS-Vorschriften innerhalb der europäischen Union umgesetzt durch die Amtshilferichtlinie erfordern somit die Inanspruchnahme von Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV.87 Es werden nachfolgend Entscheidungen im Hinblick auf die Auslegung der Amtshilferichtlinie und der Datenschutzrichtlinie im Zusammenhang mit den Grundrechten der Betroffenen „Sabou“88 und „Bara“89 erläutert. Anschließend werden kurz die wesentlichen Punkte der „Digital Rights“90 und der „Schrems“91 Entscheidung skizziert, bei welcher der EuGH die Bedeutung des grundrechtlich garantierten Datenschutzes hervorhob und weitreichende Leitlinien zur Verarbeitung personenbezogener Daten aufstellte. a) Sabou In der Rechtssache Sabou entschied der EuGH über die Auslegung der früheren Amtshilferichtlinie 77/799/EWG in der durch die Richtlinie 2006/98/EG vom 20.11.06 geänderten Fassung im Hinblick auf die Verfahrensgrundrechte des Betroffenen.92 Im Lichte der Grundrechte wurde insbesondere untersucht, ob dem Steuerpflichtigen das Grundrecht auf rechtliches Gehör zusteht.93 Im zu Grunde liegenden Verfahren klagte der tschechische Berufsfußballspieler Jiří Sabou gegen die Änderung seines Steuerbescheids und die hierbei vorgesehene Steuererhöhung sowie gegen die Verletzung seiner Grundrechte durch die Inanspruchnahme von grenzüberschreitender Amtshilfe durch die tschechische 85

Teilweise beruhen Entscheidungen auf Sachverhalten im Zeitraum der früheren Richtlinie 77/799, vgl. zur rechtlichen Entwicklung der Amtshilferichtlinie allgemein Teil 2 B. III. 2. Vgl. auch zum Legitimationsmaßstab der hier untersuchten Thematik Teil 5 B. II. 86 Schlussanträge von GA Melchior Wathelet vom 10.01.2017 – C-682/15, BeckRS 2017, 100310, Rn. 40 ff. (Berlioz Investment Fund SA). 87 Zum europäischen Recht als Legitimationsmaßstab für die hier durchgeführte Untersuchung siehe Teil 5 B. II. 1.; siehe auch bspw. zu den Auslegungsfragen der früheren AmthsilfeRl EuGH Urteil vom 13.04.2000 – C-420/98, Slg. 2000, I-2847 (W. N.); EuGH, Urt. v. 27.09.2007– C-184/05, Slg. 2007, I-7897 (Twoh). 88 EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (Sabou). 89 EuGH Urt. v. 01.10.2015 – C-201/14, NVwZ 2016, 375 ff. (Bara). 90 EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights). 91 EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 ff. (Schrems). 92 EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (Sabou). Ausführlich zur Entscheidung und in Bezug zu dem automatischen Finanzkontenaustausch kritisch Garcia Prats, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 133 (156 ff.). 93 Hierzu ebenso die Schlussanträge von GA Juliane Kokott vom 06.06.2013 – C-276/12 ­(Sabou).

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Steuerbehörde.94 Der Steuererhöhung lag die Nichtanerkennung von Ausgaben zugrunde, die der Kläger für Dienstleistungen einer ungarischen Agentur geltend gemacht hatte und die nach seinen Angaben unter anderem im Zusammenhang mit Verhandlungen über seinen möglichen Transfer zu ausländischen Fußballvereinen standen. Die tschechische Finanzdirektion ersuchte andere Staaten um Auskunft zur Überprüfung dieser Angaben. Die angefragten ausländischen Steuerbehörden holten daraufhin Auskünfte von den jeweiligen Fußballvereinen ein und leiteten die Informationen an die tschechische Finanzdirektion weiter. Nach Angaben der Vereine verhandelten sie weder mit der ungarischen Agentur noch mit dem Kläger selbst. Den Fußballvereinen sei der Kläger nicht einmal bekannt gewesen. Kläger machte daraufhin vor dem tschechischen Gericht geltend, dass die tschechische Steuerverwaltung rechtswidrig Informationen über ihn erlangt habe. Erstens habe sie ihn nicht über das von dieser bei anderen Steuerverwaltungen gestellte Auskunftsersuchen informiert, sodass er nicht an die Formulierung der ihnen gestellten Fragen habe mitwirken können.95 Zweitens sei er entgegen den Rechten, die ihm das tschechische Recht im Rahmen ähnlicher innerstaatlicher Verfahren zuerkenne, auch nicht zur Teilnahme an Zeugenvernehmungen in anderen Mitgliedsstaaten geladen worden.96 Der Gerichtshof hatte somit den Umfang der eingeklagten Verfahrensrechte des Steuerpflichtigen im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen zu prüfen. Er würdigte in diesem Zusammenhang nicht nur das anzuwendende Sekundärrecht, sondern auch die Grundrechte des Berufsfußballspielers. Überdies musste es überprüfen, welche Qualität der Inhalt einer Auskunft haben muss. Der EuGH entschied unter Berufung auf das „Twoh International“-Urteil, dass sich aus der Amtshilferichtlinie selbst keine spezifischen Rechte des Steuerpflichtigen ergeben, insbesondere seien die Behörden nicht verpflichtet, andere Mitgliedsstaaten zu kontaktieren.97 Auch aus den Verteidigungsrechten, die einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellen, sei kein Mitwirkungsrecht des Steuerpflichtigen beim steuerlichen Amtshilfeverfahren abzuleiten.98 Hierbei differenzierte der Gerichtshof zwei verschiedene Phasen der Steuerprüfung. Amtshilfeersuchen und Zeugenvernehmungen seien Informationssammlungen und damit Teil der sog. „Ermittlungsphase“.99 In dieser Verfahrensphase sei die Steuerverwaltung nicht verpflichtet, Auskunftsersuchen dem Steuerpflichtigen anzuzeigen und seine Stellungnahme einzuholen.100 Erst in der darauffolgenden „kontradiktorischen Phase“, die mit der Versendung eines 94

EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 (695 ff.) (Sabou). EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 (696) (Sabou). 96 Ebd. 97 Ebd. (697), mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 27.09.2007– C-184/05, Slg. 2007, I-7897, Rn. 31 (Twoh). 98 Ebd. (697). 99 Ebd. (698). 100 Ebd. 95

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Vorschlags zur Berichtigung des Steuerbescheids beginnt, sei die Verwaltung an die Verfahrensgrundrechte unmittelbar gebunden.101 Der EuGH legte dementsprechend das europäische Recht dahingehend aus, dass es dem Steuerpflichtigen nicht den Anspruch verleihe, über das Amtshilfeersuchen informiert zu werden, das dieser Staat an einen anderen Mitgliedsstaat stellt, um u. a. die von diesem Steuerpflichtigen im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung gemachten Angaben zu überprüfen.102 Gleichzeitig bestehe nicht das Recht, an der Formulierung des an den ersuchten Mitgliedsstaat gestellten Ersuchens mitzuwirken, noch das Recht, an von diesem letztgenannten Staat organisierten Zeugenvernehmungen zu partizipieren.103 Des Weiteren stellte der EuGH es jedoch den Mitgliedsstaaten frei, weitergehende Verfahrensrechte auf andere Teile der Ermittlungsphase auszudehnen.104 Darüber hinaus regele die Amtshilferichtlinie keine besondere Anforderung an den Inhalt der erteilten Auskunft und löse ebenso nicht die Frage, unter welchen Bedingungen der Steuerpflichtige die Richtigkeit der vom ersuchten Mitgliedsstaat erteilten Auskunft infrage stellen kann.105 Es sei daher Sache der nationalen Rechtsordnung, hierfür Regelungen festzulegen.106 Mit der Entscheidung, die Steuerprüfung in zwei unterschiedliche Verfahrensphasen einzuteilen und in diesem Zuge die Verfahrensrechte des Steuerpflichtigen in der Ermittlungsphase einzuschränken, verdeutlichte das Gericht die begrenzten Mitwirkungsmöglichkeiten des Steuerpflichtigen im Falle der Inanspruchnahme von Amtshilfe und damit grundsätzlich auch beim Informationsaustausch.107 Umso mehr ist es von Bedeutung, dass die Verfahrensrechte des Betroffenen in der kontradiktorischen Phase ausgeübt werden können und die Rechtmäßigkeit der Ersuchensauskünfte im Nachhinein überprüft werden kann. Hierfür ist jedoch das jeweilige nationale Recht zu betrachten. b) Bara Im Urteil Bara untersuchte der EuGH, ob es gegen Unionsrecht verstößt, wenn eine Verwaltungsbehörde eines Mitgliedsstaates personenbezogene Daten zu ihrer anschließenden Verarbeitung an eine andere Verwaltungsbehörde übermittelt, ohne dass die betroffenen Personen von der Übermittlung und der Verarbeitung unterrichtet wurden.108

101

Ebd. Ebd. 103 Ebd. 104 Ebd. 105 Ebd. 106 Ebd. 107 Vgl. die Abbildung der Entscheidung auf die hiesige Untersuchungsthematik Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). 108 EuGH Urt. v. 01.10.2015 – C-201/14, NVwZ 2016, 375 ff. (Bara). 102

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Die rumänische Steuerverwaltung übermittelte im vorliegenden Fall erklärte Einkünfte der Kläger, unter anderem der selbstständig tätigen rumänischen Staatsbürgerin Bara, an die nationale Krankenversicherungskasse. Daraufhin verlangte die Krankenversicherungskasse die Zahlung rückständiger Krankenversicherungsbeiträge. Die Daten der Kläger dienten anderen Zwecken als denen, zu denen sie ursprünglich der Steuerverwaltung mitgeteilt worden sind. Gleichzeitig waren sie ohne vorherige Unterrichtung der Betroffenen verwendet worden.109 Dabei gestattete es das rumänische Recht öffentlichen Einrichtungen, den Krankenkassen personenbezogene Daten zu übermitteln, damit diese die Versicherteneigenschaft der betroffenen Personen feststellen können. Diese Daten betreffen die Personalien (Vor- und Zuname sowie Anschrift), schließen aber keine Informationen über die erzielten Einkünfte ein.110 Hervorzuheben ist zunächst, dass der EuGH Angaben über Einkommen aus Kapital und Erwerbstätigkeit sowie zur Besteuerung des Vermögens bestimmter Personen als „personenbezogene Daten“ erachtete.111 Bei der Verarbeitung steuerrelevanter Informationen waren daher grundsätzlich die Vorgaben der damaligen Datenschutzrichtlinie 95/46 zu beachten. In seinem Urteil konstatierte der Gerichtshof unter Auslegung der früheren Datenschutzrichtlinie 95/46, dass das Erfordernis, personenbezogene Daten nach Treu und Glauben zu verarbeiten, eine Verwaltungsbehörde verpflichte, die betroffenen Personen vor Übermittlung der Daten davon zu unterrichten, dass ihre Daten einer anderen Verwaltungsbehörde übermittelt werden, um von dieser für andere Zwecke weiterverarbeitet zu werden.112 Eine Information des Steuerpflichtigen sei notwendig, damit der Steuerpflichtige im Vorhinein die Möglichkeit hat, Einwendungen gegen den Eingriff geltend zu machen.113 Das Gericht unterschied hierbei zwei Varianten der Unterrichtung. Die Informationspflicht bei Datenerhebung direkt vom Betroffenen durch die Steuerverwaltungsbehörde richte sich nach Art. 10 Datenschutzrichtlinie 95/46, die Informationspflicht der Krankenkasse richte sich hingegen nach Art. 11 Datenschutzrichtlinie 95/46, da die Daten nicht direkt beim Betroffenen erhoben werden.114 Das rumänische Gesetz, welches vorsah, dass den Krankenkassen die personenbezogenen Daten kostenfrei übermittelt werden, erfülle hierbei nicht die Voraussetzungen einer vorherigen Unterrichtung.115 Es ermögliche somit nicht, den für die Verarbeitung Verantwortlichen von seiner Pflicht zu entbinden, die Personen zu unterrichten, bei denen er die Daten erhebt. Der Ge 109

EuGH Urt. v. 01.10.2015 – C-201/14, NVwZ 2016, 375 (376) (Bara). Ebd. 111 EuGH Urt. v. 01.10.2015 – C-201/14, NVwZ 2016, 375 (377) (Bara) bereits zuvor EuGH, Urt. v. 16.12.2008 – C-73/07, Slg. 2008, I-9831, Rn. 35 (Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy). 112 EuGH Urt. v. 01.10.2015 – C-201/14, NVwZ 2016, 375 (377) (Bara). 113 Ebd.; hierzu Hamacher, IStR 2016, 171 (175). 114 Ebd. 115 Ebd. 110

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setzesinhalt lege weder die übermittlungsfähigen Informationen vollständig dar, noch die Übermittlungsmodalitäten fest. Letztere sind lediglich in einem bilateralen Protokoll enthalten, das zwischen der Steuerverwaltung und der Krankenkasse geschlossen worden ist.116 Das Protokoll war jedoch nicht Gegenstand einer amtlichen Veröffentlichung und sei mithin keine Rechtsvorschrift i. S. d. Datenschutzrichtlinie. Die Richtlinie verlange jedoch ausdrücklich, dass eventuelle Beschränkungen der Informationspflicht durch Rechtsvorschriften vorgenommen werden. Aus diesem Grund würden die Ausnahmetatbestände nach Art. 13 Buchst. e und f sowie Art. 11 Abs. 2 Datenschutzrichtlinie 95/46 nicht greifen.117 Der Gerichtshof gelangte daher zu dem Ergebnis, dass das Unionsrecht einer – ohne vorherige Unterrichtung der betroffenen Personen erfolgenden – Übermittlung personenbezogener Daten zwischen zwei Verwaltungsbehörden eines Mitgliedsstaats zwecks Verarbeitung entgegenstehe.118 Folglich verpflichte das in Art. 6 der Richtlinie 95/46 vorgesehene Erfordernis der Verarbeitung personenbezogener Daten nach Treu und Glauben eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich, die betroffenen Personen davon zu unterrichten, dass die personenbezogenen Daten an eine andere Verwaltungsbehörde weitergeleitet werden, um von dieser in ihrer Eigenschaft als deren Empfänger für andere Zwecke verarbeitet zu werden.119 c) Digital Rights In diesem Gerichtsurteil erklärte der EuGH die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung Nr. 2006/24/EG für ungültig.120 Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Richtlinie mit Blick auf den Schutz von besonderes schweren Straftaten eine so lange Speicherung persönlicher Daten vorsah, dass sie einen grundrechtlichen Eingriff von besonderer Schwere in den von Art. 7 der Charta gewährleisteten Schutz des Privatlebens darstellte. Europarechtlich wird verlangt, dass der Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens, was auch den Schutz der personenbezogenen Daten nach Art. 8 der Charta einschließt, auf das Maß des absolut Notwendigen zu begrenzen ist.121

116

Ebd. (378); aufgegriffen von Hamacher, IStR 2016, 171 (175). Ebd. 118 Ebd. 119 Ebd. 120 EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights) sowie sich anschließend EuGH, 21.12.2016 – C-203/15, C-698/15, NvWZ 2017, 1025 ff. (Tele2 Sverige AB / ​Post- och telestyrelsen und Secretary of State for the Home Department / ​Watson u. a.); siehe auch im Vergleich die zuvor ergangene Entscheidung des BVerfG zur Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung v. 02.03.2010 BVerfGE 125, 260 ff. Im Vgl. zur Referenzmaterie Mittelberger, PinG 2015, 268 ff.; Hamacher, IStR 2016, 171 (176) sowie in dieser Schrift Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (ay) sowie (b) (cc) und (d) (dd). 121 EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights). 117

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Der EuGH hob hierbei die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hervor, die der Unionsgesetzgeber auch beim Erlass von Richtlinien zu beachten hätte.122 Bei der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung würden die Grenzen der Angemessenheit durch die lange Speicherdauer und den ausufernden Umfang der zu speichernden Daten überschritten. Die Richtlinie erstrecke sich generell auf sämtliche Personen, elektronische Kommunikationsmittel und Verkehrsdaten, ohne jegliche Differenzierung, Einschränkung oder Ausnahme vorzunehmen. Ferner sehe sie kein objektives Kriterium zur Zugangs- und Nutzungsbeschränkung für die zuständigen nationalen Behörden vor.123 Schließlich bemängelte der EuGH das Fehlen hinreichender Garantien dafür, dass die Daten wirksam vor Missbrauch geschützt werden.124 Aufgrund der Tatsache, dass die Richtlinie keine Speicherung der Daten im Unionsgebiet vorschreibe, könne die nach der Europäischen Charta für Menschenrechte geforderte Überwachung durch eine unabhängige Stelle nicht gewährleistet werden. Eine solche sei aber wesentlicher Bestandteil der Wahrung des Schutzes der Betroffenen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten.125 d) Schrems In diesem Grundsatzurteil erklärte der EuGH den Adäquanzbeschluss (2000/​ 520/EG) der EU-Kommission für ungültig, welcher Datenübermittlungen an US-Unternehmen ein angemessenes Datenschutzniveau i. S. d. Art. 25 Abs. 6 der vormaligen Datenschutzrichtlinie 95/46 attestierte, wenn diese Unternehmen nach den sog. „Safe Harbor Provisions“ zertifiziert sind.126 Die „Safe Harbor Provisions“ sind eine im Jahre 2000 getroffene Übereinkunft, die gewährleistete, dass personenbezogene Daten genehmigungsfrei in die USA übermittelt werden konnten.127 Im Fall hatte der österreichische Facebook-Nutzer Schrems bei der irischen Datenschutzbehörde Beschwerde eingelegt, weil er vor dem Hintergrund der Enthüllungen von Edward Snowden bezüglich der Aktivitäten der US-Geheimdienste der Ansicht war, seine von Facebook Irland an Server in den USA übermittelten Nutzerdaten seien in den Vereinigten Staaten nicht hinreichend geschützt. Die irische Datenschutzbehörde hatte die Beschwerde mit dem Hinweis auf den verbind-

122

Ebd. (710). Ebd. (711 ff.). 124 Ebd. 125 Ebd. 126 EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 ff. (Schrems) zum Adäquanzbeschluss in Bezug auf die Referenzmaterie siehe Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa). 127 Ersetzt wurde diese Übereinkunft nunmehr durch das „EU-US Privacy Shield“, im Überblick unter: https://www.bfdi.bund.de/DE/Europa_International/International/Artikel/EU-​ US_PrivacyShield_Daten%C3%BCbermittlungenUSA.html;jsessionid=16F13ABE29DE53F​ 044BCC37FC5C50535.1_cid319?nn=5217132 (zuletzt abgerufen 03.03.2017). 123

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lichen Adäquanzbeschluss der Kommission zum Safe-Harbor-Übereinkommen zurückgewiesen. Im daraufhin vom irischen High Court angestoßenen Vorabentscheidungsverfahren untersuchte der EuGH, ob die Safe-Harbor-Entscheidung der Kommission eine nationale Datenschutzbehörde daran hindere, eine solche Beschwerde zu prüfen und gegebenenfalls die angefochtene Datenübermittlung auszusetzen. Der EuGH gelangte zu dem Ergebnis, dass der damalige Adäquanzbeschluss der Kommission die nationalen Kontrollstellen nicht daran hindere, in völliger Unabhängigkeit zu prüfen, ob bei der Datenübermittlung die in der Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG aufgestellten Anforderungen zum Schutz des Grundrechts auf Datenschutz aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta gewahrt sind.128 Darüber hinaus sei der Adäquanzbeschluss nichtig, weil die Kommission nicht hinreichend begründet festgestellt habe, dass die USA aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschriften oder internationaler Verpflichtungen ein Schutzniveau gewährleisten, das dem in der Rechtsordnung der Union garantierten Niveau der Sache nach gleichwertig sei.129 Zusätzlich zu diesem formalen Argument erarbeitete der EuGH mit Blick auf die Rechtslage und Rechtspraxis in den USA Hinweise, welche Regelungen bezüglich der Überwachungsbefugnisse staatlicher Stellen und der Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen als besonders schwerwiegende Verletzungen europäischer Grundrechte angesehen werden müssen. So verletze eine Regelung, die es Behörden gestatte, generell auf den Inhalt elektronischer Kommunikation zuzugreifen, den Wesensgehalt des Art. 7 EU-Grundrechtecharta.130 Desgleichen würden die Regelungen das in Art. 47 EU-Grundrechtecharta verankerte Grundrecht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz unverhältnismäßig einschränken, wenn sie keine Möglichkeit für den Bürger vorsähen, mittels eines Rechtsbehelfs Zugang zu den ihn betreffenden personenbezogenen Daten zu erlangen oder ihre Berichtigung oder Löschung zu erwirken.131 Zusammenfassend hat der EuGH auf diese Weise nochmals elementare Grundsätze des europäischen Datenschutzrechts hervor­gehoben – Zweckbindung, unabhängige Kontrolle sowie die verhältnismäßige Beschränkung von Zugriff und Speicherung auf das zwingend Notwendige.

II. Ansicht der Literatur Die Literaturveröffentlichungen der Steuerrechtslehre zum automatischen Informationsaustausch im Wege der Amtshilfe ist vielfältig. Im Zuge der Ausweitung und der Automatisierung der Amtshilfeverfahren durch die Einführung der früheren Zinsrichtlinie und der Erweiterung der Amtshilferichtlinie geriet der Infor-

128

EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (883 ff.) (Schrems). Ebd. 130 Ebd. (887). 131 Ebd. (887 f.). 129

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mationsaustausch seit 2003 immer mehr in das Blickfeld der Literatur.132 Mit dem Vorstoß der US-FATCA-Initiative zur reziproken Meldung von Finanzkontendaten wurde insbesondere ab 2012 die Diskussion um den automatischen Informationsaustausch für steuerliche Zwecke neu aufgenommen und um datenschutzrecht­liche Aspekte erweitert. Aufgrund der speziellen Thematik und der zunächst nur auf US-Normen und später erst auf völkerrechtlichen Abkommen basierenden Rechtsvorschriften war die Literatur überwiegend auf deskriptive und praktische Darstellungen des komplexen Melde- und Sorgfaltsregimes limitiert.133 Die Literatur 132

Allgemein zur Zinsrichtlinie Dörr, IStR 2005, 109 ff.; Goebel / ​Jacobs, IStR 2009, 87 ff.; Ismer / ​Sailer, IStR 2005, 1 ff.; Kapalle, IStR 2008, 544 ff.; Körner, IStR 2004, 751 ff.; Fey, in: Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, „Zinsrichtlinie“, Rn. 1 ff.; Reiffs, DB 2005, 242 ff.; Seiler, IStR 2004, 781 ff.; Seiler / ​L ohr, DStR 2005, 537 ff.; Seiler / ​Wimpissinger, IStR 2006, 477 ff.; Schwarz, IStR 2006, 83 ff.; Strub, IStR 2014, 313 ff.; zum früheren Reformentwurf Czakert, IStR 2009, 164 ff. Allgemein zum Informationsaustausch im Rahmen der AmthsilfeRl Bahns / ​Brinkmann / ​Gläser, in: Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, Vorb. zu den Art. 110 bis 113 AEUV Rn. 140 (144); Czakert, IStR 2010, 567 (569); ders.; ISR 2013, 409 ff.; Gabert, IWB 2011, 250 ff.; dies., FR 2013, 986 ff.; Grotherr, IStR 2015, 845 ff.; Seer, EC Tax Review, 2013 Vol. 22, 63 (69 ff.); ders., International Tax Law Review, Reports of the Meeting, Sapienza Università di Roma, S. 7 ff., 35 ff., 62 ff.; ders., IWB 2014, 87 ff.; Wassermeyer, EuZW 2013, 921 ff.; Weigell, in: Festgabe Wassermeyer zum 75. Geburtstag, 2015, 527 (528 ff.); im Hinblick auf die neuere Entwicklung zum Austausch von grenzüberschreitende Steuervorbescheide und Vorabverständigungsvereinbarungen in der EU durch die AmthsilfeRl basierend auf den OECD „BEPS“ Aktionsplan siehe Grotherr, IStR 2005, 350 ff.; ders., IStR 2015, 293 ff.; ders., WPg 2016, 306 ff.; Kahlenberg / ​Schade, StuB 18/2015, 708 ff.; Mückl / ​München, BB 2015, 2775 ff.; Seer, in: FS Gosch, 2016, S. 387 ff.; ders., IWB 2015, 870 (873 ff.); Werder / ​Dannecker, BB 2015, 1687 (1692 ff.). Allgemein zur internationalen Amtshilfe m. w. N. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004. Zur Übersicht älterer Publikationen zum Informationsaustausch im Wege der Amtshilfe vor dem Jahr 2003 siehe Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, S. 1257 f.; vgl. auch allgemein zur EU Zins- und Amtshilferichtlinie in dieser Schrift Teil 2 B. III. 133 Aussendahl / ​Birker / ​Pesch, ZRFC 2011, 228 ff.; Czakert, IStR 2013, 596 (600 f.); ders.; ISR 2013, 409 ff.; Beier / ​Schulte, RIW 2012, 282 ff.; dies., RIW 2012, 683 (686 ff.); dies., RIW 2013, 527 ff.; Boxberger / ​Jesch, AG 2011, 373 ff.; Buge, CFL 2011, 364 ff.; Bünning, CB 2013, 196 ff.; ders. / ​Oruclar, CB 2013, 19 ff.; Demleitner, IStR 2013, 564 ff.; Dembowski, NWB-EV 2011, 87; Dräger, StBW 2013, 845 ff.; Döhle, ZRFC 2011, 110 ff.; dies., IWB 2013, 438 ff.; dies.; ZfgK 2012, 279 ff.; Dölker, EWS 2015, 23 ff.; Dorfmüller, StuB 2013, 147 ff.; Dreßler, FR 2015, 1070 (1077); Eimermann, IStR 2013, 774 ff.; Götzenberger, NWB-EV 2013, 112; Hartrott / ​Heinemann, BB 2012, 671 ff.; Höring, DStZ 2012, 469 ff.; ders., StC 2012, 27 ff.; Küpper / ​Schmidt / ​ Frangou, RdF 2015, 37 ff.; Lappas / ​Ruckes, IStR 2013, 929 ff.; Ruckes, FATCA: – Foreign Account Tax Compliance Act, 4. Aufl.; 2016; Marquardt, BB Die erste Seite 2015, Nr. 33; ders. / ​Betzinger, BB 2014, 3033 (3035); Mihm / ​Cohen, RdF 2013, 230 ff.; Oehlrich, IStR-LB 2014, 86 f.; Obermann / ​v. Schweinitz, ITR, 12 (2011); Tikos, RIW 2011, 221; Ruiner, DB 2011, 2403 ff.; Welz, in: Braun / ​Günther, Das Steuer-Handbuch, Informationsaustausch, II.5; Zachner, SAM 2012, 97 ff.; mit Blick auf die Versicherungsindustrie, Beinert, in: Bürkle, Compliance in Versicherungsunternehmen, 2. Aufl. 2015, Rn. 162 ff.; Essl, VW 2011, 858 ff.; Franz / ​Obermann, VW 2012, 594 ff.; Kastner / ​Kraus / ​Müller, VersR 2012, 1231 f.; mit Blick auf die Fondindustrie Klinkhammer / ​Fußbroich, ISR 2015, 343 ff.; Klinkhammer / ​Fußbroich / ​Borisova, ISR 2015, 438 ff.; Krismanek, BB 2010, 2143 ff.; Jesch, BB 2012, 2895 (2896 f.); Koch / ​ders., BB 2016, 471 (472); mit Blick auf die Altersvorsorge Portner, BB 2014, 2205 ff.; Höfer / ​Veit / ​ Verhuven, in: Betriebsrentenrecht, Bd. II, Kap.18, Rn. 153 f.; im Zusammenhang mit Tax gross

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war hier weniger rechtsdogmatisch, sondern sehr praxisorientiert ausgestaltet worden. Erläuterungen zum FATCA-Regime finden sich mittlerweile jedoch auch in den Kommentierungen zu § 117c AO in unterschiedlicher Detailtiefe.134 Auch die datenschutzrechtliche Praxis hat sich, insbesondere zu dem ursprünglichen ­FATCA-Meldeentwurf basierend auf originärem US-Recht zu dem direkten Informationsaustausch zwischen den Finanzinstituten und der US-Finanzbehörde, geäußert.135 Die weiterführende deutschsprachige Forschung hingegen hat dem Thema FATCA nur wenig Beachtung geschenkt, ganz im Gegenteil zur amerikanischen Forschung, wo das Regime im universitären Bereich oft thematisiert wurde.136 Mit der globalen OECD-Initiative zum automatischen Informationsaustausch hat sich die Bedeutung und damit auch die Literatur zu dieser Materie in Deutschland erneut intensiviert. So wird in diesem Kontext oft eine deskriptive und praktische Darstellung des Melderegimes und deren Rechtsquellen vorgenommen.137 up­-­K lauseln in Kreditverträgen Schmitt, BB 2013, 919 ff.; im Hinblick auf die Auswirkungen auf international Konsortialkreditverträge ders., CMS Update Banking & Finance 2013, 1931 ff.; im Hinblick auf die interne Revision Horn / ​Glaab / ​Schneider, ZIR 2012, 14 ff. 134 Jäger, in: Joecks / ​ders. / ​Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 379 AO Rn. 88 f.; ders., in: Klein, AO, § 379 Rn. 26; Rätke, in: Klein, AO, § 117c Rn. 1 ff.; Matthes, in: Kohlmann, Steuerstrafrecht, 2016, § 379 AO, Rn. 17.1; Niewerth, in: Lippross / ​Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, § 117c AO, Rn. 1 ff.; Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 13 sowie § 117c Rn. 1 ff.; Heidner, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 117c Rn. 1 ff.; Wagner, in: Kühn / ​v. Wedelstädt, AO, § 117c Rn. 1 ff.; Zöllner, in: König, AO, § 117c Rn. 1 ff.; Dendorfer, in: Wassermeyer, OECD-MA 2014, Anhang Überblick über das Steuerrecht der USA, Rn. 137 ff. 135 Hanloser, ZD 2013, 542 (544 ff.); ders., ZD-Aktuell 2012, 2973; Heil / ​Greve, ZD 2013, 481 (486); Wybitul / ​Beier, BB 2012, 1200 (2013 ff.); Schulte, RIW 2012, 129 ff.; Beier / ​ders., RIW 2012, 683 (684 ff.); siehe auch international Choi, Cardozo Law Review, 37 (2015), S. 185 (197 ff.); Jedoch auch neuere Literatur im Zusammenhang zum Thema „Big Data“ und das Steuergeheimnis bei Cockfield, Florida Tax Review, 18 (2016), 483 ff. 136 Aus akademischer betriebswirtschaftlicher Sicht Bachmann / ​Richter, IStR 2014, 474 ff.; aus der amerikanischen Literatur insbesondere Grinberg, Beyond FATCA: An Evolutionary Moment for the International Tax System, Working Paper, Georgetown Law Scholarly Commons, 2012; ders., World Tax Journal, 2013, 325 ff.; siehe des Weiteren die folgende Auswahl: Bean / ​Farnsworth, ILSA Journal of International and Comparative Law, 21 (2015), S. 333 ff.; Christians, Cayman Fin. Rev., 2013, 1 ff.; Cockfield, Florida Tax Review, 18 (2016), 483 ff.; Dizdarevic, Fordham Law Review, 79 (2011), S. 2967 ff.; Hieberg, WASH. & LEE L. REV. 69 (2012), S. 1686 ff.; Kaye, Brigham Young University Law Review, 2014, 363 ff.; Melone, George Mason Law Review, 22 ( 2015), S. 337 ff.; Morse, Villanova Law Review, 57 (2012), S. 529 ff.; Turina, in: Bocconi Legal Papers, 121 (2013), S. 121 ff. 137 Benz / ​Böhmer, IStR 2015, 380 (385); Czakert, IStR 2013, 596 ff.; ders., ISR 2013, 409 ff.; ders. ISR 2014, 331 ff.; De Wolff, DStZ 2016, 410 ff.; Dembowski, NWB-EV 2015, 173; Dölker, BB 2017, 279 ff.; dies., EWS 2015, 23 ff.; Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner / ​Engelschalk, DBA, Art. 26 Rn. 40a; Füllsack / ​Bürger, BB 2016, 2652; Hörhammer, NWB 2015, 741 ff.; ders. / ​ Fehling, NWB 2014, 3402 ff.; Küpper / ​v.Schweinitz, International Journal for Financial Services 2015, 119 ff.; Mainhardt, RdF 2014, 285 ff.; Marquardt, BB Die erste Seite 2015, Nr. 33; ders. / ​Betzinger, BB 2014, 3033 ff.; Tomson / ​Chwalek, ISR 2016, 26 ff.; Reiter, ISR 2016, 354 ff.; Ruckes / ​L appas, IStR 2016, 364 ff.; Ruckes / ​Schmidt, IStR 2014, 652 ff.; Ruckes, CRS – Common Reporting Standard, 2015; Steiner, BB 2016, 1 ff.; v. Schweinitz / ​van Dülmen, Mitarbeiterinformation zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, 2016; mit

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Nunmehr findet sich jedoch auch eine literarische Einbettung in die bestehenden Amtshilfeverfahren zum internationalen steuerlichen Informationsaustauch. Seer publiziert insbesondere vermehrt in diesem Bereich und stellt den Zusammenhang mit dem Geldwäscheidentifizierungsverfahren heraus.138 Ein weiterer Punkt, welcher die deutsche Literatur beschäftigt, ist die Auslegung der Bußgeldtatbestände nach CRS und FATCA.139 Darüber hinaus wurde auch aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten das globale Melderegime vereinzelt untersucht, jedoch fehlt es an einer detaillierteren Analyse.140 Eine Prüfung der grundrechtlichen Zulässigkeit im Hinblick auf die vom Informationsaustausch betroffenen Kontoinhaber, wurde bislang von keinem Autor vorgenommen.141 Hamacher hat unter Herausarbeitung verschiedener nationaler und europäischer Judikate zur Amtshilfe eine erste umfangreichere datenschutzrechtliche Prüfung begonnen.142 Für einen vollständigen Befund bedarf es jedoch einer detaillierteren Analyse des Melderegimes unter Berücksichtigung seiner konkreten Ausgestaltung. Bei der hier untersuchten Grundlagenfrage zur Reichweite einer Einschränkung des grundgesetzlich verankerten Datenschutzes für Zwecke des effektiven Steuervollzugs werden zwei unterschiedliche Meinungsbilder deutlich.143 Der überwiegende Teil der steuerrechtlichen Literatur misst dem Gebot des gleichmäßigen Steuervollzugs mit Verweis auf das Zinsurteil einen hohen Stellenwert zu, der die Bedeutung der datenschutzrechtlichen Position des Betroffenen  – bei Wahrung der gebotenen Datensicherheits- und -geheimnisanforderungen  – übersteigt.144 Blick auf die Versicherungsindustrie Beinert, in: Bürkle, Compliance in Versicherungsunternehmen, 2. Aufl. 2015, Rn. 148 ff.; mit Blick auf die Fondindustrie Klinkhammer / ​Fußbroich, ISR 2015, 343 ff.; speziell zum Rechtsschutz insbesondere Gotherr, ISR 2015, 193 ff.; ders., ISR 2015, 297 ff.; speziell zum internen Kontrollsystem Schmid / ​Grunert, CB, 2014, 98 ff. 138 Seer, EC Tax Review, 2013 Vol. 22, 63 (69 ff.); ders., IWB 2014, 87 ff.; ders. / ​Wilms, StuW 2015, 118 ff.; ders., in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 14 f., 18, 85 f.; ders., in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 ff. 139 Küpper / ​v.Schweinitz / ​Schurowski, DStR 2016, 512 ff.; a. A. Roth, DStZ 2016, S. 498 ff.; siehe Teil  4 E. III. 3. c) bb) (1) (b) dieser Schrift. 140 Czakert, ISR 2014, 331 ff.; ders., IStR 2015, 590 ff.; Gräber / ​Schurowski, IWB 2016, 331 ff.; Hamacher, IStR 2016, 171 ff.; Seer / ​Wilms, StuW 2015, 118 (126 ff.); im Vergleich zur Vorratsdatenspeicherung insbesondere Mittelberger, PinG 2015, 268 ff. 141 Jedoch zur Grundrechtsbeeinträchtigung beim automatisierten Kontenabruf bereits Hamacher, DStR 2006, 634 (635 ff.). 142 Hamacher, IStR 2016, 171 ff.; ders. hat wiederholt auf den Maßstab der voraussichtlichen Erheblichkeit von Auskunftsersuchen im Rahmen der Amtshilfe oder bei Banken hingewiesen, vgl. zur Referenzmaterie Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (cc). 143 Zu diesem grundlegenden Dissens allgemein bereits Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 13; sowie m. w. N. bei Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (98 f.). 144 Zur Notwendigkeit der staatlichen Informationsgewinnung für die Verifikation im Steuerrecht insbesondere Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 9, 33, 525 f., welcher für die Gründe illegaler Steuerverkürzung auch die Ungerechtigkeit im Steuervollzug sieht; m.V.a. den Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen und den Bericht der Arbeitsgruppe „Steuerausfälle“, StB 1994, 40; sowie weiterhin Carl / ​Klos, DStZ 1990, S. 341 (342 ff.); dies., IStR 1995, 225 (229); Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von

A. Generell zur Legitimation steuerverfahrensrechtlicher Maßnahmen 

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Die datenschutzrechtlichen Belange des Einzelnen sollen demgemäß in der Tendenz hinter der für Allgemeinwohlzwecke erforderlichen Gleichmäßigkeit der Besteuerung zurückstehen.145 Ein anderer Teil der Literatur betrachtet eine anlasslose Übermittlung von steuerrelevanter Informationen an das Ausland kritisch und prognostiziert durch die erheblichen Eingriffsmöglichkeiten der Finanzverwaltung den „gläsernen Steuerbürger“.146 Im Speziellen zum Finanzkontendatenaustausch ergeben sich kritische Stimmen eher aus dem Bereich der Praxis.147 Steuergesetzen, 2012, S. 40, 275 ff., 469; ders., DStR 2010, 2 (4); ders., in: Schön / ​Beck, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, 2009, 1 (8 ff.; 12 f.); sowie Hey, DB 2004, 724 (725); dies., in: FS Kruse, 2001, 269 (273 ff.); Sell, DStR 2005, 717 ff.; Seer, StuW 2003, 40 (46 ff.); ders. im Hinblick auf den Datenschutz im Steuerverfahren insbesondere, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (insbes. 691 f.); ders., Besteuerungsverfahren, Rechtsvergleich USA-Deutschland, 2002, Rn. 152: „Ein falsch verstandener Datenschutz denaturiert leicht zum Tatenschutz“; ders., DStJG 31 (2008), S. 1 (12 f.); ders., in: FS Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Bd. I, 2013, S. 1765 (1768); ebenso bereits früher Tipke, die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1214; vermittelnd auch Drüen, StuW 2003, 205 (212); kritisch zum Verlust der Einzelfallprüfung im Massenverfahren Müller-Franken, Maßvolles Verwalten, 2004, S. 135 ff. 145 So besteht nach Tipke kein „Recht auf steuerliche Selbstbestimmung“ im Steuerstaat, vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1214; ähnlich Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, S. 229, der den Begriff der Informationellen Selbstbestimmung als „falsche Vokabel“ im Steuerrecht versteht. 146 Bspw. mit kritischem Unterton auch die Zusammenstellung verschiedenster Informationsquellen der Finanzbehörden Bilsdorfer, Die Informationsquellen und -wege der Finanzverwaltung – Auf dem Weg zum „gläsernen Steuerbürger“!, 8. Aufl. 2009; Götzenberger, Der gläserne Steuerbürger, 2013; insbesondere zum „Erforderlichkeitskriterium“ als Schutz der Bankkunden bei Hamacher, Die Bank 1981, 353 ff.; ders., Die Bank 1985, 476 ff.; ders., DStZ 1987, 224 ff.; vor dem Hintergrund des automatisierten Kontenabrufs auch ders., DStR 2006, 634 (638); Olfen, Der gläserne Steuerbürger auf Mallorca, Teile I und II, abrufbar unter: http:// www.europeanaccounting.net/der-glaeserne-steuerbuerger-auf-mallorca.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2016); Plewka / ​Klümpen-Neusel, NJW 2005, 1840 (1840); m. w. N. auch die Übersicht bei Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 154 f.; teilweise kritisch auch im Rahmen der Einführung des Kontenabrufs unter der elektronischen Betriebsprüfung der frühere Präsident der Steuerberaterkammer Nordbadens Heilgeist, DStR 2009, 2625 (2627 f.) und der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Jacob, beck- aktuell v. 13.02.2003, becklink 86218; sowie der frühere Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes e. V., Pinne, welcher in in seiner Rede zur Eröffnung des 27. Deutschen Steuerberatertages am 01.11.2004 in Hamburg vor einer Entwicklung zum „gläsernen Steuerbürger“ warnte, beck- aktuell v. 05.11.2004, becklink 130546; Samson, Automatisierter Abruf von Kontoinformationen und Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, 2004, S. 37 ff.; Wagner, StBP. 2005, 72 ff., der die steuerrelevanten Informationen als „gläserne Tatsachen“ betituliert; kritisch zum automatisierten Kontenabruf auch der frühere Datenschutzbeauftragte Hessens Zezschwitz, DSWR 2002, 58 (insbes. 61); teilw. ebenso kritisch hierzu Bär, DSWR 2006, 66 ff.; explizit zum Kontendateninformationsaustausch Hamacher, IStR 2016, 171 (176 ff.); sowie die eher neutrale Sichtweise aber unter Schlussfolgerung eines „gläsernen Steuerbürger“ aus der Bankenpraxis Ruckes / ​Schmidt, IStR 2014, 352 (655). Generell kritisch zum derzeitig zu niedrigen Stellenwert des Datenschutzes im Steuerverfahren Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (105, 149, 155); Heil / ​Greve, ZD 2013, 481 ff.; Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 64. 147 Teilweise auch basierend auf mündlichen Stellungnahmen von Datenschutzbeauftragten führender deutscher Großbanken.

266

Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

III. Stellungnahme Nachdem in Deutschland im Rahmen der Einführung des automatisierten Kontenabrufs und des Amtshilfeverfahrens basierend auf der Zinsrichtlinie bereits die Diskussion zur datenschutzrechtlichen Position des Betroffenen geführt worden ist, wurde sie mit Bezug zum automatischen Finanzkonteninformationsaustausch nicht erneut aufgenommen. Vor dem Hintergrund, dass es sich um ein gänzlich neues System handelt, welches durch erhöhte Automatisierung im Massenverfahren Anwendung findet, sollte die datenschutzrechtliche Position des Betroffenen jedoch erneut untersucht werden.148Auch handelt es sich bei Konteninformationen um Daten mit hohem Persönlichkeitsbezug, die mit diesem umfangreichen Inhalt bislang nicht der grenzüberschreitenden Amtshilfe im hochautomatisierten Massenverfahren unterlagen. Gleichzeitig stellt der territoriale Anwendungsbereich, aufgrund der weitreichenden Einbeziehung von Drittstaaten, insbesondere auch von Entwicklungsländern, unter Verwendung multilateraler Vertragsinstrumente eine neue Situation dar.149 Diese neuen Umstände eröffnen eine Eingriffstiefe, die weit über die der bisherigen Maßnahmen zum Informationsaustausch im Wege der Amtshilfe hinausgehen. Bereits an dieser Stelle ist anzumerken, dass dem insbesondere von Drüen und Seer hervorgehobenen Anspruch des Staats zur Verifikation von Steuerdaten speziell vor dem Hintergrund eines bestehenden Vollzugsdefizits bei ausländischen Kapitaleinkünften ein weitreichender Bedeutungsgehalt innewohnt.150 Gleichzeitig können die Eingriffsrechte der Finanzverwaltung allerdings nicht grenzenlos gelten, denn sie müssen die datenschutzrechtlichen und rechtsstaatlichen Schranken wahren. Der insbesondere durch europäische und internationale Institutionen wiederholt hervorgehobene Bedeutungszuwachs des Datenschutzrechts ist in diesem Zusammenhang zu beachten. Eine erneute Abwägung der Positionen ist daher unter Betrachtung der detaillierten Ausgestaltung der aktuellen gesetzlichen Regelungen und der möglichen Rechtsschutzmöglichkeiten erforderlich.

148

Vgl. hierzu die ausführlich aufgezeigten Entwicklungstendenzen Teil 2 C. Zwar konnten auf Basis von Art. 26 DBA auch zuvor Konteninformationen mit Drittländern ausgetauscht werden, jedoch nicht in automatischer periodischer Weise. Auch konnten hier bilaterale Bedingungen ausgehandelt werden, währenddessen multilateral andere Verfahren vorherrschen. 150 Vgl. ausführlich Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (aa). 149

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

267

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte von Kontoinhabern für Zwecke des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs Die generellen Vorüberlegungen bilden die Basis für die nunmehr durchzuführende Untersuchung. Es ist die Legitimation von Eingriffen in die unionale und nationale Grundrechtssphäre aufgrund des globalen automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten für steuerliche Zwecke zu prüfen. Dabei befindet sich die Gewährung dieser zwischenstaatlichen Amtshilfe in einem Konfliktfeld.151 Hierbei stehen sich Sachverhaltsaufklärung im Interesse einer gleichmäßigen Besteuerung und die Berücksichtigung grundrechtlicher Verbürgungen des betroffenen Kontoinhabers gegenüber. Für die Analyse der Legitimierung bedarf es zunächst einer Systematisierung der Sachverhalte des reziprok ausgestalteten Amtshilfeverfahrens und einer damit verbundenen weiteren Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands (Teil 5 B I.). Sodann ist der Legitimationsmaßstab, unter welchem die Prüfung vollzogen werden soll, festzulegen (Teil 5 II.) Im Anschluss hieran wird die Prüfungsfolge skizziert (Teil 5 B. III.). Die Grundrechtsprüfung beginnt folgend anhand von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und wird nach dem Grundrechtsprüfschemata von Schutzbereich, Eingriff und verfassungsrechtlicher Rechtfertigung durchgeführt (Teil 5 B. IV.). Im Anschluss erfolgt eine Grundrechtsprüfung gem. Art. 8 EU-Grundrechtecharta (Teil 5 B. V.). Zuletzt wird der Untersuchungsgegenstand auch im Hinblick auf die nationalen und unionalen Verfahrensgrundrechte und die Rechtsschutzgarantie beleuchtet (Teil 5 B. VI.).

I. Systematisierung der Sachverhalte Bevor die verfassungsrechtliche Rechtmäßigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung, und -übermittlung im Rahmen des globalen automatischen Informationsaustauschs für steuerliche Zwecke im Detail untersucht werden kann, ist eine Systematisierung der reziprok ablaufenden Sachverhalte vorzunehmen.152 Der Untersuchungsgegenstand wird inhaltlich einzugrenzen sein, um die vom europäischen und nationalen Rechtsraum erfassten „Inlandssachverhalte“ zu ermitteln.

151 Vgl. hierzu Oldiges, Internationale Steuerauskunft und der grundrechtliche Schutz von Informationen, in: Menck / ​Ritter (Hrsg.), Internationale Steuerauskunft und Deutsches Verfassungsrecht, 1987 S. 86 ff. 152 Dabei wird nicht nochmals im Detail auf die Melde- und Sorgfaltspflichten im Rahmen des FKAustG eingegangen, sondern auf Teil 3 verwiesen. Vgl. auch zur Unterscheidung der In- und Auslandsachverhalte bei der Auskunftserteilung/-ersuchen Debatin, DB 1977, 2064 (2066).

268

Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

1. Im Ausland steuerlich Ansässige mit Inlandskonten Zunächst besteht der Sachverhalt, bei dem ein im Ausland steuerlich Ansässi­ger ein Konto bei einem deutschen meldepflichtigen Finanzinstitut führt. Ein solches Konto wird im Rahmen der Melde- und Sorgfaltspflichten nach §§ 3, 7 ff. FKAustG durch das deutsche Finanzinstitut klassifiziert und an die deutsche zuständige Behörde gem. §§ 8, 5 Abs. 1 FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben v. 01.02.2017 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz gemeldet. Die lokale deutsche zuständige Behörde ist nach § 4 FKAustG das BZSt. Das BZSt seinerseits übermittelt daraufhin die Kontendaten im vorgeschriebenen XML-Meldeformat nach §§ 2, 5 Abs. 2 FKAustG an die ausländischen Steuerbehörden der Jurisdiktionen, in denen der Kontoinhaber steuerlich ansässig ist.153 Das BZSt kann gem. § 5 Abs. 4 FKAustG hierbei zur Erfüllung der ihm zugeteilten gesetzlichen Aufgaben die Daten auswerten, um somit insbesondere die Kontoinhaberdaten der passenden ausländischen Jurisdiktion zuzuordnen.154 Es handelt sich folglich um drei getrennte Sachverhaltsabschnitte: (1) Erhebung, Verarbeitung der Finanzkontendaten durch die deutschen meldepflichtigen Finanzinstitute (2) ihre Weiterleitung an das BZSt und (3) jährliche Übermittlung der Finanzkontendaten an ausländische Steuerbehörden im Wege der internationalen Amtshilfe durch das BZSt. Diese sind getrennt zu untersuchen.155 Der von der Meldung betroffene Kontoinhaber ist derjenige, der dem inländischen Finanzinstitut gegenüber bei Kontoeröffnung gem. §§ 13, 16 FKAustG eine oder mehrere ausländische steuerliche Ansässigkeit(en) in einer am Informationsaustausch teilnehmenden Jurisdiktion(en), inklusive der ausländischen Steuer-​ IdNr., angibt. Bei Bestandskonten, mit Kontoeröffnung vor 01.01.2016, sind gem. §§ 11 Abs. 2 bis 4, 12, 14 Abs. 5 FKAustG Kunden meldepflichtig, bei denen die geldwäscherechtliche Dokumentation oder andere verfügbare Informationen auf eine ausländische steuerliche Ansässigkeit hindeuten, wenn diese nicht durch den

153

So wird ein im bspw. französischen Ausland steuerlich Ansässiger mit einer Kontobeziehung zur Deutschen Bank in Frankfurt am Main bei Angabe seiner französischen steuerlichen Ansässigkeit an die deutsche Steuerbehörde, das BZSt, gemeldet werden, welche wiederum die Daten jährlich an die französische Steuerbehörde übermittelt. 154 Es ist nicht abschließend klar, in welchem Ausmaß die Kontendaten ausländischer Steuerpflichtiger vom BZSt vor Übermittlung an das Ausland tatsächlich ausgewertet werden. Es wird angenommen, dass das BZSt nur eine formelle Prüfung hinsichtlich offensichtlicher Unrichtigkeiten des Datenfiles vornimmt und nur als „technische Weiterleitungsstelle“ fungiert, denn für den deutschen Steuerstaat sind grundsätzlich erst die reziprok empfangenen Daten von in Deutschland steuerlich Ansässigen nach § 5 Abs. 3 FKAustG von Nutzen (Welteinkommensprinzip). Die bei deutschen Finanzinstituten erhobenen Daten können im Generellen auch zur Verifizierung deutscher Steueransprüche nach § 5 Abs. 4 FKAustG (Quellensteuern  – Territorialitätsprinzip) genutzt werden, dienen aber primär der Übermittlung an das Ausland. 155 Eine Trennung dieser Sachverhalte mit unterschiedlicher Eingriffsintensität wird in der folgenden Untersuchung innerhalb der Eingriffsbeschreibung als auch innerhalb der Verhältnismäßigkeitsabwägung vorgenommen, vgl. Teil 5 B. IV. 2. und 3 bb) (4).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

269

Kontoinhaber widerlegt worden ist.156 Der Kontoinhaber wird hiernach als „Person eines meldepflichtigen Staates“ i. S. d. § 19 Nr. 36, 37 FKAustG behandelt. Dabei kann es sich um im Ausland lebende deutsche Staatsbürger handeln oder um Ausländer, die eine Kontobeziehung in Deutschland unterhalten.157 Entscheidendes gemeinsames Kriterium zur Meldung der Betroffenen ist die zunächst vermutete ausländische steuerliche Ansässigkeit, an welche letztlich die Besteuerungshoheit der die Daten empfangenden Jurisdiktionen knüpft. Die steuerliche Ansässigkeit wird regelmäßig bei natürlichen Person durch den Wohnsitz und bei juristischen Personen durch den Gründungsort oder den Sitz der Geschäftsleitung begründet.158 Im Regelfall werden daher Kontoinhaber mit ausländischer Steuerpflicht und nur beschränkter inländischer Steuerpflicht betroffen sein.159 In seltenen Fällen können doppelte unbeschränkte Steuerpflichten bestehen und daher Meldungen der gleichen Kontendaten in verschiedene Jurisdiktionen auslösen.160 Dies ist immer dann der Fall, wenn der Kontoinhaber gegenüber dem kontoführenden Finanzinstitut differente steuerliche Ansässigkeiten erklärt. Hier wird eine steuerliche Ansässigkeit in den verschiedenen Jurisdiktionen durch das Finanzinstitut vermutet. Einer inhaltlichen Überprüfung durch das die Daten erhebende Finanzinstitut bedarf es nicht, vielmehr ist der Kontoinhaber selbst verantwortlich, seine steuerlichen Ansässigkeiten zu bestimmen.161 Der vorliegend untersuchte Vorgang ist einschließlich des Übermittlungsvorgangs im Wege der internationalen Amtshilfe ein ausschließlich innerdeutsches Verfahren nach den Regelungen des FKAustG, basierend auf europäischen und völkerrechtlichen Vorgaben.162 Die Handlungen der in Dienst genommenen Institute sowie der deutschen Verwaltung sind an deutschem und europäischem Recht

156

Darüber hinaus auch diejenigen natürlichen Personen mit bestehenden Konten von geringem Wert, die bei einer Anwendung des vereinfachten Hausanschrifttests durch das kontoführende Institut gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG, eine ausländische Hausanschrift in einer am Informationsaustausch teilnehmenden Jurisdiktion unterhalten. 157 Vgl. zum persönlichen Schutzbereich Teil 5 B. IV. 1. a) bb). 158 Im Zweifel auch der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung, wenn sich bei Rechtsgebilden, wie Personengesellschaften, eine Limited Liability Partnership oder Trusts keine steuerliche Ansässigkeit nach § 19 Nr. 37 FKAustG bestimmen last, vgl. § 25 FKAustG. 159 Zur beschränkten Steuerpflicht in Deutschland vertiefend Fey, in: Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, „beschränkte Steuerpflicht“, Rn. 1 ff., insbes. 17; Rauch, in: Blümich, EStG, § 1 Rn. 275 ff. 160 Eine Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit nach dem CRS ist in manchen Fällen äußert komplex und erfordert umfangreiches steuerliches und fachspezifisches Wissen, was durch die Finanzinstitute nicht aufgebracht werden muss beziehungsweise soll, vgl. hierzu vertiefend Küpper / ​v.Schweinitz, International Journal for Financial Services 2015, 119 (120). 161 Ebd.; eine materielle Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit steht auch im Widerspruch zum Berufsrecht nach §§ 2 i. V. m. 3 StBerG. Eine Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen für Finanzinstitute wie bei der Kapitalertragsteuer nach § 4 Nr. 12, 12a StBerG ist im Rahmen des FKAustG nicht vorgesehen, vgl. auch Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (bb). 162 Zu den verschiedenen Rechtsgrundlagen des globalen automatischen Finanzkontendatenaustauschs siehe Teil 2 B sowie Czakert, DStR 2015, 2697, 2700 f.

270

Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

zu messen und bezüglich ihrer Eingriffsintensität auf grundrechtliche Zulässigkeit zu überprüfen.163 Die der Kontenbeziehung zugrunde liegenden Daten selbst gelten hierbei als territorialer Anknüpfungspunkt, der einen Regelungsanspruch deutschen Rechts eröffnet.164 Eines physischen Gebietskontakts des ausländischen Kontoinhabers mit dem deutschen Staatsgebiet bedarf es hingegen, insbesondere zur Wirkung der Grundrechte, nicht es reicht als Gebietskontakt die Kontoführung in Deutschland.165 Ab Empfang der Daten im Ausland verlassen diese das deutsche Staatsgebiet und befinden sich nicht mehr im Kernbereich deutscher Rechtsanwendung.166 Gleichzeitig sind die staatlichen Organe des die Meldung empfangenden Staats nicht der deutschen Grundrechtsbindung unterworfen.167 Die hier durchgeführte Untersuchung endet insofern grundlegend mit Übermittlung der Kontendaten an das Ausland. Darüberhinausgehend bleibt jedoch fraglich, ob ab diesem Zeitpunkt die Grundrechtsbindung der deutschen Hoheitsgewalt nach Art. 1 Abs. 3 GG ihre Kraft vollends verliert oder ob sich der Betroffene auch im Ausland auf den deutschen Grundrechts- und Datenschutzstandard berufen kann.168 2. Im Inland steuerlich Ansässige mit Auslandkonten Der reziproke Sachverhalt, die Meldung deutscher Kontoinhaber mit Offshore-Konten, vollzieht sich überwiegend im jeweiligen Staat, in dem das kontoführende ausländische Institut gelegen ist und seine Meldung an die jeweilige lokale Behörde abgibt.169 Die Verfahrensregelungen basieren mithin auf der dortigen Implementierung der Regelungen zum automatischen Kontendateninformationsaustausch, innerhalb des europäischen Rechtsraums insbesondere auf der Amtshilferichtlinie und bei Drittstaaten auf den völkerrechtlichen Abkommen basierend auf OECD-Vorgaben, dem CRS. Einzelne inhaltliche Abweichungen ergeben sich auch durch die bewusste Offenheit des Standards für die nationale Gesetzgebung, 163

Siehe auch die Untersuchung des Schutzbereiches Teil 5 B. IV. 1.  Walter, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 237 Rn. 12. 165 Es reicht das unterhalten eines Bankkontos im Inland oder ein sozialversicherungsrechtlicher Anspruch, vgl. Isensee, in: ders. / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 115 Rn. 85; Becker, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 240 Rn. 19. 166 Walter, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 237 Rn. 46 ff.; Graf Vitzthum, in: Isensee / ​ Kirchhof, HStR, Bd. II, § 18 Rn. 5. 167 Vgl. BVerfGE 1, 10 (11). Becker, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 240 Rn. 35; Höfling, in: Sachs, Art. 1 Rn. 86. 168 Insbesondere weil sich die Bunderepublik aufgrund multilateralen völkerrechtlichen Vertrages gebunden hat, vgl. hierzu auch Becker, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 240 Rn. 64 ff. 169 Vgl. zur Ansässigkeit der Finanzinstitute § 23 FKAustG. So wird ein im Inland steuerlich Ansässiger mit einer Kontobeziehung zu Lloyds in London bei Angabe seiner deutschen steuerlichen Ansässigkeit an die britische Steuerbehörde, HMRC, gemeldet werden, welche wiederum die Daten jährlich an das deutsche BZSt übermittelt. 164

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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beispielsweise im Bereich der Sanktionierung von Falschmeldungen.170 Grundsätzlich sollten die Melde- und Sorgfaltspflichten für sich genommen jedoch den deutschen Regelungen äquivalent sein, um einen einheitlichen Meldestandard und die tatsächlich völkerrechtlich vereinbarte Reziprozität zu gewährleisten.171 Darüber hinausgehend ist jedoch das die möglichen Legitimationsschranken bildende Recht im Zweifel rein national beziehungsweise innerhalb des europäischen Rechtsraums lediglich begrenzt harmonisiert. Insbesondere das einfachgesetzliche Datenschutzrecht und die möglichen verfassungsrechtlichen Grundrechtseinschränkungen sind nur aus der jeweiligen Perspektive des meldenden Staats zu bestimmen und bemessen sich nicht nach deutschem Recht.172 Gleichzeitig sind staatliche Organe anderer Jurisdiktionen nicht der deutschen Grundrechtsbindung unterworfen.173 Somit eröffnet sich, ungeachtet der Betroffenheit von in Deutschland steuerlich Ansässigen, dieser Sachverhalt grundsätzlich nicht einer Beurteilung nach deutschem Recht. Eine vertiefte Untersuchung des ausländischen Sachverhalts ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit aufgrund ausländischer Rechtssetzung mithin nicht möglich. Erst zum Zeitpunkt des Datenempfangs durch das BZSt gem. § 5 Abs. 3 FKAustG, befinden sich die Kontendaten im deutschen Staatsgebiet und eine Beurteilung nach deutschen Rechtsgrundsätzen kann erfolgen.174Ab diesem Zeitpunkt verbleiben die Daten grundsätzlich im deutschen Verwaltungsapparat. Sie werden durch das BZSt ausgewertet und gegebenenfalls an zuständige Landesfinanzbehörden zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens gem. § 5 Abs. 4 FKAustG weitergeleitet. Die deutschen Steuerbehörden sind Grundrechtsverpflichtete nach Abs. 1 Abs. 3 GG und auch einfachgesetzlich an die Zweckbindung nach § 5 Abs. 7 FKAustG, das Steuergeheimnis nach § 30 AO sowie das deutsche Datenschutzrecht

170 Hier gibt der CRS-Kommentar nur beschränkt vorgaben, vgl. OECD-Kommentar zum Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: http://www.oecd-ilibrary.org/docserver/download/2314131e.pdf?expires​ =1504260188&id=id&accname=guest&checksum=6734AEA1520A226A6009CD35B7CFDB​ A3 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), bspw. Für Datenschutzverstöße S. 87; sowie für unkooperative Kontoinhaber S. 211. 171 Vgl. § 2 Gesetz zu der mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (BGBl. 2015 II S. 1630). 172 Zur beschränkten Wirkung deutschen Rechts im Ausland Walter, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. XI, § 237 Rn. 46 ff.; sowie zur Reichweite von Grundrechten Becker, in: Isensee / ​ Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 240 Rn. 1 ff. 173 Vgl. BVerfGE 1, 10 (11); Becker, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. XI, § 240 Rn. 35; deutsche Grundrechte haben insoweit nur eine Reservefunktion, die an erhöhten Maßstäben zu messen ist, vgl. Becker, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. XI, § 240 Rn. 66, m. V. BVerfGE 63, 343 (366). 174 Denn erst im eigenen Staatsgebiet besteht der Kernanwendungsbereich deutschen Rechts Walter, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. XI, § 237 Rn. 46 ff.; Graf Vitzthum, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. II, § 18 Rn. 5.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

gebunden. Eine vertiefte Untersuchung dieses weniger problematischen Sachverhalts soll hier aus Gründen der thematischen Beschränkung unterbleiben.175

II. Legitimationsmaßstab Der Legitimationsmaßstab für die Bewertung des vorliegenden Untersuchungsgegenstandes ist, bedingt durch die Mehrebenartigkeit der Rechtsquellen des globalen Informationsaustauschs, differenziert zu sehen. Auch wenn das Schutzgut grundsätzlich inhaltlich gleichgerichtet die rechtmäßige Datenerhebung, -verarbeitung und -übermittlung darstellt, ist die rechtsdogmatische Verortung abhängig von der steuerlichen Ansässigkeit des Kontoinhabers. Ausschlaggebend für die Entscheidung über den anzuwenden grundrechtlichen Maßstab ist, ob die Kontendaten aufgrund europäischer Bestimmungen an einen anderen EU-Mitgliedsstaat oder aufgrund völkerrechtlicher Bestimmungen transformiert in nationales Recht an Drittländer übermittelt werden. Für beide Sachverhalte gelten unterschiedliche Rechtsgrundlagen und demnach auch abweichende Legitimationsmaßstäbe, die nachstehend näher erläutert werden. 1. Legitimationsmaßstab bei Datenübermittlung in ein Drittland Bei Datenübermittlung an einen außereuropäischen Staat, sog. Drittlandsdatenübermittlungen, ist die einschlägige Rechtsgrundlage keine europäische, sondern eine völkerrechtliche. Dies hat direkte Auswirkung auf den einschlägigen Legitimationsmaßstab, welcher nachfolgend erörtert wird. a) Anwendung des Grundgesetzes und der DS-GVO Werden die Kontendaten an ein Drittland übermittelt, welches grundsätzlich nicht unter die Bestimmungen der europäischen Amtshilferichtlinie fällt, so basiert die Datenübermittlung auf völkerrechtlichen Verträgen.176 Vornehmlich das „Competent Authority Agreement“ (CAA) bildet die rechtliche Grundlage der Datenübermittlung in das außereuropäische Ausland.177 Den legislativen Rahmen ebnet außerdem Art. 26 der einschlägigen DBAs oder / ​und Art. 6 des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen.178 Es handelt sich hierbei um multilaterale Instrumente. Die völkerrechtlichen Abkommen werden mittels 175 Die hier vorgenommene Analyse konzentriert sich daher auf die neuralgischen Punkte des Inlandverfahrens nach dem FKAustG, vgl. Teil 5 B. I. 1.  176 Drittstaaten in diesem Sinne sind Jurisdiktionen, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind. 177 Ebenso Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 53. 178 Siehe zu der Rechtsquellenvielfalt des automatischen Informationsaustauschs Teil 2.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Transformationsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG im Rang eines Bundesgesetzes in Deutschland anwendbar und durch das FKAustG konkretisiert.179 Europäisches Recht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta wird hierbei nicht durchgeführt.180 Die Rechtsgrundlagen sind demgemäß an den Vorgaben des Grundgesetzes, insbesondere an den Grundrechten zu messen.181 Es findet sich, anders als im europäischen Primärrecht, kein ausdrücklich normiertes Datenschutzgrundrecht im Grundgesetz.182 Das BVerfG hat vielmehr durch seine Rechtsprechung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG ab­ geleitet.183 Das Volkszählungsurteil von 1983 markierte eine Wende in der Beurteilung des Persönlichkeitsschutzes – weg von der reinen objektiven Sphärentheorie hin zu einem differenzierteren auch subjektiv ausgefüllten Schutzmaßstab.184 Das BVerfG entwickelte das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als die „Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden“185. Gleichzeitig werden sich im grenzüberschreitenden Amtshilfeverfahren Fragen des effektiven Rechtsschutzes ergeben, der nach Art. 19 Abs. 4 GG grundrecht 179

Vgl. Nettesheim, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 59 Rn. 166 ff., insbes. 183 ff. Vgl. auch Lehner, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. XI, § 251 Rn. 4 ff., der innerstaatliches Verfassungsrecht als primären Maßstab sieht. 181 Vgl. zum Rechtsstreit Teil 5 B. II. 1. a); BVerfGE 133, 277 (313 ff.), BVerfGE 118, 79 (95); 121, 1 (15); 125, 260 (306 f.); 129, 78 (90 f.). 182 Andere Länder haben indes ein explizietes Datenschutzgrundrecht in ihre Verfassung aufgenommen, bspw. § 10 Abs. 1 S. 2 der finnischen Verfassung, siehe die Übersicht bei Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 8 Rn. 14 Fn. 8. 183 BVerfGE 65, 1 ff. In seiner Entscheidung zur Online-Durchsuchung aus dem Jahr 2008 hat das BVerfG zudem eine neue Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts herausgebildet, vgl. BVerfGE 120, 274 (311 ff.). Es schuf das sog. „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“. Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems bspw. durch sog. Trojaner, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und dessen Speichermedien ausgelesen werden können, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Als solche erkennt das BVerfG nur Leib, Leben und Freiheit einer Person sowie solche Allgemeingüter an, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt. Dazu gehört nicht die einfache Steuerhinterziehung, weshalb hier auch nicht auf diese Ausprägung des Grundrechts näher eingegangen wird; vgl. ebenso Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (691). 184 Ausführlich bei Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 Rn. 173 ff.; Gola / ​Körffer / ​Klug, in: Gola / ​Schomerus, BDSG § 1 Rn. 9 ff.; Starck, in: v. Mangoldt / ​Klein / ​Starck, GG, Art. 2 Abs. 1 Rnr. 17; Nebel, ZD 2015, 517 (520 ff.); Rudolf, in: in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 10 ff.; ausführlich zur Entstehung des Grundrechts im verfassungsrechtlichen Kontexts Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 27 ff. 185 BVerfGE 65, 1 (42 sowie Leitsatz Nr. 2); 78, 77 (84); 84, 192 (194); 92, 191 (197); 96, 171 (181); 101, 106 (121); BVerwGE 84, 375 (377); BVerfG, Beschl. v. 10.10.2000, NVwZ 2001, 185; BVerfGE 103, 21; BVerfG, Beschl. v. 28.08.2000, NJW 2001, 503 (505); BVerfG, Beschl. v. 15.03.2001, EuGRZ 2001, 249 (252). 180

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

lich garantiert ist. Es ist fraglich, ob die im vorgelagerten Verwaltungsverfahren nach dem FKAustG oder der Abgabenordnung vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs angemessen sind. Hier erfolgt eine direkte Rückkopplung zur Untersuchung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.186 Neben den am deutschen Verfassungsrecht zu messenden Drittlandsübermittlungen sieht die DS-GVO als europäisches Sekundärecht jedoch ebenfalls Bestimmungen für Übermittlungen in Drittländer vor, vgl. Art. 44 ff. DS-GVO.187 Diese sollen gewährleisten, dass ein der DS-GVO entsprechendes Datenschutzniveau gem. Art. 44 S. 2. DS-GVO auch im Drittland gelten soll und verschaffen dadurch dem Europarecht eine extraterritoriale Wirkung – auch zum Schutz der europäischen Grundrechte. Insoweit ist also neben dem deutschen Verfassungsrecht bei Drittlandübermittlungen auch hier ein sekundäreuroparechtlicher Einfluss maßgebend und in die Untersuchung einzubeziehen.188 Nichtsdestotrotz gilt nach Ansicht der BVerfG in derartigen Fällen dennoch der ausschließliche Prüfmaßstab anhand der nationalen Grundrechte – auch wenn die angegriffenen Normen teilweise auch Regelungsbereiche des Unionsrechts nur berühren.189 Drittlandsübermittlungen auf Grundlage von – in nationales Recht überführten – völkerrechtlichen Abkommen stellen keine Durchführung des Rechts der Union im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta dar. b) Anwendung der EMRK Der grundrechtliche Legitimationsmaßstab wird ergänzt durch den völkerrechtlichen Rahmen der EMRK.190 Die EMRK nimmt als völkerrechtlicher Vertrag ebenfalls nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG den Rang eines Bundesgesetzes ein und steht grundsätzlich nicht über anderen Bundesgesetzen.191 Auch durch eine weite Interpretation von Art. 25 GG nimmt sie damit keinen Rang über einem Bundesgesetz ein.192 Das BVerfG interpretiert das Grundgesetz allerdings völkerrechts 186

vgl. Teil 5 B. VI. Vgl. auch die Erwägungsgründe (101); (102). 188 So geschehen in Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa). 189 Vgl. BVerfG in Hinblick auf das Antiterrordateigesetz, BVerfGE 133, 277 (314), wonach die angegriffenen Vorschriften einen Datenaustausch zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus bieten und die Kompetenzen der EU im Bereich des Datenschutzes nach Art. 16 AEUV berühren, gleichwohl aber kein originäres Recht der Union im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta durchgeführt wird. Ggegebenenfalls lässt sich eine andere Auffassung vertreten, wenn man der Ansicht des EuGHs folgt und einen weiten Anwendungsvorrang der EU-Grundrechtecharta bejaht. 190 Ausführlich zur Anwendung der EMRK in Deutschland Nußberger, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. X, § 209, Rn. 1 ff.; insbes. 7 ff. 191 BVerfGE 74, 358 (370); BVerwGE 52, 313 (334); vgl. ausführlich m. w. N. Rudolf, in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 34. 192 Ebd. 187

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freundlich. Der Konventionstext und die Rechtsprechung des EGMR dienen auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes.193 Über die Funktion als reine Auslegungshilfe hinaus statiert die „Görgülü“-Entscheidung des BVerfG, dass das Rechtsstaatsprinzip die zwingende Einbeziehung der Rechtsprechung des EGMR verfassungsrechtlich gebietet.194 Die Anwendung der EMRK, insbesondere von Art. 8 EMRK, ist damit im deutschen Recht garantiert und ist bei der rechtlichen Bewertung der Datenübermittlung an Drittländer als Legitimationsmaßstab mit einzubeziehen.195 2. Legitimationsmaßstab bei Datenübermittlung in das europäische Ausland Bei der Kontendatenübermittlung in das europäische Ausland basieren die Regelungen zum steuerlichen Informationsaustausch primär auf der Amtshilferichtlinie.196 Folglich ist zu prüfen, welche Unionsgrundrechte hier als Bewertungsmaßstab dienen und wie diese im Zusammenspiel mit den deutschen Grundrechten und der EMRK Anwendung finden. a) Anwendung der EU-Grundrechtecharta und der DS-GVO Durch die harmonisierte Implementierung des globalen CRS innerhalb der Europäischen Union durch die Amtshilferichtlinie ist zu untersuchen, ob sich der Sachverhalt einer Datenübermittlung an EU-Mitgliedsstaaten grundsätzlich anhand der Unionsgrundrechte bemisst.197 Bei Leistung und Inanspruchnahme von Amtshilfe zwischen den Mitgliedsstaaten nach der Amtshilferichtlinie wird europäisches Recht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta durchgeführt, was die Anwendung der europäischen Grundrechtecharta und die damit einhergehende Zu-

193

BVerfGE 111, 307; 128, 326. BVerfGE 111, 307 (329); ausführlich auch unter Einbeziehung der Grenzen einer solchen Berücksichtigungspflicht Nußberger, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. X, § 209, Rn. 12 ff. 195 Vgl. Meyer-Ladewig, in: ders., EMRK, Art. 8 Rn. 40 ff.: vgl. auch zur steuerlichen Amtshilfe Ruegenberg, Das nationale und internationale Steuergeheimnis, S. 267 ff. 196 Vgl. zur Implementierung des CRS in der Union Teil 2 B. III. 2.  197 Zur EU-Grundrechtecharta allgemein Pache, EuR 2001, 475 ff.; sowie zu den historischen Entwicklungslinien des europäischen Grundrechtsschutzes Nicolaysen, in: Heselhaus / ​Nowak, HdEGR, § 1 Rn, 1 ff. Gleichzeitig zieht der EuGH jedoch die mitgliedstaatlichen Verfassungsordnungen, d. h. auch die deutschen Grundrechte, mittels der Methode der „wertenden Rechtsvergleichung“ zur Konkretisierung der europäischen Grundrechte, u. a. basierend auf Art. 6 Abs. 2 EUV, heran, vgl. Szczekalla, in: Heselhaus / ​Nowak, HdEGR, § 2 II Rn, 2 ff., kritisch zur Charta Wallrabenstein, KJ 2002, 381 ff. (insbes. 397). 194

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

ständigkeit des EuGH in diesem Bereich zur Folge hat.198 Insoweit bildet Art. 51 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta grundsätzlich die Abgrenzung zwischen unionsrechtlichem und nationalem Grundrechtsschutz. Wo genau diese Trennung insbesondere im Hinblick der Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien vollzogen wird, ist bis heute umstritten. Das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz stellt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG die Umsetzungsgesetzgebung der Amtshilferichtlinie in der Fassung 2014/107/EU dar, soweit es um den automatischen Informationsaustausch mit anderen EU-Mitgliedsländern geht. Fraglich ist daher, inwiefern die deutschen Grundrechte bei der innereuropäischen Übermittlung der Kontendaten basierend auf europäischen Sekundärrecht noch Anwendung finden können. Die Grundrechte des Grundgesetzes binden die deutsche Staatsgewalt grundsätzlich umfassend. Die wiederholte Rechtsprechung des BVerfG sieht in prozessualer Hinsicht jedoch vor, dass innerstaatliche Rechtsvorschriften und Vollzugsakte, die Unionsrecht durchführen, nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen werden. Dies gilt solange der EuGH einen dem Grundgesetz als „unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten Grundrechtsschutz gewährleistet“.199 Eine Gefahr der Aushöhlung deutscher Grundrechte besteht bei einem vergleichbar zu achtenden Grundrechtsschutz nicht. Das BVerfG nimmt insoweit seine Kontrollkompetenz in diesem Bereich zurück.200 Insoweit wird das Staatsziel der europäischen Integration, grundgesetzlich fundiert in Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG, auch im Bereich der Grundrechtsverbürgung durchgesetzt.201 198 So bereits noch vor in Kraft treten der Charta durch die Rechtsprechung des EuGH Urt. v. 22.10.2013  – C-276/12, DStRE 2014, 695 (697) (Sabou) bestätigt, wonach hier noch die nicht kodifizierten Verteidigungsrechte geprüft wurden. Das Gericht befürwortete hierbei die Anwendung der Unions-Grundrechte, auch wenn die Mitgliedsstaaten freiwillig Amtshilfe zur Festsetzung ihrer nationalen Einkommenssteuer ersuchen können, vgl. Rn. 26: „Was sodann die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Auslegung der Richtlinie 77/799 in der vorliegenden Rechtssache angeht, berechtigt der Umstand, dass der ersuchende Mitgliedsstaat nicht verpflichtet ist, ein Amtshilfeersuchen an einen anderen Mitgliedsstaat zu richten, nicht zu der Annahme, dass die Regeln über das Auskunftsersuchen und die Verwendung der von diesem Mitgliedsstaat erlangten Informationen außerhalb des Anwendungsbereichs des Unionsrechts liegen. Sobald ein Mitgliedsstaat beschließt, entsprechende Amtshilfe in Anspruch zu nehmen, muss er sich an die von der Richtlinie 77/799 vorgesehenen Regeln halten.“ Ausführlich zur Anwendung der Grundrechtecharta im Bereich der steuerlichen Amtshilfe auch die Schlussanträge zum derzeit anhängigen Verfahren von GA Melchior Wathelet vom 10.01.2017 – C-682/15, BeckRS 2017, 100310, Rn. 40 ff. (Berlioz Investment Fund SA) nunmehr auch bestätig in EuGH, Urt. v. 16.05.2017 – C-682/15, EuZW 2017, 654 (655 f.) (Berlioz Investment Fund SA). 199 BVerfGE 73, 339 (387); seit der Bananenmarktentscheidung sind nunmehr Verfassungsbeschwerden und Richtervorlagen generell unzulässig, es sei denn der Einzelne kann darlegen, „dass der jeweils als unabdingbar gebotene Grundrechtsschutz generell nicht gewährleistet ist“: BVerfGE 102, 147 (161, 164). Hierzu ausführlich Szczekalla, in: Heselhaus / ​Nowak, HdEGR, § 2 II Rn. 24 ff.; Ludwigs / ​Sikora, EWS 2016, 121 (121 f.). Vgl. auch die Folgeentscheidungen BVerfGE 118, 79 (95); 121, 1 (15); 125, 260 (306 f.); 129, 78 (90 f.). 200 BVerfGE 73, 339 (378 bis 381); 102, 147 (162 f.). 201 BVerfGE 102, 147 (163 f.).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Im Hinblick auf europäisches Sekundärrecht bilden nach Ansicht des BVerfG die Unionsgrundrechte jedoch nur bei zwingender Umsetzung von Richtlinienvorgaben einen ausschließlichen Prüfungsmaßstab.202 Die Einhaltung nationaler Grundrechte unterliegt hingegen einer inhaltlichen Kontrolle durch das BVerfG soweit das Sekundärrecht den Mitgliedsstaaten einen Handlungsspielraum belässt. Eine parallele Anwendung europäischer und nationaler Grundrechte scheidet nach Ansicht des BVerfG aus.203 Das BVerfG nimmt seine Kontrollkompetenz bzgl. deutscher Grundrechte damit aus unionsrechtlich geprägten Sachverhalten teilweise zurück soweit eine EU-Richtlinie die nationale Umsetzung konkret vordeterminiert. Der EuGH nimmt hingegen stets einen sehr weiten Anwendungsbereich der Grundrechtecharta an. So sind die europäischen Grundrechte auch anwendbar, wenn nicht zwingend umzusetzende Richtlinienvorgaben bestehen.204 Nationale und europäische Grundrechte sind nach Ansicht des EuGH damit nebeneinander anwendbar, wobei im Ergebnis den Unionsgrundrechten ein Vorrang einzuräumen ist. Dieser Rechtsstreit muss bei vorliegender Untersuchung jedoch nicht abschließend geklärt werden. Anders als beispielsweise bei der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, bei der den nationalen Gesetzgebern eine weite Umsetzungsprärogative eingeräumt wurde, ist die Amtshilferichtlinie in der Fassung 2014/107/EU und insbesondere ihr Anhang detailliert europäisch determiniert.205 Die Richtlinie 202

