Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen: Institutionelles Völkerrecht, Recht und Praxis [1 ed.] 9783428529476, 9783428129478

Gerhard Ullrich liefert eine Gesamtdarstellung des Dienstrechts der Internationalen Organisationen und verdeutlicht den

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Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen: Institutionelles Völkerrecht, Recht und Praxis [1 ed.]
 9783428529476, 9783428129478

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Gerhard Ullrich

Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen Institutionelles Völkerrecht, Recht und Praxis

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

GERHARD ULLRICH

Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

Dr. iur. Gerhard Ullrich

Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen Institutionelles Völkerrecht, Recht und Praxis

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 978-3-428-12947-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Geleitwort Zwischenstaatliche Internationale Organisationen sind nicht nur wichtige Akteure bei der Entwicklung einer globalen Rechtsordnung, sie befinden sich auch untereinander in einer Phase der rasch fortschreitenden Angleichung ihrer an sich autonomen internen Rechtsordnungen. Dieser Vorgang betrifft vor allem das Dienstrecht. Er wird durch mehrere Faktoren begünstigt. Bis zum Ausgang des letzten Jahrhunderts war die Kenntnis des internen dienstlichen Sekundär- und Tertiärrechts einer Internationalen Organisation weitgehend auf die für seine Anwendung und Entwicklung verantwortlichen Bediensteten beschränkt. Für Außenstehende war dieser Rechtsbereich kaum einsehbar. Durch neue technische Medien, wie insbesondere das Internet, hat sich dies grundlegend geändert. Heute sind weite Teile des organisationsinternen Dienstrechts frei und schnell verfügbar. Auch die Zusammenarbeit der Internationalen Organisationen bei der Anwendung des Dienstrechts wird durch die schnellen Kommunikationsmittel immer enger. Dies begünstigt die Rechtsangleichung erheblich. Verstärkt wird dieser Prozess durch die großen Internet-Datenbanken der internationalen Verwaltungsgerichte, insbesondere der Vereinten Nationen, der Internationalen Arbeitsorganisation und der Europäischen Gemeinschaften. Die Erschließung dieser Datenbanken mittels verschiedener Suchparameter ermöglicht heute eine zielgenaue und rasche Recherche des internationalen Dienstrechts. Besonders die Rechtsprechung zu den Allgemeinen Rechtsgrundsätzen des internationalen öffentlichen Dienstes fördert in zunehmendem Maße die Entwicklung eines einheitlichen Primärrechts aller Internationalen Organisationen. Begünstigt wird dieser Prozess der Angleichung des Dienstrechts der Internationalen Organisationen letztlich auch durch das weitgehende Fehlen einer dem nationalen Recht vergleichbaren Rechtstradition, deren harter Kern vor einer Rechtsangleichung oft erst mühsam aufgebrochen werden muss. Vor diesem Hintergrund der Rechtsentwicklung des Dienstrechts der Internationalen Organisationen liegt die Idee einer zusammenfassenden Darstellung dieses wichtigen Teilbereichs des institutionellen Völkerrechts nicht fern.

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Geleitwort

Der Autor dieses Buches ist als ehemaliger Justitiar des Europäischen Patentamts in München – dem Exekutivorgan der Europäischen Patentorganisation – in besonderem Maße qualifiziert, Recht und Praxis des internationalen öffentlichen Dienstes darzustellen. In leitender Funktion baute er fachkundig und mit organisatorischem Geschick ein effizientes und kompetentes Justitiariat auf. Dank seiner profunden Kenntnis der praxisbezogenen Aspekte des internationalen öffentlichen Dienst- und Vertragsrechts und des Völkerrechts sowie wegen seiner analytischen Fähigkeiten genoss er nicht nur im Kreise der Europäischen Patentorganisation, sondern weit darüber hinaus hohe Reputation. Wissenschaftliche Objektivität, menschliche Gradlinigkeit und Kreativität befähigten ihn vor allem auch, akademisches Neuland zu betreten, so z. B. bei der Ausgestaltung der Statuten eines neugeschaffenen Pensionsreservefonds der Organisation, dem in der Folge Modellcharakter zuerkannt wurde. Seine wissenschaftliche Tätigkeit fand ihren Niederschlag auch in zahlreichen Publikationen, die heute noch international gebührende Würdigung finden. Und nicht zuletzt seine mediatorischen Fähigkeiten waren für die Amtsleitung eine wertvolle Stütze für ihre personalrechtlichen Entscheidungen. Das Buch bietet damit alle Voraussetzungen, um nicht nur dem Spezialisten als Nachschlagewerk zu dienen, sondern darüber hinaus diesen Teilbereich des institutionellen Völkerrechts einem größeren Leserkreis zu erschließen. Prof. Dr. Paul Braendli Präsident i. R. des Europäischen Patentamts (Exekutivorgan der Europäischen Patentorganisation)

Vorwort Die Idee zu diesem Buch geht zurück auf die jahrzehntelange Tätigkeit des Verfassers als Leiter des Justitiariats im Exekutivorgan der EPO. Sie wurde aus dem Wunsch heraus geboren, im Bereich des Dienstrechts der Internationalen Organisationen über eine systematische Gesamtdarstellung des Rechts und der Praxis zu verfügen. An einer derartigen rechtsdogmatischen und praxisorientierten Darstellung dieses autonomen Rechtskreises, die über die alltäglichen juristischen Einzelprobleme hinausweist, fehlt es bisher weitgehend im deutschsprachigen Raum. Im Französischen kann dagegen auf das ausgezeichnete (wenn auch inzwischen etwas veraltete) Werk von Alain Plantey (1977, „Droit et pratique de la fonction publique internationale“) sowie im Englischen auf die Loseblattsammlung von De Cooker (Hrsg.), verwiesen werden, die wichtige Problemfelder des materiellen Dienstrechts abdecken. Bei den Arbeiten zu diesem Buch stieß der Verfasser auf einige grundlegende Darstellungsprobleme. So zwang zunächst schon die außerordentliche Materialfülle zu einer erheblichen Zurückhaltung bei der Beschreibung der Strukturen und Elementen des materiellen Dienstrechts der Internationalen Organisationen. Um den gesetzten zeitlichen und wirtschaftlichen Rahmen nicht zu sprengen, erwies sich hierbei eine Beschränkung in der Breite und Tiefe der Darstellung als unumgänglich. Angesichts der in einem hohen dreistelligen Bereich liegenden Zahl der Organisationen war es außerdem unumgänglich, eine Auswahl unter den Organisationen zu treffen. Dabei musste aber der repräsentative Querschnitt des materiellen Dienstrechts gewährleistet werden. Als Lösung bot sich eine Konzentration der Darstellung auf die drei personalstärksten und weitgehend in sich homogenen Dienstrechtskreise, nämlich das „Common-System“ der Vereinten Nationen, die Europäischen Gemeinschaften und die Koordinierten Organisationen an. Ihr Dienstrecht ist auch über die Internet-Portale weitgehend allgemein zugänglich. Weil jedoch die Mehrzahl der Organisationen (trotz vielfältiger Anlehnung an die genannten drei großen Allianzen) einen eigenen, allerdings amorphen Dienstrechtskreis bilden, mussten – wenn auch in einem beschränkten Umfang – auch Organisationen aus diesem Bereich mit in die Darstellung einbezogen werden. Erschwert wurde dies allerdings durch die nur sehr eingeschränkte Veröffentlichung ihres materiellen Dienstrechts, das eine direkte Bezugnahme auf diese Regelungen verhindert.

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Vorwort

Als Lösung bot sich an, über andere Publikationsquellen, insbesondere Urteile der internationalen Verwaltungsgerichte, einen, zumindest eingeschränkten Zugang zu ihrem Dienstrecht zu eröffnen. Die Wahl fiel dabei in erster Linie auf die Europäische Patentorganisation (EPO). Das Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation hatte während dreier Jahrzehnte in mehr als einem Viertel seiner (Anfang des Jahres 2008) ca. 2.700 Urteile vielfach Gelegenheit, sich eingehend mit dem Dienstrecht dieser (mit ca. 7.000 Bediensteten sehr personalstarken) Organisation auseinanderzusetzen. Hinzu kommen noch mehrere Kommentierungen und Aufsätze in Fachzeitschriften zum EPO-Dienstrecht (siehe das Literaturverzeichnis). Die Fülle des Stoffes zum materiellen Dienstrecht machte neben einer Beschränkung in der Breite auch eine gewisse Zurückhaltung bei der Darstellung von Einzelheiten des Dienstrechts erforderlich. Die deshalb gebotene Setzung von Schwerpunkten orientiert sich an der jeweiligen Bedeutung des behandelten Rechtsbereichs für die tägliche Praxis des Dienstrechts der Internationalen Organisationen. Die Gliederung des materiellen Dienstrechts in diesem Buch folgt weitgehend den grundlegenden Monografien von Busch zum Dienstrecht der Vereinten Nationen und von Rogalla zum Dienstrecht der Europäischen Gemeinschaften. Mit der systematischen Darstellung der Allgemeinen Rechtsgrundsätze des Dienstrechts Internationaler Organisationen versucht der Verfasser allerdings, neue Wege zu gehen, um diesen Wertmaßstab für das internationale Dienstrecht besser zu erschließen. Neben den Grundund Menschenrechten sowie den objektiven Rechtsgrundsätzen wird den spezifischen Rechtsgrundsätzen, die nur für das Dienstrecht der Internationalen Organisationen Geltung beanspruchen, ein gesondertes Kapitel gewidmet. Insgesamt nimmt die Darstellung der von den internationalen Verwaltungsgerichten entwickelten „Allgemeinen Rechtsgrundsätze“ als primäre Rechtsquelle des internationalen Dienstrechts einen breiten Raum ein. Auch hierbei war es notwendig, angesichts der umfangreichen Rechtsprechung der internationalen Verwaltungsgerichte und Beschwerdeausschüsse, eine repräsentative Auswahl zu treffen. Es bot sich an, die Darstellung der Rechtsprechung im Wesentlichen auf das Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation und den Europäischen Gerichtshof zu beschränken. Beide Gerichte weisen im Jahre 2008, mit zusammen fast 6.000 Urteilen, die weitaus größte Rechtsprechungsdichte zum Dienstrecht der Internationalen Organisationen auf. Schließlich möchte ich an dieser Stelle vielen meiner ehemaligen Kolleginnen und Kollegen in der EPO sowie Frau Vizepräsidentin Dr. Renate

Vorwort

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Remandas und Herrn Präsident Prof. Paul Braendli für vielfältige Hilfe und moralischen Beistand bei der Entstehung dieses Buches danken. Soweit darin juristische Positionen bezogen werden, sind es ausschließlich meine eigenen. Für Hinweise auf Fehler und Verbesserungen der Darstellung bin ich dankbar. Riemerling bei München, im September 2008

Gerhard Ullrich

Inhaltsverzeichnis Einführung A. Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen (I. O.) – Einheit in Vielfalt (The employment law of international organisations – unity in diversity) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zielsetzung und Abgrenzung (Objectives and definitions) . . . . . . . . . . . . . .

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1. Teil Die Grundlagen (Basic elements)

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1. Abschnitt Die Internationalen Organisationen (The International Organisations) A. Die Rechtsnatur der Internationalen Organisationen (The legal nature of international organisations) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Klassifikationen der Internationalen Organisationen (The classification of international organisations) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abgrenzungen (Definitions) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Supranationale Organisationen (Supranational organisations) . . . . . . . . . II. Nicht-staatliche Internationale Organisationen (Non-Governmental Organisations, NGO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Zahl und die Personalstärke der Internationalen Organisationen (Number of international organisations and their staff) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Zahl der Internationalen Organisationen (The number of international organisations) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Personalstärke der Internationalen Organisationen (The number of staff in international organisations) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Abschnitt Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen (The employment law of the international organisations) A. Die rechtlichen Grundlagen des Dienstrechts Internationaler Organisationen (Legal principles of the employment law of the international organisations) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

B. Die Klassifizierung des Dienstrechts der Internationalen Organisationen (Die vier großen Rechtskreise des internationalen Dienstrechts als pars pro toto) (The classification of the four large employment systems of international organisations as pars pro toto) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die weitgehend homogenen Dienstrechtskreise (The mainly homogeneous employment systems) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Dienstrechtskreis des „Common-System“ der Vereinten Nationen (VN-CS). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Dienstrechtskreis der Europäischen Gemeinschaften . . . . . . . . . . 3. Der Dienstrechtskreis der Koordinierten Organisationen . . . . . . . . . . . 4. Der heterogene Dienstrechtskreis der eigenständigen Internationalen Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Einheit des Dienstrechts der Internationalen Organisationen (The unity of the employment systems of international organisations) III. Die Personalstärke der Internationalen Organisationen in den vier großen internationalen Dienstrechtskreisen (The number of staff in the four large employment systems of international organisations) . . . . 1. Die Personalzahlen im Dienstrechtskreis des VN-CS. . . . . . . . . . . . . . 2. Die Personalzahlen im Dienstrechtskreis der Europäischen Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Personalzahlen im Dienstrechtskreis der Koordinierten Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Personalzahlen einiger ausgewählter anderer Organisationen. . . C. Das nationale Recht und das Dienstrecht der Internationalen Organisationen (National law and employment law of international organisations). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Vorrechte und Befreiungen (Privilegien und Immunitäten) der Bediensteten Internationaler Organisationen (The Privileges and immunities of international employees) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Grundlagen (Legal basis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Privilegien und Immunitäten der Internationalen Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Privilegien und Immunitäten der Bediensteten. . . . . . . . . . . . . . . . a) Der personelle Geltungsbereich der Privilegien und Immunitäten b) Der räumliche Geltungsbereich der Privilegien und Immunitäten II. Die Immunität der Bediensteten bei Amtshandlungen und die Unverletzlichkeit ihrer Dokumente (Immunity of staff in respect of acts done in the exercise of their functions and inviolability of official documents) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die fiskalischen Privilegien der Bediensteten (Fiscal privileges of employees) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Freistellung der Dienstbezüge von der nationalen Besteuerung 2. Die Besteuerung von Bediensteten in Spitzenpositionen . . . . . . . . . . . 3. Besteuerung sonstiger Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis Die Besteuerung der ehemaligen Bediensteten (Pensionisten) (The taxation of former employees, pensioners) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Sonstige fiskalische Privilegien (Other fiscal privileges) . . . . . . . . . . . . . VI. Die Freistellung von der nationalen Sozialversicherungspflicht (Exemption from compulsory national social security schemes) . . . . . . VII. Die Privilegien bei der Einreise, dem Aufenthalt und Ende des Dienstes (Privileges concerning immigration, performing functions and termination of service) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Sonstige Privilegien der Bediensteten und anderer Personen (Further privileges of employees and other persons). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Reisepässe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spitzenbeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Freistellung von der Arbeitserlaubnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Privilegien im Krisenfall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Freistellung vom Wehrdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Wareneinkauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Haftung für Schäden aus dem Dienstverhältnis (The liability for employment derived damages) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Haftung der Organisation (The liability of the organisation) . . . . . II. Die Haftung der Bediensteten (The liability of employees) . . . . . . . . . . F. Die strafrechtliche Verantwortung im Dienstverhältnis (Criminal responsibility in the employ of international organisations) . . . . . . . . . . . .

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IV.

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2. Teil Die Rechtsquellen des Dienstrechts der Internationalen Organisationen (The sources of international civil service law)

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1. Abschnitt Das normierte Dienstrecht und die Allgemeinen Rechtsgrundsätze – Grundlagen und Übersicht (The statutory employment law and the general legal principles – basics and survey)

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2. Abschnitt Die Allgemeinen Rechtsgrundsätze des internationalen öffentlichen Dienstes (The general legal principles of the international civil service) A. Einleitung (Introduction) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Begriff der Allgemeinen Rechtsgrundsätze (The concept of the general legal principles) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis II.

Die Ableitung der Allgemeinen Rechtsgrundsätze (The derivation of the general legal principles) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besondere Ableitungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Rang der Allgemeinen Rechtsgrundsätze (The ranking of general legal principles) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die dynamische Natur der Allgemeinen Rechtsgrundsätze (The dynamic nature of general legal principles) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Schranken der Allgemeinen Rechtsgrundsätze im Dienstrecht (The limitations of general legal principles in employment law) . . . . . . 1. Die allgemeinen Schranken der Grund- und Menschenrechte . . . . . . 2. Die explizit normierten Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Wesensgehaltsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die sozialen Leistungs- und Teilhabegarantien (The guarantee of social benefits and participation). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Die Lehre vom Sonderstatus (besonderes Gewaltverhältnis) und der internationale Dienst (The international civil service and the doctrine of special status) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Die Auslegungsgrundsätze (General rules of interpretation) . . . . . . . . . . B. Die Geltung der Grund- und Menschenrechte in den Dienstverhältnissen der Internationalen Organisationen (The application of basic and human rights in the international civil service) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Schutz der Persönlichkeit, der Würde und des beruflichen Ansehens des Bediensteten durch die Organisation (The protection of the personality, dignity and the reputation of international employees) . . . . 1. Der Schutz der Privatsphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Datenschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Grundsatz der Gleichbehandlung (Equal treatment). . . . . . . . . . . . . . III. Die Vereinigungs-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit (Freedom of association and assembly, right to establish trade unions). . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Koalitionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Streikrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Personalvertretungen und internationale Gewerkschaften – Abgrenzung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Meinungsfreiheit (Freedom of speech) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Der Schutz des Eigentums (Legal protection of property) . . . . . . . . . . . . VI. Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Freedom of thought, conscience and religion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Das Grundrecht auf Rechtsschutz bei dienstrechtlichen Streitigkeiten (Legal protection in employment disputes). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Das Recht auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (Safety and health-care at workplace) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis C. Die objektiven Allgemeinen Rechtsgrundsätze des internationalen öffentlichen Dienstes (Objective legal principles of the international civil service) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Ableitung objektiver Rechtsgrundsätze (The derivation of objective legal principles) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Rückwirkungsverbot (Rule against retroactivity) . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (The principle of proportionality) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (The administration is bound to comply with the rule of law) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Der Grundsatz von Treu und Glauben (Good faith, fairness, equity, bona fide) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Der Grundsatz der Rechtssicherheit (Legal certainty, stability of law) 1. Die Beschwerde- und Klagefristen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ausschlussfristen für Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Rechtskraft der Urteile der internationalen Verwaltungsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Aufhebung von Verwaltungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Die ungerechtfertigte Bereicherung, die Rückforderung rechtsgrundloser Zahlungen (Unjust enrichment, recovery of undue payment) . . . . VIII. Die Grundsätze des fairen Verfahrens, der guten Verwaltung und des rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren (Principles of due process and good administration). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Grundsatz des fairen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Grundsatz der guten Verwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Begründungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das rechtliche Gehör im Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Verbot des Missbrauchs von Befugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Die pflichtgemäße Ermessensausübung (Discretion) . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die spezifischen Allgemeinen Rechtsgrundsätze des internationalen öffentlichen Dienstes (originäre und abgeleitete Allgemeine Rechtsgrundsätze) (The specific general legal principles of the international civil service – basic and derivative general legal principles) . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines (Survey) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Vertrauensschutz der Bediensteten (Protection of legitimate expectation of employees) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die wohlerworbenen Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Vertrauensschutz bei Anstellungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Grundsatz der Stabilität, Vorhersehbarkeit und der klaren Verständlichkeit der Ergebnisse einer Gehaltsanpassungsmethode . . 4. Die Zusicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Informationspflicht der Internationalen Organisation. . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis III.

IV.

Der Grundsatz der ungehinderten Aufgabenerfüllung der Organisation (The principle of unimpeded accomplishment of tasks of the organisation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Freistellung der Dienstbezüge von der nationalen Besteuerung 2. Die Unabhängigkeit der Organisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Noblemaire- und Flemming-Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Recht der Bediensteten auf Förderung der Verbindung zum Herkunftsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige spezifische Rechtsgrundsätze (Other specific legal principles) 1. Das Recht der Personalvertretung auf Konsultation . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines (Abgrenzung zu anderen Mitwirkungsrechten) . . . . b) Die Einzelheiten der Konsultationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Grenzen der Vereinigungsfreiheit und der Anspruch auf Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Klagebefugnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unternehmerische Mitwirkungsrechte der Personalvertretung . . . 2. Das Recht auf Fürsorge und Beistand – Allgemeines . . . . . . . . . . . . . a) Das Recht auf Fürsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Recht auf Beistand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Selbstbindung der Exekutiv- und Legislativorgane (Patere legem quam ipse fecisti) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Normenhierarchie im Dienstrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Anspruch auf materiellen und immateriellen Schadensersatz aus dem Dienstverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Haftung der Organisation nach der Rechtsprechung. . . . . . . . c) Das materielle Haftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Entscheidungskompetenz der Gerichte bei Schadensersatzklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Schadensersatzansprüche im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Anspruch auf materiellen Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . bb) Der Anspruch auf immateriellen Schadensersatz . . . . . . . . . . cc) Die Begrenzung der Haftung Internationaler Organisationen auf Schadensersatz gegenüber den Bediensteten . . . . . . . dd) Die Funktion des Schadensersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die Höhe des Schadensersatzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Die Rechtsprechung zu den dienstrechtlichen Schadensersatzansprüchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

187 187 187 189 191 192 192 192 194 196 197 198 200 200 201 204 206 206 206 208 208 208 209 210 211 211 212 212 213 213 214

Inhaltsverzeichnis

17

3. Abschnitt Die typischen Strukturen und Elemente des normierten Dienstrechts (The typical structures and elements of employment rules)

221

A. Die Rechtsnatur der Dienstverhältnisse (The legal nature of employment) 221 I. Beamte (Permanent employees) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 II. Vertragsbedienstete (Contractual employment) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Bedienstete auf Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 2. Bedienstete auf Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 III. Örtliche Bedienstete (Local employments) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 IV. Das Dienstverhältnis auf Probe (Probationary appointment) . . . . . . . . . . 225 V. Sonstige Vertragsverhältnisse (Other contractual employments). . . . . . . 226 VI. Die Strukturen der Beschäftigungsverhältnisse (Structures of employment) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 B. Die Begründung, der Vollzug und die Beendigung des Dienstverhältnisses (Recruitment, development and termination of employment). . . . . 230 I. Die Begründung des Dienstverhältnisses (Recruitment) . . . . . . . . . . . . . . 230 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 2. Das Einstellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 a) Die Publikation der Stellenbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 b) Die Zulassung zum Auswahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 c) Die Durchführung des Auswahlverfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 d) Die Begründungspflicht der Entscheidung gegenüber den nicht erfolgreichen Kandidaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 e) Der Umfang der Nachprüfung durch das Gericht. . . . . . . . . . . . . . 236 f) Die Einstellung (Ernennung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 II. Die Veränderungen des Dienstverhältnisses (Development of employment) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 1. Die Karriereentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 b) Das Aufsteigen in den Dienstaltersstufen („Karriereschritt“) . . . 238 c) Die Beförderung („Karrieresprung“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 bb) Die Beurteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 cc) Die Auswahl- und Beförderungsausschüsse. . . . . . . . . . . . . . . 241 dd) Die Rechtsprechung zur Beförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 d) Die vorübergehende Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 e) Der Wechsel von Laufbahngruppen (Funktionsgruppen) . . . . . . . 243 2. Die Änderung der dienstrechtlichen Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 b) Die Abordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244

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Inhaltsverzeichnis

c) Der Sonderurlaub. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Elternurlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Urlaub aus familiären Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Urlaub aus persönlichen Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Beurlaubung zum Wehrdienst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Der einstweilige Ruhestand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Versetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Umwandlung des Dienstverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Umwandlung eines Probezeitverhältnisses in ein reguläres Dienstverhältnis oder ein Beamtenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Umwandlung eines Dienstverhältnisses auf Zeit (befristetes oder unbefristetes Dienstverhältnis) in ein Dienstverhältnis auf Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Umwandlung eines vertraglichen Dienstverhältnisses in ein Beamtenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Beendigung des Dienstverhältnisses (The termination of service) 1. Die Entlassung durch die Anstellungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Beendigung des Dienstverhältnisses aus Alters- oder Invaliditätsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Exkurs: Die Rechtsprechung zur Nicht-Erneuerung von befristeten Anstellungsverträgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Rechte und Pflichten der Bediensteten (Rights and obligations of staff) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Rechte (Rights) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Anspruch auf die Dienstbezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Grundgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Höhe der Gehälter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Gehaltstabellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Gehaltsentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Zahlungsmodalitäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die Verwirkung oder Kürzung des Gehalts . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Zulagen und Kostenerstattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Familienzulagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Haushaltszulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Exkurs: Die Haushaltszulage bei eheähnlichen Partnerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Unterhaltsberechtigtenzulage/Kinderzulage . . . . . . . (4) Die Erziehungszulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Die Antikumulierungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

245 245 246 246 246 246 247 248 248 248

249 249 250 250 251 252 253 256 256 256 257 257 257 257 258 261 262 262 263 264 264 265 269 271 273

Inhaltsverzeichnis bb) Die Auslandszulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Mietzulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Dienstliche Zulagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Sprachenzulage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Zulage für Mehrarbeit (Überstunden) . . . . . . . . . . . . (3) Die Zulagen für Nacht-, Schicht- und Bereitschaftsdienst, Arbeit an Sonn- und Feiertagen, die Ausgleichszulage für höherwertige Dienste. . . . . . . . . . . . . . . (4) Ausgleichszulage (Stellenzulage) bei vorübergehender Verwendung in einer höheren Besoldungs- bzw. Rahmengruppe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Die Entlassungsabfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Das Arbeitslosengeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Die Ausgleichszulage bei Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . ee) Die Kostenerstattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Dienstreisekosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Umzugs- und Reisekosten bei Dienstantritt, Versetzung und Ausscheiden aus dem Dienst . . . . . . . . . (3) Die Reisekosten zum Heimatort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die Aufwandsentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Die Einrichtungs- und Heimkehrbeihilfe . . . . . . . . . . . . . (6) Die sonstigen Kostenerstattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Ausschlussfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Gehaltsanpassungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das VN-CS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Koordinierten Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die eigenständigen Internationalen Organisationen . . . . . . . . . . . . f) Die Rechtsprechung des VGIAO und des EUGH zu den Gehaltsanpassungssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die soziale Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das soziale Sicherungssystem bei Krankheit, Teil- und Vollinvalidität, Mutterschaft, Geburt, Arbeitslosigkeit, Pflegebedürftigkeit und bei sonstiger Bedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Kapitalbeträge bei dauernder Teil- und Vollinvalidität und im Todesfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Krankheitsurlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Finanzielle Leistungen bei Mutterschafts-, Adoptions-, Elternurlaub, Urlaub aus familiären Gründen, bezahlten Sonderurlaub und Geburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 275 279 279 280 280

280

281 282 282 282 283 284 284 284 284 285 285 288 288 288 289 290 292 293 295 298 298

300 300 302 303

304

20

Inhaltsverzeichnis ee) ff) gg) hh)

Das Arbeitslosengeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Pflegeversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuwendungen, Darlehen und Vorschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Internationale Organisationen ohne eigenes Sozialversicherungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die ehemaligen Bediensteten und Rechtsnachfolger . . . 6. Die Versorgung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Arten der Versorgungsleistungen (Pensionen) . . . . . . . . . . . . . b) Die allgemeine Struktur der Pensionssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Personenkreis der Anspruchsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Besondere Rechtsfragen bei den Versorgungsleistungen (Pensionen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Absicherung der Versorgungsleistungen (Pensionen) . . . bb) Die Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Pfändung (Abtretung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die einzelnen Versorgungsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Altersversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Erwerb der Anwartschaft auf Versorgung . . . . . . . . . (2) Das Entstehen und Erlöschen des Anspruchs . . . . . . . . . . (3) Das Anwachsen des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Der Transfer von Versorgungsansprüchen nach innen . . (5) Der Transfer von Versorgungsansprüchen nach außen . . (6) Die Doppelbesteuerung der Pensionen . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Maximum und Minimum der Pensionen . . . . . . . . . . . . . . (8) Die Zulagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (9) Die jährliche Anpassung der Pensionen. . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Finanzierung der Versorgungsleistungen . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Hinterbliebenenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Versorgung bei dauernder Dienstunfähigkeit und Leistungen im Todesfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die dauernde Voll- und Teilinvalidität . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Kapitalabfindung im Todesfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die Verwaltung und Finanzierung der Versorgungssysteme Internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die rechtlichen Strukturen der Versorgungssysteme . . . . . . . . . . . . c) Der Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Finanzierungsgarantie für die Versorgungssysteme . . . . . . . . . aa) Während der Existenz der Internationalen Organisation . . . . bb) Nach Auflösung der Internationalen Organisation . . . . . . . . . e) Die rechtliche Stellung der Pensions(reserve)fonds . . . . . . . . . . . .

305 306 307 307 307 308 309 310 310 311 311 311 312 313 313 313 313 313 314 314 314 315 315 315 316 317 318 318 318 322 322 322 323 324 325 325 326 328

Inhaltsverzeichnis 8. Kurzübersicht größerer Versorgungsfonds Internationaler Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Gemeinsame Pensionsfonds für das Personal der Vereinten Nationen (UNJSPF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Pensionsplan und Treuhandfonds der Weltbank Gruppe . . c) Der CERN/ESO-Pensionsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der EPO-Pensionsreservefonds. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Pensionsplan und Pensionsfonds der EZB . . . . . . . . . . . . . . . f) Die Pensions- und Pensionsreservefonds der Koordinierten Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Sonstige Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Urlaubsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Jahresurlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Urlaub aus persönlichen Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der Heimaturlaub (Reisen zum Herkunftsort) . . . . . . . . . . . ee) Die Feiertage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Recht auf Beistand und Fortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Schutz der Persönlichkeit, der Würde und des beruflichen Ansehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das Recht auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Vorrechte und Befreiungen (Privilegien und Immunitäten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Der Anspruch auf Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Der Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Das Recht auf Einsicht in die Personalakte. . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Der Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Sonstige Vergünstigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Die kollektiven Rechte der Bediensteten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Personalvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausschüsse für Änderungen des Dienstrechts, für Maßnahmen, die das Personal betreffen und für Fragen allgemeiner Art. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausschüsse für Einstellungs- und Beförderungsverfahren cc) Disziplinarausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Interne Beschwerdeausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die internationalen Gewerkschaften und Berufsverbände . . . . . aa) Die Statuten der internationalen Gewerkschaften . . . . . . . . bb) Vereinbarungen zwischen Internationalen Organisationen und internationalen Gewerkschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

329 329 331 332 332 333 333 334 334 334 335 335 336 337 340 341 341 342 343 343 344 345 347 347 347 348

350 351 351 351 352 353 355

22

Inhaltsverzeichnis II.

Die Pflichten und Pflichtverletzungen (Duties and breach of duties) . . 1. Die Dienstpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Pflicht zur Dienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Pflicht zur Ausführung von Anordnungen (Gehorsamspflicht, Subordination) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Arbeitsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Überstunden, Schichtdienst und Bereitschaftsdienst . . . . . . . . c) Nebenpflichten, die die Dienstleistungspflicht unmittelbar absichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Residenzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Pflicht zur Anzeige von Verletzungen der Privilegien und Immunitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Pflicht zur Übertragung gewerblicher Schutzrechte . . . . dd) Die Pflicht zur Rückzahlung bei Überzahlung. . . . . . . . . . . . . ee) Die Pflicht zur ärztlichen Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die sonstigen Nebenpflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Loyalitätspflicht und die Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Integritätspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Pflicht zur Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Unbestechlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Pflicht zur Verschwiegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die Pflicht zur Meldung schwerwiegender Missstände . . . . . ff) Die Pflicht zur allgemeinen Rechtstreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Die Pflicht zur Achtung der Menschenwürde von Kollegen (Mobbing, sexuelle Belästigung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Exkurs: Die Verhaltenspflichten und die Freiheit der Meinungsäußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Disziplinarrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Disziplinarmaßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abgrenzung zu anderen dienstrechtlichen Maßnahmen. . . . . (1) Maßnahmen ohne Disziplinarcharakter . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verdeckte Disziplinarmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Disziplinarverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftungsrechtliche Folgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

359 359 359 360 361 362 363 363 363 363 363 364 364 365 365 365 367 368 370 371 372 373 373 374 376 376 376 377 378 378 379 380 384

Inhaltsverzeichnis

23

3. Teil Das Rechtsschutzsystem im Dienstrecht der Internationalen Organisationen – Die internationalen Verwaltungsgerichte (The system of legal protection in employment law of International Organisations – International Administrative Tribunals)

385

1. Abschnitt Allgemeines (General) A. Die Pflicht zur Gewährung von Rechtsschutz (The obligation to warrant legal protection) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtsgrundlagen für die Errichtung internationaler Verwaltungsgerichte (Legal basis for the setting up of International Administrative Tribunals) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Gerichtsbarkeit der internationalen Verwaltungsgerichte (The Jurisdiction of the International Administrative Tribunals) . . . . . . . I. Der Grundsatz der beschränkten Gerichtsbarkeit (The Principle of restrictive jurisdiction) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Grenzen der Entscheidungsbefugnis (The limits of adjudicative power) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die gerichtliche Natur der internationalen Verwaltungsgerichte (The judicial nature of International Administrative Tribunals) . . . . . . .

385

385

387 387 387 389 390

2. Abschnitt Die internationalen Verwaltungsgerichte und ihr Gerichtsverfahren (The International Administrative Tribunals and their legal proceedings) A. Die internationalen Verwaltungsgerichte (The international Administrative Tribunals) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einheit in Vielfalt (Unity in diversity) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die wichtigsten internationalen Verwaltungsgerichte und Beschwerdeausschüsse (The most important International Administrative Tribunals and Appeal Boards) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Für mehrere Organisationen zuständige Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (VGIAO) (International Labour Organisation Administrative Tribunal, ILOAT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Verwaltungsgericht der Vereinten Nationen (VGVN) (United Nations Administrative Tribunal, UNAT). . . . . . . . . . . . . c) Der EUGH (das Gericht erster Instanz der EG: EUG und das Gericht für den öffentlichen Dienst der EU: EUGöD) . . . . . . . . .

392

392 392

393 393

393 397 398

24

Inhaltsverzeichnis

B. Die I.

II.

III. IV. V. C. Die I.

II.

d) Das Verwaltungsgericht der Weltbank (VGWB, WBAT) . . . . . . . e) Das Verwaltungsgericht der Organisation Amerikanischer Staaten (VGOAS, OASAT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Für einzelne Internationale Organisationen zuständige Verwaltungsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Verwaltungsgericht des Internationalen Währungsfonds (VGIWF, IMFAT). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Verwaltungsgericht der Asiatischen Entwicklungsbank (VGAE, ADAT). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Verwaltungsgerichte der Koordinierten Organisationen . . . . . 3. Spezialliteratur zu den internationalen Verwaltungsgerichten. . . . . . . Klagebefugnis (The right to file a complaint) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die zur Klage berechtigten Personen (Persons entitled to claim) . . . . . . 1. Bedienstete, Rechtsnachfolger und Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Externe Stellenbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Personen ohne Klagebefugnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Klagebefugnis der Personalvertretungen, der internationalen Gewerkschaften und Berufsverbände (The right to claim by staff representations, international trade unions and staff associations) . . . . . Keine Antragsbefugnis der Organisation (No competence of the organisation to file a complaint) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kompetenz zur Entscheidung über die Klagebefugnis (The competence to decide on actions) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verfahrensbeteiligten (The persons taking part in the proceedings) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulässigkeit der Klage (Receivability of complaint) . . . . . . . . . . . . . . . . Die Voraussetzungen der Zulässigkeit – Allgemeines (Pre-conditions of receivability – Survey) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Formvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Zulässigkeitsprüfung von Amts wegen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Klagearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Kaution. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Voraussetzungen der Zulässigkeit – Einzelheiten (Pre-conditions of receivability – Details) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Vorliegen einer Entscheidung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Entscheidung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die unmittelbare Klage gegen eine Norm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Änderungen und Erweiterungen der Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die wiederholenden Verfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die inzidente Normenkontrolle (Kontrolle der Rechtsgrundlage) . . . 3. Die Ausschöpfung interner Vorverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

399 400 400 400 400 400 401 402 402 402 402 403

403 404 404 404 405 405 405 406 406 406 407 407 407 407 408 409 409 410 410 412

D.

E.

F.

G. H.

Inhaltsverzeichnis

25

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dem internen Beschwerdeverfahren vorgelagerte Verfahren . . . . c) Die internen Beschwerdeverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Nichtausschöpfung des internen Beschwerdeverfahrens . . . . 4. Die Klagefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Vertretung vor Gericht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einstweiliger Rechtsschutz (interim injunction, provisional relief) . . . . Verfahrensfragen (Procedural questions) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Verlauf des Gerichtsverfahrens (Procedure in court). . . . . . . . . . . . . II. Die Beweisaufnahme (Taking evidence) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Klageänderung (Change of claims) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Klagerücknahme (Withdrawal of suit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Klageverbindung (Joinder). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die Streithilfe und amicus curiae (Intervention, amicus curiae). . . . . . . VII. Die Fristverlängerung (Prolongation of deadline) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Urteil (Judgment). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Inhalt (Substance) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Auslegung (Interpretation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Nebenentscheidungen (Supplementary decisions) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Zwischenentscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Kostenentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Verzugszinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Anonymität (Anonymity) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtskraft und Vollstreckung (Res iudicata, enforcement) . . . . . . . . . . . . I. Die formelle Rechtskraft (Res iudicata) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die materielle Rechtskraft (Res iudicata). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Vollstreckung (Execution, enforcement) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rechtsmittel (Rights of appeal) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das anwendbare materielle Recht (Applicable substantive law) . . . . . . . .

412 413 415 418 419 421 422 423 423 424 424 425 425 426 427 427 427 427 428 428 428 429 429 430 430 431 432 432 433

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Internetadressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445

Abkürzungsverzeichnis A Abs. AD AD-Kategorie AEMR ARGrundsatz/ ARGrundsätze Art. AST BS DienstRO EG EG-BS EG-BSB EGMR EGV EMBL EMRK EPA EPO EPO-BS EPO-VO EPÜ ER ER-PS ESA ESO

EU EUG EUGH EUGöD EU-GRC EZMW

Abschnitt Absatz Funktionsgruppe Administration (im EG-BS) Allgemeiner Dienst der VN (General Service Category) Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Allgemeine(r) Rechtsgrundsatz/Rechtsgrundsätze Artikel Funktionsgruppe Assistenz (im EG-BS) Beamtenstatut Dienstrechtsordnung(en) Europäische Gemeinschaft(en) Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäisches Labor für Molekularbiologie (European Molecular Biology Laboratory) Europäische Menschenrechtskonvention Europäisches Patentamt Europäische Patentorganisation Statut der Beamten des Europäischen Patentamts Versorgungsordnung für das Europäische Patentamt Europäisches Patentübereinkommen Europarat Personalstatut der Bediensteten des Europarats (Council of Europe Staff Regulations) Europäische Weltraumorganisation (European Space Agency) Europäische Südsternwarte (Europäische Organisation für die astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre; European Southern Observatory) Europäische Union Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union Europäische Grundrechte-Charta Europäisches Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage

Abkürzungsverzeichnis GG ICSC ILC int. int. VerwGericht(e) I. O. K. O. NATO OECD öff. OPCW PF P-Kategorie PPI PS PV T UBZ UNJSPF VerfO VGAE VGIAO

VGIWF VGOAS

VGVN VGWB VN VN-CS VN-PS VO WEU

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Grundgesetz International Civil Service Commission International Law Commission international Internationale Verwaltungsgerichte Internationale Organisation(en) Koordinierte Organisation(en) Nordatlantikpakt Organisation (North Atlantic Treaty Organization) Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organization for Economic Cooperation and Development) öffentlich Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons) Pensionsfonds Höherer Dienst der VN (Professional and Higher Categories) Protokoll(e) über Privilegien (Vorrechte) und Immunitäten (Befreiungen) Personalstatut Personalvertretung Teil Unterhaltsberechtigtenzulage United Nations Joint Staff Pension Fund (Gemeinsamer Pensionsfonds für das Personal der VN) Verfahrensordnung Verwaltungsgericht der Asiatischen Entwicklungsbank (Asian Development Bank Administrative Tribunal, ADAT) Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (Administrative Tribunal of the International Labour Organization, ILOAT) Verwaltungsgericht des Internationalen Währungsfonds (International Monetary Fund Administrative Tribunal, IMFAT) Verwaltungsgericht der Organisation Amerikanischer Staaten (Administrative Tribunal of the Organisation of American States, OASAT) Verwaltungsgericht der Vereinten Nationen (United Nations Administrative Tribunal, UNAT) Verwaltungsgericht der Weltbank (World Bank Administrative Tribunal, WBAT) Vereinte Nationen Dienstrechtskreis „Common System“ der VN Personalstatut der Bediensteten der VN 100. Serie (Staff Regulations of the United Nations and 100-series of Staff Rules) Versorgungsordnung Westeuropäische Union (Westeuropean Union)

28 WTO WVK WVKiO

Abkürzungsverzeichnis Welthandelsorganisation (World Trade Organisation) Wiener Vertragskonvention Wiener Vertragskonvention zwischen Staaten und I. O. oder zwischen I. O.

Einführung A. Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen (I. O.) – Einheit in Vielfalt (The employment law of international organisations – unity in diversity) Das Dienstrecht aller I. O. bildet keine einheitliche Rechtsordnung. Es ist, wie ihr gesamtes institutionelles Recht, weder Teil einer nationalen Rechtsordnung, noch stellt es ein gemeinsames Rechtssystem dar. Jede I. O. verfügt vielmehr über ein Recht zur Selbstorganisation, das sie zum autonomen Erlass nachrangigen (sekundären) internen Rechts ermächtigt (Ipsen, S. 444: Angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen der I. O. kann nicht von einem geschlossenen „Recht der Internationalen Organisationen“ gesprochen werden). Trotzdem wird von der Rechtsliteratur durchwegs nicht im Plural von den „Rechten“ der I. O. gesprochen (vgl. dazu z. B. die Werke von Amerasinghe, Law Review („The law . . .“ und Seidl-Hohenveldern/Loibl („Das Recht . . .“)). Mit der Verwendung des Singulars soll erkennbar zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich bei dem Recht der I. O. um eine Rechtsmaterie handelt, deren einheitliche Rechtsgrundsätze, Strukturen und Elemente eine zusammenhängende Thematisierung rechtfertigen. Das gilt umso mehr für das Dienstrecht der I. O. Diese, sich aus dem Recht zur Selbstorganisation ableitende Personalhoheit der I. O., stellt im Vergleich zu den anderen institutionellen Bereichen des institutionellen Rechts, wie etwa dem Finanz-, Vergabe- und Organisationsrecht (Schermers/Blokker, § 26 der insgesamt elf Bereiche des institutionellen Rechts der I. O. unterscheidet) eine in besonderem Maße auf Kohärenz angelegte Rechtsmaterie dar. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt darin, dass die int. VerwGerichte die Verfassungsgrundsätze der Mitgliedsstaaten der I. O. sowie die in völkerrechtlichen Übereinkommen und Deklarationen verankerten Menschenrechte und allgemeine Rechtsprinzipien als notwendige Ergänzung des Dienstrechts aller I. O. herangezogen haben. Diese, unter dem Begriff „Allgemeine Rechtsgrundsätze für den internationalen öffentlichen Dienst“ zusammengefassten Prinzipien, überlagern das interne Dienstrecht der I. O. als oberste Wertordnung. Dieser gemeinsame (wenn auch nicht normierte) Katalog von Grundrechten und anderen elementaren Rechtsgrundsätzen ergänzt gleichsam als „Schattenverfassung“ alle DienstRO der I. O. und liefert dadurch den notwendigen Maßstab für deren Auslegung, Lückenfüllung

30

Einführung

und Rechtskontrolle. Der grundsätzlich insulare Charakter des Dienstrechts jeder I. O. wird dadurch aufgebrochen und die DienstRO aller I. O. an gemeinsamen Rechtsgrundsätzen ausgerichtet. Aber auch auf der Normebene des Dienstrechts weisen die Strukturen und konkreten Regelungen der einzelnen I. O. mehr übereinstimmende als trennende Elemente auf. Bei aller Vielfalt der Aufgaben, die von den I. O. zu erfüllen sind, sehen sie sich doch immer wieder vor gleiche oder ähnliche Probleme im Bereich der Beschäftigungsverhältnisse gestellt. Auch auf diesem Gebiet wird dabei das Rad nicht ständig neu erfunden, sondern auf bereits anderweitig vorhandene und bewährte Regelungen zurückgegriffen. Vor der Errichtung einer neuen I. O. machen sich die mit der Ausarbeitung der DienstRO befassten Gremien die existierenden DienstRO funktional vergleichbarer I. O. zunutze. Auch in der operationellen Phase einer I. O. besteht auf zahlreichen Ebenen ein fortwährender Erfahrungsaustausch zwischen den Personalverwaltungen und Rechtsabteilungen anderer I. O. Dies führt vielfach zur Übernahme oder Angleichung bestehender dienstrechtlicher Regelungen. Bei neuen personalrechtlichen Entwicklungen (zu denken ist etwa an die Bereiche des Datenschutzes, der Pflegeversicherung und der Errichtung von Kapitalfonds für die sozialen Sicherungssysteme und der Persönlichkeitsschutz) dienen die von einer I. O. ausgearbeiteten Regelungen vielfach als Vorlage für entsprechende Initiativen bei anderen I. O. Trotz aller Vielfalt in den DienstRO der I. O. lässt sich daher – noch mehr als in den anderen institutionellen Bereichen einer I. O. – von einer Einheit in der Vielfalt des Dienstrechts der I. O. sprechen (siehe insbesondere Schermers/Blokker, §§ 22 ff. und den Untertitel seines Standardwerks: „Unity within diversity“). Dabei ist dieser Begriff nicht als Programmsatz (anders etwa der Leitspruch der EU: „In Vielfalt geeint“ – „Una in diversitate“ oder der Prägespruch des US-Dollars „E pluribus unum“ – aus der Vielfalt zur Einheit) zu verstehen, sondern als Arbeitshypothese für eine vergleichende Studie zum Dienstrecht der I. O.

B. Zielsetzung und Abgrenzung (Objectives and definitions) Das vorliegende Buch will nicht die Reihe der Monographien und Kommentierungen zum Dienstrecht einzelner I. O. durch eine synoptische Darstellung ihrer DienstRO ergänzen. Dies wäre angesichts der Vielzahl I. O. (vgl. näher nachstehend unter 1. Teil, 1. Abschn. D.I) auch ein vergebliches Unterfangen. Die Darstellung verfolgt vielmehr dreierlei Ziele:

Einführung

31

Erstens sollen die typischen Strukturen und Elemente der DienstRO der I. O. an Hand der bestehenden großen Zusammenschlüsse I. O. zu Dienstrechtskreisen analysiert werden. Hierzu dient – pars pro toto – die DienstRO einer repräsentativen I. O. aus jeweils einem dieser Dienstrechtskreise als Referenz. Es sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Regelungen der DienstRO transparent gemacht werden. Angesichts der Fülle des Stoffes können dabei nur die Schwerpunkte des Dienstrechts erörtert werden. Maßstab ist hierbei die Bedeutung für die Rechtspraxis der mit der Anwendung des Dienstrechts befassten Abteilungen und Gremien der I. O. Ein weiterer Zweck der Darstellung liegt in der Systematisierung und Analyse der ARGrundsätze für den int. öff. Dienst, wie sie insbesondere von der Rechtsprechung der großen int. VerwGerichte abgeleitet werden. Letztlich ist es ein Anliegen dieses Buches, nicht nur zu versuchen, einen allgemeinen rechtstheoretischen Beitrag zum Dienstrecht der I. O. zu leisten, sondern die Bedürfnisse der Rechts- und Personalabteilungen I. O. bei der täglichen Anwendung des Dienstrechts in besonderem Maß zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass gewisse Schwerpunkte bei der Rechtsvergleichung der DienstRO gesetzt und neueren Rechtsentwicklungen im Dienstrecht der I. O. ein breiter Raum gewidmet wird.

1. Teil

Die Grundlagen (Basic elements) 1. Abschnitt

Die Internationalen Organisationen (The International Organisations) A. Die Rechtsnatur der Internationalen Organisationen (The legal nature of international organisations) I. O. sind aus der Idee geboren, dass einzelne Staaten gewisse Ziele nicht alleine, sondern nur in engem Zusammenwirken mit anderen Staaten verwirklichen können. Die Errichtung einer I. O. dient ihren Mitgliedsstaaten, insbesondere zur Erreichung wissenschaftlicher, technischer, humanitärer, sozialer und wirtschaftlicher Ziele, die ihre einzelstaatlichen Ressourcen und Möglichkeiten übersteigen. Die Mitgliedsstaaten verzichten dabei auf die Ausübung eines Teils ihrer Hoheitsrechte (Souveränität) und statten die I. O. gemeinsam mit einer, diesen nationalen Hoheitsbereichen funktional entsprechenden Kompetenz aus. Es handelt sich dabei streng genommen nicht um eine „Übertragung“ nationaler Hoheitsrechte (siehe aber Art. 24 GG), sondern um die Schaffung eines eigenen Hoheitsrechts sui generis (Seidl-Hohenveldern/ Loibl, Rdn. 107). Eine einheitliche Definition des Begriffs „Internationale Organisation“ existiert nicht (Schermers/Blokker, § 32: „There is no universally accepted definition of what constitutes an international organisation“). Nicht zuletzt auf Grund der übereinstimmenden Merkmale der großen und bekannten I. O. besteht jedoch weitgehend Einigkeit über die wichtigsten Elemente, die eine I. O. ausmachen. Demnach handelt es sich dabei um einen auf völkerrechtlicher Willensentscheidung beruhenden Zusammenschluss von mindestens zwei Völkerrechtssubjekten (meist Staaten), der als neues Völkerrechtssubjekt die ihm zugewiesenen Aufgaben wahrnimmt und mit mindestens einem Organ ausgestattet ist (siehe im Einzelnen Seidl-Hohenveldern/ Loibl, Rdn. 0106 ff.; Schermers/Blokker, § 58 ff.; Sands/Klein, 1-028;

1. Abschn.: Die Internationalen Organisationen

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Ipsen, § 31, Rdn. 5; YIO, Bd. 2, S. 1620 und die im Jahre 2003 von der ILC beschlossene Definition, vgl. hierzu näher Schermers/Blokker, § 29A). Diese allgemein akzeptierte Beschreibung des Begriffs „Internationale Organisation“ wird auch diesem Buch zugrundegelegt. Vielfach werden I. O. auch als „zwischenstaatliche“ I. O. (inter-governmental organisations – IGO) bezeichnet, um ihre, auf völkerrechtlichen Verträgen beruhende Rechtsgrundlage hervorzuheben und sie von anderen Organisationsformen, insbesondere den nicht-staatlichen I. O. (non-governmental organisations – NGO) abzugrenzen (siehe nachstehend).

B. Die Klassifikationen der Internationalen Organisationen (The classification of international organisations) Je nach dem Zweck einer Untersuchung des Phänotypus „Internationale Organisation“ lassen sich unterschiedliche Klassifikationskriterien anwenden. Sie dienen dazu, mittels Typisierung eine gewisse Ordnung und Transparenz in die Vielzahl der I. O. zu bringen. Am gebräuchlichsten sind dabei die Klassifizierungen nach den räumlichen und sachlichen Wirkungsbereichen oder nach der Art der der I. O. von den Mitgliedsstaaten verliehenen Kompetenzen oder nach den institutionellen Strukturen und Elementen, insbesondere in den finanziellen, personalrechtlichen und organisatorischen Bereichen. Die Klassifizierung nach dem räumlichen Wirkungskreis einer I. O. unterscheidet zwischen den „offenen“ I. O., denen alle interessierten Staaten beitreten können (z. B. die VN) und den „geschlossenen“ Organisationen, die die Mitgliedschaft geographisch beschränken (z. B. die Europäische Gemeinschaft). Nach Art des Aufgabenbereichs kann z. B. zwischen Organisationen der Friedenssicherung, den wirtschaftlichen Organisationen, den Organisationen für Soziales, für Gesundheit und für Verkehr unterschieden werden (siehe die ausführliche Zusammenstellung der I. O. nach ihren Aufgabenbereichen bei Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 2101–4001). Nach der Art der einer I. O. von den Mitgliedsstaaten eingeräumten Hoheitsbefugnisse wird zwischen allgemeinen I. O. und supranationalen I. O. unterschieden (nachstehend unter C.I.). Bei der Klassifizierung von institutionellen Gemeinsamkeiten I. O., d.h. ihren Strukturen und Elementen im Bereich der Finanzen, des Personalwesens und des organisatorischen Aufbaus werden I. O. „Systemen“ oder „Familien“ zugeordnet. Dies gilt etwa für die Organisationen des VN-Systems (der VN-Familie) oder für das EG-System (EG-Familie) (siehe Schermers/ Blokker, § 1691).

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1. Teil: Die Grundlagen

Für die Zwecke dieses Buches bietet sich eine Klassifizierung der I. O. nach ihren institutionellen personalrechtlichen Grundlagen an. Diese Klassifizierung kann als Klassifizierung nach Dienstrechtskreisen bezeichnet werden (siehe näher nachstehend: 1. Teil, 2. Abschn. B.).

C. Abgrenzungen (Definitions) I. Supranationale Organisationen (Supranational organisations) Ist eine I. O. nicht nur befugt, die Mitgliedsstaaten durch eigene Willensentscheidungen zu binden, sondern auch unmittelbare Hoheitsrechte gegenüber den Staatsangehörigen dieser Staaten auszuüben, so spricht man von „supranationalen“ I. O. oder „stärker integrierten“ I. O. (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 0113 ff. und Schermers/Blokker, § 61, der für das Bestehen einer Supranationalität „idealtypisch“ auch noch die Möglichkeit der Vollstreckung ihrer Hoheitsakte und die finanzielle Autonomie als Kriterien anführt). Als Standardbeispiel für eine supranationale I. O. wird gemeinhin auf die Europäischen Gemeinschaften verwiesen (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 0113; Oppermann, S. 274 ff.). Aber auch die EPO (eine autonome I. O. „am Rande der EG“, vgl. Oppermann, S. 133) ist auf Grund der ihr übertragenen Hoheitsrechte zum Erlass europäischer Patente als supranationale I. O. zu qualifizieren (vgl. BVerfG Beschluss vom 4.4.2001, NJW 2001, 2705; Beier/Ohly, Rdn. 2 mit weiteren Nachweisen). Dasselbe muss auch für das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in Alicante („Europäisches Markenamt“) und das Gemeinschaftliche Sortenamt in Angers gelten. Für die weitere Darstellung des Dienstrechts der I. O. ist diese Unterscheidung nur insofern von Bedeutung, als festzustellen ist, dass supranationale I. O. nur zur Übertragung von Daueraufgaben errichtet werden und dementsprechend die Dienstrechtsverhältnisse des Personals dieser I. O. im Regelfall nicht vertraglicher, sondern statutärer Natur (Beamtenstatus) sind. II. Nicht-staatliche Internationale Organisationen (Non-Governmental Organisations, NGO) Nicht-staatliche I. O. (NGO) unterscheiden sich von den zwischenstaatlichen I. O. (IGO) in erster Linie dadurch, dass sie keine hoheitlichen Befugnisse besitzen und ihre Rechtsgrundlage nicht im Völkerrecht, sondern im nationalen Recht wurzelt. Demnach ist es nicht allzu schwer, zwischen-

1. Abschn.: Die Internationalen Organisationen

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staatliche I. O. von nicht-staatlichen I. O. zu unterscheiden (Schermers/Blokker, § 47). Andererseits erweist es sich als schwierig, nicht-staatliche I. O. zu identifizieren, weil eine klare Definition dafür fehlt (Schermers/Blokker, § 47). So geht das YIO für seine statistischen Zwecke von nicht weniger als sieben Merkmalen der nicht-staatlichen I. O. aus (YIO, Bd. 2, S. 620). Einigkeit besteht jedenfalls noch insoweit, dass gewinnorientierte I. O., wie insbesondere int. tätige Wirtschaftsunternehmen und Investmentfonds nicht hierunter fallen (vgl. YIO, Bd. 2, S. 1620 und die ECOSOC-Kriterien für die Anerkennung als NGO; siehe hierzu im VN-Internetportal ECOSOC). Dieses Kriterium gilt im Übrigen auch für die IGO und wird dort aber als allgemeiner (auch innerstaatlicher) Haushaltsgrundsatz in der Regel nicht näher thematisiert, weil die Mitgliedsstaaten der I. O. die Höhe der Beiträge zum Haushalt so bemessen, dass die Einnahmen- und Ausgabenseite des Haushalts zahlenmäßig übereinstimmt (Grundsatz des Haushaltsausgleichs, vgl. z. B. Art. 268 Abs. 3 EGV). Lediglich den Dienstleistungsorganisationen, wie der EPO, dem Europäischen Markenamt und dem Gemeinschaftlichen Sortenamt, die die Höhe ihrer Gebühren selbst festlegen, musste die Erzielung von Gewinnen und die Verteilung von Überschüssen untersagt werden (vgl. Art. 40 Abs. 1 EPÜ und Schäfers in Benkard, EPÜ, Kommentar, 2002, Art. 40, Rdn. 2). Das YIO (Bd. 2, S. 1623) kommt auf die Zahl von 6.584 NGO, die auf vertraglicher Grundlage beruhen und auf ca. 25.000 insgesamt aktive NGO (zu einigen bekannten Beispielen für NGO siehe Sands/Klein, 2-074). Vielfach kooperieren diese I. O. mit IGO bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. So hatten im Jahr 2007 bei den VN-ECOSOC 3.051 NGO Beraterstatus. In zahlreichen Fällen sind auch NGO in IGO umgewandelt worden, so z. B. die Weltorganisation für Tourismus, die 1974 in eine IGO und 2003 in eine Sonderorganisation der VN transformiert wurde (zu weiteren Beispielen vgl. Schermers/Blokker, § 47). Dieses Buch behandelt ausschließlich I. O., die dem Bereich der IGO zugeordnet sind.

D. Die Zahl und die Personalstärke der Internationalen Organisationen (Number of international organisations and their staff) I. Die Zahl der Internationalen Organisationen (The number of international organisations) Im Gegensatz zur Zahl der Staaten lässt sich die Zahl der I. O. nur annäherungsweise ermitteln, da, wie bereits oben dargelegt, eine Registrie-

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1. Teil: Die Grundlagen

rungsmöglichkeit nicht besteht (siehe im Vergleich dazu etwa die Möglichkeit zur Registrierung völkerrechtlicher Verträge nach Art. 102 VN-Charta). Die größte statistische Datenquelle über I. O. liefert das „Yearbook of International Organizations“ (YIO), das in Zusammenarbeit mit den VN von der Union of International Associations herausgegeben wird. Es enthält unter anderem Statistiken zur Zahl der I. O., deren Mitgliedsstaaten und den Sitzstaaten. Das YIO geht für seine statistischen Zwecke von einer praktikablen einfachen Definition zwischenstaatlicher I. O. aus. Demnach ist eine I. O.: eine Einrichtung, die durch Vertrag errichtet wurde und Verpflichtungen für Staaten begründet (YIO, Bd. 2, S. 1620: „. . . signature of an agreement engendering obligations between governments . . .“). Nach dieser „klassischen“ Definition I. O. existierten (2004) 238 zwischenstaatliche I. O., darunter eine Konföderation, 34 universelle, 32 interkontinentale und 171 regionale I. O. (YIO, Bd. 2, S. 1623). Daneben bestanden noch 1.596 andere zwischenstaatliche Einrichtungen, wie z. B. von Organisationen abgeleitete Einrichtungen, regionale Organisationen oder besonders strukturierte Organisationen wie etwa Banken, Fonds oder Stiftungen, die jedenfalls teilweise unter die in der Literatur vertretenen Definition der zwischenstaatlichen Organisationen fallen. Realistische Schätzungen in der Literatur liegen daher etwa in der Mitte zwischen dem strengen Maßstab der „klassischen“ I. O. und dem groben Raster der Statistik des YIO. Demnach dürfte die Zahl der zwischenstaatlichen I. O. insgesamt etwa zwischen 500 und 1.000 liegen (vgl. Amerasinghe, Law Review 2004, S. 10, Fußn. 2 schätzt die Zahl auf 500 bis möglicherweise unter 700; Schermers/Blokker, § 33, kommen auf 500 bis 700 und Bekker, S. 4, kommt auf mehr als 350 I. O.). Im Übrigen verzeichnet die Statistik des letzten Jahrzehnts keinen Anstieg der Zahl der zur Kerngruppe zu zählenden I. O. So bestanden 1997/1998 sogar mehr, nämlich 258 zwischenstaatliche I. O. und 1513 andere Gremien (zu den Gründen für dieses Phänomen siehe Schermers, Law Review, S. 7).

II. Die Personalstärke der Internationalen Organisationen (The number of staff in international organisations) Bei der Ermittlung der Zahl der int. Bediensteten kommt neben der Unsicherheit über die Zahl der I. O. als weitere Schwierigkeit das Fehlen einer klaren Definition des Begriffs „Bediensteter“ hinzu. Häufig enthalten die statistischen Angaben über I. O. nämlich nur die Zahl der Bediensteten auf Dauerplanstellen (Beamte, Bedienstete auf Dauer), nicht jedoch die auf befristeten Stellen als Manager, Hilfskräfte, Sonderberater tätigen Bediensteten. Aber selbst bei Dauerplanstellen ist unsicher, ob es sich im Sinne des Haushaltsplans um freie oder besetzte Stellen handelt. Mit diesen Vorbehal-

1. Abschn.: Die Internationalen Organisationen

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ten ergibt sich auf der Grundlage umfangreicher statistischer Quellen (YIO; EG Haushaltsplan; VGIAO Statistik; Statistik der ICSC; sowie der Internetportale der entsprechenden I. O.) im Jahre 2005 folgendes grobe Bild. Die VN, einschließlich aller 17 Sonderorganisationen und sonstigen Einrichtungen beschäftigen ca. 65.000 Bedienstete. Die EG, einschließlich aller Organisationen der sogenannten ersten, zweiten und dritten Generation (Schwartz, Rdn. 217), beschäftigten (2007) ca. 44.000 Bedienstete. Setzt man für die verbleibenden ca. 200 klassischen I. O. im Durchschnitt 200 Bedienstete an (die Bandbreite reicht von einigen wenigen über 1.000 Bediensteten bis zu zahlreichen I. O. mit unter 100 Bediensteten), so ergibt sich eine weitere Zahl von 40.000 Bediensteten. Für die restlichen ca. 500 I. O. (vgl. vorstehend unter I.) wird man eher eine kleinere Durchschnittszahl an Bediensteten (im Durchschnitt etwa 100 Bedienstete) annehmen können, so dass man hier von etwa 50.000 Bediensteten ausgehen kann. Insgesamt dürfte die Zahl der int. Bediensteten (im status activus) bei zwischenstaatlichen I. O. daher über 200.000 liegen (zur Personalstärke einzelner I. O. siehe nachstehend unter 1. Teil, 2. Abschn. B. III.).

2. Abschnitt

Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen (The employment law of the international organisations) A. Die rechtlichen Grundlagen des Dienstrechts Internationaler Organisationen (Legal principles of the employment law of the international organisations) • Organisationsgewalt und Personalhoheit I. O. vermögen die ihnen von den Mitgliedsstaaten übertragenen Aufgaben nur dann sachgerecht zu erfüllen, wenn sie der äußeren Einflussnahme durch einzelne Mitgliedsstaaten entzogen sind. Die autonome Verwirklichung des Organisationszwecks bedingt daher zugleich das Recht zur Selbstorganisation. Diese Organisationsgewalt, die heute als Völkergewohnheitsrecht anerkannt ist (Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 13 EPÜ) konkretisiert sich regelmäßig in der primärrechtlichen Zuweisung eigener Regelungsund interner Rechtsetzungsbefugnisse. Die Befugnis erstreckt sich grundsätzlich auf den gesamten internen Rechtsbereich der I. O. mit Schwerpunkten im Bereich der Finanzierung, der institutionellen Strukturierung und der Ausgestaltung des Personalrechts der I. O. Abgrenzungsprobleme können sich ergeben, wenn eine Regelungsmaterie teilweise den organisationsinternen und teilweise dem nationalen Hoheitsbereich zuzuordnen ist. Derartige Schnittstellen treten zum Beispiel im Vergaberecht oder im Datenschutzrecht I. O. auf (siehe Ullrich, Data protection, Datenschutz, Vergabe). So regeln I. O. zwar ihr Vergaberecht autonom, soweit es die interne Phase betrifft. Mit der sogenannten Vorab-Information, spätestens aber mit der Ausschreibung betreten sie die nationale Rechtssphäre. Sie unterliegen damit der jeweiligen nationalen Rechtsordnung, auch wenn diese wegen ihrer Immunität nicht zwangsweise durchsetzbar ist (Immunität von der Gerichtsbarkeit ist kein Privileg, das die I. O. von ihrer Pflicht aus der nationalen Rechtsordnung freistellt, siehe Schermers, § 1612). Ähnliche Überschneidungen können im Recht des Datenschutzes bei I. O. auftreten, soweit interne Daten von der I. O. nach außen oder Daten von organisationsfremden Personen intern gespeichert oder verarbeitet werden.

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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Soweit sich aus dem Gründungsübereinkommen keine ausdrücklichen Rechtssetzungs- oder Gestaltungsbefugnisse für die interne Rechtsordnung ableiten lassen, kann auf die allgemeine Organisationsgewalt zurückgegriffen werden (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 0921 ff.), falls dem nicht einschränkende Bestimmungen im Primär- oder Sekundärrecht der I. O. entgegenstehen. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass das institutionelle Gleichgewicht der I. O. nicht beeinträchtigt werden darf (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1404 ff. und EUGH 9-56 „Meroni-Fälle“). So hat die etwa die EPO 1991 beschlossen, das Versorgungssystem für ihre Bediensteten durch die Schaffung eines Pensionsreservefonds (In Kraft getreten am 1.1.1992) langfristig abzusichern und für „Generationengerechtigkeit“ zu sorgen (Ullrich, Versorgungssysteme, Pension Schemes, VGIAO Nr. 1392). Mangels einer ausdrücklichen Kompetenz im Primärrecht (EPÜ) wurde der Pensionsreservefonds als neues Hilfsorgan der EPO unter Berufung auf die allgemeine Organisationsgewalt geschaffen und erst durch Art. 38b EPÜ eine ausdrückliche Rechtsgrundlage in das Primärrecht eingefügt. Ebenso wurde das VGVN durch die Generalversammlung der VN auf Grund der Organisationsgewalt errichtet und die Rechtmäßigkeit durch den IGH bestätigt (ausführlich hierzu und zu den ungeschriebenen Kompetenzen I. O., siehe Priess, S. 89 ff.). Die Organisationsgewalt sichert nicht nur die Funktionsfähigkeit der I. O. als Ganzes, sondern auch den Geschäftsbetrieb der einzelnen Organe und Geschäftsbereiche einer I. O. im Rahmen der jeweilig zugewiesenen Kompetenz (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1523). Die Gestaltungsmaßnahmen und Rechtssetzungsbefugnisse auf der Grundlage ihrer Organisationsgewalt sind dem völkerrechtlichen Wirkungsbereich einer I. O. zuzurechnen. Im Gegensatz dazu handeln I. O. nach nationalem Recht, wenn sie etwa Beschaffungsverträge abschließen oder außervertragliche Haftungstatbestände verwirklichen (Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 9 EPÜ; Kunz-Hallstein, NJW 1992, 3069 ff.). Der interne Regelungsbereich I. O. ist der Sache nach („ratione materiae“) nationalstaatlicher Hoheitsgewalt entzogen (zur Abgrenzung zwischen fehlender Sachkompetenz und der der I. O. außerdem „ratione personae“ zustehenden Immunität, siehe Wenckstern, Rdn. 993 ff.). Die Personalhoheit I. O., d.h. das Recht, die Dienstverhältnisse mit ihrem Personal eigenständig und unabhängig vom nationalen Arbeitsrecht der Mitgliedsstaaten, insbesondere der Sitzstaaten, durch internes Dienstrecht (Verwaltungsrecht) und dem Abschluss dienstrechtlicher Verträge zu regeln, bildet einen Kernbereich der Organisationsgewalt I. O. (Schermers/Blokker, § 491, bezeichnen ihn treffend als das Rückgrat („backbone“) jeder I. O.). Die unterschiedlichen Aufgaben und Befugnisse I. O. im Primärrecht bedingen nicht nur eine nach außen gerichtete Vielfalt der Aktivitäten I. O., sie entfalten ihre Wirkung auch im gesamten internen Sekundärrecht.

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1. Teil: Die Grundlagen

Der autonome interne Regelungsbereich I. O. orientiert sich an der Gesamtzielsetzung der I. O. Personalhoheit, Finanzhoheit und Organisationsstruktur I. O. werden weitgehend so ausgestaltet, dass sie eine optimale Verwirklichung der von den Mitgliedsstaaten angestrebten Ziele der I. O. ermöglichen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass dem Interessenausgleich im Dienstrecht eine gewisse Regelhaftigkeit innewohnt (WBAT Nr. 1; Sands/Klein, 1-030). Auch im Bereich des normierten Dienstrechts kann daher von einer Einheit in der Vielfalt gesprochen werden. So haben beispielsweise alle I. O. eine möglichst gleichmäßige geographische Rekrutierung ihrer Bediensteten aus allen Mitgliedsstaaten sicherzustellen, die Amtspflichten der Bediensteten sowie ihre Privilegien und Immunitäten müssen so ausgestaltet werden, dass sie nationalstaatliche Einflüsse, insbesondere solche des Sitzstaats, weitgehend ausschließen, die dienstrechtlichen Regelungen sind so attraktiv zu gestalten, dass möglichst hochqualifizierte Mitarbeiter aus allen Vertragsstaaten zu einem Auslandseinsatz bereit sind und den Bediensteten muss ein umfassender Rechtsschutz gegen die Anstellungsorganisation garantiert werden. Jede I. O. wird daher bei der Wahrnehmung der aus der Personalhoheit resultierenden Rechtssetzungsbefugnisse mit einem Bündel gleichartiger Probleme konfrontiert, zu deren Lösung sich weitgehend ähnliche Strukturen und Elemente des Dienstrechts anbieten. Diese Tendenz zu einer gewissen Typisierung des Dienstrechts (vgl. Hahn, JöR 1973, 359) verwirklicht sich in verschiedenen Phasen und auf vielfältige Weise. • Der Entwurf des Dienstrechts vor der Gründung der Internationalen Organisation – die Ausarbeitung des dienstlichen Sekundärrechts vor Inkrafttreten des Primärrechts In der Regel werden die DienstRO im Vorfeld der Errichtung der I. O. von Interimsausschüssen und Arbeitsgruppen entworfen. Diese erfinden nicht das Rad neu, sondern beginnen häufig mit synoptischen Darstellungen bereits vorhandener PS funktional vergleichbarer I. O. (so wurde z. B. bei der Errichtung der EPO von der Arbeitsgruppe IV des Interimsausschusses das Dienstrecht des Int. Patentinstituts, der Europäischen Gemeinschaft und des int. öff. Dienstes zum Vergleich herangezogen (siehe zu den Materialien Singer/Geuß). • Die Anpassung und Weiterentwicklung des sekundären Dienstrechts der Internationalen Organisationen Auch die PS der I. O. unterliegen einem fortlaufenden Änderungsprozess. Dieser wird maßgeblich durch die Existenz zahlreicher formeller und infor-

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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meller Kontakte (Arbeitsgruppen und Gesprächsforen; siehe Schermers/ Blokker, § 507) beeinflusst, die zumeist informell zwischen den Personalverwaltungen und Justitiariaten der I. O. bestehen. Vielfach werden hierbei auch Regelungen für neue Bereiche des Dienstrechts übernommen oder inhaltlich abgestimmt. Hilfreich sind hierbei auch die modernen Kommunikationsmittel und Speichermedien (Datenbanken). Als Beispiele sind etwa zu nennen: der Datenschutz für Bedienstete, besondere Rechtsschutzverfahren für die Achtung der Menschenwürde der Bediensteten (Mobbing, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, schikanöse Behandlung etc), Ergonomierichtlinien bei Bildschirmarbeitsplätzen, Regelungen über Familienzulagen für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, Regelungen über die Benutzung des Internets im Dienst für private Zwecke, die Absicherung der Versorgung durch Pensionskassen, Pensionsfonds und Pensionsreservefonds u.v.a. • Die Rechtsprechung der großen internationalen Verwaltungsgerichte Von wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung des Dienstrechts ist naturgemäß die Rechtsprechung der int. VerwGerichte. Zwar betonen diese in ständiger Rechtsprechung die Autonomie der DienstRO der jeweiligen I. O., die eine Berufung auf parallele personalrechtliche Regelungen anderer I. O. grundsätzlich ausschließe. Trotzdem bildet ihre Rechtsprechung zu den Menschen- und Grundrechten sowie den sonstigen ARGrundsätzen eine gemeinsame Klammer für das gesamte Dienstrecht aller I. O. Wie insbesondere die Rechtsprechung des VGIAO zeigt, werden diese ARGrundsätze auf alle der Zuständigkeit des Gerichts unterworfenen I. O., d.h. ohne Berücksichtigung ihrer Zugehörigkeit zu einem bestimmten Dienstrechtskreis (siehe hierzu nachstehend) in gleicher Weise angewandt. Insgesamt lässt sich heute feststellen, dass die Regelungen des internen Dienstrechts der meisten I. O., auch über die einzelnen Dienstrechtskreise hinweg, eine zunehmende strukturelle Gleichartigkeit und Typizität aufweisen. Unter dem Einfluss fortschreitender Vernetzung der Datenbanken der großen int. VerwGerichte, durch den Aufbau organisationsinterner Datenbanken zum Dienstrecht und zur dienstrechtlichen Praxis sowie auf Grund leichter Verfügbarkeit personalrechtlicher Vorschriften auf modernen Speichermedien ist mit einer weiteren Vereinheitlichung des Dienstrechts zu rechnen. Trotz aller Verschiedenartigkeit im Detail wachsen die verbindenden Gemeinsamkeiten in den grundsätzlichen Regelungen der internen DienstRO. Die Personalhoheit der I. O. bedeutet heute nicht mehr in erster Linie Isolation vom Dienstrecht anderer I. O., sondern will in erster Linie nur die Unabhängigkeit von den nationalen Vorschriften der einzelnen Mitgliedsstaaten garantieren. Die gemeinsamen Grundsätze und Werte im

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1. Teil: Die Grundlagen

Dienstrecht I. O., wie sie von den int. VerwGerichten fortlaufend entwickelt werden, bilden eine immer stärkere Klammer zwischen den Personalvorschriften der einzelnen I. O. Es erscheint daher heute als gerechtfertigt – zumindest im Ansatz – von einem „Dienstrecht der I. O.“ zu sprechen.

B. Die Klassifizierung des Dienstrechts der Internationalen Organisationen (Die vier großen Rechtskreise des internationalen Dienstrechts als pars pro toto) (The classification of the four large employment systems of international organisations as pars pro toto) Von den verschiedenen Klassifikationsmöglichkeiten der I. O. (siehe vorstehend 1. Teil, 1. Abschn. B.) bietet sich für den Zweck der vorliegenden Darstellung des Dienstrechts der I. O. diejenige nach Dienstrechtskreisen an. Sie erlaubt nicht nur eine bessere Systematisierung, sondern ermöglicht erst die Bewältigung der Fülle des Stoffes durch die Beschränkung der Darstellung auf jeweils eine repräsentative I. O. des jeweiligen Dienstrechtskreises. Andernfalls würde die Darstellung dieses Rechtsgebiets nach der treffenden Bemerkung von Hahn (JöR 1973, 359, Fußn. 2) wohl zur „Lebensaufgabe“ werden. Eine derartige Klassifizierung des Dienstrechts der I. O. führt zur Unterscheidung folgender Dienstrechtskreise, wobei die ersten drei weitgehend homogene Regelungen aufweisen, der vierte (heterogene) Dienstrechtskreis dagegen alle übrigen I. O. umfasst, deren DienstRO grundsätzlich nicht aufeinander abgestimmt sind: – der Rechtskreis der Organisationen der VN, die dem „common-system“ angehören (VN-CS); – der Rechtskreis der EG-Organisationen und Institutionen, die weitgehend demselben Dienstrecht unterliegen; – der Dienstrechtskreis der K. O.; – der Rechtskreis der I. O., die über ein eigenständiges Dienstrecht verfügen. Im Folgenden werden diese Dienstrechtskreise näher dargestellt.

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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I. Die weitgehend homogenen Dienstrechtskreise (The mainly homogeneous employment systems) 1. Der Dienstrechtskreis des „Common-System“ der Vereinten Nationen (VN-CS)

Mit Gründung der Kommission für den int. öff. Dienst (International Civil Service Commission – ICSC) durch die Vollversammlung der VN am 18.12.1974 (Resolution 3357(XXIX)) wurde für die bis dahin zersplitterte Rechtslage eine Kooperation der VN mit ihren Sonderorganisationen und anderer Einrichtungen auf formeller Rechtsgrundlage geschaffen (zur geschichtlichen Entwicklung vgl. Göttelmann, Rdn. 63 ff. und das Internetportal der ICSC). Nach Art. 9 seines Statuts ist die ICSC damit beauftragt, auf der Grundlage der Vereinbarungen zwischen den VN und den anderen Einrichtungen gemeinsame dienstrechtliche Standards auszuarbeiten und der VN-Generalversammlung Empfehlungen zu den Grundsätzen der Beschäftigungsbedingungen der Bediensteten einschließlich der Gehälter und Zulagen abzugeben. Diesem „Common-System“ der VN (United Nations common system of salaries, allowances and other conditions of service) gehörten 2008 die VN, 13 Sonderorganisation der VN, 8 Programme und Dienste der VN und die IAEA an (Einzelheiten nachstehend unter III.1.). Der Kreis der zu diesem System zählenden I. O. ist nicht identisch mit dem sog. „System der VN“ (siehe Goossen). Dieser rechtlich etwas diffuse Begriff umfasst neben den VN und ihren 17 Sonderorganisationen noch zahlreiche Gremien, Programme, Fonds, Institute, Kommissionen, Einrichtungen und kooperierende I. O. (siehe das Organigramm des Systems der VN veröffentlich in deutscher Übersetzung vom Regionalen Informationszentrum der VN für Westeuropa – UNRIC Internetportal). In der nachfolgenden Darstellung wird mangels einer einheitlichen DienstRO für das VN-CS auf das Personalstatut der Vereinten Nationen (VN-PS) Bezug genommen, das in den wesentlichen Regelungen als Prototyp für das Dienstrecht des VN-CS gelten kann. Es ist über das Internet verfügbar (siehe im Internet-Verzeichnis). 2. Der Dienstrechtskreis der Europäischen Gemeinschaften

Die DienstRO der EG (Beamtenstatut und Beschäftigungsbedingungen für sonstige Bedienstete) gilt grundsätzlich (Ausnahmen bestehen z. B. in der Gehaltsstruktur) für das gesamte Personal aller Anstellungsbehörden der EG (Parlament, Rat, Kommission, Gerichtshof, Rechnungshof, Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss, Ausschuss der Regionen, Europäischer Bürgerbeauftragter, Europäischer Datenschutzbeauftragter u. a.). Sie gilt au-

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1. Teil: Die Grundlagen

ßerdem für alle Einrichtungen der EG in den Agenturen, Zentren, Stiftungen, Ämter und Beobachtungsstellen, die in ihren Gründungsakten in der Regel ausdrücklich auf das EG-BS verweisen (siehe näher im Internetportal der EG unter „Institutionen der EU und andere Organe“ sowie bei Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 6 ff.; Kalbe, Rdn. 216 ff.). Lediglich die EZB und die EIB haben etwas abweichende, ihrer besonderen Struktur als Finanzorganisation entsprechende PS erlassen, die gerichtliche Zuständigkeit liegt jedoch ebenfalls beim EUGH (vgl. die ähnliche Sonderrolle der Weltbank und des Int. Währungsfonds, die nicht dem VN-CS angehören und zusätzlich eigene int. VerwGerichte errichtet haben). Insgesamt handelt es sich beim Dienstrecht der EG-Organisationen und Einrichtungen um einen äußerst homogenen Dienstrechtskreis, auch wenn z. B. in der Gehaltsstruktur und im nachrangigen Dienstrecht bei den Durchführungsvorschriften durchaus Spielraum für unterschiedliche Regelungen besteht. Das EG-Beamtenstatut (EG-BS) dient als Referenzstatut für die nachfolgende Darstellung, es ist über mehrere Internetportale verfügbar (siehe im Internet-Verzeichnis). 3. Der Dienstrechtskreis der Koordinierten Organisationen

Auf Druck der Mitgliedsstaaten haben die Verwaltungsräte von sechs in Europa beheimateten I. O. (ER, ESA, OECD, NATO, WEU, EZMW) 1958 ein Abkommen betreffend das System der Koordination (Regulations concerning the Coordination System) unterzeichnet (siehe näher Fürst/Weber). Gegenstand dieses Abkommen ist es, den Entscheidungsgremien der Mitgliedsorganisationen Empfehlungen zu den Gehaltstabellen, der Gehaltsanpassungsmethode, zur VO und zu allen Zulagen, sowie zu deren Höhe und Anpassung auszuarbeiten (Art. 1a des Abkommens). Dies geschieht durch den Koordinierungsausschuss für Gehälter (Co-ordination Committee on Renumeration – CCR). Außerdem kann jedes Entscheidungsgremium der genannten I. O. dem CCR alle Gehaltsfragen mit erheblichen haushaltsmäßigen Konsequenzen vorlegen (Art. 1c des Abkommens). Obwohl sich das System der Koordination ausdrücklich nur auf die finanziellen Aspekte der DienstRO und auf die Vorschriften der Versorgungsordnungen erstreckt, strahlt seine koordinierende Wirkung auch auf die anderen Regelungen des Dienstrechts aus. Verstärkt wird dieser Koordinierungseffekt noch durch die fortlaufend engen persönlichen und institutionellen Kontakte unter den für das Dienstrecht zuständigen Personen und Gremien. Für die Zwecke der nachfolgenden Darstellung dient das Personalstatut des Europarats (ER-PS) als Referenz-DienstRO. Entscheidend hierfür ist die Verfügbarkeit des Personalstatuts über das Internetportal des ER (siehe im Internet-Verzeichnis).

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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4. Der heterogene Dienstrechtskreis der eigenständigen Internationalen Organisationen

Neben den drei genannten weitgehend homogenen Dienstrechtskreisen der I. O. bestehen zahlreiche, insbesondere personalschwächere I. O., deren Dienstrecht in der Regel keine formelle Bindung an das Dienstrecht anderer I. O. aufweist. Sie sind rechtlich weder zur Übernahme von Vorschriften der DienstRO anderer I. O. noch zu einer Koordinierung verpflichtet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die DienstRO dieser I. O. als erratische Blöcke mit isolierten Strukturen und Regelungen bestehen. Wie vorstehend bereits dargestellt, erfinden die Mitgliedsstaaten bei der Gründung einer I. O. keine völlig neuen DienstRO, sondern übernehmen zum größten Teil die dienstrechtlichen Regelungen funktionell vergleichbarer I. O. So folgen z. B. CERN, EMBL und ESO weitgehend den PS der K. O. und die DienstRO der OPCW, der Weltbank und des IWF orientieren sich am Dienstrecht der VN. Als Referenzorganisation für diesen Dienstrechtskreis dient in erster Linie die EPO. Nach ihrer Personalstärke (im Jahre 2007 ca. 7.000 Bedienstete) steht sie an vierter Stelle unter den I. O. Lediglich die VN, die EG und die Weltbank weisen eine größere Zahl an Bediensteten auf. Allerdings ist die DienstRO (das Beamtenstatut und die VO der EPO), ebenso wie die der meisten anderen I. O. dieses Dienstrechtskreises, nicht veröffentlicht und daher auch nicht über das Internet zugänglich. Die Darstellung von Elementen des EPO-BS und der EPO-VO muss sich daher auf die die EPO betreffenden Urteile des VGIAO sowie die in Kommentierungen und Monographien zu Teilen der DienstRO der EPO beschränken (siehe das Literaturverzeichnis). Diese Einschränkung wird allerdings zu einem erheblichen Teil durch die sehr hohe Zahl an Urteilen des VGIAO zum EPO Dienstrecht ausgeglichen. Anfang 2008 betrafen von ca. 2.800 Urteilen dieses Gerichts mehr als ein Viertel die EPO. Außerdem ist die EPO auch deshalb von besonderem Interesse, weil ihr BS zum größten Teil nahezu wörtlich vom EG-BS und die VO nahezu mit derjenigen der K. O. identisch ist (vgl. die umfangreiche Rechtsprechung des VGIAO zum EPO-BS und zur EPO-VO; siehe auch Schreiben des BMF vom 3.8.1998, 1998-08-03 IV C6-S 1311-97/98, Ziffer 9: Das EPO Versorgungssystem entspricht in vollem Umfang demjenigen der K. O.). Das VGIAO, als das für die EPO zuständige int. VerwGericht, hatte daher Gelegenheit, vielfach zu gleichen Vorschriften im EPO-BS Stellung zu nehmen, wie der EUGH. Vereinzelt werden auch andere I. O. dieses Rechtskreises zu Teilaspekten des Dienstrechts herangezogen, so etwa CERN, ESO, Eurocontrol und die OPCW. Die EZB und Eurocontrol haben ihr Dienstrechtssystem weitgehend am EG-BS ausgerichtet. Auch hybride Dienstrechtssysteme wie etwa das der EPO (siehe vorstehend) existieren.

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1. Teil: Die Grundlagen

II. Die Einheit des Dienstrechts der Internationalen Organisationen (The unity of the employment systems of international organisations) Trotz der vorstehend skizzierten Klassifizierung der Dienstrechtskreise der I. O. stehen – wie bereits erwähnt – diese Rechtssysteme nicht isoliert nebeneinander, sondern weisen zahlreiche Übereinstimmungen in den Grundstrukturen und auch in den einzelnen Elementen des Dienstrechts auf. Insgesamt lässt sich feststellen, dass das Verbindende weit größer ist als das Trennende (Schermers/Blokker, § 540: „The law governing international officials does not substantially differ from one international organization to the other“; vgl. demgegenüber Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1512: „Ein ‚gemeinsames Recht der Internationalen Organisationen‘ gibt es bis heute nur in schüchternen Ansätzen auf dem Gebiet der Privilegien und Immunitäten“). Die Gründe hierfür sind vielfältig. Wie bereits vorstehend festgestellt, beginnt diese Rechtsangleichung bereits in der Gründungsphase einer I. O. und setzt sich in der operationellen Phase fort. So diente z. B. das Statut des Pensionsreservefonds der EPO von 1993 den K. O. als Vorlage für die Schaffung vergleichbarer Einrichtungen (siehe dazu den am 1.1.2003 errichteten Pensionsreservefonds des Europarats; siehe 2. Teil, 3. Abschn. C.I.8.f)). Der Erlass vergleichbarer dienstrechtlicher Vorschriften einer anderen I. O. bietet sich an, wenn sich die Mitgliedsstaaten dort bereits auf eine Kompromisslinie geeinigt haben. Einen besonders wichtigen Beitrag für die zunehmende Harmonisierung des Dienstrechts der I. O. leisten die int. VerwGerichte. Zwar bildet das normierte Dienstrecht jeder I. O. eine spezifische Rechtsquelle des Völkerrechts, die ihre Wirkung nur für die jeweilige I. O. und ihre Mitgliedsstaaten entfaltet (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1504: „Partikuläres Völkerrecht“). Diese Rechtsquelle ist jedoch weit weniger ergiebig als das in den traditionellen nationalen Rechtsordnungen wesentlich umfassender normierte Dienstrecht. Es fehlt insbesondere auch die Ausrichtung an einem übergeordneten verfassungsrechtlichen Wertesystem. Die DienstRO der I. O. enthalten weder umfassende Grund- und Menschenrechtskataloge, noch sonstige ARGrundsätze, sondern allenfalls vereinzelte normierte ARGrundsätze (siehe näher nachstehend 2. Teil, 2. Abschn.). Es ist eine der Hauptaufgaben der int. VerwGerichte im Rahmen ihrer Rechtskontrolle diese Regelungslücke zu schließen. Sie wirken sowohl über die gemeinsamen Auslegungsmethoden, vor allem aber über den Prüfungsmaßstab der ARGrundsätze für den int. öff. Dienst auf die DienstRO der I. O. ein. Im Falle des VGIAO gilt dies auf Grund seiner umfassenden Gerichtsbarkeit nicht nur für den größten Teil der VN-Organisationen des Common-Systems, sondern überwiegend auch für I. O. des autonomen (heterogenen) Dienstrechtskreises. In der Praxis geht das Gericht dabei von der Geltung identi-

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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scher ARGrundsätze für alle seiner Gerichtsbarkeit unterliegenden I. O. aus. Die rechtsdogmatische Beschränkung dieser ARGrundsätze auf die gemeinsamen Rechtsgrundsätze der Mitgliedsstaaten der jeweiligen I. O. (vgl. Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1515: „Im Zweifelsfall sind darunter [Anmerkung: unter den ARGrundsätzen] lediglich die Rechtsgrundsätze zu verstehen, die den Mitgliedstaaten der betreffenden Organisation gemeinsam sind“ und Rdn. 1613: „In weltweiten Internationalen Organisationen wird der Kreis der den Mitgliedern gemeinsamen Rechtsgrundsätze, auf die zur Auslegung zurückgegriffen werden kann, relativ gering sein“) spielen in der Rechtsprechung des VGIAO keine Rolle. Die ARGrundsätze des int. öff. Dienstes dienen dem Gericht als identischer Prüfungsmaßstab bei allen Urteilen, unabhängig vom Kreis der Mitgliedsstaaten einer I. O. oder deren Zugehörigkeit zum einem der genannten Dienstrechtskreise. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die DienstRO der I. O. heute bereits ein so großes Maß an Gemeinsamkeit der allgemeinen Grundstrukturen und zum Teil auch konkreter Regelungen aufweisen, dass es gerechtfertigt erscheint, trotz aller Vielfalt im Einzelnen, von einer weitgehend einheitlichen Rechtsmaterie zu sprechen (siehe Schermers/Blokker, §§ 22 ff.). III. Die Personalstärke der Internationalen Organisationen in den vier großen internationalen Dienstrechtskreisen (The number of staff in the four large employment systems of international organisations) 1. Die Personalzahlen im Dienstrechtskreis des VN-CS

Dem System gehören insgesamt 23 I. O. an, darunter die VN, 13 Sonderorganisationen der VN und 9 andere int. Institutionen (siehe die Statistik der ICSC 2006 im Internet). Auf Grund dieser von der ICSC veröffentlichten Statistik und der Statistik des VGIAO aus dem Jahr 2005 (nicht veröffentlicht) ergeben sich in etwa folgende Personalzahlen für die einzelnen I. O. dieses Dienstrechtskreises: VN

17.284

WHO

4.441

UNDP

4.792

ICAO

829

UNFPA

1.179

UPU

173

UNOPS

612

ITU

847

UNHCR

5.489

WMO

255

UNICEF

6.216

IMO

316

UNRWA

132

WIPO

905

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1. Teil: Die Grundlagen ITC

223

IFAD

377

ILO

2.385

UNIDO

650

FAO

3.709

IAEA

WFP

2.930

UNWTO

UNESCO

2.221

2.172 91

Den Organisationen des VN-CS gehörten daher (2007) ca. 60.000 aktive Bedienstete an. 2. Die Personalzahlen im Dienstrechtskreis der Europäischen Gemeinschaften

Nach dem Gesamthaushaltsplan der EG im Jahr 2007 bestanden bei der EG 36.561 Dauerplanstellen und 2.214 Planstellen auf Zeit. Hinzu kommen noch ca. 2.500 Bedienstete der EZB und der EIB sowie ca. 2.000 Bedienstete anderer EG-Einrichtungen (siehe die Übersicht über die EG-Einrichtungen im Internetportal der EG und Schwartz, Rdn. 216). Insgesamt gehören diesem Dienstrechtskreis (2007) ca. 44.000 aktive Bedienstete an. 3. Die Personalzahlen im Dienstrechtskreis der Koordinierten Organisationen

Nach den statistischen Angaben ergaben sich (2004) sich folgende Personalzahlen: ER

1.300

OECD

2.300

NATO

2.640

ESA

1.700

WEU

80

EZMW

163

Insgesamt dürften daher dem Dienstrechtskreis der K. O. (2007) knapp 9.000 aktive Bedienstete angehören. 4. Die Personalzahlen einiger ausgewählter anderer Organisationen

Weltbank: ca. 10.000 (2006); IWF: ca. 2.680 (2006); CERN: 3.189 (2004); EPO: 6.941 (2006); BIPM: 80 (2006); ESO: 475 (2004); EMBL: 1.005 (2004); Eurocontrol: 2.073 (2004); UNESCO: 2.130 (2004); UPOV: 12 (2006); OSZE: 460 (2006); OAS: 582 (2004); ASEAN: 44 (2004); WTO: 689 (2004); PAHO: 728 (2004); OPCW: 507 (2004); IOM: 1.772 (2004).

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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C. Das nationale Recht und das Dienstrecht der Internationalen Organisationen (National law and employment law of international organisations) I. O. stehen grundsätzlich weder in ihrer Eigenschaft als Völkerrechtssubjekte noch als juristische Personen des nationalen Rechts außerhalb der materiellen nationalen Rechtsordnung. Dies gilt für alle Rechtsgebiete (öffentliches Rechts, Strafrecht und Zivilrecht, siehe Wenckstern, Rdn. 447). Lediglich soweit ihr Recht zur Selbstorganisation eingreift, d.h. das Recht, ihre interne Verwaltung (Personal-, Finanz-, Geschäftsordnung) eigenständig zu organisieren, sind sie der nationalen Rechtsordnung nicht unterworfen (Wenckstern, Rdn. 37; Seidl-Hohenveldern/Loibl, S. 228). Daneben besteht noch die Freistellung von der nationalen Rechtsordnung auf Grund von Privilegien und von staatlicher Zwangsgewalt bei der Gerichtsbarkeit und Vollstreckung (nachstehend 1. Teil, 2. Abschn. D.). Das Dienstrecht der I. O. zählt zum Kernbereich ihres Selbstorganisationsrechts. Diese, auch als „Personalhoheit“ bezeichnete autonome Regelungskompetenz, die sich unmittelbar aus der Organisationsgewalt ableitet, ist für die ungehinderte Tätigkeit und Aufgabenerfüllung einer I. O. unabdingbar. Zumeist ergibt sich die Befugnis der I. O. zum Erlass und zur Änderung eines Regelwerks für die Beschäftigungsverhältnisse mit ihren Bediensteten bereits ausdrücklich aus dem Gründungsübereinkommen (Art. 283 EGV, Art. 101 Abs. 1 VN-Charta, Art. 33 Abs. 2b und c EPÜ). Aber auch ohne ausdrückliche Normierung ist sie aus der Personalhoheit abzuleiten (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1524, so z. B. beim ER). Die autonome Regelungskompetenz ist Teil des völkerrechtlichen Wirkungsbereichs einer I. O. und daher auch ratione materiae jeder nationalstaatlichen Einflussnahme entzogen (Wenckstern, Rdn. 995 ff.). I. O. nehmen diese Rechtsetzungskompetenz auch in vollem Umfang wahr. Lediglich in einigen Randbereichen bestehen Berührungspunkte mit dem staatlichen Arbeitsrecht. So beschäftigen zahlreiche I. O. sog. örtliche Bedienstete (siehe z. B. Art. 4 und Art. 79 ff. EG-BSB) zur Verrichtung einfacher, meist manueller Hilfstätigkeiten. Die Beschäftigungsverhältnisse unterliegen dem staatlichen Recht des Dienstorts. (Allgemein zur Verweisung auf nationales Dienstrecht siehe VGIAO Nr. 1450). Die EPO hat 1986 Vorschriften über Beschäftigungsbedingungen für Hilfskräfte erlassen, die eine hybride Vertragsregelung aus autonomen Dienstrecht und nationalem Arbeits- und Sozialrecht vorsehen. Sie hat jedoch, nicht zuletzt wegen Abgrenzungsschwierigkeiten, von dieser Rege-

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1. Teil: Die Grundlagen

lung nur vorübergehend Gebrauch gemacht (vgl. LAG Berlin, Entscheidung v. 12.9.1994, GeschZ 16 Sa 58/94, siehe auch VGIAO Nr. 1450). Darüber hinaus beschäftigen I. O. zahlreiches weiteres Personal auf Grund von Dienstleistungsverträgen (z. B. Wachpersonal, IT-Spezialisten) mit Unternehmen oder Einzelverträgen mit Selbständigen (z. B. Gutachter, Dolmetscher, Handwerker). Alle diese Verträge richten sich nach nationalem Recht. In den letzten Jahren hat insbesondere die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern in erheblichem Umfang zugenommen (näher siehe im 2. Teil, 3. Abschn. A.III. und V.).

D. Die Vorrechte und Befreiungen (Privilegien und Immunitäten) der Bediensteten Internationaler Organisationen (The Privileges and immunities of international employees) I. Rechtliche Grundlagen (Legal basis) 1. Die Privilegien und Immunitäten der Internationalen Organisationen

I. O. können die ihnen von ihren Vertragsstaaten zugewiesenen Aufgaben nur dann satzungsgemäß erfüllen, wenn sie dabei nicht in vollem Umfang der einzelstaatlichen Hoheitsgewalt und Einflussnahme (insbesondere durch den Sitzstaat) ausgeliefert sind. Auch werden die Vertragsstaaten nur dann bereit sein, den I. O. partielle Hoheitsrechte einzuräumen (siehe z. B. Art. 24 Abs. 1 GG), wenn diese unabhängig von finanziellen und rechtlichen Repressalien einzelner Vertragsstaaten agieren können. Aus diesem Grunde werden die jeweilige I. O. und ihr Personal, in dem durch die Funktion der I. O. gebotenem Umfang, punktuell von der im Grundsatz anwendbaren materiellen Rechtsordnung des Sitzstaats freigestellt (Personalhoheit und Privilegien) und die I. O. ist im Übrigen nicht der staatlichen Zwangsgewalt (Gerichtsbarkeit und Vollstreckung) unterworfen (Immunitäten) (siehe dazu näher: Wenckstern, Rdn. 37; Schermers, § 1612; Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1987, 823). Die Unterscheidung zwischen Privilegien und Immunitäten ist in der Literatur fließend. Vielfach werden die Begriffe synonym verwendet (vgl. z. B. Kunz-Hallstein, Art. 8, Rdn. 2: Befreiung von der Gerichtsbarkeit und Vollstreckung als „Privileg“). Die folgende Darstellung orientiert sich an der „klassischen“ Differenzierung von Schermers (§ 1612: „Immunity from jurisdiction is not a privilege. It does not free the organization from any obligation. The laws remain applicable; it is only their adjudication in the

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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courts which is prevented.“). Demnach bezeichnen „Privilegien“ Freistellungen oder abgewandelte Anwendungen von nationalem Recht, während „Immunitäten“ als Befreiung von der nationalen Gerichtsbarkeit und Vollstreckung definiert werden (näher: Wenckstern, Rdn. 32 ff. unter Berufung auf Schermers). Privilegien und Immunitäten werden den I. O. nur gewährt, um „unter allen Umständen die ungehinderte Tätigkeit der Organisation und die vollständige Unabhängigkeit der Personen, denen sie gewährt werden, zu gewährleisten“ (Art. 19 Abs. 1, Satz 2 EPO-PPI; Art. 18 Abs. 1 EG-PPI, ähnliche beschränkende Darstellungen finden sich in den meisten Protokollen bzw. Sitzabkommen I. O.). Zusätzlich enthalten viele Protokolle bzw. Sitzabkommen allgemeine Verpflichtungen der I. O. zur Zusammenarbeit mit den Vertragsstaaten zur Erleichterung der Rechtspflege, zur Einhaltung der Vorschriften über Sicherheit und Ordnung sowie über den Gesundheits- und Arbeitsschutz und ähnlicher staatlicher Vorschriften (vgl. Art. 20 Abs. 1 EPO-PPI). Während Staaten im Bereich aller anderer Staaten Immunitäten und Privilegien nur bei Hoheitsakten (acta iure imperii), nicht aber bei Privatrechtsgeschäften (acta iure gestionis) genießen, sind die Privilegien und Immunitäten I. O. zwar geographisch auf die Territorien der Vertragsstaaten beschränkt, aber erstrecken sich inhaltlich auf alle „amtlichen“ Tätigkeiten (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1907). I. O. sind im Gegensatz zu den Vertragstaaten, die über eine grundsätzlich unbeschränkte Handlungskompetenz im Völkerrecht und im innerstaatlichen Recht verfügen, von vornherein in ihrem Wirkungsumfang funktional auf die Erfüllung ihrer Organisationsaufgaben beschränkt (statt dem Begriffspaar „acta iure imperii“ und „acta iure gestionis“ sollte bei I. O. daher besser nur von „amtlicher“ oder „nicht amtlicher“ Tätigkeit gesprochen werden, vgl. hierzu Kunz-Hallstein, Art. 8, Rdn. 10, Fußn. 22). Allgemein gültige Maßstäbe für die Gewährung von Immunitäten und Privilegien durch die einzelnen Vertragsstaaten (insbesondere Sitzstaaten) an I. O. fehlen weitgehend. Nach h. M. haben sich die Immunitäten und Privilegien an den jeweiligen Bedürfnissen einer I. O. zur ungehinderten Ausübung ihrer Tätigkeiten und Erfüllung ihrer Aufgaben auszurichten (siehe Resolution des ER (69)29 vom 26.9.1969, Ziffer 188 Punkt 3) und der Gleichbehandlungsgrundsatz findet keine Anwendung (VGIAO Nr. 2292). Vielfach werden I. O. von bestimmten Vertragsstaaten (häufig den Sitzstaaten ihres Hauptquartiers oder der Dienststellen) zusätzliche Privilegien auf Grund von Sondervereinbarungen oder einseitigen Zugeständnissen gewährt. Auf diese Weise besitzen I. O. im gleichen Sitzstaat vielfach unterschiedliche Immunitäten und Privilegien. Formal wird dies vom Sitzstaat

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1. Teil: Die Grundlagen

mit den unterschiedlichen funktionalen Bedürfnissen der jeweiligen I. O. begründet. In Wirklichkeit geht dies vielfach darauf zurück, dass die Staaten durch entsprechend attraktive Angebote an neue I. O. andere Vertragsstaaten aus dem Wettbewerb um den Sitz zu drängen versuchen (so wurde z. B.: bei der Bewerbung der Bundesrepublik Deutschland um den Sitz der Welthandelsorganisation WTO oder der Bewerbung der Niederlande um den Sitz der I. O. für das Verbot chemischer Waffen OPCW und die Organisation für das Verbot biologischer Waffen OPBW wesentlich weitgehendere Immunitäten und Privilegien angeboten als den bereits dort ansässigen I. O. Die bestehenden I. O. versuchen dieser Entwicklung in zunehmendem Maße durch die Aufnahme sogenannter Meistbegünstigungsklauseln entgegenzuwirken). Immer wieder kommt auf Grund der später wesentlich restriktiveren Haltung der Sitzstaaten I. O. zu den Immunitäten und Privilegien zu langwierigen Verhandlungen oder sogar zu Schiedsverfahren (z. B. das Schiedsverfahren des EMBL gegen die Bundesrepublik Deutschland, Schiedsspruch vom 29.6.1990, siehe Kunz-Hallstein, NJW 1992, 3069 ff.). 2. Die Privilegien und Immunitäten der Bediensteten

Die ungehinderte Tätigkeit einer I. O. ist nur dann vollständig gewährleistet, wenn auch die Unabhängigkeit der Bediensteten von der einzelstaatlichen Hoheits- und Zwangsgewalt garantiert ist (Absicherung vor mittelbaren Eingriffen). Andernfalls bestünde die Gefahr, durch Ausübung von Druck auf Entscheidungen der I. O. Einfluss zu nehmen. Die den Bediensteten zu diesem Zweck gewährten Immunitäten und Privilegien werden daher ausschließlich im Interesse der I. O. eingeräumt und sind nicht dazu bestimmt, dem Bediensteten irgendwelche persönlichen Vorteile zu verschaffen (z. B. Art. 18 Abs. 1 EG-PPI; Art. 19 Abs. 1 EPO-PPI). Der Leiter der Exekutive der I. O. wird in dem PPI oder dem Sitzabkommen zumeist ausdrücklich dazu verpflichtet, Missbräuchen bei der Gewährung von Immunitäten und Privilegien entgegenzutreten und ggf. die Immunität aufzuheben (z. B. Art. 18 Abs. 2 EG-PPI; Art. 19 Abs. 2 EPO-PPI). Auf Grund dieser „Akzessorietät“ der den Bediensteten eingeräumten Privilegien und Immunitäten können diese auch nicht selbst über die Rechte verfügen, d.h. sie können auf sie nicht verzichten. Außerdem müssen sie bei Verletzung durch die Vertragsstaaten ihre Anstellungsorganisation unverzüglich unterrichten, um ggf. das Ergreifen entsprechender Gegenmaßnahmen zu ermöglichen (Art. 23 Abs. 2 EG-BS).

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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a) Der personelle Geltungsbereich der Privilegien und Immunitäten • Familienangehörige Nach dem Sinn und Zweck ihrer Gewährleistung finden Immunitäten und Privilegien grundsätzlich nur auf die Bediensteten der I. O. Anwendung. Andererseits darf dieser Personenkreis nicht isoliert gesehen werden. Die Effektivität der Aufgabenerfüllung I. O. hängt entscheidend von der Einstellung qualifizierter Fachkräfte ab, die in angemessener geographischer Gewichtung aus den Vertragsstaaten rekrutiert werden. Diese Personen werden in der Regel nur bereit sein, die Heimat mit der Familie zu verlassen, wenn sie angemessene Aufenthaltsbedingungen vorfinden. Eine Reihe von Privilegien finden daher zumindest teilweise auch auf Ehegatten, Kinder und im Haushalt lebende oder von den Bediensteten überwiegend unterhaltene Familienangehörige Anwendung (siehe die Einzelheiten bei den einzelnen Privilegien). • Einschränkung für bestimmte Bedienstete Die Privilegien der Bediensteten können aber auch für einen bestimmten Personenkreis eingeschränkt werden. So enthalten zahlreiche Protokolle Regelungen, die es den Vertragsstaaten ermöglichen, gewisse Privilegien für eigene Staatsangehörige nicht zu gewähren (z. B. Art. 22 EPO-PPI). Dies sind in der Regel die Freistellung vom Wehrdienst, devisenrechtliche Befreiungen und die zollfreie Einfuhr von Wohnungseinrichtungen und Gebrauchsgegenständen bei Dienstantritt. Außerdem sind die Vertagstaaten vielfach berechtigt, Bediensteten, die ihren ständigen Wohnsitz bereits bei Dienstantritt in dem Vertragsstaat hatten, dieselben Beschränkungen ihrer Privilegien aufzuerlegen. In der Praxis führt allerdings die Definition des Begriffs „ständiger Wohnsitz“ zu Schwierigkeiten. Dies gilt insbesondere dann, wenn, wie z. B. in den Niederlanden, an den „ständigen Wohnsitz“ weitere Einschränkungen der zusätzlichen Privilegien geknüpft werden, die an sich für den Bediensteten als notwendig angesehen werden (so z. B. die zeitweise Freistellung von der sehr hohen Steuer bei Erwerb eines Kfz). • Nationale Delegierte Nationale Delegierte und deren Begleitpersonen genießen in gewissem Umfang Immunitäten und Privilegien während der Tagungen der Gremien der I. O. sowie bei Ein- und Ausreise. Insbesondere wird diesem Personen-

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1. Teil: Die Grundlagen

kreis Immunität von der Festnahme und Beschlagnahme ihrer Unterlagen, Immunität hinsichtlich ihrer amtlichen Handlungen (schriftliche und mündliche Äußerungen), die Unverletzlichkeit ihrer amtlichen Schriftstücke und Urkunden sowie die Befreiung von Einreisebeschränkungen, von der Meldepflicht und der Währungs- und Devisenbeschränkung eingeräumt (z. B. Art. 12 EPO-PPI). Trotz Bestehens eines einheitlichen Grundmusters variieren diese Einzelregelungen in den Protokollen zum Teil erheblich. • Sachverständige Ähnliche Privilegien und Immunitäten wie für nationale Delegierte der Vertragsstaaten werden üblicherweise auch Sachverständigen der I. O. eingeräumt (z. B. Art. 15 EPO-PPI). I. O. bestimmen den Kreis dieser Personen durch entsprechende Beschlüsse des Legislativ- bzw. Exekutivorgans. Häufig bedienen sich I. O. ärztlicher Berater für einzelne medizinische Fragen oder ernennen diese Personen zu Mitgliedern in ihren Ausschüssen (z. B. Invaliditätsausschuss). Vielfach ist vorgesehen, die betroffenen Sachverständigen dem Außenministerium des Sitzstaats zu benennen.

b) Der räumliche Geltungsbereich der Privilegien und Immunitäten Grundsätzlich erstreckt sich die Gewährung von Immunitäten und Privilegien der Bediensteten I. O. nur auf das Territorium der Vertragsstaaten der jeweiligen I. O. Andererseits nehmen I. O. oft Aufgaben in Drittländern wahr. Die zu diesem Zweck abgeschlossenen Kooperationsabkommen enthalten gelegentlich Regelungen, in denen zumindest ein Teil der Immunitäten und Privilegien auch von den Drittstaaten zugestanden werden, so z. B. dem ER nach dem Foreign Sovereign Immunities Act (FSIA) der USA. Außerdem treffen I. O. entsprechende Regelungen im Rahmen von Entwicklungshilfe (vgl. Art. 177 EGV). Aber auch ohne förmliche Abkommen gewähren Drittstaaten den Bediensteten I. O. bei der Erfüllung amtlicher Aufgaben auf ihrem Staatsgebiet oftmals gewisse Immunitäten und Privilegien, die sie den Bediensteten anderer I. O. als Sitzstaat zugestehen.

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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II. Die Immunität der Bediensteten bei Amtshandlungen und die Unverletzlichkeit ihrer Dokumente (Immunity of staff in respect of acts done in the exercise of their functions and inviolability of official documents) • Die Immunität bei Amtshandlungen Int. Bedienstete sollen ihre Aufgabe im Interesse der Unabhängigkeit der I. O. ohne Einflussnahme der einzelnen Vertragsstaaten ausüben können. Im Interesse dieser ungehinderten Aufgabenerfüllung genießen die Bediensteten gemäß den Immunitätenprotokollen und Sitzabkommen daher Gerichtsbefreiung hinsichtlich ihrer amtlichen Handlungen in allen Vertragsstaaten. Die Immunität von der Gerichtsbarkeit ist für int. Bedienstete daher „geographisch weiter“ als für Diplomaten, die nach Art. 31 der Wiener Diplomatenkonvention Gerichtsbefreiung nur im Empfangsstaat genießen; andererseits ist sie „sachlich enger“ als für Diplomaten, da int. Bedienstete im Gegensatz zu Diplomaten keine Gerichtsbefreiung für ihre privaten Handlungen genießen. Im Verhältnis I. O. zu den Nationalstaaten liegt die Sache anders. Bei I. O. sind der Umfang der Immunitäten und Privilegien geographisch enger – beschränkt auf die Mitgliedstaaten – aber sachlich weiter – I. O. genießen für alle Handlungen Immunität – als bei Nationalstaaten (siehe Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1907). Im Gegensatz zu Diplomaten nehmen int. Bedienstete ihren Wohnsitz im Sitzstaat der I. O. und bedürfen daher keines Agréments (Einverständnis) des Sitzstaats. Ein int. Bediensteter kann daher auch nicht wie ein Diplomat zur „persona non grata“ erklärt werden (dies ist bei Straftaten auch unnötig, da Bediensteten I. O. im Gegensatz zu Diplomaten der Strafgerichtsbarkeit des Sitzstaats unterliegen und ggf. auch fristlos entlassen werden können, wodurch die auf dem int. Beschäftigungsverhältnis beruhende Aufenthaltsberechtigung erlischt). Int. Bedienstete genießen im Gegensatz zu Diplomaten auch keine persönliche Unverletzlichkeit bei der Festnahme oder Verhaftung (vgl. Art. 29 Wiener Diplomatenkonvention). Die Freistellung int. Bediensteter von der nationalen Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer amtlichen Handlungen bedeutet kein Privileg, d.h. die Bediensteten haben ebenso wie bei ihren privaten Handlungen die nationalen Gesetze zu beachten, lediglich deren Durchsetzung ist in soweit ausgeschlossen. Die Regelung entspricht daher der auch für die I. O. selbst bestehenden Rechtslage. Lediglich soweit Privilegien eingreifen, wie etwa im Fiskalbereich oder beim Aufenthaltsrecht ist bereits die Anwendung materiellen nationalen Rechts ausgeschlossen.

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1. Teil: Die Grundlagen

Die Immunität von der Gerichtsbarkeit gilt primär bei amtlichen Handlungen im Bereich des Zivil- und Verwaltungsrechts. Bei strafrechtlichen relevanten Handlungen (z. B. sexuelle Übergriffe, Beleidigungen, Körperverletzungen, Verstöße im Straßenverkehr mit einem Dienstfahrzeug oder mit privaten Kfz auf einer Dienstreise) wird keine amtliche Tätigkeit anzunehmen sein (Henrichs, S. 80). Bei Betrug oder Bestechung im Dienst wird man entweder von dem Nichtvorliegen einer amtlichen Tätigkeit (kein Handeln im Rahmen dienstlicher Kompetenzen) oder von einer Verwirkung der Immunität ausgehen müssen (Henrichs, S. 81; zur strafrechtlichen Verantwortung von Bediensteten siehe nachstehend unter VI.). Im Zweifel befindet die I. O. selbst, ob eine Handlung in den Bereich amtlicher Tätigkeit fällt. Ggf. hat ein Schiedsgericht über einen Streit der I. O. mit dem Vertragsstaat zu entscheiden (siehe Kunz-Hallstein, Privilegienprotokoll, Art. 14, Rdn. 13). Die Freistellung von der Gerichtsbarkeit erstreckt sich im Interesse der I. O. auch auf die Zeit nach dem Ausscheiden des Bediensteten aus dem Beschäftigungsverhältnis (z. B. Art. 14a EPO-PPI). Aus den PPI und den Sitzabkommen ergibt sich in der Regel kein Aussageverweigerungsrecht über amtliche Vorgänge. Dieses leitet sich vielmehr aus der allgemeinen Personalhoheit der I. O. ab. Es liegt daher im pflichtgemäßen Ermessen der I. O., ob sie Bediensteten die Aussagegenehmigung erteilt. Ebenfalls nicht unter die Freistellung der Bediensteten von der Gerichtsbarkeit fällt das Pfändungsverbot ihrer Gehaltsansprüche. Dieses Verbot resultiert unmittelbar aus der Immunität des Vermögens jeder I. O. von jeder Form der Beschlagnahme (z. B. Art. 3 Abs. 2 EPO-PPI). Es ist inzwischen aber ständige Praxis bei I. O., mit den Sitzstaaten, Vereinbarungen über einen Verzicht auf das Pfändungsverbot zu treffen, wenn sich die I. O. nicht innerhalb bestimmter Fristen (z. B. 14 Tage) auf die Pfändung beruft (vgl. z. B. die EPO, Sitzabkommen mit Deutschland, Art. 3, DE/BGBl. II Nr. 17 vom 4.4.1978, S. 337 ff., den Niederlanden, Art. 3, Tractatenblad Nr. 16 vom 31.1.1978. S. 1 ff. und Österreich, Art. 4 Abs. 1c AT/BGBl. Nr. 263 vom 6.11.1990, S. 4071 ff.).

• Unverletzlichkeit der Dokumente Nach den meisten Immunitäten- und Privilegienprotokollen sind int. Bedienstete außerhalb der Dienststelle (innerhalb des Amtssitzes besteht das Hausrecht der I. O.) durch die Immunität von der Durchsuchung ihrer Unterlagen und einer Leibesvisitation nicht geschützt (Henrichs, S. 79). Es gilt

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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die allgemeine Rechtsordnung des Vertragsstaats. Um eine Untersuchung oder Beschlagnahme amtlicher Dokumente zu verhindern, ist eine Kennzeichnung bzw. die Ausstellung einer besonderen dienstlichen Bescheinigung zu empfehlen (siehe die Resolution (69)29 des Europarats zu den Privilegien und Immunitäten der I. O. vom 26.9.1969, S. 44). III. Die fiskalischen Privilegien der Bediensteten (Fiscal privileges of employees) 1. Die Freistellung der Dienstbezüge von der nationalen Besteuerung

Einzelnen Vertragsstaaten, insbesondere den Sitzstaaten I. O., ist es verwehrt, besondere steuerliche Vorteile aus der Anwesenheit der I. O. auf ihrem Territorium zu ziehen. Die Mittel der I. O. sollen ohne steuerliche Kürzungen der I. O. zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stehen (KunzHallstein, Privilegienprotokoll Art. 4–7, Rdn. 1 ff. mit weiteren Nachweisen). Dieselben Überlegungen führen auch zur Freistellung der Gehälter und sonstigen Bezüge der Bediensteten I. O. von der nationalen Besteuerung. Neben den Grundgehältern fallen hierunter auch alle dienstlichen Zulagen (vgl. z. B. Art. 62 EG-BS). Je nach rechtlicher Konstruktion, können auch Leistungen an invalidisierte Bedienstete („Invalidengeld“, „Invalidenzulage“; z. B. Art. 78 EG-BS) unter die steuerliche Regelung für Dienstbezüge fallen, da sie sich nicht im Dienstverhältnis des Ruhestandes befinden und – zumindest dem Grundsatz nach – wieder in den Zustand des aktiven Dienstes zurückversetzt werden können. Bei I. O. mit Dienststellen in mehreren Sitzstaaten wird dadurch außerdem eine unterschiedliche steuerliche Belastung der Bediensteten vermieden. Da andererseits die fiskalischen Privilegien ebenso wie andere Privilegien der Bediensteten nicht dazu bestimmt sind, ihnen persönliche Vorteile zu verschaffen (z. B. Art. 19 Abs. 1 S. 1 EPO-PPI), erheben I. O. heute durchgehend eine interne Steuer zugunsten der I. O. auf die Gehälter und sonstigen Bezüge ihrer Bediensteten (vgl. z. B. Art. 13 EG-PPI; Art. 16 Abs. 1 EPO-PPI). Aus diesem Grund wird in der Literatur gelegentlich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem fiskalischen Privileg im Kern nicht um ein echtes Privileg, sondern um eine Regelung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung handele. Wie bei den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Nationalstaaten solle auch hier eine Mehrfachbesteuerung desselben Steuergegenstandes durch den Sitzstaat und durch die I. O. vermieden werden (Henrichs, S. 85; Schmidt, Rdn. 47). Die internen Steuerordnungen finden ihre Rechtsgrundlage letztlich in der Fiskalhoheit I. O. (vgl. die Verordnung (EWG) Nr. 260/68 des Rates vom 29.2.1968 zur Festlegung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der Steuer zugunsten der EG).

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1. Teil: Die Grundlagen

Als Form der Besteuerung wird durchgehend aus administrativen Gründen die Quellensteuer (Abzug an der Einkunftsquelle) gewählt, d.h. die an die Bediensteten ausgezahlten Gehälter und sonstigen Bezüge sind Netto-Beträge nach Abzug der internen Steuer. Die Steuerbelastung variiert von I. O. zu I. O. (Steuersätze EG, siehe VO Nr. 260/68 des Rates vom 29.2.1968, Art. 4: zwischen 8% und 45%; VN: Dokument ST/IC/2006/4: zwischen 19% und 35%). Die Steuerbeträge werden von den I. O. zumeist als Steuereinnahmen verbucht (so etwa im Haushalt der EG, siehe EGHaushaltsplan, Bd. 4, Einzelplan 3, Kapitel 4). Die organisationsinterne Besteuerung der Bezüge und Gehälter erfolgt durchgehend pauschal. Abzüge und Kürzungen irgendwelcher Art erfolgen nicht. I. O. verfügen daher nicht über „interne Finanzämter“. Die allgemeine Steuerpflicht der int. Bediensteten richtet sich grundsätzlich nach den allgemeinen staatlichen Regelungen für die Steuerpflicht und damit etwaiger Doppelbesteuerungsabkommen (Doppelbesteuerungsabkommen zwischen I. O. und Staaten bestehen schon wegen des Gesichtspunkts mangelnder Gegenseitigkeit nicht. Die Steuerprivilegien I. O. übernehmen hierbei eine gewisse Ersatzfunktion, siehe Schmidt, Rdn. 47; Henrichs, S. 85). Eine Ausnahme bilden die Bediensteten der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Institutionen. Nach Art. 14 EG-PPI unterliegen die Bediensteten weiterhin – allerdings unter nur hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuer (auch auf bewegliches Vermögen) – der Steuerpflicht des EG-Vertragsstaats, in dem sie vor ihrem Dienstantritt ihren Steuerwohnsitz hatten. Abweichungen können sich allerdings aus Doppelbesteuerungsabkommen ergeben. Ein Wahlrecht für die EG-Bediensteten zwischen dem Steuerwohnsitz vor Antritt des Dienstes und dem Steuerwohnsitz am Sitz der I. O. besteht für die EG-Bediensteten nicht (zu den Einzelheiten siehe Schmidt, Rdn. 50; Henrichs, S. 85). In Einzelfällen waren Vertragsstaaten nicht bereit, ihren eigenen Staatsangehörigen dieses fiskalische Privileg zu gewähren. So unterwerfen etwa die USA ihre eigenen, bei den VN tätigen Staatsangehörigen und in jüngster Zeit auch Frankreich ihre Staatsangehörigen bei CERN, der nationalen Einkommenssteuer. In beiden Fällen erhalten allerdings diese Bediensteten, gegen entsprechenden Nachweis, die an die nationalen Steuerbehörden abgeführten Steuerbeträge von ihrer I. O. erstattet, um eine Gleichbehandlung der Bediensteten sicherzustellen. Diese Erstattungsbeträge werden wiederum der betreffenden I. O. von dem jeweiligen Vertragsstaat zurückerstattet und somit die fiskalische Gleichbehandlung der Mitgliedsstaaten gewährleistet. Dieser erhebliche zusätzliche Verwaltungsaufwand wird von den genannten Vertragsstaaten in Kauf genommen, um nach außen hin die steuerliche Gleichbehandlung int. Bediensteter mit den übrigen nationalen Steuerpflichtigen zu unterstreichen.

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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Soweit die Bezüge von Bediensteten nicht von der nationalen Steuer befreit sind, weil die Mitgliedsstaaten dieses Privileg aus Gründen der formalen steuerrechtlichen Gleichbehandlung mit anderen Staatsangehörigen nicht direkt anerkennen, kommt der ARGrundsatz des int. öff. Dienstes auf Freistellung der Dienstbezüge von der nationalen Besteuerung zur Anwendung (siehe näher 2. Teil, 2. Abschn. D.III.1.). Dieser, von der Rechtsprechung der int. VerwGerichte (siehe VGIAO Nrn. 2032, 2255) entwickelte Grundsatz beruht im Wesentlichen auf drei Gründen (näher siehe Schermers, § 530). Zum einen erfordert dies die Gleichbehandlung der Mitgliedsstaaten einer I. O. Der Sitzstaat soll nicht zusätzlich zu den allgemeinen finanziellen Vorteilen, die er durch die Anwesenheit der I. O. und seiner Bediensteten auf seinem Territorium genießt, auch noch ein erhebliches Aufkommen an Einkommenssteuer erzielen. Zum anderen würde eine rechtliche Konstruktion, wonach die Bezüge in den Herkunftsländern der Bediensteten zu versteuern wären, zu einer Ungleichbehandlung der Bediensteten führen und damit die amtlich Tätigkeit der I. O. beeinträchtigen. Schließlich ist diese Regelung auch aus Gründen der Unabhängigkeit der Bediensteten vom Herkunftsstaat erforderlich. Die Befreiung der Bezüge der Bediensteten I. O. von der nationalen Besteuerung ist daher eine wesentliche Bedingung des int. öff. Dienstes und eine wichtige Garantie der Unabhängigkeit und Objektivität I. O. (VGIAO Nr. 2032). Die VN-Organisationen mussten daher für die mit ihren Dienstbezügen in den USA steuerpflichtigen Bediensteten ein besonderes Steuersystem entwickeln, das im Ergebnis diese Bediensteten von der nationalen Besteuerung befreit und zu einer Steuererstattung durch die USA an die betreffende Anstellungsorganisation führt. Nach dem sog. „Tax Equalization and Reimbursement Scheme“ wird aus den internen Steuerbeiträgen aller Bediensteten der VN ein Steuerausgleichs-Fonds (Tax Equalization Fund) gebildet. Aus diesem Fonds erhalten die Mitgliedsstaaten, die die Bezüge ihrer Bediensteten nach dem VN-PPI von der nationalen Besteuerung freistellen, eine Erstattung, die mit ihren Beiträgen zum Haushalt der VN verrechnet wird. Aus diesem Fonds werden außerdem den Bediensteten, deren Bezüge der US-Einkommenssteuer unterliegen, diese Steuerbeiträge erstattet. Die Berechnungsmethode der zu erstattenden Steuer, die nicht durch das VN-CS festgestellt wurde, war immer Anlass zu Auseinandersetzungen vor den beiden VN-VerwGerichten (siehe insbesondere VGIAO Nrn. 1224, 2032, 2255, 2256). Nach dieser neueren Rechtsprechung entspricht nur die Methode des sog. letzten Einkommens (last income arrangement) dem ARGrundsatz auf Freistellung der Bezüge der Bediensteten von der nationalen Einkommenssteuer. Demnach hat der Bedienstete Anspruch auf eine Steuererstattung, die in der Höhe der Differenz der Steuer auf die Gesamteinkünfte (VN-Be-

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1. Teil: Die Grundlagen

züge und sonstige Einkünfte) und der Steuer auf die sonstigen Einkünfte entspricht (siehe die Berechnungsbeispiele in VGIAO Nr. 2255 und VN-Sekretariat Dokument ST/IC/2008/7). Bei der Organisation CERN werden die Bezüge der Bediensteten französischer Staatsangehörigkeit mit Wohnsitz in Frankreich von der nationalen Steuer nicht freigestellt. Ihre Einkünfte (CERN-Bezüge und sonstige Einkünfte) werden von Frankreich progressiv besteuert. Zur Wahrung des ARGrundsatzes auf Freiheit der Bezüge von der nationalen Besteuerung, erstattet CERN diesen Bediensteten die nationale Steuer und erhält den Betrag von den französischen Steuerbehörden rückerstattet. Die Berücksichtigung des Gesamteinkommens bei der Ermittlung des auf die nicht-CERN-Bezüge anzunehmenden Steuersatzes (Progression) führt zu keiner höheren Steuererstattung durch CERN, da nach der Rechtsprechung des VGIAO der I. O. keine Verantwortung für das nationale Steuersystem angelastet werden kann. Auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt aus diesem Grund nicht vor. Die progressive Besteuerung, die nach den nationalen Steuersystemen bei int. Dienstbezügen durchaus üblich ist (vgl. z. B. den ausdrücklichen Progressionsvorbehalt in Art. 16 Abs. 1 EPO-PPI) wird damit vom VGIAO als rechtmäßig anerkannt. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2450: Kein ARGrundsatz des int. öff. Dienstes, das die I. O. Einkommenssteuer auf die Gehälter erstatten muss, die von außerhalb des Sitzstaats erhoben werden, wenn es sich nicht um eine int. zwischenstaatliche I. O., sondern nur um die von einem Staat (Schweiz) anerkannte I. O. handelt (Int. Rotes Kreuz und Roter Halbmond), vgl. Nr. 2178; VGIAO Nr. 2296: Bedienstete der VN-Organisation mit amerikanischer Staatsangehörigkeit unterliegen mit ihren Dienstbezügen der nationalen US-Einkommenssteuer. Sie erhalten diese jedoch von der I. O. erstattet, die ihrerseits eine entsprechende Rückerstattung vom US-Fiskus erhält. Damit wird dem ARGrundsatz auf Freistellung der von einer I. O. gezahlten Gehälter von der nationalen Einkommenssteuer auf Umwegen Rechnung getragen. Das Recht der Bediensteten auf Steuererstattung durch eine I. O. kann von dieser nicht davon abhängig gemacht werden, ob sie die Steuerrückerstattung vom nationalen Fiskus erhält; VGIAO Nr. 2257: Der ARGrundsatz der Steuerbefreiung der Gehälter I. O. bezieht sich nicht auf die Bezüge ehemaliger Bediensteter. Es besteht kein ARGrundsatz, dass alle ehemaligen Bediensteten hinsichtlich der Besteuerung durch ihr Heimatland gleich behandelt werden müssen; VGIAO Nr. 2256: Steuerfreiheit der Bezüge ist ein fundamentaler Grundsatz des int. öff. Dienstes. Damit in Widerspruch stehende völkerrechtliche Vereinbarungen mit einzelnen Mitgliedsstaaten oder interne Dienstrechtsvorschriften sind schlicht unanwendbar (simply unenforceable); VGIAO Nr. 2032: Die Freistellung der Bezüge der aktiven Bediensteten I. O. von der nationalen Einkommenssteuer ist ein ARGrundsatz. Die einzige richtige Me-

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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thode zur Berechnung der Steuerpflicht des Bediensteten ist es, den hypothetischen Betrag zu berechnen, der an Steuer hätte gezahlt werden müssen, wenn er kein steuerfreies Einkommen bezogen hätte (Anmerkung: der Fall des Progressionsvorbehalts wurde vom Gericht nicht angesprochen). Die Befreiung der Gehälter von der nationalen Steuer ist eine wesentliche Bedingung des int. öff. Dienstes und eine wichtige Garantie für die Unabhängigkeit und Objektivität. Sie kann nicht von der Laune nationaler Steuerbehörden abhängig gemacht werden, die verständlicherweise mit der Zulassung von Ausnahmen bei Steueransprüchen zurückhaltend sind; VGIAO Nr. 1491: Die Bediensteten von CERN mit Steuerpflicht in Frankreich erhalten von CERN die nationale Einkommenssteuer ihrer Bezüge erstattet, diese Beträge werden CERN wiederum vom französischen Fiskus erstattet. Die durch die progressive Besteuerung in Frankreich verursachte erhöhte Besteuerung des sonstigen Einkommens muss von CERN nicht erstattet werden. Die Besteuerungsmethode des sonstigen Einkommens in Frankreich unterliegt nicht der Verantwortung von CERN. Auch der Gleichheitssatz ist nicht verletzt; VGIAO Nr. 1224: Es besteht keine einheitliche Methode für die Steuererstattung auf Gehälter der I. O. nach dem VN-CS. Die Steuererstattung auf Gehälter für Staatsangehörige der USA darf auf den Betrag beschränkt werden, der auf das von der I. O. bezahlte Gehalt entfällt (sog. Methode des ersten Einkommens). Die Steuer auf das Gesamteinkommen, einschließlich des Gehalts, muss nicht berücksichtigt werden. Die I. O. ist nicht für die unterschiedliche steuerliche Behandlung des Gehalts nach den nationalen Steuersystemen verantwortlich (Steuerfreibetrag für ausländische Einkommen von Bediensteten mit Staatsbürgerschaft der USA); VGIAO Nr. 1182: Französische Bedienstete bei CERN unterliegen mit ihren Bezügen der französischen Einkommenssteuer. Sie erhalten diese von CERN erstattet und der französische Fiskus rückerstattet CERN diesen Erstattungsbetrag. Diese Regelung dient sowohl der Gleichbehandlung der Bediensteten als auch der steuerlichen Neutralität der I. O. gegenüber allen Mitgliedsstaaten. Persönliche steuermindernde Abzüge (tax credit) des Bediensteten nach französischem Recht rechtfertigen keine Kürzung der Steuererstattung durch die I. O. Hierdurch würde der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bediensteten durch die I. O. verletzt; VGIAO Nr. 426: Einmalige Pauschalzahlungen aus dem gemeinsamen VN-Pensionsfonds (UNJSPF), die an Stelle eines Teils der Pensionsansprüche in Anspruch genommen werden, sind nach dem Dienstrecht der PAHO/WHO steuerrechtlich nicht wie Dienstbezüge (oder Beitragserstattungen durch die Organisation) zu behandeln. Sie unterliegen daher nicht der internen Steuerordnung, sondern wie Pensionszahlungen der nationalen Besteuerung; VGIAO Nr. 177: Erstattung kantonaler und örtlicher Steuern auf Bezüge bei einer I. O. in Genf.

Rechtsprechung EUGH EUG T-202/96 und EUGH 204/96: Aushilfsdolmetscher auf Grund kurzfristiger Verträge sind durch privatrechtliche Verträge an die Kommission gebunden. Ihre Vergütungen fallen daher unter die Steuerhoheit der Mitgliedsstaaten und nicht unter die Gemeinschaftssteuer nach Art. 13 des Immunitätenprotokolls der EG;

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1. Teil: Die Grundlagen

EUG T-223/97 und EUG T-17/98: Wenn das Europäische Parlament freiberufliche Dolmetscher als Hilfskräfte nach Art. 78 der Vorschriften für sonstige Bedienstete einstellt, ist sie auch berechtigt, ihre Bezüge der Gemeinschaftssteuer zu unterwerfen. 2. Die Besteuerung von Bediensteten in Spitzenpositionen

In den meisten I. O. genießen Bedienstete in leitender Position weitergehende Privilegien. Vielfach wird ihnen der Diplomatenstatuts nach der Wiener Diplomatenkonvention vom 18.4.1961 zugestanden (so z. B. den EGKommissaren auf Grund einer Sondervereinbarung mit der belgischen Regierung; siehe Schmidt, Rdn. 51; den Mitgliedern des Direktoriums der EZB auf Grund des Art. 19 des Sitzabkommens zwischen der EZB und der deutschen Regierung; dem Präsidenten des EPA nach Art. 13 EPO-PPI; den Vizepräsidenten des EPA in den Niederlanden nach Art. 9 des Sitzabkommens NL/Tractatenblad 2006, Nr. 155 und dem Dienststellenleiter der Dienststelle Wien des EPA, Sitzabkommen AT/BGBl. Nr. 263 vom 6.11.1990, S. 4071 ff.). Die fiskalischen Privilegien dieser Personengruppe umfassen daher nicht nur die Freistellung von der nationalstaatlichen Besteuerung ihrer Gehälter und sonstigen Bezüge, sondern die gesamte direkte und indirekte Besteuerung. 3. Besteuerung sonstiger Personen

Vielfach ermächtigen die Immunitätenprotokolle und Sitzabkommen die I. O., den Kreis der Bediensteten selbst festzulegen, die in den Genuss der fiskalischen Privilegien kommen sollen (vgl. Art. 17 EPO-PPI). In Frage kommen hier in erster Linie Bedienstete im einstweiligen Ruhestand, Sachverständige, Berater, Ortskräfte etc. Dagegen kommen Leiharbeitnehmer nicht in den Genuss dieser fiskalischen Privilegien, da sie nicht in einem unmittelbaren Dienstverhältnis zur I. O. stehen.

IV. Die Besteuerung der ehemaligen Bediensteten (Pensionisten) (The taxation of former employees, pensioners) Der ARGrundsatz der Befreiung der int. Dienstbezüge von der nationalen Einkommenssteuer gilt nicht für die Versorgungsbezüge (Pensionen) (siehe hierzu VGIAO Nr. 2257 und näher 2. Teil, 3. Abschn. C.I.6.e)dd)). Im Gegensatz zu der Besteuerung der Gehälter und sonstigen Bezüge der aktiven Bediensteten folgt die Besteuerung der Ruhegehälter bei I. O. keinem einheitlichen Schema. Die Regelungen sind vielmehr von Sitzstaat zu Sitzstaat

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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und von I. O. zu I. O. verschieden. (Der Gleichheitssatz hilft dabei nicht, VGIAO Nr. 2292). Der Grund hierfür liegt in der unterschiedlichen rechtlichen Bewertung der Ruhegehälter. Für die Unterwerfung der Ruhegehälter unter die nationale Besteuerung wird angeführt, dass die Unabhängigkeit der ehemaligen Bediensteten nicht mehr im Interesse der I. O. liege und die Zahlungen den Sitzstaat der I. O. nicht mehr steuerlich bevorzugen würden, weil die Bediensteten in ihre Heimatländer zurückkehren. Dieser Argumentation wird entgegengehalten, dass int. Bedienstete auch nach ihrer aktiven Tätigkeit noch gewissen Verschwiegenheits- und Verhaltenspflichten unterliegen (siehe 2. Teil, 3. Abschn. C.II.1.e)) und der Sitzstaat weiterhin steuerlich begünstigt wird, weil ein großer Teil der int. Bediensteten im Staat ihrer Verwendung auch ihren Ruhestand verbringt und sich dort weiterhin ihr Lebensmittelpunkt befindet. Allerdings würde eine ausnahmslose Unterwerfung der Versorgungsbezüge unter die nationale Einkommensbesteuerung fatale Folgen für die Rekrutierung qualifizierten Personals auslösen. Aus diesem Grunde werden die Pensionen ebenso wie die Gehälter behandelt und über Immunitätenprotokolle von der nationalen Einkommenssteuer befreit (EG-System) oder es werden Pensionen auf der Basis von Bruttogehältern bezahlt (VN-CS) oder die Pensionen werden zwar auf der Basis der Nettogehälter berechnet (also „de facto“ auch intern besteuert), jedoch wird ein Teilbetrag oder der Gesamtbetrag der national erhobenen Einkommenssteuer von der I. O. erstattet (K. O. und EPO: 50%ige Erstattung, Eurocontrol: 100%ige Erstattung). Bei den K. O. werden diese Erstattungsbeträge von den Wohnsitzstaaten der Pensionäre an die I. O. rückerstattet. Eine Übersicht über die Rechtslage in den Dienstrechtskreisen ergibt im Einzelnen folgendes Bild: • EG Auf Grund des Art. 2 der Verordnung Nr. 260/68 des Rats vom 29.2.1968 sind die Ruhegehälter der ehemaligen Bediensteten ebenso wie die Gehälter der aktiven Bediensteten der internen Steuer der EG unterworfen und nach Art. 2 der Verordnung Nr. 549/69 des Rates vom 25.3.1969 i. V. mit Art. 13 Abs. 2 des EG-PPI von der nationalen Einkommenssteuer befreit (Einzelheiten vgl. Klinke, IStR 1995, 217). • Die VN-CS Die Ruhegehälter der Bediensteten der Sonderorganisationen der VN genießen in einigen Staaten Freistellung von der nationalen Besteuerung. So

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1. Teil: Die Grundlagen

etwa die ehemaligen Bediensteten der IAEA und der UNIDO in Österreich. Die UNESCO Ruhegehälter wurden in Frankreich (ca. 40 Jahre lang) bis Ende der 80-er Jahre nicht der nationalen Steuer unterworfen. Nach einem Schiedsurteil vom 14.1.2003 unterliegen die Ruhegehälter nunmehr der nationalen Besteuerung in Frankreich (vgl. Review of the Headquarters Agreements concluded by the Organisations of the United Nations System, Dokument JIU/REP/2004/2, Ziffer 87).

• Koordinierte Organisationen Die Ruhegehälter unterliegen in vollem Umfang der jeweiligen nationalen Einkommenssteuer des Wohnsitzstaates. Organisationsintern werden die Ruhegehälter zwar nicht, wie die Gehälter, intern „de lege“ besteuert, sie werden jedoch de facto um einen Betrag gekürzt, der mit dem Steuerbetrag identisch ist, da die Grundlage für die Berechnung der Pension die Tabelle der Nettogehälter nach Abzug der internen Quellensteuer bildet (Art. 3 ER-VO im Anhang V.a des ER-PS: basic salary according to the scales). Die Pensionäre erhalten von ihrer I. O. einen Steuerausgleich in Höhe von 50% des Betrags, um den die Versorgungsbezüge des Betreffenden angehoben werden müssten, damit nach Abzug der nationalen Steuer ein Betrag verbleibt, der dem nach der Versorgungsordnung bezahlten Betrag entspricht (Anhang V.a Art. 42 ER-PS). Der jeweilige Wohnsitzstaat des Pensionärs erstattet der I. O. diesen Steuerausgleich (Anhang V.a Regel 42/6 Abs. 1 ER-PS). Zum Zweck des Steuerausgleichs erstellt die Inter-Organisation-Sektion (IOS) der K. O. jährlich Entsprechungstabellen. Diese werden mit den nationalen Steuerbehörden abgestimmt. Sie beruhen auf den jeweiligen nationalen Steuervorschriften für alle Pensionäre mit gleichem Wohnsitzstaat. Die Steuertabellen enthalten Rubriken für Ledige und für Verheiratete bzw. für Ledige, die eine Unterhaltszulage erhalten. Der danach berechnete Ausgleichsbetrag wird vom Wohnsitzstaat des Pensionärs der I. O. erstattet. In einigen Vertragsstaaten werden die Pensionen der ehemaligen Bediensteten der K. O. nicht der nationalen Einkommenssteuer, sondern ausschließlich der de facto Kürzung in Höhe der organisationsinternen Besteuerung unterworfen. Dies trifft z. B. zu für die ehemaligen Bediensteten des Europarats in Österreich, Ungarn, der Türkei und Kanada zu. Nach einem Urteil des Tribunal Superior de Justicia de Madrid vom 12.3.2003 (Sentencia 351) ist der Kläger als ehemaliger Bediensteter der OECD auf Grund der Auslegung des Begriffs „emoluments“ in Art. 14 des Zusatzprotokolls Nr. 1 zum Übereinkommen vom 16.4.1948 mit seiner Pension von der spanischen Einkommenssteuer befreit.

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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• EPO Die Regelung entspricht weitgehend (seit 1.1.2008 gilt allerdings eine andere Finanzierung des Steuerausgleichs) derjenigen bei den K. O., da die Versorgungsordnung der EPO nahezu wörtlich bei der Errichtung der EPO übernommen wurde (siehe VGIAO Nrn. 2689, 2292 und insbesondere Schreiben des BMF vom 3.8.1998, 1998-08-03 IV C6-S 1311-97/98, Ziffer 9). In Österreich werden die Ruhegehälter von der nationalen Einkommenssteuer befreit und lediglich zur progressiven Besteuerung anderweitiger Einkünfte herangezogen (Art. 16 Abs. 2 Sitzabkommen AT/BGBl Nr. 263 vom 6.11.1990, S. 4071 ff.). Im Zusammenhang mit der geplanten Einführung des sog. EG-Gemeinschaftspatents (zu den Einzelheiten siehe den Vorschlag für eine VO des Rates über das Gemeinschaftspatent vom 1.8.2000, Dok. 2000/0177 (CNS), in dem u. a. eine „optimale Symbiose“ zwischen der EPO und der EG vorgeschlagen wird) gab es Überlegungen, das Immunitätenprotokoll der EG zu übernehmen, da die EPO bereits ohne Einführung des Gemeinschaftspatents, „am Rande der EG“ steht (Oppermann, Rdn. 462; BVerfG Beschluss vom 4.4.2001, NJW 2001, 2705; Beier/Ohly, Rdn. 2). Diese Bemühungen wurden wegen der politischen Probleme mit dem Gemeinschaftspatent nicht weiter verfolgt. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22.11.2006, XR 29,05 (Juris) verbleibt es in Deutschland bei der Besteuerung der Ruhegehälter der K. O. und der EPO nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG (siehe näher das BMF-Schreiben vom 3.8.1998 IV C6-S 1311-97/98, BStBl. I 1998, 1042, Tz 5). • Eurocontrol Die Ruhegehälter unterliegen voll der nationalen Einkommenssteuer. Die I. O. erstattet aber die nationale Einkommenssteuer zu 100%. Durch den Haushalt finanzieren die Staaten letztlich die Steuererstattung, so dass im Ergebnis die Ruhegehälter nicht der nationalen Steuer der Vertragsstaaten unterworfen sind. Die I. O. besteuert die Ruhegehälter aber intern. Insgesamt ist daher festzustellen, dass die von der EG bezahlten Ruhegehälter nur der internen Steuer der EG unterliegen; die Pensionen der I. O. des VN-CS werden als Bruttobeträge vom UNJSPF ausbezahlt und unterliegen nur der Besteuerung im Wohnsitzstaat. Dagegen werden die Pensionen der K. O. und der EPO auf der Grundlage der Nettogehaltstabellen (die nach Abzug der internen Quellensteuer berechnet werden) auch durch den Wohnsitzstaat besteuert. Ein gewisser Ausgleich dieser doppelten Belastung der Pensionen erfolgt durch die 50% Steuererstattung (siehe oben).

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1. Teil: Die Grundlagen

V. Sonstige fiskalische Privilegien (Other fiscal privileges) • Der Erwerb von Kraftfahrzeugen (siehe Schmidt, Rdn. 46; Henrichs, S. 84) Generell genießen die Bediensteten I. O. das Recht, bei Dienstantritt ein Kfz zoll- und steuerfrei in den Staat ihrer dienstlichen Verwendung einzuführen (vgl. z. B. Art. 12 EG-PPI). Auf Grund extrem hoher Besteuerung des Erwerbs von Kraftfahrzeugen gewähren einige Sitzstaaten in den Sitzstaatsvereinbarungen oder durch einseitige Regelungen gewisse fiskalische Erleichterungen für den Erwerb von Kraftfahrzeugen durch Bedienstete während der Dauer des Dienstverhältnisses. Hierdurch soll die Attraktivität des Dienstorts der I. O. erhöht werden, um qualifiziertes Personal zu gewinnen und damit die Effektivität der Aufgabenerfüllung der I. O. zu gewährleisten. So gesteht etwa Luxemburg in gewissen Zeitabständen den Bediensteten der EG den steuerfreien Erwerb von Kraftfahrzeugen zu. Die Niederlande gewähren den Bediensteten den steuerfreien Erwerb eines Kraftfahrzeugs in den ersten zehn Jahren ihrer Beschäftigung bei einer I. O. In Österreich wird den Bediensteten I. O. der steuerfreie Erwerb eines Kraftfahrzeugs alle vier Jahre gestattet. • Umzugsgüter (siehe Schmidt, Rdn. 45; Henrichs, S. 84) Bediensteten I. O. wird generell bei Dienstantritt innerhalb eines gewissen angemessenen Zeitraums nach Aufnahme des Dienstes (in der Praxis bis zu einigen Jahren) die Befreiung des persönlichen Umzugsguts (Wohnungseinrichtung, persönliche Gebrauchs- und Verbrauchsgegenstände, soweit keine Spezialregelung besteht, umfasst dies auch Kraftfahrzeuge) von jeder Art der Besteuerung zugestanden (vgl. z. B. Art. 12d EG-PPI; Art. 14g EPOPPI). Dieselbe Regelung gilt auch für die Ausfuhr der Umzugsgüter bei Beendigung des Dienstes. Einschränkungen können sich hierbei allerdings aus nationalen Gesetzen ergeben, die die Ausfuhr bedeutender nationaler Kunstgegenstände verbieten (Kunz-Hallstein, Privilegienprotokoll, Art. 14, Rdn. 23). Zumeist werden diese Privilegien großzügig gehandhabt. • Die fiskalischen Regelungen bei der Ein- und Ausfuhr von Devisen (siehe Schmidt, Rdn. 44; Henrichs, S. 85) Insgesamt besteht für alle Bedienstete I. O. eine weitgehende Befreiung von Devisenbeschränkungen. Hierdurch soll das Gehalt von etwaigen natio-

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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nalen Devisenbeschränkungen freigestellt und der Transfer von Geldmitteln aus dem Heimatland der Bediensteten in den Staat der dienstlichen Verwendung ohne Behinderung möglich sein. Praktische Probleme sind selten (vgl. Kunz-Hallstein, Privilegienprotokoll Art. 14 Rdn. 20; Henrichs, S. 86). VI. Die Freistellung von der nationalen Sozialversicherungspflicht (Exemption from compulsory national social security schemes) Die meisten Immunitätenprotokolle und Sitzabkommen I. O. enthalten heute Freistellungsklauseln für ihre Bediensteten von der nationalen Sozialversicherungspflicht unter der Voraussetzung, dass die I. O. ein eigenes Sozialversicherungssystem errichtet hat (Art. 18 EPO-PPI; siehe aber Art. 15 EG-PPI, der keine ausdrückliche Freistellung enthält, wodurch es anfänglich zu Interpretationsschwierigkeiten kam, vgl. Henrichs, S. 86). Der Begriff „Sozialversicherungssystem“ ist in den Protokollen und Sitzabkommen in der Regel nicht näher definiert. Nach herrschender Meinung wird man darunter jedenfalls die Kranken-, Invaliditäts- und Todesfallversicherung zu verstehen haben (Kunz-Hallstein, Privilegienprotokoll, Art. 18). Die Pensions-(Renten-)versicherung wird als Teil des Besoldungssystems nicht in das Sozialversicherungssystem I. O. einbezogen (vgl. z. B. Art. 16 Abs. 2 EPO-PPI). Die Freistellung von der Pflichtmitgliedschaft zu der nationalen Sozialversicherung umfasst alle nationalen Sozialversicherungszweige, auch wenn das eigene Sozialversicherungssystem der I. O. nicht alle sozialen Risiken des einzelnen Vertragsstaats abdeckt. So ist etwa eine Arbeitslosenversicherung bei I. O. nur sehr vereinzelt vorgesehen (siehe näher unter Arbeitslosengeld). Die erst bei einigen Vertragsstaaten bestehende Pflegeversicherung kann noch nicht als allgemein anerkannter Standard der Sozialversicherung für I. O. angesehen werden. I. O. sind auf Grund ihrer Abhängigkeit vom Konsens der Mehrheit der Vertragsstaaten bei der Ausgestaltung ihres Sekundärrechts für Vorreiterrollen im Sozialversicherungssystem ungeeignet. Bisher besteht eine Pflegeversicherung erst bei sehr wenigen I. O., so bei der EPO (siehe VGIAO Nrn. 2671, 2448, 2341), bei ESO und CERN (siehe näher unter Pflegeversicherung). Beschließt das Plenarorgan einer I. O. allerdings die Pflegeversicherung der Bediensteten, so bildet diese einen integralen Bestandteil des internen Sozialversicherungssystems der betreffenden I. O. Dies hat zur Folge, dass der durch das interne System abgesicherte Personenkreis von Beiträgen an die nationale Pflegeversicherung des Sitzstaats freigestellt ist. Die steuerliche Behandlung der Leistungen aus der Pflegeversicherung ist in den Mitgliedsstaaten aber nach wie vor umstritten. In einigen Staaten un-

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1. Teil: Die Grundlagen

terliegen die Leistungen (wie Pensionen) im vollen Umfang der nationalen Steuer (wobei im Gegensatz zu den Pensionen die K. O. und die EPO keine Steueranpassung gewähren). Der EUGH (EUGH C-160/96) sieht in der nationalen Pflegeversicherung eine Ergänzung der Krankenversicherung. Damit sollte auch die steuerrechtliche Behandlung der von I. O. gewährten Pflegeleistungen geklärt sein. Zwar ist bei einigen Immunitätenprotokollen ein Mitspracherecht des Sitzstaats bei der Schaffung des organisationseigenen Sozialversicherungssystems vorgesehen, um einen gewissen Mindeststandard sicherzustellen (vgl. bei Kunz-Hallstein, Privilegienprotokoll; Art. 18 EPO-PPI sieht kein Mitspracherecht vor). In der Praxis verweigern I. O. jedoch unter Berufung auf ihre Personalhoheit den Sitzstaaten allzu großen Einfluss auf die Ausgestaltung ihres Sozialversicherungssystems. Dies erscheint auch deshalb gerechtfertigt, weil die Dienstverhältnisse bei I. O. durchgehend eine erheblich über dem nationalen Durchschnitt liegende finanzielle Absicherung der Bediensteten sicherstellen (vgl. näher bei den Noblemaire- und FlemmingGrundsätzen). Außerdem ist das für den Erlass des Sozialversicherungssystems zuständige organisationsinterne Organ in der Regel mit Vertretern der Vertragsstaaten besetzt, die an einem angemessenen, dem Stande der Vertragsstaaten der jeweiligen I. O. entsprechendem Sozialversicherungssystem interessiert sind, um etwaige Rückgriffe auf staatliche Sicherungssysteme zu vermeiden.

