Der Absolutismus - ein Mythos?: Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550-1700) 9783412314682, 3412060968, 9783412060961

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Der Absolutismus - ein Mythos?: Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550-1700)
 9783412314682, 3412060968, 9783412060961

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MÜNSTERSCHE HISTORISCHE FORSCHUNGEN Herausgegeben von Heinz Duchhardt, Peter Johanek, Frank Kämpfer, Hagen Keller, Hans Jürgen Teuteberg, Hans-Ulrich Thamer und Joachim Wollasch Band 9

Der Absolutismus - ein Mythos? Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550-1700)

herausgegeben von

Ronald G. Asch und Heinz Duchhardt

® 1996

BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Gefördert von der Stiftung Volkswagenwerk

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Der Absolutismus - ein Mythos? : Strukturwandel monarchischer Herrschaft in Westund Mitteleuropa (ca. 1550-1700) / hrsg. v. Ronald G. Asch und Heinz Duchhardt. - Köln ; Weimar ; Wien : Böhlau, 1996 (Münstersche historische Forschungen ; Bd. 9) ISBN 3-412-06096-8 NE: Asch, Ronald G. [Hrsg.]; GT © 1996 by Böhlau Verlag, Köln Alle Rechte voibehalten Umschlagabbildung: Ludwig XIII. von Frankreich als oberster Richter nimmt Petitionen seiner Untertanen entgegen (Nationalbibliothek Paris, nach P. Goubert und D. Roche, Les Français de l'Ancien Régime, I, Paris 1984, S. 219; Ausschnitt) Druck und Bindung: KM-Druck, Groß-Umstadt Printed in Germany ISBN 3-412-06096-8

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort I

Zur Einführung Ronald G. Asch und Heinz Duchhardt Einleitung: Die Geburt des "Absolutismus" im 17. Jahrhundert: Epochenwende der europäischen Geschichte oder optische Täuschung? Nicholas Henshall Early Modern Absolutism 1550-1700: Political Reality or Propaganda?

II

Konfessionsbildung und Staatsentwicklung Arlette Jouanna Die Debatte über die absolute Gewalt im Frankreich der Religionskriege Ronald G. Asch No Bishop no King oder Cuius regio eius religio Die Deutung und Legitimation des fürstlichen Kirchenregiments und ihre Implikationen für die Genese des "Absolutismus" in England und im protestantischen Deutschland Olaf Mörke Die politische Bedeutung des Konfessionellen im Deutschen Reich und in der Republik der Vereinigten Niederlande. Oder: War die Konfessionalisierung ein "FundamentalVorgang"?

VI

III

Monarchische Herrschaft und Herrschaft des Rechts David L. Smith The Idea of the Rule of Law in England and France in the Seventeenth Century

167

I. A. A. Thompson

IV

Absolutism, Legalism and the Law in Castile 1500-1700

185

Wolfgang Schmale Das Heilige Römische Reich und die Herrschaft des Rechts Ein Problemaufriß

229

Johannes Arndt Der Große Kurfürst, ein Herrscher des Absolutismus? Über die Möglichkeiten und Grenzen monokratischer Herrschaft im 17. Jahrhundert

249

Krieg, Finanzen und Verwaltung Wolfgang Reinhard Kriegsstaat - Steuerstaat - Machtstaat

277

Bernhard R. Kroener Législateur de ses armées Verstaatlichungs- und Feudalisierungstendenzen in der militärischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit am Beispiel der französischen Armee im Zeitalter Ludwigs XIV.

311

Marjolein C. 't Hart War, Finances and the Structure of the Dutch State

329

V

Epilog Ernst Hinrichs Abschied vom Absolutismus? Eine Antwort auf Nicholas Henshall

Autoren

VORWORT

Die Beiträge zu diesem Band stellen das Ergebnis einer internationalen Konferenz dar, die im September 1994 im Schloß zu Münster stattfand. Für die großzügige finanzielle Unterstützung des Symposiums und der Drucklegung dieses Bandes danken die Herausgeber der Volkswagen-Stiftung Hannover. Mit einem namhaften Zuschuß hat sich auch die Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Wilhelms-Universität an den Kosten der Veröffentlichung beteiligt. Frau Anja Stiglic, Herrn Marcus Bernhardt und Herrn Christoph Möllers sind die Herausgeber für tatkräftige Unterstützung bei den Redaktionsarbeiten verpflichtet, ihr besonderer Dank gilt Frau Marianne Hopmann für die redaktionelle Bearbeitung der Manuskripte und Erstellung der Druckvorlage. R. G. A.

H. D.

I Zur Einführung

EINLEITUNG Die Geburt des "Absolutismus" im 17. Jahrhundert: Epochenwende der europäischen Geschichte oder optische Täuschung?

Von Ronald G. Asch und Heinz Duchhardt I

Vor gut zwanzig Jahren kam der niederländische Historiker Ernst H. Kossmann zu der Aussage: "In the international discussion among historians of the early modern period in recent years - a discussion which has proved destructive of many traditional concepts from 'renaissance' to 'mercantilism' - the term 'absolutism' has been spared. Absolutism still seems an undisputed historical fact, the defining of which has not given rise to substantial difficulties: it was and is considered to be a historical phenomenon connected with the aggrandisement and the centralisation of the state and with the increase of its power". Kossmann mußte freilich schon damals einräumen, daß der Begriff "Absolutismus", so wie er von Historikern verwandt wurde, recht unscharf, ja sogar widersprüchlich war. Überdies gab Kossmann zu, daß der Absolutismus im 17. und 18. Jahrhundert letzten Endes eine bloße Abstraktion geblieben sei, ein politisches Programm, das die Monarchen verfolgten, das aber nie tatsächlich verwirklicht werden konnte. 1 Zudem war schon zu der Zeit, als Kossmann die Langlebigkeit des traditionellen Absolutismusbegriffes konstatierte, dieser von anderen Historikern nicht unerheblich relativiert worden, nicht zuletzt auch in der deutschen Forschung, für die hier etwa der Name Gerhard Oestreichs stehen mag. 2 Das änderte - und ändert - freilich nichts daran, daß sich "Absolutismus" als Kennzeichnung eines Herrschaftssystems und einer Epoche auch und gerade in den Lehr- und Handbüchern bis heute behauptet hat, in Deutschland ebenso wie in

1

Ernst H. Kossmann, The Singularity of Absolutism. In: Ragnhild Hatton (Hg ), Louis XIV and Absolutism. London 1976, 3-17, S. 3 und 5. 2 Gerhard Oestreich, Strukturprobleme des europäischen Absolutismus. In: Ders., Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Berlin 1969, 179-197; vgl. auch Ernst Hinrichs, Zum Stand und zu den Aufgaben gegenwärtiger Absolutismusforschung. In: Ders. (Hg.), Absolutismus. Frankfurt/Main 1986, 7-34, und Heinz Duchhardt, Das Zeitalter des Absolutismus. Frankurt/Main 1989, S. 166-172.

4

Einleitung

anderen europäischen Ländern. 3 Sogar in Frankreich, wo man es früher oft vorzog, den zeitgenössischen Terminus monarchie absolue zu verwenden, statt auf den erst nach der Französischen Revolution geprägten Begriff "Absolutismus" beziehungsweise "absolutisme" zurückzugreifen, 4 spricht man inzwischen von der "naissance dramatique de l'absolutisme" 5 oder vom "absolutisme en vraie grandeur" 6 . Letzteren Titel hat etwa Emmanuel Le Roy Ladurie für seine unlängst erschienene Geschichte Frankreichs im 17. Jahrhundert gewählt, und dies offenbar mit Bedacht, denn das Schlußkapitel seiner Darstellung trägt zum Teil Züge einer Apologie des Sonnenkönigs und damit auch des Absolutismus als Herrschaftssystems. 7 Le Roy Ladurie wendet sich damit deutlich von den Interpretationsmustern der jüngeren französischen Sozialgeschichte der AnnalesSchule ab. Hatte die Sozialgeschichte, soweit sie nicht die Ebene des StaatlichPolitischen ohnehin als gänzlich sekundär betrachtete, meist eine eher negative Bilanz der Herrschaft Ludwigs XIV. und seiner Nachfolger gezogen, so neigt Le Roy Ladurie, der selbst eigentlich ein prominenter Sozialhistoriker ist, nun zu einer weitaus etatistischeren Interpretation. Wenn es somit deutliche Anzeichen gibt, daß sich der Absolutismusbegriff mit einer gewissen Verzögerung in Frankreich durchgesetzt hat, noch dazu mit deutlich positiven Wert-Konnotationen, so ist es um so bemerkenswerter, daß es gerade ein englischer Historiker ist, der mit größerer Entschiedenheit als je zuvor diesen Begriff als Instrumentarium der historischen Darstellung und Analyse verwirft. Das historische Selbstverständnis Englands war bis in die

1

Johannes Klinisch, Absolutismus. Göttingen 1986, und Hans Boldt, Deutsche Verfassungsgeschichte. 2 Bde., München 1984-1990,1: V o n den Anfängen bis zum Ende des älteren deutschen Reiches 1806, S. 224-242, bieten dafür ebenso Beispiele wie Dietmar Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte. München 1990, S. 147-160. 4 Zur Geschichte des Begriffs siehe Reinhard Blänkner, "Absolutismus" und "frühmoderner Staat". Probleme und Perspektiven der Forschung. In: Rudolf Vierhaus et al. (Hg.), Frühe Neuzeit - Frühe Moderne. Göttingen 1992, 48-75, S. 51-59, und ders., "Der Absolutismus war ein Glück, der doch nicht zu den Absolutisten gehört". Eduard Ganz und die hegelianischen Ursprünge der Absolutismusforschung in Deutschland. In: Historische Zeitschrift 256 (1993) 31-66. 5 So der dritte Band der Nouvelle Histoire de La France Moderne: Yves-Marie Bercé, La naissance dramatique de l'absolutisme 1598-1661. Paris 1992. Bercé sieht den Regierungsantritt Ludwigs XIV. als echte Epochenwende: "La génération montante choisit l'absolutisme. Les contemporains de Louis XIV, ceux qui avaient eu vingt ans en 1658, rejetaient comme la peste les malheurs des guerres civiles ... Ils aspiraient à un royaume centralisé, à la toutepuissance d'un monarque absolu selon les règles de la raison. Cette génération fondait enfin l'absolutisme dont le cahier du Tiers avait rêvé lors des États de 1614. Louis XIV était le plus illustre rejeton de cette génération" (S. 189). 6 Emmanuel Le Roy Ladurie, L'Ancien Régime. 2 Bde., Paris 1991, I: L'Absolutisme en vraie grandeur (1610-1715). 7 Le Roy Ladurie, L'Ancien Régime (Anm. 6), I, S. 429-447, bes. 440-442.

Die Geburt des "Absolutismus

5

Gegenwart hinein in erheblichem Maße durch den - allem Anschein nach - eine historische Ausnahmestellung konstituierenden "Sieg" des Parlamentes über die Krone im 17. Jahrhundert bestimmt. Dem englischen Parlament schien es anders als den Ständeversammlungen der anderen Monarchien West-, Nord- und Mitteleuropas gelungen zu sein, sich gegen die Machtansprüche der Krone zu behaupten und den Monarchen nach 1688 auf eine klar umgrenzte Rolle an der Spitze der Exekutive zu verweisen. In diesem Sinne kann Nicholas Henshall den traditionellen Absolutismusbegriff mit Recht auf den Generalnenner bringen: "The one thing certain about absolutism was that it was never English. Whatever it was England had the opposite". 8 Diese These vom englischen Sonderweg ist freilich schon durch die Forschungen der letzten 20 Jahre zur Geschichte Englands unter den frühen Stuarts dezidiert in Frage gestellt worden. 9 Überdies hat John Brewer auch für das 18. Jahrhundert gezeigt, daß der britische Staat - wie immer man die Verteilung der Gewichte zwischen Krone und Parlament beurteilen mag - jedenfalls in wichtigen Teilbereichen staatlicher Machtentfaltung (besonders Kriegführung und Finanzverwaltung) über keineswegs geringere Ressourcen verfügte als die großen kontinentaleuropäischen Monarchien und damit den Unterschied zwischen "Absolutismus" und parlamentarisch begrenzter Monarchie zumindest partiell relativiert. 10 Andere Historiker, wie insbesondere Jonathan Clark, sind noch weiter gegangen und haben England - auch noch für das 18. Jahrhundert geradezu als ein Ancien Régime charakterisiert, eine zutiefst aristokratische Gesellschaft, die durch die Orientierung des sozialen Verhaltens und der Politik an religiös-konfessionellen Normen, die nicht zuletzt der Monarchie eine besondere sakrale Weihe verliehen, geprägt gewesen sei, ganz so wie etwa das gleichzeitige Frankreich." Clarks Thesen sind nicht unwidersprochen geblieben, stellen aber sicherlich bis zu einem gewissen Grade eine der Quellen für Henshalls frontalen Angriff auf den Absolutismusbegriff dar.

8 Nicholas Henshall, The Myth of Absolutism: Change and Continuity in Early Modern European Monarchy. London 1992, S. 80. Vgl. Heinz Duchhardt, Absolutismus - Abschied von einem Epochenbegriff? In: Historische Zeitschrift 258 (1994) 113-122. ' Siehe dazu jüngst Ronald G. Asch, Triumph des Revisionismus oder Rückkehr zum Paradigma der bürgerlichen Revolution? Neuere Forschungen zur Vorgeschichte des englischen Bürgerkrieges. In: Zeitschrift für Historische Forschung 22 (1995) 523-540. 10 John Brewer, The Sinews of Power. London 1989; vgl. Lawrence Stone (Hg.), An Imperial State at War: Britain from 1689 to 1815. London 1994. " Jonathan C. D. Clark, English Society 1688-1832. Cambridge 1985. Vgl. ders., Revolution and Rebellion: State and Society in the Seventeenth and Eighteenth Centuries. Cambridge 1986, sowie ders., The Language of Liberty 1660-1832: Political Discourse and Social Dynamics in the Anglo-American World. Cambridge 1994.

6

Einleitung

Dieser speist sich allerdings auch aus der angelsächsischen Forschung zur französischen Geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts, denn ohne Zweifel stellte Frankreich stets das Gegenbild schlechthin zur "freiheitlichen" englischen Verfassung dar. Stärker noch als ihre französischen Kollegen haben amerikanische und englische Historiker Fragestellungen der politischen Geschichte mit der Analyse der sozialen Wirklichkeit des französischen "Absolutismus" verbunden. In diesem Zusammenhang ist etwa der Name von William Beik zu nennen, aber auch der von Roger Mettam. 12 Mettam war 1988 in seiner Studie "Power and Faction in Louis XIV's France" im Hinblick auf den Terminus "Absolutismus" zu dem Schluß gekommen: "It should ... have no place in a discussion of the power of the crown in early modern France". Absolutismus sei als Begriff ein Anachronismus, und selbst monarchie absolue habe mehr ein entweder enthusiastisch bejahtes oder aber ebenso nachdrücklich abgelehntes politisches Programm als die Realität bezeichnet. 13 Wenn es überhaupt im 17. Jahrhundert in Frankreich einen grundsätzlichen politischen Wandel gegeben habe, so handele es sich allenfalls um eine stärkere Orientierung auf das Zentrum, auf den Hof und Paris, "a shift to the centre" - ein Wandel, der überdies eher von den Eliten der französischen Provinzen vorangetrieben worden sei als von einer bewußt zentralistischen monarchischen Politik. Diese Eliten hätten sich nach den Religionskriegen und besonders nach 1660 stärker als in der Vergangenheit auf die Autorität der Krone berufen, um ihren eigenen Status, ihre Privilegien und ihre Autorität in der Provinz abzusichern. 14 Henshall geht den von Mettam und anderen beschrittenen Weg weiter und dehnt seine nicht von polemischen Elementen freie Kritik am Konzept des Absolutismus auf alle europäischen Monarchien, die gemeinhin als absolutistisch bezeichnet werden, aus. Besonders plausibel ist diese Kritik dort, wo sie konventionelle, allzu pauschale Definitionen in Frage stellt. So wird gemeinhin der Absolutismus als eine Regierung ohne Mitwirkung der Stände aufgefaßt, 15 aber eine solche Definition kann gerade das Spezifische der Entwicklung in Frankreich - des vermeintlichen Modellandes des Absolutismus -, wo die Generalstände auch vor 1614, dem Datum ihrer letztmaligen Einberufung vor 1789, immer nur ein (relativ seltenes) Ereignis und keine wirkliche Institution gewesen waren, kaum

12 William Beik, Absolutism and Society in Seventeenth-Century France: State Power and Provincial Aristocracy in Languedoc. Cambridge 1985, und Roger Mettam, Power and Faction in Louis XIV's France. Oxford 1988. 13 Mettam, Power and Faction (Anm. 12), S. 34 und 37. 14 Mettam, Power and Faction (Anm. 12), S. 41f. 15 Boldt, Verfassungsgeschichte (Anm. 3), I, S. 226, stellt freilich fest: "Wenn wir daher, wie das gern geschieht, den Absolutismus als eine Regierungsweise ohne Stände definieren, dann werden wir der ganzen Fülle der Erscheinungen jener Zeit nicht gerecht".

Die Geburt des "Absolutismus"

7

angemessen erfassen. Aber auch auf Spanien respektive Kastilien trifft diese Definition nicht recht zu, denn als hier nach 1664 die Cortes verschwanden, geschah dies in einem Moment, als die Autorität der Krone einen Tiefpunkt erreicht hatte, so daß der Machtverlust der Stände kaum ein Gewinn für das Königtum war. 16 Wie auch die jüngere deutsche Forschung zum Teil betont hat, ist es überhaupt ein grundsätzlicher Fehler, die Beziehungen zwischen Fürsten und Ständen als eine Art "Nullsummenspiel" aufzufassen, in dem ein Gewinn der einen Seite an effektiver Autorität und Durchsetzungskraft stets einen Verlust der anderen Seite bedeuten mußte.17 Demgegenüber kommt Henshall zu dem Schluß: "State-Building and Estate-Building were reciprocal actions". 18 Ebenso relativiert er die Fähigkeit des Monarchen, aus eigener Machtvollkommenheit neues Recht auf dem Wege der Gesetzgebung zu schaffen, als entscheidendes Kriterium der absoluten Monarchie. Zu lange ist die Geschichtswissenschaft hier einem Modell gefolgt, das von den scheinbar griffigen Formeln Jean Bodins bestimmt war, ohne zu berücksichtigen, wie sehr auch noch im 17. und 18. Jahrhundert die Rechtswahrung in der Regierungspraxis den Vorrang vor der Setzung neuen Rechts hatte, jedenfalls im weiten Bereich des Privatrechts. 19 Im übrigen erscheint auch die Bedeutung Bodins als des angeblich ersten großen Theoretikers des modernen Staates im Lichte neuerer Forschungen eher als zweifelhaft, da er ζ. Β. die Rolle intermediärer Gewalten etwa im Bereich der Haus- und Grundherrschaft nicht grundsätzlich in Frage stellte.211 Henshalls Bild der französischen Monarchie des 17. Jahrhunderts wird durch die Betonung des Fortlebens traditioneller Praktiken der Konsultation und der Konsensbildung, die sich allenfalls in ihren äußeren Formen veränderten, bestimmt; wenn es einen tiefergehenden Wandel gab, so lag er nicht primär im Institutionellen, etwa im Bereich des Aufbaus der Behörden und der Stellung der Amtsträger oder ihrer offiziellen Kompetenzen, sondern eher im Informellen, im

I. A. A. Thompson, Castile, Absolutism, Constitutionalism and Liberty. In: Philip T. Hofman und Kathryn Norberg (Hg ), Fiscal Crises, Liberty and Representative Government, 1450-1789. Stanford, CA 1994, 181-225. 17 Siehe etwa Volker Press, Formen des Ständewesens in den deutschen Territorialstaaten des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Peter Baumgart (Hg.), Ständetum und Staatsbildung in Brandenburg-Preußen. Berlin 1983, 280-318, und ders., V o m "Ständestaat" zum Absolutismus. 50 Thesen zur Entwicklung des Ständewesens in Deutschland, ebd. S. 319-226. 18 Henshall, Myth (Anm. 8), S. 11. " Siehe David Parker, Sovereignty, Absolutism and the Function of the Law in Seventeenth-Century France. In: Past and Present 122 (1989) 36-74: vgl. ders.. Law, Society and the State in the Thought of Jean Bodin. In: History of Political Thought 2 (1981) 253-285. Siehe ferner ders., The Making of French Absolutism. London 1983. 20 Dazu Blänkner, "Absolutismus" und "frühmoderner Staat" (Anm. 4), S. 59-65.

8

Einleitung

Aufbau neuer Klientel- und Patronagestrukturen etwa, die allenfalls langfristig jenen "shift to the centre" begünstigten, von dem Roger Mettam gesprochen hat. Doch sollen Henshalls Argumente hier nicht im einzelnen wiederholt werden, da er im folgenden selber zu Wort kommt. Sein Buch "The Myth of Absolutism" stellte jedoch einen willkommenen Anlaß dar, das traditionelle Absolutismuskonzept erneut auf den Prüfstand zu stellen. Die Beiträge zu diesem Band sind aus einer Konferenz hervorgegangen, die dieser Auseinandersetzung mit Henshalls Thesen gewidmet war. Dabei mußten freilich bestimmte Problembereiche mit Rücksicht auf den Umfang der Tagung relativ weitgehend ausgeklammert werden, wie zum Beispiel die Frage der Wirksamkeit von Regierungs- und Verwaltungsinstitutionen auf der lokalen Ebene oder auch das außerordentlich komplexe Thema der Beziehungen zwischen König- oder Fürstentum und den politisch-sozialen Eliten, das wohl ein eigenes Symposium erfordert hätte. Die Konferenz konzentrierte sich statt dessen auf eine begrenzte Epoche und eine begrenzte Zahl von Kernproblemen. Als Epoche bot sich die Zeit vom späten 16. Jahrhundert bis zum Ende des 17. Jahrhunderts an. Wenn man im Sinne der traditionellen Interpretation die frühneuzeitliche europäische Verfassungsgeschichte durch einen Gegensatz von Absolutismus und freiheitlich-ständischer Tradition gekennzeichnet sieht, so setzt die Polarisierung der politischen Entwicklung, die diesen Gegensatz hervorgebracht haben soll, wohl erst im späteren 16. Jahrhundert ein, um gegen 1700, also nach der Glorious Revolution in England und während der Regierungszeit Ludwigs XIV. in Frankreich zu einem gewissen Abschluß zu gelangen. II Für die erste Phase des hier gewählten Zeitabschnittes kommt dem gesamteuropäischen Konfessionsbildungs- und Konfessionalisierungsprozeß eine besondere Bedeutung zu. Traditionell - und hier wird in der Regel das klassische Land des Absolutismus, Frankreich, als Paradigma akzeptiert - wird die Herausbildung der absoluten Monarchie oft als Antwort auf den konfessionellen Bürgerkrieg verstanden. 21 Andererseits herrscht im Hinblick auf die deutschen Territorien eine Perspektive vor, die den Prozeß der Konfessionsbildung als ein Element der Stärkung landesfurstlicher Autorität bei gleichzeitiger Schwächung des Reiches betrachtet. So hat etwa Heinz Schilling festgestellt: "Die Unterschiede zwischen der katholischen, lutherischen und calvinistischen Konfessionalisierung waren

21 Siehe etwa Reinhard Koselleck, Kritik und Krise. Frankfurt/M. 1973 [1959], S. 18-31. Vgl. zu dieser Problematik jetzt Michael Stolleis, "Konfessionalisierung" oder "Säkularisierung" bei der Entstehung des frühmodernen Staates. In: Jus Commune 20 (1993) 1-24.

Die Geburt des "Absolutismus"

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kontingenter, nicht essentieller Art: alle drei förderten den frühabsolutistischen, territorialen Fürstenstaat". 22 In anderen Ländern, etwa in England - und gleiches gilt für die Niederlande - war es allerdings gerade der Konfessionskonflikt, der die entscheidende Legitimation des politischen Widerstandes gegen eine als tyrannisch oder zumindest willkürlich angesehene monarchische Herrschaft lieferte. Einerseits scheint es sich bei der Konfessionalisierung um einen "Fundamentalvorgang" zu handeln, 23 der Tiefenschichten der politisch-sozialen Ordnung erfaßte, die weder monarchisches noch ständisches politisches Handeln sonst ohne weiteres erreichen konnte, so daß die Verteilung der politischen Gewichte zwischen Fürst und Ständen durch diesen Fundamentalvorgang zugleich überlagert und in ihrer Bedeutung relativiert wurde. Andererseits bleibt weiterhin die Vermutung, daß im Zuge der Konfessionsbildung und Konfessionalisierung Weichenstellungen für die politische und konstitutionelle Entwicklung des 17. Jahrhunderts erfolgten, so daß die Frage nach dem Realitätsgehalt des Begriffes "Absolutismus" notwendigerweise auf diesen Vorgang zurückverwiesen wird. Parallel oder doch in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit dem Konfessionalisierungsprozeß setzte jedoch auch eine Verrechtlichung traditioneller Herrschaftspraktiken ein, die auch die Formen der Konfliktaustragung erfaßte. Altüberkommene informelle Herrschaftsmechanismen wurden durch institutionalisierte Verwaltungsstrukturen und in Rechtsform vollzogene administrative Maßnahmen ersetzt. 24 Den rechtlich verfestigten Ansprüchen der Herrscher wurden nun freilich ebenso starre Rechtsprinzipien zum Schutze von Eigentum und Freiheit entgegengesetzt. Das Imperium des Herrschers und das dominium der Untertanen, prerogative und property gerieten im frühen 17.

22 Heinz Schilling, Die Konfessionalisierung im Reich. Religiöser und gesellschaftlicher Wandel in Deutschland zwischen 1555 und 1620. In: Historische Zeitschrift 246 (1988) 1-45, S. 38; vgl. Wolfgang Reinhard, Zwang zur Konfessionalisierung? Prolegomena zu einer Theorie des konfessionellen Zeitalters. In: Zeitschrift für Historische Forschung 10 (1983) 257-277, und Heinrich R. Schmidt, Konfessionalisierung im 16. Jahrhundert (EDG 12). München 1992, S. 86-91. 23

Zur Erörterung dieses Begriffes siehe den Beitrag von Olaf Mörke in diesem Band, 125-

164. 24 Zur Verrechtlichung siehe Winfried Schulze, Bäuerlicher Widerstand und feudale Herrschaft in der frühen Neuzeit. Stuttgart 1980, S. 76ff; ders., Einführung in die Neuere Geschichte. Stuttgart 1987, S. 61-66, und Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts, 3 Bde., München 1988, I, S. 127ff, 209-212 und 401-404. Die Bedeutung des Rechtes im konfessionellen Bereich hat vor allem Martin Heckel betont. Siehe Martin Heckel, Staat und Kirche nach den Lehren der evangelischen Juristen Deutschlands in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. München 1968, und ders.. Die reichsrechtliche Bedeutung der Bekenntnisse. In: Ders., Gesammelte Schriften. Staat, Kirche. Recht, Geschichte, hg. v. Klaus Schiaich. 2 Bde., Tübingen 1989, II, S. 737-772.

10

Einleitung

Jahrhundert in Konflikt, weil gerade in einer Zeit, als neue finanzielle Bedürfnisse der Herrscher die Grenzen zwischen beiden Sphären besonders fließend werden ließen, die Verrechtlichung politischer Strukturen das Streben nach einer klaren Abgrenzung der beiden Bereiche stärker denn je hatte werden lassen. Dabei wirkte der Konfessionskonflikt in vielen Ländern in besonderer Weise als Katalysator der Herausbildung rechtlich verfestigter Verfassungsvorstellungen. Dies gilt für die lois fondamentales in Frankreich ebenso wie für die Vorstellung von einer durch das common law garantierten ancient constitution in England und die Entwicklung eines Systems des Reichsrechtes in Deutschland.25 Das Paradigma der Verrechtlichung hat allerdings in Deutschland besonders nachhaltig Begriffsbildung und Fragestellungen der Forschung bestimmt. Dazu gibt es allenfalls in England, wo die Forschungsdiskussion um die politische Rolle des common law eine lange Tradition hat, eine Parallele,26 weniger jedoch in Frankreich oder in den anderen westeuropäischen Ländern. Freilich hat auch für Frankreich William Beik konstatiert: "The essence of local government was the pursuit of large numbers of cases in the courts: suits against the noncompliance of individuals, lengthy cases concerning financial accounting ... It cannot be emphasised enough that law suits were the society's principal form of regulation and enforcement and that their successful resolution required personal influence".27 Diese Feststellung trifft Beik im Hinblick auf lokale Streitigkeiten meist privatrechtlicher Art. Mit Blick auf das öffentliche Recht hat im Gegensatz dazu Michel Antoine betont, wie sehr die französische Monarchie des 18. Jahrhunderts in Verfassungsfragen jede rechtliche Präzisierung vermied; die Rechte der Krone sollten jeder klaren Definition und damit auch einer Einschränkung durch die Gerichte, insbesondere die parlements, bewußt entzogen werden: "L'imprécision en matière constitutionelle était non seulement tolerée et supportée, elle était souhaitée".28

25

Auf die Gemeinsamkeiten verweist M. P. Thompson, The History of Fundamental Law in Political Thought from the French Wars of Religion to the American Revolution. In: American Historical Research 91 (1986) 1103-1128.; vgl. Heinz Mohnhaupt, Die Lehre von der "Lex Fundamentalis" und die Hausgesetzgebung der europäischen Dynastien. In: Johannes Kunisch (Hg.), Der dynastische Fürstenstaat. Berlin 1982, 3-33. 26 John G. A. Pocock, The Ancient Constitution and the Feudal Law: A Study of English Historical Thought in the Seventeenth Century. Cambridge 2 1987; Glenn Burgess, The Politics of the Ancient Constitution: An Introduction to English Political Thought 1603-1642. Basingstoke 1992; vgl. auch Howard Nenner, The Later Stuart Age. In: John G. A. Pocock et al. (Hg ), The Varieties of British Political Thought 1500-1800. Cambridge 1993, 180-208, S. 191-194. 27

Beik, Absolutism (Anm. 12), S. 225. Michel Antoine, Le Conseil du Roi sous le règne de Louis XV. Genf 1970, S. 34. Vgl. für das 17. Jahrhundert Albert Ν. Hamscher, The Conseil Privé and the Parlements in the Age of Louis XIV: A Study in French Absolutism. Philadelphia, PA 1987. 28

Die Geburt des "Absolutismus"

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Das traditionelle Absolutismusmodell hat der Monarchie des 17. und 18. Jahrhunderts ja von jeher unterstellt, daß sie sich von der Bindung an das Recht habe freimachen können, wie es die Formel vom princeps legibus solutus impliziert. Neuere Forschungen haben diese Auffassung allerdings in Frage gestellt. Zunehmend wird darauf verwiesen, daß auch sogenannte absolute Herrscher innerhalb des überkommenen Rechtssystems ihre Herrschaft ausübten. 29 Es scheint daher geboten, erneut nach der Rolle des Rechtes in dem Zeitraum 1550-1700 zu fragen. Entschärfte es ständische und soziale Konflikte, indem es Möglichkeiten zum gerichtlichen Austrag bot, oder trug es eher zu ihrer Verschärfung bei? War die Idee einer Herrschaft des Rechtes in besonderer Weise für die traditionell als nichtabsolutistisch geltenden Staaten charakteristisch (Niederlande, England), oder ist das Umgekehrte richtig, weil es gerade diesen Staaten gelang, vorzeitig zum Gedanken einer unbedingten legislativen Souveränität zu gelangen, der dann auch die Verfassungspraxis prägte? 30 In jedem Fall sollte die Bedeutung der "legislativen Souveränität" für die sogenannten "absoluten" Monarchen nicht überschätzt werden. 31 Trafen die Herrscher schon in der Praxis oft auf schwer überwindbare Schranken, zumal sie auch ihrem Selbstverständnis nach bestenfalls legibus, jedoch nicht iure soluti waren, so waren solche Schranken noch sichtbarer im Bereich der Finanzen. Schon vor etlichen Jahren hat Jean Berenger mit Blick auf die Habsburgermonarchie unter Leopold I. darauf aufmerksam gemacht, daß ein Herrscher, der ständig vom Bankrott bedroht war, wohl allenfalls in einem sehr abstrakten Sinne als absolut bezeichnet werden könne. 32 Ein chronisches Defizit war aber für den Staatshaushalt etlicher "absoluter" Monarchien des 17. Jahrhunderts charakteristisch. Nicht nur für die Habsburgermonarchie, sondern auch für Spanien33 und - mit Ausnahme weniger Jahre in der Anfangsphase der Alleinregierung Ludwigs XIV. - auch für Frankreich. 34 Diese Finanznot war jedoch 29 Schon 1955 hatten Mousnier und Härtung auf dem internationalen Historikertag die rechtliche Gebundenheit des Absolutismus betont. (F. Härtung und R. Mousnier, Quelques problèmes concernant la monarchie absolue. In: X Congresso Internazionale de Scienze Storiches Roma 1955, Relazioni. IV, Florenz 1955, 1-55, bes. S. 23: "L'un et l'autre [Chrimes und Elton] déclarent que la monarchie des Tudor n'était pas un despotisme, parce qu'elle reposait sur la loi. Evidemment, comme toutes les monarchies absolues" ) 5Ü Siehe etwa Michael Mendie, Parliamentary Sovereignty: A Very English Absolutism. In: Nicholas Phillipson und Quentin Skinner (Hg.), Political Discourse in Early Modern Britain. Cambridge 1993, 97-119. 31 Parker, Sovereignty (Anm. 19). 32 Jean Berenger, Finances et Absolutisme autrichien dans la seconde moitié du XVII e siècle (Thèse présentée devant l'Université de Paris IV 1970). 2 Bde., Lille und Paris 1975, II, S. 527. 33 I. A. A. Thompson, Castile: Polity, Fiscality and Fiscal Crisis. In: Hofman/Norberg, Fiscal Crises (Anm. 16), 140-180. 34 Siehe etwa James Collins, Fiscal Limits of Absolutism: Direct Taxation in Early Seven-

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in ihrer Wirkung ambivalent. Einerseits beschränkte sie den Handlungsspielraum der Monarchen, andererseits provozierte sie erst jene administrativen und politischen Maßnahmen, die gemeinhin als konstitutiv für den "Absolutismus" angesehen werden: einseitige Steuererhöhungen durch den Herrscher, die Aufhebung traditioneller Privilegien und ständischer Rechte, aber auch die Schaffung neuer Privilegien, von denen jene sozialen Gruppen profitierten, deren Kooperation die Ausdehnung monarchischer Herrschaftsrechte erst ermöglichte. Hier wäre an spezifische Adelsschichten, wie die noblesse de robe oder vielleicht auch das brandenburgisch-preußische Offizierskorps35 ebenso zu denken wie an die Finanziers, die als Zoll- und Steuerpächter, als Monopolisten und Bankiers das chronische Defizit der Monarchien des 17. und 18. Jahrhunderts zwar nicht behoben, wohl aber verwalteten und zumindest soweit entschärften, daß der vollständige finanzielle Zusammenbruch vermieden oder wenigstens immer wieder hinausgezögert werden konnte.36 Die Ursache für die meisten finanziellen Probleme waren vor allem die seit dem 16. Jahrhundert (nicht zuletzt aufgrund der ständig wachsenden Truppenzahlen) immer weiter steigenden Kosten der Armeeunterhaltung und Kriegführung. Die zeitweilig nahezu permanenten kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den europäischen Mächten im 17. Jahrhundert gelten allgemein als wichtiger Katalysator der Staatsentwicklung.37 Die sprunghaft wachsende Konkurrenz der größeren Mächte im System der europäischen Außenpolitik begünstigte ohne Zweifel bis zu einem gewissen Grade die Konzentration von Entscheidungsbefugnissen in der Hand des Monarchen, und das die Kriege nahezu unvermeidlicherweise begleitende und somit strukturelle finanzielle Defizit beeinflußte, wie bereits betont, auch die innere Entwicklung der Staaten, indem es etwa zur Beseitigung ständischer Institutionen drängte, die sich als unfähig erwiesen, die für die Kriegführung notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen. Aber die These, der Krieg sei nicht allein ein Motor der Staatsentwicklung

teenth-Century France. Berkeley, CA 1988; Richard Bonney, The King's Debts: Finance and Politics in France 1589-1661. Oxford 1981, und ders., The State and its Revenues in anciénrégime France. In: Historical Research 65 (1992) 150-176. 35 Dazu jüngst Peter-Michael Hahn, Aristokratisierung und Professionalisierung. Der Aufstieg der Obristen zu einer militärischen und höfischen Elite in Brandenburg-Preußen von 1650-1725. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. Neue Folge 1 (1991) 161-208. 36 Françoise Bayard, Le Monde des Financiers au XVII e siècle. Paris 1988, und Daniel Dessert, Argent, pouvoir et société au Grand Siècle. Paris 1984. 37 Zu diesem Problemkomplex zuletzt Clifford Rogers (Hg.), The Military Revolution Debate. Boulder,CO und Oxford 1995. Vgl. Johannes Kunisch (Hg.), Staatsverfassung und Heeresverfassung in der europäischen Geschichte der frühen Neuzeit. Berlin 1986, und das allerdings recht oberflächliche Werk von Brian M. Downing, The Military Revolution and Political Change. Princeton, NJ 1992.

