Gefahrenabwehr durch Private: Eine verfassungsrechtliche Untersuchung zu den Grenzen der Übertragung von Aufgaben der Gefahrenabwehr auf Private und der staatlichen Zulassung privater Gefahrenabwehr [1 ed.] 9783428461912, 9783428061914

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Gefahrenabwehr durch Private: Eine verfassungsrechtliche Untersuchung zu den Grenzen der Übertragung von Aufgaben der Gefahrenabwehr auf Private und der staatlichen Zulassung privater Gefahrenabwehr [1 ed.]
 9783428461912, 9783428061914

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C H R I S T I A N . D I E T RICH BRACHER

Gefahrenabwehr durch Private

Schriften zum ö f f e n t l i c h e n Band 516

Recht

Gefahrenabwehr durch Private Eine verfassungsrechtliche Untersuchung zu den Grenzen der Übertragung von Aufgaben der Gefahrenabwehr auf Private und der staatlichen Zulassung privater Gefahrenabwehr

Von D r . Christian-Dietrich Bracher

D U N C K E R

&

H Ü M B L O T

/

B E R L I N

CIP-Kurztitelaufnähme der Deutschen Bibliothek Bracher, Christian-Dietrich: Gefahrenabwehr durch Private: e. verfassungsrechtl. Unters, zu d. Grenzen d. Übertragung von Aufgaben d. Gefahrenabwehr auf Private u. d. staatl. Zulassung privater Gefahrenabwehr / von Christian-Dietrich Bracher. — Berlin: Duncker u n d Humblot, 1987. (Schriften zum Öffentlichen Recht; Bd. 516) I S B N 3-428-06191-8 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Gedruckt 1987 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06191-8

Vorwort Die Arbeit wurde im Sommersemester 1986 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im April 1986 abgeschlossen. Herr Prof. Dr. F. Ossenbühl hat durch seine Schrift über „Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr" aus dem Jahre 1981 den Anstoß zur Beschäftigung mit der Thematik gegeben und die Arbeit durch zahlreiche weiterführende Hinweise gefördert. Ihm gilt mein besonderer Dank. Wertvolle Anregungen habe ich auch von Herrn Prof. Dr. K. Redeker erhalten. Für die Erstattung des Zweitvotums danke ich Herrn Prof. Dr. B. Schlink. Christian-Dietrich

Bracher

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

13

Teil 1 Begriffliche Verklärungen

16

A . Gefahrenabwehr

16

I. Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege II. Gefahrenabwehr und die Rechtsformen des Verwaltungshandelns

16 ...

I I I . Gefahrenabwehr und eigenständige Aktivitäten von Bürgern B. Private

21 21 23

Teil 2 Überblick über die Formen der Gefahrenabwehr durch Private A . Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private I. Beliehene im Verkehrsrecht

26 26 27

1. Schiffskapitän

27

2. Flugzeugführer

28

3. Beauftragte für Luftaufsicht

29

4. Bedienstete von Privatbahnen

30

II. Beliehene im Landwirtschafts- und Jagdrecht

30

1. Bestätigte Jagdaufseher

30

2. Jagdausübungsberechtigte

31

3. Feld- und Forsthüter, Fischereiaufseher

31

I I I . Hoheitliche Eingriffsbefugnisse zur Gefahrenabwehr in Katastrophenfällen

32

1. Private Werksfeuerwehren

32

2. Brandsicherheitswachen

33

3. Bisamrattenfänger

34

4. Strandvogt

34

8

Inhaltsverzeichnis IV. Präventivpolizeiliche Befugnisse sachverständiger Privater

35

1. Erteilung der Prüfplakette gemäß §29 Abs. 2 StVZO

36

2. Prüfung der Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs gemäß §§ 10,11 StVZO

37

V. Ordnungsaufgaben des Versammlungsleiters

38

B. Eigenständige Gefahrenabwehr Privater unter Ausübung privater Notrechtsbefugnisse

40

C. Eingriffsbefugnisse auf vertraglicher Grundlage

42

D. Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte Dritter

43

I. Die polizeiliche Störerhaftung

43

II. Gefahrenvorsorge

44

I I I . Hilfeleistungspflichten

45

I V . Ärztlicher Notfalldienst

46

V. Straßenreinigung

46

V I . Eigensicherungspflichten

47

1. Eigensicherung im Luftverkehrsrecht 2. Eigensicherung zur Vorsorge gegen rechtswidrige Angriffe Dritter

47 .

3. Eigensicherung und polizeirechtliche Verantwortlichkeit

48 50

V I I . Eigen- und Fremdsicherung auf privatrechtlicher Basis

55

VIII. Gefahrenabwehr durch technische Schutzmaßnahmen aus eigener Initiative

57

I X . Hilfeleistungen Privater ohne staatliche Veranlassung

58

Teil 3 Verfassungsrechtliche Untersuchung A . Die obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private I. Art. 33 Abs. 4 GG

59 62 62

1. Zur Anwendbarkeit von Art. 33 Abs. 4 GG auf die obrigkeitliche Verwaltung durch Private

62

a) Art. 33 Abs. 4 GG als Direktive allein für die Funktionsverteilung zwischen Angehörigen des öffentlichen Dienstes?

62

aa) Die Argumentation aus der Entstehungsgeschichte von Art. 33 Abs. 4 G G

63

bb) Begründung der Anwendung von Art. 33 Abs. 4 GG auf die Übertragung obrigkeitlicher Befugnisse auf Private

64

Inhaltsverzeichnis (1) Zum Zweck von Art. 33 Abs. 4 GG

64

(2) Vergleich der Wahrnehmung von obrigkeitlichen Befugnissen durch Private und nichtbeamtete Angehörige des öffentlichen Dienstes

65

(3) Zur inhaltlichen Bedeutung der Anwendung von Art. 33 Abs. 4 GG

66

b) Zum Einwand der richtigen verfassungsrechtlichen Verortung der Privatisierungsproblematik

66

2. Die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse

68

3. Die Übertragung als „ständige Aufgabe"

68

4. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis

69

a) Meinungsüberblick

70

b) Das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Maßstab

71

c) Zur Problematik eines Kernbereichsschutzes bei Art. 33 Abs. 4 GG

73

aa) Keine entsprechende Anwendung von Art. 19 Abs. 2 GG

.

74

bb) Kein Kernbereichsschutz aus dem Wesen der institutionellen Garantie

75

d) Zur allgemeinen Wirkungsweise des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei Art. 33 Abs. 4 GG

76

e) Vergleich der Wirkungsweise des Proportionalitätsprinzips bei Aufgabenübertragung auf Private und nichtbeamtete Angehörige des öffentlichen Dienstes

77

5. Zur Präzisierung des Verhältnismäßigkeitsprinzips: Differenzierung nach dem Gewicht der übertragenen Aufgabe

79

a) Staatliches Gewaltmonopol und Art. 33 Abs. 4 GG

79

b) Art. 33 Abs. 4 GG und Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung

82

6. Zur Präzisierung des Verhältnismäßigkeitsprinzips: Gründe für die Aufgabenübertragung auf Private a) Bessere Eignung des Privaten

83 83

aa) Kongruenz privater und staatlicher Interessen

83

bb) Größere Sachkunde Privater

84

cc) Schnellere Erreichbarkeit in Notsituationen

85

b) Entlastung des Staates von den Kosten der Gefahrenabwehr . . .

85

c) Beleihung zur Reduzierung von Eingriffen in grundrechtlich geschützte Lebensbereiche

87

d) Freiwillige Unterwerfung Dritter unter die Ordnungsgewalt beliehener Privater

87

7. Maßstäbe der Abwägung im Einzelfall

88

II. Obrigkeitliche Gefahrenabwehr und Demokratie

91

1. Demokratie und Verwaltungsorganisation

91

10

Inhaltsverzeichnis 2. Der ministerialfreie Raum in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

93

3. Literarische Stellungnahmen

94

4. Keine Staatsleitung durch Private

95

a) Staatsleitung durch Private und demokratische Legitimation der Exekutive

95

b) Das Verbot der Staatsleitung durch Private und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

98

c) Demokratieprinzip und obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private im geltenden Recht

99

I I I . Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private und Rechtsstaatsprinzip

99

1. Erfüllung staatlicher Aufgaben durch Private und Rechtsstaatsprinzip

99

2. Rechtsstaat und Gewaltmonopol

101

a) Das Gewaltmonopol des Staates in der neueren staatsrechtlichen Literatur 101 b) Zur Entwicklung der Lehre vom staatlichen Gewaltmonopol - Gewaltmonopol und Staatsbegriff 104 c) Gewaltmonopol und Rechtsstaat

107

d) Staatliche Souveränität und gewaltsame Auseinandersetzungen unter Bürgern 109 e) Die Friedenssicherungspflicht des Staates und gewaltsame Auseinandersetzungen unter Bürgern 110 B. Die schlicht-hoheitliche Gefahrenabwehr durch Private

113

C. Gefahrenabwehr in Formen des Privatrechts

115

I. Meinungsstand

115

1. Der Einsatz professioneller privater Sicherheitskräfte in privaten und öffentlichen Einrichtungen 116 2. Die Verpflichtung zur Eigensicherung gefährlicher Anlagen II. Verfassungsrechtliche Untersuchung 1. Gefahrenabwehr ohne staatliche Veranlassung

118 122 122

a) Art. 33 Abs. 4 GG

122

b) Demokratieprinzip

124

c) Rechtsstaatsprinzip

125

aa) Gefahrenabwehr ohne Gewaltanwendung

126

bb) Gefahrenabwehr unter Anwendung von Gewalt

127

(1) Staatliches Gewaltmonopol und staatliche Zulassung gewaltsamer Gefahrenabwehr 127 (2) Staatliches Gewaltmonopol und private Notrechte . . . .

130

Inhaltsverzeichnis (3) Zur Problematik der Freistellung professioneller Sicherheitskräfte von den Bindungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei Ausübung der Nothilfe 131 d) Grundrechtlich begründete Schutzpflichten des Staates

132

aa) Gefahrenabwehr ohne Gewaltanwendung

133

bb) Gefahrenabwehr unter Anwendung von Gewalt

133

cc) Die Freistellung professioneller Sicherheitskräfte von den Bindungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips 134 (1) Die Durchsetzung des Rechts durch Notwehr und Nothilfe 134 (2) Auseinandersetzung mit abweichenden Auffassungen . . 136 2. Staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr a) Art. 33 Abs. 4 GG

137 137

aa) Zum Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse"

138

bb) Gefahrenabwehr als Staatsaufgabe

141

(1) Grundsatz: Gefahrenabwehr und staatliche Friedenssicherungs- und Schutzpflichten 141 (2) Fälle nichtstaatlicher Gefahrenabwehraufgaben

143

cc) Folgerungen aus dem Regel-Ausnahmeverhältnis für die privatrechtsförmige staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr . . . . 145 (1) Gefahrenabwehr ohne Anwendung von Gewalt

146

(2) Gefahrenabwehr unter Anwendung von Gewalt

149

α) Einsatz privater Sicherheitskräfte in öffentlichen Einrichtungen 151 ß) Gesetzliche Eigensicherungspflichten

154

γ) Privatrechtsförmige und hoheitliche Gefahrenabwehr durch Private 156 Ô) Konsequenzen für das geltende Recht b) Rechtsstaats- und Demokratieprinzip

160 161

c) Grundrechte betroffener Dritter und staatlich veranlaßte privatrechtsförmige Gefahrenabwehr Privater 161 D. Abwehrrechte gegen eine staatliche Indienstnahme für Aufgaben der Gefahrenabwehr 163 I. Freiheit von Arbeitszwang

163

II. Freiheit der Berufsausübung

165

1. Die gesetzliche Indienstnahme als Regelung der Berufsausübung . .

165

2. Inhaltliche Anforderungen an die Indienstnahme aus A r t . 12 Abs. 1 G G 166 I I I . Eigentumsgarantie

170

12

Inhaltsverzeichnis I V . Leben und körperliche Unversehrtheit

172

V . Allgemeine Handlungsfreiheit

177

V I . Der allgemeine Gleichheitssatz

177

Schluß Grundlinien der verfassungsrechtlichen Bewertung der Gefahrenabwehr durch Private

179

Literaturverzeichnis

183

Einleitung Die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gilt seit der Entstehung des „modernen Staates" im Zeitalter des Absolutismus als eine der wichtigsten Aufgaben des Staates. Die Erfüllung dieser Aufgabe durch den Staat wird als zentrales Element seiner Legitimation, wenn nicht sogar - wie vornehmlich in der Staatslehre des liberalen Rechtsstaats - als Hauptzweck staatlicher Herrschaft angesehen1. Ob die Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr auch Privaten übertragen oder überlassen werden darf, ist deshalb zweifelhaft. Eine Staatsaufgabe sollte auch vom Staat erfüllt werden. Nimmt er sie nicht wahr, so stellt er damit seine eigene Legitimation in Frage. Die Staatspraxis ist demgegenüber im weiten Umfang durch ein Nebeneinander von privater und staatlicher Gefahrenabwehr gekennzeichnet. Dies ist keine neue Erscheinung, wenn auch Tendenzen zu einer Privatisierung sich in den letzten Jahren verstärkt haben mögen. In zahlreichen gesetzlichen Vorschriften werden Privaten hoheitliche Befugnisse zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verliehen. Zu den bekanntesten gehören die Bestimmungen über die Ordnungsbefugnisse des Luftfahrzeugführers und des Seeschiffkapitäns 2. Teilweise werden Private zur Gefahrenabwehr unter Einsatz hoheitlicher Befugnisse verpflichtet, teilweise werden ihnen derartige Befugnisse nur zur Verfügung gestellt, ohne daß eine Verpflichtung zum Tätigwerden ausgesprochen würde. Daneben finden sich gesetzliche Verpflichtungen zu bestimmten Aktivitäten im Interesse der Abwehr von Gefahren, mit denen ein Eingriff in Rechte Dritter nicht verbunden ist. Dazu gehören etwa die Pflichten zur technischen Sicherung gefährlicher Gegenstände3. Schließlich nehmen Private auch aus eigenem Antrieb in weitem Umfang Aufgaben der Gefahrenabwehr wahr; sie sind auch dabei unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, Gewalt gegen Dritte anzuwenden. Es zeigt sich, daß ein mehrschichtiges Konkurrenzverhältnis zwischen Privaten und Staat bei der Erfüllung von Aufgaben der Gefahrenabwehr besteht. Es können sogar im Hinblick auf dieselbe Gefahr der Staat und Private neben1

Vgl. etwa Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr Bd. 1, S. 1; Friauf, in: v. Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 186. 2 Vgl. §§ 29 Abs. 3 LuftVG, 106 SeemG. 3 Vgl. z. B. §§ 42 WaffG; 17 Sprengstoffgesetz.

14

Einleitung

einander zum Einschreiten verpflichtet sein, so etwa wenn der Bürger als Zustandsstörer eine von seinem einsturzgefährdeten Haus ausgehende Gefahr zu beseitigen und der Staat auf diese Beseitigung ordnungsbehördlich hinzuwirken und sie gegebenenfalls zu vollstrecken hat. Es geht in der vorliegenden Untersuchung nicht darum, das Nebeneinander von Staat und Privaten grundsätzlich in Frage zu stellen. Auch ist nicht die grundsätzliche Frage aufzuwerfen, in welchem Umfang der Staat Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrzunehmen hat. Vielmehr sollen die verfassungsrechtlichen Grenzen der bewußten Verlagerung von Aufgaben der Gefahrenabwehr im Spannungsfeld von Staat und Privaten untersucht werden. Nicht nur nach den Grenzen der zulässigen Übertragung solcher Aufgaben auf Private ist dabei zu fragen. Es geht daneben auch um die Grenzen der staatlichen Monopolisierung der Gefahrenabwehr unter Ausschluß privater Eigeninitiativen. Gegenstand der Arbeit ist damit die staatliche Organisation der Gefahrenabwehr, soweit diese die Bestimmung der mit der Aufgabenerledigung befaßten Personen betrifft. Dabei geht sie allerdings über den engeren Bereich der Verwaltungsorganisation insofern hinaus, als sie auch die staatliche Reglementierung eigenständiger, staatlich nicht veranlaßter Gefahrenabwehr durch Bürger thematisiert. Die Problematik ist in letzter Zeit vor allem im Luftverkehrsrecht, im Atomrecht sowie im Zusammenhang mit den Aktivitäten privater Sicherheitskräfte deutlich geworden. So obliegen gemäß § 19 b LuftVG den Unternehmern von Verkehrsflughäfen umfangreiche Pflichten zur Sicherung des Flughafenbetriebs bis hin zu der Verpflichtung, Luftfahrzeuge, die Gegenstand von Bedrohungen, insbesondere Bombendrohungen sind, auf Sicherheitspositionen zu verbringen und die Entladung sowie die Ver- und Entsorgung der bedrohten Luftfahrzeuge durchzuführen (§ 19 b Abs. 1 Nr. 4 LuftVG). Die Luftfahrtunternehmen treffen nach § 20 a LuftVG Mitwirkungspflichten 4 . In dieselbe Richtung weist § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG. Nach dieser Vorschrift darf die Genehmigung für ein Kernkraftwerk nur erteilt werden, wenn der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Eingriffe Dritter gewährleistet ist. Ähnlich sind neuerdings nach der Störfallverordnung die Betreiber bestimmter Anlagen verpflichtet, diese vor Eingriffen Dritter zu schützen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 der 12. BImSchV). Stark zugenommen hat in den letzten Jahren weiterhin der - gesetzlich nicht gelenkte - Einsatz professioneller Sicherheitskräfte zum Schutz nicht nur privater, sondern auch öffentlicher Einrichtungen5. Die besondere Problematik dieser Formen der Gefahrenabwehr durch Private besteht darin, daß dem Privaten nicht einmal hoheitliche Handlungs4

Diese Vorschriften sind allerdings bisher nicht in Kraft getreten; vgl. dazu unten Fn. 147. 5 Vgl. dazu etwa Greifeid, DÖV1981,906; Hammacher, Die Neue Polizei 1980,259; Hoffmann-Riem, ZRP 1977, 277; Roßnagel, ZRP 1983, 59; über neueste Entwicklungen berichtet Der Spiegel vom 21.4.1986 (Heft 17), S. 81 f.

Einleitung

befugnisse zur Erfüllung seiner Aufgabe zur Verfügung gestellt werden, daß er also, sofern die Notwendigkeit der Überwindung eines Widerstands besteht, auf die privaten Notrechtsbefugnisse angewiesen ist. Die Arbeit ist konzipiert auf der Basis der These, daß die verfassungsrechtlichen Probleme der staatlichen Übertragung von Aufgaben der Gefahrenabwehr auf Private durch Beleihung oder Indienstnahme und der staatlichen Gestattung eigenständiger privater Aktivitäten auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr weitgehend verwandt sind. Sie möchte diese These in der Erörterung der verschiedenen Formen der Gefahrenabwehr durch Private erhärten und zur Klärung der gemeinsamen verfassungsrechtlichen Probleme beitragen. Die Ergebnisse, die bei der Erörterung einer Fallgruppe gewonnen werden, sollen sich befruchtend auf die Klärung der verfassungsrechtlichen Fragen anderer Formen der Gefahrenabwehr durch Private auswirken. Im Mittelpunkt steht zunächst die hoheitliche Gefahrenabwehr durch Private, zu der bereits eine recht umfangreiche Literatur vorliegt. Die Arbeit behandelt hier einen Ausschnitt aus der allgemeinen Beleihungsproblematik. Da diese in Rechtsprechung und Literatur bereits weitgehend aufgearbeitet ist, bietet sich bei Untersuchung der anderen Formen der Gefahrenabwehr durch Private der Rückgriff auf die hier gewonnenen Erkenntnisse an. Freilich steht in der Beleihungsdiskussion die Frage im Vordergrund, unter welchen Voraussetzungen eine Beleihung vorliegt und welche Konsequenzen für die Erfüllung der Aufgabe sich daraus ergeben. Starkes Interesse hat insbesondere die Kontroverse darüber gefunden, ob die Beleihung durch die Erfüllung von Staatsaufgaben oder durch die Übertragung von öffentlicher Gewalt gekennzeichnet wird 6 . Diesen Fragen ist hier nicht nachzugehen. Es soll vielmehr für den Sachbereich Gefahrenabwehr danach gefragt werden, welche Aufgaben der Staat auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr selbst durch eigene Kräfte seines öffentlichen Dienstes wahrnehmen muß, welche Grenzen die Verfassung der Übertragung auf hoheitlich oder privatrechtlich handelnde selbständige Rechtssubjekte des Privatrechts und der Überlassung zur staatlich unbeeinflußten Wahrnehmung durch Bürger setzt. Es geht darum, über die besonderen Probleme der Beleihung hinaus die gemeinsamen verfassungsrechtlichen Strukturen aufzudecken, die die Organisation und Form der Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr durch Private determinieren. Die Abgrenzung der Thematik bereitet - insbesondere im Hinblick auf den Terminus Gefahrenabwehr - einige Schwierigkeiten. Diese sind im folgenden zunächst zu behandeln (Teil 1). Im Anschluß daran ist ein Überblick über die Formen der Gefahrenabwehr durch Private zu geben (Teil 2), auf dem die verfassungsrechtliche Untersuchung aufbauen kann (Teil 3). 6

Vgl. zu dieser Kontroverse unten S. 35f. mit Fn. 96, 99.