VII. Die Privilegien bei der Einreise, dem Aufenthalt und Ende des Dienstes (Privileges concerning immigration, performing functions and termination of service) Die Vorrechte, die int. Bedienstete und ihre Familienangehörigen bei der Einreise in den Sitzstaat der I. O. während ihrer dienstrechtlichen Tätigkeit und bei der Ausreise genießen, stoßen weniger auf das Interesse und die Missgunst der Öffentlichkeit als fiskalische Privilegien. Diese Privilegien sind jedoch von großer praktischer Bedeutung für die Bediensteten. Leider kommt es immer wieder zu Verstößen und Schikanen durch nationale Behörden, die häufig auf Unkenntnis der bestehenden Regelungen zurückzuführen sind. Die zu gewährleistende ungehinderte Einreise in den Staat des Dienstorts gilt für den Zeitraum der Anbahnung des Dienstverhältnisses (Einladung zur Einstellungsprüfung) bis zu seiner vollständigen Abwicklung am Ende des Dienstverhältnisses (Rückführung des Umzugsguts). Wenn Staaten die zukünftigen Bediensteten und ihre Angehörigen nicht von einer allgemeinen Visapflicht ausnehmen, haben sie Einreisevisa sofort und kos-

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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tenlos zu erteilen. Das gleiche gilt, falls Bedienstete bestimmter Nationalität für Dienstreisen in andere Vertragsstaaten der I. O. Visa benötigen. Int. Bedienstete erhalten von der I. O. ausgestellte und vom Außenministerium des Sitzstaats visierte Ausweise zur Legitimation vor den nationalen Behörden. Diese Ausweise sind weder Diplomatenausweise nach der Wiener Diplomatenkonvention noch Dienstpässe nach nationalen Regelungen. Dienstausweise enthalten entweder pauschale Hinweise auf die im Immunitätenprotokoll den Bediensteten gewährten Privilegien und Immunitäten oder bezeichnen einzelne Vorrechte und Befreiungen. In den Sitzstaaten zeichnet sich immer mehr die Tendenz ab, für Bedienstete aller I. O. des Staatsgebiets einheitliche Ausweise in maschinenlesbarer Form auszustellen. Hierdurch soll die praktische Handhabung erleichtert und die Gewährleistung der Immunitäten und Privilegien für die Bediensteten verbessert werden. Schwierigkeiten bei den Einreiseerleichterungen treten vorrangig bei der Einreise von Familienangehörigen von Bediensteten auf. Da die Erleichterungen in den Protokollen und Sitzabkommen durchgeht auf die im „Haushalt lebenden Familienangehörigen“ (Art. 14 d EPO-PPI) oder „unterhaltene Familienmitglieder“ (Art. 12 b EG-PPI) begrenzt werden, ergeben sich gelegentlich Abgrenzungsschwierigkeiten (etwa bei volljährigen Kindern in Universitätsausbildung oder bei im Haushalt lebenden weitläufigen Verwandten). Die Immunitätenprotokolle und Sitzabkommen stellen die Bediensteten und ihre Angehörigen in der Regel von der nationalen Meldepflicht frei. Soweit sie nur eine Freistellung von der Meldepflicht „der Ausländer“ enthalten (Art. 14 d EPO-PPI) stellt sich die Frage, ob diese Freistellung in den Staaten (wie die Bundesrepublik Deutschland), die keine spezielle Meldepflicht für Ausländer kennen, eine Befreiung von der allgemeinen Meldepflicht abdeckt. Diese Frage wird von den Meldebehörden der Bundesländer nach wie vor unterschiedlich beantwortet. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses wird der Aufenthalt im Sitzstaat von den meisten Vertragsstaaten I. O. als berechtigender Aufenthaltszeitraum für einen etwa beabsichtigten Verbleib im Wohnsitzstaat angesehen. Bei erfüllter Mindestaufenthaltsdauer wird die weitere Aufenthaltsberechtigung, insbesondere im Fall des Ruhestandes, auf Antrag erteilt. Im Gegensatz zur Rechtstellung von Diplomaten besitzen int. Bedienstete einen Wohnsitz im Gaststaat. Sie werden vom Staat, in dem sie ihre dienstliche Tätigkeit wahrnehmen, weder akkreditiert, noch können sie umgekehrt zur „persona non grata“ erklärt werden. Ein erheblicher Verstoß gegen die nationale Rechtsordnung (insbesondere wenn sie zu einer Freiheitsstrafe führt) wird jedoch in der Regel zur Entlassung aus disziplinarischen Gründen und damit zum Verlust des Aufenthaltsrechts führen.

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1. Teil: Die Grundlagen

VIII. Sonstige Privilegien der Bediensteten und anderer Personen (Further privileges of employees and other persons) Einzelne Immunitätenprotokolle, Sitzabkommen oder einseitige Zugeständnisse von Sitzstaaten gewähren über die allgemein üblichen Regelungen hinaus vielfach noch weitergehende Immunitäten und Privilegien. 1. Reisepässe

Den weltweit operierenden I. O. werden für ihre Bediensteten der höheren Kategorie vielfach Reiseausweise (laissez-passer) zugestanden (vgl. Art. 7 EG-PPI; siehe auch die Resolution (69)29 des Europarats zu den Privilegien und Immunitäten der I. O. vom 26.9.1969). 2. Spitzenbeamte

Die Spitzenbeamten zahlreicher I. O. werden in der Regel den Diplomaten nach der Wiener Diplomatenkonvention gleichgestellt (siehe oben III. 2.). Diese Regelungen entsprechen damit der Resolution des Europarats 69(29), wonach die Spitzenbediensteten I. O. zusätzlich zu den, den Bediensteten I. O. eingeräumten Privilegien und Immunitäten den vollen Diplomatenstatus nach der Wiener Diplomatenkonvention gewährt werden sollte. Damit wird dem Status der I. O. als eigenem Völkerrechtssubjekt Rechnung getragen, außerdem werden politische Verhandlungen auf gleicher Augenhöhe mit den Außenministern der Vertragsstaaten ermöglicht. Da die den Diplomaten gewährten Immunitäten und Privilegien nach der Wiener Diplomatenkonvention sachlich weiter gehen als die der übrigen Bediensteten, genießen die Spitzebeamten durchgehend das Privileg der persönlichen Unverletzlichkeit (Art. 29 der Wiener Diplomatenkonvention) und der Immunität von der staatlichen Gerichtsbarkeit auch bei nicht-amtlichen, also rein privaten Handlungen (Art. 31 der Wiener Diplomatenkonvention). Außerdem behalten die Spitzenbeamten den Wohnsitz im Herkunftsland und werden im Sitzstaat akkreditiert, können andererseits aber auch zur „persona non grata“ erklärt werden. Da sie jedoch nach herrschender Meinung im Interesse der ungehinderten Funktionsfähigkeit der I. O. zusätzlich in den Genuss der allgemein den Bediensteten der I. O. zustehenden Immunitäten und Privilegien gelangen, kommt es zu einer Überlagerung des Diplomatenstatus mit dem allgemeinen Immunitätenstatus der Bediensteten. Eine sachgerechte Lösung könnte hier darin bestehen, dass für amtliche Handlungen, wie bei allgemeinen Bediensteten, die Immunität von der Gerichtsbarkeit in allen Vertragsstaaten, damit auch im Herkunftsstaat besteht. Bei rein privaten Handlungen wird man eine Immunität von der Gerichtsbarkeit nur für

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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den Sitzstaat annehmen müssen, d.h. der Spitzenbeamte genießt in seinem Heimatstaat ebenso wie andere Diplomaten keine Immunität von der Gerichtsbarkeit. Würde der Spitzenbeamte im Sitzstaat zur „persona non grata“ erklärt, könnte er sich zwar weiterhin auf den Immunitätenstatus als allgemeiner Bediensteter einer I. O. berufen. In einem solchen Fall dürfte allerdings die Fortsetzung der Tätigkeit als Leiter einer I. O. nicht mehr im Interesse einer effektiven Aufgabenerfüllung der I. O. liegen. 3. Freistellung von der Arbeitserlaubnis

Die Personalhoheit I. O. erstreckt sich auch auf die Arbeitsaufnahme ihrer Bediensteten. Sie umfasst daher auch die Auswahl ihrer zukünftigen Bediensteten, die Einreise zur Teilnahme an Interviews sowie die Einreise zur Aufnahme des Dienstes. Familienangehörige des Bediensteten besitzen dagegen lediglich ein Aufenthaltsrecht im Sitzstaat. Für eine Arbeitsaufnahme sind grundsätzlich die Vorschriften des nationalen Rechts maßgebend. Da die Sitzstaaten jedoch ein erhebliches Interesse an der ungehinderten Funktionsfähigkeit der I. O. besitzen, tragen sie häufig zur Erhöhung der Attraktivität des Arbeitsplatzes durch die Gewährung der Freistellung oder zumindest einer Erleichterung der Arbeitsaufnahme der Familienangehörigen int. Bediensteter bei. So benötigen derzeit Familienangehörigen von Bediensteten I. O. z. B. in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien keine Arbeitserlaubnis. In Österreich wird die Arbeitserlaubnis zurzeit kurzfristig erteilt. In Frankreich werden Arbeitsgenehmigungen mit gewissen Einschränkungen erteilt (vgl. die Übersicht in: Review of the Headquarters Agreements concluded by the Organisations of the United Nations System, VN-Dokument JIU/ REP/2004/2. In den Ziffern 41 ff. dieses Dokuments wird auch festgestellt, dass bei einigen Sitzstaaten die Ablehnung der Arbeitserlaubnis für Ehegatten von Bediensteten häufig zur Kündigung der Anstellung („serious hindrance . . . to recruit and retain . . . specialists“) bei der I. O. führt). 4. Privilegien im Krisenfall

Im Falle einer int. Krise werden den Bediensteten I. O. und ihren Familienangehörigen vielfach dieselben Ausreiseerleichterungen wie den Diplomaten nach Art. 44 der Wiener Diplomatenkonvention gewährt (vgl. Art. 14 f. EPO-PPI). 5. Freistellung vom Wehrdienst

Die Bediensteten einiger I. O. (vgl. Art. 14 b EPO-PPI) sind von der Verpflichtung zum Wehrdienst im Sitzstaat befreit. Zumeist können jedoch

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1. Teil: Die Grundlagen

Staaten ihre eigenen Staatsangehörigen von diesem Privileg ausschließen (vgl. Art. 22 EPO-PPI). Das EG-PPI kennt die Freistellung vom Wehrdienst für ihre Beschäftigten nicht. 6. Wareneinkauf

Einige Sitzstaaten, insbesondere älterer und weltweit operierender I. O. gewähren ihren Bediensteten im beschränkten Umfang noch den steuerfreien Wareneinkauf. Diese historische Reminiszenz (insbesondere nach dem 2. Weltkrieg entsprach das Warenangebot in vielen Ländern nicht der für int. Bedienstete erforderlichen Qualität und Vielfalt) hat heute seine Berechtigung verloren und wird nach und nach abgebaut (so das sog. „Commissary“ für die Bediensteten der UN Organisationen in Wien und die „Weihnachtspakete“ für Angehörige der EG).

E. Die Haftung für Schäden aus dem Dienstverhältnis (The liability for employment derived damages) I. Die Haftung der Organisation (The liability of the organisation) Die Dienstverhältnisse sind für das Wirken einer I. O. denknotwendige Voraussetzung (Schermers/Blokker, § 191). Damit sind sie integraler Teil der amtlichen Tätigkeit jeder I. O. und insoweit staatlichen Hoheitsgewalt der Mitgliedsstaaten entzogen. Auch die nationalen Gerichte sind daher sowohl durch die Immunität der I. O. (ratione personae) als auch der Sache nach (ratione materiae) international unzuständig (Wenckstern, Rdn. 993 ff.). Ihre dennoch bestehende Verpflichtung (ARGrundsatz), Rechtsschutz zu gewähren (siehe 2. Teil, 2. Abschn. B. VII.), erfüllen I. O. im Bereich ihres Dienstrechts nicht durch die bei zivilrechtlichen Streitigkeiten mit Dritten übliche Schiedsverfahren, sondern durch die Justizgewährung über int. VerwGerichte. Diese werden von der I. O. entweder selbst errichtet oder die I. O. erkennt (insbesondere aus finanziellen Gründen) die Gerichtsbarkeit eines bereits bestehenden int. VerwGerichts für seine eigenen dienstrechtlichen Streitigkeiten an (z. B. das VGIAO). Vereinzelt enthält bereits das Primärrecht entsprechende Zuständigkeitsnormen (vgl. Art. 236 EGV und Art. 13 EPÜ), die als Sonderregelung (lex specialis) für alle – im weitesten Sinne – im Dienstverhältnis wurzelnden Schadensersatzansprüche, die Anwendung der allgemeinen Haftungsnormen I. O. für vertragliche und außervertragliche Schäden (vgl. Art. 235, 288 EGV und Art. 9 EPÜ) ausschließen (näher Gilsdorf/Niejahr, Rdn. 96; Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 9

2. Abschn.: Das Dienstrecht der Internationalen Organisationen

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EPÜ Rdn. 7). Die Exekutiv- und Legislativorgane sind an diese primärrechtlichen Vorgaben gebunden. Die materiellen Grundlagen für die Haftung I. O. finden sich verstreut in den DienstRO bzw. Einzelvereinbarungen mit den Bediensteten. Soweit dort keine ausdrückliche Rechtsgrundlage besteht, leiten int. VerwGerichte Ansprüche durch Auslegung anderer Anspruchsnormen (vgl. Art. 236 EGV und Art. VIII Statut des VGIAO) ab bzw. leiten selbst konkrete Haftungsregelungen aus dem ARGrundsatz auf Schadensersatz ab (siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.5.). II. Die Haftung der Bediensteten (The liability of employees) Schadensersatzansprüche gegen die Bediensteten aus den Dienstverhältnissen bestimmen sich materiell-rechtlich in erster Linie nach den Normen in den Dienstordnungen und individuellen Vereinbarungen. Zumeist wird es sich dabei um Regressforderungen handeln. So kann etwa der Beamte auf teilweisen oder vollen Schadensersatz für Schäden in Anspruch genommen werden, die er in Ausübung oder anlässlich der Ausübung seines Amts der I. O. vorsätzlich oder fahrlässig zugefügt hat (vgl. z. B. Art. 288 Abs. 4 EGV in Verbindung mit Art. 22 EG-BS). Dabei werden die Regressansprüche nach den für das Disziplinarverfahren geltenden Verfahrensgrundsätzen verfolgt und durch entsprechende Kürzung der Gehaltsansprüche vollstreckt. Den Bediensteten steht hiergegen der normale Rechtsweg für dienstrechtliche Streitigkeiten offen. Für den mehr theoretisch denkbaren Fall einer Haftung für Schäden aus unerlaubter Handlung, die der Bedienstete nicht in Ausübung oder anlässlich der Ausübung seines Amts der I. O. zugefügt hat (z. B. vorsätzliche Brandstiftung) finden die nationalen Haftungsregelungen nach den jeweiligen int. Privatrechtsordnungen Anwendung (vgl. Rogalla, S. 149).

F. Die strafrechtliche Verantwortung im Dienstverhältnis (Criminal responsibility in the employ of international organisations) Zur Absicherung der Unabhängigkeit sind I. O. und ihre Bediensteten nach Maßgabe der ihnen gewährten Privilegien und Immunitäten von der Geltung der materiellen nationalen Rechtsordnungen bzw. von deren hoheitlicher Durchsetzung befreit. Im Übrigen unterliegen sie jedoch grundsätzlich der jeweils geltenden nationalen Rechtsordnung. Dies gilt auch für den

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1. Teil: Die Grundlagen

Bereich des Strafrechts. Lediglich bestimmte leitende Bedienstete kommen auf Grund von „Sonderregelungen“ (vgl. z. B. § 20 Abs. 2 des deutschen GVG) in den Genuss diplomatischer Privilegien und Immunitäten nach der Wiener Diplomatenkonvention. So z. B. die vorstehend unter D.VIII.2. genannten Spitzenbeamten. Probleme bestehen bei der Anwendung nationaler Strafgewalt im Bereich von Amtsdelikten (Straftaten im Amt) auf int. Bedienstete. Durch das EUBestechungsgesetz (EU-BestG) vom 10.9.1998 (BGBl. 1998 II S. 2340) wurden Gemeinschaftsbeamte inländischen Amtsträgern bei Bestechungshandlungen i. S. der §§ 323 ff. StGB gleichgestellt (§ 1 Abs. 1 Ziffer 2b EU-BestG). Nach dem int. Bestechungsgesetz (IntBestG) vom 10.9.1998 (BGB. 1998 II S. 2327), das das Übereinkommen der OECD vom 17.12.1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im int. Geschäftsverkehr umsetzt, werden für bestimmte Bestechungshandlungen „im internationalen geschäftlichen Verkehr“ auch Bedienstete der anderen I. O. einem sonstigen Amtsträger i. S. des § 334 StGB gleichgestellt. Mit Drucksache 16/6558 vom 4.10.2007 liegt dem Bundestag ein Gesetzentwurf für ein zweites Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vor, das der Anpassung des deutschen Strafrechts an die int. Entwicklung zur Bekämpfung int. Bestechung dienen soll. Umgesetzt werden sollen dabei u. a. das Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption vom 27.1.1999 und das Übereinkommen der VN gegen Korruption vom 31.10.2003 (§ 335 a StGB-Entwurf). Dabei sollen die Straftatbestände aus dem Nebenstrafrecht in die Straftatbestände des StGB integriert und u. a. die Strafbarkeit der Bestechlichkeit und Bestechung auf int. Bedienstete ausgedehnt werden. Ausserdem soll das bisherige Erfordernis des Zusammenhangs der Bestechungshandlung mit dem „internationalen geschäftlichen Verkehr“ entfallen. Stimmen in Lehre und Praxis lehnen den Großteil der vorgesehenen Änderungen ab (BRAK-Stellungnahme Nr. 2/2007). In der Streichung des Erfordernisses, dass die Bestechungshandlung mit dem int. geschäftlichen Verkehr in Zusammenhang stehen muss, sieht die BRAK einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es ist in der Tat schwer vorstellbar, dass nationale Gerichte strafrechtlich relevante Wertungen in Fragen des internen Treue- und Integritätsverhältnisses zwischen einer I. O. und ihren Bediensteten vornehmen.

2. Teil

Die Rechtsquellen des Dienstrechts der Internationalen Organisationen (The sources of international civil service law) 1. Abschnitt

Das normierte Dienstrecht und die Allgemeinen Rechtsgrundsätze – Grundlagen und Übersicht (The statutory employment law and the general legal principles – basics and survey) Die Rechtsverhältnisse zwischen den Bediensteten der I. O. und ihrer Anstellungsorganisation stützen sich auf verschiedene rechtliche Grundlagen (Rechtsquellen). Da das Recht der I. O. auf völkerrechtlichen Vereinbarungen (Gründungsverträge, sog. Primärrecht) beruht, wird auch das von ihnen abgeleitete interne Dienstrecht (wie das gesamte nachrangige autonome Recht der I. O., das Sekundär- und Tertiärrecht) dem Völkerrecht zugerechnet (Seidl-Hohenveldern/Loibl, S. 219). Wegen seiner, auf die Mitgliedsstaaten beschränkten Wirkung, spricht man dabei von „partikulärem“ Völkerrecht (Seidl-Hohenveldern/Loibl, S. 220, 224). Von der in Art. 38 Abs. 1 a bis c der Satzung des IGH enthaltenen „klassischen“ Nomenklatur (Herdegen, Art. 25 Rdn. 15) der Rechtsquellen des Völkerrechts (d.h. den int. Übereinkünften, dem int. Gewohnheitsrecht und den anerkannten Rechtsgrundsätzen) wird auch das Dienstrecht der I. O. gespeist. Allerdings ist das int. Gewohnheitsrecht als Rechtsquelle für I. O. weitgehend ohne praktische Bedeutung (Nettesheim, Art. 249 Rdn. 11). Als grundlegende Rechtsquelle des int. Dienstrechts verfügt jede I. O. über ein eigenes internes System an normierten dienstrechtlichen Vorschriften (Personal-, Beamtenstatut). Dieser zentrale „Corpus iuris“ wird durchgehend von dem zur organisationsinternen Rechtsetzung befugten Plenarorgan (Rat, Generalversammlung) erlassen. Die Befugnis hierzu leitet sich in der Regel aus den Gründungsübereinkommen (Primärrecht) der Organisation ab (vgl. z. B. Art. 101 Abs. 1 VN-Charta; Art. 283 EGV, Art. 33 Abs. 2b und c EPÜ). Ganz allgemein ergibt sich die Kompetenz zum Erlass

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

eines internen Dienstrechts aus der Personalhoheit jeder I. O., die sich ihrerseits aus der ihr „naturgemäß“ zustehenden Organisationsgewalt ableitet (Seidl-Hohenveldern/Loibl, S. 228). Hierauf müsste man z. B. die Kompetenz zum Erlass des ER-PS stützen. Dieses, von den Gesetzgebungsorganen der I. O. erlassene Sekundärrecht, wird „nach oben hin“ durch die in den Gründungsübereinkommen vereinzelt enthaltenen dienstrechtlichen Regelungen ergänzt (vgl. z. B. das Rechtsschutzverfahren in dienstrechtlichen Streitigkeiten (Art. 236 EGV, Art. 13 EPÜ), die interne Rückgriffshaftung gegen Bedienstete (Art. 288 EGV, Art. 9 Abs. 3 EPÜ), die dienstrechtlichen Kompetenzen des Leiters der Exekutive (Art. 10 EPÜ). Vom Umfang her von weit größerer Bedeutung sind allerdings die in Ergänzung der DienstRO bzw. des BS vom Leiter der Exekutive erlassenen Vorschriften (Durchführungsordnungen, Verwaltungsanweisungen, Richtlinien etc). Dieses nachrangige Recht wird meist unter dem Begriff „Tertiärrecht“ zusammengefasst (Nettesheim, Rdn. 13; siehe auch Seidl-Hohenveldern/Loibl, S. 227, 251; Rogalla, Art. 283 EGV Rdn. 10). Die Befugnis hierzu ergibt sich vielfach aus dem Sekundärrecht (Art. 110 Abs. 1 EG-BS; Einleitung zum VN-PS – Scope and purpose, Art. 62 ER-PS) oder sogar aus dem Primärrecht (Art. 10 Abs. 2a EPÜ). Die Gesamtheit des normierten Dienstrechts der I. O. regelt die Beschäftigungsverhältnisse der int. Bediensteten jedoch nicht abschließend. Im Gegensatz zu den nationalen öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnissen, bei denen zur Ergänzung und Auslegung auf die Verfassungsgrundsätze der jeweiligen nationalen Rechtsordnung zurückgegriffen werden kann, fehlen diese für das int. Dienstrecht weitgehend. Lediglich vereinzelt finden sich im sekundären Dienstrecht Regelungen zu ARGrundsätzen, wie zum Gleichheitssatz, zur Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und zum Grundrecht auf Rechtsschutz (siehe 2. Teil, 2. Abschn.). Diese ARGrundsätze müssen daher dem Völkerrecht entnommen werden (Nettesheim, Rdn. 10; Seidl-Hohenveldern/Loibl, S. 225, 251; Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 17; Karpenstein, Rdn. 43 ff.). Diese ARGrundsätze werden in der Rechtsprechung der int. VerwGerichte entwickelt, die sie in einem (nur sehr selten offengelegten) Erkenntnisprozess aus den int. Übereinkommen und Deklarationen zu den Grundund Menschenrechten, sowie den übereinstimmenden verfassungsrechtlichen Wertordnungen der Mitgliedsstaaten ableiten. Diese ARGrundsätze binden die Legislativ- und Exekutivgewalten der I. O. beim Erlass dienstrechtlicher Regelungen und Entscheidungen. Außerdem sind sie der Maßstab zur Auslegung und Lückenfüllung des internen Dienstrechts.

1. Abschn.: Normiertes Dienstrecht und Allgemeine Rechtsgrundsätze

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Die nachfolgende Darstellung der einzelnen Rechtsquellen des Dienstrechts der I. O. behandelt im 2. Abschnitt die ARGrundsätze für den int. öff. Dienst, als die von den int. VerwGerichten entwickelte primärrechtliche Rechtsquelle. Trotz der sich aus der Unabhängigkeit der einzelnen int. VerwGerichte unvermeidlich ergebenden Abweichungen und Nuancierungen bei der Entwicklung der ARGrundsätze, stellen diese doch einen weitgehend homogenen Wertekanon dar. Naturgemäß bildet in diesem Abschnitt weniger der dogmatische Unterbau als die Rechtsprechung den Schwerpunkt der Darstellung. Im 3. Abschnitt werden dann die wesentlichen Strukturen und Elemente des Dienstrechts der I. O. (Sekundär- und Tertiärrecht) dargestellt. Den Schwerpunkt bildet der in den Personal- und Beamtenstatuten und den sie ergänzenden Durchführungsvorschriften, Richtlinien und Verwaltungsanweisungen enthaltene Normenkomplex. Ergänzend wird auch auf benachbarte Regelungsbereiche, wie z. B. die Pensionsfonds, die ICSC und die int. Gewerkschaften eingegangen und zur Veranschaulichung und Ergänzung der dienstrechtlichen Regelungen auf die einschlägige Rechtsprechung hingewiesen.

2. Abschnitt

Die Allgemeinen Rechtsgrundsätze des internationalen öffentlichen Dienstes (The general legal principles of the international civil service) A. Einleitung (Introduction) Aus dem weitgehenden Fehlen umfassender grundrechtlicher Gewährleistungskataloge und der Garantie rechtsstaatlicher Grundsätze für den int. öff. Dienst in den Gründungsübereinkommen und den Personalordnungen darf nicht geschlossen werden, für int. Bedienstete wären diese nationalstaatlich und in int. Übereinkommen verbürgten ARGrundsätze im Verhältnis zu ihrer Anstellungsorganisation ohne Bedeutung. Ebenso wenig wäre es zulässig, aus den vereinzelt in den Personalordnungen verbürgten Grundrechten (häufig sind im sekundären Dienstrecht die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, der Gleichheitssatz und das prozessuale Grundrecht auf Rechtsschutz gegenüber der I. O. ausdrücklich gewährleistet) auf eine erschöpfende Regelung zu schließen. Das Fehlen kompletter grundrechtlicher Schutznormen im int. Dienstrecht erklärt sich vielmehr daraus, dass I. O. weniger leicht in die Gefahr geraten, Menschenrechte zu verletzen, „dies nicht so sehr, weil sie besser wären als die Staaten, sondern weil ihre Kompetenzen beschränkt sind“ (Schermers, Die Bedeutung der Menschenrechte für die internationale Organisationen, Ansprache vom 16.6.1994, Heymanns Verlag, S. 26). So sind auf Grund der funktionalen Beschränkung der Organisationsgewalt und damit des Gefährdungspotentials einige grundrechtliche Gewährleistungen für das Dienstrecht der I. O. ohne Bedeutung. Dies ist etwa der Fall für das Verbot der Folter und Sklaverei (Art. 4 und 5 AEMR, Art. 3 und 4 EMRK, Art. 4 und 5 EU-GRC), den Schutz vor Ausweisung (Art. 9 AEMR, Art. 3 und 4 Zusatzprotokoll 4 EMRK, Art. 19 EU-GRC), die Freizügigkeit und Auswanderungsfreiheit (Art. 13 AEMR), das Recht auf Freiheit der Eheschließung (Art. 16 AEMR, Art. 12 EMRK, Art. 9 EU-GRC) und das Wahlrecht (Art. 39 und 40 EU-GRC). Es ist allerdings festzuhalten, dass der Kreis der auf die Dienstverhältnisse bei I. O. anwendbaren ARGrundsätze nicht ab

2. Abschn.: Allgemeine Rechtsgrundsätze des int. öffentlichen Dienstes

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initio eingeschränkt ist. Bei ultra vires Handlungen I. O. können die für die Entwicklung der ARGrundsätze letztlich zuständigen int. VerwGerichte auf weitere allgemeine grundrechtliche Gewährleistungen zurückgreifen. I. Der Begriff der Allgemeinen Rechtsgrundsätze (The concept of the general legal principles) Unter den ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst wird man zunächst – ebenso wie im allgemeinen Völkerrecht (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1515) – die Grundsätze zu verstehen haben, die den Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten einer I. O. gemeinsam sind und wie sie vielfach in den int. Übereinkommen und Deklarationen zu den Menschenrechten, Grundfreiheiten und sonstigen rechtsstaatlichen Grundsätzen zum Ausdruck kommen (Hilf/Schorkopf, Rdn. 46 ff.; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1613). Sie sind das Ergebnis eines Abwägungsprozesses wertender Rechtsvergleichung der int. VerwGerichte und stellen weder einen Mindeststandard noch eine Maximallösung dar (vgl. von Bogdandy, Rdn. 28). Neben diesen, aus den nationalen Rechtsordnungen abgeleiteten Grundsätzen (Verdross/Simma, § 606: Hier wird der höhere Entwicklungsstandard der innerstaatlichen Rechtsordnung für das Völkerrecht fruchtbar gemacht, siehe auch Ipsen, § 17) haben die int. VerwGerichte eine Reihe spezifischer ARGrundsätze für den int. öff. Dienst entwickelt. Bei deren Ableitung können die int. VerwGerichte weder auf nationalstaatliche Verfassungsgrundsätze noch auf völkerrechtliche Verträge oder Deklarationen zu den ARGrundsätzen zurückgreifen. Sie haben diese spezifischen ARGrundsätze aus dem Existenzzweck der I. O. abzuleiten. Als Beispiele dieser spezifischen ARGrundsätze sind z. B. zu nennen (zu den Einzelheiten siehe nachstehend unter D.): – die wohlerworbenen Rechte der Bediensteten als besonderer Ausfluss des Vertrauensschutzes; – der Grundsatz der Unabhängigkeit der I. O. und ihrer Bediensteten von einzelstaatlicher Einflussnahme; – die Rechtsgrundsätze von Flemming und Noblemaire. Die ARGrundsätze bilden zusammen mit den Gründungsübereinkommen einen verbindlichen primärrechtlichen Prüfungs- und Wertemaßstab für die Ausübung der Personalhoheit einer I. O. Dieser Wertekanon ist sowohl für die Ausübung des Legislativermessens beim Erlass des dienstlichen Sekundärrechts (oder DienstRO) als auch für den Beurteilungsspielraum und das Verwaltungsermessen bei der Rechtsetzung im tertiären Bereich und bei dem Erlass von Einzelentscheidungen zu beachten.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Letztlich obliegt es der Rechtsprechung der int. VerwGerichte, Inhalt und Schranken der ARGrundsätze für den int. öff. Dienst fortzuentwickeln und die so erkannte Wertordnung zur Wahrung des Rechts in den Dienstverhältnissen der I. O. rechtsbestätigend oder korrigierend durchzusetzen (vgl. Kokott, S. 906).

II. Die Ableitung der Allgemeinen Rechtsgrundsätze (The derivation of the general legal principles) 1. Allgemeines

Das Dienstrecht der I. O. ist auf Grund des Selbstorganisationsrechts in diesem Bereich, d.h. der Personalhoheit, von der Anwendung einzelner nationaler Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten abgeschnitten. Bei der Errichtung I. O. „übertragen“ diese Staaten (vgl. Art. 24 Abs. 1 deutsches GG) im Gründungsübereinkommen Teile ihrer souveränen Hoheitsgewalt, um die mit den anderen Staaten vereinbarten gemeinsamen Organisationsziele zu verwirklichen. Bei diesem Gründungsvorgang handeln die Staaten im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Befugnisse und unter Berücksichtigung bereits anderweitig eingegangener völkerrechtlicher Verpflichtungen. Dies gilt insbesondere auch für die int. Vereinbarungen und Erklärungen zum Schutz der Menschenrechte, Grundfreiheiten und sonstiger ARGrundsätze. Es kann unterstellt werden, dass die Staaten bei der Gründung einer I. O. sich ihrer eigenen verfassungsrechtlichen Grundsätze und den völkerrechtlich eingegangenen Verpflichtungen zur Einhaltung dieser ARGrundsätze nicht entziehen wollen. Außerdem gilt auch im Völkerrecht der Rechtsgrundsatz, dass Rechtsträger nicht mehr Rechte übertragen können als sie selbst besitzen. Damit unterliegt die auf I. O. übertragene Hoheitsgewalt immanenten Schranken, die den nationalen Grundrechtsbindungen weitgehend entsprechen. Dies gilt auch dann, wenn das Gründungsübereinkommen keinen oder keinen vollständigen Hinweis auf diese Grundrechtsbindung enthält (EGMR Beschwerde Nr. 26083/94, Urteil vom 18.2.1999, Waite und Kennedy/ Deutschland, S. 15: „. . . where States establish international organisations . . . there may be implications on the protection of fundamental rights. It would be incompatible with the purpose and object of the Convention, however, if the Contracting States were thereby absolved from their responsibility under the Convention in relation to the field of activity covered by such attribution“; EKMR, Beschwerde Nr. 38817/97, Urteil vom 9.9.1998 Lenzing AG/Großbritannien, S. 8 (unter Bezug auf die ständige Rechtsprechung der Kommission): „. . . if a State contracts treaty obligations and subsequently

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concludes another international agreement which disables it from the performing its obligations under the first treaty it will be answerable for any resulting breach of its obligations under the earlier treaty.“). Vor allem folgende int. Übereinkommen und Deklarationen zu den Menschenrechten, Grundfreiheiten und sonstigen ARGrundsätzen werden in der Rechtsprechung int. VerwGerichte für die Dienstrechtsverhältnisse als maßgebend herangezogen: – die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vollversammlung der VN (AEMR vom 10.12.1948, siehe VGIAO Nrn. 2120, 378, 326, 273); – die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten des Europarats (EMRK vom 4.11.1950, siehe VGIAO Nr. 2292); – die Europäische Sozialcharta des Europarats (vom 18.10.1961, siehe EUGH 149/77); – die Grundrechtscharta der Europäischen Union (EU-GRC vom 12.12. 2007 zu Art. 6 EUV Fassung von Lissabon (noch im Entwurf) bzw. die nicht in Kraft getretene alte Fassung der EU-GRC vom 7.12.2000, siehe EUG T-54/99; vgl. Hilf/Schorkopf, Rdn. 55)). (Siehe daneben allgemein zu den ARGrundsätzen im int. Dienstrecht VGIAO Nrn. 2156, 1821, 1756). Die von den int. VerwGerichten für den Bereich der ihrer Rechtsprechungskompetenz unterliegenden I. O. entwickelten ARGrundsätze, fließen aus den vorstehend genannten völkerrechtlichen Erkenntnisquellen. Bei dieser Wertschöpfung handelt es sich also nicht um eigenes „Richterrecht“, sondern um grundlegende Rechtssätze für das int. Dienstrecht, die aus einem kreativen, wertenden Prozess der Rechtserkenntnis fließen (Rengeling, S. 95). Da es sich auch hierbei um partikuläres Völkerrecht handelt, sind diese ARGrundsätze eigentlich von dem zuständigen int. VerwGericht für jede seiner Gerichtsbarkeit unterliegende I. O. getrennt zu entwickeln. Es sind allerdings heute auf Grund der immer stärkeren Angleichung der Erkenntnisquellen für die ARGrundsätze des int. öff. Dienstes auch in der Rechtsprechung derjenigen int. VerwGerichte, deren Gerichtsbarkeit sich auf mehrere I. O. erstreckt, kaum mehr partikuläre ARGrundsätze anzutreffen. (Auch die Flemming- und Noblemaire-Grundsätze des VN-CS gelten heute für alle I. O., siehe näher bei diesen Grundsätzen). So wendet insbesondere das VGIAO, dessen Gerichtsbarkeit sich (2008) auf 50 I. O. erstreckt, die ARGrundsätze auf alle I. O. an, ohne dabei zwischen den UNOrganisationen des CS und etwa der EPO, dem CERN oder der ESO zu unterscheiden (siehe dagegen noch Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1613: „In weltweiten Internationalen Organisationen wird der Kreis der den Mit-

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gliedern gemeinsamen Rechtsgrundsätze, auf die zur Auslegung zurückgegriffen werden kann, relativ gering sein.“). Bei der Ableitung der ARGrundsätze legen die int. VerwGerichte ihre internen Untersuchungen und Rechtsvergleiche nicht offen, sondern stellen zumeist apodiktisch die Existenz eines ARGrundsatzes fest. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie über die Anwendung ARGrundsätze nach „Lust und Laune“ (Amerasinghe, The Law, S. 158: „. . . whims and fancies“), sondern auf Grund von Vergleichen nationaler Verfassungsordnungen und int. Menschenrechtsübereinkommen und Deklarationen entscheiden. Der „interne rechtsvergleichende Aufwand“, der den oft „lapidaren Feststellungen“ eines ARGrundsatzes durch das Gericht vorausgeht, ist „häufig sehr erheblich“ (Pernice/Mayer, Art. 6 EUV, Rdn. 13; Amerasinghe, The Law, S. 157: „the question as to how in actual practice general principles are identified is not without difficulty“). Int. VerwGerichte ziehen es daher immer mehr vor, die Ableitung ARGrundsätze auf int. Übereinkommen und Deklarationen zu stützen, da diese ihrerseits bereits auf einem Konsens der Vertragsstaaten beruhen, diese ARGrundsätze gemeinsam anzuerkennen (Pernice/Mayer, Art. 6 EUV, Rdn. 7; Rengeling, S. 104 ff.; Ipsen, § 17 Rdn. 8). Vereinzelt verweisen int. VerwGerichte zur Bestätigung des Ergebnisses ihres Rechtsfindungsprozesses auch auf die Rechtsprechung anderer int. VerwGerichte (siehe z. B. VGIAO Nrn. 2227, 1296; siehe im Einzelnen bei Amerasinghe, The Law, S. 196 ff.). 2. Besondere Ableitungen

Für einige Dienstrechtskreise und I. O. gelten Besonderheiten bei der Ableitung der ARGrundsätze. Hierdurch wird der Prozess der Rechtsfindung der für die Entwicklung der ARGrundsätze letztlich zuständigen int. VerwGerichte erheblich erleichtert. • Dienstrecht der EG Nachdem die EU der EMRK bisher nicht beitreten kann (EUGH, Gutachten 2/94 vom 28.3.1996), bildet Art. 6 EUV den Dreh- und Angelpunkt („die zentrale Vorschrift“, Hilf/Schorkopf, Rdn. 1) für die Bindung der Gemeinschaftsorgane an die ARGrundsätze. Er übernimmt in seinem Abs. 2 zwei Erkenntnisquellen für die ARGrundsätze, nämlich die bereits in ständiger Rechtsprechung des EUGH anerkannte materielle Bezugnahme auf die Grundrechte der EMRK und die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten (Hilf/Schorkopf, Rdn. 46). Außerdem werden nach Art. 6 Abs. 1 EUV die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze verbürgt.

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Hinzu kommen noch die Grundfreiheiten, Menschenrechte und sonstigen ARGrundsätze, die seit der ersten Unterzeichnung der EU-GRC am 7.12. 2000 als „Orientierungs- und Auslegungshilfe“ (Pernice/Mayer, Rdn. 25: „zusätzliche Argumentationsstütze“) herangezogen werden. Mit der nunmehr am 12.12.2007 (ABl. C 303 vom 14.12.2007) erfolgten feierlichen Proklamation der EU-GRC und der demnächst geplanten Aufnahme einer entsprechenden Verweisung auf diese Charta in Art. 6 Abs. 1 EUV (Lissabonner Fassung), wird für das EG Recht ein unmittelbar geltender grundrechtlicher „Mehrwert“ (Rengeling, S. 113) erzielt. Die vorstehend beschriebenen ARGrundsätze sind für die gesamte Rechtsordnung der Europäischen Union verbindlich und daher auch für alle legislativen und exekutiven Handlungen der Gemeinschaft im Bereich des EG-Dienstrechts der oberste rechtliche Maßstab (siehe Karpenstein, Rdn. 43 und 61; Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 17; Kalbe, Rdn. 10 bis 15; Pernice/ Mayer, Rdn. 17). Eine gewisse Hilfestellung hierbei liefern neben der Rechtsprechung des EUGH, die im Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis des Europäischen Bürgerbeauftragten normierten Grundsätze einer guten Verwaltung (siehe Art. 41 EU-GRC; Pernice/Mayer, Rdn. 225). Diese „nahezu erschöpfende“ Aufzählung grundlegender Rechte und Grundsätze (Rengeling, S. 892) berücksichtigt die Prinzipien, die sich in der Rechtsprechung des EUGH finden. Zwar schließt Art. 3 Abs. 2 des Kodex die Anwendung der Grundsätze auf die Beziehungen zwischen der EU und den Beamten ausdrücklich aus, weil der Kodex nur auf die Beziehungen der EU und ihrer Bediensteten zur Öffentlichkeit abzielt. Auch ohne eine formelle Bezugnahme wird man jedoch die meisten dieser konkreten Verwaltungsgrundsätze auch für die Dienstverhältnisse als Orientierungs- und Auslegungshilfe heranziehen können. Dies gilt insbesondere für die Pflicht zur Rechtmäßigkeit des Handelns (Art. 4), den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 6), die pflichtgemäße Ermessensausübung (Art. 7), das Gebot des unparteilichen und unabhängigen Handelns und das Willkürverbot (Art. 8), das Gebot der Objektivität und der sorgfältigen Tatsachenermittlung (Art. 9), den Vertrauensschutz (Art. 10), das Gebot des unparteiischen, fairen und vernünftigen Handelns (Art. 11) und die Begründungspflicht von Entscheidungen (Art. 18). Die Entwicklung der ARGrundsätze und die nachfolgende rechtsverbindliche Kontrolle ihrer rechtmäßigen Anwendung durch die Organe der EG ist letztlich Aufgabe des EUGH (insbesondere des EUG und EUGöD). Nach der Aufgabenzuweisung in Art. 220 EGV dient die Gerichtsbarkeit des EUGH der „Wahrung des Rechts“ bei der Auslegung und Anwendung des EG-Vertrags. „Recht“ ist hierbei im umfassenden Sinne zu verstehen (Pernice/Mayer, Art. 220 EGV, Rdn. 17; grundlegend EUGH 11/70), d.h.

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der Begriff „Recht“ weist über die positive Gemeinschaftsordnung hinaus und bezieht die gemeinsamen rechtsstaatlichen Grundsätze der Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten als obersten Wert- und Prüfungsmaßstab mit in Rechtsordnung der Gemeinschaft ein (Pernice/Mayer, Art. 220 EGV, Rdn. 1). Er umfasst darüber hinaus auch die über Art. 6 Abs. 2 in das Gemeinschaftsrecht als Bezugspunkt für die Geltung ARGrundsätze aufgenommene EMRK und (demnächst) über Art. 6 Abs. 1 die ARGrundsätze nach der EU-GRC. Dieser, für den allgemeinen Rechtsprechungsauftrag des EUGH maßgebende primärrechtliche Prüfungsmaßstab, erstreckt sich auf den gesamten Bereich seiner gerichtlichen Zuständigkeit. Auch wenn daher in der die dienstrechtliche Streitigkeit betreffenden Kompetenznorm des Art. 236 EGV (im Gegensatz zu der Kompetenznorm des Art. 288 EGV) nicht ausdrücklich auf die Geltung ARGrundsätze verwiesen wird, vollzieht sich diese nachträgliche Kontroll- und Auslegungsaufgabe des Gerichts unter voller Heranziehung der ARGrundsätze, wie sie in Art. 6 EUV normativ niedergelegt sind. • Dienstrecht der VN und ihrer Sonderorganisationen Im Gegensatz zu dem lediglich programmatischen Charakter der AEMR als „Empfehlung“ (resolution) der VN-Generalvollversammlung, die die Mitgliedsstaaten „höchstens moralisch, aber nicht rechtlich“ (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1548) verpflichtet, ist sie (wie die Grundrechte in der VN-Charta, vgl. VGVN Nr. 378 unter Berufung auf das IGH Rechtsgutachten vom 13.7.1954; siehe auch Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1540) für das interne Dienstrecht verbindlich. (Die VN muss sich nach innen an die Rechtsgrundsätze halten, die sie nach außen propagiert; siehe näher Priess, S. 70 ff.). Dies wurde vom IGH in einer Überprüfung (application for review) des Urteils Nr. 273 des VGVN festgestellt und das VGVN vertritt diese Auffassung seitdem in ständiger Rechtsprechung (siehe hierzu auch VGVN Nr. 326: „. . . the Tribunal must uphold the principles embodied in the Universal Declaration of Human Rights and the related International Convenants“; ebenso das VGIAO Nr. 848: „. . . the Organisation (Anm.: WIPO) is bound . . . as stated in the Universal Declaration of Human Rights approved on 10 December 1948“; siehe hierzu näher Priess, S. 70 ff.). • Dienstrecht des ER Die EMRK und die Europäische Sozialcharta vom 18.10.1961 sind nach der Empfehlung Nr. 856 (1979) der Parlamentarischen Versammlung des ER vom 27.3.1979 auch für das interne Dienstrecht des ER verbindlich. In

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Nr. 4 dieser Empfehlung stellt die Versammlung des ER fest, dass der ER sich immer bemüht hat, an der Spitze des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts zu stehen und es damit nicht vereinbar wäre, wenn der ER selbst für sein Personal die in den genannten völkerrechtlichen Übereinkommen vereinbarten Grundsätze nicht beachten würde. Das für dienstrechtliche Streitigkeiten zuständige int. VerwGericht des ER kann sich damit in seiner Rechtsprechung ohne weiteres auf die in diesen Übereinkommen enthaltenen ARGrundsätze abstützen, ohne den Aufwand einer rechtsvergleichenden Analyse der gemeinsamen Verfassungsgrundsätze der Mitgliedsstaaten des ER betreiben zu müssen. • Dienstrecht der EPO Der Verwaltungsrat der EPO hat 1994 folgende Erklärung zur Geltung der Menschenrechte und der sonstigen ARGrundsätze für das Dienstrecht der EPO abgegeben (siehe VGIAO Nr. 2292): „Der Verwaltungsrat und der Präsident des Amts nehmen zur Kenntnis, dass das Verwaltungsgericht der ILO bei der Überprüfung des auf die Bediensteten angewendeten Rechts nicht nur die bei der Europäischen Patentorganisation geltenden Rechtsvorschriften, sondern auch die allgemeinen Rechtsgrundsätze einschließlich der Menschenrechte berücksichtigt. Darüber hinaus hat der Verwaltungsrat billigend zur Kenntnis genommen, dass der Präsident des Amts erklärt hat, dass das Amt die genannten Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze befolgt.“ Diese Erklärung nimmt nicht auf bestimmte int. Menschenrechtsübereinkommen oder Deklarationen Bezug. Ihr kommt außerdem nur deklaratorische Bedeutung zu, da das VGIAO in zahlreichen Urteilen allen seiner Gerichtsbarkeit unterliegenden I. O. die Verpflichtung zur Beachtung der ARGrundsätze und insbesondere der Grundfreiheiten und Menschenrechte im internen Dienstrecht auferlegt hat. Das VGIAO hat in seinem Urteil Nr. 2292 festgestellt, dass die EPO als solche (im Gegensatz zu ihren Mitgliedsstaaten), nicht Vertragspartei der EMRK ist. Diese enthalte jedoch allgemeine Grundsätze, die als Menschenrechte nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts auch im Dienstrecht zu beachten sind. III. Der Rang der Allgemeinen Rechtsgrundsätze (The ranking of general legal principles) Die ARGrundsätze nehmen nach unbestrittener Rechtsauffassung in der Rechtskaskade des Dienstrechts der I. O. als Erkenntnismaßstab bei der Lückenfüllung, Auslegung und Rechtmäßigkeitskontrolle jedenfalls einen Rang oberhalb des Sekundärrechts ein (Rengeling, S. 129). Die weitere

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Frage, ob wenigstens dem durch sie verbürgten Kerngehalt an Grund- und Menschenrechten als vor- und überstaatliches Recht einen Rang oberhalb des Primärrechts zukommt (siehe näher bei Rengeling, S. 129), kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. In der Praxis des Dienstrechts beschränken sich normative Rechtskonflikte auf das Rangverhältnis der ARGrundsätze zum sekundären und tertiären Recht und zu Abgrenzungsproblemen der ARGrundsätze untereinander.

IV. Die dynamische Natur der Allgemeinen Rechtsgrundsätze (The dynamic nature of general legal principles) Die Sichtbarmachung der ARGrundsätze durch die int. VerwGerichte ist als ein entwicklungsoffener dynamischer Prozess zu verstehen (vgl. Rengeling, S. 95). Die vielfach stürmische Entwicklung des dienstlichen Sekundärrechts der I. O. stellt durchwegs hohe Anforderungen an die Rechtsprechungskompetenz der int. VerwGerichte bei der Gewährleistung der ARGrundsätze. Die int. VerwGerichte können dabei insoweit in Anlehnung an die Charakterisierung der deutschen BVerfG als „Hüter der Verfassung“ als „Hüter der ARGrundsätze“ im int. öff. Dienst bezeichnet werden. Die nachfolgende – sich in erster Linie an der Rechtsprechung des EUGH und VGIAO orientierende – Darstellung der ARGrundsätze kann daher nur eine momentane Bestandsaufnahme der Rechtsprechung darstellen. Die Gerichte haben in einer jahrzehntelangen Rechtsprechung zahlreiche ARGrundsätze offengelegt, weiterentwickelt oder zumindest angedacht. Als jüngstes Beispiel für die Offenlegung eines neuen ARGrundsatzes kann auf den Datenschutz hingewiesen werden, durch dessen Gewährleistung die int. VerwGerichte mit der nationalstaatlichen Entwicklung Schritt gehalten haben. Als anschauliches Beispiel für die Weiterentwicklung eines ARGrundsatzes kann der Schutz der wohlerworbenen Rechte dienen. In der Grundsatzentscheidung Nr. 61 hat das VGIAO den Kreis möglicher wohlerworbener Rechte auf die Rechte der Bediensteten zum Zeitpunkt seiner Ernennung beschränkt. In der Entscheidung Nr. 832 hat das Gericht dann auch die erst im laufenden Dienstverhältnis gewährten Rechte grundsätzlich mit in den Schutzbereich der wohlerworbenen Rechte einbezogen („A somewhat broader framing of the doctrine is wanted . . .“; „. . . not just terms of appointment . . . but also terms that were brought in later and were calculated to induce the staff member to stay on“). Vereinzelt sind ARGrundsätze von den Gerichten nicht ausdrücklich als solche anerkannt, sondern nur beiläufig im Sinne möglicher ARGrundsätze

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erwähnt worden. So ist etwa der Grundsatz der Verwirkung von Ansprüchen (extinctive prescription) als Unterfall von Treu und Glauben sowohl vom VGIAO (Nr. 1195) als auch vom EUGH (7-56) gleichsam nur angedacht worden. V. Die Schranken der Allgemeinen Rechtsgrundsätze im Dienstrecht (The limitations of general legal principles in employment law) Wie in den nationalstaatlichen Rechtsordnungen (vgl. dazu Klein, S. 300), so muss auch für das Dienstrecht der I. O. die Prämisse der prinzipiell unbeschränkten Grundrechte und der prinzipiell beschränkten Hoheitsgewalt I. O. gegenüber ihren Bediensteten gelten. Demnach ist jede Beschränkung der Grundrechte der Bediensteten durch die I. O. begründungspflichtig. Für die richterliche Rechtsfindung der int. VerwGerichte bedeutet dies, dass die Ableitung ARGrundsätze für den int. öff. Dienst in der Regel nur die erste Phase der Rechtserkenntnis darstellt. Die lapidare Feststellung der Geltung eines Grundrechts oder eines ARGrundsatzes durch die VerwGerichte genügt nur in seltensten Fällen der richterlichen Rechtsfindung. In der Regel ermöglicht erst die Ermittlung von Inhalt und Schranken der Grundrechte die gerichtliche Wahrung des Rechts (vgl. Kokott, S. 855). Soweit die Erkenntnisquellen der Grundrechte und sonstiger ARGrundsätze für den int. öff. Dienst sich nicht über kodifiziertes Recht, sondern über rechtsvergleichende Untersuchungen erschließen (vgl. Pernice/Mayer, Art. 6 EUV, Rdn. 13) sind auch die Schranken der Grundrechte nur über diesen Umweg aufzufinden. Hierbei vermögen die nationalen Verfassungssysteme nur im beschränkten Umfang Orientierungs- und Auslegungshilfen zu liefern. So ist insbesondere der in vielen nationalstaatlichen Verfassungsordnungen Verwendung findende Begriff des „Vorbehalts des formellen Gesetzes“ (vgl. etwa die Übersicht bei Kokott, S. 864 f.) mangels einer strikten Geltung des Prinzips der Gewaltenteilung in der institutionellen Struktur I. O. ohne den gewünschten Mehrwert einer demokratisch legitimierten parlamentarischen Kontrolle. 1. Die allgemeinen Schranken der Grund- und Menschenrechte

Alle Grund- und Menschenrechte, deren Abwehrfunktion und objektive Wertordnung von den int. VerwGerichten für die int. Dienstverhältnisse als maßgebend anerkannt werden, unterliegen ebenso wie in den nationalen Rechtsordnungen, gewissen Einschränkungen. Die funktional erheblich eingeschränkte Handlungskompetenz I. O. und die Verengung des Gefährdungspotentials der Grundrechte und ARGrundsätze auf den Bereich der Dienst-

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verhältnisse strahlen auch auf die Schrankenproblematik aus. Ganz allgemein ergeben sich die Schranken der Grundrechte der Bediensteten der I. O. durch einen Abwägungsprozess mit dem Interesse der I. O. (und der sie tragenden Staatengemeinschaft) an der ungehinderte Erfüllung ihrer Aufgaben, den objektiven Rechtsgrundsätzen, wie z. B. dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Rechten Dritter. Die Grundrechtsschranke der entgegenstehenden Grundrechte Dritter (hier: der anderen Bediensteten) tritt im Bereich des Dienstrechts wegen des beschränkten Gefährdungspotentials weitgehend in den Hintergrund (vgl. für den Bereich des deutschen Verfassungsrechts, Di Fabio, Rdn. 44, der dem Begriff „Rechte anderer“ auch in der deutschen verfassungsrechtlichen Rechtsprechung – hier allerdings wegen der überragenden Bedeutung der „verfassungsmäßigen Ordnung“ – praktisch keine Bedeutung beimisst). Als Beispiel aus der Rechtsprechung der int. VerwGerichte für die Begrenzung der Grundrechte durch andere ARGrundsätze sind etwa zu nennen (vgl. zu den Einzelheiten die Darstellung der ARGrundsätze): – Die Einschränkung des Gleichheitsgrundsatzes durch den ARGrundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung („kein Rechtsanspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht“, vgl. VGIAO Nrn. 767, 769, 1194, 1299, 1536; EUG T-30/90). – Die Meinungsfreiheit der int. Bediensteten unterliegt einem allgemeinen Mäßigungsgebot, das aus der Verpflichtung zur Wahrung des guten Rufs und des Ansehens einer I. O. abgeleitet wird (vgl. VGIAO Nr. 1028; EUG T-146/94). – Bei der Vereinigungsfreiheit (hier: Streikrecht) muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Dienstverpflichtungen müssen in einem vernünftigen Verhältnis zur Gesamtzahl der Streikenden stehen (vgl. VGIAO Nr. 805). – Die fristgerechte Inanspruchnahme des Rechtsschutzes darf nicht unter Verstoß gegen Treu und Glauben von der I. O. verhindert werden. Beschwerdefristen dürfen nicht als „Fallen“ missbraucht werden (vgl. VGIAO Nrn. 607, 1247). Als allgemeine Schranken der Grundrechtsgewährleistungen der Bediensteten im Interesse der ungehinderten Erfüllung der Aufgaben einer I. O. sind nach der Rechtsprechung zu nennen (vgl. zu den Einzelheiten die Darstellung der einzelnen Verhaltenspflichten der Bediensteten, 2. Teil, 3. Abschn. C.II.1.e)): – das Vertrauensverhältnis zwischen den Bediensteten und der I. O.; – die persönliche Unabhängigkeit der Bediensteten von jeder Einflussnahme auf ihre Tätigkeit;

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– die allgemeine Unabhängigkeit des int. öff. Dienstes von nationalstaatlicher Einflussnahme; – die Amtsverschwiegenheit der Bediensteten; – die Loyalität der Bediensteten gegenüber ihrer I. O.; – der gute Ruf und das Ansehen der Bediensteten und der I. O. 2. Die explizit normierten Schranken

Soweit die DienstRO der I. O. überhaupt Grundrechte ausdrücklich gewährleisten, enthalten sie vereinzelt auch spezifische Grundrechtsschranken. So wird etwa in Art. 17a Abs. 1 EG-BS die Meinungsfreiheit der Bediensteten auch im Dienstverhältnis ausdrücklich gewährleistet, allerdings mit der Schrankenklausel: „unter gebührender Beachtung der Grundsätze der Loyalität und Unparteilichkeit“. Weitere Begrenzungen der Meinungsfreiheit gelten für die Veröffentlichung von Angelegenheiten, die die Arbeit der EG betreffen (Art. 17a Abs. 2) und die Aussagen vor nationalen Gerichten über amtliche Vorgänge (Art. 19). Auch die ausdrückliche Gewährleistung der Meinungsfreiheit in den Dienstverhältnissen der VN nach Art. 1.2.f VN-PS unterliegt der Einschränkung. Die von den Bediensteten geäußerten Stellungnahmen und Überzeugungen dürfen die Dienstpflichten oder Interessen der VN nicht beeinträchtigen. Weitere spezielle Schranken sind in Art. 1.2.d, h und i VN-PS enthalten. 3. Die Wesensgehaltsgarantie

Die Wesensgehaltsgarantie der Grundrechte zählt heute weltweit in vielen nationalen Verfassungsordnungen zum festen Bestandteil des grundrechtlichen Schrankensystems (vgl. näher bei Häberle, S. 329 f., der in ihr den vielleicht erfolgreichsten grundrechtlichen „Export-Artikel des deutschen Grundgesetzes von 1949“ sieht). Völkerrecht wurde die Wesensgehaltsgarantie auch in Art. 52 Abs. 1 EU-GRC verankert („jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten . . . muss den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten.“). Auch der EGMR geht in seiner Rechtsprechung zur EMRK von der Unantastbarkeit des Wesensgehalts der Grundrechte aus (EGMR Nr. 46726/99: „. . . that the conditions do not curtail the rights in question to such an extent as to impair their very essence and deprive them of their effectiveness . . .“). Der EUGH greift in ständiger Rechtsprechung die Wesensgehaltsklausel auf (vgl. EUGH C-280/93 zum Eigentumsrecht und zur Berufsausübung: Diese Grundsätze können Beschränkungen unterworfen

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werden, „sofern sie nicht einen Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet“; EUGH C-112/00 zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit: „. . . sofern . . . der die geschützten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet“; vgl. EUGH C-5/88 und EUGH C-265/87). Auch einigen der anderen großen int. VerwGerichte, deren Zuständigkeit durchgehend (Ausnahme das VGIAO in engen Grenzen, siehe Art. II Abs. 4 der Satzung) auf den Bereich dienstrechtlicher Streitigkeiten beschränkt ist, haben ebenfalls mehr oder minder deutlich einen unantastbaren Kernbereich der Grundrechtsgewährleistung für die Bediensteten I. O. anerkannt. Besonders deutlich ergibt sich dies aus der Rechtssprechung des VGWB (VGWB Nr. 1: „. . . even in those cases where the power of amendment is reserved in terms which impose no limitation upon its exercise, this cannot be construed to accord to the organization an unrestricted power of amendment“) und des VGIAO (VGIAO Nr. 2493, danach würde das Verlangen der I. O., vor dem Verlassen des Arbeitsplatzes zur Teilnahme am Streik eine Genehmigung einzuholen, den Wesenskern des Rechts auf Streik verletzen; „. . . it would in practice deprive of all substance the exercise of a right . . . To make the exercise of that right conditional on obtaining leave of absence would clearly be incompatible with the principle itself . . .“). Insgesamt ist daher auch für die Grundrechtsgewährleistungen im int. öff. Dienst jede allgemeine oder spezifische Einschränkung ihres Inhalts nur unter Wahrung des jeweiligen Wesengehalts des Rechts zulässig. VI. Die sozialen Leistungs- und Teilhabegarantien (The guarantee of social benefits and participation) Neben ihrer herkömmlichen Funktion als Abwehrrechte kommt den Grundrechten heute auch eine weitgehend objektivrechtliche Wirkung als soziale Leistungs- und Teilhaberechte zu (vgl. Klein, S. 302 ff. und Schneider, S. 727 ff.). Diese Dimension der Grundrechte garantiert zwar in der Regel keine subjektiven Leistungsansprüche, wohl aber lassen sich staatliche Verpflichtungen insbesondere zur Bereitstellung sozialer Sicherungssysteme, staatlicher Daseinsvorsorge und Teilhabe an Förderungssystemen ableiten (vgl. Kirchhoff, S. 818 und Stern, S. 37 f.). Aus zahlreichen int. Übereinkommen über derartige Leistungs- und Teilhaberechte der Staatsbürger lassen sich auch (insbesondere in den Teilaspekten soziale Sicherheit und Berufsbildung) Verpflichtungen der I. O. zur Verwirklichung dieser sozialen Grundrechte bei der Inanspruchnahme ihrer Personalhoheit ableiten (siehe z. B. Art. 34 Abs. 1 EU-GRC, die Europäische Sozialcharta vom 18.10.1961 und die Gemeinschaftscharta der Sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer vom 9.12.1989). Demnach wird man

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auch den I. O. für ihre Bediensteten die soziale Verantwortung für die Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme für Kranken-, Invalidität- und Pflegeversicherung, die Altersversorgung und die berufliche Fortbildung zuweisen müssen. Diese Verlagerung der sozialrechtlichen Gestaltungsverpflichtung findet auch in den Bestimmungen zahlreicher Immunitätenprotokolle bzw. Sitzabkommen I. O. ihre normative Bestätigung, die eine Freistellung der Bediensteten I. O. von der staatlichen Sozialversicherungspflicht vom Erlass eigener Sicherungssysteme durch die I. O. abhängig machen (vgl. Art. 15 EG-PPI, Art. XII der Resolution (69)29 des Ministerrats des ER vom 26.9.1969 und Art. 18 EPO-PPI). Diese eigene sozialrechtliche Absicherung ihrer Bediensteten wird von der großen Mehrzahl der I. O. als Bestandteil ihrer Personalhoheit verstanden und in die DienstRO integriert. Neben der sozialen Absicherung wird man auch Maßnahmen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes (z. B. Ergonomie am Arbeitsplatz, regelmäßige ärztliche Vorsorgeuntersuchungen, jährliche Grippeimpfungen, Überwachung der technischen Einrichtungen) als Ausfluss grundrechtlicher Teilhaberechte im Dienstrecht der I. O. ansehen müssen. Auch Regelungen über die Erleichterung und Förderung beruflicher Fortbildung fallen hierunter (vgl. Art. 24 a EG-BS, Art. 53 ER-PS). Wie im nationalstaatlichen Bereich, so bilden diese Leistungs- und Teilhaberechte auch in den Dienstrechtsverhältnissen der I. O. vielfach erst die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Menschen- und Grundrechte im herkömmlichen Sinn (vgl. Schneider, S. 729). VII. Die Lehre vom Sonderstatus (besonderes Gewaltverhältnis) und der internationale Dienst (The international civil service and the doctrine of special status) Aufgrund ihrer besonderen Nähe zum Staat oder zu staatlichen Einrichtungen können nationale Bedienstete zusätzlichen Grundrechtsschranken unterworfen werden. Diesem Sonderstatus (in Deutschland als „besonderes Gewaltverhältnis“ bezeichnet) wird auch in völkerrechtlichen Übereinkommen wie etwa der EMRK Rechnung getragen (siehe den „Beamtenvorbehalt“ in Art. 11 Abs. 2 S. 2 EMRK für die Einschränkung der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit; siehe dazu Grabenwarter, S. 303 und allgemein Kokott, S. 881 ff.). Der von der Rechtsdogmatik für den nationalen öffentlichen Dienst entwickelte Begriff des Sonderstatus trifft auf die Dienstrechtsverhältnisse der I. O. so nicht zu. Die in den int. Dienstverhältnissen gewährleisteten Grundrechte unterliegen nicht „zusätzlichen Beschränkungen“ im Vergleich zu

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den allgemeinen Gewaltverhältnissen in einzelnen Mitgliedsstaaten der I. O. Inhalt und Tragweite dieser Grundrechte unterliegen vielmehr einer eigenen von den Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten unabhängigen Bewertung (sui generis). Die Grundrechtsschranken müssen insbesondere zur ungehinderten Erfüllung der der I. O. von allen Mitgliedsstaaten gemeinsam zugewiesenen Aufgaben erforderlich sein. Dabei ist einer besonderen Verletzbarkeit bei ihrer Aufgabenerfüllung im Vergleich zu den einzelnen Mitgliedsstaaten Rechnung zu tragen. Dies gilt insbesondere für die Abhängigkeit der I. O. vom Vertrauen ihrer Mitgliedsstaaten, die besonderen Anforderungen an die Unabhängigkeit, das Ansehen und den guten Ruf der I. O., sowie die Unparteilichkeit und Loyalität ihrer Bediensteten. Andererseits ist es auch denkbar, dass die Grundrechtsschranken bei I. O. durchaus weiter gezogen werden als in dem Sonderstatusverhältnis einzelner Mitgliedsstaaten (vgl. z. B. das Streikrecht der Beamten bei der EG und der EPO). VIII. Die Auslegungsgrundsätze (General rules of interpretation) Während die Grundrechte und die anderen ARGrundsätze die dienstrechtliche Ordnung der I. O. als oberster Wert- und Prüfungsmaßstab überwölben, liefern die völkerrechtlichen Auslegungsregeln den Gerichten einen methodischen Weg zum richtigen Verständnis der anzuwendenden dienstrechtlichen Normen und Verträge. Üblicherweise (so auch in diesem Buch) werden die Auslegungsgrundsätze wegen ihrer ergänzenden Funktion bei der Auffindung des richtigen Rechts im Zusammenhang mit den ARGrundsätzen abgehandelt (siehe z. B. Lindemann, s. 72 ff.). Das Fehlen einer, den nationalen Rechtsordnungen vergleichbaren Regelungsdichte, gewährt den Rechtssetzungsorganen der I. O. einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Normierung der DienstRO und der Exekutive einen großen Ermessenspielraum. Dies wiederum stellt die int. VerwGerichte als Kontrollinstanzen bei der judiziellen Auslegung und Lückenfüllung (vgl. hierzu Verdross/Simma, S. 490 f.) vor große Herausforderungen. Neben dem Maßstab der ARGrundsätze des int. öff. Dienstes spielen bei der gerichtlichen Kontrolle des int. Dienstrechts die im Völkerrecht allgemein anerkannten Auslegungsmethoden, sowie sie ergänzende Auslegungsgrundsätze und Regeln der Logik eine wichtige Rolle. Die grundsätzliche Anwendung völkerrechtlicher Auslegungsmethoden rechtfertigt sich aus der Zuordnung der dienstlichen Normen und der Dienstverträge zum partikulären Völkerrecht (vgl. Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1601 ff.). Die hauptsächlichen Auslegungsmethoden für das int. Dienstrecht ergeben sich aus den Rechtsnormen der Art. 31 bis 33 der WVK vom 23.5.1969

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(gleichlautende Regelungen finden sich in den Art. 31 bis 33 der WVK über das Recht der Verträge zwischen Staaten und I. O. oder zwischen I. O. vom 21.3.1986, die noch nicht in Kraft getreten ist; siehe näher bei SeidlHohenveldern/Loibl, S. 50 f.). Nach Art. 31 Abs. 1 WVK ist ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Während der Verweis auf den materiell-rechtlichen ARGrundsatz von Treu und Glauben keine Auslegungsregel darstellt, sondern eine Verhaltenspflicht der Vertragsparteien beim Auslegungsvorgang begründet (vgl. Ipsen, S. 146), kodifizieren die übrigen Satzteile die wörtliche (grammatikalische), sowie die systematische und teleologische Auslegungsmethode. Dabei ist als Auslegungsansatz der im Rechtstext objektivierte Wille der Vertragsparteien maßgebend (Ipsen, S. 139 ff.). (Zum Zirkelschluss des oft zitierten Satzes, dass ein klarer Text keiner Auslegung bedürfe, siehe Seidl-Hohenveldern/Stein, Rdn. 333). Stichpunktartig lassen sich die Hauptinterpretationsregeln wie folgt zusammenfassen. Bei der wörtlichen Auslegung ist von der gewöhnlichen Bedeutung des Begriffs (ordinary meaning) auszugehen. Dabei ist auch auf Formulierungen zu achten, die ein mehr oder weniger weites Ermessen („kann“, „soll“) oder das Fehlen eines Ermessens („muss“, „hat“) beinhalten. Die systematische Auslegungsmethode stellt auf den Zusammenhang ab, in dem die zu interpretierende Regelung Verwendung findet, so z. B. auf die Stellung der Norm im Artikel und Absatz, auf damit in Zusammenhang stehende Überschriften, auf Verweisungen, Durchführungsregelungen, Richtlinien, Allgemeinverfügungen etc. Die teleologische Auslegungsmethode stützt sich auf die sich aus dem Gesamtzusammenhang des zu interpretierenden Textes ergebenden Ziele und Zwecke der Regelung. So würde etwa die dienstrechtliche Norm, die die Stellungnahme eines mit Vertretern der Verwaltung und des Personals beratenden Ausschusses bei der Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (z. B. den Allgemeinen Beratenden Ausschuss der EPO, siehe VGIAO Nr. 1618) vor der Weiterleitung an das gesetzgebende Organ vorschreibt, ihres Zweckes beraubt, wenn nach der Stellungnahme ein radikal abweichender Text weitergeleitet würde. Die teleologische Methode schützt vor solchen Fehlern bei der Anwendung dienstlicher Normen und zwingt zur erneuten Befassung des Beratungsorgans. Auch die von der teleologischen Auslegungsmethode abgeleiteten Auslegungsgrundsätze (Ipsen, S. 144) wie der Effektivitätsgrundsatz (Effet-

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Utile-Regelung, die Auslegung darf nicht die volle Wirksamkeit des Rechtstextes beeinträchtigen) und die Implied-Power-Lehre (Ableitung von nicht ausdrücklichen im Rechtstext festgelegten Befugnissen aus den kodifizierten Aufgaben) können sich auf den dienstrechtlichen Bereich zumindest indirekt auswirken. So wurde etwa der Pensionsreservefonds der EPO bereits im Jahre 1993 geschaffen und erst sieben Jahre später eine ausdrückliche Rechtsgrundlage in Art. 38b des EPÜ aufgenommen (siehe Ullrich, Pension Schemes, S. 5 f.). Ebenso wurde die Errichtung des VGVN durch die Generalversammlung der auf Grund einer Stellungnahme des IGH (Advisory Opinion vom 13.7.1954 ICJ Report 1954, S. 47 ff.) unter Berufung auf den Gedanken der Implied-Power-Lehre legitimiert. In all diesen Fällen ist allerdings auf die Wahrung des institutionellen Gleichgewichts der I. O. nach dem Gründungsübereinkommen zu achten (vgl. das Meroni-Urteil des EUGH 9/56 und näher Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 0922). Die die DienstRO vorbereitenden Arbeiten und historischen Materialien können in entsprechender Anwendung des Art. 32 WVK nur als ergänzende Auslegungsmittel herangezogen werden. Durch sie kann eine Bedeutung bestätigt oder bestimmt werden, wenn die bis dahin gefundene Auslegung die Bedeutung „mehrdeutig oder dunkel lässt“ oder „zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis führt“. In Ergänzung der genannten Auslegungsmethoden greifen die int. VerwGerichte auch auf die in vielen Staaten allgemein anerkannten sonstigen Auslegungsgrundsätze und Regeln der Logik zurück (siehe nachstehende Rechtsprechung sowie Seidl-Hohenveldern/Stein, Rdn. 332 ff.). Demnach gehen unklare Formulierungen in den DienstRO zu Lasten des Autors (contra proferentem, das VGIAO leitet diesen Grundsatz offenbar aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ab, vgl. VGIAO Nr. 2567). Regelmäßig wird auch auf den Umkehrschluss (argumentum e contrario), den Gegenschluss vom Größeren auf das Geringere (argumentum a maiore ad minus) oder den Grundsatz, dass die besondere Regel der allgemeinen vorgeht (lex specialis derogat legi generali) oder die Regel, dass Ausnahmevorschriften eng auszulegen sind, zurückgegriffen. Diese ergänzenden Auslegungsgrundsätze und Regeln können aber die nach den genannten Auslegungsmethoden gefundenen Ergebnisse nur absichern, und nicht ersetzen (Ipsen, S. 145). Von besonderer Bedeutung für das Dienstrecht der I. O. ist die Auslegung mehrsprachiger authentischer DienstRO. In entsprechender Anwendung des Art. 33 WVK hat insbesondere das VGIAO in mehreren Urteilen hierzu Stellung genommen. Auszugehen ist zunächst von der Vermutung gleicher Bedeutung der Ausdrücke in jedem authentischen Text (Art. 33 Abs. 3 WVK). Kann durch die genannte Auslegungsmethode ein Bedeutungsunterschied nicht ausgeräumt werden, ist die Bedeutung maßgebend, die unter

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Berücksichtigung von Ziel und Zweck der Norm, die Wortlaute am besten miteinander in Einklang bringt (the meaning which best reconciles the texts having regard to the object and purpose) (Art. 33 Abs. 4 WVK; VGIAO Nr. 1820). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2567: Bei Unklarheiten über die Bedeutung eines Begriffs ist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Auslegung zu Lasten des Autors vorzunehmen (ebenso z. B. Nrn. 2358, 2290); VGIAO Nr. 2315: Auslegungsregel: eine Norm hat nur dann Rückwirkung, wenn dies klar beabsichtigt ist; VGIAO Nr. 2258: Eine dienstrechtliche Norm muss so ausgelegt werden, dass ihre wahre Bedeutung gewahrt bleibt, hierzu sind u. a. der Wortlaut, sein Ursprung, sein Zweck und der Zusammenhang der Verwendung von Bedeutung; VGIAO Nr. 1820: Bei mehreren authentischen Fassungen wird unterstellt, dass in allen Fassungen die auszulegende Vorschrift dieselbe Bedeutung hat. Der Vorschrift ist diejenige Bedeutung zugrunde zu legen, die unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers die Wortlaute in den identischen Fassungen am besten miteinander in Einklang bringt (. . . and the right construction shall be the one that respects the draftsman’s intent and best reconciles them . . .) (ebenso Nrn. 1450, 1032, 853 und 537); VGIAO Nr. 1755: Eine Mehrdeutigkeit in der DienstRO muss „contra proferentem“) und zu Gunsten des Bediensteten ausgelegt werden; VGIAO Nr. 1717: Die Auslegung des Begriffs „Bezahlung“ (pay) hängt vom Zusammenhang der Verwendung im Text ab; VGIAO Nr. 1618: Auslegung einer Norm des Dienstrechts nach seinem Sinn und Zweck (hier: Notwendigkeit der erneuten Stellungnahme eines paritätisch besetzten Ausschusses vor Erlass oder Änderung einer dienstrechtlichen Norm, wenn der Vorschlag an den Normgeber nach der ersten Konsultation radikal geändert wird); VGIAO Nr. 1456: Bei der Anwendung der dienstrechtlichen Vorschriften ist für das Gericht nur der objektive Text der Norm entscheidend. Die tiefen Meinungsverschiedenheiten der Delegationen beim Erlass der Norm sind dabei ohne Bedeutung. Das Gericht muss bei der Auslegung die Methoden des int. Rechts, neben dem Wortlaut, dem Zusammenhang und dem Sinn und Zweck der Norm beachten; VGIAO Nr. 1450: Bei der Auslegung von mehreren authentischen Sprachfassungen des Textes kommt es nicht darauf an, in welcher Sprache der Entwurf des Textes abgefasst war; VGIAO Nr. 1299: Ist der Text einer Norm in allen authentischen Sprachfassungen unklar, kann auf deren Entwurfsfassungen und die Praxis der I. O. zurückgegriffen werden; VGIAO Nr. 1296: Obwohl das VGIAO nicht an Entscheidungen des EUGH gebunden ist, kann bei identischem Wortlaut der zu beurteilenden Vorschrift sein Urteil zur Unterstützung einer Auslegung herangezogen werden;

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VGIAO Nr. 1222: Die erste Auslegungsmethode ist die offensichtliche und gewöhnliche Bedeutung (obvious and ordinary meaning) eines Begriffs; VGIAO Nr. 1125: Ein klarer Wortlaut bedarf keiner Auslegung; VGIAO Nr. 1099: Der unklare authentische Text einer Sprachfassung ist so auszulegen, dass er mit den klaren anderen authentischen Texten im Einklang steht (ebenso Nrn. 1032, 926 und 853); VGIAO Nr. 1020: Die besondere Regelung geht der allgemeinen vor, lex specialis derogat legi generali); VGIAO Nr. 975: Es ist ein Auslegungsgrundsatz, dass die ausdrückliche Auflistung von Fällen in einer Kategorie (hier: Krankheit bei Jahresurlaub oder Heimaturlaub) alle anderen Fälle ausschließt (hier: Krankheit während eines Mutterschaftsurlaubs) (expressio unius exclusio alterius); VGIAO Nr. 742: Nach den üblichen Auslegungsmethoden tritt jede Maßnahme in einem beschossenen Text mit sofortiger Wirkung in Kraft, es besteht keine Vermutung für ein rückwirkendes Inkrafttreten; VGIAO Nr. 608: Ziel und Zweck des Textes sowie der Entstehungsgeschichte des Textes und seine bisherige Anwendung müssen bei der Auslegung beachtet werden; VGIAO Nr. 537: Die Auslegung authentischer Rechtstexte obliegt dem Gericht. Die Bediensteten können nicht die für sie günstigere Textfassung auswählen. Es bleibt aber ggf. ein Schadensersatzanspruch an die I. O.; VGIAO Nr. 507: Auslegung nach dem Wortlaut und dem Zusammenhang; VGIAO Nr. 256: Wenn die wörtliche Auslegung nicht zielführend ist, muss auf Sinn und Zweck der Vorschrift zurückgegriffen werden; VGIAO Nr. 77: Bei vertraglichen Dienstverhältnissen ist die allgemeine Auslegungsregel anzuwenden. Hierzu zählt auch der festgestellte Parteiwille.

Rechtsprechung EUGH EUG T-298/02: Die Vorschriften des Statuts, die dem alleinigen Zweck dienen, die Rechtsbeziehung zwischen dem Organ und dem Beamten zu regeln, sind durch präzise Ausdrucksweise gekennzeichnet, die ihre analoge Anwendung auf nicht ausdrücklich geregelte Fälle ausschließt. Die Auslegungsmethode des Regelungszusammenhangs und des mit der Regelung verfolgten Ziels sind zu beachten (hier: Auslandszulage); EUG T-42/89: Bei dem Anspruch auf Einrichtungsbeihilfe ist der Begriff „Dienstantritt“ auszulegen. Bei sechs authentischen Sprachfassungen des BS ist der Dienstantritt bei der Gemeinschaft als solcher zu verstehen, bei drei authentischen Sprachfassungen könnte auch der Dienstantritt am neuen Dienstort zu verstehen sein. Nach Auffassung des Gerichts folgt aus dem Wesen und Geist der Vorschrift, den es durch ein Beispiel verdeutlicht, sowie aus dem pauschalen Charakter der Einrichtungsbeihilfe, dass den vorgenannten sechs authentischen Sprachfassungen der Vorzug zu geben ist; EUGH 342/82: Bei Ausnahmeregelungen ist im Hinblick auf eine weite Auslegung Vorsicht geboten.

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B. Die Geltung der Grund- und Menschenrechte in den Dienstverhältnissen der Internationalen Organisationen (The application of basic and human rights in the international civil service) I. Der Schutz der Persönlichkeit, der Würde und des beruflichen Ansehens des Bediensteten durch die Organisation (The protection of the personality, dignity and the reputation of international employees) Die Achtung der Würde der Bediensteten durch die Anstellungsorganisation zählt zu den zentralen Grundrechten der Bediensteten des int. öff. Dienstes. Sie leitet sich nicht nur aus nationalstaatlichem Verfassungsrecht ab (vgl. z. B. Art. 1 Abs. 1 des deutschen Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“), sondern ist auch in int. Übereinkommen und Deklarationen garantiert (Art. 3 EMRK: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden“; Art. 1 EU-GRC: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen“.). Auch in der Präambel der AEMR ist der Schutz der Menschenwürde verankert. Der EUGH (vgl. z. B. 377/98, NJW 2002, 2455) und der EGMR (z. B. Urteil 33394/96 vom 10.7.2001 Price/Vereinigtes Königreich) insbesondere aber das VGIAO (siehe nachstehend) berufen sich in ständiger Rechtsprechung auf die Verpflichtung der I. O., die Würde ihrer Bediensteten zu achten und zu schützen. Synonym zu dem Begriff „Würde“ sprechen die int. VerwGerichte in Urteilen auch von dem „guten Ruf“, der „beruflichen Ehre“, der „Achtung der Persönlichkeit“, dem „Ansehen“, dem „guten Namen“ sowie von der Verpflichtung der I. O. gegenüber ihren Bediensteten „Loyalität zu zeigen“ oder „unnötige Zwangsmaßnahmen“ zu vermeiden. Einen großen „Menschenwürde-Kern“ weisen die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit sowie zur Handlungs- und Meinungsfreiheit auf (vgl. Herdegen in Maunz/Dürig Art. 1 Abs. 1, Rdn. 23; siehe auch Urteile des VGIAO Nrn. 911, 2222 und 2227). Die schikanöse Behandlung eines Kollegen oder eines Mitarbeiters, die sexuelle Belästigung, seine systematische Ausgrenzung oder Herabsetzung verletzen nahezu immer mehrere dieser Gruppe von Grundrechten der Bediensteten. Die I. O. trifft hierbei die Verpflichtung, für die Erhaltung der Würde der Bediensten im Betrieb Sorge zu tragen. Sie muss auf Verletzungen der Würde ihrer Mitarbeiter im Dienst rasch reagieren, diese unterbinden oder disziplinarische Konsequenzen ziehen, andernfalls macht sie sich schadensersatzpflichtig. Die Verpflichtung der Bediensteten zur Achtung der Menschenwürde ihrer Kolle-

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gen und auch außenstehender Dritter, die mit der I. O. in Kontakt treten, resultiert aus den allgemeinen Amts- und Dienstpflichten (vgl. z. B. Art. 11 EG-BS). In das EG-BS vom 1.5.2004 ist außerdem in Art. 12a eine spezifische Vorschrift gegen Mobbing und sexuelle Belästigung eingefügt worden. Das PS der VN sieht in Art. 1.2 Ziffer a) die Verpflichtung vor, neben anderen Menschenrechten die Würde und Persönlichkeit der Menschen zu achten und zu bewahren („. . . uphold and respect . . . the dignity and worth of the human person . . .“). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 781: Die exzessive Überwachung eines Bediensteten bei der Räumung seines Büros anlässlich einer Versetzung oder Entlassung kann unter Umständen eine Verletzung der Würde des Bediensteten darstellen; VGIAO Nr. 809: Die Versetzung eines langjährigen Bediensteten in unbezahlten Sonderurlaub für vierzehn Monate ohne ernsthaftes Bemühen um einen Ersatzposten kann neben einer verdeckten Disziplinarmaßnahme auch die Verletzung der Würde und Ehre des Bediensteten bedeuten; VGIAO Nrn. 873, 896: Bei der Ermittlung der Höhe der Entlassungsabfindung muss auf die persönlichen Umstände der Bediensteten, insbesondere seine berufliche Position, sein Alter, seine Verdienste gebührend Rücksicht genommen werden; VGIAO Nr. 1226: Es verstößt nicht gegen die Würde eines Bediensteten, wenn er bei Eintritt in den Ruhestand nicht darauf hingewiesen wird, dass anstelle der bisher beitragsfreien Krankenversicherung für Pensionisten ein Beitrag erhoben werden kann; VGIAO Nr. 1395: Schadensersatz wegen demütigender Behandlung; VGIAO Nr. 1609: Die I. O. ist für Verletzung der Menschenwürde (Einschüchterung, sexuelle Belästigung, unwürdiges Verhalten, unwürdige Sprache) durch Vorgesetzte verantwortlich; VGIAO Nr. 1619: Bei sexuellen Übergriffen durch einen Bediensteten muss die I. O. alle Anstrengungen zur Aufklärung des Vorfalls unternehmen; VGIAO Nr. 1637: Schadensersatz der I. O. wegen schikanösem Verhalten eines Vorgesetzten, das zu gesundheitlichen Schäden des Klägers führte; VGIAO Nr. 1875: Eine I. O. ist für die Verletzung der Menschenwürde eines Bediensteten durch seinen Vorgesetzten oder durch Außenstehende verantwortlich und muss Gegenmaßnahmen ergreifen; VGIAO Nr. 2060: Das Fehlen einer Begründung für die nicht erfolgreiche Kandidatur lässt verletzt als solche nicht die Menschenwürde; VGIAO Nr. 2067: Die I. O. hat die Pflicht, den Bediensteten vor Verletzung der Menschenwürde durch Kollegen zu schützen; VGIAO Nr. 2100: Die Beweislast für eine behauptete Schikane durch die I. O. trägt der Kläger; VGIAO Nrn. 2116, 2102: Die I. O. hat bei allen Maßnahmen, die die Rechte des Bediensteten betreffen, seine Würde zu beachten;

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VGIAO Nrn. 476, 942, 1234, 1496, 1726, 1757, 1972, 2191: Bei Personaltransfer muss die I. O. die Menschenwürde beachten und eine nach Aufgaben, Umfang und Verantwortung gleichwertige Stelle anbieten; VGIAO Nr. 2222: Die Aufhebung der Immunität eines Bediensteten ohne Vorabinformation kann dessen Menschenwürde verletzen; VGIAO Nr. 2227: Schutz der Menschenwürde der Personalvertreter; VGIAO Nr. 2229: Ein Personaltransfer auf einen Posten dessen gefordertes Tätigkeitsniveau nicht dem vorhergehenden Posten und der Qualifikation des Bediensteten entspricht, kann seine Würde verletzten; VGIAO Nr. 2306: Verletzung der Würde wegen unrechtmäßiger Beendigung des Anstellungsvertrags; VGIAO Nr. 2324: Schadensersatz wegen Verletzung der Menschenwürde aufgrund unrechtmäßiger einstweiliger Beurlaubung; VGIAO Nr. 2373: Verletzung der Würde durch eingeschränktes Zugangsrecht in das Dienstgebäude (ständige Begleitung durch Bewacher) nach Ende des Anstellungsverhältnisses; VGIAO Nr. 2394: Verletzung der Würde wegen übereilter Neuausschreibung des Dienstpostens bei fehlerhafter Beendigung der Anstellung; VGIAO Nr. 2396: Die I. O. muss bei Anfragen an Stellen außerhalb der I. O. die Würde und den Ruf des Bediensteten beachten; VGIAO Nr. 2414: Unter anderem gebietet es die Würde des Menschen, dass der Bedienstete zeitgerecht über die Einzelheiten unzureichender fachlicher Leistungen unterrichtet wird, um eine Verbesserung zu ermöglichen.

Rechtsprechung EUGH EUGH 53/72: Unabhängig von Art. 24 EG-BS muss die Verwaltung bei Angriffen auf die berufliche Ehrenhaftigkeit schnell für Aufklärung sorgen und bei falschen Anschuldigungen alles für die Wiederherstellung der verletzten Ehre tun; EUGH 128/75: Sind Anschuldigungen gegen einen Bediensteten unbegründet, muss die Organisation auch dann alles für die Wiederherstellung der beruflichen Ehre tun, wenn der Bedienstete keine Initiative ergreift; EUGH C-294/95 (EUG T-36/93): Die Beistandspflicht zur Wiederherstellung der beruflichen Ehre darf nicht von der Aufklärung durch ein Disziplinarverfahren abhängig gemacht werden; EUG T-44/93: Schutz der beruflichen Ehre; (ebenso EUG T-39/93). 1. Der Schutz der Privatsphäre

Der Schutz der Privatsphäre der Bediensteten im Dienstbetrieb einer I. O. wird von den int. VerwGerichten sowohl aus den übereinstimmenden traditionellen verfassungsrechtlichen Verbürgungen dieses Rechts in den Nationalstaaten (z. B. in Deutschland: allgemeines Persönlichkeitsrecht des Art. 2

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Abs. 1 GG) als auch aus int. Übereinkommen (Art. 8 EMRK, Art. 7 EUGRC) abgeleitet. In den DienstRO selbst ist dieses Grundrecht ebensowenig ausdrücklich normiert wie im Primärrecht der I. O. (vgl. aber Art. 6 Abs. 2 EUV i. V. mit Art. 8 EMRK). Das Recht auf Schutz der Privatsphäre schützt einerseits den Bediensteten gegen Eingriffe der I. O. in seine private Sphäre (Abwehrrecht), zum anderen verpflichtet es die I. O., diese Sphäre innerbetrieblich von Angriffen durch Mitarbeiter, Vorgesetzte und außenstehende Dritte freizuhalten (Gewährleistungspflicht). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung wird man unter dem Schutz der Privatsphäre im weiteren Sinn im Bereich des int. öff. Dienstes insbesondere folgende Teilbereiche unterscheiden können: die Geheimhaltung von persönlichen Daten (Information über den Gesundheitszustand eines Bediensteten, Krankheitsakten, Personalakten); die Wahrung eines persönlichen Freiraums im Betrieb (Vertraulichkeit persönlicher Unterlagen, private Korrespondenz, private Telefonate, Schutz vor permanenter und exzessiver Videoüberwachung), Schutz der Familienzusammenführung, Abwehr von sexuellen Übergriffen, Schikanen und Belästigungen durch Mitarbeiter und Vorgesetzte. Das Recht auf Privatsphäre im Dienstbetrieb unterliegt allerdings im dienstlichen Interesse zahlreichen Beschränkungen. So ist die Anordnung amtsärztlicher Untersuchungen vor der Einstellung und bei Erkrankungen während des Dienstverhältnisses ohne weiteres zulässig. Die Durchsuchung von Büros und die Überwachung dienstlicher PCs ist dem Dienstherren grundsätzlich gestattet, wobei er allerdings die Vertraulichkeit privater Daten, Dokumente und privater Korrespondenz etc. zu beachten hat. Eine angemessene Videoüberwachung in Amtsräumen bei begründetem Verdacht auf strafbare Handlungen muss hingenommen werden. Als Unterfall des allgemeinen Rechtsschutzes der Privatsphäre unterliegt das Recht auf den Schutz persönlicher Daten besonderen Regelungen (siehe hierzu nachstehend unter 2.). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2350: Zugriff auf Büro/PC des Bediensteten bei Krankheit; VGIAO Nr. 2183: Der Grundsatz der Vertraulichkeit einer privaten Mitteilung auf einem e-mail Konto der I. O. muss beachtet werden. Bei längerer Krankheit kann Zugang unter Beachtung großer Sorgfalt (vorherige Information des Betroffenen) gerechtfertigt sein.

Rechtsprechung EUGH EUGH C-540/03: Das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK als ARGrundsatz im Gemeinschaftsrecht;

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EUG T-165/03: Die in Art. 8 EMRK und Art. 7 EU-GRC verankerte Pflicht zur Achtung des Privat- und Familienlebens ist wesentlicher Bestandteil der ARGrundsätze. Zulässig ist jedoch die Frage nach den familiären Verhältnissen im Auswahlverfahren für Dienstposten mit Versetzungsmöglichkeit; EUG T-66/98: Weitergabe von medizinischen Unterlagen bei der Erstattungsstelle; EUG T-74/96: Recht der I. O. zur Durchsuchung eines Büros und des dienstlichen PCs auch ohne Anwesenheit des Bediensteten und ohne laufendes Disziplinarverfahrens; EUG T-90/95: Recht des Bediensteten, seinen Gesundheitszustand geheim zu halten; EUG T-10/93: Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK wird durch das Interesse der I. O. an der medizinischen Einstellungsuntersuchung regelmäßig eingeschränkt (siehe Art. 8 Abs. 2 EMRK).

2. Der Datenschutz

Der Datenschutz wird rechtsdogmatisch als spezifisch ausgestatteter Teilbereich des Rechts auf Achtung der Privatsphäre angesehen (Grabenwarter, S. 207; Rengeling, Rdn. 663 und Sobotta, Rdn. 3). Die Ableitung des Datenschutzes als ARGrundsatz des int. öff. Dienstes muss mangels gemeinsamer nationalstaatlicher Verfassungstradition in erster Linie aus völkerrechtlichen Vereinbarungen erfolgen. Zu nennen sind insbesondere: Art. 8 EU-GRC, Art. 286 EGV, die Richtlinie 95/46 (EG) vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 18.12.2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und den freien Datenverkehr (Daten SCHVO), das Datenschutzübereinkommen des Europarats (Konvention Nr. 108) vom 28.1.1981 und die Datenschutzrichtlinie der VN (Resolution Nr. 45/95) vom 14.12.1990. In den Personal(Beamten)statuten und im Primärrecht I. O. finden sich durchwegs weder allgemeine Garantien des Datenschutzes noch konkrete Regelungen. Eine Ausnahme stellt die EG dar. Neben der primärrechtlichen Absicherung in Art. 6 Abs. 2 EUV i. V. mit Art. 8 EMRK (Sobotta, Rdn. 26) wird auch eine inkorporierende oder geltungserweiternde (Sobotta, Rdn. 15) Verweisung im Primärrecht des Art. 286 EGV auf die DatenSCHRL 95/46/EG erreicht. Bei den meisten I. O. wird der Datenschutz der Bediensteten durch sekundärrechtliche bzw. tertiärrechtliche Regelungen außerhalb der eigentlichen

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Beamten- bzw. Personalstatuten gewährleistet. Diese Datenschutzrichtlinien werden teils durch das Gesetzgebungs-, teils durch das Verwaltungsorgan der I. O. erlassen (siehe nachstehend 2. Teil, 3. Abschn. C.I.9.i)). Nach der int. Rechtsprechung erstreckt sich der Schutz personenbezogener Daten bei I. O. jedenfalls auf die automatisierten Dateien und die automatische Verarbeitung von personenbezogenen Daten (vgl. Art. 3 Abs. 1 des Datenschutzübereinkommens des Europarats, Konvention Nr. 108). Die Erstreckung des Datenschutz-Grundrechts auf den Schutz teilweise automatisierter Dateien oder die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, ist aus der gegenwärtigen Rechtsprechung der int. VerwGerichte nicht abzuleiten. Für den Bereich der EG ist eine derartige Erstreckung jedoch in Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 45/2001 (EG) enthalten. Bei anderen I. O. wird man für den Schutz der teilweise automatisierten Dateien und die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten auf den ARGrundsatz des Schutzes der Privatsphäre zurückgreifen müssen. Die Kernelemente des Schutzes personenbezogener Daten sind in Art. 8 Abs. 2 EU-GRC, in Kapitel II des Datenschutzübereinkommens des Europarats (Konvention Nr. 108) und in Kapitel II der Verordnung Nr. 45/2001 (EG) enthalten. Im Wesentlichen sind dies: – die Zweckbindung der Daten, – das Erfordernis der Einwilligung des Betroffenen oder eine gesetzliche Grundlage für die Verarbeitung der Daten, – der Anspruch auf Auskunft des Betroffenen über die ihn betreffenden Daten, – die Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben bei der Verarbeitung (Vertraulichkeit und Sicherheit der Verarbeitung), – Überwachung des Datenschutzes durch ein unabhängiges Kontrollorgan (Datenschutzbeauftragter). Von besonderer Bedeutung bei I. O. ist die strenge Reglementierung des Datentransfers (Datenexport) an organisationsfremde Personen und Einrichtungen (vgl. Art. 9 EG-DatenSchV). Auch die int. VerwGerichte selbst und die internen Beschwerdeausschüsse unterliegen als Organe oder Einrichtungen einer I. O. dem ARGrundsatz auf den Schutz personenbezogener Daten. Strittig ist dabei insbesondere, inwieweit die Veröffentlichung der Namen der Kläger in den int. Datenbanken der VerwGerichte gerechtfertigt ist (zum EUGH siehe näher bei Sobotta, Rdn. 129). Das VGIAO verzichtet in seiner Datenbank TRIBLEX seit seiner 93. Sitzung im Mai 2002 auf die Nennung der Namen

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der klagenden Partei. Das VGVN verfährt seit September 2005 in seiner Datenbank in gleicher Weise. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2183: Schutz der privaten Daten in einem e-mail Konto der I. O. Die I. O. hat auch bei längerer Krankheit des Bediensteten nur Zugang unter Beachtung größter Sorgfalt; VGIAO Nr. 2073: Hoher Stellenwert des Datenschutzes für int. Bedienstete, bei Verletzung immaterieller Schadensersatz; VGIAO Nr. 1756: Der Datenschutz verlangt Information des Bediensteten über die von ihm gespeicherten Daten, gleichgültig, ob sie ihm nützen oder schaden können. Er muss Gelegenheit haben, sie richtigzustellen oder zu ergänzen.

Für den Bereich der EG fehlt es bisher an relevanter datenschutzrechtlicher Rechtsprechung für die Bediensteten. Von Interesse sind aber die Stellungnahmen des Europäischen Datenschutzbeauftragten (Vorabkontrolle). Diese sind über das Internetportal des Datenschutzbeauftragten abrufbar. Beispiele für die Vorabkontrolle des Europäischen Datenschutzbeauftragten (siehe Art. 27 Abs. 1 EG-DatenSchV). Aktenzeichen (AZ) 2004-272: Daten über die Benutzung von Diensttelefonen der EZB für private Zwecke; AZ 2004-271: Daten über die Benutzung dienstlicher Telefone und Faxgeräte für private Zwecke; AZ 2006-351: Daten über Einstellungsverfahren; AZ 2006-142: Tonbandaufnahme von Anrufen in der Telefonzentrale; AZ 2006-240/241: Speicherung medizinischer Daten. AZ 2004-222: Daten über Streikteilnahme; AZ 2004-306: Speicherung von Daten über Zeitmanagement; AZ 2006-93: Daten über sexuelle Belästigung und Schikane. AZ 2006-102, 2005-376: Aufzeichnung von Telefongesprächen; AZ 2004-300 und 2004-293: Speicherung der Daten der Beurteilungen; AZ 2004-258: Speicherung der Daten über flexible Arbeitszeit. AZ 2004-277: Speicherung der Daten über die Abwesenheit vom Dienst wegen Krankheit oder Unfall; AZ 2004-67: Speicherung der Daten über würdiges Verhalten am Arbeitsplatz.

Auch in den Verwaltungen I. O. spielen heute die personenbezogenen Datenbanken eine immer größere Rolle. Die Zahlen der nur intern zugänglichen Datenbanken gehen bei vielen I. O. heute in die Hunderte. Sie betreffen nicht nur die klassischen Datenregister der Personalverwaltung in automatisierter Form, die Führung der Personalakten, der Akten über die Bezüge und Dienstreisen, der Krankheitsakten etc. In immer größerer Zahl werden in den Datenbanken auch die personenbezogenen Daten über die konkrete Arbeitsweise und die Arbeitsleistung erfasst. Hierzu zählen etwa die Daten über den Zugriff und die Nutzung der Informations- und Tele-

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kommunikationseinrichtungen (PC, e-mail, Fest- und Mobiltelefone, Faxe, Videotelefonie etc) durch die Bediensteten. Gerade wegen der weitgehenden Duldung einer begrenzten Nutzung dieser betrieblichen Einrichtungen für private Zwecke kann es hier leicht zu Konflikten kommen, wenn diese Daten für Zwecke der Bewertung des individuellen Verhaltens am Arbeitsplatz Verwendung finden. Die meisten I. O. haben heute den ARGrundsatz des int. öff. Dienstes auf Schutz der personenbezogenen Daten durch interne Datenschutzregelungen umgesetzt. Die von den I. O. erlassenen Datenschutzrichtlinien sind jedoch wegen der sehr speziellen Materie nicht in die allgemeinen DienstRO und BS integriert worden. Für die drei großen homogenen Dienstrechtskreise und die EPO sind folgende Regelungen zu nennen (siehe näher 2. Teil, 3. Abschn. C.I.9.i)): Für den Bereich der EG enthält die auf Art. 286 EGV gestützte Verordnung Nr. 45/2001 (EG-DatenSchV) des Europäischen Parlaments und des Rats vom 18.12.2000 den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr. Schutzadressat der Verordnung sind die natürlichen Personen in den Mitgliedsstaaten einschließlich der EGBediensteten selbst. Dies wird in Ziffer 7 der Präambel ausdrücklich klargestellt („unter den Schutz fallen können Personen, deren personenbezogene Daten von den Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft in irgendeinem Kontext verarbeitet werden, z. B. weil sie bei diesen Organen oder Einrichtungen beschäftigt sind“). Bei den VN besteht eine Richtlinie über die Vorschriften automatisierter personenbezogener Daten (Dokument E/CN.4/1990/72 des Wirtschafts- und Sozialrats der VN vom 20.2.1990), die durch die Resolution 45/95 vom 14.12.1990 von der Generalversammlung der VN angenommen wurde. Nach Abschnitt B findet die Regelung auch auf die zwischenstaatlichen I. O. und damit die VN selbst bei der Verarbeitung persönlicher Daten Anwendung. Allerdings können dabei solche Anpassungen vorgenommen werden, die auf Grund der Unterschiede von Daten von Bediensteten der I. O. und Daten von außenstehenden Personen für erforderlich gehalten werden. Ergänzend hierzu bestehen u. a. Vorschriften über den Gebrauch von Ressourcen und Daten der Informations- und Kommunikationstechnologie (Dokument ST/SGB/204/15). Der Europarat besitzt seit dem 17.4.1989 eine Datenschutzregelung für die von ihm automatisch oder manuell verarbeiteten Daten seiner Bediensteten und Außenstehender Personen. Die Regelung setzt im Wesentlichen das Datenschutzübereinkommen des Europarats vom 28.1.1981 um.

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Die EPO hat zum 1. Juli 1992 die Richtlinien für den Schutz automatisierter Dateien und die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten im Europäischen Patentamt zum Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte ihrer Bediensteten erlassen (siehe näher Ullrich, Datenschutz, S. 217 f.). Die Richtlinie ist der Rechtsqualität nach eine tertiärrechtliche, vom Präsidenten des Europäischen Patentamts erlassene Regelung. Sie wird ergänzt durch Art. 8 des Sitzabkommens zwischen der EPO und der Republik Österreich über den Datenschutz (ÖBGBl. 1990/672). Auf Grund des Art. 8 ist die EPO verpflichtet, den Schutz der von der elektronischen Datenverarbeitung betroffenen Person zumindest in dem Umfang zu gewähren, wie er von dem Datenschutzübereinkommen des Europarats vom 28.1.1981 garantiert wird. Jedenfalls hinsichtlich der Dienststelle Wien der EPO wird damit der Datenschutz auch für organisationsfremde natürliche Personen ausdrücklich garantiert. Da davon auszugehen ist, dass eine I. O. nur über ein einheitliches Datenschutzsystem verfügen kann, wird man denselben Datenschutz durch die EPO auch für die Daten organisationsfremder Personen aus anderen Vertragsstaaten der EPO als gewährleistet ansehen dürfen. Von allgemeinem Interesse ist in diesem Zusammenhang auch der von der IAO herausgegebene Praxis-Kodex über den Datenschutz von Arbeitnehmern vom 1997 (ILOLEX Datenbank im Portal der ILO). Die Datenschutzrichtlinien der I. O. konkretisieren für ihre Bediensteten mehr oder weniger die Vorgaben des ARGrundsatzes des int. öff. Dienstes auf den Schutz personenbezogener Daten (siehe näher 2. Teil, 3. Abschn. C.I.9.i)). Soweit Regelungslücken bestehen, z. B. wenn die Richtlinien nur auf automatisierte Dateien oder die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten Anwendung findet (vgl. z. B. Art. 1 der EPO-Datenschutzrichtlinie) muss auf den ARGrundsatz des Schutzes der Privatsphäre zurückgegriffen werden. Von besonderer Sensibilität beim Schutz der personenbezogenen Daten der Bediensteten durch I. O. ist die Übertragung von Daten nach außen (siehe Ullrich, Datenschutz). Art. 9 der EG-DatenSchV enthält eine kasuistische Regelung der Bedingungen für die Übermittlung der Daten an Empfänger, die nicht Organe oder Einrichtungen der Gemeinschaft sind. Art. 13 EPODatenschutzrichtlinie regelt ebenfalls die Voraussetzung für die Übermittlung von Personendaten außen. Vereinzelt bestehen für die Bediensteten auch besondere Rechtsschutzverfahren bei möglichen Datenschutzverletzungen durch die I. O. So eröffnet Art. 33 der EG-DatenSchV für die EG-Bediensteten einen besonderen Beschwerdeweg zum europäischen Datenschutzbeauftragten, der unabhängig vom Beschwerdeverfahren nach dem BS beschritten werden kann. Art. 19 der EPO-Datenschutzrichtlinie sieht in ähnlicher Weise die Möglichkeit zur Anrufung des Datenschutzbeauftragten vor.

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Die Beachtung der Datenschutzrichtlinie zählt zu den Dienstpflichten, deren Verletzung disziplinarische Konsequenzen oder Schadensersatzansprüche auslösen kann (Art. 49 EG DatenSchV, Art. 20 EPO-Datenschutzrichtlinie). II. Der Grundsatz der Gleichbehandlung (Equal treatment) Das Grundrecht auf Gleichbehandlung (Diskriminierungsverbot) der Bediensteten ist in zahlreichen PS der I. O., wenn auch oft nur für Teilbereiche des Dienstrechts, ausdrücklich normiert. • EG Art. 1d Abs. 1 EG-BS enthält ein allgemeines Diskriminierungsverbot, demnach ist jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder einer sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verboten. Für die Anwendung des Statuts werden nicht-eheliche Partnerschaften wie Ehen behandelt, sofern die Voraussetzung nach Anhang VII Art. 1 Abs. 2 Buchstabe c) (Anforderungen an eine nicht-eheliche Lebensgemeinschaft für den Anspruch auf Haushaltszulage) erfüllt sind. Nach Art. 1d Abs. 2 EG-BS ist die volle Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben, bei der Umsetzung aller Aspekte des Statuts als entscheidender Faktor zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung hindert die Organe der EG jedoch nicht daran, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen. Abs. 5 enthält zum Grundsatz der Gleichbehandlung eine Beweislastumkehr, d.h. das Organ der EG hat nachzuweisen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. • VN Art. 4.3 VN-PS enthält keinen allgemein normierten Gleichheitssatz, sondern gewährleistet Gleichbehandlung nur hinsichtlich der Personaleinstellung.

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• ER Art. 3 ER-PS verbietet die Diskriminierung von Bediensteten auf Grund ihrer Rasse, ihres Glaubens, ihrer Meinung, ihrer Herkunft oder ihres Geschlechts, lässt jedoch ähnliche Ausnahmen wie das EG-BS zu. Soweit der Grundsatz der Gleichbehandlung in den PS nicht als allgemein für das Dienstrecht geltender Grundsatz normiert ist bzw. Auslegungsbedarf besteht, muss auf den ARGrundsatz der Gleichheit zurückgegriffen werden. Sein Geltungsgrund ergibt sich aus den meisten Verfassungen der Mitgliedsstaaten I. O. und ist fester Bestandteil aller int. Übereinkünfte und Deklarationen zu den Menschen- und Grundrechten (vgl. Art. 14 EMRK, Art. 1 und 2 AEMR und Kapitel III „Gleichheit“ der EU-GRC). Überschneidungen des Grundrechts auf Gleichbehandlung im int. öff. Dienstrecht treten vor allem mit dem Grundsatz des Willkürverbots auf. Inhalt und Tragweite des Gleichheitsgrundsatzes • VGIAO Die Datenbank Triblex des VGIAO weist (Stand: 1.1.2008) 187 Urteilsauszüge zum Grundsatz auf Gleichbehandlung auf. Damit zählt dieser Grundsatz neben dem des Willkürverbots und des Vertrauensschutzes zu den wichtigsten Prüfungsmaßstäben dieses VerwGerichts. Das gleiche dürfte für die anderen int. VerwGerichte gelten (vgl. Karpenstein, Rdn. 44 ff.). Im Kern bedeutet der Grundsatz auf Gleichbehandlung ebenso wie in den nationalstaatlichen Rechtsordnungen, dass Bedienstete in gleicher Lage gleich und in unterschiedlicher Lage dieser entsprechend verschieden zu behandeln sind (VGIAO Nrn. 2704, 2313, 2194). Männliche und weibliche Bedienstete sind gleich zu behandeln (VGIAO Nr. 208). Sachlich verschiedenes kann unterschiedlich behandelt werden (VGIAO Nr. 870). Die entscheidende Frage ist in jedem Fall, ob das Ausmaß an Unterschiedlichkeit des Sachverhalts ausreicht, um eine Ungleichheit festzustellen (VGIAO Nrn. 2313, 2244). Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn Bedienstete in gleicher oder ähnlicher rechtlicher oder tatsächlicher Lage unterschiedlich behandelt werden (VGIAO Nr. 2066). Gleiche oder ähnliche Sachverhalte sind gleich zu regeln, ungleiche Sachverhalte sind unter Berücksichtigung der ungleichen Aspekte fair, vernünftig und logisch unterschiedlich zu behandeln („. . . a fair, reasonable and logical outcome of the difference“, siehe VGIAO Nrn. 755, 754), wobei die zuständige Stelle einen breiten Ermessensspielraum besitzt (VGIAO Nrn. 2210, 2194, 1990).

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Der Gleichheitsgrundsatz bindet die Verwaltungen I. O. im gesamten Dienstrechtsverhältnis. Darüber hinaus hat auch das für den Erlass der PS zuständige Organ diesen Grundsatz zu beachten. Auf Grund der Häufigkeiten der Klagen vor den int. VerwGerichten zum Gleichheitssatz haben sich gewisse Schwerpunkte herausgebildet. Demnach treten erfahrungemäß Verletzungen des Gleichheitsgrundsatzes in den Dienstrechtsverhältnissen besonders häufig in folgenden Bereichen auf: – Gleichbehandlung in den Ausschreibungsverfahren, – Entsprechung von Tätigkeit und Besoldungsgruppe (gleiche Bezahlung bei gleicher Leistung), – Gleichbehandlung der Geschlechter (z. B. gleichgeschlechtliche Partnerschaften). Beispiele, bei denen VGIAO die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes verneint oder bejaht hat: Keine Verletzung des Gleichheitssatzes wurde angenommen: bei Bediensteten verschiedener I. O., da jede I. O. eigene Personalhoheit besitzt (VGIAO Nr. 1224); bei Bediensteten mit unterschiedlichem Beginn des Dienstantritts (VGIAO Nrn. 514, 734); wenn bei Ehegatten nur einer oder beide in der I. O. tätig sind (VGIAO Nr. 368); hinsichtlich der Beförderung bei unterschiedlicher Qualifikation (VGIAO Nr. 524); hinsichtlich der Maßstäbe für Ersteinstufung und Beförderung (VGIAO Nr. 755); bei der Behandlung unterschiedlicher Besoldungsgruppen (VGIAO Nrn. 409, 490, 505, 506, 690, 845, 1119); für einen begrenzten Zeitraum auch bei unterschiedlicher Behandlung nach Staatsangehörigkeit, wenn es sich etwa darum handelt, eine ausgewogene Dienstpostenverteilung zu erreichen (VGIAO Nr. 551); bei unterschiedlicher Behandlung von Ortskräften und int. Bediensteten (VGIAO Nr. 1196); wenn der Vergleichsfall rechtswidrig war (kein Rechtsanspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. VGIAO Nrn. 767, 769, 1194, 1299); ausnahmsweise durfte anlässlich der Wiedervereinigung Deutschlands der 3. Oktober als Feiertag nur für deutsche Bedienstete der EPO gewährt werden, da es um einen Tag von „großer historischer Bedeutung für diesen Personenkreis“ ging (VGIAO Nr. 1194); keine Verletzung des Gleichheitssatzes im Unrecht oder bei Leistungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht (VGIAO Nr. 1321); der Gleichheitssatz ist nicht verletzt, wenn Familienzulagen nach nationalem Recht im Streikfall weiterbezahlt werden, nicht aber Familienzulagen nach dem Recht der I. O. (VGIAO Nr. 1333); keine Gleichbehandlung im Unrecht (VGIAO Nr. 1369); die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen aufgrund einer rechtswidrig verweigerten Zahlung durch die I. O. dient dem Grundsatz der Gleichbehandlung (VGIAO Nr. 1461); kein Anspruch auf Gleichbehandlung bei rechtswidrigen Entscheidungen

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(VGIAO Nr. 1536); es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn Bediensteten, die nicht am Dienstort wohnen und deren Kinder daher nicht die Kinderkrippe der I. O. benutzen können, keine Entschädigung bezahlt wird (VGIAO Nr. 1866); die Bezahlung nach Dienstaltersstufen verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (gleiche Bezahlung für gleiche Leistung) (VGIAO Nr. 2033); eine I. O. ist trotz der größeren Toleranz und der Veränderungen bei moralischen Wertmaßstäben nicht gezwungen, das PS anzupassen und homosexuellen Partnerschaften dieselben Zulagen wie für Ehepartner zu gewähren (VGIAO Nr. 2193, vgl. aber die abweichenden Meinungen von zwei der fünf Richter und jetzt VGIAO Nr. 2549; siehe auch 2. Teil, 3. Abschn. C.I.3.b)aa)(2); die Anwendung unterschiedlicher nationaler Vorschriften auf Pensionsansprüche I. O. je nach Wohnsitz des Pensionärs bedeuten keine Verletzung des Gleichheitssatzes (VGIAO Nr. 2292); das Recht des Bediensteten, eine Neueinstufung des Dienstpostens zu verlangen entbindet die I. O. nicht von der Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Grundsatz: gleiche Bezahlung und gleiche Behandlung bei gleicher Leistung beachtet wird (VGIAO Nr. 2314); dienstl. Beziehungen oder Vorgesetzten-Stellung eines Mitglieds des Auswahlausschusses zu einem Kandidaten bedeutet für sich alleine genommen noch keine Verletzung des Gleichheitssatzes gegenüber anderen Kandidaten (VGIAO Nr. 2520); kein Verstoß gegen Gleichheitssatz, wenn Mitgliedsstaat trotz Bemühens der I. O. den Transfer von Pensionsansprüchen ablehnt (VGIAO Nr. 2527); kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (VGIAO Nr. 2556); keine Verletzung des Gleichheitssatzes, wenn ausländischer Bediensteter bei längeren Aufenthalt im Sitzstaat der I. O. vor Dienstantritt keinen Anspruch auf Auslandszulage hat (VGIAO Nr. 2597); keine Verletzung des Gleichheitssatzes bei Gewährung von Sonderurlaub (VGIAO Nr. 2619); keine Verletzung des Gleichheitssatzes bei Festsetzung des Heimatlands (VGIAO Nr. 2637); unterschiedliche Behandlung bei Zulagen von Bediensteten mit anerkanntem Heimatort im Ausland und Bediensteten mit bloßer ausländischer Nationalität ist zulässig (VGIAO Nr. 2638); Zeitarbeitskräfte, kein Anspruch auf Gleichbehandlung bei Gehältern, es fehlt auch schon an der Klagebefugnis (VGIAO Nr. 2649). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes hat das VerwGericht der int. Arbeitsorganisation angenommen: bei günstigeren Beförderungsbedingungen für durch die EPO direkt rekrutierte Bedienstete gegenüber Bediensteten, welche vom int. Patentinstitut übernommen wurden (VGIAO Nr. 690); wenn bei Prüfern und Übersetzern in der EPO im Gegensatz zu den Juristen auch Berufserfahrungszeiten von unter einem Jahr angerechnet werden (VGIAO Nr. 656); Fehler bei der Gleichbehandlung von Kandidaten vor dem Auswahlausschuss (VGIAO Nrn. 1071, 1268); es verstößt gegen den Gleichheitssatz, wenn eine I. O. bei Rekrutierung von Bediensteten mit Doppelstaatsangehörigkeit als Heimatort einen Ort außerhalb des Landes

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seiner Arbeitsstelle anerkennt, nicht aber im Falle von Bediensteten, die eine Überprüfung ihres ursprünglich festgestellten Heimatorts beantragen (VGIAO Nr. 1324); es verstößt gegen den Gleichheitssatz, wenn die I. O. bei Erlass von Gehaltsanpassungen die Einheitlichkeit der Kaufkraft der Bediensteten an allen Dienstorten nicht sicherstellt (VGIAO Nr. 1420); Bewerbungen um eine Stelle nach Fristablauf sind auf Grund des Gleichbehandlungsgebots nur zulässig, wenn eine neue Bewerbungsfrist publiziert wird (VGIAO Nr. 1549); es verstößt gegen den Gleichheitssatz, einen Bewerber um einen Posten, der an sich seiner Qualifikation entspricht, mit der Begründung nicht zu ernennen, er sei überqualifiziert (VGIAO Nr. 1789); die Gleichbehandlung verbietet es, Bewerber auf Grund von Kriterien unterschiedlich zu behandeln (hier: Sprachen), die nicht Gegenstand der Stellenausschreibung waren (VGIAO Nr. 1990); nur einen Bewerber von den USA nach Genf zu einen Interview einzuladen und den anderen in einer Videokonferenz zu interviewen, legt den Verdacht auf Ungleichbehandlung nahe (VGIAO Nr. 2004); eine interne Regelung, die vorschreibt, dass Ehegatten normalerweise nicht in derselben Organisationseinheit eingesetzt werden dürfen, verstößt gegen den Gleichheitssatz, die I. O. muss andere nicht-diskriminierende Lösungen finden, um eventuelle Managementprobleme zu lösen (VGIAO Nr. 2120); jeder Bewerber um einen Posten hat Anspruch auf Gleichbehandlung (VGIAO Nr. 2163); will die I. O. eine Ausschreibung auch für die Besetzung „ähnlicher Posten“ verwenden, so muss sie diesen Begriff näher definieren, um allen Bediensteten die gleiche Chance für eine Bewerbung zu geben (VGIAO Nr. 2210); Gleichbehandlung der Bediensteten bei dem Steuerprivileg für Gehälter (VGIAO Nr. 2256); allgemein für Bedienstete geltende Fristen für die Steuererstattung müssen publiziert werde, die bloße Mitteilung an einen einzelnen Bediensteten verletzt den Gleichheitssatz und ist daher unwirksam (VGIAO Nr. 2296; die I. O. ist von der Beachtung des Gleichheitssatzes (gleiche Bezahlung bei gleicher Leistung) nicht durch die Möglichkeit des Bediensteten freigestellt, eine Höherstufung des Postens zu beantragen (VGIAO Nr. 2314); Gleichheitssatzverletzung bei Ernennung (VGIAO Nr. 2393); eine Ungleichbehandlung von Bediensteten in relevant unterschiedlicher Lage kann den Gleichheitssatz trotzdem verletzen, wenn die Ungleichbehandlung nicht dem Unterschied entsprechend und angemessen erfolgt („appropriate and adopted to the difference“)(VGIAO Nr. 2313); Wiederholung der Ausschreibung wegen Verletzung des Gleichheitssatzes (VGIAO Nr. 2418); Ungleichbehandlung bei der Verlängerung von Anstellungsverträgen über das normale Ruhestandsalter hinaus (VGIAO Nr. 2513); die Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlich registrierten Partnern i. S. des dänischen Rechts nach dem internen Dienstrecht würde den Gleichheitssatz verletzen (VGIAO Nr. 2549); Diskriminierung des Vorsitzenden einer PV (VGIAO Nr. 2704).

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Rechtsprechung EUGH Allgemein zum Gleichheitssatz siehe F-12/05; EUG T-361/03; EUG T-319/00; EUG T-86/97; EUG T-208/96; EUG T-207/95; EUG T-66/95; EUG T-297/94; EUG T-52/93; EUG T-6/92; EUG T-18/89; EUG T-24/89. Demnach ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn rechtlich und faktisch wesentlich Gleiches ungleich oder wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird. F-54/06: Gleichheitssatz ist nicht verletzt, wenn wegen der zunehmenden Integration Europas nicht mehr für jeden Wohnsitz eines Pensionärs ein besonderer Kaufkraft-Koeffizient angewendet wird (siehe aber noch EUG T-184/00: vor Inkrafttreten einer Systemänderung durch die Revision des EG-BS vom 1.5.2004; siehe auch EUG T-135/05); F-59/05: Keine Verletzung der Gleichheit, wenn Beamte und sonstige Bedienstete unterschiedliche Ansprüche und soziale Vergünstigungen erhalten; EUG T-368/03: Wenn keine besondere Rechtspflicht besteht, könne Gruppen von Bediensteten bei Institutionen der EG unterschiedlich behandelt werden; EUG T-294/03: Allein mit der Tatsache einer höheren Erfolgsquote von Kandidaten einer Nationalität kann keine Verletzung des Gleichheitssatzes begründet werden; EUG T-137/03: Maßnahmen zur Herstellung der Parität zwischen männlichen und weiblichen Bediensteten (Bevorzugung der Einstellung weiblicher Bediensteter) sind nicht justitiabel; aus der Möglichkeit, weibliche Kandidaten bevorzugt einzustellen (positive Diskriminierung; siehe Art. 141 Abs. 4 EGV) ist keine Rechtspflicht abzuleiten (siehe auch EUG T-181/01); EUG T-219/02, EUG T-337/02, EUG T-256/01: Kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz bei der Festsetzung eines Mindestalters für Rekrutierungen; EUG T-14/03, EUG T-11/03: Unterschiedliche Regelungen für Beamte und sonstige Bedienstete müssen objektiv sein, auf vernünftigen Gründen beruhen und verhältnismäßig sein; EUG T-319/00: Keine Verletzung des Gleichheitssatzes bei der Einstellung, wenn früher gewährte Erleichterungen aus personalpolitischen Gründen gestrichen wurden; EUGH C-122/99 P und EUGH C-125/99 P: Keine Pflicht, dienstrechtlich die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit der Ehe gleichzustellen, solange der Gesetzgeber dafür keine rechtliche Grundlage geschaffen hat (Anm.: dies ist nunmehr durch die Revision des EG-BS zum 1.5.2004 geschehen, siehe näher 2. Teil, 3. Abschn. C.I.3.b)aa)(2); EUG T-159/96: Gleichbehandlung nach objektiven Kriterien bei Bewerbungen und Beförderungen; EUG T-35/96, EUG T-178/95, EUG T-586/93: Bei gleicher Qualifikation können wegen des geographischen Proporzes Staatsangehörige neuer Mitgliedsstaaten bei der Rekrutierung bevorzugt werden; EUG T-66/95: Keine Verletzung des Gleichheitssatzes, wenn sonstigen Bediensteten nach Ausscheiden unter gewissen Umständen die Fortsetzung der Kran-

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kenversicherung ermöglicht wird, nicht aber geschiedenen Ehegatten von Pensionären; EUG T-562/93 und EUG T-30/90: Keine Gleichheit im Unrecht; EUG T-60/92: Verstoß gegen den Gleichheitssatz, wenn nicht nur Minimalanforderungen an Kandidaten gestellt werden, sondern Bewerber mit höheren Qualifikationen ausgeschlossen werden (kein Universitätsabschluss für C-Bedienstete); EUG T-6/92 und EUG T-52/92: Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn die Pensionäre im Hinblick auf die Krankenversicherung als gesonderte Gruppe behandelt werden, weil sie ein erhöhtes Krankheitsrisiko darstellen würden. Es handelt sich um ein allgemeines Lebensrisiko, das alle aktiven Bedienstete und Pensionäre betrifft.

III. Die Vereinigungs-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit (Freedom of association and assembly, right to establish trade unions) 1. Allgemeines

Als einer der wenigen ARGrundsätze ist die Vereinigungsfreiheit der Bediensteten in den meisten DienstRO der I. O. ausdrücklich garantiert (Art. 24b EG-BS; Art. 47 ER-PS; Art. 30 EPO-BS, siehe VGIAO Nr. 1269). Im VN-PS wird die Vereinigungsfreiheit zwar nicht genannt, das VGVN hat jedoch in einer seiner ersten Entscheidungen (Urteil Nr. 15) festgestellt, dass die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit in den Art. 20 und 23 Abs. 4 AEMR auch als ARGrundsatz im int. Dienstrecht zu gelten habe. Die VN könnten dieses Grundrecht nicht für das Recht ihrer Mitgliedsstaaten anmahnen, aber im internen Organisationsbereich ignorieren (siehe auch Busch, S. 229). Die Verankerung dieses Grundrechts beruht außerdem auf Art. 11 Abs. 1 EMRK und ist in Art. 12 Abs. 1 EU-GRC und in den meisten nationalen Verfassungen enthalten. Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit steht im engen Zusammenhang mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und ist aus diesem Grund meist Gegenstand derselben Regelung. Im Bereich des int. Dienstrechts spielt die Versammlungsfreiheit allerdings eine eher untergeordnete Rolle. In der Praxis schützt sie hauptsächlich die Teilnahme an den Versammlungen der Personalvereinigung und an einem Demonstrationsstreik (siehe nachstehend) und bedarf hier keiner weiteren Kommentierung. Die Vereinigungsfreiheit berechtigt die int. Bediensteten ganz allgemein, sich zum Zwecke gemeinsamen Handelns in der I. O. zusammenzuschließen. Geschützt wird durch die Vereinigungsfreiheit nicht nur die Gründung bzw. der Beitritt als individuelles Grundrecht, sondern auch das kollektive Recht der Vereinigung selbst, zur freien Gestaltung ihrer internen Organisa-

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tion (Satzungsautonomie) und Betätigung. Diese Teilgarantien der Vereinigungsfreiheit werden zusätzlich von den Schutzbereichen der Handlungsund Meinungsfreiheit überlagert (siehe Rixen, Art. 12 Rdn. 7; Scholz, Rdn. 244 ff.). Von zentraler Bedeutung ist die Vereinigungsfreiheit für die Gründung und Tätigkeit der PV und Gewerkschaften (vgl. VGIAO Nr. 911). Sie bildet, neben den in den DienstRO enthaltenen Rahmenbedingungen für die kollektive Beteiligung des Personals an dienstrechtlichen Entscheidungsprozessen (siehe näher bei 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.1.), das rechtliche Substrat für die freie Willensbildung und Betätigung der PV und Gewerkschaften (zu den strukturellen und rechtlichen Unterschieden zum deutschen Personalvertretungsrecht, vgl. Ullrich, Personalvertretungsrechte). Die Terminologie der I. O. bei PV und Gewerkschaften ist uneinheitlich. Der Oberbegriff „Personalvereinigung“ (staff association) umfasst verschiedene Arten von Personalzusammenschlüssen. Grundsätzlich ist dabei zwischen den PV, die in die interne Organisationsstruktur integriert sind und den von außerhalb auf die I. O. einwirkenden Gewerkschaften zu unterscheiden. Die PV (z. B. Art. 9 EG-BS) werden auch als Personalausschüsse (staff Committees Art. 8 ER-PS; Art. 34 EPO-BS, siehe z. B. VGIAO Nr. 2228) oder als Personalräte (staff councils, Regel 108.1 VN-PS) bezeichnet. Neben den PV und Gewerkschaften (siehe nachstehend) spielen bei I. O. auch Vereinigungen zur Wahrung und Förderung kultureller, sozialer und sportlicher Interessen eine große Rolle. Diese Clubs werden von der I. O. in der Regel finanziell unterstützt und unterliegen gewissen Rahmenrichtlinien, genießen aber einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Regelung ihrer internen Angelegenheiten. Ihre Aktivitäten stellen keine amtliche Tätigkeit dar und die Vereinigungen partizipieren daher auch nicht an den organisationseigenen Immunitäten und Privilegien. Berufsverbänden und Berufsgewerkschaften (Spartengewerkschaften) kommt als selbständigen Vereinigungen neben den int. Gewerkschaften bei I. O. keine große Bedeutung zu. Sie sind für eine wirksame Interessenvertretung in der Regel zu personalschwach und können andererseits erhebliche soziale Spannungen im Personal auslösen (vgl. näher Busch, S. 239 f.; Beigbeder, S. 22). 2. Die Koalitionsfreiheit

Die Gewerkschaften bei den I. O. („int. Gewerkschaften“) bilden neben den PV die wichtigste kollektive Interessenvertretung des Personals einer I. O. Als besondere Ausprägung der allgemeinen Vereinigungsfreiheit (Scholz, Rdn. 154) werden sie in den meisten DienstRO ausdrücklich ga-

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

rantiert (Art. 24b EG-BS; Art. 47 ER-PS; für das Dienstrecht der VN siehe VGVN Nr. 15; für die EPO: Art. 30 EPO-BS, siehe z. B. VGIAO Nr. 1547) und können sich rechtlich auch auf int. Übereinkommen und Deklarationen abstützen (vgl. z. B. Art. 23 Abs. 4 AEMR; Art. 11 Abs. 1 EMRK; Art. 12 Abs. 1 EU-GRC). Im Gegensatz zu den PV, deren Aufgaben und Befugnisse in den Dienstordnungen im Einzelnen festgelegt sind, dienen int. Gewerkschaften ganz allgemein der Interessendurchsetzung des Personals der I. O. Den Schwerpunkt bildet dabei die Wahrung und Förderung der organisationsinternen Anstellungsbedingungen. Int. Gewerkschaften stehen grundsätzlich außerhalb der verfassten Struktur einer I. O. und wirken von daher auf die Entscheidungsträger ein. Die Koalitionsfreiheit umfasst ebenso wie die Vereinigungsfreiheit neben dem Individualgrundrecht auch das kollektive Recht der Gewerkschaft (Scholz, Rdn. 170) auf freien Bestand und freie Betätigung. Die Ausübung der den Bediensteten nach nationalem Recht zustehenden Koalitionsfreiheit, d.h. dem Recht, nationalen Gewerkschaften anzugehören, bleibt davon unberührt, soweit dies mit den Dienstpflichten vereinbar ist. Als organisationsexterne Einrichtung beurteilt sich die Rechtsform der int. Gewerkschaft und damit auch ihre Rechts- und Parteifähigkeit nach den phänotypischen Modellen, die von der jeweils maßgebenden nationalen Rechtsordnung dafür angeboten werden. Allerdings ist für die Ausübung ihrer Betätigungsfreiheit gegenüber der I. O. ausschließlich die organisationsinterne DienstRO maßgebend. Dies gilt insbesondere für die Rechtsstellung ihrer Funktionsträger. Ihre Handlungen, Maßnahmen und Äußerungen gegenüber der I. O. und der für sie handelnden Bediensteten verwirklichen sich durchwegs innerhalb des autonomen Bereichs der I. O. Aus diesem Grunde ist für rechtliche Auseinandersetzungen zwischen den Gewerkschaftsvertretern und der I. O. und deren Repräsentanten nur der Rechtsweg zu dem dafür zuständigen int. VerwGericht eröffnet (siehe unten 2. Teil, 2. Abschn. B.VII.). Die Entscheidungen über die Errichtung, die interne Struktur und Willensbildung, die Einzelheiten der Aufgaben und Ziele sowie die Finanzierung der Gewerkschaft werden von den Bediensteten der I. O. selbständig getroffen. Allerdings müssen als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer späteren Einwirkung der Gewerkschaft auf die Anstellungsorganisation (Dialog, Einsatz von Mitteln des Arbeitskampfes) gewisse allgemeine demokratische Mindeststandards und ARGrundsätze eingehalten werden. Dies gilt etwa für die ordnungsgemäße Durchführung von Wahlen, die Beachtung der negativen Vereinigungsfreiheit, die Nichtdiskriminierung von Bediensteten und die Zwecksetzung im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung. Die Gründung von nationalen Zweiggewerkschaften bei I. O. wäre wohl mit der solidarischen Pflicht des int. Bediensteten, sich bei seiner

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dienstlichen Tätigkeit und seinem Verhalten ausschließlich von den Interessen der I. O. leiten zu lassen (vgl. z. B. Art. 11 EG-BS), nicht vereinbar (siehe hierzu auch VGIAO Nrn. 1244, 1269, 1270). Int. Gewerkschaften nehmen gegenüber den meisten nationalen Gewerkschaften (vgl. für Deutschland, Scholz, Rdn. 216) auch insoweit eine Sonderstellung ein, als sie mangels entsprechender Ermächtigung im Gründungsübereinkommen oder eines entsprechenden ARGrundsatzes nicht das Recht auf den Abschluss von Tarifverträgen (Tarifautonomie) mit „ihrer“ Organisation besitzen. Bei praktisch allen I. O. besteht zumindest eine int. Gewerkschaft (so z. B. bei der EPO die „IGEPA“, Int. Gewerkschaft im EPA, www.suepo.org). Bei der EG und ihren Einrichtungen agieren sogar mehr als ein Dutzend int. Gewerkschaften, die wiederum zum Teil in Dachverbänden zusammengeschlossen sind (siehe die Internetportale im Internet-Verzeichnis). Die durch das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit gewährleistete Pluralität der int. Gewerkschaften bei einer I. O. führt aber leicht zu einer Erschwernis des politischen Dialogs und zu sozialen Spannungen in der I. O. (vgl. etwa die Streitigkeiten bei der Durchführung des neuen Rahmenvertrags zwischen der EG-Kommission und den Gewerkschaften von 2003) (siehe näher unter 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.c)bb)). • Die kollektive Betätigungsfreiheit und die Gewährung von Vergünstigungen Int. Gewerkschaften vermögen ihre Synergie zur Durchsetzung kollektiver Interessen der Bediensteten nur umzusetzen, wenn sie auch ohne förmliche Anerkennung durch die I. O. (siehe nachstehend) in deren dienstlicher Sphäre ihre Handlungs- und Meinungsfreiheit entfalten können. Die Rechtsprechung des VGIAO (vgl. z. B. Nr. 403) betont in diesem Zusammenhang, dass die Existenz und Betätigung von int. Gewerkschaften auch im wohlverstandenen Interesse der I. O. liegen und ihnen daher auch genügend Unterstützung zu gewähren ist, um diese Tätigkeit zu ermöglichen. So können die Gewerkschaften ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie das Personal über ihre Tätigkeit unterrichten und für den Beitritt werben können. Hierzu müssen sie sich neben dem Papiermedium auch der Nutzung moderner Kommunikationsmittel (auf eigene Kosten) bedienen können. Die Benutzung des organisationsinternen e-mail Systems und der internen Botendienste kann aber untersagt werden (siehe nachstehende Rechtsprechung). Bei ihren Aktivitäten haben Gewerkschaften neben den allgemeinen Strafvorschriften auch den reibungslosen Dienstbetrieb zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Durchführung von Informationsveranstaltungen, Ab-

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stimmungen und Generalversammlungen. Hier haben int. Gewerkschaften gewisse örtliche und zeitliche Beschränkungen im dienstlichen Interesse hinzunehmen, ohne dass allerdings die Betätigungsfreiheit im Wesensgehalt verletzt werden darf. In der Praxis kommt es wegen der häufigen Personenidentität zwischen den Funktionären der PV und der Gewerkschaft immer wieder zu Streitigkeiten mit der I. O. (vgl. z. B. VGIAO Nr. 2228: Personalvertreter dürfen gegen die Weisung der I. O. der Gewerkschaft keinen indirekten Zugang zum internen e-mail System gewähren). Ein Anspruch auf eine gewisse dienstliche Rücksichtnahme bei der Erledigung von Gewerkschaftsarbeiten wird man von der Betätigungsfreiheit als gewährleistet ansehen dürfen. Eine über diese minimalen Anforderungen an eine unbehinderte Ausübung (Duldung) der Koalitionsfreiheit hinausgehende Verpflichtung zur Gewährung von Begünstigungen besteht nicht (EUGH 193/87, EUGH 194/87). Einmal freiwillig gewährte Vergünstigungen dürfen aber nicht nach Belieben ohne Begründung entzogen werden (VGIAO Nrn. 496, 911). Bei immer mehr I. O. wird das Bedürfnis erkannt, mit den int. Gewerkschaften Vereinbarungen über eine Zusammenarbeit in dienstlichen Angelegenheiten abzuschließen. Die Anerkennung der Gewerkschaft als repräsentative Interessenvertretung (vgl. Art. 10c EG-BS und EUGH 18-74) geht dabei einher mit der Gewährung zusätzlicher Vergünstigungen, wie etwa der Überlassung von Diensträumen, der Bereitstellung von Büromaterial und Kommunikationsmedien, der Unterstützung durch den Übersetzungsdienst bis hin zum Abzug und zur Überweisung der Mitgliedsbeiträge zur Gewerkschaft von den Dienstbezügen. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Beteiligung der Gewerkschaften an einem internen Verhandlungsverfahren (Konzertierung, Dialogverfahren) in allen das Personal betreffenden Angelegenheiten. Hier geht die Tendenz hin zu einem Mitwirkungsrecht des Personals, das über das bloße Konsultationsrecht der PV hinausgeht. Vielfach werden auch Regelungen über ein Streitschlichtungsverfahren und Rahmenbedingungen für den gewerkschaftlichen Arbeitskampf getroffen. Modellcharakter hierfür kommt dem Abkommen der EG-Kommission mit den Gewerkschaften und Berufsverbänden vom 27.1.2003 zu (nicht veröffentlicht) als Folgeabkommen zu der Vereinbarung vom 20.9.1974 (veröffentlicht bei Rogalla, Beamtenmitsprache, Anlage 1). Eine etwas reduzierte Version einer solchen Vereinbarung besteht z. B. auch zwischen der IAO und der Gewerkschaft vom 27.3.2000 (revidiert am 6.11.2003 – Recognition and procedural agreement between the International Labour Office and the ILO Staff Union) (zu den Einzelheiten siehe 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.c)). Während Rechtsfähigkeit und Klagebefugnis bzw. Parteifähigkeit einer int. Gewerkschaft außerhalb ihrer gewerkschaftsspezifischen Tätigkeit nach

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dem jeweiligen nationalen Recht zu beurteilen sind, dem sie unterliegt, beurteilt sich die organisationsinterne Klagebefugnis ausschließlich nach dem autonomen Organisationsrecht. Int. Gewerkschaften sind nach dem internen Dienstrecht und den Gerichtssatzungen der int. VerwGerichte durchwegs nicht klagebefugt (siehe näher 3. Teil, 2. Abschn. B.II.). Im Gegensatz zur Rechtstellung der PV sind hier auch keine Änderungen beabsichtigt. Eine gewisse Ausnahme besteht im Bereich der EG nach Art. 230 Abs. 4 EGV, der im Gegensatz zu den Art. 90 und 91 EG-BS nicht auf individuelle Streitigkeiten von Bediensteten zugeschnitten ist. Allerdings sind die Gewerkschaften hier zumeist nicht Adressat der angefochtenen Maßnahme und damit nicht direkt betroffen, so dass sie nur ein Beitrittsrecht zu den Beamtenklagen besitzen (vgl. EUGH 72-74). Rechtsprechung VGIAO Vereinigungsfreiheit und Koalitionsfreiheit VGIAO Nr. 2562: Die fehlende Klagebefugnis einer PV wird durch die Klagebefugnis der einzelnen Personalvertreter ersetzt, wenn gemeinsame Rechte und Interessen des Personals möglicherweise verletzt sind, sonst wäre das PVrecht wirkungslos (vgl. VGIAO Nrn. 2036, 1269, 1147 sowie 1547: Bedienstete in Ausübung ihres Rechts auf Koalitionsfreiheit; VGIAO Nr. 2459: Es verstößt nicht gegen die Vereinigungsfreiheit, wenn eine I. O. zwischen anerkannten und repräsentativen Gewerkschaften unterscheidet und nur letzteren ein Dialogverfahren anbietet. Gewerkschaftsmitglieder können aus eigenem Recht eine mögliche Diskriminierung ihrer Gewerkschaft gerichtlich geltend machen (unter Hinweis auf Urteil Nr. 1392- Parallelfall PV); VGIAO Nr. 2228: Eine I. O. muss der Gewerkschaft auf Grund einer Vereinbarung oder einer Verwaltungsvorschrift genügend Unterstützung gewähren, um ihre Tätigkeit zu ermöglichen. Sie kann aber die Benutzung des internen e-mail Systems auf die PV beschränken, da diese im Gegensatz zur Gewerkschaft über keine eigenen finanziellen Mittel verfügt und das Gesamtpersonal vertritt. (Siehe zu diesem Urteil auch den Nichtannahme-Beschluss des deutschen BVerfG 2 BvR 1458/03 vom 3.7.2006 in Juris); VGIAO Nr. 2227: Zulässigkeit einer Pflicht zur Antragstellung der PV bei der Verwaltung vor Verteilung eines Dokuments (hier: Spendenaufruf zugunsten eines hilfsbedürftigen Kollegen). Die Zustimmung darf aber nur in Fällen groben Missbrauchs der Meinungsfreiheit oder Verletzung der Rechte Dritter (Beleidigung, böswillige Anschuldigung) oder Eingriffs in die Privatsphäre versagt werden; VGIAO Nr. 2079: Zulässigkeit einer nur beschränkten dienstlichen Freistellung für die Tätigkeit in der PV; VGIAO Nr. 1806: Es verstößt gegen die Unabhängigkeit der PV, wenn eine I. O. die Ernennung auf einen Dienstposten der Personalabteilung vom Verzicht auf die Funktion als Personalvertreter abhängig macht. (Klägerin war Mitglied der PV und Vorsitzende der Gewerkschaft);

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VGIAO Nr. 1547: Die Verteilung eines Einladungsschreibens der Gewerkschaft zu einer Versammlung steht grundsätzlich unter dem Schutz der Vereinigungsfreiheit. Bindung an die bisherige Praxis der Verteilung durch den internen Botendienst. Die Gewerkschaft ist als solche nicht klagebefugt. Ein Gewerkschaftsvertreter kann jedoch Gewerkschaftsrechte, die sich aus der Vereinigungs- bzw. Betätigungsfreiheit ableiten, im eigenen Namen geltend machen (zur Klagebefugnis der Mitglieder der PV, vgl. VGIAO Nr. 2562); VGIAO Nr. 1542: Eine Gewerkschaft als solche ist nicht klagebefugt vor dem VGIAO (vgl. VGIAO Nr. 1392 – Parallelfall der PV); VGIAO Nr. 1437: Eine verdeckte Disziplinarmaßnahme (Versetzung) wegen Tätigkeit in einer Gewerkschaft wäre rechtswidrig; VGIAO Nr. 1392: Die PV als solche ist nicht klagebefugt vor dem VGIAO (vgl. Art. II(5) der Satzung des Gerichts); VGIAO Nr. 1369: Das Gericht ist auch für Vereinbarungen zwischen der I. O. (hier: Eurocontrol) und der Gewerkschaft über Verhandlungen, Schlichtungs- und Schiedsverfahren zuständig, soweit diese Auswirkungen auf das Dienstrecht haben. Für die Beurteilung nationalen Rechts ist das Gericht nur bei ausdrücklicher Verweisung zuständig (Urteil Nr. 1311). Eine Vereinbarung zwischen I. O. und Gewerkschaft kann den Individualrechtsschutz der Bediensteten nicht beseitigen. Ein Bediensteter kann sich auch dann auf eine solche Vereinbarung als Teil des Dienstrechts berufen, wenn er an ihrem Zustandekommen nicht beteiligt war; VGIAO Nr. 911: Jede Personalvereinigung (PV, Gewerkschaft) genießt besondere Rechte einschließlich der Redefreiheit und dem Recht, die Verwaltung zu kritisieren (right to take to task the administration). Nur ein grober Missbrauch dieser Rechte ist unzulässig. Die Gewährung von Unterstützungsleistungen an Personalvereinigung sind keine Vergünstigungen, die die I. O. nach Belieben und ohne vorherige Unterrichtung entziehen kann (hier: Druck und Verteilung von Dokumenten); VGIAO Nr. 576: Versetzung ohne Bezug zur Tätigkeit als Personalvertreter; VGIAO Nr. 520: Nichterneuerung einer Anstellung ohne Bezug zur Tätigkeit als Personalvertreter; VGIAO Nr. 496: Personalvereinigungen als solche sind vor dem VGIAO nicht klagebefugt. Personalvereinigungen bestehen auch im Interesse der I. O. Vor jeder plötzlichen oder drastischen Kürzung von Unterstützungsleistungen muss die PV vorher über die Gründe unterrichtet werden. Die Vereinigungsfreiheit und damit die Unabhängigkeit der Personalvereinigung verbietet jede Erzwingung eines der Verwaltung genehmen Verhaltens oder die Bestrafung eines abweichenden Verhaltens. Eine Zensur der gesamten Kommunikation von und zu der PV verstößt gegen die Vereinigungsfreiheit; VGIAO Nr. 495: Keine Beweislastumkehr bei der Frage der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Verwaltung gegen Personalvertreter. Voreingenommenheit der Verwaltung bei Entscheidungen gegen Personalvertreter (siehe auch Nrn. 494, 448, 447, 427); VGIAO Nr. 494: Versetzung ohne Bezug zur Tätigkeit als Personalvertreter; VGIAO Nr. 450: Gehaltsabzug wegen Teilnahme an einer Demonstration;

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VGIAO Nr. 403: Es verstößt gegen die Vereinigungsfreiheit, eine Gewerkschaft planmäßig zu sabotieren und die Vertreter zu schikanieren, um deren Mitglieder aus einer unbeliebten Personalvereinigung in eine andere zu treiben. Das Bestehen einer effizienten Personalvereinigung liegt auch im Interesse der Verwaltung. Diese gewährt daher üblicherweise zahlreiche Vergünstigungen (z. B. Einschränkung der Dienstpflicht, Bereitstellung von Büroraum, Abzug der Mitgliedsbeiträge vom Gehalt); VGIAO Nr. 274: Tätigkeiten innerhalb einer Personalvereinigung liegen grundsätzlich, ebenso wie die des Privatlebens, außerhalb der Entscheidungsgewalt der I. O. Ausnahmen gelten insbesondere, wenn der gute Ruf der I. O. dadurch geschädigt wird. Die freie Meinungsäußerung der Personalvertreter deckt auch gelegentliche Gefühlsausbrüche, Übertreibungen und eine grobe Wortwahl. Die Personalvereinigung hat eigene Regeln damit umzugehen. Eine Missbilligung mit Disziplinarstrafe würde dieses Freiheitsrecht verletzen. Auf Sitzungen des Plenarorgans und seiner Ausschüsse gelten für die Personalvertreter dagegen dieselben Verhaltenspflichten wie für das andere Personal; VGIAO Nr. 87: Personalvertreter haben besondere Verantwortung, aber auch besondere Rechte, so insbesondere beträchtliche Handlungs- und Meinungsfreiheit einschließlich dem Recht zur Kritik. Sie sind verpflichtet, die Interessen des Personals zu verteidigen und weder ihr Ansehen als int. Bedienstete noch ihre Dienstpflichten zu verletzen.

Rechtsprechung EUGH EUG T-191/02 und EUG T-349/00: Streitigkeiten betreffend die Rahmenvereinbarung zwischen EG Kommission und GUB vom 20.9.1974; EUGH C-165/01: Für das PVrecht örtlicher Bediensteter der EG gilt nur das EGDienstrecht; EUG T-576/93: Es besteht keine allgemeine Rechtspflicht der EG Organe und Einrichtungen, den Gewerkschaften Vergünstigungen zu gewähren. Es besteht auch keine Fürsorgepflicht; EUG T-23/91: Wenn ein Konzertierungsverfahren mit den Gewerkschaften vereinbart ist, müssen die Gewerkschaftsvertreter zur Mitwirkung an diesem Verfahren die nötige Dienstbefreiung erhalten; EUGH C-193/87: Die Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen sind auf Grund der Vereinigungsfreiheit nicht verpflichtet, den Gewerkschaften für die Verteilung ihrer Mitteilungen an das Personal die Botendienste zur Verfügung zu stellen. Soweit Organe und Einrichtungen den Gewerkschaften Vergünstigungen und Vorteile gewähren, tun sie dies freiwillig; EUGH 146/85: Klage gegen die zur Kontrolle der Wahlen zur PV verpflichtete Anstellungsbehörde; EUGH 72/74: Gewerkschaften sind von Maßnahmen gegen das Personal (einschließlich Gewerkschaftsmitglieder) weder unmittelbar noch individuell betroffen. Auch aus der bloßen Beteiligung der Gewerkschaft an den, der angefochtenen Maßnahme vorausgegangenen Gesprächen, ergibt sich kein Klagerecht. Es besteht aber ein Beitrittsrecht zu einem Verfahren nach Art. 90 und 91 EG-BS auf Grund der Gerichtssatzung (ebenso EUGH 18-74).

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen 3. Das Streikrecht

• Rechtliche Grundlagen Die DienstRO der I. O. garantieren zwar vielfach ausdrücklich die Bildung von Gewerkschaften (Koalitionsfreiheit), nicht jedoch das Recht auf Arbeitskampf. Nur vereinzelt finden sich im nachrangigen Dienstrecht Vereinbarungen mit der I. O., die auch Verhaltensregeln für den Fall eines Streiks enthalten und damit die Existenz des Streikrechts stillschweigend voraussetzen (siehe die Vereinbarungen der EG Kommission mit den Gewerkschaften und Berufsverbänden vom 20.7.1974 und vom 27.1.2003 jeweils in den Anhängen, zu den Einzelheiten siehe näher 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.c)). In der Literatur ist die Frage der Gewährleistung eines Streikrechts für int. Bedienstete seit jeher strittig, wird aber heute überwiegend gewohnheitsrechtlich anerkannt (Rogalla, Dienstrecht, S. 238 ff.; und Art. 283 EGV, Rdn. 98 ff.; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1049). Der int. Rechtsprechung fällt im Bereich der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts noch stärker als in den nationalen Rechtsordnungen die Aufgabe eines „Ersatzgesetzgebers“ zu (vgl. Scholz, Rdn. 312, zur Rechtslage in Deutschland). Der EUGH hat zwar eine grundsätzliche Stellungnahme zum Streikrecht ausdrücklich abgelehnt (EUGH 44, 46 und 49/74), aber dennoch Entscheidungen zum Gehaltsabzug bei Streik getroffen. Außerdem bezieht sich seine Stellungnahme ausdrücklich nur auf Beamte, denen auch nach nationalem Recht in einigen Staaten das Streikrecht versagt wird. Das VGIAO erklärt dagegen in ständiger Rechtsprechung das Streikrecht der int. Bediensteten zu einem, dem Grundsatz nach, rechtmäßigen Mittel des Arbeitskampfes (siehe z. B. VGIAO Nrn. 2493, 2342, 615). Dabei beschränkt sich das Gericht auf die, bei der Anerkennung von Grundrechten und sonstigen ARGrundsätzen lapidare Feststellung des Bestehens einer solchen Rechtsposition, ohne diese näher zu begründen oder den vorausgehenden Rechtsfindungsprozess offenzulegen. Der Versuch einer rechtlichen Ableitung des Streikrechts der int. Bediensteten aus int. Übereinkommen und gemeinsamen nationalen Verfassungstraditionen der Mitgliedsstaaten ergibt folgendes Bild. Aus völkerrechtlichen Übereinkommen lässt sich eine vorbehaltslose Gewährleistung des Streikrechts nicht direkt ableiten. So garantiert Art. 11 EMRK zwar die Koalitionsfreiheit, jedoch kein allgemeines Streikrecht (vgl. Rengeling, S. 807). Die Vorschrift überlässt es vielmehr den Vertragsstaaten, Einschränkungen im Interesse des Schutzes bestimmter Rechtsgüter vorzunehmen (EKMR Beschwerde Nr. 10365/83, Entscheidung vom 5.7.