„[…] eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, […] insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen [wird], als das Gemeinschaftsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht“, BVerfGE 129, 78 (90, 103); BVerfGE 118, 79 (95 f.); a. A. der EuGH, welcher von einer Anwendung der Charta bei etwaigen Sekundärrecht ausgeht, siehe EuGH, Urt. v. 26.02.201, C-617/10, NJW 2013, 1415 (1416) (Åkerberg Fransson), unter Rekurs auf Art. 2, Art. 250 Abs. 1 und Art. 273 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie 2006/112/EG beziehungsweise Art. 325 AEUV (i. V. m. Art. 2 Abs. 1 des Eigenmittelbeschlusses 2007/436/EG). 203 Sog. „Trennungsthese“ des BVerfG in Reaktion auf das EuGH Urteil Åkerberg Fransson, siehe BVerfGE 133, 277 (313 ff.), bereits zuvor eher im Hinblick auf prozessuale Zuständigkeit BVerfGE 118, 79 (95); 121, 1 (15); 125, 260 (306 f.); 129, 78 (90 f.) sowie m. w. N. Oppel  / ​ Sendke, IStR 2018, 110 (113); Kingreen, in: Calliess / ​Ruffert, EUV / ​A EUV, EU-GRCharta Art. 51 Rn. 10 ff. 204 EuGH, Urt. v. 26.02.201, C-617/10, NJW 2013, 1415 (1416) (Åkerberg Fransson), unter Rekurs auf Art. 2, Art. 250 Abs. 1 und Art. 273 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie 2006/112/ EG beziehungsweise Art. 325 AEUV (i. V. m. Art. 2 Abs. 1 des Eigenmittelbeschlusses 2007/436/EG); EuGH, Urt. v. 21.12.2011, C-411/10, Slg. 2011, I-13991 und Urt. v. 22.09.2011, C-493/10, NVwZ 2012, 417 (418); Weiß, EuZW 2012, 201 (201 f.); Augsberg, DÖV 2010, 153 (154 f.); Ludwigs / ​Sikora, EWS 2016, 121 (124 f.). Nunmehr wurde die Anwendbarkeit der Grundrechtecharta auch bzgl. ausschließlich nationaler Sanktionen zur Umsetzung europäischer Richtlinien bestätigt EuGH, Urt. v. 16.05.2017  – C-682/15, EuZW 2017, 654 (656 f.) (Berlioz Investment Fund SA). 205 Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG, Zinserträgen ABl. L 105/54 v.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

zur Vorratsdatenspeicherung legte im Gegensatz beispielsweise nur einen absoluten Mindeststandard bezüglich der zu speichernden Daten und des Datenschutzes fest, die konkreten Maßnahmen sollten jedoch auf nationaler Ebene ergehen. Das BVerfG hat sich daher gegen ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV entschieden, als es über die Rechtmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland entschied und legte den grundgesetzlichen Legitimationsmaßstab am deutschen Umsetzungsgesetz an.206 Ein derartiger Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers liegt bei der hier vorliegenden Amtshilferichtlinie 2014/107/EU allerdings nicht vor. Die Regelungen der Amtshilferichtlinie in Anhang I und II zum Austausch von Finanzkontendaten bieten bewusst keinen Raum für eigenständiges Handeln der Mitgliedsstaaten, um einen einheitlichen Meldestandard zu gewährleisten und weder Wettbewerbsverzerrungen noch Minderungen der zu übermittelnden Datenqualität zu provozieren.207 Insbesondere ist der Umfang der zu übermittelnden Daten konkret festgelegt. Es handelt sich mithin um zwingend umzusetzende Richtlinienvorgaben; ausschließlich europäisches Recht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta wird durchgeführt. Im Ergebnis liegt nach Ansicht des BVerfG als auch des EuGHs somit die primäre Anwendung der Unionsgrundrechte vor. Auch wenn materiell-rechtlich die deutschen Grundrechte nicht außer Kraft gesetzt sind, liegt damit die vorrangige Kontrollkompetenz europäischer Datenübermittlungen nach der Amtshilferichtlinie beim EuGH anhand des europäischen Primärrechts. Bei vorliegender Arbeit wird demnach auf eine separate Prüfung von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG bei europäischen Übermittlungen insoweit abgesehen, als dass die unter Teil 5 B. IV gewonnen Erkenntnisse auf diese abbildbar sind und nur vereinzelt auf den europäischen Sachverhalt eingegangen wird.208 Aus der Amtshilferichtlinie selbst ergeben sich keine spezifischen Betroffenen­ rechte des Steuerpflichtigen.209 Verfahrensrechte des Betroffenen, wie das Recht auf Gehör, können somit nicht auf die Amtshilferichtlinie allein gestützt werden. Aus der Grundrechtecharta kommt jedoch bei der vorliegenden Untersuchung das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten nach Art. 8 EU-Grund13.04.2006. Bspw. werden den Mitgliedsstaaten Spielräume zum Erlass eigener Maßnahmen beim Zugang zu Daten nach Art. 4 oder bei der Umsetzung der Datenschutz und Datensicherheitsstandards nach Art. 7 eingeräumt. 206 BVerfGE 125, 260 (308). 207 Siehe Amtshilferichtlinie 2014/107/EU, (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014), Erwägungsgrund (8) und (9). 208 Dies gilt auch vor dem Hintergund Wiederholungen im Hinblick auf die Prüfung von Art. 8 EU-Grundrechtecharta in Teil 5 B. V. zu vermeiden. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der Frage der variierenden Datenschutzstandards wird jedch auch auf die Frage der Übermittlung an EU-Mitgliedsländer im Vergleich zu Drittlandsübermittlungen eingegangen, vgl. Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa). 209 Noch zur älteren Fassung der Amtshilferichtlinie entschied dies der EuGH in EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 (697) (Sabou), mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 27.09.2007– C-184/05, Slg. 2007, I-7897, Rn. 31 (Twoh).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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rechtecharta, auch in Verbindung mit Art. 16 AEUV, als Bewertungsmaßstab in Betracht.210 Art. 8 EU-Grundrechtecharta ist lex speciales zu Art. 7 EU-Grundrechtecharta, dessen „Privatsphärebegriff“ mit dem des Datenschutzgrundrechts überlappt.211 Das primärrechtlich garantierte Datenschutzgrundrecht wird durch die sekundärrechtlichen Bestimmungen der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)212 weiter präzisiert.213 Diese regelt die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten natürlicher Personen innerhalb der Union und schützt ausdrücklich nach Art. 1 DS-GVO sowie den Erwägungsgründen (1) bis (14) die Grundrechte und Grundfreiheiten betroffener natürlicher Personen. In territorialer Hinsicht ist nach Art. 3 Abs. 1 DS-GVO sowie § 1 Abs. 4 BDSG der Sitz beziehungsweise eine Niederlassung der tatsächlich datenverarbeitenden Stelle beziehungsweise des Auftragsdatenverarbeiters maßgeblich für die Anwendung der DS-GVO beziehungsweise des BDSG. Dies gilt unabhängig davon, ob die Stelle öffentlich oder privatrechtlich organisiert ist.214 Meldende 210 Allgemein zur Art. 8 EU-Grundrechtecharta Augsberg, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​ Hatje, Europäisches Unionsrecht, GRC, Art. 8, Rn. 1 ff.; Bernsdorff, in: Meyer, GRCh, Art. 8 Rn. 1 ff.; Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 8 Rn. 1 ff.; Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 8 Rn. 1 ff.; Kranenborg, in: Peers / ​Hervey / ​Kenner / ​Ward, GRCh, Art.  8 Rn.  1 ff.; Mehde, in: Heselhaus / ​Nowak, HdEGR, § 21 Rn. 1 ff. 211 Der EuGH legt daher zumeist einen gemeinsamen Prüfungsmaßstab an bspw. EuGH, Urt. v. 19.01.2008 – C-275/06, Slg. 208, I-271 Rn. 64 (Promosicae); C-92/09 und 93/09, Slg. 2010, I-11 063 Rn. 76 (Schecke); anders beim Urteil zu Vorratsdatenspeicherung, bei welcher der EuGH eine getrennte Prüfung vornimmt EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und 594/12, NVwZ 2014, 709 (Digital Rights Ireland); vgl. Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 8 Rn. 24; Kranenborg, in: Peers / ​Hervey / ​Kenner / ​Ward, GRCh, Art.  8 Rn.  21 ff. Auf eine gesonderte Prüfung von Art. 7 EU-Grundrechtecharta wird in dieser Untersuchung abgesehen. 212 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grund­ verordnung) (Text von Bedeutung für den EWR), ABl. L 119/1 v. 04.05.2016 (folgend: „Datenschutz-Grundverordnung“, „DS-GVO“). In Deutschland hauptsächlich durch das Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – ­DSAnpUG-EU) vom 30.06.2017 (BGBl. I S. 2097) umgesetzt. Durch Art. 17 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 17.07.2017 (BGBl. I S. 2541) wurden spezialgesetzliche Regelungen nach den Vorgaben der DS-GVO in der AO über­nommen. 213 Zuvor Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. L 281/31 v. 23.11.1995 (folgend: „Datenschutzrichtlinie“). Zur Grundrechtsauslegung nach der Richtlinie in Deutschland prognostizierend Greve, in: FS Kloepfer, 2013, 665 (666 ff.). Zu den grundrechtsausgestaltenden Kodifizierungen in Europa im Überblick Mehde, in: Heselhaus / ​Nowak, HdEGR, § 21 Rn. 14 ff.; zu den EU Kompetenzen vor und nach dem Lissabon Vertrag und zur Anwendung von Sekundärrecht Kranenborg, in: Peers / ​Hervey / ​Kenner / ​Ward, GRCh, Art.  8 Rn.  3, 15 ff. 214 Allgemein zu dem fortgeltenden Sitzprinzip und dem nunmehr durch die DS-GVO eingeführten Niederlassungsprinzip Ernst, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, D ­ S-GVO Art. 3 Rn. 3 ff.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Finanzinstitute, die innerhalb der Union durch ihren Sitz oder ihre Niederlassung tätig sind, wie auch das BZSt sind tatsächliche datenverarbeitende Stellen. Sie müssen demnach die Vorschriften der europäischen DS-GVO, in Deutschland in Verbindung mit dem BDSG oder spezialgesetzlich verankert in der AO, beachten.215 Dies hat eine direkte Auswirkung auf die Verhältnismäßigkeitsabwägung der Grundrechtseingriffe.216 Gleichzeitig ist zu hinterfragen, ob die Amtshilferichtlinie und das deutsche Umsetzungsgesetz den betroffenen Kontoinhabern genügend effektiven Rechtsschutz bei dieser hochautomatisierten systematischen Datenverarbeitung einräumen oder ob hier eine unverhältnismäßige Grundrechtsbeeinträchtigung nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta vorliegt.217 b) Anwendung der EMRK Neben dem europäischen Primärrecht sind gleichzeitig völkerrechtliche Menschenrechtsgarantien nach der EMRK in den Legitimationsmaßstab einzubeziehen.218 Nach Art. 6 Abs. 2 EUV achtet die Union die in der EMRK garantierten Grundrechte.219 Der EuGH zieht hierbei die EMRK als Erkenntnisquelle und als Auslegungshilfe heran.220 Vornehmlich Art. 8 EMRK steht im Hintergrund der Untersuchung, denn der Begriff der „Privatsphäre“ umfasst hier auch den Schutz persönlicher Informationen, bei denen eine Person berechtigterweise erwarten darf, dass diese nicht ohne ihre Einwilligung veröffentlicht werden.221 Demnach

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Nach § 1 Abs. 5 BDSG sind die Vorschriften des BDSG nicht anzuwenden, soweit das Recht der EU, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679  – DS-GVO  – in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt. Allgemein zur Anwendung und zur Rechtssystematik von DS-GVO, BDSG und den spezialgesetzlichen Regelungen der AO Erkis, DStR 2018, 161 (161 f.). 216 Vgl. Teil  5 B. IV. 3. c) bb). 217 Novak, in: Heselhaus / ​Nowak, HdEGR, § 51 Rn, 1 ff. So bereits die Rechtsprechung des EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 (697) (Sabou). 218 Zur EMRK allgemein Nußberger, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. X, § 209, Rn. 43 ff. Im Überblick das Verhältnis der Unionsgrundrechte zur EMRK Szczekalla, in: Heselhaus / ​ Nowak, HdEGR, § 2 III Rn, 1 ff. sowie insbesondre im Hinblick auf steuerrechtliche Sachverhalte Maisto, in: Koefler et al. (Hrsg.), Human rights and Taxation, 2011, S. 373 (381 ff.). 219 Hierzu Bengt / ​Beutler, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, EUV, Art. 6 Rn. 1 ff.; 12 ff.; Kingreen, in: Calliess / ​Ruffert, EUV / ​A EUV, EU-GRCharta Art. 6 Rn. 19 ff.; Schorkopf, in: Grabitz / ​Hilf / ​Nettesheim, EUV, Art. 6 Rn. 19 ff. 220 Hierzu ausführlich auch in Hinblick auf die sich annähernden Rechtsprechungen und die bestehenden Divergenzen Kingreen, in: Calliess / ​Ruffert, EUV / ​AEUV, EU-GRCharta Art. 6 Rn. 21. Außerdem ist die frühere Datenschutzkonvention des Europarates vom 21.01.1981 (BGBl.1985 II S. 539) als Auslegungshilfe anzuführen, vgl. Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 8 Rn. 18 ff. 221 Vgl. EGMR Nr. 8772/10 (H. / ​Deutschland), NJW 2014, 1645 Ziff. 41; Meyer-Ladewig, in: ders., EMRK, Art. 8 Rn. 40 ff.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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ist auch die Rechtsprechung des EGMR in diesem Bereich zu beachten.222 Dem Wesen nach wurde Art. 8 EU-Grundrechtecharta allerdings an Art. 8 EMRK angelehnt, sodass sich inhaltlich keine divergierenden Ergebnisse ergeben werden.223

III. Prüfungsfolge Wie bereits im Eingang dieses Kapitels dargelegt, ist der dieser Untersuchung zugrunde liegende Sachverhalt auf im Ausland steuerlich ansässige Personen mit Kontenführung bei inländischen meldepflichtigen Finanzinstituten beschränkt.224 Grund hierfür ist die Beschränkung der Arbeit, deutsche, europäische und völkerrechtliche Rechtsregelungen als Maßstab anführen zu können. Diese Sachverhaltseingrenzung vorwegnehmend, ist der Untersuchungsgegenstand nochmals in drei getrennte Sachverhaltsabschnitte: (1) Erhebung, Verarbeitung der Finanzkontendaten durch die deutschen meldepflichtigen Finanzinstitute, (2) ihre Weiterleitung an das BZSt und (3) jährliche Übermittlung der Finanzkontendaten an ausländische Steuerbehörden im Wege der internationalen Amtshilfe durch das BZSt, zu untergliedern. Diese Untergliederung ist unter anderem bedingt durch die unterschiedlichen Akteure und die variierende Eingriffsintensität der Sachverhaltsabschnitte. Eine ausführlichere grundrechtliche Untersuchung erfolgt aufgrund der im Schwerpunkt problematisierten Drittlandsübermittlungen am Prüfmaßstab von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG im Teil 5. B. IV.225 Hier ist nach dem Grundrechtsprüfschema von Schutzbereich, Eingriffen und verfassungsrechtlicher Rechtfertigung zu verfahren. Im schematischen Aufbau der Untersuchung wird vornehmlich bei der Eingriffsbeschreibung und der Verhältnismäßigkeitsprüfung auf die Differenzierungen bei den drei unterschiedlichen Sachverhaltsabschnitten eingegangen.226 Sodann wird Art. 8 EU-Grundrechtecharta im Hinblick auf die innereuropäischen Datenübermittlungen im Teil 5. B. V. untersucht. Zur Konzentration der Arbeit und zur Vermeidung von Wiederholungen werden hier im Schwerpunkt Fragestellungen beleuchtet, die inhaltlich von den zuvor analysierten Untersuchungsaspekten abweichen. Der im Wesentlichen sich angleichende Gewährleistungsgehalt von Art. 8 EU-Grundrechtecharta und dem Recht auf informationelle 222 Ausführlich die Rechtsprechungsübersicht zur in Bezugnahme von Entscheidungen des EGMR durch den EuGH bei Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 8 Rn. 14 Fn. 26; Schweizer, DuD 2009, 462 ff.; Kilkelly, The right to respect for private and family life, A guide to the implementation of Article 8 of the European Convention on Human Rights, Human Rights Handbook No. 1, Europarat, 2003, S. 13. 223 Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, B II Rn. 18; Kranenborg, in: Peers / ​Hervey / ​Kenner / ​Ward, GRCh, Art. 8 Rn. 50 ff. 224 Vgl. Teil 5 B. I. 225 Vgl. zum Legitimationsmaßstab Teil 5 A. II. 226 Vgl. Teil 5 B IV. 3. c) bb) (4).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG bildet hierfür die Grundlage. Hierbei werden die besonderen Ausgestaltungen von Art. 8 EU-Grundrechtecharta gegenüber Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG herausgearbeitet und problematisiert. Bei vorliegender Arbeit wird auf eine separate Prüfung von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG bei europäischen Übermittlungen insoweit abgesehen, als dass die unter Teil 5 B. IV gewonnen Erkenntnisse auf diese abbildbar sind und nur vereinzelt auf den europäischen Sachverhalt eingegangen wird. Zuletzt wird eine Untersuchung der Rechtsschutzgarantie in Rückkopplung der zuvor gewonnenen Ergebnisse in im Teil 5. B. VI. vorgenommen. Der nach Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 47 EU-Grundrechtecharta grundrechtlich garantierte effektive Rechtsschutz ist hier zu fokussieren.

IV. Grundrechtlich verbürgter Datenschutz bei außereuropäischen Übermittlungsvorgängen nach dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG Ist nach der Sachverhaltspräzisierung der einschlägige Prüfungsmaßstab abgesteckt, die und die Prüfungsfolge festgelegt, kann sodann die verfassungsrechtliche Untersuchung am Prüfmaßstab von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG durchgeführt werden.227 Hier ist nach dem gängigen deutschen Grundrechtsprüfschema von Schutzbereich, Eingriffen und verfassungsrechtlicher Rechtfertigung zu verfahren. Auf Letztere ist der Fokus der Untersuchung ausgerichtet, der einzelne neuralgische Aspekte genauer beleuchten wird. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, wird bei verschiedenen Punkten auf die verfassungsrechtliche Untersuchung in Teil 4 verwiesen.228 1. Schutzbereich Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG eröffnen dem Betroffenen grundsätzlich Schutz vor unrechtmäßiger Datenverarbeitung – anders: Es eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit, „selbst über die Preisgabe und Verwendung von persönlichen Daten zu bestimmen“229.230 Dabei 227

Siehe auch zur Prüfung von Art. 8 EU-Grundrechtecharta Teil 5 B. V. Bspw. betreffend die formelle Verfassungsmäßigkeit des FKAustG, vgl. Teil 4 E. III. ​ 3. c) aa). 229 Erstmals das BVerfG im Volkszählungsurteil BVerfGE 65, 1 (43); hierzu Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung? 1987, S. 51 ff. 230 Zum Gewährleistungsgehalt des Grundrechts in Deutschland und seiner Entwicklung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht generell, m. w. N. Bull, Verfassungsrechtlicher Datenschutz, in: Gedächtnisschrift Sasse, Bd. II, 1981, S. 869 ff.; Glaeser, in: Isensee / ​K irch 228

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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handelt es sich nicht um absolute Herrschaftsrechte des Betroffenen über „seine“ Daten.231 Vielmehr ist vom abwehrrechtlichen Gehalt auch der Schutz vor Gefahren und Beeinträchtigungen umfasst, die durch neue Verwendungskontexte entstehen.232 Nachfolgend wird beleuchtet, inwiefern der Informationsaustausch über Finanzkontendaten und die damit zusammenhängende Datenverarbeitung durch die meldepflichtigen Finanzinstitute von dem Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in persönlicher wie sachlicher Hinsicht umfasst wird. a) Persönlicher Schutzbereich Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat einen begrenzten persönlichen Schutz- und Gewährleistungsgehalt. Hierbei steht zunächst die Frage nach der Anwendbarkeit des Grundrechts auf juristische Personen im Raum, welche bei der vorliegenden Untersuchung differenziert – je nach Identifizierungs- und Meldegehalt – zu bewerten ist. Sodann ist zu hinterfragen, ob sich in territorialer Hinsicht der Schutzgehalt des Grundrechts auch auf Personen aus Drittländern erstreckt. aa) Anwendung auf juristische Personen In persönlicher Hinsicht schützt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vornehmlich natürliche Personen und die in diesem Bezug stehenden „personenbezogenen“ Daten. Durch die Herleitung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht mit besonderer Nähe zum Schutz der Menschenwürde, scheint die Anwendung auf juristische Personen zunächst zweifelhaft. Die überwiegende Ansicht wendet das Allgemeine Persönlichkeitsrecht über Art. 19 Abs. 3 GG dennoch auch auf juristische Personen an.233 Wohl aber ist das Schutzniveau im Vergleich zu natürlichen Personen niedriger, da juristische Personen sich nicht auf Art. 1 Abs. 1 GG berufen können. Seinem Wesen nach ist das Grundrecht damit in beschränktem Ausmaß auch auf juristische Personen anzuwenden.234 hof, HStR, Bd. VI, § 129, Rn. 3 ff. und 76 ff.; Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, 2001, S. 105 ff.; Kloepfer, Datenschutz als Grundrecht, 1980, S. 25 ff.; Kube, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. VII, § 148, Rn. 1 ff., insbes. 66 ff.; Schoch, Jura 2008, 352 ff.; Schlink, der Staat 25 (1986), S. 233 ff.; Simitis, NJW, 1984, 398 ff.; kritisch Ladeur, DÖV 2009, 45 ff. 231 Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 169, Rn. 20. 232 Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 169, Rn. 18, 20. 233 m. w. N. BGHZ 78, 24 (25); 81, 75 (78). 234 BVerfGE 67, 100 (142); 118, 168, (203 f.); sowie zur Literaturmeinung ferner m. w. N. Drüen, StuW 2003, 205 (213); Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG Art. 2 Rn. 224; Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl., Art. 2 I, Rn. 86; Rudolf, in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 3; Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 104 ff.; Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (690).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Der automatischen Informationskontenaustauschs umfasst, neben natürlichen Personen, gem. § 2 i. V. m. §§ 7 bis 9 i. V. m. §§ 14 bis 16 FKAustG auch die Kontenidentifizierung und Meldung sog. „Rechtsträger“.235 Rechtsträger i. S. d. § 20 Nr. 3, 4 FKAustG sind vornehmlich juristische Personen, aber auch andere Rechtsgebilde, wie Personengesellschaften, Stiftungen oder Trusts sowie mit diesen verbundene Unternehmen.236 Es ist daher zu untersuchen, ob sich der datenschutzrechtliche Grundrechtsschutz auch auf solche Rechtsträger erstreckt.237 (1) Aktive Rechtsträger Vornehmlich erfolgt die Identifizierung und Meldung von Rechtsträgern anhand der steuerlichen Ansässigkeit, inkl. der Steuer-IdNr. Ähnlich wie bei natürlichen Personen werden bei Neukonten nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 Buchst a) FKAustG Selbstauskünfte zur Bestimmung dieser steuerlichen Ansässigkeit eingeholt, bei Bestandskunden wird hingegen das Identifizierungsverfahren mittels der für Geldwäschezwecke eingeholten Dokumentation nach § 14 FKAustG durchgeführt, wobei bei Gründungsort, Sitz oder Anschrift in einem meldepflichtigen Staat die steuerliche Ansässigkeit in dieser Jurisdiktion vermutet wird.238 Meldepflichtig ist das bei einem deutschen teilnehmenden Finanzinstitut geführte Konto des Rechtsträgers i. S. v. § 19 Nr. 35 bis 37 grundsätzlich dann, wenn eine steuerliche Ansässigkeit in einem am CRS teilnehmenden Staat festgestellt wird. Die an die nationale Steuerbehörde nach § 8 FKAustG gemeldete und im Anschluss nach § 2 FKAustG an das Ausland weiterübermittelten Informationen enthalten neben den reinen Zahlungsinformationen ebenfalls Auskünfte über den Rechtsträger selbst, beispielsweise Name, Anschrift und Steuer-IdNr. Handelt es sich bei dem identifizierten Rechtsträger um einen sog. „aktiven“ Rechtsträger i. S. v. § 19 Nr. 42 FKAustG, sind direkte Rückschlüsse auf die natürlichen Personen als Anteilseigner nicht möglich.239 Weitergehende Informationen, wie Namen und Adresse über Anteilseigner oder mit dem aktiven Rechtsträger in

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Zum Identifizierungsverfahren von Rechtsträgern im Detail siehe Teil 3 B. I. 3. und Teil 3 B. I. 4.  236 Nicht jedoch als meldepflichtige Rechtsträger gelten, obwohl sie juristische Personen sind, Finanzinstitute oder Kapitalgesellschaften und deren verbundene Kapitalgesellschaften, deren Aktien regelmäßig an einer oder mehreren anerkannten Wertpapierbörsen gehandelt werden, vgl. § 19 Nr. 36 Buchst. a), b), f) FKAustG. 237 Siehe auch die Abweichungen zur Prüfung von Art. 8 EU-Grundrechtecharta Teil 5 B. V. 238 Nach § 19 Nr. 37 FKAustG gilt ein Rechtsträger, bei dem keine steuerliche Ansässigkeit vorliegt, beispielsweise eine Personengesellschaft, eine Limited Liability Partnership oder ein ähnliches Rechtsgebilde, als in dem Staat ansässig, in dem sich der Ort seiner tatsächlichen Geschäftsleitung befindet. 239 Zu den Unterscheidungen von aktiven und passive Rechtsträgern im Detail, siehe Teil 3 B. I.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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anderer Weise im Beherrschungsverhältnis stehenden Personen werden weder erhoben noch in irgendeiner Weise verarbeitet oder übermittelt. Grundsätzlich dienen die deutschen Grundrechte dem Schutz individualer Freiheit und Gleichheit und sind damit nicht selbstverständlich auf Organisationseinheiten zu übertragen. Gem. Art. 19 Abs. 3 GG erstreckt sich der persönliche Anwendungsbereich der Grundrechte jedoch auch auf inländische juristische Personen soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Es ist daher zu prüfen, ob Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG seinem Wesen nach auch juristische Personen vor Gefährdungen durch staatliche informationelle Maßnahmen schützt. Nach Ansicht des BVerfG ist dies zu bejahen, da nach der Art der geschützten Tätigkeit nicht differenziert werde, sind auch wirtschaftliche und berufliche Tätigkeiten vom Schutzbereich umfasst.240 Im Gegensatz zu natürlichen Personen ist der Schutzbereich des Grundrechts bei juristischen Personen jedoch auf deren wirtschaftlichen Tätigkeitskreis begrenzt.241 Nach dem BVerfG besteht dabei eine „grundrechtlich erhebliche Gefährdungslage […] nicht stets bereits deshalb, weil eine staatliche Stelle Kenntnisse erlangt, die einen Bezug zu einer bestimmten juristischen Person und ihrer Tätigkeit aufweisen“242. Ob die Verarbeitung und Weiterleitung von Kontendaten des Rechtsträgers seinen wirtschaftlichen Tätigkeitskreis in einer grundrechtlich erheblichen Gefährdungslage berühren oder ob es sich um eine bloße Kenntniserlangung der Behörde handelt, ist bis dato noch nicht entschieden worden. Im Rahmen der Entscheidung zum Kontenabruf­verfahren verneinte das BVerfG eine Gefährdungslage mit der Begründung, dass die belastende Maßnahme in Form des Kontenabrufs gegenüber dem Kontoinhaber wirke und nicht gegenüber dem Kreditinstitut.243 Eine Entscheidung darüber, wie zu verfahren ist, wenn sich die Ermittlungsmaßnahmen in Form der Datenweiterleitung 240

Vgl. allgemein BVerfGE 113, 29 (45 f.); 118, 168, (203 f.). Ebd. zum Streitstand auch Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl., Art. 2 I, Rn. 86; Kube, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 148, Rn. 74 f. 242 BVerfGE 118, 168, (204). 243 BVerfGE 118, 168, (203 f.): Weiterhin „Die informationelle Maßnahme muss vielmehr die betroffene juristische Person einer Gefährdung hinsichtlich ihrer spezifischen Freiheitsausübung aussetzen. Maßgeblich kommt es insoweit insbesondere auf die Bedeutung der betroffenen Informationen für den grundrechtlich geschützten Tätigkeitskreis der juristischen Person, im Fall der Beschwerdeführerin also für ihre kreditwirtschaftliche Tätigkeit, sowie auf den Zweck und die möglichen Folgen der Maßnahme an. Die in den angegriffenen Normen vorgesehene Erfassung von Kontostammdaten gefährdet die wirtschaftliche Verhaltensfreiheit eines Kreditinstituts, wegen dessen Kunden die Abrufe durchgeführt werden, grundsätzlich nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie vorliegend, ein Datenabruf Ermittlungen gegen einen Kunden eines Kreditinstituts dient, nicht aber solchen gegen das Kreditinstitut selbst. Dementsprechend bereitet er belastende Maßnahmen allein gegen den betroffenen Kunden vor. Die bloße Kenntnis, dass ein bestimmtes Kreditinstitut geschäftliche Beziehungen mit der Zielperson des Stammdatenabrufs unterhält, wird für die abrufende Behörde auch kaum je einen Anlass bieten, nunmehr Ermittlungen gegen dieses Kreditinstitut aufzunehmen. Ein derartiger Anlass kann sich allenfalls aus Folgemaßnahmen des Stammdatenabrufs ergeben. Diese beruhen auf eigenständigen Ermächtigungsgrundlagen, die nicht Gegenstand der vorliegenden Verfassungsbeschwerden sind.“ 241

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

gegen das Kreditinstitut als juristische Person selbst richten, traf das Gericht nicht. Offen bleibt daher, inwieweit sich der persönliche Schutzbereich bei solchen Ermittlungstätigkeiten auch auf Rechtsträger erstreckt.244 Betrachtet man die Schutzrichtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, sind im vorliegenden Fall auch die juristischen Personen als Kontoinhaber vom persönlichen Schutzbereich umfasst. Im gleichen Maße wie natürliche Personen können auch sie zum Ziel staatlicher Ermittlungen werden, in deren Rahmen im großen Umfang finanzielle Daten an den Staat preisgegeben und im Anschluss an ausländische Jurisdiktionen übermittelt werden.245 Dabei hängt die Selbst­ bestimmung über die finanziellen Daten untrennbar mit der von Gewinnerzielung geprägten wirtschaftlichen Tätigkeit einer Mehrzahl der aktiven Rechtsträger als juristische Personen zusammen. Die Maßnahmen nach dem FKAustG gehen mithin insbesondere durch die Weiterleitung an das Ausland und die Verifikation der Daten unter steuerlichen Aspekten über eine „reine Kenntniserlangung der Behörden“ hinaus, womit der Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG dem Wesen nach eröffnet ist.246 (2) Passive Rechtsträger Eindeutiger im Hinblick auf den persönlichen Schutzbereichsumfang verhält es sich bei sog. „passiven“ Rechtsträgern i. S. v. § 19 Nr. 41, 42 FKAustG. Passive Rechtsträger, d. h. insbesondere Rechtsträger mit überwiegend passiven Einkünften, unterliegen weiterführenden Identifizierungsverfahren nach §§ 14 Abs. 5 Nr. 2 FKAustG für Bestandskunden und nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 sowie Abs. 3 und 4 FKAustG für Neukunden.247 Neben der Identifizierung des Rechtsträgers selbst sind hier auch die sog. „beherrschenden Personen“, d. h. gem. § 19 Nr. 39 FKAustG

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Hier ist nicht das meldende Finanzinstitut gemeint, sondern die juristischen Personen als Kontoinhaber. Für die meldenden Finanzinstitute ist, in Anlehnung and das BVerfG Urteil zum Kontenabruf, die Berufung auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG nicht möglich, denn die Ermittlungsmaßnahmen richten sich gegen die Kontoinhaber, vgl. BVerfGE 118, 168, (203 f.). 245 Im Hinblick auf die Anwendung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in seiner Ausprägung als „Steuerdatenschutz“ auch auf juristische Personen siehe Heil / ​Greve, ZD 2013, 481 (482). 246 A. A. zum automatisierten Kontenabruf Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 192 f. Ob schlussendlich die Datenverarbeitung und Weiterleitung aufgrund gesetzlicher Regelungen gerechtfertigt ist, wird erst in der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung beleuchtet und hat zunächst keine Auswirkungen auf die Betrachtung der Schutzbereichsreichweite, vgl. Teil 5 B. IV. 3.  247 Zur Erläuterung was unter passive Einkünfte fällt, siehe BMF-Schreiben, Rn. 191 ff. Kritisch die Normenklarheit in Bezug auf den Begriff passive Einkünfte Happe / ​Aschwanden / ​ Giger, BKR 2016, 194 (195 f.).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

287

i. V. m. den Empfehlungen der „Financial Action Task Force“248 natürliche Personen mit Anteilen von 50 % oder mehr sowie Personen mit tatsächlichem Beherrschungsverhältnis, zu identifizieren.249 Sind Beherrschungsverhältnisse vorhanden, ist im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob diese beherrschenden natürlichen Personen meldepflichtig sind. Bei Neukonten ist hierzu nach § 22 FKAustG ausdrücklich vorgesehen, eine Selbstauskunft vom Rechtsträger oder der beherrschenden Person selbst einzuholen. Sind die beherrschenden Personen als meldepflichtig klassifiziert, werden sie sodann ebenfalls mit Namen, Anschrift, Geburtsort- und Datum sowie Steuer-IdNr. zuerst an das BZSt gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG und gem. § 2 Nr. 1 FKAustG an die am Informationsaustausch teilnehmende Jurisdiktion gemeldet. Hier ist der direkte Rückschluss auf natürliche Personen hinter dem Rechtsträger erkennbar. Die natürlichen beherrschenden Personen werden in identifizierbarer Weise, insbesondere anhand der Steuer-IdNr. als eindeutiger Kennnummer, gemeldet und unterliegen infolgedessen einer direkten grundrechtlichen Gefährdungslage.250 Der persönliche Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ist somit eröffnet.

248 Die „Financial Action Task Force“ (FATF), ist eine internationale Regierungsinstitution, welche globale soft-law Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung setzt. Siehe im Detail unter: http://www.fatf-gafi.org/about/ (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 249 Der Ausdruck „beherrschende Personen“ ist auf eine Weise auszulegen, die mit den FATF-Empfehlungen, veröffentlicht auf der Webseite der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, vereinbar ist. Siehe aus dem Glossary der FATF, abrufbar unter: http://www.fatfgafi.org/glossary/fatfrecommendations/a-c/ (zuletzt abgerufen 03.03.2016): „Beneficial owner refers to the natural person(s) who ultimately owns or controls a customer and / ​or the natural person on whose behalf a transaction is being conducted. It also includes those persons who exercise ultimate effective control over a legal person or arrangement. Reference to ‚ultimately owns or controls‘ and ‚ultimate effective control‘ refer to situations in which ownership / ​ control is exercised through a chain of ownership or by means of control other than direct control. This definition should also apply to beneficial owner or a beneficiary under a life or other investment linked insurance policy.“ Siehe weiterhin FATF, International Standards on Combating Money Laundering and the Financing of Terrorism & Proliferation, Juni 2016, S. 22, abrufbar unter: http://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/recommendations/pdfs/ FATF_Recommendations.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). Auch werden in Praxis oft die Definitionen zu „Beneficial Owner“ der Geldwäscherichtlinie herangezogen, da diese detailliert darlegt, welche Beherrschungsstruktur vorliegen muss, vgl. die Art. 3 Abs. 6 GeldwäscheRl. Vgl. die Zusammenhänge Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 (68 ff.). 250 Siehe im Detail OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, Annex 3, das OECD XML-Schemata, S. 268, abrufbar unter: http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/taxation/standard-for-automaticexchange-of-financial-account-information-in-tax-matters/common-reporting-standard-user-​ guide_9789264216525-10-en#page1 (zuletzt abgerufen 01.12.2017).

288

Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

bb) Anwendung auf natürliche Personen aus Drittländern Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG erstreckt sich in territorialer Hinsicht auch auf Drittlands­ angehörige. Als Menschenrechte stehen sie „Jedermann“, d. h. in jedem Falle jeder lebenden natürlichen Person zu, unabhängig ob Unionsbürger beziehungsweise deutscher Staatsangehöriger.251 Für die vorliegende Untersuchung bedeutet dies, dass sich grundsätzlich auch Kontoinhaber mit Staatsangehörigkeit und / ​oder Ansässigkeit in einem Nicht-EU-Mitgliedsland auf das Grundrecht berufen können, wenn sie eine Kontobeziehung bei einem deutschen meldepflichtigen Finanz­ institut unterhalten. Fraglich ist, ob es hierbei einer tatsächlichen Präsenz des Betroffenen im Inland bedarf. Grundsätzlich leben die Grundrechte von Ausländern erst mit einem Gebietskontakt in Deutschland auf und sie enden auch mit diesem.252 Als Gebietskontakt gelten dabei nach der hier vertretenen Auffassung jedoch auch im Inland belegene Gegenstände, wie beispielsweise Grundstücke oder die Sozialversicherungsanwartschaft, ohne dass es eines physischen Gebietskontakts des Ausländers selbst bedarf.253 Auch eine Kontenbeziehung ist hier einzuordnen und würde mithin selbst als genuiner territorialer Anknüpfungspunkt gelten, der einen Regelungsanspruch des deutschen Rechts auf substanziell vernünftige Weise eröffnet. Dies gilt umso mehr, als dass die gesamte Datenverarbeitung im Vorfeld der Übermittlung durch das BZSt auf deutschem Staatsgebiet erfolgt.254 Der hiernach im Ausland erfolgende Abgleich der gemeldeten Daten mit den vom Kontoinhaber deklarierten Angaben ist mithin so eng mit dem staatlichen Handeln des BZSts im Inland verknüpft, dass eine Bindung an das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bestehen muss.255 Eines physischen Gebietskontakts des ausländischen Kontoinhabers mit dem deutschen Staatsgebiet bedarf es somit, ins­besondere zur Wirkung

251 Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl., Art. 2 I, Rn. 85; Glaeser, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. VI, § 129, Rn. 88; Rudolf, in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 36. 252 Walter, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 237 Rn. 12; Isensee, in: ders. / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 115 Rn. 85. 253 Ebenso Isensee, in: ders. / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 115 Rn. 85, im Hinblick auf die Eigentumsgarantie. 254 Vgl. auch zur Telefonüberwachung im Ausland und der Anwendung von Art. 10 GG; BVerfGE 100, 313 (363 f.), wonach das Gericht die Anwendung der deutschen Grundrechte bestätigte, wenn die Daten zu den Telekommunikationsvorgängen in Deutschland verarbeitet werden. 255 BVerfGE 100, 313 (363): „Auch die Auswertung der so erfaßten Telekommunikationsvorgänge durch den Bundesnachrichtendienst findet auf deutschem Boden statt. Unter diesen Umständen ist aber auch eine Kommunikation im Ausland mit staatlichem Handeln im Inland derart verknüpft, daß die Bindung durch Art. 10 GG selbst dann eingreift, wenn man dafür einen hinreichenden territorialen Bezug voraussetzen wollte.“

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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der Grundrechte, nicht, sondern es reicht der Gebietskontakt mittels Kontoführung in Deutschland.256 Auch wenn man diesen territorialen Anknüpfungspunkt der Kontenführung im Inland für eine Grundrechtsberechtigung über deutsche Freiheitsgrundrechte als nicht ausreichend erachtet, bindet darüberhinausgehend Art. 1 Abs. 3 GG die deutsche öffentliche Gewalt territorial umfassend an die Grundrechte – ob im In- oder Ausland ausgeübt. Der betroffene Kontoinhaber gehört zum Adressatenkreis eines Eingriffsaktes – der Informationspreisgabe an das Ausland. Die deutsche Hoheitsgewalt tritt bei extraterritorialen Jurisdiktionsakten damit gegenüber dem Betroffenen final mit demselben Verbindlichkeitsanspruch hinsichtlich ihrer Rechtsakte auf, als sei dieser ihrer Staatsgewalt im Inland direkt unterworfen. Dies bedeutet, ein Ausländer kann sich immer dann auch auf die Jedermannsrechte im weltweiten Ausland berufen, wenn er deutscher öffentlicher Gewalt oder dessen Wirkung begegnet.257 Dieses „Wirkungsprinzip“ gilt auch dann „ […] wenn die Bundes­ regierung einem völkerrechtlichen Vertrag zustimmt, der -- wie hier -- im Ausland zu vollziehen ist, denn die Grundrechte binden die deutsche öffentliche Gewalt auch, soweit Wirkungen ihrer Betätigung im Ausland eintreten.“258 Im vorliegenden Fall übt der deutsche Staat nicht selbst vollziehende Gewalt auf dem Territorium des Drittlandes aus. Die Datenoffenbarung durch das BZSt ist jedoch ebenso ein Akt öffentlicher Gewalt und entfaltet eine mögliche nachteilige Wirkung für den Betroffenen im Drittland.259 Durch die Ausübung dieser öffentlichen Gewalt mit Auswirkungen in einem Drittland steht den Betroffenen die abwehrrechtliche Funktion des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung offen. Hat ein Drittstaatenangehöriger eine Kontobeziehung zu einem deutschen meldepflichtigen Finanzinstitut und werden seine Kontendaten durch das BZSt gemeldet, da er eine steuerliche Ansässigkeit in einer oder mehreren am CRS teilnehmenden Jurisdiktion(en) unterhält, kann sich dieser Kontoinhaber somit auch in vollem Umfang auf Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG berufen.260

256 Es reicht das unterhalten eines Bankkontos im Inland oder ein sozialversicherungsrechtlicher Anspruch, vgl. Isensee, in: ders. / ​K irchhof, HStR, Bd. V, § 115 Rn. 85; Becker, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 240 Rn. 19. 257 Vgl. Kastler, Föderaler Rechtsschutz, 2015, S. 120 ff.; Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1 Rn. 83 ff. 258 BVerfGE 6, 290 (295) bereits im Jahre 1957 sowie 1981 BVerfGE 57, 9 (23); sowie zurückhaltender bei Tätigkeiten des Bundesnachrichtendienstes BVerfGE 100, 313 (363 f.). Vgl. ausführlich m. w. N. Lorenz, der territoriale Anwendungsbereich, S. 159. 259 Vgl. BVerfGE 141, 220 (341): „Auch bei der Entscheidung über eine Übermittlung von personenbezogenen Daten ins Ausland bleibt die deutsche Staatsgewalt im Ausgangspunkt allerdings an die Grundrechte gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG); die ausländische Staatsgewalt ist nur ihren eigenen rechtlichen Bindungen verpflichtet.“ 260 Bspw. kann sich ein mexikanischer Staatsbürger mit einer steuerlichen Ansässigkeit in Mexiko, der eine Kontobeziehung zu einem deutschen Institut unterhält auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Menschenrechte berufen.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

b) Sachlicher Schutzbereich In sachlicher Hinsicht schützt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG vor der unrechtmäßigen Verarbeitung personenbezogener Daten. Es garantiert das Recht der Entscheidungsfreiheit des Menschen, über seine Daten zu verfügen, denn „wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das mögliche Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden“261. Dabei umfasst sind personenbezogene Daten als Schutzgut.262 Ähnlich zu § 3 Abs. 1 BDSG a. F.263, welcher seinerseits auf den europäischen Vorgaben der früheren Datenschutzrichtlinie aufbaute, definierte das BVerfG personenbezogene Daten als „Einzelangaben, die über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person Auskunft geben264“. Die im Rahmen von § 3 Abs. 1, 2 i. V. m. §§ 7 und 8 FKAustG von den Finanzinstituten zu verarbeitenden Kontendaten, die anschließend gem. § 2 FKAustG vom BZSt weiterverarbeitetet und an das Ausland übermittelt werden, stellen „personenbezogene Daten“ dar.265 Kontendaten bilden direkt und detailliert die Ver 261

BVerfGE 65, 1 (42 f. sowie Leitsatz Nr. 2); 78, 77 (84); 84, 192 (194); 92, 191 (197); 96, 171 (181); 101, 106 (121); 113, 29 (45 f.); 115, 320 (342); 117, 202 (228); 118, 168 (184); 120, 351 (360); 120, 378 (397); BVerwGE 84, 375 (377); BVerfG, Beschl. v. 10.10.2000, NVwZ 2001, 185; BVerfGE 103, 21; BVerfG, Beschl. v. 28.08.2000, NJW 2001, 503 (505); BVerfG, Beschl. v. 15.03.2001, EuGRZ 2001, 249 (252); für die Verfassungslage in Bayern: BayVerfGH, Entsch. v. 09.07.1985, BayVBl. 1985, 652 ff.; Entsch. v. 20.01.1987, BayVBl. 1987, 268 ff.; Entsch. v. 19.10.1994, BayVBl. 1995, 143 (144); Entsch. v. 11.11.1997, BayVBl. 1998, 142 ff.; für die Verfassungslage in Mecklenburg-Vorpommern: LVerfG M.-V., Urt. v. 21.10.1999, DVBl. 2000, 262 ff.; für die Verfassungslage in Rheinland-Pfalz: VerfGH Rh.-Pf., Entsch. v. 04.11.1998, DVBl. 1999, 309 (310), mit krit. Anmerkung Wollweber, DVBl. 1999, 981 f.; für die Verfassungslage in Sachsen: SächsVerfGH, Urt. v. 14.05.1996, SächsVBl. 1996, 160 (172). Siehe auch: OVG Koblenz, Beschl. v. 07.01.1986, NVwZ 1986, 575; OVG Münster, Urt. v. 15.07.1994, CR 1995, 115 (116); VG Gießen, Urt. v. 20.08.1997, NVwZ-Beilage 2/1998, 15 (17); BGHZ 91, 233 (238); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 18.01.1994, NJW 1996, 1484. 262 Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl., Art. 2 I, Rn. 81; Rudolf, in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 30. Zur Ausdifferenzierung grundrechtlicher Gewährleistungsgehalte auch im Hinblick auf das durch das BVerfG gebildete neue „IT-Grundrecht“ mit Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme kritisch Gurlit, NJW 2010, 1035 (1036 ff.), mit Verweis auf BVerfGE 120, 274 (302 ff.); zur Ausprägung im Steuerrecht Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (691). 263 Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Februar 2015 (BGBl. I S. 162) geändert worden ist. 264 BVerfGE 65, 1 (42); hierzu Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung? 1987, S. 25. 265 Ebenso Hamacher, IStR 2016, 171 (171 f.).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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mögensverhältnisse des Kontoinhabers ab.266 Sie geben damit insbesondere Aufschluss über die wirtschaftliche Situation der Betroffenen und lassen auch auf weitere Bereiche der sozialen Umwelt schließen.267 Das BVerfG hat in diesem Zusammenhang Kontendaten als personenbezogene Daten behandelt.268 Neben den reinen Zahlungsdaten, in Form von Kontonummer, Gesamtbruttoerträgen und -erlösen sowie dem Kontensaldo umfassen die nach dem FKAustG zu verarbeitenden und übermittelnden Daten weitere persönliche Informationen, wie Name, Wohnort sowie Geburtsdatum und -ort, die zweifelsfrei personenbezogene Daten i. S. d. des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sind, da sie sich in direkt identifizierbarer Weise auf eine natürliche Person beziehen. Auch wird die steuerliche Ansässigkeit des Kontoinhabers, inkl. der Steuer-IdNr., nach § 6 Abs. 1 FKAustG i. V. m. Rn. 10, 215 BMF-Schreiben unabhängig davon erhoben, ob der Kontoinhaber Steuerinländer oder -ausländer ist, d. h. ungeachtet dessen, ob eine spätere tatsächliche Meldung nach jetziger Rechtslage an das BZSt erfolgt oder nicht.269 An Sensibilität gewinnt der hier vorliegende Sachverhalt insbesondere durch die Bündelung der persönlichen und zahlungsbezogenen Daten mittels direkter unzweifelhafter Zuordnung durch Kennnummern. Kennnummern sind in diesem Zusammenhang die Kontonummer und die Steuer-IdNr.270 266 Zur ökonomischen Verdichtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch im Hinblick auf Art. 14 GG Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 63 ff. Konkret im Zusammenhang mit Steuerdaten, Heil / ​Greve, ZD 2013, 481 (482). 267 Vgl. zutreffend Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (689): „Der Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht auf die Privatsphäre beschränkt. Vielmehr ist er weit und umfasst auch solche individualisierbaren Besteuerungsgrundlagen, die als wirtschaftliche Größen (Umsatz, Gewinn, Einkünfte u. a.) das Ergebnis eines ‚marktoffenen‘ Erwerbs sind.“; siehe BVerfGE 67, 100 (142 f.) die Angaben, die ein Steuerpflichtiger aufgrund des geltenden Abgabenrechts zu machen hat, weil diese „weitreichende Einblicke in die persönlichen Verhältnisse, die persönliche Lebensführung […] und in die beruflichen, betrieblichen, unternehmerischen oder sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse“ gewähren. Dagegen zweifelnd BVerfGE 84, 239, (278 ff.); überzeugend aber Drüen, StuW 2003, 205 (211 f.); a. A. Kirchhof, in: FS Tipke, 1995, S. 27 (33 ff.). Drüber hinaus lässt sich bspw. bei Kontenverfügungsberechtigten erkennen, das die Personen womögliche in einem privaten oder beruflichen Verhältnis zueinanderstehen. Zu erwähnen ist auch die Möglichkeit der sog. „Clusteranalysen“ unter dem Überbegriff „Data Mining“, die es ermöglichen anhand Adresse, Alter und anderer Angaben des Betroffenen Rückschlüsse auf dessen sozialen wie ökonomisch-gesellschaftlichen Satus zu generieren, vgl. hierzu m. w. N. Scholz, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1839 ff., Rn. 37. 268 Bereits die reinen Kontenstammdaten, ohne die Einsicht auf etwaige Kontenbewegungen, stellen nach Ansicht des BVerfG personenbezogene Daten dar, vgl. BVerfGE 118, 168 (186): „Die auf der Grundlage der hier angegriffenen Normen erfolgenden behördlichen Ermittlungen über Kontostammdaten können anschließende Maßnahmen vorbereiten, die ohne die erlangten Kenntnisse nicht möglich wären und die die Belange der Betroffenen erheblich berühren können […]“. 269 Zum „wider approach“ vertiefend unter Teil 5 B. IV. 3. b) (b) (cc). 270 Zur Eingriffsintensivierung durch die Kennnummern siehe Teil 5 A. I. 1. c)  und Teil 5 B. IV. 2. b) (c) (aa) 4).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

c) Zwischenergebnis Die Maßnahmen im Rahmen des internationalen steuerlichen Informationsaustauschs für Steuerzwecke sind vom grundrechtlichen Schutz gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe persönlicher Daten umfasst. Der grundrechtlich fundierte „Steuerdatenschutz“ knüpft hierbei an die Gewährleistung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG an und begründet eine spezielle Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.271 Neben den natürlichen Personen als Kontoinhaber können sich nach der hier vertretenen Auffassung ebenfalls die juristischen Personen, die sog. „aktiven“ Rechtsträger, auf diesen Grundrechtsschutz berufen.272 Bei sog. „passiven“ Rechtsträgern werden mit Offenlegung der dahinterstehenden beherrschenden Personen unmittelbar personenbezogene Daten konkret identifizierbarer natürlicher Personen verarbeitet, weshalb auch für diese der persönliche Schutzbereich eröffnet ist. 2. Eingriff Der Regelungsinhalt des FKAustG besteht in der Identifizierung, Klassifizierung und Meldung von Kontendaten durch die Finanzinstitute sowie in der anschließenden Übermittlung der Daten durch das BZSt an teilnehmende Juris­ diktionen.273 Mit diesem Regelungsinhalt berühren die Normen des FKAustG die Grundrechte der betroffenen Kontoinhaber in vielfältiger Weise.274 Die umfassende Datenverarbeitung im Rahmen des steuerlichen Informationsaustauschs ist dabei nicht als ein einheitlicher Eingriff zu verstehen, vielmehr handelt es sich um einzelne Eingriffsakte, welche unterschiedliche Akteure involvieren. Diese Akte bauen jedoch aufeinander auf und bedingen einander zum Teil, sodass sie in abgrenzbare Phasen untergliedert werden können.275 Folgend wird 271 Vgl. BVerfGE 67, 100 (142); 84, 239 (279); BFH, 17.09.2007 – I B 30/07, mit Anm. Hendricks, BFH IStR 2008, 31 (34); hierzu allgemein Heil / ​Greve, ZD 2013, 481 (482); monografisch auch Wied, Verfassungsrechtlich gebotener Datenschutz im Steuerrecht, 1991; zu den allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundlagen und zum Datenschutz im Besteuerungsverfahren Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 ff.; der Steuerdatenschutz stellt hingegen kein eigenständiges Grundrecht dar, sondern knüpft, wie hier dargestellt, an den allgemeinen grundrechtlichen Datenschutzgarantien. 272 Hier auch im Zh. mit Art. 14 GG, vgl. BVerfGE 84, 239 (279). 273 Vgl. auch Anwendungsbereich § 1 FKAustG. 274 Es ist allgemein anerkannt, dass die grenzüberschreitende Übermittlung von Daten im Rahmen eines Informationshilfeverfahrens aus Sicht der informationsbetroffenen Person einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG darstellt, vgl. etwa BFHE 177, 25 (27); Hendricks, in: Debatin / ​Wassermeyer (Hrsg.), DBA, Vorbm. zu Art. 1 Rn. 29. 275 So wird eine Steuer-IdNr. nur gemeldet, wenn diese auch vom Kontoinhaber eingeholt wurden konnte. Die Datenerhebung ist hierbei ein Eingriff, die Zuordnung zum Konto und

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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zunächst generell auf die Eingriffsdogmatik des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eingegangen, um sodann die abgrenzbaren Eingriffsphasen des Informationsaustauschregimes zu gruppieren. Im Anschluss wird auf die Möglichkeit der Einwilligung von Betroffenen mit eingriffsausschließender Wirkung im Zusammenhang mit dem Finanzkonteninformationsaustauschverfahren eingegangen. a) Generell Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung liegt im weitesten Sinne bereits bei jeder Erhebung, schlichter Kenntnisnahme, Speicherung, Verwendung, Weitergabe oder Veröffentlichung von persönlichen – d. h. individualisierten oder individualisierbaren  – Informationen vor.276 Diese weite Eingriffsdefinition geht über die des „klassischen Eingriffsbegriffs“ hinaus und soll insbesondere auch neuere Entwicklungen der Datenverarbeitung umfassen.277 Die Identifizierungs- und Sorgfaltsbestimmungen sowie die anschließende Pflicht zur Meldung nach dem FKAustG bedingen eine solche Kenntnisnahme, Speicherung, Verwendung und Weitergabe personenbezogener sensibler Daten. Folglich stellen sie verschiedenartige, sich aneinanderreihende und einander bedingende Eingriffe in das Grundrecht der Kontoinhaber dar.278 Die verschiedenartigen Eingriffe werden nachstehend konkretisiert. deren Speicherung ein weiterer, die Meldung nochmals ein hiervon zu trennender Eingriff, welcher jedoch die vorherige Datenerhebung beim Kontoinhaber bedingt. Vgl. zur Phasenweisen Betrachtung der Eingriffe beim automatisierten Kontenabruf bei Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 193 ff. 276 BVerfGE 65, 1 (43); 67, 100 (143); 78, 77 (84); 84, 239 (279); 92, 191 (197); besonders plastisch in der jüngeren Rechtsprechung BVerfGE 113, 29 (50); 115, 166 (188); 115, 320 (343 f. und 373 ff.); Beschl. v. 25.07.1988, NJW 1988, 3009 f.; m. w. N. Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 Rn. 176 f.; Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl., Art. 2 I, Rn. 87; Rudolf, in: HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 64 ff. 277 Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 Rn. 176; Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl, Art. 2 I, Rn. 79; Glaeser, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VI, § 129, Rn. 95 ff.; Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 110 ff.; kritisch zur reinen Grundrechtsgefährdung durch die Datenverarbeitung m. w. N. Scholz / ​Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung und staatliche Informationsverantwortung, 1984, S. 26 f., 82 ff.; a. A. auch im Zh. mit dem Steuerrecht Wied, Verfassungsrechtlich gebotener Datenschutz im Steuerrecht, 1991, S. 25 ff.; zum klassischen Eingriffsbegriff Kloepfer, Verfassungsrecht Band II, 2010, § 51 Rn. 25; sowie im vgl. zum modernen Eingriffsbegriff Sachs, in: ders., GG, Vor Art. 1 Rn. 78 ff. 278 Vgl. ebenso die Stellungnahme von Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 4 f. Nach der hier vertretenen Auffassung liegt auch in der Datenverarbeitung und Erhebung von Kontoinhabern eine Eingriffsintensivierung vor, die nicht von der schlussendlichen Meldung betroffenen sind. Aufgrund der Verfügungsbefugnis über die eigenen Daten liegt in jedem staatlichen Akt der Informationsbeschaffung oder -weitergabe ein Eingriff in die Freiheitsgrundrechte (sog. „Lehre vom Informationseingriff“), Bull, Verfassungsrechtlicher Datenschutz, in: Gedächtnisschrift Sasse, Bd. II, 1981, S. 869 (876 ff.); Schwan, VerwArch. 66 (1975), 120 (128 ff.) m. w. N. Die Erheblichkeitsschwelle für

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

b) Kontenidentifizierung und -klassifizierung durch die Finanzinstitute Die Erhebung, Speicherung und Klassifizierung der Kontendaten durch die Finanzinstitute ist bereits eine in sich mehrdimensionale Eingriffskette.279 Es kommt in der vielschichtigen Identifizierung und Klassifizierung der Kontendaten durch Finanzinstitute nach §§ 7, 9 ff. FKAustG zu einer umfangreichen Datenverarbeitung.280 Dabei unterscheidet sich die Art der Datenverarbeitung maßgeblich nach den jeweiligen Identifizierungsverfahren für Bestands- und Neukonten.281 Während Konten bis zum 31.12.2015 als Bestandkonten i. S. d. § 19 Nr. 26 Buchst. a) FKAustG gelten und ganz überwiegend mit den für Geldwäschezwecke bereits im Besitz des Instituts befindlichen Dokumenten nach §§ 10 bis 12 und §§ 14, 15 FKAustG identifiziert werden können, müssen Neukonten, d. h. regelmäßig Konten mit Konteneröffnung ab 01.01.2016 i. S. d. § 19 Nr. 27 FKAustG, durch eine Selbstauskunft des Kontoinhabers, auch unter Angabe der Steuer-IdNr(n)., nach §§ 13, 16 FKAustG identifiziert werden.282 In beiden Identifizierungsverfahren werden Kontendaten in der Weise verarbeitet, dass persönliche und zahlungsbezogene Informationen, die teilweise ursprünglich für andere Zwecke wie jenen der Geldwäscheprävention oder der Kapitalertragsteuer erhoben wurden, neu geordnet, zusammengefasst und gespeichert werden, um dem „neuen“ Zweck des steuerlichen Informationsaustauschs zu dienen.283 Hierbei wird mit der Einordnung in die bestehenden „Identifizierungseinen Eingriff, die einige Literaturstimmen angesichts des weiten Begriffs der Datenverarbeitung fordern, ist überschritten. Vgl. kritisch zur Ausweitung des Eingriffsbegriffs beim Recht auf informationelle Selbstbestimmung Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), S. 513 (531). 279 Jeder Datenverarbeitungsschritt ist hierbei ein neuer Eingriff, so die sog. „Lehre vom Informationseingriff“, bei Bull, Verfassungsrechtlicher Datenschutz, in: Gedächtnisschrift Sasse, Bd. II, 1981, S. 869 (876 ff.); Schwan, VerwArch. 66 (1975), 120 (128 ff.); m. w. N. Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 Rn. 176. Vgl. generell zum Eingriff bei Datensammlungen für steuerliche Zwecke BVerfGE 120, 351(361). 280 Vgl. ausführlich Teil 3 B. I. 281 Ausführlich zum Identifizierungsverfahren Teil 3 B. 282 Als Bestandskonten gelten auch Konten ab Kontoeröffnung ab 01.01.2016, wenn die Voraussetzungen von § 19 Nr. 26 Buchst. b)  FKAustG erfüllt sind. Innerhalb der Bestandkonten von natürlichen Personen wird nochmals in Konten mit geringem und hohem Wert i. S. v. § 19 Nr. 31, 32 FKAustG unterschieden, wonach verschiedene Identifizierungsverfahren durchzuführen nach §§ 11, 12 FKAustG sind. Bei Konten mit hohem Wert sind neben den neben der Geldwäschedokumentation noch weitere Identifizierungsschritte nach § 12 Abs. 1 FKAustG, wie die Kundenbetreuernachfrage, durchzuführen, vgl. im Detail BMF-Schreiben, Rn. 255 ff. 283 In der Praxis werden hierbei die Informationen aus verschiedenen Tools herausgefiltert und neu in eine Datei zusammengefasst. Bspw. werden die Zahlungsdaten oft aus dem Tool für die Berechnung der Kapitalertragsteuer entnommen. Die persönlichen Daten werden wiederum aus den Kundenakten herausgenommen. Beide Datenstränge werden dann in einem Datenpool für die Meldung nach dem FKAustG, unter den Kennnummern der Kontonummer und der Steuer-IdNr., zusammengefasst. Wie dies mit dem rechtlichen Gebot der Zweck­bindung vereinbar ist, siehe Teil 5 B IV. 3. c) aa) (2).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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varianten“: (1.) natürliche Person mit Bestandskonto nach §§ 10 bis 12 FKAustG; (2.) natürliche Person mit Neukonto nach § 13 FKAustG; (3.) Rechtsträger mit Bestandskonto nach §§ 14, 15 FKAustG und (4.) Rechtsträger mit Neukonto nach § 16 FKAustG bereits eine erste Verarbeitung vorgenommen. Diese Zuordnungsentscheidung zu einer Identifizierungsvariante hat unmittelbare Auswirkungen auf die Art und Weise, wie und in welchem Umfang hiernach die Kontendaten verarbeitet und gemeldet werden. Die Durchführung der Identifizierungsverfahren selbst und die hiernach zu erfolgende Speicherung der Ergebnisse ist wiederum eine umfassende Verarbeitung mit verschiedenen Teilschritten.284 Sie umfassen beispielsweise bei Neukonten nach § 13 und § 16 Abs. 2 und 4 i. V. m. § 22 FKAustG sowie bei beherrschenden Personen passiver NFEs nach § 14 Abs. 5 Nr. 2 Buchst. a) 2 Alt. und c) bb) FKAustG auch die Erhebung neuer Daten beim betroffenen Kontoinhaber beziehungsweise bei der beherrschenden Person mittels Selbstauskünften.285 Diese neu zu erhebenden Daten beinhalten die steuerliche Ansässigkeit(en) und die zugehörige(n) Steuer-IdNr(n). Bei Rechtsträgern wird überdies die Klassifizierung aktiv / ​passiv beziehungsweise ausgenommener Rechtsträger erfragt; im Falle passiver Rechtsträger gehören hierzu auch Informationen über beherrschende Personen, inkl. ihrer steuerlichen Ansässigkeit(en) und der zugehörigen Steuer-IdNr.286 Sind die Informationen durch die einschlägigen Schritte der zutreffenden Identifizierungsverfahrensvariante verarbeitet, müssen die Daten nochmals aufgrund ihrer steuerlichen Ansässigkeit klassifiziert werden. Hier werden Konten ohne und mit ausländischen steuerlichen Ansässigkeit(en) voneinander getrennt, denn nur Letztere sind letztlich gegebenenfalls meldepflichtig. Eine weitere Verarbeitung, die partiell auch eine Wertentscheidung des Finanzinstituts umfasst, ist die Durchführung von Plausibilitätsprüfungen der vom Kontoinhaber gemachten Angaben, die im Ergebnis zu einem differenzierten Meldestatus führen kann.287 Nach Abschluss der Identifizierungsverfahren entsteht aus den daraus gewonnenen Ergebnissen das „CRS-Meldefile“, welches alle Kontendaten in der Weise beinhaltet, wie sie nach dem FKAustG i. V. m. dem CRS XML-Datenschema vor-

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Bspw. auch die Zusammenfassung von Kontosalden und Währungen nach § 18 FKAustG. Siehe ausführlich zu den Identifizierungsverfahren auch von Bestandkonten Teil 3 B. I. 1.  und 3. 286 Ausführlich zu den Informationen die im Rahmen der Selbstauskunft abgefragt werden BMF-Schreiben, Rn. 213 ff., 223 ff. 287 Generell zu den Anforderungen des Plausibilitätstests BMF-Schreiben, Rn. 240. Plausibilitätsverfahren in Verbindung mit der Indienstnahme siehe unter Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) ​ (d) (bb). Verweigert ein Kontoinhaber die Angabe der steuerlichen Ansässigkeit, gilt er grundlegend als steuerlich Ansässig in dem Land seiner Wohnsitzadresse und im Zweifel als meldepflichtig, vgl. BMF-Schreiben Rn. 231 sowie Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (3). 285

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

geschrieben sind.288 Darüber hinaus sind auch bei der einmal vorgenommenen Klassifizierung im Nachgang Änderungen von Gegebenheiten i. S. v. § 21 FKAustG zu berücksichtigen, welche eine Änderung des Meldestatus eines Kontoinhabers zur Folge haben können, vgl. § 11 Abs. 1 S. 2, 3 FKAustG, § 12 Abs. 2 bis 3 und 7 bis 8 FKAustG sowie § 13 Abs. 4 und § 15 Abs. 3 FKAustG.289 Auch diese wiederkehrende Durchsichtung der Daten stellt eine periodische Verarbeitung dar, welche direkte Auswirkung auf die Betroffenen haben könnte. Damit letztlich eine direkte Zuordnung der Kontendaten zum Steuerpflichtigen vornehmen zu können, gilt als Kennnummer neben der / ​den Kontonummer(n) auch die Steuer-IdNr(n). als Ordnungsmerkmal, vgl. § 18 Abs. 1 FKAustG. Auch diese Zuordnung anhand einer Kennnummer ist eine Datenverarbeitung i. S. d. Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.290 c) Meldung der Finanzkontendaten an die nationale Finanzbehörde BZSt Den nächsten „Eingriffsschritt“ begründet die jährliche Meldung der Kontendaten an das BZSt nach §§ 7, 8 FKAustG. Diese jährliche Meldung erfolgt nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz in Form eines XML-Datenschemas.291 Hierbei verlassen die Daten nach der Aufbereitungsphase erstmals die Handlungssphäre des ursprünglichen Datenverarbeiters, der Finanzinstitute, und werden einer nationalen öffentlichen Stelle preisgegeben.292

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Siehe im Detail OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, Annex 3, das OECD XML-Schemata, S. 268, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/standard-for-automatic-exchangeof-financial-account-information-for-tax-matters-9789264216525-en.htm (zuletzt abgerufen 01.12.2017). Dabei ist es unerheblich, ob einige der Informationen bereits öffentlich zugänglich waren, denn ihrer Neukombination und systematischen Sammlung liegt eine grundrechtserhebliche Verarbeitung, vgl. generell zum Eingriff bei Datensammlungen für steuerliche Zwecke BVerfGE 120, 351 (361). 289 Vgl. zur Änderung der Gegebenheiten BMF-Schreiben, Rn. 232. 290 Vgl. zur Erhebung der Steuer-IdNr. die Gesetzesbegründung, Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks. 18/5920 v. 07.09.2015, S. 1 ff.; siehe außerdem die Entscheidung zur Steuer-IdNr. BFHE 235, 151 (160 ff.) und Teil  5 B. I. 1. c); hierzu auch Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (150 ff.). 291 Siehe im Detail OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, Annex 3, das OECD XML-Schemata, S. 268, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/standard-for-automatic-exchangeof-­financial-account-information-for-tax-matters-9789264216525-en.htm (zuletzt abgerufen 01.12.2017). Vgl. siehe allgemein zur Meldepflicht Teil 3 B. II. 292 Da das Verhältnis zwischen Finanzinstituten und BZSt nicht als Auftragsverarbeitung i. S. d. Art. 4 Nr. 8 DS-GVO eingeordnet werden kann, handelt es sich um eine Übermittlung an einen Dritten i. S. v. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO und damit um eine Datenverarbeitung, die einer Rechtsgrundlage bedarf. Hierzu Martini, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung,

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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d) Übermittlung der Finanzkontendaten an ausländische Finanzbehörden Als letzte Eingriffsphase erfolgt die Bearbeitung der Kontendaten durch das BZSt insbesondere in Form der automatisierten und systematischen Übermittlung von Kontendaten an ausländische Finanzbehörden. Die personenbezogenen Daten werden hierbei einer anderen Behörde durch Übermittlung offengelegt. Es handelt sich mithin auch hier um eine Verarbeitung i. S. d. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO. Notwendige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage bildet §§ 2, 5 Abs. 3 i. V. m. § 4 und § 27 Abs. 1 FKAustG jeweils, entweder (1) beim Informationsaustausch zwischen EU-Mitgliedsstaaten i. V. m. § 7 Abs. 2 EUAHiG und der Amtshilferichtlinie oder (2) beim Informationsaustausch mit Drittländern i. V. m. § 2 des Gesetzes zu der mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014 und (2.1) Art. 26 DBA oder (2.2) Art. 6 des Übereinkommens vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen oder (2.3) Art. 5a TIEA. Auch wenn die Informationsübermittlung im Wege der grenzüberschreitenden Amtshilfe auf gesetzlicher Grundlage erfolgt, handelt es sich nach der zu folgenden herrschenden Auffassung um einen Eingriff, da das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch innerhalb einer Behörde oder zwischen Behörden zu wahren ist.293 Dieser Schritt der Datenverarbeitung im Rahmen des FKAustG bildet wohl den weitreichendsten Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen, denn die personenbezogenen Daten verlassen durch die Übermittlung an das Ausland die deutsche Rechtssphäre und unterliegen somit auch grundsätzlich nicht mehr den nationalen bzw. europäischen Datenschutzstandards.294 Damit verbunden besteht die Gefahr des Missbrauchs oder die Verwendung der Daten entgegen dem ursprünglich vereinbarten Verwendungszweck im Empfängerstaat.295 Weiterhin besteht die Möglichkeit der Weiterübermittlung der Daten an andere Jurisdiktionen, welche nicht am CRS teilnehmen und gleichzeitig auch keine DBAs mit Auskunftsklauseln mit dem auskunftserteilenden Staat unterzeichneten, sog. „Dreiecksauskünfte“.296 DS-GVO Art. 28 Rn. 8 ff.; ebenso zur zum früheren § 11 BDSG Anordnung Petri, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 11 Rn. 43; a. A. Härting, ITRB 2016, 137 (138 f.). 293 Zum früheren Streitstand, ob Amtshilfe und Informationsweitergabe ein Eingriff ist m. w. N. Schwan, VerwArch. 66 (1975), 120 (136). Nunmehr h. M. auch des BVerfG unter Verweis auf BVerfGE 65, 1 (46) in BVerfGE 84, 239 (180): „Angesichts der Gefahren der auto­ matisierten Datenverarbeitung ist ein  – amtshilfefester  – Schutz gegen Zweckentfremdung durch Weitergabe und Verwertungsverbot erforderlich“; hierzu Friauf, in: StbJb 1984/85, S. 317 (339) sowie m. w. N. zum jetzigen Stand Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 Rn. 184. 294 Völkerrechtlich vereinbart sind jedoch Datenschutzstandards ähnlich dem deutschen – ob diese Vereinbarung auf völkerrechtlicher Basis ausreicht, den Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen zu rechtfertigen wird später zu erläutern sein, vgl. Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (e). 295 Vgl. zur Gefahr der Zweckentfremdung Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa). 296 Zum Verfahren bei Dreiecksauskünften allgemein Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 140 ff. sowie kritisch bei Debatin, DB 1977, 2064 (2069); Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner, DBA, Art. 26 Rn. 51; Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015, § 18 Rn. 1218; hingegen unproblematisch bei großer Aus-

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

e) Eingriffsausschließende Einwilligung in die Datenverarbeitung Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird ausgeschlossen, wenn, wie einfachgesetzlich verankert, eine Einwilligung nach den Voraussetzungen von §§ 4 Abs. 1 2. Alt. i. V. m. 4a BDSG a. F. beziehungsweise nunmehr basierend auf den europäischen Vorgaben von Art. 6 Abs. 1 Buchst. a i. V. m. Art. 7 DS-GVO vorliegt.297 Bei der Zustimmung des Betroffenen steht auch das Steuergeheimnis, als einfachgesetzliche Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im Steuerrecht, einer Übermittlung nicht entgegen, vgl. § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO. Es handelt sich in diesem Falle nicht um eine unbefugte Offenbarung der Steuerdaten.298 Eine solche eingriffsausschließende Einwilligung des betroffenen Kontoinhabers in die Datenverarbeitung im Rahmen des Kontendateninformationsaustauschs sieht der Wortlaut des FKAustG jedoch nicht vor.299 Die in § 6 Abs. 2 FKAustG kunftsklausel nach Art. 26 OECD-MA die Verwaltung, vgl. BMF v. 03.02.1999, 228, Rn. 1.5.1 und Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 12.92; Vogt, in: Blümich, EStG, Vorbem. Zu §§ 16 und 17 AStG Rn. 12. In der EU sind Dreiecksauskünfte nach § 18 EUAHiG rechtmäßig. Nach dem offiziellen OECD-Kommentar zum Modelabkommen ist nunmehr die Zustimmung des übermittelnden Staates von Nöten, vgl. „Update to Art. 26 of the OECD Model Tax Convention and its Commentary“, Paris 2012, abrufbar unter: https://www. oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/120718_Article%2026-ENG_no%20cover%20(2). pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Rn. 12.2. Siehe zu dieser Thematik im Rahmen der Angemessenheit Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa). 297 BVerfGE 80, 367 (380). Vgl. auch Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl., Art. 2 I, Rn. 90. Generell zur datenschutzrechtlichen Einwilligung bisher im deutschen Recht Kube, in: Isensee / ​ Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 148, Rn. 82; Glaeser, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VI, § 129, Rn. 98; Scholz / ​Sokol, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 4 Rn. 2 ff. und § 4a Rn. 1 ff.; Rudolf, in: HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 66. Im Rahmen der DS-GVO ergeben sich bezüglich der Anforderungen an die Einwilligung generell keine erheblichen Änderungen, vielmehr reichte § 4a BDSG a. F. inhaltlich noch weiter als die DS-GVO, vgl. Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 7 Rn. 1 ff. und insbes. Rn. 22. 298 In diesem Sinne Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 75; Rätke, in: Klein, AO, § 30 Rn. 160 f. Die Zustimmung ist formfrei und kann auch konkludent erteilt werden; sie kann auf einzelne Tatsachen beschränkt sein. Vgl. auch den Gedanken von Anzinger, wenn die Einwilligung des Betroffenen zur Datenverarbeitung durch Dritte Voraussetzung ist, um verfassungsrechtlich gebotene steuerrechtliche Abzugsmöglichkeiten geltend zu machen und ohne Einwilligung diese Vorteile nicht gewährt werden, mit Beispielen bei Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (100 f.), insbes. zum Lohnsteuerabzugsmerkmal 132 ff., sowie für den Sonderabgabenabzug bei Krankenversicherungsbeiträge kritisch 149), welcher jedoch die abschließende Klärung dieser Frage dem datenschutzrechtlichen Schrifttum überlässt; ähnlich auch bei Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (690); Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 9 ff. 299 Vgl. auch zum FATCA-Regime und der urspr. vorgesehenen Direktmeldung der Institute an die ausländische US Behörde, vgl. Teil 2 B. I. Hierzu kritisch Schulte, RIW 2012, 129 ff., der in einem solchen Fall die ausdrückliche Einwilligung des Kontoinhabers fordert, da es an einer gesetzlichen Grundlage mangelt. Später im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Änderungen durch das „Joint Statement“ und die völkerrechtliche Vertragsgrundlage Beier / ​ Schulte, RIW 2012, 282 ff.; sowie unter Bezug auf die Ausführungen der 29-Data Protection Working Party Beier / ​Schulte, RIW 2012, 683 ff.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

299

normierte formlose Information vor der erstmaligen Übermittlung der Daten ist ein bloßes in Kenntnis setzen der Betroffenen. Der Kontoinhaber willigt nicht ausdrücklich in die Datenverarbeitung ein, auch wenn sich die Information i. S. d. § 6 Abs. 2 FKAustG in Praxis zumeist auf den unterschreibungspflichtigen Selbstauskünften befindet. Im Übrigen erfüllt diese Art der Information nicht die Anforderungen nach Art. 7 DS-GVO.300 Auch die Abgabe persönlicher Angaben bei Kontoeröffnung, wie Name Geburtsdatum und Adresse als Teil der Kontenstammdaten kann nicht als Einwilligung im datenschutzrechtlichen Sinn gewertet werden. Die Angabe dieser persönlichen Daten rührt zunächst auf der Intention, eine Geschäftsbeziehung mit dem Finanzinstitut zu begründen und eine Kontoeröffnung als solche zu erwirken. Die weitergehende Nutzung dieser Daten zur Preisgabe für den steuerlichen Finanzkonteninformationsaustausch ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht, welche das privatrechtliche Vertragsverhältnis überlagert und ein Mindestmaß an staatlicher Zurechenbarkeit schafft.301 Die hier untersuchte Datenverarbeitung beruht daher ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage und nicht auf einer eingriffsausschließenden Einwilligung des Betroffenen.302 f) Zwischenergebnis Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung liegen nach den oben dargestellten Ausführungen vor. Es ergibt sich bei der automatisierten Kontendatenverarbeitung im Rahmen des FKAustG ein Bild abgrenzbarer Eingriffsphasen, die aufeinander aufbauen und sich gegenseitig zumindest zum Teil bedingen.303 Die Vielzahl separater Datenverarbeitungen mit unterschiedlicher Eingriffstiefe wirken unter realitätsbezogener Betrachtungsweise additiv zusam 300 Vertiefend zu den Bedingungen der Einwilligung Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-​ Grundverordnung, DS-GVO Art. 7 Rn. 1 ff. 301 So auch zum automatisierten Kontenabruf Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 193 f. Zum Mindestmaß staatlicher Zurechenbarkeit BVerfGE 66, 39 (60 f.). 302 Das Vorliegen einer Einwilligung wäre ohne gesetzliche Grundlage zur Datenverarbeitung zwingend. Praktischer Anwendungsfall ist bspw., wenn die Kontendaten erhoben und klassifiziert werden, das nationale Umsetzungsgesetz jedoch – im Hinblick auf die rasante Rechtsentwicklung in diesem Gebiet durchaus naheliegend – noch nicht in Kraft ist. So ist es fast beim FKAustG geschehen, denn hier sollten die Institute bereits ab dem 01.01.2016 Daten beim Kontoinhaber erheben, das Umsetzungsgesetz trat jedoch erst Ende Dezember in Kraft, vgl. Teil 4 E. III. 3. c) aa) sowie zur Rechtmäßigkeit dieses Verfahrens auch Teil 4 E. III. 3. c) bb) (1) (a). In anderen Ländern, wie Polen, hat es diesen Fall der verspäteten Umsetzungsgesetzgebung gegeben. 303 Vgl. zum modernen Eingriffsbegriff m. w. N. Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 Rn. 176; kritisch zur reinen Grundrechtsgefährdung durch die Datenverarbeitung m. w. N. Scholz / ​Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung und staatliche Informationsverantwortung, 1984, S. 26 f., 82 ff.; a. A. auch im Zh. mit dem Steuerrecht Wied, Verfassungsrechtlich gebotener Datenschutz im Steuerrecht, 1991, S. 25 ff.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

men und ergeben in ihrer Gesamtheit einen intensiv belastenden Charakter für den betroffenen Kontoinhaber.304 Die zusammenhängende Kette von Beschränkungen der Verfügungsmacht über die eigenen personenbezogenen Daten finden ihren Belastungshöhepunkt bei Drittlandsübermittlungen.305 Ob die in ihrer Gesamtbetrachtung, insbesondere bei Drittlandsübermittlungen, als erheblich einzustufende Eingriffstiefe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen noch verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist, wird folgend untersucht. 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Die beschriebenen verschiedenartigen Eingriffsabschnitte bedürfen einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird hierbei nicht grenzenlos gewährt.306 Im Folgenden wird zunächst generell auf die Einschränkbarkeit des Grundrechts eingegangen, um hiernach die konkreten formellen und materiellen Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage zu prüfen. a) Ermächtigungsgrundlage Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung unterliegen der Schrankentrias des Art. 2 Abs. 1 GG.307 Das BVerfG erhebt darüber hinaus im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zusätzliche Ansprüche. Es fordert als Ermächtigungsgrundlage ein förmliches Gesetz abgeleitet aus der Verbindung zu Art. 1 Abs. 1 GG, was die verstärkte Prüfung des Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie der Zweckbindung verlangt.308 Informationsaustausche mit dem Ausland sind somit nur mittels förmlichen Gesetzes, wie dem des

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Zu additiven Grundrechtseingriffen allgemein vgl. Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (e) (aa). Zur Rechtfertigung dieser insbesondere Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa). 306 M. w. N. im Hinblick auf das Steuerrecht Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 9. 307 Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 S. 2 Abs. 2 Rn. 179 ff.; Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl., Art. 2 Abs. I, Rn. 91; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / ​ders. / ​Hopfauf, GG, Art.  2 Rn. 30; ausführlich bei Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 116 ff. Zur Notwendigkeit und den Voraussetzungen einer gesetzlichen Grundlage Schwan, VerwArch 66 (1975), 120 ff. 308 BVerfGE 65, 1 (44); 89, 69 (84); 92, 191 (197); BVerwG NJW 1991, 1246 (1247); so auch Kube, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 148, Rn. 84; Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 10; a. A., welche das Vorliegen einer Rechtsverordnung als Ermächtigungsgrundlage ausreichen lässt, Glaeser, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd.  VI, § 129, Rn. 103. Zu den Rechtfertigungsanforderungen bei Datenverarbeitungen auch grundrechtsübergreifend Gurlit, NJW 2010, 1035 (1037 ff.). 305

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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FKAustG, und insbesondere auch nur unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit zulässig.309 Die folgende Untersuchung prüft grundsätzlich das FKAustG als Ermächtigungsgrundlage für den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kontoinhaber anhand der formellen- wie der materiellen Anforderungen.310 Die Ermächtigungsgrundlage für die Kontendatenklassifizierung der Finanzinstitute ergibt sich hierbei aus §§ 7, 9 ff. FKAustG. Die sich anschließende Übermittlung der Kontendaten an das BZSt ist wiederum in §§ 7, 8 FKAustG geregelt. Notwendige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für den letzten Eingriffsschritt, der Übermittlung der Daten an das Ausland, bildet §§ 2, 5 Abs. 3 i. V. m. § 4 und § 27 Abs. 1 FKAustG jeweils, entweder (1) beim Informationsaustausch zwischen EU-Mitgliedsstaaten i. V. m. § 7 Abs. 2 EUAHiG und der Amtshilferichtlinie oder (2) beim Informationsaustausch mit Drittländern i. V. m. § 2 des Gesetzes zu der mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014 und (2.1) Art. 26 DBA oder (2.2) Art. 6 des Übereinkommens vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen oder (2.3) Art. 5a TIEA. b) Formelle Anforderungen Das FKAustG ist ein Gesetz im formellen Sinne, welches durch das Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze311 in Kraft gesetzt wurde.312 Dabei wurde es im Eilverfahren nach Art. 76 Abs. 2 S. 4 GG erlassen, um den EU-rechtlichen Vorgaben aus Art. 2 Nr. 1 Amtshilferichtlinie und den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Mehrseitigen Vereinbarung fristgerecht zu entsprechen.313

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Aus diesem Grund ist die Rechtmäßigkeit der nationalen Umsetzung von FATCA mittels Rechtsverordnung durchaus strittig, vgl. Gräber / ​Schurowski, IWB 2016, 331 (338) sowie im Hinblick auf den Bußgeldtatbestand verfassungsrechtliche Bedenken gegen Rückverweisungsklauseln Bülte, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 379 AO, Rn. 99 ff., 103 und diesem beipflichtend Jäger, in: Joecks / ders. / Randt, Steuerstrafrecht, § 379 AO, Rn. 89. 310 Im Vgl. hat es beim Amtshilfeverfahren zum Austausch von Steuerbescheiden ursp. an einer nationalen gesetzlichen Grundlage gefehlt, weshalb das Gericht dieses Auskunftsersuchen für rechtswidrig erachtet hatte, vgl. FG Köln, 07.09.2015 – 2 V 1375/15 = mit Anmerkungen Scholz, FG Köln, IStR 2015, 835 ff. Vgl. auch Teil 5 B I. 1. e). 311 v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2531). 312 Ausführlich zum deutschen Gesetzgebungsverfahren Teil 4 E. III. 3. c) aa). 313 Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BR-Drucks. 352/15 v. 14.08.2015, Anschreiben der Bundeskanzlerin S. 1. Zu den verschiedenartigen gesetzlichen Rechtsgrundlagen des globalen automatischen Informationsaustauschs von Finanzkonten siehe Teil 2 B. II. 4. 

