Das System der Partikelverben mit „an“: Eine konstruktionsgrammatische Untersuchung 9783110289930, 9783110289725

Approximately fifty percent of the form and the meaning of transparent German particle verbs with “an” can be deduced fr

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Das System der Partikelverben mit „an“: Eine konstruktionsgrammatische Untersuchung
 9783110289930, 9783110289725

Table of contents :
Vorwort
1. Einführung
1.1 Beobachtungen und Fragen – Ansatz der Arbeit
1.2 Der Weg zu den Antworten – Aufbau der Arbeit
1.3 Korpusanalyse – eine Grundlage der Arbeit
2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis
2.1 Distanz und Adjazenz zwischen Verb und Partikel
2.2 Erfragbarkeit und Modifizierbarkeit der Partikeln
2.3 Lexikalisierung
2.4 In- und externe Valenz der PVK
3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?
3.1 Adjunktion der Partikel als Modifikator
3.2 Funktionale Applikation
3.3 Das Lizenzierungsproblem
3.4 Funktionale Komposition – virtuelle Lösung
3.5 PVK-Bildung als Umperspektivierung der verbalen Argumente
3.6 Das Problem der verbalen Argumentstruktur als operabler Wert
3.7 Partikelschablonen und Verben
3.8 Konstruktionsgrammatische Analyse
3.8.1 Fusion zwischen Verben und Argumentkonstruktionen
3.8.2 Die Rolle der Partikeln in den Argumentkonstruktionen
4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?
4.1 Der Konstruktionsbegriff
4.2 Formale Komplexität
4.3 Semantische Allgemeinheit
4.4 Kompositionalität und Transparenz
4.5 Produktivität
4.6 Kern- und Randbereich
5. Verblexeme
5.1 Frame-Semantik – Hintergründe
5.2 Repräsentation von Verblexemen in Frame-Strukturen
5.2.1 Frame-semantische Analyse von „tanzen“
5.2.2 Syntaktischer Gebrauch von „tanzen“
5.3 Profile: semantisch-syntaktische Ausschnitte
6. Argumentkonstruktionen mit „an“
6.1 Partikelverben mit „an“ in der Literatur
6.2 Differenzierung zwischen Homonymie und Polysemie
6.3 Konstruktionsgrammatische Analysen von Polysemie
6.4 Metonymische Objektvarianz – motivierte Gleichheit der Form
6.5 Notation der Zuordnung zwischen Form und Bedeutung
6.5.1 Bedeutungsseite
6.5.2 Perspektive und semantische Proto-Rollen
6.5.3 Formseite
6.6 Konstituenz -flach oder/und binär?
7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“
7.1 Konstruktionen zum Ausdruck von Orts- und Zustandsveränderung
7.1.1 Exkurs: Endoreflexive und unkausative Medial-PVK
7.2 Konstruktion zum Ausdruck der Inbetriebnahme
7.2.1 Exkurs:LexikalisierungderPartikel
7.3 Konstruktion zum Ausdruck eines Kontaktzustandes
7.4 Konstruktionen zum Ausdruck von Intensivierung
7.4.1 Exkurs: Ein- und Abgrenzungsprobleme von PVK
7.5 Konstruktionen zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten
7.5.1 Exkurs: Partikeln als konstruktionsgebundene Marker
7.6 Konstruktion zum Ausdruck einer Kraft-Gegenkraft-Relationen
7.7 Konstruktionen zum Ausdruck von Partialität
7.8 Konstruktion zum Ausdruck der Wahrnehmung von etwas an jemandem
8. Das System der Argumentkonstruktionen und PVK mit „an“
8.1 Bedeutungsgruppen der PVK mit „an“
8.2 Argumentkonstruktionen mit „an“ nach Anzahl ihrer Instanzen
8.3 Funktion der Partikel in Bezug auf die Gesamtzahl der PVK
8.4 Funktion der Argumentkonstruktionen
8.5 Vererbungsrelationen als System ökonomischer Repräsentation
8.5.1 Vererbung zwischen Konstruktionen als Subparts von Konstruktionen
8.5.2 Vererbung zwischen Konstruktionen und lexikalischen Instanzen
8.5.3 Metaphorische Vererbung
8.5.4 Mehrfache Vererbung
8.5.5 Konstruktionen als Instanzen von Konstruktionen
8.5.6 Instanzen von Instanzen
9. Fusion und Gebrauch – Verben und Argumentkonstruktionen
9.1 Bewegungsausdrücke – sprachtypologische Differenzen
9.2 Virtuelle Wege als Orientierungslinien
9.3 Fusionsprinzipien
9.4 Fusionen zwischen Simplizia und den Argumentkonstruktionen mit „an“
9.4.1 Gebrauch der Konstruktion [1a]: anbacken
9.4.2 Gebrauch der Konstruktion [1b]: ankommen
9.4.3 Gebrauch der Konstruktion [1c]: angeheult kommen
9.4.4 Gebrauch der Konstruktion [1d]: etw. ankleben
9.4.5 Gebrauch der Konstruktion [1e]: etw. anliefern
9.4.6 Gebrauch der Konstruktion [1f]: jdn. anlocken
9.4.7 Gebrauch der Konstruktion [1g]: etw. anhäufen
9.4.8 Gebrauch der Konstruktion [1h]: jdm. etw. anerziehen
9.4.9 Gebrauch der Konstruktionen [1h’]: sich etw. anlesen/sich einen antrinken
9.4.10 Gebrauch der Konstruktion [1i]: etw. einer Sache angleichen
9.4.11 Gebrauch der Konstruktion [2]: etw. anschalten
9.4.12 Gebrauch der Konstruktion [3]: anliegen
9.4.13 Gebrauch der Konstruktionen [4a,b]: ansteigen, jdn. antreiben
9.4.14 Gebrauch der Konstruktion [5a]: jdn. anlächeln
9.4.15 Gebrauch der Konstruktion [5b]: anklopfen
9.4.16 GebrauchderKonstruktion[6]:gegen etw. ankämpfen
9.4.17 Gebrauch der Konstruktion [7a]: anrucken
8.4.18 Gebrauch der Konstruktion [7b]: etw. anbraten
9.4.19 Gebrauch der Konstruktion [7c]: anbaden
9.4.20 Gebrauch der Konstruktion [8]: jdm. etw. ansehen
9.5 Gebrauchssystem
9.6 Okkasionelle PVK mit „schlafen“ – System, Norm und Sprechen
10. Ein- und Ausblick
Anhang: PVK als Instanzen der jeweiligen Konstruktionen
Literaturverzeichnis
Register

Citation preview

Marc Felfe Das System der Partikelverben mit »an«

Sprache und Wissen Herausgegeben von

Ekkehard Felder Wissenschaftlicher Beirat

Markus Hundt · Wolf-Andreas Liebert Thomas Spranz-Fogasy · Berbeli Wanning Ingo H. Warnke · Martin Wengeler 12

De Gruyter

Marc Felfe

Das System der Partikelverben mit „an“ Eine konstruktionsgrammatische Untersuchung

De Gruyter

Meinen Eltern

ISBN 978-3-11-028972-5 e-ISBN 978-3-11-028993-0 ISSN 1612-443X Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2012 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Gesamtherstellung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen

∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwort Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die ich im Oktober 2011 an der Humboldt-Universität zu Berlin verteidigt habe. Herzlich danken möchte ich allen, die mir in Gesprächen, mit Ideen und Zweifeln, mit Zuhören und Nachfragen sowie auf ganz praktische Art geholfen haben. Mein besonderer Dank gilt Anke Lüdeling und Klaus Welke, die mein Promotionsvorhaben betreut und gefördert haben. Ihnen danke ich für ihr Interesse, ihre Anregungen und ihre Kritik. Meinen Kollegen und Studenten an der Universidad Nacional de Córdoba möchte ich für bereichernde Diskussionen danken und für die Herzlichkeit, mit der sie mich in Argentinien aufgenommen haben, wo ich seit 2009 im Rahmen eines DAAD-Lektorates arbeite und der größte Teil dieser Arbeit entstanden ist. Ganz innig danke ich Franka Wingrat, mit der ich auch die Begeisterung für die an-Verben teilen durfte und die in allen praktischen und unpraktischen Dingen mit mir war und ist. Dafür und für das kritische Korrekturlesen danke ich auch Torsten Föste. Elena Martins danke ich für ihr orthographisches Adlerauge. Für die druckreife Textlegung gilt all mein Dank Inga Wilde. Dem De Gruyter Verlag und Ekkehard Felder danke ich für die Veröffentlichung der Dissertation in der Reihe Sprache und Wissen. Gewidmet ist das Buch meinen Eltern Traudl und Peter Felfe, die von Anfang an meine Interessen, mein Suchen und Finden-Wollen gefördert haben. Córdoba, den 17. März 2012

Inhaltsverzeichnis Vorwort

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1. Einführung 1.1 Beobachtungen und Fragen – Ansatz der Arbeit 1.2 Der Weg zu den Antworten – Aufbau der Arbeit 1.3 Korpusanalyse – eine Grundlage der Arbeit

1 1 6 8

2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis 2.1 Distanz und Adjazenz zwischen Verb und Partikel   (UIUDJEDUNHLWXQG0RGLÀ]LHUEDUNHLWGHU3DUWLNHOQ 2.3 Lexikalisierung 2.4 In- und externe Valenz der PVK

11 12 18 21 25

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?   $GMXQNWLRQGHU3DUWLNHODOV0RGLÀNDWRU 3.2 Funktionale Applikation 3.3 Das Lizenzierungsproblem 3.4 Funktionale Komposition – virtuelle Lösung 3.5 PVK-Bildung als Umperspektivierung der verbalen Argumente 3.6 Das Problem der verbalen Argumentstruktur als operabler Wert 3.7 Partikelschablonen und Verben 3.8 Konstruktionsgrammatische Analyse 3.8.1 Fusion zwischen Verben und Argumentkonstruktionen 3.8.2 Die Rolle der Partikeln in den Argumentkonstruktionen

29 30 31 36 41 44 47 50 53 55 60

4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik? 4.1 Der Konstruktionsbegriff 4.2 Formale Komplexität 4.3 Semantische Allgemeinheit 4.4 Kompositionalität und Transparenz 4.5 Produktivität 4.6 Kern- und Randbereich

62 69 71 72 73 76 79

5. Verblexeme 5.1 Frame-Semantik – Hintergründe 5.2 Repräsentation von Verblexemen in Frame-Strukturen 5.2.1 Frame-semantische Analyse von „tanzen“ 5.2.2 Syntaktischer Gebrauch von „tanzen“   3URÀOHVHPDQWLVFKV\QWDNWLVFKH$XVVFKQLWWH

82 82 88 93 96 100

VIII

Inhaltsverzeichnis

6. Argumentkonstruktionen mit „an“ 6.1 Partikelverben mit „an“ in der Literatur 6.2 Differenzierung zwischen Homonymie und Polysemie 6.3 Konstruktionsgrammatische Analysen von Polysemie 6.4 Metonymische Objektvarianz – motivierte Gleichheit der Form 6.5 Notation der Zuordnung zwischen Form und Bedeutung 6.5.1 Bedeutungsseite 6.5.2 Perspektive und semantische Proto-Rollen 6.5.3 Formseite 6.6 Konstituenz –ÁDFKRGHUX QGELQlU"

104 104 108 111 115 119 120 122 124 126

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“ 7.1 Konstruktionen zum Ausdruck von Orts- und Zustandsveränderung    ([NXUV(QGRUHÁH[LYHXQGXQNDXVDWLYH0HGLDO39. 7.2 Konstruktion zum Ausdruck der Inbetriebnahme    ([NXUV/H[LNDOLVLHUXQJGHU3DUWLNHO 7.3 Konstruktion zum Ausdruck eines Kontaktzustandes 7.4 Konstruktionen zum Ausdruck von Intensivierung    ([NXUV(LQXQG$EJUHQ]XQJVSUREOHPHYRQ39. 7.5 Konstruktionen zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten    ([NXUV3DUWLNHOQDOVNRQVWUXNWLRQVJHEXQGHQH0DUNHU 7.6 Konstruktion zum Ausdruck einer Kraft-Gegenkraft-Relationen 7.7 Konstruktionen zum Ausdruck von Partialität 7.8 Konstruktion zum Ausdruck der Wahrnehmung von etwas an jemandem

131 132 139 142 143 145 146 149 151 153 156 156 160

8. Das System der Argumentkonstruktionen und PVK mit „an“ 8.1 Bedeutungsgruppen der PVK mit „an“ 8.2 Argumentkonstruktionen mit „an“ nach Anzahl ihrer Instanzen 8.3 Funktion der Partikel in Bezug auf die Gesamtzahl der PVK 8.4 Funktion der Argumentkonstruktionen 8.5 Vererbungsrelationen als System ökonomischer Repräsentation 8.5.1 Vererbung zwischen Konstruktionen als Subparts von Konstruktionen 8.5.2 Vererbung zwischen Konstruktionen und lexikalischen Instanzen 8.5.3 Metaphorische Vererbung 8.5.4 Mehrfache Vererbung 8.5.5 Konstruktionen als Instanzen von Konstruktionen 8.5.6 Instanzen von Instanzen

162 162 165 168 169 171

9. Fusion und Gebrauch – Verben und Argumentkonstruktionen 9.1 Bewegungsausdrücke – sprachtypologische Differenzen 9.2 Virtuelle Wege als Orientierungslinien 9.3 Fusionsprinzipien

180 180 184 186

172 174 176 176 177 178

Inhaltsverzeichnis

9.4         

        

          

           9.5 9.6

Fusionen zwischen Simplizia und den Argumentkonstruktionen mit „an“  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>D@anbacken  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>E@ankommen  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>F@angeheult kommen  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>G@etw. ankleben  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>H@etw. anliefern  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>I@jdn. anlocken  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>J@etw. anhäufen  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>K@ jdm. etw. anerziehen  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQHQ>K·@sich etw. anlesen/ sich einen antrinken  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>L@etw. einer Sache angleichen  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>@etw. anschalten  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>@anliegen  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQHQ>DE@ansteigen, jdn. antreiben  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>D@ jdn. anlächeln  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>E@anklopfen  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>@gegen etw. ankämpfen  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>D@anrucken  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>E@etw. anbraten  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>F@anbaden  *HEUDXFKGHU.RQVWUXNWLRQ>@jdm. etw. ansehen Gebrauchssystem Okkasionelle PVK mit „schlafen“ – System, Norm und Sprechen

IX 189 190 191 194 196 200 201 202 203 204 205 206 207 207 208 215 215 217 218 223 224 224 228

10. Ein- und Ausblick

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$QKDQJ39.DOV,QVWDQ]HQGHUMHZHLOLJHQ.RQVWUXNWLRQHQ

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Literaturverzeichnis

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Register

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1. Einführung 1.1 Beobachtungen und Fragen – Ansatz der Arbeit Der Leser mag sich fragen, warum es wieder einmal um die schon so oft untersuchten Partikelverben geht. Die erste Antwort hierauf ist recht einfach. Ausgangspunkt meiner Beschäftigung mit den Partikelverben ist eine Beobachtung, die mich fasziniert hat (und dies weiterhin tut) und die meines Wissens nach in NHLQHUELVKHULJHQ$UEHLWJHQDXHUXQWHUVXFKWZLUG,FKKDEHLQGHQXQWHUDXIgeführten Korpora 1056 Partikelverben mit „an“ gefunden. Diesen liegen aber nur 594 Simplizia zu Grunde.1 Ein Verb ( ?) wird also tendenziell zur Bildung mehrerer Partikelverben mit „an“ genutzt. Dies mag die Gebrauchsvielfalt von „tanzen“ in den folgenden Belegen illustrieren (1). (1) a. Der Dicke läßt die Kellnerinnen wieder antanzen.2 b. Nie werde ich vergessen, wie er mich antanzte.3 c. Figuren, die [...] gegen die Resignation und Zukunftslosigkeit antanzen.4  G >@GLHQHXH9L]HFKHÀQGHUGHXWVFKHQ6SRUWKLOIHGLHPLW+HVVHQV Ministerpräsident Roland Koch (50) den Ball antanzte, [...].5 e. Bei der abendlichen Disco im Gerätehaus sollten sich die Jugendlichen dann Müdigkeit antanzen.6 'LHVH7DWVDFKHIKUW]XGHQIROJHQGHQ)UDJHQ+DQGHOWHVVLFKLQ (1) überhaupt um ein Basisverb oder um vier? Handelt es sich um eine Partikel „an“ oder um vier? Wie sollten das Verb oder die Verben und die Partikel oder die Partikeln analysiert werden? Zur Beantwortung dieser Fragen, worum es in dieser Arbeit geht, ist eine weiWHUH%HREDFKWXQJHQWVFKHLGHQG:LUDVVR]LLHUHQÅWDQ]HQ´ XPZLHYLHOH9HUEHQ es sich auch handeln mag) primär nicht mit kausativen Handlungen (1d,e), nicht

1

2 3 4 5 6

/DELOH9HUEHQ FI%ULQNPDQQI ZLHÅHWZDVNRFKW´XQGÅMHPDQGNRFKWHWZDV´XQG Verben, die usuell mit verschiedenen Argumentstrukturen gebraucht werden wie „für etw. werben“ und „um jdn. werben“ wurden doppelt gezählt. Berliner Morgenpost, 02.11.1998, S. 27 1(215REELH:LOOLDPV 1LFROH.LGPDQ 5KHLQ=HLWXQJ0DFNLH0HVVHULP=LUNXV +DPEXUJHU$EHQGEODWW2O\PSLDVLHJHU6WHLQHU'DVLVWPHLQHQHXH/LHEH Braunschweiger Zeitung, 14.10.2008; Wendhausener Jugendwehr gewinnt Gemeindewettkampf

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1. Einführung

mit einer Anstrengung gegen etwas (1c) und auch nicht, wenigstens nicht im Sinne seines intransitiven oder transitiven Defaultgebrauchs, mit einer auf eine Person gerichteten Tätigkeit (1b). Dennoch haben wir bei (1b-e) keine Verständnisprobleme – auch dann nicht, wenn wir entsprechende Bildungen zum ersten 0DOK|UHQ²XQGJHEUDXFKHQÅWDQ]HQ´PHKURGHUZHQLJHUKlXÀJ]XP$XVGUXFN entsprechender Ereignistypen. Wie ist das zu erklären, wenn diese nicht unbedingt mit dem Verb assoziiert werden? Wodurch werden entsprechende Ereignistypen ausgedrückt? Offensichtlich wird „tanzen“ jeweils mit „an“ kombiniert. Aber worin liegt der Bedeutungsbeitrag des Verbs und der Partikel? Worin liegt der Bedeutungsbeitrag der Argumente? Wodurch werden diese lizenziert, wenn sie nicht von „tanzen“ präsupponiert werden? Um diese Fragen zu beantworten, ist eine weitere Beobachtung entscheidend, GLH LQ GHU /LWHUDWXU XQWHU GHP 6WLFKZRUW GHU 5HLKHQELOGXQJ EHVSURFKHQ ZLUG Wir können in (1b-e) „tanzen“ durch viele andere Verben ersetzen. Dabei bleibt der jeweilige Ereignistyp unverändert. Man kann jemanden anlächeln, anborgen, anstolpern... (1b). Um mit Widrigkeiten fertig zu werden, trinkt mancher gegen sie an. Ein anderer schreibt gegen etwas an. Gegen manche Zweifel kann man anlieben, so wie der passionierte Heimwerker in seinem Keller gegen die Einsamkeit ansägen kann (1c). Bezüglich (1d) sieht es etwas komplizierter aus. Ein 6SLHOZLUGDQJHSÀIIHQ'LH%DGHVDLVRQZLUGGXUFKGDV$QEDGHQHU|IIQHW1DFK GHP8PWRSIHQGHU3ÁDQ]HQVROOWHQVLHDQJHJRVVHQZHUGHQ(LQH=LJDUHWWHUDXFKW man an. Irgendwie handelt es sich jedes Mal mit recht unterschiedlichen Assoziationen und Implikationen um ein erstes Mal, den Ausdruck des Beginns von etwas. In Bezug auf (1e) sind unserer Phantasie und den Ausdrucksmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt. Bestimmte Dinge oder Eigenschaften erwerben wir GXUFKEHVWLPPWH7lWLJNHLWHQ:lKUHQGVLFKGHUHLQHHLQHQ%DXFKDQLVVWYHUVXFKW GHU DQGHUH VLFK VHLQH 7UDXPÀJXU DQ]XKXQJHUQ (LQ QlFKVWHU IUDJW VLFK RE HU sich eine schöne Stimme ansingen kann. Auf den ersten Blick können wir in (1a) „tanzen“ nicht so einfach ersetzen, da es aus jenem „antanzen“ nicht ohne weiteres herausgelöst werden kann. Um „antanzen“ in (1a) zu verstehen, müssen wir HVLP*HJHQVDW]]X EH DOV*DQ]HVNHQQHQ'LH.HOOQHULQQHQVROOHQQlPOLFK nicht tanzend zu jemandem kommen, sondern durch dessen Aufforderung oder aber es handelt sich um einen umgangssprachlichen Ausdruck des Ankommens. Genau dieser Ereignistyp bleibt jedoch genauso wie in den anderen Fällen beim (UVHW]HQYRQÅWDQ]HQ´GXUFKDQGHUH9HUEHQHUKDOWHQ-HPDQGNDQQDQÁLW]HQ antorkeln, anrauschen... Beobachten wir nun genauer jene reihenbildende Austauschbarkeit von „tanzen“ in (1a-e), so fällt auf, dass nicht einfach ein anderes Verb an die Stelle von „tanzen“ zu „an“ tritt. Genauso wie die Partikel invarianter lexikalischer Bestandteil der Muster ist, verhält es sich mit der jeweiligen Argumentstruktur, wenn wir sie schematisch, das heißt, von der jeweiligen lexikalischen Realisierung abstrahiert, betrachten. Das in (1a) ausgedrückte Ereignis des Ankommens ist an die Partikel und eine intransitive Struktur mit sich bewegendem Subjekt gebunden. Die in (1b) ausgedrückte Tätigkeit scheint an die Partikel und eine transitive Struktur gebunden zu sein. Das erste im Nominativ ausgedrückte Argument richtet die Tätigkeit auf das zweite im Akkusativ ausgedrückte. In (1c)

1.1 Beobachtungen und Fragen – Ansatz der Arbeit

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besteht das Schema aus Partikel, der Präposition „gegen“ und deren Argumentstelle sowie einem sich anstrengenden Subjekt. Der semantisch schwerer fassbare in (1d) ausgedrückte Ereignistyp weist strukturell genauso wie (1b) die Partikel, ein Akkusativobjekt und ein die Handlung beginnendes Subjekt auf. Die in Hinsicht auf (1e) dargestellte Austauschbarkeit des Verbs bezieht sich auf eine Struktur DXV 3DUWLNHO KDQGHOQGHP 6XEMHNW ZHOFKHV ÅVLFK´ NRUHIHUHQWLHOOHV 5HÁH[LYXP das Akkusativobjekt aneignet oder dies beabsichtigt. Den semantischen Beobachtungen entsprechen offensichtlich, d. h. auf der VWUXNWXUHOOHQ2EHUÁlFKHEHVWLPPWH$UJXPHQWVWUXNWXUHQPLWÅDQ´'HVKDOEZHUde ich von Partikel-Verb-Komplexen, kurz PVK sprechen und beziehe mich damit auf die Partikel, das Basisverb und entsprechende Argumentstruktur. Faszinierend ist nun der Zusammenhang zwischen semantischer und struktureller Seite, wenn wir die Basisverben mit entsprechenden PVK vergleichen. Genauso wenig wie ein Basisverb an sich mit dem vom PVK ausgedrückten Ereignistyp assoziiert werden muss, lässt sich innerhalb eines Ausdrucksmusters mit „an“ eine Ordnung bezüglich der Argumentstruktur oder Valenz der Basisverben ausmachen. Die Argumentstrukturen der Basisverben zum Ausdruck eines Ereignistyps mit „an“ sind im Gegensatz zur Argumentstruktur entsprechender PVK sehr heterogen. Partikelverben einer Bedeutungsgruppe wie „ansprechen, anzweifeln, anhusten“ weisen homogene Argumentstrukturen auf. Man sagt, dass jemand jemanden anspricht, anzweifelt, anhustet. Dies ist bei den zu ihrer Bildung gebrauchten Simplizia nicht der Fall. Man sagt normalerweise, dass jemand mit jemandem (über etwas) spricht, dass jemand an etwas oder jemandem zweifelt oder dass jemand hustet. Wie lassen sich Bildungen, welche als transparent empfunden werden, durch eine linguistische Analyse als motiviert erklären? In gängigen Theorien wie der Generativen Grammatik, der Kategorialgrammatik oder der Valenzgrammatik wird Strukturbildung als bottom-up-Prozess vom Lexikon in die Syntax analysiert. Merkmale, die im Lexikoneintrag eines Elementes gespeichert sind, werden in die Syntax projiziert bzw. stellen lexemgebundene Anweisungen für den syntaktischen Strukturaufbau dar. Somit gibt das Verb seine Argumentstruktur als operablen Wert (Lizenz) vor, mit welchem die minimale Argumentstruktur der Partikel verbunden wird. In anderen in dieser Arbeit zu besprechenden Ansätzen wird jene strukturelle Sicht auf die Semantik übertragen. Es wird davon ausgegangen, dass die jeweilige Partikelbedeutung erst durch saliente Merkmale der Verbsemantik aktiviert wird. Da die Basisverben zur Bildung einer PartikelVerb-Gruppe jedoch sehr unterschiedliche Argumentstrukturen und Basisbedeutungen aufweisen, ist von virtuellen Umstrukturierungen der Verbvalenz und dazu benötigten Sonderregeln auszugehen, um das grundlegende Modell algebraischer Satzbildung vom verbalen Lexikoneintrag aus – über Regeln – in die Syntax aufrechtzuerhalten. Zu fragen ist, ob das hierzu nötige Regelwissen des Sprechers die Strukturbildung und das Strukturverständnis adäquat erklären. Ausgehend von Lizenzierung durch die verbale Argumentstruktur liegen Bildungen wie „jdn. ansehen“ mit transitivem Basisverb, „jdn. antanzen“ mit intransitivem Verb, „jdn. anborgen“ mit ditransitivem Basisverb verschiedene Regeln und Operationen zu Grunde. Welche Alternativen gibt es zu algebraischen Modellen, um die empfundene Transparenz der Bildungen zu erklären? Welche Konsequenzen für

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1. Einführung

ein grundlegendes Verständnis von Grammatik ergeben sich, wenn die Analyse bei der Argumentstruktur der Partikelverben ansetzte und nicht rechnerisch durch Zusammenführung von einer jeweils minimalen Argumentstruktur von Verb und Partikel erzeugt wird? 'DV VWUXNWXUHOOH /L]HQ]LHUXQJVSUREOHP LVW JOHLFK]HLWLJ HLQ VHPDQWLVFKHV Sprecher und Hörer haben kein Problem damit, Geräuschverben zur Darstellung von Fortbewegungen oder Handlungen zu gebrauchen und zu verstehen. Ein Schiff kann gemütlich antuckern, wenn man am Hafen steht und wartet. Wird ein Plakat lustlos befestigt, so wird es angeklatscht, und das Licht knipst man an. Offensichtlich handelt es sich um ‚eigentlich’ intransitive Verben zum Ausdruck von Geräuschen. Und ‚uneigentlich’ um Bewegungs- oder Handlungsverben? Innerhalb der klassischen Dichotomie zwischen Lexikon und Syntax kann das Problem auf zwei Wegen gelöst werden. Entweder sind entsprechende Basisverben im Lexikon auch als Bewegungs- bzw. Handlungsverben durch eine doppelte Argumentstruktur vermerkt. Oder aber die Simplizia werden durch virtuelle Operationen präpariert, um mit der Partikel gebraucht zu werden. Oder geschieht semantische und syntaktische Komplexbildung nicht auf der Grundlage des Verbs als Kopf oder Regens der Gesamtkonstruktion? Es lässt sich an die Intuition appellierend fragen, ob ein Verb wie „lächeln“ Kopf der kausativen Handlung ist, wenn sich jemand auf einer Party jemanden anlächelt. Genauso ist zu fragen, ob das eigentlich nicht agentive Verb „schwitzen“ im Rahmen einer minimalen logischen, von der konzeptuellen Ebene getrennten Semantik das Potential für die Konstruktion „jdn. anschwitzen“ hat. Die zentralen Fragen, auf welche in dieser Arbeit Antworten vorgeschlagen ZHUGHQVLQG:LHZHUGHQ9HUEXQG3DUWLNHOPLWHLQDQGHUYHUEXQGHQ":LHZLUG die Bedeutung der Partikel und wie die der Verben erfasst? Wie ist die resultierende Argumentstruktur eines PVK und damit dessen Bedeutung kompositionell zu analysieren? Wie können idiomatische PVK wie das erwähnte „antanzen“ aus (1a) von transparenten Bildungen wie in (1b-e) innerhalb eines Analyseformats unterschieden werden? Die eingangs gestellte Frage war ja, warum es wieder einmal um Partikelverben gehen soll. Die erste Antwort habe ich in der für eine Einleitung gebühUHQGHQ.U]H]XJHEHQYHUVXFKW(VKDQGHOWVLFKXP%HREDFKWXQJHQYRQGHQHQ einige in anderen Arbeiten kaum berücksichtigt werden und andere im Rahmen algebraischer Grammatikmodelle unbefriedigend analysiert werden, da die Argumentstruktur und Bedeutung der PVK schrittweise von einer minimalen verbalen Argumentstruktur aus durch Integration der Partikel erzeugt werden. Wieder einmal geht es um Partikelverben, weil ich eine alternative Analyse vorschlage. Diese beruht ebenso auf dem Prinzip der Kompositionalität. Ich nehme an, dass Verben auf der Grundlage semantischer und pragmatischer Implikaturen mit vorliegenden, aus dem Gebrauch abstrahierten Argumentkonstruktionen verbunden werden oder im Falle von Lexikalisierung verbunden wurden. Ich werde die Partikel „an“ als lexikalischen Bestandteil verschiedener, mehr oder weniger schematischer Argumentkonstruktionen analysieren. Mit der formalen Seite der holistisch analysierten Strukturen werden direkt bestimmte Bedeutungen in Form von Ereignistypen assoziiert. Für diese Annahme kann auch das Ergeb-

1.1 Beobachtungen und Fragen – Ansatz der Arbeit

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nis eines kleinen Non-Verb-Experimentes sprechen, welches gleichfalls zu neuen Fragen führt. Ich habe zwanzig Muttersprachler (Nicht-Linguisten) gebeten, die Äußerungen mit Non-Verben (2) zu interpretieren. (2) a. Er hat sie die ganze Zeit angemonkt. b. Innerhalb kürzester Zeit hatte er es angemonkt. Achtzehn Probanden verstanden (2a) als Kontaktaufnahme (davon neun als Belästigung). Dreizehn Probanden interpretierten (2b) als Befestigungshandlung. Sechs von ihnen verstanden (2b) als Inbetriebnahme eines Gerätes. Werden die Äußerungen ausgehend von der lexikalischen Bedeutung des Non-Verb-UmfelGHV LQWHUSUHWLHUW" 3LQNHU    IKUW GLH (UJHEQLVVH YRQ1RQ:RUW7HVWV auf das Prinzip der lexikalischen Ko-Kompositionalität zurück.7 Bei Bildung der Äußerungen wurde jedoch darauf geachtet, anstelle von Autosemantika Pronomen zu verwenden. Diese erlauben lediglich die Deutung kategorialer Merkmale wie belebt versus unbelebt. Auch zu beachten ist die jeweilige Semantik der ZeitDQJDEH,Q D ZLUG'XUDWLYLWlWLQ E KLQJHJHQ3HUIHNWLYLWlWYHUPLWWHOW'LHV dürfte allerdings nicht genügen, um die sehr konkreten Assoziationen zu erklären. In gängigen Theorien verläuft der Strukturaufbau ausgehend von der verbalen Argumentstruktur, welche als Minimalwert im Lexikon gespeichert und für syntaktische Regeln zugänglich ist. Ein Non-Verb ist jedoch nicht im Lexikon vermerkt. Es liegt somit nahe, die Interpretationen auf die Partikel und entsprechende Argumentstrukturen zurückzuführen, welche in gängigen Theorien rein formal analysiert werden. Werden die Argumentstrukturen selbst mit einer %HGHXWXQJ DVVR]LLHUW VR PVVHQ MHGRFK IROJHQGH )UDJHQ JHNOlUW ZHUGHQ :DUum führt ein und dieselbe Argumentstruktur in (2b) zu zwei sehr verschiedenen Interpretationen? Warum führen (2a) und (2b) zu sehr verschiedenen Interpretationen, obwohl es sich in beiden Fällen um transitive Strukturen mit der Partikel „an“ handelt? Handelt es sich um drei homonyme oder polyseme transitive Argumentstrukturen mit „an“? Anregungen für eine konstruktionsgrammatische Analyse von deutschen Partikelverben stammen u. a. von Chang (2008) und Welke (2009a). Müller (2007) wägt eine konstruktionsgrammatische zu Gunsten einer lexikonbasierten AnaO\VH LP +36*)RUPDW DE -DFREV    SOlGLHUW EH]JOLFK GHU 39. EHL GHQHQGLH3DUWLNHOQLFKWDOVYHUEDOHV$UJXPHQWDQDO\VLHUWZHUGHQNDQQXQGRGHU die Gesamtbedeutung nicht kompositionell erschließbar ist, eher für eine konstruktionsgrammatische bzw. eine hybride Analyse zwischen Valenz- und Konstruktionsanbindung. Für englische Partikelverben schlägt u. a. Goldberg (1995) programmatisch eine Analyse im Rahmen der Konstruktionsgrammatik vor, die YRQ-DFNHQGRII  DOOHUGLQJVQXUIRUPDOVSH]LÀ]LHUWXQGEHJUQGHWZLUG Diese Arbeit ist somit keineswegs ohne Vorläufer, zu denen ich auch den holistischen Ansatz von Plank (1981, 1985) zähle. Eine empirisch fundierte konstruktionsgrammatische Analyse einer konkreten Partikelverbgruppe gibt 7

=XlKQOLFKHQ7HVWVFI*ROGEHUJ  7RPDVHOOR  

6

1. Einführung

HVMHGRFKQRFKQLFKW%LVKHULJH9RUVFKOlJHVLQGSURJUDPPDWLVFKHU1DWXUXQG oder gehen von einer rein formalen schematischen Partikelkonstruktion aus. Form, Funktion und Bildung der PVK mit „an“ konstruktionsgrammatisch zu analysieren, ist Ziel dieser Arbeit. Ausgehend von dieser konkreten Analyse kann ein alternatives Modell zur Analyse für deutsche Partikelverben und Präverb-Konstruktionen im Allgemeinen entwickelt werden. Ebenso verstehe ich diese Arbeit als einen Beitrag zu Diskussionen innerhalb der Konstruktionsgrammatik(en). Hinsichtlich der formalen und semantischen Analyse von Argumentkonstruktionen sowie hinsichtlich der Verbindung zwischen Verben mit Argumentkonstruktionen werden Alternativen vorgeschlagen.

1.2 Der Weg zu den Antworten – Aufbau der Arbeit Mal scheinen PVK Wörter zu sein und mal syntaktische Gefüge. Distanz- und Kontaktstellungen zwischen Partikel und Verbbasis, ihr Eingang in weitere :RUWELOGXQJVSUR]HVVH GLH %HWRQXQJVYHUKlOWQLVVH GLH KlXÀJH /H[LNDOLVLHUXQJ Tansparenz und Produktivität der PVK sind genauso faszinierend wie die in der Literatur vorgeschlagenen Analysen.8 Seit Grimm (1878) ist vor allem ihr Status umstritten. Handelt es sich um morphologische oder aber syntaktische Komplexe? *ULPPVHOEVW † VFKUHLEWYRQÅXQIHVWHQ=XVDPPHQVHW]XQJHQ´ oder „Halbcomposita“, behandelt sie zwar im Bereich der Wortbildung, aber „unfest“ und „halb“ lassen auf Zweifel schließen. Am klarsten lehnt Drach (1937) HLQHPRUSKRORJLVFKH$QDO\VHDE(U  VFKUHLEWLQPDUWLDOLVFKHU Manier seiner Zeit vom „Gespensterreigen“ der trennbaren Verben und glaubt sie „besiegt“ durch die Erkenntnis, dass es sich um syntaktische Konstruktionen KDQGHOWÅ.RPSRVLWDVLQGLPPHUXQWUHQQEDUVRQVWVLQGHVNHLQH´8P3DUWLNHOverben als Grenzgänger in Theorie und Praxis geht es im zweiten Kapitel. Im dritten Kapitel wird gezeigt, dass das grundlegende Problem in der Annahme einer algebraischen Grammatik liegt. Die Argumentstrukturen der Partikelverben mit „an“ lassen sich zu maximal 50 % aus einer angenommenen verbalen Valenz und der jeweiligen Argumentstruktur der Partikel kompositionell erzeugen. Dies zwingt zur Annahme virtueller Operationen, um die Argumentstruktur der Verben für die Integration der Partikel und eventuell neuer Argumente zu präparieren. Stattdessen wird eine holistische Analyse vorgeschlaJHQ GLH 3DUWLNHO LVW À[LHUWHU OH[LNDOLVFKHU %HVWDQGWHLO YRQ VFKHPDWLVFKHQ $UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQPLWZHOFKHQ9HUEHQÁH[LEHOJHEUDXFKWZHUGHQ Im vierten Kapitel werden Grundannahmen der Konstruktionsgrammatik-(en) besprochen. Hierbei geht es einerseits um Eigenschaften der Argumentkonstruktionen wie ihre Komplexität und Produktivität. Andererseits geht es um die Frage nach der Kompositionalität von PVK. Anstelle eines minimalen Strukturaufbaus

8

(LQHhEHUVLFKWEHUGLHWHUPLQRORJLVFKH9LHOIDOWELHWHWXDáLPHFàNRYi II  +XQGVQXUVFKHU  ]HLFKQHWGLH'LVNXVVLRQELVLQGLHHU-DKUHQDFK

1.2 Der Weg zu den Antworten – Aufbau der Arbeit

7

durch die regelbasierte Projektion verbaler Argumente in die Syntax wird davon ausgegangen, dass Kompositionalität zwischen Leerstellen verbaler Frames und ihrem Ausdruck als Argumente von holistischen Konstruktionen besteht. Argumentkonstruktionen drücken Ereignistypen aus. Verben determinieren die $UWZLHHQWVSUHFKHQGH+DQGOXQJHQ7lWLJNHLWHQ3UR]HVVHXVZVWDWWÀQGHQXQG selegieren bestimmte Eigenschaften der Konstruktionsargumente. In der framesemantischen Fundierung von Kompositionalität liegt der wesentliche UnterVFKLHG]X*ROGEHUJV  9RUVFKOlJHQXQGQDFK&URIW E  VRZLH.D\ 0LFKDHOLV  HLQ)RUVFKXQJVGHVLGHUDWXP Um die Frame-Semantik geht es im fünften Kapitel. Anstelle syntaxtauglicher Funktionen wird die Verbbedeutung vor dem Hintergrund eines assoziativen Netzwerkes (Frame) als Prädikationspotential beschrieben. Es wird am Beispiel des Verbs „tanzen“ gezeigt, dass und wie die verschiedenen Argumentkonstruktionen mit „an“ jeweils verschiedene Leerstellen des aktivierten Frames LQQHUKDOE YHUVFKLHGHQHU (UHLJQLVW\SHQ SURÀOLHUHQ 'HU PLW GHP 9HUE DVVRziierte Ereignistyp kann, aber muss sich nicht mit dem von der Konstruktion ausgedrückten decken. Im sechsten Kapitel geht es um die Frage, wie die verschiedenen Argumentkonstruktionen mit „an“ voneinander differenziert und formal sowie semantisch repräsentiert werden. Besonderes Augenmerk liegt auf gleichförmigen transitiven Argumentkonstruktionen mit „an“. Handelt es sich um polyseme oder homonyme Konstruktionen? Das Analyseproblem mögen die folgenden Beispiele anhand des Zeugmatests verdeutlichen. (3) a. ?? Er streicht die Wand und die Farbe an. b. ?? Er schlug das Plakat und die Wand an. c. ?? Die Buslinie A fährt das Zentrum und viele Touristen zum Stadtfest an. :DVVHLW.KQKROG  UHFKWPHFKDQLVFKDOVÅ2EMHNWXPVSUXQJ´EH]HLFKnet wird, führe ich auf verschiedene schematische Konstruktionen zurück. Es wird gezeigt, inwiefern die Formengleicheit v. a. durch metonymische Ableitungen teilweise motiviert ist und die Konstruktionen in einem prototypischen Netzwerk aufeinander bezogen werden können. Die formale Seite der Argumentkonstruktionen wird nicht wie bei Goldberg (1995) und Croft (2001) durch syntaktische Relationen repräsentiert, sondern durch Kasusmarkierungen. Die Zuordnung zwischen Kasus und semantischer 5ROOHZLUGNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKDQDO\VLHUW$OOJHPHLQH7HQGHQ]HQZHUGHQLQ Anlehnung an Welke (1988ff ) und Rostila (2007) perspektivisch als Merkhilfen bestimmt. Anstelle einer binären Zusammenführung der konstruktionsinternen (LQKHLWHQZLUGIUÁH[LEOH.RQVWLWXHQWHQELOGXQJHQDUJXPHQWLHUW Im siebten Kapitel werden innerhalb von 8 Bedeutungsgruppen 22 verschiedene Argumentkonstruktionen mit „an“ formal und semantisch bestimmt. Überlegungen in der Literatur zu den jeweiligen Mustern, ihre Beziehungen untereinander und ihre Herkunft werden diskutiert. In Exkursen wird auf die Analyse medialer PVK (Staub setzt sich an), die Lexikalisierung der Partikel (das ane

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1. Einführung

Licht), Einordnungsprobleme eines PVK als Instanz einer Konstruktion und fünf NRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKH)XQNWLRQHQGHU3DUWLNHOHLQJHJDQJHQ Im Anschluss ordne ich im achten Kapitel die Bedeutungsgruppen, die einzelnen Konstruktionen und die Funktionen der Partikel hinsichtlich der TypeFrequenz der analysierten PVK. Danach wird ein dynamisches Kategorisierungsmodell für die 22 verschiedenen Konstruktionen und die mit ihnen gebildeten PVK vorgeschlagen. Gemeinsame Eigenschaften zwischen Konstruktionen, Konstruktionen und PVK sowie zwischen verschiedenen PVK werden durch ein Netzwerk verschiedener Vererbungsbeziehungen erfasst. Im neunten Kapitel geht es um Prinzipien für die Fusion zwischen den Konstruktionen und Verben. In Einzelanalysen wird untersucht, ob die Konstruktionen produktiv sind und welche Restriktionen zur produktiven PVKBildung angenommen werden sollten. Anstelle des in der Literatur diskutierten Überschreibens der Verb- durch die Konstruktionsbedeutung (coercion) gehe ich von gegenseitigen Anpassungen durch konventionalisierte Implikaturen, durch Leit- und Kontrastformen aus. Produktivität wird auf ein dynamisches Wechselspiel zwischen Sprachsystem, Norm und Sprechtätigkeit zurückgeführt. Dieses wird abschließend anhand einer Gebrauchsanalyse okkasioneller PVK mit dem Verb „schlafen“ illustriert. Faszinierend ist wiederum, dass von 20 befragten Muttersprachlern 19 meinten, dass ihnen „anschlafen“ nichts sage. Die Testpersonen hatten jedoch bei Vorlage der Belege keine Verständnisprobleme.

1.3 Korpusanalyse – eine Grundlage der Arbeit Die Arbeit gründet auf der korpusbasierten Analyse deverbaler PVK mit „an“. Hierzu wurden alle öffentlichen Korpora des Archivs für geschriebene Sprache mit mehr als 2,5 Milliarden frei zugänglichen Tokens aus dem Deutschen Referenzkorpus (DeReKo) des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim9 und das Kernkorpus mit 100 Millionen sowie das Zeit-Korpus mit 448 Millionen Tokens des DWDS-Korpus der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften10 benutzt. Ebenso wurden verschiedene Internetforen11 berücksichtigt. Es handelt sich also um eine opportunistische Auswahl von Texten aus Presse, Belletristik, Fachbüchern und Internetforen. Ziel war ein Einblick in den konstruktionsspe]LÀVFKHQType-Umfang der PVK mit „an“. Somit ging es nicht einfach um Partikelverben mit „an“, sondern die Instantiierung von Verben in unterschiedlichen Argumentkonstruktionen, deren invarinter Teil „an“ ist. Durch den Fokus auf Types wird nur ein relativ statischer Aspekt von Produktivität berücksichtigt, der von Konstruktion zu Konstruktion sehr unterschiedlich ist und im Einzelnen besprochen wird. Das Interesse an okkasionellen Bildungen liegt besonders darin

9 10 11

KWWSZZZLGVPDQQKHLPGHFRVPDV KWWSZZZGZGVGH =%ZZZJXWHIUDJHQHWZZZVXHGGHXWVFKHGHZZZ]HLWGH

1.3 Korpusanalyse – eine Grundlage der Arbeit

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begründet, Gebrauchsimplikaturen für die Fusion zwischen Verben und den Argumentkonstruktionen zu ermitteln, welche durch geringe Token-Frequenz und Transparenz nicht in Wörterbüchern verzeichnet sind. Die statistische Ermittlung von Type-Token-%H]LHKXQJHQXQGUHJLVWHUVSH]LÀVFKH)UHTXHQ]DQDO\VHQZHOche zu einer genauen Analyse von Produktivität einzelner Konstruktionen nötig wären, sind nicht das Ziel dieser Arbeit. Bei einer automatischen Suche können PVK tatsächlich etwas von Gespenstern haben. Nämlich dann, wenn Partikel und Verb nicht adjazent stehen. Dann LVWLKUHUVFKZHUKDEKDIW]XZHUGHQZHVKDOELFKGLH6XFKHNXU]EHVFKUHLEH(UVW einmal wurden die ca. 900 PVK mit „an“, welche im DUDEN Universalwörterbuch (2007), in der korpusbasierten Analyse von Kühnhold (1973) und der wörterbuchbasierten Untersuchung von Rich (2003) vermerkt sind, in Bezug auf wiederkehrende Argumentstrukturen, denen ein Ereignistyp zugeordnet werden kann, geordnet. So wurde beispielsweise „tanzen“ in „antanzen“ als Instanz einer intransitiven Konstruktion zum Ausdruck perfektiver Bewegungsereignisse (des Ankommens) vermerkt. Im nächsten Schritt wurde geprüft, ob das Verb „tanzen“ auch als Instanz anderer Konstruktionen mit „an“, die in keiner der Arbeiten HUZlKQWZHUGHQJHEUDXFKWZLUG0LWGHU6XFKDQIUDJHÅ DQWDQ]HQRGHU WDQ]HQVDQ ´ZHUGHQLP'H5H.RDOOHÁHNWLHUWHQ)RUPHQYRQÅDQWDQ]HQ´VRZLH von „tanzen“ mit folgendem „an“ innerhalb eines Satzes aufgelistet.12 Bei letzterem wurde das Suchergebnis auf „an“ als zu „tanzen“ gehörige Partikel ‚handverlesen’. Nun wurden die Argumentstrukturen von „antanzen“ oder „tanzt ... an“ betrachtet. So kann entdeckt werden, dass neben dem hochfrequenten intransitiv gebrauchten „antanzen“ und „angetanzt kommen“ für „herbeikommen, HUVFKHLQHQ´DXFKZHQLJIUHTXHQWH%LOGXQJHQZLHÅMGQDQWDQ]HQVLFKMHPDQGHQ etwas antanzen, einen Ball antanzen“ und „antanzen gegen“ vorkommen, die DOVWUDQVSDUHQWH,QVWDQ]HQDQGHUHU.RQVWUXNWLRQHQPLWÅDQ´NODVVLÀ]LHUWZXUGHQ Des Weiteren wurde das DeReKo mit Suchanfragen wie „ana*“, „anb*“ etc. nach kleingeschriebenen Sequenzen mit „an“ durchsucht, wobei die Ergebnisse wiederum ‚per Hand’ auf transparente PVK mit rekurrenten Argumentstrukturen reduziert wurden. So wurde beispielsweise bei der Suchanfrage „ansch*“ neben dem lexikalisierten „etw. anschwitzen“ für „etw. anschmoren“ die okkasionelle Bildung „jdn. anschwitzen“ gefunden, welche wiederum als Instanz einer rekurrenten Argumentkonstruktionen mit „an“ vermerkt wurde. Auf keinem der Wege ist eine exhaustive Erfassung okkasioneller PVK mit „an“ möglich. Hierzu müssten entweder alle Verbformen oder jedes Vorkommen von „an“ daraufhin betrachtet werden, ob sie Teil einer Partikel-VerbKonstruktion sind. Dies ist jedoch nicht Ziel dieser Arbeit. Stattdessen wurden zusätzlich mit Phantasie, Intuition und auf der Grundlage bereits ermittelter Fusionsimplikaturen selbst gebildete PVK wie „sich etw. anschlafen“ in allen möglichen Varianten über Google gesucht.

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Im DWDS-Korpus wurde mit der Suchanfrage „$p=VVFIN #10 an with$p=PTKVZ“ JH]LHOWQDFKGHUHLQHPÀQLWHQ%DVLVYHUE PLWPD[LPDOHP$EVWDQGYRQ:|UWHUQ IROJHQGHQ Verbalpartikel „an“ gesucht.

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1. Einführung

In der Arbeit werden kaum selbst konstruierte Äußerungen, sondern Gebrauchsbelege angeführt. Das heißt weder, dass muttersprachliche Intuition generell abgelehnt wird, noch dass Authentizität das einzige Kriterium ist. Durch die lange Beschäftigung mit den PVK ist jedoch eine zusätzliche Skepsis gegenüber dem HLJHQHQ6SUDFKHPSÀQGHQDQJHEUDFKW9RUGHU%HVFKlIWLJXQJPLWGLHVHP7KHPD wären mir sicherlich viele der belegten PVK wie „sich etw. anrauchen“, zumindest am Schreibtisch, nicht ‚eingefallen’. Vor dem Hintergrund der ermittelten Implikaturen handelt es sich um transparente Bildungen mit unterschiedlichen frequenzbedingten Vertrautheitsgraden bzw. bewussten pragmatisch motivierten Abweichungen von Gebrauchsroutinen. Die Authentizität von Belegen entbindet von eigenen Zweifeln, ob ein PVK wie „jdn. antöten“ nun möglich ist oder nicht. Möglich ist fast alles und dies ist eine spannende Erkenntnis dieser Arbeit und faszinierende Einsicht ins Sprachspiel. Entscheidend ist die Analyse der Motivation(en) für okkasionelle Bildungen. Nicht belegte Konstruktionen, deren Gebrauch in entsprechendem Kontext oder in der Isolation fragwürdig erscheint, werden mit „?“ gekennzeichnet. Selbst konstruierte Bildungen, die durch Introspektion eindeutig als unakzeptabel empfunden werden, sind mit Asterisk markiert.

2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis Die Eigenschaften der PVK werden innerhalb modularer Grammatikmodelle anhand folgender Fragen diskutiert. Handelt es sich um morphologisch komplexe Einheiten vom Typ V° mit integrierter Partikel (1a) oder aber um syntaktische Komplexe mit regulär angebundener Partikelphrase (PtP) unter V’, also Projektionen von V° (1b)? Oder ist die Partikel Kopf einer adjungierten small-clause-Phrase (SC), deren Subjekt-NP gleichzeitig Objekt von entsprechendem PVK ist (1c)? (1a)

(1b)

[(Pt°) V°]V°

(1c) V’

PtP

VP V°

SC NP

V° Pt°

Im Folgenden werden zentrale Eigenschaften der PVK und ihre jeweiligen Analysen besprochen. Diese werden gegebenenfalls mit den Eigenschaften von Resultativkonstruktionen1 und Funktionsverbgefügen 2 (FVG) kontrastiert. Es werden Probleme morphologischer und syntaktischer Analysen aufgezeigt, die letztlich das Konzept strikter Modularität in Frage stellen und Ausgangspunkt für die konstruktionsgrammatische Untersuchung sind.

1

2

(V KDQGHOW VLFK XP LQWUDQVLWLYH HWZ IULHUW IHVW  WUDQVLWLYH HWZ IHVW ELQGHQ  XQG UHÁH[LYH Konstruktionen (sich voll essen), mit denen die Zustandsveränderung eines Arguments durch eine AP ausgedrückt wird. Kaufmann (1985) und Lüdeling (2001) sprechen von sekundären resultativen Prädikaten. Zifonun et al. (1997) sprechen von Prädikativen. $QDORJ]XGHQ39.GLVNXWLHUHQ*QWKHU 3DSH II XQG+HOELJ II GLH%H]LHKXQJ]ZLVFKHQ33XQG9HUELQ)9*+DQGHOWHVVLFKEHLGHU33XPHLQYHUEDOHV$UJXPHQW oder bilden Verb und PP als gemeinsamer Valenzträger ein kompaktes V°?

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2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis

2.1 Distanz und Adjazenz zwischen Verb und Partikel Das wohl augenfälligste Merkmal ist, dass Partikel und verbale Basis in bestimmWHQ1lKH  XQG'LVWDQ]VWHOOXQJHQ  YRUNRPPHQ$QGHUVDOV3UlÀ[HEHVHW]HQ Partikeln nicht zusammen mit dem Simplex die linke Satzklammer. (2) a. Er will das Pferd anbinden b. als er das Pferd gestern anband c. * als er das Pferd an gestern band (3) a. b. c. d. e.

Er bindet das Pferd an Bindet er das Pferd an? * Anbindet er das Pferd? Binde das Pferd an! * Anbinde es!

– * Er anbindet das Pferd. – ? An – bindet er es? Ab soll er es binden! – ? An – binde es! Nicht ab.

'LVWDQ]VWHOOXQJHQ ZHOFKH 3DUWLNHO XQG YHUEDOH %DVLV DXV]HLFKQHQ ÀQGHQ VLFK HEHQVRLQQHUKDOEGHUJUDSKHPDWLVFKHQ(LQKHLWHQZHVKDOE6WLHEHOV :XQGHUOLFK I (LVHQEHUJ  XQG%DU]  EHLP3DUWL]LS3HUIHNW D GHP,QÀQLWLY E XQG3DUWL]LS3UlVHQVPLWÅ]X´ F YRQPRUSKRORJLVFKHU Trennbarkeit sprechen. (4) a. Er hat das Pferd angebunden. b. um das Pferd anzubinden c. das anzubindende Pferd

– vs. die Wunde verbunden – vs. um die Wunde zu verbinden – vs. die zu verbindende Wunde

3DUWLNHOXQG9HUEEDVLVVWHKHQLP,QÀQLWLY D XQGEHL(QGVWHOOXQJGHV)LQLWXPV im Nebensatz (2b) zusammen. Hierin wird ein Argument für morphologische Analysen gesehen. In den meisten Standardwerken zur deutschen Wortbildung ZLHLQ(UEHQ EII )OHLVFKHU %DU] II (LVHQEHUJ   XQG 0RWVFK  II  ZLUG GLH %LOGXQJ YRQ 3DUWLNHOYHUEHQ DOV 'HULYDWLRQ beschrieben.31HHOHPDQQ :HHUPDQ  XQG6WLHEHOV :XQGHUOLFK   argumentieren für eine morphologische Kompositionsanalyse. Wird Di Sciullo :LOOLDPV  IROJHQGYRQGHUOH[LNDOLVFKHQ,QWHJULWlWYRQ:|UWHUQDXVgegangen, die sie als „atomic at the level of phrasal syntax and phrasal semantics“ beschreiben4, so stehen morphologische Analysen vor dem Problem, die Distanzstellungen zu erklären. 1HHOHPDQ :HHUPDQ  XQG1HHOHPDQ II DQDO\VLHUHQGLH Verbindung zwischen Partikel (Pt°) und Verb (V°) als komplexes morphologisches

3 4

,P*HJHQVDW]GD]XVFKUHLEW'RQDOLHV  LQLKUHUÅ:RUWELOGXQJGHV'HXWVFKHQ´YRQ syntaktischen Präverbfügungen. 'LHVJHKWDXI%ORRPÀHOG  (LQ:RUWVHLÅDIUHHIRUPZKLFKGRHVQRWFRQVLVW entirely of (two or more) lesser free forms; in brief a word is a minimum free form“.

2.1 Distanz und Adjazenz zwischen Verb und Partikel

13

V°. Bei der Bewegung des Finitums auf die C°-Position bleibe die Partikel deshalb zurück, weil der Kopf von lexikalischen und funktionalen Einheiten nicht komplex sein dürfe (complexity constraint). Bleiben wir im strikt modularen Modell, so ist es rätselhaft, wie syntaktische Operationen Zugriff haben auf nichtsyntaktische X°-Elemente.5 Problematisch ist ebenso, dass die KomplexitätsbeVFKUlQNXQJ GD]X ]ZLQJW 3UlÀ[YHUEHQ [ Px-1-V -1] trotz ihrer morphologischen Komplexität als nicht komplexe morphologische V° zu analysieren, da ansonsten DXFK3UlÀ[H]XUFNEOHLEHQPVVWHQ 6WLHEHOV  :XQGHUOLFK  II  DQDO\VLHUHQ 3DUWLNHOQ ² DXVVFKOLH‰OLFK LQGHU.RQÀJXUDWLRQ [ P>PD[@V ] (Partikel-Beschränkung) – als maximale, für die 6\QWD[VLFKWEDUH(OHPHQWH 6LFKWEDUNHLWVK\SRWKHVH 6WLHEHOV I DUEHLWHW hierzu komplizierte Klammerungen und Klammertilgungen aus. Bei der Bewegung des Finitums bleibe die nicht mit dem Simplex verschmolzene Partikel aus dem Komplex [ Pt>PD[@[ V>PD[@]] zurück, da C° nur durch ein [PD[]-Element besetzt werden dürfe. Die komplizierten Ad-hoc-Annahmen sind nötig, wenn PVK morphologisch analysiert werden und die Morphologie modular von der Syntax abgegrenzt wird.6 Allerdings beschreiben sie eher auf umständliche Weise die Distanzstellungen, als dass sie diese erklären.7 Interessanterweise führen die morphologischen Analysen gerade im Gebiet der Wortbildung zu unlösbaren Problemen. Ausgehend von einem PVK wie „anbeten” lässt sich das Nomen „Anbetung” bilden.8'DQDFK6WLHEHOV :XQGHUOLFK  3DUWLNHOQLQYHUEDOHU Umgebung der Sichtbarkeitsbedingung unterliegen, könne die ung-Ableitung An[-max]betung nicht auf den PVK [an>PD[@[ beten]] bezogen werden. Das Nomen wird durch eine virtuelle Derivation von „beten“ zu „Betung“ mit anschließenGHU3UlÀJLHUXQJDQDO\VLHUW'DVVÅ%HWXQJ´UHDOLWHULP'HXWVFKHQQLFKWJHEUDXFKW ZLUGVSLHOWVFKHLQEDUNHLQH5ROOH6WLHEHOV  VSULFKWYRQHLQHPVHPDQtisch-strukturellen „Klammerparadox“. M. E. handelt es sich, einfach gesagt, um eine asemantische Analyse zu Gunsten einer angenommenen kategorialen Regelmechanik.9'HU9RUVFKODJYRQ1HHOHPDQ :HHUPDQ  IKUWEULJHQV 5

6

7 8

9

Die morphologische V°-Kategorie soll den weiteren Eingang in Wortbildungsprozesse sichern (anbeten > Anbetung), wohingegen Resultativkonstruktionen [AP-V° ] als syntaktiVFKH9ƒEHVWLPPWZHUGHQ*UXQGVlW]OLFKNULWLVLHUW/GHOLQJ  GDVVGLH(LQIKUXQJ morphologischer Köpfe auf syntaktischer Ebene den Kopfbegriff selbst aufweiche. Ohne die Annahme strikter Modularität sind jene Sonderannahmen nicht nötig. So beVFKUHLEW:HLQULFK I GLH39.%LOGXQJUHFKWXQNRPSOL]LHUWDOV.RQVWLWXWLRQHLQHQ Spezialtyp der Bildung zweiteiliger Wörter. Ihr syntaktischer Gebrauch richte sich nach den Defaultmustern der Klammerbildung im Deutschen. &I.ULWLNLQ=HOOHU D  'LHVZHUWHQXD6WLHEHOV :XQGHUOLFK  6WLHEHOV  XQG2OVHQ E  DOV$UJXPHQWIUGHQPRUSKRORJLVFKHQ6WDWXVYRQ39.%RWKDV  Å1R3KUDVH FRQVWUDLQW´IROJHQGZUGHQQXU:|UWHUXQG$IÀ[HMHGRFKNHLQHV\QWDNWLVFKHQ(LQKHLWHQLQ Wortbildungsprozesse eingehen. Gegen diese Annahme sprechen zahlreiche Bildungen wie „Rotfärbung, Langschläfer, Totschläger“, übrigens auch „no-phrase-constraint“, die u. a. von )OHLVFKHU %DU]  /GHOLQJ  XQG0F,QW\UH  DOV3KUDVHQNRPposita besprochen werden. (VVHLKLHUDXI)HKOLVFK II YHUZLHVHQGLHZHLWHUH9RUKHUVDJHQZHOFKHVLFKDXVGHU Sichtbarkeitsbedingung ergeben, kritisch bespricht.

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2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis

zu dem gleichen Problem, was aber nicht angesprochen wird. Allerdings merken sie an, dass der „complexity constraint“ nicht für Nominalkomposita gelte, da Bildungen wie „Holzfensterbank“ diesen durch ihren komplexen Kopf verletzen würden.10 Bei den unter (2) aufgeführten Beispielen von Kontaktstellung zu sprechen, geht auf die im 17. und 18. Jahrhundert stark zunehmende und im 20. und 21. Jahrhundert vielfach verschieden normierte Zusammenschreibung zurück.11 Sehen wir einmal von der orthographischen Norm ab, dann scheint der Begriff der Trennbarkeit selbst fragwürdig zu sein. Vielmehr sollte von vorhersagbaren, weil musterhaften Nachbarschafts- (Adjazenz) bzw. Distanzstellungen gesprochen werden. Dies macht auch den vergleichenden Blick auf Einheiten anderer .RQVWUXNWLRQHQEH]JOLFKLKUHU6WHOOXQJ]XP)LQLWXPIUHL/GHOLQJ   XQG0OOHU I ]HLJHQGDVVGLH$3YRQ5HVXOWDWLYNRQVWUXNWLRQHQGHQ Partikeln sehr ähnliche Stellungseigenschaften aufweisen (5a). Auf die restrinJLHUWH6WHOOXQJVIUHLKHLWQRPLQDOHU*OLHGHUYRQ)9*ZHLVW(LVHQEHUJ   KLQ E 'UDFK  XQG/GHOLQJ I ]HLJHQ]XGHPGDVVHV keine Differenzen zwischen syntaktischer Akzentverteilung und der in den PVK gibt. Genauso wie die AP in Resultativkonstruktionen, die nominalen Glieder von FVG und direktionale PP in (Fort-)Bewegungsausdrücken trägt die Partikel typischerweise den Hauptakzent (5c) und unterscheidet sich hierin von den XQEHWRQWHQ3UlÀ[HQ12 (5) a. Er schnarcht sie immer wach. b. Er stellt alles in Frage. c. Er bindet das Pferd an.

– weil er sie immer wach schnarcht – weil er alles in Frage stellt – Er bindet das Pferd fest / an den Baum.

Verbadjazenz ist keine exklusive Eigenschaft von Partikeln, spricht also nicht per VHIUHLQHPRUSKRORJLVFKH$QDO\VH'LHVHZLUGXDYRQ%LHUZLVFK  

10 11

12

'HVKDOE OHKQHQ 6WLHEHOV  :XQGHUOLFK   LQ +LQVLFKW DXI %LOGXQJHQ ZLH ÅVXSHUIHGHUleicht“ oder „graublaugrün“ die Komplexitätsbeschränkung ab. &I'UDFK I 1DFK+HUEHUV  VLQGLP0LWWHOKRFKGHXWVFKHQEH]Jlich der Zusammen- und Getrenntschreibung von Partikel und Verb keine klaren Tendenzen DXV]XPDFKHQ:LOPDQQV  VSULFKWYRQYRUZLHJHQGHU*HWUHQQWVFKUHLEXQJLQ alt- und mittelhochdeutscher Zeit. +XQGVQXUVFKHU    DQDO\VLHUW GLH $N]HQWYHUKlOWQLVVH LQ GHQ 39. SDUDOOHO ]X GHQHQQRPLQDOHU.RPSRVLWDGDV(UVWJOLHGWUlJWGHQ+DXSWXQGGDV=ZHLWJOLHGGHQ1HEHQakzent. Bei Distanzstellung würde dieses Muster in das reguläre Betonungsschema der freien 6\QWD[EHUIKUW0F,QW\UH  OHLWHWGLH7UHQQEDUNHLWDXVGHQ$N]HQWYHUKlOWQLVVHQ DE$OVÅ6WUHVV+\SRWKHVLV´IRUPXOLHUWHUÅ6HSDUDELOLW\LVV\QFKURQLFDOO\DXWRPDWLFDOO\WULJgered by the accentuation of the particle and is not necessarily symptomatic of a lack of a morphological and semantic unity between the constituents.“ Allerdings ist zu beachten, dass semantische Einheiten auch syntaktischer Natur sein können. Zweitens sind BetonungsschePDWDNHLQHXQXPJlQJOLFKHQ5HÁH[HHLQHUPRUSKRORJLVFKHQRGHUDEHUV\QWDNWLVFKHQ6WUXNWXU %HL.RQWUDVWNRQVWUXNWLRQHQNDQQVLFKGDV%HWRQXQJVPXVWHUXPNHKUHQÅ'XVROOVWGDV%LOG ankleben, nicht anstecken.“ oder „Jeder lässt sich gerne an- aber nicht belächeln.“

2.1 Distanz und Adjazenz zwischen Verb und Partikel

15

(LVHQEHUJ  6WLHEHOV :XQGHUOLFK  XQG2OVHQ   auch auf die Behauptung gestützt, dass Partikeln anders als syntaktische Konstituenten nicht topikalisierbar seien. Folgende Belege (6) zeigen jedoch, dass Partikeln, wenn auch selten, vorangestellt werden. (6) a. An kamen auch Beiträge wie „Ave Maria“ oder „Ein schöner Tag“.13 b. Ich hab so viele Probleme und du lachst mich aus. – Nö... ganz doll an lache ich Dich.14 c. So richtig an schwillt indes der Applaus am Abend, als der CDU-Chef „Eisen- und Naumanns“ geplantes Holocaust-Mahnmal attackiert.15  G $QÀQJHVPLWGHU5RGXQJHLQHVJUR‰HQ7HLOVGHV6WDGWZDOGV16 e. An geht es [ Netbook - M.F.] jedoch nicht.17 Solche Belege sprechen für eine gewisse syntaktische Mobilität der Partikel, was neben den typischen Distanzstellungen und Akzentverhältnissen einer der Gründe für syntaktische Analysen der PVK ist, wie sie u. a. von Drach (1937), Kayne  YRQ6WHFKRZ 6WHUQHIHOG  *UHZHQGRUI  :XUPEUDQG   Lüdeling (2001) und Zeller (2001a) vorgeschlagen werden.18 Müller (2002, 2008) weist auf das parallele Stellungsverhalten von Partikeln XQGLQÀQLWHQ7HLOHQNRPSOH[HU3UlGLNDWHKLQ'D3DUWLNHOQDQGHUVDOVV\QWDNWLsche Konstituenten nicht im Mittelfeld verschiebbar sind, analysiert sie Müller  LP5DKPHQGHUOH[LNRQEDVLHUWHQ+HDG'ULYHQ3KUDVH6WUXFWXUH*UDPPDU +36* DOVOH[LNDOLVFKH3UlGLNDWVWHLOH/GHOLQJ  IKUWHLQ%HLVSLHO auf, in dem die Partikel im Mittelfeld steht und bestimmt sie wie Wurmbrand (2000) und Zeller (2001a) analog zur AP in Resultativkonstruktionen phrasal.19 Topikalisierungen wie in (6) lassen sich folglich regulär als Bewegung einer Konstituente, nämlich der Partikelphrase, strukturell beschreiben. Die Erklärungen hierfür sind pragmatischer Natur. Hoch markierte Topikalisierungen werden GXUFK H[SOL]LWHQ .RQWUDVW E  0RGLÀNDWLRQ F  XQG 9HUlQGHUXQJHQ GHU ,QIRUPDWLRQVVWUXNWXU DG PRWLYLHUW(URPV  XQG=LIRQXQHWDO  1621) weisen darauf hin, dass die Besetzung des Vorfeldes durch die Partikel der Rhematisierung des Subjektes diene, wodurch Spannung erzeugt werde. Lüdeling

13 14 15 16 17 18 19

%UDXQVFKZHLJHU=HLWXQJ(LQIKOVDPH8QWHUKDOWXQJDXIGHU3DQÁ|WH ,QWHUQHWIRUXPKWWSSRZHUIRUHQGH =HOOHU D ]LWLHUW/GHOLQJPLWHLQHP ähnlichen Beleg.) %HUOLQHU0RUJHQSRVW0HLVWHULQV]HQLHUXQJIU(ELLP0HWURSRO )UDQNIXUWHU5XQGVFKDX1RFK]XNXQIWVIlKLJ ,QWHUQHWIRUXPKWWSIRUXPFKLSGHQRWHERRNV :HLWHUH%HOHJHPLWYRUDQJHVWHOOWHU3DUWLNHOÀQGHQVLFKLQ=LIRQXQHWDO  'RQDOLHV  :XUPEUDQG  0OOHU     :HONH .DS ]HLJWLP5DKPHQGHU6DW]JOLHGDQDO\VHGDVV]ZLVFKHQ7HLOHQNRPSOH[HU Prädikate und Argumenten keine strikte Grenzziehung möglich ist. Bezüglich lokaler Partikeln hält er die Analyse als Direktivum oder lexikalischen Prädikatsteil für möglich, entscheidet VLFKDEHUIUOHW]WHUHV'LH=XVDPPHQVFKUHLEXQJNRUUHOLHUHPLWGHP(PSÀQGHQGDVVHVVLFK XP:|UWHUKDQGHOW HEG &IHEHQVR%ULQNPDQQ II 

16

2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis

   YHUPXWHW GDVV QXU WUDQVSDUHQWH 3DUWLNHOQ WRSLNDOLVLHUEDU VHLHQ ZRJHJHQMHGRFK%HOHJHZLH DG VSUHFKHQ6WLHEHOV :XQGHUOLFK  XQG 6WLHEHOV  GLIIHUHQ]LHUHQ]ZLVFKHQQLFKWLVROLHUWWRSLNDOLVLHUEDUHQÅWUXH particles“ und „unabhängigen Resultatsprädikaten“ (AP in Resultativkonstruktionen), zu denen sie auch lexikalisierte Partikeln wie in (6e) zählen. Offensichtlich werden „an“ für „angeschaltet“, „zu“ für „geschlossen“, „auf“ für „offen“ viel KlXÀJHUWRSLNDOLVLHUWDOVDQGHUH3DUWLNHOQ(LQHNODUH$EJUHQ]XQJ]ZLVFKHQHFKten Partikeln und Resultatsprädikaten, Morphologie und Syntax, ist auf diesem Wege jedoch nicht möglich. Neben Lexikalisierung der Partikel und Subjektrhematisierung motivieren besonders Kontrastbildungen die Topikalisierung der Partikel.20 Für die Partikel „an“ sind die folgenden Kontrast-Paare ( 7 ) von entscheidender Bedeutung, werden sie nun morphologisch oder syntaktisch analysiert. ( 7 ) a. an (Kontakt) – ab (Antikontakt)   HWZDQELQGHQDEELQGHQ  E DQ JHULFKWHWH7lWLJNHLW ²EH Y|OOLJH$IÀ]LHUXQJRGHU lexikalisierte Differenz)   MGQDQOlFKHOQEHOlFKHOQHLQH:DQGDQVSUKHQEHVSUKHQ c. an (angeschaltet) – aus (ausgeschaltet) d. an (partial) – durch, zer-, auf ...   DQEUDWHQGXUFKEUDWHQDQEUHFKHQ]HUEUHFKHQDQNQDEEHUQDXI zerknabbern Bleiben wir noch kurz bei der strukturellen Seite. Aus der phrasalen Analyse der Partikel sollte vorhersagbar sein, dass diese nicht mit einer anderen Konstituente zusammen topikalisiert werden kann, da das Vorfeld typischerweise nur von einer Konstituente besetzt wird. In folgenden Belegen (8) erscheint die Partikel jedoch zusammen mit der Objekt-NP auf dem Vorfeld. (8) a. Den Atem an hielt Stefan Pecher, als [...].21 b. Die Hosen an hat aber dessen Haushälterin.22 Diese Stellungsmöglichkeiten lassen sich am besten innerhalb der Small-ClauseAnalyse (SC) beschreiben, wie sie von Grewendorf (1990), Hoekstra (1992) und teilweise von Wurmbrand (2000) vorgeschlagen wird. Die Autoren analysieren die Partikel genauso wie Adjektive in Resultativkonstruktionen und die ObjektNP als eine an das Verb adjungierte Subjekt-Prädikat-Konstruktion. In dieser fungiere die Partikel als Kopf und die NP als Subjekt der verblosen Relation, weshalb von „small clause“ oder „reduziertem Satz“ gesprochen wird. Ohne Prädikat

20 21 22

Zur zentralen Bedeutung von Kontrastpaaren im System der Verbpartikeln siehe Ágel I  )UDQNHQSRVW'HU&RROVWHLQ'HXWVFKODQG 6W*DOOHU7DJEODWW8QHUO|VWLQGHU%FKHUDUFKH

2.1 Distanz und Adjazenz zwischen Verb und Partikel

17

JLEWHVMHGRFKDXFKNHLQH,QÁHNWLRQVSKUDVHDXIGHUHQ6SH]LÀNDWRUSRVLWLRQGHP Subjekt der Nominativ zugewiesen wird. Deshalb werde es auf der Objektposition realisiert. Die angenommene Argument-Prädikat-Relation zwischen Kopf XQG6XEMHNW13VROOWHGLHIROJHQGHQXDYRQ:XUPEUDQG  DOV1DFKZHLVYRUJHVFKODJHQHQ9RUKHUVDJHQJHVWDWWHQ'DGHU6&HLQH.RQVWLWXHQWHELOGHW sollte die gemeinsame Topikalisierung der NP und der Partikel möglich sein. %HOHJHZLH  ÀQGHQVLFKMHGRFKlX‰HUVWVHOWHQXQGGDQQW\SLVFKHUZHLVHEHL lexikalisierten Partikeln. Zweitens sollte die Subjekt-Prädikat-Relation des SC in eine Kopulakonstruktion umformbar sein, was jedoch nur bei Partikeln mit lexikalischer Bedeutung möglich ist (9); genauso wie bei nicht idiomatischen Resultativkonstruktionen. (9) a. Er macht das Licht an. b. Er bindet das Pferd an.

