Demokratie. Betrachtungen zur Entwicklung einer gefährdeten Staatsform. (Der Band enthält die folgenden vier, bereits veröffentlichten Bücher: Demokratie. Selbstzerstörung einer Staatsform? (1979);: Der Gleichheitsstaat. Macht durch Nivellierung (1980); Die Demokratische Anarchie. Verlust der Ordnung als Staatsprinzip? (1982); Der Führer. Persönliche Gewalt - Staatsrettung oder Staatsdämmerung? (1983)) [1 ed.] 9783428492886, 9783428092888

Demokratie, im Sinne einer auf Volkswahl gegründeten Ordnung, ist heute eine Staatsform ohne Alternativen, politisch wie

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Demokratie. Betrachtungen zur Entwicklung einer gefährdeten Staatsform. (Der Band enthält die folgenden vier, bereits veröffentlichten Bücher: Demokratie. Selbstzerstörung einer Staatsform? (1979);: Der Gleichheitsstaat. Macht durch Nivellierung (1980); Die Demokratische Anarchie. Verlust der Ordnung als Staatsprinzip? (1982); Der Führer. Persönliche Gewalt - Staatsrettung oder Staatsdämmerung? (1983)) [1 ed.]
 9783428492886, 9783428092888

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Walter Leisner ·Demokratie

Walter Leisner

Demokratie Betrachtungen zur Entwicklung einer gefährdeten Staatsform

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Leisner, Walter: Demokratie : Betrachtungen zur Entwicklung einer gefährdeten Staatsform I von Walter Leisner. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 ISBN 3-428-09288-0

Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany

© 1998 Duncker &

ISBN 3-428-09288-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Vorwort Dieses Buch eines Vertreters des Staatsrechts bringt Gedanken zu einer Kritik der Demokratie und damit zu einer Staatslehre der Volksherrschaft. Es ist keine juristische Untersuchung im engeren Sinn. Vielmehr sollen rechtliche, historische und philosophische Betrachtungen zusammengeführt werden zu einer neuartigen Entwicklungslehre der Demokratie. Wo liegen Schwächen und Chancen dieser "besten aller schlechten Staatsformen", welche Entwicklungslinien des politischen Systems zeichnen sich ab am Ende des Jahrtausends? Von einer "gefährdeten Staatsform" ist im Titel die Rede. Die großen Gefahren der letzten Jahrzehnte scheinen aber doch überwunden: die mächtige Antithese des sowjetischen Rätestaates und die Gewaltsamkeit von Gruppen entschlossener Attentäter. Nichts spricht dafür, daß diese Ordnung durch Bomben von außen oder von innen zerstört werden kann. Die Gefährdungen liegen im Regime selbst, in seinen Institutionen, in der geistigen Entwicklung seiner Bürgerschaft. Für lebendige Demokratie genügt es nicht, wenn irgendwann abgestimmt wird, alle zu irgendetwas Allgemeinem befragt werden. Die ganze Ordnung muß auf Bürgerfreiheit gegründet sein, diese bewahren vor den Machtgelüsten weniger und den Begehrlichkeiten der Vielen. Volksherrschaft ist mehr als ein Mechanismus optimaler Bedürfnisbefriedigung. Sie gerät in Gefahr, wenn ihr nur gefolgt wird, weil keine Alternative in Sicht ist. Der Bürger muß sich zu ihr bekennen in der Überzeugung, daß dies eine "gute Staatsform" ist, nicht nur eine solche, deren Ersatz noch nicht gefunden wurde. Politikmüdigkeit und Parteienverdrossenheit sind warnende Vorzeichen. Verbreitet wird heute allerdings angenommen, Gefahren drohten nicht aus dem Bereich des Staatsgrundsätzlichen, sondern nur des Ökonomischen, aus dem Erlahmen der technologischen und wirtschaftlichen Kräfte, in Massenarbeitslosigkeit und Märkteverlust. Staat und Staatsrecht könnten dies nicht aufhalten, nur aufnehmen. Staatstheorie sei uninteressant, wenn ökonomische Krisen drohten. Doch dies wäre eine primitive Sicht, welche nur Überbaulehren des Marxismus fortsetzte: Nach wie vor setzen Staat und Recht auch ökonomisch entscheidende Daten, ein stabiles, von der Bürgerschaft überzeugt getragenes Regierungssystem ist die erste Voraussetzung für einen wirtschaftsgünstigen Standort immer gewesen. Staatsgrundsätzliche Betrachtungen über das politische System beleuchten den geistigen Zustand unserer Zeit heller als manche andere Schlaglichter. Und dieser Zustand ist gefährdet durch Entwicklungen einer Volksherrschaft, welche die Sor-

VI

Vorwort

ge aufkommen lassen, dies sei bereits eine Spätdemokratie. Franzosen würden sie "Basse Democratie" nennen, wie sie vom späten römischen Reich als "Bas Empire" sprechen. In vier großen Hauptteilen wird dies hier beschrieben: - Die Demokratie leidet an inneren Spannungen, welche sie in die Gefahr einer Selbstzerstörung der Staatsform bringt. - Sie beschreitet den Weg eines Gleichheitsstaates, um diese Probleme zu lösen, neue Macht zu gewinnen über eine atomisierte Bürgerschaft. - Gerade darin aber verstärken sich Entwicklungen zu einer demokratischen Anarchie, zu übersteigerter Freiheit, Widerstand, Revolution. - Dann ertönt der Ruf nach dem Führer, der ordnet - oder zerstört. Und die Entwicklung läuft von neuem ab, in ihren vielfach verschlungenen Phasen. Hier soll zwar kein Kreislaufsystem vereinfachend zugrundegelegt werden, doch solche Abläufe hat die Geschichte der Volksherrschaft immer wieder gezeigt - und auch heute. Wer ihren Entwicklungszwängen entgehen will, muß staatsrechtlich gegensteuern, zuallererst aber analysieren. Ausgehend von den Erfahrungen der Verfassungsgeschichte, den Ideen der Staatstheorie, vor allem aber dem geltenden Öffentlichen Recht, wird an vielen Beispielen der heutige Zustand der Volksherrschaft beleuchtet, werden ihre Gefährdungen und Chancen aufgezeigt - immer zu Mahnungen und Vorschlägen für das Kommende. Soll dies eine neue Staatslehre sein, inhaltlich und methodisch? Beides ist zu bejahen: Hier soll eine Antithesen-Theorie entwickelt werden, in der Darstellung vielfacher Spannungen innerhalb der Demokratie und zu anderen Herrschaftsformen - in der Hoffnung, daß solche advokatorische Methodik Wege zu praktischpolitischen, vielleicht gar zu grundsätzlich-dogmatischen Synthesen weise. Sie werden dem Leser überlassen, darin soll er typisch demokratisches Denken entfalten. So stehen diese wesentlich induktiv ausgerichteten Betrachtungen in der Nachfolge Hegels, Näheres dazu bleibt methodischen Ausführungen vorbehalten. Wer auch nur wenige Seiten liest, wird feststellen, daß dies keine Kompilation ist, keine ,,Jein-Literatur", daß hier auf eine vornehm erscheinende, in Wahrheit aber oft nur billige Distanz in allem und jedem verzichtet wird. Ich stehe für etwas und gegen etwas: Gegen einen Radikaldemokratismus, der das Heil der Volksherrschaft nur in unklar kollektivierenden Solidarismen sieht, bis zur unablässigen Umverteilung, in ständigen Anrufen an die Bürger, in denen "sich die Demokratie zu Tode wählt", auf allen Ebenen, bis in die Gesellschaft hinein. Ich stehe für eine Demokratie der Freiheitsrechte, der individuellen Freiheit, aus der allein das verantwortliche Miteinander wachsen kann, für eine politische Volksherrschaft, die sich mutig den Märkten öffnet und dem Wettbewerb, welche die Bürger stärker machen will - nicht immer schwächer, melir fordernd - damit dann den wirklich Schwachen geholfen werden kann.

Vorwort

VII

Es sind dies also liberale Gedanken, in dem Sinn, daß hier der große geistige Liberalismus der deutschen Staatslehre, der Deutschen Universität weitergetragen werden soll, die in Konstitutionalismus und Rechtsstaat ein festes Fundament für Recht und Politik der Gegenwart gelegt haben. Dies ist kein Buch der Kassandra-Rufe, aber seine Gedanken sind immer wieder von Untergangsängsten verdüstert. Falsche Selbstverständlichkeiten oder gar ein "Es ist erreicht" sind Vorzeichen des Endes der Demokratie. Entschlossener Einsatz für ihre Freiheit, an allen bedrohten Punkten, kann dies abwenden. Darüber hinaus ist aber eine weitere Vision gefordert, welche Niedergänge, bis zu Diktaturphasen, einbezieht, nach ihnen, aus ihnen heraus aber doch wieder neue, bessere Kreisläufe beginnen sieht. Selbst Persönliche Gewalt, welcher der letzte Hauptteil gewidmet ist, darf dann nicht zum dauernden Staatsgespenst werden, nur weil sie es einmal war; der Präsident einer Weltmacht und viele auf Persönlichkeit gegründete Institutionen zeigen täglich, daß die Demokratie gerade darin ungeahnte Kraftquellen findet. Eines muß der Verfasser dem offenen Leser begründen, wer Wissenschaft mit Fußnoten gleichsetzt, dem kann er es nicht erklären: Er findet hier keine Nachweisungen. Nach Gesprächen mit zahlreichen Kollegen und Freunden, und auf ihren Rat, wurde darauf verzichtet, aus zwei Gründen vor allem: - Diese Gedanken haben viele Väter, doch sie können nicht "so ganz unmittelbar in Anspruch genommen werden"; denn im Entscheidenden laufen diese Überlegungen an Vor-Gedachtem vorbei, und der Leser wird dem Autor die Überzeugung, vielleicht die Illusion, nachsehen müssen, daß hier wenn nicht immer Neues, so doch Eigen-Artiges geboten wird, so daß Fußnoten meist nur irreführen würden. - Vor allem aber wünscht sich dieses Buch Leser, denen bei der Lektüre, wenigstens in Umrissen, klar ist, was hinter den Sätzen steht, die im Geist jedem Absatz Zitate hinzufügen. Sie würden durch emsige Anmerkungen nur gestört werden. Dies ist kein Handbuch, kein Nachschlagewerk, keine Arbeit "vor allem zum Zitat", sondern es sind Seiten zur Lektüre. Ihre Botschaft, wenn es denn eine ist, erschließt sich nur dem, der dafür etwas von immer Kostbarerem aufwenden will: Zeit. Ergebnisse mag er rasch finden, doch er sollte auch weiteren Begründungsbögen folgen. Ein umfangreiches Sachregister soll es ihm erleichtern, sie zu entdecken. Geistigen Dank schuldet der Autor vor allem den Klassikern, auf deren Schultern er klettern wollte. Da ist jene griechische Philosophie, die er in Studien der klassischen Philologie erleben durfte, da ist der deutsche Idealismus, aus dessen unerreichter geistiger Höhe Kant und Regel die deutsche Staatslehre befruchtet haben: Jellinek und Kelsen, Heller und Schmitt. Und schließlich hat ein tiefes wissenschaftliches und persönliches Erlebnis mich in früheren Zeiten geprägt: Die Begegnung mit dem Staatsdenken Frankreichs,

Vorwort

VIII

von Montesquieu und Rousseau bis Carre de Malberg und Duguit. Die begeisternde politische Klarheit der Franzosen, von ihrer säkularen Revolution bis zur Gegenwart, mag diesen Gedanken Pathos gegeben haben, zu dem ich mich aber bekenne. Dies ist zugleich ein Dank an meinen großen Pariser Lehrer Rene Capitant, der mir diese Welt geöffnet hat. Dieser Theoretiker der ,,republikanischen und revolutionären Tradition" war zugleich Präsident des Nationalrates der Resistance, Minister de Gaulies - und ein Freund und tiefer Bewunderer Deutschlands. Er hat mir gezeigt, daß Vertreter des Staatsrechts überall auch für nationale Würde eintreten müssen und, bei aller Selbstkritik, an der es diesen Seiten nicht fehlt, für ihren Staat und seine Geschichte. So habe ich denn nicht weniges so geschrieben, wie es meine französischen Kollegen und Freunde von mir erwarten, und dies mag ein kleiner Beitrag sein zum Wichtigsten in Europa: zu einem gemeinsamen deutsch-französischen Denken. Dies ist ein kritischer Dank an eine Staatsform, der ich ein glückliches halbes Jahrhundert ruhiger Beschäftigung mit dem Recht verdanke: damit sie ihr Bestes bewahre - die Freiheit. Diese Veröffentlichung faßt Überlegungen zusammen, welche auf mehr als vierzig Jahre wissenschaftlicher Beschäftigung mit Fragen des Staats- und Verwaltungsrechts und der Allgemeinen Staatslehre zurückgehen. Sie wurden in den Jahren 1978 bis 1983 in monographischen Untersuchungen im gleichen Verlag publiziert mit den Titeln: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform, 1979 Der Gleichheitsstaat- Macht durch Nivellierung, 1980 Die demokratische Anarchie- Verlust der Ordnung als Staatsprinzip? 1982 Der Führer - Persönliche Gewalt: Staatsrettung oder Staatsdämmerung? 1983 Sie sind zum Teil vergriffen. Der Freundlichkeit des Verlages verdanke ich es, daß sie nun in überarbeiteter und zusarnmengefaßter Form erscheinen können. Beibehalten wurden insgesamt Aufbau und Gedankenführung, doch ist der Text durchgehend überarbeitet und in weiten Teilen auch verändert wo_rden. Dabei wurden tiefgreifende zwischenzeitlich eingetretene politische und wissenschaftliche Entwicklungen berücksichtigt. Herrn Professor Dr. h.c. Norbert Sirnon danke ich herzlich nicht nur für die Publikation, sondern für viele Gespräche und kritische Gedanken. Herrn Dr. Gerd Schildbach bin ich als einem großzügigen Sponsor verbunden. Viele Mitarbeiter haben mich über Jahrzehnte mit ihren jungen Ideen begleitet, zahllose Studenten mit ihrem geduldigen Interesse. Mögen sie alle über mich hinaus in einem Staat leben, der wirklich der ihre ist - in Freiheit. Erlangen, den 7. März 1998

Walter Leisner

Inhaltsverzeichnis Erstes Buch Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

I. Notwendigkeit einer Grundsatzkritik der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

l. Die Grundlagen der Staatsform - als Axiome außer Diskussion . . . . . . . . . . . . . .

3

2. Gründe für das Kritikdefizit der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

3. ,,Zuviel" Grundsatzkritik -der marxistische Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

4. "Aitemativlosigkeit" - bedenkliche Globallegitimation der parlamentarischen Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

5. Ideologiefeme und Pragmatik im Namen der Freiheit- Legitimation der parlamentarischen Staatsform? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

6. Die Notwendigkeit von Überzeugungsgrundlagen in der Demokratie . . . . . . . .

11

ll. Volksfeme Volksvertreter oder basisnaher Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

l. "Verkörperung des Volkswillens"- "Volksvertretung des als ob" . . . . . . . . . . . .

13

2. Basisnähe der Demokratie über ,,Einheit von Staat und Gesellschaft"? . . . . . . .

15

3. Die liberale Demokratie - Notabelaristokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

4. Weimar - Scheitern der neuen Volksnähe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

5. Von der Nachkriegs-Restauration über außerparlamentarische Opposition zu "mehr direkter Demokratie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

6. Direktwahl der Abgeordneten - nur ein Schein direkter Demokratie

20

7. Imperatives Mandat- Imperativ der Basisnähe-ein Dauerproblem

21

8. ,,Mehr Basisnähe" der Gewählten - ein Menetekel der parlamentarischen Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

9. Die Amtsstellung der parlamentarischen Volksvertreter......................

26

10. Basisfeme parlamentarische Regierungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

11. Volksnähe von Präsidenrialismus und Kanzlerdemokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

12. Direkte Demokrati~: Vertretene gegen Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

13. Basisnähe oder Freiheitsgewinn als Demokratie-Legitimation? . . . . . . . . . . . . . .

32

X

Inhaltsverzeichnis 111. Privateigentum: Grundlage der Demokratie - in demokratischer Verteilung gefährdet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .

35

I. Die historischen Wurzeln der parlamentarischen Eigentumsdemokratie . . . . . .

35

2. Der Marxismus und das "schlechte Eigentumsgewissen" der parlamentarischen Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

3. Das nationalsozialistische Eigentum - Absage an die parlamentarische Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

4. Eigentum als Grundlage der Freiheitsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

5. Eigentum gegen Demokratie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

6. Privateigentum und Gleichheit -ein tiefer demokratischer Widerspruch . . . . .

46

7. Rätestaat ohne Eigentum- bleibende Faszination einer Vergangenheit.......

47

IV. Bildung- Grundlage und Gefahr für die Volkssouveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

I. Bildung als demokratisches Ideal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

2. Bildung gegen Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

3. Das Dilemma der "politischen Bildung" in der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

4. Bildungselitäres Denken- Gegensatz zu demokratischer Volksverkörperung

54

5. Bildung gegen Egalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

6. Rätedemokratie als Bildungsstaat?

58

V. Demokratie ohne Sicherheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

I. Feste demokratische Staatlichkeit -eine historische Notwendigkeit . . . . . . . . .

60

2. Staatsschutz - Wesenselement der parlamentarischen Staatsform . . . . . . . . . . . .

62

3. Auflösung der Staatsstrenge in Humanität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

4. Staatsdemütigung durch Erpressung und Terror . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

5. Der Sieg der Freiheit über die Staatsstrenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

6. Staatsmilde aus Skandalangst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

VI. Demokratische Friedlichkeit und militärische Stärke.............................

71

1. Stärkebedürfnis und institutionelle Schwächen in der Demokratie . . . . . . . . . . .

71

2. Die institutionelle militärische Schwäche der Volksherrschaft . . . . . . . . . . . . . . .

73

3. Militärische Befehlsstruktur und demokratischer Entscheidungsmechanismus .........................................................................

76

4. Demokratische Gleichheit- allgemeine Wehrpflicht- Söldnerheer . . . . . . . . . .

80

5. Demokratie als friedliche Staatsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

6. Widerstand und Untergrund- Formen demokratischer Kriegsführung . . . . . . .

86

Inhaltsverzeichnis

XI

VII. Beamtentreue in der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

I. Beamte - autoritäre Gefahr im Mittelpunkt der Volksherrschaft? . . . . . . . . . . . .

90

2. Der "demokratische Beamte" - Enthierarchisierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

3. Management durch Beamte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

4. Die Demokratie braucht den Beamten ... -Bürokratie als ruhender Pol . . . . .

97

5. Und kann ihn doch nicht brauchen ... Verdient Demokratie Bearntentreue? . . 100 6. Parteipolitisierung der Beamtenschaft - Selbstzerstörung eines Herrschaftsapparats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 VIII. Die inneren Widersprüche einer "sozialen Demokratie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Das "Soziale" - Grundlage der parlamentarischen Staatsform . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Das "Soziale" als Schwächerenschutz - kein traditionell demokratischer Wert ........................................................................ 109 3. Das geistige Wesen der Freiheit- auch ohne "materielle Grundlagen" . . . . . . . 112 4. Die Übermacht der sozialen Verteilung über die Freiheit..................... 114 5. "Soziale Zufriedenheit" - Grenze der Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 6. Die Endgültigkeit "sozialer Errungenschaften" und die Dynamik der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 7. Der kommunistische Rätestaat- ein bleibendes "soziales Ideal" für den Sozialstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 IX. Die Wirtschaft- Stütze oder Schwächung der Demokratie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 l. Wirtschaftliche Freiheit als Grundlage des Parlamentarismus . . . . . . . . . . . . . . . . 126

2. Der Markt als tägliches demokratisches Plebiszit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 3. Marktwirtschaftlicher Erfolg als Legitimation der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . 132 4. Demokratie- Störfaktor der Marktwirtschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 5. Vertrauen als Grundlage der Wirtschaft - Demokratie als Staatsform des Mißtrauens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 6. Harrnonisierung von Wirtschaft und Demokratie - Demokratisierung der Wirtschaft- Privatisierung der Demokratie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 X. Kirchen und Demokratie- Identifizierung, Partnerschaft oder Gegensatz . . . . . . . . 146 1. Die neue Volksherrschaft in Deutschland - Demokratie mit kirchlicher Hilfe

146

2. Demokratisierung der Kirchen- Hinwendung zum sozialen Volksstaat . . . . . . 148 3. Kirchensozialisierung- Civitas Dei socialis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 4. Demokratie als "christliche Staatsform"- Demopapismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 5. Der historische Gegensatz von parlamentarischer Demokratie und Kirchen . . 154

XII

Inhaltsverzeichnis 6. Der grundsätzliche Abstand von monotheistischer Offenbarungsreligion und demokratisch-liberalem Pluralismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 7. Eine Gemeinsamkeit: Freiheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 8. Kirche und Demokratie- eine sichere Partnerschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

XI. Chancen der parlamentarischen Demokratie - Überwindung der Widersprüche . . 164 1. Klarheit über "Demokratie als Entscheidung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 2. Im Zweifel für die Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Das Menschenbild des "aktiven Bürgers" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 4. Geistige, nicht nur kommerzielle Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 5. Von der "persönlichen" zur institutionellen, transpersonalen Politik . . . . . . . . . . 181 6. Übernahmen aus dem früheren Gegenmodell des Rätestaats? . . . . . . . . . . . . . . . . 183 7. "Gemischte Staatsform"- monarchische Demokratie?- Präsidialsystem . . . . 186 8. Demokratische Aristokratie- Elite, Notabeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 9. Mehr Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

Zweites Buch

Die Demokratie als Gleichheitsstaat - Macht durch Nivellierung

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 I. Vorbemerkung zu einer Herrschaftslehre der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 II. "Gleichheit - Absterben aller Gewalt" - Die antiautoritäre Illusion . . . . . . . . . . . . . . 204 1. Egalität- das "wesentlich Antia,utoritäre" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) Gleichheit als ,,Freiheit gegen Jedermann" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Antiautoritäre "Gleichheitsstimmung" gegenjede Gewalt ............... 206 c) Entkrustung der Hierarchie- Freiheitsgewinn für den Bürger durch ,,innere Egalisierung der Staatsgewalt" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 d) Gewaltvereinheitlichung durch Gleichheit - Effizienzsteigerung der Machtkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 e) Das Ende der gegenseitigen "Gewaltabstützung" von Staat und Gesellschaft ................................................................... 209 f) Gleichheit als "negative Machtprämie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

g) Egalität - der öffentliche Angriff auf die Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Inhaltsverzeichnis

XIII

2. Gleichheit als höchste Freiheit . . .. . .. . .. . . . .. . . . .. . . . . . .. . . . .. . . . .. . .. . . .. . . 211 a) Gleichheit- "Form" der Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Gleichheit als Freiheit der Schwächeren .. .. .. .. . .. . . . .. . . . . . . . .. .. . . . . .. 212 c) Gleichheit als "gesellschaftliche Freiheit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 d) Prozessuale Waffengleichheit als Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 e) ,,Nutzlose Freiheit" ohne materielle Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 3. Gleichheit als die eigentliche Freiheit, als allein wirksame Machtbeschränkung-Überholung der Freiheit durch Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 a) Freiheit nur durch gemeinsame Aktion- also durch Gleichheit . . . . . . . . . . 216 b) Die begeistemde egalitäre Freiheit . . .. . . . .. . . .. . . . . . . .. . . .. . . . .. . .. . . . .. . 217 c) Gleichheit als ethischer Kampf gegen die Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 4. Die Geschichte der Freiheit- eine Historie der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 a) Griechische Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Christentum und Kirche .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 221 c) Die Französische Revolution .. . . . . . .. . . .. . . . .. . . . . . .. . . . .. . . . .. . .. . . . .. . 223 d) Die soziale Umwälzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 5. Von der Freiheit als Sturmbock der Gleichheit zur Libertät als Folge der Egalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 6. Die Greifbarkeit der Machtzerstörung durch die Gleichheit in der Demokratie ....................................................................... 227 7. Gleichheit: Die große Hoffnung auf das Ende aller Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 8. Gleichheit: Kulturfortschritt durch rationale Antigewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 III. Gleichheit als Herrschaftsinstrument- Divide et impera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 1. Die Gleichheit als neuer Sozialvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

a) Gleichheit als Recht der Teilnahme am "gemeinsamen Staat" . . . . . . . . . . . . 233 b) Egalität- Programm des aktiven Staates . . . . . . . . .. .. .. . . .. . .. .. .. .. .. .. . . 234 c) Gleichheit- der Weg zur ,,Institution" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 2. Gleichheit als Zentrum des Pflichtenbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 a) Ohne Gleichheit keine Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 b) Egalität macht "Pflicht zu Recht" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 c) "Bürger"- ein Gleichheitsbegriff........................................ 240 3. Die Gleichheit - Garantie kontinuierlicher Macht, Zwang zu kontinuierlichem Herrschen . .. . .. . . .. .. . . .. . . .. .. . . . .. . . . .. . . . . .. .. . . . .. . . . .. . . .. . .. . . .. 241 a) Macht durch Dauer- "Demokratische Kontinuität" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 b) Kontinuitätsschwäche durch Unterschiede- Stärke durch Gleichheit..... 242

XIV

Inhaltsverzeichnis c) Kontinuitätszwang in Gleichheitsosmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 d) Kontinuität als .,Gleichheit in der Zeit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 e) .,Große Innovation"- zu noch mehr Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 4. Geringe Revolutionsanfälligkeit der Gleichheitsherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 5. Gleichheitsmacht als Lawinengewalt ........................................ _ 248

a) Die Machtlawine - Vom Gleichheitsziel zur Herrschaftsbefugnis . . . . . . . . 248 b) Machteinsatzzwang zu .,voller Gleichheit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 c) Herrschaftsmultiplikation- Die vielen Gleichen als Machthelfer......... 250 d) Hochschaukeln der Macht- Zwang zur Globalreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 e) Systematisierungszwang der Herrschaft- Verfassungssystem der Gleichheit ...................................................................... 252 f) Gleichheit als .,ungewollte Macht" - Herrschaftsautomatik . . . . . . . . . . . . . . 254

6. Gleichheit- Zwang zur strategischen Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

a) Egalität- Macht der .,kleinen Schritte" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) "Liberale" Gleichheitstaktik- .,ein wenig Ungleichheit belassen" . . . . . . . 257 c) Zwang zum .,großen" politischen Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 7. Die unmerkliche Gleichheitsgewalt ......................................... 258

a) Unmerklichkeit - Voraussetzung aller Macht über Gleiche . . . . . . . . . . . . . . . 258 b) Radikale Nivellierung- ein Gleichheitsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 c) Unmerkliche Einebnung- ein Gebot der .,Gleichheitsgerechtigkeit" . . . . . 260 d) Die .,unbeweisbare Gleichheitsverteilung" - Datengewalt als Gleichheitsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 8. Die unkontrollierbare Gleichheitsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

a) Das Parlament - Forum der Egalisierung . .. .. .. . .. . . . .. . . . .. . . . . . .. . . . . . 262 b) Opposition- Drängen auf mehr Nivellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 c) Das Fehlen der "gesellschaftlichen Kontrolle" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 9. Die .,pluralistische Ordnung" - Verstärkung und Legitimation der Gleichheitsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 a) Pluralismus - Ruf nach vielfaltzerstörender Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 b) Toleranz als Angleichungszwang .. . . . .. . . . .. .. . . . .. . . . .. . . . .. .. . . . . .. . . . 267 c) Pluralismus als Form der Entindividualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 d) Pluralismus - Machtlosigkeit der vielen Gleichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 10. Der Gleichheitsstaat als sparsame Staatsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 a) Reibungslose Herrschaft über Gleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 b) Klare, einfache Zielvorgabe ............................................. 270 c) Erleichterung des Technologieeinsatzes .. . .. . .. . . .. . . . .. . . . .. . .. . . . .. . . . . 270 d) Die billige Selbstbewachung der Gleichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Inhaltsverzeichnis

XV

11. Der Gleichheitsstaat als Friedensordnung . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 12. Der Gleichheitsstaat- ein neues Divide et impera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 a) Von der außenpolitischen Maxime zum System der Innenpolitik . . . . . . . . . 274 b) Von der Minderung der Gegenmacht zur Unterwerfung der Gleichen .... 275 IV. Die rechtskonforme Gleichheitsgewalt - egalisierende Herrschaftsverstärkung mit rechtlichen Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 1. Die Spannung von Freiheit und Recht- Gleichheit als "stärkere Rechtsidee"

276

2. Gleichheit als "Gerechtigkeit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) Suum cuique -allen das Gleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) Gleichheitsverletzung - der einzig deutliche Gerechtigkeitsverstoß . . . . . . 280 c) "Soziale Gerechtigkeit": nichts als Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 3. Gleichheit- Verstärkung der Herrschaft durch Normativismus . . . . . . . . . . . . . . 282 a) Norm als Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 b) Normativismus-Selbstverstärkung der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 4. Der Richter- Hüter und Verstärker der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 a) Nivellierung durch richterliche Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 b) Der schwächerenschützende Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 c) Gerichtsbarkeit- Verstärkung und Verschleierung der Gleichheitsmacht . 285 5. Die Verwaltung als Instrument des Gleichheitsstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 a) Egalität durch Legalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 b) Egalitäre Machtverstärkung im modernen Verwaltungsstaat . . . . . . . . . . . . . . 288 6. "Machtkonzentration nach oben" durch Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 a) "Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse" gegen Föderalismus . . . . . . . . . 290 b) Ministerialgewalt im Namen der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 c) Rechtswegestaat als Zwang zur Machtkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 7. Öffentliches Interesse als Gleichheitsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 8. Gleichheit als Grundlage der typisierenden Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 9. Mehr öffentliches Recht- mehr Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 V. Die Gleichheitsstufen - "Gleichheit vor dem Gesetz" und "Chancengleichheit" als Nivellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 1. Die Gleichheit vor dem Gesetz- eine nivellierende Machtentscheidung . . . . . 299 a) Volle Unterwerfung unter die Macht der numerisch Gleichen . . . . . . . . . . . . 300 b) Vom Gewohnheitsrecht der Unterschiede zum geschriebenen Recht der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 c) "Gleiche Chancen" vor dem Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 d) Rechtsprechung durch Gleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

XVI

Inhaltsverzeichnis e) Erscheinen vor dem Gericht- ein Privilegienverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 f) Von der Gleichheit vor dem Gesetz zur Gleichheit durch Gesetz . . . . . . . . . 302