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gewesen, sondern habe letzten Endes zwangsläufig die monarchische Autorität gestärkt, wird zwar auf den ersten Blick durch die Entwicklung in Frankreich und in manchen deutschen Territorien während des Dreißigjährigen Krieges und noch mehr nach 1648 bestätigt, bleibt hingegen im Hinblick auf die Gegebenheiten in den Niederlanden und in England fragwürdig. Die Niederlande konnten sich durchaus im Kampf der europäischen Mächte behaupten, nicht obwohl, sondern weil sie ältere ständische Institutionen beibehalten und fortentwickelt hatten und daher unter anderem zu sehr viel günstigeren Bedingungen Kredite aufnehmen konnten. Ähnliches ließe sich für England nach 1688 behaupten. 38 In Spanien, dies hat I. Α. A. Thompson plausibel gemacht, führten auf der anderen Seite die permanenten Kriege eher zu einem Zerfall des monarchischen Staates. Staatliche Aufgaben wurden zunehmend an lokale Herrschaftsträger, Finanziers und hohe Adlige delegiert. Am Ende war ein Zustand erreicht, den Thompson so beschreibt: "seventeenth-century Castile was a 'much governed' country ... but it was not governed by the king". 39 Dies macht deutlich, daß die Wirkung längerer Kriege auf die Staatsentwicklung zumindest unterschiedlich war, ein Argument, das durch den Hinweis auf die Rolle stehender Heere als Instrument der Herrschaftssicherung gegen innenpolitische Gegner allenfalls begrenzt entkräftet wird. Die hier aufgeworfenen Fragen können durch die folgenden Studien nicht in ihrer ganzen Breite geklärt und in allen Facetten beantwortet werden. Die Beiträge müssen sich der Natur der Sache nach auch auf eine begrenzte Anzahl von Staaten konzentrieren. England und die Niederlande nehmen hier einen besonders hervorgehobenen Platz ein, denn ihre staatliche Entwicklung während des 17. Jahrhunderts wird im Rahmen des traditionellen Absolutismusmodells gemeinhin als ein "Sonderweg" betrachtet, gewissermaßen als Gegenbild zur absoluten Monarchie. Für sie gilt hingegen vor allem Frankreich als der "klassische" Modellfall, eine These die im folgenden insbesondere durch Arlette Jouanna und Bernhard Kroener (aber auch durch Ernst Hinrichs) einer erneuten Überprüfung unterzogen wird. Beiträge zu Spanien und dem Heiligen Römischen Reich sollen das für die genannten Staaten gewonnene Bild ergänzen und vervollständigen.

38 Zu den Niederlanden siehe Marjolein C. 't Hart, The Making of a Bourgeois State: War, Politics and Finance during the Dutch Revolt. Manchester 1993, und ihren Beitrag in diesem Band, 329-349; für England siehe Brewer, Sinews of Power (Anm. 10). w I. A. A. Thompson, Castile. In: John Miller (Hg.), Absolutism in Seventeenth Century Europe. Basingstoke 1990, 69-98, S. 94. Vgl. auch ders.. War and Government in Habsburg Spain. London 1976.

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III Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß herkömmlicherweise und mit besonderer Pointierung des Fallbeispiels Frankreich die Herausbildung der absoluten Monarchie als Antwort auf den konfessionellen Bürgerkrieg verstanden wird. Diese durchaus traditionelle Interpretation ist jüngst durch Denis Crouzet wiederbelebt und zugespitzt worden. Für Crouzet ist das 16. Jahrhundert durch die Omnipräsenz einer eschatologischen Angst gekennzeichnet, durch ein "surenchantement du monde", das jedes Ereignis des Alltags zu einem Zeichen des göttlichen Zorns und des Gerichts werden lassen konnte. Crouzet versteht den Calvinismus als Versuch, die destabilisierenden Wirkungen dieser eschatologischen Angst durch die Betonung der absoluten Jenseitigkeit Gottes und eine Desakralisierung der Welt aufzuheben. Dieser Versuch scheiterte jedoch, da das Vordringen der hugenottischen "Ketzer", das die kirchliche Tradition radikal in Frage stellte, die religiöse Angst der katholischen Bevölkerungsmehrheit nur verstärkte. Es war der Monarchie Heinrichs IV. vorbehalten, jene Rationalisierung der Politik zu vollbringen, die langfristig zur "Entzauberung" der Welt, damit aber auch zu einem "désangoissement" führte, das die Krise der Bürgerkriegsepoche beendete. Die Rationalisierung der Politik ging freilich einher mit einer um so stärkeren Sakralisierung der königlichen Dynastie und der Person des Königs nicht nur des Königtums - der sich nun nicht mehr in erster Linie als der "Hirte" seines Volkes, als Verteidiger des rechten Glaubens, sondern weit eher als "roi artisan" verstand, dessen Aufgabe es sei, das irdische Wohlergehen seiner Untertanen zu garantieren. Die Konzentration der sakralen Elemente der Politik in der Person des Königs gewährleistete gewissermaßen die zumindest partielle Säkularisierung der politischen Ordnung insgesamt. Freilich blieben die realen Machtmittel der Monarchie begrenzt, und daher war die öffentliche Selbstdarstellung der Monarchie, nicht zuletzt in Gestalt einer wirkungsvollen politischen Propaganda, um so wichtiger. Crouzet stellt geradezu fest: "L'absolutisme classique est d'abord langage; il est un discours qui, s'il authentifie la potestas absoluta du roi, n'en est pas moins un écran destiné à cacher les faiblesses mêmes du pouvoir". 40 Zum Teil in Übereinstimmung mit diesen provozierenden Thesen Crouzets betont Arlette Jouanna in ihrem Beitrag "Die Debatte über die absolute Gewalt im Frankreich der Religionskriege" die Bedeutung des politischen Diskurses für

40 Denis Crouzet, Les Guerriers de Dieu. La Violence au temps des troubles de religion vers 1525 - vers 1610. 2 Bde., Paris 1990, II, S. 624.

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die Konstituierung des Absolutismus - ein Begriff, an dem sie ebenso wie Crouzet festhält. Im Laufe der Religionskriege sei es auf dem Gebiet der politischen Theorie, aber auch in der politischen Praxis zu einer Neubewertung der potestas absoluta des Monarchen gekommen. Traditionell von der an die Gesetze gebundenen potestas ordinaria unterschieden, war ihre Ausübung auf den Notfall und Ausnahmezustand begrenzt. Eine zunächst calvinistische, dann aber auch ligistische Opposition stellte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts jeden Rekurs auf diese absolute Herrschaftsgewalt als geradezu illegitim in Frage. Diese Opposition verstummte jedoch nach 1598 und endgültig nach der Fronde, also nach 1653. Der Rückgriff auf eine absolute Herrschaftsgewalt des Monarchen kennzeichnete jetzt auch den Alltag der Regierungspraxis. An die Stelle der Bindung des Monarchen an ein - durch Beschluß der Stände vermehrbares - Corpus von Fundamentalgesetzen, wie sie während der Religionskriege gefordert worden war, traten andere, weniger legalistische Ordnungs- und Herrschaftsideale, die dem Monarchen einen größeren Ermessensspielraum und Gestaltungsfreiraum gaben: insbesondere die Größe und das Ansehen des Staates, aber auch das Glück der Untertanen und - komplementär dazu - im Bereich der individuellen Lebensführung jene neustoischen Wertvorstellungen, die die Freiheit des einzelnen ganz und gar in den Bereich der Intimität und Privatheit verlegte und somit entpolitisierte. 41 Daß diese Entwicklung in Frankreich gerade während der Regierungszeit Ludwigs XIV. vollendet werden konnte - so mag man Arlette Jouannas Beitrag ergänzen -, mag freilich auch damit zusammenhängen, daß sich auch schon während der vorhergehenden Jahrzehnte die politische Opposition gegen bestimmte Maßnahmen der Krone nicht so sehr gegen den Anspruch des Monarchen auf eine "absolute" Autorität richtete, sondern gegen eine Form der Herrschaft, die ganz auf den Ausnahmefall, insbesondere den Krieg zugeschnitten war. Folgt man etwa Robert Descimon und Christian Jouhaud, dann wollten auch die Frondeure der Jahre 1648-53 eine "absolute" Monarchie, die aber zugleich eine "monarchie coutumière" sein sollte, frei vom Einfluß allgewaltiger Favoriten und Minister, selbstherrlicher Kommissare (insbesondere der Intendanten) und der als korrupt geltenden Steuerpächter und Finanziers. Der Erfolg Ludwigs XIV. nach 1661 habe nicht zuletzt darauf beruht, daß er die Verwaltung von der ausschließlichen Ausrichtung auf den Krieg befreite und auch durch andere Maßnahmen, wie den Verzicht auf einen leitenden Minister, den Unterschied zwischen "gouvernement ordinaire" und "extraordinaire" verwischte, ja bedeutungslos werden ließ. Die Durchschlagskraft der Forderung, zum "gouvernement ordinaire" und damit zu einer "monarchie coutumière - mais tout

41

So Jouanna in ihrem Beitrag in diesem Band, 57-78, bes. S. 74.

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aussi 'absolue'" zurückzukehren, habe aber gerade auf dieser Unterscheidung beruht und ging somit nach 1661 verloren. 42 Während Arlette Jouanna zu dem Schluß kommt, daß der Absolutismus zumindest als eine den allgemeinen politischen Diskurs beherrschende Idee gegen Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine erhebliche Kraft entfaltete, so analysiert Ronald G. Asch in seinem Beitrag einen spezielleren Diskurstypus, nämlich die Theorie des fürstlichen Kirchenregimentes in England und dem protestantischen Deutschland. In England entstand etwa seit den 1590er Jahren eine enge Verbindung zwischen der Rechtfertigung eines iure divinoEpiskopats und der Idee eines gegen jedes Widerstandsrecht immunen monarchischen Gottesgnadentums. Freilich ergab sich dadurch eine paradoxe Verkehrung der Fronten, denn die Anwälte einer starken königlichen Prärogativgewalt in weltlichen Fragen bestanden zugleich auf der - relativen - Autonomie der geistlichen Amtsgewalt der Bischöfe, während diejenigen, die die Prärogativgewalt dem common law und dem King-in-Parliament unterordneten, zugleich oft strenge Erastianer waren, die keinerlei Schranken des königlichen Kirchenregimentes anerkannten. Für England könnte man somit meinen, daß der eigentliche Streitpunkt nicht die "Absolutheit" der königlichen Herrschaftsgewalt war, sondern vielmehr die Frage, an wen der Herrscher seine Kompetenzen legitimerweise delegieren konnte und wer seine rechtmäßigen Ratgeber waren, vor allem auch in kirchlichen Angelegenheiten: die Bischöfe oder die beiden Häuser des Parlamentes. Dies ist eine Interpretation, die die These Henshalls, die politische Opposition in der frühneuzeitlichen Monarchie habe sich oft gar nicht gegen eine Ausdehnung der monarchischen Autorität, sondern gegen die Veräußerung der Macht des Fürsten an Dritte, an einen Favoriten zum Beispiel - oder in diesem Fall an geistliche Amtsträger - gerichtet, zumindest zum Teil stützt. Der Kampf der französischen parlements für die gallikanischen Freiheiten der französischen Kirche gegen die Ansprüche des Papsttums im 17. und 18. Jahrhundert würde hier im übrigen eine gewisse Parallele bieten. 43 Während man in England immerhin eine gewisse Nähe der "episkopalistischen" Richtung innerhalb der etablierten Kirche zum Gedanken eines prononcierten Gottesgnadentums konstatieren kann, gab es in Deutschland, wie Asch hervorhebt, zwischen der lutherischen Orthodoxie und ihrer Lehre vom Kir-

42 Robert Descimon und Christian Jouhaud, La Fronde en mouvement: Le développement de la crise politique entre 1648-1652. In: XVII e Siècle 145 (1984) 305-322, bes. S. 308 und 320. 43 Siehe Henshalls Beitrag in diesem Band, 25-53, S. 31; Le Roy Ladurie, L'Ancien Régime (Anm. 6), I, S. 421-423, II, S. 204-208; Dale Κ. Van Klay, The Jansenists and the Expulsion of the Jesuits from France. New Haven, CT 1975; vgl. Roger Chartier, Les origines culturelles de la Révolution Française. Paris 1990. S. 207f.

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chenregiment und einem wie immer verstandenen "Absolutismus" kaum Affinitäten. Es war in Deutschland eher die "Entpolitisierung" des geistlichen Amtes im Rahmen einer Verinnerlichung des Religiösen, die indirekt der Steigerung der monarchischen Macht Vorschub leistete, nicht wie in England eine das starke Spannungsverhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Herrschaft überbrückende und bewußte Sakralisierung des königlichen Herrschaftsanspruches. In Übereinstimmung damit betont Olaf Mörke in seinem Beitrag, daß Konfessionsbildung und Konfessionalisierung an sich weder einen Abbau ständischer Rechte noch die Stärkung der fürstlichen Machtstellung begünstigten. Die Konfessionalisierung mag zwar sehr wohl im Sinn einer Sozialdisziplinierung der Untertanenschaft gewirkt haben, wie in den letzten Jahren oft betont worden ist, aber schon der von Mörke vorgenommene Vergleich mit den Niederlanden zeigt, daß die Konfessionalisierung auch die innere Kohärenz von Stadtgemeinden stärken konnte, die, wie in den Niederlanden, sich zu einem größeren, republikanisch verfaßten Gemeinwesen zusammengeschlossen hatten. In den Niederlanden schuf die relativ weitgehende religiöse Toleranz allerdings ohnehin andere Bedingungen als im deutschen Territorialstaat, in dem die Landesfürsten zumindest bis weit ins 17. Jahrhundert um konfessionelle Homogenität bemüht waren, und dies oft mit einem nicht unerheblichen Erfolg. In den Niederlanden profitierte der Gesamtstaat von der Festigung konfessioneller Strukturen tendenziell weniger, da die Republik konfessionell heterogen blieb. Mörke weist im übrigen darauf hin, daß in der deutschen Forschung zentrale Konzepte wie das der Konfessionalisierung und Sozialdisziplinierung in einem praktisch unauflöslichen Zusammenhang mit dem Begriff des Absolutismus stehen und kommt zu dem Schluß: "Die in der jüngsten Forschungsdebatte vorwaltende Verkoppelung der beiden Epochenleitbegriffe 'Konfessionalisierung' und 'Absolutismus' im Tertium der Staatsbildung läßt einen Verzicht auf letzteren kaum zu, will man ersteren im politikgeschichtlichen Zusammenhang des Staatsbildungsprozesses nicht ebenfalls aufgeben". 44 Mit anderen Worten, die Konfessionalisierung läßt sich nur schwer als wesentlicher Teil eines längeren Staatsbildungsprozesses verstehen, der - in Deutschland - in der absoluten Monarchie des 18. Jahrhunderts kulminierte, wenn dieses Endstadium als solches sich als bloße Fiktion, als bloßes historisches Konstrukt erweisen sollte. Plädiert Mörke somit zumindest unter heuristischen Gesichtspunkten für die Beibehaltung des Absolutismus als Epochenbegriff, so kommt David Smith für England zu zum Teil ähnlichen Ergebnissen. Er stellt fest, daß die Begriffe absolute und limited monarchy, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch als durchaus vereinbar und harmonisierbar galten, in England seit dem Bürgerkrieg

44

Unten, 125-164, S. 157f.

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zunehmend auseinandertraten. Das Schlagwort "absolute Herrschaft" stand nun für eine Regierungsform, die nicht an Recht und Gesetz gebunden war, was in dieser Zuspitzung um 1600 noch keineswegs gegolten hatte. Englands Verfassung wurde dabei nach 1660 und noch weitaus stärker nach 1688 von der angeblichen - Willkürherrschaft des französischen Königs abgesetzt und unterschieden. Sicherlich war in England das Verständnis für die Realitäten des politischen Lebens in Frankreich oft gering; insoweit stand das Schlagwort absolute Monarchy tatsächlich nur für einen politischen Mythos. Aber dieser Mythos war in England ein zeitgenössischer und - so Smith - politisch durchaus wirkungsmächtig. 45 Allerdings räumt auch Smith ein, daß sich in Frankreich keine ähnliche Zuspitzung der Idee der absoluten Monarchie vollzog, da sie im vorherrschenden politischen Diskurs weiter sorgfältig von einer Willkürherrschaft unterschieden wurde. Der Erfolg Ludwigs XIV. beruhte ja, wie bereits betont wurde, gerade darauf, daß er zumindest in seinen ersten Regierungsjahrzehnten nicht wie Richelieu und Mazarin den administrativen und rechtlichen Ausnahmezustand in demonstrativer Weise zum Normalfall werden ließ. 46 Während sich in England im Laufe des 17. Jahrhunderts die Vorstellung durchsetzte, die Herrschaft des Rechts sei mit jeder Form absoluter Monarchie unvereinbar, bietet Kastilien, wie I. Α. A. Thompson in seinem Beitrag zeigt, im Unterschied dazu ein außerordentlich aufschlußreiches Beispiel dafür, daß eine ihrem eigenen Selbstverständnis nach absolute monarchische Herrschaft in streng legalistischen Formen ausgeübt wurde. Thompson hat schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, daß in Kastilien die paradoxe Verbindung einer dem Anspruch nach absoluten Regierungsgewalt mit einer sehr begrenzten Fähigkeit, diesen Anspruch etwa auf der lokalen Ebene in die Praxis umzusetzen, zu beobachten ist.47 Sicherlich läßt sich das Konzept der Verrechtlichung auf Kastilien nicht in der gleichen Weise anwenden wie etwa auf das Heilige Römische Reich. Hier schufen die von den Territorien unabhängigen Reichsgerichte rechtliche Grenzen für die Ausübung der Landeshoheit, die zumindest für die kleineren und mittleren Reichsstände eine durchaus reale Bedeutung hatten. Darüber hinaus konnten sich aber auch die größeren Territorien einer durch die Verrechtlichung politischer und sozialer Konflikte geprägten politischen Kultur nur schwer

45 Zum zeitgenössischen Absolutismusbegriff vgl. auch James Daly, The Idea of Absolute Monarchy in Seventeenth-Century England. In: Historical Journal 21 (1978) 227-250; und James H. Burns, The Idea of Absolutism. In: Miller, Absolutism (Anm. 39) 21-42. 16 Siehe oben, Anm. 42. 47 "In Castile ... we have the paradox, common in early modern states, yet here perhaps in an exaggerated form, of absolute authority and limited power, or in specifically Castilian terms, absolute obedience and limited compliance". Thompson, Castile (Anm. 39), S. 96.

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entziehen, wie Wolfgang Schmale in seinem Beitrag, der die Entwicklung in Deutschland mit der in Frankreich vergleicht, erneut betont. Wenn Schmale zu dem Schluß kommt, "nicht ein Zuwenig, sondern ein Zuviel an Recht, ... war das 'Übel' des Alten Reiches oder [des] französischen Ancien Régime", 48 so trifft diese Erkenntnis mutatis mutandis durchaus auch auf das Kastilien des 17. Jahrhunderts zu. Hier waren es freilich nicht nur oder nicht einmal primär die Gerichte, die zur Verrechtlichung politischer Konflikte und politischer Entscheidungen beitrugen. Die Rolle der Gerichte war dadurch beschränkt, daß ihre Urteile nicht begründet wurden, es konnte somit kein "case law" entstehen, keine Tradition von Präzedenzfällen, die es erlaubt hätte, Herrschaftsansprüche der Krone mit dem Hinweis auf frühere Gerichtsurteile zurückzuweisen. Um so wichtiger war die Rolle jener Ratsgremien, die an der Spitze der kastilischen Zentralverwaltung standen. Sie "filterten" politische Entscheidungen gewissermaßen nach juristischen Kriterien: "The law in Castile operated at an earlier stage in the political process than it did in England. Royal commands were filtered by counsel and conscience in a form of self-censorship before they were promulgated". 49 Eine "absolute" monarchische Herrschaft, die so stark wie in Kastilien juristisch konzipiert war und damit durch die Prinzipien des gelehrten römischen Rechtes, durch Privilegien von Korporationen und Einzelpersonen und durch vertragliche Bindungen der Krone beschränkt war, entspricht ganz sicherlich nicht den konventionellen Vorstellungen von Absolutismus. Dies gilt im übrigen auch für den Bereich der Gesetzgebung, denn, wie Thompson betont, das Recht der Krone zur Gesetzgebung war selten ein Anlaß für Kontroversen, dazu war seine praktische Bedeutung zu gering. Kastilien blieb im 17. Jahrhundert ein Verwaltungs- und Rechtsprechungsstaat, wurde nicht wirklich zum Gesetzgebungsstaat, daher wurden Privilegien auch nicht primär durch den Kampf gegen königliche Gesetzgebungsvorhaben in den Cortes, der Ständeversammlung, verteidigt, sondern vor Gericht, in den Ratsgremien und natürlich durch die Aktivierung von Patronagebeziehungen am Hof. 50 Thompsons Skepsis gegen die praktische Bedeutung einer wie immer definierten "legislativen Souveränität" des Herrschers deckt sich mit den entsprechenden, auf Frankreich bezogenen Einwänden David Parkers und der Argumentation Nicholas Henshalls 51 und sollte vielleicht auch für Deutschland

48

Unten, S. 241. Siehe den Beitrag von I. A. A. Thompson in diesem Band, 185-228, S. 212. 50 Unten, S. 212f. M Parker, Sovereignty (Anm. 19), und Henshall, Myth (Anm. 8), S. 37f und 135-137. Vgl. aber ders., Gesetzgebung und Recht im Übergang vom Spätmittelalter zum frühneuzeitlichen Obrigkeitsstaat. In: Okko Behrends und Christoph Link (Hg.), Zum römischen und 49

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zum Überdenken der These führen, schon im späten Mittelalter habe sich hier der "Gesetzgebungsstaat" durchgesetzt. 52 Jedenfalls zeigt der Beitrag von Johannes Arndt zu Brandenburg-Preußen, daß auch ein allgemein als ein typischer Vertreter "absolutistischer" Bestrebungen angesehener Herrscher wie der Große Kurfürst, sich eher als Bewahrer des Rechtes denn als Schöpfer neuen Rechtes verstand. "Legibus solutus", so Arndt, "ist der Große Kurfürst zu keinem Zeitpunkt gewesen - und er hat es auch nicht sein wollen". 53 Mag der Fortschritt zum modernen "Gesetzgebungsstaat" während der frühen Neuzeit somit in manchem eher als fragwürdig erscheinen, so ist doch kaum zu bestreiten, daß die finanziellen Ressourcen der meisten europäischen Staaten während dieser Epoche tatsächlich erheblich vergrößert werden konnten, eine Entwicklung, die als Übergang vom Domänen- zum Steuerstaat gedeutet wird ein Begriffspaar, auf das Wolfgang Reinhard in seinem Beitrag zurückgreift. 54 Der entscheidende Motor dieser Ressourcenvermehrung war, wie schon betont, der Druck, den die immer weiter steigenden Kosten der Heeresunterhaltung und Kriegführung auf die Staatsfinanzen ausübten. Der sprunghafte Anstieg der Ausgaben und Einnahmen der französischen Krone in den 1630er und 1640er Jahren ist dafür ein besonders charakteristisches Beispiel. In Frankreich konnten zusätzliche Ressourcen freilich nur um einen sehr hohen politischen und sozialen Preis mobilisiert werden. Dazu gehörte die Zementierung und sogar Ausdehnung der Ämterkäuflichkeit ebenso wie die Steuerrevolten und Aufstände, die Frankreich vor allem zwischen 1635 und 1653 erschütterten. 55 Wenn es überhaupt einen Staat in Europa gab, dem es im 17. Jahrhundert gelang, langwierige und kostspielige Kriege zu führen, ohne damit beständig am Rande eines Staatsbankrotts und einer Grundsatzkrise eines auf Konsens angelegten politischen Systems einherzuwandeln, dann waren dies die Niederlande, wie Marjolein C. 't Hart zeigt. Eine der größten Militärmächte Europas, jedenfalls

neuzeitlichen Gesetzesbegriff (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Phil.-Hist. Klasse 3 F Nr. 157). Göttingen 1987, 123-146, und Michael Stolleis, Condere leges et interpretan. Gesetzgebungsmacht und Staatsbildung in der frühen Neuzeit. In: Ders., Staat und Staatsräson in der frühen Neuzeit. Frankfurt/Main 1990, 167-196, mit weiterer Literatur. 52 So etwa Willoweit, Verfassungsgeschichte (Anm. 3), S. 111-116. 53 Unten, 249-273, S. 271. 54 Unten, 277-310. Vgl. jetzt für England den ähnlichen Ansatz von Michael J. Braddick, Parliamentary Taxation in Seventeenth-Century England. Local Administration and Response. London und Woodbridge 1994, und ders., State Formation and Social Change in Early Modern England: A Problem Stated and Approaches Suggested. In: Social History 16 (1991) 1-17. 55

Richard Bonney, Louis XIII, Richelieu and the Royal Finances. In: Joseph Bergin and Laurence Brockliss (Hg ), Richelieu and his Age. Oxford 1992, 99-135; Collins, Limits (Anm. 34), S. 135-165.

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im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, hielten sie dennoch mit Erfolg an einem weitgehend dezentralisierten Herrschafts- und Verwaltungssystem fest und kamen ohne einen monarchischen Herrscher im vollen Sinne des Wortes aus. Die Statthalter aus dem Hause Oranien stellten zwar namentlich in Kriegszeiten bis zu einem gewissen Grade "Ersatzmonarchen" dar, aber die Souveränität, wenn denn dieser Begriff für die niederländische Republik überhaupt sinnvoll ist, verblieb dennoch bei den ständisch verfaßten Provinzen. Selbst das Militärwesen blieb zu großen Teilen dezentralisiert. 56 Diese Dezentralisierung des Militärwesens galt allerdings primär für das vorwiegend im (defensiven) Stellungskrieg eingesetzte Landheer, weniger für die Flotte, die auch in großangelegten offensiven Operationen Verwendung fand. Die Ausnahmestellung der Niederlande im militärischen Bereich, die nicht ohne Rückwirkung auf die politische Struktur der Republik blieb, erklärt sich nach 't Hart sowohl aus dieser spezifischen Rollenverteilung zwischen Heer und Flotte als auch aus der Stellung der Niederlande - oder vielmehr Amsterdams und der Provinz Holland - als europäisches Finanzzentrum. Leichter als irgendwo sonst war hier eine Kriegsfinanzierung über kostengünstige Kredite möglich. Der Druck, der von der Kriegführung auf die traditionelle Finanz- und Staatsverfassung ausging, war geringer als in anderen Ländern. So stimmt 't Hart zwar der These Henshalls zu, die Ausnahmestellung Englands unter den Monarchien Europas sei eher eine optische Täuschung als eine Realität, beharrt aber auf dem "Sonderweg" der Republik der Niederlande. Die hochentwickelte, weitgehend monetarisierte Wirtschaftsstruktur der Kernprovinzen der Republik erlaubte hier eine Expansion der öffentlichen Ressourcen unter Wahrung der traditionellen Konsensmechanismen. Auch Wolfgang Reinhard weist in seinem Beitrag darauf hin, wie wichtig der relative Wohlstand eines Landes für seine politische Entwicklung war. Mit Blick auf die für die europäische Staatsentwicklung so bedeutsamen mittleren Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts kommt er zu dem Schluß, "daß die größten finanzpolitischen Errungenschaften seit langem in einer Periode tendenzieller wirtschaftlicher Stagnation erzielt wurden. Offensichtlich wußte der politische Ehrgeiz der rivalisierenden Monarchen bei dem Entwicklungsstand, den er damals erreicht hatte, keinen anderen Rat, als sich die Mittel zur fortgesetzten politischen Expansion durch politischen Zwang zu sichern. Dann wäre es umgekehrt auch kein Zufall, daß England und die Niederlande als die beiden einzigen nicht von der "Krise des 17. Jahrhunderts" gebeutelten Länder einen anderen Weg einschlugen. Dank wirtschaftlicher Prosperität konnten sie sich eine Fortsetzung des bis dahin auch anderswo üblichen, eher auf Konsens gerichteten

5

" Siehe unten, 329-349, und 't Hart, Making (Anm. 38).

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Kurses leisten". 57 Für die Niederlande leuchtet diese Analyse ohne weiteres ein, in England hat sie vielleicht für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts und das beginnende 18. Jahrhundert eine größere Plausibilität als für die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, da England etwa von der Krise der europäischen Textilproduktion vor 1640 nicht unberührt blieb58 und der Bürgerkrieg ja gerade den Zusammenbruch des traditionellen politischen Konsenses zeigte. Das Beispiel der Niederlande macht deutlich, daß auch und gerade ein ständisch-föderativ verfaßtes Staatswesen unter günstigen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen dazu in der Lage war, im außenpolitisch-militärischen Wettbewerb der europäischen Mächte zu bestehen, wenn vielleicht auch nur befristet für eine Reihe von Jahrzehnten. Dies widerspricht der traditionellen Vorstellung, daß der Krieg die eigentliche Domäne der absoluten Monarchien darstellte, die hier ihre Überlegenheit über anders verfaßte Staatswesen nachdrücklich demonstrierten. Auch Bernhard Kroener zeigt, daß die Stellung der Armee in der "absoluten" Monarchie ambivalent blieb. Die Armee, so Kroener, "blieb in ihrem Kern feudal, wurde aber in diesem Bezugsrahmen durch den monarchischen Staat instrumentalisiert" 59 - eine Feststellung, die sich sicherlich auf den zivilen Bereich der französischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts weithin übertragen ließe. Kroener betont zudem, daß die Bürokratisierungstendenzen, die sich in der Verwaltung des Heeres, aber auch in der Truppenführung im Krieg unter Ludwig XIV. beobachten lassen, nur in einem recht eingeschränkten Sinn die Position des Monarchen stärkten. Langfristig war die Zentralisierung von Entscheidungskompetenzen im militärischen Bereich von zweifelhaftem Wert, da sie die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte verminderte, die ein hohes Maß an Selbständigkeit der Kommandeure im Feld voraussetzte. Mit dem Vorgang der Bürokratisierung in der Monarchie des 16. und 17. Jahrhunderts hat sich auch Ernst Hinrichs verschiedentlich auseinandergesetzt. Einerseits handelt es sich hier doch um einen folgenschweren Prozeß. Der etwa in Frankreich zu beobachtende Vorgang des Ausbaus des staatlichen Verwaltungsapparates behielt seine fundamentale Bedeutung, weit über jene Zeit hinaus, die traditionellerweise als Epoche des Absolutismus gilt. Andererseits unterlag der staatliche Verwaltungsapparat auch einem Prozeß der kontinuierlichen "Refeudalisierung". 60 In einer Verwaltung, in der Ämter oft, ja in der Regel

57

Unten, S. 309. Barry E. Supple, Commercial Crisis and Change in England 1600-1642, Cambridge 1959; vgl. Christopher G. A. Clay, Economic Expansion and Social Change: England 1500-1700. 2 Bde., Cambridge 1984, II, S. 120f. 59 Unten, S. 322. 60 Vgl. Ernst Hinrichs, Absolute Monarchie und Bürokratie. Bemerkungen über ihre "Unvereinbarkeit" im französischen Ancien Régime. In: Ders., Ancien Régime und Revolution. Studien zur Verfassungsgeschichte Frankreichs zwischen 1589 und 1789. Frankfurt a. M. 58

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als Eigentum der Amtsinhaber betrachtet wurden und diese zudem oft im "Eigenbesitz der sachlichen Verwaltungs- und Beschaffungsmittel" waren, 61 war die "Bürokratie" zum Teil eher ein Hindernis für die Durchsetzung monarchischer Politik als ein effizientes Herrschaftsinstrument. Gerade Frankreich zeigt somit, daß ein Staat, der über eine große und gerade auch auf der lokalen Ebene sehr präsente Bürokratie verfügte, deshalb noch lange kein "starker" Staat im herkömmlichen Sinn sein mußte, geschweige denn ein absolutistischer Staat, wenn damit tatsächlich ein Herrschaftssystem gemeint sein soll, das zur effizienten und widerstandslosen Durchsetzung seiner Anordnungen fähig war. Im Epilog zu diesem Band nimmt Hinrichs diese älteren Überlegungen wieder auf und ordnet Henshalls provokante Thesen in den Kontext der kontinentaleuropäischen und insbesondere auch deutschen Absolutismusforschung ein. In Übereinstimmung mit einer ganzen Reihe von Beiträgen in diesem Band kommt er zu dem Schluß, daß ein Schlüssel für die strukturellen Veränderungen monarchischer Herrschaft in der frühen Neuzeit in der gewandelten Darstellung und Selbstdarstellung des Königtums in der politischen "Propaganda", in der Kunst, in höfischen Festen und in den Predigten der Geistlichkeit zu suchen ist. Die Frage bleibt freilich, warum dieses veränderte Bild monarchischer Herrschaft in Ländern wie Frankreich zumindest in den Reihen der politisch-sozialen Elite zunehmend Akzeptanz fand. IV Es war vorhersehbar und stellte insofern keine Überraschung dar, daß über der von Henshall (erneut) aufgeworfenen Frage nach dem Realitätsbezug des Terminus "Absolutismus" die Meinungen gespalten blieben und auch kontrovers artikuliert wurden. Worüber weitgehender Konsens hergestellt werden konnte, war, daß in der zeitgenössichen politischen Sprache das Bewußtsein eines politischen Umbruchs sich früh und eindringlich fassen läßt, wohingegen die Ansichten über das tatsächliche Reformpotential der europäischen Monarchien des (frühen) 17. Jahrhunderts eher gespalten blieben. Zu denken geben muß immerhin die Ansicht eines Fachmannes wie John Russell Major, der mit Nachdruck feststellt, daß an der Wiege des französischen Absolutismus in den 1620er und 1630er Jahren, als Kardinal Richelieu die Politik der französischen Krone bestimmte, keineswegs ein umfassendes Konzept institutioneller Modernisierungen gestanden habe. 62

1989, 81-99. 61 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen 5 1976, S. 126. 62 "Insistent as he was on loyalty and obedience, Richelieu was unable to construct a system that could survive six years after his death without a major revolt. It was based on

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Einleitung

Der "absolutistische Staat" trat jedenfalls nirgendwo mit einem stringenten und in sich schlüssigen Reformkonzept an, sondern erwuchs zu einem guten Teil aus Notlagen, aus Krisensituationen, aus besonderen Herausforderungen der Krone - was sich u.a. dann eben darin niederschlug, daß keineswegs alle traditionellen Bindungen der Krone über Bord geworfen wurden, die Stände vielerorts in Aktivität blieben, die Konsensbildung ihren Platz behielt, die Neuordnung des Rechtswesens und die Gesetzgebung eher bescheiden blieben usw. Henshalls provozierende Thesen hatten und haben eine Funktion: nämlich die, mehr als bisher nach den Grenzen, Beschränkungen und Kompromissen eines Herrschaftssystems zu fragen, das als Epochenbezeichnung ("Zeitalter des Absolutismus") trotz seiner erstaunlichen Akzeptanz in jüngerer Zeit in Frankreich eine Menge Probleme aufwirft. Dennoch fand Henshalls Vorschlag, den AbsolutismusBegriff als Mythos zu entlarven und sich völlig von ihm zu befreien, auf der Konferenz noch keine Mehrheit; vielleicht auch deshalb, weil man sich bewußt war, daß auch Mythen die historische Realität prägen können und dies gerade für die Idee einer unbeschränkten monarchischen Herrschaft in der frühen Neuzeit galt, wie bereits betont worden ist.63 So wie in England die absolute Monarchie seit der Mitte des 17. Jahrhunderts zum Schreck- und Feindbild wurde, das den Umgang mit den eigenen Verfassungstraditionen bestimmte, so konnte in Frankreich eine entgegengesetzte politische Rhetorik zumindest die Person des Monarchen für lange Zeit der direkten Kritik entziehen, auch wenn sie keineswegs dazu in der Lage war, die Hindernisse, die finanzielle und administrative Probleme und die soziale Wirklichkeit in der Praxis der "absoluten" Herrschaft des Königs entgegenstellten, zu überwinden. Der Tenor des münsterschen Symposiums war daher trotz aller berechtigten Einwände an den dem Absolutismus-Begriff von der Geschichtswissenschaft zugelegten Volumen seines heuristischen Wertes wegen an ihm festzuhalten, zumal ein alternativer Begriff, der in ähnlicher Weise Prozesse von Herrschaftsverdichtung und Fürstenbezogenheit widerspiegele, nicht zur Verfügung stehe.

personal relationships, which died with him rather than on an institutional structure that could function long after he had departed". J. Russell Major, From Renaissance Monarchy to Absolute Monarchy: French Kings, Nobles and Estates. Baltimore, M D 1994, S. 294 über den Sieg Richelieus über den "Bürokraten" Marillac. 63 Oben S. 18.

EARLY MODERN ABSOLUTISM 1550-1700: POLITICAL REALITY OR PROPAGANDA?

By Nicholas Henshall Between the 1820s and 1950s everyone knew what "absolutism" meant. It was the autocratic enemy of consultation, the despotic foe of rights, the bureaucratic usurper of society's natural elites. Perhaps above all, it was the coercive opposite of consensual England. The Whig interpretation of history, charting the growth of parliamentary government, presented most early modern rulers in these terms, since they had more power than eighteenth and nineteenth-century

Whig

historians thought appropriate. The conviction that England escaped this fate in 1688 was tied up with conceptions of national identity and interest. It became the national myth. "Absolutism"

still

implies

a total monopoly

of power.

Consultative

institutions like Estates, with power in their own right, are conceptually incompatible with it. If they are found to exist, they are presented as marginalised rather than indispensable. Yet recent research reveals otherwise. Dormant Estates are no longer the keynote of the regime of the Bourbons.

They

recognised Estates as agencies of consultation, showing they were not autocratic. They respected them as guardians of liberties, showing they were not despotic. And they employed them as agencies of administration, showing they were not bureaucratic. As the Bourbons are equated with "absolutism", the concept is in trouble. Yet the main response has been to force new research into the old "absolutist" framework: pleas for a moratorium on the term have been predictably ignored. Yet early modern monarchy requires a new paradigm based on consensus and partnership rather than confrontation and coercion. In this paper I shall examine recent shifts in historical perspective which have brought this about - and in the process dissolved many of the traditional contrasts between Britain and the Continent. The first is a shift to comparative rather than national focus. Some of the parallels between England and the Continent have emerged incidentally, but others are the product of deliberate synthesis. 1

1 Fritz Härtung and Roland Mousnier, Quelques problèmes concernant la monarchie absolue. In: Relazione del X Congresso Internazionale di Scienze Storiche, IV: Storia moderna.