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1984 und Grabenwarter, S. 308). In der Beschwerde Nr. 53574/99, Entscheidung vom 10.1.2002 stellt der EGMR u. a. fest, dass Art. 11 EMRK den Staaten die Wahl überlasse, welche Kampfmittel sie den Gewerkschaften einräumen, um ihre Interessenwirksam zu schützen. Das Streikrecht stelle hierbei sicherlich eines der wirksamsten Kampfmittel dar. Auch der Int. Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966 (BGBl. 1973 II, S. 1570) gewährleistet nach Art. 8d das Streikrecht nur eingeschränkt, nämlich soweit es in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung ausgeübt wird. Die Europäische Sozialcharta vom 18.10.1961 (BGBl. 1964 II S. 1262) verpflichtet zwar in ihrem Art. 6 Abs. 4 die Staaten zu Anerkennung des Streikrechts, allerdings wird diese Verpflichtung durch die nationalstaatlichen Vorbehalte in Art. 31 wiederum relativiert. Ob aus Art. 28 EU-GRC – soweit die EU als Grundrechtsadressat betroffen ist – aus dem Verweis „nach dem Unionsrecht“ ein Schrankenvorbehalt oder nur ein Ausgestaltungsvorbehalt hinsichtlich des Streikrechts abzuleiten wäre, ist strittig (vgl. näher Rixen, S. 544 f. und Rengeling, S. 807). Schließlich ist in den Mitgliedsstaaten der EU das Streikrecht nicht allgemein als Grundrecht mit Verfassungsrang garantiert, jedoch – wenn auch zum Teil mit Einschränkungen – durch die allgemeine Rechtsordnung gewährleistet (vgl. Rixen, S. 541). Die in den int. Übereinkommen durchgehend enthaltenen nationalstaatlichen Vorbehaltsklauseln (Rengeling, S. 809 Fußn. 45 spricht anschaulich von „Angstklauseln“) versagen naturgemäß im internen Dienstrecht der I. O. Die internen Legislativ- und Exekutivorgane haben partikuläre einzelstaatliche Rechtstraditionen grundsätzlich außer Betracht zu lassen. Nationalstaatliche Vorbehalte im Bereich des Arbeits- und Dienstrechts sind daher wegen der zur autonomen Regelung ihres internen Dienstrechts verpflichteten I. O. grundsätzlich unbeachtlich. Für die int. Bediensteten wird man daher aus den genannten int. Übereinkommen eine Bestätigung des, nach h.M. in der Literatur auch gewohnheitsrechtlich anerkannten Streikrechts, ableiten dürfen. Folgt man dieser Ansicht, wird man aus Art. 6 der Europäischen Sozialcharta jedenfalls für den ER selbst eine Verpflichtung ableiten müssen, eine wirksame Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen „zu fördern“. Es ist nämlich nach der int. Rechtsprechung vielfach anerkannt worden, dass I. O. ihre Staaten nicht zu grundrechtlichen Gewährleistungen verpflichten können, die sie intern ihren eigenen Bediensteten vorenthalten. Die EG-Kommission hat diesen Weg schon mit ihrer ersten Vereinbarung eines Konzertierungsverfahrens mit den Gewerkschaften und Berufsverbänden vom 20.9.1974 beschritten und mit der Ver-

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einbarung vom 27.1.2003 fortgesetzt. Dasselbe gilt etwa auch für die Vereinbarung zwischen der IAO und der Gewerkschaft (Recognition and procedural agreement between the International Labour Office and the ILO Staff Union) vom 27.3.2000, revidiert am 6.11.2003. Auch Art. 28 EUGRC weist in diese Richtung. Insgesamt gesehen zeichnet sich bei I. O. allgemein die Tendenz ab, mit int. Gewerkschaften Vereinbarungen abzuschließen, die u. a. über das bloße Konsultationsverfahren hinaus (siehe 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.c)) ein Konzertierungs- oder Verhandlungsverfahren vorsehen. • Inhalt und Umfang des Streikrechts Das Streikrecht ist auch bei den int. Bediensteten das bei weitem stärkste Arbeitskampfmittel. Es umfasst neben der Freiheit zur Entscheidung über Beginn und Ende des Streiks auch das Recht über die Einzelheiten der Durchführung zu befinden. So kann etwa eine Gewerkschaft den Freitag und Montag vom Streik ausnehmen, wenn das Dienstrecht einen Gehaltsabzug von einem Dreißigstel pro Streiktag vorsieht, um Streikabzüge für Samstag und Sonntag zu vermeiden (vgl. VGIAO Nrn. 566, 1041). Bei der Art des Streiks besteht, ebenso wie bei den Kampfmitteln, kein Numerus clausus. Wie im nationalen Bereich sind z. B. als Streikformen denkbar: der Schwerpunktstreik (Lahmlegung der Tätigkeit der I. O. durch Arbeitsniederlegung nur in Schlüsselbereichen, vgl. VGIAO Nr. 805), der Warnstreik (kurzfristiger, spontaner Streik, um Druck zur Durchsetzung von Forderungen aufzubauen), der Demonstrationsstreik (Arbeitsniederlegung und Versammlung mit Transparenten etc. vor oder im Dienstgebäude, insbesondere bei Sitzungen des Legislativorgans oder dessen Ausschüsse) und Blockadeaktionen (Zurückhaltung von Arbeitsergebnissen, vgl. VGIAO Nr. 2440: „blocking of dossiers“). Die Dienstverträge der an einem Streik teilnehmenden Personen bleiben bis auf die, mit der Arbeitsniederlegung unvereinbaren Regelungen, unberührt, d.h. lediglich die Dienstleistung- und die Vergütungspflichten entfallen (VGIAO Nr. 615). Damit gelten die meisten, der das Dienstverhältnis prägenden Rechte und Pflichten fort. Dies gilt z. B. für die Fürsorgepflicht der I. O. und die allgemeinen Verhaltenspflichten der Bediensteten. Ebenso finden weiterhin die jedes int. Dienstverhältnis ergänzenden ARGrundsätze wie Treu und Glauben und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Anwendung. Der Arbeitskampf muss so geführt werden, dass die Existenz der I. O. nicht bedroht und auf die Rechte der nicht streikwilligen Bediensteten gebührend Rücksicht genommen wird. Die I. O. sind daher zu einer angemessenen Dienstverpflich-

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tung von Personen, insbesondere im Bereich der Sicherheit und der Grundversorgung der Dienstgebäude mit Strom, Wasser, Müllabfuhr etc. berechtigt. (Zur Frage der Angemessenheit der Dienstverpflichtung siehe VGIAO Nr. 2493, Verbot eines spontanen Streiks bei der Flugsicherung Eurocontrol einerseits und Gewährleistung des Wesensgehalts des Streikrechts andererseits). Nicht streikwillige Bedienstete dürfen nicht mit Gewalt am Betreten des Dienstgebäudes gehindert werden. Das im nationalen Streikrecht vielfach korrespondierende Arbeitskampfmittel der Aussperrung durch den Arbeitgeber ist bei I. O. unbekannt (VGIAO Nr. 616). Angesichts der insgesamt sehr starken Arbeitgeberposition der I. O. und der in der Regel immer noch sehr schwach entwickelten Beteiligung der Bediensteten bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen (keine tariflichen Vereinbarungen, kein Konzertations- oder Verhandlungsrecht) erscheint dieses Kampfmittel zur Herstellung eines Gleichgewichts der Kräfte auch nicht gerechtfertigt. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2494: Eine spontane Arbeitsniederlegung durch Verlassen des Arbeitsplatzes ist für den Sonderfall eines für die Sicherheit der Flugkontrolle zuständigen Bediensteten bei Eurocontrol nicht vom Streikrecht gedeckt und kann daher disziplinarisch geahndet werden; VGIAO Nr. 2493: Eine I. O. darf keine Maßnahme treffen, die die kollektiven Rechte des Personals in ihrem Wesensgehalt einschränken (hier: generelles Gebot, die Funktionsfähigkeit des Dienstes der I. O. zu gewährleisten und die Dienstleistung nicht ohne vorherige Genehmigung zu beenden); VGIAO Nr. 2440: Zur Beweislage bei Streit über die Teilnahme an einem Streik; VGIAO Nr. 2342: Der Streik ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich eine rechtmäßige Maßnahme des Arbeitskampfes. Es muss sich aber um eine kollektive Arbeitsniederlegung handeln. Die Arbeitsniederlegung einzelner Bediensteter (hier: 2 Personen) ist kein Streik; VGIAO Nr. 1333: Abzug von Sozialleistungen bei Streik (ebenso Nr. 1041); VGIAO Nr. 805: Die Dienstverpflichtung im Streikfall muss begründet werden und in einem angemessenen Verhältnis zur Gesamtzahl des Personals (nicht zur Personalzahl des sensiblen Bereichs) stehen; VGIAO Nr. 616: Das Fernbleiben vom Arbeitsplatz im Streikfall mit der Begründung, man stehe dem Vorgesetzten jederzeit zur Verfügung, gilt als Teilnahme am Streik; VGIAO Nr. 616: Die Aussperrung von Personal im Streikfall ist im int. Dienst unbekannt; VGIAO Nr. 615: Ein Streik ist grundsätzlich eine rechtmäßige Maßnahme. Alle Regelungen des Dienstrechts, die mit dem Streik nicht unvereinbar sind, gelten fort. Eine I. O. kann besondere Vorschriften über den Gehaltsabzug bei Streik er-

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lassen. Ein Streit über die Höhe der Gehaltsabzüge bei Streik verstößt als solcher nicht gegen das Streikrecht; VGIAO Nr. 566: Berechnungsmethode des Gehaltsabzugs bei Streik.

Rechtsprechung EUGH EUGH 44, 46 und 49/74: Nach einem im nationalen Arbeitsrecht anerkannten Grundsatz, stehen Streikteilnehmer, die auf die Streiktage entfallenen Lohn- und Gehaltsanteile nicht zu. In dieser Feststellung ist keine Stellungnahme zum Bestehen eines Streikrechts der Beamten oder zu seinen etwaigen Ausübungsmodalitäten enthalten.

Rechtsprechung EGMR Beschwerde Nr. 53574/99 vom 10.1.2002

4. Personalvertretungen und internationale Gewerkschaften – Abgrenzung und Bewertung

PV sind organisations-interne Einrichtungen zur kollektiven Wahrnehmung von Interessen des gesamten Personals. Ihre Aufgaben und Befugnisse regelt das interne Dienstrecht abschließend, soweit nicht der ARGrundsatz auf Vereinigungsfreiheit eine Korrektur erfordert. Die Zuständigkeit der PV beschränkt sich in der Regel auf die Ausübung eines Konsultationsrechts bei allen, das Personal betreffenden Maßnahmen. Die PV besitzen keine wirksamen Kampfmittel zur Durchsetzung der kollektiven Interessen. Sie verfügen grundsätzlich nur über die von der I. O. gewährten Vergünstigungen und Finanzmittel. Int. Gewerkschaften sind auf Eigeninitiative des Personals der I. O. geschaffene, in der Regel organisations-externe Einrichtungen. Sie vertreten in erster Linie die Interessen ihrer Mitglieder. Ihre Aufgaben und Befugnisse werden im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung und der allgemeinen Dienstpflichten vom Personal selbst festgelegt. Sie bedürfen grundsätzlich keiner förmlichen Anerkennung durch die I. O. Ihre Betätigungsfreiheit muss vielmehr als solche durch die I. O. geduldet werden. Ein Anspruch auf die Gewährung von Vergünstigungen oder die Aufnahme von Verhandlungen mit der I. O. besteht nicht. Immer mehr I. O. erachten es aber als in ihrem eigenen Interesse liegend, Vereinbarungen mit den Gewerkschaften über Konzertierungs- (Verhandlungs-) und Schlichtungsverfahren, die Gewährung von Vergünstigungen und Regelungen zur Arbeitsniederlegung zu treffen (siehe näher bei 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.c)). Den PV und int. Gewerkschaften kommen im Dienstrecht der I. O. neben dem Rechtsschutz durch die int. VerwGerichte wichtige kollektive Aufgaben zu. I. O. verfügen in ihrem internen Personalbereich über eine eigene Ho-

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heitsgewalt, ohne über eine Gewaltenteilung im klassischen Sinn zu verfügen. So besteht bei den I. O. in der Regel eine Machtkonzentration in Form einer Alleinentscheidungsbefugnis beim Leiter der I. O. Auch enthalten die DienstRO selbst keinen Grundrechtskatalog, sondern allenfalls einzelne grundrechtliche Elemente. Die Mitglieder des für den Erlass der DienstRO zuständigen, legislativen Plenarorgans (Rat, Generalversammlung) können auf Grund des besonderen Status der I. O. nicht gewählt, sondern müssen von den nationalen Exekutivorganen (Regierungen, Fachbehörden) berufen werden. Die Kontrollfunktion dieses Gremiums gegenüber dem Exekutivorgan wird außerdem durch die geringe Frequenz der Tagungen (in der Regel ein bis zwei Sitzungen pro Jahr) oder sogar durch Interessenkollisionen eingeschränkt. Schließlich ist die Leitung der Exekutive immer wieder der Gefahr einer verdeckten Einflussnahme einzelner Vertragsstaaten auf personelle Entscheidungen ausgesetzt (siehe näher 2. Teil, 2. Abschn. D.III.2. mit umfangreicher Rechtsprechung). Angesichts dieses Gefahrenpotentials für die dienstrechtliche Situation des int. Personals üben die PV und insbesondere die int. Gewerkschaften eine wichtige Kontrollund Schutzfunktion aus (zur Frage der demokratischen Legitimierung auf supranationaler und int. Ebene, vgl. Stein, ZaöRV 64 (2004) 563 ff.). IV. Die Meinungsfreiheit (Freedom of speech) Die Meinungsfreiheit ist nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR eine der wesentlichen Fundamente einer demokratischen Gesellschaft und eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Fortschritt und die Verwirklichung jeden einzelnen Individuums (vgl. z. B. EGMR Nr. 3507/97 Pkt. 37 und EUGH C-274/99 P (Connolly) Pkt. 1). Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zählt auch zu den bedeutendsten ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst. Rechtserkenntnisquelle für den EUGH ist dabei insbesondere Art. 6 Abs. 1 EUV in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 Satz 1 EMRK („Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung“). Das EUG (bisher aber noch nicht der EUGH, vgl. Hilf/Schorkopf, Rdn. 55) bezieht sich auch schon auf die EU-GRC als ergänzende, zur Zeit noch nicht rechtsverbindliche, informelle Erkenntnisquelle (vgl. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 EU-GRC, dessen Wortlaut mit Art. 10 Abs. 1 Satz 1 EMRK identisch ist). Die VerwGerichte der VN und der IAO bestätigen in ständiger Rechtsprechung die Geltung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung für die Dienstrechtsverhältnisse der ihrer Gerichtsbarkeit unterstehenden I. O., ohne jedoch den Erkenntnisprozess im Einzelnen offen zu legen. Neben den bereits genannten Erkenntnisquellen könnten sich diese Gerichte insbesondere auch auf Art. 19 AEMR stützen („Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung“).

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Die besondere Bedeutung der Meinungsfreiheit auch für die int. Dienstverhältnisse wird von einigen I. O. noch dadurch unterstrichen, dass sie in ihren DienstRO auf dieses Freiheitsrecht ausdrücklich Bezug nehmen. So wird in Art. 17a Abs. 1 EG-BS in der Fassung vom 1.5.2004 das Recht auf Meinungsfreiheit erstmals ausdrücklich verankert („Der Beamte hat das Recht auf freie Meinungsäußerung . . .“). Auch Art. 1.2.f des VN-PS garantiert die Unverletzlichkeit der persönlichen Ansichten und Überzeugungen der Bediensteten („. . . personal views and convictions, including their political and religious convictions, remain unviolable . . .“). Das Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit gewährleistet in den Dienstrechtsverhältnissen der I. O. „die freie Äußerung von schriftlichen und mündlichen Ansichten von Bediensteten über die sie beschäftigenden Organe und ihre internen Gremien“ gerade dann, wenn sie von deren Meinung abweichen (vgl. EUGH C-274/99 P (Connolly); vgl. auch VGIAO Nrn. 87, 911, 1061). Wie im nationalen Bereich ist das Grundrecht auf Meinungsäußerung auch in den Dienstrechtsverhältnissen der I. O. nicht schrankenlos gewährleistet. Es unterliegt einem für I. O. spezifischem Schrankensystem, das zum Teil auch in den DienstRO selbst festgeschrieben ist. So enthält das EG-BS etwa folgende ausdrückliche Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit ihrer Bediensteten im Dienstrechtsverhältnis: Art. 11 und 12: Allgemeine Verhaltenspflichten; Art. 12a: Mobbing; Art. 17: Verbreitung von Informationen in der Öffentlichkeit; Art. 17a: Besondere Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit bei Veröffentlichungen; Art. 19: Aussagen vor Gericht; siehe aber die Sonderregelung in Art. 22a und 22b: Unterrichtung des europäischen Amts für Betrugsbekämpfung. Ganz allgemein wird die Meinungsäußerungsfreiheit durch das besondere Vertrauens- und Treueverhältnis zur I. O. begrenzt, das zur ordnungsgemäßen und reibungslosen Erfüllung der der I. O. übertragenen Aufgaben unerlässlich ist. Die Bediensteten haben demnach in ihrem gesamten Verhalten innerhalb und außerhalb der I. O. dem Ansehen ihrer Stellung als int. Bedienstete Rechnung zu tragen (EUGH C-274/99 P (Connolly) und VGIAO Urteil Nr. 1061 „must not impair the dignity of the international civil service“). Die Gerichte haben zwischen dem Recht des Bediensteten auf freie Meinungsäußerung und den berechtigten Interessen der I. O. ein angemessenes Gleichgewicht, unter Abwägung aller Umstände des jeweiligen Falls, zu finden. Es besteht ein allgemeines Gebot der Mäßigung (EUG T-146/89 Pkt. 80), verletzende Angriffe auf das Ansehen und den Respekt vor der I. O. und seiner Leitung sind unzulässig (vgl. z. B. EUG T-197/00; EUG T-26/96). Mit dem Gebot der Mäßigung und Zurückhaltung sind interne Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten unvereinbar (vgl. z. B. VGIAO Nr. 1028: Vermerk eines Bediensteten in einem Beurteilungsformular: Hängt die Vergabe der Note 1 von der Zahl der Getränke ab, die vom Kol-

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legen spendiert werden oder vom Wert der Geschenke an den Direktor ab?; Drohbriefe an Kollegen (VGIAO Nr. 2048) und Verwendung von beleidigenden und verletzenden Ausdrücken gegenüber Kollegen sind unzulässig (VGIAO Nr. 1431); andererseits kann ein Bediensteter im Rahmen von dienstrechtlichen Klagen bei der Verteidigung seiner Interessen durchaus heftige Worte verwenden (VGIAO Nr. 1391: „. . . unable to speak candidly“), allerdings kann eine zügellose Sprache zu gewissen Konsequenzen führen (VGIAO Nr. 1531: keine Kostenerstattung). Von besonderer Bedeutung sind die Grenzen der Meinungsfreiheit bei Äußerungen gegenüber Außenstehenden. So stellen etwa Informationen über interne Vorgänge an nationale Parlamentarier einen Verstoß gegen die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit dar, weil sie geeignet sind, die reibungslose Zusammenarbeit der Verwaltung der I. O. mit dem Plenarorgan, das mit nationalen Delegierten besetzt ist, zu stören (VGIAO Nr. 2114). Die Charakterisierung von Kollegen als „fachlich inkompetent“ gegenüber Personen und Einrichtungen außerhalb der I. O. verletzen auch das Ansehen der I. O. und damit das Vertrauen und Treueverhältnis zwischen den Bediensteten und der I. O. (VGIAO Nr. 63). Im Grundsatzurteil C-274/99 P (Connolly) hat sich der EUGH ausführlich mit dem Schrankensystem der Meinungsfreiheit bei der Veröffentlichung von Texten über die Tätigkeit der Gemeinschaften befasst. Er hat dabei festgestellt, dass das von einem Bediensteten der EG veröffentlichte Buch (The Rotten Heart of Europe) zahlreiche aggressive, herabwürdigende und oft beleidigende Behauptungen enthält, die die Ehre der Person und Organe, auf die sie sich beziehen, verletzen und die insbesondere durch die Presse eine erhebliche Verbreitung erfahren haben. Die Publikation enthält öff. geäußerte Beleidigungen und stelle daher eine „Beeinträchtigung des Ansehen des Amtes“ dar, die von der Freiheit der Meinungsäußerung nicht mehr gedeckt sei. Von besonderer Brisanz ist die Festlegung der Grenzen der freien Meinungsäußerung im Bereich der PV bei I. O. Nach der Rechtsprechung des VGIAO würde eine präventive Kontrolle aller Veröffentlichungen der PV eine unzulässige Zensur bedeuten (VGIAO Nr. 2227). Die Behauptung, dies sei im Interesse einer genauen und wahrheitsgemäßen Information erforderlich, wies das Gericht als einen, seit jeher bekannten, unzutreffenden Rechtfertigungsversuch für eine Zensur zurück (VGIAO Nr. 496). Das Gericht erkennt die besondere Schutzwürdigkeit der freien Meinungsäußerung der PV an (VGIAO Nr. 911 „. . . a staff association enjoys special rights that include broad freedom of speech . . .“; VGIAO Nr. 87: Der besonderen Verantwortung der PV entsprechen besondere Rechte, so z. B. ist scharfe Kritik am Verwaltungsrat der I. O. zulässig.). Bei Debatten innerhalb der PV müssen selbst aggressive und bedauerlicherweise gelegentlich auch zügellose Meinungsäußerungen über die I. O. hingenommen werden (VGIAO Nr. 274;

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EUG T-259/97). Das Gericht setzt allerdings auch hier Grenzen. Danach sind schwere Angriffe auf das Ansehen von Vorgesetzten nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt (EUG T-259/97). Die Weitergabe von vertraulichen Informationen aus paritätischen Ausschüssen ist unzulässig (VGIAO Nr. 54). Auch die PV muss bei öff. Meinungsäußerungen besonders auf das Ansehen der I. O. und ihrer Bediensteten Rücksicht nehmen. So sind etwa Radiointerviews über interne Vorgänge (z. B. finanzielle Probleme) der I. O. oder die Einladung von Pressevertetern zu der Personalversammlung, um Druck auf die Amtsleitung auszuüben, unzulässig (VGIAO Nr. 1061). Das VGIAO hat den Zugang zu organisationsinternen Kommunikationsmedien (interne e-mail) als notwendiges Mittel zur freien Meinungsäußerung grundsätzlich anerkannt. Allerdings darf die I. O. einer missbräuchlichen Weitergabe dieser Möglichkeit an die Gewerkschaft der I. O. entgegentreten, weil diese im Gegensatz zur PV nur einen Teil des Personals vertritt und über eigene Einnahmen verfügt (VGIAO Nr. 2228; siehe hierzu auch BVerfG Beschluss vom 3.7.2006 in Juris). Zur weiteren Rechtsprechung siehe unter: Exkurs: Die Verhaltenspflichten und die Freiheit der Meinungsäußerung (2. Teil, 3. Abschn. C.II.1.e)hh)). V. Der Schutz des Eigentums (Legal protection of property) Der Schutz des Eigentums als ARGrundsatz des int. öff. Dienstes leitet sich sowohl aus den übereinstimmenden Verfassungsüberlieferungen der meisten Mitgliedsstaaten I. O. als auch aus int. Übereinkommen (Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 zur EMRK; Art. 17 EU-GRC) ab. Entsprechend dem relativ niedrigen Bedrohungspotential für das Eigentum von Bediensteten durch ihren Arbeitgeber, spielt dieser Rechtsgrundsatz in der Rechtsprechung int. VerwGerichte nur eine untergeordnete Rolle. Abzugrenzen vom Schutz des Eigentums ist das Rechtsinstitut der wohlerworbenen Rechte. Dieses schützt als besondere Ausformung des ARGrundsatzes auf Vertrauensschutz, den guten Glauben der Bediensteten. Zu dem Fortbestand einmal erworbener subjektiver Rechte, insbesondere von relativen Herrschaftsrechten, wie Forderungen und Anwartschaften, siehe dazu näher 2. Teil, 2. Abschn. D.II.1. Die DienstRO sehen durchgehend den Ersatz des Schadens am Eigentum von Bediensteten durch die I. O. vor, den der Bedienstete auf Grund seiner Dienststellung oder seiner amtlichen Tätigkeit erlitten hat, soweit er keinen vollen Schadensersatz vom Verursacher erlangen konnte (Art. 24 Abs. 2 EGBS: Ausschluss bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des

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Schadens; Regel 106.5 VN-PS und Administrative Instruction ST/AI/ 149/rev.4 vom 14.4.1993: Fahrlässigkeit oder Fehlverhalten; Art. 40 ER-PS: Ausschluss von Vorsatz und Fahrlässigkeit). Besonders umfangreiche Regelungen zum Schadensersatz für den Verlust oder die Beschädigung von Eigentum sind in den genannten Verwaltungsvorschriften der VN enthalten. Diese Regelung sieht neben reinen Formalien für den Antrag auf Schadensersatz die Prüfung durch einen besonderen Ausschuss vor. Erstattungen erfolgen bis zu Höchstsätzen für bestimmte Gegenstände (z. B. Autos: 15.000 US$; PC: 3.000 US$; Bargeld: 400 US$; Uhren: 350 US$) und für den gesamten Schadensersatz pro Unfall (12.000 US$ ohne und 20.000 US$ bei im Haushalt des Bediensteten lebenden Familienangehörigen). Die in den DienstRO normierten Schadensersatzansprüche bei Eigentumsverletzungen werden (ebenso wie die Schadensersatzansprüche der Bediensteten gegenüber der I. O. aus anderen Rechtsverletzungen) durch den ARGrundsatz des Anspruchs auf Schadensersatz ergänzt (siehe näher 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.5.). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2403: Eine I. O. muss einem Bediensteten für den dienstlich erlittenen Schaden an seinem Eigentum entschädigen. Das gleiche gilt für einen finanziellen Schaden, den der Bedienstete aus einer Pflichtmitgliedschaft an einem von der I. O. errichteten und geleiteten Versorgungsfonds erleidet); VGIAO Nr. 2292: Wenn in Zusammenhang mit Pensionsansprüchen unterschiedliche Vorschriften in den einzelnen Wohnsitzstaaten der Pensionäre zur Anwendung gelangen, verstößt dies nicht gegen die Eigentumsgarantie.

VI. Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Freedom of thought, conscience and religion) Die int. VerwGerichte erkennen einen ARGrundsatz auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit der int. Bediensteten an. Neben den nationalstaatlichen Verfassungstraditionen kann er auf Art. 6 Abs. 2 EUV in Verbindung mit Art. 9 EMRK, auf Art. 18 AEMR sowie auf Art. 10 EU-GRC gestützt werden. In den DienstRO ist er nur teilweise, zumeist in Verbindung mit besonders sensiblen Teilbereichen des Dienstrechts, ausdrücklich normiert. So verbietet Art. 1d Abs. 1 EG-BS die Diskriminierung u. a. auf Grund der Religion, der Weltanschauung und der politischen oder sonstigen Anschauung. In den DienstRO des ER (Art. 13) und der VN (Regel 4.3) ist der ARGrundsatz ausdrücklich beim Einstellungsverfahren zu beachten. Häufig werden auf Grund dieses ARGrundsatzes auch Eintragungen in die Personalakten über die politischen, weltanschaulichen oder religiösen Aktivitäten und Überzeugungen untersagt (Art. 26 Abs. 4 EG-BS; Art. 46 Abs. 4 ER-PS).

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Insgesamt gesehen, besteht im Dienstbereich der I. O. ein weitaus geringeres Konfliktpotential für die ARGrundsätze als im innerstaatlichen Rechtsbereich (vgl. hierzu näher Grabenwarter, § 22 Rdn. 70 und § 23 Rdn. 1 ff.). Das VGIAO hat in Urteil Nr. 17 die Gewissensfreiheit der Bediensteten ausdrücklich anerkannt („. . . entire freedom of conscience recognised to international officials in respect of both their philosophical convictions and their political opinions . . .“) (vgl. auch Urteile Nrn. 22, 24). Der EUGH hat in seiner Entscheidung 130-75 das Recht der Bediensteten auf Religionsfreiheit anerkannt. Er hat die Klage im Ergebnis jedoch zurückgewiesen. Bei einem Auswahlverfahren auf Grund von Prüfungen müssen nach Auffassung des Gerichts die Prüfungen aus Vergleichszwecken zum gleichen Zeitpunkt abgelegt werden. Könne ein Kandidat aus religiösen Gründen an einem Prüfungstermin nicht teilnehmen, müsse er dies der Organisation rechtzeitig mitteilen, um eine Terminverlagerung zu ermöglichen. Wurden die anderen Kandidaten aber bereits eingeladen, darf die Organisation eine andere Terminierung ablehnen. VII. Das Grundrecht auf Rechtsschutz bei dienstrechtlichen Streitigkeiten (Legal protection in employment disputes) Die Freistellung der I. O. von der nationalen Gerichtsbarkeit und Vollstreckung auch im Bereich des eigenen Dienstrechts (siehe oben 1. Teil, 2. Abschn. D.I.1. und unten 3. Teil, 1. Abschn. A.) bedeutet keine Entrechtung der eigenen Bediensteten. Soweit der einzelstaatliche Justizgewähranspruch nicht mehr greift, sind die I. O. wegen ihrer Bindung an das Recht verpflichtet, einen adäquaten Ersatzrechtsschutz zu gewähren und damit ein rechtliches Vakuum zu verhindert (Wenckstern, Rdn. 166 ff., Rdn. 447 ff.). Das Recht auf prozessualen Rechtsschutz kann auch in der autonomen Rechtsordnung der I. O. als „Schlußstein im Gewölbe der Rechtsgemeinschaft“ (Rengeling, S. 947) angesehen werden. Wie in der nationalen Rechtsordnung gewährleistet diese „Rechtsweggarantie“ (Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 6) den gerichtlichen Rechtsschutz in dienstrechtlichen Streitigkeiten mit der Anstellungsorganisation. Sie komplementiert damit den allgemeinen nationalen und int. Grundrechtsschutz für die Bediensteten der I. O. Die von den I. O. errichteten organisationseigenen Spruchkörper (Gerichte, Beschwerdeausschüsse) oder die für mehrere I. O. zuständigen int. VerwGerichte (siehe 3. Teil, 2. Abschn. A.II.1.) müssen einen Rechtsschutz für die Bediensteten sicherstellen, der dem int. Standard an Verfahrensgerechtigkeit (deutsches Bundesverfassungsgericht)

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entspricht. Soweit die von den Plenarorganen der I. O. beschlossenen Satzungen ihrer jeweiligen VerwGerichte in diesem Rechtsschutzniveau Lücken aufweisen, ist es Aufgabe richterlicher Rechtsfindung, einen dem int. Standard entsprechenden Rechtsschutz durch Auslegung und Lückenfüllung ihrer Satzungen herzustellen. So sehen etwa die Satzungen der int. VerwGerichte keinen Vollstreckbarkeit ihrer Urteile vor (einzige Ausnahme bildet das Recht der EU bei der Verurteilung von Gemeinschaftsorganen in dienstrechtlichen Streitverfahren nach Art. 236 EGV, siehe Gaitanides, Art. 244 EGV, Rdn. 8; vgl. auch Priess, S. 239). Die Satzungen stellen lediglich die Verpflichtung der zur Zahlung verurteilten I. O. fest (VGIAO Satzung Art. IX Abs. 3, VGVN Satzung Art. 10 Abs. 3). Eine nationalstaatliche Vollstreckung der Urteile int. VerwGerichte scheidet aus, da diese nur in der autonomen Rechtsordnung der I. O. in Rechtskraft erwachsen und nationalstaatliche Vollstreckungsinstrumente für diese Urteile nicht zur Verfügung stehen. Andererseits können es die int. VerwGerichte nicht dem Ermessen des jeweiligen Exekutivorgans der I. O. überlassen, ob es bereit ist, das Urteil zu vollstrecken. Die int. VerwGerichte gewährleisten nur dann einen dem int. Standard entsprechenden Rechtsschutz, wenn sie auch die Vollstreckung ihrer Urteile sicherstellen. Mangels eines entsprechenden Vollstreckungsverfahrens sind die VerwGerichte auf die erneute Anrufung des Gerichts durch den erfolgreichen Kläger angewiesen (application for execution), um ggf. ein Zwangsgeld gegen die, die Vollstreckung des Urteils verweigernde I. O., zu erlassen (VGIAO Nrn. 1242, 1328, 1873: Schadensersatz US$ 50.000; VGIAO Nr. 1362: 10.000 SFR für jeden Monat weiteren Verzugs der Vollstreckung). Letztlich würde es jedoch dem Plenarorgan obliegen, die Urteilsvollstreckung bei dem Exekutivorgan durchzusetzen. In zahlreichen Entscheidungen haben nationale Gerichte und der EGMR zu der Frage des Rechtsschutzes bei I. O. in dienstrechtlichen Streitigkeiten Stellung genommen. Während in der Mehrheit der Fälle den VerwGerichten, ein dem int. Standard entsprechendes Rechtsschutzniveau bestätigt wurde, haben einige nationale Gerichte in jüngster Zeit dies verneint, ihre Zuständigkeit bejaht und ihren Entscheidungen nationales Arbeitsrecht zugrundegelegt. Allerdings steht bisher eine Klärung durch oberste Gerichtsinstanzen hierzu noch aus.

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Übersicht zur Rechtsprechung nationaler Gerichte und des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Rechtsschutzgewährleistung durch int. VerwGerichte in Personalstreitsachen • Deutsches BVerfG Die vom BVerfG in dem sog. zweiten Eurocontrol Beschluss (vom 10. November 1981, NJW 1982, 512) ausgeübte Rechtskontrolle über die Gerichtsbarkeit des VGIAO in dienstrechtlichen Streitigkeiten von Mitarbeitern der Eurocontrol Organisation bildet auch heute noch die Grundlage für alle nachfolgenden Entscheidungen deutscher Gerichte zu Dienstrechtsstreitigkeiten bei I. O. Danach sind dienstrechtliche Entscheidungen I.O: keine Akte deutscher öffentlicher Gewalt i. S. des Art. 19 Abs. 4 GG, sondern autonome Rechtsakte I. O. (Dienstrechtliche Maßnahmen sind grundsätzlich nicht supranationaler Natur, ihre Wirkungen bleiben organisationsintern, siehe BVerfG Beschluss vom 22.6.2006 (Juris) mit weiteren Nachweisen). Ob hiergegen ein ausreichender Rechtsschutz besteht, ist nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten. Ein nicht wirksamer Rechtsschutz der Bediensteten kann möglicherweise die Grenzen dieser „Übertragungsermächtigung“ nationaler Hoheitsgewalt auf I. O. verletzen. Aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich aber jedenfalls keine „Auffangzuständigkeit“ deutscher Gerichte. Diese Rechtsprechung des BVerfG zur verfassungsrechtlichen Überprüfung von Hoheitsakten supranationaler Organisationen wurde verdeutlicht durch das Urteil des BVerfG vom 4.4.2001, NJW 2001 S. 2705 ff. und die Beschlüsse vom 28.11.2005 sowie vom 22.6. und 3.7.2007 betreffend die EPO (in Juris). Danach sind nur Rechte I. O., die in die deutsche Rechtsordnung hineinwirken (z. B. die Patenterteilung durch die EPO oder die Zulassung als Vertreter vor dem Europäischen Patentamt) als Akte deutscher öffentlicher Gewalt i. S. von § 90 Abs. 1 BVerfGG zu qualifizieren, die Rechtswirkungen in der innerstaatlichen Rechtsordnung gegenüber Grundrechtsberechtigten erzeugen (in Anlehnung an das Maastricht-Urteil des BVerfG vom 12.10.1993, NJW 1993, 3047 und den Beschluss zur Bananenmarktordnung vom 7.6.2000, NJW 2000, 3124). Auch wenn das BVerfG im zweiten Eurocontrol Beschluss von einer genauen Prüfung der Anforderungen abgesehen hat, die bei einer Anwendung des Art. 24 Abs. 1 GG an die Ausgestaltung des Rechtsschutzes gegen dienstrechtliche Verwaltungsakte I. O. zu stellen wären, hat es dennoch den durch das VGIAO gewährleisteten Rechtsschutz summarisch überprüft und festgestellt, dass er „insgesamt auch nicht rechtsstaatlichen Mindestanforderungen im Sinne des Grundgesetzes“ widerspricht. Diese Rechtsprechung hat das BVerfG mehrfach bestätigt (Beschlüsse vom 28.11.2005, 22.6.2006 und 3.7.2006, jeweils in Juris).

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Dem zweiten Eurocontrol Beschluss können daher wichtige Feststellungen hinsichtlich eines int. Standards an elementarer Verfahrensgerechtigkeit entnommen werden. Dieser muss einen Rechtsschutz gewährleisten, der im Vergleich zu den nationalen Rechtsschutzgarantien der Mitgliedsstaaten als adäquat anzusehen ist. Damit wird im Innenbereich der I. O. ein durch die Immunität eingetretenes Rechtsschutzvakuum verhindert (siehe näher Hailbronner in De Cooker, III.3). Nach dieser Rechtsprechung müssen die int. VerwGerichte: – aufgrund eines völkerrechtlichen Aktes errichtet sein, – nach rechtlich festgelegten Kompetenzen entscheiden; – über ein rechtlich geordnetes Verfahren verfügen; – ihre Entscheidungen ausschließlich auf Grund von Rechtsnormen und Rechtsgrundsätzen treffen; – ihre Richter müssen zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet sein; – der Zugang zum Gericht darf nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein; – das Verfahrensrecht muss das rechtliche Gehör und ein Mindestmaß an prozessualer Gleichheit der Beteiligten gewährleisten; – das Gericht muss seine Gerichtsbarkeit auch tatsächlich ausüben. Das Gericht stellt aber auch fest, dass Erschwerungen, die sich aus der Entfernung des Gerichts vom Sitz der I. O. und der Beschränkung der Gerichtssprache für int. Bedienstete ergeben, von diesen hinnehmbar sind. Auch sei der Gleichheitssatz, durch die nur den I. O. ermöglichte Anrufung des Int. Gerichtshofs zur Erstattung eines Gutachtens, nicht verletzt, da dies durch die Satzung des Int. Gerichtshofs bedingt sei und diesem die Möglichkeit offen stehe, die Meinung des betreffenden Bediensteten einzuholen. Auf die ständige Gerichtspraxis des VGIAO, nur schriftliche Verfahren durchzuführen, ging das Gericht nicht ein (zu den Einzelheiten siehe 3. Teil, 2. Abschn. D.I.). Die nachfolgende Rechtsprechung deutscher Gerichte folgt durchgehend dieser Grundsatzentscheidung des BVerfG. Urteil des BayVerwG München vom 13.8.1998 (GRUR Int 1999, S. 69) kein Rechtsweg zu den deutschen Gerichten bei dienstrechtlichen Streitigkeiten zwischen den Bediensteten und der EPO; BVerwG Urteil vom 29.10.1992 (NJW 1993, S. 1409) kein Rechtsweg zu den deutschen Gerichten bei dienstrechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Lehrpersonal und den Europäischen Schulen; BVerwG Urteil vom 12.12.1996 (NVwZ 1998, S. 290) betreffend die gerichtliche Zuständigkeit beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen nach dem Beamtenversorgungsgesetz mit solchen der VO für die EPO; BayVerwG München Urteil vom 8.7.1999 (GRUR Int 2000, S. 77) betreffend den Widerruf eines europäischen Patents – Befreiung der EPO von deutscher Gerichtsbarkeit; Bestätigung eines ausreichenden Rechtsschutzniveaus für Patentanmelder durch die Gerichtsinstanz der EPO; BayVerwG München Urteil vom 13.1.2005 (AZ: M17KO4.3869; nicht

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veröffentlicht) kein Rechtsweg zu den deutschen Gerichten bei dienstrechtlichen Streitigkeiten zwischen Bediensteten und der EPO; Beschluss des BVerfG vom 5.4.2006 (GRUR 2006/569): Das Rechtsschutzsystem der EPO entspricht dem Standard, der bei Übertragung von Hoheitsrechten nach Art. 24 Abs. 1 GG gewahrt sein muss. • Rechtsprechung des EGMR In den bisher erlassenen Entscheidungen des Gerichtshofs (vormals der Kommission), die sich indirekt mit der Gerichtsqualität der für dienstrechtliche Streitigkeiten zuständigen int. VerwGerichte beschäftigen (eine direkte Klage der Bediensteten vor den EGMR ist mangels dessen Zuständigkeit für I. O. – I. O. sind nicht Mitglieder der EMRK – unzulässig) hat der Gerichtshof keine Detailuntersuchung des Niveaus der Rechtsschutzgewährung durch int. VerwGerichte vorgenommen (EGMR Urteil vom 18.2.1999, Waite u. Kennedy/Deutschland, Beschwerde Nr. 26083/94, NJW 1999, S. 1173; EGMR Urteil vom 18.2.1999, Beer u. Reagan/Deutschland, Beschwerde Nr. 28934/95, EGMR Entscheidung vom 11.5. 2000, A.L./Italien, Beschwerde Nr. 41387/98; vgl. in diesem Zusammenhang auch EKMR Beschluss vom 9.9.1998, Lenzing A.G./Vereinigtes Königreich, Beschwerde Nr. 38817/97, betreffend den Rechtsschutz durch die Beschwerdekammern der EPO im Patenterteilungsverfahren). In dem Verfahren Waite u. Kennedy/Deutschland hat der EGMR den Vertragsstaaten der EMRK ein Ermessen hinsichtlich der Ausgestaltung des Rechtsschutzes zugestanden. Die Gewährung der Immunität von der nationalen Gerichtsbarkeit in dienstrechtlichen Streitigkeiten bei I. O. sei gerechtfertigt, da sie die Unabhängigkeit der I. O. vor nationaler Einmischung einzelner Vertragsstaaten bezwecke und daher zur Erfüllung der Aufgaben der I. O. unabdingbar sei. Die Staaten könnten sich aber nicht ihren Verpflichtungen nach der Europäischen Menschenrechtskonvention entziehen. Die Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes nach Art. 6 Abs. 1 EMRK sei aber nicht absolut. Die Staaten hätten ein Ermessen bei der Ausgestaltung des Rechtsschutzes bei I.O:, solange der Wesensgehalt der Vorschrift und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und einer gerechtfertigten Zwecksetzung nicht verletzt würden. Entscheidend sei, dass für die Bediensteten der ESA ein anderer wirksamer Rechtsschutz gewährt werde, der dem Niveau der EMRK entspreche. Im vorliegenden Fall sehe das ESA-Übereinkommen für die Bediensteten die Anrufung des Beschwerdeausschusses der ESA vor, der ein unabhängiges Gerichtsorgan darstelle. Das Gericht lässt es bei dieser apodiktischen Feststellung bewenden. Im Parallelfall Beer u. Reagan/Deutschland kommt der Gerichtshof zur gleichen Einschätzung der Rechtslage. In dem Fall A.L./Italien bestätigt der Gerichtshof diese Recht-

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sprechung auch hinsichtlich des Rechtsschutzes der Bediensteten der NATO durch dessen Beschwerdeausschuss. Hier stellt der Gerichtshof fest, dass der Beschwerdeausschuss mit unabhängigen Richtern besetzt ist, die nicht Mitglied der NATO oder seines Plenarorgans sind. Es bestehe ein streitiges (kontradiktorisches) Verfahren und seine Entscheidungen enthalten eine Begründung. Die fehlende Mündlichkeit des Verfahrens sei durch die militärischen Aktivitäten der Organisation begründbar und liege im öffentlichen Interesse (siehe auch De Cooker/Süss und im 3. Teil). • Neuere Tendenzen der nationalen Rechtsprechung zur Gerichtsbarkeit der int. VerwGerichte Urteil des Arbeitsgerichts Brüssel (Cour du Travail de Bruxelles) vom 4.3.2003 in der Rechtssache Lutschmaya gegen das Generalsekretariat der Afrikanischen, Karibischen und Pazifischen Staatengruppe (ACP-Sekretariat) (Journal des Tribunaux 2003, S. 684 ff.). Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die vorstehend genannte Entscheidung des EGMR Waite u. Kennedy/Deutschland hat das Arbeitsgericht die Zulässigkeit der Klage auf Vollstreckung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses festgestellt. Das ACP-Sekretariat könne sich nicht auf die Immunität von der belgischen Gerichtsbarkeit nach dem Sitzabkommen mit Belgien berufen, weil es keinen alternativen Rechtsweg zur Durchsetzung des Vollstreckungsbeschlusses ermögliche. Die ehemalige Bedienstete des ACP-Sekretariats habe aufgrund des Art. 6 Abs. 1 der EMRK, der für Belgien verbindlich sei, einen Rechtsanspruch auf wirksamen Rechtsschutz. Dieser müsse auch die Gewährleistung des Vollzugs einer gerichtlichen Entscheidung beinhalten. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz habe Vorrang vor den Immunitätsregeln im Sitzabkommen (vgl. hierzu die Urteilsanmerkungen von E. David, a. a. O., S. 687 f., der den Vorrang des Grundrechts auf gerichtlichen Rechtsschutz gegenüber die Immunität im konkreten Fall u. a. damit begründet, dass das ACP-Sekretariat nach Art. 30 des Sitzabkommens ungeachtet seiner Immunität die belgische Rechtsordnung zu beachten habe, zu der auch die Grundrechtsnormen der EMRK zählen. Zwar sei das Grundrecht auf Rechtsschutz nicht absolut, Einschränkungen seien jedoch nur in Ausnahmefällen und auch dann nur vorübergehend zulässig. Daran fehle es aber bei der Regelung der Immunität im Sitzabkommen). Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden. In der Entscheidung Siedler gegen die Westeuropäische Union (WEU) vom 17.9.2003 (Journal des Tribunaux 2004, S. 617) hat das Arbeitsgericht Brüssel (Cour du travail de Bruxelles) seine Rechtsprechung zur Immunität I. O. in dienstrechtlichen Streitigkeiten unter Bezugnahme auf seine Entscheidung in der Rechtssache Lutschmaya gegen ACP und die Urteilsan-

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merkungen von E. David weiter ausgebaut und vertieft. Die Immunität I. O. von der nationalstaatlichen Gerichtsbarkeit sei nicht absolut. Sie sei u. a. zu versagen, wenn die I. O. ultra vires handle oder kein organisationseigenes Rechtsschutzverfahren für dienstrechtliche Streitigkeiten eingerichtet habe. Das Fehlen eines eigenen Rechtsschutzes verstoße gegen Art. 6 der EMRK, der einen Anspruch der Bediensteten auf effektiven Rechtsspruch begründe. Belgien sei an die EMRK gebunden, die ein integraler Bestandteil der belgischen Rechtsordnung sei. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz sei zwar nicht absolut, Beschränkungen müssten jedoch nach der Rechtsprechung des EGMR u. a. verhältnismäßig sein. Das Fehlen eines wirksamen Rechtsschutzverfahrens für Bedienstete der WEU müsse zu einer Durchbrechung der Immunität und zur Zuständigkeit der belgischen Gerichte führen. Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass der Beschwerdeausschuss der WEU nicht den Anforderungen gerecht werde, die nach der EMRK an ein gerichtliches Verfahren und eine Gerichtsstruktur zu stellen seien. So seien die Mitglieder des Beschwerdeausschusses nicht unabhängig, da sie nur für 2 Jahre ernannt würden. Das Beschwerdeverfahren entspreche nicht den üblichen Anforderungen an ein gerichtliches Verfahren, die Beratungen und Anhörungen seien nicht öffentlich und es bestehe kein Vollstreckungsverfahren. Jedenfalls die Hinweise des Gerichts auf die Ernennungsdauer der Richter und das Fehlen eines Vollstreckungsverfahrens dürften nicht geeignet sein, die Gerichtsqualität des Beschwerdeausschusses der WEU in Frage zu stellen. So hat etwa das deutsche BVerfG im zweiten Eurocontrol Beschluss die dreijährige Amtszeit der Richter des VGIAO nicht daran gehindert, dessen Gerichtsqualität zu bestätigen. Auch der Hinweis auf das Fehlen eines Vollstreckungsverfahrens überzeugt nicht. Ein solches existiert bei keinem int. VerwGericht in Personalstreitsachen mit Ausnahme des EUGH. Die int. VerwGerichte zwingen ggf. die I. O. durch die Auferlegung von Zwangsgeldern (siehe näher unten, 3. Teil) zur Beachtung ihrer Urteile. Ggf. kann die Verwaltung der betreffenden I. O. durch ihr Aufsichts- und Kontrollorgan zur Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen gezwungen werden. In der Rechtssache Siedler ist das Arbeitsgericht Brüssel nach Feststellung der Zulässigkeit der Klage auch in die Prüfung der Begründetheit eingetreten. Ausgehend von dem allgemeinen Grundsatz, dass das nationale Rechtssystems des Dienstorts der I. O. auch auf diese Anwendung findet, legte das Gericht die zwingenden Vorschriften des belgischen Arbeitsrechts dem Rechtsstreit zugrunde. Sie kam danach zu dem Ergebnis, dass die Klage begründet sei. Die WEU hat zu Recht gegen dieses Urteil Revision eingelegt. Die Anwendung nationalen Arbeitsrechts durch das Arbeitsgericht Brüssel stößt auf grundsätzliche Bedenken (so auch De Cooker/Süss, Rdn. 27).

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Die Befugnisse I. O. zur autonomen Regelung ihrer internen Rechtsordnung (Selbstorganisationsrecht, Personalhoheit) und deren gerichtliche Kontrolle durch ein eigenes Rechtsschutzsystem, ist unverzichtbar. Ohne diese Gewährleistungen sind I. O. nicht in der Lage, die ihnen von den Vertragsstaaten übertragenen Aufgaben unparteiisch zu erfüllen. Die Rechtsschutzgarantie muss dabei so ausgestaltet sein, dass trotz der Immunität der I. O. von der nationalen Gerichtsbarkeit, die Bindung der I. O. an das Recht einer adäquaten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Wird diese nicht angemessen umgesetzt, kann die Rechtsschutzgewährung nicht durch nationale Fachgerichte subsidiär übernommen werden. Diese bleiben jedenfalls der Sache nach (ratione materiae, vgl. Wenckstern, Rdn. 995; KunzHallstein/Ullrich, Art. 13, EPÜ, Anmerkung I.3) unzuständig. Nationale Gerichte besitzen keine Auffangzuständigkeit (BVerfG, Zweiter Eurocontrol Beschluss; Wenckstern, Rdn. 1012) für einen fehlenden adäquaten Rechtsschutz durch int. VerwGerichte. Es ist vielmehr der grundrechtssichernden Funktion der nationalen Verfassungsgerichte und des EGMR überlassen, Defizite des organisationsinternen Rechtsschutzes der I. O. festzustellen. Als Konsequenz wären dann die Vertreter der Vertragsstaaten in den Plenarorgan der I. O. verpflichtet, für einen ausreichenden organisationsinternen Rechtsschutzes Sorge zu tragen (siehe in diesem Zusammenhang VGIAO Nr. 2657, in dem Urteil schlägt das Gericht wegen eines „unvollständigen Rechtsschutzes“ einen Verzicht der I.O auf die Immunität oder die Bereitstellung eines Schiedsverfahrens vor; siehe hierzu näher unten, 3. Teil). VIII. Das Recht auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (Safety and health-care at workplace) Nach der Rechtsprechung der int. VerwGerichte besteht ein Recht der Bediensteten auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Verletzt die I. O. dieses Recht, haftet sie nach „allgemeinen Recht“ für Berufsunfälle und Berufskrankheiten (EUGH C-257/98 P und VGIAO Nrn. 2594, 2403). Auch wenn die Gerichte eine genaue rechtliche Ableitung dieses Rechtsgrundsatzes nicht offenlegen, ergibt sich dieser insbesondere aus Art. 3 der Europäischen Sozialcharta des Europarats vom 18.10.1961, in dem das Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen stipuliert wird. Dieser Wortlaut entspricht auch dem Art. 31 Abs. 1 der EU-GRC. Auch die vom Europäischen Rat beschlossene Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer vom 9.12.1989 legt in Nr. 19 das Recht jedes Arbeitnehmers fest, in seiner Arbeitsumwelt zufriedenstellende Bedingungen für „Gesundheitsschutz und Sicherheit“ vorzufinden.

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• Die Schutzmaßnahmen Die Maßnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz an den Arbeitsplätzen I. O. unterliegen grundsätzlich der internen Organisationsgewalt. I. O. sind daher befugt, grundsätzlich unter Ausschluss nationaler Vorschriften eigene Vorschriften zu erlassen und Maßnahmen zu treffen. Die einzelnen I. O. haben von diesem weiten Gesetzgebungsermessen in sehr unterschiedlichem Umfang Gebrauch gemacht. Ebenso wie auf dem Gebiet der Rechtspflege besteht jedoch nach den PPI der I. O. vielfach die ausdrückliche völkerrechtliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden (vgl. Art. V Abschnitt 21 VN-PPI; Art. 2 ER-PPI, besonders deutlich: Art. 20 EPO-PPI). Hinsichtlich der Sicherheit am Arbeitsplatz orientieren sich die I. O. vielfach an den nationalen technischen Sicherheitsstandards. Die meisten I. O. verfügen über eigene Vorschriften zur Ergonomie und zum allgemeinen Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, die sich in der Regel an int. anerkannte Standards anlehnen. Bei größeren I. O. besteht außerdem ein eigener örtlicher Gesundheitsdienst (näher siehe 2. Teil, 3. Abschn. C.I.9.d)). • Die Haftung der I. O. Der ARGrundsatz auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz bietet den Legislativ- und Exekutivorganen I. O. auch bei der Konkretisierung der Haftung gegenüber den Bediensteten einen weiten Ermessensspielraum. Dementsprechend vielfältig sind diese Regelungen nach Inhalt und Umfang. (Zur Haftung bei Verletzung der Pflicht der I. O. zur Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.5.).

C. Die objektiven Allgemeinen Rechtsgrundsätze des internationalen öffentlichen Dienstes (Objective legal principles of the international civil service) I. Die Ableitung objektiver Rechtsgrundsätze (The derivation of objective legal principles) Neben den Grund- und Menschenrechten und den dadurch gewährleisteten subjektiven Rechten der Bediensteten I. O. leiten sich aus den Verfassungsrechten der Mitgliedsstaaten und int. Übereinkommen auch objektive Rechtsgrundsätze (z. B. die Rechtssicherheit, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, das Verhältnismäßigkeitsprinzip, die pflichtgemäße Ermessensaus-

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übung u. a.) ab, die als ARGrundsätze von den int. VerwGerichten herangezogen werden (Rengeling, S. 62; Pernice/Mayer, Art. 6 EUV, Rdn. 289 ff.). Ihren Ursprung finden diese objektiven Rechtsgrundsätze im Rechtsstaatsprinzip (siehe z. B. Art. 6 Abs. 1 EUV); siehe die Übersicht bei Pernice/ Mayer, Art. 6 EUV, Rdn. 289 ff.). Allerdings stehen sich die Grund- und Menschenrechte und die objektiven Rechtsgrundsätze sich nicht als separate Blöcke gegenüber. Die Grund- und Menschenrechte bilden vielmehr einen integralen Bestandteil des im weiteren Sinne verstandenen Rechtsstaatsprinzips (Rengeling, S. 63, mit Hinweisen zur Rechtsprechung des EGMR).

II. Das Rückwirkungsverbot (Rule against retroactivity) Das aus dem nationalstaatlichen Rechtsstaatsprinzip (vgl. Kokott, S. 885) abgeleitete Rückwirkungsverbot für dienstrechtliche Vorschriften und Entscheidungen schützt das Vertrauen des Bediensteten in die Aufrechterhaltung einer ihm von der I. O. eingeräumten günstigen Rechtsposition für die Vergangenheit. Der Rechtsgrundsatz ist gleichsam das alter ego des ARGrundsatzes der wohlerworbenen Rechte, das sich ebenso aus dem Vertrauensschutz ableitet, aber die Aufrechterhaltung der günstigen Rechtsposition für die Zukunft sicherstellt. Nach dem Rechtsgrundsatz des Rückwirkungsverbots darf die I. O. grundsätzlich nicht eine günstige Rechtsposition mit Wirkung ex tunc verändern, sondern erst nach erfolgter Mitteilung mit Wirkung für die Zukunft. Eine Rückwirkung liegt vor, wenn die Vorschrift oder die Entscheidung die Rechtsposition eines Bediensteten, wie sie vor dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Vorschrift oder Entscheidung lag, verändert. Überschneidungen des Rückwirkungsverbots treten häufig mit den Grundsätzen von Treu und Glauben und der Selbstbindung der Verwaltung auf. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2315: Eine Vorschrift darf nicht so ausgelegt werden, dass sie Rückwirkung hat, es sei denn, es ist klar erkennbar. Eine Vorschrift besitzt Rückwirkung, wenn sie eine Änderung in der Rechtsposition verursacht, die vor dem Inkrafttreten der Vorschrift liegt. Keine Rückwirkung liegt vor, wenn Vorschriften, die das Ermessen betreffen, geändert werden, nachdem über eine Verlängerung oder Erneuerung eines befristeten Dienstvertrags (hier: 7-Jahres-Regel) entschieden wurde; VGIAO Nr. 2006: Es besteht keine Vermutung für die Rückwirkung einer Vorschrift;

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VGIAO Nr. 1979: Das Rückwirkungsverbot verbietet es, dass eine für das Personal ungünstige Regelung rückwirkend angewandt wird. Ob eine Regelung negativ ist, muss aus einer Gesamtbewertung ermittelt werden; VGIAO Nr. 1669: Eine negative Entscheidung über die Rechtsposition eines Bediensteten wirkt erst ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme; VGIAO Nr. 1604: Wenn die Saldierung einer rückwirkenden Anpassung des Kaufkraftausgleichs (post adjustment) aus positiven und negativen Elementen zu einer negativen Anpassung führen würde, besteht kein Anspruch auf Anpassung lediglich nach den positiven Elementen; VGIAO Nr. 1589: Verbot der rückwirkenden Datierung (zwei Jahre) einer Entlassung; VGIAO Nr. 1531: Eine für den Bediensteten ungünstige Entscheidung kann nicht vor dem Zeitpunkt wirksam werden, an dem er davon Kenntnis erlangt hat; VGIAO Nr. 1366: Der Rückzahlungsanspruch wegen Überzahlung verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot; VGIAO Nr. 1186: Die Abschaffung der kostenlosen Krankenversicherung für Pensionäre der I. O. stellt keine Rückwirkung dar. Die Klagen bezüglich der Krankenversicherung vor und nach der Pensionierung sind getrennt zu beurteilen; VGIAO Nr. 1130: Das Rückwirkungsverbot ist nicht absolut. So ist die Rückwirkung einer begünstigenden Regelung ebenso zulässig wie eine rückwirkende Regelung, die an Stelle einer provisorischen Regelung tritt; VGIAO Nr. 1117: Kein Anspruch auf Verzugszinsen, wenn die Gehaltsanpassungsbeträge nach periodischer Überprüfung und Genehmigung der neuen Gehaltstabellen rückwirkend bezahlt werden. Kein Verzug, da bei einer periodischen Überprüfung der Ansprüche notgedrungenermaßen erst durch die Genehmigung entsteht; VGIAO Nr. 1053: Die Änderung einer langjährig praktizierten Auslegung einer Vorschrift darf nicht zu einer rückwirkenden Änderung der Rechtsposition der Bediensteten führen (hier: Wegfall der Erstattung der nationalen Steuer auf den Betrag der gewählten teilweisen Kapitalabfindung bei Pensionierung); VGIAO Nr. 1020: Keine rückwirkende Entscheidung der I. O., sondern eine rückwirkende Änderung der Entscheidung des Bediensteten; VGIAO Nr. 986: Auch das Gericht selbst ist an das Rückwirkungsverbot gebunden (bei der Überprüfung eines Urteils darf das Gericht in der Regel keine später erfolgten Entscheidungen und Tatsachen berücksichtigen); VGIAO Nr. 963: Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot (rückwirkende Kürzung der Erziehungszulage); VGIAO Nr. 792 (Nr. 767): Der Wechsel in der Auslegung einer Vorschrift muss dem Personal bekannt gemacht werden und darf nicht rückwirkend sein; VGIAO Nr. 595: Erst mit Zugang des Entlassungsschreibens beginnt die Frist für die Berechnung der mit der Entlassung verbundenen Zahlungen; VGIAO Nr. 51: Die rückwirkende Kürzung der Auslandszulage ist unzulässig.

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Rechtsprechung EUGH Der EUGH hat zum Rückwirkungsverbot vor allem in mehreren Entscheidungen zur Rückforderung von ungerechtfertigten (Über-)Zahlungen Stellung genommen. EUGH 54/77: Die Rücknahme fehlerhafter oder unrichtiger Entscheidungen sind im allgemeinen an strenge Voraussetzungen gebunden (siehe 2. Teil, 2. Abschn. C.VII.).

III. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (The principle of proportionality) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist als allgemeiner rechtstaatlicher Grundsatz der Mitgliedsstaaten I. O., der int. Übereinkommen (vgl. Art. 6 EUV, Ableitung aus dem Rechtsstaatsprinzip; Art. 5 Abs. 3 EGV; Art. 49 Abs. 3 EU-GRC, konkretisiert auf Straftat und Strafmaß) und von den int. VerwGerichten als ARGrundsatz des int. öff. Dienstes anerkannt (vgl. Rengeling, S. 62; Pernice/Mayer, Rdn. 304 ff.; Zulegg, Rdn. 37 ff.). Er findet sich jetzt auch ausdrücklich im BS der EG (Art. 1 d Ziffer 6 EG-BS). Nach der Rechtsprechung des EUGH (EUG T-6/92) gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass Entscheidungen der I. O. – insbesondere wenn sie finanzielle Verpflichtungen auferlegen – nicht die Grenze dessen verletzen, was zur Erreichung der verfolgten Zwecks notwendig ist. Bei der Auswahl zwischen mehreren geeigneten Maßnahmen muss der schwächere Eingriff gewählt werden. Der Hauptanwendungsfall dieses ARGrundsatzes findet sich im Bereich des Disziplinarrechts. Die Gerichte betonen zwar den Charakter einer Disziplinarmaßnahme als nicht durch das Gericht ersetzbare Ermessensentscheidung. Sie prüfen jedoch die sorgfältige Ermittlung und Bewertung der den Bediensteten belastenden und entlastenden Tatsachen sowie die Angemessenheit der Disziplinarmaßnahme zu dem Pflichtenverstoß (vgl. Karpenstein, Rdn. 60; Iliopoulos-Strangas). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2601: Verhältnismäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme (Ohrfeige gegen einen Mitarbeiter), ebenso Nr. 2555 (Änderung der Konfiguration eines PC zwecks Zugang zu Pornoseiten durch Herunterladen von Software); VGIAO Nr. 2365: Suspendierung vom Dienst muss verhältnismäßig sein; VGIAO Nr. 2324: Versetzung in den bezahlten oder unbezahlten Sonderurlaub von Amts wegen muss verhältnismäßig sein; VGIAO Nr. 1878: Entlassung wegen Bezeichnung eines Vorgesetzten als Faschisten war wegen mehrfacher und angenommener Entschuldigung unverhältnismäßig; Nr. 1977: Entlassung wegen Betrugs der I. O.; ebenso Nrn. 1831, 1829); Nr. 1608: Verstoß gegen die Einhaltung des Dienstwegs und der Vertraulichkeit;

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Nr. 1599: Ohrfeige gegen einen Kollegen; Nr. 1584: Verurteilung zu mehreren Gefängnisstrafen wegen finanzieller Vergehen; Nr. 1447: Entlassung wegen schlechten Benehmens; Nr. 1363: Entlassung wegen anderweitiger beruflicher Tätigkeit während eines Sonderurlaubs; Nr. 1346: Insubordination; Nr. 1250: Entlassung wegen Verweigerung einer Versetzung; Nr. 1238: Zahlung einer Entschädigung anstelle der vom Gericht angeordneten Wiedereinstellung; Nr. 1210: Entwendung von Geld der I. O.; Nr. 1070: Entlassung wegen Betrugs; VGIAO Nr. 805: Dienstverpflichtung bei Streik muss verhältnismäßig sein; Nr. 349: Entlassung wegen nicht-respektvollen Verhaltens gegenüber Vorgesetzten; Nr. 237: Dienstantritt mit Alkoholfahne; Nr. 210: Fehlerhafte Erfüllung von Dienstpflichten.

Rechtsprechung EUGH EUG T-94/01 (EUG T-152/01, EUG T-286/01): Art. 19 der EZB-Beschäftigungsbedingungen verstößt u. a. gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit, wenn er die Gewährung von Erziehungszulage vom Bestehen des Anspruchs auf Auslandszulage abhängig macht; EUG T-197/00: Verhältnismäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme. Einzelheiten der Abwägung des Pflichtverstoßes und der Schwere der Disziplinarstrafe; EUGH 46/72: Die Verhältnismäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung; EUG T-203/98: Verhältnismäßigkeit der Disziplinarstrafe bei Täuschungshandlung in einem internen Ausschreibungsverfahren; EUG T-183/96: Verhältnismäßigkeit der Disziplinarstrafe zum Grundrecht der Meinungsfreiheit; EUGH T-74/96: Verhältnismäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme (Zusammentreffen von Strafverfahren und Disziplinarverfahren); EUG T-146/94: Verhältnismäßigkeit der Disziplinarmaßnahme bei beleidigender Veröffentlichung; EUG T-549/93: Verhältnismäßigkeit der Disziplinarmaßnahme bei sexueller Belästigung; EUG T-6/92: Definition des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

IV. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (The administration is bound to comply with the rule of law) Der objektive ARGrundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zählt heute zu den traditionellen verfassungsrechtlichen Grundsätzen zahlreicher Nationalstaaten (vgl. z. B. Art. 20 Abs. 3 deutsches GG und seine Konkretisierung im deutschen Verwaltungsverfahrensgesetz). Er leitet sich letztlich aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit ab (vgl. Art. 6 Abs. 1 EUV, Pernice/Mayer, Rdn. 290; außerdem ist der Rechtsstaatlichkeitsgrundsatz im-

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plizit Bestandteil aller Artikel der EMRK (EUGMR Urteil Nr. 46720/99 vom 22.1.2004). Bei den int. VerwGerichten spielt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur eine sehr geringe Rolle, da er in den meisten Fällen von spezifischen ARGrundsätzen überlagert wird. Das VGIAO beruft sich nur in wenigen Urteilen ausdrücklich darauf. In Urteil Nr. 825 stellt es fest, dass die Verwaltung an das Recht gebunden ist („the rule is that an administration is bound to comply with the law“). Außerdem prüft es in seiner Standardklausel zum Ermessen (siehe dort), ob die Entscheidung der Verwaltung auf einem Rechtsfehler (mistake of law) beruht (vgl. z. B. Nr. 2163). Der EUGH hat in seinem Urteil 42/59 festgestellt, dass der „. . . Grundsatz der Wahrung der Rechtssicherheit nicht absolut, sondern nur in Verbindung mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Anwendung finden kann“. V. Der Grundsatz von Treu und Glauben (Good faith, fairness, equity, bona fide) Nach der ständigen Rechtsprechung der int. VerwGerichte ist der Grundsatz von Treu und Glauben auch im int. öff. Dienstrecht zu beachten. Zwar legen die Gerichte – wie üblich – die Ableitung dieses Rechtsprinzips nicht im Einzelnen offen, es handelt sich jedoch bei diesem Grundsatz unstreitig um einen, in dem Wertesystem der meisten Mitgliedsstaaten verwurzelten Rechtsgrundsatz, der wohl letztlich aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten ist. Völkerrechtlich ist seine Geltung insbesondere nach der Regel 31 Abs. 1 der WVK und Art. 31 Abs. 1 der (noch nicht in Kraft getretenen) WVKiO für den Bereich der Vertragsauslegung ausdrücklich festgelegt und als Bestandteil der ARGrundsätze im Sinne von Art. 38 Abs. 1c der IGHSatzung allgemein anerkannt (Verdross/Simma, § 601). Der Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben entzieht sich weitgehend einer Definition und ist letztlich nur einer sorgfältigen Einzelfallbewertung zugänglich (vgl. Lindemann, S. 173). Er dient weitgehend als ultima ratio, um zu einem billigen und gerechten Urteil zu kommen. Überschneidungen mit anderen Rechtsgrundsätzen, insbesondere dem Verbot des Rechtsmissbrauchs, dem Vertrauensschutz, dem Grundsatz des fairen Verfahrens und dem Willkürverbot sind die Regel. Wie die nachfolgende Übersicht der Rechtsprechung zeigt, zieht das VGIAO wesentlich häufiger als der EUGH den Grundsatz von Treu und Glauben zur Begründung seiner Urteile heran. Eine wesentliche Ursache

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mag dabei in der Monostruktur und großen Regelungsdichte des Dienstrechts der EG liegen. Die Gerichtsbarkeit des VGIAO erstreckt sich demgegenüber auf (2008) 50 I. O., deren DienstRO in erheblich größerem Umfang auslegungs- und ergänzungsbedürftig sind. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2584: Verhandlungen zwischen der I. O. und den Bediensteten über eine einvernehmliche Lösung bewirken nach Treu und Glauben, dass die Beschwerdefrist erst nach Ende der Verhandlungen zu laufen beginnt; VGIAO Nr. 2540: Treu und Glauben gebieten es, dem Untergebenen die Möglichkeit zur Stellungnahme gegen Kritik des Vorgesetzten zu geben; VGIAO Nr. 2524: Nicht verifizierte Anschuldigungen gegen einen Bediensteten verstoßen gegen Treu und Glauben; VGIAO Nr. 2515: Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn der Bedienstete nicht über seine schlechte Leistung unterrichtet und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird; VGIAO Nr. 2475: Treu und Glauben gebieten ausreichende Beteiligung des Bediensteten bei einer ihn betreffenden Untersuchung; VGIAO Nr. 2458: Treu und Glauben ist keine Einbahnstrasse. Sie verpflichtet den Bediensteten zur objektiven Mitwirkung bei einer medizinischen Untersuchung; VGIAO Nr. 2414: Treu und Glauben gebieten es, dass ein Bediensteter rechtzeitig über seine ungenügenden Leistungen unterrichtet wird und Arbeitsziele gesetzt werden (vgl. ebenso Nrn. 2337, 1583); VGIAO Nr. 2408: Verstoß gegen Treu und Glauben und Rechtsmissbrauch, wenn absichtlich falsche Gründe für die Nicht-Erneuerung eines Anstellungsvertrags vorgeschoben werden; VGIAO Nr. 2345: Verstoß gegen Treu und Glauben und die Fürsorgepflicht, wenn ein Bediensteter irrtümlich um Genehmigung bittet, eine Klage bei Gericht einleiten zu dürfen und die I. O. ohne zu reagieren sich später auf Nichteinhaltung der Beschwerdefrist beruft; VGIAO Nr. 2325: Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn die I. O. einen nicht erfolgreichen Stellenbewerber erst nach 15 Monaten über das Ergebnis der Auswahl unterrichtet; VGIAO Nr. 2304: Verstoß des Bediensteten gegen Treu und Glauben, wenn er auf eine Bitte der I. O. vor der Zuleitung von Dokumenten (zu deren Herausgabe er verurteilt war) bei Gericht einen Antrag auf Vollstreckung stellt; VGIAO Nr. 2293: Die Beziehung zwischen I. O. und Bediensteten werden von Treu und Glauben bestimmt. Schlechter Glaube (bad faith) wird nicht vermutet. Er muss bewiesen werden; VGIAO Nr. 2152: Treu und Glauben gelten für die I. O. und den Bediensteten. Die I. O. kann davon ausgehen, dass ein Bediensteter ihre schriftlichen Mitteilungen im üblichen Geschäftsgang zur Kenntnis nimmt;

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VGIAO Nr. 2116: Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn eine I. O. die Ergebnisse eines Auswahlverfahrens dem Beschwerdeführer erst mit einer 4-monatigen Verspätung mitteilt; VGIAO Nr. 2081: Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn eine I. O. bei der Korrektur einer älteren Gehaltstabelle die entsprechende Anpassung der neueren Gehaltstabelle mangels deren fristgerechter Anfechtung verweigert; VGIAO Nr. 2066: Wenn eine I. O. zur erkennen gibt, dass sie eine negative Entscheidung nochmals überdenkt, kann sie nach Treu und Glauben nicht davon ausgehen, dass ein Bediensteter ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegt. Es sei denn, die I. O. erklärt ausdrücklich, dass ein Beschwerdeverfahren davon unberührt bleiben soll; VGIAO Nr. 2060: Bei einem Auswahlverfahren müssen alle Bewerbungen nach Treu und Glauben behandelt werden (vgl. ebenso Nrn. 1549, 1497); VGIAO Nr. 2017: Der Grundsatz von Treu und Glauben muss bei Auslegung von Stellungnahmen des Bediensteten beachtet werden; VGIAO Nr. 1924: Treu und Glauben gebieten es, dass eine Vereinbarung über die Beilegung eines Streits von beiden Seiten eingehalten wird (ebenso Nr. 1530); VGIAO Nr. 1897: Wenn eine I. O. die verfrühte Einlegung einer internen Beschwerde im internen Beschwerdeverfahren nicht rügt, kann sie diese nach Treu und Glauben nicht mehr zu einem späteren Zeitpunkt, auch nicht mehr im anschließenden Klageverfahren geltend machten (ebenso Nr. 1393); VGIAO Nr. 1848: Verpflichtung eines Bediensteten nach Treu und Glauben, der Krankenversicherung der I. O. Zugang zu den notwendigen medizinischen Informationen zu gestatten; VGIAO Nr. 1832: Bei einer I. O. mit mehreren Anstellungsbehörden muss die I. O. nach Treu und Glauben falsch adressierte Beschwerden an die richtige Anstellungsbehörde weiterleiten; VGIAO Nr. 1720: Fristen dürfen nicht als Fallen missbraucht werden. Sie müssen unter Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben angewendet werden (ebenso Nrn. 1502, 1376, 1279, 1247, 647, 607, 522); VGIAO Nr. 1479: Treu und Glauben gebieten es, dass ein Bediensteter von der I. O. über alle Maßnahmen unterrichtet wird, die seine berechtigten Interessen beeinträchtigen können (ebenso Nrn. 946, 844); VGIAO Nr. 1466: Fristen laufen nicht, wenn die I. O. einen Bediensteten hinters Licht geführt oder ihm Dokumente unter Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben vorenthalten hat. Das gleiche gilt, wenn der Bedienstete wegen höherer Gewalt keine Kenntnis von einer Entscheidung hat; VGIAO Nr. 1328: Es verstößt gegen Treu und Glauben, von einem Bediensteten die erneute Einlegung einer Klage zu verlangen, wenn die I. O. ein Urteil nicht vollstreckt. Urteile sind Endurteile, gegen die jede Partei das Gericht zwecks Auslegung, Vollstreckung oder Überprüfung anrufen kann; VGIAO Nr. 1315: Wird die Ernennung eines externen Bewerbers durch das Gericht aufgehoben, muss die I. O. den gutgläubigen Bediensteten nach Treu und Glauben schadlos stellen (ebenso VGIAO Nr. 1223);

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VGIAO Nr. 1125: Nach Treu und Glauben ist eine I. O. an eine langjährige Auslegung einer Vorschrift gebunden, bis sie diese im Rahmen des geltenden Rechts abändert; VGIAO Nr. 1082: Es verstößt gegen Treu und Glauben, in einer Duplik neue Argumente vorzubringen, wenn der Kläger keine Möglichkeit mehr zur Stellungnahme hat; VGIAO Nr. 1053: Eine I. O. verstößt gegen Treu und Glauben, wenn sie für eine bestimmte abgeschlossene Gruppe von Bediensteten die langjährige Auslegung einer Vorschrift rückwirkend ändert (Steuererstattung auf Pauschalzahlungen); VGIAO Nr. 810: Treu und Glauben erfordern vor einer Versetzung eine genaue Unterrichtung über die Art und den Dienstort der neuen Stelle; VGIAO Nr. 380: Eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben würde vorliegen, wenn zwar Beratungen durchgeführt werden, der Entscheidungsträger aber von vornherein erklärt, er werde sich durch keinerlei Stellungnahme beeinflussen lassen; VGIAO Nr. 339: Eine Vertragsklausel, die eine vorzeitige Kündigung ohne Angabe von Gründen rechtfertigt, verstößt gegen Treu und Glauben.

Rechtsprechung EUGH EUG T-192/99: Die Anhörung der PV muss nach Treu und Glauben erfolgen; EUG T-156/80: Der Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht die Beziehungen zwischen den Gemeinschaftsorganen und ihren Bediensteten. Erlässt eine I. O. nach zunächst stillschweigender Ablehnung einer Beschwerde später eine ausdrücklich ablehnende Entscheidung und erhebt ein Bediensteter eine Beschwerde noch innerhalb der durch die stillschweigende Ablehnung gesetzten Frist gegen die ausdrückliche Ablehnung, so kann sich die I. O. nach Treu und Glauben nicht auf die Unzulässigkeit der Klage mit dem Argument berufen, die Beschwerde richtet sich gegen die bloße Bestätigung einer ablehnenden Entscheidung; EUG T-43/59: Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben muss eine Entlassungsentscheidung auf Gründe gestützt werden, die im Zusammenhang mit dienstlichen Interessen stehen und jede Willkür ausschließen.

VI. Der Grundsatz der Rechtssicherheit (Legal certainty, stability of law) Die Rechtssicherheit zählt zu den, aus dem Grundsatz der Rechtstaatlichkeit abgeleiteten objektiven Grundsätzen (Art. 6 EUV; Pernice/Meyer, Rdn. 291 ff.; Bleckmann, Europarecht, Rdn. 598; Streinz, S. 292; Sachs, § 43 Rdn. 8), der nach ständiger Rechtsprechung der int. VerwGerichte auch als ARGrundsatz im int. Dienstrecht zu beachten ist (EUGH 34-65; VGIAO Nr. 2003: „. . . the principle of legal certainty which must govern relations between an organisation and its staff . . .“; ebenso: Nrn. 1106, 955,

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918, 752, 647, 603). Bei der konkreten Anwendung dieses Rechtsgrundsatzes besteht insbesondere gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit und des einzelnen Betroffenen an ausreichendem Rechtsschutz erhebliches Konfliktpotential, das bei der Rechtsetzung und den Einzelentscheidungen aufzulösen ist. Neben der konkreten Ausformung des ARGrundsatzes der Rechtssicherheit als objektiven Rechtsgrundsatz in den Bereichen: Beschwerde- und Klagefristen (Bestandskraft von Verwaltungsentscheidungen), der Ausschlussfristen für Ansprüche, der Rechtskraft von Urteilen und der Aufhebung von Verwaltungsentscheidungen ist dieser Grundsatz in seiner besonderen Ausprägung als Vertrauensschutz (legal expectation, vgl. EUG T-145/04) auch für die spezifische ARGrundsätze des int. öff. Dienstes von großer praktischer Bedeutung (siehe unter: Die wohlerworbenen Rechte; der Vertrauensschutz bei Anstellungsverträgen, bei den Gehaltsanpassungsmethoden, bei Zusicherungen und bei der Rückforderung rechtsgrundloser Zahlungen). Dabei sind die Übergänge vom ARGrundsatz auf Treu und Glauben zum ARGrundsatz der Rechtssicherheit nach der Rechtsprechung fließend. Das VGIAO beruft sich ohne nähere Begründung zur Wahrung der Rechtssicherheit sowohl ganz allgemein auf Treu und Glauben (Nr. 1315 „good faith“) oder spezifisch auf den ARGrundsatz der Rechtssicherheit (Nr. 1279 „stability in law; Nr. 1106 „certainty in legal relations“). 1. Die Beschwerde- und Klagefristen

Der Ausgleich zwischen dem Recht des Bediensteten auf gerichtliche Überprüfung eines gegen ihn gerichteten Verwaltungsakts (Rechtsschutz) und dem Interesse der I. O. an der Bestandskraft seiner Entscheidungen (Rechtssicherheit) erfordert die Festlegung von Beschwerde- und Klagefristen (EUG T-192/99). Die int. VerwGerichte betonen unter Berufung auf den ARGrundsatz der Rechtssicherheit durchwegs die Notwendigkeit einer strikten Anwendung der Beschwerde- und Klagefristen (VGIAO Nr. 1832, EUG T-547/93, EUG T-109/98, EUG T-15/91) mit deren Ablauf grundsätzlich die Bestandskraft der Verwaltungsentscheidungen eintritt (VGIAO Nr. 2003: „. . . became final and the complainants were barrred from challenging . . .“). Ausnahmen sind auf Fälle beschränkt, bei denen die I. O. ihre Fürsorgepflicht verletzte oder dem Beschwerdeführer „eine Falle“ stellte, um die Unzulässigkeit eines Rechtsmittels zu erreichen (VGIAO Nr. 1832: „. . . rules of procedure . . . must be construed with common sense and not set traps for the staff member“; ebenso Nrn. 1502, 1247, 607).

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2424: Eine I. O. kann sich nicht auf das Versäumnis der Klagefrist berufen, wenn sie dies durch ihr Verhalten selbst verursacht hat (ebenso Nr. 941); VGIAO Nr. 2345: Verspätete Klage nach Treu und Glauben zulässig, weil die I. O. ihre Fürsorgepflicht verletzte; VGIAO Nr. 2282: Bei Einschüchterungen und Bedrohung durch die I. O. für den Fall der Einlegung einer Beschwerde sind die Fristen unbeachtlich; VGIAO Nr. 1897: Beruft sich eine I. O. im internen Beschwerdeverfahren nicht darauf, dass die Beschwerde zu früh eingelegt wurde, kann sie vor Gericht damit nicht mehr gehört werden; VGIAO Nr. 1832: Eine I. O. muss eine fristgerechte Beschwerde an die intern zuständige Stelle weiterleiten (ebenso Nrn. 1734, 1376, 607, 522); VGIAO Nr. 323: Bei fortlaufenden monatlichen Zahlungen (Gehälter, Zulagen etc) trifft die I. O. jeweils eine neue anfechtbare Entscheidung, die eine neue Beschwerdefrist in Lauf setzt.

Rechtsprechung EUGH EUG T-9/04: Die Beschwerde- und Klagefristen nach Art. 90 und 91 EG-BS gehen den spezifischen Verfahrensregeln bei Berufskrankheiten und Unfällen vor; EUG T-192/99: Beschwerde- und Klagefristen bei vorgeschalteten fakultativen Güteverfahren. 2. Die Ausschlussfristen für Ansprüche

Eine Reihe von DienstRO insbesondere des VN-CS Rechtskreises (vgl. Busch, S. 165) enthalten Vorschriften über Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Zulagen, Beihilfen und Kostenerstattungen. Es handelt sich durchwegs nicht um Verjährungsregelungen, sondern um Fristen bei denen die Ansprüche auch ohne Verjährungseinrede erlöschen (extinctive prescription, vgl. Regel 103.15 VN-PS: „. . . shall not receive retroactively such allowance, grant or payment . . .“). Die Ausschlussfristen im VN-CS liegen zwischen drei Monaten (Regel 103.15 VN-PS bei Streichung oder Änderung der Rechtsgrundlage und ansonsten bei einem Jahr) und zwei Jahren (siehe Busch, S. 165). Auch ohne ausdrückliche Ausschlussfirst in der DienstRO können nach der Rechtsprechung des VGIAO (Nr. 323) Ansprüche für die Vergangenheit nur innerhalb vernünftiger Grenzen geltend gemacht werden. So hat das Gericht die rückwirkende Zahlung einer Familienzulage für ein sechs Jahre früher geborenes außereheliches Kind als unverhältnismäßig lange angesehen. Dies auch deshalb, weil die Geltendmachung des Anspruchs vom Bediensteten mit Rücksicht auf das Eheverhältnis absichtlich hinausgezögert worden war.

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In einem jüngeren Urteil (Nr. 2411) aus dem Jahre 2005 betreffend die EPO bestätigt das VGIAO seine Auffassung, dass ohne eine entsprechende Regelung im Dienstrecht grundsätzlich ein Recht auf rückwirkende Geltendmachung (Urteil Nr. 322: „right to retroactivity“) von Ansprüchen besteht, das aber nicht unbefristet gelte. In dem vorliegenden Fall hatte der Bedienstete den Antrag auf Unterhaltszulage unbeabsichtigt verspätet gestellt und tatsächlich Unterhaltsleistungen erbracht. Das Gericht erachtete eine rückwirkende Geltendmachung der Zulage von zweieinhalb Jahren noch als verhältnismäßig. Die EPO hat dieses Urteil inzwischen zum Anlass genommen Ausschlussfristen (Ausnahme bei höherer Gewalt) für die Zahlung von Zulagen, Beihilfen und Kostenerstattungen in das BS aufzunehmen. Weitere Rechtsprechung VGIAO Nr. 2282: Eine I. O. kann sich nicht auf die Ausschlussfrist nach ihrer DienstRO (hier: IAEA, Zweijahresfrist) berufen, wenn sie selbst die rechtzeitige Geltendmachung verhindert hat. EUGH 124/87: Der Grundsatz der Rechtssicherheit erfordert es, dass Ausschlussfristen für die Übertragung von Ruhegehaltsansprüchen der Beamten auf die sonstigen Bediensteten keine Anwendung finden. 3. Die Rechtskraft der Urteile der internationalen Verwaltungsgerichte

Siehe hierzu 3. Teil, 2. Abschn. F. 4. Die Aufhebung von Verwaltungsentscheidungen

Auch im Dienstrecht der I. O. spielt die Aufhebung von Verwaltungsakten eine große praktische Rolle. Im Gegensatz zu einigen nationalen Rechtsordnungen (vgl. §§ 48, 49 des deutschen Verwaltungsverfahrensgesetzes) kennen die DienstRO der I. O. keine normierten Regelungen für die Rücknahme bzw. den Widerruf (die Terminologie des deutschen Rechts: „Rücknahme“ von rechtswidrigen und „Widerruf“ von rechtmäßigen Verwaltungsakten spielt dabei naturgemäß keine Rolle) von Entscheidungen. Die int. VerwGerichte waren und sind daher gezwungen, diese Regelungslücke unter Berücksichtigung der allgemein in den Mitgliedsstaaten anerkannter Regelungen zu füllen (vgl. EUGH 7-56 und 3-57). In ihrer jahrzehntelangen Rechtsprechung haben sich dabei weitgehend konforme Abwägungskriterien zwischen dem Vertrauensschutz des Bediensteten (Rechtssicherheit) und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Rechtsstaatsprinzip) herausgebildet, die eine weitgehend stabile Rechtsanwendung gewährleisten. Dies gilt im besonderen Maße für die Rechtsprechung des EUGH.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Ausgangspunkt ist der Grundsatz, dass jeder Verwaltungsakt die Vermutung seiner Gültigkeit begründet und nur durch Nichtigerklärung oder Widerruf (soweit diese Maßnahmen zulässig sein sollten) beseitigt werden kann (EUGH 7-56 und EUGH 3-57: Der Fall der absoluten Nichtigkeit – ohne weitere Aufhebungsmaßnahme – ist auf außergewöhnliche Fälle beschränkt). • Rechtmäßig begünstigende Verwaltungsakte Die Zurücknahme oder Abänderung eines rechtmäßig begünstigenden Verwaltungsakts mit Rückwirkung (ex tunc) ist unzulässig (EUGH 15-60, EUGH 7-56 und EUGH 3-57, 159/82, EUG T-123/89: Der rückwirkende Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts verstößt gegen ARGrundsätze.). Die Aufhebung oder Abänderung eines rechtmäßig begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) ist nach der Rechtsprechung (VGIAO Nrn. 618, 587) jederzeit zulässig, soweit dies nicht ausdrücklich verboten ist und der Vertrauensschutz beachtet wird (Überschneidungen mit dem ARGrundsatz der wohlerworbenen Rechte können auftreten – siehe EUG T-177/95, EUG T-498/93, VGIAO Nr. 618). Zumeist betrifft dieser ARGrundsatz aber nicht die Aufhebung von Einzelakten, sondern die Änderung oder Aufhebung von normierten Beschäftigungsbedingungen oder einer Verwaltungspraxis (siehe VGIAO Nrn. 1403, 832, 61). Die teilweise Rechtswidrigkeit eines begünstigenden Verwaltungsakts berechtigt nicht zur Aufhebung des ganzen Akts, es sei denn, dass dieser nach Wegfall des rechtswidrigen Teils seine Berechtigung einbüßen würde (EUGH 7-56 und EUGH 3-57). • Rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte Die Zurücknahme eines fehlerhaften (rechtswidrigen) Verwaltungsakts mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) ist stets möglich (EUGH 54-77, EUGH 15-60, EUGH 7-56 und EUGH 3-57. Der EUGH stützt sich dabei in seiner Argumentation auch auf Art. 85 EG-BS, wonach zwar die Rückforderung ohne rechtlichen Grund bezahlter Beträge von eng begrenzten Voraussetzungen abhängig gemacht, aber stillschweigend die Einstellung der nicht geschuldeten Zahlung zugelassen wird (siehe 2. Teil, 2. Abschn. C.VII.). Ein Vertrauensschutz – auch in der speziellen Ausprägung eines wohlerworbenen Rechts – besteht nicht (EUG T-498/93). Der Grund der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts (fehlerhafte Auslegung, Verstoß einer geübten Praxis gegen den Wortlaut einer Vorschrift) spielt dabei keine Rolle (EUG T-240/01, EUG T-123/89).

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Die Zurücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts mit Rückwirkung (ex-tunc) unterliegt strengen Voraussetzungen (EUGH 54-77, EUGH 15-60, siehe auch unter 2. Teil, 2. Abschn. C.VII.). Sie ist nur möglich, wenn das öffentliche Interesse an der Wahrung des Grundsatzes der Rechtmäßigkeit das Interesse der Begünstigten an der Beibehaltung einer Lage, die er für dauerhaft ansehen konnten überwiegt oder wenn die rechtswidrige Entscheidung auf falschen oder unvollständigen Angaben der Begünstigten beruhte (EUGH 15-60). Die Zurücknahme eines rechtswidrigen belastenden Verwaltungsakts ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes problemlos. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1006: Ein begünstigender Verwaltungsakt – selbst wenn er fehlerhaft war – kann nach Ablauf von neun Jahren nicht mehr zurückgenommen werden (hier: Festlegung des Heimatorts); VGIAO Nr. 123: Die Rücknahme eines fehlerhaft begünstigenden Verwaltungsakts auf Erstattung der Reisekosten (falsche Auslegung der Rechtsgrundlage) war zulässig, weil die Entscheidung nur vorläufig war, keine Kostenrechnung vorgelegt worden war und dem Betroffenen auch sonst keine Kosten durch die Korrektur entstanden waren.

• Sonderfall: Ernennungen Für den Hauptfall der Aufhebung rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte, die fehlerhafte Ernennung von Bediensteten, haben die int. VerwGerichte den Abwägungsprozess in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich zu Gunsten des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsmaßnahme entschieden (EUGH 15-60: „. . . dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die rechtswidrige Entscheidung nachteilige Folgen für die Wettbewerber der Begünstigten gehabt hat.“; die ständige Rechtsprechung des VGIAO folgt – wenn auch ohne diese grundsätzliche Feststellung – dieser Rechtsprechung des EUGH). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2060: Bewerber einer Stellenausschreibung haben Anspruch auf sorgfältige Beachtung aller Regeln des Auswahlverfahrens durch die Anstellungsbehörde. Bei Verstößen hebt das Gericht jede Ernennung auf. Die I. O. muss jedoch den gutgläubigen erfolgreichen Bewerber schadlos stellen (ebenso Nrn. 2020, 1990, 1477, 1359, 1315); VGIAO Nr. 1804: Die rechtswidrige Zusage einer beschleunigten Beförderung führte nicht zur Aufhebung, weil die Kläger einen darauf gerichteten Teilantrag verspätet erhoben hatten.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Rechtsprechung EUGH EUGH 188-73: Gerade wegen der weitgehenden Ermessensbefugnis der Verwaltung bei Beförderungen ist eine sorgfältige Prüfung der Personalakte und eine gewissenhafte Beachtung der Bewerbungsvoraussetzungen in der Ausschreibung erforderlich; EUG T-10/94: Aufhebung einer Ernennung, weil das Stellenniveau erst nach Eingang der Bewerbungen festgelegt wurde; EUG T-58/91: Aufhebung von Ernennung, weil die Stellen statutswidrig den Bewerbern einer vorher bestimmten Staatsangehörigkeit vorbehalten wurden. Die erforderlichen Qualifikationen sind vor der Bekanntmachung der Stellenausschreibung eindeutig festzulegen und genau zu beachten.

VII. Die ungerechtfertigte Bereicherung, die Rückforderung rechtsgrundloser Zahlungen (Unjust enrichment, recovery of undue payment) Es entspricht einem allgemeinen Gebot der Rechtstaatlichkeit in den Mitgliedsstaaten I. O., dass Zahlungen ohne rechtlichen Grund rückerstattet werden müssen. Auch die meisten DienstRO enthalten daher in Konkretisierung dieses Grundsatzes Regelungen für den Fall der Rückzahlungen von Überzahlungen (Art. 85 Abs. 1 EG-BS; Regel 112.3 VN-PS, VN Verwaltungsanweisung ST/AI/2000/11; Art. 38 ER-PS). Zumeist sehen die Vorschriften einen ausdrücklichen Verzicht auf den Rückzahlungsanspruch vor, wenn der Bedienstete den mangelnden Grund des Anspruchs weder kannte noch hätte kennen müssen (keine fahrlässige Unkenntnis). Bei fahrlässiger Unkenntnis stellt die Rechtsprechung auf den durchschnittlich sorgfältig handelnden Beamten ab, von dem erwartet werden kann, dass er die einschlägigen Vorschriften kennt. Diese Regelungen gewähren den Bediensteten eine größere Rechtssicherheit als die bloße Einschränkung des Rückzahlungsanspruchs durch den ARGrundsatz von Treu und Glauben oder die Rücknahme rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakte, die bei Fehlen einer Sonderregelung in der DienstRO Anwendung finden (siehe nachstehende Rechtsprechung). Der ARGrundsatz der Überzahlung gilt auch für den Fall der Rückforderung von rechtsgrundlosen Zahlungen des Bediensteten an die I. O. (VGIAO Nr. 81). Wird die rechtsgrundlose Zahlung über einen längeren Zeitraum nicht zurückgefordert, kann der Anspruch erlöschen. Nach Art. 85 Abs. 2 EG-BS ist dies nach fünf Jahren der Fall, wenn der Betrag nicht durch Täuschung erlangt wurde.

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Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2565: Wer eine Zahlung leistet, ohne dazu verpflichtet zu sein, kann sie innerhalb einer vernünftigen Frist zurückfordern. Ohne besondere Verwirkungsfristen in der DienstRO oder einem Verzicht der I. O. ist eine Frist von über zwei Jahren noch nicht unvernünftig lang (so auch Nr. 1195); VGIAO Nr. 2230: Die I. O. kann die Rückzahlung einer Überzahlung für Entbindungskosten verlangen, weil der Bedienstete nach den Vorschriften der DienstRO hätte erkennen können, dass die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgte. Eine Frist von drei Jahren schließt den Rückzahlungsanspruch noch nicht aus; VGIAO Nr. 1849: Kein Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung, wenn die I. O., an die der Bedienstete abgeordnet wurde, die rechtsgrundlose Überzahlung der Abgeordneten der I. O. voll erstattet; VGIAO Nr. 1366: Der Bedienstete musste das offensichtliche Missverhältnis zwischen dem Vorschuss auf die Erziehungszulage und die Ausgaben für die Erziehung erkennen. Wegen des langen Zeitraums forderte die I. O. nur eine Teilsumme zurück; VGIAO Nrn. 1195, 1111: Der Rückzahlungsanspruch ist nicht wegen Zeitablaufs (ein bzw. zwei Jahre) ausgeschlossen. Nationale Fristen sind meist länger und die Rückzahlung stellt auch keine unbillige Härte für den Bediensteten dar; VGIAO Nr. 497: Eine Erziehungszulage, die ohne rechtlichen Grund, aber im guten Glauben des Klägers bezahlt wurde, kann zwar grundsätzlich zurückgefordert werden. Die Rückzahlung kann jedoch nach den Umständen des Einzelfalls eingeschränkt sein; VGIAO Nr. 53: Mangels spezifischer Regelungen in der DienstRO findet der ARGrundsatz des öff. Dienstes Anwendung, wonach Zahlungen ohne Rechtsgrund rückgängig gemacht werden können. Die Rückzahlung muss innerhalb eines vernünftigen Zeitraums geltend gemacht werden. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls, der Grundsatz von Treu und Glauben, die Art des Irrtums über die Zahlung, der Grad der Fahrlässigkeit der Beteiligten und das Maß der Härte bei der Rückzahlung zu berücksichtigen.

Rechtsprechung EUGH EUG T-195/03: Es kommt nicht darauf an, ob der Irrtum für die Verwaltung offensichtlich war oder nicht, sondern darauf, ob er es für den Bediensteten war. Es genügen Zweifel an der Begründetheit der Zahlung, dies muss er der Verwaltung mitteilen; EUG T-205/01: Der Begriff „so offensichtlich“ in Art. 85 Abs. 1 EG-BS bedeutet nicht, dass der Begünstigte der rechtsgrundlosen Zahlung von jeder Überlegung oder Nachprüfung befreit ist. Vielmehr ist die Rückzahlung gerechtfertigt, wenn der Fehler einem durchschnittlich sorgfältig handelnden Bediensteten (abzustellen ist auf das Niveau seiner Verantwortung und die Klarheit der Vorschrift), von dem erwartet werden kann, dass er die einschlägigen Vorschriften kennt, nicht entgangen wäre (vgl. EUGH 310/87: Einzelheiten zu den Auslegungskriterien für die Verwirkung eines Rückforderungsanspruchs durch Zeitablauf (vgl. auch EUGH 44/74)).

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EUG T-122/95: Bei fahrlässiger Unkenntnis sind hohe Anforderungen an die Mitwirkungspflicht des Betroffenen zur Vermeidung von Überzahlungen zu stellen. Ebenso EUG T-235/94; EUGH 36/72: Der Mangel, der von der I. O. geleisteten Zahlung war für einen, normale Sorgfalt anwendende Person, nicht offensichtlich; EUG T-107/92: Die Rückforderung kann sich auf einen sehr langen Zeitraum (hier: zehn Jahre) erstrecken.

VIII. Die Grundsätze des fairen Verfahrens, der guten Verwaltung und des rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren (Principles of due process and good administration) 1. Der Grundsatz des fairen Verfahrens

Der aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis entlehnte Grundsatz des „fairen Verfahrens“ („due process“, vgl. z. B. den 5. und 14. Zusatz zur Verfassung der USA) spielt naturgemäß in der überwiegend dem kontinentaleuropäischen Rechtskreis verpflichteten Rechtsprechung des EUGH zum Dienstrecht keine Rolle. Demgegenüber beruft sich das VGIAO, dessen Rechtsprechung sich überwiegend auf I. O. des anglo-amerikanischen Rechtskreises erstreckt, in zahlreichen Urteilen auf den ARGrundsatz des „fairen Verfahrens“ bzw. des „fairen Verwaltungsverfahrens“ („due administrative process“). Der ARGrundsatz verpflichtet die I. O. zu einem, von sachfremden Erwägungen freien, rechtmäßigen Verwaltungshandeln gegenüber ihren Bediensteten. Spezifische Verfahrensgrundsätze ergeben sich aus den DienstRO. Es handelt sich um einen generalklauselartigen ARGrundsatz, ähnlich dem ARGrundsatz von Treu und Glauben. Wie dieser tritt er in den meisten Fällen nur überlagernd zu den spezifischen ARGrundsätzen wie insbesondere dem Gleichheitssatz, dem Anspruch auf rechtliches Gehör, der Selbstbindung der Verwaltung und der Pflicht zur Begründung von Entscheidungen hinzu. Urteile des VGIAO, die sich in der Begründung mangels spezifischer ARGrundsätze ausschließlich auf den Grundsatz des fairen Verfahrens stützen, finden sich daher nur selten (vgl. z. B. VGIAO Nr. 958: persönliches Vorurteil bei einer Entscheidung; Nr. 2522: Behinderung des Abschlusses eines internen Beschwerdeverfahrens innerhalb vernünftiger Frist durch die Verwaltung). Der Begriff des „fairen Verfahrens“ weist im Übrigen zahlreiche Parallelen zu dem ARGrundsatz der guten (ordnungsgemäßen) Verwaltung des kontinental-europäischen Rechtskreises auf (siehe nachstehend 2.).

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Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2605: Der ARGrundsatz des fairen Verfahrens erfordert nicht in jedem Fall die Unterrichtung des Bediensteten vor Einleitung einer Untersuchung; VGIAO Nr. 2598: Verstoß des Beschwerdeausschusses gegen den ARGrundsatz des fairen Verfahrens; VGIAO Nr. 2524: Der Bedienstete muss die Möglichkeit zur Stellungnahme gegen eine Anschuldigung haben, bevor ein Ausschuss damit befasst wird; VGIAO Nr. 2513: Der Beschwerdeausschuss muss in der Regel den Parteien Gelegenheit zur Anwesenheit bei der Anhörung von Zeugen einräumen (vgl. Nr. 1133); VGIAO Nr. 2414: Rechtzeitige Unterrichtung eines Bediensteten über unzureichende Leistung und Zielvorgabe für Verbesserung (vgl. Nrn. 1696, 1386); VGIAO Nr. 2354: Pflicht der I. O., dem Stelleninhaber die Gründe für die Abschaffung seines Dienstpostens mitzuteilen; VGIAO Nr. 2315: Die I. O. muss dem Bediensteten alle Informationen geben, die für den Ausgang des dienstrechtlichen Streitverfahrens maßgebend sind (ebenso Nr. 1815); VGIAO Nr. 2282: Pflicht der I. O., dem Bediensteten bei der Ausübung seines Beschwerderechts zu helfen und nicht zu behindern; VGIAO Nr. 2254: Fehlerhafte Beweiserhebung und mangelnde Unterrichtung und Beteiligung eines Bediensteten im Disziplinarverfahren; VGIAO Nr. 2083: Entscheidung über die Kostenerstattung einer Behandlung wegen Berufsbedingtheit einer Erkrankung ohne ärztliches Gutachten; VGIAO Nr. 2060: Fehlerhaftes Einstellungsverfahren; VGIAO Nr. 2051: Zu kurze Frist für die Einladung zu einem Interview für einen neuen Dienstposten; VGIAO Nr. 2014: Fehlerhaftes Disziplinarverfahren, wenn die I. O. die Identität der Zeugen nicht offen legt; VGIAO Nr. 1814: Verstoß gegen den ARGrundsatz des fairen Verfahrens, wenn ein Ausschuss entgegen der Regelung nicht tagt, sondern sich schriftlich abstimmt; VGIAO Nr. 1796: Verdeckte Disziplinarmaßnahme; VGIAO Nr. 1763: Gleichzeitige Tätigkeit als Ermittler und Vorsitzender des Disziplinarausschusses ist ein schwerer Verstoß gegen den ARGrundsatz des fairen Verfahrens; VGIAO Nr. 1741: Fehlerhaftes Beurteilungsverfahren; VGIAO Nr. 1646: Verstoß gegen den ARGrundsatz des fairen Verfahrens bei der Ausschreibung (vgl. auch Nrn. 1564, 1549, 1497); VGIAO Nr. 1384: Einleitung eines Disziplinarverfahrens ohne Kenntnis des Bediensteten über die Ergebnisse und Beweise einer gegen ihn geführten Untersuchung als Verstoß gegen den ARGrundsatz des fairen Verfahrens;

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

VGIAO Nr. 1350: Eine Vertragsbeendigung vor Ende des befristeten Vertrags muss die Grundsätze des fairen Verfahrens streng beachten; VGIAO Nr. 1228: Nichtvorlage eines Berichts des Disziplinarausschusses durch den internen Beschwerdeausschuss an den Kläger stellt eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens dar. 2. Der Grundsatz der guten Verwaltung

Der ARGrundsatz der guten Verwaltung ist in den nationalen Rechtsordnungen kaum ausdrücklich niedergelegt (vgl. näher Rengeling, Rdn. 1087), wird jedoch nach h. M. als „Bündel diverser Einzelrechte“ aus dem Rechtsstaatsgrundsatz abgeleitet (Rengeling, Rdn. 1087: „So kann man namentlich in Deutschland ein subjektives Recht auf ein faires Verwaltungsverfahren auch aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG ableiten“). Das Recht auf eine gute Verwaltung wird als ARGrundsatz erstmals in einem int. Übereinkommen in der Überschrift des Art. 41 ausdrücklich normiert (Galetta/Grzeszick, Art. 41 Rdn. 1). Außerdem hat der EGMR und ihm folgend die Literatur aus Art. 6 EMRK Vorwirkungen für das Verwaltungsverfahren entnommen (Galetta/Grzeszick, Rdn. 2). Schließlich ist auch noch auf den Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis des Europäischen Bürgerbeauftragten vom März 2002 hinzuweisen, der zwar nach Art. 3 Abs. II keine Geltung für das interne Dienstrecht der EU beansprucht, aber doch eine „nahezu erschöpfende Aufzählung grundlegender Rechte und Grundsätze“ (Rengeling, Rdn. 1089) der Verwaltung enthält und wichtige Erkenntnisse über die einzelnen Elemente einer „guten Verwaltung“ liefern kann. Das Recht auf gute Verwaltung ist ein überwiegend dem kontinental-europäischen Rechtskreis eigener, rechtlicher Sammelbegriff der weitgehend dem Recht auf ein faires Verfahren (due process) des anglo-amerikanischen Rechtskreises ähnelt (siehe vorstehend 1.) Er spielt daher in der Rechtsprechung des VGIAO, der überwiegend dem VN-CS Rechtskreis verpflichtet ist, keine Rolle. Der Sammelbegriff wird vom EUGH vielfach zusätzlich zu dem aus ihm abgeleiteten spezifischen ARGrundsätzen zitiert. Hierzu zählen insbesondere die Pflicht zur Begründung einer Entscheidung der Anstellungsbehörde, das Gebot der Objektivität und der sorgfältigen Tatsachenermittlung und die Gewährung des rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren. Diese aus dem Sammelbegriff des Rechts auf gute Verwaltung der Rechtsprechung abgeleiteten konkreten ARGrundsätze sind nicht als abschließend anzusehen (vgl. Galetta/Grzeszick, Rdn. 44).

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Rechtsprechung EUGH EUG T-11/03: Nach dem Grundsatz der guten Verwaltung muss die I. O. beim Erlass einer Entscheidung nicht nur die Interessen der I. O., sondern auch des Bediensteten berücksichtigen (siehe auch EUG T-7/01, EUGH 321/85; EUGH 191/81, EUGH 33/79 und EUGH 75/79); EUG T-307/01: Der Grundsatz der guten Verwaltung verpflichtet die I. O. auch ohne ausdrückliche Vorschrift, ein Disziplinarverfahren in angemessener Frist einzuleiten; EUGH C-270/99: Zur Frage, wann die erhebliche Verzögerung beim Erlass einer Disziplinarstrafe gegen den Grundsatz der guten Verwaltung verstoßen kann; EUGH C-255/90 P: Besteht bei einem Auswahlverfahren die klare schriftliche Verpflichtung, alle Bewerbungsunterlagen beizufügen, ergibt sich aus dem Grundsatz der guten Verwaltung nicht die Pflicht, auf Grund der fehlerhaften Auskunft eines unzuständigen Beamten davon abzusehen; EUG T-73/89: Eine dreijährige Verspätung bei der Erstellung einer Beurteilung verstößt gegen den Grundsatz der guten Verwaltung (siehe auch EUG T-63/89, EUGH 1/87, EUGH 140/87).

a) Die Begründungspflicht Der ARGrundsatz des int. öff. Dienstes, dass I. O. ihre beschwerenden Entscheidungen gegenüber den Bediensteten zu begründen haben, entspricht neben nationalen Regelungen dem Art. 41 Abs. 2c EU-GRC (siehe auch Art. 18 des Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis) Außerdem wird dieser ARGrundsatz aus dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit (vgl. z. B. Art. 6 Abs. 1 EUV) abgeleitet (Oppermann, Rdn. 484 ff.). Spezielle Rechtsgrundlagen finden sich vereinzelt auch in den DienstRO (vgl. Art. 25 Abs. 2 EG-BS und Art. 59 Abs. 3 ER-PS). Die Verpflichtung der I. O., alle beschwerenden Entscheidung gegenüber den Bediensteten mit Gründen zu versehen, beruht zum einen auf der Überlegung, dass ein verständiger Bediensteter erst daraus seinen Entschluss ableitet, ob er Rechtsmittel einlegen oder auf eine aussichtslose Klage verzichten möchte. Zum anderen ist auch das Gericht bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf die Angabe der Gründe angewiesen (vgl. VGIAO Nrn. 1817, 2124; EUGH C-316/97 P). Die Begründungspflicht bei Entscheidungen ist für die Arbeitsplatzsicherheit im int. öff. Dienst auch deshalb unverzichtbar, weil der int. öff. Dienst im Gegensatz zum nationalen öff. Dienst in vielen Staaten vielfach nur befristete Dienstverträge kennt. Bei den Ermessensentscheidungen über NichtErneuerung oder Nicht-Verlängerung befristeter Dienstverträge, die die überwiegende Mehrheit der Verfahren vor dem VGIAO ausmachen, hat das Gericht den Rechtsgrundsatz der Begründungspflicht, in ständiger Recht-

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sprechung bestätigt (vgl. VGIAO Nrn. 2125, 2124, 2121, 1911, 1522, 1298, 1154, 946, 675). Es besteht selbst dann eine Begründungspflicht, wenn nach der internen Dienstordnung der Anstellungsvertrag automatisch endet oder der Erlass einer Entscheidung zum Ablauf des Dienstverhältnisses sogar ausdrücklich ausgeschlossen ist (VGIAO Nrn. 675, 1317). Bei einem befristeten Dienstvertrag besteht zwar kein Rechtsanspruch auf Verlängerung bzw. Erneuerung, aber es erwächst eine gewisse Erwartung, dass der Vertrag normalerweise erneuert wird (VGIAO Nr. 675). Die I. O. kann daher ihre Ermessensentscheidung nicht nach ihrem Belieben und nicht ohne Angabe von Gründen ausüben (vgl. VGIAO Nr. 592). Nach der Rechtsprechung des VGIAO wird durch die Begründungspflicht auch gewährleistet, dass der Bedienstete grundsätzlich Zugang zu allen Nachweisen hat, mit denen die I. O. ihre Entscheidung begründet (VGIAO Nr. 2229). Eine Ausnahme besteht bei besonderer Vertraulichkeit des Nachweises (VGIAO Nr. 1756). Nach der Rechtsprechung des EUGH (EUGH C-254/95 P) ist bei Entscheidungen eines Prüfungsausschusses für ein Auswahlverfahren die Begründungspflicht mit der Wahrung der Geheimhaltung in Einklang zu bringen. Diese dient der Gewährleistung, dass der Ausschuss vor allen äußeren Einmischungen und Pressionen geschützt wird. In der ersten Phase der Arbeiten der Prüfungsausschüsse werden die Befähigungsnachweise der in der Ausschreibung genannten Anforderungen gegenübergestellt. Hierbei handelt es sich um objektive Tatsachen, die den Bewerbern mitgeteilt werden können, damit die Personen, deren Bewerbung abgelehnt wurden, in die Lage versetzt werden, die Gründe für den Ausschluss zu kennen. Demgegenüber sind die Arbeiten des Prüfungsausschusses in der zweiten Phase vor allem vergleichender Natur und fallen unter die Geheimhaltung (Beratungsgeheimnis). Es ist daher unzulässig, Auffassungen der einzelnen Mitglieder des Ausschusses zu verbreiten und Einzelheiten in Bezug auf die Beurteilungen der Bewerber persönlich oder im Vergleich mit anderen aufzudecken. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1911: Der Hinweis auf einen Brief zwei Jahre vor Vertragsablauf auf das Ende des Projekts und damit des Dienstverhältnisses genügt nicht als Begründung; VGIAO Nr. 1817: Soweit die Statuten I. O. nicht ausdrücklich eine Begründungspflicht vorschreiben oder eine entsprechende Praxis besteht, müssen Entscheidungen der I. O. nach der Rechtsprechung des VGIAO nicht schriftlich begründet werden, mündliche Erklärungen, Bezugnahmen auf Dokumente etc. können als Begründung genügen; VGIAO Nr. 1289: Allein wichtig ist dem Gericht, dass das Fehlen einer Begründung nicht zum Nachteil für den Kläger führt.

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Rechtsprechung EUGH EUGH C-316/97 P: Der Umfang der Begründungspflicht richtet sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls, insbesondere dem Inhalt des Rechtsakts und der Art der angeführten Gründe; EUG T-13/95: Pauschale Begründungen werden als Fehlen einer Begründung gewertet; EUG T-22/91: Es ist eine Verletzung der Begründungspflicht, wenn das Gericht die Übereinstimmung des Ablaufs von der Beurteilung der Prüfung mit der Ausschreibung des Verfahrens nicht überprüfen kann; EUG T-92/91: Falsche Zitate von Rechtsgrundlagen in der Begründung können unschädlich sein; EUG T-13/95: Die allgemeine Begründung der Ablehnung einer Bewerbung in einem Auswahlverfahren mit den Interessen der I. O. genügt nicht dem ARGrundsatz auf Begründung beschwerender Entscheidungen; EUG T-125/95: Zwar besitzen I. O. bei der Entscheidung über die Erneuerung bzw. Verlängerung befristeter Verträge im Einstellungs- und Beförderungsverfahren einen breiten Ermessensspielraum, der von den int. VerwGerichten nur hinsichtlich offensichtlicher Rechtsverstöße überprüft werden kann. Im Einstellungsoder Beförderungsverfahren kann ein Kläger jedoch neben der bloßen Angabe der Note auch zu anderen Punkten als dem Werturteil über seine Leistung Erklärung verlangen, so z. B. über den Ablauf des Verfahrens vor dem Prüfungsausschuss oder er kann einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz oder andere ARGrundsätze geltend machen (vgl. EUGH C-254/95 P); EUGH C-254/95 P: Viele Entscheidungen I. O. gegenüber ihren Bediensteten enthalten zunächst keine ausdrückliche Begründung; von einer Begründungspflicht kann bei umfangreichen Einstellungs- bzw. Beförderungsverfahren zunächst abgesehen werden; EUG T-178 und EUGH 179/95, EUG T-338/00 und EUGH 376/00, EUG T-52/90: Spätestens bei der Entscheidung über die Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 EG-BS müssen jedoch alle Entscheidungen begründet werden; EUG T-52/90 und T-13/95: Die stillschweigende Ablehnung einer Beschwerde und die Nachreichung einer Begründung im Klageverfahren kann die fehlende Begründung der Beschwerde nicht mehr heilen, da sie ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann; EUG T-86/97, EUG T-78/92 und EUGH C-343/87: Rechtzeitig vorgelegte Begründungen können im Klageverfahren vor dem EUGH noch ergänzt und vertieft werden.

Aus der jüngsten Rechtsprechung des VGIAO ist eine Verschärfung der Anforderung an die Begründungspflicht von Entscheidungen abzuleiten. Dies betrifft insbesondere die Begründungspflicht von Entscheidungen, die nach Empfehlung der internen Beschwerde- und Disziplinarausschüsse ergehen. Nach VGIAO Nrn. 2391, 2355, 2261, 2092 ist die I. O. verpflichtet, ihre von der Empfehlung des Ausschusses abweichende Entscheidung ausreichend zu begründen. Eine schlichte Ablehnung der Empfehlung genügt

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nicht. Außerdem ist die I. O. mit neuen und von den vorausgehenden internen Beschwerde- und Disziplinarverfahren abweichenden Gründen präkludiert. Weicht die I. O. von den Empfehlungen eines Ausschusses ab und begründet die Abweichung nur hinsichtlich eines Teils der Disziplinarstrafe, so liegt hinsichtlich der anderen Verstöße eine mangelhafte Begründung und damit ein Verfahrensfehler vor. Es obliegt nicht dem Gericht, die Begründung für die Entscheidung der Anstellungsbehörde zu liefern (VGIAO Nr. 2261). b) Das rechtliche Gehör im Verwaltungsverfahren Das Anhörungsrecht (rechtliches Gehör) der Bediensteten I. O. in den Verwaltungsverfahren ihrer Anstellungsorganisation wird in ständiger Rechtsprechung der int. VerwGerichte als ARGrundsatz anerkannt (EUGH 85-76 und EUGH 234/84: die Gewährung des rechtlichen Gehörs stellt einen fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, der auch in einem Verwaltungsverfahren beachtet werden muss. Dies gilt auch dann, wenn im Dienstrecht der I. O. kein Anhörungsrecht ausdrücklich normiert ist. Ebenso das VGIAO in ständiger Rechtsprechung, z. B. Nr. 987. Der ARGrundsatz leitet sich aus der übereinstimmenden Rechtsgarantie im Verwaltungsverfahrensrecht zahlreicher Staaten ab. Er ist auch Bestandteil des Rechts auf ein faires Verfahren i. S. des Art. 47 Abs. 2 EU-GRC (Alber, Rdn. 58 ff., siehe auch Art. 16 des Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis, Karpenstein, Rdn. 56 ff.; Pernice/Mayer, Rdn. 236; Lindemann, S. 146 ff.). Eine Verletzung des ARGrundsatzes auf rechtliches Gehör verstößt wegen dieser Ableitung immer auch gegen den ARGrundsatz des fairen Verfahrens (siehe dort). Das VGIAO verwendet für den ARGrundsatz auf „rechtliches Gehör“ (right to be heard, right to a hearing) in der Regel die Bezeichnung „Recht auf Stellungnahme“ (right to reply). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2605: Bedienstete müssen mit ausreichender Genauigkeit über den beabsichtigten Erlass und die Einzelheiten einer sie belastenden Maßnahme unterrichtet werden (z. B. Entlassung, Kündigung, Nichtverlängerung oder Nichterneuerung eines Dienstvertrags, Beurteilung, Neueinstufung eines Dienstpostens, Versetzung), um ihnen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu geben bevor eine Entscheidung getroffen wird (ständige Rechtsprechung, siehe auch Nrn. 2599, 2524, 2515, 2394, 2232, 1639, 1496, 1395, 1386, 1384, 1234, 1221, 1212, 1082, 987, 946, 922, 907, 901, 888, 665, 69); VGIAO Nr. 2598: Der interne Beschwerdeausschuss muss die Anhörung und Beweisaufnahme in einem kontradiktorischen Verfahren (adversarial procedure) unter gleichzeitiger Anwesenheit (oder zumindest der Gelegenheit hierzu) von Kläger und Beklagten durchführen (siehe auch Nrn. 2513, 999, 483, 476);

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VGIAO Nr. 2540: Recht des Bediensteten, auf schriftliche Anschuldigungen seines Vorgesetzten Stellung nehmen zu können (siehe auch Nr. 442); VGIAO Nr. 2496: Der Disziplinarausschuss muss die Anhörung in einem kontradiktorischen Verfahren unter Anwesenheit (oder zumindest der Gelegenheit hierzu) des Bediensteten und der Anstellungsbehörde durchführen (siehe auch Nrn. 2475, 2014, 1675, 1673, 1133, 203); VGIAO Nr. 2254: Eine verdeckte Disziplinarmaßnahme ohne vorheriges Disziplinarverfahren und Anhörung ist rechtswidrig (siehe auch Nr. 2229: Versetzung als Disziplinarmaßnahme; Nr. 1929, Nr. 1590); VGIAO Nr. 2222: Aufhebung der diplomatischen Immunität eines Bediensteten unter Verletzung des Rechts auf Anhörung; VGIAO Nr. 2062: Das Gericht verwendet ein ihm von der I. O. vertraulich übermitteltes Dokument zum Nachteil des Klägers nur, wenn dieser vorher Kenntnis von dem Inhalt hat (siehe auch Nr. 1815); VGIAO Nr. 1977: Verzicht eines Klägers, von seinem Recht auf Stellungnahme Gebrauch zu machen; VGIAO Nr. 1817: Eine fehlende oder mangelhafte Begründung einer Entscheidung kann im internen Beschwerdeverfahren nachgeholt werden, vorausgesetzt der Kläger hat volle Gelegenheit zur Stellungnahme (siehe auch Nr. 611: Heilung einer unvollständigen Anhörung vor dem internen Beschwerdeausschuss durch das Gerichtsverfahren); VGIAO Nr. 1815: Recht des Bediensteten, die Namen der Mitglieder des Beförderungsausschusses zu erfahren, um ggf. dazu Stellung nehmen zu können; VGIAO Nr. 1518: Recht auf Anhörung im internen Beschwerdeverfahren (siehe auch Nr. 1228: Pflicht, dem Kläger den Bericht des Disziplinarhauschusses vorzulegen; Nr. 1188); VGIAO Nr. 1496: Bei einer Versetzung ohne disziplinarischen Hintergrund (siehe Nr. 2229) muss der Anspruch auf rechtliches Gehör beachtet werden (siehe auch Nr. 1234); VGIAO Nr. 1344: Änderung und Veröffentlichung eines patentrechtlichen Rechercheberichts ohne vorherige Anhörung der für die Bearbeitung zuständigen Bediensteten; VGIAO Nr. 1251: Pflicht der I. O., dem Bediensteten vor Abschluss einer, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorbereitenden Untersuchung, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (siehe auch Nr. 1133: bei einer Beweiserhebung müssen beide Parteien anwesend sein; ebenso Nr. 999); VGIAO Nr. 888: Das Recht auf Anhörung vor einer Disziplinarmaßnahme erfordert es, dass sich eine I. O. mit den spezifizierten Gegenargumenten des Bediensteten auseinandersetzt und ggf. weitere Untersuchungen durchführt; VGIAO Nr. 585: Umfang der Anhörungspflicht in einem mehrstufigen Entscheidungsprozess; VGIAO Nr. 476: Die Verletzung des rechtlichen Gehörs im internen Beschwerdeverfahren kann ohne rechtliche Folgen bleiben, wenn sie für den Ausgang des Gerichtsverfahrens nicht ursächlich ist.

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Rechtsprechung EUGH EUGH 32-62: Die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs entspricht dem Verwaltungsrecht der Mitglieder der EG und muss daher auch von allen Organen der EG beachtet werden, dies gilt insbesondere in einem Disziplinarverfahren; EUGH 12/68: Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt, wenn der Bedienstete trotz viermaliger Vorladung und Verhandlungsfähigkeit nicht zur Anhörung vor dem Disziplinarausschuss erscheint; EUGH 124/75: Der Anspruch auf rechtliches Gehört umfasst nicht das Recht, sich bei der Anhörung durch die Verwaltung des Beistands eines Verteidigers zu bedienen; EUGH 121-76: Die Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste für Stellenbewerber wegen mangelnder körperlicher Eignung setzt voraus, dass dem Betroffenen oder dem Arzt seines Vertrauens die Gründe mitgeteilt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird (siehe auch EUGH 75-77); EUGH 125/80: Vor einer Versetzung wegen Reorganisation besteht nur dann ein Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn der Bedienstete dadurch in seinen Rechten schwer beeinträchtigt wird (a. A. ständige Rechtsprechung des VGIAO, siehe Nrn. 1496, 1234; siehe auch Karpenstein, Rdn. 57); EUG T-82/95: Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen unterlassender Kenntnisnahme der Anstellungsbehörde von der Stellungnahme des Bediensteten zu der beabsichtigten Entlassung als politische Beamtin i. S. des Art. 50 Abs. 1 EG-BS; EUGH C-191/98 P: Ein Schriftsatz darf nur dann als Beweismittel verwendet werden, wenn der Bedienstete Gelegenheit zur Kenntnis und Stellungnahme hatte.

c) Das Verbot des Missbrauchs von Befugnissen Das VGIAO hat in seiner Rechtsprechung einen ARGrundsatz entwickelt, der es den Exekutivorganen einer I. O. verbietet, ihre Befugnisse zu missbrauchen (to abuse their authority). Das letztlich aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Verbot ist eng mit dem ARGrundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verwandt, wobei das Gericht bisher keine Kriterien zur Abgrenzung aufgezeigt hat. Das VGIAO verwendet den Begriff in zweifacher Hinsicht. Einmal ist er Bestandteil der von ihm entwickelten Standardformel für die Ermessensprüfung (siehe dort und das Urteil des VGIAO Nr. 2427 mit zahlreichen Verweisungen). Dies entspricht auch der h. M. in der Literatur (Schermers, Law, § 915; Amerasinghe, Principles, S. 357). In einem weiteren Sinne wird das Verbot des Missbrauchs von Befugnissen vom VGIAO für Fälle herangezogen, für die keine rechtliche Grundlage besteht, bzw. die nicht mit einem öffentlichen Interesse begründet werden können (VGIAO Nr. 1392). Der Europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis des Europäi-

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schen Bürgerbeauftragten definiert in seinem Art. 7 den Missbrauch von Befugnissen in ähnlicher Weise wie das VGIAO. Rechtsprechung VGIAO Die Rechtsprechung des VGIAO umfasst in der Datenbank Triblex über 100 Urteilszusammenfassungen zum Missbrauch von Befugnissen, wobei die weitaus meisten den Ermessensmissbrauch betreffen (siehe nachstehend unter Punkt IX. und VGIAO Nr. 2427). Für den anderen Schutzbereich sind folgende Urteile zu nennen. VGIAO Nr. 2540: Vergeltungsmaßnahmen, Einschüchterungen und Drohungen durch die I. O. wegen der Einreichung einer Beschwerde stellen einen groben Machtmissbrauch dar und werden vom Gericht mit schweren Sanktionen geahndet (auch Nr. 2282); VGIAO Nr. 1961: Die Verlagerung von Aufgaben eines gestrichenen Dienstpostens kann einen Machtmissbrauch darstellen (auch Nr. 139); VGIAO Nr. 1609: Missbrauch von Befugnissen durch einen Vorgesetzten kann Schadensersatzansprüche auslösen; VGIAO Nr. 1496: Die überstürzte Versetzung ohne vorherige Anhörung ist eine verdeckte Disziplinarmaßnahme und ein Machtmissbrauch; VGIAO Nr. 1376: Eine I. O. muss Anschuldigungen von Amtsmissbrauch durch sexuelle Übergriffe des Vorgesetzten ernst nehmen und die Rechte der Betroffenen schützen; VGIAO Nr. 535: Die Ernennung eines weniger qualifizierten Kandidaten als den Kläger unter dem Vorwand, er sei besser qualifiziert, kann einen Missbrauch von Befugnissen darstellen; VGIAO Nr. 495: Die Bestrafung von Personalvertretern für deren rechtmäßige Tätigkeit stellt einen Missbrauch von Befugnissen dar.

IX. Die pflichtgemäße Ermessensausübung (Discretion) Der Grundsatz des Ermessens ist der mit am häufigsten herangezogene ARGrundsatz des int. öff. Dienstes in der Rechtsprechung der int. VerwGerichte, insbesondere des VGIAO. Allein in der Datenbank TRIBLEX des VGIAO finden sich zu diesem Grundsatz (Stand 2008) 526 Referenzen. Der ARGrundsatz besagt, dass der dem Exekutivorgan einer I. O. in Ausübung der allgemeinen Leitungskompetenz in Personalsachen und bei der Anwendung des normierten Dienstrechts eingeräumte Ermessenspielraum nicht „willkürlich“ ausgeübt werden darf. Dabei erkennen nicht alle int. VerwGerichte durchgehend die strenge Unterscheidung nach deutschem Recht zwischen dem Beurteilungsspielraum („Tatbestandsermessen“) und dem Rechtsfolgeermessen (siehe Booß, Rdn. 126 f.).

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Die Ermessensausübung muss pflichtgemäß sein, d.h. sie muss sich insbesondere am Zweck der eingeräumten Ermächtigung orientieren (VGIAO Nr. 1080). Die Entscheidung ist dann ermessens-missbräuchlich, wenn auf Grund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie zu anderen als den angegeben Zwecken getroffen wurde (EUG T-146/89). Außerdem darf die Ermessenentscheidung nicht gegen die interne DienstRO der I. O. (VGIAO Nr. 2272) verstoßen oder ARGrundsätze des int. öff. Dienstes, wie insbesondere die Selbstbindung der Verwaltung, den Gleichheitssatz oder den Grundsatz der Normenhierarchie verletzen. Aus diesem Grund bedeutet ein Verstoß gegen die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens vielfach zugleich die Verletzung anderer spezifischer ARGrundsätze des int. öff. Dienstes. Ermessenentscheidungen sind nur im begrenzten Umfang der gerichtlichen Überprüfung zugänglich (VGIAO Nr. 2312). Auch kann das Gericht grundsätzlich nicht die Ermessensentscheidung der Verwaltung der I. O. durch eigene Ermessenausübung ersetzen. Dies gilt auch bei der Vollstreckung von Urteilen, soweit darin ein Ermessensspielraum eingeräumt wird (VGIAO Nr. 1419). Die Standardformel des VGIAO für die Überprüfung von Ermessenentscheidungen lautet: Ein Ermessensfehler liegt vor, wenn die Entscheidung von einem unzuständigen Organ getroffen wurde, ein Verfahrens- oder Formfehler vorlag, die Entscheidung auf einem Tatsachenirrtum oder Rechtsfehler beruhte, wichtige Tatsachen nicht berücksichtigt wurden, die Entscheidung einen Ermessensmissbrauch darstellt oder aus dem Sachverhalt offensichtlich unrichtige Schlussfolgerungen gezogen wurden (Originaltext: „A discretional decision . . . may be set aside only if it was taken without authority or in breach of a rule of form or of procedure, or if it was based on a mistake of fact or of law, or if some material fact was overlooked, or if there was abuse of authority or if a clearly wrong conclusion was drawn from the evidence“; vgl. z. B. die VGIAO Nrn. 2393, 2163, 1969, 1564, 1262, 1077). Die Verwaltung einer I. O. muss von dem ihr eingeräumten Ermessen auch Gebrauch machen. Unterlässt sie dies (Ermessensunterschreitung), weil sie etwa irrtümlich keinen Ermessenspielraum erkennt, begeht sie ebenfalls einen Ermessensfehler (VGIAO Nr. 608). Rechtsdogmatisch unterscheidet das VGIAO, wie viele nationale Rechtsordnungen, zwischen dem Ermessen, d.h. der Opportunität der Maßnahme („kann“, „soll“) auf der Rechtsfolgeseite und dem Beurteilungsspielraum (value judgement, kognitives Ermessen) bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe auf der Tatbestandsseite. So stellt das VGIAO in Urteil Nr. 2357 fest, dass die Frage, ob eine Schule dem „Bildungsgang“ eines Kindes entspricht, keine Ermessensentscheidung, sondern ein Werturteil ist, für das allerdings eine

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vergleichbare begrenzte gerichtliche Überprüfung gelte, wie bei Ermessensentscheidungen. Auch für Ermessensentscheidungen des Legislativorgans einer I. O. (Plenarorgan) in Personalsachen gilt die eingeschränkte gerichtliche Überprüfung. Soweit das Plenarorgan dienstrechtliche Entscheidungen trifft (z. B. gegenüber dem von ihm ernannten Leiter der Exekutive, dem Generaldirektor, Generalsekretär oder Präsidenten) gilt nichts anderes als für das Ermessen des Exekutivorgans. Anders liegt es beim Erlass dienstrechtlicher Normen durch das Plenarorgan. Da nach den Satzungen der int. VerwGerichte das Rechtsmittel der direkten Normenkontrolle grundsätzlich nicht existiert (siehe näher 3. Teil, 2. Abschn. C.II.1.b)), können dienstrechtliche Normen nur im Rahmen einer dienstrechtlichen Klage inzident überprüft werden. Dies gilt auch für das Ermessen des Legislativorgans bei der Normsetzung (VGIAO Nrn. 203, 532, 1118, 2232, 2244).

Rechtsprechung zu Ermessensentscheidungen nach Fallgruppen • Arbeitsplatzbeschreibung (Beschreibung der konkreten, aktuellen Tätigkeit) Die I. O. genießt einen sehr weiten Ermessensspielraum bei der Zuordnung der Aufgaben zu einem Dienstposten (VGIAO Nrn. 1590, 1556, 1496, 1146, 1103). Die konkrete und aktuelle Arbeitsplatzbeschreibung muss aber nach Tätigkeitsniveau und Umfang den Aufgaben entsprechen, die sich aus der abstrakten Stellenbeschreibung der Besoldungsgruppe ergeben, in die der Dienstposten eingestuft ist (sog. Gleichwertigkeit des Dienstpostens, EUG T-80/92). • Auswahlverfahren Eine I. O. hat Ermessen bei der Abhaltung von Interviews mit Stellenbewerbern (VGIAO Nr. 1495). Es stellt aber einen Ermessensfehler wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz im Auswahlverfahren dar, wenn einem Stellenbewerber die Flugreise zum Interview nach Europa bezahlt und dem anderen lediglich die Teilnahme an einer Videokonferenz angeboten wird. In der Regel ist der Leiter der Exekutive nicht an die Reihenfolge der Kandidaten in den Vorschlägen des Auswahlausschusses zur Ernennung von Stellenbewerbern gebunden. Er hat einen eigenen Ermessensspielraum (VGIAO Nr. 1355, allgemein zum Ermessen beim Auswahlverfahren vgl. VGIAO Nr. 1564; EUG T-6/96).

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• Beistandspflicht Weites Ermessen bei der Wahl der Maßnahmen und Mittel, aber besonders zwingende Beistandspflicht bei komplexen Streit über die Übertragung von nationalstaatlich erworbenen Ruhegehaltsansprüchen (EUGH 137/88). Nachhaltige Verteidigungspflicht der Organisation bei Angriffen auf das berufliche Ansehen und den guten Ruf (EUG T-59/92). • Beschäftigungsvertrag Hängt die Art des Anstellungsverhältnisses (auf Zeit, auf Dauer) davon ab, ob die Arbeiten von nur gelegentlicher oder dauerhafter Natur sind, hat die I. O. einen Beurteilungsspielraum (VGIAO Nr. 1450; allgemein zum Ermessen bei der Auswahl des Vertragstyps siehe VGIAO Nrn. 2138, 2107). • Beförderung Zur Standardformel des Ermessens bei Beförderung siehe VGIAO Nrn. 2173, 1973, 1827, 1388, 1137, 1049, 630, 405). Die Nachprüfung des Ermessens durch das Gericht ist darauf beschränkt, ob die Grenzen des Zulässigen überschritten wurden oder ein offensichtlicher Irrtum vorlag (EUGH 280/80, EUGH 324/85; EUG T-25/92, EUG T-234/97, EUG T-21/96). • Beschwerdeverfahren Es liegt im Ermessen der Verwaltung einer I. O., auf interne Beschwerden nicht zu antworten, etwa um Kosten oder eine Überlastung des internen Beschwerdeausschusses für bedeutungslose Verfahren zu vermeiden. Der Bedienstete kann dann gegen die unterlassene Entscheidung das VerwGericht anrufen (VGIAO Nr. 1541). • Berufserfahrung Ermessen bei der Anerkennung von Berufserfahrung (EUG T-91/98). • Beurteilung Das VGIAO betont in ständiger Rechtsprechung, dass es nicht befugt ist, sein Ermessen an die Stelle des Beurteilenden zu setzen (VGIAO Nr. 868).

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Das Gericht lässt es in der Regel genügen, wenn dem Beurteilten die Möglichkeit eingeräumt wird, seine Gegenvorstellungen in geeigneter Form, z. B. im dem Beurteilungsformular, darzulegen. Ermessensverstöße liegen nur bei „fatalen“, „offensichtlichen“ oder „wesentlichen“ Fehlern vor (VGIAO Nrn. 973, 1025, 1092, 1136, 1179). Ein häufiger Verstoß liegt dabei in der Verletzung der von der Verwaltung selbst erlassenen Beurteilungsregeln. Wenn, wie bei der EPO, die Beurteilungsregeln nur die Vergabe von ganzen Noten durch das Ankreuzen von Kästchen im Beurteilungsbogen vorsehen, ist das Vergeben von Zwischennoten durch das Hinzufügen von Plus- oder Minuszeichen unzulässig (VGIAO Nr. 880). Nuancierungen der Noten sind bei diesem System nur über die zusätzliche Kommentierung in den dafür vorgesehenen Rubriken des Beurteilungsformulars zulässig; kein Ermessensverstoß liegt vor, wenn bei plötzlich erheblicher Verschlechterung der Beurteilung eine Verkürzung der Beurteilungsperiode beschlossen wird (VGIAO Nr. 1617); allgemein zum Ermessen bei Beurteilungen siehe VGIAO Nrn. 1610, 1463, 1415, 1144, 806; EUG T-96/95). • Bonus Die I. O. besitzt einen Beurteilungsspielraum bei der Frage, ob „besondere Verdienste“ vorliegen, wenn die DienstRO für diesen Fall die Gewährung zusätzlicher Dienstaltersstufen vorsieht oder wenn besondere Vergünstigungen für herausragende Leistungen gewährt werden können (VGIAO Nr. 1334). • Disziplinarverfahren Die Aufhebung der Immunität und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens liegen im Ermessen der I. O. (VGIAO Nr. 2190). Das dem Leiter der Exekutive eingeräumte Ermessen bei der Beendigung eines Anstellungsvertrags ohne vorangehendes Disziplinarverfahren ist nicht unbegrenzt. Er muss die Gründe nennen, um eine gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen. Erfolgt die Entlassung wegen schlechter Führung, so ist ein Disziplinarverfahren durchzuführen (VGIAO Nrn. 1724, 1496, 1234). Die Entscheidung über eine bestimmte Disziplinarmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung (VGIAO Nr. 1445; EUG T-146/89; EUG T-144/96), die Disziplinarstrafe darf nicht im Missverhältnis zu dem festgestellten Verstoß des Bediensteten gegen die DienstRO stehen (EUGH 13-69); strafrechtliches und disziplinarisches Verfahren (EUG T-74/96 und EUGH C-191/98).

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• Diplomatenstatus Die I. O. besitzt Ermessen bei der Entscheidung, ob sie für einen Bediensteten beim Sitzstaat den Diplomatenstatuts beantragen soll, weil seine Aufgaben dies erfordern (VGIAO Nr. 1292). • Einstufung Die Einweisung in einen bestimmten Dienstposten ist mit der Einstufung in eine bestimmte Besoldungsgruppe verknüpft. Daraus leitet sich der Anspruch auf eine, der abstrakten Stellenbeschreibung nach Inhalt und Umfang entsprechende Tätigkeit ab (VGIAO Nr. 252). • Ernennung Eine Ermessensentscheidung, die eine Ernennung betrifft, ist aufzuheben, wenn Bewerber unterschiedlich behandelt werden. Wie das VGIAO in Urteil Nr. 1827 feststellt, muss der Kläger ernsthafte Fehler bei der Auswahl dartun. Wenn bei Interviews in Auswahlausschüssen allen Kandidaten nicht dieselben Fragen gestellt werden, liegt darin nicht schon eine Ungleichbehandlung und damit ein Ermessensfehler. Die Kandidaten dürfen nur nicht daran gehindert werden, relevante Informationen über ihre Qualifikationen und berufliche Erfahrung vorzutragen. Der Auswahlausschuss arbeitet nicht auf der Grundlage der exakten Wissenschaften, sondern jedes Mitglied des Ausschusses besitzt einen Ermessenspielraum bei dem Vergleich und der Gewichtung der Managementfähigkeiten und der beruflichen Erfahrung der einzelnen Kandidaten (zur Frage des Ermessens bei Ernennungen vgl. VGIAO Nrn. 2040, 1771, 1730, 1689). Wird eine Ernennung für nichtig erklärt, kann das Gericht nicht anstelle der I. O. die Ermessensentscheidung bei der Neuauswahl treffen (VGIAO Nr. 1595). • Flemming-Grundsatz Bei Anwendung des Flemming-Grundsatzes (siehe dort) hat die I. O. einen Ermessenspielraum (VGIAO Nrn. 1713, 1519). • Gehaltsanpassungsverfahren Der Erlass eines Gehaltsanpassungsverfahrens liegt im Ermessen der Anstellungsbehörde. Die I. O. muss aber beim Erlass die ARGrundsätze des öff. Dienstes beachten und darf dabei insbesondere nicht die Gehälter ero-

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dieren und dadurch das vertragliche Gleichgewicht zwischen der I. O. und den Bediensteten nachhaltig gefährden (VGIAO Nrn. 1912, 1118). Nimmt ein Gehaltsanpassungssystem auf das Anpassungssystem einer anderen I. O. als „Richtschnur“ Bezug, besteht ein Ermessenspielraum (VGIAO Nr. 1682). (Zum Ermessen der I. O. bei der Aufstellung von Gehaltstabellen siehe VGIAO Nrn. 1498, 1265, 1000). • Heimatort Die Festlegung des Heimatorts für die Gewährung des Heimaturlaubs ist eine Ermessensentscheidung (VGIAO Nr. 1472). • Immunität (Aufhebung) Das Ermessen des Plenarorgans, die Immunität des Leiters der Exekutive aufzuheben, liegt außerhalb der Zuständigkeit des VGIAO, da es die Beziehung der I. O. zu einem Mitgliedsstaat betrifft (VGIAO Nr. 1543). • Medizinisches Gutachten Die rechtliche Nachprüfung der medizinischen Bewertungen ist darauf beschränkt, ob das ärztliche Gutachten mit Gründen versehen ist und ob ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen den ärztlichen Feststellungen und dem Ergebnis hergestellt wird, zu dem das Gutachten gelangt (EUG T-10/93). • Organisatorische Maßnahme Organisationspolitische Entscheidungen einer I. O. sind Ermessensentscheidungen (VGIAO Nrn. 1131, 1729, 1779). Im Rahmen der Umstrukturierung einer I. O. kann auch die Streichung von Dienstposten notwendig werden, dies ist eine Ermessensentscheidung. Die I. O. hat einen weiten Ermessensspielraum bei der Strukturierung des Arbeitseinsatzes und bei Maßnahmen zur Verbesserung der Effektivität des Personaleinsatzes (VGIAO Nr. 1398). • Änderung der Dienstrechtsordnung Eine I. O. hat ein weites Ermessen bei Änderungen der DienstRO (VGIAO Nr. 1641).

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• Probezeit Während der Probezeit wird der I. O. ein besonders weiter Ermessensspielraum zugebilligt. Aus dem Sinn und Zweck der Probezeit als „Test“ (VGIAO Nr. 440) ergibt sich, dass Ermessensentscheidungen über das Nichtbestehen der Probezeit nur bei „besonders grobem Ermessensmissbrauch“ rechtswidrig sind (VGIAO Nrn. 687, 1052, 1175: wenn der Missbrauch „ins Auge springt“, Nrn. 1352, 1386, 1418). Bei einem Fehler im Beurteilungsverfahren während der Probezeit ordnete das Gericht die rückwirkende Bestätigung des Bestehens der Probezeit an (VGIAO Nr. 2172). • Ruhestandsalter (Verschiebung) Dem Chef der Exekutive war zwar ein Ermessen bei der Verlängerung eines Vertrags über das reguläre Ruhestandsalter hinaus eingeräumt worden, die Versagung einer Verlängerung unter Berufung auf die angestrebte Verjüngung der I. O. ist jedoch zu allgemein für eine pflichtgemäße Ermessensausübung (VGIAO Nr. 2125). • Selbstbindung (Ermessenseinschränkung) Die Verwaltung und das zur Normsetzung befugte Organ einer I. O. können sich selbst eine Ermessensbeschränkung auferlegen, so etwa, wenn der Leiter der Exekutive sich verpflichtet, nur Bedienstete aus einer Liste zu befördern, die ihm vom Beförderungsausschuss vorgelegt wird (VGIAO Nr. 1968). Eine Selbstbindung der Verwaltung kann auch durch eine, über einen längeren Zeitraum hinweg gleichbleibende und vorbehaltslose Praxis der Ermessensausübung entstehen. Das Ermessen ist dann auf Null reduziert (VGIAO Nrn. 421, 1053). Gleiches gilt, wenn die Verwaltung öffentlich mitgeteilt hat, in welcher Weise sie von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen gedenkt. In einer Grundsatzentscheidung hat das Gericht den Beschluss des Verwaltungsrats der EPO über ein Gehaltsanpassungsverfahren für nichtig erklärt, weil der Verwaltungsrat als normsetzendes Organ gegen eine von ihm selbst beschlossene Gehaltsanpassungsmethode verstoßen hat (VGIAO Nrn. 899, 936). Zur Gehaltsanpassung siehe auch VGIAO Nr. 1368 (Unterlassene Anpassung der Gehaltstabellen an einen Haushaltsbeschluss). • Sonderurlaub Die Entscheidung über die Gewährung von Sonderurlaub zur beruflichen Fortbildung ist eine Ermessensentscheidung (VGIAO Nr. 1855).

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• Stellenausschreibung Es liegt im Ermessen einer I. O., eine Stellenausschreibung auch dann zu annullieren, wenn das Verfahren bereits sehr weit fortgeschritten ist (VGIAO Nr. 1357). Die Ausübung des Ermessens erfordert eine sorgfältige Prüfung der Personalakte und eine gewissenhafte Beachtung der Stellenanforderungen in der Ausschreibung. Bei geänderten Anforderungen ist eine neue Ausschreibung erforderlich (EUG T-169/89; EUG T-21/96). • Stellenbeschreibung (abstrakte Aufgabenbeschreibung nach Niveau und Umfang) Siehe unter Arbeitsplatzbeschreibung. • Stellenenthebung Ermessen bei der Stellenenthebung politischer Beamter (EUG T-82/95). • Umzugsgut (Frist) Ermessenfehler bei der Festlegung des Zeitraums für die von der I. O. bezahlte Rückführung des Umzugsguts nach Beendigung des Dienstes (VGIAO Nr. 1367). • Versetzung/Umsetzung Zwei Versetzungen in 18 Monaten ohne besondere Begründung (VGIAO Nr. 1234; allgemein zur Ermessensentscheidung bei Versetzung VGIAO Nrn. 450, 1437; EUG T-25/92). Bei der Versetzung (Umsetzung auf eine neue Dienststelle) verfügt die Anstellungsbehörde ebenso wie bei der Umsetzung (neue Verwendung auf gleicher Planstelle) über ein weites Ermessen, bei dem aber insbesondere das Vorliegen eines dienstlichen Interesses und die Gleichwertigkeit des Dienstpostens zu beachten sind (EUG T-80/92). Ermessen bei der Versetzung wegen dienstlicher Spannungen (EUGH C-294/95 P). • Wegfall eines Dienstpostens VGIAO Nr. 388.

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D. Die spezifischen Allgemeinen Rechtsgrundsätze des internationalen öffentlichen Dienstes (originäre und abgeleitete Allgemeine Rechtsgrundsätze) (The specific general legal principles of the international civil service – basic and derivative general legal principles) I. Allgemeines (Survey) Die ARGrundsätze für den int. öff. Dienst leiten sich in der Regel ohne weiteres aus den übereinstimmenden Verfassungsgrundsätzen der Mitgliedsstaaten und den int. Übereinkommen und Deklarationen zu den Grund- und Menschenrechten ab. Eine Reihe von ARGrundsätzen erfahren jedoch auf Grund der besonderen Rechtsstellung I. O. und ihres Personals durch die int. VerwGerichte gewisse spezifische Ausprägungen. Daneben werden aber auch zusätzliche ARGrundsätze abgeleitet. Die int. VerwGerichte haben dabei einerseits den von den Mitgliedsstaaten erstrebten Mehrwert I. O. bei der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben zu gewährleisten und andererseits das besondere Gefährdungspotential bei den Interessen der Bediensteten zu berücksichtigen. Letzteres leitet sich aus einer schwächeren und isolierteren Rechtsposition int. Bediensteter im Vergleich zu den nationalen Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst ab. So sind die int. Gewerkschaften nicht tariffähig und können sich auch nicht, wie im nationalen Bereich, auf die Solidarität anderer Arbeitnehmervereinigungen stützen. Hinzu kommt, dass die nationalen Delegierten (durchwegs Mitglieder des nationalen öffentlichen Dienstes und damit in einem gewissen Konkurrenzverhältnis stehend) in den wenigen und kurzen Sitzungen (einige Tage pro Jahr) nicht nur die Legislativkompetenzen für das dienstliche Sekundärrecht, sondern auch die Kontrollkompetenzen über die Exekutive auf diesem Gebiet wahrzunehmen haben (vgl. hierzu Stein, Demokratische Legitimierung auf supranationaler und internationaler Ebene, ZaöRV 64 (2004), 563-570). Zu den spezifischen ARGrundsätzen für das Dienstrecht der I. O. zählen insbesondere: die wohlerworbenen Rechte der Bediensteten, der Vertrauensschutz bei Anstellungsverträgen auf Verlängerung bzw. Erneuerung, die Rechte der Personalvertretung, das Fürsorge- und Beistandsrecht, das Recht auf Schadensersatz bei Verletzung der Rechte von Bediensteten, die Noblemaire- und Flemming-Grundsätze, die Förderung der Beziehung der Bediensteten zum Heimatort und die Freistellung der Bezüge von der nationalen Besteuerung.

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II. Der Vertrauensschutz der Bediensteten (Protection of legitimate expectation of employees) Aus dem ARGrundsatz des Vertrauensschutzes (Seidl-Hohenveldern/ Stein, Rdn. 175; Lindemann, S. 132 ff.) haben die int. VerwGerichte eine Reihe spezifischer ARGrundsätze für das int. Dienstrecht abgeleitet. Insbesondere im Bereich der vertraglichen Anstellungsverhältnisse hat sich hierzu eine umfangreiche Rechtsprechung entwickelt, die beim VGIAO mehrere hundert Urteile umfasst. 1. Die wohlerworbenen Rechte

Zu den zentralen ARGrundsätzen des int. Dienstrechts zählen die sog. „wohlerworbenen Rechte“ (siehe Lindemann, S. 136 ff.; Rogalla, Art. 383 EGV, Rdn. 91; Karpenstein, Art. 236 EGV, Rdn. 53 ff.). Sie stellen eine, durch die Rechtsprechung der int. VerwGerichte konkretisierte Ausprägung, der Rechtssicherheit und des Vertrauensgrundsatzes dar (Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 91). Nach der Rechtsprechung des VGIAO sind unter wohlerworbenen Rechten solche subjektiven Rechte zu verstehen, die für einen „durchschnittlichen“ (VGIAO Nr. 367) Bediensteten „vernünftigerweise“ (VGIAO Nr. 365) für die Aufnahme des Dienstverhältnisses (VGIAO Nr. 61) oder für den Verbleib im Dienstverhältnis (VGIAO Nrn. 832, 2089) von entscheidender Bedeutung waren. • Die wohlerworbenen Rechte nach der Rechtsprechung des VGIAO Im Lauf seiner jahrzehntelanger Rechtsprechung hat insbesondere das VGIAO in zahlreichen Entscheidungen (Januar 2008: 140 Urteilsauszüge in der Triblex Datenbank) den Begriff der wohlerworbenen Rechte immer weiter konkretisiert und Abwägungskriterien für das Vorliegen einer Verletzung wohlerworbener Rechte aufgestellt. Die große Anzahl der Entscheidungen int. VerwGerichte zu den wohlerworbenen Rechten ist Ausdruck der insgesamt schwach entwickelten Rechtsposition int. Bediensteter gegenüber ihrer Anstellungsorganisation (keine Tariffähigkeit der int. Gewerkschaften, keine wesentlichen Mitspracherechte). In drei grundlegenden Entscheidungen (VGIAO Nrn. 61, 832, 2089) hat das VGIAO den Begriff der wohlerworbenen Rechte erläutert und einen Prüfungsmaßstab („Testverfahren“) entwickelt. Von vornherein fallen nur subjektive Rechte der Bediensteten in den Schutzbereich der wohlerworbenen Rechte. Vergünstigungen, die der I. O.