2. Die Chancengleichheit -Chance zur vollen Nivellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 a) Die ökonomische und die moralische Begründung der Chancengleichheit 304 b) "Gleiche Chancen" als nivellierende Güterverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 c) Chancengleichheit- unmöglich, willkürlich, widersprüchlich............ 308 d) Chancengleichheit- Entscheidung gegen Familie und Eigentum . . . . . . . . . 312 e) Chancengleichheit als Herrschaftsauftrag und Machtgewinn . . . . . . . . . . . . . 314 VI. Der Steuerstaat- Königsweg der Gleichheit zur Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 l. Steuergleichheit als Grundlage von Steuernormativismus und Steuerparlamentarismus ................................................................ 316 2. Steuergleichheit als Herrschaftsinstrument der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 3. Steuergerichtsbarkeit als Gleichheitsverstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 4. Steuergewalt als einheitliche Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 5. Steuergleichheit als moralische Macht- Das Steuerstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 322 6. Die ungezielte, unmerkliche Herrschaft der Steuergleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 7. Die unaufschiebbare Gewalt des Steuerstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 8. Der Steuerstaat-Machtverstärkung durch atomisierende Gleichheit . . . . . . . . . 325 9. Nicht-Sachgebundenheit der Steuer- Grundlage des Herrschaftsbeliebens . . 327 10. Steuervielfalt-Machtvielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 11. Steuern - Machtstrategie und Gewöhnungseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 12. Mit den kleinen Schritten der Steuer in die Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 13. Mißbrauch und wirtschaftliche Betrachtungsweise- Überwindung der Normen im Namen der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 14. ,,Der wesentlich ungleiche Abgabenpartner Staat" - gedeckt durch die Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 15. Steuertypisierung- Nivellierung durch die Exekutive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 16. Gleichheit gegen Steuergeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 VII. Von der Leistung zur Leistungsfähigkeit- die soziale Nivellierung . . . . . . . . . . . . . . 341 l. Leistungsfähigkeit- ein allgemeiner Nivellierungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 2. Die Pseudobegründung der Leistungsflihigkeit aus der Freiheit . . . . . . . . . . . . . . 342 3. Leistungsflihigkeit- ein Begriff rein faktischer Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 4. Belastung nach Leistungsfähigkeit- "gleiche Fühlbarkeil der Herrschaft" . . . 344 5. "Leichtere Durchsetzbarkeil gegenüber Leistungsfähigen"- ein Zeichen vorgängiger Egalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

Inhaltsverzeichnis

XVII

6. Belastung nach Leistungsfähigkeit: steigender Zoll für Ungleichheit - die Rückkehr des Assekuranzdenkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 7. Die egalitäre Selbstverstärkung der Herrschaft durch das Leistungsfähigkeitsprinzip: die progressive Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 8. In Leistungsfähigkeitsdenken zur Bedürfnisbeherrschung durch den Staat . . . 350 9. Von der unterschiedlichen Leistung zur gleichen Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . 351 VIII. Der Verbändestaat als Herrschaftsordnung der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 1. Verhandlichkeit - ein Bestandteil der Herrschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 a) Herrschaft durch Verbände ............................................ ·. . 354 b) Verbände- Hilfsorgane der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 c) "Originäre" Verbandsmacht als Reservedemokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 d) Staatsähnlichkeit der Verbandsherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 2. Der "notwendige Verbändestaat" der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 a) Demokratie als Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 b) Parteien als Verbände.................................................... 358 c) Der Zug zum staatsähnlichen Großverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 d) Machtmäßigung des Staates durch Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 3. Verbände als Antinivellierungsmacht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 a) Verhandlichkeit als Dezentralisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 b) Verbände als neue ,,Zwischengewalten" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 c) Der Verband als .Jndividualität" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 4. Verbändestaatlichkeit -eine Folge der Egalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 5. Innerverbandliehe Organisation als Herrschaftsform der Gleichheit . . . . . . . . . . 363 a) ,,Ein Mitglied -eine Stimme" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 b) Das Mehrheitsprinzip- der Verband als "Gesellschaft von Gleichen" . . . . 364 c) Der Verband als egalisierendes Diskussionsforum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 d) Verbandsmanagement als Egalisierungsinstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 e) Verbandsinformationen als Egalitätsprämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 f) Egalisierung durch Verbandslobby . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366

6. Großnivellierung in den Massenverbänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 a) Der Zug zum Großverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 b) Der Massenverband- Nivellierung zum Durchschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 c) Das gemeinsame angleichende Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 d) Die innerverbandliehe Nivellierung im Großverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 e) Die Nähe des Großverbandes zur egalitären Staatsdemokratie . . . . . . . . . . . 369 li Leisner

XVIII

Inhaltsverzeichnis 7. Verbände - zweite Herrschaftsfront der Gleichheit

371

a) Entindividualisierung- Interessenapathie................................ 371 b) Der Verband als verlängerter Befehlsarm des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 c) Der beliehene Verband als Herrschaftsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 d) Verbände als Datenlieferanten für den Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 e) Gespräch Staat- Verbände: Abbau des Widerstandes gegen den Staat . . . 373 t) Die verbandliehe Vorbereitung der Staatsmacht in der Gesellschaft . . . . . . 373

g) Verbändenivellierung durch den Gleichheitsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 IX. Der Tarifvertragsstaat-Herrschaftsordnung egalisierter Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 1. Tarifautonomie als Herrschaftsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 a) Vertragsautonomie - und ihre Abschwächung - als "politische Entscheidung" ................................................................... 377 b) Tarifautonomie - gezielt egalisierende Herrschaftsvorbereitung an der Basis .................................................................... 378 c) Das Tarifsystem - eine Form indirekten, staatlich ferngesteuerten Zwangs ................................................................. 378 2. Tarifvertraglichkeil - nicht "normaler" Vertrag, sondern politische Kollektivherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 a) Abschlußzwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 b) Nichteinigung-Waffenstillstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 c) Vertrag über Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 d) Riesenkartell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 3. Gleichheit- Vorverständnis und Ziel der Tarifvertraglichkeil . . . . . . . . . . . . . . . . 383 a) "Vertraglichkeit nur zur Gleichheit"- Notwendige "Vertragsgleichheit"?

383

b) "Waffengleichheit"- im Vertragsrecht unbekannt........................ 384 c) Das Dogma vom Machtgefälle Arbeitgeber- Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . 384 4. Tarifvertraglichkeil als Nivellierungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 a) Hebung der "Schwächeren" innerhalb der Koalitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 b) "Die Arbeitnehmerschaft" - Solidarisierung als Egalisierung . . . . . . . . . . . . 387 c) "Unternehmergleichheit" durch tarifvertragliches Lohnkartell . . . . . . . . . . . 388 d) Gleichheitsbalance zwischen den Sozialpartnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 5. Die Mitbestimmung - Krönung des Systems egalisierender Tarifvertraglichkeit ......................................................................... 390 X. Gleichheit durch Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 1. Der Medienstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 a) Gleichheitsgewalt durch staatsferne Instanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 b) "Medienstaat" . .. . . .. . .. .. . .. . .. . . . .. . . . .. . .. . .. .. . . .. .. . .. .. . . . .. . . . . .. . 392

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XIX

c) Medien als "Institution"- als Herrschaftsinstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 d) Die Medien -Teil des Herrschaftsapparats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 e) Das "Herrschaftsforum" . . .. . . . .. .. . . . . .. . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . .. . .. . . . 394 2. Eine Institution in Ungleichheit- und doch ein Instrument der Gleichheit . . . 394 a) Medienvorrechte -Privilegien ,,reiner Macht" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 b) Medienkritik als Egalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 c) Ständische Medienstruktur- gerade darin egalitäres Wirken . . . . . . . . . . . . . 396 3. Egalisierende Wirkung der Medienmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 a) Preiswertes, das ,jeder sich leisten kann" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 b) Von den Elitärmedien zur Gütenivellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 c) Meinungskonformismus durch Medien . .. . . .. . . . .. .. . . . .. . . . .. . . . . . .. . . . 399 4. Mehr Gleichheit - ein notwendiges Medienziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 a) Das "große Publikum" als Existenzgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 b) Die große Aufgabe der "progressiven Medien": Kampf der Ungleichheit

400

c) Gleichheitsfragen- "medienoffen" diskutierbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 d) ,,Medienerziehung" zur Gleichheit....................................... 401 5. Die unwiderstehliche Mediengewalt ......................................... 402 a) Unmerklich-ungezieltes Wirken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 b) Kein Widerstand gegen die nivellierende Medienvielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 6. Die Gleichheitsherrschaft durch die Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 a) Der Weg der Staatsgewalt zu den herrschaftsverstärkenden Medien . . . . . . 404 b) Medienkonforme Herrschaftstechniken .. . . .. . . . . . .. . . . . .. . . . .. . . .. . .. . . . 405 c) Zusammenfassung: Machtpotenzierung durch Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . 409 7. Die Medien- Instrumente alternativlosen Herrschens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 a) "Oppositionsverengung" durch Zwang zur Medienförrnigkeit . . . . . . . . . . . . 409 b) Keine Medienhilfe zur "Opposition gegen die Gleichheit" ............... 411 8. Erhöhung der ,,Prämien der Macht" durch die Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 9. Die Erhaltung der Teilhabeillusion des Bürgers an der staatlichen Macht . . . . 413 a) Medien- Demokratietheater gegen Wahlapathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 b) Die Gewalt des ständigen Wahlversprechens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 c) Widerstandsillusion . . . .. . . .. . . . .. . .. . . . .. . . .. . . . . . . .. . . . .. . . . . .. . . . . . .. . 414 10. Divide et impera- Gleichheitsgewalt über die Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 a) Selbstblockade der Medien in Meinungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 b) ,,Meinungsvielfalt" - Zerschlagung der Gegenmacht der Medien . . . . . . . . 416 c) Die zersplitterten Medien - "Gesellschaftliche Kräfte" als Gleichheitskontrolleure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

n•

XX

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XI. Ausbruch aus der Gleichheit?

419

1. Mehr Leistung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 a) Einheit von Leistung und Leistungsverdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 b) Gegen "Gesellschaftliche Gleichbewertung der Funktionen", damit Nivellierung des Leistungsverdienstes . .. . . .. .. . . . . .. . . .. .. . .. . .. . . . . . . . . 421 c) Gegen Progression, die Zerstörung des Leistungsdenkens . . . . . . . . . . . . . . . . 422 2. Differenziertes Bildungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 a) Entegalisierung durch Differenzierung der Ausbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . 422 b) Pädagogische Freiheit gegen Nivellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 c) Berufsbeamtenturn als gestuftes Bildungsmodell......................... 424 3. Stärkung der Familie als Keimzelle gesellschaftlicher Vielfalt . . . . . . . . . . . . . . . 425 4. Mut zu allem Privaten - mehr Selbsthilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

5. Systematischer Minderheitenschutz gegen Nivellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 6. Ein neues kulturelles Vielfaltsgefühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 7. Ethische Entzauberung der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 XII. Entwicklungslinien der Gleichheitsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

1. Die Stufen der Nivellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 a) Rückführung aller Unterschiede auf Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 b) Entherrschaftlichung des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 c) Nutzlosigkeit des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 d) Der Kleinbürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 2. Die Verstärkung der institutionellen Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 a) Zentralstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 b) Personalgleichschaltung . .. .. . . . .. . . . .. . . .. . .. . . . .. . . . .. . . . . .. .. . . .. . . . .. 440 c) Staatsassimilierung von Kirchen und Großbetrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 3. Das Ende der Kontrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 a) Kontrollunfähigkeit egalisierter Volksvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 b) Gleichheitsdiskussionen- und kontrollfreie Bürokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 4. Ausblick: Herrschaft ohne Herrschende - oder reine Gewalt? . . . . . . . . . . . . . . . . 446 a) Nutzlose Herrschaft? .................................................... 446 b) Und doch Herrschaftswilligel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 c) Aufstand gegen die Gleichheitsherrschaft-Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447

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XXI

Drittes Buch

Die Demokratische Anarchie - Verlust der Ordnung als Staatsprinzip Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 I. Von der Gleichheitsordnung zur Anarchiegefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 1. Anarchie aus Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

a) Anarchie - Ausbruchsversuch aus lastender Nivellierungsherrschaft . . . . . 452 b) Anarchie- aus Gleichheit geboren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 2. Was bedeutet Anarchie staatsgrundsätzlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 a) Anarchie- Herrschaftsvemeinung, nicht nur Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . 455 b) Anarchie- Negationjeder Herrschaft .................................... 456 3. Wieviel Freiheit ist- Anarchie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 4. Anarchie als Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 a) Die undefinierbare Bedrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 b) Gefahr für hochentwickelte Formen moderner Zusammenarbeit . . . . . . . . . 459 c) Gefährdung der "Integration der Gleichen zur Gemeinschaft" . . . . . . . . . . . . 460 d) Keine Höherentwicklung der Gleichen ohne Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 e) Herrschaftsvemeinung- eine Kulturkatastrophe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 II. Anarchie - die radikale, systematische Herrschaftsvemeinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 1. Anarchie - der verhaßte Individualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463

a) Liberalismus und Sozialismus - in Anarchie überholt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 b) Utopievorwurf- eine stumpfe Anarchiekritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 c) Kollektivismus- ein leichtes Gegengift? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 2. Anarchie - totale systematische Verneinung aller Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 a) Front gegen Staatsgewalt und Gesellschaftsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 b) Totale Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 c) Anarchie- immer grundsätzlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 d) Die "anarchische Hochrechnung" - vom punktuellen Widerstand zur allgemeinen Herrschaftsablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 3. Anarchiephänomene-Erscheinungsformen des Unfaßbaren . . . . . . . . . . . . . . . . 470 a) Erfassung der Anarchie in rechtlichem Denken? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 b) Erscheinungen der Anarchie - vom Widerstand bis zur ,,Staat gewordenen Freiheit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 4. Keine Solidarität- volle Freiheit nach dem Maße des Einzelnen............. 474 a) Anarchie- Absage an jede Solidarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 b) Freiheit ohne "mitgedachte Bindung"................ . ................... 475

XXII

Inhaltsverzeichnis 5. Anarchie als Staatsziel - Legitimation der Ordnungssysteme durch Ordnungsverneinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 a) Alle Staatlichkeit -legitim als Weg zu höherer Herrschaftslosigkeit . . . . . 476 b) Kommunismus -legitimiert durch den "sterbenden Staat" . . . . . . . . . . . . . . . 477 c) Private Freiheit- das liberale Anarchieideal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 6. Anarchie als System - Grenzen der Ordnungslosigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 a) Anarchisches Ordnungsdenken-eine mögliche Kategorie? . . . . . . . . . . . . . . 480 b) "Anarchische Ordnung"- ,,reines Nebeneinander" oder "ordnende Sachzwänge"? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 c) "Ordnung in Auflösung" - die "kleinen Schritte" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 d) Anarchie als "Zustand eudämonistischer Bedürfnisbefriedigung" . . . . . . . . 483 e) Anarchie- "Ordnung" als Ablauf und Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485

III. Der demokratische Weg in die Anarchie - die Sprengkraft der Freiheit . . . . . . . . . . . 487 1. Der lange anarchische Weg durch die Institutionen der Demokratie . . . . . . . . . . 487 2. Freiheit- Streben nach völliger Bindungslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 a) Totaler Einsatz- nur für den Staat der unendlichen Freiheit . . . . . . . . . . . . . . 488 b) ,,Zumutbare Bindungen": eine unzumutbare Freiheitsbeschränkung . . . . . . 489 c) "Begrifflich mitgedachte Freiheitsschranken" - als Anarchiefesseln weder "natürlich" noch wirksam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 d) Die "Rechte anderer" - wirksame Schranken gegen anarchisierende Freiheit? .................................................................... 492 e) "Dienst am Nächsten"- politische Theologie, nicht immanente Freiheitsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 f) Die Selbstverstärkung der Freiheit zur Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495

3. In dubio pro libertate -eine Maxime der Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 a) Im Zweifel für die Freiheit- eine Lebensnotwendigkeit der Demokratie . 495 b) Im Zweifel Anarchiedynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 c) Der"Wesensgehalt der Freiheiten"- Festschreibung der Anarchie . . . . . . . 497 4. Systematische Freiheit- Herrschaftsrückzug überall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 a) Das demokratienotwendige Streben nach Systematisierung der Freiheit . . 500 b) Die Herrschaftsgewalt in der Defensive.................................. 501 5. Die Grundrechtsidee als Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 a) Grundrechtsablehnung aus Anarchieängsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 b) Grundrechte - unveränderbar wie die Herrschaftsverneinung . . . . . . . . . . . . 503 c) Die Idee der vorgegebenen Freiheiten- originäre Anarchie . . . . . . . . . . . . . . 504 d) Grundrechtsschutz - Einsatz der Staatsgewalt zur Sicherung der Anarchie ..................................................................... 504 e) Ziellose Freiheit als Herrschaftslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506

Inhaltsverzeichnis

XXIII

6. Über "gesellschaftliche Freiheit" in die Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 a) Die anarchiegeneigte Gesellschaft - der Niedergang der früheren "Gesellschaftsmächte" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 b) Das Ende der "Gesellschaft als Gewaltreserve des Staats"

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IV. Von der Gleichheit als Herrschaft zur Gleichheit als Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 l. Gleichheit - ein zweischneidiges Herrschaftsschwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 a) Atomisierung- ein Anfang von Anarchie................................ 510 b) Die Gefahr der ungenügenden Macht .. .. . . .. . . . .. .. . . . . .. . . . . . . . .. . .. . . . 511 c) Das gefährliche ,,Zusammenlaufen der Gleichen" ........................ 512 2. Freiheit und Gleichheit - eine anarchisierende Verbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 a) Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - eine einheitliche Devise . . . . . . . . . . . 513 b) Das schwächende Schwanken der Demokratie zwischen Freiheit und Gleichheit ............................................................... 514 3. Gleichheit in der Gesellschaft- schwer zu beherrschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 a) Die Gefahr der "verspäteten Herrschaft" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 b) Der Zwang zum offenen Machteinsatz .. . . . .. . . . .. .. . .. .. . . .. . . . . .. . . . . . . 516 c) Anarchie durch "Trägheits- und Aktivitätswiderstand aus Gleichheit" .... 517 4. Gleichheitsstaat ohne Herrschende? ......................................... 519 a) Verschleiß der Herrschenden, ihre Flucht aus der Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 b) Die langsame Eskalation der ,,Anarchie von oben"....................... 521 5. Gleichheit- politischer Wert oder ,,reines Instrument"? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 a) Gleichheitszustand- als Wert zu erstreben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 b) Gleichheit - das zu kurzfristig Erreichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 c) Gleichheit- nicht Ordnung, sondern reine politische Kraft............... 525 V. Der Mehrheitsgrundsatz als Rechtsprinzip der Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 I. Der Sozialvertrag - anarchisches Denken als Grundlage der Mehrheiten . . . . . 527 a) Die demokratische Suche nach dem "natürlichen Abstimrnungskörper" . . 527 b) Sozialvertrag-Überwindung oder Ausdruck der Anarchie . . . . . . . . . . . . . . 529 c) Renaissance der Herrschaftsvertraglichkeit -Exkurs: Verwaltung durch Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 d) Das "tägliche Plebiszit" - demokratiewerdende Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . 533 2. Majorität- anarchisierende Höchstform des Individualismus . . . . . . . . . . . . . . . . 536 a) Der selbstbewußte Abstimmungsbürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 b) Abstimmung als individualistischer Ausnahmemechanismus - das Problem der "Dauerdemokratie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537

XXIV

Inhaltsverzeichnis c) "Volonte generale"- ein Wunder, das nicht stattfindet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 d) Majorität- das "überwogene", nicht "beherrschte" Individuum . . . . . . . . . . 541 3. Das Mehrheitsprinzip- Ausdruck der Resignationsdemokratie . . . . . . . . . . . . . . 542 a) Die resignierende Faszination des demokratischen Machtspiels . . . . . . . . . . 542 b) Die Mehrheitsentscheidung - Macht als Zufall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 c) Herrschaft überhaupt- auch ein Zufall? Die Stimmengleichheit . . . . . . . . . 546 4. Minderheitenschutz - Zellenbildung der Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 a) Ausbruch aus der Gleichheitsgewalt- oder Weg in die Anarchie? . . . . . . . . 547 b) Minoritätensicherung - ein Widerspruch zum Mehrheitsprinzip . . . . . . . . . . 548 c) Minderheitenschutz als Herrschaftsauflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 d) Abgrenzungsschwierigkeiten bei Minderheitenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 e) Minoritätenschutz - unlösbares Problem der Demokratie als einer sich überholenden Staatsform? ............................................... 551 5. Machtabschwächung der Demokratie im Kompromiß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 a) Demokratische "Reibungsverluste": Mehrheitsentscheidung überall - ein Anarchiebeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 b) Kompromiß als wesentliche Ordnungsabschwächung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 c) Kompromiß zum Schwächeren- Eskalation der Ordnungsauflösung . . . . . 555 d) "Kompromißtechnik" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 e) Vom Kompromiß zur "politischen Technokratie" ........................ 559

VI. Das Mehrparteiensystem - erste organisatorische Annäherung der Staatlichkeit an die "demokratische Anarchie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 1. Fehlende oder pervertierte Machtaoeignung durch die Parteien - Anarchische Machtferne der Machtträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 a) Die fehlende Identifikation der Parteien mit der staatlichen Ordnungsmacht ................................................................... 561 b) Parteienbesetzte Staatsposten - kein Ersatz für nicht angeeignete Macht . 563 c) Parteienkampf um die Macht - ein Herrschaftsersatz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 2. Die Machtblockade im Mehrparteiensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 a) Parteienkoalitionen - Machtabschwächung und Machtaufhebung . . . . . . . . 566 b) Die "Volkspartei"- Überwindung der Herrschaftsblockade? . . . . . . . . . . . . . 568 c) Die knappe Mehrheit- Herrschaftslähmung durch Angst vor dem Machtwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 3. Parteienangleichung als Machtabbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 a) Die Suche nach dem Konsens und die Parteienangleichung . . . . . . . . . . . . . . 571 b) Die Programmangleichung - Programmschwäche als Herrschaftsverlust . 572

Inhaltsverzeichnis

XXV

c) Von Parteien zu Personen - Persönlichkeitspolitik oder Figurendemokratie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 d) Anarchisierende Legitimationssuche im Mehrparteiensystem: herbeigeredete Gegensätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 4. "Radikale Parteien" - "eingebaute Anarchie" im Mehrparteienregime . . . . . . . 576 a) Radikale Gruppierungen -eine demokratische Notwendigkeit . . . . . . . . . . . 576 b) Die Notwendigkeit des "echten Radikalismus" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 c) Unterwanderung der Regimeparteien durch Radikale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 5. Entpersönlichung der Herrschaft als Anarchisierung im Mehrparteienregime

580

a) Vom Parteiführer zum Apparatschik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 b) Persönlichkeitsverlust als Herrschaftsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 c) Partei gegen Staat- anarchisierender Herrschaftsantagonismus . . . . . . . . . . 583 VII. Der Machtwechsel - Grundprinzip der Demokratie und Ausdrucksform institutionalisierter Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 I. Ständiger Machtwechsel -ein Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 a) Machtwechsel als Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 b) Tatsächliche, nicht nur mögliche Wachablösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 2. Machtwechsel - die große Anarchiestunde der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 a) Das Stillstehen aller Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 b) Anarchisierende Vorwirkungen des Machtwechsels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 c) Nachwirkungen des Machtwechsels-zurAnarchie ...................... 592 3. Die "neue Herrschaft" als Gegenmacht, als anarchisierende Antithese . . . . . . . 594 a) Gibt es "gegensätzliches Herrschen"? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594 b) Laufende Kritik - vorweggenommene Gegenmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 c) Macht aus "Verfassungskonsens"? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596 d) "Widerruf der Ordnung" -ein Anarchiephänomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 e) Das demokratische Nein zur Tradition- Demokratie als Verlust der "politischen Klassik" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599 f) Im raschen Machtwechsel von der Ordnung zum Befehl . . . . . . . . . . . . . . . . . 600

4. "Radikaler" und "gemäßigter" Machtwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 a) Anarchieverstärkung durch Anarchiegegnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 b) Die demokratische Diskussion um das "wünschbare Quantum an Machtwechsel-Anarchie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602 5. Der demokratische Machtwechsel als institutionalisierte Revolution . . . . . . . . . 603 a) Machtwechsel als Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 b) Machtwechsel-Anarchie- in demokratischer Verfassung kanalisierbar? . . 604 c) Verfassungsänderung- eine demokratische Crux . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605

XXVI

Inhaltsverzeichnis

VIII. Das Parlament als anarchisierendes Forum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 1. Herrschen - in Vertretung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 a) Vertreten- wen eigentlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 b) Herrschen- für andere? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 2. Herrschaftsverlust in Kollegialität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6ll a) Herrschaft durch Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6ll b) Der Niedergang der "Parlarnentsführung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612 3. Die anarchisierende Wortgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 4. Inkompetenz als Machtauflösung............ . ..................... . ......... 614 a) Regnum incompetentiae ................................................. 614 b) Parlament als Störgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 IX. Anarchiephänomene in der vollziehenden Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 1. Verwaltungsanarchisierung durch Parlamentskontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 2. Politisierung des öffentlichen Dienstes - Anarchisierung in parteipolitischer Clanherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619 3. Hierarchieverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 4. Legalitätsübersteigerung - Umschlag in Unordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 5. Bürokratie -Instrument der Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623 6. Planungsanarchie in der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 X. Gerichtsbarkeit als Anarchieinstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 628 1. Die "entpolitisierte Gewalt" als anarchisierender Störfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . 628 2. Gerichtsbarkeit als Verzögerungsmechanismus der Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 3. Anarchie durch ,,richterliches Ordnen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 4. Ordnungsauflösende Einzelfallgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 5. Verfassungsgerichtsbarkeit- die Norm-Gegengewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634 XI. Autonomie als Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637 1. Autonomie- notwendige Organisationsform der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . 637 2. Autonomie als Herrschaftsauflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 a) Neo-Autonomismus-Teilkapitulation der Staatlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 b) Autonomie als anarchisierende Gewaltzersplitterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640 3. Anarchisierende Wirkungen des Föderalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642 a) Herrschaftserschwerung durch Einstimmigkeitszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 b) Gewaltenzersplitterung nach unten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644 c) Ordnung durch das Bundesratsprinzip? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645

Inhaltsverzeichnis

XXVII

d) Das "föderale Unordnungsgefühl" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 e) Niedergang des Föderalismus- Sieg über die Anarchie? . . . . . . . . . . . . . . . . . 647 4. Kommunalisierung- Anarchie unter vielen Wappen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648 a) Die Kommune als Widerstandszentrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648 b) Die Kommunalanarchie der Kontaktlosigkeit - die "eigenen Angelegenheiten" .................................................................. 649 c) Kommunale Integration durch ,,Finanzierung von oben"? . . . . . . . . . . . . . . . . 651 d) Anarchisierende Kommunalpolitisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652 e) Vom Aufstand der Verwalteten zur Revolte der Administration . . . . . . . . . . 653 5. "Gesellschaftliche Selbstverwaltung"- der neue Privatfeudalismus . . . . . . . . . 654 a) Das neue gewerkschaftliche Zünftewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 b) Staatsauflösung in "gesellschaftliche Autonomie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 6. Exkurs: Privatisierung- der Weg in die Marktanarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 a) Organisationsprivatisierung: der entdemokratisierte allgemeine Wettbewerbs-Kampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661 b) Aufgabenprivatisierung - Abdankung der Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 c) Der Markt als anarchisches Forum....................................... 663 XII. Die Negativ-Ideologie der Demokratie - Lob des Widerstands und der Revolution ........................................................................... 666

1. "Negative Ideologie" -ein Wesenszug der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666 2. Widerstand als Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669 a) Widerstand als Grundlage der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669 b) "Grundrechte auf Widerstand" ........................................... 669 c) Das Recht auf Widerstand- Grundrecht auf Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672 d) Widerstand in Anarchieform ............................................. 674 e) Institutionalisierter Widerstand- Anarchie als Herrschaft? . . . . . . . . . . . . . . . 676 3. Exkurs: Die Glorifizierung des Widerstands -ein demokratischer Mythos . . . 678 a) Widerstand- eine demokratische Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 678 b) Antideutscher - und deutscher - "Widerstand" bis zum Zweiten Weltkrieg .................................................................... 679 c) Der Widerstand nach 1940 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681 d) Der deutsche Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684 e) Vom widerstandsanfälligen Gleichheitsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 686 4. Revolution- Sternstunde von Demokratie und Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688 a) Stufen der Revolutionsideologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688 b) Die Anarchiegrundlage des Revolutiorlären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 690 c) Die Revolution- Umrisse einer anarchischen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692

XXVIII

Inhaltsverzeichnis d) Demokratie - Staatsform der Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694 e) Die demokratische Theorie der permanenten Revolution - die verfassunggebende Gewalt des Volkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697 f) Die "revolutionäre Tradition" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698

XIII. Exkurs: Der internationale Ordnungsverlust-Anarchieexport der Demokratie . . . 701 1. Die "wesentliche Grenzüberschreitung" der "demokratischen Ideologie" . . . . 702 2. Die anarchisierenden Wirkungen des "Demokratieexports" . . . . . . . . . . . . . . . . . . 704 3. Internationale Anarchisierung durch nationalen Ordnungsverlust . . . . . . . . . . . . 706 4. "Anarchie außen" - eine demokratische Hoffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707 5. Der anarchische Rückschlag: Re-Import der Ordnungslosigkeit von außen . . . 709 6. "Selbstzerstörung von außen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711 XIV. Christliche Heilsvorstellungen-Verstärkung demokratischer Anarchie . . . . . . . . . . 714 1. Anarchisierende Demokratie - eine kirchengünstige Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . 715 2. Gemeinsame Anarchieneigungen des demokratischen und des christlichen Denkens: Idealität, Unfaßbarkeit, Utopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716 3. Die eschatologische Bedingtheit aller Ordnungen· . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 717 4. Vom Höchstwert der Persönlichkeit zur "Befreiung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 718 5. Nächstenliebe und demokratische Sozialpolitik - ein anarchischer Zweiklang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 719 6. Der Populismus- Gottes Volk als Volkssouverän . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721 7. Anarchie mit christlichem Segen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723 8. Ende in Sekten -für Kirche und Staat? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 724 XV. Anarchische Phänomene in der Spätdemokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 1. Von der freien Meinung zur anarchischen Demonstration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 a) Meinungsfreiheit - anarchische Grundlage der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . 726 b) Die Unbegrenzbarkeit der Meinungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 728 c) Meinung als Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 730 d) Die Anarchisierung des Meinens in der Demonstration . . . . . . . . . . . . . . . . . . 734 e) Notwendiges "Ausarten" jeder Demonstration - Demokratisch-anarchische Levee en masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735 f) Die ,,Pressedemonstration" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737

2. Eigentumsanarchie - Herrschaftsverlust durch Eigentum - oder "gegen Besitz"? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 738 a) Herrschaftsverlust aus Privateigentum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 738 b) Eigentum als Ordnungsmacht ........................................... 739 c) Ordnungsverlust durch Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 741

Inhaltsverzeichnis

XXIX

3. Mitbestimmung- der anarchische Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743 a) Mitbestimmung als Kampfinstrument.................................... 743 b) Das große Patt- organisierte Ordnungslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 745 4. Streik- von der Forderung zur Auflehnung . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . 746 a) Die Anfänge: "Gegen alle Ordnung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 746 b) Streiken- nicht "für", sondern "gegen".................................. 746 c) "Ausufern": inneres Gesetz allen Streikens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 748 d) Vom wirtschaftlichen Streik zur politischen Demonstration . . . . . . . . . . . . . . 749 e) Streik- überall . . .. . . .. .. . . .. . . . .. .. . . . .. . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. .. .. . . 751 f) Der Widerstandsstreik-Streik als Revolutionsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 751

5. Studentenunruhen-Anarchie aus Wissen . .. . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . 752 a) Jugendanarchie- aus abgeschwächter Ordnung heraus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 752 b) Die anarchisierende Kraft des Wissens . . .. . . .. . . . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . 754 c) ... in Demokratie verstärkt . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . .. . . . . .. . . . .. .. . . .. . . 756 6. Exkurs: Gesellschafts- und Staatsanarchie in gegenseitiger Verstärkung Ehe- und Familienanarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 758 7. Gesetzesungehorsam-in passiver Anarchie aus der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . 762 a) Der Gleichheitsbefehl in normativer Form -Ermunterung zum Ungehorsam ..................................................................... 762 b) Egalitärer Imperativ -ein schwer durchsetzbarer Befehl . . . . . . . . . . . . . . . . . 764 c) Ungehorsam- gerade in "Gleichheitsmaterien" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 765 d) Die Gleichheitslawine des Ungehorsams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768 8. "Demokratische Kriminalität"- ein Phänomen von Gleichheitsanarchie . . . . . 770 a) Demokratische Kriminalität- ein besonderer Typus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770 b) Von den Unmöglichkeiten der Anarchiebekämpfung durch "demokratisches Strafen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771 c) Der Verlust der Schutzgüter . . . . .. .. . . .. . . . . .. . . . . . .. . . .. . . . .. . . . . . .. . . . . 773 9. Terrorismus - demokratische Anarchie oder großes anarchisches Verbrechen? ....................................................................... 775 a) Terrorismus - aus Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 776 b) Der große Ausbruchsversuch aus der Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777 c) Terrorismus - Fortsetzung der demokratischen Anarchie mit anderen Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779 d) Terrorismus - nur Schwäche, nicht Tod der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . 780

Schlußbetrachtung: Kein Ende in Anarchie - vielleicht ein Anfang aus ihr . . . . . . . . . . . . . 783

XXX

Inhaltsverzeichnis Viertes Buch Der Führer: Persönliche Gewalt - Staatsrettung oder Staatsdämmerung?