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In 1807 The Edinburgh Review proclaimed: All civilized Governments may be divided into free and arbitrary: or more accurately ... into the Government of England and the other European Governments. The Whig myth of England's uniqueness has survived as its history has been written separately from that of the "absolutist" Continent. Many historians now note a British multiple monarchy with a strong royal prerogative, dominant court and irregular meetings of English, Irish and (after 1603) Scottish Estates. All this looks less exceptional in the context of early modern Continental governments. Pigeon-holing the English state with the Dutch is part of the Whig myth: the latter was a republic for most of the period, the former only for the eleven years of the Interregnum. In 1660 all monarchical apparatus was restored, including a royal prerogative abhorrent to the Dutch, whose Estates General might refer a foreign issue to town councils. Certainly until 1688, England's place is with the great European monarchies. "Well-trodden territory can look different when viewed from a balloon rather than from the traditional national hill-top". 2 As one ascends, the pattern shifts unexpectedly. The attack on the Bohemian Estates after their defeat in 1620 made Bohemia a hereditary monarchy; officers of state were to be appointed by the King and not the Estates, who also lost their sole right to initiate legislation. This is usually greeted as the imposition of "absolutism" by the Habsburgs. In fact it gave them the same powers in Bohemia as English monarchs had enjoyed for centuries. Spain was regarded by early seventeenth-century Englishmen as the essence of despotism, with subjects' liberties and properties at the mercy of the ruler's whims. Yet the Spanish situation was comparable to their own. The crown's prerogatives in Castile were more constrained by contractual obligations than in any monarchy outside Poland. 3 Louis XIV was called an "absolute" monarch during his lifetime in both France and England, but the two peoples inferred the opposite by it. The French meant a monarch equipped with power to defend his subjects' liberties and properties; by the late 17th century the English meant one armed with power to destroy them. How did this happen? It certainly did not start with the Edinburgh Review. The man responsible for the claim that there was something specially English about parliaments was Fortescue. In the fifteenth century, when rulers all over

Florence 1955, 3-55; John Miller, The Potential for Absolutism in Later Stuart England. In: History 69 (1984) 187-207; idem (ed.). Absolutism in Seventeenth-Century Europe. London 1990; John Brewer, The Sinews of Power. London 1989; Nicholas Henshall, The Myth of Absolutism. London 1992; Jeremy Black, Convergence or Divergence? Britain and the Continent. London 1994. 3 Dominic Lieven, Nicholas II. London 1993, p. X. 3 I. A. A. Thompson, Castile. In: Miller, Absolutism in Seventeenth-Century Europe (above n. 1), 69-98, pp. 71-73 and 81.

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Europe had established consultative assemblies, many of them with permanent officials, standing committees and corporate status denied to the English parliament, he announced that his monarch was unique in needing the consent of parliament to legislation and taxation, while the French King could help himself to his subjects' property. Yet Commines and Bodin (despite the latter's reputed taste for "absolutism") made claims for France that were similar to those registered by Fortescue for England. We now know that c. 1500 dominiumpoliticum et regale was the norm, not the exception. It does not mean mixed monarchy. Politicum means mixed and regale royal government. Fortescue did not suggest that the King had one power which he shared with parliament. He had two, one shared with parliament and one his alone. Rex in parliamento taxed and legislated and rex solus wielded the royal prerogative. Fortescue was right about England's monarchy but wrong about the others. His motives (scoring points off the French) were entirely tactical but the damage was done. His misleading division of monarchies into two categories passed into English political mythology. 4 In some respects English monarchy was uniquely absolute. The statutes of the Reformation Parliament had vested ecclesiastical supremacy in the monarch alone. Elizabeth I could truly claim to be absolute in matters spiritual and temporal when she ripped rood crosses from parish churches and substituted royal coats of arms. This authority was not confined to paper: it is becoming clear that she imposed Protestantism on an unwilling population. We now know how dutifully English churchwardens took down, put up and took down again saints' images in obedience to the whims of mid-Tudor monarchs. 5 It says much for the strength of Tudor government and its grip on the localities. Yet it is the Catholic Continental monarchies, with a fraction of the Tudors' power over their churches, who are credited with "confessional absolutism". But England laid unique claim to the rule of law. This can be queried on the grounds that Continental rulers were as constrained by law as English ones. By the eighteenth century many French households possessed only one book, a copy of the coutume or legal code: coutumes were more popular than Bibles.6 It is usually argued that whatever the formal legal restraints against the monarch, on the Continent they were unenforceable. So they were in England, except by revolution. Tudors and Stuarts possessed an emergency prerogative, comparable

4

Jonathan Clark, The Language of Liberty 1660-1832. Cambridge 1994, pp. 76f. Ronald Hutton, The Local Impact of the Tudor Reformations. In: Christopher Haigh (ed.). The English Reformation Revised. Cambridge 1987, 114-138. " Bruce Lenman and Geoffrey Parker, The State, the Community and the Criminal Law in Early Modern Europe. In: Bruce Lenman, Geoffrey Parker and V. A. C. Gatrell (eds ). Crime and the Law. London 1980, 11-48, p. II. 5

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to the Bourbons', which was hard to control. Those suspected by Elizabeth's Privy Council of sedition were routinely subjected to arbitrary imprisonment and torture. 7 The inevitable verdicts of the great Tudor treason trials contrast suggestively with the failure of Louis XIV to secure a death sentence against Fouquet. Morrill and Burgess have argued convincingly that what was queried in the Ship Money case was not the King's right to his subjects' property in emergencies, but his judgement of what constituted an emergency. The common law was revealed as powerless to stop him exercising his prerogatives in inappropriate contexts. 8 Hence the breakdown of the Jacobean consensus. The Stuarts played ducks and drakes with the judiciary, while in France judges had bought their offices and could not be removed. Nor could French local officials be dismissed, unlike English justices of the peace. Nor is there a neat contrast between the Continent where monarchs made law on their own authority and "non-absolutist" states like England where it was made by King-in-Parliament. Law-making emerges from Frankish and AngloSaxon capitularies as one of the oldest prerogatives of kingship. But in some ways it was also a joint effort and appears to have remained so in the age of "absolutism". The allegedly "absolutist" Charles XI of Sweden stated in 1680 that royal legislative prerogatives gave law its force: they did not bestow sole right to determine its content. 9 According to the time-honoured formula, law in England was enacted by the King's most excellent majesty with the assent of Lords and Commons. And the French crown's sole right of initiating legislation was matched by the English King's right of veto. Bourbon "law-making" was loosely defined. Perusal of Isambert's Recueil général of the legislation of the French kings reveals the Paris scrutinising foreign treaties, royal wills, peerage grants, company charters and declarations of war - matters of state which few Tudor or Stuart parliaments regarded as "hands on". 10 Monarchs in "absolutist" Sweden swore in their coronation oath to consult the Riksdag over major foreign policy decisions; parliaments in "nonabsolutist" England tried on occasions to interfere in foreign policy, but no formal right to do so was ever acknowledged." It has been suggested that Elizabeth ruled largely through letters patent precisely because no parliament

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Penry Williams, The Tudor Regime. Oxford 1979, pp. 392f. * John Morrill, The Religious Context of the English Civil War. In: Transactions of the Royal Historical Society, 5th ser., 34 (1984) 155-178, pp. 160 and 174; Glenn Burgess, The Politics of the Ancient Constitution. London 1992, pp. 202-206. ' Anthony Upton, The Swedish Riksdag and the English Parliament in the Seventeenth Century - Some Comparisons. In: Nils Stjernquist (ed.), The Swedish Riksdag in an International Perspective. Stockholm 1989, 118-133, p. 128. 10 François Isambert, Recueil général des anciennes lois françaises. Paris 1822-1833. 11 Upton, Swedish Riksdag (above η. 9), p. 122.

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could touch them. 12 Bourbon insistence in 1673 on the first and last word in such matters seems less "absolutist" once it is realised that English monarchs required the same. 13 The second shift results from recent interest in discourse rather than the traditional study of political theory. Political consciousness is now seen as defined by available discourses, articulated by clergy, lawyers and politicians rather than political philosophers. They represent a mentalité rather than a mode of theorising. Early modern discourse proposes three types of government - and they do not include the "absolutism" which allegedly divides England from the Continent. Firstly, most rulers were seen as "absolute" in that they monopolised princely prerogatives of war and peace, patronage and appointments, and recognised no legitimate challenge to their decisions. The term predates the "age of absolutism". It is found in the fourteenth century as rulers of France, England and Spain began to claim the imperium and wear the arched crowns which put them on a par with the Holy Roman Emperor. It is repeatedly invoked in the enactments of the Castilian Cortes during the reign of Alfonso XI in 1348. 14 Monarchy is absolute by definition: that is its point. It means rule of one - not power shared with imperial overlord or committee of nobles or feudal lords. Absolute power made the interests, capacities and decisions of one man the driving force of government. In the late Middle Ages Western European monarchs monopolised prerogatives which had formerly been duplicated by others. The crucial right of making war was confined to the crown; those who made war on the King were treated as traitors rather than as feudatories exercising their right of diffidatio.'5 Henceforth forcing policies on the crown was rebellion; those who forced themselves into office were conspirators. The point of absolute power was not its capacity for coercion. As Bossuet insisted, it was that it could not be coerced. Absolute power was compatible with participation from below. Monarchs legitimately monopolised only what were known as "matters of state"; elsewhere

12

Raymond W. K. Hinton, The Decline of Parliamentary Government under Elizabeth and the Early Stuarts. In: Cambridge Historical Journal 13 (1957) 116-132, pp. 125f. 13 David Parker, Sovereignty, Absolutism and the Function of Law in Seventeenth-Century France. In: Past and Present 122 (1989) 36-74; Roger Mettam, Power and Faction in Louis XIV's France. Oxford 1988, p. 267; Idem, France. In: Miller, Absolutism (above n. 1), 43-67, pp. 48f. 14 James Burns, Lordship. Kingship and Empire. Oxford 1992, p. 72. 15 Richard Kaeuper, War, Justice and Public Order in the Later Middle Ages. Oxford 1988, pp. 225-231; Theodor Schieder, Wandlungen des Staats in der Neuzeit. In: Historische Zeitschrift 216 (1973) 265-303, p. 269.

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they had to obtain consent. This distinction was once thought to apply only to England: but it can be argued that it was universal in Western and Central Europe. French and Spanish monarchs were called "absolute" when the Estates General and Cortes were meeting frequently. Careful listing of prerogatives in countless treatises suggests that they did not extend to everything. Absolute power ended where subjects' rights began - and implied no intent to trample on them. There was a sense of what a ruler could and could not do. This goes beyond the practical limitations of absolute power (distance, resources, unreliable officials and so on), which have received much attention of late. It extends to its legal and theoretical limitations, which have received less. Europe, and not merely England, embraced the rule of law: absolute power was also limited or constitutional power. 16 As guardians of the law, rulers could not break it without undermining their own authority. Absolute power was not seen to threaten legal rights: it endowed rulers with the strength to protect them. By collapsing absolute and limited authority into one, as contemporaries did, English and Continental regimes become members of the same species - monarchy. Secondly, some rulers were seen as "despotic" or "arbitrary" in that they pushed beyond recognised prerogatives and invaded the rights of their subjects. Invasion of property rights without consent was condemned even by allegedly "absolutist" thinkers like Bodin: force was unlawful. The ability to tax at will has long been seen as a key attribute of absolute monarchy. Whatever the practice, it becomes increasingly clear that no such prerogative existed in theory. The principle that rulers should consult subjects whose rights were at stake had penetrated deeply into Western European political culture. Monarchs and Estates might dispute but they spoke the same language. Despotism was regarded as a malfunction and never equated with the constitution, though it was commonly identified with the Turkish and Russian regimes. Though rights and privileges could be irksome to rulers they did not usually suppress them, even when they had the chance. Estates survived the failure of revolts in Naples in 1585 and Aragon in 1591, though Philip II could readily have curbed their powers. The doctrine that despotic acts were unconstitutional was not invented by rebellious French parlements in the eighteenth century: it was enunciated by Bossuet, official theorist of Louis XIV. 17 Rights and privileges embodied a discourse of ancient custom, contracts and charters: their sanction was the past. Friedrich Karl of Württemberg was thus unusual when in 1692, in words anticipating Joseph II, he dismissed the old

16

Bums, Lordship (above n. 14), p. 158. James Collins, Fiscal Limits of Absolutism. Berkeley, CA 1988, p. 2; Victor L. Tapié, France in the A g e of Louis XIII and Richelieu. New York 1975, pp. 54-60; Frank Tallett, War and Society in Early Modern Europe. London 1992, p. 196. 17

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constitution as past history (alte Historie) irrelevant to new circumstances.' 8 Rights were individual as well as corporate and they could extend to freedom of expression. Many sixteenth and seventeenth-century monarchs allowed diversity of opinion on political affairs: some, like the Spanish Habsburgs, encouraged it. Louis XIV made no attempt to silence the critical group which gathered round the Duke of Burgundy. In contrast, Victor Amadeus II of Savoy imposed the most authoritarian denial of intellectual freedom to the west of Russia. The temperament of individual kings seems responsible rather than any "absolutist" system. Thirdly, some rulers were seen as veering towards "republican" arrangements in allowing encroachment on princely prerogatives by councils, committees or Estates. People complained when the monarch did not govern by himself: Louis XIV's boast was that he did. Contrary to the usual belief, nobles preferred strong rulers to weak ones. Provincial power groups wanting effective royal support in local contests needed undivided command at the centre of power in order to head off appeals to jurisdictional rivals. As ministers and officials frequently contested each other's spheres of responsibility, firm regal arbitration was all the more vital. 19 The later years of Philip IV of Spain were castigated by many observers as republican in that the King was incapable of imposing his decisions on the government. 20 But royal minorities or incompetence could reverse this attitude. In early seventeenth-century Brandenburg the Estates made good their claim to vet foreign policy and in 1648 the Paris parlement tried to. Significantly, later seventeenth-century Brandenburg and France are famous for spectacular displays of "absolutism": arguably their monarchs were merely retrieving normal royal or princely power. What preceded "absolutist" regimes is often illuminating. If we start the Danish clock in 1661, we behold a strong monarchy aggressively seizing new powers and apparently launching on "absolutism". If we start it in 1648, we encounter a weak, elective monarchy with a council of magnates imposed upon it. There is nothing intrinsically "absolutist" about a king wanting to choose his own servants and bequeath the crown to his heirs. The stress on absolute power was, at least partly, a rhetoric of recovery. There were thus one type of legitimate government (monarchy) and two perversions of it (despotism and republicanism). Monarchy degenerated into despotism when it monopolised the powers it was supposed to share and veered

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James A. Vann, The Making of a State: Württemberg 1593-1793. Ithaca, N Y 1984, p.

161. " Charles Frostin, L'organisation ministérielle sous Louis XIV: cumul d'attributions et situations conflictuelles. In: Revue d'histoire du Droit français et étranger 58 (1980) 201-226. 20 Thompson, Castile (above η. 3), p. 88.

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towards republicanism when it shared the powers it was supposed to monopolise. The vital distinction was between absolute and despotic monarchies, which took opposite views of the rights of their subjects - not between absolute and limited monarchies, which were two aspects of the same thing. Early modern political discourse employed a rhetoric of harmony which combined apparent opposites. It was the ruler's duty to maintain a balanced constitution. French and English governments thus operated in both prerogative and consultative modes. This is why contemporaries puzzlingly referred to the same rulers as absolute and limited. These were not then regarded as mutually exclusive, since they referred to different areas of governmental activity with different rules. In England Burgess has called this the duplex theory of government. Bacon described it as a two-fold power in the king:... his absolute power, whereby he may levy forces against any nation and his limited power, which is declared and expressed in the laws. An English MP declared in 1610: This kingdom enjoyeth the blessings and benefits of an absolute monarchy and of a free estate ... Therefore let no man think liberty and sovereignty incompatible, that how much is given to the one is taken from the other ... the one can hardly long subsist without the other.21 This is also why Sommerville's reinvention of a contest between "absolutist" and "limited" theories of government in early seventeenth-century England is a nonstarter. Absolute and limited power were seen as symbiotic and complementary. Not all commentators agreed then. Nor do they now. In 1559 John Aylmer expressed relief that Elizabeth, a woman, could not alone determine matters of war and peace. Some historians still assert that she invented the distinction between commonwealth matters, which parliament could vet, and matters of state, which they could not. Since the theory of this dichotomy dated at least from Fortescue, and the practice was necessitated by the rarity of parliaments, we may conclude that they (and Aylmer) are wrong. Elton defines the Tudor royal prerogative as subject to law, which is misleading. It was within the law in the sense of having its boundaries defined by law; but it was outside it in the sense of not operating through it but through the King's unchallengeable will. In that respect it was comparable with the prerogative of the Bourbons, which was beyond legal challenge. Sommerville goes to the opposite extreme when he compares the claim of James I for a prerogative a b o v e the law with that of the Bourbons. He accurately represents James, who was in a despotic muddle, but misrepresents the Bourbons, who repudiated all theory of despotism.

21 Burgess, Ancient Constitution (above n. 8), p. 166; Elizabeth Read Foster (ed.), Proceedings in Parliament 1610. 2 vols., New Haven, CT 1966, II, pp. 191 and 195.

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Bossuet could scarcely be clearer. Royal authority is absolu par rapport à la contrainte: η 'y ayant aucune puissance capable de forcer le souverain, qui en ce sens est indépendant de toute autorité humaine. Mais il η 'ensuite pas de là que le gouvernement soit arbitraire, parce ... qu'ily a des lois dans les empires contre lesquelles tout ce qui se fait est nul de droit.21 The duplex consensus of early Stuart England was pushed by Charles I beyond its limits, along his father's lines and in defiance of Bossuet's. Clearly, therefore, the relationship between Bourbon and Stuart regimes cannot be clarified by labelling both of them "absolutism". After the Civil War some attempt was made to recouple absolute and limited monarchy, but by the end of the century they were regarded as incompatible. This was illogical, since an absolute monarchy which was not despotic was in some sense limited. But the development owed little to logic and most to propaganda - a linguistic response to the dynastic, religious and commercial challenge of Louis XIV in the 1680s and 90s. Locke and Bossuet give definitions of despotism so identical that it seems they have been conferring. 23 But there is a crucial difference. Bossuet separates absolute from despotic power, while Locke equates them. Sanctioned by his authority, absolute acquired the despotic connotations it has retained. 24 It was by definition no longer possible for absolute governments to be simultaneously limited. By the eighteenth century the English had forgotten the word's original nondespotic meaning. In 1756 David Hume was puzzled by frequent Tudor and Stuart references to their monarchy as absolute. Had not England's monarchy been limited for centuries by law and Parliament? He wondered briefly in a footnote whether the meaning of the word had changed but did not pursue the speculation.25 Soon this reached France. Bossuet fought to maintain the distinction between absolute power, defender of subjects' rights, and despotic or arbitrary power, their oppressor. He exposed the attempt to discredit absolute monarchy: Pour rendre ce terme odieux ... plusieurs affectent de confondre le gouvernement absolu et le gouvernement arbitraire. Mais il n'y a rien de plus distingué.26 22 Geoffrey Elton, The Rule of Law in Sixteenth-Century England. In: Idem, Studies in Tudor and Stuart Politics and Government. 2 vols., Cambridge 1974, I, 260-284; Johann Sommerville, Politics and Ideology in England 1603-1640. London 1986, pp. 46f; JacquesBénigne Bossuet, Politique tirée des propres paroles de l'Ecriture sainte, ed. Jacques Le Brun. Paris 1967, p. 292. 23 Ibid., pp. 292f; John Locke, T w o Treatises of Government, ed. Peter Laslett. N e w York 1965, p. 182. 24 James Daly, The Idea of Absolute Monarchy in Seventeenth-Century England. In: Historical Journal 21 (1978) 227-250, p. 245. 25 David Hume, History of England. 10 vols., London 1809 edition, VI, pp. 246f. 26 Bossuet, Politique (above n. 22), p. 92.

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Any discourse contains an element of self-interest: it embraces tactics as well as high-minded principle. The European elite had a common culture: it was desirable to claim the legitimation of classical political norms. The familiar description of England as a mixed monarchy, endlessly repeated throughout the sixteenth and seventeenth centuries, was based on the traditional idea of a mixed constitution which could be found in Aristotle and other authors of ancient Greece and Rome, as for example in Cicero's De Re Publica (although this particular work was not rediscovered until 1819). Variegated content was allocated to the mixture. Some favoured clergy, lords and commons and others executive, legislature and judiciary. Clearly the facts were fitted to the model, not the model to the facts. Yet historians solemnly reiterate it as though it were based on the findings of modern political science. For most of the period absolute was complimentary and despotic abusive. Classification was coloured by dynastic, national or religious antipathy. Bossuet praised Louis XIV as absolute, while the Huguenot Jurieu denigrated him as despotic. According to English Whig politicians of the 1680s, Louis XIV was a Catholic despot while Leopold I, a good ally, was seen as politically correct and, as it were, an honorary Protestant. 27 "Absolutism" is a stranger to this discourse. It represents a governmental norm and it has despotic connotations. In pre-Enlightened discourse it cannot do both. Thirdly, there has been a shift to studying international rather than national states. Focus on British rather than English perspectives has revealed parallels with Continental multiple monarchies. 28 Most observations about English uniqueness are irrelevant on the British scale. The rise of national consciousness and nation states continues to obsess historians, but they now also stress the domination of early modern Europe by international imperial dynasties. There is thus more reluctance to equate "absolutism" with the rise of the nation state and suspicion of blanket description as "absolutist" of empires embracing different forms of constitutional law. Early modern states were dynastic agglomerations, acquired without regard to ethnicity or geography, divided by law and language, bound together only by loyalty to the ruler's family, court and, especially after 1650, religion. The sea was no barrier to dynasticism: it bonded territory rather than dividing it, as in the Swedish Empire and the Kingdom of Denmark-Norway. But consensus was

27 Cicero, De Re Publica. De legibus. With an English translation by Clinton Walker Keyes. London 1928, pp. 102-104; Nicole Ferrier-Caverivière, L'image de Louis XIV dans la littérature française de 1660 à 1715. Paris 1981, pp. 314-330. 28 Black, Convergence (above η. 1).

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hard to create when the central territory containing the dynastic capital encroached on the liberties or diverged from the religion of subordinate provinces, often with only a viceregal court or none at all. Hence revolts in the Netherlands (1566), Bohemia (1618), Scotland (1639) and Catalonia (1640). Fourthly, revisionist historians have stressed contingencies rather than structures. This has weakened the concept of "absolutism" as a type of society. Impatience with oversimplified economic and sociological underpinnings has revived l 'histoire événementielle, with its emphasis on short-term contingency as the main explanatory tool. Emphasis is laid on the autonomy of the political and constitutional sphere and the extent to which it generated a momentum of its own. Hereditary monarchy is by definition unpredictable. Chance factors like royal capacity and personality give varying trajectories in different states. Highpolitical studies of court faction have demonstrated the influences on, and importance of, key decisions by those in power. Political manoeuvring at the Tudor court made policy, and therefore the progress of the Reformation, a matter of chance. 29 Domestic harmony was fragile, since it depended on the ability of individual hereditary monarchs to hold together fragmented polities with few resources and less force. Women or children on the throne, or a disputed succession, weakened monarchy vis-à-vis other groups. And it is often forgotten that monarchs were expected to rule until they dropped. Infirmity and senility were therefore normal hazards of royal government. Historians note variations in official acceptance of the inevitable. Though royal icon-makers painted over Elizabeth I's wrinkles, Louis XIV's official image was allowed discreetly to age. 10 "Absolutism" cannot now be treated as a linear development, with one monarch systematically building on the policies of his predecessor. The truth was more cyclical and haphazard. Monarchs like Louis XIV can be seen as recovering their prerogatives after challenge (the Frondes) during royal minority or incompetence (Mazarin). It was unnecessary to establish them by force: rulers who were capable and of age were expected to wield them. Instead of viewing "absolutism" as an aggressive drive for new powers, it can be presented as a strategy of recovery from the natural shocks that crowns were heir to - as a determination to monopolise rulers' own legitimate powers, not everyone else's.

29 10

Christopher Haigh, English Reformations. Oxford 1993, p. 336. Peter Burke, The Fabrication of Louis XIV. London 1992, pp. 107-123 and 197.

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Many early modem historians have recently emphasised continuity rather than change. "Absolutism", by definition a departure from medieval forms of government, has therefore been queried. England, in contrast, has always been recognised as one state where there was an important survival - of the medieval partnership of crown on the one hand and Estates and local elites on the other, together with the class and regional liberties which they defended. It now has to share this distinction with Continental claimants to an equally long record of cooperation. The conventional idea was that the new "absolutist" state was hostile to established elites and the corporate bodies which they dominated. This is now doubtful. 31 As well as crossing national boundaries, the big picture must transcend the usual research periods: early modern historians are now aware of the danger of detaching their period from its medieval predecessor. "Absolutism" as a break with previous modes of government fitted neatly on to a historical agenda dominated by concepts of change, crisis and revolution. But it can be argued that, in spite of unprecedented warfare, economic dislocation and religious dissension, the political and social fundamentals of late medieval government did not change. The early modern age makes more sense if approached from the earlier rather than the later period. The "absolutist" rulers of the late seventeenth century can then be viewed as repairing crown-elite consensus after their authority had been successively ravaged by Reformation, Religious Wars, Thirty Years War and "General Crisis". Their problems and solutions were similar to those of early sixteenth-century "new monarchs", who inherited the debris of civil wars in England, Scotland, France, Castile and Aragon. Henry of Navarre can be presented as a post-Religious War conciliator in much the same mould as Henry Tudor after the Wars of the Roses. But in England we talk of Henry VII's agenda for recovery, while the French prefer Henry IV's "absolutism". There is no sharp break between medieval feudalism and the more flexible structures which succeeded it. For much of the early modern period the monarch's manipulation of succession to fiefs and marriage of heirs was a key management technique. Late medieval feudalism was past its zenith as a military system but continuity between feudal bond and clientage is obvious, while feudal lordship was vital to Sicilian "absolutism". The early modern period, as well as accepting land ownership in the modern sense, was saturated in the medieval concept of property as a complex of rights. This was the foundation throughout Western and Central Europe of the seigneuries to which local justice was delegated. Equally, medieval dynasticism remained the principal motive of 31 Dietrich Gerhardt (ed.), Ständische Vertretungen in Europa im 17. und 18. Jahrhundert. Göttingen 1974; John Russell Major, Representative Government in Early Modern France. N e w Haven, CT 1980; Francis Carsten, Princes and Parliaments in Germany. Oxford 1959.

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national and international politics. Early modern rebellion still required a member of the royal family to bestow credibility and most wars were fought in pursuit of dynastic territorial claims. Conversely, much of the resistance encountered by absolute monarchs is explained by the inability of dynasticism to offer the focus for unity and loyalty supplied by nationalism in the nineteenth century. 32 Early modern Europe was "a museum of late-medieval corporate liberties". The old view of the matter is that "absolutism" was about cutting through the tangle of laws, privileges and jurisdictions, "the Ständestaat gave way to an absolute state in the sense that the legal authority of the prince was released from the restraints which natural law, rivalling jurisdictions, old-standing customs and the special liberties of the ruling groups had imposed upon him". 33 Early modern rulers before 1700 would not have recognised this brochure for liberated monarchy. Whatever Bodin and Hobbes might write, the subjects' duty was not owed exclusively to the state but also to a multiplicity of local and provincial, civil and ecclesiastical authorities.34 The dualist balance of power between ruler and Estates was also preserved. News of it tipping towards rulers betrays the tug-of-war mind-set of the nineteenth century. Early modern monarchs did not normally consider parliaments a limit to their power: they extended it. They performed administrative and judicial tasks for which rulers lacked the manpower and they gave the consent of the community to royal policies which affected it.35 Without them, the options were despotism or inaction. Research is thus discovering teeming forms of representative life where it had formerly been pronounced extinct. The years after 1648 saw the final blossoming of German corporate society. The Estates were excluded from the high politics in which some had dabbled during the turmoil of the fifteenth and sixteenth centuries, but the princes guaranteed the local power base of their members and consulted them on matters relating to it.36 This is scarcely an "absolutist" state of affairs: Tudor and Stuart Parliaments had

32 Tommaso Astarita, The Continuity of Feudal Power: The Caracciola Di Brienzi in Spanish Naples. Cambridge 1991; Jeremy Black, Absolutism. In: John W. Yolton et al. (eds), The Blackwell Companion to the Enlightenment. Oxford 1991, 11-13, p. 11. 33 Hans Rosenberg, Bureaucracy, Aristocracy and Autocracy. Cambridge, MA 1958, p. I I . 34 Mettam, Power and Faction (above n. 13), p. 49; Terence Ball, James Farr and Russell L. Hanson, Political Innovation and Conceptual Change. Cambridge 1989, pp. 122f. 55 Rudolf Vierhaus, Germany in the Age of Absolutism. Cambridge 1988, pp. 88f. 16 Volker Press, The System of the Estates in the Austrian Hereditary Lands and in the Holy Roman Empire: a Comparison. In: Robert J. W. Evans and Trevor V. Thomas (eds.), Crown, Church and Estates: Central European Politics in the Sixteenth and Seventeenth Centuries. London 1991, 1-23, pp. 4f.

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no more right to intervene in high policy than German Estates. The Ständestaat was therefore not replaced by "absolutism": it continued. Most of the supporting cast for the new "absolutist" drama turn out to have old scripts. It has been suggested that the distinctive feature of early modern "absolutism" was that local elites were subordinated to the crown. 37 But they always had been. The independent power groups of the Middle Ages are a romantic myth. Persuading elites with local authority to govern according to the wishes of the centre, or at least recognise a common interest, was the oldest preoccupation of monarchs. No rulers before the late eighteenth century could deploy or rely on trained bureaucrats in the localities. They secured control by exploiting local power, ambition and rivalry rather than by-passing them. In every European state local administration remained the business of established landed and urban elites. By 1700, in Brandenburg-Prussia as much as England, they wielded judicial and fiscal powers at the grass roots. 38 Shortage of trained personnel made Continental monarchs just as dependent on them as their English counterparts: their superior local grip is therefore speculative. It was not only Stuart justices of the peace who could go on strike, as the Duke of Alba discovered when he imposed the "tenth penny" tax. The local authorities never collected it.39 This universal decentralisation further dissolves the contrast between "absolutist" Continent on the one hand and England and the Dutch Republic on the other. If nobles were not the natural opponents of monarchy, there was no need for monarchs to be against nobles. Local lords were rarely the victims of absolute monarchy: they were its beneficiaries. The cliché that absolute rulers challenged the role of the nobility in central government is finally refuted in the most comprehensive study of the European nobility yet published. 40 The sixteenth and seventeenth centuries saw the arrival of new administrative agencies staffed by trained professionals from a non-noble background; but like the "new men" before them they soon became noble, since royal service was everywhere the surest ladder to nobility. And they were not alone. The old elite was quick to spot the opportunities offered by the expanding state. The allegedly new "absolutist" service nobility is disappearing in its heartland, Russia, where it turns out to be the old nobility. With the significant exception of Denmark after 1660, where a new aristocracy was created from

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Miller, Potential for Absolutism (above n. 1), pp. 188f. Gerhard Oestreich, Strukturprobleme des europäischen Absolutismus. In: Idem, Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Berlin 1969, 179-197. 39 Helmut Koenigsberger, Epilogue: Central and Western Europe. In: Evans/Thomas, Crown, Church and Estates (above η. 36), 300-310, p. 304. 40 Lawrence Stone, The Crisis of the Aristocracy. Oxford 1965; Hamish M. Scott (ed.), The European Nobilities in the Seventeenth and Eighteenth Centuries. 2 vols., London 1995. 38

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scratch, absolute monarchs did not replace the existing elite with a service nobility. Instead, the existing elite itself became a service nobility. In the process it was to some extent professionalised and underwent structural change, in that social status came to depend on government office rather than inherited noble title. 41 This was arguably more original than the old device of using "new men". Exemplified by the noblesse de robe and by the tables of rank of late seventeenth-century Europe, it integrated new recruits smoothly into old elites. If Starkey is right that the reform of 1540 established a Privy Council of working office-holders, then once more Tudor England comes into line with the Continent. In practice this meant that great territorial magnates were excluded, at least from central councils which they could not regularly attend. Of Elizabeth I's Privy Council in 1597 six members were nobles, but four were her own creation and none were territorial magnates. 42 Though the Habsburgs allowed magnates to retain key administrative office, in the West their exclusion from high councils was normal and not novel. The exception was during the Wars of Religion and weak monarchies of 1550-1650. Though Louis XIV gave magnates top court, military, diplomatic and ecclesiastical posts, he excluded them from his councils. 43 Beyond its military commitment, an enlarged role for government in this period is speculative. There was more regulation of what had previously been left to chance, market forces or individual whim - an impulse which has been attributed to the Renaissance quest for a rational order. It possibly drew what had been formerly regional matters into a national framework; and it probably intervened in areas of its subjects' lives previously free from control, as Polizeiordnungen extended from religious and economic activity to health, safety and moral welfare. But this perspective can be distorted. Government personnel were increased, but not for this purpose. To implement the new ambitions there was nothing but the old agencies. 44 There has been much recent emphasis on the aborted projects, narrow tax base and feeble grip of most absolute monarchies. 45 This misses their indubitably novel achievement in fielding armies of unprecedented size. It also accepts the new "absolutist" agenda and merely presents it as undelivered. The continued activity of Estates, survival of provincial liberties and compromises

41 Brenda Meehan-Waters, Autocracy and Aristocracy: The Russian Service Elite of 1730. New Brunswick, NJ 1982; Scott, European Nobilities (above n. 40), I, pp. 9f. 12 David Starkey, The Reign of Henry VIII. London 1985, pp. 129-133; Christopher Haigh, Elizabeth I. London 1988, p. 67. 41 Mettam, Power and Faction (above n. 13), pp. 81-91. 44 Marc Raeff, The Well-Ordered Police State. New Haven, CT 1983, pp. 152-157. 45 David Parker, The Making of French Absolutism. London 1983; Collins, Fiscal Limits (above n. 17), p. 2.

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with powerful groups should be attributed not to the incompleteness of "absolutism" but to its non-existence. Interest has also shifted from bureaucratic to social perspectives. A new awareness of absolute monarchy as a social product, reflecting and sustaining a hierarchical society rather than imposed on it, has tended to align the Continent with England. 46 Personal and social relationships predominated over bureaucratic values. Institutional structures were not monolithic, as in the traditional model, but dominated by competing factions within them acknowledging rival loyalties to kin and patrons outside. Only recently have we been reminded that, far from Estates and princes inevitably conflicting, most German Estates had a court party. 47 Traditional historiography rested "absolutism" on well-advertised support systems fortifying it against society - standing armies and bureaucracies. Yet "absolutist" armies were not an autonomous force outside society: they existed within it. In Prussia they mirrored the social relations of the countryside as peasant conscripts and Junker officers transferred the serf-landlord nexus to their regiments. Before the levée en masse of 1792, "absolutist" armies fought for the aristocratic landowners who led them and not, as often implied, for some premonition of nineteenth-century nation state. 48 Similarly, "bureaucracy" operated in an elite society dominated by concepts of loyalty and honour: though professional in some respects, it secured compliance only when reinforced by clientage. Intendants were medieval baillis writ large, helpless without the support of local power groups. The crown's vital agencies were not the formal institutions of government but the partnerships it formed with other interests, as it reinforced their authority and recycled tax revenues to them. Rulers relied for provincial control on clientage networks, linking court and local elites. They also exploited the church, the only institution which had an organisation in every parish. Hence the importance for state formation of religious consensus. It is odd that the discovery of this dependence is regarded as a weakness or limitation of what is called "absolutism". It was the key to its operation. Many features of early modern government reflect the texture of its society. Anthropological work on Africa and Polynesia has shown the inappropriateness of the language of modern parliamentarianism to traditional societies. An examination of the rituals, rhetoric and symbolic exchanges of the Cortes of Portugal emphasises a harmony and balance of interests. Much of what historians

46 Mack P. Holt (ed.), Society and Institutions in Early Modern France. Athens, GA 1991, pp. XI-XVIII; Emmanuel Le Roy Ladurie, The Royal French State. Oxford 1994, pp. 4-25. 47 Press, System of Estates (above n. 36), pp. lOf. 48 John R. Seeley, The Life and Times of Stein. Cambridge 1878, pp. 231f; Omer Bartov, The Nation in Arms. In: History Today 44 (1994) 27-33, pp. 27-29.