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als solcher gewährt werden, sind nicht Gegenstand der Dienstverträge (Res inter alios acta, siehe VGIAO Nr. 372). Sie kommen den Bediensteten allenfalls teilweise und mittelbar als Rechtsreflex zu Gute, wie insbesondere die in den Protokollen oder Sitzstaatsabkommen der I. O. eingeräumten Privilegien und Immunitäten. Diese Rechte fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich int. VerwGerichte. Int. VerwGerichte entscheiden grundsätzlich nur über Streitigkeiten, die die Dienstrechtsverhältnisse betreffen (neben dem EUGH (EUG, EUGöD) ist nur das VGIAO nach Art. II Ziffer 4 seiner Satzung auch für andere Streitigkeiten, nämlich solchen aus Verträgen der ILO zuständig). Nur soweit Privilegien oder Immunitäten Bestandteil des Anstellungsvertrags werden oder durch Verweisung auf statutäre Regelungen in diese inkorporiert sind, wird man die Zuständigkeit der int. Dienstgerichte bejahen können (VGIAO Nrn. 372, 369). Dies ist z. B. der Fall hinsichtlich der pauschalen Erstattung von 50% der vom Wohnsitzstaat eines Pensionärs der K. O. erhobenen Einkommenssteuer auf die von den K. O. bezahlten Pensionen (siehe Anhang V.a, Art. 42 ER-PS). Hierdurch soll die doppelte Steuerbelastung der Pensionäre gemindert werden, die dadurch entsteht, dass die Pensionen auf der Grundlage der bereits organisationsintern (zumindest de facto) besteuerten Gehälter (Quellensteuer) berechnet werden und dann noch zusätzlich voll der nationalen Einkommenssteuer unterliegen. Der Anspruch auf Steuerausgleich richtet sich hier gegen die I. O. selbst. Inwieweit diese ihrerseits einen Ausgleichsanspruch gegen den betreffenden Wohnsitzstaat besitzt bzw. diesen durchsetzen kann, ist für den Erstattungsanspruch des Pensionärs ohne Bedeutung. Dieselbe Rechtslage ergibt sich auch durchwegs bei der einkommenssteuerlichen Behandlung der Bezüge der Bediensteten I. O. Hier wird die Freistellung von der nationalen Besteuerung in aller Regel an die Bedingung der gleichwertigen organisationsinternen Besteuerung geknüpft und im Gründungsübereinkommen oder in ergänzenden völkerrechtlichen Protokollen festgelegt. Die I. O. selbst inkorporiert diese Regelung in ihr internes Sekundärrecht und begründet damit einen entsprechenden Anspruch aus dem Dienstrechtsverhältnis (Verordnung über die interne Steuer zugunsten der EPO in Verbindung mit Art. 64 Abs. 4 EPO-BS; siehe Kunz-Hallstein, Privilegienprotokoll Art. 16). In seinem grundlegenden Urteil Nr. 832 hat das VGIAO die Lehre von den wohlerworbenen Rechten weiter entwickelt und ein dreistufiges Testverfahren (drei Prüfungskriterien) angewandt. In Urteil Nr. 2089 wurde dieses Testverfahren bestätigt. Das Gericht stellte einleitend fest, dass die Lehre von den wohlerworbenen Rechten weiter gehe als der Grundsatz des Rückwirkungsverbots. Während dieses nur die Änderung einer Rechtsposition verbiete, die in der Ver-

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gangenheit bereits bestanden hat, ziehe die Lehre von den wohlerworbenen Rechten die Zukunft in die Betrachtung mit ein. Das Gericht betont außerdem, dass es sich nicht um einen subjektiven Test dergestalt handle, dass zu ermitteln sei, ob ein bestimmtes Recht für den klagenden Bediensteten tatsächlich ausschlaggebend für den Dienstantritt oder (bei nachträglich für ihn positiver Veränderung des Sekundärrechts) für die Fortsetzung des Dienstes bei der I. O. war. Es komme vielmehr darauf an, ob das Gericht zu der Auffassung gelange, dass die Regelung möglicherweise geeignet war, eine solche Entscheidung zu treffen. Das erste Kriterium im Prüfungsverfahren des Gerichts betrifft die Art der zu überprüfenden Regelung. Das Gericht unterscheidet hier zwischen Anstellungsvertrag, Einzelentscheidungen und statutären Regelungen. Im ersteren Fall liegen nach Auffassung des Gerichts die Voraussetzungen für ein wohlerworbenes Recht auf der Hand. (Hier ist jedenfalls auch der zu den ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst zählende Grundsatz „pacta sunt servanda“ einschlägig. Demnach wird eine Rechtsverletzung vorliegen, soweit nicht vertragliche Regelungen geändert werden, die lediglich technischer Natur sind oder minimale Veränderungen für den Bediensteten mit sich bringen, dass ein schutzwürdiges Interesse dadurch nicht verletzt wird). Da bei I. O. die Anstellungsverträge durchgehend auf statutäre Dienstvorschriften (soweit die I. O. den Beamtenstatus als Beschäftigungsform kennt; wie etwa die EU und die EPO, gelten mit dem Ernennungsakt eo ipso die Regelungen der BS) Bezug nehmen, verbleiben für individualrechtliche Dienstverträge praktisch nur die Anstellungsverträge hochrangiger Bediensteter (Diese werden zum Teil völlig individuell vereinbart, zum Teil folgen sie gewissen Modellen. Das Gericht stellt in seiner jüngeren Rechtsprechung ebenfalls fest, dass in den neueren Anstellungsverträgen auf Grund zunehmender Komplexität der zu regelnden Materie weitestgehend auf statutäre Vorschriften verwiesen wird (VGIAO Nr. 2089). Hinsichtlich der Veränderung von dienstrechtlichen Vorschriften unterscheidet das Gericht zwischen solchen, die die Struktur und Funktion des int. öff. Dienstes betreffen (rules of an „impersonal nature“) und individuellen Regelungen und Bedingungen. Die erstere Gruppe von Vorschriften kann jederzeit im Interesse des Dienstes abgeändert werden, soweit diese Änderung nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen und etwaige Verfahrensvorschriften beachtet werden. Die zweite Gruppe ist weitgehend mit vertraglichen Regelungen gleichzusetzen. Auch ihre Anpassung kann zwar im Interesse der I. O. oder im allgemeinen Interesse der int. Gemeinschaft ohne Zustimmung des betroffenen Bediensteten notwendig sein. Dabei darf aber das Gleichgewicht der vertraglichen Pflichten nicht gestört und diejeni-

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gen wesentlichen Bedingungen nicht verletzt werden, die den Bediensteten zur Aufnahme der Tätigkeit bzw. zum Verbleiben im Dienst bewogen haben (VGIAO Nr. 2089). Das zweite Kriterium der gerichtlichen Überprüfung betrifft die Gründe für die von der I. O. vorgenommene Rechtsänderung. Unter diesem Gesichtspunkt prüft das Gericht, ob die Vorschrift, auf der die Änderung der Rechtsposition beruht, naturgemäß Veränderungen zulässt. Hierunter fallen etwa Anpassungen an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, an Wechselkurse oder an die Finanzlage der I. O. (VGIAO Nr. 1641). Von entscheidender Bedeutung ist das dritte vom Gericht festgelegte Kriterium, nämlich die Schwere der Änderung der Rechtsposition für den Bediensteten. Hier nimmt das Gericht eine detaillierte Einzelfallprüfung vor. Es ermittelt, ob die Veränderung „eine Angelegenheit von entscheidender Bedeutung“ betrifft (VGIAO Nr. 369), ob „wesentliche Bedingungen“ verschlechtert (VGIAO Nrn. 61, 292) oder „Leistungen von grundsätzlicher Bedeutung“ (VGIAO Nrn. 293, 357, 426, 514) gekürzt werden. Es ist im Einzelfall zu ermitteln, ob der Eingriff „hinreichend schwer“, von „längerer Dauer“ ist, ob die Änderung „fundamental“ und „wesentlich“ ist (VGIAO Nrn. 832, 1514). Nicht jede finanzielle Verschlechterung bedeutet die Verletzung eines wohlerworbenen Rechts, es sei denn, es wird gegen eine ausdrückliche Regelung verstoßen. Eine wesentliche und grundsätzliche Verschlechterung einer Rechtsposition kann auch durch die Summe von einzelnen Änderungen ausgelöst werden, die für sich einzeln genommen hinnehmbar wären. Diese Aggregation von Änderungen ist selbst dann noch zulässig, wenn für die einzelnen Änderungen abweisende rechtskräftige Urteile vorliegen (VGIAO Nrn. 61, 986, 1368, 1514, 1917). Keine schweigende Änderung der Rechtsposition liegt in der Regel bei der Änderung bloßer Zulagen oder marginaler Leistungen („fringe benefits“) vor (VGIAO Nr. 61, 371, 426, 429, 441). Legt eine I. O. selbst ihrer Entscheidung unrichtige Tatsachen zugrunde oder interpretiert sie eine Vorschrift falsch, so ist eine Rücknahme der fehlerhaft begünstigenden Entscheidung nach längerem Zeitablauf ausgeschlossen (So bei einem Zeitraum von 9 Jahren, VGIAO Nr. 1006). Rechtsprechung VGIAO Keine Verletzung eines wohlerworbenen Rechts hat das Gericht in folgenden Fällen festgestellt: Veränderung der Höhe (VGIAO Nrn. 357, 368, 371) oder der Berechnungsmethode einer Zulage oder einer Nebenvergütung (VGIAO Nrn. 368, 371, 426); Kürzung einer Nebenleistung von ca. 20 000 Mark im Laufe von einundzwanzig Jahren, wenn die Summe im Verhältnis zu den Gesamtbezügen für denselben Zeitraum gering war;

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Einräumung einer Zulage unter Vorbehalten, Änderung der Vorschriften für Beförderungen (VGIAO Nrn. 366, 371, 569) oder über den Gehaltszuwachs bei einer Beförderung (VGIAO Nr. 365); Änderung von Immunitäten und Privilegien (VGIAO Nr. 369, 372); Gehaltskürzung, sofern diese durch Zahlungen auf anderer Rechtsgrundlage (Ausgleichszahlung) weitgehend ausgeglichen wird (VGIAO Nr. 690); Kürzung des Einkommens um 2,2% für sechs Monate (VGIAO Nr. 391) oder eines Gehaltszuwachses um 1,5% für drei Jahre (VGIAO Nr. 726) oder eines Gehaltszuwachses um 1% auf Dauer, bei gleichzeitiger Nettogehaltsgarantie (VGIAO Nr. 751); Abschaffung eines Titels (VGIAO Nr. 1084); Einführung eines Krankenversicherungsbeitrags für Pensionäre von maximal 4% der Pension (VGIAO Nr. 1226); Korrektur von Vorschriften, die einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil beseitigen (VGIAO Nr. 1239, 1241); bloße faktische Anlehnung an das Gehaltssystem einer anderen I. O. (VGIAO Nr. 1123); die Verlagerung der Zuständigkeit für die Festsetzung der Pensionszahlungen von der ILO zum UNJSPF und der Wechsel der Rechtsschutzgewährung vom VGIAO zum VGVN (VGIAO Nr. 1330); der Wegfall einer Zulage für Rufbereitschaft, die nicht auf Grund statutärer Vorschriften, sondern auf Verwaltungspraxis beruhte (VGIAO Nr. 1334); Erhöhung der Beiträge zur Altersversorgung von 7% auf 8% (VGIAO Nr. 1392); der bloße allgemeine Trend zu einer Gehaltsanpassung unterhalb der Entwicklung der Kaufkraft (VGIAO Nr. 1515); die nicht volle Indexierung der Pensionsbezüge an der Entwicklung der Lebenshaltungskosten, wenn dies nicht durch Regeln oder ständige Praxis festgelegt ist (VGIAO Nr. 1660); eine einmalige und zeitlich befristete Gehaltsreduzierung wegen einer Finanzkrise der I. O. (VGIAO Nr. 1791); die progressive Kürzung der Auslandszulage wegen Haushaltskürzung (VGIAO Nr. 1886); es besteht ebensowenig wie in den nat. öff. Diensten ein wohlerworbenes Recht an einer automatischen Indexierung der Gehälter (VGIAO Nr. 1912); die Veränderung des Krankenversicherungssystems als solchem, ohne substantielle Kürzung der Leistungen oder fundamentaler Veränderung anderer Faktoren (VGIAO Nr. 1917); Abweichung von der identischen jährlichen Anpassung der Gehälter und Pensionen (bei Pensionen wird nur mehr die Entwicklung der Lebenshaltungskosten nicht mehr die des Lebensstandards berücksichtigt (VGIAO Nr. 2089); Rechte, die nur für den Fall der Streichung eines Dienstpostens gelten sind, wie alle Regelungen für Ausnahmefälle, weniger stabil, d.h. der Bedienstete muss mit Veränderungen rechnen (VGIAO Nr. 2696); Senkung des Pensionsalters verletzt kein wohlerworbenes Recht (VGIAO Nr. 2682).

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Die Verletzung eines wohlerworbenen Rechts hat das Gericht nur in seltenen Fällen festgestellt bzw. Hinweise dazu gegeben: VGIAO Nr. 61: Die kumulative Verschlechterung des Pensionssystems (höhere Beiträge für den Bediensteten, geringere Beiträge für die I. O. und Senkung der maximal erreichbaren Pension von 60% auf 54,5% der Gehaltsbezüge); VGIAO Nr. 365: Die Beseitigung jeder Beförderungsaussicht; VGIAO Nr. 441: Streichung der Erstattung der Fahrtkosten bei Heimaturlaub; VGIAO Nr. 986: Verluste von ca. 20% der Versorgung durch Nichtanpassung der zugrundeliegenden Tabellen verstoßen gegen wohlerworbene Rechte; VGIAO Nr. 1514: Die Reduzierung der Kaufkraft der Bezüge int. Bediensteter, auch wenn sie sukzessive erfolgt, unter einen kritischen Punkt (10% reichen noch nicht; vgl. auch Nrn. 1368, 986); VGIAO Nr. 1886: die völlige Abschaffung einer Auslandszulage; VGIAO Nr. 1912: Wenn Gehälter so erodieren, dass das vertragliche Gleichgewicht zwischen der Organisation und den Bediensteten substantiell gefährdet ist.

• Rechtsprechung EUGH Im Gegensatz zum VGIAO hatte der EUGH bisher nur in wenigen Urteilen Gelegenheit, sich mit dem ARGrundsatz der wohlerworbenen Rechte zu befassen. Dies mag in erster Linie an der insgesamt stabileren Rechtslage und Rechtsentwicklung des Beamtenstatuts bei der EG, im Gegensatz zu den vertraglichen Dienstverhältnissen bei fast allen anderen I. O., liegen. Die Rechtsprechung des EUGH zu den wohlerworbenen Rechten erreicht daher auch bei weitem nicht die Regelungsdichte der Rechtsprechung des VGIAO. Der EUGH stellt ebenfalls drei, wenn auch etwas andere, Kriterien für ein Testverfahren zur Erkennung eines wohlerworbenen Rechts auf. Demnach muss eine genaue und bedingungslose Zusage einer zuständigen Dienststelle vorliegen, die Zusage muss berechtigte Erwartungen bei dem Bediensteten erzeugen und sie muss mit dem Beamtenstatut in Übereinstimmung stehen (EUG T-145/04, EUG T-398/03, EUG T-329/03, EUG T-237/00). Die Rechtsprechung des EUGH relativiert den Schutzbereich der wohlerworbenen Rechte nicht an der Entscheidung des Bediensteten zum Diensteintritt und Verbleib im Dienst, sondern an den berechtigten Erwartungen des Bediensteten und der Art der Zusage. Einzelheiten EUG T-329/03: Weder aus der Eintragung eines Bewerbers auf eine Reserveliste, noch aus internen Dokumenten oder aus dem Schweigen der I. O. auf eine Anfrage lässt sich eine Zusage und damit eine wohlerworbene Rechtsposition ableiten;

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EUG T-58/05: Erst nach dem Ernennungsakt kann sich ein Beamter auf die Geltung statutärer Vorschriften berufen und erst dann können wohlerworbene Rechte entstehen (vgl. EUGH 28/74); EUG T-566/93: Änderung statutärer Berechnungsmethode bei der Gehaltsanpassung, wenn keine Zusicherung der Beibehaltung abgegeben wurde; EUGH 54/77: Entzug einer fehlerhaften Gewährung oder Weiterzahlung eines Gehaltsbestandteils; EUGH 28/74: Wohlerworbene Rechte können einem EG-Beamten nur aus statutären und nicht aus vertraglichen Bindungen zustehen; EUG T-123/89: Kein Vertrauensschutz auf die Gewährung einer rechtswidrigen Zusage für die Zukunft (ebenso EUG T-498/93, EUGH 56/75); EUG T-177/95: Kein Verstoß gegen ein wohlerworbenes Recht bei einer im Anpassungsverfahren vorgesehenen Gehaltsanpassung mit Rückwirkung.

2. Der Vertrauensschutz bei Anstellungsverträgen

Nach herrschender Meinung in der int. Rechtsprechung (insbesondere des VGIAO, dessen Gerichtsbarkeit sich, bis auf die EPO, nur auf I. O. mit Bediensteten im Anstellungsverhältnis erstreckt) und Literatur hat ein Bediensteter auf Zeit Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung hinsichtlich einer Verlängerung oder Erneuerung seines Beschäftigungsverhältnisses (z. B. VGIAO Nrn. 1349, 1492). Es gelten die allgemeinen Regeln für die pflichtgemäße Ermessensausübung (siehe dort). Der Vertrauensschutz bei Anstellungsverträgen gilt als ARGrundsatz des int. öff. Dienstes und geht daher sekundärrechtlichen Normen vor (VGIAO Nrn. 665, 675, 1128). Vertragsbedienstete auf Zeit haben nach der Rechtsprechung selbst dann einen Rechtsanspruch auf diese Ermessensentscheidung über die Erneuerung bzw. Verlängerung ihres Vertrags (VGIAO Nr. 1617), wenn der Vertrag selbst oder die Personalvorschriften, auf die er Bezug nimmt, ausdrücklich eine automatische Vertragsbeendigung ohne die Notwendigkeit einer weiteren Entscheidung vorsehen (VGIAO Nr. 675). Die I. O. ist daher in jedem Fall verpflichtet, rechtzeitig vor Vertragsende (innerhalb einer vernünftigen Frist, VGIAO Nrn. 1983, 1544, 1484; nach Nr. 1145 erscheint eine 2-monatige Frist als ausreichend) in einer Entscheidung stichhaltige Gründe mitzuteilen, welche die definitive Beendigung des Dienstverhältnisses rechtfertigen. Ein bloßer Hinweis auf die entsprechenden Vorschriften des PS genügt nicht (VGIAO Nrn. 1154, 1159, 1298). Dem Bediensteten muss Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden (VGIAO Nr. 1983). Die Pflicht zur rechtzeitigen Mitteilung besteht sowohl bei einer Entlassung als auch bei der Nicht-Erneuerung eines Vertrages auf Zeit (VGIAO Nr. 1617). Wenn eine Kündigungsfrist nach Ende der Lauf-

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zeit eines Anstellungsvertrags endet, wird diese um den entsprechenden Zeitraum verlängert (VGIAO Nr. 2162). Auch bei befristeten Verträgen darf eine I. O. nicht wegen schlechter Leistung vor Ablauf der Laufzeit des Vertrags kündigen, wenn der Bedienstete nicht vorher gewarnt und ihm Gelegenheit zur Besserung seiner Leistung gegeben wurde. Dies gilt auch für den Hinweis auf die Möglichkeit einer Verlängerung eines Dienstverhältnisses (VGIAO Nr. 2162). Bei der Ermessensentscheidung über eine Erneuerung eines Vertrags auf Zeit muss die I. O. ihr für diesen Fall vorgeschriebenes internes Konsultationsverfahren einhalten (VGIAO Nr. 1525). Zur Frage der Beendigung eines Anstellungsvertrags bei Krankheitsurlaub vgl. VGIAO Nrn. 1494, 938, 607. Als Rechtfertigungsgründe für eine Nicht-Verlängerung oder Erneuerung eines Vertragsverhältnisses gelten unter anderem die Projektbezogenheit der Anstellung (VGIAO Nr. 954), ein pflichtwidriges dienstliches Verhalten (VGIAO Nr. 956) oder finanzielle Schwierigkeiten der I. O. (VGIAO Nr. 1044). Das VGIAO räumt dabei der I. O. stets einen weiten Ermessensspielraum ein und betont die Freiheit der I. O., ihre eigenen Bedürfnisse frei festzulegen, so dass praktisch nur eine gerichtliche Plausibilitätskontrolle stattfindet. Ein Ermessensfehler bei der Erneuerung oder Verlängerung eines Anstellungsverhältnisses liegt z. B. vor, wenn die I. O. es versäumt, die letzte Beurteilung mit zu berücksichtigen (VGIAO Nr. 1351), oder wenn die I. O. die Entscheidung über eine Vertragsverlängerung von der Haltung eines Mitgliedsstaats abhängig macht (VGIAO Nrn. 1238, 1249), wobei gleichzeitig gegen das Gebot der Unabhängigkeit einer I. O. vom Willen einzelner Mitgliedsstaaten verstoßen wird (vgl. zur Frage des politischen Druckes der Mitgliedsstaaten auf eine I. O., um bestimmte Personen zu entlassen VGIAO Nr. 2456). Fehler bei der Anwendung von Vorschriften über die Vertragsbeendigung können zu stillschweigenden Vertragsverlängerungen führen (VGIAO Nrn. 1371, 1374). Die Verletzung einer Verlängerungszulage löst Schadensersatzansprüche aus (VGIAO Nr. 1278). Es genügt, wenn ein dem Anschein nach zuständiger Bediensteter die Zusage schriftlich oder mündlich ausdrücklich oder stillschweigend gegeben hat. Bei Verletzung des Ermessens ordnet das Gericht in der Regel nicht die Wiederherstellung, Verlängerung oder Erneuerung des Anstellungsvertrags an, sondern überlässt es dem Ermessen der I. O., statt dessen Schadensersatz zu bezahlen (VGIAO Nr. 1154; vgl. VGIAO Nr. 1298: Pflicht zur Wiedereinstellung des Bediensteten wegen der Länge der bisherigen Anstellung und seines Alters).

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3. Der Grundsatz der Stabilität, Vorhersehbarkeit und der klaren Verständlichkeit der Ergebnisse einer Gehaltsanpassungsmethode

Nach der Rechtsprechung des VGIAO (wegen der Existenz stabiler Anpassungsregelungen im EG-BS besteht keine EUGH Rechtsprechung zu diesem ARGrundsatz, der EUGH stellt in seinen Urteilen EUGH 81-72 und EUGH 59/81 nur allgemein das Ermessen des Rats bei der Wahl der Mittel und Formen der Besoldungspolitik und die Bindung an eine beschlossene Gehaltsanpassungsmethode fest) besitzen I. O. einen weiten Ermessensspielraum bei der Anpassung der Gehälter und Pensionen an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten und die Kaufkraftentwicklung. Jede I. O. kann frei eine Anpassungsmethode oder einen Standard zur Gehaltsanpassung wählen, soweit sie die ARGrundsätze des int. öff. Dienstes beachtet (VGIAO Nrn. 2081, 1913, 1821, 1682). Zusätzlich hat das VGIAO ARGrundsätze für den int. öff. Dienst entwickelt, die spezifische materielle und formelle Garantien für die Gehaltsanpassung beinhalten. So wendet das Gericht die materielle Gehaltsgarantie des Noblemaire-Grundsatzes (siehe dort) nicht mehr nur auf die I. O. des VN-CS an, sondern sieht darin einen ARGrundsatz, dem alle I. O. unterliegen (VGIAO Nrn. 1912, 1913). Das VGIAO hat außerdem in einer langjährigen Rechtsprechung einen ARGrundsatz des int. öff. Dienstes entwickelt, wonach bei der Anwendung der Gehaltsanpassungsmethode I. O. beachtet werden muss, dass die Ergebnisse der Anpassung zu stabilen, vorhersehbaren und klar verständlichen (results of salary ajustment must be „stable, foreseeable and clearly understood“) Ergebnissen führen (VGIAO Nrn. 2081, 1912, 1913, 1821, 1419, 1265). Wie üblich, legt die VGIAO die Einzelheiten der Ableitung dieses Grundsatzes nicht offen, sondern stellt dessen Existenz lediglich fest. Letztlich dürfte er als Ausfluss des allgemeinen Vertrauensschutzes und des Grundsatzes der guten Verwaltung der besonderen Gefährdung Rechnung tragen, denen die Interessen int. Bediensteter bei der Ausarbeitung und Anwendung von Gehaltsanpassungsverfahren durch ihre I. O. ausgesetzt sind. Diese Gefährdung dürfte u. a. an der in der Regel bestehenden Abhängigkeit von den Finanzbeiträgen der Mitgliedsstaaten, an der unterschiedlichen Entwicklung der Lebenshaltungskosten und der Kaufkraft in den einzelnen Vertragsstaaten und nicht zuletzt an einem gewissen (unausgesprochenem) Interessenkonflikt zwischen der Einkommenssituation der in den Legislativorganen der I. O. vertretenen Delegierten der nationalen Ministerialbürokratie und den int. Bediensteten liegen. Die Gehaltsanpassungsverfahren einiger I. O. (insbesondere der K. O.) enthalten den allgemeinen Vorbehalt der Leistungsfähigkeit (affordability clause) (vgl. Art. 8 des 139. Berichts des Koordinierungsausschusses für

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Gehälter der K. O. vom 15.7.2002 (Dok. CM(2002)138) und die Regelung des Europarats hierzu (Dok. GR-AB (2005)5)). Demnach können I. O. bei haushaltsmäßigen Schwierigkeiten beschließen, Empfehlungen des Koordinierungsausschusses zur Gehaltsanpassung für Gehälter zu kürzen, nicht oder nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt im laufenden Kalenderjahr zu gewähren. All diese Maßnahmen müssen sich auf gerechtfertigte haushaltsmäßige Umstände stützen, sie müssen die ARGrundsätze insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und nach Beratung mit der PV offen festgestellt werden. Da die K. O. nicht der Gerichtsbarkeit des VGIAO, sondern der Rechtsprechung der internen VerwGerichte bzw. Beschwerdeausschüsse der einzelnen I. O. unterliegen, hatte das VGIAO bisher keine Gelegenheit, den Vorbehalt der Leistungsfähigkeit in einer Gehaltsanpassungsmethode auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Stabilität, Vorhersehbarkeit und der klaren Verständlichkeit der Ergebnisse der Gehaltsanpassungsmethode zu überprüfen (siehe hierzu Richter Hodgessen in seinem Sondervotum zu VGIAO Nr. 1912, worin er unter anderem fordert, diesen ARGrundsatz nicht als bloßes „Lippenbekenntnis“ zu verwenden). Das VGIAO hat bisher im Zusammenhang mit dem genannten Grundsatz festgestellt, dass bei Bezugnahmen des Gehaltsanpassungssystems auf einen externen Standard (wenn auch nur als Orientierungsgröße) alle Abweichungen begründet (VGIAO Nr. 2081, 1682), objektiv, angemessen und dem Personal bekannt sein müssen (VGIAO Nr. 1912). Auch beim Import eines externen Gehaltsanpassungssystems trägt die I. O. selbst die Verantwortung für dessen Vereinbarkeit mit den ARGrundsätzen, insbesondere mit dem Grundsatz der Stabilität, Vorhersehbarkeit und der klaren Verständlichkeit der Ergebnisse (VGIAO Nrn. 1265, 825, 382). Der bloße Wunsch, Geld zu sparen, reicht als solcher nicht als Begründung zur Abweichung von einer geltenden Gehaltsanpassungsmethode aus (VGIAO Nrn. 2081, 1913, 1912, 1682). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2420: Der Grundsatz der Stabilität, Vorhersehbarkeit und klaren Verständlichkeit der Ergebnisse einer Gehaltsanpassungsmethode muss mit einer gewissen Flexibilität und einem Auslegungsspielraum des zuständigen Organs bei der Gehaltsanpassung angewendet werden; VGIAO Nr. 2129: Der ARGrundsatz der Stabilität, Vorhersehbarkeit und klaren Verständlichkeit gilt nicht in gleichem Umfang für Zulagen und Kostenerstattungen; VGIAO Nr. 2081: Eine I. O. kann die Methode oder einen Referenzstandard zur Bestimmung der Gehaltsanpassung frei wählen, vorausgesetzt sie beachtet alle ARGrundsätze des int. öff. Dienstes. Die gewählte Methode muss sicherstellen, dass die Ergebnisse stabil, vorhersehbar und klar verständlich sind. Verweist eine Methode auf einen externen Standard mit der Möglichkeit, davon abzuweichen,

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so muss die I. O. geeignete Gründe hierfür vorlegen. Der bloße Wunsch, Geld auf Kosten der Bediensteten einzusparen, ist kein geeigneter Grund; VGIAO Nr. 1912 (Nr. 1913): Das Gericht sieht im Noblemaire-Grundsatz einen ARGrundsatz des int. öff. Dienstes, der somit nicht nur auf I. O., die dem Common-System angeschlossen sind, sondern auf alle I. O. Anwendung findet; VGIAO Nr. 1821: Die Ermessensgrenze bei der Wahl einer Methode, eines Systems oder eines Standards für die Gehaltsanpassungen sind neben der Beachtung sonstiger allgemeiner Grundsätze für den int. öff. Dienst insbesondere der Grundsatz der Stabilität, Vorhersehbarkeit und der klaren Verständlichkeit der Ergebnisse. Dies gilt auch für die richtige Begründung, wenn die Abweichung von der Bezugnahme auf einen externen Standard in das Ermessen der I. O. gestellt wird. Der bloße Wunsch, Geld auf Kosten des Personals zu sparen, rechtfertigt kein Abweichen von dem gewählten Standard; VGIAO Nr. 1682: Wenn eine I. O. einen externen Gehaltsanpassungsstandard importiert, muss sie für jede Abweichung davon geeignete Gründe vortragen; VGIAO Nr. 1514: Es besteht kein ARGrundsatz des int. öff. Dienstes, der die I. O. zur Anpassung der Gehälter an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, an die nationalen Nettolöhne oder zu einer sonstigen Indexierung verpflichten würde; VGIAO Nr. 1419: Jede Gehaltsanpassungsmethode muss zu stabilen, vorhersehbaren und klar verständlichen Ergebnissen führen. Die I. O. ist unter allen Umständen an eine Gehaltsanpassungsmethode gebunden, solange sie diese nicht ändert; VGIAO Nr. 1265: Auch wenn eine I. O. des VN-CS von der ICSC ausgearbeitete Elemente für die Gehaltsanpassung importiert, trägt die I. O. die Verantwortung für die Einhaltung der ARGrundsätze, insbesondere für die Stabilität, Vorhersehbarkeit und die klare Verständlichkeit der Ergebnisse dieser Elemente. Das Gericht kann diese Elemente daher bei einer Klage überprüfen; VGIAO Nr. 936: Die Stabilität der Gehaltsanpassungsmethode schließt es aus, dass andere Elemente als die in der Methode genannten berücksichtigt werden (vgl. auch EUGH 81-72 und 59/81). 4. Die Zusicherung

Der vom ARGrundsatz der Rechtssicherheit abgeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes bildet nach der Rechtsprechung des EUGH auch die Rechtsgrundlage für den Rechtsgrundsatz auf die Einhaltung von Zusicherungen und Zusagen (EUG T-471/04). Der ARGrundsatz der Zusicherung überschneidet sich häufig mit dem ARGrundsatz der wohlerworbenen Rechte (EUG T-177/95). Das VGIAO zieht in diesen Fällen sogar in erster Linie den ARGrundsatz der wohlerworbenen Rechte heran, gelegentlich beruft er sich auch auf den Grundsatz von Treu und Glauben (VGIAO Nr. 1481). Rechtmäßig begünstigende Zusicherungen können demnach grundsätzlich einen Vertrauensschutz begründen.

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In seiner ständigen Rechtsprechung verlangt der EUGH (das VGIAO geht von ähnlichen Bedingungen aus) die Erfüllung von drei Voraussetzungen für das Vorliegen einer Zusicherung (siehe z. B. EUG T-145/04): 1. Die Zusicherung muss genau, bedingungslos und von der zuständigen Stelle abgegeben werden. 2. Sie muss ein berechtigtes Vertrauen des Empfängers begründen. Dabei kann die Kenntnis von den wesentlichen dienstlichen Vorschriften von dem Beamten erwartet werden (EUG T-90/91 und EUG T-62/92). 3. Sie muss in Übereinstimmung mit den dienstrechtlichen Vorschriften stehen, darf also nicht rechtswidrig sein. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1924: Eine I. O. kann einen präzisen Einigungsvorschlag nach der Annahme durch den Betroffenen nicht mehr zurückziehen; VGIAO Nr. 1804: Die rechtswidrige Zusicherung einer beschleunigten Beförderung konnte das Gericht nicht aufheben, weil der entsprechende Klageantrag verspätet gestellt wurde; VGIAO Nr. 1781: Zusicherung von drei zusätzlichen Dienstaltersstufen; VGIAO Nr. 1667: Keine konkrete Zusicherung einer Beförderung (unverbindliche Aussicht); VGIAO Nr. 1481: Zusicherung einer Beförderung innerhalb bestimmter Frist; VGIAO Nr. 1278: Eine Zusicherung kann formlos erfolgen. Sie muss von der zuständigen Stelle abgegeben werden, eine Verletzung der Zusage muss den Bediensteten beschweren. Die Rechtslage darf sich zwischenzeitlich nicht geändert haben (ebenso Nr. 782).

Rechtsprechung EUGH EUG T-471/04: Zusicherung der Nichtbeendung eines Anstellungsvertrags; EUG T-175/03: Zusicherung der Nichtbeendigung eines Anstellungsvertrags. Allgemeiner Grundsatz der Auslegung von Arbeitsverträgen zugunsten der schwächeren Partei; EUG T-240/01: Zusicherung war nicht ausreichend präzise; EUG T-123/89: Das Schweigen der Verwaltung auf ein Ersuchen um Bestätigung von Ansprüchen ist keine Zusicherung. Zusicherungen, die den Bestimmungen des BS nicht Rechnung tragen, können kein berechtigtes Vertrauen begründen; EUG T-235/94: Die bloße Bestätigung einer Information durch die Verwaltung über die Änderung des Beschäftigungsverhältnisses des Ehegatten stellt keine Zusicherung der Gewährung der Haushaltszulage dar; EUGH 162/84: Rechtswidrige Zusagen können kein Vertrauen begründen.

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5. Die Informationspflicht der Internationalen Organisation

Das VGIAO leitet in ständiger Rechtsprechung aus dem ARGrundsatz von Treu und Glauben eine Pflicht der I. O. ab, die Bediensteten über alle Maßnahmen zu unterrichten, die ihre berechtigten Interessen beeinträchtigen können (VGIAO Nr. 1756 „. . . an organisation must tell its employee of any action that may imperil his rights or rightful interests . . .“). Dabei ist der Begriff „Maßnahme“ nicht zuletzt im Hinblick auf den Datenschutz weit auszulegen (VGIAO Nr. 1756). Die Informationspflicht beinhaltet daher im Gegensatz zum bloßen Auskunftsanspruch (vgl. z. B. Art. 10 EMRK oder Art. 8 Abs. 2 EU-GRC) eine Bringschuld der I. O., deren Verletzung Schadensersatzansprüche des Bediensteten auslösen kann. Die Informationspflicht kann unter bestimmten Umständen eingeschränkt sein, etwa wenn dadurch der Zweck einer Untersuchung über die Verletzung von Dienstpflichten gefährdet werden könnte (vgl. VGIAO Nrn. 2605, 1756). In diesen Fällen hat die I. O. dann aber vor Gericht die besonderen Gründe anzugeben, die eine frühzeitige Information ausschließen, um dem Gericht eine Interessenabwägung zu ermöglichen. Die Zurückhaltung einer wichtigen Information ist auf jeden Fall unzulässig, wenn sie aus dem alleinigen Zweck erfolgt, die Position der I. O. oder eines ihrer Bediensteten in einem Rechtsstreit mit einem anderen Bediensteten zu stärken (VGIAO Nr. 1756). Keine Informationspflicht der I. O. besteht bei Lappalien ohne Auswirkungen auf Rechte oder rechtliche Interessen des Bediensteten (VGIAO Nr. 1756). Häufig treten Überschneidungen zwischen der Pflicht der I. O. zur Information und anderen ARGrundsätzen auf. So insbesondere mit dem ARGrundsatz des rechtlichen Gehörs (vgl. VGIAO Nrn. 2599, 2598), von Treu und Glauben (vgl. VGIAO Nrn. 2414, 2345, 2325, 2116) und der Pflicht zur Begründung von Entscheidungen (vgl. VGIAO Nrn. 1223, 946). Die Informationspflicht der I. O. besteht nach der Rechtsprechung des VGIAO auch gegenüber den beratenden Ausschüssen, insbesondere den mit Vertretern des Personals besetzten Gremien. Diese können ihre Beratungsfunktion gegenüber der Organisationsleitung nur erfüllen, wenn sie über alle Gründe für die von der I. O. beabsichtigte Maßnahme vollständig und wahrheitsgemäß unterrichtet sind (vgl. VGIAO Nrn. 2615, 1319). Dieser Pflicht der I. O. kommt in der Praxis ein hoher Stellenwert zu (vgl. VGIAO Nrn. 1618, 1291, 1200, 1062: „. . . enough information . . . to come to a reasoned opinion“). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2615: Beratende Ausschüsse können ihre Funktion einer möglichst objektiven und vollständigen Beratung des Entscheidungsorgans über mögliche

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schützenswerte Interessen nur erfüllen, wenn sie Zugang zu allen dazu nötigen Informationen haben. (Vgl. Nr. 2354: Genaue Information über die spezifischen Gründe für eine Stellenstreichung; Nr. 1319: Informationspflicht gegenüber dem Beschwerdeausschuss); VGIAO Nr. 2605: Im Normalfall muss die I. O. dem Bediensteten über die Einleitung einer Untersuchung gegen ihn informieren (Hinweis auf Ausnahmefälle); VGIAO Nr. 2531: Verstoß gegen die Informationspflicht (verspätete Unterrichtung über die Gründe für die Nichtverlängerung eines Anstellungsvertrags); VGIAO Nr. 2529: Pflicht zur rechtzeitigen und spezifizierten Warnung (Angabe der Leistungsdefizite und Zielvorgaben) über die mögliche Entlassung wegen unzureichender Leistungen (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile Nrn. 2414, 2170, 2007, 1911, 1872, 1386, 1212); VGIAO Nr. 2515: Stellenausschreibung ohne den Stelleninhaber vorher zu informieren; VGIAO Nr. 2392: Gründe für erfolglose Stellenbewerbung müssen zeitnah mitgeteilt werden (vgl. Nrn. 2325, 2116); VGIAO Nr. 2315: Im internen Beschwerdeverfahren muss der Kläger alle Informationen von der I. O. erhalten, die für den Ausgang des Verfahrens maßgebend sind (vgl. Nr. 1815); VGIAO Nr. 2229: Allgemein zum Umfang des Informationsanspruchs; VGIAO Nr. 2222: Pflicht zur Unterrichtung des Bediensteten über die Gründe für die Aufhebung seiner diplomatischen Immunität; VGIAO Nr. 2047: Der Bedienstete hat Anspruch auf Kopien aller ärztlichen Berichte der organisationsinternen Krankenversicherung über ihn (vgl. Nr. 2045); VGIAO Nr. 1815: Pflicht der I. O., einem Bediensteten die Namen der Mitglieder des ihn betreffenden Beförderungsausschusses mitzuteilen; VGIAO Nr. 1764: Pflicht zur Mitteilung der erhobenen Anschuldigungen (hier: Fälschung von Flugtickets), aber nicht der voraussichtlichen Art der Disziplinarmaßnahme; VGIAO Nr. 1756: Anspruch auf Information, ob die I. O. die Durchsuchung der Wohnung und das Verhör des Bediensteten durch die Polizei veranlasst hat; VGIAO Nr. 1684: I. O. muss dem Bediensteten ein internes medizinisches Gutachten auch dann zugänglich machen, wenn der Arzt aus Furcht vor Schwierigkeiten um Vertraulichkeit gebeten hat.

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III. Der Grundsatz der ungehinderten Aufgabenerfüllung der Organisation (The principle of unimpeded accomplishment of tasks of the organisation) 1. Die Freistellung der Dienstbezüge von der nationalen Besteuerung

Siehe 1. Teil, 2. Abschn. D.III.1. 2. Die Unabhängigkeit der Organisation

Der in Anlehnung an die Rechtsprechung des VGIAO verwendete Begriff „Unabhängigkeit der Organisation“ darf nicht dahin missverstanden werden, dass I. O. gleichsam als erratische Gebilde neben ihren Mitgliedsstaaten bestehen. Diese sind vielmehr nicht nur als Gründer, sondern auch als Wegbegleiter der I. O. aufs engste mit ihrem Schicksal verbunden. Das Erreichen gemeinsamer Ziele mit Hilfe der I. O. schließt die Wahrnehmung von Partikularinteressen im Rahmen der Tätigkeit der I. O. daher keineswegs aus (siehe näher Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1102). Diese Interessen müssen aber nach der dafür in der Verfassung der I. O. vorgesehenen Weise, in den Gremien (insbesondere den sog. Plenarorganen, Seidl-Hohenveldern/ Loibl, Rdn. 1116) eingebracht und in einem offenen Dialog vertreten werden. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Synergieeffekt der I. O. auf verdeckte Weise für partikulare Zwecke von Mitgliedsstaaten instrumentalisiert wird. Dem Schutz der in diesem Sinn verstandenen Unabhängigkeit der I. O. dienen zum einen ihre Freistellung von der nationalen Gewalthoheit in Gestalt der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeit (nicht aber von der Rechtsschutzgewährung als solcher) und von der Vollstreckung (Immunität) und im bestimmten Umfang von der staatlichen Rechtsordnung (Privilegien). Dieser rechtliche Sonderstatus einer I. O. vermag jedoch noch keine umfassende Schutzwirkung für die Tätigkeit der I. O. zu entfalten. Als offene Flanke verbleibt im Bereich des Dienstrechts das Eindringen nationaler Partikularinteressen, um über verdeckte Kanäle politischen Druck und Einfluss auf die Verwaltung- und Leitungsentscheidungen der I. O. auszuüben (näher Schreuer-Ebner, Rdn. 14 ff.). Die int. VerwGerichte, allen voran das VGIAO, haben daher in ihrer Rechtsprechung den Grundsatz der Unabhängigkeit der I. O. als spezifischen ARGrundsatz des int. öff. Dienstes entwickelt, um das Vertrauen der Mitgliedsstaaten in die ungehinderte satzungsmäßige Aufgabenerfüllung ihrer I. O. zu gewährleisten. Dieser ARGrundsatz wirkt als objektiver Rechtsgrundsatz nicht nur gegenüber den einzelnen Mitgliedsstaaten und außenstehenden Dritten, sondern verpflichtet auch die interne Verwaltung, insbesondere die Leitung der I. O., und die Bediensteten.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Anders als grobe Angriffe auf die Entscheidungsfreiheit einer I. O. etwa durch Bestechung von Bediensteten bei der Vergabe von Aufträgen kommen bei der Verfolgung einzelstaatlicher Partikularinteressen im dienstlichen Bereich (z. B. Ernennungen, Beförderungen, Vertragsverlängerungen etc) gelegentlich subtilere Einflussnahmen zum Einsatz. Der ARGrundsatz der Unabhängigkeit der I. O. umfasst daher auch die Unabhängigkeit der für sie tätigen Bediensteten. In den meisten DienstRO sind daher entsprechende Verhaltenspflichten der Bediensteten normiert (vgl. Art. 11 EG-BS; Art. 1.2d VN-PS; Art. 25 ER-PS). Bei einigen I. O. ist die Verpflichtung sogar Gegenstand eines Gelöbnisses bei Dienstantritt (vgl. z. B. Art. 25 ER-PS und Art. 1.1b VN-PS). In Art. 100 Abs. 2 der VNCharta ist zusätzlich die Pflicht der Vertragsstaaten normiert, den ausschließlich int. Charakter der Verantwortlichkeiten des Leiters der I. O. und des Personals zu beachten und keinen Einfluss auf die Erfüllung ihrer Dienstpflichten zu nehmen. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2232: In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung aller int. VerwGerichte ist die Unabhängigkeit der int. Bediensteten eine wesentliche Garantie der ungehinderten Tätigkeit der I. O. Im Falle des Leiters einer I. O. wird diese Unabhängigkeit unter anderem durch Befristung des Mandats sichergestellt; VGIAO Nr. 2129: Allgemein zur Unabhängigkeit der int. Bediensteten; VGIAO Nr. 2032: Die Freiheit von der nationalen Besteuerung der Gehälter int. Bediensteter ist eine wesentliche Bedingung für die Unabhängigkeit und Objektivität des int. öff. Dienstes. Die I. O. ist verpflichtet, die Bediensteten bei der Durchsetzung berechtigter Forderungen nach nationaler Steuerbefreiung zu unterstützen; VGIAO Nr. 1821: Der Grundsatz der Unabhängigkeit der I. O. steht in voller Übereinstimmung mit der Einflussnahme der Vertragsstaaten auf die I. O. durch Stellungnahmen und Beiträge in den zuständigen Organen und Ausschüssen; VGIAO Nr. 1791: Der Grundsatz der Unabhängigkeit wird durch den souveränen Beschluss eines seiner Organe auch dann nicht verletzt, wenn von dem innerstaatlichen Organ eines Vertragsstaats andere Ziele verfolgt werden (Anpassung des int. Gehaltssystems an das nationale); VGIAO Nr. 1733: Bei ihrer dienstlichen Tätigkeit dürfen int. Bedienstete keine Weisungen von externen Quellen anfordern oder entgegennehmen (Veto eines Vertragsstaats gegen die Ernennung eines Bediensteten); VGIAO Nr. 1730: Keine staatliche Einflussnahme auf die Leistungsbeurteilung eines int. Bediensteten; VGIAO Nr. 1475: Es ist für einen int. Bediensteten unzulässig, nationale Regierungsstellen in Fragen der organisationsinternen Dienstleistung zu konsultieren; VGIAO Nr. 1312: Pflicht der I. O., die Unabhängigkeit ihrer Bediensteten vor nationaler Einflussnahme zu sichern (Ausreiseverbot eines chinesischen Bediensteten wegen familiärer Streitigkeiten);

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VGIAO Nr. 1249: Verstoß gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit der Bediensteten und der I. O. von nationalstaatlicher Einflussnahme (keine Vertragsverletzung eines Bediensteten wegen irrtümlicher Annahme der nationalen Beendigung eines Abordnungsverhältnisses); VGIAO Nr. 1232: Ein int. Bediensteter darf nicht in den vorzeitigen Ruhestand bei der I. O. auf Wunsch eines Vertragsstaates versetzt werden; VGIAO Nr. 448: Die Nichtverlängerung eines Anstellungsvertrags wegen einer von einem Mitgliedsstaat behaupteten, politischen Aktivität, ist eine Verletzung der Unabhängigkeit. Die I. O. muss die Aktivität selbst feststellen und anhand ihrer Interessen bewerten; VGIAO Nr. 431: Verletzung des Unabhängigkeitsgebots, wenn eine I. O. sich ausschließlich Wünschen eines Mitgliedsstaats bei der Frage der Verlängerung eines Anstellungsvertrags beugt; VGIAO Nr. 21: Der Generaldirektor einer I. O. darf sich nicht politischen Entscheidungen nationaler Stellen anschließen, ohne die Interessen der I. O. an der Unabhängigkeit zu verletzen; VGIAO Nr. 15: Die I. O. verstößt gegen den Unabhängigkeitsgrundsatz, wenn sie auf Grund einer nationalen Gerichtsentscheidung einen Bediensteten anweist, vor Gericht zu erscheinen. 3. Die Noblemaire- und Flemming-Grundsätze

Es zählt zu den Wesensmerkmalen aller I. O., die Überrepräsentation von Staatsangehörigen aus einem Mitgliedsstaat zu vermeiden. Zwar wird bezüglich der Zahl der Bediensteten aus einem Sitzstaat eine gewisse Toleranz geübt (insbesondere in den unteren Besoldungsgruppen). Ansonsten gilt jedoch bei der Besetzung von Dienstposten der Grundsatz breitester geographischer Verteilung, um jeden Anschein ungleicher einzelstaatlicher Einflussnahme auf die I. O. durch eine Überzahl an Staatsangehörigen aus einem Mitgliedsstaat zu vermeiden. Dieses geographische Proporzprinzip lässt sich aber nur dann verwirklichen, wenn das Gehaltsangebot auch für Beschäftigte aus den Vertragsstaaten mit dem höchsten Gehaltsniveau noch attraktiv genug ist. Hinzu kommt, dass I. O. nach ihren DienstRO durchgehend verpflichtet sind, nur Personal zu rekrutieren, dass in Bezug auf Leistung, fachlicher Qualifikation und Integrität höchsten Ansprüchen genügt (vgl. z. B. Art. 27 EG-BS). Die nach den Namen der Vorsitzenden von Expertenausschüssen des Völkerbundes benannten Noblemaire- und Flemming-Grundsätze (siehe das Bulletin des Generalsekretärs der VN, Dokument ST/SGB/2002/13 vom 1.11. 2002, S. 14, in UBISNET; Busch, S. 167; Göttelmann/Münch, Rdn. 85 ff.) liefern den Maßstab für die Festlegung (Anpassung) der Gehälter der Bediensteten des VN-CS (zu den Einzelheiten siehe das Internetportal der ICSC).

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Nach dem Noblemaire-Grundsatz, der weder im Primär- noch im Sekundärrecht der I. O. ausdrücklich genannt ist, wird den int. rekrutierten Bediensteten (Regel 104.7 VN-PS) ein Gehaltsniveau – bei gleicher Qualifikation – garantiert, das dem der bestbezahlten öff. Bediensteten in den Mitgliedsstaaten entspricht. Dadurch sollen best-qualifizierte Bedienstete aus allen Mitgliedsstaaten angeworben und an die I. O. gebunden werden (siehe Art. 101 Abs. 3 der VN Charta). Dieser Grundsatz ist heute für mehr als 40% des aktiven Personals des VN-CS (höherer Dienst) maßgebend (siehe UN System HR Statistics 2004 unter: www.unsystemceb.org). Er ist seit seiner ersten Anwendung durch den Völkerbund im Jahre 1921 auch von der Generalversammlung der VN immer wieder bestätigt worden (siehe zuletzt die Resolution 59/268 der Generalversammlung der VN vom 23.12. 2004 auf Vorschlag der ICSC). Als Referenz für den Noblemaire-Grundsatz diente seit Gründung der VN der öff. Dienst der USA. Trotz zwischenzeitlicher Überprüfungen durch die ICSC, die in den 80er-Jahren fast zum Referenzwechsel zum öff. Dienst der Bundesrepublik Deutschland geführt hätte, ist bis zur Gegenwart keine Änderung eingetreten (zu den Einzelheiten siehe im ICSC Internetportal, Compendium, Section 2.1.20, highest paid civil service). Die Rechtsprechung des VGIAO (Nr. 986) hat den Noblemaire-Grundsatz zunächst auf den VN-CS Rechtskreis beschränkt. Erst in seinem Urteil Nr. 1912 (unter Punkt 18) vom 3.2.2000 betreffend das EMBL hat das VGIAO den Noblemaire-Grundsatz für eine I. O. außerhalb des VN-CS als ARGrundsatz für verbindlich erklärt. Entsprechend seinem Geltungsbereich für das int. rekrutierte Personal wird er damit auch bei den I. O. außerhalb des VN-CS als Maßstab des Gehaltsniveaus zu beachten sein. Im Gegensatz zum VN-CS (Regel 104.6 und 104.7 VN-PS) erfolgt nämlich bei den I. O. der anderen Rechtskreise die Rekrutierung in der Regel auch für das Personal unterhalb des höheren Dienstes auf int. Grundlage (siehe z. B. Art. 27 EG-BS; Art. 12 ER-PS). Der Noblemaire-Grundsatz findet keine Anwendung auf das Personal des allgemeinen Dienstes des VN-CS. Hier wurde in den Anfangsjahren der VN der sog. Flemming-Grundsatz entwickelt. Wegen der überwiegend örtlichen Rekrutierung dieses Personals und unter Berücksichtigung der hohen Qualitätsanforderungen wurde es als ausreichend angesehen, diesen Bediensteten Beschäftigungsbedingungen (also nicht nur Gehälter) zu gewähren, die – bei gleicher Qualifikation – mit zu den besten am jeweiligen Dienstort zählen. Das Gericht hatte bisher keine Veranlassung, den Flemming-Grundsatz ebenfalls als ARGrundsatz des int. öff. Dienstes (also nicht nur des VN-CS) zu qualifizieren. Auf Grund der hohen Qualifikationsanforderungen auch an diesen Personenkreis wird man jedoch eine indirekte Geltung des Flemming-Grundsatzes auch für die nicht zum VN-CS Rechts-

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kreis zählenden I. O. annehmen dürfen. Auch die Einordnung dieses Grundsatzes unter die ARGrundsätze für den int. öff. Dienst in der Datenbank TRIBLEX dürfte hierfür ein Indiz sein. Die Noblemaire- und Flemming-Grundsätze wird man daher heute zu den ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst rechnen müssen. Es handelt sich dabei nicht um abgeleitete, sondern um originäre Rechtsgrundsätze des int. öff. Dienstes. Bei der praktischen Anwendung des Noblemaire-Grundsatzes auf das Gehaltsniveau stellte sich für die ICSC bereits in den Anfangsjahren ihrer Errichtung die Frage nach der Bedeutung der Pensionszahlungen im Vergleich des Gehaltsniveaus des öff. Dienstes der USA und dem Dienst in den I. O. des VN-CS. In einer Studie aus dem Jahre 1977 wurde festgestellt, dass auch ein zufriedenstellendes Gehaltsniveau keinen Ausgleich für ein wesentlich niedrigeres Pensionsniveau als im nationalen Bereich bietet (siehe ICSC, Compendium, Section 5.40). In seinem Urteil Nr. 986 (Punkt 7 der Gründe) stellt das VGIAO unter anderem fest, dass der Noblemaire-Grundsatz sowohl die Gehälter als auch die Pensionen betrifft. Die Rechtsbeziehungen der Bediensteten zu ihrer I. O. enden nicht mit dem Eintritt in den Ruhestand. Die VO bildet einen Teil der dienstrechtlichen Regelungen und die Pensionen werden, wie die Gehälter, von Grundsätzen bestimmt, die die I. O. binden. Dies gilt insbesondere für den Noblemaire-Grundsatz, dessen Ziel es nicht ist, den I. O. ein Privileg zu verschaffen, sondern die qualifiziertesten Mitarbeiter aus jedem Mitgliedsstaat für den Dienst bei der I. O. zu gewinnen. Weiter stellt das Gericht fest, dass eine I. O. auch dann gegen den Noblemaire-Grundsatz verstoßen kann, wenn nicht die einzelne jährliche Anpassung (oder Nichtanpassung) der Pensionen, wohl aber deren Summierung über mehrere Jahre das Pensionsniveau unter den garantierten Schwellenwert absenken. Zur Rechtsprechung des VGIAO zu den Noblemaire- und FlemmingGrundsätzen siehe 2. Teil, 3. Abschn. C.I.4. 4. Das Recht der Bediensteten auf Förderung der Verbindung zum Herkunftsort

Der von den int. VerwGerichten entwickelte ARGrundsatz des int. öff. Dienstes auf Förderung der Verbindung des Bediensteten zu seinem Herkunftsort dient nicht in erster Linie dazu, dem Bediensteten finanzielle Vorteile zu verschaffen. Zweck dieses spezifischen ARGrundsatzes für I. O. ist es vielmehr, den int. Charakter der I. O. durch Unterstützung der Bindungen der Bediensteten zum jeweiligen Herkunftsort (Heimatort) aufrechtzuerhalten.

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Das Vertrauen in die von den einzelnen Vertragsstaaten unabhängige Aufgabenerfüllung der I. O. soll auch durch Förderung des multinationalen Charakters der Belegschaft dokumentiert. werden. Der allgemeine Grundsatz besagt, dass der Bedienstete trotz der Entfernung zwischen dem Dienstort und dem Mittelpunkt seiner Lebensinteressen die Möglichkeit behalten muss, seine Beziehungen zu letzterem aufrechtzuerhalten. Allerdings wird dem Legislativorgan und der Leitung der I. O. ein weiter Ermessensspielraum bei der Konkretisierung dieses Grundsatzes zugestanden. Einen Anspruch auf einen bestimmten Inhalt oder Umfang der Förderung der Beziehungen zum Herkunftsort lässt sich deshalb nicht ableiten. Dementsprechend unterschiedlich sind die konkreten Leistungen zur Förderung der Beziehungen ihrer Bediensteten zum Herkunftsort in den einzelnen I. O. In den meisten Fällen ist die periodische Erstattung der Reisekosten zum Heimatort vorgesehen. Auch die Gewährung zusätzlicher Urlaubstage ist weit verbreitet. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2389: Das Recht zum Heimaturlaub wird in erster Linie im Interesse der I. O. an der Aufrechterhaltung der Beziehungen des Bediensteten zum Heimatort gewährt (vgl. Urteil Nr. 937); VGIAO Nr. 271: Allgemein zum Rechtsgrundsatz des int. öff. Dienstes auf Heimaturlaub.

Rechtsprechung EUGH EUGH 144/84: Es besteht ein allgemeiner Grundsatz des Rechts des öff. Dienstes, dass der Beamten trotz seines Dienstantritts und der Entfernung zwischen dem Dienstort und dem Mittelpunkt seines Lebensinteresses die Möglichkeit behalten muss, seine persönlichen Beziehungen zum Herkunftsort aufrechtzuerhalten.

IV. Sonstige spezifische Rechtsgrundsätze (Other specific legal principles) 1. Das Recht der Personalvertretung auf Konsultation

a) Allgemeines (Abgrenzung zu anderen Mitwirkungsrechten) Das VGIAO hat in seiner neueren Rechtsprechung einen ARGrundsatz anerkannt, wonach die PV vor allgemeinen dienstrechtlichen Maßnahmen von der Anstellungsbehörde zu konsultieren ist (Nrn. 2036, 1398, 911). Wie üblich, legt das Gericht dabei seine internen Überlegungen zur Ableitung dieses Grundsatzes nicht offen. Mangels verfassungsrechtlicher Gewährleistungen in den meisten Nationalstaaten (Lang, Rdn. 5) wird man sich im Wesentlichen auf Art. 21 der (revidierten) Europäischen Sozial-

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charta (Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer „im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten“), auf die Nr. 17 und Nr. 18 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer („Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung“ der Arbeitnehmer) und auf Art. 27 EU-GRC (rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer „in den Fällen und unter den Voraussetzungen . . . die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten vorgesehen sind“) stützen können. Der ARGrundsatz wird nach der Rechtsprechung des VGIAO ohne Einschränkungen gewährleistet. Das EUG, das einen ARGrundsatz der PV auf Konsultation bisher nur im Fall des Entzugs von finanziellen Vergünstigungen ausdrücklich anerkannt hat, leitet diesen, durch lapidare Verweisung auf einen gemeinsamen Grundsatz des nationalen Arbeitsrechts der Mitgliedsstaaten ab (EUG T-192/99 betreffend das Dienstrecht der Europäischen Investitionsbank). Der Konsultationsanspruch der PV knüpft auch an den ARGrundsatz der Vereinigungsfreiheit an. Dieser liefert das rechtliche Substrat für die Bildung, den Bestand und die Betätigung der PV (siehe näher unter Vereinigungsfreiheit). Das Recht der PV bei I. O. ist nach Inhalt und Umfang auf die Konsultation durch die Anstellungsbehörde beschränkt. Es kennt grundsätzlich (zu punktuellen Ausnahmen siehe weiter unten) keine, wie auch immer geartete Form der Mitbestimmung (Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 95). Die Konsultation stellt eine der schwächsten Formen der betrieblichen Mitwirkung des Personals dar (siehe EUG T-63/02). Sie bedeutet weder einen Anspruch auf Mitentscheidung noch auf Verhandlung, sondern nur auf Anhörung und Möglichkeit der Stellungnahme zu den von der Verwaltung geplanten, allgemeinen dienstlichen Maßnahmen (siehe VGIAO Nr. 1020 und grundlegend Nr. 380). (Diese Konsultationspflicht entspricht in diesem Bereich in etwa den Beteiligungsverfahren der Gewerkschaften bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse nach § 94 des deutschen Bundesbeamtengesetzes. Diese haben das Recht, insbesondere bei der Vorbereitung von Änderungen der Beamtengesetze des Bundes rechtzeitig angehört zu werden und eine Stellungnahme abgeben zu können). In der Praxis finden derartige Konsultationsverfahren zumeist durch Mitwirkung in den beratenden Ausschüssen statt, die in der Regel mit einer gleichen Zahl von Mitgliedern der PV und der Verwaltung und einem neutralen Vorsitzenden (Stimmrecht nur in Verfahrensfragen) besetzt sind (siehe näher unten 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.). Neben dieser allgemeinen Konsultationspflicht wird man auch eine Verpflichtung zur Beteiligung der PV in den spezifischen Konsultationsgremien

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der I. O. zur Vorbereitung von dienstrechtlichen Entscheidungen des Exekutivorgans der I. O. annehmen müssen. Hierzu zählen etwa die für Einstellungen, Beförderungen, interne Beschwerden und Disziplinarverfahren zuständigen Ausschüsse. Diese Gremien dienen der Meinungsbildung und Erarbeitung einer begründeten Stellungnahme zu spezifischen personalrechtlichen Entscheidungen. Sie soll den Leiter der Anstellungsbehörde in die Lage versetzen, die bestmögliche Entscheidung zu treffen. Die Mitwirkung der Personalvertreter in diesen Gremien kann aber äußerstenfalls zur Abgabe einer von den Mitgliedern der Verwaltung abweichenden Stellungnahme führen. Folgt der Leiter der I. O. dieser Stellungnahme nicht, besteht weder ein allgemeiner Rechtsanspruch auf Begründung, noch muss er etwa ein Schlichtungsgremium anrufen (vgl. dagegen das Verfahren in Mitwirkungsangelegenheiten nach § 72 Abs. 3 und 4 des deutschen Bundespersonalvertretungsgesetzes). Im Gegensatz zu dem sehr beschränkten kollektiven Mitwirkungsrecht der PV bei I. O., das sich unmittelbar aus dem ARGrundsatz auf Konsultation ableitet, haben eine Reihe von I. O. Vereinbarungen mit int. Gewerkschaften und Berufsverbänden über ein Verhandlungs-, Dialog- oder Konzertierungsverfahren abgeschlossen (siehe näher unten 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.). Allerdings verbleibt es auch in diesen Fällen beim Entscheidungsmonopol der Anstellungsbehörde. I. O. und int. Gewerkschaften wird weder durch Regelungen in den Gründungsübereinkommen noch durch Rahmenvereinbarungen mit der Anstellungsbehörde die Befugnis eingeräumt, die Dienstrechtsverhältnisse durch Tarifvereinbarungen selbständig zu regeln. Es besteht auch kein dahingehender ARGrundsatz. Im Gegensatz zu den Arbeitern und Angestellten im öff. Dienst zahlreicher Staaten besteht im int. öff. Dienst keine Tarifautonomie (Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 94). b) Die Einzelheiten der Konsultationspflicht Bei der Normierung von Inhalt und Umfang der Konsultationspflicht besitzen die I. O. einen Gestaltungsspielraum. (Zur konkreten Ausgestaltung der Konsultationsmechanismen siehe unten bei 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.). Nach der Rechtsprechung des VGIAO verpflichtet der ARGrundsatz auf Konsultation die Verwaltung zu einer ausreichenden und rechtzeitigen Unterrichtung der PV in allen, das dienstliche Rechtsverhältnis berührenden Maßnahmen und zur Durchführung der Konsultation nach Treu und Glauben (siehe VGIAO Nrn. 1062, 380). Eine ausreichende Unterrichtung über die geplanten, die Interessen des Personals betreffenden Maßnahmen bedeutet für die I. O. eine Bringschuld,

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d.h. es genügt nicht, die notwendigen Details und Daten erst auf Anforderung von Mitgliedern des Konsultationsorgans zu liefern (VGIAO Nr. 1062). Das Konsultationsorgan muss über alle Informationen verfügen, die es in die Lage versetzen, eine begründete Stellungnahme abzugeben (VGIAO Nr. 1062). Eine erneute Konsultation wird erforderlich, wenn die Stellungnahme eines paritätischen Konsultationsorgans nachträglich eine radikale Veränderung erfahren hat (VGIAO Nr. 1618). Auch anderweitige Beratungen mit Personalvertretern ersetzen nicht die ordnungsgemäße Konsultation in den dafür bestimmten Konsultationsgremien (VGIAO Nr. 1488). Die für die Konsultation erforderlichen Unterlagen müssen der PV so rechtzeitig zur Verfügung stehen, dass das Ziel der Beratung erreicht werden kann, nämlich eine begründete Meinung zu der beabsichtigten Maßnahme abzugeben. Nur auf diese Weise kann die Verwaltung in die durch die Konsultation gewollte Lage versetzt werden, die „letzte Entscheidung“ zu treffen. In der Praxis wird man eine Vorlagepflicht von etwa zwei Wochen als ausreichend ansehen dürfen (vgl. unter 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.). Ihrem Umfang nach erstreckt sich die Konsultationspflicht auf alle Maßnahmen, die das dienstliche Rechtsverhältnis des Personals berühren. In erster Linie sind dies alle Änderungen der DienstRO im weitesten Sinne, d.h. insbesondere des PS (BS), der Versorgungsregelungen, der Kranken- und Sozialversicherungsvorschriften und des Datenschutzes, aber auch ergänzender und nachrangiger Regelungen der Verwaltung zum Dienstrecht. Ausgeschlossen von der Konsultationspflicht sind allgemeine Maßnahmen der I. O. zur Verbesserung der Arbeitsergebnisse oder die Verwendung neuer technischer Arbeitsmethoden (Computer-Technologie etc, vgl. VGIAO Nr. 1398) oder die Änderung von Arbeitsbedingungen für Personal, das überhaupt nicht dem PS unterliegt (VGIAO Nr. 2036 Vizepräsidenten der EPO). In den PS selbst wird die Konsultationspflicht gelegentlich noch um ein fakultatives Konsultationsrecht ergänzt (siehe 2. Teil, 3. Abschn. C.I.10.). Die Konsultationspflicht ist nicht verletzt, wenn die Personalvertreter trotz wiederholter Einladung nicht an einer Sitzung des Konsultationsorgans teilnehmen (VGIAO Nrn. 1839, 1838, 1565). Ihrem Inhalt nach erfordert die Konsultationspflicht einen Meinungsaustausch zwischen den Vertretern des Personals und der Verwaltung über die beabsichtigte Maßnahme. Ziel der Konsultation ist es, sich mit den Gesichtspunkten der anderen Seite auseinander zu setzen. Bei guten und überzeugend vorgetragenen Argumenten durch die Personalvertreter kann die

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

bloße Konsultation in eine Art Verhandlungsphase unter (nahezu) gleichen Partnern übergehen. Die auf dies Weise gemeinsam erzielten Ergebnisse sind nicht nur geeignet, die Motivation des Personals zu bessern, sondern setzen bei Gesetzesvorlagen ein starkes Signal für das zur Normsetzung befugte Organ (Rat, Generalversammlung). Die Konsultationspflicht muss unter Beachtung des ARGrundsatzes von Treu und Glauben durchgeführt werden (EUG T-192/99). Dazu zählt, dass der Entscheidungsprozess noch offen, d.h. beeinflussbar sein muss. Ein Verstoß gegen diesen ARGrundsatz würde z. B. vorliegen, wenn die Verwaltungsvertreter zu Beginn der Konsultation erklären würden, sich durch nichts von ihrer Meinung abbringen zu lassen (VGIAO Nr. 380: „. . . if the decision-maker began with the determination not be influenced by anything that might be said to him“). In einem solchen Fall wäre ein Beteiligungsprozess von vornherein ohne Sinn, eine echte Konsultation fände nicht statt. Das gleiche muss gelten, wenn die I. O. zu einem echten Meinungsaustausch nicht bereit ist oder eine freie Meinungsbildung innerhalb der PV zur Vorbereitung der Konsultation durch Zensur (Vorlage der Kommunikation innerhalb der PV zur Inspektion durch die Verwaltung) beeinträchtigt würde (VGIAO Nr. 496). Die Vereinigungsfreiheit schützt nämlich auch den fortlaufenden freien Kontakt zum Personal, die Einsetzung von Arbeitsgruppen durch die PV, die Abhaltung von Personalversammlungen und Meinungsumfragen (Betätigungs- und Meinungsbildungsfreiheit, vgl. VGIAO Nr. 911). Diese Freiheit darf auch nicht durch Zwangsmittel (z. B. Streichung von Unterstützungsleistungen, Benachteiligung bei der Beförderung von Funktionären, Versetzungen) beeinträchtigt werden (VGIAO Nrn. 576, 494, 450, 447). c) Die Grenzen der Vereinigungsfreiheit und der Anspruch auf Unterstützung Bei der Gründung und Betätigung der PV unterliegt der ARGrundsatz der Vereinigungsfreiheit weitergehenden Einschränkungen als bei der Koalitionsfreiheit. Die I. O. hat hier eine verstärkte Kontrollpflicht (Kontrolle der Wahlen zur PV, vgl. EUGH 146 und EUGH 431/85; VGIAO Nr. 274; Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 96) und die praktische Durchführung der Konsultation erfolgt im Rahmen des dazu von der I. O. bereitgestellten Instrumentariums. Da die Personalbeteiligung auch im wohlverstandenen Interesse der I. O. liegt, besteht ein allgemeiner Anspruch der PV auf Unterstützungsleistungen (siehe VGIAO Nrn. 911, 496: Keine Privilegien und Wohltaten, sondern notwendige Leistungen). So kann eine PV ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn ihre Mandatsträger zumindest teilweise vom regulären Dienst freigestellt sind und ihr finanzielle Mittel für Dienstreisen zu

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Sitzungen an anderen Dienstorten, zur Abstimmung mit den anderen örtlichen und mit der zentralen PV der I. O. und zu Fortbildungsveranstaltungen zugewiesen werden. Zur standardmäßigen Unterstützung zählt auch die Benutzung der Kommunikationsmittel (Telefon, PC, Kopierer, Fax, Internet, Intranet), die Bereitstellung von Büroräumen, die Benutzung von Büromaterial und die Unterstützung durch Hilfspersonal (Sekretariat, Techniker). Bei der Gewährung aller dieser Vergünstigungen besitzt die I. O. einen weiten Ermessensspielraum. Es besteht kein Anspruch auf bestimmte Unterstützungsleistungen. Andererseits dürfen Änderungen und Streichungen einzelner Leistungen erst nach Vorankündigung und bei erheblichen Einschränkungen nach vorheriger Konsultation erfolgen (VGIAO Nrn. 911 und 496: Änderungen, die eine versteckte Disziplinierung darstellen, sind unzulässig (VGIAO Nr. 496)). d) Die Klagebefugnis Ihrer Rechtsnatur nach sind die PV bei I. O. rein organisations-interne Gremien ohne eigene nationalstaatliche Rechtsfähigkeit. Ihre Handlungsfähigkeit wird einerseits durch die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Konsultation gewährleistet und andererseits durch das im PS oder in ergänzenden Regelungen konkretisierte Konsultationsverfahren institutionell beschränkt. Hierdurch werden etwa die horizontale und vertikale Gliederung der Personalausschüsse, der Wahlmodus, die Zahl der Vertreter, die Mitwirkung in den gemischten Ausschüssen, die Einzelheiten des Konsultationsoder eines erweiterten Mitwirkungsverfahrens, die Freistellungen vom Dienst und die Gewährung von Unterstützungsleistungen im Einzelnen festgelegt. Dies gilt auch für die Frage, ob die PV als solche vor den internen Beschwerdeausschüssen und dem zuständigen int. VerwGericht Klagebefugnis besitzt. Bei den weitaus meisten I. O. ist die Klagebefugnis auf individuelle Klagen der Bediensteten beschränkt (eine Ausnahme besteht etwa im PS des ER, siehe Art. 59 Abs. 6 c ER-PS und in der OECD, siehe Art. 1 b der Resolution des Rats der OECD über die Satzung und Tätigkeit des OECD VerwGerichts). Dieser Rechtslage entspricht auch der Wortlaut der Satzungen des EUGH (EUG und EUGöD) und des VGIAO und deren Rechtsprechung (vgl. EUGH 15/63, VGIAO Nrn.1329, 911, 278). Die IAO plant jedoch nach mehrjährigem Abstimmungsverfahren mit Vertretern der I. O., auf die sich die Gerichtsbarkeit des VGIAO erstreckt, sowie mit PV und Gewerkschaften eine Änderung der Satzung des VGIAO. Nach einem Vorschlag an die Generalversammlung der IAO (Dokument GB 292/PFA/ 20/2 vom 20.2.2005) soll den PV die Klagebefugnis in dem Umfang eingeräumt werden, wie dies in den PS der I. O. festgelegt ist. Nach § 6 des Art. II der geplanten Neufassung der Gerichtssatzung muss es sich dabei

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um die Klage eines bevollmächtigten Vertreters der Personalvereinigung handeln, dessen Name von der I. O. dem Gericht mitgeteilt wurde. Außerdem gestattet das VGIAO insbesondere den PV die Einreichung sog. „Schreiben der Freunde des Gerichts“ (amicus curiae Schreiben), in dem dieses über Bemerkungen der PV zu einer anhängigen Klage unterrichtet wird (siehe VGIAO Nrn. 2422, 2420). Zahlreiche int. VerwGerichte sehen die Einreichung von amicus curiae Schreiben in ihren Statuten ausdrücklich vor (siehe VGVN Art. 23 § 2; VGWB Art. 25 § 2; VGOECD Art. 5c). Die fehlende Klagebefugnis (locus standi) der PV wird jedoch durch die Klagebefugnis der einzelnen Personalvertreter weitgehend ersetzt. Nach Auffassung des VGIAO muss die mangelnde Klagebefugnis der PV hierdurch ausgeglichen werden, weil ansonsten die durch die Vereinigungsfreiheit und die Konsultationspflicht geschützten Rechtsgüter nicht gewährleistet werden könnten (VGIAO Nr. 2562 und grundlegend Nr. 1147). So können Personalvertreter in dieser Funktion z. B. die Verletzung statutärer Regelungen über Ausschreibungsverfahren (VGIAO Nrn. 2562, 1315), über Konsultationsverfahren (VGIAO Nr. 2036) und die Ernennung eines Mitglieds des Beförderungsausschusses ohne vorherige Zustimmung des zuständigen Vizepräsidenten (VGIAO Nr. 1147) gerichtlich geltend machen. Die Parteifähigkeit bleibt unter bestimmten Voraussetzungen auch nach Ausscheiden aus dem Dienst bestehen (VGIAO Nr. 1269; siehe auch 3. Teil, 2. Abschn. B.II.). e) Unternehmerische Mitwirkungsrechte der Personalvertretung Einige wenige I. O. haben in bestimmten Teilbereichen ihres kollektiven Dienstrechts eine über die Konsultation hinausgehende punktuelle Beteiligung des Personals bzw. der PV an quasi unternehmerischen Entscheidungen eingeführt. So werden der Pensionsrat des Gemeinsamen Pensionsfonds der VN (UNJSPF Board) und die Pensionsausschüsse des UNJSPF (Staff Pension Committees) zu je einem Drittel mit Vertretern des Personals besetzt (Art. 5 und 6 UNJSPF Statut). Im Aufsichtsrat des EPO Reservefonds für Pensionen und soziale Sicherheit (RFPSS) werden ein Drittel der Mitglieder vom Personalausschuss ernannt (Art. 5 Abs. 1a EPO-RFPSS-Statut; siehe Ullrich, Versorgungssysteme, S. 229). In den genannten Gremien wirken die Personalvertreter an Entscheidungen über die Anlageaktivitäten der Fonds und an der Überwachung der Fondsverwaltungen mit. Es handelt sich dabei nicht um eine Mitwirkung in dienstrechtlichen Angelegenheiten, sondern um eine Art unternehmerischer Mitbestimmung in Nebeneinrichtungen (Art. 22 VN Charta, Art. 38 b EPÜ) einer I. O.

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Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2422: Amicus Curiae Schreiben der Personalvereinigung an das Gericht (vgl. Nr. 2420); VGIAO Nr. 2288: Die obligatorische Anhörung durch den Beratenden Ausschuss erfordert die Besprechung auf einer offiziellen Sitzung und ein Sitzungsprotokoll. Einzelgespräche mit Ausschussmitgliedern ersetzen die Anhörung nicht; VGIAO Nr. 2036: Die Unterlassung einer obligatorischen Anhörung durch einen Beratenden Ausschuss kann von dessen Mitgliedern in der Eigenschaft als Personalvertreter und als Mitglied des Ausschusses angefochten werden. Im konkreten Fall lag keine Verletzung der Konsultationspflicht vor, da es sich bei Änderung der Anstellungsverträge und des Modellvertrags für Vizepräsidenten bei der EPO nicht um Änderungen des BS handelt (siehe auch Nrn. 1978, 1618, 1488, 1398); VGIAO Nr. 1839: Nichtteilnahme der Personalvertreter an Sitzungen des Beratenden Ausschusses trotz wiederholter Einladung verletzt nicht die Konsultationspflicht (vgl. Nrn. 1838, 1565); VGIAO Nr. 1618: Eine erneute Konsultation des Beratenden Ausschusses ist nur bei radikaler Änderung des ursprünglich zur Stellungnahme vorgelegten Dokuments erforderlich. Die Konsultationspflicht wird nicht durch die schlechte Redaktion eines Dokuments, die unterlassene Beratung mit anderen Stellen, I. O. oder mit den Regierungen der Vertragsstaaten verletzt. Zweck der Konsultation ist es u. a. aber auf derartige mögliche Fehler hinzuweisen; VGIAO Nr. 1488: Umfang der Informationspflicht der Verwaltung gegenüber den Mitgliedern eines Konsultationsorgans (siehe auch ARGrundsatz Informationspflicht). Die Pflicht zur Konsultation wird nicht durch anderweitige Beratungen ersetzt; VGIAO Nr. 1398: Keine Konsultationspflicht bei Maßnahmen der Arbeitsorganisation und Einführung neuer Arbeitsmethoden; VGIAO Nr. 1369: Keine Pflicht der I. O., eine Gehaltsanpassung zu begründen, wenn sie dies im Rahmen einer Konsultationsvereinbarung mit der Gewerkschaft bereits hinreichend getan hat; VGIAO Nr. 1200: Verletzung der Konsultationspflicht; VGIAO Nr. 1062: Ein rechtmäßiges Konsultationsverfahren erfordert die rechtzeitige und ausreichende Information zu der von der Verwaltung beabsichtigten Maßnahme. Es genügt nicht, dass die I. O. lediglich anbietet, Details und Daten zu liefern, wenn dies von den Mitgliedern des Konsultationsorgans gewünscht wird; VGIAO Nr. 1020: Die Konsultationspflicht beinhaltet weder die Pflicht zu einer Verhandlung noch stellt sie ein Zustimmungserfordernis dar; VGIAO Nr. 911: Die Konsultationspflicht gegenüber der Personalvereinigung ist ein ARGrundsatz. Hinsichtlich Art und Umfang der Konsultation besteht Ermessen (vgl. Nr. 1398); VGIAO Nr. 872: Kein ARGrundsatz zur Konsultationspflicht bei Streitigkeiten und internen Beschwerden; VGIAO Nr. 496: Über die Änderung von Unterstützungsleistungen an Personalvereinigungen muss nicht verhandelt werden. Die I. O. muss aber vor einer Ent-

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scheidung alle relevanten Fakten in Betracht ziehen und die Auffassung der Personalvereinigung einholen; VGIAO Nr. 380: Grundlegendes Urteil zum Unterschied zwischen der Pflicht zur Konsultation und zur Verhandlung.

Rechtsprechung EUGH EUG T-192/99: ARGrundsatz der PV auf Konsultation durch die Anstellungsbehörde bei Beseitigung finanzieller Vergünstigungen. Die Konsultation muss so gestaltet sein, dass sie in den Inhalt des zu erlassenden Rechtsakts noch beeinflussen kann, d.h. sie muss rechtzeitig und nach Treu und Glauben durchgeführt werden.

2. Das Recht auf Fürsorge und Beistand – Allgemeines

Nach der Rechtsprechung des EUGH und des VGIAO unterscheiden sich diese ARGrundsätze im Hinblick auf Ableitung, Umfang und Inhalt der durch sie gewährleisteten Rechte je nach der Rechtsnatur des zugrunde liegenden Dienstverhältnisses. Bei den I. O. mit Bediensteten im Beamtenstatus (EG und EPO) bilden diese ARGrundsätze das Gegengewicht zu den besonderen Verhaltens- und Treuepflichten der Beamten. Der EUGH leitet sie aus den Grundsätzen der „guten Verwaltungsführung“ und der „Gerechtigkeit“ ab (EUGH 53/72). Hierdurch werde das wechselseitige Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten widergespiegelt, „welches das Statut in den Beziehungen zwischen der Behörde und den Beamten geschaffen hat“ (EUG T-67/99, siehe Kalbe, Rdn. 78). Das in Art. 24 EG-BS genannte Recht auf Beistand kann nicht als Rechtsgrundlage für die Ableitung dieses ARGrundsatzes dienen, sondern ist umgekehrt die Konkretisierung dieses Grundsatzes (a. A. Rogalla, Art. 283, Rdn. 86). In den BS selbst wird in der Regel nur die Beistandspflicht, nicht aber die Fürsorgepflicht ausdrücklich normiert (siehe 2. Teil, 3. Abschn. C.I.9.b)).

a) Das Recht auf Fürsorge Es blieb der Rechtsprechung des EUGH überlassen, die Fürsorgepflicht als ARGrundsatz zu verdeutlichen (siehe eingehend Karpenstein, Rdn. 51). Nach dieser Rechsprechung geht der Grundsatz der Fürsorge nicht so weit wie das aus Art. 33 Abs. 5 des GG abgeleitete Fürsorgeprinzip des deutschen Beamtenrechts. Insbesondere lassen sich keine über das BS hinausgehende Ansprüche ableiten (EUG T-14/03). Folgt man dieser Rechtsprechung so wird man keinen Rechtsanspruch auf die vielfach in den tertiärrechtlichen

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Regelungen den Bediensteten eingeräumten Vergünstigungen und Erleichterungen (etwa die Gewährung von Vorschüssen, die Wohnungsfürsorge, die Durchführung von Steuerberatungen, die Gewährung von Baudarlehen, die Bereitstellung von Kinderkrippen, die Durchführung von Grippeimpfungen oder die finanzielle Unterstützung von Selbsthilfeeinrichtungen der Bediensteten) annehmen können (siehe 2. Teil, 3. Abschn. C.I.9.j)). Dagegen wird sich aus der Fürsorgepflicht ein Recht auf Förderung der beruflichen Fortbildung ableiten lassen (vgl. Art. 24a EG-BS; EUGH 218/80, Karpenstein, Rdn. 51; Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 87). Ähnliches gilt für die Haftungsfreistellung der Beamten für Schäden, die durch die I. O. oder ihre Beamten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursacht werden (Art. 288 Abs. 2 EGV; Art. 9 Abs. 2 EPÜ; siehe Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 9 EPÜ, Rdn. 29 f.). Bei den I. O. mit vertraglichen Dienstverhältnissen leitet das VGIAO das Recht auf Fürsorge aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ab. Dieser beinhaltet nach der Rechtsprechung die Pflicht der I. O., ihre Bediensteten mit der nötigen Achtung zu behandeln und unnötigen Schaden („unnecessary injury“, „undue hardship“) von ihnen abzuwenden (VGIAO Nrn. 1756, 1734, 1496). Es wird dadurch ein Gleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der I. O. und der Bediensteten angestrebt. Der I. O. wird zu diesem Zweck eine Wohlwollenspflicht auferlegt (VGIAO Nr. 367: Die I. O. kann nicht einseitig Loyalität, Achtung ihrer Interessen und Respekt gegenüber Vorgesetzten verlangen, sie muss ihrerseits die Würde und das Ansehen ihrer Bediensteten schützen und darf ihnen nicht unnötigerweise Leid zufügen). b) Das Recht auf Beistand Der von den int. VerwGerichten entwickelte ARGrundsatz, der I. O. verpflichtet, ihren Bediensteten Beistand zu leisten, ist nicht mit der Fürsorgepflicht identisch, er besitzt vielmehr ein eigenes materielles Substrat (EUG T-67/99). Im Gegensatz zur Fürsorgepflicht enthalten die DienstRO in der Regel ausdrückliche Vorschriften zur Beistandspflicht (Art. 24 EG-BS; Art. 40 ER-PS und sehr allgemein Art. 1.2.c VN-PS). Die einschlägigen dienstrechtlichen Normen konkretisieren diesen Grundsatz als Beistandspflicht der I. O. gegen Angriffe in Form von Drohungen, Beleidigungen, Verleumdungen oder Anschlägen auf die Gesundheit oder das Vermögen, die auf Grund der dienstlichen Tätigkeit gegen den Beamten und seine Familie gerichtet werden (EUG T-67/99, EUG T-114/98). Die Beistandspflicht kann auch eine Entschädigung für erlittenen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation auslösen, soweit der Bedienstete

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von dem Dritten keinen Schadensersatz erlangen kann (siehe näher 2. Teil, 3. Abschn. C.I.9.b)). Die Beistandspflicht besteht nach der Rechtsprechung gegen Angriffe von Außenstehenden, Kollegen und Vorgesetzten (EUG T-136/98; EUG T-5/92; EUGH 18/78), nicht jedoch gegen Maßnahmen der I. O. selbst (EUG T-95/04). Sie schützt auch pensionierte Bedienstete (EUGH 229/84). Die Beistandspflicht gebietet eine schnelle und energische Tätigkeit der I. O. zum Schutz des Bediensteten und seiner Familie (ständige Rechtsprechung des EUG, vgl. z. B. EUG T-136/03). Vielfach überschneiden sich die ARGrundsätze auf Fürsorge und Beistand mit anderen ARGrundsätzen, so insbesondere mit dem Recht auf gute Verwaltung (EUG T-72/01, EUG T-133/89), der Würde und dem Ansehen des Bediensteten (EUG T-39/93) und mit Treu und Glauben (VGIAO Nrn. 2345, 2017). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2642: Fürsorgepflicht bei schikanöser Behandlung durch andere Bedienstete (SFR 30.000 Schadensersatz); VGIAO Nr. 2522: Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und der Fürsorge bei der Durchführung des internen Beschwerdeverfahrens; VGIAO Nr. 2345: Die Fürsorgepflicht und Treu und Glauben gebieten es, jeden Bediensteten bei der Ausübung seiner Rechte zu helfen (Hinweis, dass es zur Klageerhebung keiner Genehmigung durch die I. O. bedarf); VGIAO Nr. 2256: Verpflichtung der I. O., den Bediensteten bei der Durchsetzung seines unbestrittenen Rechts auf Befreiung der Dienstbezüge von der nationalen Einkommenssteuer zu unterstützen (vgl. auch Nr. 2032); VGIAO Nr. 2051: Verletzung der Fürsorgepflicht durch unangemessen kurze Bewerbungsfrist; VGIAO Nr. 2067: Pflicht, Bediensteten würdig zu behandeln und unnötigen Schaden abzuwenden (schlechtes Arbeitsklima); VGIAO Nr. 2017 (Nr. 1832): Pflicht, eine interne Beschwerde an die zuständige Stelle weiterzuleiten (zu den Grenzen dieser Pflicht vgl. Nr. 1734); VGIAO Nr. 1756: Ein Bediensteter muss über alle ihn betreffenden bedeutsamen Vorgänge unterrichtet werden und Gelegenheit zur Stellungnahme haben (vgl. Nr. 1479); VGIAO Nr. 1734: Die Fürsorgepflicht gebietet es, von einem Bediensteten Schaden abzuwenden und ihn, nach Möglichkeit, auf offensichtliche Verfahrensfehler hinzuweisen; VGIAO Nr. 1623: Kein Anspruch auf Fürsorge/Beistand durch die I. O. bei Anwendung nationalen Steuerrechts (Berechnung des progressiven Steuersatzes); VGIAO Nr. 1496: Fürsorge bei Versetzung (vgl. auch Nrn. 1234, 942, 631, 367);

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VGIAO Nr. 946: Verletzung der Fürsorgepflicht, wenn der Bedienstete nicht über die Gründe der Nicht-Verlängerung seines Zeitvertrags unterrichtet wird; VGIAO Nr. 730: Zulässigkeit einer verspätet eingelegten Beschwerde wegen der Schwierigkeit, sich am Dienstort über die einschlägigen Vorschriften zu unterrichten; VGIAO Nr. 402: Absehen von einer Versetzung, wenn diese mit Gefahr für Leib oder Leben des Bediensteten verbunden ist.

Rechtsprechung EUGH EUG T-156/05 (EUG T-236/02): Die Fürsorgepflicht verbietet es nicht, im dienstlichen Interesse, Kriterien für die Beförderungen festzulegen; EUG T-95/04 (EUG T-136/98, EUG T-22/99): Keine Beistandspflicht gegen Entscheidungen der I. O. selbst; EUG T-136/03: Beistandspflicht nach Art. 24 BS gebietet eine schnelle und energische Hilfe bei der Aufklärung des Vorfalls und dem Ergreifen von Schutzmaßnahmen (vgl. EUG T-36/93, EUG T-294/94, EUG T-183/95); EUG T-40/03 (EUG T-67/99, EUG T-203/97, EUG T-199/01): Die Ausübung der Fürsorgepflicht muss im Rahmen der geltenden Dienstrechtsvorschriften erfolgen; EUG T-187/02: Ermessen bei den nach Art. 24 BS zu ergreifenden Maßnahmen. Grenzen der finanziellen Beistandspflicht bei der Rechtsverfolgung vor nationalen Gerichten; EUG T-166/02: Die Wiedereinleitung eines Disziplinarverfahrens verbunden mit beruflicher Unsicherheit verstößt als solche nicht gegen die Fürsorgepflicht; EUG T-78/02: Die Nicht-Zustellung einer Disziplinarentscheidung an den Rechtsanwalt des Betroffenen stellt keine Verletzung der Fürsorgepflicht dar; EUG T-90/95: Die Fürsorgepflicht gebietet es, dem Bediensteten alle Informationen über das Ergebnis einer amtsärztlichen Untersuchung mitzuteilen, die für seinen Gesundheitszustand wichtig sind; EUG T-67/99 (EUG T-114/98): Die Beistandspflicht nach Art. 24 BS und die Fürsorgepflicht sind nicht vollständig identisch. Die erstgenannte Pflicht soll den Bediensteten vor Bedrohungen schützen, die er auf Grund seiner dienstlichen Tätigkeit erleidet, die Fürsorgepflicht spiegelt das Gleichgewicht der gegenseitigen Rechte und Pflichten nach dem BS wieder und erfordert bei einer den Bediensteten betreffenden Entscheidung alle maßgebenden Elemente zu berücksichtigen, wozu auch die Interessen des Bediensteten zählen; EUG T-93/94: Nach ständiger Rechtsprechung gebietet es die Fürsorgepflicht, dass die Verwaltung, wenn sie über die Situation eines Bediensteten entscheidet, nicht nur das dienstliche Interesse, sondern auch das Interesse des Beamten berücksichtigt; EUGH C-298/93 (ständige Rechtsprechung, siehe auch EUG T-55/03 und EUG T-76/03): Der von der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelte Begriff der Fürsorgepflicht der Verwaltung spiegelt das Gleichgewicht zwischen wechselseitigen Rechten und Pflichten wider, das das Statut in den Beziehungen zwischen

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Behörden und Bediensteten geschaffen hat. Sie hat bei dienstlichen Entscheidungen neben dem dienstlichen Interesse auch die Interessen des betroffenen Beamten zu berücksichtigen; EUGH C-193/87 (EUGH C-194/87, EUG T-576/93 bis EUG T-583/93): Eine Berufung auf die Fürsorgepflicht zur Lösung von Problemen in den kollektiven Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und den Gewerkschaften und Berufsverbänden ist nicht möglich; EUGH C-180/87: Keine Beistandspflicht bei polizeilichen Maßnahmen gegen außerdienstliches Verhalten eines Beamten; EUGH C-229/84: Die Beistandspflicht nach Art. 24 BS gilt auch für pensionierte Beamte. 3. Die Selbstbindung der Exekutiv- und Legislativorgane (Patere legem quam ipse fecisti)

Nach der Rechtsprechung der int. VerwGerichte besteht ein ARGrundsatz auf Selbstbindung der Exekutiv- und Legislativorgane an die von ihnen erlassenen Rechtsnormen, innerdienstlichen Regelungen und Maßnahmen. Der ARGrundsatz leitet sich aus den nationalstaatlichen Rechtsordnungen ab und stützt sich letztlich auf den allgemeinen Rechtsgedanken des Vertrauensschutzes sowie den ARGrundsatz der Gleichbehandlung und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Lindemann, S. 121 ff.; Karpenstein, Rdn. 55). Das Exekutivorgan einer I. O. ist nicht nur an die von ihm erlassenen nachrangigen Normen (insbesondere Durchführungsregelungen zur DienstRO), sondern auch an sog. „Verhaltensnormen“ (rules of practice) gebunden. Daher besteht auch eine Bindung an innerdienstliche Richtlinien und andere Maßnahmen internen Charakters (EUGH 80 bis 83/81 und 182 bis 185/82). Nach der Rechtsprechung des VGIAO kann die von einer I. O. geübte Praxis als Folge der Auslegung einer Norm dann zu einer Selbstbindung führen, wenn der übereinstimmende Wille der Bediensteten und der I. O. besteht, eine vertragsähnliche Bindung eingehen zu wollen. Es genügt dazu im Allgemeinen, wenn sich der Bindungswille der I. O. in der ständigen Übung manifestiert, entsprechenden Anträgen des Personals stattzugeben (VGIAO Nr. 1053). Keine Selbstbindung der Verwaltung besteht an unrechtmäßigen Entscheidungen, da die allgemeine Bindung der I. O. an das Recht eine Selbstbindung an das Unrecht verbietet. Dies gilt auch für interne Durchführungsvorschriften, die gegen die DienstRO verstoßen (EUG T-236/97). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2526: Die I. O. kann sich nicht auf die Nichtausschöpfung eines internen Beschwerdeverfahrens berufen, wenn sie diese selbst durch Nichtbeachtung ihrer Verpflichtung zur Stellungnahme auf die Beschwerde verursacht hat;

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VGIAO Nr. 2414: Eine I. O. kann die Leistung eines Bediensteten nicht als unzureichend beurteilen, wenn sie sich selbst nicht an ihre Pflicht zur rechtzeitigen Warnung und Festlegung von Leistungszielen und Bewertungsgrundlagen hält; VGIAO Nr. 2316: Hält eine I. O. sich nicht an die Pflicht zur Leistungsbeurteilung, kann sie dem Bediensteten nicht das Aufsteigen in der Dienstaltersstufe verweigern, weil er möglicherweise unbefriedigende Leistungen erbracht hat (siehe auch Nr. 2170); VGIAO Nr. 2125: Bindung einer I. O. an die von ihr selbst festgelegten Kriterien für eine Verlängerung der Beschäftigung über die normale Altersgrenze hinaus; VGIAO Nr. 1973: Bindung der I. O. an Regelungen, die ihr Ermessen bei Beförderungen einschränken; VGIAO Nr. 1821: Bindung an die Regelungen einer gewählten Gehaltsanpassungsmethode (siehe auch Nr. 1419, Nr. 1265); VGIAO Nr. 1696: Verletzung der Verpflichtung, den Personalausschuss zu konsultieren (Plenarsitzung erforderlich, siehe auch Nr. 1200); VGIAO Nr. 1646: Eine I. O. ist zur strikten Einhaltung ihrer Ausschreibungsregeln verpflichtet (siehe auch Nrn. 1549, 1359, 1223, 1077, 1071, 729, 107); VGIAO Nr. 1461: Bindung an die Praxis bei der Auslegung von internen Regelungen zur Gewährung der Sekretariatszulage (siehe auch Nr. 1403); VGIAO Nr. 1204: Verbot der Verwendung anderer Kriterien für eine Beförderung als die selbst vorher festgelegten und veröffentlichten Bedingungen (siehe auch Nr. 1025); VGIAO Nr. 1158: Verbot der Änderung von Einstellungskriterien in einem laufenden Verfahren; VGIAO Nr. 1053: Verbot der Änderung einer Auslegungspraxis (hier: Erstattung der US-Steuer auf Kapitalzahlungen aus dem UNJSPF durch die I. O.); VGIAO Nr. 425: Stellenbeschreibungen sind bis zu einer Änderung bindend; VGIAO Nr. 421: Voraussetzungen für die Selbstbindung einer Verwaltung an eine bestimmte Praxis (Bindungswille der I. O. muss zum Ausdruck kommen); VGIAO Nr. 51: Alle Gewalten einer I. O. sind an die von ihnen selbst getroffenen Regeln bis zu ihrer Änderung oder Aufhebung gebunden.

Rechtsprechung EUGH EUGH C-304/97 P: Bindung an die in einer Stellenausschreibung geforderten Qualifikationen und Kenntnisse; EUG T-236/97: Kein Rechtsanspruch auf den Bestand einer Durchführungsrichtlinie, wenn diese gegen die höherrangige DienstRO verstößt; EUG T-576/93: Ein Bediensteter kann sich nicht auf kollektive Vereinbarungen zwischen der I. O. und der Gewerkschaft berufen, soweit diese für ihn weder Pflichten noch Rechte schafft; EUGH 80/81 und EUGH 182/82: Eine innerdienstliche Richtlinie oder eine sonstige interne Maßnahme stellt eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die

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zu befolgende Verwaltungspraxis enthält. Hiervon kann nicht ohne Angabe stichhaltiger Gründe abgewichen werden; EUGH 70/74: Bindung an die selbst festgelegte Ermessensausübung bei der Angleichung der Dienstbezüge und Ruhegehälter. Vorbehalt einer Erprobungsphase ist zulässig. 4. Die Normenhierarchie im Dienstrecht

Das Dienstrecht der I. O. findet seine Rechtsgrundlage in den Gründungsübereinkommen (Primärrecht) der I. O. (Art. 283 EGV, Art. 101 Abs. 1 VN-Charta, Art. 16 Satzung des ER, Art. 33 Abs. 2b und c. EPÜ). Die DienstRO bilden einen wesentlichen Teil der organisationsinternen nachrangigen Rechtsnormen (Sekundärrecht) jeder I. O. Die Leitung der Exekutive (Generalsekretär, Präsident, Vorsitzender u. ä.) ist auf Grund seiner allgemeinen Leitungskompetenz oder durch besondere Regelungen (siehe z. B. Art. 110 EG-BS) ermächtigt, nachrangige Durchführungsvorschriften und weitere ergänzende Verwaltungsvorschriften und Richtlinien zum Dienstrecht zu erlassen. Diese Regelungen (Tertiärrecht) stehen am unteren Ende der mehrstufigen Rechtskaskade des internen Dienstrechts (eingehend dazu Nettesheim, Art. 249 EGV, Rdn. 10 ff.). Dabei sind die nachrangigen Normen jeweils an den höherrangigen Normen zu messen und auszulegen (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1611; Kalbe, Rdn. 8; Rogalla, Dienstrecht, S. 47). 5. Der Anspruch auf materiellen und immateriellen Schadensersatz aus dem Dienstverhältnis

a) Allgemeines Auf Grund ihrer privatrechtlichen Rechts- und Geschäftsfähigkeit sind I. O. – neben ihrer Völkerrechtsubjektivität – auch Träger von Rechten und Pflichten nach innerstaatlichem Recht. I. O. können daher in beiden Rechtsbereichen vertragliche und außervertragliche Haftungstatbestände erfüllen. Sie sind auch für ihr Handeln nach nationalem Recht voll verantwortlich, allerdings steht der Durchsetzung des Rechts durch einzelstaatliche Hoheitsgewalt die Immunität der I. O. entgegen (siehe unter Immunität). Allgemeine Übereinkommen, die die Haftung der I. O. regeln, bestehen nicht. In den meisten Fällen muss daher auf die allgemeinen Haftungsgrundsätze für privatrechtliches und staatliches Handeln zurückgegriffen werden (siehe näher Schermers, Law, § 1582 ff.). Nur sehr vereinzelt enthalten die Gründungsübereinkommen I. O. selbst ausdrückliche Haftungsnormen gegenüber

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außenstehenden Dritten. Sie verweisen entweder auf ARGrundsätze in den Mitgliedsstaaten (Art. 288 EGV) oder auf das Haftungsrecht des Mitgliedsstaats, in dem die I. O. den Schaden verursacht hat (Art. 9 EPÜ). Regelungen über die Haftung der I. O. gegenüber ihren Bediensteten finden sich dagegen in keinem Gründungsübereinkommen I. O. Nach herrschender Meinung gelten die in den Gründungsübereinkommen ausdrücklich normierten Haftungsregelungen I. O. gegenüber Dritten jedenfalls nicht als unmittelbare Rechtsgrundlage für die dienstrechtliche Haftung (Gilsdorf/Niejahr, Rdn. 96; Karpenstein, Rdn. 62: lediglich die zu Art. 288 EGV entwickelten Grundsätze finden Anwendung; Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 9 EPÜ, Rdn. 7; EUGH 9-75; EUG T-45/01). Auch die DienstRO der I. O. enthalten keine Vorschriften über einen allgemeinen Schadensersatzanspruch der Bediensteten gegen ihre Anstellungsbehörde (vgl. dagegen die Rechtslage in Deutschland: § 79 BBG, der einen Schadensersatzanspruch aus Verletzung der Fürsorgepflicht auslösen kann und § 839 BGB i. V. mit Art. 34 GG, der als Grundlage für einen zusätzlichen allgemeinen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung dienen kann, weil dem Dienstherrn amtliche Pflichten gegenüber den Beamten obliegen). Lediglich in einzelnen Teilbereichen des Dienstrechts I. O. finden sich üblicherweise spezifische Haftungsnormen. So sehen viele Statuten erhöhte Versorgungsleistungen bei berufsbedingten Erkrankungen und Invalidisierungen vor (vgl. z. B. Art. 73 EG-BS; Regel 106.4 VN-PS; Art. 14 Abs. 2 ER-PS). Diese Ansprüche sind grundsätzlich abschließend, soweit nicht in besonderen Ausnahmefällen (z. B. besondere Schwere der Schuld der I. O. oder besondere Schwere der Erkrankung wegen Verletzung der allgemeinen Fürsorgepflicht) zusätzliche Schadensersatzansprüche ausgelöst werden (vgl. z. B. EUGH C-257/98 P). Wird der Bedienstete auf Grund seiner dienstlichen Stellung von Dritten, außerhalb der I. O. stehenden Personen oder einem anderen Bediensteten (EUG T-136/98) bedroht oder erleidet er einen Schaden, leistet die I. O. Beistand und entschädigt ihn (vgl. Art. 22 EG-BS; Regel 106.5 VN-PS; Art. 40 ER-PS). Bei einigen I. O. des VN-CS werden auch Abfindungen für Verlust des Arbeitsplatzes auf Grund von Stellenabbau geleistet (Entlassungsabfindung, vgl. Regel 109.4 und Annex III VN-PS). Auch über diese ausdrücklich genannten Haftungsnormen hinausgehende Schadensersatzansprüche aus dienstlicher Haftung werden von den I. O. vielfach anerkannt, ohne dass auf positiv rechtliche Anspruchsgrundlagen in den DienstRO Bezug genommen werden kann. Zu nennen sind etwa Schäden der Bediensteten auf Grund fehlerhafter oder ungenügender Wartung

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der technischen Anlagen des Dienstgebäudes, verspätete Überweisung von Zahlungen an die Bediensteten, Verzögerung bei internen Beschwerdeverfahren, fehlerhafte Entlassungsentscheidungen etc (vgl. VGIAO Nrn. 1043 und 1026 (angebotener Schadensersatz zu gering), Nr. 843 (angebotener Schadensersatz zu gering), Nr. 628 und Nr. 33 (angebotener Schadensersatz ausreichend)). Die Zahl der Fälle, in denen I. O. von sich aus materielle oder immaterielle Schadensersatzansprüche auf der Grundlage eines (stillschweigenden) anerkannten Amtshaftungsgrundsatzes gewähren, geht noch weit, über die ohnehin schon enorme Zahl der durch Gerichtsurteile bekannt gewordenen, hinaus (die Datenbank Triblex des VGIAO enthält (2008) 206 Auszüge von Urteilen zu Schadensersatzansprüchen der Bediensteten). Dies liegt an dem Bestreben der I. O., insbesondere immaterielle Schadensersatzforderungen weitgehend unter Wahrung der Vertraulichkeit zu behandeln und so den guten Ruf der I. O. nicht zu gefährden. b) Die Haftung der Organisation nach der Rechtsprechung Die Rechtsprechung der int. VerwGerichte anerkennt, dass eine angemessene Wiedergutmachung rechtswidriger Maßnahmen einer I. O. gegenüber einem Bediensteten nicht in allen Fällen durch die Aufhebung oder den Erlass einer Entscheidung möglich ist. Es verbleibt eine Deckungslücke zwischen dem Recht der I. O. zu dienstlichen Maßnahmen und den daraus resultierenden haftungsrechtlichen Pflichten. Die Gerichte sahen sich dabei rechtssystematisch einer zweifachen Aufgabe gegenüber. Zum einen galt es, einen ARGrundsatz des materiellen Dienstrechts der I. O. zu entwickeln und zu konkretisieren, der es ermöglichte, materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche für dienstliche Pflichtverletzungen zu begründen. Zum anderen mussten diese Schadensersatzansprüche auch verfahrensrechtlich durch die in den Satzungen int. VerwGerichte festgelegten, beschränkten Entscheidungskompetenzen, gedeckt sein. c) Das materielle Haftungsrecht aa) Allgemeines Die int. VerwGerichte haben in ihrer jahrzehntelangen Rechtsprechung einen allgemeinen Anspruch der Bediensteten gegen ihre Anstellungsbehörde auf Schadensersatz in Anlehnung an die Haftung der I. O. gegenüber außenstehenden Dritten entwickelt (vgl. VGIAO Nr. 1534 Dienstlicher Haftungs-

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anspruch als „general principle of law“; Nr. 1942). Wie bei ARGrundsätzen üblich, kann dieser Anspruch unabhängig von einer Regelung in der DienstRO geltend gemacht werden (VGIAO Nr. 2540). Nach der Rechtsprechung des EUGH gelten für das materielle Haftungsrecht der EG gegenüber Bediensteten im Wesentlichen die für die außervertragliche Haftung gegenüber Dritten auf der Grundlage des Art. 288 Abs. 2 EGV entwickelten Grundsätze (vgl. Gilsdorf/Niejahr, Rdn. 96; von Bogdandy, Rdn. 1; Karpenstein, Rdn. 62). Für den Kreis der I. O., die der Rechtsprechung des VGIAO unterliegen, entwickelte das Gericht vergleichbare Grundsätze, ohne – wie üblich – den Rückgriff auf die entsprechenden gemeinsamen Regelungen in den Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten der ihrer Gerichtsbarkeit unterliegenden I. O. offen zu legen. Es handelt sich um einen ARGrundsatz ohne eigenes Substrat. Der Anspruch knüpft vielmehr an die sich aus den DienstRO und den ARGrundsätzen ergebenden, anderweitig bestehenden Leistungs- und Verhaltenspflichten an und sichert deren Durchsetzung. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflichten durch die I. O. kann durch ein bloßes Leistungsoder Aufhebungsurteil nicht in jedem Einzelfall die Rechtsverletzung in vollem Umfang ausgeglichen werden. Die Schwere des erlittenen Unrechts erfordert in diesen Fällen weitergehende rechtliche Konsequenzen. Erst die zusätzliche Verurteilung zu einem materiellen oder immateriellen Schadensersatz vermag den eingetretenen Schaden wiedergutzumachen.

bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen Maßnahmen, die einen Anspruch auf Schadensersatz auslösen können, sind alle nur denkbaren rechtswidrigen Handlungen und Unterlassungen der I. O. gegenüber den Bediensteten, nicht nur rechtswidrige Entscheidungen oder das Unterlassen von Entscheidungen (VGIAO Nrn. 393, 396). Die Rechtswidrigkeit der Maßnahme bezieht sich auf die Vorschriften der DienstRO, die eine Verpflichtung der I. O. gegenüber den Bediensteten enthalten, sowie auf alle ARGrundsätze des int. öff. Dienstes. Es ist dabei in Ausnahmefällen denkbar, dass eine Maßnahme an sich rechtmäßig ist, aber rechtswidrige Begleitumstände vorliegen, die zu immateriellem Schadensersatz verpflichten. In einem solchen Falle sind aber erhöhte Anforderungen an die Rechtmäßigkeit dieser Nebeneffekte zu stellen (VGIAO Nrn. 1294, 476, 447 und 361. So kann eine an sich rechtmäßige, aber überstürzte Versetzung, die Würde und den guten Ruf des Bediensteten verletzen). Die rechtswidrige Handlung muss schuldhaft sein. Dabei wird die Schuld nach ständiger Rechtsprechung im Normalfall unterstellt.

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Die Ursächlichkeit der Maßnahme der I. O. für den behaupteten Schaden muss vom Bediensteten dargelegt werden (vgl. z. B. VGIAO Nr. 732: Der verspätete Zugang einer Zahlung der I. O. wegen banktechnischer Schwierigkeiten war nicht ursächlich für die behauptete körperliche und seelische Beeinträchtigung). Schließlich muss der Bedienstete einen materiellen oder immateriellen Schaden erlitten haben (vgl. z. B. VGIAO Nr. 732: Fehlen eines Schadens). Hierzu wird von den int. VerwGerichten in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass die Aufhebung einer schuldhaften Entscheidung grundsätzlich ausreicht, um den immateriellen Schaden eines Bediensteten auszugleichen (vgl. z. B. EUG T-307/01; VGIAO Nr. 1481). Der geschädigte Bedienstete hat nach herrschender Meinung die Verpflichtung zur Minderung des Schadens (VGIAO Nrn. 2467, 2458). d) Die Entscheidungskompetenz der Gerichte bei Schadensersatzklagen Als wichtigster Unterfall der allgemeinen Leistungsklage (Karpenstein, Rdn. 6) kann von Bediensteten Klage auf Schadensersatz wegen einer, von der I. O. begangenen Pflichtverletzung, vor dem int. VerwGericht erhoben werden. Die Leistungsklage in der Form einer Schadensersatzklage stellt im Rechtsschutzsystem der VerwGerichte neben der Anfechtungsklage und der allgemeinen Leistungsklage in der Regel eine selbständige Klageart dar. In den meisten Fällen kombinieren jedoch die Bediensteten eine Klage auf Aufhebung einer Entscheidung (Anfechtungsklage) mit einer Klage auf Schadensersatz (EUGH 9-75: Es steht den Betroffenen frei, wegen der Selbständigkeit der verschiedenen Klagearten eine von beiden oder beide gemeinsam zu wählen). Schadensersatzklagen sind nur dann als Zusatz zu einer Anfechtungsklage zulässig, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu ihr besteht. Andernfalls muss zwingend ein Antrag an die I. O. auf Schadensersatz vorausgehen. Erst gegen dessen Ablehnung ist dann eine Beschwerde zulässig (EUG T-27/90). Ist eine Anfechtungsklage unzulässig, ist auch die ausschließlich auf die Wiedergutmachung des durch die angefochtene Entscheidung gerichtete Schadensersatzklage unzulässig (EUG T-27/90). Die Entscheidungskompetenzen für Schadensersatzklagen ergeben sich zum Teil ausdrücklich aus einer erweiterten Auslegung der Gerichtssatzungen in Verbindung mit dienstrechtlichen Vorschriften. So begründet der EUGH seine Zuständigkeit für dienstrechtliche Schadensersatzansprüche mit Art. 91 EG-BS, wonach zu den Streitigkeiten auch solche vermögens-

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rechtlicher Art zählen. Daher liege ein im Dienstrechtsverhältnis wurzelnder Schadensersatzprozess im Rahmen des Art. 236 EGV sowie der Art. 90 und 91 EG-BS. Keine Kompetenzgrundlage liefern nach herrschender Meinung die für allgemeine Klagen gegen die EG aus außervertraglicher Haftung geltenden Vorschriften der Art. 235 i. V. 288 EGV (EUGH 9-75 in ständiger Rechtsprechung; vgl. Gilsdorf/Niejahr, Rdn. 96). Das VGIAO kann nach Art. VIII Satz 2 seiner Satzung zu Schadensersatz verurteilen, wenn die Aufhebung einer angefochtenen Entscheidung oder die Verpflichtung zu einer Leistung nicht möglich oder nicht zweckmäßig ist, „. . . rescinding of a decision or execution of an obligation is not possible or advisable . . .“). Das Gericht stellte in seinen ersten Urteilen hierzu zunächst lapidar fest, dass es eine Verurteilung zu Schadensersatz auch in anderen Fällen aussprechen könne (VGIAO Nr. 69: ohne Angabe einer Rechtsgrundlage). In Urteil Nr. 1419 begründet das Gericht dann diese Rechtsprechung, indem es feststellt, dass Art. VIII Satz 2 seiner Satzung nicht als Einschränkung der ihm in Art. VIII Satz 1 eingeräumten allgemeinen Kompetenz auszulegen sei, wonach das Gericht berechtigt sei, finanzielle Leistungspflichten der I. O. anzuordnen („performance of the obligation“), wenn diese den Verpflichtungen nicht nachkomme. Auch das VGIAO geht daher in ständiger Rechtsprechung davon aus, eine Entscheidungsbefugnis hinsichtlich isolierter oder mit Anfechtungs- oder Leistungsklagen verbundener Schadensersatzklagen zu besitzen.

e) Die Schadensersatzansprüche im Einzelnen aa) Der Anspruch auf materiellen Schadensersatz Nach ihren Satzungen heben die int. VerwGerichte bei Anfechtungsklagen, die angefochtene rechtswidrige Entscheidung auf und verpflichten bei begründeten Leistungsklagen, die I. O. zu der begehrten Handlung (vgl. z. B. VGIAO Art. VIII der Satzung). Diese Art der Wiedergutmachung („Naturalrestitution“) entspricht in der Regel am ehesten dem Grundprinzip gerichtlichen Rechtsschutzes. Allerdings ergeben sich in der Praxis immer wieder Fallkonstellationen, die eine Naturalrestitution ausschließen oder als nicht zweckmäßig erscheinen lassen. Hier übernimmt der Anspruch auf materiellen Schadensersatz die Wiedergutmachungsfunktion. Dies ist etwa der Fall, wenn die mit der Klage begehrte Wiedereinsetzung in den Dienstposten nicht möglich ist, da dieser inzwischen einem Stellenabbau zum Opfer gefallen ist oder es sich bei der erfolgreichen Klage um Wiedereinstellung lediglich um eine nur noch kurzfristige Vertragslaufzeit gehandelt hätte. Statt der Wiedereinstellung gewähren die VerwGerichte auch stets materiel-

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len Schadensersatz, wenn das Dienstverhältnis so zerrüttet ist, dass eine Weiterbeschäftigung für beide Teile unzumutbar erscheint. In zahlreichen Fällen überlassen es die Gerichte sogar der I. O. selbst, die Wahl zwischen Wiedereinstellung oder der Zahlung von Schadensersatz zu treffen (VGIAO Nr. 1904). bb) Der Anspruch auf immateriellen Schadensersatz Grundsätzlich sind bei allen rechtswidrigen Maßnahmen einer I. O. gegenüber ihren Bediensteten Ansprüche auf immateriellen Schadensersatz (gelegentlich auch als Anspruch auf Schmerzensgeld „damage for moral injury“ bezeichnet) denkbar. Immaterielle Schadensersatzansprüche werden den Bediensteten immer dann zugesprochen, wenn der Bedienstete dies (wenn auch nur in allgemeiner Form, vgl. VGIAO Nr. 2457) beantragt und nach Auffassung des Gerichts die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung oder die Verpflichtung zur Gewährung einer geforderten Leistung bzw. die Verurteilung zu materiellem Schadensersatz nicht ausreichen, um das von der I. O. dem Bediensteten zugefügte Unrecht auszugleichen. Der Bedienstete erleidet in diesen Fällen häufig eine Verletzung seiner in den ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst verbürgten Grund- und Menschenrechte. Insbesondere handelt es sich dabei um die Missachtung des Anspruchs auf Achtung seiner Persönlichkeit (Menschenwürde), des beruflichen Ansehens, seines guten Rufs, der Gleichbehandlung (Schutz vor Diskriminierung), des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Datenschutz), der Fürsorgepflicht (Schutz vor sexueller Belästigung, Schikane, Mobbing), des Anspruchs auf einen effektiven Rechtsschutz (zu langer Dauer der internen Beschwerdeverfahren, Nicht-Vollzug von Urteilen), des Grundsatzes von Treu und Glauben, des Rechts auf gute Verwaltung oder um Verstöße gegen die pflichtgemäße Ermessensausübung. Aber auch die bloße Verletzung von Vorschriften der DienstRO (so die Nicht-Beachtung der Deckungsgleichheit von Besoldungsgruppe mit dem Niveau und dem Umfang der zugewiesenen Aufgaben, sog. Unterbeschäftigung, oder verdeckte Disziplinarmaßnahmen (Strafversetzung) können immaterielle Schadensersatzansprüche begründen. cc) Die Begrenzung der Haftung Internationaler Organisationen auf Schadensersatz gegenüber den Bediensteten Die DienstRO enthalten keine allgemeinen Haftungsnormen für dienstliche Amtspflichtverletzungen und daher auch keine allgemeinen Haftungsbeschränkungen. Auch der durch die Rechtsprechung der VerwGerichte ent-

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wickelte allgemeine materiell-rechtliche Haftungsgrundsatz des Dienstrechts enthält keine Anspruchsbeschränkungen für materielle oder immaterielle Schadensersatzansprüche. Verfahrensrechtlich finden sich lediglich vereinzelt in den Gerichtssatzungen selbst Beschränkungen der Gerichtskompetenz auf bestimmte Höchstbeträge des materiellen bzw. immateriellen Schadensersatzes. So ist das VGVN nach Art. 10 Abs. 1 der Satzung nur in begründeten Ausnahmefällen befugt, einen höheren Schadensersatz als zwei Netto-Jahresgehälter gegen die I. O. zu verhängen. Das VGWB war bis zur Reform der Gerichtssatzung zum 31.7.2001 in gleicher Weise bei Schadensersatz auf drei NettoJahresgehälter beschränkt. Die neue Satzung des VGWB sieht ebenso wie die Satzung des VGIAO und des EUGH (bzw. des EUG und des EUGöD) keine Begrenzung der Höhe des Schadensersatzes mehr vor. dd) Die Funktion des Schadensersatzanspruchs Neben der Wiedergutmachung für erlittenen materiellen bzw. immateriellen Schaden verfolgen die int. VerwGerichte mit der Verurteilung einer I. O. zu Schadensersatz gelegentlich auch weitergehende Ziele. So kann der Schadensersatz bei besonderer Schwere der Rechtsverletzung aus exemplarischen Gründen erhöht werden. Hierdurch soll erkennbar eine abschreckende Wirkung (Generalprävention) erzielt werden (vgl. VGIAO Nr. 2540: „. . . a gross abuse of power warranting an award of substantial exemplary damages“). Gelegentlich kommt der Verurteilung zu Schadensersatz eine Funktion als Ordnungs- oder Zwangsgeld zu (vgl. BVerfGE 91, 335 Strafschadensersatz, VGIAO Nr. 2418: „punitive damages“; Nr. 1620: „penalty“), etwa wenn die I. O. den Vollzug eines Urteils verzögert oder verweigert. ee) Die Höhe des Schadensersatzes Die Höhe des materiellen Schadensersatzes ist naturgemäß leicht zu ermitteln. Die Höhe des Schadensersatzes errechnet sich in diesen Fällen zumeist aus der Dauer der Restlaufzeit oder der Verlängerung des Anstellungsvertrags (vgl. z. B. VGIAO Nr. 1251: materieller Schadensersatz in Höhe von zwei Brutto-Jahresgehälter und Zulagen wegen fehlerhafter Kündigung; Nr. 1317: materieller und immaterieller Schadensersatz 3 BruttoJahresgehälter und Zulagen). Die Berechnung der Höhe eines immateriellen Schadensersatzes folgt dagegen keiner starren Regelung. In Ausübung ihres Ermessens berücksichtigen die Gerichte dabei zahlreiche Faktoren, wie etwa die Art der Rechtsverletzung (z. B. demütigende Behandlung, Verletzung der Würde, des guten

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Rufs, schikanöse Behandlung, sexuelle Übergriffe, Weigerung des Vollzugs eines Urteils), die Schwere der Rechtsverletzung und der Schuld (Verursachung gesundheitlicher Schäden, Deckung des rechtswidrigen Verhaltens des Vorgesetzten durch die I. O.), die berufliche Stellung des Betroffenen und des für die Maßnahme Verantwortlichen (langjähriges Beschäftigungsverhältnis, Bewertung der Arbeitsleistung, Position des Bediensteten). Die Höhe des immateriellen Schadensersatzes bewegt sich in den meisten Fällen zwischen 10.000 und 20.000 EUR (vgl. z. B. VGIAO Nr. 2371: 30.000 SFR; Nr. 2372: 10.000 EUR; Nr. 1875: 20.000 USD; Nr. 1637: 35.000 SFR; Nr. 1609: 10.000 USD; Nr. 1376: 25.000 SFR; Nr. 1344: 6.000 DM). Der Schadensersatz kann in Ausnahmefällen auch wesentlich höher liegen (vgl. VGIAO Nr. 1317: materieller und immaterieller Schadensersatz 3 Brutto-Jahresgehälter und Zulagen; Nr. 1251: immaterielle Schadensersatzzahlung 2 Brutto-Jahresgehälter; Nr. 1231: materieller und immaterieller Schadensersatz 2 Brutto-Jahresgehälter; Nr. 843: immaterieller Schadensersatz von 6 Monats-Nettogehältern).

f) Die Rechtsprechung zu den dienstrechtlichen Schadensersatzansprüchen Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2594: Der Kläger konnte weder Beweis für psychischen Schaden durch Mobbing oder Schikane noch für Verletzung der Sicherungspflicht gegen physische Schäden erbringen; VGIAO Nr. 2558: Immaterieller Schadensersatz für Verlängerung der Probezeit ultra vires; VGIAO Nr. 2540: Exemplarischer Schadensersatz wegen groben Rechtsmissbrauchs (Bestrafung und Repressalien wegen Einlegung einer internen Beschwerde); VGIAO Nr. 2533: Für eine entwickeltes Rechtssystem ist es normal, einen Angestellten für einen Arbeitsunfallschaden ohne Rücksicht auf Verschulden zu entschädigen. Für den int. öff. Dienst gilt nichts anderes. Eine Zahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht (ex gratia) wird vom Gericht als immaterieller Schadensersatz ausgelegt; VGIAO Nr. 2522: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht im internen Beschwerdeverfahren; VGIAO Nr. 2457: Es genügt für die Zulässigkeit von Schadensersatz, wenn der Anspruch im Laufe des internen Beschwerdeverfahrens mündlich, wenn auch nur in allgemeinen Worten, geltend gemacht wird; VGIAO Nr. 2418: Verletzung des Gleichheitssatzes und irreguläres Verfahren. Immaterieller Schadensersatz mit Ordnungsstrafe (punitive damages);

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VGIAO Nr. 2416: Immaterieller Schadensersatz für Verletzung der Gefühle und Verursachung seelischer Schmerzen; VGIAO Nr. 2403: Allgemeiner Grundsatz der Haftung für Berufsunfälle; VGIAO Nr. 2394: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung der Würde des Bediensteten; VGIAO Nr. 2392: Immaterieller Schadensersatz mangels Bereitstellung eines wirksamen internen Rechtsschutzsystems der I. O.; VGIAO Nr. 2373: Immaterieller Schadensersatz wegen demütigender Behandlung; VGIAO Nr. 2371: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung der Vertraulichkeit durch Ombudsmann; VGIAO Nr. 2356: Immaterieller Schadensersatz wegen rechtswidriger Aufnahme eines Dokuments in die Personalakte; VGIAO Nr. 2325: Immaterieller Schadensersatz wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben auf Grund eines zu langen Zeitraums zwischen Auswahlverfahren und Mitteilung des Ergebnisses; VGIAO Nr. 2306: Materieller Schadensersatz wegen Vertragsbruch beschränkt sich normalerweise auf den Betrag, den der Betroffene bei vertragsmäßiger Erfüllung erhalten hätte. Zusätzlicher immaterieller Schadensersatz ist in Ausnahmefällen möglich, z. B. Aussicht auf Verlängerung oder Erneuerung des Vertrags; VGIAO Nr. 2222: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung der Informationspflicht; VGIAO Nr. 2197: Immaterieller Schadensersatz wegen Verzögerung des internen Beschwerdeverfahrens; 20 Monate zwischen Einlegung der Beschwerde und Anhörung sind zu lange; VGIAO Nr. 2196: Immaterieller Schadensersatz wegen Verzögerung des internen Beschwerdeverfahrens (mehr als ein Jahr bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens); VGIAO Nr. 2190: Zusätzlicher immaterieller Schadensersatz wegen Inaktivität der I. O. bei der Untersuchung eines Unfalls mit Dienstwagen auf Verschulden der I. O.; VGIAO Nr. 2170: Immaterieller Schadensersatz wegen Verschleppung einer Beurteilung und Verzögerung des internen Beschwerdeverfahrens; VGIAO Nr. 2116: Immaterieller Schadensersatz wegen Verzögerung des internen Beschwerdeverfahrens und Verstoßes gegen Treu und Glauben; VGIAO Nr. 2091: Abfindungsvereinbarung wegen Berufsunfall, Zuständigkeit des Gerichts; VGIAO Nr. 2083: Berufskrankheit, die Zahlung der Behandlungskosten kann nicht ohne ein unabhängiges medizinisches Gutachten eingestellt werden; VGIAO Nr. 2072: Immaterieller Schadensersatz wegen Verzögerung des Beschwerdeverfahrens; VGIAO Nr. 1942: Allgemeiner Rechtsgrundsatz auf Schadensersatz (general principle of law);

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VGIAO Nr. 1904: Wenn das Urteil der I. O. die Wahl zwischen der Einstellung und Schadensersatz lässt, sind darin nicht die Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge enthalten; VGIAO Nr. 1878: Immaterieller Schadensersatz wegen unverhältnismäßig schwerer Disziplinarmaßnahme; VGIAO Nr. 1875: Haftung einer I. O. auf materiellen und immateriellen Schadensersatz, wenn ein Vorgesetzter einen Bediensteten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit durch Verletzung der Würde und des guten Rufs Schaden zufügt (vgl. Nrn. 1609, 1376, 1340, 1344); VGIAO Nr. 1873: Materieller und immaterieller Schadensersatz wegen verzögerter Urteilsvollstreckung; VGIAO Nr. 1804: Immaterieller Schadensersatz bei Verletzung des Gleichheitssatzes; VGIAO Nr. 1782: Wiedereinstellung und immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Vertragsbeendigung; VGIAO Nr. 1771: Immaterieller Schadensersatz wegen verzögerter Urteilsvollstreckung; VGIAO Nr. 1752: Die Klage des Ehegatten eines Bediensteten bei dessen Tod auf immateriellen Schadensersatz ist nur hinsichtlich der dem Bediensteten selbst zugefügten Rechtsverletzung zulässig; VGIAO Nr. 1742: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung der Würde des Bediensteten und nicht Nicht-Erneuerung eines Anstellungsvertrags wegen angeblicher dienstlicher Pflichtverstöße ohne Durchführung eines Disziplinarverfahrens; VGIAO Nr. 1741: Materieller und immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung des Anspruchs auf faires Verfahren (kein Probezeitbericht); VGIAO Nr. 1726: Immaterieller Schadensersatz wegen Versetzung ohne Anhörung; VGIAO Nr. 1637: Immaterieller Schadensersatz für gesundheitliche Schäden durch schikanöse Behandlung; VGIAO Nr. 1620: Immaterieller Schadensersatz wegen Nichtvollzugs eines Urteils und Ordnungsstrafe für jeden weiteren Monat des Nichtvollzugs; VGIAO Nr. 1619: Falsche Anschuldigung wegen sexueller Belästigung, Anspruch auf Aufklärung des Vorfalls, immaterieller Schadensersatz; VGIAO Nr. 1609: Haftung der I. O. auf Schadensersatz für dienstliches Fehlverhalten eines Vorgesetzten; VGIAO Nr. 1525: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens; VGIAO Nr. 1516: Immaterieller Schadensersatz wegen Verzögerung bei Feststellung der Invalidität; VGIAO Nr. 1496: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung der Würde des Bediensteten; VGIAO Nrn. 1481, 1477: Entscheidung als ausreichender Ersatz für immateriellen Schadensersatz; VGIAO Nr. 1427: Immaterieller Schadensersatz wegen verzögerter und fehlerhafter Urteilsvollstreckung;

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VGIAO Nr. 1395: Immaterieller Schadensersatz wegen der Demütigung eines Bediensteten (soll bis Vertragsende vom Dienst fernbleiben); VGIAO Nr. 1394: Immaterieller Schadensersatz wegen Verzögerung der Fertigstellung einer Beurteilung um sechs Jahre; VGIAO Nr. 1386: Materieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Entlassung nach Probezeit. Keine Wiedereinstellung wegen zu langen Zeitablaufs, immaterieller Schadensersatz; VGIAO Nr. 1384: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung des guten Rufs und Ansehens auf Grund falscher Anschuldigungen (Diebstahl); VGIAO Nr. 1380: Bei Korrektur einer Fehlentscheidung durch die I. O. besteht Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nur bei Verursachung einer Verletzung, die über das übliche Maß bei fehlerhafter Entscheidung hinausgeht; VGIAO Nr. 1376: Immaterieller Schadensersatz durch Unterlassung geeigneter Maßnahmen gegen einen Vorgesetzten wegen sexueller Belästigung; VGIAO Nr. 1370: Immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhaft arbeitenden internen Beschwerdeausschuss (vgl. auch Nr. 1317); VGIAO Nr. 1362: 10.000 SFR Ordnungsstrafe pro Monat bei Nichtvollstreckung eines Urteils; VGIAO Nr. 1361: Materieller und immaterieller Schadensersatz wegen Nichtvollzugs eines Urteils; VGIAO Nr. 1351: Materieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Nichterneuerung eines befristeten Anstellungsvertrags; VGIAO Nr. 1344: lmmaterieller Schadensersatz wegen Verzögerung des internen Beschwerdeverfahrens, Änderung der Recherchenberichte durch Vorgesetzte ohne Anhörung des Betroffenen, Überwachung zur Qualitätsverbesserung der Recherchenberichte als verdeckte Strafmaßnahme; VGIAO Nr. 1340: Immaterieller Schadensersatz wegen Verantwortung der I. O. für Fehler des Vorgesetzten, Unterlassung, Verletzung des guten Rufs; VGIAO Nr. 1338: Nach Verurteilung zu einem festen Geldbetrag muss die I. O. innerhalb eines Monats bezahlen, andernfalls werden zumindest Verzugszinsen fällig; VGIAO Nr. 1331: Immaterieller Schadensersatz wegen ungerechtfertigter Verzögerung eines Auswahlverfahrens; VGIAO Nr. 1328: Verzugsschaden wegen verzögerter Urteilsvollstreckung; VGIAO Nr. 1319: Immaterieller Schadensersatz wegen Verzögerung des internen Beschwerdeverfahrens; VGIAO Nr. 1317: Immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhaft arbeitenden internen Beschwerdeausschuss; VGIAO Nr. 1313: Ein Jahresgehalt materieller und immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhaften Vollzugs eines Urteils, das der I. O. die Wahl zwischen der Wiedereinstellung und Schadensersatz ließ. Die I. O. wählte Schadensersatz, ohne die Wahl zu begründen;

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

VGIAO Nr. 1284: Immaterieller Schadensersatz wegen Verzögerung im Verfahren des medizinischen Ausschusses; VGIAO Nr. 1251: Zwei Jahresgehälter wegen materiellem Schadensersatz statt Wiedereinstellung und zwei Jahresgehälter immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter fristloser Kündigung; VGIAO Nr. 1246: Materieller Schadensersatz in Höhe eines Jahresgehalts anstatt Wiedereinstellung; VGIAO Nr. 1242: Materieller und immaterieller Schadensersatz wegen Nichtvollstreckung eines Urteils; VGIAO Nr. 1234: Immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Versetzung; VGIAO Nr. 1231: Materieller und immaterieller Schadensersatz in Höhe von zwei Brutto-Jahresgehältern wegen Amtsmissbrauchs und Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens; VGIAO Nr. 1212: Immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Probezeit; VGIAO Nr. 1208: Immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Beurteilung; VGIAO Nr. 1090: Immaterieller Schadensersatz wegen treuwidrigem Verhaltens der I. O.; VGIAO Nr. 1082: Materieller Schadensersatz statt Wiedereinstellung; VGIAO Nr. 1026: Von der I. O. angebotener materieller und immaterieller Schadensersatz; VGIAO Nr. 1017: Immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Beendigung eines Anstellungsvertrags; VGIAO Nr. 972: Materieller Schadensersatz, da Anordnung der Wiedereinstellung nicht zweckmäßig ist und immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Nichtverlängerung eines Anstellungsvertrags; VGIAO Nr. 942: Immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Versetzung und Verletzung der Würde des Bediensteten; VGIAO Nr. 889: Bediensteter ist beweispflichtig für die Berufsbedingtheit der Erkrankung (ebenso: Nrn. 528, 250); VGIAO Nr. 843: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung des guten Rufs; VGIAO Nr. 809: Immaterieller Schadensersatz wegen unbegründeter Freistellung vom Dienst nach 26 Jahren treuer Dienste und Schädigung des guten Rufs; VGIAO Nr. 781: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung des guten Rufs; VGIAO Nr. 770: Schädigung des Bediensteten auf Dienstreise durch Dritte (Fluggesellschaft); VGIAO Nr. 756: Wiedereinstellung und immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Streichung eines Dienstpostens; VGIAO Nr. 641: Kein Nachweis, dass Tod durch Überstunden verursacht wurde; VGIAO Nr. 675: Immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Beendigung eines Anstellungsvertrags. Besondere Schwere wegen langjähriger fehlerfreier Arbeitsleistung;

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VGIAO Nr. 631: Immaterieller Schadensersatz wegen Versetzung auf Posten mit geringerer Verantwortung und Wichtigkeit; VGIAO Nr. 630: Immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung der Gefühle und des guten Rufs und anderer Pflichtverletzungen; VGIAO Nr. 435: Höhe der Entschädigung bei berufsbedingter Teilinvalidität; VGIAO Nr. 388: Immaterieller Schadensersatz wegen der extrem langen Dauer des Beschwerdeverfahrens; VGIAO Nr. 373: Immaterieller Schadensersatz wegen fehlerhafter Versetzung;

Rechtsprechung EUGH EUG T-156/03: Die Amtshaftung setzt das kumulative Vorliegen von drei Bedingungen voraus: a. ein rechtswidriges Verhalten der I. O., b. das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und c. das Bestehen einer Kausalität zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. EUG T-272/03, EUG T-396/03, EUG T-116/03, EUG T-120/01); EUG T-76/03: Immaterieller Schadensersatz wegen Veröffentlichung einer Versetzungsverfügung, deren zweideutige Formulierung den falschen Schluss zuließ, die Versetzung sei eine Art Disziplinarmaßnahme; EUG T-256/02 und EUG T-389/02: Allgemeiner Anspruch auf Schadensersatz in Ergänzung eines nach dem BS erwirkten Schadensersatzes, soweit dieser nicht zur Schadensbehebung ausreicht (vgl. EUGH C-257/98 P); EUG T-144/02: Wegen der schwierigen Beweislage bei der Rekrutierung genügt für den Nachweis der Kausalität die große Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger bei rechtmäßigem Auswahlverfahren eingestellt worden wäre; EUG T-294/02: Notwendige Angaben zum Ausmaß des erlittenen Schadens; EUG T-16/03: Immaterieller Schadensersatz, wenn die Nichtgewährung rechtlichen Gehörs bei der Beurteilung Ausdruck einer systematischen negativen Haltung des Vorgesetzten darstellt; EUG T-307/01: Grundsätzlich genügt die Aufhebung der fehlerhaften Entscheidung, um den immateriellen Schadensersatz auszugleichen. Dies gilt nicht, wenn besondere Umstände vorliegen. So etwa, wenn sich ein Disziplinarverfahren über drei Jahre hinzieht (vgl. auch EUG T-89/01 Berufliches Ansehen; EUG T-197/98 Schwerwiegende Vorwürfe; EUG T-84/98 Berufsehre; T-39/93 Negative Auswirkungen auf berufliche Zukunft); EUGH 137/79, EUGH 30/69: Die ungenaue Auslegung einer Bestimmung der DienstRO stellt an sich noch keine Pflichtverletzung dar; EUG T-214/02: Die Nichtherausgabe von Informationen über eine Prüfung entgegen den Vorschriften löst einen immateriellen Schadensersatz auch dann aus, wenn die Information im Laufe des Beschwerdeverfahrens nachgeholt wurde; EUG T-2/00: Kein Anspruch auf Schadensersatz, wenn auf eine Beschwerde keine ausdrückliche Antwort erteilt wird, weil eine Ablehnungsfiktion gilt;

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

EUG T-11/00: Der – auch nur vorübergehende – Nichtvollzug eines Urteils löst immateriellen Schadensersatz wegen Verletzung des Vertrauens des Bediensteten in den Rechtsschutz aus; EUG T-97/99: Bei materiellem Schaden des Bediensteten stellt die Aufhebung der rechtswidrigen Entscheidung für sich genommen noch keinen angemessenen Ausgleich dar; EUGH C-284/98 P: Pflicht des Betroffenen zur Minderung des immateriellen Schadens; EUGH C-257/98 P: Nach ständiger Rechtsprechung hat die Haftung der EG zur Voraussetzung: Rechtswidrigkeit der Handlung des Organs und Eintritt eines ursächlichen Zusammenhangs zum eingetretenen Schaden. Zur vollständigen Entschädigung ist zusätzlich zum pauschalen Schadensersatz eine ergänzende Entschädigung nach allgemeinem Recht anzuerkennen, wenn die Leistungen nach dem Statut nicht zum vollen Ersatz des erlittenen Schadens ausreichen; EUG T-205/96: Materieller Schadensersatz bei fehlerhafter verspäteter Wiedereinstellung nach Urlaub aus persönlichen Gründen (vgl. EUGH 58/75); EUG T-183/95: Keine Kausalität zwischen Weigerung der I. O., einem Bediensteten Beistand zu gewähren und den Schaden des Bediensteten durch ein nationales Gerichtsverfahren; EUG T-58/92: Die Aufhebung der Ablehnung einer Beförderung und die Annullierung der Beförderung eines anderen Kandidaten können eine ausreichende Wiedergutmachung eines materiellen und immateriellen Schadensersatzes sein; EUGH C-185/90 P: Der Begriff Berufskrankheit in den Art. 73 (Sicherung für den Fall von Berufskrankheit) und Art. 78 (Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit auf Grund einer Berufskrankheit) hat den gleichen Inhalt. Beide Leistungen sollen die wirtschaftlichen Folgen ein und derselben Dienstunfähigkeitsursache ausgleichen, die mit dem Dienst zusammenhängt; EUGH 180/87: Die I. O. ist zu immateriellem Schadensersatz verpflichtet, wenn sie in Zusammenhang mit einem Strafverfahren gegen einen Bediensteten dienstliche Vorgänge preisgibt, die damit nicht in Zusammenhang stehen; EUGH 169/83 und EUGH 136/84: Der Schadenersatz bei Arbeitsunfall ist nach den Regelungen unabhängig vom Verursacher pauschalisiert. Eine zusätzliche Haftung nach allgemeinen Regeln ist möglich, um den vollen Ersatz des Schadens sicherzustellen. Kein Anspruch für die Auswirkungen des Unfalls auf das Familienleben; EUGH 174/83: Kein Anspruch auf Verzugszinsen bei Gehaltsanpassung, solange das zuständige Gremium noch nicht seine Ermessensentscheidung über die Anpassung getroffen hat; EUGH 207/81: Amtshaftung bei erheblicher Überschreitung einer angemessenen Frist zur Erstellung einer Beurteilung ohne ausreichende Begründung; EUGH 56/75: Amtspflichtverletzung, wenn die I. O. nicht erhebliche Anstrengungen unternimmt, um den Bediensteten einen Schriftsatz im Disziplinarverfahren unverzüglich zuzustellen.

3. Abschnitt

Die typischen Strukturen und Elemente des normierten Dienstrechts (The typical structures and elements of employment rules) A. Die Rechtsnatur der Dienstverhältnisse (The legal nature of employment) Die große Mehrzahl der I. O. beschäftigt heute ihre Bediensteten auf vertraglicher Grundlage. Im Gegensatz zu der Praxis bei I. O. in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts enthalten die Standardverträge (contracts of employment) heutzutage nur einige grundsätzliche Regelungen, überwiegend formeller Natur, wie insbesondere das Datum der Ernennung, die Art der Einstufung und die Vertragsdauer. Im Übrigen verweisen sie pauschal auf die Vorschriften des PS (staff regulations) und die Durchführungsvorschriften (staff rules). Erst in diesen PS sind dann die Einzelheiten festgelegt, die das Dienstverhältnis bestimmen (Rechte und Pflichten, Veränderungen im Dienstverhältnis, etc.). Diese vordergründige Zweiteilung („Dichotomie“, vgl. Priess, S. 51) der int. Anstellungsverhältnisse darf daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Dienstverhältnisse der I. O. heute nahezu vollständig einseitig (statutarisch) von dem dazu zuständigen Organ der I. O. (Rat, Vollversammlung) normiert und daher grundsätzlich nicht verhandelbar sind. Diese dienstrechtlichen Festlegungen dienen, wie bei den nationalstaatlichen öff. Anstellungsverhältnissen, der Gleichbehandlung aller Bediensteten. Sondervereinbarungen sind nur vereinzelt, insbesondere für die Besetzung der Spitzenpositionen bei I. O. (Generalsekretär, Präsident, Vizepräsidenten) vorgesehen. Neben den vertraglichen Beschäftigungsverhältnissen bestehen nur sehr vereinzelt (siehe nachstehend) mit den nationalen Beamtenverhältnissen vergleichbare Regelungen.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

I. Beamte (Permanent employees) Für den gesamten Bereich der EG (Dienstverhältnisse bei den „Organen“ und „Agenturen“, vgl. Art. 1a Ziffern 1 und 2 EG-BS) sowie bei der EPO ist für die weit überwiegende Zahl der Bediensteten eine Beschäftigung auf ausschließlich statutarischer Grundlage vorgesehen. Es handelt sich daher um ein, den nationalen Beamtenverhältnissen ähnliches, Beschäftigungsverhältnis (EG: Art. 283 EGV; EPO: Art. 33 Abs. 2b EPÜ). In beiden Bereichen war es das Ziel dieser Regelung, die Kernaufgaben der I. O. durch Bedienstete wahrnehmen zu lassen, die durch ihre Rechtstellung in besonderem Maße geeignet erscheinen, die unabhängige Arbeitsweise und Stabilität der I. O. zu sichern. Ihr supranationaler Charakter färbt gleichsam auf die Rechtsform der Anstellungsverhältnisse ab (siehe näher – auch kritisch – Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 1 ff.; derselbe, Dienstrecht, S. 59). Bei der EPO lag zusätzlich die Überlegung zugrunde, dass vielfach Patentprüfer von nationalen Patentämtern übernommen werden und dies nur unter grundsätzlicher Beibehaltung ihrer nationalen, weitgehend beamtenrechtlichen Anstellung, möglich ist. Außerdem wurde befürchtet, der hohe Grad an Spezialisierung der Patentprüfer in den einzelnen Gebieten der Technik würde eine spätere anderweitige Beschäftigung weitgehend verhindern. Der rechtliche Unterschied zwischen statutarischer und vertraglicher Anstellung im Vollzug des Dienstverhältnisses ist aber letztlich gering, da in beiden Fällen das Beschäftigungsverhältnis zum weit überwiegenden Teil von der einseitig durch die I. O. festgelegte statutarische Komponente geprägt wird. So ist auch in der Rechtsprechung des VGIAO kein grundsätzlicher Unterschied (etwa in Form einer besonderen Treue- und Fürsorgepflicht) zwischen dem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis bei den Beschäftigten der EPO und den vertraglichen Rechtsverhältnissen bei den Bediensteten aller anderen I. O. festzustellen (Seidl-Hohenveldern/Loibl verwendet daher durchgehend nur den Begriff „internationaler Beamter“, Rdn. 1042). Der einzige wesentliche Unterschied liegt letztlich in der grundsätzlich leichteren Auflösbarkeit eines vertraglichen Beschäftigungsverhältnisses, während es bei den Beamtenverhältnissen, selbst bei Verlust der Planstelle, nur zu einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand mit finanziellen Absicherungen und einem Rückkehranspruch kommt. Bei der EPO und bei der EG werden grundsätzlich für Kernaufgaben nur Beamte beschäftigt. Die Verwendung von Vertragsbediensteten liegt im einstelligen Prozentbereich.