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

c) Materielle Anforderungen Erfüllen die gesetzlichen Grundlagen für den Informationsaustausch von Kontendaten die formellen Anforderungen, ist zu untersuchen, ob auch die materiellen Anforderungen, vornehmlich Normenklarheit und Bestimmtheit sowie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, erfüllt sind. Nur wenn dies bejaht werden kann, ist der Eingriff in das Recht auf informelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gerechtfertigt. aa) Normenklarheit und Bestimmtheit Es ist aus Sichtweise der Kontoinhaber zu ermitteln, ob der Grad der Bestimmtheit der Regelungen zum automatischen Informationsaustausch ein für die von der Datenverarbeitung Betroffenen ausreichendes Maß annimmt. Hierfür ist zunächst generell festzustellen, welche Bedeutung die Grundsätze der Normenklarheit und Bestimmtheit für den unionalen und grundrechtlichen Datenschutz insbesondere vor dem Hintergrund einer automatisierten und systematisierten Datenverarbeitungsweise haben. Hiernach wird im Speziellen auf die Normenklarheit der Sorgfaltspflichten aus Sichtweise der Kontoinhaber eingegangen. In diesem Zusammenhang wird ebenfalls die Frage thematisiert, ob das Gebot der Normenklarheit bei den sich für die Kontoinhaber ergebenden Rechtsfolgen erfüllt ist, wenn Selbstauskünfte nicht oder nicht richtig insbesondere im Hinblick auf die Steuer-IdNr. ausgefüllt werden. Zuletzt wird das Gebot der Normenklarheit in Bezug auf die Offenlegung der empfangenden Stellen bei der Auslandsübermittlung thematisiert. (1) Generell Insbesondere bei datenschutzrechtlichen Normen hat das BVerfG das rechtsstaatliche Gebot hinreichender Normenklarheit und Bestimmtheit hervorgehoben.314 Die Bestimmtheit von Normen muss einen Grad erreichen, dass die Folgen der Regelung für den Normadressat so vorhersehbar und berechenbar sind, nach dem er sein Verhalten danach ausrichten kann.315 Gleichzeitig müssen der Regie 314 Bereits im Volkszählungsurteil BVerfGE 65, 1 (Ls. 2, 46 ff., 54); hierzu Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung? 1987, S. 69 ff. Hiernach auch insbes. zum Kontenabrufverfahren BVerfGE 112, 284 (301 f.) und zur Datenbank über steuerliche Auslandsbeziehungen BVerfGE 120, 351 (366 ff.). Zu den normenstrukturellen Voraussetzungen Gurlit, NJW 2010, 1035 (1038); Rudolf, in: HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 68. 315 BVerfGE 31, 255 (264); 37, 132 (142); 45, 400 (420); 52, 1 (41); 56, 1 (12); 62, 169 (183); 78, 205 (212); 83, 130 (145); 84, 133 (149); 87, 234 (263); 108, 52 (75); 110, 33 (53 f.); 118, 168 (186 ff.); 133, 277 (336).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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rung sowie der Verwaltung klar steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorgegeben werden; auch um eine hinreichende gerichtliche Kontrolle zu ermöglichen.316 Dabei sind insbesondere der Zweck beziehungsweise die Eingriffsintensität der Norm und die sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstands in die Abwägung einzubeziehen.317 Das Erfordernis von Rechtsklarheit und Bestimmtheit ist umso bedeutsamer, wenn die personenbezogenen Daten, wie in der Amtshilferichtlinie und dem FKAustG vorgesehen, automatisiert verarbeitet und auch an Drittstaaten übermittelt werden.318 Hier besteht eine erhöhte Gefahr des unberechtigten Zugangs zu diesen Daten.319 Folglich hat der Gesetzgeber, je eingriffsextensiver die Regelungen sind, Anlass, Zweck und Umfang des jeweiligen Eingriffs bereichsspezifischer, präziser und normenklarer zu regeln.320Insbesondere bei eingriffsintensiven Regelungen muss es dem Betroffenen möglich sein, die für ihn erwachsenen Folgen abschätzen zu können. Im Folgenden wird zunächst auf die allgemeine Zweckfestlegung und -bindung der Regelungen eingegangen, um danach verschiedene neu­ ralgische Punkte der Normenklarheit aus Sichtweise der von der automatisierten Datenverarbeitung betroffenen Kontoinhaber näher zu beleuchten. (2) Zweckfestlegung und -bindung Zentrale Bedeutung bei der Frage ausreichender Bestimmtheit datenschutzrechtlicher Eingriffsnormen kommt der Zweckfestlegung zu. Durch die Zweckfestlegung wird eine erste abstrakte inhaltliche Begrenzung der Datenverarbeitung und gleichzeitig Transparenz geschaffen.321 Weitere Verarbeitungen in Abweichung vom ursprünglich festgelegten Zweck sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.322 Im europarechtlich harmonisierten Datenschutzrecht ist der Grundsatz 316

Ebd.; siehe auch Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Rn. 58 ff. Zur Eingriffsintensität der Norm BVerfGE 49, 168  (181); 56, 1 (13); 59, 104 (114); 62, 169 (183); 83, 130  (145); 86, 288  (311); 90, 1 ff. (17); 93, 213 ff. (238); 109, 133 ff. (188); 110, 33 ff. (55) zu den Eigenarten des Reglungsgegenstandes BVerfGE 49, 168  (181); 59, 104 (114); 87, 234 (263); 89, 69 (84); 93, 213 (238); 102, 254 (337); 102, 347 (361); Gurlit, NJW 2010, 1035 (1038); Grzeszick, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 20 Rn. 60; Schulte-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. II 3. Aufl., Art. 20, Rn. 129 ff.; Papier / ​Möllers, Bestimmtheitsgebot, AöR 122 (1997), S. 177 (185); zum Bestimmtheitsgrundsatz im Steuerrecht speziell Papier, in: DStJG 12, 1989, S. 61 ff. 318 Vgl. zu den verschiedenen Eingriffsakten mit Intensivitätsbewertung Teil 5 B. IV. 2.  319 EGMR, Urt. v. 04.12.2008 – 30562/04 und 30566/04, Rn. 103 (S und Marper / ​Vereinigtes Königreich); EGMR, Urt. v. 18.04.2013 – 19522/09, Rn. 35 (M. K. / ​Frankreich). 320 BVerfGE 100, 313 (359 f.); 110, 33 (53); 113, 29 (51); 113, 348 (375); 115, 166 (191); 115, 320 (365); 118, 168 (186 f.); 125, 260 (327). 321 Bereits im Leiturteil zur Volkszählung BVerfGE 65, 1 (46): „Die Zweckbestimmung müsse bereichsspezifisch und präzise sein“. 322 Hierzu europarechtlich Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 5 Rn. 29 ff. Zum deutschen Recht im Zusammenspiel mit den Änderungen der DS-GVO Härting, NJW 2015, 3284 ff. 317

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

der Zweckbindung ausdrücklich in Art. 5 Abs. 1 Buchst. b) DS-GVO normiert.323 Im Bereich des Steuerrechts hat die deutsche Rechtsprechung es für ausreichend bestimmt erachtet, wenn Daten auf Grundlage einer Prognoseentscheidung der Behörde zur Sicherstellung der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern gespeichert werden.324 Durch die konkrete Zwecksetzung der Datenverarbeitung nach § 1 FKAustG in Verbindung mit den zugrunde liegenden, europäischen und völkerrechtlichen Regelungen wird die Datenerhebung abstrakt auf die dort genannten Zwecke der Vermeidung von Steuerhinterziehung begrenzt, was einer Eingriffsintensivierung entgegenwirkt.325 Dabei ist es aus Sicht der Bestimmtheit unschädlich, dass sich die übergeordneten Ziele des steuerlichen Informationsaustauschs – die Bekämpfung von Steuervermeidung und -Hinterziehung sowie die Förderung von Steuerehrlichkeit – nicht aus dem Wortlaut des FKAustG selbst ergeben, solange sie wie hier mittels juristischer Auslegungsmethodik hinreichend konkretisierbar sind.326 Der Wortlaut des § 1 FKAustG definiert ausschließlich den Zweck zur Notwendigkeit der Umsetzung von völkerrechtlichen und europäischen Verpflichtungen zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen. Diese Formulierung allein ist bereits eine normklare Zweckfestlegung. Würdigt man die völkerrechtlichen und europäischen Rechtsgrundlagen, lassen sich die übergeordneten Ziele ebenso ohne Weiteres entnehmen. Das grundgesetzliche Recht auf informationelle Selbstbestimmung erfordert dabei keine ausdrückliche Zwecksetzung im Wortlaut der Norm.327 Auch Art. 6 Abs. 3 UAbs. 2 S. 1 DS-GVO, welcher als eine der Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage zur Datenverarbeitung die Bestimmung des Zwecks verlangt, kann nicht so weit ausgelegt werden, dass es einer konkreten Festlegung im Gesetzestext bedarf. Vielmehr 323

Hierzu ausführlich aus Sicht des Unionsrecht Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 5 Rn. 23 ff.; welcher auch auf das gleichgerichtete deutsche Recht hinweist. 324 BVerfGE 120, 351 (367). Vgl. ausführlich zu dieser Entscheidung Teil 5 A. I. 1. d). Im Hinblick auf das Steuerverfahren auch Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (693); Friauf, in: StbJb 1984/85, S. 317 (335 f.). 325 A. A. Hamacher, IStR 2016, 171 (176); sowie kritisch auch die 29-Data Protection Working Party der EU, welche eine strikte „Purpose Limitation“ verlangt, und den Begriff „tax evasion“/„improvement of tax compliance“ für zu vage hält und damit den teilnehmenden Staate eine zu große Flexibilität bei der Weiterverwendung der Daten einräumt, v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 6 und 8, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/ article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Zum Gebot der Zweckfestlegung und -bindung allgemein Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 176 Rn. 20, 36. 326 Vgl. zur Zwecksetzung der Regelungen Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) (aa)  sowie Teil  5 B. IV. 2.  (1). 327 So ist es durchaus, insbesondere bei vielschichtigen Sachverhalten möglich, dass sich der Gesetzgeber auch bei Datenschutzeingriffen der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe zur Zweckbestimmung bedient, soweit diese durch juristische Methodik hinreichend konkretisierbar sind, vgl. BVerfGE 118, 168 (188) m.V.a. BVerfGE 49, 89 (133); 79, 174 (195).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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kann sich der Zweck auch aus dem auslegungsfähigen Kontext der bestimmten Aufgabe ergeben.328 Die Datenverarbeitung der Finanzinstitute ist an den Zweck gesetzlich gebunden und darf gem. § 3 Abs. 2 FKAustG nicht über das Erforderliche hinausgehen.329 Gleiches gilt für die Datenverarbeitung durch das BZSt im öffentlichen Bereich nach § 5 Abs. 7 FKAustG. Im letzten Arbeitsschritt, der Datenübermittlung an das Ausland, hat die Bundesrepublik im Falle von Drittlandsübermittlungen Verwendungsbeschränkungs- und Datenschutzbestimmungen nach § 7 Abs. 1 Buchst. d CAA330 vereinbart. Danach sind die übermittelten Daten lediglich für die Zwecke in Art. 4 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen zu verwenden.331 Eine Verwendung für andere Zwecke, insbesondere für die Verwendung der Daten als Beweismittel vor einem Gericht für allgemeine Strafsachen, die nicht reine Steuerstrafverfahren sind, ist nur mit vorheriger Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zulässig.332 Bei der Datenübermittlung innerhalb der EU verweist die Amtshilferichtlinie in Erwägungsgrund (17) auf die Achtung der Grundrechte und Grundsätze, die insbesondere mit der EU-Grundrechtecharta anerkannt wurden, darunter auch auf das Recht zum Schutz personenbezogener Daten. Diese Grundsätze und Rechte fordern ihrerseits die erforderliche Zweckgebundenheit. Im Ergebnis sieht jede der drei Verarbeitungsphasen im Zusammenhang mit dem Kontendatenaustausch eine Zweckgebundenheit vor. Diese findet sich im FKAustG sowie bei der letzten Eingriffsphase der Auslandsübermittlung in den europäischen und völkerrechtlichen Bestimmungen. Dem verfassungsrechtlich und unionsrechtlich gebotenen Grundsatz einer normenklaren Zweckfestlegung und -bindung wurde entsprochen.333 328 So mit dem Beispiel zur Verwendung des Melderegisters durch das Bundesmeldegesetz Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 6 Rn. 42. 329 Eine geschäftsmäßige Nutzung ist generell ausgeschlossen – nicht jedoch in allen praktischen Fällen vermeidbar. Auch zur Erforderlichkeit der Datenverarbeitung als verfassungsrechtlich gebotene grundlegende Ausgestaltung von Verwendungszusammenhängen Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 178 Rn. 43. 330 Umgesetzt in Deutschland durch das Gesetz zu der mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014; im Detail zu dem mehrebenartigen Rechtsquellen des Finanzkonteninformationsaustauschs, Teil 2 B. II 4. 331 Zum Übereinkommen, vgl. Teil 2 B. II 2. 332 Insoweit ist diese Verwendungsbeschränkung ebenso aufgrund der völkerrechtlichen „Rahmengesetzgebung“ in Art. 26 Abs. 2 OECD-MA verankert, vgl. Teil 2 B. II. 1.  333 Ebenso die Stellungnahme von Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 5; a. A. Hamacher, IStR 2016, 171 (176); kritisch auch die 29-Data Protection Working Party der EU, welche die Zweckfestsetzung „Vermeidung von Steuerhinterziehung“ in Anbetracht des datenschutzrechtlichen Grundsatzes der „Purpose limitation“ als zu generisch ansehen, vgl. „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 6, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

(3) Normenklarheit der Melde- und Sorgfaltspflichten aus Sichtweise der Kontoinhaber Die unter Teil 5 B. IV. 2. dargestellte vielschichtige und in ihrer Gesamtheit erhebliche Eingriffstiefe muss sich, um dem Grundsatz der rechtsstaatlich gebotenen Normenklarheit zu entsprechen, in der Ausgestaltung der Normen zum steuerlichen Informationsaustausch widerspiegeln. Hierbei sind die diversen Sorgfaltspflichten in ihren Bearbeitungsschritten – der Datenerhebung, Identifizierung, Klassifizierung, Plausibilitätsprüfung, Meldung und Kontrolle – bereits im CRS, inkl. dem englischsprachigen CRS-Kommentar, sowie in der europäischen Amtshilferichtlinie und dem nationalen Umsetzungsgesetz FKAustG geregelt.334 Insbesondere der umfangreiche Katalog an Begriffsbestimmungen in §§ 19, 20 FKAustG gibt grundsätzlich inhaltlich Aufschluss über die in Vielzahl verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe.335 Begleitet wird dies durch noch weiterführende Detailregelungen im BMF-Schreiben.336 Durch die Meldung nach amtlich vorgeschrieben Datensatz ist überdies eindeutig erkennbar, welche Daten in welcher konkreten Form den ausländischen Finanzbehörden preisgegeben werden.337 Die Normen adressieren dem Wortlaut nach ausschließlich die zur Umsetzung verpflichteten Finanzinstitute und nicht die von der Meldung Betroffenen.338 Grundsätzlich ist dies aber verfassungsrechtlich unschädlich. Der Kontoinhaber kann als betroffenes Datensubjekt immer noch klar nachvollziehen, für welchen Zweck und nach welcher Form sowie in welchem Umfang die Daten durch die Institute verarbeitet werden.339 So ergibt sich aus § 1 Abs. 1 FKAustG eindeutig der Zweck der Regelungen, welcher in der Gesetzesbegründung beziehungsweise in den Erwägungsgründen der Amtshilferichtlinie noch ausführlicher erläutert wird.340 Die der Rechtsquellenvielfalt geschuldete teilweise komplexe sowie dynamische Verweisstruktur, auch auf Regelungen im Geldwäschebereich, und die große Anzahl an unbestimmten Rechtsbegriffen ist nach der hier vertretenen Aufen.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Siehe außerdem inwieweit sich jedoch im Hinblick auf Drittlandsübermittlungen Zweifel an der Verbindlichkeit dieser Zweckbindungen ergeben, siehe in der Angemessenheitsabwägung Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa). 334 Dabei wurde der Original CRS annähernd wortgleich in den Anhang der Amtshilferichtlinie eingebettet und in das nationale Umsetzungsgesetz übernommen um eine größtmögliche Harmonisierung des Datenoutputs zu erlangen, vgl. auch Teil 2 B. Vgl. auch zu den Sorgfaltspflichten im Detail Teil 3.  335 Probleme bereiten hier insbesondere jedoch die Öffnungsklauseln für ausgenommene Produkte und Rechtsträger sowie zukünftige Änderungen der original OECD Materialien, vgl. ausführlich bereits Vgl. Teil 4 E. III. 3. c) bb) (1). 336 Vgl. insbesondere BMF-Schreiben, Rn. 11, 112. 337 Vgl. insbesondere BMF-Schreiben, Rn. 355. Vgl. auch BVerwG, NJW 1991, 1246 (1247). 338 Vgl. im Gegensatz das liechtensteinische Umsetzungsgesetz Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (6). 339 Vgl. Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 S. 2 Abs. 2 Rn. 182; Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 5 Rn. 33 ff. 340 Vgl. ausführlich zur Zweckbeschreibung Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) und Teil  5 B. IV. 3. ​ c) bb) (1).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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fassung noch als angemessen zu bewerten, denn betroffene Kontoinhaber muss nicht jeden einzelnen Verarbeitungsschritt der Identifizierung konkret aus dem Gesetz nachvollziehen können.341 Vielmehr ist von Bedeutung, dass er von der Datenverarbeitung als Ganzes und insbesondere von der Offenlegung der Daten in Form der Meldung an das BZSt sowie von der damit verbundenen Tragweite der Maßnahmen durch das Gesetz und subsidiär auch durch das BMF-Schreiben Kenntnis erlangen und dementsprechend rechtzeitig reagieren kann.342 Kritisch ist anzumerken, dass das FKAustG als Ermächtigungsgrundlage für die Datenverarbeitung im Eilverfahren der letzten Dezemberwochen 2015 erlassen wurde und die Verarbeitung der Daten, insbesondere die Erhebung der Steuer-IdNr. gem. §§ 13, 16 FKAustG bei Neukunden i. S. d. § 19 Nr. 27 FKAustG bereits ab 01.01.2016 erfolgte.343 Zuvor existierte als Orientierungspunkt nur ein Referentenentwurf zum FKAustG und die europäische Amtshilferichtlinie sowie die bereits in Kraft getretene FATCA-Gesetzgebung.344 Insbesondere für Rechtsträger, welche die teilweise komplexe Klassifizierung unter dem CRS als aktiv  / ​ passiv durchführen müssen und gegebenenfalls beherrschende Personen zu bestimmen haben, um sie in die Selbstauskunft bei Kontoeröffnung anzugeben, wirkt dies belastend.345 Spezielle Vorschriften zur Rechtsträger-Klassifizierung 341 Ähnlich nlich hierzu Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung? 1987, S. 70 f. 342 Ebd.; Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 S. 2 Abs. 2 Rn. 182. Bspw., wenn der Betroffene von seinem Auskunftsrecht nach Art. 15 DS-GVO Gebrauch machen oder eine strafbefreiende Selbstanzeige in seinem Wohnsitzland einreichen, hierzu insbes. Füllsack / ​Bürger, BB 2016, 2652 (2659). Ob eine darüberhinausgehende Informationspflicht notwendig ist, wird in diesem Zusammenhang unter Teil 5 B. IV. 3.c) bb) (4) (d) (bb) erläutert. 343 Zur formellen Rechtmäßigkeit des Gesetzes Teil 4 E. III. 3. c) aa). Vgl. kitsch auch die 29-Data Protection Working Party der EU, welche eine „foreseeable Legal Basis“ verlangt, „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 5, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/ article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 344 Aufgrund dieser Regelungen und dem Entwurf eines konsolidierten CRS / ​FATCA-BMF-​ Schreibens konnten die Finanzinstitute ihre bereits unter FATCA getroffenen Maßnahmen auf die CRS Vorgaben anpassen. Für die zu den Angaben verpflichteten betroffenen Rechtsträger gaben die Entwürfe jedoch wenig Orientierungspunkte und wurden von der Mehrzahl der Rechtsträger im Markt nur vereinzelt wahrgenommen. 345 Zur Rechtsträgerklassifizierung Teil 3 B. I. 3 und 4. Finanzinstitute sind nicht berechtigt selbst eine Bewertung des „aktiv / ​passiv Status“ bei Neukunden (Kontoüberziehungen ab dem 01.01.2016) vorzunehmen; ebenso die Feststellung bei Happe / ​Aschwanden / ​Giger, BKR 2016, 194 (195 f.), welche auch hervorheben, dass der „berufsständische Organisation der Steuerberater, der Deutsche Steuerberaterverband e. V. in Berlin, warnt inzwischen aufgrund der Haftungsrisiken davor, leichtfertig solche Selbstauskünfte für Mandanten auszufüllen. Dies deshalb, weil die gewöhnliche Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung der Steuerberater – und wohl auch der Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte – die Schäden nicht übernehmen könnte. Das gilt u. E. genauso bei der Frage, wann eine Beherrschung oder passive Einkünfte vorliegen“.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

ergeben sich nämlich weder aus dem FKAustG noch aus der Amtshilferichtlinie. Der CRS-Kommentar, welcher zu jener Zeit nur in englischer Sprache verfügbar gewesen ist, enthält im Übrigen nur unvollständige Ausführungen.346 Unter dem „Vorgängermodell“ FATCA wurde erst mit dem BMF-Anwendungsschreiben für weitere Klarheit gesorgt, welches ebenfalls deutlich später als das deutsche ­FATCA-Abkommen und die FATCA-Umsetzungsverordnung erlassen wurde.347 So werden auch hier erst mit dem konsolidierten CRS / ​FATCA-BMF-Schreiben vom 2. Februar 2017 die Fragen zur Rechtsträger-Klassifizierung angesprochen.348 In der Praxis wurde die Unsicherheit im Markt durch die analoge Anwendung des früheren BMF-FATCA-Anwendungsschreibens überwunden. Die Einführung des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs hatte ihre Anlaufschwierigkeiten, entspricht jedoch nach der hier vertretenen Auffassung dem Grundsatz der Rechtsklarheit, da die Kontoinhaber die mit ihrem CRS Status zusammenhängende Meldung oder Nicht-Meldung ganz überwiegend vorhersehen konnten; ohne dabei jeden Verarbeitungsschritt des Finanzinstitutes nachvollziehen zu müssen. Eine tatsächlich vorherrschende Rechtsunsicherheit im Markt und unter den Steuerberatern ist allerdings nicht von der Hand zu weisen und drückt sich insbesondere dadurch aus, dass die Haftpflichtversicherung der Steuerberater und Rechtsanwälte Vermögensschäden aufgrund falscher Klassifizierung auf der Selbstauskunft nicht übernimmt. Hier wird deutlich, dass nicht ausreichend beachtet worden ist, dass die Sorgfaltspflichten nicht nur Verpflichtungen gegenüber den Finanzinstituten umfassen, sondern in direkter und indirekter Weise auch die Kontoinhaber beispielsweise bei der Bestimmung ihrer steuerlichen Ansässigkeit oder ihrer Rechtsträgerklassifizierung, verpflichten.349 Trotz dieser praktischen Unsicherheiten ist der Grad an Normenklarheit der Melde- und Sorgfaltspflichten aus Sichtweise der Kontoinhaber jedoch verfassungsgemäß. (4) Normenklarheit bei Nichtangabe der Steuer-IdNr. durch den Kontoinhaber Verfassungsrechtlich bedenklich ist weiterhin die Unbestimmtheit des Gesetzes im Hinblick auf die Rechtsfolgen bei Falschangaben oder einer Verweigerung der 346

OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax ­ atters, inkl. Kommentar, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-ofM tax-information/standard-for-automatic-exchange-of-financial-account-information-for-taxmatters-9789264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), S. 195 ff. 347 Jedoch bestehen bis heute erhebliche Unsicherheiten, die sich in inkonsistenten Angaben beim Ausfüllen der US W-Formulare durch die Kontoinhaber zeigen. Die Finanzinstitute sind hier im Rahmen der Plausibilitätsprüfung gefordert, die Kontoinhaber darauf aufmerksam zu machen. 348 BMF-Schreiben, insbes. Rn. 196 ff. 349 Anders das liechtensteinische Umsetzungsgesetz im Vergleich, siehe Teil 5 B. IV. ​ 3. c) aa) (6.).

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Auskunft durch den Kontoinhaber gegenüber dem Finanzinstitut. Weder aus dem FKAustG noch aus der Amtshilferichtlinie ergeben sich hierzu konkrete Regelungen.350 Vor dem Hintergrund der Umsetzung des „wider approach“351 in Deutschland, d. h. der Erhebung der steuerlichen Ansässigkeit und der Steuer-IdNr. von allen Kontoinhabern, unabhängig davon ob sie als meldepflichtig gelten oder nicht, ist dieser Umstand bedeutsam.352 Bereits die originäre Pflicht zur Abgabe der steuerlichen Informationen auf der Selbstauskunft ist vom FKAustG nicht an den Kontoinhaber selbst gerichtet. Normadressat ist dem Wortlaut nach insofern nur das Finanzinstitut, welches die Selbstauskunft von Neukonten zu „beschaffen“ hat.353 Ausschließlich aus dem BMF-Schreiben in Rn. 216 ergibt sich ein Verweis auf die gesetzlichen Mitwirkungs- beziehungsweise Mitteilungspflichten der Betroffenen nach den geldwäscherechtlichen Bestimmungen, § 4 Abs. 6 GwG.354 Diese sollen zukünftig auch die Informationspflichten nach FATCA und CRS umfassen. Ob hieran jedoch auch dieselben rechtlichen Konsequenzen wie im Geldwäscherecht geknüpft werden, ist fraglich.355 Das BMF-Schreiben enthält in den Rn. 231 und 339 ff. spezielle Handlungsvorgaben für die Finanzinstitute. Eine Schließung des Kontos ist, anders als gegebenenfalls im Geldwäscherecht, nach Rn. 341 BMF-Schreiben nicht vorgesehen.356 Jedoch soll nach dem Frage & Antwortkatalog der OECD zu CRS (Ziffer 22 „Timing of self-certifications“ zu „Section II–VII Due Diligence Requirements“357) ein Neukonto nach 90 Tagen eingefroren werden, wenn keine Selbstauskunft eingeholt werden konnte. Derzeitig wurde diese Regelung weder in das FKAustG noch in das BMF-Schreiben übernommen. Vielmehr sind bis jetzt

350

Ebd. Annex 5 des CRS-Kommentars der OECD. 352 Zur Problematik des wider approaches im Hinblick auf die Angemessenheit der Datenverarbeitung, vgl. siehe „wider approach“ in Deutschland umgesetzt nach § 6 Abs. 1 FKAustG i. V. m. Rn. 10, 215 BMF-Schreiben, siehe im Rahmen der Grundrechtsanalyse Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (b) (cc). 353 Nach den Normen § 6 Abs. 1 und § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 4, § 13 Abs. 2 bis 4, § 14 Abs. 5 Nr. 5 1b) und Nr. 2a) sowie Nr. 2c) bb), § 16 Abs. 2 FKAustG zumeist formuliert wie in § 13 Abs. 2 FKAustG „muss das meldende Finanzinstitut bei Kontoeröffnung eine Selbstauskunft beschaffen“. 354 Siehe auch im Vgl. die Verweiskette beim automatisierten Kontenabruf von § 93 Abs. 7 AO a. F. auf § 24c KWG, welche nach Ansicht des BVerfG noch dem Gebot der Normenklarheit entspricht, BVerfGE 118, 168 (192). 355 Generell zum Überlappen der Geldwäschebestimmungen und den CRS Vorschriften Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 ff. 356 Vgl. §§ 4 Abs. 6 i. V. m. 3 Abs. 6 S. 2 GwG; Häberle, in: Erbs / ​Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, GwG, § 4, Rn. 17. Eine Verweigerung der Mitwirkung durch den Vertragspartner bei der Durchführung der Identifizierung stellt keine Ordnungswidrigkeit i. S. v. § 17 GwG dar, sondern ist eine Nebenpflichtverletzung aus dem Vertrag zwischen Finanzinstitut und Kontoinhaber i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB. 357 Siehe https://www.oecd.org/tax/exchange-of-tax-information/CRS-related-FAQs.pdf. 351

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

meldepflichtige Konten mit den vorhandenen Daten an das BZSt zu melden, wenn innerhalb von 90 Tagen keine Steuer-IdNr. eingeholt werden konnte, aber das Konto dennoch aktiv geschaltet wurde, vgl. Rn. 340 f. BMF-Schreiben.358 Die weiteren praktischen Konsequenzen einer Kontenmeldung an das BZSt ohne Steuer-IdNr. sind dabei nicht normiert.359 Fraglich ist, ob diese Konten sodann dennoch an die Jurisdiktion gemeldet werden, in welcher der Kontoinhaber seine Hausanschrift oder seinen Sitz aufweist. Weitere belastende steuerliche Folgen könnten sich sodann für den Kontoinhaber in Deutschland oder in anderen Jurisdiktionen ergeben. So kann beispielsweise die fehlende Angabe der Steuer-IdNr. durchaus ein Anlass für die Finanzbehörden sein, ein Auskunftsverfahren nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO einzuleiten, um hier weitere Informationen, wie Kontenbewegungsdaten, vom Kontoinhaber zu erlangen.360 Eine derartige Unklarheit der rechtlichen Folgewirkungen erscheint verfassungswidrig, da der Betroffene die Konsequenzen seines Handelns nicht aus dem Gesetz ableiten kann. Um die Rechtsunsicherheit in dieser speziellen Situation zu beseitigen, müssen sich die Rechtsfolgen einer Nichtangabe der steuerlichen Ansässigkeit und Steuer-IdNr. für den Kontoinhaber aus den formell-gesetzlichen Bestimmungen ergeben.361 Zusätzlich sollte das Institut verpflichtend bei der Kontaktierung der Kontoinhaber auf die rechtlichen Konsequenzen der Meldung ohne Steuer-IdNr. und  – in genereller Form  – auf mögliche weitere steuerliche Folgen hinweisen.362 Neben der Situation zur Nichtangabe der Steuer-IdNr. bleibt ferner unklar, wie bei fehlenden beziehungsweise falschen Angaben zur Rechtsträgeridentifizierung, insbesondere der Angabe der „aktiv / ​passiv“-Eigenschaft sowie der damit zusammenhängenden Angabe der beherrschenden Personen, zu verfahren ist.363 Amts-

358 Diese Regelungen basieren auf der FATCA Initiative, die hier unter dem Begriff „recalcitrant account holder“ adressiert werden. Ursprünglich war ein Strafsteuereinbehalt von 30 % auf alle US Quellenzahlungen vorgesehen, welcher im deutschen IGA unter Art. 4 Nr. 2 suspendiert ist. Im Detail Teil 2 B. I. 359 Kritisch auch auf das unterlaufen der geldwäscherechtlichen Ermittlungsverfahren und die Steuerermittlung Dahm / ​Hamacher, Wistra 1995, 206 (209). 360 Siehe auch die ähnliche Argumentation des BVerfG beim Kontenabruf, welcher ein Anlass für weitere eingriffsintensivere Ermittlungstätigkeiten bietet vgl. BVerfGE 118, 168 (185 f.). Weitere negative Konsequenz im Empfängerland könnte auch eine Schätzung der Besteuerungsgrundlage sein, vgl. in der deutschen Rechtsordnung § 162 Abs. 2 S. 1 und 3 AO. 361 Vgl. auch im Zusammenhang mit dem „Erforderlichkeitskriterium“ beim automatisierten Kontenabruf, welches sich ausschließlich aus dem AEAO und nicht aus einer formell-gesetzlichen Grundlage ergab: Schmidt, BB 2005, 2155 (2162). 362 Ohne, dass die Institute hierbei steuerberatend tätig werden, vgl. hierzu Teil 4 E. III. ​ 3. c) bb) (2) (d) (bb). 363 So auch im Falle einer schwebenden Unsicherheit der Gesetzeslage das BVerfGE 110, 33 (53): „Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Norm erhöhen sich, wenn die Unsicherheit bei der Beurteilung der Gesetzeslage die Betätigung von Grundrechten erschwert.“; vgl. im Gegensatz die liechtensteinische Gesetzgebung Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (6).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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hilferichtlinie, FKAustG und BMF-Schreiben enthalten hierfür keine Vorgaben.364 Meinungsstand in der Praxis ist, diese Rechtsträger gegebenenfalls als passiv zu melden und die fehlenden Angaben zu beherrschenden Personen im Meldefile leer zu lassen. Welche rechtlichen Konsequenzen sich für den Kontoinhaber hierbei ergeben, ist bislang unklar. Auch hier ist die Unklarheit der rechtlichen Folgewirkungen für den Betroffenen verfassungsrechtlich unzumutbar. (5) Normenklarheit in Bezug auf die empfangende ausländische Jurisdiktion und Behörde Weiterer neuralgischer Punkt im Zusammenhang mit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit ist die konkrete Benennung des ausländischen Empfängers der Kontendaten.365 Das BVerfG hat bereits in seiner Entscheidung zum Konten­abruf festgestellt, dass „ein bloßer Verweis auf die Zuständigkeitsordnung insgesamt [nicht] genügt, dem Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit“366 zu entsprechen, vielmehr stellt das Gericht fest: „fehlt es schon an einer Bestimmung der zu der Maßnahme berechtigten Stellen, können die weiteren verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Weitergabe der Daten an andere Stellen erst recht nicht erfüllt werden“367. Zwar wird die Meldung nach Form und Inhalt durch das amtlich vorgeschriebene XML-Schema detailliert in nachvollziehbarer Weise offengelegt, die Daten empfangende ausländische Behörde wird allerdings weder konkret in § 5 Abs. 2 i. V. m. 1 Abs. 1 FKAustG i. V. m. der Amts 364 Im Gegensatz die schweizerische Gesetzgebung. die generell vorsätzliche Falschangaben auf der Selbstauskunft oder falsche Angaben bei Änderung der Gegebenheiten mit einer Geldbuße bestraft, gleichzeitig jedoch die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige eröffnet, vgl. Art. 35 und 36 Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG) v. 18.12.2015, abrufbar unter: https://www.admin.ch/ opc/de/official-compilation/2016/1297.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016); vgl. im Gegensatz auch die liechtensteinische Gesetzgebung Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (6). 365 Die Unbestimmtheit betrifft mithin den Datenverarbeitungsschritt der Datenübermittlung an das Ausland und nicht die Datenübermittlung vom inländischen Finanzinstitut zur deutschen Behörde. Die sich hier bedingenden aber grundsätzlich separat zu beurteilenden Eingriffsformen müssen für sich genommen dem Gebot der Normenklarheit entsprechen. Eine vorherige Übermittlung der Kontendaten vom Finanzinstitut an das BZSt und die darauffolgende Auslandsübermittlung heilt diese Unbestimmtheit nach der hier vertretenen Auffassung nicht. Vgl. auch zum FATCA-Regime und der urspr. vorgesehenen Direktmeldung der Institute an die ausländische Behörde, vgl. Teil 2 B. I. Hierzu kritisch Schulte, RIW 2012, 129 ff.; später im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Änderungen durch das „Joint Statement“ und die völkerrechtliche Vertragsgrundlage Beier / ​Schulte, RIW 2012, 282 ff.; sowie unter Bezug auf die Ausführungen der 29-Data Protection Working Party Beier / ​Schulte, RIW 2012, 683 ff. 366 BVerfGE 118, 168 (188), unter Verweis auf vgl. auch BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 23. Februar 2007 – 1 BvR 2368/06 –, S. 17 des Umdrucks; vgl. auch Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 205. Vgl. zum Urteil in dieser Schrift Teil 5 A. I. 1. b). 367 BVerfGE 118, 168 (188); vgl. auch zur Datenbank über Auslandsbeziehungen BVerfGE 120, 351 (365); ausgeführt bei Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (693 f.).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

hilferichtlinie noch dem CAA offengelegt. Die Wortwahl „zuständige Behörde jedes anderen meldepflichtigen Staates“ i. S. d. § 2 FKAustG lässt offen, um welche spezifischen ausländischen Behörden es sich letztlich handelt.368 Ausdrücklich ist nach § 4 FKAustG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 5b FVG nur für Deutschland bestimmt, dass das BZSt zuständige Behörde für die Entgegennahme und Weiterleitung von Meldungen und Auswertungen ist und damit als zur Datenverarbeitung „berechtigte Stelle“ gilt. Eine Liste der im Ausland zuständigen Behörden findet sich jedoch weder im FKAustG noch in einem BMF-Schreiben und ist daher auch nicht durch Auslegung bestimmbar.369 Auch der Umstand, dass bei der Übermittlung der Daten an das Ausland das BZSt „zwischengeschaltet“ ist, heilt die Unbestimmtheit des Begriffs „andere zuständige Behörde“ nicht. Die Datenübermittlung an das Ausland ist ein weiterer Verarbeitungsschritt im Rahmen der Datenverarbeitung nach dem FKAustG. Dieser ist zwar an die erste Datenübermittlung der Finanzinstitute an das BZSt geknüpft, für sich genommen bildet er aber einen neuen und intensiveren Eingriff und muss mithin den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Bestimmtheit genügen.370 Gleichzeitig war die vorgelagerte Frage der Offenlegung, welche Jurisdiktionen zum Zeitpunkt der Erstmeldung der Finanzinstitute in 2017 für das Jahr 2016 an das BZSt überhaupt am Informationsaustausch teilnehmen nur durch eine langkettige Verweistechnik vom Gesetzgeber geregelt worden.371 Wobei sich diese Unklarheit lediglich auf den Informationsaustausch mit Drittländern bezieht. Durch die harmonisierte Umsetzung des CRS im Rahmen der Amtshilferichtlinie in Europa und den Verweis in § 19 Nr. 38 a) FKAustG ist insoweit hinreichend bestimmt, dass alle Mitgliedsstaaten der EU „teilnehmende Staaten“ sind und diese sich zu

368

Im Vergleich wurde § 24 c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG, welcher die für die Leistung der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen sowie im Übrigen für die Verfolgung und Ahndung von Straftaten zuständigen Behörden und Gerichte zum Kontenabruf ermächtigte soweit dies für die Erfüllung ihrer [in anderen Gesetzten verankerten] gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist für hinreichend bestimmt und damit verfassungsgemäß angesehen, vgl. BVerfGE 118, 168 (191). Eine solche Präzisierung der Norm kann sich im vorliegenden Fall nur aus den nationalen Bestimmungen des empfangenden Staates ergeben. Daher ist es nach der hier vertretenen Auffassung von Nöten, die zuständigen ausländischen Steuerbehörden konkret, bspw. in einer Liste, zu benennen; vgl. auch zur Bestimmtheit der die Daten verarbeitenden Behörde im Ansatz Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (693 f.) m.V.a. BVerfGE 120, 351 (365). Vgl. ebenso die Forderung der 29-Data Protection Working Party der EU unter „Exchange of personal data and rights of the data subject“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 9, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_ en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 369 Im Gegensatz wurde beim bilateralen FATCA-Abkommen vom 31. Mai 2013 und der zugehörigen Gegenseitigen Abmachung vom 30. November 2015, der „Internal Revenue Service“ als zuständige Behörde konkret bezeichnet. 370 Vgl zu den verschiedenen Eingriffsstufen Teil 5 B. IV. 2. c) und d). 371 Vgl. im Falle einer Unsicherheit der Gesetzeslage das BVerfGE 110, 33 (53): „Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Norm erhöhen sich, wenn die Unsicherheit bei der Beurteilung der Gesetzeslage die Betätigung von Grundrechten erschwert.“

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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einem zeitgleichen einheitlichen reziproken Informationsaustausch erstmals zum 31. Juli 2017 verpflichteten.372 In Bezug zu Drittländern birgt jedoch das multilaterale Vertragsinstrument zur Umsetzung des Standards ungeachtet seiner weitreichenden Vorteile und Notwendigkeiten zur harmonisierten globalen Umsetzung der Melde- und Sorgfaltspflichten auch die Gefahr der Unübersichtlichkeit.373 So muss vor dem Hintergrund der schnellen territorialen Ausbreitung des Standards, insbesondere in den Anfangsjahren seit 2014, stets verfolgt werden, welche Drittländer unter welchen Bedingungen und zu welchem Zeitpunkt am Informationsaustausch teilnehmen und ob diese auch die rechtlichen und technischen Anforderungen des multilateralen Übereinkommens erfüllen.374 Diese Monitoringaufgabe übernimmt nach § 8 Abs. 1 CAA grundsätzlich das sog. „Sekretariat des Koordinierungsgremiums“, welches gem. § 1 Nr. 1 Buchst. g) CAA als eine Abteilung der OECD fungiert. Das Sekretariat ist hierbei verpflichtet, sämtliche zuständigen Behörden über jegliche nach der Vereinbarung bei ihr eingegangenen Notifikationen zu unterrichten und sämtliche Unterzeichner der Vereinbarung in Kenntnis setzen, wenn eine neue zuständige Behörde die Vereinbarung unterzeichnet. Eine Pflicht zur Veröffentlichung dieser Informationen auf der Internetseite der OECD besteht gem. § 7 Nr. 2.2. bis 2.4. CAA i. V. m. den Anhängen A und E des CAA. Auf der Internetseite der OECD ist somit eine kontinuierlich aktualisierte englischsprachige Liste auffindbar, welche teilweise detailliert Aufschluss über den jeweiligen Status der Jurisdiktionen gibt, nicht aber die zuständigen Behörde in diesem Staat nennt.375 Die insoweit rechtlich unmittelbar bindenden europäischen und deutschen Regelungen selbst gaben hingegen lange Zeit keine Auskunft über die konkret am Austausch teilnehmenden Jurisdiktionen. Stattdessen enthielt die Definition „teilnehmender Staat“ nach § 19 Nr. 38 b) bb) FKAustG lediglich einen Verweis auf eine „von der Bundesrepublik Deutschland veröffentlichten und der Europäischen Kommission mitgeteilten Liste“, wenn die BRD selbst ein Abkommen zum Informationsaustausch mit einem Staat geschlossen hat. Das BMF hat erst mit dem Schreiben vom 6. April 2017 eine zunächst vorläufige Staatenaustauschliste im Sinne des § 1 Abs. 1 FKAustG für das erste Meldejahr bekannt gegeben und im Bundessteuerblatt vom 28. April 2017 veröffentlicht.376 Mit Schreiben vom 22. Juni 2017 – im Internet erst veröffentlicht am 12. Juli 2017 – wurde sodann die finale 372 Mit Ausnahme von Österreich, was die Regelungen ein Jahr später umsetzen wird, vgl. Art. 2 Abs. 2 Amtshilferichtlinie und Erwägungsgrund (19). 373 Im speziellen zur vermehrten Nutzung multilateraler Abkommen im internationalen Steuerrecht: OECD, Schön, IStR 2017, 681 ff. 374 Zu diesen Anforderungen gelten neben der Versicherung datenschutzrechtlicher Garantien auch die Möglichkeit ihrerseits tatsächlich der Verpflichtung zur Meldung nachzukommen. So ist zweifelhaft, ob einige Länder fristgerecht die reziproke Meldung leisten können. 375 OECD, „Status of Commitments“, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/automaticexchange/commitment-and-monitoring-process/AEOI-commitments.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016); sowie noch detaillierter die Übersicht „CRS by jurisdiction“, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/crs-implementation-and-assistance/crs-by-juris​ diction/#d.en.345489 (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 376 BMF-Schreiben v. 06.04.2017, veröffentlich in BStBl. I 2017, 708.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Fassung dieser Staatenaustauschliste, nur einen Monat bevor die Finanzinstitute die Daten an BZSt erstmals preiszugeben hatten, bekannt geben.377 Die Kommission ihrerseits könnte ebenfalls eine Liste nach § 19 Nr. 38 b) cc) bbb) FKAustG veröffentlichen, wenn die EU mit einem Drittland ein Abkommen zum Informationsaustausch vereinbart hat.378 Jedoch ist derzeit keine eigenständige Liste der EU-Kommission veröffentlicht worden. Diese, der dynamischen Entwicklung der Regelungsmaterie geschuldete, Verweisstruktur auf schnell adaptierbare Listen ist nachvollziehbar und auch grundsätzlich rechtmäßig. Das BMF hatte im ersten Meldejahr eine konsolidierte verbindliche Staatenliste mittels BMF-Schreibens veröffentlicht und dies für das Meldejahr 2017 am 28. Juni 2018 wiederholt.379 Ein derartiges jährliches BMF-Schreiben mit einer konsolidierten Staatenaustauschliste verhindert mögliche Verzerrungen des Wettbewerbs für Kontoinhaber, Finanzinstitute und Behörden. Zwischenzeitlich sollte sich eine stets aktuelle Liste auf dem BZSt-Portal befinden, welche auch weitere Angaben zu den teilnehmenden Jurisdiktionen, beispielsweise zu den einschlägigen Datenschutzregelungen, umfasst.380 Nach der hier vertretenen Auffassung ist zur Erfüllung der grundrechtlich gebotenen Normenklarheit zudem notwendig, dass die konkret zuständige ausländische Behörde mit Kontaktinformationen benannt wird. Insbesondere eingriffsintensiv wirkt diese Unklarheit für Steuerpflichtige, die eine gewisse Zeit im Ausland leben und dort als steuerpflichtig gelten, jedoch ihr inländisches (deutsches) Bankkonto weiter unter 377 BMF-Schreiben v. 22.06.2017; Barbados, Curacao und Niue sind im Unterschied zur vorläufigen Staatenaustauschliste nicht mehr enthalten gewesen, dies führte in der Praxis der zu Umsetzung verpflichteten Finanzinstitute insbesondere bei Kontoinhabern mit steuerlicher Ansässigkeit in Barbados zu Schwierigkeiten. 378 Die Regelungen ergeben sich wortgleich aus der Amtshilferichtlinie Abschnitt VIII D 4.b) und c). Die EU hat mit den Drittländern, die bereits unter der früheren Zinsrichtlinie Informationen ausgetauscht haben, Änderungsprotokolle unterzeichnet, wonach nunmehr Finanzkonteninformationen nach dem globalen OECD-Standard i. V. m. ausgetauscht werden. Eine Liste dieser Staaten findet sich ausschließlich auf einer Internetseite der Kommission, unter: http://ec.europa.eu/taxation_customs/business/tax-cooperation-control/administrativecooperation/enhanced-administrative-cooperation-field-direct-taxation_de (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). Wobei hierbei nicht alle Verlinkungen zu den jeweiligen Änderungsprotokollen in das EU-Amtsblatt tatsächlich funktionieren. Eine zusammenfassende Liste aller Jurisdiktionen im EU Amtsblatt existiert bis jetzt nicht. 379 BMF-Schreiben vom 28. Juni 2018 zum Automatischer Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz – FKAustG; Bekanntmachung einer finalen Staatenaustauschliste im Sinne des § 1 Absatz 1 FKAustG für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zum 30. September 2018. 380 Das BZSt ist nach § 4 FKAustG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 5b FVG zuständige Behörde und gilt insbesondere für die zur Umsetzung verpflichteten Finanzinstitute als Ansprechpartner. Es ist eine Liste der teilnehmenden Staaten auf der BZSt Website abrufbar, ohne jedoch mehr Informationen zu den Jurisdiktionen zu geben: https://www.bzst.de/DE/Steuern_International/ CRS/Allgemeine_Informationen/Allgemeine_Informationen_node.html (zuletzt aufgerufen 01.07.2017).

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halten. Die Informationen dieses Kontos werden in diesem Falle an den Staat ihrer derzeitgen steuerlichen Ansässigkeit gemeldet. Für diese Personengruppe besteht in einem für sie fremden Land eine besondere Schwierigkeit herauszufinden, welche Stelle(n) des ausländischen Behördenapparats konkret ihre personenbezogenen Daten verarbeiten. Nur durch die Nennung der zuständigen Behörden in den am CRS teilnehmenden Staaten durch eine offizielle BZSt oder OECD Liste hat der Betroffene auch nach der bereits erfolgten Übermittlung der Daten außerhalb des deutsch-europäischen Rechtsraums eine direkte Anlaufstelle, die Daten gegebenenfalls zu berichtigen, bevor ihm negative Konsequenzen in seinem steuerlichen Wohnsitzland widerfahren.381 Dies gilt umso mehr, als es sich um einen hochautomatisierten Vorgang ohne ein Recht auf Anhörung oder behördliche Information im Vorfeld der Übermittlung handelt.382 (6) Exkurs: Normenklarheit am Beispiel der liechtensteinischen Umsetzungsgesetzgebung Auch das bis dato als „Steueroase“ geltende Fürstentum Liechtenstein ist ein am CRS teilnehmender Staat.383 Der automatische Informationsaustausch von Kontendaten mit der EU wurde durch ein Änderungsprotokoll der Zinsrichtlinie umgesetzt, durch welche nunmehr Liechtenstein ebenfalls jährlich automatisiert Kontendaten mit sämtlichen EU-Mitgliedsländern austauscht.384 Die liechtensteinische nationale Umsetzungsgesetzgebung bildet das Gesetz über den internatio-

381 So sinngemäß. auch der Europarat, Stellungnahme des Komitees vom 04.06.2014, T-PD(2014)05, S. 3: „concrete categories of persons concerned, an exhaustive list of the data processed and exchanged, a designation of the national authority authorised to obtain and process the data, […]the T-PD also stresses that the reference to those rules and to the supervisory authority to which the requesting party is subject should be explicitly mentioned in the convention or agreement.“ Ebenso entschied das BVerfGE zum automatisierten Kontenabruf, dass „der Kreis der Behörden, die zu Abrufersuchen berechtigt sein sollen, und die Aufgaben, denen solche Ersuchen dienen sollen, nicht präzise genug festgelegt [wurde]“: BVerfGE 118, 168 (189). Wilhelm beschreibt die „berechtigten Stellen“ als eine der „Essentialia der Datenerhebung“, welche dem Parlamentsvorbehalt und der Normenbestimmtheit entsprechen müssen, vgl. Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 205. 382 Vgl. zu den Betroffenenrechten Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). 383 Siehe OECD, „CRS by jurisdiction“, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/automaticexchange/crs-implementation-and-assistance/crs-by-jurisdiction/#d.en.345489 (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 384 Änderungsprotokoll zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind v. 24.12.2015, ABl EU Nr. L 339/3. Erwägungsgründe waren neben der EWR-Mitgliedschaft Liechtensteins und dem Ziel eines gemeinsamen Binnenmarktes auch die Verpflichtung Liechtensteins zur Umsetzung der vormaligen Datenschutzrichtlinie.

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nalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Gesetz)385 und die Verordnung über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Verordnung)386. Diese werden durch ein Merkblatt mit detaillierteren Ausführungsbestimmungen ergänzt.387 Im Gegensatz zur deutschen Umsetzungsgesetzgebung zeichnet sich das liechtensteinische Gesetz durch normenklare Verweise, spezialgesetzliche Verfahrens- und Sanktionsbestimmungen und ausdrückliche Hervorhebung von datenschutzrechtlichen Betroffenenrechten aus.388 Die relevantesten Unterschiede zu den deutschen Regelungen werden nachfolgend skizziert. Anders als die deutsche Gesetzgebung richtet sich der Wortlaut des AIA-Gesetz nicht nur an die meldenden Finanzinstitute, sondern gleichermaßen an die betroffenen Kontoinhaber. Es spricht hierbei nicht nur die Pflichten der Betroffenen an, sondern kodifiziert auch deren Rechte und enthält Bestimmungen zu Vertraulichkeit und Datenschutz, vgl. Art. 1 Abs. 2 Buchst. a), c) und e) AIA-Gesetz. Im Gegensatz zum deutschen Recht verpflichtet das liechtensteinische Gesetz dem Wortlaut nach die Rechtsträger selbst, aktiv und unaufgefordert tätig zu werden, vgl. Art. 4 und 5 AIA-Gesetz.389 Das liechtensteinische Umsetzungsgesetz legt nach Art. 5 AIA-Gesetz insbesondere den passiven Rechtsträgern sanktionierte Verpflichtungen auf, beherrschende Personen zu bestimmen, deren Steuer-IdNr. einzuholen und zu melden.390 Dieses Vorgehen erleichtert in der Hinsicht umfassend die meldepflichtigen Finanzinstitute, denen es in Praxis oft selbst nicht möglich ist, beherrschende Personen aufzuspüren. Im Vergleich hierzu resultiert aus dem deutschen FKAustG die Verpflichtung der Rechtsträger zur Bestimmung der passiv / ​aktiv Eigenschaft und gegebenenfalls der Offenlegung beherrschender Personen nur mittelbar, indem die Finanzinstitute nach § 14 Abs. 5 Nr. 2 FKAustG und 385 AIA-Gesetz v. 05.11.2015, LGBl-Nr 355, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/auto​ matic-exchange/crs-implementation-and-assistance/crs-by-jurisdiction/legislation/Liechten​ stein-PrimaryLegislation.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 386 Verordnung über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Verordnung), v. 15.12.2015, LGBl-Nr 358, abrufbar unter: http://www.oecd.org/​ tax/automatic-exchange/crs-implementation-and-assistance/crs-by-jurisdiction/legislation/ Liechtenstein-SecondaryLegislation.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 387 Merkblatt betreffend den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und Partnerstaaten (AIA-Merkblatt) v. 18.10.2016, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/crs-implementation-and-assistance/crsby-jurisdiction/guidance/Liechtenstein-Guidance.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 388 Insgesamt kritisch zur rechtlichen Umsetzung des CRS im Hinblick auf die rechtliche Position der betroffenen Kontoinhaber, Garcia Prats, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 133 (134). 389 Vgl. insbes. Art. 5 Abs. 1 S. 1 AIA-Gesetz „Liechtensteinische passive Rechtsträger haben den jeweils meldenden liechtensteinischen Finanzinstituten unaufgefordert alle beherrschenden Personen einschließlich der auszutauschenden Informationen nach Art. 9 Abs. 2 Bst. a mitzuteilen“. 390 Zusätzlich finden sich auch die Pflichten der Finanzinstitute detailliert in. Art. 6 ff. AIA-Gesetz.

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§ 16 FKAustG zur Einholung einer Selbstauskunft verpflichtet werden, welche vom Rechtsträger auszufüllen ist.391 Die in Deutschland weiterhin ungeklärte Rechtslage, wie bei fehlerhafter Rechtsträgerklassifizierung oder nicht offengelegten beherrschenden Personen vorzugehen ist, wird allerdings ebenfalls im liechtensteinischen Recht nicht abschließend geklärt.392 So sind auch hier passive Rechtsträger im Zweifel nach Art. 5 Abs. 6 AIA-Gesetz den inländischen Behörden zu melden, die hierauf aufbauenden Rechtsfolgen bleiben jedoch unklar. Hervorzuheben ist weiterhin, dass das liechtensteinische Umsetzungsgesetz spezifische Betroffenen- und der Verfahrensrechte vorsieht, aber auch eindeutige Sanktionierungsregelungen enthält. Insbesondere die detaillierten Vorgaben zur Informationspflicht der Finanzinstitute nach Art. 10 AIA-Gesetz sind hier zu nennen.393 In Art. 10 Abs. 3 S. 2 AIA-Gesetz ist überdies eine Pflicht zur Weiterleitung der Information über die Datenmeldung vom Rechtsträger an die beherrschenden Personen vorgesehen, sodass auch hier der von der Datenverarbeitung Betroffene über diese informiert wird. Im Gegensatz dazu hat der deutsche Gesetzgeber die ursprünglich in Art. 1 Nr. 5 Buchst. (b) (3) Amtshilferichtlinie vorgesehene Informationspflicht nur in vager Formulierung gem. § 6 Abs. 2 FKAustG übernommen, sodass viele Fragen nach Art, Form und Umfang der Information sowie die Frage nach der Weiterleitung der Information an die beherrschenden Personen offen bleiben.394 Darüber hinaus tragen die in Art. 12 ff. AIA-Gesetz kodifizierten Verfahrensrechte erheblich zur Rechtsklarheit bei. Sie regeln im triangulären Rechtsbeziehungsgeflecht beispielsweise die datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte auf Auskunft, den Antrag auf Löschung etc. Die bereichsspezifische Ausgestaltung des Datenschutzgrundrechts lässt hierbei für die Betroffenen eindeutige Strukturen erkennen. Eine solche Art von spezialgesetzlichen Verfahrensreglungen finden sich im deutschen FKAustG nicht. Lediglich die jüngst im Rahmen der Vorgaben der DS-GVO eingefügten Verfahrensbestimmungen der AO und auch die des BDSG bieten eine Auffangfunktion.395 Ob diese generellen Regelungen dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz angemessen genügen, wird später noch zu beleuchten sein.396 Letztlich ist auch die Rechtsfolgenseite, insbesondere die Sanktionierungsregelungen, von weitaus größerer Detailtiefe als das deutsche Umsetzungs 391

Vgl. § 16 Abs. 4 FKAustG: „Zur Feststellung, ob eine beherrschende Person eines passiven Rechtsträgers eine meldepflichtige Person ist, kann sich ein meldendes Finanzinstitut auf eine Selbstauskunft des Kontoinhabers oder beherrschenden Person verlassen.“ 392 Vgl. Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (2). 393 Hierzu auch AIA-Merkblatt, Rn. 656 ff. 394 Auch das BMF-Schreiben hat hier nur wenige weiter ausführende Anwendungsbestimmungen, vgl. Rn. 360 f. Vgl. außerdem Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb) dieser Schrift. 395 Zur Anwendbarkeit von allgemeinem Datenschutzrecht neben dem Steuerverfahrensrecht Drüen, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 30 AO, Rn. 5; Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1670 Rn. 21 ff., insbes. 25. 396 Vgl. Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4), insbesondere im Hinblick, dass die datenschutzrechtlichen Bestimmungen der Abgabenordnung nur für die Finanzbehörden, nicht jedoch für die im ersten Schritt die Daten verarbeitenden Finanzinstitute bindend sind.

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gesetz. So werden beispielsweise nach Art. 29 AIA-Gesetz falsche Angaben auf der Selbstauskunft oder nicht gemeldete Äderungen der Gegebenheiten mit bis zu 10.000 Franken sanktioniert. Hierdurch wird nicht nur die gemeldete Datenqualität gesichert, der betroffene Kontoinhaber kann gleichzeitig auch direkt aus dem Gesetz die Tragweite seiner Handlungen und gegebenenfalls ihm unterlaufener Rechtsverstöße beurteilen. Im deutschen Recht ist hingegen bisher unklar, ob es sich bei unrichtigen Angaben auf der Selbstauskunft um eine Steuergefährdung i. S. d. § 379 Abs. 2 AO handeln könnte. Hier wäre jedoch ein direkter Verweis im Gesetz notwendig um eine Rückwirkungsklausel zu begründen, wie dies bereits unter FATCA vorgesehen ist.397 Das FKAustG selbst sanktioniert nur unrichtige Meldung der Finanzinstitute, enthält jedoch keine die Kontoinhaber adressierenden Bestimmungen. Es ist daher davon auszugehen, dass bis jetzt keine Sanktionierung erfolgt und erst nach Übermittlung im Empfängerstaat falsche Angaben rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Als letzter Punkt ist hervorzuheben, dass sich die Liste der Jurisdiktionen, mit denen Liechtenstein automatisch Konteninformationen austauscht, direkt aus einer Rechtsverordnung und damit aus Gesetz ergibt.398 Im Gegensatz zu der deutschen Rechtslage zeigen sich hier weniger Unklarheiten, welche Jurisdiktion als „teilnehmender Staat“ gilt und zu welchem Zeitpunkt der Austausch beginnt.399 Mit der Wahl des Gesetzgebers, eine Verordnung zu erlassen, steigert sich nicht nur die Rechtsklarheit und der damit verbundene Verbindlichkeitscharakter, es werden auch lange Verweisketten auf Internetseiten obsolet. (7) Zwischenergebnis Das Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit nimmt bei datenschutzrechtlichen Eingriffsnormen einen erhöhten Stellenwert ein. Bei den nationalen Regelungen zum automatischen Kontendatenaustausch ist die Bestimmtheit der Normen im Hinblick auf die in ihrer Gesamtheit erhebliche Eingriffstiefe ungenügend und daher in Teilen verfassungswidrig. Grundsätzlich ist den strengen Anforderungen an eine begrenzte Zwecksetzung und -bindung der verschiedenen Datenverarbeitungsphasen zur Kontendatenmeldung auf nationaler, europäischer und völker-

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So verweist unter FATCA § 379 Abs. 2 Nr. 1b AO auf die Ermächtigungsgrundlage für die FATCA-UmsV, § 117c AO. Die FATCA-UmsV verweist ihrerseits wiederum in § 11 ­FATCA-UmsV auf § 379 Abs. 2 Nr. 1b AO Gräber / ​Schurowski, IWB 2016, 331 (338); Bülte, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 379 AO, Rn. 99 ff., 103 und diesem beipflichtend Jäger, in: Joecks / ders. / Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 379 AO, Rn. 89. 398 Siehe den Anhang der Verordnung v. 15.12.2015 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Verordnung), LGBl-Nr 358, abrufbar unter: http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/crs-implementation-and-assistance/crs-by-juris​ diction/legislation/Liechtenstein-SecondaryLegislation.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 399 Vgl. Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (5).

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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rechtlicher Ebene genüge getan. Im Einzelnen bestehen jedoch Rechtsunklarheiten. Die Melde- und Sorgfaltsbestimmungen in §§ 7 ff. FKAustG richten sich ausschließlich an die Finanzinstitute als direkten Normadressat. Mittelbar verpflichtet werden jedoch die Kontoinhaber, die zum Befüllen der Selbstauskunft gegebenenfalls ihren Rechtsträgerstatus zu bestimmen haben sowie ihre beherrschenden Personen, ihren steuerlichen Ansässigkeitsstaat sowie ihre Steuer-IdNr. angeben müssen.400 Auch wenn nach der hier vertretenen Auffassung eine solche, sich aus dem Wortlaut nur mittelbar ergebende, Verpflichtung der Kontoinhaber noch dem Grundsatz der Normenklarheit entsprechen soll, so ist dort nach rechtsstaatlichen Grundsätzen eine Grenze zu ziehen, wo Tragweite und Rechtsfolgen für den Betroffenen unvorhersehbar werden. Diese verfassungswidrige Unvorhersehbarkeit von Rechtsfolgen ergibt sich in dem Fall, in dem der Kontoinhaber unrichtige oder unschlüssige Angaben tätigt oder die Angaben zur Selbstauskunft verweigert. Das FKAustG enthält keine und das BMF-Schreiben nur sehr unbestimmte Aussagen zu den Konsequenzen solchen Handelns. Im Zuge der Konsequenz einer Kontenmeldung ohne Steuer-IdNR. und einer Einfrierung des Kontos bleibt ungewiss, welche weiteren nachträglichen Folgen sich hieraus für den Kontoinhaber ergeben. Auch bezüglich der am CRS teilnehmenden Staaten enthält das FKAustG keine Regelungen. Stattdessen wurde lange Zeit durch mehrgliedrige Verweisketten auf verschiedene Listen der EU und OECD im Internet verwiesen.401 Dieser Umstand wurde nunmehr mittels jährlicher durch BMF-Schreiben veröffentlichter Staatenlisten beseitigt und entspricht damit den Bestimmtheitsanforderungen. Die in diesem Zusammenhang konkreten die Finanzkontendaten empfangenden ausländischen öffentlichen Stellen werden jedoch nicht genannt. Für den Betroffenen ist daher nicht mit Bestimmtheit festzustellen, an welche Behörde er sich wenden kann. Eine solche Unbestimmtheit ist verfassungswidrig. Im Gegensatz dazu enthält die liechtensteinische Umsetzungsgesetzgebung klare, die Kontoinhaber direkt adressierende, Bestimmungen mit etwaigen Rechtsfolgen sowie spezialgesetzliche Betroffenenrechte und Verfahrensregelungen. Eine solche, das trianguläre Indienstnahmerechtsverhältnis ausgestaltende, Detailtiefe der Regelungen wäre auch im deutschen FKAustG wünschenswert.402 Die in Deutschland hilfsweise einschlägigen Vorschriften der AO und des BDSG sowie nunmehr DS-GVO erfüllen eine reine Auffangfunktion und sind für ein automatisiertes systematisches Amtshilfeverfahren derartiger Eingriffstiefe nach der hier vertretenen Auffassung nicht ausreichend. Der deutsche Gesetzgeber sollte vielmehr, auch nach dem Vorbild der liechtensteinischen und schweizerischen Gesetz-

400 Dagegen sind die Finanzinstitute nur zur reinen Plausibilitätsprüfung verpflichtet und dürfen grade nicht Entscheidungen mit materiell-rechtlicher Tragweite treffen, vgl. generell zu den Anforderungen des Plausibilitätstests BMF-Schreiben, Rn. 240. 401 So auch im Vorwort des BMF-Schreibens. 402 Zum Indienstnahmerechtsverhältnis Teil 4 F. I.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

gebung, spezialgesetzliche Betroffenen- und Verfahrensrechte schaffen, um so dem Gebot der Rechtsklarheit nachzukommen.403 bb) Verhältnismäßigkeit Die Regelungen zum automatischen Kontendatenaustausch im Wege der steuerlichen zwischenstaatlichen Amtshilfe dienen der Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Um materielle Steuergesetze unter Gewähr der „Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit der Besteuerung“404 i. S. d. § 85 AO im Steuerstaat durchsetzen zu können, muss die Finanzverwaltung von den verwirklichten Steuertatbeständen – auch von denen im Ausland – Kenntnis erlangen. Die hierfür notwendigen Datenverarbeitungen im Rahmen des FKAustG für den reziproken Austausch der Konteninformationen greifen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG der Betroffenen ein.405 Folglich bedingen die grundgesetzlichen Anforderungen an einen Grundrechtseingriff einer Prüfung, ob die in ihrer Gesamtheit schwerwiegenden Beschränkungen noch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Hierfür ist zunächst nochmals auf den legitimen Zweck der Regelungen und deren Geeignetheit einzugehen sowie zu beleuchten, ob gleichwirksame Mittel bestehen, welche die Kontoinhaber in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung weniger beschränken. Hiernach ist durch eine Angemessenheitsprüfung i. e. S. abzuwägen, ob die Kontendatenverarbeitung im Rahmen des FKAustG, basierend auf seinen völkerrechtlichen und europäischen Verpflichtungen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, in Abwägung zur Eingriffsintensität, angemessen ist. Hierbei werden einzelne Aspekte mit Einfluss auf die Bestimmung der Eingriffsintensität untersucht.406 Insbesondere durch die spezifische Untersuchung der Informationsanforderungen und die damit einhergehenden Rechtsschutzmöglichkei-

403 Zur Schweizer Umsetzungsgesetzgebung siehe insbes. Art. 6, 14, 18 und 19 Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG) v. 18.12.2015, abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2016/1297. pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2016). 404 Breuer, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. Die Gewährleistung der Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit der Besteuerung selbst ist hierbei keine ausreichende Eingriffsbegründung, sondern vielmehr Bewertungsmaßstab der Verfassungsmäßigkeit der Regelung, siehe Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 11; Puhl, DStR 1991, 1174 (1174 f.). 405 Vgl. generell Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (692). 406 Wichtig für die Bestimmung der Eingriffstiefe ist insbesondere die Persönlichkeitsrelevanz der Informationen, die Art und Weise der Erlangung der Informationen sowie die Möglichkeiten für eine weitergehende Verarbeitung und Verknüpfung dieser Informationen, vgl. BVerfGE 118, 168, (197); 120, 378 (401 f.). Siehe auch Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 129 ff.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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ten ergibt sich ein differenziertes Bild, wonach die grundrechtlich bedenklichen Aspekte herausgearbeitet werden.407 (1) Zweck Zunächst muss der Finanzkontenaustausch einem legitimen Zweck dienen, wobei dem Gesetzgeber eine weitreichende Entscheidungsprärogative zusteht. Es ist auf den angestrebten Hauptzweck der Regelungen zum automatischen Kontendatenaustausch zu rekurrieren.408 Die Steuerunehrlichkeit im Bereich der Kapitaleinkünfte veranlasste die Gesetzgeber verschiedener Jurisdiktionen zu dieser gemeinsamen automatisierten Amtshilfeinitiative.409 Der Wortlaut des § 1 FKAustG definiert hierbei ausschließlich den Zweck zur Notwendigkeit der Umsetzung von völkerrechtlichen und europäischen Verpflichtungen zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen.410 Aus diesen, dem FKAustG zugrunde liegenden, Verpflichtungen ergeben sich die verfolgten gemeinsamen europäischen und globalen Ziele des Informationsaustauschs – die Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung sowie die Förderung von Steuerehrlichkeit.411 Insoweit ist auf die Ausführungen in Teil 4 E. III. ​3. c) bb) (2) (a) zu verweisen. 407

Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). Vgl. bereits oben im Hinblick auf den Sachzweck der Indienstnahme der Finanzinstitute Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) (aa); Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 85. Allgemein zur Notwendigkeit einer legitimen Zwecksetzung bei unionalen und grundgesetzlichen Grundrechtseingriffen Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 Rn. 180 ff. 409 Hervorzuheben ist im Speziellen auch das Problem der Identifizierung von ultimativ wirtschaftlich Berechtigten der Kapitaleinkünfte, wenn diese bspw. durch Scheinfirmen oder Trustgebilde als unentdeckte „Hintermänner“ Einkünfte auf Auslandskonten der Besteuerung entziehen. Die Identifizierung solcher „beherrschenden Personen“ war bisher nur beschränkt möglich, vgl. auch zum Panama Papers Skandal; siehe die Ausarbeitungen des „International Consortium of Investigative Journalists“ unter: https://panamapapers.icij.org (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 410 Vgl. auch die Aussagen der Sachverständigen, Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015, Anzinger, S. 12 sowie Pross (OECD). S. 13, welche ebenfalls im Hinblick auf die Implementierungskosten als Hauptziel die Anlehnung des FKAustG an den FATCA Meldestandards sehen. 411 Insoweit ist auch der strengen Zwecksetzung als Anforderungen an die Bestimmtheit datenschutzrechtlicher Eingriffsnormen grundsätzlich genüge getan; a. A. teilweise die ­29-Data Protection Working Party der EU, welche die Zweckfestsetzung „Vermeidung von Steuerhinterziehung“ in Anbetracht des datenschutzrechtlichen Grundsatzes der „Purpose limitation“ als zu generisch ansehen, vgl. „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 6, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_ en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Vgl. außerdem die kritischen Punkte im Zusammenhang mit der Bestimmtheit der Regelungen des FKAustG Teil 5 B. IV. 3. c) Zur Zweckgebundenheit als Notwendigkeit von Eingriffsnormen aus Sicht des Unionsrecht Frenzel, in: Paal / ​ Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 5 Rn. 23 ff. 408

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Aus Perspektive der deutsche Verfassungsrechtsordnung dienen die Vorschriften der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern grenzüberschreitender Sachverhalte und damit dem verfassungsrechtlich legitimen Allgemeinwohlziel, das aufgrund des aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebots steuerlicher Belastungsgleichheit selbst Verfassungsrang hat.412 Neben diesem Hauptzweck besteht das Ziel der Erhöhung öffentlicher Einnahmen durch die mögliche Besteuerung bis dato nicht beziehungsweise zu niedrig deklarierter Einkünfte.413 Gleichzeitig ist mit Blick auf die Zukunft ebenfalls die Ausweitung der Informationsmeldung auf Inländer vorgesehen, um die Abschaffung der abgeltenden Besteuerung von Kapitaleinkünften und damit eine progressive Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip zu ermöglichen.414 (2) Geeignetheit Die Datenverarbeitung nach den Melde- und Sorgfaltsbestimmungen sowie die Datenübermittlung an das Ausland nach dem FKAustG generieren eine erhöhte Transparenz und sind mithin geeignet, den Sachzweck der Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung sowie der Förderung von Steuerehrlichkeit zu erreichen und werden dabei gleichzeitig den Nebenzwecken gerecht.415 Bei der reziproken Übermittlung von Finanzkonteninformationen erhalten die Staaten „Zug um Zug“ ausländische Kontendaten, inkl. Informationen über Kapitaleinkünfte der im Inland steuerlich ansässigen Personen.416 Die Kontendaten in 412

Vgl. auch BVerfGE 84, 239 (268); 110, 94 (112); 118, 168 (196); 120, 351 (367 f.). Hierzu ausführlich Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (aa). 413 Hierzu über den Bereich des formellen Steuerverfahrens hinaus: Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl., 2003, 576 (598): „Steuern (Fiskalzwecksteuern) sind gerechtfertigt, wenn sie geeignet sind, zu einer gleichmäßigen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit beizutragen.“ Vgl. außerdem zur Verhältnismäßigkeit der Indienstnahme aus Fiskalzwecken und zur administrativen Aufgabenerleichterung, Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) (bb). 414 So bereits die im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum FKAustG eingebrachten Anträge der Fraktion die Linke und dem Bündnis 90/Grünen, Wortprotokoll der 57. Sitzung des Finanzausschusses zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG v. 02.11.2015; ausdrücklich hierzu auch der Bundesfinanzminister Schäuble beim deutschen Steuerberaterkongress in Berlin, Mai 2016, siehe Frankfurter Rundschau v. 23.05.2016:http://www.fr-online.de/wirtschaft/ steuergeheimnis-es-nur-nicht-mit-transparenz-uebertreiben,1472780,34276152.html (zuletzt aufgerufen 01.06.2016); ausführlich hierzu m. w. N. Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) (cc). 415 An die Geeignetheit sind hierbei nur sehr geringe Anforderungen zu stellen. Es ist bereits ausreichend, wenn das Mittel nicht gänzlich ungeeignet ist, vgl. BVerfGE 47,109 (117); 65, 116 (126). Vgl. zu den Ausführungen in Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (b) (aa). 416 Dabei dient die Gewährung steuerlicher Amtshilfe nur unter der Bedingung der Reziprozität als Förderung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und damit als Rechtfertigungsargument für einen Grundrechtseingriff, vgl. hierzu die Ausführungen von Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 7 f. sowie ders., Internationale Informationshilfe in Steuerverfahren, S. 92 ff.; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.107; siehe zur Gegenseitigkeit von Amtshilfemaß-

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Verbindung mit der Information über die steuerliche Ansässigkeit und die Zuordnung der Steuer-IdNr. sind hierbei steuerrelevante Tatsachen. Es ist insoweit auf die Ausführungen in Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (b) (aa) zu verweisen. Die breitgefächerte Auswertung dieser steuerrelevanten Tatsachen war den Ansässigkeitsstaaten zuvor, teilweise insbesondere durch national-gesetzlich verankerte Bankgeheimnisse sog. „Steueroasen“, verwehrt.417 Die deutsche Finanzverwaltung konnte somit dem in § 88 Abs. 1 S. 1 AO verankerten Amtsermittlungsgrundsatz lediglich ungenügend gerecht werden. Nunmehr erhält die deutsche Steuerverwaltung reziprok ausländische Kontendaten sämtlicher Personen mit steuerlicher Ansässigkeit in Deutschland und kann diese als Beweismittel zur Verifikation der vom Kontoinhaber deklarierten Einkünfte nutzen. Eine direkte Zuordnung der Kontendaten zu einem inländischen Steuerpflichtigen im Rahmen dieses Massendatenverfahrens ist durch die Erhebung und Übermittlung der Steuer-IdNr. möglich.418 Die Datenverarbeitung im Rahmen des FKAustG durch die Finanzinstitute und das BZSt dient dem automatischen jährlichen Austausch dieser Finanzkontendaten, welcher wiederum geeignetes Mittel im gezielten Kampf gegen Steuerhinterziehung ist. (3) Erforderlichkeit Zu prüfen ist, ob die Kontendatenverarbeitung nach dem FKAustG auch erforderlich ist.419 Fraglich ist insoweit, ob gleich wirksame Mittel existieren, welche die Kontoinhaber weniger belasten. Es sind hierbei dieselben Erwägungspunkte

nahmen Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.107; Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (941 f.), aufgegriffen von BFH v. 13.01.2006 – I B 35/05 = BFH / ​NV 2006, 922 ff., vgl. zum Argument im Rahmen des Rechtsschutzes Teil 5 B VI.; VII. Bei anderen Amtshilfemaßnahmen ist die Gegenseitigkeit zwar verbürgt, nicht jedoch „Zug um Zug“ an einem bestimmten Stichtag, vgl. Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 30, 73; Duhnkrack, Grenzüberschreitender Steuerdatenschutz. Reichweite und Grenzen der internationalen Auskunftserteilung durch deutsche Finanzbehörden, 1989, S. 169 ff. 417 Bspw. Das Bankgeheimnis in der Schweiz: Art. 47 Bankengesetz, in der Fassung gemäß Anhang Ziff. 15 des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5207 5205; BBl 2006 2829). Vgl. auch Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 6. Siehe zum zur Auskunftserteilung von Banken im deutschen Steuerverfahren Teil 4 A. I. und Teil  5 A. I. 1. a). 418 Vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks. 18/5920 v. 07.09.2015, S. 1 ff. Zu den Herausforderungen im Massenfallverfahren m. w. N. Drüen, Schön / ​Beck, in:, 2009, S. 1 (1 ff.), Seer, in: FS Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Bd. I, 2013, S. 1765 (1767); ders., DStJG 31 (2008), S. 7 (16 f.); Widmann, DStJG 31 (2008), S. 295 (297 ff.). 419 Vgl. zum ähnlichen deutschen und europäischen Maßstab der Erforderlichkeit einer Maßnahme um grundrechtskonform zu sein bei Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 Rn. 180 ff.; Kingreen, in: Calliess / ​Ruffert, EUV / ​AEUV, EU-GRCharta Art. 52 Rn. 69. U. a. im Zusammenhang mit der Anonymisierung von personenbezogenen Daten m.V.a. EuGH Urt. v. 09.11.2010 – C-92/09 und Rs. C-93/09, Slg. 2010, I-11063, Rn. 72 ff. (Schecke).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

wie zur oben untersuchten Indienstnahme, nunmehr jedoch aus Sichtweise der von der Datenverarbeitung betroffenen Kontoinhaber, zu beleuchten.420 (a) Extraterritorialer Quellensteuereinbehalt Eine extraterritoriale Quellensteuererhebung könnte dem gleichen Zweck, der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, dienen, ist bedingt durch das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip allerdings ein praktisch wie rechtlich nur schwer umsetzbares Mittel.421 Es ist insoweit auf die Ausführungen in Teil 4 E. III. ​3. c) ​ bb) (2) (c) (aa) zu verweisen. Eine reziproke Einbehaltung und Abführung von im Ausland erwirtschafteten Kapitalerträgen inländischer unbeschränkt Steuerpflichtiger durch ausländische Finanzinstitute „an der Quelle“ ist daher im Vergleich zum reinen Informationsaustausch im Hinblick auf Wirkungsweise und Umsetzbarkeit nicht vergleichbar.422 Auch eine völkerrechtliche Vereinbarung eines solchen Systems in Anlehnung an das Projekt „Treaty Relief and Compliance Enhancement“ („TRACE“) Projekt der OECD oder das US-amerikanische Qualified Intermediary Regime würde nicht die Erforderlichkeit der zwischenstaatlichen Kontendatenübermittlung entfallen lassen.423 Es ist darauf hinzuweisen, dass ein derartiges System keine im DBA festgelegten materiellen Besteuerungsrechte abändert. Vielmehr handelt es sich um eine rein verfahrensrechtliche Erhebungsform, welche eine Erleichterung aus dem späteren Wegfall des Rückerstattungsverfahrens im Wohnsitzland mit sich bringt. Ein solches Verfahren würde jedoch regelmäßig ebenso die Verarbeitung von personenbezogenen Daten über die steuerliche Ansässigkeit des Steuerpflichtigen, zumindest durch die Finanzinstitute als Intermediäre, be 420

Vgl. Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (c). Zum Territorialitätsprinzip im internationalen Steuerrecht allgemein Teil 2 A. I. Vgl. auch die Stellungnahme von Anzinger zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 3 f. und im Hinblick auf die Umsetzung der Zinsrichtlinie in der Schweiz Oberson, der den anonymen Quellensteuereinbehalt und den steuerlichen Informationsaustausch gegenüber stellt, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 117 (118 ff.) Vgl. hierzu allgemein im Hinblick auf die frühere Zinsrichtlinie auch Ismer / ​Sailer, IStR 2005, 1 (5). 422 Siehe ebenso das Ergebnis Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (c) (aa). Bereits im Vergleich zwischen Quellensteuer und Kontrollmitteilung als gleich wirksame Mittel gegen Steuerhinterziehung kritisch Hey, in: FS Kruse, 2001, 269 (285). 423 Bei dem US „Qualified Intermediary Regime“ verpflichten sich die nicht-US Finanzinstitute selbst im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages die Steuern aus US „Fixed, Determinable, Annual, Periodical (FDAP) Income“ zum ermäßigten DBA Quellensteuersatz einzubehalten und an den IRS abzuführen, vgl. 26 U. S. C. §§ 1441–1443. Ein späteres Rückerstattungsverfahren des Steuerpflichtigen im Wohnsitzland entfällt regelmäßig dadurch. Siehe auch das ähnlich gestrickte globale Projekt „Treaty Relief and Compliance Enhancement“ („TRACE“) der OECD, unter: http://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/​ treatyrelief​andcomplianceenhancementtrace.htm (zuletzt aufgerufen 01.06.2016). 421

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dingen, um den richtigen Quellensteuersatz zu bestimmen und die Steuer an den richtigen Staat abzuführen.424 Jedoch ist die Preisgabe der Daten an andere Jurisdiktionen durchaus beschränkt. Die frühere Zinsrichtlinie sah in ihrer Ausprägung als Quellensteuererhebung statt einer automatischen Mitteilung über Zinserträge eine anonymisierte Steuerabführung vor.425 Das amerikanische Qualified Intermediary Regime verwendet für die anonyme Steuerabführung das Verfahren der sog. „Poolmeldung“. Danach müssen die Daten verschiedener „non-US persons“, d. h. Kontoinhaber ohne unbeschränkte Steuerplicht in den USA, nach dem Merkmal des Quellensteuersatzes für die konkrete Einkunftsart zusammengefasst und anonymisiert gemeldet werden.426 Auch wenn bei einem solchen Verfahren die Daten in nicht identifizierbarer Weise einer ausländischen Steuerbehörde offenbart werden, erfolgt dennoch eine Datenverarbeitung auf der Ebene der Finanzinstitute. Die personenbezogenen Daten sind beim betroffenen Kontoinhaber zu erheben, zu dokumentieren und unterliegen womöglich Offenbarungen beim Auditverfahren.427 Unbeschränkt in den USA Steuerpflichtige, sog. „US Persons“, sind ohnehin an den IRS mit Steuer-IdNr. zu melden. Ein solches Regime ist daher ebenso mit einer umfangreichen Datenverarbeitung – mithin mit Eingriffen in die

424 So auch das Committee on Fiscal Affairs der OECD zum TRACE Projekt, welche zur Zeit die Koordinierung verschiedener Reporting Systeme (CRS, FATCA, CbC) nach Synergien prüft, um für alle involvierten staatlichen wie privaten Parteien bestmögliche Lösungen zu finden, vgl. unter: http://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/treaty​ reliefandcompliance​enhancementtrace.html (zuletzt aufgerufen 01.06.2016). Vgl. außerdem die Ausführungen bei Anzinger, welcher richtigerweise drauf aufmerksam macht, dass bei Quellensteuerabzügen mit der Erhebung von personenbezogenen Merkmalen ebenso in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen wird und insbesondere bei einer Involvierung Dritter Kontrollmitteilungen das mildere Mittel darstellen; mit dem Beispiel zum Lohnsteuerverfahren, wo der abzugsverpflichtete Arbeitgeber die Konfessionszugehörigkeit des Arbeitnehmers erfährt bei Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (148); Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 9 ff., insoweit widerstreiten sich auch hier das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit dem Recht auf die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, welches die Einbeziehung persönlicher Merkmale bspw. zum Sonderausgabenabzug, bedingt. 425 Oberson den anonymen Quellensteuereinbehalt und den steuerlichen Informationsaustausch gegenüber, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 117 (121). 426 Vgl. die Voraussetzungen für das Poolreporting, in: Sec. 8.03 Qualified Intermediary Vertrag 2017. Hierfür wird ein sog. Poolcode in das US Steuerformular 1042-S eingetragen https://www.irs.gov/pub/irs-pdf/f1042s.pdf (zuletzt aufgerufen 01.06.2016). 427 So sind spezielle US-Formulare zur Identifizierung des Kontoinhabers von den Finanzinstituten, welche sich nach dem Qualified Intermediary Vertrag verpflichtet haben, bei diesem einzuholen – die sog. „W-Formulare“. Das W-8BEN dient bspw. zur Identifizierung von natürlichen Personen und das W-8BEN-E zur Identifizierung juristischer Personen, die nicht in den USA steuerlich Ansässig sind aber quellensteuerpflichtige US Einkünfte haben, abrufbar unter: https://www.irs.gov/pub/irs-pdf/fw8ben.pdf (zuletzt aufgerufen 01.06.2016). Das W-9 Formular dient hingegen zur Identifizierung eines unbeschränkt US Steuerpflichtigen. Dieser wird mit Steuer-IdNr. an den IRS gemeldet, siehe das Formular, abrufbar unter: https://www. irs.gov/pub/irs-pdf/fw9.pdf (zuletzt aufgerufen 01.06.2016).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Datenschutzrechte der Betroffenen – verbunden.428 Gleichzeitig hat die Kontendatenmeldung auch den Zweck, bis dato nicht deklarierte Kapitaleinkünfte auf unbekannten Auslandskonten offenzulegen und die Steuerehrlichkeit zu fördern.429 Ein solcher Beweismitteleffekt wäre bei einem anonymen steuerverfahrensrechtlichen Einbehaltungssystem nicht gegeben. Es handelt sich infolgedessen bereits im Einzelnen nicht um eine eingriffsmildere, in jedem Fall jedoch nicht um eine gleichwirksame Maßnahme.430 (b) Ersuchungs-, Kulanz- und Spontanauskünfte Andere bereits etablierte Varianten der auskunftsbasierten Amtshilfe können den automatischen Informationsaustausch über Finanzkontendaten nicht gleich wirksam substituieren und sind nicht zwangsläufig weniger eingriffsintensiv für den Betroffenen.431 Vor Etablierung des FATCA-Regimes und des in seiner Ausgestaltung anlehnenden CRS-Regimes existierten nur begrenzt Möglichkeiten zur Informationserlangung über Kapitaleinkünfte auf Auslandskonten unbeschränkt Steuerpflichtiger. Dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 88 Abs. 1 S. 1 AO konnten die deutschen Finanzbehörden demgemäß nur beschränkt, in Form der Amtshilfe durch Auskünfte auf Ersuchen sowie von Spontan- und Kulanzauskünften, entsprechen.432 Diese bedürfen regelmäßig einer völkerrechtlichen Vereinbarung sowie eines nationalen Umsetzungsgesetzes, um die zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch zu nehmen, aber auch zu leisten.433 Hierbei erfordert es i. d. R. eine Ermessensaus 428 Die Unterschrift auf den US „W-Formularen“ zur Dokumentation der Kontoinhaber könnte jedoch auch als eingriffsausschließende Einwilligung zur Steuerabführung und in die damit zusammenhängende Datenverarbeitung gedeutet werden. Fraglich ist jedoch, ob das in englischer Sprache verfasste W-Formular inkl. den Erläuterungsanhängen die Anforderungen der zwingenden Information vor einer Einwilligung erfüllt. 429 Zum Zweck der Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung sowie der Förderung von Steuerehrlichkeit siehe insbesondere die Erwägungsgründe (1) bis (5) der Amtshilferichtlinie 2014/107/EU, (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014) sowie die Ausführungen Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (1). 430 Zu den weiteren Vor- und Nachteilen zwischen Steuereinbehaltung und Informationsaustausch Oberson, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 117 (122 f.). 431 Generell zu den Arten der Amtshilfe Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.55 ff.; Rätke, in: Klein, AO, § 117 Rn. 1 ff.; Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 23 ff.; Hendricks, Internationale Informationshilfe in Steuerverfahren, S. 62 ff.; sowie früher das Grundwerk von Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 69 ff.; siehe ausführlicher die anderen Initiativen zum Informationsaustausch, Teil 2. 432 Abgesehen von der Zinsrichtlinie, vgl. Teil 2 B. III. 1.  433 Vgl. die Rechtsgrundlagenübersicht in Teil 2 B. II. Aus nationaler Sicht insbesondere § 117 AO, siehe hierzu Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 8 ff. Sowie hervorgehoben durch die Rechtsprechung BFHE 127, 104 (112); 148, 1 (2); 167, 11 (14); 177, 25 (26); BFH-Beschl.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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übung der Verwaltung nach § 5 AO, wonach die Grenzen von Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme beziehungsweise Erteilung von Auskünften gegenüber dem Steuerpflichtigen im Einzelfall abzuwägen sind.434 Dabei müssen die im Wege der Amtshilfe ausgetauschten Tatsachen zur Erforschung des Sachverhalts für die Besteuerung relevant, d. h. dem Maßstab der „voraussichtlichen Erheblichkeit“, entsprechen.435 Als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist bei Inanspruchnahme von grenzüberschreitender Amtshilfe insbesondere die Subsidiarität der gegenüber der üblicherweise im innerstaatlichen Besteuerungsverfahren zur Verfügung stehenden Informationsquellen zu beachten.436 Im Rahmen des automatisierten Informationsaustauschs entfällt ein konkretes Ersuchen an den anderen Staat und somit eine anlassbezogene Einzelfallprüfung. Der automatische Auskunftsverkehr nach dem CRS ist einzelfallunabhängig auf bestimmte, zuvor gesetzlich generell festgelegte Fallgruppen gerichtet und wirkt somit einem abstrakten Steuerausfallrisiko mit breiter Streuung entgegen.437 Auch unterliegt er nicht dem Subsidiaritätserfordernis und bedarf demzufolge nicht einer primären Einbeziehung des Steuerpflichtigen.438 Die „traditionellen“ Amtshilfemaßnahmen auf Basis von Ersuchen, aber auch Kulanzauskünfte sind

v. 20.01.1988 – I B 72/87 = BStBl. 1988 II S. 412; BFH, 17.09.2007 – I B 30/07 = mit Anm. Hendricks IStR (32 f.); BFH, 13.01.2006 – I B 35/05 = BFH / ​NV 2006, 922 ff. Siehe auch Carl  / ​ Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 74 ff., 79 f. 434 BFHE 172, 488 ff.; hierzu Hendricks, in: Debatin / ​Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 30; vgl. Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015 § 18 Rn. 1216; Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 23 ff.; die Erteilung von Amtshilfe ist i. d. R. durch völkerrechtliche Abkommen unter den dort geregelten Voraussetzungen entgegen des Wortlauts in § 117 Abs. 2 AO eine „Amtshilfepflicht“, sodass die Leistung von Amtshilfe i. d. R. zu erbringen ist ohne ein weitreichendes Ermessen der Behörden, Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 69. Als generelles rechtsstaatliches Prinzip ist jedoch immer der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 87 ff., und 129 ff. 435 Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 23. Vgl. auch zur Rechtsprechung Teil 5 A. I. 1. d). Bei Leistung von Spontanauskünften ist dieses Merkmal strittig, nach hier vertretener Ansicht bedarf es nur einer Pflicht zur ermessensfehlerfreien Entscheidung über die Erteilung einer Spontanauskunft, vgl. m. w. N. Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 26, 70. 436 Vgl. auch unter Art. 17 Abs. 1 AmthsilfeRl und dementsprechend § 4 Abs. 3 Nr. 2 ­EUAHiG für den Auskunftsverkehr innerhalb der EU ist eine solche Subsidiarität Bedingung. Vgl. auch Hendricks, Internationale Informationshilfe in Steuerverfahren, S. 222 f., 361 ff.; Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 24; BMF-Merkblatt, BStBl. I 15, 928, 938, Nr. 4.1.2. 437 Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 30 sowie mit weiteren Beispielen zum automa­ tisierten Auskunftsverkehr, insbesondere in § 7 I EUAHiG, ders, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 101 ff.; Czakert, IStR 2017, 663 (665). Es bedarf zur näheren Konkretisierung eines automatisierten Amtshilfeverkehrs jedoch einer zusätzlichen Verwaltungsvereinbarung zwischen den beiden Vertragsstaaten, vgl. Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner / ​Engelschalk, DBA, Art.  26 Rn. 41; siehe auch im Vgl. zu den anderen Amtshilfearten Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 110; ders. / ​Gabert, StuW 2010, 3 (15). 438 Eine solche Mitwirkung würde im Zweifel auch dem Sinn und Zweck der Aufdeckung von Steuerhinterziehung entgegenstehen.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

daher hinsichtlich der Erreichung des verfolgten Zwecks zur Verhinderung von Steuerhinterziehung auf eine andere Art und Weise wirksam.439 Sie sind auf konkrete Kontrollbedürfnisse zielgerichtet ausgestaltet, bedürfen aber dadurch auch ein unter Umständen eines langwierigeren anlassbezogenen Prüfungsverfahrens im Vorfeld.440 Auch für die Zulässigkeit des spontanen Auskunftsverkehrs fordert der BFH objektive Anhaltspunkte für eine tatsächliche oder mögliche Steuer­ hinterziehung, was insoweit ebenso eine Vorfelduntersuchung bedingt.441 Ein solches Verfahren der anlassbezogenen Einzelfallprüfung entfällt beim automatischen Kontendatenaustausch.442 Stattdessen ist hier eine tatsächliche Gegenseitigkeit „Zug um Zug“ zum konkreten Stichtag, hier gem. § 27 Abs. 1 FKAustG jeweils zum 30. September eines Jahres für das vorhergehende Kalenderjahr, völkerund europarechtlich vereinbart worden.443 Der Datenumfang der ausgetauschten Informationen ist hierbei identisch mit dem XML-Format.444 Die traditionellen Amtshilfemaßnahmen sehen eine solche „automatische Reziprozität“ nicht vor.445 Die Inanspruchnahme oder Leistung der automatischen Amtshilfe liegt somit auch nicht im Ermessen der Behörde, sondern ist ausdrücklich gesetzlich vorgesehen und hat damit einen höheren Verbindlichkeitscharakter als beispielsweise