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have seen as symptoms of Estates' futility and marginalisation - long debates, empty verbiage, fruitless manoeuvrings - is simply the way people reached consensus in early modern society. 49 Both English and Continental monarchies forged more links with communities than is suggested by "absolutism". Marxists remain unperturbed: since it represents a class conspiracy to fleece the peasantry, crown-elite dialogue is to be expected. 50 To them "absolutism" represents the domination of big landowners. This is an unhelpful definition. Seventeenth-century Poland was dominated by big landowners, yet few historians would call it an absolute monarchy. There is no observable correlation in the German states between the extent of royal power and the development of Gutsherrschaft.51 Nor did rulers support only elites. Far from being imposed from outside, state power was inseparable from the social order at every level and enmeshed in a complex web of social values and relationships. It was the product of a two-way process, only faintly captured by historians' emphasis on obedience. Small German princes were bound almost individually to every peasant household in their state: their power was drawn into the villages on a subtle giveand-take basis. The 1609 deal in the County of Hohenlohe between peasants and prince effectively obliged him to adjust his fiscal demands to the ups and downs of their economy. 52 Even historians of Russia now stress grassroots participation rather than state domination of society. 53 Louis XIV's ministers consistently strengthened peasant communities by invigorating the village assemblies which represented them and the collective rights and properties which united them. In Burgundy the crown tried to insist on the participation of all heads of households. 54 As a result, eighteenth-century French peasants were more formidable opponents of their seigneurs than were the English. In what has been called a Family-State compact, a French father's power over his wife and children was strengthened by royal edict, justified by the same discourse of absolute power and upheld in civil rather than church courts. 55 In the same way male heads of

Λ

Pedro Cardim, Ceremonial and Ritual in the Cortes of Portugal 1581-1698. In: Parliaments, Estates and Representation 12 (1992) 1-14. 50 Boris Porchnev, Les Soulèvements populaires en France de 1623 à 1648. Paris 1963; Perry Anderson, Lineages of the Absolutist State. London 1974. 51 Ronald G. Asch, Estates and Princes after 1648: The Consequences of the Thirty Years War. In: German History 6 (1988) 113-132, pp. 121f. 52 Thomas Robisheaux, Rural Society and the Search for Order in Early Modern Germany. Cambridge 1989, pp. 260f. 55 John LeDonne, Ruling Russia: Politics and Administration in the A g e of Absolutism. London 1984, p. 49. 54 Hilton Root, Peasants and King in Burgundy: Agrarian Foundations of French Absolutism. Berkeley, C A 1987, pp. 72f. 55 Sarah Hanley, Engendering the Family: Family Formation and State Building in Early

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households were recognised as the spiritual and fiscal bedrock of the Tudor and Stuart state. Thus reinforced, local people were responsible for much of the regulation attributed to "absolutism". Religious, moral, sexual, social and economic behaviour, as well as education and welfare, was superintended as never before. But, except in small German states, the agent of conformity was not central government: it was the urban and village communities themselves. The most disciplined society was not the creation of an absolute monarchy but of the Dutch Republic, where the authority of town councils was clearly defined and formidable. There neighbourhood watches managed to produce lower crime figures in large towns than in the countryside. To promote public decency and deter disorder, Amsterdam introduced the world's first system of public street lighting in 1670, by means of 1800 lanterns affixed to walls or posts - a feat at that date beyond the great monarchies of England and France. 56 But even there by 1700 the rise of a consumer market had made theft the commonest crime before the courts and alarmed those with property to lose. Furthermore, godly religious reformers required sins to be upgraded as crimes. As communities became less tolerant the state expanded its judicial role, but arguably more in response to popular demand than on its own initiative. The impetus for the European witch-hunt apparently came from the localities rather than the centre, whereas absolute governments were formerly assumed to have promoted it to extend their own power. It now seems that they were keener to restrict it.57 This is no "zero sum" model, in which more authority for the crown meant less for everyone else. Though absolute monarchs monopolised power at the top, they compensated by supporting elite groups and reinforcing collective and patriarchal power structures. To attribute the extension of government to royal policy misses its response to pressure from below. Increase in government personnel is usually attributed to comparable growth in its business. In fact the state's internal and external expansion was driven partly by need for resources to dispense as patronage to the growing political nation, which is identified as a feature of the developing English state from the late Middle Ages and a barrier against "absolutism". Its discovery in Germany and France has implications for that concept. 58

Modern France. In: French Historical Studies 16 (1989/90) 4-27. 56 Wolfgang Neugebauer, Absolutistischer Staat und Schulwirklichkeit in BrandenburgPreussen. Berlin 1985, pp. 581-634; Jonathan Israel, The Dutch Republic: Its Rise, Greatness and Fall 1477-1806. Oxford 1995, pp. 680-682. 57 Lenman/Parker, The State (above n. 6), pp. 34-41; Brian Levack, The Witch-Hunt in Early Modern Europe. London 2 1995, p. X. 58 William Beik, Absolutism and Society in Seventeenth-Century France. Cambridge 1985; Robisheaux, Rural Society (above n. 52); Gerald Harriss, Political Society and the Growth of

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For more than a decade courtly rather than bureaucratic perspectives have engaged historians. Tudor and Stuart England has been ranged with the hitherto "absolutist" Continent by the discovery of the continued importance of royal courts in both. 59 Nineteenth-century historians assumed their political role was terminated by the rise of the bureaucratic state. Elias has now transformed Versailles' etiquette and ceremonial from bizarre curiosity to mechanism for elite management. 60 Whatever the formal prerogatives of royalty, monarchs had to make good their right to be obeyed. In all states the court was the social and political centre, the central switchboard which earthed local power groups to the monarch via national networks of patronage and brokerage. Throughout the period the higher nobility, which everywhere dominated the provinces, retained its grip on court office. This was especially true of multiple monarchies. Leopold I used the court in Vienna to bind his heterogeneous territories together and integrate their political elites. Its failure to absorb the Hungarian nobility left a dangerous emphasis on the Vienna-Prague axis. Brandenburg-Prussia is the exception, with little apparent reliance on court or clientage - though it is possible that Prussian historians failed to see what they were not looking for. The courtly staging of monarchy contributed to an elite consensus which the coercive connotations of "absolutism" fail to capture. It was less rule by command than by manipulation and socialisation. Courtesy and etiquette were royal devices for subduing anarchic aristocrats. 61 The court presented the monarch as simultaneously distant and accessible: it was princely pedestal and point of contact. Distance reinforced the emphasis on absolute power and accessibility bonded the partnership with the elite. Swept up in a theatrical performance of stylised activities, nobles watched themselves in mirrors, with architecture the backdrop, etiquette the stage directions, servants the stage hands, royalty the cast and courtiers the extras. Since the court revolved round the person of the monarch, court historians clash with those who stress the development of the impersonal state.62 Throughout the early modern period nobles everywhere perceived service as personal loyalty to the ruler 63 and royal rites of passage stressed by their similarity to aristocratic ceremonial the

Government in Late Medieval England. In: Past and Present 138 (1993) 28-57, p. 56. 59 Ronald G. Asch and Adolf Birke (eds.), Princes, Patronage and the Nobility: The Court at the Beginning of the Modern Age c. 1450-1650. Oxford and London 1991. 60 Norbert Elias, The Court Society. Oxford 1983. 61 Mettam, Power and Faction (above n. 13); Orest Ranum, Courtesy, Absolutism and the French State. In: Journal of Modern History 52 (1980) 426-451; David Starkey (ed.), The English Court from the Wars of the Roses to the Civil War. London 1987; John Salmon, Renaissance and Revolt. Cambridge 1987, p. 291. 62 Kenneth Dyson, The State Tradition in Western Europe. Oxford 1980, p. 28. 63 Scott, European Nobilities (above n. 40), I, p. 40.

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monarch's personal bond with the nobles. Henry VIII's funeral order has recently been viewed as a presentation of the ruler as leader of the feudal hierarchy. 64 Elizabeth I revived the Garter and Henry III of France created the Saint Esprit to symbolise the importance of crown-noble co-operation. Though French court society did not survive the vicious antagonisms of the Wars of Religion, orders of chivalry could also bridge national boundaries and the chasm of creed. When Henry III received the Garter in 1585, at the height of religious animosity, Catholic French and Protestant English knights walked in procession through Paris. 65 Since the court personalised sovereignty and integrated it into high society, rulers had to be present. In the 1580s Philip II's withdrawal from court and reduction in its ceremonial wrought havoc. A high profile was not essential: distance lent enchantment. 66 But absent monarchs were non-starters. By 1550 Western and Central European courts had emerged ahead of all noble rivals as the source of power and promotion. Local influence remained crucial to elite ambition, but ability to maintain, reinforce and extend it depended on parallel influence at court. Its expansion is reflected in the growth of new "capital" cities where once-itinerant royal courts settled. Nobles were obliged to spend more time there and repeated absence from home narrowed opportunities for attendance by a well-born retinue. It was replaced by a skeleton staff of domestic rather than military significance. Lawsuits replaced private armies. By 1700 the entourages of both French and English magnates had disappeared. The earl of Derby was typical. In 1561 he ran a household of 120; by 1702 his descendant was down to 38. 67 Yet the residential habits of the English nobility were long supposed to have presented a satisfying contrast to their French counterparts, absentee, court-bound and doomed. Court faction now looks less trivial than it did, though much of the evidence remains intractable (for France there are no records of council debates and investigation of royal-ministerial correspondence has scarcely begun). Courts functioned as cockpit for interest groups competing for royal favour in the masque, in the council chamber, on the backstairs and in bed. The exclusion of important factions precipitated political crisis. The difficulties of rulers like Olivares, Richelieu and Charles I can be attributed partly to their failure to enmesh major elements of the aristocracy in the courtly web. Shifts in royal

64

Jennifer Loach, The Function of Ceremonial in the Reign of Henry VIII. In: Past and Present 142 (1994) 43-68. 65 Roy Strong, The Cult of Elizabeth. London 1977, p. 177. 66 David Starkey, Intimacy and Innovation: The Rise of the Privy Chamber 1485-1547. In: Idem, English Court (above n. 61), 71-118, p. 77. 67 Sharon Kettering, Patrons, Brokers and Clients in Seventeenth-Century France. Oxford 1986, p. 217; Kate Mertes, The English Noble Household, 1250-1600. Oxford 1988, p. 291.

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favour at court required the construction of new clientage systems in the provinces. The fall of Montmorency in 1632 recast the political geography of France. Revisionists now rescript constitutional conflicts, in England as much as in France, as court feuds. Much opposition from Elizabeth I's Parliaments originated in court faction. Less considered is the reason why Louis XIV encountered little institutionalised opposition - probably because, unlike his successors, he had court faction under control. Historians have also emphasised the court's function as the centre of royal image-making. This further weakens its reputation as a weapon of royal coercion. Colbert's petite académie has been analysed in terms of twentiethcentury propaganda techniques, personality cults and media events. 68 Historians have until recently swallowed at face value extravagant estimates of royal power designed to overawe contemporaries. The arts did not reflect the reality of royal authority: they created the illusion of it. The novelty was not absolute power but its media coverage. The layout of royal courts has also provided insights. The proximity of Louis XIV's council chamber to his bed chamber is a logical juxtaposition for an absolute monarch. In seventeenth-century Vienna, administration and court were dominated by the same aristocratic elite. Setting the Privy Council firmly in the context of the Tudor court has narrowed the gap between courtiers and politicians/administrators in England as well. 69 Like the Sun King, Henry VIII and Elizabeth lived over the shop. Political consent rather than military coercion has been emphasised by recent historians of state formation. The birth of professional history in the nineteenth century coincided with the rise of nationalism. Nationalist historians promoted national identity and sought the origins of the nation state, monopolist of power within a defined territorial area. They located it in the novel monopoly of authority seized by the absolute monarchies of early modern Europe, who deployed bureaucracies and standing armies to flatten other sources of power and enforce the will of the monarch as law. Their regimes were transmuted into "absolutism" - the Machtstaat, imposing a monopoly of legitimate violence and creating stability by force. "The Prussian army is undoubtedly the most real and effective bond of national unity", intoned Treitschke. Thus in Berlin an influential school of historians, responding to the creation of the German Empire by armed might, produced a historical myth to legitimise it - the military state.

68 M

Burke, Fabrication (above n. 30), pp. 58f. Starkey, Intimacy (above n. 66).

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The "military revolution" of the sixteenth and seventeenth centuries massively expanded troop numbers: hence standing armies and centralised bureaucracies to support them. These in turn provided the administrative and coercive capacity to end royal reliance on representative Estates and local nobilities. Agencies with power in their own right and therefore wills of their own were sidelined as consultative bodies and replaced as administrative organs by mechanisms owing their power only to the ruler and therefore under his thumb. The womb of the modern state was war and its midwife was force. 70 Recent research has queried this account of state formation. It has been argued above that royal control of the provinces depended less on bureaucratic mechanisms and standing armies than on partnership with local notables - less on destroying alternative sources of authority than on employing them. At least within the elite, whatever the rhetoric of authority, its reality was reciprocal and therefore consensual. From 1550 post-Reformation religious divisions within elites spelled crisis for monarchs. After 1650 religious cohesion was widely restored, in the case of Bourbons and Habsburgs by the elimination or marginalisation of Protestantism. 71 With it came stability, arguably not by force but by traditional co-operation between ruler and elite. This alliance ensured an end to peasant disorder. Before 1650 it was dangerous; after that date it was contained. Aristocratic revolt itself fizzled out, except in Eastern Europe where it was exacerbated by ethnic and xenophobic hatreds. Political rather than military historians now advance a consensus rather than a force model of early modern government. The Tudors demilitarized "overmighty subjects" by means of their court, not by a standing army which they lacked. A "military-fiscal state" was established in late seventeenth-century England in co-operation with the propertied in parliament: the landed elite commanded the new standing army. In both cases consensus came first, then expansion of royal armies. Some historians now place decisive military change on the Continent after 1650, when religious accord was restored in many European states. There too noble co-operation arguably promoted the state's military power, rather than the other way round. Whatever their traditional constitutional classification, in all states support for war was the result of bargains and dialogues with subjects. 72 The most recent study of Louis XIV

70

Michael Roberts, The Military Revolution, 1560-1660. In: Idem, Essays in Swedish History. London 1967, 195-225; Geoffrey Parker, The Military Revolution: Military Innovation and the Rise of the West, 1500-1800. Cambridge 1988, pp. 6-81. 71 Robert J. W. Evans, The Making of the Habsburg Monarchy. Oxford 1979. 72 Jeremy Black, A Military Revolution? Military Change and European Society 1550-1800. London 1991, pp. 67-82; idem, European Warfare, 1660-1815. London 1994, pp. 87-103; John Hale, War and Society in Renaissance Europe. London 1985, p. 252.

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stresses his traditional skills of elite management rather than institutional innovation based on bureaucracy and standing armies. 73 Rulers now seem to have attempted the same consensual techniques as England. Her greater military-fiscal success must therefore be located elsewhere - probably in her near-unique national parliament able to overcome regionalism and bind the whole realm. As in Sweden, the Estates became an accomplice of state policy. Political structures determined war capabilities rather than war the political structures. Compared with the Enlightened Despots of the eighteenth century, remarkably few rulers between 1550 and 1700 tried to hack through the tangle of law and custom in order to impose uniformity on multiple monarchies. They were sensitive to local identities and regional differences. Successful integration was achieved not by naked conquest but through the coalescence and continuity of local interests in a wider framework. The triumph of Habsburg German culture has been attributed to the voluntary acclimation of nobles, burghers and professionals who perceived it as conferring admission to the ruling elite. 74 It now looks doubtful that war promoted the growth of state bureaucracy. In Spain it led by the middle of the seventeenth century to the privatisation of existing state structures. Initially there was no correlation between army size and growth of fiscal-bureaucratic mechanisms: governments merely shifted the organisation on to private entrepreneurs and the cost on to local populations around garrisons. Armies generated their own expansion, since only huge numbers could extract the contributions required to pay for themselves. In 1626 Wallenstein informed Ferdinand II that he could maintain a self-financing army of 50,000 but not 20,000. Barely more than one tenth of the forces of Gustavus Adolphus were with him on the battlefield of Lützen in 1632. The rest were in garrisons holding down the territories that were making "contributions". 75 Later seventeenth-century attempts in France and Brandenburg-Prussia to assert more direct control were a new departure, not a development of previous policy. And though Louvois tried to impose state control and funding on Louis XIV's army, incessant warfare made it more rather than less dependent on private contractors. The causal link between war and bureaucratic centralisation is broken most spectacularly by the Dutch Republic. During the Eighty Years' War its unique extractive capacity enabled it to mobilise financial and military resources on an

" Peter Campbell, Louis XIV. London 1993. 74 Mark Greengrass, Conquest and Coalescence [Introduction], In: Idem (ed.), Conquest and Coalescence. London 1991, 1-24, pp. 6f; Charles Ingrao, The Habsburg Monarchy 16181815. Cambridge 1994, pp. 99f. 75 1. A. A. Thompson, War and Government in Habsburg Spain 1560-1620. London 1976, pp. 275-287; David Parrott, The Military Revolution in Early Modern Europe. In: History Today 42 (1992) 21-27.

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unrivalled scale. Yet it is arguable that bureaucracy and centralisation barely advanced. 76 Did the need for effective armed forces and fiscal imperatives sideline Estates or make them essential? The model "absolutist" is the ruler stimulated by war to suppress Estates and nobles, abolish tax exemptions and collect the proceeds by means of an efficient state bureaucracy, while imposing his will through force of arms. But it is hard to cite a ruler who actually did all these things, apart from Emmanuel Philibert of Savoy and the Great Elector of Brandenburg-Prussia. A state which did many of them was Britain, whose people were the most heavily taxed in Europe. There, especially after 1688, taxes trebled in thirty years (while in France they were static), they were levied nationally and at uniform rates, tax farming was abandoned and revenues were collected by a growing body of government officials (the notorious excisemen, whose powers Blackstone considered a threat to the liberties of a free people). According to Brewer, the English excise service more closely resembled Weber's idea of bureaucracy than any government agency in early modern Europe. After 1688 Britain had a large standing army and navy, spending on which constituted about 70% of government expenditure. By the War of Spanish Succession the ratio of troops to population was one in thirty-six - the same as in Prussia and Sweden and greater than in Austria, France and Spain. Britain's army, unlike Prussia's which was dismissed at harvest time and granted long peacetime leaves of absence, served throughout the year. It was used more frequently than on the Continent to suppress riot and enforce excise collection. 77 If this be an antimilitarist, limited monarchy, what is an "absolutist" army supposed to look like? Finally, much nineteenth-century historiography is now revealed as propaganda. It aimed less to investigate early modern dynastic states than to equip modern nation states with a pedigree. 78 "Absolutists" are now seen as pragmatists solving problems rather than innovators implementing blueprints. Theory therefore followed the facts, and at a greater distance than usually admitted - two centuries later. The concept of "absolutism" sprang mainly from a radically new discourse invented by the French Revolution, which ignored ancient customs and defined the ancien régime by condemning it. To swallow that definition is to accept the propaganda of revolutionaries as historical reality. Nineteenth-century historians followed them by updating and over-simplifying the ancien régime in terms of

76 77

Marjolein C. 't Hart, The Making of a Bourgeois State. Manchester 1993, pp. 2-5. Tallett, War and Society (above n. 17), pp. 188-193; Brewer, Sinews (above n. 1), pp.

29-91. 78

John Tosh, The Pursuit of History. London 2 1991, pp. 3f.

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their own liberal and nationalist agendas. Louis XIV's intendants were viewed as baroque versions of the prefects of the Third Republic. 79 Early modern consultation, displaced from "national" to local level, disappeared in the perceptions of nineteenth-century nationalists. They expected parliaments to represent national units and decide policy. Because most early modern Estates did neither, they were side-lined as victims of "absolutism" - not by early modern monarchs but by modern historians. Recovery of the old order requires the deletion from our vocabulary of a series of early nineteenth-century "isms", which still obscure the differences between early modern consciousness and our own. Coined by political activists to identify contemporary and not historical forces, "liberalism", "socialism", "communism", "nationalism" and "absolutism" met the needs of political and social polemic in the 1820s and 1830s.80 The first use of the word "absolutism" which the present author can find occurred in 1823 in French debates over conflict between liberals and repressive monarch in Spain. 81 "Absolute authority" is different from "absolutism". The first is one kind of authority co-existing with others; the second is a confrontational agenda. "Absolutism" meant despotism - the sort currently on view in post-Napoleonic Europe. In the 1820s "absolutism" and "limited monarchy" were adversarial alternatives. They were then projected back on to the old regime, when a ruler was obliged to operate as both absolute and limited. Nineteenth-century- discourse spotlit absolute mode in France and limited in England: hence the myth of French tyranny and English liberty. Whig historians preferred to stress the elements of the English constitution that promoted liberty rather than authority: they have always underplayed royal prerogatives. Even Elton talked much about King-in-Parliament but little about King-out-of-Parliament, who ran most government policy until the nineteenth century. To this day the British constitution preserves the most powerful royal prerogative in the modern world. That is why declaration of war remains beyond the reach of the Parliament of the United Kingdom. Brandenburg-Prussia was the greatest victim of the nineteenth century's rewriting of history for its own purposes. It was presented as a laboratory specimen of "absolutism". In the Kaiserreich historians stressed its lack of court and patronage mechanisms and reliance on bureaucracy and standing army. This uniqueness may owe less to historical reality than to their obsession with Hegel, Weber and the Acta Borussica. Their historiography created a Prussian myth.

79 François-Xavier Emmanuelli, Un mythe de l'absolutisme bourbonien: L'intendance, du milieu du XCII e siècle à la fin du XVIII e siècle. Aix-en-Provence 1981. 80 Clark, Language of Liberty (above η. 4), pp. 142-145. 81 Henshall, Myth (above η. 1), pp. 208f.

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They selected Frederick William I as stereotypical monarch and traced from him an ascending military and bureaucratic trajectory. Frederick I, in contrast, was a spendthrift who built baroque palaces. He established the court as political fulcrum and won the Hohenzollerns a crown, but it did not save him. He was deleted as a misfit. 82 The last century's nationalist historians presented the disappearance of the French Estates General, the Castilian Cortes and the Brandenburg Diet as the "rise of absolutism". The local level at which they were replaced was overlooked. The uniqueness of English representation depended on the Roman legal device of binding local communities to act on promises made in their name by representatives. This was rarely established on the Continent: monarchs therefore preferred to deal directly with individual towns and communities. The destruction of the Cortes in 1664 is therefore an odd specimen of "absolutism" in action. Consultation was not terminated: it continued at a lower level. Authority was not centralised but devolved. And the Cortes was undermined not by the power of the crown but by the power of the cities. 83 Other assemblies continued as before. Chance and custom largely determined the extent to which monarchs were financially independent. If they had few regalian revenues, like the salt monopoly in Hungary, royal lands in Prussia and indirect taxes in France, most of their funds continued to come from the Estates. Like William III of England, Leopold I had to summon his Estates every year to vote land tax: his prerogative revenues accounted for less than a fifth of the total required for his wars. The consent of the Castilian Cortes was essential for taxation. Its grants increased in the "age of absolutism" from 2 5 % of royal revenues in the 1560s to over 6 0 % a century later, while financial deals between King and Cortes were made explicitly reciprocal and contractual. After it ceased to meet, taxation was frozen in the forms and at the levels of 1664. 8 4 In Germany

full Diets became costly and unwieldy:

many German

princes

increasingly consulted the smaller committees (Landschaften) empowered to act for them. Nineteenth-century historians presented relations between monarchs and Estates in their own confrontational terms. In fact they were another point of contact, institutionalising the vital partnership between ruler and elites. For

82

Gustavo Corni, Il Mito prussiano ed il concetto di Corte nella storiografia "borussica"

del X I X - X X secolo. In: Cesare Mozzarelli and Giuseppe Olmi (eds.), L a Corte nella cultura e nella storiografia. Rome 1983, 1 2 3 - 1 3 4 , pp. 1 2 3 - 1 2 6 . 83

I. A. A. Thompson, Crown and Cortes in Castile, 1 5 9 0 - 1 6 6 5 . In: Parliaments, Estates

and Representation 4 ( 1 9 8 4 ) 1 2 5 - 1 3 3 . 84

82.

Press, System of Estates (above n. 36), pp. 5f. Thompson, Castile (above n. 3), pp. 80-

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monarchs who lacked the tools to take over their administrative functions, they were an enabling device. And empowered to give the consent of community or corporation to government acts which affected their rights, they extended royal authority into areas of immunity beyond the scope of princely prerogatives. The obsession of the nineteenth century with Estates as a check on regal power is inappropriate. They existed to legitimate its expansion. English revisionist historians stress co-operation rather than conflict between monarchs and assemblies: in France, also, bargaining and compromise were keynotes. In 1661 Colbert asked the Estates of Burgundy for 1,500,000 livres in tax, having thought of a figure and doubled it. They offered 500,000. As in modern arbitration they split the difference and 1,050,000 was agreed. 85 The only way to ensure a smooth passage for royal tax proposals was to ensure that the Estates' leaders were Colbert's clients. In Tudor England historians call this "parliamentary management". It is unclear why they call it "absolutism" in France. The beauty of "isms" is that everything can be made to fit them. Once a generalisation like "absolutism" is wedged in historical skulls, it explains everything. Selection is the key. The partnership of the Saxon Estates with their princes was as peaceful as that of the Württemberg Estates with their despots was stormy: the Württemberg saga is more famous. Exaggeration of their previous importance lends the disappearance of seventeenth-century Estates a convincingly cataclysmic ambiance. The Brandenburg Diet did not meet after 1652, nor the French Estates General after 1614. It is less well known that they seldom met before. "Absolutist" historiography always wins both ways. The compliant Estates of Languedoc are pronounced a despot's rubber stamp, as they never refused Louis XIV's demands. The rowdy Estates of Provence are seen as robustly defending themselves against tyranny. Hence two infallible signs of "absolutism" - agreement and conflict. In nineteenth-century eyes another "absolutist" stratagem was Roman law. But it was states like France, Spain and the Reich where Roman law was influential which failed to develop a full-blown theory of indivisible sovereignty before 1789. Roman constitutional law was far more favourable to local privileges and immunities than the common law of England. Justinian's quod principi placuit legis habet vigorem is commonly translated: What has pleased the prince has the force of law. This perpetuates in the English-speaking world the convention of Roman law as a mandate for the arbitrary whim of Continental rulers. But Justinian's real purpose was to explain that, along with custom, senate resolutions and magistrates' edicts, the Emperor's pronouncements had

85

Roger Mettam, Government and Society in Louis XlV's France. London 1977, pp. 38f.

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legal force because the people had conferred on him their own sovereignty. Protestant polemical discourse, which had always equated Roman law and Roman Catholicism as twin engines of despotism, triumphed in the nineteenth century and gave a permanently tyrannical tinge to states with Roman legal systems. 86 Equally misleading was the eagerness of twentieth-century historians, especially in countries with command economies, to see "absolutism" as the pioneer of the interventionist state. Colbert and the Great Elector were allegedly attempting to construct a new economic order. Yet since the Dutch Republic was a pioneer of their methods (as of their standing armies), there is arguably little "absolutist" about them. While the well-ordered Polizeistaat and Polizeiordnungen are presented by Gagliardo as promoting princely autocracy, for Raeff they stimulated corporate participation. 87 Nineteenth-century historians viewed "absolutism" and "despotism" as interchangeable terms, conferring a monopoly of power on the ruler and denying his subjects rights and participation. The Oxford English Dictionary still defines "absolutism" as despotism. Not until the 1950s did Mousnier sever "absolutism" from its despotic associations, reflecting Post-War research into the survival of Estates and the partnership of rulers and elites, with rights and liberties as limits on royal power. 88 These negate all the features of "absolutism" as defined in the nineteenth century - autocracy, bureaucracy and despotism. This in turn negates the contrast with England. England was different from the other European states. They were all different from each other. But the similarities, certainly in the Tudor and Stuart periods, were greater than the contrasts. Is it not time an English absolute monarchy, in the closet for so long, was finally "outed"? Like "Renaissance" and "Enlightenment", "absolutism" now means whatever historians want it to mean. But, unlike them, "absolutism" was not a contemporary term. Early modern historians surely have no obligation to continue to wrestle with the meaning of a word which would have gone unrecognised by early modern people. "Absolutism" as a system of government existed only in the nineteenth century - when in the 1850s, for example, all Habsburg representative bodies, central, provincial and local, were abolished by Franz Joseph. Let us relegate "absolutism" to the age of Metternich for which it was minted. Its original definition clearly corresponded to the early modern concept

86

Clark, Language of Liberty (above n. 4), pp. 64-77. John Gagliardo, Germany under the Old Regime. London 1991, pp. 107-120; Raeff, Well-Ordered Police State (above n. 44), p. 154. 88 Hartung/Mousnier, Quelques problèmes (above η. 1), pp. l ì . 87

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of despotism; but despotism was regarded by early modern people as a malfunction, while "absolutism" defined governmental norms. It now approximates to the reality of early modern government, but only because its original content has been jettisoned. It is confusing to describe a consensual partnership between monarch and community with a word employed until the 1970s to suggest the opposite. Rabb claimed in 1975 that stability was restored to early modern Europe after the "General Crisis" by "the conclusive establishment of the structure that is recognisable as the modern state, organised around an impersonal, centralised and unifying system of government, resting on law, bureaucracy and force" 89 in short, on the basis of "absolutism". Hardly a syllable of this survives recent research. Monarchy is nothing if not personal. A society in which men owed allegiance to families and individuals rather than impersonal institutions was incapable of bureaucracy. Louis XIV's France was not centralised, it was not under direct state control and its laws were not unified. Harmony was established by consensus, not by force. Rabb now appears to have been right about the fact of stability and wrong about everything else. That is how swiftly the picture has changed in the twenty years since he wrote. That is how far quite recent views of "absolutism" are out of step with the scholarship of the last two decades. The concept, as Hexter said of the Tudor middle class, has the rigour of an elastic band. It conflates regimes with widely differing representative arrangements. Austria, where Estates continued, is equated with Savoy, where they vanished. This in turn is identified with Russia, where they never existed. "Absolutism" is an impressive excuse for sloppy thinking - which is why it will probably continue to be popular.

89

p. 72.

Theodore K. Rabb, The Struggle for Stability in Early Modern Europe. Oxford 1975,

II Konfessionsbildung und Staatsentwicklung

DIE D E B A T T E Ü B E R DIE A B S O L U T E G E W A L T IM F R A N K R E I C H D E R R E L I G I O N S K R I E G E

Von Arlette Jouanna Die Zeit der Religionskriege bietet demjenigen, der die spätere politische Entwicklung Frankreichs verstehen will, ein einzigartiges Beobachtungsfeld: Die religiöse Spaltung warf mit einer bis dahin unbekannten Vehemenz und Brutalität die Frage nach der Natur der Herrschaft auf, sie verlieh der Debatte über die absolute Gewalt des Königs brennende Aktualität und stärkte zunächst die Kräfte, die auf die Einführung einer Mischverfassung hinwirkten. Die Zeitgenossen haben in dieser Lage die durch beide Begriffe - absolute Gewalt und Mischverfassung - bezeichnete Alternative und ihre Konsequenzen besser verstanden als zuvor; ihre Bedrängnis hat sie dazu gebracht, sich der absoluten Monarchie zuzuwenden, einigen fortdauernden Strömungen von Widerstand und Revolte zum Trotz. Diese mehrheitliche Entscheidung hat einen gesellschaftlichen Konsens und eine politische Praxis begründet, deren Neuartigkeit nicht unterschätzt werden sollte. Die Genese dieser Entscheidung ist hier zu untersuchen; um sie verständlich zu machen, sollen einige - notwendigerweise schematische - Interpretationswege vorgeschlagen werden. I Zu erinnern ist an den Ausgangspunkt: Während der 1550er Jahre lebte die alte Debatte über die Risiken der absoluten Gewalt mit bemerkenswerter Heftigkeit wieder auf, und dieses Wiederaufleben muß zunächst betrachtet werden. Es war zu diesem Zeitpunkt noch nicht sehr lange her, daß die politischen Denker es wagen konnten, diese Art Macht dem König offen zuzugestehen. Jacques Krynen hat erst vor kurzem daran erinnert: "Au Moyen Age, la potestas absoluta signifie la confusion de la puissance et du droit. Dieu seul la possède. Chez le prince, en revanche, le pouvoir doit être réglé par le droit. Sa potestas est ordinata, ou bien ordinaria ... Appliqué au pouvoir civil, le terme de potestas absoluta équivaudrait au Moyen Age à la reconnaissance d'une complète identification de la royauté à la divinité. Un monarque qui l'utiliserait susciterait

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l'effroi". 1 Gleichwohl, im 13. Jahrhundert hatte der Theologe Hostiensis die Kühnheit besessen, einem Menschen diese göttliche Kompetenz zuzusprechen: Der Papst als vicarius Christi verfügte seiner Meinung nach über eine absolute Gewalt neben der normalen; die zweite unterwarf ihn den Gesetzen, die erste entband ihn davon. 2 Im 14. Jahrhundert erkannte dann der Jurist Baldus die potestas absoluta dem Kaiser zu. 3 In ihrem Bestreben, die königliche Macht zu überhöhen, sind diese Vorläufer von den französischen Rechtsgelehrten nicht vergessen worden; seit dem 14. Jahrhundert haben sie gleichzeitig die Möglichkeiten des kanonischen und des römischen Rechts ausgenutzt, um ihrem König jedoch ohne dies ausdrücklich auch so zu formulieren - eine absolute Gewalt zuzuerkennen. Es war genau dieser Moment, in dem eine leidenschaftliche Debatte über deren Gefahren für die Untertanen begann. In dieser Debatte tat sich u.a. der große Theologe Oresmus hervor. 4 In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war der Schritt getan: Die Mehrzahl der politischen Denker Frankreichs war bereit, die absolute Gewalt eindeutig dem König zuzugestehen: Sie sei ein Zeichen des göttlichen Charakters der Monarchie, und sie könne benutzt werden im Fall eines drängenden Notstands. Das Thema der zwei Gewalten wurde wieder aufgenommen in bezug auf den Monarchen selbst: Der Jurist Barthélémy de Chasseneuz schrieb, der König besitze eine zweifache Gewalt, die eine sei ordinaire, die andere absolue-, und Chasseneuz fügte hinzu: selon sa puissance absolue il peut abolir tout le droit.5 Sie war also eine ungemein wirksame Gewalt, zwar göttlichen Ursprungs, doch ' Jacques Krynen, L'empire du roi. Idées et croyances politiques en France, XIII e -XV c siècle. Paris 1993, S. 394. 2 Kenneth Pennington, Law, Legislative Authority and Theories of Government, 11501300. In: James H. Burns, The Cambridge History of Medieval Political Thought, c. 350-c. 1450. Cambridge 1988, 424-453, S. 435f. 3 Merum imperium est absoluta potestas imperatori concessa per legem regiam. Zit. nach Joseph A. Wahl, Baldus de Ubaldis and the Foundations of the Nation-State. In: Manuscripta 21 (1977) S. 93, Anm. 77; vgl. Krynen, L'empire du roi (Anm. 1), S. 508, Anm. 68. 4 Krynen, L'empire du roi (Anm. 1), S. 390-395. 5 Barthélémy de Chasseneuz (1480-1541): Habet nam princeps duplicem potestatem, ordinariam scilicet et absolutam, et secundum absolutam potest omnia jura tollere. Consilia. Lyon 1588, 186 b, col. 2, zit. nach William Church, Constitutional Thought in Sixteenth Century France. Cambridge 1941, S. 64. Zur Langlebigkeit des Themas der zwei unterschiedlichen Gewalten siehe den Anti-Machiavel von Innocent Gentillet, erschienen 1576 (hg. v. C. Edward Rathé. Genf 1968, S. 74 und 85f) und das Plädoyer des Advokaten Marion von 1572 (zit. bei Church, Constitutional Thought (wie o ), S. 116). Claude de Seyssel seinerseits assoziiert den Gebrauch der absoluten Gewalt mit dem détravé und volontaire genannten Charakter des Königs; sie könne nur reglée gebraucht werden, gebremst von den drei Gegengewichten der Religion, der öffentlichen Wohlfahrt und der Gerechtigkeit. Für ihn gibt es also nicht zwei Gewalten im eigentlichen Sinne, sondern zwei Stufen einer und derselben Gewalt, die höhere Stufe sei gefährlich und nur die untere akzeptabel (La Monarchie de France, hg. v. Jacques Poujol. Paris 1961, S. 115).

