Das christologische Problem als Lebensfrage [Reprint 2019 ed.] 9783111668826, 9783111284101

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Das christologische Problem als Lebensfrage [Reprint 2019 ed.]
 9783111668826, 9783111284101

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Leitsätze
1. Das Konzil zu Nicäa im Jahre 325
2. Das Problem
3. Das christlogische Problem als Idee oder Zrage des Lebens
4. Erkenntnistheoretische Erwägungen
5. Aussichtslose Lösungsversuche
6. Das christologische Problem und der Idealismus
7. Lösungsversuche von Gott aus
8. Ergebnisse
9. Die christologischen Berichte im Neuen Testament

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Vorträge der theologischen Konferenz zu Gießen — 40. Folge -------

Das christologische Problem als Lebensfrage von

Heinrich Peter Liz. theol., Pfarrer in Bad (Ems

1925 Verlag von fllfreb Opelmann in Gießen

Inhaltsverzeichnis.

Sette Leitsätze ................................... 4 1. Das Konzil zu Hicäa im Jahre 325 ........................................................ 5 2. Das Problem................................................................................................................ 5 3. Das christologische Problem als Ideeoder Frage des Lebens........................ 6 4. Erkenntnistheoretische Erwägungen..................................................................... 9 5. Aussichtslose Lösungsversuche..................................................................................... 12 6. Das christologische Problem und der Idealismus............................................... 15 7. Lösungsversuche von Gott aus................................................................................... 17 8. Ergebnisse........................................................... ........................................................ 21 9. Die christologischen Berichte im Neuen Testament............................................... 25

Leitsätze.

1. Das christologische Problem, das in der ebenso unbestreitbaren Diastase wie lebensnotwendigen Synthese zwischen Gott und Mensch begründet ist, steht im Mittelpunkt der wichtigsten philosophischen und theologi­ schen Probleme und bildet recht eigentlich die Frage oder Idee des Lebens. 2. Erkenntnistheoretische Erwägungen führen an zwei für unser Denken verschiedenartige Welten heran, eine dynamische und eine dingliche Welt, eine Welt unanschaulichen, persönlichen Lebens und eine Welt empirischer Erscheinungen. Diese beiden Welten heben sich um so schärfer von einander ab, je mehr der Mensch in seiner Gesamtheit, d. h. als Wille oder Persönlichkeit, in Betracht kommt. 3. Radikale oder Kompromißlösungsversuche sind aussichtslos. Ebenso wird weder ein dingliches, realistisches Denken der Frage gerecht werden noch überhaupt eine vom menschlichen Faktor aus eingestellte Theologie und die dementsprechende grundlegende Wertschätzung der Rulturentwicklung, des Humanismus, des Idealismus und der Sitt­ lichkeit. 4. Eine Lösung der Frage ist nur von Gott aus möglich. Vie Ent­ wicklung dieser Erkenntnis aber kann sowohl in der Richtung des lutherischen Satzes „finitum capax infinit!“ als auch der reformierten These „finitum non capax infinit!“ verlaufen. Dort tritt das sub­ jektive, hier das objektive Wahrheitsmoment in den Vordergrund. 5. a. Vie Lösung stellt sich als ein Wunder dar, das für uns Wahrheit und Wirklichkeit bleibt, solange wir darin leben und handeln- sie wird sich aber nie zu einer Gegebenheit, Gegenständlichkeit oder An­ schaulichkeit gestalten. Insofern ist sie uns zugleich unendlich nah und unendlich fern. b. Sie kann deshalb für uns nur im Glauben wirklich werden, in dem lick höchste Subjektivität und stärkste Objektivität oder Sachlich­ keit, intensivste menschliche Aktivität und unbedingte göttliche Allein­ wirksamkeit (Gnade) zu einer Erlebniseinheit zusammen schließen. Sie vollzieht sich unter radikalen religiösen und sittlichen Krisen und steht unter dem Zeichen des Gpfergedankens, des Kreuzes, unter dem der Mensch stirbt, um in Gott zu leben. 6. Diese Wahrheit bildet den letzten und tiefsten Sinn der christologischen Berichte in der neutestamentlichen Überlieferung, den jedoch nicht die historische, sondern die phänomenologische Betrachtungsweise zu fassen und herauszustellen vermag. Bad (Ems, den 28. 5. 1925.

Lic. h. Peter, pfr.

1. Vas Konzil zu NicSa im Jahre 525. Zu den zahlreichen Jubiläumsfeiern dieses Jahres gehört nicht als letzte und unbedeutendste die Erinnerung an das Konzil zu Nicäa im Jahre 325. also vor 1600 Jahren, heiß kämpfte man damals um die Formel 6[ioouotoc nö mrcpi, um die Wesenseinheit des Sohnes mit dem Vater. Es gelang damals Athanasius mit der Hilfe des Kaisers Konstantin, dieser Formel zum Sieg zu verhelfen und damit festzustellen, daß wir in Jesus Gott selbst vor uns haben, ganz und gar, ohne allen Abzug. Sehr richtig weist Prof. D. kattenbusch in Nr. 19 des deutschen Pfarrerblattes von 1925 daraus hin, daß Luther in seinem bekannten Liede „Ein feste Burg" ganz dasselbe sage in den Worten: Fragst du, wer der ist, Er heißt Jesus Lhrist Der Herr Zebaoth Und ist kein andrer Gott. Das Feld muß er behalten, wir haben hier genau dieselbe Gleichung vor uns: Jesus = Gott, und zwar der Jesus, der Fleisch und Blut angenommen hat und voll und ganz ins menschliche Leben eingegangen ist. (Es ist das die größte Para­ doxie, die man sich denken kann, hier liegt für uns das Problem vor, das in der christologischen Frage enthalten ist.

2. Das Problem. Das Problem ist in der ebenso unbestreitbaren Diastase wie lebens­ notwendigen Synthese zwischen Gott und dem Menschen begründet. Über die Diastase zwischen beiden Faktoren brauchen wir heute nicht viel zu sagen. Der Gegensatz zwischen uns Menschen und Gott ist nicht nur tief in der Tatsache unseres kreatürlichen Wesens verankert und spiegelt sich von da aus tausendfach in unseren Gedanken und Empfin­ dungen wieder. Unsere Zeit ist auch in besonderem Maße auf diese Dia­ stase eingestellt. Es mag das damit Zusammenhängen, daß wir die furcht­ bare Katastrophe des Weltkriegs erlebt haben, die all die Illusionen von Erdenherrlichkeit und Menschenvortrefflichkeit gründlich zerstört und die tiefe Kluft enthüllt hat, die zwischen uns und Gott befestigt ist und an

6 deren Rand wir nun stehen und unsere Hände sehnsüchtig und vergeblich hinüberstrecken zu Gott hin. Je mehr der Mensch der ungeheuren Pro­ blematik und Tragik des Lebens ins Rüge schauen mutz, um so deutlicher sieht er den Gegensatz, die Kluft zwischen Gott und Mensch. Rn diesem Punkt entsteht dann freilich immer wieder auch die sehn­ suchtsvolle Erkenntnis: Diese Disharmonie mutz sich auflösen in einer höheren Harmonie, diese Diastase in einer Synthese. Gäbe es diese Syn­ these nicht, dann wären wir die elendesten und bejammernswertesten aller Geschöpfe. Diese Synthese ist eine absolute Lebensnotwendigkeit. Nie­ mand hat das klarer und entschiedener ausgesprochen als der Rpostel Paulus in 1. Lor. 15, wo er von der Ruferstehung von den Toten spricht. Denn wie der Tod jene Diastase zwischen Gott und dem Menschen scharf zum Ausdruck bringt, so diese Ruferstehung von den Toten die Synthese zwischen beiden.

5. Var christ-logische Problem als Idee oder Zrage des Lebens. K. von Hase sagt einmal: „Man mutz in Jesus als dem Gottmenschen die Idee des Lebens sehen". Ls ist genau dasselbe, was K. Lucken meint, wenn er in seinem bekannten Buch den Sinn und Wert des Lebens her­ auszustellen sucht und zwar im Blick auf das menschliche Leben über­ haupt. Vie christologische Frage steht im Mittelpunkt der wichtigsten philo­ sophischen und theologisches Probleme. Jn dem Augenblick, wo man jene stellt, wird eine ganze Reihe fundamentaler Probleme aufgerollt. Ich nenne auf philosophischem Gebiet z. B. die Fragen: Metaphysik und Empirismus, Transzendenz und Immanenz, Irrationalismus und Rationalismus, Rationalismus und Historismus. Ruf theologischem Ge­ biet, zu dem die Fragen von Philosophie und Religion, Wissen und Glau­ ben, Idealismus und Thristentum hier die Übergangslinie bilden, stehen mit der christologischen Frage vor allem die Probleme der Offenbarung und dec Erlösung in Zusammenhang, sowie die Frage nach dem Verhält­ nis von Religion und Sittlichkeit. Aber auch ins Gebiet der praktischen Theologie und der pfarramt­ lichen Tätigkeit greift das christologische Problem über und macht uns sehr zu schaffen. Wer hätte nicht schon seine ungeheure Schwere und Be­ deutung empfunden, wenn er am Weihnachtsfest über die Weihnachtsge­ schichte im Lukasevangelium zu predigen hatte oder über das Wort im 4. Evangelium: „Vas Wort ward Fleisch" oder Ostern über die Aufer­ stehung von den Toten und Pfingsten über den heiligen Geist, der aus­ gegossen wird über alles Fleisch! Wer hätte sich nicht schon die schwersten Gedanken darüber gemacht, wie er im Religionsunterricht dem Rind die Wahrheit der Gottessohnschaft Jesu und unsrer Erlösung durch ihn nahe bringen solle!

7 Ml bieje Fragen und der Kampf unsrer Gedanken.mit ihrer Lösung sind im letzten Grund darin begründet, daß dar christologische Problem die Frage, die eine große Frage in sich schließt, die Geheimnis, Sinn und Wert unseres Lebens bildet. Es ist die Frage, sagen wir kurz, nach Gott. — Es ist das die erste Frage, die die Bibel auf ihren ersten Blättern aufwirft und in strahlender Lösung zeigt: die Menschen in innigster Verbindung mit Gott in vollkommener Unschuld und Seligkeit. Dann verschwindet dies Bild, weil es der rauhen Wirklichkeit weichen muß. Uber es bleibt in der Idee, im Ideal. Es bleibt lebendig in den Liedern und Worten der pfalmisten und Propheten. Es bleibt lebendig in der theokratischen Idee des jüdischen Volkes und in seinen eschatologischen Hoffnungen. Es erlebt feine Erfüllung in Jesus Christus und bildet nun den unbesiegbaren Glauben der Apostel und urchristlichen Missionare. Mit der christologischen Frage schließt die Bibel ab, wie sie mit ihr be­ gann. Die Offenbarung Johannes endet mit der innigen Bitte: Ja, komm, Herr Jesu, bringe uns den neuen Himmel und die neue Erde, wo Gott unser Gott und wir sein Volk sein werden, wo Gott wieder unter uns wandeln wird, wie einst im Paradiesesgarten. Wie ein roter Faden geht die christologische Frage seitdem durch die Geschichte der christlichen Kirche, ja der Menschheit überhaupt hindurch, ist, wie K. Barth einmal sagt, gleichsam „das Thema des Lebens", heiß wurde in der altchristlichen Kirche um diese Frage gekämpft und nicht nur in Hicäa und Chalcedon. H. harnack weist (Wesen d. Christentums, 4. fl., S. 79) mit Recht darauf hin, daß die Menschen auf dem Boden der Christologie ihre religiösen Lehren zu furchtbaren Waffen geschmiedet und Furcht und Schrecken verbreitet haben. Um einer Rüance willen kündigte man sich hier die brüderliche Gemeinschaft, sind Tausende geschmäht, ver­ worfen, in Ketten gelegt und hingemordet worden. Es ist eine schaurige Geschichte. Sie ist nur unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, daß man überzeugt war: in der christologischen Frage handelt es sich um die Frage unseres Lebens, um seinen Sinn, um sein Sein oder Nichtsein. Augustins Konfessionen, diese Lobpreisung Gottes in Gestalt einer vernichtenden Lebensbeichte, haben Kein anderes Thema als die christo­ logische Frage. Augustin sucht Gott, nein, Gott sucht ihn von seiner ersten Jugend an, er sucht ihn in seinem menschlichen Dasein,- denn er sucht ihn durch all seine Verirrungen und sein Widerstreben hindurch. Augustin betet: „Mein Glaube, den du mir gegeben hast, o Herr, ruft dich an, mein Glaube, den du mir einhauchtest durch die Menschwerdung deines Sohnes." Kein Dichter hat das Sehnen des Menschenherzens nach der Wahrheit, des Menschen ganze Ohnmacht und Gottes unendliche Gnade, ergreifender dargestellt als Augustin. Nur Goethes „Faust" Könnte man als Parallele neben Augustins Konfessionen stellen. Die Entwicklung der altchristlichen Kirche zur Papstkirche ist der großartigste versuch, das christologische Problem als Lebensftage zu lösen, Gott herabzuzwingen auf die Erde, ihn Wirklichkeit werden zu lassen