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Siehe auch den deutschen Peer Review Bericht zu erfolgten Ersuchungsauskünften OECD, Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes: Germany 2017 (Second Round), abrufbar unter: http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/ oecd/taxation/global-forum-on-transparency-and-exchange-of-information-for-tax-purposesgermany-2017-second-round_9789264280205-en#.Wh_Gptv9Rpg#page3 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 440 So auch die Erwägungsgründe, insbes. (5) der Amtshilferichtlinie: „[…] Angesichts der zunehmenden Möglichkeiten für Investitionen im Ausland in eine große Vielfalt von Finanzprodukten haben die bestehenden Instrumente der Union und der internationalen Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Besteuerung an Wirksamkeit bei der Bekämpfung von grenzüberschreitendem Steuerbetrug und grenzüberschreitender Steuerhinterziehung verloren“; Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 66.; teilweise erfordern diese Verfahren auch die Anhörung der Beteiligten. 441 Beschluss v. 15.02.2006, BStBl. II, 616 zu § 2 EGAHiG; s. auch BMF v. 01.08.2006, BStBl. I, 489. 442 Vgl. zu den Entwicklungstendenzen der Initiativen zum automatischen Informationsaustausch Teil 2 C. III. 443 Vgl. die Ausführungen Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (2). Vgl. auch der Unterschied bei Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 30. 444 Siehe im Detail OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, Annex 3, das OECD XML-Schemata, S. 268, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/standard-for-automatic-exchangeof-financial-account-information-for-tax-matters-9789264216525-en.htm (zuletzt abgerufen 01.12.2017). Im vgl. fehlt es unter FATCA dem Datenumfang nach an einer deckungsgleichen Reziprozität, siehe Art. 2 FATCA-Abkommen, vgl. Teil 2 B. II. 445 Bei anderen Amtshilfemaßnahmen ist die Gegenseitigkeit zwar verbürgt, nicht jedoch „Zug um Zug“ an einem bestimmten Stichtag, vgl. Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 30, 73; Duhnkrack, Grenzüberschreitender Steuerdatenschutz. Reichweite und Grenzen der internationalen Auskunftserteilung durch deutsche Finanzbehörden, 1989, S. 169 ff.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Ersuchungsauskünfte.446 Es kann demgemäß davon ausgegangen werden, dass der automatische, periodische Kontendatenaustausch prinzipiell ein verlässlicheres und schnelleres Amtshilfeinstrument darstellt als Ersuchungs-, Kulanz- oder Spontanauskünfte.447 Beide dienen zwar ebenfalls dem Zweck der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, jedoch auf eine andere Wirkungsweise. Ersuchungs-, Kulanz- oder Spontanauskünfte sind im Hinblick auf den Risikobereich der hochautomatisierten Finanzwirtschaft und dem damit zusammenhängenden abstrakten Steuerausfallrisiko grundsätzlich weniger geeignet, Kapitalerträge auf Auslandskonten zeit- und zielgerecht aufzuspüren.448 Hieran anknüpfend ist jedoch erneut auf die unterschiedliche Funktionsweise des automatischen Informationsaustauschs über konkret vordefinierte Fallgruppen und die gezielten Amtshilfeersuchen nach voraussichtlich erheblichen steuer­ relevanten Tatsachen einzugehen. Gezielte Amtshilfeersuchen bedürfen eines konkreten Anlasses. Ein solcher ist den Finanzbehörden aber regelmäßig nicht bekannt. Es fehlt bereits an einem ersten Hinweis über die fraglichen Auslandsaktivitäten.449 Um einen Anlass zu schaffen, dienen automatische Auskünfte als 446

In § 2 FKAustG heißt es: „Gemäß den geltenden Melde- und Sorgfaltspflichten und ergänzenden Melde- und Sorgfaltsvorschriften tauscht das Bundeszentralamt für Steuern innerhalb der festgelegten Frist nach § 5 Absatz 2 in Verbindung mit § 27 mit der zuständigen Behörde jedes anderen meldepflichtigen Staates die ihm hierzu von den Finanzinstituten nach diesem Gesetz übermittelten Daten aus […]“. Der ersuchte Staat hat nach seiner Rechtsordnung in ausschließlicher Verantwortung seiner Behörden zur Beschaffung der Informationsgrundlage Ermittlungen aufzunehmen, vgl. Vogel / ​L ehner / ​Engelschalk, DBA, Art. 26 Rn. 42; Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 30. 447 Wie die Qualität der Massendatenmeldung sein wird und welcher Erfolg hierbei tatsächlich im Vergleich zu einzelfallbezogenen Auskünften erreicht werden wird, ist insbesondere in den Anfangsjahren und bei Entwicklungsländern als Vertragspartner jedoch durchaus anzuzweifeln, vgl. kritisch u. a. aufgrund Personalknappheit und technischer Ausstattung siehe die Berichte der EU-Kommission, COM (2006) 254 und COM (2009) 451, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/procedure/DE/194271 sowie http://eur-lex.europa.eu/legal-content/ EN/TXT/​?qid=1483888920880&uri=CELEX:52009DC0451 (zuletzt aufgerufen 01.12.2014); ebenso bei Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 6; ders. / ​Gabert, Mutual Assistance and Information Exchange, 2010, 36 f., 178 f., 205 ff., 273 ff., 311 ff., 364 ff., 399, 428 f., 456 f., 559 f.; Marino, in: ders. (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 3 (20 f.) mit Statistiken anderer Staaten. 448 Vgl. generell zum Unterschied Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 110; ders. / ​Gabert, StuW 2010, 3 (15). 449 Ein Anlass für steuerbehördliche Ermittlungen besteht nach der Auffassung der Fachgerichte nicht erst dann, wenn ein begründeter Verdacht dafür vorliegt, dass steuerrechtliche Unregelmäßigkeiten vorliegen. Es genügt, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Ersuchen angezeigt ist (vgl. etwa BFHE 148, 108 (111 ff.); 149, 404 (405 ff.); 198, 42 (47 f.). Diese Rechtsprechung, die sich im Ansatz auf das besondere Ermittlungsinstrument des Kontenabrufs nach § 93 Abs. 7 AO und auf die Amtshilfeersuchen nach § 117 AO übertragen lässt, vgl. so Schuster, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 93 Rn. 102, begegnet unter Bestimmtheitsgesichtspunkten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 06.04.1989, 1 BvR 33/87, NJW 1990, S. 701 f.). Ebenso in Abgrenzung zu Spontanauskünften, wonach jedoch ebenfalls ein Verdacht der mitteilenden Behörde bestehen muss, BFHE 212, 4 ff.; ebenso Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 102.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Instrument eines grenzüberschreitenden Risikomanagements.450 Bei diesem wird dem Empfängerstaat Kontrollmaterial zum automatischen (elektronischen) Abgleich der erhaltenen Daten mit den Angaben in den Steuererklärungen geliefert.451 Demnach kann bei Unstimmigkeiten im Zuge des Abgleichs der deklarierten Einkünften mit den Kontendaten ein Anlass zur weiteren Prüfung geschaffen werden.452 Die Behörde kann mit diesen Ergebnissen weitere Amtsermittlungsmaßnahmen zur Beweismittelbeschaffung einleiten. Diese können innerstaatliche, aber auch zwischenstaatliche Auskunftsersuchen sein. In dieser Hinsicht ist der automatische Austausch von Kontendaten ein vorgeschaltetes Instrument, um Verdachtsmomente zur Einleitung anderweitiger Amtshilfemaßnahmen zu schaffen.453 Beide Arten der Amtshilfe sind nicht austauschbar, sondern bedingen einander im steuerlichen Massenfallverfahren. Im Zusammenspiel bilden sie ein geeignetes Informationssystem, um die Ziele des Auskunftsverkehrs zu erreichen.454

450 Zum nunmehr vermehrt durchgeführten Riskmanagement im Besteuerungsverfahren Drüen, in: Schön / ​Beck, 2009, S. 1 (12 f.); Schmidt, in: DStJG 31 (2008), S. 37 (43 ff.); Seer, StuW 2003, 40 (48 ff.); Huber / ​ders., StuW 2007, 355 (356). Dies ist bedingt durch die Herausforderungen im Massenfallverfahren m. w. N. Drüen, in: Schön / ​Beck, 2009, S. 1 (1 ff.), Seer, in: FS Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Bd. I, 2013, S. 1765 (1767); ders., DStJG 31 (2008), S. 7 (16 f.); Widmann, DStJG 31 (2008), S. 295 (297 ff.). Jüngst wurde nunmehr ein Risikomanagementsystem im Steuerverfahren gesetzlich verankert, vgl. die neue Fassung des Untersuchungsgrundsatzes § 88 Abs. 5 AO. 451 Eine Datengrundlage für die Errechnung der genauen Bemessungsgrundlage besteht aufgrund der Meldung als Gesamtbruttoerträge nicht. Vielmehr dienen die Kontendaten als generelle Verifikationsgrundlage in Form einer internationalen Kontrollmitteilung und darüberhinausgehende gezielte zwischenstaatliche Auskunftsersuchen können im Einzelfall bei Verdacht durch die Steuerbehörde nachgeschaltet werden. 452 So auch Erwägungsgrund (10) der AmthsilfeRl 2014/107/EU, (ABl. L 359/1 v. 16.12.2014): „[…] Daher ist die Verarbeitung von Informationen im Rahmen dieser Richtlinie notwendig und verhältnismäßig, damit die Steuerverwaltungen der Mitgliedsstaaten die betreffenden Steuerpflichtigen korrekt und zweifelsfrei ermitteln, ihr Steuerrecht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten anwenden und durchsetzen, die Wahrscheinlichkeit einer vorliegenden Steuerhinterziehung beurteilen und unnötige weitere Untersuchungen vermeiden können.“ Vgl. zu den Mittelungspflichten nach dem neuen StUmgBG, wonach auch die von der deutschen Kreditwirtschaft als weniger belastendes Mittel vorgeschlagenen Sammelauskunftsersuchen nicht eine automatische Mitteilungspflicht ersetzten können, da die Finanzbehörde zunächst erstmal einen bloße Ahnung von den fraglichen Auslandsaktivitäten haben muss um hiernach weitere Ermittlungen einzuleiten, vgl. die Pressemitteilung der deutschen Kreditwirtschaft abrufbar unter: https://die-dk.de/themen/pressemitteilungen/referentenentwurf-eines-steuerumgehungs​ bekampfungsgesetzes-stumgbg/ (zuletzt aufgerufen 01.06.2016); sowie richtigerweise auch Sejdija / ​Holzner, StB 2017, 9 (9). 453 Ähnlich gelagertes Problem stellt sich auch bei Auskunftsersuchen an Kreditinstitute nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO, wonach es schwierig ist, das konkrete Institut zu finden beidem der Steuerpflichtige ein Konto führt. Aus diesem Grund kann ein vorgeschalteter automatisierter Kontenstammdatenabruf nach §§ 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m 93b AO eingeleitet werden, vgl. m. w. N. die Ausführungen Teil 4 II. 454 Ebenso Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 110, welcher zwar nicht von einer „Hierarchie“ der Mittel ausgeht, dies schließt jedoch nicht aus, dass die Mittel aufeinander aufbauend die größte Wirkung entfalten und im konkreten Fall eine auf inhaltliche Breite angelegte

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Gleichzeitig sind Ersuchungs-, Kulanz- und Spontanauskünfte auch nicht in je­der Hinsicht mildere Mittel. Zwar bedingen sie einen konkreten Anlass und sind nur unter Abwägung von Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit rechtmäßig, jedoch kann der Auskunftsinhalt deutlich sensiblere Daten betreffen. So werden beispielsweise im hier untersuchten Verfahren gem. § 2 Nr. 4, 5 FKAustG nur Kontensalden und die Gesamtbruttoerträge und -erlöse gemeldet. Einzelne Kontobewegungen werden nicht offengelegt, können aber im Nachgang durch eine Ersuchungsauskunft erfragt werden.455 Insoweit kann im Einzelfall die Ersuchungs-, Kulanz- oder Spontanauskunft eingriffsintensivere Wirkung entfalten als der Informationsaustausch über vordefinierte Fallgruppen. Mithin sind die „traditionellen“ Amtshilfemaßnahmen nicht gleichermaßen geeignet, den Gefahren der Steuerhinterziehung durch globale Finanzmarktaktivitäten, als ein abstraktes Steuerausfallrisiko, zu begegnen und die Steuerehrlichkeit zu fördern. Gleichzeitig sind sie aus Sichtweise der Kontoinhaber nicht in jedem Fall milder wirkende Mittel. (c) Direkte Kontendatenverarbeitung durch die Steuerverwaltung Eine Kontendatenverarbeitung durch die Steuerverwaltung ohne die Indienstnahme der Finanzinstitute ist kein gleichgeeignetes Mittel. Grund hierfür ist die „monopolartige Sachherrschaft“ der Institute über die Kontendaten. Eine derartige Datenverarbeitung durch die Finanzbehörde selbst ist praktisch nicht umsetzbar.456 Lediglich Kontendaten bilden jedoch in einer derartigen Weise die Informationen über immaterielle Kapitaleinkünfte ab. Um im grenzüberschreitenden steuerlichen Massenfallverfahren dem Anspruch einer verfassungsrechtlich garantierten gleichmäßigen Besteuerung gerecht zu werden, müssen diese Kontendaten für Verifikationszwecke nutzbar gemacht werden.457 Es ist insoweit auf die Ausführungen in Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (c) (cc) zu verweisen.

Amtshilfe wirksamer erscheint; siehe auch ders. / ​Gabert, StuW 2010, 3 (15). Vgl. hierzu auch die „Stufung“ der Maßnahmen Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (3) (b). 455 Vgl. hierzu Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (bb). 456 Herrler, Mitwirkung der Banken bei der Besteuerung von Bankkunden, 1984, S. 106 ff. 457 Vgl. zur Notwendigkeit der Verifikation von Angaben des Steuerpflichtigen im Massenfallverfahren Drüen, in: Schön / ​Beck, 2009, S. 1 (7 ff., 12 f.); Seer, in: FS Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Bd. I, 2013, S. 1765 (1768); ders., DStJG 31 (2008), S. 1 (12 f.). Kritisch zum Verlust der Einzelfallprüfung im Massenfallverfahren Müller-Franken, Maßvolles Verwalten, 2004, S. 135 ff. Sowie ausdrücklich das BVerfG, in BVerfGE 84, 239 (273): „Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.“; vgl. auch BVerfGE 110, 94 (112). Vgl. die Zwecksetzung der Regelungen ausführlich Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (1).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

(d) Zwischenergebnis Die Kontendatenverarbeitung nach dem FKAustG ist erforderlich, um den bestehenden Herausforderungen der Steuerhinterziehung, bspw. durch Auslandskonten und Scheinfirmen, in einem globalisierten Finanzmarktsystem entgegenzutreten und Steuerehrlichkeit zu fördern. Es existieren keine gleich wirksamen Mittel, welche die von der Datenverarbeitung betroffenen Kontoinhaber weniger belasten. Eine extraterritoriale Quellensteuererhebung ist nur mit erheblichen Schwierigkeiten umzusetzen. Im Hinblick auf das Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und der Förderung von Steuerehrlichkeit, ist eine extraterritoriale Quellensteuererhebung außerdem im Vergleich zur reinen Informationsmeldung nicht gleich wirksam. Andere informationsbasierte Amtshilfemaßnahmen bedürfen regelmäßig eines Anlassmoments im Einzelfall und können den automatischen, periodischen Informationsaustausch über im Vorfeld festgelegte Fallgruppen von Finanzkontendaten als Teil eines grenzüberschreitenden „Risikomanagementsystems“ nicht gleich wirksam substituieren. Vielmehr sind diese „traditionellen“ informationsbasierten Amtshilfemaßnahmen im Anschluss an die Auswertung der übermittelten Kontendaten gezielt durchführbar, da durch das erlangte Kontrollmaterial der erforderliche Anlassmoment geschaffen wird. Die Finanzbehörden umgehen damit ein „Stochern im Nebel“ globalisierter Finanzmärkte. Eine direkte Finanzkontendatenverarbeitung durch die Steuerbehörden ist nicht denkbar, da nur Kontendaten in geeigneter Form Kapitaleinkünfte abbilden und Finanzinstitute über eine „monopolartige Sachherrschaft“ über diese Kontendaten verfügen. (4) Angemessenheit Die Kontendatenverarbeitung nach dem FKAustG greift in verschiedenen Abschnitten in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Kontoinhaber zum Zwecke der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und der Förderung von Steuerehrlichkeit im globalen Finanzmarkt ein.458 Es ist zu hinterfragen, ob diese Eingriffe im Verhältnis zum angestrebten Ziel noch angemessen sind oder sie eine Intensität aufweisen, die über das Zumutbare hinausgehen.459 Die rechtliche Bewertung des Eingriffs richtet sich dabei nach der Intensität der Beeinträchtigung des Betroffenen.460 Es bedarf daher einer Abwägung zwischen dem Nutzen der Maßnahme, in concreto: der Erweiterung der Amtshilfe sowie der damit einhergehenden verstärkten Bekämpfung grenzüberschreitender Steuer­

458

Vgl. zur phasenartigen Eingriffsbeschreibung Teil 5 B. IV. 2.  Im unionalen Kontext m. w. N. Kingreen, in: Calliess / ​Ruffert, EUV / ​A EUV, EU-GRCharta Art. 52 Rn. 70 ff.; insbesondere EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights). Zum deutschen Kontext Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 S. 2 Abs. 2 Rn. 181. 460 BVerfGE 118, 168 (196). 459

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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hinterziehung, und den durch die Maßnahmen herbeigeführten Beeinträchtigungen des Grundrechts. Nach einer Herausarbeitung genereller Abwägungspunkte sind die einander bedingenden Eingriffsphasen aufgrund ihres unterschiedlichen Intensitätsgrads getrennt voneinander im Hinblick auf ihre Angemessenheit zu untersuchen. Es werden einzelne Aspekte der Eingriffsintensivierung hervorgehoben und diskutiert. (a) Generell Zunächst ist eine generelle Angemessenheitsabwägung der Datenverarbeitung im Rahmen des FKAustG vorzunehmen. Dafür wird zunächst die Bedeutung des Zwecks der Regelungen hervorgehoben. Danach werden die Aspekte der Persönlichkeitsrelevanz der Kontendaten sowie der automatisierten, systematischen Verarbeitungsweise erläutert. Beide Aspekte sind in allen Eingriffsphasen vorherrschend und werden deshalb im Vorfeld beleuchtet, um hiernach die drei von verschiedener Intensität geprägten Eingriffsphasen gezielt zu untersuchen. (aa) Gleichmäßigkeit der Besteuerung und wirksame Strafverfolgung als Gemeinwohlbelange von erheblicher Bedeutung Die Regelungen zum automatischen Informationsaustausch von Kontendaten dienen europarechtlich wie verfassungsrechtlich anerkannten Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung.461 Die Regelungen des FKAustG sollen die Durchsetzung einer steuerlichen Belastungsgleichheit fördern. Dies ist ein Allgemeingut von herausgehobener Bedeutung und wird in Deutschland durch Art. 3 Abs. 1 GG grundrechtlich garantiert.462 Für die Gewährleistung einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung haben Gesetzgeber sowie Finanzbehörden gem. § 85 AO zu sorgen.463 Die Besteuerungsgleichheit um 461

Vgl. ebenso die Ausführungen in der Stellungnahme von Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 3 f. 462 Zur „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ insbesondere erstmals 1991 zur Kapitalertragsteuer: BVerfGE 84, 239 (268 ff.), wobei das Recht des Einzelnen auf materielle Steuergerechtigkeit, die Abgrenzung zu dem nicht bestehenden Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“ sowie die gesetzgeberische Pflicht zur Kontrolle der Steuerehrlichkeit thematisiert wird; vgl. die Rechtsprechungsübersicht bereits oben im Hinblick auf den Sachzweck der Indienstnahme der Finanzinstitute Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) (aa); sowie vgl. auch Breuer, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 463 Vgl. BVerfGE 84, 239 (271) m.V.a. BVerfGE 13, 318 (328): „Im Rahmen einer gewaltenteilenden Verfassungsordnung regelt der Gesetzgeber den Maßstab der gleichen Lastenzuteilung und verpflichtet die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragte Finanzverwaltung, diese Besteuerungsvorgaben in strikter Legalität umzusetzen und so Belastungsgleichheit zu gewährleisten.“

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

fasst dabei zwei Komponenten: die Gleichheit der normativen Steuerpflicht ebenso wie die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Phase der Steuererhebung.464 Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen.465 Der Gesetzgeber muss demnach das materielle Steuergesetz in ein normatives Umfeld einbetten, welches die Lastengleichheit der Steuerpflichtigen auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolgs prinzipiell gewährleistet.466 Steuergesetze müssen mithin durchsetzbar sein. Fehlt es an entsprechenden Ermittlungsmöglichkeiten, die eine prinzipielle Belastungsungleichheit auslösen und müssen unzumutbare Mitwirkungsrechte der Steuerpflichtigen eingefordert werden, muss auf die Erhebungsart der Quellensteuer ausgewichen werden.467 Die Feststellung eines sog. „strukturellen Vollzugsdefizits“ im verfassungsrechtlichen Sinn hängt nach Ansicht des BVerfGE ganz wesentlich davon ab, inwieweit beim Vollzug einer bestimmten materiellen Steuernorm „die Erhebungsform oder die Besteuerungspraxis im Rahmen gewöhnlicher Verwaltungsabläufe im Massenverfahren der Finanzämter im Großen und Ganzen auf Gleichheit im Belastungserfolg angelegt ist und wieweit insbesondere auch unzulängliche Erklärungen der Steuerpflichtigen mit einem angemessenen Entdeckungsrisiko verbunden sind“468. Ist somit Fehlverhalten eines Steuerpflichtigen bei der Erklärung ohne ein „praktisch bedeutsames Entdeckungsrisiko“ möglich, besteht bereits eine hinreichende Grundlage für die Feststellung einer im Gesetz strukturell angelegten Ungleichmäßigkeit.469 Ein solches strukturelles Vollzugsdefizit liegt bei den hier infrage stehenden ausländischen Kapitaleinkünften teilweise vor. Aufgrund bestehender „formeller Territorialität“ können die deutschen Steuerbehörden lediglich beschränkt ausländische steuerrelevante Sachverhalte aufklären und damit ihrem in § 88 AO 464 So BVerfGE 84, 239 (271). Das BVerfG bestätigte wiederholt ein „strukturelles Vollzugsdefizit“ bei Kapitaleinkünften, was den Gesetzgeber zur Einführung von Regelungen zur Informationsgewinnung oder zur Quellenbesteuerung veranlasst; vgl. Zinsurteil BVerfGE 84, 239 (278); vgl. zum Kontenabruf, BVerfGE 112, 284 (295); 118, 168 (194 f.) sowie zu Spekulationsgeschäften BFH, 16.07.2002 – IX R 62/99, NJW 2003, 83; BVerfGE 110, 94 (112); vgl. auch Hey, § 3 Rn. 113, insbes. 502; Kirchhof, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. V, § 118, Rn. 28 f.; Hey, DB 2004, 724 ff.; Musil, DÖV 2006, 505 (505 f.). Mit Beispielen auch Schaumburg, DStJG 24 (2001), S. 225 (242 ff.). 465 BVerfGE 84, 239 (268 ff.); 110, 94 (112); 118, 168 (196). Kritisch zur Rechtsprechung des BVerfG Meyer, DÖV 2005, S. 551 ff., welcher das Vollzugsdefizit eher am Rechtsstaatsgebot und nicht am Gleichheitssatz messen will. 466 Ebd. 467 BVerfGE 84, 239 (281) 110, 94 (113 f.). Jedoch zur Quellensteuer als milderes Mittel zum Finanzkontenaustauschs siehe Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (c) (aa) sowie Teil  5 B. IV. 3. c) (bb) (3) (a). 468 BVerfGE 110, 94 (114). 469 Ebd. Insoweit kehrt sich das eigentlich bestehende Regel-Ausnahme-Prinzip, auf Angaben des Steuerpflichtigen zu Vertrauen und nur bei begründetem Anhaltspunkt zu ermitteln – auch im Hinblick zu § 88 AO – um. Zum Grundsatz der Reichweite der Amtsermittlung Hamacher, StVj 1992, 110 (114) BFHE 71, 111; BFHE 95, 484; BFH 78, 389; BFHE 145, 487 siehe auch den AEAO zu § 88 AO Rn. 2.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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festgeschriebenen Amtsermittlungsauftrag nicht aus eigener Kraft gerecht werden.470 Dies betrifft insbesondere Kapitaleinkünfte auf Auslandskonten, die bis dato durch national-gesetzlich verankerte Bankgeheimnisse, sog. „Steueroasen“, unentdeckt blieben.471 Hervorzuheben ist im Speziellen das Problem der Identifizierung von wirtschaftlich Endberechtigten der Kapitaleinkünfte, wenn diese beispielsweise durch Scheinfirmen oder Trustgebilde als unentdeckte „Hintermänner“ Einkünfte auf Auslandskonten der Besteuerung entziehen.472 Übergeordnetes Ziel ist es daher, die Gewährleistung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung  – als ein Gemeinwohlbelang von erheblicher Bedeutung  – durch neue Verifikationselemente der Verwaltung im steuerlichen Massen­ fallverfahren sicherzustellen.473 Ein neues umfassendes Verifikationselement stellen die im Rahmen des reziproken Amtshilfeverfahrens übermittelten Kontendaten deutscher Steuerpflichtiger, als sog. „internationale Kontrollmitteilungen“,474 470 BFHNV 2008, 51; Herzfeld, Probleme des internationalen Steuerrechts 1932, S. 437 f.; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.55; Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 2; ders. / ​Gabert, StuW 2010, 3 (4); Rätke, in: Klein, AO, § 117 Rn. 1. Grundlegend darf eine Steuerbehörde nur im eigenen Hoheitsbereich tätig werden Lehner, in: Vogel / ​ders., DBA, Grundlagen, Rn. 16 f.; ders., in: Festgabe Wassermeyer zum 65., 2005, S. 241 (243 f.). Vgl. zu der Ausgangslage der Problematik von begrenzter Informationsgewinnung von Finanzbehörden auf dem eigenen Hoheitsgebiet Teil 2 A. I. 471 Bspw. das Bankgeheimnis in der Schweiz: Art. 47 Bankengesetz, in der Fassung gemäß Anhang Ziff. 15 des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Januar. 2009 (AS 2008 5207 5205; BBl 2006 2829). Vgl. auch Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 6; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 33, welcher für die Gründe illegaler Steuerverkürzung auch die Ungerechtigkeit im Steuervollzug sieht; m.V.a. den Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen und den Bericht der Arbeitsgruppe „Steuerausfälle“, StB 1994, 401. Insbesondere bei Kapitaleinkünften ist die Hinterziehungsquote hoch, kritisch hierzu jedoch Hamacher, StVj 1992, 110 (118 ff.). Siehe zur Auskunftserteilung von Banken im deutschen Steuerverfahren Teil 5 A. I. 1. a). 472 Die Identifizierung solcher „beherrschenden Personen“ war bisher nur beschränkt möglich, vgl. auch zum Panama Papers Skandal; siehe die Ausarbeitungen des „International Consortium of Investigative Journalists“ unter: https://panamapapers.icij.org (zuletzt abgerufen 03.03.2016). Prüfpflichten in Deutschland bestehen bereits aufgrund des Kontenwahrheitsgebots, wobei sich Kreditinstitute haftungsbewert nach § 72 AO über die Identität des Verfügungsberechtigten Gewissheit zu verschaffen und die Angaben des Kunden zu seiner Person und Anschrift sowie dem Steueridentifikationsmerkmal (auf dem Konto) festzuhalten haben (§ 154 Abs. 2 AO: sog. „Legitimationsprüfungspflicht“), vgl. ausführlich Seer, in: Tipke / ​ Lang, § 21 Rn. 200 sowie § 6 Rn. 69. Es handelt sich jedoch nicht um ein Gebot der materiellen Kontenwahrheit, das auf den „Hintermann“ abstellt, siehe BGHZ 127, 229 ff. Siehe nunmehr auch die neuen Regelungen zur Informationserhebung von wirtschaftlich Berechtigten nach § 154 Abs. 2a AO. 473 So ausdrücklich das BVerfG, BVerfGE 84, 239 (273): „Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.“; vgl. auch BVerfGE 110, 94 (112). 474 Eine Datengrundlage für die Errechnung der genauen Bemessungsgrundlage besteht aufgrund der Meldung als Gesamtbruttoerträge nicht. Vielmehr dienen die Kontendaten als generelle Verifikationsgrundlage in Form einer internationalen Kontrollmitteilung und darüberhinausgehende gezielte zwischenstaatliche Auskunftsersuchen können im Einzelfall bei Verdacht durch die Steuerbehörde nachgeschaltet werden.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

dar.475 Diese Kontrollmitteilungen bilden das Gegenstück zu den gesteigerten Mitwirkungspflichten Steuerpflichtiger bei Auslandssachverhalten um Deklarationsmängel, wie nicht erfasste steuerbare Kapitaleinkünfte, besser aufzuspüren.476 Die im Steuerrecht bestehende „natürliche“ Informationsasymmetrie zwischen Steuerbürger und Finanzverwaltung, die insbesondere bei Auslandssachverhalten besteht, soll somit ausgeglichen werden.477 Gleichzeitig ist die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und die Förderung von Steuerehrlichkeit hervorzuheben. Eine wirksame Strafverfolgung und Rechtshilfe in Strafsachen, wozu grundsätzlich auch Steuerstraftaten gehören, wurde wiederholt verfassungsrechtlich als Gemeinwohlbelang von erheblicher Bedeutung angesehen.478 So hat das Bundesverfassungsgericht die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung hervorgehoben und das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont.479 Gleiches gilt für die Belange der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Dem auf Gegenseitigkeit beruhenden System der Amtshilfe zur Kriminalitätsbekämpfung wurde eine erhebliche Bedeutung für die Allgemeinheit zugebilligt.480 Diese Argumentation ist auf die steuerliche Amtshilfe übertragbar. Neben den allgemeinen Verifikationsmöglichkeiten zur Gewährleis 475 Dabei dient die Gewährung steuerlicher Amtshilfe nur unter der Bedingung der Reziprozität als Förderung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und damit als Rechtfertigungsargument für einen Grundrechtseingriff, vgl. hierzu die Ausführungen von Hendricks, Internationale Informationshilfe in Steuerverfahren, S. 92 ff.; sowie erwähnt in BFH v. 13.01.2006 – I B 35/05 = BFH / ​NV 2006, 922 ff. 476 Zur verstärkten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten siehe m. w. N. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.1, 22.7 ff.; Staringer, DStJG 31 (2008), S. 135 (142 ff.; 150 ff.); Seer, IWB Fach 11 (2005), Gruppe 2, 673 ff.; ders., EWS 2013, 257 (257 ff.); ders. / ​Gabert, StuW 2013, 3 (16 ff.). Vgl. auch zur Verfassungsmäßigkeit der erweiterten Mitwirkungspflichten von Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 113 ff. Siehe auch Drüen, welcher in diesem Zusammenhang den Steuerstaat in das Feld bringt und richtigerweise betont, dass der Steuerstaat einer Mitwirkung Dritter nicht entgegensteht, sondern grade die Mitwirkung Privater zur Sicherung der „Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit der Besteuerung“ fordert, die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 265 f. 477 Weitergehend im Sinne eines „Informationsmonopols“ des Bürgers Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 277; ähnlich Hoffmann-Riem, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, in: ders. / ​Schmidt-Aßmann, 2002, S. 9, 42: „Informationsherrschaft Privater“; Drüen, DStJG 31 (2008), S. 167 (170). 478 BVerfGE 77, 65 (76); 80, 367 (375); 100, 313 (389); 107, 299 (316); 109, 279 (336); 113, 29 (54); 118, 168 (195 f.). 479 Vgl. BVerfGE 77, 65 (76); 80, 367 (375); 100, 313 (389); 107, 299 (316); 109, 279 (336); 113, 29 (54); 118, 168 (195 f.). 480 Vgl. BVerfGE 118, 168 (195 f.) m.V.a. das Protokoll zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vom 16. Oktober 2001, Abl. EG C-326 vom 21.11.2001 und das Zustimmungsgesetz vom 22.07.2005 (BGBl. II S. 661).

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tung einer gleichmäßigen Besteuerung kann der gegenseitige Informationsaustausch über Kontendaten auch Anlassmomente zur Einleitung möglicher Steuerstrafverfahren oder weiterer Auskunftsersuchen schaffen.481 Solche Momente eines Anfangsverdachts waren ohne eine automatisierte anlassunbezogene Übermittlung von Auslandskontendaten schwer ermittelbar.482 Die Finanzbehörden umgehen damit erfolglose Ermittlungsversuche in globalisierten Finanzmärkten geschützt durch einfach-gesetzlich verankerte Bankgeheimnisse. (bb) Persönlichkeitsrelevanz der Kontendaten Für das Gewicht der Beeinträchtigung ist zunächst generell erheblich, welche persönlichkeitsbezogenen Informationen von der in dem Gesetz geregelten Maßnahme erfasst werden.483 Eine informationsbezogene Maßnahme kann sich bereits deshalb als schwerwiegend darstellen, weil die erhobenen Informationen für die Persönlichkeit des Betroffenen hohe Relevanz aufweisen oder weil sie auf eine Weise erlangt werden sollen, welche die Persönlichkeit erheblich berührt.484 Demgegenüber wiegt der Eingriff geringer, wenn eine gesetzliche Ermächtigung lediglich die Nutzung bestimmter, im Gesetz ausdrücklich aufgezählter Informationen, die für sich genommen keine gesteigerte Persönlichkeitsrelevanz aufweisen, zu einem näher bestimmten Zweck zulässt.485 Im Rahmen des Kontendatenaustauschs werden die Kontenstammdaten sowie Zahlungsdaten wie Saldo, Gesamtbruttobeträge und Gesamtbruttoerlöse gem. § 2 Nr. 4 bis 7; § 8 Nr. 4 bis 7 FKAustG gemeldet. Kontenbewegungen, welche konkrete und detaillierte Rückschlüsse auf das alltägliche Leben des Betroffenen gestatten könnten, werden hingegen nicht preisgegeben. Die zu meldenden Informationen haben bei isolierter Betrachtung im Vergleich zu Kontenbewegungsdaten keine erhöhte Persönlichkeitsrelevanz, was sich zunächst eingriffsmildernd auswirkt.486 481 Dabei dient die Gewährung steuerlicher Amtshilfe nur unter der Bedingung der Reziprozität als Förderung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und damit als Rechtfertigungsargument für einen Grundrechtseingriff, vgl. hierzu die Ausführungen von Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 7 f. sowie ders., Internationale Informationshilfe in Steuerverfahren, S. 92 ff.; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.107. 482 Zu den Gründen siehe bereits weiter oben im gleichen Text bezüglich der natürlichen asymmetrischen Informationsverteilung im Steuerrecht und zur Ausgangslage Teil 2 A. I. 483 Vgl. BVerfGE 100, 313 (376); 109, 279 (353); 113, 348 (382); 115, 320 (347); 118, 168 (197). 484 Ebd. 485 BVerfGE 118, 168 (197); vgl. Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 2 S. 2 Abs. 2 Rn. 183 f. 486 Vgl. auch zum Abruf reiner Kontenstammdaten BVerfGE 118, 168 (198). Konkrete Kontenbewegungen können nur durch ein einzelfallbezogenes und dem Erforderlichkeitsmaßstab entsprechendes Auskunftsersuchen nach §§ 93 AO durch Steuerbehörden eingesehen werden, vgl. Teil 4 A. I. Hierzu wird zumeist ein vorgeschaltetes Kontenabrufverfahren eingeleitet, vgl., Teil 4 A. II.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Dessen ungeachtet hat das BVerfG in seiner Entscheidung zum Konten­abruf hervorgehoben, dass auch der Abruf reiner Kontenstammdaten bereits einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff mit erheblicher Intensität darstellt.487 Die Intensität des Eingriffs für den Grundrechtsträger hängt nach Ansicht des Gerichts auch davon ab, welche über die Informationserhebung hinausgehenden Nachteile ihm aufgrund der Maßnahme drohen oder von ihm nicht ohne Grund befürchtet werden.488 Wie im Falle des Kontenabrufs wird auch hier den empfangenden Behörden ermöglicht, sich ein Bild über das Bestehen wirtschaftlicher Kontakte des Betroffenen mit Finanzinstituten zu machen. Die zu meldenden Zahlungsdaten in Form von Salden und Gesamtbruttoerträgen sind darüber hinaus die Daten, welche die Steuerbehörden für Verifikationszwecke der vom Kontoinhaber deklarierten Auskünfte benötigen.489 Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse können auch weiterführende Informationspreisgaben von konkreten Kontenbewegungen, gestützt auf andere Ermächtigungsnormen, möglich sein.490 Werden also an den steuerlichen Ansässigkeitsstaat des Kontoinhabers Konten gemeldet, welche bisher nicht offengelegt worden sind oder welche Erträge aufweisen, die nicht oder zu niedrig deklariert wurden, muss der Kontoinhaber gegebenenfalls selbst Nachweise zur Entlastung erbringen. Die Indizienwirkung der Informationsmeldung kann hierbei in unterschiedlicher Intensität in der jeweiligen Jurisdiktion relevant

487

BVerfGE 118, 168 (185 f.). Vgl. auch Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 203, welcher auch auf die Gefahr der sog. „Clusteranalysen“ verweist. 488 Vgl. BVerfGE 100, 313 (376); 113, 348 (382); 115, 320 (347); 118, 168 (197 f.). 489 Darüber hinausgehende detaillierte Kontenbewegungen sind zur allgemeinen Verifizierung nicht notwendig, sondern nur bei anlassbezogenen Einzelfällen auch im Steuerstrafverfahren von Belangen. 490 BVerfGE 118, 168 (185): „Einblicke in die Kontoinhalte und -bewegungen erlauben die Informationen über Kontostammdaten zwar nicht. Stellt sich aber heraus, dass der Betroffene über bislang unbekannte Konten und Depots verfügt, kann die jeweils handelnde Behörde gegebenenfalls auf der Grundlage anderer Ermächtigungsnormen Informationen über deren Inhalt erheben. Das in den angegriffenen Normen vorgesehene Verfahren ermöglicht den Abruf von Daten, die den Zugriff auf solche weiteren Informationen ermöglichen. Die im Anschluss an die Ermittlung der Kontostammdaten erhebbaren Informationen über Kontoinhalte können für den Persönlichkeitsschutz des Betroffenen bedeutsam sein. Nach den gegenwärtigen Gepflogenheiten werden die meisten Zahlungsvorgänge, die über Bargeschäfte des täglichen Lebens hinausgehen, über Konten abgewickelt. Werden Informationen über die Inhalte der Konten einer bestimmten Person gezielt zusammengetragen, ermöglicht dies einen Einblick in die Vermögensverhältnisse und die sozialen Kontakte des Betroffenen, soweit diese – etwa durch Mitgliedsbeiträge oder Unterhaltsleistungen – eine finanzielle Dimension aufweisen. Manche Konteninhaltsdaten, etwa die Höhe von Zahlungen im Rahmen verbrauchsabhängiger Dauerschuldverhältnisse, können auch weitere Rückschlüsse auf das Verhalten des Betroffenen ermöglichen.“; sowie weiterfolgend in der Eingriffsintensitätsabwägung BVerfGE 118, 168 (198 f.). Vgl. auch zu den weiteren nachteiligen Folgen nach einem Auskunftsersuchen BFHE 239, 19, abgedruckt auch in HFR 2013, 200 mit Anm. Werth; hierzu Werth, DStZ 2013, 416 (419).

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werden.491 Dabei ist nicht nur an rein steuerrechtliche, sondern auch an steuerstrafrechtliche Verfahren zu denken. Hier kann dem Betroffenen beispielsweise die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige, soweit als Instrument im Empfängerstaat existierend, verwehrt werden.492 Insofern ist zunächst von einer hohen Eingriffsintensität auszugehen. Diese ist jedoch auch abhängig davon, welche Möglichkeit der Kontoinhaber hat, eine eventuelle Grundrechtsbeeinträchtigung oder jedenfalls weitere Folgen des Eingriffs abwehren zu können.493 So sind die konkreten Betroffenenrechte und die Möglichkeit des effektiven Rechtsschutzes ausschlaggebend für einen endgültigen Befund über die Angemessenheit der Regelungen.494 (cc) Automatisierte Verarbeitungsweise ohne Einzelfallbezug und Subsidiarität Eine erhöhte Eingriffsintensität ergibt sich darüber hinaus aus der Art und Weise der Datenverarbeitung. Es handelt sich um eine automatisierte Übermittlung. Das BVerfG hat in seiner Grundsatzentscheidung zur Volkszählung die Gefahren der automatisierten Datenverarbeitung erkannt und in der Prüfung berücksichtigt.495

491 Es ist nicht abschließend klar, wie die erhobenen Daten im In- und Ausland für die Besteuerungszwecke genutzt werden und insbesondere welche Beweisregeln für diese gelten. Für die an Deutschland übermittelten Daten ist nach § 5 Abs. 3 und 4 FKAustG generisch bestimmt, dass sie „zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach Maßgabe des § 88 Absatz 3 und 4 Abgabenordnung“ dienen. Sicherlich werden die Kontendaten primär zur Verifikation der vom Kontoinhaber deklarierten Angaben in Bezug auf Kapitalerträge genutzt werden. Die rechtliche Qualität im Hinblick auf die Beweiswürdigung und insbesondere das Beweismaß ist jedoch unklar. Es ist davon auszugehen, dass die Informationen lediglich als „Verdachtsmeldungen“ übermittelt werden und nicht per se eine Rechtsfolge nach sich ziehen, sondern der Kontoinhaber bei Unschlüssigkeit generell die Möglichkeit zur Aufklärung hat. Andererseits ist auch möglich, dass die Daten vollmaschinell abgeglichen werden und bei Inkonsistenzen automatische eine Steuernachforderung ergeht, es somit zu einer tatsächlichen Bindungswirkung kommt. Bei Steuerstrafverfahren ist davon auszugehen, dass eine Amtsermittlung im Einzelfall durchgeführt wird. Die weitergehende Verarbeitung der Daten im Hinblick auf das konkrete Steuerverfahren im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen wird weder völkerrechtlich noch europarechtlich vorgegeben, sondern liegt als Bereich der direkten Steuern im Hoheitsbereich der Staaten. 492 Siehe auch zum Datenaustausch mit der Schweiz im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige für das Jahr 2018 das Fazit bei Happe / ​Aschwanden / ​ Giger, BKR 2016, 194 (199); sowie der Ausblick bei Füllsack / ​Bürger, BB 2016, 2652 (2659); im internationalen Vergleich Marino, in: ders. (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 3 (30 ff.). 493 BVerfGE 118, 168 (198 f.). 494 Vgl. zu den Betroffenenrechten ausführlich Teil 5 IV. B. 3. c) bb) (4) (d) (bb) und zum effektiven Rechtsschutz Teil 5 B. VI.; VII. 495 BVerfGE 1, 65 (42): „Diese Befugnis bedarf unter den heutigen und künftigen Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung in besonderem Maße des Schutzes.“

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Neben der Datenverarbeitungsweise in automatisierter Form, stellt der Informationsaustausch i. S. d. § 19 Nr. 43 FKAustG und §§ 2 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 7 Abs. 2 ­EUAHiG eine „[…] systematische Übermittlung zuvor festgelegter Informationen über in anderen meldepflichtigen Staaten ansässige Personen an den entsprechenden Ansässigkeitsstaat ohne dessen vorheriges Ersuchen in regelmäßigen, im Voraus bestimmten Abständen“496 dar. Es handelt sich somit um ein systematisches Verarbeiten ohne Einzelfallbezug oder Anlassbezogenheit und nur unter beschränkter Einbeziehung des Steuerpflichtigen mittels automatisierter Verfahren, an welche BVerfG erhöhte Rechtsfertigungsanforderungen stellen.497 Die hoch automatisierte, systematische Verarbeitungsweise betrifft alle drei hier herausgearbeiteten Eingriffsphasen der Kontendatenverarbeitung.498 Die Notwendigkeit eines hohen Maßes an Automatisierung besteht bereits deshalb, weil die erforderlichen Datenmengen im Finanzdienstleistungssektor wohl kaum anders verarbeitet werden könnten. Weder die Finanzinstitute als Indienstgenommene noch die auf Massenfallvollzug ausgerichtete Steuerverwaltung könnten ohne eine automatisierte Verarbeitungsweise das Ziel der Regelungen erreichen.499 Lediglich durch eine elektronische Verknüpfung von Kontenstammdaten mit Zahlungsdaten und Steuerdaten, insbesondere der Steuer-IdNr., kann das durch dieses Amtshilfeverfahren zu stärkende rechtsstaatlich gebotene Verifikationsprinzip erfüllt werden, denn die vom Steuerpflichtigen deklarierten Angaben können nur so einer Kontrolle unterzogen werden.500 Um die natürliche Informations­ 496

In Anlehnung an Art. 1 Nr. 1 Richtlinie 2014/107/EU. Insbesondere ergeben sich nach Art und Umfang parallelen zur Entscheidung über die Vorratsdatenspeicherung, BVerfGE 125 260 (328): „die Verwendung der durch eine anlasslos systematische Speicherung praktisch aller Telekommunikationsverkehrsdaten gewonnenen Datenbestände unterliegt dementsprechend besonders hohen Anforderungen.“ Weiterhin zur automatisierten Kennzeichenerfassung BVerfGE 120, 378 (418) und zu Eingriffsintensivierung bei Strafverfolgungsmaßnahmen vgl. BVerfGE 100, 313 (376); 107, 299 (318 ff.); 109, 279 (353); 115, 320 (347). Zu den Entwicklungstendenzen forstwährender Anlassunbezogenheit bei Amtshilfeverfahren vgl. Teil 2 C. III. 498 Zu den Eingriffsphasen Teil 5 B. IV. 2.  499 Ausführlich hierzu in der Zweckbeschreibung der Regelungen im Hinblick auf Massenfallregelungen und Risikomanagement Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (1). §§ 85, 88 AO beinhalten keine 100 % Doktrin, durch niedrige Verwlatungskapazitäten im Massenverfahren ist „E-Govenrance“ notwendig und alternativlos; so Seer, in: DStJG 31 (2008), S. 7 (11 ff.); vgl. auch in der gleichen Schrift Schmidt, in: DStJG 31 (2008), S. 37 ff.; Widmann, DStJG 31 (2008), S. 295 (297 ff.). Zum nunmehr vermehrt durchgeführten Riskmanagement im Besteuerungsverfahren auch Drüen, in: Schön / ​Beck, 2009, S. 1 (12 f.); Seer, StuW 2003, 40 (48 ff.); ders., in: FS Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Bd. I, 2013, S. 1765 (1767); Huber / ​ders., StuW 2007, 355 (356). Jüngst wurde nunmehr ein Risikomanagementsystem im Steuerverfahren gesetzlich verankert, vgl. die neue Fassung des Untersuchungsgundsatzes § 88 Abs. 5 AO. 500 So ausdrücklich das BVerfG, in BVerfGE 84, 239 (273): „Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.“; vgl. auch BVerfGE 110, 94 (112). Der Nutzen der Daten liegt grade in der Verknüpfung von Kontenstammdaten mit den Zahlungsdaten und den steuerlichen Angaben, insbesondere der Steuer-IdNr., für eine konkrete Zuordnung der Daten zu einem Steuerpflichtigen in eine konkrete Jurisdiktion, in welcher der Betroffene steuerlich Ansässig ist. 497

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asymmetrie zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörde, insbesondere bei Auslandssachverhalten, auszugleichen und das verfassungsrechtlich verankerte hochrangige Gemeinwohlziel der „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“501 zu gewährleisten, bedarf es dieser als automatisierte Risikomanagementmaßnahme angelegten Verarbeitungsweise. Neben der Notwendigkeit einer automatisierten Verarbeitung, welche zur Er­ reichung des Zwecks, der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und der Förderung von Steuerehrlichkeit, geeignet und erforderlich ist, sind jedoch die damit einhergehenden erheblichen Nachteile für den Betroffenen näher zu beleuchten: zum einen die gesteigerte Gefahr des unberechtigten Zugangs zu den automatisiert verarbeiteten Daten und zum anderen die Herabsetzung der Zulässigkeitshürden der Datenverarbeitung ohne Anlassbezogenheit und Erforderlichkeit im Einzelfall.502 Gleichzeitig kann der Betroffene nur begrenzt in dem Verfahren mitwirken, sodass dem Grundsatz der Subsidiarität lediglich bedingt entsprochen wird. Zunächst besteht mit der technischen Verarbeitungsweise eine gesteigerte Gefahr des unberechtigten Zugangs. Diesem Umstand stehen die Regelungen über technische Schutzmaßnahmen und strikte Zweckgebundenheit in allen Verarbeitungsphasen des automatischen Informationsaustauschs über Kontendaten gegenüber. Auf diese Situation wird nochmals ausdrücklich in der sich anschließenden Einzelbetrachtung der Eingriffsphasen eingegangen.503 Durch die automatisierte Verarbeitungsweise wird jedoch die in § 88 Abs. 2 S. 1 AO ausdrücklich gesetzlich verankerte Notwendigkeit einer Einzelfallbetrachtung unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit negiert und die Anforderungen an einen Anlassbezug minimiert. So wird ein konkreter Anlass der Datenverarbeitung abstrakt gesetzlich immer dann unterstellt, wenn die Voraussetzungen eines meldepflichtigen Kontos i. S. d. § 19 Nr. 35 FKAustG vorliegen.504 Insoweit 501 Zur „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ insbesondere erstmals 1991 zur Kapitalertragsteuer: BVerfGE 84, 239 (268 ff.) wobei das Recht des Einzelnen auf materielle Steuergerechtigkeit, die Abgrenzung zu dem nicht bestehenden Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“ sowie die gesetzgeberische Pflicht zur Kontrolle der Steuerehrlichkeit thematisiert wird; vgl. die Rechtsprechungsübersicht bereits oben im Hinblick auf den Sachzweck der Indienstnahme der Finanzinstitute Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (a) (aa); sowie vgl. auch Breuer, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. VIII, § 171, Rn. 41. 502 Kritisch zum Verlust der Einzelfallprüfung im Massenverfahren Müller-Franken, Maßvolles Verwalten, 2004, S. 135 ff. Vgl. hierzu bereits zu den allgemeinen Entwicklungstendenzen zur Kontendatenpreisgabe Teil 4 B. I. sowie zur Amtshilfe durch vermehrt hochautomatisierte Informationsaustauschverfahren Teil 2 C. III. Siehe hierzu die Bewertung von Hamacher, IStR 2016, 171 (176). 503 Bspw. in welchem Ausmaß diese Regelungen einer staatlichen oder unabhängigen Kontrolle unterliegen oder welchen Verbindlichkeitscharakter diese Regelungen aufweisen, wenn sie nur völkerrechtlich garantiert sind. 504 Vgl. Czakert, IStR 2017, 663 (665), wonach beim automatischen Informationsaustausch das Kriterium der voraussichtlichen Erheblichkeit abstrakt generell für eine Vielzahl von Fällen zwischen den Vertragsparteien geregelt – damit immer unterstellt erfüllt ist.

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kehrt sich das eigentlich bestehende Regel-Ausnahme-Prinzip, auf Angaben des Steuerpflichtigen zu vertrauen und nur bei begründetem Anhaltspunkt zu ermitteln – auch im Hinblick zu § 88 AO – um.505 Ohne einzelfallbezogene Abwägung ist dies „automatisch“ stets der Fall, wenn der Kontoinhaber nach § 19 Nr. 36, 37 FKAustG eine Person eines meldepflichtigen Staats ist, d. h. eine steuerliche Ansässigkeit in einem anderen CRS-Mitgliedsstaat unterhält.506 Die Datenverarbeitung, insbesondere die Meldung an einen anderen Staat erfolgt somit, ohne dass ein konkreter Verdacht besteht, dass die betroffenen Personen gegen Steuergesetze verstoßen haben.507 Eine Abwägung nach dem Maßstab der Erforderlichkeit und Angemessenheit im Einzelfall wird weder in den Verarbeitungsphasen durch die Finanzinstitute noch später durch das BZSt vorgenommen. Dabei weisen sämtliche Verarbeitungsphasen ein erhebliches Maß an Automatisierung vor. Grundsätzlich verläuft der gesamte Entscheidungsprozess, ob ein Konto als meldepflichtig gilt oder nicht, nach den detaillierten Vorgaben des FKAustG und den weiteren Ausführungsbestimmungen ohne Erforderlichkeitsprüfung und ohne weitere Entscheidungsprärogative der Beteiligten ab.508 Der Kontoinhaber selbst wird in das Verfahren lediglich auf der Stufe der Datenverarbeitung durch die Finanzinstitute in Form der auszufüllenden Selbstauskunft eingebunden.509 Im weiteren Verfahren kann der Betroffene allerdings nur noch sehr beschränkt Einfluss auf die Datenverarbeitung nehmen.510 Bereichsspezifische Betroffenenrechte wie die liechtensteinische Umsetzungsgesetzgebung zum CRS sind in Deutschland nicht vorgesehen.511 Im Gegensatz hierzu sind die bereits vor dem automatischen Finanzkontenaustausch existierenden Verfahren zur Preisgabe von Kontendaten zwischen Finanzinstituten und deutschen Steuerbehörden oder im Wege der Amtshilfe zwischen Finanzbehörden verschiedener Staaten grundlegend an eine anlassbezogene Einzelfallprüfung gebunden.512 Der allgemein vorherrschende Maßstab der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ einer Datenpreisgabe für die Besteuerung ergibt sich 505 Zum Grundsatz der Reichweite der Amtsermittlung Hamacher, StVj 1992, 110 (114); BFHE 71, 111; BFHE 95, 484; BFH 78, 389; BFHE 145, 487 siehe auch den AEAO zu § 88 AO Nr. 2. 506 Insoweit stellt Mittelberger richtigerweise die Parallele zur Vorratsdatenspeicherung her: Mittelberger, PinG 2015, 268 ff. 507 Ebd. 508 Abgesehen von den Plausibilitätsprüfungen, bei denen den Instituten ein Minimum an Entscheidungsspielraum zusteht, welches jedoch keinen Einfluss auf die Stellung der Institute als Indienstgenommene hat, vgl. zu den Prüfungen Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (d) (bb). 509 Insoweit betrifft dies ganz überwiegend Neukonten, vgl. Teil 3 B. I. 2. und 4. 510 Hierzu in den verschiedenen Eingriffsphasen noch im Detail, vgl. Teil 5 B. IV. 2.  511 Vgl. Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (6). 512 So insbesondere m. w. N. die Ausführungen zu den inhaltlichen Abgrenzungen von anderen Regimen der Kontendatenpreisgabe durch Finanzinstitute an Steuerbehörden Teil 3 A. und im Vgl. die grenzüberschreitenden Amtshilferegime Teil 2 B. und C. III; sowie mit Rechtsprechungsübersicht Hamacher, IStR 2016, 171 (173). Mit Ausnahme der europäischen Zinsrichtlinie sowie der automatische Informationsaustausch, wie bereits in der früheren Amtshilferichtlinie vorgesehen.

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dabei ausdrücklich aus den nationalen, europäischen und völkerrechtlichen Regelungen als Ausfluss des übergeordneten Prinzips der Verhältnismäßigkeit.513 So muss es sich bei den offenbarten Daten um Informationen handeln, welche, basierend auf einer Prognoseentscheidung der Verwaltung, nach allgemeiner Erfahrung voraussichtlich für die Besteuerung relevant sind.514 Auskunfts- oder Amtshilfeersuchen „in das Blaue hinein“ sind insbesondere unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes grundsätzlich unzulässig.515 Die Grundrechte wie das Rechtsstaatsgebot gebieten bei einer Eingriffsverwaltung stets eine Abwägung zwischen den Nachteilen für den Betroffenen und dem verfolgten Ziel. In diesem Zusammenhang steht auch das allgemein gültige Subsidiaritätsprinzip, welches in verschiedenen Situationen der Datenverarbeitung für steuerliche Zwecke zu beachten ist. So ist bei Inanspruchnahme von Amtshilfe insbesondere die Subsidiarität der internationalen, aber auch der europäischen Amtshilfe gegenüber der üblicherweise im innerstaatlichen Besteuerungsverfahren zur Verfügung stehenden Informationsquellen zu beachten.516 Im innerstaatlichen Bereich ist darüber hinaus nach § 90 Abs. 1 und § 93 Abs. 1 S. 1, 3 AO zu beachten, dass grundsätzlich 513 Aus den nationalen Bestimmungen bspw. zum Auskunftsersuchen § 93 Abs. 1 AO: „zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts […]“; aus den europäischen Erwägungsgründen der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EW, Erwägungsgrund (9): „Mitgliedsstaaten sollten Informationen über einzelne Fälle austauschen, wenn sie von einem anderen Mitgliedsstaat darum ersucht werden, und sollten die notwendigen Ermittlungen durchführen, um die betreffenden Informationen zu beschaffen. Mit dem Standard der ‚voraussichtlichen Erheblichkeit‘ soll gewährleistet werden, dass ein Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten im größtmöglichen Umfang stattfindet, und zugleich klargestellt werden, dass es den Mitgliedsstaaten nicht gestattet ist, sich an Beweisausforschungen (‚fishing expeditions‘) zu beteiligen oder um Informationen zu ersuchen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie für die Steuerangelegenheiten eines bestimmten Steuerpflichtigen erheblich sind. […]“ sowie aus den völkerrechtlichen Verträgen, insbesondere aus Art. 26 Abs. 1 OECD: „Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten tauschen die Informationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Verwaltung oder Anwendung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht.“ 514 Als mögliche steuererhebliche Tatsachen kommen grundsätzlich jedwede Steuersachverhalte in Betracht. Ein „für die Besteuerung erheblicher Sachverhalt“ ist also nicht nur ein Sachverhalt, der zweifelsfrei besteuert werden kann oder über dessen Besteuerung bereits eine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, sondern jeder Sachverhalt, dessen steuerliche Bedeutung nach dem Gesetz und der dazu vorliegenden Rechtsprechung ernstlich in Betracht kommt, sog. „potenzielle Steuererheblichkeit“; BFHE 224, 201 (207). 515 Vgl. hierzu die Rechtsprechungsübersicht in Teil 5 I. 1. Vgl. auch ausführlich im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Kontenabruf Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (692 ff.). 516 Vgl. auch unter Art. 17 Abs. 1 AmthsilfeRl und dementsprechend § 4 III Nr. 2 EUAHiG für den Auskunftsverkehr innerhalb der EU ist eine solche Subsidiarität Bedingung. Vgl. auch Hendricks, Internationale Informationshilfe in Steuerverfahren, S. 222 f., 361 ff.; Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO, § 117, Rn. 24; BMF-Merkblatt, BStBl. I 15, 928, 938, Nr. 4.1.2.

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die Mitwirkung und Auskunft der am Steuerverfahren Beteiligten als vorrangig gilt und erst subsidiär die Einbeziehung anderer Personen zu erfolgen hat.517 Eine Abkehr von den rechtsstaatlichen Grundsätzen anlassbezogener Einzelfallbetrachtung und Subsidiarität führt zu einer erheblichen Eingriffstiefe der Datenverarbeitung im Rahmen des FKAustG.518 Die sog. voraussichtliche Erheblichkeit der ausländischen Kontendaten für steuerliche Zwecke wird unterstellt, ohne dass es einer Prognoseentscheidung der Verwaltung im Einzelfall bedarf.519 Kontenstammdaten in Verbindung mit den Zahlungsdaten sind somit bereits laut Gesetz immer steuerrelevante Tatsachen. Es bedarf hierbei keines Verdachts, dass die betroffenen Kontoinhaber gegen Steuergesetze verstoßen haben um die Daten zu verarbeiten. Die Datenverarbeitung wird damit prinzipiell für verhältnismäßig erachtet und insbesondere die Erforderlichkeitsprüfung ist in diesem hochautomatisierten Verfahren auf null reduziert. Eine solche Vorgehensweise erinnert an eine „Vorratsdatenspeicherung“.520 Die Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und die 517

Vgl. hierzu die herausgearbeitete Entwicklungstendenzen Teil 2 C. IV. und Teil 4 B. III. Zur vermehrten Einbeziehung Dritter in das Steuerverfahren mit diversen Beispielen und einer Bewertung im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Steuerpflichtigen Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (128 ff.). 518 Insbesondere Hamacher, Die Bank 1981, 353 ff.; ders., Die Bank 1985, 476 ff.; ders., DStZ 1987, 224 ff.; ders., Die Bank 1996, 2460 ff.; ders., Die Bank 1999, 1824 ff.; Dahm / ​ders., Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 2000, S. 20 ff.; 33 ff.; ders., DStR 2006, 633 ff.; mahnt in verschiedenen Veröffentlichungen zur Auskunftserteilung von Banken, dem Kontenabruf sowie der steuerlichen Amtshilfe die Verfassungswidrigkeit einer Abkehr von diesen Grundsätzen an. Im steuerrechtlichen Schrifttum gelten diese Maßnahmen des Risikomanagements zur Gewinnung personenbezogenen Daten und den daraus entstehenden Datensammlungen und Datenabgleichen überwiegend schlicht als ein notwendiges Mittel zur strukturellen Vollzugssicherung und damit zur Herstellung von Steuergerechtigkeit und Maßnahmen zur Effektuierung des Besteuerungsverfahrens als ein Gebot des technischen Fortschritts; vgl. insbes. insbesondere Drüen, in: Schön / ​Beck, 2009, S. 1 (12 f.); Schmidt, in: DStJG 31 (2008), S. 37 (43 ff.); Seer, DStJG 31 (2008), S. 7 (16 f.); ders., StuW 2003, S. 40 (48 ff.).; Huber / ​ders., StuW 2007, 355 (356). Jüngst wurde nunmehr ein Risikomanagementsystem im Steuerverfahren gesetzlich verankert, vgl. die neue Fassung des Untersuchungsgundsatzes § 88 Abs. 5 AO. 519 Ein Auskunftsbedarf besteht somit typischerweise, ähnlich wie bei Routineauskünften, zum Rechtsstreit: alte Aufl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 19.123. 520 Die deutsche Rechtsprechung BVerfGE 125, 260 ff.; 130, 151 ff. Die europäische Rechtsprechung EuGH Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights) sowie sich anschließend EuGH, 21.12.2016 – C-203/15, C-698/15, NVwZ 2017, 1025 ff. (Tele2 Sverige AB / ​Post- och telestyrelsen und Secretary of State for the Home Department / ​ Watson ua); zur Parallele der Vorratsdatenspeicherung zum Kontendatenaustausch für steuerliche Zwecke Mittelberger, PinG 2015, 268 ff., der richtigerweise ausführt: „Zwar geht es beim Kontendatenaustausch primär darum, dass die einzelnen Staaten zu berechtigten Steuereinnahmen kommen, während es bei der Vorratsdatenspeicherung um schwere Kriminalität geht. Dieser politische Unterschied führt jedoch juristisch zur selben Bewertung.“ In beiden Regimen sind die vom EuGH aufgestellten Datenschutzstandards einzuhalten. Zum gleichen Ergebnis kommt Hamacher, IStR 2016, 171 (176).

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Entscheidungen des EuGH zur Thematik verbieten zwar zufolge jede vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Daten. Jedoch sind nach europäischer und nationaler Rechtsprechung derartige vorsorglichen Datensammlungen an besondere Begründungsanforderungen gebunden und angemessen auszugestalten.521 So müssen die Kriterien der Begrenzung des Ausmaßes der Daten auf das zwingend Erforderliche – Datenzugriff, Aufbewahrungsdauer, Datensicherheit, unabhängige Kontrolle sowie Betroffenenrechte im Fall eines Datentransfers, insbesondere an Drittländer – erfüllt sein.522 Ob diese Voraussetzungen bei der Datenverarbeitung nach dem FKAustG erfüllt sind, lässt sich nur anhand einer Detailuntersuchung der verschiedenen Eingriffsphasen entscheiden.523 (dd) Zwischenergebnis Die soeben vorgenommenen Überlegungen zeigen auf, dass sich bei einer Angemessenheitsbewertung der Datenverarbeitung im Rahmen des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs nach dem FKAustG die Gemeinwohlbelange der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sowie der wirksamen Strafverfolgung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen gegenüberstehen.524 Die Ausführungen zur automatisierten systematischen Verarbeitungsweise – ohne Einzelfallbezug und Subsidiaritätsmechanismen – von Kontendaten mit beträchtlicher Persönlichkeitsrelevanz lassen auf eine beachtliche Eingriffstiefe schließen. Andererseits sind im Zuge fortschreitender Globalisierung und den damit verbundenen Möglichkeiten der Steuerverkürzung die Vorteile

521

Ebd., vgl. insbesondere BVerfGE 125, 260 (317 f.); 130, 151 (187). EuGH Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 (712 f.) (Digital Rights); EuGH 21.12.2016 – C-203/15, C-698/15, NJW 2017, 717 (722). 523 Insgesamt halt Hamacher den Kontendateninformationsaustausch verfassungswidrig aufgrund fehlenden Anlassbezugs, vgl. Hamacher, IStR 2016, 171 (176), der ein vorgeschaltetes System vorschlägt, bei dem generell Konteneröffnungen gemeldet werden um hiernach im zweiten Schritt einzelfallbezogene Auskunftsersuchen nach gängigen rechtsstaatlichen Grundsätzen durchzuführen. Ob hier jedoch am Ende das Ausmaß der Datenverarbeitung geringer ist – da dann alle Kontoeröffnungen gemeldet werden müssten, auch die womöglich steuerlich komplett irrelevanten, bleibt nach der hier vertretenen Auffassung fraglich. 524 So auch treffend formuliert von Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (695 f.): „Zwar verleiht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung den Steuerpflichtigen kein absolutes Recht, sondern lässt staatliche Eingriffe zur Sicherung der Gesetz- und Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu. Diese sind aber im Lichte des Datenschutzrechts zu sehen und unterliegen ihrerseits den ‚Schranken-Schranken‘ des Parlamentsvorbehalts, dem daraus folgendem Gebot der Normenklarheit und – bestimmtheit sowie dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Dadurch hat das BVerfG auch dem staatlichen Steuereingriff ein datenschutzspezifisches Korsett gegeben. Dieses begrenzt sowohl die Legislative bei der Normsetzung als auch die Exekutive beim Normenvollzug.“ Vgl. auch Drüen, StuW 2003, 205 (212); sowie die Schlussfolgerungen bei Ruiz Jimenez, in: Koefler et al. (Hrsg.), Human rights and Taxation, 2011, S. 521 (548). 522

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der Digitalisierung zu nutzen, um dem Trend der Steuerunehrlichkeit entgegenzuwirken.525 In den letzten Jahren wurde durch Gesetzgeber und Rechtsprechung die herausragende Bedeutung der verfassungsrechtlich garantierten Gleichmäßigkeit der Besteuerung genauso wie des grundrechtlich gewährleisteten Datenschutzes wiederholt hervorgehoben.526 Eine generell gehaltene Abwägung beider Rechtsgüter ist insofern nicht ohne Weiteres durchführbar. Sie ist auch abhängig davon, welche Möglichkeit der Kontoinhaber hat, eine eventuelle Grundrechtsbeeinträchtigung oder jedenfalls weitere nachteilige Folgen des Eingriffs abwehren zu können.527 So sind die konkreten Betroffenenrechte und die Möglichkeit des effektiven Rechtsschutzes ausschlaggebend für einen endgültigen Befund über die Angemessenheit der Regelungen.528 Gleichzeitig sind die drei Datenverarbeitungsphasen in ihrer Intensität unterschiedlich, so sind insbesondere die vorherrschenden technischen Schutzmaßnahmen, Kontrollverfahren aber auch die Betroffenenrechte im Detail zu beleuchten. Das Ergebnis über die Angemessenheit der Datenverarbeitung kann mithin in den drei Eingriffsphasen variieren.529 (b) Kontendatenklassifizierung durch die Finanzinstitute Finanzinstitute sind Personen des Privatrechts und als solche nicht grundrechtsverpflichtet. Für private Dritte ist das Steuergeheimnis i. S. d. § 30 AO nicht bindend.530 Die von ihnen verarbeiteten Daten, inkl. der Angaben über die steuer 525 Der Gesetzgeber kann und muss dafür Sorge tragen, dass das Verfahrensrecht den Stand der Technik widerspiegelt, zur Einführung der digitalen Außenprüfung bereits Drüen, StuW 2003, 205 (214); so sind unter dem Begriff „E-Government“ auch im Bereich der Finanzverwaltung erhebliche Änderungen vorgenommen wurden. Es wurde bspw. das Deklarationsverfahren zur Abgabe Steuererklärungen digitalisiert. Bis 2022 soll ein vollmaschinelles Verfahren implementiert werden, siehe den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, insbesondere die Begründung S. 86 ff.; hierzu Seer, StuW 2015, 315 ff.; mit historischem Überblick bei ders., in: DStJG 33 (2010), S. 1 (2 ff.). 526 Prominent siehe zur Gewährleitung einer „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ nur die umfangreichen europäischen und nationalen Gesetzesänderungen in kurzer Zeit im Bereich des internationalen Steuerrechts zur Bekämpfung von Steuermissbrauch, hierzu Teil 2 B., sowie zum Datenschutzrecht die jüngeren richtweisenden Leiturteile des EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights) und EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 ff. (Schrems), vgl. Teil 5 A. I. 2.  527 Vgl. auch BVerfGE 118, 168 (198 f.). 528 Vgl. zu den Betroffenenrechten ausführlich Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb) und zum effektiven Rechtsschutz Teil 5 B. VI.; VII. 529 Grundsätzlich ist der Kontendateninformationsaustausch im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung jedoch zu begrüßen, vgl. die Stellungnahme von Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 3 f. 530 Rüsken, in: Klein, AO, § 30 Rn. 31 f., insbes. parallel in Bezug zu Abzugsverpflichtete Rn. 37. Mit weiteren Beispielen Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S.  97 (100 f.); sowie Alber, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 30 AO Rn. 30b. Grundsätzlich ist

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liche Ansässigkeit und die Steuer-IdNr., sind daher nicht vom Geheimnisschutz umfasst.531 Die Strafbewährung bei einer Verletzung des Steuergeheimnisses gem. § 355 StGB, disziplinarrechtliche Sanktionen oder zivilrechtliche Amtshaftungsansprüche auf Schadensersatz gegen den Staat nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB greifen infolgedessen nicht anders als im Falle einer Kontendatenklassifizierung die der Staat selbst vornähme.532 Daher wäre die Eingriffsintensität für den Betroffenen lediglich zumutbar, wenn staatliche Kontrollen regelmäßig die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung für steuerliche Zwecke prüfen.533 Eine Kontrolle ist insbesondere geboten, da die Datenverarbeitung durch die Institute aus verschiedenen Verarbeitungsschritten besteht, welche für sich genommen Auswirkung auf die letztliche Meldung, d. h. den nächsten „Eingriffsschritt“, haben.534 Durch die Identifizierungsverfahren wird bereits konkret festgelegt, ob und wie der Betroffene zunächst einer Offenbarung der Kontendaten gegenüber dem BZSt und darauffolgend gegenüber den ausländischen Stellen ausgesetzt sein wird. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass nach derzeitigem Kenntnisstand das BZSt keine Kontrollfunktion zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kontendaten wahrnehmen wird. Hierzu veröffentlichte Gesetze oder Verwaltungsanweisungen, welche die Aufgaben des BZSt näher erläutern, fehlen. Es ist zu erwarten, dass es eine rein formelle Prüfung hinsichtlich offensichtlicher Unrichtigkeiten und Vollständigkeit des Datenfiles vorgenommen wird. Das BZSt würde damit nur als eine Art „technische Weiterleitungsstelle“ fungieren.535 Die Durchführung die Einschränkung des Rechts der Steuerbürger auf informationelle Selbstbestimmung aufgrund der finanzbehördlichen Aufklärungsbefugnisse im Lichte des Datenschutzes nur erträglich, wenn der offenbarende Steuerbürger gegen eine unbefugte Verwendung und Weitergabe seiner Daten geschützt ist. Diesen Datenschutz gewährleistet das in § 30 AO verankerte Steuergeheimnis, welches insoweit als bereichsspezifische Norm den allgemeinen Datenschutzgesetzen vorgeht, vgl. hierzu Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (688). 531 Vgl. oben zu den Mängeln der Indienstnahme Teil 4 F. II. 1. Vgl. kritisch Koch / ​Wolter, Das Steuergeheimnis, 1958, S. 167, die eine Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs des Steuergeheimnisses fordern. 532 Rüsken, in: Klein, AO, § 30 Rn. 31 f., insbes. parallel in Bezug zu Abzugsverpflichtete Rn. 37. Auch das frühere Bankgeheimnis in § 30a AO a. F. sah kein tatsächliches „Berufsgeheimnis“ vor und wurde im Zuge des Art. 1 Nr. 2 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682) ersatzlos gestrichen. Es wird daher hier nicht nochmals einer tiefergehenden Betrachtung unterzogen. Näher hierzu die aufgezeigten Judikate in Teil 5 A. I. 1. a). 533 Der Datenschutz muss auch bei der Übertragung der Verwaltungsaufgaben auf Private gewährleistet sein, die nicht dem Steuergeheimnis unterliegen, so insbesondere bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 369 f. 534 Hierzu die Ausführungen zum Eingriff Teil 5 B. IV. 2. b) aa). 535 Für den deutschen Steuerstaat sind grundsätzlich erst die nach § 5 Abs. 3 FKAustG reziprok empfangenen Daten von in Deutschland steuerlich Ansässigen von Nutzen (Welt­ einkommensprinzip). Die bei deutschen Finanzinstituten erhobenen Daten können im Generellen auch zur Verifizierung deutscher Steueransprüche nach § 5 Abs. 4 FKAustG genutzt werden (insbesondere bei deutschen Quellensteuern), dienen aber primär der Übermittlung an das Ausland.