Die Debatte über die absolute Gewalt

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gefahrlich, da sie den Monarchen von der Beachtung der Gesetze und Gewohnheiten entband. Diese außergewöhnlichen Wirkungsmöglichkeiten der absoluten Gewalt wurden ohne weiteres von allen politischen Denkern bestätigt, die Parteigänger einer starken königlichen Gewalt waren. 6 Sie fügten allerdings hinzu, daß es nur erlaubt sei, die absolute Gewalt in Ausnahmefallen zu benutzen, wenn die Notwendigkeit es verlange, und daß göttliches Recht und Naturrecht zu respektieren seien. Probleme entstanden erst, als die Untertanen den habituellen Gebrauch der absoluten Gewalt durch den König zu entdecken glaubten. Genau diesen konstatierte in der Mitte des Jahrhunderts der venezianische Botschafter Soriano: Der König von Frankreich, so erklärte er nicht ohne versteckte Ablehnung, gebrauche seine zwei Gewalten gemeinsam; in seinem hergebrachten Ratsgremium begnüge er sich mit seiner gewöhnlichen Gewalt, begrenzt durch die constitutions du royaume; aber in seinem engeren Rat, dem sogenannten Conseil des Affaires, gebrauche er ohne Einschränkung seine absolute Gewalt. 7 Diese Situationsbeschreibung ist eines der Anzeichen, die auf die Fortschritte der monarchischen Autorität in der Mitte des 16. Jahrhunderts hinweisen. In den 1550er Jahren allerdings zeichnete sich eine heftige Reaktion ab; die Debatte über die Gefahren, die den Untertanen drohten, falls ihr Souverän seine absolute Gewalt ohne dringende Notwendigkeit gebrauchen sollte, entbrannte aufs Neue und mit aller Macht. Das Echo dieser Debatte in den zeitgenössischen Schriften findet sich in der in Dialogform gekleideten Publizistik, in der mehrere Gesprächspartner um die Stellung des Fürsten streiten. Einige davon, wie die Dialogues von Louis Le Carón oder von Guy de Bruès aus den Jahren 1556 und 1557, gehen u.a. diese Frage an und verleihen der Notwendigkeit Ausdruck, dem Monarchen zu vertrauen; eine Schrift hingegen wie Le Pourparler du Prince von Etienne Pasquier, erschienen 1560 als Anhang des ersten Bandes der Recherches de la France, spiegelt die Beunruhigung des Verfassers wider. 8 Implizit setzt Pasquier darin

6 In der Institution du Prince, erschienen 1547, erkennt Guillaume Budé der absoluten Gewalt die gleiche Wirkung zu: Sie könne bestehende Gesetze ändern oder abschaffen, sie lasse die Macht des Königs von Frankreich mit der eines römischen Diktators vergleichbar erscheinen (hg. v. Claude Bontems. Paris 1965, fol. 82 r.); vgl. Jacques Poujol, L'évolution et l'influence de l'idée absolutiste en France de 1498 à 1559. Thèse (masch.-schriftl.) Paris 1955, S. 383. 7 Relations des ambassadeurs vénitiens sur les affaires de France, hg. v. Niccolo Tommaseo. 2 Bde., Paris 1838, I, S. 513-515. 8 Die ersten zwei Dialoge von Louis Le Carón, Le Courtisan und Le Courtisan II betitelt und 1556 erschienen, sind enthalten in den Dialogues, hg. v. Joan Α. Buhlmann und Donald Gilman. Genf 1986. Guy de Bruès publizierte seine Dialogues contre tes nouveaux académiciens 1557 in Paris bei G. Cavellat. Le Pourparler du Prince war Gegenstand einer Thèse an der Sorbonne von 1992 in Form einer kritischen Edition durch Béatrice Sayhi-Périgot. Diesen

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die absolute Gewalt mit der Willkür gleich, was ihn - entgegen aller Wahrscheinlichkeit - folgendes zu schreiben veranlaßt: Noz roys, par une debonnaireté qui leur a esté familiere, jamais de leur puissance absolue η 'entreprindrent rien en France,9 Gleichwohl beunruhigt ihn die Tatsache, daß den Königen die Möglichkeit offenstand: Würde man ewig auf ihre débonnaireté rechnen können, so wie es die Humanisten taten, auf jene natürliche Güte, die die Monarchen dazu bewegte, auf den Gebrauch dieser gefahrlichen Macht zu verzichten, über die sie verfügten? Diese Frage erklärt die Bedeutung, die Pasquier, der darin Claude de Seyssel folgt, jenen Institutionen beimißt, die als ständige Gegengewichte zu einem unangemessenen Gebrauch der absoluten Gewalt dienen könnten, insbesondere dem Pariser parlement. Aber diese Position, im Pourparler von einer Person unter dem Namen eines Politique vertreten, ruft gegen Ende des Dialogs petites altercations zwischen den Gesprächspartnern hervor, was deutlich auf den leidenschaftlichen Charakter des Wortwechsels hinweist. Die Debatte über die Gefahren der absoluten Gewalt war also bereits am Vorabend der Religionskriege lebhaft. Gleichwohl behielt sie zunächst noch einen akademischen Charakter und berührte tatsächlich nur einen relativ kleinen Kreis von Gelehrten und Juristen. Die religiöse Spaltung und der Bürgerkrieg sollten die Resonanz um ein Beträchtliches verstärken, die jeweiligen Ziele verdeutlichen, die konkreten Konsequenzen aufzeigen und so die Franzosen mit der Notwendigkeit einer politischen Entscheidung konfrontieren. II Der erste in diesem Sinne wirkende Faktor war der der Ausgrenzung aus religiösen oder zumindest als religiös aufgefaßten Gründen; durch den Ausschluß eines Teils des Hochadels von der königlichen Gunst stellte sich die Frage seines Status, seines Anteils an Macht und Pfründen. Ab 1559 zeigte sich das Problem in aller Deutlichkeit. Zu diesem Zeitpunkt, d.h. seit der Thronbesteigung des jungen Franz II., kontrollierten die jetzt allmächtigen Guise den Zugang zum König und zu seinen Gunstbeweisen, und gleichzeitig schlossen sie sich einem militant-repressiven Katholizismus an.10 Diejenigen, die ausgegrenzt blieben,

Werken muß man das Manuskript des Discours de la servitude volontaire Etienne de la Boéties hinzufügen (hg. v. Malcolm Smith, Genf 1987), dessen erste Fassung, nach seinem Herausgeber (Introduction, S. 7-15), von 1548 stammt, die Änderungen von 1553-1554; ebenso gehören dazu die Bücher jener antiquaires und Historiker, die sich in den 1550er Jahren mit den Ursprüngen der französischen Monarchie beschäftigt haben und die versuchten, darin Spuren der Generalstände zu finden: Poujol, L'évolution (Anm. 6), S. 350 ff. 9 Le Pourparler du Prince (Anm. 8), I, S. 76. 10 Was bei Regierungsantritt Franz II. nicht völlig der Realität entsprach: Vgl. Silvia Shannon, The political activity of François de Lorainne, duc de Guise (1559-1563). From

Die Debatte über die absolute Gewalt

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erschienen als Opfer ihrer religiösen Überzeugung: Insbesondere die Bourbonen, ihre Freunde und Verwandten, die der Reformation gegenüber aufgeschlossen oder bereits konvertiert waren, aber auch alle hugenottischen Adeligen im allgemeinen. Diese Übereinstimmung von konfessioneller Position und derjenigen auf dem Schachbrett der Macht störte das gewohnte Spiel innerhalb des Klientelsystems, 11 die Zugehörigkeit zur konfessionellen Minderheit drohte ein unüberwindliches Hindernis auf dem Weg zu Ehren und Ämtern zu werden. In dieser schwierigen Situation begannen nun diejenigen, die ausgegrenzt blieben, die Einberufung der Generalstände zu fordern, d. h. die Öffnung eines öffentlichen Kommunikations- und Diskussionsraumes, die es ihnen ermöglichen sollte, ihren Glauben zu vertreten und - in gewisser Weise - eine politische Existenz zurückzuerlangen. Sie warfen den Guise vor, absolute Macht auszuüben 12 und gingen ganz selbstverständlich anschließend dazu über, sich gegen diese auf die lois du royaume zu berufen, von denen man annahm, sie würden die Macht den Bourbonen als Prinzen von Geblüt zusprechen. In der Folge, so kann man dann beobachten, entwickelten sie eine geradezu konstitutionell zu nennende Argumentation; eine Argumentation, die im übrigen von Calvin und Theodor Beza stammte, die beide formell auf Gewalt verzichteten und dennoch darauf hofften, daß Antoine de Bourbon, von dem sie glaubten, er sei ihnen günstig gesonnen, von ihren Argumenten getragen den ersten Platz im Rat des Königs einnehmen werde. 13 Die Umstände boten so einen hervorragenden Resonanzboden für die oben erwähnten Theorien von der notwendigen Kontrolle der absoluten Gewalt; mehr noch, das kämpferische Engagement der Hugenotten gab ihnen die Mittel, einen gut organisierten Propagandaapparat aufzubauen. Und als sich dann ab Dezember 1560 tatsächlich die Generalstände in Orléans und anschließend, ab August

Military Hero to Catholic Leader. Ph.D. Thesis (masch.-schriftl.), Boston, MA 1988, S. 55f, Anm. 205-207. " Hinzuzufügen ist die Schwächung der königlichen Macht, Pfründen zu vergeben: Es ist "the failure of clientage", den Robert Harding, Anatomy of a Power Elite: The Provincial Governors of Early Modern France. New Haven, CT und London 1978, S. 68-87, herausarbeitete. 12 Mehr als ein Jahr nach dem Tod Heinrichs II., als auch das Scheitern der Verschwörung von Amboise die Wogen nicht glättete, schrieb die Regentin der Niederlande, Margarete von Parma, an Philipp II. : il η' est question de la religion seulement, mais plus du mescontentement universel que tous estais de France ont du gouvernement de messieurs de Guyse, ... ils sont tenus par tous comme estrangers, et se ressentent tous ceulx du sang et les grands qu 'ils ayent empris le gouvernement si absolu sans adjunction quelconque de nul autre: Correspondance de Marguerite duchesse de Parme avec Philippe II (1559-1565), hg. v. Louis P. Gachard, Brüssel 1867-1881, S. 296-312 (7. Oktober 1560). 13 Henri Naef, La conjuration d'Amboise et Genève. Genf und Paris 1922, S. 78f, 141f und 165-169.

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1561, in Blois versammelten, dienten sie als öffentliches Forum, auf dem die strittigen Ideen ein beachtliches Echo fanden.14 Dieser Prozeß wiederholte sich während der nachfolgenden Versammlungen. 1576 waren es die Malkontenten, darunter sowohl reformierte als auch königsferne katholische Adlige, die mit Erfolg die Berufung der ersten Generalstände von Blois forderten. 1588 und 1593 wurde - ebenfalls erfolgreich - die Versammlung der zweiten Generalstände von Blois bzw. der von Paris von den Ligisten verlangt: Dort beschwor dann der Ausschluß der Ligisten von der Macht einen Bruch herauf, der bis zu dem Versuch führte, einen neuen König zu wählen. Alle Ausgeschlossenen bezeichneten sich als Opfer der absoluten Gewalt, durch die sie zu Unrecht vom König und von der Macht, auf die sie Anspruch hätten, ferngehalten würden, und sie nahmen ein konstitutionelles Argumentationsmuster an; die Schriften, in denen sie ihrer Auffassung Ausdruck verliehen, verstärkten so die Wirkungskraft der anti-absolutistischen Argumente um ein Beträchtliches. Ohne Zweifel weisen diese Ausführungen auch Widersprüche auf, die hier allerdings nicht untersucht werden können. Hier muß es statt dessen um die Analyse ihrer Übereinstimmungen gehen, und die sind deutlich genug, um beim Leser den Eindruck einer starken Kohärenz hervorzurufen. III Die religiöse Spaltung hatte so für eine bemerkenswerte Aktualität und Heftigkeit der Debatte gesorgt. Die Hugenotten waren die ersten, die sich mit ihrer ganzen Leidenschaft daran beteiligten. Ihre Weigerung zu akzeptieren, daß ihre Konfession ein Grund für den Ausschluß von Macht und Pfründen sein konnte, zwang sie dazu, auf dem Recht aller zu bestehen, in Repräsentativversammlungen vertreten zu sein - "repräsentativ" im Sinne der Zeit, d.h., in der Lage, den Willen der gesamten politischen Nation auszudrücken. Sie verbreiteten die Idee, daß die Angelegenheiten der Allgemeinheit, der res publica, auch in die Hände der Allgemeinheit gehörten - ohne Diskriminierung - und daß alle gleichermaßen darüber diskutieren könnten. Das Thema des bien public, das in ihren Schriften und in denen der gemäßigten Katholiken, die sich mit ihnen ab 1574 verbündeten, thematisiert wurde, verweist auf das des kollektiven Erbes, der historischen Erinnerung des Landes, für das ein jeder sich verantwortlich fühlen müsse. Indem sie die regelmäßige Versammlung der Generalstände verlangten, unterstrichen Streitschriften, Reden und Cahiers der Deputierten aller drei Stände die politische Mündigkeit der Untertanen und ihre Fähigkeit,

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Georges Picot, Histoire des Etats Généraux. 4 Bde., Paris 2 1888, II.

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politische Verantwortung zu übernehmen. Viele Schriften forderten die, die sie citoyens nennen, dazu auf, sich für die politische Zukunft ihres Landes zu interessieren, das Verschwinden der hergebrachten Freiheiten der französischen Monarchie nicht zuzulassen und ihre Würde als freie Menschen zu bewahren; unter diesem Aspekt zählen die Flugschriften und Traktate der Malkontenten oder der Monarchomachen zu den eloquentesten.15 Diese Argumentation verlieh dem Motiv der dreiteiligen Mischverfassung neue Substanz, d.h. einer Monarchie, die, nach dem alten, von Aristoteles, Polybios und Cicero vorgezeichneten Modell, einige Elemente der Aristokratie und der Demokratie in sich vereinigt: Für die Monarchie sollte der König, für die Aristokratie der Rat des Königreichs stehen, gebildet von Mitgliedern der "großen Familien", und für die Demokratie die Deputierten der Generalstände.16 Die Macht wäre zwischen diesen drei Instanzen nach einem Muster zu teilen gewesen, das die vorliegenden Schriften klar darstellen: Eine davon zeigt etwa, wie die Gesetze von den Generalständen eingefordert, vom Rat ausgearbeitet, vom König beschlossen werden und durch dessen Autorität Gültigkeit erlangen.17 Dies war sicherlich ein sehr adelsfreundliches Modell, das den mächtigsten Familien beträchtlichen Einfluß einräumte, doch man darf nicht vergessen, daß genau sie zu diesem Zeitpunkt das bildeten, was Renan später die "indépendances de position" nennen sollte, d.h. eine Macht, die, auch wenn sie in hohem Maße vom Monarchen abhängig geworden sein mochte, dennoch weiterhin behauptete, die Grundlage ihrer Legitimität sei "natürlich", und die so jene Autonomie für sich einforderte, die notwendig war, den antiabsolutistischen Protest kraftvoll aufrechtzuerhalten.18 Angesichts dieses Ideals einer Mischverfassung, also einer unter den wachsamen Augen der Generalstände zwischen König und unabhängigen Eliten geteilten Macht, erhielt der Terminus der absoluten Gewalt einen offen pejorativen Sinn; diese wurde gleichbedeutend mit der Tyrannei, oder zumindest zu deren Cousine germaine, wie es der Verfasser der berühmten Streitschrift Vindiciae contra tyrannos ausdrückt.19 Sie bedeute zu allererst Geheimhaltung: Das 15

Arlette Jouanna, Le devoir de révolte. La noblesse française et la gestation de l'Etat moderne, 1559-1661. Paris 1989, S. 147ff. " Ebd. (Anm. 15), S. 2 8 I f f . 17 Résolution claire et facile sur la question tant de fois faicte de la prise d'armes par les inférieurs. Basel 1575, S. 93, sowie Reims 1577, S. 149f. 18 "L'aristocratie est une condition de liberté parce qu'elle donne aux rois des serviteurs d'office, et que, l'indépendance du caractère, la plus solide de toutes, étant rare, il est bon qu'il y ait des indépendances de position". Ernest Renan, Philosophie de l'histoire contemporaine. Zuerst in: Revue des deux mondes, Juillet 1859, sowie jetzt in: Ders., Oeuvres Complètes, hg. v. Henriette Psichari. 10 Bde., Paris 1957ff, I, S. 41 (zit. nach Philippe Contamine, L'état et les aristocraties. In: L'état et les aristocraties, XII-XVII siècle. France, Angleterre, Ecosse. Paris 1989, S. 22). " Erschienen 1579; vgl. hier die französische Übersetzung unter dem Titel De la

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versteckte Laboratorium, in dem im Dunkeln vom König oder von einer Handvoll seiner Favoriten Entscheidungen getroffen wurden, war der Conseil Secret, auch Conseil des Affaires genannt, ein Gremium, das, im Unterschied zum Conseil d'Etat, keine Spuren seines Entscheidungsprozesses in Form von Sitzungsberichten hinterließ.20 Es war also der Gegensatz par exellence zu einem öffentlichen Forum, auf dem die Entscheidungen "bei Tageslicht" beraten werden. Die hier untersuchten Schriften stigmatisieren diese Praxis der, wie sie sie nennen, petits conseils à I 'aureille und verlangen ein wirkliches Ratsgremium, das tatsächlich - wie sie es verstehen - "legitim" sein soll, d.h. repräsentativ für die Eliten des Reiches.21 Absolute Gewalt, umfasse auch den königlichen Willen, [de] desraciner les plus anciennes et plus illustres races,22 also die großen Familien, die ältesten und berühmtesten Geschlechter auszutilgen, bzw. anders gesagt, die Zerstörung der "indépendances de position"; sie sei mit dem Versuch verbunden, anstelle dieser Geschlechter einen neuen Dienstadel mit einem vom König definierten Status zu schaffen, dessen Legitimität und Autorität ausschließlich vom König abhängen würden. Dieses Thema ist allgegenwärtig in den Schriften der Malkontenten und in besonderer Weise in den zwei brillantesten davon, dem Discours Merveilleux und der France-Turquie Ρ Absolute Gewalt bedeute weiterhin einen Bruch mit der historischen Tradition Frankreichs, also eine Schwächung jenes kollektiven Gedächtnisses, das die Würde seiner Einwohner ausmache. Sie drücke sie auf das Niveau wilder Tiere herab, im wahrsten Sinne des Wortes: In seiner Déclaration vom 13. November 1574

légitime du prince sur le peuple et du peuple sur le prince, erschienen 1581, hg. ν. Henri Weber et al. Genf 1979, S. 139. 20 Roger Doucet, Les institutions de la France au XVI e siècle. 2 Bde., Paris 1948, I, S. 142. 21 Die petits conseils à l'aureille Karls IX. werden angegriffen im Discours merveilleux de la vie, actions et deportemens de Catherine de Medicis", Genf 1575, S. 45, und 1576, S. XXXI. Die Forderung nach einem Conseil légitime im Gegensatz zu einem ausschließlich vom König abhängigen Rat ist das Hauptthema einer der Rechtfertigungsschriften zur Verschwörung von Amboise, dem Legitime Conseil des roys de France pendant leur jeune aage von 1560 (vorgelegen hat hier die Neupublikation in: Mémoires de Condé ou Recueil pour servir à l'Histoire de France, contenant ce qui s ' est passé de plus mémorable dans ce royaume sous les règnes de Francois H et de Charles IX, hg. v. Claude Bosse und J. Nillor. 6 Bde., London 1740, I, passim), und beharrlich erscheint sie immer wieder in den Deklarationen und Traktaten von Seiten der Malkontenten. François Hotman systematisierte in der Francogallia (1573) den Gegensatz von Conseil privé und légitime conseil du royaume (La Gaule Française, übers, ν. Simon Goulart, neu hg. von Christiane Frémont, Paris 1991, S. 159). 22

Discours Merveilleux (Anm. 21, Ausg. v. 1575), S. 6. Nach dem Discours Merveilleux zielte die Bartholomäusnacht auf die Auslöschung der größten Adelsgeschlechter Frankreichs (Aran. 21, Ausg. von 1575, S. 79-86; Ausg. von 1576, S. LV - LVIII). Die Ansicht war bei den Malkontenten communis opinio. La France-Turquie. Orléans 1576, präsentiert den machiavellistischen Mordplan gegenüber dem Adel, den man den italienischen Vertrauten der Königin-Mutter unterstellte. 23

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erklärt einer der Führer der Malkontenten, Henri de Montmorency-Damville, Gouverneur des Languedoc: L'on a voulu faire vivre les sujets du roi comme des bestes bruttes, sans doctrine ny observation de la moindre chose qu 'ilz doivent ,.. 24 Sie bedeute schließlich, sich stets auf die Furcht der Menschen zu stützen, denn die sei, um die Formulierung eines zeitgenössischen Pamphlets wieder aufzugreifen, toujours couchée à la porte d'une puissance absolue.25 In der Zusammenschau der vorliegenden Schriften wird die Alternative von geheimer und öffentlicher, von allein getroffener und kollektiver Entscheidung sehr konkret, und die jeweiligen Inhalte gewinnen an Klarheit. Das erklärte Ziel der Pamphletisten im Dienste der Malkontenten oder der Monarchomachen, nämlich die Erziehung der Untertanen, die Ausbildung dessen, was man als ein "staatsbürgerliches" Bewußtsein bezeichnen kann,26 ist dann auch zum Teil erreicht worden, - eine erste Auswirkung der politischen Konsequenzen der Religionsspaltung. IV Ein weiterer Gesichtspunkt ist mit dem vorigen verknüpft: das Verhältnis von Krone und Gesetz. Wiederum handelte es sich hier um ein altes Problem, doch während der Religionskriege wurde es durch die zwischen Legitimität und Legalität entstehende Kluft virulent. Um die Genese dieses Problems zu erfassen, muß man wieder bis ins Jahr 1559 zurückgehen, zu dem Moment, in dem nach dem Tod Heinrichs II. die Guise an die Macht gelangen. Ihre Politik der religiösen Unterdrückung wurde, wiewohl sie sich ins Gewand der Legalität kleidete, als illegitim verurteilt, weil König Franz II., zu jung für sein Amt und von den Verschwörern von Amboise sogar als minderjährig angesehen, nicht die nötige Autorität besaß, um ihr Legitimität zu verleihen. 27 Dies war ein erster

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Déclaration des Henri de Montmorency-Damville, Montpellier, 13. November 1574. Zit. bei: Claude Devic und Joseph Vaissette, Histoire générale de Languedoc. 15 Bde., Toulouse 1872-1905, XII, col. 1105, preuve 336. Auch darin findet sich wieder der Gedanke, die Bartholomäusnacht sei eigentlich ein Massaker am französischen Adel gewesen. 25 Résolution claire et facile (Anm. 17), Ausg. Basel 1575, S. 37; Ausg. Reims 1577, S. 57. 26 In diesen Schriften tauchen zwei weitere Figuren weniger häufig auf, die der Notwendigkeit, d' ouvrir les yeux und die der bonnes lunettes, die es den Franzosen auf die Nase zu setzen gelte, auf daß sie das Spiel jener durchschauen, die sie um ihre Freiheit bringen wollen. Vgl. Jouanna, Le devoir de révolte (Anm. 15), S. 162. 27 Das behauptet Theodor Beza sehr deutlich in einem Brief an Bullinger vom 12. September 1559: On nous demande souvent s ' il est licite de s ' insurger contre ces gens, ennemis non de la religion seulement, mais du royaume, surtout puisque le roi η 'a pas encore lui-même, selon les lois, d'autorité sur laquelle les Guises puissent s'étayer. Ioannis Calvini Opera, hg. v. Guilielmus [Johann Wilhelm] Baum et al. 58 Bde., Braunschweig und Berlin 1863-1900

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Schritt in Richtung auf eine Verneinung der Legitimität königlicher Handlungen an sich. Ein zweiter Schritt wurde getan, als die Könige, um die Brisanz der religiösen Situation im Lande zu entschärfen, ab 1561 und 1562 begannen, Toleranzedikte zu erlassen, die teils durch die weiterhin völlig konträre, von den Königen geduldete Praxis außer Kraft gesetzt, teils ohnehin nur als provisorisch bezeichnet wurden. 28 Für die Untertanen war das Resultat ein Gefühl der Instabilität und vor allem ein Mangel an Durchschaubarkeit des königlichen Verhaltens. Die Parteigänger einer starken Zentralgewalt verteidigten diese Politik, indem sie auf das Recht des Königs hinwiesen, Gesetze gemäß der Notwendigkeit zu ändern, gemäß jener vielzitierten Notwendigkeit also, die aufs Engste mit dem Gebrauch der absoluten Gewalt verknüpft war. Ebenso rechtfertigte gerade das Pariser parlement die Verletzung der Edikte des Königs durch den König selbst. 29 Genau dieses Verhalten inspirierte von nun an den königlichen Opportunismus. Ende 1573 verkündete Albert de Gondi, Marschall von Retz, gegenüber Ludwig von Nassau und einigen bestürzten deutschen Gesandten, der König von Frankreich sei absolut, daher seinen eigenen Edikten nicht unterworfen, und er könne ohne weiteres seine Entscheidungen der Zeit und der Notwendigkeit (pro tempore et necessitate) anpassen. 30 Man bekommt einen Eindruck von der verzweifelten Wut, die diese Winkelzüge bei den Hugenotten hervorriefen, wenn man ein Pamphlet von 1573 aus La Rochelle liest. Der anonyme Verfasser schreibt: Peut-on croire que la justice et le pur service de Dieu puissent et doivent estre reglez et compassez à la fantaisie d'un seul homme mortel, lequel, selon qu 'il sera mené de diverses passions, se permettra gouverner le ciel et la terre, faisant tantost un edict, tantost un autre tout contraire. 31 Man erkennt das La Boétie wichtige Thema des Contr'Un wieder, des-

[ND N e w York 1964], XVII, col. 636; libers, zit. nach Naef, La conjuration d'Amboise et Genève (Anm. 13), S. 78f. Die These von der Illegitimität der Position der Guise und folglich auch der Illegitimität ihrer Unterdrückungspolitik haben die Reformierten schon sehr rasch nach dem Tod Heinrichs II. entwickelt. Anscheinend wird sie das erste Mal in einem Brief Calvins an den Pastor François Morel ausgeführt. Vgl. Calvini Opera (oben in dieser Anm.), XVII, col. 597 (zit. nach Naef, La conjuration d'Amboise et Genève, S. 78). Sie prägte die Rechtfertigungsschriften zur Verschwörung von Amboise. 28

Lucien Ramier, La conjuration d' Amboise. Paris 1923, S. 177-179; Nicola Mary Sutherland, Princes, Politics and Religion, 1547-1589. London 1984, S. 124f und 352 (Königliche Edikte vom Juli 1561 und Januar 1562). 29 Jean-Η. Mariéjol, La Réforme et la Ligue. L'Edit de Nantes (1559-1598). 1904 [ND Paris 1983], S. 77. 30 Théodore de Bèze, Correspondance, hg. ν. Alain Dufour et al. 16 Bde., Genf 1960-93, X V , 1991, S. 12. 31 Question assavoir s'il est licite sauver la vie aux massacreurs et bourreaux ... La Rochelle 1573 [anonyme Flugschrift],

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sen Traktat über die freiwillige Knechtschaft unmittelbar nach der Bartholomäusnacht neuaufgelegt wurde, bevor man es teilweise zunächst 1574 im Reveille-Matin des François abdruckte und dann 1577 in den Mémoires de l'estât de France des Simon Goulart. Es wird so jeder Entscheidung die Legitimität abgesprochen, die als Resultat von passion und fantaisie eines einzelnen erscheint. Aber wo sollte man eine Begründung für die Legitimität der Gesetze finden, die den Gehorsam aller erzwingen konnte? Vor den Religionskriegen gingen die Antworten auf diese dornige Frage im großen und ganzen in zwei Richtungen: Entweder man berief sich auf ein übergeordnetes Prinzip, auf le juste et le raisonnable oder auch kurz auf die raison, gebunden an das Naturrecht und an die menschliche Natur im allgemeinen, oder aber man bezog sich auf eine gleichzeitig sehr konkrete und sehr weltliche Realität, auf die traditionellen historischen Sitten und Rechtsbräuche des Landes.32 Beide Richtungen sind keinesfalls unvereinbar und bestehen etwa bei Pasquier problemlos nebeneinander, für den le juste et le raisonnable das ist, was er le sens commun de la cité33 nennt. Diese zwei Orientierungen bildeten im Denken der parlementaires eine gemeinsame Konstante, sie liebten es, von einer civilité de la loi zu sprechen und damit einen Ausdruck zu verwenden, unter dem sie sowohl die wirkliche Gerechtigkeit des Gesetzes als auch seine formale Übereinstimmung mit den Grundgesetzen der französischen Monarchie verstanden. 34 Während der Bürgerkriege stellte sich die Frage mit größerer Dringlichkeit. Tatsächlich hat die Religionsspaltung die Notwendigkeit verstärkt, Bedingungen der Gesetzgebung zu definieren, die jedermann legitim erschienen und die folglich respektiert würden. Die politischen Theoretiker wurden dazu gebracht, ihre Überlegungen anhand von sehr konkreten Beispielen zu vertiefen. Eine der Gelegenheiten dazu war das Edikt vom Januar 1562. Dieses Edikt, das den Hugenotten erstmals eine weitgehende Freiheit ihrer Religionsausübung zugestand, war das Ergebnis der Beratungen einer aus den Mitgliedern des königlichen Rates und je zwei Vertretern aller acht parlements gebildeten Versammlung.35 Es waren Umfang und Bedeutung dieses Gremiums, auf die sich der Prinz von Condé als militärischer Führer der Hugenotten berief, um gegen die Verletzung des Edikts zu protestieren: Es sei erstellt worden, so erklären die Schriften, die seinen Griff zu den Waffen rechtfertigen, par l'advis des Princes du Sang, des Seigneurs du Conseil du Roi et des plus notables de toutes les cours des Parlements de ce royaume assemblés et par la délibération de la

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Church, Constitutional Thought (Anm. 5), S. 74-178, bes. S. 140-142. Pourparler du Prince (Anm. 8), II, S. 248 (fol. 89'). 34 Church, Constitutional Thought (Anm. 5), S. 147. 35 Nicola Mary Sutherland, The Huguenot Struggle for Recognition. New Haven, CT und London 1980, S. 133. 33

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pluspart des Estais ,36 Die feierlichen Umstände seiner Ausarbeitung gäben ihm den Charakter einer loi du royaume. Das Beispiel des Januaredikts zeigt die Kraft, mit der sich noch ein drittes Kriterium ausgebildet hatte, dessen Erfüllung nötig geworden war, um ein Gesetz unverletzlich zu machen. Zur Übereinstimmung mit dem Rechten und Vernünftigen und/oder mit dem Hergebrachten gesellt sich die Forderung, daß die Gesetzgebung ein kollektiver Willensakt sein müsse. Das Rechte und Vernünftige mußte interpretiert, die Gebräuche mußten klar definiert werden durch eine Versammlung, die hinreichend groß war, um ein Gesetz zu erarbeiten. Unter diesen Bedingungen wurde es dann zur loi du royaume, d.h. zu einem Gesetz, das weder die Person des Königs noch die Personen, die es handhabten, aus eigenem Entschluß ändern konnten: Dafür bedurfte es einer neuerlichen Versammlung. Die meisten antiabsolutistischen Schriften, die vom "Gesetz" sprechen, verbinden die Gültigkeit der übergeordneten Norm, die es wiedergeben soll, mit der notwendigen Zustimmung von plusieurs, im 16. Jahrhundert noch in der Bedeutung von "eine große Zahl". 37 Auf diese Weise wird dem Willen eines einzelnen, der nach seinem plaisir, seiner fantaisie oder seiner passion handelt, der weise und zuverlässige Wille vieler (plusieurs) gegenübergestellt, von dem man annimmt, er gebe den Untertanen größere Sicherheit. 38 Etliche Kontroversen entstanden im übrigen wegen des Inhalts des Begriffs plusieurs: die parlements neigten stark dazu, darunter nur sich selbst zu verstehen, während die Anhänger der Etats généraux ihn auf alle drei Stände und deren Vertreter ausdehnten. 39

36 Traicté d' Association faicte par Monseigneur le Prince de Condé (vom 11. April 1562, S.I.). In: Mémoires de Condé (Anm. 21), III, 195-221. Vgl. auch die Response faicte par Monseigneur le Prince de Condé à la Requeste présentée par le Triumvirat. Ebd., 350-356. 37 Der Verfasser der Vindiciae contra Tyrannos schreibt: La Loy est la raison et sagesse de plusieurs sages, recueillie en peu de mots ...La Loy est intelligence, ou plustost un amas de plusieurs entendemens (Französische Ausgabe: De la puissance légitime (Anm. 15), S. 137f). 38 Racine de Villegomblain wird später von ce mot de puissance absolüe sprechen in bezug auf die Wendung tel est nostre plaisir. Les Mémoires des Troubles arrivés en France sous les règnes des Rois Charles IX, Henry III et Henry IV. Paris 1667, S. 257. Die gesetzgebende Kraft schon des bloßen königlichen Willens wird durch den Zusatz motu proprio ausgedrückt, den Pibrac in seinen Quatrins mit der absoluten Gewalt und der plenitude potestatis verbindet: Je hais ces mots de puissance absolue, / de plein pouvoir, de propre mouvement (Zit. nach René Radouant, Guillaume du Vair, l'homme et l'orateur. Paris 1908, S. 99, Anm. 3). 39 Diese Debatte stellt erneut die Frage, wer am "Körper des Königs" teilhabe. Der Ausdruck corps du roi bezeichnet hier jene kollektive politische Instanz, die sich im Besitz der Souveränität befindet. Seit dem Mittelalter behauptete das parlement "pars corporis regis" zu sein (vgl. Krynen, L'empire du roi [Anm. 1], S. 403). Der Gedanke bestand im 16. Jahrhundert fort: François de Clary versicherte 1592, die Mitglieder der Cours Souveraines seien censez du corps mesme du Roy (Philippiques contre les bulles ..., zit. nach Church, Con-

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Die Unterscheidung zwischen lois du royaume und lois du roi war ein wichtiger Aspekt des antiabsolutistischen Diskurses. 40 Essentiell wurde aber weniger diese Unterscheidung als vielmehr die implizite Annahme, das Corpus der lois du royaume sei kontinuierlich zu erweitern, da jede neue Versammlung der Stände oder des erweiterten königlichen Rates ein neues unveränderliches Gesetz beschließen könne, wie es die Hugenotten am Beispiel des Januaredikts behaupteten. So kann man denn verfolgen, wie zu Beginn des Jahres 1577 die ersten Generalstände von Blois verlangten, daß alle einmütig getroffenen Entschlüsse der drei Stände mit der Zustimmung des Königs den Status eines Grundgesetzes, einer loi fondamentale, erhielten. Dieser Wunsch erfüllte sich 1588, als die zweiten Generalstände von Blois tatsächlich ein neues Grundgesetz schufen, das Prinzip der Katholizität der Krone. 41 Diese Möglichkeit der unbegrenzten Vermehrung der lois du royaume wird gut demonstriert durch eine der Schriften, die den Griff der Malkontenten zu den Waffen rechtfertigen. In der Briève Remonstrance à la Noblesse de France, die zweifelsfrei von dem Juristen Innocent Gentillet stammt und einen Kommentar zu einer Deklaration des Herzogs von Alençon, des Bruders des Königs, vom 18. September 1575 darstellt, werden die Gesetze in zwei Kategorien eingeteilt: einerseits in die, [qui] se peuvent changer, corriger et abolir, selon la circonstance du temps et des personnes, et la qualité des affaires, und andererseits die, die als fondamentales bezeichnet werden, ein damals noch ganz neuer Ausdruck, 42 der in der Schrift neben dem der lois du royaume vor-

stitutional Thought [Anm. 5], S. 126). Für die Anhänger der Generalstände sind es diese, die den eigentlichen "Körper des Königs" bilden. Ein ligistisches Pamphlet geht sogar so weit zu behaupten, der König sei nicht uneteste née naturellement, mais volontairement imposée [de ce corps] (De la puissance des rois. Zit. nach Church, Constitutional Thought (Anm. 5), S. 158). Die Entwicklung zum Absolutismus wird den politischen Körper des Königs schließlich auf seinen persönlichen Körper beschränken. Vgl. auch das klassische Werk von Ernst H. Kantorowicz, The King's T w o Bodies: A Study in Medieval Political Theology. Princeton, NJ 2 1966 [1957], 40

Die Formulierung Achille de Harlays wurde berühmt: Nous avons [Sire], de deux sortes de loix, les unes sont les loix et ordonnances des Roys, les autres sont les Ordonnances du Royaume, qui sont immuables et inviolables (Aus der Ansprache de Harlays anläßlich des lit de justice vom 16. Juni 1586, zit. nach Radouant, Guillaume du Vair [Anm. 38], S. 216f). Zum komplexen Gehalt des Ausdrucks lois du royaume vgl. Church, Constitutional Thought (Anm. 5), S. 98ff. 41

Picot, Histoire des Etats Généraux (Anm. 14), III, S. 96 und 389f. Martyn P. Thompson, The History of Fundamental Law in Political Thought from the French Wars of Religion to American Revolution. In: American Historical Review (1986) 1103-1128. Augenscheinlich ist der Ausdruck erstmals von Theodor Beza in Du droit des Magistrats (1574) gebraucht worden. 42

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kommt. Diese letzteren umfassen drei Arten: die einen betreffen die Religion, die anderen die Rechtsprechung, die dritten schließlich die öffentliche Ordnung. Der Verfasser schließt dann eine Aufstellung sehr unterschiedlicher Gesetze an, darunter das Salische Erbfolgerecht, die loi salique, die als premiere loy de ce royaume bezeichnet wird, aber auch sehr viel neuere. Unter den Genannten befindet sich beispielsweise eine Ordonnanz von 1431, die, wie es heißt, erstellt wurde par l'advis et conseil des plus grands prélats et barons de tout le royaume, et pour le bien public d'iceluy ... Car par icelle ordonnance fut approuvé, confirmée et authorizée la coutume générale de France, et de tout temps immémorial auparavant observée, par la quelle les estrangers qui ne sont nez dans le royaume sont inhabiles et incapables à y tenir offices et bénéfices électifs.43 Wichtige Etappen sind wieder zu erkennen: Zunächst das seit urdenklichen Zeiten praktizierte Herkommen, dann die Bestätigung und Autorisierung dieses Herkommens durch eine Versammlung, die den König und die wichtigsten Köpfe des Reiches vereint. Diese Versammlung ist hier der erweiterte königliche Rat, in anderen Beispielen aus der vorliegenden Schrift sind es die Generalstände. Die Liste der unveränderlichen Gesetze, die die Briève Remonstrance gibt, ist nicht vollständig; der Verfasser schließt sie ab, indem er sagt, es gebe noch weitere bonnes loix politiques du royaume, die gegenwärtig verletzt würden. Tatsächlich ist es sein Ziel, diejenigen aufzuführen, die unter der Wirkung der perversen Maxime verschwunden seien, nach der die Macht des Königs über der des Gesetzes stehe.44 Die Anerkennung der Möglichkeit, daß die lois du royaume kontinuierlich vermehrt werden könnten, setzte den Verzicht auf das Ziel voraus, eine geschlossene und streng kodifizierte Gesetzessammlung erstellen zu wollen, die nicht mehr zu erweitern wäre. Eine andere Haltung nahmen nur diejenigen ein und auch das nur auf zweideutige Weise -, die wie die Theoretiker der Monarchomachen den Gedanken eines Vertrags zwischen König und Untertanen systematisierten. Wenn dieses Modell sich durchgesetzt hätte, hätte die Idee der vertragsmäßigen Monarchie den Weg bereiten können für die konstitutionelle und für die exakte Festlegung der Regeln, nach denen die Macht auszuüben wäre. 45 Aber die Strenge, mit der die Monarchomachen die Vertragstheorie interpretiert haben, die die ungeteilte Souveränität des Volkes annimmt, erlangte nur einen relativ begrenzten Einfluß.

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Briève Remonstrance à la Noblesse de France sur le faict de la Déclaration des Monseigneur le Duc d ' A l e n ç o n , s.l. 1576, S. 14ff. 44 Ebd. (Anm. 43), S. 13 und 34. 45 Vgl. die Einleitung der zitierten kritischen Edition der Vindiciae contra Tyrannos (Anm. 19).