3 unter den Menschen, und sei es auch, daß man dabei den Grundsatz an­ wenden müßte sowohl Gott wie dem Menschen gegenüber: „Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt". 3n der Lehre von der Verwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi, dem Wunder des Abend­ mahls und des Fronleichnamstags, in dem Satz: „wer den Papst sieht, sieht Gott", erreicht die christologische Frage hier ihre schärfste und — verhängnisvollste Ausprägung. Vie Reaktion dagegen trat ein durch den Reformator Dr. M. Luther. Was ihn ins Kloster getrieben, in den Staub geworfen und in die höhe gehoben hat, was die Seele all seines Wirkens war, war die Frage nach Gott, und seine Reformation bestand letztlich in nichts anderem als in der Reformation des Verkehrs des Menschen mit Gott. Ergreifenden Ausdruck findet die christologische Frage einmal bei Luthers treuem, gelehrtem Freund Phil. Melanchthon. Er sagte kurz vor.feinem Tode: Unter den Gründen, die mir die Bitterkeit des Todes erleichtern, sehe ich auch den, daß ich nach dem Tode die Verbindung der göttlichen und der menschlichen Natur Christi besser verstehen werde. Aber auch auf allen anderen Gebieten des menschlichen Kämpfens und Arbeitens tritt uns diese Frage nach Gott entgegen. 3m Ringen unsrer großen Philosophen um den Sinn des Lebens, um Erfassung des Unbedingten, des Metaphysischen, in den sozialen und wirtschaftlichen Kämpfen unsrer Zeit wie aller Zeiten. 3n den gewaltigen Werken unsrer großen Dichter und Künstler, in Goethes Faust und in Schillers Wallen­ stein, in R. Wagners Parsifal und in Michelangelos übermenschlichen Ge­ stalten. Überall sehen wir hier die christologische Frage lebendig werden, jenen faustischen Drang, ins 3nnere aller Dinge einzudringen, ihren letzten Sinn zu erfassen, ein Einswerden des Menschen mit Gott herzu­ stellen, Gott herabzuziehen auf die Erde. Und wenn gleich der Mensch hundert Mal bei diesen versuchen, empor zu steigen zu Gott, die Wahr­ heit der Erzählung vom Turmbau zu Babel erlebt und er immer wieder trotz all seines heißen Bemühens in seine menschliche Unzulänglichkeit zurücksinkt, die christologische Frage als Lebensfrage bleibt. Ja, sie bleibt und treibt den Menschen in Sünde und Schuld. Und dann wieder­ holt sich wohl das, was Schiller in seinem Gedicht: „Vas verschleierte Bild zu Sais" sagt. Der Mensch greift in seinem Suchen nach der Wahr­ heit verwegen nach der hülle, die sie verbirgt. Er reißt sie ab; denn „Wer diesen Schleier hebt, soll Wahrheit schauen". Er ruft's mit lauter Stimme! „3ch will sie schauen".

Besinnungslos und bleich, So fanden ihn am andern Tag die Priester Am Fußgestell der 3sis ausgestreckt. „Weh dem", dies war sein warnungsvolles Wort, „Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld!"

4. Lrkenntnistheoretische Erwägungen. wenn hier der versuch gemacht wird, die weiteren Ausführungen durch erkenntnistheoretische Erwägungen zu unterbauen, so geschieht das in der Überzeugung, daß wir den Ertrag der Lebensarbeit Kants und der 'kritisch-idealistischen Philosophie auf diesem Gebiete nicht entbehren können, hier stehen sich ja die Ansichten heute einander scharf gegenüber. Einig ist man weithin in der Ablehnung des Realismus und des Im­ manenzgedankens, nicht einig aber in der Wertung der kritisch-idealisti­ schen Erkenntnistheorie. Vas wird allerdings nicht zu bestreiten sein, daß sie nach der positiven Seite hin ihre Ergänzung finden mutz in der Offenbarung. Vas Letzte, was sie feststellen Kann, ist ein Irrationales, das sie aus sich selbst nicht erklären kann, sondern als aus der Offen­ barung herkommend und gegeben anerkennen muß. Insofern führt uns der kritische Idealismus und sein Wahrheits- und Erkenntnisbegriff, wie es bei Moses einst geschah, nur an die Grenze des gelobten Landes und läßt es uns von ferne schauen. Aber was Offenbarung ist in seinem eigenartigen Wert und wesen, erkennen wir erst ganz klar im Lichte der kritisch-idealistischen Erkenntnistheorie. Gott hat uns das Denken geschenkt, um Ordnung und Licht in die uns von ihm gegebenen Lebens­ wahrheiten zu bringen. Unser Denken oder vorstellen hat die wunderbare Gabe zu abstra­ hieren. Ls abstrahiert von unendlich vielen Dingen und Gedanken, stellt sie außer sich, vor sich hin und betrachtet sie nun in objektiver, wissenschaftlicher Weise. So abstrahiert es von den Dingen, die wir sinnlich wahrnehmen können. Es abstrahiert von den Erfahrungen, die der Mensch geschichtlich erlebt. Ja, es abstrahiert sogar von seinen eigenen Gedanken und macht sie zu dem Objekt seines Nachdenkens, verobjektiviert, verdinglicht sie gleichsam. Diese ganze für unser Denken gegen­ ständlich gewordene Welt fassen wir zusammen in dem Begriff „Er­ scheinungswelt". In diesenl Abstrahieren aber kommt unser Denken einmal an eine Grenze. Es kann nicht mehr abstrahieren von sich selbst, es kann gleich­ sam nicht aus seiner haut fahren. Wenn es das täte, würde es sich selbst aufheben, hier öffnet sich für uns eine zweite Welt, eine dynamische Welt, eine Welt geistig persönlichen Lebens. Nennen wir sie Kraft oder Wahrheit, Ich oder Geist oder Gott. Es ist immer dasselbe. Es ist das eine nichtgegenständliche, unanschauliche Welt. Sie ist uns unendlich nah und unendlich fern. Wir haben sie, solange wir in ihr leben. In anderer $orm existiert sie für uns nicht. Vie beiden Welten, die sich hier vor uns auftun, kann man mit verschiedenen Bezeichnungen charakterisieren, je nachdem man sie nach dieser oder jener Seite hin betrachtet: Vie substantielle und die dyna­ mische Welt, die gegenständliche und die nicht gegenständliche Welt, die dingliche und die persönliche Welt, die Welt der Erscheinungen und

10 die Macht der Wahrheit, das Nicht-Ich und das Ich, der Mensch und Gott. In eigenartiger Weise heben sich diese beiden Welten voneinander ab. 3m ersten Augenblick scheint uns die Welt der empirischen Erschei­ nungen die gewisseste zu sein und nicht die dynamische. Je mehr wir aber nachdenken, um so mehr erkennen wir, daß es umgekehrt ist. Die Erscheinungswelt ist für uns gar nicht da, wenn wir nicht die dynamische haben. Diese ist uns zunächst gegeben, jene durch Abstra­ hieren. Wir sehen das nur deshalb nicht, weil uns die dynamische zu nahe ist. Tillich nennt sehr treffend die letztere das „unbedingt Wirkliche" und sagt von ihm: „Es ist das, was tragend ist in jedem Ding, seine Seinswurzel, seine Ernsthaftigkeit, seine Unergründlichkeit, seine Heiligkeit." — hierher gehört die Frage von „Wissen und Glau­ ben". Vas Wissen, das sich im Umkreis der Erscheinungswelt bewegt und hier als gegenständliches, exaktes Wissen auftritt, scheint die größte Gewißheit für sich zu haben. Ruht es doch scheinbar auf gesicherter experimenteller, geschichtlicher, kurz objektiver Grundlage. 3n Wirk­ lichkeit ist es ganz und gar ungewiß, ist stets fließend wie diese ganze sichtbare Welt, und niemand wagt es, darauf sein Leben und sein per­ sönliches Verhalten aufzubauen. Der Glaube, der ganz in die dyna­ mische Welt hineingehört, scheint im ersten Augenblick etwas Ungewisses an sich zu haben, weil er gar nichts Greifbares an sich hat.^ 3n Wirk­ lichkeit trägt er absolute Gewißheit in sich, so daß sich darauf allein das Leben aufbauen und in seiner Kraft die Welt überwinden läßt. Sehr richtig sagtR. Lücken einmal (Sinn und Wert des Lebens, 6. Aufl. S. 154f.): „Uns bezwingen nicht sowohl die Außendinge als unsere innere Schwäche, unser Unvermögen, inmitten der Arbeit ein Derk des ganzen Menschen zu wahren und von ihm aus die Arbeit zu beseelen. Werfen wir nicht auf das Schicksal, was in Wahrheit wir selbst verschulden. Unser schlimm­ ster Feind ist die eigene Verzagtheit, ist der Mangel an rechtem Glauben." Roch treffender sagt Luther, niemand dürfe den Glauben fahren lassen, daß Gott mit ihm große Dinge tun wolle. „Darum nur getrost und frisch dahin gesetzt, was auch die Welt nehmen kann. Die Wohnungen des Lebens sind viel weiter denn die Wohnungen des Todes." Die Wohnungen des Todes sind eben die empirischen Erscheinungen, die des Lebens liegen in der dynamischen Welt. An einem anderen Punkt sehen wir den Unterschied dieser beiden Welten. Die Erscheinungswelt steht unter den Kategorien Raum, Zeit und Kausalität. Ghne diese Kategorien läßt sich jene überhaupt nicht vor­ stellen. Alles, was gegenständlich wird, muß in dieselben eingereiht werden und seien es auch unsere heiligsten Überzeugungen. Kein Protest des Glaubens kann daran etwas ändern. Richt unter diesen Kategorien steht die nichtgegenständliche Welt. Deshalb findet auf diese.Welt nichts von alledem Anwendung, was wir auf Grund von jenen Kategorien für mög­ lich oder unmöglich halten. Die Persönlichkeit zum Beispiel läßt sich nicht nach dem Gesetz der Kausalität begreifen und wie ein Rechenexempel aus-