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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II. Vertragsbedienstete (Contractual employment) 1. Bedienstete auf Dauer

Bei der vertraglichen Anstellung verwenden I. O. verschiedene Vertragstypen. Dem Beamtenverhältnis am nächsten kommen dabei die Verträge der VN „auf Dauer“ (Regel 104.13 VN-PS „permanent appointments“). Im Gegensatz zu den reinen Beamtenverhältnissen bestehen hier gewisse zusätzliche Kündigungsmöglichkeiten für die Anstellungsorganisation oder bei der Abschaffung eines Dienstpostens oder bei Personalkürzungen aus dienstlichen Gründen (siehe Art. 9.1.a VN-PS). Letztere Regelung ist insbesondere erforderlich, weil I. O. bis auf wenige Ausnahmen (wichtigste Ausnahmen bilden die EG – siehe das Eigenmittelsystem in Art. 269 EGV – sowie Dienstleistungsorganisationen, wie die EPO, das Europäische Markenamt und das Europäische Sortenamt, die sich über ihre Gebühren finanzieren, siehe z. B. Art. 38a EPÜ) durch Finanzbeiträge ihrer Vertragsstaaten finanziert werden. 2. Bedienstete auf Zeit

Dieser Vertragstyp ist bei I. O. am weitesten verbreitet, wobei die Bezeichnungen variieren und vielfach Unterkategorien existieren. So kennen die VN Dienstverhältnisse „auf Zeit“ („temporary appointments“). Hierunter fallen die befristeten Dienstverträge (Regel 104.12b VN-PS „fixed-term appointments“), die auf maximal fünf Jahre begrenzt sind und Dienstverhältnisse auf unbestimmte Zeit (Regel 104.12c VN-PS „indefinite appointments“) für die Verwendung auf Außen-Missionen. Der ER kennt befristete Dienstverhältnisse (Art. 18 ER-PS fixed-term contracts) und Verträge auf unbestimmte Zeit (Art. 18 ER-PS contract of indefinite duration). Bei der EG bestehen neben dem Beamtenverhältnis in geringem Umfang noch Beschäftigungsverhältnisse auf Zeit (Sonstige Bedienstete) von bestimmter oder unbestimmter Dauer (Art. 8 EG-BSB), auf Zeitplanstellen (Art. 2a EG-BSB) oder auf (ansonsten grundsätzlich für Beamte vorgesehene) Dauerplanstellen (Art. 2b EG-BSB). Die Kommission selbst will Bedienstete auf Zeit nur noch in begrenzten Fällen auf Dauerplanstellen beschäftigen (siehe Reformdokument der Kommission). Außerdem wurde bei der Reform des EG-Dienstrechts im Jahre 2004 der neue Personaltyp „Vertragsbediensteter“ ohne Planstelle geschaffen (Art. 3a EG-BSB). Dieser wird vorrangig in den Ämtern und Agenturen eingesetzt, die keine Kernauf-

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gaben wahrnehmen. Diese Dienstverträge werden für eine Laufzeit von höchstens fünf Jahren geschlossen. Es besteht eine Verlängerungsmöglichkeit um weitere fünf Jahre. Daneben steht der Vertragstyp „Vertragsbediensteter für Hilfstätigkeiten“ mit einer Vertragslaufzeit von bis zu drei Jahren (Art. 3b EG-BSB). Der Vertragstyp „Hilfskraft“ mit einer maximalen Laufzeit von drei Jahren (Art. 52 EG-BSB) wird von der Kommission seit 31.12.2005 für Neueinstellungen nicht mehr verwendet. Bei der EPO bestehen ebenfalls Beschäftigungsbedingungen für Vertragsbedienstete, die in beschränkter Zahl für Beschäftigungen eingesetzt werden, die in der Regel nicht zu den Kernaufgaben, insbesondere der Patentprüfung, zählen (siehe Art. 33 Abs. 2b EPÜ „sonstigen Bediensteten“). Soweit Verträge für Bedienstete auf Zeit verlängert werden können, entstehen vielfach Kettenarbeitsverträge. Hauptgründe hierfür sind die Unsicherheit der Finanzierung des Haushalts durch die Vertragsstaaten, die größere Flexibilität beim Personaleinsatz, die Erleichterung der Gewinnung neuer Fachkräfte und die bessere Gewährleistung des geographischen Verteilungsschlüssels bei neuen Vertragsstaaten. Die Verträge mit Bediensteten auf Zeit beschäftigen naturgemäß die int. VerwGerichte am häufigsten. In zahlreichen Entscheidungen haben diese zum ARGrundsatz des Vertrauensschutzes eine umfangreiche Kasuistik entwickelt, anhand derer die Entscheidungen der Anstellungsbehörde über die Beendigung der Vertragsverhältnisse auf Zeit überprüft werden können (siehe 2. Teil, 3. Abschn. B.III.3.). Innerhalb der Kategorie der Verträge auf Zeit finden sich zahlreiche weitere Vertragstypen für besondere Beschäftigungsverhältnisse. Hierzu zählen insbesondere die Verträge auf Zeit für Bedienstete in politischen Spitzenpositionen (meist kurze Laufzeiten von etwa fünf Jahren mit Verlängerungsmöglichkeit) sowie Verträge für Dolmetscher. III. Örtliche Bedienstete (Local employments) Für einfache manuelle Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten werden bei I. O. vielfach Ortskräfte nach nationalem Arbeitsrecht rekrutiert (siehe z. B. Art. 4 EG-BSB). Die Zugrundelegung nationalen Arbeitsrechts anstelle einer organisationsinternen Rechtsordnung liegt im Ermessen der I. O. (siehe z. B. Art. 120 EG-BSB). Soweit eine I. O. ausdrücklich auf die Anwendung nationalen Arbeitsrechts verweist, muss sie auch den Rechtsschutz bei dienstrechtlichen Streitigkeiten garantieren, da in diesem Fall die int. VerwGerichte nicht zuständig sind und gegenüber dem Rechtsweg zu den nationalen Arbeitsgerichten die Immunität der I. O. entgegensteht. In der Regel vereinbaren I. O. in diesem Fall für Dienststreitigkeiten mit Ortskräften eine

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Schiedsklausel, in der sie die Zuständigkeit einer Schiedsinstanz vereinbaren (siehe z. B. Art. 122 EG-BSB). Auch in Bezug auf die Sozialversicherungspflicht und die Besteuerung müssen von den I. O. Entscheidungen über die Anwendung nationaler oder organisationseigener Regelungen getroffen werden. Die EPO verfügt über ein Statut, der mit örtlichen Bediensteten vergleichbaren Hilfskräfte (Statut vom 17.1.1986). Dieses sieht ein hybrides System vor, das teils auf die organisationseigene, teils auf die nationale Rechtsordnung verweist. Dementsprechend ist auch der Rechtsschutz zwischen den nationalen Arbeitsgerichten und der Zuständigkeit des VGIAO aufgeteilt (siehe näher bei Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 13 EPÜ, Rdn. 21, zur Rechtsprechung des Arbeits- und Landesarbeitsgerichts Berlin und VGIAO Nr. 1450). Dieses Mischsystem hat sich in der Praxis wegen Abgrenzungsschwierigkeiten nicht bewährt. IV. Das Dienstverhältnis auf Probe (Probationary appointment) Die meisten I. O. kennen ein Dienstverhältnis auf Probe. Es handelt sich dabei um eine Testphase, die vor allem die I. O. in die Lage versetzen soll, ein konkretes Urteil über die Befähigung eines Bewerbers für eine bestimmte Stelle, die geistige Einstellung, mit der er seine Aufgaben erfüllt und seine dienstlichen Leistungen, abzugeben (Art. 34 EG-BS). Die Probezeit liegt je nach Anstellungsverhältnis zwischen sechs und vierundzwanzig Monaten (mit Verlängerungsmöglichkeit). Am Ende trifft die I. O., gestützt auf einen Probezeitbericht, die Entscheidung über die Anstellung oder Entlassung. Die Gerichte betonen in ständiger Rechtsprechung das sehr weite Ermessen einer I. O. bei der Entscheidung über den erfolgreichen Abschluss der Probezeit (VGIAO Nrn. 2646, 1418, 1386 mit zahlreichen weiteren Fundstellen). Die I. O. trifft während der Probezeit eine besondere Pflicht zur Anleitung des Bediensteten bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Sie muss ihn insbesondere rechtzeitig und mit genauen Hinweisen über nicht befriedigende Leistungen unterrichten und ihm Möglichkeiten zur Verbesserung einräumen. Sie muss ihn auch auf das Risiko einer Entlassung aufmerksam machen (VGIAO Nrn. 2529, 2414, 2170, 1817, 1386, 1212). Eine Entlassung vor Ablauf der Probezeit ist nur in völlig hoffnungslosen Fällen („unless there is not some hope“) zulässig (VGIAO Nr. 1817). Zur Rechtfertigung einer Verlängerung der Probezeit siehe EUGH C-301/02 P. Die I. O. hat die Pflicht, bei den Probezeitbediensteten insbesondere die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung, die Gleichbe-

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handlung und die Fürsorgepflicht zu beachten. Sie muss daher angemessene materielle Arbeitsbedingungen gewährleisten, sowie Anweisungen und Ratschläge erteilen, die es ihm ermöglichen, den mit der Tätigkeit verbundenen Anforderungen gerecht zu werden (EUG T-26/91). Bei Erkrankung während der Probezeit ist eine Verlängerung der Probezeit nicht notwendig, wenn der verbliebene Zeitraum eine ausreichende Beurteilungsgrundlage ergibt (EUGH 17/88). Zu den Grenzen der gerichtlichen Überprüfung eines Probezeitberichts siehe EUGH 75/85, EUGH 3/84, EUGH 347/82. Die Frist zur Abgabe des Probezeitberichts soll nur sicherstellen, dass die Entscheidung über die Ernennung vor Ablauf der Probezeit erfolgen kann. Eine Verspätung verursacht für den Probezeitbediensteten keine Beschwer, wenn er auf der Stelle belassen und besoldet wird (EUGH 290/82, EUGH 98/81, EUGH 175/80, EUGH 99/77, EUGH 10 und EUGH 47-72). Die Entlassung am Ende der Probezeit erfordert ein kontradiktorisches Verfahren, d.h. der Bedienstete muss die Möglichkeit haben, zu sämtlichen Beschwerdepunkten, die zur Entlassung führten, seine Bemerkungen mitzuteilen (EUGH 206/81, EUGH 175/80). V. Sonstige Vertragsverhältnisse (Other contractual employments) Vielfach schließen I. O. auf Grund ihrer Selbstorganisationsbefugnis und Finanzhoheit Verträge mit Gutachtern, Experten, Sonderberatern, Referendaren, nationalen Sachverständigen (siehe Rogalla, Art. 283 EGV Rdn. 25: sogenanntes „graues Personal“). Es ist im Einzelfall nicht immer klar, ob es sich um Verträge mit Selbständigen (Dienstverträge, Werkverträge) oder um Arbeitsverträge handelt. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern fällt nicht in den Bereich des Dienstrechts I. O. (siehe hierzu näher EGMR Urteil vom 18.2.1999 Waite und Kennedy/Deutschland, NJW 1999, 1173; SeidlHohenveldern in IPRax 1995, S. 14 ff: „Leiharbeitnehmer – keine Bedienstete Internationaler Organisationen). VI. Die Strukturen der Beschäftigungsverhältnisse (Structures of employment) Jede funktionelle Einheit (Dienstposten), auf die ein int. Bediensteter eingewiesen wird, ist einer bestimmten Besoldungsgruppe zugeordnet. Sie entspricht den erforderlichen Befähigungen, der Art der betreffenden Tätigkeit und dem Umfang und Niveau der Verantwortung (siehe z. B. Art. 5 EGBS). Für jede Besoldungsgruppe werden diese quantitativen und qualitati-

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ven Merkmale vielfach als abstrakte Stellenbeschreibung (job description) festgelegt. Entspricht die konkrete Tätigkeit am Arbeitsplatz (job specification) nicht dieser Stellenbeschreibung, können Schadensersatzansprüche ausgelöst werden (siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.5.). Die Besetzung eines Dienstpostens ist der Verwaltung nur möglich, wenn ihr von dem zur Beschlussfassung über den Haushalt zuständigen Organ eine entsprechende budgetäre Einheit (Planstelle) bewilligt wird. Die Anzahl der Planstellen je Besoldungsgruppe sind im Haushalt der I. O. als Stellenplan festgelegt (siehe z. B. Art. 6 Abs. 1 EG-BS). Die Besoldungsgruppen werden nach den in den Stellenbeschreibungen festgelegten Mindestanforderungen und der Art und Bedeutung der zugewiesenen Aufgaben in Laufbahngruppen (Funktionsgruppen) zusammengefasst (siehe z. B. Art. 6 Abs. 1 und 2 EG-BS). Hierdurch werden die Karriereaussichten (die Laufbahnentwicklung) der Bediensteten, d.h. ihr Aufsteigen in eine höhere Besoldungsgruppe (bei entsprechender Leistungsbewertung in der Beurteilung) festgelegt. Gelegentlich werden innerhalb einer Laufbahngruppe noch spezielle Rahmengruppen gebildet. Die Besoldungsgruppen umfassen eine bestimmte Zahl von Dienstaltersstufen, in denen der Bedienstete in der Regel automatisch in einem zeitlichen Rhythmus aufsteigt (siehe z. B. Art. 44 EG-BS). Einzelheiten • EG Bis zur großen Dienstrechtsreform am 1.5.2004 waren die Dienstposten der EG-Beamten in den Laufbahngruppen A, B, C, D und LA zusammengefasst und in bis zu acht Besoldungsgruppen unterteilt, die jeweils wieder bis zu acht Dienstaltersstufen umfassten (siehe Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 18; Die Reform der Kommission, die Arbeitsbedingungen bis zum 30.4.2004, siehe im Internet-Verzeichnis). Nach dem Ziel der Dienstrechtsreform sollten Motivation und Leistungsbereitschaft der Bediensteten erhöht werden („leistungsabhängige Laufbahnen“). Die bisherigen Laufbahngruppen mit bis zu acht Dienstaltersstufen wurden zu zwei sog. Funktionsgruppen (Administratoren – AD und Assistenten – AST) mit nur noch jeweils fünf Dienstaltersstufen verschmolzen. Die Funktionsgruppe Administratoren (AD) trat an die Stelle der Laufbahngruppen A und LA, sie umfasst zwölf Besoldungsgruppen für Personal, das mit leitenden und konzeptionellen Aufgaben beauftragt ist (Art. 5 Abs. 2 EG-BS). Die Funktionsgruppe Assistenten (AST) umfasst elf Besoldungsgruppen für Personal, das ausführende, technische oder Bürotätigkeiten erledigt (Art. 5 Abs. 2 EG-BS).

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Durch die Erhöhung der Zahl der Besoldungsgruppen bei gleichzeitiger Verringerung der Zahl der Dienstaltersstufen wurde das Element der auf Leistung beruhenden Beförderung in eine höhere Besoldungsgruppe gestärkt und im Gegenzug die automatische Gehaltshöherstufung auf Grund eines höheren Dienstalters abgebaut. Neben den Beamten kennt die EG auch Vertragsbedienstete. So sehen die EG Beschäftigungsbedingungen (EG-BSB) verschiedene vertragliche Dienstverhältnisse vor, die jedoch nur einen geringen Prozentsatz des Personalbestands ausmachen (siehe EG-Gesamthaushaltsplan, Anhang PART C-O – Genehmigter Personalbestand). Hierunter fallen: Die Bediensteten auf Zeit (auf bestimmte oder unbestimmte Dauer, Art. 8 EG-BSB), die Hilfskräfte (Art. 3 EG-BSB; ihre Beschäftigung lief zum 31.12.2007 aus, siehe Art. 52 EG-BSB); die Vertragsbediensteten (Art. 3a EG-BSB); die örtlichen Bediensteten (Art. 4 EG-BSB) und die Sonderberater (Art. 5 EG-BSB). Eine Konkordanzliste mit den Besoldungsgruppen und Amtsbezeichnungen bei der EG und den entsprechenden Besoldungsgruppen und Amtsbezeichnungen im deutschen öffentlichen Dienst ist über das Internetportal des Auswärtigen Amts (www.auswaertiges-amt.de) abrufbar. Demnach entsprechen die EG Funktionsgruppe AD5 bis AD16 den DE-Besoldungsgruppen A12 bis B11; die Gruppe AST1 bis AST11 den DE-Besoldungsgruppen A7 bis A15. • VN Das Dienstrecht der VN (wie das aller I. O. des Dienstrechtskreises des VN-CS) beruht auf vertraglicher Grundlage. Der Anstellungsvertrag enthält allerdings nur wenige Regelungen (siehe VN-PS Anhang II letters of appointment). Im übrigen verweist er pauschal auf die Anwendung der einseitig von der I. O. beschlossenen statutären Regelungen des VN-PS. Das VN-Dienstrecht unterscheidet nach der Laufzeit der Dienstverträge zwei Hauptkategorien von Bediensteten, die Bediensteten auf Zeit (temporary appointments, Regel 10.4.12 VN-PS) und auf Dauer (permanent appointments, Regel 104.13 VN-PS). Die Gruppe der Zeit-Bediensteten untergliedert sich in solche auf unbestimmte Zeit (indefinite appointments, Regel 104.12c VN-PS) und in befristete Verträge (fixed appointments, Regel 104.12b VN-PS) und auf Probezeit-Verträge (probationary appointments, Regel 104.12a VN-PS). Nach dem Niveau der Beschäftigungsverhältnisse (service category) werden vom Generalsekretär die Klassifikationen der Dienstposten nach deren Natur und Verantwortlichkeiten festgelegt (Art. 2.1 VN-PS).

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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Das VN-PS selbst enthält keine besondere Regelung über diese Klassifikation der Dienstposten, sie ergibt sich im Wesentlichen aus den im Anhang zur VN-PS festgelegten Gehaltstabellen (salary scales and related provisions, siehe Anhang I zum VN-PS) sowie aus den, von der ICSC für jedes Sitzland erstellten Gehaltstabellen für den Allgemeinen Dienst (General Service Category; siehe nachstehend). Es bestehen zwei Hauptlaufbahngruppen. Eine Gruppe, die nach den gesonderten Befähigungen und dem Niveau und Umfang dem deutschen höheren öffentlichen Dienst entspricht, nennt sich „Professional“ (P-Kategorie). Diese umfasst die Besoldungsgruppen P1 bis P5. Nach oben schließen sich die Besoldungsgruppen D1 bis D2 (Direktoren) und auf der Leitungsebene die Grade ASG und USG (Assistant Secretary General und Undersecretary General) an. Die zweite Laufbahngruppe wird als Kategorie des Allgemeinen Dienstes (General Service Category, AD-Kategorie) bezeichnet und entspricht in etwa dem mittleren und gehobenen deutschen öffentlichen Dienst. Sie umfasst je nach Amtssitz der I. O. mehrere Besoldungsgruppen (G1 bis G5 oder höher). Nach der zitierten Konkordanzliste des Auswärtigen Amtes entsprechen die Besoldungsgruppen P1 bis P5 den deutschen Besoldungsgruppen A13 bis A15, D1 und D2 entsprechen A16 und B3, ASG und USG entsprechen B6 und B9. Neben den beiden Hauptlaufbahnen (Professionals und AD-Kategorie, siehe VN-PS der 100. Serie ST/SGB/2007/1) bestehen noch Sonderlaufbahnen, insbesondere für besondere Einsatzkräfte (Field Service, siehe VN-PS der 100. Serie ST/SGB/2007/1, Appendix A) und für den Sicherheitsdienst (Security Service, siehe VN-PS Appendix B). Außerhalb der Laufbahngruppen bestehen noch besondere Vorschriften für Projektpersonal (VN-PS der 200. Serie, siehe ST/SGB/2007/2) und für kurzfristige Beschäftigungen (VN-PS der 300. Serie, siehe ST/SGB/2007/3). • ER Das Dienstrecht des ER (wie auch das aller anderen I. O. des Dienstrechtskreises der K. O.) beruht auf vertraglicher Grundlage. Es handelt sich dabei um befristete oder unbefristete Verträge (fixed-term contracts oder contracts of indefinite duration; Art. 18 ER-PS). Es bestehen vier Laufbahngruppen: A (Höherer Dienst, Tätigkeit in Verwaltung, Planung, Forschung), B (Gehobener Dienst, ausführende und überwachende Tätigkeiten, Sekretariat), C (Mittlerer Dienst, technische und manuelle Tätigkeiten, Dienstleistungen) und L (Dolmetscher und Übersetzer) (Art. 4 ER-PS).

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Die Laufbahngruppen umfassen die Besoldungsgruppen A1 bis A7 bzw. L1 bis L5, B1 bis B6 und C1 bis C6. Sie entsprechen den Besoldungsgruppen im deutschen öffentlichen Dienst: A13 bis B6, A7 bis A13 und A1 bis A6 (siehe die Konkordanzliste des Auswärtigen Amts). Die Laufbahngruppen umfassen bis zu elf Dienstaltersstufen, in die der Bedienstete alle 12 bzw. 24 Monate aufsteigt (Anhang 4, Art. 3 ER-PS). • Der Dienstrechtskreis der eigenständigen Organisationen Die Funktionstrukturen der Beschäftigungsverhältnisse in den I. O. des vierten Dienstrechtskreises ähneln denen der vertraglichen Beschäftigungsverhältnisse im Dienstrechtskreis der VN bzw. der K. O. Lediglich die EPO weist auf Grund des vom Rechtskreis der EG übernommenen beamtenrechtlichen Status ihrer Bediensteten auch bei der Funktionsstruktur der Beschäftigungsverhältnisse weitgehende Ähnlichkeiten mit der der EG vor der großen Dienstrechtsreform zum 1.5.2004 auf.

B. Die Begründung, der Vollzug und die Beendigung des Dienstverhältnisses (Recruitment, development and termination of employment) I. Die Begründung des Dienstverhältnisses (Recruitment) 1. Allgemeines

Die Begründung eines int. Dienstverhältnisses erfolgt durch einen mitwirkungspflichtigen Ernennungsakt (Beamte) oder durch die Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags (Vertragsbedienstete, sonstige Bedienstete, Hilfskräfte, Ortskräfte etc). Der Akt ist zugleich der Schlussstein des Einstellungsverfahrens, das einer Reihe materieller und formaler Kriterien unterliegt. Diese betreffen zum einen die Verfügbarkeit über eine Planstelle durch die I. O. und zum anderen die Erfüllung persönlicher Einstellungsvoraussetzungen durch den Kandidaten. Bis auf den Einstellungsakt selbst sind die zu erfüllenden formellen und persönlichen Bedingungen, an die die Einstellung anknüpft, in allen Dienstrechtskreisen weitgehend ähnlich geregelt. Demnach muss die Anstellungsbehörde innerhalb der I. O. (bei der EG wird sie durch ein Organ bestimmt, siehe Art. 2 Abs. 1 EG-BS) über eine geeignete Planstelle (bei der EG „Dauerplanstelle“ genannt; siehe Art. 4 EG-BS) verfügen. Der zu ernen-

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nende Bedienstete muss eine Reihe persönlicher Voraussetzungen erfüllen (siehe z. B. Art. 28 EG-BS). Hierzu zählen insbesondere die erfolgreiche Teilnahme an einem Auswahlverfahren (siehe z. B. Art. 28d EG-BS i. V. mit Anhang III EG-BS), der Besitz der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der I. O. (Ausnahmen möglich), der Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte und die erforderliche körperliche Eignung (zur ärztlichen Einstellungsuntersuchung und Rechtsprechung siehe näher bei Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 30 ff.). Der Einstellungsakt selbst unterscheidet sich bei den I. O., die über beamtenrechtlich ausgestaltete Beschäftigungsverhältnisse verfügen grundlegend von den I. O. mit vertraglichen Dienstverhältnissen. So werden die Beamten (EG, EPO) durch einseitigen Hoheitsakt der Anstellungsbehörde ernannt. Mit der Übergabe der Ernennungsurkunde wird der Beamte in einer Dauerplanstelle eingewiesen (siehe z. B. Art. 1a Abs. 1 EG-BS). Der Übergabe kommt aber – im Gegensatz zum deutschen Beamtenrecht – keine konstitutive Wirkung zu (Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 29). Die auf vertraglicher Grundlage beruhenden Dienstverhältnisse werden dagegen durch die Aushändigung der von einem Vertreter der Anstellungsbehörde und dem Bediensteten unterschriebenen Ernennungsurkunde (letter of appointment) begründet. Sie enthält in der Regel neben den Vereinbarungen über die Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, die Einstufung und das Anfangsgehalt vor allem einen Hinweis auf die Anwendung der Vorschriften des Personalstatuts. Dieses wird dem Bediensteten zumeist in Kopie ausgehändigt (siehe im Einzelnen z. B. Regel 104.1 VN-PS und Anhang II zum VN-PS). Auch die vertraglichen Dienstverhältnisse werden heute nahezu vollständig von den einseitig durch die I. O. aufgestellten Personalstatuten bestimmt. Den vertraglichen Regelungen selbst kommt eine größere Bedeutung i. d. R. nur in den Sondervereinbarungen bei der Beschäftigung von Leitungspersonal (Präsidenten, Generalsekretäre etc.) zu. Insgesamt gesehen sind die Einstellungsverfahren sehr zeit- und kostenintensiv. Aus diesem Grund hat etwa die EG zur Effizienzsteigerung der Einstellungspolitik ein inter-institutionelles Einstellungsamt errichtet, das am 1.1.2003 seine Arbeit aufnahm (Beschluss vom 25.7.2002, ABl. L-197/53, 2002/620/EC). Dieses Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) dient der Konzentration der Einstellungsverfahren in einer Einrichtung und der Verwirklichung folgender Einstellungsprinzipien: – beständiges Beobachten von guter Praxis und Entwicklung im Bereich Einstellungstechniken, – Planung von Auswahlverfahren auf der Basis eines gemeinsam angenommenen Arbeitsplans,

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

– Standardisierung und Professionalisierung der Auswahlverfahren, – Gleichbehandlung aller Bewerber, insbesondere im Blick auf ein geographisches Gleichgewicht, – mehr Transparenz bei den Verfahren für die Kandidaten, – Beschleunigung der Einstellungsverfahren (siehe auch: Die Reform der Europäischen Kommission – Eine Europäische Dienstleistungskultur im Internetportal der EU). 2. Das Einstellungsverfahren

Das Einstellungsverfahren bei I. O. folgt grundsätzlich dem Wettbewerbsprinzip (Auswahlverfahren, vgl. z. B. Anhang III EG-BS). Ziel des Verfahrens ist es, der I. O. die Mitarbeit von Bediensteten zu sichern, die „in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen“ (vgl. Art. 27 EG-BS). Das Auswahlverfahren ist in den PS zumeist ziemlich detailliert geregelt (vgl. z. B. Anhang III EG-BS). Trotzdem ergibt sich in der Praxis ein erheblicher Bedarf an Auslegung und Lückenfüllung, der wiederum vielfach die int. VerwGerichte beschäftigt. Bei einigen I. O. muss vor Eröffnung eines allgemeinen Auswahlverfahrens, das internen und externen Kandidaten offen steht, geprüft werden, ob die Stellenbesetzung nicht durch Versetzung, Ernennung oder Beförderung innerhalb der I. O. erfolgen kann (siehe z. B. Art. 29 Abs. 1 EG-BS). Die Entscheidung liegt im Ermessen der Anstellungsbehörde. Einen Rechtsanspruch auf Besetzung einer offenen Stelle ohne Auswahlverfahren besteht nicht (EUG T-18/72 und EUG T-68/92 und EUGH C-119/94 P). In der Praxis erfolgt die Einstellung in der Regel auf Grund eines externen Auswahlverfahrens, an dem sich auch Bedienstete der I. O. beteiligen können. Bei den Auswahlverfahren einiger I. O. wird den internen Bewerbern ein gewisser Vorrang eingeräumt (siehe z. B. Regel 104.14 a.ii VN-PS; danach gibt der Auswahlausschuss normalerweise bei gleicher Qualifikation den Bediensteten der VN oder einer anderen I. O. den Vorrang). Ebenso kann bei gleicher Qualifizierung das Geschlecht des Bewerbers bzw. der Bewerberin berücksichtigt werden, um ein Gleichgewicht der Geschlechter in einer I. O. zu erreichen (siehe z. B. Anhang II Art. 22a ER-PS: unter 40% ist das Gleichgewicht gestört). Ausnahmen vom regulären Auswahlverfahren nach den sekundärrechtlichen Regelungen der I. O. finden sich fast durchwegs für die Bediensteten mit politischer Leitungsfunktion. Hierbei finden Auswahlverfahren statt, deren Einzelheiten von dem Plenarorgan meist ad hoc festgelegt werden. Dies betrifft sowohl die Ausschreibung (Einschaltung von sog. Kopfjägern, Beraterfirmen, Vorschläge der Delegationen) als auch die Durchführung des Auswahlverfahrens. Das Auswahlverfahren besteht hier zumeist in einem

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Vorstellungsgespräch oder Interview. Leider treten dabei immer wieder fachliche und sprachliche Kompetenzen hinter den politischen Interessen der Vertragsstaaten zurück. Das reguläre Auswahlverfahren liegt in der Regel in den Händen eines Auswahlausschusses, der die Grundsätze der Objektivität und Chancengleichheit zu beachten hat (EUG T-43/91). Der Ausschuss ist durchwegs paritätisch besetzt, wobei allerdings der Vorsitz in den Händen eines von der Verwaltung gestellten Vorsitzenden liegt. Die Mitglieder des Ausschusses müssen zumindest derselben Besoldungsgruppe angehören, die für den zu besetzenden Posten vorgesehen ist. Das Auswahlverfahren gliedert sich üblicherweise in die Abschnitte (siehe näher Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 41 ff..): – Publikation der Stellenausschreibung, – Zulassung zum Auswahlverfahren, – Durchführung des Auswahlverfahrens, – Einstellung (Ernennung). a) Die Publikation der Stellenbeschreibung Der Auswahlausschuss muss im Regelfall bereits bei der Abfassung der Publikation der Stellenausschreibung mitwirken (zumindest besteht ein Anhörungsrecht, siehe z. B. Anhang III EG-BS). Neben der Festlegung der Art des Verfahrens (rein internes oder allgemeines Verfahren) sind insbesondere die Art der vom Stelleninhaber geforderten Tätigkeit (Stellenbeschreibung), die notwendigen Befähigungsnachweise, die Art des eigentlichen Prüfungsverfahrens (schriftliche und/oder mündliche Prüfung) und sonstige Besonderheiten (z. B. Sprachkenntnisse) anzugeben. Kein Dienstposten darf von der Staatsangehörigkeit, der Rasse, dem Glauben oder dem Geschlecht abhängig gemacht werden (vgl. z. B. Art. 1d EG-BS). Altersgrenzen in der Stellenausschreibung verstoßen nach Auffassung des Europäischen Bürgerbeauftragten gegen das Diskriminierungsverbot der EU-GRC (siehe Internetadressen: „Reform der Europäischen Kommission“: seit 2002 gibt es keine Altersgrenze mehr). Die in den Ausschreibungsverfahren vieler I. O. bestehende Möglichkeit der Angabe eines Höchstalters in der Stellenausschreibung dürfte daher auf rechtliche Bedenken stoßen (siehe auch Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 35). Die Ausschreibung des zu besetzenden Postens muss hinreichend genau sein. Der Hinweis in der Ausschreibung, dass Ehegatten und sonstige Familienangehörige nicht eingestellt werden, verstößt gegen das Diskriminierungsverbot (ARGrundsatz nach der Charta der VN; VGIAO Nr. 2120). Ein Hinweis in der

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Ausschreibung auf die Erstellung einer Reserveliste für ähnliche Posten (similar posts) ist fehlerhaft (VGIAO Nr. 2210). Die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Ausschreibung genügt den Erfordernissen der Bekanntmachung (VGIAO Nr. 720). Der Ausschreibung kommt nach der Rechtsprechung wegen der Selbstbindung der Verwaltung eine zentrale Bedeutung zu (siehe nachstehend unter c)). b) Die Zulassung zum Auswahlverfahren Der Auswahlausschuss (Prüfungsausschuss, Ausleseausschuss) hat die Befähigungsnachweise selbst nach Maßgabe der in der Stellenausschreibung festgelegten Kriterien zu prüfen. Die Anstellungsbehörde selbst kann allenfalls das Vorliegen nicht-leistungsbezogener Bedingungen vorweg prüfen (z. B. Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaats oder Vorliegen der bürgerlichen Ehrenrechte). Dem Ausschuss obliegt die objektive Prüfung der Befähigungsnachweise der Kandidaten (EUG T-60/94). Die Nichtzulassung darf vor Abschluss der Prüfung mitgeteilt werden (VGIAO Nr. 564), sie ist (nach der Rechtsprechung des VGIAO nur für interne Bewerber, siehe VGIAO Nr. 2657) separat anfechtbar. Ein Kandidat darf nicht von der Zulassung ausgeschlossen werden, wenn (nach Maßgabe seiner Befähigungsnachweise) sein Ausbildungsniveau über einer angeblichen Höchstgrenze liegt (EUG T-60/92). c) Die Durchführung des Auswahlverfahrens Das Auswahlverfahren im engeren Sinne umfasst eine mündliche und vielfach auch eine schriftliche Prüfung. Das Verfahren unterliegt den ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst, insbesondere der Gleichbehandlung (siehe z. B. Art. 1d Abs. 1 EG-BS, danach ist „jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder einer sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verboten“). Der Auswahlausschuss hat bei der Durchführung des Verfahrens besonderen Wert auf das Gebot eines fairen Wettbewerbs und der Objektivität der unter den Bewerbern getroffenen Auswahl zu legen (VGIAO Nrn. 2520, 2210, 1990, 179; EUG T-290/03, EUG T-375/02; EUG T-146/99; EUG T-181/02). Es besteht kein Anspruch von Vorzugsbehandlung von Schwerbeschädigten im Einstellungsverfahren, wenn dies nicht in dem PS vorgesehen ist (VGIAO Nr. 2054). Die Zulässigkeit eines Stellenbewerbers nach

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Ablauf der Bewerbungsfrist verstößt nicht nur gegen die Selbstbindung, sondern auch gegen den Gleichheitssatz (VGIAO Nr. 1549). Es verstößt nicht gegen die Rechtmäßigkeit eines Einstellungsverfahrens, wenn der Bewerber abgelehnt wird, weil er den geforderten Universitätsabschluss nicht besitzt, auch wenn er auf einer vergleichbaren Position über langjährige Erfahrung verfügt (VGIAO Nr. 521). Es verstößt nicht gegen die Unparteilichkeit des Prüfungsausschusses, wenn mit dem Ergebnis der schriftlichen Prüfung die Namen des Kandidaten für das weitere mündliche Verfahren bekannt gegeben werden (VGIAO Nr. 238). Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn bei einigen Kandidaten die Reisekosten erstattet werden und andere aus Kostengründen nur per Videokonferenz teilnehmen können (VGIAO Nr. 2004). Der Grundsatz der angemessenen geographischen Verteilung der Dienstposten ist im Auswahlverfahren nur unter gleichwertigen Kandidaten maßgebend (VGIAO Nrn. 2712, 2392). Bedienstete haben (trotz einer entsprechenden Prioritätsregel im PS) nur bei gleicher Qualifikation Vorrang vor externen Kandidaten (VGIAO Nr. 2647). Die verspätete Mitteilung an einen Kandidaten über eine nicht erfolgreiche Kandidatur führt nicht zur Aufhebung des Verfahrens, aber rechtfertigt ggf. einen Schadensersatzanspruch (VGIAO Nr. 2325). Keine Pflicht zu einem Interview besteht, wenn der Kandidat von vornherein als ungeeignet erscheint (VGIAO Nr. 2299). Nicht alle Mitglieder des Auswahlausschusses müssen dieselben Fähigkeiten zur Beurteilung des Kandidaten haben, es genügt, wenn diese bei einem Mitglied vorhanden sind (EUG T-291/94). Die Abwesenheit eines Mitglieds im Auswahlausschuss kann auch durch eine anschließende einstimmige Stellungnahme nicht geheilt werden (VGIAO Nr. 2457). Nach Abschluss des Auswahlverfahrens stellt der Ausschuss ein Verzeichnis der geeigneten Bewerber auf und leitet es mit einem begründeten Bericht an den Chef der Anstellungsbehörde (Anhang III Art. 5 EG-BS; Regel 104.14 f. VN-PS; Anhang II Art. 13 Abs. 2 ER-PS). d) Die Begründungspflicht der Entscheidung gegenüber den nicht erfolgreichen Kandidaten Der in den meisten PS verankerte ARGrundsatz, dass dem Bediensteten gegenüber beschwerende Entscheidungen zu begründen sind (siehe z. B. Art. 25 EG-BS) gilt grundsätzlich auch für die ablehnende Entscheidung auf Grund eines vorausgegangenen Auswahlverfahrens. Allerdings genügen zunächst (insbesondere bei großer Bewerberzahl) allgemeine Formschreiben (EUG T-289/94; EUGH C-254/95 P). Bei Nachfrage bzw. Einreichung einer Beschwerde muss aber eine detaillierte Begründung gegeben werden, um dem nicht erfolgreichen Bewerber eine Verteidigung seiner Rechtsposition zu ermöglichen. Ein allgemeiner Hinweis auf „die schlechte Qualität

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oder Leistung“ genügt nicht (EUG T-289/94). Allerdings ist bei dem Umfang der Begründung auf den, für alle Auswahlverfahren geltenden Grundsatz der Geheimhaltung (siehe z. B. Anhang III Art. 6 EG-BS) zu achten, der die Unabhängigkeit der Mitglieder des Ausschusses, insbesondere im Hinblick auf ihre zukünftige Tätigkeit in derartigen Ausschüssen, aber auch die Persönlichkeitsrechte der Mitbewerber, schützen soll (VGIAO Nr. 1513: „As a general rule a complainant may not be entitled to consult any records that may have been made of discussions by a selection committee: members of such committees would not feel free to discuss candidates independently in future if they felt at risk of having their views divulged“, siehe auch VGIAO Urteil Nr. 556, ebenso EUGH C-254/95 P). e) Der Umfang der Nachprüfung durch das Gericht Die auf der Stellungnahme des Auswahlausschusses beruhende Entscheidung über den Ausgang der Stellenausschreibung enthält Bewertungen der Kandidaten, die als Ermessensentscheidungen gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar sind. Es gelten die allgemeinen Grundsätze für die Überprüfung von Ermessenentscheidungen (siehe dort und VGIAO Nrn. 2060, 2040, 2020, 1990). Das Gericht ist für die Beurteilung der Kandidaten nicht zuständig, es kann nicht die Beurteilungen des Ausschusses durch seine eigenen ersetzen (VGIAO Nrn. 619, 564). Das Gericht prüft nur, ob die Erwägungen des Ausschusses sich innerhalb vernünftiger Grenzen halten und das Ermessen nicht „offensichtlich fehlerhaft“ ausgeübt wird (EUG T-3/97; VGIAO Nr. 535). Der Beurteilungsspielraum findet seine Grenze an den, auf das Auswahlverfahren Anwendung findenden internen Vorschriften der I. O. und den an den ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst (VGIAO Nr. 1564; siehe auch die Standardformel des VGIAO Nr. 2210). Nach der Rechtsprechung ist eine I. O. an das, von ihr in der Stellenausschreibung festgelegte Anforderungsprofil, streng gebunden (EUG T-116/03, weitere Rechtsprechung des EUGH siehe Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 33 f. und 57; VGIAO Nrn. 2712, 2584, 1787, 1646, 1331, 1158: Verletzung des ARGrundsatzes patere legem quam ipse fecisti, wenn die Kriterien der Stellenausschreibung nicht präzise eingehalten werden). Die Kriterien für die Bewertung müssen einheitlich sein und auf die Bewerber kohärent angewendet werden. Die Zusammensetzung des Ausschusses muss während des Ablaufs der Prüfung möglichst gleich bleiben. Insbesondere darf der Austausch des Vorsitzenden des Ausschusses durch den stellvertretenden Vorsitzenden nur bei dessen Rücktritt oder aus Gründen erfolgen, die vom Willen der Verwaltung unabhängig sind (EUG T-193/00). Die Geheimhaltungspflicht gilt für alle Sitzungen des Auswahlausschusses (VGIAO Nr. 556). Nur das Gericht bzw. der interne Beschwerdeausschuss kann in die Protokolle der

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Sitzungen des Auswahlausschusses Einsicht nehmen (vgl. z. B. VGIAO Nrn. 1406 Ziffer 7, 1177: „Anordnung des Gerichts mit Fristsetzung zur Vorlage der Unterlagen des Auswahlausschusses“ – „An item that forms part of the decision may not be withheld from the tribunal’s scrutiny“: siehe auch VGIAO Nrn. 1637, 1115, 556; allgemein zur Offenlegung von Beweisen VGIAO Nrn. 2700, 2513, 2229, 1848). (Zur unterschiedlichen Rechtsprechung des EUGH und des VGIAO hinsichtlich der Klagebefugnis externer Konkurrenten siehe 3. Teil, 2. Abschn. B.I.2.). f) Die Einstellung (Ernennung) Die Anstellungsbehörde wählt den am besten geeigneten Bewerber aus der Liste. Sie ist dabei nicht an die vorgeschlagene Reihenfolge der Qualifizierung der einzelnen Bewerber gebunden. Abweichungen hat sie jedoch als Ermessensentscheidungen zu begründen. Andere als ihr vorgeschlagene Bewerber darf sie aber nach dem Sinn und Zweck des Anstellungsverfahrens nicht einstellen (ernennen) (siehe z. B. Art. 30 Abs. 2 EG-BS: „Die Anstellungsbehörde wählt aus diesem Verzeichnis . . .“). Sie kann aber von einer Einstellung (Ernennung) ganz absehen und z. B. auf eine interne Versetzung zurückgreifen. II. Die Veränderungen des Dienstverhältnisses (Development of employment) Das Anstellungsverhältnis bei einer I. O. kann im Laufe des Berufslebens eines Bediensteten verschiedenen Veränderungen unterliegen. Folgende Fallgruppen sind zu nennen: – die Karriereentwicklung, – die Änderungen der dienstrechtlichen Stellung, – die Versetzung, – die Umwandlung des Dienstverhältnisses. 1. Die Karriereentwicklung

a) Allgemeines Die mit weitem Abstand häufigste Veränderung des Dienstverhältnisses beruht auf der Laufbahnentwicklung (Karriere) eines Bediensteten in seiner Anstellungsorganisation. Nahezu alle I. O. bieten ihren Bediensteten (mit zumindest guten Leistungsbeurteilungen) bei längerfristigen Dienstverhältnis-

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sen die Aussicht auf eine Steigerung ihres Tätigkeits- und Verantwortungsniveaus, verbunden mit entsprechenden Gehaltssteigerungen. Dieses Karrieresystem endet in der Regel unterhalb der Leitungsebene (mittleres und oberes Management). Einige I. O. befristen ihre Dienstverhältnisse generell und bieten daher ihren Bediensteten keine Karriere, so z. B. die OPCW, die als Nicht-Karriereorganisation die regulären Dienstverhältnisse auf 7 Jahre begrenzt (vgl. VGIAO Nr. 2456: „Seven year tenure rule“). Die Karrieresysteme sehen in der Regel eine automatische und periodische (12 oder 24 Monate) Höherstufung auf Grund des Dienstalters („Karriereschritt“) sowie in größeren zeitlichen Abständen (bei mehreren, zumindest guten Leistungsbeurteilungen) das Aufsteigen in eine höhere Besoldungsgruppe („Karrieresprung“) vor. Die Karrieresysteme tragen dabei dem individuellen Leistungsniveau des Bediensteten Rechnung, in dem sie die Zeitabstände für die Höherstufung verlangsamen oder beschleunigen. Die Einstufung in eine höhere Besoldungsgruppe wird in der Regel als Beförderung bezeichnet. b) Das Aufsteigen in den Dienstaltersstufen („Karriereschritt“) Das Aufsteigen in den Dienstaltersstufen (vgl. Art. 44 EG-BS, Regel 103.8 VN-PS; Anhang 4 Art. 3 ER-PS) erfolgt größtenteils automatisch, kann aber auch unter dem Vorbehalt befriedigender Dienstleistungen (System der VN) erfolgen. Für leitende Positionen kann von Dienstaltersstufen abgesehen werden (System der VN; siehe Anhang A VN-PS). Konzeptionell besteht bei einigen I. O. die Absicht, den Automatismus der Dienstaltersstufen durch leistungsbezogenen Kriterien für alle Bediensteten oder jedenfalls solche mit Leitungsfunktion zu ersetzen (siehe die Dienstrechtsreform der EG, vorstehend 2. Teil, 3. Abschn. A.VI.). c) Die Beförderung („Karrieresprung“) aa) Allgemeines Die Verwendung des Begriffs „Beförderung“ in den PS der I. O. ist nicht ganz einheitlich. In der Regel wird darunter das Aufsteigen in eine höhere Besoldungsgruppe verstanden (siehe Art. 45 Abs. 1 S. 1 EG-BS; Regel 103.9a VN-PS; Art. 21 Abs. 1 ER-PS). Vereinzelt gilt als Beförderung im engeren Sinne nur das Aufsteigen in die nächsthöhere Besoldungsgruppe des Karrieresystems oder die Neueinstufung eines Dienstpostens auf Grund der Erhöhung des Tätigkeitsniveaus. Das Aufrücken in eine höhere (nicht notwendigerweise die nächsthöhere) Besoldungsgruppe außerhalb des Karrieresystems aufgrund der erfolgreichen Teilnahme an einer Stellenausschreibung wird dagegen als „Einweisung“ bezeichnet.

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Bei allen I. O. haben interne Bedienstete das Recht, an allgemeinen (internen und externen) Stellenausschreibungen teilzunehmen, insbesondere auch soweit dies für den Bediensteten zu einer Einstufung in eine höhere Besoldungsgruppe führen würde, auch wenn diese ausserhalb der regulären Laufbahnentwicklung liegt. Dabei unterliegen die internen Bewerber denselben Auswahlkriterien wie die externen Kandidaten (der Auswahlausschuss erfüllt hier also streng genommen sowohl die Funktion eines Auswahl- als auch eines quasi Beförderungsausschusses; siehe EUGH C-255/90 P, Gleichheitsgrundsatz zwischen internen und externen Kandidaten). Bei einigen I. O. muss die Verwaltung vor Einleitung einer allgemeinen Stellenausschreibung vorrangig die Möglichkeit einer internen Versetzung, einer Beförderung oder eines rein internen Auswahlverfahrens prüfen (siehe z. B. Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 EG-BS; siehe auch VGIAO Nrn. 1359, 1223 sowie EUGH 21-70). Das Auswahlverfahren, das zur quasi Beförderung oder Versetzung führt, erfolgt also auch für die internen Bewerber aufgrund einer Auslese unter den Kandidaten, die „in bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen“ genügen müssen (Standardformel für Einstellungen, die bei allgemeinen Auswahlverfahren auch für die Beförderung maßgebend ist, siehe oben 2. Teil, 3. Abschn. B.I.2. und VGIAO Nr. 1422). Die echte (Laufbahn) Beförderung mit ausschließlich internen Kandidaten geschieht durch Abwägung ihrer Verdienste. Dabei können Mindestvoraussetzungen aufgestellt werden (z. B. Mindestzeit in der vorherigen Besoldungsgruppe, siehe z. B. Art. 45 Abs. 1 EG-BS). Die Beurteilungen (nachstehend unter bb)) bilden die entscheidende Grundlage für die Abwägung der Verdienste der Kandidaten. Sowohl der Beförderungsausschuss als auch die Anstellungsbehörde verfügen bei den Beförderungs- bzw. Auswahlverfahren über einen weiten Ermessensspielraum (siehe z. B. VGIAO Nr. 1556; EUGH 21/70; EUG T-44/92; EUG T-116/03). Als typische Ermessensentscheidung (siehe den ARGrundsatz der pflichtgemäßen Ermessensausübung) unterliegt die Beförderung nur einer begrenzten gerichtlichen Überprüfung, d.h. das Gericht prüft die Entscheidung nur im Hinblick auf einen möglichen Ermessensmissbrauch und setzt insbesondere nicht seine Beurteilung an die Stelle des Ausschusses bzw. der Anstellungsbehörde. bb) Die Beurteilung Wie in den meisten nationalen öff. Verwaltungen verfügen auch die Rechtsordnungen I. O. über Beurteilungssysteme (EUG T-233/01). Die Beurteilung ist ein „unentbehrliches Bewertungskriterium“ für Ausmaß und Geschwindigkeit des beruflichen Aufsteigens eines Bediensteten bei der I. O. Die erste Beurteilung ist in der Regel der Probezeitbericht (siehe z. B.

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Art. 34 EG-BS). Sodann erfolgen periodische (meist jährliche) Beurteilungen, deren Ergebnisse im Rahmen des Karrieresystems der I. O. über die Geschwindigkeit des Aufsteigens in den Besoldungsgruppen oder den Wechsel der Laufbahn- bzw. Funktionsgruppe oder der Art der Anstellung (Bedienstete auf Zeit, unbefristete Dienstverhältnisse) entscheiden. Bei vielen I. O. führen die Beurteilungssysteme tendenziell zu einer Inflation von überdurchschnittlich guten Bewertungen der Leistungen. Aus diesem Grunde werden von einigen I. O. gewisse durchschnittliche Erfahrungswerte festgelegt, um die Beurteiler zur Einhaltung gewisser Prozentsätze zu zwingen. Diese liegen in etwa bei 60% durchschnittlicher, 30% überdurchschnittlicher und 10% unterdurchschnittlicher Beurteilungen. Insgesamt gesehen sind die Beurteilungssysteme einem fortlaufenden Wandel auf der Suche nach der besten Lösung unterworfen und sind daher in der Regel im leicht abzuändernden nachrangigen Dienstrecht niedergelegt. Da Beurteilungen eine Ermessensentscheidung darstellen, bei der subjektive Bewertungselemente nicht vollständig ausgeschlossen werden können, sind sie häufig Gegenstand dienstrechtlicher Beschwerden. Um hierbei eine Flut gerichtlicher Auseinandersetzungen möglichst zu verhindern, bieten einige I. O. in diesen Fällen, vor Einlegung einer dienstrechtlichen Beschwerde, die vorrangige Durchführung eines Vermittlungsverfahrens an (so z. B. die EPO, siehe VGIAO Nr. 1394: „consiliation procedure“). Die Kommission der EG hat im Zusammenhang mit der Reform des Dienstrechts zum 1.5.2004 bereits ab dem Jahre 2003 ein neues Beurteilungs- (Beförderungs-)system auf der tertiären Dienstrechtsebene eingeführt (Reform der Europäischen Kommission, Beurteilung und Beförderung, siehe im Internet-Verzeichnis). Demnach werden bei den jährlichen Beurteilungen bis zu 20 Verdienstpunkte in drei Kategorien vergeben, nämlich bis zu 10 Punkten für die Leistung, bis zu 6 Punkten für die Befähigung und bis zu 4 Punkten für die dienstliche Führung. Jede Kategorie enthält 6 Notenstufen. Zu diesen Verdienstpunkten können im Beförderungsverfahren noch bis zu 12 Prioritätspunkte kommen, nämlich bis zu 10 Punkte für die Verdienste für die Generaldirektion, die über ein von der Personalstärke abhängiges Punktekonto verfügt und für Verdienste für die Kommission, für die der Beförderungsausschuss noch bis zu 2 weitere Prioritätspunkte vergeben kann. Überschreitet eine Generaldirektion die kommissionsweite Durchschnittszahl von Punkten im Vorjahr um mehr als 1 Punkt, erfolgt im laufenden Beförderungsverfahren eine entsprechende Kürzung des Budgets an Prioritätspunkten. Hierdurch wird eine kommissionsweite einheitliche Punktevergabe erzielt. Alle Punkte der Bediensteten werden auf einem Punktekonto fortlaufend angesammelt. Wird dabei eine, vom Stellenplan abhängige jährlich festgelegte Punkteschwelle erreicht, erfolgt die Beförderung unabhängig vom Lebens- und Dienstalter. Bedienstete mit besonders

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niedrigem Punkteniveau (jährliche Beurteilungen unter 10 Punkten) können nicht befördert werden. Erreichen sie weniger als 7 Punkte, sind sie zur Teilnahme an intensiven Förderungs- und Korrekturprogrammen verpflichtet. Wird nach 6 Monaten kein angemessenes Leistungsniveau erreicht, kann ein Verfahren zur Entlassung oder Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe nach Art. 51 EG-BS eingeleitet werden (Reform der Europäischen Kommission, Sicherung professioneller und ethischer Standards, siehe Internetadressen). cc) Die Auswahl- und Beförderungsausschüsse Die Entscheidungen der Anstellungsbehörde einer I. O. über Beförderungen oder Einstellungen, Versetzungen und Einweisungen von internen Stellenbewerbern auf Grund von internen oder allgemeinen Auswahlverfahren werden in der Regel von Beförderungs- und Auswahlausschüsse vorbereitet. An ihren Arbeiten sind auch Personalvertreter beteiligt. Durchgehend besteht die Aufgabe der Ausschüsse darin, der Anstellungsbehörde begründete Entscheidungsempfehlungen (Verzeichnis der geeigneten Bewerber) abzugeben. Der Leiter der I. O. (Anstellungsbehörde) ist dann bei der Ausübung seines Ermessens an das ihm vorgelegte Bewerberverzeichnis, nicht jedoch an die dargelegte Reihenfolge der Kandidaten gebunden. Allerdings hat er Abweichungen zu begründen. Selbst wenn (in seltenen Ausnahmefällen) die Anstellungsbehörde nach den Regelungen nicht an Vorschläge des Ausschusses gebunden ist, darf sie nicht willkürlich entscheiden, sondern muss die ARGrundsätze des int. öff. Dienstes, sowie die in allen PS enthaltenen Grundsätze beachten, wonach Bedienstete in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen müssen. dd) Die Rechtsprechung zur Beförderung Von den großen int. VerwGerichten (VGIAO, EUGH) liegen mehrere hundert Urteile zu Fragen der Beförderung vor. Die folgende Übersicht beschränkt sich auf wichtige Entscheidungen. Ergänzend sei auf die bei den ARGrundsätzen, insbesondere dem Gleichbehandlungsgrundsatz und der Ermessensausübung zitierten Urteile verwiesen. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2457: Die Abwesenheit eines Mitglieds des Auswahl- und Beförderungsausschusses bei den Beratungen stellt einen formalen Verfahrensfehler dar; VGIAO Nr. 2307: Die Beurteilung darf keinen Hinweis auf eine vom Stellenbewerber eingelegte Beschwerde enthalten;

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VGIAO Nr. 2272, 2173: Die Entscheidung über die Beförderung ist eine Ermessensentscheidung der Anstellungsbehörde, die nur begrenzt gerichtlich überprüfbar ist (Standardformel zur Ermessensentscheidung); VGIAO Nr. 2272: Ermessensfehler bei Beförderung, Verstoß gegen eine sekundärrechtliche Beförderungsregel; VGIAO Nr. 2221: Kein Rechtsanspruch auf Beförderung. Der Beförderungsausschuss kann alle Erkenntnisse über die Leistung des Bediensteten berücksichtigen, auch Teilnoten der Beurteilung; VGIAO Nr. 1968: Die Beförderung darf nur erfolgen, wenn der Ausschuss den Bewerber in seine Vorschlagsliste aufgenommen hat (vgl. Urteil Nr. 1600); VGIAO Nr. 1827: Das Gericht überprüft die Entscheidung des Beförderungsausschusses nur, wenn der Kläger ernsthafte Fehler substantiiert dargelegt hat; VGIAO Nr. 1733: Es verstößt gegen die Unabhängigkeit einer I. O., wenn die Beförderung von der Unterstützung eines Mitgliedsstaats abhängig gemacht wird; VGIAO Nr. 1600: Die Beförderungsentscheidung ist fehlerhaft, wenn dem Ausschuss notwendige Informationen vorenthalten werden oder wenn die Beförderung auf Grund anderer Erkenntnisse als Beurteilungen und Fähigkeiten erfolgt (z. B. persönliche Erfahrung des Behördenchefs und soziale Aspekte); VGIAO Nr. 1565: Es besteht kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des int. öff. Dienstes, der zur Teilnahme von PV an Beförderungsausschüssen verpflichten würde; VGIAO Nr. 1556: Die Ernennung, Beförderung und Versetzung sind Ermessensentscheidungen (Standardformel); VGIAO Nr. 1355: Eine überwiegend auf das Geschlecht gestützte Beförderung ist rechtswidrig. Bei gleicher Qualifikation kann auf das Dienstalter und das Lebensalter zurückgegriffen werden; VGIAO Nr. 1223: Der Ausschluss des Beschwerderechts gegen die Ablehnung der Beförderung im PS ist rechtlich unbeachtlich; VGIAO Nr. 1177: Die I. O. muss dem Gericht Einblick in die Ergebnisse der Beratungen des Beförderungsausschusses gewähren; VGIAO Nr. 1025: Die Beförderungsregeln schaffen ein wohlerworbenes Recht hinsichtlich der Aussicht auf eine Karriere im Allgemeinen, nicht aber auf einzelne Karriereregelungen.

Rechtsprechung EUGH EUG T-177/03: Nach ständiger Rechtsprechung besteht bei negativen Beförderungsverfügungen keine Begründungspflicht, wohl aber bei der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde (zum Umfang der Begründungspflicht vgl. EUGH C-350/88 und EUG T-117/01). Das völlige Fehlen einer Begründung vor Klageerhebung kann später nicht mehr geheilt werden, wohl aber unzureichende Begründungen. Ausnahme: vgl. EUG T-194/99); EUG T-116/03: Die Anstellungsbehörde muss sich bei der Ermessensentscheidung eines Auswahl-Beförderungsausschusses streng an die von ihr verfasste Stel-

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lenausschreibung halten (hier: 15 Jahre Berufserfahrung und das Vorliegen der geforderten Sprachkenntnisse); EUG T-248/02: Die Anstellungsbehörde hat die Anforderungen in einer Stellenausschreibung sehr sorgfältig zu beachten. Sie muss im Zweifel nachweisen, dass eine wirkliche Abwägung der Bewerbungen stattgefunden hat; EUG T-241/02: Das Gericht kann das Ermessen bei der Bewertung der Befähigung und der Verdienste bei der Beförderung nicht durch seine eigene Bewertung ersetzen; EUG T-134/02: Fehler bei der Berücksichtigung von Beurteilungsnoten; EUG T-233/01: Die Beurteilung stellt ein unentbehrliches Beurteilungskriterium bei Beförderungsentscheidungen dar. Fehlt diese auf Grund einer erheblichen Verzögerung des Organs bei einem Bewerber, so kann dies einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellen; EUGH C-255/90 P: Es gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung zwischen internen und externen Kandidaten. Kein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht liegt vor, wenn trotz Hinweises der interne Kandidat nicht alle Bewerbungsunterlagen vorgelegt hat. Eine Ausnahme gilt bei Hinweisen auf die Personalakte (EUGH C-354/90 P; einschränkend: EUG T-133/89 Verwaltungsaufwand); EUGH 21-70: Die Verwendung von Beurteilungen über die Befähigung der Klägerin durch den Beförderungsausschuss, die sich weder in der Personalakte befanden noch ihr bekannt gemacht wurden, führt zur Rechtswidrigkeit der Beförderungsentscheidung.

d) Die vorübergehende Verwendung Gelegentlich sehen die PS die Möglichkeit vor, Bedienstete vorübergehend mit der Wahrnehmung der Aufgaben einer höheren Besoldungsgruppe zu betrauen. Hauptfälle sind die Ersetzung von erkrankten Bediensteten oder die vorübergehende Besetzung vakanter Stellen (siehe z. B. Art. 7 Abs. 2 EG-BS). Vereinzelt ist auch die vorübergehende Einweisung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe vorgesehen, wenn ein Bediensteter zwar noch nicht die Voraussetzung für eine Beförderung erfüllt, ihm aber die Möglichkeit gegeben werden soll, sich die erforderlichen Befähigungen anzueignen. e) Der Wechsel von Laufbahngruppen (Funktionsgruppen) In den meisten I. O. mit Laufbahngruppen beinhaltet das Karrieresystem auch die grundsätzliche Möglichkeit eines Laufbahnwechsels. Er bildet jedoch die Ausnahme, so dass die Personalstatuten in der Regel nur allgemeine oder indirekte Hinwiese darauf enthalten (siehe z. B. Regel 103.9 d VN-PS zum Laufbahnwechsel von der AD-Kategorie in die P-Kategorie und Art. 45a EG-BS, der einen Wechsel von der Funktionsgruppe AST in

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die AD Gruppe vorsieht). In den Dokumenten zur Begründung der Reform des EG-Dienstrechts zum 1.5.2004 (siehe Internetadressen) wird ausdrücklich festgestellt, dass ein Wechsel der Funktionsgruppen leichter ist als bei den früheren Laufbahngruppen, sofern die Beamten gute Beurteilungen und Fortbildungsmaßnahmen vorweisen können und eine Art Aufnahmeprüfung bestehen. 2. Die Änderung der dienstrechtlichen Stellung

a) Allgemeines Die Rechtsverhältnisse der Bediensteten zu ihrer Anstellungsorganisation können im Laufe des Berufslebens grundlegenden Änderungen unterworfen sein. Ausgehend vom Normalfall des Bediensteten im aktiven Dienst (siehe die Legaldefinition in Art. 36 EG-BS), der die ihm übertragenen Dienstpflichten erfüllt, kann der Bedienstete in eine andere dienstrechtliche Stellung (gelegentlich unter dem Begriff „nicht aktiver Dienst“ zusammengefasst) versetzt werden. Sie umfasst insbesondere (siehe Art. 35 b) bis f) EGBS) die Abordnung, den Elternurlaub und den Urlaub aus familiären Gründen, den Urlaub aus persönlichen Gründen, die Beurlaubung vom Wehrdienst und den einstweiligen Ruhestand. Dienstrechtliche Stellungen dieser Art finden sich grundsätzlich – wenn auch aus personalpolitischen und finanziellen Gründen in unterschiedlicher Intensität und Ausformung – bei den meisten I. O. Das Rechtsinstitut des einstweiligen Ruhestands bei Fortfall einer Planstelle ist dagegen naturgemäß auf die Beamtenverhältnisse im int. öff. Dienst (EG und EPO) beschränkt. Im Dienstrechtskreis des VN-CS und der K. O. erfolgt in diesem Fall die Entlassung mit einer Abfindung (siehe Beendigung des Dienstverhältnisses). Vom aktiven und nicht-aktiven Dienst ist der Ruhestand zu unterscheiden, in den der Bedienstete insbesondere bei Erreichen der Altersgrenze (siehe näher z. B. Art. 52 EG-BS) und (bei der EG) im Fall dauernder Vollinvalidität (Art. 53 EG-BS) versetzt wird. b) Die Abordnung Int. Bediensteten können mit ihrer Zustimmung, im dienstlichen Interesse oder auf ihren Antrag hin, vorübergehend zu einer anderen I. O. oder zu privaten Einrichtungen abgeordnet werden (Secondment). Sie unterstehen dann in der Regel (siehe dagegen VGIAO Nr. 231) der Rechtsordnung des neuen Arbeitgebers mit einem Rückkehrrecht. Allerdings bleiben die sozialen Absicherungen bei der Mutterorganisation in der Regel bestehen. Auch ge-

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währt diese in der Regel einen Gehaltsausgleich (vgl. Art. 37–39 EG-BS). Neben der Abordnung kennt das Dienstrecht des VN-CS auch die Entsendung (kurzfristige Dienstleistung bei einer anderen I. O. ohne Änderung der dienstrechtlichen Zuordnung) und den Transfer (endgültiger Wechsel in das Dienstrechtsverhältnis der anderen I. O., siehe hierzu Regel 101.7 VN-PS und den „Inter-Organization Mobility Accord“ von November 2005 (vgl. Dok CEB/2005/5 und im FICSA Internetportal); grundsätzlich zur Abordnung zwischen VN Organisation siehe auch VGIAO Nr. 703). c) Der Sonderurlaub Im Rahmen der Reform des EG-BS zum 1.5.2004 wurde auch verstärkt dem Umstand Rechnung getragen, dass I. O. (insbesondere wegen ihrer Unabhängigkeit vom Sitzstaat) eine zweifache Aufgabe gegenüber ihrem Personal zu erfüllen haben. Sie sind nicht nur Arbeitgeber, sondern auch „Ersatzstaat“. Dies trifft insbesondere auf die I. O. mit lebenslangen Beschäftigungsverhältnissen (Beamten) zu, also auf den EG-Dienstrechtskreis und die EPO. Diese I. O. müssen Arbeitsbedingungen anbieten, die eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, also z. B. Kindergärten und Schulen umfasst. Diese eigene Sozialpolitik ist Teil einer effektiven Personalpolitik (siehe näher: Die Reform der Kommission, in den Internetadressen). Das neue EG-Beamtenstatut vom 1.5.2004 enthält daher neue Arbeitsmodelle und soziale Hilfestellungen für die Bediensteten und ihre Angehörigen. Im Gegensatz zu den Ansprüchen auf Jahresurlaub, Heimaturlaub, Mutterschaftsurlaub sowie die kurzzeitige Dienstbefreiung bei besonderen Ereignissen (schwere Erkrankung, Tod von nahen Angehörigen, Teilnahme an nationalen Wahlen, Hochzeit etc) handelt es sich bei den nachfolgenden Urlaubsgewährungen um eine Veränderung der dienstrechtlichen Stellung unter Fortfall des Gehaltsanspruchs. Andere I. O. haben diese Urlaubsmodelle des EG-Dienstrechtskreises inzwischen in ähnlicher Form in ihr PS übernommen. aa) Der Elternurlaub Nach Art. 42a EG-BS besteht für jedes Kind Anspruch auf bis zu sechs Monaten (bei Alleinerziehenden bis zu 12 Monaten) Elternurlaub ohne Gehaltsanspruch, aber mit Anspruch auf eine besondere Urlaubsvergütung in Höhe von monatlich ca. EUR 800 und Übernahme der vollen Beiträge zum System der sozialen Sicherheit.

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bb) Der Urlaub aus familiären Gründen Nach Art. 42b EG-BS besteht bei schwerer Erkrankung oder Behinderung des Ehegatten oder nahestehender Verwandter Anspruch auf unbezahlten Urlaub von insgesamt neun Monaten während der gesamten Laufbahn. Der Beamte erhält eine dem Elternurlaub vergleichbare Urlaubsvergütung. d) Der Urlaub aus persönlichen Gründen Nach Art. 40 EG-BS kann Beamten in Ausnahmefällen unbezahlter Urlaub aus persönlichen Gründen gewährt werden. Die Höchstdauer des einzeln bewilligten Urlaubs beträgt ein Jahr, die Gesamtdauer grundsätzlich fünfzehn Jahre während der gesamten Laufbahn. Bei I. O. mit Bediensteten ohne lebenslange Dienstverhältnisse bestehen naturgemäß nur sehr eingeschränkte Regelungen für vergleichbare Urlaubsmodelle (siehe z. B. Regel 105.2 VN-PS: unbezahlter Elternurlaub bis zu zwei Jahren bei Geburt oder Adoption). e) Die Beurlaubung zum Wehrdienst I. O. mit Bediensteten im Beamtenstatus (EG-Dienstrechtskreis, EPO) sehen die Beurlaubung zum Wehrdienst vor. Die Versetzung in den inaktiven Dienst führt hier zum Erlöschen des Anspruchs auf die Dienstbezüge. Die Vorschrift über das Aufsteigen in den Dienstaltersstufen gelten aber fort, ebenso die Regelungen über das Ruhegehalt bei Fortzahlung der Beiträge (vgl. Art. 42 EG-BS). f) Der einstweilige Ruhestand Bei I. O. mit Bediensteten im Beamtenstatus kann ein Beamter, wenn er von der Verringerung der Planstellen betroffen ist (siehe Art. 41 Abs. 1 EG-BS) in den einstweiligen Ruhestand (non-active status, reserve status) versetzt werden. Materiell handelt es sich bei der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand um ein grundsätzlich neues dienstrechtliches Verhältnis, in dem der Bedienstete sein Amt nicht mehr ausübt. Bedienstete verlieren den Gehaltsanspruch, behalten aber einen Vergütungsanspruch, der sich nach Lebensalter und Dienstzeit bemisst (siehe Art. 41 und Anhang IV EG-BS). Bei I. O. ohne Beamtenstatus ist das Rechtsverhältnis des einstweiligen Ruhe-

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stands unbekannt, das Dienstverhältnis wird in diesen Fällen beendet (siehe nachstehend bei Beendigung des Dienstverhältnisses). Die Mehrzahl der I. O. sieht jedoch bei vorzeitiger Beendigung von Dienstverhältnissen auf Dauer unter gewissen Bedingungen eine Entlassungsabfindung in Höhe von bis zu einem Jahresgrundgehalt vor (siehe Regel 109.4 und Anhang III VN-PS). Es kann auch eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes bei befristeten Verträgen (maximal 10 Monatsgrundgehälter) und unbefristeten (maximal 12 Monatsgrundgehälter) gezahlt werden (siehe Anhang 6 ER-BS). 3. Die Versetzung

Bedienstete können entweder auf eigenen Antrag oder auf Grund eines Beschlusses der Anstellungsbehörde, auch gegen ihren Willen (VGIAO Nr. 939), auf einen anderen Dienstposten einer freien Planstelle versetzt werden (Art. 7 EG-BS). Die neue Stelle muss nach Aufgabenumfang und Tätigkeitsniveau der bisherigen Planstelle sowie der Qualifikation des betroffenen Bediensteten entsprechen. Soweit die Anstellungsbehörde aus personalpolitischen Gründen es nicht für opportun hält, eine freie Planstelle durch Versetzung zu belegen, kann der Bedienstete dies durch Teilnahme an einem internen oder allgemeinen Auswahlverfahren erreichen. Für ihn gelten dann jedoch dieselben Auswahlkriterien wie für die anderen, insbesondere internen Stellenbewerber, die mit der Bewerbung die Einweisung in eine höhere Besoldungsgruppe (Beförderung) anstreben (siehe EUGH 21/70 und allgemein zur Versetzung und der sog. Rotation, Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 58). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nrn. 2229, 1556: Eine Versetzung, die keine Disziplinarmaßnahme darstellt, ist eine Ermessensentscheidung. Die Anstellungsbehörde muss daher die allgemeinen Rechtsgrundsätze für den int. öff. Dienst beachten (Standardformel); VGIAO Nrn. 1972, 1018: Die Beseitigung innerdienstlicher Spannungen kann eine Versetzung rechtfertigen; VGIAO Nrn. 1556, 1496: Die Versetzung darf keine verdeckte Disziplinarmaßnahme darstellen. Die Versetzung ist eine Ermessensentscheidung, wie die Beförderung (Ermessensentscheidung-Standardformel); VGIAO Nr. 1929: Eine Versetzung ohne vorherige Anhörung des Betroffenen ist rechtswidrig; VGIAO Nr. 1726: Eine Versetzung ist rechtswidrig, wenn sie einen ernsthaften Verstoß gegen die Würde des Bediensteten darstellt; VGIAO Nr. 1590: Unterschied zwischen Versetzung und Änderung des Aufgabenbereichs eines Dienstpostens;

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VGIAO Nr. 996: Im Gegensatz zu den meisten I. O. besteht bei der ESO keine Vorschrift, die zu einer Entlassung bei Weigerung der Versetzung in einen anderen Dienstort im Ausland berechtigt; VGIAO Nr. 939: Das dienstliche Interesse an der Versetzung hat Vorrang vor dem persönlichen Interesse des Bediensteten.

Rechtsprechung EUGH EUG T-100/00: Versetzung als Ermessensentscheidung (Standardformel); EUGH C-294/95 P: Rechtfertigung der Versetzung bei dienstlichen Spannungen; EUGH 19/87, EUGH 116/88: Gleichwertigkeit der Dienstposten. 4. Die Umwandlung des Dienstverhältnisses

a) Allgemeines Wie oben (2. Teil, 3. Abschn. A.) näher ausgeführt, verfügt jede I. O. in der Regel über mehrere Arten von Dienstverhältnissen. Es liegt auf der Hand, dass Bedienstete in kurzfristig kündbaren Dienstverhältnissen einen Wechsel in langfristige Dienstverhältnisse anstreben. Andererseits versuchen I. O. aus wirtschaftlichen Gründen, Dauerplanstellen nur zur Erfüllung langfristiger Kernaufgaben einzurichten. Als Hauptfälle der Umwandlung eines Dienstverhältnisses sind zu nennen: – Umwandlung eines Dienstverhältnisses auf Probe in ein Dienstverhältnis auf Dauer oder in ein Beamtenverhältnis; – Umwandlung eines Dienstverhältnisses auf Zeit in ein Dienstverhältnis auf Dauer; – Umwandlung eines vertraglichen Dienstverhältnisses in ein Beamtenverhältnis. b) Die Umwandlung eines Probezeitverhältnisses in ein reguläres Dienstverhältnis oder ein Beamtenverhältnis Die meisten PS der I. O. schreiben als Bedingung für eine Festanstellung die Ableistung einer Probezeit vor. Das Dienstverhältnis auf Probe stellt dabei ein eigenständiges Dienstverhältnis dar, das für beide Seiten besondere Rechte und Pflichten begründet (siehe 2. Teil, 3. Abschn. A.IV.). Im Falle eines positiven Probezeitberichts erfolgt nach Ablauf der Probezeit nahtlos die vertragsgemäße Begründung des Dienstverhältnisses auf Zeit oder auf Dauer bzw. die Ernennung oder Bestätigung der Ernennung zum Beamten (Art. 34 Abs. 1 EG-BS). In allen Fällen handelt es sich dabei um keine automatische Umwandlung des Probedienstverhältnisses, sondern um eine

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Ermessensentscheidung der Anstellungsbehörde (VGIAO Nrn. 1556, 1386; EUGH 75/85, EUGH 3/84, EUGH 347/82). Erfüllt der Bedienstete auf Probe allerdings die Kriterien für einen erfolgreichen Abschluss der Probezeit (in der Regel durch einen entsprechenden Probezeitbericht), so wird das Ermessen gleichsam auf Null reduziert, d.h. es besteht ein Rechtsanspruch auf Abschluss eines regulären vertraglichen Dienstverhältnisses oder auf Ernennung in das Beamtenverhältnis. Allerdings kann der Abschluss einzelner Arten von Dienstverhältnissen von der Erfüllung weiterer Bedingungen abhängig gemacht werden (siehe Regel 104.13 VN-PS: Ableistung einer 5-jährigen Dienstzeit in einem befristeten Dienstverhältnis vor Abschluss eines Dauerdienstverhältnisses). Eine verspätete negative Entscheidung über die Probezeit kann nicht eine zwischenzeitliche stillschweigende Ernennung in das Beamtenverhältnis auslösen. Das Gericht kann in einem solchen Fall allerdings eine erneute Probezeit anordnen oder eine Entschädigung festsetzen (VGIAO Nr. 1386). c) Die Umwandlung eines Dienstverhältnisses auf Zeit (befristetes oder unbefristetes Dienstverhältnis) in ein Dienstverhältnis auf Dauer Vereinzelt sehen die PS der I. O. nach einer Mindestvertragszeit die Umwandlung eines Dienstverhältnisses auf Zeit in ein Dienstverhältnis auf Dauer vor (Art. 85 Abs. 1 EG-BSB: Verträge von Vertragsbediensteten auf Zeit können nur einmal auf insgesamt zehn Jahre verlängert werden, jede weitere Verlängerung erfolgt auf unbestimmte Zeit.) oder sie stellen eine Überprüfung des Dienstverhältnisses in Aussicht (Regel 104.12 b VN-PS: Nach einer Dienstzeit von 5 Jahren und einem Lebensalter unter 53 Jahren wird die Umwandlung eines befristeten Anstellungsverhältnisses in ein Dauerdienstverhältnis überprüft). In den weitaus meisten Statuten wird aber entweder ausdrücklich betont, dass ein bestimmtes Dienstverhältnis keine Anwartschaft auf Umwandlung in ein anderes Dienstverhältnis begründet (z. B. Regel 104.12 VN-PS) oder die PS gehen ganz selbstverständlich von einer strikten Trennung der einzelnen Dienstverhältnisse aus. d) Die Umwandlung eines vertraglichen Dienstverhältnisses in ein Beamtenverhältnis Bei den I. O. des EG-Dienstrechtskreises besteht gegenwärtig die Tendenz, die Dienstverhältnisse zumindest für Kernaufgaben zu vereinheitlichen und in Planstellen für Beamte umzuwandeln. Bedienstete auf Zeit sollen demnach in erster Linie für vorübergehende Personalengpässe und

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für zeitlich beschränkte Sonderaufgaben eingesetzt werden (siehe näher: „Die Reform der Europäischen Kommission“ im Internet-Verzeichnis). Die Umwandlung der bisherigen Dienstverhältnisse in ein Beamtenverhältnis erfolgt rein verwaltungsintern, falls der bisherigen Anstellung ein allgemeines Auswahlverfahrens vorausging. Andernfalls ist eine Verbeamtung erst nach einer Ausschreibung zulässig. In allen Fällen werden die bisherigen Dienstzeiten auch für das Karrieresystem im Beamtenverhältnis berücksichtigt. 5. Sonderfälle

Die wichtigsten Sonderfälle einer Veränderung des Dienstverhältnisses sind: – Die Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe bei einer unzulänglichen fachlichen Leistung (Art. 51 Abs. 1 EG-BS). – Die Einstufung in eine niedrigere Dienstaltersstufe oder Besoldungsgruppe als Folge einer Disziplinarstrafe (Anhang IX Art. 9 Abs. 1 EGBS; Regel 110.3 a VN-PS; Art. 54 Abs. 2 ER-PS).

III. Die Beendigung des Dienstverhältnisses (The termination of service) Das endgültige Ausscheiden aus dem Dienst (termination of service, separation from service) erfolgt trotz unterschiedlicher Terminologie und Detailregelungen auf Grund ähnlicher Tatbestandvoraussetzungen. Grundsätzliche Unterschiede bestehen allerdings zwischen vertraglichen und beamtenrechtlichen Dienstverhältnissen. Neben der Problematik bei der Nicht-Erneuerung von Dienstverträgen (siehe 2. Teil, 3. Abschn. B.III.3.) gilt dies für die Entlassung bei Fortfall der Planstelle. Hier erfolgt bei den beamtenrechtlichen Dienstverhältnissen (EG und EPO) die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand und damit auch in einen, gegenüber den Vertragsverhältnissen auf Dauer (permanent employment), weitgehend abgesicherten Status. Demgegenüber werden Vertragsbedienstete schlicht entlassen (siehe näher nachstehend). Die Hauptgründe der Beendigung des Dienstverhältnisses sind: a) die Entlassung durch die Anstellungsbehörde; b) die Beendigung des Dienstverhältnisses aus Altersgründen oder bei Vollinvalidität (bei den Beamtenverhältnissen: Versetzung in den Ruhestand; bei Vollinvalidität zum Teil auch Versetzung in den nicht-aktiven Dienst);

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c) die Entlassung auf Antrag; d) der Tod des Bediensteten. In engem Zusammenhang mit der Beendigung von vertraglichen Dienstverhältnissen steht auch die Frage nach einer Verlängerung, Erneuerung oder Umwandlung von befristeten Anstellungsverträgen, diese Problematik wird nachstehend (unter 3.) als Exkurs behandelt. Die vorstehend unter c. und d. genannten Fälle sind ohne besonderes rechtliches Interesse, auf eine Darstellung wird daher verzichtet. 1. Die Entlassung durch die Anstellungsbehörde

Trotz nicht einheitlicher Terminologie lassen sich folgende Hauptfälle nennen, die sich in den Dienstrechtsordnungen der meisten I. O. finden: a) die Entlassung von Amts wegen (z. B. Art. 49 EG-BS); b) die Stellenenthebung aus dienstlichen Gründen (z. B. Art. 50 EG-BS); c) die Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen (z. B. Art. 51 EG-BS); d) die Entfernung aus dem Dienst (z. B. Anhang IX Art. 9 Abs. 1h) EGBS); e) die Entlassung wegen Streichung der Planstelle (nur bei Vertragsbediensteten, siehe z. B. Art. 9.1 a) VN-PS). a) Die Entlassung von Amts wegen umfasst ihrerseits mehrere Unterfälle (z. B. Art. 49 EG-BS). – Den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder (Ausnahmen möglich) den Verlust der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaats (z. B. Art. 29a EG-BS, siehe auch Art. 91 a) VN-PS). – In besonderen Ausnahmefällen (Ablehnung einer angebotenen Stelle) kann eine Entlassung auch bei Beendigung einer Abordnung oder eines Urlaubs aus persönlichen Gründen erfolgen (z. B. Art. 39 und 40 EGBS). Bei den I. O. mit Beamtenrechtsverhältnissen ist in Ausnahmefällen eine Entlassung bei Beendigung des einstweiligen Ruhestands oder Aufhebung der Invalidität (z. B. Art. 41 Abs. 4 und 5 und Anhang VIII Art. 14 EG-BS) möglich (siehe näher nachstehend unter 2). Bei einigen I. O. ist eine Entlassung auch bei Weigerung des Bediensteten zulässig, sich ständig in ein anders Land, als das in dem er seine Tätigkeit ausübt, versetzen zu lassen (EPO) oder bei Kündigung des Gründungsübereinkommens durch den Vertragsstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Bedienstete besitzt (EPO).

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b) Eine Stellenenthebung kann insbesondere bei Spitzenbediensteten im Interesse der I. O., insbesondere aus politischen Gründen, ausgesprochen werden (z. B. Art. 50 EG-BS). c) Die Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistung (Fachjargon: „Trottelparagraph“) kann nur unter Beachtung verfahrensrechtlicher Garantien (Beteiligung paritätisch besetzter Ausschüsse, Disziplinarausschüsse) erfolgen (z. B. Art. 51 EG-BS; Art. 23 EG-BS). d) Die Entfernung aus dem Dienst ist die Folge einer entsprechenden Disziplinarentscheidung (z. B. Anhang IX Art. 9 Abs. 1 h) EG-BS). e) Die Entlassung als Folge einer Streichung der Planstelle (abolition of post) gilt nur für die I. O. mit Vertragsbediensteten (siehe Art. 9.1 a) VN-PS; Art. 23 Abs. 3 ER-PS). Die Entlassung erfolgt erst nach Durchführung eines förmlichen Verfahrens unter Beteiligung eines paritätischen Ausschusses. Die entlassenen Bediensteten erhalten in der Regel eine Abfindung von einigen Monatsgehältern, gestaffelt nach dem Dienstalter (Art. 9.3 VN-PS: termination indemnity; Anhang 6 ER-PS: indemnity for loss of job). Bei den I. O. mit Beamtenstatus (EG-Dienstrechtskreis, EPO) erfolgt in diesem Fall die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand (Änderung der dienstrechtlichen Stellung, siehe Art. 35 d) EG-BS, also keine Entlassung). Der Bedienstete erhält eine monatliche Vergütung in gestaffelter Höhe bis zum Erreichen des Ruhestandsalters und ein befristetes Vorrecht auf Wiederverwendung im aktiven Dienst (Art. 41 und Anhang IV EG-BS). Diese Regelung stellt das wesentlichste Unterscheidungsmerkmal zwischen den vertraglichen Beschäftigungsverhältnissen auf Dauer und den beamtenrechtlichen Regelungen im int. öff. Dienst dar. 2. Die Beendigung des Dienstverhältnisses aus Alters- oder Invaliditätsgründen

(Bei den Beamtenverhältnissen des EG-Dienstrechtskreises: Versetzung in den Ruhestand; Art. 53 EG-BS) Bei Erreichen der Altersgrenze wird der Bedienstete entlassen (Art. 9.5 VN-PS; Art. 24 ER-PS) bzw. nach der Terminologie der Beamtenverhältnisse (im EG-Dienstrechtskreis und bei der EPO) in den Ruhestand versetzt (z. B. Art. 52 EG-BS). Bei vielen I. O. ist inzwischen eine Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus im Interesse der Organisation möglich und der Bedienstete erwirbt zusätzliche Versorgungsansprüche (z. B. Art. 52 EGBS). Die Flexibilisierung der Altersgrenze liegt bei I. O. im Trend. Auf Grund der zunehmenden Lebenserwartung und Leistungsfähigkeit älterer Bediensteter besteht das Interesse an der Nutzbarmachung ihrer Berufs-

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erfahrung. Die Verlängerung der Anstellung über die Altersgrenze hinaus ist eine Ermessensentscheidung (siehe VGIAO Nrn. 2669, 2513, 2377, 2125, 1143). Ebenso kann der Bedienstete in vielen Fällen schon einige Jahre vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand treten und ein vorgezogenes Ruhegehalt beantragen (z. B. Anhang V.a Art. 8 ER-PS „early pension“) oder bis zum Erreichen der Altersgrenze hinausschieben lassen (z. B. Anhang V.a Art. 8 ER-PS „deferred pension“). Bei dauernder Vollinvalidität werden die Bediensteten der Rechtskreise des VN-CS und der K. O., wie bei Erreichen der Altersgrenze, entlassen (Art. 9.1 a VN-PS; Art. 23 Abs. 3 iv) ER-PS „termination“). Bei den K. O. haben sie dann Anspruch auf eine Invaliditätspension (Anhang Va Art. 13 ff. ER-PS „invalidity pension“) sowie eine Kapitalabfindung (Anhang XII Art. 12 Abs. 1 ER-PS). Im VN-CS wird von UNJSPF eine Invaliditätsrente bezahlt (Art. 33 UNJSPF Regulation „disability benefit“). Die Beamten der EG werden bei dauernder Vollinvalidität (Art. 53 EGBS) in den Ruhestand versetzt und erhalten ein Invalidengeld und im Falle von dauernder Vollinvalidität infolge einer Berufskrankheit oder eines Unfalls (auch außerhalb des Dienstes) eine Kapitalabfindung (siehe Art. 73 EG-BS und näher unter Versorgung). 3. Exkurs: Die Rechtsprechung zur Nicht-Erneuerung von befristeten Anstellungsverträgen

Zwar endet ein Anstellungsverhältnis auf bestimmte Dauer naturgemäß mit Ablauf der festgelegten Dienstzeit. Die Rechtsprechung des VGIAO hat jedoch aus den ARGrundsätzen des int. öff. Dienstes (insbesondere dem Grundsatz des pflichtgemäßen Ermessens, des Willkürverbots und der Fürsorgepflicht) eine umfangreiche Kasuistik zu den Rechtspflichten einer I. O. bei Beendigung befristeter Dienstverhältnisse entwickelt. Diese erstreckt sich nicht nur auf die Auslegung und Lückenfüllung der Vorschriften einer I. O. über das Auslaufen dieser Dienstverträge, sondern betrifft auch die Rechtmäßigkeit dieser Vorschriften. So sehen etwa die PS bei Bediensteten mit befristeten Anstellungsverträgen vielfach keine ausdrückliche Hinweispflicht der I. O. auf das Auslaufen des Vertragsverhältnisses vor. Gelegentlich enthalten sie ausdrückliche Klauseln, die eine Erwartung auf Verlängerung (Erneuerung) des Vertrags oder eine Umwandlung in ein Dienstverhältnis auf Dauer ausschließen (siehe z. B. Regel 104.12b VNPS: „The fixed term appointment does not carry any expectancy of renewal or of conversion to any other type of appointment.“). Einige Dienstrechtsvorschriften enthalten sogar Regelungen, die eine Klagemöglichkeit ausdrücklich ausschließen. Diese sind rechtlich unbeachtlich (VGIAO Nr. 2312).

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Im Gegensatz zur Rechtsprechung des VGIAO verlangt die Rechtsprechung des EUGH keinerlei Begründung für die Beendigung befristeter Dienstverträge. Einzelheiten zur Rechtsprechung des VGIAO und des EUG zur rechtlichen Bewertung der Nicht-Erneuerung (Nicht-Verlängerung) befristeter Dienstverträge: Rechtsprechung VGIAO Grundsätze Bei der Nicht-Erneuerung eines befristeten Anstellungsverhältnisses handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Es gelten daher die allgemeinen Grundsätze, die das Gericht zur (eingeschränkten) Überprüfung dieser Art von Entscheidungen aufgestellt hat (z. B. VGIAO Nrn. 2427, 2337, 2259, 1262, siehe auch die Standardformel in 2. Teil, 2. Abschn. C.IX.). VGIAO Nr. 2468: Bei Nicht-Erneuerung eines Vertrags auf Dauer erfolgt die Überprüfung durch das Gericht besonders genau, da es Sinn und Zweck dieses Vertragsverhältnisses ist, dem Beschäftigten das Risiko des Arbeitsplatzverlustes weitgehend zu nehmen. Vorschriften einer I. O., die die automatische Beendigung eines befristeten Anstellungsvertrags ohne vorherige Mitteilung von Gründen festlegen, sind wegen Verstoßes gegen ARGrundsätze des int. öff. Dienstes ohne rechtliche Wirkung (Nrn. 675, 1128, 1544). Die Nicht-Erneuerung eines befristeten Vertrags muss auf rechtmäßigen Gründen beruhen und diese müssen dem Betroffenen rechtzeitig mitgeteilt werden (Nrn. 2104 und 2121). Sie ist bei dieser Ermessensentscheidung auch verpflichtet, zu prüfen, ob es in ihrem Interesse liegt, den Vertrag zu verlängern und sie hat ihre Entscheidung zu begründen (Nrn. 1128, 1154). Einzelheiten VGIAO Nr. 2700 (mit weiterer Rechtsprechung): Ein Bediensteter hat in der Regel Anspruch auf Vorlage der Empfehlung des Beurteilungsausschusses zur Frage der Erneuerung seines Vertrags; VGIAO Nr. 2645: Nicht-Erneuerung eines Vertrags als unzulässige Vergeltungsmaßnahme; VGIAO Nr. 2531: Schadensersatz wegen zu später Information über die Nicht-Erneuerung eines Vertrags; VGIAO Nr. 2515: Verstoß gegen den ARGrundsatz des fairen Verfahrens, wenn Bediensteter nur durch die Ausschreibung seines Postens von seiner Entlassung erfährt; VGIAO Nr. 2456: Aufhebung einer Nicht-Erneuerung des Vertrags wegen Abstützung auf falsche Tatsachen, falsche Berechnung der Beschäftigungsdauer; VGIAO Nr. 2414: Ablehnung der Umwandlung eines befristeten Vertrags in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis ist rechtswidrig, wenn sie sich auf eine fehlerhafte Beurteilung stützt;

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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VGIAO Nr. 2406: die Ablehnung der Verlängerung des Vertrags muss auf sachlichen Gründen beruhen; VGIAO Nr. 2315: die Befristung eines Beschäftigungsverhältnisses muss sich aus dem Vertrag selbst oder allgemeinen Regelungen ergeben, auf die Vertrag Bezug nimmt; VGIAO Nr. 2312: der Ausschluss des Beschwerderechts gegen die Nicht-Erneuerung eines befristeten Anstellungsvertrags ist ohne rechtliche Wirkung. Für die Gerichtsbarkeit des Tribunals ist allein das Gerichtssatzung maßgebend; VGIAO Nr. 2307: Untersuchungen in Zusammenhang mit einer Beschwerde wegen schikanöser Behandlung können nicht als Grund für die Nicht-Erneuerung eines Anstellungsvertrags herangezogen werden; VGIAO Nrn. 2259, 1525 und 1298: die Verletzung interner Verfahrensvorschriften kann die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung über die Nicht-Verlängerung des Vertrags begründen; VGIAO Nr. 2232: bei einer Entlassung vor Ablauf der befristeten Anstellung muss dem Betroffenen Gelegenheit zur Anhörung gegeben werden; VGIAO Nr. 2213: die Entscheidung über einen Dienstposten im Haushalt beinhaltet keine Entscheidung über die Erneuerung eines Anstellungsvertrags; VGIAO Nr. 2162: die Nichtbeachtung der Frist für die Hinweispflicht auf das Ende eines Anstellungsvertrags macht die Entscheidung über die Nicht-Erneuerung eines solchen Vertrags nicht unwirksam. Sie führt nur zu einer Verlängerung des Vertrags um einen Zeitraum, der die Einhaltung der Frist gewährleistet; VGIAO Nr. 2048: das Senden eines Drohbriefs an einen Kollegen ist ein ausreichender Grund, einen Anstellungsvertrag nicht zu erneuern; VGIAO Nr. 1983: die Gründe für die Entscheidung über die Nicht-Erneuerung eines Vertrags müssen klar und genau sein, ansonsten ist die Entscheidung unwirksam; VGIAO Nr. 1911: die Gründe für die Beendigung eines Vertrags müssen zeitnah (nicht bereits zwei Jahre vor Beendigung) mitgeteilt werden; VGIAO Nr. 1906: das Absehen von einem Disziplinarverfahren schließt die Berücksichtigung eines möglicherweise disziplinarwidrigen Verhaltens bei Entscheidungen über die Erneuerung eines Vertrags nicht aus; VGIAO Nr. 1783: bei der Aufhebung einer ablehnenden Entscheidung über die Nicht-Erneuerung eines Vertrags kann das Gericht die I. O. zu einer neuen Entscheidung auffordern oder selbst die Erneuerung des Vertrags oder die Zahlung von Schadensersatz anordnen; VGIAO Nr. 1583: eine auf ungenügende Leistung gestützte Entscheidung über die Nicht-Erneuerung eines Vertrags ist nur rechtmäßig, wenn dem Betroffenen vorher die Möglichkeit gegeben wurde, sich zu verbessern; VGIAO Nr. 1526: auch bei der Entscheidung über die Erneuerung eines Vertrags ist die I. O. zur Fürsorge verpflichtet und muss Härtefälle vermeiden; VGIAO Nr. 1384: Nicht-Erneuerung eines Anstellungsvertrags wegen unbewiesener Straftat (Diebstahl) ist rechtswidrig;

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

VGIAO Nr. 1351: eine I. O. kann die Nicht-Erneuerung eines Anstellungsvertrags nicht auf eine alte Beurteilung stützen, wenn eine neue Beurteilung entgegen den Vorschriften nicht erstellt wurde; VGIAO Nr. 1342: Nicht-Erneuerung eines Anstellungsvertrags wegen persönlicher Vorurteile ist fehlerhaft; VGIAO Nr. 1317: Nicht-Erneuerung eines Anstellungsvertrags wegen Diskriminierung ist fehlerhaft; VGIAO Nrn. 1249, 1230: Nicht-Erneuerung eines Vertrags unter Verstoß gegen einen Grundsatz des int. öff. Dienstes (Unabhängigkeit der Entscheidung von Einflussnahme eines Vertragsstaats, hier: Kotau gegenüber Vertretung der Sowjetunion) ist rechtswidrig.

Rechtsprechung EUGH Es besteht keine Pflicht, die Nicht-Erneuerung (Verlängerung) eines befristeten Vertrags zu begründen (Art. 25 EG-BS findet keine analoge Anwendung), da das Vertragsende bereits im Vertrag festgelegt ist und kein Rechtsanspruch auf Verlängerung besteht (EUG T-175/03, EUG T-7/01, EUG T-45/90; unter Hinweis auf die Regelungen in Art. 47 EG-BSB). Ein befristeter Anstellungsvertrag kann vorzeitig gekündigt werden. Dabei muss jedoch die im Vertrag festgelegte Kündigungsfrist (Art. 47b ii EG-BSB) beachtet werden. Die Organisation darf aber wegen des Vertrauensschutzes des Bediensteten von der vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit nur mit besonderer Umsicht Gebrauch machen (EUG T-223/99). Bei Mutterschaftsurlaub und während eines Krankheitsurlaubs ist die vorzeitige Kündigung eingeschränkt (siehe Art. 47b ii EG-BSB).

C. Die Rechte und Pflichten der Bediensteten (Rights and obligations of staff) I. Die Rechte (Rights) 1. Einleitung

Die Rechte der Bediensteten I. O. ergeben sich (abgesehen von den ARGrundsätzen siehe 2. Teil, 2. Abschn.) im Wesentlichen aus den DienstRO (Personalstatut, Beamtenstatut), den tertiärrechtlichen Regelungen (Verwaltungsrichtlinien, -vorschriften einschließlich der Verwaltungspraxis), den PPI sowie den Sitzabkommen. Vereinzelt finden sich auch Rechte im Gründungsübereinkommen. Die Anstellungsverträge der Vertragsbediensteten enthalten neben der Verweisung auf die Personalstatuten kaum materielles Dienstrecht.

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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2. Überblick

Den Kernbereich der Rechte der Bediensteten bilden die Regelungen in den DienstRO zu den Dienstbezügen, zur sozialen Sicherheit, zur Versorgung und zu den kollektiven Rechten. Die PPI und Sitzabkommen enthalten Regelungen über die, den Bediensteten im Interesse der I. O. gewährten Steuerprivilegien, die Privilegien bei der Ein- und Ausreise und beim Aufenthaltsrecht sowie die Immunität bei der Ausübung dienstlicher Tätigkeiten. In den Gründungsübereinkommen selbst sind allenfalls wenige allgemeine Grundsätze geregelt (vgl. Art. 101 Abs. 3 VN-Charta und der Anspruch der Bediensteten auf Rechtsschutz, siehe Art. 236 EGV, Art. 13 EPÜ). Die Einzelheiten ergeben sich aus den DienstRO. 3. Der Anspruch auf die Dienstbezüge

Die Bediensteten haben Anspruch auf die Dienstbezüge, die ihrer Besoldungsgruppe und Dienstaltersstufe entsprechen. Bei den I. O. mit Bediensteten im Beamtenverhältnis betonen die BS ausdrücklich das Bestehen des Anspruchs auf die Dienstbezüge „allein auf Grund seiner Ernennung“, sowie die Unverzichtbarkeit des Gehaltsanspruchs (siehe Art. 62 EG-BS; ähnlich Art. 64 Abs. 1 EPO-BS; bei einem „Gehaltskompromiss „empfiehlt sich ein entsprechender interpretativer Beschluss des Gesetzgebungsorgans“, siehe VGIAO Nr. 1663: EPO-Ratsbeschluss vom 8.3.1996). Bei den Versorgungsbezügen fehlt durchwegs eine Unverzichtbarkeits-Klausel. Dies kann vom Bediensteten bei der nationalen Besteuerung und der Höhe des Steuerausgleichs, den einige I. O. gewähren (K. O.), von Bedeutung sein. a) Das Grundgehalt Die Dienstbezüge umfassen das Grundgehalt und ggf. Zulagen und Beihilfen (Art. 62 EG-BS; Art. III VN-PS: „Salaries and related allowances“; Art. 41 ER-PS: „staff salaries and allowances“). aa) Die Höhe der Gehälter Die Höhe der Bezüge ist gelegentlich Gegenstand kritischer Auseinandersetzungen in den Plenargremien der I. O., den nationalen Parlamenten und in der Presse. Zur Rechtfertigung der Bemessung der Höhe der Gehälter bei I. O. sind folgende Überlegungen anzustellen: – Die Gehaltssysteme müssen auch für Staatsangehörige in den Mitgliedsstaaten mit den höchsten Gehältern attraktiv genug sein, um der I. O. die

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Mitarbeit von Bediensteten zu sichern, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen (z. B. Art. 27 EGBS). Nur auf diese Weise wird auch sichergestellt, dass die Bediensteten auf möglichst breiter geographischer Grundlage ausgewählt werden können (Art. 27 EG-BS). – An die Bediensteten der I. O. werden erhöhte fachliche Anforderungen gestellt. Neben der Mehrsprachigkeit arbeiten die Bediensteten in organisationseigenen Rechts- und Verwaltungssystemen, die sich in vielerlei Hinsicht von denjenigen in den Mitgliedsstaaten unterscheiden. – Die Bediensteten müssen sich in einem int. Arbeitsumfeld bewegen und sind erhöhten Flexibilitätsanforderungen im Hinblick auf den Ort und das Land ihrer Tätigkeit ausgesetzt. – Ein Quervergleich mit den Tätigkeiten der Mitarbeiter in den ständigen Vertretungen der Mitgliedsstaaten bei vielen I. O. und mit dem, in den Auslandsvertretungen tätigen Personal, rechtfertigt eine weitgehende besoldungsmäßige Gleichbehandlung. bb) Die Gehaltstabellen Die Grundstrukturen der Gehaltssysteme der Bediensteten I. O. folgen weitgehend einem ähnlichen Grundmuster. Die DienstRO enthalten hierzu mehr oder minder umfangreiche Regelungen zu den Anspruchsgrundlagen und Modalitäten. Die Einzelheiten ergeben sich vielfach aus den Durchführungsvorschriften. Die nach Besoldungsgruppen (BG) und Dienstaltersstufen (DAS) gegliederten Gehälter, sowie die Zulagen und Beihilfen, sind in tabellarischer Form in den DienstRO (z. B. Art. 66 EG-BS), zumeist aber aus gesetzestechnischen Gründen in den Anhängen hierzu, enthalten. Sie sind für die Dienstrechtskreise EG und VN-CS über die Internetportale (siehe Internet-Verzeichnis) verfügbar. Für die K. O. sind die Informationen im Portal des ER abrufbar. Die Gehaltstabellen der I. O. stellen in der Regel die Grundgehälter nach Abzug der internen Steuer (Quellensteuer) und ggf. der Sonderabgaben (z. B. Art. 66 Abs. 1 bis 4 EG-BS) ohne Zulagen dar. Der vertikalen Gliederung der Tabellen liegen die BG, der horizontalen die DAS zugrunde. Eine wesentliche Ausnahme von diesem Grundschema bilden die Gehaltstabellen des VN-CS. Zum einen enthalten sie neben dem Nettogrundgehalt („net base salary“, d.h. das Bruttogehalt nach Abzug der internen Steuer, den „staff assessment rates“) getrennt für Bedienstete mit oder ohne Unterhaltsberechtigte (Ehegatte oder Kind) auch das Bruttogehalt (vor Abzug der internen Steuer). Die Nettogrundgehälter (net base salary) werden

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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durch einen sog. Kaufkraftausgleich („post adjustment“) ergänzt, der sicherstellt, dass die Dienstbezüge der P-Kategorie und höher an allen Dienstorten über dieselbe Kaufkraft verfügen wie in New York. Die Höhe dieses Kaufkraftausgleichs ist von Dienstort zu Dienstort verschieden. Er stellt aber jedenfalls einen erheblichen Anteil an den Gesamtdienstbezügen dar. Am 1.12.2007 betrug der „Kaufkraftmultiplikator“ (post adjustment multiplier; Prozentsatz des Nettogrundgehalts) in den nachfolgenden Dienstorten bzw. Ländern: New York 65.0, Schweiz 79.5, Berlin 74.9, Afghanistan 52.6, Peking 51.2, Italien 72.6 und Japan 107.9; zu den näheren Einzelheiten siehe die entsprechenden Tabellen im ICSC-Internetportal). Der Kaufkraftausgleich setzt sich aus vier Elementen zusammen: – den unterschiedlichen Lebenshaltungskosten an den einzelnen Dienstorten der Organisationen des VN-CS, – der örtlichen Inflation, – den Wechselkursen zwischen den örtlichen Währungen und dem USDollar, – dem durchschnittlichen Warenkorb des Personals an dem jeweiligen Dienstort. Der Kaufkraftausgleich dient in erster Linie der Gewährleistung einer gleichen Kaufkraft der Bediensteten der I. O. des VN-CS mit der Basis New York. Darüber hinaus trägt er auch der Entwicklung der Lebenshaltungskosten in New York selbst Rechnung, so dass auch die dortigen Nettodienstbezüge einen Kaufkraftausgleich enthalten. Mit der Berechnung des Kaufkraftmultiplikators ist ein beratender Ausschuss der ICSC, das sog. ACPAQ (Advisory Committee on Post Adjustment Questions) betraut. Neue Multiplikatortabellen werden fortlaufend (soweit möglich) monatlich erstellt. Ein Punkt des Multiplikators entspricht dabei einem Prozent des Nettogrundgehalts. Der Kaufkraftausgleich wird in unregelmäßigen Abständen bei der Überprüfung der Grundgehälter in diese miteinbezogen (consolidation of post adjustment). In den dazwischen liegenden Jahren nimmt der Anteil des Kaufkraftausgleichs an den Nettodienstbezügen erheblich zu. Ein negativer Kaufkraftausgleich existiert nicht. Die Einzelheiten des Kaufkraftausgleichssystems sind sehr ausführlich im ICSC-Internetportal dargestellt. Eine weitere Besonderheit des VN-CS Gehaltssystems stellen die sog. „ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge“ („pensionable remuneration“) dar. Während bei den meisten anderen I. O. die Pensionsbeiträge einen Prozentsatz der Nettogrundgehälter oder der Bruttogrundgehälter darstellen, werden die Beiträge im VN-CS auf der Basis der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge berechnet. Der Grund hierfür ist, dass der Kaufkraftausgleich (post ajustment)

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

nicht zu den ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen zählt und im Übrigen auch nicht der organisationsinternen Steuer (den „staff assessment rates“) unterliegt. Das Grundgehalt allein als Berechnungsgrundlage für die Beiträge der I. O. und der Bediensten zum UNJSPF heranzuziehen, würde jedoch wegen des hohen Prozentanteils des Kaufkraftausgleichs an den Gesamtdienstbezügen des Bediensteten zu einer erheblich Einbuße bei den Versorgungsbezügen führen. Aus diesem Grund wird von der ICSC eine eigene, weltweit gültige Tabelle mit den ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen auf US-DollarBasis erstellt, die Tabellen für die P- und die AD-Kategorie sind über das ICSC-Internetportal abrufbar. Nicht alle Gehaltstabellen der I. O. sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Allerdings sind die Gehaltstabellen für die drei homogenen Dienstrechtskreise inzwischen über das Internet frei verfügbar (siehe im Einzelnen im Internet-Verzeichnis). Aus den Gehaltstabellen dieser drei homogenen Dienstrechtskreise lassen sich die Gehälter der übrigen I. O. im heterogenen Dienstrechtskreis in etwa abschätzen, da sie sich an dem Gehaltssystem des ihnen funktional am nächsten stehenden Dienstrechtskreises orientieren. Beispiele für die Gehälter im höheren Dienst (nach Abzug der internen Steuer): VN-CS Dienstrechtskreis (11.2007) (im Gegensatz zu anderen I. O. wird bei den Nettogehältern zwischen Ledigen und Bediensteten mit Ehegatten oder Kind unterschieden). – Berufsanfänger (ledig; entspricht ca. A13 in DE) BG P2, DAS I; jährliche Nettogesamtdienstbezüge: ca. 43.000 USD zuzüglich Kaufkraftausgleich (z. B. New York: 65% des Grundgehalts). – Berufserfahrener (mit Ehegatten oder Kind; entspricht A15 in DE) BG P5, DAS VI, jährliche Nettogesamtdienstbezüge: ca. 87.000 USD zuzüglich Kaufkraftausgleich (z. B. New York: 65% des Grundgehalts). Die jährlichen ruhegehaltsfähigen Bruttobezüge (1.9.2007) betragen für die BG P3-P4, DAS XI: ca. 145.000 bis 173.000 USD; für die BG P5, DAS XIII: ca. 197.000 USD. Sie unterliegen der jeweiligen nationalen Einkommenssteuer des Wohnsitzstaats. EG-Dienstrechtskreis (1.7.2007) – Berufsanfänger (entspricht A13 in DE) BG 5/6, DAS 1, Gesamtnettogrundgehalt: ca. 4.100 EUR/Monat. – Berufserfahrener (entspricht A15 in DE) BG 10, DAS 5, Gesamtnettogrundgehalt: ca. 8.500 EUR/Monat.

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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Dienstrechtskreis der Koordinierten Organisationen (Frankreich) (1.7.2007) – Berufsanfänger (entspricht A13 in DE), BG A1, DAS 1, Gesamtnettogrundgehalt: ca. 4.000 EUR/Monat. – Berufserfahrener (entspricht A15 in DE), BG A4, DAS 6, Gesamtnettogrundgehalt: ca. 8.000 EUR/Monat. Dienstrechtskreis der eigenständigen Internationalen Organisationen im heterogenen Dienstrechtskreis Die meisten eigenständigen I. O. orientieren sich an den Gehältern der I. O. der drei homogenen Dienstrechtskreise. Zumeist wählen sie dabei den funktional vergleichbaren Dienstrechtskreis oder denjenigen mit dem sie in einem Konkurrenzverhältnis bei der Rekrutierung stehen. So liegen die EPO Gehälter in etwa zwischen denen der EG und den K. O. (vgl. VGIAO Nrn. 2252, 1663). CERN, ESO und EMBL orientieren sich mit Abstrichen an den Gehältern der K. O. Die OPCW folgt der Gehaltsstruktur der EG. cc) Die Gehaltsentwicklung Der Bedienstete hat Anspruch auf die Dienstbezüge, die seiner BG und DAS entsprechen (Art. 62 Abs. 1 EG-BS). Die Ernennung erfolgt mindestens in die bei der Stellenausschreibung festgelegte BG. In dieser wird der Bedienstete grundsätzlich in die erste DAS eingewiesen, soweit nach den Regeln der I. O. nicht eine höhere Einstufung auf Grund der (teilweisen) Anrechnung der vorausgehender Berufserfahrung vorgesehen ist (so bei der EPO, siehe VGIAO Nrn. 962, 957, 895, 886, 884, 881, 861, 851; Art. 32 EG-BS). Während seiner Dienstleistung bei der I. O. rückt der Bedienstete in der Regel „automatisch“ (Art. 44 Abs. 1 EG-BS, Ausn. Regel 103.8 VN-PS: das Vorrücken hängt von befriedigenden Dienstleistungen ab, Anhang IV, Art. 3 ER-PS) in ein- oder zweijährigem Rhythmus in die nächste DAS vor. Bei der Beförderung in die nächsthöhere BG bestehen Regelungen für die Berechnung der DAS in der neuen BG. Sie stellen in den meisten Fällen sicher, dass der Bedienstete bei seiner Beförderung einen bestimmten, an den DAS orientierten, Gehaltszuwachs erhält (Art. 46 Abs. 1 EGBS; Regel 103.9 VN-PS). Nach Art. 46 Abs. 1 EG-BS erfolgt die Einstufung in der höheren BG grundsätzlich in die erste und in den BG AD9 bis AD13 mit Referatsleiteraufgaben und bei der Beförderung in die BG Direktor und Generaldirektor in die zweite DAS der Tabelle in Art. 66 EG-BS.

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Im Gegensatz zu der neuen Gehaltsstruktur in Art. 66 EG-BS, die keine Überschneidung der Gehälter in den DAS der einzelnen BG mehr kennt, liegen in den Gehaltstabellen der meisten I. O. die Gehälter in den ersten DAS der höheren BG niedriger als in den letzten DAS der niedrigeren BG. Dies kann bei einer Beförderung mit Wechsel der Laufbahngruppe zu Problemen bei der Einstufung führen (siehe VGIAO Nr. 2624). dd) Die Zahlungsmodalitäten Die Gehälter werden in gleichen Monatsbeiträgen ausbezahlt, auch wenn die Gehaltstabellen, wie etwa im VN-CS, Jahresbeträge ausweisen. Der Gehaltsanspruch entsteht in der Regel am Monatsende, bei der EG (Anhang VII Art. 16 EG-BS) am 15. jeden Monats. Sonderzahlungen wie ein 13. Monatsgehalt, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld sind bei I. O. durchwegs unbekannt. Die Gehälter werden grundsätzlich an dem Ort und in der Währung ausbezahlt, an dem der Bedienstete seine Tätigkeit ausübt (Anhang VII Art. 17 Abs. 1 EG-BS). Die Bediensteten einiger I. O. können einen begrenzten Teil ihrer Bezüge regelmäßig direkt in einen anderen Mitgliedsstaat (Heimatstaat) der I. O. überweisen lassen (Anhang VII Art. 17 Abs. 2 EG-BS, im VN-CS bestehen keine einheitlichen Regelungen, siehe Busch, S. 162). ee) Die Verwirkung oder Kürzung des Gehalts Der Gehaltsanspruch kann in gewissen Fällen gekürzt werden oder ganz erlöschen. Die wichtigsten Fälle sind: • Unbefugtes Fernbleiben vom Dienst Reicht in einem solchen Fall der Anspruch auf Jahresurlaub zur Kompensation nicht aus, wird der Gehaltsanspruch für den entsprechenden Zeitraum verbraucht (Art. 60 EG-BS; Regel 105.1(b)(ii) VN-PS; Art. 31 ER-PS: direkter Gehaltsabzug). • Streik Nachdem das Streikrecht in den int. Personalstatuten nicht positivrechtlich geregelt ist (siehe 2. Teil, 2. Abschn. B.III.3.) greifen die int. VerwGerichte auch für die Frage der Kürzung des Gehalts bei Streik auf die gemeinsamen Grundsätze des nationalen Arbeitsrechts der Mitgliedstaaten zurück. Demnach entfällt der Gehaltsanspruch für Streikzeiten.

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• Disziplinarmaßnahme Die DienstRO sehen die Kürzung des Gehaltsanspruchs durch Rückstufung in den BG und DAS, die Suspendierung vom Dienst unter Kürzung des Gehalts oder die Entfernung aus dem Dienst vor (Anhang IX, Art. 9 Abs. 1 EG-BS (demnach ist auch die (zeitweise) Kürzung des Ruhegehalts oder des Invalidengeldes möglich); Regel 110.3 VN-PS; Art. 54 ER-PS). • Längere Krankheit Die Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall unterliegt bei I. O. gewissen Höchstgrenzen. Bei Bediensteten ohne Beamtenstatus bestimmt sich die Dauer der Lohnfortzahlung nach der Art und Dauer des Dienstverhältnisses (Regel 106.2 VN-PS; max. werden neun Monate volles und neun Monate halbes Gehalt in einem Zeitraum von vier fortlaufenden Jahren gewährt; Art. 45 Abs. 5 ER-PS). Bei den I. O. mit Bediensteten im Beamtenstatus (EG, EPO) werden nach einer bestimmten Höchstdauer an Krankheitstagen (EPO: siehe VGIAO Nrn. 2537, 2146; EG: Art. 59 Abs. 4 EG-BS) die Ärzte- bzw. Invaliditätsausschüsse eingeschaltet. • Einstweiliger Ruhestand bei Streichung von Planstellen Bei den I. O. mit Bediensteten im Beamtenstatuts (EG, EPO) besteht im einstweiligen Ruhestand an Stelle des Gehaltsanspruchs der Anspruch auf eine besondere Vergütung, die im Laufe der Zeit zwar gekürzt wird, aber mindestens 60% des Grundgehalts beträgt und spätestens mit Erreichung des Ruhestandsalters entfällt (Art. 41 und Anhang IV EG-BS; nach Art. 50 EG-BS gilt diese Regelung auch bei der Stellenenthebung von Führungskräften). (Zur Frage der Verwirkung des Gehaltsanspruchs bei Untersuchungshaft siehe eingehend Rogalla, S. 154 f.). b) Die Zulagen und Kostenerstattungen Neben dem Grundgehalt haben die Bediensteten der I. O. Anspruch auf Zulagen, die einen finanziellen Ausgleich für besondere familiäre und persönliche Belastungen bezwecken oder ihre Rechtfertigung in außergewöhnlichen Belastungen durch das Dienstverhältnis finden. Trotz zahlreicher Unterschiede in den einzelnen Voraussetzungen für die Gewährung der Zulagen und in ihrer Höhe stimmen deren Grundstrukturen

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in den vier Dienstrechtskreisen weitgehend überein (vereinzelt finden sich in den amtlichen DienstRO der I. O. in deutscher Sprache neben dem Begriff „Zulagen“ auch die Begriffe „Beihilfe“ oder „Einrichtungsbeihilfe“, so bei der EPO, ohne dass dem irgendeine rechtssystematische Bedeutung zukommen würde). Die Anpassung der Zulagen als Teil der Dienstbezüge folgt in der Regel den Gehaltsanpassungssystemen der I. O. (siehe Anhang XI Art. 3 Abs. 1 EG-BS). Von den Zulagen als Teil der Dienst- bzw. Versorgungsbezüge und den allgemeinen Regelungen zur Erstattung dienstlich verursachter Kosten sind die Leistungen, Zulagen und Kostenerstattungen zu unterscheiden, die ihre Rechtsgrundlage in den sozialen Sicherungssystemen der I. O. finden (siehe dort). aa) Die Familienzulagen Die Familienzulagen dienen dem finanziellen Ausgleich von familiären, persönlichen oder sich aus den Unterhaltsverpflichtungen ergebenden, zusätzlichen Belastungen des Bediensteten. Sie umfassen die Haushalts-, Unterhaltsberechtigten- (Kinder-) und Erziehungszulagen (Art. 67 Abs. 1 EGBS; Anhang IV Art. 4, 5 und 7 ER-PS). (1) Die Haushaltszulage Anspruch auf Haushaltszulage hat in der Regel der verheiratete Bedienstete oder der Bedienstete, der für unterhaltsberechtigte Kinder zu sorgen hat. Gelegentlich besteht auch ein Anspruch, wenn der Bedienstete in anderen Fällen tatsächliche Familienlasten zu tragen hat (vgl. Anhang VII Art. 1d EG-BS; Anhang IV Art. 4 ER-PS). Im VN-CS existiert keine besondere Haushaltszulage (auch der Begriff „Familienzulagen“ ist nicht bekannt). Familienlasten werden hier über entsprechend erhöhte Nettogrundgehalter berücksichtigt (sog. „NetD“-Gehälter bei Bediensteten mit Ehegatten oder unterhaltsberechtigten Kindern; siehe die Gehaltstabellen in Anhang I VN-PS). Die Höhe der Haushaltszulage bewegt sich bei den Durchschnittsgehältern der I. O. in der Größenordnung von ca. 6% des Grundgehalts (bei der EG setzt sie sich aus einem Grundbetrag von EUR 158,68 (zum 1.7.2007) zuzüglich 2% des Grundgehalts zusammen, siehe Anhang VII Art. 1 Abs. 1 EG-BS; bei den K. O. beträgt sie 6% des Grundgehalts, siehe Anhang IV Art. 4 Abs. 1 ER-PS). Bei berufstätigen Ehegatten ohne unterhaltsberechtigte Kinder erfolgt ab einer gewissen Höhe der Einkünfte in der Regel eine Kürzung der Haus-

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haltszulage (z. B. Anhang VII Art. 1 Abs. 3 EG-BS). Sind beide Ehegatten Bedienstete der I. O., hat nur der Ehegatte mit dem höheren Grundgehalt Anspruch auf die Zulage (z. B. Anhang VII Art. 1 Abs. 4 EG-BS). Rechtsprechung Die Rechtsprechung des EUGH zur Haushaltszulage steht durchwegs im Zusammenhang mit der Antikumulierungsklausel (siehe dort). Die Rechtsprechung des VGIAO zur Haushaltszulage ist gering, da bei den Organisationen des VN-CS Dienstrechtskreises die Haushaltszulage bereits in die Gehaltstabelle integriert ist. Zu nennen ist Urteil Nr. 127: die „vorübergehende Trennung“ (temporary separation) der Ehegatten nach französischem Recht ändert nicht den Personenstand und damit nicht den Anspruch auf die Familienzulage.

(2) Exkurs: Die Haushaltszulage bei eheähnlichen Partnerschaften Etwa seit Ende der 80er-Jahre zeichnete sich bei einer zunehmenden Zahl der Mitgliedstaaten I. O. der Trend ab, Veränderungen in der Bewertung gleichgeschlechtlicher Beziehungen in der Bevölkerung, durch die Schaffung eheähnlicher Institutionen für diesen Personenkreis Rechnung zu tragen. Ausgehend insbesondere von Schweden, Dänemark und den Niederlanden, wurden eheähnliche Verbindungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts hinsichtlich der sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten mit der traditionellen Ehe weitgehend gleichgestellt. Mit einer Verzögerung von etwa zehn Jahren mussten sich auch die I. O. mit Anträgen der betreffenden Bediensteten auf Zahlung der Haushaltszulage, der erhöhten Auslandszulage und der Einbeziehung in die Krankenversicherung auseinandersetzen. In der Folgezeit hatten dann alle großen int. VerwGerichte Gelegenheit zur rechtlichen Bewertung dieser Rechtsinstitute für gleichgeschlechtliche Ehen und Lebenspartnerschaften nach den jeweiligen DienstRO Stellung zu beziehen. Dabei kamen die Gerichte zum Teil zu völlig konträren rechtlichen Bewertungen. • EUGH Rechtssache C-122/99 P und EUGH C-125/99 P vom 31.5.2001 (siehe auch T-264/97) In der verbundenen Rechtssache begehrte ein Bediensteter der EG sowie Schweden unterstützt durch Dänemark und die Niederlande die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der EG, mit dem dieses die Klage des Bediensteten auf Aufhebung der Entscheidung des Rats der EU dem Rechtsmittelführer die Haushaltszulage zu verweigern, abgewiesen hatte. Der Bedienstete war in Schweden eine Lebenspartnerschaft gleichen Geschlechts eingegangen. Der EUGH vertrat die Auffassung, dass die Begriffe „verheirateter Beamter“ oder „Ehegatte“ im EG-BS autonom festgelegt

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wurden. Die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe und Personen verschiedenen Geschlechts könne daher nicht im Wege bloßer Auslegung, sondern nur nach Änderung des BS, also durch den Gesetzgeber erfolgen. Die personenstandsrechtliche Lage der betreffenden Bediensteten in ihrem Herkunftsland werde davon nicht betroffen. Ebensowenig liege eine Diskriminierung oder Verletzung des Gleichheitsgebots vor. Mit der Reform des EG-BS vom 1.5.2004 hat der Rat auch diese personenstandrechtlichen Veränderungen in einigen Mitgliedsstaaten berücksichtigt. So hat er die Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Haushaltszulage auf den Beamten „der als fester Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eingetragen ist“ (Anhang VII Art. 1 Abs. 2c) EG-BS), wenn auch unter zahlreichen Bedingungen (z. B. Vorliegen einer Bescheinigung des Mitgliedsstaats, Nicht-Vorliegen eines Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den Partnern u. a.) ausgeweitet, Entsprechendes gilt für die Krankenversicherung (Art. 72 Abs. 1 EG-BS). • VGVN-Urteil Nr. 1183 vom 23.7.2004 (VN) In dem Urteil spricht das Gericht dem gleichgeschlechtlichen Lebenspartner des Klägers, mit dem er in einem „Pacte Civil de Solidarité“ (PACS) nach französischem Recht lebt, die Stellung eines „Ehegatten“ im Sinne der VN-PS zu. Das Gericht vertritt dabei die Auffassung, dass der VN Generalsekretär als Leiter der Verwaltung der VN befugt gewesen sei, in seinem Bulletin vom 1.2.2004 (ST/SGB/2004/4) die Gleichbehandlung von Bediensteten in gesetzlich anerkannten Lebenspartnerschaften hinsichtlich von Familienzulagen anzuordnen. Einer gesetzlichen Änderung des Statuts durch die Generalversammlung der VN habe es nicht bedurft. Das Bulletin habe nicht eine Definition im Statuts verändert, sondern eine langjährige Praxis bestätigt, wonach personenstandsrechtliche Fragen der Bediensteten von dem jeweiligen Recht seines Heimatstaates zu beantworten seien. Die VN seien keine Einrichtung, die eine Wahl zwischen den einzelnen Systemen ihrer Mitgliedsstaaten treffe, sie gründe sich auf Toleranz und Koexistenz. So habe die VN z. B. polygame Beziehungen stets nach ihrem PS berücksichtigt. Die VN seien weder für noch gegen gleichgeschlechtliche Beziehungen ihrer Bediensteten. Das VN-PS kenne keine eigene Definition der Begriffe „Ehe“ und „Ehegatte“ und das Bulletin vom 1.2.2004 bestätige diese neutrale Haltung der Organisation. Die VN haben mit dem Bulletin festgelegt, dass für ihre Bediensteten, die in gesetzlich anerkannten häuslichen Partnerschaften nach dem Recht ihres Heimatstaats leben, gleiche Ansprüche gelten wie für Familienmitglieder. Diese Anspruchsgrundlage verpflichte die Organisation, auch dem Kläger ab 1.2.2004 die Rechte eines Ehegatten nach dem VN-PS zu gewähren.

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• VGIAO Nrn. 2549, 2550 und 2193 (ILO, UNESCO) In dem gegen die ILO gerichteten Urteil Nr. 2549 vom 12.7.2006 stellte das Gericht fest, dass die ILO im Gegensatz zu den VN (siehe vorstehendes Urteil Nr. 1183 des VGVN) keine Verwaltungsvorschrift zur Gleichbehandlung gesetzlich anerkannter Partnerschaften mit Ehen erlassen habe und die Einschaltung der ICSC zur Lösung des Problems und Anerkennung der Lebenspartnerschaften bisher zu keinem Ergebnis geführt habe. Trotzdem erklärte es die „registrierte Partnerschaft“ nach dänischem Recht als gleichwertig mit einer Ehe, da sie nach Bestätigung durch das dänische Justizministerium – trotz geringer Unterschiede – gleiche Rechtswirkungen für die Partner beinhalte wie für Ehegatten. Die ILO wurde daher verpflichtet, die Partnerin der Klägerin als Ehegatte im Sinne des ILO-PS anzuerkennen. In dem ebenfalls gegen die ILO gerichteten Urteil Nr. 2550 vom 12.7.2006 bestätigte das Gericht seine Rechtsprechung in Urteil Nr. 2549 für die registrierten Lebenspartnerschaft nach deutschem Recht. Unter Hinweis, unter anderem auf das Urteil des BVerfG vom 17.7.2002 (NJW 2002, 2543 ff.), wonach der Gesetzgeber nicht gehindert ist, für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich oder nahe kommen, sowie auf die Aussagen des deutschen Generalkonsuls, erklärte es die Unterschiede zwischen einer anerkannten Lebenspartnerschaft und der Ehe nach deutschem Recht für so gering, dass die anerkannten Lebenspartner den Ehegatten im Sinne des ILO-PS gleichzustellen seien. In Urteil Nr. 2193 vom 3.2.2003 (UNESCO) hat das VGIAO im Gegensatz zu dem Urteil des VGVN Nr. 1183 festgestellt, dass der „Pacte Civil de Solidarité“ nach französischem Recht, in der zur Zeit des Urteils geltenden Fassung, weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck einer „Ehe“ gleichgestellt ist (siehe aber die abweichenden Voten der Richter Rodon de Sanso und Hugessen). Das Gericht wies in seinem späteren Urteil Nr. 2549 darauf hin, dass die von seinem Urteil Nr. 2193 abweichende Entscheidung des VGVN Nr. 1183 aus der Fassung des Bulletins des VN Generalsekretärs vom 1.2.2004 erklärt werden könne, das gesetzlich anerkannte häusliche Partnerschaften im Heimatland des Bediensteten der Ehe gleichstelle. • VGIAO Nr. 2443 und Nr. 2444 vom 6.7.2005 (EPO) Wie im Sachverhalt der Urteile Nrn. 2443 und 2444 näher dargestellt, hatte die EPO die Anträge der Kläger auf Anerkennung ihrer gleichgeschlechtlichen Ehe nach niederländischem Recht als Ehe im Sinne des

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EPO-BS zunächst mangels Rechtsgrundlage abgelehnt. Die Verwaltung der EPO sah sich (in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des EUGH; siehe vorstehend) durch den traditionellen Begriff der Ehe, wie er dem 1977 beschlossenen BS zugrunde lag, gebunden. Während des Verfahrens vor dem VGIAO (das interne Beschwerdeverfahren war nach 2 Jahren noch nicht abgeschlossen und das VGIAO erachtete daher die direkte Einreichung der gerichtlichen Klage als zulässig) interpretierte der Verwaltungsrat der EPO (also der Gesetzgeber) auf seiner 98. Sitzung im Oktober 2004 das BS dahingehend, dass unter dem Begriff „Ehe“ auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften bzw. Ehen zu verstehen seien, soweit diese nach dem nationalen Recht des einzelnen Mitgliedsstaats anerkannt werden (VGIAO Nr. 2444). • Schlussfolgerung aus der Rechtsprechung des VGIAO Nach der Rechtsprechung des VGIAO in den Urteilen Nrn. 2549, 2550, 2443, 2444 wird man allgemein davon ausgehen können, dass das Gericht bei der Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften bzw. gleichgeschlechtlichen Ehen mit den traditionellen Ehen nicht auf die formelle Bezeichnung nach nationalem Recht, sondern allein darauf abstellt, ob die aus dem neuen Personenstand resultierenden Rechte und Pflichten im Wesentlichen mit der traditionellen Ehe vergleichbar sind. Für das dänische, deutsche und niederländische Recht hat das Gericht die Vergleichbarkeit bereits bestätigt. Für das französische Recht hat das VGIAO in Urteil Nr. 2193 die Vergleichbarkeit nach bisheriger Rechtslage verneint. In der Praxis treffen die I. O. ihre Entscheidungen nunmehr auf Grund der Stellungnahmen der Aussenministerien oder der Auslandsvertretungen. • Fazit Auf Grund der vorstehend genannten Rechtsprechung der int. VerwGerichte ist die rechtliche Einordnung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften bzw. Ehen nach den DienstRO der I. O. für die Dienstrechtskreise der EG und der VN sowie einen großen Teil der eigenständigen I. O. grundsätzlich geklärt. Entscheidend hierfür ist demnach die Stellung der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften im nationalen Recht. Bestätigen die zuständigen nationalen Stellen eine weitgehende Übereinstimmung der aus den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften bzw. Ehen fließenden Rechte und Pflichten mit denen traditioneller Ehen, ist eine Gleichstellung nach dem internen Dienstrecht der I. O. geboten. Im Rechtskreis der K. O. und bei vielen eigenständigen I. O. mit eigenen Dienstgerichten ist die Rechtsentwicklung in diesem Bereich – nicht zuletzt

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auch wegen fehlender gerichtlicher Grundsatzentscheidungen – noch im Fluss. Es ist jedoch mit einer baldigen Angleichung an die allgemeine Rechtsentwicklung zu rechnen. Zurückhaltung besteht bei vielen I. O. hinsichtlich der Einbeziehung der gleichgeschlechtlichen Partner in die Krankenversicherung. Für den Rechtskreis der EG ist dies jedoch durch die Neufassung des Art. 72 Abs. 1 EG-BS im positiven Sinne geklärt. Noch offen ist jedoch bisher die Frage nach einem Anspruch auf Witwen-/Witwerrente bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften (siehe aber die neueste Rechtsprechung des EUGH zum nationalen Recht EUGH C-267/06 und BVerfG 2 BvR 1830/06, in Juris). Es ist nicht auszuschließen, dass der einmal beschrittene Weg der Gleichbehandlung hier nur mit Hilfe entsprechender Gerichtsentscheidungen konsequent zu Ende gedacht wird. (3) Die Unterhaltsberechtigtenzulage/Kinderzulage Anspruch auf Unterhaltsberechtigtenzulage (UBZ) haben Bediensteten mit einem unterhaltsberechtigten Kind (im EG-BS Anhang VII Art. 2 Abs. 1 wird die UBZ als „Kinderzulage“ bezeichnet). Die Definition des unterhaltsberechtigten Kindes ist in den Dienstrechtskreisen I. O. nicht einheitlich. So stellt das EG-BS darauf ab, dass das eheliche, uneheliche oder adoptierte Kind des Beamten oder seines Ehegatten vom Beamten tatsächlich unterhalten wird (Anhang VII Art. 2 Abs. 2 EG-BS), bei den K. O. muss das Kind hauptsächlich und ständig (main and continuing support) vom Haushalt des Bediensteten oder von ihm selbst abhängig sein (Anhang IV Art. 5 Abs. 1ii ER-BS). Bei den VN wird bei Bediensteten ohne unterhaltsberechtigten Ehegatten die UBZ erst ab dem 2. unterhalsberechtigten Kind bezahlt, da im Falle eines unterhaltsberechtigten Ehegatten oder eines unterhaltsberechtigten Kindes bereits Anspruch auf ein erhöhtes Grundgehalt besteht (Anhang 1 Fußn. D und S VN-PS). Die Zulage wird in der Regel für Kinder bis zum 18. Lebensjahr, bei Schul- oder Berufsausbildung bis zum 26. Lebensjahr bezahlt (Anhang VII Art. 2 Abs. 3 EG-BS; Anhang IV Art. 5 Abs. 1 ER-PS); im VN-CS bestehen unterschiedliche Regelungen für die Länge der Zahlung über das 18. Lebensjahr hinaus, siehe z. B. Art. 310.5.2 WHO-PS: bei Schul- und Berufsausbildung bis zum 21. Lebensjahr; siehe im WHO Internetportal). Die Höhe der Zulage betrug z. B. bei der EG zum 1.7.2007 pro unterhaltsberechtigtem Kind 319,27 EUR (VO Nr. 1558/2007 des Rates vom 17.12.2007). Im Falle der dauernden Gebrechlichkeit oder Unmöglichkeit der Bestreitung des Lebensunterhalts bei schwerer Erkrankung des Kindes wird die

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Zulage in der Regel ohne Rücksicht auf das Alter des Kindes für die Dauer der Krankheit oder des Gebrechens weiter bezahlt (z. B. Anhang VII Art. 2 Abs. 5 EG-BS). Für ein behindertes Kind besteht bei Vorliegen entsprechender Gutachten ggf. ein Anspruch auf eine erhöhte UBZ (Art. 67 Abs. 3 EG-BS). In Ausnahmefällen (weites Ermessen) sehen einige DienstRO die Gewährung einer UBZ auch für sonstige vom Beamten (zum Teil auch von Ehegatten des Beamten) unterhaltene Personen vor, wenn der Unterhalt auf einer gesetzlichen Verpflichtung nach nationalem Recht besteht (vgl. Anhang VII Art. 2 Abs. 4 EG-BS und ähnlich Art. 70 EPO-BS; siehe VGIAO Nr. 1142). Zum Teil ist der Personenkreis und die Bezugsdauer allerdings stark eingeschränkt (nach Art. 3.4 a iii VN-PS zählen nur Vater, Mutter, Bruder und Schwester zu dem ggf. anspruchsberechtigten Personenkreis). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1715: Der Bedienstete trägt die Beweislast für die Rechtsnatur und die Rechtsfolgen einer besonderen Form der Ehe nach nationalem Recht; VGIAO Nr. 1397: Berücksichtigung von fiktiven Mieteinnahmen bei der für den Anspruch auf UBZ maßgebenden Einkommensgrenze der unterhaltsberechtigten Person; VGIAO Nr. 1333: Es ist keine Verletzung des Gleichheitssatzes, wenn im Fall eines Streiks die UBZ anteilig gekürzt wird, die Bediensteten jedoch ungekürzte Kinderzulagen nach nationalem Recht erhalten; VGIAO Nr. 1176: Anwendung der Regelung über den Ausschluss der Krankenversicherung für die UBZ an sonstige Personen; VGIAO Nr. 1072: Berechnung der Einkommensgrenze bei beruflicher Erwerbstätigkeit von Ehegatten für den Anspruch auf UBZ; VGIAO Nr. 952: Die Einschränkung der Regelung, adoptierte Kinder als Unterhaltsberechtigte zu behandeln, verletzt kein wohlerworbenes Recht; VGIAO Nr. 743: Sinn und Zweck der UBZ ist es, die Finanzierung des Unterhalts des Kindes zu unterstützen, nicht, den Bediensteten besondere Vorteile zu verschaffen; VGIAO Nr. 498: Kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz bei unterschiedlicher Anpassung der UBZ im Höheren und im Allgemeinen Dienst des VN-CS; VGIAO Nr. 426: Kein wohlerworbenes Recht an einzelnen Berechnungselementen der UBZ.

Rechtsprechung EUGH EUGH 6-74: Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz oder andere ARGrundsätze, wenn der Anspruch auf UBZ für sonstige Personen gegenüber dem für unterhaltsberechtigte Kinder nur in streng reglementierten Ausnahmefällen gewährt wird;

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EUGH 33-87: Die Anwendung des Berichtigungskoeffizienten für das Wohnsitzland des Empfängers der Zulage verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz; EUG T-41/89: Autonome und einheitliche Auslegung des Dienstrechts. Kein Unterhaltsanspruch bei Wehrdienst, Auslegung des Begriffs „unterhaltsberechtigtes Kind“ ohne Bezugnahme auf nationales Steuerrecht; EUG T-75/89 und EUGH C-70/91 P: Der Unterhaltsanspruch für sonstige Personen i. S. des Anhangs VII Art. 2 Abs. 4 EG-BS umfasst auch Kinder (Gleichbehandlung, verwandtschaftliche Bindung des Beamten an sein Kind ist stärker als an andere Personen); EUG T-85/91: Der Begriff „gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet“ i. S. des Anhangs VII Art. 2 Abs. 4 EG-BS ist mangels autonomer Auslegungsmöglichkeit nach der nationalen Rechtsordnung zu beurteilen; EUG T-498/93: Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen, „erhebliche Ausgaben“ für ein behindertes Kind i. S. von Art. 67 Abs. 3 EG-BS anzunehmen, wenn die Belastung 20% des Gehalts übersteigt.

(4) Die Erziehungszulage Kinder von Bediensteten, die nicht Staatsangehörige des Landes der dienstlichen Verwendung sind, haben beim Besuch einer Lehranstalt oder einem Hochschulstudium am Dienstort beträchtliche Nachteile, insbesondere in sprachlicher Hinsicht und vielfach auch bei der Anerkennung der Abschlussdiplome im Heimatland. Vereinzelt bieten I. O. daher den Kindern der Bediensteten die Möglichkeit zum kostenlosen Schulbesuch in der jeweiligen Sprachabteilung einer von ihnen errichteten oder zumindest mitfinanzierten Schule (so etwa die 13 Europäischen Schulen an den Dienstorten großer Institutionen der EU sowie die Europäische Schule München, die auf Initiative der EPO errichtet wurde, näher im Internet: www. eursc.org). Soweit diese Möglichkeit nicht besteht, haben Bedienstete vielfach Anspruch auf eine Erziehungszulage. Die Regelungen für den Anspruch auf diese Zulage sind zwischen den einzelnen homogenen Dienstrechtskreisen und den I. O. im heterogenen Dienstrechtskreis im Detail sehr unterschiedlich, so z. B. hinsichtlich des Beginns des Anspruchs (Vorschule, Alter des Kindes), des Erlöschen des Anspruchs, den Anforderungen an den Nachweis der mittelbaren und unmittelbaren Schulkosten, bei der Erstattung der Beförderungskosten zur Schule, bei der Höhe der Erstattung (Höchstbetrag) und der Art der Abrechnung (zunächst pauschale Erstattung und Abrechnung am Ende des Schuljahres). Gemeinsam ist jedoch der Grundgedanke, jedem Bediensteten unabhängig vom Dienstort, einen angemessenen Ausgleich für die unmittelbaren Kosten des Besuchs einer Lehranstalt oder Hochschule sowie die sonstigen Schulkosten im Zusammenhang mit dem Schulbesuch zu gewähren.

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Unter bestimmten Voraussetzungen haben bei einigen I. O. ausnahmsweise auch Bedienstete des Landes der dienstlichen Verwendung Anspruch auf Erziehungszulage (vgl. Anhang 4 Art. 7 Abs. 2 ER-PS; Art. 71 Abs. 2 EPO-BS, siehe VGIAO Nr. 2357). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2357: Strenge Beweisanforderung bei Anspruch auf Erziehungszulage für Bedienstete, die Staatsangehörige des Landes ihrer dienstlichen Verwendung sind, vgl. auch Urteil Nrn. 1835, 1836, 1837; VGIAO Nr. 2016: Das PS sieht nur die Erstattung der tatsächlichen, nicht der hypothetischen Ausgaben vor; VGIAO Nr. 1784: Beim Fehlen von Originalbelegen zum Beweis der Erziehungskosten kann die I. O. nach ihrem Ermessen andere Beweise mit in Betracht ziehen; VGIAO Nr. 1366: Rückforderung von Überzahlung der Erziehungszulage in 17-facher Höhe gerechtfertigt. Der für die Berechnung der Erziehungszulage in der Personalverwaltung zuständige Kläger hätte dies erkennen müssen; VGIAO Nr. 1347: Rückforderung von Überzahlung der Erziehungszulage; VGIAO Nr. 1118: Erziehungszulage ist ein Bestandteil der Dienstbezüge und kann angepasst werden; VGIAO Nr. 1051: Keine Diskrimination, wenn die Höhe der Zulage davon abhängig gemacht wird, ob in den Schulkosten die Kosten für die Schulspeise enthalten sind; VGIAO Nr. 963: Verbot der rückwirkenden Kürzung der Höhe der Erziehungszulage; VGIAO Nr. 666: Die Erziehungszulage kann durch direkte Zuschüsse an die Schule und Befreiung von Schulkosten ersetzt werden; VGIAO Nr. 518: Auslegung des BS der EPO, Erziehungszulage umfasst nur Schulkosten und nicht die Kosten für den Besuch des Kindergartens; VGIAO Nr. 497: Auslegung des Begriffs „Schuljahrs“ als Anspruchsgrundlage für die Erziehungszulage; VGIAO Nr. 472: Der Besuch einer Lehranstalt als Anspruchsgrundlage für die Erziehungszulage wird nicht durch den Besuch intensiver Sprachkurse zur Vorbereitung auf die berufliche Tätigkeit erfüllt; VGIAO Nr. 371: Wie bei allen Zulagen besteht kein wohlerworbenes Recht an den Voraussetzungen und der Höhe der Erziehungszulage. Ihre gänzliche Abschaffung würde dagegen grundsätzlich die Verletzung eines wohlerworbenen Rechts darstellen; VGIAO Nr. 292: Unzulässige Veränderung der Natur der Erziehungszulage, im PS: Zulage, in den Durchführungsvorschriften: Kostenerstattung.

Rechtsprechung EUGH EUGH 164/78: Der Sinn der Zahlung der Erziehungszulage in doppelter Höhe (Anhang VII Art. 3 Abs. 3, erster Gedankenstrich, EG-BS) bezweckt den Aus-

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gleich der zusätzlichen Kosten, die für den Bediensteten durch die weite Entfernung der Lehranstalt entstehen; EUGH 186/81: Die Gewährung des doppelten Satzes der Erziehungszulage unter anderem an den Bezug der Auslandszulage zu knüpfen, beruht auf objektiven Gründen und verstößt daher nicht gegen den Gleichheitssatz.

(5) Die Antikumulierungsklausel Um Doppelzahlungen von Zulagen an Bedienstete zu vermeiden, enthalten die DienstRO der I. O. vielfach Anrechnungsklauseln (Antikumulierungsklauseln). Demnach entfällt (ganz oder teilweise) ein Anspruch gegen die I. O. auf Zahlung der Zulage, wenn und soweit von anderer Seite (in der Regel vom Staat) eine Zulage gleicher Art gewährt wird. In der Praxis entfällt jedoch durchwegs der Anspruch gegen den Staat auf die entsprechende Zulage, da die nationalen Regelungen ebenfalls Antikumulierungsklauseln enthalten und die Beträge der Zulagen bei den I. O. höher sind. Dies betrifft in erster Linie die UBZ/Kinderzulage (bei einigen I. O. bezieht sich die Anrechnungsklausel auf alle Familienzulagen, so Art. 67 Abs. 2 EG-BS, Art. 67 Abs. 2 EPO-BS, siehe VGIAO Nr. 1297, auch wenn sie an Ehegatten oder an die Unterhaltsberechtigten selbst bezahlt werden). Das ER-PS sieht eine derartige Anrechnung für die mit der Haushaltszulage und der UBZ vergleichbaren Zulagen an den Bediensteten oder Ehegatten vor (Anhang IV Art. 4 Abs. 6, Art. 5 Abs. 1v ER-PS). Bei der Erziehungszulage erübrigt sich die Anrechnung in der Regel, da die Zulage zumeist in Form einer Kostenerstattung erfolgt. In Art. 3.4 c enthält das VN-PS eine Anrechnungsklausel für die Unterhaltsberechtigtenzulage. Ebenfalls der Vermeidung von Doppelzahlungen dient die Regelung, wonach für den Fall, dass beide Ehegatten bei derselben I. O. beschäftigt sind und Anspruch auf die Familienzulage haben, diese nur dem Ehegatten zusteht, der das höhere Grundgehalt bezieht (Anhang VII Art. 1 Abs. 4 EGBS, so ausdrücklich nur für die Haushaltszulage, für die anderen Familienzulagen hat nur der Unterhaltsverpflichtete Anspruch; Art. 3.4 b VN-BS sieht ein Wahlrecht der Ehegatten für die Geltendmachung von der UBZ vor; Anhang 4 Art. 4 Abs. 5 und Art. 5 Abs. 1vi ER-PS, die UBZ steht dem Bediensteten zu, der die Haushaltszulage erhält). Vielfach bestehen neben dem Antikumulierungsverbot auch Vorschriften, die das Ehegatteneinkommen bei der Gewährung des Anspruchs auf Haushaltszulage berücksichtigen. Übt der Ehegatte eines Bediensteten, der Anspruch auf eine Haushaltszulage hat, eine berufliche Erwerbstätigkeit aus, so wird die Zulage vielfach gekürzt oder der Anspruch entfällt ganz, soweit nicht Unterhaltsberechtigte (Kinder) vorhanden sind (Anhang VII Art. 1 Abs. 3 EG-BS; Anhang 4 Art. 4 Abs. 3 ER-PS).

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Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1297: Die Kinderzulage nach NL-Recht ist eine Zulage gleicher Art wie die Unterhaltsberechtigtenzulage nach Art. 67 Abs. 2 EPO-BS, beide basieren auf den sozialen Verpflichtungen der Eltern gegenüber dem Kind. Das Gericht beruft sich in seinem Urteil ausnahmsweise als „Präzedenzfall“ (persuasive authority) auf das Urteil des EUGH (Rs 14/77), da der Wortlaut (und sogar der Artikel) des EPO-BS mit dem des EG-BS identisch ist.

Rechtsprechung EUGH EUGH 142-78: Anhang VII Art. 1 Abs. 3 EG-BS kann nicht so ausgelegt werden, dass ein Ehepaar mit unterhaltsberechtigten Kindern in jedem Fall zweimal Haushaltszulage beziehen kann; EUGH 106-76 und EUGH 14-77: Die Antikumulierungsregel gilt nur für regelmäßige Zulagen, nicht für aus außergewöhnlichen Gründen gewährte unentgeltliche Zuwendungen. In zwei Urteilen befasst sich das Gericht mit der Kollision der EG-Antikumulierungsklausel mit einer nationalen Antikumulierungsklausel, in bestimmten Umfang wird dabei der EG-Antikumulierungsklausel ein Vorrang eingeräumt, so dass von der EG nur der Differenzbetrag zu zahlen ist; EUGH 186-85: Das als RatsVO erlassene EG-BS gilt unmittelbar in allen Vertragsstaaten (Art. 249 Abs. 2 des EGV) und verpflichtet, neben der Gemeinschaftsverwaltung, auch diese, soweit ihre Mitwirkung für die Durchführung erforderlich ist. Die Antikumulierungsregel des Art. 67 Abs. 2 EG-BS muss daher auch von den Staaten insoweit beachtet werden, als die Anspruchsgrundlage zur Gewährung der Zulage vergleichbar ist (unselbständige Tätigkeit). Belgien wurde daher verpflichtet, bei unselbständiger Erwerbstätigkeit des Ehegatten eines Bediensteten (oder nationaler Nebentätigkeit des Bediensteten) in Belgien keine eigene Antikumulierungsklausel anzuwenden; EUGH 189-85: Auch Deutschland darf bei dem Kindergeld nicht seine eigene Antikumulierungsklausel im Verhältnis zum EG-Kindergeld anwenden, soweit der Ehegatte des Bediensteten oder ehemaligen Bediensteten eine unselbständige Tätigkeit in Deutschland ausübt und demnach Anspruch auf Kindergeld hat (siehe dazu die Ausnahmeregelung für die Ehegatten der Bediensteten der EG in § 4 Abs. 3 BKGG); EUG T-167/89: Das dem Kind eines Bediensteten gewährte nationale Stipendium stellt zwar im Verhältnis zu den Familienzulagen eine „anderweitig gezahlte Zulage gleicher Art dar“ und darf daher angerechnet werden. Die Anwendung eines Berichtigungskoeffizienten für das Land, das das Stipendium gewährt, stellt jedoch eine Diskriminierung dar, da ihm eine geringere Kaufkraft verschafft wird als Bediensteten, die keine Zulagen gleicher Art erhalten; EUG T-141/95: Eine I. O. hat die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung, ob „Zulagen gleicher Art“ zum Zwecke der Anwendung der Antikumulierungsregelung vorliegen; EUG T-147/95: Ein Haushaltszuschuss nach luxemburgischen Recht ist keine Zulage gleicher Art i. S. der Familienzulagen nach dem EG-BS, da er auch an verwitwete und ledige Bedienstete ab dem 28. Lebensjahr ohne Unterhaltsberechtigte bezahlt wird.

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bb) Die Auslandszulage I. O. sind nach ihren DienstRO gehalten, ihre Bediensteten auf möglichst breiter geographischer Grundlage einzustellen. Die Bediensteten müssen auch bereit sein, sich an Dienstorte in andere Mitgliedsstaaten versetzen zu lassen. Ähnlich wie bei Vertretungen der Nationalstaaten im Ausland und bei I. O. wird int. Bediensteten bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen eine Auslandszulage (Expatriierungszulage, expatriation allowance, non-resident allowance) gewährt, um einen finanziellen Ausgleich für die fehlende Bindung an das Land der dienstlichen Verwendung zu gewähren und besondere Belastungen und Nachteile auszugleichen, die insbesondere durch einen erzwungenen Wohnsitzwechsel verursacht sind. Voraussetzungen und Höhe dieser Zulage unterscheiden sich in den Dienstrechtskreisen erheblich. Die EG gewährt ihren Beamten eine Auslandszulage (Anhang VII Art. 4 Abs. 1a) EG-BS) in Höhe von 16% des Grundgehalts einschließlich Haushaltszulage und UBZ, mindestens aber einen Sockelbetrag (Art. 69 EG-BS). Voraussetzung ist, dass der Bedienstete nicht die Staatsangehörigkeit des Landes der dienstlichen Verwendung besitzt (bzw. besessen hat) und für einen Zeitraum von fünf Jahren (dieser endet sechs Monate vor Dienstantritt, um zu verhindern, dass durch einen kurzfristigen Wohnsitzwechsel im Ausland vor Dienstantritt doch noch ein Anspruch erwächst) dort weder ständig hauptberuflich tätig war noch seinen ständigen Wohnsitz besaß. Tätigkeiten für einen anderen Staat oder andere I. O. werden dabei nicht berücksichtigt. Eine reduzierte Auslandszulage (Expatriierungszulage) wird gewährt, wenn der ausländische Bedienstete die Abwesenheitskriterien vom Land der dienstlichen Verwendung nicht erfüllt (Anhang VII Art. 4 Abs. 2 EG-BS). Bei einem Auslandsaufenthalt von mindestens zehn Jahren kann auch Bediensteten, die bei einer EG-Einrichtung in ihrem Heimatstaat Dienst leisten, eine Auslandszulage gewährt werden (Anhang VII Art. 4 Abs. 1b) EGBS). Die K. O. gewähren eine Auslandszulage unter grundsätzlich ähnlichen Voraussetzungen wie die EG. Bei einer geringeren Entfernung des Dienstorts als 50 km vom Heimatort des Bediensteten wird die Auslandszulage nur unter erschwerten Bedingungen gewährt. Die Auslandszulage beträgt 16% des Grundgehalts und 20% bei Anspruch auf Haushaltszulage. Bei Bediensteten, die nach dem 1.1.1996 rekrutiert wurden, gelten strengere Voraussetzungen für den Anspruch auf Auslandszulage, außerdem tritt eine Anspruchskürzung nach Zeitablauf ein. Erfüllt der Bedienstete nicht die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage, war er aber bei der Einstellung weiter als 300 km vom Dienstort entfernt, hat er Anspruch auf einen Teil der Auslandszulage.

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Im VN-CS wird bei der Ermittlung der Gehaltsanpassung für den höheren Dienst (P-Kategorie und höher) durch den Noblemaire-Grundsatz und bei dem sog. „Aufschlag“ („Margin“ vgl. dort) indirekt dem Grundgedanken der Auslandszulage Rechnung getragen (siehe ICSC Compendium, Reports 1995 ff. im Internetportal). Im Allgemeinen Dienst des VN-CS besteht für Bedienstete in einigen Dienststellen Anspruch auf Auslandszulage (non-residents allowance, siehe im ICSC Internetportal unter „decisions and recommendations“, Compendium, Section 3.50), wenn der Bedienstete bestimmte Kriterien erfüllt, insbesondere eine andere Staatsangehörigkeit als die des Landes der dienstlichen Verwendung besitzt (Regel 103.5 VN-PS). Bei der EPO entsprechen Anspruchsvoraussetzungen der Auslandszulage im Wesentlichen der EG-Regelung. Allerdings wird der Anspruch bei Staatsangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit des Landes der dienstlichen Verwendung besitzen, schon bei 3-jähriger vorausgehender ständiger Anwesenheit in diesem Staat verloren (Art. 72 EPO-BS). Die Höhe der Auslandszulage beträgt 16% des Grundgehalts und bei Beamten mit Anspruch auf Haushaltszulage 20% des Grundgehalts (siehe nachstehende Rechtsprechung zum EPO-BS). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2597: Wohnsitzverlegung ins Ausland am Tag des Eingangs des Stellenangebots bei der I. O. unterbricht nicht den langjährigen Aufenthalt im Sitzstaat der I. O.; VGIAO Nr. 2214 (siehe auch Nrn. 1150, 1099 und 926): Zweck der Auslandszulage ist es, einen finanziellen Ausgleich für die fehlende Bindung zum Land der dienstlichen Verwendung zu gewähren und gewisse Nachteile durch die Einrichtung eines neuen Wohnsitzes auszugleichen. Der Begriff „nicht ständig ansässig im Land der dienstlichen Verwendung“ im Sinne des Art. 72 Abs. 1 b EPO-BS bedeutet, dass der Bedienstete in dem Land der dienstlichen Verwendung nicht tatsächlich lebte. Ohne Bedeutung ist dabei, ob er dort Steuer bezahlte oder den Wohnsitz unter seiner früheren Adresse beibehielt. Auch der rechtliche Status dieses Wohnsitzes ist ohne Bedeutung; VGIAO Nr. 1886: Dem Kläger war nach mehreren befristeten, ein unbefristeter Vertrag mit reduzierter Auslandszulage angeboten worden. Das Gericht wies die Klage ab, weil kein wohlerworbenes Recht an der Höhe der Auslandszulage bestehe; VGIAO Nr. 1864: Die Vorschrift des Art. 72 Abs. 1 EPO-BS, wonach der Anspruch auf Auslandszulage nur besteht, wenn neben einer fremden Staatsangehörigkeit der Bedienstete nicht in den letzten drei Jahren vor Dienstantritt im Sitzstaat der I. O. ansässig war, überschreitet nicht die Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens; VGIAO Nr. 1150: Die Auslandszulage wird an Bedienstete bezahlt, die keine Bindung zum Land der dienstlichen Verwendung haben. Für eine solche Bindung

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genügt ein einfacher Wohnsitz. Geringe Einkünfte im Inland oder ein weiterer Wohnsitz im Ausland sind hierfür ohne Bedeutung; VGIAO Nr. 1099: Eine Berufung auf Art. 72 Abs. 1 b EPO-BS, wonach die frühere Tätigkeit im Land der dienstlichen Verwendung unschädlich ist, wenn sie bei einer Dienststelle des Staates seiner Staatsangehörigkeit erfolgte, setzt eine direkte Beauftragung durch diesen Staat voraus; VGIAO Nr. 927: Die vorübergehende Trennung (temporary separation) der Ehegatten nach französischem Recht ändert nicht den Personenstand und damit nicht den Anspruch auf die Auslandszulage; VGIAO Nr. 926: Nach Art. 72 Abs. 3 EPO-BS besteht bei Staatsangehörigkeit des Landes der dienstlichen Verwendung Anspruch auf Auslandszulage, wenn der Bedienstete wenigstens zehn Jahre vor dem Dienstantritt ständig in einem anderen Land ansässig war. Eine Unterbrechung der 10-Jahres-Frist von neun Monaten schließt den Anspruch aus; VGIAO Nrn. 371, 366: Die völlige Streichung einer Auslandszulage würde grundsätzlich das wohlerworbene Recht des Beamten verletzen. Kein wohlerworbenes Recht besteht aber an der Höhe und den Anspruchsvoraussetzungen der Auslandszulage; VGIAO Nr. 51: Eine rückwirkende Kürzung der Auslandszulage kann nicht mit einer rückwirkenden Erhöhung des Gehalts verrechnet werden, da beide Zahlungen unterschiedlichen Zwecken dienen.