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Um einer der Monarchie so gefährlichen Position zu begegnen, haben die Juristen, die der Idee der ungeteilten Souveränität des Königs anhingen, die absolutistische Doktrin der lois fondamentales präzisiert: Als solche erkannten sie nur eine kleine, unveränderliche Zahl an. Jean Bodin, der die königliche Gewalt als eine unteilbare, absolute und souveräne definiert hat, war einer der großen Urheber dieses Manövers zur Reduzierung und Eingrenzung der für den König unveränderlichen Gesetze,46 ein Manöver, das so gut gelang, daß schließlich nur noch vier Elemente unstrittig übrigblieben: das Salische Erbfolgerecht, die Unveräußerlichkeit der Krondomäne, die Volljährigkeit des Königs mit dem dreizehnten Lebensjahr und das Prinzip der Katholizität der Krone. Die Natur der wenigen anderen manchmal angeführten Gesetze blieb widersprüchlich und verschwommen, vielleicht weil man wünschte - genau wie die Anhänger der monarchia mixta, doch diesmal zugunsten des Königs -, einer zu weitgehenden Verrechtlichung zu entgehen. 47 VI Während der Jahre 1574-1576 wurde der Gegensatz zwischen beiden Positionen besonders klar und die Notwendigkeit einer Entscheidung offensichtlich. Während dieser Jahre sammelte die mit dem fünften Bürgerkrieg einhergehende Erhebung der Malkontenten beachtliche Kräfte, deren Parole der Kampf gegen die Tyrannei war; François Hotman glaubte, darin den Einfluß der Francogallia zu erkennen. 48 Im Verlauf der Sitzungen der Generalstände, die sich ab Dezember 1576 in Blois versammelten, waren die Debatten häufig von hoher Qualität. Die Deputierten waren sich bewußt, de représenter le France, wie sie sich selbst ausdrückten. 49 Um die wichtigsten Fragen zu beraten, benannten sie 46 Für Bodin sind jene Gesetze, qui concernent l'estat du royaume et de l'establissement d'iceluy und deren Befolgung sich auch der König nicht entziehen (déroger) kann, das salische Erbrecht und die Unveräußerlichkeit der Krondomäne. Das Recht der Untertanen, die Steuern zu bewilligen, könne im Falle dringender Notwendigkeit beiseite geschoben werden. Zu erinnern ist an Bodins Definition der Souveränität: La souveraineté est la puissance absolue et perpétuelle d'une République ... Ceste puissance est absolue et souveraine: car elle η 'a autre condition que la loy de Dieu et de nature commande. Les six livres de la République. Paris 1583, Erstes Buch, Kapitel Vili: De la souveraineté, S. 122. 47 Die Zeitgenossen waren sich selten einig über Zahl und Natur der Grundgesetze neben jenen vier wichtigsten. Es werden jedoch stets weniger als zehn genannt. Roland Mousnier führt im ersten Band seines großen Handbuchs, Les Institutions de la France sous la Monarchie Absolue. Paris 1974, S. 504f, sechs auf: Den vier genannten fügt er den Salbungseid hinzu (nach dem Cérémonial François Théodore Godefroys von 1649, S. 59f) sowie die Formel Les Rois ne meurent pas en France. 48 Donald Kelley, François Hotman: A Revolutionary's Ordeal. Princeton, NJ 1973, S. 250. 49 Guillaume de Taix, Journal. In: Charlemagne Lalource und Duval, Recueil de pièces

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eine Kommission von 36 Deputierten, zwölf von jedem Stand.50 Das Tagebuch des Guillaume de Taix, Vertreter des Klerus von Troyes, erlaubt es, einen Eindruck zu gewinnen von der Lebhaftigkeit und dem Gewicht der Diskussionen, die in jener Kommission der Sechsunddreißig stattfanden. Es war die Rede davon, jede einmütige Entscheidung der drei Stände zum unverletzlichen Gesetz zu erheben, dem der König sich mit seiner Autorität durch die Worte par nous et nos estais anschließen sollte;51 man sprach auch davon, 36 Deputierte in den königlichen Rat zu entsenden, um dort die Gesetzesvorschläge der Stände mit zu prüfen. Etliche, so schreibt de Taix, sagten, daß der König dies nicht zulassen könne, d'autant qu'il préjudicioit à son droit de souveraineté ... Les autres opinoient au contraire, et disoient que le roi ne se faisoit point de tort, d'autant que ses Etats et sujets ne lui vouloient demander que choses concernant l'honneur de Dieu, le repos du royaume et le bien du service du roi ...on répliquoit... qu 'encore faudroit-il spécifier plus par le menu cet honneur de Dieu, ce repos public et ce service, car sous ces choses sont comprises toutes les loix divines et humaines ... Pourquoi, disoient les adversaires des requêtes, voulez-vous entrer au conseil du roi? Vous y mettrez qui vous voudrez des vôtres, vous en ôterez qui vous voudrez, le roi ne sera donc plus que valet des Etats, ou du moins il ne sera ni roi ni chef, qui est une chose trop dérogeante à sa souveraineté52 Die Gräben waren also tief und die Diskussionen leidenschaftlich. Ein Wort taucht beständig wieder auf: jenes der souveraineté, das Jean Bodin, selbst Deputierter des Dritten Standes des Vermandois, gerade in seinen Six Livres de la République definiert hatte. Genau darin lag auch tatsächlich der Kern des Problems; die Souveränität als eine ewige und unteilbare Gewalt befreite den König von der puissance des lois. Bodin trug auch dazu bei, dem Dritten Stand die Risiken einer Entwicklung in Richtung auf eine Aristokratie oder eine Oligarchie verständlich zu machen, die den Forderungen der Stände immanent war. 53 Im übrigen erhielten die Anhänger einer Gesetzgebungskompetenz der

originales et authentiques concernant la tenue des Etats généraux. 9 Bde., Paris 1789, II, 298301. 50 Sie sind möglicherweise inspiriert vom Beispiel jener 36 Vertreter des öffentlichen Wohls, denen nach einigen antiabsolutistischen Traktaten, darunter der Francogallia, die Generalstände von Tours 1468 angeblich die Aufgabe übertragen hatten, die Tyrannei Ludwigs XI. zu beenden. Vgl. Mémoires des occasions de la guerre appelée le Bien-Public, rapportez à Testât de la guerre présente, s.l. 1567. In: Goulart, La Gaule Françoise, (Anm. 21), 172177. 51 52 53

Picot, Histoire des Etats généraux (Anm. 14), III, S. 96. Taix, Journal (Anm. 49), S. 268. Bodin weist auf die Gefahren eines Bündnisses der ersten beiden Stände gegen den

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Versammlung die Gelegenheit festzustellen, daß diese gegebenenfalls auch nicht ungefährlich sein konnte, denn es waren gerade die radikalen Katholiken, die aus dem Prinzip der Katholizität der Krone ein Grundgesetz machen wollten. Genau dabei zeigte sich die Gefahr einer einseitigen Manipulierung der Versammlung. Kurz gesagt, die Generalstände von 1576 -1577 trugen dazu bei, die politischen Herausforderungen zu verdeutlichen. Historiker unserer Zeit haben den Deputierten häufig vorgeworfen, daß sie ängstlich und inkonsequent gewesen seien, daß es ihnen an Mut gefehlt habe, das zu verwirklichen, was ihre Forderungen an Neuem hätten bringen können. Warum aber sollte man nicht, im Gegenteil, ihre Hellsichtigkeit und ein klares Bewußtsein für ihre Verantwortung konstatieren? Der gerade zu Ende gegangene Krieg hatte das Gewicht der intellektuellen und materiellen Kräfte gezeigt, die die antiabsolutistische Strömung sammeln konnte; wenn die Mehrheit der Deputierten sich nicht stärker für deren Ziele einsetzte, so war dies nicht Schwäche, sondern eine politische Entscheidung, in der Angst vor sozialer Unruhe sicher ebenso eine Rolle spielte wie Resignation, 54 doch genauso auch das Bemühen, die Souveränität des Königs zu bewahren. VII Was noch blieb, war, diese Entscheidung zu konkretisieren und eine ausreichende Zahl von Anhängern zu sammeln. Es war nötig, daß sie ins innerste Bewußtsein der Mehrheit der Franzosen eindrang. Hier trifft man dann auf ein drittes akutes Problem, hervorgerufen durch die schweren religiösen Unruhen, das des Gehorsams der Untertanen. Das Recht zum Widerstand aus religiösen Beweggründen, wie es in der Maxime "Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen" ausgedrückt wird, hatte neue Aktualität gewonnen durch den Konfessionsunterschied zwischen dem König und einem Teil seiner Untertanen. Die ersten, die sich darauf beriefen, waren die Hugenotten, doch die Ligisten haben in der Folge ebenfalls darauf

dritten hin: Picot, Histoire des Etats généraux (Anm. 14), III, S. 63-65. 54 Der Herzog von Nemours drückt Ende 1575 ohne Zweifel ein im Adel weit verbreitetes Empfinden aus, als er an François d'Alençon, der ihm sein Manifest übersandt hatte, schreibt, jamais personne η ' a entrepris ce que vous voulez entre prendre qui ne soit ruiné, les Rois demeureut toujours les plus forts, et les autres toujours succombent (Bibl. Nat. Ms. Fr. 2945, fol. 92')· Auch Angst konnte für Aussöhnung sorgen: Im Februar 1577 fühlen sich etliche Edelleute durch den adelsfeindlichen Charakter einiger Strömungen unter der Bevölkerung des Poitou bedroht. Vgl. Pierre de Blanchefort (Deputierter des Adels auf den Generalständen), Compte de mes actions ... (zit. bei Picot, Histoire des Etats généraux [Anm. 14] III, S. 65, Anm. 2). Einige schließlich konnten sich mit Grund nach dem Frieden von Beaulieu von ihren Anführern im Stich gelassen fühlen, insbesondere vom Herzog von Alençon.

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zurückgegriffen: Zunächst, als ihnen schien, der König trete gegen die Reformierten mit sträflicher Duldsamkeit auf - wie Heinrich III. - , oder dann, als ein Häretiker (Heinrich IV.) selbst König geworden war. Die Untertanen haben dabei das Recht in Anspruch genommen, königliche Befehle erst zu prüfen, bevor sie sie befolgten, und behielten sich auf diese Weise vor, sie zu verweigern, wenn sie der Meinung waren, ein Befehl verletze die Ehre Gottes. Von dieser religiösen Position aus sind sie unmerklich zu sehr viel politischeren Forderungen übergegangen, etwa dem Recht der Untertanen, die Legitimität königlicher Entscheidungen zu prüfen, d.h. deren Übereinstimmung mit dem protokonstitutionellen Rahmen der lois du royaume. Die Hugenotten ab 1567, vor allem aber die Malkontenten und Monarchomachen ab 1573, entwikkelten das Konzept des bedingten Widerstands, im Gegensatz zur obéissance absolue,55 die als blind und als Folge der Unterdrückung angesehen wurde. Konsequent zu Ende gedacht, macht diese Theorie aus jedem Untertan einen kleinen König, sie verleiht ihm, wie es Agrippa d'Aubigné in den Tragiques ausgedrückt hat, ein coeur royal,56 und sie setzt ihn in die Lage, nein zu sagen, wenn er einen Befehl erhält, den er vor seinem Gewissen als illegitim betrachtet. Wenn solch ein freier Untertan sich entschließt zu gehorchen, dann folgt er weniger dem König als vielmehr dem Gesetz; er unterwirft sich also seinem eigenen Verstand und nicht dem einzigen Willen eines anderen. Nach Agrippa d'Aubigné finden sich Beispiele dieser souveränen Freiheit bei den Schweizern, den Engländern, den "Batavern" oder auch bei den Sarmates rasez, d. h. den Polen, die in freier Wahl einen französischen Prinzen zu ihrem König erhoben hatten.57 Zweifelsfrei bemühten sich sowohl die Theoretiker der Malkontenten als auch die der Monarchomachen eindringlich darum, dem einzelnen das Recht zur Gewaltanwendung abzusprechen, doch sie erkannten dieses Recht und sogar die Pflicht zum Widerstand gegen die Tyrannei - zum Aufstand, falls notwendig - sehr wohl den großen Körperschaften und Amtsträgern des Königreichs zu, etwa den Ständeversammlungen oder als den Inhabern öffentlicher Würden auch den Mitgliedern des Hochadels. François Hotman formulierte daraus die Theorie der sédition légitime,58

55

Der Ausdruck wird etwa von Agrippa d'Aubigné gebraucht: Du devoir mutuel des roys et subjects. In: Ders., Oeuvres, hg. v. Henri Weber et al. 6 Bde., Paris 1969, II, S. 483. 56 Les Tragiques, Princes, ebd. (Anm. 55), IV, S. 88, v. 1469. 57 Ebd. (Anm. 55), S. 71, v. 713; La Chambre Dorée. Ebd., S. 110, v. 812, S. 113, v. 945, S. 107-109, v. 695-780. Etienne de la Boétie bezieht sich im Discours sur la servitude volontaire (Anm. 8), den d'Aubigné gekannt und zitiert hat, auf das Beispiel von Venezianern und Spartanern, die es vorgezogen hätten, de mourir mille morts que de reconnoistre autre seigneur que la loy et la raison. 58 Goulart, La Gaule Françoise (Anm. 21), S. 172-177.

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Die Verwirklichung genau dieser Lehre von der Pflicht zur Revolte glaubte der Autor der Francogallia im Aufstand der Malkontenten zu erkennen. Sie war es, die notwendig die Frage nach den anzuwendenden Mitteln nach sich zieht, durch die man ans angestrebte Ziel gelangen wollte. Doch war die unvermeidliche Unordnung, von der Hotman scharfsinnig gezeigt hat, daß sie unglücklicherweise von der sédition légitime untrennbar blieb, nicht noch furchtbarer als die Übel der Tyrannei? Mehr und mehr Franzosen, beunruhigt über das Chaos, in das das Land abzugleiten drohte, tendierten nun dazu, diese Frage mit ja zu beantworten. Die Freiheit, dieses Ideal, das La Renaudie 1560 als Parole für die Verschwörung von Amboise ausgegeben hatte,59 ähnelte für viele der Unordnung, und diejenigen, die sie verteidigten, wurden abwertend als libertins bezeichnet.60 Der Hochadel mit seinem immensen sozialen und politischen Gewicht fühlte mehr und mehr, daß seine Stellung letzten Endes besser durch die autoritäre Macht des Königs als durch die Ständeversammlungen gewahrt würde. Der Weg Montmorency-Damvilles ist unter diesem Aspekt in hohem Maße bezeichnend: Er konnte persönliche Erfahrungen mit einer Ständeherrschaft in dem politischen "Laboratorium" machen, das die Union des Provinces du Midi von 1574 an bildete. Nachdem er von den verbündeten Hugenotten und Katholiken zu ihrem Führer bestimmt worden war, mußte er sich der Kontrolle verschiedener Ratsgremien unterwerfen. Die Gegensätze zwischen gewähltem Oberhaupt und Gefolgschaft brachen sofort auf: Diese warf ihm vor, er beabsichtige, [de] s'emparer d'une autorité absolue contre les reglemens et lois opposées à l'union - ein sehr pikanter Vorwurf an jemanden, der erklärt, er kämpfe gegen eine solche absolute Macht -, er selbst warf den Mitgliedern des ihm zur Seite gestellten Rates vor, sie zwängen ihn, d'introduire un sénat souverain ... et un gouvernement républicain.61 In diesem Streit ist alles in wenigen Worten gesagt. Die Aussöhnung des Gouverneurs des Languedoc mit Heinrich IV. von 1594 war seine logische Konsequenz.

59

Nach dem Bericht des spanischen Botschafters in Frankreich, Chantonnay. Zit. bei Charles Paillard, Additions critiques à l'histoire de la conjuration d'Amboise. In: Revue Historique 14 (1880) 61-108 und 311-355, S. 329f. 60 Diesen Ausdruck gebraucht der Pastor Guillaume Mauget aus Nîmes für all jene, die dem Emissär La Renaudies, Ardoin de Maillane, gefolgt sind. Naef, La Conjuration d'Amboise (Anm. 13), S. 371-379. Er wird von den Delegierten der hugenottischen Städte und Konsistorien, die sich 1562 in Nîmes versammeln, für die Bauern benutzt, die glauben, eine liberté terrienne zu erlangen, in dem sie Kirchenzehnt und königliche Steuern verweigern. Emmanuel Le Roy Ladurie, Les Paysans de Languedoc. 2 Bde., Paris 1966, I, S. 393. 61 Memoiren von Charretier, Sekretär Henri de Montmorency-Damvilles. Bibl. Nat., Fonds Languedoc, Nr. 93, fol. 262'.

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Vili Trotz des Fortbestehens einer wichtigen, der "Pflicht zur Revolte" zuneigenden Strömung erschienen schließlich die Gefahren einer königlichen tyrannis einer großen Mehrheit der Bevölkerung weniger bedrohlich als die, die dem Land durch soziale Unordnung drohten. Die absolute Gewalt, von da an sorgsam von der willkürlichen unterschieden, schien zum damaligen Zeitpunkt als einzige in der Lage zu sein, allen Sicherheit zu gewähren und die Existenz der bestehenden Hierarchien zu garantieren. Diese Entwicklung resultierte indes nicht ausschließlich aus Furcht und Resignation, auch die Verbreitung positiver Werte, wie der grandeur des Reiches und des "Glücks" seiner Bewohner, trugen dazu bei. Ein neues Ideal setzte sich durch, das der Kontrolle der Leidenschaften; ein stoizistisches Ideal, das das Individuum auf eine innere Souveränität in seinem privaten Bereich verwies und dem König die ungeteilte Souveränität im öffentlichen zusprach. 62 Einige formulierten klar ein neues Autoritätsprinzip und eine Pflicht zum absoluten Gehorsam: So rief etwa Bodin in Erinnerung, daß man einem königlichen Befehl nicht deshalb zu gehorchen habe, weil er legitim, sondern weil er ein Befehl sei.63 Montaigne seinerseits versicherte, les loix se maintiennent en crédit non parce qu 'elles sont justes, mais parce qu 'elles sont loix64 (Was nicht heißt, daß sie nicht auch gerecht sein können!). Darin steckt eine Art politischer Gläubigkeit, die die eigentliche, transzendente Wahrheit des Gesetzes auf eine den Untertanen nicht mehr zugängliche Ebene hebt, in eine übermenschliche Sphäre, zu der, wie man glaubte, allein der König Zutritt habe, und zwar direkt von Gott inspiriert. Dieser neue politische Konsens hatte auch neue politische Praktiken begründet. Die wichtigsten seien hier wiederholt: Die Auflösung des Kommunikationsraumes der Generalstände und dessen Ersatz durch eine nur noch auf einen einzigen zentrierte Kommunikationsstruktur, ein Vorgang, den Michèle Fogel "les cérémonies de l'information" genannt hat; 65 der gewollte Rückgriff auf ein zentralisiertes Klientelsystem, um die Eliten des Reichs an den Pfründen der

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Denis Crouzet, Les guerriers de Dieu. La violence au temps des troubles de Religion, vers 1525 - vers 1610. 2 Bde., Paris 1990, II, S. 554ff. 63 La République (Anm. 46), Erstes Buch, Kapitel VIII, S. 133: Man liest, à la fin des édits et ordonnances ces mots: CAR TEL EST NOSTRE PLAISIR: pour faire entendre que les loix du prince souverain, ores qu 'elles fussent fondées en bonnes et vives raisons, néanmoins qu 'elles ne dépendent que de sa pure et franche volonté. 64 Les Essais, hg. v. Maurice Rat. Paris 1958, S. 320 (Drittes Buch, Kapitel XIII). 65 Michèle Fogel, Les cérémonies de l'information dans la France du XVIe au XVIIIe siècle. Paris 1989.

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M a c h t zu beteiligen, e i n antiständisches, halbprivates S y s t e m , das v o n d e n staatlichen Institutionen und ihren Amtsträgern nicht zu kontrollieren war 6 6 und in das sich die H o c h a d l i g e n schließlich ohne allzu große S c h w i e r i g k e i t e n hineinfanden und als Vermittler und Makler der k ö n i g l i c h e n Gunst ihren Traum v o n der geteilten Souveränität aufgaben; 6 7 der gleichzeitige A u s s c h l u ß all derer, d e n e n es aus d e m e i n e n oder anderen Grund m a n g e l s politischer Strukturen, durch die sie ihr G e w i c h t geltend m a c h e n konnten, nicht g e l a n g , sich in dieses Klientelsystem Eingang zu verschaffen; 6 8 die Oktroyierung v o n Entscheidungen auf autoritärem und administrativem W e g e anstelle einer Entscheidungsfindung durch Beratung. D i e s e Z ü g e konnten sich entwickeln durch e i n e n breiten, v o n der Mystik des K ö n i g t u m s genährten K o n s e n s . 6 9 U n d die Z e i t g e n o s s e n haben diese Entwicklung sehr w o h l gespürt; ohne weiteres sprechen sie v o n e i n e m "vorher" und e i n e m "nachher", das W e r k v o n Bernard du Haillan bietet dafür ein gutes Beispiel. 7 0 D i e Realität dieses Wandels, die in der Praxis und in der

66 Ein Beispiel dafür kann man im System der besonderen Zahlungsanweisungen (acquits au comptant) erkennen, durch das ein Teil der königlichen Schenkungen der Kontrolle der zuständigen Beamten entzogen wurde. Die Gerichtshöfe selber waren im übrigen tief in dieses Klientelsystem verstrickt. 67 Allen Revolten der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zum Trotz, die mehr über den Kampf um die Gunst des Königs aussagen als über eine wirkliche Gegnerschaft zu dessen absoluter Macht. 68 Dies ist besonders während der Fronde zu erkennen, als jene mittlere Adelsschicht, die gerade versuchte, unabhängig vom Klientelsystem zu handeln, die Einrichtung eines repräsentativen Verfassungsorgans für den Adel reklamierte. Jean-Marie Constant, La troisième Fronde. Les gentilshommes et les libertés nobiliaires. In: XVII1 Siècle 145 (1984) 341-354. " Die Pamphlete der Fronde (vgl. dazu Hubert Carrier, Les Mazarinades: La Presse de la Fronde (1648-1653). 2 Bde., Genf 1989, I: La conquête de l'opinion) versuchen, mit dem Aufgreifen antiabsolutistischer Themen und Motive vor allem die öffentliche Meinung kurzfristig zu manipulieren (vgl. dazu die überzeugenden Ausführungen von Christian Jouhaud, Mazarinades: La Fronde des mots. Paris 1985). 70 Noch 1570, in der ersten Auflage seines Buches De l'Estat et succez des Affaires de France, glaubte Du Haillan von der Mischverfassung als französischem Regierungssystem sprechen zu können. Zehn Jahre später, in der Neuauflage, tritt er einen geordneten Rückzug an: Nous ne disons point que la France soit un Estât composé de trois façons de gouvernement, ny divisé en trois, en puissance absolue et esgalle, chascune ayant la sienne: mais nous disons qu'il semble qu'il le soit, veu les authoritez des trois Estais tous toutesfois soubmiz à la Puissance du Souverain, qui est le Roy, de laquelle ils tirent la leur, comme nous tirons du Soleil la clarté que nous voyons: et y a bien grande différence entre sembler et estre. Car il η 'y a nulle doubte qu 'il ne soit absolument Royal, Monarchique et Souverain, accompagné de toutes les marques d'absolue puissance et de souveraineté, qu'on peut désirer ou former en un Monarque (zit. nach W. Church, Constitutional Thought [Anm. 5], S. 121f). Und in der Auflage von 1595 vermehrt er noch die Anspielungen auf ein changement des politischen Systems in Frankreich: Tout cela a changé deforme, comme toutes autres bonnes consitutions de la France. Ebd., S. 208f. Diejenigen, die weiter dem alten Verfassungsideal anhängen, erscheinen als fadas, nach dem Wort von d'Aubignés Helden, des Barons de Faeneste (Weber et al., Oeuvres [Anm. 55], S. 785) oder als Träumer: In Frankreich, so schreibt der Historiker

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Entwicklung der Institutionen zu suchen ist, rechtfertigt, daß die Historiker sich des Ausdrucks "absolute Monarchie" bedienen, um das politische System Frankreichs im 17. und 18. Jahrhundert zu kennzeichnen. (Übersetzt von Martin Wrede)

Mézeray in der Mitte des 17. Jahrhunderts, l'amour du bien public passe pour une rêverie. Abrégé chronologique de l'histoire de France. X, Amsterdam 1740 [1668], S. 5. Etienne Thuau hat in seiner Thèse Raison d ' E t a t et pensée politique à l'époque de Richelieu. Athen 1966, die Kraft des, wie er ihn nennt, "courant étatiste" beschrieben.

NO BISHOP NO KING oder CUIUS REGIO EWS

RELIGIO

Die Deutung und Legitimation des fürstlichen Kirchenregiments und ihre Implikationen für die Genese des "Absolutismus" in England und im protestantischen Deutschland

Von Ronald G. Asch I Die Debatte über das fürstliche Kirchenregiment im späten 16. Jahrhundert Die Formel cuius regio eius religio, wer über das Territorium herrscht, der bestimmt auch die Konfession, symbolisiert wie keine andere die Verbindung zwischen der Verdichtung des Territorialstaates in Deutschland und dem Prozeß der Konfessionsbildung. Einem populären Verständnis nach steht sie für die Instrumentalisierung des Religiösen durch den monarchischen Staat, ja letzten Endes, insbesondere im Bereich des Luthertums, für die spezifische Tradition des deutschen Obrigkeitsstaates. Eine solche Interpretation vernachlässigt freilich den konkreten Zusammenhang, in dem diese Formel entstand, stellte sie doch zunächst einfach einen Versuch dar, den Konflikt zwischen den Konfessionen reichsrechtlich zu entschärfen.' Auch war die enge Verbindung zwischen Kirche und weltlicher Obrigkeit im konfessionellen Zeitalter kein spezifisch deutsches Phänomen. Das fürstliche Kirchenregiment findet sich - von faktisch ähnlichen Entwicklungen auf anderer Rechtsgrundlage in katholischen Ländern ganz abgesehen - auch in den anderen protestantischen Staaten Europas, wie insbesondere in England, der bedeutendsten protestantischen Monarchie des 16. und 17. Jahrhunderts. Auch hier bestand in dieser Epoche ein enger Zusammenhang zwischen Kirchenregiment und monarchischer Herrschaftsgewalt. Ihren klassischen Ausdruck fand dieser Zusammenhang nicht nur in den Reformationsgesetzen der 1530er Jahre und im elisabethanischen Act of Supremacy von 1559, sondern eben auch in der von

1 Ich möchte an dieser Stelle Herrn Manfred Rudersdorf (Osnabrück) sowie John Morrill (Cambridge) und Robert C. Walton (Morgarten) für Anregungen und Kritik zu diesem Beitrag nachdrücklich danken, auch dann, wenn ich nicht in jedem Punkt dieser Kritik gefolgt bin.

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Jakob I. geprägten Formel no bishop no king. Mit dieser Formel wandte sich Jakob I., der zuvor in Schottland ausreichend Erfahrungen mit einer synodal verfaßten Kirche gemacht hatte, 1604 gegen den Versuch der englischen Puritaner, der Godly, das Bischofsamt abzuschaffen oder die Macht der Bischöfe doch zumindest einzuschränken. 2 In England ging die Verteidigung der monarchischen Machtstellung eine enge, freilich keineswegs spannungsfreie Verbindung mit einer Kirchenverfassung ein, die durch die Existenz einer eigenen geistlichen Hierarchie diese monarchische Machtstellung auf den ersten Blick eher einzuschränken schien. Die Debatte um das Verhältnis zwischen Staat und Kirche stellte daher auch ein Leitthema der englischen politischen Theorie des 16. und 17. Jahrhunderts dar. Wie der Verfassungshistoriker Charles Howard Mcllwain vor bald 80 Jahren festgestellt hat: "Out of th[e] strife between the adherents and the opponents of Henry VIII's ecclesiastical policy English political theory arose" und "strictly English modern political theory practically begins with Henry's Act of Supremacy". 3 Die große Bedeutung dieses Themas ist noch in den Auseinandersetzungen der 1650er Jahre deutlich spürbar - es ist sicherlich kein Zufall, daß das umfangreichste Kapitel von Thomas Hobbes' Leviathan, Of a Christian Commonwealth, noch 1651 dem Verhältnis von weltlicher und kirchlicher Obrigkeit gewidmet war und für die uneingeschränkte Unterordnung der Kirche unter den weltlichen Souverän eintrat. 4 In England standen letztlich alle Auseinandersetzungen zwischen Krone und Parlament zwischen 1603 und 1688 unter einem konfessionellen Vorzeichen und waren schon dadurch immer auch Kontroversen über die Ausgestaltung des königlichen Kirchenregiments. Auch und gerade die politischen Kämpfe der 1670er und 80er Jahre, die dann in der Glorious Revolution kulminierten, waren Streitigkeiten um das Verhältnis zwischen Kirche und Krone, in denen die

2 Zum Hintergrund dieser Formel, die Jakob I. in der Hampton Court Conference (1604) den puritanischen Kritikern der Bischöfe entgegenhielt, siehe Leo F. Solt, Church and State in Early Modern England 1509-1640. New York und Oxford 1990, S. 136f; Patrick Collinson, The Jacobean Religious Settlement: The Hampton Court Conference. In: Howard Tomlinson (Hg.), Before the Civil War. Basingstoke 1983, 27-52; Mark H. Curtis, The Hampton Court Conference and its Aftermath. In: History 44 (1961) 1-16, und Frederick Shriver, Hampton Court Revisited: James I and the Puritans. In: Journal of Ecclesiastical History 33 (1982) 48-71. 3

Political Works of James I, hg. v. Charles H. Mcllwain. Cambridge, MA 1918, Einleitung, S. XX. 4 Für diese Aspekte des Leviathan bleibt wichtig Reinhard Koselleck, Kritik und Krise. Frankfurt/Main 1973 [1959], S. 18-31, im wesentlichen aufbauend auf Carl Schmitt, Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes. Hamburg 1938, bes. Kap. 5. Siehe jetzt auch Richard Tuck, The Civil Religion of Thomas Hobbes. In: Nicholas Phillipson und Quentin Skinner (Hg.), Political Discourse in Early Modern Britain. Cambridge 1993, 120-139.

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No Bishop no King Gegner

ihre P o s i t i o n e n

im

Rahmen

einer j e

unterschiedlichen

politischen

T h e o l o g i e rechtfertigten. 5 A u c h w e n n s i c h in D e u t s c h l a n d der Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n fürstlicher H e r r s c h a f t auf der e i n e n u n d einer s p e z i f i s c h e n K i r c h e n v e r f a s s u n g auf der a n d e r e n Seite nicht g a n z s o prägnant f a s s e n läßt w i e in E n g l a n d durch d i e F o r m e l no bishop bindung

zwischen dem

no king,

besteht d o c h a u c h hier e i n e e n g e V e r -

Kirchenregiment

u n d der Intensivierung

staatlicher

Herrschaft in d e n Territorien, w e n n a u c h umstritten bleibt, w e l c h e n Beitrag die e i n z e l n e n K o n f e s s i o n e n und n a m e n t l i c h das Luthertum z u d i e s e r Intensivierung leisteten. 6 V o r b i l d l i c h für die A u s g e s t a l t u n g d e s l a n d e s h e r r l i c h e n K i r c h e n r e g i m e n t e s wurde

in D e u t s c h l a n d

Sachsen,

wo

sich die

Reformation

besonders

früh

d u r c h g e s e t z t hatte, d a n e b e n seit der Mitte d e s 16. Jahrhunderts a u c h W ü r t t e m berg. Charakteristisch w a r , daß der Landesherr d i e K i r c h e s o w o h l über ein u m f a s s e n d e s Visitationsrecht, das hier und andernorts z u m T e i l allerdings s c h o n v o r r e f o r m a t o r i s c h e U r s p r ü n g e hatte, 7 als a u c h durch e i n e w e i t g e h e n d e Jurisdikt i o n s g e w a l t in allen g e i s t l i c h e n F r a g e n und d u r c h d i e Ü b e r t r a g u n g der Ordination der Pfarrer an v o m L a n d e s h e r r e n e i n g e s e t z t e g e i s t l i c h e A m t s t r ä g e r (in der R e g e l Superintendenten o d e r Generalsuperintendenten) b e h e r r s c h t e . 8 D i e K o m p e t e n z e n

5 Mark Goldie, Priestcraft and the Birth of Whiggism. In: Philippson/Skinner, Political Discourse (Anm. 4), 209-231, insbes. S. 214: "The anticlerical animus allows us to see Whiggery in an unconventional light, less in terms of civil doctrines concerning constitutionalism and the right of revolution, and more in terms of ecclesiology: the struggle of the temporal and the spiritual, regnum and sacerdotium". 6 Vgl. dazu den Beitrag von Olaf Mörke in diesem Band, 125-164, und Heinz Schillings Feststellung: "Indem ... die Kontrolle über Glauben, Denken, über die alltägliche wie feiertägliche rituelle Praxis und über die ethisch-sittlichen Normen der Untertanenschaft gesichert war und auch Regiment und Administration der Kirche der staatlichen Oberaufsicht unterstellt wurden, ergab sich aus diesem Kirchen- und Religionsmonopol ein erster mächtiger Schub für die neuzeitliche Staats- und Nationalstaatsbildung" (Hervorhebung im Original): Heinz Schilling, Nationale Identität und Konfession in der europäischen Neuzeit. In: Bernhard Giesen (Hg ), Nationale und kulturelle Identität. Frankfurt/Main 1991, 192-252, S. 203. 7 Siehe dazu am Beispiel Württembergs Dieter Stievermann, Landesherrschaft und Klosterwesen im spätmittelalterlichen Württemberg. Tübingen 1989. 8 Karlheinz Blaschke, Wechselwirkungen zwischen der Reformation und dem Aufbau des Territorialstaates. In: Der Staat 9 (1970) 347-364; vgl. ders., Sachsen im Zeitalter der Reformation. Gütersloh 1970; Günther Wartenberg, Landesherrschaft und Reformation: Moritz von Sachsen und die albertinische Kirchenpolitik bis 1546. Gütersloh 1988; Hans-Walter Krumwiede, Zur Entstehung des landesherrlichen Kirchenregimentes in Kursachsen und Braunschweig-Wolfenbüttel. Göttingen 1967; ders., Reformation und Kirchenregiment in Württemberg. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 68/69 (1968/69) 81-111; Wilhelm Bofinger, Kirche und werdender Territorialstaat. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 65 (1965) 75-149; sowie Manfred Rudersdorf, Ludwig IV., Landgraf von Hessen-Marburg 1537-1604. Landesteilung und Luthertum in Hessen. Mainz 1991, insbes. S. 205-250, eine für das spätere 16. Jahrhundert wichtige Studie. Zusammenfassend auch Hans-Walter Krumwiede, Artikel "Kirchenregiment, Landesherrliches". In: Theologische

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des Landesherren in kirchlichen Fragen, insbesondere auch die Jurisdiktionsgewalt, wurden in der Regel von einem fürstlichen Konsistorium ausgeübt, an dessen Entscheidungen sowohl Theologen als auch weltliche Juristen als Mitglieder beteiligt waren. Das Ausmaß der Kontrolle der Kirche durch die Landesherren hing jedoch wesentlich davon ab, in welchem Umfang Patronatsund Präsentationsrechte ständischer Herrschaftsträger, d . h . vor allem des Adels, aber zum Teil auch der Städte, erhalten geblieben waren und wie groß die landesherrliche Verfügungsgewalt über das kirchliche Vermögen war; denn auch hier hatten sich in einigen Territorien, wie etwa in den weifischen Landen, die Stände oder von den Ständen kontrollierte geistliche Korporationen ihre Autonomie oder zumindest einen erheblichen Einfluß bewahrt. Im folgenden soll allerdings nicht die Praxis des Kirchenregimentes im Vordergrund stehen, sondern dessen Theorie. Diese Akzentuierung wird unter anderem vorgenommen, weil auf diesem Gebiet ein Vergleich zwischen Deutschland - oder in diesem Fall dem protestantischen, insbesondere lutherischen Deutschland, um das es sich hier handeln soll - 9 und England wohl leichter möglich ist als im Hinblick auf die doch sehr stark durch unterschiedliche politische und konstitutionelle Vorbedingungen geprägte praktische Ausgestaltung der kirchlichen Verfassung. Zum anderen haben aber zumindest im englischen Falle eine Reihe neuerer Arbeiten auch die Aufmerksamkeit der Forschung wieder stärker auf die zuvor eher vernachlässigte politische Ideengeschichte gelenkt und die Debatte, ob es im frühen 17. Jahrhundert einen prinzipiellen, durch unterschiedliche politische Ordnungsvorstellungen motivierten Konflikt zwischen "Absolutisten" und Verteidigern ständischer Freiheitsrechte gegeben habe, belebt. Dabei kommt der Diskussion über den Stellenwert des sogenannten "Gottesgnadentums" - the divine right of kings - und die damit verbundene sakrale Legitimation der Herrschaft des Monarchen namentlich als Supreme Governor der Kirche eine besondere Bedeutung zu. 10

Realenzyklopädie, hg. v. Gerhard Müller. XIX, Berlin 1990, 59-68 (mit weiterer Literatur), und Dietmar Willoweit, Das landesherrliche Kirchenregiment. In: Kurt G. A. Jeserich et al. (Hg ), Deutsche Verwaltungsgeschichte. 6 Bde., Stuttgart 1982-88,1: V o m Spätmittelalter bis zum Ende des Alten Reiches, 361-368. 9 Die besondere Problematik des Kirchenregimentes in den reformierten Territorien soll hier ausgeklammert werden; auch die Schriften von David Pareus, eines reformierten Theologen, werden (siehe unten, S. 99ff) im wesentlichen im Hinblick auf den Einfluß, den sie im lutherischen Bereich ausübten, analysiert werden. 10 Von der neueren Literatur ist insbesondere zu nennen Johann P. Sommerville, Politics and Ideology in England 1603-1640. London 1986, insbes. S. 9-56, sowie Glenn Burgess, The Politics of the Ancient Constitution. Basingstoke 1992. In Deutschland hat sich vor allem Horst Dreitzel mit diesem Thema auseinandergesetzt: siehe Horst Dreitzel, Monarchiebegriff in der Fürstengesellschaft. 2 Bde., Köln 1991, II, S. 4 9 9 f f u n d 515ff. Für Frankreich hat jüngst Denis Crouzet auf die Sakralisierung oder Re-Sakralisierung der königlichen Herrschaft gegen Ende

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Wenn man einen Vergleich versucht zwischen der Geschichte Englands und Deutschlands in der frühen Neuzeit, so ist das freilich allemal ein gefährliches Unterfangen. Zu unterschiedlich scheinen die strukturellen Bedingungen zu sein, und dies gilt auch und insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung des protestantischen Kirchenregimentes: in England eine relativ frühe Vollendung der Grundlagen des Nationalstaates, wenn nicht gar des Nationalstaates selber und eine Reformation, die jedenfalls in ihrer ersten Phase wesentlich von einem politischen, um nicht zu sagen einem machtpolitischen Impetus getragen war; 11 in Deutschland, das im europäischen Rahmen doch mehr oder wenige einmalige Gebilde des Reiches, jene monarchische res publica mit einem komplizierten Geflecht von Herrschaftsrechten, die jede Anwendung des westeuropäischen Souveränitätsgedankens unmöglich machte oder doch zumindest erheblich erschwerte. Die besondere Verfassungsstruktur des Reiches hat naturgemäß auch den Verlauf der Reformation und vor allem ihre rechtliche Absicherung seit den 1550er Jahren und nicht zuletzt die Entwicklung des landesherrlichen Kirchenregimentes maßgeblich mitbestimmt. So verbot sich die Einführung einer protestantischen Episkopal Verfassung - anders als in England, Dänemark und Schweden - schon deshalb, weil sich bestehende Bistümer einer Integration in die Territorien meist ganz oder doch zumindest zum Teil aufgrund ihrer reichsrechtlichen Stellung entziehen konnten. 12 Auch war die Stellung der Landesherren zumindest vor 1648 durch die Hoheitsrechte von Kaiser und Reich und die Reichsgerichtsbarkeit so vielfältig beschränkt, daß ihrer Machtentfaltung Grenzen gezogen waren, die in dieser Weise in einem Königreich wie England schlechthin nicht bestanden. Dennoch soll ein Vergleich hier versucht werden, so sehr er bei der immer noch oder wieder stark nationalen Orientierung der Forschung auch einstweilen Experiment bleiben muß. Diese Orientierung der Forschung hat in der Vergangenheit wiederholt zu gewissen Fehleinschätzungen des Zusammenhangs von Kirchenregiment und Staatsbildung respektive Absolutismus in der jeweils anderen Nationalgeschichte geführt. So werden die autokratischen Tendenzen der

der Religionskriege verwiesen: Denis Crouzet, Les Guerriers de Dieu. La Violence au Temps des Troubles de Religion, vers 1525 - vers 1610. 2 Bde., Paris 1990, II, S. 543-603; vgl. dazu auch den Beitrag von Arlette Jouanna in diesem Band, 57-78. " Zum Zusammenhang zwischen Nationalstaatsbildung und Konfessionsbildung in England jetzt zusammenfassend Schilling, Identität (Anm. 6), S. 221-233; vgl. auch jüngst Heike Scherneck, Außenpolitik, Konfession und nationale Identitätsbildung in der Pamphletistik des elisabethanischen England. In: Helmut Berding (Hg ), Nationales Bewußtsein und kollektive Identität. Frankfurt/Main 1994, 282-300. 12 Siehe dazu Irmgard Höß, Episcopus evangelicus. Versuche mit dem Bischofsamt im deutschen Luthertum des 16. Jahrhunderts. In: Erwin Iserloh (Hg.), Confessio Augustana und Confutano. Münster 1980, 499-516.