rechnen (Beispiel: die heilige Elisabeth und ihre hartherzige, geizige Mutter), und Gott hat nichts zu tun mit Raum und Zeit. Den Begriff „Freiheit" gibt es nicht in der Erscheinungswelt, sondern nur in jener anderen, und hier ist es, was wieder für die Erscheinungswelt ein un­ denkbarer Gedanke wäre, gleichbedeutend mit völliger Abhängigkeit vom unbedingt wirklichen, d. h. von Gott. Wir sehen aber hier, wie in die nichtgegenständliche Welt eine letzte, unbedingte Macht hineinragt und hineinstrahlt. Lin dritter Unterschied. In der Erscheinungswelt ist es so, daß sie für den einzelnen um so Kleiner wird, je mehr sie unter viele verteilt wird, die dynamische weit wird für den einzelnen um so reicher, je mehr viele mit ihm an ihr teilnehmen. hier macht sich nun leise nicht nur eine Andersartigkeit zwischen beiden Welten bemerkbar, sondern bereits auch eine gewisse Spannung. Diese Spannung aber wird um so größer, je mehr der Mensch in seiner Gesamtheit, d. h. als Wille oder als Persönlichkeit, in Tätigkeit tritt. Der Wille bildet ja ein eigenartiges Produkt von Fühlen und vor­ stellen, wobei das vorstellen den regulierenden und das Fühlen den antreibenden Faktor bildet, verliert das vorstellen seine Vorherrschaft, so wird das Wollen zum Begehren, im anderen Falle erhebt es sich zu einem Persönlichkeitsleben. Auch an diesem Punkt sehen wir wieder, welche Bedeutung das idealistische Denken für das Leben hat, der Mensch als vorstellen ist aber nun neutral und objektiv, er gleicht die Gegen­ sätze aus, sucht alles zu verstehen und zuzudecken, bricht allem die Spitze ab, ja unter dem sezierenden Messer des Intellekts stirbt das Leben ab. Ganz anders gestaltet sich die Sachlage, sobald der Wille in Aktion tritt. Für ihn handelt es sich um Werte, um letzte, höchste Werte. Er gleicht nicht die Gegensätze aus, sondern reißt sie auf und verschärft sie. Er ruft zum Kampf, zum Kampf auf Leben und Tod. Für den Willen treten jene beiden Welten sofort in Gegensatz zu einander. Nur an zwei Punkten sei das nachgewiesen. 3n der Erschei­ nungswelt gibt es nicht die Begriffe Verantwortlichkeit, Sünde, Schuld. Da ist oberstes Gesetz das Zuverstehensuchen, das Einreihen in die dort herrschenden Kategorien. 3n der Welt des persönlichen Lebens treten jene Begriffe mit äußerster Schärfe auf. 3n der gegenständlichen Welt stoßen sich die Menschen und Dinge hart im Raume. Der eine lebt vom anderen, einer tritt den anderen nieder. 3n der nicht gegenständlichen Welt wird das umgekehrte Lebensgesetz gefordert. Gder nehmen wir den Verlauf der Geschichte, soweit er in der Erscheinungswelt sichtbar wird. 3st er gerecht, entspricht er dem, was wir als höchste Wahrheit und Gerechtigkeit in unserem unanschaulichen Persönlichkeitsleben emp­ finden? Die Antwort darauf ist ein glattes Nein. Das ist ja der schwerste Kampf, den der Mensch zu führen hat. Das ist das Problem, mit dem das Buch Hiob ringt und der 73. Psalm. Das ist die Frage, die uns auf Golgatha anschaut in ihrer ganzen Unergründlichkeit und Furchtbar-

12 beit, das ist das Problem, das uns der Weltkrieg so zentnerschwer auf die Seele gelegt hat, so daß mancher dabei seinen Glauben und seinen Gott verloren hat. Wir stehen hier wieder vor dem großen, tiefen Abgrund, der sich auftut zwischen Mensch und Gott, wenn wir's erkenntnistheoretisch aus­ sprechen, zwischen der Welt der empirischen Erscheinungen und der Welt der ewigen Wahrheit. Wir verstehen das Grauen, das Männer wie Luther und Kant empfanden, wenn sie vor diesem Abgrund ständen in ihrem Glauben und Denken. Ich möchte auch hier wieder ein Gedicht Schillers erwähnen, in dem der Dichter diesem Gedanken ergreifenden Ausdruck verleiht. (Es ist „Der Taucher". Noch einmal stürzt sich der heldenmütige Jüngling hinein in den Abgrund auf Leben und Sterben, in die don­ nernden Fluten: „Sie rauschen herauf, sie rauschen nieder, Den Jüngling bringt keines wieder."

5. Aussichtslose Lösungsversuche. von vorn herein aussichtslos sind die beiden radikalen Lösungsver­ suche des Doketismus und des Ebionitismus. Der eine streicht den Men­ schen, der andere streicht Gott. Da möchte man auch in Anlehnung an ein Wort Kants sagen: Gott ohne den Menschen ist leer, der Mensch ohne Gott ist blind. Ebensowenig führen Kompromisse zum Ziel. (Es geht nicht an, Gott und den Menschen soweit zu erweichen, daß sie zusammenkommen, sich miteinander verbinden können., Gott mutz ganz Gott, der Mensch ganz Mensch bleiben. Aber es ist auch nicht möglich, insofern einen Kom­ promiß zwischen Gott und dem Menschen zu schließen, daß man im Men­ schen eine Anlage zu Gott annimmt, aus der heraus sich dann der Mensch zu Gott emporentwickeln kann. Denn abgesehen davon, daß das Denken des Menschen, das unerbittlich ist und allen Dingen auf den Grund geht, dann darnach fragt, wie denn diese Anlage in den Menschen hineinge­ kommen und dort möglich sei, wird die im Menschen angenommene An­ lage zu Gott zu einer Gegenständlichkeit, einem Glied in der objektiven Erscheinungswelt, wie auch der Entwicklungsgedanke in diese Welt ge­ hört. Damit aber verliert die Anlage zu Gott den Charakter, den sie haben muß, wenn sie eine Auswirkung Gottes sein soll. Unter diese Beurteilung fallen alle versuche, die christologische Frage mit den Begriffen und Hilfsmitteln lösen zu wollen, wie sie uns die empirische Erscheinungswelt an die Hand gibt. Dahin gehören die Formulierungen des christologischen Dogmas auf den Kirchenversammlun­ gen in Nicäa und Ehalcedon, dahin auch die der lutherischen Orthodoxie, vor allem der grandioseste versuch dieser Art, die Institution der Papst­ kirche, dieses Staatswesen für die Seele. Gott wird hier bis zum Äußersten

13 verdinglicht und vergegenständlicht, hier liegt jene Identität zwischen Gott und dem kreatürlichen Menschen vor, die das Urbild aller Gott­ losigkeit, alles Heidentums ist. Line feinere Abart dieser Identität zwischen Gott und -em Menschen stellen Romantik und Mystik, Monismus und Pantheismus, Theosophie, Anthroposophie und christliche Wissenschaft dar. Alle diese IdentitätsLestrebungen endigen zuletzt damit, daß sie Gott vermenschlichen und da­ mit beseitigen. Jede Lebensäußerung der unanschaulichen Welt stirbt ab, sobald sie vergegenständlicht wird, sie wird dann gleichsam zu einem kon­ servierten Leichnam. Mit diesen Bestrebungen verwandt, aber doch in ihrer Art etwas Besonderes sind die versuche, Gott vom Menschen aus zu erreichen und auf diese weise unsere Zrage zu lösen, wir haben hier die Geistesbewe­ gung vor uns, die man in der Theologie die antiochenische im Gegensatz zu der alexandrinischen Richtung nennen kann, hervorragende Vertreter dieser beiden Strömungen sind: hier Arms, dort Athanasius, hier Restorius von Antiochien, dort Lyrill von Alexandrien, hier Pelagius, dort Augustin, hier Abälard, dort Bernhard von Tlairvaux, hier Erasmus, dort Luther. Aber dieser Gegensatz greift weit hinaus über das theologische Gebiet. An einigen Lebensbewegungen nur soll aufgezeigt werden, wie der Mensch immer wieder versucht, von sich aus Gott zu gewinnen und auf die göttliche höhe zu kommen, mit heißen Bemühungen, „daß ich er­ kenne, was die Welt im Innersten zusammenhält", und doch, wie Zaust schmerzlich klagt, immer wieder zuletzt mit der Erkenntnis: „Ich sehe, daß wir nichts wissen können! Vas will mir schier das herz verbrennen." hier kommt z. B. die grundlegende Wertschätzung der Wissenschaft, der Kulturentwicklung und des Sozialismus in Betracht und zwar als solcher. Man glaubt in diesen Dingen einen Ersatz für Gott und die Religion zu finden oder von hier aus den Aufstieg zu Gott zu gewinnen, die Wissenschaft im reinen Denken, die Kultur im handeln und in der Lebenshaltung, der Sozialismus und sein Zukunstsstaat im menschlichen Gemeinschaftsleben, wie furchtbar man sich in diesem hoffen und Be­ ginnen immer wieder getäuscht hat und täuschen wird, das zeigt die Ge­ schichte und wird sie stets offenbaren. In der letzten Zeit ist es vor allem Dostojewsky gewesen, der auf diesen Irrwahn den Singer gelegt hat in seiner entschiedenen und wahrhaften Weise; er spricht da eine der fundamentalen Wahrheiten der Verkündigung Jesu aus. Alle wissen­ schaftlichen, kulturellen und sozialen Bestrebungen, die nicht von Gott ausgehen, sind zur Auflösung bestimmt. Damit ist dem Humanismus, insofern er von sich aus die Religion ersetzen oder den Aufstieg zu Gott ermöglichen will, seine Grenze und Schranke gezogen. 3m gesamten Umkreis des Humanismus, seines Menschheits- und seines Geniekults, finden wir Menschliches, immer wieder nur Menschliches, Allzumenschliches. Und gerade die Großen, die

14 Titanen unter den Menschen, haben diese Grenze alles Menschlichen und die ungeheure Tragik, die darin liegt, in der erschütterndsten Weise erlebt und ausgesprochen. In ihrem Ikarusflug auswärts zur Sonne stürzten sie immer wieder in die Tiefe. In ihrem heißen Bemühen zum letzten Geheimnis durchzustoßen, stießen sie an Schranken, die für sie unüber­ windlich waren, hierher gehört nicht nur allgemein aller Menschheits­ kult, der ein Glaube an die Idee des Menschlichen ist, sondern insbeson­ dere auch aller Persönlichkeitskult, wie ihn besonders Zoh. Müller pflegt. Als Beispiel dafür, daß es nie gelingen wird, Gott vom Menschen aus zu erreichen, möchte ich auf der einen Seite Goethe anführen, wenn er am Schluß seines Zaust die himmlischen Heerscharen künden läßt: „wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen". In diesem wort ist der allergrößte Widerspruch enthalten. Vie ganze Paradoxie unsrer Frage kommt hier zum Ausdruck. Entweder kommt es auf das unermüdliche Streben des Menschen an oder auf seine Erlösung. Der Dichter möchte als Humanist so gerne an ersterem festhalten, aber die furchtbare Wirklichkeit läßt ihn von ferne ahnen: soll der Mensch zu Gott kommen, dann muß er erlöst werden. Vas kann natürlich nicht der Mensch, das kann nur Gott selbst. Dann sei Fr. Nietzsche angeführt. Es hat nie einen ehrlicheren Gottsucher gegeben wie ihn. Sein ganzes Leben, Denken und Streben ging dahin, etwas zu finden, wovor er sich in völliger Ehrfurcht beugen könne. „Ich liebe dich, o Ewigkeit", dies Zarathustra-wort war die Seele seines Lebens. Er suchte es im Um­ kreis des Menschlichen, er fand es da nicht und kam zu der Erkenntnis, die er wieder Zarathustra in dem Wort aussprechen läßt: „Brüder, der Mensch ist etwas, das überwunden werden muß". Er kam zum Über­

menschen. Aber es war doch immer wieder der Mensch, vor dem er anlangte. Vas Ehrfurchtgebietende, das Göttliche, das er suchte, fand er nicht. Er stand zuletzt vor dem großen, tiefen Abgrund, den finstere Nacht umhüllt, der den Menschen von Gott scheidet und den der Mensch von sich aus nicht überbrücken kann. In dem Kapitel vom „höheren Menschen" sagt Zarathustra: „Du reitest nun hurtig hinauf zu deinem Ziele? Wohlan, mein Freund! Aber dein lahmer Fuß sitzt auch mit zu Pferde! Wenn du an deinem Ziele bist, wenn du von deinem Pferde springst: aus deiner höhe gerade, du höherer Mensch, — wirst du stolpern!" (S. 423). Vie ganze tiefe und ohnmächtige Sehnsucht des höheren Menschen nach der Ewigkeit, nach Gott kommt dann in Zara­ thustras Rundgesang zum Ausdruck: (5. 471): D Mensch! Gieb Acht! Was spricht die tiefe Mitternacht? „Ich schlief, ich schlief -, Aus tiefem Traum bin ich erwacht: — Die Welt ist tief, Und tiefer als der Tag gedacht.

Tief ist ihr Weh Lust — tiefer noch als Herzeleid,Weh spricht: vergeh! Doch alle Lust will Ewigkeit — — will tiefe, tiefe Ewigkeit!"