Das Licht ist an. * Das Pferd ist an.

%HUHLWV *UHZHQGRUI    EHPHUNW GDVV GLH 6&$QDO\VH ]XPLQGHVW IU bestimmte PVK das „Janusverhalten“ der Partikeln zwischen Wortteil, syntaktischem Element und Kopf der eingeführten NP erkläre. Die gemeinsame ToSLNDOLVLHUXQJ GHU 3DUWLNHO XQG LKUHV 6XEMHNWHV 6&  HUNOlUW HU    DXFK VHPDQWLVFK GLH 3DUWLNHO PVVH LKUHP 6XEMHNW HLQH 7KHWD5ROOH ]XZHLVHQ XQG das Verb seinerseits dem gesamten SC. Bei idiomatisierten PVK spekuliert er, dass weder das Verb noch die Partikel Theta-Rollen zuweisen, weshalb der SC nicht topikalisierbar sei. Gegen diese Annahme spricht der Beleg in (8a). Auch bei (8b) handelt es sich um eine idiomatische Fügung, nämlich „die Hosen anhaben“, dennoch erscheint die Partikel zusammen mit der Objekt-NP im Vorfeld. 'LHVNDQQP(GXUFKGLHLGLRPVSH]LÀVFKH/H[LNDOLVLHUXQJGHU3DUWLNHOHUNOlUW werden, was in 7.2.1 genauer besprochen wird. Ein weiteres empirisches Problem der SC-Analyse besteht darin, dass sie die alleinige Topikalisierung der Partikel ausschließt, da nur Phrasen, nicht aber Köpfe die Vorfeldposition besetzen. Da die strukturellen Vorhersagen, welche sich aus der SC-Analyse ergeben, in den PHLVWHQ)lOOHQQLFKW]XWUHIIHQZLUGVLHXDYRQ%RRLM II 6WLHEHOV    XQG /GHOLQJ  I  DEJHOHKQW :XUPEUDQG    VFKOlJW KLQgegen für PVK, deren Partikel nicht zusammen mit der NP topikalisierbar ist und die nicht in eine Kopulakonstruktion umformbar sind, die bereits erwähnte SKUDVDOH$QDO\VHYRU$XFKGLHVLVWLP6LQQHHLQHUNRQÀJXUDWLRQHOOHQ(UNOlUXQJ der Partikelstellungen keine Lösung. Der Beleg aus (8a) legt zwar die SC-Analyse nahe, aber die Umformung in „*der Atem ist an“ ist nicht möglich. Ebenso gibt es PVK, deren Partikel sowohl alleine als auch mit der Objekt-NP zusammen WRSLNDOLVLHUWZHUGHQÅ/LFKWDQVROOWHPDQQDFKWVXQEHGLQJWPDFKHQ´RGHUÅ$Q mache ich das Licht erst, wenn es ganz dunkel ist“. Handelt es sich nun um den Kopf eines SC oder eine Phrase? Die Stellungsmöglichkeiten sind weder innerhalb morphologischer noch synWDNWLVFKHU$QDO\VHQEHIULHGLJHQG]XHUNOlUHQ$XVHLQHUNDWHJRULDOHQRGHUNRQÀgurationellen Invariante sind sie wohl nicht regulär erzeugbar. Hierbei spielen viel mehr pragmatische und semantische Faktoren die entscheidende Rolle. Gehen ZLU PLW %HKDJHO    YRP 6DW] ÅLQ GHU 5XKHODJH´ RKQH DIIHNWLVFKH

18

2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis

Betonungen aus, so sind die eingangs aufgeführten Adjazenz- und Distanzstellungen der Normalfall und lassen sich wie andere komplexe Prädikate nach Mustern der typischen Klammerkonstruktionen beschreiben.

2.2 Erfragbarkeit und 0RGLÀ]LHUEDUNHLWGHU3DUWLNHOQ 3DUWLNHOQVLQGLQGHU5HJHOZHGHUPRGLÀ]LHU D QRFKHUIUDJEDU E 6WLHEHOV :XQGHUOLFK  ZHUWHQGLHVDOV,QGL]IULKUHQPRUSKRORJLVFKHQ&KDUDNWHU (10) a. *Er band das Pferd zu an.  E :LHZRKLQDUEHLWHQVLHGHQ%HODJ"² $Q Man betrachte nun die Fälle in (11)'LHQLFKWHUIUDJEDUHXQGQLFKWPRGLÀ]LHUEDUH PP in dem FVG (11a) ist dennoch eine syntaktische Einheit. Das Gleiche ist der Fall bei den AP von Resultativkonstruktionen, welche entweder idiomatisiert sind (11b) oder aber Resultate ausdrücken, die nicht vom Verb präsupponiert werden (11c). :HFKVOHU  EH]HLFKQHWOHW]WHUHDOVÅUDLVLQJUHVXOWDWLYHV´XQGJUHQ]WVLHYRQ solchen ab, die ein kanonisches Resultat der Verbhandlung ausdrücken (control UHVXOWDWLYHV 'LHVHN|QQHQLQDOOHU5HJHOHUIUDJWXQGPRGLÀ]LHUWZHUGHQ G  (11)D b. c.  G

:RKLQVWHOOWHUDOOHV"  *Wie quatscht sie ihn? *Wie streicht er den Eimer? :LHVWUHLFKHQVLHGLH:DQG"

² ,Q JUR‰H )UDJH$XIGHQ7LVFK – Voll. – Leer. ²:HL‰*DQ]ZHL‰

/GHOLQJ  ZHLVWGDUDXIKLQGDVVQXUHUIUDJWZHUGHQN|QQHZDVLQGHU Verbbedeutung angelegt sei, weshalb die Fragen (11b,c) im Gegensatz zu (11a,d) unakzeptabel erscheinen. Mit fehlender Präsupposition gehen die Verstöße gegen GLH 6HOHNWLRQVHLJHQVFKDIWHQ XQGRGHU JHJHQ TXDQWLWDWLYH 9DOHQ]HLJHQVFKDIWHQ einher. Genauso wenig wie jemand gequatscht wird, werden Eimer gestrichen oder Beläge irgendwohin gearbeitet. Folglich handelt es sich primär um ein Problem der Valenz. Dies stellt gerade die phrasale Argumentanalyse, wie sie Lüdeling (2001) und Zeller (2001) vorschlagen, vor ein unlösbares Problem. Wie kann etwas vom Verb aus projiziert werden, was, bildlich gesprochen, nicht in ihm angelegt ist? Dies wird in Kapitel 3 im Detail besprochen. Die Frage (11a) ist nur in Bezug auf die Antwort „in Frage“, nicht aber per se XQDN]HSWDEHO9RQ3ROHQ]  IKUWGLHVDXIGLH1LFKW5HIHUHQWLDOLWlWGHU PP zurück.230F,QW\UH I YHUJOHLFKWQXQGRSSHOI|UPLJH3DUWLNHOQZLH

23

Dies erklärt m. E. nicht die unmögliche Erfragbarkeit. Diese liegt darin begründet, dass „stellen“ nur im Gesamtkomplex „etw. in Frage stellen“ semantisch verblasst. Nicht-Referentialität ist in diesem Fall ein Mittel zum Zweck der Metaphorisierung. Die Frage „Wohin stellt er alles?“ aktiviert jedoch die wörtliche Bedeutung des kausativen Positionsverbs.

(UIUDJEDUNHLWXQG0RGLÀ]LHUEDUNHLWGHU3DUWLNHOQ

19

„hinein“ und „heraus“ mit entsprechenden Partikeln „ein“ und „aus“ und sieht einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden darin, dass sich erstere auf ein implizites Referenzobjekt beziehen, letztere jedoch generisch verstanden werden. Er HEG ]HLJWGDVVYRQ'RSSHOSDUWLNHOQHLQNRQNUHWHU%H]XJVSXQNW ODQGPDUN implizit ausgedrückt wird, weshalb sich „drei hineingeworfene Briefe“ im selben %ULHINDVWHQ EHÀQGHQ ZDV EHL ÅGUHL HLQJHZRUIHQHQ %ULHIHQ´ QLFKW GHU )DOO VHLQ muss. Hierin mag ein Grund dafür liegen, dass Partikeln genauso wie nominale Glieder von FVG und im Gegensatz zu AP von „control resultatives“ nicht isoliert PRGLÀ]LHUEDUVLQG1XU=HOOHU DII EHDFKWHWGLHVLQVHLQHUV\QWDNWLVFKHQ Analyse, indem die fehlende Referenz auf das Fehlen einer zwischengeschalteten funktionalen Phrase (FP) zurückführt wird (12b). Die fehlende FP erkläre ebenso die größere Verbnähe von Partikeln als von entsprechenden PP (12a). (12a) mit FP VP [das Bild an die Wand häng-]

NP [das Bild ]

V’ [ häng-]

FP [an die Wand ]

PP [an die Wand ]

P° [an]

NP [die Wand ]

V° [ häng-]

F° Ø

20

2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis

(12b) ohne FP VP [das Bild anhäng-]

NP [das Bild ]

V’ [anhäng-]

PtP [an ]

V° [ häng-]

Pt° [an ] Betrachten wir nun aber (13), so wird klar, dass Nicht-Referentialität keine Eigenschaft aller Partikeln ist. Die Partikel in (13a) verweist auf einen vorerwähnten Zielort der Handlung, in (13b) auf den Ort des Sprechers. In keinem Fall wird sie JHQHULVFKVRQGHUQlX‰HUXQJVRGHUVLWXDWLRQVVSH]LÀVFKYHUVWDQGHQ (13) a. Niemand war im Restaurant, als sie die Fässer anrollten. b. Jetzt könnt ihr die Fässer anrollen. Noch deutlicher wird dies bei Betrachtung von PVK wie „ein Ziel anschlagen“ oder „jdn. anlächeln“. Hier geht es nicht um Referentialität. Die Partikel ist Teil eines Ausdrucksmusters, mit dem Tätigkeiten ausgedrückt werden, welche sich auf eine Entität richten. Das Problem Zellers (2001a) und McIntyres (2001) invarianter Bestimmung der Partikeln als nicht referentielle Ausdrücke geht darauf zurück, dass sie unter der Hand von einer ursprünglichen PP ausgehen. Selbst in (12b) muss „an“ nicht als um die FP reduzierte PP (12a) verstanden werden. Ebenso gut kann die Partikel als Teil einer transitiven Konstruktion analysiert werden, in der sie das beabsichtigte Resultat „Kontakt“ ausdrückt. Bei Kontrastkonstruktionen sind Partikeln interessanterweise antwortfähig, da entsprechende Ereignismuster von der Frage aus aktiviert werden und die Partikel stellvertretend für die gleichförmige Gesamtkonstruktion stehen kann (14). (14) a. b. c. d.

Macht er das Licht aus? Bindet er das Pferd ab? Lachst du mich aus? Brät man die Steaks durch?

– Nein, an. – Nein, an. – Nein, an. – Nein, nur kurz an.

2.3 Lexikalisierung

21

Hier geht es nicht primär um Referentialität, sondern mangelndes semantisches Eigengewicht vieler Partikeln. Innerhalb entsprechender Konstruktionen können VLHHLQHQLFKWUHIHUHQWLHOOHJHQHULVFKH%HGHXWXQJKDEHQ EDQLUJHQGHLQHQ2UW  RGHU DEHU DOV 5HVXOWDWVDXVGUFNH E .RQWDNW  YHUVWDQGHQ ZHUGHQ *HQDXVR IXQJLHUHQVLHDOVUHLQH5HODWLRQVPDUNHU FÅDQODFKHQ´GLH7lWLJNHLWGHV6XEMHNtes richtet sich auf das Objekt) oder signalisieren den Beginn oder vorzeitigen Abbruch (14d) einer Handlung. Diese Bedeutungen können die Partikeln in (14b-d) jedoch nur bei kontrastiver Verwendung stellvertretend für die bereits aktivierte Gesamtkonstruktion übernehmen. Nur die Partikeln mit lexikalischer Bedeutung DÅDQ´IUÅLQ%HWULHE´ N|QQHQLVROLHUWPRGLÀ]LHUWZHUGHQ D 6LHZHLVHQJHnauso wie die AP von „control resultatives“ (15b) semantisches Eigengewicht auf. (15) a. Richtig an geht es (Handy - M.F.) aber nicht.24 b. Er schraubt die Mutter ganz fest.

– [richtig an] sein – [ganz fest] sein

/GHOLQJ  KlOW3DUWLNHOQQXULQWUDQVSDUHQWHQ.RQVWUXNWLRQHQIUPRGLÀ]LHUEDU25 Demzufolge müsste die Partikel in „jdn. anhusten, anniesen, anVSXFNHQ´PRGLÀ]LHUEDUVHLQ'LHVLVWMHGRFKQLFKWGHU)DOOREZRKOHVVLFKXP transparente Konstruktionen zum Ausdruck zielgerichteter Tätigkeiten handelt. Weder Transparenz noch Referentialität erklären die Daten, welche an sich weder für oder gegen eine syntaktische oder morphologische Analyse sprechen. Einerseits geht es um Valenzeigenschaften des Verbs (oder der mit ihm assoziierten Konstruktion). Andererseits spielt semantisches Eigengewicht eine entscheidende Rolle, welche Partikeln typischerweise nur bei kontrastiver Verwendung stellvertretend für den Gesamtkomplex übernehmen können. Weder durch eine morphologische noch syntaktische Invariante ist dies befriedigend zu erklären.

2.3 Lexikalisierung =ZHLIHOORVZHLVHQ3UlÀ[YHUEHQDOVDXFK39.HLQHQKRKHQ%HVWDQGWHLODQOH[LNDOLVLHUWHQ%LOGXQJHQDXI6WLHEHOV :XQGHUOLFK  VHKHQKLHULQHLQZHLWHUHV Argument für eine morphologische Analyse. Die bereits erwähnten idiomatischen Resultativkonstruktionen zeigen jedoch, dass es sich hierbei nicht um eine H[NOXVLYH(LJHQVFKDIWYRQ39.XQG3UlÀ[YHUEHQKDQGHOW'HVKDOEOHKQHQXD %RRLM  /GHOLQJ I 0F,QW\UH I XQG=HOOHU D 21ff) Lexikalisierung als Argument für eine morphologische Analyse ab. Unter Lexikalisierung wird normalerweise verstanden, dass die Gesamtbedeu-

24 25

,QWHUQHWIRUXPKWWSZZZSFIUHXQGHGH Lüdeling (ebd.) bewertet „Sie führten das Stück [ganz auf ].“ als unakzeptabel. Kolehmainen  ZHQGHWHLQGDVVGHU6DW]LKUHQ,QIRUPDQWHQ]XIROJHDN]HSWDEHOVHL0(LVWQXU GLH.ODPPHUXQJXQDN]HSWDEHOGDÅJDQ]´HEHQQLFKWÅDXI´PRGLÀ]LHUWVRQGHUQGHQ39. „etw. aufführen“.

22

2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis

tung eines Komplexes nicht (mehr) aus seinen Einzelbestandteilen zu ermitteln ist (16a,b). In (16c) handelt es sich um drei transparente PVK mit „arbeiten“ als verbaler Basis. Kompositionalität bedeutet jedoch nicht, dass die Bedeutung allein aus der Partikel und dem Basisverb zu erschließen ist. Sprecher und Hörer müssen die Gesamtkonstruktion kennen, um die Bedeutung kompositionell aus der Konstruktion, dem Basisverb und den realisierten Argumenten der Konstruktion zu erschließen. Die Darstellung der Konstruktionen (16ci-iii) ist eine vorOlXÀJH9HUHLQIDFKXQJ$QKDQGGLHVHUGUIWHDXFKRIIHQVLFKWOLFKVHLQGDVVHLQH Form wie „anarbeiten“ nicht vorschnell als polysem oder homonym bezeichnet werden sollte. Erst der Blick auf die Gesamtkonstruktion erlaubt es, bei (16ci) und (16cii) von homonymen transitiven PVK zu sprechen. (16) a. verstehen b. anfangen c. anarbeiten

 ver  stehen, sondern [etw. verstehen ]  an  fangen, sondern [etw. anfangen ]  an  arbeiten, sondern

i.

[ Nom-NP „BEFESTIGT“ ( V ) Er arbeitet

Akk-NP den Belag

an ] an.

ii.

[ Nom-NP „BEGINNT“ ( V ) Er arbeitet

AKK-NP die Akten

an ] an.

iii.

[ Nom-NP „ERWIRBT“ Er arbeitet

( V ) sich (Dat) AKK-NP an ] sich Muskeln an.

)OHLVFKHU %DU]  GHÀQLHUHQGHQ%HJULIIGHU/H[LNDOLVLHUXQJE]Z,GLRmatisierung mit den Merkmalen „Speicherung und Demotivation“. In der Regel handelt es sich um den Verlust von Merkmalen in der kombinatorischen StrukWXULHUWKHLW KlXÀJ JHEUDXFKWHU SRO\OH[LNDOHU (LQKHLWHQ26 )OHLVFKHU  II  ZHLVWGDUDXIKLQGDVVDXFKKlXÀJJHEUDXFKWHWUDQVSDUHQWH(LQKHLWHQKROLVWLVFK gespeichert (gelistet) werden.27 Für den Begriff der semantischen Opazität ist die Demotivation einer Komponente in einem komplexen Ausdruck entscheidend, nicht Listung im Lexikon. %XUJHU  PDFKWGHXWOLFKGDVVQLFKWSDXVFKDO]ZLVFKHQRSDNHQXQG

26

27

+D\  ]HLJWLQ%H]XJDXI'HULYDWDGDVVQLFKWQXULKUKlXÀJHU*HEUDXFKQHXHKROLVtische Lesarten bedingt, sondern dass diese auch mit vergleichsweise geringer Token-Frequenz des Basiswortes (relative frequency) korreliert. Das Basiswort sei somit semantisch weniger ‚robust’ und gehe im Komplex eher in einer nicht kompositionellen Bedeutung auf. Feilke  II  VLHKW LQ /LVWXQJHQ PLW RGHU RKQH 9HUOXVW DQ LQWHUQHU 6WUXNWXULHUWKHLW LPPHU auch einen Strukturgewinn auf Lexikonebene. Auf polylexikale Einheiten kann holistisch zugegriffen werden. Dies sei bei dem transparenten Ausdruck „Kaffeemühle“ genauso wie bei dem demotivierten „Gebetsmühle“ der Fall. Hierfür sprechen auch die Ergebnisse mehrerer psycholinguistischer Untersuchungen von 6FKUHXGHU   =ZLVWHUORRG   XQG /GHOLQJ  GH -RQJ   ]XU 5HSUlVHQWDWLRQ transparenter und opaker PVK, die in 8.5.2 vorgestellt werden.

2.3 Lexikalisierung

23

transparenten Bildungen unterschieden werden sollte und spricht von voll-, teilund nichtidiomatischen PVK. Ein PVK wie „jdn. anrufen“ ist nicht gänzlich opak, da die Bildung mit der transitiven Konstruktion der gerichteten Tätigkeit genauso motiviert ist wie die des völlig transparenten „jdn. anschreien“. Allein die Bedeutung des Verbs „rufen“ in der Konstruktion ist lexikalisiert. Kann die Motivation der Bildung nur mehr historisch erklärt werden, wie im Falle von (16b), so handelt es sich tatsächlich um vollkommen opake und auch deshalb lexikalisierte Bildungen. 17 der 1056 analysierten PVK weisen nicht rekurrente Argumentstrukturen auf und bilden jeweils holistische Komplexe aus Partikel, Verb und Argumentstruktur. Hierzu gehören Bildungen wie „angewiesen sein auf, sich anschicken zu, was x angeht“, welche in dieser Arbeit nicht weiter thematisiert werden. Bezüglich der Argumentstrukturen können die übrigen PVK rekurrenten Mustern zugeordnet werden. Bei 137 PVK (13 % der analysierten Bildungen) ist von Listung durch Idiomatisierung oder kollokationale Gebrauchseinschränkung auszugehen. Versteht man unter metonymischen und metaphorischen Ableitungen ein wesentliches Strukturbildungsprinzip, so können die Argumentstrukturen jedoch als motivierte Musternutzungen erklärt werden, was bei der Analyse der einzelnen Konstruktionen dargestellt wird. Dass Gelistetheit durch Idiomatizität kein exklusives Merkmal morphoORJLVFKHU (LQKHLWHQ LVW EHWRQHQ DXFK 'L 6FLXOOR  :LOOLDPV    XQG sprechen bei idiomatischen Mehrwortausdrücken (listed syntactic objects) wie „die Hosen anhaben“ von Listemen. Allerdings muss Idiomatisierung oder Listung im Lexikon nicht gleichbedeutend sein mit syntaktischer Fixierung, was die folgenden Belege zeigen (17 ). (17 ) a. b. c. d.

Angela Merkel hat die Hosen an.28 Er macht auf stark, doch die Hosen hat sie an.29 Die Hosen an hat aber dessen Haushälterin...30 ?An hat sie die Hosen, nicht er.

*UXQGVlW]OLFKXQWHUVFKHLGHW/DQJDFNHU I ]ZLVFKHQ.RPSRVLWLRQDOLWlW und Analysierbarkeit. Lässt sich die Gesamtbedeutung eines Komplexes nicht aus seinen Komponenten herleiten, so handelt es sich um nicht kompositionelle Bildungen. Dies ist bei „die Hosen anhaben“ genauso wie bei „anfangen“ der Fall.31 In beiden Fällen können die Komponenten der idiomatischen Prägungen jedoch DQDO\VLHUWZHUGHQÅDQ´LVWMHZHLOV9HUESDUWLNHOÅIDQJHQ´E]ZÅKDEHQ´VLQGHLQ-

28 29 30 31

6lFKVLVFKH=HLWXQJ$QJHOD0HUNHOKDWGLH+RVHQDQ 5KHLQ=HLWXQJ6LW]XQJVSUlVLGHQWVFKZHEWHDXIVHLQHQ6WXKOKHUDE 6W*DOOHU7DJEODWW8QHUO|VWLQGHU%FKHUDUFKH Ausgehend von der Bedeutung von „die Hosen anhaben“ wäre eine kompositionelle Reanalyse von „die Hosen“ als „Chef“ und „anhaben“ als „sein“ möglich, worauf in Kapitel 4 eingegangen wird. Betrachtet man die Assoziation zwischen „Hose“ und „Mann“ vor dem Hintergrund patriarchalischer Gesellschaften, so lässt sich die idiomatische Fügung als motiviert (aber nicht vorhersagbar) analysieren.

24

2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis

fache Verben und „die Hosen“ ist Objekt-NP des komplexen Prädikats „anhaben“. Dass auch idiomatische PVK syntaktisch genauso wie transparente Bildungen analysiert werden können, ist eine zentrale Erkenntnis von Lüdeling (2001).32 Sie HEG YHUVWHKWXQWHUÅJHOLVWHW´GDVVLQGHUUHJXOlUHQ9·.RQÀJXUDWLRQDXV9ƒ und Partikelphrase alle Knoten mit phonologischer Information assoziiert sind. 'LH.RPSOH[HVLQGJHQDXVRNRQÀJXULHUWZLHWUDQVSDUHQWH%LOGXQJHQ1XUVLQG sie holistisch im Lexikon vermerkt und die Leerstellen für die Partikelphrase sowie für das Verb, im Falle von „die Hosen anhaben“ auch für die NP, sind bereits besetzt (18). Erst der Terminalknoten ist mit der semantischen Information verbunden, was die Nicht-Kompositionalität begründet. (18)

VP [die Hosen anhaben ] CHEF SEIN

NP [die Hosen ]

V’ [anhaben ]

PtP [an ]

V° [ haben ]

Praktisch ist somit die strikte Trennung zwischen Lexikon und Syntax aufgehoben. &RXOPDV  ZHLVWGDUDXIKLQGDVVDXFKEHL6\QWDJPHQ'HPRWLYLHUXQJ XQG/LVWXQJQLFKWJOHLFK]XVHW]HQVLQGÅ6WUXNWXUYHUOXVWLVWHLQP|JOLFKHVDEHU kein notwendiges Ergebnis der Lexikalisierung eines Syntagmas.“ Dies zeichnet DXFK=HOOHUV$QDO\VHDXV(U D QLPPWDQGDVVQLFKWQXULGLRPDWLVFKH sondern alle PVK gelistete syntaktische Idiome mit transparenten internen KonÀJXUDWLRQHQVLQG$OOHUGLQJVVFKOlJWHU DI GHVKDOEQHEHQGHUV\QWDNWLschen grundsätzlich eine morphologische Doppelanalyse der PVK vor. In dieser bilde die reanalysierte Partikel (PtP > P°) mit dem Verb (V°) ein komplexes V°.33

32 33

'LHVZXUGHEHVRQGHUVLQIUKHQJHQHUDWLYHQ$UEHLWHQDEJHOHKQW)UDVHU  DQDO\VLHUW die Partikel nur dann als verbale Projektion, wenn die Bedeutung vollkommen transparent ist. =HOOHU D EHJUQGHWGLHVGDPLWGDVVGLHYHUVFKLHGHQHQ/HVDUWHQHLQHU3DUWLNHOHUVW bei Adjazenz mit dem jeweiligen Verb aktiviert würden, was in 3.2 besprochen wird. Andererseits geht er davon aus, dass für weitere Wortbildungsprozesse eine morphologische Struktur GHU39.Q|WLJVHL6SlWHUEHJUQGHW=HOOHU  GLH5HDQDO\VHDXFKGXUFK6WHOOXQJVHLJHQVFKDIWHQHUVFKHLQWGLH3DUWLNHOLP0LWWHOIHOGYHUEDGMD]HQWZLHHQJOLVFKÅ+HGUDQNXSKLV beer“, so wird [drank up] morphologisch analysiert. Hingegen wird die Partikel in „He drank his beer up“ als phrasales Argument des Verbs bestimmt.

2.4 In- und externe Valenz der PVK

25

,QGLHVHU$UEHLWZLUG]ZDUHLQHNRQÀJXUDWLRQHOOH,QYDULDQWHDEJHOHKQW$EHUGLH Erkenntnis einheitlicher Strukturen von vielen teil- und vollidiomatischen sowie transparenten PVK ist auch für die in 8.5.2 analysierte Beziehung zwischen schematischen Argumentkonstruktionen und deren idiomatischen Instanzen zentral.

2.4 In- und externe Valenz der PVK 'LH$UJXPHQWVWUXNWXUGHU39.XQWHUVFKHLGHWVLFKKlXÀJYRQGHUHQWVSUHFKHQGHU Simplizia. Man lächelt jemanden nicht, sondern lächelt ihn an. Selbst bei quantiWDWLYJOHLFKEOHLEHQGHU$UJXPHQWVWUXNWXUYHUlQGHUQVLFKKlXÀJGLH6HOHNWLRQVHLgenschaften, was zu qualitativer Veränderung der Valenz führt. Ein Kleid kann genäht werden, aber kein Knopf, dieser wird angenäht. Ebenso wird die temporale Konstitution der Basisverben verändert. Es kann sich um Phasenmarkierungen wie in „ein Buch anlesen“ oder die Überführung imperfektiver in perfektive ErHLJQLVVHKDQGHOQÅ/HEHQGLJHVZlFKVW´XQGÅHLQ)LQJHUNDQQZLHGHUDQZDFKVHQ´ „Motoren tuckern“ und „ein Schiff tuckert langsam an“. Kurz gesagt verändern VLFKGLHVHPDQWLVFKHQXQGGDPLWKlXÀJDXFKJUDPPDWLVFKHQ(LJHQVFKDIWHQYRQ Verben. Ein Motor hat getuckert, aber ein Schiff ist angetuckert. Jene funktionalen (LJHQVFKDIWHQ ]HLFKQHQ DXFK 3UlÀ[ELOGXQJHQ DXV 0DQ YHUJOHLFKH ÅDQZHONHQ´ mit „verwelken“, „eine Wand anstreichen“ mit „bestreichen“. Durch jene ParalleOLWlWZHUGHQ39.DQDORJ]X3UlÀ[YHUEHQXDYRQ6WLHEHOV :XQGHUOLFK   6WLHEHOV   %RRLM  YDQ +DDIWHQ   %RRLM    1HHOHPDQ :HHUPDQ  XQG1HHOHPDQ 6FKLSSHU  PRUSKRORJLVFKDQDO\VLHUW Da jene funktionalen Veränderungen auch durch die Kombination mit einGHXWLJSKUDVDOHQ(LQKHLWHQZLH$3XQG33LQ5HVXOWDWLYNRQVWUXNWLRQHQVWDWWÀQden, lehnen u. a. Jackendoff (1997), Goldberg (1995), McIntyre (2001), Lüdeling (2001), Zeller (2001a) und Müller (2002) eine morphologische Analyse ab. FolgenGH%HLVSLHOHLOOXVWULHUHQGLHSDUDOOHOHQ(LJHQVFKDIWHQ]ZLVFKHQ39. E 3UlÀ[verben (19c) und Resultativkonstruktionen (19d). Besonders FVG weisen zu den Partikeln analoge Veränderungen der Aktionsart und temporalen Struktur der Basisverben auf (19e), worauf von Polenz (1963) hinweist. (19) a. b. c.  G e.

*Er lügt sie. Er lügt sie an. Er belügt sie. 6RODQJHGLH63g930HGLHQPDÀDGLH:HOWVFK|QOJW>@34 entscheiden (zeitlich gedehnt) vs. eine Entscheidung treffen (punktuell)

Untrennbar mit der Betrachtung der Argumentstruktur der Gesamtkomplexe (externe Valenz) verbunden ist die Frage nach der Einbettung der Partikel ins %DVLVYHUE$XVYDOHQ]JUDPPDWLVFKHU3HUVSHNWLYHVSULFKW:RWMDN  GLHV34

'LH3UHVVH6WHXHU&')DVW6HOEVWDQ]HLJHQLQ'HXWVFKODQG

26

2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis

bezüglichvon „wendungsinterner Valenz“. Lüdeling (2001) analysiert Partikeln, wie erwähnt, phrasal als Argumente (20, 21), wenn sie in die verbale Argumentstruktur ‚eingreifen’ oder als Adjunkte (22), wenn sie die verbale ArgumentstrukWXUQLFKWYHUlQGHUQVRQGHUQGLH%HGHXWXQJPRGLÀ]LHUHQ(EHQVRJHKW=HOOHU (2001a) vor, grenzt aber Partikelphrasen von PP und AP durch fehlende Referentialität strukturell ab, was im vorangehenden Abschnitt gezeigt wurde. ,QWHUHVVDQWHUZHLVHNODVVLÀ]LHUHQ6WLHEHOV :XQGHUOLFK  XQG6WLHEHOV (1996) die Partikeln trotz morphologischer Analyse nach syntaktischen Kriterien und unterscheiden zwischen lexikalischen Argumenten (20), Adjunkten (21) und reinen Funktoren über Verben (22). Grewendorf (1990) und Wurmbrand (2000) schlagen wenigstens für (21) die bereits angesprochene SC-Adjunktion vor, um die Transitivierung zu erklären. In allen Analysen wird davon ausgegangen, dass die Partikel entweder Teil der verbalen Argumentstruktur ist oder an diese adjungiert wird. In allen syntaktischen Analysen handelt es sich somit um verbale Projektionen. (20) a. Er bindet das Pferd an den Baum.   6lWWLJXQJ6FKOLH‰XQJHLQHV$UJXPHQWVGHVZHUWLJHQ9HUEV b. Er bindet das Pferd an den Baum an. = Sättigung eines verbalen Arguments durch die Partikel? c. Natürlich müssen Dämmung und Folien vernünftig angearbeitet werden.35 = Einführung eines neuen Arguments in intransitives Basisverb, die Partikel besetzt keine verbale Argumentstelle (21) a.



Er lächelt sie an. = Einführung eines neuen Arguments durch die Partikel b. Es ist einfach unangenehm, wenn man angeraucht wird.36 = Einführung eines neuen Arguments mit Blockierung des ursprünglichen c. Er sieht sie an.  ,GHQWLÀNDWLRQPLWEHVWHKHQGHP$UJXPHQW

(22) a.



35 36 37 38

[...] bis er seine Zigarette so richtig angeraucht hat, [...].37 = auf bestehender Argumentstruktur b. Im Regierungsabkommen steckt noch so viel Potenzial, das nicht einmal angearbeitet wurde.38  (LQIKUXQJHLQHVQHXHQ$UJXPHQWV ,QNRUSRUDWLRQLQWHUQHV Argument?)

%DXDQOHLWXQJKWWSIDFKZHUNKDXVKLVWRULVFKHVIDFKZHUNFRP 'HU6WDQGDUG/IWXQJHQVFKW]HQQLFKWYRU3DVVLYUDXFK ',(=(,74XDOP4XDOHQ Burgenländische Volkszeitung, 02.07.2008, S. 3

2.4 In- und externe Valenz der PVK

c.

27

Als die Zwölfjährige ihr Pferd angaloppiert [...].39 = Einführung eines neuen Arguments in intransitives Basisverb

Worin liegt das Problem der bisherigen Analysen? Es liegt darin, dass die durchweg transparenten PVK in (20) bis (22) jeweils einem semantischen Muster angehören. In (20) werden Befestigungshandlungen ausgedrückt, in (21) Tätigkeiten, welche das Subjekt auf das Objekt richtet und in (22) die Beginnphase oder der vorzeitige Abbruch eines Ereignisses. Aber innerhalb jeder PVK-Gruppe müsste die Partikel durch sehr unterschiedliche Operationen und mit jeweils anderem Status in die VP integriert werden. Denn die Simplizia weisen verschiedene Argumentstrukturen und Bedeutungen auf. Als PVK einer Gruppe haben sie jedoch alle die gleiche Argumentstruktur und dienen dem Ausdruck gleicher Ereignistypen, ob dieser mit dem Simplex assoziiert wird oder nicht. Solange von Argumentstrukturen ausgegangen wird, welche als eine Art operabler Grundwert für die Syntax im Lexikoneintrag des Verbs vorgegeben sind, können die transparenten Bildungen einer Gruppe nicht auf die gleiche Weise analysiert werden. Ohne die Annahme virtueller Argumenterweiterung oder -reduktion ist eine einheitliche Kombinatorik aus Basisverb und Partikel nicht möglich. .RUKRQHQ  DOVDXFK%XUJHU  EH]HLFKQHQGLHYDOHQ]LHOOH Betrachtung der Partikel-Verb-Relation bei idiomatisierten PVK als wenig sinnvoll. Betrachtet man jedoch kollokationale Verbindungen wie „eine Rechnung anschreiben“ mit „einen Satz anschreiben“, „jdn. anstellen“ mit „eine Leiter anstellen“ oder „jdn. angreifen“ mit „etw. anfassen“, so sind die grundlegenden Bedeutungsmuster und Argumentstrukturen trotz Fixierung einer besonderen Lesart durchaus transparent und die Analyse wert. 'LH JUXQGOHJHQGHQ )UDJHQ ODVVHQ VLFK ZLH IROJW ]XVDPPHQIDVVHQ ,VW LQ einem Komplex wie „etw. anarbeiten“ mit der Bedeutung ‚etw. befestigen’ das direkte Objekt Argument der Partikel (etw. an etw.), des Basisverbs (?etw. arbeiWHQ RGHUGHV.RPSOH[HVDXVEHLGHQ HWZDQDUEHLWHQ "8QG%HVHW]WGLH3DUWLNHO eine verbale Argumentstelle in „arbeiten“ oder nicht? Bevor im folgenden Kapitel das Problem der Lizenzierung von Partikel und eventuell neu eingeführter nominaler Argumente besprochen wird, sei das WichWLJVWHGHUELVKHULJHQhEHUOHJXQJHQ]XVDPPHQJHIDVVW:HGHUGXUFKHLQHLQYDULante morphologische noch eine syntaktische Analyse lassen sich die aufgeführten Stellungseigenschaften sowie semantische Besonderheiten wie die Nicht-ErfragEDUNHLWXQG1LFKW0RGLÀ]LHUEDUNHLWEHIULHGLJHQGHUNOlUHQ'HUNRQWUDVWLYH%OLFN DXILQÀQLWH7HLOHNRPSOH[HU3UlGLNDWHQRPLQDOH*OLHGHUYRQ)9*XQGGLH$3 von Resultativkonstruktionen, besonders von „raising resultatives“, lässt, von der orthographischen Norm der Zusammenschreibung abgesehen, keine strikten $EJUHQ]XQJHQ]X6RNRPPW'UDFK † ]XGHP6FKOXVVÅ>@ es gibt keine trennbaren Verben. Es gibt [...] nur einerseits echte Zusammenset]XQJHQDQGHUHUVHLWVYHUEDOH*HIJHPLW.ODPPHUIlKLJNHLW´/GHOLQJ L[  VFKUHLEWJDQ]lKQOLFKÅ7KHPRVWVXUSULVLQJFRQFOXVLRQ>@LVWKDWWKHUHDUHQR 39

+DQQRYHUVFKH$OOJHPHLQH*H]JHOWHV9HUWUDXHQ

28

2. Eigenschaften von PVK – Grenzgänger in Theorie und Praxis

particle verbs.“, weshalb sie von „preverb verb constructions“ als einer Klasse spricht.40 Grundlage ihrer Kategorisierung bildet jedoch eine invariante Konstituentenstruktur, der Konstruktionsbegriff bleibt vage. Aber es wurde auch auf Unterschiede sowohl zwischen den einzelnen Partikeltypen „an“ als auch besonders hinsichtlich der „control resultatives“ hingewiesen. Letztere wurden, bis auf die Partikel „an“ mit der Lesart für „in Betrieb“, auf den Mangel an semantischem Eigengewicht zurückgeführt. Dieses können Partikeln jedoch in Kontrastbildungen mit gleichförmigen PVK erhalten. Es wurde gezeigt, dass Idiomatisierung nicht gegen eine reguläre strukturelle Analyse spricht. Das zentrale Problem besteht in der Annahme, dass die Partikel und mit ihr KlXÀJQHXH$UJXPHQWHLQGLH$UJXPHQWVWUXNWXUGHV9HUEVLQWHJULHUWZHUGHQ(V wurde gezeigt, dass transparente Bildungen einer Bedeutungsgruppe strukturell sehr verschieden analysiert werden müssten, was letztlich auch zu einem Problem für die Erklärung produktiver PVK-Bildungen führt. 0DQZLUGVLFKZRKODEÀQGHQPVVHQGDPLWGDVVHVLP'HXWVFKHQYHUVFKLHGHne Präverb- und verschiedene Konstruktionen mit Verbpartikeln gibt, welche die angenommenen Grenzen zwischen Wortbildung und Syntax, Prädikatsteil und Argument beständig überschreiten und nicht auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht werden können.

40

$OOHUGLQJV EHPHUNW /GHOLQJ HEG   DEVFKOLH‰HQG GDVV ]X NOlUHQ VHL ZDUXP 6SUHFKHU GHV 'HXWVFKHQ 3DUWLNHOYHUEHQ LQWXLWLY DOV .ODVVH HPSÀQGHQ REZRKO GHUHQ $QDO\VH JHQDX das Gegenteil zeige.

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax? 7URW]GHUHEHQHQVSH]LÀVFKHQ'LIIHUHQ]LHUXQJ]ZLVFKHQ0RUSKRORJLHXQG6\QWD[ sowie den jeweiligen theoretischen Hintergründen ist den bisher besprochenen Analysen der allgemeine Zugang zur Grammatik gemeinsam. Dies erscheint mir letztlich viel wichtiger als die Frage, ob es sich nun um morphologische oder syntaktische Prozesse handelt. Es geht um ein algebraisches Verständnis von Grammatik, nach welchem komplexe Strukturen durch Regeln über einem Set minimaler Kategorien erzeugt werden. Dabei sind folgende Grundannahmen ]HQWUDO(UVWHQV6SUDFKHLVWHLQ=ZHL.ODVVHQ6\VWHPDXV:|UWHUQXQGLKUHQ6HW]XQJHQZDV%KOHU  ²DOOHUGLQJVUHFKWXQGRJPDWLVFK ²DOVGDV „Dogma vom Lexikon und von der Syntax“ bezeichnet.1(U HEG EHJUQGHW GLHV ZLH IROJW Å(LQ 6\VWHP YRP 7\SXV GHU 6SUDFKH EDXW MHGH YROOHQGHWH XQG situationsentbindbare) Darstellung in zwei abstraktiv zu sondernden Schritten DXIVDJHQZLUHLQPDONXU]ZHQQDXFKXQVFKDUIXQGPL‰YHUVWlQGOLFKLQ:RUWwahl und Satzbau. Da gibt es eine Klasse von Sprachgebilden und zugehörigen Setzungen, die so verfahren, als gelte es, die Welt in Fetzen zu zerschneiden oder in Klassen von Dingen [...], während die zweite darauf Bedacht nimmt, einer Durchkonstruktion derselben Welt (des Darzustellenden) nach Relationen die zeichenmäßigen Mittel bereitzustellen.“ Die kognitive Begründung des Zwei.ODVVHQ6\VWHPVDOV$QDO\VHXQG6\QWKHVHGHU:HOWÀQGHWVLFKEHUHLWVEHL3ODWRQ Er lässt im Kratylosdialog Sokrates Wörter mit Werkzeugen vergleichen, die dem Zerschneiden und Zusammensetzen der Dinge dienen.2 In diesem Sinne gibt es nur graduelle Unterschiede zwischen Wort und Phrase, da es sich um verschiedene Stufen mentaler Komplexbildung handelt und noch nichts über deren Art gesagt wird. Zweitens verbirgt sich hinter dem Zwei-Klassen-System eine von der /RJLNJHSUlJWHUHGXNWLRQLVWLVFKH$XIIDVVXQJYRQ6\PEROV\VWHPHQ'DV/H[LNRQ ist Speicher arbiträrer Laut-Bedeutungs-Zuordnungen, wohingegen die Syntax ihre reguläre Zusammenfügung steuert.3 Dies ist eine Grundlage des Modularismus. Sie basiert innerhalb des Funktionalismus und Generativismus auf zwei

1 2 3

%KOHU    EH]HLFKQHW /H[LNRQ XQG 6\QWD[ DOV Åkorrelative Momente an ein und demselben (vielleicht fortgeschrittenen) Zustand der menschlichen Sprache [...]“. 3ODWRQ.UDW\ORV6 Auf die modulare Trennung zwischen Lexikon und Syntax wird in Kapitel 4 noch einmal einJHJDQJHQ6LHIKUWVHLW%ORRPÀHOG  XQGLQ)ROJHXDGXUFK'L6FLXOOR :LOOLDPV  &KRPVN\ I ]XUÄ$EVWHPSOXQJ·GHV/H[LNRQVDOVOLQJXLVWLVFKXQLQWHUHVVDQWHQ Ort des Arbiträren und Regellosen.

30

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

YHUVFKLHGHQHQ *UXQGDQQDKPHQ ,P 3DUDGLJPD GHU *HQHUDWLYHQ *UDPPDWLN verläuft die Zusammenführung lexikalischer Einheiten über bedeutungsunabKlQJLJH.RQÀJXUDWLRQHQQDFKHLQHPXQLYHUVHOOHQ3KUDVHQSULQ]LS,QIXQNWLRQDOHQ0RGHOOHQZHUGHQHQWVSUHFKHQGH.RQÀJXUDWLRQHQXQGV\QWDNWLVFKH)XQNWLRnen als semantisch und pragmatisch motiviert gesehen. Eine zentrale Schnittstelle bilden in beiden Auffassungen die lexemgebundenen Argumentstrukturen, welche entweder auf rein strukturelle oder eben funktional motivierte Hierarchien gespannt werden. Im Folgenden wird gezeigt, dass die PVK-Bildung als kompositionelle Einbindung der Partikel in die Argumentstruktur der Basisverben nur zu ca. 50 % erklärt werden kann. Im Anschluss wird der holistische Ansatz dieser Arbeit skizziert.

3.1 Adjunktion der Partikel DOV0RGLÀNDWRU 6WLHEHOV II /GHOLQJ I XQG=HOOHU DII EHWUDFKten transitive PVK wie „einen Film andrehen“ oder „das Fleisch anbraten“, mit denen der Beginn oder vorzeitige Abbruch, kurz die Partialität einer Handlung ausgedrückt wird. Die Autoren stellen fest, dass durch die Partikel die verbale $UJXPHQWVWUXNWXU QLFKW YHUlQGHUW ZLUG 'HVKDOE ZLUG VLH DOV 0RGLÀNDWRU E]Z Funktor analysiert, der an die verbale Argumentstruktur adjungiert wird.4 Für die von den Autoren betrachteten PVK erscheint diese Analyse plausibel. %HUHLWV.KQKROG  ZHLVWDXIVHOWHQHDEHUP|JOLFKH9DOHQ]YHUlQderungen bei Partialbildungen wie in „ein Pferd angaloppieren“ hin. McIntyre III ZHQGHWVLFKGHVKDOEJHJHQGLHJHQHUHOOH.ODVVLÀ]LHUXQJ YRQ3DUWLNHOQPLWDVSHNWXHOOHU)XQNWLRQDOV$GMXQNWHRGHU0RGLÀNDWRUHQGDHQWsprechende PVK teilweise Handlungen bezeichnen, welche nicht mit dem Simplex ausgedrückt werden. Ich habe 114 transitive PVK zum Ausdruck von Partialhandlungen analysiert. Von diesen weisen 22 eine qualitative oder quantitative Veränderung der Argumentstruktur in Bezug auf das Basisverb auf. Ersteres bezieht sich auf den Wandel der Selektionseigenschaften (1), was bei 6 PVK der Fall ist, letzteres auf die Transitivierung normalerweise intransitiv gebrauchter Basisverben (2). (1) a. Menschen, die eine kurze korrigierende Bemerkung antäuschen   XQGGDQQHOOHQODQJGUDXÁRVODEHUQ>@5 - vs. jdn. täuschen b. Wenn alle im Chor „Wenn die Glocken hell erklingen“ anstimmen, herrscht wieder eitel Diven-Sonnenschein.6 - vs. ein Instrument stimmen 4

5

/GHOLQJ  I  EH]LHKW VLFK KLHUEHL DXI $QDO\VHQ GHSLNWLYHU XQG UHVXOWDWLYHU $3 :LQNOHU  YHUPXWHWGDVVQXUGLH$3LQ5HVXOWDWLYNRQVWUXNWLRQHQDXIGHU.RPSOHmentposition von V° generiert wird. Bei der AP in Depiktivkonstruktionen handele es sich ebenfalls um in der VP generierte Phrasen, welche aber auf höherer Ebene an V’ adjungiert werden, da sie die verbale Argumentstruktur nicht verändern. Hannoversche Allgemeine, 31.05.08, S. 6

3.2 Funktionale Applikation

31

(2) a.

Nur wenn die Eier angebrütet werden, sind sie nicht mehr genießbar.7 (intr. Tätigkeitsverb brüten) b. Langes Futter sollte man nur wenig anwelken und häckseln.8 (intr. Prozessverb welken) c. Bevor die Leser am „weltweiten“ Erscheinungs-, also am „Rushdie-Day“ - dem 11. Mai -, den Roman anblättern können, [...].9 (in etw. blättern)

Es liefe nun der Intuition zuwider, die Partikel in „das Fleisch anbraten“ anders als in (1) und (2) zu analysieren, um schrittweise die Einführung der neuen Argumente und den damit verbundenen semantischen Wandel zu erklären. Es handelt sich um mehr oder weniger transparente und mehr oder weniger frequente Instanzen eines PVK-Typs mit einheitlicher Argumentstruktur. Dieser Tatsache werden Analysen nicht gerecht, welche von einer bestehenden transitiven ArguPHQWVWUXNWXUGHV9HUEV]XU$GMXQNWLRQGHU3DUWLNHODOV0RGLÀNDWRUDXVJHKHQ

3.2 Funktionale Applikation 6WLHEHOV :XQGHUOLFK  JHKHQGDYRQDXVGDVVORNDOH3DUWLNHOQ bei statischen und dynamischen Lokalisierungsverben eine Argumentstelle des %DVLVYHUEVEHVHW]HQ$QGHUVDOV:HOOPDQQLQGHU'XGHQ*UDPPDWLN   nehmen sie dabei nicht an, dass die Valenz des Basisverbs reduziert wird, da die Partikel als lexikalisches Argument die entsprechende Stelle regulär, d. h. wie ein syntaktisches Komplement sättigt. Wenn auch im Rahmen syntaktischer KomposiWLRQDOLWlWJHKHQ/GHOLQJ II XQG=HOOHU II HEHQIDOOVGDYRQDXV Im Folgenden wird exemplarisch die Zusammenführung von Partikel und Verb im Rahmen des Zweistufenmodells u. a. nach Bierwisch (1983) dargestellt. Grundlage dafür ist die modulare Abgrenzung zwischen semantischer und konzeptueller Ebene, wie sie in der erweiterten Standardtheorie der Generativen Grammatik postuliert wird.10 1DFK &KRPVN\  II II  LVW LP /H[LNRneintrag sprachliches Wissen als Wissen um sprachliche Formen, syntaktische Kategorien und semantische Merkmale vermerkt. Diese steuern als minimale Basiskomponenten die Kompositionalität auf syntaktischer Ebene durch entsprechende Selektionsbeschränkungen. Neben abstrakten semantischen Merkmalen lexikalischer Einheiten wie [ ±belebt] liegt der Fokus auf syntaktischen Selektionsbeziehungen wie der zwischen einem Verb und einem Nomen, welche als DXWRQRPHJUDPPDWLVFKHYRQGHU6HPDQWLNXQDEKlQJLJH5HODWLRQHQGHÀQLHUW

6 7 8 9 10

Berliner Morgenpost, 04.06.1999, S. 31 5KHLQ=HLWXQJ:LHYLHOH*WHNODVVHQKDWGDV(L" ,QIRUPDWLRQÅ%ODX]XQJHQNUDQNKHLW´KWWSZZZWLHUNOLQLNYRVVEHUJGHLQKDOWULQGHUKWPO )UDQNIXUWHU5XQGVFKDX-RLQW9HQWXUHIUHLQHQ5RPDQ &I&KRPVN\  

32

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

werden. Eine Schnittstelle zum enzyklopädischen Wissen wird nicht angenommen. Die Integration einer solchen ist v. a. das Verdienst von Bierwisch (1979ff ) XQG %LHUZLVFK  /DQJ   $XFK %LHUZLVFK  II  QLPPW HLQH 7UHQnung zwischen sprachlichem Wissen, Alltags- und Interaktionswissen an, bezieht beide jedoch aufeinander. Die Semantik sprachlicher Zeichen wird durch Minimalprädikate und Variablen als semantische Form (SF) repräsentiert. Die SF VWHOOWGDV%LQGXQJVSRWHQWLDOIUGLH6\QWD[GDU1DFK3LQNHU  VLQGGLH Minimalprädikate die einzige für die Syntax ‚sichtbare’ Information aus dem Le[LNRQHLQWUDJHLQHV9HUEV'DV%HGHXWXQJVSRWHQWLDOZLUGQDFK%LHUZLVFK   erst auf der sprachunabhängigen konzeptuellen Ebene (CS) repräsentiert.11 Lang  VLHKWLQGHU6)GLH=XRUGQXQJVJUXQGODJH]ZLVFKHQV\QWDNWLVFKHUXQG NRQ]HSWXHOOHU6WUXNWXUEHJUQGHW:LHVH  GLIIHUHQ]LHUWGLH6FKQLWWVWHOlenfunktion zur Syntax als Fügungspotential, die zur konzeptuellen Ebene als Referenzpotential eines sprachlichen Zeichens. Die semantischen Konstanten werden durch eine Interpretationsfunktion auf Repräsentationen der konzeptuellen Ebene abgebildet. Das Zwei-Ebenen-Modell wird später u. a. von Bierwisch  6FKUHXGHU  II  ]X HLQHU /H[LNRQWKHRULH DXVJHDUEHLWHW 'LH 6HPDQWLN einer lexikalischen Einheit wird durch eine logische, kontextinvariante Formel repräsentiert, die jedem Gebrauch zu Grunde liegt und diesen lizenziert. Die dahinter stehende Absicht maximaler ökonomischer Repräsentationen von syntaktischen Basiseinheiten für den quasi algebraischen Strukturaufbau ist ersichtlich.12 Das minimale semantische Zentrum in Form einer oder mehrerer dekompositionaler Prädikate mit entsprechenden Variablen bildet die Ausgangsinformation IUGDVHLQHU5HFKHQPDVFKLQHJOHLFKHQGH5HJHOV\VWHP6\QWD[%LHUZLVFK    VFKUHLEW ÅOH[LFDO LWHPV DUH LQ D VHQVH VHOIFRQWDLQHG VWUXFWXUH XQLWV ZKRVH categorization determines their possible function within larger units.“ Vor dem dargestellten theoretischen Hintergrund wird nun der Applikationsprozess zur Bildung von „etw. anhängen“ illustriert. Zuerst werde ich die lexikalischen Einträge der lokalen Partikel „an“ und des Verbs „hängen“ in möglichst einfacher Form angeben. Dabei verzichte ich auf die Darstellung der phonologischen Form und setze an ihre Stelle die graphische Repräsentation. Anschließend wird die syntaktische Kategorie angeführt, danach die semantische Form in Minimalprädikaten mit entsprechenden Argumentstellen als Variablen. Ebenso gebe ich den semantischen Typ in kategorialgrammatischer Notation an, wobei e für Individuenargumente (Terme, entity), t für den Wahrheitswert (truth value, Proposition) steht. Unter kategorialer Selektion werden die syntaktischen Komplemente aufgeführt. Da es hier nicht um die Frage der Subjektgenerierung

11

12

8QWHU (LQEH]LHKXQJ GHV ,QWHUDNWLRQVJHIJHV LQWHJULHUW %LHUZLVFK    GLH %HGHXWXQJ einer Äußerung, welche sich aus der Schnittstelle zwischen SF und CS durch KontexteinbetWXQJHUJLEWLQGLH6SUHFKDNWDNWWKHRULHLQGHPGHUNRPPXQLNDWLYH6LQQDXIJHQRPPHQZLUG Der Sprechakt besteht aus dem Hervorbringen phonetischer, syntaktischer und semantischer Strukturen durch eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt. +HUZHJ  EHVFKUHLEWGLH)XQNWLRQMHQHUNRQWH[WIUHLHQ,QYDULDQWHQDOVHLQ9HUPHLGHQ von Polysemie, welche reduktionistische Modelle zweifelsohne vor ein kaum lösbares Problem stellt.

3.2 Funktionale Applikation

33

geht, wird dessen Aufführung ausgespart. Bei der syntaktischen Projektion wird die Besetzung der verbalen Argumentstelle durch die Partikel als funktionale Applikation dargestellt. Die λ-Abstraktoren bilden in umgekehrter Reihenfolge das Θ-Raster ab, worin die Schnittstellenfunktion zwischen Semantik und Syntax besteht. Es wird angenommen, dass die Argumenthierarchie im Θ-Raster die Normalstellung im Aussagesatz ergibt. (3)    

lokale Partikel an D .DWHJRULH3DUWLNHO E 6HPDQWLNEv λu ( BECOME( LOC (u, EXT [ v] &217$&7(u,v)))) F 7\S G NDWHJRULDOH6HOHNWLRQNDXVDWLYHV3RVLWLRQVYHUE Kontakthandlungsverben

'DVLQGLH6\QWD[]XSURML]LHUHQGH$UJXPHQWXJHODQJWDXIGLH2EHUÁlFKH (;7  des inkludierten Arguments v. Dabei entsteht zwischen u und v Kontakt. Das Argument v wird nicht realisiert und ist deshalb auch nicht an einen λ-Operator gebunden. Mit E wird die existentielle Bindung in der Partikel gekennzeichnet. Für das kausative Verb „hängen“ kann folgende SF wiedergegeben werden. Die Situationsvariable s wird durch funktionale Kategorien wie Tempus, Modus gebunden. (4)    

KlQJ D .DWHJRULH9HUE E 6HPDQWLNλz λy λx λs (CAUSE(x) %(&20( ( LOC( y,z))) (s) F 7\S G NDWHJRULDOH6HOHNWLRQ$NN13GLUHNWLRQDOH333DUWLNHO

Bei der Kombination der SF von Partikel und Verb wird das Partikelargument XPLWGHPYHUEDOHQ$UJXPHQW\LGHQWLÀ]LHUW'DVYHUEDOH$UJXPHQW]ZLUGPLW GHPLQGHU3DUWLNHOLQNOXGLHUWHQ$UJXPHQWYLGHQWLÀ]LHUWXQGVRPLWYRQGHU3DUWLNHO LP NRPSOH[HQ 9HUE JHVlWWLJW 'LH ,GHQWLÀ]LHUXQJ ZLUG GXUFK GLH 7\SHQkombination gesteuert. Somit lizenziert die in der verbalen Argumentstruktur verankerte Relation die Einführung der Partikel und die daraus resultierende Argumentstruktur.

34

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

(5 )

VP

[das Bild anhäng-]

NP

[das Bild]

V’

[anhäng-]

PtP

[an ]



[ häng-]



[an ] Ein grundlegendes Problem dieser Analyse besteht in der paradigmatischen *OHLFKVWHOOXQJYRQ3DUWLNHOXQG33%HWUDFKWHQZLUYRUHUVWGHQIROJHQGHQ)DOO dem PVK zum Ausdruck einer Befestigungshandlung kann eine lokale PP hinzugefügt werden (6). (6) Er bindet das Pferd am Baum an. Dies lässt sich elegant analysieren, indem die lokale PP auf höherer Ebene an V’ adjungiert wird. Dass die Partikel das ursprünglich verbale PP-Komplement besetzt, wird aus deren Obligatheit geschlussfolgert. In (6) kann die Partikel nicht weggelassen werden. Nun kann die Konstruktion jedoch genauso mit einer direktionalen PP gebraucht werden (7). Diese scheint die bereits von der Partikel gesättigte Argumentstelle zu besetzen und wäre somit unzulässig. ( 7 ) Er bindet das Pferd an den Baum an. 2OVHQ II EHVSULFKWVROFKH)lOOHDOVÅSOHRQDVWLVFKH'LUHNWLRQDOH´GDV KHL‰W UHGXQGDQWH 0RGLÀNDWRUHQ ZHOFKH GHQ YRQ GHU 3DUWLNHO LQNOXGLHUWHQ %Hzugspunkt explizit realisieren. Mit anderen Worten müsste die direktionale PP in ( 7 ) genauso wie die lokale PP in (6) als Adjunkt analysiert werden. Gegen diese Gleichstellung spricht jedoch, dass nur die direktionale (8a), nicht aber die lokale PP (8b) anstelle der als verbales Argument analysierten Partikel stehen kann.

3.2 Funktionale Applikation

35

(8) a. Er bindet das Pferd an den Baum. b. *Er bindet das Pferd am Baum. Da eine Argumentstelle nicht doppelt besetzt werden kann, argumentiert KorKRQHQ    JHJHQ GLH $QDO\VH GHU 3DUWLNHO DOV YHUEDOHV $UJXPHQW 'DV Problem besteht m. E. darin, die Partikel in bereits etablierte Kategorien zu zwinJHQ +HULQJHU    VWHOOW VLH DOV Å.RPSOHPHQW YHUVFKOXFNHQGH (LQKHLWHQ´ OHW]WOLFK33.RPSOHPHQWHQJOHLFKZLHDXFK/DQJDFNHU  GHUVFKUHLEW „these particles are not distinct from the class of preposition, they are simply prepositions employed in grammatical constructions where the landmark happens QRW WR EH HODERUDWHGµ 'LH *HJHQSRVLWLRQ ÀQGHW VLFK VHLW $GHOXQJ  † (UNODVVLÀ]LHUW3DUWLNHOQDOV8PVWDQGVZ|UWHUGLHÅ]ZDUJU|‰WHQWKHLOV>@ außer dieser Zusammensetzung als Präpositionen gebraucht werden [...], in der Zusammensetzung hingegen [...] werden sie [...] nur als Adverbia betrachtet, folglich können sie auch keinen Kasum regieren.“ Innerhalb der Valenzgrammatik VFKOlJWÉJHO II GLH'LIIHUHQ]LHUXQJ]ZLVFKHQGHP9HUEDOVLPSOL]LHUHQdem und der Partikel als inkludierendem Valenzträger vor. Ein Verb wie „binden“ präsupponiert die nötige Realisierung eines Agens, eines Patiens und einer direktionalen PP. Im Gegensatz dazu ist die Partikel in „anbinden“ ein inkludierender Valenzträger. Sie enthält ihr Argument bereits, wodurch es sprachlich nicht realisiert werden muss, aber kann, eben als pleonastisches Direktionale. Offensichtlich sind Partikeln weder identisch mit PP-Komplementen noch mit Adverbien. Auch Ágels Unterscheidung erfasst einen wesentlichen Punkt nicht. In 2.2 wurde darauf hingewiesen, dass die Partikel zwar als nicht referentieller generischer Ausdruck eine referentielle PP ersetzen kann. Aber sie kann genauso gut als Signal dafür verstanden werden, dass die entsprechende Handlung die Befestigung oder den Kontakt einer Entität zum Resultat hat. Dabei geht es dann nicht mehr um das Ein- und Ausblenden oder Inkludieren konkreter, in der Verbsemantik angelegter Orte. Zeller (2001a) analysiert die Verbindung zwischen Partikel und Verb grundsätzlich auf die gleiche Weise, wie in (5) dargestellt.13 Durch Annahme einer fehlenden funktionalen Struktur analysiert er die Partikel und entsprechende PP nicht identisch, was unter 2.2. ausgeführt wurde. Der wesentliche Unterschied ]XU$QDO\VHYRQ6WLHEHOV :XQGHUOLFK  XQG/GHOLQJ  EHVWHKWGDULQ GDVVQDFK=HOOHU D GLH$NWLYLHUXQJGHUNRQNUHWHQ3DUWLNHOEHGHXtung erst durch die Verbbedeutung (im Falle von „hängen“ ist es die im Verb angelegte PATH-Komponente, bei „binden“ eine RESULT- oder CONTACTKomponente) geschieht. Es sei diesbezüglich an die 5 verschiedenen PVK „anWDQ]HQ´DXVGHU(LQOHLWXQJHULQQHUWÅEHLP&KHIDQWDQ]HQ²MGQDQWDQ]HQ²JHJHQ etw. antanzen – einen Ball antanzen – sich Müdigkeit antanzen“. Angenommen, dass der Bedeutungsbeitrag der Partikel erst durch das Verb aktiviert würde, so

13

Allerdings bezieht sich Zeller (2001a) auf Jackendoffs Semantiktheorie, in welcher semantische Basisprädikate auf einer Repräsentationsebene von universellen konzeptuellen KategoULHQDEJHOHLWHWZHUGHQ&I-DFNHQGRII  

36

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

müsste von 5 verschiedenen Minimalprädikaten zu „tanzen“ ausgegangen werden oder aber von einer nicht mehr minimalen Merkmalsliste, wodurch das Erfassen des Bedeutungsumfangs in einer Funktion seinen Reiz verlöre. Offensichtlich können mit „tanzen“ sehr verschiedene Ereignistypen ausgedrückt werden. Nur ist sehr fraglich, ob diese bereits im Verb angelegt sind, was nach Zeller (2001) der Fall sein müsste. Der Gebrauch eines Basisverbs mit verschiedenen Lesarten der Partikel(n) „an“ ist keine Seltenheit, was den Ansatz Zellers (2001a) grundsätzlich in Frage stellt. Differenzieren wir vorerst nicht genauer zwischen den verschiedenen Konstruktionen mit „an“ zum Ausdruck von Handlungen, welche zu Orts- oder Zustandsveränderungen führen, so werden 25 Simplizia mit „an“ sowohl zum Ausdruck kausativer Handlungen als auch zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten gebraucht (jemanden vs. einen Satz anschreiben). 8 Simplizia drücken mit „an“ sowohl Handlungen der Inbetriebnahme als auch der Kontaktherstellung aus (das Radio vs. die Leiter anstellen). Mit 6 Simplizia und der Partikel „an“ werden perfektive Vorgänge ausgedrückt, welche zu Kontakt des Vorgangsträgers führen oder die Anfangsphase des Prozesses ausdrücken (der Finger vs. die Wunde heilt an). Auch sei noch einmal die Gesamtrelationen von 594 Basisverben und den mit ihnen gebildeten 1056 PVK mit „an“ erwähnt.

3.3 Das Lizenzierungsproblem 'LH*UXQGIUDJHLVW:RGXUFKZLUGGLH9HUELQGXQJ]ZLVFKHQ%DVLVYHUEXQG3DUWLkel lizenziert, wenn das Basisverb nicht über eine Leerstelle für ein direktionales Argument verfügt? Folgende Belege verdeutlichen das Analyseproblem. (9) a.



14 15 16 17

Es sollen in England schon Patienten ohne Not und Fehlstellung in Praxen vorstellig geworden zu sein, um sich eine Spange anarbeiten zu lassen.14 b. [...] weil durch die Nase jede Menge Schmutzpartikel mit jedem Atemzug angeatmet werden.15 c. Aber auf einem Induktionsherd kann man praktisch nichts so fest anbrennen wie auf normalen Glaskeramikherden.16 G %DVWHODQOHLWXQJ)UGLH%HLQFKHQNOHLQHRYDOH7HLOHÀO]HQXQGPLW der Filznadel am Körper anstechen.17

Mannheimer Morgen, 03.03.2007 *HVXQGKHLWVUDWJHEHUKWWSZZZDSRPLRGH.UDQNKHLWHQGHU1DVH ,QWHUQHWIRUXPKWWSVZLVVPRPIRUXPFK %DVWHOLGHHQKWWSZZZJXHWHUPDQQFRP²'HUKHXWHQXUPHKUVHOWHQH*HEUDXFKYRQÅDQstechen“ für ‚mit Stichen befestigen’ dürfte an der frequenten gleich lautenden Konstruktion mit Partialbedeutung liegen.