Rechtsprechung EUGH EUGH 21-74: Der Grundsatz der Gleichbehandlung gebietet es, das Kriterium der Staatsangehörigkeit in Anhang VII Art. 4 Abs. 1 EG-BS außer Betracht zu lassen, wenn eine Beamtin mit der Heirat die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erwirbt, ohne sich dem widersetzen zu können (vgl. hierzu Anhang VII Art. 4 Abs. 3 EG-BS, der dieser Rechtsprechung Rechnung trägt). Anders ist es dagegen bei der freien Wahl der Staatsangehörigkeit und doppelter Staatsangehörigkeit (vgl. 257-78); EUGH 147-79: Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, den Anspruch auf die Expatriierungszulage allein auf die Staatsangehörigkeit abzustellen; EUGH 1322-79: Aus Anhang VII Art. 4 EG-BS ergibt sich, dass der Gesetzgeber bei der Expatriierungszulage ausschließlich auf die Staatsangehörigkeit und bei der Auslandszulage in erster Linie auf den Wohnsitzwechsel und nur subsidiär auf die Staatsangehörigkeit abstellt. Diese Regelung ist nicht willkürlich; EUGH 185-80: Die Erfüllung des Wehrdienstes bewirkt keine Unterbrechung des 10-Jahres-Zeitraums nach Anhang VII Art. 4 b EG-BS; EUGH 188-83, EUGH C-452/93, EUG T-205/02: Sporadische und kurzfristige Abwesenheiten vom Dienstland sind nicht geeignet, den Wohnsitz des Beamten im Dienstland die Qualität als ständigen Wohnsitz zu nehmen; EUGH 246-83: Die Gleichbehandlung von Mann und Frau erfordert nicht die Voraussetzung für die Gewährung der Auslandszulage verschieden auszulegen, um mögliche familiäre oder soziale Belastungen oder Verpflichtungen auszugleichen;

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EUGH 330-85: Verletzungen der 10-Jahres-Frist im Sinne der Anlage VII Art. 4b EG-BS liegen nicht vor, wenn der Bedienstete seine sozialen und beruflichen Bindungen zu diesem Staat durch die vollständige und dauerhafte Verlegung seines ständigen Wohnsitzes tatsächlich gelöst hat; EUGH 211-87: Ein Anspruch auf Auslandszulage nach Anhang VII Art. 4a letzter Satz EG-BS besteht nicht, wenn der Bedienstete vor dem Zeitraum, in dem er sich im Dienste eines anderen Staates im Staat der dienstlichen Verwendung aufhielt, dort bereits vorher seit langem einen ständigen Wohnsitz hatte und seine berufliche Tätigkeit ausübte; EUGH 201-88: Die Gewährung der Auslandszulage hängt neben objektiven auch von subjektiven Kriterien ab (Grad der Integration in seine neue Umgebung); EUG T-123/89: Beurteilung des Anspruchs auf Auslandszulage, wenn die I. O., bei der der Bedienstete in den fünf Jahren vor Dienstantritt beschäftigt war, den Status als I. O. nachträglich verloren hat; EUG T-18/91 und EUG T-51/99: Der Status als Student in einem anderen Land und übliche familiäre und gesellschaftliche Bindungen (Kontakte, gelegentliche Besuche zu den Eltern) im Staat seiner späteren dienstlichen Verwendung sind für die Berechnung des Bezugszeitraums unschädlich; EUG T-4/92: Weite Auslegung des Begriffs „Lage, . . . die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat oder eine internationaler Organisation ergibt“ im Sinne des Anhangs VII Art. 4a EG-BS; EUG T-90/92: Auslegung der Begriffe „ständigen Wohnsitz“ und „ständige hauptberufliche Tätigkeit“ im Sinne des Anhangs VII Art. 4a EG-BS; EUG T-43/93: Beschäftigung bei einem privaten Unternehmen, das im Auftrag der EG tätig ist, ist kein Zeitraum, der für den Anspruch auf Auslandszulage nach Anhang VII Art. 4a letzter Satz EG-BS unberücksichtigt bleibt; EUG T-72/94: Auch ein Berater der EG-Kommission befindet sich in einer Lage, die mit dem Dienst bei einer I. O. im Sinne des Anhangs VII Art. 4a letzter Satz EG-BS vergleichbar ist; EUG T-60/00: Bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Anspruch auf die Auslandszulage nach Anhang VII Art. 4a letzter Satz EG-BS werden im Falle der Tätigkeit bei einer I. O. im Land der späteren dienstlichen Verwendung die dieser Zeitspanne vorausgehenden fünf Jahre ohne Berücksichtigung der 6-Monats-Frist berechnet. Die Anwesenheit als Student im Staat der späteren dienstlichen Verwendung schließt einen ständigen Wohnsitz in diesem Staat nicht aus; EUG T-127/00: Im Anhang VII Art. 4 a letzter Satz EG-BS genügt eine Beschäftigung als Leiharbeitnehmer nicht, um eine Person als im Dienste einer I. O. stehend anzunehmen; EUG T-251/02: Die Unterscheidung in Anhang VII Art. 4a letzter Satz EG-BS zwischen dem Dienst bei einer I. O. und einem privaten Arbeitgeber ist nicht willkürlich. Rechtfertigungsgrund ist die fehlende dauerhafte Bindung an das Land der dienstlichen Verwendung bei der Tätigkeit für eine I. O.; EUG T-190/03, EUG T-368/03, EUG T-83/03, EUG T-342/04: In Anhang VII Art. 4a letzter Satz EG-BS umfasst die Tätigkeit für einen anderen Staat nicht die Tätigkeit für interne Gebietskörperschaften;

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EUG T-190/03: Bei der Tätigkeit für einen anderen Staat oder für eine andere I. O. im Sinne des Anhangs VII Art. 4a letzter Satz EG-BS muss es sich um eine hauptberufliche Tätigkeit handeln; EUG T-99/03: Definition des Begriffs „Internationale Organisation“ im Sinne des Anhangs VII Art. 4 a letzter Satz EG-BS; EUG T-283/03: Definition des Begriffs „ständiger Wohnsitz“ im Sinne des Anhangs VII Art. 4a letzter Satz EG-BS. Die Bedingung „Dienst für einen anderen Staat“ ist nur bei direkten vertraglichen Beziehungen zu dem betreffenden Staat erfüllt; EUG T-72/04: Der Begriff „Dienst für einen anderen Staat“ im Sinne des Anhangs VII Art. 4 a letzter Satz EG-BS umfasst die Tätigkeit in einer ständigen Vertretung bei der EU; EUG T-342/04: Gründe für die Regelung in Anhang VII Art. 4 a letzter Satz EGBS; EUG T-83/03 und EUG T-368/03: Tätigkeiten bei innerstaatlichen Gliedstaaten (Gebietskörperschaften) fallen nicht unter den Begriff „Dienst für einen anderen Staat“ im Sinne von Anhang VII Art. 4 a letzter Satz EG-BS; EUG T-83/03: „Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation“ im Sinne des Anhangs VII Art. 4 a letzter Satz EG-BS kann auch eine beauftragte Person leisten, die nicht hierarchisch integriert ist; EUG T-205/02 und EUG T-299/02: Ständiger Wohnsitz im Sinne von Anhang VII Art. 4 a letzter Satz EG-BS im Fall eines Praktikums mit anschließender Berufstätigkeit; EUG T-342/04: Unterschiedliche Zwecke bei Tagegeld und Auslandszulage.

cc) Die Mietzulage Einige DienstRO der I. O. sehen die Gewährung einer Mietzulage für Bedienstete der unteren und mittleren Besoldungsgruppen vor. Zweck dieser Zulage ist es, diesem Kreis der Bediensteten den Erwerb einer angemessenen Dienstwohnung am Dienstort zu einem Mietzins zu ermöglichen, der einen bestimmten Prozentsatz der Dienstbezüge nicht überschreitet (Anhang IV Art. 11 ER-PS). Der Anspruch ist durch zahlreiche Bedingungen und Nachweise streng reglementiert. Nennenswerte int. Gerichtsentscheidungen sind nicht bekannt. dd) Dienstliche Zulagen Neben den überwiegend durch die familiären und persönlichen Verhältnisse des Bediensteten begründeten Zulagen werden von I. O. zahlreiche Zulagen gewährt, die ihre Rechtfertigung überwiegend im dienstlichen Bereich finden. Zu nennen sind insbesondere die Sprachenzulage, die Zulage für

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Mehr-, Nacht- und Schichtarbeit, Bereitschaftsdienst, Arbeit an Sonn- und Feiertagen, die Ausgleichszulagen für vorübergehende Verwendung in einem höher bewerteten Dienstposten, die Entlassungsabfindung, das Arbeitslosengeld und die Ausgleichszulagen auf Grund des Vertrauensschutzes. (Nicht in diese Kategorie fällt der Kaufkraftzuschlag (post adjustment) des VNCS. Hierbei handelt es sich vielmehr um ein mit dem Grundgehalt so eng verbundenes Korrektiv, dass es dogmatisch im Zusammenhang mit dem Grundgehalt zu behandeln ist (siehe Gehaltsanpassungssystem des VN-CS.) (1) Die Sprachenzulage Bei einer Reihe I. O. wird für Sprachkenntnisse von Bediensteten (im Bereich der unteren und mittleren Laufbahngruppen bzw. im Allgemeinen Dienst des VN-CS), die über die Anforderungen in den Stellenbeschreibungen hinausgehen, eine Sprachenzulage gewährt. Die Kenntnisse und z. T. auch ihre Erforderlichkeit in der Praxis müssen nachgewiesen werden (Regel 103.6 VN-PS; Anhang IV Art. 9 ER-PS; Art. 75 EPO-BS, siehe VGIAO Nrn. 897, 737). In der Praxis ergaben sich Probleme beim Wegfall der Sprachenzulage anlässlich der Beförderung in eine Besoldungsgruppe ohne Anspruch auf die Sprachenzulage. Die Sprachenzulage ist zwar in der Regel nicht Teil des Grundgehalts, sie ist aber Bestandteil der bei den meisten I. O. bestehenden Garantie der Nettogesamtbezüge beim Aufrücken in die höhere Besoldungsgruppe (Art. 49 Abs. 13 EPO-BS, siehe VGIAO Nr. 897). (2) Die Zulage für Mehrarbeit (Überstunden) Die int. Bediensteten stehen der I. O. grundsätzlich jederzeit zur Verfügung. Ein Vergütungsanspruch für Überstunden bzw. ein Freizeitausgleich besteht dabei nicht für die höheren Laufbahn- bzw. Funktionsgruppen (Art. 56 Abs. 2 EG-BS: Funktionsgruppe AD und AST: 5-11; Regel 1.3.12 VN-PS: höherer Dienst, jedoch Ausnahme: bei wiederholten erheblichen Überstunden; Laufbahngruppen A, L, über B3 Anhang IV Art. 10 ER-PS). Fahrzeiten bei Dienstreisen gelten im Allgemeinen nicht als Überstunden. (3) Die Zulagen für Nacht-, Schicht- und Bereitschaftsdienst, Arbeit an Sonn- und Feiertagen, die Ausgleichszulage für höherwertige Dienste Für besondere Dienstleistungen bestehen bei den drei homogenen Dienstrechtskreisen und im Dienstrechtskreis der eigenständigen I. O. zahlreiche

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Regelungen über Freizeitausgleich bzw. Zusatzvergütung, insbesondere für die unteren und mittleren Laufbahn- bzw. Funktionsgruppen. Beispielhaft sind zu nennen: – Art. 56 a EG-BS: Schichtdienst. – Art. 56 b EG-BS: Bereitschaftsdienst. – Art. 56 c EG-BS: Ausgleich für besonders beschwerliche Arbeitsbedingungen. – Regel 103.13 VN-PS: Nachtdienst (night differential). – Anhang VIII Art. 8 ER-PS: Nachtarbeit (night work). – Anhang VIII Art. 9 ER-PS: Schichtarbeit (shift work). – Anhang VIII Art. 10 ER-PS: Arbeit an Sonn- und Feiertagen (official journeys). (4) Ausgleichszulage (Stellenzulage) bei vorübergehender Verwendung in einer höheren Besoldungs- bzw. Rahmengruppe Bei vorübergehender Tätigkeit in einer höheren Besoldungs- oder Rahmengruppe wird eine Zulage gewährt (Art. 7 Abs. 2 EG-BS, Anhang IV Art. 13 ER-PS; Art. 12 Abs. 4 und Art. 4 Abs. 4 EPO-BS, siehe VGIAO Nrn. 460, 2563). In der Praxis handelt es sich insbesondere um Fälle der längeren Erkrankung oder des Urlaubs aus persönlichen Gründen. Nach der Rechtsprechung (VGIAO Nr. 2563) ist die vorübergehende Verwendung auf einem höheren Dienstposten nicht zulässig, wenn dieser noch gar nicht durch einen anderen Bediensteten besetzt worden war. Die Ausgleichszulage (extra duty allowance) stellt eine finanzielle Entschädigung für die höherwertige Dienstleistung in einer höheren Besoldungsgruppe dar, sie ist nicht gleichbedeutend mit einer positiven Beurteilung der erbrachten Leistungen (VGIAO Nr. 2356). Eine I. O. hat geforderte und erbrachte Leistungen, die über die Stellenbeschreibung für einen Dienstposten hinausgehen, unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes auch dann zu ersetzen, wenn der dafür vorgesehene höhere Dienstposten gestrichen wurde (VGIAO Nr. 2314). Die Ausgleichszulage (special post allowance) ist vorübergehender Natur und entfällt bei der Beförderung auf den Posten in der höheren Besoldungsgruppe, deren Funktion der Bedienstete wahrgenommen hat (VGIAO Nr. 460).

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(5) Die Entlassungsabfindung Bei einigen I. O. besteht ein Anspruch auf eine Entlassungsabfindung (termination indemnity, Art. 9.3. in Verbindung Regel 109.4 VN-PS) bei vorzeitiger Beendigung der Beschäftigung durch die I. O. Es bestehen zahlreiche Einschränkungen (Anhang III VN-PS). (6) Das Arbeitslosengeld Einige wenige I. O. gewähren eine Art Arbeitslosengeld (Beihilfe) bei Beendigung eines Vertragsverhältnisses auf Grund des Wegfalls des Dienstpostens und in anderen Härtefällen. Aus der autonomen Rechtssetzungskompetenz im Bereich der sozialen Sicherungssysteme ergibt sich nach h. M. keine Rechtspflicht zur Gewährung von Arbeitslosengeld. Bei den K. O. kann ein Arbeitslosengeld (indemnity for loss of job) gestaffelt nach der Dauer des Dienstvertrags bis zu maximal zehn Monaten in Höhe von 50% des letzten Monatsgehalts gewährt werden (Anhang VI Art. 4 ER-PS). Bei der EG wird unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitslosengeld für die „Sonstigen Bediensteten“ bezahlt (Art. 28a EG-BSB). Im VN-CS gewährt die WHO einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (end-of-service grant, WHO BS Regel 375). (7) Die Ausgleichszulage bei Vertrauensschutz Neben den, in den DienstRO ausdrücklich festgelegten Ansprüchen auf dienstliche Zulagen, kann auch ein Anspruch auf Ausgleichszulage aus dem ARGrundsatz des Vertrauensschutzes (wohlerworbene Rechte) abgeleitet werden. Dies gilt etwa bei dem Wechsel von DienstRO in Zusammenhang mit der Fusion von I. O. (so z. B. bei Übernahme des Internationalen Patentinstituts in das Europäische Patentamt, siehe VGIAO Nrn. 441, 372, 371, 368; siehe nachstehende Rechtsprechung). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2356: Der Anspruch auf Ausgleichszulage für vorübergehende Verwendung auf einem höheren Dienstposten kann nicht von einer positiven Bewertung des Arbeitsergebnisses abhängig gemacht werden; VGIAO Nr. 2314: Der Anspruch auf Ausgleichszulage für die vorübergehende Verwendung auf einem höheren Dienstposten bleibt trotz Streichung des Dienstpostens bestehen, wenn die höherwertigen Dienste weiter erbracht werden (Gleichheitsgrundsatz);

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VGIAO Nr. 1677: Unzulässige Erweiterung der Bedingungen für die Gewährung der Ausgleichszulage für die vorübergehende Verwendung auf einem höheren Dienstposten; VGIAO Nr. 1594: Ausgleichszulage wegen 3.5-jähriger Verzögerung der Stellenbeschreibung auf Höherstufung eines Dienstpostens; VGIAO Nrn. 1370, 1171: Ausgleichszulage als Beweis für fehlende Beförderung; VGIAO Nr. 1334: Änderung in der Zulage für Schichtdienst sind nicht durch den allgemeinen Rechtsgrundsatz der wohlerworbenen Rechte gedeckt. Keine Geltung des Flemming-Grundsatzes; VGIAO Nr. 1167: Bindung an die Zusage einer Ausgleichszulage für Wegfall des Schichtdienstes; VGIAO Nrn. 897, 737: Die Ausgleichszulage auf Grund der Nettogehaltsgarantie bei Beförderung muss auch den etwaigen Verlust einer Sprachenzulage berücksichtigen; VGIAO Nr. 460: Kein wohlerworbenes Recht an der dienstlichen Ausgleichszulage bei Beförderung; VGIAO Nr. 371: Gewährung einer Ausgleichszulage auf Grund des Vertrauensschutzes bei der Übernahme der DienstRO einer anderen I. O. (Integration des Int. Patentinstituts in die EPO; vgl. VGIAO Nr. 368); VGIAO Nr. 265: Keine Verletzung eines wohlerworbenen Rechts bei Verlust einer Sekretariatszulage durch Umorganisation.

Rechtsprechung EUGH EUG T-325/00: Arbeitslosengeld für sonstige Bedienstete der EG. Hauptzweck des Arbeitslosengeldes ist die finanzielle Unterstützung, wenn der Bedienstete seine Tätigkeit beenden muss und dann arbeitslos ist. Der Anspruch besteht nicht bei Ablehnung einer Vertragsverlängerung auf einen Posten mit identischen Arbeitsbedingungen.

ee) Die Kostenerstattungen Bedienstete I. O. haben nach den DienstRO in zahlreichen Fällen Anspruch auf Erstattung von Auslagen in pauschalierter Form oder gegen Einzelnachweis. Weit verbreitetet sind insbesondere folgende Kostenerstattungen: Reisekosten und Tagegelder bei Dienstreisen, Reise- und Umzugskosten bei Dienstantritt, Kosten bei Versetzung und endgültigem Ausscheiden aus dem Dienst, Reisekosten für Fahrten zum Herkunftsort (Heimatort) und Aufwandsentschädigungen. Bei einigen I. O. werden außerdem Einrichtungs- und Heimkehrbeihilfen gewährt.

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(1) Die Dienstreisekosten Bei Dienstreisen werden die Reisekosten in der Regel für die wirtschaftlichsten Verkehrsmittel nach Maßgabe detaillierter Regelungen für die Benutzung bestimmter Eisenbahn- und Flugtarife erstattet. Hierzu zählen in der Regel auch notwendige Nebenkosten (z. B. Regel 107.19 VN-PS). Vielfach bestehen Sonderregelungen für Bedienstete in leitender Stellung und für die Benutzung privater PKW. Daneben werden pauschalierte Tagegelder nach Maßgabe unterschiedlicher Tagegeldsätze für das jeweilige Reiseland gewährt. Außerdem bestehen detaillierte Regelungen für die Höhe der Tagegelder bei den einzelnen Besoldungsgruppen, Sonderregelungen für längere Dienstreisen und Zusatzerstattungen für besonders hohe Übernachtungskosten. (2) Die Umzugs- und Reisekosten bei Dienstantritt, Versetzung und Ausscheiden aus dem Dienst Bei Dienstantritt, Versetzung und Ausscheiden aus dem Dienst werden bei Wohnsitzverlegung unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmtem Umfang die Umzugskosten, die Reisekosten (im VN-CS nur für int. rekrutierte Bedienstete, siehe Regel 104.7 VN-PS) erstattet. Bei einigen I. O. besteht zusätzlich ein Anspruch auf Tagegeld (z. B. Anhang VII Art. 10 EG-BS). Bei Dienstantritt und Versetzung ist zur Ermittlung der Reisekosten in der Regel die Entfernung des Orts der dienstlichen Verwendung zum Ort der Einberufung oder dem Herkunftsort (Heimatort) maßgebend (Anhang VII Art. 7 EG-BS). Die nachträgliche Änderung des Herkunftsorts (Heimatort) führt immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen (siehe nachstehend unter Rechtsprechung). (3) Die Reisekosten zum Heimatort Bediensteten wird vielfach, in gewissen Zeitabständen, (z. B. Anhang VII Art. 8 Abs. 1 EG-BS: jährlich) eine Heimfahrt zum Herkunftsort gewährt, um dort die familiären, sozialen und kulturellen Bindungen pflegen zu können (siehe unter ARGrundsätze). Die Kosten werden pauschal oder nach den Regelungen für Dienstreisen vergütet. (4) Die Aufwandsentschädigung Bei vielen I. O. werden für bestimmte, insbesondere leitende Dienstposten Aufwandsentschädigungen pauschal oder gegen Einzelnachweis gewährt.

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Diese Aufwandsentschädigungen werden neben den Leitern einer I. O. meist auch den Stellvertretern (z. B. EU-Kommissare, stellvertretende Generalsekretäre der VN) und sonstigen „höheren Führungskräften“ bezahlt. Neben dem reglementierten Zugriff auf allgemeine Repräsentationskosten im Haushalt der I. O. erfolgt für diesen Personenkreis zumeist eine pauschale monatliche Erstattung von Repräsentationskosten (Anhang VII Art. 14 und 15 EG-BS). Deren Höhe lag im Jahr 2006 im Allgemeinen zwischen 5% und 10% der jeweiligen Dienstbezüge. (5) Die Einrichtungs- und Heimkehrbeihilfe In den drei homogenen Dienstrechtskreisen und in vielen eigenständigen I. O. des heterogenen Dienstrechtskreises werden gewährt: eine Einrichtungsbeihilfe für Wohnsitzverlegung bei Dienstantritt und Versetzung unter bestimmten Bedingungen (Anhang VII Art. 5 EG-BS und Regel 107.20 VN-PS: assignment grant; Anhang IV Art. 8 ER-PS: settling-in allowance). Außerdem kann eine Heimkehrbeihilfe bei endgültigem Ausscheiden aus dem Dienst unter bestimmten Bedingungen bezahlt werden (Anhang VII Art. 6 EG-BS: Wiedereinrichtungsbeihilfe; Art. 9.3 in Verbindung mit Anhang IV VN-PS: repatriation grant). (6) Die sonstigen Kostenerstattungen Kostenerstattungen erfolgen immer für dienstlich verursachte Kosten nach Maßgabe spezifischer Rechtsgrundlagen (siehe z. B. Art. 71 und Anhang VII EG-BS. Zur Erstattung der Kosten für dienstliche Beschwerden und Klagen siehe Teil 3). Rechtsprechung VGIAO und EUGH Dienstreisekosten VGIAO Nr. 2129: Keine vollständige Anwendung der Kriterien für Gehaltsanpassungssysteme bei der Anpassung der Erstattungsregelung für die Erstattung von Kosten für spezielle Zwecke (z. B. Dienstreisekosten). Allerdings müssen die allgemeinen Rechtsgrundsätze für den int. öff. Dienst beachtet werden; VGIAO Nr. 1977: Geltendmachung der Kosten eines Fluges in der BusinessKlasse trotz Benutzung der Economy-Klasse, Betrug, Entlassung. EUG T-71/89: Abgrenzung der Kosten für Dienstreisen von der pauschalen Kostenerstattung für kurze Fahrten innerhalb des Gebiets des Dienstorts.

Umzugskosten VGIAO Nr. 1950: Keine Kostenerstattung für Umzugsgut, wenn Wohnsitz am Dienstort beibehalten wird;

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VGIAO Nr. 1108: Verzicht auf Kostenerstattung bei int. Rekrutierung durch vertragliche Zustimmung zur örtlichen Rekrutierung; VGIAO Nr. 1483: Ermessensentscheidung bei Fristverlängerung für den Umzug; VGIAO Nr. 1367: Ermessensmissbrauch bei Festlegung der Frist für den Umzug; VGIAO Nr. 976: Kostenerstattung für Gepäcktransport bei Heimaturlaub; VGIAO Nr. 933: Rückgabe von Originalbelegen über die Umzugskosten; VGIAO Nr. 904: Berechnung der Umzugskosten zum Dienstende bei Änderung der Familienverhältnisse; VGIAO Nr. 761: Anspruch auf Rückgabe der Umzugsdokumente zu Korrekturzwecken. EUGH 280/85: Zweck des Tagegelds bei Umzug; EUG T-104/00: Anspruch auf das Tagegeld anlässlich des Umzugs nach Anhang VII Art. 10 EG-BS besteht nur, wenn besondere Kosten oder Unannehmlichkeiten nachgewiesen werden; EUG T-180/02: Tagegeld bei Umzug.

Reisekosten bei Dienstantritt VGIAO Nr. 485: Berechnung der Kostenerstattung bei Dienstantritt

Reisekosten für Heimfahrt vom Herkunftsort (Heimatort) Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2389: Der Heimatort ist nicht notwendigerweise mit der Staatsangehörigkeit eines Bediensteten identisch. Er kann in dem Land sein, mit dem der Bedienstete die engsten Verbindungen hat, z. B. Wohnsitz des Ehegatten oder eines Kindes; VGIAO Nrn. 1364, 1324: Kriterien für die nachträgliche Änderung des Heimatorts; VGIAO Nr. 525: Der Heimatort ist nicht unbedingt identisch mit dem Herkunftsort, es muss weder das Land der Staatsangehörigkeit des Bediensteten sein, noch muss er dort gelebt haben, entscheidend ist, zu welchem Ort der Bedienstete die engsten Verbindungen hat; VGIAO Nr. 441: Erstattung der Reisekosten zum Heimatort als wohlerworbenes Recht; VGIAO Nr. 270: Keine Reisekostenerstattung zum Heimatort für Familienmitglieder mit Wohnsitz am Heimatort.

Rechtsprechung EUGH EUGH 144/84: Der Herkunftsort als Mittelpunkt des Lebensinteresses beruht auf einem allgemeinen Rechtsgrundsatz des int. öff. Dienstes; EUG T-44/89: Für die Festlegung des Herkunftsortes als Mittelpunkt des Lebensinteresses ist die dauerhafte Beziehung zu diesem Ort maßgebend, Kriterien hier-

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für sind wichtige familiäre Bindungen, eigentumsrechtliche Bindungen, wesentliche aktive und passive staatsbürgerliche Interessen. Eine Prüfung im Einzelfall ist erforderlich; EUG T-52/89 und T-48/89: Es stellt einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des int. öff. Dienstes dar, dass der Bedienstete die Möglichkeit hat, seine persönliche Beziehung zu dem Mittelpunkt seines Lebensinteresses aufrechtzuerhalten. Die Bediensteten und die ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Personen müssen ihre familiären, sozialen und kulturellen Bindungen an den Herkunftsort pflegen können. Die pauschale Kostenerstattung für die jährliche Fahrt zum Heimatort kann bei den sonstigen unterhaltsberechtigten Personen des Bediensteten von der Voraussetzung abhängig gemacht werden, dass sie während des größten Teil des Jahres am Dienstort wohnen; EUG T-221/02: Berechnung des billigsten und kürzesten Reisewegs für die Reisekostenerstattung bei der jährlichen Heimfahrt; EUG T-354/03: 50%ige Teilung der Kosten für den jährlichen Heimaturlaub der Kinder von geschiedenen Ehegatten bei Uneinigkeit der Eltern.

Einrichtungsbeihilfe Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 363: Verlängerte Gewährung einer Einrichtungsbeihilfe.

Rechtsprechung EUGH EUG T-42/89: Dienstantritt im Sinne des Art. 71 EG-BS für die Zwecke der Berechung der Frist für die Gewährung der Einrichtungsbeihilfe ist nur der Eintritt in den Dienst der EG, nicht der Antritt eines neuen Amtes innerhalb der EG; EUG T-104/00: Der Anspruch auf das zweite Monatsgrundgehalt der Einrichtungsbeihilfe nach Anhang VII Art. 5 Abs. 1 UnterAbs. 1 EG-BS besteht nur, wenn der Wohnsitzwechsel der Familie unmittelbare Folge der Residenzpflicht ist; EUG T-13/02: Anspruch auf Einrichtungsbeihilfe bei Wohnungswechsel unmittelbar vor der förmlichen Versetzungsverfügung; EUG T-384/02: Berechnung der Jahresfrist im Sinne des Anhangs VII Art. 9 Abs. 3 EG-BS für Bedienstete ohne Probezeit.

Heimkehrbeihilfe (Wiedereinrichtungsbeihilfe) Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2103: Aufrechnung mit der Heimkehrbeihilfe gegen Schadensersatzforderungen der I. O.

Rechtsprechung EUGH EUGH 79/82: Die erhöhte Wiedereinrichtungsbeihilfe von zwei Monatsgrundgehältern nach Anhang VII Art. 5 Abs. 3 EG-BS wird nur für den Umzug der Familie bezahlt.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

c) Die Ausschlussfristen Eine Reihe von DienstRO enthalten Ausschlussfristen (extinctive prescription) für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Zulagen, Beihilfen und Kostenerstattungen. Die Fristen liegen in der Regel zwischen drei Monaten und einem Jahr (z. B. Regel 103.15 VN-PS: „retroactivity of payments“). Bei den Ansprüchen auf fortlaufende (meist monatliche) Zahlungen bedeutet die Ausschlussfrist, dass nur Ansprüche rückwirkend geltend gemacht werden können, die noch innerhalb der Ausschlussfristen liegen. (Zu den Einzelheiten und der Rechtslage im Falle des Fehlens von ausdrücklichen Regelungen in der DienstRO, siehe 2. Teil, 2. Abschn. C.VI.2.). 4. Die Gehaltsanpassungssysteme

a) Allgemeines Die in den DienstRO zumeist ausdrücklich festgelegten Anforderungsprofile und Auswahlkriterien bei der Rekrutierung von Bediensteten, nämlich die Erfüllung höchster Ansprüche in Bezug auf die Befähigung, Leistung und Integrität und die Sicherung eines ausgewogenen geographischen Gleichgewichts (z. B. Art. 27 EG-BS) lassen sich nur verwirklichen, wenn die I. O. auf Dauer ein Gehaltssystem anbieten, das attraktive Gehälter und Pensionen gewährleistet. Um dieses Ziel zu erreichen, sehen alle Gehaltssysteme der I. O., in der einen oder anderen Form, regelmäßige Gehaltsanpassungsverfahren vor (VGIAO Nr. 1420). In vielen DienstRO ist eine regelmäßige (meist jährliche) Überprüfung der Höhe der Dienstbezüge sogar ausdrücklich festgelegt. Zur Vermeidung zeitraubender Verhandlungen mit der PV und zur Sicherung des sozialen Friedens haben die I. O. der drei großen homogenen Dienstrechtskreise detaillierte Anpassungsverfahren entwickelt, um eine möglichst langfristige und stabile Gehaltsentwicklung zu gewährleisten. Die Vorschriften enthalten zumeist Mindestlaufzeiten (z. B. Anhang XI Art. 15 EG-BS: vom 1.7.2004 bis 31.12.2012; im neuen Gehaltsanpassungsverfahren der K. O. vom 1.1.2007 ist eine Laufzeit von 2007 bis 2012 vorgesehen, Dok. CCR/R(2006)2). Das VN-CS Gehaltsanpassungssystem ist unbefristet (siehe das Statut der ICSC). Die nicht zu den drei großen homogenen Dienstrechtskreisen zählenden I. O. übernehmen meistens die Ergebnisse des Anpassungsverfahrens des ihnen am geeignetsten erscheinenden Dienstrechtskreises (z. B. die OPCW das Ergebnis des EG-Anpassungsverfahrens, VGIAO Nr. 2560) oder sie benützen diese Ergebnisse als Orientierungshilfe (siehe z. B. ESO: VGIAO Nrn. 1419, 1821; EMBL: VGIAO Nrn. 1682;

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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2089). Es bestehen auch hybride Systeme, die neben eigenen Anpassungskriterien zusätzlich die Gehaltsanpassungen dieser Dienstrechtskreise als korrektive Elemente mit einbeziehen (so z. B. das Gehaltsanpassungsverfahren nach Art. 64 EPO-BS, das in den Durchführungsvorschriften auf die Gehaltssysteme der EG und der K. O. Bezug nimmt, siehe VGIAO Nrn. 2252, 1663). Die Gehaltsanpassungen in den I. O. erfolgen im großen und ganzen parallel zur Entwicklung der Gehälter der nationalen Bediensteten in den zentralen Dienststellen (Ministerien) repräsentativer Vertragsstaaten unter angemessener Berücksichtigung der Entwicklung der besonderen Lebenshaltungskosten der int. Bediensteten der I. O. b) Die EG Die jährliche Überprüfung des Besoldungsniveaus der EG-Bediensteten folgt den in Anhang XI EG-BS festgelegten Anwendungsmodalitäten zu den Art. 64 und 65 EG-BS. Sehr vereinfacht dargestellt beschließt der Rat der EG bis zum Ende jeden Jahres rückwirkend zum 1.7. über die ihm von der Kommission vorgeschlagenen Angleichungen der Dienst- und Versorgungsbezüge (Art. 3 Abs. 1 des Anhangs XI EG-BS). Der Wert der Angleichung entspricht dem Produkt aus dem sog. spezifischen Indikator und dem Brüsseler internationalen Index (Art. 3 Abs. 2 Anhang XI EG-BS). Der spezifische Indikator stellt dabei die Entwicklung der Kaufkraft der nationalen Beamten in den Zentralverwaltungen von acht Referenzländern der EG dar, die von den nationalen Stellen an das Statistische Amt der EG (EUROSTAT) übermittelt werden. Der Brüsseler internationale Index spiegelt auf der Grundlage eines spezifischen int. Warenkorbes die Entwicklung der Lebenshaltungskosten für die EG-Beamten wider. Die Gehaltstabellen an den Dienstorten in anderen Mitgliedsstaaten werden auf Grund der Kaufkraftparitäten und Wechselkurse ermittelt, um allen Bediensteten dieselbe Kaufkraft ihrer Bezüge zu sichern. Die bis zum 1.7.2004 geltenden drei Gehaltsanpassungsmethoden (1972, 1981 und 1991) hatten sich grundsätzlich bewährt und den sozialen Frieden gesichert. Ihre Weitergeltung in der ab 1.7.2004 geltenden Fassung bis 31.12.2012 wurde daher auch von der Gewerkschaftsvereinigung der EG begrüßt (siehe das Rundschreiben der Gewerkschaft vom 14.10.2004 unter www.unionsyndicale.eu). Die Gehaltsentwicklung der Dienstbezüge lag im Zeitraum vom 1992 bis 2006 bei 37,8% (Rundschreiben der Gewerkschaft vom 17.10.2006).

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

c) Das VN-CS Das Gehaltsanpassungsverfahren des VN-CS unterscheidet sich wesentlich von den Anpassungsverfahren der EG und der K. O. Seit ihrer Gründung im Jahre 1974 durch die Generalversammlung der VN (siehe das ICSC-Statut im Internetportal) ist die ICSC mit der Ausarbeitung und Koordinierung der Arbeitsbedingungen der I. O. des VN-CS befasst. Eine der Hauptaufgaben ist es dabei, der Generalversammlung der VN die jährlichen Vorschläge zur Gehaltsanpassung für die Bediensteten vorzulegen (siehe z. B. VGIAO Nr. 2420). Nach Art. 10b und Art. 12 Abs. 1 des Statuts der ICSC (siehe das Internetportal) legt sie die Vorschläge für die Gehaltstabellen des Höheren Dienstes (P-Kategorie und höher) und des Allgemeinen Dienstes (AD-Kategorie) der VN-Generalversammlung zur Beschlussfassung vor. Anschließend werden diese Tabellen von den anderen, dem VN-CS angeschlossenen I. O., übernommen. Die von der ICSC verwendete Gehaltsmethode geht immer noch weitgehend auf Grundsätze aus der Zeit des Völkerbundes zurück. Für den Höheren Dienst gilt der sog. Noblemaire-Grundsatz, der nach dem Vorsitzenden eines Expertenausschusses des Völkerbundes von 1921 benannt ist. Für den Allgemeinen Dienst gilt der sog. Flemming-Grundsatz, dessen Name sich von dem Vorsitzenden eines Expertenausschusses der VN von 1949 ableitet. Nachfolgend kann das, inzwischen in seinen Einzelheiten kaum mehr überschaubare Gehaltsanpassungssystem des VN-CS, nur sehr vereinfacht dargestellt werden. Einen umfassenden und zeitnahen Überblick ermöglicht die Internet-Datenbank des ICSC-Portals (Unterpunkt: „Compendium of the ICSC“). • Gehaltsanpassung für die P-Kategorie und höhere Dienstposten Der Noblemaire-Grundsatz (siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.III.3.) trägt den Rekrutierungsgrundsätzen im VN-CS Rechnung, wonach Bedienstete auf möglichst breiter geographischen Grundlage (Nationalitätenproporz) und unter Berücksichtigung höchster Ansprüche an Leistung, fachlicher Eignung und Ehrenhaftigkeit eingestellt werden sollen (Art. 101 Abs. 3 VN-Charta und Art. 1.1.d) VN-PS). Diese Einstellungsgrundsätze bedingen eine Gehaltsstruktur, die auch für Personal aus den Mitgliedsstaaten mit dem höchsten Gehaltsniveau im öff. Dienst noch attraktiv ist. Die ICSC überprüft regelmäßig, welcher nationale öff. Dienst zur Referenzzwecken herangezogen wird. Bisher wurde stets der öff. Dienst der USA als Maßstab für die Anwendung des Noblemaire-Prinzips zugrundegelegt, obwohl mehrfach erwogen wurde, auf den deutschen oder schweizerischen öff. Dienst zu

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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wechseln (ICSC Compendium, Section 2.1.20). Konkrete Basis für den Vergleich bildet das Nettogehaltsniveau der öff. Bediensteten in vergleichbaren Dienstposten und Laufbahngruppen in Washington. Das so ermittelte Grundgehalt wird durch einen sog. Aufschlag („margin“) erhöht, der die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten im UN-Hauptquartier in New York und spezifische Faktoren aus dem diplomaten-ähnlichen Status der VN Bediensteten (als quasi in das Gehalt „integrierte Auslandszulage“, siehe näher im ICSC Compendium, Section 2.1.40) berücksichtigt. Dieser Aufschlag beträgt im Durchschnitt 15% des Grundgehalts. Neben dem Grundgehalt wird noch ein Kaufkraftausgleich (post adjustment, siehe näher oben 2. Teil, 3. Abschn. C.I.3.a) bb)) bezahlt. Er stellt sicher, dass die Bediensteten der P-Kategorie und höher an allen Standorten über eine Kaufkraft ihrer Gehälter auf der Basis New York verfügen. Dieser Kaufkraftausgleich wird fortlaufend aktualisiert. • Gehaltsanpassung für die AD-Kategorie (Allgemeiner Dienst) Ausgehend von der Grundüberlegung, dass ein Grossteil der Bediensteten dieser Gruppe örtlich rekrutiert wird und während der gesamten beruflichen Karriere am Dienstort verbleibt, besteht für sie keine einheitliche Grundgehaltstabelle für alle I. O. des VN-CS. Nach dem Flemming-Grundsatz (siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.III.3.) müssen die Arbeitsbedingungen (also nicht nur – wie beim Noblemaire-Grundsatz – die Gehälter) zu den besten am jeweiligen Dienstort zählen. Zu diesem Zweck werden die Arbeitsbedingungen am Dienstort entweder aus verlässlichen öffentlich verfügbaren Daten übernommen oder durch eigene Untersuchungen ergänzt (ICSC Compendium, Section 2.2.10). Es ist jedoch offensichtlich, dass die Gehaltsanpassungsmethode bei der Ermittlung der lokalen besten Arbeitsbedingungen einen weiten Beurteilungsspielraum eröffnet, der häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzung vor Gericht führt. Dies betrifft z. B. die Frage, welche repräsentativen Firmen für den Vergleich herangezogen werden, welcher Vergleichsmaßstab für die Beförderungsaussichten gilt und wie die Gesundheitsfürsorge, die Zulagen und Beihilfen bewertet werden (siehe hierzu näher die nachstehende Rechtsprechungsübersicht). Rechtsprechung des VGIAO zu dem Noblemaire- und Flemming-Grundsatz Der Noblemaire-Grundsatz VGIAO Nr. 498: die Bediensteten im Höheren und im Allgemeinen Dienst befinden sich nicht in vergleichbaren Situationen. Die Anwendung unterschiedlicher Gehaltsanpassungsverfahren verstößt daher nicht gegen den Gleichheitssatz; VGIAO Nrn. 831, 825: Definition des Noblemaire-Grundsatzes;

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

VGIAO Nr. 986: Der Noblemaire-Grundsatz gilt für Gehälter und Pensionen. In der Praxis sind die Gehälter im VN-CS höher als in den Staaten mit den bestbezahlten Beschäftigten im öff. Dienst. Die Heranziehung der Gehälter im privaten Sektor würde die Anwendbarkeit des Noblemaire-Grundsatzes in Frage stellen. Der Noblemaire-Grundsatz ist nach Auffassung des Gerichts als Gewohnheitsrecht für die I. O. des VN-CS bindend; VGIAO Nr. 1791: In einem CERN betreffenden Urteil erkennt das Gericht den Noblemaire-Grundsatz indirekt als ARGrundsatz für den int. öff. Dienst an; VGIAO Nr. 1912: In einem EMBL betreffenden Urteil bezeichnet das Gericht den Noblemaire-Grundsatz als ARGrundsatz des int. öff. Dienstes; VGIAO Nr. 2420: Die Anwendung des Noblemaire-Grundsatzes gestattet ein gewisses Maß an Flexibilität und Auslegung.

Der Flemming-Grundsatz VGIAO Nr. 1001: Finanzielle Vorteile aus dem Zugang zu einer abgabenfreien Einkaufsstelle für das Personal (sog. „Commissary“) müssen bei der Anwendung des Flemming-Grundsatzes nicht berücksichtigt werden; VGIAO Nr. 1086: Die nationale Dienstbeendigungszulage (end of service allowance) kann statt einer Berücksichtigung bei der Gehaltsanpassung durch die Einführung einer separaten Zulage ausgeglichen werden; VGIAO Nr. 1279: Ermessensspielraum bei der Auswahl der zum Vergleich herangezogenen örtlichen Beschäftigungsverhältnisse; VGIAO Nr. 1334: Der Flemming-Grundsatz stellt keine Berechnungsmethode für Zulagen dar; VGIAO Nr. 1519: Einzelheiten zur Berechnung der höchsten örtlichen Gehälter; VGIAO Nr. 1641: Sicherstellung der Gleichheit der Bezahlung mit den best bezahlten örtlichen Beschäftigten. Der Grundsatz garantiert keine bestehenden Rechte; VGIAO Nr. 1713: Nach dem Flemming-Grundsatz müssen Beschäftigungsbedingungen einschließlich der Bezahlung den besten örtlichen Bedingungen im privaten Sektor entsprechen. Sie müssen zu besten Bedingungen zählen, aber nicht „die Besten“ sein; VGIAO Nr. 1713: Zur Berücksichtigung des Sprachenfaktors beim FlemmingGrundsatz; VGIAO Nr. 1915: Ein Sprachenfaktor muss beim Flemming-Grundsatz nur berücksichtigt werden, wenn die privaten örtlichen Beschäftigungsverhältnisse keine ähnlichen sprachlichen Anforderungen aufweisen.

d) Die Koordinierten Organisationen Das Gehaltsanpassungsverfahren für die K. O. (die meisten DienstRO enthalten keinen Hinweis darauf), das zum 31.12.2006 außer Kraft trat, soll einem neuen Verfahren (siehe Dok CM(2006)134 Addendum des ER-Minis-

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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terkommittees vom 1.12.2006, recherchierbar im ER- Internetportal, siehe Internet-Verzeichnis, sowie Dok CCR/R(2006)2, 171. Bericht des CCR) Platz machen, das den sechs beteiligten I. O. mehr Flexibilität zur Berücksichtigung ihrer eigenen Bedürfnisse gewähren soll und auch die Gehaltsentwicklung im nationalen öff. Dienst der Referenzländer besser widerspiegelt. Nach Billigung des neuen Verfahrens durch die einzelnen souveränen parlamentarischen Gremien (Räte) der K. O. ist eine Laufzeit des neuen Verfahrens vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2012 vorgesehen (Art. 1.1). Das Verfahren sieht eine jährliche Gehaltsanpassung zum 1. Januar vor. Die Gehaltsanpassung entspricht (vereinfacht) dem Prozentsatz, der sich als Produkt aus dem gewogenen Mittel der Kaufkraftentwicklung (inflationsbereinigte, d.h. reale Entwicklung der Nettobezüge) der Bediensteten in den zentralen Regierungsstellen von acht Referenzländern und der Entwicklung der nationalen Verbraucherindizes in den genannten Ländern ergibt (Art. 4 und 5). Ein besonderes Problem stellt dabei die Doppelzählung von Pflichtabzügen bei den nationalen und internationalen Gehältern dar, hier erfolgt eine „Neutralisierung“, siehe Art. 4.2.2.2.). Die jährliche Referenzperiode beginnt und endet zum 1. Juli. Eine Sonderanpassung kann bei einem Anstieg der nationalen Verbraucherindizes von über 5% erfolgen (Art. 7). Einen besonders kritischen Punkt bildet die sog. Finanzierbarkeitsklausel („affordability clause“ in Art. 8). Diese Klausel soll bei budgetären Schwierigkeiten ein ganz oder teilweises Moratorium oder eine endgültige ganze oder teilweise Streichung der jährlichen Gehaltsanpassung ermöglichen. Die Finanzierbarkeitsklauseln sind sowohl an denen von den int. VerwGerichten entwickelten ARGrundsätzen (insbesondere den wohlerworbenen Rechten) als auch an den spezifischen Anforderungen zu messen, die die Gerichte an die Anpassungsverfahren hinsichtlich Stabilität, Vorhersehbarkeit und Transparenz stellen (siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.II.3.). Bisher verfügten bereits alle K. O. mit Ausnahme der WEU über – wenn auch unterschiedliche – Finanzierbarkeitsklauseln. Wegen des zu erwartenden Wiederauflebens interner Diskussionen sah der Koordinierungsausschuss für Gehälter der K. O. auch weiterhin von einer verbindlichen Festlegung auf eine einheitliche Finanzierbarkeitsklausel für alle K. O. ab. Das neue Gehaltsanpassungsverfahren ist bisher noch nicht von allen zuständigen parlamentarischen Gremien der einzelnen K. O. angenommen worden. e) Die eigenständigen Internationalen Organisationen Die Gehaltsanpassungsverfahren im heterogenen Dienstrechtskreis der eigenständigen I. O. variieren nach der Personalstärke und den finanziellen

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Möglichkeiten der I. O. Die meisten I. O. übernehmen jedoch entweder die Ergebnisse der Gehaltsanpassungen einer der großen homogenen Dienstrechtskreise (so folgt z. B. die OPCW der Anpassung des EG-Systems) oder sie orientieren sich zumindest daran. So folgen EMBL und ESO tendenziell der Gehaltsentwicklung bei den K. O., obwohl sie, als Konsequenz der für sie ungünstigen Entscheidungen des VGIAO, ihr Ermessen in den Anpassungsverfahren ausgeweitet haben (siehe VGIAO Nrn. 1419, 1995 (ESO) und Nrn. 1682, 1887 (EMBL), vgl. auch Eurocontrol Nr. 1120). Das personalstärkere CERN verfügt über zwei eigene Gehaltsanpassungsmethoden. Bei der großen Gehaltsrevision im 5-jährigen Rhythmus folgt die Gehaltsentwicklung einer Kombination aus den Gehaltsanpassungen bei anderen wissenschaftlichen I. O., den I. O. im Hauptquartier Genf und den örtlichen Beschäftigten in Genf. Die jährlichen Zwischenanpassungen orientieren sich dagegen an der Entwicklung der Verbraucherpreise und der Gehaltsentwicklung in Genf und in der Schweiz. Allerdings liegt die Gehaltsanpassung in beiden Verfahren im Ermessen der Organisation (siehe zu den Gehaltsanpassungsverfahren bei CERN, ESO und EMBL und zur Rechtsprechung des VGIAO, Cerne/Gröniger-Voss). Es stellt sich die Frage, ob die 5-jährige Gehaltsrevision den vom VGIAO aufgestellten Kriterien für die Gehaltsanpassungsverfahren, insbesondere deren Stabilität und Vorhersehbarkeit standhalten würde. Die EPO verfügt als die personalstärkste der eigenständigen I. O. über ein eigenes Gehaltsanpassungsverfahren (Art. 64 Abs. 4 EPO-BS und Durchführungsvorschriften, siehe VGIAO Nrn. 2252, 1663), das ebenso wie das der EG bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Gehaltsanpassung der Organisation keinen Ermessensspielraum einräumt. Das Verfahren genügt daher in vollem Umfang den vom VGIAO aufgestellten Kriterien und ist grundsätzlich geeignet, langwierige soziale Konflikte im Gehaltssektor zu vermeiden. Das Verfahren ähnelt weitgehend dem der EG. Es sieht (vereinfacht) eine prozentuale Anpassung vor, der dem für Belgien berechneten internationalen Preisindex entspricht und an Hand dieses „spezifischen Indikators“ (Index der Besoldungsentwicklung in den zentralen staatlichen Dienststellen von acht Referenzstaaten unter Anwendung von Gewichtungskoeffizienten und Neutralisierung des „Effekts“ der Doppelzählung von sozialen Pflichtbeiträgen) korrigiert wird. Die Gehaltstabellen in den anderen Ländern werden durch Multiplikation mit dem jeweiligen Kaufkraftparitätskoeffizienten aufgestellt. Die Ergebnisse der so ermittelten Gehaltsanpassung werden außerdem ggf. korrigiert, um eine bestimmte Position des Gehaltsniveaus der Bediensteten der EPO zu gewährleisten, die zwischen dem der EG und der K. O. liegen soll. (Zu Details des Anpassungsverfahrens siehe VGIAO Nr. 1663).

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f) Die Rechtsprechung des VGIAO und des EUGH zu den Gehaltsanpassungssystemen • Rechtsprechung VGIAO Die Rechtsprechung des VGIAO zu den Gehaltsanpassungsverfahren erstreckt sich neben den I. O. des VN-CS auf zahlreiche eigenständige I. O. des heterogenen Dienstrechtskreises, die zumeist über unterschiedliche Systeme der Gehaltsanpassung verfügen. Der Rechtsprechung des VGIAO kommt daher eine erhebliche allgemeine Bedeutung für eine Vielzahl von Gehaltsanpassungsverfahren I. O. zu. Nach der Rechtsprechung des VGIAO müssen alle I. O. über ein Verfahren zur Anpassung der Gehälter und Versorgungsbezüge an die Veränderung der Lebenshaltungskosten und der Kaufkraft in den Mitgliedsstaaten verfügen (VGIAO Nrn. 1821, 986). Andernfalls setzen sich die I. O. der Gefahr aus, ab einem bestimmten Punkt des Verlustes der Kaufkraft der Gehälter bzw. der Versorgungsbezüge durch die Inflation gegen die Grundsätze der wohlerworbenen Rechte oder die Noblemaire- und Flemming-Prinzipien zu verstoßen (vgl. VGIAO Nr. 2533 und nachstehend). Bei der Wahl eines Anpassungssystems verfügen I. O. über einen sehr weiten Ermessensspielraum (VGIAO Nrn. 1682, 1498, 1265, 1000). Es ist weder eine periodische Anpassung noch eine Indexierung erforderlich (VGIAO Nr. 2533, Pkt. 22). Jede I. O. kann ihre eigene Anpassungsmethode entwickeln oder auf die Gehalts- und Versorgungsentwicklung bei anderen I. O. oder auf sonstige externe Daten zurückgreifen (VGIAO Nr. 1912, externe Daten als bloße Orientierung). Die I. O. ist nach dem ARGrundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung an die von ihr gewählte Methode gebunden (VGIAO Nr. 1160). Sie kann diese jedoch für die Zukunft jederzeit abändern. Das Ermessen der I. O. bei der Entwicklung und Anwendung eines Anpassungsverfahrens findet seine Grenzen in den ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst, insbesondere in dem, von den Gerichten entwickelten besonderen Grundsatz, für die Gehaltsanpassungsverfahren. In formeller Hinsicht müssen die Anpassungsverfahren verständlich und transparent (transparent, clearly understood) und die Ergebnisse vorhersehbar (foreseeable) sowie die Methode als solche stabil (stable) sein (vgl. VGIAO Nrn. 2420, 1812, 1329). Die Rechtsprechung des VGIAO lässt es allerdings gelegentlich an einer präzisen Auslegung und Anwendung dieser Kriterien selbst fehlen (vgl. die kritischen Bemerkungen des Richters Hugessen in seinem Sondervotum in Urteil Nr. 1912, vgl. auch die Flexibilität und den Auslegungsspielraum bei der Anwendung einer Gehaltsanpassungsmethode im Urteil Nr. 2420).

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Die genannten Kriterien gelten nicht im gleichen Umfang für die Höhe der zu erstattenden Reisekosten (siehe VGIAO Nr. 2129). Beinhaltet die Anpassungsmethode selbst einen klaren Ermessensspielraum, in dem sie etwa die Ergebnisse der Anpassungsverfahren anderer I. O. als bloße „Orientierung“ festlegt, so ist die I. O. verpflichtet, Abweichungen zu begründen. Die Gründe müssen objektiv, angemessen und dem Personal bekannt sein (VGIAO Nrn. 1912, 1821, 1682). Wenn die I. O. externe Daten übernimmt, so ist sie für deren Richtigkeit verantwortlich (VGIAO Nrn. 2252, 1756, 1265; vgl. auch Nrn. 2095, 831: wenn die Verwaltung ihre eigene Entscheidung auf die eines anderen Organs stützt, muss sie prüfen, ob diese Grundlage rechtmäßig ist). Die bloße Absicht, Haushaltsmittel einzusparen, stellt jedenfalls keine ausreichende Begründung für das Abweichen von einer Gehaltsanpassungsmethode dar (VGIAO Nrn. 1682, 990). Andererseits lässt es das Gericht als Begründung für ein Abweichen von einem als bloße „Orientierung“ genannten Index genügen, wenn die Haushaltslage der I. O. und der Vertragsstaaten dies erfordert (VGIAO Nr. 1912, Pkt. 17). Die I. O. muss auch von dem ihr eingeräumten Ermessen bei Durchführung einer Gehaltsanpassungsmethode Gebrauch machen („if necessary“). Bei Nichtausübung des Ermessens verstößt die I. O. gegen den ARGrundsatz des pflichtgemäßen Ermessens (VGIAO Nrn. 905, 608). Bei verschiedenen Dienstorten hat die I. O. den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Kaufkraft zu beachten (VGIAO Nr. 1420). Von besonderer Bedeutung für die Gehaltsanpassungsverfahren ist der materielle ARGrundsatz der wohlerworbenen Rechte. Zu den wohlerworbenen Rechten stellt das Gericht fest, dass nicht jeder Kaufkraftverlust des Gehalts ein wohlerworbenes Recht der Bediensteten verletzt (VGIAO Nrn. 1514; 832). Ebensowenig ist das Vertrauen in eine Anpassung an die Lebenshaltungskosten geschützt (VGIAO Nrn. 1515, 1368, 1329). Ganz allgemein besteht kein wohlerworbenes Recht an einer bestimmten Gehaltsanpassungsmethode oder einem bestimmten Gehaltsniveau (VGIAO Nrn. 1821, 365). In seinem Urteil Nr. 2089 hat es das VGIAO ausdrücklich offen gelassen, ob die periodische Anpassung der Versorgungsbezüge ein wohlerworbenes Recht darstellt. Jedenfalls würde es nach Auffassung des Gerichts nur die Anpassung an die Inflation und nicht die Veränderung in der Kaufkraft umfassen. In seinen Urteilen Nrn. 1515, 1368, 986 stellt das VGIAO fest, dass es bei der Überprüfung der Ergebnisse der Gehaltsanpassungsmethode mit dem Grundsatz der wohlerworbenen Rechte nicht nur auf eine einzelne Anpassung ankomme, sondern auch die kumulative Auswirkung (der „Trend“) mehrerer Anpassungsperioden zu bewerten sei. Auch wenn die früheren Ergebnisse der Gehaltsanpassung als solche nicht mehr anfechtbar seien, müsse das Gericht sie in eine Gesamtwürdi-

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gung einer Gehaltsentwicklung einbeziehen können, um einen fortlaufenden Prozess der Auszehrung („process of impoverishment“) zu verhindern. Aus der Rechtsprechung des VGIAO ergibt sich bisher kein bestimmter Prozentsatz für die Abweichung der Gehaltsanpassung von der Veränderung der Lebenshaltungskosten und der Kaufkraft in den Mitgliedsstaaten, ab dem das Gericht einen Eingriff in ein wohlerworbenes Recht bejahen würde. Das Gericht belässt es in der Regel bei allgemeinen Formulierungen. Demnach setzt die Verletzung eines wohlerworbenen Rechts voraus, dass das Gehalt bzw. die Versorgungsleistung „erodiert“ oder „in ihrer Substanz gefährdet“ wird (vgl. VGIAO Nr. 1912, Punkt 19: „erosion of salary“, „substantially jeopardising the contractual balance“; vgl. VGIAO Nr. 986, Pkt.3 und Nr. 832). In einigen Urteilen hat das VGIAO allerdings prozentuale Kürzungen von Gehältern bzw. Ruhebezügen am Maßstab der wohlerworbenen Rechte gemessen. Es ist jedoch erkennbar, dass sich das Gericht nicht allgemein auf einen bestimmten Prozentsatz festlegen möchte. In Urteil Nr. 986 hat das Gericht in Anschluss an seine Urteile Nr. 832 und Nr. 862 zur Kürzung der sog. „ruhegehaltsfähigen Bezüge“ („pensionable remuneration“) festgestellt, dass ein wohlerworbenes Recht der Kläger verletzt ist, wenn die neue Skala für ruhegehaltsfähige Bezüge zu einer mindestens 3%igen Kürzung der späteren Versorgungsbezüge führen würde. Im Urteil Nr. 1514 hat das Gericht einen kumulierten Verlust der Kaufkraft der Gehälter von 10% noch nicht für ausreichend angesehen, um eine Verletzung eines wohlerworbenen Rechts anzunehmen. In Urteil Nr. 1791 stellt das Gericht fest, dass die einmalige Gehaltskürzung von 2.5% beschränkt auf ein Jahr bei gleichzeitiger Kürzung der Arbeitszeit mit dem Grundsatz der wohlerworbenen Rechte vereinbar sei. In Urteil Nr. 2533 stellt das Gericht fest, dass das Fehlen der Indexierung einer Invaliditätspension nicht einer Erosion durch Inflation ausgesetzt werden kann, die den Sinn und Zweck der Pension in Frage stellt. Trotz einer klar geäußerten Zurückhaltung bei der Festlegung von Indexierungsklauseln ordnete das Gericht im konkreten Fall ausnahmsweise die Anpassung der Pensionen an, wenn ihre Kaufkraft sich um wenigstens 10% mindert. Neben den wohlerworbenen Rechten sind die Noblemaire- und Flemming-Grundsätze in der gerichtlichen Praxis von wesentlich geringerer Bedeutung. Das Gericht hatte den Noblemaire-Grundsatz in seinem Urteil Nr. 986 zunächst auf das VN-CS Gehaltssystem beschränkt. Nach seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. Urteil Nr. 1912, Pkt. 18 und Nr. 1791, Punkte 15 und 16) ist der Noblemaire-Grundsatz (möglicherweise auch der Flemming-Grundsatz) zu den ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst zu rechnen. Auch die Klassifizierung der beiden Grundsätze in der Datenbank TRIBLEX des VGIAO spricht für diese Bewertung. Eine aussagekräftige

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und nachhaltige Gerichtspraxis außerhalb des VN-CS fehlt allerdings bisher. Es wird für einzelne I. O., außerhalb des VN-CS auch schwierig sein, die beiden Grundsätze, ohne das umfangreiche Instrumentarium der ICSC, in einer gerichtlich verwertbaren Weise, geltend zu machen. Rechtsprechung EUGH Die Rechtsprechung EUGH zum Gehaltsanpassungsverfahren ist von relativ geringem Umfang. Der Grund hierfür dürfte darin liegen, dass das Gehaltsanpassungsverfahren im Dienstrechtskreis der EG sich insgesamt bewährt hat und daher von den Bediensteten entsprechend wenig vor dem EUGH angegriffen wird (siehe vorstehend unter b)). EUGH 59/81: Die Formulierung des Art. 65 Abs. 1, UnterAbs. 2 EG-BS („insbesondere“) verpflichtet den Rat ggf. neben anderen Kriterien, jedenfalls die beiden ausdrücklich darin genannten Kriterien („Erhöhungen der Gehälter im öffentlichen Dienst“ und „Erfordernisse der Gewinnung von Personal“) zu berücksichtigen; EUGH 59/81 und EUGH 158/79: Nach dem Wortlaut des Art. 65 Abs. 2 EG-BS („beschließt“) besteht bei einer erheblichen Änderung der Lebenshaltungskosten eine Verpflichtung, Maßnahmen zur Angleichung der Berechtigungskoeffizienten zu treffen (engeres Ermessen als bei den jährlichen Gehaltsanpassungen); EUGH 174/83, EUG T-16/89 und EUGH C-136/92P: Die Verpflichtung zur Zahlung einer Gehaltsanpassung entsteht erst, wenn der Rat unter Ausübung seines Ermessens den Betrag der Anpassung festgelegt hat. Handelt er hierbei innerhalb angemessener Frist, besteht kein Anspruch auf Verzugszinsen; EUG T-16-89: Bei der Festlegung der Gehaltsanpassung verfügen die beteiligten Gremien über einen, je nach den Umständen im Einzelfall und der Schwierigkeit der Aktenlage, angemessenen Bewertungszeitraum; EUG T-98/92 und EUG T-99/92: Der Parallelismus zwischen der Kaufkraftentwicklung der Gehälter von nationalen Bediensteten und der EG-Bediensteten umfasst auch einen möglichen Verlust an Kaufkraft. Dieses Verfahren verletzt nicht die Grundsätze der Gleichheit, Fürsorge und guten Verwaltung; EUG T-98/92 und EUG T-544/93: Keine detaillierte Begründungspflicht für einzelne Modalitäten des jährlichen Gehaltsanpassungsverfahrens; EUG T-175/97: Eine verspätete Festlegung der Kaufkraftkoeffizienten berührt nicht deren Rechtsgültigkeit. 5. Die soziale Sicherheit

a) Allgemeines Das autonome Dienstrecht der I. O. deckt einen weiter gefassten Rechtsbereich ab als die typischen Regelungen in den öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnissen der Vertragsstaaten. Es umfasst durchgehend auch

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Vorschriften der sozialen Absicherung und der Altersversorgung, die im nationalstaatlichen Recht entweder durch ein allgemeines staatliches Sozialversicherungssystem abgedeckt werden oder deren privatrechtliche Absicherung eine persönliche Ermessensentscheidung darstellt. Die den I. O. zum Zwecke der Unabhängigkeit von den Vertragsstaaten gewährte eigene Organisationsgewalt und Personalhoheit erfordert nicht nur die Freistellung von nationalstaatlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften des Sitzstaats, sondern auch von seinem sozialen Sicherungssystem. I. O. und ihre Bediensteten, die den sozialen Sicherungsvorschriften des Sitzstaats unterworfen würden, könnten ihre Aufgaben nicht unabhängig vom nationalen Einfluss des Sitzstaats erfüllen (das schließt nicht aus, dass sich die im Plenarorgan repräsentierten Staaten vereinzelt freiwillig dafür entscheiden, einzelnen Kategorien von Bediensteten (z. B. den sogenannten Ortskräften) den Zugang zum nationalen sozialen Sicherungssystem des Sitzstaats zu eröffnen. Wenn sich jedoch die Befugnis zur autonomen Rechtssetzung auf dem Gebiet des internen Dienstrechts ohne weiteres aus dem Selbstorganisationsrecht ableitet, erfährt sie im Bereich der sozialen Absicherung (insbesondere gegen Krankheit und Invalidität) der Bediensteten gewisse Einschränkungen. Die Vertragsstaaten, insbesondere die Sitzstaaten, haben ein erhebliches Interesse, dass sie nicht die Folgen einer fehlenden oder unzureichenden Absicherung der Bediensteten zu tragen haben. Die Protokolle über Immunitäten und Privilegien bzw. Sitzabkommen I. O. sehen daher zumeist eine Freistellung von der obligatorischen national Sozialversicherung unter der Bedingung vor, dass die I. O. ein eigenes Sozialversicherungssystem errichtet hat (Art. 15 EG-PPI: der Rat legt „. . . das System der Sozialleistung . . .“ fest; vgl. allgemein ER Resolution (69)29 vom 26.9.1969, §§ 175-182; Art. 18 EPO-PPI: Befreiung, „sofern die Organisation ein eigenes Sozialversicherungssystem errichtet“ hat). Vereinzelt wird die Freistellung sogar erst zugestanden, wenn eine Überprüfung des organisationsinternen Sozialversicherungssystems die Gleichwertigkeit mit der nationalen Sozialversicherung des oder der Sitzstaaten ergeben hat (vgl. z. B. Art. 18 ESO-PPI: „. . . sofern die Organisation selbst ein System der sozialen Versorgung mit ausreichenden Leistungen errichtet.“). Das soziale Sicherungssystem I. O. umfasst im Wesentlichen die Absicherung bei Krankheit, Unfall, Teil- und Vollinvalidität, Mutterschaft, Geburt und Tod. Hinzu kommen bei einzelnen I. O. noch Absicherungen bei Arbeitslosigkeit und Pflegebedürftigkeit, sowie die Gewährung von Zuwendungen, Darlehen und Vorschüsse. Allen diesen sozialen Ansprüchen ist gemeinsam, dass sie an das Vorliegen von besonderen Lebensumständen und schicksalhaften Ereignissen anknüpfen und einen finanziellen Ausgleich für besondere Belastungen bezwecken. Zur sozialen Absicherung im engeren Sinn zählt nicht die Altersvorsorge. Dieser Anspruch wird durch das Errei-

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chen eines bestimmten Lebens- und Dienstalters ausgelöst. Wegen dieses Unterschieds in den Anspruchsvoraussetzungen wird die Altersversorgung (Ruhegehalt, Pension, Hinterbliebenenversorgung) auch rechtstechnisch in den dienstrechtlichen Statuten I. O. von den übrigen Elementen des sozialen Sicherungssystems gesondert geregelt (vgl. z. B. Kapitel 2 und Kapitel 3 EG-BS). Dieser Struktur folgend, wird das Dienstrecht der Altersversorgung auch in diesem Buch in einem getrennten Abschnitt behandelt. Die sozialen Leistungen in Form von Familienzulagen, die das Grundgehalt bzw. das Ruhegehalt ergänzen, werden in Zusammenhang mit den Leistungen dargestellt, die sie ergänzen. b) Das soziale Sicherungssystem bei Krankheit, Teil- und Vollinvalidität, Mutterschaft, Geburt, Arbeitslosigkeit, Pflegebedürftigkeit und bei sonstiger Bedürftigkeit aa) Die Krankenversicherung Die Krankenversicherung zählt heute bei I. O. zum Mindeststandard sozialer Sicherheit (vgl. Art. 6.2 VN-PS: „ The Secretary-General shall establish a scheme of . . . reasonable compensation in the event of illness . . .“). Die rechtliche Konstruktion der Krankenversicherung bei den einzelnen I. O. ist vielfältig. Sie reicht von der rein organisationseigenen Versicherung und Abwicklung der Ansprüche (so bei der EG) bis zum Abschluss privatrechtlicher Versicherungsverträge (Regelfall) durch die I. O. In den meisten Fällen besteht die Krankenversicherung als Pflichtversicherung für die Bediensteten, Ehegatten, Kinder und die Unterhaltsberechtigten nach Maßgabe der jeweiligen PS. Eine Ausnahme bildet die Krankenversicherung bei den VN. Die aktiven Bediensteten der VN werden auf Antrag von den, von den VN angebotenen Versicherungsplänen (in den USA: Aetna Open Choice, Empire Blue Gross, Van Breda International, siehe im Internetportal: www.un.org/insurance“) freigestellt, wenn sie eine eigene, gleichwertige Versicherung abgeschlossen haben (Admin. Instruction ST/AI/2001/2, Section 7.4). Die Absicherung der VN Bediensteten im Ruhestand ist freiwillig (Dokument ST/IC/2006/22 Anhang 8, Admin. Instruction ST/AI/394 After-service health insurance; siehe auch Busch, S. 187). Der UNJSPF hat auch einen Notfall-Fonds (emergency fund), der für Pensionäre in Härtefällen bei Krankheit u. ä. Unterstützungsleistungen gewährt. Auch soweit die I. O. nicht selbst die Versicherungsleistungen erbringt, haftet sie für Ansprüche, soweit sie den Versicherungsvertrag mit dem privaten Versicherungsträger selbst abgeschlossen hat. Häufig handelt es sich

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dabei um Versicherungsmakler, die im Namen mehrerer nationaler Versicherungen mit der Durchführung der Versicherungsverträge beauftragt sind. Der Versicherungsvertrag zwischen der I. O. und dem Versicherungsträger stellt dann seiner Rechtsnatur nach zugleich eine Durchführungsregelung zur Krankenversorgung nach dem PS dar. Passiv legitimiert ist bei Klagen des Bediensteten auf Erstattung von Leistungen aus der Krankenversicherung in diesen Fällen nur die I. O. selbst. Dabei stützt sie sich in der Regel auf die Argumente der Versicherung zur Abweisung der Klage. Es ist aber auch denkbar, dass die I. O. die Rechtsauffassung der Versicherung nicht teilt und in einem Rechtsstreit (in der Regel ein Schiedsverfahren) den Anspruch des Bediensteten durchzusetzen versucht. Unabhängig hiervon kann der Bedienstete seine Ansprüche aus der Krankenversicherung in diesen Fällen gegenüber der I. O. vor dem zuständigen int. VerwGericht einklagen. Neben der Pflichtversicherung bei der I. O. kann der Bedienstete natürlich auch noch zusätzlich einen privaten Krankenversicherungsvertrag abschließen. Es erfolgt dann eine Anrechnung der anderweitigen Kostenerstattung (vgl. z. B. Art. 72 Abs. 4 EG-BS). Soweit der berufstätige Ehegatte eines Bediensteten Anspruch aus einer nationalen Krankenversicherung besitzt, hat er diese vorrangig in Anspruch zu nehmen. Die Beiträge zur Krankenversicherung werden in der Regel zu einem Drittel von den Bediensteten und zu zwei Drittel von der I. O. aufgebracht. Dabei gelten meist Höchstgrenzen für die Beiträge der Bediensteten (Art. 72 Abs. 1 EG-BS: 2%). Die Beiträge werden vielfach aus Gründen der Solidarität unabhängig vom Familienstand und der Zahl der Kinder sowie der sonstigen Unterhaltsberechtigten erhoben. Im Gegensatz dazu sehen die Krankenversicherungspläne für die VN-Bediensteten unterschiedliche Beiträge für alleinstehende Bedienstete (im Jahr 2007) vor, z. B. Aetna: 4,26%; Empire Blue Cross: 2,63%; Bedienstete mit einem Kind oder Ehegatten: Aetna: 7,42%, Empire Blue Cross: 4,56%; Bedienstete mit zwei oder mehr Familienmitgliedern: Aetna: 8,29%, Empire Blue Cross: 5,94% (Einzelheiten im Internetportal: „www.un.org/insurance“). In Einzelfällen kann die Krankenversicherung zu unsolidarischen Ergebnissen führen. So etwa bei der kostenlosen Mitversicherung von berufstätigen Ehegatten und unterhaltsberechtigten Angehörigen, die auf Grund ihres hohen Einkommens von der nationalen Krankenversicherungspflicht befreit sind und wegen der „kostenlosen“ Familienversicherung des int. Bediensteten auf den Abschluss einer freiwilligen Krankenversicherung verzichten. Ebenso erscheint es fragwürdig, wenn bei Pensionären die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge, bei nur wenigen Berufsjahren, auf der Grundlage der Mindestpension berechnet werden (bei leitenden int. Bediensteten besteht vielfach bereits nach fünf Jahren ein Ruhegehaltsanspruch von 10%, bei sonstigen Bediensteten mit

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10 Dienstjahren eine Mindestpension von 20%, die mit dem 60. Lebensjahr oder als vorgezogenes oder gekürztes Ruhegehalt bereits mit dem 50. Lebensjahr in Anspruch genommen werden kann). Die Krankenversicherung erstreckt sich bei den meisten I. O. auch auf den Bediensteten im Ruhestand, seinen Ehegatten und unterhaltsberechtigte Angehörige. Auch bei den I. O. mit Pensionsfonds oder Pensionsreservefonds werden die Leistungen weiterhin, wie bei aktiven Bediensteten, getrennt von den Versorgungsleistungen aus der allgemeinen Krankenversicherung erbracht. Das Solidaritätsprinzip erstreckt sich also auch auf diesen Personenkreis. • Der Leistungsumfang Die Kostenerstattung im Krankheitsfall deckt in der Regel einen hohen Prozentsatz der allgemeinen Krankheitskosten (bei der EG bis zu 80%; Art. 72 Abs. 1 EG-BS). Zum Teil erfolgt auch eine 100%ige Erstattung, insbesondere bei stationärer Behandlung. Bei einzelnen Leistungen sind Höchstbeträge pro Kalenderjahr vorgesehen (so z. B. für die Zahnbehandlung, Erstattung der Kosten für Brillen u. ä.). Übersteigt der Selbstbehalt bestimmte Prozentsätze des Gehalts bzw. der Altersversorgung erfolgt eine Sondererstattung (bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen werden 100% der Krankheitskosten erstattet, z. B. Art. 73 III EG-BS; Anhang 12, Art. 14 Ziffer 4 ER-PS). Die Krankenversicherung gewährleistet eine freie Auswahl und weltweiten Schutz. Im Falle eines Drittverschuldens hat der Bedienstete seine Ansprüche an die I. O. abzutreten. • Gehaltsfortzahlung Neben der Leistung aus der Krankenversicherung besteht Anspruch auf Gehaltsfortzahlung für einen, nach Art und Dauer des Dienstverhältnisses abgestuften, Zeitraum. Die Höchstgrenze der Fortzahlung der vollen Bezüge für die Bediensteten liegt überwiegend bei einem Jahr bzw. 250 Arbeitstagen. Anschließend werden nach Einholung eines ärztlichen Gutachtens die Bezüge gekürzt, soweit nicht eine schwere Erkrankung oder dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt. bb) Die Kapitalbeträge bei dauernder Teil- und Vollinvalidität und im Todesfall Bei dauernder Teil- und Vollinvalidität und im Todesfall besteht, neben dem Anspruch auf Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit bzw. auf Invalidi-

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tätszulage oder Hinterbliebenenversorgung, bei einigen I. O. noch ein Anspruch auf Zahlung eines Kapitalbetrags oder einer Leibrente (meist beschränkt auf Berufskrankheit und Unfall). Er soll einen gewissen Ausgleich für die Erwerbsminderung, den Verlust an Lebensqualität bzw. den Fortfall des Unterhaltsverpflichteten gewährleisten (zu den Einzelheiten siehe unten, 2. Teil, 3. Abschn. C.I.6.e)dd)).

cc) Der Krankheitsurlaub Für den bezahlten Krankheitsurlaub gelten nach den Personalstatuten gewisse Höchstgrenzen. Bei den I. O. mit Bediensteten im Beamtenstatus (EG, EPO) liegen diese generell höher als bei Vertragsbediensteten. Der Bedienstete hat ab einer bestimmten Zahl an Krankheitstagen (meist ab dem vierten Tage, Art. 59 Abs. 1 EG-BS; Regel 106.2 c VN-PS) ein ärztliches Attest vorzulegen. Um einen Missbrauch zu verhindern, besteht eine Höchstzahl an Tagen für kurzzeitigen Krankheitsurlaub ohne ärztliches Attest (EG: 12 Tage in 12 Monaten, Art. 59 Abs. 2 EG-BS; VN: 7 Tage im Kalenderjahr, Regel 106.2 c VN-PS). An voll bezahlten Krankheitstagen werden bei der EG bis zu 12 Monaten während eines Zeitraums von drei Jahre gewährt (Art. 59 Abs. 4 EG-BS). Bei den VN bestehen kürzere Zeiträume für den bezahlten Krankheitsurlaub. Sie hängen jeweils von der Art und Dauer des Anstellungsvertrags ab. So werden bei Dienstverträgen auf bestimmte Zeit (unter einem Jahr) 2 Tage pro Dienstmonat gewährt, bei Verträgen auf Probe und Verträgen auf bestimmte Zeit (zwischen einem und unter drei Jahren) werden drei Monate volles und drei Monate halbes Gehalt bezahlt, bei Verträgen auf Dauer oder auf unbestimmte Zeit oder auf bestimmte Zeit (drei Jahre) oder einer Beschäftigungsdauer von fortlaufend mindestens drei Jahren werden neun Monate volles und neun Monate halbes Gehalt bezahlt (Regel 106.2 b VN-PS). Spätestens nach Ablauf der Höchstdauer an Krankheitsurlaub kann die I. O. ein Ärztegremium einschalten, das Vorschläge über das weitere Vorgehen (z. B. Invalidisierung, Teilzeitarbeit, Verlängerung des Krankheitsurlaubs) vorschlägt. Der Bedienstete hat sich während des Krankheitsurlaubs auf Verlangen der I. O. jederzeit amtsärztlich untersuchen zu lassen. Bei Streitigkeiten über die medizinische Rechtfertigung des Krankheitsurlaubs bestehen vielfach besondere Schlichtungsverfahren (Art. 59 Abs. 1 EG-BS). Während des Krankheitsurlaubs darf der Bedienstete nur nach Zustimmung der Anstellungsbehörde den Dienstort verlassen (Art. 60 EG-BS; Regel 106.2(i) VN-PS).

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Bei Nichtbeachtung der Vorschriften über die Vorlage ärztlicher Atteste oder Behinderung der amtsärztlichen Untersuchung gilt die dienstliche Abwesenheit als unbefugt. Als Folge können der Jahresurlaub oder das Gehalt gekürzt und disziplinarische Maßnahmen eingeleitet werden. dd) Finanzielle Leistungen bei Mutterschafts-, Adoptions-, Elternurlaub, Urlaub aus familiären Gründen, bezahlten Sonderurlaub und Geburt Die meisten PS der I. O. enthalten eine Regelung über die Gehaltsfortzahlung während des Mutterschaftsurlaubs (zumeist in einer Spanne zwischen 16 und 20 Wochen; vgl. Art. 58 EG-BS, Regel 106.3 VN-PS; Art. 45 Abs. 5 ER-PS). Ähnliches gilt für den Adoptionsurlaub. Bei der Geburt selbst besteht Anspruch auf eine Kapitalsumme (Geburtenzulage, vgl. z. B. Art. 74 EG-BS; Anhang 12 Art. 11 Abs. 2 ER-PS). • Elternurlaub Seit Inkrafttreten des neuen BS der EG zum 1.5.2004 besteht nach Art. 42 a BS Anspruch auf 6 Monate unbezahlten Elternurlaub für jedes unterhaltsberechtigte Kind eines Beamten. Der Bedienstete bleibt während dieser Zeit sozialversichert, erwirbt Ruhegehaltsansprüche und behält seinen Dienstposten und den Anspruch auf Beförderung bzw. Aufsteigen in den Dienstaltersstufen. Während des Elternurlaubs wird ihm eine monatliche Vergütung in Höhe zwischen ca. 800 und 1.100 EUR bezahlt. Die EG trägt die vollen Beiträge zum Sozialversicherungssystem. Der Elternurlaub kann auch auf Halbzeitbasis genommen werden. Auch andere I. O. haben inzwischen ähnliche Regelungen eingeführt. • Urlaub aus familiären Gründen Zum 1.5.2004 ist bei der EG der unbezahlte Urlaub aus familiären Gründen eingeführt worden (Art. 42 b EG-BS). Er soll die Pflege von Angehörigen bei schwerer Erkrankung ermöglichen. Die Dauer ist auf 180 Arbeitstage während der gesamten Laufbahn beschränkt. Es wird eine mit dem Elternurlaub vergleichbare Vergütung gezahlt. Ähnliche Regelungen bestehen inzwischen auch bei anderen I. O. • Bezahlter Sonderurlaub (Dienstbefreiung) Die meisten I. O. gewähren einige Tage bezahlten Sonderurlaub bei schwerer Erkrankung oder Tod naher Angehöriger, bei Hochzeit, Fortbil-

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dung, Teilnahme an Wahlen, Erscheinen vor Gericht u. ä. (vgl. Anhang V EG-BS; Regel 105.2 VN-PS; Art. 45 Abs. 4 ER-PS). ee) Das Arbeitslosengeld Vertragsbedienstete haben vielfach bei Beendigung des Dienstverhältnisses Anspruch auf eine Art Arbeitslosengeld (Überbrückungsgeld, Entlassungsabfindung). Anspruchsvoraussetzung ist in der Regel (Ausnahme: EG), dass die Verträge aus bestimmten Gründen (z. B. Stellenstreichung) vorzeitig enden oder bei befristeten Verträgen kein vergleichbarer Dienstposten angeboten werden kann oder ein Bediensteter nicht unmittelbar in seine vorherige nationale Stelle zurückkehren kann (vgl. Art. 44 ER-PS „indemnity for loss of job“ und Anhang VI). Das Arbeitslosengeld darf nicht mit dem Abgangsgeld (severance grant) verwechselt werden, das bei Ende des Dienstverhältnisses fällig ist, wenn die Anspruchsvoraussetzung für eine Versorgung (Pension) noch nicht erfüllt ist. Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich meist nach der Art des Vertrags. Bei unbefristeten Verträgen zählt die abgeleistete Dienstzeit: Maximum 24 Monatsgehälter, bei befristeten Verträgen die noch verbleibende Dienstzeit: Maximum 10 Monatsgehälter (vgl. Anhang 6 ER-PS). Ehemalige Bedienstete der EG auf Zeit, die nach dem Ausscheiden aus dem Dienst arbeitslos sind und kein Ruhegehalt oder Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit beziehen, haben nach Art. 28 a EG-BSB Anspruch auf Arbeitslosengeld. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sie nicht auf eigenen Antrag oder aus disziplinarischen Gründen ausgeschieden sind und eine Mindestdienstzeit von sechs Monaten zurückgelegt haben, sowie in einem der Mitgliedsstaaten der EG Wohnsitz nehmen. Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung und wird in degressiver Höhe (60%–30% des Grundgehalts) für maximal 36 Monate gewährt. Die Bediensteten tragen zu einem Drittel zur Finanzierung dieser Arbeitslosenversicherung bei. Etwaiges Arbeitslosengeld aus einer einzelstaatlichen Arbeitslosenversicherung wird abgezogen. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht nur, solange der ehemalige Bediensteten die nationalen Auflagen und Bedingungen für die Bezieher von Arbeitslosengeld erfüllt und der EG jeden Monat eine entsprechende Bescheinigung vorlegt. Gegebenenfalls sind die Bezieher von EG Arbeitslosengeld auch beitragsfrei weiter nach dem EG-Regime gegen Krankheit versichert (Art. 28 a Abs. 5 EG-BSB). Außerdem besteht bei der EG im Falle der vorzeitigen Entlassung aus einem unbefristeten oder befristeten Beschäftigungsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Abfindung. Die Kapitalsumme beträgt maximal 12 Monatsgehälter bei Entlassung aus Gesundheitsgründen. Bei Entlassung wegen ungenügen-

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der Leistungen kann die Abfindung bis zu einer Höhe von maximal 6,5 Monatsgehältern bezahlt werden. In einer Reihe von Fällen (z. B. fristlose Entlassung) ist eine Entschädigung ausdrücklich ausgeschlossen. In einigen UN-Organisationen wird dem Personal der freiwillige Anschluss an die nationale Arbeitslosenversicherung ermöglicht (so UNIDO und IAEO in Österreich, vgl. näher Busch, S. 186). Nach herrschender Meinung besteht kein ARGrundsatz auf Gewährung eines Arbeitslosengeldes. Die Aufnahme einer derartigen Regelung in das Sozialversicherungssystem einer I. O. wird daher nicht als Bedingung für die Freistellung von den Pflichtbeiträgen zur nationalen Sozialversicherung anzusehen sein. Insgesamt gesehen sind die Leistungen I. O. im Fall von Arbeitslosigkeit nach Dauer und Umfang als relativ gering zu bewerten. Nicht zuletzt ist dies auf die große Missbrauchsgefahr zurückzuführen, die in der schwierigen Überprüfbarkeit der Arbeitslosigkeit liegt. Außerdem haben I. O. keinen Einfluss auf die nationale Arbeitsvermittlung. ff) Die Pflegeversicherung Die Pflegeversicherung (long-term care insurance) stellt einen relativ jungen Zweig des Sozialversicherungssystems bei I. O. dar, der bisher nur sehr vereinzelt angeboten wird. Den I. O. CERN, ESO und EPO (zur EPO siehe VGIAO Nrn. 2671, 2448, 2341) kommt hier eine gewisse Vorreiterrolle zu. Die Pflegeversicherung für Bedienstete, Ehegatten, Kinder und sonstige Unterhaltsberechtigten bezweckt eine pauschale finanzielle Unterstützung, mit der teilweise die Ausgaben gedeckt werden sollen, die entstehen, wenn der Versicherte auf Grund einer erheblichen und dauerhaften Einschränkung seiner Selbstständigkeit auf Hilfe bei den Verrichtungen des täglichen Lebens angewiesen ist. Die Pflegeversicherung deckt nicht die medizinischen Kosten bei Krankheit, Schwangerschaft und Unfall. Die Leistungen der Pflegeversicherung umfassen in Anlehnung an nationale Regelungen (insbesondere an das deutsche und französische Pflegeversicherungssystem) drei Pflegestufen: erhebliche, schwere und schwerste Pflegebedürftigkeit (low, moderate, high dependency). Die Leistungen liegen in der Größenordnung von etwa 30 bis 70 EUR pro Tag, abgesehen von Härtefall-Regelungen. Die Finanzierung bei der Pflichtversicherung beträgt 1/3 für die Bediensteten und 2/3 für die I. O. (bei der ESO 50:50). Es handelt sich um eine interne Versicherung der I. O., die obligatorisch oder fakultativ ausgestaltet sein kann (dies gilt auch für die Einbeziehung von Familienangehörigen). Die Verwaltung der Pflegeversicherung wird aus Kostengründen einem professionellen Versicherungsmakler übertragen. Die langfristige Absicherung

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des Pflegeversicherungssystems wird sinnvollerweise über einen organisationsinternen Fonds erfolgen. Hierdurch wird in der Anfangsphase der Versicherung ein Kapitalstock gebildet, dessen Erträge auch noch in einigen Jahrzehnten die erforderlichen Beiträge in einer angemessenen, generationengerechten Höhe stabilisieren. Bei den Pflegeleistungen ergeben sich in denjenigen Staaten Probleme bei der Besteuerung, die selbst über keine nationale Pflegeversicherung verfügen. So werden bei einigen Staaten die Leistungen als nicht unter die Steuerprivilegien fallende Vergütung voll der nationalen Steuer unterworfen, andere Staaten stellen sie als Sozialleistungen wie die Erstattung von Krankheitskosten von der nationalen Steuer frei, wieder andere stellen sie bei aktiven Bediensteten (wie das Gehalt) von der nationalen Steuer frei, besteuern sie aber bei Pensionisten (wie die Versorgungsbezüge). Die I. O. stehen hier in der Pflicht, für eine einheitliche Regelung dieser Sozialleistung Sorge zu tragen (siehe näher 1. Teil, 2. Abschn. D.VI.). gg) Zuwendungen, Darlehen und Vorschüsse Gelegentlich enthalten die PS der I. O. Vorschriften über die Gewährung von Zuwendungen, Darlehen und Vorschüssen an Bedienstete, die sich insbesondere aus Gründen längerer oder schwerer Krankheit oder aus familiären Gründen in einer besonders schwierigen Lage befinden (vgl. z. B. Art. 76 und 76a EG-BS; Regel 103.14 und 22 VN-PS). Vereinzelt werden den Bediensteten auch zinsgünstige Baudarlehen gewährt. Leitende Bedienstete haben vielfach Anspruch auf einen Dienstwagen und eine Dienstwohnung. Es handelt sich durchwegs um Vorschriften, die der I. O. einen weiten Ermessenspielraum einräumen. hh) Sonderfälle (1) Internationale Organisationen ohne eigenes Sozialversicherungssystem Alle Bediensteten bei I. O. mit Beamtenstatus (EG, EPO) und die weitaus meisten Bediensteten in Vertragsverhältnissen unterliegen grundsätzlich dem organisationseigenen Sozialversicherungssystem der jeweiligen I. O., in der sie beschäftigt sind. Das Privileg der Freistellung von der nationalen Sozialversicherungspflicht dient ebenso wie die anderen Privilegien der Sicherung der Unabhängigkeit der I. O. von den Mitgliedsstaaten. Eine Ausnahme von der Versicherungspflicht besteht bei vielen I. O. für besondere Beschäftigungsverhältnisse, insbesondere kurzfristiger Art (Aushilfen für überwiegend manuelle Tätigkeiten, Hilfskräfte, Ortskräfte) oder zur De-

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ckung eines nur vorübergehenden Bedarfs (Dolmetscher für Konferenzen). Dieser Personenkreis ist in der Regel einem nationalen Sozialversicherungssystem angeschlossen, in dem er während der Tätigkeit für die I. O. bleibt. Dabei übernimmt die I. O. häufig die Arbeitgeberbeiträge (vgl. Art. 121 EG-BSB). I. O. können auch ein Wahlrecht zwischen dem Anschluss an das organisationseigene Sozialversicherungssystem oder die Fortführung des nationalen Sicherungssystems einräumen, wobei die I. O. dann die nationalen Arbeitgeberbeiträge entrichtet. Bei nur kurzfristig, periodisch wiederkehrendes Beschäftigungsverhältnissen, wie dem Einsatz von Vertrags- und Konferenzdolmetschern gelten Sonderregelungen. So schließt die EG für ihre Konferenzdolmetscher für die Dauer des Einsatzes einen Sozialversicherungsschutz ab und übernimmt einen Teil des Versicherungsbeitrags (Art. 16 des Übereinkommens über die Arbeitsbedingungen und Vergütungen der Sitzungshilfskräfte und freiberuflichen Konferenzdolmetscher (Vertrags- Konferenzdolmetscher), die bei den Organen der EU beschäftigt werden, vom 1.9.1999). Andere I. O. verlangen von ihren Konferenzdolmetschern lediglich einen Nachweis über die Angehörigkeit zu einem Sozialversicherungssystem. Einige wenige I. O. verzichten auch ganz oder teilweise auf eigene soziale Sicherungssysteme für ihre Beschäftigten und verweisen diese auf nationale Versicherungen. Dies trifft neben sehr kleinen und personalschwachen I. O. auch für Sonderorganisationen der VN in Österreich zu. Hier ermöglichen die Sitzabkommen der UNIDO und IAEO mit Österreich den Beitritt zur nationalen Kranken- und Arbeitslosenversicherung (siehe Busch, S. 186). (2) Die ehemaligen Bediensteten und Rechtsnachfolger Die Immunitätenprotokolle und Sitzabkommen I. O. erstrecken das Privileg der Freistellung von der nationalen Sozialversicherungspflicht ihrer Bediensteten durchgehend auch auf ehemalige Bedienstete und ihre Angehörigen. Im Gegensatz zur nationalen Einkommensbesteuerung der Pensionen besteht bei den Mitgliedsstaaten offenbar kein Interesse an einer Verlagerung des erhöhten Krankheitsrisikos dieser Personengruppen in das nationale Sozialversicherungssystem. Konsequenterweise sehen die Sozialversicherungssysteme I. O. in aller Regel das Fortbestehen der Krankenversicherung für ehemalige Bedienstete und Hinterbliebene vor. Zum Teil besteht Pflichtmitgliedschaft (Art. 72 Abs. 2 EG-BS), zum Teil ist die Mitgliedschaft freiwillig (VN: Verwaltungsanweisung (administrative instruction) ST/AI/394 „After-service health insurance“; Anhang XII Art. 16 ER-PS).

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In vielen Fällen ist Voraussetzung für die Fortsetzung der Krankenversicherung der gleichzeitige Bezug eines Ruhegehalts, eines vorgezogenen Ruhegehalts oder eines Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit oder eines Invalidengeldes oder einer Hinterbliebenenpension (vgl. z. B. Art. 72 Abs. 2 i. V. mit Art. 77 und 78 EG-BS; Anhang XII Art. 16 Abs. 1 ER-PS. Es besteht kein ARGrundsatz oder ein wohlerworbenes Recht auf eine beitragsfreie Versicherung (VGIAO Nr. 1226: Trotz eines bestehenden Reservefonds für die Krankenversicherung sei es zulässig, Beiträge der Pensionäre (die seit 1972 beitragsfrei waren) zur Krankenversicherung zu erheben. Wegen zahlreicher Übergangsregelungen und sozialer Ausnahmetatbestände zur Vermeidung von Härtefällen lag keine Verletzung des wohlerworbenen Rechts vor, es wurde vielmehr Gleichheit hergestellt, vgl. auch VGIAO Nr. 1241). In einigen I. O. (z. B. FAO) wird jedoch ein gegenüber den aktiven Bediensteten reduzierter Beitrag der ehemaligen Bediensteten zum Sozialversicherungssystem erhoben. Soweit sich aus dem Dienstrecht einer I. O. ein Anspruch der Bediensteten auf soziale Absicherung von Lebensrisiken aus einer organisationsinternen Abdeckung ergibt oder die Absicherung in Form einer externen Gruppenversicherung durch die I. O. (Regelfall) geschieht, haftet letztlich die I. O. auf Erfüllung der sich aus der sozialen Sicherung ergebenden Ansprüche. Problematisch kann die Risikoabsicherung allerdings bei Auflösung einer I. O. werden. Zwar wird man parallel zum Fall der Haftung für Pensionsanwartschaften und Pensionsansprüche auch hinsichtlich der Krankenversicherung eine Garantenstellung der Mitgliedsstaaten annehmen können (siehe: Die Finanzierungsgarantie für die Versorgungssysteme). In der Praxis dürfte es hierbei jedoch zu größeren Problemen kommen. Während nämlich für den Bereich der Pensionen vielfach kapitalgedeckte Pensionsfonds (z. B. CERN, ESO, EZB, Weltbank, UNJSPF) oder zumindest der mittelfristigen Stabilisierung der Finanzierung der Pensionen dienende Pensionsreservefonds bereitstehen (z. B. EPO, K. O.), fehlt es bisher an derartigen Einrichtungen für die Krankenversicherung. Bei einigen I. O. beschäftigen sich Arbeitsgruppen mit möglichen Lösungen (vgl. z. B. den Annual Report 2005 des CERN Pensionsfonds unter Punkt 1.3.2: „adding health insurance . . .“). 6. Die Versorgung

Unter Versorgung wird in den PS der I. O. und den PPI durchwegs nur die Altersversorgung (Ruhegehalt, Pension, Hinterbliebenenversorgung und vereinzelt, wie vor der Reform des BS zum 1.5.2004 bei der EG, auch das Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit) verstanden. Die sozialen Sicherungs-

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systeme im engeren Sinne (Absicherung bei Krankheit, Mutterschaft, Pflegebedürftigkeit etc) werden dagegen gesondert geregelt (siehe oben 2. Teil, 3. Abschn. C.I.5.a)). a) Die Arten der Versorgungsleistungen (Pensionen) Die Altersversorgung der Bediensteten I. O. umfasst in den meisten Fällen neben dem Altersruhegehalt (bei I. O. mit Beamtenstatus auch als „Pension“ bezeichnet), das Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit (vereinzelt wird dieses jedoch – wegen steuerrechtlicher Konsequenzen – als „Invaliditätszulage“ oder „Invalidengeld“ bezeichnet, so etwa bei der EG seit 1.4.2005, obwohl der Bedienstete bei dauernder Vollinvalidität sich im Ruhestand befindet, Art. 53 EG-BS, und für das EG-Dienstrecht keine steuerlichen Konsequenzen bestehen) und die Hinterbliebenenversorgung (insbesondere das Witwen-, Witwer- und Waisengeld). Der UNJSPF besitzt einen Notfonds (emergency fund), der in Härtefällen wie Krankheit u. ä. eingreift, wenn die soziale Absicherung durch die I. O., der der ehemalige Bedienstete angehörte, keine ausreichende Deckung gewährleistet (Note A zum UNJSPFStatut). Bei einigen I. O. (CERN, ESO, EPO) besteht außerdem eine Absicherung bei Pflegebedürftigkeit. (Zur Krankenversicherung für Versorgungsempfänger siehe unter Krankenversicherung). b) Die allgemeine Struktur der Pensionssysteme Im Normalfall liegt die Verwaltung des Versorgungssystems einer I. O. in den Händen der Exekutive (Präsident, Generalsekretär) und dort bei der Personalverwaltung. Inzwischen haben jedoch einige I. O. gesonderte Einrichtungen für die Finanzierung und teilweise auch für die Verwaltung ihres Versorgungssystems geschaffen (zu den Einzelheiten nachstehend unter 7.). Diese Einrichtungen dienen entweder der vollen Kapitaldeckung des Versorgungssystems (Pensionsfonds) oder zum langfristigen Ausgleich möglicher Beitragsspitzen (insbesondere in Fällen der Änderung der Altersstruktur und der, wegen steigender Lebenserwartung, längeren Bezugsdauer der Altersversorgung (Pensionsreservefonds, auch „Pufferfonds“ genannt). Bei den Pensionsfonds, die zur Kapitaldeckung des Versorgungssystems dienen, findet auch eine Auslagerung der Verwaltungszuständigkeit für die Abwicklung des Versorgungssystems statt. Dies kann, wie bei dem UNJSPF, zur völligen rechtlichen Verselbständigung der Versorgungseinrichtung in den nationalen Rechtsordnungen und gegenüber den Bediensteten führen (siehe nachstehend unter 8.) Allerdings verbleibt auch hier der Fonds ein integrales Organ der VN und besitzt auch keine eigene Rechtsstellung als Völkerrechtssubjekt.

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c) Der Personenkreis der Anspruchsberechtigten Die versorgungsrechtliche Absicherung des Personals der I. O. betrifft grundsätzlich alle Bediensteten ab ihrer Ernennung. Einige I. O. kennen jedoch gewisse Einschränkungen. So setzt die Aufnahme in den UNJSPF die Vollzeitbeschäftigung und eine gewisse Mindestbeschäftigungsdauer voraus (Art. 21a UNJSPF-Statut). Der ER schließt außerdem Sachverständige, Berater, Bedienstete auf Zeit, Hilfskräfte und Personal, das nach den am jeweiligen Ort geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften eingestellt wird, aus (Anhang Va Art. 1 Abs. 3 ER-PS). Die EPO beschäftigt nur Dolmetscher als Bedienstete, die einem anderweitigen Versorgungssystem angehören. Für die sonstigen Bediensteten der EG besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Versorgungssystem der I. O. und dem nationalen Versorgungssystem (Art. 112 EG-BSB). d) Besondere Rechtsfragen bei den Versorgungsleistungen (Pensionen) aa) Die Absicherung der Versorgungsleistungen (Pensionen) Bei allen Pensionssystemen stellen die Art der Finanzierung (Umlageverfahren oder Kapitaldeckungsverfahren) und die Garantie der Sicherheit und des Niveaus der Pensionsleistungen die größten Probleme dar. • Umlageverfahren und Kapitaldeckungsverfahren Die Finanzierung der Pensionen aus den Beiträgen der I. O. und der Bediensteten (Umlageverfahren) stößt mit der anwachsenden Zahl der Pensionäre an ihre Grenzen. I. O. errichten daher in zunehmendem Maße Pensions- und Pensionsreservefonds zur vollen oder teilweisen Absicherung der Pensionslasten (Kapitaldeckung). • Garantie der Sicherheit und des Niveaus der Pensionsleistungen Bei nahezu allen (zu den wenigen Ausnahmen siehe nachstehend) I. O. werden die Sicherheit und das Niveau der Pensionsleistungen durch die I. O. garantiert (siehe näher unter 2. Teil, 3. Abschn. C.I.7.d)bb)). Die Höhe der Versorgungsleistungen wird in den DienstRO durch das erreichte Dienstalter und die beim Eintritt in den Ruhestand erreichte Besoldungsgruppe und Dienstaltersstufe festgelegt. Dieses System wird als leistungsorientiertes Pensionssystem (LOPS, Defined Benefit Pension Scheme DBPS) bezeichnet. Die I. O. und die Bediensteten finanzieren dieses System

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durch festgelegte und periodisch durch Aktuare überprüfte Versorgungsbeiträge. Bei den int. Finanzorganisationen (EZB, Weltbank u. a., siehe näher nachstehend) bestehen heute überwiegend modifizierte leistungsorientierte Pensionssysteme. Sie bestehen aus zwei Komponenten. Neben der leistungsorientierten Komponente, durch die die I. O. eine bestimmte Pensionsleistung garantiert, werden flexible Versorgungsbeiträge geleistet, für die keine Garantie der I. O. besteht. Diese Komponente wird als beitragsorientiertes Pensionsystem (BOPS, Defined Contribution Pension Scheme, DCPS) bezeichnet. Insoweit trägt der Bedienstete das Risiko der Pensionsleistung. Die Höhe der gesamten Pensionsleistung aus beiden Komponenten darf die Pensionsleistung nach dem Standardmodell des Pensionssystems (zumeist 70% des letzten Gehalts) nicht übersteigen. Die bisher – soweit ersichtlich – einzige wirkliche Ausnahme von einem leistungsorientierten Pensionssystem stellt das NATO-Pensionssystem (seit 1.7.2005) dar. Es handelt sich um ein rein beitragsorientiertes System. Das Risiko der Sicherheit und des Niveaus der Pensionsleistungen wird von der I. O. voll auf den Bediensteten verlagert. Es ist nicht auszuschließen, dass künftig auch andere I. O. unter der Last der Versorgungsleistungen auf das beitragsorientierte Pensionssystem (evtl. mit einer garantierten Grundsicherung) übergehen. Dabei wird sich allerdings nicht nur die Frage der Haftung für die Auswahl und die Überwachung der Kapitalanlage (culpa in eligendo und culpa in custodiendo) stellen. Viel schwieriger wird die Frage zu beantworten sein, ob diese Pensionssysteme mit den ARGrundsätzen von Noblemaire und Flemming vereinbar sind, da in der Mehrheit der Mitgliedsstaaten (mit Ausnahme der USA und GB) im nationalen öff. Dienst überwiegend leistungsorientierte Pensionssysteme gelten. bb) Die Besteuerung Im Gegensatz zur ausschließlich organisationsinternen Besteuerung der Gehälter int. Bediensteter unterliegen die Ruhebezüge in der Regel (die wichtigste Ausnahme stellt der Dienstrechtskreis der EG dar) der jeweiligen nationalen Besteuerung des Wohnsitzstaats des ehemaligen Bediensteten, da die Immunitätenprotokolle bzw. Sitzabkommen keine Freistellungsregelungen enthalten und kein ARGrundsatz auf Freistellung besteht (siehe näher bei Immunitäten und Privilegien, 1. Teil, 2. Abschn. D.IV.).

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cc) Die Pfändung (Abtretung) Die Pfändung von Pensionsansprüchen ist, ebenso wie die Gehaltspfändung, durch die Protokolle über Immunitäten und Privilegien bzw. Sitzabkommen ausgeschlossen. Im Gegensatz zu den Gehaltspfändungen, für die häufig allgemeine Verzichtserklärungen der I. O. bestehen (vgl. näher bei Immunitäten und Privilegien), fehlt es bezüglich der Ruhegehälter aber durchwegs an derartigen allgemeine Erklärungen der Exekutivorgane I. O. Das UNJSPF-Statut enthält außerdem in Art. 45 ein ausdrückliches Abtretungsverbot der Pensionsrechte. Der Fonds hat aber das Recht, rechtliche Verpflichtungen aus einem Ehe- oder Verwandtschaftsverhältnis zu erfüllen. e) Die einzelnen Versorgungsleistungen aa) Die Altersversorgung (1) Der Erwerb der Anwartschaft auf Versorgung Int. Bedienstete erwerben nach einer gewissen Anzahl tatsächlich abgeleisteter anrechnungsfähiger Dienstjahre ein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung (Ruhegehalt, Pension). In der Regel müssen dabei 5–10 beitragspflichtige Dienstjahre erreicht werden (Art. 77 EG-BS: 10 Jahre; Anhang V a Art. 7 ER-PS: 10 Jahre; Art. 28 UNJSPF-Statut: 5 Jahre). Allerdings bestehen vielfach Ausnahmeregelungen, insbesondere bei bestimmten politischen Positionen wird ein Anspruch häufig bereits nach 5 Dienstjahren erworben; außerdem können Dienstzeiten angerechnet werden, die außerhalb des aktiven Dienstes durch das Entrichten von Versorgungsbeiträgen erworben wurden (vgl. z. B. Anhang VIII Art. 3 EG-BS). Besteht demnach noch kein Anspruch auf ein Ruhegehalt erworben, erfolgt die Abgeltung der Anwartschaft durch die Auszahlung eines Abganggeldes (leaving allowance, severance grant, withdrawal settlement; vgl. z. B. Anhang V.a Art. 11 ER-PS; Anhang VIII Art. 12 EG-BS). Vielfach kann anstelle eines Abgangsgeldes die Übertragung auf einen anderen Versorgungsträger günstiger sein (Anhang VIII Art. 11 EG-BS: Übertragung des versicherungsmathematischen Gegenwerts der Anwartschaft; vgl. auch Art. 13 UNJSPFStatut; Anhang V a Art. 12 ER-PS). (2) Das Entstehen und Erlöschen des Anspruchs Der Anspruchsbeginn ist in der Regel nicht mit der Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen, bei Erreichen der Altersgrenze, identisch.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Der Anspruch auf Altersversorgung (Pension) entsteht zumeist mit Vollendung des 60. Lebensjahres (Art. 77 EG-BS: 63. Lebensjahr; Art. 1n i. V. mit Art. 28a UNJSPF-Statut: 60. bzw. 62. Lebensjahr). Die Bediensteten können vielfach ein sogenanntes vorgezogenes Ruhegehalt (early retirement pension) beziehen (Anhang VIII Art. 9 EG-BS: ab dem 55. Lebensjahr; Art. 29 UNJSPF-Statut: ab dem 55. Lebensjahr; Anhang V a Art. 8 Abs. 4 ER-PS: ab 12 Jahre vor dem Pensionierungsalter). Die Höhe des vorgezogenen Ruhegehalts unterliegt einem Kürzungskoeffizienten. Der Anspruch auf Ruhegehalt besteht für die Lebenszeit des Berechtigten. (3) Das Anwachsen des Anspruchs Die Höhe des Ruhegehaltsanspruchs hängt grundsätzlich von der Zahl der anrechenbaren Dienstjahre und der Höhe der pro Jahr erworbenen Ansprüche (Art. 77 und Anhang VIII Art. 5 EG-BS: 1,9% (seit 1.5.2004) und ab dem 63. Lebensjahr: 2%; Art. 28 UNJSPF-Statut: je nach Länge der Beitragszeit von 1,5% bis 2%; Anhang V.a Art. 10 ER-PS: 2%) sowie der Berechnungsgrundlage ab (Art. 77 EG-BS: letzte Besoldungsgruppe, in die der Bedienstete mindestens ein Jahr vor Eintritt in den Ruhestand eingestuft war und die erreichte Dienstaltersstufe; ER: wie EG; Art. 28 und Art. 1h UNJSPF-Statut: Durchschnittsbezüge, final average renumeration, innerhalb der letzten Beitragsjahre). (4) Der Transfer von Versorgungsansprüchen nach innen Die Versorgungsansprüche der Bediensteten können bei vielen I. O. durch die Übertragung von Rentenanwartschaften aus vorangehenden Beschäftigungsverhältnissen erhöht werden (Anhang VIII Art. 11 Abs. 2 EG-BS; Art. 13 UNJSPF-Statut; Anhang V a Art. 12 ER-PS; Art. 12 EPO-BS, siehe VGIAO Nr. 2527). (5) Der Transfer von Versorgungsansprüchen nach außen Die EG-Mitgliedsstaaten sind nach Anhang VIII Art. 11 EG-BS verpflichtet, Vereinbarungen zur Übertragung von Versorgungsansprüchen der staatlichen Versorgungseinrichtungen für ehemalige nationale Beschäftigte abzuschließen (das EG-BS ist für diese Staaten wegen der Supranationalität der Rechtsetzungsgewalt als Verordnung des Rats (Nr. 723/2004, ABl. 2004 L 124/1) i. S. des § 249 EGV mit unmittelbarer Geltung in den mitgliedsstaatlichen Rechtsordnungen erlassen worden). Andere I. O. wie etwa die EPO (siehe VGIAO Nrn. 2608, 2527) und der ER, deren BS bzw. PS keine un-

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mittelbare Geltung in den mitgliedsstaatlichen Rechtsordnungen zukommt, sehen in ihren Regelungen lediglich die Möglichkeit des Transfers vor, soweit die nationalen Einrichtungen dies zulassen. Die Weigerung zahlreicher, insbesondere öffentlicher Versorgungseinrichtungen der Vertragsstaaten, zur Übertragung der Anwartschaften führt zu einer erheblichen Ungleichbehandlung der Bediensteten, die allerdings von den int. VerwGerichten nicht verhindert werden kann (VGIAO Nr. 2527). Den I. O. fehlt es jedoch weitgehend an geeigneten Druckmitteln, die Übertragung zu veranlassen. (6) Die Doppelbesteuerung der Pensionen Einen besonderen Problemkomplex bildet die unterschiedliche Besteuerung der Ruhegehälter. In vielen Vertragsstaaten führt das Fehlen einer Freistellung von der nationalen Besteuerung durch entsprechende Regelungen in den Immunitätenprotokollen oder Sitzabkommen zu einer Art (zumindest faktischen) doppelten Besteuerung der Ruhegehälter (bei den Vertragsstaaten untereinander wird das durch Doppelbesteuerungsabkommen weitgehend vermieden, siehe näher oben 1. Teil, 2. Abschn. D.IV.). (7) Maximum und Minimum der Pensionen Die Höchstsätze des Ruhegehalts bei I. O. liegen meist bei 70% der Dienstbezüge, die der letzten Besoldungsgruppe und Dienstaltersstufe vor Eintritt in den Ruhestand (Endgehalt) entsprechen und in die der Bedienstete mindestens ein Jahr eingestuft gewesen sein muss (Art. 77 EG-BS; Anhang V a Art. 10 ER-PS). Für die Höchstversorgung nach dem VN-CS ist nicht das Endgehalt vor Eintritt in den Ruhestand, sondern die Höhe der durchschnittlichen Bezüge, gestaffelt nach Dienstjahren maßgebend (Art. 28 UNJSPF-Statut). Ein bestimmtes Mindestruhegehalt darf nicht unterschritten werden (Art. 77 EG-BS: 4% des Existenzminimums je Dienstjahr, nach Anhang VIII Art. 6 ist dies das Grundgehalt der Besoldungsgruppe 1 Dienstaltersstufe 1; Art. 28 e bis h UNJSPF-Statut: gewisse Mindestsätze ohne Bezug auf eine Gehaltsstufe; Anhang V.a Art. 10 Abs. 3 ER-PS: 4% des Gehalts in der Besoldungsgruppe C1 Dienstaltersstufe 1). (8) Die Zulagen Neben den eigentlichen Ruhebezügen haben die Versorgungsempfänger in der Regel Anspruch auf Zulagen nach dem PS (BS) für aktive Bedienstete. Hierzu zählen insbesondere die Familienzulagen (Art. 81 EG-BS; Art. 54a UNJSPF-Statut; Anhang V.a Art. 28 ER-PS).

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

(9) Die jährliche Anpassung der Pensionen Die Versorgungsbezüge werden in der Regel jährlich angepasst. Dabei bestehen sehr unterschiedliche Anpassungssysteme. Zu beachten sind dabei in jedem Fall die ARGrundsätze für den int. öff. Dienst, insbesondere das Willkürverbot und das Rückwirkungsverbot. Beim ER werden für das vor dem 1.1.2003 rekrutierte Personal nach Anhang V Art. 36 Abs. 1 ER-PS die Versorgungsbezüge an die entsprechende Veränderung der Dienstbezüge nach der Entwicklung der Lebenshaltungskosten automatisch angepasst. Hinsichtlich der Anpassung auf Grund von Veränderungen der Kaufkraft erfordert die Anpassung jeweils einen Beschluss des Rats (Anhang V Art. 36 Abs. 2 ER-PS). Für die ab dem 1.1.2003 ernannten ständigen Bediensteten des ER gelten nach Anhang V a Art. 36 ER-PS neue Anpassungsregelungen, die keine Anpassung auf Grund von Änderungen der Kaufkraft, sondern eine regelmäßige Überprüfung des Unterschieds zwischen der Anpassung der Gehälter und der Versorgungsbezüge vorsehen und ggf. zu einem Beschluss über die Verringerung der Differenz führen können. Die EG passt die Nettoversorgungsbezüge jährlich mit Wirkung zum 1. Juli parallel zur Anpassung der Nettogehälter an. Die Einzelheiten finden sich im Anhang XI zum EG-BS. Die Versorgung bei CERN und ESO wird nach Art. II.1.15 und Anhang C. Pensionsfonds-Statut an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepasst, jedoch unter Berücksichtigung einer 100% Finanzierungsprojektion des Fonds zum 31.12.2033. Zur EPO siehe Art. 33 Abs. 2c) EPÜ. Der UNJSPF enthält selbst keine Regelungen über die Anpassung der Versorgungsleistungen. Es besteht ein besonderes, von der Generalversammlung der VN beschlossenes Anpassungssystem, das zu einer regelmäßigen Überprüfung der Versorgungsbezüge führt. Die Versorgungsbezüge werden dabei grundsätzlich jährlich angepasst. Das Anpassungssystem will die Versorgungsempfänger in allen Wohnsitzstaaten der Welt möglichst von den Schwankungen des Dollarkurses und damit vor Kaufkraftverlusten zur Landeswährung schützen. Auf der Grundlage der Pension bei Eintritt in den Ruhestand werden daher fortlaufende Vergleichsrechnungen über die Entwicklung der Lebenshaltungskosten in den USA und in den Wohnsitzstaaten erstellt. Der Versorgungsempfänger erhält dann den für ihn günstigeren Anpassungsbetrag. Das sehr umfangreiche Anpassungssystem (pension adjustment system) ist in Anhang III zum UNJSPF-Statut enthalten (siehe im UNJSPF Internetportal) Negative Anpassungen der Versorgungsbezüge (dasselbe gilt in der Regel auch für die Gehälter) werden bei I. O. auch ohne ausdrückliche Garantie in den Anpassungsvorschriften durchwegs dadurch vermieden, dass anstelle

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der sofortigen Kürzung eine Verrechnung der Kürzungsbeträge mit einer Erhöhung bei der nächstfolgenden Anpassung der Ruhebezüge erfolgt. bb) Die Finanzierung der Versorgungsleistungen Die Bediensteten I. O. unterliegen mit ihrer Ernennung der Zwangsmitgliedschaft im jeweiligen organisationseigenen Versorgungssystem und sind gleichzeitig von der Mitgliedschaft bei nationalen Versorgungssystem freigestellt (siehe 1. Teil, 2. Abschn. D.VI.). Die Finanzierung der Versorgungsleistungen erfolgt durch Beiträge der Bediensteten und der I. O. durchwegs im Verhältnis : (siehe aber Anhang Va Art. 41 ER-PS für das ab 1.1.2003 rekrutierte Personal: 40% ./. 60%). Die Beiträge der Bediensteten bewegten sich im Zeitraum 2003/2007 etwa zwischen 8 und 10% (EG 1.7.2005 maximal 10,25%; VN 2007: 7,9%; ER 2004: 8,8%; CERN/ESO 2006: 10,29%). Die Beiträge werden in der Regel auf der Basis des Grundgehalts (bei UNJSPF: pensionable remuneration) des Bediensteten berechnet und als Einnahme dem Haushalt (EG) oder dem Pensionsfonds (CERN/ ESO, UNJSPF) zugeführt. • Versicherungsmathematisches Gleichgewicht des Versorgungssystems Jedes Versorgungssystem einer I. O., unabhängig davon, ob es lediglich beitragsfinanziert (Haushalt) oder kapitalgedeckt (Pensionsfonds) oder gemischt (Haushaltssystem mit Pensionsreservefonds) finanziert wird, bedarf der periodischen (EG: alle 5 Jahre, Anhang XII Art. 3 EG-BS; UNJSPF: mindestens alle 3 Jahre; ER: 5 Jahre, Anhang Va Art. 41 ER-PS) versicherungsmathematischen Überprüfung (siehe z. B. Anhang XII Art. 3 bis 14 EG-BS). Vereinfacht dargestellt wird dabei geprüft, ob die Beiträge der Bediensteten und der I. O. ausreichen, um langfristig die garantierten Versorgungsleistungen zu decken. Die Lasten sollen dabei über einen möglichst langen Zeitraum gleichmäßig auf die „Generationen“ der Bediensteten verteilt werden. Wichtigste Parameter bei der versicherungsmathematischen Überprüfung sind dabei die Entwicklung der Alterstruktur der Bediensteten, die allgemeine Lebenserwartung der Pensionäre und die jährliche Anpassung der Versorgungsbezüge. Bei den Versorgungssystemen mit Pensionsfonds oder Pensionsreservefonds ist deren wirtschaftliche Rendite ebenfalls eine entscheidende Bezugsgröße. Neben der Anpassung der Versorgungsbeiträge der Bediensteten und der I. O., um das versicherungsmathematische Gleichgewicht der Fonds (Reservefonds) sicher zu stellen, sind noch verschiedene andere Korrekturmechanismen denkbar. So kann etwa das den Anspruch auf das Ruhegehalt auslösende Lebensalter (nicht zu verwechseln mit dem Ruhestandsalter, in dem der Bedienstete von Amts wegen in den

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Ruhestand zu versetzen ist) erhöht oder der Prozentsatz der jährlich von den aktiven Bediensteten erworbenen Anwartschaften gesenkt werden (so ist etwa bei der EG das den Anspruch auslösende Lebensalter von der Vollendung des 60. auf das vollendete 63. Lebensjahr erhöht worden (Art. 77 Abs. 5 EG-BS), ebenso wurde der Prozentsatz der Pensionsanwartschaften von 2% auf 1,9% gesenkt (Art. 77 Abs. 2 EG-BS) für die Dienstjahre ab dem 63. Lebensjahr wird das Ruhegehalt um 2% erhöht, das Maximum bleibt aber bei 70%, Anhang VIII Art. 5 EG-BS). Auch eine Veränderung der Bezugsbasis des Ruhegehalts ist denkbar. So kann etwa anstelle der zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand zuletzt gezahlten Bezüge (letzte BG, in der der Beamte mindestens ein Jahr war) an Durchschnittswerte gestaffelt nach Dienstjahren angeknüpft werden (vgl. Art. 1 n i. V. mit Art. 28 UNJSPF-Statut). cc) Die Hinterbliebenenversorgung Alle I. O. gewährleisten die Versorgung der Witwen, Witwer, Kinder und der Personen, für die der verstorbene Bedienstete unterhaltspflichtig war. Die Witwen-/Witwerpension beträgt in der Regel 60 v. H. des Ruhegehalts des Bediensteten (Anhang VIII Art. 17 EG-BS, Anhang Va Art. 19 ER-PS). Auf Grund einer Späteheklausel werden die Hinterbliebenenbezüge bei größerem Altersunterschied der Ehegatten gekürzt (Anhang VIII Art. 25 EGBS; Anhang V a Art. 20 ER-PS). Außerdem werden bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen Familienzulagen gewährt. Bei Wiederverheiratung erlischt der Anspruch auf Witwen-/Witwerpension und es wird in der Regel eine Kapitalabfindung bezahlt (Anhang VIII Art. 26 EG-BS: 2-facher Jahresbetrag der Hinterbliebenenpension; Anhang V a Art. 21 ER-PS: 2-facher Jahresbetrag der Hinterbliebenenpension). dd) Die Versorgung bei dauernder Dienstunfähigkeit und Leistungen im Todesfall (1) Die dauernde Voll- und Teilinvalidität Bei den meisten I. O. sind die aktiven Bediensteten gegen dauernde Vollinvalidität abgesichert, die ärztlich (Invaliditätsausschuss, Ärzteausschuss) festgestellt werden muss (Anhang VIII Art. 13 EG-BS – Invalidengeld; Art. 33 UNJSPF-Statut – Disability benefit; Anhang V a Art. 13 ER-PS). Obwohl die Bedingungen für die Gewährung von Leistungen bei Invalidität und die Höhe der Zahlungen von I. O. zu I. O. erheblich abweichen, können sie insgesamt als arbeitnehmergünstig bezeichnet werden. Die Höhe des Ruhe-

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gehalts wegen Dienstunfähigkeit (auch Invalidengeld oder Invalidenzulage genannt; zur Besteuerung siehe oben 1. Teil, 2. Abschn. D.III. und IV.) entspricht vielfach dem Ruhegehalt, das der Bedienstete erhalten hätte, wenn er bis zum Erreichen der Altersgrenze im Dienstverhältnis verblieben wäre (Anhang V.a Art. 14 Abs. 1 ER-PS; Art. 33 c i. V. mit Art. 1 n UNJSPF-Statut). Insbesondere bei einem Unfall im Dienst oder bei Berufskrankheit beträgt das Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit 70% des Grundgehalts und entspricht damit dem Maximalbetrag des zu erreichenden Altersruhegeldes. Bei der EG erhält der Bedienstete bei dauernder Vollinvalidität ein Invalidengeld in Höhe von 70% des letzten Grundgehalts (Art. 78 Abs. 3 EG-BS) zum Zeitpunkt der Feststellung der Invalidität. Er hat davon Beiträge zur Versorgung zu leisten. Bei Dienstunfällen, Berufskrankheiten oder bei einem dienstlich verursachten Todesfall werden vielfach zusätzliche Kapitalbeträge (Leibrenten) bezahlt. Nach der Rechtsprechung des EUGH (vgl. insbesondere EUGH C-257/98 P, EUGH 169/83 und EUGH 136/84) besteht bei Berufsunfällen und Berufskrankheiten ein Anspruch auf vollständige (aber nicht doppelte!) Entschädigung durch die Organisation. Reichen die Leistungen nach dem Statut (Pauschalzahlungen) dazu nicht aus, ist der Schadensersatz „nach allgemeinem Recht“ zu leisten (siehe oben 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.). Vor dem VGIAO (2007) ist zu dieser Frage ein Verfahren anhängig. Besonders umfangreiche Regelungen für die Haftung I. O. bei Krankheit, Invalidität oder Tod des Bediensteten in oder anlässlich der Ausübung seines Dienstes bestehen naturgemäß bei den I. O., in denen zahlreiche Auslandseinsätze und Dienstreisen durchzuführen sind, so insbesondere in den Dienstrechtskreisen der EG und dem VN-CS. Im Dienstrechtskreis der EG wurde auf der Grundlage des Art. 73 Abs. 1 EG-BS eine „Gemeinsame Regelung zur Sicherung der Beamten der EG bei Unfällen und Berufskrankheiten“ erlassen („Gemeinsame Regelung“ vom 18.7.1997 und den Vorschlag der Kommission SEK(2004)414/2 vom 7.4.2004). Diese umfängliche gemeinsame Regelung enthält eine Definition der Berufskrankheit. Hierunter fallen alle Krankheiten, die in der Empfehlung der Kommission vom 19.9.2003 (ABl. L-238 vom 25.9.2003, S. 0028), beigefügten europäischen Liste der Berufskrankheiten enthalten sind. Außerdem gilt nach Art. 3 Abs. 2 als Berufskrankheit auch eine Krankheit oder eine Verschlimmerung einer bereits bestehenden Krankheit, wenn nachgewiesen wird, dass sie in Ausübung oder anlässlich der Ausübung des Dienstes entstanden ist. Ebenso sind nach Art. 2 alle Unfälle (nicht nur berufsbedingte) versichert (Leistungsausschlüsse ergeben sich aus Art. 7). Bei Tod oder dauernder Vollinvalidität zahlt die EG eine Kapitalabfindung

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(5-fache bzw. 8-fache Höhe des jährlichen Grundgehalts) nach Art. 73 Abs. 2a oder b EG-BS. Bei dauernder Teilinvalidität in Folge eines Unfalls (eines Berufsunfalls oder einer Berufskrankheit) wird ein Teilbetrag des Kapitalbetrags bei dauernder Vollinvalidität (Art. 73 Abs. 2b EG-BS) erstattet. Der sehr umfangreiche Anhang A zur „Gemeinsamen Regelung“ enthält eine „indikative Tabelle zur Bewertung der Beeinträchtigung der physischen und psychischen Integrität“ der Bediensteten mit Prozentsätzen der Kapitalentschädigung nach Maßgabe des Grades der körperlichen und seelischen Beeinträchtigung. Nach den Art. 13 und 14 der „Gemeinsamen Regelung“ können zusätzliche Entschädigungen bei nicht-objektivierbaren, aber medizinisch plausiblen starken Schmerzen, Beeinträchtigungen der Ausübung von Freizeittätigkeiten, ästhetischen oder sexuellen Beeinträchtigungen oder Pauschalzuschüsse zur Pflege bezahlt werden. Nach Art. 12 der „Gemeinsamen Regelung“ kann statt der Kapitalentschädigung eine Leibrente gewährt werden. Die zur Finanzierung der sich aus der „Gemeinsamen Regelung“ ergebenden Ansprüche (soweit sie Berufskrankheiten betreffen) erforderlichen Finanzmittel werden allein von der I. O. aufgebracht (Art. 73 Abs. 1 Satz 2 EG-BS). Die Krankheitskosten bei Unfällen oder Berufskrankheiten, die nicht von der normalen Regelung über die Erstattung nach Art. 72 EG-BS gedeckt sind, werden von der Anstellungsbehörde übernommen (Art. 9 der „Gemeinsamen Regelung“). Das bei dauernder Vollinvalidität in Folge einer Berufskrankheit oder eines Unfalls in Ausübung oder bei der Ausübung des Dienstes zu zahlende Invalidengeld beläuft sich – wie sonst auch – auf 70% des letzten Grundgehalts, mindestens aber auf 120% des Existenzminimums (die Beiträge zur Versorgung werden dabei in voller Höhe vom betreffenden Organ der EG aufgebracht; Art. 78 Abs. 5 EG-BS). Die VN haben in Anhang D zum VN-PS Regelungen über die Entschädigungen im Fall von Krankheit, Voll- und Teilinvalidität und Tod bei Dienstausübung erlassen (Rules governing compensation in the event of death, injury or illness attributable to the performance of official duties on behalf of the United Nations). Der Bezug zur dienstlichen Tätigkeit und Ausschlusstatbestände hierzu sind in Art. 4 Anhang D definiert. Die Entschädigungen schließen nach dem Wortlaut weitergehende Ansprüche aus (Art. 3 Anhang D; siehe dazu jedoch die vorstehende Rechtsprechung des EUGH). Die Entschädigungszahlungen sehen überschlägig folgendes vor: Bei berufsbedingter Krankheit erfolgt eine Erstattung der angemessenen Krankheitskosten durch die VN (ohne Inanspruchnahme der eigenen Krankenversicherung oder der VN-Krankenversicherung mit entsprechender Selbstbeteiligung), sowie die weitere Gehaltsfortzahlung bis zur Wiederauf-

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nahme des Dienstes oder bis zur Feststellung der Vollinvalidität (mindestens aber für ein Jahr, vgl. Art. 11.1 b Anhang D). Bei dauernder Vollinvalidität auf Grund eines Berufsunfalls oder einer Berufskrankheit besteht Anspruch auf die Zahlung einer jährlichen Summe von 2/3 der ruhegehaltsfähigen Bezüge und Kinderzuschlag mit Obergrenze (Art. 11 Abs. 1 Anhang D), wobei die Leistungen aus einer Invaliditätspension aus dem UNJSPF (Art. 33 UNJSPF Statut) angerechnet werden (Art. 4 Abs. 1a Anhang D). Bei dauernder Teilinvalidität und dadurch verursachter Versetzung auf einen niedrigeren Dienstposten besteht Anspruch auf Ausgleichsentschädigung (Art. 11.2.c Anhang D). Unabhängig von allen anderen Entschädigungen werden im Falle des dauernden Verlustes oder des Verlustes der Funktionsfähigkeit von Gliedmaßen oder Sinnesorganen bestimmte Kapitalzahlungen fällig. Die Höhe dieser Abfindungen entspricht maximal den zweijährigen ruhegehaltsfähigen Bezügen der Besoldungsgruppe P4 Dienstaltersstufe V (z. B. beim Verlust beider Arme) oder einem prozentualen Anteil davon (Art. 11 Abs. 3 c Anhang D). Im Todesfall erfolgt die Zahlung einer Rente an die Witwe und die Waisen (Art. 10 Abs. 2 Anhang D). Der ER hat in Art. 14 des Anhangs 12 zum PS Sonderregelungen zur Krankenversicherung bei Berufsunfällen und Berufskrankheiten erlassen. Hiernach werden in solchen Fällen stets 100% der Kosten (ohne Selbstbehalt) der medizinischen Behandlung erstattet. Auch gelten Sonderregelungen für die Dauer der Ansprüche auf Gehalt. Die Finanzierung dieser Krankheitskosten erfolgt ausschließlich durch die I. O. (Art. 15 des Anhangs 12 zum PS). Die Höhe der Invaliditätspension bei Berufsunfällen oder Berufskrankheit beträgt unabhängig von der Beschäftigungsdauer 70% des Gehalts (Art. 14 Abs. 2 des Anhangs V zum ER-PS). Anspruch auf eine (nach dem 56. Lebensjahr degressive) Kapitalentschädigung (je nach Grad der Invalidität ein oder zwei Jahresgehälter bzw. zwei oder vier Jahresgehälter bei Anspruch auf Haushaltszulage) besteht bei dauerhafter Vollinvalidität nach Art. 12 Abs. 1 und 2 des Anhangs 12 zum PS. Sie ist unabhängig davon, ob die Invalidität auf einen Berufsunfall oder eine Berufskrankheit beruht. Bei dauerhafter Teilinvalidität von mindestens 33,33% auf Grund eines Unfalls besteht ebenfalls Anspruch auf eine Entschädigung (Art. 12 Abs. 4 Anhang 12 ER-PS). Bei I. O. des heterogenen Dienstrechtskreises bestehen für Vollinvalidität durch Berufsunfälle oder Berufskrankheiten vielfach ähnliche Regelungen, die neben erhöhten Versorgungsleistungen auch zusätzliche Kapitalabfin-

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dungen vorsehen. Bei dauernder Teilinvalidität wird dagegen in der Regel nur verkürzte Arbeitszeit bei voller Bezahlung gewährt.

(2) Die Kapitalabfindung im Todesfall Im Todesfall eines aktiven Bediensteten zahlen einige I. O. neben einem Sterbegeld in Höhe einiger Monatsgehälter die Kosten in Zusammenhang mit dem Todesfall (z. B. Art. 70 EG-BS) und Kapitalabfindungen (Art. 73 Abs. 2a EG-BS: Kapitalbetrag in 5-facher Höhe des jährlichen Grundgehalts unter denselben sonstigen Voraussetzungen wie bei dauernder Vollinvalidität). Begünstigte sind die Erben des Verstorbenen nach Maßgabe des für sie geltenden nationalen Erbrechts. Allerdings gelten hierbei verschiedentlich gewisse Einschränkungen (z. B. Art. 73 Abs. 2a EG-BS: sind weder Ehegatten, Abkömmlinge oder Verwandte in aufsteigender gerader Linie vorhanden, fällt das Kapital an das jeweilige Organ der Gemeinschaft). Ähnliche Ansprüche auf Kapitalabfindung wie im Fall der Vollinvalidität bestehen z. B. auch nach Anhang D, Art. 10 des VN-PS und nach Anhang 12, Art. 13 des ER-PS.

7. Die Verwaltung und Finanzierung der Versorgungssysteme Internationaler Organisationen

a) Einleitung Der in den meisten Gründungsübereinkommen I. O. festgelegte Grundsatz der Allzuständigkeit der Exekutivorgane für die Durchführung der personalrechtlichen Vorschriften umfasst auch die Verwaltung und Finanzierung des Versorgungssystems für die Bediensteten und deren Angehörige. In der Regel enthalten DienstRO die Gesamtheit der Vorschriften für das Versorgungssystem der I. O. Bei einer zunehmenden Zahl I. O. ist die Verwaltung oder Finanzierung des Versorgungssystems ganz oder teilweise in Pensionsfonds oder Pensionsreservefonds von der Personalverwaltung in eine gesonderte Einrichtung (Organ, Annexorgan, Hilfsorgan) der Organisation „ausgelagert“. Diese Versorgungseinrichtungen werden in vielen Fällen ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage im Primärrecht der I. O. errichtet. Nach herrschender Rechtsprechung (Meroni Urteile des EUGH 9/56 und 10/56) ist die Errichtung von zusätzlichen, im Gründungsübereinkommen nicht vorgesehenen Organen einer I. O. nur zulässig, soweit das institutionelle Gleichgewicht der Gewalten der I. O. hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

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b) Die rechtlichen Strukturen der Versorgungssysteme Die Verwaltung und Finanzierung der Versorgungssysteme I. O. lässt sich (vereinfacht) in den folgenden drei Modellen darstellen. Dabei wird (Regelfall) eine durch die I. O. garantierten Absicherung der Pensionsleistungen („leistungsorientiertes Pensionssystem“, siehe oben 2. Teil, 3. Abschn. C.I.6.d)aa)) unterstellt. • Die Verwaltung und Finanzierung des Versorgungssystems wird vom Exekutivorgan der I. O. ohne Pensionsfonds durchgeführt. Bei dieser Lösung, der bisher die EG folgt, wird die Finanzierung durch Einstellung der Finanzbeiträge der Bediensteten und der I. O. in den laufenden Haushalt sichergestellt (Haushaltssystem). Diese Lösung beinhaltet langfristig die Gefahr, durch Veränderungen des Altersaufbaus des Personals der I. O. und Verlängerung der Laufzeiten der Versorgung auf Grund höherer Lebenserwartung, den Haushalt und eine spätere Generation der Bediensteten durch stark ansteigende Beiträge zu überlasten. Dieses Versorgungssystem führt außerdem zu erheblichen Problemen bei einer eventuellen Liquidation der I. O., weil keine Rückstellungen für Versorgungsleistungen (Ruhegehalt, Krankenversicherung) bestehen. Hier stellt sich dann insbesondere die Frage der Durchgriffshaftung auf die Vertragsstaaten (vgl. dazu 2. Teil, 3. Abschn. C.I.7.d)). • Bei I. O. mit Pensionsfonds erfolgt die Verwaltung und/oder Finanzierung über eine aus der Personalverwaltung ausgelagerte selbständig verwaltete Einrichtung (z. B. Pensionsfonds CERN/ESO, der UNJSPF und der Pensionsfonds der Weltbank). Diese Pensionsfonds bezwecken als kapitalgedeckte Fonds eine möglichst vollständige Absicherung aller Versorgungsanwartschaften und Pensionsansprüche. Sie dienen also dazu, auch im Falle der Einstellung von laufenden Beitragszahlungen (etwa im Falle der Liquidation) die Versorgungsleistungen bis zum Tod des letzten Anspruchsberechtigten sicherzustellen. Bei diesen Fonds ist daher die Frage der Durchgriffshaftung auf die Vertragsstaaten (vgl. nachstehend) von geringerer Bedeutung als bei den I. O. mit reinem Beitragssystem. • Einige I. O. verfügen für ihre Versorgungssysteme über ein Mischsystem aus Beitragsfinanzierung (Haushaltssystem) und Kapitaldeckung. Diese Fonds werden als Pensionsreservefonds bezeichnet. Über einen Pensionsreservefonds verfügen die EPO und die meisten Organisationen des Dienstrechtskreises der K. O. Diese Pensionsreservefonds („Pufferfonds“) dienen dazu, auch für die Zukunft exzessive Beitragssätze für das Personal und die I. O. zu vermeiden (Generationengerechtigkeit). In Zeiten noch geringer Versorgungsleistungen (in den Anfangsjahren der I. O.) werden die nicht für Pensionszahlungen benötigten Beitragsleistungen ka-

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pitalisiert. Die Frage der Durchgriffshaftung auf die Vertragsstaaten stellt sich im Falle der Pensionsreservefonds in stärkerem Maße, wenn auch nicht in gleicher Schärfe wie beim reinen Haushaltssystem. • Versicherungsmathematisches Gleichgewicht des Versorgungssystems Bei allen Versorgungssystemen ist die regelmäßige Überprüfung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts des Versorgungssystems, d.h. die langfristige Deckung aller Pensionsanwartschaften und Pensionen durch angemessene Beiträge erforderlich. c) Der Rechtsschutz Der Rechtsschutz für die Anspruchsberechtigten aus dem Versorgungssystem einer I. O. folgt grundsätzlich dem Rechtsschutz für die aktiven Bediensteten (siehe Ullrich, Versorgungssysteme und Pension Schemes). Bei dem CERN/ESO Pensionsfonds erfolgen die Entscheidungen durch den Fondsverwalter im Namen von CERN bzw. ESO. Diese I. O. sind daher auch für Klagen der Anspruchsberechtigten passiv legitimiert (siehe Art. III 1.04 Statut des CERN/ESO Pensionsfonds). Zuständig für Klagen ist wie bei den aktiven Bediensteten dieser I. O. das VGIAO. Den Pensionsreservefonds der EPO und der K. O. wird lediglich eine klar abgegrenzte Investitionskompetenz für die Verwaltung des Sondervermögens übertragen. Die Exekutivkompetenz für die Verwaltung und Finanzierung des Versorgungssystems als solchem verbleibt dagegen uneingeschränkt bei der Verwaltung der I. O. Alle Entscheidungen in dem Bereich der Versorgung erfolgen daher durch die Personalverwaltungen der I. O. selbst und unterliegen demselben Rechtsschutzsystem wie andere Dienstrechtsstreitigkeiten, d.h. zuständig ist im Falle der EPO das VGIAO und im Falle K. O. das eigene int. VerwGericht bzw. der Beschwerdeausschuss der jeweiligen I. O. Beim UNJSPF sind weder die VN noch die 21 anderen Mitgliedsorganisationen des Fonds gegenüber den Anspruchsberechtigten passiv legitimiert. Es handelt sich zwar auch hier um ein internes Organ der VN, die Rechtsbeziehungen sind jedoch so gestaltet, dass der UNJSPF zum Erlass eigenständiger Verwaltungsakte befugt ist. Für den Rechtsschutz der ehemaligen Bediensteten und ihrer Rechtsnachfolger gegen Verwaltungsakte des UNJSPF ist ausschließlich das VGVN zuständig (Art. 48 UNJSPF-Statut und Anhang I Abschnitt K: internes Beschwerdeverfahren und Klage; dies gilt daher auch für alle in Europa ansässigen Mitgliedsorganisationen des

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UNJSPF, deren sonstige dienstrechtliche Streitigkeiten vor dem VGIAO ausgetragen werden). Der Rechtsschutz gegen Entscheidungen des Verwaltungsausschusses des Versorgungsplans und Treuhandfonds der Weltbank wird durch das VGWB gewährleistet (Art. 10.2 des Plans und Art. II VGWB Satzung). Gegen Entscheidungen des Verwalters des EZB-Fonds kann der EUGH (EUGöD) nach den Regeln des BS angerufen werden (Anhang III Art. 2.6 EZB-BS). d) Die Finanzierungsgarantie für die Versorgungssysteme Die Garantie der Sicherheit und des Niveaus der Pensionsleistungen gilt für alle I. O., die über ein leistungsorientiertes Pensionssystem (LOPS, siehe oben 2. Teil, 3. Abschn. C.I.6.d)aa)) verfügen. aa) Während der Existenz der Internationalen Organisation Die Versorgungsansprüche der Bediensteten, ehemaligen Bediensteten und deren Rechtsnachfolger zählen dem Grundsatz nach zu den wohlerworbenen Rechten. Jede Kürzung der Versorgungsansprüche unterliegt daher der Prüfungskompetenz des zuständigen int. VerwGerichts. Eine Verletzung des wohlerworbenen Rechts auf Versorgungsansprüche kann z. B. in der Kürzung der jährlich erworbenen Anwartschaften (Prozentsatz des Ausgangsgehalts, das der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde gelegt wird) oder in der Kürzung oder zu geringen Anpassung der Versorgungsansprüche liegen (zur Frage der Zulässigkeit einer Klage vor Eintritt in den Ruhestand siehe VGIAO Nr. 2204). Die Beachtung der wohlerworbenen Rechte der Bediensteten und ehemaligen Bediensteten an der Versorgungsanwartschaft und den Pensionsansprüchen verpflichtet grundsätzlich den Träger des Versorgungssystems. Die Vertragsstaaten haben letztlich über ihre Finanzbeiträge die Mittel zuzuführen, die zur Sicherstellung der Versorgungsansprüche erforderlich sind. Diese ausdrückliche Garantie der Vertragsstaaten ist in den VO der K. O. und der EPO (jeweils Art. 40 Abs. 2 VO: „Die Mitgliedsstaaten der I. O. gewährleisten die Erbringung dieser Leistungen gemeinsam“) enthalten. Eurocontrol hat im Jahre 1977 eine Durchgriffshaftung der Vertragsstaaten für die Zahlung der Versorgungsbezüge in das PS aufgenommen (Art. 83 Abs. 3). Adressat dieser Garantiezusage der Vertragsstaaten können nur die Bediensteten und ehemaligen Bediensteten dieser I. O. sein. Gegenüber der I. O. selbst wäre eine derartige Erklärung im Sekundärrecht unverständlich, da die Vertragsstaaten zusammen als Plenarorgan Herr des Gründungsüber-

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einkommens und damit bereits im Primärrecht für die allgemeine Finanzierung des Haushalts der I. O. eine Haftungserklärung abgegeben haben (vgl. z. B. Art. 37 EPÜ). Diese Garantieklauseln der Vertragsstaaten für die Leistungen aus der VO stellen eine zusätzliche Garantie für die Bediensteten der betreffenden I. O. dar. In erster Linie haftet die I. O. selbst für die Beachtung der durch die VO gewährleisteten wohlerworbenen Rechte an Versorgungsleistungen. Das VGIAO hat in seinem Urteil Nr. 429 erkennen lassen, dass es grundsätzlich kein wohlerworbenes Recht an der Höhe der Beiträge zur Versorgung annimmt. bb) Nach Auflösung der Internationalen Organisation • Pensionen Im Falle einer Auflösung (Liquidation, Fusion oder Übernahme) der I. O. treffen die zuständigen Plenarorgane in der Regel auch Vorkehrungen zur Sicherstellung der Versorgungsanwartschaften und Versorgungsansprüche der Bediensteten und ehemaligen Bediensteten (bei der Übernahme und Fusion geschieht dies in der Regel durch eine Gesamtrechtsnachfolge, vgl. z. B. die Übernahme des IIB in die EPO im Jahre 1978, Vertrag vom 1.1.1978, siehe dazu Abschnitt 1b des Zentralisierungsprotokolls zum EPÜ, ABl EPA 2001, Sonderausgabe Nr. 4, S. 55. Ebenso die Übernahme des INPADOC in die EPO im Jahre 1990, AT-BGBl. Nr. 671 vom 6.11.1990, S. 4059 ff.). Unabhängig davon werden die bestehenden wohlerworbenen Rechte der Bediensteten auf Versorgungsanwartschaften und Versorgungsansprüche durch die Auflösung der I. O. nicht beseitigt (vgl. z. B. die Urteile des VGIAO Nrn. 365, 368, 369 und 372). Da jedoch gleichzeitig der Rechtsschutz der Bediensteten für dienstrechtliche Streitigkeiten nach dem Primärrecht entfällt (mit der Auflösung der I. O. verliert auch das zuständige VerwGericht seine Rechtsgrundlage bzw. seine Zuständigkeit) können die Bediensteten ihre Ansprüche nicht mehr durchsetzen. Soweit nach der Rechtsordnung der aufgelösten I. O. ausdrücklich Haftungsgarantien der Vertragsstaaten für die Versorgungsansprüche bestanden, sind die Bediensteten und ehemaligen Bediensteten als Begünstigte ohne weiteres zur Rechtsverfolgung vor den nationalen Gerichten legitimiert. Bei Rechtsschutzverweigerung oder zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der nationalen Entscheidungen könnten die Bediensteten ihre Ansprüche gegen die Vertragsstaaten letztlich wohl auch beim EGMR einklagen, da die Versorgungsanwartschaften und Versorgungsrechte zu den sozialen Grundrechten im Sinne der EMRK zu rechnen sind.

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Bei den I. O. ohne eine ausdrückliche Durchgriffshaftung der Vertragsstaaten (dies trifft etwa auf den Pensionsfonds CERN/ESO zu (Art. I3.03 des CERN/ESO Pensionsfonds-Statuts, enthält lediglich eine Garantie der Organisationen CERN und ESO für die Pensionen und Pensionsanwartschaften bis zum Erlöschen des Rechts des letzten Anspruchsberechtigten, nicht jedoch eine ausdrückliche Haftung der Vertragsstaaten; auch der VNJSPF enthält in Art. 26a seines Statuts lediglich eine Zuschusspflicht der anderen Mitgliedsorganisationen des Fonds, nicht jedoch eine Garantie der Mitgliedsstaaten der jeweiligen I. O.), ist die Frage der Durchgriffshaftung gegen die Vertragsstaaten wesentlich schwieriger zu beantworten. Zwar wird die Auffassung der Durchgriffshaftung vertreten (siehe das von CERN in Auftrag gegebenen Gutachten von Conforti, Domenicé, Ress). Es finden sich aber auch beachtliche kritische Hinweise in der Literatur zur Frage der Haftung der Mitgliedsstaaten (siehe Wenckstern, Haftung, S. 113). Die Frage ist mangels gerichtlicher Entscheidung weiterhin zweifelhaft (die Entscheidung der britischen Gerichte im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Internationalen Zinnrats betraf außenstehende Vertragsparteien und nicht organisationsinterne Anspruchsberechtigte mit einer entsprechenden Garantie der Vertragsstaaten, vgl. hierzu Wolfrum, S. 253 f. Conforti, Domenicé, Ress, S. 814). Die Unsicherheit der Rechtslage zeigt auch die Einsetzung einer Arbeitsgruppe über die Pensionsgarantien der Vertragsstaaten für den Fall der Auflösung des CERN (siehe Jahresbericht des CERN Pensionsfonds 2004, S. 5 und 6). • Kranken- und Pflegeversicherung Zwar werden die Pensionssysteme und die sozialen Sicherungssysteme in den DienstRO, den PPI und den Sitzabkommen der I. O. getrennt behandelt. Bei der Auflösung einer I. O. ergeben sich jedoch vergleichbare Haftungsprobleme. Im Falle der Liquidation der I. O. stellt sich ebenfalls das Problem der Durchgriffshaftung auf die Vertragsstaaten hinsichtlich der sozialen Leistungen, wie insbesondere der Erstattung von Krankheitskosten und ggf. der Ansprüche aus einer Pflegeversicherung. Soweit ersichtlich, sind diese Leistungen bei keiner I. O. durch ausdrückliche Garantien der Vertragsstaaten abgesichert. Auch soweit bei einzelnen I. O. Reservefonds für soziale Sicherheit (Pflege, Invalidität) bestehen, dienen diese Einrichtungen nur zur Vermeidung von hohen Beitragssätzen (Pufferfonds) und sind keine kapitalgedeckten Fonds, die das Problem einer Durchgriffshaftung auf die Vertragsstaaten vermeiden könnten. Bei dem CERN/ESO-Pensionsfonds überprüft eine Arbeitsgruppe die Absicherung der Krankenversicherung für Pensionäre im Falle der Auflösung

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der I. O. (siehe Annual Report 2005, S. 7). Diese Kosten sind durch den kapitalisierten CERN/ESO-Fonds nicht abgedeckt. Eine ausdrückliche Garantie der Vertragsstaaten (Durchgriffshaftung) für die Krankheitsversorgung besteht ebensowenig wie für die Pensionsansprüche. Auch die anderen I. O. verfügen – soweit bekannt – über keine Absicherung des organisationseigenen Krankenversicherungssystems durch einen Fonds oder Reservefonds, der im Falle der Auflösung der I. O. die Bediensteten zumindest übergangsweise absichern würde. e) Die rechtliche Stellung der Pensions(reserve)fonds Alle Pensions- und Pensionsreservefonds I. O. stellen organisationsinterne Einrichtungen (Organe, Unterorgane, Annexorgane) und daher einen integralen Bestandteil der jeweiligen I. O. dar. Eine „Ausgliederung“ des Fonds als eigenständiges Völkerrechtssubjekt existiert nicht. Die Rechtsgrundlage für ihre Errichtung findet sich zum Teil in den Gründungsübereinkommen (UNJSPF: Art. 22 VN-Charta; EPO-RFPSS: Art. 38 b EPÜ), zum Teil im Sekundärrecht (ER-Reservefonds: Appendix zu Appendix V des PS; EZB-Pensionsfonds: Anhang III Teil 4 des PS). Letztlich ergibt sich eine Errichtungskompetenz, auch ohne ausdrücklich normierte Ermächtigung, aus dem Selbstorganisationsrecht und der Personalhoheit jeder I. O. (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 0921 ff., 1522 ff. und Ullrich, Versorgungssysteme, S. 226 f.). Die Tätigkeit der Fonds ist für die Erfüllung der Aufgaben einer I. O. erforderlich, da sie sowohl der Absicherung der haushaltsmäßigen Verpflichtung der Mitgliedsstaaten für die Zahlung der Versorgungsleistungen als auch einer langfristig ausgeglichenen Finanzierung durch die Beiträge des Personals dient. Damit ist sie als amtliche Tätigkeit i. S. der Protokolle über Privilegien und Immunitäten bzw. Sitzabkommen zu qualifizieren. Die Fonds partizipieren daher von den steuerlichen Privilegien der I. O. und genießen Immunität von der staatlichen Gerichtsbarkeit und Vollstreckung. Diese Rechtsstellung würde bei einer Ausgliederung ohne Schaffung eines eigenen Völkerrechtssubjekts verloren gehen. Unerheblich ist dabei die Rechtsform des Fonds als Untergliederung einer I. O. im innerstaatlichen Recht (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 0328). Pensionsfonds können dabei (auch ohne ausdrückliche rechtliche Grundlage) im staatlichen Bereich wie selbständige juristische Personen auftreten (so etwa der UNJSPF und der CERN/ESO Pensionsfonds). Ihre Handlungen sind jedoch völkerrechtlich als solche der I. O. zu qualifizieren. Auch die Rechtsstellung der Pensionsfonds im Verhältnis zu den Bediensteten und den ehemaligen Bediensteten und Rechtsnachfolgern ändert nichts

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an dieser Rechtslage (so können Entscheidungen des UNJSPF direkt vor dem VGVN angefochten werden, Art. 14 Abs. 2 der Satzung des VGVN und Art. 48 UNJSPF-Statut; dagegen sind Maßnahmen des CERN/ESOPensionsfonds nur als Entscheidungen der jeweiligen I. O. anfechtbar, Art. III 1.04 Statut des CERN/ESO Pensionsfonds). Gemeinsam ist allen Fonds, dass sie zweckgebundene Sondervermögen (siehe z. B. Art. 38 b EPÜ) der jeweiligen I. O. darstellen. Das Eigentum der I. O. am Fondskapital ist Treuhandeigentum. Die I. O. verwaltet den Fonds quasi als Treuhänder (so ausdrücklich Art. 11.1 WB-Versorgungsfonds und Treuhandfonds – Staff retirement plan and trust: „The Bank shall serve as Trustee . . .“ „. . . and shall be held, administered and maintained by the Trustee, in Trust, separately from the Trustee’s other property and assets . . .“). Für die int. Rechnungslegung trägt die strukturelle Trennung der Pensionsfonds vom übrigen Vermögen der I. O. (Treuhandvermögen) in vollem Umfang der Absicherung der Versorgungsverpflichtungen nach den IPSAS (International Public Sector Accounting Standards) Rechnung. Der einschlägige Standard ist noch im Entwurfsstadium (E 31) und wird erst 2010 vorliegen. 8. Kurzübersicht größerer Versorgungsfonds Internationaler Organisationen

Zu den großen Pensionsfonds, Pensionsreservefonds und Pensionsplänen I. O. zählen: der Gemeinsame Pensionsfonds für das Personal der VN (United Nations Joint Staff Pension Fund, UNJSPF), der Pensionsplan der Weltbank, der CERN/ESO-Pensionsfonds, der Pensionsreservefonds der EPO, der Pensionsplan der EZB und die Pensionsreservefonds der K. O. Daneben existieren noch zahlreiche kleinere, vielfach auch erst in der Planungs- oder in der Gründungsphase befindliche Versorgungseinrichtungen I. O. Auch die EG prüft die Einrichtung eines Fonds (vgl. die Studie der EG-Kommission zur Einrichtung eines Pensionsfonds, siehe: Reform der Europäischen Kommission im Internet-Verzeichnis; siehe insgesamt zu den Versorgungssystemen für Bedienstete I. O., Ullrich, Versorgungssysteme und Pension Schemes). a) Der Gemeinsame Pensionsfonds für das Personal der Vereinten Nationen (UNJSPF) Der Fonds der VN wurde durch Beschluss der Generalversammlung im Jahre 1949 als Nebenorgan i. S. des Art. 7 Abs. 2 und Art. 22 der VNCharta errichtet. Es handelt sich um einen Kapitalfonds, der auch für die

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Durchführung der in das Statut des Fonds integrierten VO zuständig ist. In der Literatur wird er häufig als das komplexeste int. Pensionssystem der Welt bezeichnet (UNJSPF Second Management Charter, 2005-2007; Szasz, The Complexification of the United Nations System, in: Max-Planck UNYB 3 (1999), S. 45 ff.; siehe auch schon Busch, S. 191). Die Struktur des Fonds ist im Statut vom 1.1.2001 festgelegt, das auch über das Internet (siehe Internetadressen) zugänglich ist. Der Fonds wird durch ein gemeinsames Komitee für Personalpensionen (joint staff pension board, Art. 5 Statut: je 4 Mitglieder werden von der Generalversammlung, dem Generalsekretär und den aktiven Bediensteten ernannt) und den Ausschüssen für Personalpensionen jeder Mitgliedsorganisation des Fonds sowie den Sekretariaten des Komitees und der Ausschüsse verwaltet (staff pension committees, Art. 6 Statut, secretariat of the staff pension board; Art. 7, secretariat of the staff pension committees). Das gemeinsame Komitee für Personalpensionen ist das oberste Organ des Fonds. Es tagt wenigstens einmal alle zwei Jahre (Statut Anhang II Abschnitt A). Zwischen den Tagungen handelt an seiner Stelle der Ständige Ausschuss (standing committee, Statut Art. 4c und Anhang II Abschnitt B). Der Verwalter des Fonds (Chief Executive Officer, Art. 7c Statut) ist auch für die Versorgungszahlungen zuständig. Er wird vom Generalsekretär der VN ernannt und zählt ebenso wie die anderen Bediensteten des Fonds zu den Bediensteten der VN. Das Fondsvermögen (31.12.2006: über 36 Mrd. US-Dollar) wird als zweckgebundenes Sondervermögen der VN vom Fonds treuhänderisch verwaltet. Neben den VN hat der Fonds (2007) 21 weitere Mitgliedsorganisationen, dies sind: die Internationale Fernmelde-Union (ITU), die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die Internationale Zivilluftfahrtsorganisation (ICAO), die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), die Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO), die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Weltorganisation für Meteorologie (WMO), die Internationale Seeschiffahrts-Organisation (IMO), die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), die Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO), der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), die Organisation der VN für die industrielle Entwicklung (UNIDO), die Welttourismusorganisation (UNWTO), die Internationale Studienzentrale für die Erhaltung und Restaurierung von Kulturgut (ICCROM), die Pflanzenschutz-Organisation für Europa und den Mittelmeerraum (EPPO), das Internationale Zentrum für Gen-Engineering und Biotechnologie (ICGEB), der Internationale Seegerichtshof (ISGH), die Internationale Meeresbodenbehörde (IBM), der Internationale Strafgerichtshof (ISTGH), die Interparlamentarische Union (IPO) und die Internationale Organisation für Migration (IOM). Ende 2006 umfasste der Fonds ca. 93.000 Versicherte sowie 57.000 Leistungsempfänger. Der Fonds besitzt weder Völkerrechts-

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persönlichkeit, noch ist er ein von der Generalversammlung ausdrücklich mit innerstaatlicher Rechts- und Geschäftsfähigkeit ausgestattetes Nebenorgan der VN (zur Frage der Organisationsgewalt zur Gründung von Nebenorganen vgl. Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 0921). Der Fonds tritt aber im innerstaatlichen Rechtsverkehr weitgehend so auf (zum Verhältnis der Völkerrechtspersönlichkeit zur innerstaatlichen Rechts- und Geschäftsfähigkeit vgl. Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 0327 ff., Grabitz/Hilf, Art. 162, Rdn. 42 ff.). b) Der Pensionsplan und Treuhandfonds der Weltbank Gruppe Der Pensionsplan und Treuhandfonds (staff retirement plan and trust) der Weltbank Gruppe umfasst auch das Personal der Internationalen Finanz-Coperation und die Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur. Der Plan umfasst einen Kapitalfonds und regelt die Durchführung der in dem Plan integrierten VO für die Bediensteten. Art. 11 der Satzung regelt u. a. die rechtliche Stellung des Treuhandfonds (trust fund). Es handelt sich um ein zweckgebundenes Sondervermögen der Weltbankgruppe. Sie steht in ihrem Eigentum und wird von ihr als Treuhänder (trustee) für das interne Organ „Personal-Pensions-Plan“ (staff retirement plan) verwaltet. Vor der Revision der Satzung zum 1.11.2001 bestand diese Treuhandregelung bereits de facto und wurde dann auf eine normative Grundlage gestellt (Jahresbericht 2006, Anhang 3 A.1; siehe das Weltbank Internetportal). Das Pensionssystem der Weltbank Gruppe besteht, ähnlich wie das der EZB und anderer int. Finanzorganisationen, aus zwei Komponenten. Es ist im Kern ein leistungsorientiertes Pensionssystem (LOPS, Benefit Defined Pension Scheme BDPS, siehe oben 6.d) aa)) mit Sicherheitsgarantien der I. O. und beitragsorientierten Elementen, deren Risikoentwicklung in der Sphäre des Bediensteten liegt. Die Gesamtpension ist auf 73% des höchsten durchschnittlichen Bruttogehalts begrenzt. Die Organe des Pensionsplans sind der Verwaltungsausschuss (Administrative Committee), der Finanzausschuss (Finance Committee) und der Fondsverwalter (Staff Retirement Plan Administrator; Art. 10 der Satzung). Das Fondsvermögen betrug (2007) ca. 13 Mrd. US-Dollar. Im Jahre 2007 nahmen etwa 13.000 Bedienstete an dem Fonds teil, die Zahl der Leistungsempfänger lag bei etwa 7.000. Der Pensionsfonds ist ein internes Organ der Bank. Er besitzt weder Völkerrechtspersönlichkeit noch innerstaatliche Rechts- und Geschäftsfähigkeit. Er tritt allerdings im Rechtsverkehr weitgehend so auf.