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englischen Monarchie im 17. Jahrhundert von deutscher Seite zum Teil als "theokratisch" bezeichnet, was zumindest mißverständlich ist, da dies ohne erhebliche Einschränkungen allenfalls für die Herrschaft Heinrichs VIII. im 16. Jahrhundert zutreffen würde, 13 während umgekehrt ein so guter Kenner der Ideengeschichte des 17. Jahrhunderts wie Mark Goldie in doch etwas irreführender Weise vom "Lutheran sacerdotal Prince", also vom "lutherischen Priesterkönig" sprechen kann, dessen priesterliche Vollmachten in England durch die Autorität der Bischöfe in Frage gestellt worden sei. 14 In Deutschland war das landesherrliche protestantische Kirchenregiment bekanntlich anfänglich auf einer eher pragmatischen Grundlage ohne klare juristische oder theologische Basis entstanden. Das theologische Nachdenken Luthers und der anderen Reformatoren hatte eigentlich weitaus mehr der universalen Kirche als der ecclesia particularis, der Landeskirche des Territoriums mit ihren gewissermaßen zufälligen Grenzen, gegolten. 15 In der Generation nach Luther war es sogar zu zum Teil harten Auseinandersetzungen zwischen protestantischen Landesherren und protestantischer Geistlichkeit gekommen, Auseinandersetzungen, die durch dogmatische Richtungskämpfe während der Verhärtung der konfessionellen Grenzen seit der Mitte des 16. Jahrhunderts mitbedingt waren. Namentlich die Gnesiolutheraner, die Flacianer, bestanden in aller Schärfe auf der Unabhängigkeit der geistlichen Gewalt, des Predigtamtes und auf der damit verbundenen geistlichen Strafgewalt auch gegenüber der

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Dreitzel, Monarchiebegriff (Anm. 10), II, S. 509: "Der theokratische Absolutismus konnte im Reich die ältere Politica Christiana des vorwiegend mitteldeutschen Protestantismus nicht verdrängen: er war zu sehr an englischen und dänischen Vorbildern orientiert und rasch durch die Ereignisse der Glorious Revolution überholt." (vgl. ebd. S. 501, wo Dreitzel geradezu davon spricht, die Stellung des dänischen Königs als "Papst" seiner Staatskirche habe sich am englischen Vorbild orientiert, und S. 519). Der englische "Absolutismus", oder besser Royalismus betonte tatsächlich die sakrale Weihe des Herrschers, aber in seiner Funktion als Fürst, nicht als weltlicher "Priester"; allenfalls während der Regierungszeit Heinrichs VIII. war der englische König so etwas wie der Papst einer nationalen Kirche. Vgl. dazu unten, S. 39. 14 Mark Goldie, The Nonjurors, Episcopacy, and the Origins of the Convocation Controversy. In: Eveline Cruickshanks (Hg.), Ideology and Conspiracy. Aspects of Jacobitism 1689-1759. Edinburgh 1982, 15-35, S. 16: "Bishops were the j u r e divino heads of the visible church ... It was a view which potentially injured the authority of the Lutheran sacerdotal prince." Goldie scheint sich hier allerdings möglicherweise stärker auf ein - wie er meint - von Cranmer vertretenes englisches "Luthertum" als auf den Kontinent zu beziehen. 15 Eine unüberschaubare Literatur zusammenfassend: Martin Heckel, Rechtstheologie Luthers. In: Ders., Gesammelte Schriften. Staat, Kirche, Recht, Geschichte, hg. v. Klaus Schiaich. 2 Bde., Tübingen 1989, I, 324-365, hier bes. S. 362-365, und ders., Religionsbann und landesherrliches Kirchenregiment. In: Hans-Christoph Rublack (Hg.), Die lutherische Konfessionalisierung in Deutschland. Gütersloh 1992, 130-162, sowie Johannes Heckel, Cura Religionis, lus in Sacra, lus circa Sacra. Darmstadt 2 1962, und ders., Lex Charitatis. Eine juristische Untersuchung über das Recht in der Theologie Martin Luthers. Köln 2 1973. Vgl. auch die oben (Anm. 8) genannten Titel.

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Obrigkeit.16 Mit dem relativ weitgehenden Abschluß des Konfessionsbildungsprozesses im lutherischen Bereich durch die Verabschiedung der Konkordienformel Ende der 1570er Jahre kam es jedoch nach und nach zu einem modus vivendi zwischen Geistlichkeit und Landesherrschaft, der allerdings durch die Kämpfe um die sogenannte zweite Reformation - z.B. in Sachsen um 1590 und in Brandenburg nach 1613 - noch zeitweilig erheblich erschüttert wurde.17 Nach 1580 setzte auch ein stärkeres systematisches Nachdenken über die Verfassung der territorialen Kirchen ein. Die ersten größeren Abhandlungen über das Verhältnis zwischen weltlicher Obrigkeit und Kirche in der Ausübung des Kirchenregimentes wurden um 1600 von Juristen verfaßt, unter deren Werken die Arbeiten der in Greifswald lehrenden Brüder Joachim und Matthias Stephani hervorragen.18 Die Zielsetzung war dabei eine doppelte - dem bestehenden Kirchenregiment nach innen hin eine zureichende rechtliche Grundlage zu geben und es zugleich nach außen in einer Epoche, wo der Religionsfriede von 1555 zunehmend brüchig wurde, mit den Mitteln des Reichsrechts gegen die Gegenreformation zu verteidigen. Martin Heckel hat in seinen einschlägigen Arbeiten

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Martin Kruse, Speners Kritik am landesherrlichen Kirchenregiment und ihre Vorgeschichte. Witten 1971, S. 57-82. Vgl. auch Peter F. Barton, Zur Lehre vom kirchlichen Amte in der lutherischen Frühorthodoxie: Das Amtsverständnis Tilemann Heshusens. In: Kerygma und Dogma 7 (1961) 115-127. 17 Vgl. hierzu Robert Kolb, Cyriakus Spangenberg's Adelsspiegel: A Theologians View of the Duties of a Nobleman. In: Miriam Usher Chrisman und Otto Gründer (Hg.), Social Groups and Religious Ideas in the Sixteenth Century. Kalamazoo, MI 1978, 12-21, S. 20f. Vgl. auch generell zu dieser Problematik die demnächst erscheinende Habilitationsschrift von Luise Schorn-Schütte, Evangelische Geistlichkeit in der Frühneuzeit. Deren Beitrag zur Entfaltung vormoderner Staatlichkeit und Gesellschaft. Ein Vergleich der Entwicklungen in der Landgrafschaft Hessen-Kassel, dem Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel und in der Stadt Braunschweig (16.-18 Jh.). Gütersloh, in Druck. Zur zweiten Reformation: Karlheinz Blaschke, Religion und Politik in Kursachsen 1586-1591. In: Heinz Schilling (Hg ), Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland - Das Problem der "Zweiten Reformation". Gütersloh 1986, 79-97; Ernst Koch, Aufbau, Gefährdung und Festigung der lutherischen Landeskirche von 1553-1601. In: Helmar Junghans (Hg.), Das Jahrhundert der Reformation in Sachsen. Berlin 1988, 195-211, insbes. S. 205ff, und Bodo Nischan, The Second Reformation in Brandenburg: Aims and Goals. In: 16th Century Journal 14 (1983) 173-187, sowie ders., Prince, People, and Confession: The Second Reformation in Brandenburg. Philadelphia, PA 1994. 18 Martin Heckel, Staat und Kirche nach den Lehren der evangelischen Juristen Deutschlands in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. München 1968. Vgl. - stärker aus theologischer Perspektive - Martin Honecker, Cura religionis magistratus Christiani. Studien zum Kirchenrecht im Luthertum des 17. Jahrhunderts, insbesondere bei Johann Gerhard. München 1968. Zu den Brüdern Stephani unten, Anm. 21. Zum Phänomen der Verrechtlichung konfessioneller Probleme in der Konstituierungsphase des lus Publicum als eigener Disziplin an den deutschen - protestantischen - Universitäten um 1600 vgl. Michael Stolleis, Glaubensspaltung und öffentliches Recht in Deutschland. In: Ders., Staat und Staatsräson in der frühen Neuzeit. Frankfurt/Main 1990, 268-298, bes. S. 269 und 274f.

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zu diesem Thema darauf hingewiesen, wie stark hier kirchlich-theologische Fragen mit eigentlich weltlichen Begriffen erörtert und gelöst wurden, eine Tendenz, an der auch der Versuch der orthodoxen Theologie, die juristische Begriffsbildung integrierend aufzunehmen, nicht viel geändert habe.19 Der bekannte Satz, als dessen Schöpfer der in diesem Zusammenhang wichtigere der Brüder Stephani, Joachim, in die Geschichte eingegangen ist, der damit das implizite Grundprinzip des Religionsfriedens von 1555 offen legte und auf eine griffige Formel brachte,20 cuius regio eius religio,21 bestätigt allem Anschein nach diese These, da er die Religionshoheit zum einfachen landesherrlichen Regal zu machen scheint.22 Faktisch war Stephanis Position allerdings differenzierter - so blieb bei ihm z. B. durchaus ein Freiraum für das Mitwirkungsrecht der Landstände in Fragen des Kirchenregiments,23 und ebenso gibt es bei ihm Ansätze zu einer gewissen Wieder-Verselbständigung der Kirche gegenüber dem landesherrlichen Kirchenregiment. So wird etwa betont, daß die bischöflichen Rechte durch den Religionsfrieden den Fürsten nur vorübergehend

" Heckel, Staat und Kirche (Anm. 18), sowie ders., Religionsbann (Anm. 7), und ders., Gesammelte Schriften (Anm. 15), insbes.: Die Entwicklung des deutschen Staatskirchenrechtes von der Reformation bis zur Schwelle der Weimarer Verfassung, I, 366-401, S. 367-381. 20 Faktisch hatte schon das Reichskammergericht in den Jahrzehnten nach 1555 dieses Prinzip zur Grundlage seiner Rechtsprechung gemacht, unter Vernachlässigung anderer Elemente des Religionsfriedens, die eine stärkere Autonomie der Untertanen, zumindest der Landstände, in konfessionellen Fragen hätten begründen können. Siehe hierzu Martin Heckel, Die Reformationsprozesse im Spannungsfeld des Reichskirchensystems. In: Bernhard Diestelkamp (Hg.), Die politische Funktion des Reichskammergerichts. Köln 1993, 9-40, sowie auch Dietrich Kratzsch, Justiz - Religion - Politik. Das Reichskammergericht und die Klosterprozesse im ausgehenden sechzehnten Jahrhundert. Tübingen 1990. 21 Zu dieser Formel: Heckel, Staat und Kirche (Anm. 18), S. 79-82 und 227-235. Vgl. Joachim Stephani, Institutiones Iuris Canonici. Frankfurt 2 1612 [1604], lib. I, vii, De iure episcopali, S. 51 : Ut et ideo hodie religionem regioni cohaerere dici potest, ut cuius sit regio hoc est Ducatus, Principatus, territorium seu ius territorii eius etiam sit religio, hoc est ius episcopale seu iurisdictio spiritualis. Die Institutiones Stephanis stellen die schriftliche Fassung seiner Greifswalder Vorlesungen aus den vorhergehenden Jahren (also den 1590er Jahren) dar. Zu Joachim Stephani (1544-1623) und seinem Bruder Matthias vgl. auch Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. 3 Bde., München 1988, I, S. 161, und Johannes Heckel, Das Episkopalsystem des Joachim Stephani und sein Schicksal. In: Ders., Das blinde, undeutliche Wort 'Kirche'. Köln, Graz 1964, 387-392. 22 Auf die Unterschiede zwischen einer "episkopalistischen" Deutung des landesherrlichen Kirchenregimentes (der Landesherr übte kraft reichsrechtlicher Übertragung die ehemals bischöflichen Rechte aus) und einer mehr "territorialistischen" Interpretation (das Kirchenregiment ist eo ipso Teil der Landesherrschaft) kann hier aus Platzgründen nicht näher eingegangen werden. Siehe zusammenfassend Heckel, Staat und Kirche (Anm. 18), S. 79ff und 109ff, insbes. 122-127. 23 Stephani, Institutiones (Anm. 21), lib. I, cap. vii, S. 52. Hier spricht Stephani davon, die Konsistorien seien consensu statuum provincialium eingerichtet worden, fährt allerdings fort: ita ut sive consensus statuum provincialium ad hoc accesserit sive non accesserit, tamen hi status provinciales omnes ut subditi huic iuri episcopali parere compellantur.

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und eigentlich bloß zum treuhänderischen Gebrauch überlassen worden seien. 24 Doch solchen Aussagen stehen andere relativ unverbunden gegenüber, die das Regiment über die Kirche als Vorrecht jeder weltlichen Herrschaft hinstellen. So verweist Stephani auf den Kaiser Konstantin, der die ihm als pontifex maximus zustehende Aufsicht über die Staatsreligion lediglich partiell an die christlichen Bischöfe delegiert habe. 25 Und der Kirche wird jede eigenständige, auch rein geistliche Jurisdiktionsgewalt schon deshalb abgesprochen, weil eine solche Jurisdiktionsgewalt eine territoriale Basis haben müsse; ein bloßer Personenverband wie die Kirche könne keine Gerichtsbarkeit ausüben, denn diese sei so an den Boden gebunden, wie ein Nebel der aus feuchter Erde bei Sonnenschein aufsteige. 26 In der Folgezeit wurden die Theorien Stephanis allerdings von seinen juristischen und theologischen Nachfolgern modifiziert und überarbeitet, so daß für eine nicht unmittelbar mit der Landesherrschaft verbundene geistliche Amtsgewalt doch ein etwas größerer Raum blieb. 27 Während in Deutschland eine systematische Begründung des fürstlichen Kirchenregiments erst relativ spät und zunächst mit eigentlich außertheologischen Begriffen erfolgte, war die Ausgangslage in England eine ganz andere. Hier hatte die Reformation mit dem Kampf für das königliche Kirchenregiment begonnen; dieses stand ursprünglich sogar ganz und gar im Vordergrund, Fragen der Abendmahls- oder der Gnadenlehre hatten zunächst eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Sicherlich sollte sich dies nach dem Tode Heinrichs VIII. ändern, aber die Royal Supremacy blieb ein auch theologisch zentraler Bestandteil des englischen Protestantismus. Indirekt enthielt sogar das Glaubensbekenntnis der englischen Kirche, so wie es unter Elisabeth I. verabschiedet worden war, einen Hinweis auf die Royal Supremacy, obgleich die Royal Supremacy nicht selbst Teil dieses Glaubensbekenntnisses war. 28 24 Bei Stephani, Institutiones (Anni. 21), Vorrede, unpaginiert, ist davon die Rede, die iura episcopalia seien auf die status imperii nur sub fiducia ... ut restituantur, non vero in proprietatem redigantur übertragen worden. Ähnlich Matthias Stephani, Tractatus de Iurisdictione. Frankfurt 3 1623, lib. III, pars I, cap. 1, S. 28: die Fürsten besäßen Kirchenregiment nur ad instar depositi et ad interim und als depositarli sive nudi usufructuara. 25 Stephani, Institutiones (Anm. 21), Vorrede, unpaginiert, [Constantinus] qui Episcopis christianis iurisdictionem in clericos maxima parte restituii, nachdem Stephani zuvor auf die Verbindung der Stellung des pontifex maximus mit der des Kaisers eingegangen war. Vgl. Institutiones, S. 281, über Konstantin: ¡s uti antecessores pontifex maximus appellare noluit, ne gentilitiis cultibus quicquam adulari censeretur, und S. 286: Constantinus imperator pontificis nomen deposuit. Vgl. auch Joachim Stephani, De iurisdictione Iudaeorum ... Frankfurt 1604,1 ib. IV, cap. 2, S. 630 : Et ita Episcopi licet iurisdictionen iure magistratus non habuerunt, ideo quod forum legibus eis non competebat ... tarnen per delegationem his initiis adepti a Constantino et aliis imperatoribus iurisdictionisfundamenta successu temporis iecerunt. 26 27 28

E b d . , S. 635. Siehe unten, S. 102ff. Artikel 37 der 39 Artikel lautet: The King's Majesty hath the chief power in this Realm

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Allerdings, schon Elisabeth I. mußte sich im Gegensatz zu ihrem Vater mit einer eingeschränkten Form des Kirchenregiments begnügen. Heinrich VIII. hatte für sich noch den Titel eines Oberhauptes (supreme head) der englischen Kirche in Anspruch genommen und sich dabei in erster Linie auf jene Rechte gestützt, die unmittelbar mit der imperial crown des englischen Königreiches verbunden waren. Elisabeth mußte sich - nicht zuletzt wohl auch, weil sie eine Frau war - mit dem weniger anspruchsvollen Titel einer obersten Regentin (supreme governor) der Kirche zufrieden geben und konnte überdies die von ihrer Schwester Maria der Katholischen in den Jahren 1553-58 aufgegebene Eigenständigkeit der englischen Kirche gegenüber Rom nur wiederherstellen, indem sie das Parlament am Kirchenregiment stärker beteiligte. Der Act of Supremacy von 1559 ließ sich anders als das entsprechende Gesetz von 1534 so interpretieren, daß erst das Parlament der Krone das Regiment über die Kirche übertragen hatte; 1534 hatte der Act of Supremacy noch einen stärker deklaratorischen Charakter gehabt. Geoffrey Elton hat diese Veränderungen mit den Worten charakterisiert: "She [Elizabeth] was not so to speak, a semi-spiritual person but governed the spirituality from outside. If one takes this fact together with the reception of Parliament into the supremacy, it becomes plain that Henry VIII's Constantinian rule in the church - his 'Caesaropapism' - was by this time abandoned for the unquestioned triumph of the laity over the clergy".29 Auch wenn sich dieser Triumph der Laien über die Kleriker am Ende als nicht ganz so dauerhaft erweisen sollte, wie es 1559 scheinen mochte, hatte der

of England and other his dominions, unto whom the chief government of all estates of this realm, whether they be ecclesiastical or civil, in all causes doth appertain, and is not nor ought to be subject to any foreign jurisdiction. Im folgenden wird jedoch eine priesterliche Stellung des Herrschers abgelehnt. Spätere Apologeten der Church of England betonten allerdings, die Supremacy sei keine Doktrin de fide. So etwa Samuel Collins, Epphata to F. T. Or, the Defence of the Right Reverend Father in God, the Lord Bishop of Elie. Cambridge 1617 (Short-Title Catalogue of Books Printed ... 1475-1640, hg. v. Alfred W. Pollard und Gilbert R. Redgrave. 2 Bde., London 2 1976-1986 [im folgenden abgekürzt STC I], Nr. 5561), S. 533. 29 Geoffrey R. Elton, The Tudor Constitution. Documents and Commentary. Cambridge 2 1982, S. 345, vgl. S. 364f und 372f. Siehe aber auch Clare Cross, The Royal Supremacy in the Elizabethan Church. London 1969, S. 22f, die Eltons Deutung relativiert. Zu den unterschiedlichen Interpretationen der Royal Supremacy unter Heinrich VIII. vgl. John Guy, Thomas Cromwell and the Intellectual Origins of the Henrician Revolution. In: Alistair Fox und John Guy (Hg.), Reassessing the Henrician Age: Humanism, Politics and Reform 15001550. Oxford 1986, 151-178; ders., Tudor England. Oxford 1988, S. 369-378, und Walter Ullmann, This Realm of England is an Empire. In: Journal of Ecclesiastical History 30 (1979) 175-203. Zur Unterscheidung zwischen gubernator ecclesiae und caput ecclesiae bei den Flacianern in Deutschland vgl. Martin Kruse, Speners Kritik (Anm. 16), S. 62f (Die Flacianer argumentierten, die Landesherren nähmen zu Unrecht für sich auch letztere Stellung in Anspruch).

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elisabethanische Act of Supremacy doch vollends klargestellt, daß der König oder die Königin nicht selber geistliche Funktionen ausüben konnten. Mit der Thronbesteigung Jakobs I. wurde die Situation freilich noch komplizierter, da der neue Herrscher als König von Schottland über ein Land regierte, wo es ein königliches Kirchenregiment im eigentlichen Sinne des Wortes nicht gab, da die Reformation zunächst gegen die Königin Maria Stuart, die Mutter Jakobs I. (VI.), durchgesetzt worden war. 30 In Schottland hatte sich Jakob VI. mit einer presbyterianischen Theologie konfrontiert gesehen, die ihm als weltlichem Herrscher jede Autorität im Reich Gottes, der Kirche, verweigerte. Hier war er nur God's sillie vassall, eine Tatsache, die auch seine Stellung im weltlichen Bereich berühren mußte, da aus der Sicht der Presbyterianer die weltliche Ordnung sich an den Normen der geistlichen Ordnung der Kirche messen lassen mußte. 31 Das nachdrückliche Eintreten Jakobs I. in all seinen Königreichen, somit auch in England, für die Episkopalverfassung war in hohem Maße durch seine Erfahrungen in Schottland mitbedingt. Vom König nominierte Bischöfe waren hier unentbehrlich, um es dem König zu gestatten, die für ihn bedrohliche absolute Autonomie einer synodal verfaßten Kirche gewissermaßen von innen her, durch geistliche Amtsträger, zu unterlaufen. Nach 1603 ergaben sich jedoch spezifische Probleme daraus, daß die Frontstellungen in den Auseinandersetzungen um die Kirchenverfassung in Schottland ganz andere blieben als in England. In Schottland konkurrierte die Autorität der Bischöfe mit dem Herrschaftsanspruch der Presbyterien und Synoden, insbesondere auch der Generalsynode, der General Assembly - das schottische Parlament spielte hier keine wesentliche Rolle. In England bestand hingegen eine unmittelbare Konkurrenz in Fragen des Kirchenregimentes zwischen Ober- und Unterhaus auf der einen und den Bischöfen auf der anderen Seite. Somit wurde

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Zur Reformation in Schottland siehe Ian Cowan, The Scottish Reformation: Church and Society in Sixteenth-Century Scotland. London 1982; Gordon Donaldson, The Scottish Reformation. Cambridge 1960, sowie D. G. Mullan, Episcopacy in Scotland: The History of an Idea, 1560-1638. Edinburgh 1986. 31 Roger A. Mason, George Buchanan. James VI and the Presbyterians. In: Ders. (Hg.), Scots and Britons. Scottish Political Thought and the Union of 1603. Cambridge 1994, 112-137, S. 123-129, dort auch S. 123 zu Andrew Melville und seiner bekannten Bezeichnung des Königs als "Vasall Gottes". Ich kann an dieser Stelle auf die spezifischen Probleme, die sich nach 1603 daraus ergaben, daß der englische König in unterschiedlichen Formen das Regiment über drei nationale Kirchen (Church of England, Church of Ireland und Scottish Kirk) ausübte oder - im Falle Schottlands - auszuüben versuchte, nicht näher eingehen. Siehe dazu aber John Morrill, A British Patriarchy? Ecclesiastical Imperialism under the Early Stuarts. In: Anthony Fletcher und Peter Roberts (Hg.), Religion, Culture and Society in Early Modern Britain: Essays in Honour of Patrick Collinson. Cambridge 1994, 209-224. Vgl. die treffenden Bemerkungen von Conrad Russell, The Fall of the British Monarchies 1637-1642. Oxford 1991, S. 29, und - ausführlicher - ders., The Causes of the English Civil War. Oxford 1990, Kap. 2 und 5.

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in England die Betonung der relativen Autonomie der episkopal verfaßten Kirche gegenüber weltlichen Instanzen mindestens implizit zu einem "royalistischen" Argument, während in Schottland Autonomie der Kirche und monarchische Herrschaft Gegensätze, ja zum Teil sogar unversöhnliche Gegensätze, waren. Nach Jakobs I. Regierungsantritt in England wurde dort zunächst die Royal Supremacy stärker denn je als Kernstück der Kirchenverfassung hervorgehoben. Die 1604 einberufene Generalsynode der englischen Kirche, die Convocation, nahm in ihre Beschlüsse einen Kanon auf, der lautete: Whosoever shall hereafter affirm, that the King's Majesty hath not the same authority in causes ecclesiastical that the godly Kings had amongst the Jews and Christian Emperors in the primitive church, or impeach in any part his regal supremacy in the said causes restored to the crown, and by laws of this realm herein established, let him be excommunicated ipso facto.32 Nun könnte man hieraus schließen, daß diese unbedingte Unterordnung der Kirche unter den weltlichen Herrscher einer Säkularisierung kirchlicher Fragen gleichkam, einem Sieg des Politisch-Weltlichen über das Konfessionell-Religiöse. Ein solcher Schluß wäre jedoch nicht gerechtfertigt. Im englischen Protestantismus gab es eine einflußreiche Tradition, für die etwa der Name von John Foxe, des Autors der Acts and Monuments, steht, die dem königlichen Kirchenregiment eine geradezu heilsgeschichtliche Bedeutung beimaßen. Für Foxe und seine Nachfolger war der Papst vor allem deshalb der Antichrist, weil er einen allumfassenden geistlichen mit einem ebenso universalen weltlichen Herrschaftsanspruch vereinte. Der entscheidende Widersacher des Antichristen jedoch war der christliche Herrscher, der in der Nachfolge der christlichen Kaiser der Spätantike, vor allem Konstantins, die Kirche reformierte und dem päpstlichen Herrschaftsanspruch entgegentrat. Der Kampf zwischen dem godly emperor oder seinem Nachfolger, also dem englischen Monarchen, und dem Papst hatte somit geradezu eine eschatologische Dimension, und dies erklärt auch, warum in England die politische und theologische Auseinandersetzung um die Ausgestaltung des königlichen Kirchenregimentes mit äußerstem Einsatz geführt wurde. 33

32 Edward Cardwell (Hg.), Synodalia: A Collection of Articles of Religion, Canons and Proceedings of Convocations in the Province of Canterbury. 2 Bde., Oxford 1842 [ND 1966], I, S. 248. 33 Zu Foxe: William M. Lamont, Godly Rule: Politics and Religion 1603-1660. London 1969 [ N D Aldershot 1991], S. 23-25 und 38-41. Vgl. zur apokalyptischen Tradition ferner William Haller, Foxe's Book of Martyrs and the Elect Nation. London 1963; V. Norskov Olsen, John Foxe and the Elizabethan Church. Berkeley und Los Angeles, CA 1973, und Paul Christiansen, Reformers and Babylon: English Apocalyptic Visions from the Reformation to the Eve of the Civil War. Toronto 1978, sowie Katharine R. Firth, The Apocalyptic Tradition

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W e n n es somit falsch wäre, in der starken Betonung der Rolle des weltlichen Herrschers gegenüber der Kirche an sich schon eine Tendenz zur Säkularisierung zu sehen, so ist doch andererseits nicht zu leugnen, daß gerade jene englischen Theoretiker und Theologen, die nach 1558/59, also nach der Rückkehr Englands zum Protestantismus, den kirchlichen status quo gegen die Forderungen nach einer Fortführung der Reformation, nach einer zweiten Reformation gewissermaßen, verteidigten, die Einheit von weltlicher und kirchlicher Ordnung betonten. Auch die umstrittene Stellung der Bischöfe wurde im wesentlichen als Adiaphoron verteidigt. Ob eine Kirche Bischöfe habe, so argumentierten die antipuritanischen "Konformisten" nach 1558, das sei in das Ermessen der weltlichen Obrigkeit gestellt, 3 4 wobei dem Parlament ein mehr oder weniger großes Mitbestimmungsrecht eingeräumt wurde. 3 5 U m 1590 begannen sich in England die Frontstellungen in der Diskussion um Episkopalverfassung und Kirchenregiment jedoch zu wandeln. Während der 1580er Jahre, als die Bedrohung Englands durch

den

Ausmaße

kontinentaleuropäischen

annahm

und überdies

Katholizismus

besonders

vor der Hinrichtung

Maria

dramatische Stuarts

eine

katholische Thronfolge möglich schien, hatte zwischen den Anwälten einer "further reformation" und den Verteidigern der bestehenden Kirche ein gewisser modus vivendi, ja zum Teil ein Bündnis bestanden; dies änderte sich nach 1588.

in Reformation Britain 1530-1645. Oxford 1979. - Lamonts Interpretation ist nicht unumstritten geblieben (siehe etwa Johann P. Sommerville, Jacobean Political Thought and the Controversy over the Oath of Allegiance. Unveröffentl. Ph. D. thesis Cambridge 1981, S. 362-369). Lamont hat sie jüngst jedoch noch einmal in einem Beitrag zur Festschrift Pocock verteidigt: William Lamont, Arminianism, the Controversy that Never Was. In: Nicholas Phillipson und Quentin Skinner (Hg.), Political Discourse in Early Modern Britain. Cambridge und New York 1993, 45-66. 54 Cross, The Royal Supremacy (Anm. 29), S. 29ff, 35f und 55ff; Dies., Churchmen and the Royal Supremacy. In: Felicity Heal und Rosemary O'Day (Hg.), Church and Society in England: Henry VIII to James I. London 1977, 15-34. Ursprünglich hatte man in England nach 1558 sogar erwogen, die Bischöfe - ähnlich wie in Deutschland - nur als superintendents zu bezeichnen. (Patrick Collinson, Episcopacy and Reform in England in the Late Sixteenth Century. In: Ders., Godly People: Essays on English Protestantism and Puritanism. London 1983, 155-189, S. 169 (zu John Ponet); vgl. Peter Lake, Anglicans and Puritans? Presbyterian and English Conformist Thought from Whitgift to Hooker. London 1988, S. 92. 35 Diese Position wird in der englischen Geschichte meist als erastian, als erastianisch, bezeichnet, und in der Tat stützte sich etwa der Erzbischof Whitgift als einer der Hauptgegner presbyterianischer Tendenzen in seinen eigenen Streitschriften auch auf eine Abhandlung des Heidelberger Arztes Thomas Erastus über die Exkommunikation, die 1589 postum in London veröffentlicht wurde, aber schon vorher in England als Manuskript bekannt war. Siehe Ruth Wesel-Roth, Thomas Erastus. Lahr 1954, S. 93. Vgl. zur Position Whitgifts auch Helmut Kreßner, Schweizer Ursprünge des anglikanischen Staatskirchentums. Gütersloh 1953, S. 99ff, und Robert C. Walton, Der Streit zwischen Thomas Erastus und Caspar Olevian über die Kirchenzucht in der Kurpfalz in seiner Bedeutung für die internationale reformierte Bewegung. In: Caspar Olevian 1536-1587, ein evangelisch-reformierter Theologe aus Trier. Sonderdruck der Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 1988/89, 205-246.

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Spätestens nach dem Sieg über die Armada schien es der Königin vordringlich, die presbyterianische Untergrundkirche, wenn man sie so nennen will, zu zerschlagen. Calvinistische Widerstandslehren hatten ihren relativen Wert verloren, nachdem ein katholischer Prätendent oder eine Prätendentin nicht mehr in Sicht waren und überdies auch die mit England verbündeten französischen Hugenotten nun eher als Verteidiger der Krone und der legitimen Thronfolge, nicht als Anwälte ständischer Freiheiten auftraten. Um so anstößiger wirkten jetzt die subversiven Tendenzen dieser Widerstandslehren. Jetzt wurden die inoffiziellen Ansätze zu einer presbyterianischen Kirchenorganisation von Erzbischof Whitgift und Bischof Bancroft, seinem späteren Nachfolger, systematisch beseitigt.36 Mit dieser Wende in der praktischen Kirchenpolitik trat auch eine Wende in der theologischen Begründung der Episkopalverfassung ein. Die Episkopalverfassung war nun kein Adiaphoron mehr, eine nützliche, aber notfalls auch entbehrliche Einrichtung, sondern wurde vielmehr zu einer Institution göttlichen Rechtes, iure divino, erklärt.37 Hatten bisher die Puritaner die bestehende Verfassung als nicht schriftgemäß abgelehnt und ihre Gegner die Maßgeblichkeit der Schrift für Fragen der Kirchenorganisation abgelehnt, so trat nun ein radikaler Wandel ein; die Verteidiger des status quo versuchten dessen Legitimität nicht nur ihrerseits aus der Bibel zu begründen, man kehrte auch zu dem Gedanken einer apostolischen Sukzession der Bischöfe zurück.38 Es war ein in England lebender Niederländer, Hadrian Saravia, der in seiner neuen Heimat der Idee eines iure dmno-Episkopats bei den Verteidigern der Staatskirche zum Durchbruch verhalf. Saravia, und dies ist mehr als ein Zufall, verfaßte jedoch nicht nur einen Traktat über die verschiedenen Ränge der Geistlichkeit, sondern auch eine Streitschrift gegen jedwede Form des Wider36

Patrick Collinson, The Elizabethan Puritan Movement. London 1967, S. 385ff. Zur Wende der Jahre nach 1588 siehe jetzt vor allem Lake, Anglicans (Anm. 34), S. 111-139; vgl. W. D. J. Cargill Thompson, Sir Francis Knollys's Campaign against the Jure ZJi'vmo Theory of Episcopacy. In: Ders., Studies in the Reformation: Luther to Hooker. London 1980, 94-130, und Anthony Milton, Catholic and Reformed: The Roman and Protestant Churches in English Protestant Thought 1600-1640. Cambridge 1995, S. 454-475. Vgl. gegen die These einer grundsätzlich neuen Legitimation der Episkopalverfassung aber Johann P. Sommerville, Richard Hooker and his Contemporaries on Episcopacy: an Elizabethan Consensus. In: Journal of Ecclesiastical History 35 (1984) 177-187, und ders., The Royal Supremacy and Episcopacy "lure Divino". In: Journal of Ecclesiastical History 34 (1983) 548-558. 37

38

Wenn aber deren Stellung dadurch legitimiert war, daß sie eine ununterbrochene Linie mit den Aposteln verband, dann bedeutete dies natürlich auch, daß man, wenn auch mit Einschränkungen, die mittelalterliche Kirche als eine wahre, wenn auch unvollkommene Kirche anerkennen mußte. Der Gedanke einer apostolischen Sukzession der Bischöfe wurde unter anderem von Thomas Bilson in seiner Schrift, The Perpetual Government of the Church. London 1593, vertreten.