TEIL 1

Begriffliche Verklärungen A. Gefahrenabwehr Die Gefahrenabwehr hat, wie Wolf gang Martens kürzlich konstatiert hat, die Evidenz verloren, die lange Zeit mit diesem Begriff verbunden war 7 . Dem Terminus „Gefahrenabwehr" kommt rechtliche Bedeutung vor allem im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht (Sicherheitsrecht) zu. Er bezeichnet in sprachlich verkürzter Form die dort normierten Aufgaben der Polizei und der Ordnungsbehörden, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Der Begriff kennzeichnet damit zugleich einen bestimmten Funktionsbereich des Staates. Dieser wird herkömmlich der sogenannten Wohlfahrtspflege als dem zweiten großen Aufgabengebiet des Staates gegenübergestellt. I . Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege Die Abgrenzung von Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege orientiert sich an den Zwecken des staatlichen Handelns. Im allgemeinen wird formuliert, die Gefahrenabwehr bezwecke den Schutz des vorhandenen Bestandes an Rechten, Rechtsgütern und Rechtsnormen; dagegen strebe die Wohlfahrtspflege eine Verbesserung bestehender Zustände an 8 . Ob dieses Unterscheidungskriterium in allen Fällen weiterführt, ist zweifelhaft. Daran knüpfen die mit der zitierten Formulierung von Martens angesprochenen neueren Überlegungen an, die den Nutzen der Begriffsbildung in Frage stellen. So ist es nicht auszuschließen, daß der Schutz eines vorhandenen Bestandes an Rechtsgütern nur durch die gleichzeitige Verbesserung bestehender Verhältnisse möglich ist. Als Beispiel wird in der Literatur die Trinkwasserversorgung genannt, die heute als klassische Aufgabe der „Daseinsvorsorge" gilt 9 , andererseits aber auch als Aufgabe des Gesundheitsschutzes und damit als Aufgabe der Gefahrenabwehr begriffen werden kann 10 . 7 D Ö V 1982, 89. 8 Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, S. 37; Friauf, in: v. Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 202; Drews / Wacke / Martens, Gefahrenabwehr Bd. 2, S. 106. 9 Β G H Z 54, 293, 297.

Α . Gefahrenabwehr

17

Um die Problematik zu verdeutlichen, spricht man in der neueren Literatur etwa von „Gefahrenabwehr durch Wohlfahrtspflegende Gefahrenvorsorge" 11. Stärker inhaltlich argumentierend wird hervorgehoben, es dürfe im Sozialstaat dem sozialen Staatsziel nicht „der Einfluß auf wesentliche Verwaltungsbereiche abgeschnitten werden" 12 . Immer wieder wird betont, daß sich auch die Gefahrenabwehr als Leistung gegenüber dem geschützten Bürger darstellen könne 13 . Es lasse sich infolge der Relativität von Zweck und Mittel bei makroadministrativer Betrachtung das Recht der Gefahrenabwehr als Recht der Leistungsverwaltung wie auch umgekehrt das Recht der Leistungsverwaltung als Recht der Gefahrenabwehr begreifen 14 . Diese Überlegungen zum Ineinandergreifen von Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege sind sicher zutreffend, wenn auch die Konsequenzen für die Rechtsanwendung in der Diskussion nicht recht deutlich werden. Abgrenzungsschwierigkeiten können den rechtsdogmatischen Wert des Begriffs der Gefahrenabwehr zwar mindern, nicht jedoch grundsätzlich in Frage stellen. Bedeutsamer ist der Funktionsverlust des Begriffs als eines rechtsdogmatischen Instruments zur Bestimmung der Grenzen staatlichen Handelns. Dieser FunktionsVerlust beruht nicht auf Abgrenzungsschwierigkeiten, die sich verstärkt haben mögen, im Grundsatz jedoch von alters her bekannt sind 15 , sondern auf der Ausweitung der Staatstätigkeiten im Sozialstaat. Die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege für die Rechtspraxis bestand im liberalen Rechtsstaat vor allem in der Beschränkung des Einsatzbereichs der Polizei und damit des Staates. Die Befugnisse, die dem Staat auf Grund der polizeilichen Generalklausel zustanden, wurden durch das berühmte Kreuzberg-Urteil des preußischen Oberverwaltungsgerichts auf die Gefahrenabwehr beschränkt 16 . Es bedeutete dies eine Abkehr von dem bis dahin herrschenden „polizeistaatlichen" Polizeibegriff, der die Wohlfahrtspflege einschloß17. Mangels gesetzlicher Ermächtigungs10 Vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, S. 37; Erichsen, W D S t R L 35 (1977), 178; ders., DVB1. 1983, 292; weitere Beispiele bei Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen Einrichtungen, S. 64 f. 11 So Erichsen, W D S t R L 35 (1977), 180; ders., DVB1. 1983, 292 f.; ähnlich auch Bernd Schulte, Rechtsgüterschutz durch Bauordnungsrecht, S. 141 ff., im Anschluß an Andreas Jost, Die neueste Entwicklung des Polizeibegriffs im Schweizerischen Recht. 12 So Schulte, Rechtsgüterschutz, S. 139. 13 Erichsen, W D S t R L 35 (1977), 138; ähnlich Knemeyer, W D S t R L 35 (1977), 232 Fn. 30. 14 So insbesondere Erichsen, DVB1. 1983, 292f.; vgl. auch Bachof, W D S t R L 30 (1972), 227f.; E. Becker, W D S t R L 14 (1956), 108ff.; Beinhardt, DVB1. 1961, 611ff.; Götz, DVB1. 1975, 877f.; Loschelder, DVB1. 1957, 824ff. 15 Vgl. dazu insbesondere Scupin, Die Entwicklung des Polizeibegriffs und seine Verwendung in den neuen deutschen Polizeigesetzen, S. 65ff., 87ff. 16 PrOVG 9, 353. 17 Umfassend zum Kreuzberg-Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Schrödter, DVB1. 1975, 846.

2 Bracher

Teil 1: Begriffliche Vorklärungen

18

grundlagen waren Eingriffe des Staates in Rechte der Bürger zum Zwecke der Wohlfahrtspflege damit zunächst weitgehend ausgeschlossen. Dies entsprach der staatstheoretischen Konzeption des liberalen Rechtsstaats18, bedeutete aber nicht den vollständigen Rückzug des Staates aus der Wohlfahrtspflege. Spezialgesetzliche Ermächtigungen zur Ausübung von Staatsgewalt im Bereich der Wohlfahrtspflege blieben möglich 19 . Nach der staatsrechtlichen Doktrin des liberalen Rechtsstaats des 19. Jahrhunderts hatte der Staat den Einsatz obrigkeitlicher Mittel auf den Sicherheitszweck zu beschränken; Wohlfahrtszwecke sollten nicht durch Einsatz obrigkeitlicher Gewalt verfolgt werden 20 . Durch das Kreuzberg-Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts wurde dieses Ziel jedoch lediglich insofern verwirklicht, als gesetzliche Spezialermächtigungen für Eingriffe zum Zwecke der Wohlfahrtspflege fehlten; die Inkraftsetzung solcher Ermächtigungen und eine wohlfahrtspflegerische Tätigkeit auf ihrer Basis wurde dem Staat nicht verwehrt 21 . Auch der Verquickung von Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege in Spezialgesetzen stand das Urteil nicht entgegen. Nicht zuletzt dies hat dazu geführt, daß in zahlreichen Sondergesetzen spezielle Bürgerpflichten begründet wurden, die Zwecken dienen, die nach der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts der Wohlfahrtspflege zuzuordnen wären. Besonders deutlich werden diese Zusammenhänge im Bauordnungsrecht. Im Kreuzberg-Urteil erklärte das Preußische Oberverwaltungsgericht eine Polizeiverordnung für ungültig, die die Höhe der zulässigen Bebauung bestimmter Grundstücke beschränkte, um so eine Beeinträchtigung der Sicht auf ein Denkmal zu verhindern. Es sah in diesem Bauverbot keine Maßnahme der Gefahrenabwehr, sondern eine solche der Wohlfahrtspflege 22 . Heute enthält das Bauordnungsrecht selbständige Verunstaltungsverbote, insbesondere auch Vorschriften, die den Schutz und die Rücksichtnahme auf Bau- und Naturdenkmäler gebieten 23 . Die Fragestellung des Preußischen Oberverwal18

Vgl. zusammenfassend etwa Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und im sozialen Rechtsstaat, S. 9ff. 19 Vgl. auch Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, S. 17. 20 Vgl. insbesondere Wilhelm v. Humboldt, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen, S. 28ff.; kritisch etwa v. Mohl, Die Polizey-Wissenschaft nach den Grundsätzen des Rechtsstaats, S. 9,13f., der sich mit seiner Kritik freilich nicht durchsetzen konnte. Vgl. auch die zusammenfassenden Darstellungen bei Rosin, VerwArch. 3 (1895), S. 276ff.; Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, S. 200ff. 21 Insofern kann man davon sprechen, daß das Kreuzberg-Urteil zwar das rechtsstaatliche Prinzip des Gesetzesvorbehalts verwirklicht, nicht aber das Anliegen des rechtsstaatlichen Liberalismus des 19. Jahrhunderts, den Wohlfahrtszweck aus den Staatszwecken zu eliminieren. 22 PrOVG 9, 353. 23 Vgl. zusammenfassend Schulte, Rechtsgüterschutz, S. 191 ff., 197ff.

Α . Gefahrenabwehr

19

tungsgerichts ist damit für die damals zur Entscheidung stehende Fallgestaltung obsolet geworden. Man kann freilich darüber streiten, ob durch die Begründung spezialgesetzlicher Verhaltenspflichten der sachliche Anwendungsbereich der Gefahrenabwehr vergrößert wird, wie manche dies annehmen. Es wird argumentiert, die Verletzung spezialgesetzlich normierter Pflichten stelle stets einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit dar, so daß der hoheitliche Eingriff zum Zwecke ihrer Durchsetzung auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden könne, sofern nicht das Sondergesetz selbst eine Eingriffsermächtigung enthält. Damit würde der Anwendungsbereich der Generalklausel nicht materiell auf bestimmte Schutzgüter beschränkt, sondern mehr formal nach dem Ziel der Durchsetzung von Rechtspflichten bestimmt. Gefahrenabwehr wäre etwa, um das obige Beispiel wieder aufzunehmen, auch der Erlaß einer bauaufsichtigen Verfügung zum Zwecke der Durchsetzung bloß baugestalterischer Vorschriften, da auch die Verletzung solcher Vorschriften eine Verletzung der öffentlichen Sicherheit wäre. Folgt man dieser Auffassung, so enthält die Vorschrift des § 57 Abs. 2 S. 1 BauONW, wonach die den Bauaufsichtsbehörden nach der Bauordnung obliegenden Aufgaben als Aufgaben der Gefahrenabwehr gelten, lediglich eine Klarstellung 24 ; rechnet man die Baugestaltung dagegen zur Wohlfahrtspflege, so handelt es sich um eine Fiktion 2 5 . Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Rechtsgutachten vom 16.6.1954 neben die herkömmliche Aufgabe der Gefahrenabwehr im Bereich des Bauordnungsrechts ausdrücklich Aufgaben gestellt, „die nicht mehr der Gefahrenabwehr im engeren Sinne dienen, sondern ästhetische oder der allgemeinen Wohlfahrt dienende Absichten verfolgen" 26 . Es wird also auf die herkömmliche, an bestimmten Schutzgütern orientierte Differenzierung abgehoben. Die Konzeption Scheerbarths ist damit ebensowenig vereinbar wie etwa die neuerdings geäußerte Auffassung, auch Naturschutz sei Gefahrenabwehr 27 . Unmittelbare praktische Bedeutung kommt der Problematik nicht zu, weil die Durchsetzung spezialgesetzlich normierter Verhaltenspflichten von der Zuordnung zur Gefahrenabwehr unabhängig ist. Allenfalls mögen sich für die Auslegung dieser Verhaltenspflichten aus der Einordnung in den Sachbereich Gefahrenabwehr Konsequenzen ergeben 28. Um solche Fragen geht es an 24

So Scheerbarth, Das allgemeine Bauordnungsrecht, S. 161 f. So Bork / Köster, Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen, § 57 Rn. 2; Gädtke / Temme, Kommentar zur Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, § 77 Anm. 2; Rößler, Kommentar zur Landesbauordnung von Nordrhein-Westfalen, § 57 Anm. 2; Schulte, Rechtsgüterschutz, S. 98ff. 26 BVerfGE 3, 407, 431 f. 27 So Gassner, Naturschutz als Gefahrenabwehr, Natur und Recht 1981, 6ff. 28 Vgl. dazu beispielhaft für das Bauordnungsrecht etwa Gädtke / Temme, BauO NW, § 3 Anm. 1; zusammenfassend Schulte, Rechtsgüterschutz, S. 105ff. 25

2*

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Teil 1: Begriffliche Vorklärungen

dieser Stelle jedoch nicht. Hier ist lediglich zu konstatieren, daß die Relevanz der Unterscheidung von Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege nicht nur infolge der Verdrängung der polizeilichen Generalklausel durch Spezialermächtigungen, sondern darüber hinaus auch durch die Erweiterung der Eingriffstatbestände und der Bürgerpflichten in solchen Spezialgesetzen über die herkömmlichen polizeilichen Schutzgüter hinaus reduziert wird. Diese Bedeutungsminderung kann jedoch den Verzicht auf die Verwendung des Begriffs der Gefahrenabwehr nicht rechtfertigen. Jedenfalls zur Auslegung der Generalklausel bleibt er, wie insbesondere Martens zutreffend hervorgehoben hat, nach wie vor bedeutsam29. Der Anwendungsbereich der Generalklausel kann keinesfalls unter Hinweis auf Abgrenzungsschwierigkeiten auf wohlfahrtspflegerische Aktivitäten ausgedehnt werden. Die Generalklausel ist für solche Weiterentwicklungen nicht offen. Sie ist vielmehr, wie das Bundesverfassungsgericht überzeugend formuliert hat, im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz überhaupt nur deshalb verfassungsrechtlich tragbar, „weil sie in jahrzehntelanger Entwicklung durch Rechtsprechung und Lehre nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend präzisiert, in ihrer Bedeutung geklärt und im juristischen Sprachgebrauch gefestigt ist" 3 0 . Es mag demnach zwar noch Raum für Randkorrekturen bleiben; das Prinzip der Eliminierung des Wohlfahrtszwecks aus der polizeilichen Generalklausel ist jedoch nicht mehr in Frage zu stellen, da dieses Prinzip die Grundlage der vom Bundesverfassungsgericht angesprochenen Entwicklung bildet. In dem Sinne, wie er sich im juristischen Sprachgebrauch durchgesetzt hat, soll der Begriff der Gefahrenabwehr auch hier verwandt werden 31 . Ob dem Begriff in dieser herkömmlichen Auslegung über seine Funktion bei der Abgrenzung der Anwendungsbereiche der polizeilichen Generalklausel hinaus noch weitere Bedeutung zukommt, etwa als „Mittel kategorialer Sonderung von Verwaltungstätigkeiten" 32 , muß an dieser Stelle offen bleiben. Die vorliegende Arbeit kann möglicherweise auch einen Beitrag zur Klärung dieser Frage leisten, indem sie die Aufgaben und Aktivitäten Privater auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr problematisiert. Obliegen dem Staat auf diesem Gebiet besondere Pflichten oder sind den Aktivitäten Privater hier besondere Schranken gesetzt, so mag dies ein weiteres Argument für das Festhalten an der überkommenen Begrifflichkeit sein.

29

Martens, DVB1. 1982, 90; ders., Diskussionsbeitrag, W D S t R L 35 (1977), 309ff. 30 BVerfGE 53, 54, 143, 144f. 31 Vgl. dazu auch den Überblick über die Formen der Gefahrenabwehr durch Private in Teil 2. 32 Dies bestreitet namentlich Erichsen, W D S t R L 35 (1977), 180; ders., DVB1. 1983, 292.

Α . Gefahrenabwehr

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I I . Gefahrenabwehr und die Rechtsformen des Verwaltungshandelns Neben dem Begriffspaar Gefahrenabwehr - Wohlfahrtspflege steht ein anderes, das sich nicht an der wahrgenommenen Aufgabe, sondern an den Handlungsmitteln des Staates orientiert, oft aber im Zusammenhang mit der Charakterisierung der Gefahrenabwehr ebenfalls genannt wird. Es geht um die Unterscheidung von Eingriffs- und Leistungsverwaltung. Gefahrenabwehr wird der Eingriffsverwaltung zugeordnet, da die Ordnungsbehörden und die Polizei zur Erfüllung dieser Aufgabe zu Eingriffen in Rechte der Bürger befugt sind. So heißt es bei Götz: „ I m Ausgangspunkt ist die Gefahrenabwehr der Prototyp der eingreifenden oder überwachenden Verwaltung" 33 . Isensee rechnet das Polizeiwesen unter die „mittelbestimmten Aufgaben des obrigkeitlichen Handelns" 34 . Indes ist ein Eingriff in Rechte von Bürgern keineswegs immer zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich 35 . Häufig kann die Gefahr auch durch schlichthoheitliches Handeln abgewehrt werden. Ordnungsbehörden und Polizei brauchen dann auf die Ermächtigungsnormen nicht zurückzugreifen. Ihre sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus der Aufgabennorm 36 . Der staatliche Funktionsbereich Gefahrenabwehr geht somit nicht vollständig in der Eingriffsverwaltung auf, wenn auch Polizei und Ordnungsbehörden zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu den erforderlichen Eingriffen stets berechtigt sind. In dieser Ermächtigung zu hoheitlichen Eingriffen liegt die Berechtigung der gedanklichen Verknüpfung von Gefahrenabwehr und Eingriffsverwaltung. Sie ist auch historisch verständlich, weil die Herausbildung des Sachbereichs Gefahrenabwehr in seiner heutigen Bedeutung im Anschluß an das Kreuzberg-Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts gerade im Hinblick auf eine Begrenzung der Eingriffsbefugnisse der Polizei erfolgte. Dennoch sollte man sich bewußt sein, daß der Sachbereich über die Eingriffsverwaltung hinausgreift.

I I I . Gefahrenabwehr und eigenständige Aktivitäten von Bürgern Zur Bezeichnung bestimmter staatlich nicht gelenkter Aktivitäten von Bürgern wird der Terminus „Gefahrenabwehr" nur selten verwandt 37 . Dies hat seinen Grund in der oben beschriebenen Funktion des Begriffs zur 33

Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, S. 31. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 167f. 35 Darauf weist auch zutreffend Knemeyer, W D S t R L 35 (1977), 232 Rn. 30, hin. 36 Vgl. O V G Münster, N V w Z 1983,101; Ule / Rasch, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, Teil A , § 1 Rn. 2. 37 Vgl. jedoch Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr Bd. 1, S. 23f. 34

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Teil 1: Begriffliche Vorklärungen

Begrenzung der Aufgaben und Befugnisse der Polizei und der Ordnungsbehörden. Die polizeiliche Gefahrenabwehr muß deshalb im Mittelpunkt des Interesses stehen. Auf die Aktivitäten Privater wendet man den Terminus daher vornehmlich dann an, wenn diese, wie etwa der Flugzeugführer, in besonderen Vorschriften zu Eingriffen in die Rechte anderer Bürger ermächtigt werden. Hier wird durch die Ermächtigungsgrundlagen, daneben zuweilen auch durch staatliche Weisungsbefugnisse, der Bezug zum Funktionsbereich des Staates hergestellt. Zum Teil geschieht dies dadurch, daß der Handlungszweck „Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Eingriffs bestimmt und diese so auf die Erfüllung einer herkömmlich zu den Staatsaufgaben gerechneten Aufgabe beschränkt wird 3 8 . Daneben macht der Staat schon durch die Ermächtigung zum hoheitlichen Eingriff in die Rechte anderer Bürger deutlich, daß er die Aufgabe, um deretwillen der Eingriff zugelassen wird, als seine eigene betrachtet. Der Einsatz von Hoheitsgewalt ist ein genuin staatliches Instrument, das auf die Erfüllung staatlicher Aufgaben beschränkt ist. Die herkömmliche Orientierung des Begriffs der Gefahrenabwehr an den Staatsaufgaben ist nicht in Frage zu stellen. Der Terminus ist aber auch nicht auf die Kennzeichnung solch „abgeleiteter" Staatstätigkeit zu beschränken. Er bezeichnet einen Handlungszweck, der prinzipiell nicht nur vom Staat, sondern auch vom Bürger verfolgt werden kann. Betätigen sich Bürger mit dem Ziel der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus eigenem Antrieb, so nehmen sie dieselbe Aufgabe wahr, die der Staat regelmäßig durch Ordnungsbehörden und Polizei erfüllt. Eine Aufgabe kann nicht nach der Person abgegrenzt werden, die sie erfüllt, sondern allein nach ihrem Inhalt. Die Aufgabe unterscheidet sich darin von dem Handlungsmittel, das zu ihrer Erfüllung eingesetzt wird. Zur Anwendung von Hoheitsbefugnissen ist allein der Staat in der Lage, Private nur, wenn ihnen solche Befugnisse vom Staat übertragen worden sind. Erteilen Private ohne staatliche Ermächtigung hoheitliche Anordnungen, so erwecken sie allenfalls den Schein einer hoheitlichen Handlung. Die vom Staat zugelassenen Handlungsmittel beruhen auf einer staatlichen Zweckschöpfung, die die Beschränkung auf bestimmte Berechtigte ermöglicht. Eine Aufgabe kann dagegen allein durch tatsächliche Merkmale abgegrenzt werden, die unabhängig sind von der Person desjenigen, der sie wahrnimmt. Der Aufgabenbegriff knüpft an die Verfolgung bestimmter Zwecke an; jeder, der zu einem bestimmten Zweck tätig wird, nimmt die entsprechende Aufgabe wahr. Der Staat kann daher lediglich eine Entscheidung über die Verteilung der Zuständigkeiten für die Erfüllung einer Aufgabe treffen, etwa Bürger nur in 38 Deutlich z. B. § 29 Abs. 3 LuftVG.