3.3 Das Lizenzierungsproblem

37

In allen vier Beispielen wird eine Entität mit etwas in Kontakt gebracht. Das Basisverb „arbeiten“ in (9a) verfügt in einer minimal angenommenen (vom intransitiven Defaultgebrauch abstrahierten) SF weder über ein Argument für die im Dativ ausgedrückte Größe noch über eins, welches durch die Verbhandlung irgendwo befestigt wird. Es handelt sich um ein agentives activity-Verb, welches KlXÀJPLWGHU3UlSRVLWLRQÅDQ´]XP$XVGUXFNHLQHU3URJUHVVLYUHODWLRQEHQXW]W wird. Es wäre möglich, hierbei von einem internen Argument zu sprechen. Die Partikel kann jedoch weder mit inkludiertem Kontaktort noch ohne ihn mit der verbalen Argumentstruktur abgeglichen werden. Transparent ist die Bildung nur, wenn wir konzeptuelles Wissen einbeziehen und von entsprechendem Konstruktionsmuster ausgehen, welches zum Ausdruck von Ereignissen gebraucht wird, die nicht mit dem Defaultgebrauch des Simplex assoziiert werden müssen. In (9b) handelt es sich ebenfalls um ein typischerweise intransitiv gebrauchtes Verb. Ob es sich bei „atmen“ um den Ausdruck einer Tätigkeit oder eines Prozesses handelt, ist eine Frage der jeweiligen Konzeptualisierung. Wir wissen, dass beim Atmen Luft eingesogen und ausgestoßen wird. Dieses alltägliche Erfahrungswissen motiviert den Ausdruck einer rückbezüglichen Verursachung von Kontakt der Schmutzpartikeln mit den Atemorganen. Ein lexemgebundener kompositioneller Prozess auf der formal-logischen Grundlage von Argumentstrukturen kann weder bezüglich der Partikel noch in Bezug auf das zweite Argument erklärt werden. Würden verschiedene Partikelbedeutungen nicht differenziert werden, wie es Zeller (2001a) vorschlägt, so sind die zwei Lesarten von „etw. anatmen“ als „etw. ansaugen“ oder „etw. beatmen“ nicht zu erklären, da sie ja in minimaler Weise vom Verb vorgegeben sein müssten. Bei (9c) ist eine lexemgebundene Verbindung von Verb und Partikel noch komplizierter, da mit „brennen“ typischerweise nicht-agentive Prozesse ausgedrückt werden. Dennoch wird eine NDXVDWLYH+DQGOXQJDXVJHGUFNW1LFKWQXUGLH,GHQWLÀNDWLRQYRQ$UJXPHQWHQ der Partikel mit denen des Verbs ist unmöglich. Außerdem stellt sich die Frage, woher die Kausativität der Handlung kommt, wenn weder Partikel noch Verb über CAUSE als logisches Minimalprädikat verfügen. Der PVK „etw. anstechen“ in (9d) stellt für eine minimale kompositionelle Analyse insofern ein Problem dar, als dass kaum bestimmt werden kann, wie die SF des Basisverbs aussieht. 'RUQHQ YRQ 3ÁDQ]HQ VWHFKHQ $XFK ,QVHNWHQ VWHFKHQ VLH VWHFKHQDXFK MHPDQden. Gleichfalls kann in etwas gestochen werden. Handelt es sich um ein Simplex oder zwei oder drei? Aus keiner dieser Normalverwendungen lässt sich jedoch die Integration der Partikel in die verbale Argumentstruktur erklären. Im Rahmen der Valenzgrammatik wird von Erhöhung der Grundvalenz ausgegangen.18 Doch auch dies ist problematisch, da keine der Normalverwendungen einfach um eine direktionale PP erhöht werden kann. Das transitive „jdn. stechen“ lässt sich auf den transitiven PVK „etw. anstechen“ als gerichtete Tätigkeit beziehen,

18

:HONH  LQWHJULHUWGLH,GHHGHU6DW]PRGHOOHLQGDV.RQ]HSWGHU*UXQGYDOHQ](LQ grundlegendes lexemgebundenes Satzmodell besteht aus Nominativ und Akkusativ. Dieses wird zu verschiedenen Satzmodellen erweitert durch Erhöhung um eine PP, eine Dativ-NP oder eines Objektprädikativs für Resultativkonstruktionen.

38

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

nicht aber auf die in (9d) ausgedrückte Befestigungshandlung. Ein rechnerischer Abgleich zwischen der ursprünglichen Argumentstruktur und der neuen der PVK HUIDVVWQLFKWGHQKlXÀJHQ:DQGHOGHU6HOHNWLRQVHLJHQVFKDIWHQGHV]ZHLWHQYHUbalen Arguments (ein Kleid nähen – einen Knopf annähen). Eine Lösung wäre, entsprechende Verben mit Doppeleinträgen im Lexikon zu versehen. Bei „nähen“ wäre dies (etw. nähen – etw. an etw. nähen) durch den frequenten Gebrauch zum Ausdruck des Befestigens gerechtfertigt, bei „stechen, atmen, brennen“ nicht. Dass es sich bei den besprochenen Beispielen nicht um Einzelfälle handelt, wird in Darstellung (10) verdeutlicht. Ich habe 167 transitive PVK mit „an“ zum Ausdruck einer Orts- oder Zustandsveränderung mit der Argumentstruktur der jeweiligen Simplizia verglichen. Dass bereits die Ermittlung einer operablen Argumentstruktur oder Grundvalenz der Basisverben oft unmöglich ist, wird in 3.6 thematisiert. Solange angenommen wird, dass die Zusammenführung auf Grundlage lexemgebundener Argumentstrukturen verläuft, solange müssen jene Argumentstrukturen postuliert werden. Ich habe mich hierbei an entsprechenden Einträgen im DUDEN Universal Wörterbuch (2007), in den ValenzwörterbüFKHUQ YRQ +HOELJ  6FKHQNHO   XQG 6FKXPDFKHU   VRZLH DQ PXWWHUsprachlicher Intuition orientiert. (10)

167 transitive PVKs zum Ausdruck YRQ2UWV=XVWDQGVYHUlQGHUXQJ 7%

4%

5%

20

%

5%

%

43 %

14





11 7 2  72 23 

intransitive Verben (7 %) intransitive Verben mit PP (4 %) intransitive Bewegungsverben 33  transitive Verben AKK (43 %) kausative Bewegungsverben $.. 33  

8





34  1 8 

kausative Positionsverben AKK PP (5 %) Kontakthandlungsverben $..33  Verb mit Dativ ditransitive Verben '$7$.. 

3.3 Das Lizenzierungsproblem

39

Aus der Darstellung werden zwei Dinge ersichtlich. Erstens gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen dem Normalgebrauch der Basisverben und der Möglichkeit, sie mit der Partikel zu kombinieren. Zweitens kann jedoch auf dieser Grundlage die PVK-Bildung nur zur knappen Hälfte erklärt werden. Die verbale Argumentstruktur lizenziert die Verbindung zwischen Simplex und Partikel zu 43,7 %. Im Falle der kausativen Bewegungsverben, der kausativen Positionsverben, der Kontakthandlungsverben wie „binden“ und auch der ditransitiven Verben lässt sich die Partikel auf ein verbales Argument beziehen. Das erste Argument GHU3DUWLNHON|QQWHPLWGHP]ZHLWHQYHUEDOHQ$UJXPHQWLGHQWLÀ]LHUWZHUGHQ%HL den ditransitiven Verben wäre jedoch von einer metaphorischen Sättigung des zweiten verbalen Arguments (Dativ) als Zielort der Handlung (Partikel) auszugehen. In den übrigen Fällen ist ein applikativer Prozess durch Sättigung und ,GHQWLÀNDWLRQDXI*UXQGODJHHLQHU6)QLFKWRKQHZHLWHUHVP|JOLFK 2KQH YLUWXHOOH 2SHUDWLRQHQ GHU $UJXPHQWHUZHLWHUXQJ XQGRGHU YRUDQJHhender Reduktion kann die Zusammenführung von Partikel und Simplex auf der Grundlage jeweils lexemgebundener Argumentstrukturen nicht erklärt werden. Dadurch ist der Status des Verbs als syntaktischer Kopf oder Regens selbst in Frage gestellt. In Fällen wie „etw. anarbeiten, anbrennen, anatmen...“ wäre die Diskussion ganz parallel zu Resultativkonstruktionen zu führen. Handelt es sich bei den Objekten um verbale Argumente? Diese These vertritt u. a. Kaufmann  XQG]HLJWGDVVGLHHLQJHIKUWHQ2EMHNWHVHPDQWLVFKHQ5HVWULNWLRQHQ des ursprünglich intransitiven Basisverbs unterliegen.19 Sie wendet sich damit geQDXVRZLH*ROGEHUJ  JHJHQGLH%H]HLFKQXQJDOVÅIDNHREMHFW´ZHOFKH 6LPSVRQ  II  SDUDOOHO ]XP ÅIDNH5HÁH[LYXP´ LQ .RQVWUXNWLRQHQ ZLH „sich heiser schreien“ eingeführt hat. Betrachtet man die Äußerung (11), so wird schnell ersichtlich, dass das Verb das zweite Argument zwar im klassischen Sinne nicht lizenziert, aber dennoch bestimmte Eigenschaften von diesem fordert. (11) Er hatte das Haus angeatmet, was zu Atemnot führte. Die Äußerung (11) ist in kausativer Lesart nur zu verstehen, wenn es sich um ein Fabelwesen mit enormer Atemkraft handelte, durch welche das Haus angesogen werden würde. Ansonsten lässt das zweite Argument nur die Interpretation eines auf das Haus gerichteten Atmens zu. Evidenz für eine reguläre Objektanalyse stellt die Tatsache dar, dass die transitiven PVK mit ursprünglich intransitiven Verben regulär passivierbar (12a) und im Deutschen in Medialkonstruktionen (12b) umformbar sind. Ebenso kann das Partizip II attributiv auf das Objekt bezoJHQZHUGHQ F ZDV&DUULHU 5DQGDOO  DOV7HVWNULWHULHQKHUDQ]LHKHQ

19

.DXIPDQQ  YHUJOHLFKWÅ'LH-RJJHUODXIHQGHQ5DVHQSODWW´PLWGHUIUVLHXQDN]HStablen Äußerung „Die Jogger laufen das Publikum euphorisch“ und kommt zu dem Schluss, dass die vom Basisverb eingeführte Handlungskomponente als Einwirkung auf das neue Objekt und dessen Nachzustand rekonstruierbar sein muss. „Laufen“ impliziere durch seine Modalitätskomponente Bodenkontakt, was die Akzeptabilität des ersten Satzes begründet.

40

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

(12) a. Die Folie wurde angeatmet und führte zu Atemnot. b. Solche Folien atmen sich schnell an und führen zu Atemnot. c. die angeatmete Folie Die Differenzierung zwischen scheinbaren und tatsächlichen Objekt-NP in Abhängigkeit von der Argumentstruktur des Basisverbs ist somit nicht gerechtfertigt. Das Problem besteht in der Annahme, dass die Argumentstruktur des Verbs die Partikel und deren Argument lizenziert. Ein Verb wie „atmen“ lizenziert weder ein direktes Objekt noch eine Partikel. Dennoch verhält sich das zweite Argument des PVK wie reguläre Objekte und unterliegt auch verbalen Selektionsbeschränkungen. Ebenso problematisch stellt sich die lexemgebundene Analyse intransitiver PVK wie „ankommen“ dar, mit welchen das Erreichen eines deiktisch erschließbaren Bezugsortes ausgedrückt wird. Von den 65 analysierten Bildungen gehen zwar 40 auf Bewegungsverben zurück. Doch präsupponieren diese nicht gleichsam Fortbewegungen. Die Bewegungssemantik wird genauer im neunten Kapitel besprochen. Bezüglich der intransitiven Bewegungsverben genügt vorerst eine 'LIIHUHQ]LHUXQJ QDFK /HYLQ  5DSSDSRUW    XQG .DXIPDQQ  228ff ). Im Deutschen stellen Verben wie „kommen, landen“, die den Verlauf des :HJHVVSH]LÀ]LHUHQHLQHlX‰HUVWNOHLQH*UXSSHGDU'LHVHSUlVXSSRQLHUHQGXUFK die inhärente Wegkomponente eine Richtung, welche durch die Partikel „an“ determiniert wird. Eine weitere Gruppe dient zum Ausdruck des BewegungsmeGLXPVZLHÅÁLHJHQVFKZLPPHQVFKZHEHQ´'LHVHEHLQKDOWHQHLQHVFKZlFKHUH Weg- und somit Fortbewegungskomponente. 20 der Bewegungsverben dienen zum Ausdruck von Bewegungsarten, wobei zwischen Verben zu unterscheiden ist, welche wie „laufen“ sowohl die interne Körperbewegung des Movens als auch einen zurückgelegten Weg implizieren und solchen, die nur eine Bewegungsgestalt bezeichnen wie „wackeln“ (13c). Dazwischen liegen Verben wie „humpeln, torkeln“ (13a), die zwar auch eine Fortbewegung implizieren, jedoch viel stärker die Art der internen Selbstbewegung ausdrücken, wofür die Unsicherheit bei der Wahl des Perfektauxiliars spricht. In 8 Fällen handelt es sich um Simplizia, die Geräusche ausdrücken wie „schnaufen, keuchen, rauschen, tuckern“ (13b). Nur auf der konzeptuellen Ebene können diese Verben mit Fortbewegungen assoziiert werden, wofür auch ihre primäre Perfektbildung mit „haben“ spricht. (13) a.

Die Ängste fand man hauptsächlich [...] bei denen, die in alten Uniformen zur Feier des 11. November anhumpelten.20 b. Er ist noch nicht zu Hause, als die Bomber andonnern.21 c. Als wir [...] anwackelten, bekamen wir ne Villa, da die FZ immer noch nicht fertig waren.22

20 21 22

'HXWVFKIUDQ]|VLVFKH0DWHULDOLHQIUGHQ*HVFKLFKWVXQG*HRJUDSKLHXQWHUULFKW .OLPDWXUEXOHQ]HQ]ZLVFKHQ.RKOXQG0LWWHUUDQGKWWSZZZGHXIUDPDWGH Mannheimer Morgen, 16.04.2003. Erinnerungen an den 27.09.44 ,QWHUQHWIRUXPKWWSZZZKRWHOLQIRWXHUNHLGH

3.4 Funktionale Komposition – virtuelle Lösung

41

Simplizia dieser Art machen 55,4 % der beteiligten Basisverben aus. Dass sie ebenfalls mit einer direktionalen PP gebraucht werden können, wodurch sich ihre Semantik und damit die Wahl des Perfektauxiliars ändern, erklärt erst einmal noch nichts bezüglich der Lizenzierung durch das Basisverb.23 Wird von funktionaler Applikation auf der Grundlage der semantischen Form ausgegangen, so müssen bei diesen Verben Doppeleinträge im Lexikon angenommen werden. Dies VFKODJHQ/HYLQ 5DSSDSRUW II EH]JOLFKGHU9HUEHQYRUZHOFKHHLQH nicht extern verursachte Bewegungsart ausdrücken wie „tanzen, torkeln“. Das Gleiche ist jedoch im Falle von „donnern, wackeln, rauschen, dampfen...“ nicht SODXVLEHO GD HV VLFK GHÀQLWLY QLFKW XP )RUWEHZHJXQJVYHUEHQ KDQGHOW :HONH D EHPHUNWGDVVGLH9DOHQ]HUZHLWHUXQJYRQ*HUlXVFKYHUEHQIUGHQ erwachsenen Sprecher oder Hörer zwar vorhersehbar, jedoch nicht derart eingeprägt sei, dass sie zu einem individuellen Lexikoneintrag entsprechender Verben geführt habe. 1DFK*UHZHQGRUI  VWHKWDXFKGLH6&$QDO\VHYRUGHPHLJHQWOLFK nicht lösbaren Erklärungsproblem, wie der SC lizenziert wird.24 Letztlich hält er virtuelle Subkategorisierungen der Verben bezüglich des SC für „attraktiver“ als GLH /LVWXQJ MHGHV 39. LP /H[LNRQ +RHNVWUD  I  YHUPXWHW LQ GHU (UHLJQLVVWUXNWXUDOOHU3UR]HVVYHUEHQZLHÅZDFNHOQ´HLQHQ7KHWDPDUNLHUWHQÅÀQDO time point“. Dieser stelle durch eine Ereignisvariable den Zugang für den SC GDU 9RQ +RHNVWUD DXVJHVSDUW EOHLEW GHU HQWVFKHLGHQGH 3XQNW MHQHU $QQDKPH :RKHUNRPPWLQGHUDWHOLVFKHQ(UHLJQLVVWUXNWXULQWUDQVLWLYHU9HUEHQHLQÅÀQDO time point“? Analog stellt sich die Frage bei intransitiven Verben wie „lächeln“, welche durch Kombination mit der Partikel scheinbar transitiviert werden. Wie gelangen die Partikel und ihr Argument in eine semantische Form, die keinen Platz dafür bereitstellt? Dies wird im Folgenden als funktionale Komposition besprochen.

3.4 Funktionale Komposition – virtuelle Lösung Unter lexikalistischem Standpunkt ähnlich kompliziert sieht die Situation bei den PVK mit „an“ aus, welche eine auf etwas gerichtete Tätigkeit ausdrücken. Bei der Annahme einer invarianten regulären Konstituentenstruktur der VP stellt nicht GLH.RQÀJXUDWLRQGHV2EMHNWHVVRQGHUQGHVVHQ9HUDQNHUXQJLQGHU$UJXPHQW-

23

24

)U%RRLM I LVWGLH$X[LOLDUYHUlQGHUXQJHLQ,QGL]IUGHQQLFKWV\QWDNWLVFKHQ&KDrakter der PVK, obwohl er auch eine morphologische Analyse für die niederländischen PVK DEOHKQW2OVHQ  VLHKWLQGHU.RPELQDWLRQVP|JOLFKNHLWYRQGLUHNWLRQDOHQ3DUWLNHOQ mit nicht lokalen Verben ein Indiz für die Produktivität der Wortbildung durch Partikeln. .DXIPDQQ II ]HLJWGDVVHVMHQH9HUlQGHUXQJHQ JHQDXVRDXIV\QWDNWLVFKHU Ebene durch PP ausgelöst werden und erklärt dies durch Einführung virtueller Templates [ %(&20(029( ] in die Kernbedeutung der Basisverben. Zwar wird, wie in Kapitel 2 dargestellt, von Adjunktion des SC gesprochen. Dennoch erfolgt seine Anbindung als Schwesternkonstituente zu V° d. h. auf Komplementposition.

42

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

struktur des Basisverbs das Problem dar. Manche Verben wie „zielen“ verfügen über ein Argument, welches durch eine Komplement-PP ausgedrückt wird. Es könnte angenommen werden, dass das Argument, welches die Partikel einführt, PLWGLHVHPLGHQWLÀ]LHUWXQGVRPLWOL]HQ]LHUWZLUG,P)DOOHGHUPHLVWHQLQWUDQVLtiven Verben wie „lächeln“ ist dies jedoch nicht möglich, was im Folgenden dargestellt wird. Die Partikel „an“ zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten kann nach 6WLHEHOV  ZLHIROJWUHSUlVHQWLHUWZHUGHQ (14) an-  D .DWHJRULH3DUWLNHO  E 6HPDQWLNλy λs DIRECTED TOWARDS (s,y)  F 7\S  G NDWHJRULDOH6HOHNWLRQLQWUDQVLWLYHVDJHQWLYHV9HUE Ein Tätigkeitsereignis (s) wird mittels der Partikel auf eine Größe gerichtet, welche das Argument y der Partikel ist. Agentivität ist nach Stiebels (ebd.) die logische Voraussetzung von Zielgerichtetheit. Bezüglich des Verbs „lächeln“ kann von folgender SF ausgegangen werden. (15)    

lächelD E F G

.DWHJRULH9HUE 6HPDQWLNλx λs (DO(x) SMILE) (s) 7\S NDWHJRULDOH6HOHNWLRQ‘

Die Einführung der Partikel und ihres Arguments wird als Funktionskomposition semantisch über (s) geregelt. Eine Zusammenführung auf Grundlage der kategorialgrammatischen Typenkomposition ist jedoch nicht möglich, da „lächeln“ intransitiv ist. Dies ist auch bei vielen Resultativkonstruktionen mit intransitiven 9HUEHQGHU)DOOZHVKDOE/GHOLQJ  GLH(LQIKUXQJHLQHVYLUWXHOOHQ%(&20(7HPSODWHVDQQLPPW'LHVH,GHHJHKWDXI:XQGHUOLFK  ]XUFNGHU die SF des Verbs in eine komplexere Repräsentation durch CAUSE und BECOME einbettet. Im Falle von „jdn. anlächeln“ muss das Basisverb anders für die KomELQDWLRQPLWGHU3DUWLNHOÄSUlSDULHUW·ZHUGHQ:XQGHUOLFK II VFKOlJW eine einzige Basisoperation, die Argumenterweiterung (ARG) durch Einführung virtueller Templates vor. Unabhängig davon, ob es durch morphologische oder syntaktische Prozesse zur Erhöhung der Argumente kommt, formuliert er folgenGH5HJHO'LH$UJXPHQWVWUXNWXUHLQHVEHOLHELJHQ9HUEV]XU$EELOGXQJHLQHU6LWXation (s) durch λs (16a) kann um ein prädikatives Argument P erhöht werden (16b), welches dann auf der untersten Ebene der SF angesiedelt wird. Unter (16) gebe ich links die allgemeine Regel und rechts deren Anwendung auf „lächeln“ wieder. (16) a. ... λs VERB(...) (s) λP... b. c. ... λs{VERB(...) (s) 3(s)} (s)

λx λs (DO(x) SMILE) (s) λP (DIRECTED TO(y) (s) λy λx λs (DO(x) SMILE) ',5 TO(y) (s)

43

3.4 Funktionale Komposition – virtuelle Lösung

Wenn auch vor dem theoretischen Hintergrund der monostratalen Head-Driven3KUDVH6WUXFWXUH*UDPPDU +36* VFKOlJW0OOHU II HEHQIDOOVHLQH virtuelle Operation vor. Eine Lexikonregel präpariert das intransitive Verb für die Einführung der Partikel als lexikalischen Prädikatsteil. Im Falle von „lächeln“ wird dessen Merkmalsliste um das Merkmal der Gerichtetheit erweitert. Dies HUODXEH GDQQ GLH 9HUHLQLJXQJ 8QLÀNDWLRQ  GHU 0HUNPDOVOLVWHQ YRQ 9HUE XQG Partikel in einer Kopf-Adjunkt-Beziehung bei gegenseitiger Determination und Selektion. Im zweiten Schritt wird das Argument der Partikel durch Argumentanziehung zu einem verbalen Argument. Das Basisverb steuert sein erstes Argument für die von der Partikel ausgedrückte Relation der Gerichtetheit bei. Geht man von der Defaultverwendung der Simplizia aus, so bilden tatsächlich agentive intransitive Basisverben den Hauptanteil der 268 analysierten PVK zum Ausdruck einer auf etwas gerichteten Tätigkeit. Das Verhältnis zwischen verbaler Argumentstruktur und den entsprechenden transitiven PVK wird in (17) dargestellt. (17)

17%

268 transitive PVKs zum Ausdruck einer auf eine Entität gerichteten Tätigkeit

11%

53 %

11%



142 29 30  46

intransitive Verben (53%) intransitive Verben mit PP (11%) intransitive Bewegungsverben 33   transitive Verben AKK (17%)





6  6 3 

kausative Bewegungsverben $.. 33  Kontakthandlungsverben Verben mit Dativ GLWUDQVLWLYH9HUEHQ'$7$..

Bei der knappen Hälfte der analysierten PVK führt die angenommene Argumenterweiterung zu operationellen Problemen. Einige der typischerweise intransitiv gebrauchten Simplizia wie „donnern, funkeln“ sind an sich nicht agentiv, was nach Stiebels (1996) Voraussetzung für die Regelanwendung ist. Bei Verben wie

44

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

„donnern“ müsste zudem das expletive „es“ blockiert werden. Auch wenn Veränderungen bezüglich des ersten verbalen Arguments selten sind, worauf Wellmann LQGHU'XGHQ*UDPPDWLN  KLQZHLVWVLQGVLH]XEHGHQNHQ%HL39. ZLHÅMGQDQVHKHQDQK|UHQ´PVVWHGLH3DUWLNHODOVUHLQHU0RGLÀNDWRUPLW,QWHQsivierungsfunktion über der verbalen Argumentstruktur analysiert werden. Ausgehend von dieser müssten daher PVK wie „jdn. ansehen“ und „jdn. anlächeln“ unterschiedlich analysiert werden, obwohl Struktur und Semantik der PVK identisch sind. Ein weiteres Problem stellen Verben wie „rauchen“ dar, die zwar als WUDQVLWLYEHVWLPPWZHUGHQN|QQHQ$EHUGLH,GHQWLÀ]LHUXQJGHV]ZHLWHQYHUEDlen Arguments „etw. rauchen“ mit dem Argument der Partikel „jdn. anrauchen“ ist nicht möglich, weshalb vor der Argumenterweiterung oder -anziehung das ursprüngliche Argument blockiert werden müsste. Praktisch ist eine reine Argumenterweiterung nur bei intransitiven agentiven Verben ohne weiteres anwendbar. Diese stellen die Hauptgruppe der zu Grunde liegenden Basisverben dar. Unabhängig davon, ob Argumente hinzugefügt oder blockiert werden, ergeben jene Operationen virtuelle Zwischenstufen, welche realiter nicht existieren. Problematisch ist nicht das Prinzip der Kompositionalität an sich, sondern die Annahme, dass die Argumentstruktur der PVK ausgehend von der verbalen Valenz schrittweise erzeugt wird. Die Zauberformeln gleichenden Operationen lösen zwar rechnerische Probleme. Aber erst auf konzeptueller Ebene wird die abstrakte Regelanwendung auf ihre Akzeptabilität hin bewertet.25 Weder in der SF noch entsprechenden Merkmalslisten ist assoziatives Wissen vermerkt, welches die Bildung motivieren könnte. Das ‚Herumoperieren’ an den verbalen Argumentstrukturen, um die Partikel und deren Argument in sie ‚einzuSÁDQ]HQ·ZLUGQLFKWGHU7DWVDFKHJHUHFKWGDVVGLHUHVXOWLHUHQGH$UJXPHQWVWUXNtur aller PVK einer semantischen Gruppe ungeachtet der Valenz des Basisverbs einheitlich und vorhersagbar ist.

3.5 PVK-Bildung als Umperspektivierung der verbalen Argumente Eine Gruppe der PVK mit „an“, welche eine auf etwas gerichtete Tätigkeit ausdrücken, ist besonders deshalb interessant, weil die Partikel scheinbar eine Umperspektivierung der verbalen Argumente erlaubt. Es handelt sich hierbei um Simplizia, welche wie kausative Bewegungsverben gebraucht werden können.

25

:XQGHUOLFK  JHKWYRQIROJHQGHQ3ULQ]LSLHQDXV  .RKlUHQ]GLH6XEHUHLJQLVVH welche durch die Prädikate der SF kodiert werden, müssen durch Gleichzeitigkeit oder KausaOLWlWPLWHLQDQGHUYHUEXQGHQVHLQ  .RQQH[LRQMHGHV3UlGLNDW 6) PXVVPLQGHVWHQVHLQ$Ugument mit einem anderen Prädikat explizit oder implizit teilen. Das dritte Prinzip beschreibt .DXIPDQQ   XQWHUGHP6WLFKZRUWÅSRVVLEOHYHUEV´:HQQ PHKUHUH.RQMXQNWHLQ der SF über eine Situationsvariable prädizieren, dann muss jedes rangniedrigere konjugierte 3UlGLNDW,QIHUHQ]HQGHVUDQJK|KHUHQVSH]LÀ]LHUHQ,Q.DSLWHOZHUGHQGLHVH3ULQ]LSLHQDOV Implikaturen für die Fusion von Basisverben mit den einzelnen Argumentkonstruktionen diskutiert.

3.5 PVK-Bildung als Umperspektivierung der verbalen Argumente

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(18) a. Er streicht Farbe an die Wand. b. Er streicht die Wand (mit Farbe) an. Nach Bakers (1988) Inkorporationsanalyse wird (18b) aus (18a) abgeleitet. Baker  QLPPWIUEHLGHbX‰HUXQJHQHLQHJHPHLQVDPH7LHIHQVWUXNWXUDQ,KP zufolge werden in (18a) und (18b) die gleichen thematischen Rollen ausgedrückt 8QLIRUPLW\ RI 7KHWD $VVLJQPHQW  (U    OHLWHW GLH ,QNRUSRUDWLRQ GHU ursprünglichen Präposition, welche die Applikativkonstruktion zur Folge hat, über eine syntaktische Bewegung des Kopfes der PP, also der Präposition in den verbalen Kopf her. Der neue Komplex regiere nun die NP, welche zuvor von der Präposition regiert wurde. 9LHOH$XWRUHQZLH(URPV II :XQGHUOLFK II XQG)LOOPRUH (1986) gehen nur von Veränderungen in der Informationsstruktur aus. Die denotativ, das heißt extensional bestimmten semantischen Rollen in (18a) und (18b) YHUlQGHUQVLFKQLFKW:HONH  XQG*ROGEHUJ II WKHPDWLVLHUHQ JHUDGH GLH 9HUlQGHUXQJ GHU VHPDQWLVFKHQ 5ROOHQYHUKlOWQLVVH XQWHU VLJQLÀNDWLver, das heißt intensionaler Perspektive. Damit wenden sie sich gegen die Reduktion auf wahrheitsfunktionale Bedeutungsäquivalenz.26 Die direktionale Komplement-PP in (18a) mit der semantischen Rolle GOAL wird in (18b) als direktes Objekt und PATIENS ausgedrückt, wobei das ursprüngliche direkte 2EMHNW DOV 33 DGMXQJLHUEDU LVW (URPV    VSULFKW YRQ /RNDOSKUDVHQ 3DVVLY,QGHUHQJOLVFKVSUDFKLJHQ/LWHUDWXULVWZLHEHL5DSSDSRUW /HYLQ  27) von „locative alternation“ die Rede. Somit wird offensichtlich von einer zu Grunde liegenden und davon abgeleiteten Struktur ausgegangen. Dass (18a) und (18b) aufeinander bezogen werden können und (18a) unter diachroner Perspektive (18b) vorausgegangen ist, soll hier nicht diskutiert werden.27 Fragwürdig ist in einer synchronen Analyse, die eine aus der anderen Argumentstruktur operationell abzuleiten. Sowohl (18a) als auch (18b) stellen m. E. Instanzen eigenständiger Konstruktionen dar. Die Äußerung (18a) basiert auf dem Modell der kausativen Bewegungskonstruktion, (18b) auf der Konstruktion mit „an“ zum Ausdruck einer auf etwas gerichteten Tätigkeit. Eine komplexe Situation wird jeweils unterschiedlich in den Blick genommen und sprachlich konstruiert. Betrachten wir zudem „etw. anstreichen“ als Instanz einer Konstruktion zum Ausdruck der Kontaktherstellung, so handelt es sich bei „Farbe an die Wand streichen“ und „Farbe anstreichen“ und „die Wand anstreichen“ um Instanzen eigenständiger Konstruktionen mit jeweils eigener Semantik. Alle drei Konstruktionen

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27

:HONH  JHKW]ZDUYRQGHUYHUEDOHQ$UJXPHQWVWUXNWXUDOVHLQHU$UW7LHfenstruktur aus, betont aber, dass Passiv- und Applikativkonstruktionen bedeutungstragende Konstruktionen sind, weshalb er nicht von Transformationen im Sinne der GG spricht, sondern beispielsweise von einer Passivmorphologie. $QVWHOOHHLQHU.RSI]X.RSI%HZHJXQJEHVFKUHLEW6DGRFN  GLH(QWZLFNOXQJDOV einfachen Klitisierungsprozess, bei dem funktionale Elemente an die semantisch übergewichWLJHQ OH[LNDOLVFKHQ (OHPHQWH WUHWHQ XQG YRQ GLHVHQ ZLH LP )DOOH YRQ 3UlÀ[HQ HLQYHUOHLEW werden.

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3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

können auf den Defaultgebrauch von „streichen“ bezogen werden. Zur Beantwortung der Frage, ob es sich um eine Umperspektivierung verbaler Argumente handelt, seien die folgenden Äußerungen betrachtet. (19) a. Er malt Farbe an die Wand. b. Er malt die Wand (mit Farbe) an. Sollten (18) und (19) identisch analysiert werden? Die intuitive Antwort lautet ja. Sollte also in beiden Fällen von einer Umperspektivierung verbaler Argumente ausgegangen werden? Weder (19a) noch (19b) gehen auf die Argumentstruktur von „malen“ zurück. Primär werden Bilder gemalt, nicht Farben. Das Verb kann jedoch analog zu (18) in einer syntaktischen Umgebung genutzt werden, mit welcher normalerweise kausative Bewegungsverben gebraucht werden (19a). Dabei wird nicht das Hervorbringen von etwas Gemaltem, sondern der Zielort der Handlung fokussiert, für welchen das Verb bei minimal-logischer Analyse keine Argumentstelle aufweist. Für (19b) nutzen Sprecher eine Konstruktion, die zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten gebraucht wird. Das Basisverb „malen“ drückt an sich keine auf ein Ziel gerichtete Tätigkeit aus. Die Äußerungen in (19) gehen weder auf die ursprüngliche verbale Argumentstruktur zurück noch sind sie auseinander abgeleitet. Die kognitiv hergestellte Verbindung zwischen „malen“ und „Wand“ ist jeweils eine andere. In (19a) ist „Wand“ der Zielort, an welchen die Farbe gebracht wird. In (19b) richtet sich die Tätigkeit des Malens auf die Wand.28 Bezüglich Bakers (1988) Inkorporationstheorie wurde auf den angenommenen Konstruktionsweg als Applikativbildung eingegangen. Diese wird im DeutVFKHQ]XPHLVWPLWGHP3UlÀ[EHDVVR]LLHUWZHVKDOEGLH3DUWLNHOÅDQ´LQGLHVHP )DOOHLQH6RQGHUUROOHXQWHUGHQ3DUWLNHOQVSLHOW6WLHEHOV  ZHLVWGDUDXI hin, dass nur die Partikel „an“ einige lexikalisierte Bildungen durch Präpositionsinkorporation aufweise. Diese beziehen sich auf Verben des Berührens (20a) und Handlungen der Farbübertragung (20b). (20) a. an LOC fassen b. etw. an LOC streichen

> PAT anfassen > PAT anstreichen

6WLHEHOV II NODVVLÀ]LHUWGLH3DUWLNHOEHLLQWUDQVLWLYHQ9HUEHQZLHÅOlcheln“ als lexikalische Adjunkte, bei angenommener Präpositionsinkorporation wie in (20) als lexikalische Argumente. Dagegen spricht, dass die PVK des entsprechenden Musters in gleicher Weise transparent sind, unabhängig davon, ob das Basisverb über ein entsprechendes PP-Komplement zur Umperspektivierung verfügt oder nicht. In jedem Fall geht es um den Ausdruck zielgerichteter Tätigkeiten durch die gleiche transitive syntaktische Struktur mit der Partikel „an“. In dieser liegt die Transparenz der Bildungen, nicht in ihrer schrittweisen 28

Eine kausative Interpretation ergibt sich aus der Tatsache, dass eine angemalte Wand einen Zustandswechsel erfahren hat, anders als eine ‚angebetete’ oder ‚angesehene’ Wand. Ich komme hierauf bei der Diskussion der Beziehung zwischen Basisverben und Konstruktionen in 9.3 zurück.

3.6 Das Problem der verbalen Argumentstruktur als operabler Wert

47

(U]HXJXQJDXVJHKHQGYRP9HUEbKQOLFKHhEHUOHJXQJHQÀQGHQVLFKEHUHLWVLQ *ULPPV'HXWVFKHP:|UWHUEXFKLP(LQWUDJ]XÅDQ´ÅHLQHQDQVHKHQLVWJOHLFKYLHO mit an einen sehen. war nun auch einen anlachen, anblinzen [...] ursprünglich an ihn lachen, blinzen [...]?“ 29 Ebenso ist zu beachten, dass die verbalen PP-Komplemente der KontaktverEHQKlXÀJNHLQH3HUVRQHQDOVH[WHUQHVSUlSRVLWLRQDOHV$UJXPHQW]XODVVHQGDV heißt, nicht einfach von Inkorporation der Präposition und damit verbundener Umperspektivierung des ursprünglichen präpositionalen Arguments ausgegangen werden sollte.  D ""$QQDIDVVWHUKUWHWLSSWHDQ3DXO  E $QQDIDVVWHUKUWHWLSSWH3DXODQ M. E. sollte nicht von Umperspektivierungen, sondern jeweils verschiedenen Perspektiven bzw. der sprachlichen Konstruktion verschiedener Ereignistypen gesprochen werden. Für diese liegen verschiedene Modelle als strukturell und semantisch konventionalisierte Konstruktionen vor. Besonders ist, dass manche Verben wie „streichen“ mit verschiedenen Konstruktionen gebraucht werden können, welche sich auf den Defaultgebrauch des Basisverbs beziehen lassen. Dies muss aber nicht der Fall sein. Äußerungen wie „eine Wand anstreichen“ und „jemanden anlächeln“ sind gleichermaßen transparente Instanzen eines Konstruktionstyps. Nicht die Perspektivierungsfunktion wird in Frage gestellt, sondern die Umperspektivierungen der verbalen Argumentstruktur, um die es im folgenden Abschnitt geht.

3.6 Das Problem der verbalen Argumentstruktur als operabler Wert Verben haben auf Grund ihrer relationalen Bedeutung die Fähigkeit, eine bestimmte Anzahl von ‚Mitspielern’ in bestimmte Beziehungen zu setzen. Genauso gut lässt sich sagen, dass Verben auf Grund ihrer Eigenschaft, relationale Sprachzeichen zu sein, einer bestimmten Anzahl und Art von Argumenten bedürfen, um ihre Bedeutung entfalten zu können. Es ist eine theorieübergreifende Auffassung, dass Verben ihre Argumentstruktur als einen Wert vorgeben, welcher als Input syntaktischer Regeln die schrittweise Erzeugung von Sätzen oder den Abgleich mit formalen Satzbauplänen erlaubt. Während die Frage danach, welche $UJXPHQWVWUXNWXURGHU9DOHQ]HLQ9HUEKDWKlXÀJLQWXLWLYEHDQWZRUWHWZHUGHQ kann, zeigt der tatsächliche Gebrauch von Verben, dass diese kaum eine Argumentstruktur vorgeben oder für weitere Operationen an diese als Grundwert gebunden sind. Man denke bei einem (?) Verb wie „tanzen“ an „getanzt haben – LUJHQGZRKLQJHWDQ]WVHLQ²HLQHQ7DQJRWDQ]HQ²VLFKMGQVFKZLQGOLJWDQ]HQ²MHPDQGHQDQGLH:DQGWDQ]HQ²GLH6FKXKHNDSXWWWDQ]HQ´)U6H\IHUW  LVW

29

Ich zitiere aus der Onlineausgabe des Deutschen Wörterbuchs von Jacob und Wilhelm Grimm (1854-1960).

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3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

die Satzanalyse ausgehend von der verbalen Argumentstruktur „der neuralgische Punkt einer jeden Grammatik, die auf der Valenz des Verbs aufgebaut wird.“ %H]JOLFK NRPSOH[HU 3UlGLNDWH EH]HLFKQHW ÉJHO     GLH 5HODWLon zwischen Verb und verbalem Valenzträger als „archimedischen Punkt“ der Valenztheorie und letztlich „Fass ohne Boden“. Denn bei lexemgebundener Kompositionalität muss von hochgradiger Polysemie der meisten Verben ausgegangen werden, welche ihre Polyvalenz begründet.30 So einleuchtend die Idee auch ist, dass ein Verb seine Umgebung prädetermiQLHUWVRNRPSOL]LHUWLVWGLH$QDO\VHYRPHLQ]HOQHQ9HUEDXV(URPV   spricht von Valenzen als einem Gebrauchssystem an Stelle fester Werte. Das Problem wird innerhalb der Valenzgrammatik unter den Stichworten „Alternanten“ XQGÅ9DULDQWHQ´DXVIKUOLFKGLVNXWLHUW+HOELJ 6FKHQNHO  YHUVWHKHQ unter Valenzvarianten verschiedene Argumentstrukturen, mit denen beispielsZHLVHHLQ9HUEZLHÅEHVWHKHQ´JHEUDXFKWZLUG0DQNDQQHLQH3UIXQJEHVWHKHQ etwas kann aus einem bestimmten Material bestehen und jemand kann auf seiner 0HLQXQJEHVWHKHQ(VKDQGHOWVLFKXP$UJXPHQWVWUXNWXUHQZHOFKHVSH]LÀVFK an das Verb „bestehen“ gebunden sind. Dieses Problem lässt sich durch idiosynkratische, parallele Einträge zu einem Verb lösen. Doch bereits „aus etwas bestehen“ erscheint gar nicht so idiosynkratisch, wenn man annimmt, dass es im Deutschen eine Präpositionalkonstruktion zum Ausdruck des Materials von etwas gibt. &RHQH II DUJXPHQWLHUWGDIUGLHYHUVFKLHGHQHQ$UJXPHQWVWUXNWXUHQ nach ihren Gebrauchsfrequenzen zu ordnen und dann den jeweiligen konzeptuellen Gehalt des Verbs auf einen Minimaltyp zu reduzieren, der als Invariante jeder Verwendung zu Grunde liegt. Für „bestehen“ ermittelt sie „da sein“ als homogene Invariante auf der Ebene des Sprachsystems. Diese zeichne „bestehen“ als intransitives Verb aus, welches in den weiteren Schritten auf der Normebene um PP-Komplemente erweiterbar ist. Problematisch an dieser Analyse ist, dass sie vom logischen Ordnungsprinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners ausgeht, welcher einem Sprecher nur wenig über die Bedeutung eines Wortes und GDPLWVHLQH*HEUDXFKVP|JOLFKNHLWHQÄVDJW·+HULQJHU  EHVFKUHLEWHLQH homogene Kernbedeutung als einen „für die Kommunikation nötigen Mythos“. Ob tatsächlich die Kommunikation jenes Mythos’ bedarf, erscheint mir fraglich. Vielmehr handelt es sich um invariante Reduktionen durch den logisch ordnenden Linguisten. Bedeutungen sind jedoch assoziative Komplexe und intersubjektive Abstraktionen aus dem Gebrauch. 9RQGHQ9DULDQWHQJUHQ]W/HLOD%HKUHQV I $OWHUQDQWHQDEZHOFKH YDULDEOH UHJXOlUH 9HUZHQGXQJVPXVWHU HLQHV 9HUEV VLQG 6LH NODVVLÀ]LHUW GLH EHreits thematisierten Umperspektivierungen zwischen Simplizia und be-3UlÀJLHrungen als Alternanten, lässt dabei jedoch offen, ob es sich um einen Valenzträger, QlPOLFKGDV%DVLVYHUERGHUHLQHQSULPlUHQXQGLP)DOOHGHV3UlÀ[YHUEVHLQHQ sekundären Valenzträger handelt. Im vorangehenden Abschnitt wurde gezeigt,

30

&I*ROGEHUJ  GLVNXWLHUWGLHVHV3UREOHPlKQOLFKDQKDQGGHV9HUEVÅWRNLFN´:LUG von Lizenzierung durch an das Verb gebundene Argumentstrukturen ausgegangen, so wären acht verschiedene Einträge nötig.

3.6 Das Problem der verbalen Argumentstruktur als operabler Wert

49

dass rekurrente Alternanten oft nicht aus einer hypothetischen Grundstruktur des Basisverbs abgeleitet werden können. Wiederkehrende nicht auf ein Verb EHVFKUlQNWH9DULDQWHQZHUGHQWUDGLWLRQHOOLQ+HOELJ 6FKHQNHO  DOV6DW]modelle analysiert. Dies betrifft in der Regel die Verwendung des sogenannten freien Dativs (jemandem den sterbenden Schwan tanzen), von direktionalen PP DXIGLH6WUD‰HWDQ]HQ XQGYRQ5HVXOWDWLYNRQVWUXNWLRQHQ MHPDQGHQVLFKPGH WDQ]HQ +HOELJ 6FKHQNHO I NODVVLÀ]LHUHQMHGRFKGLH(LQKHLWHQLQQHUhalb eines Satzmodells nach den Kriterien von Obligatheit und SubkategorisieUXQJVWULNWYRP9HUEDXV(QJHO 6FKXPDFKHU  GLIIHUHQ]LHUHQHEHQVR vom Verb ausgehend zwischen Satzmustern, die ausschließlich Ergänzungen enthalten und Satzbauplänen, in welche fakultative Elemente aufgenommen werden. ,QGHU'XGHQ*UDPPDWLN I ÀQGHWVLFKHEHQVRHLQHVWULNWYHUEEDVLHUWH %HVWLPPXQJ YRQ 6DW]EDXSOlQHQ Å=HQWUDO IU GLH %HJUQGXQJ YRQ 6DW]EDXSOlnen ist der Begriff der Valenz.“ Während diese als lexikalische Information geZHUWHWZLUGZHUGHQ6DW]EDXSOlQHGHP%HUHLFKGHU6\QWD[]XJHVFKULHEHQÅ,QGHU Syntax hingegen werden global Baupläne aufgestellt, denen sich die einzelnen Verben mit den von ihnen aufgerufenen Stellen zuordnen.“ 31:HONH II  erarbeitet ein hierarchisches System von Satzmodellen auf der Grundlage primärer, verbgebundener Satztypen mit strukturellen Kasus und leitet von diesen entsprechende Erweiterungen ab, welche über einzelne Verben hinaus gebraucht ZHUGHQ'DVOH[HPJHEXQGHQH(UZHLWHUXQJVSUREOHPZXUGHEHUHLWVDQJHVSURFKHQ +lXÀJ YHUlQGHUQ VLFK GLH 6HOHNWLRQVHLJHQVFKDIWHQ ZHVKDOE ÅMHPDQGHQ PGH tanzen“ nicht als Erweiterung des transitiven „einen Tango tanzen“ analysiert werden sollte, sondern als Instanz einer selbständigen Konstruktion. 9RQ9DULDQWHQXQG$OWHUQDQWHQJUHQ]HQXD:HONH I XQG+HULQJHU   VRJHQDQQWH 6FKHLQYDULDQWHQ DE +LHUEHL KDQGHOW HV VLFK HLQHUVHLWV um den absoluten Gebrauch transitiver Verben wie „er isst“ für „er isst etwas“. Trotz des intransitiven Gebrauchs handele es sich um transitive Verben. Was sprachlich nicht ausgedrückt ist, wird als invariantes Merkmal der Verbbedeutung mitgedacht. Andererseits wird umgekehrt davon ausgegangen, dass „einen Tanz tanzen“ oder „einen kleinen Gang gehen“ nicht auf eine ursprüngliche Transitivität in der verbalen Argumentstruktur zurückzuführen sind, wofür auch die Bezeichnung „Akkusativ des Inhalts“ steht.32 Wird von Lizenzierung durch das Verb ausgegangen, so ist zu fragen, warum Sprecher problemlos eine transitive Struktur wählen. Begriffe wie Scheinvariante oder adverbialer Akkusativ KHOIHQQLFKWZLUNOLFKZHLWHU+HOELJ  DQDO\VLHUWGLHVH)lOOHDQDORJ]XP transitiven Ausdrucksmodell des Hervorbringens. Diesen Weg geht auch Rostila II LQVHLQHUNRQVWUXNWLRQVJUDPPDWLVFKHQ$QDO\VH%HZHJXQJVYHUEHQ 31

32

Praktisch wird jedoch quasi konstruktionsgrammatisch verfahren. Den Satzbauplänen werGHQ9HUEHQ]XJHRUGQHWZHOFKHGLH3UlGLNDWVVWHOOHÁH[LEHOEHVHW]HQ HEG 'LHVEHJUQdet Sitta mit Praxisrelevanz für den Sprachunterricht, welche die theoretische UneinheitlichNHLWUHFKWIHUWLJW HEG$QPHUNXQJ, 3DXO I FKDUDNWHULVLHUWGDVLP$NNXVDWLYUHDOLVLHUWH6FKHLQREMHNWDOVÅ1RPHQDFWLRnis“, welches aus der gleichen Wurzel wie das Verb abgeleitet wird oder durch entsprechendes Synonym ersetzbar ist.

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3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

werden zwar nicht primär mit dem Hervorbringen einer Entität assoziiert. Sie können aber so konzeptualisiert werden, was den Gebrauch mit einer konventionaliVLHUWHQ7UDQVLWLYNRQVWUXNWLRQ]XU3URÀOLHUXQJHLQHV$JHQVXQGHLQHUHIÀ]LHUWHQ Größe begründet. Halten wir an dieser Stelle fest, dass Verben in aller Regel mit mehr als einer Argumentstruktur gebraucht werden. Dies stellt im Falle der als Alternanten beschriebenen Verwendung von rekurrenten Argumentstrukturen den Satzaufbau auf der Grundlage lexemgebundener Argumentstrukturen in Frage. Auch wenn Verben typischerweise mit bestimmten Argumentstrukturen gebraucht werden, sind diese weder mit einer minimalen Grundbedeutung gleichzusetzen noch als Ausgangspunkt für Erweiterungen und Reduktionen zu werten. Verben sind keine logischen Begriffe und sollten auch nicht als solche repräsentiert werden. Offensichtlich weisen Simplizia große Prädikationspotentiale auf, aus welchen durch verschiedene syntaktische Umgebungen verschiedene Bedeutungsaspekte hervorgehoben oder aber neu erzeugt werden. Die Bedeutungsrepräsentation von Verben und die Theorie syntaktischer Strukturbildung sollten erklären, wodurch polyvalente Gebrauchsmöglichkeiten gegeben sind und wodurch ein Verb zum Ausdruck von Ereignistypen gebraucht werden kann, welche nicht direkt mit diesem assoziiert werden. Belässt man es bei der Feststellung, dass Verben mit Valenzalternanten gebraucht werden und dass beide sich gegenseitig determinieren, so ist das Problem nicht gelöst.33 Im Folgenden werden Vorschläge besprochen, in denen die Verbindung aus Verb und Partikel nicht rechnerisch über die verbale Argumentstruktur oder virtuelle Operationen, sondern über Konstruktionsschablonen hergeleitet wird.

3.7 Partikelschablonen und Verben %RRLM   VFKOlJW HLQH TXDVL NRQVWUXNWLRQVJUDPPDWLVFKH $QDO\VH GHU niederländischen Partikelverben vor, geht dabei jedoch nicht über klassische Wortbildungsschablonen hinaus. Er verändert nur die kategorialen Label der Einheiten und spricht von „constructional idioms“. Die Partikel (X) bildet das SKRQRORJLVFK À[LHUWH (OHPHQW HLQHU DOOJHPHLQHQ V\QWDNWLVFKHQ 6FKDEORQH GHU Form [[ X [ ] V ] V’ ] . Anstelle von Partikeln könne X auch ein Adverb, Adjektiv oder Nomen sein. Verben sind die austauschbaren Elemente der Schablone. Die

33

,FKYHUZHLVHDXI9RUVFKOlJH3XVWHMRYVN\V II GHUGLHV\QWDNWLVFKH8PJHEXQJHLQHV 9HUEVDXVJHKHQGYRQGHVVHQOH[LNDOLVFKHU%HGHXWXQJÁH[LEHODQDO\VLHUWXQGGLH%HGHXWXQJ HLQHUbX‰HUXQJDXVGHUMHZHLOLJHQ4XDOLD6WUXNWXUGHV9HUEVund der Komplemente herleitet. Somit berücksichtigt Pustejovsky Fälle, in denen die syntaktische Umgebung eines Verbs diesem eine neue Lesart „aufzwingt“ (coercion). Allerdings betrachtet er genauso wie Gawron  V\QWDNWLVFKH(LQKHLWHQQLFKWKROLVWLVFKVRQGHUQLVROLHUW%HLGH$XWRUHQDQDO\sieren bspw. die AP in Resultativkonstruktionen nicht innerhalb der Gesamtstruktur und sehen die CAUSE-Lesart als logische Folge einer vom Verb ausgedrückten Tätigkeit und der AP als STATE-Prädikat, welches zwar als Adjunkt gewertet, aber auf Komplementposition realisiert wird.

3.7 Partikelschablonen und Verben

51

Argumentstruktur wird jedoch vom verbalen Funktor aus durch Komposition mit der Partikel erzeugt. Mit Hilfe dieses Ansatzes kann nur das komplexe Prädikat aus Partikel und Verb beschrieben, nicht aber dessen komplexe Argumentstruktur analysiert werden. Ansätze dieser Art werden auch in der deutschen :RUWELOGXQJYRQ)OHLVFKHU %DU]  )OHLVFKHU  0RWVFK   %XUJHU  (LFKLQJHU  XQWHUGHP6WLFKZRUWGHU3KUDVHRVFKDblone oder des Wortbildungsmodells vorgeschlagen.34 Somit wird keine strikte Grenze zwischen Lexikon und Syntax angenommen. Die Übergänge werden als ÁLH‰HQG EH]HLFKQHW ZREHL 39. W\SLVFKHUZHLVH %LOGXQJHQ GHV *UHQ]EHUHLFKV sind, während Konstruktionen mit Doppelpartikeln wie „heran“ eher im Bereich GHU6\QWD[OLHJHQbKQOLFKHVVFKOlJW0F,QW\UH  YRUGHUYRQ3DUWLNHOQ als invarianten strukturellen Teilen von Schemata spricht. Die Partikeln markieren lexikalische Felder für die variablen Verben, indem sie abstrakte Bedeutungen vorgeben. Allerdings geht er von minimalen Argumentstrukturen der Partikeln aus, wie sie von Stiebels (1996) für die reihenhafte Markierung des Gerichtetseins GXUFK ÅDQ´ GHU 3RVVHVVLYUHODWLRQ GXUFK ÅHU´ RGHU LKUHU $XÁ|VXQJ GXUFK ÅDE´ bestimmt wurden. Ein neuerer Vorschlag für eine Analyse durch Konstruktionsschablonen stammt von Kolehmainen (2007). Da Partikeln auf freie Wörter zurückgehen XQG V\QWDNWLVFK EHZHJOLFK VLQG VSULFKW VLH   YRQ 3KUDVHPHQ XQG differenziert zwischen partikelverbförmigen Idiomen und Phraseoschablonen PLWÀ[LHUWHU3DUWLNHOXQGHLQHPYDULDEHOEHVHW]EDUHQ9HUEVORW'XUFK3RO\VHPLH QLPPW.ROHKPDLQHQ HEG NHLQDOOJHPHLQHV3DUWLNHOVFKHPDDQVRQGHUQLQ $EKlQJLJNHLWYRQGHU/HVDUWGHU3DUWLNHOMHZHLOVVSH]LÀVFKH+LHUEHLZLUGMHGRFK nicht der strukturelle Aspekt besprochen. Polysemie wird als lexikalische Eigenschaft der Partikel-Verb-Schablone, nicht der Partikel-Verb-Argument-Schablone betrachtet. Auch sie analysiert Bildungen, in denen die Partikel die Stelle eines verbalen Arguments besetzt von dessen Valenz aus. Allerdings geht sie auch auf )lOOHHLQLQGHQHQGLHVQLFKWVRLVW6LH HEG EHWUDFKWHW*HUlXVFKYHUEHQ wie „brummen“ zum Ausdruck von Bewegungsereignissen wie „abbrummen“ XQG OHKQW HLQH .ODVVLÀ]LHUXQJ YRQ GLUHNWLRQDOHQ 3DUWLNHOQDOV$GMXQNWH DE GD direktionale PP in der Valenzgrammatik normalerweise nicht als Adjunkte bestimmt werden.35 Sie hält theoretisch am Konzept strikt lexemgebundener Argumentstrukturen fest, kommt aber praktisch zu einer quasi konstruktionsgrammatischen Analyse. Die Geräuschverben werden als temporäre Bewegungsverben analysiert, indem ein Bewegungsschema auf sie übertragen wird. Kolehmainen HEG  EHVWLPPW GDKHU GLUHNWLRQDOH 3DUWLNHOQ DOV WHPSRUlUH $UJXPHQWH GHV

34 35

0RWVFK    EH]HLFKQHW QXU 9HUELQGXQJHQ YRQ YHUEDOHQ %DVHQ PLW 'RSSHOSDUWLNHOQ DOVV\QWDNWLVFKH.RQVWUXNWLRQHQZHOFKHGXUFK/H[LNDOLVLHUXQJRGHUKlXÀJHQ*HEUDXFKDOV Wörter reanalysiert werden. (QJHOHQ  EHVWLPPWGLUHNWLRQDOH33JUXQGVlW]OLFKDOV(UJlQ]XQJHQGDKlXÀJ erst durch sie eine Bewegungsbedeutung aktiviert wird. Allerdings geht er von Erweiterungen HLQHUEHVWHKHQGHQ9DOHQ]DXV+LQJHJHQVSUHFKHQ(QJHO 6FKXPDFKHU  QXUGDQQ von Ergänzungen, wenn entsprechende PP durch ein Richtungsmerkmal im Verb angelegt sind, ansonsten handele es sich um Angaben.

52

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

Bewegungsschemas. Wie die PVK jedoch zu ihrer phraseminternen Argumentstruktur kommen, bleibt vage, da auf den Zusammenhang zwischen einem semantischen Bewegungsschema und dessen syntaktischen Ausdruck nicht weiter eingegangen wird. Nach Diskussion des konstruktionsgrammatischen Ansatzes von Jackendoff (1997, 2002) werde ich ähnlich wie Kolehmainen vorgehen. Der Unterschied zur phraseologischen Schablone besteht darin, dass die komplexe Argumentstruktur mit entsprechender Bedeutung als syntaktisches Schema, dessen Teil die Partikel ist, bestimmt wird. Nicht ein abstraktes Bewegungsschema wird auf das Verb übertragen, welches im Anschluss die Partikel in die temporäre Argumentstruktur integriert, sondern das Verb wird in eine vorliegende Struktur integriert, welche eine Einheit aus syntaktischer Form und Bedeutung darstellt. Jackendoff (1997) schlägt einen solchen Weg hinsichtlich der „TIME-awayKonstruktion“ vor. Äußerungen wie „Fred drank the night away“ bestimmt er als Instanzen eines holistischen Konstruktionsmusters. Er zeigt, dass die Verhältnisse nur innerhalb der Konstruktion, nicht aber über allgemeine syntaktische und semantische Regeln zu erklären sind. Die Objekt-NP (the night) wird nicht vom Verb (drink) selegiert. Intransitive Verben werden transitiviert und im Falle transitiver Basisverben wird das ursprüngliche Objekt verdrängt. Die eigentlich atelische Partikel „away“ wird innerhalb der Konstruktion telisch interpretiert. Da nicht die Verben die Argumentstruktur lizenzieren, analysiert sie Jackendoff HEG KROLVWLVFKDOVVFKHPDWLVFKH.RQVWUXNWLRQGHU)RUP[ VP V NP [ Prt away]]. Bei der Objekt-NP handelt es sich primär um das Argument der Konstruktion, nicht des Verbs. Diesen Ansatz wendet Jackendoff (2002) auch auf Partikelverben DQ(U II JHKWGDEHLYRQ6WHOOXQJVHLJHQVFKDIWHQHQJOLVFKHU39.DXV36 Unabhängig von der semantischen Funktion der Partikel als scheinbar reduzierte 33 RGHU $VSHNWPDUNHU ODVVHQ VLFK GLHVH DXV NHLQHU LQYDULDQWHQ .RQÀJXUDWLRQ HU]HXJHQ 'HVKDOE VFKOlJW HU HEG II  GLH .RQVWUXNWLRQ [ VP V NP Prt] als kleinsten gemeinsamen Nenner vor. Das Schema wird allerdings nicht hinsichtOLFKNRQNUHWHU3DUWLNHOQVHPDQWLVFKVSH]LÀ]LHUW/HW]WOLFKKDQGHOWHVVLFKZLHGHU um eine formale Invariante. %H]JOLFKZLHGHUNHKUHQGHU.RQVWUXNWLRQVPXVWHUVFKOlJWDXFK:HONH D 98ff ) in einer programmatischen Erweiterung und Revision der Valenztheorie eine konstruktionsgrammatische Analyse für Partikelverben, Resultativkonstruktionen und die sogenannten freien Dative vor. Der Unterschied zu klassischen Satzmodellen liegt erstens darin, dass jene schematischen Konstruktionen nicht als Erweiterung einer grundlegenden verbalen Argumentstruktur analysiert werden. Zweitens weisen Konstruktionen semantische, pragmatische sowie diskursfunktionale Werte auf, wodurch es sich um mehr als rein formale, von der Verbvalenz lizenzierte Hülsen handelt.37 Theoretisch schlägt auch Lingling &KDQJ  II  HLQH NRQVWUXNWLRQVEDVLHUWH $QDO\VH GHXWVFKHU 39. YRU

36

,P(QJOLVFKHQN|QQHQ3DUWLNHOQLP0LWWHOIHOGYRUNRPPHQZHQQVLHQLFKWPRGLÀ]LHUWVLQG XQGGLH2EMHNW13NHLQ3URQRPHQLVWÅ(OHQDGUDQN FRPSOHWHO\ XSWKHPLON²(OHQDGUDQN WKHPLON FRPSOHWHO\ XS²(OHQDGUDQNLWXS GUDQNXSLWµ&I-DFNHQGRII  

3.8 Konstruktionsgrammatische Analyse

53

Allerdings geht sie weder auf grammatiktheoretische Fragen ein noch stützen sich ihre Überlegungen auf eine empirische Untersuchung. Sie fasst Argumente für eine syntaktische Analyse nach Müller (2007) und Lüdeling (2001) sowie Goldbergs (1995) Ansatz bezüglich der Resultativkonstruktionen zusammen.

3.8 Konstruktionsgrammatische Analyse Im Folgenden wird die Idee einer konstruktionsgrammatischen Analyse nur kurz skizziert. Im nächsten Abschnitt werden Grundlagen der Konstruktionsgrammatik besprochen und im Anschluss die Detailanalyse der PVK mit „an“ vorgestellt und Einzelprobleme diskutiert. In den vorangehenden Abschnitten wurde anhand der Datenauswertung gezeigt, dass die Annahme einer lexemgebundenen Zusammenführung von Partikel und Verb auf Grundlage der verbalen Argumentstruktur die Argumentstrukturen der PVK nur zur knappen Hälfte erklären kann. Sowohl die Partikel als auch die nominalen Argumente der PVK können in vielen Fällen nicht in eine bestehende verbale Argumentstruktur eingeführt werden. Beachtet man qualitative und quantitative Veränderungen der Argumentstruktur, so determinieren in ca. 50 % der Fälle weder die Partikel noch die Argumente der PVK Eigenschaften, welche in der Verbsemantik stark hervorgehoben sind. Gleichsam wurde gezeigt, dass spezielle Selektionseigenschaften der PVK-Argumente vom Basisverb abhängen, obwohl sie nicht von diesem lizenziert werden. Ebenso wurde das generelle Problem der verbalen Argumentstruktur als operable Grundlage der Satzerzeugung diskutiert. Verben werden in der Regel mit mehr als einer Argumentstruktur gebraucht. Nicht alle Ereignistypen, welche durch verschiedene syntaktische Umgebungen mit einem Verb ausgedrückt werden, lassen sich direkt mit diesem assoziieren. Für rekurrente Argumentstrukturen, welche PVK mit „an“ aufweisen, nehme ich Argumentkonstruktionen an. Diese stellen schematische Zeichen dar, welche je nach Transparenz und Gebrauchsfrequenz mehr oder weniger fest mit entsprechenden Basisverben verbunden sind. Der komplexen formalen Seite ist eine abstrakte Bedeutung in Form eines Ereignistyps zugeordnet. Die innere Struktur DQDO\VLHUH LFK YRQ GHU *HVDPWEHGHXWXQJ DXVJHKHQG -HGH /HHUVWHOOH GHU .RQ struktion ist formal durch einen Kasus und semantisch durch eine Rolle indiziert. Ich nehme an, dass PVK mit „an“ zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten wie „die Wand anstreichen“ der Argumentkonstruktion (22), zum Ausdruck von Befestigungshandlungen wie „die Farbe anstreichen“ der Argumentkonstruktion (23) zu Grunde liegen. Die Umrahmung steht für die holistische Analyse der Konstruktion. Ihre Bedeutung wird der Übersichtlichkeit halber durch Minimalprädikate angegeben. Unter (a) wird jeweils die formale und unter (b) die semantische Seite der Konstruktion angegeben. Die Verbindungslinien stellen den Link zwischen formaler Indizierung und semantischer Rolle dar. 37

&I'HÀQLWLRQLQGHU'XGHQ*UDPPDWLN  

54

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

(22)

(23)

x DO DIRECTED TOWARDS y a. [[ NPNom_ ]

NPAkk_ an V_ ]

b. [AGENS

PATIENS

]

x ATTACH y a. [[ NPNom_ ]

NPAkk_ an V_ ]

b. [ATTACHER

ATTACHEE ]

Die NP im Nominativ wird eingeklammert, da deren Verbindung mit dem Verb DQ HLQHQ .RUUHVSRQGHQ]OLQN IU ÁHNWLHUWH 9HUEIRUPHQ JHEXQGHQ LVW )RUPDOH als auch semantische Details der Konstruktionen werden ausführlich in Kapitel 6 diskutiert. Es ist zu beachten, dass es sich um Argumentkonstruktionen zum Ausdruck von Ereignistypen handelt. Konkrete Äußerungen sind jedoch Instan]HQZHLWHUHUVSH]LÀVFKHU6WHOOXQJVNRQVWUXNWLRQHQLQZHOFKHGLH$UJXPHQWNRQVtruktionen eingehen. Im Falle der deutschen Nebensatz-Konstruktion kann die Argumentkonstruktion direkt lexikalisch gefüllt werden. Im Falle von Hauptsätzen handelt es sich um Instantiierungen einer regulären Klammerkonstruktion, LQZHOFKHUGDVÀQLWH9HUEGLHOLQNH.ODPPHUELOGHWXQGGLH3DUWLNHOGLHUHFKWH was die typische Distanzstellung zwischen beiden zur Folge hat. Ebenso ist zu beachten, dass die Argumentstrukturen durch andere Konstruktionen im Sinne von Adjunktionen erweitert werden können. Das Prinzip der Kompositionalität wird beibehalten. Die Verbindung zwischen Verb und Argumentkonstruktion wird durch semantische und pragmatische Implikaturen38 motiviert. Dabei handelt es sich um mehr oder weniger konventionalisierte Folgerungen, welche Hörer und Sprecher vornehmen, um die im Lexikon gespeicherten Bedeutungen zu aktualisieren, zu übertragen und miteinander abzugleichen. So werden beiVSLHOVZHLVH*HUlXVFKYHUEHQZLHÅUDXVFKHQ´DOV,QVWDQ]HQVSH]LÀVFKHU.RQVWUXNtionen wie „ein Zug rauscht an“ oder „Wildgänse rauschen durch die Nacht“ zum Ausdruck von Fortbewegungen gebraucht. Hierin liegt die semantische Seite der ,PSOLNDWXU*HUlXVFK Fortbewegung. Anstelle einer allen Formulierungen zugrunde liegenden Invariante wird von einer prozessualen Semantik ausgegangen. Implikaturen sind gleichfalls pragmatischer Natur, da sie beim Gebrauch sprachOLFKHU=HLFKHQVWDWWÀQGHQXQGGLHVHQYHUPLWWHOQ

38

*ULFH II EHL]HLFKQHWNRQYHUVDWLRQHOOH)ROJHUXQJHQDOVÅLPSOLFDWXUHµXQGJUHQ]WVLH VRPLWEHJULIÁLFKYRQGHQDXVQDKPVORVJHOWHQGHQORJLVFKVHPDQWLVFKHQ,PSOLNDWLRQHQDE

3.8.1 Fusion zwischen Verben und Argumentkonstruktionen

55

Für PVK mit „an“ habe ich 22 verschiedene Argumentkonstruktionen innerhalb von 8 semantischen Gruppen ermittelt, welche sich durch Komplexität, Produktivität, spezielle Zugangsbeschränkungen und den Grad an Lexikalisierung unterscheiden. Die große Zahl der Konstruktionen dürfte im ersten Moment erschrecken. In 8.5 werden sie aufeinander bezogen. Durch Vererbungslinks werden Merkmale, welche verschiedenen Konstruktionen gemeinsam sind, systematisch erfasst.