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 1. Adolf Hitler- Ende aller Führung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789

2. Führung- Verbrechen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 790 3. Die Gefahr der geistigen Verengung zur "normativen Demokratie" . . . . . . . . . . 791 4. Führung - Form der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 792 5. Führung als Element "gemäßigter Demokratie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 6. Der Begriff der "Persönlichen Gewalt" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 795 7. Führung im "Kreislauf der Demokratie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 797

A. Herkunft und Legitimation der Persönlichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 799

I. Führung - Ausbruch aus der Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 799 1. Persönliche Gewalt- stets nur aus Unordnung geboren?..................... 799

a) Führung -ursprüngliche Gewalt oder nur Reaktion auf Unordnung? . . . . . 799 b) Führung- Selbstand, nicht ,,Notstandskompetenz" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 2. Führung- ein Credo des Indeterminismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 801 3. Persönliche Gewalt- notwendige Antwort auf Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 4. Wann ist Anarchie "führungsreif'? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804 a) Führung - nur aus großer Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805 b) Persönliche Gewalt als politische Temperamentsfrage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805 c) Die Notwendigkeit des "großen Sprunges" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 d) Persönliche Gewalt- Neubau, nicht Reparatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 808 e) Persönliche Gewalt- "neue Zeit" nach Daueranarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 808 5. Persönliche Gewalt gegen die "unerträgliche Staatsdemütigung" in Anarchie

809

6. Persönliche Gewalt - Kraftstreben Anarchiegeschwächter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 811 II. Einheit der Gewalt - Ziel der Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813 1. Staatsgewalteinheit als Ideal aller Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813

2. Von der Gewaltenteilung zur Persönlichen Gewalt........................... 815 a) Gewaltenteilung- Wesen der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 815 b) Gewaltenteilung- Machtzerstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 816 c) Von der "persönlichen" englischen zur "funktionalen" französischen Gewaltenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 818 d) Gewaltenteilung als ,,institutionalisierte Anarchie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 819

Inhaltsverzeichnis

XXXI

e) Machtgleichgewicht -Immobilismus als Versuchung der Persönlichkeit zur Machteroberung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 821 f) Persönliche Gewalt- Überwindung des "Gewaltfeudalismus" . . . . . . . . . . . 823

3. Ordnung aus Befehl - aus Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 a) Ordnung und Befehl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 b) Befehl- Herrschaftsform entwickelter Staatlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 827 c) Befehl- Ausdruck der Persönlichkeit.................................... 829 d) Befehl als vertragsähnliche Persönlichkeitsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 831 4. Persönliche Gewalt als durchsetzungsgeneigte Herrschaftseinheit . . . . . . . . . . . 832 a) "Ausführungsnähe" des konkreten Befehls, ,,Ausführungsfeme" der Norm ................................................................... 832 b) Persönliche Gewalt - in Selbstdurchsetzung wesentlich "öffentlichen Rechts" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 c) Die Durchsetzungskraft des Persönlichen Befehls........................ 834 d) Das letzte "Vollstreckungsbelieben" des Befehls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835 III. Verwaltung- immer eine Form Persönlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 837

1. Persönliche Gewalt in der Verwaltung- eine historische Kontinuität . . . . . . . . 837 2. Die Persönlichkeitsstruktur allen Verwaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 838 a) ,,Normative Verwaltungstheorie" - eine unlösbare Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . 838 b) Ausprägungen "persönlichen Verwaltens" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 839 3. Ermessen- Persönliche Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 4. Der "persönliche Verwaltungskontakt" - Bürokratie als "normative Degeneration" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 843 5. Beamtenturn -innere Persönlichkeitsgewalt der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 845 6. Führung in der Verwaltung- ein Problem Persönlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . 847 a) Generalistenturn und Durchgriff- nicht ,,Führung in Delegation" . . . . . . . . 848 b) Führung durch Teams - allenfalls ein Führungsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 849 IV. Persönliche Gewalt als "menschliche Herrschaft" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 852

1. "Herrschaft nach dem Maße des Menschen" . . .. . . . .. . . . . . . .. . .. .. .. . .. . .. .. . 852 a) Humanisierungsstreben -Angst vor Norm und ,,Apparat" . . . ... . . . . . . . . . . 852 b) ,,Menschliche Dimension" als Begrenzung der Persönlichen Gewalt . . . . . 854 c) Persönliche Gewalt- mäßigende Verwaltungssorgfalt für Machteigentum 855 d) Führung - Macht ,,in den Grenzen des Lebens" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 856 e) Persönliche Gewalt- zur Weitergabe verliehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 857

XXXII

Inhaltsverzeichnis 2. Führung als "Hoffnungsmacht" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 a) Hoffnung als Staatsprinzip- Hoffnung auf Normen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 b) Hoffnung auf Menschen - auf Persönliche Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 860 c) Wohlwollen- die erhoffte Staatsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 862 d) "Hoffnung auf Ungleichheit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 864 e) Marktkonforme Hoffnungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 866 f) "Herrschaftsgeduld" bei Mißerfolg und Ungerechtigkeit - die ,,negative

Hoffnung" auf Persönliche Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 867

g) Persönliche Gewalt- Staatsoptimismus oder Endsiegstimmung? . . . . . . . . . 869 V. Das Charisma der Persönlichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 871 I. Die begeisternde Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 871

a) Von der "Liebe zum Führer" zur liebenswerten Staatsform . . . . . . . . . . . . . . . 871 b) Überlegenheit Persönlicher Gewalt im Wecken der "Liebe zur Macht" . . . 872 c) Bewunderung als Staatsmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 873 d) Der Einsatz- Legitimation aus voller Hingabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 874 e) Der Treueid- Führungslegitimation aus Versprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 875 f) Die Idee des Siegers als Staatsgrundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 876

2. Charisma - ein Geheimnis des Persönlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 877 a) Charisma- das "Staats-Geheimnis" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 877 b) Demokratie - anticharismatisch bis zur Anarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 878 3. "Gott auf Erden" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 879 a) Persönliche Gewalt - Stellvertretung Gottes auf Erden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 879 b) Führung als politische Ersatzreligion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 881 c) Gott über dem Führer.................................................... 883 d) Die "Heilige Persönliche Gewalt" und ihr Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 884

B. Erscheinungsformen Persönlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 886 I. Allgemeines: Persönliche Gewalt als Institution - die Bedeutung der Persönlichkeit ............................................................................. 886 I. Vorurteile - unbehilfliche Kategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 886

a) Das Fehlen einer "Theorie der Persönlichen Gewalt" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 886 b) ,,Führung" - ,,reine Gewalt"? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 888 c) Persönliche Gewalt- "nur vorübergehende Macht"? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 889 d) Persönlichkeitsgewalt als "ungerechte Macht"? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 890

Inhaltsverzeichnis

XXXIII

2. Persönliche Gewalt als Institution- eine notwendige Betrachtung . . . . . . . . . . . 891 a) Ein altes Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 891 b) "Führung"- nicht Führer- ein Betrachtungsgegenstand in Rechtsvergleichung? .................................................................. 892 3. Die Bedeutung der "starken Persönlichkeit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894 a) Die unentbehrliche ,,Persönlichkeit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894 b) Eigene Kraft und "Konsensstärke"....................................... 894 c) Führung- Persönlichkeit gegen spezialisierte Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . 896 d) Kollektive Führung statt Persönlichkeit? -Oligarchische Führung . . . . . . . 897 e) Exkurs: Das Ende der Oligarchie als eigenständiger Persönlicher Gewalt

898

II. Die politische Militärgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 900 1. Militärische Prägung jeder Persönlichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 900 a) "Der Führer in Uniform" ................................................ 900 b) Der militärische Durchgriff.............................................. 900 c) Primat der Außenpolitik- Außenpolitik im Inneren...................... 901 d) Innenpolitik als Besatzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 902 2. Führung als Erfolgsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 903 3. Persönliche Gewalt- Militarisierung ziviler Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 904 4. Militärdiktatur als "unvollkommene Persönliche Gewalt" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 905 5. Römische Vorbilder einer republikanischen Kompetenz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 907 6. Persönliche Gewalt aus militärischer Erhebung - der Putsch . . . . . . . . . . . . . . . . . 908 a) Militärputsch -institutionell nicht zu vermeiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 908 b) ,,Putschgeneigte Staatsformen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 910 c) Putsch mit Ordnungschancen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912 d) Das Gespenst der "politisierten Armee" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914 III. Führerturn-Macht durch Ideologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 916 1. Der Ideologiezwang der Persönlichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 916 a) Ideologie als notwendige Ergänzung des Persönlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 916 b) Die Überwindung des Militarismus in der Ideologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 918 c) Die ideologisierte Führung- der Priester-Führer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919 d) Ideologie - Institutionalisierung oder Zementierung der Persönlichen Gewalt? .................................................................... 920 2. Nationalismus- Basisideologie der Persönlichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 921 a) Nationalismus- Zoll an die Militärgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 921 b) Persönliche Gewalt - legitimiert aus lebendiger Nationalgeschichte . . . . . . 921 m Leisner

XXXIV

Inhaltsverzeichnis c) Von den geschichtlichen Nationalwerten zur systematischen Geschichts-

ideologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 922

d) Nationalismus als Personwerdung des Volkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923 e) Der Führer als "Kenner des Volkes"- einziges Organ der Nation . . . . . . . . 924

f) "Volk" ruft immer ,,Führer" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 925 g) Nationalismus- jenseits von ,,Links" und "Rechts" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 926

h) Europa- Ende von Nationalismus und Führung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 926

i) Globalisierte Welt ohne Führung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 927

3. Transzendente Führung - Religion und Weltanschauung als Führungsideologien ......................................................................... 928 a) Monotheistische Führungsreligion -der "Gott auf Erden" . . . . . . . . . . . . . . . 928 b) Weltanschauung als "politische Religion" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 929 4. Weltanschauung als Führungshalt-das marxistische Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . 930 a) Weltanschauung - mehr als Nationalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 930 b) Die kommunistische "Weltanschauung des Unpersönlichen"- eine AntiFührungsideologie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 931 c) Kein Kommunismus ohne Führung ...................................... 932 d) Keine Persönliche Gewalt ohne Kommunismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 933 e) Kommunistische ,,kollektive Führung" als Verfeinerung Persönlicher Gewalt ..................................................................... 936 IV. ,,Partei" als Institution Persönlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 938 l. Die Partei zwischen normativer Demokratie und Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 938 a) Die personalistische Einrichtung ,,Partei" in der normativen Demokratie . 938 b) Einheitspartei - Denaturierung oder personalistische Konsequenz aus dem Parteienbegriff? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 939 2. Die Partei als Institution der Persönlichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 940 a) Die Partei als politischer Führungsbereich - nicht voll demokratisierbar "von unten" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 940 b) Parteiprogramm - Ruf nach der Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 941 c) Partei- Kontroll- und Kontinuitätsorgan der Führung.................... 942 3. Partei gegen Führer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 943 4. Exkurs: Der Volkstribun- Führung ohne Militär und Partei? . . . . . . . . . . . . . . . . 944 V. Monarchie - "Führung aus eigener Kraft" oder aus beginnendem Normativismus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 946

l. Monarchie - in sich ruhende Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 946

Inhaltsverzeichnis 2. Monarchie als Übergang in den Normativismus

XXXV 947

a) Die Normativierung der Herrscherpersönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 948 b) Institutionelle Übergangsformen in die "normative Monarchie" . . . . . . . . . . 949 3. Das Fortleben monarchischer Persönlicher Gewalt im Normativismus Chancen und Gefahren des Konstitutionalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 951 a) Die konstitutionelle Monarchie - schwierige Balance Persönlicher und normativer Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 951 b) Exkurs: Politische Kraft normativer und Persönlicher Fiktionen.......... 953 c) Symbolmonarchie als Macht Persönlicher Gewalt ....................... 954

C. Demokratische Führungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 957 I. Monarchiereminiszenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 958

1. Der Protokollpräsident . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 958 a) Der Präsident als Staatsoberhaupt und Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 958 b) Kompetenzen der Machtlosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960 2. Der Bürgermeister als Stadtmonarch -der "Landesvater" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 963 II. Demokratische Führungsversuche "aus politischer Demokratie heraus" . . . . . . . . . . 966 1. Das Kanzlerprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 966 a) Der Kanzler- eine monarchische Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 966 b) Die unmögliche Kanzlerdemokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 967 2. Der Oppositionsführer- Führung durch Kritik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 969 3. Der Abgeordnete als Führer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 971 a) Führung im Wahlkreis? .................................................. 971 b) Der Abgeordnete - Ende des Volkstribunats in der Demokratie . . . . . . . . . . 973 III. Führung durch unabhängige Nachgeordnete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 975 1. Unabhängige Persönlichkeit -eine demokratische Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 975 2. Beamte als Führer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 977 a) Der Beamte als ,,Führer en miniature" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 977 b) Führungsverlust in politischer Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 978 c) Übersteigerte Außenbindung-Legitimitätsverlust der Unabhängigkeit . . 979 d) Bürokratie- Herrschaftsform verlorener Führung........................ 981 e) Der beamtliche Persönlichkeitsverlust - Beamtenmentalität als persönlichkeitsloses Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 982 f) Politisierung der Beamtenschaft- ein Führungs gewinn? . . . . . . . . . . . . . . . . . 984

g) Die verbeamtete Gesellschaft - Leben in Führungslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . 984

m•

XXXVI

Inhaltsverzeichnis

3. Der Richterkönig -Führung durch volle Unabhängigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 986 a) Die Persönliche Gewalt der Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 986 b) Der stärkere Normativismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 988 c) Durchsetzungsneutrale Judikative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989 d) Entpersönlichende Gerichtsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 990 e) Der "schwächerenschützende Richter"- eine Anti-Führungsinstanz . . . . . 992 4. Der Lehrer- pädagogische Persönliche Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993 a) Der Lehrer- Führer im kleinen Kreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 994 b) "Führung auf allen Stufen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996 c) Die radikaldemokratische Abwehr: Entpersönlichung durch Entschulung

997

d) Die unzerstörbare "persönliche Schule" ................................. 1000 IV. Die Geführten als Führer - demokratische "Führung durch Bürgerpersönlichkeit" I 003 1. Die demokratische Idee der "Selbstführung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003

a) Selbstführung- ein geistiges Zentrum der Demokratie ................... 1003 b) Das Scheitern der Bürgerführung in Anarchie ............................ 1004 2. "Führung von unten nach oben"- ein demokratisches Idol .................. 1007 a) ,,Andere für sich führen lassen" ...................................... . ... 1007 b) Demokratie von unten- Führung von unten ............................. 1007 c) Basisführung - Verfehlung Persönlicher Gewalt ......................... 1009 d) ,,Führung von unten" als ,,Antiführung" - Auflösung jeder Persönlichen Gewalt .................................................................. 1011 e) Basisführung - Demagogie - Antipoden der Persönlichen Gewalt . . . . . . . I 011 3. Führungsvoraussetzungen in der gemäßigten Demokratie .................... 1013 a) "Typisch demokratische Stärke" ......................................... 1013 b) Persönlichkeitsschaffung durch demokratische Führung ................. 1015 V. Demokratischer Führungsversuch mit Erfolgschancen: das präsidentielle Regime 1018 1. Demokratische Monarchie- eine demokratische Notwendigkeit ............. 1018

2. Führer-Präsident aus Volkswahl ............................................. 1019 a) Volkswahl als Grundlage demokratischer Führung durch den Führer-Präsidenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1019 b) In Volkswahl über Parteipolitik hinaus ................................... 1021 3. Die höchstpersönlichen Kompetenzen des Führer-Präsidenten- der notwendige demokratische Führungsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1022 a) Die historische Vorformung der demokratischen Führungskompetenzen im monarchischen "Domaine reserve" ................................... 1022

Inhaltsverzeichnis

XXXVII

b) Domaine reserve - eine persönlichkeitsbezogene Staatsaufgabe .......... 1023 c) Domaine reserve-die sofort und ganz wirkende Staatlichkeit ........... 1023 4. Wirtschaftsgewalt - das Führungsproblem der präsidentiellen Demokratie . . . 1025 a) Wirtschaftsgewalt als normativierende Selbstbestimmung ............... 1026 b) Der Führer-Präsident als institutioneller Wirtschaftshalt ................. 1028 5. Typische Formen präsidentiellen Handeins .................................. 1031 a) Die undelegierbare Gewalt .. . . .. . . . . . .. . . . .. . . . .. .. . . . .. . . . . .. . . .. . .. . . . I 031 b) ,,Immer im eigenen Namen" ............................................. 1032 c) Der Zwang zur präsidentiellen Konsequenz .............................. 1033 d) Der präsidentielle Durchgriff ................. .. ......................... 1034 e) Der Präsident- die gut beratene Gewalt ................................. 1037 f) Die präsidentielle Gewalt- Medienchance der Volksherrschaft .... . ..... 1038

g) Präsidentielle Reservegewalt zur Staatsrettung ........................... 1039 6. Die Amtsdauer des Präsidenten zwischen Monarchenstellung und Volkslegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1040

D. Ausblick: Kreislauf oder Ende der Staatlichkeit .................................... 1043 I. Von der Demokratie der Gesetze zur Persönlichen Gewalt - und zurück . . . . . . . . . 1043 1. Persönliche Gewalt: Ausbruch aus der Anarchie ............................. 1043

a) Von einer Staatsgrundform zur anderen - dogmatische Begründung einer historischen Ablaufgesetzlichkeit ........................................ 1043 b) Vom großen Neubeginn in Persönlicher Gewalt- Die ,,zeit des Augustus" - das Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1045 c) Persönliche Herrschaft als Monument ........ .. ......................... 1047 2. Die Rückkehr des Volkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1048 a) Vom Führer über das Gesetz zum Volk ................................... 1048 b) Die große Stunde der revolutionären Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1050 c) Führung und Volksherrschaft - ein Kreislauf von Wille und Idee . . . . . . . . . 1051 II. Unterbrochener Kreislauf- Staatsdämmerung in Persönlicher Gewalt ........... 1052 1. Die eschatologische Angst der Demokratie vor dem Führer .................. 1052

2. Vom Führer stets zum Tyrannen? ............................................ 1053 3. Die unvollziehbare Tyrannei -Weg in die Freiheit .......................... 1054

XXXVIII

Inhaltsverzeichnis

III. Das Ende des Kreislaufs- im Führer ............................................ 1056 1. Der Takt der Kreisläufe, im Großen und im Kleinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056 2. Der politische Energieverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1057 3. Ende des Kreislaufs in der gemischten Staatsgrundform ..................... 1059 4. Am Ende: Der Führer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1060

Sachverzeichnis ....................................................................... 1062

Erstes Buch

Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

I Leisner

I. Notwendigkeit einer Grundsatzkritik der Demokratie 1. Die Grundlagen der Staatsform als Axiome außer Diskussion

Nach einem halben Jahrhundert parlamentarischer Demokratie in Deutschland ist es an der Zeit, kritische Bilanz einer Staatsform zu ziehen, nach ihrer Überzeugungskraft, ihrer inneren Geschlossenheit, nach ihrer Legitimität zu fragen; diese erwächst ja, rechtlich wie politisch, vor allem aus innerer Folgerichtigkeit. Daraus ergibt sich dann eine weitere Stufe der Demokratiekritik: Ist dies überhaupt eine "Staatsform"? Eine Ordnung, welche, aus der rationalen Kritik der Aufklärung entstanden, allen anderen Staatsformen mit grundsätzlicher Skepsis begegnet - sie kann selbst legitim nur bleiben, wenn sie sich immer von neuem der Kritik stellt, nicht nur in ihren Normen und Institutionen, sondern zuallererst in ihren Grundlagen, ihren Grund-Sätzen. Solche Demokratiekritik hat es in diesen Jahrzehnten zuviel gegeben- und doch zuwenig. Zwar fehlt es in der Staatsrechtswissenschaft nicht an Versuchen, das Demokratiegebot als oberste Norm zu begreifen, aus ihm allgemeine oder gar spezielle Imperative abzuleiten; und fast alle Bereiche des Staats- und Verwaltungsrechts werden in zahllosen Abhandlungen und Gerichtsentscheidungen auf diese Demokratie bezogen, aus ihr heraus mit normativem Sinn erfüllt. In diesem Sinne also gibt es eine vielleicht verstreute, im ganzen aber doch juristisch faßbare und auch politisch wirksame Rechtsdogmatik der Demokratie. Das Kritikdefizit liegt tiefer, bei den Grundlagen. Die Prinzipien dieser Staatsform werden immer häufiger als vorgegeben und unbestreitbar vorausgesetzt, von der Gleichheit bis zur Regel der Mehrheit, von der Parteienvielfalt bis zum Ziel der Machtverringerung durch Gewaltenteilungen. Eine Rückkehr der Dogmen hat stattgefunden, ja eine Besinnung auf Axiome und ihre Unabdingbarkeil für jedes juristische, jedes geisteswissenschaftliche System. Diese Axiome aber sind, trotz mancher kritischer Bemerkung, insgesamt eben wesentlich der Kritik entzogen. Das radikaldemokratische Bekenntnis "si nous ne sommes pas discutables, nous ne sommes pas vrais" hat seine Kraft verloren. Erst der praktisch-politische Endpunkt, die letzte Konsequenz solcher Unbestreitbarkeiten, gerät wieder in die Diskussion: in der "streitbaren Demokratie", im I*

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1. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

Kampf gegen antidemokratische Gewalt. Doch Effizienzzweifel bewegen hier wenig, solang die Basis, die Prinzipien außer Kritik bleiben; und so kann man wohl heute behaupten: Kritiklosigkeit ist oberster Grundsatz dieser Staatsform der Kritik geworden, die einst als ein Postulat praktisch-politischer Vernunft die Wirklichkeit eines tausendjährigen Feudalismus überrollte. Nur Randkritik ist mehr erlaubt, auf kritikfester Basis.

2. Gründe für das Kritikdefizit der Demokratie Die Gründe für dieses Kritikdefizit sind zahlreich und vielschichtig. Sie liegen schon im Grundsätzlichen. Demokratie als Staatsform ist eine Entscheidung des politischen Willens, kein Erkenntnissystem; "Kritik" aber ist, seit dem deutschen Idealismus, eine erkenntnistheoretische Kategorie, die sich an die "Vernunft" wendet. Wie könnte sie sich wirksam richten gegen ein System der Macht, in dem ganz wesentlich der politische Wille an die Stelle der Vernunft tritt - stat pro ratione voluntas? Und wenn dennoch Grundsatzkritik- ist die Demokratie nicht als solche deren Staatsform, permanente, zur Grundsatzentscheidung gewordene Kritik; hat sie nicht alles Frühere, Unvordenkliche verbrannt - könnte sich ihr Feuer wenden gegen ihren Feuervogel? Grundsatzkritik an einer Staatsform bedeutet geistigen Machtkampf. Da müssen Gegner auftreten, welche Gewaltinhaber aus der Macht werfen. Wo aber gäbe es sie, wenn alle schon Anteil haben an ihr, als "Glieder des Volkes"? Gegen die Gleichheit müßten sie sich wenden - doch seit Jahrhunderten sind Revolutionen Kinder der Egalität. Jedenfalls - alle Demokratiekritik ist wesentlich Gleichheitskritik, als solche muß sie auch im folgenden verstanden werden; von vomeherein ist sie belastet mit dem Odium des sich Erhebens über Seinesgleichen. Diese hohen theoretischen Hürden kann Demokratiekritik umgehen, wenn sie, praktisch gewendet, das Funktionieren der Staatsform hinterfragt, deren politische Effizienz; und hier liegt, wenn auch in grundsätzlicher Sicht, das zentrale Anliegen der folgenden Kapitel. Doch alsbald begegnet die Betrachtung den gewichtigsten Gründen des Kritikdefizits, den "politischen". Da ist die historische Vorsicht der Legisten der Gewalt, die mit Staatstreue beginnt und in Machtopportunismus mündet; da sind Kriegsende und Besatzung, die legitimierende Kraft der siegreichen demokratischen Waffen, die mit religionsähnlicher Überzeugung nach Deutschland getragen wurden, das Erlebnis der Niederlage "antidemokratischer" Regime. Doch da war vor allem die Notwendigkeit des Neubeginns auf einer staatsrechtlichen tabula rasa. Nach 1945 konnte nur in Anknüpfung an die Prinzipien der freiheitlichen und parlamentarischen Demokratie jener feste rechtliche Stand gewonnen werden, auf dem wirtschaftlicher Wohlstand erreicht und in einem eindrucksvollen juristischen System gesichert wurde. Verständlich war es daher, daß man

I. Notwendigkeit einer Grundsatzkritik

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diese Grundlagen nicht erneut in Frage stellen, auf ihre innere Folgerichtigkeit untersuchen wollte; entscheidend blieb, daß sie politisch hielten. Diese Haltung hat sich weit über die Besatzungszeit und die Anfänge einer selbständigen Demokratie in Deutschland hinaus fortgesetzt, auch dies ist begreiflich. Hier wirkte nun der Zwang, ein neues System zu errichten, das erste Mal die Demokratie voll dogmatisch zu unterbauen, abzusichern - eben zu systematisieren. In einer solchen Systematisierungsphase einer Staatsform aber kann man sich nicht ständig mit Basiskritik befassen. Diese Periode ist heute Vergangenheit. Die legitimierende politische Macht der angelsächsischen Demokratien schwächt sich ab, das staats-und verwaltungsrechtliche System hat in Deutschland eine höhere Perfektion erreicht. Wirtschaftlicher, rechtstechnischer, staatsorganisatorischer ,,Fortschritt" - wenn es derartiges geben kann - verlieren an Überzeugungskraft Schon deshalb gilt es nunmehr, die Axiome zu diskutieren. Denn wenn sie nicht halten, werden die Grundlagen des heutigen Regierungssystems, Demokratiebekenntnis und Demokratieperfektionismus, eines Tages nichts mehr nützen. 3. "Zuviel" Grundsatzkritik - der marxistische Ansatz

Kritische Grundsatzüberlegungen über die Demokratie hat es andererseits auch wieder zuviele gegeben in den letzten Jahrzehnten- fast immer aber aus einer bestimmten, ideologisch festgelegten Sicht, der des Marxismus; und dies ist noch immer, wenn auch verschleiert, Gegenwart. In der Staatslehre, im öffentlichen Recht überhaupt, hatte sich marxistisches Denken stets in klarem und grundsätzlichem Gegensatz zur parlamentarischen Demokratie und deren Grundannahmen entwickelt. Es sei nur an den dort grundverschiedenen Freiheitsbegriff erinnert, der allenfalls materielle Teilhabe, nie Individualismus und Staatsfeme anstrebt, an das imperative Mandat des Rätestaats, der das freie ungebundene Mandat parlamentarischer Volksvertreter ablehnt, oder an die Lehre vom Primat des Ökonomischen, für die Recht und Gerechtigkeit letztlich nur ein "Überbau" sind, Ausdruck und Bestätigung soziologischer und wirtschaftlicher Entwicklungen. Dieses marxistische Denken, das in allem und jedem ein Gegenbild zur parlamentarischen Demokratie entwirft, bringt ganz wesentlich eine Grundsatzkritik an dieser Staatsform und hat auch zum Nachdenken über deren Grundlagen angeregt. Vor allem haben Lautstärke, Selbstüberzeugung und Gewaltsarnkeit dieser Kritik zum Kampf herausgefordert, von kritischer Beschäftigung mit der Basis der parlamentarischen Staatsform hat all dies eher abgelenkt. Das Ende des ,,realen Sozialismus" konnte all dies überdecken, nicht wirklich verändern. Die marxistische Grundsatzkritik ist abgedrängt worden in Räume, die besetzt schienen von Grundsätzen ihres historischen Gegenüber, in die "westliche

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1. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

Demokratie". Doch da waren vor allem Worte, politische Parolen; in ihnen haben sich marxistische Strömungen bereits eingerichtet. Nun geht es ihnen aber um ganz neue Formen der Auseinandersetzung, in einer "Konvergenz von unten": Unterwanderung des liberalen Parlamentarismus durch direkte Demokratie, der grundrechtlichen liberalen Freiheiten durch den Konservatismus sozialstaatlicher Verteilungs-Errungenschaften. Und vor allem: Dies alles muß ablaufen ohne allzu laute Grundsatzkritik "der Demokratie", ohne eine kritische Vertiefung, die das gemeinsame Dach könnte einstürzen lassen, unter dem marxistische Überzeugung das Überleben gelernt hat. Die bisherige Abschwächung demokratischer Selbstkritik gegenüber radikaler marxistischer Grundsatzkritik geht zwar leiser einher, doch das Problem ist geblieben, es hat sich noch verschärft: Nun findet unter einem großen Wort, dem der "Demokratie", der stille Kampf gänzlich verschiedener Staatgrundvorstellungen statt. Immer wieder werden also auch die folgenden Betrachtungen auf das ,,Modell Rätestaat" zurückgreifen müssen; vielleicht wird es noch viele Jahre im Untergrund leben. Dieser neue Kryptomarxismus läßt sich nicht mehr abtun als ,,rein destruktiv". Frühere Emotionalitäten, der weltanschaulich begründete Absolutheitsanspruch all dies tritt zurück, die fast theologischen Streitgespräche mit dieser Richtung sind Vergangenheit, Staatsrecht und Staatslehre ,,kennen nur mehr Demokraten". Alle scheinen dieselbe Sprache zu sprechen, die demokratische; doch sobald man die Grundlagen dieser Staatsform kritisch zu untersuchen beginnt, gerät der "große Frieden" in Gefahr; also will niemand mehr leicht an das rühren, was auch ihn hält: die Oberflächen-Demokratie, und wenn da auch nur mehr Worte wären. Bis vor wenigen Jahren war eine eskalierende Spiralbewegung im Lauf: Die marxistische Staatsaxiomatik hatte der westlichen Politik, und auch ihrer Staatslehre, die Bedeutung kritikentrückter Grundannahmen gezeigt; je mehr sich ihre Grundsatzkritik verschärfte, desto härter und unbedingter hielten die Vertreter der parlamentarischen Demokratie an ihrer Position fest, die steigende systemexterne Grundsatzkritik führte zu einer Abschwächung systemimmanenter Kritikbereitschaft. Nun aber ist um die Demokratie etwas eingetreten wie ,,Ruhe nach dem Sturm"; überall ist Kritikfeindlichkeit antimarxistischer Konfrontation gewichen der Kritikmüdigkeit eines scheinbaren Grundsatzkonsenses. Diese Kreise müssen durchbrochen werden; dies kann aber nur geschehen durch eine Kritik der parlamentarischen Demokratie, die systemimmanent ansetzt, indem sie von der Überprüfung der inneren Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit dieser Staatsform ausgeht; dies allein könnte eines Tages auch den Krypromarxismus wirklich auflösen, integrieren. Dies ist denn auch Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen. Aus diesem Grund sind sie gerade jetzt, nach einem Jahrzehnt scheinbarer Abschwächung neomarxistischer Kritik, zeitgemäß und notwendig.