Β . Private

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beschränktem Maße zur Erfüllung der Aufgabe zulassen. Er muß jedoch, wenn er eine solche Regelung treffen will, die Funktionen, die er sich vorbehalten möchte, aus einem vorgegebenen allgemeinen, durch den Handlungszweck bestimmten Tätigkeitsbereich herausfiltern. Er kann nicht diejenigen Tätigkeiten, die den Funktionsbereich konstituieren, in der Weise wie spezifische Handlungsmittel erst für sich ins Leben rufen; er findet sie vielmehr in der Wirklichkeit vor. Dementsprechend wird auch in der Literatur nirgends die Auffassung vertreten, nur staatliches Handeln (einschließlich des Handelns beliehener Privater) sei als Gefahrenabwehr zu qualifizieren. Es werden lediglich diejenigen Aktivitäten, die Bürger aus eignem Antrieb ohne staatliche Veranlassung unternehmen, nicht besonders problematisiert. Die Existenz solcher Aktivitäten und ihre Zuordnung zum Sachbereich Gefahrenabwehr wird nicht bestritten 39 . B. Private Schwierigkeiten bereitet auch die Abgrenzung des Begriffs des „Privaten". In der neueren Literatur wird allgemein zwischen einem formellen und einem materiellen Begriff des Privaten unterschieden 40. In formeller Hinsicht soll Privater jedes Privatrechtssubjekt sein, also jeder, der in Formen des Privatrechts am Rechtsverkehr teilnimmt. Für die materielle Bestimmung des Begriffs soll es dagegen darauf ankommen, ob der Private dem Staat als Grundrechtsträger gegenübersteht 41. Privater sei in diesem materiellen Sinne jeder, der nicht Beamter oder sonstiger professioneller Funktionär des Staates sei 42 . Die materielle Bestimmung des Privaten ist problematisch. Man ist sich dessen in der Literatur bewußt. So wird etwa darauf hingewiesen, daß sich in der Person des Beliehenen privater Status und staatliche Funktion vereinigen 43 . Bereits damit wird die Brauchbarkeit des Kriteriums der Grundrechts39 Vgl. etwa Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr Bd. 1, S. 23f.; Peters, Festschrift für Nipperdey Bd. 2, S. 895. 40 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 19f.; Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, S. 59f.; Ossenbühl, W D S t R L 29 (1971), 144. 41 Ossenbühl, W D S t R L 29 (1971), 144; von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 19f. 42 Dagtoglou, Der Private in der Verwaltung als Fachmann und Interessenvertreter, S. 25; ders., D Ö V 1970, 533; von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 19f.; Ossenbühl, W D S t R L 29 (1971), 144; ähnlich auch Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, S. 59, der jedoch von einer formellen Eingrenzung spricht. 43 Deutlich etwa Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 59; ebenso Dagtoglou, D Ö V 1970, 533; Ossenbühl, W D S t R L 29 (1971), 144.

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Teil 1: Begriffliche Vorklärungen

trägerschaft wieder in Frage gestellt, da über diese primär funktionelle Gesichtspunkte entscheiden. Grundrechtsfähig ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts, wenn sie ausnahmsweise „dem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet ist" 4 4 . Andererseits werden gerade die Beliehenen als Konsequenz ihrer Wahrnehmung von Staatsaufgaben weithin der mittelbaren Staatsverwaltung zugeordnet, so daß sie bei Erfüllung ihrer Aufgaben Grundrechte gerade nicht in Anspruch nehmen können, vielmehr andere Bürger sich gegenüber Eingriffen von Beliehenen auf Grundrechte berufen können 45 . Der Begriff des Privaten ist, wie alle Rechtsbegriffe, nur eine Zweckschöpfung. Spricht man von der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben durch Private, so möchte man mit dem Begriff des Privaten ein Rechtssubjekt bezeichnen, das in personeller Hinsicht vom Staat unterschieden, in funktioneller Hinsicht jedoch dem Staat zuzuordnen ist. Man möchte die Probleme in den Blick rükken, die mit der institutionellen Verselbständigung von Trägern öffentlicher Verwaltung verbunden sind 46 . Die vorliegende Arbeit berührt die allgemeine Beleihungsproblematik nur teilweise; sie fragt allerdings ebenfalls nach etwaigen notwendigen institutionellen Konsequenzen aus der Erfüllung bestimmter Aufgaben und thematisiert damit das Verhältnis von institutioneller Verselbständigung und der Wahrnehmung bestimmter Funktionen. Dies legt es nahe, den Begriff des Privaten hier allein aus einer organisatorisch-institutionellen Perspektive zu bestimmen. Entscheidend kann deshalb nicht das Handeln in Formen des Privatrechts sein. Es interessieren hier nicht die Probleme des sogenannten Verwaltungsprivatrechts, die durch privatrechtliches Handeln des Staates entstehen. Aber auch auf die Grundrechtsträgerschaft ist nicht abzuheben. Als Private sollen vielmehr zum einen alle Bürger oder Organisationen verstanden werden, die bzw. deren Mitarbeiter nicht durch Personalrecht in die öffentliche Verwaltung eingegliedert sind. Damit sind die Beamten und sonstigen professionellen Funktionäre des Staates keine Privaten. Zum anderen werden hier auch solche Personen oder Organisationen nicht als Private verstanden, die keine selbständigen, eigenverantwortlichen Entscheidungen über die Art und Weise der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben treffen dürfen, sondern lediglich als Helfer an der Erfüllung von Aufgaben des Staates mitwirken. Ihnen fehlt die organisatorische Verselbständigung gegenüber dem Staat; sie sind bei der 44

BVerfGE 31, 314, 322, ζ. B. Universitäten (BVerfGE 15, 256, 268), Kirchen (BVerfGE 19,129,132; 21, 362, 374) oder Rundfunkanstalten (BVerfGE 31, 314, 322). 45 Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Rn. 107; Michaelis, Der Beliehene, S. 199; Ossenbühl, W D S t R L 29 (1971), 192f.; kritisch Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen?, S. 24ff. 46 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 58.

Β . Private

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Erfüllung ihrer Aufgaben in die staatliche Organisation einbezogen. Keine Privaten sind daher etwa diejenigen Personen, die als Verwaltungshelfer in staatlichen Zivil- oder Katastrophenschutzorganisationen oder in einer kommunalen Feuerwehr 47 oder auch als sogenannte Hilfspolizisten 48 Dienst tun 4 9 . Diese Personen treten nicht anders als Beamte oder sonstige professionelle Funktionäre lediglich als ausführende Organe des Staates in Erscheinung 50 . Sie mögen Private in einem soziologischen Sinne sein, der auf den professionellen Lebensmittelpunkt abhebt, da dieser häufig nicht in der öffentlichen Tätigkeit liegen wird 5 1 . In dem hier maßgeblichen institutionellen Sinn handeln sie jedoch bei der Erfüllung ihrer Aufgaben als Teil der Staatsorganisation. Es besteht ebenso wie bei professionellen Funktionären eine besonders intensive Verbindung zum Staat, die es den Organen des Staates ermöglicht, die Tätigkeit des Verwaltungshelfers vollständig inhaltlich zu bestimmen. Ob der Dienst freiwillig ist oder auf gesetzlicher Verpflichtung beruht, ist dabei ohne Bedeutung.

47 Kommunale Feuerwehr ist auch die sogenannte freiwillige Feuerwehr, vgl. etwa § 7 Feuerschutzgesetz NW vom 25.2.1975, GVB1. S. 182; so sind ihre Leiter kommunale Ehrenbeamte ( § 8 Feuerschutzgesetz NW), für ihre Mitglieder gibt es eine Laufbahnverordnung (vgl. GVB1. NW 1969, 277); zu den Werksfeuerwehren vgl. unten S. 32ff. 48 Vgl. dazu die zusammenfassende Darstellung von Ungebieler, DVB1. 1980,409ff. 49 Vgl. zu diesen Fällen auch Dagtoglou, D Ö V 1970, 533; von Heimburg, S. 20. 50 Auch Steiner klammert aus seiner Untersuchung der Wahrnehmung von Staatsaufgaben durch Private die unselbständigen Verwaltungshelfer aus, vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 2. 51 Vgl. zu diesem Kriterium Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 52.

TEIL 2

Überblick über die Formen der Gefahrenabwehr durch Private Die Vielfalt der Formen der Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr durch Private erschwert eine klare Strukturierung der verfassungsrechtlichen Untersuchung. Wenn auch eine Reihe verfassungsrechtlicher Probleme allen diesen Formen gemeinsam sind, so wird doch die verfassungsrechtliche Untersuchung nicht schematisch vorgehen und die vorgefundene Vielfalt verwischen dürfen. U m einerseits die Gemeinsamkeiten, andererseits aber auch die bestehenden Besonderheiten deutlich werden zu lassen, empfiehlt sich die Bildung von Fallgruppen, in denen jeweils solche Fälle der Gefahrenabwehr durch Private zusammenzufassen sind, die ähnliche oder dieselben verfassungsrechtlichen Fragen aufwerfen. Bedingt durch die unterschiedlichen Schutzrichtungen der Verfassungsnormen bereitet bereits die Fallgruppenbildung einige Schwierigkeiten. Überschneidungen sind nicht zu vermeiden. Die folgende Übersicht soll in erster Linie einen Überblick bieten über die zahlreichen Vorschriften des einfachen Rechts, die Gefahrenabwehr durch Private vorschreiben oder zulassen. Vollständigkeit kann dabei nicht angestrebt werden. Es geht lediglich um die Erfassung der Fallgruppen und Erfüllungsmodalitäten, um Anschauungsmaterial für die verfassungsrechtliche Untersuchung zu gewinnen und mögliche Differenzierungskriterien.

A . Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private Als der eigentliche Kern der Gefahrenabwehr wird herkömmlich das Einschreiten mit Befehl und Zwang zum Schutz von Bürgern oder staatlichen Einrichtungen angesehen52. Für solche Eingriffe verlangt man seit dem die spätere Entwicklung prägenden Kreuzberg-Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts eine gesetzliche Ermächtigung. Hier liegt die Bedeutung der polizeirechtlichen Generalklausel 53 . 52 Vgl. Drews / Wacke / Martens, Gefahrenabwehr Bd. 2, S. 34; Friauf, in: v. Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 186. 53 Zutreffend Β adura, Verwaltungsrecht im liberalen und im sozialen Rechtsstaat, S. 9; vgl. auch dens., Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, S. 37ff.; vgl. auch oben S. 16 ff.

Α.

brigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private

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Die gesetzlichen Vorschriften, durch die Private mit Aufgaben obrigkeitlicher Gefahrenabwehr betraut werden, sind in der Literatur bereits mehrfach im Zusammenhang mit der allgemeinen Beleihungsproblematik erörtert worden 54 . Durchweg kennzeichnend ist für sie, daß sie sich nur an einen abgegrenzten, in der Regel besonders qualifizierten Personenkreis und nicht an jedermann richten. I . Beliehene im Verkehrsrecht 1. Schiffskapitän Als der „älteste Fall einer Problematisierung von Befugnissen Privater unter dem Gesichtspunkt der Beleihung" ist die Schiffsgewalt des Seekapitäns nach § 106 SeemG bezeichnet worden 55 . Gemäß § 106 Abs. 2 SeemG hat der Kapitän „für die Erhaltung der Ordnung und Sicherheit an Bord" zu sorgen und ist befugt, die dazu notwendigen Maßnahmen zu treffen. Gemäß § 106 Abs. 3 SeemG kann der Kapitän die Anordnungen, die er zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für Menschen oder das Schiff gegeben hat, notfalls mit den erforderlichen Zwangsmitteln durchsetzen; die vorübergehende Festnahme wird zugelassen. Ausdrücklich hebt das Gesetz auch hervor, daß dabei die Grundrechte der Art. 2 Abs. 1 S. 1 und 2 und Art. 13 Abs. 1 und 2 GG eingeschränkt werden können. Daß § 106 SeemG dem Kapitän echte polizeiliche Hoheitsbefugnisse einräumt, ist nicht ernsthaft zu bezweifeln 56 . Streit besteht über die Frage, ob dem Kapitän polizeiliche Befugnisse nur gegenüber Besatzungsmitgliedern und sonstigen an Bord tätigen Personen oder auch gegenüber Dritten, insbesondere also Passagieren, zustehen. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, § 106 SeemG erfasse diesen Personenkreis nicht, weil der personelle Geltungsbereich des Gesetzes auf die Besatzungsmitglieder (§ 3 SeemG) und „die sonstigen an Bord tätigen Personen" (§ 7 SeemG) beschränkt sei 57 . Die Gegenauffassung 58 beruft sich darauf, daß § 106 Abs. 2-4 SeemG nach ihrem Wortlaut eine personelle Beschränkung nicht vorsehen. Ihr ist jedoch entgegenzuhalten, daß § 106 Abs. 2-4 SeemG in engem Zusammenhang zu § 106 Abs. 1 SeemG stehen. Danach ist der Kapitän Vorgesetzter der Besatzungsmitglieder und der sonstigen an Bord tätigen Personen. Ihm steht die oberste 54 Vgl. vor allem die zusammenfassende Darstellung bei Michaelis, Der Beliehene, S. 90ff., sowie Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 106ff. 55 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 70. 56 Abweichend nur Florin, Sicherheit und Ordnung in Luftfahrzeugen, S. 18; gegen ihn zutreffend Steiner, S. 72 Fn. 118. 57 Vgl. Bemm / Lindemann, Seemannsgesetz, § 106 Rn. 4ff.; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 73. 58 Westerburg, Die Polizeigewalt des Luftfahrzeugkommandanten, S. 85.

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

Anordnungsbefugnis zu. Es ist nicht zweifelhaft, daß § 106 Abs. 1 SeemG nur zu Anordnungen gegenüber Besatzungsmitgliedern und sonstigen an Bord tätigen Personen berechtigt. Die in § 106 Abs. 1 SeemG geregelte Anordnungsbefugnis soll aber gerade die Erfüllung der Verpflichtung des § 106 Abs. 2 SeemG zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit an Bord ermöglichen. Aus anderen Vorschriften ergeben sich keine öffentlich-rechtlichen Eingriffsbefugnisse des Kapitäns gegenüber Reisenden. Gemäß § 665 HGB ist der Reisende zwar verpflichtet, alle die Schiffsordnung betreffenden Anordnungen des Kapitäns zu befolgen. Diese Verpflichtung ist jedoch Ausfluß des Beförderungsvertrages 59. Sie beruht daher allein auf Privatrecht. In der Literatur ist zum Teil eine besondere Zwangsgewalt des Kapitäns kraft Gewohnheitsrechts 60 oder aus der „Natur der Sache", den „eigenartigen Schiffsverhältnissen" vertreten worden 61 . Dabei werden offenbar diese Befugnisse zur Gewaltanwendung gegenüber Passagieren dem öffentlichen Recht zugeordnet 62 . Inwieweit die so begründeten öffentlich-rechtlichen Zwangsbefugnisse über die auf Grund des privaten Hausrechts und des Beförderungsvertrags gegebenen Selbsthilfebefugnisse hinausgehen sollen, wird nicht recht deutlich 63 . Sie sollen offenbar nicht hinter den Eingriffsbefugnissen aus § 106 SeemG zurückbleiben. Daß die Existenz gewohnheitsrechtlicher Eingriffsbefugnisse mit dem rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalt nicht zu vereinbaren ist, bedarf keiner näheren Begründung. Gewohnheitsrecht ist kein Gesetz. Auch die Natur der Sache kann zur Begründung öffentlich-rechtlicher Eingriffsbefugnisse nicht herhalten. Ausreichende Grundlage eines Eingriffs in Rechte von Bürgern bildet nur ein Gesetz im formellen Sinn 64 . 2. Flugzeugführer Starke Ähnlichkeit mit der Schiffsgewalt des Kapitäns weist die Kommandogewalt des Flugzeugführers nach § 29 Abs. 3 LuftVG auf. Nach dieser Vor59

Schaps / Abraham, § 665 Rn. 5; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private,

S. 72. 60

So Wüstendorfer, Neuzeitliches Seehandelsrecht, S. 177. Schaps / Abraham, Das Seerecht in der Bundesrepublik Deutschland, vor § 511 Rn. 10, § 565 Rn. 1; ohne Begründung Segelken, Kapitänsrecht, S. 464ff.; Prüssman / Rabe, Seehandelsrecht, § 665 Anm. A ; gegen diese Bestrebungen zutreffend Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 72f. Fn. 284. 62 Vgl. insbesondere Schaps / Abraham, vor § 511 Rn. 9f. 63 Zur Anwendbarkeit von § 229 BGB vgl. vor allem Westerburg, Neuzeitliches Seehandelsrecht, S. 77; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 73f. 64 Vgl. zum Gesetzesvorbehalt in der Eingriffsverwaltung vor allem BVerfGE 8, 274 (325f.); zusammenfassend Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1,S. 805ff. 61

Α.

brigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private

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schrift hat der verantwortliche Luftfahrzeugführer während des Flugs oder bei Start und Landung die geeigneten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung an Bord zu treffen. Alle an Bord befindlichen Personen haben den hierzu notwendigen Anordnungen Folge zu leisten. Die Vorschrift ist ebenso wie § 106 Abs. 2 SeemG deutlich der Generalklausel des § 14 PreußPVG nachgebildet. Es steht außer Zweifel, daß damit dem Flugzeugführer selbständige Befugnisse präventiv-polizeilicher Art übertragen werden 65 . Nach der ausdrücklichen Regelung des § 29 Abs. 3 S. 2 LuftVG bezieht sich diese „Bordgewalt" nicht nur auf Besatzungsmitglieder, sondern auf „alle an Bord befindlichen Personen". Ebenso wie die Befugnisse des Schiffskapitäns sind auch diejenigen des Luftfahrzeugführers nicht auf den Einsatz bestimmter Mittel beschränkt. So kann er zum Beispiel Personen in Gewahrsam nehmen, bei der nächsten Landung aus dem Luftfahrzeug entfernen, Sachen (zum Beispiel Waffen) beschlagnahmen oder sogar gegen Nichtstörer vorgehen, indem er sie etwa zu Hilfeleistungen heranzieht und anweist, an seiner Stelle für Ordnung zu sorgen 66. 3. Beauftragte für Luftaufsicht Eine besondere, im Seerecht nicht vorgesehene Möglichkeit der Übertragung von Aufgaben der Gefahrenabwehr auf Private räumt § 29 Abs. 2 LuftVG den Luft aufsichtsbehörden ein. Nach dieser Vorschrift können die Luftfahrtbehörden die in § 29 Abs. 1 LuftVG normierten Aufgaben der allgemeinen Luftaufsicht auf andere Stellen übertragen oder sich anderer geeigneter Personen als Hilfsorgane für bestimmte Fälle bei der Wahrnehmung der Luftaufsicht bedienen. Andere Stellen im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur Behörden, sondern auch Private 67 . In der Praxis erfolgt häufig die Übertragung auf sogenannte „Beauftragte für Luftaufsicht", bei denen es sich regelmäßig um Personal der Flugplätze oder Luftsportvereine handelt. Ihnen obliegt vielfach die Überwachung des Flugbetriebs, die Überprüfung des Luftfahrpersonals und der Luftfahrzeuge sowie die Entscheidung über die Verhängung von Startverboten 68 . 65

Vgl. auch Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr Bd. 1, S. 22; Hofmann, Luftverkehrsgesetz, § 29 Rn. 37; Ruhwedel, Die Rechtsstellung des Flugzeugkommandanten im zivilen Luftverkehr, S. 151; Schleicher / Reymann / Abraham, Das Recht der Luftfahrt, Bd. 2, § 29 LuftVG Anm. 8; Schwenk, Handbuch des Luftverkehrsrechts, S. 230; Westerburg, Neuzeitliches Seehandelsrecht, S. 50ff. 66 Vgl. Hofmann, Luftverkehrsgesetz, § 29 Rn. 38f.; Ruhwedel, Die Rechtsstellung des Flugzeugkommandanten, S. 152ff.; Schwenk, Handbuch des Luftverkehrsrechts, S. 230. 67 Vgl. Hofmann, Luftverkehrsgesetz, § 29 Rn. 22. 68 Vgl. Schwenk, Handbuch, S. 65; Schleicher / Reymann / Abraham, Das Recht der Luftfahrt, § 29 Anm. 6.

Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

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Da § 29 Abs. 1 LuftVG die allgemeine Generalklausel für die Gefahrenabwehr im Luftverkehr ist 69 und insoweit auch die allgemeine polizeiliche Generalklausel ersetzt 70 , ermöglicht § 29 Abs. 2 LuftVG die Übertragung von Aufgaben, die inhaltlich wesentlich weiterreichen als diejenigen des Luftfahrzeugführers nach § 29 Abs. 3 LuftVG. Von § 29 Abs. 3 LuftVG unterscheidet sich die Vorschrift aber darin, daß sie lediglich die Ermächtigung zu einer Delegation enthält. Die Delegation ist ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt 71 . Kraft seines Amtes stehen allein dem Luftfahrzeugführer polizeiliche Befugnisse zu; eine gesetzliche Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf Private enthält allein § 29 Abs. 3 LuftVG. 4. Bedienstete von Privatbahnen Durch besonderen Hoheitsakt können schließlich Bedienstete privateigener Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs mit polizeilichen Befugnissen beliehen werden. Aufgabe einer solchen „Bahnpolizei" ist die Erhaltung der Sicherheit und Ordnung im Bereich des Betriebs und der Anlagen von Eisenbahnen (§55 EBO). Ebenso wie die Eingriffsbefugnisse des Flugzeugführers sind sie nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt 72 .