3.8.1 Fusion zwischen Verben und Argumentkonstruktionen Einen detaillierten Vorschlag für Gesetzmäßigkeiten bei der Zusammenführung von Argumentkonstruktionen und Verben macht Goldberg (1995, 1997, 2006). 7KHRUHWLVFK JHKW VLH  II  YRQ HLQHU IUDPHVHPDQWLVFKHQ $QDO\VH GHU Basisverben aus, wie sie in dieser Arbeit konsequent vertreten und in Kapitel 5 GDUJHVWHOOWZLUG3UDNWLVFKEHVFKUHLEW*ROGEHUJ III  jedoch die Verbindung zwischen Basisverb und Argumentkonstruktion durch verschiedene An- und Abgleichungen zwischen verbalen Partizipanten und den $UJXPHQWHQHLQHU.RQVWUXNWLRQ$OV3DUWL]LSDQWHQEH]HLFKQHWVLHYHUEVSH]LÀVFKH Rollen, deren formaler Ausdruck noch nicht bestimmt sei.39 Das englische Verb ÅWRKDQG´ZHLVHVR*ROGEHUJ  GLH3DUWL]LSDQWHQÅKDQGHUKDQGHH´XQG ÅKDQGHG´DXI,KU$XVGUXFNJHVFKHKHXDGXUFK,GHQWLÀNDWLRQPLWGHQIRUPDO und semantisch bestimmten Argumenten der Ditransitivkonstruktion. Goldberg I JHKWGDYRQDXVGDVVYHUEDOH3DUWL]LSDQWHQDOV.RQVWUXNtionsargumente abgebildet werden müssen, wohingegen durch Konstruktionen neue Argumente hinzugefügt werden können (correspondence principle). Die Idee verbaler Partizipanten ist einleuchtend. Es gehört zum sprachlichen Wissen, was typischerweise mit einem Verb ausgedrückt wird. Problematisch ist jedoch, dass es letztlich wieder um die Suche nach einer PLQLPDOHQ$UJXPHQWVWUXNWXUDOVRSHUDWLRQHOOH*UXQGODJHJHKW*ROGEHUJ  43) schlägt zur Ermittlung der Partizipanten einen Test vor, der auf Obligatheit abzielt. Sie setzt Verben in die Struktur „No ing occured“ ein. Bei den jeweils minimal mitzudenkenden Mitspielern handele es sich um verbale Partizipanten. Ich habe diesen Test als „x verbt“ für einige Verben mit 20 Muttersprachlern GXUFKJHIKUW0HLQHV:LVVHQVQDFKDUEHLWHW6FKXPDFKHU I HUVWPDOVPLW diesem Test. Wenn das obligatorisch zu Realisierende oder Mitzudenkende als HLQH$UW9DULDEOHGXUFKLQGHÀQLWH(LQKHLWHQEHVHW]WZLUGGDQQZHUGHQGLHVHDOV Partizipanten bestimmt. Es handelt sich um das vom Einzellexem vorgegebene

39

.RQ]HSWHYHUEVSH]LÀVFKHU3DUWL]LSDQWHQUROOHQJHKHQPHLQHV:LVVHQVQDFKDXI&XOLFRYHU  :LONLQV  VRZLHDXI'RZW\ II ]XUFN'RZW\ I VFKOlJW einen „entailment-Test“ (Folgerungstest) vor, um die Partizipanten als das unmittelbar von der Verbsemantik ‚Mitgebrachte’ zu ermitteln. Letztlich geht es um einen Differenzierungsversuch zwischen Argumenten und Adjunkten vom einzelnen Verb aus.

56

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

6LWXDWLRQVSURÀO%HLP(USUREHQGHV7HVWHV]HLJHQVLFKMHGRFKHUKHEOLFKH'LIIHrenzen. Verben wie „bügeln“ und „stellen“ wurden recht einheitlich als zwei- bzw. dreiwertige Verben durch „x bügelt etwas“ oder „x stellt etwas wohin“ bestimmt. Doch besonders die Verben, welche Geräusche ausdrücken, wurden mit unterschiedlichen Partizipanten assoziiert. 20 Muttersprachler wurden gebeten, das Verb „tuckern“ in „x tuckert“ zu bewerten. 12 fügten nichts hinzu, wodurch das Verb scheinbar nur einen Partizipanten aufweist. 8 Personen ergänzten das Verb um eine Richtungsangabe. Es handelte sich hierbei nicht um Linguisten. Begriffe wie Obligatheit oder Subkategorisierung spielten also keine Rolle. Unter (24) gebe ich die Ergebnisse des Folgerungstestes für „x tanzt“ an. Die Informanten konnten mehr als eine Entscheidung über eine eventuell für sie nötige Erweiterung der Minimalform treffen, wurden aber gebeten, diese so gering wie möglich zu halten. Den jeweiligen Erweiterungen folgt die Anzahl der Probanden, welche sie vornahmen. Anschließend folgt ein Beispiel, welches in etwa der Angabe durch die Testpersonen entspricht. (24) x tanzt a. X tanzt mit _. b. ;WDQ]W$GYB c. ;WDQ]W]XB d. X tanzt PPloc_. e. X tanzt Akk_. f. X tanzt. g. X tanzt PPdir_.

= 18     = 9 = 9 = 6 = 1

(Paul tanzt mit Anna.) 3DXOWDQ]WJHUQHJXWYLHO 3DXOWDQ]W]X5RFN3RS (Paul tanzt auf jeder Party.) (Paul tanzt (einen) Tango.) (Paul tanzt.) (Paul tanzt durch den Saal.)

Der Test selbst ist sehr fragwürdig.40 Durch ihn werden letztlich Assoziationen ermittelt, welche jedoch die Rolle exakter operabler Minimalwerte erfüllen sollen. Eigentlich können einzig korpusbasierte Frequenzuntersuchungen und Tests mit möglichst soziolinguistisch differenzierten Probanden Aufschluss darüber geben, mit welchen Partizipanten das Verb „tanzen“ primär assoziiert wird. Interessanterweise entspricht das Ergebnis des Tests den Einträgen in Valenzwörterbüchern. 6WRUUHU .DS YHUJOHLFKWGLH9DOHQ]DQJDEHQ]XYHUJOHLFKEDUHQ9HUEHQ 9HUJOHLFKVSDDUH LP%URFNKDXV:DKULJEHL+HOELJ 6FKHQNHO  XQGEHL Schuhmacher (1986) in Bezug auf quantitative, qualitative und morphosyntaktische Charakteristika sowie bezüglich der Differenzierung zwischen Obligatheit und Fakultativität. Hinsichtlich der Anzahl der Argumente bzw. Ergänzungen weichen die Einträge zu 46 % voneinander ab, hinsichtlich der Unterscheidung zwischen obligatorischen und fakultativen Ergänzungen zu 20 %, was notgedrungen auch zu qualitativen Differenzen der Beschreibung führt. Der Test zeigt, dass bei den 20 Informanten die Ergänzungen in (24a-c) die zentralen Gebrauchsstrukturen von „tanzen“ sind. Die minimale Variante (24f )

40

Zur allgemeinen Repräsentativität verschiedener Tests zur Valenzermittlung verweise ich auf 6WRUUHU II 

3.8.1 Fusion zwischen Verben und Argumentkonstruktionen

57

wurde nur sechs Mal beibehalten. Eine operable Grundlage für die Fusion zwischen Basisverben und Argumentkonstruktionen stellen die so ermittelten YHUEDOHQ3DUWL]LSDQWHQQLFKWGDU5RVWLOD  VFKUHLEWEH]JOLFK*ROGEHUJV 9RUVFKODJGDVVGLH3DUWL]LSDQWHQKlXÀJHUVWGXUFKGLH)XVLRQPLWHLQHU$UJXPHQWkonstruktion, noch nicht durch das Lexem festgelegt sind.41:HONH D EHPHUNW NULWLVFK ]X *ROGEHUJV 9RUVFKODJ Å'LH 3DUWL]LSDQWHQUROOHQ PXWHQ ZLH ein durch die Hintertür aufgenommener Ersatz für den lexemgebundenen Ansatz an. Aber wo kommen die Partizipantenrollen her?“ Ein weiteres Problem von Goldbergs Partizipantenbegriff sehe ich darin, dass sie zwar annimmt, dass ein Verb in minimaler Weise seine Partizipanten vorgibt, deren formale Kennzeichnung auf syntaktischer Ebene jedoch noch nicht mit dem Verb assoziiert wird. Entweder handelt es sich um Assoziationen vom Verb aus, dann können diese nicht auf syntaktische Obligatheit beschränkt werden. Oder aber es handelt sich um typische Gebrauchsstrukturen, dann gehört auch ihre formale Seite zum Wissen von Sprecher und Hörer. Goldbergs Zuordnungsmodell zwischen verbalen Partizipanten und den Argumenten von Konstruktionen steht somit vor zwei m. E. unlösbaren ProEOHPHQ 'DV HUVWH EHWULIIW GLH (UPLWWOXQJ GHU 3DUWL]LSDQWHQ GDV ]ZHLWH GDPLW verbundene, betrifft die Differenzierung zwischen verbalen Partizipanten und Konstruktionsargumenten. Ich nehme an, dass idiosynkratische Argumentstrukturen fest im Sinne einer verbalen Valenz mit einem konkreten Verb verbunden sind und mit diesem eine komplexe Konstruktion darstellen. Dies ist bei vielen PP-Komplementen aber auch den sogenannten lexikalischen Kasus wie dem seltenen Objektsgenitiv und Dativ der Fall. Das Gleiche gilt auch für rekurrente Argumentstrukturen, welche KlXÀJPLWHLQHP9HUEEHQXW]WZHUGHQ,QGLHVHU$UEHLWZLUGGDV.RQ]HSWYHUbaler Valenzen nicht verneint. Es handelt sich um Gebrauchsroutinen und Einschleifungen idiosynkratischer und rekurrenter Strukturen. Letztlich ist es damit zu begründen, dass die Bedeutung von Verben nicht von entsprechenden Argumentstrukturen zu trennen ist, was beim wechselseitigen Erwerb von Verben und Argumentstrukturen eine zentrale Rolle spielt.42 In dieser Arbeit wird ein minimalistisches Grammatikkonzept zu Gunsten eines gebrauchsbasierten abgelehnt. Damit der Begriff „usage based“ nicht zu einem

41 42

.D\ 0LFKDHOLV  NULWLVLHUHQ]ZDUQLFKWGLH,GHHGHUYHUEDOHQ3DUWL]LSDQWHQDQVLFK zeigen aber, dass die als Partizipanten ermittelten Entitäten nicht als Argumente von Argumentkonstruktionen ausgedrückt werden müssen. Ich verweise auf Arbeiten von Tomasello (2003, 2006) und Goldberg (2006), die von einem induktiven parallelen Erwerb der Verbsemantik und der Argumentkonstruktionen ausgehen. Diese Ansätze stehen einerseits der deduktiven „bootstrapping-hypothesis“ Pinkers (1989, 1994) gegenüber, demzufolge zuerst die Verbsemantik und von dieser ausgehend syntaktische Abbildungsprinzipien auf der Grundlage universeller angeborener Prinzipien erworben werden. Andererseits wird Gleitmanns (1990) Annahme abgelehnt, nach der primär syntaktische Basiskonstruktionen erworben werden und von diesen aus die Verbsemantik. Eine gute Übersicht zu theoretischen Kontroversen bezüglich des Erwerbs von Argumentstrukturen bietet Behrens (2007).

58

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

Modewort verkommt, sei an dieser Stelle der entscheidende Punkt bezüglich der $UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQKHUDXVJHVWHOOW'XUFKKlXÀJHQ*HEUDXFKHLQHV9HUEV mit einer Argumentkonstruktion, kann diese fest mit dem verbalen Lexem als dessen Valenz verbunden sein und zudem parallel als freies schematisches KonsWUXNWLRQV]HLFKHQEHVWHKHQ/DQJDFNHU  VSULFKWYRQHLQHP7UXJVFKOXVV wenn zwischen Regelhaftigkeit und Listung strikte Grenzen zu Gunsten maximaler Ökonomie durch Ausschluss von Doppelrepräsentationen, gezogen werden. (U  VFKUHLEWÅ6SHDNHUVGRQRWQHFHVVDULO\IRUJHWWKHIRUPVWKH\DOUHDG\ know once the rule is extracted, nor does the rule preclude their learning additional forms as established units.“ 43 Das Konzept der verbalen Partizipanten ist m. E. in das der Grundvalenz LQWHJULHUEDU7DUYDLQHQ I :HONH II XQG%LUNPDQQ   verstehen darunter das Wissen von Hörern und Sprechern über das übliche Argumentpotential von Verben und damit über deren übliche Bedeutung. Usuelle Umgebungen eines Verbs werden mit diesem zusammen, sowohl mit ihrer semantischen als auch formalen Seite, im Lexikoneintrag gespeichert. Verneint wird die Rolle von lexemgebunden Argumentstrukturen oder Partizipanten als operative Grundlage des Satzbaus oder zur Ermittlung einer invarianten Bedeutung, welche jedem Gebrauch zu Grunde liegt. In Kapitel 5 werden verschiedene Frame-Modelle zur semantischen Analyse von Verben diskutiert. An Stelle einer minimalen Argumentstruktur werden Basisverben als Instanzen von bestimmten Assoziations- und Wissensrahmen (Frames) analysiert. Diese werden als hierarchische Systeme beschrieben mit zentralen und weniger zentralen Leerstellen. Es wird gezeigt, dass durch die jeweilige Argumentkonstruktion mit „an“ jeweils bestimmte Leerstellen des Frames ausgedrückt werden. Wenn die Zusammenführung zwischen Partikelkonstruktion und Simplex theoretisch auf der Grundlage der verbalen Argumentstruktur analysiert werden könnte, dann werden zentrale Leerstellen des verbalen Frames durch die jeweilige Partikelkonstruktion ausgedrückt. Die Argumente der usuell mit dem Verb gebrauchten Konstruktion können in diesem Fall auf die Argumente der Partikelkonstruktion bezogen werden. Ist dies nicht möglich, so werden durch die Konstruktion Argumente realisiert, welche entweder nicht zentralen Leerstellen des verbalen Frames entsprechen oder aber durch pragmatische, konzeptuelle und semantische Implikaturen ohne Entsprechungen im verbalen Frame von der Konstruktion eingeführt werden. Argumente sind somit primär Argumente der .RQVWUXNWLRQXQGQLFKWGHV9HUEV6SH]LÀVFKH6HOHNWLRQVHLJHQVFKDIWHQHUJHEHQ sich jedoch erst durch die Fusion des Verbs mit der Konstruktion. Wenn beispielsweise „bügeln“ mit der Konstruktion zum Ausdruck einer Befestigungs-

43

Während daraus resultierende Redundanzen in den meisten Grammatiktheorien zu Gunsten maximaler Ökonomie abgelehnt werden, sind sie im Bereich der Grammatikographie ein 1RUPDOIDOO*|W]H +HOELJ  VSUHFKHQKLQVLFKWOLFKGHV,QIRUPDWLRQVXQG/HUQZHUWHVYRQQ|WLJHQÅ'RSSOXQJHQ´QHEHQDOOJHPHLQHQ5HJHOQZHUGHQ:RUWOLVWHQDOVGHUHQ „Zutreffensmöglichkeiten“ aufgeführt, wodurch eine strikte Trennung zwischen Lexikon und Grammatik aufgehoben werde.

3.8.1 Fusion zwischen Verben und Argumentkonstruktionen

59

handlung fusioniert, so handelt es sich beim zweiten Argument nicht um den primär mit „bügeln“ assoziierten Frame-Wert eines zu glättenden Textils, sonGHUQHLQH(QWLWlWZHOFKHGXUFK%JHOQDXIHLQHU2EHUÁlFKHEHIHVWLJWZLUG'DV Verb selegiert jedoch bestimmte Eigenschaften des neuen Arguments, da es die Art der Befestigung vorgibt. Die Argumente werden von der Konstruktion lizenziert und unterliegen Selektionseigenschaften des Verbs. Mit anderen Worten wird in vielen Fällen das Verb erst durch Fusion mit entsprechender Konstruktion zum Kopf des Komplexes. Wenn zwei Kandidaten für die Kopf- oder Regensanalyse in Frage kommen, wie dies bei rekurrenten Argumentkonstruktionen und Verben der Fall ist, schlägt &URIW II YRUGLHVHPDQWLVFKVSH]LÀVFKHUHZHQLJHUVFKHPDWLVFKH(LQheit, die „primary information-bearing unit“ (PIBU) als semantischen Kopf zu EHVWLPPHQXQGGLHVFKHPDWLVFKH(LQKHLWDOV3URÀOGHWHUPLQDQWHQ44&URIW  I  EH]LHKW GLH 'LIIHUHQ]LHUXQJ ]ZLVFKHQ VHPDQWLVFKHQ .|SIHQ XQG 3URÀOdeterminanten auf Grammatikalisierungsprozesse. Wird die Gesamtstruktur durch zwei Elemente bestimmt, in unserem Fall also die Verbbasis und das an die Partikel gebundene Konstruktionsmuster, hätten die semantisch schwächeren, das heißt abstrakteren Einheiten die Tendenz, völlig grammatikalisiert zu werden, was letztlich zum Verlust der syntaktischen Autonomie, Klitisierung und Inkorporation führe. Dieser Ansatz erlaubt eine adäquate Differenzierung zwischen verbalen ParWLNHOQXQG3UlÀ[HQGDEHLOHW]WHUHQGHU9HUOXVWV\QWDNWLVFKHU$XWRQRPLHHLQJHtreten ist, bei ersteren nicht, wohl aber eine starke Einschränkung der StellungsIUHLKHLW%HLGHVLQGQDFK*ULPP  DXV$GYHUELHQKHUYRUJHJDQJHQ aus welchen sich Adpositionen und aus diesen wiederum Präverbien entwickelt KDEHQMHGRFKLQXQWHUVFKLHGOLFKHQ=HLWHQ)ULW]  VNL]]LHUWGLH3UlÀ[ entstehung in einer ersten Etappe, die bereits zum Verlust der homophonen Adverbien und Adpositionen (Präpositionen) geführt hat. PVK sind jüngeren Datums. Nach Fritz handelt es sich um die zweite Schicht der Präverbbildung, die sich durch den Verlust homophoner Adverbien aber Fortbestand entsprechender Präpositionen auszeichnet. Allerdings lässt die Darstellung von Fritz (2007) darauf schließen, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis auch Partikeln mit den Simplizia fest verschmelzen. Auf diesen Irrglauben macht bereits Hundsnurscher  DXIPHUNVDPLQGHPHUGLHLQKLVWRULVFKHQ*UDPPDWLNHQYHUWUHWHQH Auffassung kritisiert, dass es sich bei Partikelverben um Übergangstypen handele. (UVFKUHLEWÅ2IIHQVLFKWOLFKKDWVLFKGLH6SUDFKHDXIGHUÄXQIHVWHQ·6WXIHIHVWHLQgerichtet und macht keine Anstalten, die ‚unfesten Zusammensetzungen’ in ‚feste’ umzuschmelzen.“ Begründet werden sollte dies mit für das Deutsche typischen

44

'HU%HJULIIGHV3URÀOGHWHUPLQDQWHQJHKWDXI/DQJDFNHU II ]XUFN(UEH]HLFKQHW GLH=DKOGHU$UJXPHQWHXQGLKUHVHPDQWLVFKH5ROOHDOV3URÀOHLQHUbX‰HUXQJ+LHUDXIZLUG in 5.3 eingegangen. Langacker geht jedoch im klassischen Valenzkonzept davon aus, dass GDV9HUEVHLQH$UJXPHQWHYRUJLEWXQGVRPLW3URÀOGHWHUPLQDQWLVW6SlWHUQLPPW/DQJDFNHU I DQGDVVGXUFKUHNXUUHQWHQ*HEUDXFKYRQ$UJXPHQWVWUXNWXUHQGLHVHYRP(LQzelverb abstrahiert werden können und schematische Konstruktionen darstellen.

60

3. Kompositionalität – Vom Wort zur Syntax?

Klammerstrukturen, weshalb Begriffe wie „Übergangsstufe“ oder „unfest“ hier DEJHOHKQWZHUGHQ*DQ]LP*HJHQWHLO(VKDQGHOWVLFKEHL.ODPPHUELOGXQJHQ um verfestigte Strukturen des Deutschen.

3.8.2 Die Rolle der Partikeln in den Argumentkonstruktionen Partikeln werden als lexikalische Bestandteile der Konstruktionen analysiert. Durch Fusion mit entsprechenden Basisverben werden komplexe Prädikate gebildet. Wenn auch die Entwicklung einiger Partikeltypen auf die Besetzung einer mit dem Verb assoziierten Argumentstelle zurückgehen mag, wie dies bei „etw. anbinden“ aus „etw. an etw. binden“ der Fall ist, wird sie deshalb nicht per se phrasal und vor allem nicht als Argument des Verbs analysiert. Ich gehe davon aus, dass die Partikel in „etw. anbinden“ primär einen generischen Kontaktort innerhalb der Gesamtkonstruktion markiert, der nicht auf ein mit dem Verb assoziiertes Argument zurückgeführt werden muss, aber kann. Die Grenzen zwischen Markierung eines kategorialen Kontaktortes und Markierung eines allgemeinen 1DFK]XVWDQGHVQlPOLFKÄ.RQWDNW·ZHUGHQDOVÁLH‰HQGDQJHQRPPHQ %ULQNPDQQ I QHJLHUWHLQH(LJHQEHGHXWXQJGHU3DUWLNHOQ,KP]XIROJH YHUN|USHUQ VLH 5HODWLRQHQ +XQGVQXUVFKHU    NULWLVLHUW GHVKDOELQVHLQHU8QWHUVXFKXQJGHU3DUWLNHOYHUEHQPLWÅDXV´'UDFKV I Auffassung der trennbaren Verben als freie syntaktische Fügungen adverbialen &KDUDNWHUV$GYHUELHQVSH]LÀ]LHUHQ(UHLJQLVW\SHQOHJHQGLHVHMHGRFKQLFKWIHVW Hundsnurscher wendet sich nicht gegen die syntaktische Behandlung der Partikelverben, sondern gegen die Annahme einer ‚Partikel-plus-Verb-Kombination’. Stattdessen spricht er von „Modellprägungen“ als herrschendem Prinzip, was durchaus mit der hier angestrebten Lösung vereinbar ist, da sich Hundsnurscher auf holistische Modelle zum Ausdruck von Ereignissen bezieht und nicht auf Wortbildungsmuster. Entscheidend ist nun, die jeweilige Funktion der Partikel „an“ nicht invariant, VRQGHUQNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFK]XDQDO\VLHUHQ+LHUEHLZHUGHQEHL'DUVWHOOXQJ GHUHLQ]HOQHQ.RQVWUXNWLRQHQIQI)XQNWLRQHQYRQHLQDQGHUXQWHUVFKLHGHQ3DUtikeln als reine Relationsmarker (25), als Marker für kategoriale Werte (26), als Marker für deiktisch erschließbare Werte (27), als aspektuelle (temporale und modale) Marker (28) und als quasi Adjektive im Falle von Lexikalisierungen (29), was durch einen direkten Vererbungslink zur schematischen Resultativkonstruktion gekennzeichnet wird. Unter (a) und (b) werden jeweils Instanzen verschiedener Konstruktionen mit gleicher Partikelfunktion angegeben. (25) a. Er lächelt sie an. b. Er hängt ihr den Mord an. (26) a. Er hängt das Bild an. b. Er klopfte dreimal an.

3.8.2 Die Rolle der Partikeln in den Argumentkonstruktionen

61

(27 ) a. Als er anschlurfte, war ich schon weg. b. Sie fuhren die Touristen in Reisebussen an. (28) a. Sie liest den Roman an. b. Er spannt die Muskeln an. (29) a. Sie macht das Licht an. b. Er zieht seine Schuhe an. Bevor der unter 3.8 skizzierte konstruktionsgrammatische Ansatz detailliert ausgearbeitet wird, werde ich im folgenden Kapitel Grundannahmen der Konstruktionsgrammatik(en) darstellen. Dies halte ich für nötig, da es sich im Vergleich zu etablierten Theorien um relativ neue bzw. wiederbelebte und teilweise recht heterogene Ansätze handelt. Ich werde kurz auf ältere holistische Ansätze hinweisen, die in anderen konstruktionsgrammatischen Arbeiten wie Goldberg (1995, 2006) und Croft (2001) kaum erwähnt werden. Dies erscheint mir angesichts einer derzeitigen konstruktionsgrammatischen Mode 45 sinnvoll, um den ]HQWUDOHQ$QVDW]GLHVHU$UEHLWKHUDXV]XVWHOOHQ(VJHKWQLFKWDOOHLQXPGLHKROLVtische Analyse von Argumentkonstruktionen, sondern die Beziehung zwischen diesen und den Basisverben.

45

&I/HLVV  

4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik? ...noch keine einheitliche Theorie sprachlicher Strukturen, sondern vielmehr eine durch einige ]HQWUDOH+\SRWKHVHQJHNHQQ]HLFKQHWH)DPLOLHYRQ$QVlW]HQ>@ )LVFKHU What is perhaps unique about construction grammar is (1) that it aims at describing the grammar of a language directly in terms of a collection of grammatical constructions each of which represents a pairing of a syntactic pattern with a meaning structure, and (2) that it gives serious attention to the structure of complex grammatical patterns instead of limiting its attention to the most simple and universal structures. (Fillmore 1987)1

Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über zentrale Grundauffassungen konstruktionsgrammatischer Ansätze gegeben. Einzelne, in der Literatur konträr diskutierte Themen werden in den folgenden Kapiteln anhand konkreter Beispiele der Argumentkonstruktionen mit „an“ und der Fusion zwischen diesen und den Basisverben behandelt. Hierin liegt m. E. eine ganz wesentliche Herausforderung für die Konstruktionsgrammatik(en). Konstruktionsgrammatische Ansätze zeichnen sich dadurch aus, dass komplexe Strukturen nicht auf universelle Prinzipien ihrer Generierung zurückgeführt werden, sondern als symbolische Einheiten aus Form und Funktion holistisch analysiert werden. Somit handelt es sich um zeichenbasierte Ansätze, welche über die Ebene der Lexik hinausgehen. Ein autonomes Syntaxmodul, das die einheitliche, reguläre Strukturbildung durch Projektionen des arbiträren lexikalischen Materials determiniert, wird als Korsett abgelehnt. Die Idee einer uniYHUVDOHQJHQHUDWLYHQ*UDPPDWLNLP*DQ]HQOHKQHQ/DQJDFNHU  /DNRII    *ROGEHUJ    XQG &URIW  II  DOV LQDGlTXDW DE XQG sehen Universalität nur auf der Bedeutungs-, nicht auf der Formenseite begrünGHW,P*HJHQVDW]GD]XJHKHQ)LOOPRUH  -DFNHQGRII  XQG .D\    YRQ HLQHP XQLYHUVDOHQ DXI JHQHUHOOHQ 3ULQ]LSLHQ EHUXKHQGHQ Set rein syntaktischer Konstruktionen aus, welche aber einzelsprachlich verschieden semantisiert werden. In allen Ansätzen wird eine modulare Trennung zwischen sprachlicher und enzyklopädischer Bedeutung, wie im Zwei-EbenenModell nach Bierwisch (1979ff ), abgelehnt. Sprachliche Bedeutungen werden als konventionalisierte Ausschnitte aus konzeptuellen Strukturen (Frames, Schemata) verstanden, welche auf Erfahrungen und Vorstellungen beruhen und induktiv erworben werden.2 Somit ist den meisten Ansätzen ein konzeptuell-semantischer

1 2

)LOOPRUH  9RUOHVXQJVVNULSW2Q*UDPPDWLFDO&RQVWUXFWLRQV8QLYHUVLW\RI%HUNHOH\ =LWLHUWQDFK:LOGJHQ   &I/DNRII  /DQJDFNHU  

4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

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=XJDQJ]XU*UDPPDWLNJHPHLQVDP)DXFRQQLHU  VFKUHLEWYRQ6SUDFKH als Spitze eines kognitiven Eisberges. Unsichtbar seien die fundamentalen Frames sowie metaphorische und metonymische Abbildungsprinzipien.3 An Stelle eines PRGXODUHQ VSUDFKVSH]LÀVFKHQ (EHQHQPRGHOOV WULWW HLQ KROLVWLVFKHV :lKUHQG Jackendoff (1996, 2002) nur bezüglich der Semantik konzeptuelles Wissen einEH]LHKWIU6\QWD[XQG3KRQRORJLHMHGRFKVSUDFKVSH]LÀVFKH0RGXOHDQQLPPW analysieren die meisten Autoren phonologische, syntaktische, semantisch-konzeptuelle und pragmatische Informationen gemeinsam auf Zeichenebene. Dies begründet die Monostratalität der Konstruktionsgrammatiken. Somit wird mit einem Dogma der Generativen Grammatik gebrochen, nämlich dass nach &KRPVN\ I À[LHUWH)RUP%HGHXWXQJV=XRUGQXQJHQGLH([NOXVLYLWlWGHV Lexikons seien, syntaktische Strukturen jedoch durch allgemeine Regeln auf der *UXQGODJHYROOVSH]LÀ]LHUWHUOH[HPJHEXQGHQHU/H[LNRQHLQWUlJHHU]HXJWZHUGHQ4 Im Gegensatz dazu wird in konstruktionsgrammatischen Ansätzen angenommen, dass Strukturen durch wiederholten Gebrauch von einzelnen Lexemen abstrahiert werden und als mehr oder weniger schematische Konstruktionszeichen im Lexikon gespeichert sind. %\EHH  I    ]HLJW EH]JOLFK PRUSKRORJLVFKHU 6WUXNWXUHQ GDVV MH KlXÀJHU HLQH 0DUNLHUXQJ PLW YHUVFKLHGHQHQ /H[HPHQ JHEUDXFKW ZLUG (type frequency), diese umso schneller vom einzelnen Lexem abstrahiert und als schematische Konstruktion produktiv genutzt wird.5 Umgekehrt gilt, je öfter ein Lexem mit der gleichen Markierung gebraucht wird (token frequency), umso mehr schleift sich diese mit dem Lexem ein, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine idiosynkratische oder reguläre Verbindung handelt. *UXQGVlW]OLFKEHVWlWLJHQGLHV7RPDVHOOR I XQG*ROGEHUJ  I IUGLH6\QWD[$OOHUGLQJVZHUWHW*ROGEHUJ I GHQ6SUDFKJHbrauch der Mütter von 20 bis 28 Monate alten Kindern aus und stellt fest, dass grundlegende Argumentkonstruktionen primär mit wenigen zentralen Verben gebraucht werden. Durch jenen „skewed input“ werde noch nicht zwischen Verb und Umgebung unterschieden. Beide bilden einen kommunikativen Chunk mit einigen Leerstellen. Dies sei Voraussetzung dafür, dass in der nächsten Phase die

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)DXFRQQLHU  Å%DFNVWDJHFRJQLWLRQLQFOXGHVYLHZSRLQWVDQGUHIHUHQFHSRLQWVÀJXUH JURXQGSURÀOHEDVHODQGPDUNWUDMHFWRURUJDQL]DWLRQPHWDSKRULFDODQDORJLFDODQGRWKHU mappings, idealized models, framing, construal, mental spaces, counterpart connections, roOHVSURWRW\SHVPHWRQ\P\SRO\VHP\FRQFHSWXDOEOHQGLQJÀFWLYHPRWLRQIRUFHG\QDPLFV´ 'DV 'LNWXP YRP /H[LNRQ DOV JUDPPDWLVFK XQLQWHUHVVDQWHP 2UW JHKW DXI %ORRPÀHOG    ]XUFN GHU HV DOV ÅDSSHQGL[ RI WKH JUDPPDU D OLVW RI EDVLF LUUHJXODULWLHV´ EHVFKUHLEW'L6FLXOOR :LOOLDPV  VFKUHLEHQGDKHUYRPÄODQJZHLOLJHQ/H[LNRQ·Å,I conceived of as the set of listemes, the lexicon is very boring by its nature. It contains objects RIQRVLQJOHVSHFLÀDEOHW\SH ZRUGV93PRUSKHPHVSHUKDSVLQWRQDWLRQSDWWHUQVDQGVRRQ  and those objects that it does contain are there because they fail to conform to interesting laws. The lexicon is like a prison – it contains only the lawless, and the only thing that its inmates have in common is lawlessness.“ 'LHVH,GHHÀQGHWVLFKEHUHLWVEHL3DXO †† -HKlXÀJHUYHUVFKLHGHQH:|UWHU in einem Flexionsparadigma gebraucht würden, umso mehr bilde sich ein abstraktes Schema heraus.

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4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

Gesamtbedeutung auf die Konstruktion übertragen werde, was einhergehe mit zunehmendem Gebrauch neuer Verben in der entsprechenden Konstruktion und letztlich zu ihrer Schematisierung führe. In der Fillmore’schen (1988) Konstruktionsgrammatik, in der kognitiven Grammatik nach Langacker (1987), der Konstruktionsgrammatik nach Lakoff  XQG*ROGEHUJ  GHUIRUPDORULHQWLHUWHQ+36*QDFK3ROODUG 6DJ (1994) als auch der Radikalen Konstruktionsgrammatik nach Croft (2001) wird eine strikte Trennung zwischen regulärem Kern- und idiosynkratischem Randbereich der Grammatik abgelehnt. Sowohl rekurrente aus dem Gebrauch abstrahierte Argumentmuster wie die transitive Konstruktion mit „an“ zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten als auch ihre frequenzbedingte Einschleifung zusammen mit bestimmten Verben wie „jdn. ansprechen“ sowie lexikalisierte Komplexe wie „jdn. anschmieren“ werden als unterschiedlich komplexe Konstruktionen bzw. Zeichen auf die gleiche Weise analysiert. Unter (1) gebe ich eine grobe Darstellung des konstruktionsgrammatischen Modells, unter (2) eine schematische Darstellung GHV=HLFKHQVDXV&URIW &UXVH  DOV*UXQGHLQKHLWZLHGHU

[ etcetera ]

construction 3

construction 2

construction 1

lexicon

(1)

phonological properties syntactic properties semantic properties

4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

65

(2 ) syntactic properties

CONSTRUCTION

morphological properties

FORM

phonological properties symbolic correspondence (link) semantic properties pragmatic properties discourse-functional properties

(CONVENTIONAL) MEANING

Die Betrachtung syntaktischer Strukturen als Form-Bedeutungspaare ist an sich nichts Neues.6%HL+XPEROGW ,,, ÀQGHWVLFKHLQZLFKWLJHU+LQZHLVEH]JOLFKGHU/H[LNRQ6\QWD[%H]LHKXQJÅ'DV=HUVFKODJHQLQ:|UWHUXQG5HJHOQ LVWQXUWRGWHV0DFKZHUNZLVVHQVFKDIWOLFKHU=HUJOLHGHUXQJ´$XFK%KOHU   GHUEHJULIÁLFKGDVÅ'RJPDYRP/H[LNRQXQGYRQGHU6\QWD[´SUlJWHZHLVW DQ DQGHUHU 6WHOOH HEG   DXI GLH JDQ]KHLWOLFKH *HVWDOWTXDOLWlW V\QWDNWLVFKHU 6WUXNWXUHQKLQGHUHLJHQWOLFKHQ)RUPXOLHUXQJJHKHGDVÅJDQ]RGHUWHLOZHLVHleere syntaktische Schema“ voraus, welches „das faktische Sprechen irgendwie erkennbar“ VWHXHUW+HUPDQQ3DXO  WKHPDWLVLHUWGLHVNXOWXUZLVVHQVFKDIWOLFKÅ(UVW wo Sprechen und Verstehen auf Reproduktion beruht, ist Sprache da.“ Hierunter versteht er keinen mechanischen Prozess, sondern einen sozial bestimmten Usus, der anders als abstrakte Regeln, welche als Hilfsmittel für den Fremdsprachenerwerb und die linguistische Analyse sinnvoll sein können, dem Individuum „das *HIKOGHU%HUHFKWLJXQJ]XHLJHQHP=XVDPPHQIJXQJHQ´YHUPLWWHOW HEG 174f).7 Innersprachlich basieren sie auf der Assoziation zwischen einer Vorstellung

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'LHVEHPHUNHQXD*ROEHUJ  VRZLH)ULHG gVWPDQ  JHKHQDEHU bis auf die Phraseologieforschung kaum auf weitere Ansätze ein. In Felfe (2012) zeige ich, dass nicht die holistische Betrachtung von Argumentstrukturen, sondern der Zusammenhang zwischen Konstruktionsargumenten und frame-semantisch analysierten Verben eine neue Perspektive darstellt. Nur auf diesem Wege kann die in der Konstruktionsgrammatik QRWZHQGLJH Ä'\QDPLN· GHV /H[LNRQV GXUFK NRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKH 8PNDWHJRULVLHUXQJHQ erklärt werden. Hierum geht es in Kapitel 5 und unter 9.4.4. 'HU 3V\FKRORJH 3KLORVRSK XQG %KOHU.ROOHJH 2WWR 6HO]    VFKUHLEW ÅGD‰ prinzipiell sämtliche durch die Arbeit vorangegangener Generationen erworbene Mittel zur Verwirklichung kultureller Werte der routinemäßigen Aktualisierung zugänglich werden“ XQGEH]JOLFKGHU6SUDFKH HEG Å:RVSUDFKOLFKHXQGNQVWOHULVFKH%HWlWLJXQJVLFKPLW

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4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

PLWHLQHP$XVGUXFNVPXVWHUÅ0LWGHUlX‰HUHQ)RUPGHUV\QWDNWLVFKHQ=XVDPmenfügung assoziiert sich das Gefühl für eine bestimmte Funktion und diese Funktion bildet dann in Gemeinschaft mit der äußeren Form das Band, welFKHVGLH3URSRUWLRQHQ]XVDPPHQKlOW´ HEG 8. Ganz ähnlich sieht Jespersen  GLHV\QWDNWLVFKH$XVGUXFNVELOGXQJDXIGHU*UXQGODJHYRQÅOLYLQJ types of formation“ als „determined by what he [the speaker – MF ] has done SUHYLRXVO\LQVLPLODUVLWXDWLRQVDQGWKDWDJDLQZDVGHWHUPLQHGFKLHÁ\E\ZKDWKH had habitually heard from others.“ Die behavioristische Idee des ‚syntaktischen +DELWXV·ÀQGHWVLFKDXFKEHL%ORRPÀHOG  GHU.RQVWUXNWLRQHQDOV ÅUHFXUUHQWVDPHVRIRUGHU´GHÀQLHUWGHUHQ%HGHXWXQJLQQHUKDOEGHV5HL]5HDNWLRQV0RGHOOVEHVWLPPWZLUGÅWKHFRUUHVSRQGLQJVWLPXOXVUHDFWLRQIHDWXUHVDUH constructional meanings“. +HOELJ    EH]HLFKQHW GLH 6XFKH QDFK LQYDULDQWHQ %HGHXWXQJHQ GHU Kasus zu Recht nicht nur als „gescheitert [...], sondern [...] vom Ausgangspunkt der Kasustheorie her als Irrweg“.9 Dies gilt für die isolierte Betrachtung einzelner .DVXVQLFKWIUEHVWLPPWH.DVXV.RQVWHOODWLRQHQ:HLVJHUEHU  VLHKW im Rahmen seiner Inhaltsbezogenen Grammatik in holistischen Satzbauplänen genauso wie in Lexemen geistige Zugriffe einer Sprachgemeinschaft auf die Welt. %HVRQGHUV$GPRQL I WKHPDWLVLHUWXQWHUV\QFKURQHUXQGGLDchroner Perspektive den Gebrauch von Verben mit verschiedenen Satzbauplänen, deren Bedeutung sich über die lexikalische Bedeutung der Verben lege. Die Frage danach, ob entsprechende Verben erst durch die Satzbaupläne determiniert werden oder ob sie diese auf Grund ihrer lexikalischen Bedeutung regieren, lässt er bewusst offen. Eine Lösung von strikter Verbgebundenheit und damit VHPDQWLVFKNRJQLWLYH %HVWLPPXQJ YRQ 6DW]EDXSOlQHQ ÀQGHW VLFK EHL *DQVHO    GLH YRQ NRJQLWLYHQ 6]HQHQ XQG *HVFKHKHQVW\SHQ VFKUHLEW ZHOFKH durch Satzbaupläne in Perspektive gebracht werden. Ebenso schreiben Barbara XQG *HUW :RWMDN    Å(V EHVWHKW DOVR WURW] YLHOHU %H]LHKXQJVSXQNWH keine Eins-zu-Eins-Beziehung zwischen dem ‚Handlungsbeteiligten-Rahmen’ HLQHV *HVFKHKHQVW\SV XQG GHQ VHPDQWLVFKHQ .DVXVUDKPHQ$UJXPHQWSRWHQWLDlen der einzelnen den Geschehenstyp instanziierenden Verbbedeutung.“ Fillmores (1968) frühe (noch ontologische) Kasustheorie basiert auf der Erkenntnis, dass weder das einzelne Verb noch ein einzelner Kasus Ausschnitte von Ereignissen

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spielerischer Leichtigkeit vollzieht, deutet dies auf das Vorliegen routinemäßiger Mittelaktualisierungen hin [...].“ 3DXO † VLHKWGLHDQDORJH1XW]XQJYRQ.RQVWUXNWLRQHQLQTXDVLPDWKHPDWLVFKHQ3URSRUWLRQVJOHLFKXQJHQEHJUQGHWÅ7DJ7DJHV $UP$UPHV´'LHVHULQQHUWDQGLH DULVWRWHOLVFKH0HWDSKHUQWKHRULHÅ/HEHQ$OWHU 7DJ$EHQG´ 3RHWLNE6  0DXWKQHU  VLHKW$QDORJLHELOGXQJHQDOVGLUHNWH,QVWDQ]HQYRQ.RQVWUXNWLRQHQ6REHUXKHÅGXUDGHOVW´QLFKWDXIGHU3URSRUWLRQÅWDGHOQGXWDGHOVW UDGHOQGXUDGHOVW´ VRQGHUQLVWGLUHNWH,QVWDQ]GHU.RQVWUXNWLRQÅGX;VW´(EHQVRDUJXPHQWLHUW%\EHH  58) für direkte Musternutzung. 6RYHUVXFKW+MHOPVOHY  IUMHGHQ.DVXVGXUFK2SSRVLWLRQ]XDQGHUHQ.DVXV einen invarianten Wert zu ermitteln, aus welchem sich alle konkreten Gebrauchsfunktionen ableiten lassen.

4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

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DXVGUFNHQ6WDWWGHVVHQDQDO\VLHUWHU  VFKHPDWLVFKH 7LHIHQ .DVXVUDKPHQZHOFKHÁH[LEHOPLW9HUEHQJHEUDXFKWZHUGHQXPEHVWLPPWH(UHLJQLV typen wie „etwas geschieht“, „jemandem geschieht etwas“, „jemand tut etwas“ und „jemand tut jemandem etwas“ auszudrücken. :HLWHUH $QVlW]H KROLVWLVFKHU 6SUDFKEHWUDFKWXQJ ÀQGHQ VLFK LQ GHU HXURSlischen und nordamerikanischen Phraseologieforschung.10 %DOO\    bemerkt unter dem Stichwort „série ou groupement usuel“, dass die Elemente idiomatischer Fügungen nicht einfach zu einer arbiträren Synthese verschmelzen, sondern ausgehend von der Gesamtkonstruktion eine gewisse Reanalyse erfahUHQ/HW]WHUHVZLUGYRQ1XQEHUJHWDO  YHUGHXWOLFKW=ZDUHUJHEH sich die Bedeutung von „spill the beans“ (ausplaudern) nicht kompositionell aus einer allgemeinen Regel, dennoch komme „spill“ innerhalb der Fügung die Bedeutung von „divulgue“ und „the beans“ von „the information“ zu, wodurch ausgehend vom Ganzen sowohl semantische als auch syntaktische KompositiRQDOLWlWJHJHEHQVHL)LOOPRUHHWDO  EHPHUNHQGDVVHVYRQOH[LNDOLVLHUWHQ.RQVWUXNWLRQHQPLWHLQHUÁH[LEOHQ/HHUVWHOOHZLHÅ[VSLOOVWKHEHDQV´]X gänzlich schematischen Konstruktionen nur ein kleiner Schritt sei, „a continuum IURPVXEVWDQWLYHWRVFKHPDWLF´.D\ 0LFKDHOLV  VFKUHLEHQYRQHLQHP „gradient of idiomaticity-to-productivity“. Ein einheitliches Analyseformat für markierte bzw. idiosynkratische und regulärere Konstruktionen stellt daher ein Grundanliegen der Konstruktionsgrammatik dar.11 Satzbildung wird als schrittweise, in ihrer Reihenfolge nicht prädeterminierte Einbettung lexikalischer Zeichen in syntaktische Konstruktionszeichen verstanGHQ1DFK)ULHG gVWPDQ I VWHOOWVHPDQWLVFKH.RPSDWLELOLWlWGDV]HQtrale Einbettungsprinzip dar. In Kapitel 9 wird dafür argumentiert, jene Kompatibilität weder als gegebene Zuordnungsrelation noch als allgemeines Prinzip, sondern als Aktivität von Sprecher und Hörer auf der Grundlage konstruktiRQVVSH]LÀVFKHU ,PSOLNDWXUHQ ]X YHUVWHKHQ %HVRQGHUV KLQVLFKWOLFK GHU $QDO\VH und Repräsentation jener Einbettung unterscheiden sich die Ansätze. Fillmore  .D\  XQG)ULHG gVWPDQ  VWUHEHQPLWWHOV8QLÀkationen von Merkmalslisten im HPSG-Format ein formalistisches Repräsentationsmodell als mathematisch exaktes Überprüfungsverfahren an. Lakoff (1987), Langacker (1987ff), Goldberg (1995, 2006) und Croft (2001, 2004) geht es vor allem um prototypische Kategorisierungen und Umkategorisierungen bei der Fusion von Verben mit Argumentkonstruktionen, weshalb auf exakte Formalisierung bewusst verzichtet wird.12 Formalisierungen sind zweifelsohne wünschenswert, wenn sie dazu dieQHQHLQH+\SRWKHVH'HÀQLWLRQRGHUHLQHQ3UR]HVVEHUVFKDXEDUXQGOHLFKWHU

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11 12

%HVRQGHUV /DNRII  II  EH]JOLFK GHU Åthere-.RQVWUXNWLRQ´ )LOOPRUH HW DO  524f ) bezüglich der „let alone-.RQVWUXNWLRQ´,P'HXWVFKHQXD$UEHLWHQ)OHLVFKHUV  II EH]JOLFKÅGDV;GHU;H´ %XFKGHU%FKHU %XUJHU  EH]JOLFKÅ;XP;´ 6WXQGHXP6WXQGH =XUhEHUVLFKWYHUZHLVHLFKDXI)HLONH   &I.D\   *ROGEHUJ  Å1RWDWLRQGHYHORSHGIRUHDVHRIH[SRVLWLRQRQO\´

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4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

IDOVLÀ]LHUEDU]XPDFKHQ13+DEHO.DQQJLH‰HU 5LFNKHLW  JHKHQVRZHLW zu behaupten, „dass kognitive Systeme und Prozesse korrekt begriffen sind, wenn sie als Berechnungssysteme und Berechnungsprozesse begriffen werden, die über symbolischen Repräsentationen operieren.“ Das ist für die Computersimulation heuristisch reizvoll und für praktische Anwendungen in der maschinellen Sprachverarbeitung nutzbar. Sprachliche Strukturbildung auf algorithmische Symbolmanipulation zu reduzieren, halte ich jedoch für fatal, da Sprache und Grammatik eben keine formal-logischen oder nach Wittgenstein ‚kristallreinen’ Systeme sind.14 Geht es um die Suche nach der Motivation sprachlicher Strukturbildung via Metonymie, Metaphorik, Kategorieextension und konzeptuell hergestellter Ähnlichkeitsbeziehungen, so führen strikte Formalisierungen nicht unbedingt zur leichteren Überschaubarkeit, sondern können das Untersuchungsobjekt durch eben jenes formale Korsett und den Anspruch mathematischer Exaktheit leicht verdecken. In dieser Arbeit wird nicht wie im Zwei-Ebenen-Modell (siehe 3.2) von invariant statischen Minimalbedeutungen und via Regel berechenbaren komplexen Bedeutungen ausgegangen, die auf einer nicht sprachlichen konzeptuellen Ebene angereichert werden.15 Stattdessen wird angenommen, dass sprachliche Ausdrücke Frames (siehe 5.1) aktivieren. Durch die Kombination sprachlicher Zeichen werden bestimmte Merkmale vor einem neuen, komplexen Hintergrund ein- und ausgeblendet bzw. in diesem aktualisiert. Dieser Prozess JHVFKLHKW PRQRVWUDWDO XQG ZLUG GXUFK VSH]LÀVFKH SUDJPDWLVFKH ,PSOLNDWXUHQ (Kapitel 9) gesteuert. Er gelingt, wenn Hörer und Sprecher über einen gemeinVDPHQEHJULIÁLFKHQ+LQWHUJUXQGYHUIJHQGD.RPPXQLNDWLRQLP*ULFH·VFKHQ Sinne auf wechselseitig vorausgesetzten kooperativen Motiven beruht.16 Bei dieser Arbeit handelt es sich meines Wissens nach um die erste nicht rein programmatische, sondern praktische konstruktionsgrammatische Analyse einer Gruppe von PVK. Ob die Ergebnisse und Überlegungen formalisierbar sind, sei RIIHQJHODVVHQ 0LW &URIW E   KDOWH LFK HV IU ZQVFKHQVZHUW XQG YRU DOOHP IU DEKlQJLJ GDYRQ RE XQG ZLH QLFKW V\QWD[À[LHUWH IUDPHVHPDQWLVFKH Strukturen und Bildungsimplikaturen in die Merkmalslisten integrierbar sind.

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&I&KRPVN\  'RZW\  /DNRII  /DQJDFNHU  $OOHUGLQJV sollte in Formalisierungen kein Wert an sich gesehen werden. Sie sind weder Garant noch notwendige Bedingung für wissenschaftlichen Fortschritt. Es sei bedacht, dass trotz zahlreicher Formalisierungen kein Konsens über die Erklärung alltäglicher Strukturen w. z. B. das Passiv oder die sogenannten freien Dative besteht. Wesentlich sind Überlegungen auf der Grundlage von realen Sprachdaten, ein theoretischer Rahmen, Intuition, Phantasie und die Kenntnis des Forschungsstandes. Mit formaler Logik, algorithmischer Symbolmanipulation hat das erst einmal wenig zu tun. :LWWJHQVWHLQ †6 VFKUHLEWYRPÅ9RUXUWHLOGHU.ULVWDOOUHLQKHLW´GHUQDtürlichen Sprache. (FR  VFKUHLEWLQGLHVHP6LQQHGDVVPLW=HLFKHQEHVWHQIDOOV0|JOLFKNHLWHQQLFKW DEHU(UJHEQLVVHSRVWXOLHUWZHUGHQN|QQHQ/DQJDFNHU  IKUWGDVDOJHEUDLVFKH0Rdell auf das statische Verständnis von Ausdrücken als Behältern von Bedeutungen (container metaphor) und die „building-block metaphor“ zurück, nach welcher komplexe Bedeutungen aus der Art der Zusammenführung der Teilbedeutungen berechnet werden können. &I7RPDVHOOR IIIIII 

4.1 Der Konstruktionsbegriff

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Jene Implikaturen erlauben zwar keine Berechnung von Neubildungen, wohl aber prototypische Vorhersagen über erwartbare und nicht erwartbare PVK. Es sei an dieser Stelle auf eine Tendenz in der Linguistik hingewiesen, die ich für recht bedenklich halte. Virtuelle Strukturen, die realiter nicht gebraucht werden und formale Restriktionen, die auf empirische Gegenevidenz stoßen, werden kurzerhand eingeführt und primär durch das jeweilige formale Modell gerechtfertigt, welchem die Sprachdaten als Input angepasst werden. Das heute sowohl im Alltag als auch in vielen Wissenschaften dominierende Denkbild vom „Mind-As-Computer“ ist nur ein möglicher Zugang. Das Rechnen mit Sprache ist an sich nicht wissenschaftlicher als das Sprechen über sie.

4.1 Der Konstruktionsbegriff 'LH'HÀQLWLRQGHU.RQVWUXNWLRQKDWVLFKLP/DXIHGHUOHW]WHQ-DKUHYHUlQGHUW :lKUHQG/DNRII  HLQHZHLWH'HÀQLWLRQYRUVFKOlJW´(DFKFRQVWUXFtion will be a form-meaning pair (F, M) where F is a set of conditions on syntactic and phonological form and M is a set of conditions on meaning and use“,17 JUHQ]W *ROGEHUJ    GHQ .RQVWUXNWLRQVEHJULII GXUFK GDV .ULWHULXP GHU 1LFKW9RUKHUVDJEDUNHLWHLQÅ&LVDFRQVWUXFWLRQLIIGHI&LVDIRUPPHDQLQJSDLU such that some aspect of Fi or some aspect of Si is not strictly predicable from C’s component parts or from other previously established constructions.“ 18 Als nicht vorhersagbar bezeichnet Goldberg Eigenschaften, welche sich nicht aus DQGHUHQ.RQVWUXNWLRQHQGHUJOHLFKHQ6SUDFKHHUJHEHQ'LHVH'HÀQLWLRQ]LHOWDXI den Saussure’schen (1916) Zeichenbegriff ab, auf den in den meisten Arbeiten angespielt wird.19 Einerseits geht es um die Arbitrarität der mentalen Zuordnung zwischen VLJQLÀDQW und VLJQLÀp, andererseits um den Begriff des Wertes, welcher sich einzig über minimale Distinktionen zu anderen Zeichen im System ergibt. 3UREOHPDWLVFKDQ*ROGEHUJV  IUKHU'HÀQLWLRQLVWGDVVVLHGXUFKGHQ$XVschluss von Vorhersagbarkeit kompositionellen Form-Bedeutungspaaren einen Konstruktionsstatus abspricht. Dies zielt auf maximale Ökonomie ab. Grob gesagt, sollen mehrfache Repräsentationen ausgeschlossen werden. Besonders bei der Analyse der PVK ist daran bedenklich, dass sowohl von entsprechenden

17 18 19

bKQOLFK ZHLW GHÀQLHUHQ )ULHG  gVWPDQ    GLH .RQVWUXNWLRQ DOV ÅDQ DEVWUDFW UHpresentational entity, a conventional pattern of linguistic structure that provides a general blueprint for licensing well-formed linguistic expressions.“ *ROGEHUJ  ZHLVWLQGHU(QGQRWHVHOEVWDXIGLH3UREOHPDWLNGHU'HÀQLWLRQKLQ Bestimmte Eigenschaften könnten zwar nicht mit einer, aber mit zwei Konstruktionen einer Sprache geteilt werden. &I:LOGJHQ  )LVFKHU 6WHIDQRZLWVFK  &URIW  *ROGEHUJ  4). Im Gegensatz dazu stehen u. a. Hopper (2004) und Deppermann (2008) im Rahmen konstruktionsgrammatischer Gesprächsforschung einem allgemeinen semiotischen KonstruktiRQVEHJULIIVNHSWLVFKJHJHQEHU,QGHUJHVSURFKHQHQ6SUDFKHNlPHQKlXÀJQXU)UDJPHQWH und lose Reihungen zur Anwendung, was eine klare Bestimmung von Form-BedeutungsPaaren und ihre Abgrenzung problematisch mache.

70

4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

Argumentkonstruktionen und den Basisverben als „Bausteinen“ als auch von holistisch gespeicherten PVK auszugehen ist. Dies würde nach Goldbergs Kriterium zum Ausschluss der einen oder anderen als Konstruktion führen. ,Q HLQHU VSlWHUHQ $UEHLW HUZHLWHUW *ROGEHUJ    LKUH 'HÀQLWLRQ XP einen entscheidenden Punkt, der die Gebrauchsbasiertheit ihres Ansatzes unterstreicht und nicht zum Ausschluss von Einheiten als Konstruktionen aus ÖkonoPLHJUQGHQIKUWÅ,QDGGLWLRQSDWWHUQVDUHVWRUHGDVFRQVWUXFWLRQVHYHQLIWKH\ DUHIXOO\SUHGLFWDEOHDVORQJDVWKH\RFFXUZLWKVXIÀFLHQWIUHTXHQF\´ 20 Hierin liegt HLQZLFKWLJHU8QWHUVFKLHG]X.D\ )LOOPRUH I GLHEHLGHU$QDO\VHGHU „What’s X doing Y“ mit dem formalen Inventar der HPSG jegliche Redundanz bei Repräsentationen ausschließen und stattdessen komplexe Hierarchiebeziehungen (Vererbungslinks) zwischen Konstruktionen ansetzen, so dass kein Merkmal wiederholt wird. Wiederum geht es hier um repräsentationelle Differenzen. *ROGEHUJV  .RQVWUXNWLRQVEHJULIILVWNDXPIDOVLÀ]LHUEDUHUNOlUWMHGRFKDXI intuitive Weise besonders Daten aus dem Spracherwerb wie erste Konstruktionsinseln aus einem Verb mit variablen Leerstellen, die spätere Abstraktion der Leerstellen zu einer schematischen Konstruktion (ohne dass diese deshalb vom Verb gelöst wird) und deren Gebrauch, teilweise deren Übergeneralisierung beim Gebrauch mit neuen Verben.21 Unabhängig vom jeweiligen Repräsentationsformat kann der Erwerb von Lexik und Grammatik als kontinuierlicher Prozess modelOLHUWZHUGHQ-DFNHQGRII 3LQNHU I ZHLVHQ]XGHPDXIGLHgNRQRPLH dieses Modells hin, da es sich um ein)RUPDWKDQGHOW6RZRKOOH[LNDOLVFKH=HLchen, lexikalische Zeichen mit entsprechenden Leerstellen als auch vom Lexem abstrahierte schematische Konstruktionen werden als unterschiedlich komplexe und unterschiedlich abstrakte Zeichen, d. h. als semantisch-funktionale Muster abgespeichert.22 Werden Lexeme und Argumentkonstruktionen als sprachliche Zeichen analysiert, so müssen Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgestellt werden. Im Folgenden werden die Parameter Komplexität, Allgemeinheit, Kompositionalität und Transparenz sowie Produktivität zur Differenzierung zwischen einfachen lexikalischen Zeichen und schematischen Argumentkonstruktionen diskutiert.23 Es wird gezeigt, dass die Kriterien eine graduelle, nicht aber eine scharfe Abgrenzung erlauben.

20 21 22 23

(VVHLHUZlKQWGDVVVLFK*ROGEHUJV  'HÀQLWLRQVHUZHLWHUXQJZLHHLQH.XU]IDVVXQJYRQ /DQJDFNHUV I .RQVWUXNWLRQVEHJULIIOLHVW &I8QWHUVXFKXQJHQ]XP(UZHUEYRQ$UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQYRQ%RZHUPDQ   7RPDVHOOR IIII *ROGEHUJ SDUW,, XQG([SHULPHQWHLQ1DLJOHVHWDO II (LQHDOOJHPHLQHhEHUVLFKWELHWHW%HKUHQV   &I /DQJDFNHU    Å*UDPPDWLFDO SDWWHUQV DUH DQDO\]HG DV schematic symbolic units, ZKLFKGLIIHUIURPRWKHUV\PEROLFVWUXFWXUHVQRWLQNLQGEXWRQO\LQGHJUHHRIVSHFLÀFLW\´ (Hervorhebung im Original) %H]JOLFKGHU3DUDPHWHUIROJHLFK7UDXJRWW  GLHVLFKDXIGHQ3OHQDUYRUWUDJ/DQJDFNHUV Å&RQVWUXFWLRQ*UDPPDUV&RJQLWLYHUDGLFDODQGOHVVVR´DXIGHU,QWHUQDWLRQDO&RJQLWLYH Linguistics Conference, 2008, in Logroño (Spanien) bezieht.

4.2 Formale Komplexität

71

4.2 Formale Komplexität 6DJ:DVRZ %HQGHU  VFKODJHQHLQHWHUPLQRORJLVFKH'LIIHUHQ]LHUXQJ zwischen dem einfachen „sign“ und der mehrere Zeichen umfassenden „construction“ vor. Ich werde weiterhin von Lexemen und Konstruktionen, lexikalischen oder syntaktischen Konstruktionszeichen sprechen. Unter lexikalischem Gesichtspunkt sind die Stammformen einfacher Basisverben nicht komplex. Sie werden formal durch eine zusammenhängende phonologische Form bestimmt, welche in sich komplex ist. Allerdings ist zu beachten, dass zahlreiche verbspe]LÀVFKH.DWHJRULHQZLH7HPSXVXQG0RGXVGXUFKDQDO\WLVFKHXQGV\QWKHWLVFKH Konstruktionen ausgedrückt werden, welche zu morphologischer und syntaktiVFKHU.RPSOH[LWlWLP*HEUDXFKIKUHQ(EHQVRLVW]XEHGHQNHQGDVVKlXÀJPLW HLQHP%DVLVYHUEJHEUDXFKWHXQGRGHUQLFKWUHNXUUHQWH$UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQ mit der Stammform des Basisverbs fest assoziiert werden, was zu komplexen Lexikoneinträgen führt. Argumentkonstruktionen sind grundsätzlich komplex. Sie bestehen aus mehreren formal und semantisch differenzierten Einheiten. Leerstellen für Argument-NP sind hinsichtlich ihrer semantischen Rolle bestimmt und werden im Deutschen durch Kasus oder Präpositionen markiert. Die konstruktionsinternen Kategorien stellen wiederum Konstruktionen dar.24 Argumentkonstruktionen können durchaus in kleinere Bestandteile zerlegt werden. Analytische Dekomposition und holistische Repräsentation schließen sich keineswegs aus. Nur wird nicht angenommen, dass komplexe Strukturen jedes Mal schrittweise aus einem Set minimaler Bausteine erzeugt werden.25'LHXDYRQ/HLVV  26 vorgebrachte Kritik, dass es sich bei Konstruktionen um nicht analysierbare, strukturlose Einheiten handelt, ist somit nicht gerechtfertigt. Die Einheiten innerhalb verschiedener Konstruktionen sind durch die Beziehung zueinander als Teile der Konstruktion bestimmt.27 Darüber, wie jene Relationen beschrieben werden und RE VLH *HQHUDOLVLHUXQJHQ EHU VSH]LÀVFKH .RQVWUXNWLRQHQ HLQHU 6SUDFKH XQG über einzelne Sprachen hinaus erlauben, gehen die Meinungen auseinander, was

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26 27

*ROGEHUJ    DQDO\VLHUW GLH bX‰HUXQJ Å$ GR]HQ URVHV 1LQD VHQW KHU PRWKHU´ DXVgehend von der schematischen Ditransitivkonstruktion, deren Instanzen eine Konstruktion ]XU 7RSLNDOLVLHUXQJ HLQH 93.RQVWUXNWLRQ 13.RQVWUXNWLRQHQ HLQH LQGHÀQLWH 'HWHUPLnierungskonstruktion, eine Pluralkonstruktion und letztlich die lexikalischen Zeichen sind. Dies entspricht dem erkenntnistheoretischen Begriff der „Übersummativität“ bei AristoteOHV  (LQ.RPSOH[N|QQH(LJHQVFKDIWHQDXIZHLVHQGLHVLFKQLFKWDGGLWLYDXVGHQ Einzelmerkmalen ergeben. Die Silbe „ba“ sei nicht einerlei mit „b“ und „a“. (Metaphysik. 7. %XFKED (KUHQIHOV  EHVSULFKWGLHVHQ$VSHNWZDKUQHKPXQJVSV\chologisch, wenn er schreibt, dass bei Zerlegen eines Gesamtereignisses wie einer Melodie das Ganze (die Gestalt) und dessen Wirkung verloren gehe und sich nicht aus den einzelnen Elementen wieder additiv zusammensetzen lasse. Zur kritischen Diskussion der „Faszination der hypostasierten ‚Ganzheit’“ im Vor- und Frühstrukturalismus verweise ich auf Stempel II  Zur kritischen Diskussion der von Leiss (2009) sehr polemisch geäußerten und großteils auf Missverständnissen beruhenden Kritik verweise ich auf die Replik von Rostila (2011). &I.D\ )LOOPRUH  &URIW FKDS 

72

4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

in den Abschnitten 6.5.2 und 6.5.3 bezüglich der Form-Funktions-Zuordnung diskutiert wird. Ein zentraler Unterschied zwischen Basisverben und PVK einerseits und Argumentkonstruktionen andererseits besteht darin, das letztere in Reinform nicht LP6SUDFKJHEUDXFKDQ]XWUHIIHQVLQG$XI3HLUFH  28 geht die Unterscheidung zwischen Type und Token zurück. Unter Type versteht er potentiell bestehende Zeichen, welche als mentale Form-Bedeutungseinheiten im Lexikon eines Sprechers und einer Sprachgemeinschaft vorliegen. Unter Token versteht er den konkreten Gebrauch von Types in der Kommunikation. Mit anderen Worten sind Token materielle Realisierungen von Types. Bei schematischen Argumentkonstruktionen handelt sich ausschließlich um Type-Zeichen. Simplizia sind sowohl Types im mentalen Lexikon als auch Tokens, wenn sie im Sprachgebrauch realisiert ZHUGHQ%HLRSDNHQXQGRGHUKlXÀJJHEUDXFKWHQ39.KDQGHOWHVVLFKXPTypeZeichen, die als Token realisiert werden. Bei okkasionellen Bildungen ist davon auszugehen, dass sie nicht im Lexikon vermerkt sind und somit nur als Token analysiert werden. (QWJHJHQGHU%HKDXSWXQJYRQ/HLVV  ZLUGLQDOOHQNRQVWUXNtionsgrammatischen Ansätzen davon ausgegangen, dass sowohl die Lexeme als auch die Konstruktionen über Teil-Ganzes-Beziehungen ein geordnetes Lexikoninventar darstellen, was bezüglich der Frame-Semantik in Kapitel 5 und bezüglich zahlreicher Vererbungsbeziehungen zwischen Konstruktionen in Kapitel 8 dargestellt wird.

4.3 Semantische Allgemeinheit Hinsichtlich der Bedeutung sind Basisverben in der Regel komplexer, diffuser und vager als Argumentstrukturen. Die Bedeutungen beider werden über die durch sie aktivierten Frames beschrieben, was im nächsten Kapitel diskutiert wird. Der erste Unterschied besteht darin, dass Basisverben in der Regel über idiosynkratische Bedeutungen verfügen, das heißt nicht nur durch die unterschiedlich stark hervorgehobenen Leerstellen allgemeiner Frames erfasst werden können. Bei „humpeln“ als auch bei „torkeln“ handelt es sich um Verben zum Ausdruck von 6HOEVWEHZHJXQJVDUWHQDEHUEHLGHVLQGGXUFKVSH]LÀVFKH8QWHUVFKLHGHXQGVHKU verschiedene Assoziationen und Konnotationen voneinander zu differenzieren. Die Bedeutung einer schematischen Argumentkonstruktion kann in der Regel als Ereignistyp erfasst werden. Wenn jemand „anhumpelt, antorkelt, andonnert“, dann wird durch die Argumentkonstruktion mit „an“ ein perfektives Bewegungsereignis ausgedrückt. Dies kann unabhängig von dem Basisverb und dem von ihm assoziierten Frame vorausgesagt werden. In Kapitel 9 wird gezeigt, dass Argumentkonstruktionen keine starren semantischen Werte darstellen, sondern ebenso komplexe Frame-Strukturen aktivieren, zu denen u. a. metaphorische

28

8UVSUQJOLFKLQ3HLUFH  ´3UROHJRPHQDWRDQ$SRORJ\IRU3UDJPDWLFLVPµ,FKEH]LHKH mich auf die Collected Papers:%DQG†$EVDW] &3 

4.4 Kompositionalität und Transparenz

73

bzw. metonymische Abbildungsroutinen gehören. Auch die Frames, welche durch Argumentstrukturen aktiviert werden, enthalten zahlreiche zentrale und weniger zentrale Leerstellen, welche durch Kombination mit anderen Konstruktionen sprachlich ausgedrückt werden können, aber nicht müssen. Dies ist der Fall wenn jemand „um 17 Uhr anhumpelt“ oder „zu Hause mit einem Freund antorkelt“. Der zweite Unterschied besteht darin, dass ein Verblexem an sich nicht unbedingt vorgibt, welche der im aktivierten Frame enthaltenen Leerstellen sprachlich ausgedrückt werden müssen. Jemand kann einfach nur „humpeln“ oder „torkeln“. Dies kann aber auch von A nach B geschehen. Genauso kann „jemand angetorkelt werden“. Mit semantischer Vagheit bezeichne ich die Tatsache, dass Basisverben ein Prädikationspotential aufweisen, aus welchem durch verschiedene Konstruktionen innerhalb verschiedener Ereignistypen verschiedene Aspekte ein- und ausgeblendet werden können. Argumentkonstruktionen legen hingegen IHVWZHOFKHGHU/HHUVWHOOHQVSUDFKOLFK]XUHDOLVLHUHQVLQG'LH6SH]LÀNLKUHU%Hdeutung liegt in der Kodierung von Ereignistypen, welches ich in Hinsicht auf die vage Verbsemantik als ‚Feineinstellung’ bezeichnen werde. Entsprechende Konstruktionen können zum Verbeintrag gehören und folglich im klassischen Sinne projiziert werden. Sie müssen dies aber nicht und stellen keinesfalls Invarianten dar, die jedem Gebrauch zugrunde liegen.