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c) Der CERN/ESO-Pensionsfonds Der 1955 durch den Rat des CERN als Nebenorgan geschaffene Kapitalfonds dient auf Grund von Kooperationsabkommen (1.7.1968 und 1.7.1983) auch der Absicherung der Pensionen ehemaliger Bediensteter der ESO. Er ist auch für die Durchführung der in das Statut des Pensionsfonds integrierten VO für die Bediensteten zuständig. Das Statut ist im Internet veröffentlicht (siehe Internetadressen). Wichtigste Organe sind der Rat (Governing Board) und der seiner Kontrolle unterliegende Fondsverwalter (Administrator; Art. I.2.03 ff. Statut). Das zweckgebundene Sondervermögen (Treuhandvermögen) des Fonds, das einen integralen Bestandteil des CERN-Vermögens darstellt (Art. I.2.01 und 02) betrug zum 31.12.2005 über 4 Mrd. SFR). Im Jahre 2005 nahmen über 3.900 Bedienstete von CERN und ESO an dem Fonds teil, die Zahl der Leistungsempfänger lag bei ca. 3.000 Personen. Der Pensionsfonds besitzt weder Völkerrechtspersönlichkeit noch ist ihm innerstaatliche Rechts- und Geschäftsfähigkeit ausdrücklich verliehen. Er wird aber im Namen des CERN in vollem Umfang rechtsgeschäftlich tätig. d) Der EPO-Pensionsreservefonds Das im Jahre 1983 zunächst in der Form einer Haushaltsrücklage eingerichtete Sondervermögen der EPO wurde zum 1.1.1992 als Pensionsreservefonds und Nebenorgan der EPO errichtet und 2001 um einen Reservefonds für die Pflegeversicherung erweitert (Ullrich, Versorgungssysteme und Pension Schemes; VGIAO Nrn. 2671, 2448, 2341). Der Reservefonds ist ein zweckgebundenes Sondervermögen der EPO (Fondsvermögen 2006: ca. 3 Mrd. EUR), das zur Sicherung ihres Versorgungssystems durch die Bildung angemessener Rücklagen dient (Art. 38 b EPÜ). Der Fonds flankiert das beitragsfinanzierte Versorgungssystem (Haushaltssystem) der EPO durch den Aufbau eines Kapitalstocks zur langfristigen Vermeidung von Beitragsspitzen (Stichwort: Generationengerechtigkeit). Der Reservefonds wird durch Überschüsse aus dem Haushalt der EPO gespeist, die nach Abzug der laufenden Pensionszahlungen von den Beiträgen der Bediensteten und der I. O. verbleiben. Die Befugnisse der Fondsverwaltung sind auf die sichere und rentable Anlage des Fondsvermögens beschränkt. Die Überwachung des Versorgungssystems und die Anwendung der Versorgungsordnung erfolgt ausschließlich durch die Personalverwaltung des Europäischen Patentamts als Exekutivorgan der EPO. Der Fonds hat daher weder Mitglieder noch Leistungsempfänger. Diese Kompetenzregelung gilt auch für die regelmäßige Prüfung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts des Reservefonds. Die Verwaltung des Reservefonds liegt beim Aufsichtsrat,

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bei dem neben zwei Mitgliedern des Verwaltungsrats und des EPA auch zwei Vertreter des Personals mitbestimmen. Der Vorsitzende wird vom Verwaltungsrat ernannt. Der Aufsichtsrat kontrolliert den Fondsverwalter. Da die Verwaltung des Reservefonds keine Entscheidungskompetenz gegenüber den Bediensteten oder ehemaligen Bediensteten besitzt, kann er auch keine anfechtbaren Verwaltungsakte erlassen (siehe näher Ullrich, Versorgungssysteme und Pension Schemes). e) Der Pensionsplan und Pensionsfonds der EZB Der Pensionsfonds der EZB vom 9.6.1998 (Fassung vom 1.7.2005) ist noch im Anfangsstadium. Er stellt einen zweckgebundenen Kapitalfonds dar, der im Eigentum der EZB steht und von dieser treuhänderisch, getrennt von ihrem sonstigen Vermögen, verwaltet wird (Anhang III Art. 4.1 PS). Der Plan enthält zugleich die Versorgungsordnung für die Bediensteten der EZB. Der Plan wird von einem Verwalter geleitet (Anhang III Art. 2.1), der von einem Überwachungsausschuss (Anhang III Art. 2.2) kontrolliert wird. Der EZB-Fonds sieht als Besonderheit neben fixen auch flexible Beitragsleistungen der Bediensteten vor. Das sogenannte Grundleistungskonto, d.h. die Beiträge der EZB, werden (2005) mit 16,5% des Grundgehalts von der EZB garantiert (Anhang III Art. 6.1, 6.2). Insoweit handelt es sich um ein leistungsorientiertes Pensionssystem (LOPS, siehe oben 6.d) aa)). Daneben können die Bediensteten von der 1/3/2/3-Finanzierung (8,25% Beitrag der Bediensteten, 16,5% Beitrag der EZB) abweichen, und ihren eigenen Beitragssatz flexibel zwischen 4,5% und 16,5% (2005) wählen (Flexibles Leistungskonto – Anhang III Art. 6.4 i. V. mit den vom Verwalter festgelegten Durchführungsregelungen zum Anhang III). Der Bedienstete hat dabei die Wahl zwischen fünf verschieden gewichteten Anlageformen in Aktien, Darlehen und Barmitteln. Der Bedienstete trägt das Risiko des von ihm gewählten Portfolios. Insoweit handelt es sich um eine beitragsorientierte Komponente des Pensionssystems (siehe oben 2. Teil, 3. Abschn. C.I.6.d)aa)). Für Klagen der Bediensteten gegen die Entscheidungen des Fondsverwalters gelten die allgemeinen Zuständigkeiten des EUGH (EUGöD, EUG) in dienstrechtlichen Streitigkeiten (Anhang III Art. 2.6). f) Die Pensions- und Pensionsreservefonds der Koordinierten Organisationen Noch bis in die 90er Jahre sahen die K. O. keine Veranlassung zu Pensionsrückstellungen in Form von Pensionsfonds oder Pensionsreservefonds. Die Versorgungsleistungen an die relativ geringe Zahl der Pensionisten

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konnten aus den laufenden Versorgungsbeiträgen der aktiven Bediensteten und der Organisationen finanziert werden. In den Folgejahren entschieden sich die Leitungsgremien der I. O. dann jedoch nach und nach zur Errichtung von Pensionsfonds oder Pensionsreservefonds („Pufferfonds“), um eine drohende Überbelastung der Haushalte mit späteren Versorgungsleistungen abzuwenden: ESA: 1995, ER: 2003 Pensionsreservefonds (das Statut des Fonds ist als Anhang zu Anhang V bzw. V.a des ER-PS über das Internet zugänglich, siehe Internet-Verzeichnis); OECD: 2000 Pensionsreservefonds; EZMW: 2003 Zwangsanschluss der Bediensteten an einen voll kapitalisierten Pensionsfonds; WEU: wegen weitgehender Einstellung der operativen Tätigkeit, Verzicht auf die Errichtung eines Pensionsfonds; NATO: siehe nachstehend. Die Fonds stellen zweckgebundene Sondervermögen (Treuhandvermögen) der jeweiligen I. O. dar. Sie dienen ausschließlich der Sicherung der Pensionsverpflichtungen (Garantien) der Mitgliedsstaaten (siehe Anhang V.a Art. 40 Abs. 2 ER-PS). Die Fonds werden entweder von der Gemeinsamen Pensionsverwaltung der Sektion der K. O. (JPAS) oder von den I. O. selbst, oder durch externe Experten verwaltet. Eine Sonderstellung nimmt das Pensionssystem der NATO ein. Es besteht seit 1.7.2005 für neu bei der NATO rekrutierte Bedienstete, die vorher auch nicht bei den K. O. beschäftigt waren. Es handelt sich (bei I. O. bisher ohne Beispiel) um ein rein beitragsorientiertes Pensionssystem (BOPS, Defined Contribution Pension Scheme, DCPS, siehe näher oben 2. Teil, 3. Abschn. C.I.6.d)aa)). Die Garantie für Sicherheit und Niveau der Pensionen ist von der I. O. auf den einzelnen Bediensteten verlagert worden. Die NATO erbringt feste Beiträge von z. Zt. 12%, der Bedienstete kann 8% bis 10% Beiträge leisten und zwischen Anlageformen mit unterschiedlichen Risiken wählen. Die Anlagen werden extern verwaltet und bei Fälligkeit der Pension an die NATO zurückübertragen. Bis zu 25% des Pensionskapitals kann auf Wunsch als Pauschalsumme ausbezahlt werden. Die Maximalpension ist auf 70% des Endgehalts beschränkt.

9. Sonstige Rechte

a) Die Urlaubsansprüche aa) Allgemeines Neben den Urlaubsansprüchen im Rahmen der sozialen Sicherungssysteme (Krankheits-, Mutterschafts-, Eltern- und Adoptionsurlaub, Urlaub aus familiären Gründen und Dienstbefreiung), die darstellungssystematisch dort

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abgehandelt werden, haben int. Bedienstete Anspruch auf Jahresurlaub, Urlaub aus persönlichen Gründen, Heimaturlaub und kommen in den Genuss von Dienstbefreiung an Feiertagen. Inhalt und Umfang dieser Ansprüche variieren zwischen den Dienstrechtskreisen erheblich. bb) Der Jahresurlaub Die meisten I. O. gewähren einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen (Art. 57 EG-BS: Spielraum bei der Festlegung durch die einzelnen Organe zwischen 24 und 30 Arbeitstagen pro Jahr; Regel 105.1a VN-PS: 6 Wochen pro Jahr; Art. 45 Abs. 1 ER-PS: mindestens 2,5 Arbeitstage pro Monat). Das Lebens- bzw. Dienstalter spielt für die Länge des Jahresurlaubs durchwegs keine Rolle. Der Jahresurlaub ist Erholungsurlaub. Er dient der individuellen Lebensplanung und der körperlichen und geistigen Regeneration. Er fließt letztlich aus der allgemeinen Fürsorgepflicht. Im Gegensatz zu den meisten I. O. entsteht bei den VN der Urlaubsanspruch erst nach Ableistung der entsprechenden Dienstzeit. Nur im Ausnahmefall können bis zu 2 Wochen Jahresurlaub kreditiert werden (Regel 105.1e VN-PS). Der Jahresurlaub kann zusammenhängend oder in Abschnitten (Regel 105.1b VN-PS, auch halbtags) genommen werden. Bei der EG muss der Jahresurlaub jedoch zum Zwecke der besseren Regeneration mindestens einen Zeitabschnitt von zwei aufeinander folgenden Wochen umfassen (Anhang V Art. 2 EG-BS). Bei einer durch Attest nachgewiesenen Erkrankung während des Jahresurlaubs wird dieser um die Tage der Dienstunfähigkeit verlängert. Die Übertragung des nicht verbrauchten Jahresurlaubs auf das folgende Urlaubsjahr ist zum Teil begrenzt, soweit nicht besondere dienstliche Gründe eine Ausnahme rechtfertigen (Anlage V Art. 4 EG-BS: maximum: 12 Urlaubstage; Regel 105.1.c VN-PS: maximum 12 Wochen). Die Höchstgrenzen des zu übertragenden Jahresurlaubs dienen nicht nur der Sorge der I. O. um die Gesundheit der Bediensteten, sie sollen auch verhindern, dass vor dem Eintritt in den Ruhestand größere Urlaubsansprüche angesammelt werden, die zu erheblichen Abgeltungszahlungen führen, die dann nicht (wie bei den meisten I. O. in den meisten Staaten) der nationalen Besteuerung der Pensionszahlungen unterliegen. cc) Der Urlaub aus persönlichen Gründen Bei vielen I. O. haben die Bediensteten die Möglichkeit, aus persönlichen Gründen (z. B. zu Studienzwecken, zu längeren Auslandsaufenthalten oder zur Pflege von Angehörigen) unbezahlten Urlaub zu nehmen. Die Höchstdauer beträgt meistens ein Jahr, kann aber vielfach verlängert werden

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(Art. 40 Abs. 2 EG-BS: höchstens 15 Jahre während der gesamten Laufbahn; Anhang VII Art. 4 Abs. 1 ER-PS: Höchstdauer 6 Jahre während der gesamten Laufbahn). Nach Regel 105.2 VN-PS kann in Sonderfällen bezahlter Urlaub im Interesse der I. O. gewährt werden. Auch bei den anderen I. O. ist aus der allgemeinen Leitungsbefugnis ein entsprechendes Recht des Behördenchefs abzuleiten. dd) Der Heimaturlaub (Reisen zum Herkunftsort) Bedienstete I. O. werden in der Mehrzahl aus anderen Mitgliedsstaaten als dem Land der dienstlichen Verwendung rekrutiert (nach Regel 104.7a VN-PS sog. „internationale Rekrutierungen“). Es liegt dabei im Interesse einer I. O., den internationalen Charakter ihrer Bediensteten auch weiterhin zu bewahren. Die int. VerwGerichte haben daraus einen ARGrundsatz abgeleitet (siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.III.4.). Die I. O. gewähren daher ihren Bediensteten, die Anspruch auf Auslandszulage haben oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates als desjenigen besitzen, in denen ihr Dienstort liegt oder die während des Jahresurlaubs zu ihrem Herkunftsort zurückkehren, besondere Vergünstigungen. Diese können in zusätzlichen Urlaubstagen (Heimaturlaub: Art. 45 Abs. 2 ER-PS: alle zwei Jahre zusätzlichen Urlaub von acht Arbeitstagen), zusätzlichen Reisetagen (Anhang V Art. 7 EG-BS) und in der Erstattung der Reisekosten zum Herkunftsort oder einer Pauschalvergütung liegen (Anhang VII Art. 8 EG-BS; Art. 42 Abs. 1c ER-PS). Nach dem VN-PS (Regel 105.3a) werden trotz der Bezeichnung „Heimaturlaub“ (home leave) lediglich einmal jährlich die Reisekosten erstattet. Eine zusätzliche Arbeitsbefreiung wird nicht gewährt. Soweit bei der I. O. der Anspruch auf Heimaturlaub (in Form von Urlaubs- oder Reisetagen) an den Heimat- oder Herkunftsort anknüpft, wird dieser bei Dienstantritt festgelegt. Er wird unter Berücksichtigung des Orts bestimmt, von dem aus der Bedienstete einberufen wurde oder der den Mittelpunkt seines Lebensinteresses darstellt (Anhang VII Art. 7 Abs. 3 EGBS) oder zu dem er die engsten Bindungen unter Berücksichtigung des Wohnorts seiner Familie, dem Ort an dem er aufgewachsen ist oder an dem er Vermögen besitzt. Nach Regel 105.3 d VN-PS ist für die Bestimmung des Landes, für das Heimaturlaub gewährt wird, grundsätzlich die Staatsangehörigkeit des Bediensteten ausschlaggebend, es gibt jedoch Ausnahmeregelungen. Eine spätere Änderung des Heimat- oder Herkunftsorts ist grundsätzlich möglich. Die Rechtsprechung hatte vielfach Gelegenheit, zur Festlegung und Veränderung des Heimat- oder Herkunftsorts Stellung zu nehmen (siehe nachstehend).

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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ee) Die Feiertage Zwar sind die nationalen Feiertagsregelungen für das interne autonome Dienstrecht an sich ohne rechtliche Bedeutung, aus Rücksicht auf religiöse Empfindungen, nationale Traditionen und auch aus rein praktischen Gründen (Familie, öffentliche Verkehrsmittel) werden jedoch neben den arbeitsfreien Wochenenden von den I. O. in aller Regel die am Dienstort geltenden allgemeinen Feiertagsregelungen übernommen. Bei I. O. mit mehreren Dienstorten wird aus Gründen der Gleichbehandlung vielfach die höhere Zahl von Feiertagen an einem Dienstort durch die Gewährung der entsprechenden Zahl zusätzlicher Urlaubstage an den anderen Dienstorten ausgeglichen. Der Dienststellenleiter ist außerdem allgemein zur Einschränkung des Dienstbetriebs in Sonderfällen (z. B. traditionellen Veranstaltungen am Dienstort) befugt. Im Falle der Erkrankung an einem Feiertag besteht ebensowenig wie bei Erkrankungen am Wochenende Anspruch auf zusätzliche Dienstbefreiung. Rechtsprechung VGIAO Jahresurlaub VGIAO Nr. 2069: Das PS rechtfertigt nicht einen Abzug von Jahresurlaub für die Unterstützung eines Kollegen im internen Beschwerdeverfahren; VGIAO Nr. 1985: Jahresurlaub kann nur für Zeiten geleisteten Dienstes oder diesen statutär gleichgestellten Zeiten beansprucht werden; VGIAO Nr. 1981: Während der Teilnahme an einem Verfahren zur Reduzierung der Dienstposten war der Kläger in unbezahltem Urlaub, er erwarb daher keine Urlaubsansprüche; VGIAO Nr. 959: Verbot gleichzeitiger Beschäftigung bei einer anderen I. O. gilt auch während des Urlaubs; VGIAO Nr. 769: Kein Urlaubsanspruch für die Erkrankung an einem staatlichen Feiertag; VGIAO Nr. 36: Ein Antrag auf Jahresurlaub kann aus dienstlichen Gründen (Ermessen) abgelehnt werden.

Rechtsprechung EUGH Jahresurlaub EUG T-66/91: Ausgleichsentschädigung für nicht genommenen Urlaub bei endgültigem Ausscheiden aus dem Dienst; Beweis des dienstlichen Erfordernisses für nicht genommenen Jahresurlaub; EUGH 271/87: Erkrankung, die nicht zur Invalidisierung reicht, kann vorübergehende Abwesenheit vom Dienst rechtfertigen; EUGH 32-69: Ausgleichsvergütung für nicht genommenen Jahresurlaub bei endgültigem Ausscheiden aus dem Dienst nur, wenn die dienstlichen Erfordernisse den Bediensteten an der Inanspruchnahme des Urlaubs gehindert haben.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Rechtsprechung VGIAO Sonderurlaub VGIAO Nr. 2593: Der Krankheitsurlaub und unbezahlte Sonderurlaub endet mit der allgemeinen Beendigung des Dienstes; VGIAO Nr. 2379: Sonderurlaub bei beruflicher Fortbildung; VGIAO Nr. 2324: Sieht die DienstRO vor, dass der Generaldirektor einen Bediensteten in bezahlten Sonderurlaub versetzen kann, ist der Verwaltungsdirektor hierzu nur mit ausdrücklicher Delegation befugt; VGIAO Nr. 2053: Die DienstRO sieht nicht vor, dass die während eines unbezahlten Urlaubs aus persönlichen Gründen erworbene Berufserfahrung für Zwecke der Beförderungswürdigkeit angerechnet wird; VGIAO Nr. 1855: Die Gewährung von Sonderurlaub zur Teilnahme an einem Trainingskurs kann aus dienstlichen Gründen verweigert werden; VGIAO Nr. 1706: Während eines nach vereinbarter vorzeitiger Vertragsbeendigung gewährten Sonderurlaubs gelten für die Bediensteten weiterhin die bevorzugten Regelungen für die interne Bewerbung bei Ernennung und Beförderung auf Grund eines Ausschreibungsverfahrens; VGIAO Nr. 1363: Bedienstete im Urlaub, aus welchen Gründen auch immer, unterliegen weiterhin der allgemeinen Dienstpflicht mit Ausnahme der Arbeitsleistung; VGIAO Nr. 991: Die Beschränkung der Gewährung eines Bonus an Bedienstete im aktiven Dienst beruht auf objektiven Gründen und kann daher Bediensteten im unbezahlten Sonderurlaub (nicht aktiver Dienst) versagt werden; VGIAO Nr. 481: Berechnung der Gehaltskürzung für einen nicht genehmigten Urlaub von zwei Dienststunden.

Rechtsprechung EUGH Sonderurlaub EUGH C-284/98 P: Wiederverwendung nach Urlaub aus persönlichen Gründen hängt nach Art. 40 Abs. 4d BS nur vom Vorhandensein einer Planstelle ab, für die der Bedienstete die erforderliche Eignung besitzt; EUG T-48/90: Pflicht zur systematischen Prüfung der Eignung eines Bediensteten auf Wiederverwendung nach Urlaub aus persönlichen Gründen; EUGH 267/85: Überprüfung der erforderlichen Eignung für einen Dienstposten zur Wiederverwendung nach Urlaub aus persönlichen Gründen; EUGH 785/79: Konsequenzen der rechtswidrigen Unterlassung des Anbietens eines Dienstpostens nach Ende des Urlaubs aus persönlichen Gründen; EUGH 108/79: Die aufeinanderfolgende Ablehnung von Planstellen nach Ende des Urlaubs aus persönlichen Gründen kann im Rahmen der Entlassungsverfügung auf etwaige Rechtswidrigkeiten hin überprüft werden; EUGH 58/75: Konsequenzen der rechtswidrigen Unterlassung einer Wiedereinweisung eines Bediensteten nach Ablauf des Urlaubs aus persönlichen Gründen.

Rechtsprechung VGIAO Heimaturlaub VGIAO Nr. 2389: Heimaturlaub wird im Interesse der I. O. gewährt. Der Bedienstete soll zum Heimatland seine Beziehung aufrechterhalten. Heimatland ist dabei

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nicht notwendigerweise das Land, dessen Staatsangehörigkeit der Bedienstete besitzt, sondern das Land, zu dem er die engsten persönlichen und materiellen Bindungen hat; VGIAO Nr. 1472: Die Festlegung des Heimatorts ist eine Ermessenentscheidung. Auch wenn der Heimatort in der Regel im Geburtsland liegt, ist dies keine absolute und unabänderbare Regelung; VGIAO Nr. 1364 (Nr. 1324): Es verstößt gegen den Gleichheitssatz, wenn ein rekrutierter Bediensteter mit doppelter Nationalität automatisch den Heimatort in dem Land zugesprochen erhält, zu dem er die engsten Bindungen unterhält und dies bei gleichen Umständen einem Bediensteten, der um Revision des Heimatorts ersucht, versagt wird; VGIAO Nr. 1217: Die Revision des Heimatorts ist eine Ermessensentscheidung. Sie muss rechtzeitig beantragt werden. Sie dient der Aufrechterhaltung der Beziehungen zum Heimatland und nicht der Vorbereitung der Pensionierung; VGIAO Nr. 937: Entlassung wegen falscher Angaben über die Durchführung eines Heimaturlaubs und Zahlung der Reisekosten; VGIAO Nr. 525: Der Begriff „Heimat“ darf nicht zu eng interpretiert werden. Der Heimatort als Ort der engsten Bindungen wird zwar normalerweise, aber nicht immer, durch die Geburt, die Nationalität oder den früheren Wohnsitz bestimmt; VGIAO Nr. 441: Anspruch auf Reisekosten zum Heimatort als wohlerworbenes Recht; VGIAO Nr. 371: Die Reisekosten zum Heimatort sind grundsätzlich ein wohlerworbenes Recht, nicht jedoch deren Höhe und die Berechtigungsmodalitäten; VGIAO Nr. 271: Die Erstattung nur eines Teils der Reisekosten zum Heimatort ohne Festlegung eines bestimmten Prozentsatzes ist unzulässig; VGIAO Nr. 270: Keine Erstattung der Reisekosten für Familienmitglieder, die am Heimatort leben.

Rechtsprechung EUGH Heimaturlaub EUG T-134/96: Kein wohlerworbenes Recht an der Beibehaltung einer bestimmten Zahl von Reisetagen zum Herkunftsort; EUG T-28/98: Der Herkunftsort und der Ort der Rekrutierung sind nicht notwendigerweise identisch; EUG T-44/89: Der Herkunftsort als Ort des Mittelpunkts der Lebensinteressen hängt von einer dauerhaften Beziehung ab, die der Bedienstete auf Grund seiner wichtigsten familiären Bindungen, seiner eigentumsrechtlichen Bindungen oder seiner wesentlichen aktiven und passiven bürgerlichen Interessen zu einem bestimmten Ort unterhält; EUGH 144/84: Bei der Bestimmung des Mittelpunkts der Lebensinteressen zur Festlegung des Herkunftsorts darf der Ort, an dem die Eheleute ihren Wohnsitz vor dem Dienstantritt gegründet hatten, nicht unberücksichtigt bleiben (auch im Grundbuch eingetragene dingliche Rechte können berücksichtigt werden).

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

Rechtsprechung VGIAO Feiertage VGIAO Nr. 2250 (Nr. 517, Nr. 306): Wenn der letzte Tag der 90-Tage-Frist nach Zugang der angefochtenen Entscheidung ein Feiertag ist, erstreckt sich die Frist zur Einreichung der Klage auf den folgenden Arbeitstag; VGIAO Nr. 699: Einarbeitung von zusätzlichen Feiertagen.

b) Das Recht auf Beistand und Fortbildung Die meisten DienstRO enthalten mehr oder minder detaillierte Regelungen zum Recht der Bediensteten auf Beistand und Fortbildung durch die I. O. Trotz des engen Zusammenhangs mit dem von den int. VerwGerichten entwickelten ARGrundsatz auf Fürsorge und Beistand (siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.2.) fehlt es durchwegs an einer Normierung der Fürsorgepflicht, so dass insoweit die Lückenfüllung durch Bezugnahme auf den ARGrundsatz erfolgen muss. Die Beistandspflicht der I. O. (Art. 24 EG-BS; Art. 1.2.c VN-PS; Art. 40 ER-PS; eingehend dazu: Kalbe, Rdn. 73 ff.) besteht gegen Angriffe von Personen und Einrichtungen außerhalb der I. O. (EUG T-44/93) und von Bediensteten der I. O. (EUG T-136/98, EUG T-39/93, EUG T-553/93, EUG T-5/92) in Form von Drohungen, Beleidigungen, Verleumdungen oder Anschlägen auf die Gesundheit oder das Vermögen, die auf Grund der dienstlichen Tätigkeit (im Gegensatz zur Privatsphäre: EUG T-67/99 Kinderhort, EUGH C-180/87: polizeil. Maßnahme gegen außerdienstl. Verhalten) gegen den Bediensteten oder seine Familie gerichtet sind. Die Beistandspflicht besteht auch zum Schutz pensionierter Bediensteter (EUGH 229/84, EUGH 128/75). Keine Beistandspflicht besteht natürlich gegen Maßnahmen der I. O. selbst (EUG T-95/04, EUG T-67/99). Die Beistandspflicht gebietet ein schnelles und energisches Eingreifen der I. O. (EUG T-136/03, EUG T-183/95). Der Umfang der Beistandspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (Kalbe, Rdn. 77). Die I. O. hat ggf. ein Disziplinarverfahren gegen den beschuldigten Bediensteten zu eröffnen (EUG T-36/93, EUG T-294/94). Erleidet der Bedienstete einen Schaden und kann er von dem Schädiger keinen Ersatz erlangen, hat ihn die I. O. im Wege der Drittschadensliquidation unter Abtretung des Anspruchs gegen den Schädiger schadlos zu stellen. Die meisten I. O. fördern die berufliche Fortbildung ihrer Bediensteten (Art. 24a EG-BS; Regel 101.3b VN-PS; Art. 53 Abs. 1 ER-PS). Sie muss sowohl den Interessen des Bediensteten entsprechen als auch mit der reibungslosen Arbeit seiner Dienststelle vereinbar sein. Zum Teil bestehen feste

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Fortbildungspläne unter Mitarbeit der PV (Art. 53 Abs. 1 ER-PS). Die Fortbildung ist bei der weiteren Karriere zu berücksichtigen (Art. 24a EG-BS). c) Der Schutz der Persönlichkeit, der Würde und des beruflichen Ansehens Teilbereiche dieser Schutzsphäre finden sich vereinzelt im Sekundärrecht I. O. normiert. So verpflichtet Art. 12a EG-BS die Bediensteten, sich jeder Form von Mobbing oder sexueller Belästigung zu enthalten. Ebenso enthält Regel 101.2d VN-PS ein Schikaneverbot, das Verbot sexueller Belästigung und physischen oder verbalen Fehlverhaltens. Aus diesem Verbot leitet sich eine Schutz- und Überwachungspflicht der I. O. ab, die bei Verletzung einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz begründen kann. Einige I. O. haben auch im Tertiärrecht Regelungen zum Schutz der Persönlichkeit erlassen und zum Teil besondere, dem Beschwerdeverfahren vorgelagerte Verfahren vor Ombudspersonen eingeführt. Diese optionalen Verfahren sollen zunächst zu einer möglichst geräuschlosen Aufklärung des Sachverhalts führen, können dann aber in ein Disziplinar- bzw. Beschwerdeverfahren münden. Insgesamt gesehen liegt der Schwerpunkt des Rechtsschutzes in diesem Bereich nach wie vor in dem von den Gerichten entwickelten ARGrundsatz auf Schutz der Persönlichkeit, der Würde und des beruflichen Ansehens. Die int. VerwGerichte haben hierzu eine umfangreiche Kasuistik entwickelt (siehe 2. Teil, 2. Abschn. B.I.). Zur Haftung der I. O. gegenüber dem Bediensteten siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.5. d) Das Recht auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz Das Recht auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz fällt als Teil des internen Dienstrechts unter die autonome Regelungskompetenz einer I. O. und ist vor den int. VerwGerichten als ARGrundsatz anerkannt (siehe 2. Teil, 2. Abschn. B.VIII.). Allerdings stehen sich die internen DienstRO und das nationale Arbeitsrecht (insbes. des Sitzstaates) nicht wie zwei erratische Blöcke gegenüber. Insbesondere in dem Bereich Gesundheits- und Arbeitsschutz besteht ein übergreifendes Interesse an der Einhaltung gewisser nationalstaatlicher Standards, auch von Seiten der I. O. Vielfach ist sogar eine ausdrückliche Pflicht der I. O. zur Zusammenarbeit auf diesem Gebiet in den Immunitätenprotokollen oder Sitzabkommen niedergelegt (siehe 2. Teil, 2. Abschn. B.VIII.). Ausgehend von dem ARGrundsatz auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sowie unter Berücksichtigung der Kooperationspflicht haben I. O. zahlreiche, zumeist terti-

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ärrechtliche Regelungen erlassen und Vereinbarungen mit nationalen Stellen getroffen, um ihren Verpflichtungen auf diesem Gebiet nachzukommen. In vielen DienstRO sind dem Gesundheitsschutz dienende ärztliche Einstellungsuntersuchungen und regelmäßige vorbeugende ärztliche Pflichtuntersuchungen vorgeschrieben (z. B. Art. 33 und Art. 59 Abs. 6 EG-BS). Eine Zwangsuntersuchung auf HIV/AIDS findet durchwegs nicht statt (vgl. näher VN-Dokument: ST/SGB/2003/18: „Policy on HIV/AIDS in the workplace“). Bei den VN besteht eine Pflichtuntersuchung der Bediensteten auf Drogen (VN-Dokument: ST/AI/2003/2: „Testing in the Security and Safety Service at Headquarters for use of illegal drugs and controlled substances“). Viele I. O. verfügen über einen betriebsärztlichen Dienst, der eine mehr oder minder umfangreiche Betreuung der Bediensteten in allen Bereichen des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz gewährleistet (z. B. Bewertung von Arbeitsplatzrisiken, Beratung in ergonomischen Fragen, Hilfe bei der Wiederaufnahme der Arbeit nach längerer Krankheit, Hilfestellung bei der Inanspruchnahme des örtlichen Gesundheitssystems). Hierzu zählt ggf. auch die Überwachung der Einhaltung interner Ergonomie-Richtlinien für die Arbeit an Bildschirmgeräten. Auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit verfügen viele I. O. über spezielle Arbeitssicherheitsausschüsse, die die Einhaltung von Sicherheitsstandards für die technischen Einrichtungen (Klimaanlage, Lifte, Rolltreppen etc) überwachen. Die Wartungsarbeiten werden in der Regel im Auftrag der I. O. von nationalen Fachfirmen durchgeführt. Der Brandschutz erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Brandschutzbehörden. Zur Haftung der I. O. gegenüber den Bediensteten siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.5. e) Die Vorrechte und Befreiungen (Privilegien und Immunitäten) Die den Bediensteten der I. O. zustehenden Vorrechte und Befreiungen sind bereits oben (1. Teil, 2. Abschn. D.) näher dargestellt worden. Die den Bediensteten zustehenden Vorrechte und Befreiungen werden zwar ausschließlich im Interesse der I. O. gewährt, die Bediensteten müssen diese Rechte jedoch selbst geltend machen (VGIAO Nr. 372). Werden die Rechte durch Dritte berührt, hat der Bedienstete die Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung der I. O. (vgl. z. B. Art. 23 EG-BS). Die I. O. hat die Pflicht, den Bediensteten bei der Durchsetzung seiner Rechte zu unterstützen (VGIOA Nrn. 2296, 2032). Tritt ein Schaden beim Bediensteten ein (z. B. weil ein Mitgliedsstaat sich weigert, das Gehalt des

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Bediensteten von der nationalen Einkommenssteuer zu befreien), müsste die I. O. ihn im Wege der Drittschadensliquidation (siehe oben 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.2.) schadlos stellen. f) Der Anspruch auf Schadensersatz Die DienstRO der I. O. enthalten durchwegs keine normierte Anspruchsgrundlage der Bediensteten auf originären Schadensersatz aus dem Dienstverhältnis gegen ihre I. O. Die int. VerwGerichte haben aber einen solchen Schadensersatzanspruch als ARGrundsatz entwickelt und machen in ihrer Rechtsprechung in sehr großem Umfang davon Gebrauch (siehe 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.5.). Eine Reihe von DienstRO enthalten eine normierte Anspruchsgrundlage auf abgeleiteten Schadensersatz gegen die I. O. (z. B. Art. 24 Abs. 2 EGBS). Demnach ersetzt die I. O. dem Bediensteten den Schaden, den er durch einen Dritten auf Grund seines Dienstes erlitten hat (ohne ihn vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeizuführen), wenn er von diesem keinen Schadensersatz erlangen konnte. Der Anspruch des Bediensteten gegen den Dritten kann dann im Wege der Drittschuldliquidation von der I. O. geltend gemacht werden. g) Der Rechtsschutz Die DienstRO aller I. O. enthalten durchgehend detaillierte Regelungen über den Rechtsschutz ihrer Bediensteten durch int. VerwGerichte bei dienstrechtlichen Streitigkeiten. Dieser tritt an die Stelle des Rechtswegs zu den nationalen Gerichten, der wegen der Immunität der I. O. grundsätzlich ausgeschlossen ist. I. O. können (auch) ihren Bediensteten den Rechtsschutz nicht verweigern. Soweit sie den Rechtsweg zu einem int. VerwGericht nicht eröffnen, müssen sie für einen anderweitigen Rechtsschutz (nationaler Rechtsweg, Schiedsverfahren) sorgen. Soweit jedoch die Satzungen int. VerwGerichte dem Mindeststandard an internationaler Verfahrensgerechtigkeit entsprechen, erscheint eine Rechtspflicht zu einem über die Satzung des Gerichts hinausgehenden Rechtsschutz fraglich (vgl. die Empfehlung des VGIAO in Nr. 2657: Kein Rechtsschutz für Stellenbewerber). Wegen des Sachzusammenhangs wird der im Dienstrecht normierte Rechtsschutz im 3. Teil kommentiert, zum ARGrundsatz auf Rechtsschutz siehe 2. Teil, 2. Abschn. B.VII.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

h) Das Recht auf Einsicht in die Personalakte Alle I. O. führen Personalakten, in denen das Dienstverhältnis betreffende Dokumente, z. B. Bewerbungsunterlagen, dienstliche Beurteilungen, Personenstandsangelegenheiten, Disziplinarmaßnahmen etc. registriert werden. Für die Führung der Personalakten, die Aufnahme von Dokumenten und die Inspektion durch den betreffenden Bediensteten bestehen weitgehend übereinstimmende Regelungen. So dürfen grundsätzlich nicht mehrere Personalakten über die gleiche Person geführt werden (Art. 26 EG-BS; Art. 46 Abs. 1 ER-PS), eine gesonderte medizinische Akte wird jedoch zugelassen (Art. 26a EG-BS; Art. 46 Abs. 2 ER-PS), alle aufgenommenen Dokumente müssen dem Bediensteten bekannt sein (Art. 26 EG-BS; Art. 46 Abs. 3 ERPS). Die Personalakte darf keinerlei Angaben zu politischen, weltanschaulichen, religiösen Aktivitäten und Überzeugungen, sowie über Rasse, ethnischen Ursprung oder die sexuelle Ausrichtung enthalten (Art. 26 EG-BS; Art. 46 Abs. 4 ER-PS). Die Personalakte ist vertraulich zu behandeln. Die Personalakte darf vom Bediensteten, den ehemaligen Bediensteten oder seinem Bevollmächtigten jederzeit in den dafür vorgesehenen Amtsräumen eingesehen werden (Art. 26 EG-BS; Art. 46 Abs. 6 ER-PS). Auch die Anfertigung von Kopien ist zulässig (Art. 26 EG-BS). Bestimmte Ausschüsse benötigen im Rahmen ihres Mandats Zugang zu den Personalakten (z. B. Auswahlausschüsse, Disziplinarauschüsse). Vereinzelt bestehen förmliche Zugangsregelungen (Art. 46 Abs. 6 ER-PS). Die Regelungen für Personalakten bei den VN unterscheiden sich in mehrfacher Hinsicht vom Standard bei I. O. Auf Grund der noch immer geltenden Verwaltungsanweisung vom 24.2.1955 (ST/AI/108) bestehen neben der amtlichen Personalakte (official status files) mit allen Unterlagen zur dienstlichen Karriere, die Finanzakten (finance files) mit einem Verzeichnis der Zahlungen an den Bediensteten, die Reiseakten (travel files) mit einer Übersicht der Dienstreisen und die medizinische Akte (medical files). Die vertrauliche Akte (confidential files) wurde 1982 aufgehoben (ST/AI/292). Seitdem besitzt jeder Bedienstete das Recht zur Stellungnahme, bevor ein ihm nachteiliges Dokument in die Personalakte aufgenommen wird. Der Bedienstete hat, von Ausnahmefällen (z. B. wenn er eine Beschwerde erheben will) abgesehen, nur ein Mal pro Jahr Gelegenheit zur Inspektion seiner Personalakten. Bei Verstoß gegen die korrekte Führung der Personalakte kann ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz entstehen (EUG T-73/89).

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i) Der Datenschutz Die I. O. verfügen heute standardmäßig über interne Regelungen zum Schutz der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten ihrer Mitarbeiter. Trotz gewisser Unterschiede im Schutzumfang (z. B. automatisierte, teilweise automatisierte oder manuell verarbeitete Daten) und bei technischen und formellen Details (siehe nachstehend) werden von den zumeist im tertiären Recht normierten internen Datenschutzrichtlinien (regulations, guidelines) mehr oder minder deutlich, die folgenden wesentlichen Grundsätze des Datenschutzes garantiert (in Klammern als Beispiel die betreffenden Artikel der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 vom 18.12.2000 zum Datenschutz): – die Zweckbestimmung der Daten (Art. 4 und 6 EG-VO); – die Informationspflicht bei der Datenerhebung und das Auskunftsrecht des Betroffenen (Art. 11 f. und Art. 13 ff. EG-VO); – die inhaltliche Qualität der Daten (Art. 4 EG-VO); – die Vorabkontrolle der Datenverarbeitung (Art. 25 und 27 EG-BS); – die Sicherheit der Verarbeitung (Art. 22 EG-VO); – die Pflicht zur Richtigstellung und Löschung von Daten (Art. 14 und 16 EG-VO); – Regelungen für die interne und externe Datenübermittlung (Art. 7 ff. EGVO); – die Ernennung von Datenschutzbeauftragten (Art. 24 Abs. 1 und Art. 41 EG-VO); – der Rechtsschutz (Art. 33 EG-VO i. V. mit und Art. 90 ff. EG-BS). Soweit die internen Regelungen Lücken im Datenschutz aufweisen, greifen die int. VerwGerichte auf den ARGrundsatz des Datenschutzes zurück (2. Teil, 2. Abschn. B.I.2.). • Die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 18.12.2000 (ABl. 2001 L 008) zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (DatenSchVO) Unter den Schutz der Verordnung fallen auch die Bediensteten der EG (Präambel Ziffer 7). Sie gilt für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind

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oder gespeichert werden sollen (Art. 3 Abs. 2 der VO). Den EG-Bediensteten steht ein besonderer Beschwerdeweg zum Europäischen Datenschutzbeauftragten bei Verletzung der Bestimmungen der Verordnung offen (Art. 33 der VO). Dieses Beschwerderecht besteht zusätzlich zu einem etwaigen dienstlichen Beschwerdeverfahren nach Art. 90 ff. EG-BS, außerdem ist hierbei keine Verletzung eigener datengeschützter Rechte des Bediensteten erforderlich („Popularbeschwerde“, zu den Einzelheiten siehe Sobotta, Art. 286 EGV). • Die Datenschutzrichtlinie der VN (Resolution 45/95 der Generalversammlung der VN vom 14.12.1990, A/RES/45/95) In ihr sind auch die Minimalgarantien für das interne Recht des Datenschutzes festgelegt. Auf ihrer Grundlage hat der Generalsekretär am 1.12.2004 eine Verwaltungsrichtlinie zur Benutzung von Informationen und kommunikationstechnischen Mitteln und Daten (use of information and communication technology resources and data; Dok ST/SGB/2004/15) erlassen. • Die Datenschutzrichtlinie des Europarats (Regulation outlining a data protection system for personal data files in the Council of Europe) vom 17.4.1989 Die Richtlinie basiert auf der am 1.10.1985 in Kraft getretenen Datenschutzkonvention (Konvention Nr. 108) vom 28.1.1981 und gilt für alle vom Europarat automatisch oder manuell gesammelten, gespeicherten und benutzten Daten von Bediensteten und organisationsfremdem Personen (Art. 1 der Richtlinie). Der Datenschutzbeauftragte wird auch im Rahmen von dienstrechtlichen Beschwerdeverfahren tätig, die datenschutzrelevante Fragen betreffen (Art. 6 des Anhangs der Richtlinie, zu den Einzelheiten siehe Ullrich, Datenschutz und Data Protection). Für die EPO hat der Präsident des Europäischen Patentamts am 1.7.1992 eine Datenschutzrichtlinie (DSchR) erlassen. Ihr Anwendungsbereich ist auf automatisierte Dateien und die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten (Art. 1 DSchR) beschränkt. Der Datenschutzbeauftragte ist im Rahmen dienstlicher Beschwerden bei datenschutzrechtlichen Fragen beteiligt (Art. 19 Abs. 3 DSchR). Am 2.7.1990 trat für die EPO das Sitzabkommen mit der Republik Österreich in Kraft (ÖGBl. 1990/672), dessen Art. 8 enthält eine Verpflichtung der EPO zum Datenschutz organisationsfremder Personen (zu den Einzelheiten siehe Ullrich, Datenschutz und Data Protection).

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j) Sonstige Vergünstigungen Vielfach haben Bedienstete Anspruch auf bestimmte Pauschalsummen für Dienstjubiläen, Feiern zum Jahresabschluss und bei Eintritt in den Ruhestand. Viele I. O. unterstützen die sozialen Einrichtungen des Personals (Sozialwerk, Amicale) durch finanzielle Zuwendungen und subventionieren die betrieblichen Restaurants. Die Benutzung von Mitteln der Telekommunikation der I. O. für private Zwecke (Telefon-Ortsgespräche, e-mail, Internet) wird in einem gewissen Umfang toleriert. 10. Die kollektiven Rechte der Bediensteten

a) Allgemeines Die PV der I. O. haben lediglich einen kollektiven Anspruch auf Konsultation durch die Verwaltung vor dem Erlass dienstrechtlicher Maßnahmen. Im Vergleich zum Anspruch auf Verhandlung oder Mitbestimmung stellt dies die schwächste Form der Mitwirkung dar. Trotzdem erfüllt die Konsultationspflicht, neben dem Anspruch der int. Bediensteten auf Rechtschutzgewährung gegen Entscheidungen ihrer Anstellungsbehörde, eine wichtige Schutzfunktion. In zahlreichen Urteilen hat insbesondere das VGIAO die praktische Bedeutung dieses Mitwirkungsrechts unterstrichen (siehe oben 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.1.). Der Anspruch auf Konsultation wird durch die PV (staff representation), durch Personalversammlungen und Referenden (die meisten davon wiederum durch die PV veranlasst) wahrgenommen. Die PV vertritt das Gesamtpersonal. Ihre Aufgaben und Befugnisse sind im internen Dienstrecht zwar weit gefasst, aber letztlich abschließend festgelegt. Neben den PV bestehen bei allen I. O. eine, vielfach aber auch mehrere, Gewerkschaften (staff union, union syndicale). Vereinzelt existieren auch noch Berufsverbände bzw. Spartengewerkschaften, die vom Personal auf Grund entsprechender dienstrechtlicher Gewährleistungen oder hilfsweise auf Grund des ARGrundsatzes der Koalitionsfreiheit gebildet wurden. Es handelt sich dabei um außerhalb der rechtlich verfassten Struktur der I. O. stehende Vereinigungen, die in erster Linie die Interessen ihrer Mitglieder vertreten und von außen auf die Organisation einwirken. Ihre Aufgaben und Befugnisse regeln sie selbständig im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung und der ARGrundsätze. In der Praxis besteht bei den meisten I. O. Personenidentität zwischen den Funktionären der Gewerkschaften und der PV. Das Fehlen einer materiellen Kompetenz bei der jeweiligen Interessenvertretung wird – zum Leid-

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wesen mancher Verwaltung – einfach durch einen „Kappenwechsel“ der Gewerkschafts- bzw. Personalvertreter korrigiert. Eine gewisse Abweichung von diesem allgemeinen Schema der organisatorischen Trennung von Gewerkschaft und PV findet sich bei den VN und einigen anderen I. O. des VN-CS. Hier besteht eine hybride Struktur der kollektiven Interessenvertretung unter dem Dach einer int. Gewerkschaft. Deren Statut ist dabei so konstruiert, dass es in Übereinstimmung mit dem VN-Statut die darin der PV vorbehaltenen Aufgaben nicht tangiert (nachstehend unter c)). Insbesondere im Dienstrechtskreis der EG und bei einzelnen I. O. des VN-CS bestehen seit langem besondere Vereinbarungen zwischen den I. O. und der (den) int. Gewerkschaft(en) (ggf. auch mit Berufsverbänden), die u. a. über das Konsultationsverfahren bei der PV hinausgehende sog. Dialog-, Verhandlungs- oder Konzertierungsverfahren vorsehen (nachstehend unter c)). Nachfolgend werden die wichtigsten Strukturen und Elemente der kollektiven Mitwirkung der PV nach den PS der großen Dienstrechtskreise und die Vereinbarungen mit den Gewerkschaften und Berufsverbänden erläutert. Die allgemeinen rechtlichen Grundlagen zum kollektiven Dienstrecht sind oben im 2. Teil, 2. Abschn. B.III. dargestellt.

b) Die Personalvertretung Die PS der I. O. enthalten keinen normierten ARGrundsatz auf Konsultation. Das Recht auf kollektive Mitwirkung der PV an den dienstlichen Maßnahmen der Verwaltung ist vielmehr in den Vorschriften zu Konsultationsverfahren und der Beteiligung an Mitwirkungsgremien konkret festgelegt. Vielfach besteht demnach sogar eine über die rein dienstlichen Interessen hinausgehende Konsultationspflicht oder zumindest ein Konsultationsrecht der Anstellungsorganisation in Fragen der allgemeinen Lebensbedingungen der Bediensteten (vgl. Art. 8.1.a VN-PS) oder bei allgemeinen Fragen, die ihm von der Anstellungsbehörde vorgelegt werden (vgl. Art. 38 Abs. 3 EPO-BS; siehe hierzu VGIAO Nr. 2562 mit weiteren Verweisungen). Die DienstRO der I. O. enthalten mehr oder minder detaillierte Rahmenvorschriften für die Struktur der PV (Wahlgrundsätze, Errichtung und Gliederung; vgl. Anhang II Art. 1 EG-BS, Regel 108.1 VN-PS; Anhang 1 ERPS). Innerhalb dieses Rahmens regeln die PV ihre Angelegenheiten auf der Grundlage des ARGrundsatzes der Vereinigungsfreiheit autonom. Dies gilt insbesondere für das Wahlverfahren, die Zahl der Personalvertreter, die interne Struktur der PV, die Geschäftsordnung der PV, die interne Arbeitsver-

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teilung u. ä. Da es sich bei der PV, im Gegensatz zu den Gewerkschaften, um organisationsinterne Einrichtungen handelt, besteht eine allgemeine Überwachungspflicht der I. O. auf Einhaltung der ARGrundsätze, allgemeiner demokratischer Grundsätze des Wahlverfahrens und der in den DienstRO normierten Rahmenregelungen (siehe EUG T-368/94 und EUGH 54/75; a. A. VGIAO Nrn. 78, 274, 2636, der Hinweis des Gerichts, dass die Rechte der Kläger sich vom Statut der PV und nicht von der DienstRO ableiten, überzeugt nicht Die Verantwortung der I. O. für die rechtliche Kontrolle der Ordnungsgemäßheit der Wahlen zur PV leitet sich aus der o. g. Rahmen- und Überwachungskompetenz der I. O. ab). Die Einzelheiten des Wahlverfahrens werden durch die Generalversammlung der Bediensteten festgelegt. Alle Bediensteten (gelegentlich wird eine Mindestdienstzeit gefordert, vgl. z. B. Art. 3 ER-PS: 6 Monate) genießen aktives und passives Wahlrecht. Bei den weitaus meisten I. O. gehören alle Bediensteten automatisch der PV als Mitglied an (zu den wenigen Ausnahmen vgl. Busch, S. 232). Im Gegensatz zur Mitgliedschaft bei den Gewerkschaften besteht durchwegs keine Beitragspflicht. Auch freiwillige Beitragszahlungen sind nur selten zulässig (vgl. aber das hybride Vertretungssystem bei den VN, nachstehend unter c)). Die Amtszeit der Personalvertreter beträgt in der Regel zwischen einem und drei Jahren. Bei I. O. mit mehreren Dienstorten oder Dienststellen werden neben der zentralen PV örtliche Sektionen gebildet. Die Art der kollektiven Mitwirkung des Personals in dienstlichen Angelegenheiten konkretisiert sich zu einem erheblichen Teil in den gemischten (meist paritätisch mit Personal- und Verwaltungsvertretern besetzten) Ausschüssen. Diese haben die Aufgabe, begründete Stellungnahmen oder Entscheidungsvorschläge an den Leiter der Exekutive abzugeben. Dieser ist daran zwar nicht gebunden, muss diese jedoch vor seiner Entscheidung ernsthaft in Betracht ziehen. Neben dieser, in den DienstRO formal und materiell strukturierten kollektiven Personalmitwirkung, verbleibt für die PV ein weites Betätigungsfeld, um durch eine ständige Verbindung zwischen der I. O. und dem Personal zu einer reibungslosen Tätigkeit der I. O. beizutragen (vgl. Art. 9 Abs. 3 EG-BS). Neben formlosen Kontakten zur Leitung der I. O., bestehen idealerweise institutionalisierte Gesprächsformen, um die Meinung des Personals zur Geltung zu bringen und einen Gedankenaustausch in einem sehr frühen Stadium der Willensbildung der Verwaltung zu ermöglichen. Auch mit den Delegierten und dem Vorsitzenden des gesetzgebenden Plenarorgans und seiner nachgeordneten Gremien finden vielfach Informationsgespräche mit den Personalvertretern zu Beginn einer Sitzungsperiode statt. Auch das Lobbying mit einzelnen Delegationen ist ein wichtiges Mittel, um

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

kollektive Personalinteressen zu fördern. Die PV kann ihre Aufgaben aber nur dann erfüllen, wenn sie auch ständigen Kontakt zum Personal unterhält. Hierzu dienen u. a. die Abhaltung von Generalversammlungen, die Durchführung von Umfragen, die zeitnahe Unterrichtung über alle, die Personalinteressen berührende Ereignisse, die Einsetzung von Arbeitsgruppen für bestimmte Problemfelder und ständige Kontaktmöglichkeiten des Personals mit ihren Vertretern über das Intranet. Die Tätigkeit der Mitglieder der PV und der durch die PV in die Ausschüsse bestellten Mitglieder des Personals gilt als Teil ihres Dienstes. Durch die Ausübung dieser Tätigkeit darf ihnen kein Nachteil erwachsen (Anhang II Art. 1 EG-BS; Art. 10 ER-PS). Standardmäßig lassen sich im Rahmen der Konsultation bei den I. O. folgende konkrete Mitwirkungsformen unterscheiden: • Unmittelbare Mitwirkung Die PV unterhält ständige Kontakte zum Personal und zur I. O. über die, die Interessen des Personals berührende Fragen, um eine reibungslose und vertrauensvolle Zusammenarbeit und das frühzeitige Erkennen und Lösen von Problemen zu ermöglichen. Auf Grund der besonderen Machtfülle (Alleinentscheidungsbefugnis) des Leiters einer I. O. hängt der Erfolg dieser Gespräche zum großen Teil von dessen Persönlichkeit und dem Geschick der Gesprächsführung ab. Daneben unterhält die PV auch Kontakte zu anderen Stellen der Verwaltung und zu Mitgliedern der Leitungsebene der I. O. und zum Legislativorgan (Rat, Generalversammlung). • Mitwirkung durch Ernennung von Mitgliedern in die von den PS vorgesehenen Ausschüsse, ggf. auch Vorschläge für die Ernennung des Vorsitzenden dieser Ausschüsse oder Zustimmung zur Ernennung bestimmter einzelner Funktionsträger (z. B. Datenschutzbeauftragter). Nachfolgende Mitwirkungsgremien finden sich üblicherweise bei allen I. O., wobei die Kompetenzen der einzelnen Ausschüsse nicht immer deckungsgleich sind. aa) Ausschüsse für Änderungen des Dienstrechts, für Maßnahmen, die das Personal betreffen und für Fragen allgemeiner Art EG: Art. 10 EG-BS: Statutsbeirat bzw. Art. 9 Abs. 4 EG-BS: Paritätischer Ausschuss; VN: Joint Advisory Committee (IAC) und Staff Management Consultation Committee (SMCC); Regel 108.2a VN-PS; ER: Joint Committee, Anhang I ER-PS; EPO Allgemeiner Beratender Ausschuss und Örtliche Beratende Ausschüsse (Paritätische Ausschüsse) Art. 38 Abs. 1 EPO-BS; siehe z. B. VGIAO Nr. 1978.

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bb) Ausschüsse für Einstellungs- und Beförderungsverfahren EG: Art. 9 Abs. 4 und Anhang III EG-BS: Paritätische Ausschüsse für Auswahlverfahren und Prüfungsausschüsse für Beförderungsverfahren; VN: Regel 104.14: Appointment and Promotion Board; ER: Anhang II ER-PS: Appointments Board bestehend aus Recruitment, Transfer and Promotion Panels. cc) Disziplinarausschüsse EG: Anhang IX EG-BS: Disziplinarräte; VN: Regel 110.5 VN-PS: Joint Disciplinary Committees; ER: Anhang X: Disciplinary Board. dd) Interne Beschwerdeausschüsse VN: Regel 111.1 VN-PS: Joint Appeals Board; ER: Teil VII ER-PS: Advisory Committee on Disputes; EPO: Art. 37 c EPO-BS: Beschwerdeausschüsse, siehe z. B. VGIAO Nr. 1896; das EG-Dienstrecht kennt keine üblichen Beschwerdeausschüsse, sondern nur ein verwaltungsinternes Vorverfahren, in dem die dienstliche Maßnahme nochmals auf ihre Recht- und Zweckmäßigkeit überprüft wird. Je nach Bedarf bestehen bei I. O. zusätzliche gemischte Ausschüsse oder es können solche bei Bedarf ad hoc gebildet werden. So etwa bei der Reform des Dienstrechts in besonders sensiblen Bereichen (z. B. Beurteilungssysteme, Systeme der Leistungsmessung, Datenschutz) oder bei der Normsetzung in neuen Rechtsgebieten (z. B. Ombudsmann-Verfahren, Verfahren bei Mobbing, Schikane und sexuellen Übergriffen). Neben den mit Fragen des Dienstrechts im engeren Sinn befassten gemischten Ausschüssen nehmen Personalvertreter auch an den Ausschüssen teil, die sich mit Fragen der sozialen Einrichtungen (z. B. Kinderkrippen, Schulen, Restaurants, Kioske, Freizeitclubs), des Gesundheitsschutzes (Ergonomie, Bildschirmarbeitsplätze) und der Sicherheit (Zugangskontrollen, Überwachung der technischen Einrichtungen) befassen. An den Tagungen der Plenarorgane der I. O. (Rat, Generalversammlung) und deren Ausschüsse werden Personalvertreter nur dann als Beobachter zugelassen, wenn diese Gremien selbst einen entsprechenden Beschluss auf der Grundlage ihrer Geschäftsordnung gefasst haben. Dies ist heute vielfach der Fall. Die Personalvertreter können dann auch vor dem Legislativorgan die kollektiven Interessen des Personals zur Geltung bringen. Bei einigen I. O. besteht über die dienstliche Mitwirkung in Form der Konsultation hinaus auch punktuell eine Art „unternehmerischer“ Mitwir-

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kung. Dies gilt insbesondere im Bereich der Verwaltung von Mitteln der Pensions- oder Pensionsreservefonds. So besitzen die Mitglieder der PV bzw. des Personals in den Aufsichtsräten der meisten Fonds ein Mitbestimmungsrecht (siehe UNJSPF: Art. 5 UNJSPF Statut; CERN/ESO Pensionsfonds: Art. I 2.05 Statut; Art. 5 EPO-Pensionsreservefonds, siehe Ullrich, Versorgungssysteme und Pension Schemes). Zu den Unterstützungsleistungen durch die I. O. siehe oben in 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.1.c). Zur Klagebefugnis der PV siehe oben in 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.1.d) und unten 3. Teil, 2. Abschn. B.II. c) Die internationalen Gewerkschaften und Berufsverbände Die int. Gewerkschaften und Berufsverbände der Bediensteten I. O. werden unter Berufung auf das in den DienstRO ausdrücklich normierte Koalitionsrecht oder hilfsweise, gestützt auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit (2. Teil, 2. Abschn. B.III.2.), durch das Personal selbst gebildet. Neben den Gewerkschaften führen die Berufsverbände und Spartengewerkschaften, die nur die kollektiven Interessen einzelner Berufsgruppen der Bediensteten vertreten, eine äußerst geringe Rolle (eine Ausnahme bilden allenfalls die Berufsverbände der Dolmetscher und Übersetzer, vgl. Busch, S. 239). Dieser Verzicht auf eine Aufspaltung des Personals liegt im höherrangigen Solidaritätsinteresse des Personals und der Durchsetzungskraft bei der Vertretung seiner Interessen. Die folgende Darstellung beschränkt sich daher auf die int. Gewerkschaften. Neben I. O. bei denen nur eine oder wenige Gewerkschaften bestehen (EPO: IGEPA, siehe unter www.suepo.org; ER: S.A.C.E, siehe: www. unionsyndicale.org) oder ein hybrides Vertretungssystem aus Gewerkschaft und PV existiert (VN, siehe: www.unstaff.org) gibt es auch I. O., bei denen eine Vielzahl von Gewerkschaften die kollektiven dienstrechtlichen Interessen wahrnehmen. Hierzu zählt insbesondere die EG, bei der sich die Mitglieder des Personals in mehr als einem Dutzend Gewerkschaften zusammengeschlossen haben. Am bedeutendsten sind: – Der Bund der Gewerkschaften des Europäischen und Int. Öff. Dienstes (Union Syndicale Fédérale „USF“, www.unionsyndicale.org) mit 22 angeschlossenen Gewerkschaften, darunter die Gewerkschaften der EG im engeren Sinne, insbesondere: US-Brüssel, US-Luxemburg; US-Karlsruhe; US-Petten und US-Ispra), aber auch die Gewerkschaft der Bediensteten des Europarats (S.A.C.E), die Gewerkschaft der Europäischen Schulen, des Europäischen Hochschulinstituts und der EPO (IGEPA).

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– Die Allianz der Verbündeten Freien Gewerkschaften (Alliance Confédérale des Syndicats Libres, „Alliance“, www.soidarite-euro.org) in der sechs Gewerkschaften zusammengeschlossen sind. – Der Bund der Europäischen Gewerkschaften (Confédération Syndicale Européenne, „CSE“, www.c-s-e.org), der zwei Gewerkschaften umfasst. Die große Zahl der Gewerkschaften bei der EG spricht zwar für das große Interesse der Bediensteten an der Meinungsvielfalt bei der kollektiven Wahrnehmung ihrer Interessen, dies erschwert aber die Kontakte mit der Arbeitgeberseite insbesondere bei Konzertierungsverfahren (siehe nachstehend). Die meisten internationalen Gewerkschaften und Gewerkschaftsverbände sind ihrerseits wiederum Dachverbänden angeschlossen. Zu nennen sind insbesondere der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB), die Internationale der Öffentlichen Dienste (IÖD) und der Europäische Gewerkschaftsverband für den öff. Dienst (EGÖD) (siehe Internetadressen). aa) Die Statuten der internationalen Gewerkschaften Die Statuten der internationalen Gewerkschaften sind heute meist über das Internet abrufbar, sie folgen durchgehend einem ähnlichen Schema. In den einleitenden Bestimmungen werden die Bezeichnung der Gewerkschaft, ihre Struktur sowie ihre Aufgaben und Ziele festgelegt. Die Gewerkschaften betonen dabei ihre völlige Unabhängigkeit von allen internationalen und nationalen Einrichtungen, wozu insbesondere auch die I. O. selbst zählt, der ihre Mitglieder angehören. Sie verteidigen zwar in erster Linie die kollektiven Interessen ihrer Mitglieder, tragen dabei aber auch den Interessen des Gesamtpersonals Rechnung. Oberstes Organ ist die Vollversammlung, die die großen Linien der Gewerkschaftspolitik festlegt. Der Exekutivausschuss vollzieht die Beschlüsse der Vollversammlung und ist für die Geschäfte der laufenden Verwaltung zuständig. Arbeitskampfmaßnahmen bedürfen in der Regel eines vorausgehenden Beschlusses der Generalversammlung (soweit Rahmenvereinbarungen mit der Verwaltung bestehen – vgl. nachstehend – gehen diese vor). Die Gewerkschaften verfügen vielfach auf Grund der Mitgliedsbeiträge über beachtliche Mittel, die sie neben der Beauftragung von Anwälten und der Erstellung von Gutachten z. B. auch für die Unterstützung bedürftiger Bediensteter bei Arbeitskämpfen einsetzen. Die Einhaltung der Finanzvorschriften der Gewerkschaft wird durch einen Revisionsausschuss gewährleistet. Im Fall von Organstreitigkeiten entscheidet ein Schlichtungsausschuss. Regelungen über die Rechtsform der internationalen Gewerkschaften nach

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nationalem Recht fehlen durchweg. Die zivilrechtliche Haftung der Gewerkschaft und ihrer Mitglieder dürfte aber nach der gewählten nationalen Rechtsform durchwegs auf das Vermögen der Gewerkschaft beschränkt sein. Eine gewisse Sonderstellung nimmt die Gewerkschaft des VN Sekretariats (Staff Union of the United Nations Secretariat „UNSU“, vgl. www. unstaff.org) ein. Das Statut der UNSU verbindet gewerkschaftliche Elemente mit denen einer PV. Oberstes Organ ist die Vollversammlung. Daneben bestehen ein Personalrat (Staff Council) als Beratendes Organ und ein Personalausschuss (Staff Committee) als Exekutivorgan. Während die UNSU selbst nach ihrem Statut und ihrer Zielsetzung (vgl. Art. 2 ihres Statuts) eine außerhalb des VN-PS stehende Vereinigung darstellt, ist ihr Exekutivorgan (Personalausschuss, Staff Committee) als organisationsinterne PV konzipiert. Diese nimmt nach Regel 108.1 VN-PS die Aufgaben der PV im Rahmen des Gemeinsamen Personal-Management Apparats (Joint staffmanagement-machinery) wahr (vgl. Regel 108.1e VN-PS: „the executive committee of the staff representative body which shall be the sole and exclusive representative body . . .“). Sie ist insbesondere in allen, mit Personalvertretern besetzten Gremien und den auf der Grundlage des Art. 8.1 VN-PS zusätzlich eingerichteten Gemeinsam Beratenden Ausschüssen vertreten. So nimmt sie an den monatlichen Sitzungen des Gemeinsam Beratenden Ausschusses (Joint Advisory Committee „JAC“) sowie den jährlichen Sitzungen mit Vertretern des Generalsekretärs teil. Außerdem ist sie an zahlreichen Ausschüssen nach dem VN-PS beteiligt, wie z. B. den Auswahl- und Beförderungsausschüssen (Appointment and Promotion Board, Regel 104.14 VN-PS), den Gemeinsamen Beschwerdeausschüssen (Joint Appeals Board, Regel 111.1 VN-PS), und den Gemeinsamen Disziplinarausschüssen (Joint Disciplinary Committees, Regel 110.6 VN-PS). Im Gegensatz zu anderen Gewerkschaften sind alle Bediensteten der VN automatisch Mitglied der UNSU (Art. 4 Abs. 1 Statut). Die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen ist zwar freiwillig, sie ist allerdings Voraussetzung für die Aufstellung zur Wahl des Personalrats sowie des Präsidenten und der Vizepräsidenten des Personalausschusses (Art. 13 Abs. 1 Statut). Die UNSU ist Mitglied des Koordinierungsausschusses der int. Gewerkschaften und Personalvereinigungen des VN-Systems (Co-ordinating Committee of International Staff Unions and Associations of the United Nations System „CCISUA“, vgl. Art. 37 Statut und das Internetportal www. ccisua.org), er umfasst (2005) 16 int. Gewerkschaften. Außerdem besteht noch der Dachverband des Bundes der Personalvereinigungen int. Bediensteter (Federation of International Civil Servants’ Associations „FICSA“, www.ficsa.org). Zu diesem Verband zählen (2007) 29 Personalvereinigungen und Gewerkschaften des VN-CS.

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bb) Vereinbarungen zwischen Internationalen Organisationen und internationalen Gewerkschaften Die int. Gewerkschaften stehen zwar weitgehend außerhalb der von der I. O. erlassenen internen Rechtsordnung. Sie sind jedoch nach dieser Rechtsordnung bzw. hilfsweise nach dem Grundrecht auf Koalitionsfreiheit befugt, zur kollektiven Wahrnehmung der Interessen des Personals auf die I. O. einzuwirken. Die eigenen finanziellen Mittel (Mitgliedsbeiträge) und die Instrumente eines kollektiven Arbeitskampfes ermöglichen es den Gewerkschaften, gegenüber der I. O. einen wesentlichen höheren Druck zur Durchsetzung ihrer Forderungen aufzubauen als die auf eine Teilnahme in den Konsultationsverfahren beschränkten PV. Viele I. O. versuchen daher, mit den Gewerkschaften ihres Personals Rahmenvereinbarungen über bestimmte Formen der arbeitsrechtlichen Mitwirkung, sowie der Konfliktvermeidung und Konfliktlösung abzuschließen. In den meisten Fällen scheitern diese Versuche an der Absicht der I. O., die Tätigkeiten der Gewerkschaften möglichst weitgehend zu reglementieren und an der Furcht der Gewerkschaften, durch diese Maßnahme ihre „Zähne“ zu verlieren und neu gegründeten „freien“ Gewerkschaften das Feld überlassen zu müssen. Als Beispiele für Rahmenvereinbarungen sind das Internationale Arbeitsamt und die Kommission der EG zu nennen. Die Vereinbarung über die Anerkennung und das Verfahren zwischen dem Internationalen Arbeitsamt und der Gewerkschaft der IAO (Recognition and procedural agreement between the Internationalen Labour Office and the ILO Staff Union) datiert vom 27.3.2000 (Rev. vom 6.11.2003, vgl. www.ilo.org/public/english/staffun). Die Vereinbarung enthält Regelungen über die Anerkennung der Gewerkschaft, die Gewährung von Unterstützungen durch das Internationale Arbeitsamt, Regelungen über ein Verhandlungsverfahren und zur Konfliktregelung. Von noch weit größerer Bedeutung ist die Vereinbarung über die Beziehungen zwischen der Europäischen Kommission und den Gewerkschaften vom 27.1.2003. Dieser Vereinbarung, der nahezu Modellcharakter zukommt, stützt sich auf die vorausgehende Vereinbarung vom 20.9.1974 (abgedruckt bei Rogalla, Beamtenmitsprache, Anlage 1), die von der Kommission 2001 gekündigt wurde. Auch die neue Vereinbarung wurde nicht amtlich veröffentlicht (zur inoffiziellen Veröffentlichung siehe z. B. die Internetseite der Gewerkschaft des Europäischen Öffentlichen Dienstes – Luxemburg, www.us-lux.org). Die Rahmenvereinbarung vom 27.1.2003, die zuerst von Vertretern der Gewerkschaft „Allianz“ und inzwischen auch von den anderen großen Gewerkschaften des EG-Bereichs unterzeichnet wurde, regelt in Art. 13 insbesondere die Anerkennung der Gewerkschaften, die Konzertierungsverfahren, die Bereitstellung von Mitteln und die Abhaltung

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von Vollversammlungen. Die Anhänge enthalten Regelungen für Arbeitsniederlegungen, die Zusammensetzung der Konzertierungsgremien, den Vertretungsanspruch der Gewerkschaften, Durchführungsvorschriften zu den Konzertierungsverfahren und eine Mitteilung über die der Zentralen PV zur Verfügung gestellten Mittel.

• Einzelheiten der Vereinbarung Art. 1 (Grundsätze) Die Vertragsparteien bestätigen das in Art. 24 b EG-BS verankerte Recht der Bediensteten, Gewerkschaften angehören zu können. Die Kommission anerkennt die Rolle und die Zuständigkeit der Gewerkschaften und die möglichst transparente und wirksame Einbindung in die Aktivitäten der Organe der Union. Die Zugehörigkeit eines Bediensteten zu einer Gewerkschaft und die Teilnahme an deren Aktivitäten dürfen weder seine berufliche Situation noch die Karriere beeinträchtigen. Art. 2 (Anerkennung) Die offizielle Anerkennung einer Gewerkschaft durch die Kommission setzt voraus, dass diese als objektives Ziel die Verteidigung der Interessen des Personals ohne Ansehen insbesondere der Laufbahngruppe, der Staatsangehörigkeit und des Beschäftigungsverhältnisses verfolgt. Sie muss ihre Aktivitäten auf Grund einer beschlossenen oder genehmigten Satzung und durch gewählte Exekutivorgane ausüben. Art. 3 (Zusammenschlüsse von Gewerkschaften) Voraussetzungen für die Anerkennung von Zusammenschlüssen. Art. 4 (Anerkennung der Gewerkschaften als repräsentativ) Die Vorschrift enthält detaillierte Regelungen über die Voraussetzungen (Mindestzahl des Personals der Kommission: 10% und Mindestzahl der Mitglieder: 1000 mit Übergangsregelungen; Beweisregelungen, Aberkennungsmodalitäten), einer Anerkennung als „repräsentative Gewerkschaft“. Art. 5 (Mitteilungen an die Verwaltung) Die repräsentativen Gewerkschaften übermitteln der Kommission ihre Satzungen und ein Verzeichnis ihrer Amtsträger, sie üben ihre Aktivitäten in voller Unabhängigkeit aus.

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Art. 6 (Konzertierungen) Die unterzeichneten Gewerkschaften können nach Maßgabe der folgenden Artikel im Wege einer Konzertierung Vereinbarungen abschließen. Art. 7 (Konzertierungsebenen, Gremien und Verfahren) Die Konzertierungsverfahren finden auf Verwaltungsebene, technischer Ebene und politischer Ebene statt. Für die Konzertierungsebenen gelten zum Teil unterschiedliche VerfO, die im Detail noch durch die Anhänge 4 und 5 ergänzt werden. Die Konzertierungsverfahren werden grundsätzlich durch Mehrheitsvereinbarungen abgeschlossen. Bei Meinungsverschiedenheiten gelten besondere Regelungen, insbesondere Schlichtungsverfahren. In Sonderfällen findet eine Konsultation des gesamten Personals statt. Art. 8 (Bereiche der Konzertation) Die Zuständigkeiten der PV nach dem EG-BS bleiben unberührt. Der PV werden bestimmte personelle und sachliche Ressourcen bereitgestellt, deren interne Aufteilung sich an der Regelung in Anhang 6 orientiert. Art. 9 (Bereitstellung von Mittel an die Gewerkschaften) Die anerkannten Gewerkschaften können ihre Sitzungen in den Diensträumen abhalten, gegen Entgelt die Einrichtungen der Kommission für Übersetzung, Vervielfältigung und Kommunikation benützen und auf Antrag eine Homepage im Intranet „IntraComm“ einrichten. Für konkrete und punktuelle Gewerkschaftsarbeiten kann Dienstbefreiung gewährt werden. Nach einer entsprechenden Konzertierung können den Gewerkschaften Ressourcen bereitgestellt werden. Unter bestimmten Bedingungen und in begrenztem Umfang (Maximum: 4 Tage) kann ein Sonderurlaub für gewerkschaftliche Aktivitäten und für Fortbildung gewährt werden. Art. 10 (Im Interesse des Organs geleistete Dienste) Die von ordnungsgemäß beauftragten Vertretern der Gewerkschaften im Rahmen der Konzertierung wahrgenommenen Aufgaben gelten als dienstliche Tätigkeit. Art. 11 (Ad hoc Beurteilungsgruppe) Mit der Beurteilung und Beförderung von abgeordneten, gewählten oder beauftragten Bediensteten (vgl. insbesondere Art. 2 und 10) wird ein von Per-

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sonalvertretern und Vertretern der Gewerkschaft gemischt besetzter Ausschuss befasst. Art. 12 (Vollversammlung) Die Gewerkschaften können Vollversammlungen des Personals einberufen, wenn sie die zuständige Behörde davon mindestens zwei Arbeitstage vorher unterrichten. Art. 13 (Änderungs- und Kündigungsklausel) Im Anhang 1 der Vereinbarung sind Bestimmungen für die Arbeitsniederlegungen enthalten. Sie folgen weitgehend den, in der Vereinbarung vom 20.9.1974 im Anhang enthaltenen Regelungen über die Arbeitsniederlegung. Art. 1 Vor einem Streikbeschluss der Gewerkschaft(en) müssen alle Konzertierungsverfahren einschließlich des Schlichtungsverfahrens erfolglos geblieben sein. Art. 2 und 3 Die Absicht der Arbeitsniederlegung muss der Kommission fünf Werktage vor dem voraussichtlichen Beginn mit Begründung und Angabe der Streikmodalitäten angekündigt werden. Bei mehreren aufeinander folgenden Streiks muss deren Zeitplan (ggf. mindestens 24 Stunden im Voraus aktualisiert) mitgeteilt werden. Art. 4 Bei außergewöhnlichen Umständen kann der Streikbeginn ohne genaue Datierung mit einer Gültigkeitsdauer von 15 Tagen mitgeteilt werden. Jedoch muss der voraussichtliche Streikbeginn bis spätestens drei Arbeitstage im voraus angekündigt werden. Art. 5 Die Ankündigungsfrist muss für Verhandlungen genutzt werden. Art. 6 Eine Liste des dienstverpflichteten Personals wird unmittelbar nach der Streikankündigung in einem Konzertierungsverfahren erstellt und veröffentlicht.

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Art. 7 Zum dienstverpflichteten Personal zählt in jedem Fall das Sicherheitspersonal und die an der Konzertierung teilnehmenden Personen. Art. 8 und 9 Weder die an einem Streik teilnehmenden noch die nicht-teilnehmenden Bediensteten dürfen behindert oder einem Zwang ausgesetzt werden. Art. 10 Über die Modalitäten für die Beendigung eines Streiks findet eine Konzertierung statt. In einer Zusatzerklärung wird vereinbart, dass auch nicht repräsentative Gewerkschaften, die die Vereinbarung unterzeichnet haben und nicht bereits durch eine andere Gewerkschaft vertreten werden, an den Verhandlungen nach Art. 5 als Experten zugelassen werden.

II. Die Pflichten und Pflichtverletzungen (Duties and breach of duties) 1. Die Dienstpflichten

a) Allgemeines Die aus den Dienstverhältnissen abgeleiteten Pflichten des Personals I. O. werden rechtsdogmatisch üblicherweise in Dienstleistungspflichten und Verhaltenspflichten untergliedert (vgl. Rogalla, S. 132 ff.; Lemhöfer, Rdn. 4 ff.; VGIAO Nrn. 242, 282). Dieser Systematik soll auch hier gefolgt werden, obwohl in der Praxis die Leistungspflichten und die sie ergänzenden und qualifizierenden Verhaltenspflichten vielfach ineinander fließen und sich gegenseitig bedingen. So kann die etwa die Weigerung zur Befolgung dienstlicher Anweisungen sowohl Leistungs- als auch Verhaltenspflichten verletzen (vgl. VGIAO Nr. 282). Dasselbe gilt etwa für die wiederholte Verletzung des hierarchischen Dienstwegs oder die Nichteinhaltung der Dienstzeiten. Die Dienstleistungs- und Verhaltenspflichten sind in den DienstRO der I. O. sowohl im Hinblick auf die Regelungsdichte als auch die Systematik der Darstellung sehr unterschiedlich formuliert. Besonders umfangreiche Regelungen zu den Verhaltenspflichten enthält etwa das PS der VN (Art. 1.1 bis 1.3 VN-PS). Bei einigen I. O., wie etwa den VN und dem ER

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hat der Bedienstete außerdem die Einhaltung der Dienstpflichten durch die Ablegung eines Eides zu bekräftigen (Art. 1.1b VN-PS; Art. 25 ER-PS). Die int. VerwGerichte haben in zahlreichen Urteilen zu den Dienstleistungs- und Verhaltenspflichten Stellung bezogen und dabei zur Verdeutlichung und Systematisierung der Dienstpflichten beigetragen. Von besonderer Bedeutung ist außerdem die Anerkennung gemeinsamer Verhaltenspflichten in Bezug auf die Beachtung der allgemeinen Grund- und Menschenrechte bei der Erbringung der erforderten Dienstleistung, die bisher nur sehr selten in den DienstRO selbst vorgeschrieben werden (vgl. dazu Art. 1.2a VN-PS: „Staff members shall uphold and respect the principles set out in the Charter, including faith in fundamental human rights, in the dignity and worth of the human person and in the equal rights of men and women“). In letzter Zeit haben allerdings I. O. vermehrt in ihren DienstRO die Pflicht zur Beachtung der Menschenwürde im betrieblichen Umgang vorgeschrieben (vgl. nachstehend die Regelung gegen Mobbing und sexuelle Belästigung unter 2. Teil, 3. Abschn. C.II.1.e)gg)). Es liegt nicht im freien Ermessen der I. O., die Einhaltung der Verhaltenspflichten zu überwachen. Die I. O. hat vielmehr nach den ARGrundsätzen für den int. öff. Dienst die Pflicht zur Fürsorge und zum Schutz des Ansehens und des guten Rufs der Bediensteten (VGIAO Nr. 367 und oben 2. Teil, 2. Abschn. B.I. und D.IV.2.). Sorgt sie nicht ausreichend für die Erfüllung dieser Verhaltenspflichten von Bediensteten, kann sie ggf. auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. So etwa, wenn sie es unterlässt, gegen Bedienstete vorzugehen, um Mobbing oder sexuelle Belästigung zu vermeiden oder zu unterbinden (vgl. VGIAO Nr. 1376).

b) Die Pflicht zur Dienstleistung Die Hauptpflicht der Bediensteten besteht in der Erbringung der vereinbarten Dienstleistung (VGIAO Nr. 1550, das Gericht billigt darin den von der Verteidigung vorgebrachten Grundsatz: „the primary obligation of an international civil servant is to devote his energies and capacity fully to the work of the organization he serves“). Der Bedienstete hat sich dabei mit voller Hingabe seinen dienstlichen Aufgaben zu widmen und muss hierbei in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen (vgl. Art. 27 EG-BS; Art. 1.3a VN-PS; Art. 12 ER-PS; zur Pflicht, seine Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen, siehe Art. 21 Abs. 1 EG-BS). Inhalt und Umfang der Dienstleistungspflicht ergeben sich aus den einzelnen Dienstverträgen oder den Ernennungsakten, verbunden mit den je-

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weils im Wege der Bezugnahme geltenden DienstRO, ergänzenden dienstrechtlichen Verfügungen und Einzelanweisungen. Vielfach verweisen die DienstRO auf abstrakte Beschreibungen des Tätigkeitsniveaus und des Umfangs der einzelnen Dienstposten oder der einer Gruppe von Dienstposten zugewiesenen Aufgaben und Kompetenzen (Stellenbeschreibungen). Der konkrete Inhalt und Umfang der Aufgaben und Kompetenzen ergibt sich in der Regel aus den Arbeitsplatzbeschreibungen, die quasi Momentaufnahmen der gegenwärtig zu erwartenden Dienstleistung darstellen und deren Inhalt zu jeder Zeit den dienstlichen und organisatorischen Erfordernissen angepasst werden kann. Der Bedienstete hat einen einklagbaren Anspruch, dass seine Dienstpflichten den Stellenbeschreibungen nach Tätigkeitsniveau und Umfang entsprechen. Gegebenenfalls muss eine Neubewertung des Dienstpostens erfolgen. Neben der summarisch zugewiesenen Dienstpflicht besteht die Pflicht des Beamten zur Ausführung von Einzelanordnungen (siehe nachstehend). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1175 Umfang der Pflicht zur Dienstleistung (ebenso Nrn. 1161, 736); VGIAO Nr. 324 Pflicht des Bediensteten, sich streng an die Grenzen der ihm übertragenen Aufgaben zu halten.

Rechtsprechung EUGH EUG T-183/96 Pflicht zur Beratung und Unterstützung von Vorgesetzten.

aa) Die Pflicht zur Ausführung von Anordnungen (Gehorsamspflicht, Subordination) Die internationalen Bediensteten haben grundsätzlich (jedenfalls nach schriftlicher Anweisung) die Pflicht, den dienstlichen Anweisungen ihrer Vorgesetzten und anderer Anweisungsbefugter Folge zu leisten (Subordination). Diese Verpflichtung ist in den einzelnen DienstRO ausdrücklich festgelegt (vgl. z. B. Art. 1.2c VN-PS: „Staff members are subject to the authority of the Secretary-General and to assignment by him . . .“; IÖD Verhaltensstandards der ICSC, Ziffer 18: „International civil servants have to follow the instructions they receive in connection with their official functions . . .“). Die Weisungsbefugnis leitet sich letztlich immer von der Leitungsbefugnis des Behördenchefs und dem Selbstorganisationsrecht der Behörde ab. Inhalt und Umfang dieser Weisungsbefugnis gegenüber seinen Mitarbeitern werden in Zusammenhang mit den ihm übertragenen Aufgaben allgemein festgelegt oder im Wege der Delegation für den Einzelfall übertragen (zur Delegation einer Anweisungsbefugnis siehe VGIAO Nrn. 2028, 1834, 1696, 1566, 1375, 1185: stillschweigende Delegation, Nr. 805: die

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Arbeitsweise einer I. O. erfolgt normalerweise durch Delegation und die Kompetenz des Personalchefs, der sich ausdrücklich auf diese Delegation abstützt). Der Bedienstete hat die ihm übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung durchzuführen (Art. 21 EG-BS; Art. 30 ER-PS). Hält er eine dienstliche Anordnung für fehlerhaft oder sieht er darin schwerwiegende Nachteile, hat er das Recht zur schriftlichen Gegendarstellung (Remonstration) gegenüber seinem Vorgesetzten. Bei schriftlicher Bestätigung der Anordnung hat er diese auszuführen, sofern er dadurch nicht gegen Strafgesetze seines Heimatlandes oder des Sitzstaates verstößt (Art. 21a EG-BS: soweit die Anordnung „nicht offenkundig rechtswidrig ist oder gegen die Sicherheitsvorschriften verstößt“; Art. 30 Abs. 3 ER-PS: „. . . unless its execution is contrary to criminal law or to the safety regulations applicable to the Council“; IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffer 18: „. . . that are manifestly inconsistent with their official functions or that threaten their safety or that of others“). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1550: Verstoß gegen eine Anweisung des Vorgesetzten; VGIAO Nr. 959: das Verbot, Weisungen oder Vergünstigungen von anderen Stellen anzunehmen, gilt auch für die Tätigkeit bei einer anderen I. O. während eines Erholungsurlaubs; VGIAO Nr. 247: Insubordination gegenüber einer Anordnung; VGIAO Nrn. 318, 291: Insubordination gegenüber Anweisungen des Vorgesetzten; VGIAO Nr. 63: Verstoß gegen eine Weisung.

bb) Die Arbeitszeit Nach den meisten DienstRO stehen die Bediensteten der I. O. grundsätzlich „jederzeit zur Verfügung“ („The whole time . . . at the disposal . . .“; vgl. Art. 55 Abs. 1 EG-BS; Art. 1.3b VN-PS). Ungeachtet dieser grundsätzlichen Verpflichtung zur Leistung von Überstunden und zu sonstigen außerordentlichen Arbeitseinsätzen erfüllt der Bedienstete den zeitlichen Rahmen seiner Dienstleistungspflicht in aller Regel durch seine tägliche Arbeitsbereitschaft in seiner Dienststelle während der in den internen Vorschriften festgelegten Dienstzeiten. Für die Durchführung von Dienstreisen gelten Sonderregelungen. Die DienstRO selbst enthalten zumeist nur Regeln über das Maximum der wöchentlichen Arbeitszeit (z. B. Art. 55 EG-BS: 42 Wochenstunden), sowie Bestimmungen zur Teilzeitbeschäftigung, dem Jahres-, Heimat-, Mutterschafts-, Adoptions- und Krankheitsurlaub. Außerdem bestehen vielfach Sonderregelungen für die Gewährung von Dienstbefreiung

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bei besonderen Anlässen. Viele I. O. folgen meist aus naheliegenden Gründen den Feiertagsregelungen am Dienstort und sorgen durch Ausgleichstage für die Gleichbehandlung ihrer Bediensteten an den anderen Dienststellen. cc) Der Arbeitsort Der Bedienstete erbringt seine Dienstleistung grundsätzlich an dem Dienstort der I. O., dem er zugewiesen wurde. Es entspricht jedoch dem int. Charakter seiner Tätigkeit, dass er sich einer pflichtgemäßen Ermessensentscheidung über die Versetzung an einen anderen Dienstort, insbesondere in einen anderen Mitgliedsstaat der I. O., nicht widersetzen kann. Die Weigerung kann zu seiner Entlassung führen. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1250: Verweigerung einer Versetzung.

dd) Überstunden, Schichtdienst und Bereitschaftsdienst Die Bediensteten können in besonderen Fällen zur Leistung von Überstunden, zu Schichtdienst oder zu Bereitschaftsdienst herangezogen werden. Bei den höheren Dienstgraden besteht in der Regel kein Anspruch auf zusätzliche Vergütung für geleistete Überstunden (Art. 56 EG-BS). Viele DienstRO enthalten auch Detailregelungen über Ausgleichsvergütungen bei Schichtdienst und bei Bereitschaftsdienst (Art. 56a, 56b EG-BS). c) Nebenpflichten, die die Dienstleistungspflicht unmittelbar absichern aa) Die Residenzpflicht Viele I. O. verpflichten ihre Beamten in den DienstRO, ihren Wohnsitz so zu wählen, dass sie in der Ausübung ihres Dienstes nicht behindert sind (Art. 20 EG-BS; Art. 29 ER-PS). In der Praxis wird diese Regelung relativ großzügig gehandhabt. Tägliche Fahrzeiten von bis zu insgesamt vier Stunden werden in der Regel geduldet. bb) Die Pflicht zur Anzeige von Verletzungen der Privilegien und Immunitäten Die den Bediensteten für ihre Tätigkeit eingeräumte Immunität von der nationalen Gerichtsbarkeit und die Freistellung von gewissen nationalen gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere auf dem Gebiet des Melde-,

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Steuer- und Arbeitsrechts werden ausschließlich im Interesse der ungehinderten Aufgabenerfüllung der I. O. gewährt (näher oben 1. Teil, 2. Abschn. D.I.). Aus diesem Grunde sind die Bediensteten verpflichtet, mögliche Verletzungen ihrer Immunitäten und Privilegien unverzüglich der I. O. zu melden (Art. 23 EG-BS; Art. 1.1 f. VN-PS; Art. 39 ER-PS). cc) Die Pflicht zur Übertragung gewerblicher Schutzrechte Die meisten DienstRO sehen vor, dass die in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit von den Bediensteten erworbenen gewerblichen Schutzrechten (insbesondere Urheberrechte, Erfindungen) der I. O. zustehen bzw. an diese zu übertragen sind (Art. 18 EG-BS, Regel 112.7 VN-PS). dd) Die Pflicht zur Rückzahlung bei Überzahlung Ohne rechtliche Grundlage gezahlte Beträge hat der Bedienstete grundsätzlich der I. O. zurückzuerstatten bzw. die I. O. selbst verrechnet diese Rückerstattung mit der Gehaltszahlung. Diese Verpflichtung wird man an sich schon aus dem, auch im Dienstrecht der I. O. geltenden ARGrundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung, ableiten können (vgl. VGIAO Nr. 81: „the right to recovery of payments . . . may . . . be assimilated to a statutory right“; vgl. Busch, S. 165; oben 2. Teil, 2. Abschn. C.VII.). Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist dennoch zu begrüßen, dass in den meisten DienstRO die Rückzahlungspflicht ausdrücklich festgelegt ist. Darüber hinaus enthalten die DienstRO auch eine Abwägung zwischen dem ARGrundsatz des Vertrauensschutzes und der Verpflichtung zur Rückzahlung. Demnach ist vielfach eine Rückzahlungsverpflichtung ausgeschlossen, wenn der Bedienstete oder sein Rechtsnachfolger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung weder kannte noch hätte kennen müssen (Art. 85 EG-BS; Art. 38 ER-PS). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2257: der Bedienstete trägt zwar die Beweislast für die sorgfältige Prüfung von erfolgten Zahlungen, die I. O. hat jedoch die Verpflichtung, Mitteilungen über finanzielle Leistungen klar und verständlich abzufassen; VGIAO Nr. 53: Einzelheiten zum Abwägungsprozess bei der Rückzahlungspflicht.

Rechtsprechung EUGH EUGH 54/77: kein Anspruch auf Weiterzahlung von Leistungen aus wohlerworbenem Recht bei rechtsgrundloser Zahlung.

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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ee) Die Pflicht zur ärztlichen Untersuchung Im Interesse der körperlichen Befähigung zur Erfüllung seiner Dienstpflichten und der Gesundheit des Personals kann ein Bediensteter von der I. O. verpflichtet werden, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen (Regel 104.16 und 106.2g VN-PS; Art. 37 ER-PS). Bei einigen I. O. ist diese Untersuchungspflicht an engere tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft (vgl. Art. 59 Abs. 5 und 6 EG-BS). d) Die sonstigen Nebenpflichten Neben der Erbringung der vereinbarten Dienstleistung als Hauptpflicht enthalten die DienstRO und die sie ergänzenden nachrangigen Vorschriften eine Vielzahl einzelner Dienstpflichten, die die gesamte Bandbreite des Dienstverhältnisses abdeckt. Es handelt sich dabei meist nicht um Regelungen, die eine ausdrückliche Verpflichtung enthalten, sondern diese ergibt sich lediglich als indirekte Nebenpflicht (meist als Informations-, Mitwirkungs- oder Beitragspflicht) aus den einzelnen dienstrechtlichen Normen. Hierzu zählen z. B. die Angaben der Bediensteten zum Wohnsitz, zum Familienstand, über die Voraussetzung und Veränderungen bei der Gewährung von Zulagen und Beihilfen, die Mitteilungspflichten bei Krankheitsurlaub, die Abrechnung von Überstunden, die Leistungen von Schichtdienst und Rufbereitschaft, die Abrechnung der Dienstreisekosten und der Krankheitsund Pflegekosten. Eine Reihe dieser Verpflichtungen, wie etwa die Leistung der Beiträge der Bediensteten zum Sozialversicherungssystem und die Abführung der internen Steuerbeiträge werden von der I. O. selbst im Namen der Bediensteten erfüllt. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 459: Pflicht zur Angabe des Geburtsdatums.

e) Die Verhaltenspflichten Von den int. Bediensteten wird die Beachtung gewisser Werte, Grundsätze und Standards gefordert (vgl. IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffer 48 und Regel 110.1 VN-PS: „. . . to observe the standards of conduct expected of an international civil servant . . .“), die zur Verwirklichung der Aufgaben einer I. O. unerlässlich sind. Diese Verhaltensstandards basieren zwar vielfach auf den gemeinsamen Idealen der nationalen öffentlichen Verwaltungen, etwa auf der Integritätsanforderung, der Verpflichtung zur Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Unbestechlichkeit und Verschwiegenheit. Diese Verhaltenspflichten werden aber auf Grund der speziellen Anforderungen

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(„special calling“, vgl. IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffer 2) für den int. öff. Dienst ergänzt und überlagert. Ohne diese spezifischen Pflichten wäre das Wirken einer I. O. vielfach zum Scheitern verurteilt. Zu diesen Verhaltenspflichten für den int. öff. Dienst zählen insbesondere die Loyalität zu dem int. Auftrag und den Zielen der I. O., die Wahrung der Unabhängigkeit der I. O. und der Gleichbehandlung der Mitgliedsstaaten, der Respekt vor den Vertretern ihrer Regierungen und der Verschiedenartigkeiten der Regierungssysteme der Mitgliedsstaaten, dem Verständnis für die Traditionen und Kulturen der Mitgliedsstaaten, das Bewusstsein, im Dienste aller Mitgliedsstaaten tätig zu sein und die guten Beziehungen mit diesen Staaten zu fördern sowie die Bereitschaft, kollegial in einer multinationalen Gemeinschaft von Kollegen mitzuarbeiten. Insgesamt entziehen sich die allgemeinen Verhaltenspflichten eines int. Bediensteten einer abschließenden tatbestandlichen Nomenklatur (vgl. den Versuch einer Aufzählung in den IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffern 3–14). Aus den, in den DienstRO niedergelegten Verhaltensstandards, den IÖD-Verhaltensstandards, und der Rechtsprechung der int. VerwGerichte zu diesen Standards, lassen sich die nachfolgenden wesentlichen Verhaltenspflichten für die int. Bediensteten ableiten und einer gewissen Systematik zuführen. Allerdings weisen die einzelnen Verhaltenspflichten nicht immer scharfe Konturen auf, so dass sie vielfach ineinander fließen oder sich überlagern. Mit diesem Vorbehalt können die nachfolgenden Verhaltenspflichten unterschieden werden. Die Loyalitätspflicht gegenüber der I. O. bildet den Dreh- und Angelpunkt aller Verhaltenspflichten. Diese grundsätzlich unbedingte Treue und Hingebung zu den Aufgaben und Zielen der I. O. überlagert das gesamte Dienstverhältnis und dient als Orientierungshilfe für die anderen Verhaltenspflichten. Die Integritätspflicht umfasst eine Vielzahl von Verhaltensaspekten, die sich auf die Würde, Persönlichkeit und sittliche Reife des Bediensteten beziehen. Loyalität und Integrität sind eng miteinander verbunden und stellen die Hauptverhaltenspflichten dar (vgl. Art. 25 ER-PS: „loyalty and integrity“). Neben diesen allgemeinen Verhaltenspflichten bestehen noch zahlreiche tatbestandlich schärfer abgrenzbare Verhaltenspflichten. Hierzu zählt die Pflicht zur Unabhängigkeit, Unbestechlichkeit, Unparteilichkeit und zur Verschwiegenheit. Schließlich enthalten einzelne DienstRO noch zusätzliche Verhaltenspflichten, wie etwa die Pflicht zur Meldung von schwerwiegenden Missständen, die Pflicht zur allgemeinen Rechtstreue oder die Pflicht zur Achtung der Menschenwürde der Kollegen (Verbot von Mobbing und sexueller Belästigung). Zwar wird man diese Pflichten letztlich auch aus den allgemeinen Verhaltenspflichten und den Grundsätzen für den int. öff. Dienst ableiten können, trotzdem ist ihre Konkretisierung im

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Interesse der Rechtsklarheit sowie eines vorbeugenden Rechtsschutzes und zur leichteren Durchsetzung zu begrüßen. Die Verhaltenspflichten gelten generell und objektiv. Es ist daher unerheblich, ob der Bediensteten aus ihrer Verletzung Vorteile gezogen oder die I. O. Nachteile erlitten hat (vgl. EUG T-24/98 und EUG T-241/99). aa) Die Loyalitätspflicht und die Treuepflicht Die Verpflichtung der int. Bediensteten zur beruflichen Loyalität (zum Begriff der int. Loyalität und Treue vgl. Busch, S. 105) gegenüber ihrer I. O. findet sich in den meisten DienstRO mehr oder minder deutlich normiert (vgl. z. B. Art. 11 Abs. 1 EG-BS: „seiner Loyalitätspflicht gegenüber den Gemeinschaften . . .“; Art. 1.2e VN-PS: „Loyalty to the aims, principles and purposes of the United Nations . . .“; vgl. auch IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffern 4 und 7). Vielfach wird sie mit der Formulierung umschrieben, der Bedienstete habe sich bei der Ausübung seines Dienstes ausschließlich von den Interessen seiner I. O. leiten zu lassen (vgl. Art. 1.2e VN-PS: „By accepting appointment, staff members pledge themselves to discharge their functions and regulate their conduct with the interests of the Organization only in view“; Art. 25 Abs. 1 ER-PS Eidesformel: „. . . in my official conduct I will have to regard exclusively to the interests of the Council of Europe“). Diese ausschließliche Ausrichtung des dienstlichen Verhaltens an den Interessen der I. O. bildet die Grundlage für das Vertrauen der I. O. in die unbedingte Verlässlichkeit des Mitarbeiters. Sie findet ihr Gegenstück in der Verpflichtung der I. O. zur Fürsorge und Beistand (zur Fragen der sog. doppelten Loyalität bei entsandten Bediensteten siehe näher bei Rogalla, S. 134 ff.). Auch ihr privates Verhalten haben die internationalen Bediensteten so auszurichten, dass den Interessen der I. O., insbesondere dem Ansehen und guten Ruf, kein Schaden zugefügt werden kann. Die Loyalitätspflicht bedeutet andererseits keine Nibelungentreue. Sie ist vielmehr mit den berechtigten Eigeninteressen des Bediensteten in jedem Einzelfall in Einklang zu bringen. Dies gilt insbesondere in dem Bereich der Freiheit der Meinungsäußerung (siehe näher nachstehenden Exkurs unter hh), bei der Ausübung des Streikrechts und bei der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Von besonderer Bedeutung ist auch das Remonstrationsrecht bei der Erteilung von Anweisungen (siehe näher vorstehend 2. Teil, 3. Abschn. C.II.1.b)aa)).

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bb) Die Integritätspflicht Die Integritätspflichten der Bediensteten I. O. werden in den DienstRO nur selten ausdrücklich genannt (siehe aber Art. 1.2b VN-PS: „The concept of integrity includes, but is not limited to, probity, impartiality, fairness, honesty and truthfulness . . .“; IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffer 5: „The concept of integrity . . . embraces all aspects of behaviour of an international civil servant, including such qualities as honesty, truthfulness, impartiality and incorruptibility“). Die Integrität stellt eine Art Sammelbegriff für eine Vielzahl von einzelnen, insbesondere ethisch und sozial geprägten Verhaltensweisen dar, die I. O. von ihren Bediensteten idealtypisch erwarten, um eine optimale Erfüllung ihrer Dienstpflichten und damit letztlich der Organisationsaufgaben zu gewährleisten. Dabei finden sich in den DienstRO keine systematischen und abschließenden Verhaltenskataloge, sondern einzelne Ausprägungen der Integritätspflicht (siehe etwa Art. 16 EG-BS: Ehrenhaftes Verhalten und Zurückhaltung; Art. 11a EG-BS: Unabhängigkeit bei der Ausübung des Amtes; Art. 12 EG-BS: Ansehen des Amtes; Art. 1.2 f. VN-PS: Integrity, independence, impartiality; Art. 1.1b VN-PS: Conscience; IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffer 9: Tolerance, restraint). Zusammenfassend lassen sich überwiegend folgende Teilaspekte der Integritätsanforderungen an die int. Bediensteten ableiten, die auch von den int. VerwGerichte in ständiger Rechtsprechung herangezogen werden: – Wahrung des Ansehens und des guten Rufs des Amtes und der I. O.; – ehrenhaftes und vertrauenswürdiges Verhalten; – Zurückhaltung und Mäßigung; – Toleranz; – Verständnisbereitschaft; – Wahrhaftigkeit; – Fairness; – Gewissenhaftigkeit; – Respekt gegenüber den Vorgesetzten. Mangels Randschärfe der einzelnen Begriffe kommt es dabei vielfach zu begrifflichen Überschneidungen der einzelnen Integritätspflichten. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1128: Wahrung des Ansehens und des guten Rufs der I. O.; VGIAO Nr. 2009: Fälschung von Dokumenten der I. O. und Äußerung vor Gericht;

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VGIAO Nr. 1764: die Beziehungen zwischen der I. O. und ihren Bediensteten werden von den Grundsätzen von Treu und Glauben, allgemeinem Anstand und ehrlichem Verhalten geprägt; VGIAO Nr. 1732: Bediensteter darf den guten Ruf der I. O. nicht verletzen; VGIAO Nr. 1661: dienstliches Verhalten, das den Eindruck von Korruption, Vetternwirtschaft und Willkür vermittelt, verletzt das Ansehen der I. O.; VGIAO Nr. 1584: Verletzung des Ansehens der I. O.; VGIAO Nr. 1532: Pflicht zum respektvollen Verhalten gegenüber der I. O. und dem Personal; VGIAO Nr. 1480: Gefährdung des Ansehens der I. O. durch private finanzielle Unregelmäßigkeiten; VGIAO Nr. 1381: Drohung, sich an eine nationale Stelle zu wenden; VGIAO Nr. 1363: Mit den dienstlichen Aufgaben unvereinbare Tätigkeit während des Urlaubs aus persönlichen Gründen; VGIAO Nr. 1277: Eigenmächtige Urlaubsnahme wegen Unzufriedenheit mit Vorgesetzten; VGIAO Nr. 1261: Falsche Angabe über bezahlte Überstunden; VGIAO Nr. 1128: Verletzung der Zurückhaltungspflicht und des Taktes; VGIAO Nr. 1061: Pflicht der Personalvertreter, nicht durch Äußerungen und Verhalten das Ansehen der I. O. zu schädigen; VGIAO Nr. 937: Verletzung der finanziellen Integrität durch falsche Angaben hinsichtlich des Heimaturlaubs; VGIAO Nr. 367: Verletzung des Ansehens der I. O. durch respektloses Verhalten gegenüber Vorgesetzten; VGIAO Nr. 349: gebührender Respekt gegenüber dem Vorgesetzten; VGIAO Nr. 274: das Verhalten im Privatleben und das Wirken der Gewerkschaft der I. O. liegen in der Regel außerhalb des dienstlichen Pflichtenkreises; VGIAO Nr. 237: Täuschung über die Verwendung eines Dienstwagens für private Zwecke; VGIAO Nr. 96: ständiger Missbrauch des Beschwerderechts kann das Ansehen der I. O. und des Gerichts schädigen; VGIAO Nr. 65: Verletzung des Ansehens der I. O. durch Weitergabe einer internen Organisationspanne:

Rechtsprechung EUGH EUG T-11/03 und EUG T-198/02: Verpflichtung, das Ansehen und die Loyalität zu wahren; EUG T-89/01: Bediensteter muss sich ausschließlich von den Interessen seiner I. O. leiten lassen; EUG T-137/03 und EUG T-21/01: Integrität und Unabhängigkeit, Informationspflicht über mögliche Interessenkollision;

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EUGH C-274/99 P: Verletzung der Integritäts- und Loyalitätspflicht durch die Veröffentlichung eines Buches, das das Ansehen der I. O. verletzt („The Rotten Heart of Europe“); EUG T-259/97: die Loyalität eines Bediensteten besteht gegenüber seinen Vorgesetzten und den Institutionen der EG, die Beleidigung von Mitgliedern des EUG verletzt auch das Ansehen der EG insgesamt; EUGH C-150/98 P: kritische schriftliche Bemerkungen des betroffenen Bediensteten in seiner Beurteilung verstoßen nicht gegen die Pflicht zur Zurückhaltung und den dem Beurteilenden gegenüber geschuldeten Respekt; EUG T-273/94: Pflicht des Bediensteten zur loyalen Zusammenarbeit bei einer internen Untersuchung; EUG T-146/94: die Pflicht zur Loyalität des Bediensteten besteht auch für den Wahlkampf zur PV; EUGH C-100/88: die Treuepflicht darf nicht als im Widerspruch zur Freiheit der Meinungsäußerung stehend ausgelegt werden.

cc) Die Pflicht zur Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Unbestechlichkeit Die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Unbestechlichkeit der int. Bediensteten hat bei I. O. hohen Stellenwert (vgl. IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffer 8: „It cannot be too strongly stressed that international civil servants are not, in any sense, representatives of Governments or other entities . . .“). Dieser Wertestandard wird durch eine ganze Reihe besonderer Verhaltenspflichten abgesichert. Hierbei soll schon der bloße Anschein einer möglichen Beeinträchtigung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit vermieden werden, um das Vertrauen aller Mitgliedsstaaten in die korrekte und unbehinderte Aufgabenerfüllung durch die I. O. zu sichern. Aus diesem Grund ist es int. Bediensteten unter anderem untersagt, Weisungen von irgendwelcher Stelle außerhalb der I. O., insbesondere von Regierungen oder Behörden der Vertragsstaaten, aber auch von anderen I. O. entgegen zu nehmen (Art. 11 Abs. 1 EG-BS; Art. 1.2d VN-PS; Art. 25 Abs. 1 ER-PS; IÖDVerhaltensstandards der ICSC, Ziffer 8 und die etwas weichere Formulierung in Ziffer 12 für Projekteinsätze in den Vertragsstaaten). Ebenso ist es grundsätzlich untersagt, ohne Zustimmung der I. O. Geschenke, Vergütungen oder Auszeichnungen von irgendeiner Stelle außerhalb der I. O. anzunehmen (Art. 11 Abs. 2 EG-BS; Art. 1.2j VN-PS; siehe aber die Ausnahmen in Regel 101.2k und l bei kleinen Geschenken von geringem Wert, gelegentlichen Einladungen zum Essen und diplomatischen Empfängen; Art. 25 Abs. 2 ER-PS). Den Schutz der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Bediensteten bezwecken auch die Vorschriften über die Anzeigepflicht bzw. die Gewährung von Sonderurlaub oder Versetzung in den einst-

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weiligen Ruhestand im Falle der Kandidatur für ein öffentliches Wahlamt (Art. 15 EG-BS; Art. 34 und 35 ER-PS). Auch die Vorschriften über die Anzeige oder Genehmigung von Nebentätigkeiten der Bediensteten und zum Teil sogar ihrer Ehegatten (Art. 12b, Art. 13 EG-BS; Art. 32 ER-PS) dienen neben der Sicherung des Ansehens der I. O. auch dem Schutz der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Bediensteten. Dem Bediensteten ist es außerdem verwehrt, in einer Angelegenheit tätig zu sein, an deren Behandlung er ein mittelbares oder unmittelbares persönliches, insbesondere ein familiäres oder finanzielles Interesse besitzt (Art. 11a EG-BS; Art. 36 ER-PS). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1550: unzulässige Nebentätigkeit; VGIAO Nr. 1061: Tätigkeit als Stadtrat unvereinbar mit dem int. öff. Dienst.

dd) Die Pflicht zur Verschwiegenheit Int. Bedienstete sind zu äußerster Verschwiegenheit über ihre dienstlichen Angelegenheiten verpflichtet (Art. 17 und 17a Abs. 2 EG-BS; Art. 1.2i VNPS; IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffer 35). Die Verpflichtung besteht auch nach dem Ausscheiden aus dem Dienst, allerdings fehlt es dann in der Regel an der Möglichkeit disziplinarischer Sanktionen. Die Amtsverschwiegenheit betrifft in der Praxis insbesondere die Einschaltung von Presseorganen, die Weiterleitung von Informationen an nationale Stellen, insbesondere an Delegierte des Heimatstaats in den Aufsichtsgremien der I. O., sowie die Veröffentlichung von Zeitungsartikeln, Broschüren, Büchern u. ä. über die Tätigkeit der I. O. Der Bedienstete hat vor der Weitergabe der Information die Zustimmung der I. O. zur Veröffentlichung einzuholen (Art. 1.2i VN-PS). Bei der EG besteht lediglich eine Informationspflicht. Die Veröffentlichung kann nur untersagt werden, wenn die Anstellungsbehörde nachweisen kann, dass die Interessen der EG ernstlich Schaden nehmen könnten (Art. 17a Abs. 2 EG-BS; zur Abwägung des Grundrechts der Bediensteten auf Freiheit der Meinungsäußerung und Pflicht zur Verschwiegenheit vgl. näher nachstehend unter hh)). Vereinzelt bestehen auch besondere Vorschriften für die Zustimmung zu Aussagen vor Gericht, über die dem Bediensteten bei seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen (Art. 19 EG-BS). Dies gilt nicht für Zeugenaussagen vor den zuständigen int. VerwGerichten. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1608: Amtsverschwiegenheit besteht auch gegenüber Aufsichtsorganen der I. O.;

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VGIAO Nr. 1475: Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gegenüber Regierungsstellen eines Mitgliedsstaats; VGIAO Nr. 1115: Verbot der Weitergabe interner Berichte an Außenstehende; VGIAO Nr. 635: I. O. hat die Beweislast für Bruch der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit der Bediensteten; VGIAO Nr. 429: Verbot der Weitergabe von Dokumenten oder Informationen über die Tätigkeit der I. O.; VGIAO Nr. 65: Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch Weitergabe von Informationen über eine interne Organisationspanne; VGIAO Nr. 63: Verletzung der Amtsverschwiegenheit durch öffentliche Anschuldigung eines Kollegen; VGIAO Nr. 42: Weitergabe von internen Informationen an Außenstehende (hier: König von Jordanien); VGIAO Nr. 635: Allgemeine Pflicht zur Verschwiegenheit im Dienst.

Rechtsprechung EUGH EUG T-74/01: Zustimmungspflicht zur Aussage vor Gericht bezieht sich nicht nur auf Aussagen als Zeugen; EUGH C-274/99 P: Veröffentlichung eines Buches, das das Ansehen der I. O. verletzt („The Rotten Heart of Europe“) während des Urlaubs aus persönlichen Gründen; EUGH C-54/90: Zeugenaussage vor nationalem Gericht.

ee) Die Pflicht zur Meldung schwerwiegender Missstände Das EG-BS vom 1.5.2004 sieht in den Art. 22a und 22b eine Mitteilungspflicht des Bediensteten über die ihm bekannt gewordenen Fälle schwerwiegender Verletzung von Dienstpflichten, wie z. B. Betrug oder Korruption, vor. Der Bedienstete hat diese Information und die darin enthaltenen Anschuldigungen, die er nach Treu und Glauben für im Wesentlichen als wahr halten muss, direkt oder über Vorgesetzte an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) zu richten („Tippgeber“). Die neue Regelung beruht auf der alten Erkenntnis, dass auch I. O. nicht davor gefeit sind, dass Bedienstete kriminelle Delikte, wie insbesondere Betrug, Unterschlagung oder Bestechung, begehen. Dieser Fehlentwicklung soll durch die Regelung vorgebeugt werden. Die Informanten werden vor Nachteilen geschützt. Bei Mitteilung in böswilliger Absicht werden disziplinarische Maßnahmen eingeleitet. Im Finanzbereich besteht eine erweiterte Mitteilungspflicht an den Anweisungsbefugten oder ein Fachgremium (Art. 60 Abs. 2 EG-Haushaltsordnung).

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ff) Die Pflicht zur allgemeinen Rechtstreue Die Bediensteten haben die Pflicht zur Beachtung der allgemeinen Grund- und Menschenrechte, der gemeinsamen nationalen strafrechtlichen Vorschriften der Mitgliedsstaaten sowie der ethischen Regeln und Traditionen des Sitzstaats (Art. 1.2a VN-PS: „Staff members shall uphold and respect . . . faith in fundamental human rights, in the dignity and worth of the human person . . .“; IÖD-Verhaltensstandards der ICSC, Ziffer 40: „. . . acts that are generally recognized as offences by national criminal laws will normally also be violations of the standards of conduct for the international civil service“ und Ziffer 2: „. . . respect for fundamental rights . . .“). In der Praxis von besonderer Bedeutung ist die Beachtung der Menschenwürde der Kollegen, wie sie sich insbesondere im Verbot des Mobbing und der sexuellen Diskriminierung konkretisiert. Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Beachtung von Straftatbeständen der Vertragsstaaten, wie Betrug, Unterschlagung, Diebstahl, Bestechung, Körperverletzung etc. Verstöße gegen Strafgesetze ziehen in der Regel schärfste Disziplinarmaßnahmen nach sich, ebenso wird hier vielfach die Aufhebung der Amtsimmunität und die Einleitung eines Strafverfahrens in Frage kommen. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1977: Betrug gegenüber der I. O. durch Fälschung von Dokumenten; VGIAO Nr. 1925: Diebstahl; VGIAO Nr. 1828: Betrug bei Dienstreisekosten; VGIAO Nr. 1764: Betrug durch Fälschung der Tickets einer Dienstreise; VGIAO Nr. 1599: Vorsätzliche Körperverletzung (Erteilung einer Ohrfeige an Kollegen); VGIAO Nr. 1501: Pflicht zur Achtung der ethischen Standards des Gastlandes; VGIAO Nr. 1584: Nichtbeachtung nationaler Gesetze und der öffentlichen Ordnung; VGIAO Nr. 1441: Missachtung ethischer Standards; VGIAO Nr. 1128: Verstöße gegen die Sittengesetze des Landes im Privatleben können das Ansehen der I. O. schädigen.

gg) Die Pflicht zur Achtung der Menschenwürde von Kollegen (Mobbing, sexuelle Belästigung) Die Achtung der Menschenwürde wirkt als „zentrales Fundament“ der anderen Grundrechte, als „juristisches Weltenei“ (zit. bei Isensee, Menschenwürde: Die säkulare Gesellschaft auf der Suche nach dem Absoluten,

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in: ArchöR, 2006, 173 ff.) auch über die ARGrundsätze für den int. öff. Dienst auf die Dienstverhältnisse ein. Sie verpflichtet die I. O. zur Wahrung der Menschenwürde in allen ihren Rechtsakten und Handlungen gegenüber den Bediensteten. Ebenso hat die I. O. auch eine Garantenstellung im Verhältnis der Bediensteten untereinander (EUG T-333/99: sexuelle und psychologische Belästigung durch Missbrauch der Internet-Dienste). Verletzt sie diese Schutzpflicht kann dies Schadensersatzansprüche des in seiner Würde verletzten Bediensteten der I. O. auslösen (vgl. VGIAO Nr. 1376: Schutzpflicht der I. O. gegenüber sexueller Belästigung). Schließlich hat die I. O. auch die Pflicht, ihre Bediensteten bei allen dienstlichen Kontakten mit außenstehenden Dritten zur Achtung der Grundrechte und damit auch der Menschenwürde anzuhalten (vgl. besonders eindringlich Art. 1.2a VN-PS). In den letzten Jahren sind I. O., nicht zuletzt auf Grund einer entsprechenden Entwicklung in ihren Mitgliedsstaaten, vielfach dazu übergegangen, die Pflicht der Bediensteten zur Achtung der Menschenwürde der Kollegen ausdrücklich in die DienstRO oder ergänzende Vorschriften aufzunehmen. Konkret geht es dabei um die Pflicht der Bediensteten, Diskriminierung, schikanöse Behandlungen und sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz zu unterlassen (Art. 12a EG-BS; Regel 101.2d VN-PS). Sinnvoll ist es, bei möglichen Rechtsverletzungen in diesem sensiblen Bereich, dem regulären Rechtsschutz zusätzliche Verfahren vorzuschalten, und so Verletzungen der Menschenwürde am Arbeitsplatz rechtzeitig und effektiv entgegenzutreten. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 1376: Schadensersatz wegen unterlassener Fürsorgepflicht bei sexueller Belästigung durch Vorgesetzten.

Rechtsprechung EUGH EUG T-333/99: Missbrauch des Internet-Dienstes für sexuelle und psychologische Belästigung von Kollegen.

hh) Exkurs: Die Verhaltenspflichten und die Freiheit der Meinungsäußerung Die Verhaltenspflichten der Bediensteten stehen im engen Zusammenhang mit den, auch im Dienstverhältnis gegenüber der I. O., verbürgten Grund- und Menschenrechten. Insbesondere das Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung wird im Einzelfall mit den Pflichten des Bediensteten zur Loyalität und Integrität, dem Mäßigungsgebot und der Verschwiegenheitspflicht abzuwägen sein (siehe Art. 17a Abs. 1 EG-BS; vgl. auch Rengeling, S. 528 f.; Lindemann, S: 199 ff.). Die Loyalitätspflicht der Bediensteten darf jedoch nicht so ausgelegt werden, dass sie im Widerspruch zur

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Freiheit der Meinungsäußerung steht (EUGH C-100/88: Ernennung eines Journalisten zum Beamten). Sie wirkt sich lediglich „hemmend und verzögernd“ auf den Gebrauch der Meinungsfreiheit aus (vgl. BVerfG Urteil vom 26.9.2001: Nichtannahmebeschluss, 2 BvR 496/00, Juris). Dabei ist nach der Rechtsprechung des EUGH wegen der besonderen Bedeutung der Freiheit der Meinungsäußerung für die demokratische Gesellschaft, das Zustimmungserfordernis der I. O. zu einer Veröffentlichung des Bediensteten über die Tätigkeit der I. O. eng auszulegen. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die Veröffentlichung geeignet ist, den Interessen der I. O., insbesondere dem Ansehen, einen schweren Schaden zuzufügen (EUGH C-340/00 P; EUGH C-274/99 P: Veröffentlichung des Buches „The Rotten Heart of Europe. The dirty war for Europe’s money“). Die Verpflichtung, das Ansehen der I. O. zu wahren, gilt für den Bediensteten unter allen Umständen. Allerdings wird dadurch die Meinungsäußerungsfreiheit auf einer Generalversammlung des Personals nur bei schwerer Beleidigung oder schwerer Ehrverletzung beschränkt (EUG T-259/97). Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2114: Schreiben an nationales Parlament über interne Organisationsangelegenheiten ist durch das Recht auf Meinungsfreiheit nicht gedeckt; VGIAO Nr. 911: PV genießt weitgehend Meinungsfreiheit, nur grobe Verstöße sind unzulässig; VGIAO Nr. 911: Maß der Diskretion eines Personalvertreters zur organisationsinternen Vorgängen gegenüber der Öffentlichkeit; VGIAO Nr. 87: Personalvertreter haben einen größeren Spielraum in ihrer Meinungsfreiheit und der Kritik; VGIAO Nr. 54: Meinungsfreiheit eines Personalvertreters.

Rechtsprechung EUGH EUG T-259/97: Die Meinungsfreiheit auf einer Personalversammlung wird nur durch schwere Beleidigung oder schwere Ehrverletzung beschränkt; EUG T-82/99: Die Publikation einer von der offiziellen Meinung der I. O. abweichenden Auffassung eines Bediensteten ist von der Meinungsfreiheit gedeckt (Anmerkung: der neue Art. 17a EG-BS vom 1.5.2004 führt eine Beweislastumkehr ein. Demnach hat die Anstellungsbehörde nachzuweisen, dass die Publikation den Interessen der Gemeinschaften ernstlich schaden könnte.); EUG T-74/96: Pressekontakte von Bediensteten; EUGH C-100/88: Die Treuepflicht darf nicht als im Widerspruch zur Freiheit der Meinungsäußerung stehend, ausgelegt werden; ebenso EUGH C-150/98 P; EUGH C-274/99 P: Veröffentlichung (The Rotten Heart of Europe) während eines Urlaubs aus persönlichen Gründen, die den Interessen der Organisation, insbesondere deren Ansehen, einen schweren Schaden zufügt.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen 2. Die Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen

a) Allgemeines Verstöße von Bediensteten gegen dienstliche Pflichten können (Opportunitätsprinzip) zu innerdienstlichen Konsequenzen in Form von Disziplinarmaßnahmen oder finanziellen Regressforderungen führen. Bei der Verletzung nationaler strafrechtlicher Vorschriften durch Handlungen der Bediensteten „in Ausübung oder anlässlich der Ausübung“ seines Amts genießt der Beamte im Interesse der I. O. Immunität von der Bestrafung. Die Anstellungsbehörde kann aber die Immunität des Bediensteten nach dem PPI bzw. Sitzabkommen aufheben. Bei strafrechtlichen Handlungen des Bediensteten, die außerhalb der Ausübung seines Amts liegen (auch wenn sie im Dienstgebäude geschehen) besteht kein Prozesshindernis zur Durchsetzung des Strafanspruchs. Gegebenenfalls wird die I. O. unter Verzicht auf die Immunität den Zutritt zu ihren Räumlichkeiten für etwaige kriminalistische Untersuchungen gestatten. b) Disziplinarrechtliche Folgen Disziplinarvergehen und nationales Strafrecht bestehen grundsätzlich unabhängig voneinander (EUG T-198/02). Das schließt allerdings nicht aus, dass eine nationale strafrechtliche Verurteilung auch für das Disziplinarverfahren von Bedeutung sein kann. Aus diesem Grunde kann (oder darf, vgl. Anhang IX Art. 25 EG-BS) in diesen Fällen die Rechtsstellung eines Bediensteten erst nach Rechtskraft der strafrichterlichen Entscheidung endgültig geregelt werden. Andererseits setzt ein Diszplinarverstoß nicht die Erfüllung des Tatbestands einer nationalstaatlichen Strafrechtsnorm voraus, auch wenn in den Einleitungsverfügungen zu Disziplinarverfahren gelegentlich strafrechtliche Begriffe (z. B. Betrug) verwendet werden (VGIAO Nr. 1948: „when disciplinary sanctions are applied, it is immaterial whether or not the act is criminal“; zum Verhältnis zwischen Disziplinarrecht und Strafrecht vgl. eingehend Wiese, S. 128 ff.). Wie für das nationale Disziplinarrecht gilt auch für das Dienstrecht der I. O. nicht der strafrechtliche Grundsatz „nulla poena sine lege“. Die Disziplinarordnungen der I. O. kennen keine, den nationalen Strafgesetzen vergleichbaren, einzeln normierte Tatbestände, an deren Erfüllung bestimmte Disziplinarstrafen geknüpft sind. Die Disziplinarstrafen werden vielmehr durch die schuldhafte Verletzung dienstlicher Pflichten ausgelöst, die nur in wenigen Bereichen konkret normiert sind. Zum weit überwiegenden Teil werden sie aus dem allgemeinen Dienst- und Treueverhältnis der Bediensteten zur I. O. abgeleitet. Diese Pflichten sind für den Bediensteten der je-

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weiligen I. O. auch konkret erkennbar (vgl. zur Verfassungskonformität des deutschen Disziplinarrechts mit dem Grundgesetz Wiese, S. 134). Das Verhalten eines Bediensteten in seinem Privatleben liegt prima facie außerhalb seines dienstrechtlichen Pflichtenkreises. Sobald jedoch das außerdienstliche Verhalten auf die dienstlichen Pflichten ausstrahlt, kann ein Disziplinarverstoß vorliegen. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn durch das Verhalten der gute Ruf der I. O. in Gefahr gerät (VGIAO Nrn. 79, 274), weil der Bedienstete die Rechtsordnung oder das Sittengesetz des Sitzstaats oder der anderen Mitgliedsstaaten der I. O. verletzt (VGIAO Nrn. 1501, 1584). aa) Die Disziplinarmaßnahmen Die Disziplinarmaßnahmen dienen letztlich der Gewährleistung einer reibungslosen Aufgabenerfüllung durch die I. O. Dem betroffenen Bediensteten soll der Pflichtverstoß nachhaltig vor Augen geführt und die zukünftige Erfüllung seiner Dienst- und Treuepflichten eingefordert werden, soweit nicht die Entfernung vom Dienst wegen der Schwere des Pflichtverstoßes zum Schutze der I. O. erforderlich ist. Den Disziplinarstrafen kommt daher eine rein organisationsinterne Funktion zu (vgl. Rogalla, S. 142). In der Regel kennen I. O. folgende Disziplinarstrafen: – Verwarnung (schriftlich oder mündlich). Nach dem VN-PS handelt es sich nicht um eine Disziplinarstrafe, sondern um eine innerdienstliche Führungsentscheidung (vgl. Regel 110.3. d), i) VN-PS). – Verweis. – Rückstufung in eine niedrigere Dienstaltersstufe oder Besoldungsgruppe. – Entfernung aus dem Dienst ggf. unter (beschränkter) Kürzung der Versorgung. – Kürzung der Versorgungsansprüche bei Pensionären (im Wesentlichen nur bei der EG). Die EG hat in Anhang IX Art. 9 Abs. 2 BS die Kürzung der Versorgungsbezüge zeitlich befristet, um die makabere Konsequenz ihrer früheren (bis 1.5.2004 geltenden) Regelung zu vermeiden, nämlich volle Versorgungsbezüge als Grundlage für die anderen Versorgungsempfänger erst bei Tod des Pensionärs zu gewähren. Das PS des ER kennt keine disziplinarischen Maßnahmen zur Kürzung von Ruhegehaltsansprüchen von Bediensteten oder ehemaligen Bediensteten (vgl. Art. 54 ER-PS). Bei den VN ist ebenfalls ist keine Kürzung von Pensionsanwartschaften oder Pensionsansprüchen möglich (vgl. Regel 110.3 VN-PS). Bei Pensionären der VN sind überhaupt alle Disziplinarmaßnahmen schon deshalb ausgeschlossen,

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

weil hier ausschließlich Rechtsbeziehungen zum UNJSPF und nicht mehr zu den VN bestehen (vgl. Busch, S. 121). bb) Abgrenzung zu anderen dienstrechtlichen Maßnahmen Eine Reihe von Entscheidungen der Anstellungsorganisation stehen entweder lediglich im Zusammenhang mit disziplinarrechtlichen Maßnahmen ohne selbst eine Disziplinarmaßnahme zu sein oder sie werden fälschlicherweise zu diesen zugerechnet. Andererseits gibt es vielfach sog. verdeckte Disziplinarmaßnahmen, d.h. Maßnahmen der I. O., die für den Bediensteten zu vergleichbaren Einschränkungen seiner Rechte wie förmliche Disziplinarmaßnahmen führen, jedoch unter dem Deckmantel innerdienstlicher Verwaltungsentscheidungen getroffen werden (vgl. näher nachstehend unter (1)). (1) Maßnahmen ohne Disziplinarcharakter • Die vorläufige Dienstenthebung (Suspendierung) ist eine vorläufige Maßnahme, die bei Verdacht auf einen schweren Verstoß gegen Dienstpflichten oder nationale Strafvorschriften ausgesprochen wird. Sie wahrt alle Rechte des Betroffenen (VGIAO Nr. 353), kann aber zu Schadensersatz verpflichten, wenn sie z. B. unverhältnismäßig war, zu lange dauerte oder unter Verletzung der Würde und des Ansehens des Bediensteten erfolgte. Sie ist in der Regel zeitlich befristet. Sie wird von der Anstellungsbehörde (mit oder ohne vorheriger Anhörung des Vorsitzenden des Disziplinarausschusses) verhängt (vgl. Anhang IX Art. 23 EG-BS, Regel 110.2 VN-PS, Art. 57 ER-PS; zur rechtlichen Bewertung der Suspendierung als Disziplinarstrafe siehe Rogalla, S. 143; Busch, S. 125 und VGIAO Nrn. 1927, 353, 136). • Haftungsrechtliche Regressansprüche bzw. Rückforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung Es handelt sich um keine Disziplinarmaßnahmen (so ausdrücklich Regel 110.3 b ii VN-PS für die ungerechtfertigte Bereicherung – Recovery of money owned to the Organisation). Die zugrundeliegenden Handlungen können aber Disziplinarmaßnahmen auslösen. • Die Einbehaltung von Dienstbezügen mangels Gegenleistung des Bediensteten, z. B. bei Verrechnung mit Gegenforderungen der I. O., bei unbefugtem Fernbleiben vom Dienst (vgl. Art. 60 EG-BS) oder bei rechtmäßigem Fernbleiben in Folge Teilnahme an Streikmaßnahmen (vgl. VGIAO Nr. 615, EUGH: 44, 46 und 49/74). • Kritische schriftliche oder mündliche Bemerkungen eines Vorgesetzten (EUGH 16/67), kritische Bemerkungen in Beurteilungen, Entlassungen

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auf Grund ungenügender Leistung (VGIAO Nr. 248; vgl. den sog. „Trottelparagraph“, Art. 51 EG-BS, allerdings genießt hier der Bedienstete den förmlichen Rechtsschutz des Disziplinarverfahrens bzw. des Verfahrens vor einem paritätisch besetzten Ausschuss). • Die Entlassung des Bediensteten nach Ablauf des befristeten Dienstvertrags ohne Neueinstellung oder Verlängerung (VGIAO Nr. 1405). (2) Verdeckte Disziplinarmaßnahmen I. O. können den besonderen Rechtsschutz der Bediensteten in Disziplinarangelegenheiten nicht dadurch umgehen, dass sie als Folge eines möglichen dienstlichen Pflichtenverstoßes, Ermessensentscheidungen mit disziplinarähnlichem Charakter treffen (vgl. VGIAO Nr. 2229). In der Praxis typische Fälle einer verdeckten Disziplinarmaßnahme sind die Zwangsversetzung, der Entzug maßgeblicher Kompetenzen und die Verletzung des nach der Stellenbeschreibung des Dienstpostens gewährleisteten Niveaus und Umfangs der Tätigkeit, die Entlassung politischer Beamter auf Druck eines Mitgliedsstaats und die Einbehaltung des Gehalts wegen angeblich verursachter Schäden. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2232: Entlassung auf politischen Druck; VGIAO Nrn. 1929, 1796: Zwangsversetzung als verdeckte Disziplinarmaßnahme; VGIAO Nr. 2232: Entlassung des Behördenleiters auf politischen Druck; VGIAO Nr. 1590: Änderung der Zuständigkeitsverteilung eines Bediensteten auf Grund schlechter Leistung ist keine verdeckte Disziplinarmaßnahme; VGIAO Nr. 1496: Versetzung aus heiterem Himmel unter Verletzung des guten Namens und der bisherigen Leitungskompetenz; VGIAO Nr. 1972: Versetzung war keine verdeckte Disziplinarmaßnahme, aber Ansehen und Würde des Bediensteten sind zu beachten; VGIAO Nr. 1501: Versetzung wegen Verletzung ethischer Standards am Dienstort war keine Disziplinarmaßnahme; VGIAO Nr. 1347: Wegnahme von Zuständigkeiten zur zukünftigen Vermeidung von finanziellen Unregelmäßigkeiten ist keine Disziplinarstrafe; VGIAO Nr. 1405: Beendigung eines befristeten Vertrags ist keine verdeckte Disziplinarmaßnahme; VGIAO Nr. 1234: Versetzung als verdeckte Disziplinarmaßnahme; VGIAO Nr. 757: Einbehaltung von zwei Monatsgehältern wegen grob fahrlässig verursachten Schadens als verdeckte Disziplinarmaßnahme, VGIAO Nr. 136: Freistellung vom Dienst unter Weiterzahlung des Gehalts wegen Streit mit Kollegen als verdeckte Disziplinarmaßnahme.

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

cc) Das Disziplinarverfahren • Das nicht-förmliche Disziplinarverfahren Als Folge eines Verstoßes des Bediensteten gegen seine dienstlichen Pflichten kann die I. O. nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen (Opportunitätsprinzip) disziplinarische Konsequenzen ziehen. Einfache Disziplinarmaßnahmen (Verwarnung, Verweis) kann die Anstellungsorganisation nach Anhörung des Bediensteten ohne förmliches Disziplinarverfahren aussprechen (Anhang IX Art. 11 EG-BS, Regel 110.3 b i VN-PS). • Das förmliche Disziplinarverfahren Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens liegt ebenfalls im Ermessen der I. O. Man wird jedoch auch den Bediensteten das Recht zubilligen müssen, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst zu beantragen, um sich von dem Verdacht einer Pflichtverletzung zu befreien. Die I. O. wird hierbei im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens auch unter dem Gesichtspunkt der Fürsorge zu entscheiden haben. Dem Disziplinarverfahren kann ein Untersuchungsverfahren vorgelagert werden (Ermittlungsverfahren, Verwaltungsuntersuchung; vgl. Anhang IX Art. 2 EG-BS). Bei der EG kann damit auch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung befasst sein. Das Disziplinarverfahren selbst findet vor einem unabhängigen, mit Vertretern der Verwaltung und des Personals besetzten Disziplinarorgan (Disziplinarrat, Disziplinarausschuss) statt (vgl. Anhang IX Art. 5 und 6 EGBS, Regel 110.6 VN-PS, Art. 55 Abs. 1 und 2 ER-PS). Der Vorsitzende und die Mitglieder üben ihre Befugnisse in völliger Unabhängigkeit aus. Das Verfahren ist geheim (Anhang IX Art. 8 Abs. 2 EGBS, Art. 55 Abs. 9 ER-PS). Nach ständiger Rechtsprechung int. VerwGerichte sind die statutären Regelungen des Disziplinarverfahrens genauestens zu beachten. Vorwürfe sind präzise zu formulieren und dem Betroffenen ist ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren. Der Betroffene hat das Recht, sich vor dem Disziplinargremium schriftlich und mündlich zu äußern und sich eines Beistands zu bedienen (insgesamt zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens – „due process“ – siehe VGIAO Nr. 1639, vgl. auch VGIAO Nrn. 2496, 2254, 2351, 203, vgl. auch Amerasinghe, The Law, Bd. II S. 190). Das Disziplinarorgan muss neben der genauen Ermittlung, des dem Betroffenen zur Last gelegten Pflichtenverstoßes, auch sein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) feststellen (vgl. Anhang IX Art. 10 f. EG-BS).

3. Abschn.: Typische Strukturen/Elemente des normierten Dienstrechts

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Auch soweit in den DienstRO die Schuld des disziplinarisch belangten Bediensteten nicht ausdrücklich als subjektives Tatbestandsmerkmal genannt wird (so etwa im VN-PS), resultiert sie aus der Natur des Disziplinarvergehens als einem persönlich vorwerfbaren Fehlverhalten (Busch, S. 122). Nach Rechtsauffassung des EUGH (12/68) wird der Vorsatz eines Disziplinarverstoßes bei lediglich geminderter Zurechnungsfähigkeit nicht ausgeschlossen (strittig, vgl. Rogalla, S. 144). Im Übrigen gelten für das förmliche Disziplinarverfahren die int. allgemein anerkannten verfahrensrechtlichen Grundsätze (auch wenn sie nicht ausdrücklich in der Disziplinarordnung festgelegt sind) wie etwa „in dubio pro reo“ (VGIAO Nrn. 2351, 2009), „ne bis in idem“ (VGIAO Nr. 934 „double jeopardy“), rechtliches Gehör und streitiges Verfahren (VGIAO Nr. 2254), „audi alteram partem“ (VGIAO Nr. 1639). Das Disziplinarorgan legt der Anstellungsbehörde und dem Betroffenen eine begründete Stellungnahme darüber vor, ob und ggf. welche Disziplinarstrafe dem Bediensteten gegenüber ausgesprochen werden soll (Anhang IX Art. 18 EG-BS, Regel 110.4 b VN-PS; Anhang X Art. 8 ER-PS). Die Entscheidung der Anstellungsbehörde über die Disziplinarstrafe auf Grund der Stellungnahme des Disziplinarorgans stellt eine Ermessensentscheidung dar (ständige Rechtsprechung, vgl. VGIAO Nrn. 2365, 2114, EUG T-277/01, EUG T-75/00, EUG T-197/00, EUG T-241/99). Es gelten die allgemeinen Regeln für die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen. Will die Anstellungsbehörde von einer Empfehlung des Disziplinarorgans zu Ungunsten des Betroffenen abweichen, hat sie dies zu begründen (VGIAO Nr. 2261). Entscheidungen in Disziplinarsachen werden von den Betroffenen besonders häufig mit dem Argument der Unangemessenheit der Disziplinarstrafe angefochten. Die VerwGerichte sind daher regelmäßig mit der Prüfung der Disziplinarstrafe anhand des Maßstabs der Verhältnismäßigkeit befasst. Die Neufassung des EG-BS trägt dem Rechnung. Sie enthält in Anhang IX Art. 10 nicht nur einen ausdrücklichen Hinweis auf diesen Rechtsgrundsatz, sondern eine Prüfliste zur Erleichterung der Feststellung der Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere des Pflichtenverstoßes und der Disziplinarstrafe. Die Anstellungsbehörde hat demnach insbesondere folgenden Umständen Rechnung zu tragen: a) der Art des Dienstvergehens und den Tatumständen; b) dem Ausmaß, in dem das Dienstvergehen die Integrität, den Ruf oder die Interessen der I. O. beeinträchtigt; c) dem Ausmaß, in dem das Dienstvergehen mit vorsätzlichen oder fahrlässigen Handlungen verbunden ist;

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

d) den Gründen des Beamten für das Dienstvergehen; e) der Besoldungsgruppe und dem Dienstalter des Beamten; f) dem Grund der persönlichen Verantwortung des Beamten; g) dem Niveau der Aufgaben und der Zuständigkeiten des Beamten; h) der Frage, ob das Dienstvergehen mit wiederholten Handlungen oder wiederholtem Verhalten verbunden ist, und i) der bisherigen dienstlichen Führung des Beamten. Gegen die abschließende Entscheidung der Anstellungsbehörde in Disziplinarverfahren stehen den Bediensteten die allgemeinen Rechtsmittel gegen dienstrechtliche Entscheidungen zur Verfügung. Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2496 (Grundsatzurteil): Erst im Laufe des Disziplinarverfahrens vorgebrachte Pflichtverletzungen sind unbeachtlich; VGIAO Nr. 2494: In einem Sonderfall (Luftraumüberwachung) kann das überraschende Verlassen des Arbeitsplatzes wegen Streik eine Disziplinarstrafe rechtfertigen; VGIAO Nr. 2391: Will eine Anstellungsbehörde von der begründeten Empfehlung des Disziplinarorgans abweichen, muss sie dies begründen; VGIAO Nr. 2365: Die vorläufige Dienstenthebung liegt im Ermessen der I. O.; VGIAO Nr. 2261: Bei mehreren Disziplinarverstößen muss die Anstellungsbehörde jedes einzelne Abweichen von der Stellungnahme des Disziplinarorgans einzeln begründen; VGIAO Nr. 2048: Drohbriefe an Kollegen rechtfertigt die Nicht-Erneuerung eines Anstellungsvertrags (kein Ermessensmissbrauch); VGIAO Nr. 2009: Der Grundsatz „in dubio pro reo“ findet auch in Disziplinarverfahren nur Anwendung, wenn ein Zweifel besteht; VGIAO Nr. 1984: Für Disziplinarmaßnahmen ist es unerheblich, ob die Strafbarkeit nach nationalem Strafrecht gemildert oder aufgehoben wird; VGIAO Nr. 1975: Deaktivierung des Alarmknopfs durch Sicherheitsbediensteten rechtfertigt Entlassung; VGIAO Nr. 1925: Diebstahl kann Entlassung rechtfertigen; VGIAO Nr. 1878: Die Entlassung wegen Bezeichnung des Vorgesetzten als Faschisten kann unverhältnismäßig sein; VGIAO Nr. 1764: Verhältnismäßigkeit der Strafe; VGIAO Nr. 1661: Je höher der Dienstrang, desto höher die dienstliche Sorgfaltspflicht; VGIAO Nr. 1608: Disziplinarstrafe wegen Missachtung des Dienstwegs und der Vertraulichkeit; VGIAO Nr. 1599: Eine Ohrfeige rechtfertigt eine Disziplinarstrafe;

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VGIAO Nr. 1584: Disziplinarstrafe wegen Rufschädigung des Organs durch mehrere Kriminalstrafen; VGIAO Nr. 1550: Missbrauch diplomatischer Befugnisse rechtfertigt Disziplinarstrafe; VGIAO Nr. 1391 und Nr. 885: Disziplinarstrafe wegen Meinungsäußerung im dienstrechtlichen Streitverfahren ist nur in extremen Fällen gerechtfertigt; VGIAO Nr. 1381: Kein Ermessensmissbrauch, wenn die I. O. eine Wiederernennung des Bediensteten trotz Verwarnung ablehnt, weil sein Verhalten nicht den Ansprüchen des int. öff. Dienstes genügt; VGIAO Nr. 1363: Verbotene Nebentätigkeit rechtfertigt Entlassung; VGIAO Nr. 1346: Absichtliche und wiederholte Insubordination rechtfertigt Entlassung; VGIAO Nr. 1028: Beleidigungen auf Beurteilungsformularen rechtfertigen Disziplinarmaßnahmen; VGIAO Nr. 969: Teilnahme an der Abfassung von Briefen mit Morddrohungen von Kollegen rechtfertigt Entlassung.

Rechtsprechung EUGH EUG T-23/00: Das Disziplinarverfahren ist ein Verwaltungs- und kein Gerichtsverfahren. Der Grundrechtsschutz nach Art. 6 EMRK findet daher keine Anwendung; EUG T-198/02: Bei der Wahl der Disziplinarstrafe muss ein Strafurteil nicht berücksichtigt werden; EUG T-175/86 und EUG T-209/86: Auch Umstände im Privatleben eines Bediensteten (z. B. die absichtliche Nichtbefolgung der Verurteilung zur Zahlung in einem Scheidungsurteil) können in Ausnahmefällen eine Disziplinarstrafe rechtfertigen; EUG T-255/83: Festlegung der Dienstaltersstufe bei Degradierung; EUG T-24/98: Begründungspflicht der Anstellungsbehörde, wenn sie eine schwerere Disziplinarstrafe ausspricht als vom Disziplinarausschuss empfohlen; EUG T-333/99 und EUG T-11/03: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Disziplinarstrafe; EUG T-277/01: Keine zusätzliche Begründung erforderlich, wenn die Anstellungsbehörde sich die Empfehlung des Disziplinarrats zu eigen macht; EUG T-146/94: Beleidigende Äußerungen in Dokumenten gegenüber Mitgliedern des Rechnungshofs; EUG T-203/95 und EUGH C-273/99 P: Nicht-genehmigte Veröffentlichung eines die EG diskreditierenden Buches „The Rotten Heart of Europe . . .“; EUG T-21/93: Täuschung über die Gründe für das Fernbleiben vom Dienst; EUG T-22/93: Weigerung der Mitteilung der Privatanschrift; EUG T-549/93: Sexuelle Belästigung; EUGH C-166/95 P: Entlassung wegen Täuschung und Unterschlagung; EUG T-40/95: Täuschung bei Einstellungsprüfung;

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2. Teil: Rechtsquellen des Dienstrechts der Int. Organisationen

EUG T-183/96: Hinzufügen von grob beleidigenden Bemerkungen bei Beurteilungen; EUG T-241/99: Pflicht zur Begründung bei Verschärfung der vom Disziplinarrat empfohlenen Disziplinarstrafe.

c) Haftungsrechtliche Folgen Verstoßen int. Bediensteten schuldhaft (z. T. findet eine Beschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit statt, vgl. Art. 25 EPO-BS, siehe Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 9 EPÜ, Rdn. 30) gegen ihre dienstlichen Pflichten, so können sie in der Regel zu vollem oder teilweisem Ersatz des Schadens herangezogen werden, den die I. O. hierdurch erlitten hat (vgl. Art. 22 EG-BS, Regel 112.3 VN-PS). Nur diese Haftung im Innenverhältnis ist Gegenstand der DienstRO I. O. (vgl. z. B. Art. 9 Abs. 3 EPÜ). Im Außenverhältnis (d.h. gegenüber Dritten) besteht eine unmittelbare Eigenhaftung der I. O. (Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 9 EPÜ, Rdn. 25; vgl. dagegen die Haftungsverlagerung im deutschen Beamtenrecht nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG). Die privatrechtliche Haftung der I. O. gegenüber Dritten (vertraglich oder außervertraglich) richtet sich nach den, zumeist in den Gründungsübereinkommen der I. O. niedergelegten Grundsätzen (siehe näher Kunz-Hallstein/ Ullrich, Art. 9 EPÜ). Dies gilt auch für die Regelung der internationalen gerichtlichen Zuständigkeit. Die völkerrechtliche Haftung I. O. beurteilt sich nach allgemeinen völkerrechtlichen Regeln. Die Haftung der Bediensteten gegenüber ihrer I. O. auf Ersatz des „in Ausübung oder anlässlich der Ausübung“ ihres Dienstes schuldhaft verursachten Schadens (zu den Rückforderungsansprüchen aus Überzahlung siehe oben 2. Teil, 3. Abschn. C.II.1.c)dd)) erstreckt sich auf Eigenschäden (unmittelbar zugefügte Schäden, z. B. Diebstahl von Büromaterial) und auf Fremdschäden (Regress bei mittelbaren Schäden, z. B. Vertragsverletzung, Verletzung des Vergabeverfahrens oder der Versicherungspflicht). Für Schäden, die Bedienstete außerhalb der Ausübung ihres Dienstes der I. O. zufügen, haften sie nach den Regeln des int. Privatrechts. Im Gegensatz zur Haftung der I. O. auf Schadensersatz gegenüber ihren Bediensteten (oben 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.5. und 2. Teil, 3. Abschn. C.I.9.f)), kommt der Haftung der Bediensteten gegenüber der I. O. kaum praktische Bedeutung zu. Außerdem schließen I. O. für Bedienstete in Bereichen mit erhöhtem finanziellen Risiko und verschärfter Haftung (z. B. Hauptanweisungsbefugte, Pensionsverwalter) gelegentlich auf eigene Rechnung Haftpflichtversicherungen ab. Nennenswerte int. Rechtsprechung zur Regresshaftung der Bediensteten liegt nicht vor.