I I . Beliehene im Landwirtschafts- und Jagdrecht Weitere Fälle der Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf Private zur Abwehr konkreter Gefahren finden sich vor allem im Landwirtschafts- und Jagdrecht. 1. Bestätigte Jagdaufseher Besonders deutlich ist die Übertragung von obrigkeitlichen Hoheitsbefugnissen in § 25 Abs. 2 BJagdG. Danach haben die bestätigten Jagdaufseher innerhalb ihres Dienstbezirks in Angelegenheiten des Jagdschutzes die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten und sind Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft, sofern sie Berufsjäger oder forstlich ausgebildet sind. Ihre Befugnisse sind freilich örtlich auf den Dienstbezirk und sachlich auf den Jagdschutz 69

Vgl. Schwenk, Handbuch, S. 63. Vgl. Hofmann, Luftverkehrsgesetz, § 29 Rn. 12, der zutreffend bemerkt, daß die allgemeine Generalklausel neben § 29 Abs. 1 LuftVG nur noch zur Anwendung kommen kann, sofern bei Gefahr im Verzuge die Luftaufsichtsbehörde oder ihre Delegierten zu rechtzeitigem Eingriff nicht in der Lage sind. 71 Vgl. Schwenk, Handbuch, S. 65f. 72 Vgl. Finger, Eisenbahngesetze, § 55 EBO Anm. 1; Michaelis, Der Beliehene, S. 107 ff. 70

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brigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private

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beschränkt, wie er in § 23 BJagdG näher bestimmt ist 73 . Nach Mitzschke / Schäfer sollen sie auch der Dienstaufsicht unterliegen 74 . Diese Auffassung findet jedoch im Gesetz keine Stütze. Es dürfte lediglich eine allgemeine Rechtsaufsicht sowie die Fachaufsicht der Jagdbehörden bestehen. 2. Jagdausübungsberechtigte Neben den bestätigten Jagdaufsehern stehen in beschränktem Maße auch den Jagdausübungsberechtigten, also den Eigentümern und Jagdpächtern, nach § 25 Abs. 1 BJagdG und nach den Landesjagdgesetzen Hoheitsbefugnisse zu. Anders als die Jagdaufseher bedürfen sie keiner besonderen Bestätigung. Die Jagdausübungsberechtigten sind regelmäßig befugt, Personen, die unberechtigt jagen, gegen jagdrechtliche Vorschriften verstoßen oder außerhalb der zum allgemeinen Gebrauch bestimmten Wege mit Jagdausrüstung angetroffen werden, anzuhalten, ihnen gefangenes und erlegtes Wild, Waffen, Jagdgeräte, Hunde und Frettchen abzunehmen und ihre Personalien festzustellen 75 . In Hamburg berechtigt abweichend nicht jede Zuwiderhandlung gegen jagdrechtliche Vorschriften, sondern nur unbefugtes Jagen und das Antreffen auf nichtöffentlichen Wegen mit Jagdausrüstung zum Einschreiten 7 6 , in Bremen ist das Recht zur Personenfeststellung auf Fälle dringenden Verdachts der Wilderei beschränkt 77 . Durchweg dürfen die Jagdausübungsberechtigten ihre Anordnungen notfalls auch mit Gewalt durchsetzen 78. 3. Feld- und Forsthüter,

Fischereiaufseher

Ebenso wie die Jagdaufseher werden in einigen Bundesländern durch Verwaltungsakt Feld- und Forsthüter sowie Fischereiaufseher mit hoheitlichen Befugnissen zum Zwecke der Gefahrenabwehr beliehen. Sie werden ebenso wie die Jagdaufseher durch ein privates Dienstverhältnis bestellt - etwa vom Grundeigentümer oder Fischereipächter - und bedürfen zur Ausübung polizeilicher Befugnisse einer behördlichen Bestätigung.

73

Mitzschke / Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, § 25 Rn. 35. Ebd., § 25 Rn. 34. § 43 Abs. 1 Nr. 2 LJG BaWü., Art. 42 Nr. 1 BayJG; § 42 Abs. 1 Nr. 1 Hess. AGBJG; Art. 34 Nr. 1 Nds. LJG; § 25 Abs. 2 Nr. 1 LJG NW; § 30 Abs. 1 Nr. 1 LJG Rpl; § 34 JG Saarl.; § 21 Abs. 2 Nr. 1 LJG SchlH. 7 * § 22 Abs. 1 Nr. 1 Hamb. LJG. 77 § 24 Brem JG. 78 Vgl. Hencke, Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen, § 25 LJG Rn. 16; Mitzschke / Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, § 25 Rn. 38ff.; Schandau, Das Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen, § 25 BJG Anm. I V 2. 74

32

Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

Die Befugnisse der Fischereiaufseher beschränken sich regelmäßig auf Rechte zur Untersuchung von Fanggeräten, reichen nur in Bayern darüber hinaus 79 . Bei den Feld- und Forsthütern wird regelmäßig auf die Befugnisse von Polizeibeamten verwiesen 80 . I I I . Hoheitliche Eingriffsbefugnisse zur Gefahrenabwehr in Katastrophenfällen In den bisher genannten Fällen sollen die dem Privaten übertragenen Hoheitsbefugnisse in erster Linie ein Einschreiten gegen Störer ermöglichen. Die übertragenen Aufgaben sind insofern typische Polizeiaufgaben, als sie an das rechtswidrige Verhalten von Personen anknüpfen. Das Einschreiten gegen Nichtstörer ist ebenso wie im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht nur ausnahmsweise zulässig. Daneben stehen Tatbestände der Übertragung hoheitlicher Eingriffsbefugnisse zur Abwendung von Gefahren, die durch ein Naturereignis verursacht sind oder für die der beliehene Private gar selbst die Verantwortung trägt. Der Eingriff hat sich hier vornehmlich gegen Nichtstörer zu richten. Typisch ist durchweg, daß eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit besteht. 1. Private Werksfeuerwehren Beispielhaft seien die Befugnisse privater Werksfeuerwehren genannt. Nach den Feuerschutzgesetzen der meisten Bundesländer können gewerbliche Betriebe oder sonstige Einrichtungen Betriebsfeuerwehren oder Werksfeuerwehren einrichten 81 . Die Werksfeuerwehr unterscheidet sich von einer Betriebsfeuerwehr dadurch, daß sie staatlich anerkannt ist. Unter besonderen Umständen können Betriebe und sonstige Einrichtungen sogar zur Errichtung einer Werksfeuerwehr verpflichtet werden; insbesondere ist dies bei explosions· oder brandgefährdeten Betrieben möglich, oder wenn im Schadensfall eine große Zahl von Personen gefährdet würde 82 .

79 Vgl. etwa § 54 Fischereigesetz NW vom 11.7.1972, GVB1. 262; § 56 Fischereigesetz Nds. vom 1.2.1978, GVB1. 81; §73 Hess. Fischereigesetz vom 11.11.1950, GVB1. 255; § 86 Bay Fischereigesetz vom 15.8.1908, GVB1. 527. 80 Art. 26 Bay Forststrafgesetz vom 14.9.1970, GVB1. 160; § 13 Feld- und Forstordnungsgesetz Nds. vom 19.7.1978, GVB1. 604; § 29 Feld- und Forstschutzgesetz NW vom 14.1.1975, GVB1. 125. 81 § 10 Abs. 1 Feuerwehrgesetz Bln. vom 26.9.1975, GVB1. 2522; § 12 Feuerwehrgesetz Hbg. vom 23.5.1972, GVB1. 87; § 24 Hess. Brandsicherheitsleistungsgesetz vom 5.10.1970, GVB1. 585; § 15 Abs. 1 Nds. Brandschutzgesetz vom 8.3.1978, GVB1. 233; § 15 Abs. 1, 2 Feuerschutzgesetz NW, GVB1. 182.

Α.

brigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private

33

Der Werksfeuerwehr obliegt in erster Linie der Brandschutz im Betrieb; die öffentliche Feuerwehr wird dort nur tätig, wenn sie angefordert wird oder die Werksfeuerwehr das Feuer oder die sonstige Gefahr nicht erfolgreich allein bekämpfen kann. Darüber hinaus können Werksfeuerwehren in besonderen Notfällen zu Hilfeleistungen außerhalb des Betriebs herangezogen werden. In Rheinland-Pfalz ist der Einsatzleiter der Werksfeuerwehr sogar berechtigt, diese aus eigenem Entschluß im Benehmen mit der Betriebsleitung außerhalb des Betriebs einzusetzen, wenn dadurch die Sicherheit des Betriebs nicht gefährdet wird 8 3 . Dem verantwortlichen Personal der Werksfeuerwehren stehen regelmäßig dieselben Rechte gegenüber Dritten zu wie dem Personal öffentlicher Feuerwehren. So ist etwa der Einsatzleiter berechtigt, Dritte zu Hilfeleistungen heranzuziehen 84. Die Feuerwehrleute dürfen auch Grundstücke und Gebäude Dritter betreten 85 . 2. Brandsicherheitswachen In Nordrhein-Westfalen stehen auch als Führer von Brandsicherheitswachen Privaten hoheitliche Befugnisse zu. Der Führer einer Brandsicherheitswache kann Anordnungen treffen, die zur Verhütung und Bekämpfung von Brandgefahren sowie zur Sicherung der Rettungs- und Angriffswege erforderlich sind (§ 24 Feuerschutzgesetz NW). Er wird von dem Veranstalter einer Veranstaltung eingesetzt, wenn bei dieser eine erhöhte Brandgefahr besteht und bei Ausbruch eines Brandes eine große Anzahl von Personen gefährdet würde (§ 24 Abs. 1 Feuerschutzgesetz NW). Die Mitwirkung von Behörden ist nicht vorgesehen. Allerdings kann die Gemeinde daneben auch eigene Brandsicherheitswachen stellen; sie ist dazu verpflichtet, wenn der Veranstalter keine Brandsicherungswache stellt. Ähnliche Regelungen finden sich allerdings in anderen Bundesländern nicht. Nur Hessen sieht noch die Möglichkeit privater Brandsicherheitswachen vor, die freilich von der Werksfeuerwehr gestellt werden (§ 28 Hess. Brandsicherheitsleistungsgesetz); in Niedersachsen ist die Stellung von Brandsicherheitswachen ausdrücklich den gemeindlichen Feuerwehren vorbehalten.

82 Art. 15 Abs. 2 Bay Feuerwehrgesetz vom 22.12.1981, GVB1. 526; § 22 Abs. 3 BaWü. Feuerwehrgesetz vom 27.11.1978, GVB1. 1979, 1; § 15 Abs. 3 Feuerschutzgesetz N W ; § 15 Abs. 1 Brand- und Katastrophenschutzgesetz Rpl vom 2.11.1981, GVB1. 247; § 10 Abs. 3 Feuerwehrgesetz Bln. 83 § 15 Abs. 5 Brand- und Katastrophenschutzgesetz Rpl. 84 Vgl. ζ. B. § 30 Feuerschutzgesetz N W ; anders in Bayern: vgl. Art. 18 Abs. 3 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Bay Feuerwehrgesetz. 85 Art. 13 Abs. 3 i.V.m. Art. 24 Abs. 2 Bay Feuerwehrgesetz; § 12 Feuerwehrgesetz Bln.; § 30 Hess. Brandsicherheitsleistungsgesetz; § 30 Nds. Brandschutzgesetz; § 31 Feuerschutzgesetz N W ; § 29 Brand- und Katastrophenschutzgesetz Rpl.

3 Bracher

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

Die Verleihung von Hoheitsbefugnissen an private Werksfeuerwehren und Brandsicherheitswachen ist deshalb besonders interessant, weil hier der Störer zum Einschreiten gegen Nichtstörer ermächtigt wird, um eine Gefahr zu bekämpfen, für die er selbst verantwortlich ist. Die Verpflichtung zur Schaffung einer Werksfeuerwehr wird in der Literatur auf den Rechtsgrundsatz zurückgeführt, daß der Besitzer von Grundstücken oder Betrieben, von denen besondere Gefahren ausgehen, in erster Linie selbst zu deren Abwehr verpflichtet sei 86 . Insoweit handelt es sich um einen Sonderfall der allgemeinen Störerhaftung. Der Störer wird im Interesse einer effektiven Abwehr der Gefahr selbst als Hoheitsträger „in Dienst genommen". Die Befugnisse Privater auf dem Gebiet des Brandschutzes dürften in dieser Hinsicht singulär sein. Die anderen Fälle der Übertragung hoheitlicher Befugnisse, die primär zum Einschreiten gegen Nichtstörer berechtigen, treten auch in der praktischen Bedeutung weit zurück. Es handelt sich um so entlegene Fälle wie die Beleihung des Bisamrattenfängers oder des Strandvogts. 3. Bisamrattenfänger Nach § 4 Abs. 3 der Verordnung zur Bekämpfung der Bisamratte vom 1.7.1938 87 kann geeigneten Personen auf Antrag eine Bisamfängerkarte ausgestellt werden. Der Inhaber einer solchen Karte ist berechtigt, alle Grundstücke zu betreten und an Ort und Stelle die zur Bekämpfung der Bisamratte erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung ist anderen Personen die Bekämpfung der Bisamratte untersagt, wenn die Verwaltungsbehörde bekannt gibt, daß in einem bestimmten Gebiet die Bekämpfung durch einen bestellten Bisamjäger durchgeführt wird. 4. Strandvogt Strandvögte haben nach der Strandungsordnung vom 17.5.1874 88 bei gestrandeten Schiffen Anordnungen zur Aufrechterhaltung der Ordnung sowie zur Bergung und Hilfeleistung zu treffen (§§ 1 Abs. 2, 6 Abs. 1). Gemäß § 9 Abs. 1 der Strandungsordnung sind sie berechtigt, während der Seenot zur Rettung von Menschenleben die erforderlichen Werkzeuge und Gerätschaften sowie jeden zum Strand führenden Zugang auch ohne Einwilligung des Verfügungsberechtigten in Anspruch zu nehmen. Strandvögte werden häufig Personen sein, die bereits in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen 89 . Dies ist jedoch nicht notwendig 90 . 86

Vgl. etwa Gräfe, Feuerschutzrecht in Nordrhein-Westfalen, § 15 Anm. 4. RGBl. I , 847. 88 RGBl. I, 73, zuletzt geändert durch Artikel 184 des Gesetzes vom 2.3.1974, BGBl. I, 469. 87

Α . Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private

35

I V . Präventivpolizeiliche Befugnisse sachverständiger Privater Eine besondere Gruppe bilden die Vorschriften, die eine Tätigkeit sachverständiger Privater im Zusammenhang mit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen oder gefährlichen Anlagen oder im Bereich der Lebensmittelüberwachung regeln. Man kann hier im Anschluß an Steiner von „technisch-sachverständiger Prüfung durch Private" sprechen 91. Charakteristisch ist für diese Fallgruppe zum einen der vorbeugende, nicht auf die Abwendung einer konkreten Gefahr gerichtete Zweck der Überwachung, zum anderen das weitgehende Fehlen eigener Zwangsmittel des Privaten. Die praktische Bedeutung der präventiv-polizeilichen Gefahrenabwehr durch Private ist freilich in den letzten Jahren zurückgegangen. Zunehmend ist für Kontroll- und Überwachungsaufgaben die alleinige Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden begründet worden. Die Tätigkeit privater Fleischbeschauer, die in der Vergangenheit beispielsweise als klassischer Fall einer Beleihung mit obrigkeitlichen Befugnissen behandelt wurde 92 , ist durch § 4 Abs. 5 des Fleischbeschaugesetzes in der seit dem 10.5.1980 geltenden Fassung 93 auf „rein technische Tätigkeiten" unter Aufsicht von Beamten oder haupt- oder nebenberuflichen Angestellten reduziert worden und daher als selbständige Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben nicht mehr zu qualifizieren. Ebenso kennt das Lebensmittelgesetz private Lebensmittelkontrolleure mit hoheitlichen Befugnissen nicht mehr 94 . Erhalten haben sich die Aufgaben der Technischen Überwachungsvereine und der bei diesen tätigen amtlich anerkannten Sachverständigen und Prüfer. Diese standen lange im Zentrum der literarischen Diskussion um die Beleihung 95 . Dabei geht es um die Frage, ob die Technischen Überwachungsvereine bzw. die einzelnen sachverständigen Prüfer der Vereine Beliehene sind. Die Diskussion verläuft in verschiedenen Bahnen, je nachdem, ob man die Beleihung als Übertragung von Staatsaufgaben auf Private oder als Übertragung öffentlicher Gewalt 96 definiert. Ausgehend von dem aufgabenbezogenen 89

Vgl. etwa § 7 Abs. 1 der hamburgischen Ausführungsverordnung zur Strandungsordnung vom 3.11.1930, GVB1. 2469; danach ist Strandvogt des Hamburger Hafens der Hafenkapitän. 90 Vgl. Ewald, Strandungsordnung, § 1 Anm. 2. 91 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 119. 92 Vgl. insbesondere Michaelis, Der Beliehene, S. 90ff. 93 BGBl. I, S. 545. 94 Vgl. § 40 L M B G ; zur alten Rechtslage Michaelis, Der Beliehene, S. 93f. 95 Zusammenfassend insbesondere Götz, DVB1. 1975, 876ff.; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 119ff.; ders., Staatliche Gefahrenvorsorge und technische Überwachung, S. 16ff. 96 Der Meinungsstand in dieser Frage ist wenig übersichtlich. Im Anschluß an Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 60ff., werden allgemein die sogenannte Aufgabentheorie und die Rechtsstellungstheorie unterschieden; freilich bereitet 3*

36

Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

Beleihungsbegriff wird zum Teil der Technische Überwachungsverein schon deshalb als Beliehener angesehen, weil er Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrnimmt 97 . Dieser Schluß geht jedoch sehr weit. Peters hat ihm zu Recht entgegengehalten, daß sogar der polizeipflichtige Stör er Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrnehme, damit jedoch keine staatlichen, sondern eigene Aufgaben erfülle 98 . Die Diskussion um die Wahrnehmung von Staatsaufgaben durch die Technischen Überwachungsvereine ist an dieser Stelle - ebenso wie die Kontroverse um den Beleihungsbegriff - nicht aufzugreifen; richtig dürfte eine differenzierende Beurteilung sein 99 . Daß es Aufgaben der Gefahrenabwehr sind, die die Technischen Überwachungsvereine wahrzunehmen haben, steht außer Zweifel 100 . Während den Technischen Überwachungsvereinen selbst keinerlei hoheitliche Befugnisse nach der Kraftfahrzeugzulassungsordnung zustehen, diese daher allenfalls über den aufgabenorientierten Beleihungsbegriff als Beliehene qualifiziert werden können, sind den bei diesen Vereinen tätigen Sachverständigen und Prüfern in gewissem Umfang eigenständige hoheitliche Entscheidungskompetenzen übertragen, so daß sie bereits nach dem Kriterium der Verfügung über öffentliche Gewalt Beliehene sind. Neben einer mehr vorbereitend-beratenden Tätigkeit 1 0 1 haben die amtlich bestellten Sachverständigen und Prüfer nämlich die Führerscheinprüfung abzunehmen, über das Bestehen und Nichtbestehen zu entscheiden und den Führerschein auszuhändigen (§§ 10, 11 StVZO) sowie bereits zugelassene Kraftfahrzeuge zu untersuchen und eine Prüfplakette zuzuteilen (§ 29 Abs. 2 StVZO). 1. Erteilung der Prüfplakette

gemäß § 29 Abs. 2 StVZO

Gegen die Qualifikation der Erteilung der Prüfplakette als Ausübung öffentlicher Gewalt können freilich Bedenken bestehen, weil die Sachverständie Zuordnung der in der Literatur vertretenen Auffassungen zu einer dieser Theorien nicht selten Schwierigkeiten. Einen Überblick über die literarischen Kontroversen bietet insbesondere Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 11 ff. Exponierte Vertreter der Rechtsstellungstheorie sind etwa Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 81; Hammacher, Begriffsmerkmale und Rechtsstellung der mit öffentlicher Gewalt beliehenen Hoheitsträger des Privatrechts, S. 136. Für die Aufgabentheorie hat sich vor allem Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 46ff., eingesetzt, der seine Position jedoch inzwischen im Anschluß an BVerwG, NJW 1981, 2481 f., offenbar aufgegeben hat, vgl. ders., Staatliche Gefahrenvorsorge und Technische Überwachung, S. 17. 97 Vgl. insbesondere Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen?, S. 19. 98 Peters, Festschrift Nipperdey, Band 2, S. 895. 99 Vgl. auch O V G Lüneburg, GewArch. 1977, 222, 223; Steiner, Staatliche Gefahrenvorsorge und technische Überwachung, S. 17. 100 Ygi auch Steiner, Staatliche Gefahren Vorsorge und technische Überwachung, S. 17. 101

Vgl. §§ 3 Abs. 2,12,19 Abs. 2, 20 Abs. 2, 21 StVZO.