4.4 Kompositionalität und Transparenz Nach dem Frege-Prinzip ergibt sich die Gesamtbedeutung eines Satzes aus den Bedeutungen und der syntaktischen Verbindung seiner Einzelteile.29 Sehen wir HLQPDOYRPORJLVFKHQ+LQWHUJUXQGGHU%HGHXWXQJVGHÀQLWLRQDOV:DKUKHLWVIXQNWLRQDEVRVDJW)UHJH  HLJHQWOLFKQXUGDVVVLFKGLH%HGHXWXQJ eines Satzes aus der Bedeutung seiner Teile ergibt und die Bedeutungen seiner Teile durch die Gesamtbedeutung gegeben sind. Hierauf beruht das Prinzip der Kompositionalität, nach welchem Elemente zu größeren Komplexen zusammengefasst werden. Grundsätzlich wird das Prinzip der Kompositionalität in der Konstruktionsgrammatik beibehalten. Allein der analytische Blick vom Ganzen zu seinen Teilen ist ein anderer. Nicht einzelne Wörter werden regelbasiert mit anderen zu komplexen Ausdrücken kombiniert, sondern lexikalische Zeichen werden mit morphologischen und syntaktischen Konstruktionen kombiniert, syntaktische mit Lexemen verbundene Konstruktionen werden mit anderen

29

'LHVZXUGHDOOHUGLQJVYRQ)UHJHQLHVRIRUPXOLHUW)UHJH  VFKUHLEWÅ(UVWDXQlich ist es, was die Sprache leistet, indem sie mit wenigen Silben unübersehbar viele Gedanken ausdrückt [...] Dies wäre nicht möglich, wenn wir in dem Gedanken nicht Teile unterscheiden könnten, denen Satzteile entsprächen [...] Sieht man so die Gedanken an als zusammengeVHW]WDXVHLQIDFKHQ7HLOHQ>@VRZLUGHVEHJUHLÁLFKGDVVDXVZHQLJHQ6DW]WHLOHQHLQHJUR‰H Mannigfaltigkeit von Sätzen gebildet werden kann [...].“ Es ist zu beachten, dass Frege  YRP*DQ]HQDXVJHKWLQZHOFKHPGDVHLQ]HOQH(OHPHQWHUVWVHLQH%HGHXWXQJ EHNRPPWÅ(VJHQJWZHQQGHU6DW]DOV*DQ]HVHLQHQ6LQQKDWGDGXUFKHUKDOWHQDXFKVHLQH Theile ihren Inhalt.“

74

4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

syntaktischen Konstruktionen kombiniert, welche wiederum mit lexikalischen Zeichen kombiniert werden usw. Die meisten Autoren wie Goldberg (1995, 2006), Taylor (1998), Michaelis (2003) gehen mehr oder weniger davon aus, dass Argumentkonstruktionen den Basisverben eine Bedeutung ‚aufzwingen’ (coercion). Ich werde in Kapitel 9 dafür argumentieren, von gemeinsamen Ein- und Anpassungen auszugehen, wobei sowohl die Konstruktion als auch das Basisverb auf der Grundlage von Implikaturen, Leitformen und Kontrastkonstruktionen ihre Bedeutung gegenseitig anpassen. Die Verbindung von Verben mit Argumentkonstruktionen wird zwar innerhalb der Konstruktionsgrammatik recht unterschiedlich unter den Begriffen )XVLRQ *ROGEHUJ 8QLÀNDWLRQ .D\ )LOOPRUH coercion (Michaelis 2003) behandelt. Aber allen Ansätzen ist gemeinsam, dass hierunter kreative, geUHJHOWH3UR]HVVHYHUVWDQGHQZHUGHQ'HVKDOELVWGLH%HKDXSWXQJYRQ/HLVV  17), dass konstruktionsgrammatische Modelle durch die Abschaffung von Regeln DXIUHLQHU1DFKDKPXQJEHUXKHQJHQDXVRXQ]XWUHIIHQGZLHGLH'LVTXDOLÀ]LHUXQJ GHU .RQVWUXNWLRQVJUDPPDWLN DOV ÅK\SHUWURSKHV 5LWXDO´ HEG   ÅDQWLZLVVHQVFKDIWOLFKHV´3URJUDPP HEG XQGÅ%HWlWLJXQJVIHOGV\QWDNWLVFK8QEHJDEWHU´ HEG )XVLRQVRGHU8QLÀNDWLRQVSULQ]LSLHQGXUFK0HUNPDOVDEJOHLFKRGHU Analogie ersetzen das Modell der allgemein gültigen Regel über minimalen Bausteinen. Sie stellen somit eine besondere Art von Regeln dar.30 Basisverben beruhen als kompakte lexikalische Zeichen in der Regel auf arbiträren Form-Bedeutungs-Zuordnungen. Werden die Basisverben frame-semanWLVFKDQDO\VLHUWVRLVWGLH%HGHXWXQJGHU39.KlXÀJWUDQVSDUHQWZDVLQ am Beispiel von „tanzen“ in unterschiedlichen syntaktischen Umgebungen aufgezeigt wird. Gleichwohl handelt es sich bei vielen PVK um kollokational gefestigte HLQ *HUlW DQVFKOLH‰HQ  RGHU KHXWH RSDNH %LOGXQJHQ HWZ DQIDQJHQ  +lXÀJ weist ein PVK, welcher auf der Grundlage einer Konstruktion gebildet wurde, parallel transparente (die Leiter anstellen) und durch metaphorische Ableitungen OH[LNDOLVLHUWH%HGHXWXQJHQ MGQDQVWHOOHQ DXI+lXÀJKDQGHOWHVVLFKXPMHZHLOV transparente Bildungen durch verschiedene homonyme Konstruktionen wie bei „ein Plakat anschlagen (befestigen), das Ziel anschlagen (gerichtete Tätigkeit), etwas nur angeschlagen haben (nicht zerschlagen)“. Transparenz ist eine graduelle Eigenschaft, was in 2.3 am Beispiel von „jdn. anschreien“ und „jdn. anrufen“ dargestellt wurde. In vielen Fällen ist die Bedeutung des Basisverbs innerhalb eines PVK lexikalisiert. Dennoch bleibt der Bedeutungsbeitrag der KonstrukWLRQ KlXÀJ WUDQVSDUHQW RGHU NDQQ DOV PHWDSKRULVFK RGHU PHWRQ\PLVFK PRWLviert analysiert werden. Der Vorteil eines konstruktionsgrammatischen Zugangs liegt darin, dass völlig oder teilweise idiomatisierte Komplexe und transparente Bildungen in einem Format analysiert werden, was Stefanowitsch (2011) als logisch-ökonomischen Vorteil der Konstruktionsgrammatik gegenüber modularen Modellen bezeichnet. Grundsätzlich ist zu beachten, dass Transparenz nicht nur eine Eigenschaft ]ZLVFKHQ 6LPSOH[ XQG .RQVWUXNWLRQ LVW +lXÀJ LVW GHU %OLFN DXIHLQH DQGHUH 30

&I&URIW E XQG%\EHH  

4.4 Kompositionalität und Transparenz

75

Konstruktion oder einen anderen PVK aufschlussreich, um die Motivation für eine Bildung systematisch zu verstehen. So ist „etw. ankauen“ nicht nur in Bezug auf „kauen“ und die transitive Partialkonstruktion zu analysieren, sondern im .RQWUDVW ]X ÅHWZ GXUFKNDXHQ´ *UXQGVlW]OLFK JLOW HLQ 39. LVW XPVR WUDQVSDrenter, je mehr zentrale Leerstellen des verbalen Frames durch Argumente der Konstruktion ausgedrückt werden, was am Beispiel von „etw. anbinden“ deutlich wird. Die Transparenz ist umso schwächer, je weniger zentrale Leerstellen des verbalen Frames durch Argumente der Konstruktion ausgedrückt werden. Die Bedeutung der Argumentkonstruktionen ist für sich genommen arbiträr, kann jedoch in ihrer Entstehungsgeschichte, bei polysemer Verwendung und teilweise sogar bei homonymer Verwendung unter diachroner Perspektive als motiviert bezeichnet werden. Ich beziehe mich hierbei auf Saussure (1916), der den Begriff der Motiviertheit geprägt hat. Während die Bedeutungen der Basiseinheiten arbiträr sind, ist ihre Kombination insofern motiviert, als dass ein rekurrentes 0XVWHU]X*UXQGHOLHJW6DXVVXUH I IKUWDOV%HLVSLHOÅGL[QHXI´ also „zehn-neun“ (neunzehn) im Gegensatz zu „vingt“ (zwanzig) auf und bezeichnet die erste Bildung im Gegensatz zur zweiten als motiviert. Betrachten wir sein Beispiel konstruktionsgrammatisch, so ist „dix-neuf“ innerhalb der Konstruktion [dix-7,8,9]=[17,18,19] motiviert, so wie im Deutschen „neunzehn“ innerhalb der Konstruktion [3,4,...zehn]=[13,14...]. Fehlt der Blick vom Ganzen zu den Einheiten, so bleibt eine nicht motivierte Anordnung einzelner Zahlen. Weder Transparenz noch Motiviertheit sollten jedoch mit Vorhersagbarkeit von FormFunktions-Paaren verwechselt werden. Die motivierte Bildung aus „lächeln“ und der Konstruktion zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten muss nicht so sein, wie sie ist. Aber da sie so ist, wie sie ist, ist „jdn. anlächeln“ genauso wie das okkasionelle „jdn. anrauchen“ motiviert, obwohl beide Verben bei Defaultverwendung mit unterschiedlichen Argumentkonstruktionen gebraucht werden. Deutlich wird die Motiviertheit von Argumentkonstruktionen, wenn sie mit anderen formal und semantisch verwandten einer Sprache verglichen werden. So ist es kein Zufall, dass in der Argumentkonstruktion mit „an“ zum Ausdruck von Transferhandlungen (jdm. etw. antrainieren) der Rezipient mit dem Dativ gekennzeichnet wird, genauso wie das in der allgemeinen Ditransitivkonstruktion auf der Schablone von „jdm. etw. geben“ der Fall ist. Die zahlreichen motivierten Beziehungen werden in 8.5 unter dem Stichwort ‚Vererbungslinks’ dargestellt. Ebenso wird bei Darstellung des Systems polysemer und homonymer Argumentkonstruktionen mit „an“ detailliert auf den Begriff der Motiviertheit unter dem Stichwort struktureller Ikonizität und Isomorphie eingegangen. Eine Grundüberlegung ist, dass IRUPDO lKQOLFKH RGHU LGHQWLVFKH 6WUXNWXUHQ KlXÀJ DXFK lKQOLFKH %HGHXWXQJHQ ausdrücken, worin das Prinzip der Motivation begründet liegt. Transparenz und Motivation sind die wesentlichen Voraussetzungen für Produktivität.

76

4. Was bedeutet Konstruktionsgrammatik?

4.5 Produktivität Unter Produktivität von Argumentkonstruktionen wird die Wahrscheinlichkeit verstanden, dass sie mit neuen Verben gebraucht werden.31 Produktivität wird DQKDQGYRQGUHLZHVHQWOLFKHQ)DNWRUHQGLVNXWLHUWGHUType-Umfang einer Kategorie, die Token-Frequenz einzelner Mitglieder der Kategorie und Transparenz. $URQRII  VFKOlJWLP5DKPHQHLQHUUHJHOEDVLHUWHQ:RUWELOGXQJVWKHRULH vor, Produktivität durch das Verhältnis zwischen der Zahl belegter Wortbildungen und der Zahl möglicher Bildungen, „which we feel could occur as the output“ einer Wortbildungsregel, zu ermitteln. Problematisch ist vor allem die Ermittlung möglicher Bildungen. Analog zu „etw. antransportieren, anfahren, anrollen“ VROOWHDXFKÅHWZDQÁLHJHQ´HLQHP|JOLFKH%LOGXQJVHLQ0|JOLFKLVWVLHWDWVlFKOLFK UHDOLWHUMHGRFKLVWÅHWZDQÁLHJHQ´LQGHU%HGHXWXQJYRQÅHWZDQWUDQVSRUWLHUHQ´LQ NHLQHPGHU.RUSRUDEHOHJWZDVP(GXUFKGHQIUHTXHQWHQ*HEUDXFKYRQÅÁLHJHQ´DOV,QVWDQ]GHU.RQVWUXNWLRQ]LHOJHULFKWHWHU7lWLJNHLWHQÅHLQ=LHODQÁLHJHQ´ erklärt werden könnte. %RRLM    VFKOlJW LP 5DKPHQ HLQHU UHJHOEDVLHUWHQ *UDPPDWLN YRU Produktivität invers zur Zahl kategorialer Restriktionen zu ermitteln. Dieser Vorschlag ließe sich auf ähnlichkeitsbasierte Analogiebildungen als Zugangsbeschränkungen für ein morphologisches oder syntaktisches Muster übertragen. Allein die Belege sprechen gegen kategoriale Restriktionen und für pragmatische Implikaturen. Basieren PVK wie „etw. anzwecken, anseilen“ auf den Verben „?zwecken, ?seilen“ oder auf entsprechenden Nomen? Warum lassen sich Belege für „jdn. aneseln, anelchen, anhengsten“ kein einziger jedoch für „jdn. ankatzen, DQKXQGHQ´ ÀQGHQ" $XFK 6WLHEHOV    SOlGLHUW IU HLQHQ 3URGXNWLYLWlWVbegriff auf der Grundlage von kategorialen Restriktionen, welche sich aus der semantischen Form der Basisverben ergeben. Man könnte versucht sein, die Konstruktion zum Ausdruck des Handlungsbeginns oder ihres vorzeitigen Abbruchs kategorial auf agentive transitive Verben zu beschränken. Belegte Bildungen wie „etw. anwelken, anarbeiten“ können somit jedoch nicht erklärt werden. Anstelle von Regeln oder selbst konstruierten Bildungen stütze ich mich auf Belege aus den Korpora. Als grober Richtwert für Produktivität kann die Zahl GHU 0LWJOLHGHU HLQHU .DWHJRULH EHVWLPPW ZHUGHQ %DD\HQ    VFKUHLEW von „realized productivity“ oder dem „extend of use“. Dieser gibt jedoch keine direkte Auskunft über Produktivität als Prozess, d. h. erwartbare, noch nicht gebildete PVK und deren Anteil am Wachstum des Gesamtwortschatzes. Da es in dieser Arbeit primär um die Bestimmung der Konstruktionen selbst und entsprechender Gebrauchsimplikaturen geht, mag jene statische Type-Erhebung genügen, ist im Folgenden aber differenzierter zu betrachten. Grundlegend gehe ich mit

31

%\EHH  ZHLVWGDUDXIKLQGDVVMHGH/HHUVWHOOHHLQHU.RQVWUXNWLRQHLQHQVSH]LÀschen Grad an Produktivität aufweist. Bei schematischen Argumentkonstruktionen ist der Verbslot von besonderem Interesse. Bei idiomatischen Fügungen wie „X ruft Y an“ ergibt VLFK3URGXNWLYLWlWGXUFKGLHÁH[LEOH%HVHW]XQJYRQ;XQG@ NHLQHQ DX‰HUsprachlichen Sachverhalt an und für sich. Was es gibt, sind immer nur sprachliche Beschreibungen eines mit der Beschreibung als unabhängig angenommenen Sachverhalts. Perzeptionen werden erst in der Versprachlichung bewusst.“ 6 Mit anderen Worten steht die Welt nicht zur sprachlichen Abbildung zur Verfügung, sondern wird u. a. mittels Sprache erst einmal strukturiert. Hierbei sind Wahrnehmung und Handlungserfahrungen von zentraler Bedeutung bei der Kategorieund Begriffsbildung außerhalb scharfer Grenzen im Sinne der formalen Logik.7 Auf empirische Evidenz gegen eine semantisch-strukturelle Merkmalszerlegung PDFKWEHVRQGHUV)LOOPRUH I DXIPHUNVDPGHULQGHP$XIVDW]Å$Q alternative to checklist theories of meaning“ fragt, warum beispielsweise der Papst, Tarzan oder ein nicht verheiratet in Beziehung lebender hetero- oder homosexueller Mann nicht als Junggeselle (bachelor) bezeichnet werden, wenn dessen Bedeutung in strukturalistischer Praxis als „erwachsener unverheirateter Mann“ 8 angegebenen wird. Er argumentiert für eine ganzheitliche Repräsentation, die über klassische semantische Beziehungen wie Synonymie und Antonymie, semantische Felder und Merkmalsmatrizen hinausgeht und kulturelles Hintergrundwissen über Geschlechterrollen, Situationswissen bezüglich der sozialen Umgebung und Handlungswissen bezüglich der kommunikativen Absicht etc. erIDVVW6REHPHUNW)LOOPRUH EI GDVVVLFKGLH%HGHXWXQJYRQÅEDFKHORU´ erst vor dem Hintergrund eines idealisierten abendländischen Weltbildes abhebt, in welchem weder der Papst noch Tarzan oder unverheiratet zusammen lebende Paare enthalten seien. Exemplarisch für die Bedeutung von Hintergrundwissen, YRUGHPVLFKGLH%HGHXWXQJHLQ]HOQHU/H[HPHDEKHEWLVW/DQJDFNHUV 

6 7

8

den Gegenständen an sich und abgesondert von aller dieser Receptivität unserer Sinnlichkeit haben möge, bleibt uns gänzlich unbekannt. Wir kennen nichts als unsere Art, sie wahrzunehmen, die uns eigenthümlich ist, die auch nicht nothwendig jedem Wesen, ob zwar jedem 0HQVFKHQ]XNRPPHQPX‰´(EHQVRZHLVW+XPEROGW  DXIGLHVXEMHNWLYH.RQVWUXNWLRQGHU5HDOLWlWKLQÅ'HQQGDV:RUWHQWVWHKWHEHQDXVGHU:DKUQHKPXQJLVWQLFKWHLQ Abdruck des Gegenstandes an sich, sondern des von diesem in der Seele erzeugten Bildes.“ Jene Subjektivität der Wahrnehmung führe dazu, ein Ereignis nur perspektivisch darstellen zu können. Anders als Kant, der intersubjektive Kategorien auf angeborene Kategorien der Vernunft zurückführt, ist für Humboldt die Sprache eine kulturelle intersubjektive Tätigkeit der Kategorisierung. &IHEHQVR6FKZDU]   &I 5RVFK    ]XU %HGHXWXQJ YRQ 3HU]HSWLRQ XQG .RJQLWLRQ EHL GHU .DWHJRULHELOGXQJXQG7D\ORU II ]XU8QVFKlUIHYRQ.DWHJRULHJUHQ]HQZHOFKHEHUVRJHQDQQWH Heckenausdrücke (hedges) des „mehr oder weniger“ beschrieben werden. Ebenso Kleiber D I  ]XU %HGHXWXQJ YRQ )XQNWLRQDOLWlW :DV XQWHU HLQH .DWHJRULH IlOOW RGHU QLFKW liegt maßgeblich an alltäglichen Handlungsabläufen, in denen bestimmte Dinge auf ganz bestimmte Weise (motorische Programme) typischerweise gebraucht werden %LHUZLVFK    DQDO\VLHUW Å-XQJJHVHOOH´ DXI VHPDQWLVFKHU (EHQH DOV [PlQQOLFK ], [HUZDFKVHQ ], [XQYHUKHLUDWHW ]-DNREVRQ I SDUDSKUDVLHUWÅEDFKHORU´DOVÅXQPDUULHG

5.1 Frame-Semantik – Hintergründe

85

  %HLVSLHO YRQ Å1DEH 6SHLFKH )HOJH´ GLH MHZHLOV HLQHQ DQGHUHQ $XVVFKQLWWGHU%HVFKDIIHQKHLWHLQHV5DGHVSURÀOLHUHQZRGXUFKVLFKLKUH%HGHXWXQJ erst vor entsprechendem Gesamtkonzept als Teil-Ganzes-Beziehung abhebt. Die Bedeutung einer lexikalischen Einheit, genauso wie die eines Satzes ist nach /DQJDFNHU  DOV6XEVWUXNWXUHLQHVNRJQLWLYHQ+LQWHUJUXQGHV]XYHUVWHKHQ/DNRII II VSULFKWLQGLHVHP=XVDPPHQKDQJYRQLGHDOLVLHUWHQNRJQLWLYHQ0RGHOOHQ ,&0 ZHOFKHQHEHQGHPHUIDKUXQJVXQGNXOWXUVSH]LÀVFKHQ Hintergrund- und Handlungswissen, perzeptuelle Grundschemata, metaphorische und metonymische Bezüge und Abbildungen beinhalten.9 Zentral ist die Idee, dass sprachliche Bedeutungen nicht getrennt von einem konzeptuellen Hintergrundwissen zu erfassen sind. Die Terminologie für jenes +LQWHUJUXQGZLVVHQ LVW UHFKW YHUZRUUHQ )LOOPRUH D I  VSULFKW YRQ ÅVFHQHV´    LQ $QOHKQXQJ DQ 0LQVN\    YRQ ÅIUDPHV´   YRQÅVWRU\´6FKDQN $EHOVRQ II IKUHQGHQÅVFULSW´%HJULIIHLQ GHQ6FKDQN  ]X*XQVWHQVRJHQDQQWHUÅPHPRU\RUJDQL]DWLRQSDNHWV´ 023 UHYLGLHUW/DQJDFNHU II VFKUHLEWYRQNRJQLWLYHQ'RPlQHQRGHU Schemata.10 Ich werde im Folgenden zur Bezeichnung jenes Hintergrundwissens ausschließlich den Begriff „Frame“ verwenden und kurz auf seine Entwicklung eingehen. Die Frame-Theorie geht in der angloamerikanischen Literatur auf die gestaltpsychologische Gedächtnistheorie Bartletts (1932) zurück. Wichtige GrundODJHQÀQGHQVLFKEHUHLWVLQ8QWHUVXFKXQJHQ]XU:DKUQHKPXQJVSV\FKRORJLHEHL Ehrenfels (1890).11 Zentral ist die Annahme, dass Wissensstrukturen im Allgemeinen und sprachliches Wissen im Besonderen nicht auf primitiven atomaren Minimaleinheiten und deren regelgeleiteter Kombination beruhen, sondern vor dem Hintergrund bereits gemachter alltäglicher und sprachlicher Erfahrungen bestehen. Letztere werden durch die allgemeine Abstraktions- und Kategorisierungsfähigkeit des Menschen zu skelettartigen, holistischen Strukturen

9

10 11

man“, merkt jedoch an, dass solche Paraphrasen jeweils kulturelles Hintergrundwissen über „Mann“ und „Heirat“ aktivieren und Netzwerke (Texturen) von Typen bilden, die von entsprechenden Token aktiviert werden. Dennoch zieht sich durch das gesamte Werk Jakobsons die Idee der fundamentalen binären Opposition als Ordnungs- und Kategorisierungsgrundlage sprachlicher Einheiten. /DNRII  PRGHOOLHUWHLQVROFKHV&OXVWHUIUÅ0XWWHU´DXVHLQHP*HEXUWVPRGHOO einem genetischen Modell (Vererbung), einem Fürsorgemodell, einem Ehemodell (Frau des Vaters) und einem genealogischen Modell (direkter weiblicher Vorgänger). Während die als „Mutter“ bezeichneten Personen (Kategoriemitglieder) in traditionellen abendländischen Gesellschaften bis auf ein getrenntes Nährmodell für „Amme“ oder „Ziehmutter“ alle Merkmale des Clusters vereinten, seien in der Moderne einzelne Modelle verschieden gewichtet. %HOHJHKLHUIUVHLHQVRJHQDQQWH+HFNHQDXVGUFNHZLHÅPHLQHULFKWLJHHLJHQWOLFKH0XWWHU´ )UHLQHNULWLVFKH%HVSUHFKXQJFI.RQHUGLQJ II  (LQHGLIIHUHQ]LHUWHhEHUVLFKWELHWHW=LHP   (KUHQIHOV    Å8QWHU *HVWDOWTXDOLWlWHQ YHUVWHKHQ ZLU VROFKH SRVLWLYH 9RUVWHOlungsinhalte, welche an das Vorhandensein von Vorstellungscomplexen im Bewusstsein gebunden sind, die ihrerseits aus von einander trennbaren (d. h. ohne einander vorstellbaren) Elementen bestehen.“

86

5. Verblexeme

(Gestalten) abstrahiert. Das Verstehen von Sprache beruht genauso wie die Wahrnehmung und Verarbeitung nicht sprachlicher Informationen auf dem Herstellen von Beziehungen zwischen Entitäten innerhalb bestehender Beziehungsmuster oder Schemata. Diese werden auf die Konstitution der menschlichen Kognition zurückgeführt. Die Arbeit des kapazitiv beschränkten Kurzzeitgedächtnisses funktioniert durch die Einbettung neuer Informationen in gespeicherte Frames bzw. in deren Slots oder Leerstellen, wodurch nicht jedes Mal von Null Interpretationsstrukturen aufgebaut werden.12 Bartlett (1932) führt den Begriff „Schema“ ein, womit er sich auf das experimentell nachgewiesene Hintergrundwissen bei Verstehensprozessen bezieht.13(U  VFKUHLEWÅ'HWHUPLQDWLRQE\ VFKHPDWDLVWKHPRVWIXQGDPHQWDORIDOOWKHZD\VLQZKLFKZHFDQEHLQÁXHQFHGE\ reactions and experiences which occurred some time in the past.“ Vor dem Hintergrund einer allgemeinen Theorie zur Wissensrepräsentation auf der Grundlage YRQVWDQGDUGLVLHUWHQ+LQWHUJUXQGVWUXNWXUHQEHVFKUHLEW0LQVN\  HLQHQ )UDPH ZLH IROJW Å:KHQ RQH HQFRXQWHUV D QHZ VLWXDWLRQ >@ RQH VHOHFWV IURP memory a substantial structure called a Frame. [...] A frame is a data-structure for representing a stereotyped situation, like being in a certain kind of living room, or going to a child’s birthday party.“ Jeder Wissensrahmen beinhalte mehrere variable Stellen und Standardwerte, welche Vorwegnahmen über das weitere Geschehen und die Integration neuer Informationen in Bekanntes erlauben. Später bezieht 0LQVN\  QHEHQGHP6SUDFKYHUVWHKHQMHJOLFKH:DKUQHKPXQJVSUR]HVVH auf Hintergrundstrukturen, welche die Interpretation von Wahrgenommenem XQGGHVVHQ6HOHNWLRQVWHXHUQÅHDFKSHUFHSWXDOH[SHULHQFHDFWLYDWHVVRPHVWUXFture that we’ll call frames – structures we’ve acquired in the course of previous H[SHULHQFH´ 0LQVN\    GHÀQLHUW HLQHQ )UDPH DOV ÅD VRUW RI VNHOHWRQ VRPHZKDWOLNHDQDSSOLFDWLRQIRUPZLWKPDQ\EODQNVRUVORWVWREHÀOOHG´ Für die linguistische Anwendung ist der Frame-Begriff bereits von Minsky  GLIIHUHQ]LHUW(UVSULFKWDXIGHUHLQHQ6HLWHYRQ%HGHXWXQJV)UDPHV auf einer Tiefenebene als Szenarien wiederkehrender Handlungsabläufe und tradierter, komplexer Wissensstrukturen, die ich als Frame bezeichne. Auf der DQGHUHQ6HLWHVSULFKWHUYRQV\QWDNWLVFKHQ)UDPHVDXIGHU2EHUÁlFKHZHOFKHEHstimmte Entitäten eines Szenarios auf ganz bestimmte Weise zueinander in Be]LHKXQJVHW]HQ'LHVHEH]HLFKQHWHUDOVVHPDQWLVFKH2EHUÁlFKHQ)UDPHVZHOFKH dem Konzept von Argumentstrukturen entsprechen.

12

13

%LOGOLFKEHVFKUHLEW6FKPLGW  GLH)XQNWLRQYRQ)UDPHVZLHIROJWÅ[S]ie ermöglichen es dem Bewusstsein, statt des mühsamen Durchmusterns von Details (Blättern, Zweigen, Ästen, Stamm, Rinde...) ‚auf einen Schlag’ etwas als Baum wahrzunehmen und damit umzugehen.“ Barlett stellt fest, dass die Nacherzählungen zuvor gelesener Texte systematische Unterschiede zum Original aufweisen. Unbekannte Informationen in den Originaltexten werden in der Nacherzählung entweder ausgelassen oder aber in bekanntes Wissen durch Hinzufügung von LP2ULJLQDOQLFKWHQWKDOWHQHQ,QIRUPDWLRQHQLQWHJULHUW0LQVN\  VFKUHLEW]XVSLW]HQGLQ$QOHKQXQJDQ0DUFHO3URXVWÅ(DFKUHDGHUUHDGVRQO\ZKDWLVDOUHDG\LQVLGHKLPVHOI´ 3RKO  VSULFKWGLHVEH]JOLFKYRQ5HNRQVWUXNWLRQHQDXIGHU%DVLVYRQÅ1RUPDOIDOOregularitäten“.

5.1 Frame-Semantik – Hintergründe

87

)LOOPRUH II GLIIHUHQ]LHUW]ZLVFKHQNRJQLWLYHQ6]HQHQ VFHQH ZHOFKH GXUFK VSUDFKVSH]LÀVFKH 5DKPHQ IUDPHV  DXVJHGUFNW ZHUGHQ GLH YHUPXWOLFK DXI HLQHP 6HW DQJHERUHQHU VHPDQWLVFKHU 7LHIHQNDVXV EHUXKHQ (U D   führt als Beispiel ein Kaufereignis (Szene) als Kategorie einer ganzen Gruppe YRQ9HUEHQ NDXIHQYHUNDXIHQ DQVLHEHLQKDOWHGXUFKXQVHUH(UIDKUXQJHQHLnen Käufer und Verkäufer, einen Warentransfer, eine Bezahlhandlung, einen Ort, HLQH=HLWHWF6SlWHUZHQGHWVLFK)LOOPRUH  YRP.RQ]HSW angeborener semantischer Tiefenkasus ab und versteht unter Frames allgemeine Situationstypen, welche in Form von Leerstellen das Bedeutungspotential für eine Äußerung bilden.14 Bevor ich einzelne Ansätze verbaler Frame-Analysen besprechen und einen 9RUVFKODJ]XLKUHU(UPLWWOXQJPDFKHQZHUGHVHL)ROJHQGHVIHVWJHKDOWHQ6SUDFKliche Bedeutungen sollten im Rahmen einer gebrauchsbasierten Sprachtheorie nicht mittels isolierter Primitiva beschrieben werden. Was ein Lexem bedeutet, sind Abstraktionen aus seinem unterschiedlichen Gebrauch. Dieser wird vor dem Hintergrund holistischer Frames analysiert. Sie bestehen aus konventionalisierten Standardannahmen (default values) und variablen Leerstellen (slots),15 welche GXUFKNRQNUHWH,QVWDQ]HQ ÀOOHU EHVHW]WZHUGHQN|QQHQ'LH/HHUVWHOOHQELOGHQ das Prädikationspotential. Verben werden als Instanzen bestimmter Frames bestimmt. Sie differenzieren sich durch die sogenannten idiosynkratischen Merkmale. Der Ausschnitt, welcher aus einem Frame sprachlich ausgedrückt wird, ist meiner Hypothese zufolge nicht ein für alle Male durch ein Basisverb vorbestimmt. Erst die Argumentkonstruktionen, seien sie an das Verb gebunden oder ad hoc mit ihm fusioniert, legen eine minimale semantische Relation und deren IRUPDOHQ$XVGUXFNIHVW%HWUDFKWHWPDQPLW6HDUOH II &URIW  52) den grundlegenden propositionalen Akt als ein Zusammenspiel aus Referenz und Prädikation, so bezieht sich erstere auf einen aktivierten kognitiven Komplex, den Frame, letztere auf die konkreten Füll- und Standardwerte des Frames, welchen, als Argumente ausgedrückt, eine von der Konstruktion bedeutete Beschaffenheit zukommt.16 Um die Ermittlung und Ordnung jener Frame-Werte geht es im Folgenden.

14 15 16

Zur Kritik an dem Konzept eines angeborenen Sets semantischer Rollen siehe auch Croft II XQG)LOOPRUH II  9RQ3ROHQ]  VFKOlJWGHQ7HUPLQXVÅ%H]XJVVWHOOH´YRUXPDXFKQLFKWLQGHU9DOHQ] enthaltene „hintergründige Bezugsobjekte“ zu erfassen. ,FKEH]LHKHPLFKDXIGLH'HÀQLWLRQYRQ3UlGLNDWLRQGXUFK%RFKH Q VNL  

88

5. Verblexeme

5.2 Repräsentation von Verblexemen in Frame-Strukturen 6HLW 0LQVN\    ZLUG XQG ZXUGH YLHOIDFK YHUVXFKW HLQHQ )UDPH GXUFK mögliche Fragen zu einer Situation oder einem sprachlichem Ausdruck zu ermitteln, wobei die Gesamtheit der möglichen Fragen den Frame als eine „collection RI TXHVWLRQV´ ELOGHW (EHQVR JHKW )LOOPRUH D   LQ IUKHQ (LQ]HODQDO\sen vor, zum Beispiel bei der Ermittlung des Frames von „schreiben“ (to write). Jede Frage steht für eine Leerstelle, welche sprachlich realisiert eine Prädikation darstellt (1). (1) schreiben a. was? b. worauf? c. womit? Jede konkrete Besetzung eines Slots führt wiederum zu neuen Fragen und er|IIQHWVRPLWQHXH/HHUVWHOOHQ6RHUZHLWHUW)LOOPRUH D GHQ)UDPHIU „einen Brief schreiben“ wie folgt (2). (2) „einen Brief schreiben“ a. Wem wird der Brief geschrieben? b. Wann wird er verschickt? c. Wann wird er ankommen? d. Wird er beantwortet? Das assoziative Vorgehen liegt darin begründet, dass nicht nur syntaxrelevantes :LVVHQLP6LQQHYRQ$UJXPHQWVWUXNWXUHQHUIUDJWZLUG%HUHLWV3DXO  26) weist auf die assoziative Struktur des Sprachgebrauchs hin als „Produkt aus alldem, was früher einmal durch Hören anderer, durch eigenes Sprechen und Denken in den Formen der Sprache ins Bewusstsein getreten ist.“ Einen ganz ähnlichen, experimentell begründeten Vorschlag zur Frame-Ermittlung über die Erstellung eines Fragekataloges macht Heringer (1986). Seine Arbeit gründet hauptsächlich auf der Einsicht, dass eine strikte Unterscheidung zwischen Ergänzungen und Angaben kaum operabel und sinnvoll ist. Er gibt GHXWVFKHQ0XWWHUVSUDFKOHUQ,QÀQLWLYHYRUPLWGHU$XIJDEHGLHGXUFKVLH assoziierten Fragen zu formulieren, welche er als Leerstellen entsprechender Frames bestimmt. Die Auswertung von Reaktionszeit und Frequenz führt zu einer graduellen, semantischen Differenzierung zwischen Ergänzungen und AnJDEHQ%HPHUNHQVZHUWLVW+HULQJHUV I $QVDW]$VVR]LDWLRQHQLP6LQQH Saussures paradigmatischer Ebene auch auf die syntagmatische zu übertragen und dies auf der Grundlagen einer komplexen semantischen Struktur. Allgemeine Frame-Strukturen, welche als Kategorien für mehrere Verben gelten könnten, werden nicht entwickelt. Letztlich liegt jedem Lexem eine komplexe semantische Struktur zu Grunde, aus der, ohne scharfe Abgrenzung zwischen Ergänzungen und Angaben, mögliche syntaktische Umgebungen mittels assoziativer Fragen

5.2 Repräsentation von Verblexemen in Frame-Strukturen

89

ermittelt werden. Allerdings geht Heringer nicht weiter auf den Zusammenhang zwischen konzeptuellen Leerstellen und ihrem syntaktischen Ausdruck ein. Storrer (1992) arbeitet Heringers Ansatz zu einem Modell der dynamischen Situationsvalenz aus – was programmatisch bereits von Welke (1989) umrissen XQG VSlWHU      ]X HLQHP 0HKU(EHQHQ0RGHOO GHU 8PSHUVpektivierung ausgearbeitet wurde. Als für die Valenz relevante Parameter beVWLPPW6WRUUHU II JDQ]YHUVFKLHGHQH:LVVHQVEHUHLFKH(LQHUVHLWVJHKW HVXPJHVHW]DUWLJHV:LVVHQEHUHLQOH[HPVSH]LÀVFKHV5ROOHQLQYHQWDUOHW]WOLFK die Grundvalenz. In 3.6 wurde dafür argumentiert, von Argumentstrukturen zu sprechen, welche typischerweise mit einem Verb assoziiert werden. Andererseits geht es um Erfahrungswissen über rekurrente Situationstypen mit ihrem entsprechenden konzeptuellen Rolleninventar und die jeweils spezielle Konstellation der Äußerungssituation. Die Dynamik ihres Ansatzes ergibt sich durch HLQ ]ZHLVWXÀJHV =XRUGQXQJVPRGHOO ]ZLVFKHQ 6LWXDWLRQV XQG 9HUEUROOHQ $OV HUVWHQ 6FKULWW EHVWLPPW 6WRUUHU  II  GLH $XVZDKO GHU UHOHYDQWHQ 6LWXationsrollen aus einem komplexen Ereignis. Jene Auswahl geschieht durch ein Filtersystem aus Sprecherwissen, dem angenommenen Wissen des Hörers, der möglichen Rekonstruierbarkeit durch die Äußerungssituation, der Prüfung, ob entsprechende Rolle eventuell durch einen Situationsstandard, wie zum Beispiel das Geben von Karten beim Kartenspiel, bereits vorweggenommen werden kann XQGHLQHP,QWHUHVVHQÀOWHUGHUGLH$EVLFKWGHV6SUHFKHUVEH]JOLFKGHV+|UHUV umfasst. Situationsrollen, welche alle Filter durchlaufen, stellen eine Grundlage der Versprachlichung dar. Auf einer zweiten Ebene werden noch unabhängig von valenziellen Fragen alle Verben aktiviert, die dem auszudrückenden Situationstyp HQWVSUHFKHQ6WRUUHU HEGII QLPPWHLQHQZHLWHUHQ7HLOVFKULWWDQGHQVLHDOV „Pattern Matching“ bezeichnet. Die Lexeme werden auf die durch ihre Valenz REOLJDWRULVFK]XUHDOLVLHUHQGHQ$UJXPHQWHJHSUIW²6WRUUHU HEGI VSULFKW GLHVEH]JOLFK YRQ ÅSHUVSHNWLYLHUXQJVÀ[LHUWHQ´ 5ROOHQ 6WLPPHQ MHQH REOLJDWRULVFK ]X UHDOLVLHUHQGHQ 5ROOHQ QLFKW PLW GHQ KHUDXVJHÀOWHUWHQ 6LWXDWLRQVUROOHQ überein, so scheiden entsprechende Verben aus. Die Bedeutung von Storrers Ansatz liegt in der systematischen und durch das Filtersystem operablen Einbeziehung der Äußerungssituation als pragmatische Ebene. Wenn auch nicht explizit, so scheint sie von Frames (Situationen) auszugehen, welche als komplexe Referenzrahmen einzelner Verblexeme dienen. Allerdings geht Storrer genauso wie Heringer nicht über das Einzellexem hinaus. Verben werden nicht als Instanzen übergeordneter abstrakter Frames kategorisiert. Ein weiteres Problem bei Storrers Vorschlag sehe ich in der Ermittlung der REOLJDWRULVFKHQ SHUVSHNWLYLHUXQJVÀ[LHUWHQ $UJXPHQWH6LH II JHKW von lexemgebundenen Argumentstrukturen aus, welche in Abhängigkeit von der Äußerungs- und Rekurssituation erweitert oder aber reduziert werden. PVK behandelt Storrer genauso wie Simplizia. ,FKZHUGHLP)ROJHQGHQHLQH$UEHLWYRQ%DOOPHU %UHQQHQVWXKO  EHsprechen, in der viele der kurz aufgeführten Kritikpunkte bereits anklingen. EntVFKHLGHQGLVWLKU  $QVDW]SXQNWGDVV9HUEHQLP6WDQGDUGIDOO3UR]HVVH ausdrücken, das heißt, geistige, materielle und soziale Abläufe in der Zeit, die aus einer Ausgangs- und Endsituation, bestimmten Voraussetzungen, Resultaten

90

5. Verblexeme

XQG.RQVHTXHQ]HQEHVWHKHQ%DOOPHU %UHQQHQVWXKO  JHKHQQLFKWSULPlU von einer lexemgebundenen Argumentstruktur aus, sondern von Klassen, welche über Paraphrasen bestimmt werden. So werden beispielsweise die Verben „gehen, schleichen, trotten, rennen...“ als Mitglieder einer Klasse durch die Paraphrase „sich zu Fuß von Ort zu Ort fortbewegen“ bestimmt. Die mit der Paraphrase YHUEXQGHQHQ,PSOLNDWLRQHQELOGHQIU%DOOPHU %UHQQHQVWXKO II GLH Grundlage zur Bildung von holistischen Modellen (Frames). Jene Implikationen HQWQHKPHQVLH HEG DOOHUGLQJVLKUHU,QWXLWLRQEHURQWRORJLVFKJHJHEHQH QLFKWNRQ]HSWXHOOH3UR]HVVNRPSRQHQWHQ6RHUPLWWHOQVLH HEG EHLVSLHOVZHLVH ein Fortbewegungsmodell, dessen Komponenten sie als jeweilige Voraussetzungen und Folgen im zeitlichen Ablauf von (3a) bis (3e) bestimmen. (3) )RUWEHZHJXQJVPRGHOO,PSOLNDWLRQHQGHU)RUWEHZHJXQJ a. Ruhelage b. Aufbrechen c. Sich Fortbewegen d. Eintreffen e. Rasten Interessant ist nun, dass sie die einzelnen Verben den verschiedenen Komponenten (a-e) zuordnen und diese dabei lexikalisch an Argumentstrukturen binden, die als „Verbschemata“ bezeichnet werden, welche für den intransitiven Gebrauch als „jd.“ wiedergegeben werden. Orts- und Richtungsangaben scheinen HUVWHLQPDONHLQH5ROOH]XVSLHOHQ%HLGHU.ODVVLÀ]LHUXQJIlOOWLKQHQQLFKWDXI dass fast alle Basisverben unter (a) und (c) geordnet werden, (b) und (d) hingegen besetzen hauptsächlich PVK, was in (4) gezeigt wird. Gleiches trifft übrigens auf ein postuliertes Wahrnehmungsmodell zu, in dem nur die Simplizia wie „hören, sehen, fühlen“ die Wahrnehmung selbst ausdrücken, deren gesteigerte Aktivität jedoch fast durchgängig durch die Partikel „an“ realisiert wird. (4)     

)RUWEHZHJXQJVPRGHOO,PSOLNDWLRQHQGHU)RUWEHZHJXQJ D 5XKHODJHVLW]HQOLHJHQVWHKHQMG E $XIEUHFKHQORVJHKHQZHJJHKHQDXIEUHFKHQMG F 6LFK)RUWEHZHJHQJHKHQODXIHQPDUVFKLHUHQMG G (LQWUHIIHQHLQPDUVFKLHUHQDQNRPPHQHLQODXIHQMG H 5DVWHQVLHKH D

Die Autoren differenzieren nicht zwischen einfachen und transparent wiederNHKUHQGHQNRPSOH[HQ9HUEHQ6LH  EHPHUNHQ]ZDUGDVVYLHOH9HUEHQ mit verschiedenen Verbschemata (Argumentstrukturen) gebraucht werden und HUNHQQHQGDVVGLH9HUEHQHLQHU*UXSSHLQQHUKDOEHLQHV0RGHOOVKlXÀJlKQOLFKH Variationen bezüglich ihrer Argumentstruktur aufweisen, woraus sie einen syntaktischen Transformationsbegriff anstreben. Erfasst wird jedoch nicht, dass jene Variationen Simplizia, nicht aber PVK betreffen. Mit anderen Worten scheint ihnen genauso wenig wie Storrer (1992) aufzufallen, dass die meisten Simplizia typischerweise mit verschiedenen Argumentstrukturen gebraucht werden, wodurch

5.2 Repräsentation von Verblexemen in Frame-Strukturen

91

jeweils verschiedene Leerstellen in einem oder in verschiedenen Modellen ausgedrückt werden. PVK hingegen weisen bei Differenzierung zwischen verschiedenen Konstruktionen mit einer gleichlautenden Partikel kaum Varianz auf, wodurch sie transparent zum Ausdruck ganz bestimmter Leerstellen im jeweiligen Schema dienen. Hierfür sprechen auch die Ergebnisse Zellers (2001b) UnterVXFKXQJ]XU7UDQVLWLYLWlWYRQ3UlÀ[LP*HJHQVDW]]X%DVLVYHUEHQ$OOHUGLQJV JUQGHW VLFK VHLQH 8QWHUVXFKXQJ QLFKW DXI *HEUDXFKVGDWHQ VRQGHUQ +HOELJ  Schenkels (1975) Auswahl der 500 kompliziertesten Verben bezüglich obligaWRULVFKHU $UJXPHQWH =HOOHU E   ]HLJW GDVV  GHU 3UlÀ[YHUEHQ LP Gegensatz zu 50 % der Basisverben obligatorisch transitiv gebraucht werden. Wie aussagekräftig jene Untersuchung im Detail auch sein mag, sie bestätigt einen zentralen Unterschied bezüglich der variablen Argumentstrukturen, mit denen Basisverben im Gegensatz zu komplexen Verben gebraucht werden. Bezüglich neuerer Frame-Analysen sind v. a. Arbeiten von Schulte im Walde  ]XQHQQHQ6LH  JHKWYRQHLQHUSULPlUHQ9HUENODVVHQELOdung, also größeren Kategorien aus. Die Grundlagen hierfür sind muttersprachliche Intuition, konzeptuelles Wissen, die Orientierung an ein- und zweisprachigen Wörterbüchern, die Auswertung von Korpusdaten, die Ergebnisse paralleler Forschungsarbeiten w. z. B. die Orientierung am FrameNet-Projekt von Baker, )LOOPRUH /RZH  176FKXOWHLP:DOGH  VFKOlJWHLQH9HUENODVVH der Bewegungsart (Manner of Motion) vor, die sie in die Subklassen Fortbewegung, Rotation, Eile, Transportmittel und Flotation untergliedert und folgende Verben als Beispiele angibt (5). (5 )     

Bewegungsart D )RUWEHZHJXQJJHKHQNOHWWHUQNULHFKHQ E 5RWDWLRQGUHKHQURWLHUHQ F (LOHHLOHQKDVWHQ G 7UDQVSRUWPLWWHOIDKUHQÁLHJHQUXGHUQ H )ORWDWLRQÁLH‰HQJOHLWHQWUHLEHQ

(LQZLFKWLJHU8QWHUVFKLHG]X%DOOPHU %UHQQHQVWXKOEHVWHKWGDULQGDVVVLHNHLne feste Bindung eines verbalen Lexems an eine Argumentstruktur annimmt, sonGHUQ DOWHUQDWLYH 6XENDWHJRULVLHUXQJVUDKPHQ DXÁLVWHW ,Q HLQHP ]ZHLWHQ 6FKULWW ZHUGHQGLH9HUEHQNODVVHQVSH]LÀVFKQDFK3DUDPHWHUQXQWHUVXFKW$UJXPHQWstrukturen, Differenzierung nach möglichen PP-Typen, Selektionseigenschaften der Argumente und deren Beziehungen zum Prädikat (semantische Rollen). Für GLH6XENODVVH G JLEWVLHIROJHQGHNRQ]HSWXHOOH3DUWL]LSDQWHQDQÅYHKLFOHGULYHUSDVVHQJHUGLUHFWLRQ´6LH]HLJWGDVVÅIDKUHQ´JHQDXVRZLHÅÁLHJHQ´PLWYLHU verschiedenen Argumentstrukturen gebraucht wird, wobei jeweils verschiedene Rollen (konzeptuelle Partizipanten) sprachlich verschieden in Szene gesetzt werden. Ich fasse dies in (6) wie folgt zusammen.

17

KWWSIUDPHQHWLFVLEHUNHOH\HGXLQGH[SKS"RSWLRQ FRPBIURQWSDJH ,WHPLG 

92

5. Verblexeme

(6) a.   b.   c.   d.  

VEHICLE (Subjekt) –',5(&7,21 33  :DJHQ)OXJ]HXJIlKUWÁLHJWQDFK%HUOLQ DRIVER (Subjekt) –',5(&7,21 33  3DXOIlKUWÁLHJWQDFK%HUOLQ DRIVER (Subjekt) –9(+,&/( GLU2EMHNW  3DXOIlKUWÁLHJWHLQHQEODXHQ)LDWHLQH%RHLQJ DRIVER (Subjekt) – PASSENGER (dir. Objekt) – DIRECTION (PP) 3DXOIlKUWÁLHJWVHLQHQ9DWHUQDFK%HUOLQ

1DFK 6FKXOWH LP :DOGH    N|QQHQ GLH 9HUEHQ HLQHU .ODVVH DXI YHUschiedene konzeptuelle Strukturen (Frames) referieren. Eine Beschreibung der Frames strebt sie hierbei jedoch nicht an, sondern stellt zu den Klassen die verschiedenen Argumentstrukturen mit den jeweiligen semantischen Rollen und Selektionseigenschaften der Argumente zusammen. Die Distribution eines Verbs in verschiedenen Argumentstrukturen führt sie somit auf seine Zugehörigkeit zu konzeptuellen Klassen zurück. Schulte im Walde analysiert auf diese Weise 168 Verben, ebenfalls Simplizia und komplexe Verben gemischt, in 43 etablierten Klassen, für die sie insgesamt 38 Argumentstrukturen ermittelt. Dies entspricht PHKURGHUZHQLJHUGHQLQGHU'XGHQ*UDPPDWLN  YHU]HLFKQHWHQ Satzbauplänen. Ein wichtiger Unterschied der Arbeit von Schulte im Walde im Gegensatz zu valenztheoretischen Frame-Analysen ist, dass sie keine primären lexemgebundenen Subkategorisierungsrahmen annimmt und folglich auch keine Erweiterungs- oder Reduktionsoperationen, sondern holistische Rahmen. Ein Manko ihres Vorschlags besteht in der Vernachlässigung der Feinsemantik, welFKHVLH  DOVZQVFKHQVZHUWEH]HLFKQHWDEHU]X*XQVWHQHLQHUNRKlrenten Klassenbildung außer Acht lässt. Die Bedeutung der Feinsemantik oder idiosynkratischen Information lässt sich am Beispiel des Verbs „rudern“ aufzeiJHQ ZHOFKHV 6FKXOWH LP :DOGH JHQDXVR ZLH ÅIDKUHQ´ XQG ÅÁLHJHQ´ XQWHU G  ordnet. Warum wird „rudern“ jedoch nicht in dem Rahmen (6a) gebraucht? Weil HVDQGHUVDOVÅIDKUHQ´XQGÅÁLHJHQ´HLQHN|USHUOLFKH$QVWUHQJXQJGHV5XGHUHUV GULYHU LPSOL]LHUWGDPLWGLH%HZHJXQJEHUKDXSWVWDWWÀQGHQNDQQ%HYRULFKHLnen Vorschlag zur Ermittlung jener Feinsemantik mache, seien noch einige programmatische Bemerkungen von Schulte im Walde (2009) erwähnt, die für die weiteren Ausführungen von Bedeutung sind.186LH  EH]HLFKQHWQLFKWGDV verbale Lexem, sondern den aktivierten Frame als Syntax-Semantik-Schnittstelle. Während verschiedene Verben durch Aktivierung eines Frames Klassen bilden, stehen zum Ausdruck bestimmter konzeptueller Rollen innerhalb eines Frames DOWHUQDWLYH.RQVWUXNWLRQHQ]XU9HUIJXQJZDV6FKXOWHLP:DOGH  DOV „diathesis alternation“ bezeichnet. Sie stellt verschiedene Argumentstrukturen nebeneinander, ohne die eine aus einem als primär angenommenen operablen Grundwert abzuleiten.19 Methodisch von Bedeutung ist, dass Schulte im Walde 18 19

'DLFKDXVGHU2QOLQHSXEOLNDWLRQ KWWSZZZVFKXOWHLPZDOGHGHSXEOLFDWLRQKWPO ]LWLHUH gebe ich die dort vermerkten Zeilennummern an. So zum Beispiel bezüglich der Benefaktivalternation im Englischen durch die TransitivkonVWUXNWLRQPLWÅIRU´XQGGLH'LWUDQVLWLYNRQVWUXNWLRQ 6FKXOWHLP:DOGHII 

5.2.1 Frame-semantische Analyse von „tanzen“

93

   IU HLQH NRUSXVEDVLHUWH (UPLWWOXQJ YRQ )UDPHV XQG 6XENDWHJRULVLHrungsrahmen argumentiert, ohne hierbei auf konzeptuelles Wissen, Intuition und die Orientierung an lexikographischen Hilfsmitteln zu verzichten.

5.2.1 Frame-semantische Analyse von „tanzen“ Im Folgenden werde ich ein Modell am Beispiel von „tanzen“ vorschlagen. Die Analyse beginnt nicht bei abstrakten Frames, sondern der Ermittlung der Feinsemantik.20 Diese ergibt sich aus kulturellem, erfahrungsgebundenem und sprachlichem Wissen. Hierbei geht es nicht um Argumentstrukturen, sondern eine assoziative Ereignisbestimmung. Bei der Ermittlung gehe ich vom nominalisierWHQ9HUEDXV)LOOPRUH DI +HULQJHU DII XQG+HOELJ I beschreiben dies als die neutralste Sicht auf Ereignisse und Handlungen. Aktanten und damit verbundene einzelne Perspektiven werden in diesem Schritt QRFKQLFKWHUPLWWHOW.RQHUGLQJ  EHPHUNWGDVVMHQH6LFKWÅXPIDVVHQder, vielseitiger, vollständiger, weniger sequenzbezogen [...] ganzheitlicher auf das Geschehen als gesamtes bezogen“ ist. Ich habe zwanzig Muttersprachler gebeten, HLQHUÀNWLYHQ3HUVRQDXVHLQHPDQGHUHQ.XOWXUNUHLV]XHUNOlUHQZDVXQWHU GHP  Tanzen verstanden wird. Die Erklärungen sollten nach Wichtigkeit geordnet werden. In einem zweiten Schritt habe ich sie mit Erklärungen des DWDS-Wörterbuches ver- und abgeglichen.21 Der Beginn beim Lexem entspricht in gewisser :HLVHGHPYRQ+HULQJHU  YRUJHVFKODJHQHQ9RUJHKHQXPGLH6XJJHVtion eines ontologisch an sich strukturierten Ereignisses zu vermeiden. Jedoch VHW]WGLH(UPLWWOXQJGHU)HLQVHPDQWLNQLFKWEHLP,QÀQLWLYDQXQG]LHOWQLFKW auf syntaktische Anschlüsse in Form von Fragewörtern ab. Unter (7) sind die Ergebnisse zusammengefasst. ( 7 ) (das) Tanzen a. die rhythmische Bewegung des aufrechten eigenen Körpers normalerweise zu Musik (Schritte, Sprünge, Drehungen, Bewegung der Arme, Hände, Hüfte) b. die Bewegung kann einem normierten Bewegungsablauf   KlXÀJHLQ6HWDXV6FKULWWHQ'UHKXQJHQ%HZHJXQJHQGHU$UPH Hände...) folgen (ein Tanz)  F 7DQ]HQJHVFKLHKWW\SLVFKHUZHLVHPLW3DUWQHUQKlXÀJPLW Körperkontakt  G 7DQ]HQNDQQ$XVGUXFNHLQHU*HPWVYHUIDVVXQJVHLQXQGRGHU diese erzeugen (Hebung der Stimmung, Freiheit, Hingabe)

20 21

.RQNUHWHVRZRKOIHLQVHPDQWLVFKHDOVDXFKDOOJHPHLQH)UDPH$QDO\VHQÀQGHQVLFKLQGHU /LWHUDWXUlX‰HUVWVHOWHQ)U%HLVSLHOHYHUZHLVHLFKDXIGLH)UDPH$QDO\VHYRQÅÁLHKHQ´ GXUFKYRQ3ROHQ] II XQGGLHYRQÅWRULVN´GXUFK)LOOPRUH $WNLQV II  KWWSZZZGZGVGH"ZRHUWHUEXFK  VK  TX WDQ]HQ

94

5. Verblexeme

 

H 7DQ]HQÀQGHWQRUPDOHUZHLVHDXI9HUDQVWDOWXQJHQVWDWW (Ball, Disko, Party) I 7DQ]HQNDQQHLQHSURIHVVLRQHOOH.XQVW6SRUWGLV]LSOLQVHLQ (Ballet, Unterhaltung, Publikum)

Die Reihenfolge in (7) entspricht der Angabe der Informanten (11 Männer, 9 Frauen), die zwischen 30 und 45 Jahre alt sind. Entscheidend für die Annahme von Frame-Netzwerken ist, dass die verschiedenen Merkmale unter (7) Instanzen übergeordneter Schemata sind. Durch die zentrale Selbstbewegungskomponente wird „tanzen“ als Instanz eines Selbstbewegungs-Frames analysiert. Dieser ist ZLHGHUXP ,QVWDQ] HLQHV DEVWUDNWHUHQ %HZHJXQJV)UDPHV 'LH VSH]LÀVFKH $UW der Bewegung könnte gleichsam mit einem Teil-Ganzes-Schema verbunden sein, dessen Instanz der Körper und seine beweglichen Teile darstellen. Langacker  I  VSULFKW GLHVEH]JOLFK YRQ NRQ]HSWXHOOHQ $UFKHW\SHQ XP ZHOFKH spezielle Konzepte und sprachliche Ausdrücke organisiert sind. Die Informationen unter (7c) und (7e) wiederum wären als Instanzen eines „sozialen Ereignis-Frames“ zu bestimmen. In Hinsicht auf (7b) ist zu diskutieren, ob das Hervorbringen eines Tanzes als Instanz eines allgemeinen CREATESchemas bestimmt wird, oder ob es sich um eine für Selbstbewegungsverben typische Ableitung der Wegkomponente handelt. Ein Tanz wird durch das Zurücklegen eines Weges hervorgebracht. Allerdings scheint mir die Analogie zu „einen Traum träumen“ oder „eine Lüge lügen“ dafür zu sprechen, dass jenes Hervorbringen direkt assoziiert wird und im übergeordneten Frame der Selbstbewegung eine weniger zentrale Leerstelle bildet. Von der primären feinsemantischen Ereignisbestimmung ausgehend ermittle ich auf der Grundlage des „Saarbrücken Lexical Semantics Acquisition Projects“ (Salsa)22 und des „Berkeley-FrameNet-Projects“ 23 den übergeordneten Frame der Selbstbewegung mit entsprechenden Leerstellen. Deren Abstraktheit stelle ich durch die gängige Wiedergabe in Englisch dar (8). (8) Selbstbewegung (Frame)      

22 23

D 6WDQGDUGZHUWH Ein Lebewesen bewegt sich aus eigener Kraft (Körper) auf eine  EHVWLPPWH$UWXQG:HLVH²KlXÀJHQWODQJHLQHV:HJHVXQGRKQH separates Vehikel. E   

]HQWUDOH/HHUVWHOOHQ  6HOIPRYHU /HEHZHVHQGDVVVLFKDXVHLJHQHU.UDIWEHZHJW  6RXUFH $XVJDQJVSXQNWGHU6HOEVWEHZHJXQJ 6%  'LUHFWLRQ 5LFKWXQJGHU6%

KWWSZZZFOWVWGHIUDPHQHWIUDPHGDWDEDVH =XUhEHUVLFKWKWWSZZZFROLXQLVDDUODQGGHSURMHFWVVDOVDSDJHSKS"LG LQGH[ KWWSIUDPHQHWLFVLEHUNHOH\HGX

5.2.1 Frame-semantische Analyse von „tanzen“

   

   

 

F SHULSKHUH/HHUVWHOOHQ   &RRUGLQDWHGHYHQW YRP6HOIPRYHUXQDEKlQJLJHV Nebenereignis   &R7KHPH  6%ÀQGHWPLWQDFKDQGHUHP6HOI mover statt   'HSLFWLYH  4XDOLWlWGHV6HOIPRYHUV   'LVWDQFH  0D‰DQJDEHYRQ3DWK   'XUDWLRQ  'DXHUGHU6%   ([WHUQDOFDXVH YRP6HOIPRYHUXQDEKlQJLJHU*UXQG der SB auslöst   ,QWHUQDOFDXVH LP6HOIPRYHUOLHJHQGHU*UXQG (mentaler Zustand...), der SB auslöst   0DQQHU  ZLHGLH6%YHUOlXIW   3XUSRVH  =ZHFNGHU6%   5HVXOW  :DVDXVGHP6%(UHLJQLVUHVXOWLHUW ( Patiens)   7LPH  =HLW]XZHOFKHUGLH6%JHVFKLHKW

         

   

3DWK *RDO $UHD 

   

95

6%HQWODQJHLQHU6WUHFNH =LHO(QGHGHU6% 5DXPLQQHUKDOEZHOFKHPGLH6% VWDWWÀQGHW

Der übergeordnete Frame stellt gleichsam eine Ordnungskategorie zur Bildung von Verbklassen dar, deren Mitglieder sich durch die jeweilige Feinsemantik (7) voneinander unterscheiden. Fraglich ist, wie feinkörnig Unterkategorien im Sinne von Schulte im Walde anzunehmen sind, also beispielsweise Selbstbewegungsarten, Selbstbewegungsgeschwindigkeiten etc., oder ob dies dem jeweils feinsemantischen, idiosynkratischen Wissen mit den jeweiligen Frame-Bezügen überlassen bleibt. Die Mitglieder der jeweiligen Kategorie stellen Instanzen des Schemas dar. +LHUZlUHQ]XP%HLVSLHOÅNOHWWHUQVFKZLPPHQVSULQJHQODXIHQZDQGHUQ´]X nennen. Die „Feineinstellung“ innerhalb eines Frames und ihre sprachliche UmVHW]XQJJHVFKLHKWEHUGLH:DKOYHUVFKLHGHQHUIUDPHVSH]LÀVFKHURGHUDOOJHPHLner Argument-, Modal-, Auxiliarkonstruktionen oder aber mittels Implikaturen, durch welche Verben in andere Frames integriert werden. Unter Feineinstellung YHUVWHKHLFKLQ$QOHKQXQJDQ/DQJDFNHUV II ÅIRFDODGMXVWPHQWV´GLH VLWXDWLRQVVSH]LÀVFKH:DKOGHUUHOHYDQWHQ/HHUVWHOOHQ 6HOHNWLRQ GLH:DKOHLQHU bestimmten Perspektive (Vorder- und Hintergrund) und schließlich die davon DXVJHKHQGH:DKOHLQHUVSH]LÀVFKHQ$UJXPHQWNRQVWUXNWLRQ Anhand der theoretischen Ausführungen und der Frame-Modelle in (7, 8) ZLUG GLH (QWZLFNOXQJ GHU )UDPH7KHRULH VHOEVW GHXWOLFK )LOOPRUH    IDVVWGLHVZLHIROJW]XVDPPHQ „The case frames started out as clusters of participant roles using, initially, names from an DVVXPHG XQLYHUVDOO\ YDOLG ÀQLWH LQYHQWRU\ RI VXFK UROHV DQG LW ZDV WKRXJKW WKDW DQ\ YHUEDO meaning could be seen as using some collection of these. The frames of current frame semantics, in contrast, are described in terms of characteristics of the situation types themselves,

96

5. Verblexeme including whatever could be said about the background and other associations of such situations.“

Zu ergänzen ist m. E., dass Frame-Werte in dreifacher Hinsicht auch immer sprachlicher Natur sind. Erstens handelt es sich bei den Assoziationen wie „MuVLN´]XÅWDQ]HQ´XP.DWHJRULHQGLHXDLQNXOWXUVSH]LÀVFKHU:HLVHGXUFKGLH DSSHOODWLYH 4XDOLWlW VSUDFKOLFKHU =HLFKHQ JHELOGHW ZHUGHQ =ZHLWHQV VLQG 5ROlenbestimmungen immer auch Abstraktionen aus dem syntaktischen Gebrauch. Dass „tanzen“ beispielsweise mit einem PARTNER assoziiert wird, lässt sich QLFKW DOOHLQ YRQ GHU UHDOHQ 7DQ]VLWXDWLRQ DEOHLWHQ )U GLH .ODVVLÀ]LHUXQJ DOV 3$571(5 LVW LQ JOHLFKHP =XJH GHU KlXÀJH *HEUDXFK YRQ ÅWDQ]HQ´ PLW GHU Partnerkonstruktion [PLW13'$7 ] entscheidend. Und drittens steuern FrameWerte (weit über dekompositionale Minimalprädikate hinaus) die Kombinationsmöglichkeiten eines Verbs mit verschiedenen syntaktischen Konstruktionen.24 Hierin liegt das in 4.4 vertretene Konzept von Kompositionalität begründet, was in dem folgenden Abschnitt anhand der syntaktischen Gebrauchsmöglichkeiten von „tanzen“ demonstriert wird.

5.2.2 Syntaktischer Gebrauch von „tanzen“ Zu Beginn werden unter (9) noch einmal die in 3.8.1 angegebenen zentralen Gebrauchstrukturen von „tanzen“ aufgeführt. Ausgehend vom ermittelten Prädikationspotential (7,8) werden die jeweils ausgedrückten Werte auf Argumentstellen der Konstruktionen bezogen. Hierin liegt das Prinzip der Kompositionalität zwischen Verb und den Argumentkonstruktionen begründet. (9) a.

 ;WDQ]WPLWB X tanzt... NPNom_ V mit NPDat_. b. X tanzt...  ;WDQ]W$GYB NPNom_ V AdvP_. c. X tanzt...  ;WDQ]W]XB NPNom V zu NPDat_. d. X tanzt...  ;WDQ]W33ORFB NPNom_ V Ploc NPDat_. e. X tanzt... X tanzt Akk_. NPNom_ V NPAkk_. f. X tanzt... X tanzt. NPNom_ V. g. X tanzt...  ;WDQ]W33GLUB NPNom_ V Pdir NPAkk_.

24

VHOIPRYHUFRWKHPH VHOIPRYHUPDQQHU VHOIPRYHUH[WFDXVH VHOIPRYHUDUHD> event) (self mover >DJ SDWK>)pat) (self mover) VHOIPRYHUGLUHFWLRQ

6QHOO+RUQE\ I ]HLJWIUGDV(QJOLVFKHXQG'HXWVFKHLQZLHIHUQGLH)HLQVHPDQWLN von Verben (descriptivity) die syntaktischen Kombinationsmöglichkeiten wesentlich steuHUW%RDV  LQWHJULHUWGLHVHQ$QVDW]LQGDVNRQVWUXNWLRQVJUDPPDWLVFKH0RGHOOXQG

5.2.2 Syntaktischer Gebrauch von „tanzen“

97

Keine der Konstruktionen ist auf „tanzen“ beschränkt. Sie werden jedoch mit DEQHKPHQGHU+lXÀJNHLWPLWGHP9HUEDVVR]LLHUW/DQJDFNHU  VSULFKW GLHVEH]JOLFKYRQ*HEUDXFKVURXWLQHQ6ZHHWVHU  YRQXQWHUVFKLHGOLFK stark eingeschliffenen Strukturen. Unter (10) werden nun Äußerungen aufgeführt, welche auf Konstruktionen beruhen, die zwar nicht mit dem Verb „tanzen“ assoziiert (9), aber mit diesem gebraucht werden. (10) a.



Und weil der Angebetete hinter dem Fenster [...] sie nicht zu bemerken scheint, tanzt sie ihm den Liebestod.25 b. Die Damen sind so gut, dass sie Malakhov im ersten Teil fast an die Wand tanzen.26 c. DJ Bobo tanzt mich schwindelig.27 d. Shinouda Ayad tanzt sich [...] in Trance.28 e. Lupo tanzt sich warm.29 I /RVJHO|VW.DSLWlQ*XLOODXPH*LOOHWDQ]WQDFNW30

,FKZHUGHNXU]GLHMHZHLOLJHQNRQVWUXNWLRQVEHGLQJWHQ3URÀOLHUXQJHQLQ  LQ Bezug auf die frame-basierte Analyse des Basisverbs (7,8) besprechen. ,Q D ZHUGHQQLFKWQXUGLH7lQ]HULQXQGGDVZDVVLHWDQ]WSURÀOLHUWVRQGHUQJOHLFKVDPGHU$GUHVVDWGHU+DQGOXQJ*ROGEHUJ I OHLWHWGLH%Hdeutung der holistisch analysierten ditransitiven Konstruktion dieses Typs von der als zentral angesetzten Rezipientenkonstruktion ab und bestimmt das im DaWLYDXVJHGUFNWH$UJXPHQWGHU.RQVWUXNWLRQDOVDIÀ]LHUWH*U|‰HZHOFKHYRP Effekt einer kausativen Handlung betroffen werden soll.31 Das Verb wird somit in ein bestehendes Schema eingepasst, wobei das mit dem Dativ markierte ArguPHQWGLH/HHUVWHOOHIUGDV3XEOLNXP I LQNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKHU:HLVHDXVdrückt. In (10b,c) handelt es sich um zwei verschiedene Instanzen von kausativen Konstruktionen, welche m. E. jeweils zwei Frames angehören. In (10b) führt die Bewegungshandlung zum Ortswechsel einer Entität (Theme). Kausative Bewegungshandlungen werden durch die Konstruktion [ 131RP9ÀQ13$NN33GLU ] mit den semantischen Rollen [ MOVER THEME GOAL ] ausgedrückt. „Tanzen“ bringt die Bewegungskomponente als Standardwert des aktivierten Frames mit. Die Kausativität wird von der Konstruktion beigesteuert. Im Falle von (10b) sollte jedoch von der gelisteten Konstruktion „jdn. an die Wand V_“ ausgegangen werden, welches mit der Bedeutung „jemandem überlegen sein“ gespeichert

25 26 27 28 29 30 31

HUPLWWHOWEHVWLPPWH5DVWHUIHLQVHPDQWLVFKHU0HUNPDOH PRGLÀFDQWV ZHOFKHGHQ*HEUDXFK von Bewegungsverben in Resultativkonstruktionen lizenzieren. 3RWVGDPHU1HXHVWH1DFKULFKWHQ6FKZDQHQWDQ]IU1DFKEDUVEXUVFKHQ %=3UHPLHUHDQGHU6WDDWVRSHU Bild, 26.01.2010 +DPEXUJHU0RUJHQSRVW:HQPDFKW%RKOHQKHXWHUHLFK" %UDXQVFKZHLJHU=HLWXQJ9HU]RFNWÅ$NL´PXVVDOV(UVWHUYRP7LVFK +DPEXUJHU0RUJHQSRVW$QJULIIDXI(XURSD 'LHVHQWVSULFKW:HJHQHUV  5ROOHGHV%HWURIIHQHQZHOFKHVLHDOOHUGLQJVDOVLQYDULante Makrorolle bestimmt.