I. Notwendigkeit einer Grundsatzkritik

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4. "Aiternativlosigkeit" - bedenkliche Globallegitimation der parlamentarischen Demokratie

Kritik der Demokratie muß aber nicht nur deshalb heute vorrangig auf der Tagesordnung stehen, weil hier ein klares Defizit festzustellen ist, und weil verbale Selbstverständlichkeit des politischen Konsenses auf Dauer grundsätzliche Fragen nie wird verdrängen können. Noch wichtiger ist ein anderes: Der gegenwärtige Zustand der Staatstheorie in den parlamentarisch regierten Ländern ist dadurch gekennzeichnet, daß die Staatsform recht allgemein durch gewisse Grundannahmen legitimiert werden soll, welche kritisches Fragen im Prinzipiellen verdrängen. Die wichtigsten Legitimationsversuche solcher Art sind die These von der Alternativlosigkeit der Demokratie und der Hinweis auf ihre Praktizität, ihr ideologiefreipraktisches Funktionieren. Dem untertreibenden Wort von der "besten der schlechten Staatsformen" war, schon wegen seiner geschickten Bescheidenheit, ein Erfolg beschieden, der weit über Politik hinausreicht und auch die Staatslehre beeindruckt hat. Die zu aller Zeit große Zahl politisch Resignierter, gerade unter den Vertretern des öffentlichen Rechts, konnte, als ein solches optimales Pessimum, die wesentlich untheatralische, unpathetische moderne Staatlichkeit akzeptieren und entwickeln. Verstärkt wurde die Überzeugungskraft der einfachen Formel durch die Erkenntnis der historischen Unwiderbringlichkeit aristokratischer und monarchischer Regierungsformen und der politischen Unwiederholbarkeit der gescheiterten ständestaatliehen und faschistischen Versuche. So schien denn das klassische Repertoire der legitimen Staatsformen erschöpft mit Ausnahme jener Demokratie; und in der Formel von der besten der schlechten Staatsformen wird sogar noch den antiken Staatsklassikern Respekt bezeugt, deren Meinungen über die Vorzüge der Herrschaft des Volkes ja durchaus nicht ungeteilt waren. Doch dieser Legitimationsversuch, wenn man ihn schon als solchen bezeichnen will, beruht auf einem grundlegenden Irrtum: Mögliche Alternativen zur Demokratie sieht er nur in jenen Regierungssystemen, die in den vergangeneo Jahrhunderten politische Wirklichkeit waren, denen gegenüber sich die Demokratie durchsetzen konnte. Doch diese Sicht möglicher Ersatzlösungen ist zu eng: Innerhalb der "westlichen Demokratien" entfalten sich neue Formen aristokratischer, ja monarchischer Strukturen, man denke nur an präsidentielle Demokratietypen. Sie können sich von der parlamentarischen Demokratie, aber auch von ihren eigenen ,,klassischen" Vorbildern, etwa dem amerikanischen Präsidentialismus, so weit entfernen, daß sie mit ihnen nur mehr das Allerweltswort des Demokratischen gemein haben, während es unter ihrer Herrschaft weder mehr wirksame Freiheitsrechte noch funktionierende Gewaltenteilung oder Parteienvielfalt gibt. Schon heute zeigen sich in der politischen Wirklichkeit nicht wenige Alternativen zur parlamentarischen Demokratie, vor allem in den Staaten der Dritten Welt

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wird sich dies wohl noch verstärken. Präsidentielle Demokratien mit plebiszitärem Einschlag mögen die ausgebaute Demokratie-Dogmatik des Parlamentarismus nicht erreichen; dennoch kann keine Rede sein von einer "Altemativlosigkeit der klassischen Formen der Demokratie". Die Entwicklung dieser neuen, präsidentiellen Regierungsformen darf nicht von vomeherein abgewertet werden, nehmen sie doch die ältesten Staatsgedanken auf, die monarchischen, welche ja keineswegs mit Erblichkeit untrennbar verbunden sind. Die These von der Altemativ!osigkeit hat neue Begründungskraft gewonnen aus dem Niedergang des sozialistischen Rätestaates. Doch gerade er sollte zu denken geben: Er war lange Zeit machtvolle Realität und hatte eine gedankenreiche Dogmatik hervorgebracht. Jahrzehntelang bedeutete er die geradezu antithetische, nun wirklich "naheliegende" Alternative zur parlamentarischen Demokratie, mit welcher er immerhin schon damals das letztere Wort gemeinsam hatte. Das ökonomische Scheitern dieser "totalen Alternative" ist sicher auch von staatstheoretischem Gewicht; doch dieses wird relativiert durch eine grundsatzfeme, praktische Zweckmäßigkeit jener Ökonomie, die über diese Staatlichkeit gesiegt hat. Könnte ein Rätesystem nicht doch auch wirtschaftlich bestehen, wenn es sich von der absoluten Gewaltsarnkeit spätkommunistischer Entartungen löste? Nicht wenige mögen es heute denken- es ist ein Wechsel auf die Zukunft. Und war es nicht doch nur der Markt, der gesiegt hat, nicht die parlamentarische-demokratische Staatsform? Darüber sind die Akten längst noch nicht geschlossen. Der Grundfehler der Altemativlosigkeits-These liegt letztlich darin, daß zunächst gewisse - unbestreitbare - Vorzüge der parlamentarischen Staatsform, wie ihre Freiheitlichkeit, ihre Anpassungsfähigkeit, als Werte absolut gesetzt werden um dann erst den "Vergleich" mit anderen möglichen Staatsformen zu beginnen, der naturgemäß negativ für diese ausfallen muß, weil ja nichts vorliegt als ein Zirkelschluß: Die parlamentarische Staatsform ist die beste der schlechtesten Staatsformen, wenn man von der Wertwelt eines englischen Demokratie-Aristokraten der Vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts ausgeht, von der Republik der Herzöge oder des großen, leistungsstarken Bürgertums in Frankreich- aber auch nur dann. Eine Staatsform ist jedoch gefährdet, wenn sie einer Grundsatzkritik nur mit solchen Legitimationen glaubt begegnen zu können.

5. Ideologiefeme und Pragmatik im Namen der Freiheit Legitimation der parlamentarischen Staatsform?

Die andere große Legitimationsthese der parlamentarischen Demokratie liegt im Hinweis auf ihre Ideologiefeme, ihre Pragmatik, die Flexibilität ihres praktischen Funktionierens. Nach den großen ideologischen Staatsversuchen des 20. Jahrhunderts klingt dies überzeugend. Ist nicht die praktische Überlegenheit der westlichen Volksherrschaft

I. Notwendigkeit einer Grundsatzkritik

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über die ideologisch geprägte östliche Rätedemokratie offenbar geworden? In den Rätestaaten ist Ideologieübersättigung eingetreten, auch dort wurde am Ende das einfach-praktische Funktionieren höher geschätzt als systematische Geschlossenheit und großräumige Zukunftsvisionen. Was immer politische Ideologie sein mag - Weltanschauung oder Ersatzreligion, oder auch nur eine besondere Intensität, mit der an die Richtigkeit politischer Grundentscheidungen, an die Güte von Institutionen geglaubt wird - eines ist ihr immer eigen: Ausrichtung auf eine möglichst einheitliche Grund-Idee, damit aber eine gesteigerte Systematik des Staatsrechts. Hier wird Staatstheorie recht eigentlich zum Öffentlichen Recht. Politische Ideologie ist eine Art von zentraler Kodifikationsidee dieses gesamten Bereichs; wo sie völlig fehlt, mag es Staatsbruchstükke geben, ein Staatsgebäude gibt es nicht. Zu Zeiten war dies der Zustand liberaler Staatsideen, im 19. Jahrhundert, als das eigentliche Zentrum der Ordnung eben in der "Gesellschaft" lag, eine vollformierte Staatlichkeit also überflüssig erschien. Die heutige parlamentarische Demokratie hat noch immer viel von solcher Ideologielosigkeit an sich; angelsächsisches Experimentdenken hat dies lange Zeit begünstigt. Wenn es letzte Grundlage der Demokratie ist, daß dort maximale Freiheit herrsche, so mag es folgerichtig erscheinen, im staatlichen Bereich möglichst wenig zu systematisieren, Widersprüche ohne weiteres selbst in Grundkonzeptionen hinzunehmen - wenn nur jener Freiheitsraum groß bleibt, der ja durch nichts mehr eingeengt, gefahrdet wird als durch ideologische Schemata, die bald zu Denk- und Systemzwängen werden. In diesem Sinne wäre dann sogar eine Menschenrechtsdoktrin noch längst keine eigentliche Staatsideologie, sie erschiene als vereinbar mit experimentell-pragmatischem Staatsdenken, das Staatsoperieren kennt, nicht Staatskonstruktion. Denn dann wäre ja an die Demokratie nie die Frage zu stellen, auf welchen Grundentscheidungen sie beruhe, ob dieselben jeweils begründet und miteinander systematisch vereinbar seien. Allein nach ihrem Freiheits-Ergebnis dürfte gefragt werden: Wäre es groß genug, so könnte alles andere hingenommen werden, bis hin zu logischen Ungereimtheiten früherer demokratischer Traditionen; und in der Tat war dies das mächtige Fundament einstiger angelsächsischer und französischer Demokratie, die letzte Legitimationsgrundlage auch der deutschen Ordnung nach 1945. Solange die Freiheit oberster Wert ist - kann es da überhaupt eine Grundlagenkritik der Demokratie geben? Hat sich diese Staatsform nicht immer nur messen lassen am Quantum erreichter Freiheit? Kann nicht die eine Freiheitsfrage alle anderen Grundsatzfragen ersetzen und damit jede weitere Prinzipienkritik verdrängen? Dies war Grundposition der Demokratie der letzten Jahrzehnte; ihr Grundsatzkritik-Defizit führt zuletzt darauf zurück. Doch gerade hier zeigen sich, immer

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deutlicher, Legitimationsschwächen, Grenzen einer solchen - Ideologiefeme im Namen globaler Freiheitsideologie. Der Freiheitsbegriff erzeugt heute keine Ideologieimmunität mehr. Zu Zeiten einigermaßen homogener Gesellschaftsstrukturen, im 19. Jahrhundert, als zumindest eine größere natürliche Einheit der herrschenden Schicht bestand, gab es einen wahren Grundkonsens über Inhalt und Wert einer Freiheit, die eben ganz wesentlich als Staatsfeme begriffen wurde. Heute kann davon nicht mehr die Rede sein. Jene Freiheit, die früher die parlamentarische Demokratie vor Grundsatzkritik schützte, weil sie diese zugleich erlaubte und unnötig werden ließ, sie wird heute selbst zum gefährlichen Ansatz der Kritik, von der "nutzlosen Freiheit" bis zum Verlangen der Teilhabe als wahrer Freiheit. Die Freiheitsdiskussionen, ja -querelen, haben die Staatsform in neuester Zeit mehr geschwächt, als daß ihre Legitimation daraus hätte stärker werden können. Damit ist ihre Staatsgrundlage fragwürdig geworden, sie kann nicht mehr im Namen der Freiheit auf jede Ideologie verzichten, jedenfalls läßt sie sich nicht mehr ohne weiteres mit dem Kriterium des erreichten Freiheitsraums in ihrer Güte bewerten. In der Abwehrhaltung gegen andere Ideologien, vor allem die des Einparteien-, des Rätestaats, hatte sich diese Staatsform ohnehin schon mehr und mehr ,,ideologisiert", als eine "streitbare Demokratie"; nicht zuletzt deshalb sind derartige Verfassungsschutz-Versuche liberalem Denken ein besonderes Ärgernis. Denn nun muß ja doch irgendwie ein "System" geschützt werden, mit alljenen Institutionen und Bürokratismen, die damit eng verbunden sind, und all seinen Einzelheiten. Damit aber geht viel gerade von jener Flexibilität, jener Pragmatik verloren, welche bisher jede Grundsatzkritik von der parlamentarischen Demokratie fernhalten konnte. Ideologielosigkeit ist zwar noch immer demokratisches Programm, aber sie läßt sich schon deshalb nicht voll durchhalten, weil eine gewisse konstitutionelle Konstruktionsdichte der modernen Staatlichkeil eine voll flexible staatliche Pragmatik nicht mehr verträgt. Wenn die Unvorhersehbarkeit naturwissenschaftlicher, technologischer, ökonomischer Entwicklungen erhöhte Beweglichkeit staatlicher Eingriffs- und Förderungsmaßnahmen verlangt, wenn gerade darin heute eine besondere Legitimation der parlamentarischen Demokratie gesehen wird, so verlangen diese immer zahlreicheren Unbekannten in der Rechnung der Gemeinschaft eben doch wieder eine gewisse Festigkeit- nicht Stärke- des Staates und seiner Strukturen. So kann gerade etwa der Umweltstaat nicht prinzipienloses politisches Spiel bleiben, nicht unsystematische, unvorhersehbare GewaltsamkeiL Seine Aufgabe ist es vielmehr, Vorhersehbarkeit zu schaffen und zu verstärken, und dies gerade bleibt das Ziel einer Rechtsstaatlichkeit, die damit in Spannung gerät zu Flexibilitätsvorstellungen der parlamentarischen Staatsform. Die hochtechnisierte Welt mag also eine voll formierte Ideologie ausschließen eine Systematik voraussehbarer Staatlichkeil fordert sie sicher.

I. Notwendigkeit einer Grundsatzkritik

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6. Die Notwendigkeit von Überzeugungsgrundlagen in der Demokratie Überhaupt aber ist Ideologielosigkeit Illusion, Ideologiefeme nicht mehr als ein Wort. Die Aufgabenvielfalt heutiger Staatlichkeit, ihre daraus erwachsende ausgebaute Institutionentechnik muß, soll sie nicht zerbrechen oder vollends unübersichtlich werden, durch einheitlich-systematische Ideen zusammengehalten werden, die nicht beliebig auswechselbar sind. Ideologiefeme mag herrschen, soweit Staatsgrundlagen nicht Gegenstand religionsähnlichen Bekennens sein sollen doch Grundsätze muß es geben, damit aber auch Grundsatzlqitik, sogar in besonderem Maß: Wenn eine Bekenntnisideologie zu weit ginge, wenn die parlamentarische Demokratie mit ihren Institutionen die Mitte halten soll zwischen reiner Macht-Opportunität und einer Religions-Politik- dann eben ist sie die Staatsform der Grundsatzkritik Gerade die Demokratie kann nicht grundsatzlos, völlig ideologiefern sich halten. Keine ausgebaute Staatlichkeit wird ohne eine gewisse Ideologieintensität auf Dauer bestehen, weil aus dieser eben erst ganz wesentlich Konsens entsteht. Die Herrschaft ist deshalb immer etwas irgendwie "Ideologisches", nie ein täglichpragmatisches Kraftspiel, weil größere Politik stets im Namen von Überzeugungen geschieht, die über den Tag hinausreichen. Vor allem gilt das für eine Staatsform, welche die Vielen zur Herrschaft führen soll. Hier muß begeistert werden, und die Integrationskraft solcher Ideen ist immer auch, will man nicht mit Worten spielen - Staatsideologie. Anarchistische, Utopistische Bewegungen zeigen gerade heute dieses tiefe Bedürfnis, vor allem der Jugend, nach dem geistig formierten Staat; doch ganz allgemein gilt: Ohne Glaube und Liebe, vor allem aber Hoffnung, kann auf Dauer niemand regieren, und Hoffnung läßt sich - nicht durch Fakten ersetzen; in ihr schwingt etwas Normatives mit: daß es eines Tages "so sein soll und nicht anders", als es das Bekenntnisziel zeigt. Diese Staatshoffnung aus Überzeugung ragt hinein gerade in die "offene Staatsform" der normativierten Demokratie. Emanzipatorische, aufklärerische Züge heutiger parlamentarischer Volksherrschaft wollen im Grunde ein Ideologiedefizit dieser Staatsform auffüllen. Selbst wenn daraus nicht der extreme Gegenschluß zu ziehen ist, daß nur mehr in einer religionsähnlichen Vollideologie das Heil zu suchen bleibt - bis zu einer gewissen Mitte wird man diese oft so heftig sich äußernden Bedürfnisse von Menschen aufnehmen müssen, die an etwas glauben wollen: Die parlamentarische Demokratie muß sich auf ihre Legitimation, deshalb auf ihre Grundprinzipien besinnen, darauf, ob sie in sich so geschlossen und damit überzeugend sind, daß Menschen daran glauben können, vielleicht dafür sterben. ,,Reiner Wille", Hoffnung bis zum Irrationalen, mag manche der demokratischen Axiome tragen; ihr Zusammenhalt aber, das System, das sie ergeben, muß rational nachvollziehbar, widerspruchsfrei oder doch widerspruchsarm sein. Diese parla-

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mentarische Staatsform kann keine Zukunft haben, wenn sie nicht mehr mit dem Geist geglaubt werden kann. Das aber verlangt ein Staat. Deshalb wird hier nach den Grundsätzen der Demokratie gefragt, nach ihrer Rationalität, ihrer Vereinbarkeit. Wenn dies eine Staatsform der Widersprüche sein sollte, so gilt es, diese aufzulösen. Oder dieser Staat wird sich auflösen.

II. Volksferne Volksvertreter oder basisnaher Staat 1. "Verkörperung des Volkswillens""Volksvertretung des als ob" Die zentrale Legitimation der parlamentarischen Demokratie liegt in ihrer Organisation. Der Idee nach handelt die Volksvertretung nicht nur für die Bürger, sie verkörpert die Bürgerschaft, "sie ist das Volk", der "peuple en rniniature". Mit der Französischen Revolution hat die Demokratietheorie hier eine entscheidende Wende genommen, es ist zu einem geradezu ideologischen Durchbruch gekommen: Die Gewählten des Volkes wurden nicht mehr nur als Mandatsträger, als Boten fremder Wünsche angesehen, sie begannen, aus eigenem Recht zu handeln, sie waren Inkarnation des Volkssouveräns, sein Wille war der ihrige. Diese wahrhaft kopernikanische Wende der Demokratie kam in der ersten französischen Nationalversammlung von 1789 herauf, als sich die Gewählten des Volkes als dessen Verkörperung, als seine Repräsentanten, nicht als seine Vertreter erklärten. Denn bislang, in Frankreich, noch mehr in England, war Demokratie etwas anderes gewesen: Rivalisierende Politiker hatte man gewählt und in Versammlungen entsandt. Dort war im Widerstreit der Meinungen regiert und auf diese Weise die Übermacht der königlichen Gewalt, wie die einer einzigen politischen Richtung, verhindert worden. Die Demokratie zog damit ihre Legitimation aus einer Freiheit der Macht-Willensbildung, welche sie im Kampfe der verschiedenen Vertreter und Volksinteressen tatsächlich gewährleistet hatte. Der geradezu ideologische Ausbruch der Französischen Revolution liegt darin, daß nunmehr die Legitimation nicht mehr primär aus dem Ergebnis der Willensbildung kommt, aus der so gewährleisteten Freiheit der Bürger. Die Rechtfertigung liegt vielmehr in der Art der Machtausübung: Sie ist legitim, weil dies die Macht des Volkes selbst ist, nicht nur, weil sie das Volk in Freiheit beläßt. Dies ist noch heute wesentliche geistige Grundlage der parlamentarischen Staatsform: daß sie nicht nur tatsächlich irgendeinen Freiheitszustand erhält, sondern eine Gewalt zum Tragen bringt, welche als die allein rechtmäßige angesehen wird, was auch immer im einzelnen sie befiehlt, weil dies eben stets der Wille des Volkes selbst ist. An diesem zentralen Punkt hat nun von jeher die Demokratiekritik angesetzt. Die Repräsentationslehre der parlamentarischen Demokratie wurde als eine juristische Fiktion gesehen, der keine Wirklichkeit entspreche. Der Machtübergang vom Volk auf die Abgeordneten sei nur ein Postulat, rational könne er nicht nachvoll-

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zogen werden. Die Freiheit der Bürger beschränke sich nach wie vor darauf, periodisch ihre Stimme abzugeben, dabei zwischen vorgegebenen Alternativen eine eng begrenzte Auswahl zu treffen. Die Entscheidungen der Gewählten würden diesen zwar zugerechnet, letztlich aber hätten sie auf dieselben keinerlei realen Einfluß. Gerade aus marxistischer Sicht wurde hier an der parlamentarischen Demokratie eine Grundsatzkritik geübt: Diese Art von Volksvertretung sei nichts als ein Schein von Volksnähe, eine Chance vielleicht, die aber nur selten genutzt werde und in der Geschichte nie eigentlich Wirklichkeit geworden sei. Die parlamentarische Demokratie biete nur ein Postulat von realer Repräsentation, eine "Volksvertretung des als ob". Diese Kritik muß auch heute ernst genommen werden, sie richtet sich gegen die geistige Grundlage der Staatsform. Zur Rechtfertigung genügen hier nicht juristische Konstruktionen, etwa der Hinweis, daß eben öffentlich-rechtliche Repräsentation etwas ganz anderes sei als privatrechtliche Vertretung. Auch Rousseaus "allgemeiner Wille", den die Repräsentanten bilden sollen, stellt deren Realitätsbezug nicht her, im Gegenteil: Von jeher wurde kritisiert, daß er an sich schon eine geradezu mystische Irrealität darstelle und in der Praxis niemals durch konkrete Menschen, die Abgeordneten, repräsentiert werden könne. Es kann also nicht genügen, diesen "allgemeinen Willen" zum Postulat zu erheben und auf ihn die heutige parlamentarische Demokratie zu gründen, bedarf er doch selbst der Begründung. Vielmehr muß sich diese Staatsform der Frage stellen, ob es die von ihr vorausgesetzte Nähe von Gewählten und Wählern geben kann, ob, um es mit neueren Worten zu sagen, Basisnähe von der Rechtsordnung garantiert ist. Damit steht und fallt die Legitimation gerade dieser Staatsform. Juristisch-konstruktive Begründungen kennt jedes Regime; etwas "Theoretisches" werden sie immer an sich haben, zu Zeiten gerade durch die Folgerichtigkeit einer solchen Theorie überzeugen. Doch der Demokratie ist es eigen, daß der damit notwendig verbundene Fiktionsgehalt stets vergleichsweise gering gehalten werden muß. Dies ist ja die Staatsform, welche sich der Realität in besonderer Weise zu öffnen vorgibt. Wenn sie auf das "Volk" zurückgreift als den Souverän, wenn sie seine reale Macht möglichst weitgehend aufnehmen will in ihre Organisation, so ist sie stets auch nur so legitim, wie es ihr gelingt, diese Tatsachen, die Bürger als Willensträger, in ihr Recht einzubinden, sie "in Recht zu verwandeln". Zur Gefahr wird es für sie, will sie ihre eigene Legitimation zentral auf Annahmen aufbauen, die juristisch-konstruktiven Charakter tragen, sie von der politischen Wirklichkeit jedoch entfernen. Autokratische Machtausübung ist weit mehr theorie-geneigt, sie läßt sich in den Händen eines oder einiger Inhaber, in die sie einmal faktisch gelegt wurde, unschwer sodann durch Dogmatik verfestigen. Die Demokratie jedoch wird, ihrem ganzen Wesen nach, durch juristische Konstruktion eher geschwächt, will sie gerade die Macht-Ergreifung durch die Vertreter der Vielen begründen. Ihre Entwicklung zeigt aber, daß sie sich immer mehr auf solche Konstruktionen stützt, um durch das Recht eine Basisnähe zu ersetzen, die in der Wirklichkeit verloren geht. Darin liegt ein Grund-Widerspruch dieser Regierungsform.

II. Volksfeme Volksvertreter oder basisnaher Staat

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2. Basisnähe der Demokratie über "Einheit von Staat und Gesellschaft"?