Α.

brigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private

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digen und Prüfer nicht berechtigt sind, selbst hoheitliche Konsequenzen aus dem Ergebnis ihrer Untersuchung zu ziehen 102 ; dies liegt vielmehr regelmäßig in der Hand der Verwaltungsbehörden 103 . Steiner hat jedoch überzeugend auf den inneren Zusammenhang zwischen der sachverständigen Prüfung und der hoheitlichen Maßnahme der Verwaltung hingewiesen. Die Verwaltungsbehörde ist - anders als in den Fällen bloßer Entscheidungshilfe durch Sachverständige - an die Feststellungen des Sachverständigen gebunden. Es handelt sich deshalb um eine bloße Funktionsteilung, die den einheitlichen Verwaltungsvorgang nicht auseinanderreißen kann 1 0 4 . Der Private übt öffentliche Gewalt nicht allein aus, sondern er wirkt darin mit der Verwaltungsbehörde zusammen. Dies geschieht jedoch nicht - wie beim Hilfspolizisten - in der Weise, daß er nur Weisungen ausführt. Vielmehr behält er seine volle Selbständigkeit. Die behördliche Entscheidung - etwa über die Untersagung des weiteren Betriebs des Fahrzeugs nach § 29 Abs. 5 StVZO - knüpft an die Feststellungen des Sachverständigen unmittelbar an, so daß bereits die Feststellung des Sachverständigen ein Verwaltungsakt ist 1 0 5 . 2. Prüfung der Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs gem. §§ 10, 11 StVZO Anders als bei Erteilung der Prüfplakette nach § 29 Abs. 2 StVZO sind die Feststellungen des Sachverständigen gemäß §§ 10, 11 StVZO in ein behördliches Prüf- und Genehmigungsverfahren einbezogen. Der Sachverständige wird hier zur Beurteilung einzelner Fragen eingeschaltet. So hat bei der Entscheidung über die Erteilung eines Führerscheins zunächst die zuständige Behörde zu prüfen, ob Bedenken gegen die Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen (§ 9 StVZO). Ergeben sich solche Bedenken nicht, so wird der Antrag einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer des Technischen Überwachungsvereins zur Prüfung der Befähigung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen übersandt. Dieser hat bei positiver Beurteilung den Führerschein auszuhändigen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 StVZO); andernfalls muß eine negative Entscheidung durch die Verwaltungsbehörde ergehen.

102 Vgl. L G Saarbrücken, VersR 1970,1136,1137; Peters, in: Festschrift für Nipperdey, S. 887; Siebert, Rechtsstellung und Haftung der Technischen Überwachungsvereine im Kraftfahrzeugprüfungswesen, S. 35. 103 Vgl. etwa § 29 Abs. 5 StVZO. 104 Vgl. Steiner, Staatliche Gefahrenvorsorge und technische Überwachung, S. 125f.; i. E. ebenso Wiegand, Die Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf Privatrechtssubjekte, S. 38. 105 I. E. ebenso Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr Bd. 1, S. 22; Mennacher, Begriffsmerkmale und Rechtsstellung der mit öffentlicher Gewalt beliehenen Hoheitsträger des Privatrechts, S. 146; Michaelis, Der Beliehene, S. 98.

Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

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Auch diese Form der Mitwirkung an präventiv-polizeilichen Verwaltungsentscheidungen ist im Schrifttum ζ. T. der bloßen gutachterlichen Entscheidungsvorbereitung zugeordnet worden 106 . Indes wird eine solche Zuordnung der Tatsache nicht gerecht, daß die Tätigkeit des Sachverständigen infolge der von seiner Beurteilung ausgehenden Bindungswirkung die entscheidende Grundlage für den das Verfahren abschließenden Verwaltungsakt bilden kann 1 0 7 . Durch diese Bindungswirkung gewinnt die Beurteilung des Sachverständigen erhebliche rechtliche Relevanz auch gegenüber dem Bürger. Es wird lediglich verfahrenstechnisch diese Wirkung nicht deutlich zum Ausdruck gebracht, da ein besonderer Feststellungsbescheid - anders als in § 29 Abs. 2 StVZO - nicht vorgesehen ist. Diese verfahrenstechnischen Unterschiede können eine abweichende materielle Beurteilung der Frage, ob der Sachverständige öffentliche Gewalt ausübt, jedoch nicht rechtfertigen 108 . Freilich sind qualitative Unterschiede zu denjenigen Fällen, in denen Private eigene Entscheidungen mit unmittelbarer Außenwirkung treffen, nicht zu übersehen. Begrifflich präziser als von der eigenständigen Ausübung öffentlicher Gewalt dürfte daher von der verantwortlichen Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt zu sprechen sein. Infolge der von ihr ausgehenden Bindungswirkung wird diese Teilnahme allerdings an denselben verfassungsrechtlichen Maßstäben wie die eigenverantwortliche Ausübung zu messen sein. V . Ordnungsaufgaben des Versammlungsleiters Eine Sonderstellung nehmen die Aufgaben des Versammlungsleiters nach § 8 S. 2 VersG ein. Der Versammlungsleiter hat nach dieser Vorschrift während einer Versammlung für Ordnung zu sorgen. Er kann zu diesem Zweck die Versammlung jederzeit unterbrechen oder schließen. Auch kann er sich ehrenamtlicher Ordner bedienen (§ 9 Abs. 1 S. 1 VersG). Teilnehmer, die die Ordnung gröblich stören, darf er gemäß § 11 Abs. 1 VersG von der Versammlung ausschließen. Was im einzelnen eine Störung der Ordnung im Sinne von § 8 S. 2 VersG ist, ist in der Literatur umstritten. Einigkeit besteht darüber, daß jede Störung 106

Vgl. Siebert, Rechtsstellung und Haftung, S. 22ff. Zu diesem Kriterium auch B G H , NJW 1968, 443, 444. 108 Vgl. auch Steiner, Staatliche Gefahrenvorsorge und technische Überwachung, S. 128ff., der freilich stark auf die staatlichen Funktionen des Sachverständigen abhebt. Steiner, a.a.O., S. 130, scheint die Prüfungstätigkeit nach § 10 Abs. 1 StVZO im übrigen als schlichthoheitliche Verwaltung zu qualifizieren, eine Auffassung, die dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt des § 4 StVZO nicht gerecht werden dürfte. Es werden durch Erteilung des Führerscheins nicht Leistungen gewährt, sondern lediglich Freiheitsbeschränkungen gelockert. Die Frage dürfte jedoch im Ergebnis ohne praktische Bedeutung sein. 107

Α.

brigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private

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der öffentlichen Sicherheit im Sinne der polizeilichen Generalklausel zugleich eine Störung der Ordnung nach dem Versammlungsgesetz ist. Dagegen wird der Schutz der öffentlichen Ordnung weithin nicht zu den Aufgaben des Versammlungsleiters gerechnet 109 . Die genaue Abgrenzung der Aufgaben des Versammlungsleiters kann hier offenbleiben; es genügt die Feststellung, daß er jedenfalls zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit verpflichtet ist. In der Literatur umstritten ist auch die Frage, ob die Ordnungsgewalt des Versammlungsleiters öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist. Während Quilisch für eine privatrechtliche Qualifikation eintritt, wird sie von der wohl herrschenden Auffassung dem öffentlichen Recht zugeordnet 110 . Zutreffend ist die herrschende Auffassung. Die abweichende Ansicht Quilischs beruht auf der Überlegung, daß die Ordnungsgewalt des Versammlungsleiters nicht „zu eng am Recht des organisierten Staatsapparates orientiert" werden dürfe. Da die Versammlungsfreiheit durch Art. 8 GG grundrechtlich gewährleistet sei, gehöre die Versammlung dem „Bereich nichtstaatlicher Öffentlichkeit" an. Es möge durchaus angemessen sein, auch für diesen Bereich „Handlungs- und Verantwortungskriterien zu entwickeln, die sich von denen des Privatrechts zumindest teilweise unterscheiden"; dennoch dürfe nicht „das traditionelle Verständnis des öffentlichen Rechts zum Ausgangspunkt einer solchen Überlegung" gemacht werden 111 . Die Ordnungsgewalt qualifiziert er daher als „eine nichtstaatliche Selbstverwaltungsbefugnis anstaltlicher Prägung" 112 . Diesen Erwägungen ist im Ansatz durchaus darin zu folgen, daß die Grundrechtsausübung so weit wie möglich von staatlicher Reglementierung freizuhalten ist. Die privatrechtliche Qualifizierung der Ordnungswelt des Versammlungsleiters kann jedoch dazu entgegen der Auffassung Quilischs nicht beitragen. Der Versammlungsleiter ist nicht staatlich eingesetzt und hat auch seine Tätigkeit nicht nach staatlichen Weisungen auszurichten. Die öffentlichrechtliche Qualifizierung der Maßnahmen, die er in Ausübung der Ordnungsgewalt erläßt, ermöglicht durch die damit verbundene Grundrechtsbindung gerade eine systemgerechte Begründung notwendiger Einschränkungen der Ordnungsgewalt, die auf privatrechtlicher Grundlage kaum möglich erscheint. Es bestehen deshalb auch keine Bedenken im Anschluß an Wolff / Bachof, den Versammlungsleiter als Beliehenen anzusehen113. Freilich stehen dem 109 Vgl. Dietel / Gintzel, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, § 8 Rn. 17; abweichend etwa Füßlein, Versammlungsgesetz, § 11 Anm. 3. no Vgl einerseits Quilisch, Die demokratische Versammlung, 1970, S. 203f.; andererseits Dietel / Gintzel, a.a.O., § 8 R n . 2; Ott, Versammlungsgesetz, § 8 Rn. 1,5. 111

Quilisch, Die demokratische Versammlung, S. 203. Ebd., S. 204. 113 Verwaltungsrecht Bd. 3, § 131 Rn. 12. 112

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

Versammlungsleiter keine Zwangsmittel zur Durchsetzung seiner Anordnungen zu. Werden Anordnungen entgegen § 10 VersG von den Teilnehmern nicht befolgt, so ist der Versammlungsleiter auf polizeiliche Unterstützung angewiesen114. Die Befugnis, hoheitliche Anordnungen zu treffen, genügt jedoch für die Annahme einer Beleihung 115 . B. Eigenständige Gefahrenabwehr Privater unter Ausübung privater Notrechtsbefügnisse In den bisher erörterten Fallgruppen wird ein eng begrenzter Personenkreis zum Zwecke der Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr, die häufig auch sachlich auf bestimmte Gefahren eng beschränkt sind, mit der Befugnis zu Eingriffen in die Rechte von Mitbürgern beliehen oder, wie bei der technischen Überwachung, zur Mitwirkung an solchen Eingriffen herangezogen. Zur Gefahrenabwehr gehört jedoch auch der Einsatz der jedermann zustehenden privaten Notrechte wie Notwehr, Nothilfe, Notstand und Selbsthilfe. Auch der Gebrauch dieser Rechte ist nur zulässig zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, er setzt die Gefährdung eines geschützten Rechtsguts voraus und dient damit der Verteidigung der Rechtsordnung. Eine eingehende Darstellung der auf Grund privater Notrechte dem Bürger zustehenden Befugnisse erübrigt sich an dieser Stelle. Die einschlägigen Vorschriften sind allgemein bekannt 116 . Zweifelhaft könnte die Zuordnung der Notrechtsausübung zum Sachbereich Gefahrenabwehr deshalb sein, weil der Einsatz der Notrechte regelmäßig primär zum Schutz individueller Rechte, nicht aber zum Schutz der Allgemeinheit erfolgt. Indes ist auch der Schutz von Individualrechtsgütern Polizeiaufgabe und damit Gefahrenabwehr. Der Bürger genießt polizeilichen Schutz nicht nur als Glied der Gesamtheit. Das weithin geforderte öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr 117 soll nur den Einsatz der Polizei bei bloßer Selbstgefährdung ausschließen118. Auf der anderen Seite ist auch die Ausübung der Notrechte nicht auf den Schutz von Individualrechten beschränkt. Es ist anerkannt, daß beispielsweise der rechtfertigende Notstand auch zum Schutz von Rechtsgütern der Allgemeinheit ausgeübt werden darf 119 . Die 114

Vgl. Dietel / Gintzel, § 10 Rn. 8f. Dies gilt auch dann, wenn man die Beleihung als Übertragung von Staatsaufgaben definiert, vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 66ff. 116 §§ 227ff., 904 BGB, §§ 32ff. StGB. 115

117 Vgl. zusammenfassend Frotscher, DVB1. 1976, 698. 118 Vgl. Götz, Allgemeines Ordnungs- und Polizeirecht, S. 42f.; Drews / Wacke / Martens, Gefahrenabwehr Bd. 2, S. 113ff. U9 RGSt 62, 35, 46; 77,113,116; O L G Düsseldorf, NJW 1970, 674; LK-Hirsch, § 34 Rn. 23.

Β . Eigenständige Maßnahmen mit Hilfe privater Notrechte

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Zulässigkeit einer Ausübung der Notwehr zugunsten der Allgemeinheit ist in der Literatur umstritten 120 ; anerkannt ist jedoch, daß die überindividuellen Rechtsgüter des Staates notwehrfähig sind, Notwehr daher „gegenüber rechtswidrigen Angriffen auf die Lebensinteressen des Staates" zulässig ist 1 2 1 . Schließlich ist auch Gefahrenabwehr begrifflich nicht auf altruistische Aktivitäten beschränkt. Auch die Abwehr von Gefahren von sich selbst ist Gefahrenabwehr. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den jedermann zustehenden Notrechten und den bisher erörterten Beleihungstatbeständen, die nur einen abgegrenzten Personenkreis ansprechen, besteht natürlich darin, daß der Einsatz der Notrechte grundsätzlich freiwillig ist. Es ist niemand verpflichtet, sich gegen rechtswidrige Angriffe anderer zur Wehr zu setzen. Dagegen sind bei den oben erörterten hoheitlichen Eingriffstatbeständen die Grundsätze über die fehlerfreie Ausübung des Ermessens anzuwenden, soweit - wie dies regelmäßig der Fall ist - dem Beliehenen Ermessen eingeräumt ist. Die Entscheidungsfreiheit des Angegriffenen, sich gegen den Angriff zu verteidigen, ist demgegenüber nicht beschränkt. Daß bei den Notrechten eine Verpflichtung zum Einschreiten fehlt, beruht nicht zuletzt darauf, daß sie vornehmlich im Interesse des Selbstschutzes, weniger im Interesse des Schutzes anderer Personen bestehen. Die Grenzen der Entscheidungsfreiheit auch beim Einsatz der Notrechte läßt freilich diese Erwägung bereits deutlich werden. Die Entscheidungsfreiheit ist dort einzuschränken, wo die Notrechte Eingriffe in die Rechte anderer Bürger im Drittinteresse ermöglichen. Es kann hier eine Verpflichtung zum Einsatz der Notrechte bestehen. Die entsprechende Verpflichtung ergibt sich dann freilich nicht unmittelbar aus dem straf- oder zivilrechtlichen Rechtfertigungsgrund, sondern aus einer besonderen Vorschrift, die die Hilfeleistung fordert, vor allem aus § 323 c StGB. Es ist anerkannt, daß sich aus dieser Bestimmung die Pflicht ergeben kann, dem rechtswidrig Angegriffenen gegen den Angreifer zur Seite zu stehen, sofern dies ohne erhebliche Gefährdung eigener Interessen möglich und daher zumutbar ist 1 2 2 . Der theoretische Ansatz für die Begründung der Eingriffspflicht ist deshalb ein anderer als in den Fällen sondergesetzlicher Beleihung bestimmter Funktionsträger. Der zivil- oder strafrechtliche Rechtfertigungsgrund trifft nur eine Aussage zu den Mitteln, die bei der Hilfeleistung eingesetzt werden dürfen, unter Umständen aber auch eingesetzt werden müssen, wenn nämlich diese Mittel sich als erforderlich erweisen, um wirksam Hilfe leisten zu können. Dennoch steht natürlich dem Bürger bei der Entscheidung über den Einsatz von Notrechten zugunsten anderer ein 120

Vgl. etwa einerseits Maurach / Zipf, Strafrecht Allgemeiner Teil, 1. Tbd., S. 377; Dreher / Tröndle, § 32 Rn. 6; andererseits LK-Spendel, § 32 Rn. 195, 196. 121 Vgl. RGSt 63, 215, 220; LK-Hirsch, § 32 Rn. 162, 196. 1 22 B G H , G A 1971, 336; LK-Mösl, § 330c Rn. 5.

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

wesentlich weiterer Spielraum als dem Beliehenen bei der Entscheidung über die Anwendung obrigkeitlicher Eingriffsbefugnisse zu, da die Voraussetzungen der Hilfeleistungspflicht nur selten vorliegen werden. Lediglich zur Klarstellung sei bemerkt, daß die hier angesprochene Frage der Verpflichtung zum Einschreiten deutlich zu unterscheiden ist von dem höchst umstrittenen Problem des Anspruchs auf Hilfeleistung 123 . Ein solcher Anspruch hängt bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben davon ab, ob und in welchem Umfang die polizeilichen Eingriffsbefugnisse dem Interesse des Bürgers zu dienen bestimmt sind. Diese Frage ist natürlich jeweils auch für die hoheitlichen Eingriffsbefugnisse Beliehener zu stellen. Ihr ist hier nicht nachzugehen. Aus den Notrechten ergibt sich ein durchsetzbarer Anspruch eines Bürgers auf Schutzmaßnahmen eines anderen Bürgers in keinem Fall. Auch § 323 c StGB begründet einen solchen Anspruch nicht. Die Rechtfertigung privater Aktivitäten zum eigenen Schutz oder zum Schutz anderer durch Notstand, Notwehr, Nothilfe und Selbsthilfe ist sicher nicht verfassungsrechtlich besonders zu problematisieren; dasselbe gilt für die durch § 323 c StGB ausnahmsweise begründete Verpflichtung zum Einsatz der Notrechte zugunsten anderer. Verfassungsrechtliche Bedenken wirft lediglich der planmäßige Einsatz der Notrechte durch professionelle Sicherheitskräfte auf, die als Mitglieder eines Werkschutzes oder eines privaten Sicherheitsdienstes mit Schutzaufgaben etwa in besonders gefährdeten Einrichtungen betraut sind 124 . In der Regel werden diese ihre Aufgaben zwar ohne Gewaltanwendung erfüllen können und von den Notrechten keinen Gebrauch zu machen haben. Indes wird sich dies nicht immer ganz vermeiden lassen. Insbesondere wird auf das Recht der Nothilfe zurückzugreifen sein, wenn es unbefugte Eindringlinge abzuwehren gilt 1 2 5 . Die Instrumentalisierung der Notrechte zum Zwecke der Gefahrenabwehr wird bei den Aktivitäten professioneller Sicherheitskräfte besonders deutlich.

C. Eingriffsbefugnisse auf vertraglicher Grundlage Eingriffsbefugnisse zum Zwecke der Gefahrenabwehr können auch vertraglich begründet werden. Dies geschieht etwa, wenn sich Arbeitnehmer einer internen Aufsicht und Kontrolle unterwerfen; die Aufsicht wird in einem solchen Fall regelmäßig durch einen betrieblichen Werkschutz ausgeübt werden 1 2 6 . Auch aus einer privaten Hausordnung können sich Eingriffsbefugnisse ι 2 3 Vgl. dazu Frotscher, DVB1. 1976, 703; Knemeyer, W D S t R L 35 (1977), 249ff.; Martens, JuS 1962, 245ff.; ders., D Ö V 1982, 97f.; Wahl, JuS 1984, 578f. 124 Vgl. besonders Hammacher, Die Neue Polizei 1980, 259ff.; Hoffmann-Riem, ZRP 1977, 277ff.; Lukes, ET 1975, 23ff., sowie unten S. 55ff. 125 So auch explizit Hammacher, Die Neue Polizei 1980, S. 261 f.

D. Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte Dritter

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ergeben. Solche vertraglich begründeten Rechte zum Einschreiten bei Gefahren sind verfassungsrechtlich unbedenklich und daher nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit.

D . Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte Dritter In weitem Umfang nehmen Private Aufgaben der Gefahrenabwehr wahr, ohne zugleich zu Eingriffen in die Rechte Dritter berechtigt zu sein. Vielfach sind sie zu solchen Aktivitäten gesetzlich verpflichtet; sie erfolgen jedoch häufig auch freiwillig. L Die polizeiliche Störerhaftung Die Verpflichtung Privater zur Gefahrenabwehr ergibt sich in ihrer allgemeinsten Form aus den Bestimmungen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts über die polizeiliche Verantwortlichkeit von Personen. Jeder Bürger ist zur Beseitigung der von ihm verursachten oder von seinem Eigentum oder Besitz ausgehenden Gefahr verpflichtet, sofern dies ihm mit zumutbaren Mitteln möglich ist. Daß auch die Störer selbst als Personen verstanden werden, die Gefahren abzuwehren haben, mag überraschen. Im allgemeinen verbindet man mit Gefahrenabwehr die Tätigkeit desjenigen, der den Störer zur Beseitigung der Störung oder der Gefahr anhält, nicht aber die Beseitigung der Gefahr durch den Störer selbst 127 . Eine solche terminologische Eingrenzung mag auch berechtigt sein, sofern der Störer erst auf hoheitliche Anordnung hin tätig wird. Seine Stellung ist dann keine selbständige mehr; er handelt nur noch in Ausführung einer Weisung, die nach den Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts inhaltlich genau bestimmt sein muß 1 2 8 . Ist eine polizeiliche Anordnung ergangen, so bleibt für die Willensbildung des Störers kein Raum mehr. Er kann lediglich die Anwendung eines anderen Mittels zur Gefahrenabwehr vorschlagen. Deshalb ist es richtig, von eigenständiger Gefahrenabwehr in einem solchen Fall nicht zu sprechen. Die Verpflichtung des Störers zur Beseitigung der Gefahr ist aber von einer hoheitlichen Anordnung nicht abhängig. Es wird vielmehr durch eine solche Anordnung lediglich die ohnehin bestehende Verpflichtung des Störers aktua126 127 128

ebd., S. 261 f. Vgl. jedoch zutreffend Peters, Festschrift Nipperdey, Band 2, S. 895. Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr Bd. 1, S. 205ff.