6. Vas christologifche Problem und der Idealismus. heiß tobt heute der Kampf um die Frage: Idealismus und Christen­ tum. Vie einen setzen zwischen beiden Lebensbewegungen einen Tren­ nungsstrich, die anderen ein Gleichheitszeichen, stuf der einen Seite wird der Idealismus im Interesse des Glaubens und seiner Eigenart scharf abgelehnt. Man sieht in der idealistischen Weltanschauung eine Verfälschung der Wirklichkeit, ihrer Tragik, ihrer Problematik, ihrer Gegensätze. Der Idealismus suche diese Gegensätze auszugleichen und diese Problematik zu verwischen. Aber gerade davon lebe alle Religion. Sie reiße die Gegensätze auf, mache alles problematisch und entzünde durch diese ungeheure Spannung den Glauben. Ruf der anderen Seite sieht man in dem Idealismus den besten Bundesgenossen im Kampf der Weltanschauungen. Sein Sinn sei kein anderer wie der der Christentums. Ja, man ordnet ihn dem letzteren sogar über. So weist R. Lucken dem Idealismus als der auf das Ganze gerichteten Gestaltung des Lebens den ersten Platz und die umfassende Bedeutung an gegenüber der Religion als dem weltüberlegenen und der Kunst als dem weltdurchdringenden Faktor. Wir werden sagen müssen, daß es ein Irrtum ist, das Christentum dem Idealismus unterzuordnen. Ersteres ist die umfassende Größe,- denn es nimmt den ganzen Menschen in Anspruch, nicht nur sein Denken. Das Christentum ist fo sehr die übergeordnete Instanz, daß es noch immer alle anderen Lebensbewegungen wie Kultur und Idealismus vor sein Forum gefordert und nie hat gelten lassen, wenn sie den Menschen an Gottes Stelle in der Lebensgestaltung rücken wolltest, hier liegt der tiefste Keim für hie Spannung, die zwischen Christentum und Idealismus immer wieder entsteht. Es gibt einen weltlichen Idealismus — auch R. Lucken sagt das ausdrücklich —, den das Christentum unbedingt be­ kämpfen muß. wenn dieser Idealismus mit dem Christentum einen Bund schließt, wird letzteres seiner Eigenart beraubt und verliert seine Kraft. Diesen Bundesgenossen müssen wir auch in der Lösung unsrer Frage unter allen Umständen abweisen. Er führt uns auf den Weg, auf dem die christologifche Frage als Lebensfrage niemals gelöst werden kann: auf den weg vom Menschen zu Gott. Er lebt in einer ständigen Illusion: und die furchtbaren Ereignisse des letzten Jahrzehnts sollten uns dafür wahrlich die Rügen geöffnet haben. Nun ist das freilich die Frage: Gehört der klassische deutsche Idealis­ mus dahin? Und bei dieser Frage kann ich mich trotz aller umfassenden

16 Untersuchungen der letzten Zeit wie derjenigen Elerts und Lütgerts nicht zu einer bejahenden Antwort entschließen. Ich möchte nur vier hervorragende Vertreter dieses klassischen deutschen Idealismus anfüh­ ren: zwei Philosophen, Kant und Fichte, und zwei Dichter, Schiller und Goethe. 3n Kapitel 4 unsrer Untersuchung wurde bereits darauf hingewiesen, welche großen Dienste uns die kritisch-idealistische Erkenntnis­ theorie eines Kant zu leisten vermag. Sie öffnet uns geradezu die Augen für das Problem alles religiösen Glaubens, für den tiefen Abgrund, der zwischen Gott und dem Menschen liegt. Jene Männer haben wahrlich in höchstem Maß ein Empfinden gehabt für die furchtbare Problematik und Tragik des Lebens. 3n erschütternder Weise sprechen das gerade Schiller und Goethe immer wieder aus. 3n jenen Männern lebte ein Ergriffen­ sein von einer geistigen, überirdischen, göttlichen, von Erde und Menschen unabhängigen Welt, wie wir es in größerer Wahrhaftigkeit und Rein­ heit auch nicht bei Augustin und Luther finden. Luther nennt es Gott, R. Tucken die 3nnerlichkeit in ihrer Selbständigkeit. Aber beides ist eins und dasselbe. Wo finden wir denn jemanden, den wir als Tharakter über einen Kant, seine schlichte und kategorische sittliche Haltung, und über Fichte mit seinem reinen, unbeugsamen Lharakter stellen könnten? vor allen Dingen aber hat im Denken und Leben all dieser 3dealisten ein Gedanke entscheidende Bedeutung, das ist der Zentralgedanke aller Reli­ gion, das ist die Wahrheit von Golgatha: der Gpfergedanke. Unüber­ trefflich spricht das Goethe in seinem Lied „Selige Sehnsucht" aus: „Sagt es niemand, nur den Weisen, Weil die Menge gleich verhöhnet: Das Lebend'ge will ich preisen, Das nach Flammentod sich sehnet. Und solang du das nicht hast, Dieses: Stirb und werde! Bist du nur ein trüber Gast Auf der dunklen Erde", hier ist die Eigenart, Priorität und der Primat des Göttlichen im Suchen des Menschen nach Gott voll und ganz gewahrt. Dieser 3dealismus bringt freilich auch den ganzen Reichtum der Welt zur Geltung, in der Gott uns entgegentritt und sein Leben sich entfaltet. Damit löst er die Frage nach dem Verhältnis von Religion und Sittlichkeit in der umfassendsten und glücklichsten Weise. Er denkt nicht daran, uns auf den Weg zu stellen, auf dem der Rationalismus, Moralismus und Katho­ lizismus sich Gottes Gnade verdienen wollen. Dazu ist dieser 3dealismus in feiner sittlichen Haltung viel zu herb und streng und idealgerichtet. Er führt uns vielmehr heraus aus einer dumpfen, schwülen Frömmig­ keitslust, in der nur Pharisäer und Philister atmen können, und stellt uns in die lichte, reine Gotteswelt, wie sie uns Jesus in den Gleich­ nissen vom barmherzigen Samariter und vom Pharisäer und Zöllner öffnet. Was einen Goethe vom Ehristentum abgestoßen hat, war die

Engherzigkeit und der 5ubjektivismus seiner Verteidiger, die Liebe zur Objektivität, wie sie ihm so wohltuend in der stillen, Keuschen, reinen Natur entgegentrat. (Es ist ein verhängnisvolles Beginnen unsrer Tage, den kritischen deutschen Idealismus als den Feind des Christentums anzugreifen. Damit setzen wir uns in Gegensatz zu den wichtigsten Be­ richten der synoptischen Überlieferung über Jesus. Damit geben wir die weltoffene und objektive Haltung auf, die Gott handeln läßt und uns so wohltuend entgegentritt, und begeben uns in die schwüle Luft und Enge menschlicher Subjektivität. Dann stehen wir wieder an dem toten Punkt, vor der größten Gottlosigkeit, die K. Barth so sehr verabscheut und zwar ganz mit Recht, dem Gedanken der Identität zwischen Gott und dem Menschen. Schließlich stellt sich heraus, daß der Gott, den man anbetet, nicht der vom Menschen unabhängige Gott ist, sondern der Gott der eignen Gedanken und wünsche und Rechthaberei.

7. Lösungsversuche von Sott aus. Die Erkenntnis, daß das christologische Problem seine Lösung als Lebensfrage nur von Gott aus erhalten kann, ist in der Christenheit immer lebendig gewesen. Sonst wäre sie längst nicht mehr da. Sie ist -er letzte Sinn der widerspruchsvollen Formeln von Nicäa und von Chalcedon, sie ist die Seele der lutherischen Orthodoxie, sie war die be­ sondere Gnadengabe Luthers und Calvins und der Sinn ihrer Sendung an die Menschen. Vie Tragik für die protestantische Theologie war nur darin enthalten, daß der Philosoph, der mit Recht der Philosoph des Protestantismus heißt, I. Kant, erst kam, als die Erkenntnis der Refor­ matoren ihren dogmatischen Ausdruck längst in inkongruenten und über­ lebten venkformen gefunden hatte. Der Theologe, in dem uns zum ersten Mal eine eigenartige Syn­ these zwischen den Reformatoren und Kant entgegentritt, ist Fr. Schleier­ macher. Vas ist sein epochemachendes Verdienst, und es berührt nicht angenehm, wenn neuere Forscher, wie E. Brunner in seinen Schriften, besonders den Büchern: „Vie Mystik und das Wort", aber auch „Erleb­ nis, Erkenntnis und Glaube", so wenig Einsicht in diese Sachlage ver« raten. Ich gebe K. Barth durchaus recht, wenn er in einer Besprechung -es erstgenannten Buches von Brunner meint, der Verfasser solle, ehe er einen Theologen von der Bedeutung Schleiermachers so frischfröhlich kriti­ siere, seiner Leistung etwas Ebenbürtiges an die Seite stellen. Schleier­ macher definiert die Gottheit Jesu als „stetige Kräftigkeit seines Gottes­ bewußtseins", A. Ritschl, der seine Gedanken weiter führt, als „geistige Herrschaft über die Welt", I. Kaftan als „geistig-sittliche Herrschaft über die Welt, sittliche Berufstreue und vollkommnen Gehorsam gegen Gott". W. Herrmann sieht von einer näheren Bestimmung und Umschreibung -er Gottheit Jesu ab und betont, daß wir uns dieselbe nur dann richtig »erstellen, wenn wir in ihr den Ausdruck der Tatsache sehen, daß Jesus

18 Christus an uns eine Erlösung bewirkt hat, wie sie nur Gott bringen kann. Ganz deutlich erkennt man von Schleiermacher an das Bestreben, den Wahrheiten der dynamischen Wett, der Gotteswelt, eine ihrer Eigenart entsprechende Formulierung zu geben, aber doch so, daß sie dem Men­ schen verständlich werden und von ihm erlebt werden können. Am voll­ kommensten geschieht das bei Herrmann. Der große Fortschritt bei ihm besteht darin, daß er das Wesen der Gottmenschheit Jesu nicht in dieser oder jener Eigenschaft sieht, wie z. B. Ritschl und Kaftan. Dadurch kann sie leicht wieder zu einer Gegenständlichkeit werden. Herrmann sieht sie offenbar werden in dem Erlebnis unsrer Erlösung als einer Unanschaulichkeit. Niemand, der Herrmann gehört hat, konnte sich der großen Macht und Wucht verschließen, die in seiner Position enthalten ist. Vie Seele seiner Theologie war das heiße Bestreben, die Wirklichkeit Gottes zu ersassen, ganz und gar nicht, wie seine heutigen ungerechten Bekämpfer, zu denen sich aber z. B. Gogarten ausdrücklich nicht rechnet, ihm unterschieben, als menschliche Wirklichkeit, sondern als Gottes Wirk­ lichkeit. Aber freilich, er ist davon überzeugt: Gottes Wirklichkeit hilft uns nichts, wenn sie nicht uns Menschen von Fleisch und Blut zur Wirklichkeit wird. Und er weist immer wieder auf die bedeutsame Be­ dingung hin, die er dabei voraussetzt: Gottes Wirklichkeit offenbart sich nur dem, der in ihr steht, nicht dem, der von außen an sie heran­ tritt. Gotl ist das Unanschauliche, Unbeschreibbare. Er steht hinter allem und ist doch nicht zu fassen. Er ist uns unendlich nah oder unendlich fern, je nachdem wir in ihm leben oder nicht in ihm leben. Über all diesen Lösungsversuchen aber, die ihren Ausgangspunkt durchaus von Gott aus nehmen, steht der lutherische Satz: finitum capax infiniti. Dagegen aber hat sich nun, zumal in neuester Seit, eine Reak­ tion erhoben, der die reformierte These zugrunde liegt: finitum non capax infiniti. Diese Reaktion konnte gar nicht ausbleiben. Denn die Gefahr, die in jener theologischen Entwicklung von Schleiermacher bis Herrmann liegt, ist nicht zu übersehen. Man ist in zunehmendem Maße bestrebt, im Umkreis des menschlichen und geschichtlichen Lebens ein sturmfreies Gebiet für die Glaubensgewißheit des Menschen zu sichern. Aber kann ein solches je gefunden werden? Kann als solches irgend ein Erlebnis oder eine Erlebnisart im Innern des Menschen gelten? Kann als solches irgend ein Gebiet des geschichtlichen Geschehens, etwa auf dem Boden der neutestamentlichen Überlieferung, in Betracht kommen? Darauf läßt sich nur antworten: nein. All diese versuche laufen letztlich darauf hinaus, Gott zu vermenschlichen und zu vergegenständlichen. Und in der Tat ist es auch so, daß all jene sogenannten sturmfreien Gebiete einer Insel gleichen, die von den wogen des Ozeans umspült wird, die ein Stück nach dem andern abreißen, bis die Insel in den Wellen verschwindet. Die Anklage, die man von feiten dieser Reaktion erhebt, lautet auf ^Subjektivismus"; man sucht demgegenüber die Objektivität, die völlige