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der Identifizierungsverfahren und die Meldung der Daten an das BZSt durch die Finanzinstitute sind daher von erhöhter Bedeutung für die Eingriffsbewertung, denn sie zeichnen die eingriffsintensivere Maßnahme, die Übermittlung der Daten an das Ausland, konkret vor. Demgegenüber bieten die Melde- und Sorgfaltsbestimmungen des FKAustG eine detaillierte formell-gesetzliche Anleitung für die Identifizierungsverfahren, welche den Finanzinstituten lediglich äußerst beschränktes Ermessen beispielsweise im Rahmen von Plausibilitätsprüfungen zumisst.536 Insofern basieren die verarbeiteten Daten, insbesondere über die steuerliche Ansässigkeit, bei Neukonteneröffnungen ab 01.01.2016 auch auf Angaben des Kontoinhabers im Rahmen seiner Selbstauskunft.537 Die Zusammenführung der Daten und Einordnung in die korrekte Meldekategorie erfolgt beim Finanzinstitut mechanisch anhand der detaillierten Regelungen zu den Sorgfaltspflichten.538 Gleichzeitig unterliegen die Finanzinstitute einer Zweckgebundenheit nach § 3 Abs. 2 FKAustG.539 Des Weiteren wird die Gewährleistungsverantwortung des Staats in der Kontrollfunktion, im Rahmen der anlasslosen Außenprüfung bei Finanzinstituten nach § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 bis 203 AO, ausgeformt.540 Hier wird die ordnungsgemäße Einhaltung der Melde- und Sorgfaltspflichten für Finanzkonteninformationen nach den konkreten Bestimmungen des FKAustG, von staatlicher Hand überprüft. Unter Würdigung dieser Aspekte ist die Datenverarbeitung der Institute in Abwägung mit dem Gebot zur Herstellung einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung angemessen. Generelle Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung bestehen nicht. Ergibt sich somit der Befund einer zunächst grundsätzlichen Angemessenheit der Kontenklassifizierung durch die Finanzinstitute nach dem FKAustG, sind nachfolgend spezielle Aspekte der Datenverarbeitung im Einzelnen zu untersuchen, welche zu einer Eingriffsintensivierung führen könnten.541 536 Generell zu den Anforderungen des Plausibilitätstests BMF-Schreiben, Rn. 240. Dieses Argument dient auch zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Indienstnahme zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, vgl. die Ausführungen in Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (d). Siehe auch hierzu die Ausführungen zum Eingriff Teil  5 B. IV. 2. b) aa). 537 So müssen bei der Klassifizierung von Neukonten Selbstauskünfte über die steuerliche Ansässigkeit und Steuer-IdNr. gemacht werden, vgl. BMF-Schreiben, Rn. 223 ff. Die weiteren Daten muss / ​musste der Kontoinhaber bei Kontoeröffnung bereits aufgrund geldwäscherechtlicher Vorgaben angeben. 538 Siehe ausführlich die Erläuterungen zu den Sorgfaltsbestimmungen Teil 3 B I. 539 Siehe generell zur Verankerung der Zweckgebundenheit im FKAustG Teil 5 B. IV. 3. ​ c) aa) (2). 540 Zum Charakter der Außenprüfung im Allgemeinen und mit Verbindungen zu anderen Kontrollmaßnahmen, wie der Steuerfahndung, Rüsken, DStJG 31 (2008), S. 243 (244 ff.). Sowie allgemein zu Außenprüfung Rüsken, in: Klein, AO, § 194 Rn. 1 ff.; Intemann, in: Koenig, AO, § 194 Rn. 1 ff. Zur digitalen Außenprüfung Schüßler, Der Datenzugriff der Finanzverwaltung im Rahmen der (digitalen) Außenprüfung, 2010, S. 16 ff.; Drüen, StuW 2003, 205 ff. 541 Auf den früheren § 30a AO a. F. wird insoweit nicht vertiefend eingegangen, als dass dieser im Rahmen des Art. 1 Nr. 2 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682) ersatzlos gestrichen wurde. Das Bankgeheimnis beinhaltete

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(aa) Erhöhung der Eingriffsintensität durch Generierung eines neuen Datenpools bei den Finanzinstituten Die Datenverarbeitung im Rahmen der Identifizierung und Klassifizierung der Kontendaten durch die Institute ist von besonderer Eingriffsintensität, da durch die Klassifizierung ein umfangreicher neuer Datenpool542, der „CRS-Meldefile“ angelegt wird.543 Dieser verknüpft in einem erheblichen Umfang Zahlungsdaten – exemplarisch Gesamtkontensalden, Gesamtbruttozins- und Dividendenerträge – mit persönlichen Daten, unter anderem Wohnort und Geburtsdatum, aber auch mit steuerlichen Informationen wie etwa der steuerlichen Ansässigkeit und der Steuer-IdNr.544 In diesem Datenpool werden die einzelnen Betroffenen durch eine Kennnummer, die Steuer-IdNr., in direkt identifizierbarer Weise abgebildet.545 Durch die Rekombination und Speicherung der Daten besteht ein neuer Verwendungszusammenhang der ursprünglich für Finanzdienstleistungen erhobenen Kontendaten mit erhöhtem Sensibilitätsgrad.546 Dieser Sensibilitätsgrad ist erheblich ein Verbot der Finanzbehörden zur „Allgemeinen Überwachung“ eine einmalige oder perio­ dische Mittelung von Konten bestimmter Art und Höhe einzufordern. Dies stellt jedoch kein generelles Verbot dar, sondern lässt bspw. auch Sammelauskunftsersuchen bei Banken zu. Es genügt als Anlassmoment, wenn Steuern in einem bestimmten Bereich mit erhöhter Wahrscheinlichkeit hinterzogen worden sind (d. h. in größerem Ausmaß als die allgemeine Erfahrung, dass Steuern nicht selten hinterzogen werden, erwarten lässt), stellen keine „allgemeine Überwachung“ dar, sondern grds zulässige, gezielte Aufklärungsmaßnahmen, vgl. BFHE 149, 404 (405 ff.); BFHE 224, 201 (207). Siehe hierzu m. w. N. Rüsken, in: Klein, AO, § 30a Rn. 2. Im Zusammenhang bereits zum automatisierten Kontenabruf Wilhelm, Das revidierte abgabenrechtliche Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 181. Im vorliegenden Fall werden automatisiert Daten zu vordefinierten konkreten Fallgruppen gemeldet, sodass der Anlassmoment wie bei einem Auskunftsersuchen entfällt. 542 Die Termini Datensatz, Datenpool und Datenbank werden im Rahmen der Arbeit als Synonyme verwendet und umschreiben ihrem Betrachtungskern nach alle die Ansammlung personenbezogener Daten. 543 Vgl. im Zusammenhang mit der Einführung der bundeseinheitlichen Steuer-IdNr. zur Einrichtung einer Datenbank beim Bundeszentralamt für Steuern nach § 139b Abs. 6 bis 7AO, die die Melderegisterdaten aller in Deutschland bei den örtlichen Einwohnermeldeämtern registrierten Personen zusammenführt und durch diese laufend zu aktualisieren sind, bei Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (151 f.). Siehe auch zur Art und Umfang der individuellen Daten in der Schranken-Schranken Bewertung bei Wilhelm, Das revidierte abgabenrechtliche Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 131 ff. 544 Im Rahmen der früheren Zinsrichtlinie wurden bereits Daten wie die Steuer-IdNr. von Finanzinstituten erhoben und mit Kontendaten verknüpft. Es handelte sich jedoch im Hinblick auf die Zahlungsinformationen ausschließlich um Zinserträge und mithin um einen deutlich limitierten Anwendungsbereich, vgl. Teil 2 B. III. 1. Verschiedene persönliche Daten sind bereits aufgrund der geldwäscherechtlichen Bestimmungen durch die Finanzbehörden gespeichert. Die Institute können sich nach dem Wortlaut des FKAustG direkt auf diese für Geldwäschezwecke erhobenen Daten beziehen, vgl. auch zur Zweckbindung Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (2). 545 Siehe auch zur Erhebung Steuer-IdNr. Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (b) (bb). 546 Zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen und den Anforderungen an die Gestaltung neuer Verwendungszusammenhänge Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 174, Rn. 32 ff.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

höher im Vergleich zu einer Situation, bei der die Daten nur einzeln vorliegen würden. Die qualitative und quantitative Datendichte das Potenzial der Verknüpfung dieser Daten mit anderen Datensätzen beim Finanzinstitut, allerdings auch bei öffentlichen Stellen und eröffnet damit gleichsam die Fähigkeit, durch die Verknüpfung neue Daten zu generieren.547 Durch die Kopplung diverser Datenbanken im öffentlichen Bereich, auch kombiniert mit Datenbanken aus dem privaten Bereich, können mithilfe von automatisierten Analyseverfahren, sog. „Data Warehousing- und Data Mining Tools“, gezielt neue Informationen über den Betroffenen gewonnen werden, welche zur effektiveren und schnelleren Zielerreichung dienen und weit über die herkömmlichen Möglichkeiten einer traditionellen Rasterfahndung hinausgehen.548 Die Möglichkeit zur Erstellung eines durch das BVerfG im anderen Kontext als unzulässig befundenen, umfassenden Persönlichkeitsprofils erhöht sich hierbei drastisch.549 Gleichzeitig sind Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten i. S. d. Art. 4 Nr. 12 DS-GVO, wie beispielsweise die unbefugte Offenlegung oder der unbefugte Zugang der sensiblen Konten- und Steuerdaten durch einen Datendiebstahl, möglich.550 Zunächst steht dieser Eingriffsintensivierung die konkrete und ausschließliche Zwecksetzung der Datenverarbeitung nach § 1 FKAustG in Verbindung mit den zugrunde liegenden, europäischen und völkerrechtlichen Regelungen gegenüber.551 Das hier verfolgte Ziel der Verhinderung von Steuerhinterziehung geht klar aus den Regelungen hervor.552 Die Datenverarbeitung der Finanzinstitute ist an diesen 547

BVerfGE 65, 1 (46); 120, 378 (402). Wörtlich das BVerfG: „[…] aus der Zusammenführung und Kombination der übermittelten und der sonstigen Datenbestände und ihrem wechselseitigen Abgleich vielfältige neue Informationen gewinnen lassen. Sie können nach Art und Inhalt eine besonders starke Persönlichkeitsrelevanz besitzen.“, BVerfGE 115, 320 (348). 548 Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (690). Vgl. ausführlich zum Thema m. w. N. Scholz, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1833 ff., insbes. Rn. 7. 549 BVerfGE 120, 378 (402); 120, 351 (361); siehe insbesondere zur Verknüpfungsmöglichkeit bei der Vorratsdatenspeicherung BVerfGE 125, 260 (319). Jedoch handelt es sich nicht um die Verarbeitung von Kontenbewegungsdaten, welche direkte Ruckschlüsse auf das alltägliche Verhalten des Betroffenen zulassen, vgl. zur Persönlichkeitsrelevanz des Daten Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (aa). 550 Ernst, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 4 Nr. 12 Rn. 92 ff.; in Zeiten der Globalisierung befinden sich die sensiblen Datenbestände womöglich in Ländern mit niedrigen Datenschutzniveau Scholz, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1833 ff. Rn. 42. Siehe auch der Befund von Wilhelm im Falle von Kontenstammdaten im Rahmen des automatisierten Kontenabrufs, Wilhelm, Das revidierte abgabenrechtliche Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 133. Vgl. auch generell zur automatisierten Verarbeitungsweise Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (cc). 551 Zur Zweckgebundenheit der Regelungen Teil 5 B. IV. 3. c) sowie zum Zweck der Regelungen hierzu Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (1). Zum Gebot der Zweckfestlegung und -bindung Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 176 Rn. 20, 36. 552 A. A. die 29-Data Protection Working Party der EU, welche die Zweckfestsetzung „Vermeidung von Steuerhinterziehung“ in Anbetracht des datenschutzrechtlichen Grundsatzes der „Purpose limitation“ als zu generisch ansehen, vgl. „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Zweck gebunden und darf gem. § 3 Abs. 2 FKAustG nicht über das Erforderliche hinausgehen.553 Überdies regelt § 8 Abs. 5 FKAustG ausdrücklich die Pflicht der Institute zum Vorhalten geeigneter Schutzmaßnahmen gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe nach dem Stand der Technik.554 Weitere Auskünfte zu dieser Bestimmung offenbaren weder das BMFSchreiben noch andere vom BZSt veröffentlichte Dokumente.555 Es ist davon auszugehen, dass die dynamische Bezugsgröße „Stand der Technik“ ebenso wie in Art. 32 Abs. 1 DS-GVO ausgelegt werden wird.556 Die Anforderungen in Art. 32 Abs. 1 DS-GVO sind ohnehin von den Instituten zu beachten, da sie selbst als Verantwortliche der Datenverarbeitung handeln.557 Die technisch-organisatorischen Maßnahmen sind nunmehr nach Art. 83 Abs. 4 Buchst. a) DS-GVO bei fehlender oder mangelhafter Umsetzung durch erhebliche Bußgelder sanktioniert. Der Bußgeldrahmen beträgt hierbei 10 Mio. Euro oder bis zu 2 % des erzielten Vorjahresumsatzes. Darüber hinaus sind die Finanzinstitute ebenso den generellen Grundsätzen der Datenverarbeitung, insbesondere dem Integritäts- und Vertraulichkeitsgebot nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. f)  DS-GVO, verpflichtet. Der Regelungsgehalt von FKAustG und DS-GVO verdoppelt sich insoweit. Als Konkretisierung des „Standes der Technik“ für den Bereich der Datensicherheit haben sich IT-Grundschutzkataloge etabliert, die auf Kontrollziele, Maßnahmenkataloge und Methoden aus dem Informationsmanagement zurückgreifen, um allgemein anerkannte, internationale Normen und Standards zu aggregieren. Diese werden von den Aufsichtsbehörden

of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 6, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/article-29/documentation/opinionrecommendation/files/2015/wp234_en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 553 Siehe generell zur Verankerung der Zweckgebundenheit im FKAustG Teil 5 B. IV. ​ 3. c) aa) (2). Eine geschäftsmäßige Nutzung ist generell ausgeschlossen – nicht jedoch in allen praktischen Fällen vermeidbar. Auch zur Erforderlichkeit der Datenverarbeitung als verfassungsrechtlich gebotene grundlegende Ausgestaltung von Verwendungszusammenhängen Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 178 Rn. 43. 554 Diese verfahrensrechtliche Ausgestaltung als entsprechende staatliche Schutzpflicht ist Ausfluss des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in seiner leistungsbezogenen Dimension i. S. eines status positivus, welche hier auch auf den Privaten übertragen wird, vgl. zu den Schutzmaßnahmen, Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung? 1987, S. 77 ff. 555 Das Kommunikationshandbuch des BZSts enthält keine Angaben über die Datenschutzbestimmungen, sondern dient nur der praktischen technischen Umsetzung der Regelungen. 556 Hierzu allgemein Martini, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 32 Rn. 56 ff.; sowie allgemein auch nach dem früheren BDSG Heibey, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 571 ff. 557 Nach Erwägungsgrund (12) und Art. 25 Abs. 2 Amtshilferichtlinie sind sie selbst Verantwortliche der Datenverarbeitung i. S. d. Datenschutzrichtlinie 95/46/EG. Es handelt sich damit nicht um eine bloße Auftragsverarbeitung i. S. v. Art. 4 Nr. 8 DS-GVO. Nunmehr wird der Verantwortliche in Art. 4 Nr. 7 DS-GVO definiert, wonach er auch Verantwortlicher der Datenverarbeitung sein kann, wenn die Verarbeitung durch unionales oder nationales Recht vorgeschrieben wird. Seine Verantwortung ist in Art. 24 ff. DS-GVO geregelt. Es ist davon auszugehen, dass die Amtshilferichtlinie zukünftig auf die DS-GVO verweisen wird.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

als geeignet erachtet, datenschutzrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden.558 Im europäischen Raum ist insbesondere die sog. „ISO 27 000-Normenreihe“ mit dem Zertifizierungsstandard „ISO“ etabliert, welche auch für die Datenverarbeitung nach CRS und FATCA genutzt wird. Die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben, unter anderem die der Datensicherheit, sind nach bisherigem Kenntnisstand nicht Teil der Außenprüfung.559 Eine Kontrolle ist jedoch als Ausformung staatlicher Gewährleistungsverantwortung im Rahmen einer Indienstnahme zur Datenverarbeitung zu wahren.560 Die Kontrolle der anlasslosen Außenprüfung bei Finanzinstituten nach § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 bis 203 AO sorgt zwar grundsätzlich für eine Angemessenheit der Datenverarbeitung, im Hinblick auf die Neugenerierung eines derartig umfangreichen Datenpools ist jedoch zweifelhaft, ob eine steuerliche Außenprüfung allein ausreichend ist.561 Zwar wird die ordnungsgemäße Einhaltung der nach dem FKAustG auferlegten Melde- und Sorgfaltspflichten, besonderen Sorgfaltspflichten sowie ergänzenden Melde- und Sorgfaltsvorschriften für Finanzkonteninformationen überprüft, ein konkreter bereichsspezifischer „Datenschutzaudit“, bei welchem auch die technisch-organisatorischen Schutznahmen sowie die Informations- und Auskunftsmöglichkeiten der Betroffenen Teil des Prüfungsumfangs sind, ist hingegen im FKAustG selbst nicht vorgesehen.562 So ist auf die generellen datenschutzrechtlichen Vorschriften zur Datenschutzaufsicht hinzuweisen.563 Die von Amts wegen durchzuführenden Datenschutzkon-

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Martini, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 32 Rn. 57. Eine Außenprüfung im Rahmen des FKAustG wurde nach bisherigem Kenntnisstand noch nicht durchgeführt. 560 Vgl. ausführlich zur Gewährleistungsverantwortung in Ausformung als Kontrollgarant Teil  4 F. II. 2. b) bb). Vgl. auch Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (228 ff.); zum Erfordernis der Kontrolle als Statut des „absoluten Rechtsstaats“: Huber, DVB1. 1952, 456 (460); Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 525 f.; 458 ff. 561 Vgl. bereits die generelle Aussage am Anfang des Kapitels Teil 5 B. IV. 2. b) bb) (4) (b). Zum Charakter der Außenprüfung im Allgemeinen und mit Verbindungen zu anderen Kontrollmaßnahmen, wie der Steuerfahndung, Rüsken, DStJG 31 (2008), S. 243 (244 ff.). Sowie allgemein zur Außenprüfung Rüsken, in: Klein, AO, § 194 Rn. 1 ff.; Intemann, in: Koenig, AO, § 194 Rn. 1 ff. Zur digitalen Außenprüfung Schüßler, Der Datenzugriff der Finanzverwaltung im Rahmen der (digitalen) Außenprüfung, 2010, S. 16 ff.; Drüen, StuW 2003, 205 ff. 562 Nähere Erkenntnisse zum regelmäßigen Umfang der Prüfung liegen mangels praktischer Ausführung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor. Vgl. auch im Hinblick auf die Beleihung von Übertragungsnetzbetreibern und die Schaffung eines notwendigen staatlichen Aufsichtsregimes Wolfers / ​Wollenschläger, N&R 2013, 251 (254). 563 Vgl. bereits hierzu Teil 4 E. II. 2. b) bb). Soweit kein bereichsspezifisches Datenschutzrecht im Steuerrecht besteht, bspw. in Ausformung des Steuergeheimnisses in § 30 AO, ist das BDSG in der konkreten Phase der Datenverarbeitung anzuwenden, vgl. im Zh. mit der digitalen Außenprüfung, Drüen, StuW 2003, 205 (215) sowie generell Carl / ​Klos, DStZ 1990, S. 341 (348). Nach § 1 Abs. 5 BDSG sind die Vorschriften des BDSG jedoch nicht anzuwenden, soweit das Recht der EU, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 – DS-GVO – in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt. 559

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trollen für den privaten Bereich oblagen bereits unter dem früheren Datenschutzrecht gem. § 38 Abs. 6 BDSG a. F. den Ländern, welche die erforderlichen Stellen einzurichten und zu ermächtigen hatten.564 Die hier vorliegenden erheblichen Unterschiede zwischen den Länderaufsichten könnten zu diversen Problemen führen und das Ziel einer einheitlichen Überprüfung des Datenschutzstandards bei der Ausführung der bundeseinheitlichen Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem Indienstnahmegesetz FKAustG konterkarieren.565 Mit der nunmehr geltenden DS-GVO ändert sich für die Aufsicht im privaten Bereich hieran nur bedingt etwas. So legt weder Art. 31 DS-GVO noch Art. 60 DS-GVO, umgesetzt durch § 18 BDSG, die grundsätzliche Zuständigkeitsordnung der Aufsichtsbehörden in Deutschland anders fest.566 Inhaltlich haben die Aufsichtsbehörden unter anderem das Recht zur anlassunabhängigen Kontrolle von Amts wegen und agieren dabei gänzlich unabhängig.567 Eine konkrete Kontrollpflicht für bestimmte Bereiche der Datenverarbeitung besteht nicht. Ursprünglich war außerdem ein freiwilliger Datenschutzaudit durch unabhängige Gutachter im Bundesdatenschutzgesetz nach § 9a BDSG a. F. vorgesehen, zu dessen näherer Ausführung jedoch kein Anwendungsgesetz ergangen ist.568 Unabhängig davon, dass eine solche Form der freiwilli 564 Die Einrichtung unabhängiger Kontrollstellen ist ein wesentliches Element zum Schutz personenbezogener Daten, Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 8 Rn. 17 ff.; EuGH, Urt. v. 16.10.2012  – C-614/10, ZD 2012, 563 (563) (K / ​Österreich); EuGH, Urt. v. 06.10.2015  – C-362/14, EuZW 2015, 881 (883 ff.) (Schrems), vgl. hierzu die Ausführungen in Teil 5 A. I. 2. d). Für den öffentlichen Bereich sind die Landes- und Bundesbeauftragten für Datenschutz zuständig. Da es sich hier um keinen Akt der Beleihung handelt, sondern eine Indienstnahme Privater zur Pflichtenerfüllung für öffentliche Zwecke (vgl. Teil 4 C.), sind nach hier vertretener Auffassung die Datenschutzmaßstäbe für den Privaten Bereich anzulegen. Vgl. zu den Abgrenzungsschwierigkeiten der Datenschutzkontrolle für den öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich Petri, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 17 ff.; insoweit ist zu überlegen, ob die Datenschutzkontrolle, ähnlich wie bei Sozialleistungsträgern nach § 81 SGB X, nicht der Aufsicht nach § 38 BDSG a. F. obliegen sollte, sondern, ausgehend von der Verarbeitung personenbezogener Daten aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung auch eine staatliche Datenschutzkontrolle erfolgen muss. Da die DS-GVO keine Unterscheidung zwischen öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich vorsieht, wird jedoch über eine Zusammenlegung der Aufsicht diskutiert, vgl. Heil, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 783 f. 565 Bspw. allgemein zur Problematik Schaar, in: Handbuch Föderalismus, Bd. III, S. 104 f. 566 Spoerr, in: BeckOK, DatenSR, DS-GVO, Art. 31 Rn. 7. 567 Hillenbrand-Beck, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 829. Die Unabhängigkeit schließt jegliche Einflussnahme der kontrollierten Stellen aus, aber auch jede sonstige äußere Einflussnahme, die die Aufgabenerfüllung der Stelle in Frage stellt. Notwendig ist eine institutionelle, funktionelle und materielle Unabhängigkeit. Die Unabhängigkeit der Datenschutzkontrolle wurde wiederholt durch den EuGH hervorgehoben: EuGH, Urt. v. 16.10.2012  – C-614/10, ZD 2012, 563 (563) (K / ​Österreich); EuGH, Urt. v. 09.03.2010  – C-518/07, Slg. 2010, I-1885, Rn. 30 (K / ​Deutschland): „Die Einrichtung unabhängiger Kontrollstellen in den Mitgliedsstaaten ist somit ein wesentliches Element der Wahrung des Schutzes der Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten“; vgl. auch nunmehr in EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (883 ff.) (Schrems), vgl. hierzu die Ausführungen in Teil 5 A. I. 2. d). 568 Roßnagel, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 459 f.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

gen Selbstregulierung wie diese den Eingriff in die Datenschutzrechte nur bedingt abmildern kann, ist der Staat seiner Gewährleistungsverantwortung bereits durch die unterbleibende Schaffung von Ausführungsgesetzen nicht gerecht geworden. Als Instrument der Selbstkontrolle ist überdies die Aufsicht des betrieblichen Beauftragten für den Datenschutz zu sehen. Dieser ist regelmäßig bei Finanzinstituten nach §§ 5 i. V. m. 38 BDSG schriftlich zu bestellen.569 Ihm obliegt nach Art. 39 DS-GVO i. V. m. § 7 Abs. 1 BDSG die Überprüfung der Einhaltung entsprechender datenschutzrechtlicher Bestimmungen, so auch die Überwachung von Datenverarbeitungsprogrammen, wie jenen, die für die Kontendatenverarbeitung zur Erstellung des CRS-Meldefiles verwendet werden. Die Datenschutzkontrollen nach DS-GVO / ​BDSG ergänzen die in § 5 Abs. 6 FKAustG vorgesehene anlasslose Außenprüfung bei Finanzinstituten, können jedoch nach der hier vertretenen Auffassung ein zwingendes bereichsspezifisches Datenschutzaudit nicht vollends substituieren und damit die erhebliche Eingriffstiefe nicht rechtfertigen.570 Der Grund hierfür besteht in der uneinheitlichen Regelung der aufsichtsbehördlichen Fremdkontrolle auf Landesebene. Ferner wird die Kontrolle durch die unabhängige Datenschutzaufsicht nicht, wie eine steuerliche Außenprüfung, bei Unternehmen einer gewissen Größe routinemäßig in einem konkreten zeitlichen Abstand vorgenommen, sondern nach pflichtgemäßem Ermessen, d. h. unter Berücksichtigung ihrer personellen Kapazitäten und wohl vorrangig stichprobenartig.571 Eine nur auf Selbstkontrolle angelegte Aufsicht des Datenschutzbeauftragten kann eine unabhängige Fremdkontrolle durch die Datenschutzaufsicht nach hier vertretener Auffassung nicht substituieren.572 Zwar gilt im Datenschutzrecht das „Kooperationsprinzip“, bei dem der Datenschutz nicht alleinige Aufgabe des Staats ist, sondern auch aufgrund der Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes freiwillige Lösungen der Aufsichtspraxis vorrangig sind.573 Dies würde jedoch im vorliegenden Fall den Aspekt der gesetzlichen Indienstnahme Privater für öffentliche Zwecke außer Acht lassen, welcher den Betroffenen in eine schlechtere Position bringt, als wenn die Datenverarbeitung durch die Finanzbehörden erfol-

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Finanzinstitute erfüllen in aller Regel Voraussetzungen für die Bestellungspflicht, da regelmäßig mehr als zehn Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung von personenbezogenen Daten beschäftigt sind; hierzu m. w. N. Gola / ​Körffer / ​Klug, in: Gola / ​Schomerus, BDSG § 4f Rn. 1 ff. 570 Wobei nähere Informationen zur Vorgehensweise und zum konkreten Umfang der Außenprüfung noch nicht bekannt sind, da ein solcher bis jetzt noch bei keinem Institut durchgeführt wurde. 571 Gola / ​Körffer / ​Klug, in: Gola / ​Schomerus, BDSG § 38 Rn. 14 ff. Dies gilt auch nach dem neuen Datenschutzrecht. 572 Zu den Mängeln der Selbstkontrollinstrumente m. w. N. Petri, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 8 f. 573 So, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 817 Rn. 2. Im Hinblick auf die zunehmende Selbstregulierung Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 181 f. Rn. 53 ff.

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gen würde.574 Insbesondere dient die Datenschutzkontrolle einem vorgezogenen Rechtsschutz der Betroffenen, der aus dem Gebot des effektiven Grundrechtsschutzes (Effektivitätsgebot) folgt und welcher hier aufgrund einer sich anschließenden Datenübermittlung an Drittländer erhebliche Bedeutung zukommt.575 Um den verfassungsrechtlich gebotenen staatlichen Gewährleistungsauftrag zu erfüllen, ist eine datenschutzrechtliche Fremdkontrolle durch unabhängige Datenschutzprüfer, gegebenenfalls auch aus den Landesbehörden, im Rahmen der steuer­ lichen Außenprüfung zwingend und in regelmäßigen Abständen erfolgen. Wandelt sich der Pflichteninhalt einer Indienstnahme im Bereich des Steuerverfahrens immer mehr von Steuerentrichtungspflichten hin zu umfangreichen Informationsmeldungen, sind auch die damit verbundenen Kontrollen anzupassen. Dabei hat ein bundeseinheitlicher Umfang, angelehnt an die Datenverarbeitung im Rahmen des FKAustG, zu gelten.576 Lediglich durch die Verbindung von verwendungsbeschränkender Zweck­ gebundenheit, der Gewährleistung geeigneter technischer Schutzmaßnahmen und einer staatlichen Kontrolle ist die Erstellung eines umfangreichen Datenpools für steuerliche Zwecke, des „CRS-Meldefile“, durch die privatrechtlich organisierten in Dienst genommenen Finanzinstitute für die Betroffenen zumutbar.577 Während Zweckgebundenheit und technische Schutzmaßnahmen nach der hier vertretenen Auffassung den grundrechtlichen Anforderungen genügen, wird eine rein steuerliche Außenprüfung den staatlichen Gewährleistungsauftrag nicht genügend gerecht.578

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Vgl. BVerfGE 65, 1 (46) verweist auf BVerfGE 49, 89 (142) und 53, 30 (61). In diesen Entscheidungen wird der Gesetzgeber zu verfahrensrechtlichen Vorkehrungen angehalten, die der Verletzung von verfassungsrechtlichen Schutzgütern Privater durch Private (dort: Kernkraftwerkbetreiber) entgegenwirken sollen. Der Datenschutz muss auch bei der Übertragung der Verwaltungsaufgaben auf Private gewährleistet sein, die nicht dem Steuergeheimnis unterliegen, so insbesondere bei Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuer­ gesetzen, 2012, S. 369 f. sowie auch Petri, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 2 ff. 575 Zum effektiven Rechtsschutz weiter Teil 5 B. VI.; VII. 576 Vgl. die regelmäßige und standardisierte Überprüfung der Datenschutzvorschriften bei der Datenübermittlung an das Ausland durch die OECD via Peer Reviews, vgl. Teil 5 E. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa). Eine solche Kontrolle auf regelmäßiger Basis sollte auch bei den zur Datenverarbeitung in Dienst genommenen Privaten auf nationaler Ebene erfolgen. 577 Zur hier gegebenen Zweckgebundenheit ausführlich Teil 5 B. IV. 3. c). Zu den Betroffenenrechten siehe Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). Zur Gewährleistungsverantwortung in Form einer staatlichen Kontrollfunktion bereits ausführlich im Hinblick auf das Indienstnahmerechtsverhältnis Teil  4 F. II. 2. b); Gallwas, VVDStRL 29 (1971), S. 211 (228 ff.); zum Erfordernis der Kontrolle als Statut des „absoluten Rechtsstaats“ Huber, DVB1. 1952, 456 (460); Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 525 f.; 458 ff. 578 Nähere Erkenntnisse zum regelmäßigen Umfang der Prüfung liegen mangels praktischer Ausführung zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht vor. Vgl. auch das gleiche Ergebnis zur Indienstnahme in Teil 4 E. II. 2. b).

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(bb) Auswirkungen der Erhebung der steuerlichen Ansässigkeit und der Steuer-IdNr. auf die Eingriffsintensität Darüber hinaus kann die Erhebung der steuerlichen Ansässigkeit und der ­ teuer-IdNr. durch einen Privaten, welcher im Gegensatz zu den staatlichen Stellen S keiner Grundrechtsbindung und nicht dem Steuergeheimnis gem. § 30 AO unterliegt, gegebenenfalls eingriffsintensivierende Wirkung entfalten.579 Es handelt sich hier um steuerliche und gleichzeitig personenbezogene Daten die im Rahmen eines Steuerverfahrens verarbeitet werden. Die verarbeitende Stelle, das Finanzinstitut, handelt hier jedoch nicht als Amtsträger in einem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverfahren. Die bei einem Steuerverfahren mit der Verletzung des Steuer­ geheimnisses zusammenhängenden Folgen einer Strafbewährung gem. § 355 StGB, disziplinarrechtlicher Sanktionen oder zivilrechtlicher Amtshaftungsansprüche auf Schadensersatz nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB greifen mithin nicht. Hier ist anzumerken, dass nun auch für jeden Steuerinländer die Steuer-IdNr. regelmäßig im Rahmen der Legitimationsprüfung nach § 154 Absatz 2a AO580 von Finanzinstituten eingeholt werden muss. Die steuerlichen Angaben sind hierbei ausschließlich vor dem Hintergrund des steuerlichen Informationsaustauschs von Bedeutung und haben keinerlei Relevanz für die Bank- oder Versicherungsgeschäfte des Kontoinhabers. Aus den steuerlichen Daten, die dem Finanzinstitut zur Weiterverarbeitung offenzulegen sind, können sich durchaus jedoch weiterführende Informationen ergeben. Hierbei spielt primär nicht die steuerliche Ansässigkeit die ausschlaggebende Rolle, da diese zumeist gleichzeitig in der Jurisdiktion des Hauptwohnsitzes beziehungsweise Geschäftssitzes des Betroffenen gelegen ist; letztere ist dem Finanzinstitut ohnehin im Regelfall bekannt.581 Vielmehr kann die Steuer-IdNr. hierbei eine Kennnummer sein, die deutlich mehr Auskünfte über 579

Vgl. zur Gefahrenerhöhung durch die Erhebung der Daten mithilfe von Dritten BVerfGE 115, 320 (351); 125, 260 (321 f.); siehe auch Wilhelm, Das revidierte abgabenrechtliche Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 132, 137 ff. Vgl. zur Bindungswirkung des Steuergeheimnisses Rüsken, in: Klein, AO, § 30 Rn. 31 f., insbes. parallel in Bezug zu Abzugsverpflichteten Rn. 37. Mit weiteren Beispielen Anzinger, in: ders. / ​ Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (100 f.); sowie Alber, in: Hübschmann / ​Hepp / ​Spitaler, AO, § 30 AO Rn. 30b. Vgl. ebenfalls Teil 4 A. II. 1. a). Grundsätzlich ist die Einschränkung des Rechts der Steuerbürger auf informationelle Selbstbestimmung aufgrund der finanzbehördlichen Aufklärungsbefugnisse im Lichte des Datenschutzes nur erträglich, wenn der offenbarende Steuerbürger gegen eine unbefugte Verwendung und Weitergabe seiner Daten geschützt ist. Diesen Datenschutz gewährleistet das in § 30 AO verankerte Steuergeheimnis, welches insoweit als bereichsspezifische Norm den allgemeinen Datenschutzgesetzen vorgeht, vgl. hierzu Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (688). 580 Eingeführt durch Art. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682). 581 Dennoch sollte an dieser Stelle auf die Möglichkeiten der sog. „Clusteranalysen“ unter dem Überbegriff „Data Mining“ hingewiesen werden, die es ermöglichen anhand Adresse, Alter und anderer Angaben des Betroffenen Rückschlüsse auf dessen sozialen wie ökonomisch-​

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den Betroffenen gibt als nur die Jurisdiktion der steuerlichen Ansässigkeit. In Deutschland ist die Steuer-IdNr. nach § 139a Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 139b AO ein einheitliches Identifikationsmerkmal, welches durch den BFH als verfassungsgemäß bewertet wurde.582 Aus ihr lassen sich jedoch keine weiteren Informationen ableiten, es handelt sich also um eine sog. „nicht sprechende“ Ziffernfolge.583 Im Vergleich zur ihr ließ die frühere deutsche Steuernummer Rückschlüsse auf den Tätigkeitsbereich des Steuerpflichtigen in verschlüsselter Form zu.584 Diese Information könnte die Bank dechiffrieren und für andere Zwecke, wie den der Werbung oder der Kreditvergabe, verwenden. Am Informationsaustausch teilnehmende Jurisdiktionen könnten unter Umständen Kennnummern gesetzlich vorsehen, die ebenfalls auf derartige personenbezogene Daten des Kontoinhabers hinweisen. Im Vergleich lässt sich jedoch ersehen, dass die meisten teilnehmenden Jurisdiktionen mittlerweile ausschließlich „non-descriptive“ Kennnummern nutzen.585 Die Kennnummern, welche, wie im Fall von Italien oder Ungarn, das Geburtsdatum und Geschlecht erkennen lassen, stellen keinen erhöhten Eingriffscharakter dar, diese Informationen sind den Finanzinstituten ohnehin bekannt. Soweit nicht auf „besondere Kategorien persönlicher Daten“, wie die ethnische Herkunft, die Religionszugehörigkeit und die berufliche Tätigkeit sowie die Gewerkschaftszugehörigkeit, rückgeschlossen werden kann, sind nicht die erhöhten Anforderungen an die Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach Art. 9 DS-GVO zu beachten.586 Das mit der Erhebung der Steuer-IdNr. verbundene Risiko ist, soweit es sich um die weit überwiegend genutzten „non-descriptive“ Ziffernfolgen handelt, nach der vorliegend vertretenen Auffassung gering einzustufen und daher von geringer Eingriffsintensität, die in Anbetracht des verfolgten Ziels angemessen ist.587 gesellschaftlichen Satus zu generieren und daraufhin kundenspezifische Beratung sowie Kreditwürdigkeiten zu prüfen, vgl. hierzu m. w. N. Scholz, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1839 ff. Rn. 37. 582 BFHE 235, 151 ff.; zuvor FG Köln, 07.07.2010 – 2 K 3093/08 = DStRE 2011, 240 ff.; vgl. hierzu Teil 5 A. I. 1. c). Zur Verfassungsmäßigkeit der deutschen Steuer-IdNr. allgemein auch Rätke, in: Klein, AO, § 139b Rn. 4 ff.; Heil / ​Greve, ZD 2013, 481 (482). 583 Vorgeschrieben für das Identifikationsmerkmal nach § 139a Abs. 1 S. 2 AO ist nur eine Ziffernfolge, die nach Abs. 2 S. 2 Hs. 2 durch eine Prüfziffer abgeschlossen wird. Buchstaben sind unzulässig; Rätke, in: Klein, AO, § 139a Rn. 5; Cöster, in: Koenig, AO, § 139a Rn. 7. Diese Information könnte die Bank für andere Zwecke, wie den der Werbung, verwenden. 584 Vgl. Antwort der BReg auf kleine Anfrage, BT-Drucks 15/5974 unter 4. 585 Zur Übersicht der OECD zum Aufbau der „Taxpayer Identification Numbers“ aller teilnehmenden Jurisdiktionen siehe https://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/crs-imple​ mentation-and-assistance/tax-identification-numbers/ (zuletzt abgerufen 03.03.2016). Wobei nicht immer aus den Berichten hervorgeht, ob es sich um „non-descriptive numbers“ handelt. 586 Vgl. Puhl, DStR 1991, 1173 (1174 f.). Ausführlich zum Anwendungsbereich und der Ausnahmen von Art. 9 DS-GVO Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 9 Rn. 1 ff. Kontendaten selbst wurden nicht in den Katalog dieser besonders sensiblen Daten aufgenommen. 587 A. A. Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 204 sowie generell zur Einführung einer Steuer-IdNr. Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (154), welcher auf die Pflicht des Gesetzgebers hin-

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

(cc) Eingriffsintensivierung durch Erweiterung des Betroffenenpersonenkreises Zuletzt ist die Eingriffsintensität jedoch dadurch erhöht, dass nicht nur die letztlich der Meldung unterliegenden Kontoinhaber mit steuerlicher Ansässigkeit in einer am CRS teilnehmenden Jurisdiktion durch die Datenverarbeitung betroffen sind. Vielmehr ist der gesamte vom Institut geführte Kundenstamm nach dem Standard zu klassifizieren. So sind die Konten nach gewissen gesetzlich vorgegebenen Kriterien zu filtern, um am Ende eine Entscheidung über die Meldepflicht zu treffen. Aus dem gesamten Datenbestand sind zunächst jegliche ausgenommenen Konten i. S. d. § 19 Nr. 34 FKAustG zu exkludieren. Hiernach sind bei den Finanzkonten i. S. d. § 19 Nr. 18 FKAustG die unterschiedlichen Identifizierungen nach Bestandsund Neukontenverfahren durchzuführen.588 Bei beiden Verfahrensvarianten umfasst der Verarbeitungsumfang alle Finanzkontenbeziehungen, unabhängig davon, ob sie später als meldepflichtig gelten oder nicht. So ist im Identifizierungsverfahren für Bestandskonten, d. h. für Kontenbeziehungen bis zum Stichtag 31.12.2016, ein originäres Screening sämtlicher Konten durchzuführen, um nach den gesetzlich normierten Indizien beziehungsweise nach den bereits aufgrund Geldwäschevorschriften eingeholten Dokumenten meldepflichtige Konten herauszufiltern, vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1, 2 FKAustG sowie § 12 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG und § 14 Abs. 5 weist, neue technische Möglichkeiten zu evaluieren um die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs regelmäßig zu bewerten und das mildeste Mittel zu wählen. Auch verweist Anzinger darauf, dass gesetzliche Schranken der Verwendung öffentlich zugänglicher Identifikationsmerkmale nur begrenzt wirken, wenn ein großes praktisches Bedürfnis zu ihrer Verwendung besteht, vgl. Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (153). Dies gilt insbesondere für die große Verbreitung der Seriennummer des Personalausweises im privaten Geschäftsverkehr, bspw. durch den Deutschen Fußballbund bei der Einlasskontrolle zu den Spielen der privat organisierten FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland, hierzu AG Frankfurt v. 28.03.2006, 32 C 723/06–72, CR 2006, 423 ff. Dieser ist jedoch gerechtfertigt, um Personen auf sog. „Hooligan-Listen“ vom betreten des Stadions abzuhalten. Zur Notwendigkeit der Erhebung und Weiterleitung der Steuer-IdNr. auch die Ausführungen in der Angemessenheitsprüfung, vgl. Teil  5 B. I. 1. c) bb) (4). Bezüglich der Religionszugehörigkeit ist im Vergleich ein Abzug der Kirchensteuer auf abgeltend besteuerte Kapitalerträge, die ab 1. Januar 2015 zufließen, verpflichtend vorzunehmen. Im Vorfeld wird der Abzugsverpflichtete (z. B. ein Kreditinstitut, eine Versicherung oder eine Genossenschaft) beim BZSt in einem automatisierten Verfahren abfragen, ob der Kunde oder das Mitglied Angehöriger einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft ist und welcher Kirchensteuersatz angewendet werden muss. Bei bestätigter Kirchensteuerpflicht wird der Kirchensteuerabzugsverpflichtete dann die auf die abgeltend besteuerten Kapitalerträge entfallende Kirchensteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen. Hier kann ein Sperrvermerk durch den Betroffenen beim BZSt hinterlegt werden, sodass die abzugspflichtige Stelle keine Information über die Religionszugehörigkeit bekommen kann, vgl. zum Sperrvermerk Treiber, in: Blümich, EStG, § 51a Rn. 90 ff. Siehe des Weiteren die datenschutzrechtlichen Aspekte der Speicherung der Religionszugehörigkeit im ELStAM Verfahren kritisch Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (134 ff. insbes. 138). 588 Vgl. siehe ausführlich zu den Identifizierungsverfahren Teil 3 B. I.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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FKAustG.589 Darüber hinaus ist im Neukontenverfahren (das alle Kontobeziehungen ab dem 01.01.2016 betrifft) bei jeglichen Finanzkonten die steuerliche Ansässigkeit und Steuer-IdNr. durch Selbstauskünfte nach § 13 Abs. 2 FKAustG und § 16 Abs. 2 FKAustG zu erheben. Die Einholung der Selbstauskunft ist auch hier verpflichtend unabhängig davon, ob das Konto sich später als meldepflichtig erweist oder nicht. § 6 Abs. 1 FKAustG bildet die formell-gesetzliche Grundlage für eine solche Datenverarbeitung aller vom Finanzinstitut geführten Konten, unabhängig davon, ob es sich bei dem Inhaber der Konten letztlich um eine meldepflichtige Person handelt oder nicht.590 § 6 Abs. 1 S. 2 FKAustG i. V. m. Rn. 5, 214 BMF-Schreiben sieht dabei vor, die steuerliche Ansässigkeit und die Steuer-IdNr. nicht nur von Kontoinhabern mit Ansässigkeit in einer am CRS teilnehmenden Jurisdiktion zu erheben. So werden auch Konten eine steuerliche Ansässigkeit zugeordnet und gespeichert, deren Kontoinhaber eine ausschließlich deutsche steuerliche Ansässigkeit haben oder ausschließlich steuerlich in einem nicht am CRS teilnehmenden Staat ansässig sind. Gleiches gilt für Kontoinhaber, die in einer am CRS teilnehmenden Jurisdiktion ansässig sind, die sich zunächst nur zu einer einseitigen Informationsmeldung verpflichtet hat.591 Diese Daten haben die Finanzinstitute nach Gesetz zu erheben, einem Konto zuzuordnen und zu speichern, obwohl sie später nicht beziehungsweise vorerst nicht an einen teilnehmenden Staat gemeldet werden.592 Durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz vom 23. Juni 2017 ist 589

Bei Bestandskonten kann sich das Finanzinstitut auf die in seinem Besitz befindlichen Informationen verlassen und eine elektronische Suche in seiner Datenbank durchführen, wonach durch ein Indizienscreening die steuerliche Ansässigkeit des Kontoinhabers in der Regel nach seiner Hausanschrift (bei natürlichen Personen) oder nach seinem Sitz (bei Rechts­trägern) angenommen wird, vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1 und § 12 Abs. 1 Nr. 1 FKAustG; hierzu siehe ausführlich Teil 3 B. I. 3. 590 § 6 Abs. 1 FKAustG: „Finanzinstitute haben zur Wahrung der Melde- und Sorgfaltspflichten nach diesem Gesetz zu den von ihnen geführten Konten die steuerliche Ansässigkeit des Konteninhabers zu erheben und seinem Konto zuzuordnen, unabhängig davon, ob es sich bei dem Kontoinhaber oder dem sonstigen Kunden um eine meldepflichtige Person im Sinne der Melde- und Sorgfaltspflichten nach diesem Gesetz handelt. Bei der Erhebung der steuerlichen Ansässigkeit nach Satz 1 gelten die von den Finanzinstituten geführten Konten insoweit als Konten, für die die Melde- und Sorgfaltspflichten nach diesem Gesetz einzuhalten sind; dies schließt auch die Erhebung der Steueridentifikationsnummer ein.“ Eine solche Vorgehensweise zur Datensammlung wird durch die OECD im CRS-Kommentar ausdrücklich unter dem Begriff „wider approach“ vorgesehen, vgl. Annex 5 des CRS-Kommentars. 591 Aufgrund einer Notifikation dieses Staates gem. § 7 Abs. 1 Buchst. b der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten übermittelt die Bundesrepublik Deutschland nach § 2 Abs. 1.2 dieser Mehrseitigen Vereinbarung keine Finanzkonteninformationen an diesen Staat, erhält jedoch Finanzkonteninformationen von diesem. Deshalb sind auch in diesem Fall bis auf weiteres keine Finanzkontendaten durch meldende Finanzinstitute dem Bundeszentralamt für Steuern gem. § 5 Abs. 1 FKAustG zu übermitteln. 592 Bspw. Cayman Islands. Vgl. die Auflistung der „teilnehmenden Staaten“ und der Hinweis im BZSt-Portal: https://www.bzst.de/DE/Steuern_International/CRS/Allgemeine_Informa​ tionen/​Allgemeine_Informationen_node.html (zuletzt aufgerufen 01.07.2017).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

im Rahmen der Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2 AO ausdrücklich vorgesehen, das steuerliche Identifikationsmerkmal, d. h. bei natürlichen Personen die Steueridentifikationsnummer i. S. d. § 139b AO und bei juristischen Personen zukünftig die Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c AO zu erheben und aufzuzeichnen, um dieses für das Melderegime und die Auskunftsersuchen nutzbar zu machen. Der betroffene Personenkreis umfasst hier nicht nur jeden Kontoinhaber und jeden anderen Verfügungsberechtigten, sondern auch jeden anderen fiktiv wirtschaftlich Berechtigten.593 Eine derartige Informationserhebung und Speicherung „auf Vorrat“ ist – auch ohne spätere Weiterleitung der Daten an das BZSt – keine unwesentliche Beeinträchtigung von Grundrechten.594 Insbesondere hier ergeben sich weitreichende Parallelen zur Materie der Vorratsdatenspeicherung.595 Wie bereits in den Ausführungen zur Angemessenheit der Datenverarbeitung im Rahmen des FKAustG ausgeführt, kann eine vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Daten prinzipiell grundrechtlich zulässig sein. Dem Gesetzgeber steht in Grenzen ein Prognosespielraum zu. Dieser kann durch die gesetzliche Verpflichtung zur Datenerhebung in Anbetracht der territorialen Ausbreitung des CRS-Regimes für die nahe Zukunft durchaus gerechtfertigt erscheinen. Nach europäischer und nationaler Rechtsprechung sind derartige vorsorgliche Datensammlungen jedoch an besondere Begründungsanforderungen gebunden und maßvoll auszugestalten.596 Dies ergibt sich auch aus dem Verfahrensgrundsatz der Datenminimierung i. S. d. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) DS-GVO.597 Die Verarbeitung des gesamten Kundenstamms ist nach der hier vertretenen Auffassung zwar eingriffsintensiv, in Anbetracht zum Ziel allerdings angemessen.598 593

Art. 1 Nr. 10 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682). 594 Zu Informationserhebungen gänzlich ohne Grundrechtsrelevanz, wie bspw. Zufallsfunden, siehe Glaeser, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VI, § 129, Rn. 96. 595 So auch Mittelberger, PinG 2015, 268 (268 ff.); Hamacher, IStR 2016, 171 (176). Zur Vorratsdatenspeicherung haben sich BVerfG und EuGH bereits geäußert: BVerfGE 125 260 ff.; EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und 594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights Ireland); vgl. auch Teil 5 A. I. 2.  596 Vgl. insbesondere BVerfGE 125, 260 (317 f.); 130, 151 (187). 597 Vgl. ausführlich hierzu Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 5 Rn. 34 ff. 598 Nach der hier vertretenen Auffassung liegt auch in der Datenverarbeitung und Erhebung bei Kontoinhabern eine Eingriffsintensivierung vor, die nicht von der schlussendlichen Meldung betroffenen sind. Aufgrund der Verfügungsbefugnis über die eigenen Daten liegt in jedem staatlichen Akt der Informationsbeschaffung oder -weitergabe ein Eingriff in die Freiheitsgrundrechte vor (sog. „Lehre vom Informationseingriff“), Bull, Verfassungsrechtlicher Datenschutz, in: Gedächtnisschrift Sasse, Bd. II, 1981, S. 869 (876 ff.); Schwan, VerwArch. 66 (1975), 120 (128 ff.) m. w. N.; die Erheblichkeitsschwelle für einen Eingriff, die einige Literaturstimmen angesichts des weiten Begriffs der Datenverarbeitung fordern, ist überschritten; vgl. kritisch zur Ausweitung des Eingriffsbegriffs beim Recht auf informationelle Selbstbestim-

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Zunächst basiert die Datenverarbeitung auf klar bestimmten Regelungen des FKAustG.599 Die Sorgfaltspflichten geben bestimmt und detailliert vor, wie der Kundenstamm durch die Institute gefiltert wird, ohne dass den in Dienst genommenen Finanzinstituten hierbei ein weitreichender Beurteilungsspielraum zukommt.600 Die datenschutzrechtliche formell-gesetzliche Ermächtigungsnorm zur Datenverarbeitung aller Kontendaten ergibt sich aus § 6 Abs. 1 FKAustG. Das erstmalige Screening auf ausländische Indizien jeglicher im Besitz des Instituts befindlichen Datensätze von Bestandskonten ist angemessen. Um die für die Meldung relevanten Kontenbeziehungen zu identifizieren und zu kategorisieren, ist eine Sichtung sämtlicher Datensätze zwingend erforderlich. Nur durch die Filterung aller Kontenstammdaten nach den gesetzlich vorgeschriebenen Schritten können meldepflichtige von nicht meldepflichtigen Konten separiert werden. Die Erhebung und Speicherung der Daten über Kontoinhaber, welche nicht meldepflichtig sind, unterliegen den regulär für die gesamte Verarbeitung vorgesehenen technisch-organisatorischen Schutzmaßnahmen.601 Grundrechtlich zu hinterfragen, insbesondere unter dem Aspekt der Datensparsamkeit, erscheint jedoch die Erhebung von steuerlicher Ansässigkeit und Steuer-IdNr. bei allen Neukonten nach § 6 Abs. 1 FKAustG i. V. m. Rn. 10, 215 BMF-Schreiben, auch wenn diese Konten nicht einer späteren Meldung unterliegen.602 Hier ist jedoch der enorme praktische Zweck dieses sog. „wider approach“603 hervorzuheben.604 Wäre es den Finanzinstituten nicht gestattet, die Datenerhebung mung Hoffmann-Riem, AöR 123 (1998), S. 513 (531); Kloepfer, Datenschutz als Grundrecht, 1980, S. 25; Kloepfer / ​Breitkreuz, DVBl 1998, 1149 (1152); Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl., Art. 2 I, Rn. 87; Rudolf, in: HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 65. Vgl. auch zu den Maßnahmen wie der Toll Collect-Video-Überwachung, wo es an einem Eingriffscharakter der Maßnahme, fehlt, da sie keine oder nur unwesentliche Nachteile verursacht, BVerfGE 115, 320 (343); 100, 313 (366); 107, 299 (328); 120, 378 (399). Im vorliegenden Fall kommt es eben nicht zu einer rein technikbedingten Datenverarbeitung und anschließenden Löschung, sondern zu einer bewusst gesetzlich vorgesehenen Identifizierung und Klassifizierung. 599 Mit Ausnahme der in Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (3) aufgezeigten Aspekte, insbesondere bezüglich der aktiv / ​passiv Qualifikation. 600 Vgl. Teil  4 E. III. 3. c) bb) (2) (d). 601 Diese Pflicht des Gesetzgebers bedingt die leistungsstaatliche Dimension des Grundrechts, vgl. ausführlich bereits Teil 4 E. III. 3. c) bb) (2) (b) (aa); siehe allgemein zu den technisch-organisatorischen Schutzmaßnahmen Martini, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 23 Rn. 56 ff.; sowie allgemein auch nach dem früheren BDSG Heibey, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 571 ff. 602 Vgl. ausführlich hierzu Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 5 Rn. 34 ff., vgl. auch zur Vergabe einer Steuer-IdNr. bei Neugeborenen ohne Steuerpflicht als eine Speicherung auf Vorrat, unter kritischen Gesichtspunkten Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (151) sowie (155). Im Hinblick auf das generelle Auskunftsverfahren und Datensammlungen „auf Vorrat“ Eilers, Das Steuergeheimnis als Grenze des internationalen Auskunftsverkehrs, 1987, S. 83 f. 603 Annex 5 des CRS-Kommentars der OECD. 604 Vgl. ebenso überwiegen praktische Erwägungen bei der Wahl zwischen Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen bei Banken, vgl. BFHE 228, 145 ff. Durch die nunmehr rechtlich gleichgestellte Handhabung von Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen bedient sich das

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

und Speicherung unterschiedslos bei allen Neukonten vorzunehmen, müssten sie diese Datenerhebung im Nachhinein durchführen, sobald sich eine weitere Jurisdiktion zur CRS-Meldung verpflichtet.605 Praktisch würde dies bedeuten, dass die Institute nach Kontoeröffnung sämtliche Kontenbeziehungen ständig durchsuchen beziehungsweise die Kunden direkt anschreiben müssten. Da im Zuge der globalen Initiative vermehrt Jurisdiktionen dem multilateralen Vertrag beitreten und sich zur Meldung verpflichten, würde dies eine erhebliche auf Dauer angelegte Pflicht für die Institute bedeuten. Zudem erscheint es fraglich, ob ein widerholt durchzuführendes Screening der Daten weniger eingriffsintensiv ist als die Datenerhebung und -speicherung bei Kontoeröffnung. Darüber hinaus bedeutet eine nachträgliche Datenerhebung erhebliche Mehraufwendungen. Diese Mehraufwendungen sind in Anbetracht der Eingriffstiefe unangemessen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass Institute diesen Mehraufwendungen unter Umständen nicht zeitgerecht nachkommen können, unter anderem da Kontoinhaber nicht umgehend auf die Anfrage des Instituts reagieren. Bei einem derartigen Umstand wäre auch das Ziel des Kontendatenaustauschs nicht erfüllt, denn die steuerlichen Daten würden nicht in geeigneter Form fristgerecht übermittelt werden können. Somit ist auch die Datenerhebung auf Vorrat nach dem „wider approach“ angemessen.606 (dd) Eingriffsintensivierung durch Datenverarbeitung mittels externer Dienstleister Finanzinstitute können sich nach § 9 Abs. 4 FKAustG i. V. m. BMF-Schreiben, Rn. 207 eines externen Dienstleisters zur Erfüllung der ihnen nach dem FKAustG auferlegten Melde- und Sorgfaltspflichten bedienen. Diese Regelung bietet insbesondere für kleinere Institute eine in Praxis oft genutzte Möglichkeit des Outsourcings. Datenschutzrechtlich handelt es sich hier um eine Auftragsverarbeitung i. S. v. Art. 4 Nr. 8 DS-GVO. Die h. M. sieht in einer Datenpreisgabe an Auftragsverarbeiter selbst keine Datenverarbeitung in Form einer Übermittlung i. S. v. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO.607 Der Auftragsverarbeiter seinerseits hat darüber ­hinaus nach Art. 28 Abs. 1 DS-GVO unter anderem Garantien für technische-­ organisatorische Maßnahmen zu übernehmen. Außerdem obliegt die Verantwor­ inanzamt oft den Urkundenersuchen, da diese effizienteres Beweismittel sind  – für den F Steuerpflichtigen allerdings greifen sie tiefer in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein, insbes. wenn Kontenbewegungen offengelegt werden  – trotz rechtlicher Gleichstellung gilt die Ermessensregelung im Einzelfall nach § 5 AO; hierzu kritisch Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 105 ff. 605 Vgl. die Argumentation der OECD, Annex 5 des CRS-Kommentars der OECD. 606 Auch erscheint die generelle Erhebung der Steuer-IdNr. im Rahmen der Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2 AO für angemessen, wenn man sich die Vielzahl der Möglichkeiten der Kontendatenpreisgabe an Finanzbehörden vor Augen hält, vgl. Teil 4 A. 607 Hierzu Martini, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 28 Rn. 8 ff.; ebenso zur früheren § 11 BDSG Anordnung Petri, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 11 Rn. 43; a. A. Härting, ITRB 2016, 137 (138 f.).

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tung für die Erfüllung der Melde- und Sorgfaltspflichten weiterhin ausdrücklich nach § 9 Abs. 4 FKAustG den meldenden Finanzinstituten. Es ist daher weder aus rein datenschutzrechtlicher Betrachtungsweise noch aus Sicht der Erfüllung der Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG eine Eingriffsintensivierung durch die Möglichkeit der externen Datenverarbeitung zu erkennen. Eine Datenverarbeitung mittels externer Dienstleister ist in Abwägung zum angestrebten Ziel der Verhinderung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung angemessen. (ee) Zwischenergebnis Zusammenfassend ergibt sich der Befund einer zunächst grundsätzlichen Angemessenheit der Datenverarbeitung durch die Finanzinstitute im Rahmen der FKAustG-Sorgfaltspflichten. Die vorliegend aufgeführten speziellen Abwägungspunkte führen jedoch zu einer Eingriffsintensivierung, die lediglich vor dem Hintergrund einer staatlichen Kontrolle der Datenverarbeitung angemessen ist. Die staatliche Kontrollfunktion hat die Einhaltung der Melde- und Sorgfaltspflichten sowie die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu überwachen. (c) Meldung der Finanzkontendaten an das Bundeszentralamt für Steuern Nachdem die Filterung der Kontenbeziehungen abgeschlossen ist und die melde­ pflichtigen Kontendaten im „CRS-Meldefile“ zusammengefasst worden sind, schließt sich die nächste Eingriffsphase an. Das Meldefile ist jährlich durch die Finanzinstitute an das BZSt gem. §§ 8 i. V. m. 27 Abs. 2 FKAustG zu melden.608 Bei dieser Meldung handelt es sich um eine Verarbeitung im datenschutzrechtlichen Sinne in Form einer Offenlegung durch Übermittlung i. S. d. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO.609 Generelle Zweifel an der Verfassungskonformität der datenschutzrechtlichen Erlaubnisnorm zur Übermittlung der Konteninformationen für steuerli 608

Siehe Teil 5 B. IV. 2. c); hiervon zu trennen ist die Datenpreisgabe an das Ausland, welcher ein separater Verarbeitungsschritt ist und damit einen grundsätzlich eigenständigen Eingriff darstellt, mithin damit getrennt bewertet werden muss; zur sog. „Eingriffslehre“ Bull, Verfassungsrechtlicher Datenschutz, in: Gedächtnisschrift Sasse, Bd. II, 1981, S. 869 (876 ff.); Schwan, VerwArch. 66 (1975), 120 (128 ff.); a. A. Schmidt, BB 2005, 2155 (2162), welcher qualitativ den Datenabruf beim automatisierten Kontenabruf mit strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen, wie etwa einer Beschlagnahme oder Durchsuchung gleichstellt – wohl aber das dort, anders als die Datenübermittlung nach dem FKAustG, dieser heimlich durchgeführt wird. 609 Zur Offenlegung Ernst, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 4 Rn. 30. Vgl. auch zum automatisierten Kontenabruf Wilhelm, Das revidierte Kontenabruf­ verfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 195, welcher auf die neuen Rekombinierungsmöglichkeiten der Steuerverwaltung mit bereits bestehenden Daten über den Steuerpflichtigen eingeht.

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che Zwecke liegen nicht vor. Die Datenverarbeitung ist nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. e) DS-GVO für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt und dem Verantwortlichen übertragen wurde.610 Sie basiert auf internationalen und europäischen Rechtsgrundlagen i. S. d. Art. 6 Abs. 3 DS-GVO. Die Kontendaten verlassen bei Übermittlung des CRS-Meldefiles endgültig den Herrschaftsbereich des Finanzinstituts und werden auf diese Weise dem Staat zugänglich gemacht. Die Daten sind beim CRS-Regime nicht direkt an die ausländischen Behörden zu melden und bleiben daher zunächst im deutschen Rechtsraum, wo sie den deutschen Datenschutzstandards unterliegen.611 Zunächst enthält das FKAustG selbst spezialgesetzliche Regelungen bezüglich Datenverarbeitung durch das BZSt, insbesondere die Zweckbindung nach § 5 Abs. 7 FKAustG sowie die Speicherfrist und Löschungspflicht nach § 5 Abs. 5 FKAustG.612 Des Weiteren sind die Daten, sobald sie in dem Herrschaftsbereich des BZSts sind, vom Anwendungsbereich des Steuergeheimnisses nach § 30 AO als einfachgesetzlicher Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung umfasst.613 Alle vom Bundesamt verarbeiteten Daten, inkl. der Angaben über die steuerliche Ansässigkeit und die Steuer-IdNr., unterliegen dabei dem Geheimnisschutz.614 Dieser 610

Vgl. zur generellen Rechtfertigung Teil  5 B. III. 3. c) bb) (4) (a). Dies war unter der ursprünglichen FATCA-Initiative zunächst anders vorgesehen. Hier sollten die Finanzinstitute die Kontendaten direkt an die US-amerikanische Steuerbehörde melden; hierzu kritisch Schulte, RIW 2012, 129 ff., der in einem solchen Fall die ausdrückliche Einwilligung des Kontoinhabers fordert, da es an einer gesetzlichen Grundlage mangelt. Später im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Änderungen durch das „Joint Statement“ und die völkerrechtliche Vertragsgrundlage Beier / ​Schulte, RIW 2012, 282 ff.; sowie unter Bezug auf die Ausführungen der 29-Data Protection Working Party Beier / ​Schulte, RIW 2012, 683 ff. Unter dem IRS Model IGA Typ 2 ist diese Option für Jurisdiktionen noch heute möglich, indem die Finanzinstitute einem „FFI-Agreement“ folgen. Japan, Hong Kong und Chile haben bspw. hiervon Gebrauch gemacht; vgl. allgemein zur Fragestellung einer Unterscheidung des Schutzgehalts, ob Datenweitergabe über die Grenze hinweg engeren Voraussetzungen genügen müssen Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 83. 612 Siehe generell zur Verankerung der Zweckgebundenheit im FKAustG Teil 5 B. IV. 3. c). Die 29-Data Protection Working Party der EU, sieht die Zweckfestsetzung „Vermeidung von Steuerhinterziehung“ in Anbetracht des datenschutzrechtlichen Grundsatzes der „Purpose limitation“ als zu generisch an, vgl. „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 6, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_ en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 613 Dabei gibt es keine Beschränkung steuerlicher Informationsgewinnung, soweit diese auf einer gesetzlichen Grundlage fußt. § 30 AO greift erst ein, wenn die Daten im schützenden Bereich der Verwaltung sind ohne dabei den behördlichen Informationseingang zu limitieren, vgl. Drüen, Die Indienstnahme Privater für den Vollzug von Steuergesetzen, 2012, S. 275 f.; zur Entwicklungsgeschichte des Steuergeheimnisses, Koch / ​Wolter, Das Steuergeheimnis, 1958, S. 3 ff. und Carl / ​Klos, IStR 1995, 225 ff. 614 Selbst innerhalb des hierarchischen Verwaltungsapparates ist die Weitergabe von Informationen teilw. untersagt Loschelder, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. V, § 107, Rn. 61; 611

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Schutz ist unabhängig davon, ob die betroffenen Kontoinhaber international tätige Unternehmen mit vorwiegend Kapitaleinkünften sind oder nicht.615 Es wurden als spezialgesetzliche Ausprägung des Datenschutzrechtes Regelungen in die AO aufgenommen, die der vermehrten Bearbeitung personenbezogener Daten für Besteuerungszwecke durch die Finanzbehörden Rechnung tragen – so auch Ergänzungen des Steuergeheimnisses, welches sich nunmehr konkret auf die Verarbeitung „personenbezogener Daten“ bezieht.616 Auch im deutschen Rechtsraum besteht die Gefahr unbefugter Offenbarungen, gegen diese kann sich der Kontoinhaber jedoch rechtsverbindlich zur Wehr setzen.617 So sind mit der Verletzung des Steuergeheimnisses eine Strafbewährung gem. § 355 StGB, disziplinarrechtliche Sanktionen oder zivilrechtliche Amtshaftungsansprüche auf Schadensersatz nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB verbunden.618 Darüber hinaus ist das Bundesamt als staatliche Stelle allgemein an die Achtung der Grundrechte in Deutschland gebunden. Weitere spezialgesetzliche Regelungen sichern aus datenschutzrechtlicher Perspektive die Verarbeitung ab. So enthält § 5 Abs. 5 FKAustG eine generelle Speicherfrist mit anschließender Löschungsverpflichtung nach 15 Jahren.619 Hier kann die Speicherfrist dem Betroffenen auch eine Auskunftsfrage ermöglichen, wenn ihm zu einem späteren Zeitpunkt durch sein Ansässigkeitsland steuerliche Nachteile widerfahren.620 § 5 Abs. 7 FKAustG sieht darüber hinaus eine gesetzliche Verwendungsbeschränkung auf die nach gem. § 1 Abs. 1 FKAustG festgelegten Zwecke vor. Auch die Neufassung des Untersuchungsgrundsatzes in § 88 AO ist auf die zunehmende Datenverarbeitung der Finanzbehörden abgestimmt. So ist insbesondere nach dem Grundsatz der Datenminimierung § 88 Abs. 4 AO darauf angelegt, Daten, die keinem Steuer-

nach BVerfGE 84, 239 (281). Damit hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Steuergeheimnisses auch unter den Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung hinreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen eine missbräuchliche Verwendung der erteilten Angaben getroffen. Anders als bei der Datenverarbeitung durch die Institute, vgl. oben zu den Mängeln der Indienstnahme Teil 4 F. II. 1.  615 Vgl. FG Köln, 07.09.2015 – 2 V 1375/15: „Die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger Teil eines international tätigen Konzerns ist, reduziert seinen Schutz i. S. d. § AO § 3 AO nicht.“; mit Anmerkungen Scholz FG Köln, IStR 2015, 835 ff. 616 Vgl. durch Art. 17 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 17.07.2017 (BGBl. I S. 2541) wurden spezialgesetzliche Regelungen nach den Vorgaben der DS-GVO in der AO übernommen, vgl. §§ 29b ff. AO. 617 Vgl. bspw. BFHE 239, 19 ff., wonach ein Auskunftsersuchen der Steuerstrafbehörde erging, obwohl nur ein steuerliches Ermittlungsverfahren eingeleitet war. 618 Rüsken, in: Klein, AO, § 30 Rn. 31 f., insbes. parallel in Bezug zu Abzugsverpflichtete Rn. 37. 619 Kritisch zur Länge der Aufbewahrungspflicht, die Stellungnahme von Anzinger zur öf­fentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 10; sowie Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 8. 620 Vgl. die Parallele beim Kontenabruf § 24c Abs. 4 KWG, wobei der Zweck der Speicherung zur Datenschutzkontrolle ausdrücklich im Gesetzestext geregelt ist.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

pflichtigen zugeordnet werden können, zu vermeiden.621 Als Auffangfunktion ist überdies das um die DS-GVO novellierte BDSG durch das BZSt zu beachten.622 Das BDSG und die Landesdatenschutzgesetze sind anwendbar, soweit § 30 AO nicht eingreift, beispielsweise bei der Datenschutzkontrolle.623 Auch im öffent­ lichen Bereich wird die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften durch eine unabhängige Datenschutzkontrolle gesichert.624 Dies gilt ebenfalls für Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen.625 Es handelt sich dabei um Stellen, die institutionell unabhängig sind und nicht lediglich eine funktionelle Unabhängigkeit i. S. einer Unabhängigkeit von den zu kontrollierenden Stellen innehaben.626 Durch die DS-GVO haben sich die Möglichkeiten der Datenschutzkontrolle im öffent­ lichen Bereich erweitert. Ihre Feststellungen werden sie nicht mehr wie bislang den verantwortlichen Behörden lediglich ohne Rechtsverbindlichkeit durch eine Beanstandung nach § 25 BDSG a. F. mitteilen. Vielmehr gelten nun auch die Abhilfebefugnisse und die Genehmigungsbefugnisse nach Art. 58 Abs. 2 und 3 D ­ S-GVO gegenüber öffentlichen Stellen. Damit erhält die Aufsichtsbehörde Befugnisse, gegenüber anderen Behörden rechtsverbindliche Maßnahmen zu ergreifen und diese durchzusetzen.627 Die hier angesprochenen Vorschriften im deutschen Recht zum Schutz des von der Datenoffenbarung Betroffenen führen zu einer erheblichen Abmilderung der Schwere des Eingriffs. Im Hinblick auf das überragend wichtige Gemeinschaftsgut der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist die Datenoffenbarung der Finanzinstitute als angemessen anzusehen. Auch der Übermittlungsvorgang an sich bildet keine konkreten Anhaltpunkte für eine hier weiter auszuführende Eingriffsintensivierung. Die Datensicherungs 621

In aller Regel wird dies Kontendaten betreffen, die vom Ausland an Deutschland übermittelt wurden; inwieweit die Regelung auch bei der Meldung von Finanzinstituten an das BZSt Anwendung findet, ist nicht bekannt, da hier auch die Möglichkeit von Korrekturmeldungen besteht. 622 Ausführlich zum Verhältnis Drüen, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 30 AO, Rn. 5; Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1670 Rn. 21 ff., insbes. 25. Auch wenn das spezialgesetzliche Datenschutzrecht der AO, § 32a ff. AO, nunmehr die durch die DS-GVO ausgeweiteten Betroffenenrechte wieder einschränkt. 623 BFHE 202, 425 ff.; FG Köln, Urt. v. 18.12.1997 – 2 K 382/96 = EFG 98, 963 ff. Dies gilt auch nach dem neuen Datenschutzrecht fort. 624 Im Vgl. die Notwendigkeit einer Datenschutzkontrolle bei Indienstnahme Privater zur Datenverarbeitung für steuerliche Zwecke, Teil  5 B. III. 3. c) bb) (4) (b) (aa); zur Kompensierung des Steuergeheimnisses wird hier eine darüberhinausgehende regelmäßige Fremdkontrolle angemahnt. 625 Ausdrücklich geregelt in § 24 Abs. 2 Nr. 2 BDSG a. F., wonach sich aus § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i. V. m. § 24 Abs. 2 BDSG a. F. eine Offenbarungsbefugnis ergibt, vgl. Drüen, in: Tipke / ​ Kruse, AO / ​FGO, § 30 AO, Rn. 5. 626 So die Anforderungen des EuGH, wonach die Einrichtung unabhängiger Kontrollstellen ein wesentliches Element zum Schutz personenbezogener Daten ist, Jarass, in: GrCh EUGRCharta, Art. 8 Rn. 17 ff.; EuGH, Urt. v. 16.10.2012  – C-614/10, ZD 2012, 563 (563) (K / ​ Österreich); EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (883 ff.) (Schrems), vgl. hierzu die Ausführungen in Teil 5 A. I. 2. d). 627 Vgl. Körffer, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 54 Rn. 2.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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vorkehrungen in Ausgestaltung ihres rechtlichen Rahmens als auch ihrer konkreten technischen Umsetzung entfalten eine hinreichende Schutzwirkung.628 Im Rahmen der Übermittlung sind die Finanzinstitute nach § 8 Abs. 5 FKAustG ausdrücklich zur Gewährleistung geeigneter Schutzmaßnahmen gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe nach dem Stand der Technik verpflichtet. Im Detail zu dieser Verpflichtung zur Gewährleistung geeigneter Schutzmaßnahmen ist auf die Ausführungen im Hinblick auf die Generierung eines neuen Datenpools beim Finanzinstitut in diesem Teil  5 B. V. 3. c) bb) (4) (b) (aa) der Arbeit zu verweisen. Die Inhalte der Meldung sind darüber hinaus auf elektronischem Weg entweder über das Formular im BZSt-Online-Portal (BOP-Formular) manuell zu erfassen oder im XML-Format maschinell über die Massendatenschnittstelle (ELMA) zu übermitteln. Das Kommunikationshandbuch des BZSts gibt hierbei Details zu den technischen Verfahren, beispielsweise bezüglich der Identifizierung des die Daten sendenden Finanzinstituts vor der Verbindung zum ELMA-Server.629 Bereits im Rahmen anderer Meldevorgänge, insbesondere der Meldung von Zinserträgen nach der europäischen Zinsrichtlinie, wurde eine solche technische Umsetzung mittels Massenschnittstelle verwandt. Der rechtliche Rahmen sowie die praktische technische Umsetzung der Datensicherheit wurden durch den Gesetzgeber angemessen im Hinblick auf die Eingriffsintensität der Kontendatenverarbeitung gewährleistet. Einer Kontrolle und weiteren Ausführungen zu den „geeigneten“ Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik bedarf es nach hier vertretener Auffassung dennoch.630 Das deutsche Recht sieht die hier aufgezeigten Schutzbestimmungen für den Betroffenen vor, welche die Eingriffsintensität erheblich abmildern. Die Preisgabe der Kontendaten gegenüber dem BZSt und die Verarbeitung der Daten durch das BZSt selbst vor der Übermittlung an das Ausland im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kontoinhaber in Abwägung zu dem angestrebten Ziel der Verhinderung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung ist dadurch angemessen.631

628

Hierzu Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung? 1987, S. 79 f.; sowie allgemein Heibey, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 571 ff. 629 Siehe das Kommunikationshandbuch Teil 3a auf der Website des BZSts, unter: http:// www.bzst.de/DE/Steuern_International/CRS/Allgemeine_Informationen/Allgemeine_​ Informa​tionen_node.html (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 630 Es ist auf die Ausführungen zum Gewährleistungsauftrag des Staates zu verweisen sowie auf die spezifische Betrachtung der Datenverarbeitung durch die Finanzinstitute, vgl. Teil 4 F. II. 2. 631 Vgl. zur Einordnung des Zwecks als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut Teil 5 B. III. 3. c) bb) (4) (a) (aa).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

(d) Übermittlung der Finanzkontendaten an ausländische Finanzbehörden Die letzte Eingriffsphase bildet die jährliche Übermittlung der Kontendaten an ausländische Finanzbehörden durch das BZSt. Die Vorgaben für eine Datenpreisgabe an das Ausland im europarechtsgeprägten Datenschutzrecht des BDSG als auch im spezialdatenschutzrechtlichen Steuerrecht der AO sind gleichgelagert mit den Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und erfordern eine formell-gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, die ihrerseits insbesondere auf eine Zwecksetzung beschränkt ist und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfüllt.632 Es ist daher zu prüfen, ob die gesetzlichen Erlaubnisnormen zur Datenübermittlung, als Durchbrechung des Steuergeheimnisses sowie als Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kontoinhaber, verfassungsrechtlich angemessen sind.633 Nachdem die grundsätzliche Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Regelungen zum Informationsaustausch bereits beleuchtet worden sind, ist nun im Speziellen abzuwägen, inwieweit dem Kontoinhaber der Verarbeitungsschritt der Datenpreisgabe an das Ausland unter Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zumutbar ist. (aa) Übermittlung trotz variierenden Datenschutzstandards Für die Bewertung der Angemessenheit einer Datenübermittlung an am CRS-​ teilnehmende Jurisdiktionen ist zu prüfen, ob auch Übermittlungen an Staaten mit niedrigerem Datenschutzniveau als dem europarechtlichen Datenschutzstandard verfassungskonform sind oder ob das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen unzumutbar eingeschränkt wird. Hierbei wird zunächst auf die Situation innerhalb der EU eingegangen bevor die gesetzlichen Anforderungen einer Drittlandsübermittlung beleuchtet werden und geprüft wird, ob diese im vorliegenden Fall der Amtshilfe erfüllt sind. Innerhalb des europäischen Rechtsraums herrscht ein einheitliches Datenschutzniveau. Das in der Union harmonisierte Datenschutzrecht, welches nunmehr durch 632

Rudolf, in: HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 71. Vgl. auch die 29-Data Protection Working Party der EU, unter „Legal Basis“, vgl. „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 5, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_ en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Vgl. allgemein zur Fragestellung einer Unterscheidung des Schutzgehalts, ob Datenweitergabe über die Grenze hinweg engeren Voraussetzungen genügen müssen Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 83. 633 Die grundrechtlichen Verbürgungen in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG eröffnen § 30 AO keinen Verfassungsrang, sondern das Steuergeheimnis ist ausschließlich einfach­ gesetzliche Ausprägung dieser Grundrechte, vgl. BVerfGE 67, 100 (142).

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die DS-GVO, als Rechtsakt mit überwiegendem Verordnungscharakter, nochmals gestärkt worden ist, bildet die rahmengesetzliche Grundlage für eine Übermittlung innerhalb der EU.634 Hierbei nehmen die Erwägungsgründe und Art. 25 Amtshilferichtlinie selbst Bezug auf die vormalige Datenschutzrichtlinie, was nunmehr auf die DS-GVO übertragbar ist. Es besteht nichtsdestotrotz auch innerhalb der Europäischen Union die Möglichkeit von Datenschutzverstößen. Diesen stehen jedoch unter anderem diverse sanktionierbare datenschutzrechtliche Schutzvorschriften gegenüber. Die in der DS-GVO verankerten umfassenden Grundsätze der Datenverarbeitung nach Art. 5 ff. DS-GVO sowie die für die Mitgliedsstaaten zwingend umzusetzenden Regelungen zur Schaffung einer unabhängigen Datenschutzaufsicht nach Art. 51 ff. DS-GVO, und die Vorschriften bezüglich Rechtsbehelfen, Haftung und Sanktionen nach Art. 77 ff. DS-GVO eröffnen hierbei einen praktisch durchsetzbaren, harmonisierten und weitreichenden Schutz – auch für die betroffene Person selbst.635 Neben diesen Schutzbestimmungen der DS-GVO bietet die EU-Grundrechtecharta darüber hinaus einen rechtsverbindlichen Mindestmaßstab an Grundrechtsschutz, welcher auch im Rahmen der hier erfolgenden Amtshilfe anwendbar ist, vgl. ausdrücklich nochmals bestätigt im Erwägungsgrund 17 der Amtshilferichtlinie. Dieser Grundrechtsschutz ist für die datenverarbeitenden Behörden und jede andere öffentliche Stelle der EU sowie für die Mitgliedsstaaten bindend.636 Eine Verletzung dieses Grundrechtsschutzes durch einen Mitgliedsstaat ist auch sanktionierbar. Die Möglichkeit der EU-Kommission oder anderer Mitgliedsstaaten, sich durch Vertragsverletzungsverfahren gem. Art. 258 f. AEUV beim EuGH zur Wehr zu setzen, bildet eine verlässliche Sanktionierungsmöglichkeit, wenn Bestimmungen der DS-GVO oder der Amtshilferichtlinie durch Staaten ungenügend oder fehlerhaft umgesetzt werden. Automatische Datenübermittlungen innerhalb der Europäischen Union für Steuerzwecke werden auf Basis der Amtshilferichtlinie und der früheren Zinsrichtlinie bereits seit einigen Jahren durchgeführt.637 Die neuen Regelungen zum Finanzkonteninformationsaustausch begründen eine Erweiterung zu den bereits bestehenden Möglichkeiten des automatischen Informationsaustausches innerhalb der Europäischen Union. Die hier aufgezeigten Schutzvorschriften der DS-GVO, deren Sanktionierbarkeit auf Ebene des einzelnen Betroffenen und auf Ebene der Mitgliedsstaaten beziehungsweise der EU-Kommission sowie der institutionelle Rahmen der EU-Grundrechtecharta bilden eine umfassende Kontrolle vor Datenmissbräuchen. Es besteht somit ein nach dem deutschen Recht auf informationelle 634

Ebenso Rudolf, in: HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 72; a. A. Glaser, Die datenschutzrechtlichen Grenzen bei der internationalen Informationshilfe durch deutsche Steuerbehörden innerhalb der europäischen Union, 2014, S. 224 ff. 635 Dies gilt, auch wenn die datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte in Art. 12 ff. DS-GVO im Steuerrecht entweder aufgrund von Ausnahmen in Art. 14 und 23 DS-GVO selbst oder der deutschen spezialgesetzlichen Umsetzung in §§ 32a ff. AO stark eingeschränkt werden, vgl. zur teilweise unzureichenden Informationspflicht Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (b). 636 Vgl. auch Heil / ​Greve, ZD 2013, 481 (485). 637 Vgl. hierzu im Überblick Teil 2 B. III.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Selbstbestimmung gefordertes wesensgleiches Schutzniveau personenbezogener Daten. Die Übermittlungen von Finanzkontendaten innerhalb der Europäischen Union sind damit in Relation zum verfolgten Zweck der Verhinderung von Steuerhinterziehung zur Gewährleistung einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung angemessen.638 Außerhalb der EU besteht hingegen ein uneinheitliches Datenschutzniveau. Datenschutz hat in anderen Staaten wie den USA oder in Entwicklungsländern einen geringeren Stellenwert als in der EU. Weder ein einheitlicher Grund­ rechtsstandard noch Schutzvorschiften ähnlich der DS-GVO sind in diesen Rechtsräumen existent. Eine Übermittlung von Daten ins Ausland führt somit dazu, dass die Gewährleistungen des Grundgesetzes, insbesondere betreffend dem Schutz personenbezogener Daten, nach der Übermittlung nicht mehr als solche zur Anwendung gebracht werden können und stattdessen die ausländischen Standards geltenden.639 Übermittlungen an Drittländer, d. h. an Jurisdiktionen, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind, außerhalb des originären Anwendungsbereichs der DS-GVO, zeichnen sich daher durch eine erhöhte Eingriffstiefe aus.640 Die Probleme, die im Umgang mit Daten bereits im Bundesstaat auftreten, auch und gerade in der Abstimmung der Behörden verschiedener Hoheitsträger, verschärfen sich, da der institutionelle Rahmen des Grundgesetzes verlassen wird wenn Daten an Drittstaaten übermittelt werden. Die Gefahr von Grundrechtsverletzungen ist dadurch wahrscheinlicher. Aus diesem Grund ist zu beleuchten, ob Datenübermittlungen an Drittländer mit geringerem Datenschutzniveau einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen darstellen. Nach unmittelbar in Deutschland geltendem europäischen Recht sind Drittlands­ übermittlungen gem. Art. 44 DS-GVO jedoch nur rechtmäßig, wenn der für die Verarbeitung ausländische Verantwortliche die gesamten Bestimmungen der ­DS-GVO einhält, damit das durch die DS-GVO aufgestellte Schutzniveau für natürliche Personen nicht untergraben wird. Dieses Untergrabungsverbot ergibt sich auch aus der in Art. 8 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta ausdrücklich vorgesehenen Pflicht zum Schutz personenbezogener Daten, die hier später unter Teil 5 B. V. 638

Vgl. auch die Ansicht der 29-Data Protection Working Party der EU, zum Datenaustausch zwischen Mitgliedsländern unter der Prämisse einer korrekten Umsetzung der vormaligen Datenschutzrichtlinie und nunmehr der DS-GVO „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 4, abrufbar unter: http:// ec.europa.eu/justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/​ 2015/wp234_en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017); sowie bereits zuvor allgemein zur steuerlichen Amtshilfe innerhalb der EU Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 204 f.; vgl. auch BFHE 152, 50 ff., wonach alle EU-Bürger einen gleichen Mindestschutz haben. 639 BVerfGE 141, 220 (341). 640 Ebenso Heil / ​Greve, ZD 2013, 481 (485); allgemein Rudolf, in: HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 72.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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erläutert wird. Gleichgerichtet vom Wesensgehalt erfordert auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein Datenschutzniveau auf europäischem Standard.641 Es soll damit der Fortbestand des hohen Niveaus dieses Schutzes im Fall der Übermittlung personenbezogener Daten in ein Drittland gewährleistet werden.642 Die DS-GVO ist dabei nicht nur dazu bestimmt, die Übermittlung zu ermöglichen, sondern einen neuen institutionellen Rahmen vorzuzeichnen, der dem Gefährdungspotential außerhalb des Anwendungsbereiches des Grundgesetzes Rechnung tragen soll. Dadurch weiten sich die Befugnisse nationaler Kontrollstellen die Verarbeitung personenbezogener Daten im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats betreffend, nicht auf das Hoheitsgebiet eines Drittlandes aus. Jedoch stellt nach Ansicht des EuGH die Übermittlung personenbezogener Daten aus einem Mitgliedstaat in ein Drittland als solche eine Verarbeitung personenbezogener Daten i. S. v. Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46 dar, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats vorgenommen wird.643 Diese Übermittlung muss die Pflicht zum Schutz personenbezogener Daten bei einer Drittlandsübermittlung anhand der Vorgaben von Art. 44 ff. DS-GVO erfüllen. Für eine Bewertung der Angemessenheit der Datenübermittlung an ein Drittland müssen mithin die Anforderungen von § 78 BDSG i. V. m. Art. 44 ff. DS-GVO erfüllt sein. Hierbei ist eine „Zwei-Stufen-Prüfung“ durchzuführen, welche sich an dem Wortlaut von Art. 44 S. 1 DS-GVO orientiert, dass der Datenverarbeiter auch die „sonstigen Bestimmungen“ der DS-GVO einzuhalten hat.644 In diesem Sinne ist auf einer ersten Stufe zu prüfen, ob die Übermittlung als solche – d. h. unabhängig vom Drittlandsbezug – erlaubt ist. Auf einer zweiten Stufe ist dann zu bewerten, ob einer der Erlaubnistatbestände für die Übermittlung personenbezogener Daten aus dem territorialen Geltungsbereich der DS-GVO hinaus einschlägig ist. Für die erste Stufe dieser Prüfung ist auf die Ausführungen dieses Teils unter IV. 3. a) und c) cb) (4) (a) (aa) zu verweisen. Danach basiert die Übermittlung auf formell-gesetzlichen und normklaren Ermächtigungsgrundlagen, welche der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und wirksame Steuerstrafverfolgung als Gemeinwohlbelange von erheblicher Bedeutung dienen. Die Übermittlung als solche ist mithin verfassungskonform. In einer zweiten Stufe ist nunmehr zu prüfen, ob einer der in §§ 45 ff. DS-GVO i. V. m. §§ 78 ff. BDSG aufgeführten Erlaubnistatbestände zur Anwendung kommen kann um Daten an Drittländer zu übermitteln. Hierbei kommt zunächst die Datenübermittlung auf der Grundlage eines Angemessenheitsbeschlusses der EU-Kom-

641 Zur deutschen Rechtsprechung bezüglich Auslandsübermittlungen und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung BVerfGE 141, 220 (341 f.). 642 EuGH Urt. v. 08.04.2015 – C-293/12 und C-594/12, Rn. 52 f.; EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (883) (Schrems). 643 M. w. N. EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (883) (Schrems); nunmehr übertragbar auf Art. 4 Nr. 2 DS-GVO – Offenlegung durch Übermittlung. 644 M. w. N. Pauly, in: Paal / ​ders., Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 44 Rn. 9.

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mission in Betracht, vgl. Art. 45 DS-GVO i. V. m. § 78 Abs. 1 Nr. 2 BDSG.645 Der Erlaubnistatbestand sieht hierbei vor, dass dem Drittland durch die Kommission unter Heranziehung bestimmter gesetzlich festgelegter Kriterien ein angemessenes Schutzniveau gem. Art. 45 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 2 DS-GVO attestiert wird.646 Der Beschluss unterliegt gem. Art. 45 Abs. 3 S. 2 DS-GVO alle vier Jahre einer Überprüfung und berücksichtigt auch die aktuellen Entwicklungen in diesem Land.647 Das im supranationalen Rechtsraum verbindlich verankerte Angemessenheitsverfahren der DS-GVO würdigt die Anforderungen des grundrechtlich verbürgten Datenschutzes und die aktuellen Vorgaben der Rechtsprechung.648 Damit ist die im Rahmen des Finanzkonteninformationsaustauschs nach dem CRS erfolgende Datenübermittlung an diese Jurisdiktionen mit gleichwertigen Schutzniveau den Betroffenen zuzumuten und stellt keinen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff dar.649 Liegt kein Beschluss der EU-Kommission vor, der dem Empfängerstaat ein angemessenes Datenschutzniveau attestiert, kann die Datenübermittlung nur aufgrund europäischer Vorgaben zur Durchsetzung völkerrechtlich vereinbarter angemessener Garantien i. S. v. Art. 46 Abs. 1 DS-GVO i. V. m. § 79 Nr. 1 BDSG erfolgen.650 Bei diesem Erlaubnistatbestand muss der Verantwortliche geeignete Schutzgarantien vorsehen und den betroffenen Personen müssen Rechte und wirk-

645 Vgl. Allgemein zum Angemessenheitsbeschluss Pauly, in: Paal / ​Pauly, DatenschutzGrund­verordnung, DS-GVO Art. 45 Rn. 1 ff. Schantz, in: ders. / ​Wolff, Das neue Datenschutz­ recht, Rn. 763 ff. 646 Vgl. die derzeitigen Beschlüsse betreffen u. a. Kanada, die Schweiz und Andorra, siehe unter: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/international-transfers/adequacy/index_en.​ htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Diese Beschlüsse bleiben gem. Art. 45 Abs. 9 DS-GVO vorerst in Kraft, vgl. Schantz, in: ders. / ​Wolff, Das neue Datenschutzrecht, Rn. 776. 647 Pauly, in: Paal  / ​ Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 45 Rn. 29 ff.; Schantz, in: ders. / ​Wolff, Das neue Datenschutzrecht, Rn. 765 f.; vgl. auch die Anforderungen im Fall Schrems: EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (885 ff.). 648 Insbesondere EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (885 ff.) (Schrems). 649 Zum gleichen Ergebnis kommt die 29-Data Protection Working Party der EU mit Verweis auf den Schrems Fall „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 4 f., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 650 Eine Übermittlung trotz geringerem Datenschutzniveaus ohne vereinbarte Garantie aufgrund der Legalausnahme nach Art. 49 Abs. 1 Buchst. d DS-GVO, wichtige Gründe des öffentlichen Interesses, scheidet aufgrund der wiederholten und systematischen Datenübermittlung in diesem erheblichen Umfang aus, vgl. ebenso die 29-Data Protection Working Party der EU mit Verweis auf die frühere Datenschutzrichtlinie Art. 26 Abs. 1 Buchst. d) „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, S. 5 f., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/article-29/documentation/ opinion-recommendation/files/2015/wp234_en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017); a. A. Pauly, in: Paal / ​ders., Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 49 Rn. 20.