Deutlich zeigt sich dieses Dilemma in einem Wort, das, im Anschluß vor allem an marxistische Rechtstheorie, in neuerer Zeit in den Mittelpunkt der öffentlichrechtlichen Diskussion getreten ist: ,,Einheit von Staat und Gesellschaft" - dies ist ein zentraler Widerspruchs-Begriff der Demokratie. Im Ansatz besteht noch Konsens. Für eine soziologisierende Betrachtung der staatlichen Gemeinschaft, die an Boden gewinnt, wird es nicht zweifelhaft sein, daß der Staat, im Sinn eines Institutionengefüges, seiner Organisation, einer "Gesellschaft" einerseits gegenübersteht, andererseits aber mit dieser in vielfacher Weise eng verbunden, ja verflochten ist. Diese "Gesellschaft" kann dabei nur gedacht werden als Inbegriff jener Gemeinschaftsstrukturen, welche außerhalb des Staatlichen bestehen. Gängiger Auffassung im heutigen öffentlichen Recht entspricht es, daß im liberalen 19. Jahrhundert der Staat dieser Gesellschaft in strenger Scheidung gegenübergestanden sei, während es gerade eine Besonderheit heutiger Zeit darstelle, daß sich die Verflechtungen beider Bereiche zunehmend verdichteten. Vor allem mag dafür die Entwicklung einer "Sozialstaatlichkeit" sprechen. Doch alsbald bricht der Widerspruch auf: Für eine im Grunde immer noch liberalen Überzeugungen verpflichtete Staatslehre kann es eine vollständige Einheit von Staat und Gesellschaft nicht geben, sie wäre mit der freiheitlichen Parteiendemokratie unvereinbar. Zwei Folgerungen vor allem wären dann unausweichlich: - Gegen einen Staat, der mit der Gesellschaft identisch ist, kann diese selbe Gesellschaft Grundrechte nicht mehr geltend machen; sie müßte sich gegen sich selbst wenden. Damit aber verlöre der Bürger sämtliche Abwehrrechte gegen Hoheitsgewalt wie "soziale Gewalten", die gesamte freiheitliche Grundlage des Rechtsstaats, in Jahrhunderten mühsam aufgebaut, bräche mit einem Mal zusammen. Freiheit gegen den Staat gäbe es nicht mehr, nur mehr ,,in ihm und seiner Gesellschaft", das wäre ein anderer Staat. - Letzte Konsequenz einer "Einheit von Staat und Gesellschaft" müßte ein Zustand sein, wie ihn die marxistische Rechtslehre postuliert hat: das Recht nur mehr als "Überbau" gesellschaftlicher, vor allem ökonomischer Strukturen und Entwicklungen; ein konstruktives Selbstgewicht käme ihm nicht mehr zu, ein geistiges Eigenleben könnte es nicht mehr führen. Damit wäre die extreme Gegenposition dessen erreicht, was einst die "Reine Rechtslehre" der Wiener Schule eindrucksvoll angestrebt hatte: Aufgegeben wäre nicht nur die vollkommen geschlossene Welt des Rechtes, dieses wäre selbst nichts anderes mehr als eine laufende Ratifizierung von Tatsachen; mit allen Schwankungen dieses seines realen Substrats würde es sich ununterbrochen verändern. Das Staatsrecht insbesondere verfiele zu einer Ausdrucksform politischer Entwicklungen, und selbst eine solche Verfestigung müßte immer wieder aufgebrochen werden im Rückgriff auf gewandelte Realität. Folge wäre der Primat des Politischen, völliges

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Zurücktreten der Rechtsidee, von Politik unabhängiger Gerechtigkeitsvorstellungen. All dies kann die rechtsstaatliche Dogmatik des Staatsrechts nicht zulassen, welche stets Eigenständigkeit und selbständige Überzeugungskraft des Rechtes bewahren muß. Selbst Annäherungen, Verschränkungen von Staat und Gesellschaft müssen bereits ihr Mißtrauen erregen. Denn jede Einheit von Staat und Gesellschaft wäre nichts anderes als ein letztes Ende des großen Römischen Rechts in unserer Zeit. Doch dieselbe Demokratie, welche also eine Einheit von Staat und Gesellschaft nirgends dulden kann, postuliert wesentlich eine Öffnung ihres Rechts zur Realität, die nichts anderes bringen kann als eben diese Einheit. Wenn das Volk souverän ist, so bedeutet dies, daß die rechtliche Macht dort sein soll, wo Macht in Wirklichkeit liegt, bei der Bürgerschaft als ihrem realen Träger; wenn das Wahlrecht immer weiter ausgeweitet, das Wahlalter gesenkt wird, so steht dahinter die demokratische Folgerichtigkeit, daß das Wahlvolk eine maximale Annäherung an das Realvolk darstelle; wenn politischen Parteien ein geradezu öffentlich-rechtlicher Status zuerkannt wird, so liegt darin das Eingeständnis, daß es Organe geben muß, welche zugleich gesellschaftlich und staatlich wirken; wenn mächtige Verbände, insbesondere die Gewerkschaften, zunehmend, tatsächlich und rechtlich, in das staatliche Leben eingebunden, geradezu mit Staatsfunktionen betraut werden, so ist dies Ausdruck einer Verbindung von Staat und Gesellschaft, welche dieselben Organe haben, weil in beiden dieselben Kräfte am Werke sind; wenn schließlich die freiheitliche Demokratie in besonderer Weise die Wirkung der Medien voraussetzt, welche ihre politische Willensbildung erst ermöglichen, so rechtfertigt sich auch deren besonderer Status, in der "Pressefreiheit" anerkannt und privilegiert, nur in einem Verschränkungsstreben von Staat und Gesellschaft. Die zentralen Figuren der parlamentarischen Demokratie schließlich, frei gewählte Abgeordnete und Bürgermeister, sind zugleich Inhaber staatlicher Mandate, ja Ämter - ein lebendiger Beweis für die organisatorische Einheit von Staat und Gesellschaft in dieser Staatsform. Alle diese Strukturen sollen Basisnähe der Machtausübung gewährleisten - doch zugleich bedroht die gesamte Konstruktion die Freiheit des Bürgers, der sich ja nicht mehr gegen einen Staat wenden kann, welcher eins mit ihm wird. Deutlicher kann nicht der tiefste Widerspruch in der Demokratie zutage treten, zwischen ihren Hauptlegitimationen: Zum einen ist es die Erhaltung eines Freiheitszustandes - er aber wird durch Basisnähe gefährdet; zum anderen ist sie auf den unmittelbar-realen Volkswillen gegründet -doch er überrollt die grundrechtliehe Abwehrstellung des Bürgers gegen den Staat. Neuerdings ist es ruhiger geworden um "Staat und Gesellschaft", stürmischer dagegen um "Basis und Volksvertretung": Das Staatsrecht hat noch immer seinen Frieden nicht gefunden mit der Soziologie. Und daß es so bleibe! Denn die hier aufgezeigte Antithese kann in überhöhender Synthese ihren Ausgleich nur finden, wenn es gelingt, jenen Balanceakt zwischen Freiheit und Volkswillen durchzuhal-

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ten, der allein seit den Zeiten Rousseaus die Demokratie immer wieder glaubwürdig hat erscheinen lassen: Demokratische Macht muß basisnah sein, doch sie darf sich mit der Basis nicht identifizieren. Die Herrschenden mögen sich der Flamme des Volkes soweit nähern, daß sie erleuchtet werden, sie dürfen sie nicht berühren, sonst verbrennt die Freiheit.

3. Die liberale Demokratie - Notabelaristokratie

Eine Balance zwischen basisnaher und doch nicht basisidentischer Volksherrschaft hat der große Liberalismus unternommen. Doch hier wirkten nicht nur die monarchischen Reststrukturen des Konstitutionalismus, sondern mehr noch ein Denken in alten und neuen Aristokratismen. Das Problem der basisnahen Demokratie war noch nicht "voll aus dem Volke heraus" erlaßt. Eine gewisse Nähe von Staat und Gesellschaft, die doch nicht volle Einheit war, hat es in jener zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegeben, in welcher eine selbständig strukturierte Gesellschaft bestand, die dem Staat gegenüberstehen, zugleich aber auch auf ihn einwirken konnte. Damals hatten die Worte ihre Berechtigung, mit denen französische Bürger häufig ihre Bittschreiben an die majestätischen Abgeordneten der Nationalversammlung begannen: "Herr Abgeordneter, Sie, der Sie alles vermögen ...". Diese Deputierten beriefen sich auf Demokratische Macht, hatten sie jedoch das "Vertrauen von unten", doch ihre Autorität kam, nach wie vor, "von oben": Sie waren Notabeln ihrer Kreise, geachtete Aristokraten oder Bourgeois. Bestellt wurden sie, weil sie bereits etwas bedeuteten oder besaßen, meist war die Wahl nichts als eine Anerkennung bestehender gesellschaftlicher Mächtigkeit. Die Wahlen zu Reichstag und Landtagen bestätigten gesellschaftliche Macht, sie verkörperten nicht ein ideales "Volk". Aus diesen Wahlakten ging nicht ein "Peuple en miniature" hervor, das Plenum war keine verkleinerte Volksversammlung, hier traf sich die gesellschaftlich-politische Führung, die daher mitregieren, nicht wieder nur bestätigen wollte. Die Masse der Bürger mochte zwischen verschiedenen Mächtigen auswählen, doch eine Wahl war ihr damit nicht eröffnet: sich selbst zu wählen, ihresgleichen. Parteien und Programme wurden den Bürgern vorgesetzt, sie mochten stürzen oder erheben, doch meist nur andere, nicht "sich selbst". Diese bürgerlichen Wahlen waren daher letztlich nur eine Form von Wahl-Aristokratie, ja von oligarchischer Herrschaft. Das galt für die Schweizer Bauern wie in England. Volkstribune durchbrachen zwar immer wieder die Sperren dieser Senate, doch meist war ihnen das Schicksal der Gracchen beschieden: Aufwiegeln konnten sie das Volk, verkörpern nicht. Bis zur Weimarer Zeit war die ,.Basisnähe der liberalen Demokratie" eben doch ein patriarchalisches Sich-Neigen zum Volk. Nur eine Kraft stand außerhalb dieser Entwicklung, gerade dadurch erschien sie der bürgerlichen Welt als grundsätzliche 2 Leisner

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1. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

Bedrohung: jener Sozialismus, der "seinesgleichen wählen" und verkörpern wollte. In ihm entfaltete sich in der Tat eine neue Form der Demokratie, in welcher die Basisnähe einen grundsätzlich veränderten und gesteigerten Stellenwert erreichen wollte.

4. Weimar - Scheitern der neuen Volksnähe

Jene bürgerliche Gesellschaft, welche in vornehmer Distanz zur Macht stand, zerbrach im Weltkrieg. Es vergingen die konservativ-liberalen Wahlidyllen einer gesellschaftlichen Selbstbestätigung. Die Weimarer Reichsverfassung war ein neuer Appell an ein Volk, dem sich die Macht in völlig veränderter Form nähern wollte. Liberale Romantiker wie Naumann, geschichtsbeschwörende Theoretiker wie Beyerle und Sozialisten wollten eines: Die Urkraft des "Volkes" sollte die Niederlage überwinden, im Namen der Verfassung erwartete man, daß es einig sei, daß es im Reichstag seine Verkörperung, sein besseres Ich, seine Identität finde. Doch es fand sie nicht, diese Enttäuschung ist bis heute nicht überwunden; geblieben ist ein historischer Zweifel an der Legitimität der demokratischen Staatsform. Im Reichstag fanden sich patriarchalische Alt-Notabeln mit neuen Managern der Macht zusammen, die Max Webers "Politik als Beruf' betrieben. Partei-, Verbands-, Gewerkschaftsfunktionäre, politisierende Kirchenmänner und Redakteure - sie waren alle in ihrer Art, um mit Dostojewskis Dämonen zu sprechen, sicher "Kenner des Volkes", doch sie waren nicht das Volk, sie konnten die so notwendige Basisnähe nicht bringen. Wie früher die Obrigkeit, so traten nun die Parteien dem Volk als Herrschende gegenüber; enttäuscht reagierten alle, die sich in romantischen Demokratievorstellungen gewiegt hatten, schadenfroh die grundsätzlichen Feinde der neuen Staatsform. In einem standen diese neuen Volks-Vertreter näher beim Volk als die früher Herrschenden: Wie die große Masse ihrer Wähler hatten auch sie nur einen prekären, stets gefährdeten Beruf, eben den des Politikers. Im übrigen lebten sie großenteils noch weiter entfernt vom "Volk" als die konservativen Landräte früherer Zeiten, verband sie doch nicht einmal mehr die gutsherrliche Schicksalsgemeinschaft mit "ihren Leuten". Antworten mochten sie den Wählern, doch was konnten sie für das Volk verantworten? So verlor denn das Parlament rasch an Basisnähe, gerade das "Völkische" ging auf die Straße. Es begann die erste große außerparlamentarische Opposition, in der beide demokratischen Legitimationen zugleich untergehen sollten, der Freiheitszustand ebenso wie die Macht des Volkswillens. Bald schien es, als werde das Volk in farbigen Hemden und Bundhosen, in Saalschlachten und Fehmemorden, in seiner Zerrissenheit im Bürgerkrieg von Bewaffneten verkörpert, weil seine Gewählten es nicht wirklich zu repräsentieren vermochten. Es entfalteten sich jene klassischen Entartungsformen der Demokratie, wie sie die Geschichte immer wieder

11. Volksferne Volksvertreter oder basisnaher Staat

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zeigt. Ihre Gefährlichkeit für die Staatsform lag gerade darin, daß sie in ihrem Namen zu wirken vorgaben, um "den Staat wirksam an die Basis" zu bringen. Hier zum ersten Mal, in den bewaffneten Kolonnen von rechts und links, im gemeinsamen Ziel eines Umsturzes, ist etwas aufgebrochen wie eine große "Demokratie der Aktivbürger": Jeder auf seinem Posten, jeder im Einsatz, jeder unmittelbar zum Staat. Sicher hat es in der Weimarer Zeit auch ruhige parlamentarische Arbeit, echte demokratische Basisnähe gegeben, vor allem in Kommunen, in lokalen Verhältnissen. Doch wie groß der Abstand war zwischen dem Volk und seinen Gewählten, das zeigte sich, als der neue Führer die Parlamente schloß. Das "Volk" fühlte sich eben nicht mit diesen Volksvertretungen geschlagen, sondern vielmehr erlöst von der wirren Herrschaft fernab in seinem Namen Streitender. Als die Führung den Reichstag in ihren Resonanzraum verwandelte, erschien es vielen, als werde das Parlament damit nur zu dem, was es von Anfang an habe sein sollen - ein Widerhall des Volkes.

5. Von der Nachkriegs-Restauration über außerparlamentarische Opposition zu "mehr direkter Demokratie"

Nach 1945 war der demokratische Parlamentarismus zunächst nur Restauration; er bedurfte keiner Legitimation, gut war er, weil das Vergangene schlecht war. Die Parteienvertreter des späten Weimar konnten sich "wieder wählen lassen" hatten sie doch, wenn nicht das Volk, so doch dessen antifaschistische Vergangenheit vertreten, das "andere Deutschland", und waren damit bereits von nationaler geschichtlicher Bedeutung. Sie erschienen mehr als ein Beweis deutscher Demokratie gegenüber mißtrauischen Besatzern, denn als eine Verkörperung des Volkes gegenüber sich selbst. Ein ruhiges Besatzungsregime, gestützt auf neu sich entwikkelnden wirtschaftlichen Wohlstand, schien einer Basisnähe nicht zu bedürfen, für viele Jahre stellte sich denn auch nicht eigentlich das Problem der Repräsentation; Vertrauen bestand in die Vertreter einer besseren Vergangenheit, im übrigen Unterworfenheit unter fremden Willen. Erstmals die 60er Jahre, Notstandsverfassung und Studentenunruhen, brachten einen neuen Ruf nach der Basis, nach einem "nicht verkörperten Volk", das in außerparlamentarischer Opposition seine turbulente Vertretung finden sollte. Doch der Durchbruch ist dieser Bewegung seinerzeit nicht gelungen; sie ist nicht nur an juristischen Revolutionsschranken gescheitert, an den Schwierigkeiten praktischer Verwirklichung so mancher anarchisch anmutender Ziele. Entscheidend wirkten damals - und wirken noch immer - sozio-ökonomische Trägheitserscheinungen der industriellen Massengesellschaft all dem politisch entgegen. In einer immer Selbstbewußteren Bürgerschaft setzte geradezu eine Rückkehr ein zu Vorstellungen einer früheren Notabelrepräsentation: Man sucht sich nun Politiker seines Vertrau2*

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1. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

ens, will gar nicht repräsentiert werden im eigentlichen Sinn des Wortes. Diskutiert wird gelegentlich über Unter- oder Überrepräsentation gewisser Berufsgruppen in den Parlamenten. Die Idee aber, daß Vertretung des Volkes ein Spiegelbild des Volkssouveräns schaffen soll, ist nicht eigentlich ins Bewußtsein gedrungen. Die außerparlamentarische Opposition wollte Rätestaatlichkeil bringen, mit ihr ist sie auch vergangen. Basisnähe wird vielmehr, seit den 80er Jahren des Jahrhunderts, in anderen Formen erstrebt, aus anderen Gründen. Die Arbeitsteilung zwischen bezahlten Berufspolitikern und zahlenden Wirtschaftsbürgern ist im Grunde akzeptiert, doch etwas wie eine Machtreserve wollen diese letzteren sich bewahren, etwas wie "politische Mitwirkungs-Grundrechte in diesem Sozialvertrag der Wahl": Abstimmungs-Mitsprache in zentralen Sachfragen, nicht nur Vertrauensbeweise in Personalentscheidungen. Dieser Ruf nach "mehr direkter Demokratie" ertönt aus zwei Gründen vor allem: Die Politik ist nicht mehr ,,hoch und fern", die Umweltbewegung vor allem hat ihre zentralen Probleme "näher an den Bürger gerückt". Und immer neue "große Entscheidungen", in Europa zumal, wecken Entscheidungsfreude, Entscheidungsbedarf bei Jedermann. "Wir sind das Volk" hallte der Ruf weit über den Osten hinaus, und er ist nicht verklungen; wieder könnte er zum Schlachtruf einer parteien-, ja politikmüden Bürgerschaft gegen diejenigen werden, welche sie noch immer zu verkörpern vorgeben. In der Tat wandelt sich hier, mit neuen Vorstellungen von "Basisnähe" - die Basis der demokratischen Staatsform. Die Entfernung zwischen Wählern und Gewählten wird größer, sie läßt sich nicht so sehr an Wahlbeteiligungen ablesen, als vielmehr an Rekrutierungsschwierigkeiten des "politischen Personals", wenn sich die Leistungsstarken dem Verdienen zuwenden, nicht dem Verdienst um den Staat. Aus Distanz werden auch die Wahlen von einer Bürgerschaft betrachtet, die in ihnen zwar wohl immer noch mehr sieht als spannende Spiele, sie aber zunehmend verfolgt als Phänomene politischer Meteorologie, als Stimmungsanzeigen, zugleich aber in wachsender innerer Teilnahmslosigkeit. Schwankendes Wahlverhalten bestätigt wohl Demokratie als Staatsform des Machtwechsels, doch es lockert die Bande der Identifikation der Bürgerschaft mit "immer mehr zufällig Gewählten". Eine über der - politisch erstaunlich stabilen - basisfloatende Volksvertretung: Ist dies noch ein "basisnaher Staat"?

6. Direktwahl der Abgeordneten- nur ein Schein direkter Demokratie

Basisnähe kann die Volksherrschaft nicht allein über Volksbegehren und Volksentscheid gewinnen. Die Gewählten müssen näher an das Volk gebracht werden, sie, welche die entscheidende, die tägliche Macht ausüben und kontrollieren. Das Persönlichkeitswahlrecht, die Direktwahl von Abgeordneten in Stimmkreisen, ist ein solcher Versuch, doch seine Überzeugungskraft bleibt begrenzt. Die

li. Volksfeme Volksvertreter oder basisnaher Staat

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Aufstellung von Direktkandidaten findet nur auf immer schmalerer Parteibürger-, meist Parteifunktionärbasis statt. Wer den Einfluß dieser Plattform verstärken will, läuft überdies Gefahr, die einheitliche politische Stoßkraft der Partei entscheidend zu schwächen. Der Einfluß der Parteizentralen gegenüber örtlichen Parteibürgerschaften läßt sich lokal schwächen, nicht insgesamt brechen, nicht selten verstärkt er sich noch: Je zahlreicher die "Lokalvertreter" eingeschaltet werden, desto mehr geraten sie in die Gefahr, zu Akklamationsorganen zu verkümmern. Direktkandidaten kommen auch nicht eigentlich "von der Basis", sie werden in der Regel eben doch durch kleine Gruppen von Parteimitgliedern dem Wahlvolk vorgestellt, das nicht selten nur zwischen den Bildern völlig Unbekannter zu wählen hat, sich zu griffigen Banalitäten bekennen soll, in Wahrheit meist wieder zu Parteien, selten zu Menschen, kaum je zu sich selbst. Auch gegen die Direktwahl der Kandidaten in den Stimmkreisen kann also unschwer der Vorwurf erhoben werden, es handle sich nur um einen Schein von Basisnähe, um eine Verschleierung des Notabeldiktats der Parteizentralen oder der örtlichen Parteigremien. Die parlamentarische Demokratie muß auch hier wieder ihre demokratische Berechtigung mit dem fatalen Schluß von der juristischen Möglichkeit auf die politische Realität begründen: Alle Bürger können mitwirken, durch Eintritt in Parteien, Teilnahme an deren Sitzungen, Stellung von Anträgen. Doch in der Verfassung heißt es nicht, daß das Volk seine souveräne Gewalt ausüben könne, sondern daß dies geschehen müsse - in der Wirklichkeit aber geschieht es nicht. Die Institutionen eröffnen Möglichkeiten zur Basisnähe der Staatsgewalt, sie garantieren sie nicht. Ein gewisser Abstand von Recht und Wirklichkeit bleibt hier unaufhebbar. Doch wenn Nonnen in so grundlegenden, die Staatsform konstituierenden Fragen lediglich ein Können und Dürfen festlegen, so wird der Abstand zur postulierten Wirklichkeit übergroß. Nur ein rechtliches Müssen nähert sich ihr wirklich - gerade an diesem rechtlichen Zwang zur Basisnähe aber fehlt es im parlamentarischen Staat. Und so bleibt sein Persönlichkeitswahlrecht eben weithin nichts als eine Fiktion von Basisnähe, der Parteienstaat, der sie trägt, eine "Volksvertretung des als ob".

7. Imperatives Mandat - Imperativ der Basisnähe ein Dauerproblem

Die kritische Frage nach dem "imperativen Mandat" in der Demokratie ist leiser geworden, verstummen wird sie nicht. In diesem Wort ist die Volksfeme der Volksvertreter nach 1968 zum Problem geworden, ist eine revolutionierende Forderung hineingestoßen in die wohlorganisierte Abschirmung der Parlamente. Soll der Volksvertreter denn nicht von seinen Wählern feste Aufträge erhalten? Sollen sie deren Erfüllung nicht kontrollieren dürfen, wenn nötig durch Rückruf eines schlechten Repräsentanten?

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Vertreter des Parlamentarismus weisen, damals wie heute, solche Forderungen allzu kurzer Hand von sich, als seien sie demokratische Majestätsbeleidigung. Hinter dem Verlangen nach imperativem Mandat steht mehr: Es ist eine Art von demokratischem ,,Zurück zur Natur", vertreten denn auch von Anhängern der Umweltbewegung, belastet mit mancher Utopie, zugleich aber Ausdruck echter demokratischer Ideologie - und auch rechtlich plausibel. Ist es denn nicht an sich selbstverständlich, daß Beauftragte in erster Linie den Willen der Auftraggeber erfüllen, daß ihnen konkrete, bindende Aufträge gegeben werden, nicht nur ein Vertrauensbeweis für Jahre, daß die Auftraggeber dann auch Rechenschaft fordern und das Mandat widerrufen können, wenn der Beauftragte täuscht oder enttäuscht? Das parlamentarische Wahlrecht sieht es anders. Nicht nur, daß es den Abgeordneten ausdrücklich Selbständigkeit gegenüber dem Wählerwillen garantiert und hier sogar das allzugroße Wort des Gewissens bemüht; im Mißtrauen gegen den Einfluß der Verbände, den Lobbyismus überhaupt, soll der "gläserne Abgeordnete" Wirklichkeit werden, abgeschirmt in einer Retorte vor den Interessen seiner Auftraggeber. Das "imperative Mandat" schlägt in sein Gegenteil um, in das "Mandat ohne Mandanten", im Namen der Demokratie. So gering die eigentliche, die interessenmäßige Basisverbindung der Abgeordneten von Rechts wegen ist, so stark bleibt ihre Bindung an ihre Parteien. Gerade in der Gegenüberstellung dieser beiden Abhängigkeitsverhältnisse droht die parlamentarische Demokratie erst recht unglaubwürdig zu werden: Den Mandatsträgem wird vorgehalten, sie stiegen widerspruchslos ab von dem hohen Roß ihres Gewissens, wenn Parteidisziplin und Fraktionszwang es verlangten - doch weithin wird gerade dies von ihnen erwartet; die Bürger verzeihen dem Abtrünnigen einen Parteiwechsel nicht, denn sie haben eben die Partei gewählt, nicht ihre eigenen Vertreter. Doch Parteien haben Programme, sie nehmen nicht Aufträge entgegen, Parteienfinanzierung will es ihnen verbieten. Weil sich mit der Frage der Basisnähe das Legitimationsproblem der parlamentarischen Demokratie als solcher stellt, kann eine rechtsdogmatische Konstruktion nicht genügen, welche lehren will, das "befreite Mandat des Staatsrechts" habe nichts gemein mit der "gebundenen Vertretungsmacht des Privatrechts", der Abgeordnete handle nicht für den vertretenen Bürger, sondern "wie dieser". Einen Vertreter, der nichts vertritt als sich selbst, kennt aber das Recht nicht. Vertretungsmacht ohne jede Bindung ist sittenwidrig - und hier doch Verfassungsgebot In dieser Gewissensunterworfenheit des Volksvertreters zeigt sich überdies ein innerer Widerspruch des Repräsentationsdenkens: Einerseits wird auf eine Instanz hingewiesen, welche gerade die völlig isolierte Einzelperson konstituiert, das Gewissen; zum anderen aber soll auf eben diese Weise eine Verkörperung anderer Menschen stattfinden. Ein derartiger Kollektivbezug eines Gewissens, einer Gewissensentscheidung, ist unserer Sprache, unserem Denken, unserer Kulturauffassung schlechthin fremd.

II. Volksfeme Volksvertreter oder basisnaher Staat

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Letztlich bietet also der Parlamentarismus rechtliche Konstruktion statt politischer Legitimation; eine wesentliche Grundlage der Demokratie ist erschüttert, wenn der vertretene Bürger nur mehr das Wählen, nicht mehr das - wenn auch indirekte - Sagen hat, wenn sich sein Vertreter einsperren kann in den Elfenbeinturm seines "Gewissens", begleitet allerdings in merkwürdiger Weise von Parteiräson im Fraktionszwang. Die Fraktionsdisziplin wird damit begründet, daß anders das Parlament, mit ihm die Demokratie, überhaupt nicht arbeitsfähig sei. Doch solche ,,Funktionsfähigkeit" ist rechtlich undefiniert, undefinierbar. Grundsätzlich kann sie als solche keine durchgreifende Begründung bieten für eine Abwendung von Grundlagen der Staatsform. Oder sollte diese nur funktionieren können für den Fall, daß sie sich gerade von dem entfernt, worauf sie eigentlich beruht: auf der Vertretung des Wählers - nicht auf dem Ordnungswort der Partei? Bleibt dann nur mehr die Rousseausche These, der Abgeordnete vertrete eben nicht "seine" Wähler, sondern "das gesamte Volk", die Wähler seines Wahlkreises handelten nur als ein Teilorgan für dieses Gesamtvolk. Dies mag eine juristisch denkbare Konstruktion sein. Doch sie bleibt legitimationsschwach, mit ihr wird gerade jene Begründung wiederum aufgehoben, auf der doch die Demokratie insgesamt aufruht daß eben Verbindung zwischen den Gewählten und dem realen Volk bestehe. Wenn es erforderlich ist, komplizierte öffentlich-rechtliche Konstruktionen zu bemühen, Organe und Teilorgane anzunehmen, um schließlich jenen eigentümlichen Status des parlamentarischen Abgeordneten zu begründen, der einerseits ganz isoliert und nur seinem Gewissen unterworfen ist, andererseits aber doch das Volk, das ganze Volk gerade, verkörpern soll - wenn dies die Legitimation der Demokratie ist, so geht das Entscheidende an ihrer Legitimität verloren: Von einer "Verkörperung des Volkes" kann nicht mehr die Rede sein; die Gewaltübertragung auf den Abgeordneten erfolgt in einer Art und Weise, die ebenso etwas Mystisches an sich hat, wie dies bei Monarchen früher der Fall war. Das Gesamtvolk dieser Demokratie wird damit in ähnlicher Weise zu einer unfaßbaren Staatsgrundlage, wie es dies zu Zeiten der Fürsten war. In der Forderung nach mehr Basisnähe durch das imperative Mandat ist die "politische Natur" der Macht doch wieder ins Staatsrecht zurückgekehrt, die sich eben nicht mir der juristischen Konstruktion eines Gesamtvolkes begnügen will, das sich der einzelnen Wahlkreisvölker als Teilorgane bedient, um - nun mit einem Mal Organe zu schaffen, die das Ganze nicht nur vertreten, sondern sogar verkörpern. Denn darin liegt ein doppelter Bruch: zwischen Wahlkreisvolk und Gesamtvolk; zwischen individuellem gewissensunterworfenem Abgeordneten und der Verkörperung einer großen Masse. Nicht nur, daß der demokratiekonstituierende Bezug zur Wirklichkeit in Gefahr gerät, einer solchen Konstruktion stehen erhebliche logische Bedenken entgegen.

Parteidisziplin und Fraktionszwang lassen die Zusammensetzung der Volksvertretungen als problematisch erscheinen: Die Legitimation der Großparlamente be-

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reits wird zweifelhaft. Ausgangspunkt der Versammlung so zahlreicher Volksvertreter war - die geschichtliche Entwicklung zeigt es - gerade das imperative Mandat, das heute den Parlamentarismus stört. In der französischen Nationalversammlung von 1789 kamen so viele Volksvertreter zusammen, weil sie wirklich noch Träger von Mandaten, von Aufträgen, von Vorwürfen der Basis gegen die Inhaber der Macht waren, wie ihre Vorgänger im Ancien Regime. Wenn aber Parteidisziplin und Fraktionszwang funktionieren, so ist schwer einzusehen, weshalb im Parlament immer wieder mit 240:230 Abgeordneten abgestimmt werden soll, nicht aber mit 24:23. Was tragen die anderen Volksvertreter bei, wenn sie nicht besondere Aufträge mitbringen, diese dann aber auch unter dem Druck der Abberufung vertreten müssen? Der Hinweis, man brauche die Zahlreichen für die Ausschußarbeit, hat technisches Gewicht, zu grundlegender Legitimation aber reicht er nicht aus, und fraglich bleibt immerhin, ob Ausschußarbeit so großen Aufwand erfordert für eine Volksvertretung, wenn sie allein im Vorfeld wirkt. Ist nicht durch die in Fraktionsdisziplin erstarrten Bunkerfronten der Parlamente das Feuer der Volksbewegung in Kasematten betoniert worden? In der Ablehnung des imperativen Mandats liegt noch eine weitere Inkonsequenz, blickt man auf die Parlamentspraxis. Die "gewissensunterworfenen" Volksvertreter erhalten dennoch laufend Aufträge. Verbände, Gewerkschaften, Zwischengewalten aller Art handeln eben so - und existieren deshalb - wie es der Wähler angeblich aus Grundsatzerwägungen der Demokratie nicht darf, weil dies zur "Funktionsunfahigkeit der Volksvertretungen" führe: Verbandliehe Informationen und Pressionen, Honorare und Posten sind aber nichts als Formen eines imperativen Mandats, ohne das jedoch eine Parlamentsarbeit schlechthin unmöglich wäre. Die heutigen Parlamente können überhaupt nur funktionieren in laufender Informationsnähe zu Pressure-Groups, welche ihnen einen Wissensstand vermitteln, der den Informationsvorsprung der Exekutive zwar nicht ausgleicht, aber doch immer wieder abmildert. Das "freie Mandat" war Wirklichkeit in einer Zeit, als der Gewählte freies Glied einer freien staatsunabhängigen, unorganisierten "Gesellschaft" war. Heute aber muß sich die Demokratie der Frage stellen, ob die Abhängigkeit des Gewählten vom Wähler nicht besser sei als von Verbänden, die ihrerseits dem Mitgliedereinfluß so oft entrückt sind. Nicht das imperative Mandat des Rätestaats bedurfte also der demokratischen Legitimation, war es doch die Normalform jeder Vertretung, jedes Auftrages, sondern das freie Mandat der parlamentarischen Demokratie. Deren Vertreter begründen ihre Ablehnung mit geschichtlichen Erfahrungen, mit dem Druck der Straße, der Jakobiner und Bolschewisten. Doch damit wird Historie gesetzt gegen die begeisternde Grundidee der Volksherrschaft. Es bleibt die radikal-demokratische Grundfrage, ob schlechte Erfahrungen schwerer wiegen als politischer Glaube an den Auftrag des Volkes, ob Demokrat ist, wer "stets nur schlechte Erfahrungen mit dem Volk" befürchtet. Kann es wirklich kein System geben, welches Anarchie ver-

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meidet und doch den ,,reinen Glauben" an die dauernd wirkende Basis des Volkes sich bewahrt?