98

5. Verblexeme

ist. Es handelt sich um eine teilweise lexikalisierte Instanz der kausativen Bewegungskonstruktion. In (10c) handelt es sich um einen Typ kausativer Handlung, in der an Stelle der Ortsveränderung die des Zustands ausgedrückt wird. In diesem Falle erfordert die Einpassung des Verbs in die Konstruktion [ NPNom 9ÀQ13$NN$3 ] mit den semantischen Rollen [ AGENS PATIENS RESULT ] mehr Implikaturen, da „tanzen“ als Selbstbewegungsverb von sich aus nicht die Zustandsveränderung eines Patiens präsupponiert, das heißt, entsprechenden (UHLJQLVW\S QLFKW DNWLYLHUW 'LH bX‰HUXQJ LQ F  VWHOOW WUDQVSDUHQW HLQH 3URÀOLHUXQJGHUYHUEVSH]LÀVFKHQ/HHUVWHOOH F XQGJOHLFKIDOOVGHUZHQLJHU]HQWUDOHQ Leerstelle des übergeordneten Frames (8c2) dar. In beiden Fällen (10b,c) wird GLHZHQLJHU]HQWUDOH/HHUVWHOOH F GXUFKGLH.RQVWUXNWLRQHQSURÀOLHUW'LHVH Leerstelle erlaubt die prinzipielle Umkategorisierung einer Instanz des Selbstbewegungs-Frames als Instanz eines abstrakten Kausativ-Frames. Nicht prinzipiell, VRQGHUQ VSH]LÀVFK LVW KLHUEHL GLH 3URÀOLHUXQJ GHU /HHUVWHOOH E  GHV 3DUWQHUV eines Tanzereignisses innerhalb einer Kausalbeziehung. Die Äußerungen (10d,e) sind parallel zu (10b,c) zu analysieren. In diesen Fällen ist die Stelle des PatiHQVNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKGXUFKGDV5HÁH[LYSURQRPHQEHVHW]WZHVKDOEDXFK der Interpretationsaufwand geringer ist. Die Selbstbewegung (7a) führt zur Zustandsveränderung (8c10) dessen, der sich bewegt (8b1).31 Wiederum werden vom Verb evozierte Leerstellen erst durch die Konstruktion in einer kausativen Relation ausgedrückt. In (10f) wird durch eine Depiktivkonstruktion die als peripher angesetzte konzeptuelle Rolle (8c3) ausgedrückt. Im Unterschied zu (10a-e) drückt die Konstruktion jedoch keinen eigenen Ereignistyp aus. Sie wird an die ,QWUDQVLWLYNRQVWUXNWLRQDGMXQJLHUWXQGPRGLÀ]LHUWGLHVH Analog zu den verschiedenen schematischen Argumentkonstruktionen ohne Partikel können nun die verschiedenen PVK mit „an“ und „tanzen“ bezüglich der frame-semantischen Analyse (7,8) betrachtet werden. Form und Semantik der entsprechenden Konstruktionen werden in Kapitel 10 detailliert besprochen. (11) a. Die Banker mussten [...] antanzen.33  E :lKUHQGPHLQH6FKOHULQQHQDOOHLQDXIGHU7DQ]ÁlFKHVWDQGHQ haben die beiden jungen Männer uns Lehrerinnen heftig angetanzt.34

32

33 34

0OOHU  ]HLJWGDVVHVVLFKEHLGHP5HÁH[LYXPXPHLQUHJXOlUHV2EMHNWSURQRPHQ LP*HJHQVDW]]XP%HJULIIGHVÅIDNHUHÁH[LYH´ KDQGHOW'LH$XVWDXVFKEDUNHLWGXUFKDXWRVHmantische NP unterliegt konzeptuellen, nicht formalen Faktoren. In Felfe (2010) schlage ich WURW]GHVUHJXOlUHQ2EMHNWVWDWXVGHV5HÁH[LYXPVHLQHHLJHQVWlQGLJH.RQVWUXNWLRQDOVGLUHNWH ,QVWDQ] GHU VFKHPDWLVFKHQ 5HVXOWDWLYNRQVWUXNWLRQ PLW $NNXVDWLY13 YRU 'XUFK KlXÀJHQ Gebrauch liegt diese m. E. ganzheitlich vor und wird nicht jedes Mal durch Kombination PLWHLQHU5HÁH[LYNRQVWUXNWLRQLQPLQLPDOHU:HLVHJHELOGHW*HPHLQVDPNHLWHQZHUGHQGXUFK Vererbungslinks erfasst, worum es in 8.5 gehen wird. ',(=(,75DSSRUWEHL3HHU6WHLQEUFN ',(=(,7$EL$EVFKLHG

5.2.2 Syntaktischer Gebrauch von „tanzen“

 

99

F 'LHQHXH3DDUNRPELQDWLRQGHV76&+|ÀQJHQ>@NRQQWHDXI Grund einer schweren Grippe von Sven das Turnier in der Jugend A Latein nur antanzen.35 G =ZLVFKHQGXUFKGDUIPDQVLFKDXIGHU7DQ]ÁlFKH+XQJHU antanzen.36 e. Thoss sitzt zwischen allen Stühlen und wird erst mal gegen eisigen Wind antanzen müssen.37

,Q D ZLUGGHU6(/)029(5 E SURÀOLHUWZHOFKHUVLFK]XHLQHPEHVWLPPten Ort bewegt. Mit der Konstruktion wird nicht die Bewegung von Körperteilen, sondern eine Fortbewegung ausgedrückt. Diese ist nicht in der Feinsemantik des Verbs (7), sondern im übergeordneten Frame als Leerstelle für ein GOAL (8b5) angelegt. Allerdings wird mit (11a) eine zusätzliche Information ausgedrückt, welche weder aus der Konstruktion noch dem Basisverb, sondern nur aus dem lexikalisierten PVK erschlossen werden kann. Das perfektive FortbewegungsHUHLJQLVÀQGHWDXI*UXQGHLQHU(LQODGXQJRGHUHLQHV%HIHKOVVWDWW,QDQGHUHQ Fällen wird das Erscheinen einer Person umgangssprachlich, also registerspeziÀVFKDXVJHGUFNW,Q E SURÀOLHUWGLH.RQVWUXNWLRQHLQ$*(16XQGHLQH(Qtität, auf welche die Tätigkeit gerichtet ist. Eine Orts- oder Zustandsveränderung wird nicht ausgedrückt. Der Frame enthält eine Leerstelle für die Richtung der Bewegung (8b3), welche durch die Konstruktion als Richtung einer Tätigkeit dargestellt wird. Die Relevanz zur Bildung von (11b) liegt in der Feinsemantik des Verbs begründet. Das Wissen, dass „Tanzen“ typischerweise mit Partnern JHVFKLHKW F  HUODXEW GLH 3URÀOLHUXQJ GHU 5LFKWXQJ DOV ÅDXI MHPDQGHQ ]X´ (LQHDQGHUH0RWLYDWLRQGUIWHLQGHQ]DKOUHLFKHQ39.GHVÅ$QÁLUWHQV´OLHJHQ wobei „Tanzen“ in diesem Falle die Art und Weise beschreibt, wie dies geschieht. In (11c) wird durch die Konstruktion der vorzeitige Abbruch einer Handlung ausgedrückt. Als erstes Argument wird der SELFMOVER als AGENS ausgedrückt, welches in (7b) in der Feinsemantik des Verbs angelegt ist. Als zweites $UJXPHQWZLUGNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKGDV3$7,(16DXVJHGUFNWZHOFKHVNRQzeptuell durch die Feinsemantik (7b) oder alternativ in einem Frame des Hervorbringens gegeben ist. Die Äußerung (11c) beruht jedoch gleichsam auf einer metonymischen Ableitung vom einzelnen Tanz auf ein ganzes Turnier, welches wiederum in der feinsemantischen Komponente (7f) angelegt ist. In (11d) wird durch die Konstruktion eine rückbezügliche kausative Handlung ausgedrückt. Das erste Argument als AGENS ist vom Resultat der Handlung betroffen. Die Konstruktion drückt eine Leerstelle aus dem peripheren Bereich des Frames aus, nämlich die des Resultats (8c10). Eine wichtige konzeptuelle Grundlage für den Gebrauch von „tanzen“ in der Konstruktion stellt eine Implikatur dar, welche wiederum durch den Standardwert des Frames (8a) gegeben ist. Die Bewegung eines Lebewesens aus eigener Kraft führt zu Erschöpfung und Hunger. Dies ist

35 36 37

0LWWHLOXQJHQGHV7DQ]6SRUW&OXE+|ÀQJHQKWWSZZZWVFKRHÀQJHQGHEORJ %HUOLQHU=HLWXQJ.UHX]EHUJHU1lFKWH 0DQQKHLPHU0RUJHQ.ULHJXPGHQ%DOOHWWFKHI

100

5. Verblexeme

eine grundlegende körperliche Erfahrung. In (11e) wird das Verb in einer Konstruktion benutzt, in welcher ein AGENS ausgedrückt wird, welches aktiv in Bezug auf eine Gegenkraft „ankämpft“. Auch hierbei handelt es sich um die Darstellung zielgerichteter Tätigkeiten. In gewisser Weise wird durch die Konstruktion die periphere Leerstelle des Frames für ein CO-EVENT (8c1) ausgedrückt. Diese ist in fast allen Frames, welche die Konzeptualisierung von Agentivität zulassen, enthalten. Wiederum dürfte eine feinsemantische Komponente des Verbs die Selektion des zweiten Konstruktionsarguments steuern. Professionelles „Tanzen“ impliziert ein Publikum (7f ) und „der eisige Wind“ wird metaphorisch für dessen Ablehnung oder Reserviertheit gebraucht. Die Beispiele machen deutlich, dass die Gebrauchsmöglichkeiten eines Verbs in verschiedenen Argumentkonstruktionen kaum begrenzt sind. Keinesfalls sind sie von einem invarianten Grundwert aus rechnerisch zu erzeugen oder im Sinne der Logik restringiert. Die Frame-Semantik bietet einen repräsentationellen Ansatz, mit welchem die vielfältigen Gebrauchsmöglichkeiten durch einen großen, strukturierten Hintergrund adäquater als durch minimale dekompositionale 0HUNPDOVVWUXNWXUHQHUNOlUWZHUGHQN|QQHQ)LOOPRUH  VFKUHLEWGLHVEH]JOLFKÅ)UDPHVHPDQWLFVRIIHUDSDUWLFXODUZD\RIORRNLQJDWZRUGPHDQLQJVDV well as a way of characterizing principles for creating new words and phrases, for adding new meanings to words, and for assembling the meanings of elements in a text into the total meaning of the text.“ Trotz der schwierigen Erfassung von Frames und ihrer assoziativen Ermittlung 38 EHWRQW )UDDV   LKUH ÅLQWXLWLYH 3ODXVLELOLWlW´ XQG LKUHQ ÅKHXULVWLVFKHQ5HL]´=LHP  VFKUHLEWGDVVÅMHGHV0RGHOOGDVJHUDGHYRQGLHVHQ Wissenskontexten abstrahiert und eine invariante Komponentenstruktur zum Ausgangspunkt bedeutungstheoretischer Überlegungen macht, an der sprachlichen Realität vorbeitheoretisiert“. Die Bedeutung eines sprachlichen Zeichens wird nicht syntaxzentriert auf Argumentstrukturen beschränkt oder durch Doppeleinträge ausgeweitet. Der syntaktische Gebrauch wird transparent auf Leerstellen von Frames zurückgeführt. Letztere bilden Ordnungskategorien für Verben und Argumentkonstruktionen. Auf diesem Wege kann die sogenannte Vagheit OH[LNDOLVFKHU%HGHXWXQJHQQLFKWQXUZLH+HULQJHU  VFKUHLEWDOV6WlUNH der Sprache begriffen, sondern auch grammatiktheoretisch moduliert werden.

3URÀOH semantisch-syntaktische Ausschnitte (V ZXUGH PHKUIDFK YRQ HLQHP 3URÀO RGHU GHU 3URÀOLHUXQJ YRQ (QWLWlWHQ JHsprochen. Dies sei nun als Ausschnitt einer ganz bestimmten Menge von Entitäten, welche in einer ganz bestimmten Relation zueinander stehen, vor dem HinWHUJUXQG NRPSOH[HU VHPDQWLVFKNRQ]HSWXHOOHU 6WUXNWXUHQ GHÀQLHUW /DQJDFNHU

38

$XIGLHVHV0DQNRZHLVHQXD.OHLQ I )UDDV  XQG=LHP  KLQ

3URÀOHVHPDQWLVFKV\QWDNWLVFKH$XVVFKQLWWH

101

 VSULFKWYRP+LQWHUJUXQGDOV%DVLVXQGYRP3URÀOZHOFKHVHLQHQ Ausschnitt der Basis aktiviert. Er macht deutlich, dass der semantische Wert HLQHV$XVGUXFNVZHGHULQGHU%DVLVQRFKLP3URÀOVRQGHUQLQLKUHU.RPELQDWLRQOLHJW'LHVOlVVWVLFKDXIGLHÄMDQXVN|SÀJH·%H]LHKXQJ]ZLVFKHQ9HUEHQXQG Argumentstrukturen beziehen. Ein Frame bietet durch seine Leerstellen und die von ihnen ausgehenden Assoziationen sowie dadurch, dass der Frame wiederum Instanz eines übergeordneten Frames sein kann, ein weites Prädikationspotential. Argumentkonstruktionen erlauben den sprachlichen Ausdruck einer konkreten Beziehung zwischen einzelnen Leerstellen (Ereignistypen). Typischerweise werden zentrale Leerstellen durch Argumentkonstruktionen in der semantischen Rolle ausgedrückt, in welcher sie innerhalb des Frames vorliegen. In diesem Falle halte ich entsprechende Konstruktionen für zum Verbeintrag gehörig. Dies trifft VRZRKOIU$UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQ JHEHQ'LWUDQVLWLYNRQVWUXNWLRQ DOVDXFK IU0RGLÀNDWRUNRQVWUXNWLRQHQ WDQ]HQ3DUWQHUNRQVWUXNWLRQ ]X 39 und stellt jene klassische Dichotomie in gewisser Weise zur Diskussion. Gleichsam können sowohl zentrale als auch periphere konzeptuelle Leerstellen innerhalb anderer Ereignistypen ausgedrückt werden, weshalb der reine BeJULIIGHV$XVVFKQLWWHV]XNXU]JUHLIW'HUÁH[LEOH*HEUDXFKHLQHV9HUEVPLW$UJXmentkonstruktionen, welche verschiedene Ereignistypen ausdrücken, zeigt, dass Umkategorisierungen möglich sind. Der Bezug zum Verb ist durch die Leerstellen des Frames gegeben. Die konkrete semantische Rolle und morphologische Form LKUHV$XVGUXFNV 3URÀOLHUXQJ KlQJWYRQHQWVSUHFKHQGHQ$UJXPHQWNRQVWUXNWLonen ab. Dies wurde besonders deutlich am Beispiel der Partner-Leerstelle von „tanzen“. Im Defaultfall wird sie durch die Partner-Konstruktion [PLW13'DW ] SURÀOLHUWZHOFKHYHUVFKLHGHQHQ(UHLJQLVW\SHQKLQ]XJHIJWZHUGHQNDQQ*OHLFKVDPLVWMHGRFKDXFKGLH3URÀOLHUXQJDOV7+(0(RGHU3$7,(16HLQHU+DQGOXQJ oder Bezugspunkt einer zielgerichteten Tätigkeit innerhalb entsprechender Argumentkonstruktionen möglich. Mit diesen Überlegungen kann geschärft werden, ZDV7HVQLqUH  PHWDSKRULVFKDOVÅSHWLWGUDPH´EH]HLFKQHW'LHVHV stellt den konzeptuellen Hintergrund eines komplexen Ereignisses dar. Es kann direkt mit dem Verblexem assoziiert werden, muss dies aber nicht. Unabhängig von der jeweiligen Einschleifung wird der Ereignistyp von Argumentkonstruktionen festgelegt. Verb und Argumentkonstruktionen können, aber müssen nicht Instanzen eines Frames oder Frame-Typs sein. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zu Boas’ (2003) frame-basierter konstruktionsgrammatischer Analyse der sogenannten „raising resultatives“ wie „den Pinsel kaputt malen“ oder „sich PGHPDOHQ´'LHVHIKUW%RDV HEG DXIHQWVSUHFKHQGHYHUEVSH]LÀVFKH )UDPH:HUWH ]XUFN ZHOFKH DOV :HOWZLVVHQ GLUHNW PLW GHU MHZHLOLJHQ

39

1HEHQUHLQHQ*HEUDXFKVKlXÀJNHLWHQZLHEHLÅPLWMGPWDQ]HQ´VSULFKWKLHUIUDXFKGDVYRQ Welke (in Vorbereitung) vorgeschlagene Entstehungsmodell von Präpositionalobjekten. Ein Weg ihrer Emergenz besteht in dem allmählichen Übergang typischer (nicht subklassenspe]LÀVFKHU IDNXOWDWLYHU  0RGLÀNDWRU ]X $UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQ 'LHVHU YROO]LHKW VLFK IUHquenzbedingt durch Metaphorisierung einzelner Konstrukte und kann anschließend durch Analogie ausgedehnt werden.

102

5. Verblexeme

.RQVWUXNWLRQYHUEXQGHQVLQG$QGHUHQIDOOVVR%RDV HEG HUODXEHGLH Bedeutungsähnlichkeit zwischen Verben wie „niesen“ und „pusten“ über das 0HUNPDOÅ/XIWHPLVVLRQ´GLHDQDORJH1XW]XQJYHUEVSH]LÀVFKHU0LQL.RQVWUXNWLRQHQÅHWZYRP7LVFKQLHVHQ´DQDORJ]XÅHWZYRP7LVFKSXVWHQ´'LHVKDOWH ich für problematisch. Denn erstens erfassen Frame-Strukturen gerade Normalfälle, Reguläres, Erwartbares, nicht aber das Außergewöhnliche, das Seltene. In ungewöhnlichen, gerade nicht auf einem konventionellen Frame beruhenden Ausdrücken liegt ein ganz wesentlicher Wert sprachlicher KonstruktionsmögOLFKNHLWHQQlPOLFKGHU$XIPHUNVDPNHLW]XHUODQJHQXQGNRQWH[WEHGLQJWVRZLH WH[WVRUWHQVSH]LÀVFKYRP1RUPDOIDOODE]XZHLFKHQ=ZHLWHQVEHVWHKWKlXÀJ]ZLschen Verben, die mit einer Konstruktion gebraucht werden, nicht per se eine Ähnlichkeitsbeziehung. So impliziert „kleben“ beispielsweise u. a. eine BefestiJXQJVKDQGOXQJZHVKDOEHVGLUHNWDOVRLP6LQQHHLQHUYHUEVSH]LÀVFKHQ0LQL Konstruktion u. a. als PVK „etw. ankleben“ gebraucht wird. Bei einem Verb wie „bügeln“ ist dies hingegen nicht der Fall. Es besteht keine direkte Ähnlichkeitsbeziehung zu den Verben, welche Befestigungshandlungen ausdrücken. Dennoch kann es ad hoc als „etw. anbügeln“ so gebraucht werden. Hierfür erscheint mir die $QQDKPH HLQHU DEVWUDNWHQ .RQVWUXNWLRQ PLW VSH]LÀVFKHQ )XVLRQVLPSOLNDWXUHQ wie „Hitze = Mittel der Kontaktherstellung“ (siehe 9.4.4) plausibler als ein verbVSH]LÀVFKHU)UDPH(LQWUDJRGHUEOR‰H$QDORJLH40 Handelt es sich um idiosynkratisch an ein Verb gebundene oder aber rekurrente Argumentkonstruktionen zum Ausdruck zentraler Leerstellen in ihrer typischen Rolle, so kann das „petit drame“ vom Verb aus erschlossen werden. +lXÀJ ZLUG HV MHGRFK HUVW YRU GHP +LQWHUJUXQG YHUVFKLHGHQHU )UDPHV NRQ VWUXLHUWXQGYHUVWDQGHQ,QGLHVHP)DOOKHEWVLFKHLQ3URÀOQLFKWYRUGHP+LQWHUJUXQGHLQHVVRQGHUQ]ZHLYHUVFKLHGHQHU)UDPHVDEZDV*ROGEHUJ I DOV Besonderheit ungewöhnlicher Verbindungen zwischen Verb und Konstruktion herausstellt. Sprecher und Hörer gleichen verschiedene Kategorien miteinander DE 'HU 3URÀOEHJULII XPIDVVW VRPLW ]ZHL 'LPHQVLRQHQ (LQHUVHLWV JHKW HV XP den sprachlichen Ausdruck bestimmter Leerstellen von einem gegebenen Frame. Dies wurde mit Storrers (1992) Konzept der Situationsvalenz erklärt. Nicht alle Leerstellen sind in konkreten Äußerungs- und Rekurssituationen gleichermaßen relevant. Andererseits geht es um die Herstellung von Beziehungen zwischen Frame-Strukturen, das heißt, zwischen Leerstellen und Ereignistypen, welche nicht per se miteinander verbunden sind. In beiden Fällen handelt es sich um einen Abgleich zwischen dem verbalen Prädikationspotential mit dem Ereignistyp, welcher durch die semantischen Rollen der Konstruktionsargumente ausgedrückt wird. In gewisser Weise handelt es sich bei der Kombination von Verb und Konstruktion immer um ein Ein- und Ausblenden von Merkmalen vor dem Hintergrund des weiten Prädikationspotentials beider. Somit kann die in Kapitel 5 angesprochene Vagheit von Bedeutungen als notwendige Eigenschaft sprachlicher

40

,QHLQHUVSlWHUHQ3XEOLNDWLRQQLPPWDXFK%RDV II DEVWUDNWH6FKHPDWDLP)RUPDW *ROGEHUJV  EHUGHU(EHQHYHUEVSH]LÀVFKHU0LQL.RQVWUXNWLRQHQDQ

3URÀOHVHPDQWLVFKV\QWDNWLVFKH$XVVFKQLWWH

103

=HLFKHQJHVHKHQZHUGHQ6LHHUODXEWGLHMHZHLOVDQJHPHVVHQHXQGÁH[LEOH*HQHVH nicht vager Bedeutungen in Ko- und Kontext. 9RP3URÀOLVWGHU%HJULIIGHU3HUVSHNWLYH]XWUHQQHQPLWZHOFKHPDXIGLHLQQHUH6WUXNWXUHLQHV3URÀOV%H]XJJHQRPPHQZLUGZRUXPHVLQJHKHQZLUG

6. Argumentkonstruktionen mit „an“ In diesem Kapitel geht es darum, wie die Form und die mit ihr assoziierte Bedeutungsseite der Argumentkonstruktionen mit der Partikel „an“ analysiert und UHSUlVHQWLHUWZHUGHQ'DEHLVWHKHQIROJHQGH)UDJHQLP9RUGHUJUXQG1DFKZHOchen Kriterien werden formal identische Strukturen semantisch differenziert? Dies wirft wiederum die Frage nach der Unterscheidung zwischen homonymen und polysemen Formen auf. Hierbei geht es auch um den Grad der Abstraktion, welche bezüglich der semantischen Seite von Argumentstrukturen angenommen ZLUG*HEHQVFKHPDWLVFKH$UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQSURWRW\SLVFKGHÀQLHUWHYDJH semantische Rollen vor oder sehr konkrete? Die Bestimmung der formalen Seite scheint auf den ersten Blick weniger problematisch zu sein. Die PVK einer Bedeutungsgruppe weisen unabhängig vom Basisverb homogene Argumentstrukturen auf. Die jeweilige Grundbedeutung ist an eine feste formale MinimalstrukWXUJHEXQGHQ=XGLVNXWLHUHQLVWZLHGLHVHGDUJHVWHOOWZLUGPLWWHOVV\QWDNWLVFKHU Funktionen oder morphologischer Markierungen? Ebenso wird zu diskutieren sein, welche Rolle der Konstituenz als Prinzip des hierarchischen ZusammenIKUHQVGHUNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKHQ(LQKHLWHQ]XNRPPW+DQGHOWHVVLFKEHL .RQVWLWXHQWHQ XP LQYDULDQWH NRQÀJXUDWLRQHOO GLIIHUHQ]LHUWH 3RVLWLRQHQ DXI GHU Grundlage einer binären Konstituentenstruktur? Zu Beginn werde ich kurz Analysevorschläge aus der Literatur besprechen, wobei jeweils die semantische und formale Behandlung der PVK thematisiert wird.

6.1 Partikelverben mit „an“ in der Literatur Der besondere Reiz bei der Analyse der PVK mit „an“ liegt in der extremen VHPDQWLVFKHQ9LHOGHXWLJNHLWZHOFKHVHLW$GHOXQJ  GHU3DUWLNHO selbst zugesprochen wird. So unterscheidet er zwischen den folgenden 8 Grundbedeutungen (1). (1)       

D E F G H I J K

9HUELQGXQJDQELQGHQ %HUKUXQJDQJUHQ]HQ 5LFKWXQJDQEHOOHQ %HJLQQDQIDQJHQ JHULQJH,QWHQVLWlWDQIHXFKWHQ $QZHVHQKHLWÅDQVHLQ´DOVÅGDVHLQ´ ,QVWUXNWLRQDQIKUHQ 7UHQQXQJÅDQZHUGHQ´DOVÅMHPDQGHQDQMHPDQGHQORVZHUGHQ´

6.1 Partikelverben mit „an“ in der Literatur

105

$GHOXQJ I DQDO\VLHUWZLHEHUHLWVHUZlKQW3DUWLNHOQLQDGYHUELDOHU Funktion zum Basisverb, auch wenn die ursprüngliche präpositionale Relation noch nachvollziehbar ist. Auch er spricht von „unächten Zusammensetzungen“, welche jedoch von autosemantischen Adverbialen wie in „empor steigen“ abgegrenzt werden. Letztere werden klar als syntaktische Gefüge bezeichnet.1 Die produktive Bildung von PVK wird nicht besprochen. Im Wörterbuch der Gebrüder Grimm (1854-1960) 2 geht es eher um die Entwicklung der Partikel aus der Präposition bzw. dem Adverb. Sie sprechen von „uneigentlichen Zusammensetzungen“, da die Partikel „meistentheils frei und gesondert eine Stellung im Satz“ einnimmt, die „ursprünglich angemessen war“. Es wird zwischen Ausdrücken der Nähe (Kontakt), des Aufsteigens (Höhe), des Beginns, der Gerichtetheit und der Partialität unterschieden. Bezüglich der Bedeutung von Nähe und Gerichtetheit wird die Partikel als Präposition ohne Nomen bezeichnet. Wie bereits angemerkt, äußern sie jedoch Zweifel daran, dass Bildungen wie „jdn. anlächeln, angrinsen, anzischen“ auf eine PP zurückgehen. Bei Lesarten, die mit „in die Höhe“ oder „aufwärts“ paraphrasierbar sind wie bei „ansteigen, etw. anheben“, wird die semantische Funktion der Partikel, nicht deren syntaktischer Status, als Adverb bestimmt. Ebenso machen sie auf das in der modernen Literatur als „Objektumsprung“ bezeichnete Phänomen aufmerksam, dass ein Partikelverb mit verschiedenen Argumenttypen gebraucht wird und geben als Beispiel „jemanden anziehen“ im Gegensatz zu „etwas anziehen“ und „die suppe brennt an“ (Kontakt) im Gegensatz zu „ein stückchen holz anbrennen“ (Partialität) an.3 .KQKROG I GLIIHUHQ]LHUW]ZLVFKHQ)XQNWLRQVJUXSSHQZHOFKH ich in (2) wiedergebe. Von (a) bis (d) nimmt die Anzahl der jeweiligen Vertreter der Gruppe ab. (2)   

D E F G

.RQWDNWDQKDIWHQDQKHIWHQ .KQKROGHEGII %HJLQQDQIDKUHQ HEGII =LHO]XVWDQGDQWURFNQHQ HEGI ,QWHQVLYLHUXQJDQVWHLJHQ HEG

Die einzelnen Bedeutungsgruppen werden vor allem semantisch hinsichtlich einer Leitform, welche den aufgeführten Beispielen entsprechen, und hinsichtlich semantischer Untergruppen analysiert. Die Analysen beeindrucken vor allem durch den Umfang der analysierten Daten und dadurch, dass tatsächliche 9HUZHQGXQJVPXVWHUZLHGLH]DKOUHLFKHQ%LOGXQJHQPLWÅJHJHQHWZDVDQ 9HUE´

1 2 3

$GHOXQJ † SOlGLHUWEHLOHW]WHUHQIUVWULNWH*HWUHQQWVFKUHLEXQJGDDQsonsten „ein jedes Verb mit einem Adverbio ein zusammen gesetztes Wort machen“ würde. ,FKEH]LHKHPLFKDXIGHQ(LQWUDJ]XÅDQ´LQGHU2QOLQH$XVJDEHGHV:|UWHUEXFKHVKWWS JHUPD]RSHXQLWULHUGH3URMHFWV:%%ZRHUWHUEXHFKHUGZE:%%GZEZEJXL „In vielen fällen mag das an auf die person wie auf die sache gehn. wir sagen das kleid anziehen, das schwert angürten, zugleich aber einen anziehen, angürten, der diener zieht den herrn morgens an, bekleidet ihn, ich will mich erst angürten, begürten.“ Eintrag unter „an“ LQ*ULPP 

106

6. Argumentkonstruktionen mit „an“

korpusbasiert besprochen werden. Verwunderlich dabei ist, dass Kühnhold II 39.ZLHÅMGQDQOlFKHOQ´ZHOFKHHLQHDXIHWZDVJHULFKWHWH7lWLJkeit ausdrücken, unter der gleichen Funktionsgruppe wie „etwas ankleben“ (2a) subsumiert. Veränderungen der Verbvalenz wie Transitivierungen werden zwar DQJHVSURFKHQEHLGHU.ODVVLÀ]LHUXQJGHU39.ZLUGMHGRFKQLFKWEH]JOLFKGHU Argumentstruktur differenziert, so dass beispielsweise „anwachsen, etw. anleimen“ zu einer Gruppe gehören. Somit fällt Kühnhold (1973) auch nicht auf, dass die jeweiligen Bedeutungen in transparenter Beziehung zur syntaktischen Umgebung stehen. Theoretische Fragen der Semantik-Syntax-Beziehung werden nicht diskutiert. Hoch interessant ist, dass Kühnhold den aktuellen PVK-Bestand detailliert mit dem bei Adelung vergleicht und so Entwicklungen bezüglich der Produktivität einzelner Gruppen darstellt. Besonders an Kühnholds Arbeit ist, dass sie die semantische Leistung der Partikeln im Zusammenhang mit dem GesamtV\VWHPYHUEDOHU3UlÀJLHUXQJDQDO\VLHUWLQGHPVLHMHZHLOLJH.RQNXUUHQ]IRUPHQ DXIIKUWVR]XP%HLVSLHOIUÅDQ´LQ E ÅHQWDXIHLQHU´ 6WLHEHOV  GLIIHUHQ]LHUW]ZLVFKHQGHQIROJHQGHQ%HGHXWXQJHQ %LVDXIGLHDOV0RGLÀNDWRUEHVWLPPWH3DUWLNHO]XU3DUWLDOPDUNLHUXQJ I ZHUGHQ die Partikeln mit eigener minimaler Argumentstruktur analysiert. (3) D .RQWDNWKHUVWHOOXQJDQNOHEHQ(6WLHEHOVHEGII ) λu BECOME(LOC(u, EXT[v])) &217$&7(u,v))  E $QQlKHUXQJ]XP6SUHFKHUDQVFKOHLFKHQ(ebd.) λu BECOME(LOC(x, EXT[Sprecher]))  F hEHUWUDJXQJDQHU]LHKHQ(HEGII ) λvλuλs BECOME(POSS(p(u,v))(s)  G $QVFKDOWHQDQNQLSVHQ(HEGII ) Resultat „eingeschaltet“ (true particle)  H *HULFKWHWKHLWDQIXQNHQ(HEGII ) λuλs DIRECTED_TOWARDS(s,u)  I 3DUWLDOPDUNLHUXQJDXIYHUEDOHU$UJXPHQWVWUXNWXU anbraten (HEGII ) Stiebels nimmt an, dass sich die Argumentstrukturen der Partikeln mit der des Basisverbs in morphologischen Prozessen verbinden, was in Kapitel 3 diskutiert und abgelehnt wurde. Die aktuellste Untersuchung der PVK mit „an“ stammt von Rich (2003). Er bezieht sich hauptsächlich auf Daten ein- und zweisprachiger Wörterbücher. %HL GHU $QDO\VH GHU HLQ]HOQHQ 39. JHKW HU    YRQ *UXQGEHGHXWXQgen aus, welche sich aus dem Partikelverb und seiner Umgebung ergeben. Er bezeichnet die jeweiligen syntaktischen Umgebungen als Frames, welche wie folgt semantisch paraphrasiert werden (4).



(4) a. b.   F

A kommt, ist an L (Location). (5LFK) A bringt B (beweglich) DQ/DQ&(Kontaktort)DQVLFK HEG $ULFKWHW7lWLJNHLWDXI% XQEHZHJOLFK  HEG

6.1 Partikelverben mit „an“ in der Literatur

107

'LHVHGUHL+DXSW)UDPHVXQWHUJOLHGHUW5LFK II LQ6XEXQG6XEVXE Frames, womit die jeweiligen Bedeutungen und syntaktischen Umgebungen ausGLIIHUHQ]LHUWZHUGHQ,QQHUKDOEGHUYHUVFKLHGHQHQ)UDPHVHUPLWWHOW5LFK  370) die folgenden 10 Grundbedeutungen der Partikel „an“ (5). Von (a) bis (j) QLPPWGLH$Q]DKOGHUYRQ5LFKDQDO\VLHUWHQ%LOGXQJHQDE,QVJHVDPWNODVVLÀ]LHUW er 822 PVK mit „an“. (5)         

D E F G H I J K L M

+(5$1 DQ6SUHFKHU DQNRPPHQ '$5$1DQNOHEHQ 5,&+781*DXIDQODFKHQ %(*,11DQVLQJHQ 925$1 $NWLYLHUXQJ DQVSRUQHQ %(=8*DXI'5,77(DQEHIHKHQ 6&+:b&+( ,QWHQVLWlW DQVFKPRUHQ .217$.7DQOLHJHQ $167,(*DQVWHLJHQ =86$00(1DQKlXIHQ

'LHVHQ *UXQGEHGHXWXQJHQ RUGQHW 5LFK    YHUVFKLHGHQH V\QWDNWLVFKH Funktionen zu. Die Partikel in (5d,e,g,i,j) erfülle adverbiale Funktionen. Bei der Partikel in (5a,b) handele es sich um Vertreter des verbalen PP-Arguments und bei (5c) um das regierende Element des eingeführten Objektes. Äußerst interessant ist, dass Rich die PVK ausgehend von ganzen Satzstrukturen analysiert. Somit ist Ausgangspunkt seiner Untersuchung nicht die Gegenüberstellung der Argumentstrukturen von Verb und Partikel, sondern die Analyse wiederkehrender semantischer Muster (4). Hierbei bezieht er sich auf drei BeweJXQJVPRGHOOHHLQDQNRPPHQGHVHUVWHV$UJXPHQW D HLQ]XHLQHP2UWEHZHJtes zweites Argument (4b) und die Tätigkeitsrichtung auf ein zweites Argument (4c). Dies sind m. E. zentrale Grundbedeutungen der schematischen Argumentstrukturen. Die durch Paraphrasen ermittelten Grundmodelle (Frames) stellen in gewisser Weise bedeutungstragende Cluster dar, also Einheiten aus Form und Bedeutung, worauf Rich jedoch nicht weiter eingeht. Die syntaktischen Funktionen werden ausgehend vom Basisverb bestimmt, nicht innerhalb entsprechender Modelle. Wie auf diese Weise die Partikel in „etwas anarbeiten“ als „Vertreter“ des verbalen PP-Arguments analysiert werden kann, bleibt fraglich. Wie Basisverb und Partikel miteinander verbunden werden, wird nicht besprochen, obwohl die detaillierte Differenzierung in Untergruppen mit jeweiligen typischen Vertretern (Leitformen) intuitiv Bildungsschablonen erkennen lässt. Erst einmal unabhängig von der Zahl der jeweilig gebildeten Gruppen und Untergruppen ist klar, dass es eine Partikel „an“ nicht gibt. Die Vieldeutigkeit der Partikel „an“ lässt sich m. E. nicht bezüglich isolierter Komplexe aus Verb und Partikel erklären. So bereitet die Frage danach, was „anfahren“ bedeutet, unnötiges Kopfzerbrechen. Erst zusammen mit der entsprechenden Umgebung kann bestimmt werden, was ein PVK bedeutet und zwischen Homonymie und Polysemie bezüglich gleicher syntaktischer Umgebungen differenziert werden. Hierum geht es im folgenden Abschnitt.

108

6. Argumentkonstruktionen mit „an“

6.2 Differenzierung zwischen Homonymie und Polysemie Eine differenzierte Betrachtung der Mehrdeutigkeit der Partikel im Zusammenhang mit formalen Differenzen ist besonders anhand eines Basisverbs aufschlussreich, da es um die Frage geht, ob es sich um Instanzen einer oder verschiedener Konstruktionen handelt. Hierauf macht nach den Gebrüdern Grimm besonders .HPSFNH  DXIPHUNVDPZHQQHUEHPHUNWGDVVHLQ3DUWLNHOYHUEYHUschiedenen Bedeutungsgruppen angehören kann. Allerdings bleibt es bei der Bemerkung. Zwischen homonymen Gebrauchsformen wird nicht konsequent unterschieden, was m. E. daran liegt, dass Kempcke vom isolierten Partikelverb, also von lexikalischer Ambiguität ausgeht, nicht aber von dessen Umgebung, also struktureller Ambiguität. Betrachten wir zu Beginn die acht verschiedenen Verwendungen von „anfahren“ (6) (6) a.



Deshalb wurde Sand auf die Schienen gestreut, damit die Züge anfahren können.4 b. Die Spannung stieg, als ein Polizeiauto angefahren kam.5 c. Nächstes Wochenende werden wieder Lastwagen 70 Tonnen Schnee anfahren.6 d. Seeschiffe, die den Hamburger Hafen anfahren [...].7 e. Schmuggler wollte Polizisten anfahren.8 f. [...] als Bush senior ( James Cromwell) seinen auf Abwege geratenen  6RKQDQIlKUWÅ)UZHQKlOWVWGXGLFKHLJHQWOLFK²HLQHQ.HQQHG\"´ 9 g. Der große Hochofen solle vorübergehend nicht genutzt und dafür ein kleiner Hochofen angefahren werden.10 h. Gegen den Wind anfahren, also kreuzen, kann ein Kite praktisch nicht.11

Zuerst werden die PVK ihrer Form und Bedeutung nach unterschieden. Der Äußerung in (6a) liegt eine intransitive Argumentkonstruktion mit „an“ zu Grunde, mit welcher der Beginn des Fahrens ausgedrückt wird. Sowohl die Form als auch die Bedeutung unterscheiden sich von den übrigen Belegen. Dass es sich um eine Konstruktion handelt, wird schnell deutlich, wenn man Verben wie „rollen, rucken, galoppieren“ in das Muster setzt. Auch (6b) kann durch den intransitiven Komplex aus Partizip II des Basisverbs mit „an“ und der konjugierten Form von „kommen“ sowohl semantisch als auch formal von den übrigen Bildungen

4 5 6 7 8 9 10 11

%UDXQVFKZHLJHU=HLWXQJ6HLQ0XVHXPEDXWJDQ]DXI6DQG 5KHLQ=HLWXQJ.LQGHUJDUWHQNLQGHUEOLFNWHQ+HOIHUQEHUGLH6FKXOWHU Braunschweiger Zeitung, 19.01.2008 +DPEXUJHU0RUJHQSRVW1(:6 %HUOLQHU0RUJHQSRVW6FKPXJJOHUZROOWH3ROL]LVWHQDQIDKUHQ ',(=(,7)LOPELRJUDÀH%XVK %HUOLQHU=HLWXQJ6WDKODUEHLWHUGHPRQVWULHUHQJHJHQ6WHOOHQDEEDX 'LH:HOW0LWGHP:LQGLQ5LFKWXQJ2VWHQ

6.2 Differenzierung zwischen Homonymie und Polysemie

109

differenziert werden. Es handelt sich um den Ausdruck des Ankommens bezüglich einer Äußerungs- oder Rekurssituation, wobei zusätzlich entweder die Art der Bewegung (angehumpelt kommen) oder aber eine von der Bewegung unabhängige Tätigkeit (angeträllert kommen) des Movens ausgedrückt wird. Die Äußerungen in (6c,d,e,f,g) können formal nicht voneinander unterschieden werden. Es handelt sich um transitive Konstruktionen mit der Partikel „an“, deren formale Seite in ( 7 ) angegeben wird. ( 7 ) [[ NPNom_ ] NPAkk_ an V_ ] Die entscheidende Frage ist, ob sich die formale Identität auch semantisch als Netz aufeinander beziehbarer Bedeutungstypen widerspiegelt, oder ob es sich um eigenständige, nicht miteinander verbundene Bedeutungstypen handelt. Im ersten Fall handelt es sich um Polysemie, im zweiten um Homonymie, in beiden um strukturelle Ambiguitäten. Entscheidend hierbei ist die Betrachtung unter synchroner Perspektive, da die Entstehung einzelner Konstruktionstypen historisch in der Regel gemeinsame Bezüge und Ableitungen aufweist, worum es in den nächsten Abschnitten und bei der Analyse der einzelnen Konstruktionen in Kapitel 7 gehen wird. Unter synchroner Perspektive interessiert vor allem, ob eine Konstruktion mit verschiedenen Basisverben transparent eine eigenständige Bedeutung aufweist oder ob diese durch metaphorische oder metonymische Ableitungen von einem anderen Konstruktionstyp ableitbar ist. Bei der Differenzierung ist der Blick auf die von Rich (2003) angesprochenen Bewegungsverhältnisse wichtig. Dies betrifft besonders das zweite Argument. Wird es bewegt oder richtet sich die Tätigkeit auf dieses? In (6c) werden die Schneemassen an einen Ort transportiert. Sie werden dorthin „gefahren“. Genauso gut könnten sie dort „an- gerollt, gekarrt, getragen, geliefert, gelandet, geschoben...“ werden. Es handelt sich um eine Konstruktion zum Ausdruck kausativer Bewegungshandlungen. Dies ist in den übrigen gleichförmigen Konstruktionen nicht der Fall. In (6d,e,f) wird nichts bewegt. Das zweite Argument stellt jeweils den Zielpunkt des Fahrens dar, wobei es sich bei (6f) nicht um eine gerichtete Bewegung, sondern deren metaphorische Ableitung handelt. In (6d) XQG H  ÀQGHW HLQH DXI GDV ]ZHLWH $UJXPHQW JHULFKWHWH %HZHJXQJ VWDWW 'HU Unterschied besteht darin, dass jene zielgerichtete Bewegung in (6d) in Richtung „Hafen“ verläuft, aber in (6e) über die Zielgerichtetheit hinaus bis zum Anstoßen „des Polizisten“ verstanden wird. Beide Konstruktionen beruhen auf demselben Grundprinzip. Allein das, was wir für den Normalfall halten oder als relevant werten, erlaubt die Ausdifferenzierung zwischen dem Fahren in Richtung eines Ziels und dem gleichen Ereignis, welches zum Anstoßen des Ziels führt. Hierbei ist das Prinzip der lexikalischen Ko-Kompositionalität im Sinne Pustejoskys (1995) entscheidend. In (6e) wird die Interpretation durch die kategorialen Eigenschaften des zweiten Arguments gesteuert. Es handelt sich um einen Menschen, und Menschen sind im Normalfall nicht das Ziel imperfektiv gerichteten Fahrens. Somit liegt die Relevanz der Äußerung im resultierenden Zusammenstoß. Letztlich entscheidet jedoch der Kontext. Wenn „ein Bus eine Haltestelle angefahren hat“, dann kann es sich theoretisch auch um einen Zusammenstoß handeln.

110

6. Argumentkonstruktionen mit „an“

Während (6c) und (6d,e,f ) homonymen Konstruktionen zu Grunde liegen, handelt es sich bei (6d) und (6e) um polyseme Lesarten einer Konstruktion. Beide beruhen auf einer Konstruktion, deren Bedeutung mit [ x DO DIRECTED TOWARDS y ] beschrieben wird. Im Normalfall wird die konkrete Bedeutung durch das entsprechende Verb festgelegt. Wenn „jemand angelächelt“ wird, dann ÀQGHW NHLQ SK\VLVFKHU .RQWDNW VWDWW :LUG DEHU ÅMHPDQG DQJHVWR‰HQ´ GDQQ LVW dies der Fall. Besonders Bewegungsverben weisen in der Konstruktion polyseme Lesarten auf. Betrachten wir nun die metaphorische Äußerung in (6f ), so wird klar, dass sie auf der Lesart des „Anstoßens“ beruht. Es geht darum, dass jemand barsch, aggressiv „angesprochen“ wird. Auch wenn die PVK „jdn. angehen, anfahren“ insofern lexikalisiert sind, als dass ein Sprecher sie nicht frei bilden kann, ist doch das dahinter stehende Muster der gerichteten Tätigkeit für die metaphorische Ableitung transparent. Es handelt sich um einen Spezialfall verwandter, also polysemer Lesarten. Der Äußerung in (6g) liegt offensichtlich keine der besprochenen Konstruktionen zu Grunde. Es handelt sich um die Inbetriebnahme des Hochofens. In diesem Fall mag eine historische Verbindung zum transitiven Konstruktionstyp des Beginnens vorliegen. Aber eine derartige polyseme Ableitung führte in die Irre, da ein transitives Konstruktionsmuster der Inbetriebnahme existiert. Während man große Anlagen „anfährt“, werden kleinere Maschinen, Motoren oder das Licht etc. „an- gemacht, geschaltet, geknipst, gedreht...“. Es handelt sich bei (6g) unter synchroner Perspektive um eine zu (6c) und (6d,e,f ) homonyme Konstruktion. Die Äußerung in (6h) unterscheidet sich formal und semantisch von den übrigen in (6). Die Präposition „gegen“ gehört mit ihrer NP zum äußerst produktiven Konstruktionsmuster zur Darstellung einer Kraft-GegenkraftRelation, welche Bildungen wie „gegen den Stress anrauchen“ oder „gegen den Liebeskummer antrinken“ zu Grunde liegt. Bevor ich genauer auf die konstruktionsgrammatische Behandlung polysemer Konstruktionen eingehe, sei bezüglich der Homonymie kurz das Wichtigste zusammengefasst. Besonders transitive Konstruktionen mit „an“ sind hochgradig homonym. Dies stellt weniger bezüglich der schematischen Konstruktionen ein Analyseproblem dar, als vielmehr in Bezug auf die Instanzen der einzelnen Konstruktionen, also die einzelnen PVK, da ein Basisverb in homonymen Konstruktionen gebraucht werden kann und dies, wie bereits erwähnt, keine Randerscheinung ist. In (8) werden hierfür einige Beispiele gegeben, wobei das zuerst aufgeführte Argument jeweils auf der Konstruktion der gerichteten Tätigkeit, das zweite auf der zum Ausdruck einer Kontaktherstellung oder kausativen Bewegung beruht. (8) D MGQHLQHQ6DW]DQVFKUHLEHQ  E GDV=LHOHLQ3ODNDWDQVFKODJHQ  F GLH:DQG)DUEHDQVWUHLFKHQ Auf Homonymie beruht der zu Beginn der Arbeit vorgestellte Zeugmatest. Wichtig ist, nicht zwischen isolierten Komplexen aus Partikel und Basisverb zu unterscheiden, sondern auf struktureller Ebene bezüglich der Argumentkonstruktionen.

6.3 Konstruktionsgrammatische Analysen von Polysemie

111

Die konstruktionsgrammatische Analyse erlaubt auch, das Phänomen der ObMHNWYDULDQ] HLQ]XJUHQ]HQ 6HLW +XQGVQXUVFKHU I 12 wird die in (8) dargestellte angebliche Flexibilität als „Objektvertauschung“, von KühnKROG  DOVÅ2EMHNWXPVSUXQJ´XQGYRQ)OHLVFKHU %DU]  DOV „Objektverschiebung“ bezeichnet. Im Falle homonymer Konstruktionen handelt es sich weder um Verschiebungen noch Umsprünge oder Vertauschungen. Es geht um semantisch differenzierte Leerstellen homonymer Konstruktionen. Die /HHUVWHOOHQZHUGHQDXVJHKHQGYRQGHQNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKHQVHPDQWLVFKHQ Rollen nach Fusion mit konkreten Verben lexikalisch gefüllt. Tatsächliche „Objektumsprünge“ basieren auf metonymischen Beziehungen ]ZLVFKHQ 1RPHQ LQ HLQHU NRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKHQ 5ROOH 0F,QW\UH  278ff ) spricht diesbezüglich in Langackers Terminologie von „Landmark Flexibility“. Es handelt sich um eine typische Eigenschaft von Resultativkonstruktionen (9a) und PVK (9b) im Gegensatz zu Konstruktionen mit Doppelpartikeln. (9) D GHQ:HLQGLH)ODVFKHOHHUWULQNHQ  E (UGHHLQHQ+JHODQVFKWWHQ +LHUXPZLUGHVQDFKGHUIROJHQGHQ'LVNXVVLRQEHUGLHNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKH Analyse von Polysemie unter dem Stichwort Metonymie gehen.

6.3 Konstruktionsgrammatische Analysen von Polysemie /\RQV  ZHLVWZLHVSlWHUDXFK.HPSFNH II DXIGHQ0DQJHONODrer Kriterien zur strikten Abgrenzung zwischen Polysemie und Homonymie hin. Die Differenzierung zwischen Konstruktionen, die grundlegend verschiedene Bewegungsverhältnisse ausdrücken, stellt einen Lösungsansatz dar, klärt jedoch nicht, bis zu welchem Grad von Polysemie im Gegensatz zu Homonymie gesprochen werden sollte. Die Aufeinanderbeziehbarkeit von Bedeutungen schließt in begrenzter Weise die historische Entwicklung mit ein, vor allem aber das SpreFKHUHPSÀQGHQ]XHLQHPEHVWLPPWHQ=HLWSXQNWGLH)UDJHQDFKGHU7UDQVSDUHQ] metaphorischer Ableitungen oder aber empfundener Lexikalisierung. /HLOD %HKUHQV  I  GLVNXWLHUW YLHU .ULWHULHQ ]XU %HVWLPPXQJ YRQ Polysemie. Erstens geht es um die Subsumierung unter einer gemeinsamen Bedeutung. Ich werde bezüglich unterschiedlicher Analysen von Goldberg (1995) und Kay (2005) zeigen, dass hier das Problem im angenommenen Grad der Abstraktheit jener gemeinsamen Bedeutung liegt. Zweitens handelt es sich um das Vorhandensein eines gemeinsamen Semems. Das Problem wird bezüglich einer oder mehrerer kausativer Konstruktionen zum Ausdruck von Orts- und

12

Hundsnurscher fasst sowohl diathetische Verhältnisse zwischen Basis- und Partikelverb als auch Objektvariationen bei Partikelverben unter dem Begriff der Objektvertauschung zusammen.

112

6. Argumentkonstruktionen mit „an“

Zustandswechseln diskutiert, welche alle das Merkmal CAUSE aufweisen. Drittens führt Behrens als Kriterium die transparente Musterbildung auf. Wenn verschiedene PVK auf verschiedene rekurrente Muster zurückgehen, sollten sie nicht als polysem bezeichnet werden, da sie Instanzen eigenständiger Konstruktionen VLQG9LHUWHQVJHKWHVXPGDVLQWXLWLYH(PSÀQGHQGDVVHV]ZLVFKHQ]ZHL%HGHXWXQgen eine Motivation gibt, was bezüglich metonymischer Ableitungen besprochen wird. Grundlegend ist die Frage, ob verwandte Lesarten an selbständige, miteinander verbundene Konstruktionsmuster gebunden werden sollten, oder aber abgeleitete Varianten von einer abstrakten Konstruktion bilden, welche auf Grund ihrer Minimalbedeutung alle polysemen Varianten überdacht. Die erste Position ZLUGYRQ*ROGEHUJ  GLH]ZHLWHYRQ.D\  YHUWUHWHQ*ROGEHUJ  75ff, 161ff ) schlägt bezüglich der Ditransitivkonstruktion und auch der kausativen Bewegungskonstruktion jeweils einen nicht abstrakten zentralen Bedeutungstyp vor, welcher mit weniger zentralen Typen ein Netzwerk bildet.13 Als ]HQWUDOHQ7\SGHUNDXVDWLYHQ%HZHJXQJVNRQVWUXNWLRQVFKOlJWVLH HEG Å; CAUSES Y to MOVE Z“ vor. Nun betrachtet sie Äußerungen wie „Sam allowed Bob out of the room“ und kommt zu dem Schluss, dass die Äußerung nicht auf den zentralen Bedeutungstyp zurückgeführt werden kann, da das erste Argument (Sam) nicht verursacht, dass das zweite Argument (Bob) aus dem Zimmer geht, sondern ihm dieses ermöglicht. Also nimmt sie in Bezug auf die zentrale eine polyseme Konstruktion an, welche als „X ENABLES Y to MOVE Z“ Grundlage der aufgeführten Äußerung ist. Insgesamt nimmt Goldberg vier selbständige, formal nicht differenzierbare Konstruktionen zum Ausdruck kausativer %HZHJXQJHQDQZHOFKHHLQSRO\VHPHV1HW]ZHUNELOGHQ.D\  QLPPW hingegen jeweils einen abstrakten minimalen Bedeutungskern an. Von dieser Invariante leitet er einzelne Submuster ab.14 Er (2005) strebt in seiner Analyse der Ditransitivkonstruktion im HPSG-Format möglichst ökonomische Repräsentationen über Vererbungsbeziehungen von einem gemeinsamen Nenner aus an. Letztlich handelt es sich um unterschiedliche Zielsetzungen, welche durch den repräsentationellen Rahmen gesteckt sind. In Goldbergs (1995) Behandlung von Polysemie wird dem Sprecher kaum die Möglichkeit zugestanden, ein Verb durch Implikaturen in die Bedeutung einer

13

14

%H]JOLFKGHU'LWUDQVLWLYNRQVWUXNWLRQIKUW*ROGEHUJ I HLQ1RQ:RUW([SHULPHQW GXUFK'DV1RQ9HUELQÅ6KHWRSDPDVHGKLPVRPHWKLQJ´LQWHUSUHWLHUHQGLHPHLVWHQ%HIUDJWHQDOVÅJHEHQ´'D.RUSXVDQDO\VHQ]HLJHQGDVVQLFKWÅJLYH´DPKlXÀJVWHQLQGHU'LWUDQsitivkonstruktion gebraucht wird, schließt sie eine einfache Assoziation durch Frequenz aus und bezeichnet die semantische Grundstruktur des Verbs in der Konstruktion als zentralen Konstruktionstyp mit der Bedeutung „X CAUSES Y to RECEIVE Z“. .D\ III OHLWHWYRQHLQHUÅ$EVWUDFW5HFLSLHQW&RQVWUXFWLRQ´GUHLNRQNUHWH,QVWDQWLLHUXQJVEHGHXWXQJHQDEGLHGLUHNWH5H]LSLHQWHQNRQVWUXNWLRQ MGJLEWMGPHWZ GLHLQGLUHNWH (jd. bäckt jdm. etw.) und die modale (jd. erlaubt jdm. etw.). Der jeweilige Hintergrund für die verschiedenen Vorschläge ist offensichtlich. Während Goldberg im Sinne Wittgensteins „Familienähnlichkeiten“ vorgeht, kategorisiert Kay von einem Prototypen als Invariante aus, der mit allen Mitgliedern der Kategorie etwas gemeinsam hat.

6.3 Konstruktionsgrammatische Analysen von Polysemie

113

Konstruktion ‚einzupassen’ – und umgekehrt, die Bedeutung einer Konstruktion dem mit ihr gebrauchten Verb. Durch die Annahme zahlreicher polysemer Konstruktionen bestehen kaum noch Unterschiede zwischen Verb- und Konstruktionsbedeutung. Unter diesem Aspekt scheint Kays (2005) Analyse adäquater. Im Falle der besprochenen polysemen Äußerungen (6d,e) und selbst der metaphorischen Ableitung (6f ) scheint vorerst die Annahme einer allgemeinen Bedeutung wie „x DO DIRECTED TOWARDS y“ zu genügen. Durch die Bedeutung der BasisYHUEHQXQG$UJXPHQWHHUJHEHQVLFKÁH[LEOH/HVDUWHQ HLQ=LHOHLQHQ0HQVFKHQ anfahren). Allerdings sollte davon ausgegangen werden, dass Verben, welche einen gemeinsamen Frame aktivieren oder aber ähnliche Leerstellen in verschiedenen Frames als Prädikationspotential aufweisen, Gruppen bilden, welche wiederum als eine Art Fusionsgewohnheit mit der Konstruktion assoziiert werden. Als Beispiel seien in (10a) verschiedene Gruppen bildende PVK angeführt und in (10b) die zu Grunde liegende Konstruktionsbedeutung mit den jeweiligen Fusionsgewohnheiten anstelle zahlreicher selbständiger Konstruktionen. (10)D MGQHWZDQVHKHQDQK|UHQDQWDVWHQDQ]LHOHQDQIDKUHQDQUDXFKHQ b. x DO YLVXDOO\DFRXVWLFDOO\ERGLO\ DIRECTED TO WRWDUJHWFRQWDFWPROHVW y Ich schlage somit einen Mittelweg zwischen Goldberg (1995) und Kay (2005) vor. (VZHUGHQZHGHUKRFKVSH]LÀVFKHSRO\VHPH.RQVWUXNWLRQHQDQJHQRPPHQQRFK ein abstrakter Typ allein, der durch die jeweilige Verbindung mit einem Basisverb eine bestimmte Bedeutung der Konstruktion aktiviert. Gebrauchsgewohnheiten ZHUGHQDQGHU.RQVWUXNWLRQLQ)RUPYRQ/DEHOQZLHLQ E XQGRGHUGXUFK frequente PVK als Leitformen gekennzeichnet. Damit ist die Frage jedoch nicht beantwortet, bis zu welchem Grad Sprecher verschiedene polyseme Bedeutungen unter einer abstrakten Konstruktion zusammenfassen. Ich werde dies im Folgenden anhand der kausativen Konstruktion(en) zum Ausdruck von Zustandsveränderungen diskutieren und für eigenständige, ursprünglich polyseme Varianten plädieren, welche heute mit verschiedenen Fusionsgewohnheiten assoziiert werden. Betrachten wir hierzu die vier folgenden Äußerungen. (11)D 'HU.OHEHEHUHLFKPXVVRKQH/XIWHLQVFKOVVHYROOÁlFKLJIDOWHQIUHL und fest angerollt werden.15 b. Backwaren, so groß wie Wagenräder, sollten angerollt werden.16 c. Die Berliner Feuerwehr will [...] junge Migranten direkt nach der Schule anwerben.17 d. Nach der neuen Regelung können Bauarbeiter im Sommer bis zu 30 Überstunden ansparen.18

15 16 17 18

ZZZSXUEDXWHFKQLNGHGDPSIGLFKWLQGH[KWP 5KHLQ=HLWXQJ1HXH:HLKQDFKWJHÀHOGHP.DLVHUEHVWHQV %HUOLQHU7DJHVVSLHJHO)HXHUZHKUZLOOJH]LHOW7UNHQDQZHUEHQ %HUOLQHU0RUJHQSRVW(LQLJXQJEHUQHXHQ7DULIEHL6FKOHFKWZHWWHUDXIGHP%DX

114

6. Argumentkonstruktionen mit „an“

Theoretisch wäre die Subsumierung unter eine abstrakte logische Form wie [CAUSE(x) %(&20((STATE(y))] möglich. Mit allen vier Äußerungen werden kausative Handlungen ausgedrückt. Dennoch liegen den einzelnen Bildungen ganz verschiedene grundlegende Konzepte zu Grunde. Es handelt sich nicht wie LQ  XPYHUVFKLHGHQHYHUEJUXSSHQVSH]LÀVFKH)XVLRQVJHZRKQKHLWHQeinesÁHxiblen Konzeptes. In (11a) wird durch Rollen Kontakt herstellt. In (11b) führt das kausative Rollen zum Ortswechsel einer Entität. Während die meisten Bildungen vom Typ (11a) mit „fest“ kombinierbar sind, ist dies bei (11b) nicht der Fall. AndererVHLWVDNWLYLHUW E YLHOHW\SLVFKH/HHUVWHOOHQGHV7UDQVSRUW)UDPHVXDHLQHQ:HJ (PATH), ein bewegliches Objekt (THEME), einen Ausgangspunkt (SOURCE). Dies ist für weitere Prädikationen durch Kombination mit anderen Konstruktionen von Bedeutung, denn hierin unterscheiden sich (11a) und (11b) voneinander. Es handelt sich um Instanzen verschiedener Frames, die das gemeinsame Merkmal CAUSE aufweisen. Die Bedeutung von (11c) basiert auf dem Modell des Anlockens einer Entität, das heißt deren beabsichtigter Bewegung zum Agens. Diese Bedeutung wird nicht vom Basisverb präsupponiert, wird also von der KonstrukWLRQEHLJHVWHXHUW$QGHUVDOV*ROGEHUJ  JHKHLFKQLFKWGDYRQDXVGDVV beabsichtigte und konkrete Handlungen, also das „Anwinkeln der Beine“ und „das Anwerben der Kunden“ auf zwei verschiedenen Konstruktionen beruhen. Diese Differenzierungen ergeben sich m. E. durch die Flexibilität der Konstruktion bei ihrem Gebrauch mit entsprechendem Verb. In (11d) wird eine Handlung ausgedrückt, bei der das zweite Argument „angesammelt“ oder hervorgebracht wird. Diese Bedeutung ist bereits im Simplex enthalten. Auch wenn die ursprüngliche Ableitung von „Stunde an Stunde“ noch nachvollziehbar ist, sollte sie synchron weder unter (11a) noch (11b) subsumiert werden. Das Grundinventar der Konstruktionen ähnelt sich. Die Reduktion auf ein logisches Minimalprädikat würde keine Erklärung für die Motivation des produktiven Gebrauchs der Konstruktionen geben. Die unterschiedlichen schematischen Handlungsmuster werden durch [CAUSE(x) %(&20((STATE(y))] nicht adlTXDW ZLHGHUJHJHEHQ (EHQVR LVW GLH XQWHUVFKLHGOLFKH NRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKH Funktion der Partikel zu beachten. In (11a) markiert sie einen generischen Kontaktort bzw. Kontakt als Nachzustand. In (11b) verweist sie auf einen vorerwähnten Ort oder den Ort des Sprechers. In (11c) kennzeichnet sie die Relation zwischen bewegendem Agens und zu diesem bewegten zweiten Argument. In G LVWVLHKlXÀJGXUFKÅ]XVDPPHQ´SDUDSKUDVLHUEDU'HVKDOEVFKODJHLFKGLH folgenden Konstruktionen (12) vor, welche zwar miteinander in Beziehung stehen, jedoch selbständige Bildungsmuster darstellen, deren Differenzen über das Konzept synchroner Polysemie hinausgehen. In allen Fällen gilt, dass PVK als Instanzen dieser Konstruktionen Ereignistypen ausdrücken, welche nicht mit den Simplizia assoziiert werden müssen. (12)D b. c.  G

[$77$&+\ *5281'&217$&7 x MOVE y TO DEICTIC LOC x ATTRACT y [$0$66&5($7(\

6.4 Metonymische Objektvarianz – motivierte Gleichheit der Form

115

M. E. stellen die kausativen Positionsverben einen Verbindungspunkt zwischen (12a) und (12b) her. Wenn „etwas an etwas gesetzt“ oder „gehängt“ wird, werden gleichwohl das Konzept einer Bewegung als auch das einer Kontaktherstellung aktiviert. Eine Instanz von (12b) wiederum, nämlich „etw. anziehen“ könnte durch die Eigensemantik von „ziehen“ als „in der eigenen Bewegungsrichtung etwas fortbewegen“ zur Ausbildung von (12c) geführt haben. Der metonymische Gebrauch von (12a,b) wiederum führte zur Ausbildung von (12d), worum es im folgenden Abschnitt geht. Anders als Goldberg (1995) nehme ich keine eigenständigen polysemen Konstruktionen für PVK wie „jemanden anleiten, anführen, anlernen“ oder „die Farbe anstreichen, ansprühen...“ (13a) und „jemanden anlocken, etwas anfordern“ (13b) DQ(KHUVFKODJHLFKZLHGHUXPGLH0DUNLHUXQJYRQYHUEJUXSSHQVSH]LÀVFKHQ Fusionsgewohnheiten vor (13). (13) a. x MOVE by painting, instructing y TO LOC ground, knowledge b. x ATTRACT intend y 9RU GHU 'LVNXVVLRQ PHWRQ\PLVFKHU 2EMHNWYDULDWLRQ DOV 4XHOOH SRO\VHPHU $Eleitungen und neuer Konstruktionen fasse ich kurz zusammen. Ich nehme mit *ROGEHUJ  I  XQG &URIW    DQ GDVV 3RO\VHPLH HLQH W\SLVFKH Eigenschaft aller sprachlichen Zeichentypen vom Morphem bis zur Argumentstruktur ist. Konstruktionen sind jedoch keine semantischen Korsette. Auch ihre Bedeutung variiert in Abhängigkeit von den Basisverben. Die Bedeutungsnotationen durch Minimalprädikate stellen vereinfachte Beschreibungen grundlegender Konzepte dar, welche entsprechende Konstruktionen aktivieren. Entscheidend für die Analyse als selbständige Konstruktion ist, ob sie reihenbildend ein von anderen Konstruktionen differenzierbares Ereignismodell ausdrücken.

6.4 Metonymische Objektvarianz – motivierte Gleichheit der Form Im Bereich der PVK mit „an“ spielt Metonymie besonders innerhalb kausativer Konstruktionen zum Ausdruck von Orts- und Zustandsveränderungen eine Rolle. Hierbei geht es nicht nur um die Ersetzung eines Ausdrucks durch einen anderen über taxonomische Verhältnisse. Dies wäre ein Phänomen auf paradigmatischer Ebene. Vielmehr geht es um Assoziationen auf der Grundlage von Kontiguitätsbeziehungen, also auf der syntagmatischen Ebene. Dies wird besonders deutlich bei dem bereits unter (9a) aufgeführten und hier als (14) wiederholten Beispiel. (14)GHQ:HLQGLH)ODVFKHOHHUWULQNHQ Die Objektvarianz in (14) basiert auf einer Gefäß-Inhalt-Relation, welche bezüglich des Leertrinkens relevant wird. In anderen Äußerungen kann „Wein“ mit ganz anderen Konzepten assoziiert werden. Beispiel (15) zeigt, dass die jeweilige

116

6. Argumentkonstruktionen mit „an“

Rolle bezüglich eines Situations-Frames entscheidend ist. Hier wird der „Wein“ metaphorisch über Gleichsetzung des Bestellenden mit dem Bestellten assoziiert, wenn der Kellner mit einem Glas Wein auf dem Tablett unschlüssig in die Runde blickt. (15) Ich bin der Wein. -DNREVRQ    EHVFKUHLEW GDV 9HUKlOWQLV EH]JOLFK GHU .DVXV ZLH IROJW Å6FKOLH‰OLFK EHVWHKW HLQ 3DUDGLJPD LQVEHVRQGHUH HLQ .DVXVSDUDGLJPD wie wer – wem – wen [...]) darin, daß derselbe semantische Inhalt jeweils mit einem anderen Inhalt nach verschiedenen Gesichtspunkten durch Kontiguität verknüpft ist.“ Mit anderen Worten geht es um Assoziationen eines Ausdrucks PLWHLQHPDQGHUHQLQ%H]XJDXIVHLQHNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKH5ROOH'LHV]HLJW das folgende Beispiel (16) mit dem PVK „anschütten“. (16) a.