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same Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, die auch durchgesetzt werden können.651 Dieses Gebot zur Wahrung datenschutzrechtlicher Garantien ergibt sich auch aus der Grundrechtsbindung der deutschen Staatsgewalt nach Art. 3 Abs. 1 GG, die bei der Entscheidung über eine Übermittlung von personenbezogenen Daten ins Ausland fortbesteht.652 Derartige Garantien sind auch beim automatischen Informationsaustausch von Finanzkontendaten mit Drittländern vorgesehen wurden. Sie ergeben sich aus dem deutschen „Competent Authority Agreement“, auch „mehrseitige Vereinbarung“ genannt, welcher den völkerrechtlichen Vertrag zur Übermittlung der Kontendaten an Drittländer darstellt und aus dessen Transformationsgesetz, dem Gesetz zu der mehrseitigen Vereinbarung vom 29.10.2014653. Im Detail sind die vom Erlaubnistatbestand geforderten Garantien in der Anlage C entsprechend § 7 Abs. 1 Buchst. d des Gesetzes zu der mehrseitigen Vereinbarung (folgend: „Anlage C“) zu finden. Die Anlage C ist ein durch Deutschland im Rahmen der Notifizierung bei der OECD hinterlegter Teil der mehrseitigen Vereinbarung.654 Sie beinhaltet Verwendungsbeschränkungs- und Datenschutzbestimmungen, unter anderem gegen Gefahren einer Verletzung des steuerlichen Geheimnisschutzes in Anlehnung an das nationale Steuergeheimnis und die Pflicht zur Zweckbindung.655 Außerdem beinhaltet die Anlage C die Pflicht zum Schutz vor einem Verstoß gegen den „ordre public“- Grundsatz und die Bindung an das Grundgesetz sowie 651

Zu den Anforderungen der garantierten Rechte Pauly, in: Paal / ​ders., Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 46 Rn. 14 f., 6. Vgl. auch generell zu den verfassungsrechtlich gebotenen Garantien einer leistungsstaatlichen Ausprägung des Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Amtshilfeverfahren Friauf, in: StbJb 1984/85, S. 317 (335 ff.); Duhnkrack, Grenzüberschreitender Steuerdatenschutz. Reichweite und Grenzen der internationalen Auskunftserteilung durch deutsche Finanzbehörden, 1989, S. 88 ff.; vgl. auch zur Notwendigkeit der Garantien insbesondere bei automatischen Datenverarbeitungen der EuGH in Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 (712) (Digital Rights). Vgl. kritisch zu den geringen rechtsstaatlichen Standards im Ausland Ritter, Schutzbedürftige Interessen des Steuerpflichtigen im internationalen Auskunftsverkehr, in: Menck / ​R itter (Hrsg.), Internationale Steuerauskunft und Deutsches Verfassungsrecht, 1987, S. 17 (20 ff.). 652 BVerfGE 141, 220 (341 f.), vgl auch Teil 5 B. IV. 1. a) bb). 653 Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2531), dass durch Artikel 6 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3000) geändert worden ist. 654 Vgl. zum Verfahren der Hinterlegung bei der OECD als Verwahrstelle Czakert, ISR 2014, 331 (334); ders., IStR 2015, 590, 594 f. 655 Zum völkerrechtlich vereinbarten „internationalen Steuergeheimnis“ auf Basis von Art. 26 Abs, 1 S. 2, wonach sich bei im wesentlichen gleichen Inhalt nur der räumliche Anwendungsbereich ausweitet BFHE 127, 104 (112). Da auf Basis von Art. 26 OECD-MA regelmäßig auch der automatische Informationsaustausch erfolgt, ist in dieser Hinsicht Anlage C nur eine weitere Klarstellung. Insgesamt zum internationalen Steuergeheimnis siehe Eilers, Das Steuergeheimnis als Grenze des internationalen Auskunftsverkehrs, 1987, S. 53 ff.; Debatin, DB 1977, S. 2117 (2117 f.); Ruegenberg, Das nationale und internationale Steuergeheimnis, S. 241 ff.; für eine Vereinheitlichung des Steuergeheimnisses plädiert richtigerweise Ruegenberg vor dem Hintergrund verschiedener Datenschutzstandards in den an der Amtshilfe beteiligten Jurisdiktionen ebd., S. 367 ff.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

an einen menschenrechtlichen Mindeststandard, bei dessen Unterschreitung eine Übermittlung nicht erfolgen soll.656 Praktisch sollen die Schutzbestimmungen somit insbesondere unbefugten Offenbarungen vorbeugen, die beispielsweise durch Korruption oder durch Hackerangriffe in anderen Jurisdiktionen mit niedrigeren technischen Standards möglich erscheinen.657 Der am CRS-teilnehmende Staat, beziehungsweise die empfangende Behörde, muss mithin die Garantien der Anlage C bieten um den Schutz der Privatsphäre, die Grundrechte und Grundfreiheiten sowie die Ausübung der damit verbundenen Rechte für die Betroffenen zu gewährleisten. Nur unter diesen Bedingungen kann eine Datenübermittlung an einen Drittstaat gem. des Erlaubnistatbestands Art. 46 Abs. 1 DS-GVO i. V. m. § 79 Nr. 1 BDSG erfolgen, denn nur so ist sie einem Betroffenen auch zumutbar ohne das sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden.658 Die in Anlage C enthaltenen Garantien entsprechen rein inhaltlich grundsätzlich den Anforderungen von Art. 46 Abs. 1 DS-GVO i. V. m. § 79 Nr. 1 BDSG. Fraglich ist jedoch, ob diese Garantien tatsächlich für den die Daten empfangenen Staat verbindlich sind und damit für die betroffene Person durchsetzbar. Da die Vereinbarung nur zwischen den zuständigen Behörden beschlossen wurde, handelt es sich dabei um eine Verwaltungsvereinbarung i. S. d. Art. 46 Abs. 2 Buchst. a) DS-GVO.659 Aus der Anlage C lassen sich weder direkt subjektive Rechte der Betroffenen noch Regelungen zu einem effektiven Rechtsschutz ableiten.660 Die Betroffenen sind somit davon abhängig, dass der Drittstaat die Garantien in sei-

656 Vgl. das BVerfG, welches einen Schutz vor Menschenrechtsverletzungen neben der Wahrung datenschutzrechtlicher Garantien als eigenständige Grenze der Übermittlung von Daten an das Ausland sieht, BVerfGE 141, 220 (342). Ob hier zwei separate Grenzen der Übermittlung bestehen oder beide unter dem Begriff datenschutzrechtlicher Garantien zu verorten sind, ist für das Endergebnis der Prüfung irrelevant. 657 Vgl. kritisch auch die 29-Data Protection Working Party der EU, welche auf die jüngst vermehrt vorkommenden „high-profile cyber-attacks“ hinweist, Letter an die OECD v. 12.12.2016, S. 2, abrufbar unter: https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&​ ved=0ahUKEwiqiaCNlJjWAhWFbxQKHdTmC-8QFggtMAA&url=http%3A%2F%2Fec. europa.eu%2Fnewsroom%2Fdocument.cfm%3Fdoc_id%3D42942&usg=AFQjCNHSdtrLyXf​ SuctB1k5fwbSgkzvu6g (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Vgl. im Hinblick auf Vorratsdatenspeicherungen und den notwendigen Sicherheitsanforderungen auch EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 (713) (Digital Rights). 658 Vgl. auch die vom BVerfG verlangten Anforderungen an eine Auslandsübermittlung BVerfGE 141, 220 (341 ff., insbes. 343 f.). 659 In dieser Hinsicht bedarf es keiner Genehmigung im Einzelfall durch die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde, die ihre Meinung dann im Kohärenzverfahren mit den anderen betroffenen Datenschutzaufsichtsbehörden abstimmt, vgl. Art. 46 Abs. 3 und 4 DS-GVO. 660 Pauly, in: Paal / ​ders., Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 46 Rn. 14 f. Grundsätzlich ist jedoch Hendricks zu folgen, der eine Amtshaftung der deutschen Abgabengewalt auch nach Übermittlung der Daten an Drittländer bejaht, wenn eine Zweckentfremdung vorhersehbar ist. Dies kann bei Entwicklungsländern grundsätzlich vermutet werden, vgl. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 108 ff.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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ner nationalen Rechtsordnung verbindlich und sanktionierbar umsetzt. Dieser Umstand einer rein völkerrechtlichen Verbindlichkeit bildet den Ankerpunkt für einen erhöhten Eingriffsumstand. Hierbei ist auf die im Steuerrecht zunehmenden „Treaty Overrides“ hinzuweisen.661 Zwar können die Staaten völkerrechtlich Vorgaben vereinbaren, wie im Falle von Deutschland mit Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014 geschehen, die tatsächliche Umsetzung im Vertragsstaat hängt allerdings, anders als im supranationalen Rechtsraum der EU, von dessen nationaler Gesetzgebung und dem tatsächlichen Vollzug ab.662 So sind bei „dualism states“ völkerrechtliche Bestimmungen in nationales Recht zu transformieren – unterbleibt dies, werden die völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht anwendbar oder zunächst umgesetzt, aber aufgrund der Lex-posterior-Regel später durch jüngere nationale Bestimmungen „überschrieben“.663 Die damit verbundenen Gefahren sind weitgefächert. Die Weiterverarbeitung der Daten für andere Zwecke ist beispielsweise auf völkerrechtlicher Basis nach Nummer 1 der Anlage C an die Zustimmung Deutschlands gebunden.664 Es ist aber durch die Gefahr von Treaty Overrides nicht abschließend gewährleistet, dass die übermittelten Daten ausschließlich für die vereinbarten Zwecke verarbeitet werden und insbesondere der Geheimnisschutz eingehalten wird, wenn das nationale Recht des Empfängerstaat andere Bestimmungen vorsieht.665 Gleichzeitig ist ebenso nur völkerrechtlich

661 Vgl. die Gefahr des Treaty Overrides wurde gesehen von Schön im Bereich des multilateralen Vertragsgefüges des OECD BEPS Projektes, Schön, IStR 2017, 681 (684, 688). Allgemein zum „Treaty Override“ siehe Musil, IStR 2014, 192 ff.; in Deutschland hat das BVerfG die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen Vorgehens bestätigt, BVerfGE 141, 1 ff.; hierzu Frotscher, IStR 2016, 561 ff. 662 Kritisch ebenso im Hinblick auf die rechtliche Position der betroffenen Kontoinhaber, Garcia Prats, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 133 (134 f., 149 ff.); im Hinblick auf das generelle Auskunftsverfahren Eilers, Das Steuergeheimnis als Grenze des internationalen Auskunftsverkehrs, 1987, S. 61 f. 663 Bei dualistischen Staaten wie Deutschland, bei denen die lex-posterior-Regel gilt und bei denen Verstöße nur auf völkerrechtlicher Ebene sanktioniert werden, vgl. Hillgruber, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. II, § 32, Rn. 123. 664 Vgl. Nr. 1 der Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014. Als zentraler Maßstab des verfassungsrechtlichen Datenschutzrechtes bildet die Zweckgebundenheit auch die Grundlage für das Steuergeheimnis. Es kommt zu einer Eingriffsintensivierung weil Möglichkeiten für eine weitergehende Verarbeitung und Verknüpfung dieser Informationen und die Nutzung zu einer Vielzahl von Zwecken besteht, hierzu Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, 1987, S. 71; sowie zur Zweckbindung und Geheimnishaltung bei der Amtshilfe Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (948 ff.); kritisch auch Ritter, Schutzbedürftige Interessen des Steuerpflichtigen im internationalen Auskunftsverkehr, in: Menck / ​Ritter (Hrsg.), Internationale Steuerauskunft und Deutsches Verfassungsrecht, 1987, S. 17 (insbes. 20 ff.) und Teil  5 B. IV. 3. c) aa) (2). 665 A. A. Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 5 f. (6), welcher grundsätzlich Anlage C für ausreichend erachtet, die Grundrechte zu wahren, ohne jedoch auf den Umstand der Treaty Overrides einzugehen, vgl. Nr. 1 der Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

vereinbart, dass die technischen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutze der personenbezogenen Daten vor unbefugten Offenbarungen gegenüber Dritten, insbesondere bei Hackerangriffen, tatsächlich eingehalten und sanktioniert werden.666 Auch das im europäischen Raum vorherrschende Prinzip der Datenminimierung nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) und e) DS-GVO, als Ausfluss des rechtsstaatlichen Übermaßverbots, Daten nur zu erheben falls zwingend notwendig und auch nur so lang wie notwendig zu speichern, existiert in anderen Staaten nicht. Die damit einhergehenden Löschungsverpflichtungen und Speicherbegrenzungen gem. Nummer 6 der Anlage C fußen ebenfalls auf völkerrechtlicher Basis und können im nationalen Recht des Empfängerstaates anders geregelt werden.667 Eine weitere Gefahr bilden sog. „Dreiecksauskünfte“, d. h. die Weiterleitung der ausgetauschten Daten an andere Jurisdiktionen, welche nicht am CRS teilnehmen und gleichzeitig auch keine DBAs mit Auskunftsklauseln oder anderweitige Abkommen mit dem auskunftserteilenden Staat unterzeichneten.668 Ist die Möglichkeit von Dreiecksauskünften innerhalb der EU ausdrücklich unter gewissen Bedingungen, insbesondere unter dem Vorbehalt der Genehmigung des ursprünglich die Daten Offenbarenden, nach § 18 EUAHiG auf Basis von Art. 24 Amtshilferichtlinie rechtmäßig vorgesehen, ist sie bei Drittlandsübermittlungen nur völkerrechtlich abgestimmt.669 Auch wenn das Gebot einer Genehmigung als allgemeine Voraussetzung einer Dreiecksübermittlung in § 78 Abs. 4 BDSG normiert ist, können im nationalen Recht des Empfängerstaates andere Voraussetzungen an die Weiterleitung der Daten bestehen. Darüber hinaus herrschen in den am CRS-teilnehmenden Jurisdiktionen verschiedene strafprozessuale Niveaus, beispielsweise ist nicht überall das Recht auf Belehrung zur Vermeidung einer Selbstbelastung gegeben.670 Kann aufgrund der Informationsübermittlung der Betroffene gegebenenfalls keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr durchführen und ist aufgrund der Datenübertragung ein steuer-

666

Vgl. Nr. 7 der Anlage C. Vgl. Nr. 6 der Anlage C. 668 Zum Verfahren bei Dreiecksauskünften allgemein Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 140 ff. sowie kritisch bei Debatin, DB 1977, 2064 (2069); Engelschalk, in: Vogel / ​Lehner, DBA, Art. 26 Rn. 51; Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015, § 18 Rn. 1218; Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (947 f.); hingegen unproblematisch bei großer Auskunftsklausel nach Art. 26 OECD-MA die Verwaltung, vgl. BMF v. 03.02.1999, 228, Rn. 1.5.1 und Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 12.92; Vogt, in: Blümich, EStG, Vorbem. Zu §§ 16 und 17 AStG Rn. 12. Nach dem offiziellen OECD-Kommentar zum Modelabkommen ist nunmehr die Zustimmung des übermittelnden Staates von Nöten, vgl. „Update to Art. 26 of the OECD Model Tax Convention and its Commentary“, Paris 2012, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchangeof-tax-information/120718_Article%2026-ENG_no%20cover%20(2).pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), Rn. 12.2. 669 Vgl. zu Dreiecksauskünften auf europäische Ebene das BMF-Schreiben v. 23.11.2015, Rn. 1.6.1.; siehe auch die liechtensteinische Gesetzgebung, die dem Risiko der Dreiecksauskünfte beim CRS mit nationalen Regeln begegnet, Art. 16 AIAG. 670 Vgl. Rüsken, DStJG 32 (2008), 143 (271); sowie zur Selbstbelastung m. w. N. Eilers, Das Steuergeheimnis als Grenze des internationalen Auskunftsverkehrs, 1987, S. 49 ff. 667

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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liches Strafverfahren im Empfängerstaat eingeleitet worden, unterliegt er den dort vorherrschenden gegebenenfalls schlechteren strafprozessualen Bestimmungen.671 Aus den hier aufgezeigten Gefahren, bedingt durch den rein völkerrechtlichen Verbindlichkeitscharakter der in Anlage C vorgesehenen Garantien, besteht die Möglichkeit einer Untergrabung dieser Schutzbestimmungen. Dabei liegt eine Untergrabung nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht bereits deshalb vor, weil in der ausländischen Rechtsordnung institutionelle und verfahrensrechtliche Vorkehrungen nach deutschem Vorbild gewährleistet sein müssen; insbesondere müssen nicht die formellen und institutionellen Sicherungen vorhanden sein, die datenschutzrechtlich für deutsche Stellen gefordert werden.672 Geboten ist in diesem Sinne die Gewährleistung eines angemessenen materiellen datenschutzrechtlichen Niveaus für den Umgang mit den übermittelten Daten im Empfängerstaat.673 Die datenschutzrechtlichen Garantien müssen daher, so die Ansicht des BVerfG, wenigstens grundsätzlich Beachtung finden.674 Maßgeblich für diese Beurteilung sind die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und die internationalen Verpflichtungen des Empfängerstaats sowie ihre Umsetzung in der täglichen Anwendungspraxis.675 Ebenso wie die Rechtsprechung des BVerfG eine Umsetzung der Datenschutzvorschriften in der Praxis fordert, verlangen die gesetzlichen Anforderungen des Art. 46 Abs. 1 DS-GVO i. V. m. § 79 Nr. 1 BDSG, dass neben den geeigneten Garantien für den Betroffenen auch Rechte zur praktischen Durch­ setzung dieser im Empfängerland bestehen müssen. Durch den hier aufgezeigten niedrigen völkerrechtlichen Verbindlichkeitscharakter sind die zur Umsetzung der datenschutzrechtlichen Garantien notwendigen Betroffenenrechte im Empfängerland gegebenenfalls nicht national umgesetzt und / ​oder nicht durchsetzbar. Der Erlaubnistatbestand zur Übermittlung von Daten in Drittländer aufgrund datenschutzrechtlicher Garantien gem. Art. 46 Abs. 1 D ­ S-GVO i. V. m. § 79 Nr. 1 BDSG wäre sodann nicht erfüllt. Unter diesen Umständen wäre eine Datenübermittlung an Drittländer, bei denen eine nationale 671

Vgl. Nr. 1 der Anlage C, wonach die übermittelten Informationen ohne Zustimmung Deutschlands bei reinen Steuerstrafverfahren verwendet werden dürfen. Zur Selbstanzeige im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch Marino, in: ders. (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 30 ff. 672 BVerfGE 141, 220 (344). 673 Ebd. m.w.N.; ähnlich EuGH, Urt. v. 06.10.2015  – C-362/14, EuZW 2015, 881 (885 (Schrems): „Zwar impliziert das Wort „angemessen“ in Art. 25 Absatz VI der RL 95/46, dass nicht verlangt werden kann, dass ein Drittland ein dem in der Unionsrechtsordnung garantiertes identisches Schutzniveau gewährleistet. […] der Ausdruck „angemessenes Schutzniveau“ [ist] jedoch so zu verstehen, dass verlangt wird, dass das Drittland auf Grund seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder internationaler Verpflichtungen tatsächlich ein Schutzniveau der Freiheiten und Grundrechte gewährleistet, das dem in der Union auf Grund der RL 95/46 im Licht der Charta garantierten Niveau der Sache nach gleichwertig ist.“; vgl. auch Art. 8 EMRK; dazu EGMR (Große Kammer), Urteil v. 04.12.2015 – 47143/06 (Zakharov / ​Russland). 674 BVerfGE 141, 220 (344). 675 Ebd.; mVa EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (885 ff.) (Schrems).

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„Überschreibung“ der völkerrechtlichen Schutzbestimmungen gegeben ist, europarechtswidrig und gleichzeitig ein unzumutbarer Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen. Die deutsche Staatsgewalt hat damit auch die Pflicht zu überprüfen, ob die datenschutzrechtlichen Garantien im Empfängerland tatsächlich umgesetzt wurden und für den Betroffenen durchsetzbar sind. Durch die Vielzahl an teilnehmenden Drittländern ist diese Prüfpflicht im automatisierten Verfahren nur schwer durchführbar. Diesem Umstand entgegenwirkend versucht die OECD mithilfe eines speziellen Verfahrens die Gewährleistung der Verbindlichkeit von zugesicherten Garantien im Rahmen dieses multilateralen Vertragsinstruments zu kontrollieren. Das Global Forum hat dabei die vorweggenommene Prüfpflicht übernommen, ob bei den am CRS teilnehmenden Staaten ausreichende rechtliche und tatsächliche Voraussetzungen für den Datenschutz und die Datensicherheit vorhanden sind.676 Zu diesem Zweck werden umfassende Berichte der rechtlichen und verfahrensmäßigen Bedingungen zum Stand der Vertraulichkeit und der Datensicherheit der teilnehmenden Jurisdiktionen erstellt. Basis der Berichte ist unter anderem ein detaillierter Fragebogen, welcher die verschiedenen datenschutzrechtlichen Aspekte beleuchtet.677 Das Global Forum bedient sich zur kontinuierlichen Kontrolle eines „Peer Review“-Prozesses.678 Die am CRS-teilnehmenden Jurisdiktionen kontrollieren sich damit gegenseitig anhand der Vorgaben des Global Forums. Zwar wird eine Veröffentlichung der Ergebnisse des Peer-Review-Verfahrens den Druck zur Umsetzung der Vorgaben auf die teilnehmenden Jurisdiktionen erhöhen, die ver 676

Vgl. die Website des Global Forums, unter: http://www.oecd.org/tax/automatic-exchange/ commitment-and-monitoring-process/#d.en.370898 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 677 Siehe OECD, Annex 4 des Standards for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: http://www.oecd-ilibrary.org/docserver/ download/2314131e.pdf?expires=1504260188&id=id&accname=guest&checksum=6734AEA​ 1520A226A6009CD35B7CFDBA3 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017); hierzu Czakert, IStR 2017, 663 (666 f.). Der Fragebogen basiert auch auf den Vorgaben der 29-Data Protection Working Party der EU „Guidelines for Member States on the criteria to ensure compliance with data protection requirements in the context of the automatic exchange of personal data for tax purposes“ v. 16.12.2015, 175/16/EN, Annex S. 10 f., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/ data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2015/wp234_en.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 678 Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 6. Dieses Vorgehen des Global Forums hat sich bereits beim Amtshilfeverfahren „Information on Request“ bewährt, vgl. die Resultate unter: http://www.oecd.org/tax/transparency/exchange-of-information-on-request/ ratings/ (zuletzt aufgerufen 01.12.2017); vgl. auch das Handbuch zum Peer Review Verfahren 2016–2020: http://www.oecd.org/tax/transparency/global-forum-handbook-2016.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017); vgl. auch zur Arbeitsweise des Global Forums Fehling, IStR 2012, S. 353 ff. Siehe auch im Vergleich den deutschen Bericht zu Ersuchungsauskünften OECD, Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes: Germany 2017 (Second Round), abrufbar unter: http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/ oecd/taxation/global-forum-on-transparency-and-exchange-of-information-for-tax-purposesgermany-2017-second-round_9789264280205-en#.Wh_Gptv9Rpg#page3 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017).

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fassungsrechtlich gebotenen durchsetzbaren Betroffenenrechte oder wirksame Rechtsbehelfe kann der Kontoinhaber selbst jedoch nicht aus diesem Verfahren ziehen.679 Gleichzeitig bleibt dieses Verfahren weit hinter den innereuropäischen Vorgaben einer unabhängigen Datenschutzaufsicht zurück.680 Auch kann keine Sanktionierung durch gerichtliche Verfahren, wie im supranationalen Rechtsraum der EU, bei Vertragsverletzungen der teilnehmenden Jurisdiktionen durchgeführt werden. Völkerrechtliche Sanktionierungen, wie die Kündigung oder Aussetzung eines Vertrags, sind zwar ebenfalls bei der vorliegenden Referenzmaterie nach § 7 Nr. 3 und 4 CAA möglich, werden allerdings praktisch kaum Anwendung finden.681 Grund hierfür ist das erhebliche Interesse der Saaten zur Schaffung eines größtmöglichen globalen territorialen Anwendungsbereichs des Standards – auch im Hinblick auf Entwicklungsländer.682 Unter dem Druck eines harmonisierten multilateralen Vertragsgefüges erscheint es dabei schwerer, beispielsweise Vertragsaussetzungen durchzusetzen als in direkten bilateralen Vertragsverhandlungen. Nur durch die einheitliche Herangehensweise mit weitreichendem territorialem Anwendungsbereich kann ein umfassendes Netz gegen Steuerhinterziehung gespannt werden, ohne Schlupflöcher in bestimmten Punkten der Erde zuzulassen. Fehlt es somit an durchsetzbaren geeigneten Garantien, das heißt ist ein ange­ messenes Schutzniveau im Empfängerstaat nicht gegeben oder bestehen zumindest 679

Vgl. allgemein zu den Problemen der Rechts- und Sachkontrolle in grenzüberschreitenden Sachverhalten, siehe Kahl, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd. XI, § 253; ebenso kritisch Garcia Prats, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 133 (162), der den Inhalt der Peer Reviews nicht nur auf rein formal in Abkommen vereinbarte Bestimmungen limitieren will, sondern auch die tatsächliche effektive Umsetzung, insbesondere von Betroffenenrechten, einem Review unterstellen will. 680 Insbesondere als Parallele zur Vorratsdatenspeicherung, bei welcher der EuGH die Bedeutung der Kontrolle hervorhebt, EuGH, 21.12.2016 – C-203/15, C-698/15, NVwZ 2017, 1025 (1032) (Tele2 Sverige AB / ​Post- och telestyrelsen und Secretary of State for the Home Department / ​Watson ua); sowie in Deutschland BVerfGE 125, 260 (327); kritisch zu den Peer Reviews ebenso Mittelberger, PinG 2015, 268 (270 f.). 681 So wird bspw. informationelle Amtshilfe in Form von Auskunftsersuchen mit Trinidad and Tobago auf Basis des DBA v. 28. Januar 1977 von Deutschland durchgeführt, obwohl dieser Staat im Rating der OECD und der EU als „non-compliant“ gilt. Es ist derzeit nicht geklärt, ab wann, nach welchen Kriterien und nach welchem Verfahren Deutschland oder andere europäische Staaten eine Suspendierung oder Kündigung ggü. Drittländern vornehmen würden. Die Ergebnisse des Peer Reviews könnten hierfür ein Beginn sein. Kritisch ebenso im Hinblick auf das generelle Auskunftsverfahren und die Durchsetzung von Sanktionen gegen geheimnisverletzende Staaten Eilers, Das Steuergeheimnis als Grenze des internationalen Auskunftsverkehrs, 1987, S. 61 ff., welcher auch auf Sprachschwierigkeiten etc. verweist. 682 Der Fokus auf Entwicklungsländer wird geschildert im jährlichen Bericht des Global Forums, Tax Transparency, Report on Progress 2016, S. 7, 26 ff., abrufbar unter: http://www. oecd.org/tax/transparency/GF-annual-report-2016.pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Grundsätzlich ist jedoch Hendricks zu folgen, der eine Amtshaftung der deutschen Abgabengewalt auch nach Übermittlung der Daten an Drittländer bejaht, wenn eine Zweckentfremdung vorhersehbar ist. Dies kann unter Umständen bei einigen Entwicklungsländern grundsätzlich vermutet werden, vgl. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 108 ff.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Zweifel hieran, da der Vertragsstaat die Garantien nicht in sanktionierbares nationales Recht transferiert hat, können die Betroffenenrechte nicht sicher und durchsetzbar in diesem Staat ausgeübt werden. Folgen aus diesem Umstand gleichzeitig auch keine völkerrechtlichen Sanktionierungen, muss diese erhebliche Eingriffstiefe nach der hier vertretenen Auffassung zumindest durch Betroffenenrechte bereits im Übermittlungsstaat kompensiert werden.683 Dies gilt insbesondere, wenn wie bei der vorliegendem Untersuchungsgegenstand keine materielle Prüfung im Einzelfall vor Übermittlung durchgeführt wird.684 Der „internationale Steuerdatenschutz“685 und der damit verbundene Schutz des Betroffenen, Einwände noch vor Übermittlung an einen Drittstaat mit geringerem Datenschutzniveau geltend zu machen, wird nur so gewährleistet.686 Eine Stärkung der Betroffenenrechte in derartige Fällen der Drittlandsübermittlungen ist der Eingriffstiefe angemessen und, bis nicht ein einheitlicher harmonisierter Standard von Verfahrensrechten Steuerpflichtiger besteht, zwingend.687 Insoweit ist die Beantwortung der Frage, ob Drittlandsübermittlungen vorbehaltlich geeigneter Garantien i. S. v. Art. 46 Abs. 1 DS-GVO i. V. m. § 79 Nr. 1 BDSG im Rahmen des Finanzkontenaustauschs den Betroffenen im Hinblick auf ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung zuzumuten sind untrennbar mit dem Aspekt verbunden, wie die Betroffenenrechte des die Daten offenbarenden Staates ausgestaltet sind. 683

Grundsätzlich hebt Marino im Rahmen des jährlichen EATLP Kongresses hervor, dass insbesondere die Betroffenenrechte der Steuerpflichtigen ein offenes Thema bleiben, vgl. Marino, in: ders. (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 3 (7 ff.); sowie in der gleichen Schrift Melis, AEOI and the Protection of Taxpayers’Procedural Rights, S. 163 ff.; außerdem insgesamt kritisch zur rechtlichen Umsetzung des CRS im Hinblick auf die rechtliche Position der betroffenen Kontoinhaber in Abhängigkeit der nationalen Rechtsordnungen, Garcia Prats, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 133 (134). 684 So grundlegend auch Heil / ​Greve, ZD 2013, 481 (485): „[…] Der Staat bleibt aber auch dann verpflichtet, dem Grundrecht die unter den obwaltenden und von ihm nicht beeinflussbaren Bedingungen größtmögliche Anwendung zu sichern.“; ebenso Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 4, 6, 20 ff., wonach der Gesetzgeber bei einer Intensivierung der Automatisierung und des Informationsaustauschs im Steuerverfahren auch unter Einbeziehung von Drittstaaten im gleichen Zuge die Betroffenenrechte zu stärken hat. 685 Im Hinblick auf das generelle Auskunftsverfahren Eilers, Das Steuergeheimnis als Grenze des internationalen Auskunftsverkehrs, 1987, S. 61 f.; sowie die Länderübersicht bei Ruegenberg, Das nationale und internationale Steuergeheimnis, S. 255 ff., 263 ff., 379 ff.; Carl / ​Klos, IStR 1995, 225 (227); generell m. w. N. Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 49 f. 686 Insoweit ist eine Ausnahme zu bilden von der durch den EuGH gebildeten strikten Trennung im Steuerverfahren in eine sog. „Ermittlungsphase“ und „kontradiktorischen Phase“, vgl. EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (insbes. 698) (Sabou), vgl. ausführlich zur Entscheidung Teil 5 A. I. 2. a) sowie im folgenden Unterabschnitt. 687 Einen solchen einheitlichen Standard fordert Garcia Prats, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 133 (135), der jedoch nach der hier vertretenen Ansicht noch in weiter Zukunft ist, da in einem solchen Fall insgesamt die nationalen Verfahrensrechte innerhalb der EU aber auch in Drittstaaten harmonisiert werden müssten.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Wie die Betroffenenrechte, insbesondere die Informationspflicht, derzeit in der deutschen und europäischen Gesetzgebung ausgestaltet sind und ob diese in Abwägung mit der Eingriffstiefe noch verhältnismäßig erscheinen, wird im folgenden Abschnitt erläutert. (bb) Eingriffsintensivierung aufgrund limitierter Information vor der Datenpreisgabe Von der Möglichkeit der Aufklärung und Information des Betroffenen hat der deutsche Gesetzgeber im vorliegenden Amtshilfeverfahren nur sehr eingeschränkt Gebrauch gemacht.688 Der Betroffene erlangt von der Datenpreisgabe nur sehr limitiert Kenntnis, was besonders eingriffsintensivierend bei der Übermittlung der Kontendaten an das außereuropäische Ausland wirkt.689 Daher ist im Folgenden zu untersuchen, ob eine derartig limitierte Information vor der Datenpreisgabe an das Ausland dem Betroffenen zuzumuten ist oder ob sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung in unangemessener Weise eingeschränkt wird. Die meldenden Finanzinstitute sind nach § 6 Abs. 2 FKAustG i. V. m. Rn. 347 f. BMF-Schreiben ausschließlich verpflichtet, vor einer erstmaligen Übermittlung von Daten nach § 8 FKAustG jeder betroffenen Person in allgemeiner Form mitzuteilen oder dieser zugänglich zu machen, dass die nach dem FKAustG ermittelten Daten, soweit aufgrund des Gesetzes erforderlich, an das BZSt für Zwecke der Übermittlung an den Ansässigkeitsstaat des Kontoinhabers weitergeleitet werden.690 Diese Informationspflicht basiert grundsätzlich auf europäischen Vorgaben zur Umsetzung des Standards nach Art. 25 Abs. 3 Amtshilferichtlinie.691 Anforderungen an eine konkrete Form und einen Umfang oder die Pflicht zur wieder 688 Vgl. kritisch ebenso die Stellungnahme von Anzinger zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 9 f. Anders als der liechtensteinische Gesetzgeber, vgl. Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (6). Hier wurden ausdrücklich nach Art. 12 und 13 AIA-Gesetz Betroffenenrechte aufgeführt und auch auf die Rechte nach dem generellen Datenschutzrecht verwiesen. 689 Bereits allgemein zu den Auskunfts- und Informationspflichten bei Gräber / ​Schurowski, IWB 2016, 331 ff.; vgl. der OECD Peer Review Report zur deutschen Vorgehensweise mit Betroffeneninformationen bei Ersuchungsauskünften kritisch im Hinblick auf überlange Verfahren, OECD, Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes: Germany 2017 (Second Round), S. 90 ff. abrufbar unter: http://www. keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/taxation/global-forum-on-transparency-andexchange-of-information-for-tax-purposes-germany-2017-second-round_9789264280205-en#.​ Wh_Gptv9Rpg#page3 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 690 Anders als der liechtensteinische Gesetzgeber, vgl. Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (6). Hier wurden nach Art. 10 AIA-Gesetz ausführlichere Formvorgaben gemacht – u. a. wird den Instituten eine Frist bis zum 31.3. gesetzt, bis diese die Kundeninformation durchgeführt haben müssen. 691 Grundsätzlich sind Einschränkungen der nach europäischen Datenschutzrecht bestehenden Informationspflichten gesetzlich zu regeln, vgl. EuGH Urt. v. 01.10.2015  – C-201/14, NVwZ 2016, 375 (377) (Bara). Art. 25 Abs. 3 Amtshilferichtlinie ist hier jedoch lex speciales ggü. den Vorschriften der DS-GVO.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

holten Information der Betroffenen vor jeder jährlichen Meldung sehen das Gesetz sowie das BMF-Schreiben nicht vor.692 Der Umfang und Inhalt dieser Information variiert daher in Praxis erheblich. Währenddessen einige Institute, insbesondere im Bereich Wealth Management, ihren Kunden ausführliche Auflistungen der zu meldenden Daten rechtzeitig vor Übermittlung an das BZSt zukommen lassen, entscheiden sich andere Institute aus Kostengründen zu einer pauschalen, oft kleingedruckten Information im Rahmen der vom Kontoinhaber auszufüllenden FATCA / ​CRS-Selbstauskunft oder auf den Kontobelegen. Dies führt zu einer erheblichen Ungleichbehandlung der betroffenen Kontoinhaber. Erschwerend hinzu kommt, dass das Ausbleiben der Information durch die Institute keiner Sanktionierung unterliegt.693 Eine weitergehende gesetzliche Informationspflicht der Finanzinstitute ist nicht vorgesehen. Insbesondere ergibt sich eine Informationspflicht nicht aus § 93c Abs. 1 Nr. 3 AO, da nach § 6 Abs. 2 FKAustG eine abweichende spezialgesetzliche Regelung getroffen wurde. Auch aus der DS-GVO ergibt sich aufgrund dieser spezialgesetzlichen Regelung grundsätzlich keine darüberhinausgehende Informationspflicht. Da § 6 Abs. 2 FKAustG jedoch nur auf erstmalige Übermittlungsvorgänge beschränkt ist (in Deutschland durchgeführt im Jahre 2017), könnte man zumindest bei den darauffolgenden Jahresmeldungen eine Informationspflicht bei Erhebung der Daten beim Betroffenen nach Art. 13 DS-GVO ableiten.694 Auch die Regelungen der DS-GVO sind jedoch nur anwendbar, wenn der Gesetzgeber hier keine spezialgesetzlichen Bestimmungen geschaffen hat oder bewusst die Unterlassung der Information in den Folgejahren der Meldung vorsah. Da eine Informationsregelung zur erstmaligen Übermittlung in Anlehnung an die Amtshilferichtlinie besteht und der Gesetzgeber in diesem Zuge keine weitergehende Informationspflicht für die Zukunft einführte lässt dies darauf schließen, dass willentlich von weitergehenden Betroffenenrechten abgesehen wurde. Diese streng begrenzte Information durch das die Kontendaten verarbeitende Finanzinstitut trifft insbesondere Bestandskunden, bei denen die steuerliche Ansässigkeit durch eine rein IT-basierte Indizienprüfung unterstellt wird. Anders als bei Neukonten werden die Kontoinhaber regelmäßig nicht selbst durch Ein­

692 Vgl. insbesondere BMF-Schreiben, Rn. 348; eine Formatvorgabe durch das Finanzministerium war geplant aber ist nicht umgesetzt wurden. Anders jedoch die liechtensteinische Gesetzgebung Art. 10 AIA-Gesetz, vgl. Teil 5 B. IV. 3. c) aa) (6). 693 Der Bußgeldtatbestand des § 28 FKAustG bezieht sich ausschließlich auf fehlerhafte Meldungen. Jedoch ist es hier auch eine Frage der Interpretation der europäischen Vorgaben von Art. 25 Abs. 3 AmthsilfeRl, wonach jeder Mitgliedsstaat „dafür sorgen muss“, dass die meldenden Finanzinstitute die Kontoinhaber soweit vor Übermittlung informieren müssen, dass diese ihre Datenschutzrechte ausüben können. Eine Pflicht ohne jegliche Sanktionierung, wie die deutsche Umsetzung, erschwert den Gesetzesvollzug. 694 Grundsätzlich werden die Mehrzahl der zu meldenden Daten beim betroffenen Kontoinhaber direkt erhoben, insbesondere die geldwäscherechtlichen Stammdateninformationen als auch die Information über die steuerliche Ansässigkeit mittels Selbstauskunft.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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reichung einer Selbstauskunft in den Klassifizierungsprozess einbezogen.695 Dem Finanzinstitut ist es gestattet sich auf die im System befindlichen und öffentlich zugänglichen Daten zu verlassen. In diesem Fall ist es beispielsweise jedoch für den betroffenen Rechtsträger nicht ersichtlich, ob er durch das Finanzinstitut als aktiv oder passiv klassifiziert wird und folglich bei einer passiv Klassifizierung die personenbezogenen Daten der dahinterstehenden beherrschenden natürlichen Personen, unter anderem Name, Anschrift und Steuer-IdNr., offengelegt werden.696 Die meldepflichtigen beherrschenden Personen passiver Rechtsträger, die im Normalfall selbst keinen Kontakt zum Finanzinstitut des Rechtsträgers unterhalten, sind besonders von dieser eingeschränkten Transparenz betroffen.697 Sie sind darauf angewiesen, dass zuerst das Finanzinstitut den kontoinhabenden Rechtsträger, welcher als passiv klassifiziert worden ist, informiert und dieser Rechtsträger wiederum die Information an die beherrschenden Personen weiterleitet. Eine ähnliche Situation ergibt sich beispielsweise im Falle von Treuhandverhältnissen oder anderen Situationen mit abweichend wirtschaftlich Berechtigten. Bei Treuhandkonstellationen ist nicht der kontoinhabende Treuhänder, sondern der tatsächlich wirtschaftlich berechtigte Treugeber als Kontoinhaber zu behandeln und unter Umständen zu melden.698 Ist der Bezug zum tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten aus steuerlicher Sicht sinnvoll, ist dennoch die intransparente gesetzliche Umsetzung im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen zweifelhaft.699

695

Vgl. siehe zu den Sorgfaltspflichten und der Indizienprüfung im Speziellen Teil 3 B. I. Generell richten sich die übermittelten Daten jedoch hauptsächlich nach den Angaben, welche der Kontoinhaber selbst bei Kontoeröffnung für Geldwäschezwecke oder bei Neukonten in direktem Zusammenhang mit dem steuerlichen Informationsaustausch getätigt hat. Vgl. jedoch kritisch zur Einbeziehung Dritter für Kontrollmitteilungen, wonach es dem Steuerpflichtigen nicht ersichtlich ist, zu welcher Zeit der Dritte welche Daten wie verarbeitet, Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (139 f., 148 f.); dieser verweist auch auf das Verfahren zur Altersvorsorgezulage, wonach Verfahren, in denen „private Dritte und die Finanzverwaltung weitgehend ohne Beteiligung des Betroffenen personenbezogene Daten austauschen und aufgrund dieser Daten, ohne Mitwirkung des Betroffenen, automatisiert Entscheidungen getroffen werden, stellen einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und eine Beschränkung des effektiven Rechtsschutzes dar, deren Verhältnismäßigkeit kritisch zu hinterfragen ist.“ 697 Zur Klassifizierung beherrschender Personen passiver Rechtsträger im Bestandskontenprozess siehe Teil 3 B. I. 3. Wird vom Rechtsträger eine Selbstauskunft eingefordert, holen manche Institute auch im Anhang zur Selbstauskunft des Rechtsträgers eine Information über die beherrschenden Personen ein; so bspw. Clearstream, die auch eine Unterschrift der beherrschenden Person verlangt, vgl.: http://www.clearstream.com/blob/79556/c0758d3a7b8280dd0​ 26d7f6cb970fc10/3209-controlling-persons-tax-residency-self-certification-form-cbf-de-data. pdf (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Nach dem BMF-Schreiben Rn. 246 ist eine Selbstauskunft „des Kontoinhabers oder der betreffenden beherrschenden Person“ einzuholen. 698 Vgl. Rn. 168 BMF-Schreiben. 699 Vgl. zur Hinweispflicht auch in Abgrenzung zur aktiven Benachrichtigung und zur Akteneinsicht der Betroffenen insbesondere BVerfGE 120, 351 (371 ff.); mit Verweis auf BVerfGE 100, 313 (361, 364); 109, 279 (363 f.); 118, 168 (208 ff.); vgl. zur Rechtsprechung Teil 5 A. I. 1. d). 696

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Neben der Information der Betroffenen durch die Finanzinstitute ist eine darüberhinausgehende offizielle Informationspflicht durch die national zuständige Behörde, das BZSt, vor der Datenübermittlung an das Ausland spezialgesetzlich weder im FKAustG noch in der Amtshilferichtlinie vorgesehen. Auch nach der DS-GVO, dem BDSG oder dem diesbezüglich erlassenen BMF-Schreiben vom 12. Janurar 2018 kann keine zusätzliche Informationspflicht erwachsen. Hier wird zwischen direkter Datenerhebung beim Betroffenen und indirekter Datenerhebung differenziert.700 Die personenbezogenen Daten werden bei der Untersuchungsmaterie nicht direkt durch die Behörde beim Betroffenen erhoben, sondern mittels der Finanzinstitute. Demnach sind in diesem Falle die Regelungen von Art. 14 DS-GVO anwendbar.701 Gem. Art. 14 Abs. 5 Buchst. c) DS-GVO ist hier eine Beschränkung der Informationspflicht vorgesehen, wenn „die Erlangung oder Offenlegung durch Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedsstaaten, denen der Verantwortliche unterliegt und die geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person vorsehen, ausdrücklich geregelt ist“702.703 Im vorliegenden Fall wird die Übermittlung der Daten an die ausländischen Jurisdiktionen via Amtshilferichtlinie sowie FKAustG und dem Gesetz zu der mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014 ausdrücklich geregelt.704 Darüber hinaus ist ebenso keine nachträgliche Benachrichtigung der Betroffenen – weder durch die Institute noch durch das BZSt – bei erfolgter Übermittlung der Daten an das Ausland vorgesehen.705 Auch ist aus der Fürsorgepflicht des § 89 700

Vgl. auch die Entscheidung EuGH Urt. v. 01.10.2015 – C-201/14, NVwZ 2016, 375 (378) (Bara), hierzu Teil 5 A. I. 2. b); vgl. auch generell zu den abgaberechtlichen Informationspflichten nach in Kraft treten der DS-GVO Erkis, DStR 2018, 161 (165). 701 Kontendaten werden beim Betroffenen durch die Finanzinstitute erhoben, wonach Art. 13 DS-GVO hier anwendbar ist. 702 Hier wird die Informationspflicht durch eine Legalausnahme in der DS-GVO selbst beschränkt. Grundsätzlich ist es gem. Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DS-GVO den Mitgliedsstaaten jedoch auch erlaubt, von den Vorgaben der DS-GVO betreffend Betroffenenrechte abzuweichen, wenn dies „den Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedsstaats, insbesondere eines wichtigen wirtschaftlichen oder finanziellen Interesses der Union oder eines Mitgliedsstaats, etwa im Währungs-, Haushalts- und Steuerbereich […]“ sicherstellt. 703 Vgl. ebenfalls die deutsche Umsetzung mittels BMF-Schreiben v. 12.01.2018, Rn. 60, wonach eine Ausnahme zur Informationspflicht besteht, wenn „die Erlangung der Information durch die Finanzbehörde oder die Offenlegung der Information gegenüber Dritten durch Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten ausdrücklich geregelt ist (z. B. § 22a EStG i. V. m. § 93c AO)“. 704 Anders bei EuGH Urt. v. 01.10.2015 – C-201/14, NVwZ 2016, 375 (378) (Bara), wo die Weiterleitung und Verarbeitung der Daten nur durch ein Protokoll zwischen den Behörden vereinbart wurde. Sieht man die allgemeine Informationspflicht der Finanzinstitute als ausreichend an, würde sich eine Ausnahme von der Informationspflicht durch das BZSt auch aufgrund Art. 14 Nr. 5 Buchst. a) DS-GVO i. V. m. § 32b Abs. 1 AO ergeben, dass der Betroffene bereits über die Information verfügt. 705 Im Vgl. jedoch beim automatisierten Kontenabruf, wonach der Kontoinhaber nach Abruf generell informiert wird und darüber aufgeklärt wird, dass weitere einzelfallbezogene Aus-

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Abs. 1 S. 2 AO keine generelle staatliche Benachrichtigungspflicht abzuleiten, da es sich um eine Sollvorschrift handelt, die auch nach ihrem Sinn und Zweck nicht darauf angelegt ist, die Datenschutzrechte der Betroffenen zu schützen.706 Gleichzeitig sind die weitergehenden Informationsrechte aus dem Informationsfreiheitsgesetz707 oder den entsprechenden Gesetzen der Länder nach § 32e AO für das Steuerverfahren ausdrücklich ausgeschlossen worden.708 Den Betroffenen steht jedoch gegenüber dem Finanzinstitut zumindest ein generelles Auskunftsrecht nach Art. 15 DS-GVO zu.709 Gegenüber dem BZSt könnte dieses Auskunftsrecht nach § 32c Abs.1 Nr. 1 AO i. V. m. § 32b Abs.1 AO nicht bestehen, da grundsätzlich eine vorgelagerte Information durch das BZSt aufgrund von Art. 14 Nr. 5 Buchst. c) DS-GVO ausgeschlossen ist. Die Vorschriften der AO enthalten hier nach spezialgesetzlicher Datenschutzfundierung Einschränkungen der grundsätzlich durch die DS-GVO gewährten Betroffenenrechte. Die umfangreiche Einschränkung der Betroffenenrechte insgesamt lässt sich auch auf Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DS-GVO stützen, wonach die Regelungen zum Finanzkonteninformationsaustausch zum Steuerbereich gehören und damit als Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses gelten.710 Eine derartig weite Einschränkung des Auskunftsanspruchs der Steuerpflichtigen besteht nach § 32c Abs.1 Nr. 1 i. V. m. § 32b Abs. 1 S. 2 und § 32a Abs. 2 AO jedoch nur, soweit ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Geheimhaltung besteht.711 Danach wird die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der Finanzbehörden liegenden Aufgaben insbesondere dann gefährdet, wenn die Erteilung der Information (1) den Betroffenen oder Dritte in die Lage versetzen könnte, steuerlich bedeutsame Sachverhalte zu verschleiern oder steuerlich bedeutsame Spuren zu verwischen oder Art und Umfang der Erfüllung steuerlicher Mitwirkungspflichten auf den Kenntnisstand der Finanzbehörden einzustellen oder (2) Rückschlüsse auf die Ausgestaltung automationsgestützter Risikomanagementsysteme oder auf geplante Kontroll- oder Prüfungsmaßnahmen zuzulassen. Eine derartige Gefährdungslage, die eine Einschränkung der generellen Auskunftspflicht legitimiert, kunftsersuchen möglich sind, vgl. zu § 93 AO Nr. 2.7. So kann sich dieser konkret auf nachteilige Folgen einstellen und etwaige rechtliche Schritte einleiten. 706 Rätke, in: Klein, AO, § 89 Rn. 5 ff.; Topp, in: Roßnagel, Handbuch. Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 18; vgl. auch der AEAO zu § 89 AO Rn. 1.1. 707 Informationsfreiheitsgesetz vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), das durch Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. 708 Bereits nach alter Rechtslage BFHE 202, 231 ff. 709 Bereits nach der alten Rechtslage ging der BFH von einem absichtsvollen Regelungsverzicht des Gesetzgebers bzgl. eines steuerlichen Akteneinsichtsrechts aus, BFHE 202, 231 ff., dieses Akteneinsichtsrecht konnte weder aus § 91 Abs. 1 AO noch aus § 364 AO abgeleitet werden. Nur in sehr begrenzten Einzelfällen wäre eine Einsicht möglich, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt werden kann, vgl. BMF-Schreiben vom 17. Dezember 2008, Rn. 1. 710 Zur Einschränkung der Betroffenenrechte im Steuerbereich kritisch Erkis, DStR 2018, 161 (162). 711 Vgl. auch Seer, Recht auf Information und Auskunft im Besteuerungsverfahren, 2017, S. 46 f.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

ist bei vorliegender Untersuchungsmaterie nicht gegeben. Der Austausch der Kontendaten soll zunächst ein generelles Verifizierungsinstrument schaffen, um die vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben über Erträge auf Auslandskonten zu prüfen. Zwar ist auch ein Zweck der Gesetzgebung Steuerhinterziehung mittels im Ausland geführten Schwarzgeldkonten aufzudecken, dennoch kann hieraus kein Generalverdacht gegenüber Steuerpflichtigen mit ausländischen Kontenbeziehungen entstehen. Es liegt damit keine konkrete Gefährdungslage vor. Der Betroffene hat vielmehr einen legitimen Auskunftsanspruch, der es ihm ermöglicht, die Richtigkeit der gespeicherten Daten zu überprüfen. Nur auf diese Weise kann er gegebenenfalls seine Steuererklärung im die Kontendaten empfangenden Ansässigkeitsland korrigieren und den Verdacht einer möglichen Steuerverkürzung durch unrichtige Datenübermittlung entkräften.712 Mithin hat der Betroffene auch einen Auskunftsanspruch gegenüber dem BZSt gem. Art. 15 DS-GVO. Nach hier vertretener Auffassung kann der Betroffene dieses Auskunftsrecht gleichrangig gegenüber Finanzinstitut und BZSt ausüben. Eine andersartige Rangfolge würde den Grundsätzen der Betroffenenrechte, die gegenüber jeder datenverarbeitenden Stelle einzeln geltend gemacht werden können, widersprechen. Die Geltendmachung des Auskunftsrechts setzt eine proaktive Handlung des Steuerpflichtigen vorraus, die wiederum nur erfolgt, wenn dieser über den Datenaustausch im Vorfeld zumindest generisch informiert wird. Insoweit hat dieses Vorgehen Ähnlichkeit mit der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung beim automatisierten Kontenabrufverfahren und grenzt an einen „heimlichen“ Eingriff. Ein derartiger Eingriff zeichnet sich durch eine erhöhte Intensität aus und muss damit ebenso gesteigerten Rechtfertigungsbedingungen standhalten.713 Zwar ist die Datenübermittlung selbst normklar, inkl. des konkreten Übermittlungszeitraums, gesetzlich geregelt. Ob der Kontoinhaber im Einzelfall selbst und in welchem Ausmaß betroffen ist, wird ihm insbesondere bei der rein IT-basierten Bestandskontenanalyse und abweichend wirtschaftlich berechtigten Personen nicht offenbart. So kann beispielsweise eine ausländische Adresse oder Telefonnummer in der Stammdatenbank des Finanzinstituts eine Meldung auslösen, da diese als 712

Ebenso Seer, Recht auf Information und Auskunft im Besteuerungsverfahren, 2017, S. 47. Anders gestaltet sich richtigerweise nach den Ausführungen Seers (ebd.) die Lage bei einzelfallbezogenen Kontrollmitteilungen, bei welchen ernsthafte Gefahr besteht, dass der Steuerpflichtige bei deren Kenntnis den verwirklichten Sachverhalt nachträglich verschleiern könnte. Hier ist der Auskunftsanspruch des Steuerpflichtigen rechtmäßig eingeschränkt. Diese Auskunftsverweigerung muss jedoch umfassend begründet werden, da die Einschränkung des Datenschutzrechts dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unterliegt. 713 Vgl. zum Kontenabruf Teil 4 A. II. und Teil 5 A. I. 1. b); insbesondere stehen diese unter Richtervorbehalt und Benachrichtigungspflicht im Nachhinein, vgl. BVerfGE 65, 1 (49); 120, 351 (359 ff.); zu behördlichen Benachrichtigungspflichten heimlicher Datenerhebungen als Grundlage das staatliche Handeln durch präventive Inanspruchnahme von Rechtsschutz abzuwehren auch BVerfGE 100, 313 (361, 364); 103, 142 (152); 107, 299 (325), 109, 279 (363 f.); 118, 168 (197 f., 208 ff.); Seer, in: FS Raupach, 2006, S. 107 (119); ders., in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (692 f.). Eine Benachrichtigung kann jedoch unterbleiben, wenn dem Betroffenen keine nachteiligen Folgen durch den automatisierten Kontenabruf drohen, BVerfGE 118, 168 (210).

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Indizien für eine ausländische steuerliche Ansässigkeit gelten. Wird der Kontoinhaber oder / ​und gegebenenfalls die beherrschenden Personen des Kontoinhabers nur ungenügend hierüber informiert und ist ihm / ​ihnen im Einzelfall nicht mehr selbst bekannt, welche Informationen beim Institut hinterlegt wurden, erlangt er / ​ sie von der Meldung keine Kenntnis und kann auch nicht von seinem Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO Gebrauch machen. Dieser Gruppe von Kontoinhabern wird durch das Mindesterfordernis einer Information in „allgemeiner Form“ verwehrt, von vornherein die Aktualität und Richtigkeit der konkreten personenbezogenen Daten noch vor einer Übermittlung zu überprüfen und gegebenenfalls „Änderungen der Gegebenheiten“ i. S. d. § 21 FKAustG anzuzeigen. Insoweit wird abgewichen von dem im Steuerrecht allgemein anerkannten Grundsatz der Subsidiarität, der eine primäre Einbeziehung der am Verfahren Beteiligten vorsieht.714 Der Kontoinhaber ist zunächst gezwungen, selbst aktiv zu werden und eine konkrete Auskunft vom Institut anzufordern. Dies wiederum ist lediglich möglich, wenn er von der Datenübermittlung zumindest in allgemeiner Form Kenntnis erlangt und genug Zeit hat, seine Datenschutzrechte in Form einer Auskunftsanfrage vor der Übermittlung der Daten beim Institut anzufragen.715 Kommt es zu einer Überschneidung von Auskunftsanfragen oder Berichtigungen des Betroffenen beim Institut und der Meldung an das BZSt, können im Nachhinein Korrekturmeldungen durch das Finanzinstitut durchgeführt werden – jedoch sind die Daten dann eventuell bereits durch das BZSt an die ausländischen Jurisdiktionen übermittelt worden, was sodann auch eine zwischenstaatliche Korrekturmeldung erfordert.716 Für die Daten besteht eine nur völkerrechtlich verankerte Löschungspflicht, vgl. Nr. 3 der Anlage C der mehrseitigen Vereinbarung. Dieses nachträgliche Korrekturverfahren kann eine unterbleibende 714

Vgl. zum Subsidiaritätsprinzip Rätke, in: Klein, AO, § 93 Rn. 15. Ausführlich monografisch Möllenbeck, Das Verhältnis der EG-Amtshilfe zu den erweiterten Mitwirkungspflichten bei internationalen Steuerfällen, 2010, S. 137 ff. Zu den Arten der Mitwirkungspflichten im Überblick Jansen, Das Steuerverfahren im Spannungsfeld von Europa- und Verfassungsrecht, 2012, S. 37 ff. Auch zur Abgrenzung der Mitwirkung Dritter Dudek, Auskunfts- und Urkundenvorlageersuchen von Finanzbehörden an Kreditinstitute, 2015, S. 27 f., 35 ff. 715 Informierte das Institut erst kurz vor der ersten Meldung am 31.07.2017 in allgemeiner Form, hatte der Betroffene nur wenig Zeit zu reagieren und bspw. auch seinen Steuerberater zu konsultieren; vgl. zum ähnlichen Gedankengang Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1680 Rn. 49. Anders jedoch die liechtensteinische Gesetzgebung, wonach die Kontoinhaber bis 31.3. gem. Art. 10 AIA-Gesetz informiert werden müssen, vgl. Teil 5 B. V. 3. c) aa) (6). 716 Vgl. generell zu einer solchen nachträglichen Vorgehensweise beim Auskunftsersuchen kritisch Friauf, in: StbJb 1984/85, S. 317 (324): „Für die Konstellation eines ausländischen Auskunftsersuchens an die deutschen Steuerbehörden glaubt man, daß Bedenken im Hinblick auf eine Verletzung der Geheimhaltungsvorschriften durch ausländische Steuerbehörden dadurch Rechnung getragen werden könne, dass ‚hierüber nach Abschluß der Ermittlungen dem Bundesminister der Finanzen‘ berichtet werde. Für diesen Fall und ein späteres Bekannt werden einer Verletzung des Steuergeheimnisses verspricht das Merkblatt nachträgliche Aktivitäten des Bundesministers der Finanzen, also ein Tätigwerden, nachdem „das Kind in den Brunnen gefallen ist“.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Information des Kontoinhabers und die damit verbundene Intransparenz dieser Eingriffsverwaltung nur bedingt heilen. Die Betroffenen, die eine Nichteinhaltung der völkerrechtlichen Geheimhaltung im Ausland unter anderem nach Nr. 1 der Anlage C befürchten, müssen dies dem BZSt berichten, um eine Übermittlung im Vorfeld zu unterbinden oder gegebenenfalls einzelfallbezogene Zusicherungen zu erlangen.717 Diese Möglichkeit steht jedoch nicht jedem Betroffenen offen. Das BMF-Schreiben vom 25. Januar 2006 adressiert hierbei nur inländische Beteiligte i. S. v. Rn. 5.2 des BMF-Schreibens, d. h. diejenigen, die zum Beispiel einen Wohnsitz, einen gewöhnlichen Aufenthalt, eine Geschäftsleitung oder einen Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter im Inland haben. Im Regelfall wird der Betroffene vorliegender Amtshilfe nicht gleichzeitig inländischer Beteiligter sein, da hier Kontendaten von Personen mit ausländischer steuerlicher Ansässigkeit gemeldet werden. Darüber hinaus ist die Möglichkeit der Anzeige dem Betroffenen indes von vornherein praktisch verwehrt, wenn dieser keine Kenntnis erlangt, wo, wie und wann seine Daten an das Drittland übermittelt werden.718 Unter Würdigung der hier aufgezeigten Umstände ist der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenenkreises der Bestandskunden und abweichend wirtschaftlich Berechtigten, wie Treugebern oder beherrschenden Personen passiver Rechtsträger, von erhöhter Intensität.719 Die in § 6 Abs. 2 FKAustG geregelte allgemein gehaltene Informationspflicht der in Dienst genommenen Finanzinstitute kann die Schwere des Eingriffs nicht ausreichend kompensieren.720 Der Eingriff wird auch nicht genügend durch von Verfassung wegen gebotene Verfahrensvorkehrungen, wie Richtervorbehalt oder staatliche Benachrichtigungspflichten, abgemildert. Insoweit ist die Weiterleitung von Kontendaten dieses Betroffenenkreises – zumindest an Drittländer mit voraussichtlich geringe­ rem Datenschutzniveau – unter der einmaligen allgemeinen Informationspflicht wie sie derzeit gesetzlich vorgesehen ist, unangemessen.721 Die vom EuGH in der Entscheidung Sabou getroffene Aussage, steuerliche Verfahren seien in zwei zu trennende Abschnitte aufzuteilen, die sog. „Ermittlungs­ 717

Vgl. BMF v. 25.01.2006 – IV B 1 – S 1320 – 11/06, BStBl. I 2006, Rn. 1.3.2.; kritisch hierzu Glaser, Die datenschutzrechtlichen Grenzen bei der internationalen Informationshilfe durch deutsche Steuerbehörden innerhalb der europäischen Union, 2014, S. 154 ff. 718 Hierzu Teil 5 B. VI. 1.  719 Verschärft hier Hamacher, IStR 2016, 171 (176), welcher die Informationspflicht insgesamt für alle Kontoinhaber unzureichend empfindet. 720 Belehrungs-, Aufklärungs- und Auskunftspflichten sind als Betroffenenrechte in Abhängigkeit von der Undurchsichtigkeit der Regelungsmaterie von herausgehobener Bedeutung, vgl. Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung? 1987, S. 79 ff. Hierzu ausführlich Gartska, in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008, S. 404 ff.; Trute, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 174 ff., sowie im gleichen Werk Wedde, S. 547 ff. 721 A. A. Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 9 f. Zur Unterscheidung der Datenübermittlungen in den europäische und außereuropäische Raum Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa); vgl. jedoch auch innerhalb der EU Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 199 f., 207 ff.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

389

phase“ und „kontradiktorische Phase“, wonach Betroffenenrechte erst in der Letzteren vorzusehen sind, ist auf den hier vorliegenden Sachverhalt nicht direkt übertragbar.722 Dem EuGH lag in diesem Fall ein steuerliches Auskunftsverfahren auf Ersuchen zugrunde.723 Die bei solchen Amtshilfeverfahren anzuwendende einzelfallbezogene Prüfung nach dem internationalen und europäischen Maßstab der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ des Ersuchens entfällt bei einer automatischen Meldung.724 Bei Ersuchungsauskünften ist die Verhältnismäßigkeit des Ersuchens durch den anfragenden Staat zu beachten und damit ist es auch angemessen, dass Betroffenenrechte, unter anderem die Information des Betroffenen über die Auskunftseinholung oder gar seine Anhörung, in die Verfahrensphase der Bescheiderstellung gelegt werden, nachdem die Ermittlungen der Behörden abgeschlossen sind. Bei automatischen Übermittlungen ist allerdings der Maßstab einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsabwägung nicht gegeben, was eine Stärkung der Betroffenenrechte bereits in der Ermittlungsphase – vor Meldung der Daten an das Ausland – bedingt.725 Darüber hinaus trug sich der EuGH-Fall Sabou im datenschutzrechtlich harmonisierten europäischen Raum zu, weshalb diese Rechtsprechung auf automatisierte Drittlandsübermittlungen ohne angemessenes Datenschutzniveau nicht übertragbar ist.726

722

EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (insbes. 698) (Sabou), vgl. ausführlich zur Entscheidung Teil 5 A. I. 2. a). Die Amtshilfeersuchen und Zeugenvernehmungen seien Informationssammlungen und damit Teil der sog. „Ermittlungsphase“. In dieser Verfahrensphase sei die Steuerverwaltung nicht verpflichtet, Auskunftsersuchen dem Steuerpflichtigen anzuzeigen und seine Stellungnahme einzuholen. Erst in der darauffolgenden „kontradiktorischen Phase“, die mit der Versendung eines Vorschlags zur Berichtigung des Steuerbescheids beginnt, sei die Verwaltung an die Verfahrensgrundrechte unmittelbar gebunden. 723 Vgl. Erwägungsgrund (9) auch im Vergleich der unterschiedlichen Verfahren die Begriffsbestimmungen in Art. 3 Nr. 8. und 9. Amtshilferichtlinie 2011/16/EU in Abgrenzung zum vorliegenden Verfahren auch die Rechtsprechung aufarbeitend in Teil 5 A. I. 1. e). 724 „Automatischer Austausch“ i. S. d. Art. 3 Nr. 9 Amtshilferichtlinie 2011/16/EU und nunmehr nach § 19 Nr. 43 FKAustG und §§ 2 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 7 Abs. 2 EUAHiG ist die „systematische Übermittlung zuvor festgelegter Informationen über Personen, die in anderen Mitgliedsstaaten ansässig sind, an den jeweiligen Ansässigkeitsmitgliedstaat ohne dessen vorheriges Ersuchen in regelmäßigen, im Voraus bestimmten Abständen.“ 725 Zum Abweichen vom Maßstab der einzelfallbezogenen steuerlichen Erheblichkeit der Informationen als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, Teil 2 C. III. und Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (cc). 726 Anders beim EuGH Gutachten 1/15 v. 26.07.2017 zum geplanten Abkommen über die Speicherung von Fluggastdaten: hier lag ein Drittlandssachverhalt zu Grunde und es worden sogar sensible Daten i. S. d. Art. 9 DS-GVO ausgetauscht, vgl. Rn. 164 ff. Der EuGH hielt die in Art. 11 des geplanten Abkommens festgelegte allgemeine Information als für bestimmte Betroffenengruppen für zu limitiert, vgl. Rn. 221 ff. Eine generelle Notwendigkeit einer weitergehenden Informationspflicht Betroffener, die speziell die zu meldenden Daten bei der automatisierten Datenverarbeitung in Form einer systematischen Übermittlung an Drittländer umfasst, wurde auch hier vom EuGH nicht bestätigt. Eine zwingende individuelle Information der Betroffenen sieht der EuGH aber in Fällen, in denen die Daten an andere Behörden zur Verarbeitung weitergegeben werden, vgl. Rn. 223.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Dem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verfassungsrechtlich angemessen wäre hingegen eine zumindest jährliche behördliche Information vor der Datenübermittlung an ein entsprechendes Drittland, gegebenenfalls ebenfalls rechtspolitisch ausgestaltet automatisiert mittels eines digitalen Briefs im Elster-Online-Portal.727 Für den Betroffenenkreis der Bestandskunden aber auch der abweichend wirtschaftlich Berechtigten, welche keinen direkten Kontakt zum meldenden Finanzinstitut haben, stellt die Übermittlung einen intransparenten Eingriff mit erhöhter Intensivität dar. In diesen Fällen muss eine aktive Benachrichtigung des BZSts oder des Finanzinstituts erfolgen. Hier könnten den Betroffenen die zu meldenden Daten offengelegt werden und sie könnten gegebenenfalls Berichtigungen beziehungsweise Einwände beispielsweise direkt im Elster-Portal vornehmen. Ein solches Vorgehen würde nicht nur dem Subsidiaritätsgrundsatz entsprechen, sondern auch die Datenqualität erhöhen, denn insbesondere bei Bestandskunden wird derzeit ausschließlich auf die Stammdatenbanken der Finanzinstitute vertraut.728 Gleichzeitig ist anzumerken, dass der deutsche Staat nach Nummer 4 der Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung seinerseits bei der reziproken Meldung von in Deutschland steuerlich Ansässigen mit Kontenbeziehungen im Ausland von der übermittelnden Stelle eine Information an den Betroffenen in allgemeiner Form fordert. Im Vergleich zur deutschen Ausgestaltung der Informationspflicht nach § 6 Abs. 2 FKaustG wird der Informationszeitpnkt nicht auf die erstmalige Übermittlung eingeschränkt und die Informationspflicht wird auch nicht auf die datenverarbeitenden Finanzinstitute abgewälzt. Vielmehr sei die ausländische Behörde selbst zur Information verpflichtet. Fordert die deutsche Staatsgewalt vom Vertragsstaat eine solche Ausgestaltung der Betroffenenrechte für seine steuerlich Ansässigen wäre es nur systemgerecht und fair, wenn er sich auch selbst an diesem Maßstab orientieren würde.

727 Vgl. ebenso, jedoch noch verschärfter für alle Kontoinhaber fordert dies Hamacher, IStR 2016, 171 (177), welcher richtigerweise die Übertragung der Informationspflicht für verfehlt hält: „Der Eingriff erfolgt durch die Behörde, also obliegt dieser auch selbst die Information. Ein ‚Outsourcing‘ auf die Bank […] ist verwaltungsrechtlich verfehlt, weil diese nicht der richtige Adressat von Rechtsmitteln des Steuerpflichtigen wäre.“ Er verweist hierbei auch auf die Rechtsprechung des belgischen Verfassungsgerichtshofs (Belgischer Verfassungsgerichtshof v. 14.02.2013 – 6/2013; v. 16.05.2013 – 66/2013; v. 14.03.2013 – 39/201). Weiter geht Anzinger, welcher fordert, es mit den technischen Möglichkeiten dem Steuerpflichtigen generell zu ermöglichen, jederzeit seine bei der Finanzverwaltung gespeicherten Daten einzusehen, vgl. die Stellungnahme von Anzinger zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 1, S. 9 f. Siehe zum Elster-Online Portal allgemein unter: https://www.elster.de/eportal/start (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). Dies soll nach der hier vertretenen Auffassung jedoch nicht den Umfang einnehmen, eine Information und Anhörung im Einzelfall durchzuführen, wie dies bei Ersuchungsauskünften der Fall ist, vgl. BMF-Schreiben v. 23.11.2015, S. 23 unter Rn. 3; bereits hier wurde die Anhörung beim automatischen Informationsaustausch unter Rn. 3.1.2. b) ausgeschlossen. 728 Hier ist es durchaus üblich, dass veraltete Datenbestände vorliegen. Da der Betroffenen zwar verpflichtet wird, Änderungen der Gegebenheiten ggü. dem Finanzinstitut anzuzeigen, ein Unterbleiben jedoch nicht sanktioniert wird, besteht auch kein Anreiz zur Anzeige.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Der Mangel einer weitreichenden staatlichen Informationspflicht ist Teil einer allgemein dürftigen Ausgestaltung der Betroffenenrechte des FKAustGs im Speziellen und der AO im Generellen.729 Auch die Regelungen der DS-GVO zur Stärkung von Betroffenenrechten können diesen Umstand nicht ändern, da sie im Bereich des Steuerrechts nur bedingt Geltung finden. Insgesamt ist zumindest für die Gruppe der Bestandskunden, der abweichend wirtschaftlich Berechtigten sowie der beherrschende Personen passiver Rechtsträger aufgrund der mangelnden Informationspflicht von einem unverhältnismäßigen intransparenten Eingriff erheblicher Intensität in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auszugehen. Darüber hinaus müsste eine staatliche Informationspflicht gegenüber allen Kontoinhabern bei Drittlandsübermittlungen bestehen, wenn das Datenschutzniveau im Empfängerstaat gegebenenfalls nicht ausreichend gewährleistet wird. Hier ist ein Verstoß der Geheimhaltungsvorschriften wahrscheinlicher und damit ist den Kontoinhabern noch vor Übermittlung die Möglichkeit zu geben, Einwände gegen die Übermittlung zu erheben.730 Eine Übermittlung ohne ausreichende Information an eine derartige Jurisdiktion ist daher unverhältnismäßig.731 (cc) Eingriffsintensivierung aufgrund unterbleibender Anhörung des Beteiligten Im gesamten Verfahren des automatischen Informationsaustauschs erfolgt keine Anhörung der Beteiligten.732 Aus der Amtshilferichtlinie lassen sich keine Verfahrensrechte, wie das der Anhörung der Betroffenen, ableiten, allerdings stünde es den Mitgliedsstaaten frei, darüberhinausgehende Betroffenenrechte einzuführen.733 In Deutschland wurde indes nachträglich in § 5 Abs. 8 FKAustG i. V. m. §§ 117 Abs. 4 S. 3 AO und § 7 Abs. 3 EUAHiG gar ein Ausschluss der Anhörung geregelt.734

729 Siehe Topp, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 1661 Rn. 33; vgl. ebenso kritisch bzgl. der Betroffenenrechte der AO nach in Kraft treten der DS-GVO Erkis, DStR 2018, 161 (161, 167). 730 Geheilt wird diese Eingriffsintensivierung nicht aufgrund des Umstandes, dass die Fallgruppen der übermittelten Daten im Hinblick auf das Massenfallverfahren abstrakt-generell und eindeutig im Gesetz festgehalten werden, im Ergebnis anders Seer, NWB 2014, 87 (95). 731 A. A. Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 9 f., welcher jedoch nicht im Detail eine Unterscheidung innerhalb der Betroffenenkreise in Kontoinhaber oder abweichend wirtschaftlich Berechtigte durchführt. 732 Allgemein zur Anhörung im Rahmen des steuerlichen Informationsaustauschs Selling, StBP 1988, 237 (238 ff.). 733 EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 (697), mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 27.09.2007– C-184/05, Slg. 2007, I-7897, Rn. 31 (Twoh). 734 Gleiches gilt für das FATCA-Regime nach § 117c Abs. 2 AO; allgemein zum Thema der Anhörung im internationalen Auskunftsverkehr Eilers, Das Steuergeheimnis als Grenze des internationalen Auskunftsverkehrs, 1987, S. 87 ff. zur Rechtsdogmatik von inländischen Beteiligten und ausländischen Betroffenen bei der Anhörung im allg. Amtshilfeverfahren siehe auch Selling, StBP 1988, 237 (238); Gotherr, ISR 2015, 193 ff.; ders., ISR 2015, 297 f.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Der Betroffene kann sich damit nicht vor Übermittlung der Daten an das Ausland gegenüber inländischen Behörden erklären.735 Ein Ausschluss der Anhörung von Beteiligten verletzt jedoch die Angemessenheit nicht.736 Anders als die reine Information über die Meldung, die hier, zumindest bei der Betroffenengruppe abweichend wirtschaftlich Berechtigter, als notwendig und sachgerecht angesehen wurde, ist eine Anhörung jedes einzelnen Beteiligten mit erheblichem Aufwand verbunden.737 Das Amtshilfeverfahren mit dem Ziel einer Massendatenverarbeitung für Besteuerungszwecke ist nur durch eine hochautomatisierten Verfahrensweise zu erreichen.738 Diese umfasst auch, dass die Daten in einer abgestimmten Verarbeitungsweise zu einem bestimmten Zeitpunkt reziprok zwischen den teilnehmenden Jurisdiktionen übermittelt werden. Eine zeitintensive Anhörung der Kontoinhaber würde dieses auf Risikomanagement basierte Verfahren erheblich erschweren.739 Dies gilt insbesondere vor dem Umstand, da die hier betroffenen Kontoinhaber eine steuerliche Ansässigkeit im Ausland haben und damit regelmäßig aufgrund ihres ausländischen Wohnsitzes beziehungsweise Sitzes einer Anhörung nur schwer nachkommen können.740 Mithin ist die Verarbeitung der Kontendaten durch das BZSt und insbesondere deren Übermittlung an das Ausland nicht deswegen unverhältnismäßig, weil eine Anhörung der Beteiligten vom Gesetzgeber nicht vorgesehen worden ist. (dd) Ertragsdatenübermittlung ohne Besteuerung im Empfängerland Eine erhebliche Eingriffsintensivierung erfolgt durch den Umstand, dass ausnahmslos alle nach dem Standard zu meldenden Zahlungsdaten übermittelt wer 735 Im Vgl. wird regelmäßig bei einzelfallbezogenen Ersuchungsauskünften, eine Information und Anhörung durchgeführt, vgl. BMF-Schreiben v. 23.11.2015, S. 23 unter Rn. 3.1.1; bereits hier wurde die Anhörung beim automatischen Informationsaustausch unter Rn. 3.1.2. b) ausgeschlossen; siehe hierzu Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22. 68, 22.80, 22.84. 736 Kritisch jedoch zur unterbleibenden Anhörung bei der Amtshilfe im Steuerverfahren, Lehner, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. XI, § 251 Rn. 86 m. w. N. 737 Vgl. zur Untersuchung der Notwendigkeit einer Information der Betroffenen durch das BZSt vor der Meldung Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). 738 Vgl. ausführlich hierzu Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (cc). 739 Vgl. ebenso bei Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 104 „Eine vorherige Anhörung der Steuerpflichtigen […] widerspräche dem System des automatischen Auskunftsverkehrs als Teil eines internationalen Risikomanagements in einem abstrakt-generell definierten Risikofeld“; ders., NWB 2014, 87 (95); a. A. Hamacher, IStR 2016, 171 (176 f.). Auch aus den Verfahrensgrundrechten der Beteiligten ist eine solche Anhörung nicht abzuleiten, siehe im vgl. EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (Sabou) und die Ausführungen in Teil 5 A. I. 2. a) sowie zu den Verfahrensgrundrechten nochmals in Teil 5 B. VI. 740 Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 147; anders unter dem FATCA-Regime, wo auch in Deutschland Ansässige aufgrund ihrer amerikanischen Nationalität meldepflichtig sind.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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den, obwohl verschiedene Erträge im Empfängerland nicht der Besteuerung unterliegen, insofern müsste hier auch keine Kontrollmitteilungen erfolgen.741 Insbesondere Bruttoerlöse aus der Veräußerung oder dem Rückkauf von Finanzvermögen, welche nach § 2 Nr. 5 Buchst. b) FKAustG Bestandteil der Meldung sind, werden nicht in allen am CRS teilnehmenden Jurisdiktionen besteuert und bedürften somit auch keiner Kontrollmitteilung dieser.742 Auch werden mit der Ausweitung des territorialen CRS-Anwendungsbereichs nunmehr teilnehmende Staaten umfasst, die bisher keine Steuern von eigenen Staatsbürgern erheben, sondern nur von im Ausland steuerlich Ansässigen oder bei Unternehmen, die im vollständigen Besitz von im Ausland steuerlich Ansässigen sind.743 Derartige Staaten erhalten nun im Austausch die Finanzkontendaten ihrer im Inland steuerlich Ansässigen, ohne dass sie diese Kontrollmitteilungen für die steuerliche Veranlagung benötigen. Bereits die Speicherung und Übermittlung dieser Daten durch die Finanzinstitute an das BZSt erfolgt somit, ohne dass es dem Zweck der Besteuerung im Ansässigkeitsland des Kontoinhabers dien. Vielmehr gleicht diese Datenverarbeitung einer Speicherung auf Vorrat.744 Datenpreisgaben der Institute an nationale Steuerbehörden unterliegen generell dem Maßstab der Angemessenheit. Dies bedeutet, dass ein Ersuchen der Finanzverwaltung gegenüber den Finanzinstituten nur rechtmäßig ist, wenn es aufgrund einer Prognoseentscheidung der Verwaltung voraussichtlich steuerlich relevante Daten betrifft.745 Insoweit ist bereits der zweite Eingriffsschritt, eine Datenpreisgabe an das BZSt, in diesem Falle verfassungswidrig.746 Es ist jedoch den Finanzinstituten als Indienstgenommene des Staates nicht zumutbar und praktisch nur schwer möglich, die steuerlichen Verhältnisse in den zu meldenden Jurisdiktionen zu bewerten und eine etwaige Anpassung der 741

Vgl. Mittelberger, PinG 2015, 268 (269 f.). Insbesondere bspw. Isle of Man, siehe die Übersicht der Besteuerungsarten in den verschiedenen Staaten von PwC, Worldwide Tax Summaries Coporate Taxes 2017/2018, S. 1147 ff., abrufbar unter: http://www.pwc.com/gx/en/tax/corporate-tax/worldwide-tax-summaries/pwcworldwide-tax-summaries-corporate-taxes-2017-18.pdf (zuletzt aufgerufen 01.06.2017). 743 Bspw. Kuwait, welches ab 2018 einen ersten Informationsaustausch durchführen will, vgl. PwC, Worldwide Tax Summaries Coporate Taxes 2017/2018, S. 1361 ff., abrufbar unter: http://www.pwc.com/gx/en/tax/corporate-tax/worldwide-tax-summaries/pwc-worldwide-taxsummaries-corporate-taxes-2017-18.pdf (zuletzt aufgerufen 01.06.2017). 744 Vgl. insbesondere so gesehen beim liechtensteinischen Datenschutzbeauftragten Mittel­ berger, PinG 2015, 268 (269 f.); zur Rechtsprechung und den Bedingungen einer Vorratsdatenspeicherung EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights); siehe auch im Vergleich die zuvor ergangene Entscheidung des BVerfG zur Richt­linie über die Vorratsratenspeicherung v. 02.03.2010 BVerfGE 125, 260 sowie zur Datenspeicherung über Auslandsbeziehungen für Besteuerungszwecke BVerfGE 120, 351 ff.; zuvor BFHE 202, 425 ff. und FG Köln, 15.05.2002 – 2 K 1781/99 = EFG 2002, 1150 ff.; vgl. hierzu Teil 5 A. I. 1. d) und Teil  5 A. I. 2. c). 745 Aus der Rechtsprechung BFHE 91, 351, (360); 148, 108 (112 f.); 149, 404 (407 f.); 156, 88 (91); 158, 502 (506); 161, 423 (425); 162, 539 (541); 183, 45 (57); 191, 211 (216); BFH / ​NV 1992, 79. Hierzu Kutzner, NWB 2012, 3032 (3034 ff.); vgl. Teil 5 A. I. 1. a). 746 Vgl. zum Eingriffsschritt der Datenpreisgabe der Finanzinstitute an das BZSt im Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (c). 742

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Meldesätze im Einzelnen vorzunehmen.747 Darüber hinaus sind die Daten nach Preisgabe an das BZSt vom Anwendungsbereich des nationalen Steuergeheimnisses nach § 30 AO umfasst und unterliegen den nationalen datenschutzrechtlichen Standards, insbesondere auch einer spezialgesetzlichen Löschungsfrist nach § 5 Abs. 5 S. 2 FKAustG. Anders verhält es sich jedoch in dieser letzten Eingriffsphase, der Übermittlung dieser Ertragsdaten an das Ausland. Der rechtsstaatliche Erforderlichkeitsmaßstab im Amtshilfeverfahren bedingt, dass die zu übermittelnden Daten für die Besteuerung voraussichtlich erheblich sind.748 Auch wenn hier den Finanzbehörden ein weiter Prognosespielraum zugestanden ist, so muss er dort seine Grenze finden, wo das Steuerrecht des Empfängerstaats ausdrücklich keine Besteuerung vorsieht.749 Durch die automatisierte Verarbeitung und den hierdurch bedingten Verzicht der Einzelfallprüfung wird die Steuerrelevanz der vom Meldestandard umfassten Kontendaten durch Gesetz abstrakt generell unterstellt.750 Begründet wird ein solches Vorgehen mit der zwingenden Einheitlichkeit der Meldesätze, um Datenungleichheiten zu vermeiden.751 Diese Begründung kann jedoch keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für einen solch intensiven Eingriff darstellen. Der zuständigen nationalen Behörde kann durchaus zugemutet werden, die Daten vor Übermittlung an das Ausland im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung daraufhin zu untersuchen, ob die zu meldenden Daten grundsätzlich nach den Gesetzen des Empfängerstaats steuerrelevant sind.752 Zur Hilfestellung könnte rechtspolitisch beispielsweise eine einheitliche Datenbank bei der OECD vorgesehen wer 747 Diese Einschätzung würde an eine steuerberatende Tätigkeit anlehnen beziehungsweise eine materielle Entscheidungsbefugnis eröffnen, die an hoheitliche Befugnisse grenzt, vgl. in Abgrenzung zur Beleihung Teil 4 C. I. 2.  748 Vertiefend zu „steuerrelevanten Daten“ als zentraler Maßstab der Amtshilfe Teil 5 A. I. 1. e). 749 Als mögliche steuererhebliche Tatsachen kommen grundsätzlich jedwede Steuersachverhalte in Betracht; dennoch ist ein „für die Besteuerung erheblicher Sachverhalt“ dabei nicht nur ein Sachverhalt, der zweifelsfrei besteuert werden kann oder über dessen Besteuerung bereits eine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, sondern jeder Sachverhalt, dessen steuerliche Bedeutung nach dem Gesetz und der dazu vorliegenden Rechtsprechung ernstlich in Betracht kommt“, sog. „potenzielle Steuererheblichkeit“ vgl. BFHE 224, 201 (207); dies ist jedoch nicht der Fall, wenn gesetzliche Regelungen eine Besteuerung ausschließen oder keine Besteuerung der Erträge vorsehen. 750 Vgl. hierzu m. w. N. Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (cc); vgl. Czakert, IStR 2017, 663 (665). 751 Siehe insbesondere die urspr. Begründung der OECD, vgl. OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/standard-for-automatic-exchange-offinancial-account-information-for-tax-matters-9789264216525-en.htm (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), Introduction I. B., Rn. 6, S. 11. 752 Hierbei ist keine Prognoseentscheidung über die steuerrelevanz der Daten durch die Behörde, wie bspw. bei der Datenspeicherung über Auslandsbeziehungen für Besteuerungszwecke, vgl. BVerfGE 120, 351 (367), vorzunehmen. Vielmehr ist es durch die zuvor festgelegten Fallgruppen insbesondere bei Hilfestellungen der OECD möglich, eine tatsächliche Entscheidung zur grundsätzlichen Möglichkeit einer Steuerrelevanz zu treffen, vgl. auch Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (946), welcher den Behörden eine Plausibilitätskontrolle zumutet.