8. "Mehr Basisnähe" der Gewählten - ein Menetekel der parlamentarischen Demokratie

Die groß angelegten Versuche einer Institutionalisierung von mehr Basisnähe durch Formen des imperativen Mandats sind spektakulär gescheitert. Der Rätestaat, der die ständige lebendige Basisverbindung durch vielfache Stufungen halten wollte, ist von der zentralen Staatsgewalt aufgesaugt, zu ihrem alleinigen Machtinstrument geworden; seine Basisnähe hat in allgemeiner Staatsnähe geendet, in Bürgerferne. Die "Grüne Bewegung" hat das Rotationsprinzip der Hoffähigkeit im Parteienstaat geopfert. Dennoch ist die Grundidee einer lnstitutionalisierung parlamentarischer Basisnähe nicht verloren; immer wieder erscheint sie als Menetekel an den Wänden der Volksherrschaft. Ihr stets von neuem aufgerütteltes Basisgewissen will sie beruhigen in mehr Volksentscheid, auf forcierten Parteitagen, in legitimierenden Mitgliederbefragungen der Träger des politischen Willens. Diese Strömungen werden sich nicht beruhigen, auch wenn sie nicht bis zur Abberufung der Gewählten tragen, denn hier geht es um wenn nicht Auflösung, so doch Abschwächung eines zentralen inneren Widerspruchs der Staatsform - mit vielen beachtlichen Gründen und in durchaus realisierbaren Formen: Der Rechenschaftsbericht an die Wähler sollte für den Abgeordneten mehr sein als eine parlamentarische Artigkeit, er könnte zur harten, periodischen Verpflichtung werden. Mit ihm verbänden sich dann Fragen an die Wähler, neue Aufträge, all dies in festen, zwingenden Formen. Die Diskussionen von Parlamentsplenum und Ausschüssen würden sich in zahllosen Volksversammlungen fortsetzen, in denen der Souverän seine Vertreter instruiert, wie heute die Landesregierungen ihre Bundesratsstimmen. Durch festes Verfahren, klare Mehrheiten zum Rückruf der Gewählten könnte der Wahlvorgang vom unklaren Vertrauensbeweis zum kontrollierten Auftrag, könnte "Verantwortung" nicht erst nach Jahren bei Neuwahlen verlangt werden, wenn, in einer so schnellehigen Zeit, vieles längst vergessen ist. In den Marktwirtschaften der parlamentarischen Demokratie wird der Staat zunehmend mit großen Wirtschaftsunternehmen verglichen, ihnen angenähert. Vorstände solcher Unternehmen müssen sich jedoch in kürzeren Abständen entlasten lassen als die Volksvertreter der parlamentarischen Demokratie. Die vergleichsweise lange Wahlperiode setzt diese der Versuchung aus, mit Geschenken des letzten Jahres die Sünden des ersten zu verdecken. Verstärkt sich nicht die Diskrepanz zwischen einer Zeit, die immer raschere Entwicklungen kennt und damit schneller vergißt - und einer zunehmend auf Dauer berechneten lnstitutionalisierung der Figur des pensionsberechtigten Abgeordneten?

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Dies führt freilich zu etwas wie einem permanenten Wahlzwang, der mitarbeitendes Vertrauen bringen soll, nicht das Vertrauen des Vergessens. Das Volk müßte zur Dauermitarbeit, zur Dauerabstimmung erzogen werden. Wenn es die Gewählten dann nicht "zurückruft", wenn es vergessen sollte, daß Machtübertragung mehr ist als Arbeitsteilung, so müßte es "zu seinen Rechten gezwungen werden" - immer wieder an die Urnen. Kurze Mandatsdauer wäre die Folge, eine Art von unermüdlicher Demokratie, welche durch emsiges Wahlen und dauernde Versammlungen Wahlbewußtsein schaffen will. Und gehäufte Wahlen würden wohl auch weniger "glückliche Zufalle" für die eine oder die andere Seite bringen, sodaß sich auf diese Weise die Chancengleichheit verstärken ließe. Solche Herausforderungen verbannt, bisher und vielleicht endgültig, die praxisfreundliche Demokratie in das Reich der Utopien. Doch ihre eigenen Grundüberzeugungen wie ihre Vergangenheit werden ihr immer wieder eine Grundfrage stellen: Parlamentarische Demokratie will Volksmacht schaffen -ist sie aber nicht nur ein Instrument, um einzelne vor der Macht dieses Volkes zu schützen, ein System des Mißtrauens gegen die Vielen, die herrschen sollen? Erheben sich nicht die Abgeordneten in ihrem freien Gewissen über das Volk, ist dies in Wahrheit nicht eine Form der (Parteien-)Oligarchie?

9. Die Amtsstellung der parlamentarischen Volksvertreter

Die Amtsstellung der Abgeordneten in der parlamentarischen Demokratie verstärkt sich notwendig und laufend. Die steigenden Belastungen des Politikberufs zwingen den Volksvertreter immer häufiger zur Aufgabe seiner bisherigen beruflichen Tatigkeit. Die Parteien stehen daher unter einer geradezu moralischen Pflicht der grundsätzlichen Daueraufstellung von Kandidaten und es ist nur natürlich, daß sie sich dies mit Wohlverhalten bezahlen lassen. Abgeordnetenpension und Übergangsgeld sind letzte Konsequenzen einer solchen Politik als Lebensberuf. Dazu gibt es keine Alternative, wie groß auch die Bedenken gegen solche Formen parlamentarischer "Selbstbedienung" sein mögen. Die "beamtete Volksvertretung" funktioniert - wie alle ,Amtlichkeit. Doch sie verstärkt nicht nur den Abstand zur Basis der Wahler, die Unabhängigkeit von ihr, sie tritt sogar in Widerspruch zum "freien Mandat": ,,Freie Ämter" sind ein Privileg von Judikative und Wissenschaft, nicht von Gewählten des Volkes. Hier zeigt sich eine neue Spannung: Gerade die Demokratie der Gleichheit und der Verteilung, der Grundstrukturen jeder Volksherrschaft, bedroht die Grundlage eines wahrhaft freien Mandats: den eigenen Besitz, der aber staatsunabhängig macht. Je weiter die Demokratie das Besitzbürgertum wirtschaftlich zurückdrängt, desto schwerer kann sie ein "freies" Mandat durchhalten, dessen Idee sie aber doch dem imperativen Mandat entgegensetzen will.

II. Volksfeme Volksvertreter oder basisnaher Staat

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Die Tendenz zur Lebensstellung der Volksvertreter in Parteien und Verbänden ist daher ebenso systemimmanent wie die große Zahl von öffentlichen Bediensteten auf den Bänken der Parlamente. Die Kritik daran kommt zwar aus einem Streben nach Verkörperung aller Gruppen in der Volksvertretung. Doch wenn der Zug der Zeit in Richtung auf den beamteten Parlamentarier geht, so erscheint der Beamten-Parlamentarier doch nicht als eine Anomalie, eher als eine Vorwegnahme des Kommenden: des Volksvertreters als Amtsträger. Wenn es schließlich Hauptaufgabe der heutigen Parlamente ist, dem Bürger immer mehr soziale Sicherheiten zu beschließen, so können davon doch diejenigen nicht ausgeschlossen werden, welche die Sozialgewalt ausüben. Der Sicherungsstaat muß daher auch, ja gerade an seiner parlamentarischen Spitze Risiken für deren Träger beschränken. Damit aber stellt sich die Ausgangsfrage nach der Basisnähe erst recht wieder: Entfernt sich nicht ein "Volk von Versicherten" ebenso von der Freiheit, welche doch diese Demokratie trägt, wie seine voll versorgten Führer vom freien Mandat? Droht dann nicht die Glaubwürdigkeit des demokratischen Parlamentarismus weiter zu sinken, die gerade das freie Mandat verstärken würde? Und statt freier Mandatsträger nun immer mehr Amtsträger mit Pensionsanspruch zu schaffen - was ist da eigentlich noch "volksnah"?

10. Basisferne parlamentarische Regierungsbildung Das Problem der Basisferne im Parlamentarismus liegt jedoch noch tiefer - es beschränkt sich nicht auf die Volksvertretung. Am deutlichsten zeigt es sich bei der Bildung der Regierung. An sich schon vom Volk weit entfernt, findet sie den Weg zum Volkssouverän nur über die Parlamentsmehrheit Das politisch-faktische Gewicht dieser so "volksfernen" und doch so zentralen Gewalt verstärkt sich dabei ständig. Sie ist eben nicht eine Corninission de 1' Assemblee; es gibt einen eigenständigen "Bereich der Regierung", und dies gerade im Namen jener Gewaltenteilung, welche Freiheit durch Machtminderung sichern soll. Dann aber stellt sich die Frage der Basisnähe im Parlamentarismus noch drängender: als Problem der demokratischen Legitimation der Exekutive. Die Volksvertreter, an sich schon weit abgesetzt vom Bürger, regieren ja nicht selbst, sie tragen durch ihr Vertrauen die Regierung. Wie groß die Basisferne wird, in dieser "zweiten Transmission" zeigt sich eindrucksvoll gerade in Zeiten der Wahl. Am Wahltag, in der Wahlnacht ist etwas von der ursprünglichen Basisnähe des Demokratischen spürbar. Doch sogleich danach, und im erstaunlichen Kontrast dazu, setzt eine völlig andere politische Stimmung ein: in der Phase der Regierungsbildung. Seit den königlichen Kabinetten hat sich hier wenig verändert. Kombinationen und Koalitionen ohne Zahl werden versucht, parteipolitische und persönliche Überlegungen müssen, meist hinter streng verschlossenen Türen, ange-

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stellt werden. So aber werden die eigentlich Herrschenden bestimmt, in oft geradezu konklaveähnlicher Volksfeme - obwohl doch der Parlamentarismus gerade hier bis in die Exekutive hinein die Volksnähe des Regierungssystems tragen soll, diese zentrale Legitimation der Staatsform als solcher. Der Wahlbürger bestimmt die regierende Partei, nicht die Regierung. Künftige Regierungslösungen, die möglichen Alternativen einer solchen, kann er im parlamentarischen System nicht kennen, meist auch nicht annähernd voraussehen, noch weniger die oft entscheidenden persönlichen Konstellationen der Regierungsbildung. Für Koalitionsregierungen vor allem gilt dies, diese feinsinnigen Versöhnungen früherer Feinde, die Rechenkunststücke mit Machtbruchteilen, die als wahre Kabinettsstücke parlamentarisch-politischer Taktik Geschichte machen. Doch welcher Weg führt von ihnen zum einfachen Wähler, der dies alles gewollt haben soll, dem dies nun jedenfalls zugerechnet wird? Parlamentarismus bedeutet, daß ein Stück Überraschung gewählt wird. Und die faktische Unabhängigkeit vom Wahlvolk ist am stärksten in diesen Tagen der Regierungsbildung, weil die Wahl eben vorüber ist; gerade dann aber fallen die eigentlichen politischen Entscheidungen - im Namen des Wählers.

11. Volksnähe von Präsidentialismus und Kanzlerdemokratie

Die Präsidialdemokratie entgeht, wenigstens zum Teil, solchen Vorwürfen. Hier wird die "eigentliche Macht" demokratisch durch die Wahl legitimiert, klarer und sicherer als in der Bestimmung zahlreicher Volksvertreter. Diese Legitimation, die Einem zuteil wird, hat sich in der Geschichte immer wieder als stärker erwiesen als diejenige, welche ein "Volk im Kleinen" in den Parlamenten schaffen wollte in Frankreich nach 1848 und 1959 ebenso wie in der Weimarer Republik. Darin aber liegt ein grundsätzliches Bedenken gegen den Parlamentarismus: Seine typische Legitimationsform, die der Verkörperung der Vielen durch die Vielen, ist offensichtlich, gerade in ihrer Wirkung auf diese Vielen, schwächer als die Legitimation durch den akklamationsähnlichen Vertrauensbeweis der Vielen gegenüber dem Einen, der in der Präsidentenwahl liegt. Die Kanzlerdemokratie deutscher Prägung versucht, sich dem anzunähern in einer Art von parlamentarischem Präsidentialismus. Die Basisfeme der parlamentarischen Demokratie läßt sich jedoch durch diese Kanzlerdemokratie erst recht nicht überwinden. Kanzler können nie stärker werden als es die Institutionen des Parlamentarismus erlauben. Die Präsidentielle Demokratie bereits unterliegt aber rasch zeitlicher Abnützung bei kurzer Mandatsdauer, wie in den Vereinigten Staaten, einer Vertrauensabnutzung in der überlangen Dauer eines französischen Septennats, dem die Basisnähe verloren zu gehen droht. Die goldene Mitte der "Volksnähe" ist hier längst noch nicht gefunden.

II. Volksfeme Volksvertreter oder basisnaher Staat

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Für die Kanzlerdemokratie kommen noch institutionelle Abnutzungserscheinungen hinzu. Der Kanzler ist in erster Linie der gute Makler der Koalitionsvereinbarungen, vorher bereits der Einigungsbemühungen zwischen den selbständiger werdenden Strömungen der großen Parteien. Er ist damit eine innerparteiliche, interkoalitionäre Integrationsfigur, nicht ein Medium der Volksnähe, das mit entscheidendem Gewicht in die Parteien hineinwirken könnte. Seit Jahrzehnten wird Kanzlerschwäche beklagt - zu Unrecht, sie ist systemimmanent Ein im Wahlakt piebiszitierter Kanzler mag zunächst ein beachtliches Gewicht unmittelbaren Volksvertrauens zum Tragen bringen. Doch in erster Linie bleibt er der Mann des breiten Partei-, nicht des Volksvertrauens. Seine institutionelle Mächtigkeit wird in zahllosen und ständigen Verhandlungen, die ja bei jeder politischen Krise erneut seine Integrationskraft verlangen, laufend abgeschwächt. Einigende Wirkung mag weiter von einer solchen Figur ausgehen, besondere Volksnähe wird er dann kaum mehr zum Einsatz bringen können. Selbst in dieser Kanzlerdemokratie liegt übrigens letztlich doch, wie im Präsidialsystem, ein Widerspruch zur repräsentativ-parlamentarischen Staatsform: Dem Chef der Exekutive wird als einer Einzelperson von einer Mehrheit Vertrauen ausgesprochen, er "verkörpert" weder das Gesamtvolk noch irgendwelche Teil-WahlVölker. Zuwenig ist bisher erkannt worden, daß sich solche Exekutivdemokratie auf die eigentliche Legitimation der parlamentarischen Demokratie, die basisnahe Volksverkörperung, überhaupt nicht stützen kann. Die großen Gestalten der deutschen Kanzlergeschichte, von denen die Kanzlerdemokratie zweimal ihren Ausgang genommen hat - Bismarck und Adenauer wurden nicht von parlamentarischer Demokratie eingesetzt, sondern sie waren jeweils getragen von einem andersartigen, gänzlich unparlamentarischen politischen Vertrauen: Hinter Bismarck stand der Monarch, Adenauers Autorität war getragen von der antifaschistischen Restauration im Besatzungsregime. In beiden Perioden mochte die Autorität dieser Exekutivspitzen groß genug sein, um, wenigstens ideell, in den Parlamentarismus hinüberzuwirken, in beiden Entwicklungsphasen der deutschen Geschichte hat sich die Kanzlerdemokratie jedoch dann rasch abgeschwächt, weil sie eben doch in einer unauflöslichen Spannung stand zum Grundprinzip der parlamentarischen Demokratie, der Verkörperung des Volkes durch dessen viele Vertreter. Aus institutioneller Sicht jedenfalls ist mit ähnlichen autoritätsstarken Phänomenen kaum mehr zu rechnen. Präsidentialismus und Kanzlerdemokratie sind also nicht Ausdruck volksnaher Herrschaft, sondern ein monarchisches Element in der parlamentarischen Staatsform, das im Widerspruch steht zu deren Grundprinzipien.

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I. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

12. Direkte Demokratie: Vertretene gegen Vertreter

Neuer Schwung trägt am Ende des Jahrtausends, so scheint es, die Demokratie: Direkt soll sie werden, unmittelbar den "Willen des Volkes" auch gegen den seiner Vertreter und Parteien durchsetzen. Von Volksbegehren und Volksentscheid werden ganz neue, tiefere und höhere Legitimationen für die Volksherrschaft erwartet als aus den Politarenen volksferner Parlamentarier. Jahrhundertelang war direkte Demokratie keine eigentlich demokratische Institution, eher ein ochlokratisches Ärgernis. In den großen Ausgangsländern der Volksherrschaft, in England, den Vereinigten Staaten und Frankreich, gehörten sie nicht zur demokratischen Tradition, in Frankreich wurden ihre napoleonischen Plebiszite sogar dem bonapartistischen Antidemokratismus zugeordnet - bis sie dessen Restaurator Charles de Gaulle ins Verfassungsrecht der Republik übernahm aber eben wieder als Selbstbestätigung der Macht von oben, nicht als Ausdruck neuer Gewalt von unten, von der Basis. Vor allem in Deutschland wagte bis vor kurzem kaum einer ein gutes Wort für solche Demokratieformen: Diskreditiert erschienen sie durch Weimarer Ineffizienz und nationalsozialistische Volksabstimmungen. Erdrückende Argumente wurden gegen sie aufgebaut: Direkte Demokratie könne in Großstaaten nie anders funktionieren denn als Machtbestätigung. Das einzige funktionierende Schweizer Beispiel beweise eben dies: Nur in kleinen Kreisen, die übrigens auch den politischen Sinn verengten, könne das Volk selbst sprechen; wer in größeren Staatsräumen kleinere Abstimmungs-Volker schaffe, zerstöre die Einheit der Nation, eben jenes Staatsvolk, welches den demokratischen Staat trage. Die Schweiz sei schon deshalb kein Gegenbeispiel, weil dort die Demokratie aus ganz anderen Grundlagen gewachsen sei- nicht aus einem "Schweizer Volk", sondern aus den Bürgern kleiner Kantone, so daß so nicht aufgelöst werden könne, was nie eine Einheit gewesen sei. Hier gerade konnten aber neue Tendenzen ansetzen: In Föderalisierung und Kommunalisierung näherten sich auch die Großstaaten der Basis ihrer vielen "Klein-Volker". Immer mehr trat Nation als Wert mit dem Niedergang der Nationalstaatlichkeit zurück. Warum sollte dann nicht selbst ein größeres Volk, zu den Urnen gerufen, Sachfragen beantworten, ja komplizierte technische Probleme lösen? Die eigentlichen Wandlungen, zugunsten direkter Demokratie, finden aber auf zwei ganz anderen Ebenen statt: - Das demokratische Selbstbewußtsein des Jedermann ist gewachsen, grenzenlos, wie es manchmal scheinen mag. Umschmeichelt als verständiger Wähler von seinen politischen Vertretern, ständigen "Hierarchieabbau" genießend, in Beruf, Familie - überall, mußte sich dieses Volk Inkompetenz nirgends mehr vorhalten lassen; warum sollte es da nicht auf die wichtigsten Fragen antworten, sie sich im Volksbegehren selbst stellen?

Il. Volksfeme Volksvertreter oder basisnaher Staat

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- Die Parteien haben viele enttäuscht, sie erscheinen ihnen als machtträchtige Geheimzirkel in der Öffentlichkeits-Demokratie, die den Volkswillen mehr korrumpieren als bilden. Die Volksvertreter aber sind - unstreitig - zuallererst ihre Repräsentanten. Se>ll nicht endlich das "Volk" sprechen dürfen, auch gegen seine von anderen aufgestellten Repräsentanten? So ist die direkte Demokratie, in all ihren Formen, ein Aufstand gegen die volksfernen Volksvertreter, Widerstand des einen Volkes gegen die vielen Parteien vielleicht das gefahrliebste Auflösungsphänomen der parlamentarischen Demokratie. In dieser Staatsform bricht damit ein noch unabsehbarer Widerspruch auf: zwischen dem Volk und seinen Vertretern, im Zentrum also der traditionellen Volkssouveränität. Und die neue Dynamik ist uneingrenzbar: Was sollte denn nicht "direkt vom Volk entschieden" werden, wenn dies zu allem sich irgendwo bereits äußern durfte - vom Bau eines Straßentunnels bis zum Beitritt zur Europäischen Union? Nur eines kann man als Schranke ihm noch entgegensetzen: tagtägliche Entscheidungsnotwendigkeit, Abwicklung "laufender demokratischer Geschäfte"; und schließlich die Effizienz. Doch ist nicht die ganze Demokratie eine einzige Grundentscheidung gegen einen Durchschlags-, einen Durchgreifstaat, nachdem sie so viele ,,Reibungsverluste" auch in ihren Parlamenten ohne weiteres und von jeher hinnimmt? Parteienkritik, Abgeordnetenangst - mit ihnen trägt die "direkte Demokratie" tödliches Mißtrauen in ihre parlamentarischen Zentren. Mit Systemnotwendigkeit muß sie immer mehr Entscheidungen durch das Volk erzwingen - und immer weniger dadurch bewirken, damit auch noch jene Legitimationsgrundlage der Herrschaft des Volkes zerstören, auf dem die Demokratie aufruht, in der "alle Macht vom Volk ausgeht". Sie wird zum volksromantischen Traum werden, oder zum anarchisierenden Grüppchenprivileg. Am Ende legt damit das Volk Hand an sich selbst. Und an seine Vertreter: Nie mehr können sie "voll legitimiert" für den Souverän sprechen, wenn dieser sie desavouieren kann: "Im Namen des Volkes" darf dann niemand mehr sprechen als das Volk selbst - und dieses wird und muß meist stumm bleiben. Direkte Demokratie löst den inneren Widerspruch der Volks-Vertretung nicht, sie macht ihn nur ganz offenbar, sie entlarvt ihn institutionell. Sie schafft, konsequent durchgeführt, eine "Volksvertretung auf Widerruf- durch das Volk". Wer aber wollte überzeugend die Arbeitsteilung festlegen zwischen dem Volk und seinen Vertretern? Ein obligatorischer Verfassungs-Volksentscheid erlaßt nicht alles politisch jeweils Wichtige - zugleich aber allzuviel Verfassungstechnisches. Der Volkssouverän steht auf gegen seine souveränen Vertreter: Soll dies die rationale, widerspruchslose Staatsform sein, das Erbe der Aufklärung? Eine solche Abgeordneten-Vertretungsmacht "bis es jeweils den Vertretenen selbst beliebt, zu handeln", ihr laufender Entzug mit ständiger Wiedereinräumung der Vertretungsbefugnis etwas Derartiges wäre im Verkehr unter Bürgern unerträglich; das Bürgerliche

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1. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

Recht schützt denn auch das Vertrauen der Partner in einmal gewährte Vertretungsmacht. Bisher wurde die staatsrechtliche Repräsentation von der zivilrechtliehen Vertretung dadurch unterschieden, daß jene weit mehr an selbständiger Entscheidungsbefugnis vermittle als diese - nun soll mit einem Mal das schiere Gegenteil gelten, die Abgeordnetenvertretung als schwache, diskontinuierliche Form der Äußerung fremden Willens. Haben die Verfechter der direkten Demokratie einmal darüber nachgedacht, daß sie die bisherige, die herkömmliche, die große Volksherrschaft der Volksvertreter bezeichnen müssen als- indirekte Demokratie?

13. Basisnähe oder Freiheitsgewinn als Demokratie-Legitimation? An Basisnähe gemessen war die parlamentarische Demokratie lange Zeit gegenüber einem Rätestaat im Nachteil, der aus "einer Wahrheit" lebte, in zahllosen Versammlungen das Volk stets zu der einen Macht zu führen vorgab. Er ist gescheitert, hat aber der parlamentarischen Demokratie den Stachel der Volksnähe hinterlassen, in deren Namen sie ihre immer tieferen Eingriffe in die Freiheit rechtfertigen will, legitimieren muß.

Doch die Wege des Parlamentarismus zu dieser Volksnähe bleiben problematisch, selbst wenn sie allenthalben beschritten werden. Parteiarbeit an der Basis mag sich verstärken, die Präsenz der Abgeordneten in ihren Wahlkreisen gesteigert werden. All dies aber findet in seiner Wirksamkeit natürliche Grenzen, einerseits an der wachsenden Belastung der Volksvertreter mit parlamentarischer Arbeit, in der die Idee der Volksvertretung in praktischen Widerspruch tritt zur Basisnähe; zum anderen in der koordinierenden Macht der Parteien, welche immer wieder allzu große Basisnähe unter ihr einendes politisches Wort stellen muß. Die Beziehungen zwischen Gewählten und Wählern bleiben, in der Demokratie der Parlamente, doch etwas typisch und wesentlich Privates, gerade davon lebt diese Staatsform. Institutionell sind sie nicht verfestigt, sie werden weithin der privaten politischen Initiative der beiden Kontaktpartner überlassen. Doch hier fragt es sich eben, ob etwas derartig Privates überhaupt auf Dauer zu politischer Wirksamkeit kommen kann, wenn ihm gerade das fehlt, was privaten Beziehungen wesentlich ist: das konkrete und unmittelbare, das meist materielle Interesse beider Seiten. Eben dieses private und materielle Interesse soll aber, so will es immer strengere parlamentarische Moral, in den Beziehungen von Wählern zu Gewählten keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen dürfen, im Vordergrund soll stets das öffentliche Interesse stehen. Gerade darin erweist sich aber parlamentarische Basisnähe weithin als Fiktion: Wer politisches Interesse des Bürgers wecken will, muß akzeptieren, daß dieser auch seine konkreten privaten, materiellen Interessen ins Spiel bringt. Ein Widerspruch tut sich damit auf zwischen dem Versuch,

II. Volksferne Volksvertreter oder basisnaher Staat

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Basisnähe durch Abgeordnetenkontakt zur schaffen - und der Forderung, in den Beziehungen zwischen Wählern und Gewählten dürfe es stets nur um öffentliche, nicht um private Interessen gehen, alles andere sei korruptionsverdächtig. Kann die parlamentarische Demokratie nicht nur dann in sich konsequent bleiben, wenn sie auf Beziehungen zwischen Volksvertretern und Wählern beruht, welche bei Beamten als Korruption erscheinen müßten? Schier unüberwindliche Schwierigkeiten, parlamentarische Basisnähe über Vertretung herzustellen, können daher nur zu einer These führen: Demokratie darf in der parlamentarischen Staatsform nicht allein, ja nicht einmal primär Basisnähe bedeuten. Nur dann nämlich kann das "freie Mandat", können Parteien und Volksvertreter sich auf Dauer halten gegen Versuchungen von Einparteien-, ja Rätestaatlichkeit, wenn Demokratie begriffen wird als Weg zur Freiheit der Person als erste und beste Garantie zur Erreichung und Erhaltung eines maximalen Freiheitsraumes der Bürger. Wird der Weg in die Gegenrichtung eingeschlagen, erscheint die Freiheit des Einzelmenschen nur als ein Mittel zum Zweck der Durchsetzung der Volksmacht - und dies trägt weithin die Entwicklung des Parlamentarismus seit einem Jahrhundert- so kann die Endlösung nur im Rätestaat liegen, auch lange sich haltende Parteiendemokratie ist nur Übergangsstaatsform. In den zahllosen tagtäglichen Entscheidungen zwischen der organisierten Macht der Vielen und der verantwortlichen Freiheit des einzelnen Bürgers wird immer auch ein großes oder kleines Legitimitätsurteil über die parlamentarische Staatsform gesprochen. Entscheidung für den Staat, gegen den Bürger, kann immer nur dann legitim sein, wenn hinter dieser Macht die eigentliche Basisnähe steht. Da gerade diese aber, wie dargelegt, in der parlamentarischen Demokratie im Grundsätzlichen problematisch bleibt, muß im Zweifel, aus der inneren Logik des Systems heraus, die Entscheidung für die Freiheit des Bürgers fallen - gerade um eine Legitimität der Staatsgewalt überhaupt sichern zu können. Ein ,,im Zweifel für die Freiheit" ist also im Parlamentarismus nicht etwa Ausdruck eines naturrechtlichen Vorverständnisses, sondern inneres Legitimationsbedürfnis der Staatsgewalt selbst, weil diese aus Basisnähe allein sich nicht wesentlich zu legitimieren vermag, Begründung vielmehr entscheidend aus dem von ihr gesicherten Freiheitsraum des Bürgers ziehen muß. Auf solcher Grundlage allein wird die typische Basisnähe der parlamentarischen Demokratie gewonnen: Der freie Bürger erkennt in seinen Abgeordneten, in den von ihm frei mitgebildeten Parteien, seine Vertreter, d. h. aber: Vertreter seiner Freiheit. Nur im Namen dieser großen Freiheit, auf dieses größere Ziel blickend, wird er auf Dauer über zahllose kleine Abweichungen von seinem konkreten Willen hinweggehen, deren sich die Volksvertreter notwendig schuldig machen. Muß die Volksvertretung in erster Linie Freiheit herstellen und bewahren, so rechtfertigt es sich, daß sie ebenso in Freiheit handeln darf, wie der Bürger sich in der von ihr geschaffenen Freiheit bewegt; es ist dann diese eine große Libertät, welche Bürger und Volksvertreter verbindet. Diese Freiheits-Vertretung erst ist eigenständige, staatsrechtliche Repräsentation, sie stellt etwas völlig anderes dar als die Verkörperung eines" Volkswillens un3 Leisner

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1. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

bestimmter Inhalte" durch Abgeordnete. Daraus ergibt sich eine Erkenntnis, welche für die parlamentarische Staatsform schicksalhafte Bedeutung hat: Je mehr an Staat in dieser Ordnung der Bürger wünscht, Sicherheit und Ordnung erstrebt, desto mehr muß er fordern, beim große,n Herrschen und Verteilen "dabei zu sein". Dann aber gerät diese Demokratie immer tiefer in eine Legitimationskrise, gerade für solche Eingriffsherrschaft, weil die Volksvertreter dem Bürger dann wieder zu ferne stehen. Ihre Distanz zum Wähler ist eben eine Garantie der Freiheit, nur über diese auch eine Begründung der Macht, wenn Entscheidungen grundsätzlich für diese persönliche Freiheit, gegen Staatsintervention und Staatsleistung fallen. Darin liegt nun aber wohl der tiefste Widerspruch eines demokratischen Basisanspruchs, daß einerseits der Interventions- und Verteilungsstaat nur durch besonders starke Volksnähe legitimiert wird, daß aber die Basisnähe der parlamentarischen Staatsform an sich zur Begründung so großer Eingriffsmacht nicht ausreicht, daß ihre Legitimation, der Freiheitsgewinn, gerade durch die starken Staatseingriffe sich wiederum abschwächt Mehr staatliches Eingreifen verlangt mehr Legitimität - doch es führt zu ihrer Abschwächung. Dies alles sind nicht etwa "pragmatische" Fragen, die beliebig vermittelnder Antwort zugänglich wären; es geht um die Grundentscheidung der parlamentarischen Staatsform, für oder gegen die Bürgerfreiheit, für oder wider ein Mehr an Eingriffen eines Staates, der sich aber letztlich über Basisnähe nicht wirklich legitimieren kann. Der große Staatseingriff ist legitim nur im Rätestaat, der die volle, institutionalisierte Basisnähe verkörpern will. Die Staatsintervention denaturiert dagegen die parlamentarische Staatsform mit Notwendigkeit, weil sich dann deren "freie" Institutionen zwangsläufig denen des Rätestaats angleichen müssen, mitten in der Parteiendemokratie, nur um mehr an legitimierender Basisnähe zu erreichen. In diese Richtung, damit aber letztlich aus der parlamentarischen Staatsform, läuft die Entwicklung.