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Andersartigkeit Gottes dem Menschen gegenüber festzustellen. Diese Reaktion knüpft sich an Namen wie: Sören Kierkegaard, Jot). Müller, Dostojewsky, Heinrich und Karl Barth, Gogarten, Thurneqsen, C. Brun­ ner, z. T. auch K. Stange. In S. Kierkegaard sind beide Momente neben einander vorhanden, das sogenannte subjektive und das sog. objektive Moment. Vie Gott­ heit Christi erlebt der Mensch in der Erlösung, die ihm durch den ge­ schichtlichen Christus zuteil wird. Aber er sieht diese Gottheit Christi als etwas durchaus paradoxes an; denn Kierkegaard stellt mit derselben Schärfe seine menschliche Niedrigkeit auf die gleiche Linie. Diese Paradoxie als solche ist ihm die eigentlich göttliche Lebensäußerung. Energischer noch betont Joh. Müller den Gegensatz zwischen Gott und dem Menschen. Das liebste Wort Jesu ist ihm: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt". Er sagt geradezu: „Alles Menschliche ist Gott nicht kongenial". Wenn ihn dann aber doch die Lebensnotwendigkeit dazu zwingt, davon zu sprechen, wie denn dieser Gott im menschlichen Leben sich wirksam er­ weisen könne, sagt Joh. Müller, das geschehe in einer für den Menschen selbstverständlichen, ja unbewußten Weise, es geschehe von selbst (siehe Mrc. 4, 26—29), ohne daß der Mensch das Göttliche in seinem Leben sieht, ja, ohne, daß er es weiß. 3n ungewöhnlicher und einzigartiger Weise arbeitet Dostojewsky den Gegensatz zwischen Gott und dem Menschen heraus. Sein ganzer leidenschaftlicher Groll gilt dem selbstbewußten Men­ schen, der selbst Gott sein will, ebenso wie all den menschlichen Institu­ tionen, die Gott in sich verwirklichen oder ihn gar ersetzen wollen: dem Sozialismus, der den Himmel auf Erden verwirklichen will, der Kultur der Gegenwart und nicht zuletzt der Kirche, zumal der römisch-katholischen Kirche. Gott naht dem Menschen vielmehr in der großen Problematik seines Lebens. Gott kann vom Menschen nie erreicht werden, die Welt aber ist um jener furchtbaren Problematik des Lebens willen nötig; denn hier faßt Gott den Menschen an. Wie Dostojewsky alle Selbstvergötterung des Menschen haßt, so liebt er das Leiden in der Welt. Auf seinem Leben und Denken liegt etwas von der Stimmung des Gleichnisses Jesu vom reichen Mann und armen Lazarus. Was diese Männer in ihrer charaktervollen Weise eigenartig zum Ausdruck bringen, das formulieren Theologen und Philosophen, wie Heinrich und Karl Barth, Gogarten, Thurneysen und Emil Brunner, auf ihre Art und Weise. Man spricht hier in immer neuen Wendungen den Gedanken einer unendlichen Entfernung, einer radikalen Scheidung zwi­ schen Gott und dem Menschen aus. Auf der einen Seite steht der schöpfe­ rische, heilige Gott, auf der anderen Seite der kreatürliche, schuldbela­ dene Mensch, auf der einen Seite das Leben, auf der anderen der Tod. Über diese Kluft kann der Mensch von sich aus nie hinwegkommen. Es ist vielmehr so, daß der Anfang der Wege Gottes stets das Ende der Wege und der Weisheit des Menschen in sich schließt. Man ist deshalb hier gegen alles mißtrauisch, was irgendwie die Unbedingtheit und Allein-

20 Wirksamkeit Gottes auch nur von ferne beeinträchtigen und vermensch­ lichen könnte: allen Historismus und pfqchologismus, allen Intellektua­ lismus und Rationalismus, allen Idealismus und perfönlichkeitskult. K. Borts) formuliert einmal diesen Standpunkt mit den Worten: „Die höchste Entfernung zwischen Gott und Mensch ist ihre wahre Einheit" (Hömerbr. 3. Abdruck S. 88). Je mehr diese jüngste theologische Richtung im Mittelpunkt einer heftigen Diskussion steht, um so mehr mutz man sich hüten, ihr durch Mißverständnisse unrecht zu tun, obwohl es nicht immer leicht ist, ihren dialektischen Gedankengängen zu folgen und ihren Sinn herauszufinden. Sie muten oft mehr wie geistreiche Einfälle denn als strenge, objektive Gedankenarbeit an. Wenn man hier von einer radikalen Scheidung zwischen Gott und dem Menschen spricht, so ist das nur als eine Schei­ dung gemeint, die der Mensch von sich aus feststellen mutz, und zwar gerade dann am entschiedensten, wenn er im Glauben steht. Es ist damit aber keine prinzipielle Scheidung zwischen Gott und dem Menschen behauptet. Jene radikale Scheidung setzt vielmehr die prin­ zipielle Einheit zwischen Gott und dem Menschen voraus. Der Mensch wüßte von jener nichts, wenn diese Einheit nicht in ihm gesetzt wäre. Sie ist aber nicht vom Menschen, sondern von Gott gesetzt und erscheint dem Menschen als das allergrötzte Wunder. Sie wird ihm offenbar als Dergebung seiner Sünden, als Ruferstehung von den Toten. Sie führt die stärkste Krisis in seinem Leben herbei und ist für ihn gerade in dieser ihrer Unfatzbarkeit und menschlichen Unmöglichkeit etwas vollkommen «Objektives. Es ist nicht zu leugnen, datz in dieser Ruffassung eine ungeheure religiöse Kraft enthalten ist. Ihre Vertreter haben nicht unrecht, wenn sie den Dorwurf der Skepsis zurückweisen und ihre Theologie eine durch­ aus gläubige nennen. ^>hre Schwäche scheint mir darin zu liegen,

datz man hier in dem Bestreben, alle? Menschliche und Subjektive von dem Gottesbegriff fernzuhalten, ihn derart jenseitig und negativ wer­ den läßt, datz er leer wird. Gott wird hier in merkwürdig hohem Matze ein Gedankengebilde, diese Theologen aber sind viel mehr spekula­ tive Philosophen als Theologen. Das Denken und vorstellen, zumal das dialektische Denken, hat.immer die Eigenart, daß es seinen Gegen­ stand erstarren und ersterben läßt. Es zerlegt ihn in seine einzelnen Be­ standteile, so datz sie auseinanderfallen und ihre Lebenseinheit ver­ lieren. K. Barth tritt vor das Tor der Ewigkeit und klopft energisch an, auf datz es sich ihm öffne. Er tut es, weil er deutlich die furchtbare Tragik und Problematik des Lebens drohend hinter sich stehen sieht. Er sucht Gott. Rber er sucht ihn mit der Dialektik seines perstandes und findet ihn nur im Negativen. Er kommt bis an den Punkt, an den die Kritisch-idealistische Erkenntnistheorie den Menschen führt, um ihm dann zu sagen: „Weiter kann ich dich nicht führen,- nun siehe zu, wie du über den großen Rbgrund hinwegkommst." K. Barth aber will

weiter, und indem er mit seinem dialektischen Denken jenen schmalen Steg über den Abgrund herstellt und ihn betritt, stürzt er in die Tiefe. Indem er ganz objektiv werden will, wird er ganz subjektiv und scheitert gerade an der Klippe, die er unter jeder Bedingung vermeiden möchte. Hn Stelle einer Herrmann'schen Lrlebnistheologie tritt hier eine Barth'sche Verstandestheologie, die eine so subjektiv und so objektiv wie die andere; aber die eine von der Illusion erfüllt, das Unendliche fassen zu können im Rahmen des Endlichen, die andere vor demselben Ergebnis stehend, das Unendliche nicht im Endlichen begreifen zu können. Dort tritt die eine geistige Funktion des Menschen in Tätigkeit, das Fühlen, hier die andere, das vorstellen. Wie beide aber ihre Einheit im Willen des Menschen finden, so ist auch zu erwarten, daß im Persön­ lichkeitsleben das Erfüllung findet, was hier und dort als unerreichbar erscheint, die Einheit, die Brücke zwischen Gott und Mensch. .

„Immer wieder, wenn wir sinnen, fällt die Welt in wilde Stücke. Immer wieder still von innen füget sich die schöne Brücke".

8. Ergebnisse. Vie Lösung des christologischen Problems als Frage unseres Lebens ist nicht möglich von der Welt der Erscheinungen einschließlich des Men­ schen, sondern nur von Gott aus. Sie wird deshalb dem Menschen in dieser Welt der Erscheinungen stets als ein Wunder oder als unfaßbare Gnadentat Gottes erscheinen. Wirklichkeit wird der Gottmensch in keiner irgendwie den Tharakter der empirischen Erscheinungswelt tragenden Lebensgestaltung, in keiner historischen Gegebenheit, in keinem psychologischen Erlebnis, in keinem menschlichen Gedankengebilde, in keiner empirischen Gemein­ schaft. Je näher wir einer solchen geschichtlichen Persönlichkeit oder Ge­ meinschaft kommen, um so mehr verblaßt der himmlische Glorienschein, den frommer Glaube um sie webt und von denen diese selbst am aller­ wenigsten etwas wußten: „Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut, denn der einige Gott!" Vie Konsequenzen, die sich daraus ergeben und die hier nur ange­ deutet werden können, sind weittragende. Ls wird immer ein Wahn bleiben, den Menschen, wie er uns in dieser empirischen Welt gegeben ist, zu einem Engel machen zu können. Vas kann gar nicht gelingen. Vie Eigengesetzlichkeit der gegenständlichen Welt, in deren Raum, wie der Dichter sagt, sich die. Sachen hart stoßen, verhindert das einfach. 3u dieser gegenständlichen Welt gehört eben auch der Mensch aus Fleisch und Blut. Zu den unwahrsten und unangenehmsten Erscheinungen am Menschen gehört deshalb dies, daß er sich als bekehrt, als fromm bezeichnet, und nebenher läuft die ganze, auf sein irdisches Interesse gerichtete Hrt des