No Bishop no King standsrechts,

De

autoritate.39

Imperandi

Als

93 einer

der e r s t e n

in

England

f o r m u l i e r t e Saravia g e g e n katholische g l e i c h e r m a ß e n w i e g e g e n c a l v i n i s t i s c h e Monarchomachen den Gedanken eines unbedingten, jeden Widerstand

aus-

s c h l i e ß e n d e n G o t t e s g n a d e n t u m s . 4 0 D i e L e h r e v o n der M i s c h v e r f a s s u n g lehnte Saravia e b e n s o ab w i e das W i d e r s t a n d s r e c h t der e i n e m Fürsten u n t e r g e o r d n e t e n Magistrate u n d d i e A u f f a s s u n g , d i e Stände hätten m e h r als e i n e nur beratende Funktion. 4 1 A l l e r d i n g s hielt er auf der a n d e r e n Seite an der k o n v e n t i o n e l l e n Unterscheidung 0dominatio (dominatio

regia) herilis)

zwischen und

einer

einer

Königsherrschaft

quasi

despotischen

über

freie

Herrschaft

Untertanen

über

Unfreie

fest. 4 2

Iure ώ'νι/io-Episkopat und G o t t e s g n a d e n t u m traten in E n g l a n d a l s o z u s a m m e n auf, w o b e i Saravia selber freilich d i e H e r r s c h a f t d e s K ö n i g s der der B i s c h ö f e eindeutig überordnete. D e r K ö n i g war für ihn der N a c h f o l g e r und A b b i l d d e s triumphierenden Christus, d i e B i s c h ö f e N a c h f o l g e r d e s l e i d e n d e n Christus. 4 3

39 Zu Saravia: Willem Nijenhuis, Adrianus Saravia (c. 1532-1613). Dutch Calvinist. First Reformed Defender of the English Episcopal Church Order on the Basis of lus Divinum. Leiden 1980; Lake, Anglicans (Anm. 34), S. 93-96 und 135-139, sowie unten, S.l 14f. Saravias wichtigste Schriften waren Of the Diverse Degrees of the Ministers of the Gospell. London 1591 (STC I, 21749; urspr. lat. Ausg. 1590) und De Imperandi Autoritate et Christiana Obedientia. London 1593 (STC I, 21747). 40 Von seiten der Apologeten der englischen Kirche wurde die unmittelbare Einsetzung des Herrschers durch Gott auch deshalb betont, weil die katholischen Theoretiker davon ausgingen, daß eine kirchliche Jurisdiktion nur von Gott unmittelbar verliehen werden könne, der König aber seine Macht nur mittelbar von Gott habe. So argumentierte etwa Martin Becanus während der -Kontroverse in seiner Serenissimi Jacobi Angliae Regis Apologiae Refutatio. Mainz 1609, S. 21 f: cum enim supernaturalis sit [potestas ecclesiastica] non potest tribuí, nisi a solo deo, praesertim si sermo sit de suprema de quo hic agimus. 41 Saravia, De Imperandi Autoritate (Anm. 39), lib. II, cap. viii, zur Ablehnung der Misch Verfassung; vgl. cap. iii, wo betont wird, daß der Herrscher legibus solutus sei. Gegen das Widerstands recht der magistratus inferiores·, lib. IV, cap. xxxi, S. 239-244; davon nahm Savaria freilich die deutschen Reichsfürsten aus, die keine potestas delegata, sondern tradita und data besäßen (lib. IV, cap. xxxii, S. 244 f)·- Zu den Ständen lib. IV, cap. xii, S. 207f, und xiii, S. 211 : Absurdum est adserere leges latas esse coercendis regibus. 42 Saravia, De Imperandi Autoritate (Anm. 39), lib. II, cap. xix, bes. S. 77. Saravia betont hier, in einer Herrschaft über freie Untertanen könnten Steuern nicht contra civium voluntatem et consensum taciturn vel professum eingezogen werden. Abgesehen davon, daß der Ausdruck taciturn - stillschweigend - doch einen gewissen Spielraum für eine Ausschaltung von Ständeversammlungen eröffnete, ließ Saravia darüberhinaus - auch dies war natürlich konventionell - einen Zugriff auf das Eigentum der Untertanen ohne deren Zustimmung im Falle einer extrema nécessitas zu. 43 Saravia, De Imperandi Autoritate, lib. III, cap. xxxv und xxxvi, insbes. S. 168: Dominus noster Christus deus et homo, rex regum et dominus dominatium est et . . . gloriae ipsius et maiestatis decus in regibus non in Apostolis voluit relucere. Vgl. lib. III, cap. xxxviii, S. 170f, wo Saravia betont, daß der weltliche Herrscher auch in Fragen der Exkommunikation die höchste Berufungsinstanz sei, und lib. III, cap. 1, wo er die Frage, ob der Inhaber der höchsten Herrschaftsgewalt, der Souverän, exkommuniziert werden könne, verneint.

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Saravias Argumente übten in England einen erheblichen Einfluß aus. Sie gingen vor allem ein in die Beschlüsse der Convocation von 1606, die - vom König nicht ratifiziert - unter dem Namen Bishop Overall 's Convocation Book bekannt wurden. 44 Langfristig sollte die bei Saravia erstmals in dieser Eindeutigkeit sichtbar werdende Verbindung zwischen dem Plädoyer für eine episkopale Kirchenverfassung und für eine über jeden Widerstand erhabene monarchische Herrschaft für 100 Jahre, bis 1688, oder genauer bis 1685, bis zur Thronbesteigung Jakobs II. bestehen bleiben. 45 Sicherlich kann man, wie namentlich Glenn Burgess zu Recht betont hat, die Lehre, die Herrschaft des Monarchen sei göttlichen Ursprungs und daher sei jeder Widerstand gegen sie abzulehnen, nicht gleichsetzen mit einer "absolutistischen" Staatstheorie, die jede rechtliche Bindung des Königs verneinte. 46 Aber eine uneingeschränkte Ablehnung jeden Widerstandsrechtes mußte doch die Frage nach der praktischen Bedeutung der rechtlichen Begrenzung der Herrschaft aufwerfen. Schwerer wiegt vielleicht Burgess' Einwand, die Theorien Saravias und anderer Theologen seien keine Aussagen über die wirkliche politische Ordnung Englands, sondern eher abstrakte Argumente im Hinblick auf die Legitimation jeder Form von monarchischer Herrschaft überhaupt, die in einer ganz anderen konzeptionellen Sprache formuliert seien als juristische Deutungen konkreter Herrschaftsansprüche der englischen Krone. 47 Aber auch wenn dieser Einwand richtig ist, so gab es doch zumindest einen Bereich, in dem sich die Anwendungsbereiche der theologischen und der juristischen common tow-Sprache notwendigerweise überschnitten, und dies war das königliche Kirchenregiment. Die offizielle Apologetik der Ecclesia Anglicana tendierte seit etwa 1590 stärker als in den vorhergehenden Jahrzehnten dazu, die relative Autonomie der kirchlich-geistlichen gegenüber der weltlichen

44 Johann P. Sommerville, Richard Hooker, Hadrian Saravia, and the Advent of the Divine Right of Kings. In: History of Political Thought 4 (1983) 229-245, S. 243: "By 1606 most of the doctrines which Saravia espoused had become orthodox amongst the leaders of the English clergy", mit dem Verweis auf die Convocation von 1606. Zu dieser Generalsynode vgl. auch Solt, Church (Anm. 2), S. 151f. 45 Zu der Verbindung von iure divino-Episkopat und iure d/vmo-Königtum im späteren 17. Jahrhundert siehe Mark Goldie, The Political Thought of the Anglican Revolution. In: Robert Beddard (Hg ), The Revolutions of 1688. Oxford 1991, 102-136, und Goldie, Nonjurors (Anm. 14). 46 Glenn Burgess, The Divine Right of Kings Reconsidered. In: English Historical Review 107 (1992) 837-861. Burgess wendet sich mit seiner Interpretation vor allem auch gegen Sommerville, Richard Hooker, Hadrian Savaria (Anm. 44), sowie ders., Politics and Ideology (Anm. 10), insbes. S. 39-56. Vgl. von der älteren Literatur immer noch John Neville Figgis, The Divine Right of Kings. Cambridge 1896 [ND New York 1965], 47 Burgess, Politics (Anm. 10), bes. S. 115 ff.

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Sphäre zu betonen, und dies relativierte die Verbindlichkeit des überkommenen positiven weltlichen Rechtes.48 Diese Tendenz, die grundsätzliche Autonomie kirchlicher Autorität zu betonen, ohne freilich das Aufsichtsrecht des Monarchen über die Kirche in Frage zu stellen, wurde durch die andauernde polemische Auseinandersetzung mit dem Katholizismus ohne Zweifel verstärkt. Denn von katholischer Seite wurde immer wieder der Vorwurf erhoben, der englische Monarch nehme für sich die gleiche geistlich-weltliche Allgewalt in Anspruch, jedoch mit weitaus weniger Recht, deren Ausübung die Protestanten dem Papst zum Vorwurf machten.49 Diese kontroverstheologische Kritik spielte eine erhebliche Rolle vor allem während der sogenannten Oath of Allegiance-Kontroverse in den ersten Regierungsjahren Jakobs I., die die englischen Theologen zwang, ihre Theorie des Kirchenregiments neu zu überdenken und zugleich so zu formulieren, daß sie den abstrakteren Argumenten der katholischen kontinentaleuropäischen Theologen, die die englische Verfassungstradition und kirchliche Praxis nicht als verbindlich ansahen, gewachsen war.50 Die Oath of Allegiance-Kontroverse wirkte nicht nur katalysierend auf das theologisch-politische Denken in England - weit über den unmittelbaren Anlaß hinaus -,51 sie führte zugleich zu einer engeren Berührung zwischen der englischen und der kontinentaleuropäischen und nicht zuletzt auch der deutschen protestantischen Diskussion über das fürstliche Kirchenregiment. Zu diesem allerdings nur vorübergehenden Dialog zwischen englischen und deutschen Theoretikern kam es trotz der unbestreitbaren bedeutsamen Unterschiede zwischen der Kirchenverfassung des deutschen Protestantismus und der der anglikanischen Kirche, auf die bereits hingewiesen wurde.52

48

Dazu unten, S. 115ff. Siehe dazu unten, Anm. 66, und Sommerville, Jacobean Thought (Anm. 33), S. 330ff. 50 Burgess, Divine Right (Anm. 46), S. 846. 51 Zur Oath of Allegiance-Kontroverse siehe die Einleitung zu Political Works of James I, hg. v. Mcllwain (Anm. 3); Peter Milward, Religious Controversies of the Jacobean Age: A Survey of Printed Sources. London 1978, Kap. 3; Sommerville, Politics (Anm. 10), S. 117-121 und 195-208, sowie ders., Jacobean Thought (Anm. 33) passim, und Milton, Catholic and Reformed (Anm. 37), S. 255-263. 52 Wie schon Charles Mcllwain, der Herausgeber der Werke Jakobs I. feststellte: "The English oath of allegiance actually did give rise to a paper warfare in Europe the like of which has never been seen since and is hardly likely ever to be seen again now that the common language of that warfare has fallen into disuse": Political Works of James I, hg. v. Mcllwain (Anm. 3), Einleitung, S. LVII. 49

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II Die Oath of Allegiance-Kontroverse als Schnittstelle der englischen und der kontinentaleuropäischen Auseinandersetzung über das Kirchenregiment Jakob I. hatte nach seiner Thronbesteigung als englischer König 1603 zunächst gegenüber seinen katholischen Untertanen eine relativ tolerante Politik verfolgt, jedenfalls verglichen mit seiner Vorgängerin Elisabeth I. 53 Die Einstellung des Königs änderte sich jedoch, als er im November 1605 nur knapp einem katholischen Attentat, das ihm und dem gesamten Parlament galt, entging, der berühmten Pulververschwörung. Die Pulververschwörung löste eine politische Kurskorrektur aus, die Unterdrückungsmaßnahmen gegen Katholiken wurden wieder verstärkt. Der König hielt allerdings an seiner Hoffnung fest, einen Keil zwischen die - wie er meinte - Mehrheit der politisch loyalen katholischen Untertanen und die kleine Gruppe von Fanatikern, die er als verantwortlich für das Attentat ansah, treiben zu können. Nicht zuletzt diesem Zweck diente der sogenannte Oath of Allegiance. Die Eidesformel, auf die jeder Rekusant, also jeder Katholik, und nach 1610 auch jeder Amtsinhaber und in letzter Konsequenz jeder Untertan verpflichtet werden konnte, enthielt ein Loyalitätsbekenntnis zum König als weltlichem Herrscher - jedoch nicht als Herr über die Kirche - und eine ausdrückliche Ablehnung des vom Papst in Anspruch genommenen Rechtes, weltliche Herrscher absetzen zu können. 54 Der Intention nach stellte der Eid also einen Versuch dar, den Herrschaftsanspruch des Königs, der faktisch eng mit dem Kirchenregiment verbunden war, zu entkonfessionalisieren. Bei der Kurie stieß der Eid allerdings auf Ablehnung. Tendenzen des in England tätigen katholischen Klerus, den Eid zu akzeptieren, wurden sofort unterbunden; dies veranlaßte den König 1607 eine Schrift zu verfassen und im folgenden Jahr zu publizieren, in der er den Eid verteidigte, die Apologie of the Oath of Allegiance.55 Die Vorrede zu einer zweiten Auflage dieser Schrift widmete er dann sogar dem Kaiser Rudolf II. und allen Monarchen der Christenheit. Auf die ursprüngliche Apologie entgegnete einer der führenden katholischen Theologen Europas, Kardinal Bellarmin, unter dem Pseudonym

53 Zur Kirchenpolitik Jakobs I. siehe Kenneth Fincham und Peter Lake, The Ecclesiastical Policy of James I. In: Journal of British Studies 24 (1985) 169-207; Solt, Church (Anm. 2), S. 123-164. 54 Der Wortlaut des Eides ist abgedruckt in: Constitutional Documents of the Reign of James I, hg. v. J. R. Tanner. Cambridge 1930 [ND 1952], S. 90f. 55 Der volle Titel lautet Triplici Nodo, Triplex Cuneus or an Apologie for the Oath of Allegiance against the two Breves of Pope Paulus Quintus and the late Letter of Cardinall Bellarmine to G. Blackwell, the Arch-priest. Diese Schrift ist jetzt auch leicht zugänglich in der Auswahl der Werke Jakobs I., die Johann P. Sommerville herausgegeben hat: King James VI and I, Political Writings. Cambridge 1994, 85-131.

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Mathaeus Tortus mit einer Gegenschrift. An der Debatte, die sich nunmehr entzündete, beteiligten sich einerseits zahllose englische Theologen und Juristen und andererseits die führenden katholischen Theologen Europas, neben Italienern auch die Vertreter des spanischen Neuthomismus und eine Reihe deutscher Jesuiten. 56 Aber auch von deutscher protestantischer Seite nahm man zu diesem Streit Stellung. Hier sind vor allem zwei Autoren zu nennen: zum einen der in Helmstedt lehrende Arzt und Staatstheoretiker Henning Arnisaeus 57 und zum anderen der Heidelberger reformierte Theologe David Pareus. Pareus' Stellungnahme, 1612 in Amberg unter dem Titel Questiones Controversae Theologicae de Iure Regum et Principum contra Papam Romanam, ... pro Serenissimo Principi Jacobo Magnae Britanniae Rege publiziert, 58 stellte allerdings im wesentlichen einen Auszug aus dem Römerbriefkommentar dar, den Pareus bereits 1608 verfaßt hatte.59 Auch dieser Kommentar hatte sich freilich bereits gegen Bellarmin und die Theologie und Staatslehre eines im Exil lehrenden englischen Autors, Thomas Stapleton, 60 gerichtet, berücksichtigte also bereits die besondere Problematik der englischen Staatskirche und stand auch, wie man vermuten darf, bereits unter dem Einfluß der beginnenden Auseinandersetzung um den Oath of Allegiance von 1606. 61

56 Neben der in Anm. 51 angegebenen Literatur vgl. auch T h e Cambridge History of Political Thought 1450-1700. hg. v. James H. Burns. Cambridge 1991, S. 247-253. 57 Henning Arnisaeus, De Subiectione et Exemtione Clericorum. Item de Potestate Temporali Pontificis in Principes ... C o m m e n t a n o Politica Opposita scriptis eorum, qui in his Controversiis contra Serenis. Regem M. Britanniae et Florentis. Rem Publicam Venetarum Disputarunt, potissimum vero libris Roberti Bellarmini. Frankfurt 1612. Vgl. dazu Horst Dreitzel, Protestantischer Aristotelismus und absoluter Staat. Die "Politica" des Henning Arnisaeus (ca. 1575-1636). Wiesbaden 1970, S. 374f. 58

Herausgegeben wurde die Schrift von Joachim Ursinus. ' David Pareus, In Divinam ad Romanos S. Pauli Apostoli Epistolam Commentarius. Editio tertia, Heidelberg 1620 [1608]. Die Vorrede, die sich an den Magistrat von Danzig richtet, trägt das Datum März 1608. Einschlägig zu Fragen des Kirchenregimentes ist der Kommentar zu Kap. XIII, Sp. 1245ff. insbes. Sp. 1289ff. Zu Pareus vgl. Günter Brinkmann, Die Irenik des David Pareus. Frieden und Einheit in ihrer Relevanz zur Wahrheitsfrage. Hildesheim 1972, und Gustav Adolf Benrath, David Pareus. In: Schlesische Lebensbilder, V, hg. v. Helmuth Neubach und Ludwig Petry. Würzburg 1986, 13-23, sowie Artikel "Pareus, David". In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, hg. v. Albert Hauck. XIV, Leipzig 1904, 686-689. 5

60 Zu Stapleton: Marvin O ' C o n n e l l , Thomas Stapleton and the Counter Reformation. New Haven, C T 1964, und Heckel, Cura Religionis (Anm. 15), S. 55. 61 Allerdings konnte Pareus 1608 das Gros der Streitschriften zur Oath of AllegianceKontroverse noch nicht unmittelbar berücksichtigen, da sie in diesem Jahr selber oder noch später erschienen. Bellarmins Antwort auf die Apologie des englischen Königs w u r d e 1608 in Köln unter dem N a m e n seines Kaplans Mathaeus Tortus publiziert. Zur Literatur der Kontroverse siehe neben Mcllwain, Einleitung (Anm. 3), S. X C V f f , auch Milward, Controversies (Anm. 51).

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Pareus' Römerbriefkommentar respektive der 1612 daraus angefertigte Auszug übte auch im lutherischen Deutschland einen erheblichen Einfluß aus, obwohl Pareus ein Reformierter war. Johannes Heckel hat Pareus, der als erster in systematischer Weise zwischen einer potestas eccclesiastica externa und interna unterschied, geradezu als den "Schöpfer des jüngeren Typs der Kirchengewalt" bezeichnet und festgestellt: "Deshalb trägt er den Ruhm, die Theorie des landesherrlichen Kirchenregimentes begründet zu haben". Die Unterscheidung zwischen einem äußeren Kirchenregiment, das der weltlichen Obrigkeit zustand, und einer im engeren Sinne rein geistlichen Amtsgewalt spiegelte allerdings ursprünglich die spezifische Lage der reformierten Kirche der Pfalz wider. Hier hatten sich um 1570 jene Theologen durchgesetzt, die gegen Thomas Erastus die Autonomie der Kirche insbesondere in der Frage der Exkommunikation verteidigten, ohne damit das landesherrliche Kirchenregiment als solches abzulehnen. Ja Pareus' Konzept einer selbst nicht mehr kirchlichen potestas ecclesiastica externa tendierte ohne Zweifel in der Konsequenz dahin, das Kirchenregiment umzudeuten zum Bestandteil einer konfessionell nicht mehr gebundenen allgemeinen Staatsgewalt.62 Gerade dies sicherte den Theorien von Pareus auch einen längerfristigen Einfluß in einer Epoche der zunehmenden Säkularisierung des Politischen. Obwohl die Konzepte des Pareus auch in England durchaus rezipiert wurden, 63 sollte sein Römerbriefkommentar doch ein etwas eigenartiges Schicksal haben. Pareus hatte im Kommentar zu Römer XIII an derselben Stelle, wo er sich mit der Autorität weltlicher Herrscher in geistlichen Angelegenheiten auseinandersetzte, das Widerstandsrecht der Stände und unteren Magistrate, ja in besonderen Fällen sogar der einfachen Untertanen verteidigt. 64 Diese Stellen waren zunächst, soweit sich dies feststellen läßt, nicht weiter beachtet worden, doch zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges erhielten sie eine ganz neue Bedeutung. Sie konnten nun als Aufruf zum Kampf gegen die siegreich vordringenden Mächte der Gegenreformation verstanden werden, aber auch im

62

Heckel, Cura Religionis (Anm. 15), S. 56; Walton, Streit (Anm. 35). Siehe den Hinweis bei Heckel, Cura Religionis (Anm. 15), S. 73, Anm. 250, auf Robert Burhill, Pro Tortura Torti von 1611. sowie unten, Anm. 68. - Der Einfluß von Pareus wird auch daran deutlich, daß der schottische Theologe Rutherford sich in den 1640er Jahren ausführlich mit ihm auseinandersetzte, wenn auch in erster Linie, um ihn zu widerlegen. Siehe unten, Anm. 131. 63

64 Siehe Pareus, Questiones (Anm. 58), S. 60-71; vgl. Philipp Pareus, D. Davidis Parei ... de Potestate Ecclesiastica et Civili Propositiones earundemque Vindicatio . . . a Philippo Pareo, Davidis Filio. Editio secunda, Frankfurt 1633, S. 49-52 und 57f, mit den ursprünglichen Argumenten von David Pareus. Der ältere Pareus hatte - in praesenti periculo - auch ein Widerstandsrecht von einfachen Untertanen (privati) bejaht und der Geistlichkeit das Recht zugesprochen, einen tyrannischen Herrscher zu exkommunizieren.

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E x t r e m f a l l als R e c h t f e r t i g u n g d e s W i d e r s t a n d e s g e g e n e i n e n H e r r s c h e r , der s i c h seiner Pflicht zur V e r t e i d i g u n g d e s rechten G l a u b e n s e n t z o g , a l s o e t w a g e g e n Jakob I. A l s 1 6 2 2 in O x f o r d e i n T h e o l o g e e i n e Predigt hielt, in der er s i c h auf die W i d e r s t a n d s l e h r e d e s Pareus stützte, k a m e s j e d e n f a l l s z u e i n e m Skandal. D e r K o m m e n t a r d e s Pareus w u r d e in England auf k ö n i g l i c h e n B e f e h l v o m H e n k e r verbrannt. 6 5 O b w o h l P a r e u s ' R ö m e r b r i e f k o m m e n t a r 1 6 2 2 in E n g l a n d w e g e n der v o m A u t o r vertretenen W i d e r s t a n d s l e h r e der Z e n s u r z u m O p f e r fiel, s o änderte d i e s d o c h nichts daran, daß s e i n W e r k e i n B i n d e g l i e d z w i s c h e n der D i s k u s s i o n u m das

englische

Staatskirchentum

und der

Debatte

über das

landesherrliche

K i r c h e n r e g i m e n t in D e u t s c h l a n d darstellt, s o u n t e r s c h i e d l i c h d i e V o r a u s s e t z u n g e n dieser beiden Diskurszusammenhänge auch sein mochten. In E n g l a n d w a r w ä h r e n d der Oath of Allegiance-Kontroverse

der traditionelle

katholische V o r w u r f verschärft w o r d e n , es sei e i n e b l o ß e I n k o n s e q u e n z , w e n n der e n g l i s c h e K ö n i g o d e r d i e K ö n i g i n nicht a u c h selber priesterliche F u n k t i o n e n ausübten, da er o d e r sie d o c h Oberhaupt der Kirche s e i e n . 6 6 G e g e n d i e s e n

65

Dazu Fincham/Lake, Ecclesiastical Policy (Anm. 53), S. 199; Benrath, Pareus (Anm. 59). S. 20, und Milton, Catholic and Reformed (Anm. 37), S. 519f. - Pareus' Sohn Johann Philipp bemühte sich allerdings nach dem Tode seines Vaters, dessen Ansehen durch die Veröffentlichung einer vindicatio wiederherzustellen (D. Davidis Parei Vindicatio [Anm. 64]). In dieser Schrift wies er unter anderem, nicht ganz zu Unrecht, darauf hin, daß zumindest die Lehre vom Widerstands recht der Stände, jedenfalls wenn sie auf die Reichsstände angewandt werde, in Deutschland in protestantischen Kreisen als durchaus konventionell und orthodox gelten könne (Vindicatio, S. 165, 187f sowie 50-52). Eine knappe Auseinandersetzung mit der Vindicatio des jüngeren Pareus findet sich bei Peter Heylyn, The Stumbling-Block of Disobedience. London 1658 (Short-Title Catalogue of Books Printed ... 1641-1700, hg. v. Donald Wing. 3 Bde., London M972-1986 [im folgenden abgek.: STC II] H 1736), S. 231. Heylin kam allerdings zu dem Schluß, daß England im Gegensatz zum Heiligen Römischen Reich eine absolute monarchy sei, in der die im Parlament vertretenen drei Stände die Autorität des Königs nicht einschränken könnten. 64

Auf die Widersprüche in der anglikanischen Argumentation verwies unter anderem der deutsche Jesuit Martin Becanus in seiner Refutatio Torturae Torti. Mainz 1610, etwa S. 26: warum liege die Gewalt der Exkommunikation bei den Bischöfen, nicht beim König, der doch über sie eine Aufsicht ausübe (vgl. S. 43; zu Becan siehe Bernhard Duhr, Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge. 2 Bde., Freiburg 1913, II/2, S. 378f). Siehe ferner Becanus, Regis Apologiae Refutatio (Anm. 40), wo Becanus schreibt, der König widerspreche sich selber, denn er nehme einerseits Macht für sich in Anspruch, die Bischöfe abzusetzen, andererseits behaupte er, die Bischöfe hätten ihre Jurisdiktion immediate a deo (S. 118-122). Gegen diese katholischen Argumente führte etwa Robert Burhill aus, satis est Regi adprimatum in causis excommunicationis, quod habeat potestatem cogendi eos, penes quos est excommunicatio, ut officium faciant (Robert Burhill, Pro Tortura Torti. London 1611 [STC I, 4118], S. 241, gegen Becanus). Vgl. ebd. Kap. 13, S. 127ff, bes. 132, wo Burhill ausführt, der König habe primatum in Ecclesiam, non primatum spiritualem aut ecclesiasticum ... sed potius quoad res et personas spirituales. Diese Formulierungen sind möglicherweise bereits durch die Argumente von Pareus in seinem Römerbriefkommentar beeinflußt, wie Johannes Heckel hervorgehoben

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Ronald G. Asch

Vorwurf des Cäsaropapismus wurde von den Apologeten der englischen Kirche noch stärker, als dies bereits während der elisabethanischen Zeit geschehen war, betont, daß der englische Monarch für sich keine geistliche Amtsvollmacht im eigentlichen Sinne des Wortes in Anspruch nehme. So schrieb etwa George Carleton, der später Bischof von Chichester wurde, in deutlicher Ablehnung der Vermengung geistlicher und weltlicher Autorität, wie sie unter Heinrich VIII. zumindest teilweise die offizielle Lehre gewesen war: For the Bishop of Winchester [Stephen Gardiner] sought not like a curious triar of mettais to severe the gold from the silver and dross from both: but as hee found this massie crown of iurisdiction upon the Popes head so he tooke it with gold, silver, copper and drosse and all and set [it] upon the Kings head.''1 Die Notwendigkeit, den Vorwurf des Cäsaropapismus zu widerlegen, schuf in England einen Bedarf an theoretischen Argumenten, die es erlaubten, weltliche und geistliche Gewalt zu trennen, ohne dabei das königliche Kirchenregiment in Frage zu stellen. In diesem Zusammenhang griff man auch auf Schriften kontinentaleuropäischer Theologen zurück. Dabei wurde namentlich der von Pareus entwickelte Gedanke, den geistlichen Amtsträgern stehe eine potestas interna zu, die vor allem die Predigt des Wortes, die Reichung der Sakramente, aber auch die Exkommunikation umfasse, dem weltlichen Herrscher jedoch eine potestas nomothetica, ein Aufsichtsrecht, das den äußeren Rahmen der Ausübung der Amtsgewalt der Geistlichkeit bestimme, rezipiert. Greifbar wird die Aufnahme der Begriffsbildung von Pareus etwa in den Vindiciae Ecclesiae Anglicanae von Francis Mason, die die erweiterte lateinische Fassung einer früheren, 1613 publizierten Schrift über die Weihe der englischen Bischöfe darstellten. Die Vindiciae wurden 1625 im Auftrag des Erzbischofs von Canterbury postum aus dem Nachlaß Masons veröffentlicht. Hier ist in deutlicher Anlehnung an Pareus davon die Rede, es gebe zwei Formen des Kirchenregimentes, ein regimen internum und ein regimen externum, das architectonice und nomothetice seine Kompetenzen ausübe. 68 Von der königlichen Jurisdiktion in

hat [siehe oben, Anm. 63]). 67 George Carleton, Jurisdiction Regall, Episcopali, Papali. London 1610 (STC I, 4637), Epistle dedicatorie (ohne Pagination); dies richtete sich gegen die Schrift, die 1535 Stephen Gardiner, der Bischof von Winchester, ein theologisch eher altgläubiger Verteidiger der Royal Supremacy, unter dem Titel De vera oboedientia zur Rechtfertigung der Trennung von Rom hatte erscheinen lassen (siehe Geoffrey R. Elton, Reform and Reformation: England 1509-1558. London 1977, S. 195f; vgl. Glyn Redworth, In Defence of the Church Catholic: The Life of Stephen Gardiner. Oxford 1990. Zum Rückgriff auf die Auffassung Gardiners aus erastianischer Perspektive nach 1640 siehe unten, Anm. 124. 68

Francis Mason, Vindiciae Ecclesiae Anglicanae; sive de Legitimo eiusdem Ministerio ... Editio Secunda, Priori Anglicana Longe Auctior. London 1625 (STC I, 17598), lib. III, cap. 4, S. 287; vgl. ders., Of the Consecration of the Bishops in the Church of England, London

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No Bishop no King

k i r c h l i c h e n A n g e l e g e n h e i t e n heißt e s , sie sei g e i s t l i c h nur i m o b j e k t i v e n , nicht im f o r m a l e n S i n n e , da e s s i c h u m e i n e e i g e n t l i c h w e l t l i c h e G e w a l t h a n d e l e , d i e circa obiectum

spirituale,

verbi gratia

circa religionem

in regno suo

stabiliendam

tätig w e r d e . 6 9 Im ü b r i g e n betonte M a s o n , im G e g e n s a t z zu a n d e r e n A p o l o g e t e n d e s k ö n i g l i c h e n K i r c h e n r e g i m e n t e s , 7 0 daß die Träger der priesterlich-kirchlichen A m t s g e w a l t d e n Herrscher auch e x k o m m u n i z i e r e n könnten, d i e s ändere aber nichts an seiner potestas

nomothetica

circa

ecclesiastica.11

III D i e politische und s o z i a l e F u n k t i o n der V e r t e i d i g u n g der k i r c h l i c h e n A u t o n o m i e N a c h h a l t i g e r als in E n g l a n d wirkte Pareus freilich in D e u t s c h l a n d , v o r a l l e m durch

seine

clesiastica

schon

interna

hervorgehobene

und externa.

Unterscheidung

z w i s c h e n potestas

ec-

Im d e u t s c h e n Luthertum w u r d e d i e s e b e g r i f f l i c h e

U n t e r s c h e i d u n g v e r w a n d t , u m in g e w i s s e m U m f a n g die A u t o n o m i e der Kirche zu rechtfertigen. 7 2 Sie w u r d e zu d i e s e m Z w e c k mit der t h e o l o g i s c h e n

Drei-

1613 (STC I, 17597; hier handelt es sich um die erste, in Englisch gehaltene Ausgabe desselben Werkes), bk. III, chap. 3, S. 113; hier ist bereits von einer extrinsicallpower der Bischöfe die Rede, die ihnen vom König, nicht unmittelbar von Gott verliehen worden sei; vgl. die entsprechenden Stellen bei Pareus, Questiones controversae (Anm. 64), bes. S. 96, Unterscheidung der potestas proprie dicta ecclesiastica (praedicandi, ligendi, solvendi, sacramenta administrandi) und der potestas circa ecclesiastica, und S. 114, gegen Stapleton, potestata ecclesiastica dupliciter dicitur proprie vel improprie seu interna et externa, mit Berufung auf den Kaiser Konstantin (ego extra ecclesiam seu templum episcopus a Deo sum constitutus). Vgl. auch S. 71 ff und 80ff zur Unterscheidung der potestas architectonica oder nomothetika von den potestatibus subordinatis, d . h. insbes. von der potestas ecclesiastica und der potestas politica seu civilis simpliciter dieta sub se habens oeconomicam (S. 72). Zu Mason jetzt auch Peter White, The Via Media in the Early Stuart Church. In: Kenneth Fincham (Hg.), The Early Stuart Church, 1603-1642. Houndmills u.a. 1993, 211-230, S. 214f. 69 Mason, Vindiciae (Anm. 68), lib. IV, cap. 2, S. 433; vgl. ders., Consecration (Anm. 68); hier fehlt dieser Abschnitt der Vindiciae. Indizien für einen Einfluß von Pareus auf die englische Diskussion finden sich auch bei Robert Burhill (Anm. 66); George Carleton, Jurisdiction Regall (Anm. 67), S. 4-6 und 10. 70 Zu der gegenteiligen Position Sommerville, Supremacy (Anm. 37), S. 556, Anm. 48, mit Angabe der einzelnen Autoren, die eine andere Ansicht als Mason vertraten. 71 Er exemplifizierte dies an der Exkommunikation des Theodosius durch St. Ambrosius (Vindiciae, lib. IV, S. 432: Haec tarnen omnia non impediunt, quin Theodosius sit supremus Ecclesiae Gubernator, etiam tum cum se humi prosternit, etiam tum cum anima eius pavimento adhaeret. Suprema enim gubernatio non sita est in immunitate a disciplina ecclesiastica, sed inpotestate quadam nomothetica et architectonica): auch der Papst sei, wenn er beichte, seinem confess or unterworfen. Zur Frage der Strafgewalt der Geistlichen gegenüber dem Herrscher in England allgemein vgl. Patrick Collinson, If Constantine then also Theodosius: St. Ambrose and the Integrity of the Elizabethan Ecclesia Anglicana. In: Ders., Godly People (Anm. 34), 109-134. 72

Heckel, Staat und Kirche (Anm. 18), S. 136f, insbes. 137, über die Verwendung des von

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Ständelehre verbunden. Die Kirche wurde als in drei Stände gegliedert gedacht, nämlich die weltliche Obrigkeit, die Geistlichkeit und das Kirchenvolk, wobei insbesondere das Votum der Geistlichkeit vom status politicus, der Obrigkeit zu berücksichtigen war. Die Verfassung der Kirche wurde gewissermaßen als eine durch Gewaltenteilung gekennzeichnete Mischverfassung im aristotelischen Sinne aufgefaßt, in der die Geistlichkeit das aristokratische Element vertrat. Der Gedanke einer "cäsaropapistischen" Monarchie des Landesherren in kirchlichen Angelegenheiten wurde ausdrücklich verworfen. 73 Die Dreiständelehre hatte in Deutschland in gewisser Hinsicht eine ähnliche Funktion wie in England die Lehre von der iure divino-Amtsgewalt der Bischöfe. Der protestantischen Geistlichkeit sollte zumindest ein Minimum an Autonomie und Mitwirkungsrechten gesichert werden. In beiden Fällen stellt sich freilich die Frage: Sind diese Argumentationsfiguren des Kirchenrechts und der Theologie nicht bloße Begriffsspielereien, haben sie für die politisch-kirchliche Wirklichkeit überhaupt eine Bedeutung oder maskieren sie nicht nur die vollständige Beherrschung und Instrumentalisierung der Kirche durch die weltliche Obrigkeit? Die klassische Dreiständelehre der lutherischen Orthodoxie, die sich vor allem in den Jahren nach 1610 durchsetzte, 74 ist noch jüngst von Martin Heckel, dem besten Kenner der Materie, als bloße Episode bezeichnet worden, die kein wirkliches Hindernis für den Sieg des reinen Territorialismus - also die Auffassung, das Kirchenregiment sei einfach ein landesherrliches Hoheitsrecht wie jedes andere auch - mit seiner Tendenz zum Cäsaropapismus darstellte. 75

Pareus stammenden Begriffs der potestas circa ecclesiastica oder potestats externa·. "Der Begriff der potestas circa ecclesiastica oder potestas externa war so recht geeignet, die Machtfiille, die das Episkopal- und Territorialsystem dem Fürsten de iure überantwortete, auf die äußeren Dinge zu beschränken und der Kirche eine - freilich sehr bescheidene - Freiheit zu sichern". Vgl. auch Honecker, Cura (Anm. 18), S. 93-99. 73 Siehe etwa die klassische Dreiständelehre bei Johannes Gerhard, Loci Theologici, hg. v. Eduard Preuss, VI, Berlin 1867 [1610-22], locus XXIII, De Ministerio Ecclesiastico, bes. §§ 1 und 2 zur Hierarchie der drei Stände in der Kirche (Lehr-, Nähr- und Wehrstand oder status ecclesiasticus, politicus und oeconomicus). Vgl. § 86 zur Rolle der Stände bei der Vokation der Geistlichen. Siehe ferner locus XXIV, De Magistratu Politico, bes. § 175, S. 353: ñeque enim tale monarchicum ecclesiae regimen tribuimus magistratui, quale pontifici suo tribuunt Romanenses, sed statuimus ecclesiae regimen esse aristocraticum, et singulis ecclesiae statibus suas tribuimus partes. Die Dreiständelehre findet sich aber gleichermaßen bei Juristen wie etwa bei Theodor Reinking, Tractatus de Regimine saeculari et ecclesiastico, 1641 [1619], S. 523f. 74 Zur Dreiständelehre Honecker, Cura (Anm. 18), S. 73-82, bes. 73 zum Datum der Durchsetzung der Dreiständelehre, sowie ders., Sozialethik des Luthertums. In: Rublack, Lutherische Konfessionalisierung (Anm. 15), 316-340, S. 323-327. - Vgl. Artikel "Institution" [Heinz Eduard Tödt]. In: Theologische Realenzyklopädie. XVI, Berlin und N e w York 1987, 206-220, S. 215f. 75 Heckel, Religionsbann (Anm. 15), S. 161: "Die Dreiständelehre als Kirchenverfassungsprinzip aber blieb Episode".

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Ähnlich ließe sich für England argumentieren. Die Bischöfe mochten hier wohl behaupten, daß sie ihre Autorität iure divino unmittelbar von Gott erhalten hätten. Tatsache war aber, daß sie von den Domkapiteln nach einer königlichen Wahlempfehlung gewählt wurden. Selbst Nichttheologen, die der Episkopalverfassung mit Sympathie gegenüber standen, betrachteten die Theorie des iure ν;«o-Episkopats zum Teil als allzu künstlich. So meinte der Jurist John Seiden: he that goes about to prove Bishops to be iure divino, does as a man that having a sword should strike it against an anvile ... it will serve against another sword, but not against an anvil.76 Dennoch müssen die juristisch-theologischen Begriffsbildungen des frühen 17. Jahrhunderts ernst genommen werden, so sehr iure