111. Privateigentum: Grundlage der Demokratie in demokratischer Verteilung gefährdet 1. Die historischen Wurzeln der parlamentarischen Eigentumsdemokratie Die parlamentarische Staatsform ist nicht entstanden aus einer Vergemeinschaftung von Arbeit, sondern aus dem Streben, privates Eigentum zu sichern. Nur Selbständigkeit und Selbstbewußtsein, welche dieses Eigentum dem Einzelnen vermittelte, konnten aus ihm den politisch verantwortlichen Bürger werden lassen; Verfassungen und Volksvertretungen waren über Jahrhunderte vor allem Ausdruck des Bestrebens, privaten Besitz gegenüber politischer Macht zu sichern. Die Bürger der Städte des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit wählten ihre Vertretungen nicht, um politische Machtanstrengungen der Verteilung zu unternehmen, oder um neue Ordnungen des Gemeinschaftslebens zu finden. Im Vordergrund stand die Bürgervertretung als organisatorische Form der Gewährleistung eines Freiheitsrechts auf Eigentum, die geordnete Festlegung der Eigentumsbelastungen, vor allem aber von deren Grenzen. So waren denn diese ersten größeren Ansätze zu parlamentarischer Demokratie deutlich besitzgeprägt, weithin sogar Ausdruck einer Besitzoligarchie. Nicht anders haben sich die vielberufenen Vorbilder der heutigen Demokratie in England und in der Schweiz entwickelt. Auch hier waren es die Besitzenden, welche zusammenlegten und zusammentraten, die Begüterten stimmten ab. Über ihr Abgabenbewilligungsrecht erzwangen sie auch in monarchisch regierten Ordnungen politische Macht, nicht für den Bürger als solchen, sondern zunächst für den grundbesitzenden Aristokraten, sodann für den Besitzbürger, letztlich für das private Eigentum. In solchen Bewilligungen sind parlamentarische Institutionen gewachsen, diese Demokratie war vor allem anderen politischer Einfluß des privaten Eigentums. Nicht Besitzlose haben in Bauernkriegen oder Sklavenaufständen politische Demokratie geschaffen - sie waren immer nur Gefolgschaften ihrer Führer - sondern das große reiche Bürgertum, am mächtigsten in der Französischen Revolution. Dies alles war kein politischer Unfall, es war vorgezeichnet durch die Geschichte der politischen Ideen: Demokratie als Verteidigung des Privateigentums, Demokratie privater Eigentümer. In der Ideengeschichte der Demokratie nimmt bisher das Streben nach ,,reiner", besitzloser Freiheit allzu breiten Raum ein. So mag es dann scheinen, daß demokratische Gedanken erst aufgebrochen seien, als jenseits von Besitz- und Vermö3*

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1. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

gensrechten um geistige Freiheiten, um Meinungs- und Pressefreiheit gestritten wurde. In Wahrheit war dies bereits ein späterer Zustand demokratischer Entwicklung, und auch diese Auseinandersetzungen brachten lediglich die Fortsetzung des Kampfs um das Eigentum und seine Sicherung mit anderen Mitteln, denen der geistigen Freiheit. Zu vertieftem Verständnis der parlamentarischen Staatsform von heute gelangt man nur, wenn man ihre Wurzeln nicht im besitz-abstrakten "geistigen" Freiheitsstreit der beiden letzten Jahrhunderte allein sieht, sondern vor allem auf die besitz-oligarchischen Demokratieformen früherer Perioden zurückgeht, welche auch den gesamten Liberalismus entscheidend geprägt haben, den allgemeinen Aufbruch zur ganzen Freiheit. Die Lehre Georg Jellineks von der Religions- und Gewissensfreiheit, als hauptsächlicher Wurzel der amerikanischen Freiheitsrechte, hat die Überbewertung der "geistigen" Freiheiten als Grundlagen der Demokratie noch wesentlich verstärkt. So mochte es nun scheinen, als könne man die Eigentumsdiskussion aus einer Demokratieentwicklung geradezu eliminieren, in der es doch stets vor allem um Meinungs- und Gedankenfreiheit, anfanglieh auch um Religionsfreiheit gegangen sei. Doch dies war weder das Bild der ,,klassischen" Demokratieformen, noch prägt es die neuere parlamentarische Demokratie. Der große Aufbruch zur Demokratie geschah in der Französischen Revolution im Namen des privaten Eigentums. Längst nicht mehr im Vordergrund stand eine religiöse Toleranz, welche bereits die aufgeklärte Monarchie weitgehend verwirklicht hatte. Den französischen Bürgern aber war klar bewußt, daß Eigentum die beste Freiheit sei, für ihren Besitz, für ihre reale Freiheit kämpften sie gegen Kirche und Adel. Zwar haben diese Bürger der Revolution in ihrer Demokratie, die insoweit noch immer die unsere ist, zugleich den unbedingten Staat des eisernen Sozialvertrages schaffen wollen, in dem die Mehrheit alles vermag, die Minderheit sogar mitvertritt Doch dieser demokratische Absolutismus stand, gerade 1789, unter einem großen Vorbehalt: Ebenso unbedingt wie die Staatsgewalt ist, muß der Schutz des Eigentums sein. Im selben Augenblick ist beides entstanden: der Machtstaat der Bürger und die schützenden Mauem um das freie Privateigentum. In den damaligen politischen Debatten mag dies nicht immer im Vordergrund gestanden haben, es wurde mehr über eigentumsabstrakte Freiheiten gesprochen aber nur weil sie diskutabel waren, selbstverständlich aber das Bürgereigentum, ihre Grundlage. Zugleich zeigt sich hier übrigens eine durch viele bittere Erfahrungen bestätigte Vorsicht, geradezu eine traditionelle Weisheit der Demokraten: Das Privateigentum ist etwas wie eine stillschweigende Grundlage, es wird zu einem "stillschweigenden Problem". Um seine Belastung und Verteilung geht es eben immer in erster Linie der politischen Macht, deswegen versammeln sich in der Demokratie die Volksvertreter. Doch es gilt eben auch, "stets daran denken, nie davon sprechen"; denn ein Bürgertum, das seine politische Gewalt mit der Macht des Besitzneides der Vielen gegen Adel und Geistlichkeit errichtet hatte, mußte seinen Besitz sogleich verschleiern, verstecken - bis heute.

ill. Privateigentum: Grundlage der Demokratie

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Allein schon das große Problem der ,,nationalen Güter", dessen, was man den bisher Herrschenden genommen und verteilt hatte, zeigte die Besitzgrundlage dieserneuen französischen Demokratie. Napoleon und die Restauration konnten die Revolution in vielem rückgängig machen, an den neuen, "demokratisch" hervorgebrachten Besitzgrundlagen, an der Verteilung der Natonalgüter, mußten sie weitestgehend festhalten. Dies geschah bereits in jenem historischen Kompromiß von Macht und Besitz, der sich Liberalismus nennt. Von Anfang an war diese Eigentumsgrundlage der Demokratie allerdings nicht ein rein statisches Besitzbürgertum. Die Volksarmeen der ersten, großen französischen Demokratie besiegten die Söldner der alten Privilegien nur, weil sie antraten im Namen des bestehenden Eigentums, auch im Namen des künftigen, ganz freien Besitzes, der aus eigener Leistung kommen sollte. Sie sahen Geld und Gut nicht als verstaubten Schatz, geschützt durch sieben juristische Siegel. Thr Eigentum war das Gut der freien, leistungsstarken Bürger, auf das man stolz sein konnte, ob man es besaß oder nicht, in dessen Namen es sich lohnte, zu kämpfen und zu sterben. Dieses Privateigentum, auf dem die Französische Revolution die erste große Demokratie errichtet hat, war unbedingt und begeisternd, in seiner Unantastbarkeit durch den Staat und durch andere Bürger. In erster Linie war es die kleine und große Chance für jedermann. Mit ihm konnten die Besitzenden auch die Besitzlosen gewinnen: Wenn Bürger ist, wer etwas zu verlieren hat in einer Gemeinschaft, so gab es an diesem Beginn des großen Liberalismus zwar nicht allzuviele solche, doch einige Zeit glaubten alle, sie hätten wenigstens eine Chance, das Eigentumsspiel mitzuspielen. Diese revolutionären Bürger mochten in der bürgerlichen Eigentumslotterie leer ausgehen; doch sie legten alles, was sie selbst nicht erreichten, als Hoffnung ihren Kindem in den Tornister, den Marschällen, vor allem aber den Eigentümern der Zukunft. Als Staatsform des prekären Eigentumsschutzes wäre die parlamentarische Demokratie nie entstanden, denn ihre Vertreter hätten keine materiellen Interessen einbringen können in ihre Versammlungen. Demokratie ohne Besitz - das erschien den frühliberalen Vätern der heutigen Staatsform nur als eine Gemeinschaft von Räubern, die um fremde Kleider würfeln.

2. Der Marxismus und das "schlechte Eigentumsgewissen" der parlamentarischen Demokratie

Die marxistische Bewegung des 19. Jahrhunderts, der Ausgangspunkt des Rätestaatsdenkens, richtete ihre zentrale Kritik gegen diese liberale Ordnung besitzender Bürger. Nicht nur, daß die Besitzlosen nunmehr auf ihren augenblicklichen Zustand, auf den krassen Unterschied zwischen ihren Rechten und faktischen Möglichkeiten hingewiesen wurden - der Marxismus wendete sich gegen die Hauptlegitimation der besitzenden Demokratie: Diese hatte dem Ärmeren anstatt Besitz

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1. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

zumindest Eigentumschance geboten; der Marxismus lehrte nun, daß es nur eine Chance im Privateigentum gebe, die Verelendung. Mit dem Glauben an die Eigentumschance nahm der Marxismus den besitzlosen Bürgern den Glauben an diesen Staat und seine Eigentumsgerechtigkeit, damit aber letztlich an die parlamentarische Form der Demokratie. Den virtuellen Eigentümer, den Hoffnungsbürger, sollte es nun nicht mehr geben. An diesem Punkt und in den praktischen Konsequenzen solcher Grundsatzkritik hat sich der Marxismus in zwei Lager geteilt, die sich auch heute noch gegenüberstehen, und Stein des Anstoßes dazu ist eben nach wie vor die parlamentarische Staatsform. Die Radikalen waren und sind überzeugt, daß Parlamentarismus nichts anderes sein kann als die Ordnung eines Besitzes, der damit gegen die Vielen geschützt wird. In der Tat können sie sich auf geschichtliche Grundlagen dieser Staatsform berufen; ihre Entwicklungsfähigkeit zur Eigentumsstreuung aber leugnen sie. Die andere, gemäßigte Form, der Sozialdemokratismus, wird durch eine veränderte Auffassung zur parlamentarischen Eigentumsdemokratie konstituiert: Auch ihm ist die enge, wesentliche, traditionelle Verbindung von Eigentumssicherung und parlamentarischer Staatsform im letzten unerträglich. Doch er glaubt hier an eine Möglichkeit der Trennung, der Isolierung der parlamentarischen Demokratie von der unbedingten Eigentumssicherung, mehr noch: In einer vollständigen Wende sieht der Sozialdemokratismus die parlamentarische Demokratie als jene List der Vernunft, durch welche die Besitzdemokratie zerstört werden kann: Er rät den Besitzlosen, die Demokratie, die alte Staatsform des Eigentums, gegen diesen selben Besitz zu wenden. Wer sich in einer solchen Ordnung nicht Besitz erarbeiten könnte, dem bleibe immerhin die politische Möglichkeit, sich Macht zu erstimmen mit seiner unabsehbaren Mehrheit, um sich dann mit dieser Mächtigkeit Eigentum zu nehmen. Die parlamentarische Demokratie ist über all diesen Versuchen bisher nicht, noch nicht zerbrochen. Doch sie hat sich wesentlich gewandelt, zu dem, was man den Sozialstaat nennt, von dem noch öfter die Rede sein wird. Doch fast noch bedeutsamer als die Umverteilungseffekte dieses neuen Staatsmechanismus sind die Wirkungen der sozialistischen Kritik innerhalb der Besitz-Demokratie selbst: Sie haben dort ein "schlechtes Eigentumsgewissen" erzeugt und verstärken es ständig, in einer Weise, welche inneren Widerspruch in ein Zentrum der Staatsform trägt. In den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten hat es bedeutende Perioden gegeben, welche eine solche Angst des bestrittenen Eigentums nicht kannten. Dies gilt für die Gründerzeit, welche stolz und nicht ohne Selbstgefälligkeit auf eigene Leistung verwies, aber auch für ihre Neuauflage nach dem Zusammenbruch von 1945; eine harte Kriegsgeneration hat damals ein Eigentumswunder geschaffen, in dem sich erstmals ein Besitzbürgertum aufzubauen schien, das nicht moralisch bestreitbar war. In diesen Jahren echter Eigentumsüberzeugung standen die neuen Besitzenden nicht nur abwehrend vor dem Erworbenen, sie standen auch überzeugt hinter ihm. Man konnte sagen - und dies ist ihnen auch zum Vorwurf geworden -

III. Privateigentum: Grundlage der Demokratie

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sie hätten im Namen des Eigentums soviel an Demokratie geschaffen, wie sie eben besaßen; und immerhin entwickelte sich diese auf Eigentum gegründete neue deutsche Demokratie ruhiger und sicherer als radikale parlamentarische Verteilungsdemokratien in anderen Ländern. Doch gerade diese Periode scheint nun, langsam aber sicher, zu Ende zu gehen. Die politischen Angriffe auf das Privateigentum verstärken sich laufend. Von Forderungen einer Umweltsozialisierung bis zur Abschöpfung der Bodenwertsteigerung, von verschärftem Steuerdruck bis zur Mitbestimmung - überall wendet sich dieser Staat gegen ein Privateigentum, das sich in einer "gerechteren Verteilung der Güter" wandeln soll. Wenn es überhaupt Grundsatzkritik in der heutigen parlamentarischen Demokratie gibt, so richtet sie sich gegen die bestehende Güterverteilung und die sie verfestigende Ordnung des grundrechtlich gesicherten Privateigentums. Daß hier nicht zuletzt auch marxistische Ideen, unterschwellig, oft unbewußt, wirksam sind, wird niemand bestreiten. So ist es nicht erstaunlich, daß früherer Eigentumsstolz einer verbreiteten Eigentumsangst Platz gemacht hat. War der Besitz stets eine Art von "stillschweigendem Recht", weil mit Sozialneid zu rechnen war, so gilt dies nun, in den meisten westlichen Ländern, in einer ganz neuen Dimension. Verfeinerte Formen einer Besteuerung, längst nicht mehr allein der "äußeren Zeichen des Reichtums", veranlaßten viele Besitzenden zur Eigentumsverschleierung, ja zur Eigentumsflucht; der ständige Hinweis auf eine angeblich ungerechte "Güterverteilung" erhält und verstärkt bei allen Eigentümern eine ängstliche Haltung, das Gegenteil des Selbstbewußtseins früherer parlamentarischer Demokraten, selbst wenn, gerade weil vielleicht nie klar wird, was denn nun "gerecht" sei. ,,Eigentum ist Diebstahl"- dies hat immerhin so stark gewirkt, daß immer mehr Bürger heute ihr Eigentum wie Diebesgut verstecken. Nach einer längeren Periode gleichmäßigen und wachsenden Wohlstandes, damit zunehmender Eigentumsbildung, müssen sich derartige Effekte nur noch verstärken. In der Weimarer Zeit wurde zwar Enteignung lautstark verlangt, doch man kam kaum bis zu einigen Fürstenschlössern; die gemeinsame Armut in Staat der Inflation hat sich damals als die große Freundin des Eigentums erwiesen, des gerechten und des ungerechten; denn niemand hatte so recht mehr den Mut nach dieser Sintflut zu nehmen, was es doch erstmals zu schaffen galt, was alle begehrten Eigentum. Das große Eigentumsopfer des Bürgertums in der Inflation war es also, auf dem die Weimarer parlamentarische Demokratie letztlich errichtet worden ist. Vor dieser Entwertung, vor den Kriegsopfern, hatte es bereits schlechtes Gewissen des ererbten Besitzes gegeben, doch es ging nun in den gemeinsamen Verlusten unter. Was blieb, war insgesamt bescheidenes Gut, der dezimierte Besitz wurde als Traditionsrest geduldet oder als Chance neuen Wohlstandes. So blieb damals noch etwas von Eigentumsselbstbewußtsein, Vertrauen in einen gerechten Besitz, damit aber Chance für parlamentarische Demokratie im ursprünglichen Sinne.

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1. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

Doch seither hat Eigentumsängstlichkeit in dieser Staatsform immer rascher zugenommen. Sie zeigt sich nicht nur in lautstarkem Konsens über breitere Streuung des Privateigentums, der vom größeren Besitz ablenken mag, oder in der Suche nach der Verstärkung einer Intimsphäre, die nicht so sehr den Freiheitsraum sichern, als Eigentum den Blicken anderer entziehen soll. Vor allem in der Wirtschafts- und Finanzgesetzgebung wird deutlich, daß ein offenes Bekenntnis zum Eigentum als solchem, einschließlich des mittleren und größeren Besitzes, politisch heute zur Belastung geworden ist; daher muß versucht werden, eigentumsfreundliche Regelungen, wenn überhaupt, unter einem Deckmantel sozialer Nützlichkeit durchzusetzen, etwa der Arbeitsplatzschaffung oder des Umweltschutzes. Offen darf man sich noch zum Privateigentum als Instrument der Wirtschaftsverfassung, zur Eigentumsstreuung als Form der Freiheitsverstärkung bekennen, aber immer eben nur zum Privatbesitz als einem volkswirtschaftlichen Instrument, nicht aber primär zum Eigentum als dem Recht, das durch Leistung Erworbene unter Ausschluß anderer zu genießen. Diese weitreichende Eigentumsverschleierung, eine Folge vor allem eines Jahrhunderts sozialisierender Entwicklungen und marxistischer Eigentumskritik, wird parlamentarischen Demokratie dadurch gefahrlich, daß damit eine ihrer wesentlichen Grundlagen "aus der Diskussion" genommen wird, als Gegenstand überzeugten, offenen Bekennens weitgehend ausfällt. Die parlamentarische Demokratie findet eine zentrale Legitimation in ihrem Wesen als einer Staatsform der Transparenz, des offenen Wortes und der durchsehaubaren Macht. Um dieser Offenheitwillen wird Parteienstreit und Medienindiskretion hingenommen. Gerade deshalb muß einer solchen Staatsform all das gefahrlich werden, was ihre Grundlagen verdeckt, vom offenen Bekenntnis zu ihnen ablenkt; dies gilt jedoch vor allem für die stillschweigende und zugleich systematische Verschleierung des Privateigentums, als Institution wie als konkreter Besitz.

3. Das nationalsozialistische Eigentum - Absage an die parlamentarische Demokratie

Wie sehr Demokratie auf Eigentum begründet ist, hat sich vor allem in der national-sozialistischen Periode gezeigt, in welcher die liberal-parlamentarische "Systemzeit" nicht zuletzt durch ein neues Eigentumsdenken überwunden werden sollte. Dies muß heute gerade deshalb betont werden, weil es verbreiteter Ansicht entspricht, der Nationalsozialismus habe als ein ,,rechtsgerichtetes Regime" den Parlamentarismus zerschlagen, um das Privateigentum des Besitzbürgertums zu befestigen. Und in der Tat wurde ja die Weimarer Reichsverfassung unter ihm als obsolet behandelt, ihr Eigentumsartikel jedoch weiter angewendet. Doch ganz abgesehen von der Abwegigkeit des Verständnisses dieses nationalen Sozialismus als einer ,,Rechts-Ideologie", dem hier nicht vertiefend nachgegangen

III. Privateigentum: Grundlage der Demokratie

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werden kann - der Nationalsozialismus hat gerade in seiner Haltung gegenüber dem Eigentum gezeigt, wie eng dessen Verbindung mit der parlamentarischen Staatsform ist. Im Namen ihrer sozialistisch verstandenen "Volksgemeinschaft" gingen die Nationalsozialisten gegen ein Recht vor, das ihnen nicht nur als ,,reaktionär", sondern, schlimmer noch, als "liberalistisch" erschien. Gerade damit wollten sie einen Schlag gegen die Demokratie führen: Das Eigentum blieb zwar formal den Besitzenden erhalten, wurde jedoch in ihren Händen immer weitergehend und laufend enteignet. Die wuchtige Formel "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" stellte grundsätzlich jedes Gut unter staatliches Obereigentum. Der Eigentümer wurde juristisch verstanden als Lagerhalter für Volksinteressen, ihm blieben die Lasten, die Verantwortung, das Verwaltungsbemühen; der totale Staat aber griff zu, wann immer er etwas benötigte, für seine Bauten, sozialen Werke und Kriegsvorbereitungen. Der Nationalsozialismus hat den Parlamentarismus von Weimar abgelöst in einem neuen sozialistischen Feudalismus, und dies vor allem beim Eigentum; er hat das Eigentumsführerturn geschaffen. Die Eigentümer der Produktionsmittel durften weiter formal besitzen, nutzen aber mußten sie ihr Gut im Interesse eines Größeren, von Volk und Reich; sie waren zu Amtswaltern geworden, berufsständisch scharf überwacht. Der Rechtsschutz vor den "bürgerlichen", liberalen Gerichten wurde abgebaut. Der große Schwung des "Völkischen" legitimierte alles- Enteignung, Belastung, Abgaben bis zur Konfiskation. Verhaßt war das Judentum vor allem als Besitzbürgertum. Den ganz großen Eigentumsschlag hat das Regime im Inneren nicht mehr führen können. Was es an Gütern benötigte, holte es sich zunächst bei den Staatsfeinden, sodann in besetzten Ländern. Doch in den geplanten Siedlungen im deutschen Osten wäre nicht mehr das ,Jiberalistische" Grundeigentum der Zäune und Hecken entstanden, sondern das "uralte germanische Gemeineigentum", nationalsozialistische Kolchosen. Der Nationalsozialismus ging systematisch und grundsätzlich vor gegen das Privateigentum, den Hort des Liberalismus. Die Rechte des Bürgers wurden gerade hier zu Pflichten gegenüber dem Volk, in einer "Sozialpflichtigkeit", die damals mit einer ganz anderen Intensität ins öffentliche Recht eindrang als in der Weimarer Zeit. Am Ende dieses Reiches hatte das Privateigentum, dem Namen nach erhalten, in Wahrheit seinen Sinn verloren, alles war Pflicht, Planung, Bezugsschein geworden. Damit war die materielle und zugleich die geistige Grundlage der parlamentarischen Demokratie zerstört. Und wenn der Nationalsozialismus den Krieg verloren hat - die Schlacht gegen das Privateigentum hat er gewonnen: Die liberalen Bürger hat er als ein Volk von Bettlern der Demokratie hinterlassen. Der Aufbau der neuen parlamentarischen Volksherrschaft ging denn auch sogleich und ganz gleichmäßig einher mit dem eines neuen Priv~~;teigentums und eines neuen Eigentumsbewußtseins. Es war nicht politischer Zufall, sondern Ausdruck eines sicheren und im ganzen höchst demokratischen Instinktes, daß die Bürger am Scheideweg nach 1945 nicht Planung und Verteilung, nicht Solidarismus

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l. Buch: Demokratie - Selbstzerstörung einer Staatsform

und Volksgemeinschaft, sondern die Eigentumsdemokratie und die Wirtschaftsordnung des Neoliberalismus gewählt haben. Diese Wirtschaftspolitik war nicht einer von vielen Wegen zu derselben Demokratie; in einem zerstörten Land war die Achtung vor dem Markt, das Streben nach Eigentum der einzige harte, aber sichere Pfad zu einer neuen parlamentarischen Demokratie der Alternativen, der Parteien und Parlamente. Mit dieser Entscheidung, die an die alte demokratische Tradition angeknüpft hat, ist Demokratie in Deutschland wieder möglich geworden, in Reaktion gegen die Eigentumsfeindlichkeit des ,,National-Sozialismus".

4. Eigentum als Grundlage der Freiheitsrechte Das Eigentum Privater ist durch ein Grundrecht, ein Freiheitsrecht verfassungsrechtlich gesichert. Daß das Eigentum seine tiefere Legitimation in der Freiheit findet, der es den realen, faktischen Entfaltungsraum erst wirklich schafft, ist in Lehre und Judikatur des öffentlichen Rechts anerkannt. Doch die Beziehung zwischen Eigentum und Freiheit erweist sich als weit enger, notwendiger, als es gemeinhin angenommen wird. Privateigentum ist nicht nur eines von vielen möglichen Instrumenten der Freiheit; es ist einerseits wesentlich selbst Freiheit, andererseits Ziel und Sinn aller Freiheiten. Als Eigentum wird nur geschützt, was durch Arbeit und den Einsatz von Kapital, also doch wieder durch "gesparte" Leistung früherer Zeiten, geschaffen worden ist. Privateigentum ist daher letztlich nichts als Ergebnis von Freiheitsbetätigung, Eigentum bleibt ganz wesentlich gespeicherte, geronnene Freiheit. Seit der Französischen Revolution werden zwar gemeinhin Freiheit und pigentum oft beziehungslos nebeneinander genannt; in Wahrheit aber ist das Eigentum auch wieder - nur Freiheit, Ergebnis der Freiheitsbetätigung von gestern. Noch enger wird die Beziehung zwischen Eigentum und Freiheit immer dadurch, daß Eigentum das erste und wichtigste Freiheitsziel ist, ein wahres Sinngebungsinstrument aller Freiheit. Dem Marxismus ist darin ja zuzustimmen: Eine Freiheit, die kein Eigentum bringen kann, bleibt wesentlich nutzlos und verliert in den Augen der meisten Bürger bald jede Legitimation. Der Unterschied zwischen parlamentarischen und räte-marxistischen Vorstellungen liegt darin, daß die traditionelle Demokratie als Freiheit nicht nur das verwirklichte, bereits zugeteilte Eigentum anerkennt, sondern daß sie Freiheit auch, ja in erster Linie als Eigentumshoffnung begreift, während der Marxismus in ,,realen", verteilten, zugeteilten Gütern allein effektive Freiheit sehen will. Ein Konsens besteht also: Eine Freiheit, die den Weg zum Eigentum gar nicht finden kann, verfehlt ihren wichtigsten Sinn. Der Dissens beginnt, wo das Eigentum des einen als Freiheit des anderen erscheint. Doch dies ist kein Freiheits-, es ist ein noch zu behandelndes Gleichheitsproblem. Am ,,Eigentum als Freiheit" ändert es nichts.