22 empirischen Menschen, hier liegt genau ebendieselbe materialistische Ge­ sinnung vor und zwar in noch unheilvollerer Weise wie bei dem ehr­ lichen Materialisten, der nur seinen empirischen Menschen kennt. Vie christologische Frage findet nicht ihre Lösung in den Formen der gegen­ ständlichen Welt, sondern in einer eigenartigen Spannung zu ihr, im Kampf, in ihrer Überwindung. Zu dieser gegenständlichen Welt aber gehören ebenso alle Gemeinschaften auf Erden, in denen sich Gottes Reich verwirklichen soll, seien es die Phantasiegebilde des Kommunis­ mus und Sozialismus oder einer kulturell hochentwickelten Menschheit, wie sie der Pazifismus erstrebt, oder des tausendjährigen Reiches, wie sie in christlichen und nichtchristlichen Gemeinschaften und Sekten immer wieder lebendig werden. Diese Gebilde schlagen stets in ihr Gegenteil um. Es kann ja gar nicht anders fein, wenn man das Reich Gottes in dieser empirischen Welt als eine Gegebenheit und Rnschaulichkeit auf­ richten will. Vie Eigengesetzlichkeit der gegenständlichen Welt zwingt dazu. Die Geschichte bietet genug schreckliche Beispiele dafür. Rm grausamsten waren stets Religionskriege und am unbarm­ herzigsten Gottesgemeinschaften, die sich vergegenständlichten und als solche nach außen hin abschlossen. Wirklichkeit wird der Gottmensch nur im Glauben, in dieser sach­ lichsten aller Sachlichkeiten, dem Glauben, der nicht in der Erscheinungs­ welt, sondern in einer jenseitigen Welt Fuß faßt, in Gottes Welt. Es ist jener Glaube, -er nur mit dieser Welt rechnet, und zwar um so bestimmter und zuversichtlicher, je mehr ihr die Erfahrungen und Dinge der empirischen Erscheinungswelt widersprechen. Diese sind ihm nicht eine Erschwerung oder gar Widerlegung seiner Gewißheit, sondern ihre höchste Bestätigung. Dabei ist dieser Glaube eine Betätigung des Men­ schen in der intensivsten Form. Nichts vermag den Menschen so sehr nach Leib und Seele in Rktivität zu versetzen wie der Glaube, der den Menschen wie ein Feuer entzündet. Dieses Wirklichwerden des Gottmenschen im Glauben schließt deshalb die höchste Subjektivität und die stärkste Objektivität, d. h. die intensivste menschliche Aktivität und die unbedingte göttliche Alleinwirksamkeit oder Gnade in sich. (Es handelt sich dabei um eine Wirklichkeit und Lebenseinheit, die für uns da ist, solange wir in ihr leben, die aber für uns unfaßbar und unwirklich und gänzlich unbekannt ist, wenn wir nicht in ihr leben. Wir können sie eben auf keine Weise außer uns hinstellen und als etwas Gegenständliches betrachten. Es heißt im Evan­ gelium: „Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden, man wird auch nicht sagen Können: siehe, hier oder da ist es; denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch." Dem entspricht jenes andere Wort: „Der Wind weht, wo er will, und du hörest sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, von wannen er kommt und wohin er fährt. Also ist es mit einem jeden, der aus dem Geiste geboren ist." Mit der Erkenntnis, daß der Gottmensch etwas durchaus Unanschau-

liches ist, hängt offenbar die andere Erfahrung zusammen, daß es dem Innenleben des Menschen nie möglich ist, seinen Reichtum auch nur annähernd mit den Mitteln der nach außen gehenden Lebensbetätigung zu offenbaren und zur Geltung zu bringen. Vas Bild R. Steiners vom Eisberg, der im Meer schwimmt und zum allerkleinsten Teil aus dem­ selben hervorragt, im Blick auf das unbewußte und bewußte mensch­ liche Geistesleben, könnte man auch hier zu Hilfe nehmen, um die Tat­ sache zu veranschaulichen, daß nur ein Minimum göttlichen Lebens in menschlich irdischer Form zur Geltung kommen kann. Wird es aber in intensiver Weise versucht, dann kommt es nicht zu Harmonien zwi­ schen Gott und dem Menschen, sondern zu Kämpfen und Katastrophen. Das führt uns auf einen besonders wichtigen Punkt in unserer Frage und ihrer Lösung. Wo die christologische Frage für den Menschen akut wird, da beginnt ihn Katastrophenluft zu umwehen. Ein altes hebräisches Sprichwort lautet: „Lebte Gott auf dieser Welt, so schlügen ihm die Menschen alle Fenster ein." Gott als die Macht der Wahrheit hat noch immer im Leben der Menschen Explosionen hervorgerufen und keine Harmonien. Der „Frau Wahrheit" ist von den Menschen noch immer die Türe gewiesen worden. Sie ist für den Menschen unbezwingbar, aber er fürchtet sie mehr als -en Tod. Daraus entstehen eben jene Katastrophen für den Gottmenschen, hier offenbart sich auf dem Gebiete des wirklichen Lebens die Wahrheit dessen, was uns unsere früheren erkenntnistheoretischen Erwägungen über die Rndersartigkeit der Welt Gottes und der Welt der empirischen Erscheinungen ahnen ließen und was Männer wie Kierke­ gaard, Dostojewsky und Karl Barth uns zu sagen haben. Wen Gott lieb hat, den führt er in die Problematik und Tragik des Lebens hinein. Rn seinen Widerständen entzündet sich und erglüht gleichsam religiöses Leben, hinter diesen Rätseln und Problemen des Lebens begegnet der Mensch Gott allerdings als dem „ganz Rnderen". Rber es ist doch nicht so, daß es etwas Naturhaftes, heidnisches, Ruminofes wäre, das uns da entgegentritt. Es ist Gottes Liebe, die uns sucht, Gottes Daterliebe. wir müssen uns dessen freilich stets bewußt bleiben, -aß das auch nur ein Bild und Gleichnis ist und die Sache nicht erschöpft. Wir denken bei dem Gleichnis vom Vater gar zu leicht an irdische Väter. Gott sucht uns zwar auch wie dieser sein Kind, aber er sucht uns durch Not und Tod, er sucht uns unter katastrophalen Forderungen religiöser und sittlicher Rrt. Wir können deshalb geradezu sagen: der Gottmensch wird wirklich durch ein Sterben. Indem der Mensch stirbt, lebt Gott. Das Wort vom Gottmenschen ist wirklich ein wort von der Ruferstehung der Toten, die größte Paradoxie, die man sich denken kann. Sie löst sich nur dadurch auf, daß wir uns in der eigentümlichen Lage befinden, daß wir von unserm menschlichen Standpunkt aus das als Tod sehen, was vom gött­ lichen als Leben erscheint. Wenn Gott in uns Wirklichkeit werden will.

24 stellt er uns irgendwie immer vor den Tod und läßt das Kreuz vor uns erstehen. Gb dann von der Butze die Rede ist oder von der Wieder­ geburt oder von der Selbstverleugnung oder dem Kreuz-auf-sich-nehmen oder dem neuen oder heiligen Leben, es ist immer dieselbe Sache. Vas Verden des Gottmenschen in uns ist der Sinn unseres Lebens in all seinen Schicksalen und Aufgaben, denen wir nur in dem Watz gerecht werden, als wir uns zum Gpfer darbringen. Vie Idee des Gott­ menschen ist gleichbedeutend mit der Gpferidee. Das ist am treffendsten ausgesprochen in dem Wort Jesu: „Wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren,- wer es aber verlieret um meinetwillen, der wird es finden"; oder wie Schiller im Anschluß daran sagt: „Und setzet ihr nicht euer Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein." Am deutlichsten tritt uns das ja in religiöser Hinsicht entgegen, in dem direkten Verhältnis des Menschen zu Gott. Gott ist da immer ein ver­ zehrendes Feuer, das „heilige" im höchsten und letzten Sinn des Wortes, das den Menschen an sich zieht in Furcht und Zittern und doch in der Begeisterung, die da spricht: „Ich will dich lieben, schönstes Licht, bis mir das herze bricht". Aber ebenso deutlich wird das nach der sittlichen Seite hin, also nach der Seite, wo sich die Welt in ihrer Mannigfaltigkeit, diese ganze empirische Erscheinungswelt, zwischen Gott und den Menschen schiebt und wo dann immer die Gefahr entsteht, datz man Gott vergegenständlicht und vermenschlicht, wo also jene Identität von Gott und Mensch ein­ tritt, die den Urgrund aller Gottlosigkeit bildet. Venn die sittlichen Weisungen Jesu — sie allein können ja für uns als Gottes Forderungen in Betracht kommen — haben alle die Eigenart, daß sie das Gegenteil von dem fordern, was dem Menschen geläufig und möglich ist, was er für richtig und vernünftig hält. Der Mensch soll das tun, was aller menschlichen Weisheit, allen seinen irdischen Interessen, ja seinem Leben und der empirischen Wirklichkeit und Möglichkeit überhaupt zuwider­ läuft. „Was hoch ist unter den Menschen, ist ein Greuel vor Gott" (Luc. 16, 15), dies Wort Jesu kann man als Leitmotiv über die ganze christ­ liche Ethik schreiben. Auch hier ist der Zentralgedanke der Gpfergedanke. Besonders deutlich bringt das Paulus in 1. Lor. 13 zum Ausdruck. Ist nicht das ganze menschliche Leben, sei es das des einzelnen oder das der Völker, ein solches Gpfer, ein solches Sterben, ob wir wollen oder nicht wollen? Die Menschen und die Völker kommen und gehen, mit ihrer Freude und mit ihrem Schmerz, mit ihren Kulturen und all ihrer Menschenherrlichkeit und Macht, aber auch mit ihrem tiefen, tra­ gischen Leid. Was bleibt? Was bleibt im Greisenalter? was bleibt im Sterben? Was bleibt in allem verlieren des Lebens? Was ist sein letzter, tiefer Sinn? Roch einmal steht nun dieses christologische Problem als Lebensfrage vor uns. (Es bleibt etwas, was man nicht beschreiben

Kann, etwas, was nie in menschlichen und irdischen persönlichkeits- und Gemeinschaftsformen aufgehen kann, weil es ja dann auch wieder unter­ gehen müßte. Es bleibt etwas Dynamisches, etwas Nichtgegenständliches, etwas Unanschauliches. Der Philosoph sagt: (Es bleibt die Gewinnung einer Welt von innen her, eines Reiches weltüberlegener Innerlichkeit und weltüberwindender Liebe, das den Grundbestand aller Wirklich­ keit, die Ewigkeit in der Zeit bildet, der gegenüber alles Dasein zu einer niederen Stufe herabsinkt. Der Ehrist sagt: (Es bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, und in diesen dreien und zuletzt und zuhöchst in der Liebe Gott. Der Dichter aber faßt beides zusammen und sagt: „Die Jahre nahmen dir, du sagst, so vieles: Die eigentliche Lust des Sinnenspieles, Erinnerung des allerliebsten Tandes von gestern,' weit und breiten Landes Durchschweifen frommt nicht mehr,' selbst nicht von oben Der Ehren anerkannte Zier, das Loben, Erfreulich sonst. Aus eigenem Tun Behagen (Quillt nicht mehr auf, dir fehlt ein dreistes Vagen! Run müßt’ ich nicht, was dir besonders bliebe." „Mir bleibt genug! (Es bleibt Idee und Liebe." (Goethe.)

9. vie chriftolsgischen Berichte im Neuen Testament. (Es ist eine zweifache Betrachtungsweise dieser Berichte möglich, die historische und die phänomenologische. Sie entsprechen durchaus den Einsichten, die sich aus unseren früheren erkenntnistheoretischen Er­ wägungen ergeben haben. Die historische Methode hat es mit der em­ pirischen Lrscheinungswelt zu tun, die phänomenologische mit der Welt unanschaulichen, persönlichen Lebens. Jene Methode könnte zum Ver­ ständnis der christologischen Berichte im Neuen Testament vielleicht von der These Wellhausens ausgehen, der in der Erzählung von der Verklä­ rung Jesu den ältesten Ruferstehungsbericht vermutet, von da aus sucht sie dann rückwärts einen Zusammenhang und ein geschichtliches Verständ­ nis dieser Berichte über die Verklärung auf dem Berg, die Taufe im Jordan, die Jungfrauengeburt bis hin zur Präexistenzvorstellung her­ zustellen und die einzelnen Berichte zugleich textlich und zeitgeschichtlich zu erläutern und uns näher zu bringen. (Es bleibt bei dieser Methode eins ganz ausgeschlossen: das Wunder, das göttliche Moment. Was uns da zunächst als Wunder erscheint, bleibt so lange dahingestellt, bis wir es in die Rette der geschichtlichen Zusammenhänge eingeordnet haben. Gott kann hier aber überhaupt nicht in Betracht kommen, weil er als unanschaulicher, nichtgegenständlicher Faktor etwas ganz Andersartiges ist und an keiner Stelle der Erscheinungswelt konstatiert zu werden vermag. Ls kann hier nicht davon gesprochen werden, daß diese historische und im engeren Sinn wissenschaftliche Forschungsmethode deshalb nicht