Sie kümmern sich liebevoll um ihren Ofen, helfen beim Erde anschütten.19 b. [...] um einen breiteren Fahrbahndamm anschütten zu können.20

In (16a) ist das Verb „schütten“ eine Instanz der kausativen Bewegungskonstruktion (12b). „Erde“ wird an einen Ort bewegt. In der Äußerung (16b) wird nun das Resultat vorweggenommen und „konzeptuell“ gleich der ganze Damm angeschüttet, wobei die Zwischenschritte, nämlich das Anschütten der Erde, damit der Damm entsteht, übersprungen werden. In diesem Falle besteht eine kausale Kontiguitätsbeziehung zwischen „Erde“ und „Damm“. Diese wird durch die Konstruktion auf syntagmatischer Ebene hergestellt. „Erde“ und „Damm“ selbst stehen in einer Teil-Ganzes-Relation. Durch „etw. anschütten“ werden sie in einer kausalen Material-Produkt-Beziehung konzeptualisiert. Metonymische Variationen beruhen somit auf Beziehungen zwischen kausalen, temporalen, lokalen Teilaspekten und einem Ganzen. Die Wichtigkeit, „Metonymie“ aus dem rein UKHWRULVFK GHÀQLHUWHQ %HJULII HLQHU pars pro toto- oder totum pro parte-Beziehung ]XO|VHQEHWRQHQ/DNRII -RKQVRQ  ZHQQVLHUHFKWDOOJHPHLQVFKUHL ben, dass „grounding of metonymic concepts [...] usually [...] direct physical or FDXVDO DVVRFLDWLRQV´ LQYROYLHUHQ 6RYLHO LFK ZHL‰ EHWUDFKWHW .RFK    erstmals explizit metonymische Relationen als Beziehungen zwischen den Leerstellen eines oder verschiedener Frames. Die kausative Argumentkonstruktion (12b) aktiviert im Kernbereich Leerstellen für ein Agens und ein Theme-Argument, dessen Ortswechsel bewirkt wird. Diese werden obligatorisch durch die Konstruktion ausgedrückt. Gleichsam beinhaltet der Frame auch die periphere Leerstelle für einen Zweck (purpose) der Handlung. Das Verb „schütten“ als Instanz der Konstruktion (12b) erlaubt die Feinbestimmung der Selektionseigenschaften, wodurch „Erde“ als zweites Argument gewählt werden kann. Durch die

19 20

%UDXQVFKZHLJHU=HLWXQJ3L]]DXQG%URWDXVGHP/HKPRIHQ 5KHLQ=HLWXQJ6HQLRUHQWUHII

6.4 Metonymische Objektvarianz – motivierte Gleichheit der Form

117

Teil-Ganzes-Beziehung zwischen „Erde“ und „Damm“ kann nun in Bezug auf den Zweck der Handlung – um einen Damm zu erzeugen – dieser selbst durch eine kausale Relation als zweites Argument realisiert werden, obwohl er realiter nicht „angeschüttet wird“. Die Relevanz einer frame-basierten Analyse metonymischer Objektvarianz mag auch das folgende Beispiel (17 ) verdeutlichen. (17 ) a. Sivas will in den nächsten Jahren insgesamt 1 Million Bäume   DQSÁDQ]HQ21  E 0LWGHU(UEVFKDIWOLH‰HQVLFKUXQG+HNWDU:DOGDQSÁDQ]HQ22 ,Q E  ZLUG JOHLFK ÅHLQ JDQ]HU :DOG´ DQJHSÁDQ]W GDV KHL‰W GLH HLJHQWOLFKH Handlung, durch welche der Baum mit der Erde verbunden wird, wie in (17a) ausgedrückt, wird kognitiv übersprungen. „Baum“ und „Wald“ stehen in einer W\SLVFKHQ7HLO*DQ]HV%H]LHKXQJ]XHLQDQGHU'DV9HUEÅSÁDQ]HQ´DOV,QVWDQ] der kausativen Konstruktion erlaubt die kausale Assoziation zwischen einem Teil und dem Ganzen durch dessen Hervorbringen. In einer konstruktionsgrammatischen Analyse ist nun die Frage entscheidend, ob die wiederholte metonymische Objektvarianz im Sprachgebrauch zum Bedeutungswandel der Konstruktion selbst führt und somit eigenständige KonstrukWLRQHQHQWVWHKHQ,FKJHKHGDYRQDXVGDVVGHU.RQVWUXNWLRQVW\S G$0$66 CREATE) als eigenständige Konstruktion durch die aufgezeigte metonymische Objektvarianz entstanden ist. Vergleichen wir hierzu eine Erklärung von „ansetzen“ bezüglich „Teig“ und „Essig“ im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm (18a) mit einem aktuellen Gebrauchsbeleg (18b). (18)D DQVHW]HQDQGDVIHXHUDQGLHVRQQH>@VHW]HQ b. Aus 3 Pfund Mehl, 3 Würfeln Hefe und ½ l rotem Traubensaft einen Teig ansetzen.23 Die Erklärung in (18a) geht auf die kausative Bewegungskonstruktion (12b) zurück. Der fertige Teig wird zum ‚Gehen’ an einen warmen Ort gesetzt. Nun kann die Verwendung in (18b) jedoch nicht durch metonymische Beziehungen erklärt werden. Es handelt sich nämlich nicht um Objektvarianz, sondern offensichtlich um den Gebrauch von „ansetzen“ auf der Grundlage einer aus metonymischen Ableitungen entstandenen Konstruktion des Zusammensetzens oder Hervorbringens (12d). Es sollte davon ausgegangen werden, dass metonymische Ableitungen nicht jedes Mal einem konzeptuellen Prozess zu Grunde liegen, sondern zur Ausbildung eigenständiger Konstruktionen führen können. Hierbei handelt es sich nicht um ein Phänomen der Partikel „an“. McIntyre (2007) zeigt, dass lokale Verhältnisse eine grundsätzliche Ableitungsbasis für eine allgemeine resultative /HVDUW GDUVWHOOHQ (U  I  EHVSULFKW 39. ZLH ÅDXVWULQNHQ DEZLVFKHQ´

21 22 23

%UDXQVFKZHLJHU=HLWXQJ/LYHVHQGXQJYRP&RPHQLXVWUHIIHQ %UDXQVFKZHLJHU=HLWXQJ.UHLVHUEW*HOGIU+HNWDUQHXHQ:DOG KWWSZZZNODVVLVFKHDUFKDHRORJLHSKLOXQLHUODQJHQGHUHDOLDHVVHQUH]HSWHPXVWDFHLKWPO

118

6. Argumentkonstruktionen mit „an“

welche ursprünglich auf lokale Verhältnisse wie „etwas aus einem Gefäß trinken“ oder „etwas vom Tisch abwischen“ zurückgehen, wobei die lokale Relation holistisch mitgedacht wird. McIntyre spricht vom Wandel der Partikel zu einem Resultatsausdruck.24 So bedeute die Partikel „ab“ in „abwischen“ (wipe up) so viel wie „sauber“, „aus“ in „austrinken“ so viel wie „leer“. M. E. sollte besser vom Wandel der Konstruktion als von dem der Partikel selbst gesprochen werden. Hierfür spricht, dass die Bedeutungsverschiebung nicht immer zur Lexikalisierung der Partikel führt. Während das angesteckte Feuer „an“ ist und in der Kindersprache die ausgetrunkene Milch „aus“, ist der abgewischte Tisch nicht „ab“ und der angesetzte Teig nicht „an“. Bei den Paraphrasen „sauber“ oder „zusammen“ handelt es sich primär um Paraphrasen der Konstruktionen, nicht der Partikel. Dies kann in einer späteren Stufe zu Lexikalisierung und somit zum Wandel der Partikel in Richtung Adjektiv führen, was wiederum den Übergang der Partikel-VerbKonstruktion zu Resultativkonstruktionen bedingt. Bevor im Folgenden einige Aspekte der Notation von formaler und semantischer Seite der Argumentkonstruktionen besprochen werden, fasse ich die Ausführungen zu Polysemie und Metonymie anhand der unter (12) wiedergegebenen Konstruktionen in einem Modell zusammen (19). Es handelt sich jeweils um selbständige Konstruktionen, welche jedoch durch verschiedene semantische Beziehungen miteinander verbunden sind und ein Netzwerk bilden. (19) NDXVDWLYH Positionsverben 





D ;$77$&+ Produkt c) X ATTRACT Y G ;$0$66&5($7(@VR daß eine verbindliche Einordnung durchaus problematisch ist.“ Im Folgenden wird die gemeinsame Entwicklung von (13a,b) als medialer Konstruktionstyp aus referentiellem Gebrauch nachgezeichnet. Haspelmath I XQWHUVFKHLGHW]ZLVFKHQHQGRUHÁH[LYHP E XQGXQNDXVDWLYHP DQWLFDXVDWLYH *HEUDXFK G ZHOFKHDOV0XVWHUDXVGHPDQDSKRULVFKHQ5HÁH[LYXP (14a) hervorgegangen sind. (14) a.

Der, dem sein Leben lieb ist, der schnallt sich und seine Kinder immer an.18 b. Er setzt sich (*und die Kinder) hin. c. Er setzt hohe Maßstäbe an. d. Auf der sozialistischen Ikone hat sich Staub angesetzt.19

15 16 17 18 19

5KHLQ=HLWXQJÅ3XWLQLVPXV´KDW5XVVODQGLP*ULII 0DQQKHLPHU0RUJHQ.HLQ$QVFKOXVV ,QWHUQHWIRUXPKWWSZZZFKLSGHDUWLNHO'LHEHVWHQ7DULIH ,QWHUQHWIRUXPKWWSZZZHVSDFHIUHXQGHGH '(563,(*(/:LUVLQGDXIGHP:HJLQV$UPHQKDXV

([NXUV(QGRUHÁH[LYHXQGXQNDXVDWLYH0HGLDO39.

141

*UXQGODJH GHU 0HGLDOYHUEHQ VR +DVSHOPDWK    VHL HLQ ÅVHPDQWLF EOHDFKLQJ´HLQ9HUEOHLFKHQGHUUHIHUHQWLHOOHQ/HVDUW D 'DV5HÁH[LYXPJHKW aus dem anaphorischen Gebrauch hervor, ist jedoch nicht mehr erfragbar, nicht YRUDQVWHOOEDUXQGQLFKWNRRUGLQLHUEDU1DFK.XQ]H  HQWVWHKHQVRLQKlUHQW UHÁH[LYH 9HUEHQ ZREHL GHP 5HÁH[LYXP HLQ UXGLPHQWlUHU 5ROOHQVWDWXV ]XNRPPW(VKDQGHOWVLFKXPHQGRUHÁH[LYH)RUPHQPLWLPPDQHQWHU$JHQWLYLWlW E ZHOFKH:HONH  LQ$QOHKQXQJDQ+DVSHOPDWKDOV%UFNH]XP unkausativen Medialverb (14d) im engeren Sinne bezeichnet und diese somit nicht von einer Medialfügung ableitet. Auf der Grundlage einer Metapher bildet sich ein Konstruktionsmuster zur Überführung von Handlungen (14c) in Vorgangsund Prozessverben (14d) heraus. Die (historische) Grundlage ist ein kausativer PVK, dessen Gebrauch mit GHP UHIHUHQWLHOOHQ 5HÁH[LYXP ]XU HQGRUHÁH[LYHQ XQG YRQ GLHVHU ]XU XQNDXVDtiven Lesart geführt hat. Deutlich wird dies bei der Betrachtung von „sich anschmiegen“. Vereinzelt wird es heute noch als direkte Instanz von [1d ] gebraucht D  ,Q GHU 5HJHO GRPLQLHUW GHU UHÁH[LYH *HEUDXFK ZREHL GLH HQGRUHÁH[LYH /HVDUW E DOVPHWDSKRULVFKHU*HEUDXFKGHVUHIHUHQWLHOOHQ5HÁH[LYXPVQHEHQ der unkausativen (15c) besteht. (15) a.

So müssen auch die überstehenden Ränder nicht umständlich an die Form angeschmiegt werden.20 (x schmiegt y an = Handlung) b. Jetzt kann Jutta sich anschmiegen, sich hingeben, sie fühlt sich wahrhaft glücklich.21 (x schmiegt sich an = Tätigkeit) c. Dieser recyclingfähige Folienüberzug, der sich anschmiegt wie eine zweite Haut [...].22 (y schmiegt sich (als ob es x wäre) an = Vorgang)

Anstelle der Ableitung von (15c) aus der Medialfügung „sich leicht anschmiegen (lassen)“ beruht die Bildung auf dem Denk- und Darstellungsbild, als ob der FoliHQEHU]XJJHQDXVRZLHÅ-XWWD´LQ E HWZDVWXH'LHIUGHQHQGRUHÁH[LYHQ*Hbrauch typische Eigenaktivität tritt beim unkausativen Gebrauch völlig zurück, ZDV:HONH I DXIGHQKlXÀJHQ*HEUDXFKMHQHU0HWDSKHU]XUFNIKUW Die ursprüngliche Kausativität (15a) werde bis zur Eliminierung defokussiert. Was übrig bleibe, ist die Vorgangs- (15c) oder Tätigkeitsbedeutung (15b). Metaphorische Ableitungen, welche zu neuen Form-Funktionspaaren führen, entsprechen dem Prinzip systematischer Ökonomie. Das begrenzte Zeicheninventar wird kompositionell erweitert. Neues wird aus Bestehendem abgeleitet, in diesem Fall die Vorgangs- aus der Handlungsbedeutung 23

20 21 22 23

)UDQNIXUWHU5XQGVFKDX6FKOR‰3KLOLSSVUXKH 3HWHU6RSSD'HU@EHFDXVHRIRXUSURFOLYLW\ for interpreting the new or less familiar with reference to what is already well established; and from the pressure of adapting a limited inventory of conventional units to the unending, evervarying parade of situations requiring linguistic expression.“

142

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

Die in der Regel unkausativen PVK „sich anhäufen, sich ansammeln“ werden JHQDXVRZLHGLHWHQGHQ]LHOOHQGRUHÁH[LYHQÅVLFKDQVFKPLHJHQVLFKDQNXVFKHOQ sich ankrallen“ als Instanzen der kausativen Konstruktionen [1d,g ] und einer meWDSKRULVFKDEJHOHLWHWHQQLFKWUHIHUHQWLHOOHQ5HÁH[LYNRQVWUXNWLRQEHVWLPPW'DV 5HÁH[LYXPEORFNLHUWRGHUUFNWGLHNDXVDWLYH%HGHXWXQJGHV39.LQGHQ+LQWHUJUXQG(LQH.ODVVLÀ]LHUXQJDOV,QVWDQ]HQGHULQWUDQVLWLYHQ.RQVWUXNWLRQHQZUGHGDV5HÁH[LYXPDOVXQPRWLYLHUWH)RUPYRUDXVVHW]HQXQGGLH9RUJDQJVEHGHXtung der Argumentkonstruktion zuschreiben, was jedoch nicht der Fall ist. Der HQGRUHÁH[LYH*HEUDXFKVWHKWGHPNDXVDWLYHQ39.GXUFK(LJHQDNWLYLWlWGHVHUVten Arguments semantisch näher und ist meist als Komplex eingeschliffen wie bei „sich ankuscheln“ 24. Der unkausative Gebrauch geht auf einen kausativen PVK als Instanz der grammatikalisierten Medialkonstruktion (nicht Fügung!) zurück. Entsprechende PVK wie „sich ansetzen“ können lexikalisiert sein. Man kann 0D‰VWlEHDQVHW]HQDEHUGLHVHVHW]HQVLFKQLFKWZLH6WDXEDQ+lXÀJKDQGHOWHV sich nicht um Lexikalisierung, sondern hinsichtlich der Simplizia um transparente Instanzen einer kausativen Partikelkonstruktion und der Medialkonstruktion :DVVHUDQVWDXHQ:DVVHUVWDXWVLFKDQ 'LH5HSUlVHQWDWLRQYRQHLQ]HOQHQ39. und Konstruktionen als Instanzen mehrerer Konstruktionen wird als Mehrfachvererbung unter 8.5.4 besprochen.

7.2 Konstruktion zum Ausdruck der Inbetriebnahme (16) [...], ob man morgen im Garten den Grill anwerfen soll.25 [2]

[[ NPNom_ ] [ X SWITCH

NPAkk_

an V_

]

Y

ON

]

Durch [2] werden Handlungen ausgedrückt, durch welche eine Person meist ein Gerät in Betrieb setzt. In den untersuchten Korpora werden 24 Verben mit der Konstruktion gebraucht, was 2,3 % der analysierten PVK mit „an“ ausmacht. Bei den meisten Simplizia handelt es sich um Bewegungs- oder kausative Positionsverben wie „stellen, stecken, drehen, werfen“. In der Literatur wird dieses Muster YHUVFKLHGHQ EHVSURFKHQ )OHLVFKHU  %DU]   ]lKOHQ HV ]X GHU LQFKRDWLYHQ*UXSSHZLHÅHWZDQEUHQQHQ´5LFK I RUGQHWHV]ZDUGHU

24

25

Das Verb „kuscheln“ wurde allerdings nie kausativ gebraucht. Es handelt sich um den Diminutiv von „kuschen“, welches der französischen Medialbildung „se coucher“ entlehnt wurde. Das französische „se coucher“ geht wiederum auf das kausative, heute ungebräuchliche „coucher quelque chose“ zurück. 1UQEHUJHU=HLWXQJ2E5RKUEUXFKRGHU9RJHOJULSSH'HU([SHUWHZHL‰HVEHVVHU

([NXUV/H[LNDOLVLHUXQJGHU3DUWLNHO

143

Gruppe des Orts- und Zustandswechsels (1d,e) zu, analysiert die Bedeutung aber PLWGHQ0HUNPDOHQÅ%HJLQQ´XQGÅYRUZlUWVKRFK´(LQH%HJUQGXQJKLHUIU gibt er nicht. Betrachtet man frühe Verwendungen wie „die Fackel anstecken“, so wird die Herausbildung der Konstruktion verständlich. Es handelte sich um die Verbindung einer Entität mit einer Energiequelle und somit um Instanzen von [1d,e]. Das beabsichtigte Resultat des Zündens wurde dann auf die Konstruktion EHUWUDJHQ XQG VSlWHU DXI GLH 3DUWLNHO VHOEVW $GHOXQJ   VSULFKW YRQ einem metaphorischen Ausdruck im „gemeinen Leben“. Die gleiche Erklärung ÀQGHWVLFKLP:|UWHUEXFKGHU*HEUGHU*ULPP  IUÅDQVWHOOHQ´DOV „den topf an das feuer stellen“. Während einzelne PVK dieses Typs in den WörWHUEFKHUQYHUPHUNWVLQGÀQGHWVLFKMHGRFKZHGHUEHL$GHOXQJQRFKLQ/H[HUV  PLWWHOKRFKGHXWVFKHP:|UWHUEXFKQRFKEHLGHQ*ULPPVXQGDXFK nicht in Kluges (1999) etymologischem Wörterbuch bei der Besprechung der Verbalpartikel „an“ ein Hinweis auf die Bedeutung der Inbetriebnahme oder des Inbetriebseins. Dies mag zum einen daran liegen, dass die Konstruktion erst mit der Industrialisierung der modernen Gesellschaft an Bedeutung gewinnt, zum DQGHUHQ DQ GHP UHFKW VRQGHUEDUHQ 6WDWXV GHU 3DUWLNHO %HUHLWV $GHOXQJ  230) führt Beispiele mit „an“ und „aus“ auf, die nicht dem Muster [ 2 ] entsprechen, so zum Beispiel „Das Nachbars Haus geht an“ (in Flammen), wobei er nicht beachtet, dass „gehen“ die Bedeutung „Beginn“ beisteuert, nicht „an“. Ein direkter Bezug zu Partialkonstruktionen liegt m. E. nicht vor. In wenigen Fällen, wie bei „ein Projekt ankurbeln“, handelt es sich um metaphorische Ableitungen von [2] mit Partialbedeutung. Der frühe Gebrauch von „etw. anfachen“ für „etw. anzünden“ geht allerdings auf die Konstruktion der gerichteten Tätigkeit zurück, da „fachen“ so viel wie „pusten, blasen“ bedeutete, was heute noch im „Fächer“ und dem abgeleiteten „fächern“ erhalten ist. Somit liegen der Konstruktion [ 2 ] Instanzen verschiedener Konstruktionen zu Grunde. Die historischen Ableitungen sollten jedoch unter synchroner Perspektive nicht mehr Grundlage für HLQH.ODVVLÀ]LHUXQJVHLQ'LH.RQVWUXNWLRQ [ 2 ] wird reihenbildend genutzt und hat eine klare Eigenbedeutung, wofür auch das kleine, in der Einleitung aufgeführte Experiment mit Non-Verben spricht. Von 20 Befragten assoziierten 8 die Non-Verb-Partikel-Bildung „In kürzester Zeit hatte er es angemonkt“ mit dem Anschalten eines Gerätes.

([NXUV Lexikalisierung der Partikel Genauso interessant wie die historische Entwicklung der Konstruktion [ 2 ] ist das Verhalten der Partikel. Sie ist ohne besondere Kontrastbedingungen topiNDOLVLHUEDUVLHZLUGPRGLÀ]LHUWXQGZLHHLQ$GMHNWLYSUlGLNDWLYXQGDWWULEXWLY verwendet. Warum ist dies bei der Partikel anderer Konstruktionsmuster nicht der Fall? Sie haben im Unterschied zu der hier besprochenen Partikel keine lexikalische Eigenbedeutung. Die alltägliche und zunehmende Bedeutung primär des Feuers und später von Geräten, Motoren und Maschinen im menschlichen Leben führte zum elliptischen Gebrauch der Partikel ohne entsprechende Verben. In

144

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

imperativischen Ausdrücken wie „Licht an!“ wird das Resultat ausgedrückt, gemeint aber ist seine Verursachung. Die Bedeutung der Gesamtkonstruktion wurde auf die Partikel selbst übertragen. Es ist daher fraglich, ob es sich überhaupt noch um eine Konstruktion zur Bildung von PVK handelt – oder aber bereits von Resultativkonstruktionen. Wird eine Tür grün gestrichen, so ist sie danach grün, es handelt sich um eine grüne Tür. Wird eine Zigarette angezündet, so ist sie danach an, es ist „eine ane Zigarette“. 26 Wird aber ein Bild angehängt, so ist es nicht an, sondern befestigt. Somit ist auch die Gruppe der möglichen Verben nicht auf die ursprüngliche Bewegung von etwas an eine Energiequelle beschränkt („anreißen“ für Schiffsmotoren, „anknipsen“ für das Licht) und nicht einmal auf Tätigkeiten der Inbetriebnahme. Musik kann „an“ bleiben oder man kann sie „an“ lassen, wenn man „mit aner Musik“ besser einschlafen kann. Interessant ist nun, dass eine weitere Partikel „an“ in ähnlicher Weise durch Übertragung der Gesamtbedeutung lexikalisiert wurde. Man betrachte die Äußerungen unter (17 ). (17 ) a.

Die Schuhe sind schon an, das Schulterstück sitzt und der Gürtel auch.27 b. Da steckte man die Füße mit annen Schuhen rein und [...].28

'HU 8QWHUVFKLHG ]XP 4XDVL$GMHNWLY ÅDQ´ GHV .RQVWUXNWLRQVW\SV [ 2 ] ist, dass es sich bei (17 ) nicht um Lexikalisierung der Partikel einer schematischen Konstruktion handelt, sondern konkreter PVK, nämlich von „anziehen“ in Bezug auf Kleidung als lexikalisierte Instanzen von [KK·VLFKMGPHWZDQ]LHKHQ ] und [IHWZDQ]LHKHQ ].29 Durch die alltägliche Relevanz und damit hohe Gebrauchsfrequenz wird die Bedeutung einer lexikalisierten Bildung auf die Partikel übertragen. Aus dem funktional-lexikalischen Teil eines PVK wird ein autosemantisches Eigenschaftswort. Dies motiviert den Gebrauch in neuen Distributionen, wie zum Beispiel der attributiven Konstruktion (17b). Auf diesem Weg erklärt sich der Gebrauch in Paradigmen (morphologischen Konstruktionen) anderer Wortarten. Wortartenwandel ist somit nicht an virtuelle Umkategorisierungen, sondern primär an semantischen Kategoriewechsel gebunden. In 8.5.5 wird jener NRQVWUXNWLRQVE]Z39.VSH]LÀVFKH:DQGHOGXUFKHLQHQ9HUHUEXQJVOLQN]XU schematischen Resultativkonstruktion gekennzeichnet.

26 27 28 29

0QVWHU(FKR0DQQKDELFKJHJURQVHQ KWWSZZZKHOPWDXFKHUGHLQGH[KWP+HOPWDXFKHQDQGHU-DJVWLP0lU] ,QWHUQHWIRUXP Å.LQGHUZDFNHOPDVFKLQHQ´  KWWSZZZJHOVHQNLUFKHQHUJHVFKLFKten.de Man beachte, dass nur ein angezogenes Kleidungsstück „an“ ist, nicht aber eine angezogene Person, da „jdn. anziehen“ auf die Konstruktion zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten zurückgeht.

145

7.3 Konstruktion zum Ausdruck eines Kontaktzustandes

7.3 Konstruktion zum Ausdruck eines Kontaktzustandes (18) Das Haar männlicher Soldaten muss am Kopf anliegen.30 [3]

[[ NPNom_ ]

an V_

]

( )

[ X HAVE CONTACT

(GROUND)

]

Das Resultat der Prozesse oder Handlungen, welche durch die Konstruktionen [1a,d ] ausgedrückt werden, kann durch die Konstruktion [ 3 ] SURÀOLHUW ZHUGHQ ZDV GLH .ODVVLÀ]LHUXQJ DOV HLJHQVWlQGLJH 8QWHUNRQVWUXNWLRQ HUODXEW 0LW GHU Konstruktion werden hauptsächlich lokale Zustandsverben (liegen, stehen, sitzen) und Kontaktverben (kleben, haften) gebraucht. Auf transparente Weise proÀOLHUWGLH.RQVWUXNWLRQ]HQWUDOH/HHUVWHOOHQGHVYHUEDOHQ)UDPHVGHQYDULDEOHQ Zustandsträger und als Standardwert einen kategorialen Kontaktort. Auffällig ist der lexikalisierte Gebrauch von „anstehen“ und „anliegen“ für „zu tun sein“. Primär lokale Konzepte dienen als Grundlage für metaphorische Ableitungen. M. E. basieren diese auf der Erfahrung körperlichen Kontaktes, also extremer Nähe, ZHOFKHGXUFKGLH8UVSUQJOLFKNHLWGHU(PSÀQGXQJPLW5HOHYDQ]DVVR]LLHUWZLUG Das, was anliegt oder ansteht, muss getan werden. Das Nächstliegende sollte getan werden. Das lexikalisierte „anhängen“ als Instanz von [ 3 ] ist durch eine DativNP erweitert. Das, was jemandem anhängt, drückt das Resultat der Instanz von [KMGPHWZDQKlQJHQ ] aus. Eine interessante Bildung stellt auch das temporal umgedeutete „anhalten“ dar. Es könnte wohl parallel zu „andauern“ analysiert ZHUGHQ ZLH HV +XQGVQXUVFKHU    )OHLVFKHU  %DU]   XQG5LFK  YRUVFKODJHQÅ$QGDXHUQ´ZLUGLPIROJHQGHQ$EVFKQLWWDOV Instanz der Intensivierungskonstruktion besprochen. Mir scheint jedoch, dass im Falle von „anhalten“ die Paraphrase „fortdauern“ in die Irre führt. Wenn schönes Wetter anhält, basiert die Äußerung nicht auf dem dynamischen Modell des Fortgangs, sondern auf dem der Stase, welches sowohl von den Verben als auch von der Konstruktion [ 3 ] ausdrückt wird. Kaum etwas kann mehr Stabilität vermitteln als der Zustand eines Kontaktes. Und wenn schönes Wetter anhält, geht es genau darum; es steht still und unverändert fest. Für diese Deutung spricht auch der intransitive Gebrauch von „halten“ für „fest sein“. Mit nur 8 belegten Simplizia als Instanzen der Konstruktion machen entsprechende PVK 0,8 % der analysierten Bildungen aus. Interessant ist ein Blick LQGLH6SUDFKJHVFKLFKWH,P:|UWHUEXFKGHU*HEUGHU*ULPPÀQGHQVLFKQRFK „ansein“ für „an einem Ort sein“ und „anwohnen“, woraus der heutige „Anwohner“ gebildet wurde, was für größere Produktivität spricht. Leider geben die

30

5KHLQ=HLWXQJ%XQGHVZHKUZLOONHLQHQHXHQ+DDUQHW]H

146

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

Vergleichsuntersuchungen von Kühnhold (1973) keinen genauen Aufschluss, da sie nicht nach Konstruktionstypen unterscheidet und somit das gesamte Bedeutungsfeld „Kontakt“ ansetzt.31 Heute sollte nicht von einer von den Verblexemen abstrahierten Konstruktion ausgegangen werden. Sie wird mit entsprechenden Simplizia bzw. Verbgruppen als Instanzen eines Frames direkt assoziiert und ist an diese gebunden.

7.4 Konstruktionen zum Ausdruck von Intensivierung (19) Wenn wir morgen noch weiter ansinken, war es wohl wieder eine dieser Eugs-Seifenblasen.32 [4a] [[ NPNom_ ]

an V_

]

( )

[ X

PROC

MORE

]

Die der Äußerung (19) zugrundeliegende Konstruktion [4a] dient auch zur Bildung von PVK wie „ansteigen, anwachsen“. Wohl aus diesem Grunde paraphraVLHUHQ.HPSFNH I XQG5LFK  GLH%HGHXWXQJGHU3DUWLNHO als ein „in die Höhe gelangen“. Sie unterscheiden offensichtlich nicht zwischen Basisverb und Partikel.33 Dafür, dass nicht die Konstruktion eine Bewegung in die Höhe ausdrückt, spricht der PVK „ansinken“ in (19). .KQKROG I VRZLH)OHLVFKHU %DU]  VSUHFKHQYRQ einem Intensivierungsmodell, analysieren es jedoch nicht in Bezug auf andere Konstruktionen mit „an“. M. E. handelt es sich ursprünglich um das Konstruktionsmodell des Ankommens [1b]. Allein die menschliche Sicht vom irdischen Lebensraum aus verhindert die Interpretation des Ankommens. Dem Steigen und Sinken sind perspektivisch keine Grenzen gesetzt, weil der Mensch (deiktischer Zielpunkt) normalerweise nicht dort ist, wohin etwas ansteigt oder ansinkt. (Dies kann mit der Konstruktion [1c] durch Partizip II und „kommen“ dargestellt werden.) Für die Konstruktionsanalyse ist entscheidend, dass die mit ihr gebrauchten Simplizia in ihrer lexikalischen Bedeutung über eine Wegkomponente verfügen,

31 32 33

Die Zahl der PVK mit dem Merkmal „Kontakt“ ist von 490 Belegen bei Adelung auf 940 in der korpusbasierten Analyse von Kühnhold gestiegen. Gleichwohl sind 158 bei Adelung noch EHOHJWH39.KHXWHQLFKWPHKULP*HEUDXFK&I.KQKROG   )RUXPGHU(XURJDV$NWLRQlUHKWWSZZZZDOOVWUHHWRQOLQHGH .HPSFNH  EHVFKlIWLJWVLFKHEHQVRPLWGHUGLDFKURQHQ(QWZLFNOXQJGHU%HGHXWXQJVJUXSSHQ(UEHVSULFKWGLHhEHUVHW]XQJYRQ1RWNHUÅFOXRQWH]iQGHUHQiQDIDOORQWVLH (dadent super eps)“ und meint, dass es im AHD eine Bedeutungsgruppe der Abwärtsbewegung mit der Verbpartikel „an“ gegeben habe. So überrascht auch nicht die Analyse von der Partikel in „ansteigen“ als Markierung der Aufwärtsbewegung.

147

7.4 Konstruktionen zum Ausdruck von Intensivierung

was für germanische Sprachen untypisch ist und in Abschnitt 9.1 thematisiert wird. Diese Wegkomponente ist m. E. für die intensivierende Lesart der Konstruktion verantwortlich. „Sinken“ und „steigen“ implizieren im Gegensatz zu „kommen“ und „fallen“ Bewegungsrichtungen, die vom menschlichen Lebensund damit Betrachter- und Konzeptualisierungsraum wegführen. Ich stelle dies in (20) als Erklärung für die Bedeutung der Konstruktion [4a ] dar. (20) ... (an)steigen

(an)kommen

(an)fallen (an)dauern

...

(an)sinken ... Das Auge symbolisiert den wahrnehmenden oder perspektivisch gesetzten Endpunkt der Ereignisse. Es steht für den Ort von Hörer und Sprecher in einer Äu‰HUXQJV RGHU 5HNXUVVLWXDWLRQ :HQQ LFK ]X PHLQHP *HVSUlFKVSDUWQHU VDJH Å(QGOLFK NRPPW 3DXO DQ´ ÀQGHW GHVVHQ $QNRPPHQ LP 1RUPDOIDOO EH]JOLFK GHUbX‰HUXQJVVLWXDWLRQVWDWW%KOHU I VSULFKWYRPSULPlUHQ=HLgen „ad oculos“ zwischen Hörer und Sprecher in der Kommunikationssituation :HQQ LFK PHLQHP *HVSUlFKVSDUWQHU VDJH Å$QQD ZDU VFKRQ ZHJ DOV 3DXO DQkam“, so muss sich der Hörer in Anna hineinversetzen, um jene Ankunft zu YHUVWHKHQZDV%KOHU HEGI DOVÅ'HL[LVDP3KDQWDVPD´EH]HLFKQHW$OOHUGLQJVKDOWHLFKPLW9DWHU  GHQ%HJULIIGHVÅ=HLJHQVDP3KDQWDVPD´ LQVRIHUQ IU EHUÁVVLJ DOV GDVV HV EHL GHU 'DUVWHOOXQJ UlXPOLFKHU 9HUKlOWQLVse immer um Konzeptualisierungen des Raumes und dessen Konstruktion aus bestimmten Perspektiven geht, nicht um den Raum an sich. Es liegt primär an der Wahrnehmungsperspektive des Menschen und der in entsprechenden Verben À[LHUWHQ:HJNRPSRQHQWHZHVKDOE39.ZLHÅDQVLQNHQDQVWHLJHQ´NHLQHQ(QGpunkt implizieren und damit nicht wie Instanzen von [1b] interpretiert werden. (Angestiegene Preise können weiter ansteigen und angesunkene pH-Werte weiter ansinken. Das ist bei einem angekommenen Zug nicht möglich.) Ein Endpunkt ZLUGMHGRFKKlXÀJGXUFK$GMXQNWLRQHLQHU33JHVHW]WZLHLQÅDQVWHLJHQELVDXI´ Neben dem lexikalisierten „Anziehen der Preise“ werden Verben wie „wachsen, schwellen“ auf der Schablone von „ansteigen“ gebraucht. Auch sie beinhalten durch die Bedeutung der Ausdehnung eine diffuse Wegkomponente.

148

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

Das Konstruktionsmuster ist mit 8 belegten Basisverben (0,8 %) an diese gebunden. Allerdings liegt das nicht am entsprechenden Muster, sondern an den wenigen Verben, welche in ihrer lexikalischen Bedeutung eine Wegkomponente DXIZHLVHQ GLH YRP $XJH GHV %HWUDFKWHUV6SUHFKHUV ZHJIKUW E]Z DXI GLHVHU Schablone benutzt werden können. In diesem Fall determinieren die Basisverben die Konstruktionsbedeutung. Ein Paradebeispiel für die metaphorische Ableitung räumlicher Verhältnisse auf zeitliche stellt der Gebrauch von „dauern“ mit der Konstruktion [4a] dar. Die Darstellung eines Ereignisses als „andauernd“ impliziert nicht Intensivierung, sondern den zeitlichen Fortgang. Bei „ansteigen, ansinken“ ist ein Ende der Bewegung im wörtlichen Sinne nicht abzusehen. Wenn „eine Sitzung andauert“ wird das Gleiche dargestellt. Hierbei geht es um ein allgemeines Prinzip der kognitivsprachlichen Ableitung temporaler von lokalen Konzepten und Ausdrücken. Die ‚grenzenlose’ Fortbewegung von „ansteigen“ wird auf eine Fortdauer übertragen. Da die Wahrnehmung und Erfahrung des Raumes phylogenetisch primär ist, KDQGHOWHVVLFKXPHLQHLP39.À[LHUWHPHWDSKRULVFKH$EOHLWXQJ34 Wunderlich  VFKUHLEWGLHVEH]JOLFKÅ0HLQH*UXQGWKHVH>@LVWGLHVHGHU5DXPLVW für die Organisation von Sprache fundamentaler als die Zeit. [...] Wo raum- und zeitbezogene Kategorien nebeneinander existieren (z. B. bei den Präpositionen und Adverbien), scheinen die raumbezogenen die primären, die zeitbezogenen die GDUDXVDEJHOHLWHWHQ]XVHLQ´(LFKLQJHU I ]HLJWLQVHLQHU8QWHUVXFKXQJ „Raum und Zeit im Verbwortschatz“, dass nicht primär die Verben einzelne Raumund Zeitbezirke kodieren, sondern die Partikeln, wodurch sie eine entscheidende Rolle beim Ausdruck von Ereignis- und Situationsstrukturen darstellen. Die hier vorgeschlagene Analyse erklärt dies grammatisch, indem Partikeln als Bestandteile holistischer Konstruktionen zum Ausdruck von Ereignistypen dienen. (21) Er konnte [...] die Schulter- und Nackenmuskeln anspannen und die Karre aus dem Dreck ziehen.35 [1e] [[ NPNom_ ]

NPAkk_

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Genauso wie die Konstruktion [DDQVWHLJHQ ] in Bezug auf [EDQNRPPHQ ] analysiert wurde, verhält es sich mit der transitiven Konstruktion zum Ausdruck GHVLQWHQVLYHQ$IÀ]LHUHQVHLQHU(QWLWlW[4b] bezüglich der Konstruktionen [1d,e].

34

35

&I3LDJHW ,QKHOGHU II 3LQNHU  EHVSULFKW([SHULPHQWHGHU:DKUQHK mungspsychologin Karen Wynn, die experimentell nachgewiesen hat, dass Kinder bereits in einem Alter von 5 Tagen räumliche Objektkonstanz und -varianz wahrnehmen und auf Veränderungen reagieren. Berliner Morgenpost, 02.03.1999, S. 20

([NXUV(LQXQG$EJUHQ]XQJVSUREOHPHYRQ39.

149

Wird ein Pferd angespannt, so handelt es sich um die Herstellung eines Kontaktes [1d ]. Der Kontaktort wird durch unser Weltwissen als ein Gefährt interpretiert. Beim „Anspannen der Muskeln“ oder dem transitiven „Anziehen der Preise“ ist MHQHU(QGSXQNWQLFKWJHQHULVFKE]ZLQGHÀQLWNRQ]HSWXDOLVLHUEDU$XFKEHLGHQ Instanzen von [4b] werden genauso wie bei [4a] Grenzpunkte des Ereignisses oft durch Adjunktion einer PP oder eines Nebensatzes ausgedrückt. Die an sich nicht begrenzte Ausdehnungskomponente von „spannen“ führt zu einem offenen Perspektivpunkt, wie es in (20) dargestellt wurde. Gleiches gilt für das körperliche Anheben von Dingen, obwohl hier die Abgrenzung zum Partialmuster kompliziert ist.

([NXUV(LQXQG Abgrenzungsprobleme von PVK PVK wie „jdn. antreiben, anspornen, anstacheln, anhetzen“ werden in allen Analysen als eine Gruppe behandelt. Dafür spricht ihr Gebrauch zum Ausdruck der Motivation (meist) einer Person, also letztlich ein pragmatischer Faktor. Ursprünglich basieren diese PVK jedoch nicht auf dem Modell einer Konstruktion. Sollten sie deshalb getrennt analysiert werden oder dennoch als Instanzen einer Konstruktion? Zu Beginn bespreche ich die Analyseproblematik. Anschließend argumentiere ich für eine gemeinsame Analyse als Instanzen von [4b]. .KQKROG   EHVSULFKW GLHVH 39.*UXSSH DOV 1LVFKHQELOGXQJHQ unter dem Partialmuster, mit welchem der Beginn einer Handlung oder deren geringe Intensität ausgedrückt werden. Begründet wird dieser Schritt nicht. Wird jemand angetrieben oder angestachelt, so wird mit entsprechender Handlung beabsichtigt, dass die Person beginnt, ihre Trägheit zu überwinden und aktiv zu werden. Nur ist fraglich, ob jene recht aufwendige Paraphrase die gleiche KlassiÀ]LHUXQJZLHÅHLQ6WHDNDQEUDWHQ´RGHUÅHLQ%XFKDQOHVHQ´UHFKWIHUWLJW 1DFK 5LFK   KDQGHOW HV VLFK XP ,QVWDQ]HQ GHU NDXVDWLYHQ %HZHgungskonstruktion [HHWZDQWUDQVSRUWLHUHQ ]. Dies mag auf den ersten Blick einleuchten, da jene PVK ausdrücken, dass jemand „in Trab“ gebracht wird, wie es Rich formuliert. Was eine solche Ableitung jedoch fragwürdig erscheinen lässt, ist, dass die Instanzen der kausativen Bewegungskonstruktion [1e] unabhängig davon, ob sie eine tatsächliche oder metaphorische Bewegung ausdrücken, zu einem Ziel führen, welches die Partikel generisch oder in der Äußerungssituation deiktisch markiert. Dies ist jedoch bei den hier besprochenen PVK nicht der Fall. M. E. basiert jener Gebrauch auf der Leitform „jdn. antreiben“ als Instanz der Konstruktion [4b], die in systematischer Beziehung zu den Konstruktionen [1d,e] steht. „Treiben“ wird neben einer Bewegungsart durch Strömung mit einer kausativen ‚Vor-sich-her-Bewegung’ assoziiert und dementsprechend in intransitiven und kausativen Bewegungskonstruktionen gebraucht. Die kausative Lesart beinhaltet eine deiktische Wegkomponente. Erinnern wir uns an die Darstellung (20), so wird klar, dass jenes kausative „Treiben“ vom Auge wegführt und somit keinen perspektivischen Grenzpunkt aufweist. Das Gleiche ist der Fall bei „hetzen“. Nun war im alltäglichen Leben das zielgerichtete Treiben der Tiere auf die

150

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

Weide jedoch von großer Bedeutung, weshalb „treiben“ tatsächlich als Instanz der kausativen Bewegungskonstruktion [1e] gebraucht wurde. Die Partikel marNLHUWHLP1RUPDOIDOOGHQLQGHÀQLWJHQHULVFKHQ:HUWÅ:HLGH´*OHLFKHVJDOWIU das „Anhetzen“, welches hauptsächlich in Bezug auf Hunde gebraucht wurde, die auf eine Beute angesetzt wurden. Ich führe hierzu die Erklärungen aus Grimms :|UWHUEXFK D XQGYRQ$GHOXQJ E DXI (22)D GDVYLHKPLWGHUJHUWHDQWUHLEHQDQGLHZHLGH  E (LQHQ+XQGDQKHW]HQDQHLQHQ0HQVFKHQRGHUDQHLQ7KLHU Während „hetzen“ heute nur mehr in der Jägersprache als Instanz der Konstruktion [1e] üblich ist, wird „treiben“ in der Alltagssprache auch als Instanz von [1e] gebraucht, nämlich wenn etwas durch Luft- oder Wasserströmung zum Auge des Betrachters und davon abgeleitet zu einem generischen Ufer bewegt wird (23a). Der Vergleich zwischen (23a) und (23b) zeigt, dass es beim „Antreiben“ zur Motivation um eine Intensivierungshandlung geht, deren Ziel nicht durch die Partikel begrenzt wird. So wie „Preise bis zu einem Punkt angehoben werden“, so kann jemand auch „zu etwas angetrieben werden“. (23) a.

Das Skelett wurde vermutlich angetrieben, so die Meinung der Polizei.36 b. Trödler nicht antreiben! 37

Bei transitivem „antreiben“ sollte folglich zwischen Instanzen der kausativen Bewegungskonstruktion [1e=23a] und der Intensivierungskonstruktion [4b=23b] unterschieden werden. Anders ist die Entstehung der transitiven PVK „jdn. anstacheln, anspornen“ zu erklären. Sie basieren auf der Konstruktion zum Ausdruck einer auf etwas gerichteten Tätigkeit, die im folgenden Abschnitt besprochen wird. Das Verb drückt wie bei „jdn. anpeitschen“ das Instrument der gerichteten Tätigkeit aus. Von den seltenen Fällen abgesehen, in denen „jdn. anpeitschen“ noch im Sinne von „auspeitschen“ gebraucht wird, geht es um den metaphorischen Ausdruck einer beabsichtigten Aktivierung. In diesem Fall sollte die hinter der Äußerung VWHKHQGH$EVLFKWIUGLH.ODVVLÀ]LHUXQJDXVVFKODJJHEHQGVHLQ'HVKDOEDQDO\VLHre ich „jdn. antreiben, anhetzen, anspornen, anstacheln“ als Instanzen von [4b], obwohl sie ursprünglich auf verschiedenen Konstruktionen basieren. Strukturell lässt sich die gemeinsame Bestimmung damit rechtfertigen, dass an entsprechende PVK eine PP-Konstruktion mit „zu“ adjungiert werden kann, die dem Ausdruck jenes metaphorischen Endpunktes als Tätigkeitsziel dient. Insgesamt habe ich in den Korpora 14 Verben gefunden, die mit der Konstruktion [4b] gebraucht werden. Das entspricht 1,3 % der analysierten PVK mit „an“.

36 37

2VWIULHVHQ=HLWXQJ(KHSDDUIDQGVWDUNYHUZHVWH/HLFKHDP6WUDQG Mannheimer Morgen, 02.09.2008, S. 29

151

7.5 Konstruktionen zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten

7.5 Konstruktionen zum Ausdruck gerichteter Tätigkeiten (24) [...] warum ich dich damals angeborgt habe? 38 [5a] [[ NPNom_ ] [ X DO DIRECTED TO

NPAkk_

an V_

] ]

Y

Die transitive Konstruktion [5a] dient zum Ausdruck der auf eine Entität gerichteten Tätigkeit. Mit 268 belegten Verben (25,4 % der analysierten PVK) spricht nicht nur die Type-Frequenz für die Produktivität der Konstruktion, sondern auch die hohe Anzahl okkasioneller Bildungen (seltene Token-Frequenz). Auf den ersten Blick bereitet sie sowohl semantisch als auch formal keine Analyseprobleme. 'HQQRFKVWHOOWGLH%HGHXWXQJVZLGHUJDEHZHOFKHYRQ6WLHEHOV II XQG *ROGEHUJ II EHUQRPPHQZXUGHHLQHJUREH9HUHLQIDFKXQJGDUGXUFK welche die hohe Produktivität nicht erklärt werden kann. Dies wird unter 9.4.14 hinsichtlich der Fusionsimplikaturen erläutert. Es ist zu beachten, dass Instanzen von [5a] durchaus Zustandsveränderungen ausdrücken können. Wird eine Wand angestrichen, so führt das zu deren Zustandsveränderung, was beim Anstarren einer Wand nicht der Fall ist. Ebenso wurde bereits auf die Doppeldeutigkeit von Bewegungsverben als Instanzen von [5a] hingewiesen. Fliegt ein Vogel eine Wand an, so kann das als zielgerichtete imperfektive Tätigkeit oder aber als ein Anprallen interpretiert werden. Die Konstruktion stellt somit kein logisch-semantisches Ausgabeformat ihrer Instanzen dar. Dies wird theoretisch unter 9.3 unter dem Stichwort „Fusionsprinzipien“ besprochen. (25) [...] und wer anklopft, dem wird geöffnet.39 [5b] [[ NPNom_ ]

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( )

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Eine formal reduzierte Konstruktion der gleichen Bedeutungsgruppe stellt die intransitive Variante [5b] dar. Deren Ausbildung und Gebrauch scheinen durch zwei Größen motiviert zu sein. Einmal geht es um Standardbesetzungen der =LHOJU|‰HZHOFKHHVLP6LQQH6WRUUHUV I )LOWHUSULQ]LSHUODXEHQHQW-

38 39

(ULN1HXWVFK6SXUGHU6WHLQH+DOOH 6DDOH 0LWWHOGHXWVFKHU9HUODJ6 )UDQ]$OW/LHEHLVWP|JOLFK0QFKHQ3LSHU6

152

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

sprechende Leerstellen des Frames nicht autosemantisch auszudrücken. So wie beim Kartenspielen einfach gegeben wird, so klopft auch jemand an. Sowohl „Karten“ als auch eine „Tür“ werden mitverstanden.40 Gleiches ist der Fall, wenn ein Fisch anbeißt. Dass er dann fest am Haken hängt, wissen wir durch die lexikalisierte Bedeutung von „anbeißen“ in Bezug auf Fische, nicht durch die schematische Argumentkonstruktion. Die Abgrenzung zu Bildungen mit der intransitiven Bewegungskonstruktion [EDQNRPPHQ ] oder der Konstruktion zum Ausdruck eines Prozesses, der zu Kontakt führt [DDQZDFKVHQ ], lässt sich bezüglich des jeweiligen Gebrauchs der Partizipien II zeigen. Es wird von einer „angebrannten Suppe“ und „einem angekommenem Zug“ gesprochen, nicht aber von „einem angebissenen Fisch“, wenn dieser an der Angel hängt. Auch hier zeigt sich, dass Konstruktionen den Simplizia keine minimale logische Form aufzwingen. Wenn ein Fisch anbeißt, dann handelt es sich um ein perfektives Ereignis, was beim Anklopfen der Tür nicht der Fall ist. Ein Fisch kann innerhalb kürzester Zeit angebissen haben, jedoch im Defaultfall nicht stundenlang, was beim „Anklopfen“ genau umgekehrt ist. %HL /H[LNDOLVLHUXQJ GHV 39. VWHKW GLH 3DUWLNHO IU HLQHQ LQGHÀQLWHQ 6WDQdardwert wie Tür oder Angel, auf welchen sich die Tätigkeit richtet. In anderen Fällen markiert die Partikel kategoriale Werte, welche durch das Weltwissen oder LQGHUbX‰HUXQJVVLWXDWLRQLGHQWLÀ]LHUWZHUGHQN|QQHQ(LQHbX‰HUXQJZLHÅGLH Regenrinne schlägt ständig an“ wird in der Regel zum Ausdruck eines Störgeräusches oder der mangelnden Befestigung gebraucht. Ein Dach oder eine Wand, an welche die Regenrinne schlägt, können, aber müssen nicht mitverstanden werden. In einigen Fällen kann nur ausgehend von einer konkreten Äußerung festgestellt werden, ob ein PVK Instanz von [1b] oder [5b] ist. Wenn eine Welle DQEUDQGHW ZLUG LKUH %HZHJXQJ ]XP 6SUHFKHU XQGRGHU DQV 8IHU DXVJHGUFNW Das Verb, welches sowohl einen Geräusch- als auch einen internen BewegungsFrame aktiviert, wird mit der Konstruktion [1b] gebraucht. Wenn hingegen das Meer anbrandet, so wird ein imperfektiver auf das Ufer gerichteter Vorgang mit der Konstruktion [5b] ausgedrückt. Dies erklärt, warum von einer angebrandeten Welle oder angebrandetem Treibgut, nicht aber vom angebrandeten Meer gesprochen wird. In den Korpora habe ich 10 mit der Konstruktion [5b] gebrauchte Simplizia gefunden, was hinsichtlich der untersuchten PVK mit „an“ 0,9 % ausmacht. Sowohl Instanzen von [5a] als auch von [5b] drücken Tätigkeiten oder Vorgänge aus, welche auf eine Zielgröße gerichtet sind. Mit [5a] muss diese als zweites Konstruktionsargument ausgedrückt werden. Mit [5b] wird sie nicht als Konstruktionsargument ausgedrückt, aber dennoch mitverstanden, wofür „Ø“ auf der Bedeutungsseite steht. Zu erklären ist dies nur, wenn die Funktion der Partikel DXFKLQQHUKDOEHLQHU%HGHXWXQJVJUXSSHNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKEHWUDFKWHWZLUG worum es im Folgenden geht.

40

/DQJDFNHU  VSULFKWLQVROFKHQ)lOOHQYRQHLQHPPHQWDOYRUKDQGHQHQÅODQGPDUN´ ohne dessen sprachliche Realisierung als Objekt.

([NXUV3DUWLNHOQDOVNRQVWUXNWLRQVJHEXQGHQH0DUNHU

153

([NXUV3DUWLNHOQDOV konstruktionsgebundene Marker Zu Anfang sei auf die Parallelität folgender Äußerungen (26) hingewiesen. (26) a. Er bindet das Pferd an. b. Er klopft an. c. Sie kam spät an. 'LH 39. LQ   VLQG ,QVWDQ]HQ YHUVFKLHGHQHU .RQVWUXNWLRQHQ D  YRQ [1e], (26b) von [5b] und (26c) von [1b]. Die Partikeln haben jedoch innerhalb der verschiedenen Konstruktionen eine sehr ähnliche Funktion. In (26a) markiert die Partikel einen generischen Kontaktort, was jedoch meist in der Gesamtbedeutung der Konstruktion „Befestigungshandlung“ aufgeht und v. a. bei Kontrast direkt mit dem Resultat der Befestigungshandlung „Kontakt“ assoziiert wird. Bei E  VWHKW GLH 3DUWLNHO W\SLVFKHUZHLVH IU GHQ LQGHÀQLWHQ 6WDQGDUGZHUW Å7U´ ZHOFKHU DXVJHKHQG YRP KROLVWLVFK À[LHUWHQ 39. PLWYHUVWDQGHQ ZLUG ,Q F  verweist die Partikel auf einen Ort, der in der Äußerungs- oder Rekurssituation, das heißt situationsdeiktisch oder anaphorisch gegeben ist. Gibt es keine Vorerwähnung und keinen Sprecherbezug, so wird „ankommen“ kategorial als „am Ankunftsort“ oder „am Ziel“ verstanden. In allen Fällen handelt es sich um etwas Mitverstandenes, was jedoch nicht autosemantisch ausgedrückt wird. Betrachten wir nun die Äußerungen in (27), so fällt ihre Verwandtschaft zu denen in (26) auf. (27 ) a. Anna isst den ganzen Tag. b. Die Henne legt nicht mehr.  F 6SLHODQOHLWXQJ:HQQDOOHSDVVHQGDUIGHUGHUDOVOHW]WHUJHOHJWKDW wieder rauskommen. Auch bei den Äußerungen in (27 ) ZLUG *HQHULVFKHV RGHU HLQ LQGHÀQLWHU 6WDQGDUGZHUW PLWYHUVWDQGHQ DEHU QLFKW VSUDFKOLFK DXVJHGUFNW LQ D  HWZDV (VVbares, in (27b) Eier und in (27c) je nach Spielart Karten oder Steine etc. Der wichtige Unterschied zwischen (26) und (27) ist, dass das Mitverstandene in (26) durch die Partikel innerhalb der jeweiligen Konstruktion formal markiert wird. In (27) wird das Mitverstandene tatsächlich ausgelassen. Die Nichtrealisierung PLWYHUVWDQGHQHU$UJXPHQWHZLUGXDYRQ6 E¡ I XQG)LOOPRUH  II  WKHPDWLVLHUW 0LW YHUVFKLHGHQHU 7HUPLQRORJLH XQWHUVFKHLGHQ GLH Autoren zwischen elliptischen Auslassungen, welche Teil des Normalgebrauchs sind (27a) und solchen, die nur in konkreten Rekurs- (27b) oder Äußerungssituationen (27c) gebraucht werden. Die habituelle Nicht-Realisierung bezeichQHW%XVVH I DXFKDOVÅDEVROXWHQ*HEUDXFKGHU9HUEHQ´GHU]XHLQHU Betonung des Vorgangshaften führe.41*DQVHO  VLHKWLQGHUVWDUNHQ 41

%HUHLWV7HVQLqUH I ZHLVWDXIKDELWXHOOHXQGVLWXDWLRQVJHEXQGHQH$XVODVVXQJHQ

154

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

Präsupposition eines Merkmals durch ein Verb dessen Fakultativität bei der VSUDFKOLFKHQ5HDOLVLHUXQJEHJUQGHW:HONH II JHKWGDYRQDXVGDVVGLH starke Präsupposition eines Merkmals normalerweise dessen obligatorische Realisierung bedinge, letztlich aber von pragmatischen Faktoren abhänge. M. E. lassen sich die Verhältnisse am besten frame-semantisch erklären. Bei (27a) handelt es sich um die Auslassung von einem Standardwert des Frames, welchen das Verb SULPlUDNWLYLHUW%HL E LVWGLH$XVODVVXQJDQHLQHVSH]LÀVFKH5HNXUVVLWXDWLRQ nämlich die des Eierlegens gebunden. Diese wird nicht primär mit dem isolierten Verb assoziiert, weshalb ich von einem sekundären Frame spreche. In diesem handelt es sich bei Eiern in Bezug auf Hühner ebenfalls um einen Standardwert. Der Unterschied zu (27c) besteht darin, dass „legen“ weder sekundär noch primär einen Frame mit entsprechendem Standardwert aktiviert. Es wird in seiner Defaultbedeutung gebraucht, weshalb in Abhängigkeit von einer konkreten Spielsituation die faktisch präsente Größe ausgelassen werden kann. Die AuslasVXQJHQLQ  VLQGVRPLWHQWZHGHUDQ6WDQGDUGZHUWHVSH]LÀVFKHU9HUE)UDPHV gebunden oder können in der Äußerungssituation erschlossen werden, wobei das 9HUEZHLWHUKLQ]XU'DUVWHOOXQJYRQ(UHLJQLVW\SHQGLHQWZHOFKHGXUFKKlXÀJHQ Gebrauch mit ihm assoziiert werden.42 Entscheidend ist nun die Frage, warum jene Auslassungen durch die Partikel bestimmter Konstruktionen (26) markiert und nicht einfach nicht realisiert werden wie in (27). M. E. handelte es sich ursprünglich genauso wie bei (27) um einfache Nicht-Realisierungen. Ausgelassen wurde das Argument der Präposition, die zurückblieb, was durch die Tendenz zur Klammerbildung begünstigt worden sein mag. Sowohl die ursprüngliche PP als auch die zurückgebliebene Partikel dienten dem Ausdruck überwiegend richtungs- und resultatsbezogener Ereignistypen. Diese müssen voneinander differenzierbar sein. Man denke an „etw. ab, an, um, zu, aufbinden“. Jene semantische Determinationsnotwendigkeit dürfte ein Motiv für die Ausbildung von Partikel-Konstruktionen gewesen sein, welche durch den Gebrauch mit neuen Verben schematisch abstrahiert wurden. Entscheidend ist, dass ca. 50 % der heute mit den Konstruktionen gebrauchten Simplizia weder entsprechende Auslassungen noch die Ereignistypen von sich aus präsupponieren. Dies ist ein wesentlicher Grund für die besondere Kennzeichnung anstelle einfacher Nicht-Realisierung. Die Partikeln in (26) sind somit NRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKH0DUNLHUXQJHQYHUVFKLHGHQHU5HVXOWDWHXQG5LFKWXQJHQ welche nicht mit den Basisverben selbst assoziiert werden müssen. Die Partikeln in (26a,b) bezeichne ich als kategoriale Marker. Sie kennzeichnen innerhalb der Konstruktion das allgemeine Resultat des Handlungsmusters oder einen

42

wie „Alfred donne [YDOHQFHOLEUH] aux pauvres“ und „Alfred chante [une chanson ]“ hin. 0(QXW]HQ6SUHFKHUKLHUIUYHUEVSH]LÀVFKH E RGHUDOOJHPHLQH DF LQWUDQVLWLYH$Ugumentkonstruktionen, die ähnlich wie [5a ] eine Nullmarkierung (Ø) enthalten. Dies ist in GHU.RQVWUXNWLRQVJUDPPDWLNDOOHUGLQJVXPVWULWWHQ)LOOPRUH I KlOWGHÀQLWH$XVODVVXQJHQ GHÀQLWHQXOOLQVWDQWLDWLRQ LP6LQQHGHUYHUEDOHQ9DOHQ]IUHLQ]HOYHUEVSH]LÀVFK )LOOPRUH -RKQVRQ  QHKPHQNRQVWUXNWLRQVJHEXQGHQH$XVODVVXQJHQQXUEHLGHU Passiv- und Imperativbildung an, da durchgängig das Subjekt nicht realisiert wird. Croft I KlOWDOOH$XVODVVXQJHQIUNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFK

([NXUV3DUWLNHOQDOVNRQVWUXNWLRQVJHEXQGHQH0DUNHU

155

LQGHÀQLWHQ:HUW%HL F VSUHFKHLFKYRQGHLNWLVFKHU0DUNLHUXQJGDGLH3DUWLkel typischerweise für den Ort von Hörer und Sprecher in der Kommunikation oder einen vorerwähnten Ort steht. Betrachten wir nun die Äußerungen in (28). (28) a. Er hängt ihr die Lüge an. b. Er lächelt sie an. In umgekehrter Weise ist in den Äußerungen (28) das Gleiche der Fall wie in  (VKDQGHOWVLFKXP,QVWDQ]HQYHUVFKLHGHQHU.RQVWUXNWLRQHQ D LVWHLQH Instanz von [1h], (28b) von [5a]. Die Partikel markiert in beiden Fällen weder kategoriale noch situationsdeiktische Werte. Sie ist lediglich lexikalischer Teil der Konstruktionen. Deren Argumente stehen in einer ganz bestimmten Beziehung (semantische Rolle) zum ausgedrückten Ereignistyp. Intuitiv, nicht auf einer syntaktischen oder semantischen Tiefenebene, lässt sich die Bedeutung der gleichlautenden Präposition auf die Relation zwischen den Argumenten und dem Ereignistyp beziehen. Für (28a) kann dies als „er hängt die Lüge an sie“ und für (28b) „sein Lächeln gelangt an sie“ umschrieben werden. Zur Differenzierung der Partikelfunktion in (26) spreche ich von relationalen Markern. Betrachten wir abschließend die Partikeln in (29), obwohl die Konstruktionen zum Ausdruck von Partialität (29a) erst unter 7.7 besprochen werden. (29) a. Er brät das Fleisch an. b. Die Preise steigen an. .KQKROG  VSULFKWLQEHLGHQ)lOOHQYRQDVSHNWXHOOHU)XQNWLRQ,Q D  wird der vorzeitige Abbruch der Handlung bzw. deren Kürze ausgedrückt, in (29b) die Intensivierung des Vorganges. Eine klare Abgrenzung zwischen temporaler und modaler Funktion ist nicht möglich, weshalb ich ebenfalls von aspektueller Funktion spreche. Allerdings begründet Kühnhold die gemeinsame Funktionsbeschreibung mit der angenommenen Fakultativität der Partikel, also letztlich PLWHLQHPIRUPDOHQ.ULWHULXPZHOFKHVVLHVHPDQWLVFKHU0RGLÀNDWLRQJOHLFKVWHOOW Unter 3.1 wurde gezeigt, dass eine durchgängige Analyse der transitiven PVK mit Partialbedeutung auf der Grundlage ihrer Defaultverwendung nicht möglich ist. Es handelt sich ebenfalls um Argumentkonstruktionen. %H]LHKHQZLUGLHXQWHUEHVSURFKHQHNRQVWUXNWLRQVXQG39.VSH]LÀVFKH Lexikalisierung der Partikel mit ein, so weist die Partikel „an“ fünf verschiedene Funktionen auf. Sie markiert erstens ausschließlich Beziehungen zwischen Konstruktionsargumenten und Ereignistyp. Sie markiert zweitens kategoriale oder drittens deiktisch erschließbare Werte (ursprüngliche Auslassungen). Sie drückt YLHUWHQVDOV4XDVL$GMHNWLY=XVWlQGHDXV)QIWHQVPDUNLHUWGLH3DUWLNHOWHPSRrale und modale Aspekte. Entscheidend ist, dass es weder eine invariante Partikelfunktion noch eine invariante Beziehung zum Simplex gibt. Primär handelt HVVLFKXP6LJQDOHLQQHUKDOEYRQVSH]LÀVFKHQ$UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQ

156

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

7.6 Konstruktion zum Ausdruck einer Kraft-Gegenkraft-Relationen (30)0RUGLP3ÁHJHKHLPÅ*HJHQGDV/HLGHQDQW|WHQ´ 43 [6 ]

[[ NPNom_ ]

gegen NPAkk_

[ X ACT

AGAINST Y

an V_

] ]

Die Konstruktion [ 6 ] beinhaltet neben der Partikel die Präposition „gegen“ mit einem Slot für eine NP als interne PP. Mit der Konstruktion werden Aktivitäten dargestellt, die auf eine Gegenkraft gerichtet sind. Einerseits zeigt sich die formale und semantische Nähe zu [5a] durch das Merkmal der Gerichtetheit. AndererVHLWVVSLHJHOWVLFKGHUIRUPDOH8QWHUVFKLHGGXUFKGLHLQGHU.RQVWUXNWLRQÀ[LHUWH PP mit „gegen“ semantisch in der Aktivitätssteigerung wider. Deshalb wird die Bedeutungsseite mit ACT beschrieben. Besonders anhand von Äußerungen wie „Auch bei Frank Eggeling [...] stand das Wasser im Keller. Gemeinsam kämpfte die Familie [...] gegenan.“ 44 zeigt sich GDV3ULQ]LSÁH[LEOHU.RQVWLWXHQWHQELOGXQJDXIGHU*UXQGODJHNRQNUHWHU.RQ struktionen anstelle einer allgemeinen Tiefenstruktur. Mal wird die Partikel mit GHUHOOLSWLVFKJHEUDXFKWHQ3UlSRVLWLRQKlXÀJPLWGHP3URQRPLQDODGYHUEÅGDJHJHQ´XQGHEHQVRKlXÀJPLWGHP9HUE]XHLQHU.RQVWLWXHQWH]XVDPPHQJHIDVVW Die 106 in den Korpora gefundenen Instanzen der Konstruktion [ 6 ] machen 10 % der analysierten PVK mit „an“ aus. Die hohe Produktivität zeigt sich besonders an zahlreichen okkasionellen Bildungen, welche in 9.4.16 auf weitgefasste Fusionsimplikaturen zurückgeführt werden.

7.7 Konstruktionen zum Ausdruck von Partialität Genauso wie bei den Konstruktionen zum Ausdruck perfektiver Bewegungsund Kontaktsituationen gibt es eine intransitive [ 7a] und eine transitive [ 7b] Konstruktion zum Ausdruck von Partialität. Es handelt sich um die Darstellung des Beginns, der schwachen Intensität eines Ereignisses bzw. eines schwachen Nachzustandes als Resultat einer Handlung. Ebenso ist eine Unterkonstruktion zu beachten, mit welcher hauptsächlich der Saisonstart sportlicher Vereinsaktivitäten ausgedrückt wird [ 7c]. Insgesamt machen die analysierten PVK zum Ausdruck der Partialität von Ereignissen 15,2 % der analysierten PVK mit “an“ aus.

43 44

'(563,(*(/0RUGLP3ÁHJHKHLP %UDXQVFKZHLJHU =HLWXQJ  Å/DQG XQWHU´ $XFK )OHFKWRUI VWDQG ]HLWZHLVH XQWHU Wasser

157

7.7 Konstruktionen zum Ausdruck von Partialität

(31) [...] denn bei der Rotbuche z. B. dauerte es eine Zeit, bis das sperrig-harte Laub anmoderte.45 [ 7a] [[ NPNom_ ] [ X Partialereignis

an V_

] ]

Mit der intransitiven Partialkonstruktion [ 7a] wird die Startphase von Bewegungen (anfahren) oder der Beginn von meist negativ empfundenen Prozessen (anwelken, anfaulen) ausgedrückt. Die Ausbildung von [ 7a] sollte auf die Relevanz der Phasenmarkierung zurückgeführt werden. Die Markierung des Bewegungsbeginns ist relevant, da er eine Anstrengung zur Überwindung der Ruhelage imSOL]LHUW RKQH ZHOFKH GLH %HZHJXQJ DQ VLFK QLFKW VWDWWÀQGHQ NDQQ %HVRQGHUV bei negativ konnotierten Prozessen wie dem Verderb von Lebensmitteln liegt die Relevanz im Ausdruck eines schwachen und meist noch reversiblen Zustandes. Was angefault ist, kann eventuell noch ‚gerettet’ bzw. verwertet werden im Gegensatz zu Ver faultem. Besonders bei den Prozessverben wird die Rolle einer mitschwingenden Kontrastbedeutung deutlich. Diese ergibt sich jedoch nicht aus der Bedeutung des Verbs allein, sondern einer Endphase, die durch andere Präverb-Konstruktionen ausgedrückt wird. Ich halte deshalb eine minimale Bedeutungsumschreibung für problematisch. Ein angebrochenes Glas ist nicht ein bisschen gebrochen, sondern nicht zer brochen. Bei PVK zum Ausdruck eines Bewegungsbeginns wird die Bewegungsbedeutung grundsätzlich von den Basisverben beigesteuert. Somit sollte die Konstruktion innerhalb des von den Simplizia aktivierten Bewegungs-Frames DQDO\VLHUWZHUGHQ'LHVJHK|UW]XPVSUDFKVSH]LÀVFKHQ:LVVHQLQQHUKDOEHLQHV übergeordneten allgemeinen Bewegungs-Frames. Etwas anders sieht es bei der Beginnmarkierung von Prozessen aus. Vor allem bei deadjektivischen PVK wie „angrauen“ scheint das Adjektiv erst durch den Gebrauch mit der Konstruktion verbalisiert zu werden, was für eine Prozessbedeutung der Konstruktion spricht. Dies wird ausführlich im Fusionskapitel unter 9.4.4 thematisiert. In den Korpora habe ich 33 Verben als Instanzen der Konstruktion [ 7a] gefunden, was 3,2 % der analysierten PVK ausmacht. (32) Bevor die Leser am „weltweiten“ Erscheinungs-, also am „Rushdie-Day“ dem 11. Mai -, den Roman anblättern können, [...].46

45 46

0LFKDHO0DFKDWVFKHN/DXEJHVFKLFKWHQ*HEUDXFKVZLVVHQHLQHUDOWHQ%DXPZLUWVFKDIW6SHLVH XQG)XWWHUODXENXOWXU:LHQ%|KODX9HUODJ6 )UDQNIXUWHU5XQGVFKDX-RLQW9HQWXUHIUHLQHQ5RPDQ

158

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

[ 7b] [[ NPNom_ ] [ X Partialhandlung

NPAkk_ Y

an V_

] ]

6WLHEHOV  EH]HLFKQHWGLH3DUWLDONRQVWUXNWLRQDOVGDVSURGXNWLYVWHÅ3KDsenaktionsartmuster“ des Deutschen. Die in den Korpora gefundenen 114 Instanzen der Konstruktion [ 7b] machen 10,8 % der analysierten PVK mit „an“ aus. Die transitive Partialkonstruktion [ 7b] aktiviert selbst einen Handlungs-Frame. Eine minimale semantische Beschreibung scheint mir genauso wie bei [ 7a] nicht möglich zu sein. Entsprechende PVK drücken den Beginn von Handlungen aus (einen Film andrehen), geringe Handlungsintensität bzw. Kürze der Handlung (die Wäsche anschleudern) und einen schwachen Nachzustand der Handlung durch ihren vorzeitigen Abbruch (das Fleisch anbraten). Teilweise wird die Eröffnung von Ereignissen ausgedrückt (einen Ball antanzen) und vereinzelt auch die Verursachung des Tätigkeitsbeginns des Patiens (ein Pferd angaloppieren). Die Instanzen von [ 7b] lassen sich zu ca. 98 % nur hinsichtlich anderer Präverb.RQVWUXNWLRQHQPLW3DUWLNHOQ3UlÀ[HQXQG$GMHNWLYHQWUDQVSDUHQWDQDO\VLHUHQ Dies wird unter 9.4.18 als Bildungsmotivation detailliert dargestellt. Ebenfalls ist zu beachten, dass einige Bildungen nicht den ‚Umweg’ über die Fusion der Konstruktion [ 7b] mit einem Basisverb gehen. Diese werden direkt in eine Schablone aus „an_Partizip II“ eingepasst, wie es bei „angetragen“ in Bezug auf Kleidungsstücke der Fall ist. Viele der Basisverben wie „schlagen, stoßen, kratzen, knautschen“ können mit einem kontrollierenden Subjekt assoziiert werden. Sie werden aber aktivisch kaum mit der Konstruktion [ 7b] gebraucht, sondern direkt zum attributiven oder prädikativen Ausdruck einer schwach ausgeprägten, meist negativ empfundenen Eigenschaft.47 Bevor eine Untergruppe der Partialkonstruktion zum Ausdruck der Saisoneröffnung besprochen wird, sei auf die Beziehung zu anderen Konstruktionen mit ÅDQ´KLQJHZLHVHQ)LOLS  EHVSULFKWGLHV\VWHPDWLVFKH%H]LHKXQJYRQ [ 7b] zu einer Verwendung der Präposition „an“. Hierbei geht es um primär lokale Beziehungen wie „an etwas lecken“ und die davon abgeleitete Markierung von 3URJUHVVLYLWlWZLHÅDQHWZDVOHVHQDUEHLWHQ´6WLHEHOV  ]HLJWGDVVHVVLFK jedoch nicht um eine Paraphrase der Partialkonstruktion handelt und begründet dies mit der jeweiligen Interpretation durativer Zeitangaben. Während „die ganze Zeit am Eis lecken“ tatsächlich als ein progressives Ereignis verstanden wird, kann „die ganze Zeit das Eis anlecken“ nur iterativ verstanden werden, da die Konstruktion [ 7b] den Abschluss einer Ereignisphase ausdrückt.