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den, welche die vom Meldestandard umfassten Ertragsdaten nach Jurisdiktion für steuerlich relevant und damit meldepflichtig oder irrelevant und damit nicht meldepflichtig ausweist. Sodann könnte, ohne dass eine Änderung des einheitlichen XML-Schemas notwendig wäre, der betroffene Ertragswert beispielsweise fiktiv auf den Wert 0 gesetzt werden.753 Dies würde eine einheitliche Vorgehensweise nicht gefährden, sondern nur einen weiteren Bearbeitungsschritt des Datensatzes vor einer Übermittlung an das Ausland erfordern. Ein solches Vorgehen verhindert eine Speicherung von Daten auf Vorrat, ohne dass eine konkrete Verwendung und Zwecksetzung in einem Staat mit möglicherweise geringerem Datenschutzniveau besteht.754 Die unter Nummer 6 Satz 2 der Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung vorgesehene Löschfrist, soweit die übermittelten Daten im Empfängerland nicht mehr erforderlich sind, kann diesen Umstand nicht heilen. Zunächst greift die Löschfrist erst nachdem die Übermittlung und Speicherung im Empfängerland bereits auf Vorrat erfolgte. Außerdem ist es zweifelhaft und nicht mehr in der Hand der deutschen Staatsgewalt, ob insbesondere bei einem Drittland hier die nachträgliche Löschungsfrist verlässlich umgesetzt wird. Insoweit Ertragsdaten im Rahmen des Standards an Jurisdiktionen gemeldet werden, die nach ihrem nationalen Recht diese Erträge nicht besteuern, verstoßen die Datenpreisgaben gegen den allgemeinen vorherrschenden nationalen, europäischen und völkerrechtlichen Verfahrensgrundsatz der „voraussichtlichen Erheblichkeit“, als Ausprägung des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Diese Art der Datenverarbeitung greift unverhältnismäßig in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kontoinhaber ein und stellt eine rechtswidrige Speicherung von Daten auf Vorrat dar.755 (ee) Zwischenergebnis Zusammenfassend ist für die Bewertung der Angemessenheit der Datenübermittlung durch das BZSt an das Ausland eine differenzierte Betrachtungsweise notwendig. Die Eingriffsintensität zwischen europäischen Übermittlungen und Drittlandsübermittlungen unterscheidet sich erheblich. Das in der Union harmoni 753 Dies könnte grundsätzlich auch durch die meldepflichtigen Finanzinstitute erfolgen, wenn ihnen die Information bspw. im Kommunikationshandbuch des BZSts mittgeteilt wird. So würde es zu keiner innerstaatlichen Datenpreisgabe an das BZSt von Informationen kommen, welche im Nachhinein ohnehin nicht relevant werden. 754 Im Vergleich zur Vorratsdatenspeicherung insbesondere Mittelberger, PinG 2015, 268 ff. sowie generell zur Rechtsprechung der Vorratsdatenspeicherung EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights); siehe auch im Vergleich die zuvor ergangene Entscheidung des BVerfG zur Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung v. 02.03.2010, BVerfGE 125, 260 sowie hierzu in dieser Schrift Teil 5 A. I. 2. c). 755 Vgl. ebenso im Hinblick auf das generelle Auskunftsverfahren Eilers, Das Steuergeheimnis als Grenze des internationalen Auskunftsverkehrs, 1987, S. 83 f.; Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (943 ff., insbes. 945).

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

sierte, der Aufsicht unterliegende und verbindlich durchsetzbare Datenschutzrecht bildet die Grundlage für die Zumutbarkeit des Informationsaustauschs für Betroffene. Die Datenübermittlungen innerhalb der EU nach dem FKAustG auf Basis der Amtshilferichtlinie begründen daher keine unverhältnismäßigen Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Bei Meldungen an Drittländer ist hingegen zu differenzieren. Bei Übermittlungsvorgängen an Staaten mit vergleichbarem datenschutzrechtlichem Niveau wie das der EU, attestiert durch einen Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission, gelten als dem Betroffenen zumutbar. Im Vergleich ist der Informationsaustausch mit anderen Drittstaaten ohne ein der EU vergleichbares Datenschutzniveau nicht verhältnismäßig. Die im Steuerrecht zunehmenden „Treaty Overrides“ und die Unsicherheiten der Rechtsverbindlichkeit völkerrechtlicher Abkommen im Allgemeinen bieten die Möglichkeit, dass Datenverarbeitungen nicht ausschließlich für die vereinbarten Zwecke durchgeführt werden und kein angemessenes Schutzniveau gewährleistet wird. Ausschlaggebend für eine Bewertung der Datenübermittlung ist daher die tatsächliche Durchsetzung der rein völkerrechtlich abgesicherten, grundrechtlich zwingend gebotenen Garantien, vgl. in Deutschland die Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014. Die OECD will zur verbindlichen Einhaltung dieser Garantien Rankings auf Basis von „Peer-Review“-Bewertungen veröffentlichen. Diese Rankings bleiben jedoch weit hinter den Möglichkeiten des supranationalen Rechtsraums der EU zurück, wo die EU-Grundrechtecharta einen verbindlichen und gerichtlich sanktionierbaren Schutz bietet, der im datenschutzrechtlichen Bereich durch die DS-GVO eine Ausgestaltung findet. Eine solche automatisierte Datenübermittlung bei Zweifeln an der verbindlichen Durchsetzbarkeit von datenschutzrechtlichen Garantien und insbesondere von Betroffenenrechten im Empfängerland ist nicht zumutbar und daher nicht angemessen. Lediglich durch eine erhebliche Ausweitung der Betroffenenrechte in Deutschland – vor Übermittlung der Daten – wäre eine solche Eingriffstiefe noch abzumildern. So waren Betroffene nach dem europäischen Mindeststandard der Amtshilferichtlinie nur formlos durch die Finanzinstitute vor der ersten Übermittlung an das BZSt im Jahr 2017 zu informieren. Nach der hier vertretenen Auffassung sollten jedoch Bestandskunden, deren Meldestatus ohne ihre direkte Mitwirkung, sondern aufgrund ihrer beim Institut befindlichen Daten bestimmt wird als auch abweichend wirtschaftlich Berechtigte und beherrschende Personen passiver Rechtsträger, die keinen konkreten Bezug zum meldenden Finanzinstitut haben, zumindest bei Drittlandsübermittlungen durch eine staatliche Information in Kenntnis gesetzt werden. Ist bei Drittlandsübermittlungen darüber hinaus zweifelhaft, ob der empfangende Staat die Bedingungen der Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014 einhalten kann, so ist jeder Betroffene dieses Übermittlungsvorgangs in hinreichend zeitlichem Abstand vor der Übermittlung von staatlicher Seite aus zu informieren, damit dieser etwaige Rechtsschutzinteressen wahrnehmen kann.756 756

Vgl. Teil 5 B. VI. 1. 

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

397

Eine darüber hinausgehende allgemeine Anhörung aller Betroffenen wurde ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen; ihrer Bedarf es nach der hier vertretenen Auffassung in Anbetracht des Zwecks eines hochautomatisierten Informationsaustauschs nicht. Übermittlungen von Ertragsdaten, die nach den Gesetzen des Empfängerlandes keiner Besteuerung unterliegen, widersprechen dem im Steuerrecht vorherrschenden und aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entspringenden Grundsatz der „voraus­sichtlichen Erheblichkeit“ und sind damit unverhältnismäßig. Auch in einem auf Risikomanagement angelegten System des hochautomatisierten Informationsaustauschs wäre es technisch möglich, ohne grundsätzliche Änderungen des global abgestimmten XML-Schemas, diese Ertragsdaten bei den entsprechenden Jurisdiktionen beispielsweise mit dem Wert 0 zu ersetzen. (5) Ergebnis Die Datenverarbeitung im Rahmen des Finanzkonteninformationsaustauschs nach dem Standard eröffnet den Behörden neues Kontrollmaterial zur Verifikation von durch den Steuerpflichtigen deklarierten Angaben. Es dient damit der Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung im Bereich von Kapitaleinkünften. Gleichzeitig greift die Datenverarbeitung teilweise erheblich in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kontoinhaber ein. Dabei sind derartige Eingriffe jedoch grundsätzlich notwendig, um die Gewährleistung einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu gewährleisten, welche ihrerseits eine grundrechtlich verbürgte Garantie nach Art. 3 Abs. 1 GG darstellt. Die aufgrund formeller Territorialität und natürlicher Informationsasymmetrie zwischen Steuerpflichtigen und Steuerbehörde bestehenden Verifikationsdefizite können in geeigneter Weise durch diese Informationsamtshilfe des CRS-Regimes ausgeglichen werden. Es bestehen derzeit keine milderen ebenso geeignete Mittel.757 Dies gilt, obwohl im Zuge einer auf Risikomanagement basierten Massendatenverarbeitung von dem Grundsatz einer anlassbezogenen Einzelfallprüfung nach dem Ermessen der Finanzverwaltung abgewichen wird und die voraussichtliche Erheblichkeit der Kontendaten für das Besteuerungsverfahren pauschal unterstellt ist. Das Ab 757 Wie die Qualität der Massendatenmeldung sein wird und welcher Erfolg hierbei tatsächlich im Vergleich zu einzelfallbezogenen Auskünften erreicht werden wird, ist insbesondere in den Anfangsjahren und bei Entwicklungsländern als Vertragspartner durchaus anzuzweifeln, vgl. kritisch u. a. aufgrund Personalknappheit und technischer Ausstattung, siehe die Berichte der EU-Kommission, COM (2006) 254 und COM (2009) 451, abrufbar unter: http:// eur-lex.europa.eu/procedure/DE/194271 sowie http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TX​ T/?qid=1483888920880&uri=CELEX:52009DC0451 (zuletzt aufgerufen 01.12.2014); ebenso bei Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO, § 117, Rn. 6; ders. / ​Gabert, Mutual Assistance and Information Exchange, 2010, 36 f., 178 f., 205 ff., 273 ff., 311 ff., 364 ff., 399, 428 f., 456 f., 559 f.; Marino, in: ders. (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 3 (20 f.; 22 ff.) mit Statistiken anderer Staaten.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

wägungserfordernis nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei Eingriffshandlungen des Staats wird hier auf null reduziert. Jedoch bestehen in den hier herausgearbeiteten drei Eingriffsphasen der Datenverarbeitung mit ihrer unterschiedlichen Intensität Konstellationen, in denen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kontoinhaber unverhältnismäßig eingeschränkt wird. Hervorzuheben ist insbesondere für die erste Eingriffsphase, die Kontendatenverarbeitung durch die Finanzinstitute, die Notwendigkeit einer staatlichen Kontrolle. Dieses Kontrollerfordernis erwächst aus der Garantenstellung des Staats bei der Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche und hat die Einhaltung der Melde- und Sorgfaltspflichten im Allgemeinen zu umfassen, aber auch die Befolgung der datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. Die zweite Eingriffsphase, die Kontendatenpreisgabe der Finanzinstitute an das BZSt, ist nach der hier vertretenen Auffassung den Betroffenen zuzumuten. Das in Deutschland grundrechtlich abgesicherte und sanktionierbare Steuergeheimnis, einfachgesetzlich normiert in § 30 AO, bietet einen ausreichenden Schutz vor unbefugten Offenbarungen und Zweckentfremdung. Der nachfolgende Übermittlungsvorgang an das Ausland erscheint hingegen außerhalb des europäisch-supranationalen Rechtsraums teilweise unverhältnismäßig. Bei Staaten ohne ein dem europäischen Datenschutzniveau vergleichbares angemessenes Schutzmaß ist eine rein völkerrechtliche Verankerung der grundrechtlich gebotenen Garantien und deren Sanktionierbarkeit unzureichend. Die hier vorliegende erhöhte Eingriffstiefe wird nicht durch weitreichendere Betroffenenrechte abgemildert. Die Kontoinhaber werden lediglich in allgemeiner Form durch die Finanzinstitute vor der ersten Übermittlung informiert. Abweichend wirtschaftliche Berechtigte oder beherrschende Personen passiver Rechtsträger, ohne direkte Kontenbeziehung zum meldenden Institut, erlangen gegebenenfalls überhaupt keine Kenntnis von dem Übermittlungsvorgang. Nach der hier vertretenen Auffassung hat bei automatischen Drittlandsübermittlungen, bei denen der Maßstab einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsabwägung nicht gegeben ist und die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Garantien durch den Empfängerstaat angezweifelt werden kann, eine Stärkung der Betroffenenrechte bereits in der Ermittlungsphase – vor Meldung der Daten an das Ausland – zu erfolgen.758 Es bedarf zumindest bei derartigen Drittlandsübermittlungen als auch bei der Betroffenengruppe der Bestandskunden sowie der abweichend wirtschaftlich Berechtigten und beherrschenden Personen passiver Rechtsträger ohne direkte Kontenbeziehung zum Finanzinstitut einer Information der Betroffenen durch eine staatliche Stelle, vornehmlich das BZSt. Unterbleibt diese, haben die Betroffenen keine Möglichkeit, Einwände gegen die womöglich unrechtmäßige Datenpreisgabe noch im Übermittlungsstaat geltend zu machen.759 Darüber hinaus widersprechen Ertragsdatenübermittlungen 758

Wann Zweifel an der Einhaltung der Garantien bestehen, kann im Einzelfall bewertet werden und auch anhand der Peer Review Rankings der OECD. Ohne die Auferlegung rechtlicher Konsequenzen stellen diese Rankings nur einen zahnlosen Tiger dar. 759 Hierzu im nachfolgenden Teil 5 B. VI. 1. 

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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an das Ausland, die nach den Gesetzen des die Daten empfangenden Staats keiner Besteuerung unterliegen, den europäischen und nationalen Grundsätzen des Datenschutzrechts, wonach eine Speicherung und Verarbeitung der Daten nur auf das Notwendigste zu beschränken ist. Gleichzeitig sind sie nicht für das Besteuerungsverfahren im Empfängerstaat „voraussichtlich erheblich“ und laufen damit dem aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entspringenden Grundsatz der steuerlichen Amtshilfe zuwider. Derartige Übermittlungen sollten gänzlich unterbleiben. Insgesamt zeigt sich in dieser Untersuchung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch das unterschiedliche Verständnis von Datenschutzrecht und seiner Rolle im Zusammenhang mit staatlicher Eingriffshandlungen. Während in Europa und Deutschland ein Datenschutzverständnis herrscht, welches im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auf konkrete Zwecksetzung, Datensparsamkeit und Limitierung von Vorratsdatenspeicherungen bedacht ist, ist in anderen G20-Jurisdiktionen wie den USA das Datenschutzverständnis eher auf technischen Datensicherheitsvorgaben beschränkt. Dieses unterschiedliche Grundverständnis auf eine einheitliche globale Basis zu bringen und angemessene durchsetzbare Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltungen der Schutzbestimmungen zu generieren, bleibt Herausforderung für den steuerlichen Finanzkonteninformationsaustausch und für globale automatische Informationsaustauschverfahren im generellen.

V. Grundrechtlich verbürgter Datenschutz bei innereuropäischen Übermittlungsvorgängen nach dem europäischen Datenschutzgrundrecht Art. 8 EU-Grundrechtecharta Betreffend europäische Sachverhalte ist neben Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG auch Art. 8 EU-Grundrechtecharta zu beleuchten. Da die Datenübermittlung im innereuropäischen Raum aufgrund der Amtshilferichtlinie erfolgt, wird europäisches Recht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta durch­ geführt, was die Anwendung der europäischen Grundrechtecharta und damit einhergehend die Zuständigkeit des EuGH in diesem Bereich zur Folge hat.760 Art. 8 EU-Grundrechtecharta eröffnet ebenso wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dem Betroffenen Schutz vor unrechtmäßiger Datenverarbeitung.761 Die Gewährleistungsgehalte beider Grundrechte gleichen sich in vielfältiger Weise an. Aus Gründen der Konzentration der Arbeit und zur Vermeidung von Wiederholungen wird Art. 8 EU-Grundrechtecharta nur verkürzt anhand Schutzbereich, 760

Vgl. ausführlich zum Legitimationsmaßstab Teil 5 B. II. 1. Sabotta, in: Grabitz / ​Hilf / ​Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, AEUV, Art. 16 Rn. 17; Terhechte, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, Vorb. GRC, Rn. 20; Augsberg, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, GRC, Art. 8, Rn. 7. 761

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Eingriff und Rechtfertigung untersucht. Hierbei wird insbesondere auf Abweichungen zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegangen. 1. Schutzbereich In persönlicher Hinsicht schützt das europäische Datenschutzgrundrecht wie auch das deutsche Recht auf informationelle Selbstbestimmung vornehmlich natürliche Personen und die in diesem Bezug stehenden „personenbezogenen“ Daten. Anders als in Deutschland, bei dem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung seinem Wesen nach gem. Art. 19 Abs. 3 GG beschränkt auch auf juristische Personen Anwendung findet, ist die Anwendung von Art. 8 EU-Grundrechtecharta auf juristische Personen strittig.762 Der EuGH sieht den Schutzbereich für juristische Personen nur als eröffnet an, „soweit der Name der juristischen Person eine oder mehrere natürliche Personen bestimmt“763. Der automatischen Informationskontenaustauschs umfasst, neben natürlichen Personen, gem. § 2 i. V. m. §§ 7 bis 9 i. V. m. §§ 14 bis 16 FKAustG auch die Kontenidentifizierung und Meldung sog. „Rechtsträger“.764 Rechtsträger i. S. d. § 20 Nr. 3, 4 FKAustG sind vornehmlich juristische Personen, aber auch andere Rechtsgebilde, wie Personengesellschaften, Stiftungen oder Trusts sowie mit diesen verbundene Unternehmen.765 Es ist daher zu untersuchen, ob sich der europäische datenschutzrechtliche Grundrechtsschutz auch auf solche Rechtsträger erstreckt. Handelt es sich bei dem identifizierten Rechtsträger um einen sog. „aktiven“ Rechtsträger i. S. v. § 19 Nr. 42 FKAustG, sind direkte Rückschlüsse auf die natür 762

Zur deutschen Lage: BVerfGE 67, 100 (142); 118, 168, (203 f.); sowie zur Literaturmeinung ferner m. w. N. Drüen, StuW 2003, 205 (213); Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG Art. 2 Rn. 224; Dreier, in: ders., GG, Bd. I 3. Aufl., Art. 2 I, Rn. 86; Rudolf, in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. IV/1, 2011, § 90 Rn. 3; Wilhelm, Das revidierte Kontenabrufverfahren und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 2012, S. 104 ff.; Seer, in: FS Meilicke, 2010, S. 687 (690). Zur europäischen Lage: offen insbes. im Hinblick auf weiteren Schutzbereich von Art. 8 EMRK bei Augsburg, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, GRC, Art. 8 Rn. 7 und Brühmann, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, AEUV, Art. 16 Rn. 47; Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 8 Rn. 7; Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 8 Rn. 26; bejahend etwa m. w. N. bei Streinz, in: Streinz, EUV / ​AEUV, GrCh, Art. 8 Rn. 6; tendenziell eher ablehnend dagegen Sabotta, in: Grabitz / ​Hilf / ​Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, AEUV, Art. 16 Rn. 17; Kranenborg, in: Peers / ​Hervey / ​Kenner / ​ Ward, GRCh, Art. 8 Rn. 96. Allgemein Ladenburger / ​Vondung, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 51 Rn. 3 ff. 763 EuGH Urt. v. 09.11.2010 – C-92/09 und Rs. C-93/09, Slg. 2010, I-11063, Rn. 53 (Schecke). 764 Zum Identifizierungsverfahren von Rechtsträgern im Detail siehe Teil 3 B. I. 3. und Teil 3 B. I. 4.  765 Nicht jedoch als meldepflichtige Rechtsträger gelten, obwohl sie juristische Perosnen sind, Finanzinstitute oder Kapitalgesellschaften und deren verbundene Kapitalgesellschaften, deren Aktien regelmäßig an einer oder mehreren anerkannten Wertpapierbörsen gehandelt werden, vgl. § 19 Nr. 36 Buchst. a), b), f) FKAustG.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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lichen Personen als Anteilseigner nicht möglich.766 Weitergehende Informationen, wie Namen und Adresse über Anteilseigner oder mit dem aktiven Rechtsträger in anderer Weise im Beherrschungsverhältnis stehenden Personen werden aufgrund der Vorschriften des FKAustG weder erhoben noch in irgendeiner Weise verarbeitet oder übermittelt.767 Nach der hier vertretenen Ansicht erstreckt sich daher der Schutzbereich von Art. 8 EU-Grundrechtecharta nicht auf aktive Rechtsträger, als vornehmlich juristische Personen und gleichartige Rechtsgebilde. Dies gilt in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGHs soweit nicht im Ausnahmefall aus dem Namen des Rechtsträgers direkt auf eine natürliche Person zu schließen ist.768 Bei „passiven“ Rechtsträgern i. S. v. § 19 Nr. 41, 42 FKAustG werden im Vergleich die Daten der „beherrschenden Personen“ in einem weiterführenden Identifizierungsverfahren nach §§ 14 Abs. 5 Nr. 2 FKAustG für Bestandskunden und nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 sowie Abs. 3 und 4 FKAustG für Neukunden erhoben und verarbeitet. Beherrschende Personen sind gem. § 19 Nr. 39 FKAustG i. V. m. den Empfehlungen der „Financial Action Task Force“769 natürliche Personen insbesondere mit Anteilen von 50 % oder mehr sowie Personen mit tatsächlichem Beherrschungsverhältnis.770 Durch die Identifizierung der wirtschaftlich Berechtig 766 Zu den Unterscheidungen von aktiven und passiven Rechtsträgern im Detail, siehe Teil  3 B. I. 767 Nach dem deutschen Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz v. 23.06.2017 (BGBl. I S. 1682) sind nunmehr jedoch auch die Daten der wirtschaftlich Berechtigten jeder juristischen Person durch Finanzinstitute bei Kontoeröffnung zu erheben. Die Kontenwahrheit wurde durch § 154 Abs. 2a AO dahingehend erweitert. Da dies jedoch nicht aufgrund des untersuchungsgegenständlichen FKAustG geschieht, wird im Rahmen der Untersuchung hierauf nicht eingegangen. 768 EuGH Urt. v. 09.11.2010 – C-92/09 und Rs. C-93/09, Slg. 2010, I-11063, Rn. 53 (Schecke). 769 Die „Financial Action Task Force“ (FATF), ist eine internationale Regierungsinstitution, welche globale soft-law Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung setzt. Siehe im Detail unter: http://www.fatf-gafi.org/about/ (zuletzt abgerufen 03.03.2016). 770 Vgl. ausführlich zur Identifizierung beherrschender Personen Teil 5 B. IV. 1. a) aa) (2) und Teil 3 B. I. 3. und 4. Der Ausdruck „beherrschende Personen“ ist auf eine Weise auszulegen, die mit den FATF-Empfehlungen, veröffentlicht auf der Webseite der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, vereinbar ist. Siehe aus dem Glossary der FATF, abrufbar unter: http://www.fatf-gafi.org/glossary/fatfrecommendations/a-c/ (zuletzt abgerufen 03.03.2016): „Bene­ficial owner refers to the natural person(s) who ultimately owns or controls a customer and / ​or the natural person on whose behalf a transaction is being conducted. It also includes those persons who exercise ultimate effective control over a legal person or arrangement. Reference to ‚ultimately owns or controls‘ and ‚ultimate effective control‘ refer to situa­tions in which ownership / ​control is exercised through a chain of ownership or by means of control other than direct control. This definition should also apply to beneficial owner or a beneficiary under a life or other investment linked insurance policy.“ Siehe weiterhin FATF, International Standards on Combating Money Laundering and the Financing of Terrorism & Proliferation, Juni 2016, S. 22, abrufbar unter: http://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/ recommendations/pdfs/FATF_Recommendations.pdf (zuletzt abgerufen 03.03.2016). Auch werden in Praxis oft die Definitionen zu „Beneficial Owner“ der Geldwäscherichtlinie herangezogen, da diese detailliert darlegt, welche Beherrschungsstruktur vorliegen muss, vgl. die

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

ten ist der direkte Rückschluss auf natürliche Personen hinter dem Rechtsträger erkennbar. Die natürlichen beherrschenden Personen werden in identifizierbarer Weise, insbesondere anhand der Steuer-IdNr. als eindeutiger Kennnummer, mit den Ertragsdaten des passiven Rechtsträgers gemeldet und unterliegen infolgedessen einer direkten grundrechtlichen Gefährdungslage.771 Aufgrund dieses Umstandes ist der persönliche Schutzbereich von Art. 8 EU-Grundrechtecharta zumindest für die wirtschaftlich Berechtigten des passiven Rechtsträgers eröffnet. In sachlicher Hinsicht vom Schutzbereich des Art. 8 EU-Grundrechtecharta umfasst sind „personenbezogenen Daten“.772 Diese sind nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person […] beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer […], die Ausdruck der […] wirtschaftlichen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann“773. Der EuGH hat, unter Bezug auf die Rechtsprechung des EMRK, nicht nur die von Isolation und Rückzug gekennzeichnete Privatheit als Schutzgut anerkannt, sondern auch das schützenswerte Interesse an Interaktion und Interdependenz im wirtschaftlichen Handeln.774 Ein derartiges weites Verständnis von Privatheit eröffnet den Art. 3 Abs. 6 GeldwäscheRl. Vgl. die Zusammenhänge Seer, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 57 (68 ff.). 771 Siehe im Detail OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Paris 2014, Annex 3, das OECD XML-Schemata, S. 268, abrufbar unter: https://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax-information/standard-for-automatic-exchangeof-financial-account-information-for-tax-matters-9789264216525-en.htm (zuletzt abgerufen 01.12.2017). 772 In rechtsdogmatischer Ableitung aus dem Recht auf Privatsphäre nach Art. 8 EMRK, vgl. die Übersicht bei Schweizer, DuD 2009, 462 (466 f.); ähnlich die Entwicklung in Deutschland, bei der das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus dem entwicklungsoffenen allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet wurde, ohne jedoch ein eigenständiges Grundrecht zu schaffen, siehe das Volkszählungsurteil von BVerfGE 65, 1 ff.; hierzu ausführlich m. w. N. Di Fabio, in: Maunz / ​Dürig, GG Art. 2 Rn. 173 ff. Zur steuerlichen Bedeutung personenbezogener Daten BFHE 488 (490). 773 Der EuGH hat die Anwendbarkeit der Definition nach der früheren Datenschutzrichtlinie im Rahmen der Auslegung der GRC ausdrücklich bestätigt. Es sei denn es ist „davon auszugehen, dass sich die in den Art. 7 und 8 GRC anerkannte Achtung des Privatlebens hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten auf jede Information erstreckt, die eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person betrifft“: EuGH Urt. v. 09.11.2010 – C-92/09 und Rs. C-93/09, Slg. 2010, I-11063, Rn. 52 f. (Schecke). Zum Begriff personenbezogene Daten auf europäischer Ebene noch unter der alten Datenschutzrichtlinie Brühann, in: Grabitz / ​Hilf, Das Recht der EU, Art. 2 Rn. 6 ff.; Brühann, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, AEUV, Art. 16 Rn. 49 f.; Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 8 Rn. 5 ff.; Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 8 Rn. 29; Kranenborg, in: Peers / ​Hervey / ​Kenner / ​Ward, GRCh, Art. 8 Rn. 84 ff. 774 EuGH, Urteil v. 20.05.2003, verb. Rs. C-465/00, C-138/01 und C-139/01, Slg. 2003, I-04989, Rn. 73 (ORF); EuGH Urt. v. 09.11.2010 – Rs. C-92/09 und Rs. C-93/09, Slg. 2010, I-11063, Rn. 58 f. (Schecke); EGMR, Urteil v. 16.12.1992 (Niemietz / ​Deutschland), Serie A

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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Blick, dass Wirtschaftliches und Finanzielles nicht ausgeschlossen sind.775 Mit der Rechtssache Coty hat der EuGH nunmehr direkt auch Finanzkontendaten vom Schutzgehalt des Art. 8 EU-Grundrechtecharta umfasst gesehen – auch wenn im Ergebnis der datenschutzrechtliche Gewährleistungsgehalt nicht schrankenlos greift und Beschränkungen möglich sind.776 Wesensmerkmal des Schutzguts „personenbezogener Daten“ ist damit der persönliche Anknüpfungspunkt von Informationen über eine natürliche Person, die hierdurch bestimmbar wird.777 Für die grundrechtliche Gefährdungslage ist überdies unerheblich, ob die betroffene Person bereits identifiziert oder nur identifizierbar ist, wichtig ist die Möglichkeit der Identifizierung als solche, beispielsweise durch Kennungen.778 Der EuGH hat erkannt, dass Angaben über Einkommen aus Kapital und Erwerbstätigkeit sowie zur Besteuerung des Vermögens bestimmter Personen personenbezogene Daten sind.779Die im Rahmen von § 3 Abs. 1, 2 i. V. m. §§ 7 und 8 FKAustG von den Finanzinstituten zu verarbeitenden Kontendaten, die anschließend gem. § 2 FKAustG vom BZSt weiterverarbeitetet und an das Ausland übermittelt werden, stellen mithin „personenbezogene Daten“ i. S. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO dar und sind vom sachlichen Schutzbereich des Art. 8 EU-Grundrechtecharta umfasst.780

Nr. 251-B (Rn. 29); EGMR (Große Kammer), Urteil v. 16.02.2000 – 27798/95, Rn. 65 (Amann / ​ Schweiz); EGMR (Große Kammer), Urteil v. 04.05.2000 – 28341/95, Rn. 43 (Rotaru / ​Rumänien). 775 Zum Schutz der „Finanzprivatsphäre“ im Europäischen Verfassungsrecht ausführlich Pfisterer, EuR 2016, 553 (insbes. 557 ff.). 776 EuGH, Urteil v. 16.07.2015, C-580/13, ZIP 2015, 1606 (1606 f.) (Coty). Dazu kritisch ­Ahrens, GRUR 2015, 1083 ff. Drittlandsübermittlung von dieser Art von Daten bedürfen erhöhten Schutzes, siehe das. EuGH Gutachten 1/15 v. 26.07.2017 über die zum geplanten Abkommen über die Speicherung von Fluggastdaten. 777 Die Datenschutz-Grundverordnung schließt jedoch die Anwendung auf die Datenverarbeitung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten aus, vgl. Art. 2 Abs. 2 Buchst. c) EU-DS-GVO, hierzu basierend auf die frühere Datenschutzrichtlinie Kranenborg, in: Peers / ​ Hervey / ​Kenner / ​Ward, GRCh, Art.  8 Rn.  91 ff. 778 Mehde, in: Heselhaus / ​Nowak, HdEGR, § 21 Rn. 23; Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 8 Rn. 31 ff. 779 EuGH, Urt. v. 16.12.2008 – C-73/07, Slg. 2008, I-9831, Rn. 35 (Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy) sowie EuGH Urt. v. 01.10.2015 – C-201/14, NVwZ 2016, 375 (377) (Bara). 780 Kontendaten sind jedoch nach Ansicht des europäischen Gesetzgebers keine besonders sensiblen Daten, für welche der Anwendungsbereich von Art. 9 DS-GVO eröffnet ist, Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 9 Rn. 1 ff.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

2. Eingriff Ein Eingriff in das europäische Datenschutzgrundrecht nach Art. 8 S. 1 EUGrund­rechtecharta liegt vor, wenn Grundrechtsverpflichtete persönliche Daten „verarbeiten“.781 Die „Datenverarbeitung“ i. S. v. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO umfasst dabei bereits jeden „mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung“. Die Identifizierung, Klassifizierung und Meldung von Kontendaten durch die in Dienst genommenen Finanzinstitute sowie die anschließende Übermittlung der Daten an das Ausland durch das BZSt nach den Bestimmungen des FKAustG sind Datenverarbeitungen und mithin Eingriffe in Art. 8 EU-Grundrechtecharta. Für die konkrete Beschreibung der verschiedenen Eingriffsphasen ist auf Teil 5 B. IV. 2. dieser Arbeit zu verweisen. Nach Art. 8 Abs. 2 S. 1 EU-Grundrechtecharta ist die Einwilligung des Betroffenen in die Datenverarbeitung kein Rechtfertigungsgrund, vielmehr würde eine Einwilligung eingriffsausschließende Wirkung entfalten.782 Im folgenden Fall der Datenverarbeitung liegt jedoch keine ausdrückliche Einwilligung der Kontoinhaber nach den Bedingungen von Art. 6 Abs. 1 Buchst. a i. V. m. Art. 7 DS-GVO vor. Insbesondere erfüllt die Selbstauskunft nicht die Anforderungen an eine Einwilligung, da hier ausschließlich Angaben über die steuerliche Ansässigkeit geleistet werden. In diesem Zusammenhang ist auf die Ausführungen in Teil 5 B. IV. 2. e) zu verweisen. Insoweit ist in einem nächsten Schritt zu prüfen, inwieweit die durch die Datenverarbeitungen erfolgenden Eingriffe zu einer unrechtmäßigen Verkürzung des unionalen Datenschutzgrundrechts führen könnten oder einer angemessenen Rechtfertigung unterliegen.

781 EuGH, C-92/09 und 93/09, Slg. 2010, I-11063 Rn. 60 (Schecke); EuGH C-291/12, NVwZ 2014, 435 (437) (Schwarz / ​Stadt Bochum); Bernsdorff, in: Meyer, GRCh, Art. 8 Rn. 16; Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 8 Rn. 8 f.; Johlen, in: Stern / ​Sachs, GRCh, Art. 8 Rn. 29; ebenso zu Art. 16 AEUV Brühann, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, AEUV, Art. 16 Rn. 49 f. 782 Augsberg, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, GRC, Art. 8, Rn. 12; Frenz, Handbuch Europarecht, Bd. 4, Rn. 1417; Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 8 Rn. 8 f.; Mehde, in: Heselhaus / ​Nowak, HdEGR, § 21 Rn. 37 f.

B. Speziell zur Legitimation von Eingriffen in die Freiheitsrechte 

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3. Rechtfertigung Eingriffe in das europäische Datenschutzgrundrecht sind nicht schrankenlos möglich und bedürfen einer Ermächtigungsgrundlage. Mangels spezieller Schrankenregelungen in Art. 8 EU-Grundrechtecharta ist der generelle Schrankenvorbehalt des Art. 52 Abs. 1. EU-Grundrechtecharta anzuwenden.783 Dieser stellt Eingriffe in das Datenschutzgrundrecht unter einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt. Einschränkungen sind lediglich zulässig, soweit sie den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.784 Hieran anknüpfend stellt die DS-GVO ihrerseits die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung unter die Bedingung der Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Verantwortlichen nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c DS-GVO.785 Eine solche kann sich gem. Art. 6 Abs. 3 DS-GVO aus Unionsrecht oder dem Recht eines Mitgliedsstaates ergeben, wobei an diese Rechtsgrundlage selbst bestimmte Anforderungen zu stellen sind. So muss sie insbesondere den, inhaltlich an das Verhältnismäßigkeitsprinzip angelehnten, Anforderungen einer angemessenen Zweck-Mittel-Relation i. S. d. Art. 6 Abs. 3 S. 3 DS-GVO entsprechen.786 Datenverarbeitungen zur Übertragung an das europäische Ausland bedürfen dementsprechend zur Wahrung des Grundrechtsschutzes aus Art. 8 EU-Grund­ rechtecharta ebenso wie nach der DS-GVO einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits formell-rechtmäßig ergangen ist, dem Grundsatz der Zwecksetzung und Rechtsklarheit entspricht sowie einem Rechtfertigungsgrund unterliegt und insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art. 52 Abs. 1 S. 2 EU-Grundrechtecharta entspricht. Die Bestimmungen des FKAustG regeln detailliert die Identifizierung, Klassifizierung und Meldung der Kontendaten durch die Finanzinstitute sowie die Weiterübermittlung der Daten vom BZSt in das EU-Ausland. Die Datenverarbeitungen im Zusammenhang mit dem automatischen Kontendatenaustausch zwischen EU-Staaten basieren mithin auf gesetzlicher Grundlage. Das europarechtliche Gesetzgebungsverfahren zum Erlass der „Richtlinie 2014/107/EU des Rates vom 9. Dezember 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Ver 783 Vgl. Augsberg, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, GRC, Art. 8, Rn. 13; vertiefend zu Art. 52 Terhechte, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, GRC, Art. 52, Rn. 1 ff.; generell zur Rechtfertigung von Eingriffen Szczekalla, in: Heselhaus / ​Nowak, HdEGR, § 7 Rn. 28 ff. 784 Im Gegensatz ist die Einschränkbarkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aufgrund der verfassungsmäßigen Ordnung bei einem Verstoß gegen Grundrechte Dritter nur begrenzt möglich, vgl. m. w. N. Kube, in: Isensee / ​Kirchhof, HStR, Bd. VII, § 148, Rn. 85. 785 Frenzel, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 6 Rn. 16 ff., insbes. bei öffentlichen Stellen, wenn es sich um eine Weiterleitung an das Ausland handelt Rn. 18. Ebenso wäre die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung aufgrund der Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. e DS-GVO begründbar. 786 Ebd. Rn. 34 ff.

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

pflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung“ wurde formell rechtmäßig auf Vorschlag der Europäischen Kommission gem. Art. 115 AEUV im Rahmen eines besonderen Gesetzgebungsverfahrens, dem Konsultationsverfahren, durchgeführt. Gleichzeitig sind die Bestimmungen des FKAustG formell-rechtmäßig. Diesbezüglich ist auf die Ausführungen in Teil 5 B. IV. 3. b) zu verweisen. Bei Eingriffen in Form einer Datenverarbeitung muss ebenso wie im deutschen Verfassungsrecht auch nach europäischem Recht insbesondere ein hohes Maß an Bestimmtheit erfüllt werden und eine konkrete Zwecksetzung erfolgen. Hier hat der EuGH wiederholt bestätigt, dass die Eingriffsvoraussetzungen klar und hinreichend bestimmt werden müssen.787 Die gesetzliche Grundlage muss „klare und präzise Regeln für die Tragweite und die Anwendung der fraglichen Maßnahmen vorsehen“788, damit die Adressaten ihr Verhalten darauf einrichten können. Der EuGH lehnt diese ständige Rechtsprechung auch an die EGMR-Judikatur an.789 Das Erfordernis von Rechtsklarheit und Bestimmtheit ist umso bedeutsamer, wenn die personenbezogenen Daten, wie in der Amtshilferichtlinie und dem FKAustG vorgesehen, automatisiert verarbeitet und übermittelt werden.790 Hier besteht eine erhöhte Gefahr des unberechtigten Zugangs zu diesen Daten.791 Die hier untersuchungsgegenständliche Datenverarbeitung unterliegt nach § 1 FKAustG in Verbindung mit den zugrunde liegenden europäischen Amtshilferichtlinienbestimmungen der konkreten Zwecksetzung grenzüberschreitender Amtshilfe im Bereich der Besteuerung von Kapitalerträgen. Für die weiteren Ausführungen zur Bestimmtheit der Normen des FKAustG ist auf Teil 5 B. IV. 3. c) aa) zu verweisen, da sich aus europarechtlicher Betrachtungsweise keine Änderungen an den dort verfassten Aussagen ergeben. Die Grundrechtseingriffe der Datenverarbeitungen dienen darüber hinaus der Erreichung von Zielen des Allgemeinwohls. Insbesondere fördert der Informationsaustausch die Gewährleistung einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung von 787

Siehe EuGH, Urt. v. 08.04.2014  – C-293/12 und 594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights Ireland); EuGH, Urteil v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 ff. (Schrems). 788 EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und 594/12, NVwZ 2014, 709 (712) (Digital Rights Ireland); EuGH, Urt. v. 06.10.2015 – C-362/14, EuZW 2015, 881 (887) (Schrems). Auch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR, hier hat sich der Gerichtshof insbesondere zur Vorhersehbarkeit von Telekommunikationsüberwachung geäußert, vgl. entspr. zu Art. 8 EMRK, EGMR, Urt. v. 01.07.2008 – 58243/00, Rn. 62 u. 63 (Liberty u. a. / ​Vereinigtes Königreich); EGMR (Große Kammer), Urteil v. 04.05.2000  – 28341/95, Rn. 57–59 (Rotaru / ​Rumänien). EGMR (Große Kammer), Urt. v. 04.12.2008 – 30562/04 und 30566/04, Rn. 99 (S und Marper / ​ Vereinigtes Königreich) sowie basierend auf der Leitentscheidung EGMR, Urt. v. 29.06.2006 – 54934/00, Rn. 92 ff. (Weber und Saravia / ​Deutschland). 789 Ebd. 790 Vgl. Teil 5 B. IV. 2. 791 EuGH, Urt. v. 08.04.2014  – C-293/12 und 594/12, NVwZ 2014, 709 (712) (Digital Rights Ireland) m. V. a. EGMR, Urt. v. 04.12.2008 – 30562/04 und 30566/04, Rn. 103 (S und Marper / ​Vereinigtes Königreich); EGMR, Urt. v. 18.04.2013 – 19522/09, Rn. 35 (M. K. / ​Frankreich).

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grenzüberschreitenden Kapitalerträgen und verhindert damit ebenso grenzüberschreitende Steuerhinterziehung. Auch wenn der EuGH aufgrund der noch „jungen“ Grundrechtecharta keine belegbaren Aussagen im Bereich der direkten Steuern getroffen hat, ist davon auszugehen, dass dieser Hauptzweck eine dem Allgemeinwohl dienende Zielsetzung der Europäischen Union i. S. d. Art. 52 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 EU-Grundrechtecharta darstellt.792 Eine wirksame Strafverfolgung und Rechtshilfe in Strafsachen, wozu grundsätzlich auch die mit diesem Amtshilfeverfahren zu bekämpfenden Steuerstraftaten gehören, wurde darüber hinaus europarechtlich wiederholt als Gemeinwohlbelang von erheblicher Bedeutung angesehen.793 Ein europarechtlich geforderter Rechtfertigungsgrund der Datenverarbeitung besteht mithin. Schließlich müssen die Eingriffe in Form der Datenverarbeitungen auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Art. 52 Abs. 1 S. 2 EU-Grundrechtecharta vereinbar sein. Das ist dann der Fall, wenn die Eingriffe geeignet und erforderlich sind, dem mit dem Rechtfertigungsgrund vorgebrachten Ziel zu dienen, und angemessen erscheinen. Zur Geeignetheit und Erforderlichkeit der Datenverarbeitung ergeben sich keine weiteren Aspekte als die bereits bei der Untersuchung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dargestellten. Die Kontendatenklassifizierung und Datenübermittlung an die EU-Mitgliedsstaaten ist geeignet das legitime Ziel zu erreichen und auch erforderlich, da keine anderen gleichwirksamen milderen Mittel ersichtlich sind. Für eine ausführliche Beleuchtung der Geeignetheit und Erforder 792

Vgl. hierzu Terhechte, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, GRC, Art. 52 Rn. 9. In der EuGH Rechtsprechung wurden auf dem Gebiet der direkten Steuern bisher überwiegend Beschränkungen und Diskriminierungen im Rahmen der Grundfreiheiten geprüft. So enthält bspw. auch die Rechtssache Sabou keine Aussagen darüber, EuGH Urt. v. 22.10.2013  – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (Sabou). Es wurden größtenteils versteckte Diskriminierungen untersucht, da bei steuerlichen Vorschriften zumeist auf die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen und nicht auf deren Staatsangehörigkeit abgestellt wird. Der EuGH hat in diesen steuerrechtlichen Fällen stets geprüft, ob Allgemeinwohlgründe bestehen, die zu einer Rechtfertigung der jeweiligen Steuernorm führen können, (vgl. nur EuGH v. 28.01.1986  – C-270/83 (avoir fiscal), Rn. 17 ff.; EuGH v. 14.02.1995  – C- 279/93 (Schumacker). Besonders deutlich wird dies im Fall Asscher, in dem der EuGH nach der Feststellung, dass eine versteckte Diskriminierung vorliegt, eine Rechtfertigung anhand von Gründen, wie der Verhinderung einer zu geringen Steuerbelastung grenzüberschreitender Vorgänge sowie der Kohärenz des Steuersystems prüft, die keine vertraglich geregelten Rechtfertigungsgründe aber Erfordernisse des Allgemeinwohls darstellen (vgl. EuGH v. 27.06.1996 – C-107/94 (Asscher), Rn. 49 ff.). 793 Vgl. zu den europäischen Grundrechten auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten EuGH Urt. v. 17.10.2013 – C291/12, NVwZ 2014, 435 (437) (Schwarz); sowie zur Vorratsdatenspeicherung EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 (711 ff.) (Digital Rights), welche jedoch nur aufgrund der Bekämpfung schwerer Kriminalität verhältnismäßig erscheint. Steuerstrafverfahren sind, anders als bspw. Terrorismusstraftaten, nicht als schwere Kriminalität einzustufen. Anders ist es jedoch bei Geld­wäsche zur Terrorismusfinanzierung, die durch die Offenlegung der Kontendaten einschl. der beherrschenden Personen wirksam bekämpft werden könnte.

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lichkeit, insbesondere zur Geeignetheit anderer Informationsamtshilfeverfahren, ist im Hinblick auf die Konzentration der Arbeit auf Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (2) und (3) zu verweisen. Zuletzt ist zu prüfen, ob die mit der Datenverarbeitung verbundenen Eingriffe auch angemessen sind, das heißt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art. 52 Abs. 1 S. 2 EU-Grundrechtecharta entsprechen. Die Regelungen zum automatischen Informationsaustausch von Kontendaten dienen europarechtlich anerkannten Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung.794 Die Erreichung des Ziels zur Förderung einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung als Gemeinwohlbelang ist mit den Eingriffen in das Grundrecht aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta abzuwägen. Für eine derartige Abwägung sind die Eingriffsintensitäten der Datenverarbeitungen zu bestimmen. Dabei ist für das Gewicht der Beeinträchtigung zunächst generell erheblich, welche personenbezogenen Informationen von der in dem Gesetz geregelten Maßnahme erfasst werden.795 Gegenstand der Datenverarbeitung sind persönliche Informationen, wie Name, Adresse und Geburtsdatum aber auch Zahlungsinformationen, wie Kontensalden und Gesamtbruttoerträge von Zinsen oder Dividenden. Kontenbewegungen, welche konkrete und detaillierte Rückschlüsse auf das alltägliche Leben des Betroffenen gestatten könnten, werden hingegen nicht preisgegeben. Die zu meldenden Informationen haben bei isolierter Betrachtung im Vergleich zu Kontenbewegungsdaten daher nicht die gleiche Persönlichkeitsrelevanz und Eingriffstiefe. Nichtsdestotrotz sind Kontenstammdaten und die hier außerdem gemeldeten Salden und Gesamtbruttoerträge dennoch von einer hohen Persönlichkeitsrelevanz gekennzeichnet, da man eindeutige Rückschlüsse auf die Vermögenslage der Person bilden kann.796 Der Grad des Personenbezugs der verarbeiteten Informationen führt daher zu einer erhöhten Eingriffsintensität.797 Ebenso erkennt der EuGH, in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des EGMR, in der automatisierten Datenverarbeitungsweise eine gesteigerte Gefahr des unberechtigten Zugangs zu diesen Daten – mithin sind unverhältnismäßige Eingriffe in das europäische Datenschutzgrundrecht hier wahrscheinlicher.798 Neben der Datenverarbeitungsweise in automatisierter Form, stellt der Informationsaustausch i. S. d. § 19 Nr. 43 FKAustG und §§ 2 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 7 Abs. 2 794 Vgl. ebenso die Ausführungen in der Stellungnahme von Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 3 f. 795 Vgl. EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 (711 ff.). (Digi­ tal Rights); mit Verweis entspr. auf EGMR, Urt. v. 04.12.2008 – 30562/04 und 30566/04, insbesondere Rn. 32 ff. (S und Marper / ​Vereinigtes Königreich). 796 Vgl. zu Kontenstammdaten als personenbezogene Daten, EuGH, Urteil v. 16.07.2015, C-580/13, ZIP 2015, 1606 (1606 f.) (Coty). 797 Ebenso nach der Analyse der deutschen Rechtsprechung zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (a) (bb). 798 EuGH, Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und 594/12, NVwZ 2014, 709 (712) (Digital Rights Ireland) mit Verweis auf EGMR, Urt. v. 04.12.2008 – 30562/04 und 30566/04, Rn. 103 (S und Marper / ​Vereinigtes Königreich); EGMR, Urt. v. 18.04.2013 – 19522/09, Rn. 35 (M. K. / ​Frankreich).

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EUAHiG darüberhinaus eine „[…] systematische Übermittlung zuvor festgelegter Informationen über in anderen meldepflichtigen Staaten ansässige Personen an den entsprechenden Ansässigkeitsstaat ohne dessen vorheriges Ersuchen in regelmäßigen, im Voraus bestimmten Abständen“799 dar. Es handelt sich somit um ein systematisches Verarbeiten und insbesondere Speichern ohne Einzelfallbezug oder Anlassbezogenheit und nur unter beschränkter Einbeziehung des Steuerpflichtigen mittels automatisierter Verfahren. Eine solche Vorgehensweise erinnert an eine „Vorratsdatenspeicherung“.800 Weder das bereits in dieser Arbeit analysierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG noch Art. 8 EU-Grundrechtecharta verbieten jede vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Daten. Jedoch sind nach europäischer wie auch nationaler Rechtsprechung derartige vorsorgliche Datensammlungen an besondere Begründungsanforderungen gebunden und angemessen auszugestalten.801 So müssen nach Ansicht des EuGH die Kriterien der Begrenzung des Ausmaßes der Daten auf das zwingend Erforderliche – Datenzugriff, Aufbewahrungsdauer, Datensicherheit, unabhängige Kontrolle sowie Betroffenenrechte im Fall eines Datentransfers erfüllt sein.802 Insoweit hat der EuGH ähnliche Kriterien wie das BVerfG entwickelt und hebt diese in seiner Rechtsprechung noch deutlicher hervor.803 Die Kriterien der Begrenzung des Datenumfangs auf das zwingend Erforderliche wurden bereits anhand von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ausführlich für die verschiedenen Eingriffsschritte analysiert. Insoweit ergibt sich auch bei einer Prüfung der Eingriffe anhand von Art. 8 EU-Grundrechtecharta kein anderes Ergebnis. In diesem Sinne ergeben sich nach Auswertung der Rechtsprechungskriterien zwei neuralgische Punkte, welche einzelnen Verarbeitungsschritte im Rahmen des FKAustGs unangemessen erscheinen lassen. Zum einen ist der Umfang der Betriebsprüfung nach § 5 Abs. 6 FKAustG, als Kontrollinstrument von Datenverarbeitungen durch die Finanzinstitute, auch auf datenschutzrechtliche Aspekte auszuweiten. Es sollte in diesem Zusammenhang zum Beispiel auch geprüft werden, ob die technischen Sicherheitsstandards und die Löschungsfristen eingehalten werden. Bei Auslegung 799

In Anlehnung an Art. 1 Nr. 1 Richtlinie 2014/107/EU. Die deutsche Rechtsprechung BVerfGE 125, 260 ff.; 130, 151 ff. Die europäische Rechtsprechung EuGH Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 ff. (Digital Rights) sowie sich anschließend EuGH, 21.12.2016 – C-203/15, C-698/15, NVwZ 2017, 1025 ff. (Tele2 Sverige AB / ​Post- och telestyrelsen und Secretary of State for the Home Department / ​ Watson ua); zur Parallele der Vorratsdatenspeicherung zum Kontendatenaustausch für steuerliche Zwecke Mittelberger, PinG 2015, 268 ff., der richtigerweise ausführt: „Zwar geht es beim Kontendatenaustausch primär darum, dass die einzelnen Staaten zu berechtigten Steuereinnahmen kommen, während es bei der Vorratsdatenspeicherung um schwere Kriminalität geht. Dieser politische Unterschied führt jedoch juristisch zur selben Bewertung.“ In beiden Regimen sind die vom EuGH aufgestellten Datenschutzstandards einzuhalten. Zum gleichen Ergebnis kommt Hamacher, IStR 2016, 171 (176). 801 Ebd., vgl. insbesondere BVerfGE 125, 260 (317 f.); 130, 151 (187). 802 EuGH Urt. v. 08.04.2014 – C-293/12 und C-594/12, NVwZ 2014, 709 (712 f.) (Digital Rights); EuGH 21.12.2016 – C-203/15, C-698/15, NJW 2017, 717 (722) sowie BVerfGE 121, 1 (27); 125, 260 (325 ff.); 130, 151 ff. 803 Ebd. 800

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der Rechtsprechungskriterien zur Datenverarbeitung zeigt sich darüberhinaus eine zweite unzureichende Ausgestaltung bei den Betroffenenrechten im FKAustG und der AO, die der bestehenden Eingriffsintensität zum Teil nicht gerecht wird. Die unzureichende Ausgestaltung der Betroffenenrechte betrifft insbesondere Personen, die keine direkte Kontenbeziehung zum Finanzinstitut haben und praktisch nicht von der Datenübermittlung erfahren, beispielsweise wirtschaftlich Berechtigte eines passiven Rechtsträgers. In diesem Zusammenhang ist zur Konzentration der Arbeit und zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb) zu verweisen. Der Übermittlungsvorgang innerhalb der EU selbst ist, wie bereits im Rahmen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beleuchtet, grundsätzlich rechtmäßig. Der Gewährleitungsgehalt von Art. 8 EU-Grundrechtecharta wird bei Übermittlungen im EU-Rechtsraum nicht untergraben, da durch die Bestimmungen der DS-GVO ein harmonisierter einheitlicher Datenschutzstandard besteht. Dieser wird durch unabhängige Kontrollen der Datenschutzaufsicht nach Art. 51 ff. DS-GVO überbewacht und Verstöße können durch die Vorschriften bezüglich Rechtsbehelfen, Haftung und Sanktionen nach Art. 77 ff. DS-GVO sanktioniert werden. Es besteht hierbei ein praktisch durchsetzbarer, harmonisierter und weitreichender Schutz – auch für die betroffene Person selbst.804 Neben diesen Schutzbestimmungen der DS-GVO bietet die EU-Grundrechtecharta darüber hinaus einen rechtsverbindlichen Mindestmaßstab an Grundrechtsschutz, welcher auch im Rahmen der hier erfolgenden Amtshilfe anwendbar ist, vgl. ausdrücklich nochmals bestätigt im Erwägungsgrund 17 der Amtshilferichtlinie. Für eine ausführliche Darstellung der Verhältnismäßigkeit von EU-Übermittlungen ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa) zu verweisen. Zusammenfassend steht der Erreichung des Allgemeinwohlziels zur Gleich­ mäßigkeit der Besteuerung bei grenzüberschreitenden Kapitalerträgen eine Datenverarbeitung von erhöhter Eingriffsintensität gegenüber. Die Eingriffe in Form der Datenverarbeitungen bei EU-Übermittlungen sind grundsätzlich nach Art. 8 EU-Grundrechtecharta gerechtfertigt. Unangemessen erscheinen aber auch hier die limitiert ausgestalteten Betroffenenrechte bei abweichend wirtschaftlich Berechtigten und der eingeschränkte Umfang der Außenprüfung bei Finanzinstituten, welcher keine datenschutzrechtlichen Verpflichtungen umfasst.805 Durch die sich angleichenden Gewährleistungsgehalte des europäischen Datenschutzgrundrechts 804

Dies gilt, auch wenn die datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte in Art. 12 ff. DS-GVO im Steuerrecht entweder aufgrund von Ausnahmen in Art. 14 und 23 DS-GVO selbst oder der deutschen spezialgesetzlichen Umsetzung in §§ 32a ff. AO stark eingeschränkt werden, vgl. zur teilweise unzureichenden Informationspflicht Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). 805 Insgesamt a. A. Hamacher, der den Kontendateninformationsaustausch für verfassungswidrig hält aufgrund fehlenden Anlassbezugs, vgl. Hamacher, IStR 2016, 171 (176). Er schlägt ein vorgeschaltetes System vor, bei dem generell Konteneröffnungen gemeldet werden, um hiernach im zweiten Schritt einzelfallbezogene Auskunftsersuchen nach gängigen rechtsstaatlichen Grundsätzen durchzuführen. Ob hier jedoch am Ende das Ausmaß der Datenverarbeitung

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und des Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie die ähnlich gelagerte Rechtsprechung des EuGH und des BVerfG zur Festlegung von Kriterien bezüglich einer verhältnismäßigen Datenverarbeitung die nicht über das Erforderliche hinausgeht, ergibt sich hier materiell-rechtlich kein abweichendes Ergebnis, als dass was bereits für Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG festgestellt worden ist. Einen weitreichenden Unterschied beider Grundrechte ergibt sich letztendlich nur dadurch, dass Art. 8 EU-Grundrechtecharta nur sehr beschränkt auf juristische Personen anwendbar ist, wohingegen Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG dem Wesen nach in weiten Teilen auch juristische Personen schützt.806

VI. Die Rechtsschutzgarantie bei außereuropäischen Übermittlungsvorgängen nach Art. 19 Abs. 4 GG Die zuvor geschilderten datenschutzrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Finanzkontendatenaustausch nach dem Standard führen zu dem Ergebnis, dass die Gefahr besteht, Kontoinhaber unverhältnismäßig in ihren Datenschutzgrundrechten einzuschränken. Umso mehr muss den betroffenen Kontoinhabern hierbei eine Möglichkeit gegeben werden, sich gegen den gegebenenfalls rechtswidrigen Eingriff zur Wehr zu setzen. Sowohl national, nach Art. 19 Abs. 4 GG, als auch europarechtlich, nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta, ist der effektive Rechtsschutz grundrechtlich verbürgt.807 Der effektive Rechtsschutz stellt sicher, dass es jedem möglich sein muss, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen – auch bei Eingriffshandlungen der Steuerverwaltung.808 Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz wird ebenfalls völkerrechtlich auf Basis von Art. 13 EMRK garantiert. In dieser Hinsicht muss inbesondere bei außereuropäischen Drittlandsübermittlungen außerhalb des direkten Anwendungsberechs der DS-GVO möglich sein, die Meldung noch vor Übermittlung an das Ausland gerichtlich zu überprüfen und gegebenenfalls stoppen zu lassen. Ob die konkrete Ausgestaltung des Finanzkonteninformationsaustauschverfahrens nach dem CRS-Regime in Deutschland eine solche Möglichkeit für die Betroffenen bietet und welche Voraussetzungen hieran geknüpft sind, wird nachfolgend beleuchtet. Dabei werden zunächst die Voraussetzungen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG bei Drittlands­ geringer ist – da dann alle Kontoeröffnungen gemeldet werden müssten, auch die womöglich steuerlich komplett irrelevanten, bleibt nach der hier vertretenen Auffassung fraglich. 806 Vgl. Teil 5 B. V. 1. 807 Allgemein zum grundrechtlich verbürgten Recht auf effektiven Rechtsschutz in Deutschland Schmidt-Aßmann, in: Maunz / ​Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 1 ff., insbes. 273 ff.; Uhle, in: FS Würtenberger, 2013, S. 935 ff.; ders., in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. V, 2013, § 129 Rn. 15 ff.; sowie in Europa Lemke, in: von der Groeben / ​Schwarze / ​Hatje, Europäisches Unionsrecht, GRC, Art. 47 Rn. 1 ff. 808 Generell zu den Verfahrensgrundrechten im Steuerverfahren auch im Vergleich zu den USA Ruiz Jimenez, in: Koefler et al. (Hrsg.), Human rights and Taxation, 2011, S. 521 ff.

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übermittlungen erläutert und insbesondere auf die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens in Vorwirkung auf den effektiven Rechtsschutz eingegangen. 1. Die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens in Vorwirkung auf den effektiven Rechtsschutz Die Geltendmachung von Rechtsschutzmaßnahmen setzt voraus, dass der Betroffene im Vorfeld Kenntnis über die eingriffsintensive Maßnahme hat.809 Er muss daher mit ausreichend zeitlichem Abstand über die für ihn womöglich nachteilige staatliche Handlung informiert werden. Das Verwaltungsverfahren hat mithin eine konkrete Vorwirkung auf die Möglichkeit des effektiven Rechtsschutzes.810 Insoweit kommt den Informations- und Anhörungspflichten ein erhöhter Bedeutungsgehalt zu.811 Dieser tritt umso mehr hervor, wenn die staatlichen Eingriffshandlungen unumkehrbar sind und nur durch vorbeugenden Rechtsschutz Schäden verhindert werden können.812 Einen solchen Fall stellt die Kontendatenübermittlung an das Ausland gem. §§ 2, 5 Abs. 2 FKAustG dar.813 Die Preisgabe der Daten an andere am CRS teilnehmende Jurisdiktionen ist nicht rückgängig zu machen. Wie bereits dargestellt, bestehen in Deutschland nur äußerst eingeschränkte Betroffenenrechte im Rahmen des Finanzkontendatenaustauschs.814 Die Information der Betroffenen erfolgt in „allgemeiner Form“, d. h. ohne konkrete Inhalts-, Form- oder Zeitvorgaben, durch die in Dienst genommenen Finanzinstitute einma 809 Ähnlich zur Amtshilfe auch Seer / ​Gabert, StuW 2013, 3 (20 f.) m.V.a. OECD, Rn. 14.1 des Kommentars zu Art. 26 OECD-MA. 810 Vgl. BVerfGE 61, 82 (110), m.V.a. BVerfGE 22, 49 (81 f.): „Allerdings können sich aus Art. 19 Abs. 4 GG Vorwirkungen auf die Ausgestaltung des dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens ergeben: Dieses darf nicht so angelegt werden, den gerichtlichen Rechtsschutz zu vereiteln oder unzumutbar zu erschweren.“ Die Notwendigkeit eines „vorgezogenen“ Rechtsschutzes wurde auch im Volkszählungsurteil bestätigt BVerfG 65,1 (46 ff.). Siehe allgemein auch Papier, in: Isensee / ​K irchhof, HStR, Bd.VIII, § 177 Rn. 22; Uhle, in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. V, 2013, § 129 Rn. 18 ff. 811 Vgl. auch im Hinblick auf das generelle Auskunftsverfahren Carl / ​Klos, DStR 1992, 528 (532); Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 367 ff.; Eilers, Das Steuergeheimnis als Grenze des internationalen Auskunftsverkehrs, 1987, S. 93 ff. 812 Generell zur verfassungsrechtlichen Notwendigkeit vorläufigen und vorbeugenden Rechtsschutzes Uhle, in: FS Würtenberger, 2013, S. 935 (950 ff.); ders., in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. V, 2013, § 129 Rn. 1 ff. 813 Siehe zur Ersuchungsauskunft ebenso kritisch Friauf, in: StbJb 1984/85, S. 317 (324): „Für die Konstellation eines ausländischen Auskunftsersuchens an die deutschen Steuerbehörden glaubt man, daß Bedenken im Hinblick auf eine Verletzung der Geheimhaltungsvorschriften durch ausländische Steuerbehörden dadurch Rechnung getragen werden könne, daß „hierüber nach Abschluß der Ermittlungen dem Bundesminister der Finanzen“ berichtet werde. Für diesen Fall und ein späteres Bekannt werden einer Verletzung des Steuergeheimnisses verspricht das Merkblatt nachträgliche Aktivitäten des Bundesministers der Finanzen, also ein Tätigwerden, nachdem „das Kind in den Brunnen gefallen ist“. 814 Vgl. ausführlich Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb).

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lig vor der ersten Meldung. Eine ausführlichere Information durch eine staatliche Stelle ist weder vor noch nach dem Übermittlungsvorgang gesetzlich vorgesehen. Ebenso ist eine Anhörung ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen.815 Es ist daher anzuzweifeln, dass die Betroffenen stets von der Datenübermittlung im Vorfeld erfahren. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der praktischen Umsetzung dieser Informationspflicht durch die meisten Finanzinstitute mittels eines kleingedruckten Hinweises auf den Kontoauszügen oder der CRS-Selbstauskunft. Nach der hier vertretenen Auffassung bedarf es einer staatlichen Information mit den konkret zu meldenden Daten, beispielsweise abrufbar im Elsterportal. Dies gilt zumindest bei Fällen der Drittlandsübermittlung, bei denen das Datenschutzniveau unterhalb des europäischen ist und die Einhaltung der völkerrechtlichen Garantien nach Anlage C angezweifelt werden kann.816 In solchen Fällen ist insbesondere ein Bruch der Geheimhaltungspflicht wahrscheinlicher und damit die Verletzung der subjektiven Rechte des Betroffenen naheliegender.817 Gleichzeitig kann nicht gewährleistet werden, dass im steuerlichen Hauptverfahren des Empfängerlands ausreichende Verfahrens- und Betroffenenrechte existieren, die ein Unterbleiben der Betroffenenrechte im übermittelnden Staat ausgleichen könnten.818 Darüber hinaus sind Bestandskunden, deren Meldestatus ohne ihre direkte Mitwirkung, sondern aufgrund ihrer beim Institut befindlichen Daten bestimmt wird und abweichend wirtschaftlich Berechtigte sowie beherrschende Personen passiver Rechtsträger ohne direkte Kontenbeziehung zum Finanzinstitut, für welche die Datenübermittlung gegebenenfalls an einen „heimlichen Eingriff“ grenzt, durch eine staatliche Information in Kenntnis zu setzen.819 Andernfalls würde dieser Betroffenengruppe gänzlich das Recht eines effektiven Rechtsschutzes verwehrt.820 815 Siehe jedoch den OECD Peer Review Report zur deutschen Vorgehensweise mit Betroffeneninformationen bei Ersuchungsauskünften kritisch im Hinblick auf überlange Verfahren, OECD, Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes: Germany 2017 (Second Round), S. 90 ff., abrufbar unter: http://www.keepeek.com/Digital-AssetManagement/oecd/taxation/global-forum-on-transparency-and-exchange-of-informationfor-​t ax-purposes-germany-2017-second-round_9789264280205-en#.Wh_Gptv9Rpg#page3 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017). 816 Vgl. bei EU Übermittlungen primär die Anwendung von Art. 47 EU-Grundrechtecharta, Teil 5 B VI. 2.; verschärft hier Hamacher, IStR 2016, 171 (176), welcher die Informationspflicht insgesamt für alle Kontoinhaber unzureichend empfindet. 817 Zu den möglichen Einwendungen Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (939 ff.). 818 Siehe hierzu das EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (insbes. 698) (Sabou), vgl. ausführlich zur Entscheidung Teil 5 A. I. 2. a) sowie die Ausführungen in Anwendung auf die Referenzmaterie Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). 819 Vgl. bereits zu dem Ergebnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Eingriffs in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1  GG, Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (ee). 820 Vgl. jedoch kritisch zur Einbeziehung Dritter für Kontrollmitteilungen, wonach es dem Steuerpflichtigen nicht ersichtlich ist, zu welcher Zeit der Dritte welche Daten wie verarbeitet Anzinger, in: ders. / ​Hamacher / ​Katzenbeisser, 2013, S. 97 (139 f.; 148 f.); dieser verweist auch auf das Verfahren zur Altersvorsorgezulage, wonach Verfahren, in denen „private Dritte und die Finanzverwaltung weitgehend ohne Beteiligung des Betroffenen personenbezogene Daten austauschen und aufgrund dieser Daten, ohne Mitwirkung des Betroffenen, automatisiert Entscheidungen getroffen werden, stellen einen Eingriff in das informationelle Selbstbestim-

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Teil 5: Die Stellung des Kontoinhabers 

Für diese Betroffenenkreise ist der effektive Rechtsschutz nicht ausreichend gewährleistet.821 Im Hinblick auf die erhebliche Eingriffstiefe, insbesondere bei Drittlandsübermittlungen, bedarf es bei der Ausgestaltung dieses Verwaltungsverfahrens in Vorwirkung des effektiven Rechtsschutzes einer staatlichen Information in ausreichendem zeitlichem Abstand vor der Übermittlung.822 Dies ist, wie bereits oben erläutert, schon aufgrund des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen notwendig. Nur auf diese Weise kann ebenso gewährleistet werden, dass die Betroffenen auch tatsächliche Kenntnis von der Eingriffshandlung des BZSts haben und von ihren nach Art. 19 Abs. 4 GG garantiertem Grundrecht Gebrauch machen können.823 2. Die Voraussetzungen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG Die Bedingungen für die Geltendmachung eines effektiven Rechtsschutzes bei automatischen Übermittlungsvorgängen im Rahmen der hier untersuchten steuerlichen Amtshilfe sind mangels Praxiserfahrungen im Detail noch nicht eindeutig. Durch die immer weiter fortschreitende Automatisierung und gleichzeitige Globalisierung steuerlicher Amtshilfe ergeben sich neue Herausforderungen, die sich auch bei den Rechtsschutzmöglichkeiten widerspiegeln. Nachfolgend soll ein Versuch unternommen werden, die Voraussetzungen für die Geltendmachung des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG bei Drittlandsübermittlungen aufzuzeigen. Nach der h. M. handelt es sich bei Informationshandlungen im Rahmen der steuerlichen Amtshilfe um schlichtes Verwaltungshandeln.824 Die Datenübertragung selbst ist damit kein Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO, da es hier bereits an mungsrecht und eine Beschränkung des effektiven Rechtsschutzes dar, deren Verhältnismäßigkeit kritisch zu hinterfragen ist.“ 821 A. A. die Anlage 6, Stellungnahme von Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, S. 9 f., der jedoch grundlegend auch die datenschutzrechtlichen Bedenken aufgrund der Sensibilität der ausgetauschten Informationen anmahnt, S. 11. 822 Einer Anhörung bedarf es nach der hier vertretenen Auffassung jedoch nicht, vgl. Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (cc); sowie ebenso Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 104. 823 Vgl. zur Auskunftserteilung ebenso Seer / ​Gabert, StuW 2013, 3 (20): „Als Folge der fehlenden Informations- und Anhörungspflicht wissen die Steuerpflichtigen grundsätzlich nichts von eingehenden und ausgehenden Ersuchen. Sie können nur dann Mittel des Rechtsschutzes ergreifen, wenn sie zufällig von dem Ersuchen erfahren haben. Damit hängen die Rechte des Steuerpflichtigen stark von der Existenz von Informationspflichten ab. Diese sind für den Steuerpflichtigen aber nur von Nutzen, wenn die Information vor der Auskunftserteilung beziehungsweise vor Stellen des Ersuchens erfolgt.“ 824 Carl / ​Klos, Leitfaden zur internationalen Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen, 1995, S. 126 f., 155 ff.; Franz, IStR 2017, 273 (273); Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (937 f.); Seer / ​Gabert, StuW 2010, 3 (19 f.); speziell zu Spontanauskünften auch Carl / ​Klos, DStR 1992, 528 (532 f.).

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einer unmittelbaren Außenwirkung fehlt.825 Vielmehr dient die Informationshilfe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der Vorbereitung eines Verwaltungsaktes, der die Steuer festsetzt und auf welcher Basis der Steuerbescheid im Vertragsstaat ergeht.826 Gleichzeitig ist die Datenpreisgabe an das Ausland als staatliche Eingriffshandlung grundsätzlich unumkehrbar, sodass, geboten durch den effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG, Rechtsverstöße nur durch vorbeugenden Rechtsschutz verhindert werden können.827 Nachträgliche Löschungsvorschriften und Zweckbindungen im Empfängerstaat außerhalb des Anwendungsbereichs der DS-GVO sind rein anhand völkerrechtlich verankerter Garantien gewährleistet. Zu der sich hieraus ergebenden erhöhten Gefährdungslage ist auf die Angemessenheitsprüfung von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG in dieser Arbeit zu verweisen. Ebenso wie die Beteiligten anderer steuerlicher Informationsamtshilfeverfahren unterliegen die hier Betroffenen damit einer erhöhten Gefährdungslage und haben grundsätzlich ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis. Die in Rechtsprechung und Literatur anerkannte richtige Klageart in derartigen Fällen der steuerlichen Informationshilfe ist mithin nicht die Anfechtungsklage, sondern die vorbeugende Unterlassungsklage nach § 40 Abs. 1 3. Alt. FGO.828 Für Rechtsstreitigkeiten zur Datenverarbeitung wurde geregelt, dass der Finanz­ gerichtsweg eröffnet ist, vgl. § 32i AO. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich bei dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand analog aus § 1004 BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, gegebenenfalls i. V. m. § 30 AO.829 Grund hierfür ist, dass die Übermittlung der Kontendaten einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, welcher in bestimmten Konstellationen unverhältnis 825 Im Hinblick auf steuerliche Informationsamtshilfe generell ebd.; Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 139. 826 Ebenso BFHE 152, 50; zu Spontanauskünften Carl / ​Klos, DStR 1992, 528 (532 f.); vgl. zu den unterschiedlichen Verfahrensphasen EuGH Urt. v. 22.10.2013 – C-276/12, DStRE 2014, 695 ff. (Sabou), sowie erläutert in Teil 5 A I. 2. a); vgl. jedoch auch in Abgrenzung zur Anfechtung bei der Auferlegung von Sanktionen nunmehr EuGH, Urt. v. 16.05.2017 – C-682/15, EuZW 2017, 654 (656 f.) (Berlioz Investment Fund SA). 827 Zwar sieht das FKAustG Dokumentations- und Speicherfristen bei den Finanzinstituten als auch dem BZSt vor, welche auch grundsätzlich für die nachträgliche Datenschutzkontrolle verwendet werden können, jedoch ist im Hinblick auf die Datenübermittlung an das Ausland ein nachträglicher Rechtsschutz nicht gleichwertig einem vorbeugenden, vgl. auch zur Dokumentation für die Datenschutzkontrolle beim Kontenabruf BVerfGE 118, 168 (210). Grundsätzlich ist jedoch auch Hendricks zu folgen, der eine Amtshaftung der deutschen Abgabengewalt auch nach Übermittlung der Daten an Drittländer bejaht, wenn eine Zweckentfremdung vorhersehbar ist. Dies kann bei Entwicklungsländern grundsätzlich vermutet werden, vgl. Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 108 ff. 828 Nach der Rechtsprechung m. w. N. BFHE 148, 1 (2 ff.); 231, 500 (501); sowie die Literatur Franz, IStR 2017, 273 (273); Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (937 f.); Seer / ​Gabert, StuW 2010, 3 (19 f.); Seer, in: Tipke / ​K ruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 139; speziell zu Spontanauskünften auch Carl / ​Klos, DStR 1992, 528 (532 f.). 829 So bereits Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (937); Seer / ​Gabert, StuW 2010, 3 (20); Seer, in: Tipke / ​Kruse, AO / ​FGO, § 117 AO, Rn. 139; Franz, IStR 2017, 273 (277); Frotscher, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015, § 18, S. 426 ff.

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mäßig sein kann, wenn beispielsweise Geheimnisvorschriften drohen nicht eingehalten zu werden. Als Instrument vorläufigen Rechtsschutzes ist daher, wie beispielsweise auch bei Ersuchungs- oder Spontanauskünften, nicht der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO, sondern ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO statthaft.830 Der Umstand, dass es sich bei den betroffenen Kontoinhabern in aller Regel um im Ausland steuerlich Ansässige handelt, ist grundsätzlich unschädlich.831 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Jedermannsrecht und daher auch durch ausländische Steuerpflichtige einklagbar.832 Entscheidend für eine Aussicht auf Erfolg der betroffenen Kontoinhaber ist die Geltendmachung der Verletzung eigener Rechte i. S. d. § 40 Abs. 2 FGO beziehungsweise die schlüssige Darlegung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrunds nach § 114 Abs. 1 S. 2 FGO. Als Rechtsverletzung und Anordnungsgrund genügen bloße Rechtsnachteile nicht, wenn sie von der Erfassung tatsächlich erzielter Einnahmen in einem ausländischen Besteuerungsverfahren ausgehen.833 Ein Anordnungsgrund ist vielmehr nur dann gegeben, wenn ins Gewicht fallende und über die Besteuerung im Ausland hinausgehende Nachteile glaubhaft gemacht werden.834 Hierzu bedarf es eines subjektiven Rechts des Betroffenen, vornehmlich erwachsend aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung i. V. m. § 30 AO sowie gegebenenfalls der Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014. Hierfür kommt insbesondere die hohe Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Zwecksetzung und der Geheimnisvorschriften in Betracht.835 Auch ist, bei fehlender Information des Betroffenen, beispielsweise einer beherrschenden Person eines passiven Rechtsträgers denkbar, dass dem Betroffenen das Recht auf eine Selbstanzeige im Ansässigkeitsstaat verwehrt wird. Zuletzt ist auch daran zu denken, dass die automatisierte Übermittlung unter Umständen stattfindet, ohne dass die Erträge nach dem Recht des Empfängerlands einer Besteuerung unterliegen, wodurch gegen das rechtsstaatliche Gebot der voraussichtlichen Erheblichkeit verstoßen wird.836 Die Ablehnung wegen Beeinträchtigung des ordre public oder wegen fehlender Gegenseitigkeit oder entgegenstehender Verwaltungsökonomie

830

Vgl. bspw. m. w. N. BFHE 192, 260 (262); 212, 4 (6); BFH / ​NV 05, 1503. Carl / ​Klos, DStR 1992, 528 (533) m.V.a. BFHE 152, 50 (51). Ausnahmsweise werden auch Steuerinländer an am CRS teilnehmende Jurisdiktionen gemeldet, wenn sie bspw. zwei unbeschränkte steuerliche Ansässigkeiten haben oder, wie im Falle von FATCA, sie eine US-Staatsbürgerschaft besitzen aber nicht in den USA leben. In anderen Fällen kann es ebenfalls zu einer Meldung von Steuerinländern kommen, wenn sie fälschlicher Weise eine steuerliche Ansässigkeit im Ausland auf der Selbstauskunft angaben, bspw. weil ein Ferienwohnsitz als steuerliche Ansässigkeit angenommen wurde. 832 Siehe hierzu Teil 5 B. IV. 1. a). 833 BFHE 152, 50 (52). 834 Ebd. 835 Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (948 f.). 836 Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (943 f.). 831

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stehen hingegen im Interesse der staatlichen Finanzverwaltung und eröffnen keinen Anspruch für den Betroffenen.837 Als praktisches Problem besteht hier die Glaubhaftmachung des Schadens.838 Dazu sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund rechtlich schlüssig darzulegen und deren tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft zu machen, vgl. § 114 Abs. 3 FGO i. V. m. § 920 Abs. 1, 2 ZPO. Es wird insoweit und bezogen auf die Anordnungsanspruch und -grund begründenden Tatsache – kein Vollbeweis i. S. einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit verlangt.839 Glaubhaftmachung ist vielmehr ein geringerer Grad der Beweisführung, wozu Tatsachen schlüssig dargelegt werden müssen, denen zu entnehmen ist, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund im Zeitpunkt der Entscheidung über das Anordnungsersuchen bestehen können und für deren Richtigkeit oder Existenz ein überwiegendes Maß an Wahrscheinlichkeit spricht.840 Hierbei ist fraglich, inwieweit es dem ausländischen Steuerpflichtigen möglich ist, Beweise, insbesondere für eine drohende Zweckentfremdung der Daten, beizubringen. Sicherlich werden externe Gutachten zum Datenschutzstandard im Empfängerstaat hilfreich sein. Auch die PeerReview-Ergebnisse, veröffentlicht als Ranking bei der Internetseite des Global Forums, sollten als Beweis dienen, ob die Einhaltung der Datenschutzstandards und Geheimnisvorschriften voraussichtlich wahrscheinlich ist oder ob beispielsweise Zweckentfremdungen drohen.841 Neben dem deutschen Rechtsweg ist darauf hinzuweisen, dass die Betroffenen grundsätzlich ebenfalls nach Art. 77 DS-GVO das Recht auf Beschwerde bei 837

Carl / ​Klos, DStR 1992, 528 (533). Die fehlende Gegenseitigkeit eröffnet keinen Anordnungsgrund, sondern ist eine Frage des unverhältnismäßigen Eingriffs in die Grundrechte des Betroffenen, denn dann besteht keine Förderung des Zwecks der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, so Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 22.107; Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, 2004, S. 92 ff.; Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (941 f.); aufgegriffen von BFH v. 13.01.2006 – I B 35/05 = BFH / ​NV 2006, 922 ff. Hendricks fordert nunmehr sogar ein Unterbleiben der Kontendatenmeldung, wenn der Vertragsstaat die Daten nicht übermittelt, vgl. Hendricks zur öffentlichen Anhörung zum FKAustG Gesetzentwurf v. 29.10.2015, Anlage 6, S. 7 f. 838 Hierzu Herlinghaus, in: FS Herzig, 2010, S. 933 (938 ff.). 839 BFHE 137, 235 (240 ff.). 840 Ebd. 841 Vgl. zum Peer-Review-Prozess Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa). Ebenso kritisch Garcia Prats, in: Marino (Hrsg.), New Exchange of Information versus Tax Solutions of Equivalent Effect, 2016, S. 133 (162), der den Inhalt der Peer Reviews nicht nur auf rein formal in Abkommen vereinbarte Bestimmungen limitieren will, sondern auch die tatsächliche effektive Umsetzung, insbesondere von Betroffenenrechten einem Review unterstellen will. Vgl. jedoch auch den OECD Peer Review Report zur deutschen Vorgehensweise mit Betroffeneninformationen bei Ersuchungsauskünften, OECD, Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes: Germany 2017 (Second Round), S. 90 ff., abrufbar unter: http://www. keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/taxation/global-forum-on-transparency-andexchange-of-information-for-tax-purposes-germany-2017-second-round_9789264280205-en#.​ Wh_Gptv9Rpg#page3 (zuletzt aufgerufen 01.12.2017), hier werden die Betroffenenrechte kritisch im Hinblick auf überlange Verfahren beleuchtet.

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einer Datenschutzaufsichtsbehörde haben.842 Dies können die Betroffenen in ihrem Land der steuerlichen Ansässigkeit, aber eben auch in Deutschland, als Ort des mutmaßlichen Verstoßes, d. h. der womöglichen rechtswidrigen Übermittlung, geltend machen.

VII. Die Rechtsschutzgarantie bei innereuropäischen Übermittlungsvorgängen nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta Auch bei innereuropäischen Übermittlungsvorgängen ergibt sich durch die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens im Vorfeld der Übermittlung die Frage nach der Gewährleistung und den Voraussetzungen eines effektiven Rechtsschutzes.843 Der effektive Rechtsschutz richtet sich bei innereuropäischer Amtshilfe aufgrund der Ausführung von europäischem Recht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta. Die Frage eines europäischen Rechtsschutzes für Betroffene gewinnt dabei umso mehr an Bedeutung, als dass vor dem politischen Hintergrund einer möglichen Schwächung der Durchsetzung eines gemeinsamen Grundrechtsstandards innerhalb der EU-Mitgliedsländer, Risiken für einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff in Art.8 EU-Grundrechtecharta praktisch durchaus denkbar erscheinen.844 Ebenso wie Art. 19 Abs. 4 GG schützt Art. 47 EU-Grundrechtecharta das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Das Grundrecht bindet gem. Art. 51 Abs. 1 S. 1 EU-Grundrechtecharta zunächst die Union und ihre Stellen. Die Mitgliedstaaten und deren Stellen werden darüber hinaus gem. Art. 51 Abs. 1 S. 1 S.1 EU-Grundrechtecharta ebenso verpflichtet, allerdings nur soweit sie Unionsrecht anwenden bzw. durchführen.845 Im hier zu untersuchenden Übermittlungsvorgang des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs innerhalb der EU wird europäisches Recht nach der Amtshilferichtlinie 2011/16/EU, in Deutschland anwendbar durch das FKAustG, ausgeführt. Die hier primär agierende öffentliche Stelle ist das BZSt als zuständige Behörde i. S. d. § 4 FKAustG, welche folglich einer Grundrechtsbindung nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta unterliegt.