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minderwertig ist, weil sie uns nicht auf die letzte höhe führt, wer ihren mühsamen Aufstieg scheut, wird nie auf die höhe kommen, wo Gott wohnt, der ein Gott der lebensvollen Wirklichkeit ist und nicht des leeren Scheins und der trügerischen Einbildung. Aber sie findet ihre notwendige Ergänzung in der phänomenologischen Methode, die von der einen Voraussetzung ausgeht, daß zwischen der letzten, höchsten Wirk­ lichkeit, der Macht der Wahrheit, Gott und dem „3d)", dieser geistigen Realität in der menschlichen Persönlichkeit in dem Sinn etwa, wie es z. B. von Fr. Ebner in seinem Buch: das Wort und die geistigen Reali­ täten, gefaßt wird, ein geheimnisvoller Zusammenhang besteht. wir gehen bei der phänomenologischen Betrachtungsweise vom Johannesevangelium aus, weil die Sachlage hier am klarsten ist. Der 4. Evangelist, der wie alle neutestamentlichen Berichterstatter die christologische Frage vom Standpunkt seiner christlichen Glaubensgewißheit aus beantwortet, tut in dies Geheimnis den tiefsten Blick.'Gott und Mensch sind in Christus gleicherweise Wirklichkeit. „Das Wort ward Fleisch", Gott Mensch, die Ewigkeit Zeit, so, daß erstere den Lharakter der Ewig­ keit nicht verliert und letztere, die Zeit, radikale Finsternis bleibt, im Gegensatz zum göttlichen Licht. Damit ist das Problem in aller Schärfe und ohne jeden Rompromiß gestellt. Es muß deshalb zum Kampf zwischen Licht und Finsternis kommen, in dem das Ende kein vergleich und keine Identität, sondern nur ein Fliehen der Finsternis vor dem Licht sein kann. Dieser Sieg des Lichts oder des Lebens ist aber mit geschichtlichen Mitteln und als Bestandteil der empirischen Erscheinungswelt nicht fest­ zustellen, sondern bleibt ein Wunder, eine Gewißheit des Glaubens, der die Welt überwunden hat. Es ist etwa so zu denken, wie wenn ein edler, frommer Mensch unter einer furchtbaren Krankheit leidet. Der Außenstehende sieht nur sein entsetzliches Leiden, der durch die Liebe und das gleiche persönliche Innenleben mit ihm verbundene sieht, wie sich in ihm eine überirdische Herrlichkeit entfaltet, die umso mehr auf­ strahlt, je größer seine Gebrechen und Leiden werden. Ganz ähnlich ist die Situation bei Paulus. Er rechnet durchaus mit Jesus als einer geschichtlichen Größe. Aber den Ausgangspunkt seines Denkens bildet ausschließlich der erhöhte und gegenwärtige Christus, von da aus ist er zum Glauben gekommen, nicht durch die Anschauung des geschichtlichen Jesus. Indem er aber zugleich mit Gott und mit dem Menschen in Christus Jesus ernst macht, entsteht die ungeheure Paradoxie und Spannung, das Irrationale seiner Predigt, die er deshalb durchaus unter das Zeichen des Kreuzes stellt. Und nun die Synoptiker. Es kommen da im wesentlichen folgende christologische Berichte in Betracht: 1. die Verklärung Jesu, 2. die Auf­ erstehungsberichte, 3. die Taufgeschichte, 4. die Weihnachtserzählungen. Die Präexistenzvorstellungen des 4. Evangeliums ziehen die bis hier­ her zurücklaufende Linie weiter rückwärts, wie die Himmelfahrtsgeschichte vorwärts, in die Unendlichkeit und Ewigkeit. Über all diesen Berichten

27 liegt etwas Geheimnisvolles und wunderbares ausgebreitet. Man kann es nicht definieren und in Worte fqffen noch empirisch gestalten, aber man fühlt es sofort: dies Geheimnisvolle und wunderbare ist die Seele dieser ewigkeitswahren Erzählungen. Nimmt man das weg, so bleibt nichts mtzhr übrig, was noch einen Sinn und Wert hätte. Gott wird des­ halb hier nicht in Jesus in der Weise offenbar, daß er von den Menschen auf den Händen getragen, die Menschen zu Engeln gemacht würden und das Leben auf Erden durch ihn zu einem sichtbaren Reiche Gottes in dieser Welt umgestaltet würde, etwa so, wie eine menschliche Kulturen!« Wicklung, der Sozialismus oder die Romantik eine herrliche Harmonie, einen Himmel auf Erden erstreben. 3m Gegenteil: jene christologischen Erzählungen sind von einer tiefen Tragik überschattet. Sie sind stets verbunden mit Berichten von Kamps und Leid und Tod und haben ohne diese keinen Sinn, hinter den leuchtenden Ruserstehungsberichten steht der Karfreitag mit seinem tiefen Dunkel. Jene wären ohne diesen Tag die größte Hybris des Menschen und die ungeheuerlichste Gotteslästerung. Vie Verklärung Jesu bildet den Ruftakt zu seinem Leidens- und Todesgang nach Jerusalem. Der Taufe folgt die Versuchung auf dem Fuß, der herrlichen Weihnachtserzählung voll Klingen und Singen der Kindermord in Bethlehem und die Flucht nach Ägypten voll Wehklagen und Herze­ leid. Vie christologische Frage wurde im Leben Jesu akut, gewiß in einzigartiger Weise und allgemein-gültiger Bedeutung, aber doch auch als die Schicksalsfrage seines Lebens, nicht auf dem Wege eines fried­ lichen, harmonischen Eingehens Gottes in sein Leben, sondern auf dem Weg des Kampfes, des Leidens, des Sterbens. Vie christologische Lebens­ frage mit ihrer tiefgehenden Diastase für den Menschen kommt zur Ruhe in einer Synthese, aber nicht in einer harmonischen, sondern in einer tragischen Synthese, einer Synthese, die nicht in dieser, sondern über dieser Welt liegt, für den Menschen auf Erden nur im Glauben und in der Liebe erreichbar ist und ihm den leiblichen Tod als Aufstieg zu dieser höheren Synthese zur Gewißheit werden läßt. Laßt uns das Gesagte in 3 Gleichnissen Jesu anschaulich machen. 1. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Ein bedauernswerter Mensch lag am Weg. Er war von Räubern furchtbar zugerichtet worden und dem Tode nahe. Ein Priester ging vor­ über und half nicht, ebenso ein Levit. Zwei Männer, die Gott täglich von Berufs wegen dienten, hatten kein Rüge für Gott. Sie sahen ihn nicht hinter dem armen Menschen stehen und sie fragend anschauen. Es war die christologische Frage, die er an sie richtete. Rber Gott ist ja so. ganz und gar unanschaulich und fern, wer kann ihn sehen? Doch, o wunder, da kam noch ein Mann des Weges daher, ein Samariter, der sah den verun­ glückten, nein, er sah mehr, er sah (Bott; denn er half dem Rrmen, als ob es selbstverständlich sei. Rls frommer Mann galt er freilich nicht; aber er löste die christologische Frage. Gott ist eben Keine empirische Gegebenheit (Priester).

28 2. Vas Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner.

Da lernen wir einen Mann kennen, der fest davon überzeugt ist, dast er Gott nahe steht, ja daß er aufs innigste mit ihm verbunden ist. 3n Wirklichkeit ist er ihm ganz fern. All fein Frömmigkeitsgefühl, all feine Heiligkeit und vortrefflichkeit bringen nicht die Lösung der christologischen Frage in seinem Leben. Da ist aber noch ein anderer Mann, ein Zöllner. Niemand denkt daran, ihn mit Gott in Verbindung zu bringen. (Er selbst fühlt sich weit fern von Gott. (Er wagt Kaum, ein Gebetswort an Gott zu richten. In Wirklichkeit ist ihm Gott ganz nahe. 3n dem Augenblick, wo er sein Angesicht vor Gott verbirgt, naht ihm (Bott; die christologische Frage findet ihre Lösung, ohne daß er es zu denken wagt. Vas Un­ mögliche wird möglich. Kein Erlebnis, keine Frömmigkeit von Menschen kann Gott fassen. — Wem stände bei diesen beiden Gleichnissen nicht das Bild Kierkegaards und Dostojewskys vor der Seele! Ebenso, wie in dem letzten Gleichnis, das sich an jene anschließt. 3. Vas Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus.

3m Leben des reichen Mannes ist die christologische Frage niemals akut geworden, in dem vasein des armen Lazarus, der sein Spiegelbild im 73. Psalm finden konnte, jeden Tag. Beide Männer sterben; der Vorhang geht vor ihrem irdischen Leben nieder. Aber noch einmal geht er in die höhe. Wir sehen ihr Leben im Licht der Ewigkeit, d. h. nicht mehr des Scheins, sondern der Wahrheit. Die Rollen sind nun vertauscht. Was in der Erscheinungswelt als Leben uns erschien, ist in der Welt der Wahrheit der Tod, was dort als Tod, ist in Wirklichkeit Leben, hier ist in der einfachsten und tiefsten Weise die Lösung der christo­ logischen Frage ausgesprochen, die Antwort gegeben auf die Frage unseres Lebens, die Frage nach Gott. Aber so einfach die Antwort lautet, so wenig wollen wir uns verhehlen, daß sie das Schwerste ist, was es für Menschen dieser Erscheinungswelt geben kann. Sie stellt uns unter das Kreuz, sie stellt uns vor einen tiefen, großen Abgrund und legt uns des Dichters Wort brennend in die Seele: Ach, aus dieses Tales Gründen Könnt ich doch den Ausgang finden! Du mußt glauben, du mußt wagen, Die Gottheit leihet dir kein Pfand. Wir haben den Abgrund überwunden, wir haben den Aufstieg auf den Berg der Verklärung gewonnen, wenn wir uns im Geist und in der Wahrheit zu der höhe des Psalmwortes hindurchgerungen haben: Wenn ich nur dich habe, Frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, Bist du doch, o Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.

fllfreb Opelmann

Verlag in Gießen

Hauptgebiete: Protestant. Theologie

EM««

und orientalische Sprachwissenschaft

Inh.: Dr.phil.h.t.KlftedTöpelmann

ISH

Postscheckkonto:Frankfurta.HT.760I

Theologische Neuigkeiten

Sur der Welt -er Religion Forschungen und Berichte herausgegeben von Fr. Niebergall, B. (Dtto, G. Mensching stus dem Gedanken heraus, daß die Ungunst der gegenwärtigen Zeitverhält­ nisse die Verbindung zwischen den im Amte stehenden Pfarrern und Religions­ lehrern einerseits und der Universitätswissenschaft andererseits vielfach ausgehoben hat, wurde, um diesem Mißstand abzuhelfen, die oben genannte Sammlung ge­ gründet. Vie in ihr erscheinenden hefte und Vücher sollen in der Form Wissenschaft, lich einwandfreier Berichte über den neuesten Stand theologischer und religioüswissen. schaftlicher Spezialforschung, die der Einzelne nicht mehr zu überschauen vermag, unterrichten. Indessen sind besonders auch die Gebiete der praktischen Theologie

in den Kreis der Veröffentlichungen einbezogen. Und hier ist es vor allem das Gebiet der gottesdienstlichen Reformarbeit, dem die Sammlung ihre Rufmerksamkeit widmen möchte. Vie hefte erscheinen in zwangloser Folge, nach den einzelnen Zach­ gebieten in Reihen geordnet.

Praktisch-theologische Seihe:

Moderne Evangelisation von

Prof. Dr. theol.

tiCfy UiCbCtßttH Univ. Marburg 1924 - 70 pfge.

Diese Schrift enthält moderne religiöse Vorträge über brennende Fragen christ­ licher Lebens» und Weltanschauung. Sie sind geschrieben in einer aller traditionellen Erbaulichkeit fernen, überaus schlichten, darum aber um so eindrucksvolleren Sprache. MU rücksichtsloser Offenheit und radikalem Ernst wird hier den religiösen Fragen ins Rüge gesehen, denen man sonst oft gerne aus dem Wege geht. Vie vortrage möchten den Pfarrern neue Wege der christlichen Verkündigung zeigen. Vie der Kirche Entfremdeten aber möchten sie von der Verträglichkeit von Glaube und

wissen überzeugen.

2: Zur Erneuerung und Ausgestaltung des Gottesdienstes von

Prof. Dr. theol., Dr. phil. H M 6 01 f (DttO an der Univ. Marburg 1925 - 3.5O Mark Rudolf (Dtto bietet in diesem Suche die gottesdienstlichen Konsequenzen, die sich aus den in seinem bedeutenden Werke „Das heilige" medergelegten Erkennt. Nissen ergeben. Rach einem allgemeinen Teile, in dem er neue Gesichtspunkte

religiöser Werbearbeit bespricht, kommt er in einem zweiten Teile auf die Neu» gestaltung des kultischen Lebens zu sprechen, zu der er eine Fülle wichtiger neuer Vorschläge macht. Der dritte Teil bietet eine Reihe verschiedenartiger nach den erörterten Gesichtspunkten ausgeführte liturgische Entwürfe. Dem Ruche ist ein Rnhang mit Notenbeilagen beigegeben.