47

Interessant ist, dass im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm unter „an“ noch Instan]HQHLQHUSDUWLDOHQ:RUWELOGXQJVNRQVWUXNWLRQYHUPHUNWVLQGÅ:HQLJLPJDQJVLQGDGMPLW an für [...] ankalt [...], ansauer [...], man sagt lieber kältlich, säuerlich; doch die volkssprache wahrt sie hin und wieder.“

159

7.7 Konstruktionen zum Ausdruck von Partialität

(LFKLQJHU I VSULFKWYRPJUXQGOHJHQGHQUlXPOLFKHQ0XVWHUDOV'HXtungsbasis, wobei Ingressivität aus der Annährung an Orte und dem Eindringen in GLHVHDEJOHLWHWZHUGH%HUHLWV$GHOXQJ  IKUWLP(LQWUDJ]XÅDQ´GLH3DUtialbedeutung der Partikel auf eine Verwendung der gleichlautenden Präposition zurück. Das Merkmal „in Richtung auf etwas“ werde als „bey nahe, ungefähr“ umgedeutet. Als Beispiele führt er „an die hundert Jahre“ und „an die zehn Thaler“ auf. Die Partialkonstruktion steht in metaphorischem Verhältnis zu der Konstruktion [DHWZDQIDVVHQ ]. Die Entwicklung des heute völlig opaken PVK „anfangen“ lässt sich als direkte Instanz der Konstruktion [5a] skizzieren. Seit dem $OWKRFKGHXWVFKHQLVWGHUWUDQVLWLYH39.ÅDQDIiKDQ´EHOHJWZREHLÅIiKDQ´VRYLHO ZLH ÅJUHLIHQ SDFNHQ´ EHGHXWHWH Å$QDIiKDQ´ ZXUGH ]XP $XVGUXFN GHV ]LHOJHrichteten „Anpackens“ als auch bereits metaphorisch für „beginnen“ gebraucht.48 Die Umdeutung wird im Wörterbuch der Gebrüder Grimm unter „anfangen“ wie IROJWHUNOlUWÅ>@ZHU]XHVVHQDQIlQJWIDV]WDQGLHVSHLVH´(VJHKWPLUKLHUEHL nicht um eine lokalistische Interpretation synchroner Strukturen, sondern eine mögliche Erklärung ihrer Entwicklung auf der Grundlage lokaler Konzepte, ihres Ausdrucks und metaphorischer Ableitungen. (33) Am Sonntag, 20. April, eröffnet der Vespa-Club die Saison mit einer Tour durch den hessischen Odenwald. Auch Nichtmitglieder können beim Anrollen mitmachen.49 [ 7c] [[ NPNom_ ] [ X OPEN

Ø (NPAkk_) SEASON

an V_

] ]

Bei [ 7c] handelt es sich um die einzige Argumentkonstruktion mit „an“, welche sich erst in der Gegenwartssprache ausgebildet hat.50 Die gebildeten PVK werden PHLVW ZLH LQ   LQ QRPLQDOLVLHUWHU )RUP RGHU LP ,QÀQLWLY JHEUDXFKW /HW]WHres geschieht in der Regel mit Hilfs- oder Modalverben. Die NP „Saison“ oder Äquivalente können als zweites Argument der Konstruktion ausgedrückt werden. Der intransitive Defaultgebrauch spricht dafür, die Konstruktion primär mit HLQHPGHÀQLWHQ1XOODUJXPHQW ‘ ]XDQDO\VLHUHQ=XGHQJlQJLJHQ%LOGXQJHQ ZLHÅDQEDGHQDQVHJHOQ´ÀQGHQVLFKEHVRQGHUVVSRUWOLFKH7lWLJNHLWHQZHOFKH wetterbedingt auf bestimmte Zeiträume beschränkt sind, wie „anrutschen“ für die Eröffnung der Skisaison. In den Korpora wurden 13 PVK gefunden, die auf der Konstruktion [ 7c] beruhen. Dabei handelt es sich mehrheitlich um okkasionelle Bildungen, was trotz geringen Type-Umfangs für ein gewisses Produktivitätspotential der Konstruktion spricht.

48 49

.OXJH  6WLFKZRUWÅDQIDQJHQ´ 0DQQKHLPHU0RUJHQ9HVSD&OXEVWDUWHW

160

7. Einzelne Argumentkonstruktionen mit „an“

7.8 Konstruktion zum Ausdruck der Wahrnehmung von etwas an jemandem (34) Daß die Geschichte nicht harmlos war, war ihr anzuriechen.51 [8]

[[ NPNom_ ]

NPDat_

[ X PERCEPT

ON Y

NPAkk_ an V_ ] Z

]

Durch die Konstruktion [ 8 ] werden imperfektive Wahrnehmungen ausgedrückt. Diese können als „etwas an jemandem wahrnehmen“ paraphrasiert werden. Da nur Wahrnehmungsverben mit der Konstruktion gebraucht werden, ist davon auszugehen, dass die Konstruktion direkt mit den Basisverben assoziiert wird bzw. als sprachliches Wissen Teil eines übergeordneten Perzeptions-Frames ist. )RUPDO LVW GLH .RQVWUXNWLRQ PLW >K MGP HWZ DQWUDLQLHUHQ@ LGHQWLVFK 6HPDQtisch wird das im Dativ ausgedrückte Argument jedoch nicht von der Handlung EHWURIIHQXQGEOHLEWVRPLWXQDIÀ]LHUW:DKUVFKHLQOLFKOLHJWHVDQGHUJHULQJHQ Zahl von Basisverben, ich habe 6 (0,6 %) in den Korpora gefunden, weshalb dieses Muster weder von Kühnhold (1976) noch Stiebels (1996) besprochen wird. 5LFK I NODVVLÀ]LHUWGLHVH%HGHXWXQJVJUXSSHJHQDXVRZLH[1h] als ein Übertragen von etwas an jemanden. Eine Begründung hierfür gibt er nicht. M. E. basiert die Konstruktion auf einer Teil-Ganzes-Beziehung innerhalb des YRQ GHQ 9HUEHQ DNWLYLHUWHQ 3HU]HSWLRQV)UDPHV 'LHVHU HQWKlOW QHEHQ VSH]LÀschen Standardwerten wie Wahrnehmungsorganen (riechen – Nase) zentrale Leerstellen für einen Perzeptor und das Perzipierte. Gleichsam ist eine Leerstelle für den Wahrnehmungsweg oder -ort anzunehmen. Ersterer kann durch eine PPKonstruktion ausgedrückt werden (ein Geräusch durch die Tür hören). Letzterer wird u. a. durch die Konstruktion [ 8 ] ausgedrückt. Es handelt sich um die Wahrnehmung einer Teil-Ganzes-Beziehung zwischen einem Eigenschaftsträger und einer Eigenschaft. In diesem Kapitel wurden 22 verschiedene Argumentkonstruktionen mit „an“ innerhalb von 8 Bedeutungsgruppen besprochen. Die Schwierigkeit bei der .ODVVLÀ]LHUXQJ HLQLJHU 39. DOV ,QVWDQ]HQeiner Konstruktion beruht auf den Ableitungsverhältnissen schematischer Konstruktionen von Instanzen anderer Konstruktionen. Dies wurde einerseits anhand der Semantik einiger Verben erklärt, welche als Instanzen einer Konstruktion zur Ausbildung einer neuen Konstruktion führten. Andererseits wurde das Entstehen neuer Konstruktionen aus metaphorisch gebrauchten Instanzen anderer Konstruktionen thematisiert. Für

50 51

0HLQHV:LVVHQVQDFKHUZlKQW.HPSFNH  HUVWPDOVGLHVHV%LOGXQJVPXVWHU ',(=(,7.*%

7.8 Konstruktion zum Ausdruck der Wahrnehmung von etwas an jemandem

161

HLQHV\QFKURQH.ODVVLÀ]LHUXQJYRQ39.DOV,QVWDQ]HQHLQHU.RQVWUXNWLRQZXUGH argumentiert, wenn diese semantisch, formal und pragmatisch zu rechtfertigen ist. Überschneidungen und Unschärfen bei der Kategorisierung von PVK sind kein Mangel dieser Analyse. Sie ergeben sich aus der Tatsache, dass viele Konstruktionen und PVK mit „an“ in wechselseitigen Beziehungen zueinander stehen und im Gebrauch gestellt werden. Nur auf diesem Wege sind die Emergenz neuer Konstruktionen und permanenter Sprachwandel auf natürliche Weise zu erkläUHQ*HQDXVRZLHGDV(QWVWHKHQVFKHPDWLVFKHU.RQVWUXNWLRQHQDXIKlXÀJ XQG teilweise metaphorisch) gebrauchte Instanzen anderer Konstruktionen zurückzuführen ist, können Produktivität und die verschiedenen Partikelfunktionen nur bezüglich einzelner Konstruktionen adäquat beschrieben werden. Dies erlauben weder die Annahme abstrakter, diskreter Kategorien noch Subsumierungen unter Bedeutungsgruppen anhand eines gemeinsamen Merkmals.

8. Das System der Argumentkonstruktionen und PVK mit „an“ Im Folgenden fasse ich qualitative und quantitative Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Zuerst wird die Verteilung der PVK hinsichtlich der Bedeutungsgruppen dargestellt. Anschließend werden die einzelnen Konstruktionen nach der Zahl ihrer Instanzen geordnet aufgeführt. Danach wird die quantitative Verteilung der unterschiedlichen Partikelfunktionen in Bezug auf die Gesamtzahl der analysierten PVK dargestellt. Hierbei handelt es sich freilich nur um einen groben Überblick bezüglich der im Sprachgebrauch anzutreffenden Type-Frequenz, ZHOFKHGLHEHUHLWVUHDOLVLHUWH3URGXNWLYLWlWYRQ.RQVWUXNWLRQHQUHÁHNWLHUW'LHV scheint mir durch die akribische Korpusauswertung, die Berücksichtigung von anderen korpusbasierten Analysen sowie von Wörterbuchdaten gerechtfertigt. Okkasionelle Bildungen werden als Indikatoren für das Produktivitätspotential im neunten Kapitel besprochen, wenn es um die Ermittlung der Fusionsimplikaturen geht. Im zweiten Teil dieses Kapitels geht es einerseits um die allgemeine Funktionsbestimmung der Argumentkonstruktionen mit „an“. Andererseits werden verschiedene Beziehungen zwischen einzelnen Konstruktionen, zwischen Konstruktionen und PVK als deren Instanzen sowie zwischen den PVK dargestellt. Die vielfältigen Relationen erlauben eine systematische Erfassung gemeinsamer Merkmale über verschiedene Vererbungslinks.

8.1 Bedeutungsgruppen der PVK mit „an“ In Abbildung (1) wird die quantitative Verteilung der analysierten PVK nach den 8 Bedeutungsgruppen wiedergegeben. Hierbei handelt es sich nicht um einzelne Konstruktionen, sondern semantische Gruppen, welchen die verschiedenen Konstruktionen zugeordnet wurden. Unter „Andere“ fallen die in dieser Arbeit nicht thematisierten Konstrukte wie „was X angeht“.

163

8.1 Bedeutungsgruppen der PVK mit „an“

(1)

Bedeutungsgruppen nach Anzahl entsprechender PVK

ng

,

K raf t Geg 10 % en

kr

af t

,

Z u s t a n d s ve Or ts- rä n de r 41 % u

it ä

ia l

he

it ,

Pa 15 rt %



2UWV=XVWDQGVYHUlQGHUXQJ  Gerichtetheit (26 %) Partialität (15 %) .UDIW *HJHQNUDIW  Inbetriebnahme (2,3 %)

et

t,

Ge 2 6 r ic h % t



Intensivierung (2,1 %) Kontaktzustand (0,7 %) Wahrnehmung (0,6 %) Andere (1,6 %)

Der systematische Zusammenhang zwischen den Bedeutungsgruppen besteht nicht in direkten Ableitungen von einer Invariante, sondern liegt in einem Netz von Familienähnlichkeiten begründet. Ausgangspunkt (nicht aber direkte Extensionsbasis) bildet die Grundbedeutung der Präposition „an“ mit dem Merkmal Å.RQWDNWORVH9HUELQGXQJ´ LP*HJHQVDW]]XÅDE´ 9RQ % der PVK mit „an“ werden die Herstellung, das Erreichen oder Vorliegen von Kontakt oder aber die Richtung eines Tuns oder einer Bewegung hin zu einem (Kontakt-)Ziel oder geJHQGLHVHVDQDXVJHGUFNW0LW:HLQULFK  JHKHLFKGDYRQDXV dass jene zentrale Kontaktbedeutung nicht auf einem abstrakt räumlichen Modell, sondern primär auf der körperlichen Erfahrung der Berührung mit der Hand und anderen Sinnesorganen beruht. Im Folgenden werden die Beziehungen zwischen und zu den übrigen Bedeutungsgruppen zusammengefasst. Das Bedeutungsfeld der „Inbetriebnahme“ ZXUGHXQWHUDOVVHPDQWLVFKH.RPSULPLHUXQJYRQVSH]LÀVFKHQ$XVGUFNHQ der Kontaktherstellung wie „etw. ans Feuer stellen“ oder „Feuer an etw. stecken“

164

8. Das System der Argumentkonstruktionen und PVK mit „an“

EHVFKULHEHQ 'XUFK NRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKH /H[LNDOLVLHUXQJ GHU 3DUWLNHO EHsteht jener Zusammenhang nur mehr historisch. Bei der Bedeutungsgruppe der Partialität handelt es sich einerseits um die Metaphorisierung konkreter Richtungsausdrücke, worauf bereits am Beispiel von „an die zehn Taler“ für „ungefähr, beinahe, fast“ hingewiesen wurde. Dies wurde IUÅHWZDQIDQJHQ´YRPDOWKRFKGHXWVFKHQÅDQDIiKDQ´PLWGHU%HGHXWXQJÅHWZ anfassen“ nachgezeichnet. Handlungen beginnen mit dem Handanlegen. Von jenen Konstrukten ausgehend wurde die Metapher in entsprechenden Schemata À[LHUWXQGJUDPPDWLNDOLVLHUW,KUH(QWVWHKXQJVFKLPPHUWKHXWHQXUPHKUEHL „etw. anpacken“ durch. Andererseits darf angenommen werden, dass es sich beim $XVGUXFNYRQ3DUWLDOLWlWDXFKXP0HWDSKRULVLHUXQJGHV0HUNPDOVÅ2EHUÁlFKH´ handelt. Dieses wird durch die Kontaktbedeutung von „an“ im Gegensatz zu „in“ impliziert.1 Angebratenes Fleisch ist im bildlichen Sinne von der Verbhandlung QXUREHUÁlFKOLFKDIÀ]LHUW'LH+DQGOXQJEUDFKDQGHU2EHUÁlFKHDEXQGKDWGDV Fleisch nicht durchdrungen. Die Bedeutungsgruppe Intensivierung lässt sich ebenso nur indirekt und über konkrete Konstrukte vermittelt auf die Grundbedeutung von „an“ beziehen. Es wurde gezeigt, dass es sich um ein Überschreiben der Bedeutung des „Ankommens“ (Erreichen des Zielortes = Kontakt mit diesem) handelt. Jenes Überschreiben wurde ausgelöst durch Verben, deren Bedeutung eine Wegkomponente beinhaltet, welche von dem typischen Betrachter- bzw. Sprecherstandpunkt wegführt (steigen, treiben). Somit wird anstelle des angestrebten Ziels das Andauern des Vorgangs oder das metaphorische Antreiben einer Person ausgedrückt. Das Bedeutungsfeld des Wahrnehmens oder Erkennens ist ebenfalls nur indirekt mit der Grundbedeutung von „an“ verbunden. Durch „an“ kann eine TeilGanzes-Beziehung wie „der Apfel am Baum“ ausgedrückt werden. Etwas wird als Teil einer anderen Entität wahrgenommen bzw. konstruiert, wenn es sich in .RQWDNWPLWGLHVHUEHÀQGHWXQGYRQLKUDEKHEW7\SLVFKHUZHLVHKDQGHOWHVVLFK XPHLQH9RUGHUJUXQG+LQWHUJUXQG.RQÀJXUDWLRQ'DVZDVHLQHU3HUVRQ +LQtergrund) angehört oder angesehen wird, ist ein Teil dieser im Vordergrund. Die Wahrnehmungskomponente wird innerhalb der Konstruktion ausschließlich von den Verben beigesteuert. Die Ausführungen zeigen, dass die verschiedenen Gruppen nicht ausgehend von der Grundbedeutung von „an“ vorhergesagt oder abgeleitet werden können. Genauso wenig sind alle Bedeutungsgruppen gleichermaßen untereinander verwandt. Jedoch können sie in Verbindung mit konkreten PVK und im Zusammenhang mit Aspekten der Kontaktbedeutung und entsprechenden Metaphorisierungen aufeinander bezogen werden. So besteht zwischen Partialität und Inbetriebnahme kein direktes Verwandtschaftsverhältnis. Es wurde aber durch die jeweiligen PVK, welche in direkter Beziehung zum Merkmal Kontakt stehen, vermittelt. Jene vermittelnden Instanzen stellen weder das Zentrum noch volle

1

=XP%H]LHKXQJVJHÁHFKW]ZLVFKHQÅDQDELQDXV´YHUZHLVHLFKDXIGLHHQWVSUHFKHQGHQ(LQträge im Wörterbuch der Gebrüder Grimm.

8.2 Argumentkonstruktionen mit „an“ nach Anzahl ihrer Instanzen

165

Merkmalsträger dar. Sie begründen jedoch das mit dem Begriff der FamilienähnOLFKNHLWHQEHVFKULHEHQH%HGHXWXQJVJHÁHFKWXQGVLQG%HGLQJXQJXQG9RUOlXIHU (Prototypen) für die Ausbildung von schematischen Konstruktionen.

8.2 Argumentkonstruktionen mit „an“ nach Anzahl ihrer Instanzen Die einzelnen Argumentkonstruktionen werden unter (2) auf den folgenden beiden Seiten geordnet aufgeführt. Hierbei werden noch einmal die formale und die semantische Seite wiedergegeben. Ein PVK folgt als typische Instanz der jeweiligen Konstruktion. Es wurde betont, dass die minimale Bedeutungswidergabe der Konstruktionen kein logisches Ausgabeformat für einzelne PVK darstellt. Es handelt sich um die vereinfachende Darstellung schematischer Ereignistypen, ZHOFKHLQ$EKlQJLJNHLWYRPMHZHLOLJHQ9HUEÁH[LEOH,QWHUSUHWDWLRQHQHUODXEHQ Die Reihenfolge der Angabe entspricht der Anzahl der analysierten Instanzen, welche auch in Prozenten angegeben wird. Auf verschiedene Beziehungen zwischen den Konstruktionen wurde teilweise unter 6.3 und 6.4 eingegangen. Detailliert wird die Systematik innerhalb eines Vererbungssystems in 8.5 dargestellt.

166

8. Das System der Argumentkonstruktionen und PVK mit „an“

(2 )

Einzelne Konstruktionen nach Zahl ihrer Instanzen (PVK)

Nummer FORM-BEDEUTUNG = KONSTRUKTION

1

[5a]

[[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ]['2',5(&7('72:$5'6\

2

[1c]

[[ NPNom_ ] anPII_ komm-][$55,9('2,1*PII

3

[ 7b]

[[ NPNom_ ] NPAkk_a nV_ ]WUDQVLWLYH3DUWLDOLWlW

4

[6 ]

[[ NPNom_ ] gegenNPAkk_ anV_ ][$&7$*$,167\

5

[1d ]

[[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][$77$&+\ *5281'&217$&7

6

[1b]

[[ NPNom_ ] _ anV_ ][$55,9( 21'(,&7,&/2&

7

[1e]

[[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][029(\72'(,&7,&/2&

8

[ 7a]

[[ NPNom_ ] anV_ ]LQWUDQVLWLYH3DUWLDOLWlW

9

[1h]

[[ NPNom_ ] NPDat_ NPAkk_ anV_ ][)25&(\+$9(]

10

[2]

[[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][6:,7&+\21

11.1 [1f ]

[[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][$775$&7\

11.2 [1h’ ]

[[ NPNom_ ] sichDat NPAkk_ anV_ ][&$86( [ +$9(\

12

[1g ]

[[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][$0$66&5($7(\

13

-

übrige Konstruktionen

14

[1a]

[[ NPNom_ ] anV_ ][%(&&217$&7 *5281'

15

[4b]

[[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][029($&7,9$7(\ 025(

16

[ 7c]

[[ NPNom_ ] ØNPAKK_(Saison)DQ9 @6DLVRQHU|IIQXQJ

17

[5b]

[[ NPNom_ ]DQ9B@['2',5(&7('72:$5'6‘

18.1 [1i ]

[[ NPNom_ ]13$NNB13'DWBDQ9B@[&$86(\%(&(48$/]

18.2 [4a]

[[ NPNom_ ] anV_ ][352&025(

19

[3]

[[ NPNom_ ] anV_ ][+$9(&217$&7 *5281'

20

[8]

[[ NPNom_ ] NPDat_ NPAkk_ anV_ ][3(5&(3721\]

8.2 Argumentkonstruktionen mit „an“ nach Anzahl ihrer Instanzen

typischer Vertreter

ZAHL

%

jdn. anlächeln

268

25,4

angelaufen kommen

124

11,74

etw. anlesen

114

10,8

gegen etw. ankämpfen

106

10

etw. ankleben

89

8,4

ankommen

65

6,2

etw. antransportieren

37

3,5

anrucken

34

3,2

jdm. etw. antrainieren

33

3,1

etw. anschalten

24

2,3

jdn. anlocken

23

2,2

sich etw. anlesen sich einen antrinken (12)

23

2,2

etw. anhäufen

18

1,7

auf etw. ankommen, sich mit jdm. anlegen

17

1,6

anwurzeln

15

1,4

jdn. antreiben

14

1,3

(Saison) ansegeln

13

1,2

anklopfen

10

0,9

etw. einer Sache angleichen

8

0,8

ansteigen

8

0,8

anliegen

7

0,7

jdm. etw. anmerken

6

0,6

167

168

8. Das System der Argumentkonstruktionen und PVK mit „an“

8.3 Funktion der Partikel in Bezug auf die Gesamtzahl der PVK Die folgende Darstellung (3) zeigt die quantitative Verteilung der verschiedenen Partikelfunktionen bezüglich der analysierten PVK mit „an“. Differenziert wurde zwischen den Partikeln „an“, welche ausschließlich die Relation zwischen den Argumenten markieren, Partikeln, die konstruktions- und im Falle von LexikaliVLHUXQJHQ39.VSH]LÀVFKHNDWHJRULDOH:HUWH JHQHULVFKHU.RQWDNWRUW.RQWDNW DOV5HVXOWDWLQGHÀQLWH6WDQGDUGZHUWH PDUNLHUHQ3DUWLNHOQPLWVLWXDWLRQVXQG äußerungsdeiktischer Funktion, Partikeln als aspektuelle Marker und Partikeln, ZHOFKHNRQVWUXNWLRQVRGHU39.VSH]LÀVFKDOV4XDVL$GMHNWLYHHLQHOH[LNDOLVFKH Bedeutung aufweisen. Eine wichtige Erkenntnis dieser Arbeit ist, dass die Partikelfunktion nicht innerhalb einer Bedeutungsgruppe, sondern innerhalb einer Konstruktion begründet liegt. Hieraus folgt, dass die Funktion der Partikel primär durch den von der Konstruktion ausgedrückten Ereignistyp festgelegt ist und nicht durch das %DVLVYHUE+lXÀJJHKWVLHLQGHU*HVDPWEHGHXWXQJGHU.RQVWUXNWLRQDXI6FKHLQW eine Analyse der Partikel als verbales Argument möglich, so handelt es sich um Entsprechungen zwischen der Konstruktionsbedeutung und der Defaultbedeutung des Verbs, welche eine Abstraktion aus dessen Defaultgebrauch ist. Dies kann bei kategorialer und deiktischer Markierungsfunktion der Fall sein und gleichsam als Modell der Konstruktionsentstehung gesehen werden. Eine weitere wichtige Erkenntnis dieser Untersuchung ist, dass die Partikel DOOHU.RQVWUXNWLRQHQXQDEKlQJLJYRQLKUHUNRQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKHQ)XQNWLRQ und unabhängig von der Transparenz des PVK als Konstituente oder Teil einer Konstituente gebraucht werden kann. Die Form-Funktions-Zuordnung ist konVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKJHJHEHQ,QQHUKDOEGHU.RQVWUXNWLRQHQZXUGHGLH3DUWLNHO als lexikalischer Bestandteil analysiert, der primär mit dem Verb ein komplexes Prädikat bildet.

169

8.4 Funktion der Argumentkonstruktionen

(3)

.RQVWUXNWLRQVVSH]LÀVFKH)XQNWLRQHQ der Partikel „an“ 2% % 13

18 %

43 %

24 %

  

UHODWLRQDOHU0DUNHU [1h, 1h’, li, 5a, 6, 8] GHLNWLVFKHU0DUNHU [1b, 1c, 1e, 1f ] DVSHNWXHOOHU0DUNHU [4a, 4b, 7a, 7b, 7c]

 

NDWHJRULDOHU0DUNHU [1a, 1d, 1g, 3, 5b] OH[LNDOLVLHUWHU0DUNHU [2 ], „(Kleidung) anziehen“

8.4 Funktion der Argumentkonstruktionen )LOOPRUH D EH]HLFKQHWGLH)XQNWLRQGHU.DVXV)UDPHVUHFKWDOOJHPHLQ als „imposition of structure on an event (or on the conceptualization of an event) LQDÀ[HGZD\DQGZLWKDJLYHQSHUVSHFWLYH´,P)ROJHQGHQZHUGHQGLH)XQNWLonen der Argumentkonstruktionen mit „an“ in Bezug auf drei sich bedingende 3DUDPHWHUGDUJHVWHOOW6LHOHJHQGLH4XDQWLWlWXQG4XDOLWlWGHUEHWHLOLJWHQ$UJXPHQWHIHVW8QWHU4XDOLWlWYHUVWHKHGLHSULPlUH5HLKHQIROJHGHU$UJXPHQWHLKUH semantische Rolle und formale Kennzeichnung. Konstruktionsübergreifende Zuordnungstendenzen wurden als Merkhilfen bezeichnet. Einige der besprochenen Argumentkonstruktionen kennzeichnen zusätzlich den Grad der Intensität HLQHV(UHLJQLVVHV+LHUPLWYHUEXQGHQLVWGHUGULWWH3DUDPHWHUGLH3KDVHQPDUNLHrung. Die Mehrzahl der Argumentkonstruktionen mit „an“ kennzeichnet gewisse

170

8. Das System der Argumentkonstruktionen und PVK mit „an“

3KDVHQYRQ(UHLJQLVVHQVHLHVGXUFKGLH0DUNLHUXQJHLQHVDQJHVWUHEWHQORNDOHQ oder qualitativen Endzustandes oder die Markierung der Anfangsphase bzw. des Abbruchs eines Ereignisses. (LQHlKQOLFKH$QDO\VHVFKODJHQ%DOOPHU %UHQQHQVWXKO II YRU Sie differenzieren verschiedene Werte innerhalb eines Ereignis-Frames mittels der Parameter Beteiligung (Zahl der Partizipanten), Intensität und Temporalität. Diese leiten sie direkt von der Verbvalenz ab und übertragen sie auf allgemeine Ereignismodelle. In ihrer Analyse besetzt jedes Verb einen bestimmten Punkt hinsichtlich der drei Parameter in einem Frame. In der hier vorgeschlagenen Analyse ZLUGDQJHQRPPHQGDVV6LPSOL]LDGXUFKKlXÀJHQ*HEUDXFKPLW$UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQXQGRGHUGHUHQLGLRV\QNUDWLVFKH%LQGXQJHLQHEHVWLPPWH3HUVSHNWLve bezüglich der drei Parameter vorgeben, diese aber keine operable Grundlage für den Gebrauch mit anderen Argumentkonstruktionen darstellt. Mit anderen Worten determiniert nicht das Verb ein für alle Mal die Zahl, Reihenfolge, VHPDQWLVFKH5ROOHXQGIRUPDOH0DUNLHUXQJGHU$UJXPHQWH'HQQRFKÀQGHWLQ gewissem Sinne eine Vererbung verbaler Frame-Werte an die Konstruktion statt. Welche dieser Werte wie, das heißt auch innerhalb von welchem Ereignistyp akWXDOLVLHUWZHUGHQZXUGHDOV3URÀOLHUXQJGXUFKHQWVSUHFKHQGH.RQVWUXNWLRQHQEHschrieben. Somit können die drei Parameter durch Argumentkonstruktionen neu festgelegt werden, ohne zu dauerhafter Fixierung im verbalem Lexikoneintrag zu führen. Bildlich gesprochen wird das Prädikationspotential des Verbs innerhalb des Koordinatensystems (4) durch Argumentkonstruktionen aktualisiert. Mit A werden Zahl, Reihenfolge, semantische und formale Markierung der Argumente bezeichnet, mit I die Intensität des Ereignisses und mit P die Phasenmarkierung. (4) I P

A Besonders der PVK-Gebrauch basiert einerseits auf transparenten Ad-hoc-Abweichungen von der Defaultverwendung. Andererseits ist bei vielen PVK durch KlXÀJHQ*HEUDXFKXQGRGHU 7HLO ,GLRPDWLVLHUXQJYRQKROLVWLVFKHU6SHLFKHUXQJ XQGGDPLWHLQHUÀ[LHUWHQ%LQGXQJ]ZLVFKHQ9HUEXQG$UJXPHQWNRQVWUXNWLRQHQ mit Partikeln auszugehen. Die Funktion der Argumentkonstruktionen zur Festlegung entsprechender Parameter bleibt hierbei unverändert.

8.5 Vererbungsrelationen als System ökonomischer Repräsentation

171

8.5 Vererbungsrelationen als System ökonomischer Repräsentation In allen konstruktionsgrammatischen Arbeiten wird davon ausgegangen, dass Konstruktionen als Basiseinheiten der sprachlichen Strukturbildung in systematischen Beziehungen zueinander stehen. Grundlage dafür sind nach Langacker I IRUPDOHXQGVHPDQWLVFKHbKQOLFKNHLWHQZHOFKHGXUFKGLHDQJHERUHne Abstraktionsfähigkeit zum Erwerb von Kategorien führen. Weder Kategorien noch ihre Mitglieder (Instanzen) weisen scharfe Grenzen im Sinne einer logischen 2UGQXQJDXI/DQJDFNHU I VFKUHLEWYRQHLQHPG\QDPLVFKHQ1HW]ZHUN welches durch neue Erfahrungen jeder Zeit um neue Instanzen erweitert werden kann, welche wiederum die Ausbildung neuer Kategorien ermöglichen. Lakoff  KlOW0RWLYDWLRQIUGDVJUXQGOHJHQGH2UGQXQJVSULQ]LS(LQH Konstruktion X motiviere eine Konstruktion Y, wenn Y von X semantische, pragmatische und formale Eigenschaften erbt. Beziehungen dieser Art entspreFKHQGHUYRQ3ODQN  IRUPXOLHUWHQ7KHVHGHU6WUXNWXUEHZDKUXQJQDFK der „erweiterte und markierte Konstruktionen so weit wie möglich analog entsprechenden einfachen und unmarkierten Konstruktionen strukturiert sind.“ Umstritten ist allerdings der Grad jener Vererbungsbeziehungen. Goldberg II GLHVLFKDXI/DNRII  EH]LHKWJHKWYRQSDUWLHOOHU9HUHUEXQJDOV „Default Inheritance“ aus. Eigenschaften einer Konstruktion werden so lange an HLQHDQGHUH.RQVWUXNWLRQYHUHUEWVRODQJHGLHVQLFKW]XVHPDQWLVFKHQ.RQÁLNten mit der erbenden Konstruktion führt.2 Andere Konstruktionsgrammatiker ZLH.D\ )LOOPRUH I XQG.D\  JHKHQHEHQIDOOVYRQ'HIDXOWvererbung aus, schließen jedoch Doppelrepräsentationen zu Gunsten maximaler Ökonomie aus. Somit wird die Anbindung des ersten Arguments (Subjekt) durch Kombination mit einer rein grammatischen Subjekt-Prädikat-Konstruktion angenommen.3'LHVZXUGH]X*XQVWHQHLQHUSHUVSHNWLYLVFKHQ6XEMHNWGHÀQLWLRQDOV erstes Argument einer Konstruktion abgelehnt. Während in den meisten Arbeiten Konstruktionen als strukturiertes Netzwerk HKHUSURJUDPPDWLVFKEHVSURFKHQRGHUZLHGXUFK&URIW  UHLQWD[RQRPLVFK

2

3

&URIW &UXVH  LOOXVWULHUHQGDV3ULQ]LSSDUWLHOOHU9HUHUEXQJDP%HLVSLHOGHU.DWHJRULH92*(/'HUHQ,QVWDQ]HQGKDOOHDOV9|JHONODVVLÀ]LHUWHQ/HEHZHVHQHUEHQYRQ der Kategorie typischerweise das Merkmal FLIEGEN. Dies führt im Falle von Pinguin oder 6WUDX‰ ]X HLQHP .RQÁLNW GHU QLFKW GXUFK $XVVFKOXVV DXV GHU .DWHJRULH VRQGHUQ 1LFKW Vererbung dieses Merkmals gelöst wird. Andere Merkmale der Kategorie wie SCHNABEL, EIER LEGEN etc. werden regulär vererbt. Dies entspricht der erweiterten Prototypentheorie, die sich durch die Aufnahme der besprochenen Familienähnlichkeiten nach Wittgenstein und die Ablehnung eines referentiellen und eines minimal abstrakten Prototyps zu Gunsten YRQ0HUNPDOVEQGHOQDXV]HLFKQHW&I%ODQN I .OHLEHU D  'HU0LQLPDOLVPXVLVWDQGHQUHSUlVHQWDWLRQHOOHQ$QVDW]EHL.D\ )LOOPRUH  JHEXQden. Die an der HPSG orientierten Notationen von Merkmalmatrizen werden so minimal wie P|JOLFKJHKDOWHQGDVLFK(UZHLWHUXQJHQDXVGHU8QLÀNDWLRQYRQ0HUNPDOVOLVWHQHUJHEHQ =XUNULWLVFKHQ%HVSUHFKXQJGHUGDUDXVIROJHQGHQ$EVWUDNWKHLWYHUZHLVHLFKDXI&URIW &UXVH  *ROGEHUJ I XQG%\EHH II 

172

8. Das System der Argumentkonstruktionen und PVK mit „an“

GDUJHVWHOOWZHUGHQPDFKW*ROGEHUJ .DS NRQNUHWH9RUVFKOlJHIUXQterschiedliche Vererbungsbeziehungen zwischen Konstruktionen. Diese werden im Folgenden kurz besprochen. Ich werde zeigen, dass die Beziehungen zwischen Instanzen und Konstruktionen beidseitig zu betrachten sind und keine rigiden Kategorien darstellen, was Goldbergs Ansatz vermuten lässt. Ebenso wird die Perspektivierungsfunktion von Konstruktionen beachtet, was deutlich zeigt, dass Vererbungslinks nicht mit Transformationen gleichzusetzen sind.

8.5.1 Vererbung zwischen Konstruktionen als Subparts von Konstruktionen *ROGEHUJ  NHQQ]HLFKQHWDOVÅ6XESDUW/LQN´GLH9HUHUEXQJVEH]LHKXQJ zwischen zwei selbständigen Konstruktionen, von denen eine als Teil (Ausschnitt) der anderen, komplexeren analysiert wird. Dies wird im Folgenden bezüglich der transitiven Konstruktion zum Ausdruck der Kontaktherstellung [G HWZ DQkleben ], der intransitiven zum Ausdruck eines Prozesses, der zu Kontakt führt [D DQZDFKVHQ ] und der intransitiven zum Ausdruck eines Kontaktzustandes [DQKDIWHQ ] jeweils unter (5a-c) dargestellt. Die Bedeutung der Konstruktionen wird in (5) in mehrere Minimalprädikate aufgeschlüsselt, da sie die Ausschnitte, welche durch die jeweilige Konstruktion ausgedrückt werden, verdeutlichen. Der Übersichtlichkeit halber wird auf die Wiedergabe der formalen Seite verzichtet. Die Pfeile symbolisieren entsprechende Vererbungslinks. (5 ) a. X1 CAUSE Y PROC BECOME STATE IN CONTACT „etw. ankleben“ b. X 2 PROC BECOME STATE IN CONTACT „anwachsen“ c. X 3 STATE IN CONTACT „anliegen“ Die transitive Konstruktion in (5a) bezeichne ich als vollen Merkmalsträger. Ein ATTACHER (X) befestigt ein ATTACHEE (Y). Hierbei wird Y in einen Prozess versetzt, der dazu führt, dass es in festen Kontakt mit einer Entität gerät. Mit der intransitiven Konstruktion in (5b) wird nur mehr der Prozess oder Vorgang ausgedrückt, durch welchen der Vorgangsträger in Kontakt gerät. Die Verursachung des Vorganges bleibt unerwähnt. Durch die ebenfalls intransitive Konstruktion zum Ausdruck eines Kontaktzustandes in (5c) werden allein der Zustandsträger und dessen Zustand durch die Konstruktion ausgedrückt. Die Konstruktionen in (5b,c) enthalten jeweils Bestandteile (Subparts) der Konstruktion in (5a). Anders als Goldberg (1995) notiere ich das erste Argument von (5b,c) jedoch nicht mit „Y“, was auf eine Transformation aus (5a) schließen lässt. Die einheitliche

8.5.1 Vererbung zwischen Konstruktionen als Subparts von Konstruktionen

173

Notation mit „X“ entspricht der jeweiligen perspektivischen Auszeichnung als erstes Konstruktionsargument. Da es sich um verschiedene Konstruktionen KDQGHOWLVWGLHVHPDQWLVFKH5ROOHYRQ;MHZHLOVHLQHDQGHUH9HUXUVDFKHU D  Vorgangs- (5b) und Zustandsträger (5c), was durch die tief gestellten Zahlen angedeutet wird. 'LH 1LFKW%HDFKWXQJ SHUVSHNWLYLVFKHU XQG VLJQLÀNDWLYVHPDQWLVFKHU 9HUhältnisse stellt ein Problem in vielen konstruktionsgrammatischen Analysen dar. Zwar gelten sowohl verschiedene Argument- als auch Stellungskonstruktionen als selbständige (nicht transformationell erzeugte) Strukturen. Aber praktisch setzt *ROGEHUJ I GDV7+(0(2EMHNWWUDQVLWLYHU%HZHJXQJVNRQVWUXNWLRQHQ mit dem ersten Argument (MOVENS) intransitiver Konstruktionen gleich. Croft  EHVWLPPWGDV2EMHNWYRQ$NWLYVlW]HQJHQDXVRDOV3$7,(16ZLHGDV Subjekt von Passivsätzen, was jedoch als VORGANGSTRÄGER und erstes ArJXPHQWDXVJHGUFNWZLUG)ULHG gVWPDQ I EHDFKWHQPHWRQ\PLVFKH Ableitungen nicht, wenn sie in „John Smith remembers nothing“ das erste Argument als AGENS, in „England remembers nothing“ jedoch als LOCATIVE bestimmen. In diesen Fällen muss man sich fragen, ob hier die Argumente, wie theoretisch gefordert, als Teile der Konstruktion oder aber auf der Basis zu Grunde gelegter Ausgangssätze oder ontologischer Kategorien ermittelt werden.4 Die anhand von (5) dargestellten Subpart-Beziehungen stehen exemplarisch für alle Fälle, in denen eine Bedeutungsgruppe mehrere Konstruktionen umfasst, die bis zu einem bestimmten Punkt gemeinsame Merkmale aufweisen. Dies ist der Fall zwischen [HHWZDQWUDQVSRUWLHUHQ ] und [EDQNRPPHQ ], zwischen [EHWZ anheben ] und [DDQVWHLJHQ@]ZLVFKHQ [ EHWZDQEUDWHQ ] und [ DDQEUHQQHQ ] sowie zwischen [DMGQDQOlFKHOQ ] und [EDQNORSIHQ ]. Ein Spezialfall von Subpart-Beziehungen liegt zwischen [KMGPHWZDQWUDLnieren ], [K·VLFKHWZDQOHVHQ ] und [VLFKHLQHQDQWULQNHQHVVHQ ] vor. Alle KonVWUXNWLRQHQSURÀOLHUHQGHQJOHLFKHQ(UHLJQLVW\S0LW]XQHKPHQGHUOH[LNDOLVFKHU )L[LHUXQJ GHU $UJXPHQWH 5HÁH[LYXP5HÁH[LYXP XQG ÅHLQHQ´  QLPPW GLH Schematizität der Konstruktionen ab und die Eigensemantik zu. Ein weiterer Spezialfall von Subpartlinks liegt bei der Konstruktion [LHWZ einer Sache angleichen ] vor. Die Argumentkonstruktion erbt einen Teil ihrer Bedeutung von den wenigen Verben, welche lexemgebunden mit einem Dativobjekt gebraucht werden und eine Korrespondenzbeziehung zwischen erstem und zweitem Argument ausdrücken (jdm. gleichen, ähneln). Diese Korrespondenzbeziehung besteht in der Argumentkonstruktion mit „an“ als beabsichtigtes Resultat

4

(VKDQGHOWVLFKXPGDVJOHLFKH3UREOHPZLHEHL)LOOPRUH II GHUGLHVHPDQWLVFKHQ Rollen der Szene des „Türöffnens“ von einem Ausgangssatz ableitet. Die Analyse „John (AGENS) opened the door. The key (INSTRUMENTAL) opened the door. The door (OB-(&7,9( RSHQHG´JHKWRIIHQVLFKWOLFKDXIHLQHQ]X*UXQGHJHOHJWHQ$XVJDQJVVDW]]XUFN „John (AGENS) opened the door (OBJECTIVE) with the key (INSTRUMENTAL)“. Welke      NULWLVLHUW GLHV DOV ÅSVHXGRGHQRWDWLYH´ 5ROOHQEHVWLPPXQJ $OOHUGLQJV HUVHW]W)LOOPRUH FI GLHGHQRWDWLYH5ROOHQEHVWLPPXQJGXUFKGDV3HUVSHNWLYLHUXQJVkonzept, wobei sowohl „der Schlüssel“ als auch „John“ oder „die Tür“ primär als 1. Argument ausgezeichnet sind und nicht durch verschiedene, aus einem Basissatz abgeleitete Rollen.

174

8. Das System der Argumentkonstruktionen und PVK mit „an“

der Handlung fort. Die Beziehung wird in (6) dargestellt, wobei die gestrichelte Umrandung in (6b) die gemeinsamen formalen und semantischen Eigenschaften mit (6a) markiert. (6) a. [[ NPNom_

]

NPDat_

gleich-]

;1(48$/=

b. [[ NPNom_] NPAkk_ NPDat an V] ; 2&$86(@ EOHLEW GDV ]HQWUDOH 3UREOHPGHU nicht-Eindeutigkeit von Zeichen bestehen – ein Problem, mit dem die Construction Grammar in der einen oder anderen Weise umgehen muss.“ Er schlägt besonders für Analysen der gesprochenen Sprache vor, den Zeichen- und damit auch Konstruktionsbegriff nach Bittner 6PLWK  JUDQXODU]XIDVVHQGKHLQHP=HLFKHQMHQDFKNRQWH[WXHOOHP'HWDLOOLHUXQJVJUDGYHUVFKLHGHQH4XDOLWlWHQ]X]XVFKUHLEHQ

10. Ein- und Ausblick

239

Wie auch immer die zu ca. 50 % nicht bestehende algebraische Abgleichbarkeit zwischen Basisverb und PVK grammatiktheoretisch behandelt werden mag – für den DaF-Lerner stellten Konstruktionen eine große Hilfe dar. Sie könnten VerEHQZLH+DQGZHUNHU  LQ%H]XJDXI5HVXOWDWLYNRQVWUXNWLRQHQVFKUHLEW „direkt in die Konstruktion [...] stöpseln“ (Hervorhebung im Original). Und aus der Perspektive des Sprachverstehens würden Konstruktionen, so Handwerker HEG HLQHZLFKWLJH3ODWWIRUPGHU,QSXWYHUDUEHLWXQJREHUKDOEGHU:RUWHEHQH darstellen. Zweitens ist zu bedenken, ob die Aufnahme produktiver Konstruktionen in Wörterbücher sinnvoll wäre. Die Grundlage hierfür bildet die Partikel als lexikalischer Bestandteil. Bisher sind nur lexikalisierte Partikeln „an“ für „angeschaltet“ und „angezogen“ als elliptische Gebrauchsformen vermerkt. Unter „kommen“ ZLUG LP '8'(1   DXI GHQ KlXÀJHQ *HEUDXFK PLW GHP 3DUWL]LS ,, YRQ Bewegungsverben mit „an“ hingewiesen. Viele transparente Gebrauchsformen ZLHÅDQJHWXFNHUW´VLQGPLWHLQHP9HUZHLVDXIGLHLQÀQLWH)RUPÅDQWXFNHUQ´DXIgeführt. In entsprechendem Eintrag ist wiederum der Gebrauch als Partizip II mit „kommen“ vermerkt. Da es sich bei PVK um offene Klassen handelt, ist eine vollständige ‚Inventarisierung’ nicht nur unmöglich, sondern wäre unsinnig.4 Besonders bei den produktiven Konstruktionen mit „an“ erscheint eine Aufnahme in Wörterbücher unter „an“ gerechtfertigt. Einerseits wird das Platzproblem berücksichtigt. Bildungen wie „jdn. antanzen, gegen etw. antanzen, sich jdn. antanzen“, die nicht verzeichnet sind, wären (aus der Perspektive des DaF-Sprechers) über den Vermerk der Konstruktionen erschließbar, was sie bisher nicht sind. Andererseits erlaubte die Aufnahme produktiver Konstruktionen nicht nur die passive Nutzung eines Wörterbuches zur Erschließung sprachlicher Konstruktionen, sondern gäbe wichtige Informationen für ihren nicht inventarisierten, aber durch die Partikel lexikalisch ‚greifbaren’ Gebrauch. Ziel dieser Arbeit war die Analyse von PVK durch eine alternative Perspektive auf das Prinzip syntaktischer Kompositionalität. Das Ergebnis ist eine holistische Analyse von Argumentstrukturen als syntaktische Konstruktionszeichen vor dem Hintergrund einer frame-basierten Semantik lexikalischer und syntaktischer Zeichen und ihrer Kombination auf der Grundlage konventionalisierter Fusionsimplikaturen, bestehender Leit- und Kontrastformen auf den Ebenen des Sprachsystems, der Norm und Sprechtätigkeit. Der theoretische Ansatz der Arbeit ist vor dem Hintergrund bestehender Diskussionen in der Konstruktionsgrammatik um die kognitive Fundierung eines Syntax- und Grammatikbegriffes, GHUWKHRULHEHUJUHLIHQGQLFKWGHÀQLHUEDULVW]XYHUVWHKHQ(VJHKWQLFKWXPGDV Verwerfen bestehender Grammatikauffassungen und einzelner Analysen von PVK, die für diese Arbeit unverzichtbar waren. Es ging um die Erarbeitung einer neuen analytischen Perspektive anhand eines Einzelphänomens. Somit verstehe

4

6REHPHUNW$GHOXQJ † KLQVLFKWOLFKSUDNWLVFKHUOH[LNRJUDSKLVFKHUhEHUOHJXQJHQ]XGHQVRJHQDQQWHQWUHQQEDUHQ9HUEHQÅZRZROOWHPDQGDQQPLWDOOGHQ=XVDPPHQsetzungen hin?“

240

10. Ein- und Ausblick

ich die Arbeit als einen Beitrag zur Analyse von PVK und der dargestellten Bestimmung dessen, was unter „Grammatik“ als pragmatisch motiviertes Ordnungskonstrukt im Rahmen der Konstruktionsgrammatik verstanden werden kann. Ich beende sie mit Schlegels 53. Athenäumsfragment als Plädoyer für einen offenen Grammatikbegriff in der Linguistik und seine kontroverse theoriegebundene Festlegung. „Es ist gleich tödlich für den Geist, ein System zu haben und keins zu haben. Er wird sich also wohl entschließen müssen, beides zu verbinden.“ 5

5

6FKOHJHO )ULHGULFK   .ULWLVFKH XQG WKHRUHWLVFKH 6FKULIWHQ +HUDXVJHJHEHQ YRQ $QGUHDV+X\VVHQ6WXWWJDUW5HFODP6

$QKDQJ PVK als Instanzen der jeweiligen Konstruktionen Im Folgenden werden die einzelnen analysierten PVK als Instanzen der jeweiligen Konstruktionen aufgelistet. Die Seitenzahlen verweisen auf zentrale Stellen im Text, an denen die Konstruktionen oder einzelne PVK sowie die Fusion zwischen Basisverben und Konstruktionen besprochen werden. Instanzen der Konstruktion [1a ] [[ NPNom_ ] anV_ ][%(&&217$&7(GROUND) anbacken, anbraten, anbrennen, anfaulen, anfrieren, anheilen, ankleben, ankochen anpappen, anrosten, anschimmeln, anschmoren, antrocknen, anwachsen, anwurzeln Instanzen der Konstruktion [1b ] [[ NPNom_ ] _anV_ ][029(72'(,&7,&/2&(ARRIVE) DQEUDXVHQDQGDPSIHQDQGRQQHUQDQGUlQJHQDQIDOOHQDQIHJHQDQÁDWWHUQ DQÁLHJHQDQÁLW]HQDQJRQGHOQDQKDOWHQDQMXFNHOQDQNHXFKHQDQNQDWWHUQ ankommen, ankrabbeln, ankriechen, anlanden, anlangen, anlatschen, anlegen (Schiff), anmarschieren, anpreschen, anradeln, anrasen, anrauschen, anreisen, anreiten, anrennen, anrollen, anrücken, anrudern, anrutschen, ansausen, anschleichen, anschlurfen, anschwanken, anschwärmen, anschweben, anschwemmen, anschwimmen, anschwirren, ansegeln, anspazieren, ansprengen, anspülen, anstaksen, anstapfen, anstolpern, anstolzieren, anströmen, anstürmen, antanzen, antaumeln, antoben, antorkeln, antraben, antreiben, antreten (milit.), antuckern, anwackeln, anwatscheln, anwehen, anwetzen, anzappeln, anziehen Instanzen der Konstruktion [1c ] [[ NPNom_ ] anPII_ komm-][029(72'(,&7,&/2&'2,1*PII angaloppiert, angebellt, angebettelt, angebraust, angebrüllt, angebrummt, angedampft, angedonnert, angedöst, angefahren, angefallen, angefegt, DQJHÁDWWHUWDQJHÁHQQWDQJHÁLW]WDQJHÁRJHQDQJHÁRVVHQDQJHJDQJHQ angegondelt, angeheizt, angehetzt, angeheult, angehinkt, angehumpelt, angehüpft, angehupt, angejagt, angejammert, angejauchzt, angejuckelt, angekarrt, angekeift, angekeucht, angekläfft, angekleckert, angeklettert, angeknattert, angekrabbelt, angekrochen, angelatscht, angelaufen,

242

$QKDQJ39.DOV,QVWDQ]HQGHUMHZHLOLJHQ.RQVWUXNWLRQHQ

anmarschiert, angemault, angeniest, angepaddelt, angepatscht, angepest, DQJHSÀIIHQDQJHSLUVFKWDQJHSLVVWDQJHSROWHUWDQJHSUHVFKWDQJHUDGHOW angerannt, angerasselt, angerast, angerattert, angeraucht, angerauscht, angereist, angeritten, angerollt, angerückt, angerudert, angerutscht, angesaust, angeschest, angeschissen, angeschlendert, angeschleudert, angeschlichen, angeschlurft, angeschnauft, angeschoben, angeschossen, angeschwankt, angeschwänzelt, angeschwärmt, angeschwebt, angeschwemmt, angeschwirrt, angeschwommen, angesegelt, angesetzt, anspaziert, angesprengt, angespritzt, angesprungen, angestakst, angestampft, angestapft, angestaubt, angestiefelt, angestiegen, angestoben, angestochen, angestolpert, anstolziert, angestrahlt, angeströmt, angestürmt, angestürzt, angesungen, angetanzt, angetaumelt, angetobt, angetorkelt, angetrabt, angetrieben, angetuckert, angeturnt, angewackelt, angewalzt, angewandelt, angewatschelt, angeweint, angewetzt, angewinselt, angezetert, angezischt, angezittert, angezogen, angezwitschert, angeweht Instanzen der Konstruktion [1d ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][$77$&+\(*5281'&217$&7 ) anarbeiten, anbauen, anbiegen, anbinden, anbrennen, anbringen, anbügeln, DQGRFNHQDQGUHFKVHOQDQGUHKHQDQGUFNHQDQIHVVHOQDQÁHFKWHQDQÁLFNHQ anfügen, angliedern, angurten, anhäkeln, anhaken, anhalten, anhämmern, anhängen, anhauen, anheften, anketten, anklammern, anklatschen, ankleben, ankleistern, anklopfen, anknallen, ankneten, anknöpfen, anknoten, anknüpfen, ankrallen, ankuppeln, anlagern, anlegen, anlehnen, anleimen, anlöten, anmachen, anmalen, anmelden, anmontieren, annageln, annähen, DQQLHWHQDQSDSSHQDQSÁDQ]HQDQSÁRFNHQDQSLQQHQDQSLQVHOQDQSUHVVHQ anrechnen, anreihen, anrollen, anschlagen, anschließen, anschmieden, anschmieren, anschnallen, anschrauben, anschreiben, anschweißen, anseilen, ansetzen, ansiedeln, anspannen, anspießen, ansprengen, anspritzen, DQVSUKHQDQVWDPSIHQDQVWHFKHQDQVWHFNHQ LQÀ]LHUHQ DQVWHOOHQ XQWHU9HUWUDJQHKPHQ DQVWLIWHQDQOHJHQDQVWUHLFKHQDQVWULFNHQ anstückeln, antreten, antupfen, anwalzen, anzeichnen, sich ankuscheln, sich anschmeicheln, sich anschmiegen, sich anschmusen Instanzen der Konstruktion [1e ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][029(\72'(,&7,&/2& anbaggern, anbieten, anbringen, andrängen, anfahren, anführen (hinters Licht führen), angeben, ankarren, ankünden, ankündigen, ankutschieren, anlanden, anleiten, anlernen, anliefern, anpumpen, anreichen, anrollen, anrücken, ansagen, anschaffen, anschieben, anschiffen, anschleifen, anschleppen, anschwemmen, anspülen, antragen, antransportieren, antreiben, DQZHKHQDQZHLVHQDQZHQGHQDQ]HLJHQVLFKDQÀQGHQVLFKDQSLUVFKHQ sich anschleichen

$QKDQJ39.DOV,QVWDQ]HQGHUMHZHLOLJHQ.RQVWUXNWLRQHQ

243

Instanzen der Konstruktion [1f ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][$775$&7\ anatmen, anfordern, anheuern, ankaufen, anködern, anleihen, anlocken, anmieten, anmustern, annehmen, anprobieren, anreißen (Kunden anwerben), DQVDXJHQDQZHUEHQDQZLQNHOQDQ]LHKHQ %HLQH DQ]LHKHQ OH[.OHLGXQJ  anbekommen (Kleidung), ankriegen (Kleidung), anstreifen (Handschuh) – anbehalten (Kleidung), anlassen (Kleidung), anhaben (Kleidung) Instanzen der Konstruktion [1g ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][$0$66&5($7(\ (sich) anhäufen, (sich) anlagern, anlegen, anmachen, anmengen, anmischen, DQSÁDQ]HQDQUHLEHQDQULFKWHQDQUKUHQDQVlHQDQVDPPHOQDQVFKWWHQ ansetzen, ansparen, (sich) anstauen, anstellen, anstiften Instanzen der Konstruktion [1h ] [[ NPNom_ ] NPDat_ NPAkk_ anV_ ][)25&(\5(&(,9(] anbefehlen, andichten, andrechseln, andrehen, andressieren, androhen, DQHPSIHKOHQDQHU]LHKHQDQÁLFNHQDQJHZ|KQHQDQKlQJHQDQKHUUVFKHQ anlasten, anlegen, anlernen, anloben, anmessen, anraten, anrechnen, anreiten, antragen, antrainieren, antrauen, antrimmen, antun, anvertrauen, anweisen, anwerfen, anzaubern, anzüchten, anziehen (Kleidung), anstecken, anpellen Insztanzen der Konstruktion [1h’ ] [[ NPNom_ ] sich NPDat_ NPAkk_ anV_ ][&$86( [ 5(&(,9(\ anarbeiten, anessen, aneignen, anfressen, anfuttern, anhungern, anlächeln, anlachen, anlaufen, anlesen, anmästen, anquälen, anrauchen, anschaffen, anschuften, ansingen, anspritzen, antanzen, antrinken, anverwandeln (sich einen) ansaufen, (sich einen) ansäuseln, (sich einen) andudeln, (sich einen) anschlucken, (sich einen) anzüchten, (sich einen) anzwitschern Instanzen der Konstruktion [1i ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ NPDat_ anV_ ][&$86(\%(&(48$/] anähneln, andienen, angleichen, annähern, anreihen, anschließen, anbequemen, anpassen

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$QKDQJ39.DOV,QVWDQ]HQGHUMHZHLOLJHQ.RQVWUXNWLRQHQ

Instanzen der Konstruktion [ 2 ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][6:,7&+\21 anmachen, anbekommen, anblasen, anbrennen, andrehen, anfachen, anfahren, anheizen, anknipsen, ankriegen, ankurbeln, anlassen, anleiern, anreiben, anreißen, anschalten, anschmeißen, anschüren, anstecken, anstellen, anstreichen, antreten, anwerfen, anzünden Instanzen der Konstruktion [ 3 ] [[ NPNom_ ] anV_ ][+$9(&217$&7(GROUND) DQKDOWHQDQJUHQ]HQDQKDIWHQDQKlQJHQ '$7 DQOLHJHQDQVLW]HQ anstehen Instanzen der Konstruktion [4a ] [[ NPNom_ ] anV_ ][352&025( andauern, anklettern, anschwellen, ansinken, ansteigen, anwachsen, anwuchern, anziehen (Preise) Instanzen der Konstruktion [4b ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][029($&7,9$7(\( MORE) anfüllen (bis), anhalten, anheben (bis), anhetzen, anpeitschen, anregen, anreizen, anspannen, anspitzen, anspornen, anstacheln, antreiben, anziehen, anstiften Instanzen der Konstruktion [5a ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ]['2',5(&7('72:$5'6\ anatmen, anbaggern, anbellen, anbeten, anbetreffen, anbetteln, anblaffen, anblasen, anblecken, anblenden, anblicken, anblinken, anblinzeln, anblitzen, anblödeln, anborgen, anboxen, anbrüllen, anbrummen, anbuhen, anchatten, andampfen, andichten, andonnern, andösen, andröhnen, aneifern, anekeln, anfahren, anfallen, anfassen, anfauchen, anfaxen, anfechten, anfegen, DQIHL[HQDQIHW]HQDQÁDFKVHQDQÁDWWHUQDQÁHJHOQDQÁHKHQDQÁHQQHQ DQÁHWVFKHQDQÁLHJHQDQÁLH‰HQDQÁ|WHQDQÁXFKHQDQÁXQNHUQDQÁVWHUQ anfrotzeln, anfragen, anfühlen, anfunkeln, anfunken, anfurzen, angaffen, angähnen, angaloppieren, angammeln, angehen, anglotzen, anglühen, angraben, angreifen, angrienen, angrinsen, angrollen, angrunzen, angucken, anhaken (markieren), anhauchen, anhauen, anherrschen, anheulen, anhorchen, anhören, anhupen, anhusten, anjagen, anjammern, anjauchzen, ankarren, ankeifen, ankeilen, ankeuchen, ankläffen, anklagen, anklatschen $SSODXV=LHO DQNOHFNHUQDQNOHLGHQDQNOHWWHUQDQNOLFNHQDQNOLQJHOQ anknallen, anknattern, anknurren, ankotzen, ankrabbeln, ankratzen, ankreuzen, anlabern, anlächeln, anlachen, anlallen, anlangen, anlatschen,

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anlaufen (den Hafen), anläuten, anlecken, anleiern, anleuchten, anlinsen, anlügen, anmachen, anmahnen, anmailen, anmalen, anmaulen, anmeckern, anmerken (markieren), anmessen (anzielen), anmosern, anmotzen, anmuffeln, annebeln, anniesen, anpacken, anpaddeln, anpaffen, anpatschen, anpeilen, anpeitschen, anpfeifen, anpicken, anpinkeln, anpinseln, anpirschen, anpissen, anpöbeln, anpoltern, anpreisen, anpreschen, anpumpen, anpusten, anquaken, anquasseln, anquatschen, anquietschen, anradeln, anranzen, anrasen, anrasseln, anrauchen, anraunzen, anrauschen, anreden, anregen, anreiben, anreißen (markieren), anreiten, anrempeln, anrennen, anriechen, anrotzen, anrudern, anrufen, anrühren, anrußen, anrutschen, ansabbern, ansäen, ansäuseln, anschauen, anscheinen, anscheißen, anschielen, anschießen, anschimpfen, anschlagen, anschleichen, anschmachten, anschmeißen, anschmieren, anschnarchen, anschnarren, anschnauben, anschnaufen, anschnauzen, anschnorren, anschnurren, anschreiben, anschreien, anschütten, anschwanken, anschwänzeln, anschwärmen, anschwärzen, anschweigen, anschwemmen, anschwimmen, anschwindeln, anschwirren, anschwitzen, ansegeln, ansehen, ansimsen, ansingen, anskypen, anspeien, anspielen, anspießen, ansprechen, ansprengen, anspringen, anspritzen, ansprühen, anspucken, anspülen, anstammeln, anstänkern, anstarren, anstauben, anstaunen, anstechen, ansteuern, anstieren, anstolpern, anstoßen, anstottern, anstrahlen, anstreben, anstreichen, anstreiten, anströmen, anstürmen, ansuchen, antanzen, antasten, antatschen, antelefonieren, antippen, antoben, antorkeln, antreffen, antupfen, anturnen, antuschen, anulken, anwählen, anwandeln, anwehen, anweinen, anwerben, anwerfen, anwetzen, anwinken, anwinseln, anzählen, anzaubern, anzeichnen (markieren), anzetern, anzielen, anzischen, anzweifeln, anzwinkern, anzwitschern, anziehen (kleiden) Instanzen der Konstruktion [5b ] [[ NPNom_ ] anV_ ]['2',5(&7('72:$5'6‘ anbeißen (Fisch), anbranden, anklatschen (Wellen, Haare), anklopfen, anknüpfend, anpochen, anprallen, anschlagen (reagieren), ansprechen (reagieren), anstehen (warten), anstoßen Instanzen der Konstruktion [ 6 ] [[ NPNom_ ] gegenNPAkk_ anV_ ][$&7$*$,167\ anarbeiten, anatmen, anblasen, anboxen, anbranden, anbrüllen, anbuhen, andiskutieren, andonnern, andösen, andrängen, andröhnen, andrucken, DQGXGHOQDQHVVHQDQIDKUHQDQÁDWWHUQDQÁLHJHQDQÁLH‰HQDQÁXFKHQ anforschen, anfressen, angehen, anhetzen, anheulen, anhungern, anhupen, anhusten, anjauchzen, ankämpfen, ankauen, ankeifen, ankeuchen, ankläffen, anklatschen, anklettern, ankochen, ankönnen, ankreuzen (Segeln), anlachen, anlaufen, anleben, anlesen, anmarschieren, anmeckern, anpaddeln, anpfeifen, anpoltern, anpreschen, anpumpen, anpusten, anquälen, anquasseln,

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anquatschen, anradeln, anrasen, anrauchen, anreden, anreiten, anrennen, anrollen, anrudern, ansaufen, ansäuseln, anschimpfen, anschlendern, anschlucken, anschnaufen, anschreiben, anschreien, anschuften, anschweben, anschweigen, anschwimmen, anschwirren, ansegeln, ansingen, ansparen, anspielen, ansprechen, anspringen, anstammeln, anstampfen, anstänkern, anstemmen, ansteuern, anstiefeln, anstinken, anstolpern, anstreben, anströmen, anstürmen, antanzen, antoben, antöten, antrainieren, antreten, antrinken, antuckern, anturnen, anweinen, anwerfen, anwinseln, anzaubern, anziehen, anzwitschern Instanzen der Konstruktion [ 7a ] [[ NPNom_ ] anV_ ]LQWUDQVLWLYH3DUWLDOLWlW anblinken, anbrechen, anbremsen, anbrennen, andudeln (Musik), anfahren, DQIDXOHQDQÁLHJHQDQÁLH‰HQDQJDORSSLHUHQDQJDPPHOQDQJHKHQ angrauen, anheben, anheilen, anklingen, anlaufen, anlauten (mit), anreißen, anrollen, anrosten, anrucken, anrutschen, ansäuern, anschimmeln, ansetzen, anspringen (Motor), anstauben, antauen, antönen, antraben, antrocknen, anwelken, anziehen (Gefährte) Instanzen der Konstruktion [ 7b ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ]WUDQVLWLYH3DUWLDOLWlW anarbeiten, anbacken, anbeißen, anbiegen, anblasen (Musik), anblättern, anbohren, anbraten, anbrauchen, anbräunen, anbrechen (Packung), anbremsen (Wagen), anbrühen, anbrüten, anbügeln, andenken, andeuten, andiskutieren, andrehen (Film), andrucken (Buch), andünsten, anfangen, anfärben, anforschen, anfressen, anfrieren, anfüttern, anfuttern, angaloppieren, ankratzen, angießen, anglühen, angraben, angrauen, anhauen, anheben, anheizen, ankauen, ankippen, anklappen, anknabbern, anknacksen, anknautschen, ankneten, anknicken, ankochen, anlecken, anlesen, anlösen (Schmutz, Bremsen), anmästen, anmelken, anmerken (kurz sagen), anmoderieren, annagen, anöffnen, anpaffen, anpressen (Schallplatten), anrauchen, anräuchern, anreißen (Packung, Thema), anreiten, anritzen, anrollen, anrösten, ansägen, ansäuern, ansaugen, anschieben, anschießen, anschlagen, anschleifen (schliff an), anschleppen (Auto vs. ab-), anschleudern, anschlucken, anschmoren, anschneiden (Brot, Thema), anschrammen, anschubsen, anschwitzen (andünsten), ansengen, ansingen, anspielen, anspießen, anspinnen, ansprechen, ansprengen, anspülen, anstampfen, anstechen (Fass), anstoßen, anstreifen, antanzen, antauen, antäuschen, antippen (Thema), antöten, antraben, antragen (Kleidung), antrainieren (Mensch, Tier), antreten (Reise, Strafe, Amt), antrinken, antrocknen, anwärmen, anwelken, anwerfen (Ballsport), anzahlen, anzählen (beginnen auszuzählen), anzapfen (Fass, Datenträger), anziehen, anzüchten (Zellen), DQSIHLIHQ 6SLHO VLFKDQEDKQHQVLFK JXWVFKOHFKW DQODVVHQ

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Instanzen der Konstruktion [ 7c ] [[ NPNom_ ] Ø NPAKK_(Saison) an V ]6DLVRQHU|IIQXQJ DQHVVHQDQÁLHJHQDQNOHWWHUQDQSDGGHOQDQUDGHOQDQUXGHUQDQUXWVFKHQ (Skilaufen), anschwimmen, ansegeln, ansingen, antuckern (Motorboot), anturnen, anwerfen (Boulesaison) Instanzen der Konstruktion [ 8 ] [[ NPNom_ ] NPAkk_ anV_ ][3(5&(3721\] anhorchen, anhören, anmerken, anriechen, ansehen, anspüren

Literaturverzeichnis $GHOXQJ -RKDQQ &  8PVWlQGOLFKHV /HKUJHElXGH GHU GHXWVFKHQ 6SUDFKH1DFKGUXFN+LOGHVKHLP1HZ$EUXIEDUXQWHUKWWSIUDPHQHWLFVLEHUNHOH\HGXLQGH[ SKS"RSWLRQ FRPBFRQWHQW WDVN YLHZ LG  ,WHPLG OHW]WHU=XJULII 01.05.2011] %DOOPHU7KRPDV :DOWUDXG%UHQQHQVWXKO  'HXWVFKH9HUEHQ(LQHVSUDFK DQDO\WLVFKH8QWHUVXFKXQJGHVGHXWVFKHQ9HUEZRUWVFKDW]HV7ELQJHQ1DUU %DOO\&KDUOHV  7UDLWpGHVW\OLVWLTXHIUDQoDLVHYRO (UVWDXVJDEH3DULV .OLQFNVLHFN $XÁDJH*HQqYH3DULV/LEUDLULH*HRUJ &LH/LEUDLULH Klincksieck, 1951. %DUWOHWW )UHGHULF &   5HPHPEHULQJ $ 6WXG\ LQ ([SHULPHQWDO DQG 6RFLDO 3V\FKRORJ\ (UVWDXVJDEH &DPEULGJH &DPEULGJH 8QLYHUVLW\ 3UHVV  :LWKDQHZLQWURGXFWLRQE\:DOWHU.LQWVFK&DPEULGJH&DPEULGJH University Press, 1995. %DXHU /DXULH   0RUSKRORJLFDO 3URGXFWLYLW\ &DPEULGJH &DPEULGJH 8QLversity Press. %HFNHU.DUO)  $XVIKUOLFKHGHXWVFKH*UDPPDWLNDOV.RPPHQWDU GHU6FKXOJUDPPDWLN%lQGH$XÁDJH (UVWDXVJDEH3UDJ7HPSVN\  1DFKGUXFNLQ+LOGHVKHLP1HZ