3. Teil

Das Rechtsschutzsystem im Dienstrecht der Internationalen Organisationen – Die internationalen Verwaltungsgerichte (The system of legal protection in employment law of International Organisations – International Administrative Tribunals) 1. Abschnitt

Allgemeines (General) A. Die Pflicht zur Gewährung von Rechtsschutz (The obligation to warrant legal protection) I. O. genießen eigene Organisationsgewalt. Die ihnen im Bereich des Personalrechts eingeräumte autonome Rechtssetzungsbefugnis dient der ungehinderten Tätigkeit und vollständigen Unabhängigkeit von den einzelstaatlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften (näher oben 1. Teil, 2. Abschn.). Diese Autonomie ist aber nur dann vollständig, wenn sie auch die Freistellung dieser organisationsinternen Rechtsordnungen von der Anwendung und Auslegung durch die einzelstaatliche Gerichtsbarkeit umfasst. Die nationalen Gerichte der Mitgliedsstaaten I. O. stünden zumindest in Verdacht, das interne Dienstrecht der I. O., das rechtsdogmatisch dem partikulären Völkerrecht zuzuordnen ist (Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 1504), auf der Grundlage nationaler Hoheitsgewalt und damit nicht sachgerecht zu bewerten. Nationale Gerichte sind daher „ratione materiae“ zur Entscheidung über das interne Dienstrecht unzuständig (Wenckstern, Rdn. 995; KunzHallstein/Ullrich, Rdn. 3; Priess, S. 53 f.). In der Praxis ist es jedoch leichter für eine I. O., sich auf die ihr als juristische Person des Völkerrechts zustehende Immunität von der nationalen Hoheitsgewalt und damit auch der Gerichtsbarkeit zu berufen (Wenckstern, Rdn. 995), da die Unzuständigkeit nationaler Gerichte „ratione personae“ in Personalangelegenheiten im Gegensatz zur sachlichen internationalen Unzuständigkeit in den Immunitätenprotokollen oder Sitzabkommen I. O. ausdrücklich normiert wird. Diese Im-

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3. Teil: Rechtsschutzsystem im Dienstrecht der Int. Organisationen

munität ist von den nationalen Gerichten in jedem Verfahrensabschnitt (auch schon bei der Terminierung der mündlichen Verhandlung) ex officio zu beachten (siehe z. B. § 20 deutsches GVG, näher Kunz-Hallstein, GRUR, S. 821). Lediglich für Randbereiche des Dienstrechts (sogenannte Ortskräfte oder Hilfskräfte für überwiegend einfache und manuelle Arbeiten), wird man eine freiwillige, weil zweckmäßige, Anwendung nationalen Arbeitsrechts auf die Beschäftigungsverhältnisse bei I. O. zugestehen können. Eine Verletzung der Autonomie kann hier nicht eintreten. Allerdings scheuen I. O. vielfach davor zurück, für den Fall der Unterstellung dieser Beschäftigungsverhältnisse unter das nationale Arbeitsrecht auf ihre Immunität von der nationalen Gerichtsbarkeit zu verzichten. Sie gewähren stattdessen vorzugsweise Rechtsschutz durch eine Schiedsinstanz (Art. 122 EG-BSB). I. O. dürfen sich aber auch bei Personalstreitigkeiten nicht auf ihrer Immunität von der nationalen Gerichtsbarkeit „ausruhen“, sondern haben für einen anderweitigen, adäquaten Rechtsschutz Sorge zu tragen (2. Teil, 2. Abschn. B.VII., Grundrecht auf Rechtsschutz). Für den Bereich des internen Dienstrechts I. O. bedeutet dies, dass der Personalhoheit (gleichsam als andere Seite der Medaille) die Verpflichtung der I. O. entspricht, ihren Bediensteten Rechtsschutz bei dienstrechtlichen Streitigkeiten zu gewähren. Sie gewährleistet damit auch das als ARGrundsatz des int. öff. Dienstes anerkannte Grundrecht auf Rechtsschutz. Zwar könnten I. O. in Bereichen ihrer amtlichen Tätigkeit außerhalb des Dienstrechts den Rechtsweg zu einer Schiedsinstanz anbieten (siehe z. B. den Rechtsschutz I. O. im Vergaberecht, Ullrich, Vergabe, Rdn. 40). Diese Lösung erschiene jedoch (schon angesichts der relativen Häufigkeit dienstrechtlicher Streitigkeiten) als nicht sachgerecht (zur rechtlichen Problematik, siehe Priess, S. 150). Andererseits stößt die Regelung für Sonderfälle (z. B. für Ortskräfte, siehe auch die Empfehlung des VGIAO Nr. 2657 zum Rechtsschutz von Stellenbewerbern) auf keine rechtlichen Bedenken. Wenn die Zuständigkeit int. VerwGerichte für die dienstrechtlichen Streitigkeiten dabei nicht im Immunitätenprotokoll selbst oder im den Sitzabkommen, sondern in den Gründungsübereinkommen festgelegt wird (z. B. Art. 236 EGV; Art. 13 EPÜ) kommt hierdurch zum Ausdruck, dass in diesem Bereich der internen Organisationsgewalt die nationale Gerichtsbarkeit nicht nur wegen der Immunität (ratione personae) unzuständig ist, sondern auch der Sache nach (ratione materiae) (Wenckstern, Rdn. 997). Diese Festlegung garantiert, dass die Organe der I. O. an die Rechtswegsgarantie zu den int. VerwGerichten gebunden sind und nicht durch Verzicht auf ihre Immunität die Zuständigkeit nationaler Gerichte herbeiführen können.

1. Abschn.: Allgemeines

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B. Die Rechtsgrundlagen für die Errichtung internationaler Verwaltungsgerichte (Legal basis for the setting up of International Administrative Tribunals) Soweit das Gründungsübereinkommen einer I. O. die Zuständigkeit eines int. VerwGerichts für dienstrechtliche Streitigkeiten nicht ausdrücklich vorsieht (siehe aber die ausdrücklichen Rechtsgrundlagen in Art. 236 EGV und Art. 13 EPÜ), kann entweder die Zuständigkeit eines bereits bestehenden int. VerwGerichts vereinbart oder ein eigenes Gericht geschaffen werden. Hierzu ist die jeder I. O. zustehende Organisationsgewalt als Rechtsgrundlage für die Errichtung neuer Neben- und Hilfsorgane (näher Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rdn. 0921; zum Widerstand der USA bei der Errichtung des VGVN ohne Rechtsgrundlage in der VN-Charta und die Anrufung des IGH siehe Priess, S. 13 ff.; vgl. außerdem zur möglichen Heranziehung weiterer Rechtsgrundlagen wie die „inherent powers“, „implied powers“ oder den „effet utile“ bei Priess, S. 89 ff.) heranzuziehen. Aktuelle Beispiele dieser Nebenorgane bilden die bei zahlreichen I. O. in letzter Zeit gegründeten Pensionsreservefonds, Pensionsfonds und die Fonds für die soziale Absicherung, z. B. die Pflegeversicherung (siehe näher 2. Teil, 3. Abschn. C.I.7.).

C. Die Gerichtsbarkeit der internationalen Verwaltungsgerichte (The Jurisdiction of the International Administrative Tribunals) I. Der Grundsatz der beschränkten Gerichtsbarkeit (The Principle of restrictive jurisdiction) Int. VerwGerichte werden erst durch einen internen Legislativakt des Plenarorgans der I. O. geschaffen, der auch die Satzung des Gerichts beschließt und damit dessen Kompetenzen festlegt, die sich auch auf nicht-dienstrechtliche Streitigkeiten erstrecken können. Danach ist etwa das VGIAO auch für vertragliche Streitigkeiten der IAO zuständig (VGIAO Satzung Art. II Abs. 4; beim EUGH betrug die Kompetenz für dienstrechtliche Streitigkeiten in den 80er Jahren nur etwa 20–25% seiner Gesamtkapazität, siehe Karpenstein, Rdn. 4). In jedem Fall ist die Gerichtsbarkeit der int. VerwGerichte „ratione personae“ grundsätzlich auf den Bereich der Hoheitsgewalt der jeweiligen I. O. beschränkt (Kunz-Hallstein,/Ullrich, Art. 13 EPÜ, Rdn. 17 ff.; siehe VGIAO Nr. 137. Allerdings sehen die von den Plenarorganen erlassenen Gerichtssatzungen vielfach die Möglichkeit der

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3. Teil: Rechtsschutzsystem im Dienstrecht der Int. Organisationen

Erstreckung der Gerichtsbarkeit auf andere I. O. vor, die mit der I. O. eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben (z. B. Art. II Abs. 5 der VGIAO-Satzung). Von dieser Möglichkeit wird, insbesondere aus finanziellen Gründen, vielfach Gebrauch gemacht. So erstreckt sich etwa die Gerichtsbarkeit des VGIAO neben der IAO selbst (Stand 2008) auf 50 I. O. Die Gerichtssatzungen ziehen außerdem die materiellen Grenzen der Gerichtsbarkeit des VerwGerichts. So bestimmt etwa Art. II Abs. 1 der VGIAO-Satzung die Beschränkung der Gerichtsbarkeit des Tribunals auf Klagen, welche eine Verletzung – in der Sache oder in der Form – der bei der Einstellung eines Bediensteten getroffenen Vereinbarung oder von einschlägigen Vorschriften des Personalstatuts geltend machen („complaints alleging non-observance in substance or in form, of the terms of appointment of officials of the International Labour Office and of such provisions of the Staff Regulations as are applicable to the case“). Art. II Abs. 2 und 3 der VGIAO-Satzung erstrecken die Zuständigkeit materiell auch auf Schadensersatzforderungen bei Invalidität und Berufskrankheiten und in personeller Hinsicht auf Ehegatten, Kinder und Rechtsnachfolger der Bediensteten. Vergleichbare Regelungen finden sich auch in den Satzungen anderer int. VerwGerichte. Klagen, die von der Beschränkung der Gerichtsbarkeit nicht abgedeckt werden, weist das Gericht ohne weiteres als unzulässig ab (siehe z. B. VGIAO Nr. 2306 – Ablehnung einer Klage auf Schaffung der Einrichtung einer Ombudsperson als unzulässig). Hierzu zählen auch alle Fragen, die die Aufhebung der Immunität eines Bediensteten betreffen, da hier nicht das Anstellungsverhältnis, sondern die Rechtsbeziehung der I. O. zum Mitgliedsstaat betroffen ist (siehe z. B. VGIAO Nr. 1543). Auch eine abstrakte Normenkontrolle kennt die Gerichtsbarkeit der int. VerwGerichte nicht. Eine inzidente Überprüfung der internen dienstrechtlichen Normen am Maßstab des Primärrechts oder der ARGrundsätze findet aber im Rahmen einer zulässigen Individualklage statt. Das Gericht sieht sich dann als befugt an, die Unanwendbarkeit der Norm (oder einer sonstigen der Entscheidung zugrundeliegenden Regelung) „inter partes“ festzustellen (siehe unten C.II.2.). Das VGIAO nimmt seine gerichtliche Zuständigkeit selbst dann in Anspruch, wenn das Personalstatut der beklagten I. O. ausdrücklich alle Rechtsmittel gegen eine endgültige Entscheidung (z. B. die Nichterneuerung bzw. Verlängerung eines befristeten Anstellungsvertrags) ausschließt (siehe VGIAO Nrn. 474, 544). Die Gerichtsbarkeit erstreckt sich auf das Dienstrechtsverhältnis im weitesten Sinn (VGIAO Nr. 605), also auch auf Schadensersatzansprüche, die sich aus dem Dienstverhältnis ableiten lassen. Int. Gerichte entscheiden selbst über ihre Zuständigkeit (Scope of jurisdiction) nach Maßgabe ihres Statuts, sie haben „Kompetenz-Kompetenz“ (siehe Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 13 EPÜ, Rdn. 20; Art. II Abs. 7 VGIAO-Sat-

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zung; Art. 2 Abs. 3 VGVN-Satzung; Art. 4 VGER-Satzung). Soweit Vorschriften in den Personalordnungen dem entgegenstehen, sind sie statutskonform auszulegen oder werden für nicht-anwendbar erklärt (siehe VGIAO Nr. 474: Nur die Einlegung einer internen Beschwerde ist ausgeschlossen, nicht jedoch die Klageerhebung zum VGIAO; siehe auch Nrn. 532, 533). Nach VGIAO Nr. 1095 liegt eine fingierte endgültige Entscheidung gemäß Art. VII Abs. 3 der Gerichtssatzung nach Ablauf von 60 Tagen auch dann vor, wenn nach den Personalvorschriften der Verwaltung eine längere Frist für den Erlass der Entscheidung (hier: 4 Monate) gewährt wird. Die Klage ist dann nicht verfrüht und der I. O. ist es verwehrt, sich auf die Nicht-Ausschöpfung des internen Beschwerdeverfahrens zu berufen. Außerdem ist für die I. O. die längere Beschwerdefrist bindend, d.h. sie kann sich nicht auf die Unzulässigkeit berufen, wenn der Bedienstete eine Klage erhebt, die nach dem Personalstatut, nicht aber nach der Gerichtssatzung nach zulässig wäre. Insgesamt ist festzustellen, dass das VGIAO seine Rechtssprechungskompetenz weit interpretiert. Dies trifft insbesondere für den Bereich des Schadensersatzes zu (siehe näher oben, 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.5.d)). Im Gegensatz dazu steht allerdings die Ablehnung, einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren (VGIAO Nr. 2633) und Klagen externer Konkurrenten zuzulassen (VGIAO Nr. 2657). Hier wäre eine extensive Auslegung seiner Satzung unter Angleichung an die Rechtsschutzgewährung des EUGH wünschenswert. II. Die Grenzen der Entscheidungsbefugnis (The limits of adjudicative power) Die Entscheidungsbefugnisse der int. VerwGerichte unterliegen den Einschränkungen, die vom Legislativorgan der I. O. in der Gerichtsatzung festgelegt sind. In der Regel können int. VerwGerichte (z. B. VGIAO-Satzung Art. VIII) nur Entscheidungen der Exekutive aufheben (rescinding of a decision impugned), der I. O. eine Handlung vorschreiben (the performance of the obligation relied upon) oder eine Entschädigung in Geld aussprechen (award the complainant compensation for the injury caused to him). Das Gericht kann daher nicht „Maßnahmen gegen das Management“ erlassen (VGIAO Nrn. 654, 655, 933, 968), die I. O. verpflichten, eine dienstliche Verwarnung gegen einen Kollegen des Klägers auszusprechen, eine Beförderung anzuordnen oder einen Bediensteten in einen bestimmten Dienstposten einzuweisen (VGIAO Nrn. 1049, 1213). Zulässig ist es aber, eine Entscheidung über die nicht ordnungsgemäße Vollstreckung eines Urteils zu erwirken (Antrag auf Vollstreckung – application for execution, z. B. VGIAO Nrn. 2533, 2178, 1978).

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3. Teil: Rechtsschutzsystem im Dienstrecht der Int. Organisationen

Die Satzungen einiger int. VerwGerichte weichen hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis vom vorstehenden Standard ab und sehen Erweiterungen oder Einschränkungen vor. So muss das VGIWF nach Art. XIV Abs. 2 seiner Satzung hilfsweise einen Schadensersatz festlegen, wenn es eine Maßnahme der Verwaltung anordnet und die Verwaltung von der Maßnahme absehen möchte. Der Schadensersatz darf dabei drei Jahresgehälter nicht überschreiten. Das VGOAS ist nach Art. VII seiner Satzung befugt, den Parteien die Durchführung eines Schiedsverfahrens, eine Vermittlung oder eine Mediation zu empfehlen. Der Präsident des VGOAS kann außerdem auf Antrag der Parteien, die Einstufung eines Dienstpostens überprüfen lassen. III. Die gerichtliche Natur der internationalen Verwaltungsgerichte (The judicial nature of International Administrative Tribunals) Nach dem zweiten Eurocontrol-Beschluss des BVerfG vom 10.11.1981 (NJW 1982, 512 ff.) entsprechen Status und Verfahrensgrundsätze des VGIAO einem „internationalen Mindeststandard an elementarer Verfahrensgerechtigkeit, wie er sich aus entwickelten rechtsstaatlichen Ordnungen und aus dem Verfahrensrecht internationaler Gerichte ergibt“. Im Einzelnen stellte das BVerfG fest, dass das VGIAO ein echtes Rechtssprechungsorgan sei, weil: – es durch völkerrechtlichen Akt errichtet wurde, – es auf Grund rechtlich festgelegter Kompetenzen, nach einem rechtsstaatlich geordneten Verfahren ausschließlich nach Maßgabe von Rechtsnormen und Rechtsgrundsätzen entscheide, – seine Richter zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet seien, – der Zugang zu Gericht nicht in unzumutbarer Weise erschwert sei, – rechtliches Gehör gewährt werde, – ein Mindestmaß an prozessualer Gleichheit garantiert sei, – das Gericht seine Gerichtsbarkeit auch tatsächlich ausübe. Das VGIAO entspricht damit den fundamentalen Grundsätzen des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Sein Rechtsschutzsystem ist auch demjenigen in Art. 6 der EMRK als äquivalent anzusehen. Wie der EGMR in den Urteilen Waite & Kennedy/Deutschland vom 18.2.1999 (NJW 1999, S. 1173), Beer & Reagan/Deutschland vom 18.2.1999 (Beschwerde 28934/95) und L/Italien vom 11.5.2000 (Beschwerde 41387/98) festgestellt hat, unterliegt das Rechtsschutzsystem I. O. zwar nicht direkt den Kriterien, die nach Art. 6 der EMRK an nationale Rechtsschutzsysteme

1. Abschn.: Allgemeines

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der Mitgliedsstaaten der EMRK zu stellen sind, sie müssen jedoch unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung einer I. O. einen dem Art. 6 EMRK äquivalenten Rechtsschutz (einen „vernünftigen“, „angemessenen“ Streitschlichtungsmechanismus) anbieten. Der EGMR tritt zwar in den drei genannten Urteilen nicht in eine, dem BVerfG im zweiten Eurocontrol-Beschluss vergleichbare detaillierte Prüfung der Beschwerdeausschüsse der ESA und der NATO ein. Die einzelnen Passagen der Urteile rechtfertigen jedoch den Schluss, dass der EGMR vergleichbare Kriterien für einen Mindeststandard an elementarer Verfahrensgerechtigkeit zugrunde legt wie das BVerfG und beide Beschwerdeausschüsse als dem internationalen Standard entsprechende Rechtssprechungsorgane anerkannt. In seiner Entscheidung vom 4.4.2001 (NJW 2001, S. 2705) hat das BVerfG hinsichtlich des int. Rechtsschutzes durch die Beschwerdekammern der EPO (für die bei ihr zugelassenen europäischen Vertreter) ihre Rechtsprechung im zweiten Eurocontrol-Beschluss bestätigt und die Beschwerdekammern der EPO anhand der seinerzeit aufgestellten Kriterien als dem Mindeststandard int. Verfahrensgerechtigkeit entsprechende Einrichtungen beurteilt. Dabei hat es auch ausdrücklich auf die Entscheidung des EGMR im Fall Waite & Kennedy/Deutschland vom 18.2.1999 (NJW 1999, 1173) Bezug genommen, wonach das Verfahren vor den Rechtssprechungsorganen der ESA als dem nach Art. 6 EMRK äquivalent anzusehen sei (siehe auch die Rechtsprechung des EGMR im Fall Lenzing AG: GB Patent Court vom 20.12.1996 (GRUR Int. 1997, 1010), der ebenfalls die Beschwerdekammern der EPO betrifft; siehe im Einzelnen oben 2. Teil, 2. Abschn. B.VII.). Insgesamt lässt sich feststellen, dass zumindest alle bedeutenden int. VerwGerichte diesem internationalen Standard an ein angemessenes Rechtsschutzsystem weitgehend gerecht werden. Allerdings ist zu beklagen, dass zumeist nur Mindeststandards gewährleistet werden. So sind insbesondere beim VGIAO und VGVN Verbesserungen im Bereich der Mündlichkeit des Verfahrens, des Rechtsschutzes von externen Stellenbewerbern, der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und der Einrichtung einer Revisionsinstanz zu fordern (siehe nachstehend).

2. Abschnitt

Die internationalen Verwaltungsgerichte und ihr Gerichtsverfahren (The International Administrative Tribunals and their legal proceedings) A. Die internationalen Verwaltungsgerichte (The international Administrative Tribunals) I. Einheit in Vielfalt (Unity in diversity) Ebenso wie beim Dienstrecht der I. O. muss sich auch die Darstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Beschränkungen auferlegen. Trotz der Vielzahl der Gerichtssatzungen und VerfO sowie deren Auslegung und Anwendung bestehen in der Spruchpraxis – ebenso wie beim Dienstrecht – weitgehend einheitliche Standards und Grundsätze. Die von den Plenarorganen der I. O. errichteten Gerichtssatzungen werden in aller Regel nicht neu erfunden, sondern von den Gerichtssatzungen der bereits bestehenden VerwGerichte ganz oder teilweise übernommen. Dies gilt auch für die von den VerwGerichten selbst erlassenen VerfO, die ebenfalls weitgehend ähnliche Strukturen und Inhalte aufweisen. Angesichts dieser rechtlichen Ausgangslage kann es nicht verwundern, dass sich die Auslegung und Anwendung der gerichtlichen Verfahrensregeln immer mehr angleichen. Ähnlich den ARGrundsätzen im materiellen Dienstrecht bewirken auch einheitliche Rechtsüberzeugungen im Bereich des prozessualen Rechts die Schaffung einheitlicher Verfahrensstandards. Diese Entwicklung wird in den letzten Jahren durch die zunehmende Zahl der Datenbanken zur Rechtsprechung der int. VerwGerichte noch begünstigt. Während für die Darstellung der Strukturen und Elemente des materiellen Dienstrechts der I. O. der historisch gewachsenen Gliederung in die Dienstrechtskreise gefolgt wurde, bietet sich für das Gerichtsverfahren der VerwGerichte eher eine repräsentative Methode der Darstellung an, da deren Satzungen und Verfahrensordnungen weitgehend ähnliche Strukturen aufweisen. So sollen im Folgenden hauptsächlich an Hand der Rechtsprechung des VGIAO die Einzelheiten des gerichtlichen Verfahrens in Recht und Praxis als pars pro toto dargestellt werden. Das VGIAO bietet sich hierzu an, da sich seine Gerichtsbarkeit im

2. Abschn.: Die int. Verwaltungsgerichte und ihr Gerichtsverfahren

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Jahre 2008 auf 50 I. O. erstreckt und es aus diesem Grunde auch über die größte Sammlung gerichtlicher Entscheidungen aller int. VerwGerichte verfügt.

II. Die wichtigsten internationalen Verwaltungsgerichte und Beschwerdeausschüsse (The most important International Administrative Tribunals and Appeal Boards) 1. Für mehrere Organisationen zuständige Gerichte

a) Das Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (VGIAO) (International Labour Organisation Administrative Tribunal, ILOAT) Die Gerichtsbarkeit des VGIAO erstreckt sich (2008) neben der IAO selbst auf 50 I. O. (UN-Organisationen und I. O., die weder zum Kreis der EG noch der K. O. zählen, siehe die nachstehende Übersicht). Seiner Gerichtsbarkeit sind ca. 40.000 aktive Bedienstete (zuzüglich Pensionäre, Rechtsnachfolger und sonstige, nach den Personalstatuten berechtigte Personen) unterworfen. Das Gericht hat bisher (2008) über 2.700 Urteile gefällt. Zurzeit trifft es auf seinen jährlich zwei Sitzungsperioden ca. 100 Entscheidungen. Das VGIAO ist das Nachfolgegericht des 1929 gegründeten VerwGerichts des Völkerbundes (Administrative Tribunal of the League of Nations), dessen Zuständigkeit sich auf den Völkerbund und die IAO erstreckte. Nach der Auflösung des Völkerbundes 1946 übernahm die IAO auf Bitte der Vollversammlung des Völkerbundes das Gericht. 1947 bestätigte die Internationale Arbeitskonferenz das Gericht als VerwGericht der IAO. 1949 billigte die Internationale Arbeitskonferenz die Erstreckung der Gerichtsbarkeit des VGIAO auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und eröffnete durch Änderung der Gerichtssatzung die Möglichkeit der Zuständigkeitserstreckung auf andere I. O. Das VGIAO ist nicht nur das älteste int. VerwGericht, seine Zuständigkeit erstreckt sich weltweit auf die weitaus größte Zahl I. O. aller int. VerwGerichte. Auch nach der Zahl der seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Bediensteten (2008 ca. 40.000 aktive Bedienstete zzgl. Pensionäre und Rechtsnachfolger) und der Zahl seiner Urteile liegt das VGIAO an der Spitze aller int. VerwGerichte. Das Internetportal des VGIAO (siehe Internetadressen) kann geradezu als Modell für die Darstellung der Struktur des Gerichts, der Zuständigkeiten,

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3. Teil: Rechtsschutzsystem im Dienstrecht der Int. Organisationen

der Satzung und der VerfO eines int. VerwGerichts gelten. Darüber hinaus eröffnet es mit seiner Datenbank „TRIBLEX“ die Möglichkeit einer Recherche aller VGIAO Urteile. Besonders hilfreich ist hierbei der Thesaurus der vom Gericht verwendeten Schlüsselwörter. Kein anderes int. VerwGericht bietet eine derart umfassende und vielfältige Recherchemöglichkeit seiner gesamten Rechtsprechung. Liste der Organisationen, die die Gerichtsbarkeit des VGIAO anerkannt haben (2008) – Internationale Arbeitsorganisation (IAO) International Labour Organisation (ILO) – Weltgesundheitsorganisation World Health Organisation (WHO) – Organisation der VN für Erziehung, Wissenschaft und Kultur United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) – Internationale Fernmeldeunion International Telecommunication Union (ITU) – Weltorganisation für Meteorologie World Meteorological Organization (WMO) – Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der VN Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) – Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung European Organization for Nuclear Research (CERN) – Welthandelsorganisation World Trade Organization (WTO) – Internationale Atomenergie Agentur International Atomic Energy Agency (IAEA) – Weltorganisation für geistiges Eigentum World Intellectual Property Organisation (WIPO) – Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt European Organisation for the Safety of Air Navigation (Eurocontrol) – Weltpostverein Universal Postal Union (UPU) – Europäische Südsternwarte European Southern Observatory (ESO) – Zwischenstaatlicher Rat kupferexportierender Staaten (bis 1992) Intergovernmental Council of Copper Exporting Countries (CIPEC)

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– Europäische Freihandelsassoziation European Free Trade Association (EFTA) – Interparlamentarische Union Inter-Parliamentary Union (IPU) – Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie European Molecular Biology Laboratory (EMBL) – Weltorganisation für Tourismus World Tourism Organization (UNWTO) – Europäische Patentorganisation European Patent Organisation (EPO) – Afrikanisches Zentrum für Ausbildung und administrative Forschung für Entwicklung African Training and Research Centre in Administration for Development (CAFRAD) – Zwischenstaatliche Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr Intergovernmental Organisation for International Carriage by Rail (OTIF) – Internationales Zentrum für die Registrierung fortlaufend erscheinender Veröffentlichungen International Center for the Registration of Serials (CIEPS) – Internationales Amt für Epizoonosen International Office of Epizootics (OIE) – Organisation der VN für industrielle Entwicklung United Nations Industrial Development Organization (UNIDO) – Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation International Criminal Police Organization (Interpol) – Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung International Fund for Agricultural Development (IFAD) – Internationaler Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen International Union for the Protection of New Varieties of Plants (UPOV) – Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens Customs Cooperation Council (CCC) – Gerichtshof der EFTA Court of Justice of the European Freed Trade Association (EFTA Court) – EFTA Überwachungsbehörde Surveillance Authority of the European Free Trade Association (ESA)

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3. Teil: Rechtsschutzsystem im Dienstrecht der Int. Organisationen

– Internationaler Dienst für die nationale landwirtschaftliche Forschung (Zuständigkeit bis 14.7.2004) International Service for National Agricultural Research (ISNAR; bis Juli 2004) – Internationale Organisation für Migration International Organization for Migration (IOM) – Internationales Zentrum für genetisches Engineering und Biotechnologie International Centre for Genetic Engineering and Biotechnology (ICGEB) – Organisation für das Verbot chemischer Waffen Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW) – Internationale Hydrographische Organisation International Hydrographic Organization (IHO) – Energiecharta Konferenz Energy Charta Conference – Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies – Vorbereitungskommission der Organisation für das umfassende Verbot von Nuklearwaffen Preparatory Commission for the Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization (CTBTO PrepCom) – Pflanzenschutzorganisation Europas und der Mittelmeerländer European and Mediterranean Plant Protection Organization (EPPO) – Internationales Institut für pflanzengenetische Ressourcen International Plant Genetic Resources Institute (IPGRI) – Internationales Institut für Demokratie und Wahlhilfe International Institute for Democracy and Electoral Assistance (International IDEA) – Internationaler Strafgerichtshof International Criminal Court (ICC) – Internationaler Olivenöl-Rat International Olive Oil Council (IOOC) – Beratungszentrum für WTO-Recht Advisory Centre on WTO Law (ACWL) – AKP Staatengruppe African, Carribean and Pacific Group of States (ACP Group) – Agentur für Internationale Handelsinformation und -Kooperation Agency for International Trade Information and Cooperation (AITIC)

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– Internationale Organisation für das gesetzliche Messwesen International Organisation of Legal Metrology (OIML) – Europäische Organisation für Telekommunikation per Satellit European Telecommunications Satellite Organisation (EUTELSAT) – Internationale Organisation für Rebe und Wein Internationale Organisation of Vine and Wine (OIV) – Zentrum für Unternehmensentwicklung (ZUE) Centre for the Development of Enterprise (CDE) – Ständiger Schiedsgerichtshof Permanent Court of Arbitration (PCA) – Südzentrum South Centre (SC) b) Das Verwaltungsgericht der Vereinten Nationen (VGVN) (United Nations Administrative Tribunal, UNAT) Das 1949 durch Beschluss der Generalversammlung (Resolution 351A IV vom 9.12.1949) gegründete und zunächst nur für dienstrechtliche Streitigkeiten der Bediensteten der VN und deren nachgeordneter Organe zuständige Gericht erstreckt seine Gerichtsbarkeit in dienstrechtlichen Streitigkeiten heute auf elf weitere I. O. (nachstehend). Das Gericht hat bisher (2008) ca. 1.500 Urteile gefällt. Sein Rechtsschutz erstreckt sich auf ca. 33.000 aktive Bedienstete der VN, nachgeordneter Organe und Sonderorgane (hierzu: Simma, Charta und The Charta). Das Internetportal des VGVN bietet seit 2005 (wie das Zwillingsgericht VGIAO) den kostenlosen Zugang zur Datenbank des Gerichts. Eine grundlegende Reform des Gerichtssystems (Instanzenzug vom UN Dispute Tribunal zum UN Appeals Tribunal, Mündlichkeit der Verhandlung, einstweiliger Rechtsschutz u. a.) ist in Vorbereitung (siehe: Dokumente der VN Generalversammlung: A/RES/61/261, A/RES/62/228, A/C.5/62/ 27, A/62/782 und zu noch offenen Fragen: A/63/253 und Dokument der Bar Association for Int. Gov. Org. vom 8.5.2008). Liste der Internationalen Organisationen, auf die sich die Gerichtsbarkeit des VGVN erstreckt – Sekretariat der Vereinten Nationen United Nations Secretariat – Sekretariat des Internationalen Gerichtshofs Registry of the International Court of Justice

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– Sekretariat des Internationalen Seegerichtshofs Registry of the International Tribunal for the Law of the Sea – Gemeinsamer Pensionsfonds der Vereinten Nationen United Nations Joint Staff Pensions Fund (UNJSPF) – Internationale Zivil-Luftfahrt-Organisation International Civil Association Organisation (ICAO) – Internationale Seeschifffahrtsorganisation Internationale Maritime Organization (IMO) – Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen United Nations Development Programme (UNDP) – Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen United Nations International Children’s Emergency Fund (UNICEF) – Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen United Nations Populations Fund (UNFPA) – Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) – Hilfswerk der VN für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) – Internationale Meeresbehörde International Seabed Authority (ISA) c) Der EUGH (das Gericht erster Instanz der EG: EUG und das Gericht für den öffentlichen Dienst der EU: EUGöD) Im Gegensatz zu allen anderen int. VerwGerichten, deren Zuständigkeit sich ausschließlich auf dienstrechtliche Streitigkeiten erstreckt (eine Ausnahme bildet das VGIAO, dessen Zuständigkeit nach Art. II Abs. 4 seiner Satzung auch für allgemeine Vertragsstreitigkeiten der IAO vereinbart werden kann) betrafen bis zum Jahre 2000 nur etwa 25% der Rechtsstreitigkeiten bei den Gemeinschaftsgerichten der EG Personalstreitigkeiten (siehe näher bei Gaitanides, Art. 236 EG, Rdn. 4 und Karpenstein, Rdn. 4). Mit Gründung des Europäischen Gerichts erster Instanz der EG (EUG) (Art. 3 Abs. 1 c) des Ratsbeschlusses vom 24.10.1988, ABl. 1988 Nr. L319, S. 1) wurde ein Instanzenzug vom Gericht erster Instanz (Tatsacheninstanz) zum EUGH (Revisionsinstanz) eingerichtet. Von 1988 bis 2005 liegen etwa 700 Urteile des Europäischen Gerichts erster Instanz in dienstrechtlichen Angelegenheiten vor. Das Gericht erster Instanz und der EUGH fällten bisher insgesamt ca. 2.000 Urteile in dienstrechtlichen Angelegenheiten.

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Mit Beschluss des Rats vom 2.11.2004 (ABl. 2004 L333/7; siehe dazu Hakenberg, EUZW 2006, S. 391 ff.) wurde das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (EUGöD) errichtet, das als Fachgericht für dienstrechtliche Streitigkeiten im ersten Rechtszug anstelle des EUG zuständig ist. Gegen seine Entscheidung kann ein Rechtsmittel beim EUG (allerdings beschränkt auf Rechtsfragen) eingelegt werden (Art. 10 und 11 des Anhangs I zur Satzung des EUGH). Das Gericht nahm seine Arbeit im Laufe des Jahres 2005 auf. Es ist eine Beschleunigung der Verfahrensdauer zu erwarten (Pressemitteilung des EUGH Nr. 88/04). Damit verfügen auch die EG und ihre Einrichtungen, wie die anderen I. O., über ein besonderes Fachgericht für dienstrechtliche Streitigkeiten. Das EUG und das EUGöD sind keine eigenständigen Organe der EG, sondern Teil des EUGH im institutionellen Sinne. Die Gerichtsbarkeit des EUGöD erstreckt sich neben den fünf Gemeinschaftsorganen als Anstellungsbehörde im Sinne des Art. 7 EG auf eine Vielzahl weiterer Einrichtungen, die zur institutionellen Struktur der EG zählen. So z. B. auf die Europäische Zentralbank (Art. 8 EGV), die Europäische Investitionsbank (Art. 9 EGV), das Europäische Markenamt, das Gemeinschaftliche Sortenschutzamt, die Europäische Umweltagentur und das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Gemeinschaften. Eine Übersicht über die Gesamtstruktur der EG-Einrichtungen findet sich z. B. bei Bieber, Rdn. 45 ff. EGV und im EU-Internetportal. Das Internetportal „EUR-LEX“ (siehe Internetadresssen) ermöglicht eine Recherche in der Sammlung des öffentlichen Dienstrechts der EG (EUGH einschließlich EUG und EUGöD). Die Datenbank verfügt über einen Thesaurus mit Schlüsselwörtern. Auch die Datenbank „CURIA“ des EUGH (siehe Internetadressen) bietet neben der Sammlung der Rechtsprechung zum Dienstrecht ein thematisch strukturiertes Repetitorium der Rechtsprechung. Die Vielfalt und Genauigkeit der Recherchemöglichkeiten erreicht allerdings nicht das Niveau der Datenbank Triblex des VGIAO. d) Das Verwaltungsgericht der Weltbank (VGWB, WBAT) Die Gerichtsbarkeit des 1980 gegründeten VerwGerichts erstreckt sich auf das Personal der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (International Bank for reconstruction and development – IBRD), der Internationalen Entwicklungsorganisation (International Development Association – IDA) und von drei angeschlossenen Finanzeinrichtungen (siehe Weltbank Internetportal). Seiner Gerichtsbarkeit sind etwa 10.000 aktive Bedienstete unterworfen. Das Gericht hat bisher (2008) fast 400 Urteile erlassen. Das Internetportal informiert über die Gerichtsstatuten und über die VerfO. Es ermöglicht die einfache Recherche aller bisher ergangenen Urteile.

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e) Das Verwaltungsgericht der Organisation Amerikanischer Staaten (VGOAS, OASAT) Das Gericht (Administrative Tribunal of the Organisation of American States – OASAT) wurde 1971 gegründet. 1976 wurde seine Zuständigkeit auf das Interamerikanische Institut für Agrarkooperation (Inter-American Institute for Cooperation on Agriculture – IICA) erweitert. Das Gericht ist für insgesamt ca. 900 aktive Bedienstete zuständig. Das Internetportal wurde 2005 neu gestaltet. Es bietet neben der Information über die Satzung und VerfO des Gerichts gute Recherchemöglichkeiten der bisher (2008) 154 erlassenen Urteile sowie eine direkte Internet-Verbindung zu den Internetportalen anderer int. VerwGerichte. 2. Für einzelne Internationale Organisationen zuständige Verwaltungsgerichte

a) Das Verwaltungsgericht des Internationalen Währungsfonds (VGIWF, IMFAT) Das Gericht für den Internationalen Währungsfonds (International Monetary Fund Administrative Tribunal – IMFAT) wurde 1992 gegründet. Seiner Gerichtsbarkeit sind ca. 2.600 aktive Bedienstete unterworfen. Das Gericht hat bis 2008 35 Urteile gefällt. Das Internetportal informiert über die Satzung und die VerfO des Gerichts und ermöglicht eine Recherche der Urteile. b) Das Verwaltungsgericht der Asiatischen Entwicklungsbank (VGAE, ADAT) Das Gericht (Asian Development Bank Administrative Tribunal – ADAT) wurde 1991 errichtet. Seine Zuständigkeit erstreckt sich auf ca. 1.900 aktive Bedienstete. Bisher (2008) hat es 85 Urteile erlassen. Im Internetportal ist die Satzung und VerfO abrufbar und alle Urteile sind recherchierbar. c) Die Verwaltungsgerichte der Koordinierten Organisationen Die einzelnen K. O. besitzen jeweils ihr eigenes Gericht (ER und OECD Verwaltungsgerichte, Administrative Tribunals) oder ihren eigenen Beschwerdeausschuss (NATO, ESA, EZMW, WEU Beschwerdeausschüsse,

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Appeals Board). Die Zahl der Entscheidungen ist relativ gering. Über das Internet frei recherchierbare Datenbanken über Gerichtsentscheidungen bestehen bisher nicht. Die Satzung des VGER ist im Anhang XI des ER-PS enthalten und daher über das Internetportal des ER einsehbar. Bei den VerwGerichten der K. O. besteht immer wieder die Gefahr divergierender Entscheidungen, da die Personalstatuten und Versorgungsordnungen dieser Organisationen weitgehend identisch sind. Es ist aber trotz intensiver Bemühungen insbesondere der Justitiare der K. O. bisher nicht gelungen, ein einheitliches VerwGericht für alle K. O. zu errichten (siehe näher Dokument C/1967 der Versammlung der WEU vom 15.5.2007, Rdn. 102 ff: The introduction of common appeal facilities; im WEU Internetportal). Neben den vorstehend skizzierten größeren int. VerwGerichten bestehen noch eine Reihe kleinerer und sehr kleiner int. VerwGerichte. So besitzt etwa das Internationale Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts (UNIDROIT) in Rom mit (2004) lediglich 21 Bediensteten ein eigenes VerwGericht (Art. 4 Abs. 5 UNIDROIT-Statut).

3. Spezialliteratur zu den internationalen Verwaltungsgerichten

1. The ILO Administrative Tribunal. Gutteridge, in: C. De Cooker, V.2 (1990) 2. The World Bank Administrative Tribunal: Its Establishment and its Work. Amerasinghe, in: C. De Cooker, V.3 (1990) 3. The International Court of Justice in relation to the Administrative Tribunal of the United Nations and the International Labour Organisation. Elias, in: C. De Cooker, V.4 (1990) 4. The Court of First Instance of the European Communities. O’Keeffe, in: C. De Cooker, V.5 (1992) 5. The Resolution of Staff Disputes before the European Court. Eachaidh, in: C. De Cooker, V.7 (1995) 6. Developments in the Jurisprudence of the World Bank Tribunal since 1987. Amerasinghe, in: C. De Cooker, V.8 (1998) 7. Re-inventing the Wheel – The Establishment of the IMF Administrative Tribunal Powers in: C. De Cooker, V.10 (1999) 8. Internationale Verwaltungsgerichte und Beschwerdeausschüsse. Priess (1989) 9. Kommentar zu Art. 13 EPÜ (Streitsachen zwischen der Organisation und den Bediensteten des Europäischen Patentamts). Kunz-Hallstein/

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Ullrich (1995), in: Beier/Haertel/Schricker/Straus (Hrsg.), Europäisches Patentübereinkommen, Münchner Gemeinschaftskommentar 10. Jurisdiction of International Tribunals. Amerasinghe (2003) 11. Der Rechtsschutz für das Personal des internationalen öffentlichen Dienstes. Ullrich, in: ZBR 1988, 49 ff. 12. The Law and Practice of International Courts and Tribunals. A Practitioner’s Journal (seit 2003) 13. Streitsachen zwischen Gemeinschaft und Bediensteten, Art. 236 EGV, Karpenstein, in: Grabitz/Hilf und Gaitanides in von der Groeben/ Schwarze.

B. Die Klagebefugnis (The right to file a complaint) I. Die zur Klage berechtigten Personen (Persons entitled to claim) 1. Bedienstete, Rechtsnachfolger und Dritte

Zur Klage sind alle Bediensteten der I. O. befugt, auch wenn das Dienstverhältnis beendet ist (z. B. VGIAO Satzung II Abs. 6a, ehemalige Bedienstete, insbesondere im Ruhestand oder wenn sie ein Recht aus dem ehemaligen Beschäftigungsverhältnis geltend machen können, vgl. VGIAO Nr. 61). Ebenso ist jede andere Person klagebefugt, auf die ein Recht eines verstorbenen Bediensteten übergegangen ist (Art. II Abs. 6a VGIAO Satzung). Die Beamtenstatuten bzw. Personalordnungen legen im Einzelnen fest, welche Bedienstete ausnahmsweise nicht als Bedienstete der I. O. anzusehen sind, denen eine Klagebefugnis zusteht (so etwa die Ortskräfte der EG nach Art. 122 EG-BS oder die eingeschränkte Klagebefugnis für die Hilfskräfte nach dem Statut für Hilfskräfte der EPO, siehe hierzu im Einzelnen, KunzHallstein/Ullrich, Art. 13 EPÜ, Rdn. 21). (Zur Postulationsfähigkeit siehe nachstehend unter C.II.5.). 2. Externe Stellenbewerber

Hier ist die Rechtslage uneinheitlich. So räumen das VG OECD (Art. 1c der Satzung) und das VG ER (Art. 59 Abs. 6d ER-BS) den Stellenbewerbern ausdrücklich eine Klagebefugnis ein, wenn sie bestimmte Rechtsverstöße geltend machen. Der EUGH hat für solche Fälle in ständiger Rechtsprechung (über den Wortlaut des Art. 236 EGV hinaus, siehe Karpenstein,

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Rdn. 19) seine Zuständigkeit bejaht (EUGH C-126/90, EUGH 23-64; EUG T-61/96; näher Karpenstein, Rdn. 19). Das VGIAO lehnt demgegenüber Klagen externer Stellenbewerber ab (VGIAO Nr. 661: erschöpfende Aufzählung in Art. II Abs. 6 VGIAO Satzung; siehe auch Nrn. 67, 803, 1554). In Nr. 2657 hat es nunmehr ein „rechtliches Vakuum“ in diesen Fällen anerkannt. Da es sich nach seiner Satzung an der Gewährung von Rechtsschutz gehindert fühlt, empfiehlt es der I. O. die Aufhebung der Immunität oder Durchführung eines Schiedsverfahrens. Diese Rechtsauffassung ist zweifelhaft, steht sie jedoch im Gegensatz zur ansonsten weiten Auslegung seiner Kompetenz (z. B. im Schadensersatzrecht). Die Ausdehnung des Schutzbereichs würde nach dem ARGrundsatz des culpa in contrahendo naheliegen. 3. Die Personen ohne Klagebefugnis

Nicht klagebefugt sind in der Regel Personen, deren Beziehung zur I. O. in einem Werks-, Dienst- oder Beschäftigungsbesorgungsvertrag besteht, wie z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Experten, Referendare und Stipendiaten. Hier besteht Rechtsschutz durch die jeweiligen nationalen Gerichte, wenn die I. O. auf ihre Immunität von der nationalen Gerichtsbarkeit verzichtet oder, wie es durchwegs der Fall ist, sich einem Schiedsverfahren unterwirft. II. Die Klagebefugnis der Personalvertretungen, der internationalen Gewerkschaften und Berufsverbände (The right to claim by staff representations, international trade unions and staff associations) Vom Grundsatz her ist die Klagebefugnis bei den int. VerwGerichten auf individuelle Klagen angelegt, wobei Personalvertretungen und Gewerkschaftsmitglieder in der Regel eine Verletzung ihrer besonderen Rechte auf Personalmitwirkung bzw. Koalitionsfreiheit geltend machen können (z. B. VGIAO Nr. 2562; siehe näher 2. Teil, 2. Abschn. B.III.). Es besteht jedoch eine Tendenz, auch den Personalvertretungen als solchen eine Klagebefugnis einzuräumen (siehe Art. 59 Abs. 6c ER-PS: soweit Rechte der Personalvertretung nach dem PS verletzt sein können; Art. 1b VGOECD Satzung: Personalvertretung und Gewerkschaft, soweit deren Rechte nach dem PS verletzt sein können). Dem Plenarorgan der IAO liegt ein Entscheidungsvorschlag vor (Dokument GB.292/PFA/20/2), wonach Art. II der Satzung des VGIAO um einen neuen Abs. 6 ergänzt werden soll, der Personalvertretungen ein Klagerecht einräumt, soweit eine Verletzung ihrer Rechte gel-

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tend gemacht wird und insoweit das Personalstatut der I. O. die Klagebefugnis ausdrücklich anerkennt. Nicht zur Klage befugt sind durchgehend die Berufsverbände und Gewerkschaften (Ausnahme: Art. 1b VGOECD-Satzung). III. Keine Antragsbefugnis der Organisation (No competence of the organisation to file a complaint) Die I. O. selbst ist nach den Satzungen aller int. VerwGerichte nicht klagebefugt. Hierzu besteht auch kein Bedürfnis, weil die I. O. ihre Interessen selbst wahrnehmen kann, indem sie ihre eigenen Verwaltungsakte gegenüber den Bediensteten vollstreckt. Allerdings gestatten einzelne Gerichte einen Antrag der I. O. auf Überprüfung eines Urteils (application for review, z. B. VGIAO Nr. 2693; die Datenbank Triblex weist (Anfang 2008) 141 Urteilsauszüge auf). Ist die I. O. ausnahmsweise nicht in der Lage, ihre Verwaltungsakte durchzusetzen, etwa weil eine Aufrechnung ihrer Forderung gegen Ansprüche des Bediensteten nicht zur Deckung ausreicht, bleibt nur der nationale Rechtsweg (Priess, S. 197). IV. Die Kompetenz zur Entscheidung über die Klagebefugnis (The competence to decide on actions) Einige Satzungen int. VerwGerichte räumen dem Gericht selbst ausdrücklich die Kompetenz zur Entscheidung über die Klagebefugnis ein (Art. II Abs. 7 VGIAO-Satzung, allerdings unter dem Vorbehalt der Einholung eines verbindlichen Rechtsgutachtens des IGH durch das Plenarorgan nach Art. XII VGIAO-Satzung). Auch Zuständigkeitsvereinbarungen zwischen Bediensteten der I. O. über die Klagebefugnis werden von einigen Gerichten akzeptiert (Priess, S. 195). V. Die Verfahrensbeteiligten (The persons taking part in the proceedings) Die Nebenintervention (Streithilfe) an sich selbst klagebefugter Bediensteter ist aus Gründen der Prozessökonomie bei den meisten int. VerwGerichten zulässig (z. B. Art. 13 Abs. 1 VGIAO-VerfO). Vereinzelt wird auch der Personalvertretung ein Recht zur Intervention eingeräumt (siehe. z. B. Art. 5a VGOECD-VerfO; Art. 10 Abs. 1 VGER-Satzung). Der Vorschlag zur Revision des Statuts des VGIAO (Dokument GB292/PFA/20/2) sieht ebenfalls ein Interventionsrecht für die Personalvertretung vor. Außerdem können einige VerwGerichte Personen oder Personalvertretungen anhören,

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die am Verfahren nicht beteiligt, aber an sich klagebefugt sind (siehe Art. 23 VGVN-VerfO). Vielfach ist auch die Beteiligung Dritter in Form von sogenannten „amicus curiae“ Schreiben zugelassen (siehe näher unten D.VI.). Die meisten Satzungen der int. VerwGerichte sehen für die Bediensteten und die beklagte I. O. die Möglichkeit vor, sich durch einen, in einem Mitgliedsstaat zugelassenen Rechtsanwalt, vertreten zu lassen (z. B. Art. 5 VGIAO VerfO). Vielfach ist auch eine Vertretung durch einen anderen Bediensteten oder ehemaligen Bediensteten einer I. O. zulässig, die der Gerichtsbarkeit des jeweiligen int. VerwGerichts unterliegt (Art. 5 Abs. 1 VGIAO VerfO). Auch sonstige Personen können in Ausnahmefällen zur Vertretung zugelassen werden (z. B. Art. 5 Abs. 1 und Abs. 3 VGIAO VerfO mit Genehmigung des Gerichts).

C. Die Zulässigkeit der Klage (Receivability of complaint) I. Die Voraussetzungen der Zulässigkeit – Allgemeines (Pre-conditions of receivability – Survey) 1. Die Formvorschriften

Von den Zulässigkeitsvoraussetzungen sind die Formvorschriften für die Klage zu unterscheiden. Sie ergeben sich aus den jeweiligen VerfO und Dienstanweisungen des Gerichts. Mängel in der Form führen als solche nicht zur Unzulässigkeit der Klage, sondern sind fristgerecht durch den Kläger behebbar. Es ist Aufgabe des Kanzlers des Gerichts, die Einhaltung der Formvorschriften zu überwachen und unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufzufordern (Art. 6 Abs. 2 VGIAO-VerfO; Art. 36 EUGöD VerfO). Die VerfO der VerwGerichte enthalten vielfach im Anhang Klageformulare (Art. 6 Abs. 1a VGIAO-VerfO und Anhang), diese sind jetzt in der Regel über die Internetportale abrufbar, um den Bediensteten die Einhaltung der Formalitäten zu erleichtern. Die Klagefrist kann beim VGIAO zunächst sogar durch einen formlosen Brief gewahrt werden (VGIAO Nr. 11). Art. 6 Abs. 2 der VerfO des VGIAO schreibt nicht vor, dass die Formen eine Voraussetzung für die Klage innerhalb der Klagefrist erfüllt sein müssen (VGIAO Nr. 1500). Die Klage und alle Anhänge sind in einer der Gerichtssprachen einzureichen (Art. 6 Abs. 1a VGIAO-VerfO). Da beim VGIAO Deutsch nicht Gerichtssprache, wohl aber bei der EPO Amtssprache ist, können Bedienstete den Übersetzungsdienst der EPO in Anspruch nehmen (Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 13 EPÜ, Rdn. 52).

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Beim EUGöD bestehen besonders umfassende Formvorschriften. Zu beachten ist dabei der Anwaltszwang. Die Klageschrift ist vom Rechtsanwalt des Klägers zu unterzeichnen (Art. 34 Abs. 4 und Art. 35 Abs. 5 VerfO). Sie ist in einer der Amtssprachen der EG abzufassen, die dann in der Regel Verfahrenssprache ist (Anhang 1, Art. 7 EUGH-Satzung i. V. mit Art. 35 EUG-VerfO). Siehe im Übrigen die „Hinweise für Prozessvertreter“ und „Praktische Anweisungen für Klagen und Rechtsmittel“ im Internetportal des EUGH. 2. Die Zulässigkeitsprüfung von Amts wegen

Die Gerichte prüfen die Zulässigkeit der Klage von Amts wegen (proprio motu, VGIAO Nrn. 663, 775). Dabei wird durchwegs ein strenger Maßstab angelegt, so dass weder Billigkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen, noch Stellungnahmen der internen Beschwerdeinstanz oder der I. O. zur Zulässigkeit für das Gericht bindend sind (VGIAO Nrn. 647, 677). Vielfach lassen Gerichte die Frage der Zulässigkeit dahingestellt, wenn die Klage auf jeden Fall unbegründet ist (VGIAO Nrn. 780, 783, 787). Bei offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit kann eine Klage auch summarisch zurückgewiesen werden (Art. 7 Abs. 2 VGIAO VerfO: „dismiss it summarily“). 3. Die Klagearten

Die Klagen bei int. VerwGerichten beschränken sich durchgehend auf Anfechtungsklagen (Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer beschwerenden Entscheidung und Aufhebung derselben und ggf. Schadensersatz) und Leistungsklagen (Untätigkeitsklagen, Antrag auf Erlass der begehrten Entscheidung und ggf. auf Schadensersatz; siehe z. B. Art. VIII VGIAO-Satzung). Feststellungsklagen sind in aller Regel unzulässig (siehe hierzu näher Karpenstein, Rdn. 11), ebenso etwa der Antrag, eine Verpflichtung zu einer Entschuldigung der I. O. auszusprechen oder über zukünftige Ereignisse zu urteilen (VGIAO Nr. 2636). Die in der Praxis weitaus häufigste Klageart ist die Anfechtungsklage. 4. Die Kaution

Da die Kosten der dienstrechtlichen Gerichtsverfahren vor den int. VerwGerichten durchwegs zu Lasten der beklagten I. O. gehen (Ausnahme: Missbrauchsgebühr bei böswilliger bzw. rechtsmissbräuchlicher Klage, siehe VGIAO Nr. 2211 und Art. 87 EUGöD-VerfO bzw. Art. 87 § 2 EUG-VerfO) sehen nur sehr wenige VerfO int. VerwGerichte bzw. Beschwerdeausschüsse die Zahlung einer Kaution bei Klageerhebung vor (siehe Priess, S. 217).

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5. Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen

Eine Klage ist grundsätzlich dann zulässig (siehe z. B. Art. VII Abs. 1 und 2 VGIAO-Satzung), wenn: 1. sie sich gegen eine endgültige Entscheidung richtet, die geeignet ist, im Dienstverhältnis begründete Rechte des Klägers zu beeinträchtigen (nachstehend unter II.1.) und 2. der Kläger die ihm nach den dienstrechtlichen Vorschriften eingeräumten internen Beschwerdemöglichkeiten ausgeschöpft hat (nachstehend unter II.3.) und 3. die Klage fristgerecht eingelegt wurde (nachstehend unter II.4.). Das VGIAO hat bei Klageanträgen zusätzlich eine hinreichende Bestimmtheit gefordert (VGIAO Nrn. 637, 649, 654, 655).

II. Die Voraussetzungen der Zulässigkeit – Einzelheiten (Pre-conditions of receivability – Details) 1. Das Vorliegen einer Entscheidung

a) Die Entscheidung Nach den Satzungen aller int. VerwGerichte ist die Voraussetzung einer Klage grundsätzlich das Vorliegen einer bestimmten einseitigen Entscheidung der I. O. (z. B. Art. VII Abs. 3 VGIAO-Satzung), die im Verhältnis der Über-/Unterordnung (Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 13 EPÜ, Rdn. 39) ergangen ist. Diese kann auch in einer konkludenten Handlung liegen (VGIAO Nr. 1223, Beförderung eines anderen Stelleninhabers). Im Falle einer Untätigkeitsklage (Leistungsklage) wird das Schweigen der Verwaltung der I. O. auf den Antrag als stillschweigende Zurückweisung des Antrags und damit als Entscheidung fingiert (VGIAO Nrn. 786, 1095). Die Entscheidung ist eine, die Rechte und Pflichte eines Bediensteten betreffende dienstliche Verfügung (VGIAO Nr. 112: „an act deciding a question in a specific case“, Nr. 533: „. . . any action by an officer of the organisation which has a legal effect“; Priess, S. 202 spricht von einer gewissen Nähe zum Begriff des Verwaltungsakts im deutschen Verwaltungsprozessrecht). Ob der die Entscheidung treffende Bedienstete dazu befugt war, ist unerheblich (VGIAO Nrn. 997, 647). Eine Entscheidung muss dabei keinen Hinweis enthalten, dass sie im Namen des Spitzenbeamten ergeht (VGIAO Nrn. 997, 647). Die Entscheidung muss aber zeitlich identifizierbar sein (VGIAO Nr. 672). Die eine Entscheidung nur vorbereitenden Maßnahmen (z. B. Stel-

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lungnahmen von Auswahlausschüssen, Beschwerdeausschüssen, Beförderungsausschüssen u. ä.) sind nicht selbständig anfechtbar. Zur umfangreichen Rechtsprechung des EUGH zu den lediglich vorbereitenden und anfechtbaren Entscheidungen in den einzelnen Phasen des Auswahlverfahrens siehe Rogalla, Art. 283 EGV, Rdn. 41 ff. Die Entscheidung kann auch eine Gruppe von Bediensteten („a class of officials“, siehe z. B. Art. VII Abs. 2 VGIAO-Satzung) betreffen, sog. generelle Entscheidung (VGIAO Nrn. 1001, 624). Klagen gegen Verträge oder Normen (VGIAO Nrn. 317, 1329) sind unzulässig (siehe nachstehend unter b.). Die Annahme der Kündigung eines Bediensteten durch die I. O. stellt keine anfechtbare Entscheidung dar (VGIAO Nr. 783, siehe aber VGIAO Nr. 918). b) Die unmittelbare Klage gegen eine Norm Dem dienstrechtlichen Klageverfahren liegt ein individuelles Klagesystem zugrunde. Die Klagebefugnis setzt daher durchwegs eine individuelle und unmittelbare Betroffenheit des Klägers oder eine generelle Entscheidung gegenüber einer Gruppe von Bediensteten durch eine Verwaltungsmaßnahme voraus (Art. VII Abs. 1 und 2 VGIAO Satzung, Art. 236 i. V. mit Art. 230 EGV; siehe z. B. VGIAO Nrn. 1451, 1203, 622; EUGH 81/72, EUGH 204/85; EUG T-45/91). Sowohl der EUGH als auch das VGIAO haben jedoch die Klagebefugnis in Einzelfällen auf sog. „Scheinverordnungen“ (vgl. Gaitanides, Art. 230 Rdn. 54) ausgedehnt, da es sich quasi um ein Bündel von Einzelentscheidungen handelt, in dem bereits die Durchführungsmaßnahme angelegt ist („Normen mit unmittelbarem Vollzugscharakter“, Karpenstein, Rdn. 25; Gaitanides, Art. 236 EGV, Rdn. 11; siehe VGIAO Nr. 2244: „. . . decision is regulatory in character . . . in such a case there is no need to await an individual decision before an appeal can be considered receivable . . .“). Eine solche objektive Regelung einer Sach- und Rechtslage stellt keine Grundlage für Individualentscheidungen dar, sondern wirkt unmittelbar auf die Interessen des betroffenen Personals und räumt der Verwaltung keinerlei Ermessen ein (sie ist quasi eine Norm mit unmittelbarem Vollzugscharakter, vgl. Art. 230 Abs. 4 EGV und Gaitanides, Art. 230 Rdn. 54; Booß, Rdn. 57 ff.; Karpenstein, Rdn. 25). Durchwegs handelt es sich dabei um Verfahrensregelungen, Regelungen über die Besetzung von Ausschüssen oder allgemeine Statusregelungen. Da es sich daher dem Grundsatz nach um eine Individualklage handelt, ist das Gericht (im Gegensatz zur inzidenten Normenkontrolle, siehe unten II.2.) zur Aufhebung der als rechtswidrig erkannten Norm befugt.

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Rechtsprechung VGIAO VGIAO Nr. 2244: Unmittelbare Klage gegen die Besetzung des Beschwerdeausschusses nach den Vorschriften des Beamtenstatuts; VGIAO Nr. 1618: Unmittelbare Klage gegen die Einführung neuer Beschäftigungsverhältnisse; VGIAO Nr. 1451: Unmittelbare Klage gegen normative Änderung des Rechtsschutzverfahrens.

Rechtsprechung EUGH EUGH 22/83: Unmittelbare Klage gegen eine Verordnung des Rats, nach der bestimmte Personen einer anderen Organisation zu Beamten auf Probe der Kommission der EG ernannt werden sollen.

c) Die Beschwer Die angefochtene Entscheidung muss für den Betroffenen eine Beschwer enthalten, d.h. geeignet sein, ihn unmittelbar in seinen Rechten zu beeinträchtigen (VGIAO Nrn. 45, 145, 532, 801, 1244). Die bloße Ankündigung einer Entscheidung ist noch nicht anfechtbar. Auch alle vorbereitenden Maßnahmen wie Konsultation, Beratung, Einschaltung eines Invaliditäts-, Disziplinarausschusses oder eines beratenden Ausschusses enthalten noch keine Beschwer für den Bediensteten. Verhandeln der Bedienstete und die I. O. noch über den Inhalt der geplanten Entscheidung, z. B. in der Absicht, einen Vergleich herbeizuführen, fehlt es ebenfalls an der Beschwer (VGIAO Nr. 842). Die Aufforderung an den Bediensteten, vor der Verhängung einer Disziplinarstrafe zu den ihm zur Last gelegten Tatsachen Stellung zu nehmen, stellt ebenfalls noch keine angreifbare Entscheidung dar (VGIAO Nrn. 846, 961, 2366). Vorbereitende Stufen im Entscheidungsprozess oder Erkenntnisse, die erst zu einer Entscheidung führen, sind noch keine anfechtbaren Entscheidungen (VGIAO Nr. 1401: Stellungnahmen des internen Beschwerdeausschusses sind noch keine Entscheidungen; Nr. 1363: die bloße Eröffnung eines Disziplinarverfahrens ist noch keine anfechtbare Entscheidung, Nr. 1104: Berichte oder Empfehlungen eines internen Beratungsorgans beschweren den Bediensteten noch nicht). Das VGIAO bejaht aber das Vorliegen einer gegenwärtigen Beschwer bei der Klage von Bediensteten wegen einer möglichen Verletzung ihrer späteren Pensionsansprüche (VGIAO Nrn. 2583, 2204, 1330). d) Änderungen und Erweiterungen der Klage Mit der Erhebung der internen Beschwerde ist auch der Umfang des Klageantrags festgelegt und kann nicht mehr erweitert werden (VGIAO

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Nr. 435: Erhöhung der Entschädigungssumme unzulässig; Nr. 565: Änderung des Antrags, um in eine noch höhere BG eingestuft zu werden, ist unzulässig (ebenso VGIAO Nr. 589); Nr. 655: „The general rule is that a claim put forward in the rejoinder will be receivable only if it comes within the ambit of the claims in the complaint“; ebenso Nr. 968). Der Klageantrag kann aber unter Zugrundelegung derselben Fakten und ohne Erweiterung des Klageantrags geändert werden (VGIAO Nr. 435). So kann z. B. statt Entschädigung wegen Teilinvalidität nunmehr Entschädigung wegen eingeschränkter zukünftiger Erwerbsfähigkeit und Verlust finanzieller Chancen gefordert werden. e) Die wiederholenden Verfügungen Entscheidungen, die frühere Entscheidungen lediglich wiederholen (bestätigen) ohne neue Rechtswirkungen auszulösen (Identität in der Substanz), eröffnen keine neue Klagefrist (VGIAO Nr. 759: „. . . a decision that merely confirms or reproduces the original one and is not based on any further inquiry or any new grounds“; siehe auch VGIOA Nr. 659; Nr. 478: wenn die Entscheidung nur bestätigenden Charakter hat). Anders verhält es sich, wenn die I. O. die frühere Entscheidung abwandelt oder die Entscheidungen auf neue Gründe stützt (VGIAO Nr. 507). Dagegen sind Entscheidungen, die wiederholende Verfügungen mit neuen Rechtwirkungen enthalten, auch erneut anfechtbar. Hauptbeispiel sind die Entscheidungen (oder auch das Unterlassen einer solchen) über die monatliche Gehaltszahlung, Zulagen etc. Hier entstehen periodisch neue Anspruchsgrundlagen (VGIAO Nr. 323: Fortlaufende Entscheidungen über zu geringe Gehaltsnachzahlung sind keine wiederholenden Verfügungen, sie enthalten separate Rechtsverletzungen; siehe auch Nr. 1368). Allerdings sind Ansprüche für die Vergangenheit wegen der Versäumnis der rechtzeitigen Klageerhebung verfristet (VGIAO Nrn. 292, 323, 978, 1279). 2. Die inzidente Normenkontrolle (Kontrolle der Rechtsgrundlage)

Das Exekutivorgan einer I. O. kann sich nicht hinter einer rechtswidrigen Norm oder einer anderen, der Entscheidung zugrunde liegenden Allgemeinverfügung oder Entscheidung verstecken. Die int. VerwGerichte besitzen eine umfassende Kompetenz zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsmaßnahme. Sie sehen sich daher auch ohne eine ausdrückliche Ermächtigung in ihren Satzungen oder im Primärrecht der jeweiligen I. O. als befugt an, die einem Verwaltungsakt zugrundeliegende dienstrechtliche Regelung (Norm, Allgemeinverfügung oder auch eine anderweitige Entschei-

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dung) inzident auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (inzidente Normenkontrolle, Kontrolle der Rechtsgrundlage). Es handelt sich hierbei nicht um eine selbständige Klageart, in der die Norm (Rechtsgrundlage) unmittelbar Gegenstand des Klageverfahrens ist (prinzipale Normenkontrolle, abstrakte oder auch konkreten Normenkontrolle), sondern um eine Rüge, die im Rahmen einer sonstigen, nach der Gerichtssatzung zugelassenen Klage, vorgebracht werden kann (Middeke, § 11, Rdn. 4). Die inzidente Normenkontrolle ist daher auch ihrer Natur nach von der in Sonderfällen zulässigen Klage gegen Normen mit unmittelbarem Vollzugscharakter zu unterscheiden (siehe oben C.II.1.b)). Ist die inzidente Normenkontrolle begründet, bewirkt dies die Unanwendbarkeit der Norm (oder auch einer anderen der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Allgemeinverfügung oder Entscheidung; siehe VGIAO Nr. 1265) im laufenden Verfahren, d.h. inter partes. Eine Nichtigkeit der Norm erga omnes tritt nicht ein, da die Rechtmäßigkeit der Norm nicht unmittelbar Gegenstand des Klageverfahrens ist, sondern nur eine Vorfrage hierzu (Gaitanides, Art. 241, Rdn. 13; Middeke, § 11 Rdn. 23). Aus diesem Grunde wird die Unanwendbarkeit nicht im Urteilstenor, sondern nur in den Gründen festgestellt (Stoll, Art. 241 EGV, Rdn. 16). In der Praxis wird die für unanwendbar erklärte Norm bzw. Rechtsgrundlage von der I. O. rasch aufgehoben bzw. abgeändert, um weitere Inzidentrügen zu vermeiden. Für den Rechtskreis der EG ist die Inzidentrüge in Art. 241 EGV ausdrücklich normiert. (Ein Individualklagerecht gegen Normativakte – abstrakte Normenkontrolle – besteht aber auch dort für Bedienstete nicht; vgl. Pernice/Mayer. Art. 220 EGV, Rdn. 7). Sie kann auch in dienstrechtlichen Streitverfahren erhoben werden (Middeke, § 11 Rdn. 9; Karpenstein, Rdn. 25; Gaitanides, Art. 236 Rdn. 11). Der EUGH hat diese Überprüfungskompetenz auch in mehreren Urteilen wahrgenommen. Zur unmittelbaren Klage gegen eine Norm, siehe oben C.II.1.b)). Rechtsprechung VGIAO Das VGIAO hat in einer Reihe von Urteilen die Inzidentrüge aufgegriffen und die Anfechtungsklage wegen Fehlerhaftigkeit des der Verwaltungsentscheidung zugrunde liegenden normsetzenden Beschlusses stattgegeben (VGIAO Nrn. 1682, 1419, 936, 899: Selbstbindung des Legislativorgans an die eigene Gehaltsanpassungsmethode, Begründungspflicht für die konkrete Berechnung der Anpassung; VGIAO Nrn. 1682, 1329: Keine inzidente Überprüfung früherer Gehaltsanpassungen (keine „sine die“ Anfechtung); VGIAO Nrn. 1265, 1000: Verstoß des Legislativorgans gegen den FlemmingGrundsatz; VGIAO Nr. 1200: Verstoß gegen die der Normsetzung vorausgehende Pflicht zur Konsultation der Personalvertretung;

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VGIAO Nr. 986: Fehler des Legislativorgans bei der Aufstellung der Tabellen über ruhegehaltsfähige Bezüge; VGIAO Nr. 963: Fehlerhafte Kürzung der Erziehungszulage durch das Legislativorgan; VGIAO Nrn. 831, 825: Verfahrensfehler des ICSC bei der Festsetzung des Kaufkraftausgleiches).

Rechtsprechung EUGH EUGH 44-74: Allg. Regelung über Streikabzüge; EUGH 181-86: Verfahren betreffend den Übergang zwischen Laufbahngruppen; EUGH C-432/98 und EUGH C-434/98: Anwendungsbereich einer Verordnung; EUGH C-274/99/P: Auslegung der Amtspflichten nach dem Beamtenstatut i. V. mit Art. 10 Abs. 2 EMRK; EUGH C-171/00 P: innerdienstliche Verwaltungsvorschriften). Siehe auch: EUG T-14/01, EUG T-97/92 und EUG T-111/92, EUG T-64/92.

3. Die Ausschöpfung interner Vorverfahren

a) Allgemeines Nach den Satzungen der meisten int. VerwGerichte setzt die Zulässigkeit einer Klage die vorausgehende Durchführung eines internen Kontrollverfahrens nach den Personalstatuten voraus (VGIAO Satzung VII Abs. 1: „other means of resisting it . . . as are open under the applicable Staff Regulations“; näher zu den internen Beschwerdeverfahren vgl. Priess, S. 209 ff.; C. de Cooker, V.6; Cutler, V.9; Hladik, V.11; Kunz-Hallstein, Art. 13 EPÜ, Rdn. 44 ff.). Hierdurch besteht für die Verwaltung der I. O. die Möglichkeit einer Auflösung des Konflikts im Vorfeld gerichtlicher Auseinandersetzungen durch ein unabhängiges internes Gremium. Auf diese Weise soll der Arbeitsfrieden rasch wieder hergestellt bzw. sollen Fehlentscheidungen und Prozesskosten vermieden werden. Letztlich dient diese interne Kontrolle auch der Entlastung der Gerichte. Das interne Beschwerdeverfahren ist von I. O. zu I. O. unterschiedlich ausgestattet. Es reicht von der rein amtsinternen Überprüfung der Entscheidung, die insoweit Ähnlichkeiten zum deutschen Widerspruchsverfahren aufweist (so im Dienstrecht der EG, Art. 91 Abs. 2 und Art. 90 EG-BS; siehe näher Karpenstein, Rdn. 12 ff.; Gaitanides, Rdn. 15) bis hin zu einer gerichtsähnlichen Instanz (so bei fast allen I. O. ausserhalb der EG). So kommt etwa dem internen Beschwerdeverfahren nach der Rechtsprechung des VGIAO immer mehr die Funktion einer Art Tatsacheninstanz zu (siehe nachstehend). Allerdings liegt die Einrichtung

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des internen Beschwerdeverfahrens weitgehend im Ermessen des Plenarorgans der I. O. (Art. VII Abs. 1 VGIAO-Satzung). So verzichten I. O. z. B. im Falle eines vorausgehenden internen Verfahrens vor einem Ärzteausschuss (Invaliditätsausschuss etc) auf die Durchführung eines internen Beschwerdeverfahrens (Art. 107 Abs. 2 EPO-BS; siehe VGIAO Nr. 2537), weil eine weitere interne Kontrolle, der auf medizinische Bewertungen gestützten Entscheidung der I. O., nicht sachgerecht wäre. Aber auch das Exekutivorgan kann von sich aus oder auf Antrag des Beschwerdeführers im Einzelfall auf die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens verzichten (vgl. VGIAO Nrn. 339, 1092). Gelegentlich vermeiden I. O. (etwa bei politisch delikaten Beschwerden) das interne Beschwerdeverfahren, in dem sie die Beschwerde nicht fristgerecht an den internen Beschwerdeausschuss weiterleiten bzw. den Beschwerdeführer nicht fristgerecht über die vorläufige Ablehnung seiner internen Beschwerde unterrichten. Der Beschwerdeführer kann dann direkt Klage bei Gericht einreichen (Art. VII Abs. 3 VGIAO Satzung: Wenn die Verwaltung nicht innerhalb von 60 Tagen nach Eingang der Beschwerde eine Entscheidung über die interne Beschwerde trifft, kann der Beschwerdeführer direkt Klage zum Gericht erheben). b) Dem internen Beschwerdeverfahren vorgelagerte Verfahren In zahlreichen I. O. bestehen neben den formellen Beschwerde- und Klageverfahren noch weitere konfliktvermeidende und konfliktlösende Verfahren. Diese einfach strukturieren, nicht-streitigen Verfahren (non-litigious proceedings) vor einem Mediator, einer Ombudsperson oder einem Ausschuss sollen formelle Streitverfahren vermeiden helfen (siehe Priess, S. 210; De Cooker, V.6). Es werden mit ihnen schnelle und kostengünstige Problemlösungen gesucht, die das Betriebsklima möglichst nicht beeinträchtigen. Nicht geeignet sind derartige Verfahren für streng reglementiertes Verwaltungshandeln, das Kompromisslösungen in der Regel ausschließt, wie insbesondere Disziplinar-, Auswahl- und Beförderungsverfahren sowie Verfahren zur Bewertung von Dienstposten. Besonders vorteilhaft sind dagegen Bereiche, die das zwischenmenschliche Verhalten im Dienstbetrieb betreffen. Aus diesem Grund bestehen informelle Verfahren vor allem im Bereich der Schikane, des Mobbings und der sexuellen Übergriffe. Als Beispiele können genannt werden: Die Vereinbarung zwischen der IAO und der Gewerkschaft vom 13.9. 2000 über das Verfahren zur Lösung von Beschwerden (Collective Agreement on a Procedure for the Resolution of Grievances; siehe das IAO Internetportal). Dem formellen Beschwerdeverfahren wird dabei ein fakultatives

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Verfahren vor der Ombudsperson vorgeschaltet. Diese Ombudsperson, die von beiden Parteien ausgewählt wird, (es handelt sich um eine organisationsfremde Persönlichkeit, ggf. auch um einen ehemaligen Bediensteten) versucht in der Regel innerhalb von 30 Tagen eine einvernehmliche Lösung zu finden. Wird keine Einigung erzielt, kann der Bedienstete das formelle Beschwerdeverfahren vor dem Beschwerdeausschuss einleiten. Die Vereinbarung wurde am 26.2.2001 um eine Vereinbarung zur Vermeidung und Lösung von schikane-bezogenen Beschwerde (harrassment-related grievances) ergänzt. Für das Personal des VN-Sekretariats besteht eine Verwaltungsanweisung über die Einrichtung von Ausschüssen für Diskriminierungen und andere Beschwerden vom 25.11.1983 (Dokument ST/AI/308/Rev. 1: Establishment of Panels on Discriminiation and other Grievances). Mehrere VN-Organisationen (UNDP/UNFPA/UNICEF/UNOPS) haben das gemeinsame Amt einer Ombudsperson eingereichtet, der seit 2002 auf Vollzeitbasis ein informelles Beschwerdeverfahren (informal grievance procedure) für Personalkonflikte betreut. Ziel ist es, gegenseitig akzeptierte Konfliktlösungen auf informelle Weise zu finden. Zu diesem Zweck genießt die Ombudsperson völlige Unabhängigkeit, behandelt alle Vorgänge streng vertraulich und genießt gewisse Immunitäten (Freistellung von der Zeugnispflicht vor Disziplinar- und Beschwerdeausschüssen sowie vor dem VGVN; siehe: Office of the Joint Ombudsperson im UNDP Internetportal). Insgesamt zu den informellen Rechtsschutzverfahren im VN-System siehe Dokument JIU/REP/2002/5 der Joint Inspection Unit der VN in Genf vom Juni 2002 (UNBISNET Internetportal). Bei der EPO besteht ein informelles Vorverfahren (Vermittlungsverfahren, conciliation procedure) für den Bereich der Beurteilungen, das nicht von einer Ombudsperson, sondern von internen Sachverständigen durchgeführt wird. Ziel ist es, eine einvernehmliche Lösung zur Vermeidung eines formellen Beschwerdeverfahrens zu finden (VGIAO Nrn. 2064, 852). Die EG-Kommission hat am 26.4.2006 einen Beschluss über Maßnahmen zum Schutz der Menschenwürde, gegen Mobbing und sexuelle Belästigung bei der Europäischen Kommission (Dokument C(2006)1624/3) gefasst. Dieser Regelung kann eine Vorbildfunktion zugebilligt werden. Das umfangreiche Dokument enthält folgende Eckdaten. Es stellt eine Art Durchführungsregelungen zu den neuen Bestimmungen in Art. 12a Abs. 3 und 4 EG-BS über Mobbing und sexuelle Belästigung dar. Ziffer 2 der Regelung illustriert an Hand zahlreicher Beispiele typische Mobbinghandlungen und Arten der sexuellen Belästigung, es werden die

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Folgen dieser inkriminierten Handlungen aufgezeigt und die Unterschiede zwischen informellen und formellen Verfahren gegen diese Handlungen erklärt. Ziffer 6 der Regelung eröffnet zwei informelle Verfahren. Der Betroffene kann entweder eine Vertrauensperson einschalten, die von einem gemischten Auswahlgremium vorgeschlagen und vom Generaldirektor der GD ADMIN ernannt wurde; er kann sich aber auch unmittelbar, oder nachdem es bei der Einschaltung der Vertrauensperson zu keiner zufriedenstellenden Lösung gekommen ist, an die Mediationsstelle (die Ombudsperson) wenden. In beiden Fällen geht es darum, das ausstehende Problem im gegenseitigen Einvernehmen zu lösen. Die Ombudsperson verfügt über erheblich weitergehende Befugnis als die Vertrauensperson. So kann sie insbesondere alle Dienststellen der Kommission um schriftliche oder mündliche Auskünfte bitten und sich mit einer Empfehlungen an die betreffende Dienststelle wenden. Sie kann auch der Anstellungsbehörde einen Bericht mit einer Empfehlung zur Prüfung vorlegen. Die Regelung enthält im Anhang einen schematischen Überblick über die informellen und formellen Verfahren gegen Mobbing und sexuelle Belästigung sowie einen Katalog mit Fragen und Antworten zu diesem Schutzbereich. c) Die internen Beschwerdeverfahren Mit Ausnahme einiger weniger I. O. (z. B. der EG, die lediglich ein einseitiges verwaltungsinternes Überprüfungsverfahren vorschreibt, Art. 91 abs. 2 und Art. 90 EG-BS, das dem deutschen Widerspruchsverfahren insoweit ähnlich ist, EUGH 101, 79) finden sich in den Personalstatuten I. O. detaillierte Regelungen über die, der Klage vor den VerwGerichten vorgelagerten, internen Beschwerdeverfahren. Die internen Beschwerdeausschüsse sind meist als paritätische Ausschüsse mit Vertretern der Verwaltung und der Personalvertretung, sowie einem nur in Verfahrensfragen stimmberechtigten Vorsitzenden, besetzt. Die Verfahren sind grundsätzlich mündlich, was von den int. VerwGerichten, wie dem VGIAO und dem VGVN, besonders gewürdigt wird, weil die Gerichtsverfahren durchwegs schriftlich geführt werden (z. B. VGIAO Nr. 1317: „. . . it [the board] greatly helps the Tribunal in identifying the material issues of fact and law.“; siehe Kunz-Hallstein/Ullrich, Art. 13 EPÜ, Rdn. 46). Die Einrichtung derartiger interner Beschwerdeverfahren ist aber nicht zwingend (VGIAO Nr. 2461: „. . . [the Tribunal’s Statute] does not specifically require the Organisation to provide specific internal remedies . . .“,

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vgl. auch Nr. 2312). Das zum Erlass von Vorschriften über das interne Beschwerdeverfahren befugte Legislativorgan der I. O. hat hierbei die Satzung des Gerichts zu beachten. Im Konfliktfall sehen sich die Gerichte als befugt an, alle Vorschriften außerhalb der Gerichtssatzung, die die Zulässigkeit einer Klage betreffen, als nichtig zu behandeln (VGIAO Nr. 532: „. . . any provisions in its own rulebook on the receivabililty of complaints . . . are of no effect, whether they comply with the Tribunal’s rules or not.“, vgl. auch Nrn. 533, 786, 852 und 1095). Eine fingierte endgültige Entscheidung nach VGIAO-Satzung Art. VII Abs. 3 liegt nach zwei Monaten auch dann vor, wenn für den Eintritt der Fiktion eine längere Frist nach dem Personalstatut vorgesehen ist, d.h. die Klage ist dann nicht verfrüht. Erst recht gilt die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts für die Auslegung seiner eigenen Satzung. Es sieht sich hierbei an anderweitige Auslegungen des Exekutivorgans der I. O. oder des internen Beschwerdeausschusses nicht gebunden (falsche Berechnung einer Klagefrist durch den internen Beschwerdeausschuss, VGIAO Nrn. 2297, 775). Für die Klagefrist gilt ein strenger Maßstab (VGIAO Nr. 1106: Fristversäumnis von einem Tag; Nr. 727: „. . . it is immaterial that the Organisation’s agent agreed to waive the time limit . . .“, ebenso Nr. 738; Nr. 1167: Fristen sind bindend.; Nr. 1232: Klage trotz Fristversäumnis wegen besonderer Lebensumstände in der DDR zulässig; Nrn. 607, 1247, 1720, 2345: Eine Organisation muss einem Bediensteten bei der Ausübung seiner Rechte helfen, sie darf ihm „keine Fallen stellen“ („time limits . . . are not supposed to set traps“). Das VGAIO eröffnet nach Art. VII Abs. 3 seiner Satzung den Bediensteten den unmittelbaren Klageweg zum Gericht, wenn die I. O. nicht innerhalb von 60 Tagen nach Eingang der Beschwerde eine Entscheidung erlässt. Dabei reicht es aus, wenn die I. O. dem Beschwerdeführer gegenüber eine rechtserhebliche Entscheidung dahingehend trifft, dass sie der Beschwerde nicht abhilft, sondern sie dem internen Beschwerdeausschuss vorlegt. Die Begründung kann nachgereicht werden. Trifft die I. O. die Entscheidung nach Fristablauf, aber noch vor der Klageerhebung, so wird der unmittelbare Klageweg wieder präkludiert (Art. VII Abs. 1 VGIAO-Satzung) und der Beschwerdeführer muss das eröffnete interne Beschwerdeverfahren ausschöpfen (VGIAO Nr. 786). Für das interne Beschwerdeverfahren bestehen nach der Gerichtssatzung bzw. der Verfahrensordnung keine Fristen, es muss aber innerhalb eines vernünftigen Zeitraums abgeschlossen sein. Nach der zunehmend strengeren Rechtsprechung des VGIAO muss der Bedienstete in Normalfall nach ca. eineinhalb Jahren mit einer Stellungnahme des internen Beschwerdeausschusses rechnen können. Je nach Lage des Falles kann diese Frist länger oder kürzer sein (siehe nachstehende Rechtsprechung). Wird das Beschwer-

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deverfahren nicht in einer vernünftigen Frist abgeschossen, ist der unmittelbare Klageweg eröffnet. Die Rechtsprechung des VGIAO hat diese Frist wie folgt konkretisiert, wobei die tatsächliche Schwierigkeit, etwa die Zusammenlegung von Beschwerdeverfahren an Dienstorten, aus verfahrensökonomischen Gründen berücksichtigt werden kann. VGIAO Nr. 1968: Direkte Klage 21 Monate nach Einreichung der internen Beschwerde zulässig; VGIAO Nr. 1684: Direkte Klage 19 Monate nach Einreichung der internen Beschwerde zulässig (mit zahlreichen Verweisungen auf weitere Urteile); VGIAO Nr. 2196: Direkte Klage 17 Monate nach Einreichung der internen Beschwerde und 20 Monate nach Erlass der angefochtenen Verwaltungsmaßnahme zulässig. Die Überlastung der Verwaltung mit Beschwerden rechtfertigt keine unverhältnismäßige Verzögerung des Verfahrens; VGIAO Nr. 2197: Interne Beschwerdeverfahren müssen zügig („with reasonable speed“) betrieben werden; VGIAO Nr. 2392: Keine Fiktion einer Zustimmung zur Verzögerung des internen Beschwerdeverfahrens, wenn der Beschwerdeführer nicht bei erster möglicher Gelegenheit Klage erhebt; VGIAO Nr. 2626: Direkte Klage bereits viereinhalb Monate nach Einreichung der internen Beschwerde zulässig, da die Verwaltung den Beschwerdeausschuss trotz besonderer Dringlichkeit (Gegendarstellung im Hausmagazin) noch nicht zur Abgabe einer Stellungnahme angefordert hatte; VGIAO Nr. 2705: Schadensersatz von EUR 2.500 wegen zu langem (3 Jahren) Beschwerdeverfahren; VGIAO Nr. 791: 17 Monate Verzögerung wegen eines Streits zwischen dem Beschwerdeausschuss und der Organisation über Verfahrensfragen sind nicht hinnehmbar. Das VGIAO betont in ständiger Rechtsprechung die Bedeutung des internen Beschwerdeausschusses für die Urteilsfindung des Gerichts (VGIAO Nrn. 736, 1141, 1317: ein internen Beschwerdeausschuss, der richtig funktioniert, ist ein wichtiger Schutz für die Rechte der Bediensteten und die soziale Harmonie und eine Voraussetzung für die gerichtliche Überprüfung ... es ist eine große Hilfe für die Feststellung der tatsächlichen und berechtigten Probleme durch das Gericht; Nr. 1363, Nr. 1370: „. . . the need for a properly functioning internal appeal procedure of which the appeal board is an essential part“; Nr. 2312 [zur Bedeutung eines fehlerfreien Beschwerdeverfahrens für die Arbeitsbelastung des Gerichts und eine frühzeitige Konfliktlösung (siehe auch VGIAO Nr. 2282). In letzter Zeit hat das VGIAO die Stellung des internen Beschwerdeausschusses weiter aufgewertet. In den Urteilen Nrn. 2092, 2261,2355 stellt das Gericht fest: Will eine beklagte I. O. von einer Empfehlung des internen Beschwerdeausschusses abweichen, muss sie dies angemessen begründen. Dem Leiter der Exekutive kommt hierbei eine quasi richterliche Funktion

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zu (acting in a quasi judicial capacity), er muss objektiv und unparteiisch urteilen. Er kann sich vor Gericht nicht auf neue Argumente abstützen, die er im Beschwerdeverfahren hätte vorbringen können. Damit kommt den internen Beschwerdeausschüssen nach der Rechtsprechung des VGIAO nahezu die Funktion einer Tatsacheninstanz zu. Die Aufklärung des Sachverhalts, Beweisaufnahmen und mündliche Verhandlungen finden nahezu ausschließlich vor dem Beschwerdeausschuss statt. Das Gericht selbst sieht sich immer mehr als eine mit Rechtsfragen befasste Revisionsinstanz. Ebenso wie bei der Einreichung einer internen Beschwerde eröffnet das Gericht nach Stellungnahme des internen Beschwerdeausschusses dem Beschwerdeführer den unmittelbaren Klageweg, wenn die I. O. nicht innerhalb von zwei Monaten eine ausdrückliche Entscheidung über die interne Beschwerde trifft. Das Gericht leitet diese Frist in analoger Anwendung des Art. VII Abs. 3 seiner Satzung ab (VGIAO Nr. 852). Von diesem Zeitpunkt an berechnet sich dann die Frist von 90 Tagen für die Erhebung der Klage (Art. VII Abs. 2 der Gerichtssatzung). d) Die Nichtausschöpfung des internen Beschwerdeverfahrens Unterbleibt die fristgerechte Einlegung der Beschwerde, wird die Entscheidung unanfechtbar (VGIAO Nr. 647). Da die Einhaltung der Beschwerdefrist der Rechtsicherheit dient, können Billigkeitsgesichtspunkte nur in ganz besonderen Fällen die Beschwerdefrist verlängern, so etwa wenn sich die I. O. in treuwidriger Weise auf den Ablauf der Beschwerdefrist beruft (VGIAO Nr. 647) und eventuell bei Erkrankung des Beschwerdeführers (VGIAO Nr. 1282). Die Klage ist auch dann unzulässig, wenn der interne Beschwerdeausschuss eine verspätet eingelegte Beschwerde als zulässig behandelt, da das Gericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen von sich (proprio motu, on its own motion) prüft (VGIAO Nrn. 2567, 1095, 1082, 60). Unzulässig ist eine spätere Klage mangels Ausschöpfung des Beschwerdeverfahrens, wenn die interne Beschwerde falsch adressiert wurde oder nicht klar genug zum Ausdruck gebracht wurde, dass eine Beschwerde gewollt ist (VGIAO Nrn. 840, 1172). Setzt sich die I. O. jedoch trotz Überschreitung der Beschwerdefrist mit der Beschwerde sachlich auseinander (VGIAO Nr. 181) oder versucht sie im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens eine einvernehmliche Regelung zu finden, gelten die internen Beschwerdemöglichkeiten als noch nicht ausgeschöpft (VGIAO Nrn. 509, 1066). Treten neue und unvorhersehbare Umstände im Laufe des Beschwerdeverfahrens ein, kann der Beschwerdeführer auch eine neue, selbständig anfechtbare Entscheidung verlangen (VGIAO Nr. 676).

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4. Die Klagefrist

Die Erhebung der Klage vor den int. VerwGerichten hat innerhalb der Fristen zu erfolgen, die in den Dienstrechtsordnungen oder den Gerichtssatzungen festgelegt sind. In den meisten Fällen beträgt die Klagefrist drei Monate (EUGH: Art. 91 Abs. 3 EG-BS; VGIAO: Art. VII Abs. 2 der Satzung des VGIAO – 90 Tage –). Im Falle eines ausdrücklich ergangenen Verwaltungsakts (in der Regel in Form der Abweisung der vorausgehenden internen Beschwerde; zu den Ausnahmen siehe dort) beginnt die Klagefrist am Tag der Mitteilung der definitiven Verwaltungsentscheidung an den Betroffenen mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme (VGIAO Nr. 1740, Ausnahme bei höherer Gewalt: VGIAO Nr. 1466). Dies ist in der Regel der Tag nach der Entscheidung (VGIAO Nr. 2244 „dies a quo“). Die I. O. ist für den Zugang der Entscheidung beweispflichtig (VGIAO Nr. 2494). Unter der Zustellung einer Verwaltungsentscheidung i. S. von Art. VII Abs. 2 VGIAO-Satzung ist die Zustellung an den Kläger und nicht an seinen Vertreter zu verstehen (VGAIO Nr. 2708). Die endgültige Entscheidung muss von der I. O. selbst ergangen sein (VGIAO Nr. 2290). Schlichtungsgespräche bedeuten nach Treu und Glauben, dass noch keine endgültige Entscheidung ergangen ist (VGIAO Nr. 2584), sie müssen aber in vernünftiger Frist beendet werden (EUG T-109/99, EUG T-7/98). Zum Fall einer verfrühten Klage siehe VGIAO Nr. 1393. Zum Fristbeginn bei Sprachproblemen siehe EUG T-118/99. Die bloße Bestätigung einer Entscheidung setzt keine neue Klagefrist in Lauf (Umgehung der Frist einer Klage gegen eine bestandskräftige Entscheidung, siehe VGIAO Nr. 2011 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; EUG T-14/91, EUG T-38/91, EUG T-108/99). Nur substantielle neue Tatsachen können bei einer bestandskräftigen Entscheidung einen neuen Antrag auf Entscheidung rechtfertigen (EUG T112/02, EUG T-68/98, EUG T-70/98, VGIAO Nr. 1528). Im Falle einer Entscheidung gegen eine Gruppe von Bediensteten tritt die Veröffentlichung an die Stelle einzelner Mitteilungen. Die Klagefrist von drei Monaten im EG-BS endet am Ende des Tages, der die gleiche Zahl trägt, wie der Tag des Fristbeginns (EUG T-192/94). Fällt das Fristende auf einen Feiertag oder Sonntag, läuft die Frist am folgenden Werktag ab (VGIAO Nr. 2250). Nach Art. 4 Abs. 2 der VerfO des VGIAO kann das Gericht sowohl das Datum der Aufgabe der Klageschrift zur Post als auch den Eingang bei der Kanzlei des Gerichts berücksichtigen. Da im Zweifelsfall Letzteres gilt, empfiehlt sich die Absendung per Einschreiben mit Rückschein.

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Die Klagefristen bestehen im öffentlichen Interesse (Rechtssicherheit) und sind daher streng zu beachten und der Disposition der Parteien und des Gerichts entzogen (VGIAO Nr. 1140, Nr. 59, EUG T-197/98, EUG T-119/89). Ausnahmen sind nach der Rechtsprechung des EUGH (EUG) nur bei entschuldbarem Irrtum infolge außergewöhnlicher Umstände zulässig (EUG T-14/03, EUG T-186/01). Das VGIAO erkennt grundsätzlich keine Ausnahmen an (VGIAO Nr. 1140; zu den internen Beschwerdeverfahren siehe VGIAO Nr. 259). Bei Untätigkeit einer I. O. nach Einreichung einer Beschwerde gegen eine belastende Maßnahme wird nach einer bestimmten Frist das Vorliegen eines die Beschwerde abweisenden, stillschweigenden und endgültigen Verwaltungsakts fingiert (EUGH: Art. 90 Abs. 2 EG-BS: vier Monatsfrist; VGIAO: Art. VII Abs. 3 der Satzung des VGIAO: 60-Tagesfrist). Dabei eröffnet eine ausdrückliche Entscheidung, die nach einer stillschweigenden Abweisung erfolgt, keine neue Klagefrist (EUG T-156/95), es sei denn die ausdrückliche Entscheidung ergeht innerhalb der Frist für die Klage, in diesem Fall beginnt sie erneut zu laufen (Art. 91 Abs. 3 EG-BS). Für die Klagefrist beim VGIAO gelten insofern Besonderheiten, weil bei den meisten Organisationen, die seiner Gerichtsbarkeit unterliegen, förmliche interne Beschwerdeverfahren vor unabhängigen Beschwerdegremien bestehen (obwohl sie dazu nach der Satzung des Gerichts nicht verpflichtet sind, siehe VGIAO Nr. 2461, legt das Gericht großen Wert auf deren Tatsachenaufklärung und Beweiserhebung, VGIAO Nr. 2312, außerdem dürften die regelmäßige Ablehnung einer mündlichen Verhandlung vor dem VGIAO und das Fehlen einer Rechtsmittelinstanz, ein weiterer Grund sein). Im Gegensatz zu den einseitigen, rein verwaltungsinternen Vorverfahren im EG-Dienstrechtskreis, für das eine feste Frist genügt, kann es bei den eigentlichen internen Beschwerdeverfahren sowohl bei der Einreichung der Beschwerde bei der Verwaltung und Weiterleitung an den Beschwerdeausschuss als auch bei der Behandlung der Beschwerde durch den Ausschuss und schließlich auch noch bei der abschließenden Entscheidung der Verwaltung nach Stellungnahme durch den Beschwerdeausschuss zu Verfahrensverzögerungen kommen. Unterlässt es eine I. O. auf den Antrag eines Bediensteten hin eine Entscheidung zu treffen, so wird zwar nach den Dienstrechtsordnungen in der Regel eine abweisende Entscheidung fingiert (z. B. Art. 90 Abs. 1 EG-BS), die anschließende Ausschöpfung des internen Beschwerdeverfahrens durch Einreichung einer internen Beschwerde ist dann aber ebenso erforderlich wie bei einer ausdrücklich ablehnenden Entscheidung (VGIAO Nrn. 2631, 185). Dies dient der Tatsachenermittlung, Beweiserhebung und der Prozessökonomie. Die gerichtliche Klagefrist beginnt also auch in diesen Fällen erst nach den Regeln für den Abschluss des Beschwerdeverfahrens.

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Die nach Art. VII Abs. 3 der Satzung des VGIAO geltende Frist von 60 Tagen ist für die Durchführung eines internen Beschwerdeverfahrens völlig unzureichend. Das Gericht war daher gezwungen, diese Regelung dahingehend auszulegen (siehe VGIAO Nr. 1464), dass es genügt, wenn eine Verwaltung innerhalb von 60 Tagen nach Einreichung der Beschwerde dem Beschwerdeführer eine Entscheidung mitteilt, wonach sie die Beschwerde vorläufig abgelehnt und den internen Beschwerdeausschuss um eine Stellungnahme gebeten hat (VGIAO Nr. 2562; siehe aber noch VGIAO Nr. 532). Wird diese vorläufige Abweisungsentscheidung und Einschaltung des Beschwerdeausschusses erst erlassen, wenn die Fiktion einer stillschweigenden Abweisung bereits eingetreten ist, bleibt die Klage zulässig (VGIAO Nr. 1096). Ergeht diese ausdrückliche Entscheidung jedoch vor Einreichung der Klage, ersetzt sie die fingierte Entscheidung und präkludiert die Klage (VGIAO Nr. 786). Die Dienstrechtsordnungen enthalten für den Abschluss des Beschwerdeverfahrens in der Regel keine Fristen (demgegenüber sieht das vereinfachte verwaltungsinterne Überprüfungsverfahren nach Art. 90 Abs. 2 EG-BS eine feste Frist von vier Monaten ab Einreichung der Beschwerde vor). Die Rechtsprechung des VGIAO hat jedoch der Dauer der Beschwerdeverfahren angemessene Grenzen gesetzt (siehe hierzu oben, C.II.3.c)). 5. Die Vertretung vor Gericht

Bedienstete und ehemalige Bedienstete I. O. sowie deren Rechtsnachfolger sind grundsätzlich vor dem jeweils für sie zuständigen int. VerwGericht selbst postulationsfähig. Die Bediensteten können sich vor den Gerichten in der Regel durch einen anderen (aktiven oder ehemaligen) Bediensteten einer Organisation vertreten lassen, die der Gerichtsbarkeit des betreffenden Gerichts unterliegt. Außerdem ist jeder in einem Mitgliedsstaat zugelassene Rechtsanwalt zur Vertretung befugt (Art. 5 VGIAO VerfO; Art. 13 VGVN VerfO; ähnlich: Art. 19 i. V. mit Anhang 1; Art. 7 Abs. 1 und Art. 53 der Satzung des EUGH). Zum Teil können die Präsidenten des jeweiligen Gerichts eine Vertretung durch andere Personen (mit dem Recht des int. öff. Dienstes vertraute Personen oder Hochschullehrer) zulassen (z. B. Art. 5 VGIAO VerfO). Lediglich in den Verfahren vor dem EUGöD und dem EUG (nicht in den vorausgehenden internen Beschwerdeverfahren) besteht Anwaltszwang (EUGöD: Satzung des EUGH Art. 19 und Anhang 1, Art. 7 Abs. 1 und EUG: Satzung des EUGH Art. 53 i. V. mit Art. 19).

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III. Einstweiliger Rechtsschutz (interim injunction, provisional relief) Beschwerden gegen Entscheidungen der Verwaltung verhindern nicht deren Vollzug (sie haben keinen Suspensiveffekt). Ein besonderes Verfahren für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes besteht nach Art. 91 Abs. 4 EG-BS. Nach Einreichung der internen Beschwerde kann unmittelbar Klage beim EUGöD erhoben und ein Antrag auf Aussetzung des angefochtenen Verwaltungsakts beigefügt werden. Das Gericht setzt dann das Verfahren in der Hauptsache bis zur Entscheidung über die interne Beschwerde aus und befindet durch Beschluss über das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen für den einstweiligen Rechtsschutz (Art. 242 EGV; Art. 91 Abs. 4 EG-BS und Art. 102 ff. VerfO für den EUGöD). Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird äußerst restriktiv gehandhabt (vgl. die Übersicht bei Rogalla, Dienstrecht S. 219). Wie schon die Einlegung einer internen dienstrechtlichen Beschwerde, so entfaltet auch die Erhebung einer Klage vor dem zuständigen VerwGericht keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Verwaltungsentscheidung (Art. VII Abs. 4 VGIAO Satzung; Art. 242 EGV). Die meisten int. VerwGerichte sind jedoch ausdrücklich befugt, einstweilige Anordnungen zu treffen, um zu verhindern, dass während der Dauer eines Rechtsstreits vollendete Tatsachen geschaffen und dadurch möglicherweise eine schwerwiegende Rechtsbeeinträchtigung herbeigeführt wird (z. B. WBAT VerfO Regel 13: „. . . the execution of the decision is shown to be highly likely to result in grave hardship to the applicant . . .“; Art. 102 EUGöD VerfO i. V. mit Art. 242 EGV). Die entsprechenden Regelungen in den Gerichtssatzungen bzw. dem Primärrecht der I. O. tragen dem Rechtsstaatsprinzip Rechnung (Gaitanides, Art. 243 Rdn. 1; Stoll, Art. 243 Rdn. 1). Im Gegensatz hierzu hat das VGIAO sich in seinem Urteil Nr. 2633 als nicht befugt angesehen, eine einstweilige Anordnung gegen die beklagte I. O. zu erlassen. Diese, als „obiter dictum“ ergangene Feststellung des Gerichts, steht nicht nur im krassen Gegensatz zu der ansonsten sehr umfangreichen Ableitung ARGrundsätze durch das VGIAO. Es verwundert auch, warum das Gericht nicht von der Blankoermächtigung nach Art. 16 seiner VerfO Gebrauch gemacht hat, jede Regelung zu treffen, die nicht ausdrücklich in der VerfO geregelt ist (siehe hierzu näher Priess, S. 258). Gerade angesichts der Häufung dienstrechtlicher Klagen vor dem VGIAO und der dadurch zunehmenden Verfahrensdauer (im Jahre 2007 muss bei einigen I. O. mit hohem Beschwerdeaufkommen mit einer Gesamtverfahrensdauer ab Einleitung der internen Beschwerde von über vier Jahren gerechnet werden; siehe in diesem Zusammenhang VGIAO Nr. 2705: Zwangsgeld wegen

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zu langer Dauer des internen Beschwerdeverfahrens) erscheint die Gewährleistung eines einstweiligen Rechtsschutzes umso dringender. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Gericht einer möglichen Antragsflut auf einstweilige Verfügungen den Riegel vorschieben wollte (vgl. dazu auch die Parallelproblematik bei den Konkurrentenklagen vor dem VGIAO; in VGIAO Nr. 2657). Die restriktive Kompetenzwahrnehmung durch das VGIAO führt hierzu einer bedenklichen Verkürzung des ARGrundsatzes auf Rechtsschutz.

D. Verfahrensfragen (Procedural questions) I. Der Verlauf des Gerichtsverfahrens (Procedure in court) Die Verfahren vor den int. Dienstgerichten folgen einem weitgehend einheitlichen Schema. Das schriftliche Verfahren wird mit der Einreichung der Klageschrift eröffnet. Nach der Beseitigung etwaiger Formmängel erhält die beklagte I. O. Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme (Klagebeantwortung, reply). In der Regel erfolgt dann ein je zweiter Schriftsatzwechsel (Replik, Duplik) der Parteien (vor dem EUGöD wegen der sich regelmäßig anschließenden mündlichen Verhandlung – nur bei Erforderlichkeit, Art. 41 und Art. 48 Abs. 2 EUGöD VerfO). Weitere Schriftsätze werden nur in Ausnahmefällen zugelassen. Das Verfahren vor dem EUGöD umfasst eine, sich an das schriftliche Verfahren anschließende mündliche Verhandlung (Art. 48 Abs. 1 EUGöD VerfO). Die anderen großen int. VerwGerichte (VGIAO und VGVN) sehen in ihren Satzungen bzw. VerfO zwar die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung vor („hearing“ Art. V VGIAO Satzung und Art. 11 VGIAO VerfO und Art. 15 VGVN VerfO), in der Praxis beschränken sich die Gerichte jedoch nahezu ausnahmslos auf das schriftliche Verfahren. Die Gründe liegen auf der Hand. Wegen ihrer Zuständigkeit für zahlreiche I. O. würde die Durchführung mündlicher Verhandlungen bei den weltweit verteilten Dienststellen dieser I. O. zu einem enormen Aufwand an Zeit und Kosten führen (siehe die Dokumente des IAO anlässlich der Vorbereitung einer Revision der VGIAO VerfO, Dokument GB 292/PFA/20/2, Punkt 44 vom März 2005). Bisherige Lösungsversuche der Gerichte (VGIAO Nr. 121: Zeugenanhörung am Dienstort des Klägers, siehe auch Priess, S. 227) erwiesen sich nicht als Erfolg versprechend. Die Personalvertretungen und Gewerkschaften zahlreicher I. O. bekämpfen das Fehlen einer mündlichen Verhandlung

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unter Berufung auf Art. 6 EMRK seit Jahren. Allerdings wurde diese Praxis von den nationalen Gerichten bei der Prüfung eines angemessenen Rechtsschutzes der Bediensteten gegen Entscheidungen der I. O. nicht in Zweifel gezogen (siehe vorstehend). Auch der seit langem vorliegende Entwurf einer Änderung der bisherigen Formulierung des Art. V der Satzung des VGIAO, der ein eigenes Antragsrecht der Parteien auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich vorsieht, wird nichts daran ändern, dass das Gericht weiterhin nach seinem Ermessen über die Notwendigkeit eines mündlichen Verfahrens entscheidet und durchwegs verneint. II. Die Beweisaufnahme (Taking evidence) Das Prozessrecht der int. VerwGerichte wird überwiegend von einem modifizierten Untersuchungsgrundsatz (modified inquisitorial principle) geprägt (Hackspiel, § 21 Rdn. 9). Die Satzungen und VerfO der int. VerwGerichte enthalten weder Regeln über die Verteilung der Beweislast noch über die Anwendung des modifizierten Untersuchungsgrundsatzes (Priess, S. 235, Hackspiel, § 24 Rdn. 8). Die Parteien sind demnach zur Beibringung der für die Entscheidungsfindung erforderlichen Unterlagen über Tatsachen und Beweismittel verpflichtet (Darlegungslast). Jede Partei trägt die Beweislast (burden of proof) für die tatsächlichen Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Anspruches (onus probandi actori incumbit, VGIAO Nrn. 2116, 2074: „the burden of proof is on the party that pleads it“). Das Gericht ist aber nicht an diese Tatsachen und Beweismittel gebunden. Es kann von sich aus nach eigenem Ermessen eine Sachverhaltsaufklärung vornehmen und Beweise erheben (Hackspiel, § 21 Rdn. 8 f.; Priess S. 228 ff.; Art. 11 VGIAO VerfO, Art. 57 ff. EUGöD VerfO). Steht nach der freien Beweiswürdigung durch das Gericht nicht fest, ob eine behauptete Tatsache wahr ist, geht ein „non liquet“ zu Lasten der beweispflichtigen Partei. III. Die Klageänderung (Change of claims) Der Klageanspruch kann gegenüber dem im internen Beschwerdeverfahren erhobenen Anspruch nicht mehr erweitert werden (Einwand der fehlenden Ausschöpfung des Beschwerdeverfahrens, VGIAO Nrn. 2213, 1443, 1322; EUG T-186/01, EUG T-386/00). Zulässig sind aber Klageansprüche auf Schadensersatz, die im internen Beschwerdeverfahren – wenn auch nur

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mündlich und in allgemeinen Worten – erhoben wurden (VGIAO Nrn. 2457, 2416, 2360). Prozessuale Einreden (pleas) können dagegen jederzeit neu vorgebracht werden (VGIAO Nr. 1519). IV. Die Klagerücknahme (Withdrawal of suit) Das Verfahren vor den int. Dienstgerichten wird durch den Verfügungsgrundsatz (Dispositionsmaxime) beherrscht, d.h. der Kläger bestimmt den Streitgegenstand und entscheidet frei über die Einleitung und Beendigung des Verfahrens (Hackspiel, § 21 Rdn. 4). Das Gericht untersucht nicht die Gründe der Klagerücknahme (VGIAO Nr. 951). Die Zurücknahme ist auch noch nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens und auch gegen den Willen der I. O. zulässig (VGIOA Nr. 728). Ab Eröffnung der Sitzung, auf der das Gericht über die Klage entscheidet, ist die Rücknahme unzulässig (VGIAO Nr. 728). Beim EUGöD ist die Rücknahme bis zur Verkündigung des Urteils möglich (Hackspiel, § 27 Rdn. 52). Eine Klagerücknahme kann bis zum Eingang bei Gericht widerrufen werden (VGIAO Nr. 567). Jede Klagerücknahme wird durch eine Entscheidung des Gerichts protokolliert. Das VGIAO veröffentlicht ein (nicht nummeriertes) Urteil, der EUGH streicht die Rechtssache aus dem Register (Hackspiel, § 27 Rdn. 52). Eine Klagerücknahme steht (unter Beachtung der Klagefrist) einer erneuten Klageerhebung zum gleichen Streitgegenstand nicht entgegen (VGIAO Nr. 1611). V. Klageverbindung (Joinder) Alle int. VerwGerichte können, auf Antrag einer Partei oder von sich aus, eine Klageverbindung beschließen. Soweit keine spezifischen Regelungen bestehen, greifen die Gerichte auf Blankoermächtigungen zurück. Das EUGöD kann nach Art. 46 VerfO im Interesse einer geordneten Rechtspflege eine Klageverbindung anordnen, wenn die Rechtssachen „miteinander in Zusammenhang stehen“. Gestützt auf die Blankoermächtigung des Art. 16 VerfO beschließt das VGIAO auf Antrag einer Partei oder von sich aus eine Klageverbindung, wenn die Klageanträge die gleichen Fragen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht (the same issues of fact and of law) aufwerfen (VGIAO Nrn. 1680, 1541, 1461, 666, 663).

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VI. Die Streithilfe und amicus curiae (Intervention, amicus curiae) Die Streithilfe ist eine Maßnahme der Prozessökonomie. Sie steht allen klagebefugten Personen offen, die ohne eigene Ausschöpfung von Rechtsmitteln, die Ausdehnung der Rechtskraft eines Urteils auf sich bezwecken. Nach Art. 13 Abs. 1 VGIAO VerfO steht die Nebenintervention jeder klagebefugten Person offen (VGIAO Nr. 496), die über ein Recht verfügt, das von der betreffenden Entscheidung möglicherweise berührt werden kann. Der Streithelfer muss sich in einer gleichen tatsächlichen und rechtlichen Lage befinden (VGIAO Nrn. 2237, 2636). Der Streithelfer ist auf gleiche Klageanträge und gleiche prozessuale Einreden (pleas) beschränkt (VGIAO Nrn. 1792, 1519, 366). Die Nebenintervention ist auch noch im Klageverfahren zulässig (VGIAO Nr. 518). Nach Art. 40 Abs. 2 i. V. mit Anhang I Art. 7 Abs. 1 der Satzung des EUGH ist Zulassungsvoraussetzung für den Nebenintervenienten vor dem EUGöD, dass er ein „berechtigtes Interesse am Ausgang eines . . . anhängigen Rechtsstreits glaubhaft machen“ kann. Im Gegensatz zum VGIAO ist beim EUGH strittig, ob der Nebenintervenient selbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen kann. Die neuere Rechtsprechung scheint dies zuzulassen (Hackspiel, § 22 Rdn. 40 ff.). Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit kann eine I. O. eine Erklärung abgeben, wonach sie ein Gerichtsurteil auch ohne förmliche Nebenintervention auf alle Bedienstete in gleicher Lage anwendet. Bei der EPO geschieht dies regelmäßig, um Massenbeschwerden abzuwenden (VGIAO Nr. 726, KunzHallstein/Ullrich, Art. 13 Rdn. 59). Soweit keine Klagebefugnis besteht (insbesondere gilt dies für Personalvertretungen und Gewerkschaften), besteht (wie bei verschiedenen nationalen Gerichten) eine Tendenz bei den internationalen Dienstgerichten, Stellungnahmen von „Freunden des Gerichts“ (amicus curiae) zuzulassen. Das VGIAO hat dies auch ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage (zur geplanten Revision der VGIAO VerfO siehe Dokument GB. 292/PFA/20/2 der IAO vom März 2005, das eine amicus curiae-Regelung enthält) in seinen Urteilen Nr. 2420 und Nr. 2422 aus Gründen der Zweckmäßigkeit gerechtfertigt, um die Meinung der Personalvertretung und der Gewerkschaft zu kennen (siehe hierzu ausdrücklich: Art. 23 Abs. 2 VGVN VerfO).

2. Abschn.: Die int. Verwaltungsgerichte und ihr Gerichtsverfahren

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VII. Die Fristverlängerung (Prolongation of deadline) Die Dienstgerichte sind befugt, die in den VerfO festgelegten Fristen zu verlängern (Art. 14 VGIAO VerfO, Art. 101 EUGöD VerfO). In der Praxis ist eine Verlängerung der Schriftsatzfristen üblich. Dies gilt insbesondere für das Verfahren vor dem VGIAO mit seiner zu knappen Schriftsatzfrist von nur 30 Tagen (Art. 9 VGIAO VerfO). Art. 39 EUGöD VerfO sieht eine Frist von zwei Monaten vor.

E. Das Urteil (Judgment) I. Der Inhalt (Substance) Ist die Klage begründet, hebt das Gericht die angegriffene (erlassene oder fingierte) Entscheidung der Anstellungsbehörde auf (Anfechtungsklage) oder ordnet die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs an (Leistungsklage). Ist letzteres nicht möglich oder nicht tunlich (z. B. weil das Dienstverhältnis zerrüttet ist oder der Bedienstete demnächst in den Ruhestand tritt), so spricht das Gericht dem Kläger einen materiellen Schadensersatz zu. Darüber hinaus kann das Gericht bei sonstigen Rechtsverstößen der I. O., insbesondere bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten, die Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes (moralischer Schadensersatz, Schmerzensgeld) anordnen. II. Die Auslegung (Interpretation) Die Gerichte können von jeder Partei zur Auslegung eines sie betreffenden Urteils angerufen werden. Der Antrag ist nicht fristgebunden. Art. 118 der VerfO des EUGöD enthält eine detaillierte Rechtsgrundlage für gerichtliche Verfahren bei der Auslegung einer Entscheidung des EUGöD. Die anderen Gerichte, insbesondere das VGIAO, verfügen zwar in ihrer Satzung über keine vergleichbare Regelung, lassen jedoch Anträge auf Auslegung ohne weiteres zu (z. B. VGIAO Nr. 921). Das Gericht kann ohne vorheriges Beschwerdeverfahren direkt angerufen werden („application for interpretation“, VGIAO Nr. 2483). Der Antrag darf grundsätzlich nur das Urteil selbst und nicht seine Begründung betreffen. Unzulässig sind Auslegungsanträge bei Urteilen, die nach Auffassung des Gerichts klar sind

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(VGIAO Nr. 1521). Weitere Urteile zur Auslegung: VGIAO Nrn. 1717, 1521, 1306, 1173, 1110, 1064, 538). III. Die Nebenentscheidungen (Supplementary decisions) 1. Die Zwischenentscheidungen

Int. VerwGerichte können einen Zwischenentscheid („interlocutory order, „provisional order“) bei Unklarheiten über einen Sachverhalt von sich aus – bei einigen Gerichten auch auf Parteiantrag hin erlassen (Art. 78 EUGöD VerfO). Siehe hierzu: z. B. VGIAO Nrn. 2700, 2136, 1468, 1373. 2. Die Kostenentscheidungen

Die VerwGerichte entscheiden in ihren Endurteilen über die Prozesskosten der Parteien entweder auf Grund ausdrücklicher Ermächtigungen (Art. 86 ff. EUGöD VerfO) oder gestützt auf eine dem Gericht allgemein zuerkannte Befugnis (Priess, S. 241 und VGIAO Nr. 1962 „inherent power“, 18). Die Prozesskosten des Klägers, d.h. die Aufwendungen für das Verfahren, insbesondere die Reise- und Aufenthaltskosten und die Anwaltskosten legen die Gerichte im Falle seines Obsiegens oder vielfach auch bei Abweisung der Klage aus Billigkeitsgründen der I. O. auf. Die Prozesskosten der I. O. werden dagegen dem Kläger in der Regel auch dann nicht auferlegt, wenn er unterliegt. Allerdings besteht dieses Kostenprivileg der Bediensteten nicht mehr vor dem EUGöD (Art. 87 Abs. 1 VerfO). Auch das VGIAO hat in Urteil Nr. 2211erstmals dem unterlegenen Kläger wegen Missbrauchs der Klagebefugnis zu einer – wenn auch nur in nomineller Höhe von 100 EUR – Kostenerstattung an die I. O. verurteilt. Es hat sich dabei allerdings ausdrücklich höhere Kostenerstattungen vorbehalten („the costs . . . will be relatively nominal, but that will not necessarily be the case in the future“; siehe auch schon die Urteile Nrn. 1962, 1932, 1884). Über die Höhe der Kostenerstattung entscheiden die Gerichte nach eigenem Ermessen. Detaillierte Regelungen über das Verfahren bei Streitigkeiten über die Kosten enthält Art. 92 EUGöD VerfO. Die Gerichtskosten werden in jedem Fall von der beklagten I. O. getragen. (Eine Ausnahme sieht lediglich Art. 94 EUGöD VerfO vor, wonach bei offensichtlich missbräuchlichen Klagen dem Kläger die Gerichtskosten bis zu höchstens EUR 2.000 auferlegt werden können.). Bei Gerichten mit Zuständigkeit für mehrere I. O. (z. B. VGIAO, VGVN) werden die allgemeine Sekretariatskosten nach der Personalstärke der I. O. und die Verfahrenskosten nach der Anzahl der jeweiligen Klagen aufgeteilt.

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Als Korrelat zum Anwaltszwang in den Verfahren vor dem EUGöD und dem EUG besteht die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe (Art. 95 ff. EUGöD VerfO und Art. 94 ff. VerfO des EUG). Der Antrag unterliegt nicht dem Anwaltszwang. 3. Die Verzugszinsen

Auf Antrag sprechen die int. VerwGerichte den Bediensteten Verzugszinsen zu, wenn fällige Ansprüche nicht fristgerecht erfüllt werden. Das VGIAO beruft sich dabei auf den ARGrundsatz der Gleichbehandlung (VGIAO Nr. 1461). Vollzieht eine I. O. ein gegen sie ergangenes Urteil nicht innerhalb eines Monats (zu den Ausnahmen siehe nachstehend unter „Vollstreckung“), spricht das Gericht dem Kläger auf Antrag („application for execution“) Verzugszinsen zu (VGIAO Nrn. 1338, 1219, 234). Die Höhe der Zinsen liegt heute in den Urteilen des VGIAO bei 8%–10% (Urteile Nrn. 2076, 1461. 1338). Die Gerichte des EUGH verurteilen in der Regel zu niedrigeren Verzugszinsen von etwa 5% (EUG T-144/02: 5.5%; EUG T-237/00: 5.25%). IV. Die Anonymität (Anonymity) Die int. VerwGerichte sind unter stärkerer Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Belange (siehe oben 2. Teil, 2. Abschn. B.I.2.) vielfach dazu übergegangen, die Namen der Kläger in den Urteilen zu anonymisieren, so das VGIAO seit seiner 93. Sitzungsperiode (2002). Die Satzung des VGWB sieht in Ziffer E seiner VerfO ausdrücklich die Anonymisierung des Namens des Klägers auf Antrag vor. Art. 44 Abs. 4 der EUGöD VerfO ermöglicht nicht nur die Anonymisierung des Namens des Klägers oder sonstiger im Verfahren erwähnter Personen auf Antrag oder von Amtswegen. Bei Vorliegen berechtigter Gründe können auch bestimmte Angaben im Urteil weggelassen werden. Außerdem erstreckt sich die Möglichkeit der Anonymisierung nicht nur auf Urteile, sondern auf alle, die Rechtssache betreffenden Veröffentlichungen.

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F. Rechtskraft und Vollstreckung (Res iudicata, enforcement) I. Die formelle Rechtskraft (Res iudicata) Die Entscheidungen der int. VerwGerichte sind durchgehend endgültig und formell rechtskräftig (z. B. Art. VI Abs. 1 VGIAO Satzung: „judgments shall be final and without appeal“). Der Begriff „res iudicata“ wird dabei vom VGIAO sowohl im Sine der formellen Rechtskraft – keine Appelationsmöglichkeit – als auch der materiellen Rechtskraft – keine neue Klagemöglichkeit – verwendet. Dies entspricht nach der h. M. in Literatur und Rechtsprechung int. Anforderungen an die Rechtstaatlichkeit (Anspruch auf Rechtsschutz) und den Justizgewähranspruch (Soyer/Salvia, Art. 6 EMRK, S. 262: „Un tribunal“ (Singular!); Meyer-Ladewig, Art. 6, Rdn. 28; BVerfG in NJW 2003, 1924 (1927): „Ein Instanzenweg ist von Verfassungswegen nicht garantiert“; auch der IGH hat in seinem Gutachten vom 13.7.1954, ICJ Reports 1954, S. 47(52) den Ausschluss eines Instanzenzugs beim VGVN nicht in Frage gestellt). Eine Ausnahme bilden lediglich dienstrechtliche Streitigkeiten im EGRechtskreis. Hier besteht nach Art. 9 des Anhangs zur Satzung des EUGH ein Rechtsmittelzug vom EUGöD zum EUG. Eine Möglichkeit der Durchbrechung der formellen Rechtskraft ist nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen möglich. Die Satzung des VGVN sieht in Art. 12 eine solche Revisionsmöglichkeit ausdrücklich vor, während die meisten anderen Gerichte, wie etwa das VGIAO, einen Antrag auf Neuverhandlung (application for review) als ARGrundsatz anerkennen (siehe VGIAO Nrn. 1507, 1255 und grundlegend VGIAO Nr. 442). Den Anträgen wird jedoch so gut wie nie stattgegeben. Nach der ständigen Rechtsprechung des VGIAO muss der Antrag auf Neuverhandlung innerhalb einer vernünftigen Frist erhoben werden (VGIAO Nr. 1952). Unzulässig sind folgende Rügen: Rechtsfehler des Gerichts („mistake of law“), falsche Bewertung von Tatsachen („misappraisal of facts“), Nichtwürdigung von Beweismitteln („failure to admit evidence“), Übergehen von Parteibehauptungen („failure to comment on pleas“). Zulässig sind folgende Rügen, die das Gericht dann auf ihre Begründetheit und Ursächlichkeit für die Entscheidung überprüft (VGIAO Nr. 442): Nichtbeachtung von Tatsachen („ommission to take accout of particular facts“, VGIAO Nr. 570), sachliche Irrtümer („material error“, VGIAO Nr. 704), Übergehen eines Klageantrags („omission to pass judgment on a claim“,

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VGIAO Nr. 912), Bekanntwerden neuer Tatsachen, die bisher (ohne Schuld des Klägers) nicht vorgetragen werden konnten („discovery of a new fact“; VGIAO Nrn. 2693, 2270). Der Grund muss in jedem Fall für die Entscheidung ursächlich und erheblich sein (VGIAO Nr. 1952). Ein besonderes Verfahren zur Durchbrechung der formellen Rechtskraft durch Einholung eines Rechtsgutachtens des IGH (advisory opinion) sieht Art. XII der Satzung des VGIAO vor. (Eine entsprechende Regelung bestand nach Art. 11 der Satzung des VGVN bis zum 31.12.1995. Sie wurde durch Beschluss der Generalversammlung Dokument A/RES/50/54 vom 29.1.1996 gestrichen). Demnach kann die Generalversammlung der IAO ein Rechtsgutachten des IGH zu einer Entscheidung des VGIAO einholen, indem es rügt, das Gericht habe seine Entscheidungskompetenz zu Unrecht bejaht oder einen schweren Verfahrensfehler begangen. Das Gutachten ist bindend. Dem betroffenen Bediensteten steht dieser Rechtsbehelf nicht offen. Das Verfahren erscheint weder praktisch notwendig noch rechtlich geboten. In 40 Jahren hatte der IGH nur in drei Fällen ein Gutachten zu einer Entscheidung des VGVN abgegeben und diese nicht beanstandet. Die Befassung des IGH mit dienstrechtlichen Streitigkeiten entspricht nicht der Gerichtsbarkeit des IGH (siehe Dokument A/49/258 der Generalversammlung der UN). Die Wiederaufnahmeverfahren, wie sie heute bei den Entscheidungen des VGVN und des ILOAT praktiziert werden, erfüllen diese Funktion weit besser als die einseitige Möglichkeit zur Anrufung des IGH. Dieses Verfahren spielt daher heute auch beim VGIAO keine praktische Rolle mehr und wird, wie die frühere Regelung beim VGVN, früher oder später aus der Satzung gestrichen werden. II. Die materielle Rechtskraft (Res iudicata) Die Entscheidungen der int. VerwGerichte erwachsen zwischen den Parteien des Rechtsstreits („inter partes“) in materieller Rechtskraft („res iudicata“) und schließen damit eine erneute Befassung des Gerichts mit den Klageansprüchen aus, die Gegenstand der früheren Sachentscheidung waren (VGIAO Nr. 2316: res iudicata operates to bar a subsequent proceeding“). VGIAO und EUG stellen drei Voraussetzungen für die Anwendung des Grundsatzes der materiellen Rechtskraft auf (VGIAO Nr. 1263, EUG T-33/00). – Identität der Parteien (VGIAO Nrn. 574, 860); diese liegt auch bei früherer Nebenintervention vor; – Identität des Klageantrags, d.h. der Klageanspruch muss nach seinem Ziel und seiner Substanz („substance of the claim“, „purpose of the suit“, „complainant’s true intention“) gleich sein (VGIAO Nrn. 574, 785);

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– Identität des Klagegrundes, d.h. den Klageantrag rechtfertigende Tatsachen („foundation of the claim in law“, VGIAO Nrn. 785, 860, 879). III. Die Vollstreckung (Execution, enforcement) Die Entscheidungen der int. VerwGerichte sind ohne weiteres vollstreckbar, d.h. es bedarf keines Vollstreckungsverfahrens. Die Gerichte verfügen weder über eigene Zwangsvollstreckungsorgane, noch können sie nationalstaatliche Zwangsmittel in Anspruch nehmen. (Eine Ausnahme bilden die dienstrechtlichen Entscheidungen des EUGöD. bzw. des EUG. Auf sie finden die Vorschriften über das förmliche Zwangsvollstreckungsverfahren nach Art. 236, 244, 256 EGV Anwendung, siehe Gaitanides, Art. 236 EGV, Rdn. 28). Die I. O. vollziehen die Gerichtsentscheidungen in aller Regel ohne weiteres. Kommt eine I. O. allerdings dieser Pflicht nicht innerhalb einer vernünftigen Frist nach (in der Regel 30-Tage-Frist, siehe VGIAO Nrn. 2304, 1812; sachliche Gründe, wie die notwendige Einschaltung eines Ausschusses rechtfertigen eine Fristverlängerung; siehe VGIAO Nr. 1892; nicht jedoch interne politische Debatten, siehe VGIAO Nr. 2327), so kann der Betroffene einen Antrag auf Vollstreckung („application for execution“) stellen. Der Antrag ist direkt an das Gericht zu richten, d.h. ein internes Vorverfahren findet nicht statt (VGIAO Nr. 1978). Weigert sich die I. O., ein Urteil zu vollziehen, verhängt das Gericht ein Zwangsgeld („penalty“), das im Wiederholungsfall empfindlich sein kann (VGIAO Nr. 1362: 10.000 SFR für jeden Monat des Nichtvollzugs).

G. Die Rechtsmittel (Rights of appeal) Von allen größeren int. VerwGerichten kennt nur der EUGH (EUGöD, EUG) einen Rechtsmittelzug in dienstrechtliche Streitigkeiten zwischen Bediensteten und der betreffenden Einrichtung der EG (siehe aber jetzt zur geplanten Reform des Rechtsschutzsystems des VGVN oben A.II.1.b)). Seit dem Ratsbeschluss vom 2.11.2004 (Beschluss des Rats 2004/752/EG) besteht innerhalb des EUGH ein dreistufiger Gerichtsaufbau (siehe oben 3. Teil, 2. Abschn. A.II.1.c)). Demnach kann gegen Urteile und Beschlüsse des EUGöD ein Rechtsmittel beim EUG eingelegt werden (Art. 225 Abs. 2 EGV), wenn die Voraussetzungen der Art. 9 bis 12 des Anhangs I der Satzung des EUGH vorliegen (Art. 112 EUGöD VerfO). Das Rechtsmittel kann von jeder Partei eingelegt werden und ist auf Rechtsfragen beschränkt

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(Art. 9 Abs. 2 und Art. 11 Abs. 1 des Anhangs I der Satzung des EUGH). Gegen Entscheidungen des EUG kann der EUGH als weitere Rechtsmittelinstanz durch den Ersten Generalanwalt angerufen werden, wenn er der Auffassung ist, dass die ernste Gefahr einer Beeinträchtigung der Einheit oder der Kohärenz des Gemeinschaftsrechts besteht (Art. 62 Abs. 1 der Satzung des EUGH). Die nach der Satzung des VGIAO vorgesehene Anrufung des IGH zur Einholung eines Gutachtens durch das betreffende Leitungsorgan einer I. O. gegen Urteile des VGIAO unter bestimmten Voraussetzungen (Art. XII der Satzung des VGIAO) stellt kein Rechtsmittelverfahren dar (näher dazu Priess, S. 253 ff.). Zur Frage der Vereinbarkeit des Fehlens eines Instanzenzugs mit dem Anspruch auf Rechtsschutz, siehe unter formeller Rechtskraft (oben F.I.).

H. Das anwendbare materielle Recht (Applicable substantive law) Die int. VerwGerichte prüfen die Begründetheit einer Klage an Hand: a) der Vorschriften des internen Dienstrechts der jeweiligen I. O. Dieses umfasst neben der Dienstrechtsordnung im engeren Sinne alle ergänzenden Regelungen und ggf. auch die vereinzelten dienstrechtlichen Vorschriften in den Gründungsübereinkommen sowie individuelle Vereinbarungen und Zusicherungen. b) der ARGrundsätze. Diese bilden eine, die dienstrechtlichen Vorschriften ergänzende und ggf. korrigierende Wertordnung. Im Rahmen einer Individualklage prüfen die int. VerwGerichte dabei inzident auch die der Verwaltungsentscheidung zugrundeliegende dienstrechtliche Norm (vorstehend Punkt a.) auf ihre Vereinbarkeit mit dieser Wertordnung (VGIAO Nrn. 831, 825; EUG T-64/92). Die Gerichte üben dabei eine quasi verfassungsrechtliche Kontrollfunktion aus. Mangels eines Klagerechts gegen Normativakte können die int. VerwGerichte zwar Normen nicht allgemein für unwirksam, jedoch im konkreten Rechtsstreit (inter partes) für nicht anwendbar erklären (siehe oben III.2.B). Siehe hierzu auch VGIAO Nr. 1265 und EUGH 181/86 bis 184/86. Beide Prüfungsmaßstäbe sind oben im 2. Teil, 2. und 3. Abschnitt im Einzelnen dargestellt. Die Gerichtssatzungen selbst geben diesen Prüfungsmaßstab zumeist nur unvollständig wieder. So findet sich in der Satzung des VGIAO kein Hinweis auf die ARGrundsätze (siehe Art. II Abs. 1 und Abs. 5 VGIAO Satzung), obwohl diese in nahezu allen Urteilen als Wertmaßstab herangezogen

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werden. Auch Art. 236 EGV weist als Prüfungsmaßstab für den EUGH (EUG und EUGöD) in dienstrechtlichen Streitigkeiten nur auf die im Beamtenstatut und den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten festgelegten Bedingungen hin. Das Dienstrecht anderer I. O. findet grundsätzlich keine Anwendung (VGIAO Nrn. 1296, 1099, 860, 472), ihm kann allerdings, bei identisch übernommenen Regelungen, ein gewisser Beweiswert zukommen (VGIAO Nr. 1127). In der Regel findet auch das nationale Recht keine Anwendung (VGIAO Nrn. 1020, 899, 780, 435, 322). Ausnahmen bestehen in folgenden Fällen: – das Dienstrecht verweist ausdrücklich auf nationales Recht (VGIAO Nrn. 1369, 1311); – das int. Dienstrecht leitet bestimmte Tatbestandsbegriffe (insbesondere Begriffe des Personenstandes, z. B. Ehe, Ehegatte, Staatsangehörigkeit, Scheidung, Adoption etc) von den nationalen Rechtsordnungen ab (VGIAO Nrn. 2643, 2590, 2550, 2549); – das Gericht leitet einen ARGrundsatz aus den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten ab (z. B. die Gefährdungshaftung, VGIAO Nrn. 2533, 1450). Bei der Anwendung des materiellen Rechts berücksichtigen die Gerichte auch den ARGrundsatz der Normenhierarchie im Dienstrecht (siehe oben 2. Teil, 2. Abschn. D.IV.4.).

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Stichwortverzeichnis Abordnung 244 f. AD (EG-Bedienstete) 227 ff. AD-Kategorie (VN-Bedienstete) 229 Administrator (EG) 227 Allgemeine Rechtsgrundsätze siehe auch konkrete Gewährleistungen 78 ff. – Ableitung 80 ff. – Begriff 79 f. – dynamische Natur 86 f. – Geltung 97 ff. – objektive 138 ff. – Rang 85 f. – Schranken 87 ff. – Sonderstatus (besonderes Gewaltenverhältnis) 91 f. – soziale Leistungs- und Teilhabegarantien 90 f. – spezifische 172 ff. – Wesensgehaltsgarantie 89 f. Altersgrenze 252 f. Altersversorgung (Ruhegehalt, Pension) 309 ff. – Anpassung 316 f. – aufgeschobene 253 – Beiträge zur 317 – Besteuerung 62 ff., 312 – Doppelbesteuerung 63, 315 – Erwerb 313 f. – Finanzierung 317 f. – Höhe 314 – Pensionssysteme siehe dort – Pfändung, Abtretung 313 – ruhegehaltsfähige Bezüge 259 f., 317 – Transfer 314 f. – vorgezogene 314

– Zulagen 315 Amicus curiae 426 Anhörung siehe rechtliches Gehör Anstellungebehörde 230 Antikumulierungsklausel siehe Zulagen Anzeigepflicht bei Verletzung von Privilegien 52 Arbeitskampf siehe Streikrecht Arbeitslosengeld 282 Arbeitsort 363 Arbeitszeit 362 f. Ärztliche Untersuchungen 365 Assessment siehe Steuerpflicht (interne) Assistent (EG) 227 AST (EG-Bedienstete) 227 f. Aufhebung von Verwaltungsentscheidungen 149 ff. Aufwandsentschädigung 284 f. Ausgleichszulage bei Vertrauensschutz 282 f. Auslandszulage siehe Zulagen Auslegungsgrundsätze 92 ff. Ausschlussfristen 288 Aussperrung siehe Streikrecht Auswahlverfahren 232 ff. Beamte 222 – auf Probe 225 f. – Ernennung 237 – Unterschiede zu den Vertragsbediensteten 222 Beendigung des Dienstverhältnisses 250 ff. – Abfindung 282 – Entlassung (Arten) 251 f. – Invalidität 252 f. – Lebensalter 252 f.

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Stichwortverzeichnis

– Rechtsprechung zur Nicht-Erneuerung von befristeten Anstellungen 179 f., 253 ff. Beförderung 238 ff. Begründungspflicht von Entscheidungen 157 ff. Beistandspflicht 201 ff. beitragsorientierte Pensionssysteme siehe Pensionssysteme Bereicherung, ungerechtfertigte 152 ff. Bereitschaftsdienst 280 f. Berufskrankheit 318 ff. Berufsverbände siehe Gewerkschaften Beschwer siehe Klage Beschwerde siehe internes Beschwerdeverfahren Besoldungsgruppen 226 ff. Beurteilung 239 ff. Beurteilungsspielraum siehe auch Ermessen 163 ff. Beweisaufnahme, gerichtliche 424 contra proferentem 94 Datenschutz 101 ff., 345 f. Dienstaltersstufen 227 ff., 238, 261 f. Dienstbezüge 257 ff. – Grundgehalt 257 – interne Besteuerung siehe Steuerpflicht – Kürzungen 262 f. – nationale Besteuerung (Freistellung) siehe Steuerpflicht – Zulagen 263 ff. Diensteid 360, 367 Dienstpflichten 359 ff. Dienstrecht, internationales 29 ff., 38 ff. – Dienstrechtskreise siehe dort – Einheit 46 f. – Grundlagen 38 ff.

– nationales Recht und internationales Dienstrecht 49 f. – normiertes 221 ff. – typische Strukturen und Elemente 221 ff. Dienstrechtliche Stellung 244 – Abordnung 244 f. – aktiver Dienst 244 – Allgemeines 244 – Einstweiliger Ruhestand 246 f. – Elternurlaub 245 – Ruhestand 252 f. – Sonderurlaub 245 – Urlaub aus familiären Gründen 246 – Urlaub aus persönlichen Gründen 246 – Wehrdienst 246 Dienstrechtskreise 42 ff. – EG 43 f. – heterogener 45 – homogene 43 f. – K. O. 44 – VN-CS 43 Dienstreisekosten 284 Dienstunfähigkeit siehe Invalidität Dienstunfall 319 ff. Dienstverhältnis – Allgemeines 221 – Auswahlverfahren 232 ff. – beamtenrechtliches siehe Beamte – Beendigung 250 ff. – Begründung 230 ff. – Einstellungsverfahren 232 ff. – Einstufung 231 – Ernennung 237 – Publikation der Stellenausschreibung 233 f. – Struktur 226 ff. – Umwandlung 248 ff. – Versetzung 247 f. – vertragliches 223 ff. – Vollzug (Veränderung) 237 ff. – vorübergehende Verwendung 243

Stichwortverzeichnis Diplomatenstatus 55, 62 Diskriminierung siehe Gleichbehandlung Disziplinarrecht 376 ff. – Abgrenzungen 378 – Disziplinarmaßnahmen 377 f. – Disziplinarverfahren 380 ff. Doppelbesteuerung von Pensionen siehe Altersversorgung double jeopardy siehe ne bis in idem Due process 154, 156 effet utile 93 f. Eheähnliche Partnerschaft siehe gleichgeschlechtliche Partnerschaft Eigentum, Schutz von 128 f. Einrichtungsbeihilfe 285 Einstellung siehe Dienstverhältnis Einstweiliger Rechtsschutz siehe Rechtsschutz Einstweiliger Ruhestand 246 f. Elternurlaub 304 Entlassungsabfindung 282 Entscheidung der Verwaltung, Verwaltungsakt 149 ff., 407 f. Ermessen (pflichtgemäßes) 163 ff. – Standardformel 164 – Überprüfung durch das Gericht 165 ff. Erziehungszulage siehe Zulagen Europäische Schulen 271 Faires Verfahren, Grundsatz 154 ff. Familienzulage siehe Zulagen Flemming-Grundsatz 189 ff. Fonds siehe Pensionsfonds Fristverlängerung 147 f., 427 Funktionsgruppen 243 f. Fürsorgepflicht 200 f. Fusion von I. O. 326 f. Geburtenzulage 304 Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit 129 ff.

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Gehaltsanpassungsmethode, Allgemeiner Rechtsgrundsatz 181 ff. Gehaltsanpassungssysteme 288 ff. – EG 289 – eigenständige I. O. 293 f. – K. O. 292 f. – Rechtsprechung 279 ff. – VN-CS 290 ff. Geheimhaltung siehe Verhaltenspflichten Gehorsamspflicht 361 f. Geographisches Gleichgewicht 232 Gerichtsverfahren 387 ff. Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 142 f. Gewerbliche Schutzrechte 364 Gewerkschaften 113 ff., 352 ff. – Alliance 353 – CSE 353 – EGB 353 – EGöD 353 – FICSA 354 – IGEPA 352 – Klagerecht 117 ff., 403 f. – Rechtsnatur 113 ff. – S. A. C. E. 352 – UNSU 354 – Unterstützung durch die Organisation 115 ff., 124 – USF 352 – Vereinbarungen mit der Organisation 355 ff. Gleichbehandlung, Gleichheit 106 ff. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften 106 ff., 265 ff. Grundgehalt 257 – Gehaltsentwicklung 261 f. – Gehaltstabellen 258 ff. – Höhe 257 f. – interne Steuer 57 ff., 258 – Verwirkung, Kürzung 262 f. – Zahlungsmodalitäten 262

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Stichwortverzeichnis

Grundrechte, Menschenrechte, siehe Allgemeine Rechtsgrundsätze Gute Verwaltung 156 ff. Haftung für Schäden 384 – Bedienstete 384 – Organisation 384 Haushaltszulage, siehe Zulagen Heimatort, Verbindung zum 191 f., 286 f. Hilfskräfte, siehe Vertragsbedienstete Hinterbliebenenversorgung 318 Immunitäten, siehe Vorrechte und Befreiungen Implied power 94 Informationspflicht der I. O. 185 f. Integritätspflicht 368 f. Internationale Organisation 32 ff. – eigenständige 42, 45 – Klassifikation 33 f. – nicht-staatliche 34 f. – Personalstärke 36 f. – Rechtsnatur 32 f. – supranationale 34 – Zahl 35 f. Internationale Verwaltungsgerichte 385 ff. – beschränkte Gerichtsbarkeit 387 ff. – EUGH (EUG, EUGöD) 398 f. – gerichtliche Natur 390 f. – Grundsätze 392 – VGAEB (ADAT) 400 – VGIAO (ILOAT) 393 ff. – VGIWF (IMFAT) 400 – VGOAS (OASAT) 400 – VGVN (UNAT) 397 f. – VGWB (WBAT) 399 f. Interne Steuer siehe Steuerpflicht Internes Beschwerdeverfahren 415 ff. Invalidität 318 ff. – berufsbedingte 319 ff. – dauernde Teilinvalidität 318 ff.

– dauernde Vollinvalidität 318 ff. – Invalidengeld, Invaliditätszulage 319 – Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit 319 IPSAS 329 Kapitalabfindung bei Invalidität und Tod 322 Karriere 237 ff. – Allgemeines 237 f. – Aufsteigen in den Dienstaltersstufen 238 – Auswahl- und Beförderungsausschüsse 241 – Beförderung 238 f. – Beurteilung 239 ff. – Vorübergehende Verwendung 243 – Wechsel der Laufbahngruppen 243 f. Kinderzulage siehe Zulagen Klage, Änderung und Erweiterung 409 f. Klage, Zulässigkeit der 405 ff. – Beschwer 409 – Form 405 f. – Frist 419 ff. – Kaution 406 – Klagearten 406 Klagebefugnis 402 ff. – Bedienstete, Rechtsnachfolger, Dritte 402 – Gewerkschaften 403 f. – I. O. 404 – Personalvertretung 403 f. – Stellenbewerber (externe) 403 Klagerücknahme 425 Klageverbindung 425 Koalitionsfreiheit siehe Vereinigungsfreiheit Kollektive Rechte 112 ff., 347 ff. Konsultation, Recht der Personalvertretung auf 112 ff., 349 ff.

Stichwortverzeichnis Kostenerstattungen 283 ff. – Allgemeine Kostenerstattungen 283 – Aufwandsentschädigung 284 f. – Dienstreisen 284 – Einrichtungs- und Heimkehrbeihilfe 285 – Reisekosten zum Heimatort 284 – Umzugs- und Reisekosten bei Dienstantritt, Versetzung, Beendigung des Dienstes 284 Krankenversicherung 300 ff. Krankheitsurlaub 303 f. Laufbahn siehe Karriere Leihkräfte 226 leistungsorientierte Pensionssysteme siehe Pensionssysteme Loyalitätspflicht 367 Margin (Aufschlag) siehe Gehaltssysteme, VN-CS Mäßigungsgebot siehe Verhaltenspflichten Meinungsfreiheit 125 ff., 374 ff. Meldung von Mißständen 372 Menschenrechte siehe Allgemeine Rechtsgrundsätze Menschenwürde, Achtung der 97 ff., 373 f. Mietzulage siehe Zulagen Missbrauch von Befugnissen (Verbot) 162 f. Mitbestimmung, unternehmerische siehe Personalvertretung Mitwirkungsrechte siehe Personalvertretung Mobbing 373 f. Mutterschafts-, Adoptions- und Elternurlaub 304 Nationalität des Bediensteten 231, 234, 251 ne bis in idem 381 Nebenintervention siehe Streithilfe

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Nebentätigkeit 371 Nichtstaatliche Internationale Organisationen (NGO) 34 f. Noblemaire-Grundsatz 189 ff. Normenhierarchie 206 Normenkontrolle, inzidente 410 ff. Objektive Rechtsgrundsätze siehe Allgemeine Rechtsgrundsätze Organisationsgewalt 38 ff. Örtliche Bedienstete siehe Vertragsbedienstete Paritätische Ausschüsse 350 f. Patere legem quam ipse fecisti 204 ff. Pension siehe Altersversorgung Pensionable remuneration 317 Pensionsfonds, Pensionsreservefonds 322 ff., 329 ff. – Absicherung der Versorgungsempfänger (Pensionäre) 325 ff. – CERN/ESO 332 – EPO 332 f. – EZB 333 f. – K. O. 333 f. – nach Auflösung der I. O. 326 f. – NATO 334 – Rechtliche Stellung 328 f. – UNJSPF 329 ff. – Weltbank 331 Pensionssysteme 310 ff. – Absicherung 311 f. – Arten 310 ff. – beitragsorientiert 312 – Haftung der Mitgliedsstaaten (Durchgriffshaftung) 325 ff. – leistungsorientiert 311 – Strukturen 323 f. Personalakte 344 Personalhoheit 38 ff. Personalvertretung 113, 124 f., 192 ff. – Klagebefugnis 197 f., 403 f. – Konsultation 192 ff.

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Stichwortverzeichnis

– Mitwirkungsrechte 192 ff. – Struktur 112 f., 124 f., 348 ff. – unternehmerische Mitbestimmung 198 – Unterstützung 196 f. Pflegeversicherung 306 f. Pflichten der Bediensteten 359 ff. P-Kategorie (VN Bedienstete) 229 Post-adjustment (Kaufkraftausgleich) 259 f. Primärrecht 77, 206 Privatsphäre 99 ff. Privilegien siehe Vorrechte und Befreiungen Rechte der Bediensteten 256 ff. Rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren 160 ff. Rechtskraft – formell 430 f. – materiell 431 f. Rechtsmittel 432 f. Rechtsquellen 75 ff. Rechtsschutz 130 ff. – einstweiliger 422 f. Rechtsschutzsystem 385 ff. Rechtssicherheit 146 ff. Rechtstreue, Pflicht zur 373 Religionsfreiheit siehe Gedankenfreiheit Residenzpflicht 363 Rückforderung rechtsgrundloser Zahlungen 152 ff., 364 Rückwirkungsverbot 139 ff. Ruhegehalt siehe Altersversorgung Ruhestand siehe Dienstrechtliche Stellung und einstweiliger Ruhestand Schadensersatz – allgemein 206 ff. – Begrenzung 212 f. – Entscheidungskompetenz der Gerichte 210 f.

– Funktion 213 – Höhe 213 f. – immaterieller 212 – materieller 211 f. – Rechtsprechung 214 ff. Schichtdienst 363 Schikane 201 ff. Schmerzensgeld 212 Schutz der Persönlichkeit, der Würde und des beruflichen Ansehens des Bediensteten 97 ff. Sekundärrecht 77, 206 Selbständige Beschäftigte 226 Selbstbindung – der Legislative 204 ff. – der Verwaltung 204 ff. Sexuelle Belästigung 373 f. Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 137 f. Sonderurlaub 245 Soziale Sicherheit 67 f., 298 ff. Sozialversicherungssystem 300 ff. Spezifische Allgemeine Rechtsgrundsätze siehe Allgemeine Rechtsgrundsätze Sprachenzulage siehe Zulagen Staatsangehörigkeit 231, 234, 251 Staff assessment siehe Steuerpflicht, interne Stellenausschreibung 233 f. Steuerpflicht – Freistellung 57 ff. – Gehälter 57 ff. – interne 58 ff. – nationale 57 ff. – Versorgung, Pensionen 62 ff. Strafrechtliche Verantwortung 73 f., 376 Streikrecht 120 ff. Streithilfe 404 f. Supranationale Organisationen 34 Teilzeitarbeit 362 Tertiärrecht 77, 206

Stichwortverzeichnis Todesfall siehe Kapitalabfindung Transfer von Versorgungsansprüchen 314 f. Treu und Glauben, Grundsatz von 143 ff. Treuepflicht 367 Übernahme einer I. O. 326 Überstunden 363 Übertragung von Versorgungsansprüchen siehe Transfer Umwandlung des Dienstverhältnisses 248 ff. Umzugskosten 284 Unabhängigkeit (Allgemeiner Rechtsgrundsatz) 187 ff. – Bedienstete 370 f. – Organisation 187 ff. Ungehinderte Aufgabenerfüllung, Grundsatz 50 f. Ungerechtfertigte Bereicherung 152 ff. Unmittelbare Klage gegen eine Norm 408 f. Unparteilichkeit und Unbestechlichkeit 370 f. Unterhaltsberechtigtenzulage siehe Zulagen Urlaub aus familiären Gründen 304 Urlaubsansprüche 334 ff. – Feiertage 337 – Heimaturlaub 336 – Jahresurlaub 335 – Urlaub aus persönlichen Gründen 335 f. Urteil 427 ff. – Anonymität 429 – Auslegung 427 f. – Kostenentscheidung 428 f. – Verzugszinsen 429 – Zwischenentscheidungen 428 Vereinigungs-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit 112 ff.

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Verfahrensbeteiligte vor Gericht 404 f. Verhaltenspflichten 365 ff. Verhältnismäßigkeit, Grundsatz der 141 f. Verschwiegenheitspflicht 371 f. Versetzung siehe Dienstverhältnis Versorgung siehe Altersversorgung Versorgungssysteme siehe Pensionssysteme Vertragsbedienstete 223 f. – auf Dauer 223 – auf Probe 225 f. – auf unbestimmte Zeit 223 f. – auf Zeit 223 f. – befristet 223 f. – örtliche (Ortskräfte) 224 f. – unbefristet siehe auf unbestimmte Zeit Vertrauensschutz bei Anstellungsverträgen 179 f., 253 ff. Vertretung vor Gericht 405 Verwaltungsakt siehe Entscheidung der Verwaltung Vollstreckung 432 Vorrechte und Befreiungen (Privilegien und Immunitäten) 50 ff. – Arbeitserlaubnis 71 – Bedienstete 52 ff. – Bedienstete in Leitungsfunktion 70 f. – Besteuerung der Dienstbezüge 57 ff. – Besteuerung der Versorgungsbezüge 62 ff. – Einreise, Aufenthalt, Ausreise 68 ff. – fiskalische Privilegien 57 ff. – I. O. 50 ff. – Krisenfall 71 – Reisepässe 70 – Sozialversicherung (staatliche) 67 f. – Wareneinkauf 72 – Wehrdienst 71 f. vorübergehende Verwendung siehe Dienstverhältnis Vorverfahren, sonstige 413 ff.

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Stichwortverzeichnis

Weisungsrecht 361 f. Wiederholende Verfügung 410 Wohlerworbene Rechte 173 ff. Zulagen 263 ff. – Antikumulierungsklausel 273 f. – Ausgleichszulage für höherwertige Dienste 281 – Auslandszulage 275 ff. – Eheähnliche Partnerschaften 265 ff. – Erziehungszulage 271 ff. – Familienzulagen 264 ff. – Haushaltszulage 264 ff. – Kinderzulage 269 ff.

– Mehrarbeit 280 – Mietzulage 279 – Nacht-, Schicht-, Bereitschaftsdienst, Arbeit an Sonn- und Feiertagen 280 f. – Sprachenzulage 280 – Unterhaltsberechtigtenzulage 269 ff. Zurückhaltungspflicht siehe Verhaltenspflichten Zusicherung 183 f. Zuwendungen, Darlehen, Vorschüsse 307 Zwischenstaatliche Internationale Organisationen (IGO) 33 ff.