5:

Lhorgebete

für Uirche, Schule und Haus, insonderheit auch für Jugendfeiern zusammengestellt von

Rudolf Otto

und

Gustav Mensching

1925 — Gebunden 1.50 Mark Vas vorliegende Vüchlein bietet eine reiche Ruswahl von antiphonischen Stücken aus dem Neuen und Rlten Testament zum Zweck gemeinsamen Gebetes rm öffentlichen Gottesdienst oder im Kreise der Familie. Vas antiphonische Thor» gebet, längst geübt in den protestantischen Kirchen Rmerikas und Englands, be­ deutet nicht eine gekünstelte Rufführung theatralischer Sprechchöre, sondern das gemeinsam gesprochene Wechselgebet, dem eine eigene und nur durch Erfahrung feststellbare einende Kraft innewohnt. Zugleich aber besitzen wir im Lhorgebet eine neue und wertvolle Rusdrucksform religiösen Lebens.

4: vom werden der neuen Gemeinde von

Pastor £UÖWtfl Qtitntdttlt Hamburg 1925 - 80 pfge. Diese eindrucksvoll geschriebene Rrbeit behandelt die Voraussetzung der neuen Gemeinde, die Stadien des neuen Werdens, ferner die gegenwärtig so lebendige Frage nach dem Objektiven und der Beziehung der Gemeinde zu ihm. Ruch dem Formwillen der neuen Gemeinde, der sich vornehmlich in der gegenwärtigen litur» gischen Reformbewegung kund tut, ist eine eingehende grundsätzliche Untersuchung gewidmet.

Muteftamentliche Seihe:

Die Erforschung der synoptischen Evangelien von Prof. Dr. theol. Rudolf VUltMÜNN Univ. Marburg

1925 - 70 Pfge. Der Verfasser bietet nack einer orientierenden Übersicht über die bisher gelten­ den Methoden und Erkenntnisse der synoptischen Evangelienforschung eine ausführ, liche durch eine Fülle von Beispielen verdeutlichte Darstellung der modernen stil. kritischen Fragestellungen und Forschungsmethoden.

Religionsgeschichtliche Reihe:

l:

Vie Bedeutung der Leidens im Buddhismus und Christentum von

1924

Lic. theol.

(5Uft00 lUCltf

Marburg

30pfge.

Vie Schrift möchte vor allem Pfarrern im Amte durch den vergleich der Christen, tums mit dem Buddhismus hinsichtlich ihrer verschiedenen, das Wesen beider RelU gionsformen in aller Deutlichkeit offenbarenden Stellung zum Leiden zu predigt und Vortrag über das sogenannte Heidentum Anregung und Material bieten.

„Kus der Welt der Religion" bringt weiterhin: Prof. Lic. Dr. Baumgartner, Israel m der vorderasiatischen Religionswelt. Prof. D. Zaber, Psychologie und Phänomenologie der Religion. Prof. D. Dr. Zrick, Mission, aber nicht Propaganda! Prof. D. Dr. Hölscher, Die Propheten. Lic. Mensching, Luthers Galaterkommentar von 1535 in Auszügen übersetzt. Prof. D. Niebergall, Religionspädagogik der Gegenwart. Privatdozent Lic. Odenwald, Nietzsche und das heutige Christentum. Prof. D. Dr. (Dtto, Indische Religionstexte. Pfarrer D. Pfister, Vie Psychoanalyse und die theoret. Zächer der Theologie. Prof. D. v. Soden, Vas Lutherbild im Wandel der Zeiten. Privatdozent Lic. wünsch, Barth und Gogarten.

Vie well -es Glaubens predigten von Lic. theol.

Gustav Mensching

Marburg

1925 — Geheftet 2 Mark - Gebunden 2.60 Mark. Line der dringendsten Aufgaben der modernen predigt besteht darin, durch neuen persönlichen Ausdruck den eiaentl. religiösen 5inn der alten heiligen Begriffe wie Glaube, Gnade und Gerechtigkeit darzustellen und zu vermitteln. Line Uber. Windung der traditionellen Ranzelsprache mit ihren gleich abgegriffenen Bechen­ münzen stets wiederkehrenden Formeln ist dringend notwendig, um die vielfach verloten gegangene Beziehung von Verkündigung und eigenem persönl. Leben wieder» herzustellen. Diese predigten möchten ein Beitrag sein zu solcher Besinnung auf den ewigen Lebenssinn der großen christl. Grundideen.

ver evangelische Choral und die Gestaltung -es Gottesdienstes von

}924

Pfarrer Ksttl KltOÖt Wimpfen

40 pfge.

Lin trefflicher Vortrag, den kein Leser ohne Gewinn aus der Hand legen wird und der in vielen ausgezeichneten Bemerkungen Hinweise gibt und Gedanken an» schneidet, die man nicht ohne weiteres in dem Thema vermutet.

Vorträge der theologischen Uonserenz zu Sichen SeD, K., Vie geschichtliche Entwicklung -er Kirche im 19. Jahrhundert und die ihr dadurch gestellte Aufgabe.

Erschien zusammen mit:

heinrici, G., Vie Forschungen über die paulin. Briefe (Vortr. 2) M. — .80 Sachtze, E., Über die Möglichkeit, Gott zu erkennen, (vortr. 4) M. — .50 Elbach, Über die wissenschaftliche Behandlung und praktische Benutzung der heiligen hchrift.

Erschien zusammen mit:

Schürer, E., Der gegenwärtige Stand der johanneisch. Frage, (vortr. 5) m. — .50 Ehlerr, H., Das Neue Testament und die Taufe, (vortr. 6) m. —.50 Kottenbvsch, von Schleiermacher zu Ritschl. Zur Grientierung über die Dogmatik des 19. Jahrhunderts, (vortr. 7) 3. Auflage vergriffen; die 4. Auflage erschien 1924 unter dem Titel: Vie deutsche evan­ gelische Theologie seit Schleiermacher. Ihre Leistungen und ihre Schäden. M. 3.50, geb. M. 4.60 Neischle, Ul., Sohms Kirchenrecht utid der Streit über das Verhältnis von Recht und Kirche, (vortr. 8) M. —.50 Wring, Fr., Das alte Testament im ev. Relig.-Unterr. (vortr. 9) m. — .50 Wal}, K., Veräußerlichung, eine Hauptgefahr für die Ausübung des geist­ lichen Berufes in der Gegenwart, (vortr. 10) M. —.40 Wirbt, T., Der deutsche Protestantismus und die heidenmiffion im 19. Jahr­ hundert. (vortr. 11) M. —.70 Deifimann, 6. A., Vie sprachliche Erforschung der griechischen Bibel, ihr gegenwärtiger Stand und ihre Aufgaben, (vortr. 12) M. —.50 Kade, W., Religion u. Moral. Streitsätze für Theologen, (vortr. 13) Ul. — .30 Krüger, G., Die neuen Funde auf dem Gebiete der ältesten Kirchengeschichte, (vortr. 14) M. -.30 Foerfter, E., Die Rechtslage des deutschen Protestantismus 1800 und 1900. (vortr. 15) M. —.50 Weitz, I., Die Idee des Reiches Gottes in der Theologie, (vortr. 16) W. 1.50 Holtzmann, G., Die jüd. Schriftgelehrsamkeit z. 3t. Jesu. (v. 17) M. -.40 Bndde, K., Das Alte Testament und die Ausgrabungen. 3um Streit um Babel und Bibel. 2. Auslage mit vielen Knmerkgn. vortr. (18) M. —.50 Eibach, H/, Unser Volk und die Bibel, (vortr. 20) M. —.40 Wiegand, Vas apostolische Symbol im Mittelalter, (vortr. 21) m. —.50 Vechent, h., Herder und die ästhetische Betrachtung der heiligen Schrift, (vortr. 22) M. -.40 Köhler, W., Katholizismus und Reformation. Kritisches Referat über die wissenschaftlichen Leistungen der neueren katholischen Theologie auf dem Gebiete der Reformationsgeschichte, (vortr. 23) M. —.90 Eger, K„ Das Wesen der deutsch-evangelischen Volkskirche der Gegenwart, (vortr. 24) M. —.70 Knopf, R., Der Text des Reuen Testaments. Reue Fragen, Funde und Forschungen der neutestamentlichen Textkritik, (vortr. 25) ITC. —.50 prevschen, E., Die philologische Arbeit an den älteren Kirchenlehrern und ihre Bedeutung für die Theologie, (vortr. 27) M. —.60 Herrmann, W., Offenbarung und Wunder, (vortr. 28) vergriffen, neue Auflage in Vorbereitung. Belt, W., Was soll der evangelische Gemeindepfarrer sein: Priester, Evan­ gelist oder Seelsorger? (vortr. 29) M. —.70 Fortsetzung siehe 4. Umschlagseite

vortrage -er theologischen Konferenz zu Gießen (Fortsetzung von Seite 32)

Unodt, (E., Die Bedeutung Laloins und des Calvinismus für die prot. Welt im Lichte der neueren und neuesten Forschung, (vortr. 30) M. — .80 Der moderne Individualismus und die kirchliche Praxis, (vortr. 31) m. -.40 Stephan, h., Die heutigen Auffassungen vom Neuprotestantismus. (Vor­ trag 32) M. -.60 Schmitt, tt., Rirche und Arbeiterschaft. (vortr. 33) PL — .40 Gall, fl. Frhr. von, Die Papyrusurkunden der jüdischen Gemeinde in Elephantine in ihrer Bedeutung für jüdische Religion und Geschichte, (vortr. 34) PI. -.30 Matthes, h., Die Berechtigung der bekenntnismäßigen Lehrstoffe im Religionsuntericht, zugleich ein Wegweiser zu ihrer pädagogischen Behand­ lung. (vortr. 35) vergriffen, neue Auflage in Vorbereitung. Dechent, h., Neuere Arbeiten auf dem Gebiete der Frankfurter Rirchengeschichte seit der Reformation, (vortr. 36) PI. - .30 Rrüger, G.,Die Bibeldichtungzu Ausgang des Altertums, (vortr. 37) PI. - .50 Zchian, Hl-, Die Reform des Gottesdienstes und die hochkirchliche Bewegung, (vortr. 38) PI. - .20 Schmidt, K. £., Stellung des Apostels Paulus im Urchristentum.) Tillich, p., Rechtfertigung und Zweifel, (vortr. 39) jPI. I.peter, h., Das christologische Problem als Lebensfrage, (v. 40) Im Druck. Hölscher, G., Die Ursprünge der jüdischen Eschatologie, (v. 41) Im Druck.

Zchian, BL,

vom neuen Willen zur Kirche Ein Sammelheft auf Anregung und unter Mitwirkung von

Karl Knoöt und llarl voller herausgegeben von P GUI Sd)0tlCHl11tCt Stiftspfarrer zu Lich vom willen zur Rirche. (K. Rnodt.) - wie kommen wir zu leben­ digen Gemeinden? (h. Matthes.) - Die Bedeutung der Bibel für die Rirche. (P. Schorlemmer.) - Protestantismus und Liturgie, (h. Frick.) - Neubelebung der Rirche durch den Kultus? (p. Schor­ lemmer.) - Rirche und Volksmission, (h. Rnodt.) - Der Hausbesuch. (R. Deller.) - Jugendbewegung und Rirche. (w. Rornmann.) Die kirchliche Beerdigung. (C. Eichhorn.)

1924 - 2.40 Mark Aus Besprechungen: wichtige kirchliche Gegenwartsfragen werden be­ handelt. Die Schrift hat bereits große Beachtung gefunden. Auch Laien, die aus lebendigem Verständnis der kirchlichen Gegenwartslage mitarbeiten wollen, seien auf diese Ausführungen sehr dringlich hingewiesen. — Ich kann nur wiederholen, daß es sich hier um eine sehr erfreuliche Erscheinung handelt. Möge dieses Sammelheft seinen weg in viele Pfarrhäuser finden. — Alle diese Fragen be­ wegen die Herzen der theologischen und kirchlichen kreise z. 3t. in ganz besonderem Maße. Am wertvollsten erscheint mir der Beitrag von Frick, der allein die An­ schaffung dieses zeitgemäßen Sammelheftes reichlich lohnen würde.