III. Privateigentum: Grundlage der Demokratie

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Zu der modernen Diskretion des Eigentums, zur Vorsicht der Eigentümer gehört es, daß diese notwendige Eigentumsrichtung der Freiheit oft verschwiegen oder doch heruntergespielt wird. Da wird dann versucht, eine scheinbar eigentumsentbundene Freiheit zu konstruieren, dem Bürger nahe zu bringen, daß in einer vom Materiellen gelösten, rein geistigen Entfaltung doch ein Selbstwert von Freiheit liege. Die begeisterte politische Meinungsäußerung wird hier ebenso angeführt wie eine Religiosität, welche irdische Güter verschmäht. Doch derartiges muß immer, gerade in der gegenwärtigen Gesellschaft, Randerscheinung bleiben, allenfalls schmale, vergeistigte Eliten ansprechen. Gerade die genannten Beispiele zeigen es ja deutlich: Politik wird eben doch häufig nicht in einem Enthusiasmus betrieben, der keinen materiellen Vorteil kennt, sondern berechnend und realistisch gerade zum Gewinn von Gütern oder einer Macht eingesetzt, welche ihrerseits zu Eigentum führen soll. Amerikanische Manager-Politik ist dafür ein Beispiel. Wie bedeutsam selbst und gerade für den Gläubigen die Freiheit als Möglichkeit zum Eigentum ist, zeigt das Gebot einer Nächstenliebe, das weithin nur mit jenen Gütern zu erfüllen ist, welche so auch in ein besseres Jenseits führen. Es bleibt also dabei: Eigentum ist zugleich Freiheit und erstes FreiheitszieL Gängige Versuche, das Privateigentum ganz anderen und weitergehenden Beschränkungen zu unterwerfen als die Freiheit des Bürgers, wenden sich daher unmittelbar gegen die Grundlagen der freiheitlichen Demokratie. Dann nämlich wird das Privateigentum zur offenen Flanke der demokratischen Freiheit, diese kann aufgerollt, wesentlich nutzlos werden, wenn ihr Ergebnis und Ziel, das Eigentum, genommen wird. Deshalb mußte ja auch der Rätestaat nicht frontal gegen die Freiheit vorgehen, es genügte ihm, das Privateigentum zu treffen. Die enge, wesentliche Beziehung zwischen Privateigentum und Freiheit besteht nicht nur auf der Höhe des allgemein- Grundsätzlichen. Die Betrachtung jedes einzelnen Freiheitsrechts des Grundrechtskataloges zeigt, daß Freiheit ohne die Basis des privaten Eigentums, oder wenigstens die Chance zu ihm, nirgends eigentlichen Sinn hat. Was nützt eine Berufsfreiheit ohne das Recht, das Verdiente zu besitzen? Was sollen Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie bedeuten ohne ein Eigentum, welches so verteilt wird, welches aber auch das so Gewonnene den Abhängigen sichert wie den Unternehmern, mit denen dann die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften den Kuchen des Gewinnes teilen können? Was wäre Medienfreiheit ohne ein Privateigentum der Verleger und Betreiber, das den Staatseinfluß aussperrt? Wird das Bürgereigentum ersetzt durch ein Bezugsrecht gegenüber dem Staat, so kann es keine einzige Freiheit mehr geben: Die freien Parteien müssen doch noch immer getragen werden von den Beiträgen derer, denen ihre Politik etwas von ihrem Besitz wert ist. Kirchen und weltanschauliche Vereinigungen können ohne den besitzenden, spendenden Gläubigen nur in Katakomben leben, gerade wenn sie nicht Staatskirche sein wollen. Ein Telefongeheirnnis, unter dessen Schutz sich die Bürger nur mitteilen können, daß sie nichts.besitzen oder wenig er-

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werben, wird nicht viele interessieren. Am deutlichsten ist aber der Bezug zwischen Freiheit und Eigentum dort, wo es am stärksten um die Entfaltung des Menschen geht, bei Gewerbe und Beruf: Thre Freiheit kann nicht nur ein Wahlrecht unter Beschäftigungstherapien bedeuten. Der erste und wichtigste Nutzen der Freiheit in der parlamentarischen Demokratie, welche gerade durch diesen Freiheitsraum wesentlich gerechtfertigt wird, ist, darüber kann es keinen Zweifel geben, das freie Eigentum. Die Mündigkeit des Bürgers besteht in erster Linie im Verfügenkönnen über sein Hab und Gut; Mündigkeit ist nicht umsonst von jeher zuallererst ein Recht zur Verfügung über Eigentum gewesen. Deshalb ist diese parlamentarische Demokratie stets dann in Gefahr, wenn große, systematische Angriffe gegen das Privateigentum beginnen. Gerade dies aber droht heute, im Namen eines tiefen inneren Widerspruchs; er liegt nicht in der Staatsform, er wird ihr aufgeredet, damit sie sich in ihm zerstören soll.

5. Eigentum gegen Demokratie? Eine verbreitete Meinung sieht innere Spannungen, ja Gegensätze im Bereich der parlamentarischen Demokratie hinsichtlich des Eigentums auf einer anderen Ebene: Die Volksherrschaft schütze das Privateigentum, dieses aber wende sich mit Notwendigkeit und vernichtend gegen die diese Staatsform konstituierende Freiheit. Im Eigentum, im größeren Besitz insbesondere, wird etwas wesentlich Undemokratisches gesehen, weil er die Macht verleihe, durch wirtschaftliche Einflußnahme, bis hin zur Korruption, die Politik des Gemeinwesens zu bestimmen, die Freiheit anderer zu beschränken. Darin aber liege auch ein Widerspruch zur Gleichheit, die jedem Bürger nur eine, gleiche Stimme in politischen Angelegenheiten gebe. Daß das Privateigentum in einer Ordnung der Meinungs-, der Parteien- und der Medienfreiheit politisch wirken kann, steht außer Frage. Daß es von einer gewissen Größenordnung an zum politischen Faktor, zur Macht wird, ist Realität. In diesen einfachen Feststellungen steckt eine Fülle von echten oder künstlich hervorgerufenen Sozialängsten. Politische Kapitalismuskritik bietet hier seit über einem Jahrhundert Schreckbilder, die jedem gegenwärtig sind: Großindustrielle der Rüstung, welche Kriege hervorbringen; graue Bankeminenzen, die Volkswirtschaften gefährden; Lobbyisten, die durch Kapital stärker sind als Kanzler. Große Sorge gilt vor allem der Anonymität ihrer Aktionen und deren Wirkungen; mitten in der Transparenz der Demokratie erscheint deren Gegenbild, das verschleierte Kapital. Diese Thesen werden um so leichter aufgenommen, als sie der parlamentarischen Demokratie nur zur Entschuldigung für Fehler und Schwächen dienen. Leiden nicht Politiker und Volksvertreter unter den Zwängen der Eigentumsnotabeln?

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Ist der Wahlbürger nicht bei Fehlentscheidungen zu entschuldigen, weil sein Wille durch namenlose Aktienmehrheiten manipuliert wird? Dieses politisierte Eigentum ist ein wirksames politisches Zerrbild. Geheimnisvoll und finster erscheint es, unfaßbar und allgegenwärtig. In einer rationalisierten politischen Welt ist das Gefährlichste nicht das, was man angreifen kann, sondern was man überall vermuten muß. Und Spannungen lassen sich hier nicht leugnen, die im Wesen dieser parlamentarischen Demokratie liegen: Diese selbe Staatsform ist gerade auf die politische Wirksamkeit des Besitzes von Anfang an gegründet. Wenn das Eigentum zur Freiheit des Bürgers gehört, ja ihr besonders deutlicher Ausdruck ist, so muß der "Bürger mit seinem Eigentum" auch im Staat wirken dürfen, wie mit seinen anderen Freiheiten; gerade damit schafft er ja eine Grundlage der Demokratie, daß sich in Verteilung und Umschichtung der Güter tägliches Plebiszit vollzieht: Jeder Eigentumsgebrauch ist politische Willensbildung -darin hat der Marxismus recht. Die parlamentarische Demokratie lebt vom Einsatzwillen aller Bürger, auch der besitzschwächeren; aber sie kann nicht nur daraus wachsen, sie darf nicht alle Bürger als besitzschwach behandeln. Vom Bürger wird erwartet, daß er mit seinem Geist und seinem Gut zur Politik geht. So darf er spenden und werben, Vereine bilden und seine Interessen vertreten, seinen Besitz an alles wenden und verschwenden, vor allem an seine politischen Ideale. Diese Volksherrschaft lebt nicht aus einem Zählen von Stimmen, sondern aus dem Selbstbewußtsein, der Aktivität des Eigentumsbürgers, mag er mehr oder weniger besitzen. Freiheitssicherung will diese Demokratie, damit aber Gewaltenteilung, so vielfältig wie möglich; eine Gewaltenteilung liegt auch im freien Eigentum, weil eben der Staat sogleich übermächtig werden muß, wenn ihn kein Bürgerbesitz mehr prägt und zugleich beschränkt. Monopolkapitalismus, vor allem der des Staates, ist die ökonomische Negation der parlamentarischen Demokratie. Diese kann sich nicht den Bürger wünschen, der auf den Staat angewiesen ist und daher bald von ihm nur mehr Anweisungen erhält. Privateigentum dagegen bedeutet gesellschaftliche Gewaltenteilung im Lauf, ständig neue Teilung und Beschränkung sozialer Gewalten und der Gewalt des Staates. So bleibt denn die Spannung: Besitz kann die Macht entpersönlichen, manipulieren - und zugleich ist er Ausdruck des Allerpersönlichsten, der demokratiegetragenen Freiheit. Es bleibt aber auch die Hoffnung, daß zwar Eigentum politisch wirkt, Politik letztlich aber immer stärker ist als Eigentumsprofit Die Staatsform ist geradezu darauf gegründet, daß das Gemeinschaftsinteresse am Ende mächtiger sein wird als das private Gut, ja daß sich die privaten Interessen eben doch letztlich zum allgemeinen Wohl zusammenfinden werden - im eigenen Interesse.

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6. Privateigentum und Gleichheit ein tiefer demokratischer Widerspruch

Diese Demokratie wird in ihrer Gleichheit so scheint es, durch ein Privateigentum bedroht, das ganz wesentlich etwas Ungleiches zur Wirkung bringt, Bürger ungleich macht. Und zugleich ist ihre ganze politische Aktivität auf privates Eigentum gegründet, nur darin frei. Der tiefste Widerspruch der Eigentums-Demokratie beginnt also hier: Dieses selbe Privateigentum, ihre erste, festeste Grundlage - gerade dieses muß sie notwendig erschüttern, beschränken, entziehen, im Namen einer Gleichheit, die eben gleichfalls zu ihren Grundlagen zählt. Weshalb sollten die Bürger in dieser Staatsform zusammentreten, abstimmen, wählen, entscheiden, wenn sie nicht "begehren ihres Nächsten Hab und Gut"? Der besitzschwache Stimmbürger hat Macht in seinem Votum. Diesen gleichen politischen Besitz wird er nicht auch noch den Besitzenden ausliefern. Mit seiner Wahlfreiheit muß er vielmehr vor allem das erstreben, was demokratisches Ziel aller Freiheit ist und durchaus sein darf: mehr Güter für sich selbst. Wenn Eigentum frei macht, so ist es legitim, ja selbstverständlich, daß man alle Freiheit, auch die politische, einsetzt zu Eigentum. Daher drängt diese Demokratie, ihrem Wesen nach, zu "gleichem Eigentum", zu einer Besitzverteilung, die der Verteilung des Stimmengewichts entspricht, damit aber zu laufenden Formen parlamentarischer Enteignung. Gleichheit zeigt sich hier stärker als Freiheit. Das freie Privateigentum, welches die Verfassung zur Grundlage eines Parlamentarismus besitzender Bürger gemacht hat- dieser Besitz müßte eigentlich immer wieder kleiner und größer sein oder werden dürfen als das Eigentum anderer Bürger, darin gerade bewährt sich ja die Freiheit. Wenn aber laufend verteilt und damit nivelliert wird, so zerstört die politische Demokratie ihre eigene Grundlage, ihre Legitimation, die Freiheit. In diesem Freiheitsraum vor allem will doch die Staatsform den Bürger schützen. Wenn jedoch jeder annähernd gleichen Besitz hat, nur darin geschützt werden soll, so bedarf er eben eines solchen Freiheitsraumes nicht; was alle haben, wird man schwerlich einem nehmen. Er bedarf keiner Freiheit, es genügt die Polizei. Das Parlament, das zentrale Organ dieser Staatsform, wird legitimiert durch eine Freiheit, welche nur durch Privateigentum Sinn gewinnt; doch in derselben Volksvertretung treten diejenigen zusammen und entscheiden, welche eigentlich eine ungleiche, ungleich-gestufte Eigentumsordnung nicht akzeptieren dürfen, nach dem Gesetz der gleichen Stimmen, nach dem sie angetreten sind. Die Eigengesetzlichkeit des Herrschaftinstruments (gleiche Wahlen, Volksvertretung) wendet sich systemimmanent gegen das Herrschaftsziel (Freiheit, Privateigentum). Diese Demokratie kann und kann sich nicht grundsätzlich entscheiden, ihren Bürgern nicht sagen, ob sie ihr letztes Ziel in Verteilung bis hin zur Nivellierung sieht. Fielen so die Würfel, so hätte sie sich ganz wesentlich gewandelt, ihre tiefere Legitimation aufgegeben. Doch gerade ein solcher Schritt läßt sich in einer parla-

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mentafischen Demokratie, deren Wesen entsprechend, gar nicht erwarten: Die Dynamik der Gleichheit trägt allenfalls zu jener Nivellierung in kleinen Schritten, von der noch vertiefend zu sprechen sein wird - auf der anderen Seite steht ein verschleierndes, schweigendes, verunsichertes Eigentum. Zwischen diesen unklaren Fronten, beim Einsatz von Herrschaftsinstrumenten, wie sie die Parlamente mit ihrem laufenden, notwendigen Interessenausgleich einsetzen, läßt sich der große Schlag der Entscheidung für oder gegen das Privateigentum überhaupt nicht erwarten. Der schwere innere Widerspruch zwischen Gleichheit und Privateigentum bleibt also auf Dauer in die Demokratie gelegt, mit ihm muß sie leben - oder an ihm auf Dauer sterben. Aus dem Dilemma "weniger Gleichheit oder weniger Eigentum- in beiden Fällen weniger Demokratie" helfen nicht leichte Argumente. Einerseits muß ja die Volksherrschaft ein Staat der Alternativen bleiben, eine Ordnung des Wählenkönnens: Das Eigentum ist die wichtigste private Alternative; Parteienspiele Besitzloser sind nichts als Demokratiespiele Machtloser. So kann denn auf eine echte, abgestufte, private Eigentumsordnung gar nicht verzichtet werden. Doch auf der anderen Seite will der Demos eine Kratie, wenn Demokratie sein, wenn das Volk wirklich herrschen soll; welchen "Herrschaftsgegenstand" aber hätte das Volk, wenn es nicht mehr verteilen darf? So ist das Ideal der Demokratie der selbstbewußt besitzende Bürger - und doch droht er in seinen Eigentumsunterschieden die Einheit des Volkes zu sprengen. Überall steht Eigentum gegen Demokratie und ist doch zugleich deren Basis. 7. Rätestaat ohne Eigentum - bleibende Faszination einer Vergangenheit

Die Rätestaatlichkeil hatte ein geschlossenes Gegenmodell geboten. "Eigentumsangst" war ihr fremd. Besitz konnte nie gegen sie eingesetzt werden. Des Eigentumsneides bedurfte dieser Staat nicht, fremdes Gut mußte nicht in Wahlreden behandelt und verteilt werden. Der Rätestaat konnte begrenztes Eigentum belassen, weil er es allseitig, "gesellschaftlich" kontrollierte. Wenn Betrieb und Geschäft, Haus und Konsum durch Bürgerversammlungen überwacht werden, so kann über Eigentum weder verfügt noch kann es genossen werden. Gleich bleibt es, wem ein Gut zugerechnet wird; Eigentum ist nur mehr Verwaltungslast Der Besitz ist dann "voll im Staat", er kann sich nie mehr "gegen das Volk" wenden, kein Herrschaftsinstrument mehr sein. Expropriation der Expropriateure ist überflüssig, denn die Räte brauchen nicht zu expropriieren, sie können kontrollieren. In diesem Rätestaat gab es ein Eigentumsproblem schon deshalb nicht, weil der Besitz nicht mehr Freiheit, Macht, Selbstbewußtsein gegen den Staat verlieh, im

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Gegenteil: Er öffnete der Staatsgewalt die Türen des Bürgers, wo es bei diesem etwas zu erfassen, zu überwachen, mitzuverwalten gab. Dies war dann auch ein echtes Gleichheitseigentum; wer hatte, konnte sich nicht über andere erheben, er wurde nur schärfer kontrolliert, weil er den vielen Gleichen gefahrlicher werden konnte. In diesem Staat der Rätetheorie mußte das alte, erstrebte, beneidete Eigentum ganz einfach absterben, wie diese Staatlichkeit dann auch selbst. Die letzten Eigentümer hätten es noch begrüßen müssen, von der Anklagebank der Überwachten und Verantwortlichen in die Reihe der strengen und gerechten Bürgerkontrolleure überzugehen. Und besitzlos ist doch niemand, wenn alle alles verwalten. Diese Verbindung von Machtrealität und Zukunftsvisionen war folgerichtig in allem und jedem, faszinierend in ihrem Blick auf eine große Endlösung, in welcher der Neid untergehen sollte. Der Rätestaat hielt für das Privateigentum eine Art von Museumsmodell bereit: In diese Friedhöfe der Kunst hatte der liberale Staat schon vieles an Schönheit, an ästhetischer Freiheit, an individuellem Kunstbesitz, zu gemeinsamem Gebrauch versammelt. Der Rätestaat kündigte an, er werde das große Eigentumsmuseum errichten, in dem sich Wärter und Besucher nicht unterschieden. An die Stelle des wilden Konkurrenzkampfs trete dann die Friedhofsruhe der profitlosen Staatsharmonie. Wer dann noch nach größerem Eigentum strebe, könne nur mit jenen verglichen werden, welche heute Gemälde von Dürer oder Rembrandt entwenden wollten; für sie werde es Heilanstalten geben. Der Rätestaat nahm sich vor, in seiner Volksherrschaft das zu beseitigen, was zuletzt Adolf Hitler als Plutokratie verurteilt hat. Doch seine Theorie ging über ihn noch hinaus: Nun hieß es nicht mehr, daß Gemeinnutz vor Eigennutz gehe, sondern daß Gemeinnutz Eigennutz sei. In der parlamentarischen Demokratie müssen die Bürger, aktiv und erregt, in der Friedlosigkeit des Kampfes ums Eigentum leben. Im Rätestaat sollte es kein Haben mehr geben, sondern den großen Frieden eines gemeinsamen Sollens. Axiom dieser Staatsform war es, daß auch ohne private Interessen der Bürger an einer solchen Gemeingebrauchsdemokratie interessiert bleiben werde. Dies, nur dies ist nicht eingetreten; der enteignete Bürger hat den großen Expropriateur expropriiert, den Sozialismus gegen den Sozialismus zu Ende gedacht. Doch das untergegangene Modell verdient auch in Zukunft noch kritische Beschäftigung: In seiner folgerichtigen Geschlossenheit, mit der es die Eigentumswidersprüche der Demokratie auflösen wollte, wird es immer wieder faszinieren, vor allem eine- stets noch- eigentumsarme Jugend. Gerade nach seinem machtpolitischen Tod gehört Karl Marx erst recht an die Universitäten. Der Rätestaat hat riesige Ruinen hinterlassen - aus ihnen könnte neues Leben wachsen.

IV. Bildung - Grundlage und Gefahr für die Volkssouveränität 1. Bildung als demokratisches Ideal

Bildung als solche, nicht nur Bildung für alle, ist ein Höchstwert der freiheitlichen liberalen Demokratie. In ihr ist der Bürger nicht Vehikel eines allgemeinen Fortschritts, sein Gehirn nur ein Rädchen einer nationalen Denkrnaschine, die Fortschritt zur größeren Ehre der Nation veranstaltet. Zuallererst geht es hier um ihn selbst, um den einzelnen Menschen, seine geistige Selbstentfaltung. Wie immer man parlamentarische Demokratie legitimieren will, sie ist zuallererst auf Bildung, auf Vorbildung, Ausbildung, Fortbildung gegründet. Wird ihre Legitimation in jenem Freiheitsraum gefunden, den sie dem Bürger erhält und schafft, so sind es Unterricht, Erziehung und Bildung, welche dieser Freiheit erst Sinn geben. Sie ermöglichen die Ausnutzung, mehr: die Ausfüllung des Freiheitsraums in persönlicher Entfaltung. Darin ist Bildung, sind die geistigen Gehalte, welche sie vermittelt, staatspolitisch dem Privateigentum vergleichbar: Sie sind das Ergebnis recht genutzter Freiheit, zugleich aber deren Ziel, um dessentwillen es sich lohnt, sich Freiheit zu schaffen, sie zu genießen. Bildung ist daher eine Form ,,realer", "faktischer" Freiheit, deren die parlamentarische Demokratie um so mehr bedarf, als ihr der Vorwurf anhaftet, daß sie nur Berechtigungen hervorbringe, keine Inhalte, und daher eine rein formale Freiheit sei. Bildung als geistiges Privateigentum der Bürger ist für diese Staatsform ebenso unentbehrlich, wie das Privateigentum als Institution, das sie in einem entscheidenden Punkt ergänzt: Eigentum ist materialisierte Freiheit, der Vorwurf des Materialismus wird es immer verfolgen, und sein Personenbezug ist kein vollständiger. Der Bildung ist beides eigen, die untrennbare Verbindung mit der Einzelpersönlichkeit und jener immaterielle Wert, der weniger faßbar erscheint als das materielle Eigentum, daher dem Sozialneid vielleicht auch, aber doch weniger ausgesetzt ist als Besitz. Im Namen der Freiheit ist denn auch die Demokratie im Bildungsbereich von Anfang an weit über das hinausgegangen, was sie sich beim Eigentum vornahm: Dort begnügte sie sich mit der Eröffnung von Besitzchancen; Bildungschancen allein haben ihr nie genügt, hier sollten die realen Inhalte geistiger Freiheit beim Bürger hervorgebracht, ihm geradezu aufgezwungen werden. Die Schulpflicht ist ein Beginn realer staatlicher Werteverteilung unter die Bürger, sie geht über die Gewährung gleicher Chancen, wie sie beim Eigentum genügen soll entscheidend hinaus. Hier gerade konnten sich grundlegende demokratische Ideale bereits in der konstitutionell-monarchischen Periode politisch durchsetzen. Doch erst recht dann, wenn man die parlamentarische Demokratie auf die Idee der Verkörperung des realen Volkes gründet, bleibt Bildung als solche ein Wesens4 Leisner

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elementdieser Staatsform. Hier muß ja die große Zahl der Bürger durch eine ebenfalls zahlreiche, leistungsfähige, d. h. aber gebildete Elite verkörpert werden, in einer glücklichen bildungsaristokratischen Mäßigung der Macht der vielen. Mehr noch: Der Bürger selbst, der sich auf diese Weise verkörpern läßt, in der Wahlentscheidung einen Anteil an der Machtausübung übernimmt, muß geistig höher entwickelt werden, soll er die immer komplizierteren Zusammenhänge des modernen Gemeinschaftslebens auch nur entfernt überblicken können. Wenn schließlich Verkörperung des Volkes Manipulationsfreiheit beim Volkssouverän bedeutet, so muß die parlamentarische Demokratie geradezu eine Staatsform der Schule sein. Doch gerade diese ihre Legitimationsgrundlagen - Freiheitsraum für den Bürger und Verkörperung des Volkswillens - stehen in einem schwer auflösliehen Spannungsverhältnis, wenn nicht im Widerspruch zur Idee einer systematischen, staatsverordneten, einer "demokratischen" Bildung.

2. Bildung gegen Freiheit In der organisierten und vom Staat erzwungenen Bildung beginnt Freiheit mit Zwang. Über Jahre, Jahrzehnte hinweg wird der Freiheitsraum geistiger Begegnung weitgehend eingeengt, eingezwängt in Unterrichtsbeziehungen, welche man früher nicht zu Unrecht als ein "besonderes Gewaltverhältnis" bezeichnet hat; voller Verrechtlichung ist es, trotz aller rechtsstaatliehen Anstrengungen, nie zugänglich, denn pädagogische Freiheit des Lehrers muß sich gegenüber der Freiheit der Lernenden durchsetzen. Man mag versuchen, "demokratisierend" dieses Unterrichtsverhältnis von vermeintlichen oder wirklichen "Herrschaftselementen" zu reinigen, ganz wird es nie gelingen, wenn wirksam Bildung vermittelt werden soll. Vieles spricht sogar dafür, daß sich die Formen der Disziplinierung nicht abschwächen, sondern nur wandeln, durch andere ersetzt werden, von der zeitlichen Mehrbeanspruchung in Ganztagsschulen und verlängerter Ausbildung bis hin zu einer psychologischen Urnhegung, die immer häufiger die Schwelle der Indiskretion überschreitet, in Einbrüchen in die innere Persönlichkeit. Die vielschichtige Problematik dieser Gefährdung der Persönlichkeit und ihrer Freiheit durch ein Diktat des Pädagogischen ist bekannt. Hier geht es um allgemein-Grundsätzliches: um die gefährliche Spannung zwischen einer Freiheitsbeschränkung durch vom Staat im eigenen Interesse oder in dem der "Gesellschaft" aufgezwungene oder in sanftem sozialen Qualifikationszwang nahegelegte Bildung - und den Notwendigkeiten gerade einer Demokratie, immer mehr Bildung zu schaffen, daher auch stets noch mehr an solchem Zwang auszuüben. Die Gratwanderung zwischen einem totalen, freiheitszerstörenden Bildungsstaat, einem geistigen Wächterstaat, und einer ungebildeten Massendemokratie wird nicht leichter werden. Sie kann auf Dauer nur gelingen, wenn ein pädagogisch-staatspolitisches Zentralproblem lösbar ist: optimale Bildung gerade in minimaler Freiheits-

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beschränkung. Manche utopistischen, ja chaotischen Versuche aus letzter Zeit stimmen nachdenklich. Hier liegt eben ein schwerer herkömmlicher Widerspruch in der demokratischen Organisation der Gemeinschaft. Die Freiheit dieser liberalen Demokratie sollte sich eigentlich in einer Chancenfreiheit und -gleichheit erschöpfen, sie verbietet eben, wie sich in der Wirtschaftsordnung klar zeigt, die Zuteilung realer Güterquanten. Im Bildungsbereich jedoch ist der Übergang dahin bereits vollzogen. Dort werden Werte, reale Güter verteilt, weit mehr wird geschaffen als Chancengleichheit allein. In solchen Formen realer Verteilungsdemokratie entfernt sich jedoch die parlamentarische Staatsform von allen ihren liberalen Grundlagen - obwohl aus eben diesen ihre Bildungsversuche herauswachsen. Bildung bedeutet schließlich, in allem und jedem, einen geistigen Veränderungswillen, ihr liegt die Vorstellung nicht nur von einer Machbarkeit zugrunde, sondern von einer Zielrichtung der Freiheit, die, bei aller Liberalität der Bildungsinhalte, eben doch dem Bürger vom Staat vorgegeben wird. Gerade dies aber steht in scharfem Widerspruch zu jener grundsätzlichen Ziellosigkeit allseits offener Freiheit, auf welcher die liberale Staatsform aufruht Ein Bürger, dem jahrzehntelang geistige Inhalte vorgegeben werden, der zu ihrer Aneignung angehalten, gezwungen wird - und dies alles während seiner eindrucksreichsten Lebensphase - wie soll er später jene große Freiheitsphantasie aufbringen, welche doch ein liberal-freiheitliches Leben beim Einzelnen und in der Gemeinschaft verlangt? Endet hier nicht eine Grundforderung der Demokratie in einer gigantischen Fremdbestimmung, die später durch nichts mehr ausgeglichen werden kann und die Freiheit der selbstbestimmenden Bürgerdemokratie von Anfang an denaturiert? Besonders gefährlich erscheint dies in einem Staat, der ein weithin staatliches Schulsystem geerbt hat und es immer weiter perfektioniert. Nicht umsonst sind private Schulen in allen Staaten mit alter parlamentarisch-demokratischer Tradition eine Selbstverständlichkeit. In Deutschland dagegen ist zwar die monarchisch-autoritäre Organisation der Staatsschule zum Vehikel demokratischer Bildungsanstrengungen gewandelt worden, doch nunmehr entfaltet diese Maschinerie eine staatsgeprägte Schwerkraft gegen die Freiheit des Bürgers. Durch sie wird diese in vielen einzelnen grundrechtliehen Bereichen getroffen, von der Erziehungsfreiheit über die Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit bis hin zu einer Berufsfreiheit, welche sehr früh schon in Schulen ferngelenkt wird. Bildung gegen Freiheit - so sollte vielleicht die Frage nicht gestellt werden; doch ein Grundproblem bleibt sicher in der parlamentarischen Demokratie: Bildungsorganisation gegen Freiheitlichkeit. 3. Das Dilemma der "politischen Bildung" in der Demokratie In der Frage der politischen Bildung wird das schwierige Verhältnis der parlamentarischen Demokratie zur Bildung besonders deutlich. 4*

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Eine eminent rationale Staatsform, die auf Staatstheater und Staatspomp verzichtet, muß in besonderem Maße versuchen, mit innerer Überzeugungskraft der Jugend nahezukommen. Verständlich sind daher die breit angelegten Versuche, bereits in der Pflichtschule und sodann in einem weiten Angebot politischer Bildungseinrichtungen, bis hin zu den Medien, nicht nur staatsrechtliche Grundkenntnisse zu vermitteln, sondern auch für eine Zuneigung gegenüber dieser Staatsform zu werben, damit die Bürger bereit seien, für sie einzutreten. Darüber hinaus soll bereits die Schule den "demokratischen Prozeß" einüben, Toleranz, freie Diskussion, Unterwerfung unter den Willen der Mehrheit. Ob sich auf solche Weise eine Staatsform lehren, vor allem aber ob sie sich lieben läßt, mag hier offenbleiben; sicher hat es die parlamentarische Demokratie damit besonders schwer. Nicht nur, daß sie auf äußere Formen prachtvollen Herrschens verzichtet, welche die Ästhetik ansprechen, auf diese Weise das Unterrichten erleichtern - der komplizierte demokratisch-parlamentarische Mechanismus mag vielleicht lehrbar sein, er spricht aber kaum als solcher jene tieferen Persönlichkeitsschichten an, in denen Bildungsinhalte am besten erfaßt werden. Das Wichtigste in der Demokratie ist besonders schwer lehrbar: die Freiheit und ihr Gebrauch, der einer Jugend nahegebracht werden soll, welche dafür weder Mittel noch Zeit hat. Erst längere Lebenserfahrung läßt doch jene Werte einer richtungslosen Freiheit wirklich begreifen, auf denen diese Ordnung ruht. Das Bildungsangebot wendet sich in erster Linie an junge Menschen, der parlamentarischen Demokratie wird man kaum bescheinigen, sie sei eine ,jugendliche Staatsform", wenn es derartiges überhaupt geben sollte. Demokratisches Verhalten setzt stets ruhige, besonnene Abwägung voraus, es beruht weithin auf Verständigungsbereitschaft, der junge Mensch aber wird häufig fürchten, sich im Kompromiß zu kompromittieren. Die parlamentarische Demokratie ist gewiß nicht ein staatsrechtlicher Ausdruck von Sturm und Drang, mit ihren vielen Verhaltensregeln, dichten Normengeflechten und der Notwendigkeit dauernder Einigung und Zurückhaltung. Jugend ist leicht bereit, Minderheit zu sein, doch sie will trotzdem, gerade darin, herrschen, beherrschen. Mehrheitsentscheidung zu akzeptieren muß nicht Resignation bedeuten; doch dem politischen Enthusiasmus f