Vgl.

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

lisiert und konkretisiert 129 . Dem steht nicht entgegen, daß der Polizei Ermessen sowohl bei der Auswahl unter mehreren Störern als auch in der Frage des Einschreitens überhaupt zukommt. Polizeiliche Inanspruchnahme des Störers ist nur deshalb zulässig, weil dieser ohnehin verpflichtet ist, Maßnahmen zu ergreifen oder zu unterlassen, um die Gefahr abzuwehren. Wird er zur Erfüllung dieser Verpflichtung nach der ermessensfehlerfreien Entscheidung der Ordnungsbehörden oder der Polizei nicht angehalten, so ändert dies an seiner Verpflichtung nichts 130 . I I . Gefahrenvorsorge Der Gefahrenabwehr wird in der neueren Literatur vielfach die „Gefahrenvorsorge" gegenübergestellt 131. Damit sind diejenigen Maßnahmen gemeint, die bereits der Entstehung einer Gefahr vorbeugen sollen. Es handelt sich regelmäßig um technische oder personelle Sicherheitsvorkehrungen. Typische Maßnahmen der Gefahrenvorsorge in diesem Sinne sind Maßnahmen gegen die vom Betrieb ausgehenden Gefahren nach § 120 a GewO oder §§ 5 Nr. 1 BImSchG, 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG. Auch das Arbeitnehmerschutzrecht fordert in weitem Umfang Maßnahmen, die einer so bestimmten Gefahrenvorsorge zuzurechnen sind 132 . Ζ. T. sind besondere Beauftragte zur Überwachung der ordnungsgemäßen Gefahrenvorsorge zu bestellen 1323 . Die Begriffsbildung erscheint durchaus sinnvoll. Sie macht deutlich, daß Maßnahmen zur Gefahrenabwehr auf verschiedenen Stufen einzusetzen haben. Gefahrenvorsorge ist typischerweise dort anzutreffen, wo besonders wichtige Rechtsgüter auf dem Spiel stehen oder wo bei Eintritt der konkreten Gefahr wirksame Abwehrmaßnahmen voraussichtlich nicht mehr zur Verfügung stehen. 129 Vgl. Friauf, Festschrift Wacke, S. 293ff.; Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 127 Rn. 22; a. A . Wagner, Die Polizeipflicht von Hoheitsträgern, S. 24ff. 130 Hält man diese Argumentation nicht für zutreffend, so mag dies allenfalls ein Anlaß sein, erneut über das Opportunitätsprinzip im Polizei- und Ordnungsrecht nachzudenken. 131 Vgl. Bull, Die Staatsauf gaben nach dem Grundgesetz, S. 350; Friauf, in: v. Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 187; Götz, DVB1. 1975, 877; Marburger, Atomrechtliche Schadensvorsorge, S. 9ff.; Steiner, Staatliche Gefahrenvorsorge und technische Überwachung, S. 3ff.; v. Unruh, DVB1. 1972, 469ff.; umfassend zuletzt Ossenbühl, N V w Z 1986, 161 ff., der freilich auch Maßnahmen unterhalb der Gefahrenschwelle zur Gefahrenvorsorge rechnet; der Begriff „Gefahrenvorsorge" geht wohl auf Georg Roth, Die Gefahrenvorsorge im sozialen Rechtsstaat, zurück, wird von diesem jedoch in einem anderen Sinne gebraucht, vgl. Bull, S. 424. 132 Vgl. insbesondere §§ 11 ff. Arbeitsstoffverordnung vom 11.2.1982, BGBl. I, S. 145, sowie das Gerätesicherungsgesetz vom 24.6.1968, BGBl. I , S. 717. 132a Besonders hervorzuheben ist der Gewässerschutzbeauftragte nach §§ 21 äff. W H G ; zu diesem vgl. Köhler, ZfW 1976, 323ff.; allgemein zum Beauftragten in der Verwaltung Fuchs, „Beauftragte" in der öffentlichen Verwaltung, S. 58ff., 150ff.

D. Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte D r i t t e r 4 5

Zu unterscheiden ist die Gefahrenvorsorge von der Risikovorsorge, wie sie insbesondere § 5 Nr. 2 BImSchG vorsieht 133 . Zwischen Gefahrenabwehr und Gefahren Vorsorge besteht ein struktureller Unterschied nicht. Die Pflichten aus § 5 Nr. 1 BImSchG entsprechen der allgemeinen polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des Störers 134 . Gefahrenvorsorge ist daher nur eine besondere Form der Gefahrenabwehr 135 . Man könnte deshalb auch von „vorsorgender Gefahrenabwehr" sprechen. Bürger nehmen Aufgaben der Gefahrenabwehr wahr, wenn sie gesetzlich geforderte Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb gefährlicher Anlagen treffen. Mit der Risikovorsorge, wie sie insbesondere § 5 Nr. 2 BImSchG normiert, hat diese Form der Gefahrenabwehr nichts zu tun. Risiko Vorsorge ist keine Gefahrenabwehr. § 5 Nr. 2 BImSchG verpflichtet den Betreiber einer Anlage, Risiken vorzubeugen, die die Schwelle der Gefahr nicht erreichen, bezweckt nicht nur die Erhaltung des status quo, sondern auch eine Verbesserung der Umweltverhältnisse 136 . I I I . Hilfeleistungspflichten Anders als der Störer ist ein Nichtstörer, auch wenn er polizeilich in Anspruch genommen werden kann, von sich aus nicht zu irgendwelchen Aktivitäten verpflichtet, um eine Gefahr abzuwenden. Die entsprechende Verpflichtung ergibt sich vielmehr stets erst aus einer polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Ordnungsverfügung. Dies gilt nur dann nicht, wenn eine Pflicht zur Hilfeleistung nach § 323c StGB oder nach einer der spezialgesetzlichen Hilfeleistungspflichten besteht 137 . Die Hilfspflichten sind Sonderformen der Inanspruchnahme des Nichtstörers, bei denen lediglich höhere Anforderung an die Intensität der Gefahr gestellt werden. Die Hilfspflicht nach § 323 c StGB war dementsprechend ursprünglich ebenfalls noch von einer polizeilichen Aufforderung abhängig 138 . 133

Zur Differenzierung insbesondere Breuer, Wirtschaft und Verwaltung, 1981,

222ff. 134

So zutreffend Martens, DVB1. 1981, 598. Zur Regelung des § 5 Nr. 1 BImSchG daher zutreffend Breuer, WuV 1981,224f. ; Hansen-Dix, Die Gefahr im Polizeirecht, im Ordnungsrecht und im technischen Sicherheitsrecht, S. 83ff.; abweichend wohl Ossenbühl, N V w Z 1986,163. 136 Vgl Hansen-Dix, Die Gefahr, S. 205ff.; Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz, § 5 Rn. 25; Rengeling, Die immissionsschutzrechtliche Vorsorge, S. 64ff.; Schmölling / Mäder, GewArch. 1979. 49. 135

137

Vgl. zu diesen insbesondere Boge, Der Verwaltungshelfer im Polizeirecht, S. 21 ff. Sie betreffen vor allem die Hilfeleistung bei Sturmflut und Feuersbrunst; neben § 323 c StGB kommt ihnen praktische Bedeutung kaum zu. 138 So der frühere § 360 Nr. 10 StGB; vgl. dazu Boge, Der Verwaltungshelfer im Polizeirecht, S. 69f.; LK-Mösl, § 330c Rn. l f .

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

Inhaltlich unterscheiden sich die Hilfeleistungspflichten von den polizeirechtlichen Eingriffstatbeständen darin, daß nicht jede Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung genügt. Es muß vielmehr ein Unglücksfall oder eine aus sonstigen Gründen besonders schwerwiegende Gefahr vorliegen 139 . I V . Ärztlicher Notfalldienst Den Nothilfepflichten eng verwandt sind diejenigen Vorschriften, die eine Notfalldienstpflicht der niedergelassenen Ärzte begründen. Es handelt sich um Notfalldienstordnungen der Ärztekammern und der Kassenärztlichen Vereinigungen, die ihre Ermächtigungsgrundlage für den kassenärztlichen Bereich in § 368 Abs. 1 und 3 und § 368 Abs. 1 RVO, für den allgemeinen ärztlichen Bereich in landesrechtlichen Regelungen finden 140 . Die Verpflichtung zur Teilnahme am notärztlichen Dienst schließt die Pflicht zur Hilfeleistung in Gefahrensituationen ein. Sie geht aber über die einfache Hilfeleistungspflicht hinaus, da sie durch Bereitschaftsdienst die Voraussetzungen für ein schnelles Eingreifen in Notsituationen schafft. Gefahrenabwehr ist sowohl die Bereitschaft als auch die Hilfeleistung im Notfall; ob allerdings dem Notarzt während der bloßen Bereitschaft selbständige Entscheidungsbefugnisse zustehen, wird man bezweifeln können. V . Straßenreinigung Zu den Pflichten Privater im Rahmen der Gefahrenabwehr gehört auch die Pflicht zur Straßenreinigung, soweit sie von den Gemeinden auf die Anlieger übertragen wird, wie dies die Straßenreinigungsgesetze der Bundesländer durchweg zulassen141. Es wird in diesem Zusammenhang zwischen einer polizeilichen und verkehrsmäßigen Straßenreinigung unterschieden. Die polizeiliche Reinigung soll der allgemeinen Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dienen 142 , die verkehrsmäßige Reinigung dagegen allein der Auf139 Zum Verhältnis von § 323c StGB und der Inanspruchnahme des Nichtstörers vgl. auch Drews / Wacke / Martens, Gefahrenabwehr Bd. 2, S. 210ff. 1 40 Vgl. etwa §§ 24 Nr. 2, 25 Heilberufsgesetz NW vom 30.7.1975, GVB1. S. 520, sowie § 20 der Berufsordnung für die nordrhein-westfälischen Ärzte vom 30.4.1977, MB1. NW, S. 872; das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 9.6.1982, BVerwGE 65, 362, eingehend mit diesen Regelungen befaßt. 141 Vgl. bereits § 5 des Preußischen Wegereinigungsgesetzes vom 1.7.1872, GS, S. 186, zuletzt geändert durch V O vom 17.3.1933, GS, S. 43; zusammenfassend Ott, Die gemeindliche Straßenreinigung als Natural- und Geldlast, S. 53. ι « O V G Münster, O V G E 24, 42, 47; BVerwG, DVB1. 1961, 248, 249; Kodal / Krämer, Straßenrecht, S. 1243f.; Ott, Die gemeindliche Straßenreinigung als Natural- und Geldlast, S. 39ff.

D. Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte D r i t t e r 4 7

rechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs 143; hinsichtlich der verkehrsmäßigen Reinigung herrscht Streit, ob sie Teil der Straßenbaulast ist oder auf der Verkehrssicherungspflicht beruht 144 . Diese Differenzierung vermag indes nicht zu überzeugen. Auch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ist polizeiliches Schutzgut. Die Beseitigung von Schlamm oder Laub von der Straße, die als Beispiel für die verkehrsmäßige Reinigung genannt wird, dient durchaus der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Sinnvoll kann nur eine Abgrenzung gegen eine Reinigungspflicht sein, die bloß ästhetischen Zwecken dient. Vom äußeren Erscheinungsbild der Straße gehen regelmäßig keine Gefahren aus. Auch die sogenannte verkehrsmäßige Straßenreinigung ist daher - zumindest überwiegend - Erfüllung polizeilicher Aufgaben. Von der verkehrsmäßigen und der polizeimäßigen Reinigung wird teilweise noch eine situationsbedingte Reinigung unterschieden, zu der der Veranlasser verpflichtet ist. Dabei handelt es sich jedoch um einen Anwendungsfall der allgemeinen polizeilichen Verursacherhaftung 145 . V I . Eigenslcherungspflichten 1. Eigensicherung im Luftverkehrsrecht Zu den Aufgaben der Gefahrenabwehr, zu denen Private verpflichtet sind, ohne daß ihnen hoheitliche Befugnisse zur Erfüllung dieser Aufgaben verliehen würden, gehören auch die bereits in der Einleitung angesprochenen Eigensicherungspflichten 146. Der Unternehmer eines Verkehrsflughafens wendet Gefahren für die öffentliche Sicherheit ab, wenn er entsprechend seiner Verpflichtung aus § 19b Abs. 1 Nr. 4 LuftVG Luftfahrzeuge, die Gegenstand von Bedrohungen sind, auf Sicherheitspositionen verbringt und die Entladung sowie die Ver- und Entsorgung der Luftfahrzeuge durchführt. Auch der Luftfahrtunternehmer, der gemäß § 20a Abs. 1 Nr. 3 LuftVG Luftfahrzeuge, die Gegenstand von Bedrohungen sind und sich noch in Betrieb befinden, auf Sicherheitspositionen verbringt, wird zur Gefahrenabwehr tätig 1 4 7 . Ausdrücklich heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs, die

i « Vgl. Hurst, DVB1. 1963, 426; Kodal / Krämer, Straßenrecht, S. 1242. Vgl. dazu zusammenfassend Ott, Die gemeindliche Straßenreinigung als Naturalund Geldlast, S. 34ff. 1 45 Vgl. ebd., S. 73. 146 Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 19f., grenzt zutreffend Eigensicherungspflichten gegenüber den Aufgaben „staatlicher Gefahrenabwehr" ab. Die Zuordnung zu dem umfassenden Sachbereich Gefahrenabwehr wird damit nicht in Frage gestellt. Dieser geht über den Bereich der Staatsaufgaben hinaus; vgl. dazu auch unten S. 143ff. 144

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

Verbringung auf Sicherheitspositionen sei „aus Gründen einer gezielten Gefahrenabwehr" erforderlich 148 . Die Auslegung der zitierten Vorschriften bereitet Schwierigkeiten. Dabei geht es weniger um das „Verbringen auf Sicherheitspositionen"; es soll damit offenbar zum Ausdruck gebracht werden, daß die Flugzeuge etwa bei einer Bombendrohung zu einem Standort zu bringen sind, an dem im Falle einer Explosion Unbeteiligte nicht gefährdet werden. Durchaus unklar ist jedoch, was der Gesetzgeber in § 19b Abs. 1 Nr. 4 LuftVG mit der „Ver- und Entsorgung" der Luftfahrzeuge meint. Auch die Gesetzesmaterialien geben insoweit zur Auslegung nichts her. Womit sollte ein Flugzeug, das Gegenstand einer Bedrohung, insbesondere einer Bombendrohung ist, „versorgt" werden? Worauf soll sich die Entsorgung beziehen? Ist der Flughafenunternehmer verpflichtet, das Flugzeug auf Bomben hin zu durchsuchen, hat er es also von Bomben zu „entsorgen"? Ossenbühl, der die Vorschrift für verfassungswidrig hält, geht von einer solchen Auslegung aus und rechnet die Suche der Bombe bereits zur Entladung des Flugzeugs 149 . In der Tat dürfte allein eine solche Auslegung sachgerecht sein. Wird vom Flughafenunternehmer die Entladung und die Entsorgung des Flugzeugs verlangt, so muß dies auch die Entfernung derjenigen Gegenstände einschließen, von denen die Gefahr ausgeht. Für die Unternehmer von Verkehrsflughäfen bestehen die Pflichten aus § 19b Abs. 1 Nr. 4 LuftVG unmittelbar, bei Betreibern sonstiger Flugplätze bedarf es gemäß § 19b Abs. 2 LuftVG einer besonderen hoheitlichen Heranziehung, die im Ermessen der Aufsichtsbehörden steht. 2. Eigensicherung zur Vorsorge gegen rechtswidrige Angriffe Dritter Die bisher dargestellten Bestimmungen des Luftverkehrsgesetzes dürften insofern singulär sein, als sie Eigensicherungspflichten normieren, die an das Vorliegen einer konkreten Gefahr anknüpfen. Der Verpflichtete ist gehalten, auch erhebliche eigene Risiken zu übernehmen, um diese Gefahr abzuwenden. Daneben finden sich eine größere Zahl von Vorschriften, die im Sinne der oben bereits erörterten „vorsorgenden Gefahrenabwehr" 150 insbesondere 147 Die zitierten Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes sind noch nicht in Kraft getreten. Nach Art. 5 Abs. 2 des 9. Änderungsgesetzes zum Luftverkehrsgesetz vom 18.9.1980, BGBl. I , 1729, treten sie erst zu dem Zeitpunkt in Kraft, der in der nach § 32 Abs. 2 a LuftVG noch zu erlassenden Rechtsverordnung bestimmt ist. 148 BT-Drucks. 8/3431, S. 17; zur Zuordnung der in § 19b Abs. 1 Nr. 4, § 20a Abs. 1 Nr. 4 normierten Eigensicherungspflichten zum Sachbereich Gefahrenabwehr vgl. auch eingehend Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 17ff. 149

Vgl. Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 21 f., 45. 150 Ygi oben S. 44f.; anders als in den oben behandelten Fällen geht es an dieser Stelle freilich um Gefahren, die von der Anlage nur deshalb ausgehen, weil Unbefugte diese zum Objekt rechtswidriger Aktionen machen.

D. Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte D r i t t e r 4 9

von Betreibern gefährlicher Anlagen vorbeugende Maßnahmen zur Eigensicherung gegen rechtswidrige Angriffe Dritter verlangen. Der Betreiber eines Kernkraftwerks hat gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG Vorsorge gegen Störungen Dritter zu treffen 151 , Betreiber von Anlagen, die in den Anwendungsbereich der Störfallverordnung fallen, haben sicherheitstechnisch bedeutsame Anlagenteile gemäß § 4 Nr. 5 der 12. BImSchV vor Eingriffen Dritter zu schützen 152 . Die notwendigen Schutzmaßnahmen sollen bis zu einer Bewaffnung des dafür vorgesehenen Personals gehen 153 . Darüber hinaus finden sich in einigen Gesetzen Regelungen, die bestimmte Personen verpflichten, anderen den Zugang zu bestimmten Anlagen oder Bereichen zu verwehren und geeignete Vorkehrungen gegen den Zutritt Unbefugter zu treffen 154 . Allgemeiner werden teilweise auch einfach „Sicherungsmaßnahmen" bei bestimmten Tätigkeiten, so bei der Abfertigung von Fluggästen und Wachgütern 155 oder allgemein beim Betrieb von Gewerbebetrieben 156 verlangt 157 . Die schwächste Ausprägung der Eigensicherungspflichten enthalten die Vorschriften über bloß technisch-mechanische Sicherheitsvorkehrungen gegen Eingriffe Dritter, wie sie sich etwa im Waffenrecht finden 158 . Während die im Luftverkehrsgesetz vorgeschriebenen Maßnahmen bei Bedrohung von Luftfahrzeugen ohnehin nur unter Einsatz eigenen oder besonders dazu engagierten Personals möglich sind und auch die Eigensicherung nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG und § 4 Nr. 5 der 12. BImSchV häufig personellen Einsatz verlangt, ist ein persönliches Risiko ganz ausgeschlossen. Es liegt deshalb durchaus nahe, dem Eigentümer gefährlicher Gegenstände oder dem Betreiber einer gefährlichen Anlage die Herstellung technischer Sicherheitsvorkehrungen aufzugeben. Der herkömmliche Aufgabenbereich der Polizei wird - anders als bei der Forderung nach persönlichem Einsatz, der häufig die Einrichtung eines Werkschutzes erforderlich macht 159 - , nicht berührt. 151

Vgl. dazu Lukes, ET 1975, 23ff.; Fischerhoff, Atomgesetz, § 7 Rn. 19. Dazu Schäfer, Störfallverordnung, § 4 Rn. 18. 153 So Fischerhoff, Atomgesetz, § 7, Rn. 19. 154 § 19b Abs. 1 Nr. 3, 20a Abs. 1 Nr. 3 LuftVG, § 6 Abs. 1 BDSG. 155 § 20a Abs. 1 Nr. 1 LuftVG. 156 § 120a Abs. 1 GewO. ι 5 7 § 120a GewO hat primär die Vorsorge gegen interne, nicht gegen von außen kommende Gefahren im Auge und ist deshalb wohl in erster Linie dem Sachbereich Störerhaftung zuzurechnen; die Vorschrift ist insoweit nicht eindeutig. 158 § 42 WaffG; vgl. auch § 9 Abs. 3 Apothekenbetriebsverordnung, zuletzt geändert durch V O vom 19.8.1974, BGBl. I, S. 2060; § 17 Sprengstoffgesetz; § 19b Abs. 1 Nr. 1 LuftVG; § 14 Abs. 1 StVO; § 6 Abs. 2 Nr. 4 AtomG; freilich verlangen etwa Potrykus / Steindorf die Bewachung eines Waffengewerbebetriebes durch eine Wachund Schließgesellschaft, vgl. Potrykus / Steindorf, Waffenrecht, § 42 Anm. 2. 159 Vgl. dazu auch Lukes, ET 1975, 24ff. 152

4 Bracher

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

3. Eigensicherung und polizeirechtliche

Verantwortlichkeit

Schwierigkeiten bereitet die Bestimmung des Verhältnisses der Eigensicherungspflichten zur polizeilichen Verantwortlichkeit des Störers. Der BadenWürttembergische Verwaltungsgerichtshof hat in einer vom Bundesverwaltungsgericht inzwischen aufgehobenen Entscheidung angenommen, die auf § 29 Abs. 1 S. 2 LuftVG gestützte aufsichtsbehördliche Anordnung, Einrichtungen eines Flughafens durch Einzäunung und Personenkontrollen zu schützen, sei deshalb zulässig, weil der Betreiber des Flughafens für rechtswidrige, insbesondere terroristische Angriffe, durch die das Leben der Benutzer gefährdet werde, als Zustandsstörer hafte. Die Eigensicherungspflicht ergebe sich also aus der polizeilichen Zustandshaftung. Zur Begründung weist der Gerichtshof darauf hin, daß der Flughafenträger seine Verkehrssicherungspflicht verletze, wenn er auf Schutzmaßnahmen verzichte. Auch müsse ohne eigene Maßnahmen des Flughafenträgers, die das Eindringen Unbefugter in sicherheitsempfindliche Bereiche nachhaltig erschweren, die polizeiliche Überwachung weitgehend wirkungslos bleiben. Zu den erforderlichen baulichen und organisatorischen Maßnahmen seien die staatlichen Behörden ohnehin nicht befugt. Verzichte der Flughafenträger auf notwendige Sicherungsmaßnahmen, so erleichtere er terroristische Anschläge und fordere sie heraus. Er löse damit die Gefahr terroristischer Anschläge mit aus. Terroristen seien zwar ebenfalls Störer; sie knüpften jedoch nur an den vom Flughafenträger verursachten Zustand an und führten die Ursachenkette zu Ende 1 6 0 . Die praktische Bedeutung der Auffassung des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs und der ihm folgenden Autoren besteht vor allem darin, daß sie es ermöglicht, Eigensicherungspflichten gegen rechtswidrige Angriffe Dritter ohne Rücksicht auf spezialgesetzliche Normierungen aus der allgemeinen Zustandhaftung zu begründen. Es wird im Folgenden zu zeigen sein, daß verfassungsrechtliche Bedenken bereits gegen die spezialgesetzliche Normierung derartiger Eigensicherungspflichten bestehen. Diese Bedenken

160 V G H Mannheim, DVB1. 1983, 41 = JZ 1983, 102 mit zustimmender Anmerkung Karpen; zustimmend auch Götz, N V w Z 1984, 214. Der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof sah sich zu diesen Erwägungen veranlaßt durch die Annahme, der Flughafenträger dürfe nicht zur Abwehr solcher Gefahren herangezogen werden, die ausschließlich von anderen verursacht werden. Dies sei mit den Grundrechten der Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG „ersichtlich unvereinbar"; kritisch zu diesem Ausgangspunkt Götz, N V w Z 1984, 214. Im übrigen ist die Entscheidung des BadenWürttembergischen Verwaltungsgerichtshofs in der Literatur durchaus positiv aufgenommen worden, vgl. neben Götz und Karpen auch Pietzcker, DVB1. 1984, 463. Das Urteil des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs ist durch Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 4.10.1985, DVB1. 1986, 360 mit zustimmender Anmerkung Schwenke, inzwischen aufgehoben worden.

D. Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte Dritter

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müssen sich auch gegen die Begründung von Eigensicherungspflichten aus der allgemeinen Zustandshaftung richten. Freilich ist schon auf der Ebene des einfachen Rechts die Ausgangsthese zu problematisieren, der Besitzer oder Eigentümer einer Sache müsse diese gegen rechtswidrige Angriffe Dritter im öffentlichen Interesse schützen. Eine solche Verpflichtung ist bis zur Entscheidung des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs in der Literatur nicht vertreten worden 161 . Es ist hier allerdings nicht der Ort für eine vertiefte Untersuchung der polizeilichen Störerhaftung. Hervorgehoben sei nur folgendes: Der Betreiber einer Anlage, die potentielles Objekt rechtswidriger Angriffe ist, verursacht die mit einem solchen Angriff verbundene Gefahr nicht unmittelbar. Er ermöglicht lediglich die Herbeiführung einer Gefahr, indem er das Instrument schafft oder unterhält, mit dem die Gefährdung zu verwirklichen ist. Mit dem von der Rechtsprechung ständig vertretenen Zurechnungskriterium der unmittelbaren Verursachung 162 ist die Verantwortlichkeit des Betreibers daher nicht zu begründen 162a . Freilich ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß die Unmittelbarkeitslehre keine zutreffende Lösung für alle Fälle bietet, daß vielmehr eine wertende Betrachtung die Zurechnung ausnahmsweise auch in solchen Fällen verlangen kann, in denen es an einer unmittelbaren Verursachung fehlt. Bekanntestes Beispiel ist die Verantwortlichkeit des Zweckveranlassers 163. Die Notwendigkeit einer Ergänzung des Unmittelbarkeitskriteriums durch wertende Elemente wird darüber hinaus dort besonders deutlich, wo in der Rechtsprechung eine Zurechnung mit Hilfe der Denkfigur des latenten Störers vorgenommen wurde 164 . 161 Ablehnend insbesondere Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 18, 26; Schiller / Drettmann, DVB1. 1977, 957. Soweit Hoffmann-Riem, ZRP 1977, 280f., die Rechtsfigur des „Risikoveranlassers" als Fortbildung des Zweckveranlassers zur Diskussion stellt, handelt es sich offenbar um Überlegungen de lege ferenda. Der „Risikoveranlasser" soll nur zu finanziellen Leistungen herangezogen, nicht aber selbst mit der Abwehr von Störern betraut werden. 162 Das Kriterium wird sowohl bei der Verhaltenshaftung als auch bei der Zustandshaftung angewandt, vgl. PrOVGE 89, 238, 241; O V G Münster, O V G E 5, 185, 187; O V G Münster, OVGE 11, 250, 251; Drews / Wacke / Martens, Gefahrenabwehr Bd. 2, S. 173; Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 127 I 2. Über die Frage, ob mit der Unmittelbarkeitslehre ein angemessenes Zurechnungskriterium gewonnen ist, herrscht seit langem Streit. Neben der Unmittelbarkeitslehre werden insbesondere die sog. Adäquanztheorie und die Theorie der rechtswidrigen Verursachung vertreten. Die verschiedenen Theorien unterscheiden sich freilich weniger in den Ergebnissen als in der dogmatischen Begründung der Verantwortlichkeit; vgl. zusammenfassend etwa Erichsen, W D S t R L 35 (1977), 201 ff.; Gantner, Verursachung und Zurechnung im Recht der Gefahrenabwehr; Pietzcker, DVB1. 1984, 457ff. i62a Auf die fehlende Unmittelbarkeit der Verursachung hebt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Revisionsurteil vom 4.10.1985, DVB1. 1986, 360, vornehmlich ab. 163 Vgl. dazu PrOVGE 85, 270; Drews / Wacke / Martens, Gefahrenabwehr Bd. 2, S. 195.

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

Die Maßstäbe, an denen eine solch wertende Betrachtung sich zu orientieren hat, sind dem Zweck der polizeilichen Generalklausel zu entnehmen. Diese enthält eine allgemeine Nichtstörungspflicht, also eine allgemeine Verpflichtung des Bürgers, eine Gefährdung anderer durch sein Verhalten oder durch den Zustand seines Eigentums zu vermeiden 165 . Diese Nichtstörungspflicht ist allerdings nicht unbegrenzt, sondern wird durch die in der allgemeinen Rechtsordnung begründeten Rechte und Pflichten inhaltlich präzisiert und ergänzt. Im Kern geht es, wie Pietzcker kürzlich herausgearbeitet hat, um die Bestimmung der Grenzen zwischen rechtlich geschützter Freiheitsausübung und Störung der Freiheitsausübung anderer auf der Basis der allgemeinen Nichtstörungspflicht und der in besonderen Vorschriften begründeten Rechte und Pflichten 166 . Die von ihm befürwortete Abgrenzung nach „Pflichtwidrigkeit und Risikosphäre" deckt die maßgeblichen Wertungskriterien zutreffend auf 167 . Nach diesen Maßstäben schließt die eigne Gefährdung durch rechtswidrige Angriffe Dritter eine polizeiliche Verantwortlichkeit für die Folgen solcher Angriffe nicht von vornherein notwendig aus. Wird eine Gefahr dadurch verursacht, daß sich jemand einer gefährlichen Anlage oder Sache zu weiteren Angriffen bedient, so kommt auch der Eigentümer der Sache bzw. Betreiber der Anlage als Störer in Betracht, obwohl der Angriff sich gerade auch gegen ihn richtet 168 . Dies setzt allerdings voraus, daß neben dem unbefugten Angreifer dem Betreiber der Anlage ebenfalls eine Pflichtwidrigkeit vorzuwerfen ist, daß er ebenfalls durch Begründung von Gefahren die Grenzen rechtlich geschützter Freiheitsausübung überschritten hat. Es ist also die Frage zu stellen, inwieweit sich der Bürger bei Ausübung seiner Freiheit auf rechtswidrige Aktivitäten anderer einzustellen und solchen Aktivitäten entgegenzuwirken hat. Die Antwort auf diese Frage hängt wiederum wesentlich davon ab, in welchem Maße die Rechtsordnung dem Bürger Vertrauen in die Rechtmäßigkeit des Verhaltens seiner Mitbürger zubilligt, inwieweit sie umgekehrt vom Bürger verlangt, daß er - gerade im Drittinteresse - seinen Mitbürgern mißtraut.

164 Zum latenten Störer vgl. etwa O V G Münster, O V G E 11, 250; O V G Lüneburg, O V G E 14, 396; Friauf, DVB1. 1971, 713; Pietzcker, DVB1. 1984, 463f. 165 Vgl. Gantner, Verursachung und Zurechnung im Recht der Gefahrenabwehr, S. 10,129; Pietzcker, DVB1. 1984, 459; abweichend Hurst, A ö R 83 (1958), 65. 166 Pietzcker, DVB1. 1984, 459f. 167 Der Pflichtwidrigkeitsmaßstab liegt auch den sogenannten Rechtswidrigkeitslehren zugrunde; vgl. Erichsen, W D S t R L 35 (1977), 205f.; Schnur, DVB1. 1962, Iff. Pietzcker hat freilich zutreffend daraufhingewiesen, daß mangels spezieller Verhaltensnormen das Rechtswidrigkeitskriterium gerade in den kritischen Fällen nicht weiterhilft, vgl. Pietzcker, DVB1. 1984, 459f. 168 Zutreffend Pietzcker, DVB1. 1984, S. 462f.; insofern bedarf die Konzeption von Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, S. 100, der Modifikation.

D. Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte D r i t t e r 5 3

Diese Beurteilung erfordert sicherlich eine sorgfältige Differenzierung. Fest steht, daß im Grundsatz Basis einer rechtlichen Ordnung der Gesellschaft nicht gegenseitiges Mißtrauen, sondern nur gegenseitiges Vertrauen sein kann. Der allgemeinen Nichtstörungspflicht, wie sie sich aus der polizeirechtlichen Generalklausel ergibt, ist insbesondere eine gegenteilige Wertung nicht zu entnehmen. Der Bürger darf daher regelmäßig darauf vertrauen, daß seine Mitbürger sich auch durch ihr eignes Verhalten bemühen, Dritte nicht zu gefährden. Betreibt er deshalb etwa eine Anlage in der Weise, daß ohne rechtswidrige Störmanöver Unbefugter es zu Gefährdungen Dritten nicht kommen kann, so liegt eine Verletzung der allgemeinen Nichtstörungspflicht regelmäßig nicht vor. Differenzierungskriterium muß deshalb vornehmlich Form und Intensität des rechtswidrigen Verhaltens sein, gegen das Vorsorge zu treffen ist, oder dem - nach Eintritt einer konkreten Gefahr - entgegengewirkt werden soll bzw. dessen Folgen abgewendet werden sollen. So kann es beispielsweise dazu kommen, daß versehentlich ein Bürger unbefugt das Gelände einer gefährlichen Anlage betritt und dort erhebliche Gefahren verursacht, weil Verbotsschilder in ausreichender Zahl oder ein Zaun fehlen. Durch ein solches Verhalten - mag es auch rechtswidrig sein - wird das gegenseitige Vertrauen der Bürger in die Rechtmäßigkeit ihres Verhaltens und die Achtung der Rechte anderer nicht ernsthaft in Frage gestellt. Anders ist dagegen der gezielte Angriff auf eine gefährliche Anlage zu bewerten, durch den sich der Angreifer bewußt über die Rechtsordnung hinwegsetzt und der gerade zu Gefahren für Dritte führen soll. Versehentliche Rechtsverletzungen können trotz ihrer Rechtswidrigkeit in gewissem Umfang noch als sozialtypische Verhaltensweisen qualifiziert werden 169 . Folgen solch sozialtypischer Verhaltensweisen können der Risikosphäre einer gefährlichen Anlage zugeordnet werden. Vorsorge gegen solche Verhaltensweisen kann daher vom Betreiber einer Anlage, sofern von ihnen wesentliche Gefahren ausgehen können, erwartet werden. Demgegenüber setzt sich der rechtswidrig handelnde Störer, der es bewußt auf die Verursachung von Gefahren abgesehen hat, über den Grundkonsens des Bemühens um rechtmäßiges Handeln, auf dem die rechtliche Ordnung der Gesellschaft aufbaut, hinweg. Ein solches Verhalten ist daher dem Anlagenbetreiber keinesfalls zuzurechnen. Daher wird man zwar die Verpflichtung zur Eigensicherung durch Errichtung eines Zauns, nicht aber durch intensive Kontroll- und Bewachungsmaßnahmen unter Einsatz von Personal aus der polizeilichen Generalklausel begründen können. Auch bietet die Generalklausel keine Grundlage, aktive Maßnahmen zur Abwehr konkreter Gefahren, die durch Dritte gezielt herbeigeführt worden sind, vom Betreiber der Anlage zu verlangen. Aus diesem Grunde sind insbesondere die Eigensiche169 Dabei wäre möglicherweise zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit zu differenzieren.

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

rungspflichten nach §§ 19 b Abs. 1 Nr. 4 und 20 a Abs. 1 Nr. 4 LuftVG nicht Ausfluß der allgemeinen polizeirechtlichen Verantwortlichkeit 170 . Dieses Ergebnis wird bestätigt, wenn man mit dem Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshof die zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflichten zur Bestimmung der polizeilichen Verantwortlichkeit heranzieht 171 . Gegen ein solches Vorgehen bestehen an sich Bedenken. Es besteht nämlich ein wesentlicher Unterschied zwischen den Verkehrssicherungspflichten und den Eigensicherungspflichten darin, daß erstere ausschließlich durch eine altruistische Zielrichtung gekennzeichnet sind, letztere dagegen den Drittschutz auf dem Weg über den Selbstschutz zu verwirklichen suchen. Aber auch unabhängig davon läßt sich aus den Verkehrssicherungspflichten eine weitergehende Verantwortlichkeit nicht begründen. Inhalt der Verkehrssicherungspflichten ist vornehmlich die Vorsorge gegen solche Schäden, die bei einer Tätigkeit eintreten, welche von dem Verantwortlichen selbst bezweckt wird. Es gilt dies vor allem für die wichtigen Fallgruppen der Eröffnung eines Verkehrs und die Produzentenhaftung 172 . Der Betreiber einer Anlage, zu der der Zutritt verboten ist, eröffnet keinen Verkehr, weil er unbefugte Eindringlinge nicht wünscht. Aber auch soweit die Verkehrssicherungspflichten Schutzmaßnahmen gegen solche Tätigkeiten erfordern, die der Verantwortliche nicht bezweckt, verlangen sie doch keine Vorsorge gegen rechtswidrige Aktivitäten Dritter. Die durch das Einwirken auf einen Verkehr begründete Verkehrssicherungspflicht 173 , die etwa den Bauunternehmer verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz von Passanten bei Arbeiten an einer Straße zu treffen, mag es allenfalls rechtfertigen, von dem Betreiber einer Anlage klare Hinweise auf das Zutrittsverbot, eventuell auch eine Einzäunung zu verlangen. Auch mit den sogenannten Verfolgungsfällen ist die Zurechnungsproblematik bei rechtswidrigen Angriffen Dritter nicht vergleichbar. In jenen Fällen werden einem Delinquenten Unfälle zugerechnet, die ein Verfolger erleidet, der sich zur Verfolgung herausgefordert sehen durfte 174 . Eine solche zurechenbare Herausforderung setzt rechtmäßiges Handeln des Verfolgers voraus. Auf rechtswidrige Angriffe sind die für die Zurechnung maßgeblichen Erwägungen nicht übertragbar.

170

So auch Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 18,25f. V G H Mannheim, JZ 1983, 102; ähnlich auch Pietzcker, DVB1. 1984, 459. Gegen eine Orientierung an den Verkehrssicherungspflichten spricht sich allerdings das Bundesverwaltungsgericht aus, vgl. BVerwG, DVB1. 1986, 360, 361 f.; zustimmend Schenke, DVB1. 1986, 363. 172 Vgl. dazu Β G H Z 5, 378, 380; 9, 379; 14, 83, 85; 34, 206, 209; Larenz, Schuldrecht Bd. 2, S. 613ff. 173 Vgl. dazu B G H , NJW 1960, 2096; Β G H Z 12, 124. 174 Vgl. B G H , NJW 1967, 639; Β G H Z 58, 162; 63, 189. 171

D. Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte Dritter

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V I I . Eigen- und Fremdsicherung auf privatrechtlicher Basis Die Verpflichtung zur Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr kann auch auf Zivilrecht beruhen. Aufgaben der Gefahrenabwehr können vertraglich übernommen werden. Sie ergeben sich darüber hinaus, insbesondere als Verkehrssicherungspflichten, aber auch aus dem Gesetz. Die Verkehrssicherungspflichten wurden oben bereits kurz angesprochen. Sie ergeben sich allgemein aus § 823 Abs. 1 B G B 1 7 5 . Darüber hinaus finden sich zahlreiche spezialgesetzliche Normierungen, die an dieser Stelle nicht im einzelnen darzustellen sind 176 . Maßgebliches Zurechnungskriterium ist stets die Schaffung oder Unterhaltung einer Gefahr. Zutreffend hat Pietzcker hervorgehoben, daß die Pflichten im Polizeirecht weiter reichen, weil es dort nicht nur um die generell im Verkehr zu beachtende Sorgfalt, sondern darüber hinaus um eine an Gefahrensphären orientierte Risikozurechnung geht 177 . Praktische Bedeutung kommt daher den Verkehrssicherungspflichten nicht zu durch die Begründung von Verpflichtungen zur Gefahrenabwehr, sondern lediglich durch die Begründung einer zivilrechtlichen Haftung 178 . Die vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten zur Begründung von Verpflichtungen zur Gefahrenabwehr sind durch das einfache Recht kaum begrenzt. In der Praxis erfolgt Gefahrenabwehr auf vertraglicher Basis regelmäßig durch Mitarbeiter eines betriebseigenen Werkschutzes oder eines privaten Sicherheitsdienstes. Sie ist in der Regel notwendiges Mittel zur Erfüllung gesetzlicher Eigensicherungspflichten, wird aber zumeist unabhängig von solchen Verpflichtungen praktiziert, weil sich aus der Sicht des Eigentümers besondere Sicherungsmaßnahmen als zweckmäßig erweisen. Veranlassung zur Unterhaltung eines Werkschutzes oder zur Beschäftigung eines privaten Sicherheitsdienstes können dem Eigentümer auch versicherungsvertragliche Obliegenheiten geben, die zur Gewährleistung des Versicherungsschutzes besondere Sicherungsmaßnahmen verlangen. In der verfassungsrechtlichen Untersuchung wird zwischen der staatlich veranlaßten und der freiwilligen, auf dem freien Entschluß des Eigentümers beruhenden Gefahrenabwehr auf vertraglicher Basis zu unterscheiden sein. Die staatliche Veranlassung kann nicht nur auf gesetzlichen Eigensicherungspflichten, sondern darüber hinaus auch darauf beruhen, daß Sicherheitsdien-

™ Vgl. die Nachw. in Fn. 172-174. 176 Vgl. etwa §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1, 62 Abs. 1 Nr. 8 LuftVO und dazu Grabherr, Z L W 1978, 175f.; Hofmann, Luftverkehrsgesetz, § 6 Rn. 29; ders., Luftverkehrsverordnungen, § 45 LuftVO Rn. 1. 1 77 Pietzcker, DVB1. 1984, 460. 178 Aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. der polizeirechtlichen Generalklausel läßt sich eine solche Haftung nicht begründen, da die Generalklausel mangels drittschützender Wirkung kein Schutzgesetz ist.