842 Hierzu generell Köffer, in: Paal / ​Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO Art. 77 Rn. 1 ff., insbes. 2. 843 Vgl. Teil 5 B. VI. 1. 844 Vgl. zur Pflicht der Einhaltung der EU Grundrechtecharta durch die Mitgliedsländer der European Parliamentary Research Service, Ferraro / ​Carmona, Fundamental Rights in the European Union, PE554.168, März 2015, S. 16 f.; zum grundrechtlich verbürgten Datenschutz nach dem europäischen Datenschutzgrundrecht Art. 8 EU-Grundrechtecharta in Teil 5 B. V. 845 EuGH Urt. v. 07.06.2012 – C-27/11 (Vinkov), Rn. 57 ff.; Charta-Erläuterungen, ABl 2007 C 303/29. In mitgliedstaatlichen Gerichtsverfahren kommt Art.47 daher allein zum Tragen, soweit materielles oder formelles EU-Recht (unmittelbar oder mittelbar) durchzuführen bzw. anzuwenden ist, vgl. Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 47 Rn. 4.

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Der Schutzgehalt von Art. 47 EU-Grundrechtecharta beschränkt sich jedoch nach dem Wortlaut ausschließlich auf das gerichtliche Verfahren. Für das Verwaltungsverfahren finden sich entsprechende Rechte in Art. 41 Abs. 1, 2 EU-Grundrechtecharta. Diese binden wiederum jedoch nur die Organe und Stellen der Union und sind somit für das hier in Frage stehende Verfahren der nationalen Steuerbehörden nicht anwendbar. Nach Ansicht des EuGH entfaltet Art. 47 EU-Grundrechte­ charta ausweichlich des Wortlauts jedoch ebenso eine Ausstrahlungswirkung für die Durchführung des Unionsrechts durch die Mitgliedsstaaten im vorgängigen Verwaltungsverfahren.846 Hierdurch wird ein umfassender europäischer Grundrechtsschutz gewährleistet, welcher auch das eines gerichtlichen Rechtsschutzes vorgelagerte Verwaltungsverfahren des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs und die zuständige Bundesbehörde BZSt umfasst. Gleichzeitig erstreckt sich der Schutzgehalt des Art. 47 EU-Grundrechtecharta auch auf die Möglichkeit, erforderlichenfalls einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen.847 Dementsprechend ist das Instrument des vorläufigen Rechtsschutzes in Form eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO, um eine Datenpreisgabe noch zeitlich vor Übermittlung an das Ausland zu stoppen, auch vom sachlichen Schutzbereich des Art. 47 EU-Grundrechtecharta umfasst. Zu den prozessualen Voraussetzungen der Gelendmachung des vorläufigen Rechtsschutzes im deutschen Rechtsraum im Zusammenhang mit dem vorgängigen Verwaltungsverfahren ist auf Teil 5 VI. 1. b) zu verweisen. Ist Art. 47 EU-Grundrechtecharta grundsätzlich für das vorgängige Verwaltungsverfahren des automatischen Finanzkonteninformationsaustauschs und etwaige nachträgliche gerichtliche Rechtsbehelfe insbesondere im Hinblick auf den einstweiligen Rechtsschutz anwendbar, sind die weiteren Voraussetzungen für die Geltendmachung des Grundrechts zu beleuchten. Hierzu muss ein Grundrechtsträger in seinen subjektiven Rechten verletzt wurden sein. Grundrechtsträger sind zunächst alle natürlichen Personen und zwar unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.848 Darüber hinaus wurde durch den EuGH bestätigt, dass auch juristische Personen und Personenvereinigungen grundsätzlich Träger des Grundrechts sein können.849 Des Weiteren muss eine subjektive Rechtsverletzung vorliegen. Dabei ist nicht nur primäres und sekundäres EU-Recht maßgebend, sondern es sind auch Rechte umfasst, die sich aus der europäischen Umsetzungsgesetzgebung 846 EuGH Urt. v. 09.02.1999 – C-343/96 (Dilexport), Rn. 25; Urt. v. 14.07.1988 – C-123/87 (Jeunehomme), Rn. 17; Urt. v. 15.09.1998 – C-281/96 (Ansaldo), Rn. 27; Urt. v. 22.12.2010 – C-279/09 (KG), Rn. 28. 847 EuGH Urt. v. 19.06.1990 – C-343/96 (The Queen / ​Secretary of State for Transport, ex parte: Factortame Ltd u. a.), Rn. 17 f.; Blanke, in: Calliess / ​Ruffert, EUV / ​A EUV, EU-GRCharta Art. 47 Rn. 1 f. 848 M. w. N. Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 47 Rn. 12; vgl. auch zur Grundrechtsträgerschaft bei nicht in Deutschland Ansässigen mit der Kontenführung als alleinigen territorialen Anknüpfungspunkt, Teil  5 B. IV. 1. a) bb). 849 EuGH Urt. v. 22.12.2010 – C-279/09 (KG), Rn. 36; vgl. im Unterschied die Anwendung von Art. 8 EU-Grundrechtecharta auf jur. Personen, Teil 5 B. V. 1. 

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der Mitgliedstaaten ergeben. Letzteres umfasst mithin auch die Umsetzung der Amtshilferichtlinie durch das FKAustG.850 Eine subjektive Rechtsverletzung kann grundsätzlich bei einem automatisierten Informationsaustausch von Finanzkontendaten angenommen werden, da hier der Interessenkreis von Steuerpflichtigen unmittelbar berührt ist und ein spezifisches Interesse der Betroffenen bestehen kann, die Rechtmäßigkeit einer Meldung vor Übermittlung an das Ausland gerichtlich überprüfen zu lassen.851 Wird durch das vorgelagerte Verwaltungsverfahren diese Möglichkeit erschwert oder unmöglich, liegt eine subjektive Rechtsverletzung vor. Eine subjektive Rechtsverletzung in den Schutzbereich des Art. 47 EU-Grundrechtecharta kann nur unter den allgemeinen Voraussetzungen des Art. Art.52 Abs.1 EU-Grundrechtecharta gerechtfertigt werden. Die Beschränkung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz muss hierzu zunächst auf einer gesetzlichen Grundlage basieren, vgl. Art. 52 Abs. 1 S.1 EU-Grundrechtecharta.852 Zudem muss die Beschränkung gem. Art. 52 Abs. 1 S. 1 EU-Grundrechtecharta den Wesensgehalt des Grundrechts wahren und nach Art. 52 Abs. 1 S. 2 EU-Grundrechtecharta verhältnismäßig sein.853 Im vorliegenden Fall des automatisierten Finanzkontendatenaustauschs ergibt sich die Einschränkung des effektiven Rechtsschutzes nicht aufgrund einer konkreten gesetzlichen Grundlage, sondern aufgrund der durch mangelnde Betroffenenrechte intransparenten Ausgestaltung des vorgelagerten Verwaltungsverfahrens im Allgemeinen und der unzureichend ausgestalteten Informationspflicht der Finanzinstitute nach § 6 Abs. 2 FKAustG im Speziellen. Hierdurch erlangen insbesondere bestimmte Betroffenenkreise der abweichend wirtschaftlich Berechtigten und beherrschenden Personen passiver Rechtsträger keine Information über die Datenübermittlung und haben aufgrund fehlender Kenntnis mithin keine praktische Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz gegen einen für sie unbekannte Eingriffshandlung der Verwaltung einzulegen.854 Dabei muss nach Ansicht des EuGH das vorgängige Verwaltungsverfahren so ausgestaltet sein, dass eine gerichtliche Überprüfung nicht unzumutbar wird. Die Ausgestaltung des Verfahrens darf den Rechtsschutz nicht „praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren“855. Insoweit ergibt sich eine Parallelität zur Rechtsprechung des BVerfG.856 Bzgl. der mangelnden und intransparenten Ausgestaltung 850 Vertiefend Blanke, in: Calliess / ​Ruffert, EUV / ​AEUV, EU-GRCharta Art. 47 Rn. 6 f.; ­Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 47 Rn. 6. 851 Allgemein zur subjektiven Rechtsverletzung m. w. N., ebd. 852 M. w. N. Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 47 Rn. 14. 853 Ebd, Rn. 14a f. 854 Teil  5 B. VI. 1. a). 855 Vgl. EuGH Urt. v. 16.12.1976 – C-33/76 (Rewe), Rn. 5; Urt. v. 10.07.1997 – C-261/95 (Palmisani), Rn. 28; Urt. v. 02.12.1997 – C-188/95 (Fantask), Rn. 48; Urt. v. 01.12.1998 – C-326/96 (Levez), Rn. 18 ff.; Urt. v. 16.05.2000 – C-78/98 (Preston), Rn. 55; Urt. v. 08.07.2010 – C-246/09 (Bulicke), Rn. 25; vgl. Jarass, in: GrCh EU-GRCharta, Art. 47 Rn. 48 f. 856 Vgl. BVerfGE 61, 82 (110), m. V. a. BVerfGE 22, 49 (81 f.): „Allerdings können sich aus Art. 19 Abs. 4 GG Vorwirkungen auf die Ausgestaltung des dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens ergeben: Dieses darf nicht so angelegt

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des Verwaltungsverfahrens beim automatischen Finanzkontenaustausch, welche bestimmten Gruppen von Betroffenen einen Rechtsschutz unzumutbar erschwert da sie von der Datenübermittlung keine bzw. unzureichende Kenntnis erlangen, ist auf die Ausführungen in Teil 5 VI. 1. a) Bezug zu nehmen.857 Diese Ausführungen sind bei innereuropäischen Übermittlungen ebenfalls abbildbar auch wenn sich im Allgemeinen eine niedrigere Gefährdungslage im datenschutzrechtlich harmonisierten Umfeld der DSGVO ergibt.858

­ erden, den gerichtlichen Rechtsschutz zu vereiteln oder unzumutbar zu erschweren“, vgl. w Teil 5 B. VI. 1. a) sowie aus dem Schriftum Uhle, in: Merten / ​Papier, HGR, Bd. V, 2013, § 129 Rn. 18 ff. 857 Vgl. zur Intransparenz gegenüber den Betroffenen ebenfalls Teil 5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (bb). 858 Zur Unterscheidung des Datenschutzniveaus Teil  5 B. IV. 3. c) bb) (4) (d) (aa).

Teil 6

Zusammenfassung A. Thesenförmige Zusammenfassung der Ergebnisse Allgemein 1. Die zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in der Ausgestaltung des steuerlichen Informationsaustauschs basiert auf verschiedenen und in den letzten Jahren rapide entwickelten Rechtsgrundlagen mit unterschiedlichem Verbindlichkeitscharakter. Der automatische Informationsaustausch hat hierbei insbesondere durch die Arbeit der OECD an erheblicher Relevanz mit globalem Ausmaß gewonnen. 2. Eine wesentliche Entwicklungstendenz der zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfe im Steuerbereich ist der Bedeutungszuwachs des automatisierten Austauschs steuerrelevanter Informationen bei abstrakt definierbaren Fallgruppen – ohne ein einzelfallbezogenes begründungsbedürftiges Auskunftsersuchen, wie dies bei TIEAs oder ursprünglich auch unter Art. 26 OECD-MA vorgesehen war. Der automatische Informationsaustausch von Finanzkonteninformationen fand seine erste weitreichende Anwendung innerhalb der EU zunächst im Rahmen der Zinsrichtlinie. Später wurde der Austausch von Kontendaten durch das ­FATCA-​ Regime erheblich ausgeweitet und existiert nunmehr unter dem OECD-Standard global. Weitere automatische Informationsaustauschinitiativen sind nunmehr im Rahmen des BEPS-Projekts gefolgt, beispielsweise für Steuervorbescheide oder im Zuge des „Country-by-Country Reportings“. 3. Die vermehrte Automatisierung der Amtshilfe und ihre globale Ausweitung dieser unter Einbeziehung der Finanzinstitute ist grundsätzlich notwendig, um eine effiziente Besteuerung der Kapitaleinkünfte auch im Wohnsitzland des Steuerpflichtigen zu garantieren. Sie dient gleichzeitig dazu, Steuerhinterziehung und schädliche Wettbewerbsverzerrungen zu bekämpfen. Andererseits wird hierdurch jedoch in die Grundrechte der einzelnen Steuerpflichtigen eingegriffen. Wie dieses Spannungsverhältnis aufzulösen ist und mit welcher Begründung der automatische Austausch über Finanzkonten Rechtsschutzelemente des „originären“ Ersuchungsauskunftsverfahrens aussetzen kann und ob dies noch als verhältnismäßig zu werten ist, wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung beleuchtet.1

1

Siehe Teil 4 und 5.

A. Thesenförmige Zusammenfassung der Ergebnisse

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Die Stellung der Finanzinstitute 4. Die Sorgfalts- und Meldepflichten nach dem FKAustG sowie nach der deutschen FATCA-Umsetzungsgesetzgebung ermöglichen den automatischen Informationsaustausch von Finanzkontendaten im Wege der internationalen Amtshilfe. Das hier gewonnene Datenmaterial dient einer internationalen Kontrollmitteilung und ist eigenständiges Beweiserhebungsmittel. Die Finanzinstitute werden auf diese Weise vermehrt zur „Auskunftsquelle“ der Finanzverwaltung. Inhaltlich abzugrenzen sind die Melde- und Sorgfaltspflichten von anderen Verwaltungsmaßnahmen, durch welche Finanzbehörden Konten- und Zahlungsdaten erlangen. Hierzu zählen das Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO, der automatisierte Kontenabruf gem. § 93 Abs. 7 bis 10 i.V.m § 93b AO, der Datenzugriff im Rahmen der Kapital­ ertragsteuersonderprüfung nach § 200 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 147 Abs. 6 AO oder das Kontrollverfahren nach § 45d Abs. 1 EStG sowie die Meldung von vermittelten Geschäftsbeziehungen nach § 138b AO. Insbesondere ist die Meldung nach §§ 3 Abs. 1, 7, 8 FKAustG kein bloßer Unterfall einer Auskunftserteilung eines Dritten nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO. Vielmehr sind die Sorgfalts- und Meldepflichten des OECD-Standards ein eigenständiges Regime, welches als hochautomatisiertes Massenverfahren eine deutliche Herabsetzung der Erforderlichkeitsprüfpflicht und der Verhältnismäßigkeitsabwägung sowie der Transparenz gegenüber den betroffenen Kontoinhabern bewirkt. 5. Aufgrund der rechtlich auferlegten Pflicht zur Einhaltung der Sorgfaltsund Meldepflichten nach dem FKAustG ist die Stellung der Finanzinstitute als „Indienst­nahme Privater“ zu qualifizieren. Mangels Übertragung hoheitlicher Befugnisse liegt insbesondere keine Beleihung vor. Die Datenerhebung, die Meldekategoriezuordnung und die Meldung selbst sowie die in diesem Zusammenhang stehende Durchführung der Plausibilitätstests von Selbstauskünften stellen keine Ausführungen hoheitlicher Befugnisse dar. Vielmehr wird den Finanzdienstleistungsinstituten kraft Gesetzes für öffentliche Zwecke und damit fremdnützig in den Dienst genommen, ohne hierbei hoheitlich handeln zu können. Eine Kostenerstattung für die Pflichtenübernahme ergibt sich weder aus dem FKAustG, der deutschen Umsetzungsgesetzgebung zu FATCA, noch aus anderweitigen Regelungen. 6. Die Indienstnahme muss einfachgesetzlichen, verfassungsstrukturellen sowie grundrechtlichen Ansprüchen gerecht werden. Sie muss mithin auch verfassungsrechtlich legitimiert sein. Der zur Thematik der Indienstnahme existierende Erkenntnisstand des Schrifttums und der Rechtsprechung ist hierbei bereichsspezifisch auf das konkrete Indienstnahmeverhältnis im Einzelfall abzubilden. 7. Das frühere einfachgesetzlich normierte Bankgeheimnis nach § 30a AO a. F. bot alleine deswegen keine undurchbrechbare Legitimationsschranke, da das Ziel der Indienstnahme einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern und der Vermeidung von Steuerhinterziehung in Deutschland grundsätzlich Vorrang vor dem Vertrauensverhältnis zwischen Finanzinstitut und Kontoinhaber hatte.

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Teil 6: Zusammenfassung

8. Auch verfassungsstrukturell ergeben sich keine unüberwindbaren Legitimationshürden. Grund hierfür ist insbesondere, dass den Privaten keine hoheitlichen Befugnisse der Steuerverwaltung übertragen werden. 9. Die Indienstnahme nach dem FKAustG ist an der Berufs- und Eigentumsfreiheit der Finanzinstitute nach Art. 12 Abs. 1 GG und 14 Abs. 1 GG zu messen. Formell rechtmäßig wurde das FKAustG im Eilverfahren erlassen. Auf die materiell-rechtliche Verfassungsmäßigkeit der Indienstnahme hat das rechtliche Mehrebenensystem aus völkerrechtlichen, europarechtlichen und nationalen Regelungen zum Konteninformationsaustausch Auswirkung. So erfüllen die Melde- und Sorgfaltsbestimmungen des FKAustG generell noch das Klarheits- und Bestimmtheitsgebot. Jedoch ist die Verfassungsmäßigkeit des Bußgeldtatbestands nach § 28 Abs. 1 FKAustG aufgrund des unbestimmten Terminus „einer Meldung“ nicht gegeben. Ebenso wie bei der verfassungsstrukturellen Untersuchung spielt für die grundrechtliche Verhältnismäßigkeitsabwägung der Berufs- und Eigentumsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG das Kriterium der Übertragung hoheitlicher Befugnisse eine herausragende Rolle: Eine Übertragung materiell-rechtlicher Entscheidungsbefugnisse im Bereich des Steuerrechts kommt einer hoheitliche Betätigung gleich und wäre für die betroffenen Institute unzumutbar. Die hier aufzuwendenden personellen und technischen Ressourcen müssten durch staatliche Kostenerstattung oder Gebührenerhebungsmöglichkeiten ausgeglichen werden können. Da derartige materiell-rechtliche Entscheidungsbefugnisse indes nicht Gegenstand der Sorgfalts- und Meldepflichten nach dem FKAustG sind, lehnt sich der Pflichteninhalt der Indienstnahme grundsätzlich an die übliche Finanztätigkeit an. Durch die tatsächliche „Sachherrschaft“ über die Kontendaten besteht eine Sach- und Verantwortungsbeziehung der in Dienst genommenen Finanzinstitute zum Pflichteninhalt, die einen legitimen Indienstnahmegrund bildet. Das der Indienstnahme zugrunde liegende Sachziel, der automatische Kontendateninformationsaustausch im Wege der internationalen Amtshilfe zur Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung und Geldwäsche, dient der Erreichung des überragend wichtigen Gemeinschaftsguts der in Art. 3 Abs.1 GG verankerten „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“. Aus diesen Gründen ist die Indienstnahme als solche verfassungsrechtlich legitim. Lediglich die erheblichen Erstimplementierungskosten in den Jahren 2013 bis 2017 sind den betroffenen Finanzinstituten unzumutbar, da die Implementierung nicht an die übliche Banktätigkeit anlehnt. Für eine abschließend substantiierte Beurteilung bedarf es jedoch einer Kostenevaluierung der Finanzdienstleistungsbranche und des Gesetzgebers.2 10. Fraglich bleibt, ob eine kumulative Gesamtbelastung durch zahlreiche Indienstnahmen des Finanzdienstleistungssektors den Grad des Zumutbaren über 2

Diese Kostenevaluierung in Form von Statistiken sieht Art. 8 Abs. 4 Amtshilferichtlinie zur Vorlage für die Kommission bereits vor. Es geht aber nicht hervor, in welchem Umfang sie zu erfolgen hat und ob auch die Erstimplementierungskosten der Finanzinstitute einzeln aufzulisten sind.

A. Thesenförmige Zusammenfassung der Ergebnisse

425

schreitet. Im Wege des „additiven Grundrechtseingriffs“ ist der realitätsbezogene Gesamtblick auf verschiedene Beschränkungen der Wirtschaftsfreiheit einer gleichen betroffenen Gruppe für einen wesentlich gleichen Zweck, der hier in der „Entlastung der Verwaltung“ besteht, zu richten. Eine gerichtliche Klärung zur verfassungsrechtlichen Frage der Zumutbarkeit im Hinblick auf die Gesamtbelastung der Finanzdienstleistungsbranche ist wünschenswert, bedarf aber ebenfalls für eine substantiierte Darlegung eine detaillierte Kostenaufstellung für die verschiedenen Indienstnahmen im Markt. Gleichzeitig ist der Gesetzgeber gefragt, die Gesamtbelastung nicht aus dem Blick zu verlieren und von einer rechtspolitischen Betrachtungsweise entweder durch Kostenübernahme und / ​oder durch Regelungssynergien beispielsweise mit Bezug zum Geldwäscherecht eine Entlastung zu schaffen. 11. Eine durch die Indienstnahme nach dem FKAustG bedingte wesentlich stärkere Belastung einer zahlenmäßig begrenzten Gruppe innerhalb des Finanzdienstleistungssektors ist nicht ersichtlich. 12. Die Indienstnahme von Privaten für öffentliche Zwecke führt zu einem Dreiecksrechtsverhältnis zwischen Indienstgenommenen, Bürger und Staat. Der Bürger hat hierbei im Vergleich zum öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverfahren eine Verschlechterung seiner Rechtsposition hinzunehmen. Da der Gesetzgeber durch die Übertragung der Verfahrensleistungen an Private eine „Grauzone“ der Verwaltung geschaffen hat, muss diese durch rechtsstaatlich gebotene Betroffenenrechte und Kontrollmechanismen ausgeglichen werden. Durch die Kontrollfunktion des Staates im Rahmen der Sonderprüfung nach § 5 Abs. 6 FKAustG i. V. m. §§ 193 bis 203 AO und die Zwischenschaltung des BZSts vor Übermittlung der Kontendaten an das Ausland nimmt der Staat eine „Letztverantwortung“ wahr. Jedoch hat der Staat seine Kontrollaufgabe im Hinblick auf die ordnungsgemäße Einhaltung der Datenschutzbestimmungen durch die in Dienst genommenen Institute zu verstärken. Wandelt sich der Pflichteninhalt einer Indienstnahme im Bereich des Steuerverfahrens immer mehr von pauschalen Steuerentrichtungspflichten hin zu umfangreichen personenbezogenen Datenmeldungen, sind auch die damit verbundenen Kontrollen anzupassen. Der sachliche Umfang einer Außenprüfung muss daher nicht nur auf die Einhaltung der Sorgfalts- und Meldepflichten begrenzt sein, sondern ist um die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zu erweitern. Die Stellung der Kontoinhaber 13. Der Kontendatenaustausch nach dem globalen Standard „CRS“ für steuerliche Zwecke muss zudem den grundrechtlichen Ansprüchen der Kontoinhaber genügen. Aufgrund der Regelungen des Standards werden personenbezogene Daten der Steuerpflichtigen an EU-Mitgliedsländer und an Drittstaaten, unter anderem auch an Entwicklungsländer, preisgegeben. Ein gerichtliches Verfahren, in dessen Rahmen die neue Möglichkeit der Informationsübermittlung bewertet wird, ist nach dem hier vorliegenden Kenntnisstand bis jetzt in keiner der teilnehmenden

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Teil 6: Zusammenfassung

Jurisdiktionen anhängig. Für diese Untersuchung muss daher der existierende Erkenntnisstand des Schrifttums und der Rechtsprechung herangezogenen werden, der bereits existierende informationelle Eingriffsverwaltungsmaßnahmen im Bereich des Steuerrechts bewerten. 14. Der hier auf seine Grundrechtskonformität untersuchte Finanzkontendatenaustausch nach dem CRS-Regime umfasst ausschließlich die innerstaatliche Betrachtungsweise. Es ist daher die Datenverarbeitung durch meldende deutsche Finanzinstitute sowie die Gewährung der Amtshilfe durch das BZSt zu beleuchten. Mit der Datenübermittlung an das Ausland verlassen die Daten den deutschen Rechtsraum. Eine weitergehende Analyse der Datenverarbeitung im Empfängerstaat nach dem dort anwendbaren Recht ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Gleiches gilt für den umgekehrten Sachverhalt, der Kontendatenübermittlung ausländischer Behörden an das BZSt betreffend deutscher Steuerpflichtiger. Die reziprok ablaufende Datenverarbeitung im Ausland ist ebenfalls aufgrund der unterschiedlichen Legitimationsgrundlagen im Ausland nicht Thema der vorliegenden Untersuchung. 15. Für den eingegrenzten Inlandssachverhalt sind variierende Legitimationsmaßstäbe bei Übermittlungen an ein europäisches Mitgliedsland oder an ein Drittland maßgebend. Drittlandsübermittlungen erfolgen aufgrund in nationales Recht transformierten völkerrechtlichen Abkommen und sind damit ausschließlich nach deutschem Verfassungsrecht, anhand von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG, zu untersuchen. Gleichzeitig müssen sie jedoch auch die Anforderungen der DS-GVO erfüllen, wobei sich ein erheblicher europäischer Einfluss bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Drittlandsübermittlungen ergibt. Den Legitimationsmaßstab für Übermittlungen innerhalb der EU bildet hingegen aufgrund der Umsetzung durch die europäische Amtshilferichtlinie Art. 8 EU-Grundrechtecharta, auch in Verbindung mit Art. 16 AEUV und der DS-GVO. Als Legitimationsmaßstab gilt dabei weiterhin der Gewährleistungsgehalt von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG fort, bei welchem das BVerfG jedoch auf seine Kontrollkompetenz verzichtet solange ein ausreichender, den deutschen Grundrechten gleichwertiger, Schutzgehalt durch die EU-Grundrechte gewährleistet ist. Die Drittlandssachverhalte wie auch die europäischen Übermittlungen müssen darüber hinaus auch an den Vorgaben der EMRK und der hierzu ergangenen Rechtsprechung gemessen werden. 16. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG entfaltet seine sachliche Schutzwirkung auf Finanzkontendaten, da diese als personenbezogene Daten gelten. In persönlicher Hinsicht vom Schutzbereich umfasst sind alle Kontoinhaber, d. h. natürliche Personen als auch juristische Personen, auch wenn diese keinen Wohnsitz / ​Sitz in Deutschland haben. Territorialer Anknüpfungspunkt für die Geltung der Grundrechte bildet bereits die Kontoführung in Deutschland. Darüber hinaus ist die deutsche Staatsgewalt nach Art. 1 Abs. 3 GG territorial umfassend an die Grundrechte gebunden – auch bei hoheitlichen Maßnahmen mit Wirkung im Ausland. Die Datenoffenbarung durch das BZSt ist ein Akt öffentlicher Gewalt und entfal-

A. Thesenförmige Zusammenfassung der Ergebnisse

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tet eine mögliche nachteilige Wirkung für den Betroffenen im Drittland ohne das sich dieser in Deutschland aufhalten muss. Durch die Ausübung dieser öffentlichen Gewalt mit Auswirkungen in einem Drittland steht den Betroffenen die abwehrrechtliche Funktion des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung offen. 17. Die Datenverarbeitungen der inländischen meldepflichtigen Finanzinstitute und des BZSts im Rahmen des internationalen Finanzkonteninformationsaustauschs nach dem CRS-Regime greifen in das Recht auf informationelle Selbst­bestimmung der betroffenen Kontoinhaber mit einer variierenden Eingriffsintensität ein. Die Eingriffstatbestände des internationalen Finanzkonteninformationsaustauschs lassen sich in drei aufeinander aufbauende Phasen gliedern, welche für sich genommen diverse Formen von Datenverarbeitung umfassen, (1)  Kontendatenklassifizierung durch die Finanzinstitute; (2) Meldung der Finanzkontendaten an die nationale Finanzbehörde BZSt und (3) Übermittlung der Finanzkontendaten an ausländische Finanzbehörden. 18. Die Ermächtigungsgrundlage für diese Eingriffe bilden in Deutschland die Normen des FKAustG. Die Bestimmungen des FKAustG basieren für europarechtliche Übermittlungsvorgänge auf der Amtshilferichtlinie und für internationale Datenübertragungen auf völkerrechtlichen Abkommen i. S. d. Mehrseitigen Vereinbarung, dem sog. „MCAA“, i. V. m. anderen völkerrechtlichen Verträgen wie beispielsweise dem Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen. Diese Ermächtigungsgrundlagen müssen für eine rechtmäßige Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung formelle und materielle Anforderungen erfüllen. Ergeben sich vorliegend auch formell grundlegend keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der zur Datenverarbeitung berechtigenden Normen, so ist doch die materiell-rechtliche Verfassungsmäßigkeit in einzelnen Aspekten klärungsbedürftig. 19. So ist beispielsweise im Hinblick auf die Normenklarheit zu hinterfragen, welche staatlichen Konsequenzen Kontoinhaber treffen, die keine oder falsche Angaben bezüglich ihrer steuerlichen Ansässigkeit machen beziehungsweise die nicht ihre Steuer-IdNr. gegenüber den Finanzinstituten offenlegen. Außerdem ist insbesondere die Bestimmung der aktiv / ​passiv-Eigenschaft von Rechtsträgern trotz der Hilfestellung des im Nachgang erlassenen BMF-Schreibens immer noch eine erhebliche Herausforderung für die Praxis, die beispielsweise auch nicht der Steuerberaterhaftung unterliegen soll. Im Gegensatz zu den verpflichteten Finanzinstituten adressieren das FKAustG und das ergänzende BMF-Schreiben insgesamt die von der Datenverarbeitung tatsächlich Betroffenen nur sehr ungenügend. Kann der Betroffene die ihm drohenden nachteiligen Konsequenzen seiner Handlung nicht abschätzen, handelt es sich um eine verfassungswidrige Unbestimmtheit des Gesetzes. Im Vergleich enthält die liechtensteinische Umsetzungsgesetzgebung normklare Vorgaben gegenüber Kontoinhabern, beispielsweise zu Betroffenenrechten und staatlichen Sanktionierungen. Darüber hinaus werden im Rahmen des Kontendatenaustauschs nur die teilnehmenden Staaten veröffentlicht, nicht

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Teil 6: Zusammenfassung

jedoch die jeweils zuständigen Behörden in diesen Staaten. Dieser Umstand führt gegebenenfalls dazu, dass die Betroffenen keinen direkten Ansprechpartner haben, um beispielsweise Datenschutzbeschwerden oder Auskunftsersuchen zu tätigen. 20. Darüber hinaus muss die Ermächtigungsgrundlage als materielle Grenze dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Dabei entsprechen die Eingriffe einem legitimen Zweck – dem Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung bei Kapitaleinkünften. Gleichzeitig sind die Eingriffe geeignet und erforderlich diesen Zweck zu erreichen. Der hier verfolgte Zweck muss in Relation zu den eingesetzten Mitteln auch angemessen sein. Bei dieser Abwägung bietet der als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut anerkannte sowie in Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich und § 85 AO gesetzlich fundierte Grundsatz der „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ eine allgemeine Rechtfertigungsgrundlage für die hier untersuchten Eingriffstatbestände. Die im Amtshilfeverfahren reziprok übermittelten Kontendaten deutscher Steuerpflichtiger sind eine Art internationale Kontrollmitteilung und dienen damit als Verifikationsgrundlage im Steuerverfahren. Auf diese Weise wird eine notwendige Ergänzung des Deklarierungsprinzips zur Verhinderung eines strukturellen Vollzugsdefizits bei der grenzüberschreitenden Besteuerung von Kapitalerträgen geschaffen. Dies legitimiert grundsätzlich eine automatisierte Verarbeitungsweise und damit die Abkehr von der anlassbezogenen Einzelfallprüfung nach dem Maßstab der „voraussichtlichen Erheblichkeit“. Die im Massenfallverfahren angelegte Veranlagung verlangt die Schaffung einer risikomanagementbasierten Steuerprüfung auch über Staatsgrenzen hinweg. Grundsätzlich ist die Datenverarbeitung im Rahmen des internationalen Finanzkonteninformationsaustauschs für Steuerzwecke damit verhältnismäßig. Die vorliegenden Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen muss generell zum Wohle der Gleichmäßigkeit der Besteuerung vor dem Hintergrund zunehmender Globalisierung und Digitalisierung hingenommen werden. Die konkrete Ausgestaltung des Finanzkonteninformationsaustauschs in Deutschland birgt jedoch einzelne verfassungswidrige Bestandteile, deren näherer Untersuchung es bedarf. 21. Um eine Angemessenheit der Regelungen zum automatischen Informationsaustausch im Detail zu beurteilen, werden die konkreten Ausgestaltungen der drei Eingriffsphasen im Einzelnen beleuchtet. Die erste Datenverarbeitungsphase, die Kontendatenklassifizierung der Finanzinstitute ist trotz ihrer intensiven Wirkungsweise, der Kategorisierung aller Kontoinhaber und gegebenenfalls der Erhebung neuer Daten vom Betroffenen, noch angemessen. Die konkrete Identifizierung von im Ausland steuerlich Ansässigen bedarf einer Filterung des gesamten Kundenstamms der Finanzinstitute, um eine gleichmäßige Anwendung der Meldepflichten gegenüber allen Betroffenen zu gewährleisten. Die Erhebung neuer Daten, insbesondere der Steuer-IdNr. ist hierbei zwingend notwendig, um die konkrete Zuordnung der Daten zu einem bestimmten Betroffenen gewährleisten zu können. Nach der hier vertretenen Ansicht ist es jedoch wichtig, dass die Generierung eines solch umfangreichen neuen Datenpools für Besteuerungs­zwecke rechtsstaatlich abgesichert wird. Die Indienstnahme für öffentliche Zwecke mit belastender

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Wirkung für die Kontoinhaber erfordert im Lichte der staatlichen Garantenstellung eine staatliche Kontrolle. Die generell vorgesehene steuerliche Außenprüfung erfüllt diese Voraussetzung nur ungenügend und sollte vom inhaltlichen Umfang dahingehend erweitert werden, auch die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben abzudecken. 22. Die zweite Eingriffsphase, die Datenpreisgabe der Finanzinstitute gegenüber dem BZSt, ist nach der hier vertretenen Auffassung ebenfalls verhältnismäßig. Das grundgesetzlich abgesicherte und einfachgesetzlich nach § 30 AO gewährleistete Steuergeheimnis bietet ein dem Eingriff angemessenes Schutzniveau, bei welchem sich die Betroffenen vor unbefugten Offenbarungen rechtsverbindlich zur Wehr setzen können. 23. Die letzte Eingriffsphase ist die Datenpreisgabe an das Ausland, wobei die Eingriffsintensität zwischen europäischen Übermittlungen und Drittlandsübermittlungen erheblich divergiert. Grundsätzlich ist die Datenübermittlung den Betroffenen nur zumutbar, wenn im Empfängerstaat ein dem europäischen beziehungsweise deutschen gleichwertiger Datenschutzstandard existiert. Automatische Datenübermittlungen innerhalb der Europäischen Union für Steuerzwecke werden auf Basis der Amtshilferichtlinie und der früheren Zinsrichtlinie bereits seit längerem durchgeführt. Das in der Union harmonisierte Datenschutzrecht, welches durch die DS-GVO nochmals verstärkt worden ist, bildet die Grundlage für eine grundrechtskonforme Übermittlung. Aus der DS-GVO ergibt sich insbesondere die zwingende regelmäßige Überprüfung durch eine unabhängige Datenschutzaufsicht. Die EU-Grundrechtecharta bietet außerdem einen rechtsverbindlichen Mindestmaßstab an Grundrechtsschutz, nach welchem sich die datenverarbeitenden Behörden und jede andere öffentliche Stelle der EU sowie der Mitgliedsstaaten richten müssen. Im supranationalen Rechtsraum der EU sind Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die Datenschutzrechte der Betroffenen durch den EuGH und die EU-Kommission verbindlich und durchsetzbar. 24. Drittlandsübermittlungen hingegen bieten ausschließlich ein völkerrechtlich abgesichertes Minimum an Grundrechtsschutz und sind daher von erhöhter Eingriffstiefe. Abzugrenzen hiervon sind Übermittlungen an Empfängerstaaten, denen im Rahmen eines Angemessenheitsbeschlusses der EU-Kommission nach Art. 45 DS-GVO ein der EU entsprechendes Schutzniveau attestiert wurde. Für die anderen Drittlandübermittlungen gilt hingegen eine teilweise unangemessene Eingriffsintensität. Die im Steuerrecht zunehmenden „Treaty Overrides“ und die Rechtsunverbindlichkeit völkerrechtlicher Abkommen im Allgemeinen beinhalten hierbei die Gefahr, dass Datenverarbeitungen nicht ausschließlich für die vereinbarten Zwecke durchgeführt und nicht unter angemessenem Schutzniveau gewährleisten werden. Gleichzeitig kann durch das CAA, als multilaterales Vertragsinstrument, das Risiko für unbefugte Dreiecksauskünfte an Staaten ohne ausreichendes Datenschutzniveau steigen. Diesen Gefahren entgegenwirkend dient die völkerrechtliche Absicherung durch geeignete Garantien gem. Art. 46

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Teil 6: Zusammenfassung

­DS-GVO – in Deutschland umgesetzt in Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014. Die Maßnahme der OECD zur Gewährleistung einer verbindlichen Einhaltung dieser Garantien besteht in einem „Peer Review“ Verfahren, d. h. der gegenseitigen Kontrolle der Staaten anhand von OECD Vorgaben. Die aus dieser gegenseitigen Kontrolle resultierenden Rankings sind ein erster Schritt eine Verbindlichkeit und Sanktionierung zu schaffen, bleiben jedoch weit hinter den Möglichkeiten der EU zurück. Die Rankings bieten den Betroffenen weder eigene Rechte, noch sind völkerrechtlich zwingende Konsequenzen wie eine Vertragsaussetzung hieran geknüpft. Eine Datenübermittlung an Drittstaaten mit niedrigerem Schutzniveau als die EU beziehungsweise mit schlechten Rankingergebnissen bezüglich der Einhaltung der geeigneten Garantien in Anlage C lässt einen Datenmissbrauch wahrscheinlich erscheinen. Sie ist den Betroffenen nicht zuzumuten, wenn diese keine Möglichkeit zur Ausübung von Betroffenenrechten haben, die Übermittlung im Vorfeld zu stoppen. Eine derartige Übermittlung wäre damit verfassungs- und europarechtswidrig. 25. Nur eine Stärkung der bis jetzt unzureichend ausgestalteten Betroffenenrechte in Deutschland vermag die Drittlandsübermittlungen verfassungs- und europarechtskonform erscheinen lassen. So mussten Betroffene nach dem europäischen Mindeststandard der Amtshilferichtlinie nur formlos durch die Finanzinstitute vor der erstmaligen Übermittlung an das BZSt informiert werden. Eine wiederholte jährliche Information ist nicht vorgesehen. Bei abweichend wirtschaftlich Berechtigten und beherrschenden Personen passiver Rechtsträger, die keinen konkreten Bezug zum meldenden Finanzinstitut haben, besteht eine besondere Eingriffstiefe durch ein für sie intransparentes Verfahren. Der Eingriffstiefe angemessen wäre für diesen Betroffenenkreis eine staatliche Information vor jeder jährlichen Meldung an Drittländer. Ist bei Drittlandsübermittlungen darüber hinaus zweifelhaft, ob der empfangende Staat die Bedingungen der Anlage C zur mehrseitigen Vereinbarung v. 29.10.2014 einhalten kann, bspw. weil seine „Peer Review“ Ergebnisse darauf schließen lassen, so ist jeder Betroffene dieses Übermittlungsvorgangs vor der Meldung zu informieren. Die derzeitigen Betroffenenrechte sind in ihrer gesamten Ausgestaltung in Abwägung zur erheblichen Eingriffstiefe unzureichend. Dies gilt auch, obwohl ein genereller Auskunftsanspruch gegenüber dem Finanzinstitut und dem BZSt besteht, da dieser nur ausgeübt werden kann, wenn der Betroffene von einer Übermittlung im Vorfeld weiß. Der jetzige Rechtsstand ist mithin grundrechtswidrig. 26. Eine darüberhinausgehende allgemeine Anhörung der Betroffenen ist gesetzlich ausgeschlossen. Ihrer Bedarf es nach der hier vertretenen Auffassung in Anbetracht zum Zweck des hochautomatisierten Informationsaustauschs nicht. 27. Die Übermittlung von Ertragsdaten, die nach dem Gesetz des Empfängerstaates keiner Besteuerung unterliegen, widerspricht dem rechtsstaatlichen Grundsatz der voraussichtlichen Erheblichkeit und ist damit unverhältnismäßig. Auch in einem auf Risikomanagement angelegten System des hochautomatisierten Infor-

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mationsaustauschs wäre es technisch möglich, ohne grundsätzliche Änderungen des global abgestimmten XML-Schemas, diese Ertragsdaten bei den entsprechenden Jurisdiktionen beispielsweise mit dem Wert „0“ zu ersetzen. 28. Neben dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist das europäische Datenschutzgrundrecht des Art. 8 EU-Grundrechtecharta bei von der Amtshilferichtlinie umfassten EU-Übermittlungen anzuwenden, da europäisches Recht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta durchgeführt wird. Durch die sich angleichenden Gewährleistungsgehalte des europäischen Datenschutzgrundrechts und des Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie die ähnlich gelagerte Rechtsprechung des EuGH und des BVerfG zur Festlegung von Kriterien bezüglich einer verhältnismäßigen Datenverarbeitung die nicht über das Erforderliche hinausgeht, ergibt sich hier materiell-rechtlich kein abweichendes Ergebnis, als dass was bereits für Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG festgestellt worden ist. Die Datenübermittlungen innerhalb Europas sind im Anwendungsbereich der DS-GVO und unterliegen damit einem einheitlichen Datenschutzniveau. Der Schutzstandard von Art. 8 EU-Grundrechtecharta wird hierbei nicht untergraben. Ein unverhältnismäßiger Eingriff bei EU-Übermittlungen ist damit grundlegend nicht gegeben. Dennoch wirken sich auch bei EU-Übermittlungen die unzureichende Kontrolle zur Einhaltung der Datenschutzvorschiften bei Finanzinstituten im Rahmen von Betriebsprüfungen und die streng eingeschränkten Betroffenenrechte aus. So erlangen auch hier abweichend wirtschaftlich Berechtigten und beherrschenden Personen passiver Rechtsträger, die keinen konkreten Bezug zum meldenden Finanzinstitut haben, keine Kenntnis über die Meldung. Diese besondere Eingriffstiefe erscheint, wie bereits oben unter dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung erläutert, unzumutbar. Einen weitreichenden Unterschied zu den Ergebnissen, die anhand der Prüfung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung vorgelegen haben, ergibt sich letztendlich nur dadurch, dass Art. 8 EU-Grundrechtecharta nur sehr beschränkt auf juristische Personen anwendbar ist, wohingegen Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG dem Wesen nach in weiten Teilen auch juristische Personen schützt. Somit ist die Datenverarbeitung im Rahmen des FKAustG bei EU-Übermittlungen grundsätzlich grundrechtskonform. In ihrer einzelnen Ausgestaltung bezüglich datenschutzrechtlicher Kontrollen und Betroffenenrechte abweichend wirtschaftlich Berechtigter ist die Datenverarbeitung im Zuge des Amtshilfeverfahrens jedoch unangemessen im Verhältnis zur erheblichen Eingriffstiefe. 29. Neben dem datenschutzrechtlichen Grundrechtsschutz nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 EU-Grundrechtecharta muss den Betroffenen auch der effektive Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG sowie nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta zustehen. Es muss also die Möglichkeit bestehen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens hat eine konkrete Vorwirkung auf den effektiven Rechtsschutz der Betroffenen im Finanzkonteninformationsaustauschverfahren. Durch gesetzlichen Ausschluss der Anhörung und teilweise ungenügende Information der Betroffenen

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wird insbesondere den abweichend wirtschaftlich Berechtigten die Möglichkeit eines Rechtsschutzes vereitelt. In Anbetracht der Tatsache, dass die staatlichen Eingriffshandlungen unumkehrbar sind, können nur durch vorbeugenden Rechtsschutz – vor Übermittlung der Daten – Rechtsverstöße verhindert werden. In diesem Sinne kommt dem vorgelagerten Verwaltungsverfahren erhebliche Bedeutung zu, denn nur ein Betroffener, der von der Übermittlung weiß, kann sich gegen dieses Eingriffshandeln zu Wehr setzten. Die Regelungen zum Finanzkonteninformationsaustausch sind für die abweichend wirtschaftlich Berechtigten mithin verfassungswidrig, da sie gegen das Recht auf effektiven Rechtsschutz verstoßen. 30. Grundsätzlich handelt es sich bei der Datenübermittlung um schlichtes Verwaltungshandeln, wonach die vorbeugende Unterlassungsklage nach § 40 FGO die richtige Klageart ist. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich bei der vorliegenden Referenzmaterie analog aus § 1004 BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, gegebenenfalls i. V. m. § 30 AO. Instrument des effektiven Rechtsschutzes ist hierbei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO. Auch ausländische Steuerpflichtige können einen solchen Rechtsweg in Deutschland bestreiten. Als praktisches Problem erweist sich jedoch die Glaubhaftmachung des Schadens beispielsweise eine drohende Verletzung der Geheimhaltungsvorschriften oder eine Zweckentfremdung. Gefordert ist zwar kein Vollbeweis, sondern die an Wahrscheinlichkeit grenzenden Tatsachen schlüssig darzulegen, aber auch hier sind große Hürden zu nehmen. Fraglich ist, ob ein Rankingergebnis des Peer-­ Review-Prozesses des Global Forums der OECD als Beweis gelten kann. Grundsätzlich können sich die Beteiligten nach Art. 77 DS-GVO aber auch parallel mit einer Beschwerde an die Datenschutzaufsichtsbehörde wenden.

B. Abstract of Content General 1. Cross-border legal and administrative cooperation in the form of the automatic exchange of information in tax matters rests on various legal foundations which are rapidly developing and feature different forms of liability. Due to the work of the OECD in particular, the automatic exchange of information in tax matters has gained significant relevance and acquired a global dimension. 2. A crucial trend in the development of cross-border legal and administrative cooperation within the area of tax is the increasing importance of exchanging tax-relevant information electronically regarding abstractly defined groups of cases. This information exchange on abstractly defined groups of cases does not require  a request for information justified on  a case-by-case basis as with Tax Information Exchange Agreements or, originally, the exchange of information under Art. 26 of the OECD MTC. The first automatic exchange of financial account information was applied within the European Union via Council Directive

B. Abstract of Content 

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2003/48/EC of 3 June 2003 on the taxation of savings income in the form of interest payments. Later on, the exchange of financial account information was substantially extended by the US Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA). Today, it has been launched globally by the OECD through the Common Reporting Standard (CRS). Moreover, further initiatives regarding the automatic exchange of tax-relevant information have been launched within the scope of the OECD Base Erosion and Profit Shifting Project, for example the exchange of information on tax rulings or country-by-country reporting. 3. The increasing automation of cross-border administrative cooperation and its fast-global expansion with the involvement of financial institutions are fundamentally indispensable to ensure the efficient taxation of cross-border transactions in the taxpayer’s country of residence. At the same time, automatic cross-frontier administrative cooperation serves to prevent tax abuse and the harmful distortion of competition. On the downside, the exchange of information interferes with a taxpayer’s fundamental rights. This study will explore how this tense relationship could be resolved and on what grounds the automatic exchange of account holder information can reasonably cancel out elements of judicial protection applicable to the original method of information being exchanged on explicit request.3 The position of the financial institutions 4. The due diligence obligations imposed upon financial institutions by the German law implementing the CRS – the Finanzkontenaustauschgesetz (FKAustG) – and the German legislation transposing the FATCA regime make the automatic cross-border exchange of financial account data possible by way of international administrative cooperation. The data material thus gained serves as an international tax disclosure note and constitutes a substantive piece of evidence. Financial institutions are hence increasingly treated as the main source of information by the competent tax authority. The due diligence obligations under the CRS have to be distinguished from other German administrative measures whereby tax authorities obtain account and payment data. These include requests for information pursuant to Section 93(1), third sentence of the German Fiscal Code (AO, Abgabenordnung), automatic account retrieval pursuant to AO Section 93(7–10) in conjunction with AO Section 93b, data access during the external audit for capital gains tax purposes pursuant to AO Section 200(1), second sentence, in conjunction with AO Section 147(6), or control procedures pursuant to Section 45d (1) of the German Income Tax Act (EStG, Einkommensteuergesetz) as well as the reporting of certain business relations which have been intermediated by financial institutions pursuant to AO Section 138b. Furthermore, the reporting requirements pursuant to FKAustG Section 3 (1, 7, 8) are not merely a subset of a third-party request for information 3

See Parts 4 and 5.

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pursuant to AO Section 93 (1), third sentence. Rather, the CRS due diligence obligations constitute an independent reporting regime which, as a highly automated large-scale administrative procedure, distinctly reduces the requirements for necessity testing and applying the principle of proportionality. Moreover, it leads to a lack of transparency with regard to the account holder concerned. 5. Due to the legal obligation to conduct comprehensive due diligence procedures according to the FKAustG, the position of the financial institutions can technically be characterised as taking private persons into public services to fulfil official duties  – “Indienstnahme Privater”. In the absence of any legal or equitable authority, the financial institutions do not act indirectly as a public administration – “Beleihung”. The data collection, the allocation to a specific reporting category and the reporting itself, as well as the plausibility checks for self-certification, do not qualify as exercising administrative authority. Rather, the financial institutions are taken into public services to fulfil official tasks by an act of law. Hence, they operate altruistically without having sovereign power. The reimbursement of the costs of taking on administrative duties is foreseen neither in the FKAustG, nor in the German law transposing the FATCA regime, nor in any other German law. 6. The imposition of administrative duties on private persons has to meet certain legal, sub-constitutional and constitutional requirements. Hence, it also has to be constitutionally legitimated. Existing area-specific knowledge about taking private persons into public services, as found in the literature and jurisprudence, has to be projected onto each concrete individual case. 7. The sub-constitutionally granted banking secrecy formerly regulated in AO Section 30a (old version) did not inevitably preclude the legitimacy of imposing administrative duties on private persons. This is because the aim of taking on private persons into public service was to guarantee fair and equal tax assessment and collection as well as to prevent tax evasion. In principle and under German law, these objectives override the relationship of trust between financial institutions and their customers. 8. Likewise, the structure of the constitution does not pose any unscalable barrier to legitimation. One reason for this is that no legal or equitable tax authority is transferred to private individuals by the financial institutions. 9. The imposition of administrative duties by the FKAustG has to be aligned to and in accordance with the financial institutions’ freedom to choose an occupation and freedom to own property pursuant to Art. 12 (1) and Art. 14 (1) of Germany’s Basic Law (GG, Grundgesetz). The FKAustG was enacted in  a procedurally lawful manner via an accelerated procedure. However, the multi-level legal basis for the exchange of financial account data, made up of international public law, European law and national law, affects the substantive legality of the imposition of administrative duties. In general, the regulations on due diligence procedures laid out in the FKAustG fulfil the requirement of clarity and legal certainty, as

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constitutionally required. However, the fine pursuant to FKAustG Section 28 (1) is not constitutional because of the vague term “eine Meldung” (it is unclear if “a report” means one financial account report or the reporting of all financial accounts). As with the legitimation based on the structure of the constitution, the assessment of the constitutional principle of proportionality regarding the freedom to choose an occupation (GG Art. 12 (1)) and the freedom to own property (GG Art. 14 (1)) is mainly based on the fact that no legal or equitable tax authority is transferred: any devolution of substantive legal decision-making power in the field of tax law amounts to a sovereign activity and would constitute an unreasonable hardship for the financial institutions concerned. The personal and technical resources employed in case of the devolution of administrative decision-making has to be recompensable by governmental cost reimbursement or possibilities for collecting charges. However, as such substantive legal decision-making power in the area of taxation is not part of the due diligence procedures pursuant to the FKAustG, the administrative duties imposed on financial institutions do fundamentally align with common practice in the field of finance. Due to their actual and sole “material control” over financial account data, financial institutions maintain a factual connection to and responsibility for the administrative duties devolved. This responsibility serves as a legitimate reason to impose administrative tax duties on financial institutions. The prevention of tax evasion and money laundering, which is the ultimate aim of exchanging financial account information via international administrative cooperation, serves to achieve the “equality of taxation” which is guaranteed within the German constitution under GG Art. 3 (1) and constitutes a paramount common good. For that reason, the imposition of administrative duties on the financial industry is basically legitimate. Solely the significant implementation costs from the years 2013 to 2017 are unreasonable for the financial institutions concerned to bear, as this initial implementation work did not align with the common practice of banking. However, to deliver a final substantiated judgement,  a detailed cost evaluation has to be performed by the financial industry or the government.4 10. It is still questionable whether, due to the financial industry’s various administrative duties, the cumulative overall burden goes beyond what may be reasonably expected. In the light of what is known as the “additive infringement of constitutional rights”, a realistic overview has to be gained of the variety of ways in which economic freedom is restricted. This must take into account all restrictions placed on an equally affected group, in this case the financial industry, for the substantially similar purpose of “easing the administrative burden”. A juridical clarification of the constitutional question on the appropriateness of the financial

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Art. 8 (4) of the Directive on Administrative Cooperation already provides for this cost evaluation in the form of statistics submitted to the Commission. However, the extent of the statistics required is not clear, or whether the financial institutions’ initial implementation costs are to be listed separately.

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industry’s overall burden is desirable but also requires a substantiated cost evaluation of the various public duties within the market. At the same time, legislators are called upon not to lose sight of the overall burden and – from a legal policy perspective – to provide relief in the form of governmental cost reimbursement and / ​ or synergies in regulation, for example with regard to the law on money laundering. 11. As partial result of this examination, a numerically limited group within the financial industry cannot be determined to bear a substantially heavier burden due to the imposition of administrative duties pursuant to the FKAustG. 12. Taking private persons into public services to fulfil official duties leads to a triangular constellation between the person fulfilling the administrative duty, the tax paying citizen and the state. Here, citizens must accept that their legal position will be worse in comparison to a public administrative procedure. Because legislators have created a grey administrative area by transferring administrative services to private persons, from a constitutional point of view this disbenefit has to be set off by data subject rights and governmental control mechanisms. The state has an official control function within the framework of the special tax audit pursuant to FKAustG Section 5 (6) in conjunction with AO Sections 193–203, and brings in the Federal Central Tax Office (Bundeszentralamt für Steuern) before the account data are transferred abroad, thus bearing the ultimate responsibility. However, the state needs to enhance its control function with regard to the financial institution’s proper compliance of data protection law. If the content of the imposed administrative duties in the field of tax law changes increasingly from general tax calculation and payment to the extensive reporting of individuals’ data, related official controls have to be adapted accordingly. Hence, the material scope of the external tax audit must not only be limited to ensuring compliance with the due diligence procedures pursuant to the FKAustG, but also has to be extended to cover the data protection requirements. The position of the account holders 13. The exchange of account data for tax purposes following the global CRS must, moreover, be in line with the account holders’ fundamental rights. Due to the CRS regulations, taxpayers’ personal data are revealed to EU member states and third countries, including developing countries. According to the latest information, no juridical proceeding is pending in any of the participating jurisdictions for the purpose of legally assessing the new means of exchanging information. Hence, this research must draw upon the latest information in the literature and jurisprudence related to other administrative measures already implemented in the field of data processing for tax purposes. 14. The exchange of financial account data in line with the CRS, examined here in view of its compliance with the taxpayers’ fundamental rights, is only explored

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from  a domestic perspective. This research thus examines data processing by reporting German financial institutions as well as the grant for administrative cooperation awarded by the German Federal Central Tax Office. When the data are transmitted abroad, they leave the local German legal sphere. Further analysis of the data processing under the local law of the beneficiary state is not part of this research. The same applies to the reversed case where account data appertaining to taxable German persons are transmitted from a foreign tax office to the German Federal Central Tax Office. Due to the different legal foundations, the data processing conducted reciprocally abroad is also not part of this research. 15. In the narrower domestic situation, varying legitimation standards are required for information transferred to  a European member state or to  a third country. Data are transferred to third countries on the basis of international agreements that have been incorporated into national law; such transfers must thus be investigated only under German constitutional law, applying GG Art. 2 (1)  in conjunction with GG Art. (1) 1. At the same time, however, they must also meet the requirements of the General Data Protection Regulation (GDPR), meaning that considerable European influence is exerted when assessing the legality of third country transfers. Meanwhile, the legitimation standard for transfers within the EU (as implemented by the EU Directive on Administrative Cooperation) comes from Art. 8 of the EU Charter of Fundamental Rights (CFR), in some cases in conjunction with Art. 16 of the Treaty on the Functioning of the EU (TFEU) and the GDPR. The guarantees found in GG Art. 2 (1) in conjunction with GG Art. 1 (1) also count as a legitimation standard, though the Federal Constitutional Court waives its supervisory competence in this respect as long as the EU fundamental rights guarantee sufficient protection, equal to that of the fundamental German rights. Both third-country cases and transfers within Europe must also be measured against the requirements of the European Convention on Human Rights (ECHR) and the case law established in that connection. 16. The fundamental right of informational self-determination found in GG Art. 2 (1) in conjunction with GG Art. 1 (1) extends to financial account data, as they are classified as personal data. In terms of its personal scope, all account holders are included, i. e. both individuals and legal entities, even if they do not maintain a place of residence / ​registered office in Germany. The territorial link required if basic German rights are to be applied is already formed by running an account in Germany. Moreover, under GG Art. 1 (3), German state authority is territorially fully bound to fundamental rights, even in the case of acts of state which have an effect abroad. The data disclosure by the Federal Central Tax Office is an act of public authority and may have an adverse effect on data subjects in the third country despite their not residing in Germany. In the case of steps taken through public authority which affect a third country situation, data subjects are entitled to exercise their fundamental right of informational self-determination to defend themselves.

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17. The data processing performed by the reporting domestic financial institutions and by the Federal Central Tax Office under the CRS infringes the account holders’ fundamental right of informational self-determination with varying degrees of intensity. The different infringements caused by the international exchange of financial account information can be arranged into three correlating phases, which each feature diverse forms of data processing: (1) account due diligence by the financial institutions; (2) reporting by the financial institutions to the national Federal Central Tax Office and (3) reporting of the financial account data by the national Federal Central Tax Office to tax authorities abroad. 18. In Germany, the standards of the FKAustG form the basis for authorising these infringements. In the case of transfer procedures under European law, the provisions of the FKAustG are based on the Directive on Administrative Coopera­ tion, while for international data they are based on international agreements such as the Multilateral Competent Authority Agreement (MCAA) in conjunction with other international treaties such as the Convention on Mutual Administrative Assistance in Tax Matters. For the right to informational self-determination to be lawfully restricted, the foundations on which this restriction is authorised must meet formal and substantive requirements. In the present case, although there is fundamentally no formal doubt as to the lawfulness of the standards that justify the processing of data, the material and substantive constitutionality of individual aspects must be explored. 19. In terms of the clarity of the standards, for example, the question must be asked of what national consequences will affect account holders who fail to provide information, or provide incorrect information, on their tax residency or who do not disclose their tax ID number to financial institutions. Moreover, despite the assistance of the circular (BMF-Schreiben) subsequently issued by the Federal Ministry of Finance, determining the active / ​passive property of legal entities still poses a challenge in practice; tax consultant liability, for example, is not intended to apply in this case. Altogether, the FKAustG and the supplementary circular only address the actual subjects of the data processing very inadequately in comparison to the financial institutions which carry this obligation. If data subjects are unable to judge the adverse consequences which threaten them, this is an unconstitutional level of legal uncertainty. By way of comparison, Liechtenstein’s implementing legislation contains guidelines regarding account holders which are in line with standards, for example on data subjects’ rights and state sanctions. In addition, in the context of the exchange of account data, information is only published about the participating states, and not about the responsible authorities in each of those states. This circumstance may lead to data subjects having no direct point of contact, for example to submit complaints regarding data protection, or to request information. 20. Moreover, one material limit to the foundation on which authorisation is granted is that it must comply with the principle of proportionality. The infringements do have a legitimate purpose: the objective of combating tax evasion

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on investment income. At the same time, they are appropriate and necessary to achieve that purpose. The purpose pursued in this context must also be appropriate to the means employed. When weighing up this matter, the principle of equality of taxation, which is recognised as an extremely important community asset and has a constitutional basis in GG Art. 3 (1) and a legal basis in AO Section 85, provides a general basis for justifying the infringements examined here. The German taxpayers’ account data which are transferred reciprocally during the administrative assistance process constitute  a kind of international supervisory notification and thus form a basis for verification in the taxation process. This creates a necessary complement to the declaratory principle designed to prevent a structural failure to transpose EU law in the case of the cross-border taxation of investment income. This fundamentally legitimises automated processing and thus a shift away from case-by-case individual monitoring meeting the standard of “foreseeable relevance”. The bulk assessment procedure requires the development of risk-management-based tax auditing across national borders. Data processing in the context of the international exchange of information on financial accounts for tax purposes is thus fundamentally proportionate. The infringements of data subjects’ right to informational self-determination which are discussed here must generally be accepted for the sake of uniform taxation in light of increasing globalisation and digitisation. However, the specific shape taken by the exchange of financial account information in Germany harbours individual unconstitutional elements which require closer examination. 21. For  a detailed assessment of the appropriateness of the regulations governing the automatic exchange of information, the specific features of the three infringement phases are examined individually. Although the first phase of data processing – account data classification by the financial institutions – has an intensive effect, with all account holders categorised and new data sometimes gathered on the data subjects, this phase is still appropriate. The concrete identification of foreign tax residents requires the financial institutions’ entire customer base to be filtered to ensure that reporting obligations apply equally to all data subjects. In this context, it is absolutely necessary to gather new data, including but not limited to the tax identification number, to ensure that the data can be specifically assigned to a certain data subject. The view expressed here is, however, that it is important that the generation of such a large pool of new data for tax purposes has a firm basis in the constitution. Considering the state’s position as a guarantor, the data’s use for public-interest purposes with a negative effect on the account holder calls for state control. The generally envisaged external tax audit only meets this requirement to an inadequate extent and its content should be extended to include compliance with data protection regulations. 22. The opinion held here is that the second infringement – the financial institutions disclosing the data to the Federal Central Tax Office – is also proportionate. Tax secrecy, which is guaranteed under AO Section 30, offers a level of protection

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commensurate with the infringement, providing a legally binding justification for data subjects to defend themselves against unauthorised disclosure. 23. The final infringement phase is the transfer of data to foreign countries. In this respect, the degree of the infringement diverges considerably between European transfers and third country transfers. Fundamentally, the data subject can only be reasonably expected to accept the data transfer if the standard of data protection in the recipient state is equivalent to that in Europe or Germany. Automatic data transfers have long been carried out within the European Union for tax purposes on the basis of the Directive on Administrative Cooperation and the former Savings Directive. The harmonised data protection law within the Union, which has been further strengthened by the GDPR, forms the basis for transferring the data in line with fundamental rights. Among other things, the GDPR demands mandatory periodic reviews by an independent data protection supervisor. The EU Charter of Fundamental Rights also provides a legally binding minimum standard of protection for fundamental rights with which the data-processing authorities and any other public body in the EU and the member states must comply. In the supranational judicial area of the EU, there are binding and enforceable possible sanctions for violations of data subjects’ data protection rights by the ECJ and the EC. 24. Third country transfers, on the other hand, provide only a minimum level of fundamental rights protection guaranteed under international law, so the infringement goes deeper. A distinction must be made between such transfers and those to recipient states which have been certified as having a level of protection commensurate with that in the EU in an adequacy decision by the European Commission pursuant to GDPR Art. 45. In the case of other third country transfers, the degree of the infringement is sometimes inappropriate. The increasing prevalence of treaty overrides in tax law, and the legally non-binding nature of international agreements in general, incur  a risk of data processing not being carried out exclusively for the agreed purposes and not being guaranteed an appropriate level of protection. At the same time, the MCAA, as a multilateral contractual instrument, can raise the risk of the unauthorised triangular transfer of information to countries with an insufficient level of data protection. To counteract these risks, international legal protection is provided by suitable guarantees in accordance with GDPR Art. 46, implemented in Germany in Annex C to the Multilateral Competent Authority Agreement of 29/10/2014. The step taken by the OECD to guarantee binding compliance with these guarantees is a peer review process, i. e. states checking on one another according to OECD requirements. The rankings resulting from this mutual review are the first step in creating binding obligations and sanctions, but lag far behind the capabilities of the EU. The rankings do not give data subjects their own rights, and are not linked to any binding consequences under international law such as the suspension of an agreement. If data are transferred to third countries which have a lower level of protection than in the EU, or which rank poorly in terms of compliance with the appropriate safeguards

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in Annex C, their misuse would appear likely. Data subjects cannot reasonably be expected to accept this if they have no means of exercising data subjects’ rights to prevent the transfer in advance. This type of transfer would therefore breach constitutional and European law. 25. The only way to make transfers to third countries appear compliant with constitutional and European law would be to strengthen data subjects’ as yet insufficient rights in Germany. Thus, according to the minimum European standard of the Directive on Administrative Cooperation, financial institutions only had to give data subjects informal notice prior to the first transfer of data to the Federal Central Tax Office. Repeated annual information provision is not envisaged. Where passive NFEs have deviating beneficial owners and controlling persons with no concrete relationship to the reporting financial institution, the degree of infringement is especially high as the process is not transparent for them. For this group of data subjects, an appropriate response to this degree of infringement would be for the state to provide them with information before each annual report to third countries. Moreover, in the case of third country transfers, if it is doubtful whether the recipient state can comply with the terms of Annex C to the Multilateral Agreement of 29/10/2014, for example because the results of its peer review suggest this is unlikely, then every data subject involved in this transfer is to be informed prior to the report. All aspects of data subjects’ current rights are insufficient in consideration of the extreme level of the infringement. This is true even though they have a general right to information from the financial institution and the Federal Central Tax Office, as this right can only be exercised if the data subject is aware of a transfer in advance. As it stands, the law is thus currently contrary to fundamental rights. 26. Any further general hearing of the data subjects is excluded by law. The opinion held here is that  a hearing of this kind is not required considering the purpose; the highly automated exchange of information. 27. The transfer of data on income that is not subject to taxation under the law of the recipient state is contrary to the constitutional principle of foreseeable relevance and is therefore disproportionate. Even in a highly automated system of information exchange based on risk management, it would be technically possible – without making any fundamental changes to the globally harmonised XML system – to replace these data on income in the relevant jurisdictions, for example with the value “0”. 28. As well as the right to informational self-determination, the fundamental European right to data protection set out in Art. 8 of the EU Charter of Fundamental Rights must be applied, as European law is being enforced within the meaning of Art. 51 (1) of the EU Charter of Fundamental Rights. In material and legal terms, the increasingly harmonised protection guaranteed by the fundamental European right to data protection, along with the right to informational self-­determination and the similar case law of the ECJ and the Federal Constitutional Court on the

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definition of criteria for data processing that is proportionate to need, produce a finding consistent with that established for GG Art. 2 (1) in conjunction with GG Art. 1 (1). Data transfers within Europe fall within the scope of the GDPR and are thus subject to a uniform level of data protection. This does not undermine the standard of protection offered by Art. 8 of the EU Charter of Fundamental Rights. EU transfers thus do not fundamentally constitute  a disproportionate infringement. Nonetheless, even in the case of EU transfers, the lack of sufficient means of testing financial institutions’ compliance with data protection regulations affects fiscal audits and data subjects’ severely limited rights. In this case, too, deviating beneficial owners and controlling persons of passive NFEs who are not specifically related to the reporting financial institution are not informed about the report. As explained above under the right to informational self-determination, it would appear that they cannot reasonably be expected to accept this extreme level of infringement. Ultimately, the only far-reaching difference to the findings established by assessing the right to informational self-determination arises from the fact that Art. 8 of the EU Charter of Fundamental Rights can only be applied to  a very limited extent to legal persons, whereas GG Art. 2 (1) in conjunction with GG Art. 1 (1) in conjunction with GG Art. 19 (3) also, by their nature, largely protect legal persons. As  a result, in the case of EU transfers, data processing within the scope of the FKAustG is basically compliant with fundamental rights. However, data processing as part of administrative cooperation is disproportionate to the degree of the infringement due to its individual configuration when assessing compliance with data protection law and regarding the rights of data subjects who are deviating beneficial owners. 29. As well as their fundamental data protection rights being protected under GG Art. 2 (1) in conjunction with GG Art. 1 (1) and Art. 8 of the EU Charter of Fundamental Rights, data subjects are also entitled to effective legal protection under GG Art. 19 (4) and Art. 47 of the EU Charter of Fundamental Rights. They must therefore be able to lodge an effective appeal with a court. The shape taken by the administrative procedure has a concrete advance effect on data subjects’ effective legal protection during the exchange of financial account information. The legal exclusion of a hearing and the fact that data subjects sometimes receive insufficient information denies them the chance of legal protection, especially in the case of deviating beneficial owners. In view of the fact that state intervention is irreversible, only preventive legal protection – before the data is transferred – can prevent legal violations. The administrative steps leading up to the transfer are thus of considerable importance, as data subjects can only protect themselves against these infringements if they are aware of the transfer. For deviating beneficial owners, the regulations on the exchange of financial account information are therefore unconstitutional, as they infringe their right to effective legal protection. 30. In principle, this transfer of data is simply an administrative act, meaning that seeking  a preventive injunction under Section 40 of the German Code of Fiscal Court Procedure (FGO) is the correct type of action. As before, in the case

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of the present reference material, the underlying claim for the injunction arises from Section 1004 of the German Civil Code (BGB) in conjunction with GG Art. 2 (1) and GG Art. 1 (1), in some cases in conjunction with AO Section 30. The instrument of effective legal protection here is the application for an interim injunction pursuant to FGO Section 114. Foreign taxpayers can also take the same legal action in Germany. One practical problem which arises, however, is proving the credibility of the damage  – for example, that there is an imminent risk of misappropriation or of secrecy regulations being breached. A full case does not need to be presented – the facts with the utmost probability need to be laid out clearly – but major hurdles are still faced once again. It is questionable whether a ranking result from the OECD’s Global Forum peer review process can count as evidence. However, in principle, those involved can at the same time also take a complaint to the data protection supervisory authority under GDPR Art. 77.

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Sachregister Abgeltungsteuer  164 ff., 209 ff., 236 Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (sog. „Tax Information Exchange Agreement – TIEA“)  43 –– Ausgestaltung 44 –– Rechtliche Umsetzung in Deutschland 45 Aktive Rechtsträger  66 ff., 284 ff. Amtsermittlung  72, 91 f., 163 f., 170 ff., 193, 326 Amtshilferichtlinie 53 –– Ausgestaltung 54 –– Rechtliche Umsetzung in Deutschland  54 f. Angemessenheitsbeschlusses  371 f. Anhörung  55, 70, 315, inbes. 391 ff. Anlassbezogener Auskunftserteilung  74 ff., 76, 83 ff., 196, 327 f., 340 ff. Anwendungsbereichserweiterung 85 Art.  26 OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung 38 –– Ausgestaltung  38 ff. –– im Zusammenhang mit dem Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuer­ sachen ​42 –– Rechtliche Umsetzung in Deutschland ​ 40 f. Ausgangslage  21 f. Auskunftserteilung nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO –– Allgemein und als inhatliche Abgrenzung  72 ff. –– Entwicklungstendenzen der Kontendatenpreisgabe an nationale Steuer­ behörden  86 f. –– Judikate  244 ff. Auskunftsrecht  385 f. Außenprüfung  235 ff., 348, 352 ff. Automatisierung  58 f., 339 f. Bankgeheimnis nach § 30a AO a. F. 130 f.

Base erosion and profit shifting („BEPS“) Initiative  50, 252 f. Beherrschende Personen  47, 62, 67 ff., 192, 287, 316, 391, 398, 401 Beleihung  88 ff. –– Allgemein  89 f. –– Finanzinstitute als Beliehene  90 ff. Benachrichtigungspflicht  384 f., 388 f., 390 Berufsfreiheit –– Als Legitimationsmaßstab  142 f. –– Zur Grundrechtsprüfung der Indienstnahme  143 ff. Betriebsprüfung nach § 5 Abs. 6 FKAustG 236, 409 Betroffenenrechte  278, 317 ff., 339 ff., ­insbes. 379 ff. und 385 ff., 396 ff., 410, 420 f. Branchenschlüssel/ NACE Code  66 f. Bundeszentralamt für Steuern  70 ff., 363 ff. Bußgeldtatbestand  157 f. Country-by-Country Reporting  53 Couponsteuerurteil  116 ff. Data Warehousing- und Data Mining  350 Datenerhebung  146, 187, 189 ff., 292 ff., 360 ff., 384 Datenminimierung  360, 365 f., 376 Datenpool  349 ff. Datenschutzaufsicht/ datenschutzrechtliche unabhängige Kontrollen  238 f., 351 f. 366, 379, 410, 429 f. Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) insbes.  272 und 275 ff. Datenschutzrechtliche Betroffenen- und Verfahrensrechte –– Auskunftspflicht/-recht  385 f. –– Benachrichtigungspflicht  384 f., 388 f., 390 –– Informationspflicht /-recht  147, 258 f., 317, 381 ff., 413 f., 420

Sachregister Datenschutzrechtliche Einwilligung –– Als Eingriffsausschluss  298 ff. –– Als Rechtfertigung  404 f. Datenschutzrechtliche Garantien  260, 362 f., inbes. 372 ff. Datenschutzstandard / -niveau  368 ff. Datensicherheit –– Zur Indienstnahme  119 f., 147 f., 184, 239 –– Zur Stellung der Kontoinhaber  264, 351 ff., 367, 378, 409 Deklarationsprinzip  27, 163 Demokratieprinzip  132 ff. Dreiecksauskünfte  297, 376 Dreiecksrechtsverhältnis der Indienstnahme ​ 224 ff. Drittlandsbetroffenheit  288 ff. Dualism states  375 Eigentumsfreiheit –– Als Legitimationsmaßstab  142 f. –– Zur Grundrechtsprüfung der Indienstnahme  217 ff. Eingriff –– Berufsfreiheit  146 ff. –– Eigentumsfreiheit 218 –– Europäisches Datenschutzgrundrecht ​404 –– Recht auf informationelle Selbstbestimmung  292 ff. Einzelfallprüfung –– Allgemein  83 ff. –– Datenverarbeitung nach dem FKAustG ​ 327 ff., 342, 394, 397 Entwicklungstendenzen  55 f. Erdölbevorratung  115 f., 116 ff. Erlaubnistatbestand  372 ff. Ermessen  93, 134, 174, 228, 236, 251, 326 ff., 348, 354 f. Ersuchungsauskunft  174 ff., 326, 389 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) insbes.  274 und 280 Europäisches Datenschutzgrundrecht Art. 8 EU-Grundrechtecharta –– Als Legitimationsmaßstab  272 ff. –– Zur Grundrechtsprüfung des Kontendatenaustausches  399 ff. Externer Dienstleister insbesondere  362 f. Extraterritorialer Quellensteuereinbehalt ​ 171 ff., 324 f.

475

Finanzinstitute (meldende) i. S. d. § 19 Nr. 1, 2 FKAustG  61 Finanzkontenaustauschgesetz (FKAustG) allgemein  60 ff. Finanzkonto gem. § 19 Nr. 18 FKAustG ​62 f. Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) 32 –– Ausgestaltung  33 f. –– Rechtliche Umsetzung in Deutschland ​ 34 f. Fremdnützigkeit  111 ff. Funktionsvorbehalt  135 ff. Garantenstellung  232 ff., 398 Geldwäschebestimmungen AML/KYC  47, 67 f., 182, 187, 190 ff., 210, 214, 268 ff., 294 ff., 309, 358 Gleichmäßigkeit der Besteuerung  25, 131, 137, 159, 162 f., 183, 202, 221, 240, 247, 265, 320 ff., 333 ff., 341, 345 ff., 366, 370 ff., 406 ff. Hoheitsbefugnisse  89 f., 91 ff., 95 ff. Indienstnahme Privater  100 ff. –– Allgemein  100 ff. –– Finanzinstitute als „Indienstgenommene Private“  102 ff. –– Grund- und bereichsspezifische Typo­ logie  113 ff. –– Indienstnahme als Rechtsverhältnis 223 ff. –– Legitimation der Indienstnahme  113 ff., 129 ff. Informationsasymmetrie  24, 161 ff., 336, 397 Informationsmitwirkender 92 Informationspflicht /-recht  147, 258 f., 317, 381 ff., 413 f., 420 Initiativen zum automatischen Informationsaustausch in Steuersachen  30 ff. Kapitalertragsteueraußenprüfung  79 f., 423 Kontenabruf  24c KWG –– Allgemein und als inhatliche Abgrenzung ​76  ff. –– Entwicklungstendenzen der Kontendatenpreisgabe an nationale Steuer­ behörden  83 f. –– Rechtsprechung  123, 246 f.

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Sachregister

Kontendaten  177, 184, 192 f., 202, 242, 290 ff., 294 ff. Kontoinhaber (meldepflichtig) gem. § 19 Nr. 36 FKAustG 61 f. Kontradiktorische Phase des Steuer­ verfahrens  243, 256 f., inbes. 389 Kontrollfunktion  235 ff., 237, 347 f., 425 Kontrollmitteilungen  335 f., 393 Kontrollverfahrens nach § 45d Abs. 1 EstG  81 f. Kooperationsprinzip im Datenschutz  354 Kostentragung –– Finanzdienstleistungsbranche  121 ff. –– Finanzkontenaustausch  149, 179 f., 193 ff. –– Vorratsdatenspeicherung  118 ff. Kulanzauskünfte  174 ff., 326 Kumulative Grundrechtseingriffe –– Allgemein  203 ff. –– Speziell zur Indienstnahme der Finanzdienstleistungsbranche  207 ff. Legalausnahme zur Meldepflicht  97 ff., 152, Legitimationsmaßstab  142 f., 272 ff. Leistungsfähigkeitsprinzip 322 Letztverantwortung des Staates  223 ff. Löschungspflicht / Recht auf Daten­ löschung  261, 317, 364 f., 387, 394 f., 415 Massendatenverarbeitung  85, 169, 175, 184 ff., 392 ff. Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem FKAustG  63 ff. Mitwirkungspflichten –– Der Finanzinstitute  85 ff., 91 f., 111 f. –– Der Steuerpflichtigen  91 ff., 163, 336 Nationalitätsprinzip 22 Nexus / territorialer Anknüpfungspunkt  33, 288 Normenklarheit und Bestimmtheit –– Zur Indienstnahme  151 ff. –– Zur Kontendatenpreisgabe  302 ff. OECD Global Forum  57, 378, 417 Ordre public Grundsatz  373

Passive Rechtsträger  62, 66 ff., 190 ff., 286 ff. Peer-Review-Prozess  37, 328, 355, 378 ff., 396, 417 Perpetuierungseffekt  230 f. Personenbezogene Daten –– Kontendaten  79, 290 ff., 403 –– Rechtsprechung  257 ff. –– Steueridentifikationsnummer  356 f. Pflichteninhalt der Indienstnahme  102 ff., 118 ff., 194 ff. Plausibilitätskontrolle  93 f., 106, 134, 187, insbes. 190 ff., 202 Privatisierung  87 ff., 129 Privatsphäre  279 f., 374, auch Finanzprivatsphäre 403 Prüfungsfolge  140 ff., 281 f. Quellenlandprinzip 22 Quellensteuer –– Abgeltungsteuer 164 –– Extraterritorialer Quellensteuereinbehalt  171 ff., 324 f. Recalcitrant Account Holder  33 Recht auf informationelle Selbstbestimmung Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG –– Als Legitimationsmaßstab  272 ff. –– Zur Grundrechtsprüfung des Kontendatenaustausches  282 ff. Rechtsschutzgarantie bei außereuropäischen Übermittlungsvorgängen nach Art. 19 Abs. 4 GG –– Als Legitimationsmaßstab  272 ff. –– Zur Grundrechtsprüfung des Konten-datenaustausches  411 ff. Rechtsschutzgarantie bei innereuropäischen Übermittlungsvorgängen nach Art.  47 EU-Grundrechtecharta –– Als Legitimationsmaßstab  272 ff. –– Zur Grundrechtsprüfung des Kontendatenaustausches  418 ff. Rechtsträger  62, 65 ff. Reziprozität  175 f., 271, 322, 328, 336 Sach- und Verantwortungsbeziehung der Indienstnahme  120, 180 ff., 202 Sachherrschaft  202, 221, 227, 237, 331, 424, 183 f.

Sachregister Schutzbereich –– Berufsfreiheit  144 ff. –– Eigentumsfreiheit 218 –– Europäisches Datenschutzgrundrecht ​ 400 –– Recht auf informationelle Selbstbestimmung  282 ff. Selbstauskunft  186 ff. Speicherungspflicht  119, 184, 200 Sphärentheorie 273 Spontanauskunft  44, 174 ff., 326 Staatsentlastung  164 f. Standard für den automatischen Informationsaustausch von Finanzinformationen in Steuersachen (Standard)  46 –– Ausgestaltung  47 f. –– Rechtliche Umsetzung in Deutschland ​ 48 ff. –– Zur deutschen Umsetzung nach dem FKAustG im Detail  60 ff. Steuerentrichtungsverpflichtete 94, Steuergeheimnis –– Im Zusammenhang mit der Datenübermittlung nach dem FKAustG  271, 298, 246 f., 256 f., 264 ff., 273 f. –– Im Zusammenhang mit staatlicher ­Haftung  228  ff. –– Internationales Steuergeheimnis  39, 251 –– Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem deutschen Steuergeheimnis  246 ff., inbes. 250 ff. Steuerhinterziehung –– Bekämpfung als Zielstellung  95, 109 ff., 160 ff. 333 ff. –– Materiell-rechtliche Grenzen der Ver­ folgung  27 f. Steueridentifikationsnummer –– FATCA 33 und CRS 49 –– Im Zusammenhang mit der Daten­ erhebung als Eingriff  358 f. –– Rechtsprechung  247 ff. Steuerlich relevante Tatsachen  168 ff., 323, 327, 344 Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz –– Erweiterte Legitimationsprüfung  359 f. –– Im Zusammenhang mit 24c KWG 76  215

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–– Im Zusammenhang mit § 30a AO a. F. 129 ff. –– Meldung  82 f. Steuerverwaltungshoheit 137 Technisch-organisatorischen Schutzmaßnahmen  238, 351, 355, 361 Territoriale Extension  55 f. Territorialitätsprinzip  22 f., 324 Treaty Override  375, 396 Treuhand  62, 383 Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuer­ sachen und zu dem Protokoll vom 27. Mai 2010 zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen  41 –– Ausgestaltung 41 –– Rechtliche Umsetzung in Deutschland ​ 42 Universalprinzip  22 f. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung –– Berufsfreiheit  150 ff. –– Eigentumsfreiheit  219 ff. –– Europäisches Datenschutzgrundrecht ​ 405 f. –– Recht auf informationelle Selbstbestimmung 300 Verifikationsprinzip / -grundlage  1, 27, 94, 167, 335 f. Verursacherprinzip  121 f., 180 f. Verwaltungshelfer  90 f. Verweisstruktur  152 ff., 306 ff. Vollzugsdefizit  26 ff., 75, 76, 103, 126, 163, 2020, 266, 334 f. voraussichtliche Erheblichkeit  253, 327, 342 f., 389, 395 ff., 416 Vorratsdatenspeicherung –– Indienstnahme zum Kontendatenaustausch  182 ff. –– Rechtsprechung  115, 118 ff., 259 ff. –– Zum datenschutzrechtlichen Legitimationsmaßstab  277 ff. –– Zur Bewertung des Kontendatenaustauschs  344 ff., 360, 409 ff. Vorteilsgewährung 96

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Sachregister

Vorwirkung des effektiven Rechtsschutzes ​ 412 ff., 419 f. Wider approach  66, 309, inbes. 358, 361 f. Wirkungsprinzip bei Grundrechten im Drittland 289 Wohnsitzlandprinzip  22 f. XML-Datenschema  69 f., 268, 295 f., 311, 367, 395 f.

Zinsrichtlinie 51 –– Ausgestaltung 51 –– Rechtliche Umsetzung in Deutschland  52 Zulässigkeit  83 f., 140 ff., 281 f. Zumutbarkeit –– Im Zusammenhang mit der Indienst­ nahme  180 ff., 195, 199 ff., 203 ff., 221 f. –– Rechtsprechung  123 f. Zweckgebundenheit  303 ff., 341, 348, 355