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

ste zur Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr in öffentlichen Einrichtungen vom Staat unmittelbar herangezogen werden. Von dieser Möglichkeit wird vielfach Gebrauch gemacht. In der Öffentlichkeit hat besondere Beachtung gefunden der Einsatz privater Sicherheitskräfte durch die Stadt München zur Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben in der Münchener U-Bahn und auf dem Gelände des Münchener Olympiaparks. Auch Sicherungsaufgaben in öffentlichen Forschungseinrichtungen, die als bevorzugtes Objekt von Terrorangriffen angesehen werden, werden häufig privaten Sicherheitsdiensten übertragen. Vorschriften auf der Ebene des einfachen Rechts, die das „Ob" der vertraglichen Übertragung von Sicherungsaufgaben auf Private ohne gleichzeitige Verleihung von Eingriffsbefugnissen, insbesondere der vertraglichen Übertragung auf professionelle Sicherheitskräfte regeln, gibt es nicht. Die Einsatzmöglichkeiten sind daher nach einfachem Recht prinzipiell unbegrenzt. Regelungen existieren lediglich über Art und Weise der Ausführung von Sicherungsaufgaben, etwa durch die Vorschriften des Waffenrechts, die die Bewaffnung begrenzen. Rahmenbedingungen für die Aktivitäten privater Sicherheitsdienste enthält darüber hinaus die Verordnung über das Bewachungsgewerbe vom 22.11.1963 179 . Diese sieht insbesondere die Verpflichtung vor, nur zuverlässige Personen zu beschäftigen, die der zuständigen Behörde zu melden sind (§ 5) 1 8 0 , und enthält weitgehende Aufzeichnungs- und Auskunftspflichten, die die behördliche Überwachung erleichtern sollen (§§ 11, 12). Gemäß § 34 a GewO ist der Betrieb eines gewerblichen Bewachungsunternehmens erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn der Bewerber die notwendige Zuverlässigkeit und die für den Betrieb notwendigen Mittel und Sicherheiten besitzt 181 . Für den betrieblichen Werkschutz fehlen derartige Bestimmungen 182 . Insoweit wird ein Regelungsbedarf vermutlich deshalb nicht gesehen, weil der Betriebsinhaber sich von der Zuverlässigkeit der bei ihm beschäftigten Sicherheitskräfte selbst überzeugen kann. Bei der Heranziehung eines privaten Sicherheitsdienstes besteht diese Möglichkeit jedenfalls in wesentlich geringe-

179

Neubekanntmachung in der Fassung vom 1.6.1976, BGBl. I S. 1341, geändert durch Verordnung vom 28.11.1979, BGBl. I S. 1986. 180 Nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften sind von der Behörde im Anschluß an die Meldung durch Einholung eines Strafregisterauszugs und weiterer Erkundigungen eigene Ermittlungen anzustellen; bei Unzuverlässigkeit ist die Beschäftigung auf Grund des Polizeigesetzes zu unterbinden; vgl. etwa Ziff. III.3. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des für das Bewachungsgewerbe geltenden Gewerberechts des Wirtschaftsministers Baden-Württemberg vom 23.5.1967, abgedruckt bei Landmann / Rohmer, Gewerbeordnung Bd. 2, Nr. 241; vgl. auch Lehmann, Die Neue Polizei, 1980, 266. 181 Vgl. auch dazu Lehmann, Die Neue Polizei, 1980, 265f. 182 Dazu kritisch Roßnagel, ZRP 1983, 61.

D. Gefahrenabwehr durch Private ohne Eingriffe in Rechte Dritter

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rem Maße. § 34 a GewO dürfte ebenso wie die Verordnung über das Bewachungsgewerbe dementsprechend vornehmlich dem Schutz des Auftraggebers, weniger dem Schutz Dritter vor Übergriffen dienen. Die praktische Bedeutung von Werkschutz und privaten Bewachungsdiensten ist erheblich. Nach einer Erhebung des Bundesinnenministers sollen im Jahre 1979 60 000 bis 70 000 Beschäftigte im privaten Bewachungsgewerbe tätig gewesen sein 183 . Die Aufgaben, mit denen sie betraut werden, erfassen das gesamte Spektrum der Abwehr rechtswidriger Angriffe - auch unter Einsatz von Schußwaffen. Die Aufgabenstellung wird im Einzelfall durch den Auftraggeber bzw. - beim privaten Werkschutz - durch den Arbeitgeber bestimmt. Neben dem Schutz fester Einrichtungen hat insbesondere der Schutz von gefährlichen Transporten wertvoller Güter große praktische Bedeutung. Die Rechtsordnung setzt, jedenfalls auf der Ebene des einfachen Rechts, weder der Aufgabenstellung noch der Organisation irgendwelche Grenzen 184 . Auch eine bestimmte Ausbildung wird nicht verlangt, wenn auch naturgemäß die Wirtschaft und insbesondere die Verbände sich um eine optimale Ausbildung bemühen 185 . Verfassungsrechtliche Bedenken wirft insbesondere die gewaltsame Durchsetzung von Aufgaben der Gefahrenabwehr durch professionelle Sicherheitskräfte unter Inanspruchnahme der privaten Notrechte auf 186 . Nach dem vertraglich übernommenen Auftrag mag es zuweilen sogar geboten sein, zur Erfüllung von Sicherungsaufgaben Gewalt einzusetzen, soweit dies die Notrechte zulassen. Es ist die Befürchtung geäußert worden, die privaten Sicherheitsdienste könnten sich - vor allem durch die ihnen zustehenden Notrechtsbefugnisse - zu polizeiähnlichen Machtpotentialen entwickeln, die die Einheit der Staatsgewalt in Frage stellen 187 . V I I I . Gefahrenabwehr durch technische Schutzmaßnahmen aus eigener Initiative Wesentlich stärker verbreitet als die vertragliche Verpflichtung besonderer Sicherheitskräfte ist der Selbstschutz durch technische Schutzmaßnahmen wie Zäune, Tresore und sonstige Hindernisse, die geeignet sind, Unbefugte fernzuhalten. Auch Alarmanlagen sowie die Haltung von Wachhunden gehören in diese Kategorie. Derartige Schutzeinrichtungen haben eine sehr weite Ver-

183

Lehmann, Die Neue Polizei, S. 265. Zu den vielfältigen Aufgaben und Organisationsformen des privaten Werkschutzes vgl. insbesondere Hammacher, Die Neue Polizei, 1980, 259ff. 185 Vgl. auch dazu ebd., S. 262f. 186 Vgl. dazu bereits oben S. 42. 1 87 Vgl. Hoffmann-Riem, ZRP 1977, 278f. 184

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Teil 2: Formen der Gefahrenabwehr durch Private

breitung gefunden. Das einfache Recht sieht Beschränkungen nicht vor. Daß insbesondere mit der Hundehaltung dennoch erhebliche Gefahren für Dritte verbunden sein können, ist allgemein bekannt. Sie sind erst kürzlich von Artzt eingehend geschildert worden 188 . I X . Hilfeleistungen Privater ohne staatliche Veranlassung Nur unter besonderen Voraussetzungen sind Bürger gemäß § 323 c StGB und einigen Spezialvorschriften verpflichtet, anderen in Gefahrensituationen Hilfe zu leisten 189 . Soweit solche Verpflichtungen nicht bestehen, werden sie durch den Staat an entsprechenden altruistischen Aktivitäten nicht gehindert. Es haben sich daher eine Reihe von Organisationen gebildet, die die Hilfe in Notsituationen zu ihrer Hauptaufgabe gemacht haben. Zu ihnen gehören Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter Samariterbund, die Johanniter Unfallhilfe, der Malteserhilfsdienst, Bergwacht, Wasserwacht, Deutsche Lebensrettungsgesellschaft 190.

188 Nach Arzt, Der Ruf nach Recht und Ordnung, bedürfen (1976) in der Stadt New York etwa 38 000 Hundebisse jährlich ärztlicher Behandlung. !89 Vgl. dazu oben S. 45f. 190 Vgl. auch die zusammenfassende Darstellung bei Drews / Wacke, Gefahrenabwehr, 7. Aufl. 1961, S. 490ff.

TEIL 3

Verfassungsrechtliche Untersuchung Sieht man die Literatur auf Ansätze zur Lösung der verfassungsrechtlichen Problematik der Übertragung bzw. Überlassung von Aufgaben der Gefahrenabwehr an Private durch, so trifft man auf mehrere, sich teilweise überschneidende Argumentationsfiguren. Häufig findet sich die Aussage, Gefahrenabwehr sei eine Staatsaufgabe, und zwar eine notwendige Staatsaufgabe 191. Daraus werden zum Teil unmittelbar, vor allem jedoch in Verbindung mit anderen Bestimmungen des Grundgesetzes Folgerungen zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Übertragung und Überlassung solcher Aufgaben an Private gezogen. Soweit man sich auf konkrete Verfassungsbestimmungen stützt, lassen sich vor allem drei Ansätze unterscheiden. Von den meisten Autoren wird Art. 33 Abs. 4 GG als Maßstab genannt 192 . Dies geschieht vor allem in der Diskussion um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beleihung, sei es, daß sie als Übertragung staatlicher Aufgaben oder von Hoheitsbefugnissen auf Private definiert wird 1 9 3 . Andere halten es für richtiger, unmittelbar auf die verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien des Art. 20 GG zurückzugreifen. So werden vor allem das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip zur Bestimmung der Schranken der Übertragung öffentlicher Aufgaben auf Private herangezogen 194. Bereits aus der in Art. 20 Abs. 1 GG zum Ausdruck gebrachten Staatlichkeit der Bundesrepublik sollen

191

Friauf, in: v. Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 186; Greifeid, D Ö V 1981, 902; Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 46; Schick, D Ö V 1962, 932; vgl. auch Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 168; Vogel, Diskussionsbeitrag, W D S t R L 35 (1977), S. 305; kritisch Heyen, Das staatstheoretische und rechtstheoretische Problem des Beliehenen, S. 54; differenzierend offenbar Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr Bd. 1, S. l f . 192 Vgl. aus der umfangreichen Literatur etwa Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, S. 215; Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 73f.; Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, S. 54; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht Bd. 1, S. 544; Leisner, A ö R 93 (1968), 185; Ossenbühl, W D S t R L 29 (1971), 161. 193 Vgl. dazu bereits oben Fn. 96, 99. 194 Vgl. etwa Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 76ff.; Ossenbühl, W D S t R L 29 (1971), 159f., 164f.; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 261 ff.

Teil 3: Verfassungsrechtliche Untersuchung

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sich Grenzen ergeben 195 . Flankiert werden diese beiden Ansätze von einem dritten Aspekt. Neben der staatlichen Perspektive sind die Grundrechte der Bürger in den Blick zu nehmen. Diese kommen einerseits als Schranken gegen die Auferlegung von Pflichten zur Gefahrenabwehr in Betracht 196 , zum anderen können sich aus ihnen Schutzansprüche gegen den Staat auf Abwehr von Gefahren ergeben 197 ' 198 . Wenn auch der Schwerpunkt der literarischen Diskussion die Beleihungsproblematik betrifft, sind die in der Literatur entwickelten Argumentationsansätze doch auch für die Problematik der Gefahrenabwehr durch Private ohne ausdrückliche hoheitliche Zuweisung dieser Aufgabe als einer staatlichen Aufgabe, insbesondere auch ohne gleichzeitige Übertragung hoheitlicher Eingriffsbefugnisse fruchtbar zu machen. Die grundrechtlichen Abwehransprüche gegen die Inanspruchnahme zur Erledigung von Aufgaben der Gefahrenabwehr betreffen natürlich allein das besondere Problem der Verpflichtung zur Gefahrenabwehr. Die übrigen verfassungsrechtlichen Ansätze sind dagegen inhaltlich weitgehend gleichgerichtet. Sie bezeichnen verschiedene Aspekte desselben Problems, ergänzen sich möglicherweise sogar zu einem einheitlichen Prinzip. Man könnte methodisch so vorgehen, daß man den Versuch unternimmt, aus dem Zusammenwirken der genannten Verfassungsprinzipien, insbesondere auch unter Rückgriff auf historische Entwicklungen ein solches Prinzip zu formulieren, das dann auf die verschiedenen Fallgruppen der Gefahrenab195

So Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr Bd. 1, S. 2. Vgl. dazu unten Abschnitt D. 197 Vgl. dazu zusammenfassend insbesondere Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 34ff. 198 In der Literatur finden sich darüber hinaus weitere Argumentationsansätze, die sich zu Recht nicht durchgesetzt haben und deshalb auch im folgenden nicht zu vertiefen sind. So hat beispielsweise Reuß den Versuch unternommen, aus den Kompetenznormen der Art. 83 ff. GG ein allgemeines Verbot der Delegation von obrigkeitlicher Gewalt auf Rechtssubjekte des Privatrechts zu begründen, vgl. Reuß, DVB1. 1953, 685f.; ders., Die Organisation der Wirtschaft, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. 3, 1. Halbbd., S. 128ff.; ders. DVB1. 1976, 930. Dem ist zutreffend entgegengehalten worden, daß die Verwaltung i. S. der Kompetenznormen nicht notwendig in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen sich zu vollziehen braucht, daß die Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern eine Bestimmung der Organisationsform nicht beinhaltet; vgl. BVerfG, DVB1. 1983, 539, 54Iff.; BVerwG, Verw.Rspr. 28, 214, 220; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht Bd. 1, S. 540ff.; Röttgen, JÖR 11 (1962), 290ff.; Ossenbühl, W D S t R L 29 (1971), S. 162f.; zuletzt Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 115ff., der freilich gewisse quantitative und qualitative Schranken für die Verwendung der privatrechtlichen Organisationsform den Kompetenznormen doch entnehmen möchte; so soll sich aus ihnen ergeben, daß in quantitativer Hinsicht die öffentlich-rechtliche Organisationsform die Regel zu sein habe, und es soll eine Privatisierung der in Art. 87ff. GG besonders angesprochenen Sachmaterien ausgeschlossen sein, sofern der Kern dieser Materien berührt werde; begründet werden diese Forderungen von Evers nicht. 196

Teil 3: Verfassungsrechtliche Untersuchung

wehr durch Private anzuwenden wäre. Ein solcher Weg erscheint jedoch mit Rücksicht auf die erheblichen Unterschiede, die zwischen den verschiedenen Formen der Gefahrenabwehr durch Private bestehen, nicht sinnvoll. Falls es möglich sein sollte, allgemeine Grundprinzipien für die Zulässigkeit der Übertragung und Überlassung von Aufgaben der Gefahrenabwehr auf Private aus der Verfassung zu entwickeln, so können diese jedenfalls nur aus einer sorgfältigen Analyse der einzelnen Formen der Gefahrenabwehr gewonnen werden. Auch die verfassungsrechtlichen Normen sind nicht vorab zu einem einheitlichen Prinzip zusammenzufassen; ihre Wirkungsweise ist vielmehr gesondert für die einzelnen Fallgestaltungen zu untersuchen. Ein für die verfassungsrechtliche Beurteilung besonders wichtiges Differenzierungskriterium ist die Form der Aufgabenerfüllung. Bei der Beleihung Privater mit hoheitlichen Befugnissen weicht der Staat lediglich durch die Wahl einer besonderen Organisation von der üblichen Erfüllung staatlicher Aufgaben ab; die Aufgabenwahrnehmung durch beliehene Private bleibt staatliche Verwaltung. Bei der Aufgabenübertragung und -Überlassung ohne gleichzeitige Verleihung hoheitlicher Befugnisse zieht sich der Staat weit stärker von der Aufgabenerledigung zurück. Sie wird in den Bereich des Privatrechts verlagert. Es leuchtet unmittelbar ein, daß dieser Unterschied sich auch in der verfassungsrechtlichen Beurteilung niederschlagen kann. Die Untersuchung wendet sich deshalb zunächst der Frage zu, welche verfassungsrechtlichen Schranken für die Übertragung von Aufgaben der Gefahrenabwehr auf Private dann gelten, wenn die Erfüllung dieser Aufgaben mit obrigkeitlichen Eingriffen in die Rechte anderer Bürger verbunden ist (Α.). Die Übertragung und Überlassung der Erfüllung solcher Aufgaben ohne Rücksicht auf damit verbundene Eingriffe wird anschließend behandelt, wobei die Untersuchung sich zunächst der schlicht-hoheitlichen Gefahrenabwehr (B.) und anschließend der Gefahrenabwehr in Formen des Privatrechts zuwendet (C.). Die besonderen grundrechtlichen Fragen der Verpflichtung zur Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr sind abschließend zu erörtern (D.). Die folgende, recht ausführliche Erörterung der obrigkeitlichen Gefahrenabwehr durch Private hat dabei nicht zuletzt den Zweck, verfassungsrechtliche Grundlagen zu erarbeiten, die dann auch in der anschließenden Untersuchung der Gefahrenabwehr in Formen des Privatrechts fruchtbar zu machen sind. Die Untersuchung kann dabei eine erschöpfende verfassungsrechtliche Analyse sämtlicher Fälle der Gefahrenabwehr durch Private selbstverständlich nicht leisten. Es geht allein um die Herausarbeitung der verfassungsrechtlichen Grundlinien, an denen die Prüfung im Einzelfall sich zu orientieren hat.

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Teil 3: Verfassungsrechtliche Untersuchung

A. Die obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch Private Obrigkeitliche Verwaltung ist nach Hans Julius Wolff Verwaltung, die „einseitig verbindlich regelnd, d. h. abstrakt oder konkret verbietend, gebietend, entscheidend, zwangsandrohend oder -anwendend in die Freiheitssphäre der Verwalteten" eingreift 199 . Die obrigkeitliche Verwaltung durch Private beruht durchweg auf einer Beleihung. Die Übertragung öffentlicher Gewalt ist der klassische Kernbereich des Instituts der Beleihung. Zahlreiche Autoren beschränken sogar den Beleihungsbegriff auf die Übertragung öffentlicher Gewalt, während andere eine Abgrenzung befürworten, die sich an den übertragenen Aufgaben orientiert, und darauf abheben, ob der Private staatliche Aufgaben wahrzunehmen hat 2 0 0 . Die verfassungsrechtliche Untersuchung kann unter diesen Umständen an die Überlegungen zur Zulässigkeit der Beleihung anknüpfen, die in Rechtsprechung und Literatur bisher entwickelt worden sind.

I. Art. 33 Abs. 4 GG Ansatzpunkt für die verfassungsrechtliche Untersuchung der obrigkeitlichen Gefahrenabwehr durch Private ist in erster Linie Art. 33 Abs. 4 GG. Auch die Literatur zur Beleihungsproblematik greift primär auf diese Bestimmung zurück 201 . 1. Zur Anwendbarkeit von Art. 33 Abs. 4 GG auf die obrigkeitliche Verwaltung durch Private Bestritten ist freilich bereits die Anwendbarkeit von Art. 33 Abs. 4 GG auf die obrigkeitliche Verwaltung durch Private und allgemein auf den Tatbestand der Beleihung. a) Einige Autoren meinen, Art. 33 Abs. 4 GG enthalte nur eine Aussage zu der Frage, welche Aufgaben innerhalb der öffentlichen Verwaltung von Berufsbeamten wahrgenommen werden müssen und also nicht Angestellten

199

Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht Bd. 1, S. 111. Vgl. dazu oben Fn. 96. 201 Vgl. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, S. 215; Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 73f.; Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, S. 54; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. 1, S. 544; Leisner, DVB1. 1978, 735; ders., A ö R 93 (1968), 185; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 260f.; ders., W D S t R L 29 (1971), 161; Peters/ Ossenbühl, Die Übertragung von öffentlich-rechtlichen Befugnissen auf die Sozialpartner, S. 43. 200

. Die o i t l i c h e Gefahrenabwehr durch Private

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oder Arbeitern überlassen werden dürfen; für das allgemeine Verhältnis von privater und staatlicher Aufgabenerfüllung gebe die Vorschrift nichts her 2 0 2 . aa) Nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift liegt diese Auffassung nicht fern. Aus der Entstehungsgeschichte läßt sich insbesondere belegen, daß Art. 33 Abs. 4 GG vor allem dem Schutz des Berufsbeamtentums dienen soll. Es ist deshalb auch heute unstreitig, daß mit den „Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen", nur die Berufsbeamten gemeint sind 203 . Die Überlegungen, die in den Beratungen des Parlamentarischen Rates zu der heutigen Fassung von Art. 33 Abs. 4 GG geführt haben, seien kurz skizziert. Der Hauptausschuß hatte noch die folgende Formulierung vorgeschlagen: „Dauernde Aufgaben in Ausübung öffentlicher Gewalt sind in der Regel Berufsbeamten zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen" (Art. 27 b des Entwurfs) 204 . Der Allgemeine Redaktionsausschuß ersetzte das Wort „Berufsbeamte" durch „Angehörige des öffentlichen Dienstes". In seiner Begründung heißt es, Angehörige des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stünden, seien „nach überlieferter Rechtsauffassung" Berufsbeamte. Die Formulierung des Hauptausschusses „Berufsbeamte, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen", enthielte einen Pleonasmus 205 . Allein diese sprachlichen Gründe sind verantwortlich dafür, daß in Art. 33 Abs. 4 nicht ausdrücklich von Berufsbeamten die Rede ist, obwohl allein diese gemeint sind. Damit wendet sich Art. 33 Abs. 4 GG nach der Konzeption des Gesetzgebers primär gegen die Übertragung „hoheitsrechtlicher Befugnisse" auf solche Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die nicht Berufsbeamte sind, sondern nur in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen, also auf Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst. Dies legt es nahe, die Vorschrift mit Ule und Bansch allein als Direktive für die verwaltungsinterne Personalpolitik zu verstehen. Soweit überhaupt eine Auseinandersetzung mit dieser Auffassung erfolgt, wird ihr mit einem argumentum a maiore ad minus begegnet. Wenn bestimmte Aufgaben oder Befugnisse nicht von Angestellten und Arbeitern des

202 Ule, Diskussionsbeitrag, W D S t R L 29 (1971), 269; Frank Bansch, Die Beleihung als verfassungsrechtliches Problem, S. 68f. 203 Vgl. v. Mangoldt / Klein, GG, Art. 33 Anm. V I . 2; Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 33 Rn. 39; Stern, Staatsrecht Bd. 1, S. 348; a. A . früher Wacke, Neues Beamtentum, S. 165,182. 2